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German Pages 1130 [1132] Year 1983
Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs in systematischer Zusammenstellung der unveröffentlichten Quellen
Herausgegeben von Horst Heinrich Jakobs und Werner Schubert
W DE
G_ Walter de Gruyter · Berlin · New York
Recht der Schuldverhältnisse III §§ 652 bis 853
w DE
G_ 1983 Walter de Gruyter · Berlin · New York
Es haben bearbeitet) 652 - 7 0 4 705 - 7 4 0 741 - 7 9 2 793 - 8 0 8 809 - 8 1 1 812 - 8 2 2 823 - 8 5 3
Jakobs Schubert Jakobs Schubert Jakobs Schubert Jakobs
Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs· in systemat. Zsstellung d. unveröff. Quellen/hrsg. von Horst Heinrich Jakobs u. Werner Schubert. Berlin; New York: de Gruyter NE: Jakobs, Horst Heinrich [Hrsg.] Recht der Schuldverhältnisse Recht der Schuldverhältnisse. - Berlin; New York: de Gruyter 3. §§ 652 bis 853/[es haben bearb.: Jakobs; Schubert]. - 1983. (Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs) ISBN 3-11-009654-4 NE: Jakobs, Horst Heinrich [Bearb.] © Copyright 1983 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschensche Verlagshandlung, J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J. Trübner, Veit & Comp., 1000 Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des "Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany Satz und Druck: Emst Kieser GmbH · Graphischer Betrieb · 8900 Augsburg Bindearbeken : Berliner Buchbindekunst Thomas Fuhrmann KG, 1000 Berlin 36
Inhalt Abkürzungsverzeichnis Herausgabeschema
VII IX
ZWEITES BUCH Recht der Schuldverhältnisse Siebenter Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse
1
Achter Titel. Mäklervertrag. SS 652 - 656
1
Neunter Titel. Auslobung. S S 657 - 661
12
Zehnter Titel. Auftrag. SS 6 6 2 - 6 7 6
29
Elfter Titel. Geschäftsführung ohne Auftrag. §§ 667 — 687
113
Zwölfter Titel. Verwahrung. SS 688 — 700
167
Dreizehnter Titel. Einbringung von Sachen bei Gastwirten. §§ 701—704
212
Vierzehnter Titel. Gesellschaft. §S 705 - 740
233
Anhang: Kollektivgesellschaft, a) Erwerbsgesellschaft, aa) Offene Gesellschaft
354
Fünfzehnter Titel. Gemeinschaft. §§741—758
365
Sechzehnter Titel. Leibrente. SS 759 —761
418
Siebzehnter Titel. Spiel. Wette. SS 7 6 2 - 764
438
Achtzehnter Titel. Bürgschaft. § $ 7 6 5 - 7 7 8
456
Anhang I. Trödelvertrag
526
Anhang II. Pfandvertrag
528
Neunzehnter Titel. Vergleich. S 779
536
Zwanzigster Titel. Schuldversprechen. Schuldanerkenntnis. SS 780 — 782
556
Einundzwanzigster
588
Titel. Anweisung. SS 783 — 792
V
Inhalt Zweiundzwanzigster
Titel. Schuldverschreibung auf den Inhaber. §§ 793 — 808
Anhang I - III. Quellen zu den §§ 22, 23, 25, 26 T E - O R Nr. 1 (SS 1018 ff. Z P O )
621 730
Dreiundzwanzigster
Titel. Vorlegung von Sachen. §§ 809 — 811
744
Vierundzwanzigster
Titel. Ungerechtfertige Bereicherung. §§ 812 — 822
755
Fünfundzwanzigster
Titel. Unerlaubte Handlungen. §§ 823 — 853
872
Register der Antragsteller
1101
Nachweis der abgedruckten Protokolle der 1. Kommission
1103
Nachweis der Paragraphen des Teilentwurfs zum Obligationenrecht und der Artikel des Dresdener Entwurfs. Zusammenstellung der Paragraphen des 1. Entwurfs mit den Artikeln des Dresdener Entwurfs, den Paragraphen der Teilentwürfe, der ZustOR, des Kommissionsentwurfs, des 2. Entwurfs und des Gesetzbuches.
VI
Abkürzungsverzeichnis ADHGB ALR Art. Bayr.HStA BGB BGBl. CPO Dresd.E.
EI E I-RJA
E I-ZustRedKom
E I-VorlZust
Ell
E II rev EIII
EGBGB (EG-BGB) HGB (H.G.B.) KE (K.E.)
K O (K.O.) Kom. Motive
Mugdan
Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 Artikel Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung vom 18. 8. 1896 (RGBl. 1896, 195) Bundesgesetzblatt (1867-1871; 1949ff.) Civilprozeßordnung vom 30. 1. 1877 (RGBl. 1877, 83) Entwurf eines für die deutschen Bundesstaaten gemeinsamen Gesetzes über Schuldverhältnisse von 1866 (sogn. Dresdener Entwurf) Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich. Erste Lesung. 1888 (1. Entwurf) BGB-Entwurf in der Paragraphenzählung des E I nach den Beschlüssen der Vorkommission des Reichsjustizamtes (1891 — 1893) BGB-Entwurf in der Paragraphenzählung des E I nach der „Zusammenstellung der Beschlüsse der Redaktions-Kommission" der 2. Kommission (1891 - 1895) BGB-Entwurf in der Paragraphenzählung des E I nach der „Vorläufigen Zusammenstellung der Beschlüsse der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs" von /»¿i»c/fe(1891 —1895) Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich. Nach den Beschlüssen der Redaktionskommission, Zweite Lesung, 1894, 1895; sogn. 2. Entwurf Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich — Zweite Lesung (1895; sogn. Bundesratsvorlage) Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs (1896, Reichstagsvorlage oder 3. Entwurf; Reichstagsdrucksache Nr. 87 der Session 1895/1897) Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 18. 8. 1896 (RGBl. 1896, 604) Handelsgesetzbuch Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fassung der ersten Beratung der 1. Kommission (1884—1887; sogn. Kommissionsentwurf) Konkursordnung (vom 10. 2. 1877; RGBl. 1877, 351) Kommission Motive zu dem Entwürfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich (1888). — Sofern die Motive der Redaktoren zu den Teilentwürfen zitiert sind, ist dies besonders vermerkt bzw. ergibt es sich aus dem Zusammenhang. Die gesammten Materialien zum BGB (1899; enthaltend die Motive zum 1. Entwurf und die Protokolle der 2. Kommission).
VII
Abkürzungsverzeichnis Prot. I
Prot. II
Prot-RJA RedKom RedVorl RGBl. RJA sächs. BGB TE-AllgT TE-ErbR TE-FamR TE-OR TE-SachR VorlZust W O (W.O.) ZPO ZustRedKom ZustOR
Protokolle der [1.] Kommission zur Ausarbeitung eines Bürgerlichen Gesetzbuchs (1881 — 1889); zitiert nach der metallographierten Abschrift) Protokolle der [2.] Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich (1890—1896; abgedruckt in der amtlichen Ausgabe von 1897 — 1899 und bei Mugdan) Protokolle der Vorkommission des Reichs-Justizamts (1891 — 1893) Redaktionskommission der 2. Kommission Redaktionsvorlage für den Redaktionsausschuß der 1. Kommission von Pape (1881 ff.) Reichsgesetzblatt Reichsjustizamt Bürgerliches Gesetzbuch für das Königreich Sachsen von 1863 Teilentwurf zum Allgemeinen Teil von Gebhard ( 1881); 1981 im Nachdruck erschienen (hrsg. von W. Schubert) Teilentwurf zum Erbrecht von v. Schmitt (1879) Teilentwurf zum Familienrecht von Planck (1880) Teilentwurf zum Obligationenrecht von v. Kübel (1882); 1980 im Nachdruck erschienen (hrsg. von W. Schubert) Teilentwurf zum Sachenrecht von Johow (1880); 1982 im Nachdruck erschienen (hrsg. von W. Schubert) siehe E I-VorlZust Wechsel-Ordnung Zivilprozeßordnung in der Fassung vom 20. 5. 1898 (RGBl. 1898, 410) siehe E I-ZustRedKom Zusammenstellung der sachlich beschlossenen Bestimmungen des Obligationenrechts nach den Beschlüssen des Redaktionsausschusses der 1. Kommission (1882—1884)
Die Anträge zum Obligationenrecht bzw. zum Recht der Schuldverhältnisse werden nach ihrer ursprünglichen Numerierung und deren Untergliederung zitiert. Soweit die Anträge sich auf andere Bücher des BGB beziehen, ist dies besonders vermerkt. Die Autorenschaft und die Numerierung der Anträge sind nicht Bestandteil der Kommissionsprotokolle. — Sofern Anträge keine Nummern tragen und die Quelle nicht ausdrücklich genannt wird, stammen sie aus den Randvermerken der Originalprotokolle (ZStA Potsdam).
VIII
Herausgabeschema Λ. 1. Kommission (1881 - 1889) I.
Protokoll über die Beratungen der Bestimmungen der Teilentwürfe (im Schuldrecht zum Teil des Dresdener Entwurfs). Die Protokolle beginnen grundsätzlich mit der Mitteilung der Bestimmung des T E und der Anträge, deren Autorenschaft, soweit möglich, anhand der separaten Anträge ermittelt wird. Ferner werden mitgeteilt die Protokolle von Beratungen über Grundsatzfragen in den Jahren 1875 bis 1879. II. 1. Redaktionsvorlage von Pape und des jeweiligen Redaktors, soweit vorhanden. 2. „Vorläufige Zusammenstellung der sachlich beschlossenen Bestimmungen" zu den einzelnen Büchern des Entwurfs. 3. Beratung über Änderungen der „Zusammenstellung". III. Kommissionsentwurf. 1. und 2. Beratung des Kommissionsentwurfs. IV. 1. Entwurf (1887).
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes (1891 —1893) (nur für den Allgemeinen Teil, das Schuldrecht und Teile des Sachenrechts) I. Anträge von Mitgliedern der Vorkommission mit den Namen der Antragsteller. Diese Anträge sind nicht Bestandteil der Protokolle der Vorkommission. II. Protokoll der Vorkommission.
C. 2. Kommission (1890-1896) I.
II. III. IV.
V.
Anträge der Kommissionsmitglieder und der Reichskommissare in der Reihenfolge der amtlichen Protokolle und Mitteilung des Ergebnisses der Beratung. Vorläufige Zusammenstellung der Beschlüsse (Redaktionsvorlage von Planck). Zusammenstellung der Beschlüsse der Redaktionskommission. E II. Revision des E II : Mitteilung der Anträge von Kommissionsmitgliedern und Kommissaren in der Reihenfolge der amtlichen Protokolle und des Ergebnisses der Beratung. E II rev.
IX
Herausgabeschema
D. Bundesrat (Justizausschuß; 1895) I. Anträge und Anregungen der Bundesregierungen. II. Berichte von Ausschußmitgliedern über die Verhandlungen. III. E I I I .
E. Reichstag (1896) I.
Anträge, die in der XII. Kommission gestellt wurden, unter Mitteilung der Autorenschaft (bislang unbekannt). II. Bericht von Heller über die Ausschußberatung. III. Anträge zum E III im Plenum des Reichstags (2. und 3. Lesung). Wegen der Quellen im einzelnen verweisen wir auf das kommentierte Quellenverzeichnis. Die Rechtschreibung folgt, soweit nichts anderes vermerkt, dem Original.
X
ACHTER TITEL Mäklervertrag §652 Wer für den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluß eines Vertrags oder für die Vermittelung eines Vertrages einen Mäklerlohn verspricht, ist zur Entrichtung des Lohnes nur verpflichtet, wenn der Vertrag in Folge des Nachweises oder in Folge der Vermittelung des Mäklers zu Stande kommt. Wird der Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen , so kann der Mäklerlohn erst verlangt werden, wenn die Bedingung eintritt.. Aufwendungen sind dem Mäkler nur zu ersetzen, wenn es vereinbart ist. Dies gilt auch dann, wenn ein Vertrag nicht zu Stande kommt.
§653 Ein Mäklerlohn gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die dem Mäkler übertragene Leistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe der taxmäßige Lohn, in Ermangelung einer Taxe der übliche Lohn als vereinbart anzusehen.
A. 1. Kommission I. 224. Sitzung vom 22. Juni 1883, Schriftführer Neubauer I Zur Berathung gelangte der in den Artikeln 675 — 680 des Dresdener Entwurfs | Prot I 2377 enthaltene, auf „den Mäklervertrag" sich beziehende Abschnitt. Zu Artikel 675 des Entwurfs: „Ist Jemandem, welcher nicht Handelsmäkler ist, für den Fall, daß er eine zur DresdE Art 675 Schließung eines bestimmten Vertrages geeignete Person oder einen bestimmten Vertragsgegenstand nachweise oder einen bestimmten Vertrag vermittele, ein Lohn (Mäklergebühr) versprochen worden, so ist er zu dieser Nachweisung oder Vermittelung zwar nicht verpflichtet, jedoch kann er die Mäklergebühr nur erst verlangen, wenn Derjenige, welcher sie versprochen hat, mit der nachgewiesenen Person oder über die nachgewiesene Sache oder in Folge der Vermittelung des Mäklers den Vertrag schließt. Ist der Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen worden, so kann der Mäkler die Mäklergebühr erst verlangen, wenn der Vertrag ein unbedingter geworden ist." 1
§ § 652 — 653
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
war beantragt, statt dessen zu bestimmen : Johow „Die einem Unterhändler (Mäkler) für die Vermittelung eines Geschäfts ver(Nr 427) sprochene Vergütung ist demselben von dem Versprechenden zu leisten, sobald das Geschäft geschlossen, und wenn es ein bedingtes war, unbedingt geworden ist." Der Antrag weicht von dem Entwürfe vorzugsweise darin ab, daß er die Bestimmung des Entwurfs übergeht, wonach der Mäkler durch den Mäklervertrag nur berechtigt, nicht auch verpflichtet wird. Diese Abweichung wurde durch Mehrheitsbeschluß gebilligt. I Prot 12378
| Man ging davon aus : Unleugbar seien im praktischen Leben die Fälle nicht selten, in welchen der Mäklervertrag die Bedeutung habe, von der der Entwurf ausgehe. Ebensowenig lasse sich aber leugnen, daß der Vertrag mitunter einen andern Charakter, nämlich den eines zweiseitigen Vertrages, durch welchen auch der Mäkler bestimmte Verpflichtungen übernehme, an sich trage. Wie richtig dies sei, erhelle schon aus dem dem Handelsverkehr angehörenden Mäklervertrage und aus den auf diesen sich beziehenden Vorschriften des Handelsgesetzbuchs. Der Mäklervertrag des bürgerlichen Verkehrs habe sich vielfach im Anschluß an den handelsrechtlichen Mäklervertrag und nach Vorbild des letzteren entwickelt. Es gebe Mäkler, die das Mäklergeschäft gewerbemäßig betrieben und eine Stellung einnähmen, die namentlich hinsichtlich der aus dem konkreten Vertrage für sie entspringenden Verpflichtungen von der der Handelsmäkler sich kaum unterscheide; dahin gehörten ζ. B. die in den großen Städten sich findenden sogenannten Hausmäkler. Es leuchte daher ein, wie bedenklich es sein würde, mit dem Entwürfe für den bürgerlichen Mäklervertrag, der erfahrungsmäßig in der verschiedensten Gestalt und mit dem abweichendsten Inhalte vorkomme, so häufig er auch in der Gegenwart sein möge, eine Rechtsregel aufzustellen, die für viele Fälle passe, während sie für manche Fälle unpassend erscheine. Es verdiene daher den Vorzug, sich der Entscheidung, wie der Mäklervertrag in der fraglichen Beziehung aufzufassen sei, zu enthalten und auch von einer einfachen, für Zweifelsfälle berechneten Auslegungsregel abzusehen. Das Gesetz würde dadurch nicht lückenhaft. Verhalte es sich schweigend, so werde in jedem einzelnen Falle der Parteiwille aus den konkreten Umständen unter gebührender Berücksichtigung der Verkehrssitte ermittelt werden müssen. Die übrigen VorI Prot 12379 Schriften des Entwurfs | verlören dadurch nicht ihre Bedeutung. Sie paßten auch für den Mäklervertrag, durch welchen der Mäkler Verpflichtungen übernehme. Ein solcher Vertrag werde, je nach den Umständen, bald als Dienstvertrag, bald als Werkvertrag im weiteren Sinne, bald als Mandatsvertrag aufzufassen und nach den für diese Verträge geltenden Rechtsnormen, soweit nicht ein Anderes in diesem Abschnitte bestimmt, zu beurtheilen sein. Anlangend die sonstigen Abweichungen des Antrags von dem Entwürfe, so wurde von der Mehrheit beschlossen, was folgt: 1. Es soll mit dem Entwürfe zwischen Nachweisung einer Person bzw. eines Vertragsgegenstandes und Vermittelung unterschieden werden. Man hielt die Unterscheidung schon deshalb für angemessen, um keinen Zweifel zu lassen, daß auch im ersteren Falle die Mäklergebühr nur dann verdient sei, wenn der Vertrag mit dem Dritten abgeschlossen werde. 2. Es soll mit dem Entwürfe das Wort: „Vertrag" gewählt und nicht, wie in dem Antrage, von „Geschäft" gesprochen werden. Man war der Ansicht, das Wort: „Vertrag" sei korrekter, da mit dem Dritten nur ein Vertrag geschlossen werden könne. 2
8. Titel: Mäklervertrag
§§ 652-653
3. Es soll nicht mit dem Antrage bestimmt werden : „ sobald der Vertrag geschlossen ist", sondern: „nur dann, wenn mit der nachgewiesenen u.s.w. oder in Folge der Vermittelung u.s.w." Man erachtete die Ausdrucksweise des Antrags für zu kurz und der Mißdeutung fähig. 4. Im zweiten Absätze des Entwurfs sollen die Worte: „unter einer aufschiebenden" (sei. Bedingung) nicht unterdrückt werden. Man war der Meinung, die auflösende Bedingung lasse sich der aufschiebenden nicht gleichstellen und wenn auch das Handelsgesetzbuch in der fraglichen Hinsicht das Gegentheil vorschreiben möge (Art. 82 Abs. 2), so könne diese Bestimmung für den handelsrechtlichen Mäklervertrag passend | erscheinen, sie sei dagegen für den Mäklervertrag des bür- | Prot 12380 gerlichen Verkehrs schon deshalb unangemessen, weil die Fälle häufig sein würden, in welchen die Erledigung der Bedingung sich erst in sehr ferner Zeit und nach der Erfüllung des Vertrags mit dem Dritten entscheide. Der Artikel 676 des Entwurfs lautet: „Das Versprechen einer Mäklergebühr für die Nachweisung einer heiratsfähigen DresdE Art 676 Person oder für die Vermittelung einer Ehe ist gültig, sofern nicht ein Landesgesetz etwas Anderes bestimmt." Es wurde die Streichung des Artikels beschlossen1. Johow Man hielt weder einen Vorbehalt für die Landesgesetze für gerechtfertigt noch (Nr 427) eine Bestimmung für angemessen, welche den in Rede stehenden Vertrag schlechthin für nichtig erkläre, wobei man davon ausging: ob ein Vertrag der fraglichen Art im gegebenen Falle in Gemäßheit des § 85 der Zusammenstellung der auf den Allgemeinen Theil sich beziehenden Beschlüsse (Protokoll vom 7. Dezember 1881, S. 215, 216)2 für nichtig zu erachten sei, werde von den besonderen Umständen abhängen. Der Artikel 677 des Entwurfs bestimmt: „Der Betrag der Mäklergebühr ist, sofern nicht etwas Anderes vereinbart wor- DresdE Art 677 den ist, nach Ortsgebrauch zu bestimmen." Es wurde die Streichung des Artikels beschlossen, den man aus ähnlichen Gründen für entbehrlich hielt, wie die, welche zur Streichung der entsprechenden Vorschriften der Artikel 560 und 617 (Protokolle S. 2094 und 2252)3 bestimmt haben. Zu Artikel 678 des Entwurfes : „Der Mäkler kann die Mäklergebühr von dem Vertragschließenden, auf dessen DresdE Art 678 Ansuchen er einen Vertrag vermittelt hat, unverkürzt fordern, auch wenn er von dem anderen Vertragschließenden eine Belohnung angenommen hat." I war beantragt, statt dessen zu bestimmen : | Prot 12381 „Der Mäkler kann für die Vermittelung eines Geschäfts von beiden Theilen eine Johow Vergütung sich versprechen lassen." (Nr 427) Entwurf und Antrag wurden abgelehnt. Erwogen war: Habe der Mäkler nur thatsächliche Dienste zu leisten, indem ihm etwa nur obliege, einen Vertragsgegenstand oder eine zum Kontrahiren geeignete Person nachzuweisen oder ähnlich wie ein Bote die Erklärungen beider Theile zu übermitteln, so könne nicht zweifelhaft sein, daß er von beiden Parteien sich wirksam eine ι Zu § 656 BGB s. weiter u. S. 9. 2 S. bei § 138 BGB. 3 S. bei §§ 551 und 611, 612 BGB.
3
§ § 6 5 2 - 653
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Vergütung für seine Bemühungen zusichern lassen dürfe. Dies zu bestimmen, sei überflüssig. Nun gebe es aber Fälle, in welchen der Mäkler, nachdem er der einen Partei gegen Entgelt zu dienen versprochen, wenn er nachträglich auch von der anderen Partei für seine Bemühungen behufs des Zustandekommens des Vertrags eine Vergeltung annehme oder sich versprechen lasse, dadurch seine gegen die erste Partei ihm obliegenden Pflichten verletze, so daß diese Partei berechtigt werde, Schadensersatz zu verlangen oder die Einrede des nicht erfüllten Vertrags zu erheben. Dahin gehörten die Fälle, in welchen der Mäkler sich der ersten Partei gegenüber verpflichtet habe, die andere zu einem der ersteren günstigen Entschlüsse zu vermögen, wenn er demnächst mit der anderen Partei über eine von dieser ihm zu gewährenden Vergeltung sich verständige, und hieraus erhelle, daß er die im Interesse der ersten Partei aufzuwendenden Bemühungen zu verleugnen gesonnen sei und thatsächlich sein Versprechen gebrochen habe. Die Aufnahme des Artikels oder des Antrags könne zu irriger Beurtheilung solcher Fälle verleiten4. Der Artikel 679 des Entwurfs lautet: DresdE Art 679 „Ist in Folge der Vermittelung des Mäklers ein Vertrag geschlossen worden, so I Prot I 2382 wird dessen Recht auf die Mäklergebühr nicht aufgehoben, wenn der Vertrag | später wieder aufgelöst wird." Es wurde die Streichung des Artikels beschlossen, indem man ihn für selbstverständlich hielt. DresdE Art 680
Der Artikel 680 des Entwurfs bestimmt: „Neben der Mäklergebühr kann der Mäkler nicht Ersatz der in Folge seiner Vermittelung aufgewendeten Kosten fordern." Es wurde die Streichung des Artikels beschlossen. Man glaubte, daß sich eine allgemeine Regel, inwiefern der Mäkler einen Anspruch auf Ersatz von Auslagen habe, wegen Verschiedenheit der einzelnen Fälle und da nicht selten zwischen gewöhnlichen und ungewöhnlichen Auslagen werde unterschieden werden müssen, nicht aufstellen lasse, eine solche Regel auch kein Bedürfniß sei.
II. In der RedVorl und der ZustOR haben die beschlossenen Vorschriften die Fassung: RedVorl/ Hat Jemand einem Anderen für die Nachweisung einer zur Schließung eines beZustOR § 435 stimmten Vertrages geeigneten Person oder eines bestimmten Vertragsgegenstandes oder für die Vermittelung eines bestimmten Vertrags eine Vergütung (Mäklergebühr) versprochen, so kann der andere (Mäkler) die Gebühr nur dann verlangen, wenn derjenige, welcher dieselbe versprochen hat, mit der nachgewiesenen Person oder über den nachgewiesenen Gegenstand oder in Folge Vermittelung des Mäklers den Vertrag schließt. Ist der Vertrag mit dem Dritten unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen, so hat der Mäkler auf die Mäklergebühr erst dann Anspruch, wenn die Bedingung erfüllt ist. Zu § 435 ist in der RedVorl angemerkt: 1. Der § wird ähnlich wie der über den Tausch in einen besonderen Abschnitt gehören, welcher die Ueberschrift „Mäklervertrag" erhält. Der Vertrag kann ein Dienst-, Werk- oder Mandatsvertrag, aber auch anderer Art sein, nämlich den im Artikel 675 vorausgesetzten Charakter haben. Ob der Abschnitt hinter dem Ab* Zu § 654 BGB s. weiter u. S. 9.
4
8. Titel: Mäklervertrag
§§652-653
schnitte über den Werkvertrag einzustellen oder der Abschnitt über das Mandat vorauszuschicken sei, kann nach Lage der Dinge erst später entschieden werden. 2. Es wird nicht nöthig sein, mit dem Entwürfe den handelsrechtlichen Mäklervertrag vorzubehalten. 3. Der Ausdruck des H.G.B. Art. 82: „wenn der Vertrag ein unbedingter geworden ist," möchte kaum korrekt sein. Ein bedingter Vertrag kann ein unbedingter nur werden, wenn er von Neuem als unbedingter geschlossen wird. Der Entwurf folgt dem Handelsgesetzbuche. III., IV. Im KE und im E I lauten die Vorschriften übereinstimmend : H a t Jemand einem Anderen für die Nachweisung einer zur Schließung eines be- KE § 573 stimmten Vertrages geeigneten Person oder eines bestimmten Vertragsgegenstandes E I § 580 oder für die Vermittelung eines bestimmten Vertrages eine Vergütung (Mäklergebühr) versprochen, so kann der Andere (Mäkler) die Gebühr nur dann verlangen, wenn derjenige, welcher dieselbe versprochen hat, mit der nachgewiesenen Person oder über den nachgewiesenen Gegenstand oder in Folge der Vermittelung des Mäklers den Vertrag schließt. Ist der Vertrag mit dem Dritten unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen, so hat der Mäkler auf die Mäklergebühr erst dann Anspruch, wenn die Bedingung erfüllt ist.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes ¡ I. Beantragt war:
Struckmann
a) Den § 580 zu fassen: (Nr 3, 104) Ist für die Nachweisung der Gelegenheit zur Schließung eines Vertrags oder für die Vermittelung eines solchen ein Mäklerlohn versprochen, so kann dieser nur dann verlangt werden, wenn der Vertrag, für welchen der Mäkler thätig werden soll, in Folge der Thätigkeit des Mäklers zu Stande kommt. Ist der Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen, so steht dem Mäkler der Anspruch auf den Mäklerlohn erst dann zu, wenn die Bedingung eingetreten ist. b) Folgende neue Vorschriften aufzunehmen : § 580a Dem Mäkler steht ein Anspruch auf Mäklerlohn auch im Falle des Zustandekommens des Vertrages nicht zu, wenn er von beiden Theilen sich einen Mäklerlohn hat versprechen lassen. Diese Vorschrift findet jedoch keine Anwendung demjenigen Theile gegenüber, welcher vor dem Zustandekommen des Vertrags wußte, daß der Mäkler auch von dem anderen Theile sich einen Mäklerlohn habe versprechen lassen. S 580b Ein Mäklerlohn gilt als stillschweigend versprochen, wenn die Dienstleistung nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten war. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist die taxmäßige Vergütung und in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen. Neben dem Mäklerlohn kann der Mäkler, soweit nicht ein Anderes vereinbart ist, Ersatz für Aufwendungen nicht verlangen. 5
§ § 652 — 653
I Prot-RJA 498 EI-RJA § 580
I Prot-RJA 499
E I-RJA § 580b
I Prot-RJA 500
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
II. 79. Sitzung vom 23. 4. 1892 | VII. Der § 580 des Entw. wurde sachlich nicht beanstandet, die Fassung wie folgt festgestellt: „Ist für die Nachweisung der Gelegenheit zur Schließung eines Vertrages oder für die Vermittelung eines solchen eine Vergütung (Mäklerlohn) versprochen, so kann diese nur dann verlangt werden, wenn der Vertrag, für welchen der Mäkler thätig werden soll, in Folge der Thätigkeit des Mäklers zu Stande kommt. Ist der Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen, so steht dem Mäkler der Anspruch auf den Mäklerlohn erst dann zu, wenn die Bedingung eingetreten ist." Um einem im Leben häufig vorkommenden Mißbrauche entgegenzutreten, welcher sich bei der in der Vermittelung eines Geschäfts bestehenden Thätigkeit der Mäkler herausgestellt hat, beschloß die Kommission als § 580 a eine Bestim-1 mung in den Entw. aufzunehmen, wonach ein Mäkler, welcher sich zum Zwecke der Vermittelung eines Geschäfts von den beiden entgegengesetzten Interessen verfolgenden Parteien eine Provision hat versprechen lassen, seines Anspruchs auf die Mäklergebühr gegen jeden Theil, ohne daß der Nachweis einer thatsächlich stattgehabten Interessenkollision erbracht zu werden brauche, verlustig gehe. Ausnahmsweise solle er jedoch seinen Anspruch gegen denjenigen Theil behalten, der vor dem Zustandekommen des Vertrags gewußt hat, daß der Mäkler sich auch von dem anderen Kontrahenten eine Vergütung habe versprechen lassen. Von einer Seite war beantragt, die Vorschrift auch auf die Fälle auszudehnen, in welchen die Thätigkeit des Mäklers sich nur auf 5 die Nachweisung einer Gelegenheit zur Schließung eines Vertrags (Zuführen einer Person usw.) beschränke, da auch in solchen Fällen ein Vertrauensmißbrauch nicht ausgeschlossen sei und diese Fälle sich von den Fällen der Vermittelung eines Geschäfts häufig thatsächlich nur schwer trennen ließen. Die Mehrheit der Kommission glaubte jedoch, daß dieser Vorschlag zu weit gehe, da regelmäßig eine Kollision der Interessen nicht entstehe, wenn der Mäkler, der nur für die Nachweisung einer Gelegenheit thätig werde, von beiden Theilen, in deren Dienste er thätig sei, eine Provision sich versprechen lasse. Als § 580b Abs. 1, 2 wurden noch folgende Vorschriften im Anschluß an die Bestimmungen über den Dienst- und Werkvertrag aufgenommen: „Ein Mäklerlohn gilt als stillschweigend versprochen, wenn die Dienstleistung nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten war. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist beim Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen." | Als Abs. 3 wurde hinzugefügt, um mißbräuchliche Ansprüche des Mäklers zu verhüten: „Neben dem Mäklerlohn kann der Mäkler, soweit nicht ein Anderes vereinbart ist, Ersatz für Aufwendungen nicht verlangen."
C. 2. Kommission I. Anträge (Prot. II, Bd. 2, S. 3 4 2 - 3 4 7 ; Mugdan, Bd. 2, S. 937-939): Beantragt war, die Bestimmungen des Entw. zu fassen: Ist für die Nachweisung der Gelegenheit zur Schließung eines Vertrags oder für
Struckmann (Nr 159, 35) 5
6
Original: auch
8. Titel: Mäklervertrag
§§ 6 5 2 - 6 5 3
die Vermittelung eines Vertrags eine Vergütung (Mäklerlohn) versprochen, so kann diese nur dann verlangt werden, wenn der Vertrag, für welchen der Mäkler thätig werden soll, in Folge der Thätigkeit des Mäklers zu Stande kommt. Ist der Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen, so steht dem Mäkler der Anspruch auf den Mäklerlohn erst zu, wenn die Bedingung eingetreten ist. Die Komm, erklärte sich mit dem sachlichen Inhalte des § 580, gegen den ein Widerspruch nicht erhoben war, einverstanden; der Antrag wurde der RedKom zur Prüfung überwiesen. Es war ferner beantragt: 1. als § 580a folgende Bestimmung aufzunehmen: Struckmann H a t ein Mäkler sich für die Vermittelung eines Vertrags sowohl von der einen (Nr 159, 36) als von der anderen Partei einen Mäklerlohn versprechen lassen, so kann er, auch wenn der Vertrag zu Stande kommt, den Mäklerlohn weder von der einen noch von der anderen Partei verlangen, sofern sie nicht vor dem Zustandekommen des Vertrags wußte, daß der Mäkler sich von beiden Parteien einen Mäklerlohn habe versprechen lassen. hierzu im Laufe der Berathung: 2. dem § 580a hinzuzufügen: Diese Bestimmung findet keine Anwendung, wenn die taxmäßige oder ortsübliche Vergütung herkömmlich von beiden Seiten je zur Hälfte getragen wird. 3. den § 580a durch folgende Vorschrift zu ersetzen: H a t ein Mäkler die Vermittelung eines Vertrags im Interesse beider Parteien übernommen, so kann er, auch wenn der Vertrag zu Stande kommt, den Mäklerlohn weder von der einen noch von der anderen Partei verlangen, sofern ihm nicht die Übernahme der Vermittelung im Interesse beider Parteien von diesen gestattet war oder die Parteien vor dem Zustandekommen des Vertrags wußten, daß der Mäkler die Vermittelung des Geschäfts im Interesse beider Parteien übernommen habe. eventuell die unter 1 vorgeschlagene Bestimmung zu fassen : H a t ein . . . verlangen, sofern ihm nicht von den Parteien die Vermittelung im Interesse beider Theile zu übernehmen gestattet war oder die Parteien vor dem Zustandekommen des Vertrags wußten, daß der . . . 4. im Antrag 1 hinter dem Worte „wußte" einzuschalten „oder wissen mußte". Die Mehrheit lehnte die Aufnahme einer Bestimmung im Sinne der Anträge ab. Es stand der Antrag zur Berathung, hinter § 580 des Entw. folgende Bestimmungen einzuschalten: Ein Mäkerlohn gilt als stillschweigend versprochen, wenn die Dienstleistung Struckmann nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten war. (Nr 159, 37) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist beim Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe, die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen. Neben dem Mäklerlohn kann der Mäkler, soweit nicht ein Anderes vereinbart ist, Ersatz der Aufwendungen nicht verlangen. Auf diesen Antrag bezogen sich nachstehende Unteranträge : 1. im Abs. 1 statt der Worte „die Dienstleistung" zu sagen „die in Anspruch genommene (vertragsmäßige, übertragene, übernommene) Dienstleistung", 7
§ § 6 5 2 - 653
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
2. den Abs. 3 unter Streichung der Eingangsworte „Neben dem Mäklerlohn" wie folgt zu fassen: Ersatz von Aufwendungen kann der Mäkler nicht verlangen, wenn nicht ein Anderes vereinbart ist. 3. die Bestimmung des Abs. 1 a) zu streichen; b) eventuell auf die Vermittelungsgeschäfte der Mäkler zu beschränken. Der Hauptantrag wurde mit dem unter 1 vorgeschlagenen Zusatz angenommen; der Unterantrag 3 a war hierdurch erledigt. Der Eventualantrag 3 b wurde abgelehnt. Der Unterantrag 2 wurde zur Berücksichtigung an die RedKom überwiesen, der auch die Entscheidung darüber vorbehalten blieb, ob es sich empfehlen werde, das Wort „Dienstleistungen" im Abs. 1 des Hauptantrags durch einen anderweitigen Ausdruck zu ersetzen und den Abs. 3 an den § 580 anzuschließen. II. In der VorlZust haben die beschlossenen Vorschriften die Fassung: E I-VorlZust Ist für die Nachweisung der Gelegenheit zur Schließung eines Vertrages oder § 580 für die Vermittelung eines Vertrages eine Vergütung (Mäklerlohn) versprochen, so kann diese nur dann verlangt werden, wenn der Vertrag mit der nachgewiesenen Person oder über den nachgewiesenen Gegenstand oder in Folge der Vermittelung des Mäklers zu Stande kommt. Ist der Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen, so steht dem Mäkler der Anspruch auf den Mäklerlohn erst zu, wenn die Bedingung eingetreten ist. Den Ersatz von Aufwendungen kann der Mäkler nur verlangen, wenn dies vereinbart ist. EI-VorlZust Ein Mäklerlohn gilt als stillschweigend versprochen, wenn die übertragene § 580a (oder: vertragsmäßige) Dienstleistung (oder: Mäklerthätigkeit) nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten war. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist beim Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen. III. Die Fassung der Vorschriften in der ZustRedKom lautet: E I-ZustRedKom Eine für die Nachweisung der Gelegenheit zur Schließung eines Vertrages oder S 580 für die Vermittelung eines Vertrages versprochene Vergütung (Mäklerlohn) kann nur beansprucht werden, wenn der Vertrag in Folge der Nachweisung oder in Folge der Vermittelung des Mäklers zu Stande kommt. Ist der Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen, so kann der Mäklerlohn erst verlangt werden, wenn die Bedingung eingetreten ist. Den Ersatz von Aufwendungen kann der Mäkler, auch wenn der Vertrag nicht zu Stande gekommen ist, nur verlangen, wenn dies vereinbart ist. E I-ZustRedKom Ein Mäklerlohn gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die dem Mäkler über§ 580a tragene Leistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist beim Bestehen einer Taxe der taxmäßige Lohn, in Ermangelung einer Taxe der übliche Lohn als vereinbart anzusehen.
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8. Titel: Mäklervertrag
§§654-656
IV. Im E II lauten die Vorschriften: Wer für den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluß eines Vertrags oder für E II § 587 die Vermittelung eines Vertrags einen Mäklerlohn versprochen hat, ist zur Entrichtung desselben nur verpflichtet, wenn der Vertrag in Folge des Nachweises oder in Folge der Vermittelung des Mäklers zu Stande kommt. Ist der Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen, so kann der Mäklerlohn erst verlangt werden, wenn die Bedingung eingetreten ist. Aufwendungen sind dem Mäkler nur zu ersetzen, wenn es vereinbart ist. Dies gilt auch dann, wenn ein Vertrag nicht zu Stande kommt. Ein Mäklerlohn gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die dem Mäkler über- E II § 588 tragene Leistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten war. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe der taxmäßige Lohn, in Ermangelung einer Taxe der übliche Lohn als vereinbart anzusehen. V. Im E II rev haben die Vorschriften in den §§ 642, 643 die im BGB §§ 652, 653 Gesetz gewordene Fassung.
§ 654 Der Anspruch auf den Mäklerlohn und den Ersatz von Aufwendungen ist ausgeschlossen, wenn der Mäkler dem Inhalte des Vertrags zuwider auch für den anderen Theil thätig gewesen ist.
§655 Ist für den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluß eines Dienstvertrags oder für die Vermittelung eines solchen Vertrags ein unverhältnismäßig hoher Mäklerlohn vereinbart worden, so kann er auf Antrag des Schuldners durch Urtheil auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden. Nach der Entrichtung des Lohnes ist die Herabsetzung ausgeschlossen.
§656 Durch das Versprechen eines Lohnes für den Nachweis der Gelegenheit zur Eingehung einer Ehe oder für die Vermittelung des Zustandekommens einer Ehe wird eine Verbindlichkeit nicht begründet. Das auf Grund des Versprechens Geleistete kann nicht deshalb zurückgefordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat. Diese Vorschriften gelten auch für eine Vereinbarung, durch die der andere Theil zum Zwecke der Erfüllung des Versprechens dem Mäkler gegenüber eine Verbindlichkeit eingeht, insbesondere für ein Schuldanerkenntniß. Zu § 654 s. vorweg Prot. I 2380 f., Prot.-RJA 498, Prot. II 342 f., o. bei §§ 652, 653. Zu § 656 s. Prot. I 2380, oben bei §§ 652, 653. 9
§ § 6 5 4 - 656
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
E. Reichstag (XII. Kommission) I. Anträge: Letocha, Gröber, 1. dem § 642 folgende neue Absätze beizufügen: Lieber, Rembold Uebernimmt der Makler Aufträge beider Theile zur Vermittelung desselben Ge(Nr 52) schäfts, bei dem das Interesse der Auftraggeber entgegenläuft, so verliert er den Anspruch auf Maklerlohn. Das Versprechen eines Vermögensvortheils für die Nachweisung einer heiratsfähigen Person oder für die Vermittelung einer Ehe ist nichtig. v. Dziembowski2. in § 642 Absatz 1 am Schlüsse folgenden neuen Satz aufzunehmen: Pomian „Die Vereinbarung eines Mäklerlohnes ist nichtig, wenn sich der Mäkler bereits (Nr 54) vorher von dem anderen Theil Belohnung vertraglich hat versprechen lassen."1 3. zu § 642 als Absatz 3: „Ist der vereinbarte Mäklerlohn unverhältnismäßig hoch, so kann derselbe auf Antrag des Schuldners durch Urtheil auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden." II. Bericht von Heller über die Sitzung vom 19. März 1896 Die von der XII. Kommission des Reichstags heute abgehaltene achtzehnte Sitzung wurde fast vollständig in Anspruch genommen durch die Beratung der Bestimmungen des Entwurfs über den Mäklervertrag (§§ 642, 643) und der dazu gestellten Anträge. Von diesen kamen zunächst zur Beratung der Antrag Letocha und Genossen (N- 52 der Drucksachen Ziff. 1) und der Antrag von Dziembowski (N 2 54 der Drucksachen) sowie ein Antrag des Abgeordneten von Cuny, der nach einer im Laufe der Diskussion von dem Abgeordneten Enneccerus angeregten und vom Antragsteller sich angeeigneten Verbesserung dahin ging, als Absatz 3 hinzuzufügen: „Eine Verpflichtung tritt nicht ein, wenn der Mäkler der erklärten oder aus den Umständen sich ergebenden Absicht dessen, der den Mäklerlohn versprochen hat, zuwider auch für den anderen Teil thätig gewesen ist." Der Kommissär Struckmann sprach sich aus den in den Motiven des Entwurfs erster Lesung und bei den Beratungen der Kommission für die zweite Lesung gegen die Aufnahme einer solchen Bestimmung geltend gemachten Gründen gegen die Anträge aus; man solle die Frage der Beurteilung des einzelnen Falls überlassen. Der den Anträgen zugrunde liegende Gedanke fand jedoch lebhaften Anklang in der Kommission, nur die Abgeordneten Bachem und Spahn hielten es für richtiger, es bei dem Entwürfe zu belassen. Die in den Anträgen Letocha und Genossen und von Dziembowski vorgeschlagenen Bestimmungen wurden indes nicht für den geeigneten Ausdruck des Gedankens erachtet; gegen den von Enneccerus verbesserten Antrag von Cuny wurden, vorbehaltlich seiner Prüfung durch die Redaktionskommission, besondere Bedenken aus der Mitte der Kommission nicht erhoben. Die übrigen Antragsteller zogen deshalb zu Gunsten dieses Antrags ihre Anträge zurück, und die Kommission nahm ihn mit sehr großer Mehrheit an, obwohl der Ministerialrat von Jacubezky, wie mir schien, mit vollem Rechte dargelegt hatte, daß bei dem in dem Antrage vorausgesetzten Thatbestande ein eigentlicher Mäklervertrag gar nicht vorliege. 1
Dazu ist angemerkt: Cfr. Entsch. d. Reichsg. in Civilsachen Bd. IV S. 222, Streihorst Bd. 55 S. 333
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8. Titel: Mäklervertrag
§§654 -
656
D e r hierauf zur Beratung kommende weitere Antrag Letocha und Genossen ( N 2 52 der Drucksachen Ziff. 2) wurde von den Antragstellern im Laufe der Diskussion dahin geändert, daß die beantragte Bestimmung folgendermaßen lautet: „durch das Versprechen eines Vermögensvorteils für die Nachweisung einer heiratsfähigen Person oder für die Vermittelung einer Ehe wird eine Verbindlichkeit nicht begründet. Das auf Grund des Versprechens Geleistete kann nicht deshalb zurückgefordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat." Auch gegen diesen Antrag sprach sich Struckmann aus ; er gehe zu weit, auch hier komme es auf die Beurteilung des einzelnen Falls an. Eine unzulässige Einwirkung auf die freie Willensbestimmung einer Person würde gegen die guten Sitten verstoßen; ein zu diesem Zwecke geschlossener Mäklervertrag würde daher zweifellos ungiltig sein. In der Regel handle es sich aber darum gar nicht. Man dürfe sich in dieser Frage nicht auï einen zu idealen Standpunkt stellen, sondern müsse dem praktischen Bedürfnisse und den realen Anschauungen, die bei gewissen Teilen der Bevölkerung noch herrschen, Rechnung tragen. Aus der Mitte der Kommission trat indes niemand ausdrücklich dem Antrage entgegen, Vertreter fast aller Fraktionen sprachen sich für ihn aus. D e r Abgeordnete Enneccerus betonte insbesondere, daß es zu den Aufgaben der Gesetzgebung gehöre, auf die Veredelung der sittlichen Anschauungen des Volks hinzuwirken. D e r Antrag wurde mit sehr großer Mehrheit angenommen. Die Frage, wie dieser Beschluß sich zu der Bestimmung im § 35 Absatz 3 der Gewerbeordnung verhalte, auf die Struckmann bei der Bekämpfung des Antrags aufmerksam gemacht hatte, wurde nicht weiter erörtert. D e r gleichfalls auf den § 642 bezügliche weitere Antrag von Dziembowski (N2 47 der Drucksachen) wurde von den Kommissaren Struckmann und von J a c u bezky nachdrücklich bekämpft. Es bestehe kein genügender Grund dazu, die V e r tragsfreiheit in Beziehung auf den Mäklerlohn ebenso zu beschränken wie in Bezug auf die Konventionalstrafe; es sei das auch nicht geltendes Recht. Die Bestimmungen über Betrug, Wucher und Verstoß gegen die guten Sitten böten hinreichenden Schutz. D e r Richter sei auch gar nicht in der Lage, zu beurteilen, ob vom Standpunkte des Mäklers der vereinbarte Lohn unverhältnismäßig hoch ist. Die Bestimmung untergrabe das ganze Gewerbe der Mäkler und sei unter allen Umständen für den Handelsverkehr unmöglich. Im Falle der Annahme des Antrags wäre jedenfalls eine dem Satze 3 von Absatz 1 des § 337 entsprechende Bestimmung notwendig. Auch der Vorsitzende schien der Auffassung zuzuneigen, daß die allgemeinen Bestimmungen, namentlich die des § 302 e des Strafgesetzbuchs und des Artikels 3 des Wuchergesetzes ausreichen. Im übrigen trat aus der Mitte der Kommission niemand dem Antrage entgegen, die Abgeordneten Bachem und Enneccerus beantragten sogar, ihn zu verallgemeinern, damit die Bestimmung nicht bloß den vereinbarten, sondern insbesondere auch den „üblichen" Mäklerlohn (§ 643 Abs. 2) treffe. D e r Antragsteller von Dziembowski eignete sich diese Änderung an und gab dem Eingange der beantragten Bestimmung die Fassung: Ein unverhältnismäßig hoher Mäklerlohn kann auf Antrag . . .". Bachem beantragte ferner den Zusatz: „Ist der Mäklerlohn bezahlt, so ist die Rückforderung ausgeschlossen." In jener Fassung und mit diesem Zusätze wurde der Antrag einstimmig angenommen. V o m § 6 4 3 beantragte weil sein Inhalt sich schon de, nachdem Struckmann Mehrheit abgelehnt. D e r §
der aus die 643
Abgeordnete von Cuny den Absatz 1 zu streichen, allgemeinen Bestimmungen ergebe. D e r Antrag wurIrrigkeit dieser Ansicht dargethan hatte, mit großer blieb hienach unverändert.
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§657
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
III. Zu der 2. Lesung lag der zu der in der 1. Lesung beschlossenen Bestimmung: „Ein unverhältnismäßig hoher Mäklerlohn kann auf Antrag des Schuldners durch Urtheil auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden. Ist der Mäklerlohn bezahlt, so ist die Rückforderung ausgeschlossen" gestellte Antrag von Schröder (Nr. 132) vor, die Bestimmung zu streichen. Im Bericht von Heller über die 46. Sitzung heißt es dazu: Der Antrag Schröder zum $ 643 b ( N 2 132 der Drucksachen), den der Antragsteller aus den bei der ersten Lesung gegen die Bestimmung geltend gemachten Gründen dringend zur Annahme empfahl und auch Struckmann befürwortete, wurde mit großer Mehrheit abgelehnt. In einer Eventualabstimmung nahm die Kommission zwar den Antrag Kauffmann an, in Satz 1 nach „Maklerlohn" einzuschalten „für den Nachweis oder die Vermittelung von Dienst- oder Ausstellungsverträgen", aber in der Hauptabstimmung entschied sie sich für die Beibehaltung der unveränderten Paragraphen: Zur Beratung dieser Bestimmung im Plenum s. die Stenograph. Berichte, S. 303 f.
NEUNTER TITEL Auslobung §657
Wer durch öffentliche Bekanntmachung eine Belohnung für die Vornahme einer Handlung, insbesondere für die Herbeiführung eines Erfolges, aussetzt, ist verpflichtet, die Belohnung demjenigen zu entrichten, welcher die Handlung vorgenommen hat, auch wenn dieser nicht mit Rücksicht auf die Auslobung gehandelt hat. Α. 1. Kommission
I Prot I 823
I. 96. Sitzung vom 5. 6. 1882, Schriftführer Neubauer | Die Berathung des „einseitigen Versprechen" überschriebenen Theilentwurfs des Obligationsrechts (Nr. I) 1 wurde fortgesetzt. Die Diskussion über den § b des am Schluß des Protokolls vom 2. Juni d. Js. (S. 821) 2 gedachten Antrages wurde vertagt bis zur Erledigung der damit im Zusammenhange stehenden, von einer anderen Seite eingebrachten Vorschläge, welche eine Ergänzung des Abschnitts über Auslobung durch einige zusätzliche Bestimmungen bezweckten (vgl. S. 830 dieses Protokolles).
Der § 1 des Entwurfes : TE-OR (Nr 1) „Verspricht Jemand mittelst öffentlicher Bekanntmachung Demjenigen, welcher S 1 auf eine in der Bekanntmachung bestimmte Weise thätig geworden sein werde, Die Vorlage umfaßt außer der Auslobung das Versprechen zugunsten Dritter und die Inhaberpapiere. 2 S. bei § 305 BGB. 1
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9. Titel: Auslobung
§657
einen Preis oder eine Belohnung (Auslobung), so wird der Versprechende (Auslobende) Demjenigen zur Erfüllung seines Versprechens verpflichtet, welcher auf die in d e r Bekanntmachung bestimmte Weise u n d , wenn f ü r die T h a t eine Zeit bestimmt ist, innerhalb dieser Zeit die T h a t vollbracht hat. D a ß die T h a t mit Kenntniß der Auslobung und mit Rücksicht auf dieselbe vollbracht w o r d e n ist, ist n u r dann erforderlich, wenn dies in der Auslobung bestimmt ist." I blieb inhaltlich unbeanstandet.
| Prot I 824
In redaktioneller Beziehung wurden folgende Erinnerungen erhoben : 1. Die W o r t e „thätig geworden sein w e r d e " im ersten Satze w ü r d e n durch einen Ausdruck zu ersetzen sein, welcher mit dem Ausdrucke „die T h a t vollbracht hat" im N a c h s a t z e völlig harmoniere. 2. D e r Ausdruck: „That vollbracht hat", 2a sei mißlich; es sei näher zu prüfen, ob nicht die Fassung vorzuziehen sei: „ H a n d l u n g " oder „Leistung" mit o d e r ohne den Z u s a t z : „vornehmen" beziehungsweise „vollbringen", oder „bewirken", oder aber „thätig werden". 3. Die W o r t e (Zeile 4) „einen Preis oder" vor „eine Belohnung" schienen entbehrlich zu sein. II. Die beschlossene Bestimmung lautet in der Z u s t O R : Verspricht Jemand mittels öffentlicher Bekanntmachung demjenigen eine Beloh- ZustOR § 117 nung, welcher ein in der Bekanntmachung bezeichnetes W e r k o d e r eine sonstige darin bezeichnete H a n d l u n g vollbracht haben wird (Auslobung) so ist er zur Erfüllung des Versprechens demjenigen verpflichtet, welcher die H a n d l u n g nach M a ß g a be der Bekanntmachung vollbracht hat. Es ist nicht erforderlich, d a ß die H a n d l u n g mit Kenntniß der Auslobung und in Rücksicht auf dieselbe vollbracht worden ist, sofern nicht ein Anderes in der Auslobung bestimmt ist. D i e Beratung der Anträge, welche gestellt waren in Betreff der D r u c k l e g u n g der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse, w u r d e n auf A n t r a g von Kurlbaum (Nr. 570 III) in Abs. 2 die W o r t e „ein Anderes" hinter „Auslobung" versetzt (Prot. I 3550, 3551, 3559). III., IV. Die Fassung im K E § 574 und E I § 581 lautet: Verspricht Jemand mittels öffentlicher Bekanntmachung demjenigen eine Beloh- KE § 574/E I nung, welcher die Herstellung eines in der Bekanntmachung bezeichneten W e r k e s § 581 oder eine sonstige darin bezeichnete H a n d l u n g vollbracht haben wird (Auslobung), so ist er zur Erfüllung des Versprechens demjenigen verpflichtet, welcher die H a n d lung nach Maßgabe der Bekanntmachung vollbracht hat. Es ist nicht erforderlich, daß die H a n d l u n g mit Kenntniß der Auslobung und in Rücksicht auf dieselbe vollbracht w o r d e n ist, sofern nicht in der Auslobung ein Anderes bestimmt ist 3 .
2a 3
Im Original fehlen die Anführungszeichen. Ein auf die veränderte Fassung des Abs. 1 bezüglicher Beschluß ist in den Prot nicht enthalten. 13
§657
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
B. Vorkommission des Reichsjustizamtesi
Struckmann (Nr 3,105)
I. Beantragt war: Den § 581 zu fassen: Verspricht Jemand durch öffentliche Bekanntmachung demjenigen eine Belohnung, der einen in der Bekanntmachung bezeichneten Erfolg herbeiführt (Auslobung), so wird er nach Maßgabe dieses Versprechens verpflichtet. Die Verpflichtung tritt unabhängig davon ein, ob derjenige, welcher den Erfolg herbeiführt, die Auslobung nicht gekannt und nicht mit Rücksicht auf diese gehandelt hat.
II. 79. Sitzung vom 23. 4. 1892 | VIII. Den §§ 581, 5824 des Entw. wurde sachlich zugestimmt, ihre Fassung aber wie folgt festgestellt: EI-RJA § 581 „Verspricht Jemand durch öffentliche Bekanntmachung demjenigen eine Belohnung, der eine bestimmte Handlung vornimmt, insbesondere einen bestimmten Erfolg herbeiführt (Auslobung), so wird er zur Erfüllung des Versprechens demjenigen verpflichtet, welcher die Handlung vorgenommen hat. Die Verpflichtung tritt unabhängig davon ein, ob dieser die Auslobung gekannt und mit Rücksicht auf die Auslobung gehandelt hat."
I Prot-RJA 500
C. 2. Kommission I. Anträge (Prot. II, Bd. 2, S. 347; Mugdan, Bd. 2, S. 940) Struckmann Zu § 581 war nur der sachlich vom Entw. nicht abweichende Antrag gestellt, die (Nr 159, 38) Bestimmungen zu fassen : Verspricht Jemand durch öffentliche Bekanntmachung demjenigen eine Belohnung, der eine bestimmte Handlung vornimmt, insbesondere einen bestimmten Erfolg herbeiführt (Auslobung), so wird er zur Erfüllung des Versprechens demjenigen verpflichtet, welcher die Handlung vorgenommen hat. Die Verpflichtung tritt unabhängig davon ein, ob dieser die Auslobung gekannt und mit Rücksicht auf die Auslobung gehandelt hat. Die Komm, beschloß, den § 581 beizubehalten. II. In der VorlZust lautet die Vorschrift: E I-VorlZust Verspricht Jemand durch öffentliche Bekanntmachtung demjenigen eine Beloh§ 581 nung, der eine bestimmte Handlung vornimmt, insbesondere einen bestimmten Erfolg herbeiführt (Auslobung), so wird er zur Erfüllung des Versprechens demjenigen verpflichtet, welcher die Handlung vorgenommen hat. Die Verpflichtung tritt unabhängig davon ein, ob die Handlung mit Kenntniß der Auslobung oder mit Rücksicht auf dieselbe vorgenommen ist. III. In der ZustRedKom hat die Vorschrift die Fassung: E I-ZustRedKom Wer durch öffentliche Bekanntmachung eine Belohnung für die Vornahme einer §581 Handlung, insbesondere für die Herbeiführung eines Erfolges, aussetzt, ist verpflichtet, die Belohnung demjenigen zu entrichten, welcher die Handlung vorge* $ 582 s. u. bei § 658 BGB.
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9. Titel: Auslobung
§ 658
nommen hat, auch wenn derselbe nicht mit Rücksicht auf die Auslobung gehandelt hat. IV. Die Fassung der E l l ZustRedKom.
§ 589 entspricht
derjenigen des §581
EI-
V. Im E II rev und E III § 644 liegt die in § 657 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
§ 658
Die Auslobung kann bis zur Vornahme der Handlung widerrufen werden. Der Widerruf ist nur wirksam, wenn er in derselben Weise wie die Auslobung bekannt gemacht wird oder wenn er durch besondere Mittheilung erfolgt. Auf die Widerruflichkeit kann in der Auslobung verzichtet werden; ein Verzicht liegt im Zweifel in der Bestimmung einer Frist für die Vornahme der Handlung.
A. 1. Kommission I. 96. Sitzung vom 5. 6. 1882, Schriftführer Neubauer I Prot 1828 I Zu § 4 des Entwurfes : „Ist in der Auslobung in Absicht auf deren Widerruf etwas Besonderes nicht be- TE-OR (Nr 1) stimmt, so steht dem Auslobenden, wenn für die Vollbringung der That eine Zeit §4 nicht festgesetzt ist, das Recht des Widerrufs insolange zu, als die That nicht in der durch die Auslobung bezeichneten Weise erfolgt ist. Der Widerruf ist aber nur dann wirksam, wenn er in derselben Weise öffentlich bekannt gemacht wird, in welcher die Auslobung geschehen ist. Hat der Auslobende für die Vollbringung der That eine Zeit ausdrücklich festgesetzt oder ergiebt sich solche Zeitbestimmung aus den Umständen, so ist das Widerrufsrecht ausgeschlossen."
lagen die Anträge vor: Johow (Nr 88) 1. den § zu fassen : I „Der Widerruf der Auslobung ist ausgeschlossen, wenn für die Vollbringung I P r o t ! 829 der That eine Zeit bestimmt und der Widerruf nicht in der Bekanntmachung vorbehalten ist. Ein zulässiger Widerruf der Auslobung ist nur dann wirksam, wenn er vor Vollbringung der That und in derselben Weise wie die Auslobung öffentlich bekannt gemacht ist."
2. den § zu fassen: Windscheid „Die Auslobung ist widerruflich. Der Widerruf ist unwirksam, wenn er nicht in (Nr 90) derselben Weise erklärt ist, in welcher die Auslobung erfolgt ist. Auf den Widerruf kann in der Auslobung verzichtet werden. Ein Verzicht liegt im Zweifel in der Bestimmung einer Frist für die zu vollbringende That." 3. als § 4 a hinzuzufügen : Windscheid „Die widerrufliche Auslobung verliert ihre Kraft durch den Tod des Ausloben- (Nr 90) den." 15
§658
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
D e r § 4 w u r d e sachlich nicht beanstandet. D i e Antragsteller zu 1 und 2 erklärten, daß ihre A n t r ä g e nur redaktioneller N a t u r seien. D i e P r ü f u n g der A n t r ä g e soll d a h e r der R e d a k t i o n vorbehalten bleiben. Für den Fall der B e v o r z u g u n g des Antrag e s zu 2 w u r d e j e d o c h erinnert, es werde nicht zu übersehen sein, daß der W i d e r r u f w i r k u n g s l o s ist, wenn z u r Zeit desselben die T a t in der durch die A u s l o b u n g bezeichneten Weise bereits e r f o l g t ist. D e r A n t r a g zu 3, b e t r e f f e n d den Z u s a t z zu § 4 w u r d e von der Mehrheit a b g e lehnt, teils in K o n s e q u e n z der unter d e m 7. und 9. N o v e m b e r v. Js. (Prot. S. 99 bis 106, vgl. S. 117, 118, 130; Zusammenstellung der Beschlüsse z u m allgemeinen T e i l § 5 1 ) 1 , sowie unter dem 16. N o v e m b e r d. J s . (Prot. S. 141, 142; Z u s a m m e n s t e l l u n g der Beschlüsse z u m allgemeinen Teil § 66) 2 gefaßten Beschlüsse, teils weil der V o r I Prot I 830 schlag | nicht d a z u passe, daß der Widerruf zu seiner Wirksamkeit der öffentlichen B e k a n n t m a c h u n g bedürfe. Planck (Nr 89)
B e a n t r a g t w a r ferner: hinter die §§ 1 o d e r 4 f o l g e n d e Bestimmungen a u f z u n e h m e n : ^ a, D e r j e n i g e welcher die T h a t in Gemäßheit des § 1 vollbracht hat, gilt im Sinne der §§ 72, 74, 76, 81 und 105 der Zusammenstellung des Allgemeinen Theils als E m p f ä n g e r der in der A u s l o b u n g enthaltenen Willenserklärung beziehungsweise als D e r j e n i g e , welchem g e g e n ü b e r sie, u m w i r k s a m zu sein, a b g e g e b e n werden mußte. § b, Rücksichtlich des G e g e n s t a n d e s der A u s l o b u n g und der d a d u r c h begründeten R e c h t e und V e r p f l i c h t u n g e n finden die Vorschriften der §§ 1 bis 14 über den G e g e n s t a n d der V e r t r ä g e und der $ 1 über Rechte und Verpflichtungen aus V e r t r ä gen entsprechende A n w e n d u n g . § c, Bei einer durch die Auslobung versprochenen V e r ä u ß e r u n g finden, rücksichtlich der Gewährleistung des veräußerten Rechts, die V o r s c h r i f t e n der §§ 7 bis 20, rücksichtlich der Gewährleistung gegen M ä n g e l der S a c h e der § 38 des Abschnitts über die Rechte und Verpflichtungen aus V e r t r ä g e n entsprechende A n w e n dung." und s o d a n n , dem vorgeschlagenen § a f o l g e n d e Z u s ä t z e z u g e b e n : „ D i e A n f e c h t u n g einer A u s l o b u n g hat die in § 104 bezeichnete W i r k u n g nur g e genüber dem Anfechtungsgegner. D i e in § 82 f ü r die A n f e c h t u n g bestimmte Frist beginnt g e g e n ü b e r j e d e m einzelnen A n f e c h t u n g s g e g n e r nicht eher, als bis er aus der A u s l o b u n g ein Recht g e g e n den A u s l o b e n d e n in A n s p r u c h g e n o m m e n h a t . "
I Prot 1831
I falls aber der § a abgelehnt werden sollte, an dessen Stelle f o l g e n d e Bestimmung aufzunehmen: „ D i e A n f e c h t u n g einer Auslobung w e g e n D r o h u n g o d e r Betrug ( § 8 1 ) erfolgt durch eine Willenserklärung, welche in derselben Art veröffentlicht werden muß, in welcher die A u s l o b u n g geschehen ist." D e r Antragsteller z o g den vorgeschlagenen § a nebst den zusätzlichen A n t r ä g e n z u r ü c k und ersetzte ihn durch den A n t r a g z u bestimmen: „Als E m p f ä n g e r der in der Auslobung enthaltenen Willenserklärung im Sinne
ι S. bei $ 130 BGB. 2 S. bei §153 BGB. 16
9. Titel: Auslobung
§658
der §§ 72, 74, 76 und 81 der Zusammenstellung des Allgemeinen Theils gilt Jeder, an welchen die Auslobung gerichtet ist. Die Anfechtung einer Willenserklärung wegen Drohung oder Betrug erfolgt durch eine zu veröffentlichende Willenserklärung. Die Veröffentlichung muß in derselben Art erfolgen, in welcher die Auslobung geschehen ist." Der nunmehr beantragte § a wurde nach ausführlicher Diskussion abgelehnt. Die Gründe der Ablehnung waren : Von einer Seite war geltend gemacht, der erste Absatz des § a enthalte eine Bestimmung, welche sich von selbst verstehe, weil die Auslobung als eine Willenserklärung sich darstelle, bei welcher ein Empfänger im Sinne der in dem Antrage angezogenen Vorschriften allerdings vorhanden sei. Dies wurde zwar nicht allein von dem Antragsteller, sondern auch noch von anderer Seite bestritten, von dieser Seite aber eingehalten, es fehle an genügenden Gründen, die Konsequenzen abzulehnen, welche aus der zweiten Auffassung sich ergäben. I Die Mehrheit war der Ansicht: Die Entscheidung, welche von den beiden obi- |Proti 832 gen Meinungen die richtige sei, könne füglich der Wissenschaft überlassen bleiben, denn der zu entscheidenden Frage wohne sichtbar nur eine sehr untergeordnete praktische Bedeutung bei und es sei ein Bedürfnis, ihrer Entscheidung durch die Wissenschaft vorzugreifen, ohne Zweifel nicht anzuerkennen. Betreffend den zweiten, vorzugsweise mit der Hinweisung auf die unter dem 5. Dezember v. Js. (Prot. S. 206, 207 vgl. S. 274; Zusammenstellung der Beschlüsse zum allgemeinen Teil § 82) beschlossene Präklusivfrist gerechtfertigten Absatz, so war von mehreren Seiten hervorgehoben worden, der Beschluß vom 23. Dezember v. Js. (Prot. S. 273, Zusammenstellung § 53) gewähre für die meisten Fälle eine genügende Aushilfe, und anlangend die übrig bleibenden Fälle, so könne nicht anerkannt werden, daß die Präklusivfrist des Beschlusses vom 5. Dezember v. Js. (Zusammenstellung § 82) den Auslobenden in Gefahr bringe, da, solange der Anfechtungsgegner fehle, eine notwendige Voraussetzung der Anwendbarkeit des Beschlusses (§ 82) nicht gegeben sei. Die Mehrheit glaubte, daß, wenn auch die Richtigkeit der letzteren Ansicht dahingestellt bleiben müsse, doch auch bei diesem Punkte wegen seiner geringen praktischen Bedeutung kein zureichender Anlaß bestehe, mittels einer besonderen positiven Vorschrift den Zweifel zu lösen. II. Die beschlossene Bestimmung lautet in der ZustOR: Die Auslobung kann so lange widerrufen werden, als die Handlung nicht voll- ZustOR § 118 bracht worden ist. Der Widerruf ist nur dann wirksam, wenn er in derselben Weise wie die Auslobung öffentlich bekannt gemacht worden ist. Auf die Widerruflichkeit kann in der Auslobung verzichtet werden. Ein solcher Verzicht ist im Zweifel anzunehmen, wenn in der Auslobung für das Vollbringen der Handlung eine Zeit bestimmt ist. III. Im K E § 575 ist die Fassung der Vorschrift unverändert. Zur 2. Beratung des KE lag der Antrag vor: a) in Zeile 2 zu setzen „vollbracht ist" statt „vollbracht worden ist".
v. Mandry
b) Zeile 4 und 5 zu fassen „Der Widerruf kann in der Auslobung ausgeschlossen werden. Eine solche Ausschließung i s t . . !" Der Antrag zu a) wurde genehmigt, dagegen der Antrag zu b) abgelehnt (Prot I 11825). 17
-
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§658 E I § 582
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
IV. Im E I lautet die Vorschrift des § 582: Die Auslobung kann so lange widerrufen werden, als die Handlung nicht vollbracht ist. Der Widerruf ist nur dann wirksam, wenn er in derselben Weise wie die Auslobung öffentlich bekannt gemacht worden ist. Auf die Widerruflichkeit kann in der Auslobung verzichtet werden. Ein solcher Verzicht ist im Zweifel anzunehmen, wenn in der Auslobung filr das Vollbringen der Handlung eine Zeit bestimmt ist.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes:
Struckmann (Nr 3,106)
I. Beantragt war: Den § 582 zu fassen: Die Auslobung kann so lange widerrufen werden, bis der Erfolg herbeigeführt ist. Der Widerruf ist nur dann wirksam, wenn er . . . bekannt gemacht worden ist. Auf die Widerruflichkeit k a n n . . . verzichtet werden. Ein solcher Verzicht ist im Zweifel anzunehmen, wenn in der Auslobung eine Frist für die Herbeiführung des Erfolges bestimmt ist. II. 79. Sitzung vom 23. 4. 1892
I Prot-RJA 500
| VIII. Den §§ 5813, 582 des Entw. wurde sachlich zugestimmt, ihre Fassung aber wie folgt festgestellt: „Die Auslobung kann so lange widerrufen werden, bis die Handlung vorgenommen ist. Der Widerruf ist nur dann wirksam, wenn . . . bekannt gemacht worden ist. Auf die Widerruflichkeit k a n n . . . verzichtet werden. Ein solcher Verzicht ist im Zweifel anzunehmen, wenn in der Auslobung eine Frist für die Vornahme der Handlung bestimmt ist."
C. 2. Kommission 1. Zu § 582 lagen die Anträge vor (Prot. II, Bd. 2, S. 347; Mugdan, Bd. 2, S. 940): Struckmann 1. die Bestimmungen des Entw. zu fassen : (Nr 159, 39) Die Auslobung kann so lange widerrufen werden, bis die Handlung vorgenommen ist. Der Widerruf ist nur wirksam, wenn er in derselben Weise wie die Auslobung öffentlich bekannt gemacht worden ist. Auf die Widerruflichkeit kann in der Auslobung verzichtet werden. Ein solcher Verzicht ist im Zweifel anzunehmen, wenn in der Auslobung eine Frist für die Vornahme der Handlung bestimmt ist. 2. hinter Satz 2 folgende Bestimmung einzufügen: Ist der Widerruf einer einzelnen Person gegenüber ausgesprochen, bevor dieselbe die Handlung vorgenommen hat, so ist der Widerruf ihr gegenüber wirksam, auch wenn er nicht in derselben Weise wie die Auslobung öffentlich bekannt gemacht ist. Die Komm, nahm den § 582, von dem der Antrag 1 sachlich nicht abweicht, und den Antrag 2 an.
3 $ 5 8 1 s . o . bei J 657 BGB. 18
9. Titel : Auslobung
§ § 6 5 9 - 660
II. In der VorlZust lautet die Vorschrift: Die Auslobung kann so lange widerrufen werden, bis die Handlung vorgenom- E I-VorlZust men ist. Der Widerruf ist nur wirksam, wenn er in derselben Weise wie die Auslo- § 582 bung öffentlich bekannt gemacht worden ist. Ist der Widerruf einer einzelnen Person gegenüber ausgesprochen, bevor dieselbe die Handlung vorgenommen hat, so ist der Widerruf ihr gegenüber wirksam, auch wenn er nicht in derselben Weise wie die Auslobung öffentlich bekannt gemacht ist. Auf die Widerruflichkeit kann in der Auslobung verzichtet werden. Ein solcher Verzicht ist im Zweifel anzunehmen, wenn in der Auslobung eine Frist für die Vornahme der Handlung bestimmt ist. III. Die Fassung in der ZustRedKom lautet: Die Auslobung kann so lange widerrufen werden, bis die Handlung vorgenom- E I-ZustRedKom men ist. Der Widerruf ist, sofern er nicht durch besondere Mitteilung erfolgt, nur § 582 wirksam, wenn er in derselben Weise wie die Auslobung bekannt gemacht worden ist. Auf die Widerruflichkeit kann in der Auslobung verzichtet werden; ein Verzicht liegt im Zweifel in der Bestimmung einer Frist für die Vornahme der Handlung. IV. Im E II lautet §590: Die Auslobung kann so lange widerrufen werden, bis die Handlung vorgenom- E II § 590 men worden ist. Der Widerruf ist, sofern er nicht durch besondere Mittheilung erfolgt, nur wirksam, wenn er in derselben Weise wie die Auslobung bekannt gemacht ist. Auf die Widerruflichkeit kann in der Auslobung verzichtet werden; ein Verzicht liegt im Zweifel in der Bestimmung einer Frist für die Vornahme der Handlung. V. Im E II rev und im E III § 645 liegt die in § 658 Gesetz gewordene Fassung vor.
§659
Ist die Handlung, für welche die Belohnung ausgesetzt ist, mehrmals vorgenommen worden, so gebührt die Belohnung demjenigen, welcher die Handlung zuerst vorgenommen hat. Ist die Handlung von Mehreren gleichzeitig vorgenommen worden, so gebührt jedem ein gleicher Theil der Belohnung. Läßt sich die Belohnung wegen ihrer Beschaffenheit nicht theilen oder soll nach dem Inhalte der Auslobung nur Einer die Belohnung erhalten, so entscheidet das Loos.
§ 660 Haben Mehrere zu dem Erfolge mitgewirkt, für den die Belohnung ausgesetzt ist, so hat der Auslobende die Belohnung unter Berücksichtigung des Antheils eines jeden an dem Erfolge nach billigem Ermessen unter sie zu vertheilen. Die Vertheilung ist nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist; sie erfolgt in einem solchen Falle durch Urtheil. 19
§ § 659 - 660
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Wird die Vertheilung des Auslobenden von einem der Betheiligten nicht als verbindlich anerkannt, so ist der Auslebende berechtigt, die Erfüllung zu verweigern, bis die Betheiligten den Streit über ihre Berechtigung unter sich ausgetragen haben; jeder von ihnen kann verlangen, daß die Belohnung für alle hinterlegt wird. Die Vorschrift des § 659 Abs. 2 Satz 2 findet Anwendung.
A. 1. Kommission I. 96. Sitzung vom 5. 6. 1882, Schriftführer Neubauer I Prot I 827 | Zu § 3 des Entwurfes : TE-OR (Nr 1) „Haben außer dem Falle des § 4 Mehrere die in der Auslobung bestimmte That S 3 vollbracht, so hat im Zweifel Derjenige die ausgesetzte Belohnung anzusprechen, welcher die That zuerst vollbracht hat; ist die That von den Mehreren gleichzeitig vollbracht worden, so findet im Zweifel Theilung des Preises, und im Falle er Untheilbarkeit Entscheidung durch das Loos statt." I Prot I 828
| war beantragt:
Johow (Nr 88)
1. den § zu streichen;
Gebhard 2. an die Stelle des Satzes: „ist die That von den Mehreren — durch das Loos (Nr 93) statt" zu setzen: „ist die That von den Mehreren gleichzeitig vollbracht worden, so sind dieselben zu gleichen Theilen oder Antheilen forderungsberechtigt; kann das zu verschaffende Recht nur einer Person allein zustehen, oder erhellt, daß dasselbe nur einer Person allein zustehen soll, so entscheidet das Loos über den Anspruch." Der Antrag zu 1 wurde zurückgezogen. Der Entwurf wurde mit der Maßgabe angenommen, daß die Fassung des letzten Theils des § den Beschlüssen zu § 2 Absatz 2 anzupassen sei.
ZustOR $ 119
II. Die beschlossene Bestimmung lautet in der ZustOR: Wird die Handlung von Mehreren vollbracht, so hat auf die Belohnung derjenige Anspruch, der die Handlung zuerst vollbracht hat. Im Falle des gleichzeitigen Vollbringens sind die Mehreren in Ansehung der Belohnung zu gleichen Theilen oder Antheilen berechtigt. Ist eine solche Berechtigung durch die Beschaffenheit der Belohnung ausgeschlossen oder ergiebt die Auslobung, daß nur Einer die Belohnung erhalten soll, so entscheidet unter den Mehreren das Loos.
III., IV. Gemäß einem auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 III) gefaßten Beschluß (Prot. I 3550, 3559) lautet die Bestimmung im KE § 575 und im E I § 583: KE § 576 Wird die Handlung von Mehreren vollbracht, so hat auf die Belohnung derjeniE I § 583 ge Anspruch, welcher die Handlung zuerst vollbracht hat. Im Falle des gleichzeitigen Vollbringens sind die Mehreren in Ansehung der Belohnung zu gleichen Theilen oder Antheilen berechtigt. Ist eine solche Berechtigung durch die Beschaffenheit der Belohnung ausgeschlossen oder ergiebt die Auslobung, daß nur Einer die Belohnung erhalten soll, so entscheidet unter den Mehreren das Loos.
20
9. Titel: Auslobung
§ § 6 5 9 - 660
Β. Vorkommission des Reichsjustizamtes: I. Beantragt war: Den § 583 durch folgende Vorschriften zu ersetzen: Struckmann Haben Mehrere selbständig den Erfolg herbeigeführt, so hat derjenige Anspruch (Nr 3,107) auf die Belohnung, welcher den Erfolg zuerst herbeigeführt hat. Ist der Erfolg von den Mehreren gleichzeitig herbeigeführt, so steht ihnen der Anspruch auf die Belohnung zu gleichen Theilen zu. Haben Mehrere durch ihre Handlungen zu der Herbeiführung des Erfolges mitgewirkt, so hat jeder von ihnen Anspruch auf einen seiner Mitwirkung an dem Erfolge entsprechenden Theil der Belohnung. Einigen sie sich über die Vertheilung nicht, so kann der Auslobende sich durch öffentliche Hinterlegung des ausgelobten Betrages von seiner Verbindlichkeit befreien. Ist eine Theilung der Belohnung durch deren Beschaffenheit ausgeschlossen oder soll nach dem Inhalte der Auslobung nur einer die Belohnung erhalten, so entscheidet unter den Mehreren das Loos. II. 79. Sitzung vom 23. 4. 1892 I I X . Die Vorschrift des § 583 wurde sachlich gebilligt. Hinzugefügt wurde je- I Prot-RJA 500 doch eine Bestimmung, welche den praktisch wichtigen Fall regelt, wenn mehrere Personen den in der Auslobung bezeichneten Erfolg durch ihr Zusammenwirken herbeigeführt haben. Man war der Ansicht, daß es der Auffassung des Lebens am meisten entspreche, wenn in einem solchen Falle der Auslobende die Belohnung unter Berücksichtigung des Antheils der einzelnen Betheiligten nach | billigem Ermes- I Prot-RJA 501 sen unter sie zu vertheilen habe, für den Fall aber, daß sie sich mit der von dem Auslobenden vorgenommenen Vertheilung nicht einverstanden erklärten, dem Auslobenden das Recht zu geben, die Herausgabe der Belohnung so lange zu verweigern, bis der Streit über die Ansprüche der Betheiligten von diesen ausgetragen sei, andererseits jedem der Betheiligten das Recht beizulegen, die öffentliche Hinterlegung für sämmtliche Betheiligte zu verlangen. Ein Antrag, den Auslobenden, statt ihm das Recht zu geben, die Auszahlung der Belohnung einstweilen zu verweigern, im Anschluß an die Vorschriften des § 272 des Entw. und des § 72 der C.P.O. auf die Hinterlegung zu verweisen, wenn er sich von seiner Verpflichtung befreien und vor Klagen der Betheiligten schützen wolle, fand keinen Anklang. Der § 583 erhielt darnach folgende Fassung: E I-RJA § 583 „ H a t von Mehreren jeder die Handlung vorgenommen, so steht der Anspruch auf die Belohnung demjenigen zu, welcher die Handlung zuerst vorgenommen hat. Ist die Handlung von den Mehreren gleichzeitig vorgenommen, so steht ihnen der Anspruch auf die Belohnung zu gleichen Theilen zu. Haben Mehrere durch ihre Handlungen zur Herbeiführung eines Erfolges mitgewirkt, so ist die Belohnung unter Berücksichtigung des Antheils eines jeden an der Herbeiführung des Erfolges von dem Auslobenden nach billigem Ermessen unter sie zu vertheilen. Wird die von dem Auslobenden bestimmte Vertheilung nicht von allen Betheiligten als billig anerkannt, so ist der Auslobende berechtigt, die Erfüllung seines Versprechens so lange zu verweigern, bis der Streit über die Ansprüche der Betheiligten unter diesen ausgetragen ist. Jeder der Betheiligten kann verlangen, daß die Belohnung für die sämmtlichen Betheiligten öffentlich hinterlegt werde. 21
§§659-660
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Ist eine Theilung der Belohnung durch deren Beschaffenheit ausgeschlossen oder soll nach dem Inhalte der Auslobung nur Einer die Belohnung erhalten, so entscheidet unter den Mehreren das Loos."
C. 2. Kommission I. Zu § 583 war beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 348; Mugdan, Bd. 2, S. 940) Struckmann (Nr 159, 40)
1. die Vorschriften des Entw. durch folgende Bestimmungen zu ersetzen : Hat von Mehreren jeder die Handlung vorgenommen, so steht der Anspruch auf die Belohnung demjenigen zu, welcher die Handlung zuerst vorgenommen hat. Ist die Handlung von den Mehreren gleichzeitig vorgenommen, so steht ihnen der Anspruch auf die Belohnung zu gleichen Theilen zu. Haben Mehrere durch ihre Handlungen zur Herbeiführung eines Erfolges mitgewirkt, so ist die Belohnung unter Berücksichtigung des Antheils eines jeden an der Herbeiführung des Erfolges von dem Auslobenden nach billigem Ermessen unter sie zu vertheilen. Wird die von dem Auslobenden bestimmte Vertheilung nicht von allen Betheiligten als billig anerkannt, so ist der Auslobende berechtigt, die Erfüllung seines Versprechens so lange zu verweigern, bis der Streit über die Ansprüche der Betheiligten unter diesen ausgetragen ist. Jeder der Betheiligten kann verlangen, daß die Belohnung für die sämmtlichen Betheiligten öffentlich hinterlegt werde. Ist eine Theilung der Belohnung durch deren Beschaffenheit ausgeschlossen oder soll nach dem Inhalte der Auslobung nur Einer die Belohnung erhalten, so entscheidet unter den Mehreren das Loos.
v. Mandry 2. im Abs. 2 des Antrags 1 den zweiten und dritten Satz durch die Vorschrift zu (Nr 204, 1) ersetzen: Ist die Vertheilung offenbar unbillig, so erfolgt die Bestimmung durch Urtheil. 3. im Abs. 2 des Antrags 1 a) zwischen Satz 1 und Satz 2 den unter 2 vorgeschlagenen Satz in folgender Fassung einzuschalten: Ist die Vertheilung offenbar unbillig, so erfolgt sie durch Urtheil. b) im Satz 2 die Worte „als billig" durch die Worte „als verbindlich" zu ersetzen. Der § 583 des Entw., mit welchem sich der Antrag 1 Abs. 1, 3 sachlich deckt, wurde nicht beanstandet. II. In der VorlZust lautet § 583: E I-VorlZust Hat von Mehreren jeder die Handlung vorgenommen, so steht der Anspruch auf S 583 die Belohnung demjenigen zu, welcher die Handlung zuerst vorgenommen hat. Ist die Handlung von den Mehreren gleichzeitig vorgenommen, so steht ihnen der Anspruch auf die Belohnung zu gleichen Theilen zu. Haben Mehrere durch ihre Handlungen zur Herbeiführung des Erfolges mitgewirkt, für welchen die Belohnung zugesichert ist, so ist dieselbe unter Berücksichtigung des Antheils eines Jeden an der Herbeiführung des Erfolges von dem Auslobenden nach billigem Ermessen unter sie zu vertheilen. Ist die Vertheilung offenbar unbillig, so erfolgt sie durch Urtheil. Wird die von dem Auslobenden bestimmte Vertheilung nicht von allen Betheiligten als verbindlich anerkannt, so ist der Auslobende berechtigt, die Erfüllung seines 22
9. Titel: Auslobung
§ § 6 5 9 - 660
Versprechens so lange zu verweigern, bis der Streit über die Ansprüche der Betheiligten unter diesen ausgetragen ist. Jeder der Betheiligten kann verlangen, daß die Belohnung für die sämmtlichen Betheiligten öffentlich hinterlegt werde. Ist eine Theilung der Belohnung durch deren Beschaffenheit ausgeschlossen oder soll nach dem Inhalte der Auslobung nur Einer die Belohnung erhalten, so entscheidet unter den Mehreren das Loos. III. Die Fassung in der ZustRedKom lautet: Hat von Mehreren jeder die Handlung vorgenommen, so gebührt die Belohnung E I-ZustRedKom demjenigen, welcher die Handlung zuerst vorgenommen hat. Sind die Handlungen § 583 gleichzeitig vorgenommen, so hat jeder auf einen gleichen Theil der Belohnung Anspruch. Haben Mehrere zur Herbeiführung des Erfolges mitgewirkt, für welchen die Belohnung ausgesetzt ist, so ist die Belohnung unter Berücksichtigung des Antheils eines Jeden an der Herbeiführung des Erfolges von dem Auslobenden nach billigem Ermessen unter sie zu vertheilen. Die Vertheilung ist unverbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist; sie erfolgt in diesem Falle durch Urtheil. Wird die Vertheilung des Auslobenden von einem der Betheiligten nicht als verbindlich anerkannt, so ist der Auslobende berechtigt, die Erfüllung zu verweigern, bis die Betheiligten den Streit über ihre Berechtigung unter sich ausgetragen haben; jeder von ihnen kann verlangen, daß die Belohnung für alle öffentlich hinterlegt werde. Läßt sich die Belohnung ihrer Beschaffenheit nach nicht theilen oder soll nach dem Inhalte der Auslobung nur Einer die Belohnung erhalten, so entscheidet unter den Mehreren das Loos. IV. Im E II lautet § 591 : Hat von Mehreren jeder die Handlung vorgenommen, für deren Vornahme die E II § 591 Belohnung ausgesetzt ist, so gebührt die Belohnung demjenigen, welcher die Handlung zuerst vorgenommen hat. Ist die Handlung von Mehreren gleichzeitig vorgenommen worden, so gebührt jedem ein gleicher Theil der Belohnung. Haben Mehrere zu dem Erfolge mitgewirkt, für dessen Herbeiführung die Belohnung ausgesetzt ist, so hat der Auslobende die Belohnung unter Berücksichtigung des Antheils eines Jeden an dem Erfolge nach billigem Ermessen unter sie zu vertheilen. Die Vertheilung ist nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist; sie erfolgt in einem solchen Falle durch Urtheil. Wird die Vertheilung des Auslobenden von einem der Betheiligten nicht als verbindlich anerkannt, so ist der Auslobende berechtigt, die Erfüllung zu verweigern, bis die Betheiligten den Streit über ihre Berechtigung unter sich ausgetragen haben; jeder von ihnen kann verlangen, daß die Belohnung für alle hinterlegt wird. Läßt sich die Belohnung ihrer Beschaffenheit nach nicht theilen oder soll nach dem Inhalte der Auslobung nur Einer die Belohnung erhalten, so entscheidet das Loos. V. Im E II rev und im E III §§ 647, 648 liegt die in §§ 659, 660 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
23
§661
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse §661
Eine Auslobung, die eine Preisbewerbung zum Gegenstande hat, ist nur gültig, wenn in der Bekanntmachung eine Frist für die Bewerbung bestimmt wird. Die Entscheidung darüber, ob eine innerhalb der Frist erfolgte Bewerbung der Auslobung entspricht oder welche von mehreren Bewerbungen den Vorzug verdient, ist durch die in der Auslobung bezeichnete Person, in Ermangelung einer solchen durch den Auslobenden zu treffen. Die Entscheidung ist für die Betheiligten verbindlich. Bei Bewerbungen von gleicher Würdigkeit finden auf die Zuertheilung des Preises die Vorschriften des § 659 Abs. 2 Anwendung. Die Uebertragung des Eigenthums an dem Werke kann der Auslobende nur verlangen, wenn er in der Auslobung bestimmt hat, daß die Uebertragung erfolgen soll. A. 1. Kommission I. 96. Sitzung vom 5. 6. 1882, Schriftführer Neubauer I Prot 1 824 | Der § 2 des Entwurfs : TE-OR (Nr 1) „Hat die Auslobung eine Preisbewerbung mittelst Lieferung eines Werkes zum S 2 Zwecke, so ist dieselbe nur dann giltig, wenn in der Bekanntmachung die Zeit für die Lieferung des Werkes bestimmt ist. Auf den ausgesetzten Preis hat im Zweifel nur Derjenige Anspruch, welcher innerhalb der bestimmten Zeit ein preiswürdiges und unter mehreren Bewerbern das vorzüglichere Werk geliefert hat; bei gleicher Preiswürdigkeit mehrerer Werke findet Theilung des Preises und im Falle der Untheilbarkeit desselben Entscheidung durch das Loos statt. Ueber die Preiswürdigkeit entscheidet im Zweifel der Auslobende. Auf das in Folge der Auslobung gelieferte Werk hat der Auslobende nur insoweit einen Anspruch, als sich dies aus dem Inhalt oder dem Zweck der Auslobung I Prot I 825 ergiebt; das Eigenthum des Wer-1 kes verbleibt im Zweifel seinem Urheber." wurde absatzweise beraten Zu Absatz 1 lagen die Anträge vor: Johow (Nr 88) Kurlbaum
1. statt „Lieferung" zweimal zu setzen „Vorlegung". 2. den Absatz zu fassen: „Ist die Belohnung demjenigen versprochen, welcher die bezeichnete Handlung am besten ausführt (vorbehalten bleibt denjenigen Ausdruck zu wählen, der für § 1 bestimmt wird), so ist die Auslobung nur gültig pp." (wie im Entwürfe). Der sachliche Inhalt des ersten Absatzes blieb unbeanstandet. Die Mehrheit glaubte aber, es liege kein Grund vor, die Vorschrift auf den Fall zu beschränken, wenn es sich um die Lieferung eines Werkes handele und genehmigte daher den die Ausdehnung der Vorschrift auf alle Fälle der Preisbewerbung bezweckenden Antrag zu 2, wobei der Redaktion vorbehalten blieb, zu prüfen, ob nicht die Fassung sich empfehle: „Ist durch die Auslobung eine Preisbewerbung beabsichtigt" (vgl. bayrischen Entwurf Art. 758), oder „Betrifft die Auslobung eine Preisbewerbung." Der Antrag zu 1 galt hiermit als erledigt. Zu Absatz 2 wurde beantragt:
Johow (Nr 88, 1)
1. den Absatz zu streichen; 24
9. Titel : Auslobung
§661
2. an die Stelle des Satzes: „bei gleicher Preiswürdigkeit — durch das Loos statt" Gebhard zu setzen: „bei gleicher Preiswürdigkeit mehrerer Werke sind die Bewerber zu glei- (Nr 93) chen Theilen oder Antheilen forderungsberechtigt; kann das zu verschaffende Recht nur einer Person allein zustehen oder erhellt, daß dasselbe nur einer Person allein zustehen soll, so entscheidet das Loos über den Anspruch." 3. die letzten Worte des ersten Satzes: „und im Falle der Untheilbarkeit dessel- Derscheid ben Entscheidung durch das Loos statt" | zu streichen. | Prot I 826 4. statt des letzten Satzes : „Ueber die Preiswürdigkeit entscheidet im Zweifel der v. Weber Auslobende" zu setzen : (Nr 85, 2) „Ueber die Preiswürdigkeit entscheidet das billige Ermessen des Auslobenden; wird die Entscheidung von einem der Bewerber als unbillig angefochten, so tritt richterliche Entscheidung ein, die Unbilligkeit ist von dem Anfechtenden zu beweisen." Zunächst wurde über den ersten Satz des Absatzes 2 Beschluß gefaßt. Der Eingang: „Auf den ausgesetzten Preis — geliefert hat" wurde wegen Selbstverständlichkeit durch Mehrheitsbeschluß abgelehnt. Für selbstverständlich erachtete man die Bestimmung insbesondere auch insoweit sie auf Preiswürdigkeit sich bezieht, weil das Erfordernis schon aus dem nöthigenfalls im Wege der Auslegung zu ermittelnden Inhalte der Auslobung sich ergebe. In Betreff der Bestimmung: „bei gleicher Preiswürdigkeit — Entscheidung durch das Loos statt", fand der Streichungsantrag keine Zustimmung. Der Antrag zu 3 wurde gleichfalls abgelehnt, dagegen der Antrag zu 2 angenommen. Die Mehrheit war der Ansicht: Eine Bestimmung sei für den betreffenden Fall nothwendig, weil in Ermangelung einer solchen Zweifel entstehen könnten, insbesondere der, ob der Auslobende nicht von jeder Verpflichtung befreit sei. Sie glaubte ferner, daß der Inhalt des Antrags zu 2, indem er einerseits alle Fälle decke und andererseits das Theilungsprinzip möglichst ausdehne und die Entscheidung durch das Loos beschränke, vor der Bestimmung des Entwurfs so wie dem Antrage zu 3 den Vorzug verdiene. Betreffend den zweiten Satz dieses Absatzes, so wur-1 de der Entwurf zunächst. |Proti 827 in Bezug auf den Vorzug des einen Bewerbers vor dem anderen und sodann in Bezug auf die Preiswürdigkeit, und zwar in dem Sinne angenommen, daß die Entscheidung zunächst durch die in der Auslobung bezeichnete Person und, wenn eine solche nicht bezeichnet ist, durch den Auslobenden unanfechtbar erfolgen soll. Der Streichungsantrag und der Antrag zu 4 galten hiernach als abgelehnt. Die Mehrheit ging davon aus: Das Bedürfniß einer Bestimmung, wie Preiswürdigkeit und Vorzug festzustellen seien, lasse sich nicht verkennen; als die passendste erscheine aber die beschlossene Vorschrift, weil sie der Verkehrssitte sich anschließe und regelmäßig mit der Absicht des Auslobenden im Einklänge stehen werde. Daß anlangend die Entscheidung über die Preiswürdigkeit durch den Auslobenden selbst, dieser sich jeder Haftung entziehen könne, erachtete man für eine Konsequenz, auf die kein besonderes Gewicht zu legen sei. Der dritte Absatz blieb sachlich unbeanstandet, nachdem der auf Selbstverständlichkeit gestützte Streichungsantrag, weil jene bezweifelt wurde, abgelehnt war. Für die Redaktion wurde bemerkt, es werde eine Fassung zu wählen sein, welche nicht zu der Erinnerung Anlaß gebe, der Nachsatz sei bereits im Vordersatz enthalten, (zu vgl. Dresdener Entwurf Art. 685; bayrischer Entwurf Art. 761.)
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§661 ZustOR § 120
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
II. Die beschlossene Bestimmung lautet in der ZustOR: Betrifft die Auslobung eine Preisbewerbung, so ist sie nur dann gültig, wenn in der Bekanntmachung die Zeit für die Bewerbungen bestimmt ist. Auf eine solche Auslobung findet § 119 Absatz 1 keine Anwendung. Die Entscheidung, ob die Handlung eines Bewerbers der Auslobung entspreche und welche der Handlungen mehrerer Bewerber den Vorzug verdiene, erfolgt durch die in der Auslobung bezeichnete Person und in Ermangelung einer solchen Bezeichnung durch den Auslobenden. Die Entscheidung ist unanfechtbar. Sind die Handlungen mehrerer Bewerber von gleicher Vorzüglichkeit, so finden die Bestimmungen des zweiten Absatzes des § 119 entsprechende Anwendung. Wird in Folge der Auslobung ein Werk von einem Bewerber geliefert, so erlangt der Auslobende auf das Eigenthum des Werks keinen Anspruch, sofern sich nicht aus der Auslobung ein Anderes ergiebt.
III. Die Fassung im KE § 577 lautet: Betrifft die Auslobung eine Preisbewerbung, so ist sie nur dann gültig, wenn in der Bekanntmachung die Zeit für die Bewerbungen bestimmt ist. Auf eine solche Auslobung findet die Bestimmung des § 576 Abs. 1 keine Anwendung. Die Entscheidung, ob die Handlung eines Bewerbers der Auslobung entspreche, und welche der Handlungen mehrerer Bewerber den Vorzug verdiene, erfolgt durch die in der Auslobung bezeichnete Person und in Ermangelung einer solchen Bezeichnung durch den Auslobenden. Die Entscheidung ist unanfechtbar. Sind die Handlungen mehrerer Bewerber von gleicher Vorzüglichkeit, so finden die Bestimmungen des § 576 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Wird in Folge der Auslobung ein Werk von einem Bewerber geliefert, so erlangt der Auslobende auf das Eigenthum des Werkes keinen Anspruch, sofern sich nicht aus der Auslobung ein Anderes ergiebt. Gebhard Bei der 2. Beratung des KE lag der Antrag vor: (Nr 609,10) i n Abs. 3 statt „von gleicher Vorzüglichkeit" zu setzen „von gleicher Preiswürdigkeit". Der Antrag wurde genehmigt (Prot. 1 11825). Beschlossen wurde ferner, in Abs. 3 statt „Eigenthum des Werkes" zu setzen „Eigenthum an dem Werk" (Prot. 1 11923 - 11925)1. KE § 577
1
Dem Beschluß liegt ein Antrag von Johow (Nr. 401, 1 zum Sachenrecht) zugrunde, dessen vollständige Fassung lautet: an den nachfolgenden Stellen des K.E., an welchen der Ausdruck „Eigenthum des Grundstückes (der Sache, des Gegenstandes und dergl.)" sich findet, statt dessen zu setzen: a) Eigentum an dem Grundstücke: in den §§ 778, 854 Abs. 4, §§ 964, 1032, 1040 Nr. 4, §§ 1049,1050; b) Eigentum an der Sache: in § 367 Abs. 1, §§ 858, 859 Abs. 2, § 901 ; Eigentum an den Sachen: im § 1004 Abs. 3; (11924) Eigentum an einer Sache: in § 876 Abs. 2, § 877; c) Eigentum an dem abgelehnten Stücke: im § 537 Abs. 7; d) Eigentum an dem Werke: im § 577 Abs. 4; e) Eigentum an diesem Teile: im § 842; f) Eigentum an der letzteren: im § 874; g) Eigentum an derselben: in den §§ 881, 884 Abs. 1, §§ 903, 993 Abs. 1 ; h) Eigentum an gewissen Gegenständen: im § 883;
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9. Titel: Auslobung
§ 661
IV. Im E I hat die Bestimmung des § 584 die Fassung: Betrifft die Auslobung eine Preisbewerbung, so ist sie nur dann gültig, wenn in EI § 584 der Bekanntmachung die Zeit für die Bewerbungen bestimmt ist. Auf eine solche Auslobung findet die Vorschrift des § 583 Abs. 1 keine Anwendung. Die Entscheidung, ob die Handlung eines Bewerbers der Auslobung entspreche, und welche der Handlungen mehrerer Bewerber den Vorzug verdiene, erfolgt durch die in der Auslobung bezeichnete Person und in Ermangelung einer solchen Bezeichnung durch den Auslobenden. Die Entscheidung ist unanfechtbar. Sind die Handlungen mehrerer Bewerber von gleicher Preiswürdigkeit, so finden die Vorschriften des § 583 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Wird in Folge der Auslobung ein Werk von einem Bewerber geliefert, so erlangt der Auslobende auf das Eigenthum an dem Werke keinen Anspruch, sofern nicht aus der Auslobung ein Anderes sich ergiebt.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes: I. Beantragt war: Struckmann Den § 584 zu fassen : (Nr 3, 108) Eine Auslobung, welche die Preisbewerbung um die Herstellung eines Werkes zum Gegenstande hat, ist nur dann gültig, wenn in der Bekanntmachung eine Frist für die Lieferung des Werkes bestimmt ist. Die Entscheidung, ob ein2 innerhalb der Frist geliefertes Werk der Auslobung entspreche oder welches der Werke mehrerer Bewerber den Vorzug verdiene, erfolgt durch die in der Auslobung bezeichnete Person oder in Ermangelung einer solchen durch den Auslobenden. Die Entscheidung ist unanfechtbar. Bei Werken von gleicher Würdigkeit finden auf die Zutheilung des Preises die Vorschriften des § 583 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Anwendung. Einen Anspruch auf Uebertragung des Eigenthums an einem gelieferten Werke erlangt der Auslobende nur dann, wenn dies in der Auslobung vorbehalten ist.
2
i) Eigentum an dem Schatze: im § 903; k) Eigentum an verbrauchbaren Ehegutssachen: im § 1268; 1) statt „deren Eigenthum" zu setzen „das Eigenthum an derselben": im § 4 5 6 Abs. 1 Zeile 3; m) statt „für die Uebertragung des Eigenthumes und für die Belastung der gemeinschaftlichen Sache" zu setzen „für die Uebertragung des Eigenthumes an der gemeinschaftlichen Sache und für deren Belastung": im § 925. (Bemerk. Der K.E. verwendet für das dingliche Recht den Ausdruck „Recht an der Sache" als einen technischen. Nur in Ansehung des Eigenthums ist von dieser Ausdrucksweise in den oben bezeichneten Stellen abgewichen, während die Wendung „Eigenthum an" in folgenden Stellen gebraucht ist: in den SS 785, 787 Abs. 1, § 816 Abs. 1, SS 822 a, 849, 851, 855 Abs. 1, S 857 Abs. 1, § 859 Abs. 1, S 876 Abs. 1, SS 879, 880 Abs. 1, S 882 Abs. 1, 2, SS 889 [11925], 899 Abs. 3, S 900 Abs. 1, $ 9 0 2 Abs. 1, S 917 Abs. 1, $ 9 2 2 Abs. 1, § 9 3 4 Abs. 1, SS 943, 995 Abs. 1, S 1082 Abs. 1, S 1156 Abs. 2, §S H 6 6 , 1174 Abs. 2, § 1397 Abs. 2 Nr. 4, S 1475 Nr. 2, S 1636 Nr. 2). Der Antrag fand die Zustimmung der Mehrheit. Zugleich wurde beschlossen, auch an den übrigen Stellen, an welchen der Gegenstand des Eigentumes nach diesem Worte im Genitiv steht, statt dessen zu setzen „Eigenthum an". Im Original steht: „eine".
27
§661
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
II. 79. Sitzung vom 23. 4. 1892 I Prot-RJA 502
| X . Im § 584 des Entw. wurde der Satz 2 des Abs. 1 als überflüssig gestrichen und die Fassung wie folgt festgestellt: „Eine Auslobung, die eine Preisbewerbung zum Gegenstande hat, ist nur gült i g . . . ist. Die Entscheidung, ob eine innerhalb der Frist erfolgte Bewerbung der Auslobung entspreche oder welche von mehreren Bewerbungen den Vorzug verdiene, erfolgt durch die in der Auslobung bezeichnete Person oder in Ermangelung einer solchen durch den Auslobenden. Die Entscheidung ist unanfechtbar. Bei Bewerbungen von gleicher Würdigkeit finden auf die Zutheilung des Preises die Vorschriften des § 583 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Anwendung. Einen Anspruch auf Uebertragung des Eigenthums an einem gelieferten Werke erlangt der Auslobende nur, wenn dies in der Auslobung vorbehalten ist." C. 2. Kommission I. Zu § 584 lagen die Anträge vor (Prot. II, Bd. 2, S. 350f; Mugdan, Bd. 2, S. 942):
Struckmann (Nr 159, 41)
1. die Bestimmungen des Entw. zu fassen : Eine Auslobung, die eine Preisbewerbung zum Gegenstande hat, ist nur gültig, wenn in der Bekanntmachung eine Frist für die Bewerbungen bestimmt ist. Die Entscheidung, ob eine innerhalb der Frist erfolgte Bewerbung der Auslobung entspreche oder welche von mehreren Bewerbungen den Vorzug verdiene, erfolgt durch die in der Auslobung bezeichnete Person oder in Ermangelung einer solchen durch den Auslobenden. Die Entscheidung ist unanfechtbar. Bei Bewerbungen von gleicher Würdigkeit finden auf die Zutheilung des Preises die Vorschriften des § 583 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Anwendung. Einen Anspruch auf Uebertragung des Eigenthums an einem gelieferten Werke erlangt der Auslobende nur, wenn dies in der Auslobung vorbehalten ist.
v. Mandry 2. dem Abs. 4 hinzuzusetzen: (Nr 204, 2) . . . ; der Anspruch entsteht mit der Zuerkennung des Preises an den Bewerber. Der Antrag 1 fand Annahme; der Antrag 2 wurde abgelehnt. II. In der VorlZust lautet § 584 : E I-VorlZust Eine Auslobung, die eine Preisbewerbung zum Gegenstande hat, ist nur gültig, § 584 wenn in der Bekanntmachung eine Frist für die Bewerbungen bestimmt ist. Die Entscheidung, ob eine innerhalb der Frist erfolgte Bewerbung der Auslobung entspreche oder welche von mehreren Bewerbungen den Vorzug verdiene, erfolgt durch die in der Auslobung bezeichnete Person oder in Ermangelung einer solchen durch den Auslobenden. Die Entscheidung ist unanfechtbar. Bei Bewerbungen von gleicher Würdigkeit finden auf die Zutheilung des Preises die Vorschriften des § 583 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 Anwendung. Einen Anspruch auf Uebertragung des Eigenthums an einem gelieferten Werke erlangt der Auslobende nur, wenn dies in der Auslobung vorbehalten ist. III. Die Fassung des § 584 in der ZustRedKom lautet: E I-ZustRedKom Eine Auslobung, die eine Preisbewerbung zum Gegenstande hat, ist nur gültig, S 584 wenn in der Bekanntmachung eine Frist für die Bewerbungen bestimmt ist. 28
10. Titel: Auftrag
§ § 662, 6 7 6
Die Entscheidung darüber, ob eine innerhalb der Frist erfolgte Bewerbung der Auslobung entspricht oder welche von mehreren Bewerbungen den Vorzug verdient, erfolgt durch die in der Auslobung bezeichnete Person, in Ermangelung einer solchen durch den Auslobenden. Die Entscheidung ist unanfechtbar. Bei Bewerbungen von gleicher Würdigkeit finden auf die Zutheilung des Preises die Vorschriften des § 583 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Anwendung. Die Uebertragung des Eigenthums an einem gelieferten Werke kann der Auslobende nur verlangen, wenn dies in der Auslobung bestimmt ist. IV. Im E II lautet § 592: Eine Auslobung, die eine Preisbewerbung zum Gegenstande hat, ist nur gültig, E II § 592 wenn in der Bekanntmachung eine Frist für die Bewerbung bestimmt ist. Die Entscheidung darüber, ob eine innerhalb der Frist erfolgte Bewerbung der Auslobung entspricht oder welche von mehreren Bewerbungen den Vorzug verdient, ist durch die in der Auslobung bezeichnete Person, in Ermangelung einer solchen durch den Auslobenden zu treffen. Die Entscheidung ist für die Betheiligten verbindlich. Bei Bewerbungen von gleicher Würdigkeit finden auf die Zuertheilung des Preises die Vorschriften des § 591 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Anwendung. Die Uebertragung des Eigenthums an dem gelieferten Werke kann der Auslobende nur verlangen, wenn es in der Auslobung bestimmt ist. V. Im E II rev und im E III § 648 liegt die in § 661 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
Z E H N T E R TITEL Auftrag §662 Durch die Annahme eines Auftrags verpflichtet sich der Beauftragte, ein ihm von dem Auftraggeber übertragenes Geschäft für diesen unentgeltlich zu besorgen. §676 Wer einem Anderen einen Rath oder eine Empfehlung ertheilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältniß oder einer unerlaubten Handlung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersätze des aus der Befolgung des Rathes oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet. A. 1. Kommission I. 225. Sitzung vom 25. 6. 1883, Schriftführer Neubauer I Man ging zur Berathung der auf den „Auftrag" sich beziehenden Artikel | Prot 1 2383 687 —716 des Dresdener Entwurfs über. 29
§§662,676
DresdE Art 687
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Zu Artikel 687 des Entwurfs: „Durch die Annahme eines Auftrages wird der Beauftragte verpflichtet, das ihm von dem Auftraggeber aufgetragene Geschäft für diesen zu besorgen."
lagen die Anträge vor: Windscheid 1. statt dessen zu bestimmen : (Nr 430) „Durch die Annahme eines Auftrags wird der Beauftragte zur Ausführung des Auftrags verpflichtet." 2. der Antrag: Johow I. als Inhalt des Mandatsvertrages zu bestimmen, daß der eine Kontrahent dem (Nr 431,1) anderen den Auftrag ertheilt, für ihn ein Geschäft zu führen, und der andere diesen Auftrag annimmt, und demgemäß entweder im Hinblick darauf, daß die Geschäftsführung eine Dienstleistung enthält und nach § 1 der RedVorl über den Dienstvertrag 1 „Gegenstand des Vertrages Dienste jeder Art sein können," den GeschäftsI Prot 12384 | führungsvertrag als eine Spezies des Dienstvertrages zu behandeln, oder zur Gewinnung einer scharfen Unterscheidung zwischen dem Dienstvertrage und dem Geschäftsführungsvertrage den § 1 der cit. RedVorl dahin abzuändern, daß Gegenstand des Dienstvertrages Dienste jeder Art, mit Ausnahme der Führung von Geschäften für den Auftraggeber, sein können. Johow II. In dem Falle der Billigung der ersten Alternative statt Artikel 687 zu bestim(Nr 431, 2) m e n : § 9 (Anschließend an § 8 der RedVorl über den Dienstvertrag) „Bestehen die Dienste in der Führung von Geschäften für den Auftraggeber*), so finden auf das Rechtsverhältniß zwischen dem Auftraggeber und dem Beauftragten die Bestimmungen über den Dienstvertrag nur insoweit Anwendung, als nicht in den §§10 bis X ein Anderes bestimmt ist." Johow III. In dem Falle der Billigung der zweiten Alternative den Artikel 687 dahin zu (Nr431,3) fassen: „Durch die Annahme eines Auftrages, Geschäfte für den Auftraggeber zu führen*), wird der Beauftragte zur Ausführung des Auftrags verpflichtet." Zu II. und III. Bei*) vielleicht einzuschieben (Auftragsvertrag) oder: (Geschäftsführungsvertrag) . Planck 3. den letzten Satz des Artikels 6892 zu streichen und folgenden neuen Paragra(Nr 433) phen hinzuzufügen: „Die Bestimmungen dieses Abschnitts finden, soweit das Gesetz nicht etwas Anderes vorschreibt, auch auf solche Aufträge Anwendung, zu deren Ausführung sich der Beauftragte durch Dienstvertrag verpflichtet hat." Der Artikel 687 und die dazu gestellten Anträge gaben zu einer ausführlichen Erörterung der Frage Anlaß: worin das Wesen des Auftragsvertrags bestehe und I Prot I 2385 durch welches | ausschlaggebende Merkmal sich dieser Vertrag von dem Dienstvertrage bezw. dem Werkverträge unterscheide. Die früher (S. 2371)3 geltend gemachte Ansicht: der Dienstvertrag und der Auftragsvertrag hätten das gemeinsam, daß beide Verträge zur Dienst- oder Arbeitsleistung verpflichten, seien aber darin verschieden, daß die Dienst- oder Arbeitsleistung bei dem ersteren Vertrage gegen Entgelt, bei dem letzteren unentgeltlich er1 Gemeint ist die RedVorl v. Kübels, s. diese vor § 611 BGB. 2 S. u. S. 3 S. bei §§ 6 3 1 , 6 3 2 , 6 4 6 BGB.
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10. Titel: Auftrag
§ § 662, 676
folge, wurde, was das die Verschiedenheit bedingende Merkmal betrifft, nicht weiter festgehalten. Die Unzulässigkeit, namentlich in der Gegenwart, für den einen oder andern Vertrag zu entscheiden, je nachdem für die Dienst- oder Arbeitsleistung eine Vergütung zu gewähren sei oder nicht, wurde allgemein anerkannt und von allen Seiten zugegeben, die Unentgeltlichkeit der Auftragsvollziehung bilde kein wesentliches Erforderniß des Auftragsvertrags. Worin nun aber das Merkmal zu finden sei, durch welches der eine Vertrag von dem anderen sich unterscheide, darüber bestanden verschiedene Ansichten. Hinsichtlich des das Mandat auszeichnenden Merkmals wurden folgende Ansichten vertreten : 1. Bei dem Mandat sei die Initiative ausschließlich bei dem Auftraggeber; diese richte an den Beauftragten zunächst weniger eine Vertragsofferte, als einen Wunsch oder eine Bitte um Erzeigung einer Gefälligkeit; der Beauftragte, indem er durch Annahme des Auftrags zu dessen Ausführung sich rechtlich verpflichte, füge sich damit doch nur dem Wunsche oder der Bitte des Auftraggebers und sage damit zu, sich gefällig zu erweisen; das schließe aber nicht aus, daß er sich für die Gefälligkeit eine Vergeltung oder Belohnung versprechen lasse, der Mandatsvertrag sei und bleibe an und für sich ein einseitiger Vertrag; die Vergeltung, die der Beauftragte in Anspruch zu nehmen habe, beruhe auf einem zweiten einseitigen Vertrage, der mit dem eigentlichen Auf- | tragsvertrage nur verbunden sei; versprochen werde | Prot I 2386 und zu entrichten sei die Vergeltung nur für die Auftragsvollziehung, so daß der Beauftragte nichts erhalte, wenn vorher der Auftraggeber den Auftrag zurücknehme; das Recht des Auftraggebers zur beliebigen Zurücknahme des Auftrags, aber auch nicht minder das Recht des Beauftragten zur beliebigen Kündigung seien die nothwendige Folge des Eingangs erwähnten bloßen Gefälligkeitsdienstes, den der Auftraggeber begehre und der Beauftragte übernehme. 2. Das Mandat sei nach seinem inneren Wesen ein einseitiger Vertrag, durch welchen zunächst nur der Beauftragte Verpflichtungen übernehme, mit der aus der Parteiintention sich ergebenden Eigenthümlichkeit, daß der Beauftragte von seinen Verpflichtungen für die Zukunft durch beliebige Kündigung sich lossagen könne, während auch dem Auftraggeber das unbeschränkte Recht der beliebigen Zurücknahme des Auftrags zustehe; sei dem Beauftragten eine Vergeltung zugesichert, so liege ein zweiter oder Neben-Vertrag vor; nach diesem letzteren Vertrage gebühre dem Beauftragten nur für die wirkliche Vollziehung des Auftrags die zugesicherte Vergeltung, da diese nicht wie bei dem Dienstvertrage - als die in einem zweiseitigen Vertrage sich gründende Gegenleistung aufgefaßt werden dürfe. Ob im gegebenen Falle ein Auftrags- oder Dienstvertrag vorliege, sei also nach Maßgabe der vorstehenden Umstände durch Ermittlung des Parteiwillens festzustellen. 3. Das charakteristische Merkmal des Mandats sei das dem Beauftragten zustehende Rücktrittsrecht, das charakteristische Merkmal des Dienstvertrags die Eigenschaft der dem Dienstverpflichteten gebührenden Vergütung als der einer Gegenleistung aus einem festen zweiseitigen Vertrage; wo jenes Rücktrittsrecht fehle, nehme auch die dem Beauf-1 tragten gebührende Vergeltung die Eigenschaft der Ge- | Prot I 2387 genleistung im engeren Sinne an; der Vertrag werde zum Dienstvertrage, aber zu einem Dienstvertrage, auf welchen im Uebrigen die Rechtsnormen über den Auftragsvertrag anwendbar blieben, sofern nur erhelle, daß der Auftrag selbst, für sich betrachtet, nur in einem einseitigen Vertrage sich gründe und dem beliebigen Widerrufe unterliege. 31
§ § 662, 676
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
4. Der Unterschied zwischen Auftragsvertrag und Dienstvertrag sei in der Beschaffenheit der Dienste und Arbeitsleistung zu suchen. Gegenstand des Auftragsvertrags seien, wie bei der Geschäftsführung ohne Auftrag (zu vergi. § 274 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, Protokolle vom 19., 22. und 26. Januar 1883 S. 1606 — 1646)4, Geschäfte, insbesondere Rechtshandlungen oder Rechtsgeschäfte, Gegenstand des Dienstvertrags andere als die in einer Geschäftsbesorgung sich bethätigenden Dienste. 5. Das beide Verträge unterscheidende Merkmal liege allerdings in der Beschaffenheit der zu leistenden Dienste oder Handlungen, aber nicht in deren objektiver, sondern in der aus den subjektiven Beziehungen sich ergebenden Beschaffenheit, bei dem Mandat handele der Beauftragte nur als Stellvertreter des Auftraggebers, obschon dieses Vertretungsverhältniß nach außen in keiner Weise hervorzutreten brauche; der Beauftragte müsse ausschließlich das Interesse des Auftraggebers im Auge haben, als dessen Werkzeug sich betrachten und an dessen Weisungen sich fortwährend gebunden erachten; der Dienstverpflichtete aus dem Dienstvertrage veräußere dagegen dem Dienstberechtigten seine als ein selbständiger Verkehrsgegenstand gedachten Dienste gleichsam wie eine körperliche oder unkörperliche Sache oder Waare. Die vorstehenden Ansichten fanden insgesamt größeren oder geringeren Widerspruch. I Prot 12388 Es machte sich aber noch eine andere Auffassung geltend, | nämlich die: Jede der obigen Ansichten möge manche Gründe für sich haben; dieselben möchten auch sich viel näher stehen, als es Anfangs scheinen könnte. Noch zweifelloser aber sei, daß es kaum ausführbar sein werde, auch nur eine derselben, wenn sie gebilligt werden sollte, im Gesetze zum klaren und verständlichen Ausdruck zu bringen. Die Aufgabe, deren Lösung es gelte, entziehe sich, wie schon hieraus zu entnehmen, überhaupt der Erledigung durch das Gesetz. Sie falle in das Gebiet der Wissenschaft, der auch ohne Besorgniß ihre Lösung überlassen bleiben könne. Es genüge, dem Artikel 687 eine Fassung zu geben, welche auf der einen Seite auf die zwischen Dienstvertrag und Auftragsvertrag bestehende Verschiedenheit in angemessener Weise hinweise und auf der anderen Seite der Ergründung und Feststellung dieser Verschiedenheit durch die Wissenschaft und Praxis nicht die Wege versperre. Den hiernach nöthigen Anforderungen leiste die Fassung des Artikels 687 volle Genüge. Indem derselbe von „Auftrag" und „Geschäft" rede, und von besorgen : „für den Auftraggeber", werde völlig klar, daß der Auftragsvertrag ein anderer Vertrag sei, als der Dienstvertrag, und indem er sich jeder weiteren Verdeutlichung enthalte, lasse er der Wissenschaft freie Hand, den in Rede kommenden Unterschied zu ermitteln und festzusetzen. Insbesondere dürfe das Wort „Geschäft" keinen Anstoß erwecken. Dasselbe lasse die Deutung nicht zu, daß darunter nur Rechtshandlungen oder Rechtsgeschäfte zu verstehen seien und eine bloße thatsächliche Dienstleistung nicht gemeint sei. Ein solcher enger Sinn liege in dem Worte sprachgebräuchlich nicht ausgedrückt. Dasselbe sei zudem in dem anderen, aus dem gewöhnlichen Sprachgebrauche sich ergebenden Sinne schon in dem vorerwähnten § 274 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse gebraucht und bei der Berathung des § 274 dieser richtige Sinn für zweifelI Prot 12389 los erachtet. Das Wort dürfe in dem Artikel 687 | nicht fehlen, weil der Inhalt desselben sonst zu nackt und dürftig werde, außerdem bei dem Fehlen des Worts der obige Zweck nur unvollkommen erreicht werde. * S. bei S 677 BGB.
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10. Titel: Auftrag
§ § 662, 676
Die Mehrheit billigte die vorstehende Auffassung und lehnte daher zunächst den Antrag N £ 2 unter I, und nachdem der Antrag N s 2 unter II zurückgezogen war, auch den Antrag Ν- 1 ab, genehmigte sodann den Entwurf, indem sie den Antrag N2 2 unter III, der nur in einer unwesentlichen formellen Beziehung von dem Entwürfe abweicht, der Prüfung bei der Redaktion überwies. Der Antrag N 2 3 war von dem Antragsteller unter dem Vorbehalte, auf ihn bei Prüfung eines der folgenden Artikel zurückzukommen, vorläufig zurückgezogen. Zur Prüfung gelangte der nach S. 2370 der Protokolle 5 der späteren Erledigung vorbehaltene Antrag. Die in dem Antrage in Bezug genommenen §§ 5, 6, 8 der Redaktionsvorlage über den Dienstvertrag sind die Beschlüsse zu Artikel 6296, 627 7 , 6308 und 6319 des Dresdener Entwurfs (Protokolle vom 4. und 6. Juni 1883, S. 2277-2279, 2273, 2274, 2279, 2283-2287) und lauten: §5 „Ist die Dienstzeit nicht bestimmt, so kann sowohl der Dienstberechtigte als der Dienstverpflichtete das Dienstverhältniß durch Kündigung beenden. Die Kündigungsfrist beträgt zwei Wochen." „Ist der Dienstvertrag auf längere Zeit als auf zehn Jahre oder auf die Lebenszeit einer Person abgeschlossen, so kann das Dienstverhältniß nach Ablauf von zehn Jahren von dem Dienstverpflichteten durch Kündigung beendet werden. Die Kündigungsfrist beträgt in diesem Falle sechs Monate." S8 „Jeder Vertragschließende kann noch vor Ablauf der ver-1 einbarten Dienstzeit | Prot 12390 ohne vorherige Kündigung von dem Vertrage für die Zukunft zurücktreten, wenn ein wichtiger, den Rücktritt rechtfertigender Grund vorliegt. Liegt der Grund in einem vertragswidrigen Verhalten des einen Theils, so hat der andere Theil Anspruch auf Schadensersatz." Die Mehrheit entschied gegen die Aufnahme des Vorschlags unter I des Antrags, worauf der Vorschlag unter II zurückgezogen wurde. Die Entscheidung beruhte auf der Erwägung: Werde durch Vertrag ein Dienst unentgeltlich zugesichert, so könne ein Schenkungsvertrag vorliegen, mitunter aber auch das Gegentheil sich ergeben, wenn nämlich ein wesentliches Erforderniß der Schenkung (Bereicherung des einen Theils, Aermerwerden des anderen Theils, § 304 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, Protokolle vom 26. Februar und 9. März 1883 S. 1774—1776, 1840, 1841)10 fehle; liege Schenkung vor, (jedoch auch nur in diesem Falle) würde der § 309 der soebengedachten Zusammenstellung (Protokoll vom 5. Mai 1883 S. 1810 - 1 8 1 2 ) 1 1 anwendbar werden und der Dienstverpflichtete bloß für grobes Versehen haften. Dagegen würde, möge Schenkung anzunehmen sein oder nicht, die Anwendbarkeit der für den Dienstvertrag beschlossenen, in dem An5 S. bei SS 631, 632, S. bei SS 622, 623 7 S. bei S 625 BGB. 8 S. bei SS 626, 627, 9 S. bei SS 626, 627, 10 S. bei S 516 BGB. h S. bei S 521 BGB.
646 BGB. BGB.
628 BGB. 628 BGB.
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§ § 662, 676
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
trage angezogenen Vorschriften keinem Zweifel unterliegen können; denn schon die Rechtslogik nöthige, dieselben auf den Fall der Unentgeltlichkeit der Dienstleistung auszudehnen. Demgemäß stehe nur in Frage, ob ein Bedürfniß anzuerkennen sei, den § 309 a.a.O. für den Schenkungsfall von der Anwendung auszuschließen. Die Frage sei zu verneinen. Möge es nämlich auch an und für sich angemessen sein, (ähnlich wie bei dem Mandat) die Haftung des Dienstverpflichteten auf grobe Fahrlässigkeit nicht zu beschränken, so verdiene doch einmal der unterstellte Fall wegen seiner verhältnißmäßigen Seltenheit keine besondere Berücksichtigung, sodann sei I Prot 12391 gegen die Aufnahme der vorgeschlagenen Bestimmung zu er-1 innern, daß, wenn die Dienste unentgeltlich zu leisten seien, sich hierin ein wichtiges Moment für die Annahme eines Auftragsvertrags finden lasse, somit die Aufnahme der Vorschrift dazu verleiten könne, jenes wichtige Moment nicht gebührend zu würdigen. Planck Es lag der Antrag vor, in Veranlassung der Bemerkungen S. 8 des Materials 12 , (Nr 434,1) der § 33 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokoll vom 24. März 1882, S. 561, 562)13 folgende allgemeine Fassung zu geben: „Hat bei dem auf eine unmögliche Leistung gerichteten Vertrage der eine Vertragschließende die Unmöglichkeit gekannt oder beruhte seine Unkenntniß der Unmöglichkeit auf Fahrlässigkeit, so haftet er dem Anderen für Schadensersatz, jedoch in keinem Falle über den Betrag hinaus, welchen er bei Voraussetzung der Gültigkeit des Vertrages wegen Nichterfüllung der daraus entstandenen Verpflichtung zu erstatten gehabt hätte. Die Haftung tritt nicht ein, wenn der Andere die Unmöglichkeit kannte oder kennen mußte." eventuell hinter Artikel 687 oder besser wohl hinter Artikel 705 folgenden § einzuschalten: „War der Auftragsvertrag nach Maßgabe des § 32 des Obligationenrechts 14 nichtig, so finden die Vorschriften der §§ 33 und 3515 auch rücksichtlich der Haftung des Auftraggebers gegenüber dem Beauftragten entsprechende Anwendung." Der prinzipale Vorschlag fand die Billigung der Mehrheit. Man hatte erwogen: Nach S. 562 der Protokolle sei ein ähnlicher Vorschlag früher abgelehnt, jedoch nur vorläufig, weil für bedenklich erachtet worden, über die culpa in contrahendo einen prinzipiellen Beschluß zu fassen. Gegenwärtig lasse sich übersehen, daß ein I Prot I 2392 solcher prinzipieller Beschluß nicht am Platze sei, vielmehr | es hinsichtlich der zu prästirenden culpa in contrahendo bei speziellen Vorschriften bewenden müsse. Von diesem Standpunkte aus empfehle sich aber die vorgeschlagene Vervollständigung des § 33, wie gerade die Berücksichtigung des Mandatsfalls überzeugend lehre; inkonsequent würde es sein und nur zur Kasuistik führen, die Vorschrift auf den letzteren Fall zu beschränken. Einverständnis bestand, daß die beschlossene Vervollständigung auch für den s 33 allegirenden § 35 (Protokoll vom 27. März 1882 S. 568) gelte. In Bezug hierauf gab die Ausführung S. 9 und 10 des Materials zu der Erinnerung Anlaß, es sei dabei übersehen, daß bei Ertheilung eines Auftrags, dessen Vollziehung, für sich betrachtet, erlaubt erscheine, aber unerlaubt würde, wenn der Beauftragte nachträglich 12
Gemeint ist die von den Hilfsarbeiten der Kom. angefertigte Materialzusammenstellung, hier zu Art. 687 DresdE. » S. bei § 307 BGB. i* S. bei § 306 BGB. 15 S. bei § 307 bzw. S 309 BGB.
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10. Titel: Auftrag
§ § 662, 676
eine Thatsache erfahre, deren Kenntniß die Ausführung des Auftrags nicht gestatte, weil der Beauftragte unerlaubt handeln würde, die Vorschriften über die von einer Partei verschuldete nachträgliche Unmöglichkeit der Erfüllung anwendbar werden könnten und daß unter „verbotswidrig" im Sinne des § 35 jedenfalls auch derjenige Vertrag zu verstehen sei, in welchem eine durch das Gesetz verbotene Leistung versprochen worden (§32). DresdE Art 688 Der Artikel 688 des Entwurfs lautet: „Der Auftrag muß ein Geschäft des Auftraggebers oder eines Dritten betreffen; es kann jedoch zugleich der Beauftragte dabei betheiligt sein. Ein von Jemandem einem· Anderen ausschließlich in dessen Interesse ertheilter Auftrag ist lediglich als ein Recht oder als eine Empfehlung zu betrachten. Ist Jemand durch Befolgung eines Rathes oder einer Empfehlung eines Anderen in Schaden gekommen, so ist der Letztere zum Ersätze verpflichtet, wenn er arglistig, oder mit Versäumung der ihm durch Amtspflicht, Beruf oder Vertrag gebotenen Sorgfalt den Rath oder die Empfehlung ertheilt hat." I Prot I 2393 I Es war die Streichung des Artikels beantragt. Windscheid Die Mehrheit entschied: (Nr 430) 1. für die Streichung des ersten Absatzes,
2. für die Annahme des zweiten Absatzes in der im Laufe der Debatte vorgeschlagenen, bei der Redaktion noch näherer Prüfung zu unterziehenden Fassung: „Sei Jemand durch Befolgung eines Raths oder einer Empfehlung eines Anderen in Schaden gekommen, so sei dieser zum Schadensersatz nur dann verpflichtet, wenn er arglistig (vorsätzlich, unredlich) gehandelt habe, sofern nicht aus seiner Amtspflicht oder aus einem Vertragsverhältnisse sich eine weiter gehende Haftung ergebe." unter Vorbehalt der nachträglichen Entscheidung, ob die vorstehende Bestimmung nicht in einem anderen Abschnitt, insbesondere den über die Spezialdelikte, einzustellen sei. Erwogen war: Der erste Absatz enthalte nur einen der Wissenschaft angehörenden, zur Aufnahme in das Gesetzbuch nicht geeigneten Grundsatz. Was den zweiten Absatz angehe, so sei die darin enthaltene Bestimmung: der Rathende oder Empfehlende hafte nur für dolus, von Wichtigkeit, weil die Ansicht: es müsse auch für culpa — mindestens für culpa lata — eingestanden werden, in der Theorie und Praxis vertreten sei. Es empfehle sich daher um so mehr, jene Bestimmung in nicht mißzuverstehender Fassung aufzunehmen, je zahlreicher (namentlich bei Erkundigung nach Solvenz oder Kredigwürdigkeit) die Fälle seien, in welchen ein Anspruch wegen eines dem Rathenden oder Empfehlenden zur Last fallenden Versehens erhoben würde. Werde vorgeschrieben, der Rathende oder Empfehlende hafte nur wegen dolus, so sei ein Zusatz nöthig, welcher die Fälle decke, in welchen die besonderen Umstände eine weiter gehende Haftung begründen. Dahin gehöre zunächst der Fall, wenn der Rath oder die Empfehlung auf Grund eines | ausdrück- | Prot 12394 liehen oder stillschweigenden Vertrags, vielleicht sogar gegen Entgelt, ertheilt sei, und eine umfassendere Haftung aus den für die Verträge geltenden allgemeinen Grundsätzen sich ergebe. Zu diesen Vertragsfällen gehörten auch die, in welchen Rath und Empfehlung kraft Gewerbes oder Berufs ertheilt sei. Ein anderer Fall sei der, in welchem ein Beamter kraft seiner Amtspflicht zu rathen und zu empfehlen habe. Inwiefern derselbe demjenigen, dem er Rath und Empfehlung ertheilt habe, 35
§ § 662, 676
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
unmittelbar verantwortlich werde und wie weit seine Verantwortung reiche, beurtheile sich nach dem öffentlichen Rechte und habe das Gesetzbuch nicht zu entscheiden, weshalb es bei einem so allgemeinen Vorbehalte, wie ihn der Beschluß ergebe, bewenden müsse. Die S. 11 und 12 des Materials 16 berührte Beweisfrage sei weder in dem Artikel noch in dem gefaßten Beschluße entschieden, aber auch zu entscheiden nicht nöthig, indem kein Grund vorliege, in Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen, eine Besonderheit vorzuschreiben. Ob endlich die beschlossene Bestimmung, nachdem der erste Absatz gestrichen sei, in dem vorliegenden Abschnitte verbleiben könne, werde später, eventuell bei der Schlußredaktion, zu entscheiden sein. In Betracht komme, daß die Haftung propter dolum schon aus § 146 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle vom 4. Juli, 1. und 4. September 1882 S. 969 —990)17 hervorgehe und als auf einer unerlaubten Handlung beruhend anzusehen sei. 226. Sitzung vom 27. 6. 1883, Schriftführer Neubauer I Prot 12395
| Die Berathung des Abschnitts des Obligationenrechts betreffend „den Auftrag" wurde fortgesetzt. Zur Sprache gelangte, ob und inwiefern besondere Bestimmungen sich empfehlen: 1. über den stillschweigend ertheilten Auftrag, 2. über den zu vermuthenden Auftrag, und im Anschluß hieran über die stillschweigend ertheilte und über die vermuthete Vollmacht, 3. über den Verwaltungsvertrag Man überzeugte sich von der Entbehrlichkeit, aber auch von der Unzweckmäßigkeit solcher besonderen Vorschriften. zu 1., weil zur angemessenen und gründlichen Erledigung des Gegenstandes das nicht zu erschöpfende Gebiet der Kasuistik betreten werden müßte; zu 2., weil das betreffende Rechtsinstitut, wie es auch gestaltet werden möge, mit praktischen Uebelständen verbunden und mancherlei Streitigkeiten hervorzurufen geeignet, ein wesentlicher Nutzen auch um so weniger davon zu erwarten sei, als die Vorschriften über Geschäftsführung ohne Auftrag meist sich als genügend erweisen würden;
zu 3., weil der sogenannte Verwaltungsvertrag, namentlich nach den zum Art. 687 gefaßten Beschlüssen, als ein besonderer, der selbständigen Regelung bedürfender Vertrag nicht anerkannt werden könne, indem er entweder als ein geI Prot I 2396 wöhn-1 licher Auftragsvertrag oder als Dienstvertrag, oft aber als ein gemischter Vertrag sich darstelle, der sich als solcher einer allgemeinen Regelung entziehe. Dabei wurde nicht anerkannt, daß sich in Beziehung auf die Rechnungspflicht besondere Vorschriften empfehlen könnten. Man war jedoch der Ansicht, Vorschriften solcher Art, soweit sie ein Bedürfniß seien, würden zweckmäßig in dem vorliegenden Abschnitt über den Auftragsvertrag ihre Stelle finden und bei Berathung des Art. 699 die passende Gelegenheit sein, auf den Gegenstand zurückzukommen.
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S. ο. N . 12, hier zu A n . 688 DresdE. 17 S. bei § 826 BGB.
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10. Titel: Auftrag
§ § 662, 6 7 6
Ingleichen erachtete man es nicht f ü r erforderlich, durch spezielle Vorschriften die Fragen zu erledigen : l . o b zur Vornahme eines Rechtsgeschäfts, welches der Auftraggeber selbst wirksam vorzunehmen gesetzlich verhindert sei, gültigerweise ein Auftrag ertheilt werden könne; 2. welche Rechtsgeschäfte wegen Unzulässigkeit der Vertretung auch nicht Gegenstand eines gültigen Auftragsvertrags sein könnten; 3. inwiefern ein Auftrag mittels einer offenen (Blankett) oder auf Ordre lautenden Urkunde gültig ertheilt werden könne; ferner wie die entsprechenden Fragen in Ansehung der bereits früher erledigten Vollmachtsertheilung (zu vergi. §§ 87 — 100 der Zusammenstellung der auf den Allgemeinen Theil sich beziehenden Beschlüsse, Protokolle S. 221 — 264) 18 zu beantworten seien. Man ging davon aus : zur Beantwortung der obigen Fragen genügten die in dem Gesetzbuche sich findenden Vorschriften, insbesondere die darin enthaltenen allgemeinen Rechtsnormen und die daraus herzuleitenden Folgerungen. Zu Art. 689 des Entwurfs : DresdE Art 689 „Eine Vergütung für die Besorgung eines aufgetragenen Geschäftes ist von dem Auftraggeber nur dann zu leisten, wenn sie vereinbart worden ist. Als stillschweigend vereinbart ist eine Vergütung anzunehmen, wenn die Besorgung des Geschäfts nach den Umständen nur gegen | eine Vergütung zu erwarten war. Ist die Größe | Prot I 2397 der Vergütung nicht bestimmt, so findet die Vorschrift des Artikels 617 19 analoge Anwendung." 19a lagen die Anträge vor: 1. statt dessen zu bestimmen: Windscheid „Der Auftraggeber kann sich verpflichten, für die Ausführung des Auftrags eine (Nr 430) Belohnung zu gewähren." 2. An Stelle des ersten Satzes des Artikels zu bestimmen: Kurlbaum „Durch die Vereinbarung einer Vergütung (Belohnung) für die Ausführung des Auftrags wird die Anwendbarkeit der den Auftrag betreffenden Vorschriften nicht ausgeschlossen." Man verständigte sich dahin, den Artikel satzweise zu erledigen. Zum ersten Satze. Der Antrag N 2 1, welcher in seinem positiven Theile gerade den ersten Satz des Artikels betrifft, fand die Billigung der Mehrheit, jedoch mit der Maßgabe, daß für „Belohnung" das Wort „Vergütung" gesetzt werden soll. Man haue erwogen : Der erste Satz des Artikels erscheine, wenn man darin nur ausgedrückt finde, der Anspruch des Beauftragten auf Vergütung setze ein Versprechen voraus, worin dieselbe ausdrücklich oder stillschweigend zugesagt sei, wegen Selbstverständlichkeit gegenstandlos; wenn man ihn dagegen dahin verstehe, die Vergütung müsse ausdrücklich versprochen sein, so stehe er wenig im Einklang mit dem unmittelbar nachfolgenden zweiten Satze. Im Grunde wolle doch der erste Satz nicht mehr besagen, als : das Wesen des Auftragsvertrags werde dadurch nicht geändert, daß dem is S. bei SS 164ff. BGB. 19 S. bei SS 611, 612 BGB. Im Original fehlt das Anführungszeichen.
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§ § 662, 6 7 6
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Beauftragten für sein Handeln eine Vergütung zugesichert sei. Diesen Gedanken bringe der Antrag Ν 2 1 zum klaren Ausdruck. Ein Gleiches gelte auch von dem Antrage N2 2. Der erste Antrag verdiene jedoch wegen seiner größeren Einfachheit und wegen seines mehr positiven Gehalts den Vorzug. N u r sei kein Grund vorhanden, die dem Beauftragten zugesicherte Vergeltung „Belohnung" zu nennen, wähI Prot I 2398 rend bisher | in ähnlichen Fällen das umfassendere Wort „Vergütung" gebraucht sei. Zum zweiten Satze. Der zweite Satz wurde durch Mehrheitsbeschluß gebilligt. Man ging davon aus : Der zweite Satz richte sich gegen die Auffassung: weil die Unentgeltlichkeit der Geschäftsbesorgung dem juristischen Wesen des Mandats entspreche, so streite die Vermuthung gegen die dem Beauftragten eine Vergütung zusichernde Vereinbarung, so zwar, daß derselbe nur auf Grund eines ausdrücklichen Versprechens eine Vergeltung verlangen könne. Diese Auffassung müsse in der That abgelehnt werden, weil sie der Gegenwart fremd sei und mit den Ansichten, welche — wie die tägliche Erfahrung lehre — sowohl im Handelsverkehr als im bürgerlichen Verkehr vorherrschten, im Widerspruche stehe. In der gegenwärtigen Zeit seien die Fälle überaus zahlreich, in welchen ein Mandat übernommen werde ohne jede Vereinbarung über eine dem Beauftragten zu gewährende Vergütung, während die Umstände klar erkennen ließen, daß der Beauftragte zu der Uebernahme nur unter der dem Auftraggeber nicht unbekannt gebliebenen Voraussetzung sich verstanden habe, seine Leistung würde vergolten werden. In solchen Fällen dem Beauftragten den Anspruch auf die Vergütung zu entziehen, sei nicht möglich, wenn man nicht dem praktischen Leben und seinen Bedürfnissen jede Berücksichtigung versagen wolle. In der betreffenden Beziehung bestehe kein Unterschied zwischen Dienstvertrag und Auftragsvertrag. Wenn nach den Umständen die Geschäftsbesorgung nur gegen Vergütung zu erwarten gewesen sei, so müsse eine solche auch dem Beauftragten in gleicher Art wie dem Dienstverpflichteten zugestanden werden. Die Bestimmung aufzunehmen, sei gerade deshalb nöthig, um der Eingangs erwähnten Auffassung zu begegnen. I Prot 12399
| Zum dritten Satze. Es wurde die Streichung des Satzes aus denselben Gründen beschlossen, wie die, welche zur Ablehnung des Artikels 617 (Protokoll vom 1. Juni 1883 S. 2052) bestimmt haben.
I Prot I 2402 DresdE Art 691
| Zu Artikel 691 des Entwurfs 20 : „Ist der Umfang des Auftrages von dem Auftraggeber nicht ausdrücklich bezeichnet worden, so bestimmt sich derselbe nach der Natur des aufgetragenen Geschäftes. Zur Veräußerung, Aufgebung oder Verpfändung von unbeweglichen oder beweglichen, dem Verderben nicht ausgesetzten Sachen, von Rechten an Sachen oder von Forderungen, zur Empfangnahme von Geld und Geldeswerth und zur Quittungsleistung darüber, sowie zur Schließung eines Vergleiches, zum Uebereinkommen auf Schiedsspruch und zur Uebernahme wechselrechtlicher Verbindlichkeiten für den Auftraggeber bedarf es stets eines ausdrücklich auf Geschäfte dieser Art gerichteten Auftrages. Dies gilt selbst dann, wenn die Verwaltung eines ganzen Vermögens aufgetragen worden ist." lagen außer dem Antrage, den Artikel zu streichen, die Anträge vor:
20 Die Beratung des Art. 690, Prot I 2 3 9 9 - 2 4 0 2 , s. bei § 663 BGB.
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10. Titel: Auftrag
§ § 662, 676
1. den Artikel zu fassen : v. Weber „Ist der Umfang des Auftrags von dem Auftraggeber nicht im Besonderen be- (Nr 435, 1) zeichnet worden, so bestimmt sich derselbe nach der Natur des aufgetragenen Geschäfts. In den Fällen, in welchen ein durch Rechtsgeschäft bestellter Stellvertreter zur Vornahme eines Geschäfts für den Vertretenen eine besondere Vollmacht nöthig hat, muß auch der Auftrag zu einem solchen Geschäft besonders ertheilt werden." eventuell: in den Schlußworten vorstehenden zweiten Absatzes vor „besonders" einzuschalten: „im Zweifel". und im Zusammenhange hiermit in den Allgemeinen Theil \ des Gesetzbuchs in | Prot 12403 dem Abschnitte von der Stellvertretung etwa als §90» folgende Bestimmung einzuschalten : „ Zur Erwerbung von unbeweglichen Sachen durch entgeltlichen Vertrag, sowie zur Veräußerung, Aufgebung oder Verpfändung von unbeweglichen (oder beweglichen, dem Verderben nicht ausgesetzten) Sachen, von Rechten an Sachen oder von Forderungen, zur Aufnahme von Darlehen, zur Erhebung von Geld und Geldeswerth und zur Quittungsleistung darüber, zur Schließung eines Vergleichs, zum Uebereinkommen auf Schiedsspruch und zur Uebernahme wechselrechtlicher Verpflichtungen für den Vertretenen bedarf es, wenn die Ermächtigung durch Rechtsgeschäft ertheilt wird, einer auf Geschäfte dieser Art besonders gerichteten Vollmacht." (zu vgl. Protokolle S. 259.) 2. zu bestimmen im allgemeinen Theil in § 90 a : Kurlbaum „Eine Vollmacht ist im Zweifel auf Schenkungen, auf Erwerbung und Veräuße- (Nr 439) rung von unbeweglichen Sachen oder von Rechten an solchen Sachen sowie auf Eingehung einer Verpflichtung zur Veräußerung solcher Sachen und Rechte, auf Eingehung wechselmäßiger Verpflichtungen, auf Annahme von Anweisungen und auf Ausstellung von Inhaberpapieren nicht zu beziehen." und im Obligationenrechte in Artikel 691 : „Soweit eine Vollmcht ihrem Inhalte nach zur Vornahme gewisser Rechtsgeschäfte nicht ermächtigt, ist auch ein Auftrag auf derartige Rechtsgeschäfte nicht zu beziehen." Die Mehrheit entschied für die Ablehnung des ersten Satzes des Artikels. Sie war der Ansicht: Der erste Satz sei inhaltslos. Er bestimme, näher betrachtet, nur: der Auftrag reiche so weit, wie der Auftraggeber bei der Ertheilung ausdrücklich oder stillschweigend erklärt | habe. Dies sei doch gewiß selbstverständlich. Auch durch die | Prot 12404 Hinweisung auf die Natur des Geschäfts erhalte die Vorschrift keinen verwerthbaren Inhalt. Denn darin liege nur ausgedrückt: der Auftrag erstrecke sich, sofern der Auftraggeber nicht ein Anderes erklärt habe, gerade so weit, wie die Ausführung des Auftrags erfordere oder mit sich bringe, was gleichfalls sich sichtbar von selbst verstehe. Der zweite und dritte Satz des Artikels und die dazu gestellten Anträge gaben Anlaß zu einer ausführlichen Erörterung, ob und inwiefern sich besondere Vorschriften über den Spezialauftrag und die Spezialvollmacht (zu vgl. Protokolle S. 259) empfehlen. Die Berathung hierüber gelangte in der heutigen Sitzung nicht zum Abschluß. 39
§ § 662, 676
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
227. Sitzung vom 29. 6. 1883, Schriftführer Neubauer I Prot 12405
| Die Berathung des Abschnitts des Obligationenrechts betreffend „den Auftrag" wurde fortgesetzt, und zunächst die am Schluß der vorigen Sitzung abgebrochene Berathung wieder aufgenommen. Nach deren Beendigung wurde durch Mehrheitsbeschluß entschieden: in das Gesetzbuch seien weder Bestimmungen über den Spezialauftrag und die Spezialvollmacht, noch solche über die letztere allein aufzunehmen. Einverständniß bestand, daß besondere Vorschriften über den Spezialauftrag allein nicht am Platze seien. Die maßgebenden Erwägungen waren : Der Umfang des Auftrags und der Vollmacht bestimme sich zweifellos nach dem von dem Ertheiler erklärten Willen. An dieses eben so einfache als an und für sich unbedenkliche Prinzip knüpften sich jedoch gewisse praktische Uebelstände. Der erklärte Wille werde in vielen Fällen Zweifel lassen, wie weit der Empfänger gehen dürfe. Damit dieser nicht passiv bleibe, wo die Umstände sein Handeln im Interesse des Ertheilers erheischten, damit ferner Dritte, mit welchen der Empfänger sich einlassen wolle, sich nicht zurückhielten, werde der Ertheiler sich oft veranlaßt finden, wegen der nicht zu überblickenden Thatsachen und Verhältnisse der Zukunft den Umfang der Befugnisse des Empfängers weiter zu erstrecken, als sich bei WürdiI Prot 12406 gung der zur Zeit der Ertheilung zu übersehenden Umstände als | nöthig erweise. Es gelte das nicht minder, wenn nur ein einzelnes Geschäft, dessen Besorgung aber auf verschiedene Art möglich sei, als wenn ein Inbegriff von Geschäften in Frage stehe. Jene nicht zu vermeidende weite Erstreckung der Befugnisse des Empfängers sei nun unverkennbar für den Ertheiler mit der Gefahr verbunden, daß von denselben, mit Verletzung des Interesse des Ertheilers, unter anderen als den vorgesehenen Voraussetzungen Gebrauch gemacht werde. Zur Minderung der Gefahr biete sich der Ausweg dar, gewisse Geschäfte wegen ihrer hervorragenden Wichtigkeit auszuzeichnen und durch das Gesetz zu bestimmen: ein solches Geschäft dürfe von dem Empfänger nur vorgenommen werden, wenn es der Ertheiler besonders bestimmt habe. Der Ausweg ergebe das Institut des Spezialauftrags und bezw. der Spezialvollmacht. Dasselbe sei außerdem mit dem Vortheil verbunden, daß es sowohl dem Empfänger als namentlich Dritten einen festeren Anhalt gewähre und daß es manchen Streitigkeiten vorzubeugen geeignet sei. Aber andererseits knüpften sich an den Ausweg auch verschiedene Uebelstände. Es bedürfe der Prüfung, ob die letzteren nicht schwerer wögen, als die von dem Institute zu erwartenden Vortheile. Die Uebelstände seien : 1. Das Institut leide schon an einer inneren Schwäche oder Unvollkommenheit, die von vornherein seine Angemessenheit zweifelhaft erscheinen lasse. Es nöthige, gewisse Geschäfte nach ihrem juristischen Charakter oder nach der Beschaffenheit des Gegenstandes, auf welchen dieselben sich bezögen, auszuzeichnen. Die dem Ertheiler drohende Gefahr gründe sich aber oft weit weniger in einer solchen Eigenschaft des Geschäfts, als vielmehr in dem Umfange des letzteren und in dem Maße der daraus entspringenden Verpflichtungen. I Prot 12407
| 2. Die Auszeichnung der betreffenden Geschäfte könne wegen Verschiedenheit der davon betroffenen Fälle in befriedigender Weise nicht gelingen. Es gebe Fälle, in welchen die Ausnahme eines gewissen Geschäfts völlig unbedenklich sei, während in anderen Fällen die Ausnahme desselben Geschäfts in keiner Weise passend erscheine. So ergebe sich ζ. B. in Beziehung auf Gelderhebung, Kreditgewährung, Eingehung von Darlehns- und sonstigen Kreditgeschäften ein großer Unterschied, 40
10. Titel: Auftrag
§ § 662, 676
ob Auftrag bezw. Vollmacht auf den Betrieb eines Gewerbes der einen oder anderen Art oder auf die Verwaltung eines oder mehrerer Grundstücke sich beziehe. Noch deutlicher zeige sich der Unterschied, wenn nur ein einzelnes, jedoch eine verschiedene Art der Erledigung zulassendes Geschäft zu besorgen sei, dessen Beschaffenheit oft an die Hand geben werde, ob und inwiefern eine gewisse Art der Erledigung gestattet sei oder nicht. 3. Die Auszeichnung gewisser Geschäfte rechtfertige die Auslegung, alle nicht ausgezeichneten Geschäfte seien, sofern der Ertheiler nicht ein Anderes besonders bestimmt habe, gestattet. Es leuchte ein, wie groß die Gefahr sei, die hieraus für den Ertheiler entspringe. Ein Institut, welches vorzugsweise dem Interesse des Ertheilers dienen solle, drohe in der Praxis zu dessen Nachtheil sich zu gestalten. Es gebe Fälle, in welchen die Umstände auf die Vermuthung leiteten, ein gewisses zu den ausgezeichneten Geschäften nicht gehörendes Geschäft habe der Ertheiler zu gestatten nicht bezweckt, weil es bei der Ausführung von Geschäften der aufgetragenen Art mehr oder weniger ungewöhnlich sei, ζ. B. Aufnahme eines Darlehens. Das Institut des Spezialauftrags oder der Spezialvollmacht bringe unvermeidlich mit sich, daß in solchen Fällen unter nur unvollständiger Würdigung der näheren Umstände zum Nachtheil des Ertheilers entschieden würde. In der Praxis habe sich daher mitunter bereits die An-1 sieht geltend gemacht, die ausgezeichneten Fälle | Prot 12408 seien nur Beispiele, — eine Ansicht, die den praktischen Werth des Instituts beträchtlich mindere. 4. Die Auszeichnung gewisser Geschäfte werde aus dem Eingangs erwähnten Grunde dem Ertheiler oft Anlaß geben, auf dieselben Auftrag bezw. Vollmacht auszudehnen. Die Ausdehnung gewinne hierdurch im praktischen Leben so großen Umfang, daß sie fast zur Regel werde und in die Auftrags- und Vollmachts-Formulare übergehe, die nicht selten ohne nähere Ueberlegung vollzogen würden, und daß somit mancher Ertheiler sich ohne den wirklichen Willen zu seinem großen Nachtheil binde. 5. Unter dem vorzugsweise zu beachtenden Institute der Speziai Vollmacht leide der Verkehr. Dies erhelle zur Genüge aus einer großen Zahl neuer Gesetze, welche mehr oder weniger auf dem Prinzipe beruhten: den gewillkürten Vertreter nach Innen mehr oder weniger zu beschränken, dagegen im Interesse des Verkehrs nach Außen von jeder Beschränkung zu befreien. Es sei nicht möglich, den vorstehenden Uebelständen auf dem einen oder anderen Wege zu begegnen. Insbesondere versage die Abhülfe mittels des Zusatzes : „im Zweifel" (seil, sei Spezialauftrag oder Spezialvollmacht nöthig), die Ermittelung der wirklichen Intention des Ertheilers unter Würdigung aller Umstände zu sichern. Durch einen solchen Zusatz würde der praktische Werth des Instituts, insbesondere des der Spezialvollmacht, zum größeren Theil aufgehoben. Eine zweite Abhülfe könnte gefunden werden in der Beschränkung des Instituts auf die Generalvollmacht im engeren Sinne, wenn nämlich Jemand einen Andern mit seiner generellen Vertretung auf dem vermögensrechtlichen Gebiete beauftrage, ihn zum alter ego bestelle oder wenn er ihn zum Verwalter seines ganzen Vermögens oder eines bestimmten Theils desselben cum libera potestate u.s.w. | ernenne. Allein für solche | Prot 12409 Fälle lasse sich das Bedürfniß des Instituts am wenigstens anerkennen. Es seien Fälle, in welchen der besondere Beachtung verdienende Rechtsverkehr mit Dritten den Ertheiler nöthigen werde, keinen Zweifel darüber zu lassen, wieweit die Machtbe41
§ § 662, 676
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
fugnisse des Empfängers reichen sollten. Berufe er ihn zu seinem allgemeinen Vertreter, so habe er sich vorzusehen und werde sich auch vorsehen, wenn er beabsichtige, den Abschluß einzelner Geschäfte dem Vertreter nicht zu gestatten. Wolle das Gesetz durch eine besondere Bestimmung für die gedachten Fälle eingreifen, so werde großes Maß zu halten sein, so zwar, daß mit der Bestimmung nur wenig erreicht werde. Die Nachtheile des Instituts seien so überwiegend, daß seine Nichtanerkennung den Vorzug verdiene. Werde es übergangen, so schließe das nicht aus, für einzelne Fälle nach Vorbild des Handelsgesetzbuchs die Befugnisse des Empfängers nach Innen und bezw. nach Außen näher zu bestimmen. II. In der RedVorl und der ZustOR lauten die beschlossenen Vorschriften : RedVorl/ZustOR Durch die Annahme des Auftrages wird der Beauftragte verpflichtet, das ihm S 436 von dem Auftraggeber aufgetragene Geschäft für diesen zu besorgen. RedVorl § 437 Hat Jemand durch Befolgung eines Raths oder einer Empfehlung eines Anderen einen Schaden erlitten, so ist der Andere zum Schadensersatz nur dann verpflichtet, wenn er arglistig (vorsätzlich, unredlich) gehandelt hat (wenn er die Schädlichkeit des Raths oder der Empfehlung gekannt hat), sofern nicht aus einer Amtspflicht oder einem Vertragsverhältnisse sich eine weiter gehende Haftung ergiebt (jedoch unbeschadet der aus einem Amtsverhältnisse oder Vertragsverhältnisse sich ergebenden weiteren Haftung). Oder Sofern nicht aus einem Vertragsverhältnisse oder aus einer Amtspflicht sich eine weiter gehende Haftung ergiebt, haftet derjenige, welcher einem Anderen einen Rath oder eine Empfehlung ertheilt hat, wegen des aus der Befolgung derselben entstandenen Schadens nur dann, wenn er arglistig u.s.w. (wie zuvor).20® ZustOR § 455 Wer einem Anderen einen Rath oder eine Empfehlung ertheilt hat, haftet wegen des dem Anderen aus der Befolgung des Raths oder der Empfehlung entstandenen 20» Zu § 437 (§ 2) ist in der RedVorl angemerkt: 1. Der § 2 wird doch wohl in diesem Abschnitte bleiben können, vielleicht aber den letzten § dieses Abschnitts bilden müssen. Er spricht nämlich aus, auch dann, wenn auf Verlangen Rath ertheilt ist, liege kein Auftragsverhältniß vor, so daß Haftung nur eintreten könne, wenn ein Delikt begangen sei (§ 146). Weiter sieht er vor, daß eine weitergehende Haftung sich ergeben könne. a) aus der Verletzung einer Amtspflicht nach den Bestimmungen des öffentlichen Rechts, b) aus einem Vertrage, wenn der Ertheiler eine Vertragspflicht verletzt hat, wobei nicht an einen Vertrag gedacht werden darf, welcher die Ertheilung eines Raths u.s.w. als Ausführung eines Auftrags erscheinen läßt (Art. 688), sondern ein Vertrag gemeint ist, in welchem der Ertheiler, wenn auch nicht eine unbeschränkte, doch eine beschränkte Garantie übernimmt oder für Fahrlässigkeit einzustehen verspricht. Bleibt der § in diesem Abschnitte, so wird sich um so mehr fragen, ob die erste Fassung, die dem gefaßten Beschlüsse folgt, nicht aufzugeben und die zweite Fassung vorzuziehen sei. Anlangend die erste Fassung, so könnte auch statt: „sofern-ergiebt" thunlichst besser bestimmt werden: „jedoch unbeschadet der aus einem Amts- oder Vertrags-Verhältnisse sich ergebenden weiteren Haftung." 2. Das Wort: „vorsätzlich" wird kaum richtig sein; es geht auf die Handlung als solche; der bayer, und hess. Entw. reden von „unredlich", das sächs. Ges.buch gebraucht „absichtlich", das Züricher Ges.buch hebt das Kennen der Schädlichkeit hervor (Material S. 12 — 16).
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10. Titel: Auftrag
§ § 662, 676
Schadens nur dann, wenn er arglistig gehandelt hat, sofern nicht aus einem Vertragsverhältnisse oder aus einer Amtspflicht eine weiter gehende Haftung sich ergiebt.21 Der Auftraggeber kann sich verpflichten, für die Ausführung des Auftrages dem RedVorl § 438/ Beauftragten eine Vergütung zu gewähren. Eine Vergütung ist als stillschweigend ZustOR § 437 vereinbart anzusehen, wenn die Ausführung des Auftrages nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten war.20b III. Im KE entsprechen §§ 578 und 579 den §§ 436, 437 ZustOR. Der KE enthält ferner am Schluß des Titels über den Auftrag als § 597 die Vorschrift: Wer einem Anderen einen Rath oder eine Empfehlung ertheilt hat, haftet für Er- KE § 597 satz des dem Anderen aus der Befolgung des Rathes oder der Empfehlung entstandenen Schadens, nur dann, wenn er arglistig gehandelt hat, sofern nicht aus einem Vertragsverhältnisse oder aus einer Amtspflicht eine weitergehende Haftung sich ergiebt. IV. Im E I entsprechen §§ 585 und 586 den §§ 578, 579 KE. s 597 KE hat als § 604 die Fassung: Wer einem Anderen einen Rath oder eine Empfehlung ertheilt hat, haftet für EI § 604 den Ersatz des dem Anderen aus der Befolgung des Rathes oder der Empfehlung entstandenen Schadens nur dann, wenn er arglistig gehandelt hat, sofern nicht aus einem Vertragsverhältnisse oder aus einer Amtspflicht eine weiter gehende Haftung sich ergiebt.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Den § 585 zu fassen: Durch die Annahme eines Auftrags wird der Beauftragte verpflichtet, das ihm aufgetragene Geschäft für den Auftraggeber nach dessen Weisungen unentgeltlich zu besorgen.
Struckmann (Nr 3, 109)
Struckmann (Nr 3, 100)
Den § 586 zu streichen.
Den § 604 in folgender Fassung hinter § 705 einzustellen: Struckmann Wer einem Anderen einen Rath oder eine Empfehlung ertheilt hat, haftet für Er- (Nr 3, 123) satz des ihm aus der Befolgung u.s.w. (wie im Entw.). II. 88. Sitzung vom 21. 9. 1892 I I. Man beschloß zunächst, die Vorschrift, welche nach dem Beschluß der | Prot-RJA 585 Hauptkommission an die Stelle des § 604 treten soll (Beschlüsse der Redaktions201» Zu § 438 (§ 3) ist in der RedVorl angemerkt: 1. zu vergi. §§ 414, 422 2. „Ausführung des Auftrags", nicht: „Besorgung des Geschäfts" ist nach den Beschlüssen regelmäßig zu brauchende Ausdruck. 21 Die Vorschrift steht in der ZustOR am Schluß der den Auftrag betreffenden Bestimmungen. 43
§ § 662, 676
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
kommission S. 318 Note**) 22 , an das Ende des Abschnitts über die Schuldverhältnisse aus unerlaubten Handlungen zu stellen. Eine Beratung der §§ 585, 586 E I hat nicht stattgefunden.
C. 2. Kommission I. Zu den §§ 585, 586 war beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 351 f.; Mugdan, Bd. 2, S. 942 f.) Struckmann 1. den § 585 dahin zu gestalten: (Nr 190, 1) Durch die Annahme eines Auftrags verpflichtet sich der Beauftragte, das ihm übertragene Geschäft nach den Weisungen des Auftraggebers für diesen ohne Vergütung zu besorgen. Jacubezky (Nr 203, 1)
2. dem § 585 folgende Fassung zu geben: Durch die Annahme eines Auftrags verpflichtet sich der Beauftragte, das ihm von dem Auftraggeber aufgetragene Geschäft für diesen unentgeltlich zu besorgen.
3. bei der Begriffsbestimmung des Auftrags in dem § 585 die Unentgeltlichkeit nicht ausdrücklich zu erwähnen. Struckmann 4. den § 586 zu streichen. (Nr 190, 2) u. Jacubezky (Nr 203, 2)
Die Komm, beschloß die Annahme der materiell unter einander übereinstimmenden Anträge 1 und 2 sowie des Antrags 4 ; der Antrag 3 wurde abgelehnt. Der RedKom blieb die Entscheidung darüber vorbehalten, ob es erforderlich sei, mit dem Antrag 1 unter die wesentlichen Merkmale des Auftrages aufzunehmen, daß der Beauftragte verpflichtet sei, das ihm übertragene Geschäft „nach den Weisungen des Auftraggebers" zu besorgen. Struckmann Zu § 604 wurde der Antrag, (Nr 190, 18) diese Vorschrift hinter § 705 einzustellen, von der Komm, angenommen.
II. In der VorlZust ist § 586 gestrichen und § 585 lautet: Durch die Annahme eines Auftrags verpflichtet sich der Beauftragte, das ihm von dem Auftraggeber aufgetragene Geschäft für diesen unentgeltlich zu besorgen. Der § 604 E I-VorlZust lautete zunächst: E I-VorlZust Wer einem Anderen einen Rath oder eine Empfehlung ertheilt hat, haftet für § 6 0 4 den Ersatz des dem Anderen aus der Befolgung des Raths oder der Empfehlung entstandenen Schadens nur dann, wenn er arglistig gehandelt hat, sofern nicht aus einem Vertragsverhältnisse oder aus einer Amtspflicht eine weiter gehende Haftung sich ergiebt. Dazu war angemerkt: Der § 604 soll hinter § 705 eingestellt werden. Die Vorschrift hat sodann folgende Fassung erhalten : Wer einem Anderen einen Rath oder eine Empfehlung ertheilt hat, ist zum Ersätze des demselben aus der Befolgung des Raths oder der Empfehlung entstandenen Schadens nur dann verpflichtet, wenn er arglistig gehandelt hat, unbeschadet
E I-VorlZust S 585
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S. diese Note hier u. C III.
10. Titel: Auftrag
§663
der aus einem Vertragsverhältniß oder aus einer Amtspflicht sich ergebenden weiteren Haftung. III. In der ZustRedKom hat § 585 die Fassung: Durch die Annahme eines Auftrags verpflichtet sich der Beauftragte, für den Auftraggeber das ihm von diesem übertragene Geschäft unentgeltlich zu besorgen. Zu § 604 heißt es in der ZustRedKom : Der § 604 E I war in der ZustRedKom an dieser Stelle zunächst gestrichen. Dazu war in einer Fußnote angemerkt: Der $ 604 soll in folgender Fassung in den Abschnitt über Schuldverhältnisse aus unerlaubten Handlungen eingestellt werden: Wer einem Anderen einen Rath oder eine Empfehlung ertheilt hat, ist zum Ersätze des demselben aus der Befolgung des Rathes oder Empfehlung entstandenen Schadens nur dann verpflichtet, wenn er arglistig gehandelt hat, unbeschadet der aus einem Vertragsverhältniß oder aus einer Amtspflicht sich ergebenden Haftung. Die Vorschrift ist dann wieder in der folgenden Fassung hier eingefügt worden : Wer einem Anderen einen Rath oder eine Empfehlung ertheilt hat, ist unbeschadet der aus einem Vertragsverhältniß oder aus einer unerlaubten Handlung sich ergebenden Haftung, zum Ersätze des aus der Befolgung des Rathes oder der Empfehlung entstandenen Schadens nicht verpflichtet.
E I-ZustRedKom Î 585
E I-ZustRedKom S 604
IV. Im E II § 593 (E II rev, E III § 649) liegt die in § 662 BGB Gesetz gewordene Fassung vor. E II § 607 lautet: Wer einem Anderen einen Rath oder eine Empfehlung ertheilt hat, ist, unbe- E II § 607 schadet der sich aus einem Vertragsverhältniß oder einer unerlaubten Handlung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersätze des aus der Befolgung des Rathes oder der Empfehlung entstandenen Schadens nicht verpflichtet. V. Im E II rev und E III § 663 liegt die in § 676 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
$ 663 Wer zur Besorgung gewisser Geschäfte öffentlich bestellt ist oder sich öffentlich erboten hat, ist, wenn er einen auf solche Geschäfte gerichteten Auftrag nicht annimmt, verpflichtet, die Ablehnung dem Auftraggeber unverzüglich anzuzeigen. Das Gleiche gilt, wenn sich Jemand dem Auftraggeber gegenüber zur Besorgung gewisser Geschäfte erboten hat. A. 1. Kommission I. 227. Sitzung vom 29. 6. 1883, Schriftführer Neubauer I Zu Art. 690 des Entwurfes : | Prot I 2399 „Wer ohne zu widersprechen geschehen läßt, daß seine Geschäfte in seiner Ge- DresdE Art 690 genwart von einem Anderen besorgt werden, ist als Auftraggeber zu betrachten. 45
§663
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Hat Jemand, welcher zu Besorgung gewisser Geschäfte öffentlich bestellt ist oder sich zu solcher öffentlich angeboten hat, einen auf diese Geschäfte bezüglichen Auftrag nicht ohne Verzögerung abgelehnt, so ist der Auftrag als von ihm angenommen zu betrachten." lagen die Anträge vor: Windscheid (Nr 430) Kurlbaum (Nr 432)
1. den ersten Absatz zu streichen. 2. im zweiten Absätze zu bestimmen: „Wer zur Besorgung gewisser Geschäfte öffentlich bestellt ist oder sich zu derselben öffentlich angeboten hat, ist, wenn er einen auf diese Geschäfte bezüglichen Auftrag nicht annimmt, verpflichtet, die Ablehnung ohne Verzug zu erklären, widrigenfalls er den durch die Verzögerung erwachsenen Schaden zu ersetzen hat" (vgl. Rechtsanwaltsordnung § 30). oder „Nimmt Jemand, welcher zur Besorgung gewisser Geschäfte öffentlich bestellt ist oder sich zu derselben öffentlich angeboten hat, einen auf diese Geschäfte bezüglichen Auftrag nicht an, so ist er verpflichtet, dem Auftraggeber unverzüglich die Ablehnung zu erklären." Der Artikel wurde absatzweise berathen.
Zum ersten Absatz. I Prot I 2400 I Die Mehrheit entschied für die Streichung des Absatzes. Für die Streichung war geltend gemacht: In dem unterstellten Falle liege Geschäftsführung ohne Auftrag mit stillschweigender Genehmigung der Geschäftsführung vor; es bedürfe nicht der künstlichen Annahme eines Mandats, um sowohl dem Beauftragten, als dem Dritten, mit dem dieser sich etwa eingelassen habe, eine völlig befriedigende Rechtsstellung zu verschaffen, wie zur Genüge der § 283 Abs. 2 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokoll vom 24. Januar 1883 S. 1637—1640)1 und der § 96 der Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse (Protokolle vom 16. und 19. Dezember 1881 S. 2 4 2 - 2 4 8 , 258) 2 ergäben. Von anderer Seite war für die Streichung angeführt: Der erste Absatz sei weniger deshalb bedenklich, weil er unter den betreffenden Voraussetzungen ein stillschweigend ertheiltes Mandat annehme, als vielmehr deshalb, weil er zu einem mißlichen argumentum e contrario Anlaß zu geben drohe. Zum zweiten Absätze. Nach Ablehnung des im Antrage N 2 2 enthaltenen prinzipalen Vorschlags wurde der darin sich findende eventuelle Vorschlag durch Mehrheitsbeschluß gebilligt und hierauf der Antrag N - 3 zurückgezogen. Erwogen war: Insofern der zweite Absatz der betreffenden Person die Verpflichtung auferlege, ohne Verzug die Ablehnung des Auftrags kundzugeben, sei er ohne Zweifel völlig angemessen. In Frage komme nur, welche Rechtsfolgen an die Nichterfüllung jener Verpflichtung zu knüpfen seien, ob mit dem Entwürfe und nach dem Vorbilde des Art. 323 des Handelsgesetzbuchs zu bestimmen sei, der Auftrag gelte als angenommen, oder nach Vorbild des § 30 der Rechtsanwaltsordnung vom 1. Juli 1878, es sei Schadensersatz zu leisten. ι bei § 684 BGB. 2 S. bei S 177 BGB.
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10. Titel: Auftrag
§663
I Die zweite Alternative sei sichtbar die, welche den allgemeinen Grundsätzen | Prot 12401 gemäß sei, die erstere nehme eine Fiktion zum Anhalte, die nur aus Gründen der praktischen Zweckmäßigkeit sich rechtfertigen lasse. Solche Gründe seien aber nicht vorhanden. Die Fiktion der Annahme des Mandats führe im Wesentlichen kaum zu einem anderen Ergebnisse als das Prinzip der Schadensersatzpflicht. Sie stelle nur in Ansehung der Beweislast den Auftraggeber etwas günstiger, begünstige ihn ferner unter gewissen, die Ausnahme bildenden Voraussetzungen, ζ. B. wenn mit dem Auftrage Sachen übersandt seien, die wegen Vernachlässigung der zu ihrer Erhaltung erforderlichen Sorgfalt zu einer Zeit, wo der Auftraggeber von der Ablehnung des Auftrags, wenn sie ohne Verzug gemeldet worden wäre, noch nicht würde haben in Kenntniß gesetzt sein können und in der Lage sich nicht befunden haben würde, anderweite Vorkehrungen zu treffen, untergingen oder Schaden litten. Allein diese Vortheile seien zu gering, um eine anomale Vorschrift zu rechtfertigen, die — wie schon bei der Berathung des § 30 der Rechtsanwaltsordnung zur Sprache gekommen sei, — außerdem mit dem schweren Uebelstande verbunden sei, daß sie nicht passe, wenn die Annahme des Auftrags aus dem einen oder anderen Grunde nach gesetzlicher Bestimmung unzulässig gewesen sei. Der Antrag N 2 2 verdiene daher Billigung, der eventuelle Vorschlag aber vor dem prinzipalen den Vorzug, weil er der einfachere sei und weil es vom gesetzgeberischen Standunkte richtiger sei, nur die kraft des Gesetzes eintretende Anzeigepflicht zu bestimmen, ohne hinzuzufügen, welche Folgen sich an die Verletzung der Verpflichtung knüpfen, wenn dieselben nur in der Verbindlichkeit zum Schadensersatz bestehen sollen. Diese Verbindlichkeit sei unverkennbar seblstverständlich. Sie besonders auszusprechen, während | sie bei anderen gesetzlichen Obligatio- | Prot 12402 nen als selbstverständlich übergangen werde, könne nur Mißverständnisse erzeugen. II. In der ZustOR lautet die beschlossene Vorschrift: Nimmt Jemand, welcher zur Besorgung gewisser Geschäfte entweder öffentlich RedVorl § 439/ bestellt ist oder sich öffentlich erboten hat, einen auf solche Geschäfte sich bezie- ZustOR § 438 henden Auftrag nicht an, so ist er verpflichtet, dem Auftraggeber die Ablehnung ohne Verzug anzuzeigen. III. Im KE entspricht § 580 dem § 438 ZustOR. Bei der 2. Beratung des KE wurde auf Antrag beschlossen, statt: „ohne Verzug" zu setzen: „unverzüglich" (Prot I 11822). IV. Im E I lautet die Vorschrift: Nimmt Jemand, welcher zur Besorgung gewisser Geschäfte entweder öffentlich EI $ 587 bestellt ist oder sich öffentlich erboten hat, einen auf solche Geschäfte sich beziehenden Auftrag nicht an, so ist er verpflichtet, dem Auftraggeber die Ablehnung unverzüglich anzuzeigen.
C. 2. Kommission I. Zu § 587 war beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 353; Mugdan, Bd. 2, S. 943): 1. die Vorschrift des Entw. durch folgende Bestimmungen zu ersetzen : Struckmann Nimmt Jemand, der zur unentgeltlichen Besorgung gewisser Geschäfte entwe- (Nr 190, 3) 47
§664
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
der öffentlich bestellt ist oder sich öffentlich erboten hat, einen auf solche Geschäfte sich beziehenden Auftrag nicht an, so ist er verpflichtet, die Ablehnung dem Auftraggeber unverzüglich anzuzeigen. Das Gleiche gilt, wenn Jemand sich dem Auftraggeber gegenüber zur unentgeltlichen Besorgung gewisser Geschäfte erboten hat. Jacubezky (Nr 203, 3)
2. die Vorschrift zu fassen: Nimmt Jemand, welcher sich einem Anderen gegenüber oder öffentlich zur unentgeltlichen Besorgung gewisser Geschäfte erboten hat, einen sich auf solche Geschäfte beziehenden Auftrag nicht an, so ist er verpflichtet, die Ablehnung dem Auftraggeber unverzüglich anzuzeigen. Der Antrag 2 wurde angenommen.
II. in der VorlZust lautet die Vorschrift: E I-VorlZust Nimmt Jemand, welcher sich einem Anderen gegenüber oder öffentlich zur Be$ 587 sorgung gewisser Geschäfte erboten hat, einen sich auf solche Geschäfte beziehenden Auftrag nicht an, so ist er verpflichtet, die Ablehnung dem Auftraggeber unverzüglich anzuzeigen. III. Die Fassung in der ZustRedKom ist: E I-ZustRedKom Nimmt Jemand, der sich öffentlich zur Besorgung gewisser Geschäfte erboten S 587 hat, einen auf solche Geschäfte gerichteten Auftrag nicht an, so ist er verpflichtet, die Ablehnung dem Auftraggeber unverzüglich anzuzeigen. Das Gleiche gilt, wenn sich Jemand dem Auftraggeber gegenüber zur Besorgung gewisser Geschäfte angeboten hat.
E II 5 594
IV. Im E II lautet die Vorschrift als § 594 : Nimmt Jemand, der sich öffentlich zur Besorgung gewisser Geschäfte erboten hat, einen auf solche Geschäfte gerichteten Auftrag nicht an, so ist er verpflichtet, die Ablehnung dem Auftraggeber unverzüglich anzuzeigen. Das Gleiche gilt, wenn sich Jemand dem Auftraggeber gegenüber zur Besorgung gewisser Geschäfte erboten hat. V. Im E II rev lautet die Vorschrift als § 650:
E II rev § 650
Wer sich öffentlich zur Besorgung gewisser Geschäfte erboten hat, ist, wenn er einen auf solche Geschäfte gerichteten Auftrag nicht annimmt, verpflichtet, die Ablehnung dem Auftraggeber unverzüglich anzuzeigen. Das Gleiche gilt, wenn sich Jemand dem Auftraggeber gegenüber zur Besorgung gewisser Geschäfte erboten hat. VI. Im E III § 650 liegt die in § 663 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
§664 Der Beauftragte darf im Zweifel die Ausführung des Auftrags nicht einem Dritten Ubertragen. Ist die Uebertragung gestattet, so hat er nur ein ihm bei der Uebertragung zur Last fallendes Verschulden zu vertreten. Für das Verschulden eines Gehülfen ist er nach § 278 verantwortlich. Der Anspruch auf Ausführung des Auftrags ist im Zweifel nicht übertragbar. 48
10. Titel: Auftrag
§664
Α. 1. Kommission I. 227. Sitzung vom 29. 6. 1883, Schriftführer Neubauer I Zu Artikel 692 des Entwurfs:
I Prot 12409
„Der Beauftragte ist verpflichtet, das aufgetragene Geschäft in Person zu besor- DresdE Art 692 gen, wenn er nicht zur Uebertragung der Geschäftsbesorgung an einen Anderen ausdrücklich ermächtigt oder durch eingetretene Umstände genöthigt ist." lagen außer dem Antrage auf Streichung des Artikels die Anträge vor: Kurlbaum (Nr 440) Windscheid 1. statt dessen zu bestimmen : „Im Zweifel ist anzunehmen, daß der Auftrag auf persönliche Ausführung durch (Nr 436) den Beauftragten gerichtet ist."
2. in diesem Artikel das Wort: „ausdrücklich" zu streichen.
Planck (Nr 434, 2) 3. in diesem Artikel statt: „ausdrücklich ermächtigt" zu setzen: „besonders er- v. Weber (Nr 435, 2) mächtigt".
Der Artikel wurde zunächst mit Ausnahme der Schlußvor- | schrift: „oder durch | Prot I 2410 eingetretene Umstände genöthigt ist" zur Berathung gestellt. Die Mehrheit billigte nach Ablehnung des Streichungsantrags und nach Ablehnung der Vorschrift des Entwurfs den Antrag Ν 2 1, sodann — im Einklänge mit dem letzteren — die Streichung der erwähnten Schlußvorschrift des Entwurfs. Die Gründe waren: Der § 171 der Zusammenstellung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse (Protokoll vom 22. September 1882 S. 1071)1 mache eine Bestimmung, wie sie der Artikel 692 enthalte, nicht entbehrlich. Es sei die von den Gesetzen verschieden beantwortete und sowohl vom theoretischen als legislativen Standpunkte nicht zweifellose Frage zu entscheiden, ob der Beauftragte das aufgetragene Geschäft in Person auszuführen habe oder ob er befugt sei, die Ausführung durch einen Dritten bewirken zu lassen, ob er also durch die Bestellung eines Substituten seine Pflichten verletze oder nicht. Da die meisten Aufträge nicht ohne Rücksicht auf das persönliche Vertrauen ertheilt würden, welches der Auftraggeber in den Beauftragten setze, so stritten die meisten Gründe für die Versagung des Substitutionsrechts. Das Gesetz, welches das letztere verneine, dürfe aber nur eine einfache, in Zweifelsfällen zur Richtschnur dienende Auslegungsregel sein, damit der freien Beurtheilung, ob die Substitutionsbefugnis nach den Umständen des Falls als stillschweigend beigelegt zu erachten sei, kein Abbruch geschehe. In dieser Beziehung erscheine der Entwurf, der sogar von einer ausdrücklichen Ermächtigung rede, also über eine gewöhnliche lex dispositiva hinausgehe, anfechtbar und der Antrag N e 1, der sich mit klaren Worten auf eine einfache Auslegungsregel beschränke, bei Weitem angemessener. Der Antrag Ν - 1 mache auch die Entscheidung überflüssig, ob der Beauftragte sich bei Erledigung des Auftrags nicht eines Gehülfen bedienen dürfe. Indem er auf den zu ermitteln-1 den Willen des Auftraggebers hinweise, wer- | Prot 12411 de nach den konkreten Umständen geprüft werden müssen, ob dem Beauftragten nur die Befugniß nicht ertheilt sei, einem Anderen die völlige und selbständige Ausübung des Geschäfts zu überlassen, wohl aber die Befugniß, bei der Erledigung des Auftrags sich eines Gehülfen zu bedienen, welche letztere Frage in vielen — wenn nicht in den meisten — Fällen in größerem oder geringerem Umfange zu bejahen, S. bei § 267 BGB.
49
§664
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
keinem Bedenken unterliegen werde. Ob die Haftung des Beauftragten eine verschiedene sei, je nachdem er befugter Weise die Ausführung des Auftrags einem Anderen überlasse oder nur bei dessen Erledigung sich eines Gehülfen bediene, werde bei der Berathung des folgenden Artikels zu prüfen sein. Die Schlußvorschrift passe wenig zu dem angenommenen Antrage Ns 1, sie greife außerdem dem Artikel 698 in störender Weise vor. Wenn der letztere dem Beauftragten die Pflicht zur Substitution, zu der er an sich nicht befugt sei, wegen besonderer Umstände beilege, so sei klar, daß ihm auch das Substitutions recht zustehen müsse, und das letztere wegen solcher besonderen Umstände noch weiter auszudehnen, als die Substitutionsp//i'cÄf reiche, sei nicht gerechtfertigt. DresdE An 693
Zu Artikel 693 des Entwurfs : „Hat der Beauftragte in befugter Weise die Besorgung des Geschäftes einem Dritten übertragen, so gehen die hierdurch für den Beauftragten gegen den Dritten begründeten Ansprüche auf den Auftraggeber über und der Beauftragte hat für die Handlungen des Dritten nur zu haften, wenn er bei dessen Wahl nicht die ihm nach Maßgabe der Vorschrift des Artikels 2302 obliegende Sorgfalt angewendet hat. Dasselbe gilt, wenn das aufgetragene Geschäft so beschaffen ist, daß es ohne die I Prot 12412 Beihülfe Dritter | nicht besorgt werden kann und der Beauftragte Dritte zu Hülfe genommen hat." war beantragt: Windscheid (Nr 436) Planck (Nr 434, 4)
1. den Artikel zu streichen. 2. statt dessen zu bestimmen: „Hat der Beauftragte in befugter Weise die Ausführung des Auftrags einem Dritten übertragen, so haftet er nur wegen Fahrlässigkeit in der Auswahl des Dritten. Dasselbe gilt — u.s.w. wie im zweiten Absätze des Entwurfs."
v. Weber 3. im ersten Absätze statt: „gehen die hierdurch — auf den Auftraggeber über" (Nr 435, 3) zu setzen :
„ist er verpflichtet, die hierdurch für ihn gegen den Dritten begründeten Ansprüche dem Auftraggeber abzutreten." und in demselben Absätze statt: „der Vorschrift des Artikels 230" zu setzen: „der Vorschriften des § 166 Absatz 1 und § 167 (der Zusammenstellung der Beschlüsse zum Obligationenrecht)." 3 4. zu bestimmen an Stelle der Artikel 693 und 694: „Der Beauftragte haftet wegen des Verschuldens derjenigen Personen deren er sich zur Ausführung des Auftrags bedient, nach Maßgabe des § 166 Abs. 2. Ist dem Beauftragten gestattet, den Auftrag ganz oder theilweise auf einen Dritten zu übertragen, so haftet er im Falle der Uebertragung nur wegen einer bei dieser begangenen Fahrlässigkeit." Man verständigte sich, die beiden Absätze des Artikels und weiter die in dem ersten Absätze enthaltenen beiden Vorschriften getrennt zu erledigen. Zum ersten Absätze. Der erste Absatz bestimmt: ι Prot 12413 I 1. wenn der Beauftragte befugter Weise die Besorgung des Geschäfts einem Kurlbaum (Nr 440)
2
Die Sorgfalt, welche nach diesem Art. des DresdE dem Beauftragten obliegt, ist die Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters. 3 S. bei « 2 7 6 - 2 7 8 BGB.
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10. Titel: Auftrag
§664
Dritten übertragen habe, so gingen die für den Beauftragten gegen den Dritten erworbenen Rechte auf den Auftraggeber über, 2. der Beauftragte hafte in dem vorausgesetzten Falle nur für culpa in eligendo. Zur ersten Bestimmung. Die erste Bestimmung steht in engem Zusammenhange mit dem Artikel 339 des Dresdener Entwurfs 4 , wonach, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Zession besteht, der Uebergang der Forderung von Rechtswegen eintreten soll. Die in Rede stehende Bestimmung erscheint nur die Konsequenz des in dem Artikel 339 enthaltenen Prinzips. Bei der Berathung des Abschnitts von der Uebertragung der Forderungen ist aber das letztere nicht für angemessen erachtet (vgl. Motive zum Theilentwurf N2 3) des Obligationenrechts S. 13 und 14, Protokolle S. 1275) 5 . Man war daher einverstanden, daß auch die vorliegende Bestimmung keine Billigung finden könne. Die Mehrheit hielt es auch nicht für nöthig, mit dem Antrage N 2 3 die Zessionspflicht des Beauftragten besonders hervorzuheben, indem sie der Ansicht war, dieselbe ergebe sich zur Genüge aus dem Artikel 699, bezw. aus der noch zu beschließenden Erweiterung desselben, sie werde auch durch die nachfolgende Bestimmung, der Beauftragte hafte nur für culpa in eligendo, nicht im Mindesten zweifelhaft, da die letztere Vorschrift sichtbar die Bedeutung nicht habe, ein Anderes vorzuschreiben, als der Beauftragte hafte nicht für das Verfahren des Substituten. Demgemäß wurde der Antrag N 2 3 durch Mehrheitsbeschluß abgelehnt und hierauf die Streichung der Bestimmung des Entwurfs beschlossen. Es kam aber noch ein anderer Umstand zur Sprache. Ist die Substitutionsbefugniß ertheilt, so läßt sich füg-1 lieh in der Ausübung des | Prot 12414 Rechts eine Erledigung des Auftrags von Seiten des Beauftragten, in der Beilegung des Rechts zugleich aber auch die Bevollmächtigung des Beauftragten erblicken, im Namen des Auftraggebers mit dem Substituten einen neuen Auftragsvertrag dergestalt zu schließen, daß zwischen dem Auftraggeber und dem Substituten unmittelbare Rechtsbeziehungen sich ergeben. Man war einverstanden, daß die vorliegende erste Bestimmung des Artikels 693 und der zuvor gefaßte Beschluß sich auf den Fall nicht beziehen, in welchem der Beauftragte auf Grund des Substitutionsrechts im Namen des Auftraggebers und für diesen mit dem Substituten einen neuen Auftragsvertrag schließt und daß der Frage nicht präjudizirt sei, ob nicht in der Beilegung des Substitutionsrechts im Zweifel auch die Bevollmächtigung des Beauftragten gefunden werden müsse, in der angegebenen Weise zu verfahren, wie die Mehrheit annahm. Man war der Ansicht, daß die desfallsige Frage der Entscheidung durch das Gesetz nicht bedürfe. Zur zweiten Bestimmung. Die Mehrheit genehmigte, vorbehaltlich der bei der Redaktion zu prüfenden und festzusetzenden Fassung, den im Laufe der Diskussion gestellten Antrag: 4
D e r Artikel lautet: Bestimmt ein Gesetz, daß eine Forderung auf einen Anderen übergehen solle, oder hat ein Erblasser eine ihm zustehende Forderung einem Andern vermacht, so erfolgt der Uebergang der Forderung sofort, ohne eine Willenserklärung des bisherigen Gläubigers oder des Erben, mit dem Vorhandensein der Voraussetzungen des Uebergangs auf den neuen Gläubiger.
Beruht der Grund des Uebergangs einer Forderung auf einen Anderen auf richterlichem Ausspruch, so ist die Forderung mit dem Zeitpunkte als übergegangen zu betrachten, zu welchem der Ausspruch vollziehbar geworden ist. 5 S. bei § 398 B G B .
51
§664
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
„Werde von dem Beauftragten befugter Weise die Besorgung des Geschäfts einem Anderen übertragen, so hafte der Beauftragte nur wegen einer ihm bei der Uebertragung zur Last fallenden Fahrlässigkeit; bediene er sich dagegen befugter Weise bei der Ausführung des Auftrags nur eines Gehülfen, so finde der zweite Absatz des § 166 der Zusammenstellung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse Anwendung." Erwogen war: I Prot 12415 | Es könne zweifelhaft erscheinen, ob nicht im Falle der Ausübung des Substitutionsrechts von Seiten des Beauftragten die Vorschrift Abs. 2 § 166 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokoll vom 11. Oktober 1882 S. 1171 —1174)* anwendbar und es bei dieser Anwendbarkeit zu belassen sei. Die Frage müsse jedoch verneint werden, weil davon auszugehen sei, der Beauftragte habe durch pflichtgemäße Bestellung des Substituten die aus dem Auftragsvertrage für ihn erwachsenen Verpflichtungen dergestalt erfüllt, daß von seiner weiteren auf die Zukunft sich beziehenden Haftung keine Rede sein 61 könne. Dies auszusprechen, sei wegen des § 166 Abs. 2, der zu einer anderen Auffassung verleiten könne, mindestens räthlich. Jener Grund treffe aber sichtbar nicht zu, wenn der Beauftragte nicht einen Substituten bestelle, sondern bei der Ausführung des Auftrags nur eines Gehülfen sich bediene, während er die Erledigung des Geschäfts selbst in der Hand behalte. In einem solchen Falle den zweiten Absatz des § 166 von der Anwendung auszuschließen, würde nicht folgerichtig sein. Habe ein Gehülfe nicht zugezogen werden dürfen, so liege schon in der Zuziehung eine Pflichtverletzung, deren Folgen der Beauftragte nach den allgemeinen Grundsätzen, die zu einer weiteren, als der im § 166 Abs. 2 bestimmten Haftung führen könnten, zu vertreten habe, so daß der zweite Absatz des § 166 nicht maßgebend sei. Ob die Zuziehung eines Gehülfen gestattet sei, beurtheile sich, wie schon oben zum Artikel 692 erwähnt, nach den Umständen des Falls. Im Einzelnen komme noch in Betracht: 1. Der Beauftragte könne bei der ihm gestatteten Bestellung des Substituten nicht allein durch Auswahl einer ungeeigneten Person, sondern auch in anderer Art, I Prot 12416 ζ. B. durch Versäumung einer ausreichenden Informirung | des Substituten oder durch unterbliebene Mittheilung der Instruktionen des Auftraggebers fehlen. Der Entwurf sei in dieser Beziehung zu eng. 2. Der Unterschied zwischen Bestellung eines Substituten und Annahme eines Gehülfen werde in dem angenommenen Antrage durch den Gegensatz: „Uebertragung der Geschäftsbesorgung" und „Sichbedienen eines Gehülfen" völlig klar. 3. Das in dem Entwürfe sich findende Wort: „Handlungen" solle nach den Dresdener Berathungsprotokollen nur „schuldbare" Handlungen begreifen; diese Beschränkung sei nicht richtig, deshalb sei das Wort zu vermeiden. Zum zweiten Absatz. Es wurde die Streichung des Absatzes beschlossen, indem man denselben durch die zum Artikel 692 und zum ersten Absätze des Artikels 693 gefaßten Beschlüsse für erledigt hielt.
« S. bei §§ 2 7 6 - 2 7 8 BGB. 6 a Im Original steht „seine".
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10. Titel: Auftrag
§664
228. Sitzung vom 2. 7. 1883, Schriftführer Neubauer I Die Berathung des Abschnitts des Obligationenrechts betreffend „den Auftrag" I Prot 12417 wurde fortgesetzt. Zu Art. 6 9 4 des Entwurfs : „Hat der Beauftragte in unbefugter Weise die Besorgung des Geschäfts einem Dritten übertragen, so bleibt er dem Auftraggeber für alle Ansprüche desselben aus der Geschäftsbesorgung verhaftet und hat für jeden durch die Handlungen des Dritten Jenem verursachten Schaden einzustehen. Auch kann der Auftraggeber, vorbehaltlich seiner Rechte gegen den Beauftragten, den Dritten als Geschäftsführer ohne Auftrag in Anspruch nehmen." lag außer dem von mehreren Seiten gestellten Streichungsantrage der Antrag vor: im zweiten Satze statt der W o r t e : „den Dritten als Geschäftsführer ohne Auftrag in Anspruch zu nehmen" zu setzen: „Abtretung der dem Beauftragten gegen den Dritten zustehenden Ansprüche verlangen." Die Mehrheit beschloß die Streichung des Artikels, so wie die Ablehnung des vorstehenden Antrags. I Die Gründe waren : 1. D e r Art. bestimme im ersten Satze : im Falle der unbefugten Substitution bleibe der Beauftragte dem Auftraggeber für alle Ansprüche aus der Geschäftsbesorgung verhaftet und er habe außerdem für jeden durch die Handlungen des Substituten verursachten Schaden einzustehen. Das Erstere zu bestimmen, sei überflüssig, da es sich von selbst verstehe; die zweite Bestimmung, welcher nach den Dresdener Berathungsprotokollen der Sinn beiwohne, der Beauftragte brauche nur für die schuldbaren Handlungen des Subsituten aufzukommen, erscheine dagegen nicht selbstverständlich, enthalte vielmehr eine positive Satzung. Werde nämlich, wie doch geschehen müsse, davon ausgegangen, in der unbefugten Substitution liege eine Pflichtverletzung, so sei eine strengere Haftung anzunehmen, als die im Entwurf bestimmte, indem der Beauftragte für jeden Schaden verantwortlich erscheine, von dem feststehe, daß er im Falle der unterbliebenen Substitution nicht eingetreten wäre. Es erhebe sich die Frage, ob denn ein Grund vorliege, den aus den allgemeinen Grundsätzen sich ergebenden Umfang der Haftung durch eine positive V o r schrift zu begrenzen. Diese Frage müsse verneint werden. W e n n für die Bejahung angeführt sei, gegen den Beauftragten dürfe, weil er unentgeltlich zu dienen pflege, aus Billigkeitsrücksichten nicht jene volle Strenge die Geltung behaupten, so sei schon die Voraussetzung, das unentgeltliche Mandat bilde die Regel, in hohem M a ß e anfechtbar. Sollte ferner die regelmäßige Unentgeltlichkeit des Mandats Berücksichtigung verdienen, so würde es richtiger sein, den Beauftragten (ähnlich wie den Schenker) nur wegen grober Fahrlässigkeit einstehen zu lassen. Die Anomalie, die Folgen einer ihm zur Last fallenden und von ihm zu vertretenden Fahrlässigkeit anders zu bestimmen, als | die allgemeinen Grundsätze mit sich bringen, sei doch schwer zu rechtfertigen. N o c h weniger dürfe für diese Anomalie das Interesse des Auftraggebers geltend gemacht werden. In der Versagung des Substitutionsrechts liege der Beweis, daß derselbe durch die Substitution seinen Interessen nicht gedient finde, und erleide er durch pflichtwidrige Substitution einen Schaden, so bleibe wieder nicht ersichtlich, weshalb der Beauftragte für die Folgen der Pflichtverletzung nicht in vollem Umfange einzustehen habe. Hinzutrete, daß bei Berathung des Art. 693 entschieden sei, der Beauftragte, der bei Ausübung des ihm eingeräumten 53
DresdE Art 694
Windscheid (Nr 436) u. Planck (Nr 434, 5) v. Weber (Nr. 435, 4)
I Prot 12418
| Prot 12419
§664
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Substitutionsrechts fehle, habe die Folgen der Pflichtversäumung nach den allgemeinen Grundsätzen zu vertreten. Hieraus erhelle, daß die in Rede stehende Bestimmung auf sich beruhen müsse. 2. Die in dem zweiten Satze des Art. 694 enthaltene Bestimmung sei wegen Unvereinbarkeit mit dem § 285 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokoll vom 29. Januar 1883 S. 1663, 1664)7 zu unterdrücken3. Anlangend die Bestimmung, welche in dem oben mitgetheilten Antrage vorgeschlagen sei, so sei dieselbe entbehrlich, wenn man annehme, die Zessionspflicht folge schon aus dem den Beauftragten zur Ausfolgung des Erlangten verpflichtenden Prinzipe des Art. 699. Entscheide man für das Gegentheil, weil in der unbefugten Substitution keine Ausführung des Mandats liege, so nehme jene Vorschrift sichtbar einen positiven Charakter an. Das Bedürfniß zu einer solchen positiven Vorschrift könne nicht anerkannt werden. Denn der praktische Werth derselben sei ein geringer, da die Zession, auch wenn die Bestimmung fehle, im Wege der Zwangsvollstreckung erreichbar sei; der Nutzen, den sie dem Auftraggeber gewähI Prot 12420 re, könne sich im Wesentlichen nur in Ansehung | der Anwendbarkeit der actio Paulliana geltend machen. Der Vortheil sei zu gering, um das Eingreifen mittels einer besonderen Rechtsnorm zu rechtfertigen. Die letztere könne überdies noch insofern Verwickelungen hervorrufen, als fraglich bleibe, ob und inwiefern durch die Zession der Anspruch des Auftraggebers gegen den Beauftragten auf Schadensersatz verloren gehe und als möglicherweise dieser Anspruch geringer oder anderer Art sei, als der, welcher den Gegenstand der Zessionspflicht bilde. Wolle übrigens der Auftraggeber den Anspruch gegen den Beauftragten opfern, so könne er die Ansprüche gegen den Substituten nach den Grundsätzen über die Geschäftsführung ohne Auftrag durch Genehmigung des Verfahrens des Beauftragten sich verschaffen (§283 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, Protokolle vom 24. Januar 1883 S. 1637 —1640)8. Für die vorgeschlagene Bestimmung dürfe auch nicht geltend gemacht werden, sie bezwecke und enthalte nur die Lösung des anerkannten Zweifels, ob das Prinzip des Art. 699 auf den unterstellten Fall anwendbar sei. Die Entscheidung dieser Frage in bejahendem Sinne habe, wie aus dem Obigen erhelle, einen zu geringen praktischen Werth, als daß es angemessen erscheinen könnte, die Lösung derselben der Wissenschaft und Praxis durch eine besondere Vorschrift zu entziehen. II. In der RedVorl und der ZustOR haben die beschlossenen Vorschriften die Fassung: RedVorl § 440
Im Zweifel ist anzunehmen, daß der Auftrag auf persönliche Ausführung durch den Beauftragten gerichtet ist. oder Im Zweifel ist anzunehmen, daß der Beauftragte sich verpflichtet hat, den Auftrag in Person auszuführen.9 ZustOR § 439 Im Zweifel ist anzunehmen, daß der Beauftragte verpflichtet ist, den Auftrag in Person auszuführen. 7 S. bei § 687 BGB. 8 S. bei § 684 BGB. 9 Dazu ist angemerkt: Die erste Fassung hält sich an den Wortinhalt des Beschlusses. Sie ist nicht unbedenklich. 54
10. Titel: Auftrag
§664
Hat der Beauftragte befugterweise die Besorgung des Geschäfts einem Anderen RedVorl § 441 übertragen, so haftet er nur wegen einer bei dieser Übertragung ihm zur Last fai- ZustOR S 440 lenden Fahrlässigkeit. Hat er befugterweise bei der Ausführung des Auftrags eines Gehülfen sich bedient, so findet der zweite Absatz des § 166 Anwendung. 10 III./IV. Im K E §§ 581, 582 und im E I §§ 588, 589 lauten die Vorschriften: K E ! ¡581 Im Zweifel ist anzunehmen, daß der Beauftragte verpflichtet ist, den Auftrag in EI i¡588 Person auszuführen. KE II. In der RedVorl und der ZustOR haben die beschlossenen Vorschriften die Fassung: RedVorl § 447/ Hat der Beauftragte Aufwendungen gemacht, so ist der Auftraggeber verpflichZustOR S 446 tet, dieselben zu ersetzen, so weit sie zur Ausführung des Auftrags erforderlich geworden sind. Als erforderlich geworden gelten die Aufwendungen, welche der Beauftragte bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters zum Zwecke der Ausführung des Auftrags für erforderlich anzusehen hatte. Eine Geldaufwendung hat der Auftraggeber von der Zeit der Aufwendung an zu verzinsen. Unter der im ersten Absatz bezeichneten Voraussetzung ist der Auftraggeber auch verpflichtet, den Beauftragten von dem zum Zweck der Ausführung des Auftrags eingegangenen Verbindlichkeiten zu befreien; er kann jedoch an Stelle dieser Befreiung dem Beauftragten wegen der Ersatzansprüche, welche sich für denselben aus der Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit ergeben würden, Sicherheit leisten. Besteht die Verbindlichkeit in einer fälligen Geldschuld, so ist der Beauftragte berechtigt, von dem Auftraggeber die Zahlung der zur Erfüllung der Verbindlichkeit erforderlichen Geldsumme zu verlangen.7 RedVorl § 448/ ZustOR S 447
Der Auftraggeber ist verpflichtet, dem Beauftragten nach Ausführung des Auftrags die vereinbarte Vergütung zu entrichten. Wird nach Beginn der Ausführung die weitere Ausführung des Auftrags unmöglich oder erlischt der Auftrag nach Beginn der Ausführung, insbesondere durch Widerruf des Auftraggebers, so hat der Beauftragte auf einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Theil der Vergütung Anspruch, sofern nicht ein Anderes aus der Vereinbarung über die Vergütung erhellt.8
6b S. diesen Beschluß bereits bei § 280 BGB. 7 Zu § 447 ist in der RedVorl angemerkt: 1. Zum ersten Absätze zu vergi. § 278. Zu beachten bleibt: nicht das subjektive Ermessen des Beauftragten entscheidet, es bleibt vielmehr der objektive Standpunkt insofern maßgebend, als das Ermessen eines ordentlichen Hausvaters den Ausschlag giebt; der subjektive Standpunkt gilt nur insofern, als dem Beauftragten nur zugerechnet wird, was ihm bekannt war oder bei Anwendung der gehörigen Sorgfalt bekannt sein mußte. 2. Zum dritten Absätze. Der Fall des dritten Absatzes ist dem des ersten so nahe verwandt, daß die Kürze: „Unter Voraussetzung" ungefährlich wird. 3. Die im dritten Absätze erwähnte Sicherheitsleistung steht nur in solutione; es wird sich kaum empfehlen, eine einfache alternative Obligation zu bestimmen, obschon der praktische Erfolg im Wesentlichen derselbe bleibt. 8 Zu § 448 ist in der RedVorl angemerkt: Ist die Ausführung auch nicht theilweise erfolgt, so wird es — aber auch hier nur im Zweifel — bei der Regel des ersten Absatzes bleiben.
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10. Titel: Auftrag
§670
III./IV. Im KE ist § 446 ZustOR in § 588, im E I in § 595 enthalten, wobei es durchweg statt „Auftrags" „Auftrages" heißt. § 447 ZustOR ist im KE in § 589, im E I in § 596 enthalten, wobei es auch hier statt „Auftrags" „Auftrages" heißt und auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 III — Prot. I 3550, 3559) der Schluß gefaßt ist: „sofern nicht aus der Vereinbarung über die Vergütung ein Anderes erhellt".
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Den § 595 zu fassen: Struckmann Der Auftraggeber hat solche zum Zweck der Ausführung des Auftrags von dem (Nr 3,116) Beauftragten gemachte Aufwendungen, welche dieser den Umständen nach für erforderlich anzusehen hatte, zu ersetzen, Geldaufwendungen auch von der Zeit der Aufwendungen an zu verzinsen. Bestehen die Aufwendungen in der Eingehung von Verbindlichkeiten, so kann der Beauftragte bei einer Geldschuld Zahlung der geschuldeten Summe, bei anderen Verbindlichkeiten verlangen, daß der Auftraggeber ihn von denselben befreie oder für die Befreiung Sicherheit leiste. Den § 596 zu streichen.
Struckmann (Nr 3, 117)
II. Eine Beratung hat nicht stattgefunden. C. 2. Kommission I. Zu § 595 lagen nachstehende Anträge vor (Prot. II, Bd. 2, S. 965ff.; Mugdan, Bd. 2, S. 95 Iff.): 1. die Bestimmungen des Entw. zu fassen : Struckmann Hat der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen (Nr 190,10) gemacht, so ist der Auftraggeber verpflichtet, sie dem Beauftragten zu ersetzen, Geldaufwendungen auch von der Zeit der Aufwendung an zu verzinsen, soweit der Beauftragte die Aufwendungen den Umständen nach für erforderlich ansehen durfte. Unter der gleichen Voraussetzung ist der Auftraggeber verpflichtet, den Beauftragten von den zum Zwecke der Ausführung des Auftrags eingegangenen Verbindlichkeiten zu befreien; er ist jedoch berechtigt, an Stelle der Befreiung dem Beauftragten Sicherheit zu leisten. hierzu der von dem Antragsteller zu 1 gebilligte Unterantrag, im zweiten Halbsatze des zweiten Absatzes nach dem Worte „jedoch" den Satz einzuschalten „wenn eine Verbindlichkeit noch nicht fällig ist"; 2. den dritten Abs. des § 595 (Antrag 1 Abs. 2) so zu fassen, wie aus dem unter v. Mandry VI mitgetheilten Antrage 2 ersichtlich ist; (Nr 207, 1) 3. dem § 595 als Abs. 4 hinzuzusetzen: Jacubezky Der Auftraggeber ist verpflichtet, dem Beauftragten für die Verluste, welche (Nr 203, 8) dieser unmittelbar durch die Geschäftsbesorgung oder aus Gefahren erleidet, die von derselben unzertrennlich sind, Ersatz zu leisten. Die Komm, nahm zwar in eventueller Abstimmung den in dem Antrage 2 (zu 75
§670
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
§ 594) eingeklammerten Satz an, entschied sich aber bei der endgültigen Abstimmung, unter Ablehnung des Antrags 2, für den § 595 in der Fassung des Antrags 1 mit dem Unterantrage. Zum Antrag 1 wurde im Laufe der Berathung der Unterantrag gestellt, die Bestimmung wie folgt zu fassen : Für Verluste, welche der Beauftragte aus Gefahren erleidet, die nach dem (bestimmten) Inhalte des Auftrags von der Geschäftsbesorgung unzertrennlich sind, hat der Auftraggeber dem Beauftragten Ersatz zu leisten. Auf die Abstimmung über den Hauptantrag verzichtete der Antragsteller zugunsten des Unterantrags. Die Komm, lehnte den Unterantrag ab. Zu § 596 war ein Antrag auf Streichung der Vorschrift gestellt. Struckmann (Nr 190, 11) u. Die Streichung wurde beschlossen. Jacubezky (Nr 203, 9) E I-VorlZust S 595
II. In der VorlZust ist § 596 gestrichen und § 595 lautet: Hat der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen gemacht, welche er nach den Umständen als (zu diesem Zwecke) erforderlich ansehen durfte, so ist der Auftraggeber verpflichtet, dem Beauftragten dafür Ersatz zu leisten. Eine Geldaufwendung hat er von der Zeit der Aufwendung an zu verzinsen. Hat der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Verbindlichkeiten eingegangen, deren Eingehung er nach den Umständen für erforderlich halten durfte, so ist der Auftraggeber verpflichtet, ihn davon zu befreien; er ist jedoch, soweit eine Verbindlichkeit noch nicht fällig ist, berechtigt, an Stelle der Befreiung dem Beauftragten Sicherheit zu leisten.
III./IV. In der ZustRedKom lautet § 595, im E II § 601 : Hat der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen gemacht, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte, so ist der Auftraggeber zum Ersätze verpflichtet. Aufgewendetes Geld hat der Auftraggeber von der Zeit der Aufwendung an zu verzinsen. Ist der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags eine Verbindlichkeit eingegangen, deren Eingehung er den Umständen nach für erforderlich halten durfte, so ist der Auftraggeber verpflichtet, ihn von der Verbindlichkeit zu befreien; der Auftraggeber kann jedoch, wenn die Verbindlichkeit noch nicht fällig ist, dem Beauftragten, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten. Sohm Bei der Revision des E II war zu § 601 beantragt, als Abs. 3 hinzuzufügen: (Nr 40, 1) Der Auftraggeber ist verpflichtet, allen Schaden zu ersetzen, den der Beauftragte unmittelbar durch seine Geschäftsführung oder durch Gefahren erleidet, welche von ihr unzertrennlich sind.9 Zur Begründung dieses schon einmal abgelehnten Antrags wurden die damals von der Minderheit geltend gemachten Gründe wiederholt (vergi. Bd. II S. 366 bis 368). Die Komm, lehnte den Antrag auch diesmal ab.
E I-ZustRedKom s 595 E I H 601
V. Im E II rev und im E III § 657 liegt die in § 670 BGB Gesetz gewordene Fassung vor. Zu Abs. 2 des § 595 E I, § 601 E II s. die Materialien zu $ 257 BGB. 9
In der metal. Fassung lautet der Antrag: Der Auftraggeber ist verpflichtet, dem Beauftragten allen mit der Erfüllung des Auftrags verbundenen Schaden zu ersetzen.
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10. Titel: Auftrag
§671
§671
Der Auftrag kann von dem Auftraggeber jederzeit widerrufen, von dem Beauftragten jederzeit gekündigt werden. Der Beauftragte darf nur in der Art kündigen, daß der Auftraggeber für die Besorgung des Geschäfts anderweit Fürsorge treffen kann, es sei denn, daß ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt. Kündigt er ohne solchen Grund zur Unzeit, so hat er dem Auftraggeber den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Liegt ein wichtiger Grund vor, so ist der Beauftragte zur Kündigung auch dann berechtigt, wenn er auf das Kündigungsrecht verzichtet hat.
A. 1. Kommission I. 230. Sitzung von 3. 9. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend v. Kübel I Die Berathung des Abschnitts des Obligationenrechts betreffend „den Auftrag" | Prot I 2445 wurde fortgesetzt. Zu Art. 708 des Dresdener Entwurfs: „Der Auftraggeber kann den Auftrag jederzeit widerrufen. Als stillschweigend DresdE Art 708 widerrufen gilt der Auftrag insbesondere dann, wenn der Auftraggeber für dasselbe Geschäft einen anderen Beauftragten bestellt oder eine sonstige mit dem Fortbestand des Auftrags unvereinbare Verfügung getroffen hat. Durch den Widerruf erlischt der Auftrag erst zu der Zeit, wo der Beauftragte durch den Auftraggeber Kenntniß von dem Widerruf erhalten hat. Auf das Recht, den Auftrag zu widerrufen, kann der Auftraggeber dem Beauftragten gegenüber nicht verzichten." lagen die Anträge vor: 1. in Absatz 2 statt „Kenntniß" zu setzen: „Mittheilung" (zu vergi. § 51 der Zu- v. Weber sammenstellung des Allgemeinen Theils) 1 . (Nr 443,1) 2. statt dessen zu bestimmen: Windscheid I „Der Auftraggeber kann den Auftrag zu jeder Zeit durch eine dem Beauftrag- (Nr 445) ten gegenüber abgegebene Erklärung widerufen. I P r o t I 2446 Das Recht des Widerrufs wird durch Verzicht nicht verloren. Die Entschädigungsansprüche des Beauftragten bleiben unberührt." 3. hier nur zu bestimmen: Planck „Der Auftraggeber kann jederzeit von dem Vertrage für die Zukunft zurücktre- (Nr 444> ') « ten. 4. zu bestimmen : Schmitt „Der Auftraggeber kann den Auftrag jederzeit mit der Wirkung widerrufen, daß (Nr 446) der Auftrag von der Zeit des erfolgten Widerrufs an erlischt. Der Verzicht auf das Recht, den Auftrag zu widerrufen, ist unwirksam. Der ausdrückliche Widerruf muß dem Beauftragten gegenüber abgegeben werden. Durch stillschweigenden Widerruf erlischt der Auftrag erst von der Zeit, zu welcher der Beauftragte Kenntniß von dem Widerrufe erhalten hat. Als stillschweigend widerrufen gilt ein Auftrag insbesondere, wenn der Auftraggeber für dasselbe S. bei § 130 BGB.
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§671
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Geschäft einen andern Beauftragten bestellt oder sich der Besorgung des Geschäfts selbst unterzieht. Ein bedingter (oder betagter?) Widerruf ist unwirksam." Der Artikel wurde absatzweise erledigt. I. Zum ersten Satze billigte die Mehrheit die dem Antrage N 2 2 entsprechende Bestimmung: „Der Auftraggeber kann den Auftrag zu jeder Zeit durch eine dem Beauftragten gegenüber abzugebende Erklärung widerrufen." unter Vorbehalt der Ergänzung des § 51 der Zusammenstellung der auf den AllI Prot 12447 gemeinen Theil sich beziehenden Beschlüsse | (Protokolle vom 7. November 1881 und ff., S. 99—106, 117, 118, 130) durch eine Vorschrift, welche klarstellt, von welchen Voraussetzungen die Wirksamkeit der stillschweigenden Willenserklärung abhängt, in welcher Beziehung der Redaktor des Allgemeinen Theils einen besondern Vorschlag zur Berathung stellen wird. Der Vorschlag mit dem Antrage N - 3 nicht vom „Widerrufe" zu reden, sondern sich des Ausdrucks „Rücktritt vom Vertrage" zu bedienen, ward abgelehnt. Erwogen war: Es sei unbedenklich, im Einklänge mit dem geltenden Rechte dem Auftraggeber die Befugniß beizulegen, zu jeder Zeit den Auftrag zu widerrufen. Nicht minder unbedenklich erscheine es, in dem Widerrufe ein einseitiges Rechtsgeschäft zu erblicken, und zwar ein solches, welches — ähnlich wie die Wahl, die Mahnung, der Rücktritt vom Vertrage u.s.w. — dem Betheiligten, d. h. dem Beauftragten, gegenüber vorgenommen werden müsse. Ueber derartige Rechtsgeschäfte enthalte der Allgemeine Theil nach den gefaßten Beschlüssen, namentlich in den §§51 — 53 (Protokolle S. 9 9 - 1 0 6 , 117, 118, 130, 273)2 die näheren Bestimmungen. Es sei vollkommen genügend, vorliegend zum unzweideutigen Ausdruck zu bringen, daß der Widerruf zu den Rechtsgeschäften der bezeichneten Art gehöre, indem alsdann zugleich erhelle, daß auf ihn die für jene Rechtsgeschäfte geltenden allgemeinen Regeln Anwendung fänden. Der gedachte Zweck werde sichtbar erreicht durch eine dem Antrage N 2 2 folgende Fassung des ersten Absatzes, die deutlich hervorhebe, daß dem Beauftragten gegenüber der Widerruf, damit dieser wirksam sei, erklärt werden müsse. Dabei erhebe sich allerdings ein der Erledigung bedürfendes Bedenken. Der zitirte § 51 gebe keine Auskunft, von welchen Voraussetzungen denn die Wirksamkeit der Willenserklärung, worin das dem Betheiligten gegenüber vorzuI Prot I 2448 nehmende Geschäft sich bethätige, in denjenigen Fällen ab- | hängig sei, in welchen die entscheidende Willenserklärung nicht ausdrücklich (durch Worte), sondern stillschweigend (durch Handlungen) erfolge, ob nur solche Handlungen in Betracht kämen, welche dem Betheiligten gegenüber vorgenommen würden, oder auch andere Handlungen und ob alle anderen Handlungen oder nur solche, die zur Kenntniß des Betheiligten gelangt seien. Die Ansicht, es genügten alle anderen Handlungen, gleichviel ob der Betheiligte davon Kenntniß erhalten habe oder nicht, müsse verworfen werden. Sie stehe im Widerspruche mit der Nothwendigkeit, daß dem Betheiligten gegenüber der Wille zu erklären sei. Es bleibe nur die Wahl, entweder Handlungen zu erfordern, die dem Betheiligten gegenüber bezw. in seiner Gegenwart vorgenommen seien oder mindestens solche, von denen der Betheiligte Kenntniß erlangt habe bezw. erlangt haben müsse. Es sei nicht angänglich, diese erhebliche Frage nur speziell für den Widerruf des Auftrags zu lösen; sie müsse allgemein
2 S 51 s. bei S 130 BGB, SS 52, 53 bei § 132 BGB.
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10. Titel: Auftrag
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durch eine Ergänzung des § 51 a.a.O. für alle Rechtsgeschäfte der vorher bezeichneten Art entschieden werden, zumal eine nicht geringe Zahl der letzteren bei Weitem wichtiger sei, als die Zurückziehung des Auftrags. Der Redaktor des Allgemeinen Theils werde wegen Ergänzung des § 51 alsbald das Geeignete vorzuschlagen haben. N u r den ausdrücklichen Widerruf des Auftrags zuzulassen - wie bei der Debatte angeregt worden — oder gar für alle in dem zitirten § 51 erwähnten Rechtsgeschäfte nur eine ausdrückliche Willenserklärung zu gestatten, sei wegen der darin liegenden Abweichung von dem möglichst durchzuführenden, einen Hauptgrundsatz enthaltenden Prinzipe des § 49 a.a.O. (Protokolle S. 97, 98) 3 unstatthaft. Der Vorschlag, statt vom Widerrufe vom Rücktritte vom Vertrage zu reden, habe zwar manche Gründe für sich und insbesondere den theoretischen Grund, daß in der T h a t juristisch der sogenannte Widerruf sich als ein Rücktritt von einem Vertrage — dem Auftragsvertrage — darstelle. Indessen verdiene es | doch den V o r z u g , | Prot 12449 den in der Wissenschaft und Gesetzgebung hergebrachten Ausdruck „Widerruf" beizubehalten. Denn derselbe könne einestheils zu einem Mißverständniß oder einer Dunkelheit keinen Anlaß geben und sei anderntheils nicht allein bereits widerholt gebraucht, sondern auch besonders geeignet, das juristische Wesen des fraglichen Rechtsgeschäfts erkennbar zu machen. Der zweite Satz des ersten Absatzes fand nicht die Zustimmung der Mehrheit, die ihn für überflüssig und auch insofern für bedenklich hielt, als unter Umständen in den betreffenden Fällen der stillschweigende Widerruf sich leugnen lasse. Auch jede andere Exemplifikation wurde für entbehrlich erachtet. II. Zum zweiten Absatz. Der zweite Absatz wurde durch die zum ersten Absätze gefaßten Beschlüsse für erledigt erachtet. III. Zum dritten Absatz. Die Mehrheit billigte den dritten Absatz. In Ansehung der Fassung (zu vergi, die Anträge N 2 2 und 4) war sie der Ansicht, daß die entsprechende Bestimmung des § 9 1 der Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 2 2 8 - 2 3 0 , 2 4 9 - 2 5 2 ) 4 zum Vorbild zu dienen habe. Für die Billigung des Absatzes war die Erwägung maßgebend: Sei auf das Widerrufsrecht verzichtet, so werde nicht selten in dem Vertrage ein anderer als ein Auftragsvertrag sich verstecken. T r e f f e dies zu, so würden die für den anderen Vertrag geltenden Rechtsnormen und nicht die Vorschriften über den Auftrag, also auch nicht die Bestimmung des Abs. 3, anwendbar sein. Solche Fälle kämen also nicht in Betracht. Liege aber in der That ein Auftrag vor, so erheischten (gleichviel ob ein thatsächlicher 4a Dienst oder eine juristische Handlung oder ein Rechtsgeschäft den Gegenstand des Auftrags bilde und ob im letzteren Falle im N a m e n des Auftraggebers | das Geschäft geschlossen werden solle oder nicht) die Gründung, | Prot 12450 welche zu der entsprechenden Bestimmung in § 91 a.a.O. geführt hätten, auch den Verzicht auf das Recht des Widerrufs des Auftrags für unzulässig zu erklären, nicht zu gedenken, daß, wenn Auftrag und Vollmacht ertheilt sei, ein schwer zu lösender Konflikt bei der Voraussetzung unvermeidlich sei, auf die Widerruflichkeit des Auftrags könne verzichtet werden, nicht aber auf die Widerruflichkeit der Vollmacht. § 49 ZustAT lautet: Die Willenserklärung kann ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen. 4 S. bei S 168 BGB. 4 ä Im Original steht „thätsächlicher". 3
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Der Antrag N 2 2 , die Bestimmung anzuschließen: „Die Entschädigungsansprüche des Beauftragten bleiben unberührt." wurde durch Mehrheitsbeschluß abgelehnt, zugleich aber beschlossen, im § 91 a.a.O. Abs. 2 den zweiten Satz: „Die Entschädigungsansprüche des Bevollmächtigten bleiben unberührt." zu streichen. Die Gründe waren : Der vorgeschlagene Zusatz lasse das Verständniß zu, der Auftraggeber, welcher ungeachtet des Verzichts dennoch widerrufe, müsse dergestalt das Interesse leisten, daß er den Beauftragten schlechthin so zu stellen habe, als wenn nicht widerrufen wäre. Bei einem solchen Verständniß werde die als lex absoluta erscheinende Vorschrift, auf das Widerrufsrecht könne wirksam nicht verzichtet werden, völlig inhaltslos, deren Bedeutung sich — namentlich durch Ausbedingung einer beliebigen Konventionalstrafe — gänzlich verkümmern lasse. So sei auch die entsprechende Bestimmung des § 91 a.a.O. keineswegs zu verstehen. Dieselbe wolle nur besagen, dem Bevollmächtigten blieben alle Entschädigungsansprüche, die er deshalb geltend machen könne, weil er, abgesehen von dem bloßen Verzicht auf die Widerruflichkeit, ein Recht auf Ertheilung oder Aufrechterhaltung der Vollmacht habe oder gehabt habe. Dies liege ausgedrückt in der Fassung: „bleiben unberührt", worin auf selbständig für sich bestehende Ansprüche und deshalb zugleich auf etwas Selbstverständliches hingedeutet sei. Zu leugnen sei auch nicht, daß das, was auszudrükken bezweckt worden, sich von selbst verstehe. Da nun aber das obige MißverständI Prot 12451 niß sich besorgen lasse, so ver- | diene es den Vorzug, in §91 a.a.O. die fragliche Bestimmung zu streichen und aus gleichem Grunde von dem vorgeschlagenen Zusätze zum vorliegenden dritten Absätze des Art. 708 abzusehen. Uebringens sei, wenn dem Beauftragten eine Vergütung zugesichert sei, hinsichtlich des Anspruchs auf die letztere, im Falle der Auftrag trotz des Verzichts auf die Widerruflichkeit gleichwohl widerrufen werde, noch von Belang der zum Art. 705 gefaßte Beschluß, dessen sachlicher Inhalt der sei (Protokolle S. 2441 —2443): „Der Auftraggeber ist verpflichtet, dem Beauftragten nach Ausführung des Auftrags die vereinbarte Vergütung zu entrichten. Wird nach Beginn der Ausführung die weitere Ausführung des Auftrags unmöglich oder erlischt der Auftrag nach Beginn der Ausführung, insbesondere durch Widerruf des Auftraggebers, so hat der Beauftragte, sofern nicht ein Anderes aus der Vereinbarung über die Vergütung erhellt, auf einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Theil der Vergütung Anspruch." 231. Sitzung vom 5. 9. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend v. Kübel I Prot 12453
| Die Berathung des Abschnitts des Obligationenrechts betreffend „den Auftrag" wurde fortgesetzt.
Zum Artikel 708 erübrigte der aus dem Antrage N 2 4 (S. 2446) ersichtliche, auf den bedingten Widerruf sich beziehende Vorschlag. Die Mehrheit erklärte sich gegen die Aufnahme der vorgeschlagenen Bestimmung, erachtete ferner die im Laufe der Diskussion beantragte Vorschrift: „Der unter einer Bedingung erklärte Widerruf erlange erst mit dem Zeitpunkte Wirksamkeit, in welchem der Beauftragte die Erfüllung der Bedingung erfahre". zwar für richtig, glaubte aber, daß erst bei oder nach Erledigung des Artikel 715 darüber entschieden werden könne, ob die Aufnahme einer solchen Bestimmung nöthig sei. Sie ging davon aus : 80
10. Titel: Auftrag
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Es sei kein Grund abzusehen, weshalb der Widerruf | unter einer (aufschieben- | Prot 12454 den) Bedingung für unzulässig erklärt werden müsse, sei es indem der Widerruf selbst oder die Beifügung der Bedingung für unwirksam zu gelten habe. Darin würde eine nicht zu rechtfertigende und mit den größten praktischen Uebelständen verbundene Beschränkung des Verkehrs liegen. Aus dem juristischen Wesen der Auftragsrevokation lasse sich die Unzuläßigkeit der Hinzufügung einer Bedingung ebensowenig folgern, wie die Unzulässigkeit einer dem Beauftragten nur bedingt ertheilten Anweisung für die Ausführung des Auftrags. Das in dem Widerrufe des Auftrags sich bethätigende einseitige Rechtsgeschäft unterliege unverkennbar einer ganz anderen Beurtheilung wie die Kompensationserklärung (§ 251 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 1406 — 1409, 1410, 1412)5 oder wie die Mahnung (Protokolle S. 1185)6 oder die Seite 2135 der Protokolle 7 erwähnte Kündigung. Verhalte nun das Gesetz in der betreffenden Beziehung sich schweigend, so sei damit kraft des Prinzips des § 107 der Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 278, 279, 283, 284)8 die Zulässigkeit des bedingten Widerrufs außer Zweifel gestellt. Eine ganz andere Bewandniß habe es mit der im Laufe der Diskussion angeregten Vorschrift, der bedingte Widerruf wirke als Widerruf erst mit dem Zeitpunkte, in welchem der Beauftragte von dem Eintritte der Bedingung unterrichtet worden sei. Nach den in der vorigen Sitzung gefaßten Beschlüssen und den dafür leitend gewesenen Gründen müsse die Wirksamkeit des Widerrufs allerdings von jener Kenntniß des Beauftragten abhängig gemacht werden. Ob es aber nöthig sei, dies noch besonders auszusprechen, lasse sich erst bei oder nach Erledigung des Art. 715 und der dazu bereits gestellten Anträge entscheiden. Seite 110 des Materials9 wird die (für die Zession nach deren juristischer Konstruktion als Veräußerung übrigens unerhebliche) Frage berührt, ob auch bei dem mandatum in rem suam das Widerrufsrecht Platz greife. Die Bejahung galt, sobald nur der Vertrag sich in der That als ein bloßer Auftragsvertrag betrachten | läßt, | Prot I 2455 deshalb für zweifellos, weil nach den in der vorigen Sitzung gefaßten Beschlüssen auf das Widerrufsrecht wirksam nicht verzichtet werden könne, obschon der widerrufende Auftraggeber das Interesse zu leisten habe, sofern er — abgesehen von dem fraglichen Widerrufe für sich allein — noch aus einem besonderen Grunde zur Ertheilung bezw. Aufrechterhaltung des Auftrags verpflichtet gewesen sei (zu vergi. § 300 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 1715).10 Beanstandet wurde die Ausführung im Material S. 112 Nr. 3 : „für die Beurtheilung der Frage, wie der Widerruf zu erfolgen habe, wenn mehrere Auftraggeber vorhanden sind, dürfte der Beschluß von Bedeutung sein, der hinsichtlich der Kündigung des Miethverhältnisses beim Vorhandensein mehrerer Miether oder Vermiether gefaßt sei (Protokoll vom 9. Mai 1883 S. 2135, 2136)." n Man erachtete die Ausführung für nicht richtig und war einverstanden: Jeder Auftraggeber könne, vorbehaltlich seiner Verantwortung gegenüber den übrigen 5 6 7 8 9 Ό h
S. bei S. bei S. bei S. bei S. N. S. bei S. bei
SS 388, 389 BGB. S 284 BGB. SS 564, 565 BGB. S 158 BGB. 12 zu S 662 BGB. § 790 BGB. SS 564, 565 BGB.
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§671
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Auftraggebern, stets mit der Wirkung widerrufen, daß der Beauftragte den Widerruf zu beachten habe, während die Umstände des einzelnen Falls zu entscheiden hätten, ob und inwiefern der Widerruf des nur einen Auftraggebers den Beauftragten von der Verpflichtung nicht befreie, den Auftrag wegen des Nichtwiderrufs seitens der übrigen Auftraggeber ganz oder zum Theil auszuführen, wobei die Theilbarkeit des aufgetragenen Geschäfts von Bedeutung werden könne. Zu Artikel 709 des Entwurfs: „Der Beauftragte kann den Auftrag jederzeit zurückgeben (kündigen), selbst wenn er einen auf bestimmte Zeit gerichteten Auftrag angenommen hat. Er muß aber so zeitig kündigen, daß es dem Auftraggeber noch möglich ist, das Geschäft selbst zu besorgen oder durch einen Anderen besorgen zu lassen. Eine unzeitige Kündigung befreit den Beauftragten nicht von seiner Verbindlichkeit zur AusfühI Prot 12456 rung des Auftrages; der Beauftragte haftet dem Auftrag-1 geber für den durch die versäumte Ausführung entstandenen Schaden, ausgenommen wenn Krankheit oder nothwendige Abwesenheit die Kündigung veranlaßt hat, oder wenn die Leistung des erforderlichen Vorschusses von dem Auftraggeber verweigert worden ist. Durch die Kündigung erlischt der Auftrag erst zu der Zeit, wo der Auftraggeber durch den Beauftragten Kenntniß von der Kündigung erhalten hat." lagen die Anträge vor: 1. den dritten Satz des ersten Absatzes („Eine unzeitige Kündigung pp.") zu fas-
DresdEArt709
V. Weber „Im Falle unzeitiger Kündigung haftet der Beauftragte dem Auftraggeber für (Nr 443, 2) den durch die versäumte Ausführung entstandenen Schaden, ausgenommen, wenn
eine gerechte Ursache, im Besonderen Krankheit oder nothwendige Abwesenheit des Beauftragten oder Nichtleistung des erforderlichen Vorschußes Seitens des Auftraggebers die Kündigung veranlaßt hat." und im zweiten Absätze statt: „Kenntniß" zu setzen: „Mittheilung". Windscheid (Nr 445)
2. statt dessen zu bestimmen: „Der Beauftragte kann den Auftrag durch eine dem Auftraggeber gegenüber abgegebene Erklärung kündigen, auch wenn er ihn auf bestimmte Zeit übernommen hat. Die Kündigung muß zeitig erfolgen, d. h. zu einer Zeit, wo der Auftraggeber noch im Stande ist, für das aufgetragene Geschäft anderweitige Fürsorge zu treffen. Eine unzeitige Kündigung befreit den Beauftragten von den aus dem Auftrage sich für ihn ergebenden Verpflichtungen nicht, ausgenommen, wenn sie durch Krankheit, nothwendige Abwesenheit oder andere Verhältnisse des Beauftragten gerechtfertigt ist, oder wenn der Auftraggeber die Leistung des erforderlichen Vorschusses verweigert."
3. die Vorschrift dahin zu fassen: Planck (Nr 444, 2) „Der Beauftragte kann von dem Vertrage für die | Zukunft zurücktreten, wenn ein I Prot I 2457 wichtiger nach den Umständen des Falls den Rücktritt rechtfertigender Grund vorliegt oder der Rücktritt so zeitig erfolgt, daß es dem Auftraggeber noch möglich bleibt, das aufgetragene Geschäft selbst zu besorgen oder durch einen Anderen besorgen zu lassen." Kurlbaum (Nr 447)
4. zu bestimmen: „Der Beauftragte kann den Auftrag kündigen, auch wenn er ihn auf bestimmte Zeit übernommen hat. Er darf aber nur der Art kündigen, daß der Auftraggeber für das aufgetragene Geschäft anderweit Fürsorge treffen kann. 82
10. Titel: Auftrag
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Die Kündigung erfolgt durch eine dem Auftraggeber gegenüber abgegebene Erklärung." Zunächst wurde der erste Satz des ersten Absatzes bis zu dem Nachsatze: „selbst •wenn er pp." der Berathung unterstellt. Man war einverstanden, daß dieser Satz eine den zum Art. 708 gefaßten Beschlüssen entsprechende Fassung zu erhalten, folglich dahin zu lauten habe: „Der Beauftragte11® kann den Auftrag zu jeder Zeit durch eine dem Auftraggeber gegenüber abzugebende Erklärung kündigen." Man verkannte nicht, daß das Kündigungsrecht des Beauftragten nicht wie das Widerrufsrecht des Auftraggebers aus dem Wesen des Mandats herzuleiten sei, sondern einen positiven Charakter an sich trage, daß seine Angemessenheit bestreitbar sei und daß es sich namentlich aus den Gründen nicht halten lasse, welche zu seiner Einführung im römischen Rechte geführt haben. Gleichwohl trug man Bedenken, dasselbe dem Beauftragten nicht beizulegen; man besorgte nämlich, daß aus der Versagung des Kündigungsrechts wegen der darin liegenden Aenderung des geltenden und eingelebten Rechts ohne Erreichung eines nennenswerthen Vortheils praktische Uebelstände entspringen könnten. Man erachtete es für genügend, daß die Vorschrift, durch welche das Kündigungsrecht gewährt werde, keine zwingende Rechtsnorm, sondern eine lex dispositiva sei, die kraft der Privatautonomie von der Anwendung durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung ausgeschlossen werden könne, welcher Charakter der Vorschrift schon dadurch hinreichend klar gestellt werde, | daß (in Abweichung von dem Art. 708) eine Bestimmung nicht | Prot I 2458 angeschlossen werde, welche den Verzicht auf das Recht für unwirksam erkläre. Die Mehrheit erklärte sich ferner für den Gebrauch des Worts: „kündigen"; sie legte keinen Werth darauf, daß das Wort in der Gesetzgebung, Praxis und Wissenschaft mitunter auch in Beziehung auf den Mandanten, welcher das Widerrufsrecht ausübt, gebraucht wird; sie war der Ansicht, es empfehle sich, in den das Mandat betreffenden Vorschriften nach Anleitung des Entwurfs zwischen widerrufen und kündigen zu unterscheiden, ähnlich wie bereits in den für die Vollmacht beschlossenen Vorschriften zwischen widerrufen und kündigen der Vollmacht unterschieden worden sei (§§ 93, 94 der Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 230-236). 1 2 Von einer Seite wurde zur Prüfung bei der Redaktion darauf aufmerksam gemacht, ob nicht in § 421 der Zusammenstellung der das Obligationenreht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 2283 —2287)13 für: „ohne vorherige Kündigung" zu setzen sei: „ohne Kündigungsfrist". Der Nachsatz des ersten Satzes des Entwurfs wurde durch Mehrheitsbeschluß gestrichen, gebilligt dagegen von der Mehrheit ein im Laufe der Diskussion gestellter Antrag, zusätzlich zu bestimmen : „Im Falle des Verzichts auf das Kündigungsrecht könne gleichwohl die Kündigung erfolgen, wenn ein wichtiger, nach den Umständen des Falls die Kündigung rechtfertigender Grund vorliege." Erwogen war: Da das Kündigungsrecht nur insofern gelte, als nicht ein Anderes vereinbart worden, so sei gegen den Nachsatz im ersten Satze des Entwurfs zu erinnern, daß lla
Im Original steht anstelle von „Beauftragte" „Auftraggeber". 12 S. bei SS 171 und 172 BGB. 13 S. bei SS 6 2 6 - 6 2 8 BGB. 83
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
er eine Auslegungsregel von zweifelhaftem Werthe enthalte, die in vielen Fällen zu einer unpassenden Anwendung verleiten könne und unter allen Umständen entbehrI Prot I 2459 lieh sei. Gerechtfertigt erscheine dagegen die Auf-1 nähme des anderen im Laufe der Diskussion vorgeschlagenen Zusatzes. Sei auf das Kündigungsrecht ausdrücklich oder stillschweigend verzichtet, so müsse dennoch gekündigt werden können, wenn ein wichtiger, nach den Umständen des Falls die Kündigung rechtfertigender Grund vorliege. Dies zu bestimmen sei nöthig wegen der in dem Abschnitte über den Dienstvertrag zu den Art. 630,631 des Dresdener Entwurfs Protokolle S. 2283 — 2287, beschlossenen Bestimmung (§421 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse) : „Jeder Vertragschließende kann noch vor Ablauf der vereinbarten Dienstzeit ohne vorherige Kündigung von dem Vertrage für die Zukunft zurücktreten, wenn ein wichtiger, nach den Umständen des Falls den Rücktritt rechtfertigender Grund vorliegt. Liegt der Grund in einem vertragswidrigen Verhalten des anderen Theils, so ist dieser dem Zurücktretenden zum Schadensersatze verpflichtet." Die Nothwendigkeit ergebe sich aus der Unmöglichkeit, den Beauftragten ungünstiger zu stellen wie den Dienstverpflichteten. Die Berathung wandte sich zu dem zweiten Satze des ersten Absatzes des Art. 709. Bei der Prüfung dieses Satzes und der dazu gestellten Anträge ergab sich Einverständniß, daß der Beauftragte nicht unzeitig kündigen dürfe und in dieser Hinsicht es bei dem geltenden Rechte bewenden müsse. Eine Verschiedenheit der Ansichten trat aber in Ansehung der Wirkungen einer unzeitigen Kündigung hervor. Die Anträge N 2 2 und 3 beruhen auf der Ansicht, die unzeitige Kündigung sei wirkungslos und gelte für nicht geschehen, der Antrag N 2 4 und — nach der Erklärung des Antragstellers — auch der Antrag Ν 2 1, haben die Ansicht zur Grundlage : die unzeitige Kündigung führe zwar zum Erlöschen des Mandats, der Beauftragte hafte dem Auftraggeber aber für den aus der Unzeitigkeit der Kündigung entstehenden Schaden. Das praktische Ergebniß beider Ansichten ist in vielen Fällen dasselbe, insbesondere dann, wenn der Auftrag nach der Kündigung nicht mehr ausgeI Prot I 2460 führt werden kann. Ein abweichendes Ergebniß stellt sich | dagegen heraus, wenn eine dauernde Geschäftsführung der Gegenstand des Auftrags ist, ζ. B. die Führung eines Prozesses oder einer Vermögensverwaltung usw. Nach der ersten Ansicht würde die unzeitige Kündigung als nicht geschehen anzusehen sein, der Auftraggeber sich folglich ruhig verhalten dürfen und der Beauftragte die Geschäfte so weiter zu führen haben, als wenn eine Kündigung gar nicht erfolgt wäre. Nach der zweiten Ansicht, wird dagegen der Auftrag durch die Kündigung aufgehoben und der Auftraggeber diese zu beachten verpflichtet, so daß er ungesäumt anderweite Fürsorge zu treffen hat und nur auf Ersatz desjenigen Schadens Anspruch hat, der daraus entstanden ist, daß der Beauftragte sich früher zurückgezogen hat, als der Auftraggeber anderweite Fürsorge zu treffen im Stande war. — Die erste Ansicht ruft auch insofern eine Benachtheiligung des Auftraggebers hervor, als derselbe den Beauftragten, der trotz der Kündigung den Auftrag vollzieht, wegen der Auslagen usw. haftbar wird, also zu Schaden kommen kann, wenn er, von der verzeihlichen Voraussetzung ausgehend, der Beauftragte werde unthätig bleiben oder vielleicht irrthümlich die mitunter zweifelhafte Tempestivität der Kündigung annehmend, das Nöthige zur Vermeidung eines solchen Nachtheils vorzusehen versäumt hat. Die Mehrheit gab der zweiten Ansicht den Vorzug, weil sie der Billigkeit mehr entspreche und geringere praktische Unzuträglichkeiten nach sich zu ziehen verspreche, lehnte daher die betreffenden Anträge unter N s 2 und 3 ab, billigte vielmehr den in dem Antrage N - 4 enthaltenen Vorschlag: 84
10. Titel: Auftrag
§671
„Der Beauftragte dürfe aber nur der Art kündigen, daß der Auftraggeber für das aufgetragene Geschäft anderweite Fürsorge treffen könne." unter Vorbehalt der bei der Redaktion zu bestimmenden Fassung. Durch den Beschluß galt aber Doppeltes für entschieden, einmal, daß er genüge, nur von der Möglichkeit einer anderweiten Fürsorge zu reden unter Vermeidung der nicht einmal korrekten Breite des Entwurfs (Möglichkeit, selbst zu besorgen oder durch einen Andern besorgen zu lassen), sodann daß der dritte Satz des Entwurfs bis zu dem Worte: „ausge- | nommen" in Wegfall kommen müsse, der erste Theil, weil er |Proti 2461 nach dem gefaßten Beschlüsse unrichtig erscheine, der zweite Theil wegen seines engen Zusammenhangs mit dem ersten Theil aus gleichem Grunde, während der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten blieb, ob zur Verdeutlichung des gefaßten Beschlusses der Schadensersatzpflicht in der einen oder anderen Art besonders zu gedenken sei. Aufmerksam wurde darauf gemacht, daß der gefaßte Beschluß die Beibehaltung der Worte: „zu jeder Zeit" im ersten Satze nicht allein gerechtfertigt, sondern auch insofern besonders angemessen erscheinen lasse, als jener Beschluß dadurch verdeutlicht werde. Betreffend den letzten Theil des dritten Satzes von: „ausgenommen" an, so war beantragt, im Anschluß an den zuvor gefaßten Beschluß und in Anlehnung an den §421 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 2283 — 2287) zu bestimmen: „Die vorstehende Bestimmung finde keine Anwendung, wenn ein wichtiger, nach den Umständen des Falls die Kündigung rechtfertigender Grund vorliege." Der Vorschlag wurde gebilligt, indem man der Ansicht war, derselbe fände in dem § 421 a.a.O. seine Rechtfertigung. Insbesondere erachtete man es für angemessen, nach Vorbild des § 421 sich auf eine prinzipielle Vorschrift ohne Hinzufügung von Beispielen zu beschränken. Der zweite Absatz des Art. 709 galt durch den zum ersten Satze des ersten Absatzes gefaßten Beschluß für erledigt. II. In der RedVorl und in der ZustOR lauten die beschlossenen Vorschriften: Der Auftraggeber kann den Auftrag zu jeder Zeit durch eine dem Beauftragten RedVorl S 449/ ZustOR §448 gegenüber abzugebende Erklärung widerrufen. Auf die Widerruflichkeit kann nicht verzichtet werden.14 Der Beauftragte kann den Auftrag zu jeder Zeit durch eine dem Auftraggeber RedVorl § 450/ ZustOR §449 gegenüber abzugebende Erklärung kündigen. Die Kündigung darf nur in der Art geschehen, daß der Auftraggeber für das aufgetragene Geschäft anderweite Fürsorge zu treffen im Stande bleibt. Ist unzeitig gekündigt, so haftet der Beauftragte für den hieraus entstandenen Schaden. Die Haftung tritt nicht ein, wenn ein wichtiger, die Kündigung nach den Umständen des Falls rechtfertigender Grund vorlag. Ein solcher Grund berechtigt
14
Zu § 449 ist in der RedVorl angemerkt: In § 91 der Zusammenstellung der Beschlüsse des Allgemeinen Theils wird der zweite Satz im zweiten Absätze : „Die Entschädigungsansprüche des Bevollmächtigten bleiben unberührt." gestrichen. (Protokoll vom 3. 9. 1883 S. 2450, 2451) Es wird nicht zu empfehlen sein, für die Fassung des ersten Absatzes den ersten Absatz des § 91 des Allgemeinen Theils zum Vorbild zu nehmen. 85
§ 671
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
den Beauftragten zur Kündigung auch dann, wenn er auf die Kündigung verzichtet hatte.15 III., IV. § 448 ZustOR ist im KE in § 590, im E I in § 597 enthalten. § 449 ZustOR ist enthalten in § 591 KE, § 598 E I, wobei der Abs. 3 des § 449 ZustOR gefaßt ist im KE § 591 Abs. 3 : KE § 591 Abs. 3 Ist zur Unzeit gekündigt, so haftet der Beauftragte für den hieraus entstandenen Schaden. Diese Haftung tritt nicht ein, wenn ein wichtiger, nach den Umständen des Falles die Kündigung rechtfertigender Grund vorlag. Ein solcher Grund berechtigt den Beauftragten zur Kündigung auch dann, wenn er auf die Kündigung verzichtet hatte. und im E I § 598 Abs. 3: E I § 598 Abs. 3 Ist zur Unzeit gekündigt, so haftet der Beauftragte für den Ersatz des hieraus entstandenen Schadens. Die Haftung tritt nicht ein, wenn ein wichtiger, nach den Umständen des Falles die Kündigung rechtfertigender Grund vorlag. Ein solcher Grund berechtigt den Beauftragten zur Kündigung auch dann, wenn er auf die Kündigung verzichtet hatte.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Den § 597 zu fassen: Struckmann Der Auftraggeber kann den Auftrag jederzeit widerrufen. (Der Widerruf erfolgt (Nr 3, 118) durch eine dem Beauftragten gegenüber abzugebende Erklärung.) Den § 598 zu fassen: Struckmann Der Beauftragte kann den Auftrag jederzeit kündigen. (Die Kündigung erfolgt (Nr 3, 119) durch eine dem Auftraggeber gegenüber abzugebende Erklärung.) Die Kündigung darf nur in der Art geschehen, daß der Auftraggeber für das aufgetragene Geschäft anderweit Fürsorge treffen kann. Ist zur Unzeit gekündigt, so haftet der Beauftragte dem Auftraggeber für Ersatz des dadurch verursachten Schadens. Die Haftung tritt nicht ein, wenn ein wichtiger, nach den Umständen des Falls die unzeitige Kündigung rechtfertigender Grund vorlag. Ein solcher Grund berechtigt den Beauftragten zur Kündigung auch dann, wenn er auf dieselbe verzichtet hatte. II. Eine Beratung hat nicht stattgefunden.
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Zu § 450 ist in der RedVorl angemerkt: 1. Die Unzeitigkeit der Kündigung soll diese nicht wirkungslos machen, sondern den Beauftragten nur verpflichten, den aus der Unzeitigkeit der Kündigung entspringenden Schaden zu ersetzen. Dies wird klar durch die Worte: „zu jeder Zeit" im ersten Satze und noch deutlicher durch den dritten Satz, der noch mehr verdeutlicht, daß die Kündigung als solche wirkt. Eine zum Schadensersatz verpflichtende Unzeitigkeit der Kündigung liegt vor, wenn zwar der Auftrag noch ausgeführt werden kann, aus der Verspätung aber ein besonderer Schaden entsteht. 2. Die angeregte Aenderung des § 421 der Zusammenstellung (Protokoll vom 5. 9. 1883 S. 2458) wird kein Bedürfniß sein.
10. Titel: Auftrag
§671
C. 2. Kommission I. Zu § 597 lagen die Anträge vor (Prot. II, Bd. 2, S. 370; Mugdan, Bd. 2, S. 953): Jacubezky 1. den Abs. 2 zu streichen; (Nr 203, 10)
2. die §5 597, 598 wie folgt zusammenzufassen: Struckmann Der Auftrag kann von dem Auftraggeber jederzeit widerrufen, von dem Beauf- (Nr 190, 12) tragten jederzeit gekündigt werden. Der Widerruf oder die Kündigung erfolgt durch eine dem anderen Theile gegenüber abzugebende Erklärung. Die Kündigung des Beauftragten darf nur in der Art geschehen, daß der Auftraggeber für das aufgetragene Geschäft anderweit Fürsorge treffen kann. Ist zur Unzeit gekündigt, so haftet der Beauftragte dem Auftraggeber für den Ersatz des dadurch verursachten Schadens. Die Haftung tritt nicht ein, wenn ein wichtiger, nach den Umständen des Falles die unzeitige Kündigung rechtfertigender Grund vorlag. Ein solcher Grund berechtigt den Beauftragten zur Kündigung auch dann, wenn er auf die Kündigung verzichtet hatte. 3. dem Abs. 1 die Worte hinzuzufügen: „sofern derselbe lediglich seinem Vor- Spahn (Nr 208, 3) theile dient". Der Antrag 3 wurde vor der Abstimmung mit Rücksicht darauf zurückgezogen, daß sich gegen die Streichung des Abs. 2 kein Widerspruch erhob; der Antrag 2 wurde, soweit er den § 597 betrifft, der Red.Komm. überwiesen. Es folgte die Berathung des § 598. Auf denselben bezieht sich der zu § 597 mit- Struckmann getheilte Antrag 2, der dem Entw. gegenüber keine materiellen Aenderungen vor- (Nr 190, 12) schlägt. Die Komm, erklärte sich mit der Aufnahme des § 598 des Entw. einverstanden. In redaktioneller Beziehung wurde bemerkt, eine Bestimmung des Inhalts, daß die Kündigung durch eine gegenüber dem anderen Theile abzugebende Erklärung erfolgen müsse, habe der Entw. nur beim Auftrag aufgenommen. Im Interesse einer einheitlichen Redaktionsweise werde die Red.Komm. zu erwägen haben, ob, wie von einer Seite vorgeschlagen, die bezeichneten Worte zu streichen, oder im Allgemeinen Theile im Anschluß an die Lehre vom Rücktritt allgemeine Vorschriften über die Kündigung aufzunehmen seien und ob nicht auch die Bestimmung, daß der Widerruf des Auftrags durch eine dem Beauftragten gegenüber abzugebende Erklärung zu erfolgen habe, entbehrlich sei.
II. In der VorlZust sind die §§ 597 und 598 in $ 597 wie folgt zusammengefaßt: Der Auftrag kann von dem Auftraggeber jederzeit widerrufen, von dem Beauf- E I-VorlZust §597 tragten jederzeit gekündigt werden. Die Kündigung darf nur in der Art geschehen, daß der Auftraggeber für das aufgetragene Geschäft anderweit Fürsorge treffen kann. Ist zur Unzeit gekündigt, so haftet der Beauftragte dem Auftraggeber für den Ersatz des dadurch verursachten Schadens. Die Haftung tritt nicht ein, wenn ein wichtiger, nach den Umständen des Falles die unzeitige Kündigung rechtfertigender Grund vorlag. Ein solcher Grund berechtigt den Beauftragten zur Kündigung auch dann, wenn er auf die Kündigung verzichtet hatte. III. In der ZustRedKom lautet § 597: Der Auftrag kann von dem Auftraggeber jederzeit widerrufen, von dem Beauf- E I-ZustRedKom «597 tragten jederzeit gekündigt werden. 87
§ 672
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Der Beauftragte darf nur in der Art kündigen, daß der Auftraggeber für das übertragene Geschäft anderweit Fürsorge treffen kann. Kündigt der Beauftragte zur Unzeit, so hat er dem Auftraggeber den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen, es sei denn, daß ein wichtiger, die unzeitige Kündigung rechtfertigender Grund vorliegt. Ein solcher Grund berechtigt den Beauftragten zur Kündigung auch dann, wenn er auf das Kündigungsrecht verzichtet hat. IV. § 597 ZustRedKom entspricht im Ε II § 602, nur heißt es in Abs. 2 Satz 1 : es sei denn, daß ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt. V. Im E II rev und E III § 658 liegt die in § 671 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
§672 Der Auftrag erlischt im Zweifel nicht durch den Tod oder den Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Auftraggebers. Erlischt der Auftrag, so hat der Beauftragte, wenn mit dem Aufschübe Gefahr verbunden ist, die Besorgung des übertragenen Geschäfts fortzusetzen, bis der Erbe oder der gesetzliche Vertreter des Auftraggebers anderweit Fürsorge treffen kann; der Auftrag gilt insoweit als fortbestehend.
A. 1. Kommission I. 231. Sitzung vom 5. 9. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend v. Kübel I Prot I 2461 DresdE Art 710
| Zu Artikel 710 des Entwurfs : »Der Auftrag erlischt, wenn der Auftraggeber stirbt, vorausgesetzt, daß der Auftrag nicht erst nach seinem Tode ausgeführt werden soll oder nicht zugleich für seine Erben ertheilt worden ist. Ist der Auftrag durch den Tod des Auftraggebers erloschen, so hat der Beauftragte das aufgetragene Geschäft, soweit Gefahr mit der Verzögerung verbunden ist, so lange fortzuführen, bis von den Erben des Auftraggebers anderweite Fürsorge getroffen wird oder nach den Umständen getroffen werden konnte. Hinsichtlich I Prot I 2462 dieser Geschäftsbesorgung ist das | Auftragsverhältniß als fortbestehend anzusehen. Dem Tode einer Person steht die Aufhebung einer juristischen Person gleich." war beantragt: Windscheid (Nr 445)
1. statt dessen zu bestimmen : „Der Auftrag erlischt, wenn nicht das Gegentheil ausgemacht ist, durch den Tod des Auftraggebers. Jedoch bleibt der Beauftragte verpflichtet, das begonnene Geschäft, wenn Gefahr im Verzuge ist, fortzuführen, bis die Erben des Auftraggebers anderweitige Fürsorge für dasselbe haben treffen können und er bleibt aus dem Auftrage berechtigt, bis er von dem Tode des Auftraggebers Kenntniß erlangt hat. Dem Tode einer Person steht die Aufhebung einer juristischen Person gleich." eventuell den Artikel zu streichen; 88
10. Titel: Auftrag
§672
2. den ersten Absatz des Artikels durch folgende Bestimmung zu ersetzen: Planck „Der Auftrag erlischt, sofern nicht eine entgegenstehende Absicht der Vertrag- (Nr 444, 3) schließenden erhellt, durch den Tod des Auftraggebers." 3. zu bestimmen: Kurlbaum „Der Auftrag erlischt durch den Tod des Auftraggebers nur, wenn es vereinbart (Nr 447) ist. Erlischt der Auftrag durch den Tod des Auftraggebers, so bleibt der Beauftragte verpflichtet, das begonnene Geschäft, soweit Gefahr im Verzuge ist, fortzuführen, bis er anderweite Fürsorge von Seiten der Erben des Auftraggebers erwarten kann. Er behält in soweit auch alle Rechte aus dem Auftrage." Der Artikel 710 wurde absatzweise berathen: Zum ersten Absätze. Die Mehrheit entschied für das Prinzip, daß der Auftrag durch den Tod des Auftraggebers nicht erlösche, sodann gegen die auf diesem Prinzipe beruhende Fassung des Antrags Nr. 3 und für die Fassung: I „Der Auftrag erlösche nicht mit dem Tode des Auftraggebers, sofern nicht aus | Prot 12463 dem Vertrage der entgegenstehende Wille der Vertragschließenden erhelle." Die Gründe waren : Nach dem geltenden Rechte erlösche der Auftrag mit dem Tode des Auftraggebers. Diese wichtige Rechtsnorm beruhe auf dem römischen Rechte, in welchem sie aber durch Gründe veranlaßt sei, denen in der Gegenwart die Berechtigung fehle. Sie habe im modernen Rechte zweifellos nur einen dispositiven Charakter, wenn nicht bloß die Bedeutung einer einfachen Auslegungsregel. Reichsgesetzlich sei sie bereits in weitem Umfange, sowohl für das handelsrechtliche als für das prozeßrechtliche Gebiet aufgehoben. Ob sie für das übrige zivilrechtliche Gebiet beibehalten zu werden verdiene, lasse sich bei der gegenwärtigen Lage der Dinge nicht mehr nach juristischen Betrachtungen, sondern nur noch auf Grund praktischer Erwägungen entscheiden. In dieser Beziehung könne für die Beibehaltung nur angeführt werden, der Tod des Auftraggebers rufe nicht selten so große Aenderungen in den Verhältnissen hervor, daß die Ausführung ertheilter Aufträge mehr oder weniger sachwidrig werde, und die Rechtsnachfolger des Auftraggebers, die mitunter von dessen noch schwebenden Aufträgen keine Kenntniß hätten und daher von dem Widerrufsrechte keinen Gebrauch zu machen vermöchten, großen Schaden erleiden könnten, wenn die Aufträge nicht schon kraft des Gesetzes für erloschen gälten. Dagegen sei aber aufzustellen, daß die Rechtsnachfolger noch weit größeren Schaden erleiden könnten, wenn die Aufträge durch den Tod des Auftraggebers für aufgehoben anzusehen seien. Schwerlich lasse sich leugnen, daß im Großen und Ganzen die Rechtsnachfolger weit empfindlicher durch die Regel des geltenden Rechts als durch die entgegenstehende leiden könnten, daß die letztere außerdem die Rechtssicherheit bei Weitem mehr befördere, als die andere. Bringe man nun noch in Anschlag, wie mißlich es sei, wenn in einer so wichtigen Materie das Handelsrecht von dem bürgerlichen Rechte abweiche und daß nur zu oft schwer zu entscheiden sei, ob im gegebenen Falle die handelsrechtlichen oder die Normen des bürgerlichen Rechts maßgebend seien, so erscheine es angemessen, für das gesammte zivilrechtliche Ge-1 biet unter Abänderung des geltenden Rechts an den Tod des | Prot 1 2 4 6 4 Auftraggebers das Erlöschen des Auftrags nicht zu knüpfen. Wenn das Gesetz sich jeder Bestimmung enthalte, so würde übrigens die Unerheblichkeit des Todes des Auftraggebers schon aus den allgemeinen Grundsätzen sich ergeben. Es erscheine jedoch rathsam, die Unerheblichkeit besonders auszusprechen, damit die Aende89
§672
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
rung des geltenden Rechts deutlich erkennbar werde. Dazu komme, daß es sich empfehle, bei Aufstellung der neuen Regel deren Nichtanwendbarkeit nach Vorbild des Artikel 297 des Handelsgesetzbuchs und in Abweichung von dem Antrage N 2 3 f ü r alle Fälle vorzuschreiben, in welchen der entgegenstehende Wille der Vertragschließenden, wenn auch nicht ausdrücklich ausgesprochen, doch im Wege der Auslegung zu ermitteln sei. Zum zweiten Absätze. Es bestand Einverständniß, daß dem Beauftragten in den Fällen, in welchen der T o d des Auftraggebers das Erlöschen des Auftrags zur Folge hat, in Uebereinstimmung mit dem geltenden Rechte, die in dem zweiten Absätze bezeichnete Fürsorgepflicht aufzuerlegen sei. In Ansehung der Fassung entschied die Mehrheit gegen die Fassung des Antrags N 2 3 und für die Fassung des Antrags Ν 2 1 (bis zu den Worten: „Fürsorge für denselben haben treffen können"), welche Fassung sie für verständlicher hielt und von der sie glaubte, daß sie die praktische Anwendung des Gesetzes erleichtere. Der zweite Satz des zweiten Absatzes des Entwurfs — welchen der Antrag Ν 2 1 nicht enthält - fand gleichfalls Billigung, mit der Maßgabe, daß statt: „Auftragsverhältniß" zu setzen sei: „Auftrag". Man ging davon aus: In Ansehung der Pflichten des Beauftragten erscheine es gleichgültig, ob die Fortdauer des Mandats unterstellt oder die Fürsorgepflicht als eine obligatio legalis betrachtet werde, betreffend dagegen die Rechte des Beauftragten, so sei der Beauftragte, wenn die Fortdauer des Mandats angenommen werde, wegen der Ansprüche auf die vertragsmäßige Vergütung in einer günstigeren Lage, die ihm zuzugestehen, die Billigkeit erfordere. Die Erledigung des Schlußsatzes des zweiten Absatzes im Antrage Ν 2 1 wurde zur Beschlußfassung bei Artikel 715 ausgesetzt. I Prot I 2465
| Zum dritten Absatz. Es wurde die Streichung des dritten Absatzes, da derselbe unvereinbar mit der Aenderung des ersten Absatzes, und deshalb beschlossen, weil, wenn es überhaupt einer Bestimmung darüber bedürfen sollte, inwiefern Aufträge eines nicht mehr existirenden und ohne Rechtsnachfolger erloschenen Rechtssubjekts noch fortdauere, diese Frage jedenfalls erst bei oder nach Berathung des Abschnitts über juristische Personen zu erledigen sein werde.
I Prot 12467
1232. Sitzung vom 7. 9. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend v. Kübel Die Berathung des Abschnitts des Obligationenrechts betreffend „den Auftrag" wurde fortgesetzt. Anlangend den Artikel 710, so wurde zu der beschlossenen Vorschrift nachträglich entschieden: 1. das Wort: „Erben" nicht durch: „Rechtsnachfolger" zu ersetzen. 2. f ü r : „der Beauftragte habe das begonnene Geschäft, wenn Gefahr im Verzuge sei, so lange fortzuführen, bis u.s.w." zu setzen: „Der Beauftragte habe das Geschäft, wenn und soweit Gefahr im Verzuge sei, so lange zu besorgen u.s.w." Zu Ν 2 1 glaubte man, das Wort: „Erben" genüge auch in den Fällen einer Singularsukzession, sofern diese überhaupt in Betracht kommen könnte, da die beschlossene Vorschrift ein die Anwendung auf die betreffenden Fälle zulassendes Prinzip ergebe. 90
10. Titel: Auftrag
§672
Zu N 2 2 hielt man es mit den Gründen, auf welchen die fragliche Vorschrift beruht, nicht für vereinbar, nach Vorbild des römischen Rechts die Fürsorgepflicht auf die Fälle zu beschränken, in welchen die Ausführung des Auftrags bereits begonnen hat. I Prot I 2472 I Zu Artikel 712 des Entwurfs: 1 „Der Auftrag erlischt, wenn der Auftraggeber die rechtliche Fähigkeit zur Vor- DresdE Art 712 nahme des aufgetragenen Geschäftes verliert. In diesem Falle ist der Beauftragte verpflichtet, das Geschäft, soweit Gefahr mit der Verzögerung verbunden ist, so lange fortzuführen, bis von dem gesetzlichen Stellvertreter des Auftraggebers anderweite Fürsorge getroffen wird, oder nach den Umständen getroffen werden konnte." war beantragt:
1. am Schlüsse hinzuzufügen : v. Weber „Hinsichtlich dieser Geschäftsbesorgung ist das Auftragsverhältniß als fortbeste- (Nr 443, 4) hend zu betrachten." und als zweiten Absatz, — eventuell in einem besonderen §en einzuschalten: „Das Gleiche gilt, wenn zum Vermögen des Auftraggebers der Konkurs eröffnet wird und durch nachherige Voll- | Ziehung des Auftrags eine das Vermögen des | Prot I 2473 Auftraggebers berührende Verfügung getroffen werden würde." 2. den Artikel zu streichen, eventuell zu bestimmen: Planck „Der Auftrag erlischt, sofern nicht eine entgegenstehende Absicht der Vertrag- (Nr 444, 5) schließenden erhellt, wenn der Auftraggeber geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt wird. Die Vorschrift des zweiten Absatzes des Artikels 710 findet in solchem Falle entsprechende Anwendung." Windscheid 3. den Artikel zu streichen. Beschlossen wurde, über den Konkursfall erst nach Erledigung des Artikels zu (Nr 445) berathen. Die Mehrheit entschied sodann, an Stelle des Art. 712 sei die Bestimmung aufzunehmen: „Die Vorschriften über den Tod des Auftraggebers fänden entsprechende Anwendung, wenn der Auftraggeber geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt werde." Die Anträge, zusätzlich zu bestimmen:
1. die Vollmacht erlösche, wenn der Vollmachtgeber geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt werde, 2. der Auftrag erlösche, wenn der Auftraggeber wegen Verschwendung entmündigt werde, wurden abgelehnt. Erwogen war: Die Konsequenz erheische, dasjenige, was für den Fall des Todes des Auftraggebers beschlossen worden, auf den Fall auszudehnen, wenn derselbe die Geschäftsfähigkeit verliere oder in dieser beschränkt werde. Für die Ausdehnung spreche auch der von dem Artikel 85 des Dresdener Entwurfs wesentlich abweichende § 89 der Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse in Verbinι Die Beratung des Art. 711, Prot I 2468 - 2472 s. bei § 673 BGB.
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§672
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
dung mit der Ausführung S. 162 der Motive des Redaktors des Allgemeinen Theils (zu §112 seines Entwurfs) und dem Sitzungsprotokolle vom 9. Dezember 1881 I Prot 12474 (Protokolle S. 223, 224).2 Wenn das geltende Recht zum Theil das | Gegentheil vorschreibe, so dürfe hierauf schon deshalb kein ausschlaggebendes Gewicht gelegt werden, weil das geltende Recht auch an den Tod des Auftraggebers eine andere Wirkung knüpfe, als zum Art. 710 beschlossen worden. Weiter lasse sich nicht geltend machen, im Interesse der öffentlichen Ordnung müsse der Verlust oder die Minderung der Geschäftsfähigkeit einer anderen Beurtheilung unterzogen werden, als der Tod. Es sei nicht einzusehen, weshalb rechtliche Dispositionen, die Jemand, während er völlig geschäftsfähig gewesen, getroffen habe und deren Fortbestand durch seinen Tod nicht berührt werde, zum Falle kommen müßten, wenn er die Geschäftsfähigkeit ganz oder zum Theil verliere. Namentlich gelte dies von dem Mandate, dessen Fortdauer wegen der dem gesetzlichen Vertreter des geschäftsunfähig u.s.w. gewordenen Auftraggebers zustehenden Befugniß, zu jeder Zeit den Auftrag zu widerrufen, zu erheblichen Nachtheilen nicht führen könne. Auch nach der Civilprozeßordnung erlösche das Prozeßmandat nicht dadurch, daß die Partei die Prozeßfähigkeit oder die Verfügungsfähigkeit verliere (D.C.P.O. §§ 50, 82, 223).3 Es liege hierin ein Vorgang, welcher volle Beachtung verdiene. Von der aufzustellenden Regel für den Fall der Entmündigung wegen Verschwendung eine Ausnahme zuzulassen, könne sich nicht empfehlen. Wenn die sonstigen Dispositionen, welche der Verschwender vor der Entmündigung getroffen habe, aufrecht erhalten blieben, so sei kein ausreichender Grund vorhanden, die in der Auftragsertheilung enthaltene Disposition von der Anwendung der Regel auszuschließen. Das Widerrufsrecht des gesetzlichen Vertreters des Entmündigten genüge, um die gegen die Anwendbarkeit der Regel sich erhebenden Bedenken zu erledigen. Betreffend das Erlöschen der Vollmacht, so sei es richtig, daß in Gemäßheit des § 91 der Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 2 2 8 - 2 3 0 , 249 - 2 5 2 ) 4 der Fortbestand des Auftrags auch den Fortbestand der Vollmacht bedinge. Dagegen lasse sich aber auch Wesentliches nicht erinnern. Es sei nicht unjuristisch, das auf Grund der Vollmacht im Namen des Vollmachtgebers abgeschlossene Geschäft trotz der inzwischen eingetretenen GeI Prot 12475 | schäftsunfähigkeit desselben deshalb aufrecht zu erhalten, weil er die Vollmacht zur Zeit der Geschäftsfähigkeit ertheilt und damals verfügt habe. Werde der Tod des Vollmachtgebers für unerheblich erachtet, so könne die Unerheblichkeit des Verlustes seiner Geschäftsfähigkeit aus juristischen Gründen nicht mehr bekämpft werden. Auch in dieser Beziehung sei der Vorgang der Civilprozeßordnung, 4a deren Bestimmungen gerade auch die Vollmacht treffen, von Belang. Dazu komme, daß die Unterscheidung zwischen Vollmacht und Auftrag große praktische Uebelstände nach sich ziehe, wie erhelle bei Unterstellung des Falles, in welchem nur Auftrag ertheilt sei (Kommission), gegenüber dem Falle, wenn Auftrag und Vollmacht gegeben worden; im ersteren Falle werde der Auftraggeber für das für ihn, aber im Namen des Beauftragten abgeschlossene Geschäft einzustehen haben, während im zweiten Falle das im Namen des Auftraggebers geschlossene Geschäft für denselben dem Dritten gegenüber nicht bindend sei, obschon der Beauftragte geltend machen 2 S. bei § 166 BGB. 3 Z P O SS 51, 86, 246. * S. bei S 168 BGB. 4a Im Original fehlt das Komma.
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10. Titel: Auftrag
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könne, ihm gegenüber sei wegen der Fortdauer des Auftrags das Geschäft als verpflichtend anzusehen. Es wurde zur Prüfung des Konkursfalles übergegangen. Die Mehrheit entschied: der Fall, wenn über das Vermögen des Beauftragten der Konkurs eröffnet worden, sei zu übergehen, für den Fall, wenn über das Vermögen des Auftraggebers der Konkurs eröffnet worden, dagegen zu bestimmen : „der Auftrag erlösche mit der Eröffnung des Konkurses, es sei denn, daß der Auftrag keine Beziehung auf das Vermögen habe." Durch den Beschluß galt der zweite Theil des Antrags N2 1 für erledigt. Die Gründe waren: Wie der Konkurs über das Vermögen des Beauftragten oder des Auftraggebers auf die schwebenden Aufträge wirke, sei eine Frage, welche in den Bereich des materiellen Konkursrechts falle. Dieser Theil des materiellen Konkursrechts sei in der Reichskonkursordnung einer umfassenden Regelung unterzogen. Ob die Regelung I sich bewährt habe oder der Aenderung und Ergänzung bedürfe, könne nur | Prot I 2476 bei der Revision der Konkursordnung zum Austrag gebracht werden. In einer Beziehung habe jedoch die Konkursordnung sich der Regelung enthalten. Die Enthaltung betreffe diejenigen Sachnormen, wodurch die Einwirkung des Konkurses auf gewisse schwebende Rechtsverhältnisse in Abweichung von den allgemeinen Regeln bestimmt sei, wobei gerade auch an das Mandat gedacht worden. Die desfallsigen singulären Vorschriften der Landesrechte seien in Kraft erhalten und somit als dem bürgerlichen Gesetzbuche vorbehalten anzusehen (§ 20 der Konkursordnung). 5 Zu prüfen sei, ob besondere Gründe obwalten, die Normen der Konkursordnung über die Einwirkung des Konkurses auf die schwebenden Vertragsverhältnisse in Beziehung auf die schwebenden Auftragsverhältnisse zu ändern oder zu ergänzen. Die Frage müsse für den Fall des Konkurses über das Vermögen des Beauftragten verneint werden. Für diesen Fall genüge einestheils das dem Auftraggeber zustehende, der Verzichtbarkeit entzogene Widerrufsrecht und anderntheils der Umstand, daß, wenn die Ausführung des Auftrags an die Person des Beauftragten geknüpft sei, das schwebende Verhältniß von dem Konkurse nicht berührt werde, da der Konkursverwalter von der Ausführung ausgeschlossen sei, überhaupt die Rechte und Pflichten aus einem solchen Mandate pro futuro von dem Beauftragten auf einen Dritten oder die Gläubigerschaft nicht übergehen könnten. Sei das Mandat von anderer als der erwähnten Beschaffenheit, so gehörten die Rechte, welche aus demselben für den Beauftragten sich ergeben, zur Konkursmasse, die aber auch, wenn sie die Rechte geltend mache, die entsprechenden Verpflichtungen zu erfüllen habe, wie der § 15 der Konkursordnung 6 zur Genüge lehre, unbeschadet des dem Auftraggeber zustehenden Widerrufsrechts. Es könne nicht zugegeben werden, daß es angemessen sei, durch eine positive Vorschrift, welche das Erlöschen des Mandats nach Vorbild mehrerer moderner Kodifikationen de jure bestimme, einzugreifen. Durch eine solche Vorschrift könnten (abgesehen davon, daß sie für die der vermögensrechtlichen Beziehung entbehrenden Aufträge nicht passe,) die Interessen des einen oder anderen Betheiligten mitunter empfindlich lei-1 den. Die Nachteile, die aus der | Prot 12477 Ablehnung einer derartigen Vorschrift sich besorgen ließen, verlören wegen des dem Auftraggeber zustehenden unverzichtbaren Widerrufsrechts ihre hauptsächliche Bedeutung. 5 Jetzt § 25 KO. * Jetzt § 17 KO. 93
§672
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Eine andere Bewandniß habe es mit dem Konkurse über das Vermögen des Auftraggebers. Zunächst leuchte ein, daß die Beschlüsse über die Wirkung des Verlusts oder der Beschränkung der Geschäftsfähigkeit hierfür von keinem Belange seien. Denn der Gemeinschuldner werde nach der Konkursordnung durch die Eröffnung des Konkurses nicht geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt. Er verliere nur die Macht, über das bei Eröffnung des Konkurses vorhandene Vermögen zu verfügen. Weiter komme Folgendes in Betracht: Vollziehe der Beauftragte nach Eröffnung des Konkurses den Auftrag, so frage sich, ob die Konkursmasse und wenn nicht, ob der Auftraggeber (der Gemeinschuldner) durch die Vollziehung verpflichtet werde. Die Verpflichtung der Masse lasse sich verneinen wegen des Grundsatzes, daß nach Eröffnung des Konkurses das zur Konkursmasse gehörende Vermögen nur der Disposition der Gläubigerschaft unterliege, mit der Verpflichtung des Gemeinschuldners werde dagegen dem Auftraggeber wenig gedient sein. Zugleich erhöben sich Zweifel über die Anwendbarkeit des § 15 der Konkursordnung, der nur von zweiseitigen Verträgen rede, folglich - auch bei Unterstellung des weitesten Verständnisses - dann nicht passe, wenn der Beauftragte einen mit der actio contraria zu verfolgenden Anspruch durch Vollziehung des Mandats nicht gewinne. Wegen dieser und anderer Schwierigkeiten empfehle sich die durchgreifende Regel, daß der Auftrag mit der Konkurseröffnung erlösche. Nur dürfe die Regel nicht auch auf die Aufträge erstreckt werden, die keine vermögensrechtliche Beziehung haben. Für Aufträge dieser Art müsse nothwendig der nur das Vermögen ergreifende Konkurs gleichgültig bleiben. Dies sei auch der Sinn des zweiten Theils des Antrags N 2 1, der jedoch einer anderen Fassung bedürfe, weil dasjenige 63 was darin ausgedrückt werden solle, sich nicht daraus mit zureichender Klarheit ergebe. 233. Sitzung vom 10. 9. 1883, Schriftführer Neubauer I Prot I 2479
I Die Berathung des Abschnitts des Obligationenrechts betreffend „den Auftrag" wurde fortgesetzt.
DresdE Art 713
Zu Artikel 713 des Entwurfes: „Mit der Erlöschung des dem Beauftragten ertheilten Auftrages erlischt auch der Auftrag des von ihm bestellten Vertreters. Hat der Auftraggeber selbst einen Vertreter seines Beauftragten bestellt, so hängt es von der Art seiner Bestellung ab, ob er nunmehr als unmittelbarer Beauftragter anzusehen oder ob sein Auftrag ebenfalls erloschen ist." war von mehreren Seiten die Streichung der Vorschrift beantragt. Der Antrag auf Streichung des Artikels wurde genehmigt. Man war der Ansicht: Der zwischen dem Beauftragten und dem Substituten geschlossene Vertrag rufe zwischen beiden ein Rechtsverhältniß hervor, welches, an sich betrachtet, dadurch sich nicht erledige, daß der dem Beauftragten von seinem Auftraggeber ertheil-1 te Auftrag erlösche. Nur wenn der Substituent bei Ertheilung des Auftrags an den Substituten hervorgehoben habe, daß er zur Ausführung des ihm von dem Auftraggeber ertheilten Auftrages den Substituten berufe, lasse sich die Annahme rechtfertigen, der Substitutionsvertrag sei stillschweigend unter der Bestimmung geschlossen, daß der Substitutionsauftrag mit Erlöschen des Hauptauftrags ende. Das Eine wie das Andere trete überzeugend bei Berücksichtigung der Fälle hervor, in wel-
Windscheid (Nr 445) v. Weber (Nr 443, 5) Planck (Nr 444, 6) I Prot I 2480
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Im Original fehlt das Komma.
10. Titel: Auftrag
§672
chen der Gegenstand des Hauptauftrags nicht ein Rechtsgeschäft oder zwar ein solches, jedoch mit der Maßgabe sei, daß der Beauftragte das aufgegebene Geschäft im eigenen Namen zu schließen habe. Der erste Satz des Artikels 713 erscheine daher nur zum Theil richtig und soweit er als richtig anzuerkennen sei, selbstverständlich. Der zweite Satz des Art. sei inhaltslos oder, wenn darin eine Auslegungsregel sich finden lasse, diese mindestens wegen Selbstverständlichkeit entbehrlich. Besondere Würdigung verdiene noch der Fall, in welchem Auftrag und Vollmacht eitheilt und der Beauftragte zugleich ermächtigt worden sei, sich einen Dritten als Vollmacbtsirägtr zu substituiren. Bestelle in einem solchen Falle der Beauftragte kraft der besonderen Substitutionsermächtigung, im Namen seines Machtgebers handelnd, einen andern Bevollmächtigten, so erscheine dieser als unmittelbarer Bevollmächtigter des Geschäftsherrn, demzufolge seine Vollmacht dadurch nicht erlöschen könne, daß der Geschäftsherr nur den dem Substituenten ertheilten Auftrag widerrufe. Denn die Ertheilung der Untervollmacht sei nach dem Prinzipe des § 88 der Zusammenstellung der auf den Allgemeinen Theil sich beziehenden Beschlüsse (Protokolle S. 221 — 223)7 als unmittelbar von dem Geschäftsherrn ausgegangen zu betrachten. Zu Artikel 714 des Entwurfs: „Nach der Erlöschung des Auftrags kann der Auftraggeber von dem Beauftragten Rückgabe oder gerichtliche Hinterlegung der dem Letzteren ausgestellten I Vollmachtsurkunde verlangen." war gleichfalls von mehreren Seiten die Streichung beantragt. Der Art. 714 galt durch den § 94 der Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 234 — 236)8 für erledigt. II. In der RedVorl, der ZustOR und im KE lauten die beschlossenen Vorschriften: Der Auftrag erlischt nicht mit dem Tode des Auftraggebers, sofern nicht aus dem Vertrage ein entgegenstehender Wille der Vertragschließenden erhellt. Ist der Auftrag durch den Tod des Auftraggebers erloschen, so hat der Beauftragte, wenn und soweit Gefahr im Verzuge ist, das aufgetragene Geschäft so lange zu besorgen, bis die Erben des Auftraggebers anderweite Fürsorge haben treffen können; für diese Geschäftsbesorgung ist der Auftrag als fortbestehend anzusehen. 9 Die Vorschriften des § 450 (KE: § 592) finden entsprechende Anwendung auf den Fall, wenn der Auftraggeber geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt wird. Der Auftrag erlischt, wenn über das Vermögen des Auftraggebers der Konkurs eröffnet wird, es sei denn, daß der Auftrag auf das Vermögen (des Auftraggebers) keinen Bezug hat (keine vermögensrechtliche Beziehung hat). Der Auftrag erlischt, wenn über das Vermögen des Auftraggebers der Konkurs eröffnet wird; 10 es sei denn, daß der Auftrag auf dieses Vermögen keinen Bezug
7 S. bei § 164 BGB. s S. bei S 172 BGB. 9 Zu § 451 ist in der RedVorl angemerkt: Zum ersten Satz zu vgl. Handelsgesetzbuch Art. 297. Bei der Berathung ist großer Werth darauf gelegt, daß es heißen müsse: „aus dem Vertrage" (seil, erhelle). Im KE § 592 bilden die beiden Sätze des $ 450 ZustOR zwei Absätze. 10 Im KE steht hier statt des Semikolons ein Komma.
95
DresdE Art 714 I Prot 12481 v. Weber (Nr 443, 6) Planck (Nr 444, 6) Windscheid (Nr 445) RedVorl § 4 5 1 / ZustOR § 450 KE § 592
RedVorl S 452/ ZustOR § 451 KE § 593 RedVorl § 454
ZustOR § 453 KE § 595
§ 672
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
hat. Ist der Auftrag erloschen, so findet die Bestimmung des § 450 Satz 2 (KE: § 592 Abs. 2) entsprechende Anwendung. Bei der 2. Beratung des KE wurde auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 601, 4) im § 592 Abs. 1 statt „entgegenstehender Wille" gesetzt: „anderer Wille" (Proti 11825). IV. Im E I lauten die Vorschriften: Der Auftrag erlischt nicht mit dem Tode des Auftraggebers, sofern nicht aus dem Vertrage ein anderer Wille der Vertragschließenden erhellt. Ist der Auftrag durch den Tod des Auftraggebers erloschen, so hat der Beauftragte, wenn und soweit Gefahr im Verzuge ist, das aufgetragene Geschäft so lange zu besorgen, bis der Erbe des Auftraggebers anderweite Fürsorge hat treffen können; für diese Geschäftsbesorgung ist der Auftrag als fortbestehend anzusehen. E I § 600 Die Vorschriften des § 599 finden entsprechende Anwendung auf den Fall, wenn der Auftraggeber geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt wird. E I § 602 Der Auftrag erlischt, wenn über das Vermögen des Auftraggebers der Konkurs eröffnet wird, es sei denn, daß der Auftrag auf dieses Vermögen keinen Bezug hat. Ist der Auftrag erloschen, so findet die Vorschrift des § 599 Abs. 2 entsprechende Anwendung. E I ξ 599
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt waren : Struckmann (Nr 3,120)
Die §§ 599, 600, 602 Der Auftrag erlischt, sofern nicht der Vertrag ein Anderes ergiebt, mit dem Tode des Auftraggebers. Das Gleiche gilt, wenn über das Vermögen des Auftraggebers der Konkurs eröffnet wird, es sei denn, daß der Auftrag auf das zur Konkursmasse gehörende Vermögen sich nicht bezieht. Der Beauftragte hat jedoch in diesen Fällen, wenn Gefahr im Verzuge ist, das aufgetragene Geschäft solange zu besorgen, bis der Erbe des Auftraggebers oder der Konkursverwalter anderweit Fürsorge hat treffen können; für diese Geschäftsbesorgung ist der Auftrag gegenüber dem Erben oder der Konkursmasse als fortbestehend anzusehen. Der Auftrag erlischt nicht dadurch, daß der Auftraggeber geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt wird. II. Eine Beratung hat nicht stattgefunden.
C. 2. Kommission I. Zu §599 lagen die Anträge vor (Prot. II, Bd. 2, S. 372; Mugdan, Bd. 2, S. 954): Struckmann (Nr 190,13)
1. die Bestimmungen des Entw. durch folgende Vorschriften zu ersetzen : Der Auftrag erlischt mit dem Tode des Auftraggebers, sofern nicht aus dem Vertrag ein Anderes sich ergiebt. Ist der Auftrag erloschen, so hat der Beauftragte, wenn Gefahr im Verzuge ist, das aufgetragene Geschäft solange zu besorgen, bis der Erbe des Auftraggebers an96
10. Titel: Auftrag
§672
derweit Fürsorge hat treffen können; für diese Geschäftsbesorgung ist der Auftrag als fortbestehend anzusehen. 2. den Abs. 1 zu fassen: Jacubezky D e r Auftrag erlischt nicht mit dem T o d e des Auftraggebers, sofern nicht etwas (Nr 203, 11) Anderes vereinbart oder nach den Umständen des Falles ein anderer Wille der V e r tragschließenden anzunehmen ist. Die Komm, lehnte den Abs. 1 des Antrags 1 ab, nahm den § 599 des Entw. an und überwies den nur in redaktioneller Beziehung abweichenden Antrag 2 sowie den Abs. 2 des Antrags 1 der R e d . K o m m . Gegen den Abs. 2 des Entw. war ein sachlicher Widerspruch nicht erhoben worden. Zu $ 600 war beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 3 7 3 ; Mugdan, Bd. 2, S. 9 5 5 ) : 1. die Vorschrift zu streichen; 2. die Vorschrift wie folgt zu fassen: Struckmann D e r Auftrag erlischt nicht dadurch, daß der Auftraggeber geschäftsunfähig oder (Nr 190, 14) in der Geschäftsfähigkeit beschränkt wird, sofern nicht aus dem Vertrag ein Anderes sich ergiebt. Ist der Auftrag erloschen, so findet die Vorschrift des § 599 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Die Komm, entschied sich für die Beibehaltung des § 600, von dem der Antrag 2 nur in der Fassung abweicht. Zu § 602 war beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 3 7 4 ; Mugdan, Bd. 2, S. 9 5 6 ) : 1. die Bestimmungen des Entw. zu fassen : Struckmann D e r Auftrag erlischt, wenn über das Vermögen des Auftraggebers der Konkurs (Nr 190, 16) eröffnet wird, es sei denn, daß der Auftrag sich nicht auf das zur Konkursmasse gehörige Vermögen bezieht. Ist der Auftrag erloschen, so findet die Vorschrift des § 599 Abs. 2 entsprechende Anwendung. 2. die Bestimmungen in folgender Fassung als § 19a in die K . O . einzustellen: Jacubezky Ein von dem Gemeinschuldner ertheilter Auftrag erlischt mit der Eröffnung des (Nr 203, 12) Konkursverfahrens, es sei denn, daß der Auftrag sich nicht auf das zur Konkursmasse gehörende Vermögen bezieht. Ist der Auftrag erloschen, so finden die V o r schriften des § 599 Abs. 2 und des § 603 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung; in Ansehung der nach der Eröffnung des Verfahrens entstandenen Ersatzansprüche ist der Berechtigte im Falle des § 599 Abs. 2 Massegläubiger, im Falle des § 603 Konkursgläubiger. Das Gleiche gilt, wenn Jemand sich durch einen Dienst- oder Werkvertrag dem Gemeinschuldner gegenüber zur Besorgung eines Geschäfts für denselben verpflichtet hat. Die K o m m , beschloß, die Berathung des § 602 mit der des § 603 zu verbinden 1 1 . II. In der VorlZust lauten die zu §§ 599, 600 gefaßten Beschlüsse: D e r Auftrag erlischt nicht mit dem T o d e des Auftraggebers, sofern nicht etwas EI-VorlZust Anderes vereinbart oder nach den Umständen des Falles ein anderer Wille der V e r - S 599 tragschließenden anzunehmen ist. Ist der Auftrag durch den T o d des Auftraggebers erloschen, so hat der Beauftragte, wenn und soweit Gefahr im Verzuge ist, das aufgetragene Geschäft so lange " Zu S 602 E I s. weiter bei § 674 BGB. 97
§673
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhäknisse
zu besorgen, bis der Erbe des Auftraggebers anderweite Fürsorge hat treffen können, für diese Geschäftsbesorgung ist der Auftrag als fortbestehend anzusehen. E I-VorlZust Die Vorschriften des § 599 finden entsprechende Anwendung, wenn der Auf§ 600 traggeber geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt wird. III., IV. In der ZustRedKom und im E II § 603 sind die §§ 599 und 600 wie folgt zusammengefaßt : E I-ZustRedKom Der Auftrag erlischt im Zweifel nicht durch den T o d oder durch den Eintritt §599 ( E l l : oder den Eintritt) der Geschäftsunfähigkeit des Auftraggebers. Erlischt der E II « 603 Auftrag, so hat der Beauftragte bei Gefahr im Verzuge die Besorgung des aufgetragenen Geschäfts fortzusetzen, bis der Erbe oder der gesetzliche Vertreter des Auftraggebers anderweit hat Fürsorge treffen können; der Auftrag gilt insoweit als fortbestehend. V. Im E II rev und E III § 659 liegt die in § 672 B G B Gesetz gewordene Fassung
§673 Der Auftrag erlischt im Zweifel durch den Tod des Beauftragten. Erlischt der Auftrag, so hat der Erbe des Beauftragten den Tod dem Auftraggeber unverzüglich anzuzeigen und, wenn mit dem Aufschübe Gefahr verbunden ist, die Besorgung des übertragenen Geschäfts fortzusetzen, bis der Auftraggeber anderweit Fürsorge treffen kann; der Auftrag gilt insoweit als fortbestehend.
A. 1. Kommission I. 232. Sitzung vom 7. 9 . 1 8 8 3 , Schriftführer Neubauer, nicht anwesend v. Kübel ι Prot I 2468 DresdEArt711
| Zu Artikel 711 des Entwurfs : „Der Auftrag erlischt mit dem Tode des Beauftragten, ausgenommen wenn er zugleich für die Erben des Beauftragten ertheilt worden ist. Ist Letzteres nicht der Fall, so sind die Erben verpflichtet, den Auftraggeber von dem Todesfalle ohne Verzögerung in Kenntniß zu setzen, einstweilen für die Erhaltung Dessen, was in Folge des Auftrages für den Auftraggeber an sie gekommen ist, zu sorgen und das aufgetragene Geschäft, soweit Gefahr mit der Verzögerung verbunden ist, fortzuführen, bis von dem Auftraggeber anderweite Fürsorge getroffen wird oder nach den Umständen getroffen werden konnte. Hinsichtlich dieser Geschäftsbesorgung sind die Erben wie Beauftragte zu betrachten. W a r der Auftrag zugleich für die Erben des Beauftragten ertheilt, so haften diese erst von dem Zeitpunkte an, zu welchem sie hiervon Kenntniß erhalten haben, für die Ausführung des Auftrages." lagen die Anträge vor: 98
10. Titel: Auftrag
§673
1. den zweiten Absatz („War der Auftrag" pp.) zu streichen (zu vergi. § 186 der v. Weber Zusammenstellung der Beschlüsse zum Obligationenrecht, Protokolle S. 1197 — (Nr 443, 3) 1199). 1 Windscheid 2. zu bestimmen: „Der Auftrag erlischt, wenn nicht das Gegentheil ausgemacht ist, durch den Tod (Nr 445) des Beauftragten. Jedoch sind die Erben des Beauftragten verpflichtet, das begonnene Geschäft, wenn Gefahr im Verzuge ist, fortzuführen, bis der Auftraggeber anderweitige Fürsorge für dasselbe hat treffen können, sowie den Auftraggeber von dem Tode des Beauftragten sofort in Kenntniß zu setzen." Planck 3. den ersten Absatz des Artikels durch folgende Bestimmungen zu ersetzen: „Der Auftrag erlischt, sofern nicht eine entgegenstehende Absicht der Vertrag- (Nr 444, 4) schließenden erhellt, durch den Tod des | Beauftragten. I Prot I 2 4 6 9 Ist der Auftrag durch den Tod des Beauftragten erloschen, so sind die Erben desselben verpflichtet u.s.w. wie im Entwürfe." den zweiten Absatz aber zu streichen.
ist.
4. zu bestimmen: Kurlbaum „Der Auftrag geht auf die Erben des Beauftragten nur über, wenn es vereinbart (Nr 447)
Die Erben des Beauftragten sind verpflichtet, dem Auftraggeber den Tod des Beauftragten unverzüglich anzuzeigen und, wenn der Auftrag auf sie nicht übergeht, für die Erhaltung dessen, was für den Auftraggeber an den Beauftragten gekommen ist, zu sorgen und das begonnene Geschäft, soweit Gefahr im Verzuge ist, fortzuführen, bis sie anderweite Fürsorge von Seiten des Auftraggebers erwarten können. Sie haben insoweit alle Rechte eines Beauftragten." Beschlossen wurde: 1. zum Absatz 1 Satz 1 : unter Ablehnung des Antrags N 2 4 Absatz 1 den Satz durch die Bestimmung zu ersetzen : „Der Auftrag erlösche, sofern nicht aus dem Vertrage ein entgegenstehender Wille der Vertragschließenden erhelle, durch den Tod des Beauftragten." 2. zum Absatz 1 Satz 2: a) in Ansehung der Fürsorgepflicht den Entwurf durch die Bestimmung zu ersetzen: „Sei der Auftrag durch den Tod des Beauftragten erloschen, so haben dessen Erben, wenn und soweit Gefahr im Verzuge sei, das Geschäft so lange zu besorgen, bis der Auftraggeber anderweite Fürsorge habe treffen können . . . , " b) in Ansehung der Erhaltungspflicht die Bestimmung des Entwurfs nicht aufzunehmen; c) in Ansehung der Anzeigepflicht (nach Ablehnung des aus dem Antrage N 2 4 ersichtlichen dahin gehenden Vorschlags, die Anzei- | ge sei allgemein und in allen | Prot 12470 Fällen, insbesondere auch in den Fällen, in welchen der Auftrag durch den Tod des Beauftragten nicht erlischt, ungesäumt zu erstatten) die Pflicht zur unverzüglichen Anzeige für alle Fälle vorzuschreiben, in welchen der Tod zum Erlöschen des Auftrags führt, ohne Unterschied, ob Gefahr im Verzuge bestand oder nicht;
ι S. bei § 285 BGB.
99
§673
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
3. zum Absatz 1 Satz 3: den Entwurf durch folgende Bestimmung zu ersetzen: „Für die Geschäftsbesorgung sei der Auftrag als fortbestehend anzusehen." 4. zum Absatz 2 die Bestimmung des Entwurfs zu streichen. Die Gründe waren : Zu 1. Es könne keinem Bedenken unterliegen, im Einklang mit dem geltenden Rechte, für den Fall des Todes des Beauftragten das Erlöschen des Auftrags vorzuschreiben. Nicht minder zweifellos sei, daß die desfallsige Bestimmung keine absolute Rechtsnorm sein könne und daß für dieselbe eine ähnliche Fassung sich empfehle, wie sie zum Abs. 1 des Art. 710 in der vorigen Sitzung beschlossen sei. Die in dem Antrage N - 4 Abs. 1 vorgeschlagene Fassung könne schon deshalb nicht gebilligt werden, weil sie auf eine juristisch nicht haltbare Auffassung hindeute. Sie schließe das — auch im Laufe der Debatte vertretene — Verständniß nicht aus: wenn mit dem Tode des Beauftragten der Auftrag nicht erlösche, so seien dessen Erben zur Erfüllung dergestalt persönlich verpflichtet, daß ihnen das Inventarrecht nicht zu statten komme. Dieser Standpunkt sei nicht haltbar. Der Erblasser habe nicht die Macht, dem Erben durch irgend eine Disposition das Inventarrecht zu entziehen oder zu schmälern (Erbrechts-Entwurf § 353 Abs. 2). Der Auftrag sei in der vorliegenden Beziehung nicht anders zu beurtheilen, als die Herstellung eines Werks, wozu der Erblasser sich derart verpflichtet habe, daß auch seine Erben das Werk zu beschaffen hätten. Wie die Haftung der Erben als Benefizialerben sich geI Prot 12471 stalte, wenn sie bei Aus- | führung des durch den Tod ihres Erblassers nicht erloschenen Auftrags fehlten, beurtheile sich nach denselben Grundsätzen, welche in den Fällen der fehler- oder mangelhaften Erfüllung einer anderen von dem Erblasser auf sie übergegangenen Verpflichtung gelten. In Beziehung auf den Auftrag dürfe ein Anderes, als nach diesen Grundsätzen eintrete, durch eine anomale Bestimmung in Ermangelung besonderer die Anomalie rechtfertigender Gründe nicht vorgeschrieben werden. zu 1K Die in dem Entwürfe vorgeschriebene Fürsorgepflicht erscheine gleichfalls unbedenklich. In Ansehung der Fassung könne es ferner wieder nur angemessen sein, eine ähnliche Fassung zu wählen, wie sie zum Abs. 2 Satz 1 des Art. 710 bestimmt worden. zu 2b. Mit dem Entwürfe den Erben des Beauftragten eine besondere Erhaltungspflicht aufzuerlegen, sei überflüssig und störend. Soweit dieselbe nicht aus der Fürsorgepflicht folge, bestimme sie sich gerade so, wie hinsichtlich der Erhaltung anderer, im Nachlaß sich befindlicher, aber nicht zur Erbschaft, sondern einem Dritten gehörender Gegenstände nach den erbschaftlichen Verpflichtungen, die — wie der Entwurf anscheinend bezwecke — zu modifiziren oder zu erweitern, kein Grund bestehe. zu 2i. Sei durch den Tod des Beauftragten der Auftrag nicht erloschen, so fehle es an genügenden Gründen, den Erben des Beauftragten die Anzeige des Todesfalls zur Pflicht zu machen. Es genüge, daß eine solche Verpflichtung nach den Umständen des Falles aus den allgemeinen, für die Bemessung der Verbindlichkeiten der Parteien maßgebenden Grundsätzen ex bona fide sich herleiten lasse. Anders verhalte es sich, wenn durch den Tod des Beauftragten der Auftrag erloschen sei. In einem solchen Falle werde der Tod zu einem so folgenschweren, den Auftraggeber meist zur ungesäumten Vorkehrung besonderer Maßregeln veranlassenden Ereignisse, daß es dringend geboten sei, die Erben zur unverzüglichen Anzeige desselben 100
10. Titel : Auftrag
§673
I ausnahmslos und nicht bloß, wenn Gefahr im Verzuge sei, für verpflichtet zu er- | Prot 12472 klären. zu 3. Es leuchte ein, daß eine gleiche Bestimmung geboten, wie die, welche zum Artikel 710 Absatz 2 Satz 2 beschlossen sei. zu 4. Gehe der Auftrag auf die Erben des Beauftragten über, so hafteten dieselben nach den erbrechtlichen Grundsätzen in gleicher Art wie ihr Erblasser. Ob und inwiefern ihnen bei Unkenntniß des Auftrags eine Pflichtversäumung nachgesehen werden dürfe, sei nach den allgemeinen Regeln zu entscheiden, welche gelten, wenn der Erbe eine von dem Erblasser auf ihn übergegangene Verpflichtung aus Unkenntniß der Existenz der letzteren nicht erfülle oder verletze, in welcher Beziehung der § 186 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 1197—1199) von Belang werden könne. Von diesen Regeln mit dem Entwürfe zu Gunsten der Erben durch eine singulare Vorschrift abzuweichen, sei in keiner Weise zu rechtfertigen. II., III. In der RedVorl, der ZustOR und im K E ξ 594 lautet die beschlossene Vorschrift: Der Auftrag erlischt mit dem Tode des Beauftragten, sofern nicht aus dem Ver- RedVorl § 453/ trage ein entgegenstehender Wille der Vertragschließenden erhellt. ZustOR § 452 Ist der Auftrag durch den T o d des Beauftragten erloschen, so haben dessen Er- KE § 594 ben dem Auftraggeber den Tod unverzüglich anzuzeigen, und ( K E : ,) wenn und soweit Gefahr im Verzuge ist, auch das aufgetragene Geschäft so lange zu besorgen, bis der Auftraggeber anderweite Fürsorge hat treffen können; für diese Geschäftsbesorgung ist der Auftrag als fortbestehend anzusehen. IV. Im E I ist die Vorschrift in § 601 enthalten, wobei es in Abs. 1 statt: „ein entgegenstehender" heißt: „ein anderer Wille", was dem zu § 592 Abs. 1 K E (s. bei § 672 BGB) gefaßten Beschluß entspricht.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Den § 601 zu fassen: Struckmann Der Auftrag erlischt mit dem T o d e des Beauftragten. (Nr 3,121) Der Erbe des Beauftragten hat dem Auftraggeber den T o d des Beauftragten unverzüglich anzuzeigen, auch, soweit Gefahr im Verzuge ist, das aufgetragene Geschäft solange zu besorgen, bis der Auftraggeber anderweit Fürsorge hat treffen können; für diese Geschäftsbesorgung ist der Auftrag als fortbestehend anzusehen. II. Eine Beratung hat nicht stattgefunden.
C. 2. Kommission I. Zu §601 lagen die Anträge vor (Prot. II, Bd. 2, S. 373f.; Mugdan, Bd. 2, S. 965): 101
§673 Struckmann (Nr 190,15)
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
1. die Vorschriften wie folgt zu fassen : Der Auftrag erlischt mit dem Tode des Beauftragten, sofern nicht aus dem Vertrag ein Anderes sich ergiebt. Ist der Auftrag erloschen, so hat der Erbe des Beauftragten dem Auftraggeber den Tod des Beauftragten unverzüglich anzuzeigen, auch, wenn Gefahr im Verzug ist, das aufgetragene Geschäft solange zu besorgen, bis der Auftraggeber anderweit Fürsorge hat treffen können; für diese Geschäftsführung ist der Auftrag als fortbestehend anzusehen. 2. in dem Antrag 1 Zeile 3 hinter „Auftraggeber" die Worte einzuschalten „soweit es thunlich und nicht mit unverhältnißmäßigen Opfern verbunden ist". Die Komm, beschloß, den § 601, mit dem der Antrag 1 sachlich übereinstimmt, beizubehalten; der Antrag 2 wurde abgelehnt. Der §601 bestimmt (Prot. II, Bd. 2, S. 516; Mugdan, Bd. 2, S. 956), daß der Auftrag durch den Tod des Beauftragten erlischt, enthält dagegen keine Bestimmung für den Fall, daß der Beauftragte geschäftsunfähig wird, während zum Ersätze des § 600 die Zus. d. Red. Komm, in ihrem § 599 neben dem Tode auch den Fall der Geschäftsunfähigkeit des Auftraggebers erwähnt. Beantragt war: 1. es hierbei zu belassen; 2. dem § 601 als Abs. 2 hinzuzufügen: Die Vorschriften des Abs. 1 finden im Falle des Eintritts der Geschäftsunfähigkeit des Beauftragten mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß an Stelle des Erben des Beauftragten dessen gesetzlicher Vertreter tritt. 3. den Abs. 2 zu fassen: Wird der Auftrag dadurch unausführbar, daß der Beauftragte die Geschäftsfähigkeit verliert oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt wird, so finden die Vorschriften des Abs. 1 Satz 2 auf den gesetzlichen Vertreter des Beauftragten entsprechende Anwendung. 4. unter Ablehnung der Anträge 2 und 3 auch in dem § 599 den Eintritt der Geschäftsunfähigkeit nicht zu erwähnen. Der Antrag 1 fand Annahme; die Anträge 2 bis 4 waren hierdurch erledigt.
II. In der VorlZust lautet die Vorschrift: E I-VorlZust Der Auftrag erlischt mit dem Tode des Beauftragten, sofern nicht etwas Anderes S 601 vereinbart oder nach den Umständen des Falles ein anderer Wille der Vertragschließenden anzunehmen ist. Ist der Auftrag durch den Tod des Beauftragten erloschen, so hat dessen Erbe dem Auftraggeber den Tod unverzüglich anzuzeigen und, wenn und soweit Gefahr im Verzuge ist, auch das aufgetragene Geschäft so lange zu besorgen, bis der Auftraggeber anderweite Fürsorge hat treffen können; für diese Geschäftsbesorgung ist der Auftrag als fortbestehend anzusehen. ZustRedKom III., IV. In der ZustRedKom § 601 und im E II § 604 lautet die Vorschrift: S 601 Der Auftrag erlischt im Zweifel durch den Tod des Beauftragten. Im Falle des E II § 604 Erlöschens hat der Erbe des Beauftragten den Tod dem Auftraggeber unverzüglich anzuzeigen und bei Gefahr im Verzuge die Besorgung des übertragenen Geschäfts forzusetzen, bis der Auftraggeber anderweit hat Fürsorge treffen können; der Auftrag gilt insoweit als fortbestehend. 102
10. Titel: Auftrag
§674
V. Im E II rev und E III § 660 liegt die in § 673 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
§674
Erlischt der Auftrag in anderer Weise als durch Widerruf, so gilt er zu Gunsten des Beauftragten gleichwohl als fortbestehend, bis der Beauftragte von dem Erlöschen Kenntniß erlangt oder das Erlöschen kennen muß.
A. 1. Kommission I. 233. Sitzung vom 10. 9. 1883, Schriftführer Neubauer I Prot 1 2 4 8 1 I Zu Artikel 715 des Entwurfs: „So lange die Erlöschung des Auftrages dem Beauftragten unbekannt ist, wer- DresdE Art 715 den durch die von ihm in Ausführung des Auftrags vorgenommenen Handlungen der Auftraggeber oder dessen Erben dem Beauftragten in derselben Weise, wie wenn der Auftrag noch bestanden hätte, Dritte jedoch, mit welchen der Beauftragte nach der Erlöschung des Auftrages gehandelt hat, nur dann verpflichtet, wenn sie zur Zeit der Handlung die Erlöschung des Auftrages gleichfalls nicht gekannt haben." lagen die Anträge vor:
1. den Eingang zu fassen: v. Weber „Im Falle des Art. 710 und des Art. 712 werden, solange die Erlöschung des Auf- (Nr 443, 7) trags dem Beauftragten unbekannt ist, durch die pp. (wie im Entwürfe)." 2. den Art. 715 dahin zu fassen: „So lange der Beauftragte das Erlöschen des Auftrags weder kannte noch kennen mußte, werden durch die von ihm in Ausführung des Auftrags vorgenommenen Handlungen der Auftraggeber oder dessen Erben dem Beauftragten in derselben Weise, wie wenn der Auftrag noch bestanden hätte, verpflichtet." falls aber dieser Antrag abgelehnt werden sollte, folgendermaßen : „Wenn der Auftrag aus anderen Gründen als durch Widerruf des Auftraggebers erloschen ist, so bleibt der Beauftragte so lange bis er von dem Erlöschen des Auftrags Kenntniß erhalten hat oder bei Anwendung gehöriger Aufmerksamkeit hätte haben können, ebenso | berechtigt, als wenn der Auftrag noch bestanden hätte. Dasselbe gilt, wenn der Auftrag unter einer Bedingung widerrufen ist, bis dahin, daß der Beauftragte von dem Eintritte der Bedingung Kenntniß erhalten hat oder bei Anwendung gehöriger Aufmerksamkeit hätte haben können."
Planck (Nr 444, 7)
Planck (Nr 448)
I Prot I 2482
3. der Antrag auf Streichung des Artikels unter Ergänzung des Artikels 710 be- Windscheid (Nr 445) ziehungsweise der an Stelle desselben beschlossenen Vorschrift durch den Zusatz: „Sei der Auftrag durch den Tod des Auftraggebers erloschen, so bleibe dennoch der Beauftragte aus dem Auftrage dem Auftraggeber gegenüber so lange berechtigt, bis er von dem Tode des Auftraggebers Kenntniß erlangt habe (zu vergleichen der zum Art. 710 unter N 2 1 aufgeführte Antrag und Protokolle S. 2464)." Der Antragsteller zu 2 zog den Hauptantrag zu Gunsten des eventuellen Antrags zurück. 103
§674
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Zunächst wurde in Folge der Anträge Ν 2 1 und 3 darüber entschieden, ob es genüge, nur den Fall des Erlöschens des Auftrags durch den Tod des Auftraggebers oder durch den beschlußgemäß dem Tode gleichzustellenden Verlust u.s.w. der Geschäftsfähigkeit desselben zu berücksichtigen. Hierfür war geltend gemacht, eine solche beschränkte gesetzliche Bestimmung werde ein Prinzip kund geben, welches auf andere verwandte Fälle von selbst anwendbar werde. Der Antragsteller zu N e 3 fügte noch hinzu: es sei überaus mißlich, in der zum Art. 710 beschlossenen Vorschrift zu bestimmen, der Auftrag erlösche (wenn es vereinbart worden) mit dem Tode des Beauftragten und erst in einem später nachfolgenden Artikel vorzuschreiben, hinsichtlich der Rechte des Beauftragten erlösche der Auftrag nicht schon mit dem Tode des Auftraggebers, sondern erst in einem späteren Zeitpunkte; es verdiene daher ohne Zweifel den Vorzug, schon bei der früher zum Artikel 710 beschlosI Prot 12483 senen Vorschrift die Bestimmung aufzu- | nehmen, die Rechte aus dem Auftrage blieben für den Beauftragten so lange bestehen, bis er von dem Tode des Auftraggebers Kenntniß erlangt habe. Die Mehrheit erklärte sich gegen die vorgeschlagene Beschränkung und für die Aufnahme einer prinzipiellen Vorschrift, nach Maßgabe des Entwurfs und des Antrags N 2 2. Sie war der Ansicht: Die vorgeschlagene Beschränkung würde eine Lükke hervorrufen, die von großer Bedeutung werden könne; es fehle jede Bürgschaft, daß in der beschränkten Vorschrift ein auch auf andere Fälle anwendbares Prinzip werde erblickt werden; man könne darin vielleicht mit noch größerem Rechte eine singuläre Vorschrift finden, die keineswegs auf andere Fälle ausgedehnt werden dürfe; diese anderen Fälle seien aber von nicht geringem Belange; es gehörten dahin nämlich alle diejenigen, in welchen von den Parteien vereinbart oder von dem Auftraggeber bestimmt worden, daß der Auftrag mit dem Eintritte einer positiven oder negativen Thatsache erlöschen oder nicht ausgeführt werden solle. Auch das aus der Trennung der jetzt zu beschließenden Vorschrift von der zum Art. 710 früher beschlossenen Bestimmung hergeleitete Bedenken könne nicht für begründet erachtet werden. Einmal falle es schon an und für sich als lediglich redaktioneller Natur nur wenig ins Gewicht, sodann aber sei zu beachten, daß nach den früher gefaßten Beschlüssen der Auftrag durch den Tod des Auftraggebers beziehungsweise durch Aufhebung oder Minderung seiner Geschäftsfähigkeit nur dann erlösche, wenn es vereinbart sei, demgemäß die zum Art. 710 beschlossene Vorschrift zunächst dahin laute: „Der Auftrag erlischt nicht mit dem Tode des Auftraggebers, sofern nicht aus dem Vertrage ein entgegenstehender Wille der Vertragschließenden erhellt." Der Fall des Erlöschens des Auftrags durch den Tod des Auftraggebers sei also nur ein spezieller Fall der Gruppe von Fällen, in welchen nach der Parteiberedung der Auftrag mit dem Eintritte einer gewissen Thatsache erlöschen solle und I Prot 12484 für die durch eine prinzipielle Vorschrift allgemein Vorsorge zu treffen | der Art. 715 gerade vorzugsweise bestimmt erscheine. Das in dem Art. 715 enthaltene Prinzip: in Ansehung der Rechte des Beauftragten erlösche der Auftrag erst mit dem Zeitpunkte, wo der Beauftragte die entscheidene Thatsache in Erfahrung bringe, fand als der Billigkeit entsprechend keine Beanstandung. Im Uebrigen wurde beschlossen, was folgt: 1. Im Eingange des Artikels soll nach Anleitung des Antrags Nr. 2 der Fall des unbedingten Widerrufs aufgenommen werden. Man war der Meinung, die Hineinziehung des Falls des unbedingten Widerrufs, obschon dieser als ein einseitiges Rechtsgeschäft sich darstelle, welches nothwendig 104
10. Titel: Auftrag
§674
dem Beauftragten gegenüber vorgenommen werden müsse, passe doch nicht zu der dem § 51 der Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 99—106, 117, 118)1 zum Grunde liegenden Empfangstheorie, wohl aber leide das Prinzip auf den Fall des bedingten Widerrufs Anwendung; bei der Redaktion werde zu prüfen sein, ob der letztere Fall mit dem Antrage N 2 2 durch eine besondere Vorschrift oder kürzer dadurch zu erledigen sei, daß nur der Fall des unbedingten Widerrufs von der Regel ausgenommen werde. 2. Im Einklänge mit dem Antrage N 2 2 und gegen den Antrag N 2 3 soll nicht bestimmt werden: nur dem Auftraggeber gegenüber blieben die Rechte aus dem Auftrage bestehen. Die Mehrheit ging davon aus: habe der Beauftragte als Bevollmächtigter in gutem Glauben mit einem Dritten in Namen des Auftraggebers ein Rechtsgeschäft geschlossen, so müsse auch der Dritte geschützt werden und die Regel: die Vollmacht erlösche erst mit dem Auftrage, ihre Geltung behaupten; denn sonst würde der Dritte sich an den Beauftragten halten (§ 98 der Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 253 — 258)2 und dieser auf Grund der vorliegenden Bestimmung seinen Regreß gegen den Auftraggeber nehmen, | so daß materiell der letztere nichts gewinne, indem er zwar nicht an | Prot I 2485 das in seinem Namen abgeschlossene Geschäft gebunden sei, wohl aber für das Interesse wegen dessen Nichterfüllung aufkommen müsse, wobei noch der Beauftragte gegen den Zweck des Gesetzes dann der leidende Theil sein könne, wenn der Auftraggeber sich als zahlungsunfähig erweise. 3. Mit dem Antrage N 2 2 soll eine Fassung gewählt werden, welche in Beziehung auf die Frage, ob der Beauftragte die entscheidende Thatsache gekannt habe, die Beweislast des Auftraggebers ergiebt. Man erachtete eine solche Normirung der Beweislast aus Billigkeitsrücksichten für geboten. 4. Mit dem Entwürfe und den Anträgen soll nur die Fortdauer der Rechte des Beauftragten, nicht auch die Fortdauer seiner Verpflichtungen bestimmt werden. Erwogen war: Das Fortbestehen der Verpflichtungen des Beauftragten stehe im Widerspruch mit dem Zwecke der in Rede stehenden Vorschrift, welcher Zweck ja nur auf eine Begünstigung des Beauftragten gerichtet sei. Daß der Beauftragte, wenn er, von dem Erlöschen des Auftrags nicht unterrichtet, dessen Ausführung unternehme oder fortsetze, bei dieser Aus- oder Fortführung die Verpflichtungen zu erfüllen habe, wie sie einem Beauftragten oblägen, sei unleugbar, indessen zu bestimmen überflüssig, weil, wenn man auch nicht als selbstverständlich zu betrachten haben sollte, daß, insoweit der Beauftragte im guten Glauben an die Fortdauer seines Auftrags handele, ihn auch die Verpflichtungen des Beauftragten treffen, doch jedenfalls die gleiche Verpflichtung sich schon aus den Grundsätzen über die negotiorum gestio ergebe (§ 274 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 1606-1611, 1615, 1616, 1641-1646). 3 Wenn auch das sofortige Erlöschen der Pflichtseite einige praktische Unzuträglichkeiten nach sich zu ziehen vermöge und obschon aus jenem Erlöschen folge, daß die dem Auftraggeber zur Sicherung der mit | der actio directa verfolgbaren Ansprüche bestellten | Prot 12486 Nebenrechte in Ansehung der erst nach dem Todesfalle dem Beauftragten bei der Aus- und Fortführung des Auftrags zur Last fallenden Pflichtversäumungen nicht 1 S. bei J 130 BGB. 2 S. bei S 179 BGB. 3 S. bei § 677 BGB.
105
§674
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
geltend gemacht werden könnten, namentlich etwaige Bürgen nicht haften würden, so dürfe doch hierauf im Hinblicke auf den erwähnten Zweck des Gesetzes kein ausschlaggebendes Gewicht gelegt werden. 5. Bei der Redaktion soll geprüft werden, ob es nicht angemessener sei, die Fortdauer der Rechte des Beauftragten im Einklänge mit den zu den Artikeln 710 und 711 gefaßten Beschlüssen dahin auszudrücken: „Der Auftrag sei in Ansehung jener Rechte als fortbestehend anzusehen." Für zweifellos galt, daß bei einer solchen Fassung die von der Mehrheit für richtig erachtete Ansicht zum Ausdrucke gelange : der auf Vertrag beruhende Auftrag oder genauer dessen Wirkungen dauern fort und es handele sich keineswegs um eine obligatio legalis. (zu vergi. S. 2464).3a 6. Mit den Anträgen N 2 2 und 3 und abweichend von dem Entwürfe soll des Dritten keine Erwähnung geschehen. Man glaubte, daß in Ansehung der Rechtsstellung des Dritten die über die Vollmacht beschlossenen Vorschriften genügten und daß die letzteren insbesondere auch für den Fall zur Richtschnur dienen müßten, wenn zwar nicht der Beauftragte (Bevollmächtigte), wohl aber der Dritte von der entscheidenden Thatsache unterrichtet war. In einem solchen Falle werde zwar in Gemäßheit der für das Erlöschen der Vollmacht geltenden Bestimmungen der Auftraggeber durch das mit dem Dritten geschlossene Geschäft gebunden; hiergegen sich aber auch nichts Wesentliches erinnern, es sei dabei nur in Betracht zu ziehen, daß die Berechtigung des Dritten, sofern ihm Arglist zur Last falle, schon nach allgemeinen Grundsätzen ausgeschloßen sei (zu vergi, die §§91 und 93 der Zusammenstellung der zum Allgemeinen Theil beschlossenen Vorschriften Protokolle S. 2 2 8 - 2 3 2 , 249-252). 4 I Prot 12487
| 7. In Uebereinstimmung mit dem Antrage N 2 2 soll das „Wissenmüssen" dem „Wissen" gleichgestellt und bei der Fassung die Note S. 33 der Zusammenstellung der Beschlüsse zum Allgemeinen Theil 5 berücksichtigt werden. Die Ausdehnung wurde in Rücksicht auf die Rechtsstellung der Betheiligten und aus Gründen der Billigkeit für angemessen erachtet. 8. Der Fall, wenn über das Vermögen des Auftraggebers Konkurs eröffnet wird, soll nicht besonders ausgezeichnet werden. Man erachtete es nicht für erforderlich, den Konkursfall von der beschlossenen Regel auszunehmen und ebensowenig für nöthig, die dem Konkursrechte angehörende Frage zu erledigen, ob, wenn der Beauftragte in Unkenntniß von der Eröffnung des Konkurses den Auftrag ausführe oder die Ausführung fortsetze, er wegen seiner mit der actio mandati contraria verfolgbaren Ansprüche Konkursgläubiger oder gar Massegläubiger werde oder nur an die Person des Gemeinschuldners und an das von diesem erst nach der Eröffnung des Konkurses erworbene Vermögen sich halten könne.
DresdE Art 716
Zu Artikel 716 des Entwurfs : „War die Erlöschung des Auftrages zu der Zeit, wo der Beauftragte als solcher mit einem Dritten gehandelt hat, Jenem bekannt, Diesem aber unbekannt, so wird der Auftraggeber dem Dritten nicht verpflichtet, ausgenommen wenn im Falle der Erlöschung durch Widerruf oder Kündigung der öffentlich bekannt gemachte Auftrag von dem Auftraggeber nicht auf gleiche Weise öffentlich widerrufen worden S. bei § 672 BGB, o. S. 90. • S. bei § 168 und § 171 BGB. 5 S. bei § 119 BGB.
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10. Titel: Auftrag
§674
ist, oder wenn der Auftraggeber selbst dem Dritten den Beauftragten als solchen angezeigt oder die Vollmachtsurkunde in den Händen des Beauftragten gelassen hat, oder wenn der Dritte | nach den Umständen den Beauftragten als solchen annehmen durfte und dem Auftraggeber diese Umstände bekannt waren." war von mehreren Seiten die Streichung der Vorschrift beantragt. Der Artikel galt durch die §§ 92 — 94 der Zusammenstellung der auf den Allgemeinen Theil sich beziehenden Beschlüsse (Protokolle S. 230 — 239)6 für erledigt.
I Prot 12488
Planck (Nr 444, 8) v. Weber Nr 443, 8) Windscheid II. In der RedVorl und der ZustOR lautet die beschlossene Vorschrift: (Nr 445) Erlischt der Auftrag aus anderen Gründen als durch einen nicht bedingten Wi- RedVorl § 455 derruf, so ist er in Ansehung der dem Beauftragten zukommenden Rechte so lange ZustOR § 454
als fortbestehend anzusehen, bis derselbe von der das Erlöschen bewirkenden Thatsache Kenntniß erlangt hat oder hätte erlangen müssen.7 III., IV. Im KE § 596 und im E I § 603 lautet die Vorschrift: Erlischt der Auftrag aus einem anderen Grunde als durch einen nicht bedingten KE § 596 Widerruf, so ist er in Ansehung der dem Beauftragten zukommenden Rechte so EI § 603 lange als fortbestehend anzusehen, bis der Beauftragte von der das Erlöschen bewirkenden Thatsache Kenntniß erlangt hat oder hätte erlangen müssen.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Den § 603 zu fassen: Struckmann Solange der Beauftragte sich in entschuldbarer Unkenntniß über das Erlöschen (Nr 3,122) des Auftrags befindet, ist der Auftrag als fortbestehend anzusehen. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn der Auftrag durch einen nicht an eine Bedingung geknüpften Widerruf oder durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Auftraggebers erloschen ist. II. Eine Beratung hat nicht stattgefunden.
C. 2. Kommission I. Zu §603 lagen die Anträge vor (Prot. II, Bd. 2, S. 374f.; Mugdan, Bd. 2, S. 956f.): 1. die Bestimmung wie folgt zu fassen: Struckmann Solange der Beauftragte sich in entschuldbarer Unkenntniß über das Erlöschen (Nr 190,17) des Auftrags befindet, ist der Auftrag als fortbestehend anzusehen, es sei denn, daß der Auftrag durch einen nicht an eine Bedingung geknüpften Widerruf oder durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Auftraggebers erloschen ist. * S. bei S§ 170, 171, 172 BGB. 7 Dazu ist in RedVorl und ZustOR angemerkt: Wegen „müssen" zu vergi. Allg.Th. S. 33 Note, s. diese bei §119 BGB. 107
§674
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
2. die Worte „nicht bedingten" zu streichen. Die Komm, nahm den Antrag 2 zu § 6028 und den Antrag 2 zu § 603 an. Der Antrag 1 zu § 603 wurde, soweit er eine sachliche Aenderung des Entw. enthält, abgelehnt. II. In der VorlZust lautet § 603: E I-VorlZust Ein erloschener Auftrag ist (zu Gunsten des Beauftragten) so lange als fortbeste§ 603 hend anzusehen, bis der Beauftragte von der das Erlöschen bewirkenden Thatsache Kenntniß erhalten hat oder hätte erhalten müssen. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn der Auftrag durch Widerruf des Auftraggebers erloschen ist. § 602 ist gestrichen und dazu ist angemerkt: In dem Art. 13 des Entwurfs eines Einführungsgesetzes soll folgende Vorschrift als § 19a eingestellt werden: Ein von dem Gemeinschuldner erstellter Auftrag erlischt mit der Eröffnung des Konkursverfahrens, es sei denn, daß der Auftrag sich nicht auf das zur Konkursmasse gehörende Vermögen bezieht. Ist der Auftrag erloschen, so finden die Vorschriften des § 599 Abs. 2 und des § 603 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung; in Ansehung der nach der Eröffnung des Verfahrens entstandenen Ersatzansprüche ist der Berechtigte im Falle des § 599 Abs. 2 Massegläubiger, im Falle des § 603 Konkursgläubiger. III. In der ZustRedKom lautet § 603: E I-ZustRedKom Ist der Auftrag in anderer Weise als durch Widerruf erloschen, so gilt er zu S 603 Gunsten des Beauftragten gleichwohl als fortbestehend, bis der Beauftragte von der das Erlöschen bewirkenden Thatsache Kenntniß erlangt hat oder diese Thatsache hätte kennen müssen. Der § 602 E I ist in der ZustRedKom gestrichen. Dazu ist angemerkt: In den Art. 13 des Entwurfes eines Einführungsgesetzes soll folgende Vorschrift als § 19 a eingestellt werden : Ein von dem Gemeinschuldner ertheilter Auftrag erlischt durch die Eröffnung des Konkursverfahrens; es sei denn, daß der Auftrag sich nicht auf das zur Konkursmasse gehörende Vermögen bezieht. Erlischt der Auftrag, so finden die Vorschriften des § 599 Satz 2 und des § 603 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechende Anwendung; in Ansehung der nach der Eröffnung des Verfahrens entstandenen Ersatzansprüche ist der Berechtigte im Falle des § 599 Abs. 2 Massegläubiger, im Falle des § 603 Konkursgläubiger. Auf eine mit dem Auftrage verbundene Vollmacht findet die Vorschrift des § 603 keine Anwendung. Diese Anmerkung ist wie folgt geändert worden: Die Note zu § 602 ist, wie folgt zu ändern: Ein von dem Gemeinschuldner . . . im Falle des § 603 Konkursgläubiger. Das Gleiche gilt, wenn sich Jemand durch einen Dienst- oder Werkvertrag verpflichtet hat, für den Gemeinschuldner ein ihm von diesem übertragenes Geschäft zu besorgen. Auf eine mit der Verpflichtung zur Geschäftsbesorgung verbundene Vollmacht findet die Vorschrift des § 603 des Bürgerlichen Gesetzbuchs keine Anwendung. 8
Zu § 602 war beschlossen, diese Vorschrift mit § 603 zusammen zu beraten, s. bei § 672 BGB.
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10. Titel: Auftrag
§675
Dazu enthält die ZustRedKom die folgende weitere Änderung: Der 2. Absatz des zu § 6 0 2 beschlossenen § 19 a der Konkursordnung ist zu streichen. Den Änderungen liegen die folgenden Beschlüsse der Gesamtkom. zugrunde (Prot. II, Bd. 2, S. 517; Mugdan, Bd. 2, S. 598): Auf Grund der Beschlüsse der Red.Kom. war beantragt, dem zum Ersätze des § 602 beschlossenen § 19a der K.O. hinzuzufügen: Das Gleiche gilt, wenn sich Jemand durch einen Dienst- oder Werkvertrag verpflichtet hat, für den Gemeinschuldner ein ihm von diesem übertragenes Geschäft zu besorgen. Der Antrag wurde ohne Widerspruch angenommen. Die Red.Kom. hatte ferner zur K.O. folgende Zusätze beschlossen: 1. zu $ 19a: Auf eine mit dem Auftrage verbundene Vollmacht findet die Vorschrift des § 603 keine Anwendung. 2. zu dem an die Stelle des § 653 tretenden § 19b: Auf eine nach dem Gesellschaftsvertrage mit der Geschäftsführung verbundene Vertretungsmacht findet die Vorschrift § 654 des B.G.B, keine Anwendung. Hierzu war der Antrag gestellt, die Zusätze in folgender Weise zu fassen: a) zu § 19a: Soweit eine mit der Verpflichtung zur Geschäftsführung verbundene Vollmacht nach § 138 Abs. 2 und § 603 des B.G.B. Dritten gegenüber als fortbestehend gilt, finden die Bestimmungen des § 6 Anwendung. b) zu § 19b: Soweit eine nach dem Gesellschaftsvertrage mit der Geschäftsführung verbundene Vertretungsmacht nach § 138 Abs. 2 und § 654 des B.G.B. Dritten gegenüber als fortbestehend gilt, finden die Bestimmungen des § 6 Anwendung. Der letztere Antrag wurde zurückgezogen. Die Komm, beschloß, die Zusätze der Red.Komm. zur K.O. §§ 19a und 19b zu streichen. IV. Im Ε II § 605 lautet die zu § 603 E I beschlossene Vorschrift: Ist der Auftrag in anderer Weise als durch Widerruf erloschen, so gilt er zu E II § 605 Gunsten des Beauftragten gleichwohl als fortbestehend, bis der Beauftragte von der das Erlöschen bewirkenden Thatsache Kenntniß erlangt hat oder diese Thatsache hätte kennen müssen. V. Im E II rev und im E III § 667 liegt die in § 674 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
S 675 Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstande hat, finden die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung. 109
§675
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
A. 1. Kommission I. 233. Sitzung vom 10. 9. 1883, Schriftführer Neubauer I Prot I 2488
| Es w a r ferner beantragt:
am Schlüsse des Abschnitts über den Auftrag oder des Abschnitts über den Dienstvertrag folgenden neuen Paragraphen hinzuzufügen: „Hat sich Jemand durch Dienstvertrag verpflichtet, ein Geschäft für den Dienstherrn zu besorgen, so finden hierauf, sofern nicht eine entgegenstehende Absicht der Vertragschließenden erhellt, die Vorschriften der §§5—12 der Redaktionsvorlage1 über den Auftrag (d. h. der Beschlüsse zu Art. 692, 693, 696, 699, 700, 702, 703, 704, Protokolle S. 2409 - 2440)2 und der §§ 710 Abs. 2, 711 Abs. 2 und 715 des Entwurfs 3 (in der vom Antragsteller vorgeschlagenen Fassung) entsprechende Anwendung. Dasselbe gilt, wenn Jemand durch Gesetz oder richterliche Verfügung (insbesondere durch Amtspflicht) zur Besorgung eines Geschäfts für einen Andern verpflichtet ist, sofern nicht für das betreffende Verhältniß etwas Anderes bestimmt ist, oder sich aus dessen Natur ergiebt." Die in dem Antrage angezogenen §§5—12 der vorläufigen Zusammenstellung der Beschlüsse lauten :
s5 I Prot 12489
„Im Zweifel ist anzunehmen, daß der Auf- | trag auf persönliche Ausführung durch den Beauftragten gerichtet ist." oder „Im Zweifel ist anzunehmen, daß der Beauftragte sich verpflichtet hat, den Auftrag in Person auszuführen." §6 „Hat der Beauftragte befugterweise die Besorgung des Geschäfts einem Anderen übertragen, so haftet er nur wegen einer bei dieser Uebertragung ihm zur Last fallenden Fahrlässigkeit. Hat er befugterweise bei der Ausführung des Auftrags (nur) eines Gehülfen sich bedient, so findet der zweite Absatz des § 166 Anwendung." 57 „Der Beauftragte darf (bei der Ausführung des Auftrags) von einer Anweisung des Auftraggebers abweichen, wenn Umstände vorliegen, welche die Annahme begründen, die Abweichung würde von dem Auftraggeber bei Kenntniß der Sachlage gebilligt werden. Der Beauftragte hat jedoch vor der Abweichung, soweit thunlich, (soweit die Verhältnisse es zulassen), dem Auftraggeber Anzeige zu erstatten und dessen Entschließung einzuholen." 58 „Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber über die Ausführung des Auftrags Rechenschaft zu ertheilen. Bei einer Vermögensverwaltung hat er dem Auftraggeber eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthaltende und mit Belegen versehene Rechnung abzulegen."
1 Gemeint ist eine Verfassung der auch in dieser Edition sog. RedVorl von Pape. 2 S. bei §§ 664, 665, 666/667, 668, 669, 670 BGB. 3 S. bei §§ 672, 673, 674 BGB.
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10. Titel: Auftrag
§675
§9 I „Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber dasjenige, was er zum | Prot I 2490 Zweck der Ausführung des Auftrags erhalten, sowie dasjenige, was er aus der Ausführung desselben erlangt hat, mit Einschluß der (davon) gezogenen Nutzungen herauszugeben (zu verabfolgen)." §10 „Hat der Beauftragte Gelder, welche dem Auftraggeber gebühren (herauszugeben oder für diesen zu verwenden sind) in eigenen Nutzen verwendet, so ist er verpflichtet, dieselben von der Zeit der Verwendung an zu verzinsen." SU „Sind zur Ausführung des Auftrags Aufwendungen nöthig, so hat der Auftraggeber dem Beauftragten auf dessen Verlangen den zur Bestreitung derselben erforderlichen Vorschuß zu leisten." S 12 „Der Auftraggeber ist verpflichtet, dem Beauftragten die Aufwendungen zu ersetzen, welche zur Ausführung des Auftrags erforderlich geworden sind. Als erforderlich geworden gelten die Aufwendungen, welche der Beauftragte bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters zum Zwecke der Ausführung des Auftrags für erforderlich anzusehen hatte. Eine Geldaufwendung hat der Auftraggeber von der Zeit der Aufwendung an zu verzinsen. Unter der im ersten Absatz bezeichneten Voraussetzung ist der Auftraggeber auch verpflichtet, den Beauftragten von dem zum Zweck der Ausführung des Auftrags eingegangenen Verbindlichkeiten zu befreien; er kann | jedoch an Stelle dieser | Prot 12491 Befreiung dem Beauftragten wegen der Ersatzansprüche, welche sich für denselben aus der Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit ergeben würden, Sicherheit leisten. Besteht die Verbindlichkeit in einer fälligen Geldschuld, so ist der Beauftragte berechtigt, von dem Auftraggeber die Zahlung der zur Erfüllung der Verbindlichkeit erforderlichen Geldsumme zu verlangen." Zu Absatz 1 des obigen Antrags war der Verbesserungsantrag gestellt, zu bestimmen: „Auf den Dienstvertrag finden die §§ 5 — 12 u.s.w. Anwendung." Der vorstehende Verbesserungsantrag sowohl als der erste Absatz des Hauptantrags wurden abgelehnt, der zweite Absatz des Hauptantrags sodann zurückgezogen. Erwogen war: Die in den beiden Anträgen erwähnten Vorschriften, die auf den Dienstvertrag für entsprechend anwendbar erklärt werden sollten, seien nur für den Mandatsvertrag beschlossen. Zuzugeben sei, daß eine und dieselbe Handlung bald Gegenstand eines Mandatsvertrags bald eines Dienstvertrags sein könne. Dies sei um so unleugbarer, als der Mandatsvertrag sich auf den Abschluß eines Rechtsgeschäfts nicht zu beziehen brauche. Anzuerkennen sei ferner, daß für eine große Zahl von Dienstverträgen die in Frage kommenden Vorschriften zu einer entsprechenden Anwendung mehr oder weniger geeignet seien und daß, wenn sie auf den Dienstvertrag für anwendbar erklärt würden, die Schwierigkeit, den Mandatsvertrag von dem Dienstvertrage zu unterscheiden, einen nicht geringen Theil ihrer Bedeutung verliere. Gleichwohl bleibe die vorgeschlagene Ausdehnung in hohem Maße bedenklich. Unverkennbar 111
§675
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
gebe es doch eine nicht geringe Zahl von Dienstverträgen, auf welche die betreffenden Bestimmungen oder die eine oder die andere derselben nicht paßten. Werde nichtsdestoweniger die Abwendbarkeit schlechthin bestimmt, so würden sich in der I Prot 12492 Praxis unfehlbar mancherlei Zweifel erheben und viele Streitigkeiten unaus- | bleiblich sein. Soweit die fragliche Anwendbarkeit gerechtfertigt sei, werde im Wege der Auslegung des konkreten Vertrags ein Ergebniß sich gewinnen lassen, welches die beantragte Ausdehnung entbehrlich mache (zu vergi. § 61 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 635, 636).4 Möglich sei ferner, daß in einem Dienstverhältniß dem Dienstverpflichteten von dem Dienstberechtigten ein Auftrag ertheilt werde, welcher juristisch sich nur als ein wahrer Auftrag auffassen lasse und daher der Beurtheilung nach den für das Mandat geltenden Rechtsnormen unterliegen müsse, wiewohl mit einigen aus dem Dienstverhältnisse sich ergebenden Modifikationen, insbesondere hinsichtlich des Kündigungsrechts. Indessen auch für solche Fälle habe das Gesetz ein Besonderes nicht vorzusehen, weil ein verständiger Richter in der richtigen Beurtheilung des betreffenden Rechtsverhältnisses kaum fehlgreifen könne. Der Hauptantrag lasse übrigens noch ein anderes Verständniß zu, nämlich das: der Unterschied zwischen Mandats- und Dienstvertrag bestehe nicht in der Beschaffenheit des aufgetragenen oder bedungenen facere, auch nicht in dem, was über die Vergütung vereinbart worden, da eine solche bei beiden Verträgen bestimmt werden könne — und höchstens sich behaupten lasse, der Vertrag, nach welchem eine Vergütung nicht zu leisten sei, könne nicht ein Dienstvertrag sein, — sondern einzig und allein in demjenigen, was über die Beendigung des Verhältnisses (namentlich in Beziehung auf Kündigung und Widerruf) ausdrücklich oder stillschweigend von den Parteien vereinbart worden. So aufgefaßt müsse der Antrag abgelehnt werden, weil er dem früheren Beschlüsse widerstrebe, nach welchem eine derartige Bestimmung in das Gesetzbuch nicht aufgenommen werden solle (Protokolle S. 2385 — 2388).5 In Beziehung auf den zweiten Absatz des Hauptantrags (zu vergi, bayrischer Entwurf Art. 721) war zur Sprache gelangt: S. 1606 und 1607 der Protokolle 6 sei bemerkt, wenn ein Beamter kraft seines Amts das Geschäft eines Anderen zu besorI Prot 12493 gen habe, so wer- | de auf die Vorschriften über Mandat zurückzugreifen sein; die Bemerkung dürfe nicht so verstanden werden, daß zwischen dem Beamten und dem Dritten unmittelbar ein nach den Vorschriften über Mandat zu beurtheilendes privatrechtliches Verhältniß entstehe. Es solle damit nur ausgedrückt sein, bei der Geschäftsbesorgung sei im Zweifel der Beamte nicht so gebunden wie der negatiorum gestor, sondern habe die freiere Stellung eines Mandatars. Ob und inwiefern aber ein unmittelbares privatrechtliches Verhältniß zwischen dem Beamten und dem Dritten entstehe, bestimme sich nach den Vorschriften des öffentlichen Rechts und könne nicht im Gesetzbuche, am wenigstens durch eine allgemeine Regel, entschieden werden.
• S. bei % 242 BGB. 5 S. bei §§ 662, 676 BGB. 6 S. bei § 677 BGB.
112
11. Titel: Geschäftsführung ohne Auftrag
§§677-678, 680-681
C. 2. Kommission I. Es lag der Antrag vor, hinter § 603 folgende Bestimmung als § 603 a einzu- Struckmann schalten (Prot. II, Bd. 2, S. 376; Mugdan, Bd. 2, S. 958): (Nr 159, 34) Die Vorschriften der §§ 590 bis 595, 599 bis 603 finden entsprechende Anwendung, wenn die Verpflichtung zur Geschäftsbesorgung in einem Dienst- oder Werkvertrage übernommen ist. Der Antrag wurde angenommen. II., III. In der VorlZust und der ZustRedKom lautet die beschlossene Vorschrift: Die Vorschriften der §§ 590 bis 595, 599 bis 603 finden entsprechende Anwen- E I-VorlZust/ dung, wenn die Verpflichtung zur Geschäftsbesorgung in einem Dienst- oder ZustRedKom Werkvertrage übernommen ist. § 603 a IV. Im E II lautet die Vorschrift als § 606: Die Vorschriften der $$ 596 bis 601, 603 bis E II §§ 606, 605 finden entsprechende Anwendung, wenn die Verpflichtung zur Geschäftsbesorgung durch einen Dienst- oder einen Werkvertrag übernommen ist. V. Im E II rev § 662 lautet die Vorschrift: Wird die Verpflichtung zu einer Geschäftsbesorgung durch einen Dienstvertrag E II rev § 662 oder einen Werkvertrag übernommen, so finden die Vorschriften der §§ 652 bis 657, 659 bis 661 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 658 Abs. 2 entsprechende Anwendung. VI. Im E III § 662 liegt die in § 675 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
ELFTER TITEL Geschäftsführung ohne Auftrag §677 Wer ein Geschäft für einen Anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, hat das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder muthmaßlichen Willen es erfordert.
§678 Steht die Ueberaahme der Geschäftsführung mit dem wirklichen oder dem muthma£lichen Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch und mußte der Geschäftsführer dies erkennen, so ist er dem Geschäftsherrn zum Ersätze des aus der Geschäftsführung entstehenden Schadens auch dann verpflichtet, wenn ihm ein sonstiges Verschulden nicht zur Last fällt. 113
§ § 6 7 7 - 678, g g g _ gg^
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse § 680
Bezweckt die Geschäftsführung die Abwendung einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr, so hat der Geschäftsführer nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. §681
Der Geschäftsführer hat die Uebernahme der Geschäftsführung, sobald es thunlich ist, dem Geschäftsherrn anzuzeigen und, wenn nicht mit dem Aufschübe Gefahr verbunden ist, dessen Entschließung abzuwarten. Im Uebrigen finden auf die Verpflichtungen des Geschäftsführers die für einen Beauftragten geltenden Vorschriften der §§ 666 bis 668 entsprechende Anwendung. A. 1. Kommission 1.165. Sitzung vom 19. 1. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend Gebhard Es wurde zur Berathung des Theilentwurfes des Obligationenrechts (N 2 4) übergegangen, welcher mit der Ueberschrift: „Geschäftsführung ohne Auftrag" versehen ist. Eine vorausgeschickte allgemeine Besprechung führte zu dem Beschlüsse, bei der Berathung dieses Abschnitts zunächst nur den Fall zu unterstellen: „Jemand besorgt ein Geschäft für einen Andern in der Absicht, dessen Interesse zu wahren und mit dem Willen, sich und den Andern dadurch zu verpflichten." Der Beschluß ging aus der Erwägung hervor: Bei der Unterstellung jenes zweifellos als negotiorum gestio sich darstellenden Falles würde die Feststellung der für denselben maßgebenden Rechtsnormen den geringsten Schwierigkeiten unterliegen und nach Feststellung dieser Normen die Beurtheilung, ob und inwiefern dieselben auf andere Fälle anwendbar seien, sich erheblich vereinfachen. Einverständniß bestand, daß durch den Beschluß der Frage nicht vorgegriffen sei, ob nicht für die Redaktion des Gesetzes der abweichenden Disposition des Entwurfs der Vorzug gebühre, worüber nachträglich zu beschließen, vorbehalten blieb, IProti 1602 daß | ferner auf die zunächst ausscheidenden Fälle nach Erledigung des § 244 des Entwurfs näher einzugehn sein werde. Zu den §§ 233, 234 des Entwurfs, welche lauten: S 233 TE-OR (Nr 4) „Unternimmt Jemand die Besorgung des Geschäfts eines Anderen, ohne von die§ 233 sem damit beauftragt oder von Amtswegen dazu gerufen zu sein, so haftet er dem Geschäftsherrn selbst für geringe Fahrlässigkeit, ausgenommen wenn er in einem Nothfalle zur Abwendung eines dem Geschäftsherrn ohne seine Dazwischenkunft drohenden Nachtheils gehandelt hat, in welchem Falle er nur für absichtliche Verschuldung und grobe Fahrlässigkeit haftet. Hat der Geschäftsführer gegen das Verbot des Geschäftsherrn ohne einen der in § 239 zugelassenen Rechtfertigungsgründe mit der Geschäftsführung sich befaßt, oder ein fremdes Geschäft in rechtswidriger Absicht als eigenes behandelt, so haftet er auch für den Zufall, es würde denn dieser erweislich auch ohne seine Einmischung den Geschäftsherrn getroffen haben." 114
11. Titel: Geschäftsführung ohne Auftrag
677 - 678, 680 - 681
§234 „Der Geschäftsführer ist verpflichtet, das von ihm unternommene Geschäft TE-OR (Nr 4) nebst Allem, was damit in nothwendigem Zusammenhang steht, zu Ende zu führen. S 2 3 4 Er hat dem Geschäftsherrn Rechenschaft über die Geschäftsführung abzulegen und Alles, was aus der Geschäftsführung in seine Hände gekommen ist, herauszugeben, insbesondere auch die auf eigenen Namen erworbenen Forderungen abzutreten. Hat der Geschäftsführer Gelder des Geschäftsherrn in eigenem Nutzen verwendet, so ist er von dem Zeitpunkte der Verwendung an zu deren Verzinsung verpflichtet, unbeschadet seiner Verbindlichkeit zum Ersätze | eines dem Geschäfts- |Proti 1603 herrn erweislich entstandenen größeren Schadens. Dies findet auch entsprechende Anwendung, wenn der Geschäftsführer die verzinsliche Anlegung von Geldern schuldhaft versäumt hat." lagen die Anträge vor: 1. den § 233 dahin zu fassen: Derscheid „Wer die Besorgung des Geschäftes eines Anderen übernimmt, ohne von diesem (Nr 254) hierzu beauftragt zu sein, haftet dem Geschäftsherrn wegen jeder Fahrlässigkeit. Hat der Geschäftsführer in einem Nothfalle zur Abwendung eines dem Geschäftsherrn drohenden Nachtheils gehandelt, so haftet er nur wegen Vorsatzes und grober Fahrlässigkeit. Hat der Geschäftsführer gegen den ausgesprochenen oder sonst erkennbaren Willen des Geschäftsherrn die Besorgung übernommen, so haftet er selbst für den Zufall, sofern nicht erhellt, daß der durch diesen Zufall entstandene Schaden auch ohne seine Einmischung eingetreten wäre." unter Streichung des § 239. 2. zu bestimmen in: § 233 „Wer ein Geschäft für einen Anderen ohne dessen und ohne einen amtlichen Auftrag besorgt (Geschäftsführer), ist verpflichtet, dem Geschäftsherrn den durch seine Fahrlässigkeit verursachten Schaden zu ersetzen. Er haftet auf Ersatz des verursachten Schadens schlechthin, wenn er gegen den ausgesprochenen oder sonst erkennbaren Willen des Geschäftsherrn ohne einen der in § 239 bezeichneten Rechtfertigungsgründe gehandelt hat."
Windscheid
§ 234 „Der Geschäftsführer ist verpflichtet, dem Geschäftsherrn Rechenschaft über seine Geschäftsführung zu geben, und, wenn der Geschäftsherr die Geschäftsführung genehmigt, ihm das durch die Geschäftsführung Erlangte herauszugeben." I also auch in § 233 Abs. 2 die Worte: „oder ein fremdes Geschäft in rechtswidri- |Prot 11604 ger Absicht als eigenes behandelt" u.s.w. zu streichen und sofern Bestimmungen über den Fall, wo Jemand wissend oder irrthümlich fremdes Vermögen wie eigenes behandelt, nöthig erscheinen sollten, dieselben hinter § 244 in einem besonderen § zusammenzustellen. v. Weber (Nr 258)
3. zu bestimmen in §233 „Wer ein Geschäft für einen Anderen ohne dessen Auftrag und ohne gesetzliche Vertretungsmacht besorgt, ist verpflichtet, das unternommene Geschäft so zu führen, wie es den ihm bekannten oder muthmaßlichen Willen, den Verhältnissen und dem Vortheile des Geschäftsherrn entspricht. 115
§ § 6 7 7 - 678, 680 - 681
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Der Geschäftsherr ist verpflichtet pp (wie § 234 Abs. 1 des Entwurfs bis: „Forderungen abzutreten".) Hat der Geschäftsführer pp (wie § 234 Abs. 2 des Entwurfs bis: „Schadens".) 1 Dies findet entsprechende Anwendung, wenn der Geschäftsführer die verzinsliche Anlegung von Geldern schuldhaft versäumt oder eingenommene Gelder nicht gleichzeitig an den Geschäftsherm abgeliefert hat". S 234 „Der Geschäftsführer hat für jede Fahrlässigkeit ausgenommen pp (wie im Entwürfe § 233 Abs. 1 bis: „haftet".) Hat der Geschäftsführer pp (wie im Entwürfe § 233 Abs. 2 bis „befaßt" unter Weglassung der Worte: „oder ein fremdes Geschäft in rechtswidriger Absicht als I Prot 1 1605 eigenes behandelt"), so haftet er auch für den | Zufall, sofern nicht erhellt, daß der durch diesen Zufall entstandene Schaden auch ohne seine Einmischung den Geschäftsherrn getroffen hätte." unter dem Vorbehalte, an Stelle der gestrichenen Bestimmung in § 233 Abs. 2 u.s.w. eine später zu erwähnende Bestimmung als § 244* einzuschalten. Kurlbaum (Nr 259)
4. an Stelle der §§ 233, 234 zu bestimmen: §. „Wer ein Geschäft eines Anderen, ohne Auftrag des Geschäftsherrn und Amtspflicht führt, ist dem Geschäftsherrn zur Ablegung der Rechenschaft und zur Herausgabe desjenigen, was aus der Geschäftsführung in seine Hände gekommen ist, ebenso wie ein Beauftragter, verpflichtet." §. „Der Geschäftsführer haftet wegen Fahrlässigkeit. Hat er zur Abwendung eines dem Geschäftsherrn drohenden Nachtheils gehandelt, so haftet er nur wegen grober Fahrlässigkeit. Hat der Geschäftsführer gegen den ihm bekannten Willen des Geschäftsherrn gehandelt, so haftet er für jeden dem Geschäftsherrn entstandenen Schaden, es sei denn, daß dieser auch ohne die Geschäftsführung entstanden wäre."
Planck (Nr 256)
5. dem § 234 folgenden Zusatz zu geben: „Den durch ein Rechtsgeschäft gemachten Erwerb ist der Geschäftsführer dem Geschäftsherrn nur dann herauszugeben verpflichtet, wenn dieser das Rechtsgeschäft genehmigt."
Nach den Anträgen N 2 3 und 4 soll der § 234 des Entwurfs dem § 233 vorausgeschickt werden. Man verständigte sich, daß für die Berathung an der Ordnung des Entwurfes festzuhalten, der § 233 folglich zuerst zu berathen, nach Erledigung des § 234 sodann darüber zu befinden sei, ob jener Vorschlag für die Oekonomie des I Prot 1 1606 Gesetzes Billigung verdiene. Da demzufolge der | § 233 la zuerst zur Berathung gelangte, so erlitten für diese Berathung die Anträge N 2 3 und 4 die Aenderung, daß der Eingang der darin an Stelle des § 234 des Entwurfs vorgeschlagenen Bestimmung auf den Eingang der für den § 233 des Entwurfs beantragten Vorschrift zu übertragen ist. Der § 233 gelangte absatzweise zur Berathung: I. Zum ersten Absätze, der zu anderen Erinnerungen als aus den Anträgen ersichtlich ist, keinen Anlaß gegeben hatte, wurden folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Im Eingange ist vorläufig nicht zu reden von dem Geschäfte eines Anderen, sondern von dem Geschäfte für einen Andern. Man glaubte nämlich, daß der Aus1 la
Im Original fehlen die zweiten Anführungszeichen. Das ^-Zeichen fehlt im Original.
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11. Titel : Geschäftsführung ohne Auftrag
§ § 6 7 7 - 678, g g g _ gg^
druck: „Geschäft eines Anderen" wegen der darin zu findenden objektiven Beziehung über den Fall hinausführe, der nach dem obigen einleitenden Beschlüsse zunächst allein in Betracht zu ziehen sei. 2. Im Eingange ist nicht zu reden von: „unternehmen der Besorgung" oder von: „übernehmen der Besorgung" oder von: „führen", sondern von: „besorgen des Geschäfts". Dem letzteren Ausdrucke wurde, weil er der gebräuchlichere sei, keinem Mißverständniße unterliege und am wenigsten einer der demnächst zu beschließenden Rechtsnormen vorgreife, der Vorzug gegeben. 3. Die Worte des Entwurfs: „ohne von Amtswegen dazu gerufen zu sein" sind in Gemäßheit des Antrags N 2 4 zu ersetzen durch die Worte: „ohne Amtspflicht". Erwogen war: Der fragliche Zusatz möge gänzlich entbehrlich sein, wenn nur die gesetzlichen Vertreter in Betracht zu ziehen seien. Allein es gebe Fälle, in welchen ein Beamter kraft seines Amtes ein Geschäft eines Anderen zu besorgen habe, ohne daß er als gesetzlicher Vertreter desselben im gewöhnlichen Sinne bezw. nach dem SprachgeI brauche des Gesetzbuchs sich betrachten lasse, ζ. B. wenn ein Konsul den Nachlaß | Prot 11607 eines in seinem Amtsbezirke verstorbenen Nationalen im Interesse der Erben in Besitz zu nehmen, zu verwalten und zu liquidiren habe. In solchen Fällen lasse sich lb ebensowenig, wie in den Fällen der Geschäftsführung eines gesetzlichen Vertreters im gewöhnlichen Sinne eine negotiorum gestio annehmen, für solche Fälle würde vielmehr auf die Vorschriften über Mandat zurückzugreifen sein. Daher empfehle sich der Zusatz: „ohne Amtspflicht", womit im Ganzen dasselbe ausgedrückt sei, wie durch die Worte des Entwurfs: „ohne von Amtswegen gerufen zu sein". Der von einer Seite vorgeschlagene Zusatz: „ohne gesetzliche Vertretungsmacht" unterliege einem Bedenken. Er könne auch auf die Fälle bezogen werden, in welchen Jemand durch die Obrigkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung auf Grund einer nur vorläufigen Prüfung, wer zur Erfüllung einer öffentlich rechtlichen Verpflichtung verbunden sei, zur Erfüllung der letzteren gezwungen werde, während dieselbe in der That nicht ihm, sondern einem Anderen obgelegen habe. Diese Fälle dürften der negotiorum gestio nicht schlechthin entzogen werden; es könne sich bei ihnen nur darum handeln, ob die Vorschriften über die negotiorum gestio einige Modifikationen erleiden, worüber an dieser Stelle noch nicht zu befinden sei (zu vergleichen § 239 des Entwurfs). Der nachträgliche Antrag, den Zusatz zu fassen: „ohne Berufung durch das Gesetz", um durch einen allgemeinen Ausdruck alle in Betracht kommenden Fälle, auch die der gesetzlichen Vertretung im engeren Sinne, einzubeziehen, wurde wegen des vorgedachten Bedenkens und weil man kein Bedürfniß erkannte, die Unanwendbarkeit der Vorschriften über die negotiorum gestio auf die Geschäftsführung der gesetzlichen Vertreter besonders hervorzuheben, von der Mehrheit abgelehnt. 4. Das Wort: „Geschäftsführer" einzuklammern, ist | entbehrlich. Man war der |Proti 1608 Ansicht: es sei bedenklich, durch die vorgeschlagene Einklammerung dem Worte: „Geschäftsführer" für das ganze Gesetzbuch die enge Bedeutung des negotiorum gestor beizulegen; daß im vorliegenden Abschnitte dem Worte ein solcher engerer Sinn beiwohne, könne nach dem Zusammenhange keinem Zweifel unterliegen.
lb
Im Prot, steht zweimal „sich".
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§§677-678, ggQ
gg^
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
5. Zu bestimmen ist, nicht: „Der Geschäftsführer hafte für Fahrlässigkeit", sondern in Gemäßheit des Antrags N 2 2: „er ist verpflichtet, den durch - Fahrlässigkeit verursachten Schaden zu ersetzen." Erwogen war: Die Ausdrucksweise des Entwurfs bringe weniger deutlich zum Ausdrucke, daß der Geschäftsführer sich auch dadurch verantwortlich machen könne, daß er überhaupt sich eingemischt habe. Ob von Fahrlässigkeit schlechthin zu reden oder hinzuzufügen sei: „jede" oder „irgend eine", blieb der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten (zu vergi. §§ 197, 204 der Zusammenstellung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse; Protokolle vom 18. und 25. Oktober 1882 S. 1207, 1208, 1243-1246) l c . 6. Zu bestimmen ist, daß der Geschäftsführer nur für grobe Fahrlässigkeit hafte, „wenn er zur Abwendung einer dringenden Gefahr gehandelt hat." Die Mehrheit war der Ansicht, daß die Bestimmung sich empfehle, nicht allein, weil sie das geltende Recht für sich habe, sondern auch weil sie in hohem Maße billig und geeignet erscheine, Dritte zu vermögen, im Interesse der Gefährdeten helfend einzugreifen, wenn diese durch Abwesenheit u.s.w. außer Stand gesetzt seien, ihr Interesse zu wahren, und daß die gegen die Bestimmung erhobenen Bedenken sich durch eine Fassung erledigen würden, welche klar erkennen lasse, daß I Prot 1 1609 ein dem Geschäftsherrn drohen-1 der Nachtheil — eine Voraussetzung, die Fälle zu ergreifen drohe, für welche die Ausschließung der Regel nicht passe — zur Anwendung der Ausnahmebestimmung keineswegs genüge, sondern daß vielmehr eine dringende Gefahr vorgelegen haben müsse. Ob mit der Bestimmung ein besonderer Satz zu bilden und ob der Vorsatz zu erwähnen sei, blieb der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten. II. Zum zweiten Absätze, der gleichfalls, soweit nicht die Anträge ein Anderes ergeben, unbeanstandet geblieben war, wurde beschlossen: 1. Die Worte des Entwurfs : „gegen das Verbot" sind zu ersetzen durch die Worte: „gegen den ihm bekannten Willen". Man hielt die Ausdrucksweise des Entwurfs für zu eng, da es nicht darauf ankommen könne, ob gerade ein Verbot ausgesprochen sei, sondern es genügen müsse, wenn nur der entgegenstehende Wille erhelle, andererseits fand man die Ausdrucksweise des Entwurfs insofern nicht genügend deutlich, als das zweifellos erforderliche Wissen des Geschäftsführers nicht hervorgehoben sei. 2. Die Hinweisung auf § 239 ist nicht zu beseitigen. Die Mehrheit hielt nämlich die Bestimmung des S 239 im Allgemeinen und vorbehaltlich der später zu beschließenden Einzelheiten aus den in den Motiven dafür geltend gemachten Gründen für vollkommen gerechtfertigt; sie war aber nicht minder der Ansicht, daß, soweit nach dem § 239 der entgegenstehende Wille des Geschäftsherrn auf die mit der actio negotiorum gestorum contraria geltend zu machenden Rechte des Geschäftsführers keinen Einfluß übe, ein Gleiches auch für die Bestimmung der aus der Geschäftsführung für den Geschäftsführer entspringenden, die actio directa hervorrufenden Verpflichtungen gelten müsse. IProti 1610 I 3. Die Worte des Entwurfs: „oder - als eigenes behandelt" müssen vorläufig wegen des im Eingange des Protokolles mitgetheilten Beschlusses ausscheiden. le S. bei SS 287 und 300 BGB.
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11. Titel : Geschäftsführung ohne Auftrag
§ § 6 7 7 - 678, g g g _ gg^
4. Zu bestimmen ist, nicht: „es werde für den Zufall gehaftet", mit einem eine Ausnahme bestimmenden Zusätze, sondern, ohne einen Zusatz : „es werde für jeden aus der Geschäftsführung entstandenen Schaden gehaftet". Die Mehrheit ging davon aus : Sei gegen den Willen des Geschäftsherrn gehandelt, so falle dem Geschäftsführer jeder Schaden zur Last, der aus seiner Einmischung entstanden sei, d. h. der nicht entstanden sein würde, wenn er unthätig geblieben wäre; ein Mehreres könne und brauche nicht ausgesprochen zu werden; in einem weiteren Umfange, als das Vorstehende ergebe, habe der Geschäftsführer auch den Zufall nicht zu tragen, und wenn der Entwurf sich dahin ausdrücke: der Geschäftsführer hafte für den Zufall, so sei doch nur dasselbe gemeint, die Ausdrucksweise des Entwurfs erkläre sich nur aus dem Zusätze : „es würde denn — haben". Der Zusatz werde aber entbehrlich, wenn nicht von „haften für den Zufall" geredet werde. Freilich bezwecke die Fassung des Entwurfs in Verbindung mit dem Zusätze noch ein Anderes. Der Entwurf wolle dem Geschäftsführer, sobald ein Schaden entstanden sei, den Beweis auferlegen, daß der Schaden auch im Falle seiner Passivität entstanden sein würde. Indessen eine solche spezielle Bestimmung sei kein Bedürfniß. Der Geschäftsführer hafte für jeden, durch sein Eingreifen entstandenen Schaden. Erhelle, daß das Eingreifen einen Schaden zur Folge gehabt habe, so müsse er dafür als für eine Folge seiner rechtswidrigen Aktivität aufkommen. Von dem Beweise, daß das Eingreifen einen Schaden nach sich gezogen habe, könne der Geschäftsherr nicht entbunden werden. Sei dieser Beweis geführt, so stehe dem Geschäftsführer der Gegenbeweis zu, daß | der Schaden keine Folge seines |Proti 1611 Eingreifens gewesen sei, l i und diesen Gegenbeweis könne er einleuchtend auch durch den Nachweis führen, daß der Schaden auch ohne sein Eingreifen sich ereignet haben würde. 166. Sitzung vom 22. 1. 1883, Schriftführer Neubauer I Die Berathung des Theilentwurfes des Obligationenrechts ( N 2 4 ) , betreffend | Prot 11613 „Geschäftsführung ohne Auftrag" wurde fortgesetzt, zunächst zu § 234. Zu diesem § lagen außer: 1. dem oben zu § 233 unter N 2 3 (Seite 1604, 1605) mitgetheilten Antrage, folgende Anträge vor: 2. der ebenda unter N 2 5 (Seite 1605) erwähnte Antrag, 3. der zu dem so eben gedachten Antrage N 2 2 gestellte Verbesserungsantrag, v. Weber den dort vorgeschlagenen Zusatz zu § 234 zu faßen: (Nr 262) „Den durch ein Rechtsgeschäft, dessen Wirksamkeit dem Geschäftsherrn gegenüber von der Genehmigung desselben abhängt, gemachten Erwerb ist der Geschäftsführer dem Geschäftsherrn nur dann herauszugeben verpflichtet, wenn dieser das Rechtsgeschäft genehmigt." 4. der oben zu § 233 unter N 2 2 mitgetheilte Antrag (S. 1603). 5. der oben zu § 233 unter N 2 4 mitgetheilte Antrag (S. 1605). Beschlossen wurde, den § 234 absatzweise zu erledigen und betreffend I. den ersten Absatz über die auf die Art der Geschäftsbesorgung sich beziehende Verpflichtung des Geschäftsführers und über deßen Verpflich- | tung zur Rechenschaftsablegung so |Proti 1614 Im Original steht statt des Kommas ein Punkt.
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7. Abschnitt: Einzelne SchuldMerhältnisse
wie zur Herausgabe des durch die Geschäftsführung Erlangten besonders zu berathen. In Ansehung der zuerst gedachten Verpflichtung erklärte sich die Mehrheit gegen die Aufnahme der in dem Entwürfe sich findenden Bestimmung, wonach der Geschäftsführer verpflichtet sein soll, das einmal begonnene Geschäft zu Ende zu führen. Sie war der Ansicht: Drohe aus dem Zurücktreten von der einmal begonnenen Geschäftsbesorgung f ü r den Geschäftsherrn ein Schaden zu entstehen, der nicht entstanden sein würde, wenn der Geschäftsführer sich gar nicht eingemischt hätte, so sei der letztere zur Vermeidung der H a f t u n g wegen Schadensersatzes die Geschäftsbesorgung fortzusetzen verpflichtet. Dies ergebe sich zur Genüge aus den zum § 233 gefaßten Beschlüssen, weshalb es nicht besonders ausgesprochen zu werden brauche. Im Uebrigen sei eine besondere Verpflichtung zur Fortsetzung der Geschäftsbesorgung nicht anzuerkennen. Der Antrag N 2 1 enthält nähere Bestimmungen über die Art und Weise, wie der Geschäftsführer im Allgemeinen bei der Geschäftsbesorgung, um nicht verantwortlich zu werden, zu verfahren gehalten sei. Dieser Antrag gab, nachdem er näher begründet war, zu zwei neuen Anträgen Anlaß: Planck 6. zu dem Antrage: den in dem Antrage N 2 1 vorgeschlagenen ersten Absatz dahin zu fassen : „Wer ein Geschäft für einen Anderen . . . besorgt, ist verpflichtet, dabei nach Maßgabe des ihm bekannten oder muthmaßlichen Willens des Geschäftsherrn und so wie es den Verhältnissen und dem Vortheile desselben entspricht, zu verfahren. In den Fällen des § 239 darf er auch gegen den ihm bekannten oder muthmaßlichen Willen des Geschäftsherrn handeln." I P r o t ! 1615 I und im Falle der Annahme dieses Antrags den in der letzten Sitzung gefaßten Beschluß über die H a f t u n g desjenigen, der gegen den ihm bekannten Willen des Geschäftsherrn handelt, als überflüssig wieder aufzuheben. Kurlbaum 7. zu dem Antrage, unter Ablehnung des vorstehenden Antrages und des Antrages N - 1 die zum § 233 beschlossene Vorschrift, wonach der Geschäftsführer f ü r den durch seine Fahrlässigkeit verursachten Schaden einzustehen hat, durch die Bestimmung — salva redactione — zu ergänzen: „Die von dem Geschäftsführer anzuwendende Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters bezieht sich auch auf die Ermittelung des muthmaßlichen Willens (der muthmaßlichen Intentionen) des Geschäftsherrn." Die Mehrheit billigte diesen zweiten nachträglichen Vorschlag aus nachstehenden Gründen : Zu § 233 sei beschlossen, der Geschäftsführer habe dem Geschäftsherrn den durch seine Fahrlässigkeit verursachten Schaden zu ersetzen. Damit sei klar und bestimmt ausgesprochen, der Geschäftsführer habe bei der Geschäftsbesorgung die Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters anzuwenden, widrigenfalls er verantwortlich werde. Eine weitere Bestimmung über die Art und Weise, wie bei der Geschäftsbesorgung zu verfahren sei, erscheine völlig entbehrlich. N u r in einer Beziehung ergebe sich ein Bedenken. Der Geschäftsführer müsse bei der Geschäftsbesorgung zugleich auf die muthmaßlichen Intentionen des Geschäftsherrn Rücksicht nehmen. Er habe die aufzuwendende Sorgfalt auch auf die Ermittelung dieser Intentionen zu erstrecken und nach den letzteren sich zu richten. Die früher beschlossene Vorschrift lasse sich allerdings, gerade weil die Besorgung eines fremden Geschäfts in Frage stehe, so auslegen, daß die anzuwendende Sorgfalt auch auf die 120
11. Titel : Geschäftsführung ohne Auftrag
§ § 6 7 7 - 678, ggQ _ gg.j
gedachte Ermittelung sich beziehe. Indeßen diese Auslegung sei nicht unzweifelhaft, demzufolge es sich empfehle, jene früher beschlossene Vorschrift mit einem Ientsprechenden, den Zweifel beseitigenden Zusätze zu versehen, zumal der §238 |Proti 1616 des Entwurfs eine andere Auffassung zu unterstützen scheine. Einverständniß bestand, daß der Beschluß den zum § 238 zu beschließenden Vorschriften nicht präjudizire. Man erachtete es nämlich für zulässig, hinsichtlich der Pflichten des Geschäftsführers und deßen Haftung wegen Schadensersatzes (für die actio directa) zu bestimmen, der Geschäftsführer sei nicht verantwortlich, wenn er trotz Anwendung der gehörigen Sorgfalt die Intentionen des Geschäftsherrn nicht erkannt und anders gehandelt habe, als dieselben erfordert hätten, dagegen bei Bestimmung der Rechte des Geschäftsführers (für die actio negotiorum contraria) von dem Grundsatze auszugehen, ein — wenn auch unverschuldeter — Verstoß gegen die Intentionen des Geschäftsherrn schließe das utiliter gestum und somit die hiervon abhängige actio contraria aus. Ob diese Art der Normirung aber angemessen sei, blieb der Beschlußfassung bei Berathung des § 238 vorbehalten. Anlangend die Verpflichtung zur Herausgabe des Erlangten und zur Rechenschaftsablegung, so war hinsichtlich der ersten Verpflichtung der auf diese sich beziehende Vorschlag in dem Antrage N2 4 zurückgezogen. Die auf die erste Verpflichtung sich beziehenden Anträge N e 2 und 3 wurden abgelehnt. Die Mehrheit war der Ansicht, der in den Anträgen vorgeschlagene Zusatz sei wegen Selbstverständlichkeit entbehrlich. Denn, wenn der Geschäftsherr den rechtgeschäftlichen Erwerb in Anspruch nehme, so liege darin schon eine Genehmigung des Rechtsgeschäfts, mindesten in so weit, als es sich um die von dem Geschäftsführer zum Zwecke des Erwerbes gemachten und dazu erforderlich gewesenen Aufwendungen handele. Hierauf wurde von der Mehrheit beschlossen, entsprechend dem Antrage N 2 5 zu bestimmen: Der Geschäftsführer sei zur Rechenschaftsablegung und zur Herausgabe des Erlangten nach Maßgabe der Vor-1Schriften über die betreffenden Verpflichtungen |Proti 1617 des Beauftragten verpflichtet. Man ging davon aus: Es fehle an einem zureichenden Grunde, die desfallsigen Verpflichtungen des Geschäftsführers anderen Regeln zu unterwerfen, als die des Beauftragten, und da zu erwarten oder mindestens möglich sei, daß in dem Abschnitte über das Mandat die in Frage stehenden Verpflichtungen des Beauftragten eine nähere Normirung erfahren würden, so empfehle es sich, zur Vermeidung von Wiederholungen die einschlagenden Vorschriften über die Verpflichtungen des Beauftragten auf den negotiorum gestor für anwendbar zu erklären. II. der zweite Absatz nebst dem im Antrage N2 1 vorgeschlagenen Zusätze wurde durch Mehrheitsbeschluß abgelehnt. Man war der Ansicht: Die in dem zweiten Absätze enthaltenen Bestimmungen seien um so weniger ein Bedürfniß, als der zuletzt gefaßte Beschluß schon das Erforderliche enthalte; nicht zu verkennen sei, daß die Verpflichtungen des Geschäftsführers zur Zahlung von Zinsen keine strengere sein dürfte, als die des Beauftragten. In Erledigung des früheren Vorbehalts (Protokolle S. 1605) beschloß die Mehrheit, daß die Reihenfolge der §§ 233, 234 nicht zu ändern sei. Die Berathung der §§ 235, 236 blieb in Gemäßheit des einleitenden Beschlusses vom 19. Januar d. Js. (S. 1601) vorläufig ausgesetzt. 121
§ § 6 7 7 - 678, g g Q _ gg^
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
168. Sitzung vom 26. 1. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend Johow I Prot 11641
| Die Berathung des Theilentwurfs des Obligationenrechts (N2 4), betreffend „Geschäftsführung ohne Auftrag" wurde fortgesetzt. 2 Zunächst gelangte der Antrag zur Berathung, den Theil des Beschlusses zu § 233 des Entwurfes, dessen sachlicher Inhalt ist: „Ist von dem Geschäftsführer vorsätzlich gegen den Willen des Geschäftsherrn gehandelt, so ist er wegen jedes durch die Geschäftsbesorgung verursachten Schadens verantwortlich." zu streichen bezw. aufzuheben, eventuell denselben dahin zu fassen : „Ist von dem Geschäftsführer vorsätzlich gegen den Willen des Geschäftsherrn gehandelt, so haftet er auch für einen Zufall, welcher den Gegenstand, auf welchen2® sich die Geschäftsführung bezieht, bei oder nach derselben betroffen, sofern nicht erhellt, daß der durch diesen Zufall entstandene Schaden den Geschäftsherrn auch ohne die Geschäftsführung getroffen hätte."
I Prot 1 1642
| D i e Mehrheit billigte den prinzipalen, auf einfache Streichung jenes Beschlusses gerichteten Antrag, indem sie erwog:
Habe der Geschäftsführer bei der in Gemäßheit des nachträglichen Beschlusses vom 22. Januar d. Js. (Protokolle S. 1615, 1616) ihm obliegenden Prüfung, ob seine Einmischung den Intentionen des Geschäftsherrn entspreche, die gebührende Sorgfalt verletzt, so sei er für jeden Schaden verantwortlich, welcher durch die Geschäftsbesorgung verursacht werde. Dies ergebe sich unmittelbar aus den über die Vertretung einer unerlaubten Handlung und der vorsätzlich oder fahrlässigerweise unterbliebenen Erfüllung einer Verbindlichkeit beschlossenen Grundsätzen, nach welchen für alle, und nicht bloß für die vorauszusehenden Folgen der zu vertretenden Handlung oder Unterlassung zu haften sei (§§ 158 ff., 166, 185 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse; Protokolle vom 13., 15., 20. September, 2. und 4. Oktober 1882, S. 1024ff., 1059-1068, 1116ff.) 3 . Um so einleuchtender sei, daß der Geschäftsführer für jeden aus der Einmischung entstandenen Schaden dann einzustehen habe, wenn gar die Einmischung gegen den ihm bekannten Willen des Geschäftsherrn erfolgt, also gegen dessen Intentionen von ihm vorsätzlich gehandelt sei. Die Bestimmung, deren Beseitigung beantragt werde, erscheine hiernach nicht allein überflüssig, sondern auch wegen des daraus zu entnehmenden argumentum e contratio gefährlich. Eine andere Frage sei, ob nicht diese Bestimmung durch eine andere, die Beweislast normirende Vorschrift zu ersetzen sei, nämlich die: „Habe der Geschäftsführer vorsätzlich gegen den Willen des Geschäftsherrn gehandelt, so werde vermuthet, daß jeder bei der Geschäftsbesorgung entstandene Schaden auch durch diese verursacht sei." I Prot 1 1643 Für eine solche Vorschrift, die auch in dem Entwürfe | — obschon nur in beschränkterem Umfange — sich finden lasse, dürfe die Analogie des § 161 a.a.O. (Protokoll vom 15. September 1882 S. 1042 — 1045)4, so wie der Umstand geltend
1
Prot. I 1 6 1 7 - 1623 s. bei § 682 BGB, die Beratungen auf der 167. Sitzung, Prot. I 1 6 2 5 1639 bei §§ 683, 679, 684 BGB. 2a Im Original steht „welchem". 3 S. bei S S 249f.; 2 7 6 - 2 7 8 , 280 BGB. • S. bei S 848 BGB.
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11. Titel : Geschäftsführung ohne Auftrag
§ § 6 7 7 - 678, ggQ _ g g ^
gemacht werden, daß wichtige Gründe vorliegen, mit Nachdruck einer gegen Verbot sich vollziehenden Einmischung in fremde Geschäfte zu steuern. Gleichwohl erscheine dieselbe nicht gerechtfertigt. Einesteils würde sie nöthigen, mindestens für die vorsätzlich verübten Delikte noch über den § 161 a.a.O. hinaus, Aehnliches zu bestimmen. Anderntheils sei eine so eingreifende und harte Beweisregel gerade wegen der oben erwähnten den Geschäftsherrn schon genügend schützenden Grundsätze kein Bedürfniß. Aus gleichen Gründen empfehle sich auch die in dem Antrage eventuell vorgeschlagene Bestimmung nicht, gegen die überdies noch anzuführen sei, daß sie das Gesetz verwickele und in der Praxis mannigfache Zweifel hervorzurufen drohe. Die Berathung wandte sich zur Prüfung derjenigen Fälle, welche in Gemäßheit des einleitenden Beschlusses vom 19. Januar d. Js. (S. 1601) der nachträglichen Erledigung vorbehalten sind. A Nach den Motiven (S. 6 — 9) sollen die Grundsätze über die negotiorum gestio gleichmäßig zur Anwendung gelangen, mag das besorgte Geschäft an sich als ein Geschäft des Geschäftsherrn erscheinen (objektiv fremdes Geschäft) oder an sich als ein solches Geschäft sich nicht darstellen, wohl aber von dem Geschäftsführer für den Geschäftsherrn bestimmt gewesen sein (subjektiv fremdes Geschäft). Es ist die Beschlußfassung darüber vorbehalten (vgl. Protokolle S. 1606), ob dieser Stand I punkt Billigung verdiene und nur vorläufig davon ausgegangen, es sei im Einklang | Prot 11644 mit den Motiven, nicht zu unterscheiden, demzufolge Behufs Verdeutlichung des in den Motiven vertretenen Standpunkts in den Beschlüssen zum § 233 die Worte: „Das Geschäft eines Anderen" einstweilen ersetzt sind durch die Worte: „das Geschäft für einen Andern." Zur Erörterung gelangte, ob es bei dieser Ersetzung bezw. bei dem erwähnten Standpunkte der Motive zu verbleiben habe. Man überzeugte sich, daß die Unterscheidung, zwischen objektiv und subjektiv fremdem Geschäft nur in den Fällen, wenn die Geschäftsbesorgung in einem von dem Geschäftsführer abgeschlossenen Rechtsgeschäfte besteht, praktische Bedeutung haben könne. Einverständniß bestand ferner, daß der Standpunkt der Motive unbedenklich erscheine, sofern der Geschäftsführer im Namen des Geschäftsherrn das Rechtsgeschäft abgeschlossen habe. Man war der Ansicht, in solchen Fällen unterliege sowohl für die actio directa als für die actio contraria die Anwendbarkeit der bisher beschlossenen Bestimmungen keinen wesentlichen Bedenken, einmal im Hinblick auf den § 96 der Zusammenstellung der den allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse (Protokoll vom 16. Dezember 1881, S. 242 —248)5, sodann in Rücksicht auf die zum § 238 des Entwurfs beschlossene, dem Geschäftsherrn einen zulänglichen Schutz gegen die actio contraria gewährende strenge (subjektive) Theorie (vgl. Protokolle S. 1628 ff.) 6 . Eine Verschiedenheit der Ansichten zeigte sich dagegen hinsichtlich der Fälle, in welchen der Geschäftsführer in eigenem Namen abgeschlossen hat. Von mehreren Seiten wurde für diese Fälle gegen den Standpunkt der Motive geltend gemacht: die Anwendbarkeit der für die negotiorum gestio geltenden Grundsätze bezw. der für die actio directa und contraria beschlossenen Vorschriften sei im In-1 teresse beider Theile an die Voraussetzung zu knüpfen, daß der | Prot 11645 Geschäftsherr das Geschäft genehmige. Es wurde der Antrag gestellt, zu bestimmen:
s S. bei § 177 BGB. * S. bei § 683 BGB.
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
„Hat Jemand ohne Auftrag ein Geschäft für einen Andern besorgt, welches an sich nicht ein Geschäft desselben ist, und dabei im eigenen Namen gehandelt, so gilt der Andere nur dann als Geschäftsherr, wenn er dieses Geschäft genehmigt und nur unter dieser Voraussetzung hat der Geschäftsführer gegen ihn einen Anspruch auf Erstattung der Verwendungen." Zu diesem Antrage wurde der Verbesserungsantrag gestellt: ergänzend hinzuzufügen vor: „genehmigt" „auf Aufforderung" und am Schluß: „Die Bestimmung des § 96 Abs. 4 findet entsprechende Anwendung." Der Hauptantrag wurde jedoch von der Mehrheit abgelehnt, die vielmehr den Standpunkt der Motive genehmigte, womit der Verbesserungsantrag als erledigt galt. Die Mehrheit war nämlich der Ansicht: Der in Betracht kommende Fall habe, wie sich von selbst verstehe, zur Voraussetzung, daß der Geschäftsführer bei der Geschäftsbesorgung seinen Willen, im Interesse des Geschäftsherrn das Geschäft zu schließen und für diesen zu handeln, kundgegeben habe. Der bloße innere Wille sei, wie in allen ähnlichen Fällen, von keiner rechtlichen Erheblichkeit. Nur wenn er zugleich nach Außen offenbart worden, könne überhaupt begriffsmäßig von der Besorgung eines fremden Geschäfts die Rede sein. Dies besonders auszusprechen, erscheine wegen zweifelloser Selbstverständlichkeit entbehrlich. Sei nun der Wille, sei es gegen den Dritten oder in anderer Art dergestalt kundgegeben, daß der ernste Wille, für den Geschäftsherrn zu handeln, sich genügend offenbare, so wolle nicht einleuchten, weshalb der Fall hinsichtlich der Rechtstellung des Geschäftsherrn und des Geschäftsführers zu einanI Prot 1 1646 | der und abgesehen von der hier in keiner Weise in Betracht kommenden Rechtsstellung des Dritten anders zu beurtheilen, als der, in welchem der Geschäftsführer im Namen des Geschäftsherrn das Geschäft abgeschlossen habe. Dies gelte sowohl für die actio directa als für die actio contraria. Hinsichtlich der letzteren finde wieder der Geschäftsherr in dem zum § 238 beschlossenen Prinzipe den gebührenden Schutz und in Ansehung der directa könne sich der Geschäftsführer nicht beschweren, wenn er in Uebereinstimmung mit seinem kundgegebenen Willen als negotiorum gestor im vollem Umfange auch behandelt werde. Dazu komme, daß der entgegenstehende Standpunkt die Nothwendigkeit mit sich bringe, den Begriff des objektiv fremden Geschäfts näher zu bestimmen und eine solche Bestimmung werde, solle sie einigermaßen befriedigen, auf große und kaum zu besiegende Schwierigkeiten stoßen.
TE-OR (Nr 4) § 244
I Prot 1 1647 Windscheid (Nr 261)
Β Der Regelfall, von welchem nach dem einleitenden Beschlüsse (S. 1601) ausgegangen ist, hat zur Voraussetzung, daß der Geschäftsführer den Willen gehabt hat, den Geschäftsherrn zu verpflichten (animus obligandi). Auf den Fall, wenn dieser Wille fehlt, bezieht sich der § 244 des Entwurfs, welcher lautet: „Hat derjenige, welcher für einen Anderen Verwendungen und Auslagen gemacht hat, hierbei in der Absicht gehandelt, damit dem Letzteren ein Geschenk zu machen oder eine Rechts- oder Liebespflicht gegen ihn zu erfüllen, so findet ein Anspruch des Ersteren auf Ersatz jener Verwendungen und Auslagen nicht statt. Haben Eltern oder Voreltern ihren Abkömmlingen oder letztere den ersteren Unterhalt gewährt, so ist | im Zweifel anzunehmen, es sei dies in der Absicht einer Pflichterfüllung geschehen." Es war der Antrag gestellt, den § 244 durch den oben zu § 239 mitgetheilten § 239 a (vgl. Protokolle S. 1632) zu ersetzen. 124
11. Titel : Geschäftsführung ohne Auftrag
§§ 677 - 678, ggg
Der Antrag fand die Billigung der Mehrheit; die Fassung der aufzunehmenden Bestimmung blieb jedoch der Redaktion vorbehalten. Erinnert war insbesondere, für „Rückforderungsrecht" werde jedenfalls „Ersatzanspruch" zu wählen sein. Erwogen war: Der Antrag weiche von dem § 244 des Entwurfs sachlich nur darin ab, daß er an Stelle der im ersten Absätze des § 244 enthaltenen Einzelnheiten das Prinzip setze, welches alle diese Einzelnheiten umfasse und den letzteren sichtbar zum Grunde liege. Diese prinzipielle Fassung sei schon an und für sich, dann aber auch deshalb vorzuziehen, weil sich bezweifeln lasse, ob jene Einzelnheiten völlig erschöpfend seien. Daß die Vorschrift nur für die actio negotiorum gestorum contraria von Belang sei, liege zu Tage. Es werde hierauf bei ihrer Einreichung zu rücksichtigen und nicht minder, die Redaktion des ersten Absatzes betreffend, zu prüfen sein, ob die Beweispflicht des Geschäftsherrn genügend hervortrete. C Die Regel hat ferner zur Voraussetzung, daß der Geschäftsführer den Willen gehabt hat, sich selbst zu verpflichten. Einverständniß bestand, daß für den Fall, wenn dieser Wille fehle, nichts vorzusehen sei, da alsdann entweder von einer negotiorum gestio begriffsmäßig keine Rede sein könne oder, wenn anders, der Mangel jenes Willens den Bestimmungen des Gesetzes gegenüber ohne Zweifel | einflußlos bleiben müsse. | Prot 11648 D In den §§ 235 und 240 des Entwurfs, welche lauten: s 235
TE-OR (Nr 4)
„Die irrige Meinung dessen, der die Besorgung eines fremden Geschäfts unter- § 235 nimmt, von dem Geschäftsherrn dazu beauftragt oder sonst dazu verpflichtet zu sein, ist ohne Einfluß auf seine Haftpflicht als Geschäftsführer ohne Auftrag. Befaßt sich Jemand wissentlich mit der Besorgung eines an sich fremden Geschäfts ohne Auftrag und Amtspflicht, so haftet er demjenigen, dessen Geschäft es ist, nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 233 und 234 als Geschäftsführer ohne Auftrag, auch wenn er in eigenem Interesse, oder im Auftrag oder im Interesse eines Anderen als des Geschäftsherrn oder im Irrthum über die Person desselben, oder, während das Geschäft an sich Mehrere anging, nur für einen oder einige derselben gehandelt, oder das fremde Geschäft in rechtswidriger Absicht als eigenes behandelt hat." § 240
TE-OR (Nr 4)
„Hat der Geschäftsführer die Besorgung eines an sich fremden Geschäfts im Irr- S 240 thum über die Person des Geschäftsherrn unternommen, so wird als Geschäftsherr derjenige nach Maßgabe des § 238 verpflichtet, dessen Geschäft es an sich ist." findet sich die Bestimmung: wenn der Geschäftsführer in der Person des Geschäftsherrn sich geirrt habe, so sei ein solcher Irrthum für die Anwendung der Vorschriften über die actio negotiorum gestorum directa und contraria dergestalt unerheblich, daß der wirkliche Geschäftsherr berechtigt und verpflichtet werde. Die Vorschrift blieb unbeanstandet, auch wurde ihre | Aufnahme für nothwendig | Prot 11649 erachtet, weil, wenn sie fehle, Zweifel entstehen könnten, wie der Fall zu beurtheilen sei. E In dem zuvor mitgetheilten § 235 des Entwurfs findet sich die fernere Bestimmung: Für die Rechte des Geschäftsherrn sei es ohne Einfluß, wenn der Geschäfts125
§§677 - 678, 680 — 681
^ s c h n i t t : Einzelne Schuldverhältnisse
führer irrthümlich angenommen habe, er sei von dem Geschäftsherrn beauftragt oder aus einem sonstigen Grunde zur Geschäftsbesorgung verpflichtet. Die Mehrheit beschloß, über diesen Fall sei eine besondere Bestimmung nicht aufzunehmen und seine Beurtheilung der Rechtswissenschaft zu überlassen. Sie war übrigens der Meinung, es lasse sich nicht bezweifeln, daß in jenem Falle eine negotiorum gestio vorliege, wohl aber in Zweifel ziehen, ob der Geschäftsführer bei einem solchen Irrthum stets und immer, nämlich auch dann, wenn er ohne Verschulden zur Geschäftsbesorgung aus einem Rechtsgrunde sich für verpflichtet erachtet habe, wonach er nur grobe Fahrlässigkeit oder diligentiam quam in suis zu vertreten verbunden sei, auch für geringe Fahrlässigkeit aufkommen müsse. II. In der RedVorl sind unter der Überschrift „Die sachlichen Beschlüsse über negotiorum gestio" jene zunächst in folgender Fassung enthalten: § 1 (§ 233) Wer für einen Anderen ohne dessen Auftrag und ohne Amtspflicht ein Geschäft besorgt, hat dem Geschäftsherrn den durch seine Fahrlässigkeit verursachten Schaden zu ersetzen. Als Fahrlässigkeit gilt auch, wenn der Geschäftsführer gegen den bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters erkennbaren Willen des Geschäftsherrn gehandelt hat. Ist von dem Geschäftsführer vorsätzlich gegen den Willen des Geschäftsherrn gehandelt, so ist er wegen jedes durch die Geschäftsbesorgung verursachten Schadens verantwortlich. In den Fällen des § (§ 239) wird der Geschäftsführer dadurch nicht verantwortlich, daß er sich nicht nach dem Willen des Geschäftsherrn gerichtet hat. Dazu ist angemerkt: Zum § 1 1. Zum Ausdrucke soll gelangen : Der Geschäftsführer wird auch durch das Eingreifen für sich allein und insbesondere auch dann verantwortlich, wenn er gegen die muthmaßlichen Intentionen des Geschäftsherrn6" sich einmischt. Hierauf beruht der Beschluß, wonach die Schadensersatzpflicht in den Vordergrund zu stellen und der § 233 dem § 234 vorauszuschicken ist. 2. Die zu prästirende Sorgfalt bezieht sich auf die Ermittelung der Intentionen des Geschäftsherrn und zwar sowohl in Rücksicht auf das: „ob" (sc. ob einzugreifen sei) als auf das: „wie" (sc. wie zu besorgen sei). Auch das soll zum Ausdruck gelangen. Die strenge Haftung für jeden Schaden kann nur eintreten, wenn vorsätzlich gegen den Willen des Geschäftsherrn6b gehandelt ist und Vorsatz ist nur denkbar, wenn der entgegenstehende Wille bekannt war. Anlangend die Fälle des § 239, so kann es keinen Unterschied machen, ob das „ob" oder das „wie" in Frage steht. 3. Es wird nicht nöthig sein, im Absatz 1 von jeder Fahrlässigkeit zu reden wegen der folgenden Absätze und wegen des § 2, in welchem „Vorsatz" ebenfalls wird unerwähnt bleiben können. Die Fälle der §§ 197, 204 der Zusammenstellung liegen doch verschieden. 6a 6b
Im Original steht „Geschäftsführers". Im Original steht „Geschäftsführer".
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11. Titel: Geschäftsführung ohne Auftrag
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§ 2 (§233) Der Geschäftsführer haftet nur wegen (Vorsatzes und) grober Fahrlässigkeit, wenn er zu dem Zwecke gehandelt hat, um von dem Geschäftsherrn eine dringende Gefahr abzuwenden. S 3 (§234) Der Geschäftsführer ist verpflichtet, dem Geschäftsherrn über die Geschäftsbesorgung Rechenschaft abzulegen und dasjenige, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat, demselben herauszugeben. Auf diese Verpflichtungen finden die Vorschriften über die einem Beauftragten obliegenden Verpflichtungen entsprechende Anwendung. § 4 (§ 237) Personen, welche geschäftsunfähig sind oder deren Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, haften aus der Geschäftsbesorgung nur in so weit sie bereichert sind. Die Verpflichtung zur Herausgabe der Bereicherung bestimmt sich nach den Vorschriften — (über die cond. sine causa §§ 27, 28 des Entwurfs über die Schuldverhältnisse aus ungerechtfertigter Bereicherung). Die Haftung aus unerlaubter Handlung bleibt unberührt. Die zu § 233 beschlossenen Vorschriften (oben §§1, 2) lauten in der RedVorl sodann als (§§ 274, 275): Wer für einen Anderen ohne dessen Auftrag und ohne Amtspflicht ein Geschäft RedVorl § 274 besorgt, hat dem Geschäftsherrn den durch seine Fahrlässigkeit verursachten Schaden zu ersetzen. Als Fahrlässigkeit ist es insbesondere anzusehen, wenn der Geschäftsführer gegen den bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters erkennbaren Willen des Geschäftsherrn handelt 7 . Der Geschäftsführer haftet nur wegen (Vorsatzes und) grober Fahrlässigkeit, RedVorl § 275 wenn er zu dem Zwecke gehandelt hat, um von dem Geschäftsherrn eine dringende Gefahr abzuwenden 8 . In der ZustOR lauten die beschlossenen Vorschriften 9 als §§ 274, 275, 276 (§ 276 übereinstimmend mit der Fassung der RedVorl) : Wer für einen Anderen ohne dessen Auftrag und ohne Amtspflicht ein Geschäft ZustOR § 274 besorgt, haftet dem Geschäftsherrn für den durch Vorsatz oder Fahrlässigkeit verursachten Schaden. Der Geschäftsführer haftet insbesondere auch für den Schaden, welchen er dadurch verursacht hat, daß er gegen den bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentliDazu ist angemerkt: 1. Zum Ausdrucke soll gelangen: Der Geschäftsführer wird auch durch das Eingreifen für sich allein und insbesondere auch dann verantwortlich, wenn er gegen die muthmaßlichen Intentionen des Geschäftsherrn sich einmischt. Hierauf beruht der Beschluß, wonach die Schadensersatzpflicht in den Vordergrund zu stellen und der § 233 dem § 234 vorauszuschicken ist. 2. Die zu prästirende Sorgfalt bezieht sich auf die Ermittelung der Intentionen des Geschäftsherrn und zwar sowohl in Rücksicht auf das: „ob" (sc. ob einzugreifen sei) als auf das: „wie" (sc. wie zu besorgen sei). Auch dies soll zum Ausdruck gelangen. 8 Dazu ist angemerkt: „Vorsatzes und" wird entbehrlich sein; die Fälle der §§ 197, 204 der Zusammenstellung (s. bei §§ 287 und 300 BGB) liegen doch verschieden. 9 Den Beschluß zu § 244 des Entwurfs (Prot. 1 1646, 1647) s. bei § 685 BGB. 7
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
chen Hausvaters erkennbaren Willen des Geschäftsherrn gehandelt hat, es sei denn, daß eine der in § 280 bezeichneten Voraussetzungen vorliegt. Z u s t O R S 275 Der Geschäftsführer haftet nur wegen Vorsatzes und grober Fahrlässigkeit, wenn er zu dem Zwecke gehandelt hat, um von der Person oder dem Vermögen des Geschäftsherrn eine dringende Gefahr abzuwenden. RedVorl/ Der Geschäftsführer ist verpflichtet, dem Geschäftsherrn über die GeschäftsbeZ u s t O R « 276 sorgung Rechenschaft abzulegen und demselben dasjenige herauszugeben, was er aus der Besorgung erlangt hat. Auf diese Verpflichtungen finden die Vorschriften über die einem Beauftragten obliegenden Verpflichtungen entsprechende Anwendung. III. Im K E § 743 dem § 274 ZustOR (die am Schluß zit. Vorschrift ist im K E s 749). S 275 ZustOR lautet im K E als § 744: KE § 744 Hat der Geschäftsführer zu dem Zwecke gehandelt, um von der Person oder dem Vermögen des Geschäftsherrn eine dringende Gefahr abzuwenden, so haftet er nur wegen Vorsatzes und grober Fahrlässigkeit. § 276 ZustOR entspricht im K E § 745. Bei der 2. Beratung des K E lag der die Vorschrift des § 743 K E nur neben anderen betreffende Antrag 10 vor, in Abs. 1 und 2 statt „haften für Schaden" zu setzen entweder „wegen des Schadens" oder „für den Ersatz des Schadens", mit der Bemerkung des Antragstellers, er ziehe das Letzere vor. Der Antrag wurde angenommen (Prot. I 1 1 7 1 4 - 1 1 7 1 8 ) .
10
D e r Antrag lautet vollständig: Vorbemerkung: Die Konstruktionen „haften für" oder „haften wegen" sind im K.E. nicht überall richtig verwendet. Es wird zu unterscheiden sein : soll der Grund der Haftpflicht bezeichnet werden, so ist „wegen" am Platze (man haftet deswegen, weil ein bestimmter Umstand vorliegt); soll der Inhalt der Haftpflicht, d. h. die dem Haftenden obliegende Leistung, bezeichnet werden, so ist „für" am Platze (man haftet dafür, daß eine bestimmte Leistung erfolgt). In einem anderen Sinne ist „haften für" gleichbedeutend mit G a rantieleisten für das Vorhandensein eines bestimmten Zustandes (ζ. B. dafür, daß ein Grundstück lastenfrei ist). Dieser Unterscheidung entspricht auch die Diktion des K.E. im Großen und Ganzen. Es finden sich folgende Wendungen: A. mit „haften für" 1. „dafür, daß" (etwas geschieht oder nicht geschieht) in ξ 316 Abs. 1, § 317 Abs. 1, § 368, § 378 Abs. 1 , 2 ; 2. „für die Erfüllung" im § 666 Abs. 1 ; 3. „für die Leistungen" im § 1029; 4. „für die Erhaltung u.s.w. der Sache" in 5 242, § 735 Abs. 2, § 2 0 3 7 ; 5. „für die Verschaffung des Pfandrechtes" in § 6 7 5 ; 6. „für die Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters" im § 1658 Abs. 1; 7. „für die Kosten, welche" u.s.w. (seil, für die Bezahlung der Kosten) in § 306, § 366 Abs. 3; 8. „für Schadensersatz" in § 96 Abs. 3, S 98 Abs. 2, §§ 336, 343, 597, 1602; 9. im Sinne der Garantieleistung: a, „für die Zahlungsfähigkeit einer Person" in den §§ 297, 298 ; b, „für den rechtlichen Bestand der Forderung" in den §§ 296, 2 9 8 ; c, „für die Freiheit von öffentlichen Abgaben" im § 369; B. mit „haften wegen": 1. „wegen Verschuldens" (Vorsatzes, Fahrlässigkeit) in $ 140, § 222 Abs. 2, § 223, 248, 255, 323, 509, 582, 744; 2. „wegen Unmöglichkeit der Leistung" in § 2 4 9 ;
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11. Titel : Geschäftsführung ohne Auftrag
§ § 6 7 7 - 678, g^Q _ gg-J
IV. Im E I lautet § 743 KE als § 749 : Wer für einen Anderen ohne dessen Auftrag und ohne Amtspflicht ein Geschäft EI $ 749 besorgt, haftet dem Geschäftsherrn für den Ersatz des durch Vorsatz oder Fahrlässigkeit verursachten Schadens. Der Geschäftsführer haftet insbesondere auch für den Ersatz des Schadens, welchen er dadurch verursacht hat, daß er gegen den bei Anwendung der Sorgfalt eines
3. „wegen eines Mangels" in § 379 Abs. 1, 2, § 393 Abs. 1, SS 397, 406, 408, 440, 441, 544, 563; 4. „wegen Veränderungen und Verschlechterungen" in den SS 513, 984; 5. „wegen Verlustes und der Beschädigung" im S 619; 6. „wegen der Beschwerungen" im S 1826; 7. „wegen Nichterfüllung einer Verbindlichkeit" in SS 223, 439, 543; 8. „wegen der Ansprüche" im S 896 Abs. 1 Satz 2. Dagegen entsprechen der aufgestellten Unterscheidung nicht folgende im K.E. sich findende Wendungen: a, „haften für den Schaden" in den SS 46, 47, 56, 135, 512, S 591 Abs. 3, SS 603, 641, S 705 Abs. 2, S 743 Abs. 1, 2. Statt dessen ist entweder „wegen des Schadens" oder „für den Ersatz des Schadens" (vergi, vorstehend unter A 8) zu setzen; ich würde das Letztere vorziehen. b, „haftet wegen Erfüllung einer Verbindlichkeit" in S 990 Abs. 1 und S 1160 Abs. 2. Statt dessen muß gesetzt werden „für die Erfüllung" u.s.w. (vergi, vorstehend unter A 1 bis 6, insbesondere N- 2). c, „haften für den Anspruch" in SS 1965, 1966, 1967. Statt dessen wird zu setzen sein entweder „wegen des Anspruches" (vergi, vorstehend unter Β 8) oder „für die Befriedigung des Anspruches"; letzteres würde ich vorziehen. d, „haften für eine Verbindlichkeit" (Schuld, Nachlaßverbindlichkeit) in S 316 Abs. 2, S 317 Abs. 1, S 1331 Abs. 2, S 1355 Abs. 1 Satz 3, S 1390 Abs. 4, S 1792 Abs. 1. Statt dessen wird es heißen müssen „für die Erfüllung der Verbindlichkeit" u.s.w. (vergi, vorstehend unter A 1 bis 6, insbesondere N - 2). — Demgemäß wird beantragt: 1. in den SS 46, 47, 56, 135, 512, S 591 Abs. 3, SS 603, 641, S 704 Abs. 1, S ^05 Abs. 2, S 743 Abs. 1, 2 statt „für den Schaden" zu setzen „für den Ersatz des Schadens". 2. Im S 990 Abs. 1 und im S 1160 Abs. 2 statt „wegen Erfüllung" zu setzen „für die Erfüllung". 3. in den SS 1965, 1966, 1967 statt „für den Anspruch" zu setzen „für die Befriedigung des Anspruches". 4. Im S 316 Abs. 2 statt „eine Vérbindlichkeit für welche" zu setzen „eine Verbindlichkeit, für deren Erfüllung." (Sollte nicht statt „eine Verbindlichkeit, für welche der Verkäufer persönlich haftet" kurz gesagt werden können „eine Schuld des Verkäufers"?) 5. Im § 317 Abs. 1 Satz 1 statt „für die . . . Schulden" zu setzen „für die Berichtigung der . . . Schulden." (vergi, ebendaselbst Satz 2). 6. Im S 1331 Abs. 2 statt „Für Verbindlichkeiten" zu setzen „Für die Erfüllung von Verbindlichkeiten." 7. Im S 1355 Abs. 1 Satz 3 zweimal statt „für die Verbindlichkeiten" zu setzen „für die Erfüllung der Verbindlichkeiten. 4 8. Im $ 1390 Abs. 4 statt „Für die Verbindlichkeiten" zu setzen „Für die Erfüllung der Verbindlichkeiten." 9. Im S 1792 Abs. 1 statt „für die Nachlaßverbindlichkeiten" zu setzen „für die Erfüllung der Nachlaßverbindlichkeiten." Die Anträge unter Ziffer 1 bis 3 wurden angenommen, die Anträge unter Ziffer 4 bis 9 abgelehnt. 129
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
ordentlichen Hausvaters erkennbaren Willen des Geschäftsherrn gehandelt hat, es sei denn, daß eine der im § 755 bezeichneten Voraussetzungen vorliegt. K E §§ 744, 745 sind in unveränderter Fassung in §§ 750, 751 enthalten.
C. 2. Kommission 1. Zu S 749 war beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 725ff.; Mugdan, Bd. 2, S. 1192ff.): Struckmann (Nr 259, 1)
1. die Bestimmungen zu fassen: Wer für einen Anderen ohne dessen Auftrag und ohne Amtspflicht ein Geschäft besorgt, hat dasselbe so zu führen, wie es den Zwecken und den Verhältnissen des Geschäftsherrn entspricht; er hat bei der Geschäftsführung jedes Verschulden zu vertreten. Hat der Geschäftsführer die Geschäftsführung entgegen dem ausgesprochenen oder dem bei Anwendung gehöriger Sorgfalt erkennbaren Willen des Geschäftsherrn unternommen, so haftet er für den Ersatz des durch die Geschäftsführung dem Geschäftsherrn entstandenen Schadens auch dann, wenn ihn bei der Geschäftsführung ein Verschulden nicht trifft, es sei denn, daß seine Einmischung nach § 755 gerechtfertigt war.. 2. unter Hereinziehung des § 751 :
Jacubezky (Nr 302, 1)
a) dem § 749 nachstehende Fassung zu geben: Wer für einen Anderen ein Geschäft besorgt, ohne dem Anderen gegenüber dazu verpflichtet zu sein, hat die Geschäftsbesorgung so einzurichten, daß sie mit Rücksicht auf die Zwecke und Verhältnisse des Geschäftsherrn dessen Nutzen entspricht.
Jacubezky (Nr 302,2)
b) den § 751 wie folgt zu gestalten: Der Geschäftsführer hat, sobald es thunlich ist, dem Geschäftsherrn von der Uebernahme der Geschäftsbesorgung Anzeige zu machen und, wenn es ohne Gefahr geschehen kann, dessen Entschließung abzuwarten. Er ist verpflichtet etc. (wie im Entw.)
Planck (Nr 306, 1)
3. den § 749 zu fassen: Wer die Geschäfte eines Anderen, ohne dazu durch Erlaubniß des Anderen oder sein Amt berechtigt zu sein, besorgt, ist dem Anderpn zum Ersätze des dadurch erwachsenen Schadens verpflichtet, wenn er die Geschäftsführung gegen das Verbot oder den bei Anwendung der ordnungsmäßigen Sorgfalt erkennbaren Willen des Geschäftsherrn unternimmt, es sei denn, daß eine der im § 755 bezeichneten Voraussetzungen vorliegt. Er hat die Geschäftsbesorgung so einzurichten, daß sie mit Rücksicht auf die Zwecke und Verhältnisse des Geschäftsherrn dessen Nutzen entspricht. Die Anträge weichen sachlich vom Entw. nicht ab. Die in dem Antrage 2 b als § 751 Satz 1 vorgeschlagene Bestimmung, welche den Inhalt des § 749 ergänzen soll, fand die Billigung der Komm. Dagegen lehnte man es ab, in dem Gesetze hervorzuheben, daß der Geschäftsführung ein Auftragsverhältniß oder eine Amtspflicht nicht zu Grunde liegen dürfe, nachdem darauf hingewiesen worden war, daß die Fassung durch diesen Zusatz zu eng werde und zu Mißverständnissen führen könne, weil wie der Auftrag auch der Dienst- und Werkvertrag ausgeschlossen werden müsse und die Erwähnung der Amtspflicht, soweit 130
11. Titel : Geschäftsführung ohne Auftrag
§ § 6 7 7 - 678, ggQ _ gg-j
es sich um Fälle des öffentlichen Rechtes handele, außerhalb des Bereichs des BGB liege, andererseits aber auch insofern eine Ungenauigkeit enthalte, als sie die hierher gehörige elterliche Gewalt nicht mitumfasse. Einverstanden war man darüber, daß es sich nicht empfehle, mit dem Entw. die aus der Verletzung der übernommenen Verpflichtung sich ergebende Schadensersatzpflicht im Gesetze auszusprechen, sondern daß es den Vorzug verdiene, im Anschluß an den Art. 469 des Schweiz. Obligationenrechts den Inhalt der Verpflichtung des Geschäftsführers zu bestimmen. Welcher der gestellten Anträge diese Verpflichtung am Besten kennzeichne, insbesondere ob man sich mit dem Hinweise begnügen könne, daß der Geschäftsführer die Geschäftsführung so einzurichten habe, wie es das Interesse des Geschäftsherrn erfordere, blieb der Entscheidung der Red.Komm. überlassen. Der Red.Komm, wurde ferner vorbehalten zu prüfen, ob durch die Worte „für einen Anderen" aus den in den Mot. II S. 855 angeführten Gründen die Unterscheidung zwischen der eigendichen und der uneigentlichen (§761) negotiorum gestio zum Ausdruck zu bringen oder ob mit dem Antrage 3 die Worte „Geschäfte eines Anderen" zu wählen seien; die letztere Fassung war von einer Seite mit Rücksicht auf § 757 als wünschenswerth bezeichnet worden. Von Wichtigkeit erschien es, in den Vordergrund zu stellen, daß die Rechte und Pflichten des Geschäftsführers von der Entscheidung der Frage abhängen, ob und wann derselbe berechtigt ist, sich in die Geschäfte des Geschäftsherrn einzumischen. Die Ausdrucksweise des Entw., so wurde hervorgehoben, und der ihm folgenden Anträge 1 und 2, daß auf Seiten des Geschäftsführers keine Verpflichtung zur Entfaltung einer Thätigkeit für den Geschäftsherrn vorliegen dürfe, setze das ganze Verhältniß nicht in die richtige Beleuchtung. Der Antrag 3 verdiene deshalb den Vorzug. Ein negotiorum gestio werde nicht anzunehmen sein, wenn Jemandem eine Ermächtigung ertheilt sei, die ihn zur Uebernahme nicht verpflichten solle, und er hinterher davon Gebrauch mache. In solchen Fällen werde meist ein Auftragsoder Dienst- oder Werkvertragsverhältniß unterstellt werden müssen, wenn von der Ermächtigung Gebrauch gemacht werde. Die auftraglose Geschäftsführung als ein Handeln des Geschäftsführers ohne Vertretungsmacht zu bezeichnen, wie dies von einer Seite angeregt sei, könne deshalb nicht gebilligt werden, weil die Vertretungsmacht des Vertreters sich auf den Bereich der Rechtsgeschäfte beschränke, während die Geschäftsbesorgung darüber hinausgehe und sich auch auf die Vornahme thatsächlicher Leistungen erstrecke. Die Vorschrift des Antrags 1 Abs. 2, die auch in dem Entw. § 749 Abs. 2 und dem Antrag 3 enthalten ist, gelangte zur Annahme. Ob es angezeigt ist, auf die Ausnahmefälle des § 755 an dieser Stelle Bezug zu nehmen, wurde der Berathung dieses Paragraphen vorbehalten. Zu § 750 war beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 727; Mugdan, Bd. 2, S. 1194) : 1. die Bestimmung des Entw. zu fassen: Struckmann Hat der Geschäftsführer die Geschäftsführung unternommen, um von der Per- (Nr 259,2) son oder dem Vermögen des Geschäftsherrn eine dringende Gefahr abzuwenden, so haftet er nur wegen Vorsatzes und grober Fahrlässigkeit. 2. statt der Worte „von der Person oder dem Vermögen des Geschäftsherrn" zu setzen „von dem Geschäftsherrn". Die Komm, genehmigte den § 750, mit dem der Antrag 1 sachlich übereinstimmt; der Antrag 2 wurde der Red.Komm. überwiesen. Zu § 751 lag der Antrag vor, die Fassung des Entw. durch nachstehende Fassung zu ersetzen (Prot. II, Bd. 2, S. 728; Mugdan, Bd. 2, S. 1194): 131
§ § 6 7 7 - 678, ggQ
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Struckmann Der Geschäftsführer ist verpflichtet, nach Maßgabe der für den Auftrag gelten(Nr 259, 3) den Vorschriften der §§ 591 bis 593 dem Geschäftsherrn Rechenschaft über die Geschäftsführung abzulegen und dasjenige herauszugeben, was er aus der Geschäftsführung erlangt hat. Die Komm, entschied sich für die Beibehaltung des § 751, indem sie den nur in der Fassung abweichenden Antrag der Red.Komm, überwies. II. In der VorlZust lauten die beschlossenen Vorschriften : E I-VorlZust W e r für einen Anderen ein Geschäft desselben besorgt ohne dazu berechtigt zu S 749 sein, ist dem Anderen zum Ersätze des dadurch verursachten Schadens verpflichtet, wenn er die Geschäftsbesorgung gegen den bei ordnungsmäßiger Aufmerksamkeit erkennbaren Willen des Geschäftsherrn unternimmt, es sei denn, daß eine der im § 755 bezeichneten Voraussetzungen vorliegt. Der Geschäftsführer hat das übernommene Geschäft so zu besorgen, wie es dem Interesse des Geschäftsherrn entspricht. E I-VorlZust Hat der Geschäftsführer die Geschäftsführung unternommen, um von dem Ge§ 750 schäftsherrn eine dringende Gefahr abzuwenden, so haftet er nur wegen Vorsatz und grober Fahrlässigkeit. E I-VorlZust Der Geschäftsführer hat, sobald es thunlich ist, dem Geschäftsherrn von der § 751 Uebernahme der Geschäftsbesorgung Anzeige zu machen und, wenn es ohne Gefahr geschehen kann, dessen Entschließung abzuwarten. Er ist verpflichtet, nach Maßgabe der für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 591 bis 593 dem Geschäftsherrn Rechenschaft über die Geschäftsbesorgung abzulegen und dasjenige herauszugeben, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat.
E I-ZustRedKom
S 749 E I-ZustRedKom
§749 a
E I-ZustRedKom S 750 E I-ZustRedKom
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III. In der ZustRedKom lauten die Vorschriften : W e r ein Geschäft für einen Anderen besorgt, ohne ihm gegenüber dazu berechtigt zu sein, hat das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder muthmaßlichen Willen es erfordert. Steht die Uebernahme der Geschäftsführung mit dem wirklichen oder dem muthmaßlichen Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch und mußte der Geschäftsführer dies erkennen, so ist er dem Geschäftsherrn zum Ersätze des aus der Geschäftsführung entstandenen Schadens auch dann verpflichtet, wenn ihm ein sonstiges Verschulden nicht zur Last fällt. Bezweckt die Geschäftsführung die Abwendung einer den Geschäftsherrn bedrohenden dringenden Gefahr, so hat der Geschäftsführer nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. Der Geschäftsführer hat, sobald es thunlich ist, die Uebernahme der Geschäftsführung dem Geschäftsherrn anzuzeigen und, wenn es ohne Gefahr geschehen kann, dessen Entschließung abzuwarten. Im Uebrigen finden auf die Verpflichtungen des Geschäftsführers die für einen Beauftragten geltenden Vorschriften der §§ 591 bis 593 entsprechende Anwendung.
IV. Im E II lauten die §§ 608, 609, 6 1 1 , 6 1 2 : W e r ein Geschäft für einen Anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, hat usw. wie in der ZustRedKom § 609 wie § 749 a E I-ZustRedKom E II § 611 Bezweckt die Geschäftsführung die Abwendung einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr, so hat der Geschäftsführer nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. E II § 608
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11. Titel : Geschäftsführung ohne Auftrag
§679
Der Geschäftsführer hat die Uebernahme der Geschäftsführung, sobald es thun- Ε II § 612 lieh ist, dem Geschäftsherrn usw. wie in der ZustRedKom. Die zit. §§ lauten im Ell: §§ 597 bis 599. In §§ 608 und 611 (E II rev, E III §§ 664, 667) liegt die in §§ 677 und 680 BGB Gesetz gewordene Fassung vor. V. Im E II rev und im E III §§ 665, 668 liegt die in §§ 678 und 681 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
§679 Ein der Geschäftsführung entgegenstehender Wille des Geschäftsherrn kommt nicht in Betracht, wenn ohne die Geschäftsführung eine Pflicht des Geschäftsherrn, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt, oder eine gesetzliche Unterhaltspflicht des Geschäftsherrn nicht rechtzeitig erfüllt werden würde.
A. 1. Kommission I. 167. Sitzung vom 24. 1. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend Johow I Zu § 239 des Entwurfs 1 : | Prot 11632 „Bestand die Geschäftsbesorgung in der durch ein öffentliches Interesse geböte- TE-OR (Nr 4) nen Erfüllung einer rechtlichen Verbindlichkeit des Geschäftsherrn oder in der Ge- § 239 Währung des Unterhalts an Personen, welche der Geschäftsherr zu unterhalten verpflichtet war, so bestehen die in § 238 bezeichneten Verpflichtungen des Geschäftsherrn gegen den Geschäftsführer auch dann, wenn dieser gegen ein Verbot von Jenem gehandelt hat." war beantragt: 1. statt dessen zu bestimmen in
S 239 „Hat der Geschäftsführer eine Verbindlichkeit des Geschäftsherrn erfüllt, deren Erfüllung durch ein öffentliches Interesse geboten war, oder hat er Personen Unterhalt gewährt, welche der Geschäftsherr zu unterhalten gesetzlich verpflichtet war, so steht dem Geschäftsführer ein Rückforderungsrecht selbst dann zu, wenn er gegen Verbot des Geschäftsherrn gehandelt hat." S 239a (statt § 244) „Dem Geschäftsführer steht ein Rückforderungsrecht nicht zu, wenn er die Vermögensaufopferung ohne den Willen, ein solches zu erwerben, gemacht hat. Haben Eltern oder Voreltern ihren Abkömmlingen, oder diese jenen Unterhalt gewährt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß dies ohne den Willen, ein Rückforderungsrecht zu erwerben, geschehen sei." Die Beratung des § 238 s. bei $ 683 BGB. 133
Windscheid (Nr 261)
§679
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Planck 2. hinter den Worten: „welche der Geschäftsherr zu unterhalten verpflichtet (Nr 264) war" einzuschalten: „und wäre | ohne die Geschäftsbesorgung die Verbindlichkeit I Prot 11633 des Geschäftsherrn nicht erfüllt worden", Kurlbaum (Nr 265)
3. die Vorschrift durch die Bestimmung zu ersetzen: „Betraf die Geschäftsführung die durch öffentliches Interesse gebotene Erfüllung einer Verbindlichkeit oder die Erfüllung einer dem Geschäftsherrn obliegenden gesetzlichen Verbindlichkeit zum Unterhalte eines Menschen, so kann der Geschäftsherr nicht geltend machen, daß er die Verbindlichkeit habe unerfüllt lassen wollen."
Derscheid (Nr 254)
4. den § 239 zu streichen. Der in dem Antrage Ν- 1 enthaltene, die Einschaltung eines neuen Paragraphen bezweckende Vorschlag wurde in Rücksicht auf den mehrgedachten einleitenden Beschluß (Protokolle S. 1601) der nachträglichen Erledigung vorbehalten. Im Uebrigen entschied die Mehrheit unter Ablehnung des Streichungsantrages für die Aufnahme der im § 239 enthaltenen Bestimmung: 1. für den Fall der durch ein öffentliches Interesse gebotenen Erfüllung einer Verbindlichkeit, 2. für den Fall der Erfüllung einer Alimentationspflicht, zu 2 jedoch mit der Beschränkung, sofern die Alimentationspflicht auf Gesetz beruhe, und unter Billigung des zusätzlichen Antrags N 2 2, nachdem derselbe dahin ergänzt war, daß vor: „erfüllt" einzuschieben sei: „ordnungsmäßig". Die im Antrage N- 3 vorgeschlagene Fassung wurde abgelehnt, im Uebrigen die Feststellung der Fassung und insbesondere die Prüfung, ob: „Verbot" zu ersetzen sei durch: „gegen den Willen" (vgl. Protokolle S. 1609) der Redaktion vorbehalten.
Die Gründe waren: Erfülle der Geschäftsführer für den Geschäftsherrn | eine der in dem § 239 bezeichneten Verpflichtungen, so dürfe das zum § 238 beschlossene subjektive Prinzip oder das Prinzip, wonach die Rechte des Geschäftsführers davon abhängen, ob der Geschäftsherr das Verhalten des Geschäftsführers gebilligt haben würde, keine Anwendung finden, vielmehr müsse für solche Fälle das objektive Prinzip oder das Prinzip zur Geltung gelangen, wonach es genüge, daß sachlich die Erfüllung als ein utiliter gestum sich darstelle. Das allgemeine Wohl und beziehungsweise Humanitätsrücksichten machten die Ausnahme nöthig. Diese finde auch ihren genügenden Ausdruck durch die Bestimmung, das Verbot des Geschäftsherrn könne die Rechte des Geschäftsführers nicht beeinträchtigen, indem sich hieraus deutlich ergebe, daß das subjektive Prinzip überhaupt nicht Platz greife, weil dieses mit der Nichtbeachtlichkeit — selbst eines Verbots des Geschäftsherrn völlig unvereinbar sei. Die Gründe, auf welchen die von der Regel des § 238 abweichende Bestimmung des § 239 beruhe, erheischten übrigens, dieselbe mit dem Entwürfe auch auf die Art und Weise der Erfüllung auszudehnen, und keineswegs dem Geschäftsherrn nur den Einwand zu versagen, daß er die Verpflichtung habe unerfüllt lassen wollen. Dagegen bedürfe die im § 239 enthaltene Bestimmung eine andere Beschränkung. Sie dürfe nur dann zur Anwendung gelangen, wenn ein Anlaß zum Einschreiten eines Dritten vorgelegen habe und dies treffe nur zu, wenn der Geschäftsherr überI Prot 1 1635 haupt nicht oder nicht | so erfüllt haben würde, wie ihm obliege, weshalb namentlich die Erfüllung von Seiten des Geschäftsführers regelmäßig erst dann erfolgt sein dürfe, nachdem die Zeit, wo der Geschäftsherr erfüllen mußte, verstrichen sei. Hieraus rechtfertige sich die Billigung des verbesserten Antrags N- 2. IProti 1634
134
11. Titel: Geschäftsführung ohne Auftrag
§679
Betreffend den ersten im § 239 behandelten Fall, so könne in Frage kommen, ob es nicht vorzuziehen sei, statt des unbestimmten Ausdrucks: „durch ein öffentliches Interesse geboten" von Verpflichtungen zu reden, die im öffentlichen Rechte sich gründen. Allein die letztere Bezeichnung würde es nöthig machen, der Beerdigungspflicht besondere Erwähnung zu thun, und da die Ausdrucksweise des Entwurfs eine zu weit greifende Auslegung schwerlich herbeiführen werde, so verdiene sie beibehalten zu werden. Anlangend den zweiten Fall, so sei es nicht angemessen, über die Erfüllung einer auf Gesetz beruhenden Alimentationspflicht hinauszugehen. Denn, wenn von einer solchen Beschränkung abgesehen werde, so würden Fälle einbezogen, für welche die ratio legis in keiner Weise zutreffe. Die Berathung des § 240 des Entwurfs wurde in Rücksicht auf den einleitenden Beschluß vom 19. Januar d. Js. (Protokolle S. 1601) vorläufig ausgesetzt 2 . Zu § 241 des Entwurfs: DresdE „Auf die Verpflichtung des Geschäftsherrn ist es ohne Einfluß, wenn derselbe Art 241 geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist." I war beantragt : | Prot 11636 1. statt dessen zu bestimmen : Windscheid „Geschäftsunfähige und in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Geschäftsherrn (Nr 266) haften nur auf die (zur Zeit der Rechtshängigkeit) vorhandene Bereicherung." 2. dem § 241 hinzuzufügen: „Bei Anwendung des § 241 sei entscheidend, ob der Kurlbaum gesetzliche Vertreter gebilligt haben würde." Nach Ablehnung des Antrags Ν 2 1 wurde der § 241 des Entwurfs angenommen, der Antrag N 2 2 gleichfalls abgelehnt. Erwogen war: Die Verpflichtungen des Geschäftsherrn seien von seinem Willen unabhängig. Dieselben würden, ohne Rücksicht auf seinen Willen, von dem Gesetze an einen bestimmten Thatbestand geknüpft. Es müsse daher in Ansehung dieser Verpflichtungen — wie bei anderen gesetzlichen Obligationen — unerheblich sein, ob der Geschäftsherr geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sei. Das zum § 238 beschlossene Prinzip rechtfertige keineswegs das Gegentheil. Unter der darin erwähnten Billigung sei, wenn der Geschäftsherr nicht geschäftsfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sei, die Billigung des gesetzlichen Vertreters desselben zu verstehen. Dies brauche in Rücksicht auf die allgemeinen Grundsätze über die Verpflichtungsfähigkeit nicht besonders hervorgehoben zu werden. II. In der RedVorl und der ZustOR lautet die zu § 239 des Entw. beschlossene Vorschrift: Ist von dem Geschäftsführer die im öffentlichen Interesse gebotene Erfüllung RedVorl § 280 einer dem Geschäftsherrn obliegenden Verbindlichkeit bewirkt, so steht ihm der im § 278 3 bezeichnete Anspruch auch dann zu, wenn er gegen ein ihm bekanntes Verbot des Geschäftsherrn gehandelt hat. Dasselbe gilt, wenn von dem Geschäftsführer einer Person, welche der Geschäftsherr zu unterhalten gesetzlich verpflichtet war, der Unterhalt gewährt worden ist4.
2 S. diese Beratung bei §§ 677, 678, 680, 681 BGB. 3 S. diesen bei § 683 BGB. 4 Dazu ist angemerkt: „Gegen ein ihm bekanntes Verbot" ergiebt Argument à potiori.
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§679
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
ZustOR § 280
Ist von dem Geschäftsführer die im öffentlichen Interesse gebotene Erfüllung einer dem Geschäftsherrn obliegenden Verbindlichkeit bewirkt, welche ohne die Geschäftsbesorgung nicht ordnungsmäßig erfüllt worden wäre, so steht dem Geschäftsführer der im § 278 bezeichnete Anspruch auch dann zu, wenn er gegen ein Verbot des Geschäftsherrn gehandelt hat. Satz 2 wie in der RedVorl Die zu § 241 des Entw. beschlossene Vorschrift lautet in der RedVorl und der ZustOR: RedVorl/ Auf den dem Geschäftsführer nach dem § 278 zustehenden Anspruch ist die GeZustOR § 281 Schäftsunfähigkeit oder die Beschränkung der Geschäftsfähigkeit des GeschäftsKE $ 750 herrn ohne Einfluß. E I § 756 III. Im KE ist § 280 ZustOR in unveränderter Fassung in § 7495, § 281 ZustOR unverändert in § 750 enthalten. Bei der 2. Beratung des KE lag der Antrag vor, § 749 Satz 2 zu fassen: Kurlbaum „Dasselbe gilt, wenn von dem Geschäftsführer die Erfüllung einer dem Ge(Nr 601, 23) schäftsherrn obliegenden gesetzlichen Unterhaltspflicht bewirkt ist, welche ohne die Geschäftsbesorgung, nicht ordnungsgemäß erfüllt worden wäre." Der Antrag wurde genehmigt (Prot. I I I 892). E I § 755
IV. Im E I lautet die Vorschrift des § 749 KE als § 755 : Ist von dem Geschäftsführer die im öffentlichen Interesse gebotene Erfüllung einer dem Geschäftsherrn obliegenden Verbindlichkeit bewirkt, welche ohne die Geschäftsbesorgung nicht ordnungsmäßig erfüllt worden wäre, so steht dem Geschäftsführer der im § 753 bezeichnete Anspruch auch dann zu, wenn er gegen ein Verbot des Geschäftsherrn gehandelt hat. Dasselbe gilt, wenn von dem Geschäftsführer die Erfüllung einer dem Geschäftsherrn obliegenden gesetzlichen Unterhaltspflicht bewirkt ist, welche ohne die Geschäftsbesorgung nicht ordnungsmäßig erfüllt worden wäre. § 750 KE ist unverändert in § 756 enthalten.
C. 2. Kommission I. Zu S 755 lagen die Anträge vor (Prot. II, Bd. 2, S. 735f.; Mugdan, Bd. 2, S. 1197 f.) : Struckmann 1. statt der Bestimmungen des Entw. nachstehende Vorschrift aufzunehmen : (Nr 259, 7) Hat der Geschäftsführer eine durch das öffentliche Interesse gebotene Pflicht des Geschäftsherrn oder eine sittliche Pflicht oder eine gesetzliche Unterhaltspflicht desselben erfüllt und wäre ohne die Geschäftsführung die Pflicht nicht ordnungsmäßig erfüllt worden, so steht dem Geschäftsführer der im § 753 bezeichnete Anspruch ohne Rücksicht auf ein Verbot des Geschäftsherrn zu. Wolffson (Nr 307)
2. diese Vorschrift dahin zu ändern bezw. zu ergänzen: a) die Worte „oder eine sittliche Pflicht" zu streichen; b) folgenden Satz hinzuzufügen: Dasselbe gilt, wenn der Geschäftsherr bei Erlaß des Verbots die Gefahr, zu deren Abwendung die Geschäftsführung unternommen ist, nicht kannte. 5 136
748 und 747 s. bei §§ 784 und 783 BGB.
11. Titel : Geschäftsführung ohne Auftrag
§ 682
3. den Eingang der Vorschrift zu fassen: Ist die Besorgung des Geschäfts durch das öffentliche Interesse geboten und würde dieselbe ohne die Geschäftsführung nicht oder nicht rechtzeitig erfolgen, so steht etc. (wie im Antrag 1). Der Antragsteller zu 1 änderte im Laufe der Berathung seinen Vorschlag dahin, daß nach den Worten „erfüllt worden" die Worte „oder verstößt das Verbot des Geschäftsherrn gegen die guten Sitten" eingeschaltet und im Eingange die Worte „oder eine sittliche Pflicht" gestrichen werden sollen. Die Komm, nahm den § 755 des Entw. mit der Maßgabe an, daß die Worte „nicht ordnungsmäßig" durch die Worte „nicht oder nicht rechtzeitig" ersetzt werden. Im Uebrigen wurden die Anträge 1 und 3, soweit sie sachliche Abänderungen des Entw. bezwecken, abgelehnt und die Berathung des von dem Antragsteller zu 2 beantragten Zusatzes vertagt. Zu § 756 war beantragt (Prot. II Bd. 2, S. 739; Mugdan, Bd. 2, S. 1201): 1. die Vorschrift des Entw. zu streichen; Jacubezky 2. die Vorschrift in nachstehender Fassung als § 758 b beizubehalten: (Nr 302, 4) Der Anspruch des Geschäftsführers aus der Geschäftsführung wird nicht da- Struckmann durch ausgeschlossen, daß der Geschäftsherr geschäftsunfähig oder in der Ge- (Nr 259> 8 ) schäftsfähigkeit beschränkt ist. Die Komm, beschloß die Streichung. II. In der VorlZust lautet die beschlossene Vorschrift: Hat der Geschäftsführer eine Pflicht des Geschäftsherrn, deren Erfüllung im öf- E I-VorlZust fentlichen Interesse lag oder eine gesetzliche Unterhaltspflicht des Geschäftsherrn S 755 erfüllt, so steht ihm, wenn die Pflicht ohne die Geschäftsbesorgung nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt wäre, der im § 753 bezeichnete Anspruch auch dann zu, wenn er die Geschäftsbesorgung gegen den Willen des Geschäftsherrn übernommen hat. III. - V. In der ZustRedKom § 749 b6, E II § 610, E II rev/E III § 666 liegt die in § 679 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
§682
Ist der Geschäftsführer geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist er nur nach den Vorschriften über den Schadensersatz wegen unerlaubter Handlungen und über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verantwortlich.
6 § 749 a s. bei §§ 677, 678, 680, 681 BGB.
137
§682
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Α. 1. Kommission 1.166. Sitzung vom 22. 1. 1883, Schriftführer Neubauer I Der § 237 des Entwurfs lautet 1 : „Auf die Haftpflicht des Geschäftsführers ist es ohne Einfluß, wenn derselbe geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist." In den vorläufigen Berichtigungen des Referenten findet sich hierzu bemerkt: I Prot 11618 In § 237 des Entwurfs sind die Worte: „geschäftsunfähig | oder" zu streichen. Zu § 237 dürfte vielleicht zur Verhütung von Mißverständnissen beizufügen sein: „Der Geschäftsunfähige haftet aus der Geschäftsführung nur insoweit, als er bereichert ist." Es lagen dazu folgende Anträge vor:
111617 DresdE Art 237
1. den § 237 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: „Ist der Geschäftsführer geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so haftet er dem Geschäftsherrn nur nach Maßgabe des § 27 über die ungerechtfertigte Bereicherung 2 . War die zum Zwecke der Geschäftsführung vorgenommene Handlung eine solche, daß der Handelnde ohne die Absicht der Geschäftsführung dem Geschäftsherrn daraus nach den Grundsätzen über unerlaubte Handlungen haften würde (§§ 145 — 151 der Zusammenstellung des Obligationenrechts) 3 , so haftet er auch, wenn er geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt war, nach Maßgabe der §§ 233 und 234. Die Vorschrift des § 152 des Obligationenrechts 4 findet in solchem Falle entsprechende Anwendung." Dieser Antrag wurde von dem Antragsteller durch den neuen Antrag ersetzt, zu bestimmen : „Geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Personen haften aus der Geschäftsführung nur insoweit, als die von ihnen zum Zweck derselben vorgenommenen Handlungen ohne die Absicht der Geschäftsführung eine Verletzung der Rechte des Geschäftsherrn enthalten würden und sie nach Maßgabe der §§ 150 und 151 des Obligationenrechts dafür haftbar sein würden. Die Vorschriften des § 152 über die Haftung derjenigen, welche zur Aufsicht über einen Andern verpflichtet sind oder dieselbe übernommen haben, finden hierI P r o t i 1619 bei ent-1 sprechende Anwendung." Planck (Nr 260, 2)
Kurlbaum (Nr 259)
2. in § 237 zu bestimmen: „Auf die Verpflichtung der Geschäftsunfähigen und der in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Personen wegen Fahrlässigkeit oder Vorsatzes finden die Vorschriften der §§ 150, 151 entsprechende Anwendung."
v. Weber (Nr 262)
3. zu bestimmen in § 237 : „Personen, welche im Kindesalter stehen oder des Vernunftgebrauchs beraubt sind, sind, vorbehaltlich der Bestimmungen in §§ (27 und 28 des Abschnitts über Schuldverhältnisse aus ungerechtfertigter Bereicherung) unfähig, sich durch Geschäftsführung zu verpflichten.
1 Die auf der 166. Sitzung voraufgegangenen Beratungen s. bei §§ 677, 678, 680, 681 BGB. 2 S. bei §812 BGB. 3 S. bei SS 823, 827, 828 BGB. • S. bei § 832 BGB.
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11. Titel: Geschäftsführung ohne Auftrag
§682
Hat eine Person nach Vollendung des Kindesalters aber noch vor Vollendung des achtzehnten Lebensjahres ein Geschäft für einen Anderen besorgt, so ist sie für einen dadurch (dabei?) verursachten Schaden nicht verantwortlich, wenn sie bei Begehung der Handlung, welche den Schaden verursacht hat, die zur Erkenntniß der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht nicht besaß. Im Uebrigen ist es auf die Haftung des Geschäftsführers ohne Einfluß, wenn derselbe geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist." 4. an Stelle des § 237 zu bestimmen: „Personen, welche geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind, haften aus der Geschäftsbesorgung nur insoweit, als sie bereichert sind. Die Verpflichtung zur Herausgabe der Bereicherung bestimmt sich nach den zu den §§ 27 und 28 des Theilentwurfes über die Schuldverhältniße aus ungerechtfertigter Bereicherung beschlossenen Vorschriften. Die Haftung aus unerlaubter Handlung bleibt unberührt." Der Antrag N 2 4 fand die Zustimmung der Mehrheit. Erwogen war: Der Standpunkt des Entwurfes sei: die negotiorum gestio | lasse sich als ein |Prot 11620 Rechtsgeschäft nicht betrachten; das Gesetz knüpfe bei Regelung derselben an einen gewissen Thatbestand, wozu auch ein bewußtes Handeln des gestor gehöre, unmittelbar bestimmte Rechtsfolgen, ohne den Nachdruck darauf zu legen, daß diese Folgen, weil sie gewollt seien und in Anerkennung des auf dieselben gerichteten Willens des gestor einträten. Hieraus folge, daß zwar die negotiorum gestio eines Geschäftsunfähigen für diesen keine Verpflichtung erzeugen könne, daß dagegen die bloße Beschränkung der Geschäftsfähigkeit für die Hervorrufung der aus der negotiorum gestio für den gestor entspringenden Verpflichtungen unerheblich sein müsse, und zwar aus ähnlichen Gründen, weshalb Personen, deren Geschäftsfähigkeit beschränkt sei, regelmäßig deliktsfähig seien, obschon die negotiorum gestio als Delikt sich nicht betrachten lasse. Der Sinn der Anträge N - 2 und 3 sei : Soweit bezw. wenn eine Person deliktsfähig sei, werde sie auch durch negotiorum gestio verpflichtet. Die Abweichung dieser im Uebringen auf dem Standpunkte des Entwurfes beruhenden Anträge von dem Entwürfe bestehe nur darin, daß dieselben das Prinzip des Entwurfs mit den früheren Beschlüssen in Einklang zu bringen bezwecken nach welchen Personen, die wegen Geisteskrankheit entmündigt worden, auch nach der Genesung bis zur Wiederaufhebung der Entmündigung noch als geschäftsunfähig, nicht aber als deliktsunfähig gelten, daß ferner Personen, die zwar das Kindesalter, nicht aber das 18w Lebensjahr vollendet hätten, zwar nicht geschäftsunfähig, sondern nur in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, gleichwohl nur unter einer bestimmten Voraussetzung deliktsfähig seien (Beschlüsse vom 26. und 28. Oktober 1881, Protokolle S. 59 f., Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil bestreffenden Beschlüsse SS 41, 42ff. 5 , und vom 8. September 1882, Protokolle S. 1003ff., Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse SS 150, 151). I Der Antrag N 2 1 folge den Anträgen N 2 2 und 3 mit der Abweichung, daß der |Proti 1621 in den letzteren Anträgen enthaltene Grundsatz nur dann Platz greifen solle, wenn der gestor durch die negotiorum gestio in den Vermögenskreis des Geschäftsherrn dergestalt eingegriffen habe, daß eine unerlaubte Handlung sich ergeben haben würde, wenn die Absicht der Geschäftsführung gefehlt hätte, während in anderen 5 S. bei §§ 104-109 BGB. 139
§682
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Fällen die Geschäftsführung eine Verpflichtung für den betreffenden Geschäftsführer nicht hervorrufen solle. Dem Antrage N2 4 liege dagegen die Auffassung zum Grunde: Die negotiorum gestio möge kein Rechtsgeschäft sein, aber sie müsse, anlangend die Hervorrufung von Verpflichtungen für einen Geschäftsführer, der sich durch Rechtsgeschäfte nicht verpflichten könne, zu dessen Gunsten wie ein Rechtsgeschäft beurtheilt werden. Diese letztere Auffassung verdiene den Vorzug. Möge immerhin der negotiorum gestio die Eigenschaft eines Rechtsgeschäfts im engeren oder eigentlichen Sinne abzusprechen sein, so erscheine doch noch bei Weitem zweifelloser, daß sie noch viel weniger ein Delikt sei. Sie gehöre zu den sogenannten Rechtshandlungen im weiteren Sinne oder zu den unmittelbar eine Rechtsänderung nach sich ziehenden vorsätzlichen Handlungen, die keine Delikte seien. Für diese Rechtshandlungen (ζ. B. außergerichtliches Geständniß, gewisse prozessuale Handlungen) müße im Allgemeinen der Grundsatz gelten, daß auf sie, anlangend ihre verbindliche Kraft für den Handelnden in Rücksicht auf Handlungsfähigkeit die für die Rechtsgeschäfte im engeren Sinne maßgebenden Regeln anwendbar seien (zu vergleichen Protokolle S. 59, 60). Dies ergebe sich mit Nothwendigkeit aus den Gründen, aufweichen jene Regeln beruhten. Für die negotiorum gestio von dem gedachten Grundsatze abzuweichen und auf die Regeln von der Deliktsfähigkeit, allgemein oder mit dem AnI Prot 1 1622 trage | Ν 2 1 in gewissen Fällen zurückzugehen, sei nicht gerechtfertigt. Insbesondere könne nicht zugegeben werden, daß Gründe der praktischen Zweckmäßigkeit für die Abweichung sprächen. Das geltende Recht, von dem streitigen gemeinen Rechte abgesehen, harmonire mit dem Antrage N - 4. Daß ein Bedürfniß zur Abänderung desselben sich fühlbar gemacht habe, sei unerweislich. Auf das Gegentheil ließen die modernen Kodifikationen, einschließlich der Entwürfe, schließen. Sie folgten insgesammt dem Prinzipe des Antrags N 2 4. Nur in den Motiven des bayrischen Entwurfs finde sich eine dem Prinzipe des Entwurfs entsprechende Anschauung. Der Geschäftsherr werde schon genügend durch eine Vorschrift geschützt, welche darauf hinweise, daß die Bestimmungen über die Vertretung unerlaubter Handlungen unberührt blieben, v. Weber Von einer Seite war beantragt, dem § 237 einen neuen § als § 237a des Inhalts (Nr 262) und Wortlauts anzuschließen: „Haben mehrere Personen gemeinschaftlich ein Geschäft für einen Andern besorgt, so haften sie als Gesammtschuldner." Der Antrag wurde abgelehnt. Die Mehrheit konnte sich weder von der Nothwendigkeit noch von der Angemessenheit der vorgeschlagenen Bestimmung überzeugen, glaubte vielmehr, daß kein Grund vorliege, die allgemeinen Vorschriften über die Theil- und Gesammtschuldverhältnisse und die Schuldverhältnisse bei untheilbaren Leistungen, wenn mehrere Schuldner vorhanden sind, ganz oder theilweise von der Anwendung auszuschließen, insbesondere von der Regel des § 31 der Zusammenstellung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse (Protokoll vom 20. März 1882, S. 553 —555)6 eine Ausnahme zu bestimmen. I Prot 1 1623
Von einer Seite wurde hinzugefügt: Der vorliegende [ Fall möge lehren, daß der § 31 a.a.O. bedenklich sei; hieraus würde aber nur folgen, daß der § 31 überhaupt zu ändern, nicht aber, daß die Nichtanwendbarkeit desselben für die negotiorum gestio anzuordnen sei. S. bei SS 4 2 1 - 4 3 2 BGB.
140
11. Titel: Geschäftsführung ohne Auftrag
§682
II. In der RedVorl und der ZustOR lautet die beschlossene Vorschrift: Ist der Geschäftsführer geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit be- RedVorl/ schränkt, so haftet er aus der Geschäftsbesorgung nach Maßgabe des § 273 nur in- ZustOR § 277 soweit, als er aus derselben bereichert ist. Dazu wurde gelegentlich der Beratung betr. die Ordnung der Beschlüsse zum Obligationenrecht beschlossen, den Schluß zu fassen : „nur nach Maßgabe des § 273 insoweit, als er aus derselben bereichert ist." (Prot. I 3275). III. Im K E lautet die Vorschrift als § 746: Ist der Geschäftsführer geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so haftet er aus der Geschäftsbesorgung nur nach Maßgabe des § 742 insoweit, als er aus derselben bereichert ist. Bei der 2. Beratung des K E lagen die Anträge vor: 1. § 746 den Nachsatz zu fassen: „so ist er nur zur Herausgabe der aus der Geschäftsbesorgung erlangten Bereicherung nach Maßgabe der Vorschriften des § 742 Abs. 3 verpflichtet, unbeschadet der Haftung aus unerlaubter Handlung (zu vgl. § 1902)." 2. § 746 den Nachsatz zu fassen, wie zu 1 beantragt, jedoch mit Weglassung der Worte „unbeschadet der Haftung aus unerlaubten Handlungen". Der Antrag 1 wurde angenommen, wodurch der Antrag 2 sich erledigte (Prot I 11890-11892).
KE $ 746
Kurlbaum (Nr 601, 22 a) Johow (Nr 633, a)
IV. Im E I lautet die Vorschrift als § 752 : Ist der Geschäftsführer geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit be- EI § 752 schränkt, so ist er nur zur Herausgabe der aus der Geschäftsbesorgung erlangten Bereicherung nach Maßgabe des § 748 Abs. 3 verpflichtet, unbeschadet der Haftung aus unerlaubter Handlung. C. 2. Kommission I. Zu § 752 war nachstehende Fassung der Bestimmung vorgeschlagen (Prot II, Bd. 2, S. 729; Mugdan, Bd. 2, S. 1194): War der Geschäftsführer geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit be- Struckmann schränkt, so ist er nur zur Herausgabe der Bereicherung nach Maßgabe des § 748 (Nr 259, 4) (Abs. 3) verpflichtet, unbeschadet einer weitergehenden Haftung aus unerlaubter Handlung. Sachlich wurde die Bestimmung nicht beanstandet, ihre Beibehaltung daher unter Ueberweisung des Antrags an die Red.Komm. beschlossen. An Stelle der Verweisung auf den § 748 Abs. 3 soll auf die Vorschriften Bezug genommen werden, welche nach den gefaßten Beschlüssen den § 748 Abs. 3 zu ersetzen bestimmt sind; man war jedoch einverstanden, daß die Red.Komm. ermächtigt sein solle, ohne einzelne Paragraphen zu zitiren, einfach auf die Vorschriften zu verweisen, die für die Haftung aus einer ungerechtfertigten Bereicherung gelten. II. In der VorlZust lautet die Vorschrift: War der Geschäftsführer geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit be- E I-VorlZust schränkt, so ist er nur zur Herausgabe desjenigen, was er durch die Geschäftsbesor- S 752 141
§683
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
gung erlangt hat, nach Maßgabe der Vorschriften über die Erstattung einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet, unbeschadet einer weitergehenden Haftung aus unerlaubter Handlung. III. In der ZustRedKom ist die Fassung: E I-ZustRedKom War der Geschäftsführer geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit be§ 752 schränkt, so ist er nur nach den Vorschriften über unerlaubte Handlungen und über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verantwortlich.
E II §613
IV. Im E II lautet die Vorschrift als § 613: War der Geschäftsführer geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist er nur nach den Vorschriften über den Schadensersatz wegen unerlaubter Handlungen und über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verantwortlich. V. Im E II rev und im E III § 669 liegt die in § 682 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
§683 Entspricht die Uebernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem muthmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Uebernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.
A. 1. Kommission I. 167. Sitzung vom 24. 1. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend Johow P r o t i 1625
I Die Berathung des Theilentwurfes des Obligationenrechts (N 2 4), betreffend „Geschäftsführung ohne Auftrag" wurde fortgesetzt.
Zu § 238 des Entwurfs: „Hat Derjenige, welcher ohne Auftrag und Amtspflicht das Geschäft eines Anderen für diesen zu besorgen unternommen hat, hierbei in solcher Weise gehandelt, daß er nach den vorliegenden Umständen bei Beachtung des ihm bekannten Willens, der sonstigen Handlungsweise und der Verhältnisse des Geschäftsherrn annehmen mußte, es würde dieser bei Kenntniß der Sachlage die Geschäftsführung gebilligt haben, so ist der Geschäftsherr verpflichtet, den Geschäftsführer von den für ihn übernommenen Verbindlichkeiten zu befreien, demselben seine Verwendungen und Auslagen nebst Zinsen davon zu ersetzen und für Handlungen, wofür er sonst bezahlt zu werden pflegt, Vergütung zu leisten, auch wenn der beabsichtigte Erfolg ohne Verschulden des Geschäftsführers nicht erreicht worden ist." I P r o t i 1626 I lagen die Anträge vor:
DresdE Art 238
1. die Vorschrift zu fassen : v. Weber (Nr 258)
„Wenn die Uebernahme der Geschäftsbesorgung durch das Interesse des Ge142
11. Titel: Geschäftsführung ohne Auftrag
§683
schäftsherrn geboten war und der Geschäftsführer sich an die Vorschriften des § 234 bei der Geschäftsbesorgung gehalten hat, so ist der Geschäftsherr verpflichtet, pp. (wie im Entwürfe § 238 bis: „nicht erreicht worden ist")." 2. in einer, die §§ 238, 242 des Entwurfs zusammenfassenden Vorschrift zu be- Kurlbaum (Nr 263) stimmen: „Genehmigt der Geschäftsherr die Geschäftsführung, so ist er dem Geschäftsführer zum Ersatz von Aufwendungen und zur Befreiung von Verpflichtungen, wie einem Beauftragten verpflichtet. Das Gleiche gilt, wenn der Geschäftsführer so gehandelt hat, daß er nach dem ihm bekannten (erkennbaren) Willen und den Verhältnissen des Geschäftsherrn dessen Genehmigung erwarten durfte." Windscheid 3. zu bestimmen: „Der Geschäftsherr ist dem Geschäftsführer zum Ersatz der bei der Geschäfts- (Nr 261) führung gemachten Vermögensaufopferungen verpflichtet, welche er bei Kenntniß der Sachlage gebilligt haben würde. Aufgewendetes Geld ist mit Zinsen zu ersetu zen.
4. zu bestimmen: Planck „Wenn anzunehmen ist, daß der Geschäftsherr bei Kenntniß der Sachlage die Uebernahme der Geschäftsbesorgung durch den Geschäftsführer gebilligt haben würde, so ist er die von demselben behufs der Geschäftsführung gemachten Vermögensaufopferungen insoweit zu ersetzen verpflichtet, als solche von dem Geschäftsführer bei Anwendung der ihm nach den Beschlüssen zu § 233 obliegenden Sorgfalt für erforderlich erachtet werden mußten. War die Uebernahme der Geschäftsbesorgung nothwen-1 dig, um einen Nach- | Prot 11627 theil (event, eine dringende Gefahr) von dem Geschäftsherrn abzuwenden, so ist anzunehmen, daß der Geschäftsführer die Uebernahme der Geschäftsbesorgung gebilligt haben würde." eventuell an Stelle von Absatz 2 „Hat der Geschäftsführer gehandelt, um einen Nachtheil von dem Geschäftsherrn abzuwenden, und dabei die ihm nach den Beschlüssen zu § 233 obliegende Sorgfalt angewendet, so ist anzunehmen, u.s.w. wie oben." I. Zunächst gelangte zur Entscheidung, von welchen Voraussetzungen die actio negotiorum gestorum contraria oder das Recht des Geschäftsführers auf Ersatz seiner Aufwendungen u.s.w. abhängig zu machen sei. Beschlossen wurde: 1. Das Recht des Geschäftsführers ist davon abhängig, daß das Eingreifen selbst den wirklichen und nicht bloß den dem Geschäftsführer bei Anwendung der gebührenden Sorgfalt erkennbaren Intentionen des Geschäftsherrn entsprochen hat. 2. Das Recht des Geschäftsführers ist aber auch davon abhängig, daß die Art und Weise der Geschäftsbesorgung der vorstehenden Voraussetzung entsprochen hat. 3. Die Anwendbarkeit der vorstehenden Grundsätze wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß der Geschäftsführer zu dem Zweck gehandelt hat, um von dem Geschäftsherrn einen Nachtheil oder eine dringende Gefahr abzuwenden. 4. Die Voraussetzung, von welcher das Recht des Geschäftsführers abhängt, ist dahin zu bestimmen : „wenn der Geschäftsherr bei Kenntniß der wirklichen Sachlage das Verhalten des Geschäftsführers gebilligt haben würde." 143
§683
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
5. Es ist die Beweisregel hinzuzufügen: im Zweifel sei anzunehmen, daß der Geschäftsherr dasjenige gebilligt haben I Prot 1 1628 würde, was nach den wirklichen | Verhältnissen ein ordentlicher Hausvater für angemessen befunden hätte. Die Gründe waren : Zu entscheiden sei, ob es zur Begründung der in § 238 normirten Rechte des Geschäftsführers (für die actio contraria) genüge, wenn er die Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters allgemein und insbesondere auch in der Richtung angewendet habe, um die Intentionen des Geschäftsherrn zu erfahren und nach ihnen sich zu richten, und wenn gleichwohl das Richtige oder das jenen Intentionen Entsprechende von ihm nicht getroffen, - oder ob ein, obschon unverschuldeter, Verstoß gegen die Intentionen des Geschäftsherrn ihm diese Rechte entziehe. So zweifelhaft die Entscheidung erscheinen möge, so müsse doch bei näherer Prüfung der zweiten Alternative der Vorzug gegeben werden. Für dieselbe spreche zunächst die theoretische Betrachtung, daß es der Geschäftsführer sei, an dessen freiwilliges und insbesondere von dem Geschäftsherrn nicht provozirtes Handeln sich ein Schaden knüpfe, der von dem einen oder dem anderen Theile zu tragen sei. Man müsse, um zur richtigen Entscheidung zu gelangen, den Fall ins Auge fassen, daß ein dem Geschäftsführer ohne sein Verschulden unbekannt gebliebener Umstand den Geschäftsherrn offensichtlich in Nachtheil bringen würde, wenn er die Geschäftsführung anzuerkennen und dem Geschäftsführer dessen Aufwendungen zu ersetzen habe. Ζ. B. der Geschäftsführer habe eine wirkliche Schuld des Geschäftsherrn an dessen zahlungsunfähigen Gläubiger bezahlt, während der letztere dem Geschäftsherrn eine zur Kompensation geeignete Gegenforderung geschuldet, wovon der Geschäftsführer schuldloserweise keine Kenntniß gehabt habe. Sichtbar stände es mit den allgemeinen Grundsätzen nicht im Einklänge, den Geschäftsherrn zu verpflichten, dem Geschäftsführer die durch Bezahlung der Schuld entstandene Aufwendung zu ersetzen und somit dem Geschäftsherrn die Folgen der von ihm nicht I Prot 1 1629 veranlaßten Handlungs- | weise des Geschäftsführers zur Last zu legen. Solle von den allgemeinen Grundsätzen abgewichen werden, so müßten für eine solche Abweichung erhebliche Gründe der praktischen Zweckmäßigkeit sich geltend machen lassen. Das Letztere könne aber nicht zugegeben werden. Der einzige Grund, der für die Abweichung anzuführen sei, bestehe in der Besorgniß, bei dem Mangel einer den Geschäftsführer schützenden Vorschrift würden viele erwünschte Geschäftsführungen unterbleiben und darunter werde das allgemeine Beste empfindlich leiden. Allein die Besorgniß entbehre der Begründung. Es bleibe immer ein ernster Fall, sich unberufen in die Geschäfte eines Anderen zu mischen; wer sich dazu verstehe, möge sich vorsehen und alle Eventualitäten berechnen. Der Gesetzgeber habe, wie die Erfahrung lehre, nichts weniger als einen Anlaß, zu Einmischungen in fremde Geschäfte zu ermuntern, die nur zu oft nicht im Interesse des Geschäftsherrn, sondern —, ohne daß es zugegeben würde oder nachweisbar sei, — im eigenen Interesse erfolgten. Jener Grund habe nur einige Berechtigung in den Fällen, wenn zur Abwendung eines Nachtheils — oder, da dieser Zweck von dem, den Vortheil des Geschäftsherrn zu fördern, im praktischen Leben sich nur schwer trennen lasse, wenn zur Abwendung einer dringenden Gefahr gehandelt sei. Allein in den letzteren Fällen werde regelmäßig der Anspruch des Geschäftsführers ohnehin auch nach der zweiten Alternative gerechtfertigt sein, so daß es sich nicht empfehle, I Prot 1 1630 für | dieselben eine besondere Bestimmung zu treffen 1 . Es sei geltend gemacht, der 1
Im Prot, steht „zutreffen".
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11. Titel : Geschäftsführung ohne Auftrag
§683
dem Geschäftsführer ungünstigere strengere Grundsatz sei nur haltbar, wenn es sich um die Entscheidung handele, ob das Einmischen selbst auf einer die actio negotiorum gestorum contraria begründenden Voraussetzung beruht habe, während, wenn diese Voraussetzung sich als erfüllt ergebe und nur die Art und Weise der Ausführung des Geschäfts noch in Frage komme, der mildere Grundsatz zu gelten habe. Allein auch zu einer solchen Unterscheidung fehle es an genügenden Gründen. Sie erscheine nicht allein wenig konsequent, sondern auch insofern bedenklich, als nicht selten zweifelhaft sein werde, inwiefern die Besorgung eines neuen Geschäfts oder nur die Ausführung eines bereits unternommenen vorliege. Es dürfe nicht eingewendet werden, habe der Geschäftsherr das Eingreifen billigen müssen, so sei der Geschäftsführer in Ansehung der Ausführung dem Beauftragten gleichzustellen. Die Entscheidung, der Geschäftsherr würde das Eingreifen gebilligt haben, ersetze um so weniger das Mandat, als bei Ertheilung eines solchen der Geschäftsherr zu näheren Anweisungen sich habe veranlaßt sehen können. Anlangend die Fassung der über die Voraussetzung aufzunehmenden Bestimmung, so könne von dem Willen des Geschäftsherrn nicht geredet werden, da in vielen Fällen der letztere von der Sachlage, welche den Geschäftsführer zum Einmischen bestimmt habe, nicht unterrichtet gewesen, also auch nicht zu ermitteln sei, was derselbe wirklich gewollt habe. In Betracht könne nur kommen, ob der Geschäftsherr, wenn er von der Sachlage volle Kenntniß gehabt hätte, mit dem Verhalten des Geschäftsführers sich einverstanden erklärt und dasselbe gebilligt haben würde. Hiernach sei die Fassung der Bestimmung einzurichten. Aber es empfehle sich zur Verhütung einer unrichtigen Anwendung des Gesetzes noch eine zusätzliche Vorschrift. Wenn | die eventuelle Billigung des Geschäftsherrn entscheiden sol- |Prot 11631 le, so müße bei der Entscheidung, ob die Billigung erfolgt sein würde, Alles in Betracht gezogen werden, was den Geschäftsherrn von der Billigung hätte abhalten können, sollte es auch dem Geschäftsführer ohne jegliches Verschulden unbekannt geblieben sein. Auch würde dem Geschäftsherrn gestattet werden müssen, für die Nichtbewilligung Umstände geltend zu machen, die ein ordentlicher Hausvater nicht in Anschlag zu bringen pflege, die jedoch nach den eigenthümlichen Verhältnissen des Geschäftsherrn von diesem beachtet sein und ihn zur Nichtbewilligung bestimmt haben würden. In der letzteren Beziehung sei aber der Geschäftsherr für beweispflichtig zu erachten und dies sei im Gesetze besonders auszudrücken, woraus sich zugleich die Unbeachtlichkeit frivoler und solcher Behauptungen ergebe, womit der Geschäftsherr darzuthun suche, er würde die Billigung trotz des in der Nichtbewilligung sich bethätigenden Verstoßes gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung versagt haben. II. Es wurde zur Prüfung übergegangen, wie die Rechte des Geschäftsführers zu bestimmen seien. Die Mehrheit entschied im Einklang mit dem Antrage N e 2 für die Vorschrift: Der Geschäftsherr sei dem Geschäftsführer zum Ersätze der Aufwendungen und zur Befreiung von Verpflichtungen wie einem Beauftragten verpflichtet, mit dem dem § 238 des Entwurfs entsprechenden Zusätze: auch wenn der beabsichtigte Erfolg nicht erreicht worden sei. Erwogen war: Diese Normirung stimme im Wesentlichen mit dem Inhalte des § 238 des Entwurfs überein; sie empfehle sich aber für das Gesetz aus ähnlichen Gründen, wie die in I der vorigen Sitzung zum § 234 beschlossene ähnliche Vorschrift (Protokolle | Prot 11632 S. 1616ff.)· Der Zusatz: „auch wenn der beabsichtigte Erfolg nicht erreicht worden 145
§683
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
sei" möge selbstverständlich sein11, die Aufnahme sei aber Behufs Verdeutlichung des Gesetzes rathsam. II. In der RedVorl und der ZustOR lautet die beschlossene Vorschrift: RedVorl S 278
Wenn und insoweit der Geschäftsführer dergestalt gehandelt hat, daß sein Verhalten von dem Geschäftsherrn bei Kenntniß der wirklichen Sachlage gebilligt sein würde, erwirbt (erlangt), selbst im Falle der Nichterreichung des beabsichtigten Erfolgs wie ein Beauftragter des Geschäftsherrn gegen diesen einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen und auf Befreiung von eingegangenen Verbindlichkeiten. Im Zweifel ist anzunehmen, daß der Geschäftsherr gebilligt haben würde, was ein ordentlicher Hausvater nach den wirklichen Verhältnissen hätte für angemessen erachten müssen l b .
ZustOR § 278
Wenn und insoweit der Gechäftsführer dergestalt gehandelt hat, daß anzunehmen ist, es würde sein Verhalten von dem Geschäftsherrn bei Kenntniß der wirklichen Sachlage gebilligt worden sein, so hat der Geschäftsführer wie ein Beauftragter des Geschäftsherrn gegen diesen einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen und auf Befreiung von eingegangenen Verbindlichkeiten, auch wenn der durch die Geschäftsführung beabsichtigte Erfolgt nicht eingetreten ist. Bis zum Beweise des Gegentheils ist anzunehmen, daß der Geschäftsherr gebilligt haben würde, was ein ordentlicher Hausvater hätte für angemessen erachten müssen. III. Im K E lautet die Vorschrift als § 747: Wenn und soweit 2 der . . . u.s.w. wie 5 278 ZustOR. Bei Beratung der Anträge, welche die Redaktion einzelner Vorschriften des Obligationenrechts betreffen, wurde auf Antrag von Gebhard (Nr. 577, 23) beschlossen in Abs. 2 des § 747 statt: „Bis zum Beweise des Gegentheils ist anzunehmen" zu setzen: „Es wird vermuthet" (Prot. I 6182, 6184). IV. Im E I lautet die Vorschrift als § 753 : Abs. 1 : wie § 747 Abs. 1 K E Abs. 2 : Es wird vermuthet, daß der Geschäftsherr gebilligt haben würde, was ein ordentlicher Hausvater hätte für angemessen erachten müssen. C. 2. Kommission I. Zu § 753 lagen die Anträge vor (Prot. II, Bd. 2, S. 729f.; Mugdan, Bd. 2, S. 1195):
Struckmann (Nr 259, 5)
1. die Bestimmungen des Entw. zu fassen: H a t der Geschäftsführer das Geschäft dergestalt geführt, daß er nach Lage der 1» Im Prot, steht „sei" statt „sein". lb Dazu ist angemerkt: Zu vergi. Dresd Entw. Art. 703, 704, 689. Wird genügend klar, daß für Handlungen, für welche der gestor bezahlt zu werden pflegt, Vergütung zu leisten ist? 2 Die Ersetzung von „insoweit" durch „soweit" ist beschlossen auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 IV) bei Beratung der Anträge, welche gestellt waren in Betreff der Drucklegung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse (Prot. I 3551, 3559).
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11. Titel : Geschäftsführung ohne Auftrag
§683
Sache die Genehmigung seines Verhaltens durch den Geschäftsherrn erwarten durfte, so kann er nach Maßgabe der für den Auftrag geltenden Vorschriften des § 595 Ersatz seiner Aufwendungen sowie Befreiung von den zum Zwecke der Ausführung des Geschäfts eingegangenen Verbindlichkeiten verlangen. Dies gilt auch dann, wenn der beabsichtigte Erfolg nicht eingetreten ist. 2. die Bestimmungen dahin zu gestalten: Planck Erfolgte die Geschäftsführung behufs Abwendung einer die Person oder das (Nr 292,1) Vermögen des Geschäftsherrn bedrohenden dringenden Gefahr, so kann der Geschäftsführer den Ersatz seiner Aufwendungen, auch wenn der durch die Geschäftsführung bezweckte Erfolg nicht eingetreten ist, nach Maßgabe der für den Auftrag geltenden Vorschriften den § 595 von dem Geschäftsherrn verlangen, es sei denn, daß dieser die Geschäftsführung verboten hatte und dies dem Geschäftsführer bekannt war. In anderen Fällen hat der Geschäftsführer den Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen, wenn er dergestalt gehandelt hat, daß anzunehmen ist, es würde sein Verhalten von dem Geschäftsherrn bei Kenntniß der wirklichen Sachlage gebilligt worden sein. Es wird vermuthet, daß der Geschäftsherr gebilligt haben würde, was ein sorgsamer Mensch hätte für angemessen erachten müssen. 3. dem § 753 des Entw. hinzuzusetzen: Erfolgt die Geschäftsführung behufs Abwendung einer die Person oder das Ver- Planck mögen des Geschäftsherrn bedrohenden dringenden Gefahr, so steht dem Ge- (Nr 306, 2) schäftsführer der im Abs. 1 bezeichnete Anspruch zu, es sei denn, daß er wußte oder wissen mußte, daß die Geschäftsführung dem Willen des Geschäftsherrn nicht entspreche. 4. dem § 753 folgende Fassung zu geben: Jacubezky Hat die Uebernahme der Geschäftsbesorgung mit Rücksicht auf die Zwecke und (Nr 302, 3) Verhältnisse des Geschäftsherrn dessen Nutzen entsprochen, so kann der Geschäftsführer von dem Geschäftsherrn in gleicher Weise wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen und Befreiung von den zum Zwecke der Geschäftsbesorgung eingegangenen Verbindlichkeiten verlangen. 5. für den Fall der Annahme des § 753 Abs. 1 in der Fassung des Entw. den Abs. 2 zu streichen; 6. für den Fall der Annahme des Antrags 3 das Wort „dringenden" wegzulassen. Der Antrag 3 wurde im Laufe der Berathung dahin geändert, daß für den Zusatz zu § 753 nachstehende Fassung vorgeschlagen wurde: Erfolgt die Geschäftsführung behufs Abwendung einer den Geschäftsherrn bedrohenden dringenden Gefahr, so steht dem Geschäftsführer der im Abs. 1 bezeichnete Anspruch zu, wenn er ohne grobe Fahrlässigkeit die Genehmigung erwarten durfte. Den Antrag 2 zog der Antragsteller zu Gunsten des veränderten Antrags 3 zurück. Der Antrag 4 fand die Zustimmung der Mehrheit. Die übrigen Anträge waren hierdurch erledigt. II. In der VorlZust lautet die beschlossene Vorschrift: Hat die Uebernahme der Geschäftsbesorgung dem Interesse des Geschäftsherrn E I-VorlZust entsprochen, so kann der Geschäftsführer von dem Geschäftsherrn in gleicher Wei- S 753 147
§684
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
se wie ein Beauftragter Ersatz der von ihm zum Zwecke der Geschäftsbesorgung gemachten Aufwendungen und Befreiung von den zu solchem Zwecke eingegangenen Verpflichtungen verlangen. Oder statt des Einganges : Ist anzunehmen, daß der Geschäftsherr bei Kenntniß der Sachlage die Uebernahme der Geschäftsbesorgung gebilligt haben würde, so kann u.s.w. wie oben. III. In der ZustRedKom hat § 753 die Fassung: E I-ZustRedKom H a t die Uebernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen § 753 oder dem muthmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entsprochen, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen und Befreiung von den eingegangenen Verbindlichkeiten verlangen. In den Fällen des § 749 b steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Uebernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch stand 3 . IV. Im E II ist die Vorschrift in unveränderter Fassung in § 614 enthalten; die zit. Vorschrift ist hier § 610. V. Im E II rev und im E III § 670 liegt die in § 683 B G B Gesetz gewordene Fassung vor.
§684 Liegen die Voraussetzungen des § 683 nicht vor, so ist der Geschäftsherr verpflichtet, dem Geschäftsführer Alles, was er durch die Geschäftsführung erlangt, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben. Genehmigt der Geschäftsherr die Geschäftsführung, so steht dem Geschäftsführer der im § 683 bestimmte Anspruch zu.
A. 1. Kommission I. 167. Sitzung vom 24. 1. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend Johow I Prot 1 1636 | Zu § 242 des Entwurfes: 1 TE-OR (Nr 4) „ H a t derjenige, welcher ohne Auftrag und Amtspflicht die Besorgung des Ge§ 242 schäfts eines Anderen für diesen unternommen hat, hierbei nicht nach Maßgabe des § 238 gehandelt, so steht es in dem Willen des Geschäftsherrn, ob er die Geschäftsbesorgung genehmigen will. Wird die Geschäftsbesorgung von dem Geschäftsherrn genehmigt, so wird er I Prot 1 1637 hierdurch dem Geschäftsführer in dersel- | ben Weise wie im Falle des § 238 verpflichtet. Erfolgt die Genehmigung nicht, so hat der Geschäftsführer auf Ersatz seiner Verwendungen und Auslagen und Befreiung von den übernommenen VerbindlichDie Änderung der Fassung steht im Zusammenhang mit der Neufassung und Einordnung des § 755 E I-VorlZust durch die RedKom, s. bei § 679 BGB. ι Die Beratungen zu § 239 und § 241 s. bei ξ 679 BGB, s. dort auch zu § 240.
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11. Titel : Geschäftsführung ohne Auftrag
§684
keiten nur insoweit Anspruch, als sich Etwas aus der Geschäftsführung in dem Vermögen des Geschäftsherrn befindet. Hat der Geschäftsführer Verwendungen auf körperliche Anlagen für den Geschäftsherrn gemacht, so hat er das Recht der Wegnahme; es kann aber auch der Geschäftsherr, falls er ein Interesse daran hat, die Wiederherstellung des vorigen Zustandes und, sofern ein Schaden eingetreten ist, Ersatz desselben verlangen." war beantragt: Windscheid (Nr
1. die Vorschrift zu streichen.
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2. statt dessen, wie zu § 238 unter N 2 mitgetheilt (S. 1626) zu bestimmen, also Kurlbaum (Nr263 nur zu sagen: > „Genehmigt der Geschäftsherr die Geschäftsführung, so ist er dem Geschäftsführer zum Ersatz von Aufwendungen und zur Befreiung von Verpflichtungen wie einem Beauftragten verpflichtet." 3. den Absatz 1 zu fassen: v. Weber „Liegt der Fall des § 238 nicht vor, so steht es in dem Willen des Geschäftsherrn, (Nr 258) ob er die von einem Anderen ohne Auftrag und Vertretungsmacht für ihn vorgenommene Geschäftsbesorgung genehmigen will. (Abs. 2 und 3 unverändert)." Der § 242 behandelt den Fall, wenn der Geschäftsherr eine nach dem § 238 die actio contraria nicht begründende Geschäftsführung genehmigt, ferner den Fall, wenn er eine solche Geschäftsführung nicht genehmigt. Ueber beide Fälle wurde getrennt berathen und entschieden. Zum ersten Falle beschloß die Mehrheit die Bestimmung: „Insoweit der Geschäftsherr die Geschäftsführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt habe, erlange der Geschäftsführer die Rechte nach § 238 und könne der Geschäftsherr gegen den letzteren einen Anspruch auf Schadensersatz wegen I Pflichtversäumung nicht geltend machen." | Prot 11638 Die Gründe waren : Die Genehmigung des Geschäftsherrn könne eine verschiedene Bedeutung haben. Möglich sei, daß der von der Sachbewandniß vollkommen unterrichtete Geschäftsherr durch die Genehmigung sich mit dem ganzen Verhalten des Geschäftsführers, und sowohl mit dessen Einschreiten, als mit der Art der Ausführung einverstanden erklärt habe. Eine solche Genehmigung müße nothwendig zur Folge haben, daß der Geschäftsführer nicht allein die im § 238 bestimmten Rechte (die actio negotiorum gestorum contraria) erlange, sondern daß auch der Geschäftsherr das Recht verliere, mittels der actio negotiorum gestorum directa eine Pflichtversäumung zu rügen. Allein der Genehmigung könne auch eine weit engere Bedeutung zukommen; namentlich könne sie sich nur beziehen auf das Einschreiten, für sich betrachtet, nicht aber auch auf die Art der Ausführung, oder zwar auch auf die letztere, jedoch nicht in ihrem vollen Umfange. Liege eine solche beschränkte Genehmigung vor, so dürfe sie auch nur in der betreffenden Beschränkung die angegebenen Wirkungen haben. Ob eine unbeschränkte oder nur eine beschränkte Genehmigung vorliege und wie weit in letzterem Falle die Genehmigung reiche, sei eine thatsächliche Frage, deren Entscheidung von den konkreten Umständen abhänge. Hiernach könne es scheinen, das Gesetz habe überhaupt über die Wirkungen der Genehmigung eine besondere Bestimmung nicht aufzunehmen. Indessen, wenn das Gesetz sich schweigend verhalte, so entstehe der Zweifel, ob eine von dem Geschäftsführer nicht besonders akzeptirte und den Inhalt eines Vertrages nicht bildende Genehmigung überhaupt wirksam sei (zu vgl. § a der Zusammenstellung der 149
§684
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
das Obligationenrecht bildenden Beschlüsse, Protokoll vom 2. Juni 1882 S. 821)2. I Prot 1 1639 Dieser Zweifel | müße bei der Wichtigkeit des Gegenstandes durch eine besondere Bestimmung gelöst werden. Es könne noch in Frage kommen, ob nicht aus Zweckmäßigkeitsgründen die weitere Vorschrift sich empfehle, im Zweifel sei anzunehmen, daß die Genehmigung unbeschränkt ertheilt sei. Indeßen eine solche Vorschrift würde in vielen Fällen zu großen Härten gegen den Geschäftsherrn führen, weshalb ihre Aufnahme nicht rathsam erscheine. Zum zweiten Fall beschloß die Mehrheit die Vorschrift: „Wenn der Geschäftsherr die Genehmigung nicht ertheile, könne der Geschäftsführer gegen denselben den Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung erheben, und zwar nach Maßgabe der Vorschriften, welche für die condictio ob rem gelten (zu vergleichen die Beschlüße zu den §§ 14—17 des Theilentwurfs über die Schuldverhältnisse aus ungerechtfertigter Bereicherung, Protokolle vom 5. und 8. Januar d.Js. S. 1537-1554) 3 ." Die Gründe waren : In dem unterstellten Falle lägen, auf die Rechte des Geschäftsführers gesehen, alle Voraussetzungen der condictio ob rem vor. Man könne in Zweifel ziehen, ob, wenn eine weitere Bestimmung nicht aufgenommen werden solle, als die, welche die 3a Zulässigkeit der condictio ob rem ausspreche, eine solche Vorschrift überhaupt nöthig sei. Allein für überflüssig könne die Vorschrift deshalb nicht erachtet werden, weil das Bedenken sich erheben lasse, ob in allen Fällen die fragliche Voraussetzung von dem Geschäftsführer als genügend erklärt anzunehmen sei. Daß dem Geschäftsführer weitere Rechte nicht zuständen, könne nicht zweifelhaft erscheinen. Der Entwurf wolle diese Rechte aber noch beschränken. Die für die Beschränkung in den Motiven (S. 53, 54) geltend gemachten Gründe erschienen jedoch nicht durchgreifend. Dieselben würden auch für andere Fälle der condictio ob IProti 1640 rem eine gleiche Beschränkung zu bestim- | men nöthigen. Bei der Berathung der Vorschriften über die condictio ob rem sei der Fall, wenn ein negotiorum gestor in Erwartung der Genehmigung des Geschäftsherrn geleistet habe, gerade als ein Haupt- und Normalfall dieser Kondiktionen angesehen und hervorgehoben. Damit vertrage es sich aber nicht, mit dem Entwürfe die Rechte des Geschäftsführers in der vorgeschlagenen Weise zu schmälern. Richtig sei freilich, daß der Geschäftsherr das Recht habe, Wiederherstellung des früheren Zustandes und Schadensersatz zu fordern, sofern dem Geschäftsführer ein Verschulden zur Last falle. Dies sei aber nach den Beschlüssen zu § 233 selbstverständlich und zu bestimmen nicht nöthig. Der erste Absatz des § 242 wurde für entbehrlich erachtet, jedoch auf denselben zurückzukommen beschlossen, wenn die Beschlüsse über die nach dem einleitenden Beschlüsse (S. 1601, vgl. S. 1606) vorläufig ausgeschiedenen Fälle dazu Anlaß geben möchten. Ueber die Stellung des § 242 zu beschließen, blieb der Redaktion vorbehalten. II. In der RedVorl und der ZustOR lautet die beschlossene Vorschrift: RedVorl/ Entspricht die Geschäftsbesorgung nicht den Voraussetzungen des § 278, so hat ZustOR § 283 der Geschäftsführer gegen den Geschäftsherrn nur einen Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung nach Maßgabe der §§ 267 — 269. Insoweit jedoch eine solche Ge2 S. bei S 305 BGB. 3 S. u. S. 7 9 9 - 8 0 5 , 8 0 7 - 8 1 0 . Im Prot, steht hier ein Komma.
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11. Titel : Geschäftsführung ohne Auftrag
§ 684
schäftsführung von dem Geschäftsherrn genehmigt wird, erlangt der Geschäftsführer nicht allein den im § 278 bezeichneten Anspruch, sondern auch Befreiung von den Ansprüchen des Geschäftsherrn auf Schadensersatz wegen mangelhafter Geschäftsbesorgung 4 . III., IV. Im K E § 752 und im E I § 758 ist die Fassung der Vorschrift unverändert, jedoch beginnt Satz 2: „ S o w e i t . . . 5
C . 2. Kommission I. Zu § 758 lagen die Anträge vor (Prot. II, Bd. 2, S. 7 3 9 f f . ; Mugdan, Bd. 2, S. 1201): 1. die Bestimmungen des Entw. zu fassen : Struckmann Liegen die Voraussetzungen der §§ 753, 755 nicht vor, so hat der Geschäftsfüh- (Nr 259,10) rer gegen den Geschäftsherrn nur einen Anspruch auf die Herausgabe der Bereicherung nach Maßgabe des § (748 Abs. 3); soweit jedoch die Geschäftsführung von dem Geschäftsherrn genehmigt wird, erwirbt der Geschäftsführer den im § 753 bezeichneten Anspruch. 2. den Bestimmungen nachstehende Fassung zu geben: Jacubezky Außer den Fällen der §§ 753, 755 ist der Geschäftsherr nur verpflichtet, dem Ge- (Nr 302, 5) schäftsführer dasjenige, was er durch die Geschäftsbesorgung erlangt hat, nach den Vorschriften über die Erstattung einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben. H a t der Geschäftsführer mit einer Sache des Geschäftsherrn eine andere Sache verbunden und erhält er nicht mindestens den Werth ersetzt, welchen diese Sache nach der Trennung haben würde, so ist der Geschäftsherr verpflichtet, ihm die Wegnahme der Sache zu gestatten. Im Falle der Wegnahme hat er die Sache des Geschäftsherrn auf seine Kosten wieder in den vorigen Stand zu setzen. Der Geschäftsherr kann die Gestattung verweigern, bis der Geschäftsführer für den durch die Wegnahme entstehenden Schaden Sicherheit geleistet hat. Genehmigt der Geschäftsherr die Geschäftsbesorgung, so steht dem Geschäftsführer der im § 753 bestimmte Anspruch zu. (Zu Abs. 1 Satz 2 bis 4 vergi. § 514 Abs. 2 in der Fassung der Red.Komm. [Entw. II § 491 Abs. 2] und das Schweiz. B.G. Art. 472 Abs. 3) Die Komm, entschied sich zunächst für den ersten Satz des Entw., indem sie es der Würdigung der Red.Komm. überließ, ob nicht auf die Vorschriften über die Herausgabe einer Bereicherung schlechthin, ohne Bezeichnung einzelner Paragraphen, zu verweisen sei. Die unter 2 beantragten Zusätze wurden von der Mehrheit abgelehnt. Der 2. Satz des Entw. wurde nach dem Antrag 1 bezw. dem in dieser Beziehung übereinstimmenden Antrag 2 angenommen. II. In der VorlZust lautet die beschlossene Vorschrift: Liegen die Voraussetzungen der §§ 753, 755 nicht vor, so kann der Geschäftsführer von dem Geschäftsherrn nur die Herausgabe desjenigen, was derselbe durch 4
5
Dazu ist in der RedVorl angemerkt: Der Fall der Nichtgenehmigung wird als der zunächst gegebene und damit der Gegensatz klarer hervortritt, vorauszuschicken sein. Die Änderung beruht auf dem o. zu § 683 BGB in N. 2 mitgeteilten Beschluß.
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EI-VorlZust § 758
§685
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
die Geschäftsbesorgung erlangt hat, nach Maßgabe der Vorschriften über die Erstattung einer ungerechtfertigten Bereicherung erlangen. Genehmigt jedoch der Geschäftsherr die Geschäftsbesorgung, so steht dem Geschäftsführer der im § 753 bezeichnete Anspruch zu. III, IV. In der ZustRedKom lautet die Vorschrift als § 753 a (§ 753 s. bei § 683 BGB), im Ε II als § 615: EI-ZustRedKom Liegen die Voraussetzungen des §753 nicht vor, ( E l l : §614) so ist der Ge§ 753 a schäftsherr verpflichtet, dem Geschäftsführer dasjenige, was er durch die Geschäftsführung erlangt hat, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungeE II § 615 rechtfertigten Bereicherung herauszugeben. Genehmigt der Geschäftsherr die Geschäftsführung, so steht dem Geschäftsführer der im § 753 (E II: § 614) bestimmte Anspruch zu. V. Im E II rev, E III § 671 liegt die in § 684 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
§685
Dem Geschäftsführer steht ein Anspruch nicht zu, wenn er nicht die Absicht hatte, von dem Geschäftsherrn Ersatz zu verlangen. Gewähren Eltern oder Voreltern ihren Abkömmlingen oder diese jenen Unterhalt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Absicht fehlt, von dem Empfänger Ersatz zu verlangen.
A. 1. Kommission I. Bern, des Herausg.: Den Beratungen der Kom. lag zugrunde der §244 T E - O R (Nr. 4). Dieser sowie der dazu gefaßte Beschluß sind — zur Wahrung des Zusammenhangs - mitgeteilt bei §§ 677, 678, 680, 681 BGB, Prot. 1 1646, 1647). S. zu § 244 ferner den Antrag von Windscheid bei § 679 BGB Α. I., Prot. I 1632. II. Die beschlossene Vorschrift lautet in der RedVorl und der ZustOR: RedVorl/ Der im § 278 bezeichnete Anspruch steht dem Geschäftsführer nicht zu, wenn er ZustOR § 279 ohne den Willen gehandelt hat, ihn zu erlangen. Haben Eltern oder Voreltern ihren Abkömmlingen oder die letzteren den ersteren Unterhalt gewährt, so ist im Verhältnis derselben zu einander im Zweifel anzunehmen, daß jener Wille gefehlt habe1. 1
In der RedVorl ist dazu angemerkt: 1. Die Beweislastfrage ist wohl genügend entschieden, zumal durch den zweiten Absatz. 2. „Abkömmlinge". Der Ausdruck findet sich auch im Entwurf des Familienrechts, sowohl in den Ueberschriften, als auch im Text, z. B. § 414. Gebräuchlicher möchte sein: „Verwandte in absteigender Linie". Der Absatz 2 könnte auch so gefaßt werden: „Hat Jemand einem Verwandten in aufsteigender oder absteigender Linie Unterhalt gewährt, so pp.".
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11. Titel : Geschäftsführung ohne Auftrag
§685
I I I , IV. Im K E lautet die Vorschrift als § 748, im E I als § 754 Der im § 747 (E I: § 753) bezeichnete Anspruch steht dem Geschäftsführer nicht KE $ 748 zu, wenn dieser ohne den Willen gehandelt hat, den Anspruch zu erlangen. Abs. 2 wie in der ZustOR C. 2. Kommission I. Der § 754 blieb sachlich unbeanstandet (Prot. II, Bd. 2, S. 734f.; Mugdan, Bd. 2, S. 1199f.). Es war nur beantragt, die Bestimmungen wie folgt zu fassen: Dem Geschäftsführer steht ein Anspruch aus der Geschäftsführung nicht zu, wenn er nicht den Willen hatte, Ersatz seiner Aufwendungen zu verlangen. Haben Eltern oder Voreltern ihren Abkömmlingen oder diese jenen Unterhalt gewährt, so ist im Verhältnisse derselben zu einander im Zweifel anzunehmen, daß dieser Wille gefehlt hat. Der Antrag wurde der RedKom überwiesen. Zur Ergänzung des § 754 war beantragt, demselben als dritten Absatz hinzuzufügen: Auch wenn dieser Wille gefehlt hat, steht der im § 753 bezeichnete Anspruch dem Geschäftsführer zu, sobald eine Thatsache eintritt, welche bei einer Schenkung das Recht zum Widerrufe wegen groben Undanks begründen würde. Auf den Anspruch finden in diesem Falle die SS 449 bis 451 a entsprechende Anwendung. Die Komm, lehnte den Antrag ab.
Struckmann (Nr 259, 6)
v. Cuny (Nr 295)
II. In der VorlZust lautet die beschlossene Vorschrift: Dem Geschäftsführer steht ein Anspruch aus der Geschäftsführung nicht zu, E I-VorlZust §754 wenn er nicht den Willen hatte, Ersatz seiner Aufwendungen zu erlangen. Haben Eltern oder Voreltern ihren Abkömmlingen oder diese jenen Unterhalt gewährt, so ist im Verhältnisse derselben zu einander im Zweifel anzunehmen, daß dieser Wille gefehlt hat. I I I . IV. Die Fassung in der ZustRedKom und im E II § 616 lautet: Dem Geschäftsführer steht ein Anspruch nicht zu, wenn er nicht die Absicht hatte, von dem Geschäftsherrn Ersatz zu verlangen. Haben Eltern oder Voreltern ihren Abkömmlingen oder diese jenen Unterhalt gewährt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Absicht, von dem Empfänger Ersatz zu verlangen, gefehlt hat. Bei der Revision des E II lag zu § 616 der Antrag vor, dem Abs. 2 hinzuzufügen: Dies gilt jedoch, wenn vor demjenigen, welcher den Unterhalt gewährt hat, ein Anderer zur Gewährung verpflichtet war, insoweit nicht, als der Ersatz aus der dem Anderen für die Zeit der Gewährung des Unterhalts obliegenden Leistung erlangt werden kann. (Wegen der Nachleistung vergi. §§ 1508, 1589. Der Zusatz hat insbesondere für die unehelichen Kinder Bedeutung. Die Gewährung des Unterhalts ist nicht Geschäftsführung für den zunächst Verpflichteten, soweit dieser für die Vergangenheit verpflichtet bleibt.) eventuell den Abs. 2 zu streichen. Die Komm, lehnte den Antrag ab. V. Im E II rev, E III § 672 liegt die in § 685 Gesetz gewordene Fassung vor. 153
E I-ZustRedKom §754 E IH 616
Jacubezky (Nr 42, 1)
§ § 686, 687
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
§686 Ist der Geschäftsführer über die Person des Geschäftsherrn im Irrthume, so wird der wirkliche Geschäftsführer aus der Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet.
A. 1. Kommission I. Bern, des Herausg.: Die der Beratung der Kom. zugrundeliegende Bestimmung des § 240 und der dazu gefaßte Beschluß sind — zur Wahrung des Zusammenhangs - mitgeteilt bei §§ 677, 678, 680, 681 BGB, Prot 1 1648 f. II. — IV. In der RedVorl, ZustOR, im KE und E I lautet die beschlossene V o r schrift: RedVorl/ H a t der Geschäftsführer in der Person des Geschäftsherrn geirrt, so wird der ZustOR §282 wirkliche Geschäftsherr nach Maßgabe der SS 2 7 4 - 2 8 1 (KE: SS 743 bis 750; E I : KE 751 749 bis 756) berechtigt und verpflichtet. E 1757 C. 2. Kommission I. Der S 757 wurde in sachlicher Hinsicht von keiner Seite beanstandet. Ein Antrag, (Prot II, Bd. 2, S. 739; Mugdan, Bd. 2 S. 1201) die Bestimmung in nachstehender Fassung als S 758 c einzustellen: Struckmann H a t der Geschäftsführer in der Person des Geschäftsherrn geirrt, so wird aus (Nr 259, 9) der Geschäftsführung der wirkliche Geschäftsherr berechtigt und verpflichtet, wurde der RedKom überwiesen. II. In der VorlZust lautet die Vorschrift: E I-VorlZust H a t der Geschäftsführer in der Person des Geschäftsherrn geirrt, so wird aus S 757 der Geschäftsführung der wirkliche Geschäftsherr berechtigt und verpflichtet. III., IV. Die Fassung der Vorschrift in der ZustRedKom und im E II S 617 lautet: E I-ZustRedKom H a t sich der Geschäftsführer über die Person des Geschäftsherrn geirrt, so wird § 757 der wirkliche Geschäftsherr aus der Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet. E II §617
V. Im E II rev, E III § 67i liegt die in S 686 BGB Gesetz gewordene Fassung
§ 687 Die Vorschriften der §§ 677 bis 686 finden keine Anwendung, wenn Jemand ein fremdes Geschäft in der Meinung besorgt, daß es sein eigenes sei. Behandelt Jemand ein fremdes Geschäft als sein eigenes, obwohl er weiß, daß er nicht dazu berechtigt ist, so kann der Geschäftsherr die sich aus den §§ 677, 678, 681, 682 ergebenden Ansprüche geltend machen. Macht er sie geltend, so ist er dem Geschäftsführer nach § 684 Satz 1 verpflichtet. 154
11. Titel : Geschäftsführung ohne Auftrag
§687
A. 1. Kommission I. 169. Sitzung vom 29. 1. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend Johow I Die Berathung des Theilentwurfes des Obligationenrechts ( N e 4 ) , betreffend |Proti 1651 „Geschäftsführung ohne Auftrag", wurde weiter geführt. In Fortsetzung 1 der Prüfung derjenigen Fälle, welche durch den einleitenden Beschluß (S. 1601) der nachträglichen Erledigung vorbehalten sind, wurde F der Fall zur Berathung gezogen: wenn der Geschäftsführer ein fremdes Geschäft in der Meinung, daß es sein eigenes sei, besorgt hat. Dieser Fall wird mitbetroffen durch die §§ 236 und 243 des Entwurfs, welche lauten: § 236
TE-OR (Nr 4)
„Hat Jemand in dem guten Glauben, sein eigenes Geschäft zu besorgen, ein S 236 fremdes besorgt, so haftet er dem Geschäftsherrn nur insoweit, als er aus der Geschäftsführung bereichert ist." S 243 „Hat der Geschäftsführer ein an sich fremdes Ge-1 schäft wissentlich als eigenes behandelt oder im guten Glauben, daß es sein eigenes sei, besorgt, so hat Derjenige, dessen Geschäft es an sich ist, die in § 242 dem Geschäftsherrn zugesprochenen Rechte und Verbindlichkeiten. Dasselbe gilt, wenn ein Geschäft an sich Mehrere angeht und der Geschäftsführer nur für einen oder einige derselben, und für andere nicht, handeln wollte, bezüglich der letzteren." sowie durch folgende früher gestellte Anträge :
TE-OR (Nr 4) S 243 I P r o t i 1652
v. Weber (Nr 267)
1. zu bestimmen — an Stelle des § 235 Abs. 2 und § 243 mit Ausschluß der Worte: „oder in gutem Glauben, daß es sein eigenes sei" — in §244* „Hat Jemand vollmachtslos durch Vornahme von Rechtsgeschäften über Vermögensgegenstände eines Anderen oder durch Verwaltung des Vermögens eines Anderen wissentlich fremde Vermögensrechte ausgeübt, aber dabei nicht mit Rücksicht auf das Interesse des Vermögensherrn, sondern im eigenen Interesse oder im Interesse eines Dritten gehandelt, so wird er dem Vermögensherrn gegenüber, wenn dieser in die Ausübung seiner Vermögensrechte einwilligt, nach den Vorschriften der §§ 233, 234 und 238 verpflichtet und berechtigt. Hat Derjenige, welcher wissentlich fremde Vermögensrechte ausübte, in rechtswidriger Absicht gehandelt, so ist der Vermögensherr zur Ersatzleistung an denselben nur nach den Vorschriften der §§ 27 und 28 über Schuldverhältnisse aus ungerechtfertigter Bereicherung 2 verpflichtet." und — an Stelle des § 236 und der oben ausgenommenen Vorschrift des § 243 — in §244£ I „Hat Jemand durch Handlungen der in § 244* Abs. 1 bezeichneten Art unwis- | Prot 11653 sentlich fremde Vermögensrechte ausgeübt, so ist er, wenn der Vermögensherr in ι S. die 168. Sitzung o. bei §§ 677, 678, 680, 681 BGB. 2 S. bei § 812 BGB.
155
§687
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
die Ausübung einwilligt, verpflichtet, demselben das durch die Ausübung dieser Vermögensrechte Erlangte nach den Vorschriften der (§§ 27 und 28 über Schuldverhältnisse aus ungerechtfertigter Bereicherung) herauszugeben und der Geschäftsherr solchenfalls ihm zur Ersatzleistung nach denselben Vorschriften verpflichtet." Kurlbaum (Nr 259)
2. statt der §§ 235, 236 zu bestimmen: „ H a t der Geschäftsführer das Geschäft für sein eigenes gehalten oder nur in Folge des von einem Anderen ertheilten Auftrages gehandelt, so finden die Vorschriften der §§ 233, 234 nicht Anwendung."
Windscheid
3. zu bestimmen in
(Nr 266)
§235 „Auf die Verpflichtung des Geschäftsführers ist es ohne Einfluß, daß er sich in der Person des Geschäftsherrn geirrt hat, daß er geglaubt hat, dem Geschäftsherrn kraft Auftrages oder aus einem anderen Grunde zur Geschäftsbesorgung verpflichtet zu sein, daß er im eigenen Interesse oder im Interesse eines Dritten gehandelt hat. Hat der Geschäfstführer kraft wirklichen oder vermeintlichen Auftrages eines Dritten gehandelt, so haftet er dem Geschäftsherrn nicht, wenn er den Dritten für den Geschäftsherrn gehalten hat." §240 „Auf die Verpflichtung des Geschäftsherrn ist es ohne Einfluß, I Prot I 1654 | daß der Geschäftsführer sich in der Person des Geschäftsherrn geirrt hat, daß er geglaubt hat, demselben kraft Auftrages oder aus einem anderen Grunde zur Geschäftsbesorgung verpflichtet zu sein, daß er im eigenen Interesse gehandelt hat. H a t der Geschäftsführer im Interesse eines Dritten oder kraft wirklichen oder vermeintlichen Auftrages eines Dritten gehandelt, so hat er ein Forderungsrecht gegen den Geschäftsherrn nur dann, wenn er ein Forderungsrecht gegen denselben hat erwerben wollen." (Vorbehalten Abkürzung der Fassung durch Zusammenziehen.) Windscheid
4. eventuell zu bestimmen in
(Nr 268)
§...
„Wer fremdes Vermögen, wissend, daß es fremdes ist, wie eigenes behandelt, haftet dem Berechtigten auf Ersatz des dadurch verursachten Schadens und auf Herausgabe des dadurch Erlangten. Einen Anspruch auf Ersatz des Aufgeopferten hat er gegen den Berechtigten, soweit derselbe bereichert ist. Wer fremdes Vermögen in dem Glauben, daß es eigenes sei, wie eigenes behandelt, haftet dem Berechtigten und hat einen Anspruch gegen denselben bis zum Belange der Bereicherung." Die Prüfung des Falles führte, nachdem der Antrag, ihn im Gesetze zu übergehen, abgelehnt worden war, zu folgenden Beschlüssen: 1. Für den gedachten Fall ist zu bestimmen: „es finden die Grundsätze über die negotiorum gestio keine Anwendung; Geschäftsführer und Geschäftsherr haften nur nach den Grundsätzen über die condicI Prot I 1655 tio sine causa (Beschlüsse zu den §§ 27, 28 des Theilent- | wurfs über Schuldverhält156
11. Titel: Geschäftsführung ohne Auftrag
§687
nisse aus ungerechtfertigter Bereicherung); die Haftung des Geschäftsführers aus unerlaubter Handlung bleibt unberührt." 2. Ueber die Wirkungen einer Genehmigung des Geschäfts von Seiten des Geschäftsherrn ist eine Bestimmung nicht aufzunehmen. 3. Der Fall selbst ist im Gesetze nicht dahin zu bestimmen: a, „Wird fremdes Vermögen in der Meinung, daß es ein eigenes sei, als solches behandelt," oder b, „Wird ein fremdes Recht in der Meinung, daß es ein 2a eigenes sei, als solches ausgeübt," oder c, „Wird ein Geschäft in der Meinung, daß es ein eigenes sei, besorgt," vielmehr dahin: „Wird ein fremdes Geschäft in der Meinung besorgt, daß es ein eigenes sei." 4. Der Prüfung bei der Redaktion bleibt vorbehalten, ob zu Nr. 1 hinter „unerlaubter" einzuschalten sei : „fahrlässiger". Hiernach ist sachlich die Vorschrift beschlossen : „Wird ein fremdes Geschäft in der Meinung, daß es ein eigenes sei, als solches besorgt, so finden die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag keine Anwendung. Der Geschäftsführer und der Geschäftsherr haften in einem solchen Falle nach Maßgabe der Vorschriften über die condictio sine causa. Die Haftung des Geschäftsführers aus (fahrlässiger) unerlaubter Handlung bleibt unberührt." Die Gründe waren: In dem unterstellten Falle dürfe dem Geschäftsherrn die actio negotiorum gestorum directa nicht zugestanden wer- | den. Habe der Geschäftsführer nicht erkannt | Prot 11656 und vielleicht trotz Aufwendung aller Sorgfalt nicht erkennen können, daß es sich um fremde Angelegenheiten handele (z. B. er habe fremdes Gut, welches er für das seinige gehalten, in Besitz und Verwaltung genommen oder darüber verfügt), so würde es mit den allgemeinen Grundsätzen nicht im Einklang stehen, ihn den für die actio negotiorum gestorum directa geltenden strengen Bestimmungen zu unterwerfen. Völlige Schuldlosigkeit des Geschäftsführers vorausgesetzt, werde klar, wie wenig verträglich mit den allgemeinen Rechtsregeln das vielfach vertretene Prinzip sei: für die actio negotiorum gestorum directa genügte es, daß objektive in fremdes Geschäft vorgelegen habe. Die nothwendige Voraussetzung auch dieser Klage bezw. einer negotiorum gestio im juristischen Sinne sei mindestens das Bewußtsein des Geschäftsbesorgers, daß er mit einem fremden Geschäfte sich befasse. Noch weniger könne im fraglichen Falle die actio negotiorum gestorum contraria Platz greifen, die schon deshalb ausgeschlossen sei, weil dem Geschäftsführer der animus obligandi gefehlt habe. Der Geschäftsherr sowohl als der Geschäftsführer, beide seien auf den durch die Beschlüsse zu den §§ 27 und 28 des Theilentwurfs über die Schuldverhältnisse aus ungerechtfertigter Bereicherung geregelten Bereicherungsanspruch beschränkt. Daneben sei aber, was nicht übersehen werden dürfe, der Geschäftsführer möglicherweise auch wegen Schadensersatzes nach den Bestimmungen über die Vertretung unerlaubter Handlungen haftbar, sofern ihm nämlich eine solche nach den allgemeinen Grundsätzen deshalb zur Last falle, weil er fahrlässigerweise in den Rechtskreis eines Dritten schädigend eingegriffen habe. Nicht 2a
Im Original fehlt das Wort „ein".
157
§687
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
ohne Grund lasse sich geltend machen, das Vorstehende ergebe sich im Wege einer einfachen und nicht zweifelhaften juristischen Deduktion, weshalb das Gesetz keinen Anlaß habe, mit dem in Rede stehenden Falle sich besonders zu befassen. AnI Prot 1 1657 dererseits komme jedoch in Betracht, daß | der Fall, wie erwähnt, sowohl in der Wissenschaft als in der Gesetzgebung zum Theil anders beurtheilt werde. U m Streitfragen vorzubeugen, empfehle sich daher, eine Entscheidung im Gesetze zu treffen. Dagegen erscheine es nicht angemessen, über die Folgen einer Genehmigung des Geschäfts von Seiten des Geschäftsherrn die eine oder andere Vorschrift aufzunehmen. Es könne nicht die Rede sein von einer Genehmigung im gewöhnlichen Sinne oder von einer solchen einseitigen Erklärung, durch die der Geschäftsherr das Verhalten des Geschäftsführers mit der Wirkung billige, daß er dadurch den Kreis seiner Rechte erweitere und sich im Widerspruch mit dem obigen Prinzipe, die an die actio negotiorum gestorum directa sich knüpfenden Ansprüche verschaffe. Ebensowenig lasse sich aufstellen, eine solche einseitige Genehmigung begründe mindestens für den Geschäftsführer die actio negotiorum gestorum contraria. Inwiefern dieselbe die Rechtsstellung des Geschäftsführers zu verbessern geeignet sei, bestimme sich nach den allgemeinen Grundsätzen. Nach den letzteren unterlägen die Rechtsbeziehungen, welche nach dem Obigen zwischen dem Geschäftsherrn und dem Geschäftsführer entstanden seien, der Aenderung nicht im Wege eines einseitigen Rechtsgeschäfts, sondern nur im Vertragswege. Hierbei müsse es verbleiben, indem kein Grund vorliege, durch positive Vorschriften die Anwendbarkeit der allgemeinen Grundsätze zu modifiziren. Die Fassung anlangend, so dürfe von dem Unterschiede zwischen objektiv und subjektiv fremdem Geschäfte abgesehen werden, da der Fall bei einem Anderen, als einem objektiv fremden Geschäft nicht denkbar sei. In Ansehung der näheren Bestimmung des Falles selbst sei es unbedenklich, sich der einmal in der Rechtswissenschaft und der neueren Gesetzgebung eingebürgerten Ausdrucksweise zu bedienen : „besorgen eines fremden Geschäfts als eines eigenen", obschon dieselbe nicht ganz korrekt sein möge. Die vorgeschlagenen anderen Ausdrucksweisen befriedigten I Prot 1 1658 noch weniger; die unter N e 3 â und | k erwähnten erschienen zu enge, und die unter Ν 2 3 1 leide an einer nicht ansprechenden Kürze, ohne das Bedenken zu heben, welches sich gegen die obige geltend machen lasse. Der Ausdruck: „guter Glaube", sei zu vermeiden, da er die Auslegung zulasse, (und wenn man den Begriff zum Grunde legt, welchen der Entwurf des Sachenrechts damit verbindet, darauf hinweisen würde,) der Irrthum des Geschäftsführers müsse ein unverschuldeter sein, während es doch hierauf nur bei der Entscheidung ankommen könne, ob dem Geschäftsführer ein fahrlässiges Delikt zur Last falle. Inwiefern der Verdeutlichung wegen die Fahrlässigkeit besonders zu betonen sei, möge bei der Redaktion geprüft werden. G Die bisher mitgetheilten Vorschriften des Entwurfs und der dazu gestellten Anträge befassen sich mit dem ferneren Falle : wenn der Geschäftsführer ein fremdes Geschäft, wissend, daß es ein fremdes sei, als sein eigenes besorgt oder behandelt hat. (Vgl. § 2 3 5 Abs. 2 - S. 1648 3 - mit § 233 Abs. 2 in den Worten: „oder ein fremdes Geschäft in rechtswidriger Absicht als eigenes behandelt", vgl. Protokolle
3 S. bei SS 677, 678, 680, 681 BGB. 158
11. Titel: Geschäftsführung ohne Auftrag
§687
S. 1610 4 - sowie § 243 des Entwurfs - S. 1651, 1652 und den Antrag Ne 1 zu F s 244£ - S. 1653, sowie den Antrag N^ 4 zu F - S. 1654 - . ) Es wurde der Antrag gestellt, für den gedachten Fall zu bestimmen : „Ist ein fremdes Geschäft rechtswidrig als ein eigenes behandelt, so finden nicht die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag, sondern die über die Vertretung unerlaubter Handlungen Anwendungen." D e r Antrag fand die Billigung der Mehrheit, womit Entwurf und Anträge für erledigt galten. Erwogen war: I W e r ein fremdes Geschäft, wissend, daß es ein fremdes sei, nicht als fremdes, |Proti 1659 sondern für sich als eigenes behandele, mache sich stets einer unerlaubten Handlung schuldig. Es könne nicht zugegeben werden, daß es sich anders zu verhalten vermöge. Die unerlaubte Handlung verpflichte den T h ä t e r zur Leistung des vollen Schadensersatzes. D e r desfallsige Anspruch des Geschäftsherrn greife soweit, daß kein Bedürfniß vorliege, ihm außerdem noch die actio negotiorum gestorum directa zuzugestehen. Es sei geltend gemacht, die letztere gewähre dem Geschäftsherrn die besonderen Vortheile: a, daß sie der ordentlichen Verjährung unterliege, b, daß der Schuldner zur Rechnungslegung und c, zur Herausgabe alles dessen verpflichtet sei, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt habe. Hierauf könne indessen ein entscheidendes Gewicht nicht gelegt werden. Zunächst wolle nicht einleuchten, weshalb der fragliche Deliktsschuldner strenger zu beurtheilen sei, wie jeder andere Deliktsschuldner mit Einschluß desjenigen, der das schwerste Verbrechen begangen habe. Liege ein genügender Anlaß vor, die erwähnten Rechte dem Geschäftsherrn beizulegen, so bleibe nichts übrig, als die Vorschriften über die Vertretung der D e likte in entsprechender Weise durch allgemeine Bestimmungen zu ändern und zu ergänzen. Schon die gedachte Beilegung führe zu einer solchen nicht zu übersehenden und bei der Berathung des Abschnitts über die unerlaubten Handlungen in keiner Weise beabsichtigten Aenderung und Ergänzung. Auch der Dieb und ähnliche Uebelthäter würden mit der actio negotiorum gestorum directa in Anspruch genommen werden können; für eine große Zahl der häufigsten Delikte würden also die Grundsätze über die Vertretung unerlaubter Handlungen eine Ergänzung oder Aenderung erleiden, insbesondere die Vorschriften über die kurze Verjährung der auf bloßen Schadensersatz gerichteten Deliktsklage unanwendbar werden. Ueberdies sei der Vortheil zu c, als ein besonderer nicht anzuerkennen; die unbeschränkte Haftung wegen Schadensersatzes aus dem Delikte werde fast ausnahmslos ein gleiches Ergebniß liefern. In Ansehung | der Rechnungspflicht dienten ferner die V o r - | Prot 11660 Schriften des Sachenrechts über die Verantwortlichkeit des unredlichen Besitzers, mindestens in großem Umfange, zum Ersätze. Auch bleibe (wie von einigen Seiten bemerkt wurde) nicht ausgeschlossen, unter besonderen, ein der Verwaltung fremden Guts ähnliches Verhältniß begründenden Umständen aus der Verpflichtung zum Ersätze des vollen Interesse ein Recht des durch unerlaubte Handlung Verletzten auf Manifestation des Erlangten abzuleiten. N o c h weniger dürfe eingewendet werden: Derjenige, der fremde Geschäfte in rechtswidriger Absicht als die seinigen besorge, könne doch nicht besser stehen, als Derjenige, der die Besorgung in bester Absicht vornehme. Im Allgemeinen sei die Rechtsstellung des ersteren wegen seiner Haftung aus dem Delikte keineswegs eine bessere, als die des letzteren, und die günstigere Stellung, die sich in einigen Richtungen ergeben könnte, zeigte sich
4 S. bei SS 677, 678, 680, 681 BGB. 159
§687
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
überall, wo Vertrags- oder sonstige obligatorische Verpflichtungen schuldbar verletzt seien. Es komme aber noch ein Anderes hinzu: Denjenigen, der rechtswidrig fremde Geschäfte als seine eigenen behandele, ζ. B. den Dieb, als negotiorum gestor zu beurtheilen, vertrage sich schwer mit dem Begriffe der negotiorum gestio und scheine eine Denaturirung dieses Begriffes zu enthalten. In den Motiven sei ausgeführt, zum Begriffe der negotiorum gestio genüge das Bewußtsein, ein fremdes Geschäft zu besorgen, während es auf den Willen hierzu nicht ankomme. Dagegen sei aber zu erinnern, daß, wenn mindestens jenes Bewußtsein zum Begriff nöthig sei, auch der Wille erforderlich erscheine, da dasjenige, dessen sich der Thäter als Folge seiner Handlung bewußt gewesen, auch von ihm gewollt sei. Nur scheinbar folge hieraus, daß im fraglichen Falle auch der entscheidende Wille nicht gefehlt habe. Wäre dies richtig, so würde der Fall ein Regelfall sein und keine Auszeichnung bedürfen. Bei näherer Betrachtung zeigte sich die Nothwendigkeit einer anderen Auffassung, I Prot 11661 nämlich der: weder das Bewußtsein, ein fremdes Geschäft zu besor-1 gen, noch der sich daraus nothwendig ergebende bloße innere Wille, solches zu thun, genüge zur Annahme einer negotiorum gestio. Hinzutreten müsse der ernste Wille, ein fremdes Geschäft als fremdes zu besorgen und eine Offenbarung dieses Willens, wenn auch eine aus den Umständen sich ergebende Kundbarmachung ausreiche, wozu in der Regel genügen werde, daß die Umstände nicht auf das Gegentheil schließen ließen; denn das bewußte Eingreifen in fremde Angelegenheiten verrathe meist, wenn nicht eine nicht zu vermuthende rechtswidrige Absicht obwalte, auch genügend nach Außen den Willen, ein fremdes Geschäft als solches zu besorgen. H Der Entwurf und bezw. die Anträge erwähnen des Falls: wenn der Geschäftsführer zwar ein fremdes Geschäft als solches und mit dem Willen, sich und den Geschäftsherrn zu verpflichten, besorgt hat, zu dieser Besorgung jedoch ausschließlich durch sein eigenes Interesse bestimmt worden ist. (Vgl. Entwurf § 235 Abs. 2 - S. 16485 - und § 242 - S. 1636, 16376 - Antrag N2 1 zu F § 244t - S. 1652 - , Antrag Ns 3 zu F §§ 235, 240 - S. 1653, 1654 - . ) Die Mehrheit beschloß die Bestimmung: die Vorschriften über die negotiorum gestio seien in Ansehung der Rechte und Pflichten beider Theile in vollem Umfange anwendbar. Erwogen war: Man könne bei der Beurtheilung dieses besonderen, übrigens nach der Erfahrung nicht seltenen Falles davon ausgehen: Der Geschäftsführer, welcher bei der Geschäftsbesorgung nur sein eigenes Interesse verfolgt und in eigennütziger Weise gehandelt habe, dürfe als negotiorum gestor nicht angesehen werden; der Fall sei vielmehr ähnlich zu beurtheilen, wie der vorher unter G beurtheilte; denn das Rechtsinstitut der negotiorum gestio sei nicht zu dem Zwecke eingeführt, um die I Prot 1 1662 Besorgung | fremder Geschäfte zu egoistischer Absicht zu erleichtern. Die vorstehende Auffassung sei jedoch eine verfehlte. Sie erscheine schon deshalb nicht haltbar, weil sie dem, in der Regel der Ermittelung und Feststellung sich entziehenden inneren Motive des Handelns eine Bedeutung beilege, welche demselben im Rechtsverkehr nicht zukomme. Sie zwinge ferner zu einer praktisch nichts weniger als empfehlenswerthen Regelung. Meist werde nämlich der Fall von der Beschaffenheit sein, daß der Geschäftsführer sowohl sein eigenes, als das Interesse des 5 S. bei SS 677, 678, 680, 681 BGB. Gemeint ist Art. 769 Abs. 2 in der Fassung des Antrags von Planck (oben S. 233).
256
14. Titel: Gesellschaft
§ § 7 0 9 - 713
schäftsführung befugte Gesellschafter das Recht, durch seinen Widerspruch die Handlung zu verhindern". Art. 780 a „Auf das Verhältniß eines zur Geschäftsführung befugten Gesellschafters gegenüber den übrigen Gesellschaftern finden die Vorschriften der §§ 439 bis 447 über den Auftrag mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß die Haftbarkeit des Gesellschafters sich nach Art. 769 Abs. 2 4 bestimmt". Die Mehrheit entschied: 1. unter Ablehnung des in dem Antrage N 2 2 vorgeschlagenen Art. 780 für Annahme des Entwurfs bis zu dem Nachsatze: „und es finden u.s.w." mit der Verdeutlichung, daß für die geschäftsführenden Gesellschafter das Prinzip des Art. 779 gelte; 2. für Annahme des Absatzes 4 des Antrags N 2 1 mit der Fassungsverbesserung, daß für: „der-1 selben" hinter „und einer" zu setzen sei: „dieser Gesellschafter"; | Prot I 2928 3. für die Annahme des zweiten Absatzes des Antrags Ν- 1 und insbesondere in getrennter Abstimmung für die Bezugnahme auch auf die §§ 436, 445, 447 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 2383-2389, 2436, 2437, 2441 -2443) 5 . Ob die Aufnahme des sachlich für unbedenklich erachteten Absatzes 3 des Antrags Ν 2 1 nöthig sei, blieb der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten. Es war Folgendes erwogen : 1. Der Art. 780 enthalte bis zu dem Nachsatze „und es finden u.s.w." das Prinzip : wenn mehrere geschäftsführende Gesellschafter vorhanden seien, so stehe ihnen nach Maßgabe des Grundsatzes des Art. 779 die Geschäftsführung nur gemeinschaftlich zu. Dies erhelle aus der Bestimmung: die übrigen Gesellschafter seien von der Geschäftsführung ausgeschlossen, werde übrigens noch klarer durch den im Nachsatze angezogenen Art. 701. Dem entgegen bringe der Antrag N 2 2 in dem ersten Artikel das Prinzip in Vorschlag: jeder der mehreren geschäftsführenden Gesellschafter könne in Ermangelung einer entgegenstehenden Vereinbarung für sich allein handeln, sofern nur ein anderer geschäftsführender Gesellschafter keinen Widerspruch erhebe. Nachdem jedoch zum Art. 779 unter Ablehnung eines auf Bestimmung des Gegentheils gerichteten Antrags beschlossen sei, die Geschäftsführung stehe, sofern nicht ein Anderes vereinbart worden, allen Gesell-1 schaftern nur gemeinschaftlich zu, so gebie- | Prot 12929 te die Konsequenz die Ablehnung des Vorschlags und die Billigung des Prinzips des Entwurfs, ohne Rücksicht darauf, daß bei Berathung der Vorschriften über den Auftrag eine Bestimmung darüber abgelehnt sei, ob bei Bestellung mehrerer Beauftragter diese, sofern nicht der Auftraggeber das Gegentheil bestimmt habe, nur gemeinsam handeln könne (Protokolle S. 2436)6. Das Prinzip des Entwurfs werde übrigens bei der Redaktion der Verdeutlichung bedürfen; die Verdeutlichung, die in dem Nachsatze des Entwurfs durch die Hinweisung auf den Art. 701 liege, sei, weil eine dem letzteren entsprechende Vorschrift nicht für angemessen befunden sei, ausgeschlossen. Der Entwurf übergehe in dem Vordersatze den Fall, wenn von mehreren oder 4 Vgl. Fn. 3. 5 Vgl. oben S. 29ff.; 66f.; 68ff.; 72ff. 6 Oben S. 66 f. 257
§ § 709 - 713
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
allen Gesellschaftern jeder für sich allein kraft Uebereinkunft zur Geschäftsführung berechtigt sei und gegen die von einem dieser Gesellschafter beabsichtigte Handlung ein anderer derselben Widerspruch erhebe. Das Handelsgesetzbuch schreibe für einen solchen Fall in höchst angemessener Weise vor: die Handlung müsse wegen des Widerspruchs unterbleiben (H.G.B. An. 99, 100, 102). Der Antrag Ns 1 bringe im vierten Absätze die gleiche Bestimmung in Vorschlag. Es könne keinem Bedenken unterliegen, hierin dem Antrage beizupflichten. 2. Der Nachsatz des Entwurfs von: „und es finden" an, beruhe auf dem vollen Beifall verdienenden Gedanken: die durch den Gesellschaftsvertrag zur GeschäftsI Prot I 2930 führung berufenen Gesellschafter seien | keineswegs schlechthin als Beauftragte der übrigen Gesellschafter anzusehen, da die Geschäftsführung nicht blos in einem Auftrage, sondern zugleich in dem Gesellschaftsverhältnisse sich gründe, demzufolge die für das letztere maßgebenden Rechtsnormen in erster Reihe ihre Geltung behaupten müßten und nur gewisse Rechtsnormen über den Auftragsvertrag eine entsprechende Anwendung finden könnten. Der Entwurf führe die zur Anwendung geeigneten Vorschriften einzeln auf. Gegen die Aufführung sei, abgesehen von den nach den früheren Beschlüssen von selbst als fehlend ausscheidenden Art. 694, 695, 697, 698, 701 und 90, im Wesentlichen nichts zu erinnern. Die nothwendige Berichtigung, welche die Aufführung in Rücksicht auf die bei der Berathung des Abschnitts über das Mandat gefaßten Beschlüsse erleiden müsse, ergebe sich aus den Anträgen Ν 2 1 Abs. 2 und N- 2 (Art. 780 a), die nur darin von einander verschieden seien, daß der Antrag Ν- 1 zugleich den § 436 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 2383 —2389)7 in Bezug nehme. Die Hinweisung auf den § 436 a.a.O. empfehle sich jedoch insofern, als dadurch in nicht unpassender Weise die Verpflichtung der geschäftsführenden Gesellschafter zur Erfüllung der übernommenen Verpflichtungen hervorgehoben werde. Die wenigen und nicht besonders erheblichen Abweichungen von dem Entwürfe, die übrig blieben, seien gleichfalls insgesamt gerechtfertigt. Die Hinweisung auf die I Prot 12931 §§ 445, 447 der gedachten Zu-1 sammenstellung (Protokolle S. 2436, 2437, 2441 2443)8 sei angemessen, weil ein geschäftsführender Gesellschafter, welcher in Vorschuß gehe, das gleiche Recht wie ein Beauftragter haben müsse, und ein solcher Gesellschafter, wenn er für seine Dienstleistungen eine Vergütung beanspruchen könne, in Ansehung seines desfallsigen Anspruchs nicht schlechter wie ein Beauftragter gestellt werden dürfe. Die Frage, welche Besonderheiten überhaupt für die Verwirklichung der einem geschäftsführenden Gesellschafter aus der Geschäftsführung zustehenden Ansprüche gelten, ob insbesondere der Gesellschafter wegen solcher Ansprüche während des Bestehens der Gesellschaft nur Befriedigung aus dem Gesellschaftsvermögen oder erst nach Auflösung der Gesellschaft bei der Auseinandersetzung fordern könne, stehe noch nicht zur Erörterung, werde vielmehr wegen ihrer allgemeineren Bedeutung besonders zu prüfen sein, so daß sie für die fragliche Verweisung unerheblich bleibe. Wenn der Entwurf auf den Art. 700 des Dresdener Entwurfs, welcher dem § 444 der gedachten Zusammenstellung (Protokolle S. 2434, 2435)9 entspreche, nicht verweise, so liege darin nur eine scheinbare Abweichung von den Anträgen; der Entwurf hole die Verweisung in Art. 787 nach, und wenn er die Verweisung auf den dem letzten Absätze des § 446 der vorgedachten Zusammenstellung (Protokolle ? Oben S. 29. 8 O b e n S . 66ff.; 72ff. 9 O b e n S . 65 f. 258
14. Titel: Gesellschaft
§ § 7 0 9 - 713
S. 2438 — 2440)10 entsprechenden Art. 704 unterlasse, so ersetze er die Verweisung durch den ersten Theil des Art. 785 mit der anscheinend auf einer Omission beruhenden, jedenfalls nicht zu billigenden Abweichung, daß der Art. 785 der Sicherheitsleistung nicht I erwähne. | Prot I 2932 Von Wichtigkeit sei endlich, daß die Anträge in Ansehung der Haftung für diligentia quam in suis in gebührender Weise das Nöthige vorsähen. Der Vorbehalt beziehe sich selbstredend auch auf die Anwendbarkeit des § 446 der erwähnten Zusammenstellung (Protokolle S. 2438 — 2440). Es war ferner beantragt: Planck 1. hinter Art. 780 folgende Bestimmung als § 780 a einzuschalten : (Nr 532,1) „Was ein zur Geschäftsführung berechtigter Gesellschafter nach Maßgabe des Art. 780 den übrigen Gesellschaftern schuldet, hat er denselben in der Art zu übertragen, daß es allen Gesellschaftern gemeinschaftlich wird. Der Anspruch hierauf steht jedem Gesellschafter ungetheilt zu und ist nicht übertragbar. Die Leistung eines verhältnißmäßigen Antheils an sich allein zu fordern, ist kein Gesellschafter befugt. Die Leistung desjenigen, was ein zur Geschäftsführung berechtigter Gesellschafter nach Art. 780 von den übrigen Gesellschaftern zu fordern hat, kann er während bestehender Gesellschaft nur aus dem gemeinschaftlichen Vermögen fordern. Ist er die Befreiung von einer Verpflichtung zu fordern berechtigt, so kann er verlangen, daß jeder der übrigen Gesellschafter ihn davon in demjenigen Verhältnisse befreie, in welchem derselbe den Verlust mitzutragen hat". I eventuell statt des 2. Absatzes : | Prot 2933 „Was ein zur Geschäftsführung berechtigter Gesellschafter nach Maßgabe des Art. 780 von den übrigen Gesellschaftern zu fordern hat, ist ihm aus dem gemeinschaftlichen Vermögen zu leisten. Nur wenn dieses dazu nicht ausreicht oder wenn er Befreiung von einer Verpflichtung zu fordern berechtigt ist, ist er das Fehlende bezw. die Befreiung von der Verpflichtung von den übrigen Gesellschaftern in demjenigen Verhältniß zu fordern berechtigt, in welchem dieselben den Verlust mitzutragen haben". 2. Die Berathung über die Art. 772 und 773 und den dazu gestellten Antrag Ν 2 1 Planck — Protokolle S. 2903" — wieder aufzunehmen und folgende Bestimmung einzu- (Nr 532, 2) schalten : „Soll ein Gesellschafter einen Gegenstand nicht bloß zum Gebrauch oder zur Benutzung beitragen, so hat er denselben den übrigen Gesellschaftern in der Art zu übertragen, daß er allen Gesellschaftern gemeinschaftlich wird. (Dasselbe gilt entsprechend rücksichtlich der Gewährung des Gebrauchs oder der Benutzung eines Gegenstandes, wenn ein Gesellschafter diesen beizutragen verpflichtet ist.) Der Anspruch hierauf steht jedem Gesellschafter ungetheilt zu und ist nicht übertragbar. Die Leistung eines verhältnißmäßigen Antheils an sich allein zu fordern, ist kein Gesellschafter befugt". I (Sollte dieser Antrag Billigung finden, so würde der § 780 a Absatz l 1 2 durch | Prot 12934 Verweisung auf diesen § 773 kürzer gefaßt werden können.) Der Antrag wurde dahin berichtigt, daß die unter Ν 2 1 im Absatz 2 sich findenden, auf den Befreiungsanspruch sich beziehenden Bestimmungen in Wegfall zu bringen seien. 10 Oben S. 70 f. h Oben bei §§ 706 f. BGB abgedruckt. 12 Gemeint ist die unter 1. von Planck beantragte Bestimmung. 259
§ § 7 0 9 - 713
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Die Mehrheit entschied in getrennter Abstimmung gegen die A u f n a h m e des ersten Absatzes und sodann auch gegen die des zweiten Absatzes der Bestimmungen unter Ν - 1 des Antrags ; es w u r d e darauf der Vorschlag unter N 2 2 z u r ü c k g e z o gen. Die G r ü n d e waren : Sei ein geschäftsführender Gesellschafter aus der G e s c h ä f t s f ü h r u n g den übrigen Gesellschaftern gegenüber zu einer Leistung verpflichtet, und w e r d e davon ausgegangen, ein solches Schuldverhältniß unterliege derselben Beurtheilung, wie dasjenige, welches sich ergebe, w e n n ein Dritter aus einem f ü r die Gesellschaft oder die Gesellschafter abgeschlossenen Geschäfte deren Schuldner geworden sei, so w ü r d e nach dem in den Art. 794, 795 des Entwurfs enthaltenen G r u n d s a t z e jeder der übrigen Gesellschafter f ü r sich den geschäftsführenden Gesellschafter auf einen verhältnißmäßigen Theil der d e m letzteren obliegenden Leistung in Anspruch nehmen können (zu vergi. § 10 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenI Prot 12935 den Beschlüsse, Protokolle S. 493, 495, 499) 13 . Jener G r u n d s a t z sei aber | noch nicht gebilligt. Es stehe darin, ob er Billigung finden, ob er nicht vielleicht durch einen andern — nämlich den — ersetzt werden w ü r d e : so lange die Gesellschaft bestehe, sei kein Gesellschafter berechtigt, den ihm zustehenden Antheil an den einzelnen gemeinschaftlichen Gegenständen dem Gesellschaftszwecke zu entfremden, über diesen Antheil mit Wirksamkeit f ü r die übrigen Gesellschafter in seinem Interesse zu verfügen u n d , wenn der Gegenstand in einer Forderung bestehe, einen verhältnißmäßigen Theil der letzteren f ü r sich einzuziehen, indem er vielmehr n u r befugt sei, den Schuldner nach Maßgabe des § 29 der gedachten Zusammenstellung (Protokolle S. 540 — 546, 550 — 552) 14 in Anspruch zu nehmen. Sollte ein solcher G r u n d satz beschlossen w e r d e n , so w ü r d e der Z w e c k der unter N 2 1 des Antrags im ersten Absätze vorgeschlagenen Bestimmung erreicht und diese entbehrlich sein. Aber auch f ü r den Fall, daß es bei d e m erwähnten G r u n d s a t z e des Entwurfs verbleibe, sei die Bestimmung überflüssig bezw. nicht zu billigen, — nicht zu billigen nämlich, insoweit sie die Nichtübertragbarkeit des dem einzelnen Gesellschafter zustehenden Anspruchs vorschreibe, da eine solche Vorschrift nur mit d e m vorgedachten anderen G r u n d s a t z e sich vertrage und bei Annahme des Grundsatzes des Entwurfs als eine nicht zu rechtfertigende Singularität sich darstellen w ü r d e ; überflüssig erscheine dagegen die Bestimmung, insofern vorgeschrieben werde, kein Gesellschafter dürfe den geschäftsführenden Gesellschafter auf einen verhältnismäßigen Theil der I Prot 12936 Leistung, um diesen Theil f ü r sich | zu erlangen, in Anspruch nehmen, jeder könne vielmehr nur verlangen, d a ß an alle Gesellschafter gemeinsam oder so geleistet w e r de, daß der Gegenstand der Leistung gemeinschaftlich werde. Dies ergebe sich schon z u r G e n ü g e aus d e m zwischen den Gesellschaftern zufolge des Gesellschaftsvertrags bestehenden obligatorischen Verhältnissen welches insbesondere den socius gerens, sobald er von einem anderen Gesellschafter auf einen verhältnißmäßigen Theil der Leistung in der angegebenen Weise in Anspruch g e n o m m e n werde, zu der in dem § 61 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 635, 636) 1 5 noch eine besondere Stütze findenden Einrede berechtige, in der E r h e b u n g eines solchen Anspruchs liege eine Verletzung der in dem Gesellschaftsvertrage übernommenen Verpflichtungen, woraus dann weiter
13
Vgl. Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 912ff. κ Jakobs/Schubert, a.a.O., S. 952 ff., 959. 15 Vgl. Quellen zu § 242 BGB (Jakobs/Schubert, a.a.O., S. 46ff.).
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14. Titel: Gesellschaft
§§
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folge, daß nur die Leistung an alle Gesellschafter, damit ihr Gegenstand gemeinschaftlich werde, verlangt werden könne. Es verhalte sich in dieser Beziehung gerade so, wie in Ansehung der Ansprüche auf Erfüllung der Beitragspflicht. Hätten sich ζ. B. die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrage zu gewissen Geldeinschüssen verpflichtet, so leuchte ein, daß kein Gesellschafter einen andern auf Zahlung eines verhältnißmäßigen Theils des von diesem Gesellschafter übernommenen Geldbeitrags für sich in Anspruch nehmen, vielmehr jeder nur verlangen könne, daß der Beitrag zu dem vereinbarten Zwecke, mithin an alle Gesellschafter, damit das Geld gemeinschaftlich werde, gezahlt werde, während noch ein- | leuchtender sei, daß kein in der gehörigen Weise in An- | Prot I 2937 spruch genommener Gesellschafter der Leistungspflicht durch die Kompensationseinrede unter Berufung auf den ihm zustehenden Antheil an den von den übrigen Gesellschaftern zu leistenden Beiträgen sich entziehen dürfe. Eine andere Bewandniß habe es mit der Bestimmung, welche der Antrag unter Ν 2 1 im zweiten Absätze in Vorschlag bringe. Sei ein geschäftsführender Gesellschafter aus der Geschäftsführung Gläubiger geworden, so erhebe sich die bereits oben angeregte Frage, ob ihm alle Rechte eines Dritten zustehen, der einen Anspruch gegen die Gesellschafter aus einem für diese abgeschlossenen Geschäfte erworben habe. Die Frage müsse verneint werden. Die Beilegung aller dieser Rechte stehe im Widerspruche mit den dem geschäftsführenden Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrage obliegenden Verpflichtungen. Diese Verpflichtungen brächten nothwendig mit sich, daß der geschäftsführende Gesellschafter seine Rechte nur mit der actio pro socio geltend zu machen befugt sei, woraus weiter sich ergebe, daß er, solange die Gesellschaft bestehe, nur aus dem Gesellschaftsvermögen, einschließlich der etwa noch zu leistenden Beiträge, und in Ermangelung eines Gesellschaftsvermögens erst dann seine Befriedigung nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrags verlangen könne, wenn die Zeit der Repartition des Gewinns oder Verlustes gekommen sei, also je nach den Umständen erst bei der Auseinandersetzung nach Auflösung der Gesellschaft, wobei der nur unter den Gesellschaf- | tern geltende Grund- |Prot I 2938 satz bedeutsam zu werden vermöge, daß kein Gesellschafter mehr als den vertragsmäßig übernommenen Beitrag zu leisten schuldig sei. Alles dies erhelle aus den allgemeinen Grundsätzen (zu vergi. Material S. 72, 74, 106, 121, 122), bedürfe daher keiner besonderen Bestätigung durch das Gesetz, wie denn auch alle modernen Kodifikationen darüber schwiegen. Es würde überdies schwer halten, im Gesetze das Zutreffende in befriedigender Weise auszudrücken. Werde mit dem Antrage von der Befriedigung aus dem Gesellschaftsvermögen geredet, so sei wenig gewonnen, wenn nicht hinzugefügt werde, was denn unter Gesellschaftsvermögen zu verstehen sei. Weiter würde zur Erreichung der Vollständigkeit näher auf die Fälle eingegangen werden müssen, in welchen während der Dauer der Gesellschaft die Repartition des Gewinns und Verlustes behufs sofortiger Realisirung von Zeit zu Zeit erfolge. Es zeigt sich, daß ohne kasuistische Bestimmungen das Ziel nicht zu erreichen sei. Um so gerechtfertigter müsse es erscheinen, sich schweigend zu verhalten und das Weitere der Wissenschaft und der Praxis zu überlassen. c) 266. Sitzung vom 30. 11. 1883, Schriftführer Neubauer I Die Berathung des Abschnitts des Obligationenrechts, betreffend die Gesell-- I Prot 1 2939 schaft, wurde fortgesetzt. Zu Artikel 781 des Entwurfs: „Beschlüsse der Gesellschafter können nur mit Einwilligung Aller gefaßt werden . DresdE An 781 261
§§709-713
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Soll vertragsmäßig die Stimmenmehrheit entscheiden, so ist die Mehrheit nach der Personenzahl zu berechnen und die Stimmenmehrheit ist anzunehmen, wenn mehr als die Hälfte aller Stimmberechtigten übereinstimmt", lagen die Anträge vor: Derscheid (Nr 531)
1. zu bestimmen in :
a) Artikel 781 „Zur Vornahme von Rechtshandlungen, welche über den gewöhnlichen Betrieb der gemeinschaftlichen Geschäfte hinausgehen oder dem Zwecke der Gesellschaft fremd sind, ist die Einwilligung aller Gesellschafter erforderlich; kann diese nicht erlangt werden, so muß die Handlung unterbleiben".
b) Artikel 781a „Beschlüsse der Gesellschafter über andere Gesellschaftsangelegenheiten können I Prot 12940 ebenfalls nur mit | Zustimmung aller gefaßt werden; ist durch den Gesellschaftsvertrag bestimmt, daß die Mehrheit der Stimmen entscheiden solle, so ist im Zweifel die Mehrheit nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen". Planck (Nr 529, 3)
2. den Artikel dahin zu fassen: „Ist durch den Gesellschaftsvertrag bestimmt, daß die Mehrheit der Stimmen über alle oder gewisse Gesellschaftsangelegenheiten entscheiden solle, so ist im Zweifel die Mehrheit nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen".
Kurlbaum
3. zu bestimmen: „Ist durch den Gesellschaftsvertrag bestimmt, daß Beschlüsse der Gesellschafter durch Stimmenmehrheit gefaßt werden sollen, so ist im Zweifel die Mehrheit nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen". Die Mehrheit beschloß : Ablehnung des Antrags Nr. 1 a, Ablehnung des ersten Satzes des Entwurfs, Ablehnung des Antrags Nr. 3 und hierauf Annahme des Antrags Nr. 2, womit der Artikel für erledigt galt. Erwogen war:
1. Der Antrag Nr. 1 bezwecke durch den Vorschlag unter a) die Bestimmung : „Sei ein oder seien mehrere Gesellschafter zur Geschäftsführung berufen, so sei gleichwohl zur Vornahme von Rechtshandlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb der gemeinschaftlichen Geschäfte hinausgingen oder dem Zwecke der Gesellschaft fremd seien, die Einwilligung aller Gesellschafter erforderlich". Soweit es sich um Geschäfte handele, die dem Zwecke der Gesellschaft fremd seien, lasse sich die Selbstverständlichkeit der Vorschrift nicht verkennen. Um die I Prot 12941 übrigen Gesell-1 schafter durch derartige Rechtshandlungen zu verpflichten, bedürfe es einleuchtend des Abschlusses eines neuen Gesellschaftsvertrags. Inwiefern aber das Recht des oder der zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter im Uebrigen beschränkt sei, lasse sich nur konkret im Wege der Auslegung des Gesellschaftsvertrags bestimmen. Durch eine Bestimmung, wie sie im Antrage Ν - 1 vorgeschlagen werden, sei außerdem nichts gewonnen. Was unter dem gewöhnlichen Betriebe der gemeinschaftlichen Geschäfte zu verstehen sei, bleibe in hohem Maße dunkel und führe doch wieder auf die Auslegung des Gesellschaftsvertrags zurück. Die Bestimmung in Artikel 103 des Handelsgesetzbuchs 16 könne nicht zum Vorbilde dienen. 16
Art. 103 H G B lautet: Ein Beschluß der sämmtlichen Gesellschafter muß vor der Vornahme von Geschäften eingeholt werden, welche über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen, oder welche dem Zwecke derselben fremd sind. —
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14. Titel: Gesellschaft
§ § 7 0 9 - 713
Für die offene Handelsgesellschaft völlig angemessen, passe sie als allgemeine N o r m keineswegs für die gewöhnliche unter das bürgerliche Recht fallende Gesellschaft, die von der verschiedensten Art und auf die mannigfachsten Zwecke gerichtet sein könne. Die Ablehnung des Vorschlags sei um so gerechtfertigter, als bei der Berathung des Abschnitts über das Mandat aus ähnlichen Gründen beschlossen sei, besondere Vorschriften über die Nothwendigkeit eines Spezialauftrags in das Gesetzbuch nicht aufzunehmen (Protokolle S. 2405 — 2409) 17 . 2. Der erste Satz des Artikel 781 des Entwurfs sei entbehrlich. Es ergebe sich schon zur Genüge aus den zu den Artikeln 779 und 780 gefaßten Beschlüssen, würde übrigens in erweiterter Fassung, (indem zugleich der Fall zu treffen wäre, wenn mehrere Gesellschafter zur Geschäftsführung berufen seien), zu dem Artikel 779 gehören. 3. Die Hauptbedeutung des Artikels sei, daß er in völlig angemessener Weise die Frage löse, ob, sofern das Prinzip der Stimmenmehrheit durch Vertrag eingeführt sei, die Mehrheit der Stimmen nach den Antheilen oder nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen sei. Dabei erhebe sich noch die besondere Frage, ob der übereinstimmende | Wille der Mehrheit die Anhörung der Minderheit entbehrlich | Prot I 2942 mache (zu vergi. Entsch. des R.O.H.G. Bd. 16 S. 383; Bd. 22 S. 292). Der Entwurf gebe auf diese Frage keine Antwort; sie werde daher in jedem einzelnen Falle im Wege der Vertragsauslegung zu entscheiden sein, für die meisten Fälle übrigens die Auslegung sich rechtfertigen, der Minderheit dürfe das vorherige Gehör nicht versagt werden. Der Antrag Nr. 3 bezwecke, dem Mißverständnisse vorzubeugen, die erwähnte Frage sei verneinend entschieden. Indessen ein solches Mißverständniß sei nicht zu besorgen, dasselbe auch durch die Fassung des Antrags nicht ausgeschlossen und demnach gerechtfertigt, die einfache Fassung des Entwurfs bezw. der Anträge Nr. 1 und 2 beizubehalten. Die Fassung des Antrags Nr. 2 verdiene endlich wegen ihrer größeren Deutlichkeit vor der des Entwurfs den Vorzug. Zu Artikel 782 des Entwurfs: DresdE Art 782 „Ein Gesellschafter kann, wenn ihm in dem Gesellschaftsvertrage die Geschäftsführung übertragen worden ist, den Auftrag nicht zurückgeben, und die übrigen Gesellschafter können den Auftrag nur durch einen von ihnen zu fassenden Beschluß und nur dann widerrufen, wenn eine rechtmäßige Ursache vorliegt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Beauftragte sich einer Untreue schuldig oder durch Begehung von strafgesetzwidrigen Handlungen sich des Vertrauens seiner Mitgesellschafter unwürdig macht oder die ihm als Gesellschafter obliegenden wesentlichen Pflichten nicht erfüllt oder durch Krankheit oder andere Ursachen an der gehörigen Geschäftsführung anhaltend verhindert wird". lagen die Anträge vor: 1. den Artikel zu streichen. (Es soll nur Aufhebung, nicht Aenderung des Vertra- Kurlbaum ges zugestanden werden.) (Nr 534) 12. den Artikel zu fassen: | Prot 12943 „Die einem Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag nach Maßgabe des Ar- Planck tikels 780 eingeräumte Befugniß zur Führung der Gesellschaftsangelegenheiten, (Nr 529, 4) Dies ist auch dann erforderlich, wenn die Geschäftsführung einem oder mehreren Gesellschaftern übertragen ist. — Zur Fassung des Beschlusses ist Stimmeneinhelligkeit erforderlich. Ist diese nicht zu erlangen, so muß die Handlung, in Ansehung deren Beschluß gefaßt werden soll, unterbleiben. 17 Vgl. oben S. 39 ff.
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§§709-713
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
kann nicht ohne wichtige Gründe widerrufen werden. Liegen solche vor, so steht das Recht des Widerrufs jedem Gesellschafter zu. Als ein wichtiger Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn der Geschäftsführer sich einer groben Pflichtverletzung schuldig gemacht hat oder zu einer ordnungsmäßigen Geschäftsführung unfähig geworden ist. Ein einseitiger Verzicht des Berechtigten ist unwirksam". Derscheid 3. statt dessen zu bestimmen: (Nr 531) „Die einem Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag eingeräumte Befugniß zur Geschäftsführung kann nicht ohne wichtige Gründe widerrufen werden. Als wichtiger Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn der Gesellschafter sich einer groben Pflichtverletzung schuldig macht oder zu einer ordnungsmäßigen Geschäftsführung unfähig wird. Der Widerruf erfolgt auf Grund eines Beschlusses der übrigen Gesellschafter. Ein einseitiger Verzicht des Berechtigten ist unwirksam". Der Antrag N2 2 wurde dahin erläutert, der letzte Absatz bezwecke zu bestimmen, ein zur Geschäftsführung berufener Gesellschafter sei nicht befugt, sich derselben zu entziehen. Der Streichungsantrag wurde abgelehnt und sodann beschlossen : I Prot 12944 1. in Ansehung der Entziehung der einem geschäftsführenden | Gesellschafter übertragenen Befugnisse : a) die Entziehung sei zulässig, wenn ein wichtiger Grund dieselbe rechtfertige und als ein solcher wichtiger Grund sei insbesondere anzusehen, wenn der betreffende Gesellschafter sich einer groben Pflichtverletzung schuldig gemacht habe oder zu einer ordnungsmäßigen Geschäftsführung unfähig geworden sei; b) die Entziehung erfordere einen einstimmigen oder, sofern das Majoritätsprinzip vertragsmäßig gelte, einen Majoritätsbeschluß der übrigen Gesellschafter; 2. in Ansehung des Rechts des geschäftsführenden Gesellschafters, sich der Geschäftsführung zu entziehen : „der Gesellschafter sei hierzu nicht befugt". Die Fassung der beschlossenen Bestimmungen blieb der Redaktion vorbehalten. Die Gründe waren : Insoweit der Artikel bestimme, einem zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter könne dieselbe nur unter gewissen Voraussetzungen entzogen werden, unterliege er nicht unerheblichen Bedenken. Die Bestimmung scheine sich mit dem Prinzipe nicht zu vertragen, daß die Berufung zur Geschäftsführung sich nicht als ein Mandat auffassen lasse, vielmehr als eine Vereinbarung zu betrachten sei, die einen nichts weniger als unwesentlichen Theil des Gesellschaftsvertrags bilde. Werde die Entziehung gestattet, so scheide mit ihr ein erheblicher Theil des Gesellschaftsvertrags aus, der dadurch einen ganz andern als den vereinbarten Inhalt erhalte, — eine Aenderung, die unter Umständen für den ganzen Bestand des Vertrags von der größten Bedeutung sein könne, während zugleich zweifelhaft würde, was denn an die Stelle des ausscheidenden Theils des Vertragsinhalts zu treten habe. Dazu komme, daß die Vorschriften des Gesetzes über das Recht der Gesellschafter, die Auflösung des Vertrags zu fordern, in den von dem Entwürfe unterI Prot I 2945 stell- | ten Fällen den übrigen Gesellschaftern einen nicht geringen und sogar noch weiter reichenden Schutz gewährten. Diesen Bedenken könne indessen ein entscheidendes Gewicht nicht beigelegt werden. Soweit dieselben juristischer Natur seien, fänden sie in der Betrachtung ihre Erledigung, die Bestimmung des Gesetzes habe 264
14. Titel: Gesellschaft
§ § 7 0 9 - 713
die Voraussetzung z u r Grundlage, der Gesellschaftsvertrag sei mit der stillschweigenden Vereinbarung geschlossen, die Befugniß zur G e s c h ä f t s f ü h r u n g k ö n n e eintretenden Falls entzogen werden. Anlangend dagegen die Sachgemäßheit der fraglichen Vorschrift, so w ü r d e ihre N i c h t a u f n a h m e im praktischen Leben die Auflösung vieler Gesellschaften nach sich ziehen. Darin liege ein Uebelstand, dem der Entwurf nach V o r g a n g des Handelsgesetzbuchs in angemessener Weise begegne. Hinsichtlich der Frage, welche Bestimmungen einträten, wenn die Entziehung erfolgt sei, ob schlechthin die subsidiären gesetzlichen N o r m e n oder ob daneben noch gewisse vertragsmäßige Vereinbarungen ihre Geltung behaupteten, so bedürfe dieselbe keiner Entscheidung durch das Gesetz. Für das Gesetz genüge die Bestimmung, das fragliche Recht zur Geschäftsführung k o m m e — ähnlich wie in dem Falle des Widerrufs einer Vollmacht, die einem nicht zu den Gesellschaftern gehörenden Dritten ertheilt sei, — in Wegfall. Welche weitere Folgen sich an diesen Wegfall f ü r die künftige G e s c h ä f t s f ü h r u n g knüpften, bestimme sich nach den Umständen des konkreten Falls. Wissenschaft und Praxis würden in dieser Beziehung den richtigen W e g nicht verfehlen. Uebrigens sei nicht zu übersehen, d a ß der geschäftsführende Gesellschafter, der des Rechts der Geschäftsführung verlustig gehe, unter Umständen dadurch die Befugniß erlangen könne, seinerseits die Auflösung der Gesellschaft zu fordern. Betreffend die Voraussetzungen, unter welchen das Recht z u r Geschäftsführung entzogen werden könne, so empfehle sich wegen seiner Einfachheit der in dieser Beziehung überein- | stimmende Vorschlag der Anträge N r . 2 und 3 ; nur erscheine | Prot I 2946 es nöthig, die negative Fassung: „nicht ohne wichtige G r ü n d e " durch die positive Fassung: „aus wichtigen G r ü n d e n " zu ersetzen, ferner auf die Fassung der §§421, 449, 495 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 2 2 8 3 - 2 2 8 7 , 2 4 5 7 - 2 4 6 1 , 2755, 2756) 18 Rücksicht zu nehmen. D a ß in beiden Anträgen nicht weitere Beispiele hinzugefügt w ü r d e n , verdiene um so mehr Billigung, als das vorausgeschickte Prinzip f ü r alle übrigen Fälle genüge. Mit Recht werde endlich in beiden Anträgen in Abweichung von dem Artikel 101 des Handelsgesetzbuchs 1 9 vorgeschlagen, in den als Beispiele hervorgehobenen Fällen müsse die Entziehung f ü r gerechtfertigt erachtet werden. Die Anträge N r . 2 und 3 wichen in einem anderen wichtigen P u n k t e von einander ab. N a c h dem Antrage N r . 2 solle jeder der übrigen Gesellschafter das Widerrufsrecht haben, nach dem Antrage N r . 3 solle dieses Recht nur auf G r u n d eines Beschlusses der übrigen Gesellschafter ausgeübt werden k ö n n e n , so daß also Einstimmigkeit der übrigen Gesellschafter, oder mindestens, sofern das Majoritätsprinzip vertragsmäßig gelte, ein Majoritätsbeschluß nöthig sei. In dieser Hinsicht verdiene der Antrag N r . 3 bei der immerhin etwas anomalen N a t u r des Widerrufsrechts, vorzugsweise aber wegen der tiefgreifenden Folgen des Widerrufs den V o r zug. Insoweit der Artikel über das Recht des geschäftsführenden Gesellschafters bestimme, sich der G e s c h ä f t s f ü h r u n g zu entziehen, indem er ein solches Recht nicht anerkenne, erscheine er unbedenklich. 18 Vgl. Quellen zu §§ 626, 671 und 696 BGB. 19 Art. 101 HGB lautet: Die im Gesellschaftsvertrage einem oder mehreren Gesellschaftern geschehene Uebertragung der Geschäftsführung kann, so lange die Gesellschaft dauert, nicht ohne rechtsmäßige Ursache widerrufen werden. — Die Beurtheilung, ob eine rechtmäßige Ursache vorliege, bleibt dem Ermessen des Richters überlassen. — Der Widerruf kann insbesondere in den im Art. 125 Ziffer 2 — 5 bezeichneten Fällen für begründet erklärt werden. 265
709 - 713
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Die Fassung der Beschlüsse müsse der Redaktion überlassen werden, bei der insbesondere zu prüfen sein werde, ob es sich nicht empfehle, alle Ausdrücke zu vermeiden, die an die für das Mandat geltenden Rechtsnormen erinnerten. Zu Artikel 783 des Entwurfs: I Prot I 2947 | „Hat ein Gesellschafter, welcher nicht zur Geschäftsführung befugt ist, GesellDresdE Art 783 Schaftsangelegenheiten geführt, so finden die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag Anwendung", war beantragt 20 : Derscheid ( N r 531) Kurlbaum (Nr 533, 2)
I Prot I 2948
DresdE Art 784
Planck (Nr 532, 4)
1. den Artikel zu streichen. 2. dem Artikel zuzusetzen: „Hat der Gesellschafter ein vereinbartes oder beschlossenes Geschäft, so wie es vereinbart oder beschlossen ist, ausgeführt, so steht demselben der in § 278 (Protokolle S. 1627 —1632)21 bezeichnete Anspruch auch dann zu, wenn er gegen das Verbot der übrigen Gesellschafter gehandelt hat, es sei denn, daß nach den Vorschriften des Beschlusses zu Artikel 780 das Verbot eines Gesellschafters der Ausführung eines Geschäfts entgegensteht." Die .Mehrheit erklärte sich gegen den vorstehenden Zusatzantrag und hierauf für die Streichung des Artikels. Sie ging davon aus : Was der Artikel bestimme, verstehe sich von selbst. Seine Aufnahme könne allenfalls nur insofern nicht unangemessen erscheinen, als er andeute, daß er auch dann Platz greife, wenn bei Gefahr im Verzuge ein Geschäft der Gesellschaft besorgt sei und daß auch in solchen Fällen der zur Geschäftsführung an sich nicht befugte Gesellschafter zur Geschäftsbesorgung nicht berechtigt werde und, wenn er gleichwohl der Geschäftsbesorgung sich unterziehe, ausschließlich die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag anwendbar blieben, woraus insbesondere das Haften desselben für omnis culpa und nicht bloß für diligentia quam in suis folge. Indessen sei alles das gleichfalls selbstverständlich, da das Gegentheil, wenn es gelten solle, bestimmt werden müsse. Nun würde allerdings die vorgeschlagene zusätzliche Vorschrift, damit sie verständlich werde, zur Aufnahme des Artikels nöthigen. Al- | lein auch jene zusätzliche Bestimmung sei wegen Selbstverständlichkeit entbehrlich. Verbiete ein Gesellschafter ein Geschäft, welches von den Gesellschaftern bereits vereinbart oder beschlossen worden, so verletze er die ihm als Gesellschafter obliegenden Pflichten; die Pflichtverletzung mache ihn für das Interesse verantwortlich, woraus schon die Unwirksamkeit des Verbots sich ergebe. Der Artikel 784 des Entwurfs bestimmt: „Hat ein Gesellschafter bei Führung einer Gesellschaftsangelegenheit durch Zufall einen Schaden erlitten, welchen er nicht erlitten haben würde, wenn er die Gesellschaftsangelegenheit nicht geführt hätte, so kann er von den übrigen Gesellschaftern verhältnißmäßigen Ersatz fordern." Der Antrag auf Streichung des Artikels wurde von der Mehrheit genehmigt. Man war der Ansicht: Derjenige, welcher zu einer Leistung verpflichtet sei, müsse auch den Schaden tragen, den er bei der Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtung erleide. Dieser 2° Von Planck war beantragt (Nr. 532, 3): dem § 783 folgenden Zusatz zu geben: „Auf die daraus entspringenden Forderungen und Verpflichtungen finden die Vorschriften des § 780a Anwendung." — § 780 a ist oben S. 257 abgedruckt. 21 Oben S. 143 ff. abgedruckt.
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14. Titel: Gesellschaft
§ § 7 0 9 - 713
allgemeine Grundsatz gelte auch für die Erfüllung der in einem gegenseitigen Vertrage sich gründenden Verpflichtungen, sofern nicht ein Anderes ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart sei. Von dem Grundsatze in Ansehung des Gesellschaftsvertrags abzuweichen, sei nicht gerechtfertigt. Insbesondere dürften für die Abweichung nicht Zweckmäßigkeits- oder Billigkeitsrücksichten angeführt werden. Solche Rücksichten sprächen in gleichem, wenn nicht in noch verstärktem Maße für eine ähnliche Begünstigung des bei Erfüllung des Auftragsvertrags einen Schaden erleidenden Beauftragten. Für den Auftragsvertrag sei jedoch die in Rede stehende Abweichung nicht beschlossen (Protokolle S. 244422). Die Konsequenz erheische, dieselbe auch für den Gesellschaftsvertrag abzulehnen. I Der Artikel 785 des Entwurfs lautet: „Hat ein zur Führung der Gesellschaftsangelegenheiten befugter Gesellschafter zu diesem Zwecke in eigenem Namen eine Verbindlichkeit übernommen, so kann er verlangen, daß die übrigen Gesellschafter ihn von dieser Verbindlichkeit verhältnißmäßig befreien; hat er bei Führung der Gesellschaftsangelegenheiten aus eigenen Mitteln eine Gesellschaftsschuld getilgt oder sonstige nothwendige oder nützliche Auslagen gemacht, so kann er von den übrigen Gesellschaftern nach Verhältniß ihrer Verlustantheile Ersatz sammt Zinsen von dem Zeitpunkte der Verwendung oder Auslage an verlangen. Dasselbe gilt, wenn ein Gesellschafter vermöge der ihm obliegenden Gesammtverbindlichkeit eine Gesellschaftschuld bezahlt hat." Der Antrag auf Streichung des Artikels wurde genehmigt. 23 Man hielt den ersten Absatz des Artikels wegen des zum Artikel 780 gefaßten Beschlusses, wonach auch der § 446 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 2438 —244024) für entsprechend anwendbar erklärt werden soll, für erledigt, den zweiten Absatz wegen des § 27 der gedachten Zusammenstellung (Protokolle S. 524, 52525) für entbehrlich, in Ansehung des zweiten Absatzes auch eine Verdeutlichung dahin nicht am Platze, daß der Gesellschafter, welcher die Gesammtverbindlichkeit vollständig oder eine andere Verbindlichkeit pro rata erfülle, gerade so zu beurtheilen sei, wie der socius gerens in Beziehung auf seine aus der Geschäftsführung erworbenen Ansprüche. Der Artikel 786 des Entwurfs bestimmt: „Für Bemühungen bei der Führung der Ge- | sellschaftsangelegenheiten steht den Gesellschaftern ein Anspruch auf Vergütung nicht zu." Die Mehrheit genehmigte den Antrag auf Streichung des Artikels. Sie war der Ansicht: Die Leistung aus einem gegenseitigen Vertrage werde nicht weiter vergütet, als 12 Oben S. 74 abgedruckt. 23 Von Planck (Nr. 532, 4) war beantragt worden: „die 784, 785 Abs. 1 und 7 8 6 - 7 9 0 zu streichen, den § 785 Abs. 2 aber durch folgende Bestimmungen zu ersetzen: Hat ein Gesellschafter eine den Gesellschaftern einem Dritten gegenüber obliegende Gesellschaftsschuld, für welche er dem Dritten ganz oder theilweise haftete, ganz oder theilweise bezahlt, so ist er dafür von den übrigen Gesellschaftern nach Maßgabe des § 780 a Abs. 2 Ersatz zu fordern berechtigt. — Hat er eine zu dem Gesellschaftsvermögen gehörige Forderung gegen einen Dritten von diesem ganz oder theilweise erhoben, so ist er das Erhobene nach Maßgabe des § 780 a Abs. 1 den übrigen Gesellschaftern insoweit zu erstatten verpflichtet, als der Dritte durch die Bezahlung an ihn von seiner Schuld befreit war." (§ 780 a ist oben S. 257 abgedruckt.) 24 Oben S. 70 f. abgedruckt. « Jakobs/Schubert, a.a.O., S. 947 f.
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| Prot 12949 DresdE Art 785
Planck (Nr 532, 4)
DresdE Art 786 | Prot 12950 Planck (Nr 532, 4)
§ § 7 0 9 - 713
DresdE Art 787
Planck (Nr 532, 4) I Prot 12951
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
der Anspruch auf die Gegenleistung reiche. Hieraus erhelle die Selbstverständlichkeit des Artikels, durch dessen Aufnahme ein wichtiges, das gesammte Vertragsrecht beherrschendes Prinzip nur verdunkelt werden könne. Die Aufnahme des Artikels sei auch noch aus einem anderen Grunde bedenklich. Nach dem erwähnten Prinzipe sei die Frage, um die es sich handele, so zu stellen : inwiefern anzunehmen sei, daß dem Gesellschafter für seine Bemühungen eine Vergütung im Gesellschaftsvertrage zugesichert sei. Auf diese Frage ertheile der Artikel 786 die Antwort: nur im Falle der besonderen Zusicherung könne eine Vergütung verlangt werden. Eine solche Bestimmung sei sichtbar mit der Gefahr verbunden, daß die Vergütung auch in solchen Fällen versagt werden würde, in welchen sie als stillschweigend vereinbart sich betrachten lasse, ζ. B. wenn ein Gesellschafter nicht vorherzusehende Dienste geleistet habe, die zu seinem Berufe gehören und vergolten zu werden pflegen. In Artikel 787 bestimmt der Entwurf: „Hat ein Gesellschafter zum gemeinsamen Vermögen gehöriges Geld unbefugt in seinen Nutzen verwendet oder das für die Gesellschaft eingenommene Geld nicht rechtzeitig abgeliefert, oder die Erhebung von Ausständen oder die verzinsliche Anlegung von Geldern vertragswidrig unterlassen, so finden die Vorschriften des Artikels 700 analoge Anwendung." Der Antrag auf Streichung des Artikels wurde ge-1 nehmigt. Man hielt ihn durch den zum Artikel 780 gefaßten Beschluß, nach welchem auch die §§ 443, 444 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 2426, 2427, 2434, 2435) 26 für entsprechend anwendbar erklärt werden sollen, für erledigt. Zur Sprache kam, daß der Artikel nach seiner Fassung auch den Fall treffe, wenn ein nicht zur Geschäftsführung befugter Gesellschafter in der darin angegebenen Weise verfahre. Man glaubte jedoch, daß die Ausdehnung nur auf Inkorrektheit beruhe, nicht beabsichtigt und jedenfalls ungerechtfertigt sei.
DresdE Art 788
Der Artikel 788 des Entwurfs lautet: „Hat ein Gesellschafter durch seine Verschuldung Schaden verursacht, so hat er Ersatz zu leisten, ohne daß er dagegen den Vortheil aufrechnen kann, welchen er den Gesellschaftern in anderen Fällen durch seine Sorgfalt verschafft hat. Planck Die Mehrheit genehmigte den Antrag auf Streichung des Artikels. (Nr 532, 4) Ihre Auffassung war: Es sei ein allgemeiner Grundsatz, daß derjenige, welcher eine ihm obliegende Verpflichtung verletzt habe und dadurch zum Schadensersatze verpflichtet worden sei, zur Ablehnung dieser Verpflichtung sich nicht darauf berufen dürfe, daß er andere, in demselben Rechtsverhältnisse sich gründende Verpflichtungen vollständig und mit bestem Erfolge erfüllt habe. Es sei nicht einzusehen, weshalb dieser Grundsatz für den Gesellschaftsvertrag besonders ausgesprochen zu werden verdiene. Durch eine derartige Bestimmung könnten nur Zweifel hinsichtlich der sonstigen Geltung des Grundsatzes angeregt und irrige Auffassungen über Bedeutung und Tragweite desselben gefördert werden. Von selbst verstehe es sich übrigens, daß, insofern es sich um Bemessung eines zu ersetzenden Schadens handele, der aus der I Prot 12952 | Pflichtverletzung entsprungene Vortheil auf die Ersatzsumme abzurechnen sei. Dies brauche nicht bestimmt zu werden, sei auch im Entwürfe nicht ausgedrückt.
DresdE Art 789
Der Artikel 789 des Entwurfs bestimmt: „Kann ein Gesellschafter, welcher aus dem Gesellschaftsverhältnisse gegen die 2« Oben S. 61 f., 65 f. 268
14. Titel: Gesellschaft
§§709-713
übrigen Gesellschafter einen Anspruch auf Ersatz hat, letzteren von dem einen oder dem anderen derselben wegen Zahlungsunfähigkeit nicht erhalten, so haben die übrigen Gesellschafter, mit Einschluß des Berechtigten, diese Einbuße nach Verhältniß ihrer Verlustantheile zu tragen. Hat einer von mehreren ersatzberechtigten Gesellschaftern von dem Verpflichteten Zahlung empfangen, während die anderen von dem Verpflichteten wegen dessen Zahlungsunfähigkeit Etwas nicht erlangen können, so ist er das Empfangene mit den anderen Berechtigten, nach Verhältniß ihrer Gewinnantheile, zu theilen verpflichtet". Planck Die Mehrheit genehmigte den Antrag auf Streichung des Artikels. (Nr 532, 4) Sie ging davon aus : Der Artikel greife den Bestimmungen darüber vor, inwiefern die Gesellschafter während der Dauer der Gesellschaft für die gemeinschaftlichen Schulden nach Quoten haften; er präjudizire ferner der Frage, ob ein Gesellschafter wegen seiner aus dem Gesellschaftsverhältnisse gegen die übrigen Gesellschafter erworbenen Ansprüche schon vor der Auseinandersetzung oder bevor eine Zeit gekommen sei, in welcher nach dem Gesellschaftsvertrage Gewinn und Verlust repartirt würden, Befriedigung verlangen könne. Indessen, werde auch hiervon abgesehen und werde davon ausgegangen, der Entwurf unterstelle einen Fall, in welchem das Recht des betreffenden Gesellschafters auf | quotenweise Befriedigung von Seiten der anderen I Prot I 2953 Gesellschafter feststehe, ζ. B. den Fall der nach Auflösung der Gesellschaft erfolgenden oder bereits erfolgten Auseinandersetzung, so enthalte er doch nur Selbstverständliches, indem er bloß die Konsequenz des Prinzips ziehe, daß ein Verlust, welchen ein Gesellschafter in Angelegenheiten der Gesellschaft und keineswegs bloß bei Gelegenheit der Erfüllung seiner gesellschaftlichen Verpflichtungen erleide, auch gemeinsam getragen werden müsse. Uebrigens müsse vorbehalten bleiben, auf dieses Prinzip und seine Konsequenzen bei Berathung der einschlagenden späteren Artikel zurückzukommen. II. 1. Die beschlossene Regelung lautet in der RedVorl: § 6 (Art. 779). Die Führung der Geschäfte der Gesellschaft (die Besorgung der RedVorl § 6 Angelegenheiten der Gesellschaft) steht (sofern nicht in dem Gesellschaftsvertrage ein Anderes bestimmt ist; sofern nicht der Gesellschaftsvertrag ein Anderes ergiebt; sofern nicht ein Anderes vereinbart ist), den Gesellschaftern dergestalt gemeinschaftlich zukommt, daß für jedes Geschäft die Einwilligung aller Gesellschafter erforderlich ist27. (NB. 1. Nach dem Beschlüsse würde einfach zu sagen sein: „Die Führung steht pp. sofern pp. allen Gesellschaftern nur gemeinschaftlich zu". Aber sollte diese Fassung bei der Wichtigkeit des fraglichen Prinzips nicht zu kurz sein? 2. Ist der Zwischensatz: „Sofern pp." nicht entbehrlich? Hier gewiß wegen der folgenden §§; zu vergleichen außerdem zum $ 24.) § 7 (Art. 781). Ist in dem Gesellschaftsvertrage bestimmt, daß bei der Geschäfts- RedVorl $ 7 führung (in Ansehung aller oder gewisser Angelegenheiten der Gesellschaft)28 die Mehrheit der Stimmen entscheiden soll, so ist im Zweifel die Mehrheit nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen.
27 28
In der ZustOR sind alle Klammern einschl. Text entfallen. In der ZustOR sind die Worte: „in Ansehung . . o h n e Klammern enthalten.
269
§§709-713
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
RedVorl S 8
§ 8 (Art 780). Ist in dem Gesellschaftsvertrage die Führung der Geschäfte einem oder mehreren Gesellschaftern übertragen, so schließen diese die übrigen Gesellschafter von der Geschäftsführung aus; (auf mehrere zu der letzteren berufene Gesellschafter finden die Bestimmungen der §§ 6 und 729 entsprechende Anwendung.)
RedVorl §9
S 9 (Art. 780). Wenn nach dem Gesellschaftsvertrage jeder Gesellschafter oder jeder von mehreren zur Geschäftsführung besonders berufenen Gesellschafter für sich allein zur Geschäftsführung berechtigt ist und einer der berechtigten Gesellschafter gegen die Vornahme einer Handlung Widerspruch erhebt, so muß die Vornahme unterbleiben.
RedVorl § 10
§ 10 (Art. 782). Die in dem Gesellschaftsvertrage einem Gesellschafter eingeräumte Befugniß zur Geschäftsführung kann ihm entzogen werden, wenn ein wichtiger, nach den Umständen des Falls, die Entziehung gerechtfertigender Grund vorliegt. Als ein wichtiger Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn der Gesellschafter sich einer groben Pflichtverletzung schuldig gemacht hat oder wenn er zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung unfähig geworden ist. Auf die Entziehung finden die Vorschriften der §§ 6 bis 9 Anwendung. Ein Gesellschafter, welcher im Gesellschaftsvertrage die Geschäftsführung übernommen hat, ist nicht berechtigt, sich derselben zu entziehen.
(NB. Sollte der Nachsatz nöthig sein?)
(NB. 1. Zu vergleichen §§ 421, 448, 495. 2. Das Recht der Entziehung steht im Regelfalle den übrigen Gesellschaftern nur gemeinschaftlich, wenn das Majoritätsprinzip eingeführt ist, der Mehrheit, wenn jeder Gesellschafter zur Geschäftsführung für sich allein berufen ist, jedem Gesellschafter zu; sind mehrere Gesellschafter zur Geschäftsführung berufen, andere ausgeschlossen, so gilt das Gleiche mit der Abweichung, daß die Ausgeschlossenen außer Betracht bleiben. So erhellt aus dem 2. Absatz. Vielleicht ist es aber vorzuziehen, diesen Absatz zu streichen, und dafür im 1. Absätze vor: „entzogen" im ersten Satze einzuschalten: „nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 6 bis 9". 3. Die Fassung des letzten Absatzes bezweckt die Vermeidung eines an die Vorschriften über den Auftrag erinnernden Ausdrucks.) RedVorl § 11
§ 11 (Art. 780). Auf die Rechte und Pflichten der im Gesellschaftsvertrage zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter finden die für den Auftragsvertrag geltenden Bestimmungen der §§ 436, 439 — 447 entsprechende Anwendung. 2. Fassung der Regelung in der ZustOR: Die §§ 5 1 9 - 5 2 2 entsprechen den § § 6 - 9 ZustOR (Art. 779, 781, 780).
ZustOR § 523
§ 523. Die in dem Gesellschaftsvertrage einem Gesellschafter eingeräumte Befugniß zur Geschäftsführung kann ihm durch einstimmigen Beschluß oder, sofern nach dem Gesellschaftsvertrage die Mehrheit der Stimmen entscheiden soll, durch Mehrheitsbeschluß der übrigen Gesellschafter entzogen werden, wenn ein wichtiger, nach den Umständen des Falls die Entziehung rechtfertigender Grund vorliegt. Als ein wichtiger Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn der Gesellschafter sich einer groben Pflichtverletzung schuldig gemacht hat, oder wenn er zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung unfähig geworden ist. Ein Gesellschafter, welcher im Gesellschaftsvertrage die Geschäftsführung übernommen hat, ist nicht berechtigt, sich derselben zu entziehen. 29
In der ZustOR sind die Klammern weggefallen. Statt der §§ 6, 7 sind die §§ 519, 520 zitiert.
270
14. Titel: Gesellschaft
§§709-713
S 524. Auf die Rechte und Pflichten der im Gesellschaftsvertrage zur Geschäfts- ZustOR § 524 führung berufenen Gesellschafter den übrigen Gesellschaftern gegenüber finden, vorbehaltlich der Vorschrift des §518, die für den Auftragsvertrag geltenden Bestimmungen der SS 436, 439 — 447 entsprechende Anwendung. III. 1. Im KE lauten die Bestimmungen : §627. Die Führung der Geschäfte der Gesellschaft steht den Gesellschaftern KE § 627 dergestalt gemeinschaftlich zu, daß für jedes Geschäft die Einwilligung aller Gesellschafter erforderlich ist. § 628. Ist in dem Gesellschaftsvertrage bestimmt, daß bei der Geschäftsführung KE S 628 in Ansehung aller oder gewisser Angelegenheiten der Gesellschaft die Mehrheit der Stimmen entscheiden soll, so ist die Mehrheit im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen. § 629. Ist in dem Gesellschaftsvertrage die Führung der Geschäfte einem oder KE § 629 mehreren Gesellschaftern übertragen, so schließen diese die übrigen Gesellschafter von der Geschäftsführung aus; auf mehrere zu der letzteren berufene Gesellschafter finden die Bestimmungen der S S 627, 628 entsprechende Anwendung. § 630. Wenn nach dem Gesellschaftsvertrage jeder Gesellschafter oder jeder von KE § 630 mehreren zur Geschäftsführung besonders berufenen Gesellschaftern für sich allein zur Geschäftsführung berechtigt ist und einer der berechtigten Gesellschafter gegen die Vornahme einer Handlung Widerspruch erhebt, so muß die Vornahme unterbleiben. § 631. Die in dem Gesellschaftsvertrage einem Gesellschafter eingeräumte Be- KE § 631 fugniß zur Geschäftsführung kann ihm durch einstimmigen Beschluß oder, sofern nach dem Gesellschaftsvertrage die Mehrheit der Stimmen entscheiden soll, durch Mehrheitsbeschluß der übrigen Gesellschafter entzogen werden, wenn ein wichtiger, nach den Umständen des Falles die Entziehung rechtfertigender Grund vorliegt. Als ein wichtiger Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn der Gesellschafter sich einer groben Pflichtverletzung schuldig gemacht hat, oder wenn er zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung unfähig geworden ist. Ein Gesellschafter, welcher im Gesellschaftsvertrage die Geschäftsführung übernommen hat, ist nicht berechtigt, sich derselben zu entziehen. § 632. Auf die Rechte und Pflichten der im Gesellschaftsvertrage zur Geschäfts- KE § 632 führung berufenen Gesellschafter den übrigen Gesellschaftern gegenüber finden, vorbehaltlich der Vorschrift des § 626, die für den Auftragsvertrag geltenden Bestimmungen der SS 578, 581 bis 589 entsprechende Anwendung. 2. Auf Antrag von Gebhard (Nr. 148 III der Anträge zum Allg. Teil) wurde beschlossen, in §627 KE statt „die Einwilligung" zu sagen: „die Zustimmung" (Prot. I, S. 6154, 6164). 3. Zu § 631 KE lag der Antrag von Kurlbaum (Nr. 624, 2 a) vor : a) S 631 Abs. 1 Satz 2 und § 641 Abs. 2 Satz 2 zu fassen: „Ein solcher Grund ist als vorliegend insbesondere anzunehmen, wenn . . . " (Wegen „ein solcher" zu vergi. Prot. S. 298130, wo sich ergiebt, daß in den angegebenen Fällen die Kündigung stets erfolgen dürfe). (Zu S 184731 wird ein weitergehender Antrag vorbehalten). 30 Unten S. 308. 31 Vgl. § 2227 BGB. 271
§§709-713
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Der Antrag wurde genehmigt (Prot. I S. 11836). 4. Ferner lag der Antrag von Kurlbaum (Nr. 188, 3 zum Allg. T.) vor, im § 632 die Worte: „für den Auftrag geltenden" zu streichen (vergi. §§ 1251, 1296, 1660, 1859, 1860). Der Antrag wurde gebilligt (Prot. I, S. 11620). IV. Fassung der Regelung im E I : § 634 entspricht § 628 KE. $ 635 entspricht $ 628 KE. S 636 entspricht § 629 KE. § 637 entspricht § 630 KE. EI §638
§ 638: Die in dem Gesellschaftsvertrage einem Gesellschafter eingeräumte Befugniß zur Geschäftsführung kann ihm durch einstimmigen Beschluß oder, sofern nach dem Gesellschaftsvertrage die Mehrheit der Stimmen entscheiden soll, durch Mehrheitsbeschluß der übrigen Gesellschafter entzogen werden, wenn ein wichtiger, nach den Umständen des Falles die Entziehung rechtfertigender Grund vorliegt. Ein solcher Grund ist als vorliegend insbesondere anzunehmen, wenn der Gesellschafter sich einer groben Pflichtverletzung schuldig gemacht hat, oder wenn er zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung unfähig geworden ist. Ein Gesellschafter, welcher im Gesellschaftsvertrage die Geschäftsführung übernommen hat, ist nicht berechtigt, sich derselben zu entziehen.
EI § 639
§ 639: Auf die Rechte und Pflichten der im Gesellschaftsvertrage zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter gegenüber den übrigen Gesellschaftern finden, vorbehaltlich der Vorschrift des § 633, die Vorschriften der §§ 585, 588 bis 596 entsprechende Anwendung.
B. In der Kommission des Reichsjustizamts wurden die §§ 634 ff. E I nicht beraten.
C. 2. Kommission. I. Anträge zu den §§634ff. EI (Prot. II, Bd. 2, S. 420ff.; Mugdan, Bd. 2, S. 985 f.). Struckmann a) Gegen den Inhalt der §§ 634 bis 637 des Entw. wurde nichts erinnert. Folgen(Nr 211,6 — 8) de Fassung war vorgeschlagen : § 635. In dem Gesellschaftsvertrage kann bestimmt werden, daß in allen oder in gewissen Angelegenheiten die Mehrheit der Stimmen entscheide. In einem solchen Falle ist die Mehrheit im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen. § 636. In dem Gesellschaftsvertrage kann die Führung der Geschäfte einem Gesellschafter oder mehreren Gesellschaftern ausschließlich übertragen werden. Für das Zusammenwirken dieser Gesellschafter finden die Vorschriften der §§ 634, 635 entsprechende Awendung. S 637. In dem Gesellschaftsvertrage kann bestimmt werden, daß jeder Gesellschafter oder jeder von mehreren zur Geschäftsführung berufenen Gesellschaftern für sich allein zu handeln berechtigt sei. Die Vornahme einer Handlung muß jedoch 272
14. Titel: Gesellschaft
§§709-713
unterbleiben, wenn einer der zum Handeln berechtigten Gesellschafter dagegen Widerspruch erhebt. Diese Vorschläge wurden der RedKom überwiesen. b) Zu § 638 war beantragt: 1. die Bestimmungen des Entw. wie folgt zu gestalten: Struckmann Einem durch den Gesellschaf tsvertrag zur Geschäftsführung berufenen Gesell- (Nr 211,9) schafter kann durch einstimmigen Beschluß oder, soweit der § 635 Anwendung findet, durch Mehrheitsbeschluß der übrigen Gesellschafter die Berechtigung zur Geschäftsführung entzogen werden, wenn ein wichtiger, die Entziehung rechtfertigender Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung. Ein Gesellschafter, der im Gesellschaftsvertrage die Geschäftsführung übernommen hat, ist nicht berechtigt, sich der Geschäftsführung einseitig zu entziehen. 2. dem Abs. 2 die Fassung zu geben: Jacubezky Ein Gesellschafter, welcher im Gesellschaftsvertrage die Geschäftsführung über- (Nr 215, 6) nommen hat, ist berechtigt, die Uebernahme derselben zu kündigen, wenn ein wichtiger, nach den Umständen des Falles die Kündigung rechtfertigender Grund vorliegt. Der Abs. 1 des § 638, mit dem der Antrag 1 Abs. 1 sich sachlich deckt, fand Annahme; der Abs. 2 wurde durch die unter 2 vorgeschlagene Fassung ersetzt. c) Zu § 639 war beantragt: 1. die Vorschrift des Entw. zu fassen : Struckmann Im Uebrigen bestimmen sich die Rechte und Pflichten eines im Gesellschaftsver- (Nr 211,10) trage zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafters gegenüber den übrigen Gesellschaftern in Ermangelung abweichender Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags nach den für den Auftrag geltenden Vorschriften. 2. folgende Fassung zu beschließen : Jacubezky Auf die Rechte und Pflichten der im Gesellschaftsvertrage zur Geschäftsführung (Nr 215, 7) berufenen Gesellschafter gegenüber den übrigen Gesellschaften finden, soweit der Gesellschaftsvertrag nicht anders bestimmt, die Vorschriften der §§ 588 bis 595 entsprechende Anwendung. Hat ein im Gesellschaftsvertrage zur Geschäftsführung berufener Gesellschafter aus einer Gefahr, welche von der ihm obliegenden Geschäftsführung unzertrennlich ist, einen Verlust erlitten, so ist ihm für denselben in gleicher Weise wie für die zur Geschäftsführung erforderlichen Aufwendungen Ersatz zu leisten. Der § 639 fand die Billigung der Kom.; der Antrag 1 und der Abs. 1 des Antrags 2 wurden der RedKom. überwiesen. Der Abs. 2 des Antrags 2 wurde abgelehnt. II. In der VorlZustlautet die beschlossene Regelung: § 634. Die Führung der Geschäfte der Gesellschaft steht den Gesellschaftern dergestalt gemeinschaftlich zu, daß für jedes Geschäft die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich ist. § 635. Ist in dem Gesellschaftsvertrage bestimmt, daß bei der Geschäftsführung in Ansehung aller oder gewisser Angelegenheiten der Gesellschaft die Mehrheit der Stimmen entscheiden soll, so ist die Mehrheit im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen. 273
E I-VorlZust S634 EI-VorlZust § 635
§ § 7 0 9 - 713
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
E I-VorlZust § 636. Ist in dem Gesellschaftsvertrage die Führung der Geschäfte einem oder S 636 mehreren Gesellschaftern übertragen, so schließen diese die übrigen Gesellschafter von der Geschäftsführung aus; auf mehrere zu der Geschäftsführung berufene Gesellschafter finden die Vorschriften der §§ 634, 635 entsprechende Anwendung. E I-VorlZust § 637. Ist in dem Gesellschaftsvertrage bestimmt, daß jeder Gesellschafter oder S 637 jeder von mehreren zur Geschäftsführung berufenen Gesellschaftern für sich allein zu handeln berechtigt sei, so muß die Vornahme einer Handlung gleichwohl unterbleiben, wenn einer der zum Handeln berechtigten Gesellschafter gegen die Vornahme Widerspruch erhebt. E I-VorlZust § 638. Die einem Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag eingeräumte Be§ 638 fugniß zur Geschäftsführung kann demselben durch einstimmigen Beschluß oder, sofern nach dem Gesellschaftsvertrage die Mehrheit der Stimmen entscheiden soll, durch Mehrheitsbeschluß der übrigen Gesellschafter entzogen werden, wenn ein wichtiger, die Entziehung rechtfertigender Grund vorliegt. Ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung von Seiten des Gesellschafters oder Unfähigkeit desselben zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung. Ein Gesellschafter, welcher im Gesellschaftsvertrage die Geschäftsführung übernommen hat, ist berechtigt, die Uebernahme derselben zu kündigen, wenn ein wichtiger, nach den Umständen des Falles die Kündigung rechtfertigender Grund vorliegt. Die für den Auftrag geltenden Vorschriften des § 597 Abs. 2, 3 finden entsprechende Anwendung. E I-VorlZust § 639. Auf die Rechte und Pflichten der zur Geschäftsführung berufenen Gesell§ 639 schafter gegenüber den übrigen Gesellschaftern finden, soweit sich aus dem Gesellschaftsverhältniß nicht ein Anderes ergiebt, die für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 588 bis 595 entsprechende Anwendung. III. Wortlaut der Regelung in der ZustRedKom: E I-ZustRedKom § 634 (634, 635). Die Führung der Geschäfte der Gesellschaft steht den Gesell§ 634 schaftern dergestalt gemeinschaftlich zu, daß für jedes Geschäft die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich ist. Hat nach dem Gesellschaftsvertrage die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden, so ist die Mehrheit im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen. E I-ZustRedKom § 636. Ist in dem Gesellschaftsvertrage die Führung der Geschäfte einem Gesell§ 636 schäfter oder mehreren Gesellschaftern übertragen, so sind die übrigen Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Ist die Geschäftsführung mehreren Gesellschaftern übertragen, so finden die Vorschriften des § 634 entsprechende Anwendung. E I-ZustRedKom § 637. Steht nach dem Gesellschaftsvertrage die Führung der Geschäfte allen § 637 oder mehreren Gesellschaftern in der Art zu, daß jeder allein zu handeln berechtigt ist, so kann jeder von ihnen der Vornahme eines Geschäfts durch den anderen widersprechen. Im Falle des Widerspruchs muß das Geschäft unterbleiben. E I-ZustRedKom § 638. Die einem Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag übertragene Be§638 fugniß zur Geschäftsführung kann ihm durch einstimmigen Beschluß oder, sofern nach dem Gesellschaftsvertrage die Mehrheit der Stimmen entscheidet, durch Mehrheitsbeschluß der übrigen Gesellschafter entzogen werden, wenn ein wichtiger, die Entziehung rechtfertigender Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung. 274
14. Titel: Gesellschaft
§§714-715
Der Gesellschafter kann auch seinerseits die Geschäftsführung kündigen, wenn ein wichtiger, die Kündigung rechtfertigender Grund vorliegt; die für den Auftrag geltenden Vorschriften des § 597 Abs. 2, 3 finden entsprechende Anwendung. § 639. Auf die Rechte und Pflichten der geschäftsführenden Gesellschafter fin- E I-ZustRedKom den die für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 588 bis 595 entsprechende S 639 Anwendung, soweit sich aus dem Gesellschaftsverhältnisse nicht ein Anderes ergiebt. IV. Die §§ 6 4 9 - 6 5 1 E II lauten wie die §§ 634, 636 und 637 E I-ZustRedKom. § 652. Die einem Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag übertragene Be- E II § 652 fugniß zur Geschäftsführung kann ihm durch einstimmigen Beschluß oder, sofern nach dem Gesellschaftsvertrage die Mehrheit der Stimmen entscheidet, durch Mehrheitsbeschluß der übrigen Gesellschafter entzogen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung. Der Gesellschafter kann auch seinerseits die Geschäftsführung kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; die für den Auftrag geltenden Vorschriften des § 602 Abs. 2, 3 finden entsprechende Anwendung. § 653. Die Rechte und Verpflichtungen der geschäftsführenden Gesellschafter E II § 653 bestimmen sich nach den für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 595 bis 601, soweit sich nicht aus dem Gesellschaftsverhältniß ein Anderes ergiebt. V. Die Fassung der §§ 696 ff. E II rev. (E III) entspricht der der §§ 709 ff. BGB.
§714 Soweit einem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrage die Befugniß zur Geschäftsführung zusteht, ist er im Zweifel auch ermächtigt, die anderen Gesellschafter Dritten gegenüber zu vertreten.
§ 715 Ist im Gesellschaftsvertrag ein Gesellschafter ermächtigt, die anderen Gesellschafter Dritten gegenüber zu vertreten, so kann die Vertretungsmacht nur nach Maßgabe des § 712 Abs. 1 und, wenn sie in Verbindung mit der Befugniß zur Geschäftsführung ertheilt worden ist, nur mit dieser entzogen werden.
A. 1. Kommission I. 268. Sitzung vom 5. 12. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend von Kübel I Zu Artikel 794 des Entwurfs : | Prot 12967 „Aus Geschäften eines Gesellschafters mit einem Dritten werden die übrigen Ge- DresdE Art 794 275
§§714-715
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
seilschafter einem Dritten gegenüber nur unter den Voraussetzungen der Artikel 84, 88 und 90 1 berechtigt und verpflichtet". war beantragt, Planck (Nr 536)
1. den Artikel, wie folgt, zu fassen: „Soweit ein Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrage zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft berechtigt ist, ist er im Zweifel auch als zur Vertretung der übrigen Gesellschafter ermächtigt anzusehen. Eine solche Ermächtigung kann nur nach Maßgabe des Artikels 782 widerrufen werden".
Weber I Prot I 2968 Kurlbaum
2. in dem Antrage Ν 2 1 im ersten Absätze die | Worte: „im Zweifel" zu streichen. 3. an Stelle des zweiten Absatzes des Antrages Ν 2 1 zu bestimmen: „Eine solche Ermächtigung kann nur zusammen mit der Befugniß zur Geschäftsführung entzogen werden". Die Mehrheit entschied für Nichtaufnahme der in dem Artikel 794 enthaltenen Bestimmung, für Aufnahme der Bestimmung Absatz 1 des Antrags N2 1 unter Ablehnung des Antrags N 2 2, für Aufnahme der im Antrage N 2 3 vorgeschlagenen Bestimmung. Man war der Ansicht: Ob und inwiefern die Gesellschafter durch Rechtsgeschäfte einem Dritten gegenüber verpflichtet und berechtigt würden, bestimme sich ausschließlich nach den allgemeinen Grundsätzen. Die Verpflichtung betreffend, so könne hieran um so weniger gezweifelt werden, als nach den zum Artikel 779 gefaßten Beschlüssen 1
Diese Bestimmungen des Dresd. E. lauten: Art. 84: Willenserklärungen eines Stellvertreters, welcher sich als solcher zu erkennen gegeben hat, gelten, sofern er innerhalb der Grenzen seiner Befugnisse gehandelt, so, als ob sie von dem Vertretenen abgegeben worden wären. Ebenso gelten Willenserklärungen, welche von Anderen dem Stellvertreter als solchem gegenüber abgegeben worden sind, so als ob sie dem Vertretenen gegenüber abgegeben worden wären. Aus einem Vertrage, welcher durch solche Willenserklärungen geschlossen wird, entsteht ein unmittelbares Schuldverhältniß zwischen dem Vertretenen und dem anderen Vertragschließenden. Dies gilt, ohne Unterschied ob der Stellvertreter sich ausdrücklich als solcher zu erkennen gegeben hat, oder ob aus den Umständen erhellt, daß der Vertrag nach dem Willen der Vertragschließenden für den Vertretenen geschlossen werden sollte. Art. SS: Hat Derjenige, welcher als Stellvertreter auf den Namen eines Anderen den Vertrag geschlossen hat, die Eigenschaft eines Stellvertreters nicht gehabt, oder gegen seine Befugnisse oder mit Ueberschreitung derselben gehandelt, so wird der Vertretene nur im Falle der Genehmigung des Vertrages, in diesem Falle aber so verpflichtet, als ob er selbst den Vertrag geschlossen hätte. — Eine theilweise Genehmigung eines geschlossenen Vertrages kann nur mit Einwilligung der Betheiligten wirksam geschehen; erfolgt diese Einwilligung, so gilt dies als Schließung eines neuen Vertrages. Art. 90: Verträge, welche ein Stellvertreter für den Vertretenen, jedoch auf eigenen Namen, schließt, begründen an sich nur Forderungen für und gegen seine Person und es hat sich der Dritte, mit welchem der Vertrag geschlossen worden ist, den Eintritt des Vertretenen in das zwischen ihm und dem Stellvertreter bestehende Schuldverhältniß nur nach den über die Veräußerung von Forderungen und über die Schuldübernahme geltenden Vorschriften gefallen zu lassen. — Hat ein Stellvertreter eine Forderung zwar auf eigenen Namen, jedoch in der Absicht erworben, daß sie dem Vertretenen gehören solle, so geht die Forderung auf den Letzteren über. Dasselbe gilt von Forderungen, welche ein Stellvertreter mit den Mitteln des Vertretenen für diesen erwerben sollte, aber auf eigenen Namen erworben hat.
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14. Titel: Gesellschaft
§§714-715
(Protokolle S. 2922 — 2925) 2 zu jedem einzelnen, die Gesellschaftsangelegenheiten betreffenden Geschäfte die Einwilligung aller Gesellschafter erforderlich sei. Die Berechtigung anlangend, so erledige sich jeder Zweifel durch den aus den §§ 88, 96 der Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 221 —223, 242 — 248, 258) 3 ersichtlichen Grundsatz, daß aus einem Rechtsgeschäfte nur derjenige berechtigt werde, in dessen Namen es geschlossen sei. Hieraus erhelle die Entbehrlichkeit der in Artikel 794 sich findenden Vorschrift, gegen die außerdem zu errinnern sei, daß die darin enthaltene Verweisung sichtbar unvollständig sei, wie sich schon aus den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag ergebe, während die Bezugnahme auf den Arti- | kel 90 4 , weil eine entspre- | Prot I 2969 chende Vorschrift nicht beschlossen worden, sich von selbst erledige. Sei ein oder seien mehrere Gesellschafter im Gesellschaftsvertrage zur Geschäftsführung berufen, so erhebe sich die Frage, ob und inwiefern in der Ertheilung einer solchen Befugniß zugleich eine Vollmacht im Sinne des § 90 der Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 224 — 226) zu finden sei. So richtig die Antwort sei, die Entscheidung hänge von der Auslegung des Vertrags ab, so empfehle sich doch die Auslegungsregel, im Zweifel sei die fragliche Vollmachtsertheilung als gewollt anzunehmen. Denn bei Verneinung der Bevollmächtigung würden der ober die zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter bei Besorgung der Angelegenheiten der Gesellschaft alle Rechtsgeschäfte im eigenen N a m e n abzuschließen genöthigt sein, hieraus aber — im Widersprüche mit der regelmäßigen Parteiintention — mancherlei Weiterungen, Verwickelungen, unter Umständen auch erhebliche Nachtheile f ü r den mit der Geschäftsführung beauftragten Gesellschafter entstehen. Dieser Grund erscheine so gewichtvoll, daß es anscheinend sogar gerechtfertigt sei, über eine einfache Auslegungsregel hinauszugehen und eine lex dispositiva zu wählen. Indessen eine lex dispositiva könnte zu der Auslegung verleiten, die Vereinbarung des Gegentheils sei ausgeschlossen; sie würde, um jeder Mißdeutung vorzubeugen, den Zusatz erhalten müssen: „so weit nicht ein anderer Wille aus dem Vertrage erhelle", durch welchen Zusatz die V o r schrift im Grunde doch nur die Bedeutung einer einfachen Auslegungsregel erhielte. Nicht ohne Zweifel sei, ob die Vollmacht, wenn sie anzunehmen sei, dem freien Widerrufe unterliege (§91 der ge- | dachten Zusammenstellung, Protokolle S. 228 — | Prot I 2970 230, 249 — 252) oder ob sie nur unter den zum Artikel 782 beschlossenen Voraussetzungen 5 widerrufen werden könne. Für die erste Alternative lasse sich aufstellen: es stehe eine wirkliche und wahre Vollmacht im Sinne des § 90 a.a.O. in Frage und die unbeschränkte Widerruflichkeit einer solchen Vollmacht beruhe nach § 91 a.a.O. auf einer lex absoluta. Dagegen sei aber zu erwägen, daß bei Zulassung des freien Widerrufs durch dessen Ausübung die Rechtsstellung des geschäftsführenden Gesellschafters zu seinem Nachtheil eine wesentliche und nicht zu gestattende Aenderung erleiden würde. Zu der unerläßlichen Beseitigung dieses Uebelstandes bleibe nichts übrig, als die Entziehung der Vollmacht nur unter denselben Voraussetzungen wie die der Befugniß zur Geschäftsführung zuzulassen, insofern also die V o r schrift im zweiten Absätze des § 91 a.a.O. f ü r einen speziellen Fall einer an sich nicht besonders bedenklichen Modifikation zu unterwerfen, ferner zur Abwendung der Möglichkeit, daß nur die Vollmacht oder nur die Befugniß zur Geschäftsfüh2 Vgl. Quellen zu den SS 709 ff. BGB. 3 Vgl. die Quellen zu den §§ 164 ff. BGB. * Oben S. 256, Fn. 1. 5 Vgl. oben S. 263f.; Prot. I, 2942
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§§ 7 1 4 - 7 1 5
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
rung entzogen werde, (woraus sich gleichfalls ein mit dem Vertragsinhalte nicht in Einklang zu bringender, die Rechtsstellung der Betheiligten in unzulässiger Weise wesentlich ändernder Erfolg ergeben würde,) die Entziehung der Vollmacht nur zusammen mit der Entziehung der Befugniß zur Geschäftsführung zu gestatten. Da übrigens in der That eine wirkliche Vollmacht in Frage stehe, so verstehe sich die Anwendbarkeit der §§92 — 95 der gedachten Zusammenstellung (Protokolle S. 230 — 240) von selbst. Uebersehen dürfe nur nicht werden, daß es im Falle der schriftliI Prot 12971 chen Errichtung des Gesellschaftsvertrags eine thatsächliche Frage bleibe, ob | in der Vertragsurkunde eine Vollmachtsurkunde im Sinne des zweiten Absatzes des § 92 a.a.O. (Protokolle S. 236 — 239) enthalten sei. Bei der Redaktion werde zu prüfen sein, ob nicht im Absätze 1 des Antrags N2 1 für: „ermächtigt" das Wort: „bevollmächtigt" zu wählen sei. Der Entwurf bestimmt in Art. 795 : DresdE Axt 795 „Haben die Gesellschafter gemeinschaftlich, sei es in Person oder durch Stellvertreter, Geschäfte mit einem Dritten geschlossen, so werden sie diesem gegenüber im Zweifel nach gleichen Antheilen berechtigt und verpflichtet." Der Art. 795 wurde genehmigt. Erwogen war: Der Art. 795 bestimme, in welcher Weise und in welchem Umfange der einzelne Gesellschafter aus einem mit einem Dritten für alle Gesellschafter wirksam abgeschlossenen Geschäfte berechtigt und verpflichtet werde. In dieser Beziehung sei zwischen Berechtigung und Verpflichtung zu unterscheiden. In Ansehung der Verpflichtung ließen sich namentlich in Rücksicht auf die Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs einige Gründe für die Aufstellung der Regel geltend machen : die Gesellschafter haften als Gesammtschuldner. Allein eine solche Regel sei für die nicht nach Handelsrecht zu beurtheilende beziehungsweise auch nicht unter den Art. 810 des Entwurfs fallende Gesellschaft bedenklich; sie würde eine schwer zu rechtfertigende Abweichung von dem Prinzipe des § 10 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 493, 495, 499) enthalten und mit diesem sich kaum vertragen. Das erwähnte Prinzip erheische, mit dem Entwürfe I Prot 12972 zu bestimmen, die Gesellschafter würden im Zweifel dem | Dritten zu gleichen Antheilen verpflichtet. Namentlich sei davon abzusehen, den Antheil am Gewinn und Verlust als Maßstab für die Theilhaftung zu wählen. Die Rechte des Dritten, auch wenn er wisse oder ihm bekannt gewesen sei, daß die Gesellschafter als solche oder zur Erreichung des Gesellschaftszwecks gehandelt hätten, dürften nicht nach dem ihm fremden Gesellschaftsverhältnisse bemessen werden. Solle das letztere Berücksichtigung finden und nach ihm die Haftung der einzelnen Gesellschafter sich regeln, so liege diesen ob, eine desfallsige Vereinbarung mit dem Dritten herbeizuführen. Sei dies nicht oder nicht in genügender, einen Zweifel ausschließender Weise geschehen, so müsse die Regel der Haftung nach gleichen Antheilen ihre Geltung behaupten. Die Bestimmung des Entwurfs sei außerdem geeignet, manchen Streitigkeiten vorzubeugen und daher auch aus praktischen Rücksichten zu bevorzugen. In Betreff der Berechtigung rechtfertige das Prinzip des § 10 der gedachten Zusammenstellung ohne Weiteres die Auslegungsregel des Entwurfs: im Zweifel sei Berechtigung zu gleichen Antheilen anzunehmen, so zwar, daß auch nach der Berechtigungsseite das innere Gesellschaftsverhältniß aus gleichen Gründen wie hinsichtlich der Verpflichtung — in Ermangelung einer entgegenstehenden Vereinbarung — keine Berücksichtigung finden dürfe. Die betreffende Vorschrift werde übrigens durch den zum Artikel 791 über die den einzelnen Gesellschaftern an den gemeinschaftlichen Gegenständen zustehen278
14. Titel: Gesellschaft
§§714-715
den Antheile gefaßten Beschluß (Protokolle Seite 2963)6 nicht entbehrlich: Die vorliegende Bestimmung beziehe sich speziell auf die durch ein Rechtsgeschäft mit einem Dritten gemeinschaftlich gewordenen Ansprüche und bringe zum Ausdruck, | | Prot 12973 daß diese Ansprüche den Gesellschaftern zu gleichen Antheilen zuständen, sofern nicht aus dem mit dem Dritten abgeschlossenen Rechtsgeschäfte sich ein Anderes ergebe, sollte auch nach dem inneren Gesellschaftsverhältnisse ein anderer Vertheilungsmaßstab sich rechtfertigen. b. Zu dem von der 2. Kommission gestrichenen § 641 E I (§ 16 RedVorl) siehe die Quellen zu den §§ 706f., 717ff. BGB (Prot. I., S. 2902-2908, 2956f., 2963). II. 1. Die beschlossene Regelung lautet in der RedVorl: § 12 (Art. 794). Soweit einem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrage die RedVorl § 12 Befugniß zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft zusteht, ist er im Zweifel auch als bevollmächtigt zur Vertretung der übrigen Gesellschafter anzusehen. Die einem Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag erteilte Vollmacht kann nur, sofern die Entziehung der Befugniß zur Geschäftsführung gerechtfertigt sein würde, und wenn sie in Verbindung mit einer solchen Befugniß ertheilt war, nur zusammen (zugleich) mit der letzteren widerrufen werden. (NB. 1. Die Fassung des zweiten Absatzes muß ergeben, daß er auch dann gilt, wenn der Gesellschaftsvertrag eine ausdrückliche Bevollmächtigung enthält, daß ferner, wenn nur Vollmacht, nicht auch die Befugniß zur Geschäftsführung ertheilt ist, der freie Widerruf der Vollmacht nicht zulässig ist. 2. Da eine wirkliche Vollmacht vorliegt, so scheint das Wort: „widerrufen" richtig zu sein.) S 13 (Art. 795). Ist von den Gesellschaftern (gemeinschaftlich) sei es in Person, RedVorl § 13 sei es durch Stellvertreter, mit einem Dritten ein Geschäft geschlossen, so werden sie dem Dritten gegenüber im Zweifel zu gleichen Antheilen berechtigt und verpflichtet. (NB. Ist das Wort: „Gemeinschaftlich" nöthig? es stört, weil es einen Doppelsinn hervorruft.) § 16. Alles, was die Gesellschafter durch Leistung der Beiträge oder durch Füh- RedVorl § 16 rung der Geschäfte der Gesellschafter erwerben, wird allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zukommen. Im Zweifel ist anzunehmen, daß den Gesellschaftern an den gemeinschaftlich gewordenen Gegenständen ein gleicher Antheil zusteht. Als zur Geschäftsführung berufener Gesellschafter hat dasjenige, was er bei der Geschäftsführung im eigenen Namen erwirbt, den übrigen Gesellschaftern dergestalt zu übertragen, daß es allen Gesellschaftern gemeinschaftlich wird. (NB. Im Eingang wird der Zusatz: „Zur Geschäftsführung berufener" richtig sein.) 2. Fassung der Regelung in der
ZustOR:
§ 525. Soweit einem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrage die Befugniß ZustOR § 525 zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft zusteht, ist er im Zweifel auch als bevollmächtigt zur Vertretung der übrigen Gesellschafter anzusehen. Diese Vollmacht kann nur dann, wenn die Entziehung der Befugniß zur Geschäftsführung gerechtfertigt sein würde, und, sofern sie in Verbindung mit einer solchen Befugnis ertheilt war, nur zusammen mit der letzteren widerrufen werden. i Vgl. unten S. 290 f.
279
§§714-715
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
ZustOR § 526
§ 526. Dasjenige, was ein zur Vertretung bevollmächtigter Gesellschafter aus der Führung der Geschäfte der Gesellschaft erwirbt, wird den Gesellschaftern nach Maßgabe des § 516 gemeinschaftlich. Dasjenige, was er aus der Geschäftsführung im eigenen Namen erwirbt, hat er den übrigen Gesellschaftern dergestalt zu übertragen, daß es allen Gesellschaftern gemeinschaftlich wird.
ZustOR § 527
§ 527. Ist von den Gesellschaftern, sei es in Person, sei es durch Stellvertreter, mit einem Dritten ein Geschäft geschlossen, so werden sie dem Dritten gegenüber im Zweifel zu gleichen Antheilen berechtigt und verpflichtet. 3. Der Antrag von Kurlbaum (Nr. 568, 36), in § 525 Abs. 2 ZustOR die Worte: „sofern... ertheilt war" zu streichen (Prot. I, 3283), wurde abgelehnt (Prot. I, 3289 f.). 4. Ebenfalls auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 III) wurde beschlossen, in § 527 ZustOR (§ 635 KE, 1. Fassung) statt „Stellvertreter" zu sagen: „Vertreter" (Prot. I, S. 3551, 3559). III. 1. Im KE lauten die Vorschriften:
KE $ 633
§ 633: Soweit einem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrage die Befugniß zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft zusteht, ist er im Zweifel auch als bevollmächtigt zur Vertretung der übrigen Gesellschafter anzusehen. Diese Vollmacht kann nur dann, wenn die Entziehung der Befugniß zur Geschäftsführung gerechtfertigt sein würde, und, sofern sie in Verbindung mit einer solchen Befugniß ertheilt war, nur zusammen mit der letzteren widerrufen werden.
KE § 634
§ 634: Dasjenige, was ein zur Vertretung bevollmächtigter Gesellschafter aus der Führung der Geschäfte der Gesellschaft erwirbt, wird den Gesellschaftern nach Maßgabe des § 624 gemeinschaftlich. Dasjenige, was er aus der Geschäftsführung in eigenem Namen erwirbt, hat er den übrigen Gesellschaftern dergestalt zu übertragen, daß es allen Gesellschaftern gemeinschaftlich wird. § 635: Ist von den Gesellschaftern, sei es in Person, sei es durch Vertreter, mit einem Dritten ein Geschäft geschlossen, so werden sie dem Dritten gegenüber im Zweifel zu gleichen Antheilen berechtigt und verpflichtet.
KE S 635
2. Zu § 633 KE lag der Antrag vor (Prot. I S. 11832) :
Kurlbaum §633 Abs. 2 zu fassen: „Die im Gesellschaftsvertrage einem Gesellschafter er(Nr 601, 7) theilte Vollmacht zur Vertretung der übrigen Gesellschafter kann pp." mit dem Zusätze am Schluß : „Die Vorschriften des § 631 finden entsprechende Anwendung". (Es ist nicht jede Vollmacht, ζ. B. nicht die von dem geschäftsführenden Mitgliede ertheilte, gemeint und doch auch eine andere als die im Abs. 1 bezeichnete. Die Art der Entziehung darf nur dieselbe sein, wie im § 631). Der Antrag wurde genehmigt. 3. Antrag von Gebhard (Nr. 613, 2) zu % 635 KE: statt „ein Geschäft" zu setzen „ein Rechtsgeschäft". (Über Bedeutung des Wortes „Geschäft" vergi. Prot. S. 2388, 23897; - darüber, daß es sich im § 635 speziell um Rechtsgeschäfte handelt Prot. S. 2972, 29738). — Der Antrag wurde genehmigt. 7 S. 32 f. s S. 278 f. 280
14.Titel: Gesellschaft
§§714-715
IV. Fassung der Bestimmungen im E I : § 640: Soweit einem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrage die Befugniß EI § 640 zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft zusteht, ist er im Zweifel auch als bevollmächtigt zur Vertretung der übrigen Gesellschafter anzusehen. Die im Gesellschaftsvertrage einem Gesellschafter ertheilte Vollmacht zur Vertretung der übrigen Gesellschafter kann nur dann, wenn die Entziehung der Befugniß zur Geschäftsführung gerechtfertigt sein würde, und, sofern sie in Verbindung mit einer solchen Befugniß ertheilt war, nur zusammen mit der letzteren widerrufen werden. Die Vorschriften des § 638 finden entsprechende Anwendung. §641: Dasjenige, was ein zur Vertretung bevollmächtigter Gesellschafter aus EI §641 der Führung der Geschäfte der Gesellschaft erwirbt, wird den Gesellschaftern nach Maßgabe des § 631 gemeinschaftlich. Dasjenige, was er aus der Geschäftsführung in eigenem Namen erwirbt, hat er den übrigen Gesellschaftern dergestalt zu übertragen, daß es allen Gesellschaftern gemeinschaftlich wird. § 642: Ist von den Gesellschaftern, sei es in Person, sei es durch Vertreter, mit EI S 642 einem Dritten ein Rechtsgeschäft geschlossen, so werden sie gegenüber dem Dritten im Zweifel zu gleichen Antheilen berechtigt und verpflichtet.
B. Eine Beratung der §§ 640 ff. E I hat in der Vorkommission des Reichsjustizamtes nicht statt gefunden.
C. 2. Kommission I. Anträge (Prot. II, Bd. 2, S. 424: Mugdan, Bd. 2, S. 987). a) Die Kom. berieht zunächst den § 640. Struckmann (Nr 211, 11) Es lag nur der redaktionelle Antrag vor, den § 640 zu fassen : Soweit einem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrage die Berechtigung zur Geschäftsführung zusteht, ist er im Zweifel auch befugt, die anderen Gesellschafter Dritten gegenüber zu vertreten. Auf die Entziehung dieser Vertretungsmacht finden die Vorschriften des § 638 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß die Vertretungsmacht, wenn sie in Verbindung mit der Befugniß zur Geschäftsführung ertheilt war, nur zusammen mit dieser entzogen werden kann. Der Antrag wurde angenommen. b) Zu § 641 war von zwei Seiten beantragt, die Bestimmungen des Entw. zu streichen. Die Streichung wurde damit begründet, daß der erste Satz sich ohne Weiteres aus den Grundsätzen über die direkte Stellvertretung und die Vollmacht ergebe, der zweite Satz aber aus dem durch § 639 für anwendbar erklärten § 592 sich ableiten lasse. Von anderer Seite wurde die Beibehaltung der Bestimmungen empfohlen, weil dieselben geeignet seien, ein immerhin nicht unwichtiges Prinzip zu verdeutlichen; dieses Prinzip müsse gelten, gleichviel wie im Uebrigen das Gesellschaftsverhältniß konstruirt werde. Die Mehrheit entschied sich für die Streichung. 281
Struckmann (Nr 211, 12) Jacubezky (Nr 115, 8)
§716
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Struckmann c) Der § 642 wurde ebenfalls gestrichen, nachdem die Streichung von zwei Seiten (Nr 211,13) beantragt und zu ihrer Rechtfertigung darauf hingewiesen worden war, daß der Jacubezky ausgesprochene Satz, soweit er von der Berechtigung der Gesellschafter rede, f ü r (Nr 115, 8) d e n p a ii d e r Ablehnung des § 631 Abs. 4 und der Annahme des Prinzips der gesammten H a n d unrichtig, andernfalls aber als selbstverständlich anzusehen sei, soweit er dagegen die Verpflichtung der Gesellschafter betreffe, nach der zu § 320 beschlossenen Aenderung des Entw. (Bd. I S. 430 bis 432) 9 unhaltbar erscheine. II. Die beschlossene Regelung lautet in der VorlZust. E I-VorlZust S 640. Soweit einem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrage die Berechti§ 640 gung zur Geschäftsführung zusteht, ist er im Zweifel auch befugt, die anderen Gesellschafter Dritten gegenüber zu vertreten. Auf die Entziehung dieser Vertretungsmacht finden die Vorschriften des § 638 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß die Vertretungsmacht, wenn sie in Verbindung mit der Befugniß zur Geschäftsführung ertheilt war, nur zusammen mit dieser entzogen werden kann. III. Fassung der Regelung in der
ZustRedKom:
E I-ZustRedKom § 640. Soweit einem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrage die Befugniß § 640 zur Geschäftsführung zusteht, ist er im Zweifel auch ermächtigt, die anderen Gesellschafter Dritten gegenüber zu vertreten. E I-ZustRedKom § 640 a (640 Abs. 2). Ist im Gesellschaftsvertrage ein Gesellschafter ermächtigt, § 640 a die anderen Gesellschafter Dritten gegenüber zu vertreten, so kann die Vertretungsmacht nur nach Maßgabe des § 638 Abs. 1 und, wenn sie in Verbindung mit der Befugniß zur Geschäftsführung ertheilt war, nur zusammen mit dieser entzogen werden. IV., V. Die §§ 654f. E II (701 f. E II rev.(E III) lauten wie die S 714f. BGB.
§716 Ein Gesellschafter kann, auch wenn er von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, sich von den Angelegenheiten der Gesellschaft persönlich unterrichten, die Geschäftsbücher und die Papiere der Gesellschaft einsehen und sich aus ihnen eine Uebersicht über den Stand des Gesellschaftsvermögens anfertigen. Eine dieses Recht ausschließende oder beschränkende Vereinbarung steht der Geltendmachung des Rechtes nicht entgegen, wenn Grund zu der Annahme unredlicher Geschäftsführung besteht.
A. 1. Kommission I. 266. Sitzung vom 30. 11. 1883, Schriftführer Neubauer 9 Vgl. dazu Jakobs/Schubert, a.a.O., S. 916 f.
282
14. Titel: Gesellschaft
§716
I In Artikel 790 bestimmt der Entwurf: | Prot I 2953 „Jeder Gesellschafter hat als solcher, auch wenn er von der Führung der Gesell- DresdE Art 790 schaftsangelegenheiten ausgeschlossen ist, das Recht, sich persönlich von dem Gange dieser Angelegenheiten zu unterrichten, von den Geschäftsbüchern und Papieren Einsicht zu nehmen und sich auf Grund derselben eine Uebersicht über den Stand des gemeinschaftlichen Vermögens zu fertigen. Eine diesem Rechte entgegenstehende Vereinbarung verliert ihre Wirkung, wenn eine Unredlichkeit in der Geschäftsführung nachgewiesen wird" 1 . Der Artikel wurde von der Mehrheit, zumal im Hinblicke auf den Artikel 105 des Handelsgesetzbuchs 2 , und indem sie den im Beschlüsse zum Artikel 780 3 angezogenen § 442 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 2427 — 2432) über die Rechenschaftspflicht nicht f ü r ausreichend erachtete, ferner die jedenfalls positive Bestimmung des zweiten Satzes des Artikels aus praktischen Rücksichten für nöthig hielt, genehmigt. II. 1. Die beschlossene Regelung lautet in der
RedVorl:
§ 14 (Art. 790). Jeder Gesellschafter hat (als solcher), auch wenn er von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, das Recht, sich persönlich von dem Gange der (von den) Angelegenheiten der Gesellschaft zu unterrichten, von den Geschäftsbüchern und -papieren Einsicht zu nehmen, und sich auf Grund derselben eine Uebersicht über den Stand des gemeinschaftlichen Vermögens anzufertigen. Eine dieses Recht ausschließende oder beschränkende Vereinbarung verliert ihre Wirkung, wenn eine Unredlichkeit in der Geschäftsführung nachgewiesen wird. (NB. 1. Sollte in der ersten Zeile: „als solcher" nöthig sein? in Art. 105 H.G.B, fehlen die Worte. 2. Sollte im ersten Satze: „von dem Gange" nöthig sein? die Worte finden sich auch im H.G.B. Art. 105; sie fehlen im A n . 541 des Schw. Oblig.R.)
RedVorl § 14
2. Fassung der Regelung in der ZustOR § 528. Jeder Gesellschafter hat, auch wenn er von der Geschäftsführung ausge- ZustOR § 528 schlossen ist, das Recht, sich persönlich von den Angelegenheiten der Gesellschaft zu unterrichten, von den Geschäftsbüchern und Papieren Einsicht zu nehmen und sich auf Grund derselben eine Uebersicht über den Stand des gemeinschaftlichen Vermögens anzufertigen. Eine dieses Recht ausschließende oder beschränkende Vereinbarung verliert ihre Wirkung, wenn eine Unredlichkeit in der Geschäftsführung nachgewiesen wird. III., IV. Die SS 636, KE, 643 E /lauten wie § 528 ZustOR.
1
Nicht in den Protokollen ist enthalten der Antrag von Planck, die Bestimmung zu streichen (Antrag Nr. 552, 4). 2 Art. 105 HGB lautet: Jeder Gesellschafter, auch wenn er nicht in dem Geschäftsbetriebe der Gesellschaft thätig ist, kann sich persönlich von dem Gange der Gesellschaftsangelegenheiten unterrichten; er kann jederzeit in das Geschäftslokal kommen, die Handelsbücher und Papiere der Gesellschaft einsehen und auf ihrer Grundlage eine Bilanz zu seiner Uebersicht anfertigen. — Ist im Gesellschaftsvertrage ein Anderes bestimmt, so verliert diese Bestimmung ihre Wirkung, wenn eine Unredlichkeit in der Geschäftsführung nachgewiesen wird. 3 Quellen zu den §§ 709 f. unter Α. I. b. 283
§716
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
B. Eine Beratung des § 643 E I hat in der Vorkommission des Reichsjustizamtes nicht stattgefunden.
C. 2. Kommission I. Anträge (Prot II, Bd. 2, S. 425; Mugdan, Bd. 2, 5 S. 987). IV. Der §. 643 wurde in seinem ersten Absätze nicht beanstandet. Zu dem zweiten Absätze war beantragt: 1. die Bestimmung zu fassen : Struckmann Eine dieses Recht ausschließende oder beschränkende Vereinbarung verliert ihre (Nr 211,14) Wirkung, wenn Verdacht einer Unredlichkeit in der Geschäftsführung vorliegt. 2. folgende Fassung zu beschließen: Jacubezky Ist eine dieses Recht ausschließende oder beschränkende Vereinbarung getrof(Nr 215, 9) fen, so kann dasselbe gleichwohl geltend gemacht werden, wenn Grund zu dem Verdachte einer Unredlichkeit in der Geschäftsführung vorliegt. Die Anträge weichen darin von dem Entw. ab, daß sie die Norm des Abs. 2, deren Voraussetzung nach dem Entw. eine Unredlichkeit ist, schon dann zur Anwendung bringen wollen, wenn „Verdacht einer Unredlichkeit" bzw. Grund zu einem solchen Verdachte vorliegt. Die Kom. billigte diese Abweichung, betrachtete den Unterschied zwischen den Anträgen als lediglich redaktionell und überwies die Feststellung der Fassung der Red.Kom. II. Fassung der Regelung in der VorlZust: E I-VorlZust § 643. Jeder Gesellschafter hat, auch wenn er von der Geschäftsführung ausge§ 643 schlossen ist, das Recht sich persönlich von den Angelegenheiten der Gesellschaft zu unterrichten, von den Geschäftsbüchern und Papieren Einsicht zu nehmen und sich auf Grund derselben eine Uebersicht über den Stand des gemeinschaftlichen Vermögens anzufertigen. Ist eine dieses Recht ausschließende oder beschränkende Vereinbarung getroffen, so kann dasselbe gleichwohl geltend gemacht werden, wenn Grund zu dem Verdacht einer Unredlichkeit in der Geschäftsführung vorliegt. III. In der ZustRedKom lautet die Regelung: E I ZustRedKom § 643. Ein Gesellschafter kann, auch wenn er von der Geschäftsführung ausge§ 643 schlossen ist, sich persönlich von den Angelegenheiten der Gesellschaft unterrichten, die Geschäftsbücher und Papiere einsehen und sich auf Grund derselben eine Uebersicht über den Stand des Gesellschaftsvermögens anfertigen. Eine dieses Recht ausschließende oder beschränkende Vereinbarung hindert die Geltendmachung desselben nicht, wenn Grund zu dem Verdacht unredlicher Geschäftsführung vorliegt. IV. Im E //lautet die Regelung: E II § 656
§ 656. Ein Gesellschafter kann, auch wenn er von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, sich von den Angelegenheiten der Gesellschaft persönlich unterrichten, die Geschäftsbücher und Papiere einsehen und sich auf Grund derselben eine Uebersicht über den Stand des Gesellschaftsvermögens anfertigen. 284
14. Titel: Gesellschaft
§§717-720
Eine dieses Recht ausschließende oder beschränkende Vereinbarung steht der Geltendmachung des Rechtes nicht entgegen, wenn Grund zu dem Verdacht unredlicher Geschäftsführung vorliegt. V. § 703 E II rev. (E III) entspricht § 716 BGB.
§ 717 Die Ansprüche, die den Gesellschaftern aus dem Gesellschaftsverhältnisse gegen einander zustehen, sind nicht übertragbar. Ausgenommen sind die einem Gesellschafter aus seiner Geschäftsführung zustehenden Ansprüche, soweit deren Befriedigung vor der Auseinandersetzung verlangt werden kann, sowie die Ansprüche auf einen Gewinnantheil oder auf dasjenige, was dem Gesellschafter bei der Auseinandersetzung zukommt.
§718 Die Beiträge der Gesellschafter und die durch die Geschäftsführung für die Gesellschaft erworbenen Gegenstände werden gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter (Gesellschaftsvermögen). Zu dem Gesellschaftsvermögen gehört auch, was auf Grund eines zu dem Gesellschaftsvermögen gehörenden Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zu dem Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenstandes erworben wird.
§719 Ein Gesellschafter kann nicht über seinen Antheil an dem Gesellschaftsvermögen und an den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen verfügen; er ist nicht berechtigt, Theilung zu verlangen. Gegen eine Forderung, die zum Gesellschaftsvermögen gehört, kann der Schuldner nicht eine ihm gegen einen einzelnen Gesellschafter zustehende Forderung aufrechnen.
§ 720 Die Zugehörigkeit einer nach § 718 Abs. 1 erworbenen Forderung zum Gesellschaftsvermögen hat der Schuldner erst dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er von der Zugehörigkeit Kenntniß erlangt; die Vorschriften der §§ 406 bis 408 finden entsprechende Anwendung. 285
§§717-720
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
A. 1. Kommission I. 267. Sitzung vom 3. 12. 1883, Schriftführer Neubauer I Prot I 2955 DresdEArt791
| Zu Art. 791 des Entwurfs : »Ein Gesellschafter kann ohne die Einwilligung der übrigen Gesellschafter nicht einen Dritten in die Gesellschaft aufnehmen. Wenn ein Gesellschafter einseitig an seinem Antheile einem Dritten Theil giebt oder seinen Antheil veräußert, so gehen die Rechte des Ersteren aus dem Gesellschaftsvertrage, insbesondere das ihm nach Vorschrift des Art. 790 zustehende Recht, nicht auf den Dritten über", lagen die Anträge vor : 1. a) dem Art. 791 zuzusetzen 1 :
Kurlbaum „Wird der Antheil eines Gesellschafters gepfändet, so ist der Gläubiger, für wel(Nr 534, 1) chen die Pfändung erfolgt ist, berechtigt, behufs seiner Befriedigung die Auflösung
der Gesellschaft zu verlangen, wenn auch die Zeit, auf welche der Gesellschaftsvertrag geschlossen worden, noch nicht abgelaufen ist". b) in Art. 791 a zu bestimmen: „Ein Gesellschafter kann über einen Antheil an einzelnen gemeinschaftlichen Kurlbaum (Nr 534, 3) Gegenständen ohne Zustimmung der übrigen Gesellschafter vor erfolgter Theilung | I Prot I 2956 nicht verfügen. Bei gemeinschaftlichen Forderungen finden die Vorschriften des § 29 (der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 5 4 0 - 5 4 6 und 550 - 5 5 2 2 ) und der §§ 2 2 1 - 2 2 4 (daselbst, Protokolle S. 1303 — 1329) 3 entsprechende Anwendung. Die Zwangsvollstreckung in die gemeinschaftlichen Gegenstände ist nur zulässig, wenn sie gegen alle Gesellschafter ausgeführt wird." Kurlbaum (Nr 534, 4)
c) an geeigneter Stelle in einem besonderen § einzuschalten: „Was die Gesellschafter durch die Führung der Gesellschaftsangelegenheiten erwerben, wird allen Gesellschaftern gemeinschaftlich erworben. Der Gesellschafter, welcher durch Führung der Gesellschaftsangelegenheiten in eigenem Namen etwas erwirbt, hat dasselbe den übrigen Gesellschaftern so zu übertragen, daß es allen gemeinschaftlich wird."
Planck (Nr 535, 1)
2. a) den zweiten Satz des Art. 791 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: „Die aus dem Gesellschaftsvertrage entspringenden Forderungen der Gesellschafter gegen einander sind unübertragbar mit Ausnahme der Forderung auf den Gewinnantheil und auf dasjenige, was ihnen bei der Auseinandersetzung zukommt."
Planck b) folgende Bestimmung als §791 a hinzuzufügen: „Kein Gesellschafter darf (Nr 535, 2) über den ihm zustehenden Antheil an den in Folge des Gesellschaftsvertrags gemeinschaftlich gewordenen Gegenständen, einschließlich der Forderungen, ohne Einwilligung der übrigen Gesellschafter verfügen.
1
2
3
Der ursprüngliche Antrag (Nr. 533, 1) von Kurlbaum lautet: dem Art. 791 zuzusetzen: „Ein Gesellschafter kann über seinen Antheil an einzelnen gemeinschaftlichen Gegenständen ohne Zustimmung der übrigen Gesellschafter vor erfolgter Theilung nicht verfügen. Bei gemeinschaftlichen Forderungen finden zu Gunsten des Schuldners die Vorschriften der §§ 221 bis 224 entsprechende Anwendung." Abgedruckt bei Jakobs/Scbubert, Beratung des BGB, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 952 ff. Jakobs/Schubert, a.a.O., S. 803 ff.
286
14. Titel: Gesellschaft
§§717-720
Kein Gesellschafter ist die Theilung der in Folge des Gesellschaftsvertrags gemeinschaftlich gewordenen Gegenstände zu fordern berechtigt", c) eventuell: α) den in dem Antrage zu 1 a) vorgeschlagenen Zusatz als besonderen 5 in folgender Fassung aufzunehmen: I „Wird die Forderung eines Gesellschafters auf dasjenige, was ihm bei der Auseinandersetzung zukommt, gepfändet, so ist der Gläubiger p.p." u.s.w. wie in dem beantragten Zusätze. ß) den in dem Antrage zu 1 b) vorgeschlagenen Paragraphen zu fassen: „Die Veräußerung des einem Gesellschafter zustehenden Antheils an den in Folge des Gesellschaftsvertrags gemeinschaftlich gewordenen Gegenständen ist den übrigen Gesellschaftern gegenüber unwirksam. Die Vorschriften, welche zu Gunsten desjenigen bestehen, welcher Rechte von einem Nichtberechtigten herleitet, finden zu Gunsten des Erwerbers entsprechende Anwendung. Auf Forderungen, welche in Folge des Gesellschaftsvertrags gemeinschaftlich geworden sind, findet die Vorschrift des § 294 Anwendung. Eine Uebertragung derselben kann nur nach Maßgabe der Art. 779 und 780 erfolgen. Im Verhältnisse zu dem Schuldner finden die Vorschriften der §§ 220 bis 224 (Protokolle S. 1303 — 1329, 1335— 1337) mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß die Kenntniß des Schuldners von der eingetretenen Gemeinschaftlichkeit an die Stelle der Kenntniß von der Uebertragung tritt. Die Zwangsvollstreckung in die gemeinschaftlichen Gegenstände pp." u.s.w. wie in Abs. 2 des vorgeschlagenen Paragraphen. γ) die unter 1 c) des obigen Antrags vorgeschlagene Vorschrift zu fassen : „Was die Gesellschafter durch die an sie erfolgte Leistung der Beiträge und durch die Führung der Gesellschaftsangelegenheiten pp." u.s.w. wie in dem obigen Antrage. Man verständigte sich, bei der Erledigung des Art. 791 die beiden Fragen gesondert zu erörtern : I. Inwiefern ein Gesellschafter befugt sei, die aus dem Gesellschaftsvertrage ihm gegen die übrigen Gesellschafter zustehenden | Ansprüche an einen Dritten abzutreten; II. Inwiefern ein Gesellschafter befugt sei, seinen Antheil an den in Folge des Gesellschaftsvertrags gemeinschaftlich gewordenen Gegenständen oder Vermögensstücken zu veräußern?
Planck (Nr 535, 3) | Prot I 2957
| Prot 12958
Zur Frage I. Auf die erste Frage bezieht sich die in dem Entwürfe enthaltene Bestimmung und andrerseits der Vorschlag unter a) des Antrags N 2 2. Zu diesem Vorschlage waren im Laufe der Diskussion zwei Ergänzungsanträge gestellt. A. Der eine Ergänzungsantrag ging dahin, zusätzlich zu bestimmen: „sowie solcher Forderungen, welche schon vor der Auseinandersetzung selbstän- Derscheid dig und endgültig festgestellt werden können". B. Der zweite Ergänzungsantrag war auf den Zusatz gerichtet: „sowie der aus der Geschäftsführung entstandenen Forderung, sofern die Erfüllung der Verbindlichkeit vor der Auseinandersetzung verlangt werden kann".
4
Hierzu und zum folgenden oben Fn. 2 und 3.
287
§§717-720
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
C. Außerdem war im Laufe der Diskussion beantragt, die in dem Vorschlage enthaltene Bestimmung durch die Vorschrift zu ersetzen : „Nicht übertragbar seien die Ansprüche auf die Beiträge und die Ansprüche gegen den geschäftsführenden Gesellschafter aus der Geschäftsführung." Die Mehrheit entschied : 1. für Annahme des Vorschlags unter a) des Antrags N 2 2, 2. für Ablehnung des unter A mitgetheilten Zusatzes, 3. für Aufnahme des unter Β mitgetheilten Zusatzes. Die Frage I galt hiermit als erledigt. Die Fassung der beschlossenen Vorschriften blieb der Redaktion vorbehalten. Erwogen war: Durch den Gesellschaftsvertrag erlange jeder Gesellschafter gegen die übrigen Gesellschafter einen persönlichen Anspruch auf die Leistungen, zu welchen die andern Gesellschafter ihm gegenüber in dem Vertrage sich verpflichtet hätten. Die I Prot 12959 Frage sei, ob dieser | Anspruch der Abtretung unterliege. Im Prinzipe müsse diese Frage verneint werden. Sie lasse sich nicht deshalb bejahen, weil auch die Ansprüche aus gegenseitigen Verträgen regelmäßig übertragbar seien. Da der Gesellschaftsvertrag auf gegenseitigem Vertrauen beruhe und das Gesellschaftsverhältniß ebensowohl nach der passiven als nach der aktiven Seite an die Person des Gesellschafters gebunden sei, wie sich namentlich auch darin zeige, daß die Gesellschaft in der Regel mit dem Tode eines Gesellschafters sich auflöse, so stelle sich der in Rede stehende Anspruch im Allgemeinen als ein solcher dar, dessen Nichtübertragbarkeit schon aus dem ersten Absätze des §212 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 1276— 1280)5 sich ergebe. Noch eine andere Betrachtung lasse sich hierfür geltend machen. Die Hauptverpflichtung, welche der eine Gesellschafter gegenüber den andern durch den Gesellschaftsvertrag übernehme, sei die auf Leistung der versprochenen Beiträge. Dem auf Leistung der Beiträge gerichteten Ansprüche könne nun nicht ohne Grund die Beschaffenheit beigelegt werden, daß durch die Leistung an einen Dritten deren Inhalt geändert werden würde, da die Beiträge nur zu den Gesellschaftszwecken verlangt werden könnten, der Dritte aber außerhalb der Gesellschaft stehe und in diese selbstverständlich nur unter Zustimmung aller Gesellschafter einzutreten vermöge. Was von dem Ansprüche auf die Beiträge gelte, müsse überhaupt von allen unmittelbar in dem Gesellschaftsvertrage sich gründenden Ansprüchen gelten, weil diese immerhin in gewissem Sinne sich ebenfalls als auf Beitragung zum Gesellschaftszwecke gerichtet auffassen ließen. Aehnlich gestalte sich die Beurtheilung in Ansehung der Ansprüche gegen den socius gerens aus der Geschäftsführung, insofern auch die desfallsigen Leistungen als zum Gesellschaftszwecke bestimmt erschienen. Es komme hierauf indessen nicht wesentlich an. Schon der erste Grund genüge, im Allgemeinen den gedachten Anspruch für nicht übertragbar zu erachten. Das PrinI Prot I 2960 zip müsse jedoch | gewissen Ausnahmen unterliegen. Ein Gesellschafter könne in Folge des Gesellschaftsvertrags gegen den andern Gesellschafter einen nicht unmittelbar aus dem Gesellschaftsvertrage entspringenden, sondern nur in Folge desselben entstandenen Anspruch erwerben, welcher sich als von dem Gesellschaftsverhältnisse losgelöst und als ein davon unabhängiger und selbständiger ergebe, dessen Uebertragbarkeit auszuschließen daher weder die vorstehenden Erwägungen geböten, noch andere Gründe erheischten. Dahin gehörten zunächst unbedenklich die in s Jakobs/Schubert, a.a.O., S. 770 ff. 288
14. Titel: Gesellschaft
§§717-720
dem Vorschlage unter a) des Antrags N 2 2 für übertragbar erklärten Ansprüche, nicht minder indessen jeder aus der Führung der Geschäfte der Gesellschaft entstandene Anspruch, vorausgesetzt, daß ein Recht auf Befriedigung noch vor der Auseinandersetzung bestehe, in welcher Beziehung sich eine allgemeine Norm nicht aufstellen lasse, indem die Entscheidung von den obwaltenden konkreten Verhältnissen abhänge. Die dem Art. 98 des Handelsgesetzbuchs 6 entlehnte Bestimmung des Entwurfs könne nicht gebilligt werden. Sie verrathe mehr das Prinzip, welches nach dem Obigen als das richtige erscheine, als sie dieses Prinzip ausspreche, beschränke sich vielmehr auf Einzelheiten, die zum Theil selbstverständlich, zum Theil dunkel und der verschiedensten Auslegung fähig seien. Zur Frage II. Der Standpunkt des Entwurfs ist: An den Gegenständen, welche in Folge des Gesellschaftsvertrags gemeinschaftlich geworden sind, steht jedem Gesellschafter ein bestimmter Bruchtheil oder Theil zu; es gilt dies insbesondere von den gemeinschaftlich gewordenen Sachen, an welchen ein Miteigenthum der Gesellschafter nach bestimmten Quoten besteht, ferner von den gemeinschaftlich gewordenen Forderungen, die unter die Gesellschafter nach einem bestimmten Maßstabe getheilt sind (§10 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 493, 495, 499)7. Jeder Gesellschafter kann seinen Bruchtheil oder Theil auch vor der Auseinandersetzung | wirksam veräußern. Die Veräußerung mag | Prot I 2961 eine Verletzung der aus dem Gesellschaftsvertrage entspringenden Pflichten enthalten; ihre Wirksamkeit wird dadurch nicht beeinträchtigt, weil die Verletzung einer solchen obligatorischen Verpflichtung die Gültigkeit der Veräußerung nach allgemeinen Grundsätzen nicht berührt. Ingleichen unterliegt der Bruchtheil oder Theil eines Gesellschafters der Zwangsvollstreckung zu Gunsten seiner Gläubiger. Der Standpunkt des Entwurfs erhellt weniger aus dem Art. 791, als aus den Art. 773, 794, 795. Der Antrag unter 2 b) folgt in seinem Vorschlage dem Standpunkte des Entwurfs, den er nur dahin zu ergänzen bezweckt, daß in der fraglichen Veräußerung stets eine Verletzung der aus dem Gesellschaftsvertrage sich ergebenden Verpflichtungen liege und daß diese Verletzung, obschon die Gültigkeit der Veräußerung nicht berührend, dennoch den übrigen Gesellschaftern gegenüber zur Leistung des Interesse verbindlich mache, daß ferner die Theilungsklage des einen Gesellschafters gegen die andern Gesellschafter erst nach Auflösung der Gesellschaft zulässig sei. Auf einem anderen Standpunkte beruhen die Bestimmungen unter a) und b) des Antrags Ν 2 1 und der dazu gestellte Verbesserungsantrag unter 2 c) welchem der Antragsteller zu Ν 2 1 sich anschloß. Nach diesem zweiten Standpunkte soll der Antheil eines Gesellschafters an den gemeinschaftlich gewordenen Gegenständen bis zur Auseinandersetzung zu Gunsten der übrigen Gesellschafter im Sinne des § 86 der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 217 —2208 und
6
Art. 98 HGB lautet: Ein Gesellschafter kann ohne die Einwilligung der übrigen Gesellschafter keinen Dritten in die Gesellschaft aufnehmen. — Wenn ein Gesellschafter einseitig einen Dritten an seinem Antheile betheiligt oder seinen Antheil an denselben abtritt, so erlangt dieser gegen die Gesellschaft unmittelbar keine Rechte; er ist insbesondere zur Einsicht der Handelsbücher und Papiere der Gesellschaft nicht berechtigt. 7 Jakobs/Schubert, a.a.O., S. 913ff. 8 Quellen zu §§ 135 f. BGB. 289
§§717-720
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
mit Wirkung gegen Dritte unveräußerlich sein und die Unveräußerlichkeit nur in Ansehung der Zwangsvollstreckung gewissen Modifikationen unterliegen. Die Mehrheit erklärte sich — unter Vorbehalt der bei der Redaktion festzustellenden Fassung — für den Antrag N - 2 b . Bei der Redaktion soll insbesondere geprüft werden, ob nicht das W o r t „darf", ferner die Konstruktion mit „keiner" (seil. I Prot 12962 Gesellschafter) zu vermeiden und im ersten | Satze: „vor der Auseinandersetzung" einzuschieben sei. Durch den Beschluß galt der Antrag Ν 2 1 zu a und b mit dem Verbesserungsantrage N 2 2 c α und β als erledigt. Die Gründe waren: Die in Rede stehende Veräußerlichkeit und die daran sich knüpfende Pfändbarkeit drohten allerdings die Gesellschaften zu zerrütten und den Untergang einer großen Zahl derselben nach sich zu ziehen. Die im Anschluß an das System des Handelsgesetzbuchs und an das preuß. A.L.R. vorgeschlagene Unveräußerlichkeit beseitige in passender Weise diese Gefahr, indem sie zugleich die gegen das System des Handelsgesetzbuchs streitenden juristischen Bedenken zu voller Befriedigung erledige. Gleichwohl könne der Vorschlag aus verschiedenen Gründen nicht gebilligt werden. Einmal sei es schon sehr mißlich, ein Veräußerungsverbot im Sinne des vorgedachten § 86 einzuführen. Ein solches Verbot bleibe immer eine Anomalie, zu welcher der Gesetzgeber sich nicht ohne den dringendsten Anlaß verstehen dürfe. Die vorgeschlagene Unveräußerlichkeit würde ferner insofern manche Streitigkeiten hervorrufen, als in vielen Fällen zweifelhaft sei, ob ein Gesellschaftsverhältniß oder nur ein einfaches Gemeinschaftsverhältniß vorliege. Sie werde aber auch in Ansehung der Führung des Grundbuchs und in Ansehung des Verkehrs mit H y p o thekenforderungen nicht unerhebliche Schwierigkeiten schaffen, endlich in Beziehung auf gemeinschaftlich gewordene Forderungen jeder Art die Vortheile des einfachen Prinzips des § 10 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 493, 495, 499) 9 beseitigen, auch zu einer Modifikation oder Ergänzung der Vorschriften über die Zession zum Schutz des Schuldners nöthigen. Alle diese Gründe dürften freilich nicht entscheiden, wenn die vorgeschlagene Unveräußerlichkeit ein praktisches Bedürfniß sei. Dieses Bedürfniß müsse aber geleugnet werden. I Prot I 2963 | Es könne nur anerkannt werden für die bei der Beurtheilung ausscheidenden Handelsgesellschaften im Sinne des Handelsgesetzbuchs, ferner f ü r diejenigen Erwerbsgesellschaften, die der Art. 810 des Entwurfs behandele 10 und auf welche die einschlagenden Vorschriften des Handelsgesetzbuchs für anwendbar zu erklären seien. Hinsichtlich der übrig bleibenden Gesellschaften sei das System des Entwurfs und des Antrags N 2 2 b) ohne Gefahr und in Betreff der meisten sogar, nämlich rücksichtlich solcher weitaus die Mehrzahl bildenden Gesellschaften, die sich nur auf einfache Verhältnisse bezögen, entschieden von Vortheil. Es sei vollkommen genügend, mit dem Antrage N 2 2 b) dem Gesellschafter die Veräußerung mit nur obligatorischer Wirkung zu untersagen und die Theilungsklage zu entziehen. Ein solches Verbot erscheine allerdings gerechtfertigt, da die fragliche Veräußerung U . S . W . , solange die Gesellschaft bestehe, mit deren Zweck sich nicht vertrage, also stets eine Verletzung der aus dem Gesellschaftsvertrage entspringenden Pflichten enthalte, so daß das Verbot sich sogar als sich von selbst verstehend betrachten ließe. 9 Vgl. Fn. 7. 10 Unten S. 354ff.
290
§§717-720
14. Titel: Gesellschaft
Es erübrigten : die Bestimmung unter c) des Antrags N s 1 und der dazu gestellte Verbesserungsantrag Nr. 2 c, γ. Nachdem der Antragsteller zu Ν 2 1 dem Verbesserungsantrage sich angeschlossen hatte und der letztere dahin berichtigt war, daß im ersten Satze am Schluß vor: „erworben" einzuschieben sei: „im Zweifel zu gleichen Antheilen" wurde derselbe als sachlich unbedenklich und bezw. in Konsequenz des zuvor gefaßten Beschlusses genehmigt. II. In der RedVorl (ZustOR) lautet die Regelung: § 15 (Art. 791) (§ 529 ZustOR). Die aus dem Gesellschaftsvertrage einem Gesell- RedVorl § 15 schafter gegen die übrigen Gesellschafter zustehenden Forderungen sind nicht ZustOR § 529 übertragbar. Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf die einem Gesellschafter aus der Führung der Geschäfte der Gesellschaft zustehenden Forderungen, sofern deren Berichtigung noch vor der Auseinandersetzung verlangt werden kann, sowie auf Forderungen, welche einen Gewinnantheil oder dasjenige zum Gegenstande haben, was einem Gesellschafter bei der Auseinandersetzung zukommt. § 16 ist bei §§ 714 — 715 abgedruckt. 11 § 17 (Art. 791) (§ 530 ZustOR). Ein Gesellschafter ist gegenüber den übrigen RedVorl § 17 Gesellschaftern verpflichtet, sich bis zur Auseinandersetzung der Verfügung über ZustOR § 530 den ihm zustehenen Antheil an den (in Folge des Gesellschaftsvertrags) 12 gemeinschaftlich gewordenen Gegenständen zu enthalten. Ein Gesellschafter ist nicht berechtigt, vor der Auseinandersetzung die Theilung solcher Gegenstände zu fordern. III., IV. 1. Fassung der Regelung im KE (E I). § 637 (§ 644). Die aus dem Gesellschaftsvertrage einem Gesellschafter gegen die KE § 637 übrigen Gesellschafter zustehenden Forderungen sind nicht übertragbar. Diese E I § 644 Vorschrift findet keine Anwendung auf die einem Gesellschafter aus der Führung der Geschäfte der Gesellschaft zustehenden Forderungen, sofern deren Berichtigung noch vor der Auseinandersetzung verlangt werden kann, sowie auf Forderungen, welche einen Gewinnantheil oder dasjenige zum Gegenstande haben, was einem Gesellschafter bei der Auseinandersetzung zukommt. § 638 (§ 645). Ein Gesellschafter ist gegenüber den übrigen Gesellschaftern ver- KE § 638 pflichtet, sich bis zur Auseinandersetzung der Verfügung über den ihm zustehenden E I § 645 Antheil an den in Folge des Gesellschaftsvertrages gemeinschaftlich gewordenen Gegenständen zu enthalten. Ein Gesellschafter ist nicht berechtigt, vor der Auseinandersetzung die Theilung solcher Gegenstände zu fordern. 2. Der Antrag von Johow (Nr. 584, 5 b), im §637 Satz 1 KE statt „sind nicht übertragbar" zu setzen: „können nicht übertragen oder belastet werden" (Prot. I 11743), wurde abgelehnt (Prot. I 11744).
B. Eine Beratung der §§644f. E I hat in der Vorkommission nicht stattgefunden.
des
Reichsjustizamtes
h Oben S. 279. 12 In der Z u s t O R sind die Worte: „in Folge des Gesellschaftsvertrags" ohne Klammern enthalten. 291
§§ 7 1 7 - 7 2 0
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
C. 2. Kommisssion I. Anträge (Prot. II, Bd. 2, S. 425ff., Mugdan, Bd. 2, S. 988ff.). a) Zu § 644 war ein Antrag nicht gestellt. b) Zu § 645, dessen Berathung auf den bisher zurückgestellten Abs. 4 des § 63113 ausgedehnt wurde, lagen die Anträge vor: Struckmann 1. statt des § 645, zugleich zum Ersätze des § 631 Abs. 4, sowie des § 641 Satz 1 (Nr 211, 15) und des § 763 Satz 1, folgende Bestimmungen aufzunehmen: An den in Folge des Gesellschaftsvertrags durch die Leistung der Beiträge und durch den Erwerb aus der Geschäftsführung gemeinschaftlich gewordenen Gegenständen (Gesellschaftsvermögen) stehen den Gesellschaftern im Zweifel gleiche Antheile zu. Jeder Gesellschafter kann über seinen Antheil verfügen. Bis zur Auseinandersetzung ist er jedoch den übrigen Gesellschaftern gegenüber verpflichtet, sich jeder Verfügung über seinen Antheil zu enthalten. Auch ist er nicht berechtigt, vor der Auseinandersetzung die Theilung zu verlangen. Jacubezky (Nr 221, 2)
2. dem § 645 nachstehende Vorschriften als § 645 a anzuschließen 14 : Die Zwangsvollstreckung in die gemeinschaftlichen Gegenstände findet nur auf Grund eines gegen sämmtliche Gesellschafter vollstreckbaren Schuldtitels statt. Auf Grund eines nur gegen einen Gesellschafter vollstreckbaren Schuldtitels findet die Zwangsvollstreckung nur in dasjenige statt, was dem Gesellschafter als Gewinnantheil oder bei der Auseinandersetzung zukommt. Bei der Pfändung desjenigen, was dem Gesellschafter als Gewinnantheil oder bei der Auseinandersetzung zukommt, ist an ihn das Gebot zu erlassen, sich jeder nicht zur Führung der Gesellschaftsgeschäfte oder zur Auseinandersetzung erforderlichen Verfügung über seinen Antheil an den gemeinschaftlichen Gegenständen zu enthalten. Zur Wahrnehmung der Rechte, welche dem Gesellschafter in Ansehung dieser Gegenstände zustehen, kann ein Verwalter ernannt werden; der Gläubiger kann zum Verwalter bestellt werden. Solange die Verwaltung besteht, ist der Gesellschafter nicht befugt, die ihm nach dem Gesellschaftsvertrag in Ansehung der Geschäftsführung zustehenden Rechte auszuüben. (Der RedKom. bleibt vorbehalten, diese Vorschriften, soweit sie dem Vollstrekkungsrechte angehören, in die C.P.O. zu versetzen.) 3. nicht nur den Antrag 2, der die Vorschrift der K.O. § 4415 auf das Verhältniß außerhalb des Konkurses übertragen will, abzulehnen, sondern den § 44 selbst zu beseitigen;
Planck (Nr 223, 224)
4. den § 631 Abs. 4 und den § 645 durch folgende Bestimmungen zu ersetzen 16 : υ Oben bei den Quellen zu § 705 f. BGB unter C.I. 14 Unter Nr. 221, 1 war von Jacubezky ferner beantragt: „dem §645 soll als Abs. 3 folgende Vorschrift angefügt werden: In Ansehung eines gemeinschaftlichen Grundstücks kann jeder Gesellschafter die Eintragung der Vormerkung verlangen, daß die Gesellschafter über ihre Antheile nur unbeschadet der mit den aus dem Gesellschaftsverhältnisse sich ergebenden Verpflichtungen zu verfügen berechtigt sind." 15 § 44 KO a. F. entspricht dem § 51 KO η. F. 16 Der Eingang des Antrags Nr. 223 von Planck lautet: „Für den Fall, daß erforderlich gehalten werden sollte, das Gesellschaftsvermögen als ein den Gesellschaftern zur gesammten Hand stehendes Vermögen zu behandeln, wird beantragt: . . . " — Am Ende des Antrags war hinzugefügt: „Der Antrag ist nur ein eventueller und bezweckt nur klarzustellen, wel-
292
14. Titel: Gesellschaft
§§ 717-720
§ a. Die auf Grund des Gesellschaftsvertrags durch die Beiträge der Mitglieder oder durch die Geschäftsführung gemeinschaftlich gewordenen Gegenstände (Gesellschaftsvermögen) stehen den Gesellschaftern nicht nach Bruchtheilen zu. Auf die zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Forderungen finden die Vorschriften der §§ 320 und 17 341a keine Anwendung. Die Verfügung über die zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenstände erfolgt nach Maßgabe der §§ 634 ff. Ein Gesellschafter ist nicht berechtigt, vor der Beendigung18 der Gesellschaft die Theilung des Gesellschaftsvermögens oder einzelner dazu gehörenden Gegenstände zu verlangen. § b. Auf Forderungen, welche zum Gesellschaftsvermögen gehören, finden gegenüber den Schuldnern die Vorschriften der §§ 303 bis 305 mit der Maßgabe Anwendung, daß an die Stelle der Kenntniß von der Übertragung der Forderung die Kenntniß von der Zugehörigkeit derselben zu dem Gesellschaftsvermögen tritt. § c. Der Antheil eines Gesellschafters an dem Gesellschaftsvermögen oder den dazu gehörenden Gegenständen ist nicht übertragbar. § d 19 . Die Zwangsvollstreckung in die zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Planck Gegenstände findet nur (wegen einer Gesellschaftsverbindlichkeit) auf Grund eines (Nr 227) gegen sämmtliche Gesellschafter vollstreckbaren Schuldtitels statt. § e. Ist der Anspruch eines Gesellschafters auf dasjenige, was ihm bei der Auseinandersetzung zukommt, gepfändet, so kann ein Verwalter zur Ausübung der dem Gesellschafter als solchem zustehenden Rechte bestellt werden; der Gläubiger kann zum Verwalter bestellt werden. (Solange die Verwaltung besteht, ist der Gesellschafter nicht befugt, die ihm als solchem zustehenden Rechte auszuüben.) hierzu die Unteranträge : a) in dem § a vor „Bruchtheilen" einzuschalten „festen"; b) in dem § a den ersten Satz zu fassen : Die auf Grund des Gesellschaftsvertrags durch die Beiträge der Mitglieder oder durch die Geschäftsführung gemeinschaftlich gewordenen Gegenstände bilden das Gesellschaftsvermögen. Das Gesellschaftsvermögen gehört der Gesammtheit der Gesellschafter vorbehaltlich der den einzelnen Gesellschaftern bei der Auseinandersetzung zustehenden Ansprüche. (Der Antrag bedarf als lediglich redaktionell keiner Abstimmung.) c) in dem § a Abs. 2 die Worte „oder einzelner dazu gehörenden Gegenstände" zu streichen;
17 18 19
che Konsequenzen sich aus der Annahme des Prinzips zur gesammten Hand ergeben würden." Im metallographischen Antrag heißt es „bis". Im metallographischen Antrag heißt es „Auseinandersetzung". Der § d sollte nach dem ursprünglichen Antrag von Planck lauten : § d. Die Zwangsvollstreckung in die zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenstände findet nur auf Grund eines gegen sämmtliche Gesellschafter vollstreckbaren Schuldtitels statt. Auf Grund eines nur gegen einen Gesellschafter vollstreckbaren Schuldtitels findet die Zwangsvollstreckung nur in den Anspruch des Gesellschafters auf dasjenige statt, was ihm als Gewinnantheil oder bei der Auseinandersetzung zukommt. Ist dieser Anspruch gepfändet, so kann ein Verwalter zur Ausübung der dem Gesellschafter als solchem zustehenden Rechte bestellt werden; der Gläubiger kann zum Verwalter bestellt werden. Solange die Verwaltung besteht, ist der Gesellschafter nicht befugt, die ihm nach dem Gesellschaftsvertrage in Ansehung der Geschäftsführung zustehenden Rechte auszuüben." (§ e ist erst im neuen Antrag enthalten.)
293
§§717-720
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Struckmann 5. die an Stelle des § 6 3 1 Abs. 4 und des § 6 4 5 in den Entw. aufzunehmenden (Nr 226) Bestimmungen wie folgt zu fassen : § a. Ein Gesellschafter kann über seinen Antheil an den auf Grund des Gesellschaftsvertrags durch die Beiträge der Gesellschafter oder durch die Geschäftsführung gemeinschaftlich gewordenen Gegenständen mit Einschluß der Forderungen (Gesellschaftsvermögen) nicht verfügen. Gegen eine zum Gesellschaftsvermögen gehörende Forderung kann die Privatforderung eines Gesellschaftsschuldners nicht aufgerechnet werden. § b. Zu Gunsten eines Gesellschaftsschuldners finden die im Falle der Abtretung einer Forderung zu Gunsten des Schuldners geltenden Vorschriften der §§ 303 bis 305 entsprechende Anwendung. § c. Die Zwangsvollstreckung der Privatgläubiger eines Gesellschafters in das Gesellschaftsvermögen ist ausgeschlossen; sie findet nur in den Anspruch auf dasjenige statt, was dem Gesellschafter als Gewinnantheil oder bei der Auseinandersetzung zukommt. Unberührt bleiben jedoch die Rechte, welche an einen zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenstande bestanden haben, ehe er Theil des Gesellschaftsvermögens geworden ist. Die Kom. nahm zunächst, in eventueller Abstimmung, für den Fall der Beibehaltung des § 645 den Antrag 2 an; damit erledigte sich der Antrag 3. Alsdann wurde beschlossen, die prinzipielle Frage zu entscheiden, ob an die Stelle des § 631 Abs. 4 und des § 645 eine Regelung des Gesellschaftsverhältnisses nach dem Prinzip der „gesammten Hand" treten soll (Anträge 4 und 5). Man ging davon aus, daß die Anhänger dieses Prinzips die Ausgestaltung desselben im Einzelnen nicht als präjudiziell für die Annahme oder Ablehnung ansehen würden. Von einer Seite wurde ohne Widerspruch bemerkt, daß eine zu Gunsten der gesammten Hand ausfallende Abstimmung, falls sich die Mehrheit später über die Ausgestaltung im Einzelnen nicht einigen könnte, von selbst hinfällig werden müßte, insoweit mithin eine eventuelle wäre. Die Kom. lehnte mit zwölf gegen acht Stimmen die Regelung des Entw. ab. Sodann wurde, nachdem in eventueller Abstimmung bezüglich des Antrags 4 § a die Ergänzung des Abs. 1 nach dem Unterantrag a beschlossen und der zu Abs. 2 gestellte Unterantrag c abgelehnt worden war, bei der endgültigen Abstimmung der Antrag 5 § a und der Antrag 4 § a Abs. 2 angenommen. Der Antrag 4 § a Abs. 1 und § c war durch die Annahme des Antrags 5 § a Abs. 1 erledigt.. . . Die Mehrheit billigte eventuell die dem Antrage 2 zu Grunde liegende Ansicht, womit der Antrag auf Streichung des § 44 der K . O . sich ebenfalls erledigte. Die nähere Erörterung des Antrags 2 erübrigte sich durch die Annahme des Prinzips der gesammten Hand. Bei der Einzelberathung der Anträge 4 und 5, welche das Prinzip der gesammten Hand zur Durchführung bringen, wurde bemerkt, daß die Verschiedenheit zwischen den beiden Anträgen und den zu 4 gestellten Unteranträgen im Wesentlichen redaktioneller Natur sei, daß es aber bei der Fassung der Bestimmungen darauf ankommen werde, einerseits eine Entscheidung der wissenschaftlichen Frage nach dem Wesen der gesammten Hand zu vermeiden, andererseits das Prinzip selbst möglichst deutlich und verständlich hinzustellen. Im Einzelnen hielt es die Kom. eventuell für richtig, im Abs. 1 des § a des Antrags 4 mit dem Unterantrag a zu sagen „nicht nach festen Bruchtheilen", glaubte 294
14. Titel : Gesellschaft
§ § 717 - 720
aber die im Abs. 1 des § a des Antrages 5 vorgeschlagene Fassung, welche den § c des Antrags 4 mit umfaßt, vorziehen zu sollen. Zu diesem Beschlüsse wurde von einer Seite ohne Widerspruch bemerkt, daß es der RedKom. überlassen bleiben müsse, den Unterschied zwischen dem bisher im Entw. angenommenen Miteigenthum und dem Eigenthume zur gesammten Hand, wie solches jetzt sanktionirt sei, im Gesetz an geeigneter Stelle zum Ausdruck zu bringen. Der Abs. 2 des § a im Antrage 4 wurde sachlich nicht beanstandet; es wurde nur der Aufnahme desselben und insbesondere der Worte „oder einzelner dazu gehörenden Gegenstände" widersprochen, weil der Gedanke selbstverständlich sei. Die Mehrheit der Kom. erachtete es für richtig, den Abs. 2 des § a, wie er unter 4 vorgeschlagen war, aufzunehmen, weil der Satz eine praktisch besonders wichtige Folgerung aus dem Prinzipe der gesammten Hand ausspreche. Der Abs. 2 des § a des Antrags 5 wurde nicht beanstandet. — Zur Berathung gelangten die §§ b der mitgetheilten Anträge 4 und 5. Die nach der Absicht der Antragsteller sachlich übereinstimmenden Anträge wurden angenommen. — Man wandte sich zur Berathung des § d in dem Antrage 4 und des § c in dem Antrage 5. Der Antragsteller zu 4 ließ die in Klammern eingeschlossenen Worte „wegen einer Gesellschaftsverbindlichkeit" fallen. Der Antrag 4 fand Annahme. — Der § e des Antrags 4 wurde abgelehnt. II. In der VorlZust lautet die beschlossene Regelung: $ 644. Die aus dem Gesellschaftsvertrage einem Gesellschafter gegen die übrigen EI-VorlZust Gesellschafter zustehenden Forderungen sind nicht übertragbar. Diese Vorschrift §644 findet keine Anwendung auf die einem Gesellschafter aus der Führung der Geschäfte der Gesellschaft zustehenden Forderungen, sofern deren Berichtigung noch vor der Auseinandersetzung verlangt werden kann, sowie auf Forderungen, welche einen Gewinnantheil oder dasjenige zum Gegenstande haben, was einem Gesellschafter bei der Auseinandersetzung zukommt. § 645 (631 Abs. 4, 645). Die auf Grund des Gesellschaftsvertrages durch die Bei- E I-VorlZust träge der Gesellschafter und die Geschäftsführung gemeinschaftlich gewordenen S 645 Gegenstände mit Einschluß der Forderungen bilden das Gesellschaftsvermögen. Ein Gesellschafter kann über seinen Antheil an dem Gesellschaftsvermögen und den dazu gehörenden Gegenständen nicht verfügen und ist nicht berechtigt, die Theilung zu verlangen. Gegen eine zum Gesellschaftsvermögen gehörende Forderung kann der Schuldner eine ihm gegen einen einzelnen Gesellschafter zustehende Forderung nicht aufrechnen. Die Folgen der Zugehörigkeit einer Forderung zum Gesellschaftsvermögen treten dem Schuldner gegenüber (zu dessen Gunsten) erst dann ein, wenn er von der Zugehörigkeit Kenntniß erlangt hat; die Vorschriften der §§ 303 bis 305 finden entsprechende Anwendung. § 645 a. Die Zwangsvollstreckung in die zum Gesellschaftsvermögen gehörenden E I-VorlZust Gegenstände findet nur auf Grund eines gegen sämmtliche Gesellschafter voll- S 645 a streckbaren Schuldtitels statt.
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§§717-720
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
III. Fassung der Regelung in der
ZustRedKom:
ZustRedKom § 644. Die Ansprüche, welche den Gesellschaftern aus dem Gesellschaftsverhält§644 nisse gegen einander zustehen, sind nicht übertragbar. Ausgenommen sind die einem Gesellschafter aus seiner Geschäftsführung zustehenden Ansprüche, soweit deren Befriedigung vor der Auseinandersetzung verlangt werden kann, sowie die Ansprüche auf einen Gewinnantheil oder auf dasjenige, was dem Gesellschafter bei der Auseinandersetzung zukommt. ZustRedKom §645 (§631 Abs. 4, 645). Ein Gesellschafter kann über seinen Antheil an den § 645 durch die Beiträge der Gesellschafter und durch den Erwerb aus der Geschäftsführung gemeinschaftlich gewordenen Gegenständen mit Einschluß der Forderungen (Gesellschaftsvermögen) nicht verfügen; er ist nicht berechtigt, Theilung zu verlangen. Gegen eine zum Gesellschaftsvermögen gehörende Forderung kann der Schuldner eine ihm gegen einen einzelnen Gesellschafter zustehende Forderung nicht aufrechnen. Die Zugehörigkeit einer Forderung zum Gesellschaftsvermögen braucht der Schuldner nur dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er von der Zugehörigkeit Kenntniß erlangt hat; die Vorschriften der §§ 303 bis 305 finden entsprechende Anwendung. Die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen findet nur auf Grund eines gegen sämtliche Gesellschafter vollstreckbaren Schuldtitels statt. IV. 1. Fassung der Regelung im E II: E II § 657
§ 657. Die Ansprüche, welche den Gesellschaftern aus dem Gesellschaftsverhältnisse gegen einander zustehen, sind nicht übertragbar. Ausgenommen sind die einem Gesellschafter aus seiner Geschäftsführung zustehenden Ansprüche, soweit deren Befriedigung vor der Auseinandersetzung verlangt werden kann, sowie die Ansprüche auf einen Gewinnantheil oder auf dasjenige, was dem Gesellschafter bei der Auseinandersetzung zukommt.
E II § 658
§ 658. Ein Gesellschafter kann über seinen Antheil an den durch die Beiträge der Gesellschaft und durch den Erwerb aus der Geschäftsführung gemeinschaftlich gewordenen Gegenständen, mit Einschluß der Forderungen, (Gesellschaftsvermögen) nicht verfügen; er ist nicht berechtigt, Theilung zu verlangen. Gegen eine Forderung, welche zum Gesellschaftsvermögen gehört, kann der Schuldner eine ihm gegen einen einzelnen Gesellschafter zustehende Forderung nicht aufrechnen. Die Zugehörigkeit einer Forderung zum Gesellschaftsvermögen hat der Schuldner erst dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er von der Zugehörigkeit Kenntniß erlangt hat; die Vorschriften der §§ 349 bis 351 finden entsprechende Anwendung. Die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen findet nur auf Grund eines gegen sämmtliche Gesellschafter vollstreckbaren Schuldtitels statt20. 20
Zu § 658 Abs. 1 wurden folgende nachträgliche Änderungen vorgenommen: § 658 Abs. 1 Satz 1 erhält folgende Fassung: „Ein Gesellschafter kann über seinen Antheil an dem Gesellschaftsvermögen nicht verfügen; er ist nicht berechtigt, Theilung zu verlangen. Das Gesellschaftsvermögen besteht aus den Beiträgen der Gesellschafter und den durch die Geschäftsführung erworbenen Gegenständen." (Vgl. Prot. II, S. 5341 ff.) 2. Der Eingang des § 658 Abs. 1 (Aenderungen und Berichtigungen zum vierten Buche) erhält folgende Fassung: „Ein Gesellschafter kann über seinen Antheil an dem Gesellschaftsvermögen und an den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen nicht verfügen; . .
296
14. Titel: Gesellschaft
§721
2. a) Zu § 658 lag der Antrag vor, den Eingang des in den Berichtigungen zum Familienrechte geänderten Abs. 1 dahin zu ergänzen: „Ein Gesellschafter kann über seinen Antheil an dem Gesellschaftsvermögen und an den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen nicht verfügen; er ist n i c h t . . Der Antrag wurde angenommen, um den Einklang mit $ 1338 Abs. 1 und § 1370 Abs. I 21 herzustellen (Prot. II, Bd. 6, S. 194). b) Zu § 667 war beantragt, dem Abs. 1 hinzuzufügen: „Zu dem Gesellschaftsvermögen gehört auch, was vor der Auseinandersetzung auf Grund eines zu dem Gesellschaftsvermögen gehörenden Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zu dem Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenstandes oder durch ein Rechtsgeschäft erworben wird, das sich auf das Gesellschaftsvermögen bezieht." Der Antrag wurde der RedKom. zur Prüfung überwiesen; die Prüfung soll sich eventuell auch darauf erstrecken, ob die Vorschrift an einer anderen Stelle einzufügen sei (Prot. II, Bd. 2, S. 195). V. Die S S 704 ff. Ε II rev. (E III) entsprechen den S S 717ff. BGB22.
D. Bundesrat (Justizausschuß) I. Sachsen-Altenburg beanstandet, daß — abweichend von dem Entwurf erster Lesung — die Gesellschaft nach dem Systeme der gesammten Hand geregelt sei. II. Bericht von Heller {Bayern) vom 11. 10. 1895: Die Bemerkung Sachsen-Altenburgs zum S 706 wurde von keiner Seite unterstützt und galt damit als erledigt.
§721 Ein Gesellschafter kann den Rechnungsabschluß und die Vertheilung des Gewinns und Verlustes erst nach der Auflösung der Gesellschaft verlangen. Ist die Gesellschaft von längerer Dauer, so hat der Rechnungsabschluß und die Gewinnvertheilung im Zweifel am Schlüsse jedes Geschäftsjahrs zu erfolgen.
A. 1. Kommission I. 267. Sitzung vom 3. 12. 1883, Schriftführer Neubauer
Der Abs. 3 des § 658 wird gestrichen; zum Ersatz soll im Art. 11 des Einführungsgesetzes vor dem §671 a folgender § 671 1 [vgl. § 7 3 6 ZPO] in die Civilprozeßordnung eingestellt werden: „Zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen einer nach § 745 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingegangenen Gesellschaft ist ein gegen alle Gesellschafter vollstreckbares Urtheil erforderlich." 2 · Vgl.§§ 1419, 1471 ff. BGB. 22 Die Aufteilung des §658 E I in drei Bestimmungen ( § § 7 1 8 - 7 2 0 BGB) geht auf die RedKom zurück. Zu § 718 Abs. 2 BGB vgl. § 1473 Abs. 1 BGB.
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§721 I Prot I 2965
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
| Der Art. 793 des Entwurfs bestimmt: „Einen Rechnungsabschluß und die Vertheilung des Gewinnes und Verlustes kann ein Gesellschafter erst nach Auflösung des Gesellschaftsvertrages verlangen. Ist das Gesellschaftsverhältniß von längerer Dauer, so kann jeder Gesellschafter verlangen, daß jährlich die Rechnung abgeschlossen und der Gewinn vertheilt werde, sofern nicht nach dem Gesellschaftszwecke oder nach den Umständen etwas Anderes anzunehmen ist." Der Artikel blieb sachlich unbeanstandet; man hielt ihn für angemessen und unbedenklich. Zur Fassung wurde behufs Berücksichtigung bei der Redaktion erinnert, es werde klar zu stellen sein, daß der erste Absatz eine lex dispositiva, der zweite Absatz eine einfache Auslegungsregel enthalte. II., III., IV. Die beschlossene Regelung lautet in der RedVorl. (in der ZustOR, im KEund im EI):
RedVorl § 18
S 18 (Art. 793), (§ 531 ZustOR; § 639 KE; § 646 E I). Ein Gesellschafter kann einen Rechnungsabschluß und die Vertheilung des Gewinnes und Verlustes erst nach Auflösung der Gesellschaft verlangen. Ist das Gesellschaftsverhältniß von längerer Dauer, so ist im Zweifel jährliche Abschließung der Rechnung und jährliche Gewinnvertheilung als vereinbart anzusehen.
B. In der Vorkommission des Reichsjustizamtes hat eine Beratung des § 646 E I nicht stattgefunden.
C. 2. Kommission I. Der § 646 E I blieb unbeanstandet (Prot. II, Bd. 2, S. 437). II. § 646 E I-VorlZust. lautet wie § 646 E I. III. Fassung der Regelung in der ZustRedKom: E I-ZustRedKom § 646: Ein Gesellschafter kann den Rechnungsabschluß und die Vertheilung des § 646 Gewinns und Verlustes erst nach der Auflösung der Gesellschaft verlangen. Ist das Gesellschaftsverhältniß von längerer Dauer, so hat im Zweifel der Rechnungsabschluß und die Gewinnvertheilung am Schlüsse jedes Geschäftsjahres zu erfolgen. IV. Fassung der Regelung im E II ξ 659 : Ein Gesellschafter kann den Rechnungsbeschluß und die Vertheilung des Gewinns und Verlustes erst nach der Auflösung der Gesellschaft verlangen. Ist die Gesellschaft von längerer Dauer, so hat im Zweifel der Rechnungsabschluß und die Gewinnvertheilung am Schlüsse jedes Geschäftsjahrs zu erfolgen. V. § 708 E ll rev. (E II) lautet wie § 721 BGB.
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14. Titel: Gesellschaft
§722
§722 Sind die Antheile der Gesellschafter am Gewinn und Verluste nicht bestimmt, so hat jeder Gesellschafter ohne Rücksicht auf die Art und die Größe seines Beitrags einen gleichen Antheil am Gewinn und Verluste. Ist nur der Antheil am Gewinn oder am Verluste bestimmt, so gilt die Bestimmung im Zweifel für Gewinn und Verlust.
A. 1. Kommission I. 264. Sitzung vom 26. 11. 1883, Schriftführer N e u b a u e r I Z u Artikel 776 des Entwurfs: „Sind die Antheile der Gesellschafter am Gewinn und Verlust nicht bestimmt, so hat jeder Gesellschafter, ohne Rücksicht auf die Art und G r ö ß e seines Beitrages, gleichen Antheil am Gewinn und Verlust. Ist nur der Antheil am Gewinn oder nur der Antheil am Verlust bestimmt, so gilt die Bestimmung im Zweifel f ü r Beides". w a r beantragt: dem Artikel folgenden Zusatz zu geben: „ W e n n alle Beiträge in Geld bestehen oder in Geld veranschlagt sind, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Gesellschafter nach Verhältniß ihrer Beiträge, Antheil am Gewinn und Verlust haben sollen 1 ." Die beiden Absätze des Entwurfs w u r d e n als sachgemäß und zugleich im H i n blicke auf die Uebereinstimmung des ersten Absatzes mit dem einschlagenden Prinzipe des Handelsgesetzbuchs (Art. 109) gebilligt, während der obige einen Zusatz vorschlagende Antrag nicht die Zustimmung der Mehrheit f a n d . In der letzteren Beziehung w a r man der Ansicht: Die in dem Antrage vorgeschlagene Bestimmung lasse sich f ü r viele Fälle, ζ. B. Dem Antrag war als Begründung hinzugefügt: „Zur Erläuterung dieses Antrages wird bemerkt, daß zu den §§ 803 und 804 des Entwurfes der Antrag in Aussicht genommen ist, die Absätze 2 und 3 des § 803 sowie den $ 804 durch folgende Bestimmung zu ersetzen : § a. Das bei Auflösung der Gesellschaft nach Abzug aller Schulden (einschließlich der an einzelne Gesellschafter zu erstattenden Auslagen und Verwendung) verbleibende gemeinschaftliche Vermögen wird unter allen Gesellschaftern, und zwar im Zweifel in demselben Verhältniß getheilt, in welchem sie an dem Gewinn und Verlust theilnehmen. — In demselben Verhältnisse haben sie den Verlust zu tragen, wenn das vorhandene gemeinschaftliche Vermögen zur Deckung aller Schulden nicht ausreicht. § b. Ging die Absicht der Vertragschließenden dahin, daß aus dem gemeinschaftlichen reinen Vermögen zunächst die von den Gesellschaftern gemachten Beiträge erstattet werden sollen, so ist der vereinbarte und in Ermangelung einer Vereinbarung der zur Zeit der Einbringung vorhandene Werth der Beiträge zu erstatten. — Für beigetragene persönliche Leistungen, sowie für die Gewährung des Gebrauchs und der Benutzung von Sachen kann, sofern diese Beiträge nicht in Geld veranschlagt sind, im Zweifel ein Ersatz nicht gefordert werden. — Reicht das vorhandene reine Vermögen zur Erstattung der Beiträge nicht aus, so findet eine verhältnißmäßige Kürzung desselben statt. Uebersteigt dasselbe die zu erstattenden Beiträge, so wird der Ueberschuß unter sämmtlichen Gesellschaftern nach Maßgabe der für die Gewinnvertheilung geltenden Grundsätze getheilt. — Die vorherige Erstattung der Beiträge gilt im Zweifel insbesondere dann beabsichtigt, wenn sämmtliche Beiträge der Gesellschafter in Geld bestanden oder zu Geld veranschlagt waren." 299
I Prot 12916 DresdE Art 776
Planck (Nr 523, 5)
§722
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
wenn der Vertrag die Anschaffung eines Lotterielooses zum gemeinschaftlichen Spiele bezwecke, als angemessen nicht bestreiten. In solchen Fällen werde aber schon der Inhalt des Vertrags die Auslegung rechtfertigen; es sei eine dem Antrage entsprechende Vertheilung des Gewinns nach den konkreten Umständen als gewollt anzusehen. Es sei daher die vorgeschlagene Bestimmung kein Bedürfniß, andrerseits erscheine sie bedenklich, weil nicht allein die auf eine andere Parteiintention hinweisenden besonderen Umstände des Falls ihrer Angemessenheit entgegenI Prot 12917 stehen | könnten, sondern auch, weil sie zu einem gefährlichen argumentum e contrario Anlaß zu geben vermöchte. II., III., IV. 1. In der RedVorl. lautet die Regelung: RedVorl § 19 § 19 (Art. 776). Sind die Antheile der Gesellschafter an Gewinn und Verlust nicht vertragsmäßig bestimmt, so hat jeder Gesellschafter ohne Rücksicht auf die Art und Größe seines Beitrags gleichen Antheil an Gewinn und Verlust. Ist nur der Antheil am Gewinn oder Verlust bestimmt, so gilt die Bestimmung im Zweifel für beides. 2. Fassung der Regelung in der ZustOR (im KE, EI) : ZustOR § 532 § 532. Sind die Antheile der Gesellschafter an Gewinn und Verlust nicht verKE § 640 tragsmäßig bestimmt, so hat jeder Gesellschafter ohne Rücksicht auf die Art und E I § 647 Größe seines Beitrags gleichen Antheil an Gewinn und Verlust. Ist nur der Antheil am Gewinn oder Verlust bestimmt, so gilt die Bestimmung im Zweifel für beides.
B. In der Vorkommission des Reichsjustizamtes ist § 647 E I nicht beraten worden.
C. 2. Kommission I. Der S 647 E I blieb unbeanstandet (Prot. II, Bd. 2, S. 437). II. § 647 E I- VorlZust lautet wie § 647 E I. III. Fassung der Regelung in der
ZustRedKom:
E I-ZustRedKom § 647. Sind die Antheile der Gesellschafter am Gewinn und Verlust nicht be§ 647 stimmt, so hat jeder Gesellschafter ohne Rücksicht auf die Art und Größe seines Beitrages gleichen Antheil am Gewinn und Verluste. Ist nur der Antheil am Gewinn oder am Verluste bestimmt, so gilt die Bestimmung im Zweifel für beides. IV. § 660 E / / ( § 709 E II rev./E III) entspricht S 722 BGB.
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14. Titel: Gesellschaft
§ § 7 2 3 - 724
§723 Ist die Gesellschaft nicht für eine bestimmte Zeit eingegangen, so kann jeder Gesellschafter sie jederzeit kündigen. Ist eine Zeitdauer bestimmt, so ist die Kündigung vor dem Ablaufe der Zeit zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere vorhanden, wenn ein anderer Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit verletzt oder wenn die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich wird. Unter der gleichen Voraussetzung ist, wenn eine Kündigungsfrist bestimmt ist, die Kündigung ohne Einhaltung der Frist zulässig. Die Kündigung darf nicht zur Unzeit geschehen, es sei denn, daß ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt. Kündigt ein Gesellschafter ohne solchen Grund zur Unzeit, so hat er den übrigen Gesellschaftern den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Eine Vereinbarung, durch welche das Kündigungsrecht ausgeschlossen oder diesen Vorschriften zuwider beschränkt wird, ist nichtig. §724 Ist eine Gesellschaft für die Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangen, so kann sie in gleicher Weise gekündigt werden wie eine für unbestimmte Zeit eingegangene Gesellschaft. Dasselbe gilt, wenn eine Gesellschaft nach dem Ablaufe der bestimmten Zeit stillschweigend fortgesetzt wird. A. 1. Kommission a) 264. Sitzung vom 26. 11. 1883, Schriftführer Neubauer I Zu Artikel 778 des Entwurfs : | Prot 12917 „Ein Gesellschaftsvertrag kann auf bestimmte oder unbestimmte Zeit geschlos- DresdE Art 778 sen werden. Ein auf die Lebenszeit eines Gesellschafters geschlossener Gesellschaftsvertrag ist als ein auf unbestimmte Zeit geschlossener zu betrachten. Dasselbe gilt von einem Gesellschaftsvertrage, welcher nach Ablauf der für seine Dauer bestimmten Zeit stillschweigend von den Gesellschaftern fortgesetzt wird, von der Zeit der Fortsetzung an. Eine Vereinbarung, nach welcher ein Gesellschaftsvertrag unauflöslich sein oder einem Gesellschafter das Recht des Austritts aus der Gesellschaft nicht zustehen soll, ist nichtig". I lagen die Anträge vor : | Prot 12918 1. den zweiten und dritten Absatz des Artikels durch folgende Bestimmungen zu Planck ersetzen: (Nr 526) „Wird ein auf bestimmte Zeit abgeschlossener Gesellschaftsvertrag nach Ablauf der bestimmten Zeit stillschweigend fortgesetzt, so ist er von da an als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen anzusehen. Ist ein Gesellschaftsvertrag auf eine Zeit geschlossen, welche sich auf länger als 30 Jahre erstreckt, so gilt er nach Ablauf von 30 Jahren, als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Diese Bestimmung findet auf den Fall, wenn der Vertrag auf Lebenszeit eines Gesellschafters abgeschlossen ist, keine Anwendung". 301
§ § 7 2 3 - 724
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Bemerkt wurde von dem Antragsteller zu 1, es werde der Redaktion vorzubehalten sein, ob die Bestimmungen dieses Artikels nicht besser mit den Artikeln 796 u. ff. verbunden werden, und werde vorbehalten, die Bestimmung des letzten Satzes des Artikels 778, nach welcher der Verzicht auf das Recht des Austritts nichtig sei, durch die Fassung des Artikels 798 zum Ausdruck zu bringen. Kurlbaum (Nr 527)
2. statt des Artikels zu bestimmen: „Die Vereinbarung, daß die Gesellschaft unauflöslich sein solle, ist nur für die Zeit von dreißig Jahren wirksam". D e r Artikel wurde absatzweise berathen. Zum ersten Absätze. Es wurde die Streichung des ersten Absatzes beschlossen. Man ging davon aus : Daß der Gesellschaftsvertrag sowohl auf bestimmte als auf unbestimmte Zeit geschlossen werden könne, ergäben zur Genüge die Artikel 796 — 800. Es sei völlig überflüssig, diese Zulässigkeit an der vorliegenden Stelle noch besonders hervorzuheben. Auch das Handelsgesetzbuch vermeide eine solche Hervorhebung, durch die im Grunde dasselbe nur zweimal bestimmt werde.
I Prot I 2919
| Zum zweiten Absätze. Die Mehrheit genehmigte den zweiten Absatz unter Vorbehalt der zur Redaktion gehörenden Fassung und ferner der Prüfung, ob nicht die Vorschrift mit den Artikeln 796 — 800 zu verbinden sei. Der dem Antrage Ν 2 1 entsprechende Vorschlag, zusätzlich zu bestimmen : „sei der Gesellschaftsvertrag auf länger als dreißig Jahre geschlossen, so gelte der Vertrag nach Ablauf von dreißig Jahren als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen". wurde abgelehnt. Erwogen war: Die beiden in dem zweiten Absatz enthaltenen Vorschriften seien positiver Natur. Ihre Angemessenheit lasse sich indessen nicht in Zweifel ziehen. Am wichtigsten sei die erste Bestimmung. Für ihre Sachgemäßheit spreche die Betrachtung, daß ein auf Lebenszeit eingegangener Gesellschaftsvertrag nur zu oft auf Uebereilung, Selbsttäuschungen und Illusionen beruhe. Nicht selten stelle sich dies schon nach kurzer Zeit heraus. Den hieraus entspringenden Uebelständen ohne wesentliche Nachtheile zu begegnen, sei die fragliche Bestimmung vorzugsweise geeignet. Man dürfe nicht einwenden, es erwecke Anstoß, einen auf Lebenszeit eingegangenen Vertrag für weniger bindend zu erachten, als den auf eine bestimmte Zeit geschlossenen. Ein auf bestimmte Zeit geschlossener Vertrag unterliege einer anderen Beurtheilung. Die Vereinbarung einer bestimmten Zeit beruhe regelmäßig auf ganz anderen Erwägungen und Gründen als die Einigung auf Lebenszeit. Dies sei auch bei der Berathung des Handelsgesetzbuchs erkannt und deshalb die von dem Entwürfe übernommene Vorschrift des Artikels 123' beschlossen. Es sei nicht rathsam, in der ι Art. 123 HGB lautet: Die Gesellschaft wird aufgelöst: 1. durch die Eröffnung des Konkurses über die Gesellschaft; 2. durch den Tod eines der Gesellschafter, wenn nicht der Vertrag bestimmt, daß die Gesellschaft mit den Erben des Verstorbenen fortbestehen soll; 3. durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines der Gesellschafter oder durch die eingetretene rechtliche Unfähigkeit eines der Gesellschafter zur selbständigen Vermögensverwaltung; 4. durch gegenseitige Uebereinkunft; 5. durch Ablauf der Zeit, auf deren Dauer die Gesellschaft eingegangen ist, sofern nicht die Gesellschafter dieselbe stillschweigend fortsetzen; in diesem Falle gilt sie von da an als auf unbestimmte Dauer einge302
14. Titel: Gesellschaft
§ § 7 2 3 - 724
vorliegenden wichtigen Beziehung von den Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs, deren Zweckmäßigkeit bisher nicht angefochten sei, sich | zu entfernen. Die vorste- | Prot I 2920 henden Gründe gestatteten auch nicht die Annahme des oben mitgetheilten, mit den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs gleichfalls nicht harmonirenden Vorschlags, der um so bedenklicher sei, als er zugleich die Vereinbarung, daß die Gesellschaft mit den Erben der Gesellschafter fortbestehen solle (Art. 802) 2 , erheblich beschränke. Aus den §§ 378 und 419 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 2136, 2273, 2274, 2279) 3 und aus den Vorschriften über die Unzulässigkeit einer die Theilungsklage über eine bestimmte Zeit hinaus ausschließenden Uebereinkunft (Art. 854 des Entwurfs) 4 lasse sich endlich f ü r die Angemessenheit des vorgeschlagenen Zusatzes kein zutreffender Grund entlehnen; denn der Gesellschaftsvertrag sei nach seinem Zwecke und juristischen Wesen von dem Mieth-, Pacht- und Dienstvertrage und das Gesellschaftsverhältniß von dem der bloßen Kommunion wesentlich verschieden. Für das Gesellschaftsverhältniß erledigten die Vorschriften über das Recht jedes Gesellschafters, unter gewissen Voraussetzungen die Auflösung der Gesellschaft zu fordern, alle Bedenken, welche sich gegen die unbeschränkte Zulassung einer die Dauer der Gesellschaft bestimmenden Uebereinkunft erheben ließen. Anlangend die im zweiten Satze des Entwurfs enthaltene Vorschrift, so sei sie von nur geringer Bedeutung. Eine Vorschrift, wie der Fall zu beurtheilen, sei jedoch nöthig, und die des Entwurfs an sich unbedenklich und überdies mit den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs im Einklang. Zum dritten Absätze. Der dritte Absatz wurde, vorbehaltlich der Fassung und Stellung, gleichfalls genehmigt und der Antrag N 2 2 abgelehnt. Man war der Ansicht: Der Schwerpunkt des dritten Absatzes liege darin, daß in dem betreffenden Falle keineswegs die Gesellschaft als nur auf unbestimmte Zeit eingegangen gelten, sondern I daß die fragliche Vereinbarung nichtig sein solle, demzufolge die Beurthei- | Prot 12921 lung frei werde, ob nicht der ganze Vertrag als hinfällig anzusehen sei (§ 106 der Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 276 5 ). So unbedenklich es sei, in Uebereinstimmung mit dem geltenden Rechte einen unauflöslichen oder den Austritt ausschließenden Vertrag nicht zuzulassen, so gerechtfertigt sei es, einen gegen die desfallsige lex absoluta verstoßenden Vertrag so zu behandeln, wie es im Entwürfe geschehe, weil diese Behandlung den allgemeinen Grundsätzen entsprechend sei. Der Antrag N - 2 könne aus den Gründen nicht gebilligt werden, welche nach dem Obigen es rechtfertigten, den auf eine bestimmte Zeit abgeschlossenen Vertrag ohne besondere Beschränkung für zulässig zu erklären . . .
gangen; 6. durch die von Seiten eines Gesellschafters geschehene Aufkündigung, wenn die Gesellschaft auf unbestimmte Dauer eingegangen ist. — Eine auf Lebenszeit eingegangene Gesellschaft ist als eine Gesellschaft von unbestimmter Dauer zu betrachten. 2 Unten S. 318. 3 Vgl. SS 567, 624 BGB (Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, Recht der Schuldverhältnisse II, S. 550ff., 805 ff.) •t Unten S. 384. 5 Vgl. Quellen zu § 139 BGB.
303
§§723-724
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
b) 268. Sitzung vom 5. 12. 1883, Schriftführer Neubauer I Prot I 2973 DresdE Art 796
| Zu Artikel 796 des Entwurfs : „Der Gesellschaftsvertrag wird aufgelöst, wenn ein Gesellschafter seinen Austritt erklärt. Ist ein Gesellschaftsvertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen worden, so kann der Austritt zu jeder Zeit ohne Angabe eines Grundes erklärt werden. Erklärt ein Gesellschafter seinen Austritt in der Absicht, den übrigen Gesellschaftern einen denselben nach dem Gesellschaftsvertrage gebührenden Gewinn zu entziehen, oder zu einer Zeit, wo ein im Gesellschaftszwecke liegendes Geschäft wegen des Austrittes zum Nachtheile der übrigen Gesellschafter nicht vollendet oder nur mit Nachtheil derselben fortgeführt werden könnte, so haftet der Austretende den übrigen Gesellschaftern für den ihnen durch den unzeitigen Austritt entstandenen Schaden ebenso, als wenn er noch Gesellschafter wäre." war beantragt:
Planck 1. die letzten Worte: „ebenso, als wenn er noch Gesellschafter wäre" zu strei(Nr 537,1) chen (zu vergi. § 449 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 2457-2461) 6 . v. Weber 2. statt dessen zu bestimmen : (Nr 538) „Ein auf unbestimmte Zeit geschlossener Gesellschaftsvertrag wird aufgelöst, I Prot I 2974 wenn ein Gesellschafter den übrigen Gesellschaftern gegenüber | seinen Austritt erklärt. Der Austritt darf nicht arglistig oder zur Unzeit erklärt werden. Im Falle der Zuwiderhandlung haftet der Austretende den übrigen Gesellschaftern für den ihnen hieraus entstandenen Schaden. Die Haftung tritt wegen unzeitigen Austritts nicht ein, wenn ein wichtiger, den Austritt nach den Umständen des Falles rechtfertigender Grund vorlag." (zu vergleichen die Fassung des § 449 der Zusammenstellung des Obligationenrechts.) Der Antrag N 2 2 wurde mit der Abweichung genehmigt, daß a) der erste Absatz des Antrags die Fassung erhalten soll : „Eine auf unbestimmte Zeit geschlossene Gesellschaft wird durch die von Seiten eines Gesellschafters erfolgte Kündigung aufgelöst". b) im zweiten Absätze : „Austritt" beziehungsweise „Austretende" durch „Kündigung" und „Kündigende" ersetzt, ferner im Eingang: „arglistig oder" gestrichen und am Schluß bei „Grund" in geeigneter Weise verdeutlicht werden soll, daß die zum Artikel 798 Absatz 2 zu beschließende Vorschrift Anwendung findet. Erwogen war: Das Prinzip des Entwurfs : bei einer auf unbestimmte Zeit eingegangenen Gesellschaft stehe jedem Gesellschafter dergestalt das Recht der Kündigung zu, daß mit der letzteren der Gesellschaftsvertrag von Rechtswegen zur Auflösung gelange, verdiene Billigung. Schon im römischen Rechte anerkannt und aus diesem in die meisten modernen Kodifikationen, namentlich auch in das Handelsgesetzbuch, übergegangen, entspreche es nicht allein dem Wesen des in Rede stehenden VerI Prot I 2975 trags, | sondern empfehle sich auch aus Gründen der praktischen Zweckmäßigkeit. Daß die von Rechtswegen mit der Kündigung eintretende Auflösung die in dem Gesellschaftsvertrage sich gründenden Rechtsbeziehungen auch für die Zukunft 6 Quellen zu § 671 BGB. 304
14. Titel: Gesellschaft
§§723-724
nicht vollständig beseitige (zu vergi. H.G.B. Art. 144)7, sei unerheblich. Das Prinzip bringe nur die Auflösung des bisherigen Gesellschaftsverhältnisses — unbeschadet der durch die Auflösung nöthig werdenden und auf Grund des Gesellschaftsvertrags zu bewirkenden Auseinandersetzung — zum Ausdruck. Unbedenklich erscheine es sodann, im Anschluß an den Entwurf zu bestimmen, daß die Kündigung nicht zur Unzeit geschehen dürfe, sowie einer unzeitigen Kündigung zwar die mit ihr eintretende Wirkung der Auflösung beizulegen, den kündigenden Gesellschafter dagegen für den aus der Unzeitigkeit der Kündigung den übrigen Gesellschaftern entstehenden Schaden für verantwortlich zu erklären. Eine unzeitige Kündigung verstoße gegen die von jedem Gesellschafter im Gesellschaftsvertrage übernommenen Verpflichtungen (§61 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 635, 636)8. Ihr wegen einer solchen Pflichtverletzung die Wirkung der Auflösung zu entziehen, führe jedoch zu erheblichen praktischen Uebelständen. Weit angemessener erscheine es, sie zwar in Ansehung der Auflösung für wirksam zu erklären, dem Kündigenden dagegen die Verpflichtung zur Erstattung des Interesse aufzuerlegen. Das entspreche auch der Bestimmung des § 449 Absatz 3 Satz 1 der gedachten Zusammenstellung (Protokolle S. 2457 — 2461). Mit dem Entwürfe ein Näheres über den zu leistenden Schadensersatz, unter Berücksichtigung der bekannten und keineswegs unanfechtbaren Rechtsregel des römischen Rechts: „socius a se socium, sed non se a socio libérât", zu | bestimmen, | Prot 12976 sei überflüssig und sogar, weil darin eine nicht zu rechtfertigende Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen gefunden werden könnte, nicht ohne Gefahr. Ueberflüssig sei es ferner, mit dem Entwürfe näher zu erläutern, unter welchen Voraussetzungen eine Kündigung als unzeitig gelte. Es sei nicht möglich, im Gesetze diese Voraussetzungen näher zu bestimmen, da die richtige Entscheidung von den der richterlichen Würdigung anheimfallenden besonderen Umständen des gegebenen Falls abhänge. Was der Entwurf in dieser Beziehung vorschreibe, erscheine auf der einen Seite nicht vollständig, auf der anderen Seite zu allgemein. Weiter sei zu übergehen der Fall der arglistigen Kündigung oder einer Kündigung in der Absicht, den übrigen Gesellschaftern einen ihnen gebührenden Gewinn zu entziehen. Eine derartige Kündigung sei entweder in Gemäßheit des § 61 der gedachten Zusammenstellung eine unzeitige oder wenn nicht, eine solche, zu der der Kündigende für befugt erachtet werden müsse. In dem Antrage N 2 2 werde die unzeitige Kündigung für den Fall als rechtmäßig zugelassen, daß ein wichtiger, nach den Umständen des Falls sie rechtfertigender Grund vorliege. Hiergegen sei nichts zu erinnern, da ein solcher Grund den Begriff der Unzeitigkeit zu verneinen zwinge. Dies besonders auszusprechen, erscheine schon wegen des § 449 Absatz 3 der mehrgedachten Zusammenstellung erforderlich. Dabei verstehe es sich von selbst, daß hinsichtlich der Erheblichkeit gewisser Gründe die zum zweiten Absätze des Artikels 798 noch zu beschließende Vorschrift Anwendung leiden müsse; hierauf sei in geeigneter Weise besonders hinzuweisen. 7
Art. 144 HGB lautet: Ungeachtet der Auflösung der Gesellschaft kommen bis zur Beendigung der Liquidation in Bezug auf das Rechtsverhältniß der bisherigen Gesellschafter unter einander, sowie der Gesellschaft zu dritten Personen die Vorschriften des zweiten und dritten Abschnitts zur Anwendung, soweit sich aus den Bestimmungen des gegenwärtigen Abschnitts und aus dem Wesen der Liquidation nicht ein Anderes ergiebt. — Der Gerichtsstand, welchen die Gesellschaft zur Zeit ihrer Auflösung hatte, bleibt bis zur Beendigung der Liquidation für die aufgelöste Gesellschaft bestehen. — Zustellungen an die Gesellschaft geschehen mit rechtlicher Wirkung an einen der Liquidatoren. 8 Vgl. Quellen zu § 242 BGB.
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§ § 7 2 3 - 724
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
In redaktioneller Hinsicht sei Doppeltes zu berücksichtigen. Der erste Absatz I Prot 12977 des Artikels des Ent- | wurfs erscheine wegen des Artikels 798 inkorrekt; er spreche eine Regel aus, die nur für den Fall gelte, wenn die Gesellschaft auf unbestimmte Zeit eingegangen sei. Durch den Antrag N 2 2 werde diese Inkorrektheit nach Vorbild des Artikels 123 des Handelsgesetzbuchs in passender Weise beseitigt. Die Ausdrucksweise des Entwurfs: „Erklärung des Austritts" u.s.w. erwecke Anstoß; sie leite auf den Gedanken, die Gesellschaft bleibe unter den übrigen Gesellschaftern bestehen. Vorzuziehen sei der hergebrachte und auch in dem Handelsgesetzbuche (Art. 123)9 angenommene Ausdruck: „Kündigung" u.s.w. Die Erinnerung, dieser Ausdruck deute auf die Nothwendigkeit der Einhaltung einer Kündigungsfrist, sei unbegründet, übrigens durch eine geeignete Fassung oder einen geeigneten Zusatz leicht zu erledigen. DresdE Art 797 Der Artikel 797 des Entwurfs lautet: „Hat eine Gesellschaft, welche auf unbestimmte Zeit eingegangen worden ist, einen jährlichen Geschäftsabschluß, so kann ein Gesellschafter nur mit dem Ablaufe eines Geschäftsjahres austreten und es muß der Austritt wenigstens sechs Monate vor Ablauf des Geschäftsjahres erklärt werden". Der Antrag auf Streichung des Artikels wurde durch Mehrheitsbeschluß genehmigt. Man war der Ansicht: Der Artikel sei für die nach dem bürgerlichen Rechte zu beurtheilende Gesellschaft und abgesehen von den durch den Artikel 81010 betroffenen Gesellschaften kein Bedürfniß; seine Aufnahme würde voraussichtlich ohne wesentlichen Nutzen sein und eine Quelle zahlreicher Streitigkeiten werden. I Prot 12978 DresdE Art 798
| Zu Artikel 798 des Entwurfs : „Ist ein Gesellschaftsvertrag auf bestimmte Zeit geschlossen worden, so kann ein Gesellschafter vor Ablauf dieser Zeit nur dann austreten, wenn eine rechtmäßige Ursache hierzu vorhanden ist, worüber, im Falle eines Widerspruches, das richterliche Ermessen zu entscheiden hat. Der Austritt ist insbesondere statthaft, wenn sich die Erreichung des Gesellschaftszweckes wegen unvorhergesehener äußerer Umstände mit Wahrscheinlichkeit nicht mehr erwarten läßt, oder wenn ein Gesellschafter sich einer Untreue schuldig oder durch Begehung von strafgesetzwidrigen Handlungen sich des Vertrauens seiner Mitgesellschafter unwürdig macht, oder wenn ein Gesellschafter die ihm als solchem obliegenden wesentlichen Pflichten nicht erfüllt oder wegen Krankheit oder anderer Ursachen gehörig zu erfüllen anhaltend gehindert wird". lagen die Anträge vor:
1. statt dessen zu bestimmen: Planck „Ist ein Gesellschaftsvertrag auf bestimmte Zeit geschlossen worden, so kann ein (Nr 537) Gesellschafter vor Ablauf dieser Zeit nur dann kündigen, wenn ein wichtiger, nach den Umständen des Falls die Kündigung 10 " rechtfertigender Grund vorliegt. Als ein wichtiger Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn einer der andern Gesellschafter die ihm als solchen obliegenden Verpflichtungen in gröblicher Weise I Prot I 2979 verletzt, oder zu deren Erfüllung unfähig geworden ist, | oder wenn dem kündigen·> Oben Fn. 1. m Unten S. 308 (Fn.). Im metallographischen Antrag heißt es „Austritt", in Abs. 2 a.E. „dem austretenden Gesellschafter".
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14. Titel: Gesellschaft
§§723 -
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den Gesellschafter die Berechtigung zur Geschäftsführung nach Maßgabe des § 7 8 2 entzogen ist. Die Bestimmungen dieses § finden entsprechende Anwendung, wenn der Gesellschaftsvertrag zwar nicht auf bestimmte Zeit, aber zum Zwecke der Vornahme einzelner bestimmter Geschäfte geschlossen ist". 2. den Eingang des vorstehenden Antrags unter Streichung des letzten Absatzes Pape dahin zu ändern : „Ist ein Gesellschaftsvertrag nicht auf unbestimmte Zeit eingegangen". 3. den Schluß des zweiten Absatzes des Antrags Ν 2 1 dahin zu ändern: Kurlbaum „ . . . wenn dem Kündigenden oder einem anderen Gesellschafter die Berechtigung zur Geschäftsführung ohne Zustimmung des Kündigenden entzogen ist". Beschlossen wurde von der Mehrheit: 1. Annahme des ersten Absatzes des Antrags N - 1, jedoch mit dem Verbesserungsantrage N 2 2, wobei der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten blieb, ob nicht der Eingang dahin zu ändern sei: „Ist in dem Gesellschaftsvertrage dessen Dauer bestimmt". 2. Annahme des zweiten Absatzes des Antrags Ν 2 1 bis zu den W o r t e n : „oder wenn dem Kündigenden u.s.w.", jedoch mit der Abweichung, daß für: „wenn einer der anderen Gesellschafter" . . . bis „unfähig geworden ist" zu setzen sei: „wenn ein anderer Gesellschafter eine ihm obliegende wesentliche Verpflichtung gröblich verletzt oder die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich geworden ist". I 3. Ablehnung der Schlußbestimmung im zweiten Absätze des Antrags Ν 2 1 : | Prot I 2980 „oder wenn pp." . . . bis „entzogen ist", so wie des Antrags N 2 3. Die Gründe waren: Sei in dem Gesellschaftsvertrage dessen Dauer bestimmt, so müsse nach der modernen Rechtsauffassung diese Vereinbarung dergestalt verbindlich sein, daß während der bestimmten Dauer das freie Kündigungsrecht ausgeschlossen bleibe und die Kündigung nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig sei. In der letzteren Beziehung seien für das Gesetzbuch unbedenklich die Vorschriften der §§ 4 2 1 , 449 und 4 9 5 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 2 2 8 3 - 2 2 8 7 , 2 4 5 7 - 2 4 6 1 , 275$, 2756) 1 1 zum Vorbild zu nehmen, folglich an Stelle des ersten Absatzes des Entwurfs der erste Absatz des Antrags Ν 2 1 anzunehmen. Entwurf und Antrag seien aber insofern zu eng, als sie nur von einem auf bestimmte Zeit geschlossenen Vertrage redeten. Darin liege eine unzulässige Beschränkung in Rücksicht auf die Fälle, wenn die Dauer nicht durch Festsetzung einer bestimmten Zeit, sondern in anderer Art, ζ. B. in der im letzten Absätze des Antrags Ν 2 1 bezeichneten Weise oder durch Hinweisung auf ein Ereigniß, von dem ungewiß sei, zu welcher Zeit es sich zutragen würde, bestimmt worden. Die angeregte Erweiterung bringe der Antrag N 2 2 in Vorschlag, wobei der Redaktion die Prüfung überlassen bleiben könne, ob es zur Verdeutlichung des Gegensatzes zu dem in Artikel 796 behandelten Falle genüge, nur von Bestimmung der Dauer zu reden (zu vergi. Protokolle S. 2278 und § § 4 1 8 , 421 der oben gedachten Zusammenstellung, Protokolle S. 2 2 7 7 - 2 2 7 9 , | 2 2 8 3 - 2 2 8 7 ) 1 2 . Durch die Erweiterung |ProtI2981
" Vgl. Jakobs/Schubert, '2 Vgl. Jakobs/Schubert,
Schuldrecht II, S. 818 ff. und im vorliegenden Band S. 82 ff., 81 f. Schuldrecht II, S. 818 ff.
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§ § 723 — 724
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
des Eingangs des Artikels erledige sich zugleich der letzte Absatz des Antrags NM. Betreffend den Absatz 2 dieses Antrags oder die Bestimmung der Fälle, in welchen ein gerechtfertigter Kündigungsgrund anzunehmen sei, so empfehle es sich — ähnlich wie in dem einschlagenden Beschlüsse zum Artikel 782 (Protokolle Seite 2946) 13 die Fälle hervorzuheben, in welchen ein solcher Grund nicht allein angenommen werden könne, sondern auch angenommen werden müsse. Bei einer solchen Regelung, welche von der des Handelsgesetzbuchs (Art. 125) 14 abweiche, sei jedoch Maßhalten geboten. Es dürfe über die beiden Fälle nicht hinausgegangen werden, wenn entweder ein anderer Gesellschafter eine ihm obliegende wesentliche Verpflichtung gröblich verletzt habe oder die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich geworden sei, welcher letztere Ausdruck sowohl die objektive Unmöglichkeit als auch das nur subjektive Unvermögen („sofern die persönliche Erfüllung geboten, das subjektive Unvermögen also die Eigenschaft der objektiven Unmöglichkeit annehme") in sich begreife. Alle übrigen Fälle seien nach dem allgemeinen, die Würdigung der konkreten Umstände erheischenden Prinzipe zu beurtheilen; der Grund müsse ein wichtiger sein, der nach den obwaltenden Umständen die Kündigung als eine gerechtfertigte erscheinen lasse. Unzulässig sei es, den am Schluß des zweiten Absatzes des Antrags Ν- 1 beziehungsweise in dem Antrage N- 3 bezeichneten Fall noch hervorzuheben. Das in I Prot 12982 Rede stehende Entziehungsrecht sei vorzugsweise deshalb beschlossen (Proto-1 kolle S. 2944, 2945), um die betreffenden Gesellschafter der Nothwendigkeit zu entheben, ihrerseits die Auflösung der Gesellschaft zu fordern. Dieser Zweck würde zum größten Theil verfehlt, wenn das Kündigungsrecht unterschiedslos, ohne daß die besonderen Umstände des Falls gewürdigt zu werden brauchten, beigelegt werde. DresdE Art 799
Zu Artikel 799 des Entwurfs : „Ist eine rechtmäßige Ursache zum Austritte vorhanden, so kann derselbe auch im Falle des Artikels 797 vor Ablauf des Geschäftsjahrs und ohne Kündigung erfolu
gen . war beantragt: Planck die Vorschrift zu fassen : (Nr 537, 3) „In dem Falle des Artikels 797 kann der Austritt vor Ablauf des Geschäftsjahres und ohne Kündigung erfolgen, wenn ein wichtiger nach den Umständen des Falls den sofortigen Austritt rechtfertigender Grund vorliegt", Der Artikel galt in Folge der Streichung des Artikels 797 für erledigt. υ S. 263. 1 4 Art. 125 H G B lautet: Ein Gesellschafter kann die Auflösung der Gesellschaft vor Ablauf der für ihre Dauer bestimmten Zeit oder bei Gesellschaften von unbestimmter Dauer ohne vorgängige Aufkündigung verlangen, sofern hierzu wichtige Gründe vorhanden sind. — Die Beurtheilung, ob solche Gründe anzunehmen sind, bleibt im Falle des Widerspruchs dem Ermessen des Richters überlassen. — Die Auflösung kann insbesondere ausgesprochen werden : 1. wenn durch äußere Umstände die Erreichung des gesellschaftlichen Zwecks unmöglich wird; 2. wenn ein Gesellschafter bei der Geschäftsführung oder bei der Rechnungslegung unredlich verfährt; 3. wenn ein Gesellschafter die Erfüllung der ihm obliegenden wesentlichen Verpflichtungen unterläßt; 4. wenn ein Gesellschafter die Firma oder das Vermögen der Gesellschaft für seine Privatzwecke mißbraucht; 5. wenn ein Gesellschafter durch anhaltende Krankheit oder aus anderen Ursachen zu den ihm obliegenden Geschäften der Gesellschaft unfähig wird.
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14. Titel: Gesellschaft
§§723-724
Zu Artikel 800 des Entwurfs : „Die Austrittserklärung eines Gesellschafters hat in den Fällen der Artikel 796 bis 798 erst von dem Zeitpunkte an Wirkung, wo sie allen Gesellschaftern angezeigt worden ist. Entsteht über die Statthaftigkeit der Austrittserklärung eines Gesellschafters Streit zwischen diesem und den übrigen Gesellschaftern und wird die Austrittserklärung durch richterliches Erkenntniß als statthaft anerkannt, so treten die Wirkungen derselben mit dem im Absatz 1 angegebenen Zeitpunkte ein". I lag der Antrag vor: statt dessen zu bestimmen : „Die Austrittserklärung erfolgt den übrigen Gesellschaftern gegenüber und ist erst wirksam, wenn sie allen gegenüber erfolgt ist". eventuell zu bestimmen : „Die Austrittserklärung kann wirksam jedem Gesellschafter gegenüber erfolgen". Der eventuelle Antrag wurde zum prinzipalen erhoben. Entwurf und Anträge wurden abgelehnt. Erwogen war: Die Kündigung müsse, wie sich von selbst verstehe, den übrigen Gesellschaftern gegenüber erfolgen. Sie gehöre zu den Rechtsgeschäften der in den §§ 51 und 52 der Zusammenstellung der sich auf den Allgemeinen Theil beziehenden Beschlüsse (Protokolle S. 9 9 - 1 0 6 , 117, 118, 130, 273)15 bezeichneten Art. Dies besonders auszusprechen, sei um so entbehrlicher, als es auch in den ähnlichen Fällen der §§ 292, 377, 378 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 1692, 1693, 2130-2136) 1 6 nicht geschehen sei. Indessen möge bei der Redaktion geprüft werden, ob es sich nicht in Rücksicht auf die §§ 5417, 448, 44918 der gedachten Zusammenstellung (Protokolle S. 624, 627, 1911, 1916, 2446-2454, 2457-2461) empfehle, im Eingange des zum Artikel 796 gefaßten Beschlusses (zu vergi. Protokolle Seite 2974) vor: „erfolgte" hinzuzufügen: „den übrigen Gesellschaftern gegenüber". Eine Bestimmung darüber aufzunehmen, inwiefern zur Wirksamkeit der Kündigung gehöre, daß diese allen Gesellschaftern gegenüber erklärt sei, wie eine Kündigung wirke, die nicht allen Gesellschaftern | gegenüber erfolgt sei, und wie das Rechtsverhältniß sich gestalte, wenn zwar allen Gesellschaftern gekündigt, die Kündigung jedoch den verschiedenen Gesellschaftern zu verschiedener Zeit zugegangen sei, erscheine nicht rathsam. Die gleiche Frage erhebe sich in einer großen Zahl noch anderer Fälle, in welchen ein einseitiges Rechtsgeschäft mehreren Betheiligten gegenüber vorzunehmen sei, z. B. bei der Ausübung des Rücktrittsrechts, der Kündigung eines Mandats, eines Miethverhältnisses. Es würde nicht gerechtfertigt sein, die Frage nur für die Kündigung eines Gesellschaftsverhältnisses zu entscheiden. Wie sie zu lösen sei, könne ohne Gefahr der Wissenschaft und Praxis überlassen bleiben. Der zweite Absatz des Artikels enthalte die Vorschrift, daß das fragliche Urtheil nur deklaratorischer Natur sei. Dies zu bestimmen, sei jedoch völlig entbehrlich, da
15 Quellen zu den SS 131 f. BGB. 16 Vgl. Quellen zu den SS 609, 564f. BGB. (Jakobs/Schubert, a.a.O., S. 735ff., 538ff.). 17 Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht I, S. 559 ff. 18 Vgl. Quellen zu S 671 BGB.
309
DresdE Art 800
| p r o t 1 2 983 Planck (Nr 537, 3) Planck (Nr 539, 1)
| Prot I 2984
§§723-724
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
die nur deklaratorische Natur der richterlichen Urtheile die Regel bilde, die überall Platz greife, wo nicht das Gegentheil aus dem Gesetze ersichtlich sei. c) 269. Sitzung vom 7. 12. 1883, Schriftführer Neubauer (nicht anwesend von Kuebel) I Prot 12985
| Die Berathung des Abschnitts des Obligationenrechts betreffend die Gesellschaft wurde fortgesetzt. In Veranlassung einer Besprechung der in der letzten Sitzung gefaßten Beschlüsse ergab sich Einverständniß, daß bei der Redaktion zum Ausdruck zu bringen sei: 1. Auch die Gesellschaft, deren Zeitdauer bestimmt sei, erlösche durch eine vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit erfolgte rechtmäßige Kündigung von Rechtswegen. 2. Auch bei einer solchen Gesellschaft dürfe die Kündigung nicht zur Unzeit erfolgen, es sei denn, daß die sofortige Auflösung nach den Umständen gerechtfertigt sei, in welcher letzteren Beziehung die an Stelle des zweiten Absatzes des Artikels 798 beschlossene Vorschrift nicht unbedingt maßgebend sei.
I Prot 12986
| 3. Nach dem zum Artikel 778 Absatz 3 gefaßten Beschlüsse sei die Verabredung nichtig, wonach bei einer Gesellschaft, deren Zeitdauer nicht bestimmt sei, einem Gesellschafter das Kündigungsrecht nicht zustehen solle. Es lag der Antrag vor, in Artikel 800 a zu bestimmen : Kurlbaum „Liegt der Grund für eine unzeitige oder vorzeitige Kündigung (Art. 797, 798) (Nr 540) in einem vertragswidrigen Verhalten eines Gesellschafters, so ist dieser den übrigen Gesellschaftern zum Schadensersatz verpflichtet". (zu vergi. § 421 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 2283-2287 1 9 .) Die Mehrheit erklärte sich gegen die Aufnahme der vorgeschlagenen Bestimmung. Sie war der Ansicht: Unverkennbar spreche für den Antrag die Bestimmung des am Schluß gedachten § 421, sowie der Grund, auf welchem diese Bestimmung beruhe (zu vergi. Protokolle S. 2286). Gegen den Antrag sei aber geltend zu machen, daß der darin zugelassene Anspruch auf Schadensersatz regelmäßig die mißliche Untersuchung nöthig machen werde, ob und welcher Gewinn im Falle der Nichtauflösung der Gesellschaft erlangt sein würde, daß von einer solchen Untersuchung nur selten ein sicheres Ergebniß zu erwarten sei und daß, wo es nicht der Fall sei, die Ausübung des Kündigungsrechts die große Ausnahme bilden werde. Aus praktischen Rücksichten verI Prot I 2987 diene daher die Ablehnung des Antrags den Vor- | zug, wofür sich außerdem die Analogie der Bestimmung § 187 Absatz 2 Satz 1 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 1135 u. ff. zu vergi, insbesondere S. 1137— 1139)20, so wie des §76 daselbst (Protokolle S. 1177-1179, 1191 — 1194)21 anführen lasse. Ob wenn nur einer von mehreren zur Kündigung berechtigten Gesellschaftern ohne oder gegen den Willen der letzteren von der Kündigungsbefugniß Gebrauch gemacht und dadurch die Auflösung der Gesellschaft herbeigeführt habe, die übrigen Berechtigten den Gesellschafter, der durch sein pflichtwidriges Verhalten zu i ' Quellen zu § 626ff. BGB (Jakobs/Schubert, Schuldrecht II, S. 814ff.). 20 Jakobs/Schubert, Schuldrecht I, S. 272 f. 21 Jakobs/Schubert, Schuldrecht II, S. 50ff.; Schuldrecht I, S. 280f. 310
14. Titel: Gesellschaft
§ § 7 2 3 - 724
der Kündigung Anlaß gegeben habe, wegen Verletzung seiner kontraktlichen Pflichten auf Ersatz des durch die Auflösung der Gesellschaft entstandenen Schadens einschließlich des entgangenen Gewinnes auf Grund des § 185 der gedachten Zusammenstellung (Protokolle S. 1116—1122, 1130— 1132)22 in Anspruch nehmen könnten, habe das Gesetz nicht zu entscheiden, indem kein Grund vorliege, der von der Wissenschaft und Praxis nach den allgemeinen Grundsätzen zu treffenden Entscheidung durch eine spezielle Bestimmung vorzugreifen. II. 1. Die beschlossene Regelung lautet in der
RedVorl:
§ 20 (Art. 796, 798). Die Gesellschaft wird durch die von einem Gesellschafter RedVorl § 20 den übrigen Gesellschaftern gegenüber erfolgte Kündigung mit dem Zeitpunkt aufgelöst, in welchem gekündigt wird. Eine Gesellschaft, deren Zeitdauer bestimmt ist, kann (jedoch) vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit nur dann gekündigt werden, wenn ein wichtiger, die Kündigung nach den Umständen des Falls rechtfertigender Grund vorliegt. Als ein wichtiger Grund ist es anzusehen, wenn ein anderer Gesellschafter eine nach dem Gesellschaftsvertrage ihm obliegende wesentliche Verpflichtung verletzt hat oder die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich geworden ist. Die Kündigung darf nicht zur Unzeit geschehen; ist zur Unzeit gekündigt, so haftet der Kündigende für den hieraus den übrigen Gesellschaftern entstandenen Schaden. Diese Haftung tritt nicht ein, wenn ein wichtiger nach den Umständen des Falls die sofortige Auflösung rechtfertigender Grund vorlag. (NB. 1. Erster Absatz, vergi. §§ 54, 292, 377, 378, 448, 449. 2. Zweiter Absatz. Derselbe wird genügend deutlich machen, daß in anderen Fällen die Kündigung keiner Beschränkung unterliegt.) §21 (Art. 778). Die Vereinbarung, daß bei einer Gesellschaft, deren Zeitdauer RedVorl §21 nicht bestimmt ist, das Kündigungsrecht einem Gesellschafter nicht zustehen soll, ist nichtig. § 22 (Art. 778). Eine auf Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangene Gesell- RedVorl § 22 schaft ist als eine solche anzusehen, deren Zeitdauer nicht bestimmt ist. Dasselbe gilt von einer Gesellschaft, welche nach Ablauf der für ihre Dauer bestimmten Zeit stillschweigend fortgesetzt wird, von der Zeit der Fortsetzung an. 2. Fassung der Regelung in der
ZustOR
§ 533. Die Gesellschaft wird durch die von einem Gesellschafter den übrigen Ge- ZustOR § 533 seilschaftern gegenüber erfolgte Kündigung aufgelöst. Eine Gesellschaft, deren Zeitdauer bestimmt ist, kann vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit nur dann gekündigt werden, wenn ein wichtiger, die Kündigung nach den Umständen des Falls rechtfertigender Grund vorliegt. Als ein wichtiger Grund ist es anzusehen, wenn ein anderer Gesellschafter eine nach dem Gesellschaftsvertrage ihm obliegende wesentliche Verpflichtung aus Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit verletzt hat oder die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich geworden ist. Die Kündigung darf nicht zur Unzeit geschehen; ist zur Unzeit gekündigt, so haftet der Kündigende für den hieraus den übrigen Gesellschaftern entstandenen Schaden. Diese Haftung tritt nicht ein, wenn ein wichtiger, nach den Umständen des Falls die sofortige Auflösung rechtfertigender Grund vorlag. 22
Jakobs/Schubert, a.a.O., Schuldrecht I, S. 259 ff.
311
§§723-724
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
ZustOR § 534
§ 534. Die Vereinbarung, daß bei einer Gesellschaft, deren Zeitdauer nicht bestimmt ist, das Kündigungsrecht einem Gesellschafter nicht zustehen soll, ist nichtig·
ZustOR § 535
§ 535. Eine auf Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangene Gesellschaft ist als eine solche anzusehen, deren Zeitdauer nicht bestimmt ist. Dasselbe gilt von einer Gesellschaft, welche nach Ablauf der für ihre Dauer bestimmten Zeit stillschweigend fortgesetzt wird, von der Zeit der Fortsetzung an. III. 1. Die §§ 6 4 1 - 6 4 3 KE entsprechen den §§ 5 3 3 - 5 3 5 ZuStOR. 2. Zur 2. Revision des KE lag ein Antrag von Johow (Nr. 205 zum Allgemeinen Teil) vor, der folgende „Vorbemerkung" enthielt: Die Konstruktionen „haften für" oder „haften wegen" sind im K.E. nicht überall richtig verwendet. Es wird zu unterscheiden sein: soll der Grund der Haftpflicht bezeichnet werden, so ist „wegen" am Platze (man haftet deswegen, weil ein bestimmter Umstand vorliegt) ; soll der Inhalt der Haftpflicht, d. h. die dem Haftenden obliegende Leistung, bezeichnet werden, so ist „für" am Platze (man haftet dafür, daß eine bestimmte Leistung erfolgt). In einem arideren Sinne ist „haften für" gleichbedeutend mit Garantieleisten für das Vorhandensein eines bestimmten Zustandes (ζ. B. dafür, daß ein Grundstück lastenfrei ist). Dieser Unterscheidung entspricht auch die Diktion des K.E. Im Großen und Ganzen. Es finden sich folgende Wendungen. A. mit „haften für":. . . — B. mit „haften wegen": . . . — Da § 641 der aufgestellten Unterscheidung nicht entsprach, wurde beschlossen, statt „für den Schaden" zu setzen, „für den Ersatz des Schadens" (Prot. I., S. 11714—11718). 3. Bei der 2. Revision des KE beschloß die 1. Kommission, in § 641 Abs. 2 KE zu setzen: „ein wichtiger, nach den Umständen des Falles die Kündigung rechtfertigender . . . " (Prot. I, S. 11827). 3. Auf Antrag von Johow (Nr. 614, 3) wurde in § 641 Abs. 2 Satz 2 KE a.A. hinter „ist es" eingeschaltet: „insbesondere" (Prot. I, S. 11833). 4. Auf Antrag von Johow (Nr. 614, 4) wurde beschlossen, § 641 Abs. 2 Satz 2 KE zu fassen: „Ein solcher Grund ist als vorliegend insbesondere anzunehmen, wenn pp." (Wegen „ein solcher" zu vergi.·Prot. S. 298123, wo sich ergiebt, daß in den angegebenen Fällen die Kündigung stets erfolgen dürfe.) (Prot. I, S. 11836.) 5. Der Antrag von Johow (Nr. 610, 4), in § 642 KE a.E. statt „soll" zu setzen: „solle", wurde abgelehnt (Prot. I, S. 11802). 6. Auf Antrag von Gebhard (Nr. 609, 4) wurde der Eingang von § 643 KE gefaßt: „Eine auf die Lebenszeit eines Gesellschafters.. ." (Prot. I, S. 11821). IV. Die beschlossenen Vorschriften lauten im E I :
E I § 648
§ 648. Die Gesellschaft wird durch die von einem Gesellschafter gegenüber den übrigen Gesellschaftern erfolgte Kündigung aufgelöst. Eine Gesellschaft, deren Zeitdauer bestimmt ist, kann vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit nur dann gekündigt werden, wenn ein wichtiger, nach den Umständen des Falles die Kündigung rechtfertigender Grund vorliegt. Ein solcher Grund ist als vorliegend insbesondere anzunehmen, wenn ein anderer Gesellschafter eine nach dem Gesellschaftsvertrage ihm obliegende wesentliche Verpflichtung aus Vor« Oben S. 307 f. 312
14. Titel: Gesellschaft
§ § 7 2 3 - 724
satz oder grober Fahrlässigkeit verletzt hat, oder wenn die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich geworden ist. Die Kündigung darf nicht zur Unzeit geschehen; ist zur Unzeit gekündigt, so haftet der Kündigende für den Ersatz des hieraus den übrigen Gesellschaftern entstandenen Schadens. Diese Haftung tritt nicht ein, wenn ein wichtiger, nach den Umständen des Falles die sofortige Auflösung rechtfertigender Grund vorlag. § 649. Die Vereinbarung, daß bei einer Gesellschaft, deren Zeitdauer nicht bestimmt ist, das Kündigungsrecht einem Gesellschafter nicht zustehen soll, ist nichtig· § 650. Eine auf die Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangene Gesellschaft ist als eine solche anzusehen, deren Zeitdauer nicht bestimmt ist. Dasselbe gilt von einer Gesellschaft, welche nach Ablauf der für ihre Dauer bestimmten Zeit still- E H 649 schweigend fortgesetzt wird, von der Zeit der Fortsetzung an. EI § 650 2. Kommission 1. Anträge (Prot. II, Bd. 2, S. 437f.; Mugdan, Bd. 2, S. 995) a) Zu § 648 lag nur der sachlich nicht abweichende Antrag vor, die Bestimmungen des Entw. zu fassen : Ist eine Zeitdauer für die Gesellschaft nicht bestimmt, so kann diese durch Kündigung jedes Gesellschafters aufgelöst werden. Auch wenn eine Zeitdauer für die Gesellschaft bestimmt ist, kann die Kündigung jederzeit geschehen, wenn ein wichtiger, sie rechtfertigender Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere vorhanden, wenn ein anderer Gesellschafter eine nach dem Gesellschaftsvertrag ihm obliegende wesentliche Verpflichtung gröblich verletzt hat oder wenn die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich gewor- Struckmann (Nr 211, 16) den ist. Die Kündigung darf nicht zur Unzeit geschehen; im Falle unzeitiger Kündigung haftet der Kündigende den übrigen Gesellschaftern für den Ersatz des dadurch entstandenen Schadens. Die Haftung tritt nicht ein, wenn ein wichtiger, die sofortige Auflösung rechtfertigender Grund vorlag. Sachlich blieb der § 648 unbeanstandet. 24 b) Zu § 649 war beantragt:
1. Die Bestimmungen des Entw. zu fassen: Eine Vereinbarung, die entgegen den Vorschriften des § 648 das Kündigungsrecht ausschließt, ist nichtig. 2. folgende Fassung anzunehmen: Eine Vereinbarung, welche entgegen den Vorschriften des § 648 das Kündigungsrecht beschränkt, ist nichtig. Die sachlich übereinstimmenden Anträge wurden angenommen. Es erschien angemessen, die Vorschrift des § 649 auf alle Vereinbarungen aus- Struckmann (Nr 211, 17) 24
Ferner lag noch der gegenstandslos gewordene Antrag von Planck (Nr. 227, 2) vor: „Im Falle der Annahme des Antrages Nr. 223 soll der § 648 Abs. 2 folgenden Zusatz erhalten: Jacubezky oder wenn gegen ihn Pfändung des Anspruchs auf dasjenige, was ihm bei der Auseinander- (Nr 221, 3) setzung zukommt, erfolgt ist (Außerdem wird unter der gedachten Voraussetzung die Annahme des im Antrage Nr. 221 Ziff. 4 vorgeschlagenen § 650a beantragt)." — Zum Antrag Nr. 223 oben die Quellen zu §§ 717 ff. BGB unter C.I.b.4.; zum Antrag Nr. 221 Ziff. 4 unten S. 316).
313
§ § 7 2 3 - 724
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
zudehnen, welche das Kündigungsrecht im Widerspruche mit § 648 beschränken, also auch auf das Recht, wegen wichtiger Gründe vorzeitig oder zur Unzeit zu kündigen, entsprechend der Vorschrift des § 598 Abs. 3 Satz 3 für den Auftrag. c) Der § 650 wurde nicht beanstandet. II. Fassung der Regelung in der VorlZust: EI-VorlZust § 648. Ist eine Zeitdauer für die Gesellschaft nicht bestimmt, so kann diese durch S 648 Kündigung jedes Gesellschafters aufgelöst werden. Auch wenn eine Zeitdauer für die Gesellschaft bestimmt ist, kann die Kündigung jederzeit geschehen, wenn ein wichtiger, sie rechtfertigender Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere vorhanden, wenn ein anderer Gesellschafter eine nach dem Gesellschaftsvertrage ihm obliegende wesentliche Verpflichtung aus Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit verletzt hat oder wenn die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich geworden ist. Die Kündigung darf nicht zur Unzeit geschehen; im Falle unzeitiger Kündigung haftet der Kündigende den übrigen Gesellschaftern für den Ersatz des dadurch entstandenen Schadens. Die Haftung tritt nicht ein, wenn ein wichtiger, die sofortige Auflösung rechtfertigender Grund vorlag. EI-VorlZust § 649. Eine Vereinbarung, die entgegen den Vorschriften des § 648 das Kündi§ 649 gungsrecht beschränkt, ist nichtig. E I-VorlZust § 650. Eine auf die Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangene Gesellschaft § 650 ist als eine solche anzusehen, deren Zeitdauer nicht bestimmt ist. Dasselbe gilt von einer Gesellschaft, welche nach Ablauf der für ihre Dauer bestimmten Zeit stillschweigend fortgesetzt wird, von der Zeit der Fortsetzung an. III. 1. In der ZustRedKom lautet die Regelung: E I-ZustRedKom §648 (648, 649). Ein Gesellschaftsverhältniß, das nicht für eine bestimmte Zeit S 648 eingegangen ist, kann von jedem Gesellschafter gekündigt werden. Ist eine Zeitdauer bestimmt, so ist die Kündigung vor dem Ablaufe der Zeit zulässig, wenn ein wichtiger, sie rechtfertigender Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere vorhanden, wenn ein anderer Gesellschafter eine nach dem Gesellschaftsvertrage ihm obliegende wesentliche Verpflichtung aus Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit verletzt hat oder wenn die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich geworden ist. Unter der gleichen Voraussetzung ist, wenn eine Kündigungsfrist bestimmt ist, die Kündigung ohne Einhaltung der Frist zulässig. Die Kündigung darf nicht zur Unzeit geschehen. Kündigt ein Gesellschafter zur Unzeit, so hat er den übrigen Gesellschaftern den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen, es sei denn, daß ein wichtiger, die unzeitige Kündigung rechtfertigender Grund vorliegt. Eine Vereinbarung, welche das Kündigungsrecht diesen Vorschriften zuwider beschränkt, ist nichtig. § 649. Siehe § 649 Abs. 3. E I-ZustRedKom § 650. Ist ein Gesellschaftsverhältniß für die Lebenszeit eines Gesellschafters ein§ 650 gegangen, so kann es in gleicher Weise gekündigt werden, wie ein für unbestimmte Zeit eingegangenes Gesellschaftsverhältniß. Dasselbe gilt, wenn ein Gesellschaftsverhältniß nach dem Ablaufe der bestimmten Zeit stillschweigend fortgesetzt wird. 314
14. Titel: Gesellschaft
§725
2. In der Beratung des Rechts der Gemeinschaft war beantragt worden, folgende Bestimmung als § 648 a aufzunehmen: „Ist ein Gesellschaftsverhältniß für eine längere Zeit als dreißig Jahre eingegangen, so kann es nach dreißig Jahren in gleicher Weise gekündigt werden, wie ein für unbestimmte Zeit eingegangenes Gesellschaftsverhältniß." Von anderer Seite wurde dieser Antrag bekämpft. — Die Kom. überwies der RedKom. die Prüfung der Frage, ob nicht dasjenige, was bezüglich der Dauer einer Gemeinschaft beschlossen worden, auch für die Gesellschaft zu bestimmen sei. Mit Rücksicht hierauf zog der Antragsteller seinen Vorschlag zurück (Prot. II, Bd. 2, S. 768). IV. Fassung der Regelung im Ε II: §661. Ist die Gesellschaft nicht für eine bestimmte Zeit eingegangen, so kann E II §661 jeder Gesellschafter sie jederzeit kündigen. Ist eine Zeitdauer bestimmt, so ist die Kündigung vor dem Ablaufe der Zeit zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere vorhanden, wenn ein anderer Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit verletzt hat oder wenn die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich geworden ist. Unter der gleichen Voraussetzung ist, wenn eine Kündigungsfrist bestimmt ist, die Kündigung ohne Einhaltung der Frist zulässig. Die Kündigung darf nicht zur Unzeit geschehen. Kündigt ein Gesellschafter zur Unzeit, so hat er den übrigen Gesellschaftern den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen, es sei denn, daß ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt. Eine Vereinbarung, durch welche das Kündigungsrecht diesen Vorschriften zuwider beschränkt wird, ist nichtig. § 662. Ist eine Gesellschaft für die Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangen, E II § 662 so kann sie in gleicher Weise gekündigt werden, wie eine für unbestimmte Zeit eingegangene Gesellschaft. Dasselbe gilt, wenn eine Gesellschaft nach dem Ablaufe der bestimmten Zeit stillschweigend fortgesetzt wird. V. Die §§ 710 f. E II revJE ///entsprechen den § 723 f. BGB.
§ 725 Hat ein Gläubiger eines Gesellschafters die Pfändung des Antheils des Gesellschafters an dem Gesellschaftsvermögen erwirkt, so kann er die Gesellschaft ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, sofern der Schuldtitel nicht blos vorläufig vollstreckbar ist. Solange die Gesellschaft besteht, kann der Gläubiger die sich aus dem Gesellschaftsverhältniß ergebenden Rechte des Gesellschafters, mit Ausnahme des Anspruchs auf einen Gewinnanteil, nicht geltend machen. 315
§725
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
C. 2. Kommission 1. Prot. II, Bd. 2, S. 438 (Mugdan, Bd. 2, S. 995). Des Weiteren war beantragt, als § 650 a folgende Bestimmung aufzunehmen: Jacubezky Hat ein Gläubiger eines Gesellschafters die Pfändung und Ueberweisung desje(Nr 221, 4) nigen erwirkt, was dem Gesellschafter bei der Auseinandersetzung zukommt, so ist er berechtigt, das Gesellschaftsverhältniß ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, sofern der Schuldtitel nicht blos vorläufig vollstreckbar ist. Der Antrag wurde angenommen. II. Fassung der Regelung in der VorlZust: E I-VorlZust § 650 a. Hat der Gläubiger eines Gesellschafters die Pfändung und Ueberwei§ 650 a sung des Anspruchs auf dasjenige erwirkt, was dem Gesellschafter bei der Auseinandersetzung zukommt, so ist er berechtigt, das Gesellschaftsverhältniß ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, sofern der Schuldtitel nicht bloß vorläufig vollstreckbar ist. III. Fassung der Regelung in der
ZustRedKom:
E I-ZustRedKom § 650 a. Hat der Gläubiger eines Gesellschafters die Pfändung und Ueberwei§ 650 a sung des Anspruchs auf dasjenige erwirkt, was dem Gesellschafter bei der Auseinandersetzung zukommt, so kann er das Gesellschaftsverhältniß ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, sofern der Schuldtitel nicht blos vorläufig vollstreckbar ist. IV. 1. Im E II lautet die Regelung: E II 5 663 § 663. Hat ein Gläubiger eines Gesellschafters die Pfändung und Ueberweisung des Anspruchs auf dasjenige erwirkt, das dem Gesellschafter bei der Auseinandersetzung zukommt, so kann er die Gesellschaft ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, sofern der Schuldtitel nicht blos vorläufig vollstreckbar ist. 2. Revision des E II (Prot. II, Bd. 6, S. 327; Mugdan, Bd. 2, S. 995f.): Die RedKom. hat vorgeschlagen, die Bestimmungen über das Gesellschaftsrecht dahin zu ändern, daß der Antheil des Gesellschafters an dem Gesellschaftsvermögen der Pfändung unterworfen sein soll (vergi, den Antrag unter II Nr. 7, § 754 a Abs. 1 d. C.P.O. in der Anm. zu § 1907 und die in Nr. 32 der Aenderungen und Berichtigungen vorgeschlagene Aenderung des § 663). Gemeint ist der Vorschlag in dem Sinne, daß der Gläubiger durch die Pfändung das Recht erlangt, das Gesellschaftsverhältniß an Stelle des Gesellschafters aufzukündigen, daß ihm aber, solange die Gesellschaft besteht, sonstige Rechte den anderen Gesellschaftern gegenüber nicht zustehen, daß insbesondere der § 1165 (§ 1180 Abs. 2) des B.G.B, keine Anwendung finden soll. Der Vorschlag der RedKom wurde sachlich nicht beanstandet, von mehreren Seiten wurde aber betont, daß die neue Fassung des § 663 zu Zweifeln Anlaß gebe, ob nicht doch der § 1165 anwendbar sei, und der Wunsch ausgesprochen, den § 663 zu verdeutlichen, etwa durch einen Zusatz, wie solcher in der dem Antrage der RedKom beigegebenen Begründung formulirt ist. Man beschloß, die RedKom zu beauftragen, nochmals zu prüfen, ob und eventuell in welcher Weise der § 663 zu ergänzen sei. V. § 712 E II revJE ///entspricht § 725 BGB. 316
14. Titel: Gesellschaft
§ § 7 2 6 - 729
§ 726 Die Gesellschaft endigt, wenn der vereinbarte Zweck erreicht oder dessen Erreichung unmöglich geworden ist. § 727 Die Gesellschaft wird durch den Tod eines der Gesellschafter aufgelöst, sofern nicht aus dem Gesellschaftsvertrage sich ein Anderes ergiebt. Im Falle der Auflösung hat der Erbe des verstorbenen Gesellschafters den übrigen Gesellschaftern den Tod unverzüglich anzuzeigen und, wenn mit dem Aufschübe Gefahr verbunden ist, die seinem Erblasser durch den Gesellschaftsvertrag übertragenen Geschäfte fortzuführen, bis die übrigen Gesellschafter in Gemeinschaft mit ihm anderweit Fürsorge treffen können. Die übrigen Gesellschafter sind in gleicher Weise zur einstweiligen Fortführung der ihnen übertragenen Geschäfte verpflichtet. Die Gesellschaft gilt insoweit als fortbestehend. §728 Die Gesellschaft wird durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst. Die Vorschriften des § 727 Abs. 2 Satz 2, 3 finden Anwendung. §729 Wird die Gesellschaft in anderer Weise als durch Kündigung aufgelöst, so gilt die einem Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag übertragene Befugniß zur Geschäftsführung zu seinen Gunsten gleichwohl als fortbestehend, bis er von der Auflösung Kenntniß erlangt oder die Auflösung kennen muß.
A. 1. Kommission I. 269. Sitzung vom 7. 12. 1883, Schriftführer Neubauer (nicht anwesend : von Kübel) I Zu Artikel 801 des Entwurfs: „Der Gesellschaftsvertrag wird aufgelöst, wenn der Zweck, zu welchem er geschlossen worden ist, erreicht oder dessen Erreichung unmöglich geworden, ingleichen wenn ein Gesellschafter unter Kuratel gestellt worden oder in Konkurs verfallen ist." war beantragt: die letzten Worte: „ingleichen wenn | u.s.w." hier zu streichen und dagegen die weiter unten mitgetheilten §§ 802 a, b und c hinter Artikel 802 einzuschalten (zu vergi. S. 2993, 29941)· Man verständigte sich, den Artikel 801 zunächst nur insoweit zu erledigen, als er bestimmt, der Gesellschaftsvertrag werde aufgelöst, wenn der Gesellschaftszweck erreicht oder seine Erreichung unmöglich geworden sei, im Uebrigen ihn erst nach ι Unten S. 319 f. 317
| Prot I 2987
Planck (Nr 539, 2) | Prot I 2988
§ § 7 2 6 - 729
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Erledigung des Artikels 802 in Berathung zu nehmen. In der gedachten Beschränkung wurde der Artikel genehmigt. Man ging davon aus: Die Bestimmung, die Gesellschaft werde von Rechtswegen aufgelöst, wenn ihr Zweck erreicht oder dessen Erreichung unmöglich geworden, sei nicht so selbstverständlich, wie es scheinen könnte. Dies gelte insbesondere von dem Falle der eingetretenen Unmöglichkeit der Erreichung des Zwecks, wie aus dem in der Sitzung vom 23. November d. J. zum Artikel 769 gefaßten Beschlüsse (Protokolle S. 2897)2 erhelle: „der Gesellschaftsvertrag sei nichtig, wenn der vereinbarte Zweck unmöglich sei". Der Beschluß beruhe auf der Erwägung, daß der Zweck der Gesellschaft nicht zu den vereinbarten Leistungen gehöre, aus seiner Unmöglichkeit daher noch nicht die Ungültigkeit des Gesellschaftsvertrags ohne eine anfechtbare Deduktion sich folgern lasse, diese Ungültigkeit vielmehr besonders bestimmt werden müsse. Hiernach erscheine die Auffassung um so weniger unberechtigt, in beiden Fällen trete die Auflösung nicht von Rechtswegen ein, sondern erst in Folge einer KündiI Prot 12989 gung, die allerdings jedem | Gesellschafter zustehen müsse. Dies sei auch mindestens für den Fall der eingetretenen Unmöglichkeit der Erreichung des Zwecks der Standpunkt des Handelsgesetzbuchs (Art. 125 Abs. 2 Ν 2 l) 3 . Gebilligt werden könne freilich dieser Standpunkt nicht für die sogenannte gemeine Gesellschaft und zwar weder im Falle der Erreichung des Zwecks noch im Falle der eingetretenen Unmöglichkeit der Erreichung des Zwecks. Bei der wesentlichen Bedeutung, welche für den Gesellschaftsvertrag der Gesellschaftszweck habe, erscheine es richtiger, mit dem Entwürfe zu bestimmen, in beiden Fällen trete die Auflösung ohne Kündigung und von Rechtswegen ein. Im Laufe der Debatte wurde angeregt, ob nicht eine gleiche Bestimmung für die Fälle nöthig sei, wenn die Zeit abgelaufen, für welche die Gesellschaft eingegangen oder wenn die auflösende Bedingung, unter welcher der Gesellschaftsvertrag geschlossen, erfüllt sei. Allein man fand in dieser Beziehung besonderer Bestimmungen wegen der §§ 108 und 121 der Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 278, 279, 293, 311)4 nicht nöthig. DresdE Art 802
Zu Artikel 802 des Entwurfs : „Der Gesellschaftsvertrag wird, sofern nicht schon früher bestimmt worden ist, daß die Gesellschaft mit den Erben fortbestehen soll, aufgelöst, wenn ein Gesellschafter stirbt; doch wird bis zu dem Zeitpunkte, wo die sämmtlichen übrigen Gesellschafter Kenntniß von dem Tode erhalten haben, der Gesellschaftsvertrag als I Prot I 2990 fortdauernd | betrachtet. Ueber die von dem gestorbenen Gesellschafter geführten Geschäfte haben dessen Erben Rechenschaft zu geben und mit gleicher Haftung wie ihr Erblasser die von dem Letzteren angefangenen Geschäfte zu Ende zu führen. Die Erben nehmen auch an dem Gewinne und Verluste Antheil, welcher erst nach dem Zeitpunkte, wo die übrigen Gesellschafter den Tod erfahren haben, eingetreten, aber aus einem schon vor jenem Zeitpunkte begonnenen und erst nach jenem Zeitpunkte vollendeten Geschäfte hervorgegangen ist". Planck (Nr 539, 3)
lag der Antrag vor : statt dessen zu bestimmen:
„Der Gesellschaftsvertrag wird mit dem Tode eines Gesellschafters aufgelöst, sofern nicht aus dem Vertrage ein entgegenstehender Wille der Vertragschließenden erhellt. 2 Oben S. 235. 3 Oben S. 308 (Fn.) abgedruckt. • Vgl. Quellen zu den §§ 159, 163 BGB.
318
14. Titel: Gesellschaft
§§726-729
Ist der Gesellschaftsvertrag durch den Tod eines Gesellschafters aufgelöst, so haben dessen Erben den bisherigen Gesellschaftern den Tod unverzüglich anzuzeigen und, soweit Gefahr im Verzuge ist, auch die Geschäfte, welche dem verstorbenen Gesellschafter als solchem oblagen, so lange zu besorgen, bis die bisherigen Gesellschafter anderweite Fürsorge haben treffen können. Die letztere Verpflichtung haben auch die bisherigen Gesellschafter rücksichtlich der-1 jenigen Geschäfte, welche ihnen als solchen oblagen. | Prot 12991 Für diese Geschäftsbesorgung ist der Gesellschaftsvertrag als fortbestehend anzusehen". Der Antrag wurde dahin berichtigt, daß das Wort „bisherige" vor „Gesellschafter" im Eingang des zweiten Absatzes und im dritten Absätze durch: „übrigen" zu ersetzen und am Schluß des zweiten Absatzes entweder zu streichen oder gleichfalls durch: „übrigen" zu ersetzen und dann hinter: „Gesellschafter" anzuschließen sei: „in Gemeinschaft mit den Erben". Der Antrag wurde genehmigt. Erwogen war: Der Tod eines Gesellschafters müsse, sofern nicht ein Anderes vereinbart worden, die Auflösung der Gesellschaft von Rechtswegen nach sich ziehen. Es sei dies der Standpunkt, nicht allein des noch weiter gehenden römischen Rechts, sondern auch der modernen Kodifikationen, einschließlich des Handelsgesetzbuchs. Nur das preußische Allgemeine Landrecht weiche zum Theil ab; es komme hierauf jedoch um so weniger an, als der gedachte Standpunkt in dem Wesen des Gesellschaftsvertrages seine volle Rechtfertigung finde. Der Entwurf werde dem Standpunkte nur zum Theil gerecht, indem er das Prinzip durch die Bestimmung abschwäche, der Gesellschaftsvertrag sei bis zu dem Zeitpunkte als fortdauernd anzusehen, wo alle Gesellschafter den Tod erfahren hätten. Darin liege in der That ausgedrückt, durch den Tod eines Gesellschafters | werde die Gesellschaft nicht aufge- | Prot 12992 löst, sie bestehe vielmehr bis zu dem Zeitpunkte fort, wo alle Gesellschafter von dem Tode unterrichtet seien. Eine solche Bestimmung sei nicht allein prinzipwidrig, sondern auch insofern unzweckmäßig, als sowohl die Erben des verstorbenen Gesellschafters als die von dem Todesfalle unterrichteten überlebenden Gesellschafter oft längere oder kürzere Zeit in der mit erheblichen Uebelständen verbundenen Ungewißheit bleiben würden, ob die Gesellschaft aufgelöst sei oder nicht. Bei Weitem den Vorzug verdiene, mit dem obigen Antrage an dem Prinzipe festzuhalten, daß schon der Tod eines Gesellschafters die Gesellschaft auflöse und die Unzuträglichkeiten, welche sich hieraus ergeben könnten, durch die in dem Antrage vorgeschlagenen speziellen Bestimmungen, einschließlich der in dem weiter unten (S. 2994) mitgetheilten § 802 c enthaltenen, zu heben. Auch darin verdiene der Antrag Billigung, daß er sowohl in Ansehung der Vereinbarung: der Tod eines Gesellschafters solle die Auflösung der Gesellschaft nicht bewirken, als in Ansehung jener speziellen Vorschriften wegen Gleichartigkeit der Verhältnisse die §§ 450, 452, 454 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 2462-2465, 2467; 2 4 6 9 - 2 4 7 2 ; 2482-2487) 5 zum Vorbild nehme. In der ersten Beziehung bringe der Antrag insbesondere auch zum klaren Ausdruck, daß betreffenden Falls die bisherige Gesellschaft fortbestehe und die Erben des verstorbenen Gesellschafters von Rechtswegen und ohne daß eine neue Eini-1 gung nöthig | Prot 12993 oder ein neuer Gesellschaftsvertrag zu unterstellen sei, in Betreff der aus dem Gesellschaftsvertrage sich ergebenden Rechte und Verpflichtungen — gerade wie bei 5 Vgl. Quellen zu den SS 671 ff. BGB.
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§§726-729
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
anderen Schuldverhältnissen des Erblassers — an die Stelle ihres Erblassers treten. Die Schwierigkeiten, die hieraus in Rücksicht auf das jus inventarii entstehen könnten, seien auch in anderen Fällen, in welchen der Erblasser in einem mehr oder weniger verwickelten Rechtsverhältnisse gestanden hätte, möglich, mit dem jus inventarii nothwendig verbunden und kämen daher nicht entscheidend in Betracht. Es wurde übergegangen zur Berathung der in dem bereits zum Artikel 801 gedachten (S. 2988) Antrage, als §§ 802a, 802b und 802c vorgeschlagenen, hinter Artikel 802 einzuschaltenden Bestimmungen. Dieselben lauten: Planck (Nr 539, 4)
S 802 a „Die Vorschriften des § 802 Absatz 1, 3 und 4 (zu vergi, der Antrag zu Artikel 802, Protokolle S. 2990, 2991) finden entsprechende Anwendung, wenn ein Gesellschafter geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt wird".
§ 802b „Der Gesellschaftsvertrag wird aufgelöst, wenn über das Vermögen eines Gesellschafters das Konkursverfahren eröffnet wird. Die.Vorschriften des § 802 Absatz 3 und 4 finden in solchem Falle entsprechenI Prot I 2994 de An- | wendung". § 802c „Wird der Gesellschaftsvertrag aus anderen Gründen als durch eine nichtbedingte Kündigung aufgelöst, so ist er in Ansehung der den bisherigen Gesellschaftern in Folge ihrer Befugniß zur Geschäftsführung zustehenden Rechte so lange als fortbestehend anzusehen, bis dieselben von der die Auflösung bedingten Thatsache Kenntniß erlangt haben oder hätten erlangen müssen". (Zu vergi. § 454 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 2482-2487.) 6 S 802 a Der § 802 a und die entsprechende Bestimmung des Art. 801 des Entwurfs (S. 2987) wurden abgelehnt. Man erachtete es für bedenklich, der Bevormundung oder sogar schon dem gänzlichen oder theilweisen Verlust der Geschäftsfähigkeit eines Gesellschafters — ähnlich wie dem Tode — die Wirkung der Auflösung der Gesellschaft beizulegen. Man glaubte, eine solche Bestimmung passe wenig für die Fälle, in welchen der betreffende Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen, oder im Gesellschaftsvertrage bestimmt sei, daß sein Tod die Auflösung der Gesellschaft nicht nach sich ziehen solle, oder in welchen vielleicht beide Voraussetzungen zusamI Prot I 2995 mentreffen. Weiter wurden von einer derartigen Bestimmung große | Härten oder erhebliche Unzuträglichkeiten für die Fälle besorgt, in welchen nur für kurze Zeit die Bevormundung erfolge oder die Geschäftsfähigkeit aufgehoben oder beschränkt sei. Den Ausschlag gab die Betrachtung, daß das in der vorigen Sitzung beschlossene Kündigungsrecht zur Wahrung des Interesse aller Betheiligten vollkommen genüge. s 802 b Der Vorschlag wurde genehmigt. Man glaubte, daß Gründe der praktischen Zweckmäßigkeit dringend erforderten, im Anschluß an die Vorschriften des Handelsgesetzbuchs an die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines Gesellschafters mit dem Artikel 801 des Ent6 Vgl. Quellen zu § 674 BGB.
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14. Titel: Gesellschaft
§ § 7 2 6 - 729
wurfs und entsprechend der als § 802 b vorgeschlagenen Bestimmung die Wirkung zu knüpfen, daß die Auflösung der Gesellschaft von Rechtswegen eintrete, indem dieser einfache Weg der angemessenste sei, um ohne wesentliche Verletzung des Interesse des einen oder anderen Betheiligten über alle sonst unausbleiblichen Schwierigkeiten hinwegzukommen. Den zweiten Absatz des § 802 b erachtete man für ebenso sachgemäß als unbedenklich. § 802 c Der Antrag wurde dahin berichtigt, daß: „eine nichtbedingte" in Wegfall zu bringen sei. Mit dieser Berichtigung wurde der Antrag als sachgemäß und wegen seiner Uebereinstimmung mit dem zur entsprechenden Anwendung zweifellos geeigneten § 454 der vorgedachten Zusammenstellung (Protokolle S. 2482 — 2487) genehmigt. I Die erwähnte Berichtigung des Antrags war erfolgt, weil eine nur bedingte | Prot I 2996 Kündigung als solche nicht anzuerkennen sei (zu vergi. Protokolle S. 287, 1185, 21357)· II. 1. Die beschlossene Regelung lautet in der RedVorl: § 23 (Art. 801). Die Gesellschaft wird mit dem Zeitpunkt aufgelöst, in welchem RedVorl § 23 der vereinbarte Zweck erreicht oder dessen Erreichung unmöglich geworden ist. § 24 (Art. 802). Die Gesellschaft wird (sofern nicht aus dem Gesellschaftsvertra- RedVorl § 24 ge ein entgegenstehender Wille der Vertragschließenden erhellt) mit dem Zeitpunkt aufgelöst, in welchem ein Gesellschafter stirbt. Ist die Gesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters aufgelöst, so haben dessen Erben den übrigen Gesellschaftern den Tod unverzüglich anzuzeigen und wenn und soweit Gefahr im Verzuge ist, auch die Geschäfte, welche dem Erblasser als Gesellschafter oblagen, so lange zu besorgen, bis die übrigen Gesellschafter in Gemeinschaft mit ihnen anderweite Fürsorge haben treffen können. Die letztere Verpflichtung haben auch die bisherigen Gesellschafter in Ansehung der Geschäfte, die ihnen als Gesellschaftern oblagen. Für die in dem zweiten Absatz bezeichneten Geschäftsbesorgungen ist der Gesellschaftsvertrag als fortbestehend anzusehen. (NB. 1. Zu vergleichen § 4528. 2. Im Eingang ist der Zwischensatz: „sofern nicht pp." schwerlich haltbar. Aus ihm ergiebt sich, daß eine lex dispositiva verliegt. Die Bestimmungen dieses Abschnittes sind aber fast insgesammt leges dispositivae. Es wäre also der Zusatz fast bei jedem Paragraphen nöthig. Nur, wenn eine einfache Auslegungsregel aufgestellt werden soll, muß dies erkennbar gemacht werden, weil eine einfache Auslegungsregel von einer lex dispositiva namentlich in Rücksicht auf Willensfehler verschieden ist. Der passende Ausdruck ist alsdann: „im Zweifel"; zu vgl. §§ 12, 13, 16, 18, 19. Der Eingang wäre hiernach dahin zu ändern : „Im Zweifel ist als vereinbart anzusehen, daß die Gesellschaft mit dem Zeitpunkte aufgelöst werden soll pp." Das Gesetz würde durch eine solche Aenderung schwerlich gewinnen. Vergleiche übrigens auch die Bemerkung zu § 28, wonach die Fassung in Frage 7 Vgl. Quellen zu den §§ 158 ff. BGB, § 284 (/akobs/Schubert, a.a.O., Schuldrecht I, S. 294) und zu §§ 564f. (Jakobs/Schubert, a.a.O., Schuldrecht II. S. 543). 8 Vgl. § 673 BGB. 321
726-729
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
kommen könnte: „sofern nicht ein Anderes im Gesellschaftsvertrage als vereinbart anzusehen ist.") RedVorl § 25
§ 25 (Art. 801). Die Gesellschaft wird mit dem Zeitpunkt aufgelöst, in welchem über das Vermögen eines Gesellschafters der Konkurs eröffnet wird. Die Vorschriften des § 24 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 3 finden entsprechende Anwendung.
RedVorl § 26
§ 26. Wird die Gesellschaft aus anderen Gründen als durch Kündigung aufgelöst, so ist sie in Ansehung der den Gesellschaftern in Beziehung auf die Befugniß zur Geschäftsführung zustehenden Rechte so lange als fortbestehend anzusehen, bis die Gesellschafter von der Thatsache, durch welche die Auflösung bewirkt worden ist, Kenntniß erlangt haben oder hätten erlangen müssen. (NB. zu vergi. § 454).
ZustOR § 536
2. Fassung der Regelung in der ZustOR: § 536. Die Gesellschaft wird mit dem Zeitpunkt 9 aufgelöst, in welchem der vereinbarte Zweck erreicht oder dessen Erreichung unmöglich geworden ist.
ZustOR § 537
§ 537. Die Gesellschaft wird, sofern nicht aus dem Gesellschaftsvertrage ein entgegenstehender Wille der Vertragschließenden erhellt, mit dem Zeitpunkte aufgelöst, in welchem ein Gesellschafter stirbt. Ist die Gesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters aufgelöst, so haben dessen Erben den übrigen Gesellschaftern den Tod unverzüglich anzuzeigen und, wenn und soweit Gefahr im Verzuge ist, auch die Geschäfte, welche dem Erblasser als Gesellschafter oblagen, so lange zu besorgen, bis die übrigen Gesellschafter in Gemeinschaft mit ihnen anderweite Fürsorge haben treffen können. Die letztere Verpflichtung haben auch die bisherigen Gesellschafter in Ansehung der Geschäfte, die ihnen als Gesellschafter oblagen. Für die in dem zweiten Absätze bezeichneten Geschäftsbesorgungen ist der Gesellschaftsvertrag als fortbestehend anzusehen.
ZustOR § 538
§ 538. Die Gesellschaft wird mit dem Zeitpunkt 10 aufgelöst, in welchem über das Vermögen eines Gesellschafters der Konkurs eröffnet wird. Die Vorschriften des § 537 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 3 finden entsprechende Anwendung.
ZustOR § 539
§ 539. Wird die Gesellschaft aus anderen Gründen als durch Kündigung aufgelöst, so ist in Ansehung der den Gesellschaftern in Beziehung auf die Befugniß zur Geschäftsführung zustehenden Rechte so lange als fortbestehend anzusehen, bis die Gesellschafter von der Thatsache, durch welche die Auflösung bewirkt worden ist, Kenntniß erlangt haben oder hätten erlangen müssen. III. 1. Die §§ 6 4 4 - 6 4 7 iŒentsprechen den §§ 5 3 6 - 5 3 9 ZustOR. 2. Zu § 645 Abs. 1 KE wurde beschlossen, statt „entgegenstehender Wille" zu setzen: „anderer Wille" (Prot. I, S. 11825). 3. Zu § 645 KE lag der Antrag von Kurlbaum (Nr 624, 1) vor, in Abs. 2 Zeile 2 statt: „haben dessen Erben" zu setzen: „hat dessen Erbe". (In dem Erbrecht, Familienrecht und Sachenrecht ist der Gebrauch des Singulars durchgeführt, sofern von den Rechten und Verpflichtungen des Erben die Rede ist. An Stellen wie §§ 722, 9
Im KE heißt es „Zeitpunkte". 10 Vgl. Fn. 9.
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14. Titel: Gesellschaft
§ § 7 2 6 - 729
1373, 1539, 1764, 1905 [Uebergang auf die Erben], 830, 852, 1238, 1362, 1365, 49, 1927 erscheint der Plural passender. Zu § 1912 bleibt ein weitergehender Antrag vorbehalten. Im Sachenrecht sind für den Singular zu vergleichen §§ 807, 863, 867, 869). Die Anträge wurden angenommen und beschlossen, auch im § 722 Zeile 511 statt „auf die Erben" zu setzen „auf den Erben" (zu vergi. § 1977). Die Beschlußfassung über die Vornahme entsprechender Aenderung in den übrigen in den Bemerkungen zu dem Antrag bezeichneten Paragraphen bleibt vorbehalten (Prot. I. S. 11836). 4. Ferner heißt es in Prot. I, S. 11882: An einzelnen Stellen ist in dem statt im oder zu der statt zur noch stehengeblieben. (z. B. § 645 Abs. 3 Z. 1 und § 648 Z. 5.) — Es wird beantragt, zu beschließen, daß „in dem" in „im" „zu der" in „zur" „zu dem" in „zum" geändert wird. Diesen Beschluß auch auf die folgenden Bücher auszudehnen, die Trennung aber stehen zu lassen, wenn ein Relativsatz sich anschließt, oder wenn der Artikel die nähere Bestimmung des Hauptwortes ersetzt. — Der Antrag wurde zu § 645 Abs. 3 Z. 1 und § 648 Z. 5 12 angenommen. Zugleich wurde beschlossen, die entsprechende Aenderung den in dem Antrage aufgestellten Gesichtspunkten gemäß auch bei anderen Stellen des Entwurfes vorzunehmen. IV. Die beschlossenen Bestimmungen lauten im E I : § 651. Die Gesellschaft wird mit dem Zeitpunkte aufgelöst, in welchem der ver- EI § 651 einbarte Zweck erreicht oder dessen Erreichung unmöglich geworden ist. § 652. Die Gesellschaft wird, sofern nicht aus dem Gesellschaftsvertrage ein an- EI § 652 derer Wille der Vertragschließenden erhellt, mit dem Zeitpunkte aufgelöst, in welchem ein Gesellschafter stirbt. Ist die Gesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters aufgelöst, so hat dessen Erbe den übrigen Gesellschaftern den Tod unverzüglich anzuzeigen und, wenn und soweit Gefahr im Verzuge ist, auch die Geschäfte, welche dem Erblasser als Gesellschafter oblagen, so lange zu besorgen, bis die übrigen Gesellschafter in Gemeinschaft mit dem Erben anderweite Fürsorge haben treffen können. Die letztere Verpflichtung haben auch die bisherigen Gesellschafter in Ansehung der Geschäfte, welche ihnen als Gesellschaftern oblagen. Für die im zweiten Absätze bezeichneten Geschäftsbesorgungen ist der Gesellschaftsvertrag als fortbestehend anzusehen. § 653. Die Gesellschaft wird mit dem Zeitpunkte aufgelöst, in welchem über das EI § 653 Vermögen eines Gesellschafters der Konkurs eröffnet wird. Die Vorschriften des § 652 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 finden entsprechende Anwendung. § 654. Wird die Gesellschaft aus einem anderen Grunde als durch Kündigung EI § 654 aufgelöst, so ist sie in Ansehung der den Gesellschaftern in Beziehung auf die Befugniß zur Geschäftsführung zustehenden Rechte so lange als fortbestehend anzusehen, bis die Gesellschafter von der Thatsache, durch welche die Auflösung bewirkt worden ist, Kenntniß erlangt haben oder hätten erlangen müssen.
B. Eine Beratung der §§ 65Iff. E I hat in der Vorkommission des Reichsjustizamtes nicht stattgefunden. 11
Zu § 722 KE vgl. S 847 BGB. 12 Vgl. § 730 BGB. 323
§ § 7 2 6 - 729
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
C. 2. Kommission I. Anträge (Prot. II, Bd. 2, S. 439f.; Mugdan, Bd. 2, S. 996f.). a) Zu § 651 wurde ein Antrag auf Streichung vor der Abstimmung zurückgezogen, nachdem geltend gemacht war, daß mit Rücksicht auf die abweichende Bestimmung des H.G.B. Art. 125 Abs. 3 Ziff. I 13 sowie darauf, daß bei rechtsfähigen Vereinen die Erreichung des Zweckes oder die Unmöglichkeit der Erreichung den Verein nicht von Rechts wegen zum Erlöschen bringe, sich die Beibehaltung einer ausdrücklichen Vorschrift empfehle. Struckmann (Nr 211,18)
Zu § 652 war beantragt, die Bestimmungen des Entw. zu fassen: Die Gesellschaft wird, sofern sich nicht aus dem Gesellschaftsvertrag ein Anderes ergiebt, mit dem Tode eines der Gesellschafter aufgelöst. Der Erbe des verstorbenen Gesellschafters hat dessen Tod den übrigen Gesellschaftern unverzüglich anzuzeigen und, soweit Gefahr im Verzug ist, die seinem Erblasser durch den Gesellschaftsvertrag übertragenen Geschäfte so lange fortzuführen, bis die übrigen Gesellschafter in Gemeinschaft mit ihm anderweit Fürsorge haben treffen können. Auch die übrigen Gesellschafter haben die gleiche Verpflichtung zur einstweiligen Fortführung der ihnen übertragenen Geschäfte. Für die im Abs. 2 bestimmte Fortführung der Geschäfte ist der Gesellschaftsvertrag als fortbestehend anzusehen. Der Antrag weicht nur in der Fassung vom Entw. ab. Struckmann b) Zu § 653 war beantragt, die Bestimmungen des Entw. zu fassen: (Nr 211, 19) Die Gesellschaft wird mit der Eröffnung des Konkurses über das Vermöge eines Gesellschafters aufgelöst. Die übrigen Gesellschafter sind jedoch nach Maßgabe des § 652 Abs. 2, 3 zur einstweiligen Fortführung der ihnen nach dem Gesellschaftsvertrag obliegenden Geschäfte verpflichtet. Der Antrag enthält keine sachliche Abweichung vom Entw. Von einer Seite wurde bemerkt, daß die Ersatzleistung für die Aufwendungen, welche die anderen Gesellschafter für die einstweilige Fortführung der Geschäfte haben machen müssen, insoweit Masseschuld sei, als sie nicht aus dem Gesellschaftsvermögen bewirkt werden könne. Diese Bemerkung blieb ohne Widerspruch. Struckmann c) Zu § 654 lag der Antrag vor, die Bestimmung in folgender Fassung hinter (Nr 211,20) § 655 einzustellen: Solange ein Gesellschafter sich in entschuldbarer Unkenntniß über die Auflösung der Gesellschaft befindet, ist die nach dem Gesellschaftsvertrage ihm zustehende Befugniß zur Geschäftsführung als fortbestehend anzusehen. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn die Gesellschaft durch Kündigung oder durch Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst ist. Soweit hiernach in Abweichung vom Entw. dem Falle der Kündigung der Fall der Konkurseröffnung gleichgestellt werden sollte, erklärte der Antragsteller seinen Vorschlag durch die Ablehnung des entsprechenden Antrags zu § 603 (oben S. 375) für erledigt. Im Uebrigen bezweckt er nur eine andere Fassung des § 654. II. Die beschlossene Regelung lautet in der VorlZust: E I-VorlZust § 651. Die Gesellschaft wird mit dem Zeitpunkte aufgelöst, in welchem der ver§ 651 einbarte Zweck erreicht oder dessen Erreichung unmöglich geworden ist. υ Oben S. 308, Fn. 14 abgedruckt. 324
14. Titel: Gesellschaft
§ § 7 2 6 - 729
§ 652. Die Gesellschaft wird, sofern sich nicht aus dem Gesellschaftsvertrage ein E I-VorlZust Anderes ergiebt, mit dem Tode eines der Gesellschafter aufgelöst. § 652 Im Falle der Auflösung hat der Erbe des verstorbenen Gesellschafters dessen Tod den übrigen Gesellschaftern unverzüglich anzuzeigen und, soweit Gefahr im Verzuge ist, die seinem Erblasser durch den Gesellschaftsvertrag übertragenen Geschäfte so lange fortzuführen, bis die übrigen Gesellschafter in Gemeinschaft mit ihm anderweit Fürsorge haben treffen können. Auch die übrigen Gesellschafter haben die gleiche Verpflichtung zur einstweiligen Fortführung der ihnen übertragenen Geschäfte. Für die in Abs. 2 bestimmte Fortführung der Geschäfte ist der Gesellschaftsvertrag als fortbestehend anzusehen. § 653. Die Gesellschaft wird mit der Eröffnung des Konkurses über das Vermö- E I-VorlZust gen eines Gesellschafters aufgelöst. Die übrigen Gesellschafter sind jedoch nach §653 Maßgabe des § 652 Abs. 2, 3 zur einstweiligen Fortführung der ihnen nach dem Gesellschaftsvertrage obliegenden Geschäfte verpflichtet. § 654. Die durch Auflösung der Gesellschaft erloschenen Befugnisse eines Ge- E I-VorlZust sellschafters zur Geschäftsführung sind (zu Gunsten des Gesellschafters) so lange § 654 als fortbestehend anzusehen, bis der Gesellschafter von der die Auflösung begründenden Thatsache Kenntniß erhalten hat oder hätte erhalten müssen. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn die Gesellschaft durch Kündigung aufgelöst ist. III. Fassung der Regelung in der
ZustRedKom:
§ 651. Die Gesellschaft wird mit dem Zeitpunkt aufgelöst, in welchem der ver- E I-ZustRedKom §651 einbarte Zweck erreicht oder dessen Erreichung unmöglich geworden ist. § 652. Die Gesellschaft wird durch den Tod eines der Gesellschafter aufgelöst, E I-ZustRedKom §652 sofern sich nicht aus dem Gesellschaftsvertrag ein Anderes ergiebt. Im Falle der Auflösung hat der Erbe des verstorbenen Gesellschafters den übrigen Gesellschaftern den Tod unverzüglich anzuzeigen und bei Gefahr im Verzuge die seinem Erblasser durch den Gesellschaftsvertrag übertragenen Geschäfte fortzuführen, bis die übrigen Gesellschafter in Gemeinschaft mit ihm anderweit haben Fürsorge treffen können. Die übrigen Gesellschafter sind in gleicher Weise zur einstweiligen Fortführung der ihnen übertragenen Geschäfte verpflichtet. §653. fällt hier weg. —In den Art. 13 des Entwurfs eines Einführungsgesetzes soll folgende Vorschrift als § 19 b eingestellt werden : Eine nach § 629 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingegangene Gesellschaft wird durch die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst. Ist im Gesellschaftsvertrage bestimmt, daß die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen soll, so scheidet der Gemeinschuldner aus der Gesellschaft aus. Wird die Gesellschaft aufgelöst, so finden die Vorschriften des § 652 Abs. 2 und des § 654 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung; in Ansehung der nach der Eröffnung des Verfahrens entstandenen Ersatzansprüche ist der Berechtigte im Falle des § 652 Abs. 2 Massegläubiger, im Falle des § 654, unbeschadet des § 44, Konkursgläubiger. Auf eine nach dem Gesellschaftsvertrage mit der Geschäftsführung verbundene Vertretungsmacht findet die Vorschrift des § 654 des Bürgerlichen Gesetzbuchs keine Anwendung. 325
§730
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
E I-ZustRedKom § 654. Ist die Gesellschaft in anderer Weise als durch Kündigung aufgelöst, so S 654 gilt die einem Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag übertragene Befugniß zur Geschäftsführung zu seinen Gunsten gleichwohl als fortbestehend, bis er von der die Auflösung bewirkenden Thatsache Kenntniß erlangt hat oder die Thatsache hätte kennen müssen. IV. 1. Fassung der Regelung im E l l : E II § 664 § 664. Die Gesellschaft endigt, wenn der vereinbarte Zweck erreicht oder dessen Erreichung unmöglich geworden ist. E II § 665 § 665. Die Gesellschaft wird durch den Tod eines der Gesellschafter aufgelöst, sofern sich nicht aus dem Gesellschaftsvertrag ein Anderes ergiebt. Im Falle der Auflösung hat der Erbe des verstorbenen Gesellschafters den übrigen Gesellschaftern den Tod unverzüglich anzuzeigen und bei Gefahr im Verzuge die seinem Erblasser durch den Gesellschaftsvertrag übertragenen Geschäfte fortzuführen, bis die übrigen Gesellschafter in Gemeinschaft mit ihm anderweit haben Fürsorge treffen können. Die übrigen Gesellschafter sind in gleicher Weise zur einstweiligen Fortführung der ihnen übertragenen Geschäfte verpflichtet. Die Gesellschaft gilt insoweit als fortbestehend14. E II § 666 gilt zur der che
§ 666. Ist die Gesellschaft in anderer Weise als durch Kündigung aufgelöst, so die einem Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag übertragene Befugniß Geschäftsführung zu seinen Gunsten gleichwohl als fortbestehend, bis er von die Auflösung bewirkenden Thatsache Kenntniß erlangt hat oder diese Thatsahätte kennen müssen.
2. Resivion des EIJ(Prot. II, Bd. 6, S. 195; Mugdan, Bd. 2, S. 997). Nachstehende Anregung wurde der RedKom überwiesen : Es wird anheim gegeben, die nach der Anm. 1 zu § 67515 als § 19b der K.O. beschlossene Vorschrift wieder in den Entw. des B.G.B, einzustellen. Der Inhalt der Vorschrift gehört zum großen Theile nicht dem Konkursrechte, sondern dem bürgerlichen Rechte an und ist im Zusammenhange mit diesem verständlicher. Auch die entsprechenden Vorschriften des H.G.B, sind in den Entw. des neuen H.G.B, übernommen. V. Die §§ 713 ff. E II revJE ///entsprechen den §§ 726 ff. BGB.
§730 Nach der Auflösung der Gesellschaft findet ία Ansehung des Gesellschaftsvermögens die Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern statt. Für die Beendigung der schwebenden Geschäfte, für die dazu erforderliche Eingehung neuer Geschäfte sowie für die Erhaltung und Verwaltung des Gesellschaftsvennögens gilt die Gesellschaft als fortbestehend, soweit der Zweck der Auseinandersetzung es erfordert. Die einem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrage zustehende Befugniß zur Geschäftsführung erlischt jedoch, wenn nicht aus dem Vertrage sich ein Anderes ergiebt, mit der Auflösung der Gesellschaft; die Geschäftsführung steht von der Auflösung an allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. η Wegen § 653 E I vgl. die Anmerkung bei § 675 E II (unten S. 364). 15 Vgl. Fn. 14.
326
14. Titel: Gesellschaft
§730
Λ. 1. Kommission I. 269. Sitzung vom 7. 12. 1883, S c h r i f t f ü h r e r N e u b a u e r , nicht anwesend von Kübel I Beantragt w a r ferner, vor Artikel 803 folgende Bestimmung einzuschalten : | Prot I 2996 „Rücksichtlich der Beendigung der laufenden Geschäfte u n d der Verwaltung des Planck gemeinschaftlichen Vermögens, bleiben die Gesellschafter ungeachtet der Auflö- (Nr 541, 1) sung der Gesellschaft einander bis zur wirklichen Auseinandersetzung nach M a ß g a be des Gesellschaftsvertrages insoweit berechtigt und verpflichtet, als der Z w e c k der Auseinandersetzung dies erfordert. Jedoch k o m m t rücksichtlich der Führung der Angelegenheiten der Gesellschaft unter Wegfall der Befugniß einzelner oder aller Gesellschafter zur Geschäftsführung, lediglich die Vorschrift des Artikels 779 z u r Anwendung". D e r Antrag w u r d e durch Mehrheitsbeschluß genehmigt, der P r ü f u n g bei der Redaktion jedoch vorbehalten, ob es nicht nöthig sein werde : a) im Eingang hinter: „laufende Geschäfte" einzuschalten: „und rücksichtlich der zu dieser Beendigung nöthigen neuen Geschäfte"; b) im Eingang vor: „Verwaltung" h i n z u z u f ü g e n : „Erhaltung u n d " ; c) im zweiten Satze einzufügen: „sofern nicht ein Anderes vereinbart sei"; I wobei Einverständniß bestand, daß diese Zusätze in sachlicher Hinsicht zu billi- | Prot 12997 gen seien und nur ihre Entbehrlichkeit in Frage k o m m e n könne. Die G r ü n d e w a r e n : W e r d e gewissen Ereignissen die W i r k u n g beigelegt, daß dieselben die Auflösung der Gesellschaft von Rechtswegen nach sich ziehen, so folge dieser Auflösung meist ein Stadium, in welchem die durch den Gesellschaftsvertrag unter den Gesellschaftern begründeten Rechtsverhältnisse nicht allein längere oder kürzere Zeit noch fortdauerten, sondern auch in ihrer künftigen Gestaltung zum Theil noch von den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags beherrscht würden. Es sei die Auffassung möglich : „nach der Auflösung dauerten die w ä h r e n d der Gesellschaft f ü r die einzelnen Gesellschafter entstandenen Schuldverhältnisse, soweit sie noch nicht erledigt seien, nach den f ü r die Schuldverhältnisse im Allgemeinen geltenden G r u n d s ä t z e n fort, während, w e n n noch gemeinsames V e r m ö g e n vorhanden sei, eine nach den Vorschriften der Artikel 850 ff. zu beurtheilende zufällige Gemeinschaft (communio incidens) vorliege, es sei daher um so weniger nöthig, mit dem Antrage gleichsam eine noch theilweise Fortdauer des Gesellschaftsverhältnisses a n z u n e h m e n , als nach den gefaßten Beschlüssen die gemeinschaftlichen Gegenstände unter die Gesellschafter nach be-1 stimmten Q u o t e n , reellen o d e r ideellen, getheilt und auch die | Prot 12998 auf Rechtsgeschäften mit Dritten beruhenden gemeinschaftlichen Schuldverpflichtungen den einzelnen Gesellschaftern nach bestimmten Q u o t e n zur Last fielen". Allein diese Auffassung f ü h r e zu einem vom legislativen Standpunkte nicht befriedigenden Ergebnisse. Dies zeige sich zunächst hinsichtlich der gemeinschaftlichen Schuldverpflichtungen. Die erwähnte Theilung nach Q u o t e n könne, abgesehen von den nicht seltenen Fällen, in welchen nach Gesetz o d e r Rechtsgeschäft ein Gesammtschuldverhältniß bestehe oder in welchen von der völligen Erfüllung einer Verbindlichkeit die Erlangung des Anspruchs auf die Gegenleistung abhänge, nach den gefaßten Beschlüssen den Gläubigern gegenüber o f t eine ganz andere sein, als das Gesellschaftsverhältniß mit sich bringe. M a n müsse also davon ausgehen, d a ß das Interesse der Gesellschafter regelmäßig — und ähnlich wie bei der o f f e n e n 327
§730
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Handelsgesellschaft — die Verwendung der gemeinschaftlichen Gegenstände zur Erfüllung der Schuldverpflichtungen erheische und daß zu dem Ende der Theilung die Realisirung des gemeinsamen Vermögens oder die Liquidation vorauszugehen habe. Weiter erweise sich dies letztere als nothwendig wegen der, besonderen ReI Prot I 2999 geln unterliegenden Erstattung der Einlagen, unter Umstän- | den auch wegen Befriedigung einzelner Gesellschafter, sofern diese solche Ansprüche erworben haben könnten, für welche die andern Gesellschafter in Gemäßheit des Grundsatzes, wonach ein Gesellschafter zu einer Erhöhung des vertragsmäßigen Beitrags nicht verpflichtet sei (Art. 770), nur insoweit hafteten, als das gemeinsam gewordene Vermögen einschließlich der Einlagen reiche. Im Hinblick hierauf sei auch bereits beschlossen, jeder Gesellschafter sei den übrigen Gesellschaftern gegenüber verpflichtet, sich der Verfügung über den ihm zustehenden Antheil oder Theil an den gemeinsam gewordenen Gegenständen nicht bis zur Auflösung der Gesellschaft, sondern bis zur Auseinandersetzung zu enthalten (S. 2961 — 2963)1. Hierin liege schon ausgedrückt, daß das Gesellschaftsverhältniß trotz der Auflösung der Gesellschaft in gewisser, obschon beschränkter Beziehung noch gleichsam fortdauere. Dafür sprächen auch die oben zu Artikel 802 und §§ 802 b sowie 802 c beschlossenen Bestimmungen 2 . In Betracht komme endlich einestheils die nicht selten sich ergebende Nothwendigkeit, schwebende Geschäfte zur Vermeidung der größten Nachtheile bis zur Beendigung fortzuführen und anderntheils die in vielen Fällen sich zeigende, die völlige Auseinandersetzung verzögernde Schwierigkeit, die Gewinn- und I Prot I 3000 Verlust-Antheile der einzelnen Gesellschaf- | ter festzustellen. Die vorstehenden Erwägungen rechtfertigten es, nach Anleitung der Vorschriften des Handelsgesetzbuchs (indem namentlich der Art. 1443 zur Richtschnur genommen werde,) zu bestimmen, daß nach Auflösung der Gesellschaft die Liquidation eintrete und bis zur Beendigung der letzteren das Gesellschaftsverhältniß in beschränkter Weise gleichsam noch fortbestehe. Hierauf sei der gestellte Antrag gerichtet, gegen dessen Einzelheiten sich auch (vorbehaltlich der oben erwähnten Verdeutlichungen, worüber bei der Redaktion zu befinden sei,) nichts erinnern lasse, welches letztere insbesondere von der im zweiten Absätze enthaltenen Bestimmung gelte. Daß der Antrag von dem im Handelsgesetzbuche angenommenen Institute der Liquidatoren als für die gewöhnliche Gesellschaft nicht passend absehe, verdiene gleichfalls nur Billigung.
RedVorl ξ 27
II. Die beschlossene Regelung lautet in der RedVorl.: § 27. Für die Beendigung der schwebenden Geschäfte und für die zu dieser Beendigung erforderliche Eingehung neuer Geschäfte und für die Erhaltung und Verwaltung der gemeinschaftlich gewordenen Gegenstände bleiben die Gesellschafter auch nach Auflösung der Gesellschaft einander bis zu der Auseinandersetzung nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrags insoweit berechtigt und verpflichtet, als es ι Vgl. S. 289ff. 2 Vgl. S. 318 ff. 3 Art. 144 H G B lautet: Ungeachtet der Auflösung der Gesellschaft kommen bis zur Beendigung der Liquidation in Bezug auf das Rechtsverhältniß der bisherigen Gesellschafter unter einander, sowie der Gesellschaft zu dritten Personen die Vorschriften des zweiten, und dritten Abschnitts zur Anwendung, soweit sich aus den Bestimmungen des gegenwärtigen Abschnitts und aus dem Wesen der Liquidation nicht ein Anderes ergiebt. — Der Gerichtsstand, welchen die Gesellschaft zur Zeit ihrer Auflösung hatte, bleibt bis zur Beendigung der Liquidation f ü r die aufgelöste Gesellschaft bestehen. — Zustellungen an die Gesellschaft geschehen mit rechtlicher Wirkung an einen der Liquidatoren.
328
14. Titel: Gesellschaft
§730
der Zweck der Auseinandersetzung erfordert. Es erlischt jedoch (sofern nicht aus dem Gesellschaftsvertrage ein entgegenstehender Wille der Vertragschließenden erhellt,) mit dem Zeitpunkt der Auflösung die einem Gesellschafter in dem Gesellschaftsvertrage zur Geschäftsführung ertheilte Befugniß dergestalt, daß für jedes Geschäft vom Zeitpunkt der Auflösung an die Einwilligung aller Gesellschafter erforderlich ist, jedoch unbeschadet der Vorschrift des § 26. (NB. 1. D e r Schluß des § wird überflüssig sein. 2. Wegen der Nichtangemessenheit des Zwischensatzes: „sofern nicht aus dem Gesellschaftsvertrage pp." zu vergi, zum § 24.). 2. Fassung der Regelung in der
ZustOR:
§ 540. Für die Beendigung der schwebenden Geschäfte und f ü r die zu dieser ZustOR S Beendigung erforderliche Eingehung neuer Geschäfte und für die Erhaltung und Verwaltung der gemeinschaftlich gewordenen Gegenstände bleiben die Gesellschafter auch nach Auflösung der Gesellschaft gegen einander bis zu der Auseinandersetzung nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrags insoweit berechtigt und verpflichtet, als es der Zweck der Auseinandersetzung erfordert. Es erlischt jedoch, sofern nicht aus dem Gesellschaftsvertrage ein entgegenstehender Wille der Vertragschließenden erhellt, mit dem Zeitpunkt der Auflösung die einem Gesellschafter in dem Gesellschaftsvertrage zur Geschäfstführung ertheilte Befugniß; von diesem Zeitpunkt an ist f ü r jedes Geschäft die Einwilligung aller Gesellschafter erforderlich. 3. Zur Revision der Z u s t O R war von Kurlbaum (Nr. 570 III) beantragt, in § 540 (5 648 KE, 1. Fassung), am Anfang statt „und" ein Komma zu setzen (Prot. I, S. 3551). Der Antrag wurde abgelehnt und stattdessen das zweite „und" durch „sowie" ersetzt (Prot. I, S. 5359). III. 1. Im KE lautet die beschlossene Regelung : §648. Für die Beendigung der schwebenden Geschäfte und f ü r die zu dieser KE $ 648 Beendigung erforderliche Eingehung neuer Geschäfte, sowie für die Erhaltung und Verwaltung der gemeinschaftlich gewordenen Gegenstände bleiben die Gesellschafter auch nach Auflösung der Gesellschaft gegen einander bis zu der Auseinandersetzung nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages insoweit berechtigt und verpflichtet, als es der Zweck der Auseinandersetzung erfordert. Die einem Gesellschafter in dem Gesellschaftsvertrage zur Geschäftsführung ertheilte Befugniß erlischt jedoch, sofern nicht aus dem Gesellschaftsvertrage ein entgegenstehender Wille der Vertragschließenden erhellt, mit dem Zeitpunkt der Auflösung; von diesem Zeitpunkte an ist f ü r jedes Geschäft die Einwilligung aller Gesellschafter erforderlich. 2. Auf Antrag von Gebhard (Nr 575, 18) wurde in § 648 Abs. 2 KE a.E. statt „Einwilligung" gesetzt: „Zustimmung" (Prot. I, S. 6181, 6183). 3. Ferner wurde beschlossen, statt „entgegengesetzter Wille" zu setzen: „anderer Wille" (Prot. I, S. 11825). 4. Zu einer weiteren Änderung vgl. Quellen zu §§ 726 ff. BGB unter A. III 4. IV. Im E I lautet die beschlossene Regelung: § 655. Für die Beendigung der schwebenden Geschäfte und f ü r die zu dieser EI § 655 Beendigung erforderliche Eingehung neuer Geschäfte sowie für die Erhaltung und Verwaltung der gemeinschaftlich gewordenen Gegenstände bleiben die Gesellschafter auch nach Auflösung der Gesellschaft gegen einander bis zur Auseinanderset329
§ 730
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
zung nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages insoweit berechtigt und verpflichtet, als es der Zweck der Auseinandersetzung erfordert. Die einem Gesellschafter im Gesellschaftsvertrage ertheilte Befugniß zur Geschäftsführung erlischt jedoch, sofern nicht aus dem Gesellschaftsvertrage ein anderer Wille der Vertragschließenden erhellt, mit dem Zeitpunkte der Auflösung; von diesem Zeiptunkte an ist für jedes Geschäft die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich.
B. Eine Beratung des § 655 E I hat in der Vorkommission des Reichsjustizamtes nicht stattgefunden.
C. 2. Kommission I. Zu § 655 lag der nur redaktionell vom Entw. abweichende Antrag vor, die Bestimmung zu fassen (Prot. II, Bd. 2, S. 440; Mugdan, Bd. 2, S. 997): Struckmann Auch nach der Auflösung der Gesellschaft bleiben bis zur Auseinandersetzung (Nr 211, 21) für die Beendigung der schwebenden Geschäfte, für die dazu erforderliche Eingehung neuer Geschäfte sowie für die Erhaltung und Verwaltung des Gesellschaftsvermögens die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Gesellschafter nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrags insoweit bestehen, als der Zweck der Auseinandersetzung es erfordert. Die einem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrage zustehende Befugniß zur Geschäftsführung erlischt jedoch, sofern sich nicht aus dem Gesellschaftsvertrag ein Anderes ergiebt, mit der Auflösung der Gesellschaft; von diesem Zeitpunkt an steht die Geschäftsführung allen Gesellschaftern nach Maßgabe des § 634 gemeinschaftlich zu. Sachlich wurde der § 655 beibehalten. II. In der VorlZust lautet die Bestimmung wie im Antrag von Struckmann unter Weglassung des Wortes „Auch" am Anfang. III. In der ZustRedKom lautet die Regelung: E I-ZustRedKom § 655 (655, 656 Abs. 5, 773). Nach der Auflösung der Gesellschaft findet in An§ 655 sehung des Gesellschaftsvermögens die Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern statt. Für die Beendigung der schwebenden Geschäfte, für die dazu erforderliche Eingehung neuer Geschäfte sowie für die Erhaltung und Verwaltung des Gesellschaftsvermögens gilt das Gesellschaftsverhältniß als fortbestehend, soweit der Zweck der Auseinandersetzung es erfordert. Die einem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrage zustehende Befugniß zur Geschäftsführung erlischt jedoch, sofern sich nicht aus dem Gesellschaftsvertrag ein Anderes ergiebt, mit der Auflösung der Gesellschaft; die Geschäftsführung steht von da an allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Die Auseinandersetzung erfolgt in Ermangelung einer anderen Vereinbarung in Gemäßheit der §§ 656 bis 656b. Im Uebrigen gelten für die Theilung die Vorschriften über die Gemeinschaft. IV. Wortlaut der Regelung im E ILEUS 667
§ 667 (655, 656 Abs. 1, 5, 773). Nach der Auflösung der Gesellschaft findet in 330
14. Titel: Gesellschaft
§§731-735
Ansehung des Gesellschaftsvermögens die Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern statt. Für die Beendigung der schwebenden Geschäfte, für die dazu erforderliche Eingehung neuer Geschäfte sowie für die Erhaltung und Verwaltung des Gesellschaftsvermögens gilt die Gesellschaft als fortbestehend, soweit der Zweck der Auseinandersetzung es erfordert. Die einem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrage zustehende Befugniß zur Geschäftsführung erlischt jedoch, sofern sich nicht aus dem Vertrag ein Anderes ergiebt, mit der Auflösung der Gesellschaft; die Geschäftsführung steht von da an allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Die Auseinandersetzung erfolgt in Ermangelung einer anderen Vereinbarung in Gemäßheit der §§ 668 bis 670. Im Uebrigen gelten für die Theilung die Vorschriften über die Gemeinschaft 4 . V. § 717 E II revJE ///entspricht § 730 BGB.
§731 Die Auseinandersetzung erfolgt in Ermangelung einer anderen Vereinbarung in Gemäßheit der §§ 732 bis 735. Im Uebrigen gelten für die Theilung die Vorschriften über die Gemeinschaft.
§ 732 Gegenstände, die ein Gesellschafter der Gesellschaft zur Benutzung überlassen hat, sind ihm zurückzugeben. Für einen durch Zufall in Abgang gekommenen oder verschlechterten Gegenstand kann er nicht Ersatz verlangen.
§ 733 Aus dem Gesellschaftsvermögen sind zunächst die gemeinschaftlichen Schulden mit Einschluß derjenigen zu berichtigen, welche den Gläubigern gegenüber unter den Gesellschaftern getheilt sind oder für welche einem Gesellschafter die übrigen Gesellschafter als Schuldner haften. Ist eine Schuld noch nicht fällig oder ist sie streitig, so ist das zur Berichtigung Erforderliche zurückzubehalten. Aus dem nach der Berichtigung der Schulden übrig bleibenden Gesellschaftsvermögen sind die Einlagen zurückzuerstatten. Für Einlagen, die nicht in Geld bestanden haben, ist der Werth zu ersetzen, den sie zur Zeit der Einbringung gehabt haben. Für Einlagen, die in der Leistung von Diensten oder in der Ueberlassung der Benutzung eines Gegenstandes bestanden haben, kann nicht Ersatz verlangt werden. Zur Berichtigung der Schulden und zur Rückerstattung der Einlagen ist das Gesellschaftsvermögen, soweit erforderlich, in Geld umzusetzen. 4
Abs. 3 ist vom E II rev. ab eine selbständige Bestimmung (vgl. § 731 BGB). Im übrigen vgl. noch Prot. II, Bd. 2, S. 267.
331
§ § 731 — 735
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse §734
Verbleibt nach der Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden und der Rückerstattung der Einlagen ein Ueberschuß, so gebührt er den Gesellschaftern nach dem Verhältniß ihrer Antheile am Gewinne.
§735
Reicht das Gesellschaftsvermögen zur Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden und zur Rückerstattung der Einlagen nicht aus, so haben die Gesellschafter für den Fehlbetrag nach dem Verhältniß aufzukommen, nach welchem sie den Verlust zu tragen haben. Kann von einem Gesellschafter der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so haben die übrigen Gesellschafter den Ausfall nach dem gleichen Verhältnisse zu tragen.
§736
Ist im Gesellschaftsvertrage bestimmt, daß, wenn ein Gesellschafter kündigt oder stirbt oder wenn der Konkurs über sein Vermögen eröffnet wird, die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen soll, so scheidet bei dem Eintritt eines solchen Ereignisses der Gesellschafter, in dessen Person es eintritt, aus der Gesellschaft aus.
A. 1. Kommission I. 270. Sitzung vom 10. 12. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend von Kübel I Prot I 3001
I Z u den Artikeln 803, 804 und 809 des E n t w u r f s , welche lauten:
DresdE Art 803
Art. 803
„Bei der nach Auflösung des Gesellschaftsvertrages unter den Gesellschaftern vorzunehmenden Vermögensauseinandersetzung sind Sachen, welche nur dem Gebrauche oder der Benutzung nach eingebracht worden, den Gesellschaftern, welche dieselben eingebracht haben, in Natur zurückzugeben. Sind die Sachen durch einen Zufall untergegangen oder verschlechtert worden, so hat der Gesellschafter, welcher die Sachen eingebracht hat, den Schaden zu tragen. Sind Sachen dem Eigenthum nach eingebracht worden, so können die GesellI Prot I 3002 schafter, welche dieselben eingebracht haben, nicht die | Rückgabe der eingebrachten Sachen selbst, sondern nur die Erstattung des vereinbarten oder zur Zeit der Einbringung bestandenen Werths der Beiträge verlangen, soweit das bei Auflösung des Gesellschaftsvertrages vorhandene gemeinschaftliche Vermögen nach Abzug der Schulden dazu hinreicht. Für beigetragene persönliche Leistungen kann ein Ersatz nicht gefordert werden". DresdE Art 804
Art. 804
„Verbleibt nach Abzug der gemeinschaftlichen Schulden, nach Ersatz der Auslagen und Verwendungen an einzelne Gesellschafter und nach Rückerstattung der 332
14. Titel: Gesellschaft
§§731-735
Vermögensbeiträge ein Ueberschuß, so ist derselbe als Gewinn unter die sämmtlichen Gesellschafter zu vertheilen. Reicht das gemeinschaftliche V e r m ö g e n z u r Tilgung der gemeinschaftlichen Schulden, Auslagen und V e r w e n d u n g e n nicht zu, so haben sämmtliche Gesellschafter das Fehlende als Verlust zu tragen". Art. 809 DresdE Art 809 „Für eine Gesellchaft, welche das gesammte V e r m ö g e n der Gesellschafter zum Gegenstand hat, gelten die in den Artikeln 796, 798, 801, 802 angegebenen Erlöschungsgründe. Wird der Gesellschaftsvertrag aufgelöst, so erfolgt die Vertheilung des gemeinschaftlichen V e r m ö g e n s nach der Personenzahl der Gesellschafter". I w a r beantragt: . . . die Absätze 2 und 3 des Artikels 803 sowie die Artikel 804 und 809 durch folgende Bestimmungen zu ersetzen 1 : „Aus dem z u r Zeit der Auseinandersetzung vorhandenen gemeinschftlichen Vermögen sind zunächst die von den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu tragenden Schulden, einschließlich der einzelnen Gesellschaftern gegenüber bestehenden Verpflichtungen, zu berichtigen. Jeder Gesellschafter kann indessen die Auszahlung des Antheils, zu welchem er einem Dritten f ü r eine Gesellschaftsschuld haftet, an sich selbst f o r d e r n , wenn keiner der übrigen Gesellschafter als solcher ein rechtliches Interesse an der Befriedigung des Dritten hat 2 . Reicht das vorhandene gemeinschaftliche V e r m ö g e n zur Bezahlung der im Absatz 1 gedachten Schulden nicht aus, so haben alle Gesellschafter das Fehlende nach Maßgabe der f ü r die T r a g u n g des Verlustes geltenden Grundsätze beizutragen. K a n n dieser Beitrag von einem der Gesellschafter nicht erlangt werden, weil derselbe zur Zeit der Auseinandersetzung bereits zahlungsunfähig war, so haben die übrigen Gesellschafter den Ausfall nach Verhältniß ihrer Verlustantheile zu tragen. V o n dem nach Abzug der Schulden verbleibenden gemeinschaftlichen V e r m ö gen ist, sofern nicht erhellt, daß dasselbe ohne | vorherige Erstattung der geleisteten Beiträge unter den Gesellschaftern getheilt werden sollte, der vereinbarte und in Ermangelung einer Vereinbarung der z u r Zeit der Einbringung v o r h a n d e n e W e r t h der Beiträge den Gesellschaftern zu erstatten. Für beigetragene persönliche Leistungen, sowie f ü r die G e w ä h r u n g des Gebrauchs u n d der Benutzung von Sachen, ist im Zweifel ein Ersatz nicht zu leisten. Reicht das vorhandene reine V e r m ö g e n zur Erstattung der Beiträge nicht aus, so findet eine verhältnismäßige K ü r z u n g derselben statt. Uebersteigt dasselbe die zu erstattenden Beiträge, so wird der Ueberschuß unter sämmtliche Gesellschafter nach Maßgabe der f ü r die Gewinnvertheilung geltenden Grundsätze getheilt. H a t t e die Gesellschaft das g a n z e V e r m ö g e n d e r Gesellschafter z u m Gegenstande, so ist im Zweifel a n z u n e h m e n , daß das bei Auflösung der Gesellschaft vorhandene reine V e r m ö g e n ohne vorherige Erstattung der Beiträge unter den Gesellschaftern getheilt werden sollte. Dasselbe gilt im Zweifel auch bei Gesellschaften anderer Art, w e n n kein Beitrag eines Gesellschafters in Geld bestand o d e r in Geld veranschlagt war. Behufs Bewirkung der Auseinandersetzung ist das gemeinschaftliche V e r - 1 mö1 2
Zu weiteren Anträgen von Planck νgl. Fn. 1 bei den Quellen zu § 722 BGB. Nach dem ersten Antrag (Nr. 541, 2) sollte Abs. 1 Satz 2 lauten: „Der Betrag der dritten Personen gegenüber bestehenden Gesellschaftsverbindlichkeiten ist den einzelnen Gesellschaftern in demjenigen Verhältnisse auszuzahlen, in welchem sie den Dritten gegenüber haften". 333
| Prot 1 3003 Planck (Nr 541, 2 u. Nr 544, 1)
| Prot I 3004
| Prot I 3005
§§731-735
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
gen, sofern nicht eine andere Absicht aus dem Gesellschaftsvertrage erhellt, in Geld umzusetzen. Soweit gemeinschaftliche Forderungen nach § 10 (der Zusammenstellung, Protokolle S. 493, 495, 499) unter den einzelnen Gesellschaftern getheilt sind, ist jeder seinen Antheil einzuziehen oder sich anrechnen zu lassen verpflichtet". Das System, welches den Artikel 803, 804 und 809 des Entwurfs zum Grunde liegt, bildet auch die Grundlage des Systems des mitgetheilten Antrags. Das dem Entwürfe und dem Antrage gemeinsame System ist: Bei der Auseinandersetzung erhält jeder Gesellschafter die quoad usum eingebrachten Gegenstände zurück, die quoad sortem eingebrachten Gegenstände bleiben gemeinschaftlich, so daß sie in Natur weder zurückgegeben noch zurückverlangt werden können; aus den gemeinschaftlichen Gegenständen werden die gemeinschaftlichen Schuldverpflichtungen berichtigt; ist die Masse hierzu nicht hinreichend, so wird der Ausfall von allen Gesellschaftern als Verlust (Art. 776) getragen; ergiebt sich nach Berichtigung der Schulden ein Ueberschuß, so werden aus diesem die Vermögenseinlagen gedeckt, als welche jedoch die persönlichen Leistungen der Gesellschafter nicht gelten; können die Einlagen nicht vollständig aus dem I Prot I 3006 Ueberschusse gedeckt werden, | so tritt verhältnißmäßige Befriedigung ein; der Ausfall, den hiernach der Einzelne erleidet, bleibt ihm zur Last; stellt sich auch nach Erstattung der Einlagen noch ein Ueberschuß heraus, so wird dieser unter alle Gesellschafter als Gewinn (Art. 776) vertheilt. Das System wurde von der Mehrheit gebilligt. Man verkannte zwar nicht, daß es insofern nicht unbedenklich sei, als es denjenigen Gesellschaftern zum Nachtheil gereiche, deren Beiträge nur oder überwiegend in persönlichen Leistungen beständen und daß in Frage kommen könne, ob nicht zur Beseitigung des Bedenkens entweder von der vorherigen Erstattung auch der Vermögenseinlagen aus der Theilungsmasse abzusehen oder umgekehrt die gleiche Erstattung auch der in persönlichen Leistungen bestehenden Beiträge nach deren Geldwerthe vorzuschreiben sei. Man glaubte jedoch dem System des Entwurfs und des Antrags den Vorzug geben zu müssen, weil dasselbe nach Ausweis des Materials in der Rechtsauffassung der Gegenwart und einer allgemeinen Verkehrssitte seine zureichende Rechtfertigung finde, wie schon daraus erhelle, daß es in die modernen Gesetzbücher übergegangen und nicht minder in den neuesten Entwürfen festgehalten sei. Im Einzelnen wurde hierauf und nachdem beschlossen war, zunächst den ersten Absatz des Artikels 803 zu erledigen und alsdann der weiteren Beschlußfassung den I Prot I 3007 obigen Antrag we-1 gen seiner korrekteren Anordnung und weil er vollständiger, wie der Entwurf sei, zu Grunde zu legen, beschlosen, was folgt: 1. Der erste Absatz des Artikels 803 wurde genehmigt mit der Maßgabe, daß für „Sachen" als zu eng das Wort: „Gegenstände" gesetzt werden soll. Das Wort „Zufall" im zweiten Satze hielt man für richtig, indem es genügend ausdrücke, daß der Untergang u.s.w. nicht von den übrigen Gesellschaftern und auch nicht von einem einzelnen Gesellschafter verschuldet sein dürfe und daß der Gesellschafter, welcher die Sache eingebracht, nach den allgemeinen Grundsätzen, im ersten Falle von den übrigen Gesellschaftern, im zweiten Falle von dem schuldigen Gesellschafter Schadensersatz fordern könne. Nicht minder galt es für zweifellos, daß die Bestimmung des zweiten Satzes nicht Platz greife, wenn und soweit ein Anderes vereinbart worden, wodurch man zugleich das Bedenken für erledigt hielt, ob nicht in Uebereinstimmung mit § 185 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 1116—1122, 1130 — 1136)3 für „Zufall" zu setzen sei: „ein 3
Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 259 ff.
334
14. Titel: Gesellschaft
§§731-735
von den Gesellschaftern als solchen nicht zu vertretender Umstand". Den sachlichen Inhalt der Vorschrift fand man, zumal im Hinblicke auf die Ablehnung des Artikels 784 des Entwurfs, in juristischer Hinsicht für völlig zutreffend, aber auch in praktischer Beziehung nicht für bedenklich, weil die Härten, die sich unter U m ständen aus ihrer Anwendung ergeben könnten, regelmäßig zu einer die letzteren | | Prot I 3008 ausschließenden ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung Anlaß geben würden. 2. Der erste Satz des Absatzes 1 des Antrags wurde als nothwendige Konsequenz des gebilligten Systems und, da man ihn sowohl bestimmter als deutlicher fand als den entsprechenden Eingang des Artikels 804 des Entwurfs gebilligt, jedoch die Streichung der W o r t e : „zur Zeit der Auseinandersetzung vorhandenen" als überflüssig beschlossen. 3. Der zweite Satz des Absatzes 1 des Antrags wurde zwar abgelehnt, jedoch beschlossen, im ersten Satze vor: „einschließlich" einzuschalten: „einschließlich der getheilten Schulden, sowie". Man war der Ansicht: Sei eine Gesellschaftsschuld getheilt (Art. 795), so liege zwar — auf den Gläubiger gesehen — keine Gesellschaftsschuld vor; dagegen erscheine die Schuld vermöge ihrer Entstehung hinsichtlich der Gesellschafter immerhin als eine gemeinschaftliche; in nicht wenigen Fällen werde sogar der eine Gesellschafter ein rechtliches Interesse haben, daß der andere Gesellschafter den diesen dem Gläubiger gegenüber treffenden Theil der Schuld tilge, ζ. B. wenn das innere Gesellschaftsverhältniß einen andern Theilungsmaßstab ergebe (Protokolle S. 2998) 4 oder wenn von der völligen Tilgung der ganzen Schuld die Geltendmachung eines Anspruchs abhänge; in anderen Fällen könne das betreffende rechtliche Interesse zwar fehlen, dagegen ein Interesse thatsächlicher Natur bestehen. Das Prinzip: „zunächst seien aus dem gemeinschaftlichen Vermögen die gemeinschaftlichen Schulden zu tilgen" | bringe | Prot I 3009 mit sich, zu den letzteren auch diejenigen zu zählen, die nach dem inneren Gesellschaftsverhältnisse als solche sich darstellen. Es müsse dies im Gesetze zur Beseitigung eines möglichen Zweifels besonders ausgesprochen werden. Eine solche Bestimmung sei nicht allein folgerichtig, sondern auch deshalb zu empfehlen, weil das Gesetz dadurch erheblich an Einfachheit gewinne und seine Anwendung erleichtert werde; sie mache alle speziellen Bestimmungen des Antrags so wie die Prüfung entbehrlich, ob zwischen rechtlichem und nur thatsächlichem Interesse der übrigen Gesellschafter zu unterscheiden sei. 4. Der erste Satz des zweiten Absatzes des Antrags findet sich im zweiten Absätze des Artikels 804 des Entwurfs. Er wurde als unmittelbar aus dem beschlossenen Systeme sich ergebend gebilligt. 5. Der zweite Satz des zweiten Absatzes des Antrags wurde ebenfalls gebilligt mit der Maßgabe, daß der Zwischensatz: „weil — war" zu streichen und dafür im Eingange hinter: „Gesellschafter" einzuschalten sei: „wegen Zahlungsunfähigkeit". Den sachlichen Inhalt der Bestimmung erachtete man wegen der durch das Gesellschaftsverhältniß begründeten Gemeinschaft und in Rücksicht auf die Bestimmung Absatz 3 § 27 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden
* Vgl. S. 327 f.
335
§§731-735
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Beschlüsse (Protokolle S. 524, 525)5 für sachgemäß, die Berichtigung der Fassung der Einfachheit halber und wegen des Inhalts des zitirten § 27 für räthlich. I Prot I 3010
| 6. Der dem Artikel 803 Absatz 2 und 3 und Artikel 804 Absatz 1 des Entwurfs entsprechende dritte Absatz des Antrags wurde genehmigt, mit der Maßgabe, daß am Schluß für „Sachen" zu setzen „Gegenstände", daß ferner im Eingange der Zwischensatz: „sofern nicht — sollte" durch den einfachem: „sofern nicht ein Anderes vereinbart worden" oder einen ähnlichen zu ersetzen und eine gleiche Ausdrucksweise für die am Schluß sich findenden Worte: „im Zweifel" zu wählen sei.
Man ging davon aus : Der erste Satz des Absatzes 3 des Antrags fließe wieder unmittelbar aus dem beschlossenen Systeme, er ergebe zugleich mit genügender Deutlichkeit, was der Absatz 2 des Artikels 803 des Entwurfs enthalte, während er außerdem noch bestimmter erkennen lasse, daß dem Gesellschafter die Ausfolgung des Eingebrachten in Natur wider seinen Willen nicht aufgedrungen werden könne. Der zweite Satz des Absatzes 3 des Antrags, soweit er auf die persönlichen Leistungen sich beziehe, sei nicht minder eine Folge des mehrerwähnten Systems. Soweit er dagegen den Gebrauch und die Benutzung von Gegenständen betreffe, lasse sich zwar ein Gleiches nicht behaupten. Es dürfe auch bezweifelt werden, ob er in dieser Beziehung mit dem Entwürfe übereinstimme. Indessen sei die vorgeschlagene Bestimmung schon wegen der Vorschrift angemessen, nach welcher auch die persönlichen Leistungen I Prot I 3011 außer Anschlag bleiben; die Bedenken, welche sich gegen die letztere Vor-1 schrift geltend machen ließen, würden durch jene Bestimmung in passender Weise zum Theil gemindert. Ob das Handelsgesetzbuch ein Anderes bestimme, dürfe dahingestellt bleiben. Die eigenthümlichen Bestimmungen desselben über die Verzinsung der Einlagen rechtfertigten eine verschiedene Beurtheilung des in Rede stehenden Falls. 7. Der vierte Absatz des Antrags findet sich in Artikel 803 Absatz 2 und in Artikel 804 des Entwurfs. Er wurde genehmigt als unmittelbare Folge des beschlossenen Systems. Zur Redaktion wurde bemerkt, daß hinter: „Kürzung" statt „derselben" zu setzen sei: „an denselben". 8. Der fünfte Absatz des Antrags, soweit er die das ganze Vermögen der Gesellschafter zum Gegenstand habende Gesellschaft betrifft, und der demselben entsprechende Satz 2 des Artikels 809 des Entwurfs wurden abgelehnt. Die Mehrheit vermochte sich nicht zu überzeugen, daß ein Bedürfniß vorliege, über die Gesellschaft, welche das gesammte Vermögen der Gesellschafter zum Gegenstande habe, in der fraglichen Beziehung eine besondere Bestimmung aufzunehmen, bezweifelte auch, ob es gerechtfertigt sei, mit dem Entwürfe und dem Antrage die in Rede stehende Abweichung von der allgemeinen Regel im Zweifel oder sofern nicht ein Anderes vereinbart worden, als gewollt anzusehen. In Folge des vorstehenden Beschlusses wurde der zweite Satz des Absatzes 5 des Antrags zurückgezogen. Der erste Satz des Artikel 809 wurde wegen der über die Auflösung gefaßten, auch für die fragliche Gesellschaft vollkommen passenden Beschlüsse zur Aufnahme nicht für geeignet erachtet. I Prot I 3012
| 9. Der sechste Absatz des Antrags wurde mit der Abweichung genehmigt, daß der Eingang : „Behufs Bewirkung der Auseinandersetzung" durch die Worte zu er5 Jakobs/Schubert, a.a.O., S. 956 ff.
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14. Titel: Gesellschaft
§§731-735
setzen sei: „Behufs Bezahlung der Schulden und Erstattung der Beiträge" und daß der zweite Satz des Absatzes in Wegfall zu kommen habe. Mafi war der Ansicht: Die Realisirung des gemeinschaftlichen Vermögens sei allerdings insoweit unbedingt nöthig, als die Mittel zur Tilgung der gemeinschaftlichen Schulden und Erstattung der Einlagen beschafft werden müßten; dagegen sei es nicht gerechtfertigt, noch in weiterem Umfange die Realisirung vorzuschreiben, vielmehr hätten in der letzteren Hinsicht die allgemeinen Grundsätze über die communio incidens Platz zu greifen. Ob dies in der Fassung der Vorschrift noch besonders zum Ausdruck zu bringen sei, werde bei der Redaktion zu erwägen sein. Der zweite Satz des Absatzes 6 des Antrags sei in der vorliegenden Fassung einer Mißdeutung ausgesetzt; er wolle zum Ausdruck bringen, daß der betreffende Gesellschafter einziehungspflichtig sei, soweit die Einziehung nöthig sei, um den übrigen Gesellschaftern den ihnen gebührenden Antheil zu verschaffen oder die Forderung gemeinschaftlich zu machen. Dies besonders zu bestimmen, sei jedoch wegen Selbstverständlichkeit entbehrlich. II. 1. Die beschlossene Regelung lautet in der RedVorl: § 28 (Art. 803 u. 804). Bei der nach Auflösung der Gesellschaft unter den Gesell- RedVorl § 28 schaftern vorzunehmenden Vermögensauseinandersetzung (Auseinandersetzung) sind Gegenstände, welche nur zum Gebrauche oder zur Benutzung eingebracht worden sind, den Gesellschaftern, welche dieselben eingebracht haben, in Natur zurückzugeben. Ist ein solcher Gegenstand durch Zufall untergegangen oder verschlechtert, so hat der Gesellschafter, welcher denselben eingebracht hat, den Schaden zu tragen. Aus den zur Zeit der Auseinandersetzung vorhandenen gemeinschaftlichen Gegenständen sind zunächst die gemeinschaftlichen Schulden mit Einschluß derjenigen, welche unter die Gesellschafter den Gläubigern gegenüber getheilt sind, sowie mit Einschluß derjenigen, für welche einem Gesellschafter als Gläubiger die übrigen Gesellschafter als Schuldner haften, zu berichtigen. Reichen die gemeinschaftlichen Gegenstände zur Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden nicht hin, so haben alle Gesellschafter für den Fehlbetrag nach Maßgabe der Bestimmungen aufzukommen, welche für die Tragung des Verlustes gelten. Kann ein Gesellschafter den ihm hiernach obliegenden Beitrag nicht leisten, so ist der Ausfall von den übrigen Gesellschaftern nach Maßgabe jener Bestimmungen zu tragen. Aus den nach Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden übrig bleibenden gemeinschaftlichen Gegenständen ist jedem Gesellschafter seine Einlage und, sofern diese nicht in Geld bestanden hat, deren Werth zu erstatten. Ist der Werth eines eingebrachten Gegenstandes nicht durch Vertrag bestimmt, so ist der Werth zur Zeit der Einbringung maßgebend. Für Beiträge (Einlagen), welche in persönlichen Leistungen oder in Gewährung des Gebrauchs oder der Benutzung eines Gegenstandes bestanden haben, ist ein Ersatz nicht zu leisten. Wenn die gemeinschaftlichen Gegenstände zur Erstattung der Einlage nicht ausreichen, so erfolgt eine nur verhältnißmäßige Erstattung; der Ausfall, der sich hieraus für den einzelnen Gesellschafter ergiebt, ist von diesem zu tragen. Bleibt nach Erstattung der Einlagen ein Ueberschuß, so gebührt dieser allen Gesellschaftern nach Maßgabe der Bestimmungen, welche für die Vertheilung des Gewinnes gelten. Behufs Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden und Erstattung der Einlagen sind die gemeinschaftlichen Gegenstände in Geld umzusetzen. 337
§ § 731 — 7 3 5
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
(Die Bestimmungen der vorstehenden Absätze dieses § kommen nur insoweit zur Anwendung, als nicht ein Anderes unter den Gesellschaftern als vereinbart anzusehen ist.) (NB. Sollte der letzte Absatz nach der Bemerkung zu § 24 rathsam sein? Es ist bei der Berathung auf ihn Gewicht gelegt. Der § 28 enthält schwerlich einfache Auslegungsregeln. Der letzte Absatz soll nur zum Ausdruck bringen, daß ein Anderes stillschweigend vereinbart sein könne. Dies wird klarer, wenn gesagt wird: „als nicht ein Anderes als vereinbart anzusehen ist." So könnte man sich auch im § 24 und § 27 ausdrücken; aber das Gesetz wird dadurch schleppend.) 2. Fassung der Regelung in der ZustOR: ZustOR § 541
§ 541. Bei der nach Auflösung der Gesellschaft unter den Gesellschaftern vorzunehmenden Auseinandersetzung sind Gegenstände, welche nur zum Gebrauche oder zur Benutzung eingebracht worden sind, den Gesellschaftern, welche dieselben eingebracht haben, in Natur zurückzugeben. Ist ein solcher Gegenstand durch Zufall untergegangen oder verschlechtert, so hat der Gesellschafter, welcher denselben eingebracht hat, den Schaden zu tragen. Aus den zur Zeit der Auseinandersetzung vorhandenen gemeinschaftlichen Gegenständen sind zunächst die gemeinschaftlichen Schulden mit Einschluß derjenigen, welche unter die Gesellschafter den Gläubigern gegenüber getheilt sind, sowie mit Einschluß derjenigen, für welche einem Gesellschafter als Gläubiger die übrigen Gesellschafter als Schuldner haften, zu berichtigen. Reichen die gemeinschaftlichen Gegenstände zur Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden nicht hin, so haben alle Gesellschaften für den Fehlbetrag nach Maßgabe der Bestimmungen aufzukommen, welche für die Tragung des Verlustes gelten. Kann von einem Gesellschafter der ihm obliegende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen Gesellschaftern nach Maßgabe jener Bestimmungen zu tragen. Aus den nach Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden übrig bleibenden gemeinschaftlichen Gegenständen ist jedem Gesellschafter seine Einlage und, sofern diese nicht in Geld bestanden hat, deren Werth zu erstatten. Ist der Werth eines eingebrachten Gegenstandes nicht durch Vertrag bestimmt, so ist der Werth zur Zeit der Einbringung maßgebend. Für Beiträge (Einlagen), welche in persönlichen Leistungen oder in Gewährung des Gebrauchs oder der Benutzung eines Gegenstandes bestanden haben, ist ein Ersatz nicht zu leisten. Wenn die gemeinschaftlichen Gegenstände zur Erstattung der Einlagen nicht ausreichen, so erfolgt eine nur verhältnißmäßige Erstattung; der Ausfall, der sich hieraus für den einzelnen Gesellschafter ergiebt, ist von diesem zu tragen. Bleibt nach Erstattung der Einlagen ein Ueberschuß, so gebührt dieser allen Gesellschaftern nach Maßgabe der Bestimmungen, welche für die Vertheilung des Gewinns gelten. Behufs Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden und Erstattung der Einlagen sind die gemeinschaftlichen Gegenstände in Geld umzusetzen. Die Bestimmungen der vorstehenden Absätze dieses § kommen nur insoweit zur Anwendung, als nicht ein Anderes unter den Gesellschaftern als vereinbart anzusehen ist. 3. Bei der Revision der ZustOR wurde in § 541 Abs. 1 hinter Satz 2 ein neuer Absatz begonnen (Antrag von Kurlbaum Nr. 568, 38; Prot. I, S. 3283, 3290). Eine Zerlegung in verschiedene Paragraphen wurde abgelehnt (Prot. I, S. 3290 — 3291). 338
14. Titel: Gesellschaft
§§731-735
III. 1. Im KElautet die beschlossene Regelung: § 649. Bei der nach Auflösung der Gesellschaft unter den Gesellschaftern vorzu- KE § 649 nehmenden Auseinandersetzung sind Gegenstände, welche nur zum Gebrauche oder zur Benutzung eingebracht worden sind, den Gesellschaftern, welche dieselben eingebracht haben, in Natur zurückzugeben. Ist ein solcher Gegenstand durch Zufall untergegangen oder verschlechtert, so hat der Gesellschafter, welcher denselben eingebracht hat, den Schaden zu tragen. Aus den zur Zeit der Auseinandersetzung vorhandenen gemeinschaftlichen Gegenständen sind zunächst die gemeinschaftlichen Schulden mit Einschluß derjenigen, welche den Gläubigern gegenüber unter die Gesellschafter getheilt sind, sowie mit Einschluß derjenigen, für welche einem Gesellschafter als Gläubiger die übrigen Gesellschafter als Schuldner haften, zu berichtigen. Reichen die gemeinschaftlichen Gegenstände zur Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden nicht hin, so haben alle Gesellschafter für den Fehlbetrag nach Maßgabe der Bestimmungen aufzukommen, welche für die Tragung des Verlustes gelten. Kann von einem Gesellschafter der ihm obliegende Betrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen Gesellschaftern nach Maßgabe jener Bestimmungen zu tragen. Aus den nach Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden übrig bleibenden gemeinschaftlichen Gegenständen ist jedem Gesellschafter seine Einlage oder, sofern diese nicht in Geld bestanden hat, deren Werth zu erstatten. Ist der Werth eines eingebrachten Gegenstandes nicht durch Vertrag bestimmt, so ist der Werth zur Zeit der Einbringung maßgebend. Für Einlagen, welche in persönlichen Leistungen oder in Gewährung des Gebrauches oder der Benutzung eines Gegenstandes bestanden haben, ist ein Ersatz nicht zu leisten. Wenn die gemeinschaftlichen Gegenstände zur Erstattung der Einlagen nicht ausreichen, so erfolgt eine nur verhältnißmäßige Erstattung; der Ausfall, der sich hieraus für den einzelnen Gesellschafter ergiebt, ist von diesem zu tragen. Bleibt nach Erstattung der Einlagen ein Ueberschuß, so gebührt dieser allen Gesellschaftern nach Maßgabe der Bestimmungen, welche für die Vertheilung des Gewinnes gelten. Behufs Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden und Erstattung der Einlagen sind die gemeinschaftlichen Gegenstände in Geld umzusetzen. Die Bestimmungen des ersten bis vierten Absatzes kommen 6 nur insoweit zur Anwendung, als nicht ein Anderes unter den Gesellschaftern als vereinbart anzusehen ist. 2. Auf Antrag von Gebbard{Nr. 577, 19; Prot. I, S. 6181) wurde beschlossen, in § 649 Abs. 5 KE statt „kommen nur insoweit zur Anwendung" zu sagen: „finden nur insoweit Anwendung" (Prot. I, S. 6183). IV. Die Fassung des § 656 £ /entspricht bis auf die unter 2. mitgeteilte Änderung derjenigen des § 649 KE.
C. 2. Kommission I. Zu S 656 war beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 440ff., Mugdan, Bd. 2, S. 997ff.): 1. die Bestimmungen des Entw. durch nachstehende Vorschriften zu ersetzen : 6
Im E I heißt es : „Die Vorschriften .. . finden . . 339
Struckmann (Nr 211,22)
§§731-735
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
§ 656. Für die Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern gelten, soweit nicht ein Anderes vereinbart ist, folgende Vorschriften. § 656 a. Gegenstände, die nur zum Gebrauche oder zur Benutzung für die Gesellschaft eingebracht worden sind, sind dem Gesellschafter, der sie eingebracht hat, zurückzugeben. Sind sie durch Zufall untergegangen oder verschlechtert, so ist Entschädigung dafür nicht zu leisten. Das Gesellschaftsvermögen ist behufs Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden und behufs Erstattung der Einlagen, soweit dieser Zweck es erfordert, in Geld umzusetzen. § 656 b. Aus dem Gesellschaftsvermögen sind zunächst die gemeinschaftlichen Schulden mit Einschluß derjenigen zu berichtigen, welche den Gläubigern gegenüber unter die Gesellschafter getheilt sind oder f ü r die einem Gesellschafter als Gläubiger die übrigen Gesellschafter als Schuldner haften. Reicht das Gesellschaftsvermögen zur Berichtigung der Schulden nicht aus, so hat jeder Gesellschafter nach Verhältniß seines Antheils am Verluste der Gesellschaft so viel zuzuschießen, daß dadurch der Fehlbetrag gedeckt wird. Kann dieser Zuschuß von einem Gesellschafter nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen Gesellschaftern nach dem gleichen Verhältnisse zu decken. 5 656 c. Aus dem nach Berichtigung der Schulden übrig bleibenden Gesellschaftsvermögen sind die Einlagen der einzelnen Gesellschafter zu erstatten. Einlagen, die nicht in Geld bestanden haben, werden nach ihrem Werthe zur Zeit der Einbringung in Geld erstattet. Für die als Beitrag geleisteten persönlichen Dienste erhalten die Gesellschafter keine Vergütung. Auch für die natürliche Abnutzung der nur zum Gebrauche oder zur Benutzung eingebrachten Gegenstände ist kein Ersatz zu leisten. Reicht das Gesellschaftsvermögen zur Deckung der Einlagen nicht aus, so sind diese verhältnißmäßig zu erstatten; den Ausfall haben die einzelnen Gesellschafter zu tragen. Bleibt nach Erstattung der Einlagen ein Ueberschuß, so gebührt dieser allen Gesellschaftern nach Verhältniß ihrer Antheile am Gewinne der Gesellschaft. Die Theilung unter die Gesellschafter erfolgt im Uebrigen nach den Vorschriften über die Gemeinschaft. Jacubezky 2. den Abs. 1 zu streichen; (Nr 221, 5) Wolffson 3. im Abs. 2 die Sätze 2, 3 zu streichen und im Abs. 3 den Satz 4 durch folgende (Nr 228) Bestimmungen zu ersetzen: W e n n die gemeinschaftlichen Gegenstände zur Bezahlung der Schulden und zur Erstattung der Einlagen nicht ausreichen, so haben alle Gesellschafter für den Fehlbetrag nach Maßgabe der Bestimmungen aufzukommen, welche für die Tragung des Verlustes gelten. Kann von einem Gesellschafter der ihm obliegende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen Gesellschaftern nach Maßgabe jener Bestimmungen zu tragen. a. Gegenüber dem Abs. 1 des Entw. enthält der Antrag 1 § 656 a keine sachliche Abweichung, während der Antrag 2 die Bestimmungen streichen will. Die Komm, entschied sich für die Beibehaltung, indem sie beide Sätze des Abs. 1 zwar nicht als unentbehrlich, aber zur Verdeutlichung des Gesetzes als nützlich ansah. b. Die Vorschriften des Abs. 2 wurden nicht beanstandet (vergi. Antrag 1 340
14. Titel: Gesellschaft
§§731-735
S 656 b); der Antrag 3 bezweckt keine inhaltliche Aenderung der Bestimmungen über die Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden. c. Im Abs. 3 blieben die Sätze 1, 2 unangefochten (vergi. Antrag 1 § 656 c Satz 1, 2), ebenso der Satz 3, soweit er sich auf die in persönlichen Leistungen bestehenden Einlagen bezieht (Satz 3 a.a.O.). Dagegen spricht bezüglich der in der Gewährung des Gebrauchs oder der Benutzung eines Gegenstandes bestehenden Einlagen der Antrag 1 § 656 c Satz 4 nicht aus, daß f ü r sie, sondern nur daß für die natürliche Abnutzung der Gegenstände kein Ersatz zu leisten sei. Diese Aenderung wurde abgelehnt. Der in dem Antrage vorgeschlagene Satz erschien selbstverständlich, da nach dem Entw. Abs. 1 Satz 2 selbst für zufälligen Untergang solcher Gegenstände kein Ersatz zu leisten sei. Dagegen hielt man die Bestimmung des Entw. Abs. 3 Satz 3 aus den in den Mot. II S. 629 angeführten Gründen für gerechtfertigt und ihren Ausspruch für nothwendig. Zu Abs. 3 Satz 4 schlägt der Antrag 3, abweichend von dem Entw. und dem mit diesem übereinstimmenden Antrag 1 § 656 c Abs. 2, vor, bei Unzulänglichkeit des nach Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden übrig bleibenden Gesellschaftsvermögens zur Deckung der Einlagen sämmtliche Gesellschafter nach den f ü r die Tragung des Verlustes maßgebenden Bestimmungen zur Aufbringung des Fehlbetrags f ü r verpflichtet zu erklären. Die Mehrheit entschied sich für den Antrag 3. Der Satz 5 des Abs. 3 wurde nicht beanstandet. d. Die Abs. 4, 5 waren in dem Antrag 1 §§ 656, 656 a Abs. 2 nur redaktionell verändert. Der Vorschlag des § 656 c Abs. 3 Satz 2, daß die Theilung unter die Gesellschafter im Uebrigen nach den Vorschriften über die Gemeinschaft erfolge, stimmt sachlich mit § 773 des Entw. überein. Die Umstellung der Bestimmung wurde gebilligt; die sachliche Prüfung aber blieb der Berathung des § 773 vorbehalten.
II. Fassung der Regelung in der
VorlZust:
§ 656. Für die Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern gelten, soweit nicht E I-VorlZust S 656 ein Anderes vereinbart ist, folgende Vorschriften. § 656 a. Gegenstände, die nur zum Gebrauche oder zur Benutzung f ü r die Ge- E I-VorlZust sellschaft eingebracht worden sind, sind dem Gesellschafter, der sie eingebracht hat, § 656 a zurückzugeben. Sind sie durch Zufall untergegangen oder verschlechtert, so ist Entschädigung dafür nicht zu leisten. § 656 b. Aus dem Gesellschaftsvermögen sind zunächst die gemeinschaftlichen E I-VorlZust Schulden mit Einschluß derjenigen zu berichtigen, welche den Gläubigern gegen- § 656 b über unter die Gesellschafter getheilt sind oder für die einem Gesellschafter als Gläubiger die übrigen Gesellschafter als Schuldner haften. Aus dem nach Berichtigung der Schulden übrig bleibenden Gesellschaftsvermögen, sind die Einlagen der einzelnen Gesellschafter zu erstatten. Einlagen, die nicht in Geld bestanden haben, werden nach ihrem Werthe zur Zeit der Einbringung in Geld erstattet. Für Einlagen, welche in persönlichen Leistungen oder in Gewährung des Gebrauchs oder der Benutzung eines Gegenstandes bestanden haben, ist ein Ersatz nicht zu leisten. § 656 c. Das Gesellschaftsvermögen ist behufs Berichtigung der gemeinschaftli- E I-VorlZust ^ 656 c 341
§ § 731 — 735
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
chen Schulden und behufs Erstattung der Einlagen, soweit dieser Zweck es erfordert in Geld umzusetzen. Wenn das Gesellschaftsvermögen zur Bezahlung der Schulden und zur Erstattung der Einlagen nicht ausreicht, so haben alle Gesellschafter für den Fehlbetrag nach Maßgabe der Bestimmungen aufzukommen, welche für die Tragung des Verlustes gelten. Kann von einem Gesellschafter der ihm obliegende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen Gesellschaftern nach Maßgabe jener Bestimmungen zu tragen. E I-VorlZust § 656 d. Bleibt nach Berichtigung der Schulden und Erstattung der Einlagen ein § 656 d Ueberschuß, so gebührt diesen allen Gesellschaftern nach Verhältniß ihrer Antheile am Gewinne der Gesellschaft. Die Theilung unter die Gesellschafter erfolgt im Uebrigen nach den Vorschriften über die Gemeinschaft.
E I-ZustRedKom S 656
III. Zu der ZustRedKom lautet die Regelung : § 656 (656 Abs. 1). Gegenstände, welche ein Gesellschafter der Gesellschaft zum Gebrauch oder zur Benutzung überlassen hat, sind ihm zurückzugeben. Für einen durch Zufall untergegangenen oder verschlechterten Gegenstand kann er Ersatz nicht verlangen.
§ 656 a (656 Abs. 2 — 4). Aus dem Gesellschaftsvermögen sind zunächst die geS 656 a meinschaftlichen Schulden mit Einschluß derjenigen zu berichtigen, welche den Gläubigern gegenüber unter die Gesellschafter getheilt sind oder für die einem Gesellschafter als Gläubiger die übrigen Gesellschafter als Schuldner haften. Aus dem nach der Berichtigung der Schulden übrig bleibenden Gesellschaftsvermögen sind die Einlagen zu erstatten. Für Einlagen, die nicht in Geld bestanden haben, ist der Werth zu erstatten, den sie zur Zeit der Einbringung gehabt haben. Für Einlagen, die in der Leistung von Diensten oder in der Ueberlassung des Gebrauchs oder der Benutzung eines Gegenstandes bestanden haben, kann Ersatz nicht verlangt werden. Zur Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden und zur Erstattung der Einlagen ist das Gesellschaftsvermögen, soweit erforderlich, in Geld umzusetzen.
E I-ZustRedKom
E I-ZustRedKom § 656 b
§ 656 b (656 Abs. 2, 3). Bleibt nach der Berichtigung der Schulden und der Erstattung der Einlagen ein Ueberschuß, so gebührt dieser allen Gesellschaftern nach dem Verhältniß ihrer Antheile am Gewinne. Reicht das Gesellschaftsvermögen zur Berichtigung der Schulden und zur Erstattung der Einlagen nicht aus, so haben die Gesellschafter für den Fehlbetrag nach dem Verhältniß aufzukommen, nach welchem der Verlust von ihnen zu tragen ist. Kann von einem Gesellschafter der ihm obliegende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen Gesellschaftern nach dem gleichen Verhältnisse zu tragen. IV. 1. Fassung der Regelung im E II:
E II § 668
§ 668 (656 Abs. 1). Gegenstände, die ein Gesellschafter der Gesellschaft zum Gebrauch oder zur Benutzung überlassen hat, sind ihm zurückzugeben. Für einen durch Zufall untergegangenen oder verschlechterten Gegenstand kann er Ersatz nicht verlangen.
E II $669
§ 669 (656 (Abs. 2 —4). Aus dem Gesellschaftsvermögen sind zunächst die gemeinschaftlichen Schulden mit Einschluß derjenigen zu berichtigen, welche den 342
14. Titel: Gesellschaft
§737
Gläubigern gegenüber unter den Gesellschaften getheilt sind oder für welche einem Gesellschafter die übrigen Gesellschafter als Schuldner haften. Aus dem nach der Berichtigung der Schulden übrig bleibenden Gesellschaftsvermögen sind die Einlagen zurückzuerstatten. Für Einlagen, die nicht in Geld bestanden haben, ist der Werth zu erstzen, den sie zur Zeit der Einbringung gehabt haben. Für Einlagen, die in der Leistung von Diensten oder in der Ueberlassung des Gebrauchs oder der Benutzung eines Gegenstandes bestanden haben, kann Ersatz nicht verlangt werden. Zur Berichtigung der Schulden und zur Rückerstattung der Einlagen ist das Gesellschaftsvermögen, soweit erforderlich, in Geld umzusetzen. S 670 (656 Abs. 2, 3). Bleibt nach der Berichtigung der gemeinschaftlichen Ε II § 670 Schulden und der Rückerstttung der Einlagen ein Ueberschuß, so gebührt dieser den Gesellschaftern nach dem Verhältniß ihrer Antheile am Gewinne. Reicht das Gesellschaftsvermögen zur Berichtigung der Schulden und zur Rückerstattung der Einlagen nicht aus, so haben die Gesellschafter für den Fehlbetrag nach dem Verhältniß aufzukommen, nach welchem der Verlust von ihnen zu tragen ist. Kann von einem Gesellschafter der ihm obliegende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen Gesellschaftern nach dem gleichen Verhältnisse zu tragen. 2. Für die Auseinandersetzung einer Miterbengemeinschaft wurde u. a. beantragt, folgende Regelung zu treffen: „Ist eine Nachlaßverbindlichkeit noch nicht fällig, oder ist sie streitig, so ist das zur Berichtigung derselben Erforderliche zurückbehalten." Die 2. Kom. beauftragte die RedKom., die Frage zu prüfen, ob eine entsprechende Bestimmung auch in die §§ 669, 1373 E II aufzunehmen sei (Prot. II, Bd. 5, S. 885 f.). 3. Revision des £ / / ( P r o t . II, Bd. 6., S. 195). Zu § 669 Abs. 1 war der Zusatz vorgeschlagen: Ist eine gemeinschaftliche Schuld noch nicht fällig oder ist sie streitig, so ist das zur Berichtigung Erforderliche zurückzubehalten. Die Kom. war mit dem Zusatz einverstanden, zumal eine entsprechende Bestimmung auch im § 1920 Abs. 2 und im H.G.B. Art. 141 Abs. 2 sich findet. V. Die SS 718 ff. E II rev. IE ///entsprechen den SS 731 ff. BGB.
§737 Ist im Gesellschaftsvertrage bestimmt, daß, wenn ein Gesellschafter kündigt, die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen soll, so kann ein Gesellschafter, in dessen Person ein die übrigen Gesellschafter nach § 723 Abs. 1 Satz 2 zur Kündigung berechtigender Umstand eintritt, aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Das Ausschließungsrecht steht den übrigen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Die Ausschließung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem abzuschließenden Gesellschafter. 343
§737
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
A. 1. Kommission I. 270. Sitzung vom 10. 12. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend von Kübel ι Prot 13012 DresdE Art 805
| Zu Artikel 805 des Entwurfs : die Gesellschafter vor der Auflösung des Gesellschaftsvertrages übereingekommen, daß derselbe ungeachtet des Ausscheidens eines Gesellschafters durch I Prot 13013 Aus-1 tritt oder Tod unter den übrigen fortgesetzt werden soll, so löst sich der Gesellschaftsvertrag nur in Beziehung auf den Ausscheidenden auf, dagegen besteht er im Uebrigen mit allen seinen berechtigenden und verpflichtenden Folgen fort". lag der Antrag vor: den Artikel zu fassen : Planck „Sind die Gesellschafter vor der Auflösung des Gesellschaftsvertrages übereinge(Nr 542, 1) kommen, daß, wenn ein Gesellschafter kündige, sterbe, geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt werde oder in Konkurs verfalle, die Gesellschaft unter den übrigen fortbestehen solle, so scheidet mit dem Eintritte eines jener Ereignisse nur der betreffende Gesellschafter aus der Gesellschaft aus und bleiben die übrigen Gesellschafter einander nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages berechtigt und verpflichtet". Der Antrag wurde dahin berichtigt, daß a) die Worte: „geschäftsunfähig — werde" zu streichen; n Sind
b) vor: „einander" einzuschieben sei: „gegen". Der berichtigte Antrag wurde genehmigt. Man hielt es nicht für bedenklich, die in dem Entwürfe und dem Antrage gedachte Uebereinkunft, zur Erhaltung der Uebereinstimmung mit dem Handelsgesetzbuche und um einem unverkennbaren praktischen Bedürfnisse entgegenzukommen, zuzulassen. Entwurf und Antrag beschränken sich auf die Bestimmung der I Prot 13014 "Wirk-1 samkeit einer solchen Uebereinkunft. Sie weichen nur in der Fassung von einander ab. Man gab der Fassung des Antrags, weil sie an die bisher gefaßten Beschlüsse sich anschließe und überdies deutlicher erscheine, den Vorzug. Zur Fassung wurde erinnert, es werde zum Ausdruck zu bringen sein, daß das Ausscheiden zu dem Zeitpunkte erfolge, in welchem in Folge des betreffenden Ereignisses die Gesellschaft in Ermangelung der Uebereinkunft aufgelöst sein würde. II., III., 1. Die beschlossene Regelung lautet in der RedVorl. (ZustOR; im KE): RedVorl § 29
§ 29 (Art. 805), (§ 542 ZustOR, § 650 KE). Sind die Gesellschafter vor der Auflösung der Gesellschaft übereingekommen, daß, wenn ein Gesellschafter kündige oder sterbe oder über sein Vermögen der Konkurs eröffnet werde, die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fonbestehen solle, so scheidet in Folge eines solchen Ereignisses der Gesellschafter, in dessen Person dasselbe sich zuträgt, aus der Gesellschaft mit dem Zeitpunkte 1 aus, in welchem in Ermangelung der Uebereinkunft die Gesellschaft aufgelöst sein würde; die übrigen Gesellschafter bleiben gegen einander 2 nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrags3 berechtigt und verpflichtet. 1 2 3
In der ZustOR und im KE heißt es: „Zeitpunkt" In der ZustOR heißt es „gegen einander". Im KE heißt es: „Gesellschaftsvertrage".
344
14. Titel: Gesellschaft
§737
2. Auf Antrag von Kurlbaum (Nr 601, 8) wurde der Eingang von § 650 KE gefaßt: „Haben die Gesellschafter vor der Auflösung der Gesellschaft vereinbart, daß pp." (Als NB. war dem Antrag hinzugefügt: „Uebereinkommen ist nur an dieser Stelle gebraucht"; Prot. I, S. 11833). IV. Die Bestimmung lautet im E I : § 657. Haben die Gesellschafter vor der Auflösung der Gesellschaft vereinbart, E15 657 daß, wenn ein Gesellschafter kündige oder sterbe oder über sein Vermögen der Konkurs eröffnet werde, die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen solle, so scheidet in Folge eines solchen Ereignisses der Gesellschafter, in dessen Person dasselbe sich zuträgt, aus der Gesellschaft mit dem Zeitpunkte aus, in welchem in Ermangelung der Uebereinkunft die Gesellschaft aufgelöst sein würde; die übrigen Gesellschafter bleiben gegen einander nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages berechtigt und verpflichtet.
C. 2. Kommission I. Zu § 657 war beantragt (Prot. I, Bd. 2, S. 443 f.; Mugdan, Bd. 2, S. 1000): 1. die Bestimmung des Entw. zu fassen : Haben die Gesellschafter vor der Auflösung der Gesellschaft vereinbart, daß, Struckmann wenn ein Gesellschafter kündige oder sterbe oder in Konkurs verfalle, die Gesell- (Nr 211, 23) schaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen soll, so scheidet, wenn eines dieser Ereignisse eintritt, nur der davon betroffene Gesellschafter aus der im Uebrigen fortbestehenden Gesellschaft aus. 2. der Bestimmung als Abs. 2 hinzuzufügen: Ist für den Fall der Kündigung eines Gesellschafters vereinbart, daß die Gesell- Jacubezky schaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen solle, so können, wenn in der (Nr 221, 6) Person eines Gesellschafters ein Umstand eintritt, welcher nach § 648 Abs. 2 bei einer Gesellschaft mit bestimmter Zeitdauer die übrigen Gesellschafter zur Kündigung berechtigt, die übrigen Gesellschafter das Ausscheiden desselben dadurch bewirken, daß sie ihn ausschließen. Das Ausschließungsrecht kann von den Berechtigten nur gemeinschaftlich ausgeübt werden; die Ausschließung erfolgt durch Erklärung der Berechtigten gegenüber dem auszuschließenden Gesellschafter. Der Antrag 1 weicht von dem § 657 nur in der Fassung ab. Die Fassung des Entw. läßt es unentschieden, ob die bisherige Gesellschaft als fortbestehend oder eine neue Gesellschaft als begründet anzusehen ist. Die Frage, ob man sich diesem Vorgang anschließen oder die einfachere Fassung des Antrags 1 wählen soll, blieb der Prüfung der RedKom. überlassen. Der Antrag 2 wurde angenommen. II. Fassung der Regelung in der VorlZust: §657. Haben die Gesellschafter vor der Auflösung der Gesellschaft vereinbart, EI-VorlZust daß, wenn ein Gesellschafter kündige oder sterbe oder in Konkurs verfalle, die Ge- § 657 sellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen solle, so scheidet, wenn eines dieser Ereignisse eintritt, nur der davon betroffene Gesellschafter aus der im Uebrigen fortbestehenden Gesellschaft aus. 345
§ § 738 — 740
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Ist für den Fall der Kündigung eines Gesellschafters vereinbart, daß die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen solle, so kann ein Gesellschafter, wenn in dessen Person ein die übrigen Gesellschafter nach § 648 Abs. 2 zur Kündigung berechtigender Umstand eintritt, von demselben aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Das Ausschließungsrecht kann von den Berechtigten nur gemeinschaftlich ausgeübt werden; die Ausschließung erfolgt durch Erklärung der Berechtigten gegenüber dem auszuschließenden Gesellschafter. III. Fassung der Regelung in der ZustRedKom: E I-ZustRedKom § 657. Ist im Gesellschaftsvertrage bestimmt, daß, wenn ein Gesellschafter künS 657 digt oder stirbt, die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen
soll, so scheidet bei dem Eintritt eines solchen Ereignisses der Gesellschafter, in dessen Person es eintritt, aus der im Uebrigen fortbestehenden Gesellschaft aus. E I-ZustRedKom § 657 a. Ist im Gesellschaftsvertrage bestimmt, daß, wenn ein Gesellschafter kün§ 657 a digt, die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fonbestehen soll, so kann
ein Gesellschafter, in dessen Person ein die übrigen Gesellschafter nach § 648 Abs. 1 Satz 2 zur Kündigung berechtigender Umstand eintritt, aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Das Ausschließungsrecht kann von den übrigen Gesellschaftern nur gemeinschaftlich ausgeübt werden. Die Ausschließung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem auszuschließenden Gesellschafter. IV., V. 1. Fassung der Regelung im E II: E II S 671
§ 671. Ist im Gesellschaftsvertrage bestimmt, daß, wenn ein Gesellschafter kündigt oder stirbt, die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen soll, so scheidet bei dem Eintritt eines solchen Ereignisses der Gesellschafter, in dessen Person es eintritt, aus der im Uebrigen fortbestehenden Gesellschaft aus. s 672 E //entspricht § 737 BGB. 2. Die §§ 723 f. E II rev/E ///entsprechen den §§ 736 f. BGB. §738
Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so wächst sein Antheil am Gesellschaftsvermögen den übrigen Gesellschaftern zu. Diese sind verpflichtet, dem Ausscheidenden die Gegenstände, die er der Gesellschaft zur Benutzung überlassen hat, nach Maßgabe des § 732 zurückzugeben, ihn von den gemeinschaftlichen Schulden zu befreien und ihm dasjenige zu zahlen, was er bei der Auseinandersetzung erhalten würde, wenn die Gesellschaft zur Zeit seines Ausscheidens aufgelöst worden wäre. Sind gemeinschaftliche Schulden noch nicht fällig, so können die übrigen Gesellschafter dem Ausscheidenden, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten. Der Werth des Gesellschaftsvermögens ist, soweit erforderlich, im Wege der Schätzung zu ermitteln. §739
Reicht der Werth des Gesellschaftsvermögens zur Deckung der gemeinschaftlichen Schulden und der Einlagen nicht aus, so hat der Ausscheidende den übrigen Gesellschaftern für den Fehlbetrag nach dem Verhältnisse seines Antheils am Verlust aufzukommen. 346
14. Titel: Gesellschaft
§ § 7 3 8 - 740
§ 740 Der Ausgeschiedene nimmt an dem Gewinn und dem Verluste Theil, welcher sich aus den zur Zeit seines Ausscheidens schwebenden Geschäften ergiebt. Die übrigen Gesellschafter sind berechtigt, diese Geschäfte so zu beendigen, wie es ihnen am vortheilhaftesten erscheint. Der Ausgeschiedene kann am Schlüsse jedes Geschäftsjahrs Rechenschaft über die inzwischen beendigten Geschäfte, Auszahlung des ihm gebührenden Betrags und Auskunft über den Stand der noch schwebenden Geschäfte verlangen.
A. 1. Kommission I. 270. Sitzung vom 10. 12. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend von Kübel I Zu Artikel 806 des Entwurfs : „Scheidet ein Gesellschafter aus, so erfolgt die Auseinandersetzung mit demselben auf Grund der Vermögenslage, in welcher sich das gemeinschaftliche Vermögen zur Zeit des Ausscheidens befindet. Der Ausscheidende nimmt auch noch an dem Gewinne oder Verluste Antheil, welcher erst nach seinem Ausscheiden eingetreten, aber aus einem schon vorher begonnenen und erst nachher vollendeten Geschäfte hervorgegangen ist. Der Ausscheidende muß sich die Beendigung der laufenden Geschäfte in der Weise gefallen lassen, wie sie nach dem Ermessen der übrigen Gesellschafter am vortheilhaftesten ist. Jedoch ist er, wenn eine frühere vollständige Auseinandersetzung nicht möglich ist, berechtigt, am Schlüsse eines jeden Geschäftsjahres Rechnungslegung über die inzwischen e r - | ledigten Geschäfte, sowie Auszahlung der ihm hiernach gebührenden Beträge zu fordern; auch kann er am Schlüsse eines jeden Geschäftsjahres den Nachweis über den Stand der noch laufenden Geschäfte verlangen". war beantragt: den letzten Satz: „Jedoch ist er, wenn u.s.w." zu streichen. Die drei Absätze des Entwurfs wurden als völlig sachgemäß und weil sie im Wesentlichen mit den einschlagenden Vorschriften des Handelsgesetzbuchs übereinstimmen, genehmigt. Insbesondere fand man keinen Grund, den letzten Satz des dritten Absatzes, nachdem der Artikel 793 Absatz 2 Aufnahme gefunden habe (Protokolle S. 2 9 6 5 ) a l s entbehrlich zu unterdrücken. Betreffend den zweiten Absatz war man der Ansicht, daß die darin enthaltene Bestimmung deutlicher und treffender sei, als die Vorschrift Absatz 2 des Artikels 130 des Handelsgesetzbuchs 2 . Zu Artikel 807 des Entwurfs: „Im Falle des Artikels 806 sind Sachen, welche der Ausscheidende nur zum Gebrauche oder zur Benutzung eingebracht hat, nach Vorschrift des Artikels 803 Absatz 1 demselben zurückzugeben. Im Uebrigen kann der Ausscheidende nicht die Zuweisung eines verhältnismäßigen Antheiles an den einzelnen Forderungen, Sa-
1 Oben S. 298. Art. 130 Abs. 2 HGB lautet: An den späteren Geschäften, Rechten und Verbindlichkeiten nimmt der Ausgeschiedene oder Ausgeschlossene nur insofern Antheil, als dieselben eine unmittelbare Folge dessen sind, was vor jenem Zeitpunkte bereits geschehen war.
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| Prot I 3014 DresdE Art 806
| Prot 13015
Planck (Nr 542, 2)
DresdE Art 807
§§738-740
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
I Prot I 3016 chen oder anderen Vermögensstücken verlangen, sondern muß sich die Aus-1 lieferung seines Antheiles an dem Gesellschaftsvermögen in einer den Werth desselben darstellenden Geldsumme gefallen lassen", lag der Antrag vor: statt dessen zu bestimmen 3 : Planck „Der ausscheidende Gesellschafter ist verpflichtet, seinen Antheil an den ge(Nr 544, 3) meinschaftlichen Gegenständen (einschl. der Forderungen) an die übrigen Gesellschafter zu übertragen und, sofern die Gesellschaftsschulden das Gesellschaftsvermögen übersteigen, zu dem Fehlenden in demjenigen Verhältnisse, in welchem er den Verlust zu tragen hat, beizutragen. Die übrigen Gesellschafter sind verpflichtet, dem Ausscheidenden die Sachen, welche er nur zum Gebrauch oder zur Nutzung eingebracht hat, nach Maßgabe des Artikels 803 Absatz 1 (zu vergi. S. 3001) 4 zurückzugeben, ihn von Q.esellschaftsverbindlichkeiten gegen Dritte zu befreien und ihm, wenn das Gesellschaftsvermögen die Gesellschaftsschulden übersteigt, eine dem Werth e des Antheils, welchen er bei einer nach Maßgabe des Artikels 803 Absatz 2 ff. (zu vergi. S. 3003 — 3005) erfolgenden Auseinandersetzung aus dem gemeinschaftlichen Vermögen erhalten würde, entsprechende Geldsumme zu bezahlen. Die Werthsermittelung erfolgt durch I Prot I 3017 Schätzung". | Der Antrag wurde genehmigt, der Redaktion jedoch die Prüfung vorbehalten, ob der letzte Satz nöthig sei. Erwogen war: Es sei klar, daß der ausscheidende Gesellschafter mit einer Abfindung in Geld sich begnügen müsse und außerdem nur noch die Ausfolgung der quoad usum eingebrachten Gegenstände fordern könne. In dieser Beziehung stimmten auch Entwurf und Antrag mit einander überein. Der Antrag weiche von dem Entwürfe aber darin ab, daß er mit großer Klarheit sich darüber ausspreche, wie die eintretende Vermögensänderung sich vollziehe. E r schreibe in Anlehnung an die allgemeinen Grundsätze vor, der Ausscheidende habe seinen Antheil an den gemeinschaftlichen Gegenständen den übrigen Gesellschaftern in gewöhnlicher Art zu übertragen; daraus folge, daß die Uebertragung sich nicht von Rechtswegen, auch nicht durch Zahlung der Abfindung, vollziehe. Dieser Standpunkt des Antrags verdiene entschieden volle Billigung, sowohl weil eine Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen thunlichst vermieden werden müsse, überdies in Ansehung der Führung des Grundbuchs kaum durchführbar erscheine, als auch weil er dem ausscheidenden Gesellschafter den erforderlichen Schutz gewähre. Ob das Handelsgesetzbuch einen andern Standpunkt einnehme, komme wegen der besonderen Bestimmungen desselben über das Gesellschaftsvermögen nicht in Betracht. Weiter sehe der Antrag in I Prot I 3018 völlig angemessener Weise vor, daß der Ausscheidende | unter Umständen auch zur Deckung von Verlust einen Geldbeitrag zu leisten, so wie daß er auf Befreiung von der gemeinschaftlichen Verbindlichkeit Anspruch habe. Ob der letzte Satz des
Nach einem früheren Antrag von Planck (Nr. 542, 3) sollte Art. 807 DresdE dahin gefaßt werden: „Der ausscheidende Gesellschafter ist verpflichtet, seinen Antheil an den gemeinschaftlichen Gegenständen (einschl. der Forderungen) an die übrigen Gesellschafter zu übertragen. Diese sind dagegen verpflichtet, ihm die Sachen, welche er nur zum Gebrauch oder zur Nutzung eingebracht hat, nach Maßgabe des § 803 Absatz 2 zurückzugeben und ihm eine dem Werthe des Antheils, welchen er bei einer nach Maßgabe des § 803 Absatz 2 ff. erfolgenden Auseinandersetzung aus dem gemeinschaftlichen Vermögen erhalten würde, entsprechende Geldsumme zu bezahlen. Die Werthermittelung erfolgt durch Schätzung." 4 Oben S. 332. 3
348
14. Titel: Gesellschaft
§§738-740
Antrags, der ausdrücken solle, daß der ausscheidende Gesellschafter nicht zur Werthsermittelung den Verkauf fordern dürfe, nicht als selbstverständlich ausfallen könne, werde bei der Redaktion zu prüfen sein. Einverständniß bestand, daß Bestimmungen über die Ausschließung eines Gesellschafters für die nach bürgerlichem Rechte zu beurtheilenden Gesellschaften nicht am Platze seien. Man war der Ansicht, daß der Gesellschaftsvertrag die Zulässigkeit einer Ausschließung bestimmen könne und daß in solchem Falle die vorher beschlossenen Bestimmungen anwendbar werden könnten. Der Artikel 808 des Entwurfs bestimmt: DresdE Art 808 „An den bis zur Ausscheidung begründeten Verbindlichkeiten des Ausscheidenden gegen Dritte wird durch die Ausscheidung nichts geändert". Der Artikel 808 wurde für selbstverständlich erachtet und deshalb seine Streichung beschlossen. II. 1. Zu der RedVorl. lautet die beschlossene Regelung: S 30 (Art. 806, 807). Scheidet ein Gesellschafter in Gemäßheit des § 29 aus der RedVorl Gesellschaft aus, so erfolgt die Auseinandersetzung zwischen ihm und den übrigen S 30 Gesellschaftern auf Grund der Vermögenslage zur Zeit des Ausscheidens. Der Ausscheidende nimmt noch an dem Gewinne oder Verluste Antheil, welcher zwar erst nach seinem Ausscheiden eingetreten, jedoch aus einem schon vorher begonnenen und erst nachher vollendeten Geschäfte hervorgegangen ist. Der Ausscheidende muß sich gefallen lassen, daß die laufenden Geschäfte in der Weise beendet werden, wie es den übrigen Gesellschaftern am vortheilhaftesten erscheint. Er ist (so lange eine vollständige Auseinandersetzung nicht möglich ist,) berechtigt, am Schlüsse eines jeden Geschäftsjahres Rechnungslegung über die inzwischen erledigten Geschäfte sowie Auszahlung der ihm hiernach gebührenden Beträge und Nachweis über den Stand der noch schwebenden Geschäfte zu fordern. Der ausscheidende Gesellschafter ist verpflichtet, seinen Antheil an den gemeinschaftlichen Gegenständen den übrigen Gesellschaftern zu übertragen. Die übrigen Gesellschafter sind dagegen verpflichtet, dem Ausscheidenden die Gegenstände, welche er nur zum Gebrauch oder zur Nutzung eingebracht hat, nach Vorschrift des § 28 zurückzugeben, ihn von den aus dem Gesellschaftsverhältniß hervorgegangenen Verpflichtungen gegen Dritte zu befreien und ihm eine Geldsumme zu zahlen, welche demjenigen entspricht, was er an Geld oder Geldeswerth im Falle einer nach den Bestimmungen des § 28 erfolgenden Auseinandersetzung erhalten haben würde. (Die erforderlichen Werthsermittelungen sind im Wege der Abschätzung zu bemessen.) Ergiebt sich, daß der Werth der gemeinschaftlichen Gegenstände weniger beträgt, als zur Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden erforderlich ist, so ist der Ausscheidende den übrigen Gesellschaftern für den Fehlbetrag nach dem Verhältniß, in welchem er den Verlust zu tragen hat, aufzukommen verpflichtet. (NB: 1. Absatz 1. Es wird nicht nöthig sein, die weitläufigere Fassung des Art. 806 [H.G.B. Art. 130] zu wählen. 2. Absatz 3. Entw. Art. 806 und H.G.B. Art. 130 dürften inkorrekt und der eingeklammerte Zwischensatz ebenfalls nicht korrekt und auch entbehrlich sein. 3. Absatz 4. Für den Absatz einen besonderen § zu bestimmen, ist bedenklich. Von dem angenommenen Antrage Planck N 2 544, N 2 2 hat mehrfach abgewichen werden müssen, um den Gedanken klar zu stellen. 4. Der letzte Absatz deckt einen ohne Zweifel ganz ungewöhnlichen Fall.) 349
§ § 7 3 8 - 740
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
2. Fassung der Regelung in der ZustOR: ZustOR § 543
§ 543. Scheidet ein Gesellschafter in Gemäßheit des § 542 aus der Gesellschaft aus, so erfolgt die Auseinandersetzung zwischen ihm und den übrigen Gesellschaftern auf Grund der Vermögenslage zur Zeit des Ausscheidens. Der Ausscheidende nimmt noch an dem Gewinn oder \ierluste Antheil, welcher zwar erst nach seinem Ausscheiden eingetreten, jedoch aus einem schon-vorher begonnenen und erst nachher vollendeten Geschäfte hervorgegangen ist. Der Ausscheidende muß sich gefallen lassen, daß die laufenden Geschäfte in der Weise beendet werden, wie es den übrigen Gesellschaftern am vortheilhaftesten erscheint. Er ist berechtigt, am Schlüsse eines jeden Geschäftsjahres Rechnungslegung über die inzwischen erledigten Geschäfte sowie Auszahlung der ihm hiernach gebührenden Beträge und Nachweis über den Stand der noch schwebenden Geschäfte zu fordern. Der ausscheidende Gesellschafter ist verpflichtet, seinen Antheil an den gemeinschaftlichen Gegenständen den übrigen Gesellschaftern zu übertragen. Die übrigen Gesellschafter sind dagegen verpflichtet, dem Ausscheidenden die Gegenstände, welche er nur zum Gebrauch oder zur Nutzung eingebracht hat, nach Vorschrift des § 541 zurückzugeben, ihn von den aus dem Gesellschaftsverhältniß hervorgegangenen Verpflichtungen gegen Dritte zu befreien und ihm eine Geldsumme zu zahlen, welche demjenigen entspricht, was er an Geld oder Geldeswerth im Falle einer nach den Bestimmungen des § 541 erfolgenden Auseinandersetzung erhalten haben würde. Die erforderlichen Werthsermittelungen sind im Wege der Abschätzung zu bewirken. Ergiebt sich, daß der Werth der gemeinschaftlichen Gegenstände weniger beträgt, als zur Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden erforderlich ist, so ist der Ausscheidende den übrigen Gesellschaftern für den Fehlbetrag nach dem Verhältniß, in welchem er den Verlust zu tragen hat, aufzukommen verpflichtet. 3. Auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 III) wurde im § 543 Abs. 3 ZustOR (§ 551 KE, 1. Fassung) statt „beendet" gesagt: „beendigt" (Prot. I, S. 3551, 3559). III., IV. Die Bestimmung lautet im KE (E I):
KE S 651 § 651. Scheidet ein Gesellschafter in Gemäßheit des § 657 aus der Gesellschaft E I § 658 aus, so erfolgt die Auseinandersetzung zwischen ihm und den übrigen Gesellschaftern auf Grund der Vermögenslage zur Zeit des Ausscheidens. Der Ausscheidende nimmt noch an dem Gewinne oder Verluste Antheil, welcher zwar erst nach seinem Ausscheiden eingetreten, jedoch aus einem schon vorher begonnenen und erst nachher vollendeten Geschäfte hervorgegangen ist. Der Ausscheidende muß sich gefallen lassen, daß die laufenden Geschäfte in der Weise beendigt werden, wie es den übrigen Gesellschaftern am vortheilhaftesten erscheint. Er ist berechtigt, am Schlüsse eines jeden Geschäftsjahres Rechnungslegung über die inzwischen erledigten Geschäfte sowie Auszahlung der ihm hiernach gebührenden Beträge und Nachweis über den Stand der noch schwebenden Geschäfte zu fordern. Der ausscheidende Gesellschafter ist verpflichtet, seinen Antheil an den gemeinschaftlichen Gegenständen den übrigen Gesellschaftern zu übertragen. Die übrigen Gesellschafter sind dagegen verpflichtet, dem Ausscheidenden die Gegenstände, welche er nur zum Gebrauche oder zur Nutzung eingebracht hat, nach Vorschrift des § 656 zurückzugeben, ihn von den aus dem Gesellschaftsver350
14. Titel: Gesellschaft
§ § 7 3 8 - 740
hältnisse hervorgegangenen Verpflichtungen gegen Dritte zu befreien und ihm eine Geldsumme zu zahlen, welche demjenigen entspricht, was er an Geld oder Geldeswerth im Falle einer nach den Vorschriften des § 656 erfolgenden Auseinandersetzung erhalten haben würde. Die erforderlichen Werthermittelungen sind im Wege der Schätzung zu bewirken. Ergiebt sich, daß der Werth der gemeinschaftlichen Gegenstände weniger beträgt, als zur Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden erforderlich ist, so ist der Ausscheidende den übrigen Gesellschaftern für den Fehlbetrag nach dem Verhältnisse, in welchem er den Verlust zu tragen hat, aufzukommen verpflichtet. B. In der Vorkommission des Reichsjustizamtes hat eine Beratung des § 658 E I nicht stattgefunden. C. 2. Kommission I. Zu $ 658 E I war beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 444; Mugían, Bd. 2, S. 1000 f.) : 1. den § 658 durch folgende Paragraphen zu ersetzen:
Struckmann
§ 658. Scheidet ein Gesellschafter nach Maßgabe des § 657 aus der Gesellschaft ( N r 2 1 1 > aus, so gelten, soweit nicht ein Anderes vereinbart ist, die Vorschriften der §§ 658 a, 658b. § 658 a. Die Auseinandersetzung zwischen dem ausscheidenden Gesellschafter und der fortbestehenden Gesellschaft erfolgt auf Grund der Vermögenslage zur Zeit des Ausscheidens. Der Ausscheidende nimmt jedoch noch an dem nach seinem Ausscheiden eintretenden Gewinn oder Verlust aus den vorher begonnenen, aber nachher beendigten Geschäften Theil. Die fortbestehende Gesellschaft darf die laufenden Geschäfte so erledigen, wie es ihr am vortheilhaftesten erscheint. Der Ausscheidende ist berechtigt, am Schlüsse eines jeden Geschäftsjahrs Rechnungslegung über die inzwischen erledigten Geschäfte sowie Auszahlung der ihm hiernach gebührenden Beträge und Nachweis über den Stand der noch schwebenden Geschäfte zu fordern. § 658 b. Der ausscheidende Gesellschafter ist verpflichtet, seinen Antheil an dem Gesellschaftsvermögen den übrigen Gesellschaftern nach Verhältniß ihrer Antheile zu übertragen. Dagegen ist er berechtigt, die Rückgabe der von ihm nur zum Gebrauch oder zur Benutzung eingebrachten Gegenstände nach Maßgabe des § 656 a zu fordern. Der Ausscheidende kann ferner von den übrigen Gesellschaftern verlangen, daß er von den aus dem Gesellschaftsverhältnisse hervorgegangenen Verpflichtungen gegen Dritte befreit und daß ihm eine Geldsumme gezahlt werde, die demjenigen entspricht, was er erhalten haben würde, wenn die Auseinandersetzung nach· den Vorschriften der §§ 656 bis 656 c stattgefunden hätte. Die erforderlichen Werthermittelungen sind im Wege der Schätzung zu bewirken. Reicht der ermittelte Werth des Gesellschaftsvermögens zur Deckung der gemeinschaftlichen Schulden nicht aus, so ist der Ausscheidende den übrigen Gesellschaftern verpflichtet, für den Fehlbetrag nach Verhältniß seines Antheils am Verluste der Gesellschaft aufzukommen. 2. in dem Abs. 6 des Entw. nach dem Worte „Schulden" einzuschalten „und der Einlagen sämmtlicher Gesellschafter"; 351
24
)
§ § 738 — 740
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
3. den Abs. 4 durch nachstehende Vorschrift zu ersetzen: Der Antheil des ausscheidenden Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen wächst den übrigen Gesellschaftern zu. In dem Antrag 1 erblickte die Kom. nur eine redaktionelle Aenderung des Entw. Gegen den in dem Antrage 2 vorgeschlagenen Zusatz erhob sich kein Widerspruch; man war vielmehr einverstanden, daß der Antrag 2 eine nothwendige Konsequenz des zu § 656 gefaßten Beschlusses sei. Meinungsverschiedenheit rief jedoch die Frage hervor, ob ein nach Maßgabe des § 657 ausscheidender Gesellschafter nur zu verpflichten sei, seinen Antheil an den gemeinschaftlichen Gegenständen gegen Werthersatz nach näherer Bestimmung des Abs. 5 den übrigen Gesellschaftern zu übertragen, oder ob der Antheil den in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschaftern kraft Gesetzes anwachsen solle, jedoch unter der Auflage, den ausscheidenden Gesellschafter nach Maßgabe des Abs. 5 schadlos zu halten. Die Kom. entschied sich für den Antrag 3.
E I-VorlZust
II. Fassung der Regelung in der RedVorl:
§ 658
§ 658. Scheidet ein Gesellschafter nach Maßgabe des § 657 aus der Gesellschaft aus, so erfolgt die Auseinandersetzung zwischen ihm und den übrigen GesellschafE I-VorlZust tern auf Grund der Vermögenslage der Gesellschaft zur Zeit des Ausscheidens. § 658 a § 658 a. Der Antheil des ausscheidenden Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen wächst den übrigen Gesellschaftern zu. Die übrigen Gesellschafter sind verpflichtet, dem Ausscheidenden die Gegenstände, welche er nur zum Gebrauche und zur Nutzung eingebracht hat, nach Vorschrift des § 656 zurückzugeben, ihn von den aus dem Gesellschaftsverhältnisse tiervorgegangenen Verpflichtungen gegen Dritte zu befreien und ihm eine Geldsumme zu zahlen, welche demjenigen entspricht, was er im Falle einer nach den Vorschriften des § 656 erfolgenden Auseinandersetzung erhalten haben würde. Die erforderlichen Werthermittelungen sind im Wege der Schätzung zu bewirken. Reicht der ermittelte Werth des Gesellschaftsvermögens zur Deckung der gemeinschaftlichen Schuld und der Einlagen der Gesellschafter nicht aus, so ist der Ausscheidende den übrigen Gesellschaftern verpflichtet, für den Fehlbetrag nach _ T V e r h ä l t n i ß seines Antheils am Verluste aufzukommen. E I-VorlZust
§ 658 b
S 658 b. Der Ausscheidende nimmt an dem Gewinne oder Verluste Antheil, welcher zwar erst nach seinem Ausscheiden eingetreten, jedoch aus einem schon vorher begonnenen und erst nachher vollendeten Geschäfte hervorgegangen ist. Die übrigen Gesellschafter sind berechtigt, die laufenden Geschäfte so zu beendigen, wie es ihnen am vortheilhaftesten erscheint. Der Ausscheidende kann am Schluß eines jeden Geschäftsjahres Rechnungslegung über die inzwischen erledigten Geschäfte sowie Auszahlung der ihm hiernach gebührenden Beträge und Nachweis über den Stand der noch schwebenden Geschäfte fordern.
E I-ZustRedKom S 658
HI-1· Fassung der Regelung in der ZustRedKom: J 658. Im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters wächst der Antheil des Ausscheidenden am Gesellschaftsvermögen den übrigen Gesellschaftern zu. Diese sind verpflichtet, dem Ausscheidenden die von ihm der Gesellschaft zum Gebrauch oder zur Benutzung überlassenen Gegenstände ihm gemäß des § 656 zurückzugeben, ihn von den gemeinschaftlichen Schulden zu befreien und ihm dasjenige in 352
14. Titel: Gesellschaft
§§738-740
Geld zu zahlen, was er bei der Auseinandersetzung erhalten haben würde, wenn die Gesellschaft zur Zeit seines Ausscheidens aufgelöst worden wäre. Sind gemeinschaftliche Schulden noch nicht fällig, so können die übrigen Gesellschafter dem Ausscheidenden, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten. (Die Vorschrift des 3. Satzes ist von der Redaktionskommission mit Rücksicht auf die Beschlüsse zu §§ 595 und 677 hinzugefügt.) Reicht der Werth des Gesellschaftsvermögens zur Deckung der gemeinschaftlichen Schulden und der Einlage nicht aus, so hat der Ausscheidende den übrigen Gesellschaftern für den Fehlbetrag nach dem Verhältnisse seines Antheils am Verlust aufzukommen. Der Werth des Gesellschaftsvermögens ist, soweit erforderlich, im Wege der Schätzung zu ermitteln. § 658 a. Der Ausgeschiedene nimmt an dem Gewinn und Verluste Theil, welcher E I-ZustRedKom sich aus den zur Zeit seines Ausscheidens schwebenden Geschäften ergiebt. Die üb- S 658 a rigen Gesellschafter sind berechtigt, die laufenden Geschäfte so zu beendigen, wie es ihnen am vortheilhaftesten erscheint. Der Ausgeschiedene kann am Schlüsse jedes Geschäftsjahres Rechnungslegung über die inzwischen beendigten Geschäfte, Auszahlung der ihm gebührenden Beträge und Nachweis über den Stand der noch schwebenden Geschäfte verlangen. 2. § 658 Abs. 1 Satz 3 Z u s t R e d K o m wurde von der K o m . gebilligt (Prot. II, Bd. 2, S. 518). IV. Fassung der Regelung im E II: § 673 (658 Abs. 1 , 4 — 6). Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so E II § 673 wächst sein Antheil am Gesellschaftsvermögen den übrigen Gesellschaftern zu. Diese sind verpflichtet, dem Ausscheidenden die Gegenstände, welche er der Gesellschaft zum Gebrauch oder zur Benutzung überlassen hat, in Gemäßheit des § 668 zurückzugeben, ihn von den gemeinschaftlichen Schulden zu befreien und ihm dasjenige in Geld zu zahlen, was er bei der Auseinandersetzung erhalten haben würde, wenn die Gesellschaft zur Zeit seines Ausscheidens aufgelöst worden wäre. Sind gemeinschaftliche Schulden noch nicht fällig, so können die übrigen Gesellschafter dem Ausscheidenden, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten. Reicht der Werth des Gesellschaftsvermögens zur Deckung der Schulden und der Einlagen nicht aus, so hat der Ausscheidende den übrigen Gesellschaftern für den Fehlbetrag nach dem Verhältnisse seines Antheils am Verlust aufzukommen. Der Werth des Gesellschaftsvermögens ist, soweit erforderlich, im Wege der Schätzung zu ermitteln. § 674 (658 Abs. 2, 3). Der Ausgeschiedene nimmt an dem Gewinn und dem Ver- E II § 674 luste Theil, welcher sich aus den zur Zeit seines Ausscheidens schwebenden Geschäften ergiebt. Die übrigen Gesellschafter sind berechtigt, diese Geschäfte so zu beendigen, wie es ihnen am vortheilhaftesten erscheint. D e r Ausgeschiedene kann am Schlüsse jedes Geschäftsjahrs Rechenschaft über die inzwischen beendigten Geschäfte, Auszahlung der ihm gebührenden Beträge und Auskunft über den Stand der noch schwebenden Geschäfte verlangen. V. Die Fassung der § § 7 2 5 Ell BGB.
revJE / / / e n t s p r i c h t derjenigen der §§738 ff.
353
A n h § § 705 — 740
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Anhang zu den §§ 705 - 740 BGB
§ 659 E I Wird der Gesellschaftsvertrag zum Zwecke der Betreibung eines Erwerbsgeschäftes geschlossen, so kann von den Gesellschaftern die Anwendbarkeit der für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften vereinbart werden. Im Falle einer solchen Vereinbarung werden alle auf die offene Handelsgesellschaft sich beziehenden Vorschriften anwendbar, insbesondere diejenigen, welche die Errichtung der Gesellschaft, den Geschäftsbetrieb unter gemeinschaftlicher Firma, die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister, das Rechtsverhältniß der Gesellschafter unter einander und zu dritten Personen, die Auflösung der Gesellschaft und das Austreten einzelner Gesellschafter, die Liquidation, die Anspruchsverjährung und die Geltung der in Ansehung der Kaufleute gegebenen Vorschriften betreffen.
A. 1. Kommission I. 271. Sitzung vom 12. 12. 1883, Schriftführer Neubauer | Unter der Ueberschrift: „Kollektivgesellschaft, a) Erwerbsgesellschaft, aa) Offene Gesellschaft" bestimmt der Entwurf in Artikel 810: DresdE Art 810 „Wollen bei einer Erwerbsgesellschaft, welche nicht Handels- oder Aktiengesellschaft ist, die Gesellschafter unter einem gemeinschaftlichen Namen (Gesellschaftsnamen) auftreten, so finden auf eine solche Gesellschaft die Vorschriften des allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches über die offene Handelsgesellschaft Artikel 85 Absatz 2, Artikel 8 6 - 9 3 , 94 Absatz 2, Artikel 95, 9 8 - 1 4 9 , ferner Artikel 12—14, 17 Absatz 1 und 3, Artikel 42 — 45, Artikel 52 — 56 mit der Maßgabe Anwendung, daß die Vorschriften über die Handelsbücher der Handelsgesellschaft für die Geschäftsbücher der Erwerbsgesellschaft und die Vorschriften über die Firma einer Handelsgesellschaft für den Gesellschaftsnamen gelten, welchem eine kurze Bezeichnung des Gesellschaftszweckes beizufügen ist. I Prot I 3020 | Statt der Vorschriften des Artikels 94 Absatz 1 des allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches kommen die Vorschriften der Artikel 229 — 231 des gegenwärtigen Gesetzes, statt der Vorschriften der Artikel 96, 97 des allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches diejenigen des Artikels 792 des gegenwärtigen Gesetzes zur Anwendung". Es waren dazu die Anträge gestellt IProti 3019
1. statt dessen zu bestimmen: v. Weber „Wollen bei einer Erwerbsgesellschaft, welche auf einen gewerbemäßigen Betrieb (Nr 543) gerichtet ist, jedoch weder Handels- noch Aktiengesellschaft ist, die Gesellschafter unter einem gemeinschaftlichen Namen (Gesellschaftsnamen) auftreten, so finden auf eine solche Gesellschaft die Vorschriften des gemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs über die offene Handelsgesellschaft Artikel 85, Absatz 2, Artikel 86 — 93, 94 Absatz 2, 95, 98 - 1 4 9 ferner Artikel 12 - 14, 17 Absatz 1 und 3, 20 bis 27, 28 bis 33, 37 Satz 1, 38, 40, 41 bis 45, 46 bis 51, 52 bis 561 mit der Maßgabe Anwendung, daß die Vorschriften über die Handelsbücher und Handelsbriefe der Handelsgeselli Im metallographierten Antrag sind die Art. 20 — 27 sowie 46 — 51 nicht zitiert. 354
14. Titel: Gesellschaft
Anh § § 7 0 5 - 7 4 0
schaft für die Geschäftsbücher und Geschäftsbriefe der Erwerbsgesellschaft und die Vorschriften über die Firma einer Handelsgesellschaft für den Gesellschaftsnamen gelten, welchem eine kurze Bezeichnung des Gesellschaftszweckes beizufügen ist. Statt der Vorschriften des Artikels 94 Absatz 1 des allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs kommen die Vorschriften (in § 169 der Zusammenstellung der Beschlüsse zum Obliga-1 tionenrecht — Protokolle S. 1066, 1067 — und Absatz 2 des | Prot I 3021 Antrags N- 1 zu Art. 769 - Protokolle S. 2894 - ) statt der Vorschriften der Artikel 96, 97 des allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs diejenigen des (Artikels 792 dieses Abschnitts) zur Anwendung. Im Falle der Zahlungsunfähigkeit einer solchen Erwerbsgesellschaft finden für das Konkursverfahren die Vorschriften der Konkursordnung §§ 198 bis 201 Anwendung. Anmerkung: Vorbehalten bleibt für das Einführungsgesetz die Frage Uber Ausdehnung der Strafvorschriften der Konkursordnung § 209 unter 3 und 4, § 210 unter 2 und 3 und § 2142 auf die Mitglieder und bezw. Liquidatoren solcher Erwerbsgesellschaften. 2. zu bestimmen: Kurlbaum „Ist der Gesellschaftsvertrag zum Zwecke des Erwerbes durch gewerbemäßigen (Nr 545) Geschäftsbetrieb geschlossen, so ist die Gesellschaft auf Antrag der Gesellschafter unter Bezugnahme auf diese Vorschrift in das Handelsregister einzutragen, sofern sie nicht als Handelsgesellschaft eingetragen werden muß. Ist die Eintragung erfolgt, so gilt die Gesellschaft als offene Handelsgesellschaft. Die von ihr vorgenommenen Geschäfte sind jedoch nicht aus diesem Grunde als Handelsgeschäfte anzusehen. Artikel 113 des Handelsgesetzbuchs findet nur gegen solche Gesellschafter Anwendung, welche in das Handelsregister eingetragen worden sind". I 3. zu bestimmen: „Durch den Gesellschaftsvertrag kann, wenn die einzugehende Gesellschaft eine Erwerbsgesellschaft ist, vereinbart werden, daß auf das dadurch begründete Rechtsverhältniß die Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs über offene Handelsgesellschaften entsprechende Anwendung finden sollen. Eine solche Vereinbarung ist auch Dritten gegenüber wirksam". Außerdem lag der Antrag vor: die Erledigung des Artikels 810 der Revision des Handelsgesetzbuchs vorzubehalten. Der letztgedachte Antrag wurde abgelehnt. Die Mehrheit war der Ansicht: Bei der Berathung der vorhergehenden Artikel sei mehrfach davon ausgegangen, das Gesetzbuch werde eine dem Artikel 810 entsprechende Bestimmung aufnehmen. Die Beschlüsse würden voraussichtlich zum Theil anders ausgefallen sein, wenn jene Voraussetzung nicht leitend gewesen wäre. Schon dieser Umstand zwinge, den Artikel 810 gegenwärtig in Berathung zu nehmen, damit imFalle seiner Ablehnung ohne Ersetzung durch eine anderweitige, denselben Zweck erfüllende Bestimmung darüber befunden werden könne, ob und inwiefern die früheren Beschlüsse der Abänderung oder Erwägung bedürften. Es fehle aber auch an einem zureichenden Grunde, die Entscheidung der durch den Artikel 810 angeregten Frage zu vertagen und der Revision des Handelsgesetzbuchs zu überweisen. Nehme
Vgl. §§ 239 ff. KO η. F. 355
| Prot I 3022 Planck (Nr 544, 3)
Gebhard
Anh § § 705 —740
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
das bürgerliche Gesetzbuch eine Bestimmung auf, wie sie der Artikel 810 enthalte, so sei dadurch der Revision des Handelsgesetzbuchs in keiner Weise vorgegriffen. Es könne sich aus einer solchen Bestimmung höchstens die Nothwendigkeit ergeI Prot 13023 ben, dieselbe bei der Revision des Handelsge-1 setzbuchs in gleicher Art wie manche andere Vorschriften des bürgerlichen Gesetzbuchs nach Gebühr zu berücksichtigen. Weiter treffe der Einwurf nicht zu, es stehe eine Frage zur Entscheidung, deren Erledigung ohne sachverständigen Beirath erheblichen Bedenken unterliege. Ob der Artikel 810 oder eine ihm ähnliche Bestimmung Billigung verdiene, könne schon jetzt ohne weitere Ermittelungen und ohne vorherige Anhörung von Sachverständigen des Handelsstandes beurtheilt werden. Zu einem sicheren Urtheile genügten schon die bisher hinsichtlich des Gesellschaftsrechts gefaßten Beschlüsse. Die letzteren ergäben sogar die Angemessenheit, wenn nicht Nothwendigkeit einer Vorschrift der beregten Art, weil ohne diese, wie sich bei den Berathungen zur Genüge herausgestellt habe, das bisher beschlossene Gesellschaftsrecht an einer Unvollständigkeit leiden und — namentlich wegen seiner Bestimmungen über das Gesellschaftsvermögen — zur Befriedigung eines dringenden praktischen Bedürfnisses nicht ausreichen würde. Eine untergeordnete Frage sei, ob die zu beschließende Vorschrift in dem bürgerlichen Gesetzbuche zu belassen oder dem zu revidirenden Handelsgesetzbuche einzuverleiben sei. Hierüber könne füglich erst nach Revision des Handelsgesetzbuchs befunden werden. Von einer Seite sei angeregt, die Erledigung des Artikels 810 mindestens so lange auszusetzen, bis die Vorschriften über die juristischen Personen und im Anschluß an diese Vorschriften sodann die auf die Nichterwerbsgesellschaft sich beziehenden Artikel 812 u. ff. des Entwurfs berathen seien. Indessen hierzu liege gleichfalls kein genügender Grund vor. Der Artikel 810 stehe in keinem inneren Zusammenhange mit den gedachten anderen Vorschriften, keine der letzteren vermöge auf den Artikel 810 im Allgemeinen oder rücksichtlich der Einzelheiten einen I Prot 13024 Ein-1 fluß zu üben; der Zusammenhang, der nach dem Entwürfe zwischen dem Artikel 810 und den Artikeln 812 u. ff. bestehe, sei nur ein äußerer, der sich im Wesentlichen darauf beschränke, daß die Gesellschaft des Artikels 810 und die der Artikel 812 u. ff. in den Ueberschriften der Abschnitte unter dem Namen „Kollektivgesellschaft" zusammengefaßt seien. Entwurf und Anträge stimmen darin mit einander überein, daß eine Erwerbsgesellschaft, die nach den Bestimmungen des Handelsrechts als eine Handelsgesellschaft sich nicht betrachten läßt, gleichwohl unter gewissen von dem Willen der Gesellschafter abhängigen Voraussetzungen als eine offene Handelsgesellschaft im Sinne des Handelsgesetzbuchs gelten und im Allgemeinen nach den für die offene Handelsgesellschaft bestehenden Vorschriften beurtheilt werden soll. Dieses Prinzip fand keine Beanstandung. Man erachtete dasselbe für völlig sachgemäß, um auf dem einfachsten Wege das Gesellschaftsrecht, so wie es sich nach den bisher gefaßten Beschlüssen gestaltet hat, in passender Weise dergestalt zu ergänzen, daß einerseits das praktische Bedürfniß volle Befriedigung erhalte, andrerseits besondere Uebelstände nicht zu besorgen seien. In Ansehung der entscheidenden Voraussetzung weichen dagegen Entwurf und Anträge von einander ab. Der Entwurf und der Antrag N 2 1 legen die maßgebende Voraussetzung in den Willen der Gesellschafter, unter einem gemeinschaftlichen Namen (Gesellschaftsnamen, Firma) aufzutreten, der Antrag N 2 2 stellt als Voraussetzung auf: die auf den, die fragliche Vorschrift in Bezug nehmenden Antrag der Gesellschafter erfolgI Prot I 3025 te Eintragung der Gesellschaft in das Handelsre-1 gister, der Antrag N 2 3 verlangt 356
14. Titel: Gesellschaft
Anh § § 7 0 5 - 740
als Voraussetzung: die Vereinbarung der Gesellschafter, daß die Vorschriften über die offene Handelsgesellschaft Anwendung finden sollen. Die Mehrheit erklärte sich für die letztgedachte Voraussetzung, lehnte auch die zusätzliche Bestimmung ab: die danach erforderliche Vereinbarung der Gesellschafter werde erst bindend und wirksam durch die auf Antrag der Gesellschafter erfolgte Eintragung in das Handelsregister. Erwogen war: Sei es unerläßlich, die Anwendbarkeit der in Rede stehenden Bestimmungen in der einen oder anderen Weise von dem Willen der Gesellschafter abhängig zu machen, so sei es ohne Zweifel der einfachste und — an und für sich betrachtet — auch der angemessenste Weg, einen auf jene Anwendbarkeit gerichteten Vertrag der Gesellschafter zu fordern. Bedenklich sei es, mit dem Entwürfe und dem Antrage N2 1 den Willen der Gesellschafter, unter einem gemeinschaftlichen Namen aufzutreten, für genügend zu erachten. Dieser Wille biete keine Gewähr, daß die Gesellschafter zugleich die Anwendbarkeit der betreffenden Vorschriften gewollt hätten; der erstere Wille würde also kraft des Gesetzes Folgen nach sich ziehen, welche nicht gewollt, oder von welchen doch zweifelhaft bleibe, ob sie gewollt seien. Es lasse sich dies mit dem Hauptgrundsatze, wonach für die schwerwiegende Anwendbarkeit der fraglichen Vorschriften der Wille der Gesellschafter das entscheidende Moment bilde, kaum in Einklang bringen. Dasselbe Bedenken erhebe sich (obschon in geringerem Maße) gegen den Antrag N e 2 insofern, als mindestens die Möglichkeit nicht ausgeschlossen sei, daß die Eintragung in das Handelsregister ohne den auf jene Anwendbarkeit gerichteten Willen erwirkt sei. Der Antrag N- 2 gebe noch zu einer anderen Ausstellung Anlaß. Werde der Nachdruck auf den Willen der Gesellschafter gelegt, | so dürfe nur ein Wille in Betracht kommen, der sich | Prot 13026 in einem Vertrage der Gesellschafter bethätigt habe. Der Antrag N 2 2 verlege aber den Schwerpunkt in den Antrag auf Registrirung und in diesem — obschon gemeinschaftlichen — Antrage könne nicht ohne Weiteres und für alle Fälle ein unter den Gesellschaftern abgeschlossener Vertrag gefunden werden. Zu prüfen bleibe noch, ob nicht trotzdem aus anderen und besonderen Gründen eine andere Normirung als die des Antrags N 2 3 den Vorzug verdiene. Für die Normirung des Entwurfs und des Antrags Ν 2 1 sei geltend gemacht, dieselbe enthalte die klare Entscheidung, daß die Gesellschaft dem Registrierungszwange unterliege. Indessen das letztere ergebe sich auch aus dem Antrage N s 3, da zu den anwendbar werdenden Vorschriften auch die über den Registrirungszwang gehörten; es könne dies mindestens durch eine Fassungsberichtigung leicht außer Zweifel gestellt werden. Für die Normirung des Antrags N 2 2 sei aufgestellt: würde von dem Erfordernisse der Registrirung abgesehen, so würden Dritte meist in Ungewißheit bleiben, ob die Vorschriften über die offene Handelsgesellschaft anwendbar seien oder nicht (Art. 110 H.G.B.), eine Ungewißheit, die in ähnlicher Art bei der wirklichen offenen Handelsgesellschaft wegen der leicht erkennbaren Beschaffenheit des Handelsgewerbes (Art. 85 H.G.B.) nur selten vorliegen könne. Seien diese Bedenken begründet, so würde es den Vorzug verdienen, die Normirung des Antrags N - 3 — im Einklänge mit einem nachträglichen Vorschlage — durch den Zusatz zu ergänzen: die maßgebende Vereinbarung würde erst bindend und wirksam durch die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister. Allein auch ein solcher Zusatz sei nicht zu empfehlen. Es würde damit in störender Weise von einem wesentlichen Grundsatze des Handelsgesetzbuchs, insbesondere von dem Artikel 110, abgewichen. Ein erheblicher Nutzen sei | von der Abweichung nicht zu erwarten. Die her- | Prot 13027 vorgehobene Ungewißheit könne auch bei der wirklichen offenen Handelsgesell357
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
schaft, so lange diese nicht registri« sei, vorkommen; sie sei außerdem von keiner besonderen Bedeutung, da der Dritte, dessen Benachtheiligung besorgt werde, nur dann einen Nachtheil erleiden könne, wenn im Namen der Gesellschaft — also unter dem angenommenen Gesellschaftsnamen — gehandelt, mithin darauf hingewiesen sei, daß ein Gesellschaftsverhältniß der in Frage stehenden Art vorhanden sei. Nach Erledigung der prinzipiellen Fragen wurde zur Berathung der noch erübrigenden Einzelnheiten übergegangen. 1. Der Entwurf redet nur von „Erwerbsgesellschaft". Die Mehrheit nahm an dem Ausdrucke „Erwerbsgesellschaft " keinen Anstoß und hielt eine Verdeutlichung desselben nicht für erforderlich. Die Anträge N- 1 und 2 bringen den Zusatz in Vorschlag: es müsse ein gewerbsmäßiger Geschäftsbetrieb bezweckt sein. Der Zusatz wurde wegen seiner Uebereinstimmung mit dem Artikel 85 des Handelsgesetzbuchs und auf Grund der Erwägung genehmigt, daß der Zusatz nöthig sei, um die Vereinigung zu einem oder mehreren einzelnen Erwerbsgeschäften (H.G.B. Art. 266) von der Bestimmung auszuschließen, welche letztere einleuchtend für eine solche Vereinigung nicht passe. Die Beschränkung der Vorschrift auf Erwerbsgesellschaften, zu welchen sich Produzenten zur Gewinnung, Verarbeitung und Verwerthung der Produkte vereinigen (Art. 4 des württemb. Einf.-Ges. zum H.G.B, vom 13. August 1865), hielt man nicht für gerechtfertigt. 2. Der Entwurf und der Antrag N 2 1 führen die anwendbaren Vorschriften einzeln auf. Die Anträge N 2 2 und 3 sehen von einer solchen speziellen Hervorhebung I Prot 13028 | ab. Die Mehrheit erachtete das letztere Verfahren für richtiger, indem sie der Ansicht war: wenn die eine oder andere Vorschrift nicht anwendbar sein solle, so sei diese besonders als nicht anwendbar zu bezeichnen und wenn der Entwurf als nicht anwendbar hervorhebe Artikel 85 Absatz 1, Artikel 94 Absatz 1, Artikel 96, 97 des Handelsgesetzbuchs, so sei die Anwendbarkeit der erstgedachten Bestimmung gegenstandslos, die der anderen nichts weniger als unpassend. 3. Der Entwurf und der Antrag N 2 3 reden nur von der Anwendbarkeit der Vorschriften des Handelsgesetzbuchs, der Antrag N- 1 fügt die Anwendbarkeit der §§ 198 — 201 der Konkursordnung hinzu, der Antrag N 2 2 bezeichnet die Gesellschaft als offene Handelsgesellschaft, worin ausgedrückt liegt, daß alle für die letztere geltenden Vorschriften — gleichviel, in welchen Gesetzen diese sich finden, — anwendbar werden. Die Mehrheit war der Ansicht, daß in der letzteren Weise zu bestimmen, mithin die für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften ohne einen besonderen beschränkenden Zusatz für anwendbar zu erklären seien. 4. Der Antrag N 2 3 enthält am Schluß die Bestimmung: die Vereinbarung sei auch Dritten gegenüber wirksam. Man hielt einen solchen Zusatz für entbehrlich, sofern nur durch eine der Redaktion vorzubehaltende Fassungsberichtigung erkennbar gemacht werde, daß die bestimmte Anwendbarkeit auch auf die Vorschriften sich beziehe, welche das Rechtsverhältniß der Gesellschaft zu dritten Personen betreffen. 5. Eine Bestimmung darüber, inwiefern die Gesellschafter die Anwendbarkeit gewisser Vorschriften durch Vertrag ausschließen könnten, hielt man nicht für nöthig. Man glaubte, daß in dieser Beziehung die Gesellschafter gerade so — aber I Prot I 3029 auch nicht weiter — be-1 schränkt seien, als die Gesellschafter einer wirklichen offenen Handelsgesellschaft. 358
14. Titel: Gesellschaft
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6. Ueber die Zulässigkeit einer Kommanditgesellschaft zu bestimmen, hielt man wegen Mangels eines zureichenden praktischen Bedürfnisses für entbehrlich. 7. Der Antrag N- 2 enthält im Schlußabsatz eine auf die Anwendbarkeit des Artikels 113 des Handelsgesetzbuchs sich beziehende Bestimmung. Diese wurde, weil sie im Zusammenhange steht mit der Vorschrift, nach welcher die Eintragung in das Handelsregister entscheidend sein soll, durch die Ablehnung dieser Vorschrift als erledigt angesehen. 8. Der Artikel 5 des Handelsgesetzbuchs erklärt die in Betreff der Kaufleute gegebenen Bestimmungen auch in Betreff der offenen Handelsgesellschaft für anwendbar. Hieraus ergiebt sich in Gemäßheit der Beschlüsse Ziffer 2 und 3, daß auch für die in Rede stehende Gesellschaft alle jene wichtigen Bestimmungen, und insbesondere zugleich der Artikel 273, anwendbar werden. Der Entwurf will nur einige dieser Bestimmungen, der Antrag Ν 2 1 eine größere Zahl derselben für anwendbar erachten, während nach dem Antrage N e 2 die Vorschrift, in Folge welcher jedes von einem Kaufmanne im Betriebe seines Handelsgewerbes geschlossene Geschäft als Handelsgeschäft anzusehen ist, mit allen ihren Konsequenzen von der Anwendung ausgeschlossen bleiben soll. Die Mehrheit erklärte sich gegen jede Beschränkung, so daß es bei der zuvor erwähnten Konsequenz schlechthin verbleiben soll. Erwogen war: Die Vorschriften des Handelsgesetzbuchs über die offene Handelsgesellschaft ständen in einem gewissen Zusammenhange mit den auf die Kaufleute sich beziehenden Bestimmungen desselben, insbesondere mit den Vor- | Schriften über die | Prot I 3030 Führung des Handelsregisters, über die Handelsfirmen, über die Handelsbücher und über die Prokuristen. Sie würden durch die letzteren Vorschriften in erheblichen Beziehungen vervollständigt und ergänzt. Hieraus entspringe die Nothwendigkeit, die Anwendbarkeit auch auf diese vervollständigenden und ergänzenden Bestimmungen zu erstrecken. Sowohl der Entwurf als in noch weiterem Umfange der Antrag N2 1 suchten der Nothwendigkeit der Erstreckung dadurch zu genügen, daß sie die zur Anwendbarkeit geeigneten Vorschriften hervorhöben. Näher betrachtet, liege darin eine Beschränkung des Grundsatzes, daß die für die offene Handelsgesellschaft bestehenden Vorschriften gelten sollen. Eine solche Beschränkung des Grundsatzes bleibe immerhin mißlich, weil sie die Einfachheit des Gesetzes beeinträchtige, in ihren Folgen sich schwer übersehen lasse und Zweifel und Streitfragen hervorzurufen drohe. Sie sei aber auch kein Bedürfniß. Indem man von ihr absehe, könnten erhebliche Bedenken nur entstehen in Ansehung der Anwendbarkeit des Grundsatzes, daß die von einem Kaufmanne im Betriebe seines Handelsgewerbes abgeschlossenen Geschäfte als Handelsgeschäfte anzusehen seien, so wie in Ansehung der Anwendbarkeit der speziellen Vorschriften über die Handelsgeschäfte und insbesondere über solche Handelsgeschäfte, die ein Kaufmann in Ausübung seines Handelsgewerbes geschlossen habe. Die Bedenken seien indessen nicht begründet. Eine große Zahl der in Frage kommenden Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs könnte schon deshalb unbeachtet bleiben, weil dieselben in das bürgerliche Gesetzbuch übergehen würden. Nur eine geringe Zahl von Bestimmungen werde noch in Betracht kommen, insbesondere die über die zu prästirende culpa (Art. 282), über die Zinsen (Art. 287 — 293), über die Vergütung von Diensten I (Art. 290), über die kaufmännische Anweisung (Art. 300 u. ff.), über das kaufmän- [Prot I 3031 nische Pfand- und Retentionsrecht (Art. 309 u. ff.), über die Folgen der Veräußerung oder Verpfändung einer beweglichen Sache von Seiten eines Kaufmanns im 359
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Handelsbetriebe (Art. 306, 307). Nun könnte aus der Anwendbarkeit aller jener Bestimmungen kaum ein nennenswerter Uebelstand entstehen, wohl aber ihre Nichtanwendbarkeit einen solchen von nicht geringer Bedeutung insofern hervorrufen, als in vielen Fällen in hohem Maße zweifelhaft bleiben werde, ob die Gesellschaft eine offene Handelsgesellschaft nach den Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs oder nach dem vorliegenden Gesetze sei. Es mache sich also wieder dieselbe praktische Erwägung geltend, die bei der Berathung des Reichsgesetzes über die Kommanditgesellschaften auf Aktien u.s.w. vom 11. Juni 1870 den Ausschlag gegeben und zu der dem § 11 des Genossenschaftsgesetzes vom 4. Juli 1868 entsprechenden Bestimmung geführt habe, die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften seien als Handelsgesellschaften anzusehen und die für Kaufleute gegebenen Bestimmungen auf sie anwendbar, auch wenn der Gegenstand des Unternehmens nicht in Handelsgeschäften bestehe. Einer solchen umfassenden Anwendbarkeit fehle aber auch nicht die innere Berechtigung. Dies trete am überzeugendsten bei derjenigen Erwerbsgesellschaft hervor, zu welcher sich mehrere Personen zur Gewinnung und Verwerthung von Produkten, sei es in Natur oder nach vorheriger Verarbeitung, vereinigt hätten. Wäre bei einer solchen Erwerbsgesellschaft von den Gesellschaftern zugleich die Anwendbarkeit der Vorschriften über die offene Handelsgesellschaft vereinbart worden, so fehle es in der That an jedem GrunI Prot I 3032 de, die Gesellschaft nach irgend einer Seite anders zu beurtheilen, als eine | offene Handelsgesellschaft, die eine solche schon nach den Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs sei (zu vergi, das württemb. Einf.-Ges. zum H.G.B, vom 13. August 1865 Art. 4). Nun leuchte ein, daß das vorliegende Gesetz vorzugsweise für Erwerbsgesellschaften der bezeichneten Art sich praktisch erweisen werde. Bei anderen Erwerbsgesellschaften würden die Gesellschafter sich nur selten bestimmt finden, die Anwendbarkeit der Vorschriften über die offene Handelsgesellschaft durch Vertrag zu bestimmen; es werde sich dies nur zutragen bei umfangreichen Unternehmungen, denen Spekulationen zum Grunde liegen, die den kaufmännischen Spekulationen verwandt seien, so daß das Unternehmen sowohl nach Innen als nach Außen eine Art von kaufmännischem Betriebe ergeben werde, mithin wieder kein Grund bestehe, die Anwendbarkeit der einen oder anderen der fraglichen Vorschriften auszuschließen. Die Fassung der beschlossenen Vorschrift blieb der Redaktion vorbehalten. Der von einer Seite unter Bezugnahme auf die beschlossenen Einzelnheiten gestellte Antrag, von der Aufnahme der beschlossenen Vorschrift in das Gesetzbuch abzusehen, fand bei der Mehrheit keinen Anklang. Zur Sprache kam, ob nicht in das Gesetzbuch besondere Vorschriften über die stille Gesellschaft (zu vergi. H.G.B. Art. 250 u. ff.) aufzunehmen seien. Man hielt solche Bestimmungen nicht für nöthig und die beschlossenen allgemeinen Vorschriften über die Gesellschaften auch für die Beurtheilung der Rechtsverhältnisse aus einer sogenannten stillen Gesellschaft für genügend. Unter der Ueberschrift: „bb) Aktiengesellschaft" bestimmt Artikel 811 des Entwurfs: I Prot I 3033 »Auf Aktiengesellschaften, welche nicht Handels-1 gesellschaften sind, finden die Vorschriften des allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches Artikel 18, 207 — 249, ferner Artikel 12—14 mit der Maßgabe Anwendung, daß die Vorschriften der Artikel 245, 246 über die Handelsbücher der Gesellschaft für die Geschäftsbücher einer solchen Aktiengesellschaft gelten". Der Artikel wurde wegen des bereits oben erwähnten Reichsgesetzes vom 11. Juni 1870 für entbehrlich erachtet. 360
14. Titel: Gesellschaft
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II. 1. Die beschlossene Regelung lautet in der RedVorl: § 31 (Art. 810). Wird der Gesellschaftsvertrag zum Zweck des Erwerbes durch RedVorl § 31 gewerbemäßigen Geschäftsbetrieb geschlossen, so kann von den Gesellschaftern die Anwendbarkeit der für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften vereinbart werden. Im Falle einer solchen Vereinbarung werden alle auf die offene Handelsgesellschaft sich beziehenden Vorschriften anwendbar (insbesondere auch die, welche den Geschäftsbetrieb unter gemeinschaftlicher Firma, die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister, die Geltung der für die Kaufleute gegebenen Bestimmungen und das Rechtsverhältniß der Gesellschaft zu dritten Personen betreffen). (NB. Sollte der eingeklammerte Schluß nöthig sein oder würde evtl. nicht die Vervollständigung sich empfehlen: „insbesondere die, welche die Errichtung der Gesellschaft, den Geschäftsbetrieb unter gemeinschaftlicher Firma, die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister, das Rechtsverhältniß der Gesellschafter unter einander und zu dritten Personen, die Auflösung der Gesellschaft und das Austreten einzelner Gesellschafter, die Liquidation, die Anspruchsverjährung und die Geltung der für die Kaufleute gegebenen Vorschriften betreffen." Bei einer solchen Vervollständigung könnte aber in Frage kommen, ob es nicht richtiger wäre, den zweiten Satz zu fassen: Im Falle einer solchen Vereinbarung werden die auf die offene Handelsgesellschaft sich beziehenden Vorschriften anwendbar, welche pp.) 2. Fassung der Regelung in der
ZustOR:
§ 544. Wird der Gesellschaftsvertrag zum Zweck des Erwerbes durch gewerbemäßigen Geschäftsbetrieb geschlossen, so kann von den Gesellschaftern die Anwendbarkeit der für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften vereinbart werden. Im Falle einer solchen Vereinbarung werden alle auf die offene Handelsgesellschaft sich beziehenden Vorschriften anwendbar, insbesondere die, welche die Errichtung der Gesellschaft, den Geschäftsbetrieb unter gemeinschaftlicher Firma, die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister, das Rechtsverhältniß der Gesellschafter unter einander und zu dritten Personen, die Auflösung der Gesellschaft und das Austreten einzelner Gesellschafter, die Liquidation, die Anspruchsverjährung und die Geltung der für die Kaufleute gegebenen Vorschriften betreffen. 3. Auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 III) wurde beschlossen, in § 652 KE (1. Fassung) statt „insbesondere die" zu sagen: insbesondere diejenigen." (Prot. I S. 3551, 3559). III. 1. Im f l a u t e t die Regelung: § 652. Wird der Gesellschaftsvertrag zum Zwecke des Erwerbes durch gewerbs- KE § 652 mäßigen Geschäftsbetrieb geschlossen, so kann von den Gesellschaftern die Anwendbarkeit der für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften vereinbart werden. Im Falle einer solchen Vereinbarung werden alle auf die offene Handelsgesellschaft sich beziehenden Vorschriften anwendbar, insbesondere diejenigen, welche die Errichtung der Gesellschaft, den Geschäftsbetrieb unter gemeinschaftlicher Firma, die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister, das Rechtsverhältniß der Gesellschaft unter einander und zu dritten Personen, die Auflösung der Gesellschaft und das Austreten einzelner Gesellschafter, die Liquidation, die Anspruchsverjährung und die Geltung der für Kaufleute gegebenen Vorschriften betreffen. 361
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
2. Zu § 652 Satz 2 KE lag der Antrag von Gebhard (Nr. 537, 20) vor, zu sagen statt: „und die Geltung der für die Kaufleute gegebenen Vorschriften betreffen" zu sagen: „und die Geltung der in Betreff ¿er Kaufleute gegebenen Bestimmungen zum Gegenstande haben" (Wortlaut des Axt. 5 H.G.B.). Der Antrag wurde abgelehnt, jedoch noch beschlossen, statt der Worte „für die Kaufleute . . . " zu setzen „in Ansehung der Kaufleute" (Prot. I, S. 6183, 6184). 3. Zu § 652 KE lag der Antrag von Kurlbaum (Nr. 601, 9) vor, in Zeile 1, 2 zu setzen „der Betreibung eines Erwerbsgeschäftes" statt „des Erwerbes durch gewerbsmäßigen Geschäftsbetrieb". (Z. vergi. § 1415 Nr. 9, 1636 Nr. 14). — Der Antrag wurde genehmigt in der Erwägung, daß die kürzere Fassung im Anschlüsse an die bezeichneten Vorschriften des Familienrechts vorzuziehen sei, sowie daß das Mißverständniß, als ob durch die Aenderung in der Fassung auch eine sachliche Aenderung bezweckt würde, um deswillen nicht zu befürchten sei, weil das Erforderniß des gewerbsmäßigen Betriebes durch das Wort „Betreibung" pp. hier, wie in jenen Vorschriften des Familienrechtes, zu klarem Ausdrucke gelange (vergi. Prot. S. 3027, Handelsgesetzbuch Art. 85, Art. 266). (Prot. I, S. 11833.)
C. 2. Kommission I. Zu S 659 E I war beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 447 f.; Mugdan, Bd. 2, S. 1102) : 1. die Bestimmungen des Entw. durch nachstehende Vorschriften zu ersetzen : Eine Gesellschaft, bei welcher der Gegenstand des Unternehmens in dem Betriebe eines nicht unter das Handelsgewerbe fallenden Erwerbsgeschäfts besteht, kann mit der Bestimmung errichtet werden, daß auf die Gesellschaft die für die offene Handelsgesellschaft oder die für die Kommanditgesellschaft geltenden Vorschriften anwendbar sein sollen. In einem solchen Falle finden auf die Gesellschaft alle auf die offene Handelsgesellschaft oder auf die Kommanditgesellschaft sich beziehenden Vorschriften, einschließlich der in Ansehung der Kaufleute geltenden Vorschriften Anwendung. Die rechtliche Wirksamkeit der Gesellschaft tritt im Verhältnisse zu Dritten erst mit dem Zeitpunkt ein, in welchem die Errichtung der Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist. Die Anmeldung sowie die Eintragung muß die Angabe enthalten, daß die Gesellschaft mit der bezeichneten Bestimmung eingegangen ist. Diese Vorschriften finden auf Gesellschaften von geringerem Gewerbebetriebe sowie auf Gesellschaften, deren Gewerbe nicht über den Umfang des Handwerksbetriebs hinausgeht, keine Anwendung. Jacubezky 2. zum Ersätze des Entw. folgende Bestimmungen aufzunehmen: (Nr 221, 7) j n e ¡ n e m z u m Zwecke der Betreibung eines Erwerbsgeschäfts geschlossenen Gesellschaftsvertrage kann vereinbart werden, daß die Gesellschaft als offene Erwerbsgesellschaft oder als Kommanditgesellschaft in das Handelsregister eingetragen werden solle. Die Anmeldung hat die Erklärung zu enthalten, daß die Eintragung vereinbart ist; in der Eintragung ist diese Vereinbarung anzuführen. Vor der Eintragung besteht die offene Erwerbsgesellschaft oder die Kommanditgesellschaft als solche nicht. Für die offene Erwerbsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft gelten die für Kaufleute gegebenen Vorschriften. Auf die offene Erwerbsgesellschaft finden die für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften Anwendung.
Struckmann (Nr 211, 25)
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14. Titel: Gesellschaft
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Die Kom. nahm den § 659 in der Fassung des Antrags 2 an, jedoch mit der aus dem Antrag 1 entnommenen Modifikation, daß der Inhalt der Vereinbarung, welche zur Begründung der Eigenschaft einer offenen Handelsgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft erforderlich sei, nur darauf gerichtet sein müsse, daß auf das Gesellschaftsverhältniß die für die offene Handelsgesellschaft oder die für die Kommanditgesellschaft geltenden Vorschriften angewendet werden sollen. II. Fassung der Regelung in der VorlZust: § 659. Ist eine Gesellschaft auf die Betreibung eines Erwerbsgeschäfts gerichtet, E I-VorlZust so kann in dem Gesellschaftsvertrage bestimmt werden, daß auf die Gesellschaft die § 659 für die offene Handelsgesellschaft oder die für die Kommanditgesellschaft geltenden Vorschriften anwendbar sein sollen. In einem solchen Falle gelangt die Gesellschaft mit der Eintragung in das Handelsregister (als offene Handelsgesellschaft oder als Kommanditgesellschaft) zur Entstehung. Die Anmeldung sowie die Eintragung muß die Angabe enthalten, daß die Gesellschaft mit der bezeichneten Bestimmung eingegangen ist. Im Uebrigen finden auf die Gesellschaft die für die offene Handelsgesellschaft und die für die Kommanditgesellschaft geltenden Vorschriften, sowie die auf Kaufleute sich beziehenden Vorschriften, Anwendung. III. Fassung der Regelung in der
ZustRedKom:
§ 659. Wird eine Gesellschaft zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen, E I-ZustRedKom so kann in dem Gesellschaftsvertrage bestimmt werden, daß die Gesellschaft den für § 659 die offene Handelsgesellschaft oder den für die Kommanditgesellschaft geltenden Vorschriften unterliegen solle. Die Gesellschaft gelangt in einem solchen Falle mit der Eintragung in das Handelsregister zur Entstehung. Die Anmeldung zum Handelsregister sowie die Eintragung muß die Angabe enthalten, daß der Gesellschaftsvertrag mit der bezeichneten Bestimmung geschlossen ist. Im Uebrigen finden auf die Gesellschaft die für die offene Handelsgesellschaft oder die für die Kommanditgesellschaft sowie die für Kaufleute geltenden Vorschriften Anwendung. III. Im E //lautet die beschlossene Regelung: S 675. Wird eine Gesellschaft zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen, E II § 675 so kann in dem Gesellschaftsvertrage bestimmt werden, daß die Gesellschaft den für die offene Handelsgesellschaft oder den für die Kommanditgesellschaft geltenden Vorschriften unterliegen soll. Die Gesellschaft gelangt in einem solchen Falle mit der Eintragung in das Handelsregister zur Entstehung. Die Anmeldung zum Handelsregister sowie die Eintragung muß die Angabe enthalten, daß der Gesellschaftsvertrag mit der bezeichneten Bestimmung geschlossen ist. Im übrigen finden auf die Gesellschaft die für die offene Handelsgesellschaft oder die für die Kommanditgesellschaft sowie die für Kaufleute geltenden Vorschriften Anwendung. V. Im E II rev. lautet die Regelung: § 728. Wird eine Gesellschaft zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen, E II rev § 728 so kann in dem Gesellschaftsvertrage bestimmt werden, daß die Gesellschaft den für die offene Handelsgesellschaft oder den für die Kommanditgesellschaft geltenden Vorschriften unterliegen soll. Die Gesellschaft entsteht in einem solchen Falle mit der Eintragung in das Handelsregister. Die Anmeldung zum Handelsregister sowie die Eintragung muß die Angabe enthalten, daß der Gesellschaftsvertrag mit der be363
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
zeichneten Bestimmung geschlossen worden ist. Im übrigen finden auf die Gesellschaft die für die offene Handelsgesellschaft oder die für die Kommanditgesellschaft sowie die für Kaufleute geltenden Vorschriften Anwendung 3 .
D. Bundesrat (Justizausschuß)
I. Es lag der Antrag von Preußen vor, den § 728 Ε II rev. zu streichen. II. a. Bericht vom 11. 10.1895 von Heller: Zu der auf den § 728 bezüglichen N s 4 der Anträge vom 7. d. Mts. bemerkte Struckmann, daß die Streichung dieses Paragraphens veranlaßt sei durch die Ausdehnung, die der Begriff „Kaufmann" in dem Entwurf des revidierten Handelsgesetzbuchs 4 erhalten habe. Auf meine Bemerkung, daß der Paragraph, wenn nicht eine Lücke im Bürgerlichen Gesetzbuche entstehen sollte, doch in gewissen Richtungen eines Ersatzes bedürfen werde, erwiderte er, daß, wenn die einschlägigen Bestimmungen des genannten Entwurfs angenommen werden, die meisten der unter den § 728 stellenden Fälle getroffen seien. Daß auf die auch nach dem neuen Entwürfe als „Kaufleute" nicht behandelten sogenannten Minderkaufleute das in dem § 728 Bestimmte Anwendung finde, sei nicht zu wünschen. Auch auf die — im Handelsgesetzbuche überhaupt nicht berücksichtigten — landwirtschaftlichen Betriebe würde der § 728 nicht gut passen. Für den Fall, daß jene Neuerung des revidierten Handelsgesetzbuchesentwurfs nicht angenommen werden sollte, sei die Annahme einer dem § 728 entsprechenden Vorschrift in Aussicht genommen. Ich glaubte mich hiebei beruhigen zu können. Unter dem bezeichneten Vorbehalte wurde die Streichung des § 728 einstimmig beschlossen. b. Bericht vom 12. 10. 1896 von Schicker: Der Antrag Preußens auf Streichung des § 728 wurde damit begründet, daß dessen Zweck bei der Revision des Handelsgesetzbuchs zu verfolgen sei. Dort solle der Begriff des Kaufmanns erweitert und außerdem noch eine ergänzende Bestimmung für landwirtschaftliche Gesellschaften getroffen werden. Im Hinblick hierauf wurde der Antrag auf Streichung angenommen. 3
4
Hierzu ist angemerkt: Die §§ 641, 642 des Entw. I sind gestrichen. Als Ersatz des § 653 und eines Theiles des § 657 des Entw. I soll in den Artikel 13 des Entwurfes des Einführungsgesetzes folgende Vorschrift als § 19 b der Konkursordnung eingestelltwerden: Eine nach § 645 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingegangene Gesellschaft wird durch die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst. Ist im Gesellschaftsvertrage bestimmt, daß die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen soll, so scheidet der Gemeinschuldner aus der Gesellschaft aus. Wird die Gesellschaft aufgelöst, so finden die Vorschriften des § 665 Abs. 2 und des § 666 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung; in Ansehung der nach der Eröffnung des Verfahrens entstandenen Ersatzansprüche ist der Berechtigte im Falle des § 665 Abs. 2 Massegläubiger, im Falle des § 666, unbeschadet der Bestimmung des § 44, Konkursgläubiger. Bereits Anfang 1895 lag der rev. Entwurf eines Handelsgesetzbuchs (nicht veröffentlicht) vor, der dann im Herbst 1895 von einer Sachverständigenkommission näher beraten wurde (hierzu Schubert, Die Beratung des BGB, Materialien, S. 6 ff.).
364
15. Titel : Gemeinschaft
§ § 741 — 746
FÜNFZEHNTER TITEL Gemeinschaft § 741 Steht ein Recht Mehreren gemeinschaftlich zu, so finden, sofern sich nicht aus dem Gesetz ein Anderes ergiebt, die Vorschriften der §§742 bis 758 Anwendung (Gemeinschaft nach Bruchtheilen). Die Entstehung der Vorschrift, die noch im K E nicht vorhanden war, s. bei § 747 BGB. §742 Im Zweifel ist anzunehmen, daß den Theilhabern gleiche Antheile zustehen.
§743 Jedem Theilhaber gebührt ein seinem Antheil entsprechender Bruchtheil der Früchte. Jeder Theilhaber ist zum Gebrauche des gemeinschaftlichen Gegenstandes insoweit befugt, als nicht der Mitgebrauch der übrigen Theilhaber beeinträchtigt wird.
§744 Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstandes steht den Theilhabern gemeinschaftlich zu. Jeder Theilhaber ist berechtigt, die zur Erhaltung des Gegenstandes nothwendigen Maßregeln ohne Zustimmung der anderen Theilhaber zu treffen; er kann verlangen, daß diese ihre Einwilligung zu einer solchen Maßregel im voraus ertheilen.
§745 Durch Stimmenmehrheit kann eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Gegenstandes entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung beschlossen werden. Die Stimmenmehrheit ist nach der Größe der Antheile zu berechnen. Jeder Theilhaber kann, sofern nicht die Verwaltung und Benutzung durch Vereinbarung oder durch Mehrheitsbeschluß geregelt ist, eine dem Interesse aller Theilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen. Eine wesentliche Veränderung des Gegenstandes kann nicht beschlossen oder verlangt werden. Das Recht des einzelnen Theilhabers auf einen seinem Antheil entsprechenden Bruchtheil der Nutzungen kann nicht ohne seine Zustimmung beeinträchtigt werden. 365
§§741-746
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse §746
Haben die Theilhaber die Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes geregelt, so wirkt die getroffene Bestimmung auch für und gegen die Sondernachfolger.
A. 1. Kommission I. 271. Sitzung vom 12. 12. 1883, Schriftführer Neubauer I Prot I 3033
DresdEArt 850
I Prot I 3034 Planck (Nr 546, 1)
| Man ging zur Berathung der von der „zufälligen Gemeinschaft"handelnden Artikel 850 — 861 des Dresdener Entwurfs über, nachdem beschlossen war in die Berathung der „b, Nichterwerbsgesellschaft" überschriebenen Artikel 812 — 849 erst dann einzutreten, wenn nach Erledigung der Artikel 850 — 861 die Berathung der Vorschriften des Allgemeinen Theils über die juristischen Personen nachgeholt sei. Betreffend die Ueberschrift des Abschnitts, so verständigte man sich dahin, daß nur von „Gemeinschaft" zu reden und der Zusatz: „zufällige" als überflüssig und irreführend zu vermeiden sei. Zu Artikel 850 des Entwurfs: „Stehen Vermögensgegenstände mehreren Personen gemeinschaftlich nach gedachten Theilen zu, ohne daß diese Gemeinschaft auf einem unter ihnen bestehenden Vertragsverhältnisse beruht, so hat jeder Theilhaber im Zweifel einen gleich großen Antheil an den gemeinschaftlichen Gegenständen. Nach Verhältniß seines Antheiles gebühren ihm die Früchte dieser Gegenstände; auch steht ihm der Gebrauch insoweit zu, als dadurch der Mitgebrauch der übrigen Theilhaber nicht beeinträchtigt wird." | war beantragt: am Schlüsse des Artikels die Worte hinzuzufügen : „und der gemeinschaftliche Gegenstand dadurch nicht verschlechtert wird." Der sachliche Inhalt des Artikels wurde genehmigt, indem man seine Bestimmungen für völlig unbedenklich erachtete. Hinsichtlich der Fassung wurde beschlossen : 1. Im Eingange für „Vermögensgegenstände" das Wort: „Gegenstände" zu wählen, weil das erste Wort eine nicht zu rechtfertigende Beschränkung zur Folge habe. 2. Für „gedachte Antheil" in Gemäßheit des Beschlusses vom 28. Februar 1883 (Protokolle S. 1791): „Bruchtheil" zu setzen. 3. In der zweiten Zeile das Wort: „Vertragsverhältnisse" zum Zweck der Verdeutlichung durch das Wort: „Gesellschaftsverhältnisse" oder „Gesellschaftsvertrage" zu vertauschen. Das in dem Entwürfe verwendete Wort „Theilhaber" fand keine Beanstandung. Gebilligt wurde ferner die Ausdrucksweise im Eingange des Artikels 850: „Stehen - zu"; man fand, daß diese Ausdrucksweise einestheils auf die Rechtszuständigkeit passend hinweise und anderntheils die Gemeinschaft des gutgläubigen Besitzes oder der Innehabung nicht ausschließe. Der oben mitgetheilte Antrag wurde abgelehnt. Der Antrag bezweckt nach seiner Begründung, klarzustellen, daß, wenn der Gebrauch des einen Theilhabers neben dem Gebrauche des anderen Theilhabers zulässig sei (ζ. B. die Benutzung eines Weges), jeder Theilhaber zum Gebrauche zwar 366
15. Titel: Gemeinschaft
§§741-746
befugt, jedoch verpflichtet sei, nur so zu gebrauchen, daß der Gegenstand keine solche Verschlechterung erleide, die nicht schon mit dem gewöhnlichen Gebrauche verbunden sei. Man glaubte, daß dies auch schon aus | der Bestimmung des Ent- | Prot I 3035 wurfs sich ergebe, aber auch um deswillen zweifellos sei, weil der eine Verschlechterung der gedachten Art nach sich ziehende Gebrauch eine dem einzelnen Theilhaber schon nach dem Wesen seines Rechts nicht zustehende thatsächliche Verfügung über den ganzen Gegenstand (zu vergi. Art. 852) enthalte. 272. Sitzung vom 14. 12. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend v. Kübel I Der Artikel 853 des Entwurfs lautet: 1 | Prot I 3043 „Die Verwaltung der gemeinschaftlichen Gegenstände steht, wenn dieselbe nicht DresdE Art 853 einem oder mehreren Theilhabern übertragen worden ist, allen Theilhabern gemeinschaftlich zu. Beschlüsse über die Art der Verwaltung können, insofern die letztere nur einem oder einzelnen Theilhabern anvertraut oder die Zweckbestimmung einzelner gemeinschaftlicher Gegenstände geändert werden soll, nur mit Einwilligung aller Theilhaber gefaßt werden. In anderen Fällen entscheidet die nach der Größe der Antheile der Abstimmenden zu bemessende Stimmenmehrheit und im Falle der Stimmengleichheit das Gericht. Im Uebrigen finden die Vorschriften der Artikel 780, 783, 785, 787, 790 2 auf die Theilhaber einer Gemeinschaft analoge Anwendung." Der Artikel wurde absatzweise berathen. Zum ersten Absätze war beantragt: 1. statt dessen zu bestimmen: Planck „Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstandes steht nur allen Theilha- (Nr 546, 3) bern gemeinschaftlich zu. Eine Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes, welche der Art und Weise entspricht, wie Gegenstände solcher Art von einem ordentlichen Hausvater gewöhnlich benutzt zu werden pflegen, und das Recht jedes Theilhabers auf einen verhältnißmäßigen Antheil an den Nutzungen | nicht verletzt, | Prot I 3044 kann indessen durch Stimmenmehrheit, welche nach der Größe der Antheile der Theilhaber zu bemessen ist, beschlossen werden." 2. am Schlüsse des Antrags N 2 1 hinzuzufügen: Kurlbaum „Keiner der Theilhaber ist verpflichtet, behufs einer von ihm nicht genehmigten Art der Verwaltung oder Benutzung, Verpflichtungen zu übernehmen, deren Inhalt die Ueberlassung des ihm zustehenden Antheils an den Nutzungen übersteigt." Der Antrag N - 1 wurde dahin berichtigt, daß im Eingang des zweiten Satzes vor: „Benutzung" einzuschieben sei: „Verwaltung oder". Er fand die Zustimmung der Mehrheit, während der Antrag N 2 2 abgelehnt wurde. Man ging davon aus : Der Entwurf bringe die wichtige Frage zur Erledigung, inwiefern in Ansehung der Verwaltung oder Benutzung nicht der Grundsatz : potior est conditio prohibentis Platz greife, sondern das Majoritätsprinzip gelte. Der Entwurf bestimme in anfechtbarer Fassung: für Verwaltung und Benutzung trete überhaupt das Majoritätsprinzip in Geltung, indem er nur zwei wenig erhebliche Ausnahmen hinzufüge. So richtig es sei, hinsichtlich der Verwaltung und Benutzung das Majoritätsprinzip in gewissem Umfange zuzulassen, so zwar, daß die Stimmenmehrheit nach der Größe ι Art. 851 s. bei § 748 BGB, Art. 852 bei § 847 BGB. 2
Die angeführten Art. betreffen den Gesellschaftsvertrag.
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§ § 741 —746
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
der Antheile sich berechne, so gehe der Entwurf doch in der Zulassung zu weit. Die aus dem Entwürfe sich ergebende Erhebung des Majoritätsprinzips zur Regel, die nur wenigen Ausnahmen unterliege, werde insbesondere gefährlich, wenn schon der Bruchtheil eines Theilhabers mehr als die Hälfte betrage. Das Majoritätsprinzip könne nur mit der aus dem Antrage Ν 2 1 hervorgehenden Beschränkung anerkannt werden, so daß es nur dann anwendbar werde, wenn die betreffende Maßregel der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters entspreche und das Sonderrecht eines Theilhabers nicht verletze, worüber nötigenfalls der Richter zu entscheiden habe. Auch I Prot I 3045 darin | verdiene der Antrag den Vorzug, daß er es im Falle der Stimmengleichheit bei dem Grundsatze belasse : potior est etc. In Betracht komme noch Folgendes. Die Anerkennung des Majoritätsprinzips gewähre der Majorität die Möglichkeit, eine vom Standpunkte eines bonus paterfamilias für sachgemäß zu erachtende Maßregel gegen den Willen der Minderheit durchzuführen. Finde sich die letztere in ihrem Interesse verletzt, so habe sie nicht allein das Recht, den Richter anzugehen, damit derselbe entscheide, ob die Maßregel eine solche sei, welche ein ordentlicher Hausvater zu treffen genügenden Anlaß habe, sondern auch noch den Ausweg, die Aufhebung der Gemeinschaft zu betreiben; sei die Aufhebung nicht möglich, so sei die Minderheit allerdings auf das erstere Recht beschränkt, welches ihr aber auch einen genügenden Schutz verleihe. Nun könne es sich aber auch zutragen, daß die Minderheit oder ein einzelner Theilhaber eine angemessene Maßregel nicht durchzusetzen vermöge, weil die Mehrheit dagegen oder weil eine Beschlußfassung nicht erreichbar, während zugleich die Aufhebung der Gemeinschaft nicht möglich sei. Für solche Fälle werde besondere Vorsorge zu treffen, hierüber aber erst die Berathung der Vorschriften über die Theilung zu befinden sein. Der Antrag N e 2 sei nicht zu billigen. Sei der Fall gegeben, in welchem der Theilhaber in eine bestimmte Art der Verwaltung und Benutzung sich fügen müsse, so sei es nicht gerechtfertigt, die vollen Konsequenzen dieser aus dem Gemeinschaftsverhältnisse von Rechtswegen entspringenden Verpflichtung in Rücksicht auf die Gewährleistungspflicht bei einer Verpachtung oder Vermiethung u. dgl. zu verleugnen. Eine Benachtheiligung des einwilligungspflichtigen Theilhabers sei um so weniger zu besorgen, als der Richter darüber zu entscheiden habe, ob nach den Umständen des Falls die Einwilligung zu ertheilen sei oder hätte ertheilt werden müssen. Zum zweiten Absätze. Planck Beantragt war, statt desselben zu bestimmen : (Nr 546, 3) | „Auf eine Vereinbarung der Theilhaber, nach welcher der gemeinschaftliche I Prot I 3046 Gegenstand durch einen oder mehrere Theilhaber für gemeinschaftliche Rechnung verwaltet werden soll, finden die Vorschriften über den Gesellschaftsvertrag mit der Maßgabe Anwendung, daß im Zweifel sowohl der Antheil der Theilhaber an dem in Folge des Vertrages erworbenen gemeinschaftlichen Vermögen als an Gewinn und Verlust nach ihren Antheilen an dem gemeinschaftlichen Gegenstande sich bemißt." Entwurf und Antrag wurden abgelehnt. Erwogen war: 1. Die Bestimmungen des Entwurfs seien unhaltbar. Werde ein Theilhaber mit der Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstands beauftragt, so liege ein gewöhnliches Auftragsverhältniß vor, welches der Beurtheilung nach den für den Auftragsvertrag geltenden allgemeinen Rechtsnormen unterliege. Ein solcher Fall könne keineswegs demjenigen gleichgestellt werden, in welchem ein Gesellschafter im 368
15. Titel: Gemeinschaft
§§741-746
Gesellschaftsvertrage zur Geschäftsführung berufen werde. Der letztere Fall habe das Eigenthümliche, daß die Geschäftsführung als ein im Gesellschaftsvertrage übernommener Beitrag des socius gerens und die sich auf dieselbe beziehende Vereinbarung als ein Theil des Gesellschaftsvertrags erscheine, wodurch die direkte Anwendbarkeit oder die Anwendbarkeit aller für den Auftragsvertrag geltenden Rechtsnormen sich verbiete. Von der gedachten Eigenthümlichkeit könne in dem Falle, wenn ein Theilhaber mit der Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstandes betraut werde, keine Rede sein. Es sei daher unrichtig, mit dem Entwürfe auf die einschlagenden Vorschriften des Gesellschaftsrechts Bezug zu nehmen. Zugleich erhelle, daß eine besondere Vorschrift überhaupt nicht am Platze sei. Der Entwurf nehme außerdem den Artikel 783 in Bezug und spreche damit aus: wenn ein Theilhaber ohne Auftrag die Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstandes übernom-1 men habe, so fänden die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne | Prot 13047 Auftrag Anwendung. Eine derartige Bestimmung sei gleichfalls überflüssig, ihre Aufnahme aber auch gefährlich, weil sie zu einer irrigen Auffassung der zum Artikel 851 beschlossenen Vorschriften führen könnte. Die letzteren ergäben nämlich, daß der betreffende Theilhaber unter Umständen auf die Ansprüche eines negotiorum gestor keineswegs beschränkt sei. 2. Gegen die in dem obigen Antrage vorgeschlagene Bestimmung, welche nicht den Fall einer bloßen Auftragsertheilung, sondern den der Vereinbarung eines Gesellschaftsverhältnisses unterstelle, sei zwar an sich nichts zu erinnern, sie enthalte aber nicht ein Mehreres, als sich schon aus anderen Rechtsnormen für einen besonderen Fall herleiten lasse, sei daher zur Aufnahme in das Gesetzbuch nicht geeignet. Selbstverständlich erscheine insbesondere auch die Vorschrift, daß die Gewinn- und Verlust-Antheile sich nach den den einzelnen Theilhabern an dem gemeinschaftlichen Gegenstande zustehenden Bruchtheilen bestimmten. II. Die beschlossenen Vorschriften lauten in der RedVorl als §§ 545, 5473, in der ZustOR als §§ 546, 5474: Steht ein Gegenstand mehreren Personen gemeinschaftlich nach Bruchtheilen RedVorl § 545 zu, ohne daß die Gemeinschaft auf einem unter ihnen bestehenden Gesellschaftsverhältnisse beruht, so ist jeder Theilhaber zum Gebrauche des Gegenstandes insoweit befugt, als dadurch der Mitgebrauch der übrigen Theilhaber nicht beeinträchtigt wird; von den Früchten des Gegenstandes gebührt ihm ein seinem Antheil an dem letzteren entsprechender Bruchtheil. Im Zweifel ist anzunehmen, daß den Theilhabern an dem gemeinschaftlichen Gegenstande ein gleicher Bruchtheil zusteht. 5 Auch die Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstandes steht allen Theilha- RedVorl § 547 bern nur gemeinschaftlich zu. Es kann jedoch eine der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters entsprechende Verwaltung und (ausschließlich der) Benutzung, (soweit 3 § 546 RedVorl s. bei § 747 BGB. 4 § 545, mit dem der Titel über die Gemeinschaft in der ZustOr eingeleitet wird, s. bei § 747 BGB. 5 § 545 ist in der RedVorl die den Titel über die Gemeinschaft einleitende Vorschrift. Zu ihr ist angemerkt: Bedenklich ist es mit dem Art. 850 des Entwurfs im ersten Absätze zu bestimmen, im Zweifel seien die Bruchtheile gleich, da Aehnliches auch für die auf einem Gesellschaftsverhältniß beruhende Gemeinschaft gilt (§16 der Redaktions-Vorlage über den Gesellschaftsvertrag).
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§§741-746
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
die letztere das Recht eines Theilhabers auf den ihm gebührenden Antheil an den Nutzungen nicht verletzt), durch Stimmenmehrheit beschlossen werden. Bei der Entscheidung, ob Stimmenmehrheit vorhanden sei, werden die Stimmen nach der Größe der Bruchtheile gezählt. ZustOR § 546 Im Zweifel ist anzunehmen, daß den Theilhabern an dem gemeinschaftlichen Gegenstande ein gleicher Bruchtheil zusteht. ZustOR § 547 Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstandes steht allen Theilhabern nur gemeinschaftlich zu. Jeder Theilhaber ist zum Gebrauche des gemeinschaftlichen Gegenstandes insoweit befugt, als dadurch der Mitgebrauch der übrigen Theilhaber nicht beeinträchtigt wird; von den Früchten des Gegenstandes gebührt ihm ein seinem Antheil an dem letzteren entsprechender Bruchtheil. Es kann jedoch eine der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters entsprechende, und das Recht eines Theilhabers auf den ihn gebührenden Antheil an den Nutzungen nicht verletzende Verwaltung und Benutzung durch Stimmenmehrheit beschlossen werden. Bei der Entscheidung, ob Stimmenmehrheit vorhanden sei, werden die Stimmen nach der Größe der Bruchtheile gezählt. Bei der Beratung der Anträge, welche gestellt waren in Betreff der Drucklegung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse war von Kurlbaum (Nr. 570 IV) beantragt, in § 756 Zeile 4, §§ 757, 758, 759, 762, 763 (ZustOR: SS 545, 546, 547, 548, 551, 552) statt „Bruchtheil" zu setzen „Antheil" (NB. In S 758 steht schon dem Antrage entsprechend „Antheil". „Bruchtheil" bleibt in § 756 Zeile 2 und § 758). Der Antrag wurde gebilligt (Prot. I 3557, 3561). III., IV. Im KE lauten §S 757, 758, im E I SS 764, 765 : KE § 757 Im Zweifel ist anzunehmen, daß den Theilhabern an dem gemeinschaftlichen E I § 764 Gegenstande ein gleicher Antheil zusteht. KE § 758 Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstandes steht allen Theilhabern E I S 7 6 5 nur gemeinschaftlich zu. Jeder Theilhaber ist zum Gebrauche des gemeinschaftlichen Gegenstandes insoweit befugt, als dadurch der Mitgebrauch der übrigen Theilhaber nicht beeinträchtigt wird; von den Früchten des Gegenstandes gebührt ihm ein seinem Antheile an dem letzteren entsprechender Bruchtheil. Es kann jedoch eine der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters entsprechende und das Recht eines Theilhabers auf den ihm gebührenden Antheil an den Nutzungen nicht verletzende Verwaltung und Benutzung durch Stimmenmehrheit beschlossen werden. Bei der Entscheidung, ob Stimmenmehrheit vorhanden sei, werden die Stimmen nach der Größe der Antheile gezählt. C. 2. Kommission I. Anträge 6 (Prot. II, Bd. 2, S. 746; Mugdan, Bd. 2, S. 1205): Der S 764 wurde sachlich beibehalten, da er von keiner Seite beanstandet war. Zu § 765 lagen folgende Anträge vor: Struckmann (Nr 259, 12)
1. der unter IV mitgetheilte Antrag 1, in welchem die Bestimmungen des Entw. durch den § d Abs. 1 und den § c Abs. 2, 3 wiedergegeben werden; ' S. außer den folgenden Anträgen noch den Antrag 1 zu § 762 E I bei § 747 BGB.
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15. Titel: Gemeinschaft
§§741-746
2. der Antrag, in dem Abs. 3 des Entw. die „Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters" durch die „Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Gegenstandes" zu ersetzen. Die Komm, entschied sich für die Beibehaltung des § 765; die Anträge wurden der Red.Komm, überwiesen. Zu § 765 war noch beantragt, demselben folgende Bestimmungen (als Abs. 4, 5) hinzuzufügen: In Ermangelung einer die Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes regelnden Bestimmung kann jeder Theilhaber eine dem Interesse aller Theilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Art der Verwaltung und Benutzung verlangen. In den Fällen der Abs. 3, 4 darf die Verwaltung nicht eine erhebliche Veränderung der gemeinschaftlichen Sache mit sich bringen. Der Antrag wurde angenommen. Beantragt war ferner (Prot. II, Bd. 2, S. 768 f.; Mugdan, Bd. 2, S. 1217), als § 764a folgende Bestimmung einzustellen: Bei der Erfüllung der aus der Gemeinschaft sich ergebenden Verpflichtungen hat ein Theilhaber nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt. Die Komm, lehnte den Antrag ab.
Jacubezky (Nr 308, 3)
Jacubezky (Nr 308, 3)
Jacubezky (Nr 310)
II. In der VorlZust lauten die beschlossenen Vorschriften : Im Zweifel ist anzunehmen, daß den Theilhabern gleiche Antheile zustehen.
E I-VorlZust § 762 a E I-VorlZust Jeder Theilhaber kann über seinen Antheil verfügen.7 Jedem Theilhaber gebührt ein seinem Antheil entsprechender Bruchtheil der S 763
Früchte. Jeder Theilhaber ist zum Gebrauche des gemeinschaftlichen Gegenstandes insoweit befugt, als dadurch nicht der Mitgebrauch der übrigen Theilhaber beeinträchtigt wird. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstandes steht allen Theilhabern E I-VorlZust ξ 765 gemeinschaftlich zu. Durch Stimmenmehrheit kann eine angemessene Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes beschlossen werden. Das Recht eines Theilhabers auf den ihm gebührenden Antheil an den Nutzungen darf jedoch nicht dadurch verletzt werden. Eine Verfügung über den gemeinschaftlichen Gegenstand kann nicht durch Stimmenmehrheit beschlossen werden, eine thatsächliche Veränderung des Gegenstandes nur insoweit, als sie zu einer angemessenen Verwaltung und Benutzung erforderlich und nicht erheblich ist.8 Die Stimmenmehrheit ist nach der Größe der Antheile zu bemessen. In Ermangelung einer die Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes regelnden Bestimmung kann jeder Theilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Art der Verwaltung und Benutzung verlangen, als dieselbe durch die Mehrheit hätte beschlossen werden können. Die zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Gegenstandes nothwendigen Maßregeln ist jeder Theilhaber auch ohne Zustimmung der anderen Theilhaber zu treffen berechtigt.9 S. zu diesem Absatz bei § 747 BGB. 8 Abs. 3 des § 765 entstammt § 763 E I, s. bei S 747 BGB. 9 Dieser letzte Satz ist beschlossen zu § 766 E I, s. bei § 748 BGB. 7
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§ § 741 — 746
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
III., IV. In der ZustRedKom lauten die SS 762 a, 762 b, 765, 765 a, im E II die SS 678,679,680, 681, 682: E I-ZustRedKom Im Zweifel ist anzunehmen, daß den Theilhabern gleiche Antheile zustehen. § 762 a E II § 678 E I-ZustRedKom Jedem Theilhaber gebührt ein seinem Antheil entsprechender Bruchtheil der § 762 b Früchte. E II § 679 Jeder Theilhaber ist zum Gebrauche des gemeinschaftlichen Gegenstandes insoweit befugt, als dadurch nicht der Mitgebrauch der übrigen Theilhaber beeinträchtigt wird. E I-ZustRedKom Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstandes steht den Theilhabern geS 765 meinschaftlich zu. E II § 680 Jeder Theilhaber ist berechtigt, die zur Erhaltung des Gegenstandes nothwendigen Maßregeln ohne Zustimmung der anderen Theilhaber zu treffen; er kann verlangen, daß diese ihre Einwilligung zu einer solchen Maßregel im Voraus ertheilen.10 E II § 682 Haben die Theilhaber die Verwaltung (E II: und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes) durch Vereinbarung geregelt, so wirkt die Vereinbarung auch für und gegen die Sondernachfolger. 11 E I-ZustRedKom Durch Stimmenmehrheit kann eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen S 765 a Gegenstandes entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung beschlossen werden. Das dem einzelnen Theilhaber nach S 762 b in Ansehung der Nutzungen zustehende Recht darf durch den Beschluß nicht verletzt werden. Die Stimmenmehrheit ist nach der Größe der Antheile zu berechnen. In Ermangelung einer die Verwaltung regelnden Bestimmung kann jeder Theilhaber eine dem Interesse aller Theilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Art der Verwaltung verlangen. Eine wesentliche Veränderung des Gegenstandes kann nicht beschlossen oder verlangt werden. E II § 681 Durch Stimmenmehrheit kann eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Gegenstandes entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung beschlossen werden. Die Stimmenmehrheit ist nach der Größe der Antheile zu berechnen. In Ermangelung einer die Verwaltung und Benutzung regelnden Bestimmung kann jeder Theilhaber eine dem Interesse aller Theilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen. Eine wesentliche Veränderung des Gegenstandes kann nicht beschlossen oder verlangt werden. Das Recht des einzelnen Theilhabers auf einen seinem Antheil entsprechenden Bruchtheil der Nutzungen kann ohne seine Zustimmung nicht beeinträchtigt werden. V. Im E II rev SS 7 3 0 - 7 3 4 , E II §S 7 2 9 - 7 3 3 liegt die in SS 7 4 2 - 7 4 6 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
10 11
Der 2. Halbsatz ist entnommen § 766 EI, s. diesen bei § 748 BGB. Abs. 3 des § 765 E I-ZustRedKom, E II § 682 ist entnommen § 767 b E I-VorlZust, s. diesen bei 7 4 9 - 7 5 1 BGB.
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15. Titel: Gemeinschaft
§747
§747 Jeder Theilhaber kann über seinen Antheil verfügen. Ueber den gemeinschaftlichen Gegenstand im Ganzen können die Theilhaber nur gemeinschaftlich verfügen. A. 1. Kommission I. 272. Sitzung vom 14. 12. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend von Kübel I D e r Artikel 852 des E n t w u r f s bestimmt: 1
| Prot I 3042
„Jeder Theilhaber kann über seinen Antheil an den gemeinschaftlichen Gegen- DresdE Art 852 ständen frei verfügen. Zu einer Verfügung über einen gemeinschaftlichen Gegenstand im Ganzen ist die Einwilligung aller Theilhaber erforderlich." Sowohl der erste als der zweite Satz des Artikels wurden genehmigt. Der Redaktion blieb die Prüfung überlassen, ob nicht im ersten Satze für „kann" zu setzen: „darf", ob nicht der zweite Satz ähnlich zu fassen wie der erste, und ob nicht im zweiten Satze neben der Verfügung (seil, rechtlichen) der thatsächlichen Verfügung (Veränderung) Erwähnung zu thun. Man ging davon aus : Es sei nicht überflüssig, im Gesetze hervorzuheben, daß ein Theilhaber den übrigen Theilhabern gegenüber nicht verpflichtet sei, sich der Verfügung über seinen Bruchtheil zu enthalten, daß er also auch berechtigt sei, durch Veräußerung seines Bruchtheils einen andern Theilhaber an seine Stelle zu setzen, sofern nicht das Gesetz die Veräußerung für unzulässig erkläre. Werde das Recht zur Verfügung über den Bruchtheil ausgesprochen, so gehöre es zur Vollständigkeit des Gesetzes, die Bestimmung anzuschließen: „über den gemeinschaftlichen Gegenstand im GanI zen könne nur von allen Theilhabern gemeinschaftlich verfügt werden", — eine | Prot I 3043 Bestimmung, die zur Vermeidung irriger Folgerungen nöthig machen könne, zugleich hervorzuheben, daß ein Gleiches von der thatsächlichen Verfügung gelte. Einverständniß bestand, daß es an Gründen fehle, in dem vorliegenden Abschnitte — folglich allgemein und für alle Fälle einer Gemeinschaft — in Beziehung auf die Veräußerung des Bruchtheils eines Theilhabers dem anderen Theilhaber ein (obligatorisches) Vorkaufsrecht beizulegen. II. Die beschlossene Bestimmung lautet in der RedVorl als § 546, in der ZustOR als § 545:2 Jeder Theilhaber kann über seinen Bruchtheil an dem gemeinschaftlichen Ge- RedVorl § 546 genstande (frei) verfügen. Über den gemeinschaftlichen Gegenstand im Ganzen kann nur von allen Theilhabern gemeinschaftlich verfügt werden. Dasselbe gilt von einer thatsächlichen Veränderung des Gegenstandes. 3 1 Art. 851 s. bei § 748 BGB. § 545 ist in der ZustOR die den Titel „Gemeinschaft" einleitende Vorschrift. 3 Dazu ist angemerkt: 1. zu vergi. H.G.B. Art. 470. 2. Die Erwähnung der thatsächlichen Verfügung ist wegen des Falles wichtig, wenn ein Theilhaber das ihm nach § 1 (§ 545 Red.Vorl., s. bei §§ 7 4 2 - 7 4 6 BGB) zustehende Recht Gebrauchsrecht in einer, den Gegenstand verschlechternden Weise ausübt (zu vergi. Schluß des Protokolls vom 12. Dezember 1883). 2
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§747 ZustOR § 545
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Steht ein Gegenstand mehreren Personen gemeinschaftlich nach Bruchtheilen zu, ohne daß die Gemeinschaft auf einem unter ihnen bestehenden Gesellschaftsverhältnisse beruht, so kann jeder Theilhaber über seinen Bruchtheil an dem gemeinschaftlichen Gegenstande verfügen; über den gemeinschaftlichen Gegenstand im Ganzen kann nur von allen Theilhabern gemeinschaftlich verfügt werden; das letztere gilt auch von einer thatsächlichen Veränderung des Gegenstandes. Bei Beratung der Anträge, welche gestellt waren in Betreff der Drucklegung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse wurde auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 IV) 4 statt: „über seinen Bruchtheil" gesetzt: „über seinen Antheil" (Prot. I 3557, 3561). III. Im K E ist die Vorschrift in § 756 enthalten, wobei die vorstehende Änderung berücksichtigt und statt der Semikola jeweils ein Punkt gesetzt ist. 345. Sitzung vom 8. 9. 1894, Schriftführer v. Liebe
Bei Beratung des § 210 SachRE wurde zum Verhältnis der verschiedenen die einzelnen Arten der communio iuris regelnden gesetzlichen Vorschriften untereinander beschlossen: I Prot 14280 | α. Es soll bestimmt werden, daß die Vorschriften über die Kommunion auch für das an dieser Stelle zu regelnde Miteigenthum gelten. Die Fassung der aufzunehmenden Vorschrift blieb der Prüfung bei der Redaktion überlassen. Man ging davon aus, daß die Vorschriften über Kommunion ihre hauptsächliche Anwendung gerade im Falle des Miteigenthums zu finden haben. Absatz 2 und 3 des § 211 des Entwurfs galten als durch Heranziehung der Vorschriften über Gemeinschaft gedeckt. ß. Es soll nicht bestimmt werden, daß die Vorschriften über Gemeinschaft und I Prot 14281 Miteigenthum subsidiäre Geltung auf die ano- | malen Eigenthumsgemeinschaften finden, welche nicht Miteigenthum (nach Bruchtheilen) sind. Erwogen war: Bei dem regelmäßigen Miteigenthum beruhe die auch nach Außen wirksame Ordnung des Rechtsverhältnisses auf der Zuschreibung von nach Quoten bemessenen Antheilsrechten an den Genossen. Bestimme das Gesetz eine von dieser Ordnung ganz verschiedene Ordnung der Gemeinschaft ohne nach Quoten bemessene Antheilsrechte, so sei wegen der stattfindenden fundamentalen Verschiedenheit eine subsidiäre Anwendung der Vorschriften über Miteigenthum und Gemeinschaft auf die anomale Eigenthumsgemeinschaft ausgeschlossen. Von einer Seite wurde bei dieser Gelegenheit zur Sprache gebracht, daß die Vorschriften über Gemeinschaft subsidiäre Geltung auch für den Fall haben müßten, wenn die Gemeinschaft auf einem Gesellschaftsverhältnisse beruhe, und daß es nicht richtig sei, wenn in K. E. § 756, statt der Vorschriften über Gesellschaft prinzipale Geltung zu wahren, die Kommunionsvorschriften von der Anwendung auf die gesellschaftliche Gemeinschaft schlechthin ausgeschlossen würden. Man erkannte die vorstehende Bemerkung als begründet an und beschloß die subsidiäre Geltung der Kommunionsvorschriften für die gesellschaftliche Gemeinschaft im Gesetze zum Ausdruck zu bringen. Wie dies zu geschehen habe, ob insbesondere wie von einer Seite vorgeschlagen, in § 756 Κ. E. die W o r t e : „ohne daß die Gemeinschaft"
* S. den Antrag vollständig bei §§ 742 - 746 BGB.
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15. Titel: Gemeinschaft
§747
bis „beruht" gestrichen werden sollen und ein Schlußparagraph angehängt werden soll, welcher etwa zu lauten hätte: „Wenn die Gemeinschaft auf einem unter den Theilhabern bestehenden Gesellschaftsverhältnisse beruht, so bleiben die Vorschriften über Gesellschaft unberührt." — blieb der Prüfung bei der Redaktion überlassen, bei welcher ebenfalls erwogen werden wird, ob, wie von einer Seite behauptet, nur K.E. § 756 zur subsidiären Anwendung auf I die gesellschaftliche Gemeinschaft sich eigne. | Prot 14282 348. Sitzung vom 15. 9. 1884, Schriftführer v. Liebe I Von einer Seite wurde die Frage angeregt, ob nicht einzelne der in dem Ab- | Prot 14318 schnitte über das Miteigenthum beschlossenen Vorschriften Rechtssätze von allgemeiner Tragweite in sich bergen, welche verdienen ausgesprochen zu werden. In dieser Beziehung werden folgende der beschlossenen Vorschriften einer näheren Prüfung unterzogen. Zu §§210, 211, 221 des Entwurfs 5 , ist be- | schlossen, daß die gemeinschaftliche | Prot 14319 Sache den Miteigentümern nach Bruchtheilen gehört, soweit nicht aus dem Gesetze für gewisse Arten der Gemeinschaft sich ein Anderes ergibt. Prot. 8. September 1884 S. 4280. Es fragt sich, ob nicht der allgemeiner lautende Rechtssatz aufzunehmen ist: „Steht ein Recht ungetheilt mehreren Personen gemeinschaftlich zu, so ist Gemeinschaft nach Bruchtheilen anzunehmen, sofern nicht aus dem Gesetze ein Anderes sich ergibt." Für die Aufnahme einer solchen Vorschrift wurde.geltend gemacht: Ein solcher § würde zum Ausdruck bringen, daß das Institut der Gemeinschaft nach Bruchtheilen oder nach ideellen Antheilen für alle Rechte als Regel gelte, eine Regel, welche allerdings Ausnahmen unterliege, indem a, gewisse Rechte, insbesondere die Prädialservituten, vielleicht auch der usus als untheilbar gälten, b, in allen Fällen, in welchen das Miteigenthum anormal sei, auch andere Rechte dieser Anormalität unterliegen ζ. B. bei einer Handelsgesellschaft. „Ungetheilt" würde nicht zu entbehren sein wegen der Schuldforderungen, die nach § 318 K.E. 6 im Zweifel ipso jure getheilt seien, und weil eine Art der Gemeinschaft auch bei solchen ipso jure getheilten Forderungen vorliege, wie sich nicht wohl bestreiten lasse, zu vergi. Z.P.O § 567. Bei Gesetz einzuschalten „Rechtsgeschäft" wäre bedenklich; die Ergänzung könnte das Mißverständniß hervorrufen, die Ausdehnung der vorerwähnten Abnorm al i tat sei der Privatautonomie überlassen. Werde der vorgeschlagene § als erster § in den Abschnitt über die Gemeinschaft eingestellt, so sei die erwähnte zu § 210 des Entw. beschlossene Vorschrift zu streichen. I Die Kommission trat in ihrer Mehrheit diesen Erwägungen bei und beschloß | Prot I 4320 die in Vorschlag gebrachte Bestimmung als ersten § in den Abschnitt über Gemeinschaft aufzunehmen und die erwähnte zu § 210 des Entw. beschlossene Vorschrift zu streichen. 5
Sachenrechtsentwurfs von Johow. 6 S. bei § 420 BGB. 7 ZPO § 59.
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§747
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Bei der 2. Beratung des KE war beantragt: zu § 755 a Kurlbaum (Nr 616, 3 a) (Nr 616, 3b)
a) als Absatz 2 (neu) aufzunehmen : „Besteht Gemeinschaft nach Bruchtheilen, so finden die Vorschriften der §§ 756 bis 764 a Anwendung." b) den § 756 zu fassen: „Jeder Theilhaber kann über seinen pp." ( Bemerk. Früher leitete § 756 den Titel ein, so daß klärlich die folgenden §§ sich nur auf den bezeichneten Fall bezogen, die Vorsetzung des § 755 a hat diese Lage geändert.) Der Antrag wurde angenommen (Prot. I 11892, 11893).
IV. Im E I lauten die §§ 762, 763: Steht ein Recht ungetheilt mehreren Personen gemeinschaftlich zu, so ist Gemeinschaft nach Bruchtheilen anzunehmen, sofern nicht aus dem Gesetze ein Anderes sich ergiebt. Besteht Gemeinschaft nach Bruchtheilen, so finden die Vorschriften der §§ 763 bis 773 Anwendung. E I S 763 Jeder Theilhaber kann über seinen Antheil an dem gemeinschaftlichen Gegenstande verfügen. Ueber den gemeinschaftlichen Gegenstand im Ganzen kann nur von allen Theilhabern gemeinschaftlich verfügt werden. Das letztere gilt auch von einer thatsächlichen Veränderung des Gegenstandes. E I § 773 Beruht die Gemeinschaft auf einem unter den Theilhabern bestehenden Gesellschaftsverhältnisse, so finden die Vorschriften der §§ 762 bis 772 nur insoweit Anwendung, als nicht aus den §§ 629 bis 659 ein Anderes sich ergiebt. E I § 762
C. 2. Kommission I. Die Komm, ging zu dem die „Gemeinschaft" betreffenden dritten Titel über. Die Berathung begann mit dem § 762. Beantragt war (Prot. II, Bd. 2, S. 743ff.; Mugdan, Bd. 2, S. 1203f.): Struckmann (Nr 259,12)
1. die §§ 762 bis 765 wie folgt zu gestalten: § a (§§ 762, 773). Steht ein Recht Mehreren gemeinschaftlich zu, so finden, soweit nicht die Gemeinschaft durch besondere Vorschriften geregelt ist, die §§ b bis d Anwendung. § b (§762 Abs. 1, §764). Das gemeinschaftliche Recht steht den Theilhabern nach Bruchtheilen zu. Im Zweifel ist anzunehmen, daß den Theilhabern gleiche Antheile zustehen. § c (§ 763 Satz 1, § 765 Abs. 2). Jeder Theilhaber kann über seinen Antheil verfügen. Jedem Theilhaber gebührt ein seinem Antheil entsprechender Bruchtheil der Früchte. Jeder Theilhaber ist zum Gebrauche des gemeinschaftlichen Gegenstandes insoweit befugt, als dadurch nicht der Mitgebrauch der übrigen Theilhaber beeinträchtigt wird. § d (§ 765 Abs. 3, § 763 Satz 2, 3). Durch Stimmenmehrheit der Theilhaber kann eine angemessene Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstan376
15. Titel: Gemeinschaft
§747
des beschlossen werden. Das Recht eines Theilhabers auf den ihm gebührenden Antheil an den Nutzungen darf jedoch nicht dadurch verletzt werden. Eine Verfügung über den gemeinschaftlichen Gegenstand kann nicht durch Stimmenmehrheit beschlossen werden, eine thatsächliche Veränderung des Gegenstandes nur insoweit, als sie zu einer angemessenen Verwaltung und Benutzung erforderlich und nicht erheblich ist. Die Stimmenmehrheit ist nach der Größe der Antheile zu bemessen. Jacubezky 2. den § 762 zu fassen: Steht ein Gegenstand mehreren Personen nach Bruchtheilen zu, so finden auf (Nr 308, 1) die daraus sich ergebende Gemeinschaft die Vorschriften der §§ 763 bis 772 Anwendung. Die in den Anträgen enthaltenen Abweichungen von dem § 762 des Entw. sind im Wesentlichen nur redaktionell. Eine Abstimmung erfolgte nur über die Frage, ob man im ersten Satze von einem gemeinschaftlichen „Rechte" oder mit dem Antrage 2 von einem gemeinschaftlichen „Gegenstande" sprechen sollte. Die Mehrheit erklärte sich für Beibehaltung des Wortes „Recht". Zu § 763 lagen folgende Anträge vor: 1. der zu § 762 mitgetheilte Antrag 1, nach welchem der Satz 1 durch den § c Struckmann (Nr 259, 12) Abs. 1 und die Sätze 2, 3 durch den § d Abs. 2 ersetzt werden sollen; 2. der Antrag: a) den Satz 2 zu fassen : Die Theilhaber können gemeinschaftlich über den Gegenstand im Ganzen verfügen; auf Grund eines gegen alle Theilhaber vollstreckbaren Schuldtitels findet die Zwangsvollstreckung in den Gegenstand im Ganzen statt. b) den Satz 3 zu streichen. Die Komm, billigte sachlich den § 763 Satz 1, 2, indem sie die Erwähnung der Zwangsvollstreckung ablehnte; der Satz 3 wurde an dieser Stelle 8 gestrichen. Zu § 763 war ferner beantragt, hinter dem ersten Satze folgenden Satz einzuschalten: Verkauft er ihn einem Dritten, so hat jeder andere Theilhaber das Recht zum Vorkaufe. Die Komm, lehnte den Antrag ab. Zu S 773 war beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 767) die Bestimmung des Entw. zu streichen. Die Streichung wurde beschlossen.
Jacubezky (Nr 308, 2)
v. Cuny (Nr 305, 1)
Jacubezky (Nr 308, 11) u. Struckmann (Nr 259, 18)
II. In der VorlZust lauten die beschlossenen Vorschriften : Steht ein Recht Mehreren gemeinschaftlich zu, so ist Gemeinschaft nach Bruch- E I-VorlZust S 762 theilen anzunehmen, sofern sich nicht aus dem Gesetz ein Anderes ergiebt. Auf eine Gemeinschaft nach Bruchtheilen finden die Vorschriften der §§ 763 bis 773 Anwendung. § 763 E I ist in der VorlZust enthalten in § 763 Abs. 1 und $ 765 Abs. 3, s. bei « 7 4 2 - 7 4 6 BGB.
S. $ 765 Abs. 3a.E. EI-VorlZust, § 765 a Abs. 3 E I-ZustRedKom, $ 681 Abs. 3, S. 1 E II bei SS 7 4 2 - 7 4 6 BGB. 377
§748
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
III, IV. In der ZustRedKom lautet S 762, im Ε II § 677 wie § 762 E I-VorlZust, die in Abs. 2 zitierten Vorschriften sind in der ZustRedKom: §§762a bis 771, im E II: SS 678 bis 694. § 765b E I-ZustRedKom, § 683 E II lautet: E I-ZustRedKom Jeder Theilhaber kann über seinen Antheil verfügen. Ueber den gemeinschaftli§ 765 b chen Gegenstand im Ganzen kann von den Theilhabern nur gemeinschaftlich verE II S 683 fügt werden. 9 V. In E II rev §§ 729, 735, E III §§ 728, 734 liegt die in §§ 741, 747 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
S 748
Jeder Theilhaber ist den anderen Theilhabern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Gegenstandes sowie die Kosten der Erhaltung, der Verwaltung und einer gemeinschaftlichen Benutzung nach dem Verhältnisse seines Antheils zu tragen.
A. 1. Kommission 272. Sitzung vom 14. 12. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend von Kübel I Prot I 3037
| Die Berathung des Abschnitts des Obligationenrechts betreffend die Gemeinschaft wurde fortgesetzt. Zu Artikel 851 des Entwurfs: 1 DresdEArt851 »Jeder Theilhaber ist verpflichtet, nach den Verhältnissen seines Antheiles an den gemeinschaftlichen Gegenständen die auf denselben haftenden Lasten, ingleichen die Kosten zu tragen, welche zur Erhaltung oder zur regelmäßigen Benutzung jener Gegenstände aufzuwenden sind. Für den durch seine Verschuldung entstandenen Schaden haftet jeder Theilhaber wie ein Gesellschafter." war beantragt: Planck (Nr 546, 2)
1. statt dessen zu bestimmen : „Die Theilhaber sind einander verpflichtet, ihre Einwilligung zu den für die Erhaltung des gemeinschaftlichen Gegenstandes erforderlichen Maßregeln zu geben und die zu diesem Zwecke erforderlichen Kosten, sowie die auf dem gemeinschaftlichen Gegenstande ruhenden Lasten nach Verhältniß ihrer Antheile an dem gemeinschaftlichen Gegenstande zu tragen. Sind die Theilhaber (nach Maßgabe des I Prot I 3038 Artikels 853 oder aus anderen | Gründen) eine bestimmte Art der Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes zu dulden verpflichtet, so sind sie auch die zu diesem Zwecke erforderlichen Kosten in demselben Verhältnisse zu tragen verpflichtet.
9
Die Vorschrift steht in der ZustRedKom und im E II dort, wo sie auch im Gesetz steht, s. S 765 a E I-ZustRedKom, S 682 E II bei §§ 7 4 2 - 7 4 6 BGB. ι Art. 850 s. bei §§ 8 4 2 - 8 4 6 BGB.
378
15. Titel: Gemeinschaft
§748
Die Theilhaber sind bei der Erfüllung der ihnen gegen einander in Folge der Gemeinschaft obliegenden Verpflichtungen nur zur Anwendung derjenigen Sorgfalt verpflichtet, welche sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen." 2. statt des ersten Absatzes des Antrags Ν 2 1 zu bestimmen: „Die Theilhaber sind einander verpflichtet, zur Erhaltung des gemeinschaftli- Kurlbaum chen Gegenstandes mitzuwirken und die zu diesem Zwecke pp . . . wie oben bis : „zu tragen". Hat ein Theilhaber eine zur Erhaltung erforderliche Maßregel ausgeführt, welche sonst nicht ordnungsmäßig ausgeführt worden wäre, so steht dem Theilhaber ein Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Kosten auch dann zu, wenn er gegen ein Verbot der übrigen Theilhaber gehandelt hat." 3. an Stelle des Artikels zu bestimmen: „Jeder Theilhaber ist den andern Theilhabern gegenüber verpflichtet, nach Ver- Pape hältniß seines Bruchtheils die auf dem gemeinschaftlichen Gegenstande ruhenden Lasten und die zur Erhaltung desselben nöthigen Kosten so wie die Kosten einer von ihm zu duldenden Verwaltung oder Benutzung des Gegenstands zu tragen, und wenn der auf ihn fallende Theil der Lasten und Kosten von einem anderen Theilhaber bestritten ist, dem letzteren Ersatz zu leisten, auch zu einer behufs Erhaltung des Gegenstands erforderlichen Maßregel (im Voraus) seine Einwilligung zu ertheilen." Die Mehrheit genehmigte den Antrag N 2 3, und zwar in getrennter Abstimmung zunächst bis zu den Worten: „und | wenn u.s.w.", sodann den Theil von: „und |Prot 1 3039 wenn" bis zu den Worten: „auch zu einer pp.", endlich den Schlußtheil von: „auch zu einer" an. Sie erklärte sich ferner für Streichung des zweiten Absatzes des Artikels, womit zugleich der zweite Absatz des Antrags N 2 1 für erledigt galt. Die Auffassung der Mehrheit war: I. zum ersten Absätze des Artikels : Es sei völlig unbedenklich, jeden Theilhaber für verpflichtet zu erklären, nach Verhältniß seines Bruchtheils zu tragen : 1. die auf dem gemeinschaftlichen Gegenstande ruhenden Lasten; 2. die zur Erhaltung des Gegenstandes erforderlichen Kosten; ferner 3. auch die Kosten einer solchen Benutzung oder Verwaltung des Gegenstandes, die er zu gestatten rechtlich verbunden sei. Der Entwurf bringe die beiden ersten Verpflichtungen genügend zum Ausdruck, betreffend dagegen die letzte Verpflichtung, so rede er von „ regelmäßiger Benutzung des Gegenstandes". Was unter „regelmäßiger Benutzung" zu verstehen sei, bleibe dunkel. Der Entwurf greife aber auch durch seine desfallsige Anorndung in störender Weise der der an anderer Stelle, insbesondere erst im Artikel 8532, zu lösenden Frage vor, welche Art der Benutzung der eine Theilhaber dem anderen Theilhaber gegenüber sich gefallen lassen müsse. Nur insofern eine solche Duldungspflicht bestehe, könne der Theilhaber für verpflichtet erachtet werden, die betreffenden Kosten antheilweise zu tragen, ohne daß ein Grund vorliege, zwischen Benutzung und Verwaltung zu unterscheiden. Treffe die Voraussetzung nicht zu, so müsse der die Gemeinschaft oder das Kommunionverhältniß beherrschende Grundsatz Platz greifen: potior est conditio prohibentis. Demgemäß bedürfe der Entwurf in der fraglichen Beziehung einer den Anträgen entsprechenden Verdeutlichung oder Berichtigung.
2 S. diesen bei §§ 742-746 BGB. 379
§748
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Weit wichtiger sei aber ein anderer Punkt. Werde der Theilhaber für verpflichtet erklärt, die gedachten Lasten und Kosten antheilweise zu tragen, so bleibe zweifelhaft, ob er auch ohne Weiteres ersatzpflichtig sei, wenn der ihm zu Last fallende I Prot I 3040 Theil | von einem anderen Theilhaber bestritten worden, oder ob der letztere nur nach den Rechtsnormen über die Geschäftsführung ohne Auftrag und über ungerechtfertigte Bereicherung Erstattung verlangen könne. Welchen Standpunkt der Entwurf in dieser Hinsicht einnehme, sei unklar. Die angeregte Frage sei von großer Bedeutung, insbesondere in den Fällen einer Aufwendung zum Zweck der Erhaltung der Sache. Beschränke das Gesetz den Theilhaber auf die Ansprüche, die er nach den angezogenen Rechtsnormen zu erheben vermöge, so würde er oft keinen oder doch keinen vollen Ersatz erlangen. Der Ersatzanspruch könne ganz oder teilweise scheitern an dem Widerspruche, welcher gegen die Erhaltungsmaßregel erhoben sei (§ 274 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 1606 u. ff. 3 ) oder an dem nach § 278 der gedachten Zusammenstellung, Protokolle S. 1627— 1632 4 , maßgebenden subjektiven Prinzipe und die Bereicherungsklage betreffend an den Beschränkungen der §§ 264 u. ff. der gedachten Zusammenstellung (Protokolle S. 1508 u. ff. 5 ) (zu vgl. § 283 der gedachten Zusammenstellung, Protokolle S. 1637—1640 6 ). Den Ersatzanspruch in solcher Weise einzuengen, enthalte eine Uebertreibung des Grundsatzes: potier est e t c . . . Die Beschränkung sie selbst dem gemeinen Rechte unbekannt, welches in den fraglichen Fällen, und sogar noch über diese hinaus, die von den Voraussetzungen der actio negotiorum gestorum contraria und der condictio sine causa völlig unabhängige actio communi dividundo auf Ersatz gewähre. Es genüge nicht, mit dem Antrage N - 1, den Theilhaber, um dessen Ersatzpflicht es sich handele, für verpflichtet zu erklären, in die Maßregel, welche die Ersatzpflicht begründe, einzuwilligen. O b aus einer solchen Einwilligungspflicht auch die Ersatzpflicht folge, unterliege immerhin einem Zweifel, der bei der Wichtigkeit des Gegenstandes n o t wendig gelöst werden müsse. Unter allen Umständen sei es weit einfacher, die Ersatzpflicht unmittelbar zu bestimmen. N o c h weniger könne für die Zulänglichkeit I Prot I 3041 der Einwilligungspflicht | aufgestellt werden, die Einwilligung dürfe im Prozeßwege erzwungen oder durch richterliches Urtheil ergänzt werden. Dieser Grund treffe nicht zu, da der erwähnte Ausweg nicht allein mit Kosten und Weiterungen verbunden sei, sondern auch bei Gefahr im Verzuge keine Abhülfe gewähre. Wohl aber erscheine es angemessen, die Einwilligungspflicht noch neben der Ersatzpflicht zu bestimmen, um den Theilhaber, der eine Maßregel für eine die Ersatzpflicht begründende erachte, vor der Gefahr zu schützen, daß dieselbe nachträglich anders beurtheilt werde. Daß für die Gesellschaft eine ähnliche Ersatzpflicht nicht bestimmt sei, erscheine unerheblich. Während bei dem Gesellschaftsverhältnisse aus dem Gesellschaftvertrage auf Grund des § 61 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 635, 636) 7 die in Frage kommende Ersatzpflicht zu folgern sei, könne hiervon bei dem bloßen Gemeinschaftsverhältnisse keine Rede sein. Erinnert sei, die in dem Antrage N 2 3 vorgeschlagene Ersatzpflicht könne zu Schwierigkeiten und kaum zu lösenden Konflikten führen, wenn mehrere Theilha3 « 5 6 7
S. S. S. S. S.
380
bei bei bei bei bei
§ 677 BGB. § 683 BGB. SS 818 ff. BGB. S 684 BGB. S 242 BGB.
15. Titel: Geraeinschaft
§748
ber dieselbe zum Ersatz verpflichtende Maßregel vorgekehrt hätten. Dies sei nicht der Fall. Ersatzberechtigt auf Grund der hier fraglichen Vorschrift sei nur derjenige Theilhaber, welcher die Maßregel ausgeführt habe; die übrigen Theilhaber seien auf,die Ansprüche beschränkt, die aus den Grundsätzen über negotiorum gestio möglicherweise zu begründen seien; sie ständen in dieser Hinsicht jedem Dritten gleich, der sich zur Vorkehrung einer gleichen Maßregel bestimmt gefunden habe. Werde die Ersatzpflicht nach Maßgabe des Antrags N- 3 bestimmt, so werde die im Antrage N 2 2 vorgeschlagene, an den § 280 der mehrgedachten Zusammenstellung (Protokolle S.1609, 1610, 1633 — 1635)8 sich anlehnende Bestimmung entbehrlich, die übrigens nur für einen einzelnen Fall Vorsorge treffe, für sich allein nach dem Obigen also nicht genügen könne. I II. zum zweiten Absätze des Artikels. | Prot I 3042 Es fehle an zureichenden Gründen, bei dem bloßen Kommunionverhältnisse von der Grundregel abzuweichen, nach welcher bei einem Schuldverhältnisse der Schuldner verantwortlich sei, wenn er bei der Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtung die Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters verletze. Indem es bei dieser Regel belassen werde, erledigten sich zugleich die Zweifel, 8a die daraus entstehen könnten, daß eine aus Fahrlässigkeit begangene unerlaubte Handlung vorliege, wenn auch ohne Verletzung derjenigen Sorgfalt, welche der Theilhaber in seinen eigenen Angelegenheiten zu beobachten pflege, gehandelt sei (Protokolle S. 994, 9959). II. In der RedVorl und der ZustOR lautet die beschlossene Vorschrift: Jeder Theilhaber ist den übrigen Theilhabern gegenüber verpflichtet, nach Ver- RedVorl/ hältniß seines Bruchtheils die auf dem gemeinschaftlichen Gegenstande ruhenden ZustOR § 548 Lasten, die zur Erhaltung desselben nöthigen Kosten sowie die Kosten der Verwaltung und Benutzung des Gegenstandes zu tragen. Er hat, wenn der ihm hiernach zur Last fallende Theil der Lasten und Kosten von einem anderen Theilhaber berichtigt worden ist, dem letzteren Ersatz zu leisten. Er ist verpflichtet, zu einer behufs Erhaltung des Gegenstandes erforderlichen Maßregel im Voraus seine Einwilligung zu ertheilen.10 Bei Beratung der Anträge, welche gestellt waren in Betreff der Drucklegung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse wurde auf Antrag von Kurlbaum (Nr 570 IV) statt: „Bruchtheils" gesetzt: „Antheiles"11. (Prot I 3557, 3561)
« S. bei § 679 BGB. 8a Im Original fehlt das Komma. ' S. bei S S 823, 826 BGB - s. ferner noch Art. 860 DresdE, Prot I 3074 bei § 757 BGB. 10 Zu S 548 RedVorl ist angemerkt: 1. Die Worte: „einer von ihm zu gestattenden (zu duldenden)" können entbehrt werden; es dürfte sich doch von selbst verstehen, daß der betreffende Theilhaber zu einem Widerspruche nicht berechtigt gewesen sein würde. Zugleich aber fragt sich, ob nicht auch hier nur von Verwaltung zu reden sei, da die in Betracht kommenden Benutzungskosten unter die Verwaltungskosten fallen werden. 2. Am Schluß werden die Worte: „im Voraus" stehen bleiben müssen, wenn der Gedanke einen bestimmten Ausdruck finden soll, daß der Theilhaber, welcher die Erhaltungsmaßregel ergreifen will, die vorherige Einwilligung erzwingen kann, um sicher zu sein, daß nicht nachträglich die Nothwendigkeit der Maßregel mit Erfolg bekämpft wird. 1 1 S. den Antrag und Beschluß vollständig bei SS 742 - 746 BGB. 381
§748
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
III., IV. Im K E § 759 und im E I § 766 lautet die Vorschrift mit der vorstehenden Änderung wie in § 548 ZustOR. Gebhard Ein bei der 2. Beratung gestellter Antrag zu § 759 Satz 3, a.E. statt „im Voraus (Nr 622, 6) seine Einwilligung zu ertheilen" zu setzen „seine Einwilligung zu ertheilen", wurde zurückgezogen ( P r o t i 11893).
C. 2. Kommission I. Zu §766 lagen die Anträge vor (Prot. II, Bd. 2, S. 747f.; Mugdan, Bd. 2, S. 1205 f.): Struckmann (Nr 259, 13)
1. die Bestimmungen zu fassen : Jeder Theilhaber ist den anderen Theilhabern gegenüber verpflichtet, nach Verhältniß seines Antheils die auf dem gemeinschaftlichen Gegenstande ruhenden Lasten sowie die zur Erhaltung, Verwaltung und Benutzung desselben erforderlichen Kosten zu tragen; er hat, wenn sein Antheil an den Lasten und Kosten von einem anderen Theilhaber berichtigt worden ist, diesem Ersatz zu leisten. Jeder Theilhaber ist verpflichtet, zu einer zum Zwecke der Erhaltung des Gegenstandes erforderlichen Maßregel im Voraus seine Einwilligung zu ertheilen.
Jacubezky (Nr 308, 4)
2. dem Satz 2 folgende Fassung zu geben: Er hat, wenn wegen des ihm hiernach obliegenden Theiles der Lasten und Kosten ein anderer Theilhaber Aufwendungen gemacht hat oder Verbindlichkeiten eingegangen ist, nach Maßgabe der für den Auftrag geltenden Vorschriften demselben die Aufwendungen zu ersetzen und ihn von den Verbindlichkeiten zu befreien.
Jacubezky (Nr 308, 4)
3. dem § 766 als Satz 4 hinzuzufügen: Kann bei einer dringenden Gefahr die Einwilligung nicht rechtzeitig erlangt werden, so sind die übrigen Theilhaber berechtigt, das Erforderliche vorzunehmen. Der Antrag 1 weicht nur redaktionell vom Entw. ab. Der Antrag 2 will dem Theilhaber, welcher den für die Erhaltung, Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes erforderlichen Aufwand bestritten hat, einen Anspruch nicht nur auf Ersatz des bereits Gezahlten, sondern (wie einem Beauftragten, einem geschäftsführenden Gesellschafter und einem Geschäftsführer) auch auf Befreiung von den eingegangenen Verbindlichkeiten geben. Die Mehrheit erklärte sich gegen diese Aenderung. Zu Antrag 3 : Die Mehrheit war der Ansicht, daß die Theilhaber befugt sein müßten, die zur Erhaltung der gemeinschaftlichen Sache erforderlichen Maßnahmen unbeschränkt vorzunehmen, und daß dies, da der Entw. in diesem Punkte zu Zweifeln Anlaß gebe, im Gesetze zum Ausdruck zu bringen sei; zu einer Beschränkung auf den Fall dringender Gefahr liege insoweit kein Anlaß vor. Jacubezky Es war ferner beantragt, nachstehende Bestimmungen als § 766 a in den Entw. (Nr 308, 5) einzustellen (Prot. II, Bd. 2, S. 748 f.; Mugdan, Bd. 2, S. 1206) : Jeder Theilhaber kann seinen Antheil durch Erklärung gegenüber den übrigen Theilhabern aufgeben. Der aufgegebene Antheil wächst den übrigen Theilhabern nach dem Verhältniß ihrer Antheile zu. Durch die Aufgabe seines Antheils wird der Theilhaber von der Verbindlichkeit gegenüber den anderen Theilhabern, die bereits entstandenen Kosten für die Ver382
15. Titel: Gemeinschaft
§748
waltung, Benutzung und Erhaltung des gemeinschaftlichen Gegenstandes nach dem Verhältnisse seines Antheils zu tragen, befreit, soweit er nicht den Vorkehrungen, durch welche die Kosten entstanden sind, seine Zustimmung ertheilt hat. D e r Theil der Kosten, von welchen er frei wird, fällt den übrigen Theilhabern nach dem Verhältniß ihrer Antheile zur Last. D e r Antrag wurde abgelehnt. Schließlich war noch der Antrag gestellt, als § 766 folgende Bestimmungen in Jacubezky den Entw. einzustellen (Prot. II, Bd. 2, S. 7 6 9 f . ; Mugdan, Bd. 2, S. 1218): (Nr 310) H a t ein Theilhaber eine Veränderung des gemeinschaftlichen Gegenstandes vorgenommen, zu welcher er nicht berechtigt war, so kann die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht verlangt werden, wenn die Veränderung für die gemeinschaftlichen Interessen vorteilhafter ist als der frühere Zustand. Wird der Wiederherstellung des früheren Zustandes aus diesem Grunde widersprochen, so können die Theilhaber, welche der Veränderung nicht zugestimmt haben, Ersatz des ihnen entstandenen Schadens in Geld von denjenigen verlangen, welche der Wiederherstellung widersprechen; die widersprechenden Theilhaber haften als Gesammtschuldner hierzu der Unterantrag statt des zweiten Satzes nachstehende Vorschrift aufzunehmen: D e r Schaden, welcher den anderen Theilhabern durch die Veränderung zugefügt worden ist, soweit der Werth des gemeinsamen Gegenstandes (durch die V e r änderung) vermehrt ist, von sämmtlichen Theilhabern nach Verhältniß ihrer Antheile zu tragen, soweit eine Werthvermehrung nicht eingetreten ist, von dem Theilhaber zu ersetzen, der die Veränderung vorgenommen hat. Die Mehrheit erklärte sich zwar eventuell für den Unterantrag, lehnte dann aber den so modifizirten Hauptantrag ab. II. In der VorlZust lautet die beschlossene Vorschrift: Jeder Theilhaber ist den anderen Theilhabern gegenüber verpflichtet, nach Ver- E I-VorlZust hältniß seines Antheils die auf dem gemeinschaftlichen Gegenstande ruhenden La- § 766 sten sowie die zur Erhaltung, Verwaltung und Benutzung desselben erforderlichen Kosten zu tragen; er hat, wenn sein Antheil an den Lasten und Kosten von einem anderen Theilhaber berichtigt worden ist, diesem Ersatz zu leisten. Jeder Theilhaber ist verpflichtet, zu einer zum Zwecke der Erhaltung des G e genstandes erforderlichen Maßregel im Voraus seine Einwilligung zu ertheilen. I I I : In der ZustRedKom lautet § 7 6 6 : Jeder Theilhaber ist den anderen Theilhabern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Gegenstandes sowie die Kosten der Erhaltung und Verwaltung nach dem Verhältnisse seines Antheils zu tragen 1 2 . IV. Im E II § 684, E II rev § 736, E III § 7 3 5 liegt die in § 748 B G B Gesetz gewordene Fassung vor.
12
Abs. 2 des § 766 EI-VorlZust ist in der ZustRedKom enthalten in § 765 Abs. 2, 2. Halbsatz, s. bei S S 7 4 2 - 7 4 6 BGB. 383
E I-ZustRedKom § 766
§ § 7 4 9 - 751
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
§749 Jeder Theilhaber kann jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. Wird das Recht, die Aufhebung zu verlangen, durch Vereinbarung für immer oder auf Zeit ausgeschlossen, so kann die Aufhebung gleichwohl verlangt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Unter der gleichen Voraussetzung kann, wenn eine Kündigungsfrist bestimmt wird, die Aufhebung ohne Einhaltung der Frist verlangt werden. Eine Vereinbarung, durch welche das Recht, die Aufhebung zu verlangen, diesen Vorschriften zuwider ausgeschlossen oder beschränkt wird, ist nichtig. §750 Haben die Theilhaber das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, auf Zeit ausgeschlossen, so tritt die Vereinbarung im Zweifel mit dem Tode eines Theilhabers außer Kraft. § 751 Haben die Theilhaber das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, für immer oder auf Zeit ausgeschlossen oder eine Kündigungsfrist bestimmt, so wirkt die Vereinbarung auch für und gegen die Sondernachfolger. Hat ein Gläubiger die Pfändung des Antheils eines Theilhabers erwirkt, so kann er ohne Rücksicht auf die Vereinbarung die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, sofern der Schuldtitel nicht blos vorläufig vollstreckbar ist. A. 1. Kommission I. 272. Sitzung vom 14. 12. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend von Kübel I Prot I 3047 DresdE Art 854
| Zu Artikel 854 des Entwurfs: 1 „Jeder Theilhaber kann die Theilung der gemeinschaftlichen Gegenstände verlangen, soweit nicht deren nothwendige Bestimmung der Theilung entgegensteht. Eine Uebereinkunft, nach welcher dieses Recht ausgeschlossen sein soll, ist nur bis zu einer Dauer von zehn Jahren gültig, und verpflichtet die Erben nicht." war beantragt: statt dessen zu bestimmen: Planck „Jeder Theilhaber kann die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, soweit (Nr 548,1) nicht durch Gesetz oder Rechtsgeschäft etwas Anderes bestimmt ist. Ein Vertrag, durch welchen dieses Recht ausgeschlossen wird, verliert nach Ablauf von 20 Jahren seine verbindliche Kraft, dasselbe gilt, sofern nicht etwas AnI Prot I 3048 deres | vereinbart ist, wenn einer der Theilhaber stirbt oder der Konkurs über sein Vermögen eröffnet wird." Der Artikel wurde absatzweise berathen. Zum ersten Absätze. Der erste Absatz des mitgetheilten Antrags wurde genehmigt. ι Art. 853 s. bei §§ 7 4 2 - 7 4 6 B G B .
384
15. Titel: Gemeinschaft
§§749-751
Man war der Ansicht: Der Entwurf sei darin mangelhaft, daß er von der Unzulässigkeit der Theilung rede, wenn die nothwendige Bestimmung des Gegenstandes der Theilung entgegenstehe. Sichtbar sei nur an die aus dem Gesetze sich ergebende Bestimmung gedacht, nicht auch an die, welche nur auf rechtsgeschäftlichem Willen beruhe. Werde dem entsprechend die Vorschrift ergänzt, so zeige sich, daß nur ein besonderer Fall der auf Gesetz beruhenden Untheilbarkeit vorliege. Mit Recht erwähne daher der Antrag nur die auf Gesetz beruhende Untheilbarkeit. Die Fälle, welche der Entwurf besonders im Auge habe, würden überdies durch den § 103 des Sachenrechts-Entwurfs gedeckt. Der Entwurf lasse sich ferner nur dahin verstehen, daß die Theilung zu jeder Zeit verlangt werden könne, vorbehaltlich der Beschränkung, die sich daraus zu ergeben vermöchte, daß eine Theilung zur Unzeit oder zu einer nach den Umständen des Falls offenbar unpassenden Zeit nicht gefordert werden dürfe. Indem der Zusatz: „zu jeder Zeit" hinzugedacht werde, zeige sich aber zugleich das Bedürfniß, mit dem Antrage den Fall vorzusehen, wenn durch Rechtsgeschäft unter Lebenden oder von Todes wegen die Theilung während einer gewissen Zeit wirksam ausgeschlossen sei. Endlich sei es richtiger, mit dem Antrage statt: von „der Theilung" von: „der Aufhebung der Gemeinschaft" zu reden, da die Theilung im engeren Sinne mitunter, wenn nicht regelmäßig, ausgeschlossen sein könne. Zum zweiten Absätze. I Es wurden folgende Beschlüsse gefaßt: | Prot I 3049 1. Der Vertrag, welcher die Theilung ausschließt, soll unzulässig sein. Man hielt diese Bestimmung aus rechtspolitischen Gründen und im Hinblik auf das geltende Recht für nothwendig. 2. Der Vertrag, welcher die Theilung nur auf Zeit ausschließt, soll zulässig sein. Die Bestimmung wurde aus gleichen Gründen für erforderlich erachtet. 3. Die Zeit, für welche die Theilung wirksam ausgeschlossen werden kann, soll — einem im Laufe der Diskussion gestellten Antrage gemäß — 30 Jahre betragen. Man hielt eine Zeitbestimmung deshalb für angemessen, um eine Vereitelung der unter Ziffer 1 beschlossenen Vorschrift zu verhüten und zur vollen Erreichung des Zwecks, auf welchem dieselbe beruht. Die Zeitdauer betreffend war die Mehrheit der Ansicht, daß eine dreißigjährige Frist an sich die zutreffende sei und außerdem wegen des § 378 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 2136)2 sich empfehle. 4. Ist die Theilung überhaupt oder auf längere als die zulässige Zeit ausgeschlossen, so soll der Vertrag gleichwohl für die zulässige Zeit gelten. Man glaubte, daß hierfür Rücksichten der Billigkeit sprächen. 5. Nur vom „Vertrag", nicht allgemein vom „Rechtsgeschäft" soll die Rede sein, damit bei Berathung des Erbrechts freie Hand bleibt, darüber zu bestimmen, inwiefern durch Verfügung von Todeswegen die Theilung auf Zeit beschränkt werden könne. 6. Der die Theilung auf Zeit beschränkende Vertrag soll nach Maßgabe des obi-
2 S. bei § 567 BGB. 385
§ § 749 —751
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
gen Antrags durch den Tod eines Theilhabers seine Wirksamkeit verlieren, sofern nicht ein Anderes vereinbart ist. Man war der Ansicht, daß es regelmäßig — ähnlich wie bei dem SozietätsvertraI Prot 13050 ge — der Parteiintention entsprechen | werde, die Wirksamkeit des Vertrags an das Leben der Vertragschließenden zu knüpfen, während es an jedem Grunde fehle, die Vereinbarung des Gegentheils auszuschließen. 7. Betreffend den Konkursfall, so soll nur der Konkursverwalter an den die Theilung auf Zeit ausschließenden Vertrag nicht gebunden und berechtigt sein, die Theilung vor Ablauf der Zeit zu fordern. Erwogen war: Werde über das Vermögen eines Theilhabers der Konkurs eröffnet, so seien die übrigen Theilhaber schon durch die §§ 1-4 und 44 der Konkursordnung und das hiernach ihnen zustehende Separationsrecht genügend begünstigt. Es dürfe ihnen nicht außerdem noch das Recht zugestanden werden, in ihrem Interesse die Auflösung der Gemeinschaft schon vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit zu fordern, wohl aber sei ein solches Recht zur Ausgleichung der Begünstigung, welche sich für die übrigen Theilhaber aus dem Separationsrecht ergebe, dem Konkursverwalter im Interesse der Konkursgläubiger beizulegen. Einverständniß bestand, daß durch die gefaßten Beschlüsse der bei der Berathung des Sachenrechts zu treffenden Entscheidung nicht präjudiziert sei, inwiefern die auf Vertrag beruhende Beschränkung der Theilung durch Eintragung in das Grundbuch Wirksamkeit gegen den Singularsukzessor erlangen könne. 3 II., III. In der RedVorl und der ZustOR § 549, im KE § 760 lautet die beschlossene Vorschrift: RedVorl § 549 Jeder Theilhaber kann zu jeder Zeit die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, soweit nicht durch Gesetz oder Rechtsgeschäft ein Anderes bestimmt ist. Eine Vereinbarung, durch welche das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, für alle Zeit oder für eine längere als dreißigjährige Zeit ausgeschlossen ist, tritt nach Ablauf von 30 Jahren außer Kraft. Eine Vereinbarung, durch welche jenes Recht für eine dreißigjährige oder kürzere Zeit ausgeschlossen ist, tritt mit dem Tode eines Theilhabers außer Kraft, sofern nicht ein Anderes vereinbart war. Eine solche Vereinbarung ist, wenn über das Vermögen eines Theilhabers der Konkurs eröffnet wird, für die Konkursgläubiger (den Konkursverwalter) nicht bindend. 4 ZustOR § 549 Jeder Theilhaber kann zu jeder Zeit die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, KE § 760 soweit nicht durch Gesetz oder Rechtsgeschäft ein Anderes bestimmt ist. Eine Vereinbarung, durch welche das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, für alle Zeit oder für eine längere Zeit als dreißigjährige Zeit ausgeschlossen ist, tritt nach Ablauf von 30 Jahren außer Kraft. Eine solche Vereinbarung, so wie jede Vereinbarung, durch welche jenes Recht auf Zeit ausgeschlossen ist, tritt mit dem Tode eines Theilhabers außer Kraft, sofern nicht ein Anderes vereinbart ist. (KE: Abs. 3) Wird über das Vermögen eines Theilhabers der Konkurs eröffnet, so ist eine Vereinbarung, welche die Aufhebung der Gemeinschaft auf immer oder auf Zeit ausschließt, für den Konkursverwalter nicht bindend. Bei der 2. Beratung des KE war beantragt: 3 S. ferner noch Art. 859 DresdE, Prot. I 3074 bei § 757 BGB. Dazu ist angemerkt: Wegen „jeder Zeit" zu vergi. Art. 470 H.G.B.
4
386
15. Titel: Gemeinschaft
§§749-751
I zu § 760 im Abs. 2 Satz 1 statt „für eine längere als dreißigjährige Zeit" zu set- | Prot 111893 zen „für einen längeren als dreißigjährigen Zeitraum". Gebhard (vgl. § 1649 Abs. 3)5 (Nr 622, 7) Beschlossen wurde, zu setzen: im § 760 Abs. 2 Satz 1 statt „für eine längere als dreißigjährige Zeit" — „für einen längeren Zeitraum als dreißig Jahre". im § 1649 Abs. 3 statt „für einen längeren als einjährigen Zeitraum" — „für einen längeren Zeitraum als ein Jahr". IV. Im E I entspricht § 767 dem § 760 KE. Die vorstehende Änderung ist berücksichtigt; in Abs. 2 Satz 2 ist hinter „Eine solche Vereinbarung" das Komma weggelassen. C. 2. Kommission I. Zu § 767 Abs. 1 lagen die Anträge vor: (Prot. II, Bd. 2, S. 750f., Mugdan Bd. 2, S. 1207) 1. an Stelle des Abs. 1 des § 767 folgende Bestimmungen zu treffen: Jeder Theilhaber hat das Recht, Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen. Die Aufhebung kann nicht verlangt werden zu einer Zeit, in welcher sie dem Gesammtinteresse der Theilhaber widerstreitet. 2. die Bestimmungen zu fassen: Jeder Theilhaber kann zu jeder Zeit die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. Ist wegen eines vorübergehenden Umstandes von der sofortigen Aufhebung der Gemeinschaft ein unverhältnißmäßiger Nachtheil für die gemeinschaftlichen Interessen zu erwarten, so kann jeder Theilhaber einen der Billigkeit entsprechenden Aufschub verlangen. Die Kom. verwarf beide Anträge. Es gelangten zunächst die Bestimmungen des § 767 Abs. 2 zur Berathung. Beantragt war: (Prot. II, Bd. 2, S. 751 ff.; Mugdan, Bd. 2, S. 1208ff.) 1. den § 767 mit dem § 7686 in der Weise zusammenzufassen, daß als Abs. 1, 2 Struckmann die S. 750 zu §767 Abs. 1 vorgeschlagenen Bestimmungen aufgenommen und als (Nr 259,14) Abs. 3, 4 nachstehenden Vorschriften hinzugefügt werden: Eine Vereinbarung, welche das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, für immer oder auf Zeit ausschließt, ist nur so lange bindend, als die Ausschließung durch das Gesammtinteresse der Theilhaber gerechtfertigt wird. Die Vereinbarung wirkt auch gegen die Sondernachfolger der Theilhaber. Der Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft unterliegt nicht der Verjährung. 2. die §§ 767, 768 durch folgende Bestimmungen zu ersetzen:
Planck
§ 767. Jeder Theilhaber hat das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen. Der Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft unterliegt nicht der Verjährung. § 767 a. Ein Vertrag, durch welchen das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, für immer oder für bestimmte Zeit ausgeschlossen wird, wirkt auch für und gegen die Sondernachfolger eines Theilhabers. Die Vorschriften zu Gun5 S. bei §§ 1 8 4 0 - 1 8 4 2 BGB. * S. diesen bei § 758 BGB. 387
292,
^
§ § 7 4 9 - 751
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
sten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung. Für gemeinschaftliche Grundstücke kann der Ausschluß der Theilung nur nach Maßgabe des § 949 wirksam vereinbart werden. § 767 b. Der Vertrag, durch welchen die Theilung für immer oder für bestimmte Zeit ausgeschlossen wird, tritt im Zweifel mit dem Tode eines Theilhabers außer Kraft. Der Vertrag kann unter denselben Voraussetzungen gekündigt werden, unter welchen eine auf bestimmte Zeit eingegangene Gesellschaft gekündigt werden kann. Die Vorschriften der §§ 648, 650 a 7 finden entsprechende Anwendung. Wird über das Vermögen eines Theilhabers der Konkurs eröffnet, so ist der Vertrag für den Konkursverwalter nicht bindend. Jacubezky (Nr 308, 6)
3. die Bestimmungen wie folgt zu gestalten: a) die Abs. 1, 2 des § 767 durch nachstehende Paragraphen zu ersetzen: § 767. Jeder Theilhaber kann zu jeder Zeit die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. Ist wegen etc. (wie in dem S. 750 mitgetheilten Antrage 2). Ist das Recht, die Aufhebung zu verlangen, durch Vertrag auf bestimmte Zeit ausgeschlossen, so kann die Aufhebung vor dem Ablaufe der Zeit verlangt werden, wenn ein wichtiger, sie rechtfertigender Grund vorliegt. Unter der gleichen Voraussetzung kann, wenn eine Kündigungsfrist bestimmt ist, die Aufhebung ohne Einhaltung der Frist verlangt werden. Eine Vereinbarung, welche das Recht, die Aufhebung zu verlangen, diesen Vorschriften zuwider beschränkt, ist nichtig. § 767 a. Eine Vereinbarung, durch welche das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, auf Zeit ausgeschlossen wird, tritt mit dem Tode eines Theilhabers außer Kraft, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist. Die für die Kündigung eines Gesellschaftsverhältnisses geltenden Vorschriften des § 650 finden auf das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, entsprechende Anwendung. b) den Abs. 3 des § 767 in folgender Fassung in die K.O. als Abs. 2 des § 14 zu versetzen : Eine Vereinbarung, durch welche die Aufhebung einer Gemeinschaft auf Zeit ausgeschlossen oder für das Verlangen der Aufhebung eine Kündigungsfrist bestimmt wird, ist für den Konkursverwalter nicht bindend.
Jacubezky (Nr 308, 7)
c) als § 767 b folgende Vorschriften aufzunehmen : Eine Vereinbarung, durch welche die Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes geregelt wird, sowie eine Vereinbarung, durch welche das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, auf Zeit ausgeschlossen oder für das Verlangen der Aufhebung eine Kündigungsfrist bestimmt wird, ist auch gegenüber den Sondernachfolgern der Theilhaber wirksam. Hat ein Gläubiger eines Theilhabers die Zwangsvollstreckung in dessen Antheil erwirkt, so kann er ohne Rücksicht auf eine entgegenstehende Vereinbarung die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, sofern der Schuldtitel nicht blos vorläufig vollstreckbar ist.
Wolffson (Nr 312,1)
4. in dem § 767 nach Abs. 2 einzuschalten: Das zur Unzeit gestellte Verlangen, die Gemeinschaft aufzuheben, ist unwirksam. Der Abs. 3 des Antrags 1 wurde zu Gunsten des Antrags 3 zurückgezogen. 7
Gemeint sind die §§ 648, 650 a in der ZustRedKom, denen die Bestimmungen des Entw. II SS 661, 663 entsprechen, s. bei §§ 7 2 3 - 7 2 5 BGB.
388
15. Titel: Gemeinschaft
§§749-751
Die Ergebnisse der Berathung waren: A. Hinsichtlich des ersten Satzes, den der Entw. in seinem § 767 Abs. 2 hat, stellte sich Folgendes heraus: 1. Die Wirksamkeit der fraglichen Vereinbarung unter den Theilhabern selbst wollten der Antrag 2 § 767 b Satz 2, 3 und der Antrag 3 § 767 Abs. 2, 3 insofern abweichend vom Entw. ordnen, als sie auf die Vereinbarung die Bestimmungen des § 648 über die Kündigung einer auf bestimmte Zeit eingegangenen Gesellschaft entsprechend anwendeten, der Antrag 2, indem er auf den § 648 verwies, der Antrag 3, indem er die nach Ansicht des Antragstellers anwendbaren Vorschriften des § 648 inhaltlich wiederholte. Der Antragsteller zu 3 ließ seinen § 767 a Abs. 2, nach welchem auch der § 650 a zur entsprechenden Anwendung kommen sollte, fallen. Der Antragsteller zu 2 zog dagegen seinen Vorschlag, soweit dieser auch den § 648 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 und Abs. 2 als entsprechend anwendbar aufführte, zu Gunsten des Antrags 3 zurück. Zwischen den Anträgen 2 und 3 bestand hiernach in Ansehung der Wirksamkeit der Vereinbarung unter den Theilhabern selbst nur noch die sachliche Verschiedenheit, daß der Antrag 3 eine solche Vereinbarung nur dann als wirksam anerkennen wollte, wenn sie auf bestimmte Zeit, der Antrag 2 auch dann, wenn sie für immer eingegangen ist. Die Kom. entschied sich für den Antrag 2. 2. Die Anträge 2 § 767 a und 3 § 767 b weichen darin vom Entw. ab, daß sie der Vereinbarung über die Dauer der Gemeinschaft Wirkung gegen die Sondernachfolger der Theilhaber beilegen, also auch gegen die Gläubiger eines Theilhabers, welche die Zwangsvollstreckung in den Antheil ihres Schuldners erwirken: Die Anträge übertragen deshalb auch den das Kündigungsrecht des Gläubigers betreffenden § 650 a hierher. Der Antrag 2 wollte aber die Wirkung der Vereinbarung gegen die Sondernachfolger wesentlich dadurch einschränken, daß er die den gutgläubigen Erwerb schützenden Vorschriften für entsprechend anwendbar erklärte. 3. Der Antrag 3 stellte in dem § 767b der Vereinbarung über die Dauer der Gemeinschaft die Vereinbarung über die Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes gleich. Dieser Vorschlag wurde als gerechtfertigt anerkannt. 4. Der Antrag 4 bezweckte gegenüber dem § 648 Abs. 2 klarzustellen, daß das zur Unzeit gestellte Verlangen nach Aufhebung der Gemeinschaft nicht den Verlangenden zum Schadensersatze verpflichte, sondern unwirksam sei. Der Antragsteller ging davon aus, daß nach § 648 die Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses stets'wirksam sein, also die Aufhebung der Gesellschaft zur Folge haben, und nur, falls zur Unzeit erfolgt, den Kündigenden zum Schadensersatze verpflichten solle, sofern nicht die unzeitige Kündigung durch einen wichtigen Grund gerechtfertigt sei; demgegenüber müsse hier das Theilungsverlangen, falls zur Unzeit gestellt, unwirksam sein. Nachdem von anderer Seite die vorbezeichnete Auffassung des § 648 als irrig nachgewiesen und vom Vorsitzenden festgestellt war, daß die Kom. den § 648 so verstehe wie der Antragsteller zu 2 in seiner oben S. 753 mitgetheilten Darlegung, ließ der Antragsteller zu 4 seinen Vorschlag fallen, sprach aber den Wunsch nach zweifelfreier Fassung des § 648 aus. B. Der Abs. 2 Satz 2, mit welchem der Antrag 3 § 767 a Abs. 1 übereinstimmt, wurde, nachdem der Antrag 2 § 767 b Satz 1 zurückgezogen war, sachlich angenommen. 389
§ § 749 —751
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
C. Der Abs. 3 blieb sachlich unangefochten, wurde aber ebenso wie der entsprechende § 653 seines konkursrechtlichen Inhalts wegen nach dem Antrage 3 b in die K.O. verwiesen.
E I-VorlZust § 767
EI-VorlZust § 767 a E I-VorlZust S 767 b
II. In der VorlZust lauten die beschlossenen Vorschriften: Jeder Theilhaber ist berechtigt, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen. Ist das Recht, die Aufhebung zu verlangen, durch Vertrag f ü r immer oder auf (bestimmte) Zeit ausgeschlossen, so kann die Aufhebung gleichwohl jederzeit verlangt werden, wenn ein wichtiger, sie rechtfertigender Grund vorliegt: Unter der gleichen Voraussetzung kann, wenn eine Kündigungsfrist bestimmt ist, die Aufhebung ohne Einhaltung der Frist verlangt werden. Eine Vereinbarung, welche das Recht, die Aufhebung zu verlangen, diesen Vorschriften zuwider beschränkt, ist nichtig 8 . Eine Vereinbarung, durch welche das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, auf Zeit ausgeschlossen wird, tritt mit dem T o d e eines Theilhabers außer Kraft, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist. Eine Vereinbarung, durch welche die Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes geregelt wird, sowie eine Vereinbarung, durch welche das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, für immer oder auf (bestimmte) Zeit ausgeschlossen oder f ü r das Verlangen der Aufhebung eine Kündigungsfrist bestimmt wird, ist auch gegenüber den Sondernachfolgern der Theilhaber wirksam. H a t ein Gläubiger eines Theilhabers die Zwangsvollstreckung in dessen Antheil erwirkt, so kann er ohne Rücksicht auf eine entgegenstehende Vereinbarung die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, sofern der Schuldtitel nicht blos vorläufig vollstreckbar ist.
III, IV. In der ZustRedKom lauten §§ 767, 767 a, 767b, im E l l §§ 685, 686, 687: E I-ZustRedKom Jeder Theilhaber kann jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. § 767 Ist das Recht, die Aufhebung zu verlangen, durch Vertrag f ü r immer oder auf E II § 685 Zeit ausgeschlossen, so kann die Aufhebung gleichwohl verlangt werden, wenn ein wichtiger (ZustRedKom:, das Verlangen rechtfertigender) Grund vorliegt. Unter der gleichen Voraussetzung kann, wenn eine Kündigungsfrist bestimmt ist, die Aufhebung ohne Einhaltung der Frist verlangt werden. Eine Vereinbarung, durch welche das Recht, die Aufhebung zu verlangen, diesen Vorschriften zuwider beschränkt wird, ist nichtig 9 . 8
9
Dazu ist angemerkt: An Stelle des Abs. 3 des § 767 soll in den Art. 12 des Entwurfs eines Einführungsgesetzes folgende Vorschrift als zweiter Absatz des § 14 der Konkursordnung aufgenommen werden: Eine Vereinbarung, durch welche das Recht, die Aufhebung einer Gemeinschaft zu verlangen, für immer oder auf (bestimmte) Zeit ausgeschlossen oder für das Verlangen der Aufhebung eine Kündigungsfrist bestimmt wird, ist für den Konkursverwalter nicht bindend. Dazu ist angemerkt: In dem Art. 13 des Entwurfs des Einführungsgesetzes soll als Ersatz des § 767 Abs. 3 des Entw. I dem $ 14 der Konkursordnung folgende Vorschrift als Abs. 2 hinzugefügt werden: Eine Vereinbarung, durch welche das Recht, die Aufhebung einer Gemeinschaft zu verlangen, für immer oder auf Zeit ausgeschlossen oder eine Kündigungsfrist bestimmt wird, ist für den Konkursverwalter nicht bindend.
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15. Titel: Gemeinschaft
§ § 7 5 2 - 754
Eine Vereinbarung, durch welche das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, auf Zeit ausgeschlossen wird, tritt im Zweifel mit dem Tode eines Theilhabers außer Kraft. Haben die Theilhaber das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, für immer oder auf Zeit ausgeschlossen (ZustRedKom:,) oder eine Kündigungsfrist bestimmt, so wirkt eine solche Vereinbarung auch für und gegen die Sondernachfolger. Hat ein Gläubiger die Zwangsvollstreckung in den Antheil eines Theilhabers erwirkt, so kann er ohne Rücksicht auf die Vereinbarung die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, sofern der Schuldtitel nicht blos vorläufig vollstreckbar ist.10 V. Im E I I rev §§ 737, 738, 739, E III § 736, 737, 738 liegt die in §§ 749, 750, 751 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
§752 Die Aufhebung der Gemeinschaft erfolgt durch Theilung in Natur, wenn der gemeinschaftliche Gegenstand oder, falls mehrere Gegenstände gemeinschaftlich sind, diese sich ohne Verminderung des Werthes in gleichartige, den Antheilen der Theilhaber entsprechende Theile zerlegen lassen. Die Vertheilung gleicher Theile unter die Theilhaber geschieht durch das Loos.
§753 Ist die Theilung in Natur ausgeschlossen, so erfolgt die Aufhebung der Gemeinschaft durch Verkauf des gemeinschaftlichen Gegenstandes nach den Vorschriften über den Pfandverkauf, bei Grundstücken durch Zwangsversteigerung und durch Theilung des Erlöses. Ist die Veräußerung an einen Dritten unstatthaft, so ist der Gegenstand unter den Theilhabern zu versteigern. Hat der Versuch, den Gegenstand zu verkaufen, keinen Erfolg, so kann jeder Theilhaber die Wiederholung verlangen; er hat jedoch die Kosten zu tragen, wenn der wiederholte Versuch mißlingt.
§754 Der Verkauf einer gemeinschaftlichen Forderung ist nur zulässig, wenn sie noch nicht eingezogen werden kann. Ist die Einziehung möglich, so kann jeder Theilhaber gemeinschaftliche Einziehung verlangen.
i" Die im Eingang des § 767b E I-VorlZust enthaltene Vorschrift betr. die Vereinbarung, durch welche die Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes geregelt wird, s. in der ZustRedKom in S 765 Abs. 3, im E II in § 682, bei §§ 742 - 746 BGB.
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E I-ZustRedKom S 767 a E II § 686 E I-ZustRedKom § 767 b E II S 687
§ § 7 5 2 - 754
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
A. 1. Kommission I. 273. Sitzung vom 17. 12. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend von Kübel. I Prot I 3052
| Zu Artikel 855 und 856 des Entwurfs,1 welche lauten:
DresdE Art 855
Artikel 855 „Läßt ein gemeinschaftlicher Gegenstand nach seiner Beschaffenheit ohne erhebliche Minderung seines Werthes eine Theilung in Natur nicht zu, oder kann aus mehreren gemeinschaftlichen Gegenständen nicht die erforderliche Anzahl gleich I Prot I 3053 werthvoller Theile | (Loose) gebildet werden, so kann jeder Theilhaber verlangen, daß der gemeinschaftliche Gegenstand öffentlich versteigert und der Erlös daraus vertheilt werde. Hat ein gemeinschaftlicher Gegenstand nur für die Theilhaber einen Werth oder ist dessen Veräußerung an Fremde verboten, so ist derselbe nur unter den Theilhabern zu versteigern. Verlangt kein Theilhaber die Versteigerung oder bleibt sie erfolglos, so ist die Theilung in der für sämmtliche Theilhaber angemessensten Weise vorzunehmen, insbesondere kann der Gegenstand einem Theilhaber ausschließlich gegen Uebernahme der Verpflichtung, die übrigen Theilhaber zu entschädigen, zugetheilt werden. Diese Entschädigung kann auch in der Bestellung von Rechten an dem Theilungsgegenstande bestehen."
DresdE Art 856
v. Weber (Nr 550)
Artikel 856 „Gemeinschaftliche Forderungen sind nach Verhältniß der Antheile der Theilhaber ohne Weiteres als getheilt zu betrachten; doch können zum Zwecke der Ausgleichung einem einzelnen Theilhaber die Antheile der Uebrigen überwiesen werden." lagen die Anträge vor: 1. zu Artikel 855:
a, in Absatz 1 vor „öffentlich versteigert" einzuschalten : „unter Beobachtung der für die Versteigerung im Wege der Zwangsvollstrekkung vorgeschriebenen Formen." b, im letzten Absätze nach „bleibt sie erfolglos" einzuschalten: „oder ist die Veräußerung des gemeinschaftlichen Gegenstandes unzulässig" („verboten") und in I Prot I 3054 demselben Absätze nach „insbesondere kann | der Gegenstand" hinzuzufügen „oder in dem Falle der Unzulässigkeit der Veräußerung die Nutznießung desselben." ferner den Artikel 856 zu fassen: „Zum Zwecke der Ausgleichung können einem einzelnen Theilhaber die Antheile der Uebrigen an einer gemeinschaftlichen Forderung überwiesen werden." Derscheid (Nr 551)
2. den Artikel 855 durch folgende Bestimmungen zu ersetzen: Sa „Die Theilung erfolgt in Natur und durch das Loos, wenn die gemeinschaftlichen Gegenstände ohne Verminderung des Gesammtwerthes in soviel gleichartige und gleichwerthige Loose zerlegt werden können, als nach Maßgabe der den Theilhabern zustehenden Bruchtheile erforderlich ist. In derselben Weise erfolgt die weitere Theilung eines mehreren Theilhabern gemeinschaftlich zugefallenen Looses Art. 854 s. bei $ 758 BGB.
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15. Titel: Gemeinschaft
§ § 7 5 2 - 754
unter die letzteren. Eine Zersplitterung von Grundstücken ist möglichst zu vermeiden. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so ist jeder Theilhaber berechtigt, die öffentliche Versteigerung der gemeinschaftlichen Gegenstände und die Theilung des Erlöses zu verlangen." Sb . „In dem Urtheil, durch welches der Theilungsklage stattgegeben wird, hat das Gericht die Erstattung eines Gutachtens von Sachverständigen über die Theilbarkeit und Schätzung der gemeinschaftlichen Gegenstände, sowie über die Bildung der Loose zu erfordern. Das Gericht kann jedoch, wenn genügende Grundlagen dazu vorliegen, auch ohne vorheriges Gutachten | die Loose bilden und deren Ziehung verfügen, oder die | Prot I 3055 Untheilbarkeit der gemeinschaftlichen Gegenstände feststellen und die öffentliche Versteigerung derselben verordnen. Für jedes zu versteigernde Grundstück ist der Schätzungspreis zu bestimmen." Sc . „Wird bei der gerichtlich verordneten öffentlichen Versteigerung eines Grundstücks nicht mindestens der Schätzungspreis geboten, so ist der Zuschlag zu versagen; das Gericht kann auf Antrag eines Theilhabers verordnen, daß eine neue Versteigerung stattfinde und daß der Zuschlag zu einem bestimmten geringeren Schätzungspreise oder daß derselbe zu jedem Preise ertheilt werde." 3. den Artikel durch folgende Bestimmung zu ersetzen: Planck „Die Aufhebung der Gemeinschaft erfolgt durch Theilung des gemeinschaftli- (Nr 548, 2) chen Gegenstandes in Natur, wenn sich derselbe ohne Verminderung seines Werths in soviel gleichartige Theile zerlegen läßt, daß jeder Theilhaber einen seinem Bruchtheil entsprechenden Theil erhalten kann. Diese Vorschrift findet entsprechende Anwendung, wenn mehrere gleichartige und gleichwerthige Gegenstände gemeinschaftlich sind und jeder Theilhaber eine seinem Bruchtheil entsprechende Menge davon erhalten kann. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so ist jeder Theilhaber berechtigt, die Aufhebung der Gemeinschaft durch öffentliche Versteigerung des gemeinschaftlichen Gegenstandes und die Theilung des Erlöses zu verlangen. Hat ein gemeinschaftlicher Gegenstand nur für | die Theilhaber einen Werth | Prot I 3056 oder ist dessen Veräußerung an Fremde unzulässig, so ist derselbe nur unter den Theilhabern zu versteigern." 4. an Stelle der beiden Artikel folgende Grundsätze — Fassung und Stellung Johow vorbehalten — aufzustellen: (Nr 549) 1. „Jeder Theilhaber kann behufs Aufhebung der Gemeinschaft die öffentliche Versteigerung des gemeinschaftlichen Gegenstandes und die Theilung des Erlöses verlangen." 2. „Die Versteigerung von Grundstücken erfolgt nach den bei Berathung des Sachenrechtsentwurfs § 548 zu beschließenden Vorschriften, die Versteigerung anderer Gegenstände auf die in § 247 Absatz 1 der Zusammenstellung zum Obligationenrecht 2 bezeichnete Weise (Ergänzung nach dem Vorbilde der C.Pr.O. §§ 721 — 724 vorbehalten)." 2 S. bei S§ 377, 381 — 386 BGB.
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§§ 752 —754
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
3. „Auf ungetheilte Forderungen finden Ν 2 1 und 2 nur dann Anwendung, wenn die Forderung zur Zeit nicht geltend gemacht werden kann. Anderenfalls kann jeder Theilhaber die Einziehung der Forderung und nach deren Erfüllung die Versteigerung des dadurch gemeinschaftlich gewordenen Leistungsgegenstandes in Gemäßheit der Nr. 1 und 2 verlangen." Der Entwurf folgt in den Artikeln 855 und 856 den Grundsätzen, auf welchen die Bestimmungen des gemeinen Rechts über die Theilungsklage oder über die Art und Weise, wie in Ermangelung einer Verständigung der Theilhaber die Aufhebung der Gemeinschaft zu bewirken ist, beruhen. Von diesen, dem Theilungsrichter die ausgedehntesten Befugnisse einräumenden Grundsätzen wird in dem Entwürfe hauptsächlich nur darin abgewichen, daß jene Befugnisse insofern beschränkt sind, als jeder Theilhaber, wenn der gemeinschaftliche Gegenstand eine Theilung in NaI Prot I 3057 tur zuläßt, die Theilung in Natur, | wenn jenes nicht der Fall ist, die öffentliche Versteigerung erwirken kann. Der Antrag N - 1 hält an der Regelung des Entwurfs fest. Der Antrag Nr. 2 schließt dieser Regelung nur theilweise sich an. Vorzugsweise den Fall in's Auge fassend, wenn mehrere Gegenstände der Theilung unterliegen, legt er dem Theilungsrichter die Befugniß bei, soweit angänglich, aus den einzelnen Gegenständen bezw. aus Theilen derselben angemessene zur Verloosung unter die Theilhaber bestimmte Loose zu bilden, welches Verfahren übrigens aber auch dann, wenn nur ein Gegenstand zu theilen ist, befolgt werden soll. Auf einer ganz anderen Grundlage beruhen die Anträge Nr. 3 und 4. Nach dem Antrage Nr. 4 beschränkt sich das Theilungsverfahren darauf, daß der gemeinschaftliche Gegenstand und, wenn die Gemeinschaft mehrere Gegenstände umfaßt, jeder einzelne Gegenstand versteigert wird, von welcher Regel nur das der Theilung in Natur unterliegende baare Geld ausgenommen ist. Den gleichen Standpunkt nimmt der Antrag Nr. 3 ein, jedoch mit der Abweichung, daß dem baaren Gelde noch einige andere Gegenstände gleichgestellt werden, nämlich diejenigen, bei welchen in ähnlicher Art die Theilung in Natur einerseits den Gesammtwerth nicht beeinträchtigt und andererseits in Ansehung der inneren Beschaffenheit gleichwerthige, zur Vertheilung unter die Theilhaber nach den Bruchtheilen geeignete Stücke ergiebt. Von einer Seite war noch beantragt, die oben erwähnten Grundsätze des gemeinen Rechts in vollem Umfange in das Gesetzbuch aufzunehmen. Beschlossen wurde, unter Vorbehalt der Einzelheiten, zunächst darüber zu befinden, welche der verschiedenen in Frage stehenden Grundsätze zu billigen seien. Die Mehrheit entschied nach Ablehnung der Grundsätze des Antrags Nr. 4, soweit dieselben von den Grundsätzen des Antrags Nr. 3 abweichen, für die Annahme dieser letzteren Grundsätze. I Prot I 3058 | Erwogen war : Indem das Gesetz jedem Theilhaber die Befugniß beilege, die Theilung des gemeinschaftlichen Gegenstandes zu verlangen, und damit eine völlige Umgestaltung der Rechte der übrigen Theilhaber herbeizuführen, habe es auch Sorge zu tragen, daß durch die Umgestaltung das Interesse aller Theilhaber keine erhebliche Beeinträchtigung erleide, zugleich aber auch, daß kein Theilhaber vor dem anderen begünstigt werde. Der passendste Weg zur Erreichung des Ziels sei die Umsetzung des Gegenstands in Geld und die Vertheilung des Erlöses unter die Theilhaber nach Verhältniß der Antheile. Jeder andere Weg mache thatsächliche Ermittelungen in größerem oder geringerem Umfange nöthig, die ein völlig zuverlässiges Resultat nach der Natur der Dinge nur selten ergeben könnten; er erfordere mehr oder weniger vom Standpunkte der Billigkeit zu treffende Entscheidungen, deren Angemes394
15. Titel: Gemeinschaft
§ § 7 5 2 - 754
senheit stets größeren oder geringeren Zweifeln unterliegen werde; er sei ferner meist mit Weiterungen und Kosten verbunden und dadurch geeignet, das Interesse aller Betheiligten zu verletzen. Dies gelte in hervorragender Weise von dem im gemeinen Rechte bestimmten Wege. Das Adjudikationsprinzip des gemeinen Rechts stelle dem Theilungsrichter eine Aufgabe, deren befriedigende Lösung fast nur zufällig gelingen könne; bei ihm sei unvermeidlich, daß in vielen Fällen der eine Theilhaber vor dem anderen begünstigt und gegen den in dem Vordergrunde stehenden Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung aller Theilhaber mehr oder weniger verstoßen werde. Das System des gemeinen Rechts leide an einem inneren Fehler. Der letztere gestatte auch nicht, mit dem Entwürfe das System im Allgemeinen beizubehalten und die damit verbundenen Uebelstände nur durch einzelne, die Befugnisse des Theilungsrichters einschränkende Vorschriften thunlichst zu mildern. Ein großer Theil der Uebelstände würde immer bleiben; sie ließen sich als eine n o t w e n d i ge Fol- I ge des an sich fehlerhaften Systems nicht beseitigen. Eine gleiche Bewand- | Prot I 3059 niß habe es mit der in dem Antrage N- 2 aufgestellten Regelung. Auch diese Regelung beruhe auf dem Adjudikationssysteme, wiewohl dieses erheblich abgeschwächt erscheine. Das Adjudikationssystem zeige sich darin, daß der Richter die Loose zu bilden und die einzelnen Gegenstände oder Theile derselben in die Loose zu vertheilen habe. Dies sei nur mittels Würdigung des Werths der einzelnen Stücke möglich, eine solche Würdigung aber stets mehr oder weniger schwierig und die Sachgemäßheit der auf ihr beruhenden Entscheidungen ungewiß. Gegen die Regelung nach Maßgabe des gemeinen Rechts, des Entwurfs und des Antrags Nr. 2 spreche noch ein anderer Umstand. Bei der einen Regelung sowohl wie bei der anderen werde der Theilungsprozeß insofern ein anomaler, als die Theilungsklage nur den Antrag auf Erlassung des Theilungsurtheils enthalten, nicht aber auch den Antrag, welcher Inhalt dem Urtheil zu geben sei, aufnehmen könne. Erst das Urtheil erster Instanz lasse erkennen, wozu der eine Theilhaber gegenüber dem anderen verpflichtet sei, welche Umgestaltungen die bisherigen Rechtsbeziehungen erleiden sollen. Im Laufe der ersten Instanz habe kein Theilhaber voraussehen können, wie erkannt werden würde, folglich nicht in ausreichendem Maße das rechtliche Gehör gefunden, welches im regelmäßigen Prozesse nach den Prozedurnormen als zum Richterspruch erforderlich gewährt werde. Nach den vorstehenden Erwägungen und nach den in den Motiven des Sachenrechts-Entwurfs S. 1051 — 1057 enthaltenen Gründen erscheine das System des Antrags Nr. 4 als das richtige. Es könne sich nur fragen, ob nicht — abgesehen von den Fällen, wenn baares Geld zu theilen — noch in einzelnen anderen Fällen nach Maßgabe des Antrags Nr. 3 die Theilung in Natur zuzulassen sei. Die Frage müsse bejaht werden. Die Aufhebung der Gemeinschaft habe, | (wie Eingangs erwähnt,) | Prot I 3060 dergestalt zu erfolgen, daß — soweit angänglich — unter der Umgestaltung der Rechte keiner der Theilhaber leide, daß aber zugleich alle Theilhaber gleich behandelt würden. Sei nun ein Gegenstand in Natur dergestalt theilbar, daß er ohne Werthverminderung in Stücke zerlegt werden könne, die nach ihrer inneren Beschaffenheit gleichwertig seien und unter die einzelnen Theilhaber nach Maßgabe der Bruchtheile sich vertheilen ließen, so sei die Theilung in Natur nur angemessen; denn 21 sie erfülle nicht allein jenen Zweck, sondern sie habe auch den Vorzug, daß sie die geringste Umgestaltung der Rechte bewirke. Auch vom prozeßrechtlichen Standpunkte erhebe sich gegen die Zulassung kein Bedenken, da im unterstellten Falle von einem Theilhaber einfach gegen die übrigen Theilhaber auf Einwilligung 2a
Im Original steht „den". 395
§§752-754
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
in die Naturaltheilung geklagt werden könne und wenn verurtheilt sei, die Zwangsvollstreckung keine Schwierigkeiten zu verursachen vermöge. Einverständniß bestand, daß in Folge des vorstehenden Beschlusses hinsichtlich der vorbehaltenen Einzelheiten der Antrag Nr. 3 der weiteren Berathung zum Grunde zu legen sei. 1. Zum ersten Absätze des Antrags Nr. 3. Der erste Absatz wurde mit der Maßgabe angenommen, daß hinter: „Bruchtheil" der Verdeutlichung halber einzuschalten sei: „nach Größe und Werth". Der Vorschlag, zusätzlich zu bestimmen: „Auf Grundstücke findet die Vorschrift keine Anwendung." wurde abgelehnt. Man ging davon aus : Mit dem zuvor gefaßten prinzipiellen Beschlüsse, würde es wenig harmoniren, in dem Falle, auf welchen der erste Absatz sich beziehe, die Naturaltheilung auszuI Prot 13061 schließen, obschon anzuerkennen sei, daß die Vorschrift von keinem | großen praktischen Werth e sei; denn es werde nicht oft sich zutragen, daß ein einzelner Gegenstand einerseits durch Theilung an Werth nicht verliere und andererseits in Stücke sich zerlegen lasse, welche nach der inneren Beschaffenheit gleichwerthig seien, wovon die Möglichkeit abhänge, jedem Theilhaber ein seinem Bruchtheile nach Größe und Werth entsprechendes Stück zuzutheilen. Allein es könne nicht darauf ankommen, ob der betreffende Fall nicht häufig vorliegen, vielleicht nur ein seltener bleiben werde. Die Grundstücke von der Vorschrift auszunehmen, sei nicht gerechtfertigt. Ob volkswirtschaftliche Gründe vorlägen, die Theilung einzelner Grundstücke zu verhindern, erscheine unerheblich. Solche Gründe würden nur zu einem allgemeinen, die Theilung eines einzelnen Grundstücks überhaupt oder innerhalb gewisser Grenzen verbietenden Gesetze Anlaß geben können. In Ermangelung eines solchen Gesetzes würde die vorgeschlagene Ausnahme, weil sie die auf Uebereinkunft beruhende Theilung nicht berühre, von sehr geringer Wirkung sein. Bestehe ein Verbotsgesetz der gedachten Art, so werde es selbstverständlich auch die Zwangstheilung wegen juristischer Unmöglichkeit der Naturaltheilung verhindern. Ob das Verbotsgesetz am Platze sei, könne, wenn die Entscheidung überhaupt in das bürgerliche Gesetzbuch gehören sollte, einleuchtend mindestens gegenwärtig und an dieser Stelle nicht entschieden werden. Dabei komme noch in Betracht, daß unter Umständen ein einzelnes Grundstück, namentlich wenn es von beträchtlichem Umfange und wenige Theilhaber vorhanden seien, zur Theilung in Natur sich wohl eignen möge. 2. Zum zweiten Absätze des Antrags Nr. 3. Der zweite Absatz wurde genehmigt. Die Anträge vor: „Gegenstände" einzuschalten: „vertretbare" oder mindestens: „bewegliche" wurden abgelehnt. Der Redaktion blieb die Prüfung vorbehalten, ob nicht der Schluß: „und jeder — kann" als entbehrlich zu streichen sei. I Prot 13062 | Erwogen war: Die Bestimmung des zweiten Absatzes erscheine als Konsequenz des zuvor gefaßten prinzipiellen Beschlusses völlig unbedenklich, wenn es sich um vertretbare Gegenstände handele. Indessen dieselbe Konsequenz gebiete, den vertretbaren Gegenständen alle beweglichen Sachen, nicht minder aber auch die Grundstücke gleichzustellen, sofern die Voraussetzungen der Bestimmung zutreffen. Das letztere möge selten und am seltensten bei Grundstücken sein. Allein die Möglichkeit sei doch nicht ausgeschlossen, am wenigsten bei beweglichen Sachen; so könnten sich 396
15. Titel: Gemeinschaft
§§ 749 -
751
ζ. Β. in einem Nachlasse mehrere Kostbarkeiten, als Ringe und dgl., von ganz gleicher Beschaffenheit und von ganz gleichem Werthe finden. 3. Zum dritten Absätze des Antrags N r . 3. Die Bestimmung dieses Absatzes wurde dahin berichtigt: „Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so ist jeder Theilhaber berechtigt, die Aufhebung der Gemeinschaft durch den V e r k a u f des gemeinschaftlichen Gegenstandes und die Theilung des Erlöses zu verlangen. D e r V e r k a u f von Grundstücken erfolgt nach den Vorschriften des Sachenrechts § 548, der Verkauf anderer Gegenstände nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung über den Verkauf gepfändeter Gegenstände." Die vorstehende Bestimmung wurde als völlig sachgemäß genehmigt, der V o r schlag, um den Theilhabern das Bieten und das Ansteigern zu erleichtern, zusätzlich zu bestimmen „Wird Einer der Theilhaber Ersteher einer beweglichen Sache, so findet die Kurlbaum Vorschrift des § 718 Abs. 3 der Civilprozeßordnung nicht Anwendung." als entbehrlich und weil man davon Verwickelungen im Versteigerungsverfahren besorgte, abgelehnt. O b in Beziehung auf die Versteigerung von Grundstücken der § 548 des Sachenrechts-Entwurfs der Ergänzung im Sinne des § c des Antrags N 2 2 (S. 3055) bedürfe, blieb der Berathung desselben vorbehalten. I 4. Zum vierten Absätze des Antrags N - 3. | Prot I 3063 Die Bestimmung dieses Absatzes wurde dahin berichtigt: „Ist die Veräußerung eines gemeinschaftlichen Gegenstandes an Fremde unzulässig, so ist dieselbe nur unter den Theilhabern zu versteigern." Die solchergestalt berichtigte Bestimmung wurde gleichfalls als völlig sachgemäß genehmigt. Die Berichtigung war erfolgt, weil sich nicht bestimmen lasse, ob ein Gegenstand nur für die Theilhaber, nicht aber für einen Dritten Werth habe. Beantragt war (zu vergi. Antrag Nr. 4 Ziffer 3) die Aufnahme der zusätzlichen Johow Vorschrift: „Auf eine ungetheilte Forderung findet die Bestimmung des dritten Absatzes nur dann Anwendung, wenn der Schuldner zur Leistung noch nicht verpflichtet ist. Im entgegengesetzten Falle ist jeder Theilhaber von den übrigen Theilhabern die Mitwirkung bei der gemeinschaftlichen Einziehung zu fordern befugt. Nach der Einziehung erfolgt in Ansehung des Gegenstandes der Leistung die Aufhebung der Gemeinschaft nach den Bestimmungen des ersten bis vierten Absatzes." D e r Zusatz wurde von der Mehrheit genehmigt. Man hielt ihn für sachgemäß und unbedenklich, war übrigens der Ansicht, daß die Vorschrift auch auf untheilbare Forderungen (§ 29 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 540 — 546, 550 — 552 3 ) sich beziehe, obschon der zweite Satz für solche Forderungen insoweit von nur geringer Erheblichkeit sei, als jeder Theilhaber für sich allein nach dem zitirten § 29 befugt sei, den Schuldner auf Leistung an alle Theilhaber in Anspruch zu nehmen, daß der zweite Satz aber für die selteneren Fälle, in welchen eine an sich theilbare und der Regel nach ipso jure getheilte Forderung (§ 10 der gedachten Zusammenstellung, P r o - | t o k o l l e S. 493, | Prot 13064 4 9 5 , 499 4 ) aus einem besonderen Rechtsgrunde von den Gläubigern nur gemeinschaftlich eingezogen werden könne, von um so größerer Bedeutung sei. 3 S. bei §§ 4 2 1 - 4 3 2 BGB. * S. bei § 420 BGB. 397
§ § 752 — 754
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Einverständniß bestand schließlich, daß die Vorschriften über die Behandlung der Theilungssachen als Angelegenheiten der nicht streitigen Gerichtsbarkeit unberührt blieben. I Prot 13065
| 274. Sitzung vom 19. 12. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend von Kübel
Die Berathung des Abschnitts des Obligationenrechts betreffend die Gemeinschaft wurde fongesetzt. Planck Es lag der Antrag vor, als § 855a die Bestimmung einzureichen: (Nr 548, 3) „So lange ein Theilhaber die Aufhebung der Gemeinschaft zu fordern nicht berechtigt ist, kann er, soweit eine gültige Bestimmung über die Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes nicht besteht, verlangen, daß dieselbe nach billigem Ermessen in einer dem Interesse aller Theilhaber entsprechenden Weise geregelt werde. Dasselbe Recht steht jedem Theilhaber zu, wenn eine Aufhebung der Gemeinschaft durch Theilung des gemeinschaftlichen Gegenstandes oder Versteigerung nach Maßgabe des § 855 überhaupt oder zur Zeit unmöglich, oder unzulässig oder die versuchte Versteigerung ohne Erfolg geblieben ist. Im letzteren Falle ist jeder Theilhaber die Wiederholung des Versuchs zu fordern berechtigt, hat aber die Kosten desselben zu tragen, wenn er ohne Erfolg bleibt." I Prot I 3066 | Zum ersteren Absätze war der Verbesserungsantrag gestellt: den Absatz zu fassen: Kurlbaum „So lange — verlangen, daß die übrigen Theilhaber in eine nach billigem Ermessen dem Interesse aller Theilhaber entsprechende Art der Verwaltung und Benutzung einwilligen." In getrennter Abstimmung wurde zunächst der vorstehende Verbesserungsantrag und sodann der zweite Absatz des obigen Antrags von der Mehrheit genehmigt. Erwogen war: zum ersten Absatz des Antrags : Ein Mehrheitsbeschluß über die Art und Weise der Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstands werde nicht immer erreichbar sein oder, wenn er zu Stande gekommen, mitunter von dem Richter für nicht angemessen erachtet werden. Sei nun auch die Aufhebung der Gemeinschaft überhaupt oder auf Zeit nicht zulässig, so müsse, wie schon früher zur Sprache gekommen, jedem Theilhaber die Möglichkeit gewährt werden, auch gegen den Willen der übrigen Theilhaber eine dem Interesse aller Theilhaber dienende Verwaltungs- und Benutzungsmaßregel herbeizuführen. Die geeignete Abhülfe treffe die in dem ersten Absätze des Antrags enthaltene Bestimmung. Mit Recht verweise die letztere — in Abweichung von dem zum Artikel 853 gefaßten Beschlüsse — nicht einfach auf die Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters. In Fällen der fraglichen Art sei zugleich (oder vielmehr in erster Reihe) zu würdigen, durch welche Maßregel das Interesse aller Theilhaber am besten gewahrt werde. Dagegen erscheine die Bestimmung des ersten Absatzes darin mangelhaft, daß sie die Klage eines Theilhabers mit dem Antrage zuzulassen scheine: der Prozeßrichter möge die angemessene Maßregel im Urtheil bestimmen. Die Zulassung einer solchen, des bestimmten Antrags (§ 230 der I Prot I 3067 Civilprozeßordnung) entbehrenden Klage enthalte wie-1 der eine Anomalie, gegen welche das schon in der vorigen Sitzung angeregte Bedenken sich erhebe, daß die Parteien in erster Instanz über dasjenige, was den Gegenstand des zu erlassenden 398
15. Titel: Gemeinschaft
§§752-754
Unheils bilde, nicht das gebührende Gehör fänden. Der klagende Theilhaber selbst müsse die angemessene Maßregel vorschlagen und den Antrag dahin richten: die übrigen Theilhaber zu verurtheilen, in diese Maßregel einzuwilligen. Praktische Uebelstände seien von einem solchen Verfahren, einmal wegen des Rechts der Widerklage, sodann wegen der Befugniß und Verpflichtung des Richters, auf Verbesserung der Anträge hinzuwirken (§ 130 C.P.O.), nicht zu besorgen; in der letzteren Beziehung sei von Wichtigkeit, daß in der nachträglichen Bezeichnung einer anderen als der in der Klageschrift hervorgehobenen Maßregel eine Klageänderung sich nicht finden lasse (§ 240 C.P.O.). Es sei daher der zum ersten Absätze gestellte, auf der vorstehenden Auffassung beruhende Verbesserungsantrag vorzuziehen. Einverständniß bestand übrigens, daß als angemessene Maßregel auch gelten könne die räumliche Theilung, die Verpachtung oder Vermiethung, die Ueberlassung der Nutzungen an einen Theilhaber gegen Abfindung der übrigen, die nach Zeitfristen wechselnde Benutzung durch die einzelnen Theilhaber, daß ferner einstweilige Verfügungen nicht ausgeschlossen seien. Zum zweiten Absätze des Antrags. Es könne auch der Fall sich zutragen, daß die Aufhebung der Gemeinschaft zwar rechtlich zulässig, jedoch nicht zu verwirklichen sei, weil sowohl die Theilung in Natur als der Verkauf ausgeschlossen oder der letztere vergeblich versucht sei. Einleuchtend müsse auch für diesen Fall jedem Theilhaber die zum ersten Absätze beschlossene Befugniß eingeräumt und die Erfolglosigkeit eines versuchten Verkaufs betreffend zugleich das Recht zugestanden werden, die Erneuerung des Versuchs zu beantragen, wobei es nur billig erscheine, | ihm die Kosten eines abermals |Prot I 3068 erfolglos bleibenden Versuchs aufzuerlegen. Die Vorschrift des zweiten Absatzes des Antrags sei um so wichtiger, je häufiger nach den Beschlüssen, wie die Aufhebung der Gemeinschaft zu bewerkstelligen sei, (nämlich entweder — jedoch lediglich unter gewissen, die Ausnahme bildenden Voraussetzungen — durch Theilung in Natur oder sonst nur durch Verkauf,) der Fall einer während geraumer Zeit nicht zu lösenden Gemeinschaft sein werde. Einverständniß bestand übrigens, daß die Rechtskraft des Urtheils, welches eine bestimmte Maßregel für angemessen erklärt und zur Einwilligung in dieselbe verurtheilt, das Recht eines Theilhabers nicht ausschließen dürfe, auf Grund späterer Thatsachen die Einwilligung der übrigen Theilhaber in eine andere durch Veränderung der Umstände gebotene Maßregel zu verlangen. Die Mehrheit war aber der Ansicht, es sei nicht nöthig, in dieser Hinsicht eine besondere Bestimmung in das Gesetzbuch aufzunehmen; sie glaubte, die allgemeinen Grundsätze über die Rechtskraft der Urtheile machten die besondere Vorschrift entbehrlich, besorgte auch nicht, aus dem Beschlüsse, welcher in der Sitzung vom 7. November 1883 über die Aenderung eines wegen Tödtung zur Zahlung einer Rente verurtheilenden Erkenntnisses gefaßt worden (Protokolle S. 2815 —28245), könne per argumentum e contrario auf das Gegentheil geschlossen werden. Sie hielt eine derartige Argumentation wegen Verschiedenheit der in Frage kommenden Verhältnisse für nicht haltbar. Der Artikel 856 galt durch die in der vorigen Sitzung gefaßten Beschlüsse für erledigt. Zu Artikel 857 des Entwurfs: „Gemeinschaftliche Urkunden, welche sich auf einen Gegenstand allein bezie- DresdE Art 857 hen, sind, wenn der letztere einem Theilhaber ausschließlich oder zum größten 5 S. bei SS 842-847 BGB. 399
§ § 752 — 754
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Theile zugewiesen worden ist, diesem Theilhaber, im ersteren Falle ohne Weiteres, I Prot I 3069 im letzte- | ren Falle mit der Verpflichtung einzuhändigen, den übrigen Theilhabern auf ihre Kosten die Einsicht dieser Urkunden, sowie die Fertigung von Abschriften und Auszügen zu gestatten. Gemeinschaftliche Urkunden anderer Art sind von dem Theilhaber aufzubewahren, welcher dazu nach dem Einverständniß der übrigen Theilhaber oder, in Ermangelung eines solchen, von der das Theilungsverfahren leitenden Behörde berufen ist." Planck war beantragt: (Nr 548, 5) in dem Artikel die letzten Worte: „oder in Ermangelung u.s.w." durch Folgendes zu ersetzen: „berufen ist. In Ermangelung eines Einverständnisses entscheidet das Loos." Der Antrag auf Streichung des Artikels wurde genehmigt, indem man davon ausging: Besondere Bestimmungen über gemeinschaftliche Urkunden seien nach den Beschlüssen über den im Eingang des Protokolls mitgetheilten Antrag und soweit es sich um eine auf Uebereinkunft beruhende Theilung handele, nach den allgemeinen Grundsätzen (zu vgl. §§321, 481 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 1858 — 1860, 2692, 26 936) entbehrlich. v. Weber Der Antrag, hinter Artikel 857 die Bestimmung einzuschalten : (Nr 550) „Durch das Theilungsurtheil werden die Theilhaber verpflichtet, ihre Antheile an den gemeinschaftlichen Gegenständen auf den Theilhaber, welchem sie zugewiesen sind, zu übertragen." ward in Folge der in der vorigen Sitzung gefaßten Beschlüsse zurückgezogen. II. In der RedVorl und der ZustOR lauten die beschlossenen Vorschriften als SS 551, 553 7 : RedVorl/ Die Aufhebung der Gemeinschaft erfolgt, sofern sich der gemeinschaftliche GeZustOR § 551 genstand ohne Verminderung seines Werths in soviele gleichartige Theile zerlegen läßt, daß jeder Theilhaber einen seinem Bruchtheil nach Größe und Werth entsprechenden Theil erhalten kann, durch Theilung in Natur. Die vorstehende Bestimmung findet entsprechende Anwendung, wenn mehrere gleichartige und gleichwerthige Gegenstände gemeinschaftlich sind. Ist eine solche Theilung in Natur nicht möglich, so erfolgt die Aufhebung der Gemeinschaft durch den Verkauf des gemeinschaftlichen Gegenstandes und durch Theilung des Erlöses. Der Verkauf eines Grundstücks geschieht nach den dafür im Sachenrecht enthaltenen Vorschriften, der Verkauf eines anderen Gegenstandes nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung über den Verkauf der im Wege der Zwangsvollstreckung gepfändeten Gegenstände. Der Verkauf einer ungetheilten Forderung ist nur dann zulässig, wenn dieselbe noch nicht geltend gemacht werden kann. Ist das Gegentheil der Fall, so kann jeder Theilhaber die gemeinschaftliche Einziehung der Forderung verlangen. Nach der Einziehung erfolgt die Aufhebung der Gemeinschaft in Ansehung des Gegenstandes der Leistung nach den Bestimmungen des ersten und zweiten Absatzes. Ist die Veräußerung eines nach den Bestimmungen des ersten Absatzes in Natur nicht theilbaren Gegenstandes an Dritte unstatthaft, so ist derselbe unter den Theilhabern zu versteigern. 4 S. bei §§ 444 bzw. 810 BGB. 7 § 552 s. bei § 757 BGB.
400
15. Titel: Gemeinschaft
§§752-754
So lange ein Theilhaber die Aufhebung der Gemeinschaft zu fordern nicht be- RedVorl/ rechtigt ist, oder so lange er die Aufhebung wegen Unzulässigkeit der Theilung in ZustOR § 553 Natur und wegen Unmöglichkeit des Verkaufs nicht herbeizuführen vermag, kann er in Ermangelung einer die Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes in verbindlicher Weise regelnden Bestimmung verlangen, daß die übrigen Theilhaber in eine dem Interesse aller Theilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Art der Verwaltung einwilligen. Dasselbe gilt, wenn ein versuchter Verkauf erfolglos geblieben ist, in einem solchen Falle ist jeder Theilhaber die Wiederholung des Versuchs zu verlangen, berechtigt; er hat jedoch die Kosten eines erfolglosen wiederholten Versuchs zu tragen. Bei Beratung der Anträge, welche gestellt waren in Betreff der Drucklegung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse wurde auf Antrag von Kurlbaum (Nr 570 IV) in § 551 Abs. 1 statt: „Bruchtheil" gesetzt: „Antheile"8 (Prot. I 3557, 3561). III. Im K E sind die §§ 551, 553 ZustOR unter Berücksichtigung der vorstehenden Änderung in §§ 762, 764 enthalten, wobei es in § 762 heißt: „seines Werthes", „eines Grundstückes" , und in § 7 6 4 : „des Verkaufes", „des Versuches", „wiederholten Versuches". In § 762 Abs. 2 ist zu „Vorschriften" angemerkt: Die einschlagenden Vorschriften finden sich im § 548 des von dem Redaktor des Sachenrechts vorgelegten Entwurfes. Bei Beratung der auf die Redaktion einzelner Vorschriften des Obligationenrechts sich beziehenden Anträge wurde ein Antrag von Kurlbaum (Nr 576, 51), in § 764, Satz 1 statt: „regelnden" zu setzen „ordnenden", abgelehnt (Prot. I 6200, 6203). 425. Sitzung vom 25. 3. 1885, Schriftführer Achilles, nicht anwesend Derscheid Beantragt war: 9 in § 762 K.E. a, I Abs. 2 die Worte : | Prot I 5798 „nach den dafür im Sachenrechte enthaltenen Vorschriften" | unter Streichung | Prot 15799 der Note durch die Worte zu ersetzen : „nach den Vorschriften des Gesetzes über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen", b, dem Absatz 2 zuzusetzen : „Wird ein Grundstück in der bezeichneten Weise veräußert, so finden in Ansehung der an dem Grundstück bestehenden Rechte, welche den Antheil des Antragstellers nicht mitbelasten, die Vorschriften der §§ . . . entsprechende Anwendung." c, Abs. 2 und 3 die Worte „den Verkauf" „der Verkauf" viermal zu ersetzen durch „die Veräußerung". 8 S. den Antrag und Beschluß vollständig bei §§ 742 - 746 BGB. Die Beratungen auf dieser Sitzung sowie die gestellten Anträge betreffen den 8. Abschn. des Sachenrechtsentw. „Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung". Der im T e x t folgende Antrag ist Teil des Antrags 2.
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§ § 752 — 754
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Die Kommission beschloß : in eine Beratung des achten Abschnittes und der Aenderungsvorschläge des Referenten, vorbehaltlich der Berücksichtigung einzelner Bestimmungen, nicht einzutreten, dagegen nach Anleitung der in dem Antrage 2 gemachten Vorschläge darüber zu beschließen, ob und inwieweit eine Ergänzung der bisher beschlossenen Vorschriften erforderlich ist. 426. Sitzung vom 27. 3. 1885, Schriftführer Achilles, nicht anwesend Derscheid I Prot I 5828
| Bezüglich des K.E. § 762 endlich wurde der zu demselben gestellte Antrag, Prot. S. 5798, 5799, soweit er in Abs. 2 die Worte „nach den dafür im Sachenrechte enthaltenen Vorschriften" durch die Worte „nach den Vorschriften des Gesetzes über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen" ersetzen will, angenommen, die Fassung jedoch der Prüfung bei der Redaktion überwiesen; im übrigen wurde der Antrag mit Rücksicht auf die gefaßten Beschlüsse von dem Antragsteller zurückgezogen. Schließlich wurde die Frage, an welcher Stelle und in welcher Fassung die in der vorigen Sitzung und heute beschlossenen Noten dem Entwürfe des bürgerlichen Gesetzbuches beizufügen seien, der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten; es soll hierbei namentlich geprüft werden, ob nicht sämtliche Noten zu einer Note, welche dem dritten Abschnitte des Sachenrechts beizufügen wäre, zu verschmelzen seien und bei anderen von dem Inhalte der Note berührten Vorschriften des Entwurfes eine Hinweisung auf diese Note beizufügen sei.
IV. Im E Ilauten §§ 769, 772: Die Aufhebung der Gemeinschaft erfolgt, sofern der gemeinschaftliche Gegenstand sich ohne Verminderung seines Werthes in so viele gleichartige Theile zerlegen läßt, daß jeder Theilhaber einen seinem Antheile nach Größe und Werth entsprechenden Theil erhalten kann, durch Theilung in Natur. Die vorstehende Vorschrift findet entsprechende Anwendung, wenn mehrere gleichartige und gleichwertige Gegenstände gemeinschaftlich sind. Ist eine solche Theilung in Natur nicht möglich, so erfolgt die Aufhebung der Gemeinschaft durch den Verkauf des gemeinschaftlichen Gegenstandes und durch Theilung des Erlöses. Der Verkauf eines Grundstückes geschieht nach den Vorschriften über die Zwangsversteigerung von Grundstücken, der Verkauf eines anderen Gegenstandes nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung über den Verkauf der im Wege der Zwangsvollstreckung gepfändeten Gegenstände. Der Verkauf einer ungetheilten Forderung ist nur dann zulässig, wenn dieselbe noch nicht geltend gemacht werden kann. Ist das Gegentheil der Fall, so kann jeder Theilhaber die gemeinschaftliche Einziehung der Forderung verlangen. Nach der Einziehung erfolgt die Aufhebung der Gemeinschaft in Ansehung des Gegenstandes der Leistung nach den Vorschriften des ersten und zweiten Absatzes. Ist die Veräußerung eines nach den Vorschriften des ersten Absatzes in Natur nicht theilbaren Gegenstandes an Dritte unstatthaft, so ist derselbe unter den Theilhabern zu versteigern. EI § 772 Solange ein Theilhaber die Aufhebung der Gemeinschaft zu fordern nicht berechtigt ist, oder solange er die Aufhebung wegen Unzulässigkeit der Theilung in Natur und wegen Unmöglichkeit des Verkaufes nicht herbeizuführen vermag, kann er in Ermangelung einer die Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen E I $ 769
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15. Titel: Gemeinschaft
§§749-751
Gegenstandes in verbindlicher Weise regelnden Bestimmung verlangen, daß die übrigen Theilhaber in eine dem Interesse aller Theilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Art der Verwaltung einwilligen. Dasselbe gilt, wenn ein versuchter Verkauf erfolglos geblieben ist; in einem solchen Falle ist jeder Theilhaber die Wiederholung des Versuches zu verlangen berechtigt, er hat jedoch die Kosten eines erfolglosen wiederholten Versuches zu tragen. C. 2. Kommission I. Zu S 769 war beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 757ff.; Mugdan, Bd. 2, S. 1211 ff.): 1. die Bestimmungen des Entw. wie folgt zu fassen : Struckmann Die Aufhebung der Gemeinschaft erfolgt, wenn sich der gemeinschaftliche Ge- (Nr 259, 15) genstand ohne Werthverminderung in mehrere den Antheilen der Theilhaber entsprechende gleichartige und gleichwerthige Theile zerlegen läßt oder wenn mehrere den Antheilen der Theilhaber entsprechende gleichartige und gleichwerthige Gegenstände gemeinschaftlich sind, durch Theilung in Natur. Eine Theilung in Natur wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß zur Ausgleichung der Theile dem einen oder anderen Theilhaber geringe Geldleistungen auferlegt werden. Die Vertheilung der bestimmten Theile unter die Theilhaber geschieht durch Verloosung. Ist eine Theilung in Natur nach Maßgabe des Abs. 1 nicht möglich, so erfolgt die Aufhebung der Gemeinschaft durch Verkauf des gemeinschaftlichen Gegenstandes nach den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung und durch Theilung des Erlöses. Ist die Veräußerung des Gegenstandes an Dritte unstatthaft, so ist er unter den Theilhabern zu versteigern. Der Verkauf einer ungetheilten Forderung ist nur zulässig, wenn sie noch nicht eingezogen werden kann. Ist die Einziehung möglich, so kann jeder Theilhaber die gemeinschaftliche Einziehung verlangen. Die Theilung des eingezogenen Gegenstandes erfolgt sodann nach Maßgabe der Vorschriften der Abs. 1, 2. 2. zur Ergänzung bezw. Aenderung des § 769 a) nachstehende Vorschriften an die Spitze zu stellen : Die Aufhebung der Gemeinschaft erfolgt insoweit, als die Theilhaber sich über die Art und Weise geeinigt haben, nach Maßgabe ihrer Einigung. Ihre Einigung ist auch dann maßgebend, wenn die Aufhebung gerichtlich stattfindet. Insoweit, als sie sich nicht geeinigt haben, gelten folgende Bestimmungen. b) im Abs. 1 hinter „ohne Werthverminderung" einzuschalten „und ohne sonstige Verletzung berechtigter Interessen"; c) im Abs. 2 hinter „nicht möglich" einzuschalten „oder die Verwerthung des Gegenstandes zur Tilgung gemeinschaftlicher Schulden erforderlich". Die Anträge 2 a und c wurden vor der Abstimmung zurückgezogen. A. Gegenüber dem Abs. 1 des Entw. bezwecken die Anträge 1 und 2 Aenderungen, und zwar der Antrag 1 Abs. 1 Satz 2 eine Erweiterung, indem er die Theilung in Natur auch dann zulassen will, wenn zur Ausgleichung der Theile dem einen oder anderen Theilhaber geringe Geldleistungen auferlegt werden müssen, der Antrag 2 b dagegen eine Einschränkung, indem er die Ausschließung dieses Theilungsmodus in Aussicht nimmt, wenn durch denselben sonstige berechtigte Interessen verletzt werden würden. Die Komm, lehnte beide Änderungen ab. Dagegen wurde der in dem Antrag 1 Abs. 1 Satz 3 vorgeschlagene Zusatz mit der Maßgabe angenommen, daß er in der Fassung auf den Fall, in welchem gleiche Theile vorliegen, beschränkt werden soll. 403
v. Cuny (Nr 305, 2)
v. Cuny (Nr 305, 3) v · Cuny
§ § 7 5 2 — 754
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Zu Abs. 1 Satz 2 wurde von einer Seite bemerkt: Die Fassung des Entw. erscheine nicht zutreffend. Wenn ζ. B. zwei Theilhabern ein Werthpapier zum Nominalbetrage von 2000 Mark und vier gleichartige Werthpapiere zum Nomimalbetrage von je 500 Mark gemeinschaftlich gehörten, so würde nach dem Wortlaute des Entw. die Aufhebung der Gemeinschaft in der Art, daß der eine das Papier über 2000 Mark, der andere die Papiere über je 500 Mark erhielte, ausgeschlossen sein, während sie doch zugelassen werden müßte, sofern der Kurswerth des ersteren Papiers und die Kurswerthe der letzteren Papiere zusammen gleich wären. Die Komm, stimmte dieser Ausführung zu, überließ aber der Red.Komm. die Berichtigung der Fassung. Einverstanden war man darüber, daß eine Vertheilung der bestimmten Theile unter die Theilhaber durch Verloosung nach dem Antrag 1 Abs. 1 Satz 3 nur bei gleichen Theilen stattfinden könne. B. Der Abs. 2 des § 769, welcher in dem Antrag 1 Abs. 2 Satz 1 sachlich unverändert wiedergegeben ist, blieb unbeanstandet. C. Mit dem Abs. 3 des Entw. stimmt der Abs. 3 des Antrags 1 sachlich überein. Von einer Seite wurde der Red.Komm. anheimgestellt, zu erwägen, ob die Bestimmung an dieser Stelle zu belassen sei, da die Vorschriften der §§ 763 bis 773 eine Gemeinschaft nach Bruchtheilen voraussetzen, hier aber eine ungetheilte Forderung in Frage stehe. D. Der Abs. 4 ist im Antrag 1 Abs. 2 Satz 1 sachlich beibehalten. Der Antragsteller erklärte, daß er mit der Umstellung des Abs. 4 eine sachliche Aenderung des Entw. nicht beabsichtigt habe. Die Bestimmungen des § 772 Satz 1 und Satz 2 Halbs. 1 sind durch die Beschlüsse zu § 765 (S. 746)10 erledigt. Im Uebrigen war beantragt, nachstehende Vorschrift aufzunehmen : Jacubezky (Nr 308, 10) Ist ein versuchter Verkauf erfolglos geblieben, so ist jeder Theilhaber berechtigt, die Wiederholung des Versuchs zu verlangen; er hat jedoch die Kosten zu tragen, wenn der wiederholte Versuch erfolglos bleibt. Die Komm, entschied sich für den Antrag, der nur in der Fassung vom Entw. abweicht. II. In der VorlZust. lauten die $$ 769, 772: E I-VorlZust Die Aufhebung der Gemeinschaft erfolgt, wenn der gemeinschaftliche Gegen§ 769 stand oder mehrere gemeinschaftliche Gegenstände sich ohne Verminderung des Werthes in mehrere den Antheilen der Theilhaber entsprechende gleichartige und gleichwerthige Theile zerlegen lassen, durch Theilung in Natur. Die Vertheilung gleicher Theile unter die Theilhaber erfolgt durch Verloosung. Ist eine Theilung in Natur nach Maßgabe des Abs. 1 nicht möglich, so erfolgt die Aufhebung der Gemeinschaft durch Verkauf des gemeinschaftlichen Gegenstandes nach den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung und durch Theilung des Erlöses. Ist die Veräußerung des Gegenstandes an Dritte unstatthaft, so ist er unter den Theilhabern zu versteigern. Der Verkauf einer ungetheilten Forderung ist nur zulässig, wenn sie noch nicht eingezogen werden kann. Ist die Einziehung möglich, so kann jeder Theilhaber die gemeinschaftliche Einziehung verlangen. Die Theilung des eingezogenen Gegenstandes erfolgt sodann nach Maßgabe der Vorschriften der Abs. 1, 2. io S. bei SS 742-746 BGB. 404
15. Titel: Gemeinschaft
§ § 7 5 5 - 756
Ist ein versuchter Verkauf erfolglos geblieben, so ist jeder Theilhaber berechtigt, E I-VorlZust die Wiederholung des Versuchs zu verlangen; er hat jedoch die Kosten zu tragen, S 772 wenn der wiederholte Versuch erfolglos bleibt. III., IV. In der ZustRedKom. §§ 769, 769b, E l l §§688, 690 ( E l l rev §§740, 742; E III §§ 739, 741) liegt die in §§ 752, 754 BGB Gesetz gewordene Fassung vor. § 769 a E I-ZustRedKom, § 689 E II lautet: E I-ZustRedKom Ist die Theilung in Natur ausgeschlossen, so erfolgt die Aufhebung der Gemein- § 769 a schaft durch Verkauf des gemeinschaftlichen Gegenstandes nach den Vorschriften E II S 689 über die Zwangsvollstreckung und durch Theilung des Erlöses. Ist die Veräußerung an Dritte unstatthaft, so ist der Gegenstand unter den Theilhabern zu versteigern. Hat der Versuch, den Gegenstand zu verkaufen, keinen Erfolg gehabt, so kann jeder Theilhaber die Wiederholung verlangen, er hat jedoch die Kosten zu tragen, wenn der wiederholte Versuch mißlingt. V. Im E II rev § 741, E III § 740 liegt die in § 753 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
E. Reichstag (XII. Kommission) 19. Sitzung vom 20. 3. 1896 (Bericht von Heller) Die §§ 728 bis 745 (Gemeinschaft) wurden unverändert angenommen. Ein Antrag wurde nur zum § 740 gestellt. Im Anschluß an Nr. II der Eingabe des Vorstandes des Notariathvereins für Elsaß-Lothringen vom 6. Februar 1896 beantragte der Abgeordnete von Cuny, im Absatz 1 die Worte „nach den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung" zu streichen. Struckmann sprach sich gegen den Antrag aus und wies darauf hin, daß der Entwurf des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung besondere sehr zweckmäßige Vorschriften über das Teilungsverfahren enthalte, durch die auch die Stellung der Notare genügend gewahrt werde. Der Antrag wurde abgelehnt. Ob nicht statt „Zwangsvollstreckung" zu setzen sei „Zwangsversteigerung", wird die Redaktionskommission erwägen.
§755 Haften die Theilhaber als Gesammtschuldner für eine Verbindlichkeit, die sie in Gemäßheit des § 748 nach dem Verhältnis ihrer Antheile zu erfüllen haben oder die sie zum Zwecke der Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit eingegangen sind, so kann jeder Theilhaber bei der Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, daß die Schuld aus dem gemeinschaftlichen Gegenstande berichtigt wird. Der Anspruch kann auch gegen die Sondernachfolger geltend gemacht werden. Soweit zur Berichtigung der Schuld der Verkauf des gemeinschaftlichen Gegenstandes erforderlich ist, hat der Verkauf nach § 753 zu erfolgen. § 756 Hat ein Theilhaber gegen einen anderen Theilhaber eine Forderung, die sich auf die Gemeinschaft gründet, so kann er bei der Aufhebung der Gemeinschaft die Be405
§ § 755 —756
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
richtigung seiner Forderung aus dem auf den Schuldner entfallenden Theile des gemeinschaftlichen Gegenstandes verlangen. Die Vorschriften des § 755 Abs. 2, 3 finden Anwendung. Vorbem. des Herausgebers: Eine dem § 755 entsprechende Vorschrift fehlt noch im E I, eine dem § 756 entsprechende Vorschrift noch im KE. A. 1. Kommission III. 677. Sitzung vom 10. 6. 1887, Schriftführer v. Liebe Beantragt war: 1 I Prot 1 11269
| 3. a, hinter § 762 K.E. folgenden Paragraphen als § 762 a einzuschalten : „Hat ein Theilhaber gegen einen anderen Theilhaber eine Geldforderung, welche sich auf die unter ihnen bestehende Gemeinschaft gründet, so kann er verlangen, daß, wenn der gemeinschaftliche Gegenstand in Geld besteht, jene Forderung bei Aufhebung der Gemeinschaft aus dem Antheile des Schuldners vorab berichtigt werde und daß, wenn der gemeinschaftliche Gegenstand nicht in Geld besteht, die Aufhebung der Gemeinschaft auch in den Fällen des § 762 Abs. 1 nicht durch Theilung des gemeinschaftlichen Gegenstandes in Natur, sondern dadurch erfolge, daß derselbe verkauft und der Erlös nach vorheriger Berichtigung der Forderung aus dem Antheile des Schuldners (an demselben) getheilt wird," eventuell den § 762 a zu fassen : I Prot 1 11270 | „Hat ein Theilhaber gegen den anderen Theilhaber eine Forderung, welche sich Planck auf die (unter ihnen bestehende) Gemeinschaft gründet, so kann er verlangen, daß (Nr 453,1) Jig Berichtigung dieser Forderung bei der Theilung in der Art erfolge, daß den anderen Theilhabern ein entsprechend kleinerer Theil des gemeinschaftlichen Gegenstandes und, wenn eine Theilung in Natur nicht stattfindet, des Erlöses derselben zugewiesen wird." oder statt des letzten Teiles : » . . . in der Art erfolge, daß eine Theilung des gemeinschaftlichen Gegenstandes in Natur nicht stattfindet und dem anderen Theilhaber ein dem Betrage der Forderung entsprechend kleinerer Theil des Erlöses zugewiesen wird." 2 I Prot 111273 | 5. die in dem Antrage 3 a als § 762 a vorgeschlagene Bestimmung zu fassen : Kurlbaum „Hat ein Theilhaber gegen einen anderen Theilhaber eine Forderung, welche (Nr 435) sich a u f ¿¡g u n t e r ihnen bestehende Gemeinschaft gründet, so kann er verlangen, daß die Forderung bei Aufhebung der Gemeinschaft aus dem Antheile des Schuldners an dem gemeinschaftlichen Gegenstande berichtigt werde."
I Prot 111281
677. Sitzung vom 10. 6. 1887, Schriftführer v. Liebe | 7. Zur Erörterung gelangten die Anträge 3 a und 5, welche eine Ergänzung der Vorschriften des Kommunionsrechtes bezwecken und sachlich im Wesentlichen dasselbe Ziel verfolgen. Die Kommission entschied sich für die kürzere und allgemeinere Vorschrift des Antrags 5. Erwogen war: Wenn ein Theilhaber in dem Theilungsverfahren einem anderen Theilhaber ge1 2
Die Beratungen auf dieser Sitzung betreffen den TE-Erbrecht. Der Antrag 3 b sowie der Antrag 4 betreffen § 408 des TE-Erbrecht, Auseinandersetzung der Miterben.
406
15. Titel: Gemeinschaft
§ § 7 5 5 - 756
genüber stehe, gegen welchen er einen in der Gemeinschaft sich gründenden Anspruch habe, so erhebe sich die Frage, ob ein solcher Anspruch lediglich gegen den Schuldner wie jeder andere persönliche Anspruch geltend zu machen sei, oder ob der Anspruch eine besondere Rechtsstellung bei der Theilung geben solle, nämlich das Recht auf Befriedigung aus dem gemeinschaftlichen Gegenstande bezw. aus dem Erlöse desselben. Für die Beilegung eines solchen Rechtes sprächen überwiegende Gründe. Nach Außen müßten freilich die Bruchtheile über das Recht der Theilhaber entscheiden, nach Innen aber spreche die Gerechtigkeit dafür, daß die gesammten obligatorischen Beziehungen, welche in der Gemeinschaft ihren Grund hätten, bei der Theilung | mit berücksichtigt würden, und daß ein jeder Theilhaber |Proti 11282 aus der Theilung nicht mehr erhalte, als ihm unter Mitberücksichtigung der obligatorischen Ansprüche aus der Gemeinschaft gebühre. Mit anderen Worten: nach Innen dürften die Quoten nicht schlechthin entscheidend sein; durch das Hinzutreten einer actio personalis müsse der in dem Antheilsrechte sich gründende Anspruch auf quotenweise Befriedigung aus dem gemeinschaftlichen Gegenstande, welcher, indem er die Herstellung des dem Antheilsrechte entsprechenden Zustandes bezwekke, in gewissem Sinne eine dingliche Natur habe, erweitert werden. Auf diesem Wege werde die Stellung des Theilhabers, welcher zugleich Gläubiger sei, gesichert. Ohne eine gesetzliche Bestimmung werde ein solcher Theilhaber nicht die Befriedigung aus dem gemeinschaftlichen Gegenstande verlangen oder auf irgend einem Wege durchsetzen können. Das ihm wohl nicht abzusprechende Zurückbehaltungsrecht in Ansehung der von ihm an den anderen Theil zu bewirkenden Leistungen führe nicht zur Befriedigung und die Kompensabilität seiner actio personalis mit seiner Verpflichtung, die ihm zustehende Hälfte des Eigenthums an der Hälfte der den Erlös bildenden Geldstücke seinem Genossen zu übertragen, könne nicht wohl angenommen werden, da der Leistungsgegenstand ein ungleichartiger sei. Ueberdies sei bei der Naturaltheilung eine solche Kompensabilität von selbst ausgeschlossen. Der Antrag 5 bestimme einfach ein Recht des Gläubigers auf Befriedigung aus dem gemeinschaftlichen Gegenstande 21 und zwar aus dem An-|theile des anderen |Proti 11283 Theilhabers, welcher aus der Gemeinschaft etwas schulde, und überlasse es der Praxis und Wissenschaft, die weiteren Konsequenzen dieses Satzes zu ziehen, während der Antrag 3 a verlange, daß die Forderung aus der Kommunion eine Geldforderung sein oder geworden sein müsse, und für den Fall der Naturaltheilung Besonderheiten vorschlage. Es erscheine nicht erforderlich, das Vorliegen einer Geldforderung zu verlangen. Was Rechtens sein werde in den seltenen Fällen, in welchen eine Forderung auf Naturalleistung vorliege und zur Zeit des Theilungsverfahrens sich noch nicht in eine Geldforderung verwandelt habe, werde sich ohne besondere Schwierigkeit unter Berücksichtigung der konkreten Lage des Falles ergeben. Werde für den Fall der Naturaltheilung nichts Besonderes bestimmt, so bleibe es nach dem Antrage 5 dem Gläubiger unbenommen, falls die Voraussetzungen des Anspruches auf Naturaltheilung vorlägen, seinen Theil in Natur zu verlangen. Ihn in diesem seinem2b Rechte zu beschränken, liege kein genügender Grund vor. Er brauche aber nicht sein Mitrecht an dem dem anderen Theile gebührenden Naturaltheile diesem ohne gleichzeitige Befriedigung zu übertragen. Wie des Weiteren aus dem Naturaltheile des Gegners die Befriedigung zu erfolgen habe, ob der Gläu2ä 2b
Im Original fehlt das Komma. Im Original steht „seinen".
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§§755-756
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
biger eine dem Werthverhältnisse seiner Forderung und des Naturaltheiles entsprechende Naturalquote verlangen könne, oder ob das Recht des Gegners auf Naturaltheilung aufgehoben sei und derselbe sich die Versilberung des an sich im gebühIProti 11284 renden Naturaltheiles und die weitere Theilung des Gelder-1träges gefallen lassen müsse, könne, weil nur von untergeordneter Bedeutung, dahingestellt bleiben. Die beschlossene Bestimmung lasse übrigens den § 44 Konk.O. 3 unberührt. Es sei auch davon abzusehen, die Vorschriften des § 44 Konk.O. über den Konkursfall auszudehnen und die Ansprüche aus der Gemeinschaft dadurch zu einer auf dem Gegenstande der Gemeinschaft ruhenden Last zu machen, zu vergi. Motive des Sachenrechts S. 1058 - 1 0 6 1 . Johow Beantragt war bei der 2. Beratung des KE ferner: (Nr 615,14) zu § 762 a statt „auf die unter ihnen bestehende Gemeinschaft" zu setzen „in der unter ihnen bestehenden Gemeinschaft". (So im §962, § 1157 Abs. 1; vgl. auch SS 247, 394 Abs. 2, S 404 Abs. 2, §§ 564, 600, 683, 830). Der Antrag wurde genehmigt (Prot. I I I 893).
EI § 770
IV. Im E I lautet die beschlossene Vorschrift als S 770 : Hat ein Theilhaber gegen einen anderen Theilhaber eine Forderung, welche in der unter ihnen bestehenden Gemeinschaft sich gründet, so kann er verlangen, daß die Forderung bei Aufhebung der Gemeinschaft aus dem Antheile des Schuldners an dem gemeinschaftlichen Gegenstande berichtigt werde.
C. 2. Kommission I. Zu § 770 waren folgende Anträge gestellt (Prot. II, Bd. 2, S. 760ff.; Mugdan, Bd. 2, S. 1213): Struckmann (Nr 259,16)
1. den Bestimmungen nachstehende Gestalt zu geben : Hat ein Theilhaber gegen einen anderen Theilhaber eine Forderung, welche sich auf die unter ihnen bestehende Gemeinschaft gründet, so kann er verlangen, daß die Forderung bei der Aufhebung der Gemeinschaft aus dem Antheile des Schuldners an dem gemeinschaftlichen Gegenstande berichtigt werde. Dieser Anspruch steht ihm auch gegenüber den Sondernachfolgern des Schuldners zu, soweit es sich nicht um Leistungen handelt, die länger als zwei Jahre vor dem Eintritte der Sondernachfolge rückständig sind.
Planck 2. für den Fall, daß der unter 1 vorgeschlagene zweite Satz angenommen wird, (Nr 292, 3) ihm hinzuzufügen: Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, finden jedoch entsprechende Anwendung. v. Cuny (Nr 305, 5)
3. die Bestimmungen zu fassen: Steht einem Theilhaber gegen einen anderen, gegenwärtigen oder frühreren Theilhaber ein aus der Gemeinschaft entspringender Anspruch zu, so ist bei der Aufhebung der Gemeinschaft der Betrag dieses Anspruchs zu Gunsten des ersteren und zu Lasten des letzteren auf die ihnen oder ihren Rechtsnachfolgern anzuweisenden Beträge anzurechnen. eventuell in dem Antrag 1 die mit „soweit" beginnenden Schlußworte zu streichen; 3 Jetzt K O S 51.
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15. Titel: Gemeinschaft
§ § 7 5 5 - 756
Jacubezky 4. dem § 770 hinzuzufügen: (Nr 308, 9) a) als Satz 2 : Wird der gemeinschaftliche Gegenstand in Natur getheilt, so ist der auf den Schuldner fallende Theil insoweit in Geld umzusetzen, als es zur Berichtigung der Schuld erforderlich ist. b) als Abs. 2: Das im Abs. 1 bestimmte Recht steht dem Theilhaber, sofern es sich nicht um Schadensersatz wegen eines Verschuldens -des anderen Theilhabers handelt, auch gegenüber einem Sondernachfolger des Schuldners oder einem Gläubiger desselben zu, welcher die Zwangsvollstreckung in den Antheil erwirkt hat. Uebt der Theilhaber sein Recht nicht aus, so wird der Schuldner insoweit von seiner Verbindlichkeit befreit, als der Theilhaber durch Ausübung seines Rechtes Befriedigung erlangt hätte. 5. dem § 770 hinzuzusetzen: Wolffson Dasselbe gilt hinsichtlich der Antheile der Theilhaber an einer sich in der Ge- (Nr 312, 2) meinschaft gründenden Gesammtschuld. hierzu der Unterantrag, statt der Worte „sich in der Gemeinschaft gründenden" zu setzen „aus Anlaß der Gemeinschaft entstandenen"; 6. dem § 770 hinzuzufügen: Jeder Theilhaber kann verlangen, daß bei der Aufhebung der Gemeinschaft aus den gemeinschaftlichen Gegenständen die auf die Gemeinschaft sich gründenden Forderungen Dritter berichtigt werden. Soweit sich die Anträge auf die Wirksamkeit des in dem § 770 gewährten Anspruchs gegenüber den Sondernachfolgern eines Theilhabers bezogen, wurde ihre Berathung auf die nächste Sitzung vertagt, ebenso die Berathung des Antrags 3. Im Uebrigen nahm die Komm, den § 770 des Entw., mit welchem der Antrag 1 Satz 1 übereinstimmte, mit dem unter 4 a vorgeschlagenen Zusatz an, lehnte dagegen die Anträge 5 und 6 ab. Die Ablehnung des Antrags 5 veranlaßte ein Mitglied zu folgenden Bemerkungen: Die Ablehnung sei nur mit einer Stimme Mehrheit beschlossen. Nachträglich habe sich der Zweifel ergeben, ob nicht gleichwohl dem Antrage, wenn auch nicht so, wie er gestellt sei, ein berechtigter Gedanke zu Grunde liege. Daran müsse man allerdings festhalten, daß bei der von der Komm, gewählten Konstruktion der Gemeinschaft, die in Ansehung jedes Vermögensstücks eine besondere sei, eine Gesammtschuld der Gemeinschafter als solcher sich nicht denken lasse. Richtig sei es auch, daß für diejenigen Fälle, in welchen der Antrag zutreffend erscheine, in gewissem Umfange von der Rechtsprechung dadurch Abhülfe geschafft werden könne, daß auf sie die Vorschrift des § 770 angewendet werde. Nicht unbedenklich bleibe es jedoch, daß man lediglich aus diesem Gesichtspunkte den Antrag habe fallen lassen. Es müsse immerhin anerkannt werden, daß es unter Umständen mit Rücksicht auf den Zusammenhang zwischen der Gesammtschuld und der Gemeinschaft geboten sei, jeden Theilhaber zu dem Verlangen zu berechtigen, daß die Gesammtschuld vorerst aus dem gemeinschaftlichen Gegenstande getilgt werde. Zu diesem Behufe wurde beantragt, die Berathung über den abgelehnten Antrag wieder aufzunehmen, statt des vorgeschlagenen Zusatzes aber in dem § 770 folgende Bestimmung als Abs. 1 den S. 760, 761 beschlossenen Sätzen voranzustellen: 409
§ § 7 5 5 - 756
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
a) in erster Linie : Sind die Theilhaber Gesammtschuldner in Ansehung einer Verbindlichkeit, die mit der unter ihnen bestehenden Gemeinschaft zusammenhängt, so kann jeder von ihnen die Berichtigung der Schuld aus dem gemeinschaftlichen Gegenstande und den Verkauf der letzteren, soweit er hierzu erforderlich ist, verlangen. b) eventuell: Sind die Theilhaber Gesammtschuldner in Ansehung einer Verbindlichkeit, welche zu einem der im § 766 bezeichneten Zwecke eingegangen ist, so etc. (wie unter a). Die Komm, trat von neuem in die Berathung des S. 760 unter IV mitgetheilten Antrags 5 ein. Das Ergebniß war, daß man es bei der Ablehnung dieses Antrags bewenden ließ, den Antrag b jedoch annahm. Es folgte die Berathung der Frage, ob dem Anspruch eines Theilhabers gegen einen anderen aus § 770 Wirksamkeit gegen die Sondernachfolger des Schuldners beigelegt werden soll. Auf diese Frage bezogen sich die S. 760 mitgetheilten Anträge 1 (Satz 2), 2, 3 und 4b. Der eventuelle Antrag 3 erledigte sich dadurch, daß der Antragsteller zu 1 die Worte, deren Streichung dieser Antrag bezweckte, („soweit... sind") fallen ließ, mithin nur noch die Aufnahme des Satzes vorschlug: Dieser Anspruch steht ihm auch gegenüber den Sondernachfolgern des Schuldners zu. der Antrag 2 wurde mit Rücksicht auf die S. 755 beschlossene Ablehnung eines ähnlichen Vorschlags zu S. 767 zurückgezogen. Der Antragsteller zu 4 b änderte seinen Vorschlag dahin ab, daß er aus dem ersten Satze der nach ihm aufzunehmenden Bestimmungen die Worte „sofern es sich nicht um Schadensersatz wegen eines Verschuldens des anderen Theilhabers handelt" entfernte. Der Vorschlag stimmt demnach jetzt mit dem Antrag 1 Satz 2 sachlich überein; er erwähnt nur neben dem Sondernachfolger des Schuldners den Gläubiger, der die Zwangsvollstreckung in den Antheil des Schuldners erwirkt hat. Der Antragsteller zu 3 erklärte, daß sein Vorschlag, soweit er sich auf die zu entscheidende Frage beziehe, gegenüber den abgeänderten Anträgen 1 Satz 2 und 4 b Satz 1 nur redaktionelle Bedeutung habe. Die Komm, nahm diese Anträge an; der zweite Satz des Antrags 4b wurde abgelehnt.
II. In der VorlZust lauten die beschlossenen Vorschriften als § 770: E I-VorlZust Sind die Theilhaber Gesammtschuldner in Ansehung einer Verbindlichkeit, wel§ 770 che von ihnen nach § 766 nach Verhältniß ihrer Antheile zu tragen oder zu einem der im § 766 bezeichneten Zwecke eingegangen ist, so kann jeder von ihnen verlangen, daß bei der Aufhebung der Gemeinschaft die Schuld aus dem gemeinschaftlichen Gegenstande berichtigt und dieser, soweit es zur Berichtigung erforderlich ist, in der durch § 769 Abs. 2 bestimmten Art verkauft werde. H a t ein Theilhaber gegen einen anderen Theilhaber eine Forderung, welche sich auf die unter ihnen bestehende Gemeinschaft gründet, so kann er verlangen, daß die Forderung bei der Aufhebung der Gemeinschaft aus dem Antheile des Schuldners an dem gemeinschaftlichen Gegenstande berichtigt und daß dieser, soweit es zur Berichtigung erforderlich ist, in der durch § 967 bestimmten Art verkauft werde. Das in den Abs. 1, 2 bestimmte Recht steht einem Theilhaber auch gegen den 410
15. Titel: Gemeinschaft
§757
Sondernachfolger eines anderen Theilhabers (oder einen Gläubiger desselben) zu, (welcher die Zwangsvollstreckung in den Antheil desselben erwirkt hat). III, IV. In der ZustRedKom lauten §§ 769 c, 770, im E II SS 691, 692: Haften die Theilhaber als Gesammtschuldner für eine Verbindlichkeit, die ihnen in Gemäßheit des § 766 nach dem Verhältniß ihrer Antheile obliegt oder von ihnen zum Zwecke der Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit eingegangen ist (E II : die sie in Gemäßheit... zu erfüllen haben oder die sie . . . eingegangen sind), so kann jeder Theilhaber bei der Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, daß die Schuld aus dem gemeinschaftlichen Gegenstande berichtigt wird. Der Anspruch kann auch gegen die Sondernachfolger geltend gemacht werden. Soweit zur Berichtigung der Schuld der Verkauf des Gegenstandes erforderlich ist, hat der Verkauf nach § 769 a (E II: § 689) zu erfolgen. Hat ein Theilhaber gegen einen anderen Theilhaber eine Forderung, die sich auf die Gemeinschaft gründet, so kann er bei der Aufhebung der Gemeinschaft die Berichtigung seiner Forderung aus dem auf den Schuldner fallenden Theile des gemeinschaftlichen Gegenstandes verlangen. Die Vorschriften des § 769c (E II: § 691) Satz 2, 3 finden entsprechende Anwendung.
E I-ZustRedKom S S 769 c E II §691
E I-ZustRedKom §§770 E II § 692
V. Im E II rev §§ 743, 744, E III ; ¡ 742, 743 liegt die in §§ 755, 756 BGB Gesetz gewordene Fassung vor. S 757 Wird bei der Aufhebung der Gemeinschaft ein gemeinschaftlicher Gegenstand einem der Theilhaber zugetheilt, so hat wegen eines Mangels im Rechte oder wegen eines Mangels der Sache jeder der übrigen Theilhaber zu seinem Antheil in gleicher Weise wie ein Verkäufer Gewähr zu leisten. A. 1. Kommission I. 274. Sitzung vom 19. 12. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend v. Kübel Zu Artikel 858 des Entwurfs: 1 „Die Theilhaber haften sich gegenseitig für den Schaden, welcher einem von ih- DresdE Art 858 nen daraus entsteht, daß ein ihm zugetheilter Gegenstand aus einem schon vor der Theilung vorhandenen Grunde entwährt worden | oder eine ihm zugetheilte Forde- | Prot 13070 rung darum uneinbringlich ist, weil sie rechtlich nicht begründet oder der Schuldner bereits zur Zeit der Ueberweisung zahlungsunfähig war. Der Schaden trifft nach Verhältniß der Größe ihres Gemeinschaftsantheiles, alle Theilhaber mit Einschluß Desjenigen, welchem der entwährte Gegenstand oder die uneinbringliche Forderung zugetheilt worden ist. Ist ein Theilhaber zahlungsunfähig, so ist der hieraus entstehende Verlust in demselben Verhältnisse von den Uebrigen zu tragen." lagen die Anträge vor: 1. statt dessen zu bestimmen : Planck „Ist bei der Aufhebung der Gemeinschaft ein gemeinschaftlich gewesener Ge- (Nr 553, 1) Art. 857 s. bei §§ 752 - 754 BGB. 411
§757
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
genstand oder ein Theil desselben einem oder mehreren der Theilhaber allein zugetheilt, so hat jeder der übrigen Theilhaber für seinen früheren Antheil an dem zugetheilten Gegenstande oder dem Theile desselben nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 69 bis 79, 215 und 81 bis 101* der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, (Protokolle S. 6 7 2 - 7 2 5 , 1292-1294, 7 3 4 - 7 8 6 , 1887-1891) 2 Gewähr zu leisten. Eine Gewährleistung wegen Mängel der Sache findet jedoch nicht statt, wenn die Theilung des gemeinschaftlichen Gegenstandes unter den Theilhabern in Natur erfolgt ist und der Mangel sich auf den ganzen gemeinschaftlichen Gegenstand erstreckte." Kurlbaum 2. zu bestimmen: (Nr 552) „Ist bei der Aufhebung der Gemeinschaft ein gemeinschaftlich gewesener Gegenstand einem oder mehreren der Theilhaber allein zugetheilt, so hat jeder der übrigen Theilhaber für seinen früheren Antheil an dem zugetheilten Gegenstande I Prot 13071 nach Maßgabe der | Vorschriften der §§ 69 bis 79, 215 (der oben gedachten Zusammenstellung) Gewähr zu leisten." 3. dem Artikel hinzuzufügen: v. Weber „Wegen verborgener Mängel einer zugetheilten Sache ist von den übrigen Theil(Nr 550) habern Gewähr nicht zu leisten. Der Anspruch auf Schadenersatz wegen vorsätzlicher Täuschung bleibt unberührt." Kurlbaum
4. der Antrag N 2 2 wurde zurückgezogen und an Stelle desselben beantragt, der unter N2 1 beantragten Vorschrift die Bestimmung anzuschließen : „Verlangt ein Theilhaber nach Maßgabe der Vorschriften des Artikels 855 Naturaltheilung, so ist jeder der übrigen Theilhaber berechtigt, Ausschließung der Gewährleistung für das Recht in der Art zu verlangen, daß im Falle der Entwehrung nur der Werth des Gegenstandes zur Zeit der Aufhebung der Gemeinschaft, soweit derselbe zur Zeit der Entwehrung noch vorhanden war, nach Verhältniß der Antheile verlangt werden kann." Die Mehrheit beschloß : 1. in Ansehung der Anwendbarkeit der Vorschriften über Gewährleistung des veräußerten Rechts Annahme der im ersten Absätze des Antrags Ν- 1 vorgeschlagenen Bestimmung und sodann Ablehnung der unter N - 4 beantragten zusätzlichen Vorschrift.
2. in Ansehung der Anwendbarkeit der Vorschriften über Gewährleistung wegen Mängel Annahme der im ersten Absätze des Antrags Ν 2 1 vorgeschlagenen Bestimmung und sodann Ablehnung des zweiten Absatzes dieses Antrags, aus folgenden Gründen : Eine Bestimmung, ob und inwiefern bei Theilung eines gemeinschaftlichen Gegenstandes die Verpflichtung zur Gewährleistung bestehe, erscheine unerläßlich. Fehle es an einer solchen Bestimmung, so würde der Zweifel entstehen, ob die bei I Prot I 3072 Veräußerungsverträgen über die Gewährleistung des veräußer-1 ten Rechts und die wegen Mängel geltenden Vorschriften anwendbar seien. Es sei die Auffassung möglich, der Theilhaber, welcher seinen Bruchtheil zu Gunsten eines anderen Theilhabers aufgebe, schließe keinen Veräußerungsvertrag im Sinne der §§ 69 u. ff. der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 672 —725), der andere Theilhaber gelange vielmehr nur zu einer Verstärkung 2 S. bei §§ 433 bis 443 und 459 bis 468 BGB.
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15. Titel: Gemeinschaft
§757
seines Rechts durch Befreiung von dem zu duldenden Mitrechte des zu seinen Gunsten verzichtenden Theilhabers. Diese Auffassung würde zur Unanwendbarkeit der gedachten Vorschriften führen. Das praktische Bedürfniß und die auf das geltende Recht zu nehmende Rücksicht nöthigten, einer solchen immerhin möglichen Folgerung entgegenzutreten und die betreffenden Vorschriften im Allgemeinen für anwendbar zu erklären. Es erscheine auch nicht nöthig, die Anwendbarkeit nur unter gewissen Maßgaben zu bestimmen. Zu unterscheiden sei zwischen Gewährleistung des veräußerten Rechts und der Gewährleistung wegen Mängel. 1. Die Gewährleistung des veräußerten Rechts. Auszugehen sei von dem Falle der vertragsmäßigen Theilung. Werde der ganze Gegenstand durch die vertragsmäßige Theilung einem der Theilhaber überlassen, so bestehe ohne Zweifel kein Grund, die allgemeinen Vorschriften über die Gewährleistungspflicht bei Veräußerungsverträgen von der Anwendung auszuschließen. Aehnlich sei der Fall der vertragsmäßigen Theilung in Natur zu beurtheilen. Ein Bedenken erhebe sich gegen die unbeschränkte Anwendbarkeit der erwähnten Vorschriften nur in dem Falle, wenn die Theilung in Natur auf Zwang beruhe. Dasselbe gründe sich in der Vorschrift, nach welcher im Falle der Eviktion auf Grund eines unterstellten Garantieversprechens das volle Interesse zu leisten sei (§ 76 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 698 — 706). Der Unbilligkeit, welche in dem bezeichneten Falle aus der Anwendbarkeit dieser Vorschrift sich zu ergeben scheine, suche der Antrag N 2 4 abzuhelfen. Es könne dahingeI stellt bleiben, ob es zur Erreichung des dem Antrage zum Grunde liegenden | Prot 13073 Zwecks nicht richtiger sein würde, die Gewährleistungspflicht dergestalt in der vorgeschlagenen Weise zu beschränken, daß die Beschränkung von einem besonderen vorher kundgegebenen Verlangen nicht abhänge. Der Antrag verdiene überhaupt keine Billigung. Gegen den Antrag sei vorzugsweise geltend zu machen, daß die hervorgehobene Unbilligkeit gegen die Sachgemäßheit des in Frage stehenden Grundsatzes sich anführen lasse, und, wenn sie Berücksichtigung verdiene, nöthigen würde, den Grundsatz entweder für alle Veräußerungsfälle aufzugeben oder zu modifiziren. Dazu komme, daß die Einfachheit des Gesetzes durch Annahme des Antrags erheblich beeinträchtigt werden würde, obschon die Fälle, für welche er berechnet sei, nur selten sich zutragen könnten. 2. Die Gewährleistung wegen Mängel. Es könne nicht anerkannt werden, daß diese Gewährleistung anders zu beurtheilen sei, als die des veräußerten Rechts. Eine verschiedene Beurtheilung würde nur dann gerechtfertigt sein, wenn die Gewährleistung wegen Mängel davon abhänge, daß der Veräußerer den zu vertretenden Mangel nicht angezeigt, obschon er ihn gekannt habe oder habe kennen müssen. Allein dies treffe nicht zu. In allen bei der vorliegenden Frage in Betracht kommenden Beziehungen bestehe zwischen den beiden Gewährleistungen kein Unterschied. Es sei daher auch die unbeschränkte Anwendbarkeit der allgemeinen Vorschriften über die Gewährleistung wegen Mängel zu bestimmen. Die in dem zweiten Absätze des Antrags Ν 2 1 vorgeschlagene Ausnahme müsse auf sich beruhen. Sie könne nur in überaus seltenen Fällen — nämlich dann, wenn es sich um das Recht der Minderung handele und der eine Theilhaber den Mangel gekannt und irrig geglaubt habe, auch der andere Theilhaber habe von demselben Kenntniß, — sich wirksam erweisen. Für alle anderen Fälle lasse sich ihre Selbstverständlichkeit nicht I verkennen, diese aber auch für jene seltenen Fälle behaupten. | Prot 13074 Die in dem Entwürfe sich findenden speziellen Bestimmungen galten durch die 413
§757
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
gefaßten Beschlüsse f ü r erledigt bezw. abgelehnt. Z u r Redaktion w u r d e bemerkt, daß aus der Fassung der Vorschriften ihre Geltung sowohl f ü r die vertragsmäßige als f ü r die Zwangstheilung werde erhellen müssen. DresdE Art 859 D e r Artikel 859 des Entwurfs bestimmt: „Ist bei der T h e i l u n g einer Gemeinschaft ein zu derselben gehöriger Gegenstand ungetheilt geblieben, so kann nur dessen nachträgliche Theilung noch verlangt w e r den. Ist aber bei der Theilung einer d e r Theilhaber unberücksichtigt geblieben, so kann dieser eine neue Theilung verlangen." D e r Artikel w u r d e als selbstverständlich gestrichen. DresdE Art 860
In Artikel 860 bestimmt der Entwurf: „Ersatzansprüche, welche einem Theilhaber gegen die Uebrigen wegen von ihm auf die Gemeinschaft gemachter Verwendungen oder wegen erlittener Beschädigungen zustehen, k ö n n e n , sofern sie bei der Theilung nicht zur Ausgleichung gek o m m e n sind, auch nach derselben geltend gemacht werden." Aus gleichem G r u n d e wie der Artikel 859 w u r d e auch dieser Artikel gestrichen.
DresdE Art 861
D e r Artikel 861 des Entwurfs lautet: „Im Falle einer Grenzverwirrung kann jeder Betheiligte Ermittelung u n d Feststellung der G r e n z e n verlangen. K ö n n e n die alten G r e n z e n nicht ausgemittelt werden, so hat der Richter, w e n n kein Betheiligter die von ihm behauptete G r e n z e zu beweisen vermag, das im Zweifel liegende Stück als einen gemeinschaftlichen Gegenstand zu behandeln und nach gleichen Theilen unter die Betheiligten zu vertheilen." I Prot I 3075 D e r Artikel 861 w u r d e als zum Sachenrecht gehörend und | durch die §§ 100 u. ff. des Sachenrechtsentwurfs gedeckt gestrichen. Es lag noch der A n t r a g vor: den § 69 Absatz 2 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 676 —679, 685) in Erledigung des Seite 671 der P r o tokolle gemachten Vorbehalts zu fassen: „Betrifft die V e r ä u ß e r u n g ein anderes Recht außer Forderungen, sei dasselbe zu bestellen oder zu übertragen, so hat der V e r ä u ß e r e r dieses Recht zu verschaffen." Derselbe w u r d e als völlig unbedenklich genehmigt.
II. In der R e d V o r l und der Z u s t O R lautet die beschlossene Vorschrift: RedVorl/ Ist bei der A u f h e b u n g der Gemeinschaft ein gemeinschaftlicher Gegenstand o d e r ZustOR $ 552 ein Theil desselben einem oder mehreren Theilhabern zugetheilt, so hat jeder der übrigen Theilhaber f ü r seinen früheren Bruchtheil nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 69 bis 79, 81 bis 101 a, 215 Gewähr zu leisten. 3 Bei Beratung der Anträge, welche gestellt w a r e n in Betreff der Drucklegung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse w u r d e auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 IV) das W o r t : „Bruchtheil" ersetzt durch: „Antheil" 4 (Prot. I 3557, 3561).
3
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Dazu ist in der RedVorl angemerkt: Es wird nicht nötig sein: „früheren Bruchtheil" hinzuzufügen: „an dem zugetheilten Gegenstande oder dem Theile derselben". Der § 69 Absatz 2 wird dahin geändert: „Betrifft die Veräußerung ein anderes Recht, mit Ausnahme von Forderungen, so hat der Veräußerer dieses Recht zu verschaffen." (Protokoll vom 19. Dezember 1883 S. 3075). S. den Antrag und Beschluß vollständig bei §§ 742 - 746 BGB.
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III. Im KE entspricht mit der vorstehenden Änderung § 763 dem § 552 ZustOR; die zitierten Vorschriften sind im KE: §§ 296, 367 bis 394. Bei der 2. Beratung des KE war beantragt: I zu § 763. Als Abs. 2 folgende Bestimmung aufzunehmen: „Auf Grund der Verpflichtung zur Gewährleistung des veräußerten Rechtes ist jedoch ein | Theilhaber zum Schadensersatze nur auf Höhe des Werthes des zugetheilten Gegenstandes nach Verhältniß seines früheren Antheiles verpflichtet 5 und zwar nicht über den Werth hinaus, welchen der Gegenstand zur Zeit der Zutheilung gehabt hat, es sei denn, daß der Theilhaber das Recht des Dritten an dem zugetheilten Gegenstande gekannt und dem Erwerber verschwiegen hat."
| Prot 111893 Kurlbaum (Nr 601, 24) I ^rot *11
IV. Im E Hautet §771: EI §771 Ist bei der Aufhebung der Gemeinschaft ein gemeinschaftlicher Gegenstand oder ein Theil desselben einem oder mehreren Theilhabern zugetheilt, so hat jeder der übrigen Theilhaber für seinen früheren Antheil nach Maßgabe der §§ 298, 370 bis 397 Gewähr zu leisten.
C. 2. Kommission I. Zu § 771 lag nur der redaktionelle Antrag vor, die Vorschrift des Entw. wie Struckmann folgt zu fassen (Prot. II, Bd. 2, S. 766f.; Mugdan, Bd. 2, S. 1217): (Nr 259,17) Ist bei Aufhebung der Gemeinschaft ein gemeinschaftlicher Gegenstand einem der Theilhaber zugetheilt, so haben die übrigen Theilhaber zu ihrem Antheile nach Maßgabe der für den Kauf geltenden Vorschriften wegen eines Mangels im Rechte sowie wegen Mängel der Sache Gewähr zu leisten. Die Komm, stimmte sachlich dem § 771 zu; der RedKom. wurde die Entscheidung darüber vorbehalten, ob die Worte den Entw. „oder ein Theil desselben" beizubehalten oder wegzulassen seien. E I-VorlZust II. In der VorlZust lautet § 771 : Ist bei Aufhebung der Gemeinschaft ein gemeinschaftlicher Gegenstand oder ein §771 Theil desselben einem der Theilhaber zugetheilt, so haben die übrigen Theilhaber zu ihrem Antheile nach Maßgabe der für den Kauf geltenden Vorschriften wegen eines Mangels im Rechte sowie wegen Mängel der Sache Gewähr zu leisten.
III., IV. In der ZustRedKom lautet § 771, im E II § 693: Ist bei der Aufhebung der Gemeinschaft ein gemeinschaftlicher Gegenstand E I-ZustRedKom einem der Theilhaber zugetheilt (E II: worden), so hat wegen eines Mangels im §§771 Rechte oder wegen eines Mangels der Sache jeder der übrigen Theilhaber zu sei- E 1 1 S 6 9 3 nem Antheile (E II : Antheil) in gleicher Weise wie ein Verkäufer Gewähr zu leisten. V. Im E II rev § 745, E III § 744 liegt die in § 757 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
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Im Original fehlt vor „und zwar" das Komma. 415
§758
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
§758 Der Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft unterliegt nicht der Verjährung. A. 1. Kommission I. 273. Sitzung vom 17. 12. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend von Kübel I Prot I 3051 | Die Berathung des Abschnitts des Obligationenrechts, betreffend die GemeinV. Weber schaft, wurde fortgesetzt. (Nr 550) Es lag der Antrag vor, dem Artikel 8541 hinzuzufügen: „Der Anspruch auf Theilung ist unverjährbar." Der Antrag wurde genehmigt. Man hielt es mindestens für zweifelhaft, ob die vorgeschlagene Bestimmung selbstverständlich, ob sie insbesondere aus dem § 134 der Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 334 — 336) 2 oder aus dem Beschlüsse über die Hinfälligkeit des die Theilungsklage gänzlich ausschließenden Vertrags sich herleiten lasse, erachtete sie in sachlicher Hinsicht für unbedenklich, auch ihre Aufnahme im vorliegenden Abschnitte als Zusatz zu den Vorschriften des Artikels 854 im Gegensatze zu der Ansicht Protokolle S. 319, 320 für angemessen. In der letzteren Hinsicht wurde für entscheidend angesehen, daß die Vorschrift nicht auf das Miteigenthum zu beschränken, sondern auf alle Arten der Rechtsgemeinschaft auszudehnen sei. Dem Bedenken, ob die Vorschrift zu dem früher beschlossenen Grundsatze passe, nach welchem die Eigenthumsklage zwar der Verjährung unterliege, durch die VerjähI Prot I 3052 rung derselben jedoch das Eigenthum nicht | aufgehoben werde (Protokolle S. 340), woraus gefolgert werden könne, daß die Unverjährbarkeit der Theilungsklage der Verjährung der Eigenthumsklage den Erfolg entziehe, wurde keine weitere Folge gegeben. Von verschiedenen Seiten ward gegen die Haltbarkeit jener Folgerung erinnert; 2 " sei die Eigenthumsklage verjährt, so müsse auch die Theilungsklage scheitern, weil deren nothwendige Grundlage der Eigenthumsanspruch sei. Zur Erörterung gelangte die Nothwendigkeit einer Vorschrift, welche zur Entscheidung bringe, inwiefern eine Uebereinkunft, die zwischen den Theilhabern über die Dauer der Gemeinschaft, über die Art der Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes oder über ähnliche Verhältnisse geschlossen werde, die Sondernachfolger binde. Eine desfallsige Bestimmung wurde für entbehrlich erachtet. Man war der Ansicht: eine Uebereinkunft der bezeichneten Art rufe nur obligatorische Rechtsbeziehungen hervor; sofern das Gesetz nicht das Gegentheil bestimme, seien die Vertragschließenden auch nicht im Stande, durch ihren bloßen Willen die Wirkung des Vertrags auch gegen Dritte herbeizuführen. Der Erreichung dieses Zwecks stehe der Grundsatz entgegen, daß die Privatautonomie im Gesetze nicht besonders anerkannte dingliche oder gegen Dritte wirksame Rechte nicht zu schaffen vermöge (zu vergi. Protokolle S. 1278)3. Auf gleicher Betrachtung beruhe schon der am Schluß der vorigen Sitzung gefaßte Beschluß. ι S. diesen Art. bei §S 749 —751 BGB. 2 S. bei S 198 BGB. 21 Im Original fehlt das Semikolon. 5 S. bei § 399 BGB. 416
15. Titel: Gemeinschaft
§758
II.-IV. In der RedVorl und der ZustOR § 550, im KE § 761 und im E I § 768 lautet die beschlossene Vorschrift: Der Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft unterliegt nicht der Verjäh- RedVorl/ rung ZustOR § 550 KE § 761 E I § 768
C. 2. Kommission I. Zu S 768 lagen vor (Prot. II, Bd. 2, S. 756; Mugdan, Bd. 2, S. 1210): 1. die mit dem Entw. übereinstimmenden zu § 767 mitgetheilten Anträge 1 Abs. 4 (Struckmann Nr. 259, 14) und 2 § 767 Satz 2 (Planck Nr 292, 2); 2. der Antrag, die Bestimmung des Entw. zu streichen. Jacubezky Die Streichung wurde mit neun gegen neun Stimmen durch Stichentscheid des (Nr 308, 8) Vorsitzenden beschlossen. Zu § 8534 wurde beantragt (Prot. II, Bd. 3, S. 127; Mugdan, Bd. 3, S. 585f.): 1. die Vorschrift zu streichen. 2. für den Fall ihrer Beibehaltung die Berathung des § 768 Abs. 2 wiederaufzunehmen und diese Vorschrift ihrem sachlichen Inhalte nach gleichfalls beizubehalten. 3. die Vorschrift zu fassen: Die Ansprüche auf Abmarkung und auf Feststellung der Grenze unterliegen keiner Verjährung. Der Antrag 3 wurde angenommen und der sachlich gebilligte Antrag 2 der Redaktionskommission überwiesen 5 . II. In der VorlZust ist zu § 865 angemerkt: Der § 768 soll nicht wie früher beschlossen, gestrichen, sondern hinter § 767 b in folgender Fassung aufgenommen werden : Der Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft unterliegt nicht der Verjährung. III. In der ZustRedKom ist zu § 768 die Streichung bemerkt, eine Anmerkung zu § 853 — wie in der VorlZust — fehlt. IV. Im E II ist die Vorschrift in § 694 (E II rev § 746, E III § 745) in der in § 758 BGB Gesetz gewordenen Fassung enthalten. Sie steht dort am Schluß des Titels über die Gemeinschaft.
• S. bei § 924 BGB. 5 Bei Mugdan, Bd. 3, S. 586 heißt es: Die Mehrheit nahm den Antrag 2 an und überwies den Antrag 3, der sachlich gebilligt wurde, der RedKom.
417
§759
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
SECHZEHNTER TITEL Leibrente § 759
Wer zur Gewährung einer Leibrente verpflichtet ist, hat die Rente im Zweifel für die Lebensdauer des Gläubigers zu entrichten. Der für die Rente bestimmte Betrag ist im Zweifel der Jahresbetrag der Rente. A. 1. Kommission I. 247. Sitzung vom 15. 10. 1883, Schriftführer Neubauer I Prot I 2655
| Die Berathung ging zu den den Leibrenten-, Versorgungs- und Leibgedingsvertrag behandelnden Artikeln 871 — 893 des Dresdener Entwurfs über. In Veranlassung einer einleitenden Debatte wurde in Beziehung auf die Vollständigkeit des das Obligationenrecht umfassenden Theils des Gesetzbuchs Folgendes beschlossen:
1. Der Dresdener Entwurf übergeht nicht allein die Erbverträge, sondern enthält auch keine Bestimmungen über diejenigen Verträge, durch welche inter vivos ein ganzes Vermögen oder ein Bruchtheil desselben von einem Vertragschließenden auf den andern übertragen wird. Der von dem Redaktor des Erbrechts vorgelegte Theilentwurf hat die Erbverträge vollständig behandelt, nicht auch die Verträge der zweiten Art. Diese letzteren Verträge werden, wie die Erfahrung lehrt, meist in der Art abgeschlossen, daß der Uebertragende als Gegenleistung eine Leibrente, Versorgung, ein Leibgedinge sich ausbedingt. Der zur Berathung stehende Abschnitt giebt also zu der auch früher schon angeregten Prüfung Anlaß, ob das Gesetzbuch über die Verträge der bezeichneten Art besondere Bestimmungen aufzunehmen habe. Nun sind desfallsige Vorschriften gelegentlich bereits früher beschlossen worI Prot 12656 den; sie finden sich in den §§ 37 a , 226 a und 231 a der | Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (zu vgl. § 355 a.a.O. und Protokolle S. 1 7 8 9 - 1 7 9 2 , 1 8 1 8 - 1 8 2 2 , 1988-1990) 1 . Bei näherer Erörterung überzeugte man sich von der Zulänglichkeit dieser Bestimmungen namentlich auch in Ansehung der im Material S. 35 berührten Frage, welcher Theil wegen Berichtigung der Schulden zur Liquidation berechtigt und verpflichtet sei (zu vgl. Entwurf des Sachenrechts § 343) 2 , indem man in dieser Beziehung der Ansicht war, daß die Entscheidung von den Umständen des einzelnen Falls abhänge, wobei der zitirte § 226 a von Belang werden könne. Es wurde daher beschlossen, von der angeregten Vervollständigung abzusehen. 2. Wird durch Vertrag unter Lebenden das ganze Vermögen des einen Vertragschließenden oder auch nur ein wesentlicher Bestandtheil dieses Vermögens, namentlich ein Landgut, gegen Ausbedingung einer Leibrente u. dgl. übertragen, so kann fraglich erscheinen, inwiefern den Pflichttheilserben des Uebertragenden das Recht beizulegen sei, gegen den andern Vertragschließenden Pflichttheilsansprüche • § 3 7 a s. bei § 310 B G B ; § 226a im Anhang zu den §§ 412, 413 B G B ; § 231 a bei S 419 B G B ; § 355 betrifft den Erbschaftskauf. 2 betrifft den Nießbrauch an einem Vermögen.
418
16. Titel: Leibrente
§759
zu erheben, sei es sofort unter Adoptirung des Standpunkts der sogenannten antizipirten Erbfolge, sei es erst nach dem Tode des Uebertragenden. Es bestand Einverständniß, daß die Erledigung dieser Frage erst bei Berathung des Erbrechts im Zusammenhange mit den auf die Rechte der Pflichttheilserben sich beziehenden Vorschriften erfolgen könne und den etwa zu beschließenden Bestimmungen auch ihre Stelle im Erbrechte anzuweisen sei. Bei der Debatte wurde darauf hingewiesen, daß der für Bayern im Jahre 1856 verfaßte (ungedruckte) Entwurf eines Erbrechts in Beziehung auf die Uebertragung eines unbeweglichen Guts in den Artikeln 969 u. ff. unter dem Titel: „Gutsübergabevertrag" den Gegenstand ausführlich behandele I und daß in Ansehung des letzteren für Baden (neben den im Material erwähnten | Prot I 2657 Vorschriften über den Verpfründungsvertrag — L.R.S. 1983a u. ff. — ) das im Material übergangene Edikt vom 25. September 1807, betr. Vermögensübergaben und Verpfründungen, so wie die von Vermögensübergaben handelnden Sätze llOO — 1100 β des L.R. von besonderer Wichtigkeit seien. Bei der einleitenden Debatte kam noch ein Anderes zur Sprache. Der Dresdener Entwurf behandelt die in dem vorliegenden Abschnitte erledigten drei Verträge getrennt, ohne gemeinsame für alle drei Verträge geltende Bestimmungen vorauszuschicken. Man hielt es nicht für angänglich, in anderer Weise zu verfahren, zugleich aber überzeugte man sich aus den in dem Material S. 6 — 8 erwähnten Gründen von der Unzulässigkeit, den in dem Entwürfe an erster Stelle behandelten Leibrentenvertrag wegen seiner Verwandtschaft mit dem Versicherungsverträge von der Erledigung auszuschließen und seine Behandlung dem Versicherungsrechte zu überweisen. Zu Artikel 871 des Entwurfs: „Durch den Leibrentenvertrag wird der Rentenschuldner dem Rentengläubiger DresdE Art 871 zu bestimmten, auf die Lebenszeit einer gewissen Person versprochenen wiederkehrenden Leistungen (Leibrente) und der Rentengläubiger dem Rentenschuldner verpflichtet, eine bestimmte Summe Geldes oder einen nach seinem Geldwerthe bestimmten Gegenstand (Rentenkapital) zu entrichten. Die Leibrente kann in Geld oder in anderen vertretbaren Sachen bestehen." war beantragt: Johow (Nr 483) 2. die Vorschrift dahin zu fassen: Planck „Durch den Leibrentenvertrag wird der eine Vertragschließende (Rentenschuld- (Nr 480, 1) ner) verpflichtet, dem anderen | Vertragschließenden (Rentengläubiger), so lange I Prot 12658
1. den Artikel zu streichen.
derselbe lebt, bestimmte periodisch wiederkehrende Leistungen (Leibrente) zu machen, der Rentengläubiger aber verpflichtet, dem Rentenschuldner die vereinbarte Gegenleistung (Rentenkapital) zu entrichten. Die Verpflichtung zur Bezahlung der Leibrente tritt im Zweifel nicht eher ein, als bis das Rentenkapital bezahlt ist." Die Mehrheit entschied für die Streichung des Artikels. Erwogen war: Der Artikel 871 enthalte eine Art von Definition des Leibrentenvertrags. Dieser werde zunächst — in Abweichung von dem, die Vorschriften über den Versorgungsvertrag enthaltenden Artikel 878 und dem die Vorschriften über den Leibgedingsvertrag einleitenden Artikel 879 — als ein wesentlich zweiseitiger Vertrag aufgefaßt. Wenn der Zweck dieser Charakterisirung sei, das Anwendungsgebiet der folgenden Artikel 872 —876 zu begrenzen, so stehe mit diesem Zwecke der Artikel 419
§759
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
877 nicht im Einklänge; durch den Artikel 877 werde die Anwendbarkeit der Artikel 871 — 875 auch für den einseitigen Leibrentenvertrag ausgesprochen; der Artikel 877 schließe nur den Artikel 876 von der Anwendbarkeit aus, von diesem Artikel 876 sei indessen der erste Absatz bei dem einseitigen Leibrentenvertrage gegenstandslos, während der zweite Absatz eine nicht entscheidend ins Gewicht fallende Spezialität enthalte, von der sogar dahinstehe, ob sie nicht —, wenn sie überhaupt angemessen sei, — auch für den einseitigen Vertrag passe. Gegen die Definition erhöben sich aber noch andere Bedenken. Dieselbe beschränke den Begriff des Leibrentenvertrags in doppelter Richtung. Die erste Beschränkung betreffe die dem Rentenschuldner gebührende Gegenleistung. Der Entwurf bestimme, die Gegenleistung müsse in Geld bestehen oder doch ihr Geldwerth bestimmt sein. Bleibe es bei I Prot 12659 dem Entwürfe, | so ergebe sich das wenig befriedigende Resultat, daß die Artikel 872 —875 auch für den einseitigen Leibrentenvertrag gälten, dagegen nicht gälten für den zweiseitigen Vertrag, bei welchem die Gegenleistung nicht in einer Geldsumme bestehe oder nicht in Geld veranschlagt sei. Allein die fragliche Beschränkung sei überhaupt unhaltbar. Es wolle nicht einleuchten, weshalb ein gegenseitiger Leibrentenvertrag als solcher nicht zu betrachten sei, wenn als Gegenleistung nicht eine Geldsumme, sondern ein anderer Gegenstand ohne Bestimmung dessen Geldwerths bedungen sei. Dieser Vertrag könne doch nicht ungültig sein und ebensowenig geleugnet werden, daß alle in den Artikeln 872 —876 des Entwurfs enthaltenen Vorschriften vollkommen auf ihn paßten. Wie richtig dies sei, lehrten die im Gebiete des preuß. A.L.R. gemachten Erfahrungen. Auch im preuß. A.L.R. finde sich die in Rede stehende Beschränkung; allein die Praxis habe sich genöthigt gesehen, die gegenseitigen Leibrentenverträge, in welchen eine nicht in Geld veranschlagte Gegenleistung bestimmt sei, nicht nur als wirksam anzuerkennen, sondern auch nach den Bestimmungen des A.L.R. über Leibrentenverträge zu beurtheilen. Wie überflüssig es ferner sei, durch eine Vorschrift der beregten Art eine Vergleichung der Rente mit den landesüblichen Zinsen zu ermöglichen, lehrten die preuß. A. Kabinetsorder vom 10. Juni 1835 (Ges. S. S. 100) und die Gründe, wodurch dieselbe veranlaßt sei. Die zweite, aus der Definition sich ergebende Beschränkung betreffe die Leibrente. Der Artikel 871 schreibe vor, die Leibrente müsse in Geld oder anderen vertretbaren Sachen bestehen. Diese Beschränkung treffe nach Art. 877 auch die einseitigen Leibrentenverträge. Verdiene sie, die nur allein noch in Frage kommen könne, in der That Berücksichtigung, so würde an Stelle des Artikels 871 die Bestimmung genügen: „Bei einem Leibrentenvertrage könne die Rente nur in Geld I Prot I 2660 oder anderen ver- | tretbaren Sachen bestehen." Indessen die Beschränkung habe nur insofern Berechtigung, als sie schon aus dem sprachlichen Begriffe von Leibrente sich ergebe. Man könne doch in Zweifel ziehen, ob es mit diesem Begriffe sich nicht vertrage, von Leibrente zu reden, wenn der Berechtigte sich bestimmte periodisch wiederkehrende Leistungen anderer Art (z. B. geldwerthe fungibele Handlungen, die Gewährung fungibeler Rechte zu seinem Unterhalte,) bedungen habe. Es sei gewiß richtiger, der näheren Begriffsbestimmung von Leibrente sich zu enthalten und dieselbe der Wissenschaft und Praxis zu überlassen. Werde auch von der zweiten Beschränkung abgesehen, so bleibe, in Berücksichtigung des Artikels 877, für den Artikel 871 nur die inhaltslose Bestimmung übrig, ein Leibrentenvertrag sei ein solcher, in welchem eine Leibrente zugesichert sei. Betreffend den oben unter N2 2 mitgetheilten Antrag, so war der zweite Absatz desselben zurückgezogen und, soweit er die auf die Lebenszeit eines Anderen als 420
16. Titel: Leibrente
§759
des Rentengläubigers gestellte Leibrente übergeht, seine Erledigung der Berathung des zweiten Absatzes des Artikels 873 vorbehalten worden. Der Artikel 872 des Entwurfs bestimmt: „Den Landesgesetzen bleibt vorbehalten, für den Leibrentenvertrag eine besondere Form zu bestimmen." Die von mehreren Seiten beantragte Streichung des Artikels wurde in Berücksichtigung des Vorbeschlusses vom 21. September 1876 und weil es an Gründen für einen landesgesetzlichen Vorbehalt fehle, genehmigt.
DresdE Art 872 Planck (Nr 480, 2) Johow
( N r 483) Zu Artikel 873 des Entwurfs : „Die Leibrente gilt im Zweifel als auf die Lebenszeit des Rentengläubigers versprochen und geht auf die Erben des Letzteren nicht über. Ist die Leibrente auf die Lebenszeit des Renten-1 Schuldners oder eines Dritten versprochen, so gilt sie für | Prot 12661 den Fall, wenn der Rentenschuldner oder der Dritte den Rentengläubiger überlebt, im Zweifel als auch für die Erben des Rentengläubigers bestellt." lagen die Anträge vor:
1. den Artikel zu streichen. Planck 480 2. denselben durch die Bestimmung zu ersetzen: ' ^ „Ist eine Leibrente Gegenstand eines Schuldverhältnisses, so ist im Zweifel anzu- Johow nehmen, daß sie auf das Leben des Rentengläubigers gestellt sei. (Nr 483) Ist die Leibrente auf das Leben des Rentenschuldners oder eines Dritten gestellt, so geht sie auf die Erben des Rentengläubigers über." Der letztere Antrag wurde dahin berichtigt, daß der Eingang lauten soll: „Ist durch Vertrag eine Leibrente zugesichert, so pp." Beschlossen wurde die Annahme des ersten Absatzes dieses Antrages an Stelle des ersten Absatzes des Entwurfs unter Vorbehalt der bei der Redaktion festzustellenden Fassung und ferner Ablehnung des zweiten Absatzes sowohl des Entwurfs als des Antrags, womit der am Schluß der Erwägungen zum Artikel 871 erwähnte Vorbehalt (S. 2660) für erledigt galt. Erwogen war: 1. Im Begriffe der Leibrente liege es, daß sie so lange — aber auch nur so lange — zu entrichten sei, als der Berechtigte lebe. Nichts stehe aber einer Vereinbarung entgegen, welche das frühere Erlöschen der Rente bestimme. Dahin gehöre der Fall, wenn die Rente auf das Leben des Rentenschuldners oder eines Dritten gestellt sei. Hieraus erhelle, wie bedenklich die Bestimmung des zweiten Absatzes des Artikels sei, wonach die Rente nach dem früheren Tode des Berechtigten für die spätere Zeit bis zum Tode des Rentenschuldners oder des Dritten auf die Erben des Rentengläubigers übergehen solle. Dies harmonire doch | wenig mit dem Begriffe der | Prot 12662 Leibrente, die dadurch ohne Zweifel eine Art von Denaturirung erleide. Die Parteien könnten den fraglichen Uebergang auf die Erben vereinbaren. Eine solche Vereinbarung verstehe sich indessen nicht von selbst; sie lasse sich nur annehmen, wenn der Vertragsinhalt sie als gewollt ergebe. Es genüge jedoch die Streichung der Bestimmung des Entwurfs, weil alsdann das Richtige von selbst folge. Zugleich finde damit der oben am Schluß der Erwägungen zum Artikel 871 gedachte Vorbehalt seine Erledigung. Der betreffende Antrag habe nach seiner Begründung auch nichts Anderes bezweckt, als das Vorstehende zum Ausdruck zu bringen. 2. Die Unterdrückung des Artikels 871 mache es nöthig, den vorliegenden Artikel mit der Bestimmung einzuleiten : „Ist durch Vertrag eine Leibrente zugesichert." Was unter Leibrente zu verstehen und daß namentlich periodisch wiederkehrende 421
§759
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Leistungen dazu erforderlich seien, brauche (wie schon hervorgehoben) nicht erläutert zu wenden. Auch das schweizer Obligationenrecht stehe auf diesem Standpunkte. 3. Es erhebe sich die Frage, ob es nicht zulässig sei, nur von Leibrenten zu reden, die Gegenstand eines Schuldverhältnisses seien, um auch die auf Gesetz (z. B. Invalidenpensionen) und auf richterlichem Urtheil (z. B. in Folge des Reichshaftpflichtgesetzes), desgleichen die auf letztwilliger Verfügung beruhenden Renten zu treffen. Indessen die Oekonomie des Gesetzbuchs nöthige, an dieser Stelle zunächst nur die auf Vertrag beruhenden Leibrenten in's Auge zu fassen und die etwa angemessene Ausdehnung der beschlossenen Vorschriften auf die nicht vertragsmäßigen Leibrenten erst bei Erledigung des Artikels 877 in Erwägung zu ziehen. I I . - I V . In der RedVorl und ZustOR § 475, im KE § 653 und im E I § 660 lautet die beschlossene Vorschrift: RedVorl/ Wird durch Vertrag eine Leibrente versprochen (Leibrentenvertrag), so ist die ZustOR § 475 Rente, sofern nicht ein Anderes vereinbart worden ist, auf die Lebensdauer des KE § 653 Leibrentengläubigers zu entrichten. 3 E I § 660 C. 2. Kommission I. Der § 660, zu dem ein Antrag nicht vorlag, wurde beibehalten (Prot. II, Bd. 2, S. 486). II. In der VorlZust ist § 660 in unveränderter Fassung enthalten. III., IV. In der ZustRedKom lautet § 660, im E II § 701 : Hat sich Jemand zur Gewährung einer Leibrente verpflichtet, so ist die Rente im Zweifel für die Lebensdauer des Gläubers zu entrichten. Der für die Rente bestimmte Betrag ist im Zweifel der Jahresbetrag der Rente. 4 Bei der Revision des E II lag zu § 701 der Antrag vor, Jacubezky die nach den Berichtigungen des Entw. 5 abgeänderte Fassung des Abs. 1 wieder(Nr 42, 5) herzustellen. (Die beiden Auslegungsregeln des § 701, die nur „im Zweifel" gelten sollen, passen ihrer Fassung nach nicht für gesetzliche Vorschriften. Bei der Streichung des § 703 kann es gleichwohl sein Bewenden haben, wenn in den Titel von den Vermächtnissen eine entsprechende Vorschrift aufgenommen wird.)
E I-ZustRedKom S 660 E II § 701
Der Antrag wurde der Red.Komm. überwiesen. V. Im E II rev § 747, E III § 746 liegt die in § 759 BGB Gesetz gewordene Fassung vor. 3
Zu § 475 RedVorl ist angemerkt: Beschlossen ist: „im Zweifel anzunehmen". Liegt aber nicht nach dem sprachlichen Begriff von Leibrente eine lex dispositiva vor, so daß sogar bezweifelt werden könnte, ob der Zwischensatz: „sofern pp." überhaupt richtig sei; indessen er ist nöthig um anzudeuten, daß die Leibrente auch auf das Leben eines Anderen gestellt werden könne. * Zu Abs. 2 s. S 662 E I bei § 760 BGB. 5 Der Eingang des § 701 Abs. 1 erhielt in den Berichtigungen (S. 717) unter Streichung des § 703 die Fassung: „Wer zur Gewährung einer Rente verpflichtet ist, hat die Rente . . . s. auch Mugdan, Bd. 2, S. 1006.
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16. Titel: Leibrente
§760
E. Reichstag (XII. Kommission) I. Beantragt war: Im § 746 in Absatz 1 folgenden neuen Satz hinzuzufügen : v. Dziembowski„Wird die Leibrente Ehegatten geschuldet, so hat der Ueberlebende im Zweifel Pomian nur den Anspruch auf die Hälfte der theilbaren Leistungen." (Nr -'-'< 7) II. 19. Sitzung vom 20. 3. 1896, Bericht von Heller Der Antrag v. Dziembowski zum § 746 Abs. 1 (Nr. 55 der Drucksachen Ziff. 1) wurde abgelehnt, nachdem Struckmann darauf hingewiesen hatte, daß der §414 zur richtigen Lösung führt. Der § 747 und der Artikel 96 des Einführungsgesetzes blieben unbeanstandet.
§760 Die Leibrente ist im voraus zu entrichten. Eine Geldrente ist für drei Monate vorauszuzahlen; bei einer anderen Rente bestimmt sich der Zeitabschnitt, für den sie im voraus zu entrichten ist, nach der Beschaffenheit und dem Zwecke der Rente. Hat der Gläubiger den Beginn des Zeitabschnitts erlebt, für den die Rente im voraus zu entrichten ist, so gebührt ihm der volle auf den Zeitabschnitt entfallende Betrag.
A. 1. Kommission I. 274. Sitzung vom 15. 10. 1883, Schriftführer Neubauer I Prot I 2662 I Zu Artikel 874 des Entwurfs: „Im Zweifel gilt die alljährliche Entrichtung der als Leibrente versprochenen DresdE Art 874 Leistungen als verein- | bart. I Prot I 2663 Im Uebrigen finden die Vorschriften des Artikels 265 Anwendung."
war beantragt: 1. den zweiten Absatz des Artikels 874 durch folgende Bestimmung zu erset- Planck (Nr 480, 3) zen: „Die Entrichtung muß, sofern nicht etwas Anderes vereinbart ist, im Voraus, wenn Geld zu leisten ist, vierteljährlich, sonst aber in angemessenen nach der Natur der zu leistenden Gegenstände und dem Zwecke der Leistung zu bestimmenden Fristen erfolgen. Das Recht auf die Leistung der Leibrente für diejenige Periode, für welche sie im Voraus zu entrichten ist, wird dem Rentengläubiger erworben, wenn er den Anfang dieser Periode erlebt hat." 2. zu bestimmen: Johow „Die Leibrente ist im Zweifel (oder: soweit nicht ein Anderes aus dem Vertrage (Nr 483) erhellt) vierteljährlich und zum Voraus zu leisten. Für das Vierteljahr, in welchem die Person stirbt, auf deren Leben die Leibrente gestellt ist, ist der volle Betrag zu leisten." Der Artikel wurde absatzweise berathen. 423
§760
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Zum ersten Absatz: Der erste Absatz wurde genehmigt, seine Fassung jedoch der Redaktion vorbehalten, nachdem zur Sprache gebracht war, daß die Fassung des Entwurfs an einer gewissen Unklarheit leide, zu deren Beseitigung die Bestimmung sich empfehlen werde : „Im Zweifel sei anzunehmen, daß die Bestimmung des Betrags der Rente sich auf eine Jahresperiode beziehe." Die Gründe waren : I Prot 12664 Der Leibrentenvertrag könne bloß den Betrag der | Leibrente bezeichnen, ohne Auskunft darüber zu geben, für welche Zeitperioden der bestimmte Betrag zu entrichten sei, ob namentlich für ein Jahr, ein Vierteljahr, einen Monat u.s.w. Eine interpretative Regel, welche in solchen Fällen —, sofern ein entgegenstehender Parteiwille nicht erhelle, — zur Richtschnur diene, sei ein dringendes Bedürfniß. Eine solche Regel bezwecke der erste Absatz des Artikels aufzustellen; er entscheide für die Beziehung auf die Periode eines Jahres. Die Entscheidung verdiene Billigung, weil erfahrungsmäßig die Beziehung auf die Zeit eines Jahres die Regel bilde. Zum zweiten Absätze. Der Antrag N 2 1 fand die Zustimmung der Mehrheit. Die Gründe waren: Der zweite Absatz des Entwurfs bestimme durch die Hinweisung auf den Artikel 265 : die Rente sei stets im Voraus zu entrichten, die Geldrente insbesondere in vierteljährlichen Vorauszahlungen, so zwar, daß das Recht auf die Vorausentrichtung zugleich einen unbeschränkten Anspruch auf das Vorauszuentrichtende gewähre. Der Antrag N 2 1 bezwecke dasselbe, jedoch mit der Verdeutlichung und Vervollständigung, für welche Zeit die nicht in Geld bestehende Rente voraus zu entrichten sei. Daß die Rente stets im Voraus zu entrichten sei, entspreche ihrem regelmäßigen Zwecke, zum Unterhalte des Berechtigten zu dienen (zu vgl. Protokolle S. 1096)1. Auch erscheine es, wenn die Rente in Geld bestehe, angemessen, die vierteljährliche Vorauszahlung zu bestimmen (zu vgl. Familienrechtsentwurf § 301 und Motive zu demselben S. 1325). Handele es sich um andere Leistungen, so könne eine gleiche oder eine ähnliche allgemeine und durchgreifende Bestimmung, die auch der Entwurf vermeide, nicht am Platze sein. Es bleibe nichts übrig, als mit dem Antrage I Prot 12665 N e 1 die Zeit, für welche im Voraus zu entrichten sei, von dem Gegen-1 stände und Zwecke der Leistung abhängig zu machen, wie dies auch in § 1154 des sächsischen Gesetzbuchs geschehe. Wenn endlich dem Berechtigten ein unbeschränktes Recht auf das im Voraus zu Entrichtende, sobald er den Anfang der Frist erlebt habe, beigelegt werde, so liege darin allerdings eine positive Bestimmung, die sich jedoch aus Gründen der praktischen Zweckmäßigkeit empfehle, meist auch dem Parteiwillen entsprechen werde. Derscheid Es lag ferner der Antrag vor, in einer hinter Artikel 874 einzustellenden Vor(Nr 481) schrift zu bestimmen : „Der Rentengläubiger kann von dem Vertrage zurücktreten, wenn der Rentenschuldner mit der Entrichtung der Rente für drei aufeinanderfolgende Termine sich im Verzuge befindet und den Rentengläubiger nicht vollständig befriedigt, bevor dieser den Rücktritt erklärt hat. Macht der Rentengläubiger von diesem Rechte Gebrauch, so kann er das Rentenkapital nebst Zinsen von dem Tage an, mit welchem der Verzug des Renten1 S. bei § 272 BGB.
424
16. Titel: Leibrente
§760
Schuldners begonnen hat, zurückfordern, ohne zur Rückzahlung der bereits bezogenen Renten verpflichtet zu sein. Auf das Rücktrittsrecht finden die §§ 54, 59 und 6 0 (vgl. Protokolle S. 624, 627, 1911, 1916, 1913, 1921, 7 6 3 - 7 6 6 , 1914, 1921)2 Anwendung." Der Antrag wurde mit Rücksicht auf die zu Artikel 871 gefaßten Beschlüsse dahin geändert, daß der Eingang zu lauten habe : „Ist die Rente in Geld oder anderen vertretbaren Sachen als Gegenleistung für eine bestimmte Summe Geldes oder einen nach seinem Geldwerthe bestimmten Gegenstand zu leisten, so kann der Rentengläubiger von dem Vertrage u.s.w." eventuell: „Ist die Rente in Geld als Gegenleistung für einen in Geld bestimmten Betrag ausbedungen, so kann der Ren-1 tengläubiger von dem Vertrage u.s.w." | Prot I 2666 Die Mehrheit erklärte sich gegen den Antrag. Sie verkannte zwar nicht, daß sich erhebliche Gründe insofern für ihn geltend machen ließen, als eine hartnäckige Renitenz des Rentenschuldners den Berechtigten, der vielleicht aus der Rente seinen Lebensunterhalt zu bestreiten habe, (zumal bei der Beschränkung des auf Verurtheilung zu noch nicht fälligen Leistungen sich beziehenden S 165 der Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse — Protokolle S. 420 — 424, 442)3 in eine schlimme Lage bringen könne; sie war aber der Ansicht, daß in den meisten Fällen der Berechtigte durch Arrest und einstweillige Verfügung, mitunter auch in Gemäßheit der Vorschriften der §§ 187, 188, 194 der Zusammenstellung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse (Protokolle S. 1116, 1136 u. ff., 1200, 1215, 1216)4 sich zu helfen vermöge und daß der Antrag wegen der großen Härten, die er nach sich ziehen werde, wenn die Rente vorher bereits längere Zeit wirklich entrichtet worden sei, und insbesondere dann, wenn der Verpflichtete in dem guten Glauben der Nichtverpflichtung die Entrichtung versäumt habe, bedenklich sei. 248. Sitzung vom 17. 10. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend v. Kübel I Die Berathung des Abschnitts des Obligationenrechts, betreffend den „Leibren ten-, Versorgungs- und Leibgedingsvertrag" wurde fortgesetzt.
I Prot I 2667
Der Artikel 875 des Entwurfs bestimmt: „Die Leibrente erlischt mit dem Tode desjenigen, auf dessen Lebensdauer sie DresdE An 875 versprochen worden, ohne Unterschied, ob der Tod ein natürlicher oder gewaltsamer ist." Einverständniß bestand, daß der Inhalt des Artikels selbstverständlich, dieser da Planck (Nr 480, 4) her zu streichen sei. Johow (Nr 483) Zu Artikel 876 des Entwurfs: „Das Rentenkapital verbleibt dem Rentenschuldner ohne Rücksicht auf die Zeit- DresdE Art 876 dauer, für welche die Leibrente geleistet worden ist. Hat der Rentenschuldner den Tod desjenigen, auf dessen Lebensdauer die Leibrente gestellt ist, vorsätzlich veranlaßt, oder hat er, wenn die Leibrente auf sein Leben gestellt ist, durch Selbstmord seinem Leben ein Ende gemacht oder die Todes2 S. vor §§ 3 4 6 - 3 6 0 BGB. 3 Die Bestimmung des § 165 ZustAT ist in das BGB nicht übernommen. * S. bei SS 280, 283, 286 BGB.
425
§ 760
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
I Prot I 2668 strafe erlitten, so | kann das Rentenkapital zurückgefordert werden, ohne daß der Rentengläubiger oder dessen Erben zur Erstattung der gezogenen Renten verpflichtet sind." lagen die Anträge vor: Planck
1. den Artikel zu streichen.
(Nr 480, 4)
Johow (Nr 483)
2. den ersten Absatz zu streichen, und den zweiten Absatz dahin zu fassen: „Hat der Rentenschuldner den Tod desjenigen, auf dessen Lebensdauer die Rente gestellt ist, verschuldet, so ist von ihm oder seinen Erben dem Rentengläubiger oder dessen Erben eine Entschädigung zu leisten, deren Betrag von dem Richter nach dem Maße des Rentenbetrags und der muthmaßlichen Lebensdauer des Verstorbenen zu ermessen ist." Es wurde die Streichung, zunächst die des ersten Absatzes, dann auch die des zweiten Absatzes beschlossen. Die Gründe waren : 1. Der erste Absatz sei wegen Selbstverständlichkeit entbehrlich. Die darin enthaltene Bestimmung besonders hervorzuheben, erscheine sogar bedenklich. Die Hervorhebung könne leicht zu einer irrigen Beurtheilung des Falls verführen, wenn in dem Leibrentenvertrage eine verschleierte Schenkung des Leibrentengläubigers sich verstecke, ζ. B. wenn dieser im Gefühl einer tödtlichen Erkrankung kurz vor dem Tode sein Vermögen oder einen Theil desselben in der Form eines Leibrentenvertrags verschenke.
2. Der zweite Absatz enthalte eine positive Vorschrift, der zugleich ein pönaler Charakter beiwohne. Singuläre Rechtsnormen solcher Art seien zweifellos nur geI Prot I 2669 rechtfertigt, sofern dringende Gründe der | praktischen Nothwendigkeit oder Zweckmäßigkeit sich dafür geltend machen ließen. Derartige Gründe seien jedoch vorliegend nicht erkennbar. Die Ablehnung jener Vorschrift rege die, überdies durch den Antrag N- 2 noch besonders nahe gelegte Frage an, welche Folgen in den von der Vorschrift betroffenen Fällen nach den allgemeinen Grundsätzen sich herausstellen, wobei anlangend den ersten Fall (vorsätzliche Tödtung desjenigen, auf dessen Lebensdauer die Rente gestellt sei), nicht bloß die vorsätzliche, sondern auch die fahrlässige Tödtung in Betracht komme. In keinem der fraglichen Fälle werde sich die Verletzung einer kontraktlichen Verpflichtung von Seiten des Rentenschuldners annehmen lassen. Müsse eine desfallsige kontraktliche oder obligatorische Pflicht verneint werden, so werde auch von der unmittelbaren Anwendbarkeit des § 115 der Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 297, 298) 5 schwerlich die Rede sein können, aus dessen Anwendbarkeit allerdings die Verpflichtung des Rentenschuldners zur Fortzahlung der Rente für die Zeit, welche der Getödtete muthmaßlich noch gelebt haben würde, sich würde herleiten lassen. Die Anwendbarkeit des §115 a.a.O. setze aber außerdem die Richtigkeit der Ansicht voraus: bei einer auf Vertrag beruhenden Leibrente sei eine Mehrheit von bedingten Forderungsrechten anzunehmen. Die Richtigkeit dieser Ansicht sei bestreitbar, indem fraglich bleibe, ob nicht für ein einheitliches Forderungsrecht mit Endtermin (§ 121 a.a.O., Protokolle S. 311)6 zu entscheiden sei, welche letztere Ansicht den Motiven der Konkursordnung zum Grun-
5 S. bei S 162 BGB. 6 S. bei § 163 BGB.
426
16. Titel: Leibrente
§760
de zu liegen scheine (zu vergi. Mater. S. 5, 6, 23). Endlich würde der § 115 a.a.O. nifr im Falle der vorsätzlichen Tödtung zur Anwendung | sich eignen (Protokolle | Prot I 2670 S. 297, 298). Das vorstehende Ergebniß gebe jedoch keineswegs zu einem Eingreifen mittels besonderer Bestimmung zu Gunsten des Rentengläubigers oder dessen Erben einen genügenden Anlaß. In Betracht zu ziehen seien noch die eine zulängliche Aushülfe gewährenden Rechtsnormen über die Vertretung unerlaubter Handlungen.
A. Erster Fall oder der Fall der Tödtung desjenigen, auf dessen Lebensdauer die Rente gestellt sei. In dem bei Weitem wichtigsten Regelfalle, wenn nämlich die Rente an die Lebensdauer des Rentengläubigers selbst geknüpft sei, erscheine die schuldbare Tödtung des letzteren diesem gegenüber als eine unerlaubte Handlung im Sinne des §145 Abs. 2 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 964 —990)7, womit die Verpflichtung des Thäters zum vollen Ersatz des verursachten Schadens, sollte dieser auch nicht vorausgesehen worden sein, entschieden sei. Freilich lasse sich nun die Frage aufwerfen, ob denn die Erben des Rentengläubigers als Schaden den Verlust der Rente für die Zeit, welche der Gläubiger muthmaßlich noch gelebt haben würde, geltend machen dürften, ob nicht vielmehr die Deduktion Billigung verdiene, der Leibrentengläubiger selbst habe keinen Vermögensschaden erlitten, daher den Anspruch auf Ersatz eines solchen auch nicht vererben können, — eine Deduktion, die meist noch durch die weitere verstärkt werden könne, der Erblasser würde die Rente muthmaßlich zu seinem Lebensunterhalte verbraucht haben, so daß eine Schmälerung des Nachlasses oder eine Einbuße für die Erben nicht eingetreten sei. Ueber die Berechtigung dieses Zweifels lasse sich aber an dieser Stelle nicht entscheiden. Es wohne ihm sichtbar eine viel weiter gehende Bedeutung bei, weil er noch unter verschie- | denen ande- |Prot I 2671 ren Voraussetzungen, z. B. wenn ein Nießbraucher getödtet sei, mit gleicher Berechtigung sich erhebe. Seine Lösung möge nöthig sein, sie könne aber erst bei Berathung der Vorschriften über das Spezialdelikt der Tödtung (Dresdener Entwurf Art. 1007, 1008)8 erfolgen. Die Vorschriften, welche in dieser Beziehung demnächst beschlossen werden möchten, im vorliegenden Falle von der Anwendung auszuschließen, sei nicht zu rechtfertigen. Sei die Rente auf die Lebensdauer eines Dritten gestellt, so liege dem Rentengläubiger gegenüber eine unerlaubte Handlung im Sinne des § 145 Abs. 1 der Zusammenstellung der sich auf das Obligationenrecht beziehenden Beschlüsse vor. Hieraus folge zweifellos die Verpflichtung des Rentenschuldners zur Fortentrichtung der Rente für die Zeit, welche der Dritte muthmaßlich noch gelebt haben würde. Diese Verpflichtung würde nur in den seltenen Fällen zu verneinen sein, in welchen der Rentenschuldner den Wegfall der Rente als Folge seiner Handlung nicht habe voraussehen können, welches letztere namentlich dann möglich sei, wenn dem von dem Leibrentenvertrage nicht unterrichteten Erben des ursprünglichen Rentenschuldners die Tödtung zur Last falle. Es sei aber auch kein Grund vorhanden, unter der fraglichen seltenen Voraussetzung ein Anderes zu bestimmen, als die allgemeinen Grundsätze mit sich bringen.
7 S. bei SS 823, 826 BGB. « S. bei SS 843-847 BGB. 427
§760
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
B. Zweiter Fall oder der Fall des Selbstmordes oder der Erleidung der Todesstrafe von Seiten des Rentenschuldners, auf dessen Lebensdauer die Rente gestellt war. Der Selbstmord werde mindestens als eine gegen die guten Sitten verstoßende I Prot 12672 Handlung im Sinne des S 146 der Zusammenstellung der das Obligatio-| nenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 969 — 990)9 zu betrachten sein, während die Handlung, durch welche die Todesstrafe verwirkt worden, dem Rentengläubiger gegenüber eine unerlaubte Handlung im Sinne des § 145 Abs. 1 a.a.O. sei. Der Rentengläubiger habe sonach in beiden Fällen gerade so, wie im Falle A bei Unterstellung der Tödtung eines Dritten, auf dessen Lebensdauer die Rente gestellt sei, auf Schadensersatz durch Fortzahlung der Rente während einer nach den Umständen zu ermittelnden Zeit einen begründeten Anspruch, der nur unter seltenen Voraussetzungen — und alsdann mit Recht — versage. Aus dem Vorstehenden ergebe sich die Entbehrlichkeit besonderer Bestimmungen. Was den Antrag N 2 2 betreffe, so sei gegen ihn noch insbesondere zu erinnern, daß er, wie aus dem Obigen erhelle, zu weit gehe, wenn er ausnahmslos ein Verschulden des Todes für genügend erachte, um die Verpflichtung zum Schadensersatz zu begründen, daß ferner kein Grund bestehe, über die Art und Weise, wie der Schadensersatz zu leisten sei, wenn der Umfang des Schadens von der Ermittelung der muthmaßlichen natürlichen Lebensdauer einer Person abhänge, gerade für die vorliegenden Fälle ein Besonderes zu bestimmen. Einverständniß bestand, daß nichts zu bestimmen sei: 1. über die Anfechtung des Leibrentenvertrags von Seiten der Gläubiger des Rentengläubigers (Material S. 9), 2. über das Rücktrittsrecht des Rentengläubigers (Mat. S. 21, 22), 3. über die Abtretung der Leibrente (Mat. S. 9), I Prot 12673
4. über die Verurtheilung zur Entrichtung der noch | nicht fälligen Rentenbeträge (Mat. S. 17). Zu Ν Ξ 4 wurde übrigens die S. 17 des Mat. geäußerte Ansicht, der § 165 der Zusammenstellung der sich auf den Allgemeinen Theil beziehenden Beschlüsse (Protokolle S. 420 — 424, 442) gestatte nicht, bei den auf die Lebensdauer des Berechtigten gestellten gesetzlichen Alimentationsrenten den Schuldner zur Entrichtung der noch nicht fälligen Beträge zu verurtheilen, für unrichtig erachtet und dem Redaktionsausschuß die Prüfung empfohlen, ob zur Beseitigung eines solchen Mißverständnisses, welches den Zweck der fraglichen Bestimmung zu vereiteln drohe, eine andere Fassung des § 165 erforderlich sein möge. Die Frage, ob bei einer Leibrente eine Mehrheit von bedingten Forderungsrechten (vergi, oben S. 2669) anzunehmen sei, glaubte man im Uebrigen um so mehr ungelöst lassen zu dürfen, als sie nur für den Fall der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Rentenschuldners eine besondere Bedeutung habe, die überdies in Gemäßheit des im Material nicht gewürdigten Abs. 2 des § 112 der sich auf den Allgemeinen Theil beziehenden Zusammenstellung der Beschlüsse (vergi. Protokolle S. 281, 282)10 kaum noch einen praktischen Werth habe.
« S. bei §§ 823, 826 BGB. io S. bei § 159 BGB. 428
16. Titel: Leibrente
§760
Der Art. 877 des Entwurfs lautet: „Die Vorschriften der Art. 871 — 875 finden auch Anwendung auf die durch Schenkung oder Vermächtniß bestellten Leibrenten". Die Mehrheit beschloß in Uebereinstimmung mit dem zu Art. 873 gestellten Antrage (S. 2661) und in Erledigung des Vorbehalts Protokolle S. 2662 die Ausdehnung der bisher für den Leibrentenver-1 trag beschlossenen Vorschriften auf diejenigen Schuldverhältnisse, nach welchen eine Leibrente nicht in Folge eines Vertrags, sondern aus anderen Gründen, als letztwilliger Verfügung, richterlichem Urtheil und Gesetz zu entrichten ist. Die Mehrheit war der Ansicht: Bei näherer Prüfung der wenigen in Rede stehenden Vorschriften, von welchen nur die über die Vorausentrichtungspflicht von besonderem Belange sei, zeige sich, wie unbedenklich die beantragte Ausdehnung sei, die außerdem um deswillen nur höchst angemessen erscheine, weil dadurch eine gerade in Ansehung der Vorausentrichtungspflicht nicht seltene Unvollständigkeit der letztwilligen Verfügung, des Urtheils oder des Gesetzes eine passende Ergänzung finde.
DresdEArt877 Johow (Nr 483) | Prot 12674
Der Artikel 878 des Entwurfs bestimmt unter der Ueberschrift: „2. Versorgungsvertrag" : „Ist durch Vertrag die Gewährung von Unterhalt und Pflege im Allgemeinen DresdE Art 878 versprochen (Versorgungsvertrag), so ist der Umfang der Leistung nach den Bedürfnissen und nach den Verhältnissen des Berechtigten zu bemessen. Insbesondere erstreckt sich die Verpflichtung auf die Gewährung von Wohnung, Kost, Kleidung und auf die Bestreitung der Verpflegungs- und Kurkosten in Krankheitsfällen des Berechtigten, ingleichen der Beerdigungskosten." Der Antrag auf Streichung des Artikels wurde genehmigt. Planck Erwogen war: (Nr 482, 2) Der Artikel enthalte zwei Auslegungsregeln, von denen die eine sowohl wie die andere in hohem Maße bedenklich sei. Die erste Regel bestimme: der Unterhalt sei nach den Bedürfnissen und den Verhältnissen des Berechtigten zu bemessen. Diese Bestimmung werde, wenn | die Alimentationspflicht schenkungsweise übernommen | Prot 12675 sei, nicht immer — vielleicht nur ausnahmsweise — passen; sie werde noch weniger als zutreffend gelten können, wenn die Alimentation im Hauswesen des Verpflichteten — vielleicht gar nur während einer gewissen Zeit, ζ. B. so lange eine Unterrichtsanstalt besucht werde — erfolgen solle oder wenn der Vertrag über die Versorgung eines Verarmten zwischen der zur Unterstützung verpflichteten Gemeinde und einem Dritten geschlossen sei. Die zweite Regel sei insbesondere insofern nicht haltbar, als sie auf die Beerdigungskosten sich beziehe; die letzteren erschienen in erster Reihe als eine Nachlaßschuld, wie auch der Entwurf des Familienrechts in Ansehung der gesetzlichen Alimentationspflicht annehme (Entwurf § 297 Abs. 4, Motive S. 1313, 1314). Der Grundsatz: zu den Alimenten gehörten auch die Beerdigungskosten, sei nur unter besonderen Voraussetzungen, die sich der Präzisirung durch eine allgemeine Regel entzögen, als richtig anzuerkennen. Ob der Grundsatz für die auf letztwilliger Verfügung beruhende Alimentationspflicht Billigung verdiene, werde bei Berathung des Erbrechts zu prüfen sein (zu vergi. Motive zum Erbrechtsentwurfe S. 261—264). Auch im Uebrigen sei die zweite Regel nicht unbedenklich. Es zeige sich evident, daß überhaupt allgemeine Auslegungsregeln nicht am Platze seien, indem nur die volle Würdigung aller Umstände des konkreten Falls dessen richtige Entscheidung zu verbürgen vermöchte. Zur Sprache kam noch, ob nicht die Bestimmungen über den Leibrentenvertrag auf den Alimentationsvertrag für anwendbar zu erklären seien. Die Frage wurde 429
§760
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
verneint. Man war der Ansicht: Die gedachten Vorschriften paßten sichtbar nicht, I Prot 12676 wenn Na-1 turalalimente zu gewähren seien, wenn dagegen anderweite Bezüge zu fordern seien, so liege in tantum ein Leibrentenvertrag vor, so daß die Vorschriften über den Leibrentenvertrag von selbst anwendbar würden. Den im Material (S. 26) angeregten Zweifel, ob der Vertrag, in welchem nur allgemein die Verpflichtung zur Alimentation einer bestimmten Person übernommen sei, wegen Unbestimmtheit seines Inhalts hinfällig sei, hielt man für ungerechtfertigt. Unter der Ueberschrift: „3. Leibgedingsvertrag" enthält der Entwurf folgende Vorschriften : DresdE Art 879
DresdE Art 880
Artikel 879 „Beruht das Recht auf ein Leibgeding (Auszug, Altentheil, Leibzucht) auf einem Vertrage, insbesondere bei Ueberlassung eines Gutes, so sind die Rechte und Verpflichtungen der Vertragsschließenden, soweit nicht etwas Anderes vereinbart oder in dem Nachstehenden etwas Besonderes bestimmt ist, je nach Verschiedenheit der Leistungen nach den darüber geltenden allgemeinen Vorschriften zu beurtheilen." Artikel 880 „Läßt sich Jemand für seinen Ehegatten ein Leibgeding versprechen, so gilt das Leibgeding im Zweifel als nur für den zur Zeit der Vertragsschließung mit ihm verbundenen Ehegatten versprochen."
Artikel 881 DresdE Art 881 „Ist dem Leibgedingsberechtigten eine abgesonderte Wohnung als Leibgeding I Prot I 2677 versprochen worden, so ist er befugt, seinen Ehegatten und die | in seinem Unterhalte stehenden eigenen und zugebrachten Kinder, ohne Unterschied, ob die Ehe vor oder nach Schließung des Leibgedingsvertrags geschlossen worden ist und die Kinder vor oder nach dieser Zeit geboren sind, sowie das zu seiner Pflege und Hülfeleistung erforderliche Dienstpersonal in die Leibgedingswohnung zu sich aufzunehmen. Verheirathete Kinder, sowie solche, welche einen besonderen Haushalt begründet haben oder welche ihren Unterhalt sich selbst zu verdienen im Stande sind, darf der Leibgedingsberechtigte in die Leibgedingswohnung nicht aufnehmen." DresdE Art 882
Artikel 882 „Der Leibgedingsverpflichtete hat die Leibgedingswohnung in einem zu dem vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustande dem Berechtigten zu übergeben und während der Dauer der Berechtigung in diesem Zustande zu erhalten. Auch hat er die auf der Wohnung haftenden Lasten zu tragen."
Artikel 883 „Ist dem Leibgedingsberechtigten das Recht zur Mitbewohnung der dem Leibgedingsverpflichteten zur Wohnung und Haushaltung dienenden Räume eingeräumt worden, so darf der Erstere nur den zur Zeit der Schließung des Leibgedingsvertrages mit ihm verbundenen Ehegatten und die Kinder mit aufnehmen, welche aus einer vor jener Zeit von ihm geschlossenen Ehe herrühren oder vor dieser Zeit von I Prot 12678 einem Ehegatten ihm zugebracht worden sind. Ist | die berechtigte Person weiblichen Geschlechtes, so kann dieselbe auch ihre vor Schließung des Leibgedingsvertrages geborenen außerehelichen Kinder aufnehmen. Es gilt jedoch hinsichtlich der Aufnahme von ehelichen zugebrachten und außerehelichen Kindern die Beschränkung des Art. 881 Satz 2 auch hier. Dritte Personen darf der Leibgedingsberechtigte nur aufnehmen, soweit dies zu seiner Pflege nöthig ist."
DresdE Art 883
430
16. Titel: Leibrente
§760
Artikel 884 „Ist das Gebäude, welches dem Leibgedingsberechtigten zur Allein- oder Mitbe- Dresd Art 884 wohnung eingeräumt worden ist, durch Unglücksfall untergegangen, so kann der Berechtigte verlangen, daß der Verpflichtete das Gebäude wieder herstelle, und wenn derselbe noch eine eigene Wohnung hat, ihm in dieser, sofern es den Umständen nach möglich ist, in der Zwischenzeit den Aufenthalt gestatte." Artikel 885 „Besteht das Leibgeding in jährlicher Leistung von landwirtschaftlichen Erzeug- Dresd Art 885 nissen, welche zu gewissen Jahreszeiten gewonnen werden, so sind dieselben zu der Zeit zu leisten, wo die bedungenen Früchte je nach ihrer Art auf dem Gute des Verpflichteten, oder wenn auf demselben dergleichen Früchte nicht erzeugt worden sind, in derselben Flur, oder wenn sie auch hier nicht erzeugt worden sind, in der nächsten Umgebung geerntet und die etwa vor deren Verabreichung daran nöthigen Arbeiten verrichtet | worden sind. Die Einbringung aller Fruchtarten, sowie die | Prot I 2679 Beendigung aller vor ihrer Verabreichung noch etwa erforderlichen Verrichtungen ist spätestens als bis zum 25. Dezember jeden Jahres erfolgt zu betrachten." Artikel 886 „Von landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche nicht blos zu gewissen Jahres- DresdE Art 886 Zeiten erzeugt werden und stets gewährt werden können, ist der auf das ganze Jahr oder gewisse Zeitabschnitte desselben ausgesetzte Betrag nach Beschaffenheit der Erzeugnisse und nach den Bedürfnissen des Berechtigten in angemessenen Fristen zu leisten." Artikel 887 „Alle übrigen Naturalleistungen werden mit dem Ablaufe des von dem Beginne DresdE Art 887 des Leibgedinges an zu berechnenden Jahres fällig, wenn nicht die Beschaffenheit derselben und das Bedürfniß des Berechtigten eine Ausnahme begründen. Bezüglich jährlicher, als Leibgeding versprochener Geldleistungen findet die Vorschrift des Art. 265 Anwendung." Artikel 888 „Hat der Leibgedingsverpflichtete wirthschaftliche Verpflichtungen zu leisten, DresdE An 888 so sind sie zu der Zeit vorzunehmen, wo er in seiner Wirthschaft Verrichtungen derselben Art vorzunehmen pflegt, oder, wenn dies nicht der Fall ist, nach w i r t schaftlichen Grundsätzen." Artikel 889 DresdE Art 889 I „Wenn der Leibgedingsberechtigte auf dem Gute des Verpflichteten oder in | Prot 12680 einem dabei befindlichen besonderen Hause wohnt, so ist der Leibgedingsverpflichtete verbunden, die Natural- oder Geldleistungen dem Berechtigten zu überbringen. Hält sich der Berechtigte außerhalb des Gutes auf, von welchem er das Leibgeding zu erhalten hat, so hat derselbe die Natural- oder Geldleistungen auf dem Gute des Verpflichteten abzuholen." Artikel 890 „Hat der Leibgedingsverpflichtete die Wahl unter mehreren Leistungen, so geht, DresdE Art 890 wenn er, ungeachtet der Aufforderung des Berechtigten nach Verfallzeit die Erklärung über die Wahl verzögert, das Wahlrecht auf den Letzteren über." 431
§760 DresdE Art 891
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Artikel 891 »Die in dem Leibgedinge begriffene Berechtigung zur Wohnung und zum sonstigen Gebrauche von Sachen kann auch der Ausübung nach nicht an Andere veräußert werden; namentlich steht dem Berechtigten das Recht der Vermiethung und Verpachtung nicht zu."
Artikel 892 „Das Leibgeding erlischt mit dem Tode des Berechtigten. Haben Mehrere gemeinschaftlich ein Leibgeding zu fordern und stirbt einer von ihnen, so erhalten die Ueberlebenden von den theilbaren Gegenständen und LeiI Prot 12681 stungen den auf sie kommenden Antheil nach der Personenzahl, die | untheilbaren, insbesondere die Leibgedingswohnung verbleiben ihnen ganz. Doch erhalten die Ueberlebenden auch von den an sich theilbaren Gegenständen das Ganze, wenn solches zur Erhaltung oder Benutzung eines anderen ihnen ganz verbleibenden Gegenstandes bestimmt ist. Den Landesgesetzen bleibt es vorbehalten, etwas Anderes zu bestimmen, wenn die gemeinschaftlich Berechtigten Eheleute sind."
DresdE An 892
DresdE Art 893
Planck (Nr 482, 3)
Planck (Nr 484) I Prot 12682
Artikel 893 »Die Bestimmung darüber, unter welchen Voraussetzungen ein bei Uebertragung eines Gutes von dem Uebertragenden ausbedungenes Leibgeding dem dritten Besitzer des Gutes gegenüber geltend gemacht werden könne, bleibt den Landesgesetzen vorbehalten." Es war beantragt, die Art. 879 bis 893 durch folgende Bestimmungen zu ersetzen: § a> n Auf vertragsmäßig oder durch Vermächtniß begründete Leibgedinge (Auszug, Altentheil, Leibzucht) finden, soweit dem Leibgedingsberechtigten danach ein Recht auf periodisch wiederkehrende Leistungen zusteht, die Vorschriften über Leibrenten entsprechende Anwendung." § b, „Der Landesgesetzgebung bleibt vorbehalten, besondere Bestimmungen über die Auslegung solcher Leibgedingsverträge zu treffen, welche bei Ueberlassung eines Guts von dem bisherigen Besitzer mit dem neuen Erwerber abgeschlossen werden." eventuell hinter § a des vorstehenden Antrags | folgende an die Stelle der Art. 881 — 884 des Entwurfs tretende Bestimmung einzuschalten : „Ist als Leibgeding das Recht auf eine abgesonderte Wohnung bestellt, so finden rücksichtlich des Inhalts und Umfangs des dem Leibgedingsberechtigten in Betreff dieser Wohnung zustehenden Rechts, die Vorschriften über die beschränkte persönliche Dienstbarkeit der Wohnungsberechtigung (§§ 346 und 350 — 354 des Sachenrechts) entsprechende Anwendung. Der Leibgedingsverpflichtete hat die Leibgedingswohnung in einem zu dem vertragsmäßigen Gebrauche geeigneten Zustande dem Berechtigten zu gewähren, sie während der Dauer der Berechtigung in diesem Zustande zu erhalten und, wenn sie untergegangen ist, wieder herzustellen, auch dem Berechtigten bis dahin, daß die Wiederherstellung erfolgt ist, ein den Umständen entsprechendes einstweiliges Unterkommen zu verschaffen. Der Verpflichtete hat auch die auf der Wohnung haftenden Lasten zu tragen." Der § a des Antrags und der eventuelle Antrag wurden zurückgezogen, der § b wurde vorbehaltlich der Fassung und mit der Maßgabe gebilligt, daß der Vorbehalt 432
16. Titel: Leibrente
§760
nicht auf Auslegungsregeln zu beschränken, sondern auf leges dispositivae auszudehnen sei. Die Gründe waren : Zuvor sei beschlossen, über den Versorgungsvertrag besondere Bestimmungen nicht aufzunehmen. Nun gebe es aber einen Versorgungsvertrag, der sowohl wegen seiner Häufigkeit als wegen der | vielen Streitigkeiten, zu welchen er erfahrungsmä- | Prot 12683 ßig Anlaß zu geben pflege, eine besondere Beachtung verdiene. Es sei der in den Art. 879 — 893 behandelte Leibgedings-, Auszugs-, Altentheils- oder Leibzuchtsvertrag. Dispositive Rechtsnormen und Auslegungsregeln, welche die aus einem solchen Vertrage entspringenden obligatorischen Rechte und Pflichten der Vertragschließenden bestimmten, möchten immerhin, um den erwähnten zahlreichen Streitigkeiten zu steuern, am Platze sein. Allein es könne sich nicht empfehlen, derartige Bestimmungen in das bürgerliche Gesetzbuch aufzunehmen. Welche Vorschrift in der einen oder anderen Beziehung nothwendig oder angemessen sei, hänge von Sitten, Gebräuchen und mancherlei Verhältnissen ab, die in den einzelnen Gebieten des Deutschen Reichs völlig verschieden seien. Es bleibe nichts übrig, als die Erlassung solcher dispositiven und interpretativen Rechtsnormen den Landesgesetzen vorzubehalten. Dafür spreche noch ein anderer Grund, nämlich die bereits erkannte Nothwendigkeit (zu vergi. Beschluß vom 22. September 1874)", den Landesgesetzen zu gestatten, die Erbfolge in die Landgüter durch besondere, von den Grundsätzen des bürgerlichen Gesetzbuchs abweichende Vorschriften zu regeln. Die letzteren würden in der Weise sich gestalten können, daß eine gesetzliche Leibzucht u.s.w. eingeführt würde. Die Normen über die gesetzliche Leibzucht u.s.w. würden aber mit denen über die rein vertragsmäßige aus nahe liegenden Gründen möglichst im Einklänge stehen müssen. Sodann hätten die fraglichen Verträge zugleich auch eine überaus wichtige sachenrechtliche Seite, welche für das Sachenrecht von Belang werde. Der Entwurf | des Sachenrechts habe diese Seite auch gebührend be- | Prot 12684 rücksichtigt, andrerseits jedoch den Landesgesetzen vorbehalten zu müssen geglaubt, in der in Rede stehenden Beziehung noch besondere ergänzende Vorschriften zu erlassen (§§ 267, 268, 354, 356). Es leuchte ein, wie nahe der Zusammenhang sei, welcher zwischen beiden Vorbehalten stehe. Was die Begrenzung des Vorbehalts angehe, so sei Doppeltes zu erwägen. 1.Der Vorbehalt dürfe nur auf diejenigen Verträge erstreckt werden, die in Verbindung mit der Ueberlassung eines Guts geschlossen würden. Nur für Verträge dieser Art sei er ein Bedürfniß. Fehle das gedachte Erforderniß, so handele es sich um einen nach den allgemeinen Normen des Gesetzbuchs zu beurtheilenden Versorgungsvertrag, sollte auch dem Versorgungsberechtigten mit einem Gute in der einen oder anderen Art Sicherheit zu bestellen versprochen oder bestellt sein. Ob das Gut groß oder klein, ein ländliches oder städtisches sei, dürfe dagegen keinen Unterschied machen. Wohl aber sei die Ueberlassung einzelner Grundstücke nicht für genügend zu erachten, weil das Bedürfniß zu einer desfallsigen Ausdehnung des Vorbehalts fehle. 2. Den Vorbehalt nur auf Auslegungsregeln zu beschränken, würde zu eng sein. Er müsse zur Erreichung des Zwecks auch die dispositiven Rechtsnormen umfassen. Uebrigens werde der Vorbehalt wohl in das Einführungsgesetz aufzunehmen sein. 'i Das Protokoll der Sitzung vom 22. 9. 1874 s. hier Bd. 1, S. 211 ff. 433
§760
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
249. Sitzung vom 19. 10. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend v. Kübel I Prot I 2685
| In Veranlassung einiger auf den Leibgedingsvertrag sich beziehenden Erörterungen des Materials verständigte man sich dahin: 1. Die allgemeinen Rechtsnormen des Obligationenrechts gelten im Allgemeinen auch für diejenigen Obligationen, die aus einem sachenrechtlichen, familienrechtlichen oder erbrechtlichen Verhältnisse entspringen und im Sachenrecht, Familienrecht und Erbrecht geregelt werden (zu vgl. Protokolle S. 467 12 ). Inwiefern es nöthig sei, in Beziehung auf gewisse Ansprüche, deren juristischer Charakter die Unterstellung einer Obligation bedenklich erscheinen läßt, besondere Vorschriften aufzunehmen, kann erst bei Berathung des Sachenrechts u.s.w. geprüft werden (zu vergi. Mat. S. 27 u. 35). 2. Ob der S. 30 des Materials berührte Vorbehalt den Landesgesetzen auch die Einführung einer gesetzlichen Leibzucht oder eines gesetzlichen Altentheils besonders zu gestatten und in welcher Weise dies betreffenden Falls zu geschehen habe, kann erst bei Berathung jenes Vorbehalts entschieden werden.
3. Die auf die Mängelgewähr sich beziehende Bemerkung S. 34 (des Mat.) hat eine allgemeine über den Leibgedingsvertrag hinausgehende Bedeutung. Es ist aber I Prot 12686 kein Bedürfniß vorhanden, behufs Lösung der desfallsigen Zweifel | die Vorschriften über die Mängelgewähr zu ergänzen. Die Lösung kann der Wissenschaft überlassen bleiben. 4. Ob wegen des aktiven Gesammtschuldverhältnisses (Mat. S. 37) im Sachenrecht besondere Vorsorge zu treffen, wird bei Berathung des Sachenrechts zu prüfen sein. 5. Bei Berathung des Sachenrechts wird auch die Bemerkung S. 39 (des Mat.) über die Verschiedenheit des Versprechens einer Gebrauchsgewährung und des Versprechens der Einräumung eines Gebrauchsrechts u.s.w. zu würdigen sein. 6. Die Bemerkung S. 34 (des Mat.) über das Wohnungsrecht des Altsitzers, wenn er bei dem Leibgedingsvertrage als Vertragschließender nicht betheiligt war, giebt zu einer Ergänzung des § 378 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 2136) 13 keinen Anlaß. Die Bemerkung hat wieder eine weitergehende Bedeutung. Sie erledigt sich dadurch, daß unter Miether im Sinne des § 378 nur derjenige verstanden werden kann, dem das Miethrecht zusteht. Uebrigens läßt sich nicht einmal das Wohnungsrecht des Altsitzers als ein nach den Vorschriften über Miethe zu beurtheilendes Recht betrachten. 7. Ob und inwiefern der Leibgedingsvertrag wegen mangelhafter Erfüllung von Seiten des Uebernehmers des Guts, abgesehen von dem aus den allgemeinen Grundsätzen sich ergebenden Rücktrittsrechte, der Aufhebung unterliege oder ein aus allgemeinen Grundsätzen sich ergebendes Rücktrittsrecht ausgeschlossen sei, (Mat. S. 50), werden die Landesgesetze, sofern sie von dem in der vorigen Sitzung beschlossenen Vorbehalte Gebrauch machen, zu entscheiden haben.
12 S. bei § 241 BGB. >3 S. bei S 567 BGB.
434
16. Titel: Leibrente
§760
I I . - I V . In der RedVorl und ZustOR §§ 476, 477, 478, 479, im K E §§ 654, 655, 656, 657 und im E I §§ 661, 662, 663 lauten die beschlossenen Vorschriften: Die Leibrente ist im Voraus zu entrichten. Die Frist, für welche die Vorausleistung erfolgen muß, beträgt, wenn Geld zu zahlen ist, drei Monate; sind andere Leistungen zu bewirken, so bestimmt sich die Frist nach der Beschaffenheit des zu leistenden Gegenstandes und nach dem Zwecke der Leistung. Der Anspruch auf das im Voraus zu Leistende gilt mit Beginn derjenigen Frist als erworben, für welche im Voraus zu leisten ist.14 Im Zweifel ist anzunehmen, daß die Bestimmung des Betrages der Leibrente sich auf eine Jahresperiode bezieht. 15
RedVorl/ ZustOR § 476 K E § 654 E 1661
RedVorl/ ZustOR § 477 K E § 655 Ε H 662
Die ( E I : Vorschriften, der) §§ 475 — 477 finden entsprechende Anwendung, RedVorl/ wenn die Verpflichtung zur Entrichtung einer Leibrente auf letztwilliger Verfü- ZustOR § 478 K E § 656 gung, Urtheil oder Gesetz beruht. E I § 663
Den Landesgesetzen bleibt vorbehalten, für den mit der Ueberlassung eines Guts RedVorl/ in Verbindung stehenden Leibgedings-, Leibzuchts-, Altentheils- oder Auszugs- ZustOR § 479 Vertrag Vorschriften zu erlassen, welche in Ermangelung einer entgegenstehenden K E ξ 657 Vereinbarung für die Rechte und Pflichten der Vertragschließenden maßgebend sind. 16 Bei der 2. Beratung des K E war zu § 657 beantragt: I a) den Paragraphen hier zu streichen und die Note dahin zu fassen : „Das Einführungsgesetz wird die Bestimmung enthalten: Den Landesgesetzen bleibt vorbehalten . . ."
I Prot I 11838 v. Mandry (Nr 617, 48)
b) in Zeile 2, 3 statt „Leibgedings-, Leibzuchts-, Altentheils- oder" zu setzen Johow „Leibgedingsvertrag, Leibzuchtsvertrag, Altentheilsvertrag oder" (Nr 615, 5) Der Antrag zu a wurde angenommen, desgleichen wurde die zu b vorgeschlagene Fassungsänderung für die Note genehmigt. Die Note ist zu § 656 aufzunehmen. Im E I steht § 657 K E unter Berücksichtigung der vorstehenden Fassungsändejrung in einer Fußnote zu der Überschrift des 14. Titels: „Leibrente".
Dazu ist in der RedVorl angemerkt: 1. Der allerdings beschlossene Zwischensatz: „sofern — ist" im ersten Absätze ist hier entbehrlich; er miißte ja auch im 2. Absätze wiederholt werden. Der § 2 (476 RedVorl) enthält zweifellos gleichfalls eine lex dispositiva. 2. Durch die Trennung in drei Absätze wird klar, daß der 3. Absatz auch auf die kontraktliche Frist sich bezieht, es wird dies dem Beschlüsse entsprechen. Der zu 1 gedachte Zusatz ist in dieser Beziehung unerheblich, wenn er nicht auch im 2. Absätze aufgenommen wird. 1 5 Zu § 477 RedVorl ist angemerkt: Der J 3 (477) enthält zweifellos eine einfache Auslegungsregel. 16 Dazu ist in der RedVorl und Z u s t O R angemerkt: Der S 5 (ZustOR: § 479) gehört in das Einführungsgesetz. 14
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§760
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
C. 2. Kommission I. Zu § 661 war beantragt, den Abs. 3 zu fassen (Prot. II, Bd. 2, S. 486f.; Mugdan, Bd. 2, S. 1005): v. Mandry Hat der Leibrentenempfänger den Beginn der Frist, für welche im voraus zu lei(Nr 247, 1) sten ist, erlebt, so ist die auf dieselbe fallende Leibrente auch dann voll zu entrichten, wenn er vor Ablauf der Frist stirbt. Die Mehrheit war der Ansicht, der Abs. 3 sei in dem Sinne zu verstehen, daß eine Rückforderung gegenüber den Erben nicht stattfinden solle; die Entscheidung der Frage, ob dies durch eine dem Antrage entsprechende Fassung zu verdeutlichen sei, könne der Red.Komm. überlassen werden. Im Uebrigen wurde der § 661 nicht beanstandet, sondern wesentlich aus den in den Mot. entwickelten Gründen gebilligt. Der § 662, zu dem ein Antrag nicht vorlag, wurde beibehalten. Zu § 663 lag der Antrag vor: a) die Vorschrift zu streichen oder folgendermaßen zu fassen: Jacubezky Die Vorschriften der §§ 660 bis 662 finden entsprechende Anwendung, wenn die (Nr 229,1) Verpflichtung zur Entrichtung einer Leibrente auf Gesetz beruht. b) der Berathung des fünften Buches die Entscheidung darüber vorzubehalten, ob daselbst etwa als § 1864a folgende Bestimmung aufzunehmen ist: Ist eine Leibrente vermacht, so finden die Vorschriften der §§ 660 bis 662 entsprechende Anwendung. Die Komm, beschloß, den Fall einer auf Urtheil beruhenden Rentenverpflichtung im Gesetze nicht besonders zu erwähnen, indem sie in dieser Beziehung den Ausführungen des Antragstellers beitrat. Im Uebrigen entschied sie sich für die Beibehaltung des Entw.
E I-VorlZust
§661
EI-VorlZust §662 E I-VorlZust §663
II. In der VorlZust lauten die beschlossenen Vorschriften : Die Leibrente ist im Voraus zu entrichten. Die Frist, für welche die Vorausleistung erfolgen muß, beträgt, wenn Geld zu zahlen ist, drei Monate; sind andere Leistungen zu bewirken, so bestimmt sich die Frist nach der Beschaffenheit des zu leistenden Gegenstandes und nach dem Zwekke der Leistung. Hat der Berechtigte den Beginn der Frist erlebt, so ist der auf sie fallende Betrag voll zu entrichten, auch wenn der Berechtigte vor Ablauf der Frist stirbt. Im Zweifel ist anzunehmen, daß die Bestimmung des Betrages der Leibrente sich auf eine Jahresperiode bezieht. Die Vorschriften der §§ 660 bis 662 finden entsprechende Anwendung, wenn die Verpflichtung zur Entrichtung einer Leibrente auf Verfügung von Todes wegen oder Gesetz beruht.
III., IV. In der ZustRedKom lauten §§ 661, 663, 17 im E II §§ 702, 703: E I-ZustRedKom Die Leibrente ist im Voraus zu entrichten. § 661 Eine Geldrente ist für drei Monate vorauszuzahlen; besteht die Rente in anderen E II § 702 Leistungen, so (E II : bei einer anderen Rente) bestimmt sich der Zeitabschnitt, für 17 S 662 E I ist in der ZustRedKom und im E II dem § 660 E I-ZustRedKom, § 701 E II als Absatz 2 angefügt, s. bei § 759 BGB.
436
16. Titel: Leibrente
§761
welchen sie im Voraus zu entrichten ist, nach der Beschaffenheit und dem Zwecke der Leistung. Hat der Gläubiger den Beginn des Zeitabschnitts erlebt, für welchen die Rente im Voraus zu entrichten ist, so gebührt ihm der volle auf den Zeitabschnitt fallende Betrag. Die Vorschriften der §§ 660, 661 (Ε II: 701, 702) finden auch dann Anwendung, E I-ZustRedKom wenn (E II: gelten auch für die Fälle, in welchen) die Verpflichtung zur Gewährung S 663 einer Leibrente auf Verfügung von Todeswegen oder auf Gesetz beruht. E II § 703 V. Im E II rev § 748, E III § 747 liegt die in § 760 BGB Gesetz gewordene Fassung vor. § 703 E II ist im E II rev gestrichen 18 . E. Reichstag (XII. Kommission) I. Zur 2. Lesung war beantragt: hinter § 747 aufzunehmen:
_ . r -, . ι § 747 a
Wird in Verbindung mit der Ueberlassung eines Grundstücks ein Leibgedinge versprochen, so muß der Jahreswerth der Leistungen im Voraus bestimmt werden. Bei liebloser Behandlung darf der Berechtigte statt der versprochenen Leistung Zahlung des Jahreswerths verlangen. Der Eigenthümer kann jederzeit statt der Naturalleistung die Geldrente nach Maßgabe des ersten Absatzes entrichten. II. 46. Sitzung vom 5. 6. 1896, Bericht v. Heller Den Antrag v. Dziembowski zum §747 (Nr. 123 der Drucksachen Ziff. 17) lehnte die Kommission einstimmig ab. Der Antragsteller war nicht anwesend. § 761 Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den eine Leibrente versprochen wird, ist, soweit nicht eine andere Form vorgeschrieben ist, schriftliche Ertheilung des Versprechens erforderlich. Vorbemerkung des Herausgebers: Eine dem §761 entsprechende Vorschrift fehlt im E I, E II und noch im E III. Zu Art. 872 DresdE und dessen Streichung durch die 1. Kommission s. Prot. I 2660 bei § 759 BGB. E. Reichstag (XII. Kommission) II. 19. Sitzung vom 20. 3. 1896, Bericht v. Heller Der Antrag von Kauffmann 1 , dem § 746 (E III, s. bei § 760 BGB) hinzuzufügen: „Das Versprechen einer Leibrente bedarf der schriftlichen Form" wurde einstimmig angenommen. 18
1
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v. DziembowskiPomian
Wohl bei Beratung des Erbrechts; zugleich ist die Fassung des § 701 E II geändert, s. N. 5 zu § 759 BGB. Den Zusammenhang, in dem der Antrag gestellt wurde, sowie den Wortlaut des Berichts von Heller s. bei § 766 BGB.
437
§ § 762 —763
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
SIEBZEHNTER TITEL Spiel. Wette. §762 Durch Spiel oder durch Wette wird eine Verbindlichkeit nicht begründet. Das auf Grund des Spieles oder der Wette Geleistete kann nicht deshalb zurückgefordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat. Diese Vorschriften gelten auch für eine Vereinbarung, durch die der verlierende Theil zum Zwecke der Erfüllung einer Spiel- oder Wettschuld dem gewinnenden Theile gegenüber eine Verbindlichkeit eingeht, insbesondere für ein Schuldanerkenntniß. §763 Ein Lotterievertrag oder ein Ausspielvertrag ist verbindlich, wenn die Lotterie oder die Ausspielung staatlich genehmigt ist. Anderenfalls finden die Vorschriften des § 762 Anwendung. A. 1. Kommission I. 245. Sitzung vom 10. 10. 1883, Schriftführer Neubauer I Prot 12630 | Zur Berathung gestellt wurden 1 die in dem Dresdener Entwurf unter der I Prot 12631 Ueberschrift: „Glücksverträge" sich fin-1 denden, den Spiel-, Ausspiel- und WettVertrag behandelnden Artikel 862 — 870, welche lauten: Artikel 862 1. Spiel DresdE Art 862 „Durch den Vertrag, vermöge dessen der Ausgang einer nach bestimmten Spielregeln vorgenommenen Thätigkeit entscheiden soll, welcher Vertragschließende Etwas von dem anderen als Gewinn zu erhalten habe (Spielvertrag), wird eine Forderung nicht begründet." DresdE An 863
Artikel 863 „Hat der Vertragschließende Das, was er in einem Spiele verloren hat, geleistet, so kann er das Geleistete nicht zurückfordern, ausgenommen, wenn der Empfänger sich bei dem Spiele einer Unredlichkeit schuldig gemacht hat."
Artikel 864 2. Lotterie- und Ausspielvertrag. DresdE Art 864 „Durch den Lotterie- oder Ausspielvertrag wird der Theilnehmer dem Unternehmer zur Bezahlung des bestimmten Preises des Looses und der Unternehmer dem Theilnehmer zur Ueberlassung eines Looses, und wenn dieses gewonnen hat, zur Bezahlung des darauf gefallenen planmäßigen Gewinnes oder zur Uebergabe der ausgespielten Sache verpflichtet. Zur Gültigkeit des Lotterie- und Ausspielvertrages ist, sofern die Landesgesetze I Prot 12632 nicht etwas Anderes bestimmen, die Genehmigung der zuständi-1 gen Behörde erforderlich." ι Die auf dieser Sitzung voraufgegangenen Beratungen s. bei § 779 BGB. 438
17. Titel: Spiel, Wette
§ § 7 6 2 - 763
Artikel 865 „Der Unternehmer ist verpflichtet, die Loosziehung zu der in dem Plane voraus DresdE Art 865 bestimmten Zeit vorzunehmen, selbst wenn zu dieser Zeit noch nicht alle Loose abgesetzt sind; er ist jedoch in diesem Falle berechtigt, die noch nicht abgesetzten Loose auf eigene Rechnung zu spielen." Artikel 866 „Der Inhaber eines nicht auf den Namen lautenden Looses ist als solcher berech- DresdE Art 866 tigt, den darauf gefallenen Gewinn zu fordern; auf Loose, welche auf jeden Inhaber lauten, finden die Vorschriften der Artikel 18 — 21, 236 und 347 Anwendung." Artikel 867 „Vorstehende Bestimmungen kommen nur insoweit zur Anwendung, als nicht DresdE Art 867 die Landesgesetze für gewisse Lotterie- und Ausspielgeschäfte etwas Anderes bestimmen." Artikel 868 3. Wette. „Durch den Vertrag, vermöge dessen die in ihren Behauptungen sich widerstrei- DresdE Art 868 tenden Vertragschließenden sich gegenseitig versprechen, daß Derjenige, dessen Behauptung sich als unrichtig ergeben sollte, zum Vortheil des Anderen oder eines Dritten Etwas als Wettpreis leisten soll (Wettvertrag), wird eine Forderung nicht begründet." Artikel 869 „Ist der Wettpreis vor Entscheidung der Wette hinterlegt worden, so kann der DresdE Art 869 Gewinnende die Auslieferung des Wettpreises verlangen. Hat | der Verlierende nach | Prot 12633 Entscheidung der Wette den Wettpreis geleistet, so kann er das Geleistete nicht zurückfordern. Wurde durch die Wette, ohne daß dies dem Verlierenden bekannt war, eine den Gesetzen oder den guten Sitten widerstreitende Handlung befördert, oder hatte der Wettende bei Schließung des Wettvertrages von dem Ausgange der Wette Gewißheit und hat er dies dem anderen Theile verschwiegen oder hat er sich einer Unredlichkeit schuldig gemacht, so kann der Gewinnende die Auslieferung des hinterlegten Wettpreises nicht verlangen und der Verlierende kann den geleisteten Wettpreis zurückfordern." Artikel 870 „Ein Vertrag, nach welchem ein Vertragschließender dem Andern den Unter- DresdE Art 870 schied zwischen dem vereinbarten Preise einer Sache und dem Marktpreise oder Kurse, welchen die Sache zu einer gewissen Zeit gehabt habe, oder haben werde, zahlen soll (Differenzgeschäft), ist nach den Vorschriften über die Wette zu beurtheilen. Dies gilt insbesondere von einem Lieferungsgeschäft, welches nur zum Scheine auf Lieferung einer Sache zu einer gewissen Zeit gerichtet und bei welchem die Absicht der Vertragschließenden nur dahin gegangen ist, daß der Unterschied zwischen dem vereinbarten Preise und dem Marktpreise oder Kurse zur scheinbaren Lieferungszeit von dem Einen dem Andern vergütet werden soll." Eine einleitende Debatte führte zum Einverständniß über folgende Punkte: 1. Besondere Vorschriften über „gewagte Verträge" im Allgemeinen sind in das Gesetzbuch nicht aufzunehmen. Solche Bestimmungen sind schon wegen Unbestimmtheit des Begriffs eines gewagten Vertrags im Gegensatze zu dem nichtgewagten Vertrage nicht am Platze. 439
§ § 762 — 7 6 3
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
I Prot I 2634
| 2. Auch über „Glücksverträge" hat das Gesetzbuch allgemeine Vorschriften nicht aufzunehmen, sondern nur gewisse Glücksverträge, insbesondere den Spielund Wettvertrag, zu behandeln. Es giebt allerdings Verträge, welche denselben aleatorischen Charakter an sich tragen, wie diejenigen, welche zur besonderen Behandlung sich eigenen, namentlich wie die Spiel- und Wettverträge, ohne gerade unter den Begriff der letzteren zu fallen. So sehr es sich nun auch vom prinzipiellen Standpunkte empfehlen möchte, alle den gemeinsamen aleatorischen Charakter an sich tragenden Verträge denselben Normen zu unterwerfen, so muß gleichwohl darauf verzichtet werden, für alle diese Verträge gemeinsame Normen aufzustellen, weil auch sie — die sogenannten Glücksverträge — einer zutreffenden gesetzlichen Definition sich entziehen. Es ist aber auch kein Bedürfniß, für alle aleatorischen Verträge der fraglichen Art Vorsorge zu treffen. Es genügt, diejenigen Verträge auszuzeichnen, welchen, wie den Spiel- und Wettverträgen, ferner der im Versicherungsrechte vorzusehenden Ueberversicherung u.s.w., eine erhebliche praktische Bedeutung beiwohnt. Die übrigen Verträge können wegen ihrer verhältnißmäßigen Seltenheit um so mehr auf sich beruhen, als sie nicht selten die Verschleierung eines Spiel- oder Wettvertrags ergeben werden und dies in der Praxis keineswegs verkannt werden wird.
IProti 2635
3. Der Entwurf behandelt in dem vorliegenden Abschnitte zunächst den Spielvertrag und im Anschluß hieran den Lotterie- und Ausspiel-Vertrag, sodann den Wettvertrag und im Anschluß hieran das Differenzgeschäft. Er beschränkt sich hiernach im Wesentlichen auf die Behandlung des Spiel- und Wettvertrags, indem er insbesondere die Erledigung der Ueberversicherung dem Versicherungsrechte überläßt. Hierin kann nach dem Vorhergehenden dem Entwürfe unbedenklich gefolgt werden. Die Regeln, welche für den Spiel- und Wettvertrag in dem Entwürfe aufgestellt werden, sind in der Hauptsache identisch. Der Entwurf versagt beiden Verträgen | die Anerkennung, schließt jedoch die Zurückforderung des Geleisteten aus. In Ansehung des Hauptprinzips wird also zwischen Spiel- und Wettvertrag nicht unterschieden. Die Aufstellung eines gemeinsamen Hauptprinzips für beide Verträge, und nicht minder das Prinzip selbst, für welches im Entwürfe entschieden ist, verdienen im Allgemeinen Billigung. In beiderlei Rücksicht entspricht der Entwurf der in der Gegenwart vorherrschenden, auch in den modernen Kodifikationen im Wesentlichen zur Anerkennung gelangten Rechtsauffassung. 4. Der Entwurf definiert sowohl den Spielvertrag als den Wettvertrag. Seine Definitionen unterliegen jedoch der Anfechtung. Sie entsprechen insbesondere nicht der Auffassung, welche in der neuesten Zeit bei Beurtheilung der gewerbsmäßig betriebenen Aufforderung zur Eingehung von sogenannten Wetten bei Gelegenheit von Pferderennen (Buchmachen) in der Judikatur des Reichsgerichts (vgl. Entsch. in Strafsachen Bd. 6 S. 172 und 421), und des preußischen Oberverwaltungsgerichts (vgl. Entsch. desselben Bd. 8 S. 363) sich Geltung verschafft hat. Es verdient den Vorzug, von den Definitionen nach Vorbild des Reichs-Strafgesetzbuchs, des Preußischen Allgemeinen Landrechts, des sächsischen Gesetzbuchs, des Code civil und des Schweizer Obligationenrechts u.s.w. abzusehen und dieselben der Wissenschaft zu überlassen. Es ist dies um so unbedenklicher, als beide Verträge denselben Hauptregeln unterliegen und die Besonderheiten, welche nach dem Entwürfe für den Wettvertrag noch bestimmt werden, von nur geringer Bedeutung erscheinen, also auch im Falle ihrer Billigung für die Nothwendigkeit oder Angemessenheit der Begriffsbestimmungen nicht entscheidend sein können. 440
17. Titel: Spiel, "Wette
§ § 7 6 2 - 763
5. Wird weder der Spiel- noch der Wettvertrag definirt, so erscheint es angemessen, das für beide Verträge geltende gemeinsame Prinzip in einem Paragraphen auszusprechen und die Besonderheiten, welche für den einen oder andern Vertrag etwa beschlossen werden möchten, sodann die etwa für | nöthig erachteten Bestim- | Prot 12636 mungen über den Ausspielvertrag und das Differenzgeschäft folgen zu lassen. Es wurde zur Berathung der Einzelheiten übergegangen. Folgende Anträge waren gestellt: 1. die Artikel 862, 863, 868 und 869 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: Kurlbaum „Durch Spielvertrag oder Wettvertrag wird ein Schuldverhältniß unter den Ver- (Nr 476) tragschließenden nicht begründet. Ist zur Berichtigung eines Spiel- oder Wettverlustes ein Schuldversprechen oder Schuldanerkenntniß gegeben, so kann der Schuldner die Erfüllung der aus dem Versprechen oder Anerkenntniß sich ergebenden Verpflichtung verweigern oder Befreiung von der letzteren verlangen. Eine andere nach der Entscheidung des Spiels oder der Wette von dem Verlierenden zur Berichtigung des Verlustes gemachte Leistung kann deshalb, weil eine Schuld nicht bestanden hat, nicht zurückgefordert werden. Ist vor der Entscheidung des Spiels oder der Wette von einem der Vertragschließenden ein Einsatz bei einem Dritten hinterlegt worden, so hat der Gewinnende den Anspruch auf Herausgabe des Einsatzes." 2. die vorstehende Bestimmung mit der Maßgabe zu billigen, daß v. Weber a, dem ersten Absätze hinzuzufügen am Schlüsse : (Nr 477) „Eben so wenig kann das Erlöschen eines Schuldverhältnisses von dem Ausgange eines Spieles oder einer Wette abhängig gemacht werden." b, dem dritten Absätze hinzuzufügen am Schlüsse : „ausgenommen, wenn das Spiel oder die Wette verboten w a r . " u c, den vierten Absatz zu streichen. lb I Prot 12637 13. an Stelle der Artikel 862, 863, 868, 869 zu bestimmen: „Durch Spiel- oder Wettvertrag wird ein Schuldverhältniß nicht begründet. Das v. Kübel in Folge Spiels oder Wette Geleistete kann jedoch deshalb nicht zurückgefordert werden, weil ein Schuldverhältniß nicht bestanden hat." Soweit die Anträge bezwecken, die Definitionen zu vermeiden und das für den Spiel- und Wettvertrag gemeinsam geltende Prinzip in einem Paragraphen zusammenzufassen, soweit sie ferner in Ansehung dieses Prinzips dem Entwürfe sich anschließen, blieben sie in Gemäßheit der vorausgegangenen Verständigungen unbeanstandet. Im Uebrigen wurde beschlossen, was folgt:
1. Der Entwurf bestimmt: durch den Spiel- beziehungsweise Wettvertrag werde eine Forderung nicht begründet, die Anträge schlagen die Bestimmung vor: „durch den pp. Vertrag werde zwischen (unter) den Vertragschließenden ein Schuldverhältniß nicht begründet." Dieser Vorschlag wurde genehmigt. 2. Entwurf und Anträge bestimmen: „das Geleistete könne nicht zurückgefordert werden". Die Aufnahme einer solchen Bestimmung wurde genehmigt. la
Im Original fehlen die zweiten Anführungszeichen. "> Im Original steht: der vierte Absatz zu streichen. Der Text folgt dem Antrag wie er von v. Weber gestellt war.
441
§ § 7 6 2 - 763
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
3. Die Anträge bringen zu der vorstehenden Bestimmung den Zusatz in Vorschlag: „deshalb, weil ein Schuldverhältniß nicht bestanden habe." Der Zusatz wurde gebilligt. 4. Der Entwurf läßt in Ansehung des Spiels einigermaßen zweifelhaft, ob die Zurückforderung auch dann ausgeschlossen sei, wenn zwar erst nach dem Abschluß des Vertrags, aber noch vor der Entscheidung geleistet ist, während er in Ansehung der Wette klar bestimmt, daß die Rückforderung nur ausgeschlossen sei in dem Falle, wenn nach der Entscheidung geleistet ist. Die Mehrheit erklärte sich — in AbI Prot 12638 weichung von den Anträgen Ν - 1 und 2 — | sowohl in Ansehung des Spiels als der Wette gegen die Zulässigkeit der Rückforderung, womit der Antrag N 2 2a für erledigt galt. 5. Die Bestimmung Absatz 2 des Antrags Ν 2 1 wurde genehmigt. 6. Die Bestimmung Absatz 4 des Antrags Ν - 1 und Satz 1 des Artikels 869 des Entwurfs wurden abgelehnt. Die Gründe waren: Zu 1. Stehe bei dem Spielvertrage ein absolut verbotenes Spiel in Frage, so sei derselbe nichtig (Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse § 84, Protokolle S. 214 —216)2. Dieser Fall scheide von der Beurtheilung vorläufig aus, da kein Grund vorliege, einen solchen Vertrag gegen die allgemeine Regel zu begünstigen. Werde von ihm abgesehen, so lasse sich der Spiel- und Wettvertrag nicht schlechthin deshalb für nichtig erachten, weil er gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoße (§ 85 a.a.O., Protokolle S. 215, 216) 3 ; er erscheine vielmehr, sofern nicht besondere Umstände hinzuträten, rechtsverbindlich, wenn nicht das Gesetz ihn besonders reprobire. Die Reprobation dürfe aber nicht so weit gehen, daß er einfach durch eine zivilrechtliche Vorschrift verboten und damit für nichtig erklärt werde (§ 84 a.a.O.). Die bereits oben erwähnte, in der Gegenwart vorherrschende Rechtsauffassung erheische, die Reprobation dahin zu beschränken, daß die Rückforderung des Geleisteten ausgeschlossen werde. Es ergebe sich alsdann jenes unvollkommene Rechtsverhältniß, von welchem Seite 466, 467 der Protokolle 4 die Rede sei und wie ein ähnliches bereits in § 156 der Zusammenstellung der auf den Allgemeinen Theil sich beziehenden Beschlüsse (Protokolle S. 387 — 391) 5 anerkannt worden. Das Gesetz versage einem nach den allgemeinen Grundsätzen gültigen Schuldverhältnisse aus besonderen Gründen die AnerkenI Prot 12639 nung bis auf einen gewissen von ihm näher bestimmten Theil — ein | besonderes residuum. Dieser Gedanke finde in der von den Anträgen vorgeschlagenen Fassung den passendsten Ausdruck. zu 2. Die Bestimmung könnte für entbehrlich erachtet werden, weil schon die Grundsätze über die condictio indebiti die Unzulässigkeit des Rückforderungsanspruchs insofern ergäben, als die Annahme begründet sei, es sei wissentlich eine Nichtschuld geleistet (§ 262 Abs. 2 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 1487— 1492)6. Dagegen sei aber geltend zu machen, daß die condictio indebiti zulässig sein würde, wenn in Unkennt2 3 * s *
S. bei S. bei S. bei S. bei S. bei
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§134 § 138 § 241 § 222 J 812
BGB. BGB. BGB. BGB. BGB.
17. Titel: Spiel, Wette
§§762-763
niß der Unverbindlichkeit der Schuld, ζ. B. von einem Erben, der den Entstehungsgrund nicht gekannt habe, geleistet sei. Dürfe man mit Recht davon ausgehen, daß es angemessen sei, Proresse über Spiel- und Wettschulden überhaupt nicht zuzulassen, gleichviel ob die Leistung erfolgt sei oder nicht, so müsse die Aufnahme der fraglichen Bestimmung sich empfehlen, zumal sie für die bei Weitem meisten Fälle zweifellos richtig sei und nicht wenig in einer überaus praktischen Materie zur Verständlichkeit des Gesetzes beitrage. zu 3. Der Zusatz rechtfertige sich zur Beseitigung des Mißverständnisses, die Rückforderung sei auch aus anderen Gründen, ζ. B. mit der condictio ob turpem causam, mit der Betrugsklage u.s.w. ausgeschlossen. zu 4. Für die Unzulässigkeit der Rückforderung dürfe es keinen Unterschied machen, ob vor oder nach der Entscheidung des Spiels oder der Wette geleistet sei. Werde nach der Entscheidung geleistet, so sei der in der Leistung sich bethätigende dingliche Vertrag vollwirksam. Erfolge die Leistung nach Abschluß des obligatorischen Vertrags aber noch vor der Entscheidung, ζ. B. durch Zession oder Erlaß, so stehe der fragliche dingliche Vertrag unter einer aufschiebenden oder auflösenden . p ^ ^ ^ Q Bedingung, durch deren Erfül- | lung beziehungsweise Nichterfüllung er zur vollen ' Wirksamkeit gelange, während die Zulassung der Rückforderung vorder Entscheidung gleichfalls mit den Grundsätzen über bedingte Rechtsgeschäfte nicht im Einklänge stehe (Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse SS 107 und ff; Protokolle Seite 278 und ff) 7 . Zudem würde eine Abweichung von jenen Grundsätzen dem schon gedachten Prinzipe widerstreben, daß Prozesse aus Spiel- und Wettverträgen nicht zuzulassen, ferner wenigstens nicht in voller Uebereinstimmung mit den übrigen Gründen stehen, auf welchen die Ausschließung der soluti repetitio beruhe. Wie die Beurtheilung sich gestalte, wenn die Bestimmungen des Sachenrechtsentwurfs über die bedingte Tradition Billigung finden sollten (Sachenrechtsentwurf SS 137, 119), habe das Gesetz nicht zu entscheiden und am wenigsten an dieser Stelle zu bestimmen. Von einer Seite war geltend gemacht worden : Sei bei dem eine Thätigkeit beider Spielenden erheischenden Spiel-Vertrage der dingliche Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung abgeschlossen, d. h. unter einer aufschiebenden Bedingung geleistet, so müsse derjenige, welcher geleistet habe, da er zu der Thätigkeit, welche das Spiel erfordere, nicht verpflichtet sei, diese Thätigkeit folglich versagen und demzufolge auch geltend machen können 8 , die Bedingung sei fehlgeschlagen, das Rückforderungsrecht auf Grund des Inhalts des Leistungsvertrags haben. Man war der Ansicht, daß die Entscheidung dieser Frage der Rechtswissenschaft überlassen bleiben könne. zu 5. Werde der Anerkennung eine ähnliche Wirkung wie der Leistung beigelegt, so würde der gesetzlichen Reprobation des Spiel- und Wettvertrags der größte Theil ihrer Bedeutung entzogen. Der S 156 Absatz 1 der Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 387 u. ff.) — zu vergleichen auch I S 158 a.a.O. (Protokolle S. 3 8 7 - 3 9 0 ) 9 - könne in dieser Beziehung | Prot 12641 sichtbar nicht zum Vorbild dienen. Schweige aber das Gesetz von der Wirkungslosigkeit der Anerkennung, so würde diese mindestens dann kaum für wirkungslos 7 S. bei § 158 BGB. 8 Im Original steht „könne". 9 S. bei § 222 BGB.
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§§762-763
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
erachtet werden dürfen, wenn eine indiskrete Anerkennung in schriftlicher Form ertheilt sei (Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse S 302, Protokolle S. 1734-1739, 1748 —1751)10. zu 6. Es sei kein Bedürfniß, den immerhin seltenen Fall der Hinterlegung besonders vorzusehen und ihn der konkreten richterlichen Beurtheilung insbesondere nach der Richtung zu entziehen, ob und inwiefern Leistung anzunehmen sei. 246. Sitzung vom 12. 10. 1883, Schriftführer Neubauer I Prot 12643
| Die Berathung des Abschnitts des Obligationenrechts betreffend „Spiel und Wette" wurde fortgesetzt, zunächst zu Art. 862, 863, 868, 869. In Ergänzung der in der vorigen Sitzung gefaßten Beschlüsse wurde nachträglich beschlossen, was folgt: 1. Nach den Art. 863, 869 soll die Bestimmung, welche die Zurückforderung des Geleisteten ausschließt, keine Anwendung finden, wenn der Empfänger einer Unredlichkeit sich schuldig gemacht hat. Die Mehrheit erklärte sich gegen die Aufnahme einer solchen Vorschrift.
Sie war der Ansicht: Wenn das Gesetz in Gemäßheit des in der vorigen Sitzung gefaßten Beschlusses die Zurückforderung des Geleisteten nur insofern ausschließe, als der Rückforderungsanspruch die Behauptung, es sei kein Schuldverhältniß begründet, zur Grundlage habe, so leuchte ein, daß damit dem auf Betrug oder Unredlichkeit gestützten Rückforderungsanspruche (zu vergi. Dresdener Entwurf Art. 1014) in keiner Weise präjudizirt sei. Nicht minder leuchte ein, daß — was zuI Prot 12644 nächst das Spiel betreffe — eine Un- | redlichkeit oder eine heimliche Verletzung der Spielregeln, welche bei fortgesetztem Spiele alle einzelnen Spiele berühre (z. B. das Spielen mit gezeichneten Karten), den Anspruch auf Zurückerstattung aller Leistungen begründen müsse, ohne daß der Nachweis des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Unredlichkeit und dem Verluste bei dem einzelnen Spiele erforderlich sei. Der Anspruch auf Zurückerstattung aller Leistungen sei schon deshalb begründet, weil bei jedem einzelnen Spiele die Spielregeln verletzt, folglich eine Spielschuld nicht begründet worden und deshalb die Kondiktion wegen Verfehlung des bezweckten rechtlichen Erfolgs (§ 267 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 1537— 1542)11 begründet sei. Der Entwurf scheine aber auch eine weiter gehende Vorschrift zu bezwecken, nämlich die: sei im Falle des fortgesetzten Spiels auch nur einmal bei einem Spiele unredlich verfahren, so werde vermuthet, es sei bei allen Spielen, die zu Gunsten desjenigen, welchem die Unredlichkeit nachgewiesen werde, ausgefallen seien, unredlich gehandelt. Eine solche sichtbar rein positive Vorschrift, die übrigens im Entwürfe keineswegs einen genügenden Ausdruck gefunden habe, erscheine bedenklich. So erhebliche praktische Gründe sich für dieselbe auch geltend machen ließen, so stehe ihr andrerseits die Betrachtung entgegen, daß sich schwer bestimmen lasse, unter welchen Voraussetzungen ein fortgesetztes Spiel anzunehmen sei. Demzufolge könne es nicht angemessen erscheinen, mittels positiver Vorschrift in kasuistischer Weise einzugreifen. In den meisten Fällen werde übrigens auch ohne eine solche Vorschrift das verständige richterliche Ermessen die sachgemäße Entscheidung nicht verfehlen. Für die Wette habe endlich die angeregte Frage kaum eine BedeuI Prot 12645 tung; unter allen Umständen unterliege | diese Frage bei der Wette der gleichen Beurtheilung. io S. bei SS 780, 781 BGB. " S. bei § 8 1 2 BGB.
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17. Titel: Spiel, Wette
§ § 7 6 2 - 763
2. Der Art. 869 bestimmt für die Wette, die Vorschrift, welche die Zurückforderung des Geleisteten ausschließt, sei unanwendbar, wenn der Empfänger bei Schließung des Vertrags von dem Ausgange der Wette Gewißheit gehabt und dies dem anderen Theile verschwiegen habe. Die Mehrheit erklärte sich gegen die Aufnahme dieser Vorschrift. Man erachtete die Bestimmung, soweit sie als richtig anerkannt werden könne, wegen der dem Empfänger zur Last fallenden Unredlichkeit für selbstverständlich und daher entbehrlich, in der Allgemeinheit, in welcher der Entwurf rede, aber deshalb nicht für richtig, weil Fälle denkbar seien, in welchen nach den besonderen Umständen und dem daraus sich ergebenden Parteiwillen die Verschweigung der fraglichen Wissenschaft oder Gewißheit den Vorwurf der Unredlichkeit nicht zu begründen vermöge. 3. Der Art. 869 gestattet bei der Wette die Zurückforderung des Geleisteten, wenn die Wette, ohne daß es dem Verlierenden bekannt war, die Beförderung einer den Gesetzen oder den guten Sitten widerstrebenden Handlung bezweckte. Die Mehrheit erklärte sich gegen die Aufnahme dieser Vorschrift, indem man dieselbe wegen des § 272 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 1557—1560)12 und deshalb für überflüssig hielt, weil nach dem in der vorigen Sitzung gefaßten Beschlüsse der Erstattungsanspruch nur insofern ausgeschlossen sei, als er auf das Nichtbestehen eines Schuldverhältnisses sich stütze, nicht aber auch, sofern er nach § 272 gerechtfertigt erscheine. 4. Der Entwurf schweigt von den Leistungen, die in Folge eines verbotenen Spiels oder einer verbotenen Wette bewirkt sind. I Es war die Aufnahme der Vorschrift beantragt (zu vergi. S. 2636 zu : | Prot 12646 „die Bestimmung über die Unzulässigkeit der Rückforderung des Geleisteten finde im Falle des verbotenen Spiels oder der verbotenen Wette keine Anwendung." Die Mehrheit erklärte sich gegen die Aufnahme dieser Vorschrift. Sie ging davon aus : Sei der konkrete Spiel- oder Wettvertrag durch das Gesetz schlechthin und absolut verboten, so werde der § 84 der Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 215, 216) anwendbar. Es trete Nichtigkeit des Vertrags ein, und zwar auch des dinglichen Vertrags, da wohl anzunehmen sei, das Gesetz habe zur Erreichung seines Zwecks durch das absolute Verbot nicht blos den obligatorischen, sondern auch den dinglichen Vertrag treffen wollen. In Gemäßheit der Nichtigkeit des Vertrags könne alsdann das Geleistete vindizirt und, soweit es nicht mehr vorhanden sei, Ersatz mit der condictio sine causa (nicht ob rem) verlangt werden. Es sei nicht nöthig, diese Folgen besonders auszusprechen, denn die in der vorigen Sitzung beschlossene Vorschrift, welche die Rückforderung des Geleisteten ausschließe, lasse sich (wie schon wiederholt hervorgehoben) auf die Fälle nicht beziehen, in welchen die Leistung aus einem anderen besonderen Grunde (z. B. wegen Wahnsinns des Leistenden, aber auch wegen der Verletzung eines Verbotsgesetzes) nichtig sei. Hiernach könne es den Anschein gewinnen, als sei es im Interesse der leichteren Verständlichkeit des Gesetzes um so unbedenklicher, die vorgeschlagene Bestimmung aufzunehmen. Gegen die Aufnahme spreche jedoch noch ein anderer Grund. Die Gesetze über das verbotene Spiel, insbesondere auch die einschlagenden | Vor- | Prot I 2647 Schriften des Reichsstrafgesetzbuchs (§§ 284, 285, 360 Nr. 14), ließen, weil das absolute Verbot der Vornahme zu fehlen scheine, nicht selten Zweifel darüber zu, ob 12 S. bei S 817 BGB. 445
§§762-763
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
und inwieweit aus dem Verbote die zivilrechtliche Ungültigkeit des Vertrags zu folgern sei und ob nicht einer der Fälle vorliege, auf welche der Zusatz in § 84 a.a.O. sich beziehe: „sofern nicht das Gesetz ein Anderes ergiebt". Die Aufnahme der vorgeschlagenen Bestimmung könne nun leicht als eine Art von Deklaration der fraglichen Verbots- oder Strafgesetze gedeutet werden. Das bürgerliche Gesetzbuch müsse aber einleuchtend solche Deklarationen, deren Tragweite sich kaum übersehen lasse, vermeiden. 5. Der Entwurf übergeht das Darlehen zum Zwecke des Spiels oder der Wetten. Das geltende Recht nimmt zum Theil bekanntlich in dieser Beziehung einen andern Standpunkt ein, indem es die Rückforderung eines solchen Darlehens ausschließt (zu vergi. Mat. S. 2, 3, 11, 12). Der Standpunkt des Entwurfs blieb unbeanstandet. Man hielt es für nicht gerechtfertigt, behufs Einschränkung des Spiels und der Wetten den Anspruch auf Rückzahlung eines Darlehens der bezeichneten Art allgemein auszuschließen. Man glaubte, daß aus einer solchen Bestimmung die größten nicht zu billigenden Härten entstehen könnten, ohne jedoch darüber befinden zu wollen, wie die Beurtheilung sich gestalte: a) wenn ein Spieler dem Mitspieler zum Spiel oder Weiterspiel geliehen und von demselben die dargeliehene Summe gewonnen habe, ob in einem solchen Falle nicht eine kreditirte Spielschuld anzunehmen sei (zu vergi. Mat. S. 12), b) wenn ein verbotenes Spiel bezweckt sei und demgemäß die condictio ob turpem causam in Frage komme (§ 272 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 1557—1560, 1563, 1564) 13 . I Prot 12648 | Die Berathung ging zu den Art. 864 — 867 über. Beantragt war: Kurlbaum (Nr 476)
1. statt derselben zu bestimmen: „Ist ein Lotterie- oder Ausspielvertrag staatlich genehmigt, so sind die Theilnehmer nicht berechtigt, den geleisteten Einsatz zurückzufordern, der Unternehmer aber jedem Theilnehmer verpflichtet, nach dem Inhalte des Vertrags die Loosziehung vorzunehmen und den zugefallenen Gewinn zu leisten. Theilnehmer sind nur diejenigen, welche ein Loos erwerben oder, wenn Loose nicht ausgegeben werden, den Unternehmer wegen des Einsatzes vollständig befriedigt haben. Die hiernach unvollständig geleisteten Einsätze können zurückgefordert werden."
Planck (Nr 479, 1)
2. die Art. 864 — 867 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: „Durch den Lotterie- oder Ausspielvertrag wird, wenn die Lotterie- oder Ausspielung auf welche sich der Vertrag bezieht, staatlich genehmigt ist, der eine Vertragschließende (Theilnehmer) verpflichtet, dem anderen Vertragschließenden (Unternehmer) den für das Loos bestimmten Preis zu leisten, der Unternehmer aber verpflichtet, dem Theilnehmer das bestimmte Loos zu überlassen, die Loosziehung nach Maßgabe des Vertrages vorzunehmen und dem Theilnehmer den auf sein Loos gefallenen Gewinn zu leisten. Johow Auf Lotterie- und Ausspielverträge, welche sich auf eine staatlich nicht genehmigte Lotterie oder Ausspielung beziehen, finden die Bestimmungen über Spiel und Wette Anwendung." eventuell dem 2. Absätze noch folgenden Zusatz zu geben: I Prot 12649 „Jeder Theilnehmer ist die von ihm gemachte Lei- | stung nach Maßgabe der §§ 267 — 269 der Zusammenstellung des Obligationenrechts zurückzufordern be13 S. bei ξ 817 B G B .
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17. Titel: Spiel, Wette
§ § 7 6 2 - 763
rechtigt, wenn die Loosziehung und die Leistung des auf das Loos des Theilnehmers gefallenen Gewinns an denselben nicht nach Maßgabe des Vertrages erfolgt." 3. nur zu bestimmen: „Auf Lotterie- und Ausspielverträge, welche in dem Deutschen Reich staatlich genehmigt sind, findet § a (d. h. der in der vorigen Sitzung gefaßte Beschluß) keine Anwendung." Beschlossen wurden die Bestimmungen : 1. Auf den Lotterie- und Ausspiel-Vertrag finden die Bestimmungen über den Spiel- und Wettvertrag Anwendung. 2. Sei die Lotterie und Ausspielung staatlich genehmigt, so seien die Lotterieund Ausspielverträge gültig. Die Fassung der Bestimmungen blieb der Redaktion vorbehalten, wobei jedoch die Aufnahme einer dem ersten Absätze des Art. 864 entsprechenden, den wesentlichen Inhalt des Lotterie- und Ausspielvertrags bezeichnenden und den letzteren gewissermaßen definirenden Bestimmung als entbehrlich vermieden werden soll. Die Gründe waren: Es sei streitig, ob die Lotterie und Ausspielung in den Bereich von Spiel und Wette falle. Dieser theoretische Streit könne auf sich beruhen. Einleuchtend sei, daß vom legislativen Standpunkte wegen par ratio zwischen Lotterie und Ausspielung einerseits und Spiel und Wette andrerseits nicht unterschieden werden dürfe. Hieraus folge unmittelbar die Angemessenheit der Vorschrift, welche die BestimI mungen über Spiel und Wette für Lotterie und Ausspielung als anwendbar erkläre. | Prot 12650 Damit sei der Gegenstand aber noch nicht erledigt. Die Veranstaltung einer öffentlichen Lotterie oder Ausspielung sei reichsgesetzlich verboten und strafbar, aber nur, wenn sie ohne obrigkeitliche Erlaubniß erfolge (Reichsstrafgesetzbuch § 286). Das Verbot beziehe sich jedoch, was beachtet zu werden verdiene, nur auf die öffentlichen Lotterien und Ausspielungen. Die öffentlichen Lotterien und Ausspielungen seien nun aber die wichtigsten. Es erhebe sich die Frage, wie bei ihnen die staatliche Genehmigung wirke. Es sei eine dreifache Entscheidung möglich: 1. Die staatliche Genehmigung beseitige nur die Verbotswidrigkeit und Strafbarkeit, ohne die Gültigkeit der einzelnen Verträge zu berühren, die gerade so wie bei dem erlaubten Spiele und der erlaubten Wette nach den für Spiel- und Wettverträge geltenden Regeln zu beurtheilen seien; 2. Die in Folge der Genehmigung der Veranstaltung geschlossenen Verträge seien in Konsequenz der staatlichen Genehmigung vollgültig (Standpunkt der Anträge N2 2 und 3); 3. Diese Verträge seien nur verbindlich für die Unternehmer, unverbindlich für diejenigen, welche mit dem Unternehmer abschlössen, es sei denn, daß dieselben ihrerseits vollständig erfüllt hätten (Standpunkt des Antrags N e 1). Die erste Entscheidung erwecke, — und zwar in erhöhtem Maße in Ansehung der Staatslotterien — sichtbar erheblichen Anstoß, sie empfehle sich um so weniger, als die staatliche Genehmigung im Publikum die Ansicht hervorzurufen geeignet sei, die Ausführung der Veranstaltung sei gesichert und | auf die Gültigkeit der Ein- | Prot I 2651 zelverträge zu bauen. Die dritte Entscheidung führe zu einem mißlichen negotium claudicans und damit zu mancherlei Verwickelungen. Es ließen sich zwar die Gründe dafür anführen, welche in Preußen zu der bekannten A. Kabinetsorder vom 21. Juli 1841 (Ges. S. S. 131) Anlaß gegeben hätten. Indessen der in dieser Kabinetsorder ausgesprochene 447
§ § 7 6 2 - 763
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Zweck, dem schädlichen Lotteriespiele in gewissen Grenzen thunlichst zu steuern, lasse sich mit noch besserem Erfolge auf anderem Wege, insbesondere durch strenge Weisungen an die Lotteriekollekteurs, erreichen. Bei Weitem vorzuziehen sei daher die zweite Entscheidung, von der besondere Uebelstände schon deshalb nicht zu besorgen seien, weil vertraut werden könne, daß, wenn einmal die staatliche Genehmigung ertheilt sei, die Gültigkeit aller nachfolgenden einzelnen Verträge keinem erheblichen Bedenken unterliege. Die Aufnahme des ersten Absatzes des Art. 864 habe keinen Zweck. Was unter Lotterie- und Ausspielvertrag zu verstehen sei und welche Rechte und Pflichten aus demselben, bei Voraussetzung seiner Gültigkeit, im Allgemeinen entsprängen, brauche das Gesetz noch weniger, wie bei dem Spiel- und Wettvertrage zu lehren. Ueber die Wirksamkeit eines verbotenen Lotterie- und Ausspielvertrags dürfe endlich (aus ähnlichen Gründen wie hinsichtlich der verbotenen Spiel- und Wettverträge) eine besondere Bestimmung nicht aufgenommen werden. Wenn übrigens der Entwurf im Falle der fehlenden staatlichen Genehmigung anscheinend sogar alle Verträge für nichtig erkläre, also auch diejenigen, die ohne Veranstaltung einer öffentlichen Lotterie oder Ausspielung geschlossen würden, die I Prot 12652 | mithin doch nicht zu den verbotenen Verträgen gezählt werden könnten, so gehe er hierin gewiß zu weit, weil noch über die Normen hinaus, welche für die erlaubten Spiel- und Wettverträge gälten. Der Entwurf enthält in den Art. 865 und 866 noch einige besondere Bestimmungen über den gültigen Lotterie- und Ausspielvertrag. Beide Artikel wurden für entbehrlich erachtet, der erstere, weil sein Inhalt, so weit er je nach den Umständen des Falls als richtig gelten könne, sich von selbst verstehe, — der zweite, weil er sich durch die für die Schuldverschreibungen auf Inhaber beschlossenen Vorschriften (Zusammenstellung der sich auf das Obligationenrecht beziehenden Vorschriften SS 126 u. ff., Protokolle S. 873 u. ff.)14 erledige. Der einen Vorbehalt für die Landesgesetze enthaltende Art. 867 fand keinen Anklang, man vermochte ein Bedürfniß zu einem solchen Vorbehalte nicht zu erkennen. In Veranlassung des Materials gelangte schließlich noch zur Prüfung, ob Bestimmungen nöthig seien : a) über Zusendung nicht bestellter Loose (zu vergi. Mat. S. 18); b) über das verbotswidrige Spielen in auswärtigen Lotterien (zu vergi. Mat. S. 24 und die dort nicht angezogene Entscheidung des Reichsgerichts Bd. 5 S. 124); c) über die Prämienanleihen (zu vergi. Mat. S. 26); d) über die Loosentscheidung (zu vergi. Mat. S. 27) ; e) über die Mängelgewähr (zu vergi. Mat. S. 27, 28); f) über die Ausloosung im Falle der Emission einer größeren Zahl von Schuldbriefen (zu vergi. Mat. S. 28). Man hielt besondere Vorschriften weder in der einen noch in der anderen BezieI Prot 12653 hung für nöthig. Zur | Sprache kam dabei zu d, daß die Loosentscheidung in einem Falle (was im Material übersehen worden,) durch die bisher gefaßten Beschlüsse bereits anerkannt sei (Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse S 119 Abs. 2, Protokolle S. 828)15, und ihre Gültigkeit unzweifelhaft er-
H S. bei S 793 BGB. is S. bei S 659 BGB. 448
17. Titel: Spiel, Wette
§§762-763
scheine, wenn das Gesetz auf sie verweise oder wenn sie nur eine Theilung bezwekke und daß zu e) die Ausführung S. 27 und 28 des Materials anfechtbar erscheine. II. — IV. In der RedVorl und der ZustOR lauten die beschlossenen Vorschriften als §§ 473, 474, im KE als §§ 658, 659 und im E I als §S 664, 665: Durch Spielvertrag oder durch Wettvertrag wird ein Schuldverhältniß zwischen den Vertragschließenden nicht begründet. Das auf Grund des Vertrags (vor oder nach der Entscheidung des Spiels oder der Wette) Geleistete kann jedoch nicht deshalb zurückgefordert werden, weil ein Schuldverhältniß nicht bestanden hat. Ist über eine Spielschuld oder eine Wettschuld (nur) ein Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntniß ertheilt, so kann der Schuldner die Erfüllung der aus dem Versprechen oder dem Anerkenntniß sich ergebenden Verpflichtung verweigern oder Befreiung von der letzteren verlangen. 16 Durch Spiel oder Wette wird ein Schuldverhältniß zwischen den Vertragschließenden nicht begründet. Das auf Grund des Spiels (KE u. E I : Spieles) oder der Wette Geleistete kann jedoch nicht deshalb zurückgefordert werden, weil ein Schuldverhältniß nicht bestanden hat. Ist über eine Spielschuld oder eine Wettschuld ein Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntniß ertheilt, so kann der Schuldner die Erfüllung der aus dem Versprechen oder dem Anerkenntniß (KE u. E I: Anerkenntnisse) sich ergebenden Verpflichtung verweigern oder Befreiung von der letzteren verlangen. Auf den Lotterie- oder Ausspielvertrag finden die Bestimmungen (E I: Vor-
RedVorl § 473
ZustOR § 473 KE S 658 EI § 664
RedVorl/
Schriften) des § 473 Anwendung. Ein solcher Vertrag ist jedoch rechtsverbindlich,
ZustOR.§ 474
wenn die Lotterie oder Ausspielung staatlich genehmigt war.
KE § 6 5 9 E I § 665
Β. Vorkommission des Reichsjustizamtes: I. Beantragt war: Den § 664 zu fassen: Struckmann Spiel und Wette begründen keine rechtliche Verbindlichkeit. Das auf Grund des (Nr 3,165) Spiels oder der Wette Geleistete kann jedoch nicht deshalb zurückgefordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat. Diese Vorschriften finden auch Anwendung auf ein über eine Spiel- oder Wettschuld ertheiltes Schuldanerkenntniß oder Schuldversprechen sowie auf ein zum Zweck des Spiels oder der Wette gegebenes Darlehen. Den $ 665 zu fassen: Struckmann Ein Lotterie- oder Ausspielvertrag ist rechtsverbindlich, wenn die Lotterie oder (Nr 3,166) Ausspielung staatlich genehmigt ist. Anderenfalls finden auf den Vertrag die Vorschriften des § 664 Anwendung. II. Eine Beratung hat nicht stattgefunden.
16 Dazu ist angemerkt: Wegen der Fassung Allg. Th. § 156 und Obi. R. § 303. Der 3. Satz kann auch dem 2. vorgesetzt und dieser eingeleitet werden: „Im Uebrigen" unter Streichung von: „jedoch". Aber dagegen spricht, daß der 3. Satz nur wegen des 2. nöthig ist, also letzterer logisch vorausgehen muß.
449
§§ 762 — 763
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
C. 2. Kommission I. Zu § 664 lagen die Anträge vor (Prot. II, Bd. 2, S. 794ff.; Mugdan, Bd. 2, S. 1006 ff.): Struckmann (Nr 314)
1. statt des Entw. folgende Bestimmungen aufzunehmen: Durch Spiel oder Wette wird eine Verbindlichkeit nicht begründet. Das auf Grund des Spieles oder der Wette Geleistete kann nicht deshalb zurückgefordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat. Das Gleiche gilt von einem zum Zwecke des Spieles oder der Wette gegebenen und zu diesem Zwecke verwendeten Darlehen sowie von einem über eine solche Darlehensschuld oder über eine Spiel- oder Wettschuld ertheilten Schuldanerkenntniß oder Schuldversprechen der im § 683 bezeichneten Art.
Planck (Nr 237)
2. den Bestimmungen nachstehende Fassung zu geben: Durch Spiel etc. (wie im Entw. Satz 1,2). Das Gleiche gilt von einem zum Zwecke des Spieles oder der Wette oder zum Zwecke der Bezahlung einer Spiel- oder Wettschuld gegebenen Darlehen, wenn es zu diesem Zwecke verwendet ist. Ist über eine Spiel- oder Wettschuld oder über ein Darlehen, welches zu dem im Abs. 2 bezeichneten Zwecke gegeben und verwendet ist, ein Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntniß der im § 683 bezeichneten Art ertheilt, so kann der Schuldner die Erfüllung der sich daraus ergebenden Verpflichtung verweigern und Befreiung von derselben verlangen.
Wilke (Nr 242)
3. den § 664 wie folgt zu gestalten: Durch Spiel und Wette wird kein Schuldverhältniß begründet. Das Gleiche gilt von einem zum Zwecke des Spieles oder der Wette oder zum Zwecke der Tilgung eines Spiel- oder Wettverlustes gegebenen Darlehen, wenn es zu diesem Zwecke verwendet ist. Ist über den Spiel- oder Wettverlust oder über ein Darlehen der ebengedachten Art ein Schuldversprechen ertheilt oder eine Wechselverbindlichkeit oder eine Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten eingegangen, so kann der Schuldner die Erfüllung verweigern und von dem gewinnenden Theile, bezw. von dem Darlehnsgeber verlangen, daß er ihn von der übernommenen Verbindlichkeit befreie, sofern die Leistung an den Dritten aber bewirkt ist, sie ihm erstatte. Im Uebrigen kann das auf Grund des Spieles oder der Wette an den gewinnenden Theil oder an den Gläubiger eines Darlehens der gedachten Art Geleistete nicht deshalb zurückgefordert werden, weil ein Schuldverhältniß nicht bestanden habe. Die Bestimmungen des § 664 Satz 1, 2, von welchen die Anträge sachlich nicht abweichen, blieben unbeanstandet. Zur Berathung gelangte zunächst die Frage, ob in Ergänzung des Entw. eine Vorschrift über die Wirksamkeit eines zum Zwecke des Spieles oder (was in Folgendem immer mitzuverstehen ist) der Wette gegebenen Darlehens aufgenommen werden soll. Auf diese Frage bezogen sich außer den mitgetheilten Anträgen (1 Abs. 2; 2 Abs. 2; 3 Abs. 1 Satz 2) noch die weiteren Anträge:
Jacubezky (Nr 229, 2)
4. den dritten Satz des § 664 durch nachstehende Vorschrift zu ersetzen: Das Gleiche gilt für ein Darlehen, welches mit der Vereinbarung, daß es zur Entrichtung einer bereits entstandenen oder künftigen Spiel- oder Wettschuld verwendet werden solle, hingegeben und zu diesem Zwecke verwendet ist, und für ein Schuldversprechen oder Schuldanerkenntniß, welches über eine Spiel- oder Wett450
17. Titel: Spiel, Wette
§§762-763
schuld oder über ein mit einer solchen Vereinbarung hingegebenes und zu dem vereinbarten Zwecke verwendetes Darlehen ertheilt ist. hierzu der Unterantrag, die Worte „bereits entstandenen oder" zu streichen; 5. den zweiten Abs. des Antrags 1 durch folgende Fassung des Eingangs zu verdeutlichen : Das Gleiche gilt von einem zum Spiel oder zur Wette gegebenen und zu diesem Zweck benutzten Darlehen. 6. in der Fassung des Antrags 5 das Wort „benutzen" durch das Wort „verwendeten" in dem Sinne zu ersetzen, daß das Darlehen vom Empfänger im Spiel verloren sein müsse. 7. die Vorschrift zu fassen: Das Gleiche gilt von einem zum Zwecke der Bezahlung der Spiel- oder Wettschuld gegebenen Darlehen. 8. eine Vorschrift im Sinne der feststehenden franz. Rechtsprechung dahin aufzunehmen, daß das Gleiche wie für die Spielschuld nach § 664 Satz 1, 2 auch gelten soll für ein von einem Mitspieler (einschließlich des Bankhalters) einem anderen Mitspieler zum Zwecke des Spieles gegebenen Darlehen. Der Antragsteller zu 1 erklärte sich mit der unter 5 vorgeschlagenen Fassungsänderung einverstanden. Der Antrag 3 wurde, soweit er sich auf die zur Berathung stehende Frage bezieht, zu Gunsten des geänderten Antrags 1 zurückgezogen. Der Antrag 4 wurde, soweit er hier in Betracht kommt, nur für den Fall, daß überhaupt eine Vorschrift aufgenommen wird, aufrecht erhalten. Bei der Abstimmung wurden zunächst der nach dem Unterantrag 5 geänderte Antrag 1 einerseits und der Antrag 4 andererseits, den man als mit dem Antrage 2 sachlich übereinstimmend ansah, auf Grund der Unteranträge eventuell gestaltet. Hierbei beschloß die Komm, zum Antrag 1, die Vorschrift nach dem Antrage 5 eventuell auf alle zum Spiel benutzten Darlehen auszudehnen. Zum Antrage 4 wurde der Unterantrag auf Ausscheidung der Darlehen zur Tilgung einer bestehenden Spielschuld angenommen. Sodann wurden in endgültiger Abstimmung die so gestalteten Anträge 1 und 4 abgelehnt, ersterer mit zehn gegen zehn Stimmen durch Stichentscheid des Vorsitzenden. Die Anträge 7 und 8 wurden ebenfalls verworfen. Das Ergebniß war somit, daß eine Vorschrift in der hier fraglichen Beziehung nicht aufgenommen werden soll. Auf den dritten Satz des § 664 bezogen sich die eingangs mitgetheilten Anträge (1 Abs. 2; 2 Abs. 3; 3 Abs. 2) und der Antrag 4. Soweit die Anträge das über eine unklagbare Darlehenschuld ertheilte Schuldversprechen oder Schuldanerkenntniß hineinzogen, wurden sie in Folge des unter II mitgetheilten Beschlusses nicht aufrecht erhalten. Der Antragsteller zu 1 ließ die Beschränkung der Vorschrift auf Schuldversprechen der im § 683 bezeichneten Art vor der Abstimmung fallen. Der Antragsteller zu 2 änderte seinen Vorschlag dahin, daß die Bestimmung auf die Fälle erstreckt werden solle, wenn der Verlierer über die Spiel- oder Wettschuld ein Schuldanerkenntniß ertheilt oder zum Zwecke der Erfüllung der Schuld eine Verbindlichkeit gegenüber dem Gewinner übernommen habe. Der Antrag 4 wurde nur als eventueller aufrecht erhalten; in erster Linie empfahl der Antragsteller, auch über die in Rede stehende Frage im Gesetze zu schweigen. 451
§ § 762 — 7 6 3
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Ferner wurde noch beantragt, folgenden Zusatz aufzunehmen : Das auf Grund des Schuldversprechens oder Schuldanerkenntnisses Geleistete kann nicht deshalb zurückgefordert werden, weil der Schuldner zur Verweigerung der Leistung berechtigt war. Der Antragsteller zu 2 erklärte sich mit diesem Zusatz einverstanden. Die Komm, beschloß, die Voraussetzung in Gemäßheit des geänderten Antrags 2 zu fassen, bezüglich des Inhalts der Vorschrift aber nicht den Anträgen 2 und 3 sondern den Anträgen 1 und 4 zu folgen. Der Antragsteller zu 4 machte für seinen prinzipalen Vorschlag geltend, daß, wenn man hier eine ausdrückliche Bestimmung treffe, die Freiheit der Rechtsprechung in der Anwendung des § 664 Satz 1, 2 auf andere das Spiel betreffende Schuldverhältnisse, ζ. B. auf Darlehen zum Zwecke des Spieles, beeinträchtigt werden würde; man überlasse es besser der Auslegung, ob und wieweit Schuldanerkenntnisse und Schuldversprechen über Spielschulden unklagbar seien, die Rückforderung des Geleisteten aber nicht stattfinden solle. Die Mehrheit hielt dagegen die Aufnahme einer Vorschrift wegen der Wichtigkeit der Frage für zweckmäßig und für nothwendig, weil wenigstens eine mehr formale Auslegung des § 664 Satz 2 dahin gelangen könnte, die Ertheilung eines abstrakten Schuldversprechens über eine Spielschuld als eine auf Grund des Spieles gemachte Leistung anzusehen und deshalb die Rückforderung des Schuldversprechens auszuschließen. In Ansehung der Voraussetzung der Rechtsnorm war man einverstanden, daß das Schuldanerkenntniß und das Schuldversprechen im Sinne des § 683 mitgetroffen werden müssen. Es war beantragt, dem § 664 als Abs. 2 hinzuzufügen (Prot. II, Bd. 2, S. 802; Mugdan, Bd. 2, S. 1011): Jacubezky Hat derjenige, welcher das Spiçl oder die Wette verloren hat, auf Grund des (Nr 316, 3) Spieles oder der Wette auf Verlangen des gewinnenden Theiles eine Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten übernommen, dem er Einwendungen aus dem Verhältnisse zwischen ihm und dem gewinnenden Theile nicht entgegensetzen kann, so ist der gewinnende Theil verpflichtet, ihn von der übernommenen Verbindlichkeit zu befreien und, wenn der Schuldner die geschuldete Leistung an den Dritten bewirkt hat, sie ihm zu erstatten. Ist die übernommene Verbindlichkeit noch nicht fällig, so kann der gewinnende Theil dem Schuldner, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten. Diese Vorschriften finden entsprechende Anwendung, wenn auf Grund des Empfanges eines Darlehens mit der im Abs. 1 bezeichneten Vereinbarung (vergi, den unter II mitgetheilten Antrag 4) der Darlehensempfänger auf Verlangen des Darlehensgebers oder auf Grund eines Schuldversprechens oder Schuldanerkenntnisses der Versprechende oder Anerkennende auf Verlangen des Empfängers des Versprechens oder Anerkenntnisses eine Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten übernommen hat. Hierzu wurde der Unterantrag gestellt: a) die Worte „auf Verlangen des gewinnenden Theiles" im Satz 1 wegzulassen; b) vor den Worten „bewirkt hat" in Satz 1 a. E. das Wort „unfreiwillig" einzuschieben. Der S. 794, 795 mitgetheilte Antrag 3 wurde, soweit er in seinem zweiten Absätze den Fall der Uebernahme einer Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten regelte, zu Gunsten des nach dem Unterantrage zu ändernden Hauptantrags zurückgezogen. Die Erörterung beschränkte sich auf den ersten Satz des Antrags. 452
17. Titel: Spiel, Wette
§ § 7 6 2 - 763
Die Komm, lehnte zunächst den Unterantrag, sodann den ersten Satz des Hauptantrags ab; hierdurch war zugleich der Rest des Antrags erledigt. Zu § 665 war beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 804f.; Mugdan, Bd. 2, S. 1012): 1. die Bestimmungen des Entw. zu fassen: Struckmann Ein Lotterie- oder Ausspielvertrag ist verbindlich, wenn die Lotterie oder die (Nr 225, 2) Ausspielung staatlich genehmigt ist. Anderenfalls finden die Vorschriften des § 664 Anwendung. 2. zu bestimmen : Wilke Ist ein Loos ohne Zahlung des Einsatzes zum Spiel verabfolgt worden, so besteht (Nr 234, b) kein Anspruch gegen den Empfänger auf Entrichtung des gestundeten Einsatzes, sondern nur auf Aufrechnung gegen den auf solches Loos fallenden Gewinn. 3. nachstehenden Satz aufzunehmen: v. Mandry Ein Lotterie- oder Ausspielvertrag ist gültig, wenn die Lotterie oder Ausspielung (Nr 247, 2) staatlich genehmigt oder die staatliche Genehmigung nicht vorgeschrieben ist. 4. dem § 665 als Abs. 2 hinzuzufügen: Jacubezky Ist bei einer staatlich genehmigten Lotterie, welche zur Aufbringung von Mitteln (Nr 229, 3) für einen gemeinnützigen, wohlthätigen oder ähnlichen Zweck bestimmt ist, diese Bestimmung in dem Vertrag angegeben, so ist der Unternehmer berechtigt, die Ziehung auf angemessene Zeit zu verschieben, wenn bis zu der im Vertrage bestimmten Zeit ein erheblicher Theil der Loose nicht hat abgesetzt werden können; er ist berechtigt, nach Maßgabe der §§ 298, 299, 301 bis 305 (Entw. II) vom Vertrage zurückzutreten, wenn die Loose innerhalb angemessener Frist nicht so weit haben abgesetzt werden können, daß ein erheblicher Theil derselben nicht übrig bleibt. Der Antrag 3 wurde vor dem Beginne der Berathung von dem Antragsteller zurückgezogen. Die Bestimmungen des Entw., von denen der Antrag 1 nur in der Fassung abweicht, blieben sachlich unbeanstandet; die Anträge 2 und 4 wurden abgelehnt. II. In der VorlZust lauten die beschlossenen Vorschriften : Durch Spiel oder Wette wird eine Verbindlichkeit nicht begründet. Das auf Grund des Spiels oder der Wette Geleistete kann nicht deshalb zurückgefordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat. Das Gleiche gilt von einem über eine Spiel- oder Wettschuld ertheilten Schuldanerkenntniß oder Schuldversprechen der im § 683 bezeichneten Art sowie von jeder (sonstigen) Vereinbarung, durch welche der Verlierende zum Zwecke der Erfüllung einer Spiel- oder Wettschuld dem Gewinnenden gegenüber eine Verbindlichkeit übernimmt. Ein Lotterievertrag ist verbindlich, wenn die Lotterie oder Ausspielung staatlich genehmigt ist. Andernfalls finden darauf die Vorschriften des § 664 Anwendung.
EI-VorlZust §664
E I-VorlZust § 665
III., IV. In der ZustRedKom lauten die §§ 664, 665, im E II §§ 704, 705 : Durch Spiel oder durch Wette wird eine Verbindlichkeit nicht begründet. Das E I-ZustRedKom auf Grund des Spieles oder der Wette Geleistete kann nicht deshalb zurückgefor- § 664 E II § 704 dert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat. Das Gleiche gilt von einer Vereinbarung, durch welche der verlierende Theil zum Zwecke der Erfüllung einer Spiel- oder einer Wettschuld dem gewinnenden Theile gegenüber eine Verbindlichkeit eingegangen ist, insbesondere auch von einem Schuldanerkenntniß (E II: anerkenntnisse). 453
§764
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
E I-ZustRedKom Ein Lotterie- oder ein Ausspiel-Vertrag ist verbindlich, wenn die Lotterie oder §665 die Ausspielung staatlich genehmigt ist. Andernfalls finden die Vorschriften des E II § 705 § 664 (E II § 704) Anwendung. In § 705 liegt die in § 763 BGB (E II rev § 750, E III $ 749) Gesetz gewordene Fassung vor. V. Die in § 762 BGB Gesetz gewordene Fassung liegt in § 749 E II rev, § 748 E III vor.
E. Reichstag (XII. Kommission) v. DziembowskiI. Beantragt war, in § 748 hinter dem Worte „Schuldanerkenntniß" zu setzen: Pomian „oder Hingabe eines Wechsels". (Nr 55, 2)
II. 19. Sitzung vom 20. 3. 1896, Bericht von Heller Zum § 748 lag der Antrag v. Dziembowski (Nr. 55 der Drucksachen Ziff. 2) vor, der Abgeordnete Vielhaben beantragte hierzu, statt „Hingabe eines Wechsels" zu setzen „für die Uebernahme einer Wechselverbindlichkeit". Struckmann bemerkte, was die Anträge wollen, sei nach dem Entwürfe selbstverständlich. Beide Anträge wurden abgelehnt. Der § 749 blieb unverändert.
§764
Wird ein auf Lieferung von Waaren oder Werthpapieren lautender Vertrag in der Absicht geschlossen, daß der Unterschied zwischen dem vereinbarten Preise und dem Börsen- oder Marktpreise der Lieferungszeit von dem verlierenden Theile an den gewinnenden gezahlt werden soll, so ist der Vertrag als Spiel anzusehen. Dies gilt auch dann, wenn nur die Absicht des einen Theiles auf die Zahlung des Unterschieds gerichtet ist, der andere Theil aber diese Absicht kennt oder kennen muß.
A. 1. Kommission I. 246. Sitzung vom 12. 10. 1883, Schriftführer Neubauer I Prot I 2653 Planck (Nr 479, 2)
I Zu Art. 8701 wurde der Antrag auf Steichung des Artikels genehmigt. Erwogen war: Ein wahres Differenzgeschäft liege vor, wenn bei einem Lieferungsgeschäfte auf Zeit die Bestimmung des Kaufpreises nur die Bedeutung habe, den Ausschlag zu geben für die Entscheidung, ob eine und welche Partei den Unterschied zwischen dem bedungenen Preise und dem Markt- oder Börsenpreise des Stichtages zu zahlen habe, so daß das Geschäft sich als wirkungslos ergebe, sofern der Markt- oder Börsenpreis und der bedungene Preis nicht von einander abwichen, während andernfalls der eine oder andere Theil die Differenz zu entrichten habe oder wenn bedungen sei, daß kein Theil die Lieferung oder Abnahme zu verlangen berechtigt
' S. den Wortlaut dieses Art. und die Beratung der Art. 862 ff. bei SS 762, 764 BGB. 454
17. Titel: Spiel, Wette
§764
und zu bewirken verpflichtet, vielmehr nur die Differenz zwischen dem Börsenoder Marktpreise des Stichtages und dem bedungenen Preise gefordert werden könne und geleistet zu werden brauche. Verträge gerade dieses Inhalts seien aber im Verkehr, und namentlich im kaufmännischen Verkehr, ungemein selten. Die auf Lieferung der Börsen- und marktgängigen Waare sich beziehenden Zeitgeschäfte, welche man wohl als Differenzgeschäfte zu bezeichnen pflege, hätten regelmäßig einen anderen Inhalt. Das Recht, Lieferung zu verlangen | und durch Lieferung sich | Prot 12654 zu befreien, werde darin keineswegs ausgeschlossen. Die regelmäßige Bestimmung, daß der nichtsäumige Theil als Interesse nur die fragliche Differenz fordern könne, ändere hierin nichts und habe auch insofern keine erhebliche Bedeutung, als ein höheres Interesse wegen der Deckungsmöglichkeit fast nie in Frage komme. Thatsächlich nähmen die Geschäfte freilich meist — jedoch nicht immer — den Ausgang, daß am Stichtage die Parteien über die Zahlung der erwähnten Differenz sich verständigten oder der nichtsäumige Theil gegen den säumigen den Anspruch auf Zahlung der Differenz erhebe. Ein solcher Ausgang möge auch in der Regel den Parteien beim Abschluß des Vertrags vorschweben. Indessen zu wahren Differenzgeschäften würden die fraglichen Verträge dadurch keineswegs. Einer solchen Auffassung der Verträge stehe der Umstand entgegen, daß am Stichtage der Käufer wirkliche Lieferung verlangen, der Verkäufer solche bewirken könne und daß der erwähnte regelmäßige thatsächliche Erfolg seinen wesentlichen Grund in der Eigenthümlichkeit aller Zeitgeschäfte habe. Mit dem Entwürfe nur über die wahren und eigentlichen Differenzgeschäfte Bestimmung zu treffen und die Frage zu entscheiden, ob dieselben zu den Spiel- und Wettverträgen gehörten, habe keinen Zweck, weil solche Geschäfte — wie erwähnt — im praktischen Leben nicht die geringste Rolle spielten. Sollten Gründe vorliegen, die nach dem Obigen ihnen im praktischen Erfolge nahe stehenden Zeitgeschäfte zu beschränken, so würde weiter zu gehen sein. Ob dies angänglich und eventuell wie einzugreifen sei, könne erst bei der Revision des Handelsgesetzbuchs, nach Einholung des Gutachtens von Vertretern des Handelsstandes, entschieden werden.
C. 2. Kommission I. Zur Berathung stand zunächst der Antrag, dem § 664 hinzuzufügen : Wilke Ein Vertrag, nach welchem der Eine dem Andern den Unterschied zwischen (Nr 234, a) einem vereinbarten Preise einer Sache und dem, dem Versprechenden noch nicht bekannten, Kurse oder Marktpreise, welchen sie zu einer bestimmten Zeit gehabt hat oder haben wird, zahlen soll, gilt als Spiel. Das findet insbesondere Anwendung auf Lieferungsgeschäfte, bei welchen erkennbarer Weise die Absicht der Vertragschließenden nicht darauf gerichtet ist, daß eine Erfüllung nach Vertragsinhalt geschehen, sondern die Abwickelung durch Zahlung des Unterschiedes zwischen dem bedungenen Preise und dem Kurse oder Marktpreise zur Erfüllungszeit geschehen soll. Hierzu war beantragt: 1. eine Vorschrift über das Differenzgeschäft in das B.G.B, nicht aufzunehmen; 2. für den Fall der Aufnahme einer Vorschrift über das Differenzgeschäft derselben folgenden Inhalt zu geben: Börsengeschäfte, welchen der Karakter von Spiel und Wette beigelegt werden kann, fallen nicht unter die Bestimmungen des $ 664. 455
§§765-766
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Der Hauptantrag wurde nach eingehender Berathung von dem Antragsteller zurückgezogen, weil gegenwärtig die in Folge eines Beschlusses des Reichstags eingesetzte Börsenenquetekommission, deren Berathungen noch nicht abgeschlossen worden, mit der Frage nach der Gültigkeit und Klagbarkeit der Differenzgeschäfte befaßt sei und es sich deshalb nicht empfehle, zu der angeregten Frage vom Standpunkte des B.G.B. Stellung zu nehmen. Hierdurch erledigten sich zugleich die Anträge 1 und 2.
E. Reichstag (XII. Kommission)
Gröber (Nr 46,1)
I. Beantragt war: hinter § 749 folgende Bestimmung als § 749 a aufzunehmen: „Wird ein auf Lieferung von Waaren oder Werthpapieren lautender Vertrag in der Absicht geschlossen, daß der Unterschied zwischen dem im Vertrag angenommenen Preise der Sache und dem zu einer festbestimmten Zeit geltenden Marktpreise oder Kurse derselben von dem verlierenden Theil an den gewinnenden gezahlt werden soll, so wird eine Verbindlichkeit selbst dann nicht begründet, wenn das Geschäft nur für den einen Theil ein Spiel ist, der andere Theil aber dies weiß oder wissen muß." II. 19. Sitzung vom 20. 3. 1896, Bericht von Heller Der Antrag Gröber auf Einstellung eines neuen § 749a (Nr. 46 der Drucksachen Ziff. 1) wurde gegen die Stimmen der Nationalliberalen und der Freisinnigen angenommen.
ACHTZEHNTER TITEL Bürgschaft §765 Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen. Die Bürgschaft kann auch für eine künftige oder eine bedingte Verbindlichkeit übernommen werden.
§766 Zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrags ist schriftliche Ertheilung der Bürgschaftserklärung erforderlich. Soweit der Bürge die Hauptverbindlichkeit erfüllt, wird der Mangel der Form geheilt. 456
18. Titel: Bürgschaft
§§765-766
Α. 1. Kommission I. 235. Sitzung vom 14. 9. 1883, Schriftführer Neubauer I Die Berathung wandte sich zu den auf „die Bürgschaft und den Kreditauftrag" | Prot 12505 sich beziehenden Artikeln 927 — 953 des Dresdener Entwurfs. Zu Artikel 927 des Entwurfs: „Durch den Bürgschaftsvertrag wird der eine Vertragschließende (Bürge) dem DresdE Art 927 anderen Vertragschließenden, dem Gläubiger eines Dritten, verpflichtet, neben dem Letzteren (Hauptschuldner) für dessen Verbindlichkeit einzustehen." lagen die Anträge vor: 1. statt dessen zu bestimmen : Windscheid „Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge dem Gläubiger eines (Nr 451) Dritten, die Verpflichtung des Dritten zu erfüllen, wenn sie von diesem nicht erfüllt wird." (genauer: wenn sie von Seiten dieses nicht erfüllt wird.) 2. die in dem Material zu Artikel 927 Seite 4, 5 und 11 Nr. 2 ausgesprochene Planck Ansicht, daß das Bürgschaftsversprechen ein Versprechen ohne Angabe des Ver- (Nr 452, 1) pflichtungsgrundes im Sinne des § 302 der Zusammenstellung (Protokolle S. 1735 — 1739, 1748 —1751)1 sei, nicht zu billigen oder dem Artikel 927 folgenden Zusatz zu geben: „Das Bürgschaftsversprechen bedarf der im § 302 vorgeschriebenen Form nicht." Bevor in die Berathung des Artikels 927 eingetreten wurde, verständigte man sich, in folgenden Beziehungen dem aus dem Material ersichtlichen Standpunkte des Entwurfs zu folgen. I 1. Die Bürgschaft gehört dem weiteren Gebiete der Interzession an. Ueber die | Prot I 2506 letztere besondere Bestimmungen in das Gesetzbuch aufzunehmen, ist jedoch entbehrlich. Derartige Vorschriften würden nur dann erforderlich sein, wenn für die Interzession die eine oder andere positive Anordnung nöthig sein sollte, deren Tragweite der näheren Feststellung oder Begrenzung bedürfte. Die Voraussetzung würde namentlich gegeben sein, sofern die Interzession der Frauen besonderen Beschränkungen zu unterwerfen wäre. Hiervon kann jedoch bei Würdigung der Rechtsentwicklung, welche die neuere Zeit für die Interzession der Frauen aufweist, nicht die Rede sein (zu vergi. Vorbeschluß der Kommission vom 21. September 18762 und Motive des Familienrechtsentwurfs S. 272 —275). Auch in anderer Hinsicht ist jene Voraussetzung als zutreffend nicht anzuerkennen. 2. Der Bürgschaftsvertrag läßt sich als ein besonderer Fall des Garantievertrags auffassen. Ueber den letzteren spezielle Normen aufzustellen, ist gleichfalls kein Bedürfniß. Nur gewisse Arten des Garantievertrags bedürfen der besonderen Normirung, wie ζ. B. gerade der Bürgschaftsvertrag, desgleichen der Versicherungsvertrag. Der Garantievertrag entzieht sich wegen Verschiedenheit der Verträge, die eine Garantieleistung zum Zweck und Inhalt haben, der allgemeinen Regelung. 3. Eine Forderung kann auch der Gegenstand eines Versicherungsvertrags sein und ist dies, wie die Erfahrung lehrt, in der neueren Zeit nicht gerade selten. Bei der Feststellung der für die Bürgschaft geltenden Normen ist indessen auf den Fall der
ι S. bei SS 780,781 BGB. 2 S. vor § 125 BGB.
457
§ § 765 — 766
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Versicherung einer Forderung durch Assekuranzvertrag keine Rücksicht zu nehmen. Die Vorschriften über die assekuranzrechtliche Versicherung einer Forderung gehören dem Versicherungsrechte an und sind daher bei Feststellung des letzteren zu berathen. Ob aber im gegebenen Falle für eine Forderung Bürgschaft geleistet oder ob dieselbe durch Assekuranzvertrag dergestalt versichert sei, daß die Parteien die Anwendbarkeit der Normen des Versicherungsrechts in größerem oder geringeI Prot 12507 rem Um- | fange gewollt haben, ist eine thatsächliche Frage, deren Beantwortung nur selten zu berechtigten Zweifeln Anlaß geben wird. 4. Das Konstitut darf übergangen werden. Im römischen Rechte als besonderer von der Bürgschaft verschiedener Vertrag aus Gründen anerkannt, die sich erledigt haben, ist es veraltet und als ein benannter Vertrag besonderer Art im Verkehr verschwunden. Sein Uebergehen schließt nicht aus, einen konkreten Vertrag dahin auszulegen, daß die Parteien die Eigenthümlichkeit gewollt haben, durch welche nach römischem Rechte das Konstitut von der Bürgschaft sich unterschied. 5. Der Kreditauftrag ist im Anschluß an die Bürgschaft der besonderen Regelung zu unterziehen und daher bei der Aufstellung der Rechtsnormen über die Bürgschaft gleichfalls nicht zu berücksichtigen. Der Artikel 927 spricht nun unmittelbar noch drei Prinzipien aus, die gleichfalls unbeanstandet blieben: 1. Die Bürgschaft hat stets einen Vertrag zur Grundlage. Es giebt keine auf Gesetz beruhende Bürgschaft. Bestimmt das Gesetz, daß Jemand als Bürge hafte, so liegt darin eine Breviloquenz für die Rechtsnorm: der Betreffende hafte so, als wenn er sich durch Vertrag verbürgt habe. 2. Der Bürgschaftsvertrag wird abgeschlossen zwischen dem Gläubiger und dem Bürgen. Die Mitwirkung des Schuldners ist zufällig und im Allgemeinen auf das zwischen Bürgen und Gläubiger bestehende den Namen Bürgschaft tragende Rechtsverhältniß ohne Einfluß. 3. Die Bürgschaft ist akzessorischer Natur, indem sie eine bestehende Schuldverpflichtung voraussetzt. Betreffend das letztere Prinzip war man einverstanden, daß die juristischen Konsequenzen desselben durch positive Anordnungen modifizirt werden könnten, worüber die Entscheidung bis zur Erledigung der einschlagenden späteren Artikel ausgesetzt bleiben müsse. I Prot 12508 | Ueber eine andere wichtige prinzipielle Frage giebt der Entwurf weder in Artikel 927 noch an einer anderen Stelle Auskunft. Es ist die in dem Material wiederholt (S. 2, 4, 5, 10, 11, 16, 17, 47) berührte Frage, ob und inwiefern das einfache Bürgschaftsversprechen als ein abstraktes Versprechen im Sinne des § 302 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 1735 — 1739, 1748 —1751) zu betrachten sei, also unter die Formvorschrift dieses § 302 falle. Wird das einfache Bürgschaftsversprechen als ein abstraktes Versprechen angesehen, so würde es zu seiner Verbindlichkeit der schriftlichen Form bedürfen und da das einfache Bürgschaftsversprechen die Regel bildet, für die meisten Bürgschaftsverträge die Nothwendigkeit der Schriftform durch den § 302 eingeführt sein. Die Mehrheit entschied nach einer längeren Berathung, das einfache Bürgschaftsversprechen gehöre nicht zu den abstrakten Schuldversprechen im Sinne des § 302 a.a.O. und es sei, dies besonders zu bestimmen, wegen des Inhalts des § 302 entbehrlich. 458
18. Titel: Bürgschaft
§§765-766
Die Gründe waren : Den Fall vorausgesetzt, in welchem das Garantieversprechen — folglich auch das Bürgschaftsversprechen — den Gegenstand eines selbständigen Vertrages bilde, so könne es gegen Entgelt (Prämie) oder unentgeltlich geleistet werden. Sei es gegen Entgelt ertheilt, so liege ein gegenseitiger Vertrag vor, auf den die für die gegenseitigen Verträge geltenden Regeln anwendbar seien. Sei es unentgeltlich geleistet, so lasse sich ein bedingtes, dem Gläubiger ertheiltes Schenkungsversprechen annehmen; indessen die unentgeltlich geleistete Bürgschaft könne niemals als ein Schenkungsversprechen zu Gunsten des Gläubigers betrachtet werden, weil ein wesentliches Erforderniß der Schenkung fehle (§ 306 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, Pro- | tokolle S. 1787, 1788)3. Ein nur | Prot 12509 die Uebernahme der Bürgschaft ergebendes Versprechen lasse allerdings nicht erkennen, ob gegen Entgelt oder unentgeltlich verbürgt sei. Hieraus dürfe aber nicht gefolgert werden, daß es der Bezeichnung des Verpflichtungsgrundes entbehre, mithin der § 302 a.a.O. anwendbar werde. Diese Folgerung würde nur gerechtfertigt sein, wenn zur Gültigkeit eines mündlichen Versprechens nach § 302 verlangt würde, nicht allein, daß ein Thatbestand angegeben werde, aus welchem die Verpflichtung folge (ζ. B. unerlaubte Handlung), sondern auch, daß, wenn der Thatbestand in einem Rechtsgeschäfte sich gründe, neben dem vollständigen Inhalte desselben noch besonders hervorgehoben werden müsse, ob die Verpflichtung gegen Entgelt eingegangen sei oder nicht. Zu einem solchen Verständniß des § 302 fehle es sichtbar an haltbaren Gründen. Werde das Bürgschaftsversprechen mündlich mit der ausdrücklichen Erklärung ertheilt, eine Vergeltung von Seiten des Gläubigers werde nicht verlangt, so sei es nicht möglich, die Rechtsbeständigkeit eines solchen Versprechens, da die Annahme einer Schenkung ausgeschlossen sei, in Zweifel zu ziehen. Fehle der erwähnte Zusatz, so wolle um so weniger einleuchten, wie der Fall sich anders beurtheilen lasse, als weitaus die meisten Bürgschaften ohne die Zusicherung einer Vergeltung von Seiten des Gläubigers an den Bürgen übernommen würden.3* Die Debatte führte zu einer ausführlichen Besprechung, welches Versprechen als ein abstraktes im Sinne des § 302 zu betrachten sei. Einige Mitglieder stellten auf: ein Versprechen sei nicht abstrakt, wenn es den subjektiven Bestimmungsgrund, welcher auf den Inhalt des Versprechens einen Einfluß übe, dergestalt hervorhebe, daß der Versprechende diesen Einfluß zugleich zum Inhalte des Versprechens mache, ζ. B. das Versprechen einer Geldsumme als dos, als Schadensersatz, als Alimente, so daß das Versprechen, weil der Gläubiger einen Schaden von 100 M. | erlitten habe, ihm 100 M. zahlen zu wollen, abstrakt | Prot 12510 wäre, das Versprechen dagegen, 100 M. zum Ersatz des erlittenen Schadens oder als Schadensersatz zahlen zu wollen, nicht abstrakt. Mehrere Mitglieder gingen davon aus: Nach den Gründen, auf welchen der § 302 a.a.O. beruhe (Protokolle S. 1734-1739, 1748 - 1 7 5 1 ) sei dasjenige Versprechen nicht abstrakt, welches den Thatbestand, aus welchem die Verpflichtung sich nach dem Gesetze ergebe, bezeichne und wenn der Thatbestand in einem Rechtsgeschäfte sich gründe, den vollständigen Inhalt desselben hervorhebe, so daß beurtheilt werden könne, ob alle für das Rechtsgeschäft nach dem Gesetze nöthigen Erfordernisse im konkreten Falle erfüllt seien. In Gemäßheit des Prinzips der Privat-
3 S. bei §517 BGB. 32 Im Original steht ein Doppelpunkt. 459
§ § 7 6 5 - 766
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
autonomie der Parteien sei jeder Vertrag gültig, welchen das Gesetz nicht reprobire. Der § 302 reprobire den nur mündlich abgeschlossenen Vertrag, wodurch Jemand sich einfach als Schuldner verpflichte, ohne daß erkennbar sei, wodurch der Verpflichtungswille, der doch auf einer causa beruhen müsse, veranlaßt war. Zur Gültigkeit des Versprechens werde die Angabe eines zur Hervorbringung der Verpflichtung nach dem Gesetze genügenden Thatbestandes vorgeschrieben. Bestehe dieser Thatbestand in einem Rechtsgeschäfte, so genüge die Angabe des Inhalts eines jeden Rechtsgeschäfts, welches nicht an dem gleichen Mangel leide, da der § 302 nur insoweit das Prinzip der Privatautonomie beschränkt habe. Hierauf wurde zur Berathung des speziellen Inhalts des nur in Betreff der Fassung bemängelten Artikels 927 übergegangen. Kurlbaum Ein Mitglied beantragte bei der Berathung, den Artikel 927 zu fassen : „Durch den Bürgschaftsvertrag wird der eine Vertragschließende (Bürge) dem Gläubiger eines Dritten als dem anderen Vertragschließenden neben dem Dritten (Hauptschuldner) verpflichtet, die Verpflichtung des letzteren zu erfüllen." I Prot I 2511 Die Mehrheit erklärte sich gegen die vorstehende Fassung und für | die aus dem oben unter N £ 1 mitgetheilten Antrage ersichtliche Fassung, vorbehaltlich der Prüfung bei der Redaktion, ob nicht hinter „Bürge" einzuschieben sei: „gegenüber" und ob nicht der Schluß behufs Deckung des Falls, wenn ein Anderer als der Hauptschuldner erfüllt, lauten müsse : „wenn die Erfüllung unterbleibt." Erwogen war: Aus der Fassung müsse erhellen, daß der Bürgschaftsvertrag ein Vertrag zwischen dem Gläubiger und dem Bürgen sei. Der Entwurf bringe das zum klaren Ausdruck, desgleichen der zuletzt mitgetheilte Antrag, aber beide nicht in ansprechender Form. Der Antrag N 2 1 enthalte das fragliche Erforderniß ebenfalls, und auch mit genügender Deutlichkeit, zumal wenn hinter: „Bürge" noch eingeschoben werde: „gegenüber", überdies aber in kürzerer Form. Die Fassung müsse ferner ergeben, daß der Hauptschuldner mitverhaftet bleibe. Entwurf und Anträge genügten diesem Erfordernisse, der Antrag N- 1 jedoch in besonders bezeichnender Weise. Weiter sei eine Fassung nöthig, welche die Deutung ausschließe, der Bürge hafte nur für Schadensersatz wegen Nichterfüllung von Seiten des Hauptschuldners. Das Wort: „einstehen" in dem Entwürfe lasse eine solche Deutung zu, lege sie sogar sehr nahe. Die Fassung des Antrags N 2 1 zeichne sich in dieser Beziehung durch besondere, das Wesen der Bürgschaft charakterisirende Klarheit aus, weshalb sie den Vorzug verdiene. Sie gebe allerdings zu dem Bedenken Anlaß, daß sie dem Gläubiger, welcher den Bürgen in Anspruch nehme, den Beweis der Nichterfüllung von Seiten des Hauptschuldners aufzuerlegen scheine, was doch völlig unpassend sein würde. Es würde auch Anstoß erwecken, das Bedenken durch einen Zusatz zu beseitigen, wie er in § 53 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 621)4 gemacht sei. Indessen das Bedenken lasse sich durch eine sachentsprechende Fassung eines der folgenden Artikel, insbesondere des Artikels 934, leicht heben. Zu Artikel 928 des Entwurfs: DresdE Art 928 „Die Bestimmung darüber, unter welchen Voraussetzungen eine Ehefrau für I Prot I 2512 eine Schuld ihres Ehemannes oder eines Dritten | giltig eine Bürgschaft übernehmen könne, bleibt den Landesgesetzen vorbehalten."
* S. bei ξ 345 BGB.
460
18. Titel: Bürgschaft
§§765-766
wurde der Antrag auf Streichung des Artikels aus den oben (im Eingange des Windscheid Protokolls unter Ziff. 1) erwähnten Gründen genehmigt. (Nr 451) Der Artikel 929 des Entwurs lautet: „Die Bürgschaft kann nur für eine giltige Verbindlichkeit übernommen werden. DresdE Art 929 Diese kann eine künftige, bedingte oder unbestimmte sein." Es war die Streichung des Artikels beantragt. Windscheid Der erste Satz des Artikels wurde gestrichen, der zweite salva redactione geneh- (Nr 451) migt. Den ersten Satz erachtete man für selbstverständlich, seine Aufnahme auch in Rücksicht auf die noch zu beschließende Modifikation des schon aus dem Artikel 927 sich ergebenden Prinzips für störend. Die Aufnahme des zweiten, an sich völlig gerechtfertigten Satzes hielt man wegen der Fassung der zum Artikel 927 beschlossenen Vorschrift, die darauf hinzudeuten scheine, nur eine bereits bestehende bestimmte Verbindlichkeit könne Gegenstand der Verbürgung sein, mindestens für angemessen. Der Artikel 930 des Entwurfs bestimmt: „ H a t sich der Bürge über die Person des Schuldners geirrt, für dessen Verbind- DresdE Art 930 lichkeit er die Bürgschaft übernommen hat, so ist die Bürgschaft nichtig." Die beantragte Streichung des Artikels wurde beschlossen, indem man der An- Windscheid sieht war, es sei der § 75 der Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betref- (Nr 451) fenden Beschlüsse (Protokolle S. 176— 185) 5 genügend und kein Grund vorhanden, die Anwendung dieses § durch eine spezielle Vorschrift auszuschließen oder zu beengen. 238. Sitzung vom 21. 9. 1883 6 , Schriftführer Neubauer, nicht anwesend v. Kübel I 3. Der zum Artikel 927 beschlossenen Vorschrift ist hinzuzufügen: | Prot I 2540 „ D e m Bürgen liegt der Beweis ob, daß die Hauptverbindlichkeit erfüllt ist." Die Mehrheit hatte sich einmal von der Nothwendigkeit einer solchen Bestimmung, sodann aber auch davon überzeugt, daß dieselbe nur passend der zum Artikel 927 beschlossenen Vorschrift sich anreihen lasse (vgl. Protokolle S. 2511). II. - IV. In der RedVorl und Z u s t O R §§ 456, 457, im K E §§ 662, 663 und im E I §§ 668, 669 lauten die beschlossenen Vorschriften: Durch den Bürgschaftsvertrag wird der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten verpflichtet, die Verbindlichkeit des letzteren zu erfüllen, wenn die anderweite Erfüllung derselben unterbleibt. 61 Der Beweis, daß die Hauptverbindlichkeit erfüllt sei, liegt dem Bürgen ob. Die Bürgschaft kann auch für eine künftige, bedingte oder unbestimmte Verbindlichkeit übernommen werden.
5 S. bei § 119 BGB. 6 S. die Beratungen auf dieser Sitzung im übrigen bei §§ 771 —773. 6 1 In der RedVorl ist zu § 456 angemerkt: NB. zu S 1 (456) 1. Zu vergi. Schweizer Obl.R.Art. 489 und Zusammenstellung des Obl.R. §. 53. 2. Der Ausdruck: „wird verpflichtet" erscheint richtiger, als der: „verpflichtet sich" 3. „Anderweite" wegen der Bürgschaft, daß ein Dritter erfüllt. 461
RedVorl/ ZustOR § 456 KE § 662 ^ * § 668 RedVorl/ ZustOR § 457 KE § 663 E I § 669
§ § 7 6 5 - 766
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes
Struckmann (Nr 7, 4)
I. Beantragt war: Die §§ 668, 669 dahin zusammenzufassen: Durch den Bürgschaftsvertrag wird der Bürge dem Gläubiger eines Dritten gegenüber verpflichtet, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen. Die Bürgschaft kann auch für eine künftige oder bedingte Verbindlichkeit übernommen werden. II. Eine Beratung hat nicht stattgefunden.
C. 2. Kommission 1. Zu § 668 war beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 461 f.; Mugdan, Bd. 2, S. 1018f.): Struckmann (Nr 225, 5)
1. den § 668 mit dem § 669 dahin zusammenzufassen: Durch den Bürgschaftsvertrag wird der Bürge dem Gläubiger eines Dritten gegenüber verpflichtet, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen. Die Bürgschaft kann auch für eine künftige oder bedingte Verbindlichkeit übernommen werden. Jacubezky 2. in dem § 668 den zweiten Absatz zu streichen;
(Nr 229, 5) Dittmar (Nr 233)
Struckmann (Nr 225, 5)
3. dem § 668 hinzuzufügen: Die Bürgschaftserklärung bedarf der schriftlichen Form. Die Komm, entschied sich für die Beibehaltung des § 668, von dem die Anträge 1 und 2 sachlich nicht abweichen. Der Antrag 3 wurde abgelehnt. Die Komm, trat in die Berathung des § 669 ein. Beantragt war: 1. die Bestimmung des Entw. in der S. 461 unter 1 mitgetheilten Fassung dem § 668 als Abs. 2 hinzuzufügen; 2. die Bestimmung zu streichen. Der Antrag 1 weicht vom Entw. darin ab, daß er die hinter „bedingte" stehenden Worte „oder unbestimmte" weglassen will. Die Komm, beschloß zunächst in eventueller Abstimmung, den § 669 nach dem Antrag 1 zu fassen. Alsdann wurde der Streichungsantrag endgültig abgelehnt.
II. In der VorlZust lautet § 668 : E I-VorlZust Durch den Bürgschaftsvertrag wird der Bürge dem Gläubiger eines Dritten ge§ 668 genüber verpflichtet, die Verbindlichkeit des Dritten zu erfüllen (oder: für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen.) Die Bürgschaft kann auch für eine künftige oder bedingte Verbindlichkeit übernommen werden. III. Im § 668 E I-ZustRedKom, E II § 706, E II rev § 751, E III § 750 liegt die in § 765 BGB Gesetz gewordene Fassung vor. 462
18. Titel: Bürgschaft
§ § 7 6 5 - 766
IV. Bei der Revision des E II waren zu § 706 folgende Anträge gestellt: 1. dem Entw. hinzuzufügen : Der Bürgschaftsvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der schriftlichen Form. 2. den § 706 dahin zu ändern: Wilke Durch Uebernahme der Bürgschaft verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem (Nr 24, 8) Gläubiger eines Dritten, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen. Die Uebernahme der Bürgschaft bedarf zur Gültigkeit der Aushändigung einer schriftlichen Urkunde des Bürgen. (Der Antrag hat dasselbe Ziel wie der Antrag 1 ; er will nur die schwerere Form des schriftlichen Vertrages vermeiden. Neuerdings hat sich auch der 22. Juristentag für die Nothwendigkeit der Schriftform ausgesprochen.) 3. für den Fall, daß nach den Anträgen 1 und 2 Schriftlichkeit der Bürgschaft beschlossen wird, den § 706 Abs. 1 wie folgt zu fassen: Zur Gültigkeit eines Vertrages, durch welchen gegenüber dem Gläubiger eines Dritten versprochen wird, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen (Bürgschaftsvertrag), ist schriftliche Ertheilung des Versprechens erforderlich. Die Komm, lehnte die Wiederaufnahme der Berathung mit acht gegen acht Stimmen ab.
D. Bundesrat (Justizausschuß) I. Anträge : Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz halten unter Bezugnahme auf ihre Bemerkungen zum Entwurf erster Lesung (Zusst. z. Entw. I Bd. 1 S. 79), insbesondere mit Rücksicht darauf, daß beim Viehandel erfahrungsmäßig der geschäftskundige Händler aus der Formfreiheit der Bürgschaft zum Nachtheile des weniger erfahrenen Landwirths Vortheil ziehe, an dem Vorschlage fest, für die Gültigkeit einer Bürgschaftserklärung schriftliche Form zu erfordern. II. Berichte der Geschäftsträger 1. v. Schicker (Württemberg) Der Mecklenburgische Antrag zu § 751 (706) wurde von mir befürwortet und fand persönliche Sympatien auf mehreren Seiten, aber nicht die Mehrheit. Preußen sprach sich dagegen aus. 2. Sieveking (Bremen) Ein Vorschlag Mecklenburg-Schwerins zu §751 (II, 706), für die Gültigkeit einer Bürgschaftserklärung schriftliche Form zu erfordern, fand zwar die Unterstützung Württembergs, wurde aber abgelehnt. 3. v. Heller (Bayern) Der Mecklenburgische Vorschlag zum § 751 wurde nur von Württemberg unterstützt, galt somit als abgelehnt. 463
§ § 767 — 768, 770
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
E. Reichstag (XII. Kommission) 1. Anträge : Kauffmann, Munckel
1. in § 750 den Zusatz zu machen: Der Bürgschaftsvertrag bedarf der schriftlichen Form.
(Nr 43, 1 u. 2)
2. für den Fall der Annahme dieses Zusatzes in § 408 hinzuzufügen: Die Schuldübernahme bedarf der schriftlichen Form. v. Cuny
3. die Bürgschaftserklärung bedarf der schriftlichen Form.
(Nr 48)
II. 19. Sitzung vom 20. 3. 1896 (Bericht v. Heller) Den zum § 750 gestellten Antrag Kauffmann, Munckel (Nr. 43 der Drucksachen Ziff. 1) zogen die Antragsteller zu Gunsten des Antrags von Cuny (Nr. 48 der Drucksachen) zurück. Auch den auf den § 408 (Schuldübernahme) bezüglichen Antrag (Nr. 43 der Drucksachen Ziff. 2) nahmen sie zurück. Dagegen beantragte Kauffmann, den § 746 hinzuzufügen: „Das Versprechen einer Leibrente bedarf der schriftlichen Form." Dieser Antrag wurde einstimmig angenommen. Das Erfordernis der Schriftform für die Bürgschaftserklärung nahm die Kommission gegen die Stimme des Abgeordneten Enneccerus an.
§ 767 Für die Verpflichtung des Bürgen ist der jeweilige Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgebend. Dies gilt insbesondere auch, wenn die Hauptverbindlichkeit durch Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners geändert wird. Durch ein Rechtsgeschäft, das der Hauptschuldner nach der Uebernahme der Bürgschaft vornimmt, wird die Verpflichtung des Bürgen nicht erweitert. Der Bürge haftet für die dem Gläubiger von dem Hauptschuldner zu ersetzenden Kosten der Kündigung und der Rechtsverfolgung.
§768 Der Bürge kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Stirbt der Hauptschuldner, so kann sich der Bürge nicht darauf berufen, daß der Erbe für die Verbindlichkeit nur beschränkt haftet. Der Bürge verliert eine Einrede nicht dadurch, daß der Hauptschuldner auf sie verzichtet. §770 Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange dem Hauptschuldner das Recht zusteht, das seiner Verbindlichkeit zu Grunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten. Die gleiche Befugniß hat der Bürge, solange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung des Hauptschuldners befriedigen kann. 464
18. Titel: Bürgschaft
§ § 7 6 7 - 768,770
Α. 1. Kommission I. 236. Sitzung vom 17. 9. 1883, Schriftführer Neubauer I Die Berathung des Abschnitts des Obligationenrechts betreffend „die Bürg- | Prot 12513 schaft" wurde fortgesetzt. Zu Art. 931 des Entwurfs: „Hat sich der Bürge zu einer größeren Leistung verpflichtet, als worauf die DresdEArt931 Hauptschuld gerichtet ist, so haftet er, als Bürge, nur bis zum Betrage der Hauptschuld. Bezüglich des Mehrbetrages ist die Verbindlichkeit des Bürgen als eine selbständige zu beurtheilen. H a t sich der Bürge für eine bedingte Schuld unbedingt oder hat er sich unter lästigeren Nebenbestimmungen verpflichtet, als der Hauptschuldner, so kann er entweder als Bürge nach Maßgabe der für die Hauptschuld geltenden Nebenbestimmungen, oder als selbständiger Schuldner nach Maßgabe der unbedingten oder sonst lästigeren Verpflichtung in Anspruch genommen werden. H a t sich der Bürge zu einer Leistung anderer Art verpflichtet, als worauf die Verbindlichkeit des Hauptschuldners gerichtet ist, so haftet er nur als selbständiger Schuldner." lagen die Anträge vor: 1. nur z u bestimmen:
Windscheid
„Es kann ausgemacht werden, daß der Bürge zu einer geringeren oder einer (Nr 455) größeren, einer weniger lästigen oder einer lästigeren, auch daß er zu einer Leistung I anderer Art verpflichtet sein solle, als der Hauptschuldner." 1 | Prot 12514 2. die Vorschrift dahin zu fassen: Planck „Hat sich der Bürge zu einer größeren Leistung oder unter lästigeren Nebenbe- (Nr 452, 2) Stimmungen verpflichtet wie der Hauptschuldner verpflichtet ist, oder hat er eine Leistung, zu welcher der Hauptschuldner nur bedingt verpflichtet ist, unbedingt versprochen, so haftet er als Bürge nicht in weiterem Umfange wie der Hauptschuldner. H a t er sich zu einer Leistung anderer Art verpflichtet, als worauf die Verbindlichkeit des Hauptschuldners gerichtet ist, so haftet er als Bürge überhaupt nicht." eventuell noch hinzuzusetzen : „Soweit die eingegangene Verbindlichkeit hiernach als Bürgschaftsverbindlichkeit nicht besteht, ist sie als eine selbständige Verbindlichkeit zu beurtheilen." 3. den Artikel zu fassen: v. Weber „Hat sich der Bürge zu einer größeren Leistung oder unter lästigeren Nebenbe- (Nr 454) Stimmungen verpflichtet, als der Hauptschuldner, oder hat er eine Leistung, zu welcher der Hauptschuldner nur bedingt verpflichtet ist, unbedingt versprochen, so besteht seine Verpflichtung als Bürgschaftsschuld nur insoweit, als die Verbindlichkeit des Hauptschuldners besteht. H a t sich der Bürge zu einer Leistung anderer Art verpflichtet, als worauf die Verbindlichkeit des Hauptschuldners gerichtet, so besteht seine Verpflichtung als Bürgschaftsschuld insoweit, als die von ihm versprochene Leistung dem Werthe nach den Werth des Gegenstandes der Leistung des Hauptschuldners nicht übersteigt, mit der Maßgabe, daß seine Leistung als Leistung an Erfüllungsstatt für die Hauptschuld wirkt. 1
Im Original fehlen die zweiten Anführungszeichen.
465
§ § 767 — 768, 770
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Soweit die von dem Bürgen eingegangene Verbindlichkeit hiernach als Bürgschaftsschuld nicht besteht, ist sie als eine selbständige Verbindlichkeit zu beurtheilen." Beschlossen wurde, nach Ablehnung des Antrags N - 1, I Prot 12515
I. zum ersten Absätze des Artikels 931 : | a, die Annahme des ersten Satzes, unter Vorbehalt der Redaktion, bei welcher die Fassungen der Anträge N - 2 und 3 Berücksichtigung zu finden haben; b, die Streichung des zweiten Satzes; II. zum zweiten Absätze des Artikels : Gleichstellung der darin behandelten Fälle mit dem Falle des ersten Absatzés nach Maßgabe der Anträge N 2 2 und 3 und unter Vorbehalt der Redaktion, wie zuvor, mit der Bestimmung, daß für: „lästigere Nebenbestimmungen" der Ausdruck: „mehr beschwerende (oder beschwerendere oder drückendere) Leistung" zu wählen sei;
III. zum dritten Absätze: Streichung dieses Absatzes. Erwogen war: Verpflichte sich der Bürge, nicht irrthümlich, sondern wissentlich, zu einer größeren oder drückenderen Leistung, als dem Hauptschuldner obliege, so könne sein Versprechen nach dem Prinzipe der nur akzessorischen Natur der Bürgschaft, soweit es über die dem Hauptschuldner obliegende Leistung hinausgreife, kein Bürgschaftsversprechen sein. Ob und inwiefern dasselbe verbindlich sei, bestimme sich nach den allgemeinen für die Verbindlichkeit der Schuldversprechen geltenden Regeln. Die letzteren könnten die zweifellose Verbindlichkeit, aber auch das Gegentheil ergeben, das Erstere ζ. B., wenn das Gesammtversprechen den Gegenstand eines einfachen gegenseitigen Vertrags bilde, in welchem der Gläubiger zu einer Gegenleistung sich verpflichtet habe, das Letztere ζ. B., wenn der Bürge in einem einseitigen Vertrage das Mehr mit der erklärten Schenkungsabsicht übernommen habe, ohne daß die für das Schenkungsversprechen erforderliche besondere Form gewahrt sei. Im ersteren Falle könne sich nur ¿er Zweifel erheben, ob die gesammte Verbindlichkeit des Bürgen nach den übrigen, für die Bürgschaft bestehenden Rechtsnormen zu beurtheilen sei. Dieser Zweifel bedürfe keiner Lösung, da in der I Prot 12516 fraglichen Be- | ziehung der im Wege der Auslegung zu ermittelnde Parteiwille maßgebend sei. Im zweiten Falle sei, ungeachtet des § 106 der Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 276) la der Zweifel nicht völlig ausgeschlossen, ob das Versprechen im Ganzen hinfällig sei. Der letztere Zweifel bedürfe der Lösung, welche er durch die Bestimmung finde, im Umfange der dem Hauptschuldner obliegenden Leistung bestehe das Versprechen als Bürgschaftsversprechen und hafte der Versprechende als Bürge. Ein weiterer Zusatz, insbesondere der, im Uebrigen sei die Verbindlichkeit des Bürgen, als eine selbständige zu betrachten, erscheine entbehrlich. Solle ein solcher Zusatz den Sinn haben, die Verbindlichkeit des Versprechens bestimme sich nach den allgemeinen Grundsätzen, so sei er selbstverständlich, aber auch insofern bedenklich, als die volle Selbständigkeit verneint werden müsse, wenn das Versprechen den integrirenden Theil eines einheitlichen, im Ganzen gültigen Vertrags bilde. Der Zusatz schließe sodann die Deutung nicht aus, die selbständige Verbindlichkeit sei stets und immer
i»S. bei S 139 BGB.
466
18. Titel: Bürgschaft
§ § 7 6 7 - 768,770
gültig, welches letztere nach dem Obigen nicht richtig erscheine und der Entwurf auch ohne Zweifel nicht habe bestimmen wollen. Wenn ferner der Entwurf den Fall der Uebernahme einer größeren Leistung anders beurtheilt wissen wolle, als den einer beschwerenderen Leistung und im letzteren Falle dem Gläubiger ein gewisses Wahlrecht verleihe, so wolle nicht einleuchten, wie eine solche Unterscheidung sich rechtfertigen lasse und weshalb in dem zweiten Falle dem Gläubiger jenes Wahlrecht beizulegen sei. Die Beilegung eines solchen Wahlrechts möge praktisch zu einem gleichen Resultate führen, um so weniger sei dann aber ein Grund vorhanden, das Gesetz auf dem vom Entwürfe betretenen Wege zu verwickeln. Kaum erwähnt zu werden brauche, daß der Fall der unbedingten Verbürgung einer bedingten Schuld von der Uebernahme einer beschwerenderen Leistung in der in Rede stehenden Beziehung nicht verschieden sei. Der Entwurf und die Anträge N e 2 und 3 reden von: | „lästigeren Nebenbestim- | Prot 12517 mungen." Der Ausdruck erwecke Anstoß; er scheine bei wörtlicher Auslegung auch die Fälle einzubeziehen, in welchen der Bürge für seine Verbindlichkeit Sicherheit bestellt oder zur Erfüllung unter Strafe sich verpflichtet habe; und doch sei einleuchtend, daß das Prinzip der nur akzessorischen Natur der Bürgschaft so weit zu gehen nicht gebiete und vollkommen zulasse, daß der Bürge seine durch den Umfang der Hauptschuld begrenzte Verbindlichkeit wie jede andere Schuldverpflichtung durch Einräumung eines Pfandrechts u.s.w. besonders sicherstelle, vielleicht auch unter einem Strafgedinge sich verpflichte. Das Bedenken werde gehoben, wenn unter Vermeidung des Ausdrucks : „lästigere Nebenbestimmungen" von einer „mehr beschwerenden (oder beschwerenderen oder drückenderen) Leistung" geredet werde. Der Antrag Ν - 1 bezwecke eine ganz andere als die vorstehende Regelung. Obschon mit einigen praktischen Vortheilen verbunden und insbesondere geeignet, in vielen Fällen dem Parteiwillen Geltung zu verschaffen, entferne er sich doch zu weit von dem Prinzipe der nur akzessorischen Natur der Bürgschaft, als daß er gebilligt werden könne. Das Hauptbedenken, welches gegen ihn sich erheben lasse, bestehe in der ausnahmslosen Gültigkeit jedes Versprechens, durch welches der Bürge zu einer größeren bezw. drückenderen Leistung sich verpflichte, als dem Hauptschuldner obliege, wiewohl darunter Fälle begriffen sein könnten, in welchen die Gültigkeit nach den Vorschriften über die Form des Schenkungsversprechens u.s.w. nicht anerkannt werden könne. Anlangend den dritten Absatz des Artikels 931, so dürfe der darin behandelte Fall übergangen werden. Verpflichte sich der Bürge zu einer anderen Leistung, als dem Hauptschuldner obliege, so sei der Parteiwille im Wege der Auslegung zu ermitteln. Als gewollt könne sich ergeben, was nach dem Antrage N 2 3 kraft des Gesetzes eintreten solle. Gewollt könne aber auch sein: der Bürge hafte als gewöhnlicher Bürge, jedoch | mit dem besonderen Rechte oder der Begünstigung, mit der | Prot 12518 anderen Leistung die Verpflichtung des Hauptschuldners erfüllen zu dürfen. Es sei schwer zu bestimmen, welche Auslegung näher liege und durch eine Interpretationsregel für Zweifelsfälle als die ausschlaggebende zu erklären sei. Das Gesetz habe sich daher —, zumal es sich um verhältnißmäßig nicht häufige Bürgschaftsverträge handele, — schweigend zu verhalten. Am wenigsten könne es sich empfehlen, mit dem Entwürfe und dem Antrage N - 2 das Versprechen als Bürgschaftsversprechen für hinfällig zu erklären. Eine solche Bestimmung würde zur Folge haben, daß in nicht wenigen Fällen (gegen die Intention der Parteien) ein in der obigen oder in einer anderen Weise auszulegendes Bürgschaftsversprechen als solches keine Anerkennung finde. 467
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Darüber bestand übrigens Einverständniß, daß der Artikel und die gefaßten Beschlüsse sich auf den Fall nicht bezögen, wenn der Bürge aus Irrthum über den Umfang und Inhalt der Hauptschuld zu einer größeren u.s.w. Leistung sich verbindlich gemacht habe und daß ein solcher Fall nach anderen Regeln zu beurtheilen sei. Bei der Redaktion soll geprüft werden, ob in dieser Hinsicht eine Verdeutlichung nöthig sei. Zu Artikel 932 des Entwurfs: „Hat sich Jemand für eine Schuld ohne Beifügung einer Beschränkung verbürgt, so erstreckt sich seine Haftung auf den ganzen Umfang der Hauptschuld zur Zeit der Bürgschaftsleistung, sowie auf Aenderungen, welche der Inhalt der Hauptschuld durch Verschuldung oder Verzug des Hauptschuldners erleidet, insbesondere auf Verzugszinsen, Schadensersatz und Kosten. Auf andere Nebenansprüche, insbesondere versprochene Zinsen und Strafen, erstreckt sich die Bürgschaft, auch wenn ihr eine Beschränkung nicht beigefügt ist, nicht, es wäre denn, daß der Bürge die Haftung hierfür ausdrücklich übernommen hat oder die Uebernahme aus den Umständen erhellt. Letzteres ist insbesondere I Prot 12519 anzu-1 nehmen, wenn die Nebenansprüche zur Zeit der Bürgschaftsleistung bestanden haben und dem Bürgen bekannt gewesen sind." war beantragt:
DresdE Art 932
1. die Artikel 932, 937 und 9382 in folgender Art zusammenzufassen: „Der Bürge haftet für die Erfüllung der Hauptverbindlichkeit in ihrem jeweiligen Bestände und Umfange. Die Haftung des Bürgen erstreckt sich insbesondere auch auf die Aenderungen, welche der Inhalt der Hauptschuld durch Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners erleidet, sowie auf die Kosten der Ausklagung des Hauptschuldners. Soweit dem Hauptschuldner Einreden zustehen, haftet auch der Bürge nicht. Ein nach Abschluß des Bürgschaftsvertrages von dem Hauptschuldner eingegangenes Rechtsgeschäft, durch welches die Hauptverbindlichkeit vergrößert oder erschwert wird, insbesondere ein von ihm nach jenem Zeitpunkte geleisteter Verzicht auf Einreden, wirkt gegen den Bürgen nicht." Planck und hinter Artikel 932 folgenden neuen § 932* einzuschalten: (Nr 452, 4) „Geht die Verbindlichkeit des Hauptschuldners auf eine andere Leistung als die Leistung von Geld, so tritt die Haftung des Bürgen erst dann ein, wenn sich die Hauptverbindlichkeit in eine Verbindlichkeit zum Schadensersatze verwandelt hat." Planck (Nr 452, 3)
Derscheid
2. am Schlüsse des ersten Absatzes folgende Bestimmung beizufügen: „Für die nach der Bürgschaftsleistung entstehenden Kosten einer gerichtlichen Verfolgung des Hauptschuldners haftet der Bürge nur dann, wenn er den Gläubiger nicht sofort befriedigt hat, nachdem er durch diesen von der beabsichtigten Verfolgung des Hauptschuldners in Kenntniß gesetzt war."
3. den zweiten Absatz durch die Bestimmung zu ersetzen: I Prot I 2520 | „Im Zweifel sei anzunehmen, daß die Bürgschaft sich auch auf die Zinsen und v. Weber Strafen erstrecke, zu welchen der Hauptschuldner zur Zeit der Bürgschaftsleistung Kurlbaum sich bereits verpflichtet gehabt habe." Der erste Theil des Antrags Ν- 1 wurde dahin berichtigt, daß am Schluß des zweiten Absatzes statt: „so wie auf" pp. zu setzen ist: „; er haftet auch für die Kosten, welche aus der Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner entstanden sind." 2 Art 937, 938 s. Prot. I 2542ff. im folgenden.
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18. Titel: Bürgschaft
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Beschlossen wurde zunächst, den ersten Theil des Antrags N 2 1, soweit er der Einreden gedenkt (Abs. 2 und der Theil des letzten Absatzes von „insbesondere" an bis „Einreden") erst bei Berathung der Artikel 937, 938 zu erledigen, ferner den in dem zweiten Theile des Antrags Ν 2 1 vorgeschlagenen neuen § 932â erst nach Erledigung des Artikels 932 zu berathen. Sodann entschied die Mehrheit: 1. für die Annahme des ersten Theils des Antrags Ν- 1 ; 2. für die Ablehnung des Antrags N 2 2; 3. für die Ablehnung des Antrags N 2 3 und des zweiten Absatzes des Entwurfs. Die Gründe waren : Der erste Absatz des Artikels 932 regele den Umfang der Haftung des Bürgen in Ansehung der Hauptverbindlichkeit des Hauptschuldners. Bestimmt werde, der Bürge hafte: 1. für den ganzen Umfang der Hauptschuld zur Zeit der Bürgschaftsleistung. 2. für die Aenderungen, welche später der Inhalt der Hauptschuld durch Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners erleide, insbesondere für Verzugszinsen, Schadensersatz und Kosten. Dem entgegen soll nach dem Antrage Ν 2 1 der Bürge für den jeweiligen Bestand und Umfang der Hauptschuld haften und folgerecht insbesondere auch für die Aenderungen, welche nach Uebernahme der Bürgschaft die Hauptschuld durch culpa und mora des Hauptschuldners erfahre, mit Ausnahme jedoch solcher nicht erleichternder Aenderungen, welche in einem Rechtsgeschäfte des Hauptschuldners | sich gründen. Die zuvor unter Ziffer 1 auf- | Prot 12521 geführte prinzipielle Bestimmung des Entwurfs, der Bürge hafte nur für den damaligen Umfang der Hauptschuld, unterliege nach dem unter Ziffer 2 Erwähnten einer so umfassenden Ausnahme, daß sich beinahe in vollem Umfange das entgegenstehende Prinzip ergebe, das Prinzip nämlich, für den jeweiligen Bestand und Umfang der Hauptschuld sei einzustehen. Das entgegenstehende, in dem Antrage Ν 2 1 vorgeschlagene Prinzip erscheine nun auch nach dem Wesen der Bürgschaft als das allein richtige. Durch seine Annahme werde, wie schon angedeutet, sachlich von dem Entwürfe nur unbedeutend abgewichen. Die Erweiterung der Haftung des Bürgen treffe vorzugsweise den Fall, in welchem der Hauptschuldner die Gefahr trage und ohne sein Verschulden die Leistung ganz oder zum Theil unmöglich werde. Daß der Bürge auch in einem solchen Falle für die Aenderungen der Hauptverbindlichkeit einstehen müsse, könne, wenn er einmal wegen der anderen Aenderungen zu haften habe, keinem Bedenken unterliegen. Nur einer Beschränkung bedürfe das Prinzip des Antrags Ν 2 1. Der Bürge könne wegen solcher Aenderungen nicht für haftbar erklärt werden, die in einem späteren Rechtsgeschäfte des Hauptschuldners sich gründen. Denn durch ein solches Rechtsgeschäft werde eine neue Verbindlichkeit geschaffen, für welche einzustehen der Bürge doch nicht versprochen habe. Eine besondere Hervorhebung verdienten die aus der Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner entstehenden Kosten. Seien dieselben durch mora oder culpa des Hauptschuldners oder überhaupt unabhängig von einer Rechtshandlung desselben veranlaßt, so leuchte ein, daß der Bürge dafür in Gemäßheit des Prinzips aufkommen müsse; gründeten sich jedoch die Kosten in einer Prozeßführung des Hauptschuldners, so sei nicht ohne Zweifel, ob und inwiefern sie als durch ein Rechtsgeschäft desselben veranlaßt sich betrachten ließen, folglich unter die Ausnahme von dem Prinzipe fielen. Am Sachgemäßesten erscheine es, um allen Zwei469
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fein zu begegnen und zur Vereinfachung des Gesetzes, mittels einer besonderen I Prot 12522 | Bestimmung dem Bürgen die Haftung für die dem Hauptschuldner zur Last bleibenden Kosten der Rechtsverfolgung unterschiedslos aufzuerlegen. Für den Antrag N2 2 ließen sich unverkennbar Gründe der Billigkeit geltend machen. Gleichwohl verdiene die vorgeschlagene Bestimmung keine Aufnahme. Während sie nämlich auf der einen Seite dem Gläubiger eine lästige Verpflichtung auferlege, die sich aus dem Bürgschaftsverhältnisse schwerlich herleiten lasse, gewähre sie auf der anderen Seite dem Bürgen in den meisten Fällen nur einen geringen Vortheil, da derselbe meist Anstand nehmen werde, den Gläubiger zu befriedigen, so lange Ungewißheit bestehe, ob der Hauptschuldner in einen Prozeß mit dem Gläubiger sich einlassen und die gerichtliche Durchführung der Ansprüche desselben erwarten wolle. Der zweite Absatz des Artikels 932 befasse sich mit solchen neben dem Hauptanspruche bestehenden Ansprüchen, die auf einer besonderen causa beruhen, ohne unter die im ersten Absätze erwähnten Nebenansprüche zu fallen, insbesondere also nicht mit den Nebenansprüchen wegen Verzugszinsen und Kosten. Gemeint könnten nur sein die auf einem besonderen Versprechen beruhenden Nebenansprüche, insbesondere also — wenn nicht ausschließlich — die im Entwürfe als Beispiele erwähnten Nebenansprüche wegen versprochener Zinsen und Strafen. Ob das Bürgschaftsversprechen auch auf solche Nebenansprüche sich erstrekke, lasse sich nur im Wege der Auslegung desselben bestimmen. In der That enthalte der zweite Absatz eine bloße Auslegungsregel. Der Antrag N 2 3 folge hierin dem Entwürfe, indem er nur weiter gehe und eine vollkommene, so wie für die praktische Anwendung geeignete Regel in Vorschlag bringe. Man könne zugeben, daß eine solche Regel vielen Streitigkeiten vorbeugen und insofern von nicht unerheblichem praktischen Nutzen sein werde. Dessenungeachtet müsse der Antrag und noch mehr der Entwurf abgelehnt werden, weil beide die Ermittelung des Parteiwillen im Wege der Auslegung unter Würdigung aller Umstände des Falles ungebührI Prot 12523 | lieh zu beengen drohten. Die Berathung wandte sich zu dem in dem Antrage Ν 2 1 vorgeschlagenen § 932*. Die Mehrheit erklärte sich gegen die Aufnahme der vorgeschlagenen Bestimmung. Sie fand darin eine von dem geltenden Rechte abweichende Neuerung, die sich mit zureichenden Gründen nicht rechtfertigen lasse. Sie erkannte zwar an, daß in dem unterstellten Falle, sobald der Gläubiger zuerst gegen den Bürgen seine Ansprüche geltend mache, die in dem Material S. 40 Ziff. 3 berührten Verwickelungen bezw. Zweifel sich ergeben könnten; sie hielt diesen Uebelstand jedoch nicht für genügend, um die Aufnahme einer so tief greifenden und immerhin anomalen Vorschrift, wie die vorgeschlagene sei, zu rechtfertigen. 238. Sitzung vom 21. 9. 18833, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend v. Kübel I Prot 12542 | Der Artikel 937 des Entwurfs bestimmt: DresdE Art 937 „Der Bürge kann sich gegen den Gläubiger auch der Einreden bedienen, welche dem Hauptschuldner bezüglich der verbürgten Schuld zustehen, ausgenommen, wenn diese Einreden dem Hauptschuldner nur für seine Person zustehen oder wenn die Einreden die Aufhebung der Hauptschuld nur unter der Voraussetzung bewir3
Die auf dieser Sitzung voraufgegangenen Beratungen s. bei §§ 771—773 BGB.
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ken, daß sie von dem Hauptschuldner geltend gemacht werden, und der Gläubiger gegen diese Einreden durch die Bürgschaft sichergestellt werden sollte. Diese Bestimmung findet auch auf den Nachbürgen bezüglich der Einreden Anwendung, welche dem Hauptschuldner und dem Hauptbürgen in Ansehung der verbürgten Schuld zustehen." Außer 1. dem im Protokolle vom 17. dss. Mts. unter Ν 2 1 mitgetheilten Antrage Planck (vgl. S. 2519), Inhalts dessen in Artikel 932 ein dritter Absatz dahin eingestellt wer- (Nr 452, 3) den soll: „Soweit dem Hauptschuldner Einreden zustehen, haftet auch der Bürge nicht." lag 2. der Antrag vor, als Artikel 937a aufzunehmen : v. Weber „War zur Zeit der Verbürgung der Anspruch des Gläubigers verjährt oder die (Nr 460) Verbindlichkeit des Hauptschuldners wegen Geschäftsunfähigkeit desselben nichtig oder diese Verbindlichkeit wegen beschränkter Geschäftsfähigkeit des Hauptschuldners noch von der Genehmigung seines gesetzlichen Vertreters abhängig und ist im letzteren Falle diese Genehmigung verweigert worden, so haftet der Bürge für die Erfüllung der verbürgten Schuld als selbständiger Schuldner, wenn die Bürgschaft zu dem Zwecke geleistet worden, um den Gläubiger gegen die rechtlichen Folgen jener Umstände sicher zu stellen. Das Letztere ist im Zweifel anzunehmen, wenn der Bürge zur Zeit der Verbürgung von der eingetretenen Verjährung, der Ungültigkeit oder beschränkten Wirksamkeit der Verbindlichkeit Kenntniß hatte." dagegen die Bestimmung des Entwurfs Artikel 937 Absatz 1 „oder wenn die Einreden die Aufhebung der Hauptschuld nur unter der Voraussetzung bewirken, daß sie von dem Hauptschuldner geltend gemacht werden, und der Gläubiger gegen diese Einreden durch die Bürgschaft sichergestellt werden sollte." wegzulassen. Es wurden folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Das Prinzip des Entwurfs, der Bürge könne sich der dem Hauptschuldner zustehenden Einreden bedienen, wurde als nothwendige und überdies aus praktischen Rücksichten nicht anfechtbare Konsequenz der nur akzessorischen Natur der Bürgschaft gebilligt. In Ansehung der Fassung gäbe man dem Antrage N 2 1 den Vorzug, weil der Bürge, der hinter den dem | Hauptschuldner zustehenden Einreden Schutz suche, | Prot I 2544 näher betrachtet, nicht diese Einreden dem Bürgschaftsanspruche entgegenstelle, sondern dieselben nur als Mittel benutze, um mittels einer selbständigen, gegen die Bürgschaftsverpflichtung gerichteten Einwendung, seine Nichthaftung aus dem Bürgschaftsvertrage wegen Nichtbestehens der Hauptverbindlichkeit zu begründen. 2. Die Bestimmung des Entwurfs, der Bürge könne sich solcher Einreden nicht bedienen, welche dem Hauptschuldner nur für seine Person zuständen, wurde nicht genehmigt. Die Mehrheit war der Ansicht: Die Ausnahme sei von geringem praktischem Werthe und, da sie mit der Regel und der dieser zum Grunde liegenden Auffassung über das Wesen der Bürgschaft sich schwer vertrage, nicht zu rechtfertigen. Wenn zu ihrer Vertheidigung auf die Fälle hingewiesen werde, in welchen das Gesetz die Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner zeitweilig verbiete, so handele es sich in solchen Fällen nicht um 471
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Einreden, auf welche nach dem vorher unter Ziffer 1 gefaßten Beschlüsse die Regel sich beziehe, da die Haftung des Bürgen dabei nicht in Frage komme. Außerdem würde dem Bürgen, dem die Einrede der Vorausklage zustehe, eine gesetzliche Vorschrift der gedachten Art ohnehin zu statten kommen. Ausgeschlossen sei übrigens (wie sich von selbst verstehe) nicht, daß das Gesetz positiv vorschreibe, diese oder jene Einrede solle nur dem Hauptschuldner, nicht auch dem Bürgen zustehen. 3. Die Bestimmung des Entwurfs, der Bürge könne sich solcher Einreden nicht bedienen, welche, um Berücksichtigung zu finden, erhoben werden müssen, und gegen die der Gläubiger hat sichergestellt werden sollen, wurde gleichfalls nicht genehmigt und auch der Antrag N - 2 abgelehnt. Erwogen war: I Prot 12545 | Leiste der Bürge in dem Bürgschaftsvertrage ausdrücklich oder stillschweigend auf eine dem Hauptschuldner zustehende Einrede Verzicht, so liege nach den zum Artikel 931 gefaßten Beschlüssen, soweit die Einrede dem Hauptschuldner Schutz gewähre, kein Bürgschaftsversprechen, sondern ein andersartiges, nach den allgemeinen Grundsätzen zu beurtheilendes Schuldversprechen vor. Zureichende Gründe, von dem jenen Beschlüssen zum Grunde liegenden Prinzipe mit dem Entwürfe für eine ganze, schwer zu übersehende Kategorie von Einreden oder mit dem Antrage N - 2 mindestens für die Einrede der Verjährung abzuweichen, seien nicht vorhanden. Noch bedenklicher sei es (mit dem Antrage N 2 2) sogar diejenige Bürgschaft schlechthin als verpflichtend anzuerkennen, welche für eine wegen Geschäftsunfähigkeit des Hauptschuldners absolut nichtige Schuldverpflichtung geleistet sei. Durch eine solche Anerkennung würde das erwähnte Prinzip noch tiefer erschüttert, ohne daß sich dafür ein praktisches Bedürfniß geltend machen ließe. Zweifelhafter möge erscheinen, ob diejenige Bürgschaft als verpflichtend anzuerkennen sei, welche für eine wegen Beschränkung der Geschäftsfähigkeit des Hauptschuldners noch nicht zur Wirksamkeit gelangte Schuldverpflichtung eingegangen sei. Das gedachte Prinzip nöthige zur Verneinung auch dieser Frage; aus Gründen der praktischen Zweckmäßigkeit gleichwohl für die Bejahung derselben zu entscheiden, sei schon um deswillen nicht rathsam, weil dadurch die Vorschriften über die Beschränkung der Geschäftsfähigkeit eine bedenkliche Abschwächung erleiden würden. 4. Der Absatz 2 des Entwurfs wurde als selbstverständlich und in Folge des Streichungsbeschlusses zum Artikel 936 gestrichen. I Prot 12546 Einverständniß bestand, daß es einer Bestimmung | für den Fall, wenn für eine Schuld, deren Nichtbestehen der Bürge kennt, oder wenn für eine Schuld, sofern sie nicht bestehen sollte, Bürgschaft geleistet wird, nicht bedarf, weil in beiden Fällen nach den zum Artikel 931 gefaßten Beschlüssen das Bürgschaftsversprechen als solches zweifellos nicht gelten kann. Die Ausführungen des Materials Seite 49 Ziffer 5, betreffend die Verjährung und Seite 48 und 49, betreffend die Anfechtung, Kompensation, Wahl, Wandlung und Minderung, Kündigung und Rücktritt fanden auf gegebene Anregung keine Beanstandung, nur wurde bemerkt, daß die selbstschuldnerische Bürgschaft nach dem heute gefaßten Beschlüsse wie die gewöhnliche zu beurtheilen sei und daß die Kündigung nur gegen den Bürgen gleichfalls wirksam erscheine. DresdE Art 938
Zu Artikel 938 des Entwurfs: „Ein nach Uebernahme der Bürgschaft von dem Hauptschuldner geleisteter Verzicht auf Einreden wirkt nicht gegen den Bürgen." 472
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war beantragt, nach Maßgabe des bereits zu Artikel 932 unter Ν 2 1 mitgetheilten Planck Antrags (vgl. S. 2519) in den Absatz, in welchem bestimmt wird, „ein nach Abschluß (Nr 452, 3) des Bürgschaftsvertrages von dem Hauptschuldner eingegangenes Rechtsgeschäft, durch welches die Hauptverbindlichkeit vergrößert oder erschwert wird, wirke gegen den Bürgen nicht", hinter „erschwert wird" einzuschalten: „insbesondere ein von ihm nach jenem Zeitpunkte geleisteter Verzicht auf Einreden." Der Artikel 938 galt sachlich durch den zum Artikel 932 gefaßten Beschluß: „der Bürge hafte nicht für die Aenderungen, welche die Hauptverbindlichkeit nach Abschluß des Bürgschaftsvertrags durch Rechtsgeschäfte des | Hauptschuld- | Prot 12547 ners erleide," für erledigt. Der Prüfung bei der Redaktion blieb vorbehalten, ob es angemessen sei, den Einredeverzicht als Beispiel besonders hervorzuheben. Einverständniß bestand, daß das Anerkenntniß des Hauptschuldners als weiteres Beispiel nicht besonders erwähnt zu werden brauche, daß ferner die Vorschrift entbehrlich sei, das Urtheil gegen den Hauptschuldner wirke nicht gegen den Bürgen, da dies schon aus dem Grundsatze über die Wirksamkeit der Urtheile (§ 167 der Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 425-433) 4 sichergebe 5 . II. In der RedVorl und der ZustOR lauten die beschlossenen Vorschriften : Hat sich der Bürge zu einer größeren oder zu einer beschwerlicheren Leistung verpflichtet, als zu welcher der Hauptschuldner verpflichtet ist, oder hat er eine Leistung, zu welcher der Hauptschuldner nur bedingt verpflichtet ist, unbedingt versprochen, so haftet er als Bürge nicht weiter, als der Hauptschuldner verpflichtet ist.51 Der Bürge kann die Erfüllung der Hauptverbindlichkeit auf Grund von Einreden verweigern, welche dem Hauptschuldner gegen die verbürgte Forderung zustehen. Auf die in der Rechtswohlthat des Inventars sich gründende Beschränkung der Haftung der Erben des Hauptschuldners kann der Bürge sich nicht berufen. 5b
4
S. im Anhang zu § 240 BGB. 5 S. auch noch Art. 945 DresdE, Prot. 12561, 2563 bei § 775 BGB. In der RedVorl ist zu ξ 458 angemerkt: Anm. zu § 3 (§ 458) a) Ist das Wort „wissentlich nöthig; es wird zu verneinen sein, weil, wenn unwissentlich" die Haftung gleichwohl nicht eintritt, obschon aus einem anderen Grunde. b) „Haften als Bürge" drückt doch wohl genügend aus, daß die Verpflichtung als Bürgschaftsschuld besteht. c) „nicht weiter" wird treffender sein als: „nicht in weiterem Umfange", welcher letztere Ausdruck nur das „Mehr" zu erfassen schien. 5b In der RedVorl ist zu § 459 angemerkt: zu S 3a (S 459) 1. Die Vorschrift gründet sich in der nur akzessorischen Natur der Bürgschaft, gehört also hinter $ 3. Der $ 4 regelt die Haftung des Bürgen aus einem anderen Gesichtspunkte. 2. Die Haftung drückt wohl zur Genüge aus, daß der Bürge die fraglichen Einreden nur zur Ablehnung seiner Haftung aus dem Bürgschaftsvertrage benutzt, und daß Einreden nicht gemeint sind, welche nicht gegen die Forderung sich richten, nicht also ζ. B. die in einem Sistirungsgesetze sich gründende Einrede, welches die Rechtsverfolgung nur gegen den Hauptschuldner hemmt. 5i
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RedVorl/ ZustOR $ 458
RedVorl/ ZustOR S 459
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
RedVorl/ Der Bürge haftet für die Erfüllung der Hauptverbindlichkeit in ihrem jeweiligen ZustOR S 460 Bestände und Umfange. 50 Die Haftung des Bürgen erstreckt sich insbesondere auf alle Erweiterungen und Aenderungen, welche die Hauptverbindlichkeit durch Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners erfährt. Der Bürge haftet jedoch nicht für solche Erweiterungen und Aenderungen der Hauptverbindlichkeit, welche in einem nach Abschluß des Bürgschaftsvertrages von dem Hauptschuldner eingegangenen Rechtsgeschäfte, insbesondere in einem nach jenem Zeitpunkte von demselben ertheilten Verzicht auf Einreden sich gründen. Der Bürge haftet für die Kosten, welche aus der Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner entstanden und von diesem zu tragen sind. Die Beratung der Anträge, welche gestellt waren in Betreff der Drucklegung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse wurde beschlossen, in § 460 Abs. 2 soll statt: „auf alle Erweiterungen" gesetzt werden: „auf solche Erweiterungen". Der nunmehr mit dem Abs. 2 zu verbindende Absatz 3 soll beginnen: „Die Haftung erstreckt sich jedoch nicht auf solche Erweiterungen". (Prot I 3564) III. Im KE entspricht § 664 dem § 458 ZustOR, § 665 dem § 459 ZustOR und § 666 unter Berücksichtigung der vorstehenden Änderung dem § 460 ZustOR, wobei es in § 666 Abs. 2 ferner „Verzichte" (statt: Verzicht) heißt. Bei der Redaktion einzelner Vorschriften des Obligationenrechts war beantragt, in § 665 Abs. 1 — wie in einer Reihe weiterer Vorschriften — das Wort „Einrede" zu ersetzen durch „Einwendung". Der Antrag wurde zu § 665 Abs. 1 abgelehnt 6 (Prot. I 6142, 6164). Auf Antrag von Kurlbaum (Ñr. 576, 39) wurde in § 666 Abs. 1 statt der Worte „in ihrem jeweiligen Bestände" gesetzt: „in deren jeweiligem Bestände" (Prot. I 6198,6201). Bei Beratung der das Inventarrecht betreffenden Vorschriften wurde, nachdem die Beibehaltung des Ausdrucks „Inventarrecht" beschlossen war, als eine Frage der Redaktion bezeichnet, ob auch in § 665 Abs. 2 „Inventarrecht" statt „Rechtswohlthat des Inventars" zu setzen sei (Prot. I 10888). Bei der 2. Beratung des KE wurde auf Antrag von v. Schmitt (Nr. 611, 2) in § 666 Abs. 2, Satz 2 — wie in einer Reihe weiterer Vorschriften — das Wort „Abschluß" ersetzt durch „Schließung" 7 (Prot. 1 11791 -11793).
5c
6 7
In der RedVorl ist § 460 angemerkt: zu § 4 (§ 460) 1. Absatz 1. Ist der im Entwurf sich findende Zusatz nöthig: „welcher ohne Beifügung einer Beschränkung sich verbürgt hat"? Der im Wesentlichen angenommene Antrag Planck, 452 Ziff. 3, enthält ihn nicht. 2. Absatz 1 : „Jeweiliger Zustand und Umfang." zu vergi. Schweizer Obl.R.Art. 499. 3. Absatz 2. „Aenderungen" allein wird nicht genügen; hinzu wird müssen: „Erweiterungen"; „Beschränkungen" brauchen nicht berücksichtigt zu werden, da von Haftung die Rede ist. 4. Absatz 2. Das Wort: „Hauptverbindlichkeit" wird festzuhalten sein. 5. Der letzte Satz gehört an das Ende, da Proceßführung als in den Bereich der rechtsgeschäftlichen Disposition fallend sich betrachten läßt. S. diesen Antrag und Beschluß vollständig in den Materialien zum Allgem. Teil. S. diesen Antrag und Beschluß vollständig bei §§ 116 ff. BGB.
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Ferner war bei der 2. Beratung des KE beantragt: I P r o t ! 11976 I a) dem § 1057 Abs. 3 und dem § 1133 zuzusetzen: „Auf die in dem Inventarrechte sich gründende Beschränkung der dem Erben des persönlichen Schuldners obliegenden Haftung kann der Eigenthümer sich nicht berufen" (zu vergi. § 665). I Dem Antrag Ia wurde widersprochen, weil ein wesentlich gleichlautender An- I P r o t ! 11977 trag bereits früher gestellt, von der Kommission aber in der Sitzung vom 19. Dezember 1884, Prot. S. 5080, 5083, 5085, 5086 als aus der Natur des Inventarrechtes von selbst folgend abgelehnt worden sei. Die Mehrheit war jedoch der Ansicht, daß der damals für die Ablehnung maßgebend gewesene Grund infolge der Gestaltung, welche das Inventarrecht in dem fünften Buche erhalten habe, jetzt nicht mehr in vollem Maße zutreffe. Sie hielt dafür, das Inventarrecht begründe nach dem Entw. § 2043 eine Einrede gegen die Forderung; diese Einrede müsse, da Einverständnis bestehe, daß die Berufung auf das Inventarrecht gegen den Anspruch aus der Hypothek nicht zugelassen werden dürfe, gegenüber der allgemeinen Fassung des § 1057 Abs. 3, ausdrücklich ausgeschlossen werden. Der Antrag a wurde daher angenommen. Dagegen wurden die Anträge b und c als entbehrlich abgelehnt. Infolge des Beschlusses zu dem Antrage a soll auch die Fassung des § 665 Abs. 2 entsprechend geändert werden. IV. Im E I entspricht § 670 dem § 664 KE, 458 ZustOR. §§671, 672 lauten: Der Bürge kann die Erfüllung der Hauptverbindlichkeit auf Grund von Einre- EI ξ 671 den verweigern, welche dem Hauptschuldner gegen die verbürgte Forderung zustehen. Auf die in dem Inventarrechte sich gründende Beschränkung der dem Erben des Hauptschuldners obliegenden Haftung kann der Bürge sich nicht berufen. Der Bürge haftet für die Erfüllung der Hauptverbindlichkeit in deren jeweiligem EI § 672 Bestände und Umfange. Die Haftung des Bürgen erstreckt sich insbesondere auf solche Erweiterungen und Aenderungen, welche die Hauptverbindlichkeit durch Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners erfährt. Die Haftung erstreckt sich jedoch nicht auf solche Erweiterungen und Aenderungen der Hauptverbindlichkeit, welche in einem nach Schließung des Bürgschaftsvertrages von dem Hauptschuldner eingegangenen Rechtsgeschäfte, insbesondere in einem nach jenem Zeitpunkte von demselben ertheilten Verzichte auf Einreden, sich gründen. Der Bürge haftet für die Kosten, welche aus der Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner entstanden und von diesem zu tragen sind.
B. Vorkonimission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Den § 670 zu streichen. Den § 671 zu fassen: Einreden, welche dem Hauptschuldner gegen die Hauptforderung zustehen, kann auch der Bürge geltend machen. Ausgeschlossen ist die Geltendmachung der dem Erben des Hauptschuldners auf Grund des Inventarrechts zustehenden Einrede. 475
Struckmann (Nr 7, 5) Struckmann (Nr 7, 6)
§ § 767 — 768, 770 Struckmann (Nr 7, 7)
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Den § 672 zu fassen : Der Bürge haftet für die Erfüllung der Hauptverbindlichkeit in deren jeweiligem Bestände und Umfange, insbesondere auch für Erweiterungen und Aenderungen, welche die Hauptverbindlichkeit durch Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners erfährt. Er haftet jedoch nicht für solche Erweiterungen und Aenderungen, welche auf einem nach Schließung des Bürgschaftsvertrags vorgenommenen Rechtsgeschäfte des Hauptschuldners, insbesondere einem Verzichte desselben auf Einreden, beruhen. Der Bürge haftet auch für die dem Gläubiger aus der Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner entstandenen und von diesem zu ersetzenden Kosten. II. Eine Beratung hat nicht stattgefunden.
C. 2. Kommission
Struckmann (Nr 225, 6) u. Jacubezky (Nr 229, 6) Struckmann (Nr 225, 7) v. Mandry (Nr 240, 1)
v. Mandry (Nr 240,1)
I. Die Berathung des § 670 wurde auf den § 671 Abs. 1 ausgedehnt. Es lagen folgende Anträge vor (Prot. II, Bd. 2, S. 464, Mugdan, Bd. 2, S. 1021): 1. zu § 670: die Bestimmung des Entw. zu streichen; . . ,_,. 2. zu $671: a d e n Abs 1 z u ) · fassen: Einreden, welche dem Hauptschuldner gegen die Hauptforderung zustehen, kann auch der Bürge geltend machen. b) den Abs. 1 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: Mängel der Hauptverbindlichkeit können von dem Bürgen geltend gemacht werden, wenn sich nicht aus dem Inhalte des Bürgschaftsvertrags oder den Umständen, unter welchen er geschlossen worden ist, ein Anderes ergiebt. hierzu der Antrag, der Bestimmung hinzuzusetzen : Besteht der Mangel in einem dem Hauptschuldner zustehenden Anfechtungsrechte, so kann der Bürge, solange das Anfechtungsrecht besteht, die Erfüllung der Bürgschaftsverbindlichkeit verweigern. c) falls der vorstehende Antrag abgelehnt werde, dem § 671 Abs. 1 folgende Bestimmung hinzuzufügen: Solange dem Hauptschuldner ein Anfechtungsrecht zusteht, kann der Bürge die Erfüllung der Bürgschaftsverbindlichkeit verweigern. d) in dem vorstehenden Antrage hinter „Anfechtungsrecht" einzuschalten „oder ein Rücktrittsrecht". Der Antrag a betrifft nur die Fassung. Der Antrag d wurde zurückgezogen. Den Antrag b lehnte die Komm, ab; der Antrag c fand Annahme. Der § 670 wurde gestrichen. Zu § 671 Abs. 2 war beantragt, die Bestimmung zu fassen (Prot. II, Bd. 2, S. 466; Mugdan, Bd. 2, S. 1022): Ausgeschlossen ist die Geltendmachung von Mängeln, welche aus der Vermögensunzulänglichkeit des Hauptschuldners sich ergeben, insbesondere die Geltendmachung der den Erben des Hauptschuldners auf Grund des Inventarrechts zustehenden Einrede. Der Antrag, welcher die im § 671 Abs. 2 enthaltene Vorschrift verallgemeinern will, wurde abgelehnt. 476
18. Titel: Bürgschaft
§§767 -
768,770
Es war noch beantragt, den Abs. 2 wie folgt zu fassen: Struckmann Ausgeschlossen ist die Geltendmachung der dem Erben des Hauptschuldners auf (Nr 225, 7) Grund des Inventarrechts zustehenden Einrede. D e r Antrag wurde als lediglich redaktionell der Red.Komm, überwiesen. Zu § 672 waren nachstehende Anträge gestellt (Prot. II, Bd. 2, S. 4 6 6 f . ; Mug- Struckmann (Nr 225, 8) dan, Bd. 2, S. 1022): 1. den Bestimmungen des Entw. folgende Fassung zu geben: D e r Bürge haftet für die Erfüllung der Hauptverbindlichkeit in deren jeweiligem Bestände und Umfange, insbesondere auch für Erweiterungen und Aenderungen, welche die Hauptverbindlichkeit durch Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners erfährt. Er haftet jedoch nicht für Erweiterungen und Aenderungen, die auf einem nach dem Abschlüsse des Bürgschaftsvertrags vorgenommenen Rechtsgeschäfte des Hauptschuldners, insbesondere einem Verzicht auf Einreden beruhen. D e r Bürge haftet auch für die dem Gläubiger aus der Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner entstandenen und von diesem zu ersetzenden Kosten. 2. dem § 672 hinzuzufügen: Im Zweifel erstreckt sich die Haftung des Bürgen auch auf die vertragsmäßigen Zinsen. 3. die Haftung des Bürgen auch auf die Kosten der Kündigung zu erstrecken. Die Komm, entschied sich für Beibehaltung des § 672 und überwies den Antrag 1 der Red.Komm. Die Anträge 2 und 3 wurden abgelehnt. II. In der VorlZust lauten die beschlossenen Vorschriften : Einreden, welche dem Hauptschuldner gegen die verbürgte Forderung zustehen, kann auch der Bürge geltend machen. Ausgeschlossen ist die Geltendmachung der dem Erben des Hauptschuldners auf Grund des Inventarrechts zustehenden Einrede. D e r Bürge kann die Erfüllung der Bürgschaftsverbindlichkeit so lange verweigern, als dem Hauptschuldner das R e c h t zusteht, das der Hauptverbindlichkeit zu Grunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten, oder als der Gläubiger im Stande ist, sich durch Aufrechnung gegen eine dem Hauptschuldner (gegen ihn) zustehende fällige Forderung Befriedigung zu verschaffen. 8 D e r Bürge haftet für die Erfüllung der Hauptverbindlichkeit in deren jeweiligen Bestände und Umfange, insbesondere auch für Erweiterungen und Aenderungen, welche die Hauptverbindlichkeit durch Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners erfährt. E r haftet jedoch nicht für Erweiterungen und Aenderungen, die auf einem nach dem Abschluß des Bürgschaftsvertrags vorgenommenen Rechtsgeschäfte des Hauptschuldners, insbesondere einem Verzichte auf Einreden, beruhen. D e r Bürge haftet auch für die dem Gläubiger aus der Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner entstandenen und von diesem zu ersetzenden Kosten. Zu § 672 E I-VorlZust ist angemerkt: Die Haftung des Bürgen soll sich auch auf die Kosten der Kündigung erstrekken. Es ist indessen nicht für erforderlich gehalten, dies ausdrücklich hervorzuheben, aber vorbehalten, das aus der Fassung des § 1149 zu entnehmende Gegenargument durch Streichung der sich auf die Kosten der Kündigung beziehenden W o r t e zu beseitigen. « Bzgl. der Aufrechnung s. den Beschluß der 2. Korn, zu § 674 E I bei §§ 771 - 7 7 3 BGB. 477
E I-VorlZust S 671
E I-VorlZust § 671 a
E I-VorlZust §672
§ § 767 —768, 770
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
III. In der ZustRedKom ist die Fassung der Vorschriften: E I-ZustRedKom Der Bürge kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend ma§671 chen. Die dem Erben des Hauptschuldners auf Grund des Inventarrechts zustehende Einrede kann von dem Bürgen nicht geltend gemacht werden. E I-ZustRedKom Für die Verpflichtung des Bürgen ist der jeweilige Bestand der Hauptverbind§ 6 7 2 lichkeit maßgebend. Der Bürge haftet insbesondere auch für Aenderungen, welche die Hauptverbindlichkeit durch Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners erfährt. Die Haftung erstreckt sich jedoch nicht auf Aenderungen, die durch ein nach der Uebernahme der Bürgschaft von dem Hauptschuldner vorgenommenes Rechtsgeschäft, insbesondere durch den Verzicht auf eine Einrede herbeigeführt sind. Der Bürge haftet für die dem Gläubiger von dem Hauptschuldner zu ersetzenden Kosten der Kündigung und der Rechtsverfolgung. 9 E I-ZustRedKom Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange dem S 673a10 Hauptschuldner das Recht zusteht, das der Hauptverbindlichkeit zu Grunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten. Die gleiche Befugniß hat der Bürge, solange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung des Hauptschuldners befriedigen kann.
E II § 707
E II § 708
E II §710
Wilke (Nr 24, 9)
IV. Im E II lauten die §§ 707, 708, 710: Der Bürge kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Die dem Erben des Hauptschuldners auf Grund des Inventarrechts zustehende Einrede kann von dem Bürgen nicht geltend gemacht werden. Der Bürge verliert eine Einrede nicht dadurch, daß der Hauptschuldner auf sie verzichtet. Für die Verpflichtung des Bürgen ist der jeweilige Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgebend. Dies gilt insbesondere auch, wenn die Hauptverbindlichkeit durch Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners geändert wird. Durch ein nach der Uebernahme der Bürgschaft von dem Hauptschuldner vorgenommenes Rechtsgeschäft wird die Verpflichtung des Bürgen nicht erweitert. Der Bürge haftet für die dem Gläubiger von dem Hauptschuldner zu ersetzenden Kosten der Kündigung und der Rechtsverfolgung. Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange dem Hauptschuldner das Recht zusteht, das seiner Verbindlichkeit zu Grunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten. Die gleiche Befugnis hat der Bürge, solange der Gläubiger sich durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung des Hauptschuldners befriedigen kann. In § 710 liegt die in § 770 BGB Gesetz gewordene Fassung vor. Bei der Revision des E II war zu § 708 beantragt, dem Abs. 2 hinzuzufügen: wenn er von dem Gläubiger vor diesen Schritten gegen den Hauptschuldner vergeblich zur kostenlosen Befriedigung aufgefordert worden war. V. Im E II rev §§ 752 (entspr. § 708 E II), 753 (§ 707 E II), 755 (§ 710 E I), E III §§ 751, 752, 754 liegt die in §§ 767, 768, 770 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
9
Dazu ist angemerkt: Die Redaktionskommission hat die Erwähnung der Kosten der Kündigung für erforderlich erachtet. Ό § 673 E I-ZustRedKom s. bei § 769 BGB.
478
18. Titel: Bürgschaft
§769
§ 769 Verbürgen sich Mehrere für dieselbe Verbindlichkeit, so haften sie als Gesammtschuldner, auch wenn sie die Bürgschaft nicht gemeinschaftlich übernehmen.
A. 1. Kommission I. 237. Sitzung vom 19. 9. 1883, Schriftführer Neubauer I Die Berathung des Abschnitts des Obligationenrechts, betreffend „die Bürg- | Prot I 2525 schaft", wurde fortgesetzt. Zu Artikel 933 des Entwurfs: „Haben Mehrere für die nämliche Verbindlichkeit eines Schuldners zu gleichen oder zu verschiedenen Zeiten die Bürgschaft übernommen (Mitbürgen), so haften sie als Gesammtschuldner." war beantragt: statt dessen zu bestimmen : „Haben sich mehrere gemeinsam für die nämliche Verbindlichkeit verbürgt, so haftet Jeder für seinen Antheil als Bürge und für die Antheile der Anderen als Nachbürge." Der Artikel 933 fand, nachdem der vorstehende Antrag abgelehnt worden war, die Zustimmung der Mehrheit. Die Auffassung der Mehrheit war: Schweige das Gesetz über den Fall der Mitbürgschaft, so würde zu unterscheiden sein, ob die mehreren Mitbürgen sich gemeinsam, insbesondere also durch ein und dassel-1 be Rechtsgeschäft, verbürgt haben oder nicht. Liege eine gemeinsame Verbürgung vor, so würde in Gemäßheit des § 10 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 493, 495, 499)1 eine Haftung der einzelnen Bürgen nach Kopftheilen eintreten; verhalte es sich anders, so hafte jeder Bürge auf Grund seines Versprechens zweifellos auf das Ganze, so daß sich nach § 11 a.a.O. (Protokolle S. 497) ein Gesammtschuldverhältniß, und damit zugleich die Anwendbarkeit des § 27 ebenda (Protokolle S. 524, 525)2 ergäbe. Der Entwurf weiche hiervon darin ab, daß er auch auf den ersten Fall die für den zweiten Fall maßgebenden Regeln für anwendbar erkläre. Der Antrag wolle es hinsichtlich des zweiten Falls bei diesen Regeln belassen, in Ansehung des ersten aber das Prinzip des zitirten § 10 zur Geltung bringen, jedoch mit der Abweichung, daß jeder Mitbürge für die Antheile der übrigen Bürgen als Nach- oder Unterbürge hafte. Die Regelung des Entwurfs verdiene den Vorzug. Bei der gemeinsamen Verbürgung werde nämlich meist der Parteiwille gerade dahin gehen, jeder Bürge stehe dem Gläubiger gegenüber in gleicher Weise für das Ganze ein, wie im Fall der getrennten Uebernahme der Bürgschaft. Dazu komme aber noch ein anderer wichtiger Umstand. Nicht selten werde in hohem Grade zweifelhaft sein, ob eine gemeinsame Verbürgung vorliege oder nicht. Die Gleichzeitigkeit der Bürgschaftserklärungen sei in dieser Beziehung keineswegs ausschließlich entscheidend. Die Bürgschaftsversprechen könnten dem Gläubiger in getrennten Akten und zu verschiedenen Zeiten ertheilt, unter den Bürgen gleichwohl die gemeinsame Verbürgung ver1 S. bei § 420 BGB. 2 S. zu beiden «S bei U 421 -432 BGB. 479
DresdE An 933
Windscheid (Nr 458)
| Prot 12526
§769
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
einbart sein oder jeder Bürge in der Voraussetzung und in dem Vertrauen sich verbürgt haben, daß auch die Anderen die Bürgschaft übernehmen würden. Umgekehrt sei denkbar, daß nach dem äußeren Anscheine eine gemeinsame und gleichI Prot 12527 | zeitige Verbürgung vorliege, weil alle Verbürgungen in einer und derselben Urkunde sich finden, obschon in Wirklichkeit die Bürgschaften zu verschiedenen Zeiten und durch getrennte Akte übernommen seien. Fälle sowohl der einen als der anderen Art seien in der Praxis nicht selten. Die Normirung des Entwurfs schneide alle Streitigkeiten ab, zu welchen dieselben Anlaß gäben, er schaffe ein einfaches und klares Recht und stehe auch weder mit der Billigkeit, noch (wie bereits erwähnt) mit der regelmäßigen Parteiintention im Widerspruche. Bei der Redaktion soll geprüft werden, ob die Worte des Entwurfs : „zu gleichen oder zu verschiedenen Zeiten" durch die: „ohne Unterschied ob gemeinsam oder nicht gemeinsam" zu ersetzen seien.
RedVorl/ ZustOR § 461
K E J 667 E I § 673
I I . - I V . In der RedVorl und der ZustOR § 461, im K E § 667 und im E I § 673 lautet die beschlossene Vorschrift: Haben Mehrere für die Verbindlichkeit des Hauptschuldners sich verbürgt (Mitbürgen), so haften sie als Gesammtschuldner. Es macht keinen Unterschied, ob die Verbürgung zu derselben oder zu verschiedener Zeit, gemeinsam oder nicht gemeinsam geschehen ist.3 Β. Vorkommission des Reichsjustizamtes
Struckmann (Nr 7, 8)
I. Beantragt war: Dem § 673 folgende Fassung zu geben: Mehrere Bürgen, welche für dieselbe Hauptverbindlichkeit sich verbürgt haben, haften als Gesammtschuldner, ohne Unterschied, ob die Verbürgung zu derselben oder zu verschiedener Zeit gemeinsam oder nicht gemeinsam erfolgt ist. II. Eine Beratung hat nicht stattgefunden. C. 2. Kommission I. Zu § 673 war beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 467; Mugdan, Bd. 2, S. 1023):
Struckmann (Nr 225, 9)
Jacubezky (Nr 229, 7)
1. die Bestimmung des Entw. zu fassen : Mehrere Bürgen, die sich für dieselbe Hauptverbindlichkeit verbürgt haben, haften als Gesammtschuldner, ohne Unterschied, ob die Verbürgung zu derselben oder zu verschiedener Zeit gemeinsam oder nicht gemeinsam erfolgt ist. 2. in Ansehung des zweiten Satzes entweder a) den ganzen Satz oder b) wenigstens die Worte „zu derselben Zeit oder zu verschiedener Zeit" als selbstverständlich zu streichen. Die Komm, nahm den Antrag 2b an, lehnte den Antrag 2a ab und überwies den Antrag 1, welcher sachlich vom Entw. nicht abweicht, der Red.Komm. 3
In der RedVorl ist zu § 461 angemerkt: N.B. zu § 5 (461) Sollte es nicht besser sein, beides: „Zu derselben oder verschiedener Zeit" und „gemeinsam" stehen zu lassen?
480
18. Titel: Bürgschaft
§§771-773
II. In der VorlZust lautet die beschlossene Vorschrift: Mehrere Bürgen, die sich für dieselbe Verbindlichkeit verbürgt haben, haften als E I-VorlZust Gesammtschuldner, ohne Unterschied, ob die Verbürgung gemeinsam oder nicht §673 gemeinsam erfolgt ist. III., IV. In der ZustRedKom lautet $ 673, im E II S 709: Haben sich Mehrere für dieselbe Verbindlichkeit verbürgt, so haften sie als Ge- E I-ZustRedKom sammtschuldner, auch wenn die Uebernahme der Bürgschaft nicht gemeinschaftlich S 673 erfolgt ist (E II: auch wenn sie die Bürgschaft nicht gemeinschaftlich übernommen haben). V. Im E II rev § 754, E III § 753 liegt die in § 769 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
§ 771 Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange nicht der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat (Einrede der Vorausklage).
S 772 Besteht die Bürgschaft für eine Geldforderung, so muß die Zwangsvollstreckung in die beweglichen Sachen des Hauptschuldners an seinem Wohnsitz und, wenn der Hauptschuldner an einem anderen Orte eine gewerbliche Niederlassung hat, auch an diesem Orte, in Ermangelung eines Wohnsitzes und einer gewerblichen Niederlassung an seinem Aufenthaltsorte versucht werden. Steht dem Gläubiger ein Pfandrecht oder ein Zurückbehaltungsrecht an einer beweglichen Sache des Hauptschuldners zu, so muß er auch aus dieser Sache Befriedigung suchen. Steht dem Gläubiger ein solches Recht an der Sache auch für eine andere Forderung zu, so gilt dies nur, wenn beide Forderungen durch den Werth der Sache gedeckt werden.
§773 Die Einrede der Vorausklage ist ausgeschlossen: 1. wenn der Bürge auf die Einrede verzichtet, insbesondere wenn er sich als Selbstschuldner verbürgt hat; 2. wenn die Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner in Folge einer nach der Uebernahme der Bürgschaft eingetretenen Aenderung des Wohnsitzes, der gewerblichen Niederlassung oder des Aufenthaltsorts des Hauptschuldners wesentlich erschwert ist; 3. wenn über das Vermögen des Hauptschuldners der Konkurs eröffnet ist; 4. wenn anzunehmen ist, daß die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Hauptschuldners nicht zur Befriedigung des Gläubigers führen wird. 481
§§771-773
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
In den Fällen der Nr. 3, 4 ist die Einrede insoweit zulässig, als sich der Gläubiger aus einer beweglichen Sache des Hauptschuldners befriedigen kann, an der er ein Pfandrecht oder ein Zurückbehaltungsrecht hat; die Vorschrift des § 772 Abs. 2 Satz 2 findet Anwendung.
A. 1. Kommission I. 237. Sitzung vom 19. 9. 1883, Schriftführer Neubauer I Prot 12527 DresdE Art 934
I Prot I 2528 DresdE Art 935
Planck (Nr 456, 1)
| Die Artikel 934 und 935 des Entwurfs bestimmen: Artikel 934 „Der Bürge kann, wenn er vor dem Hauptschuldner vom Gläubiger in Anspruch genommen wird, verlangen, daß dieser zuvor den Hauptschuldner ausklage (Einrede der Vorausklage). Diese Einrede steht dem Bürgen nicht zu, wenn er auf dieselbe verzichtet, insbesondere wenn der Bürge die Verbindlichkeit als Hauptschuldner oder Selbstschuldner (Selbstzahler) oder mit dem Versprechen, zur Verfallzeit sofort zu zahlen, übernommen hat, ingleichen, wenn die Ausklagung des Hauptschuldners wegen Unbekanntschaft oder Wechsels des Wohnsitzes desselben erhebliche Schwierigkeiten hat, oder wenn der Hauptschuldner in Konkurs verfallen oder sonst zahlungsunfähig ist." Artikel 935 „Hat der Bürge nur für den Betrag einer | Schuld einzustehen versprochen, welchen der Gläubiger bei Geltendmachung derselben gegen den Hauptschuldner einbüßen werde (Schadlosbürge), so muß der Gläubiger den Hauptschuldner vor dem Bürgen selbst dann ausklagen, wenn dies wegen Unbekanntschaft oder Wechsels des Wohnsitzes des Schuldners erhebliche Schwierigkeiten hat oder wenn der Hauptschuldner in Konkurs verfallen ist."1 Es war hierzu beantragt: 1. unter Streichung des Artikels 935 den Artikel 934 zu fassen: „Der Bürge ist berechtigt, die Erfüllung seiner Verbindlichkeit so lange zu verweigern, bis der Hauptschuldner von dem Gläubiger ausgeklagt worden ist. Die Ausklagung gilt als erfolgt, wenn der Hauptschuldner zur Erfüllung der Hauptverbindlichkeit rechtskräftig verurtheilt und die Zwangsvollstreckung in körperliche bewegliche Sachen, soweit sich solche im Deutschen Reiche befinden, ohne Erfolg geblieben oder anzunehmen ist, daß sie erfolglos bleiben werde. Die Einrede der Vorausklage fällt weg, wenn die Ausklagung des Hauptschuldners durch Thatsachen, welche nach Uebernahme der Bürgschaft eingetreten sind und nicht die persönlichen Verhältnisse des Gläubigers betreffen, insbesondere durch Wechsel des Wohnsitzes oder Aufenthalts des Hauptschuldners erheblich erschwert oder der Hauptschuldner in Konkurs verfallen ist."
v. Weber (Nr457> I Prot 12529
2. statt dessen zu bestimmen in: Artikel 934 „Der Gläubiger kann, wenn die Verfallzeit | der verbürgten Schuld eingetreten ist, den Bürgen auch ohne vorherige Ausklagung des Hauptschuldners in Anspruch nehmen."
1
Im Original fehlen die zweiten Anführungszeichen.
482
18. Titel: Bürgschaft
§§771-773
Artikel 935 „Hat der Bürge die vorherige Ausklagung des Hauptschuldners zur Bedingung seiner Verpflichtung gemacht oder nur für den Fall sich verbürgt, daß der Hauptschuldner zur Leistung unvermögend sei, oder hat er nur für den Betrag der verbürgten Schuld einzustehen versprochen, welchen der Gläubiger bei Geltendmachung derselben einbüßen werde, so kann der Gläubiger den Bürgen nur dann in Anspruch nehmen, wenn er den Hauptschuldner erfolglos ausgeklagt hat oder wenn erhellt, daß eine Ausklagung des Hauptschuldners unmöglich sei oder erfolglos bleiben werde." Der Antrag N 2 2 bezweckt, im Gegensatz zu dem Entwürfe sowohl als zu dem Antrage Ν 2 1 dem Bürgen die sogenannte Einrede der Vorausklage zu entziehen. Man verständigte sich, zunächst über diesen prinzipiellen Vorschlag Beschluß zu fassen. Die Mehrheit erklärte sich gegen den Vorschlag und für das entgegenstehende Prinzip des Artikels 934 und des Antrages N e 1. Sie war der Ansicht: Für den Vorschlag ließen sich einige gewichtvolle Gründe geltend machen. Man könne schon in Zweifel ziehen, ob denn die sogenannte Einrede oder die Rechtswohlthat der Vorausklage in dem Wesen der Bürgschaft ihre genügende Grundlage finde. Die Bejahung habe nach der wesentlichen Bedeutung der Rechtswohlthat zur Voraussetzung, der Bürge erkläre durch das Bürgschaftsversprechen in Gemäßheit des Bürgschaftsbegriffs nicht allein den Willen, erst hinter dem Hauptschuldner zu haften (was als richtig nicht zu bestreiten sei), | sondern zugleich den ferneren Wil- | Prot 12530 len nur für den Fall einzustehen, wenn die Rechtshülfe gegen den Hauptschuldner fruchtlos versucht sei oder feststehe, daß sie fruchtlos bleiben werde. Ob die Voraussetzung des letzteren Willens haltbar sei, könne um so mehr bezweifelt werden, als die Einrede der Vorausklage im römischen Rechte erst durch Justinian eingeführt und auch dem deutschen Rechte ursprünglich wohl unbekannt gewesen sei. Es lasse sich ferner nicht leugnen, daß im modernen Rechtsverkehr der Verzicht auf die Einrede der Vorausklage, mindestens in den wichtigeren Fällen und bei schriftlichen Verbürgungen, fast zur Regel geworden sei, woraus mit einigem Grunde sich auf die Angemessenheit der Beseitigung jenes Rechtsbehelfs schließen lasse. Weiter müsse zugegeben werden, daß diese Beseitigung das Gesetz nicht unwesentlich vereinfachen und vielen Streitigkeiten vorbeugen werde. Sodann falle der Vorgang des Handelsgesetzbuchs (Art. 281) schwer in's Gewicht weil die Rechtssicherheit unter der in Frage stehenden Verschiedenheit des Handelsrechts und des sonstigen bürgerlichen Rechts erfahrungsmäßig in erheblichem Maße leide. Endlich möge es richtig sein, daß die Versagung des Rechtsbehelfs dem leichtsinnigen Verbürgen zu steuern vermöge, während sie auf der anderen Seite die Gefahr nicht besorgen lasse, daß der Gläubiger stets zuerst den Bürgen in Anspruch nehme, indem vielmehr vertraut werden dürfe, daß die Rechtsverfolgung gegen den zahlungsfähigen Hauptschuldner die Regel bleiben werde. Dessenungeachtet dürfe der Vorschlag keine Billigung finden. Das geltende Recht lege, von dem Handelsgesetzbuche abgesehen, durchgehends dem Bürgen die Einrede der Vorausklage bei. Dem Bürgen diesen Rechtsbehelf zu entziehen, würde eine schwerwiegende Neuerung enthalten, die bisher von keiner neueren Kodifikation unternommen sei; nur das österreichische Recht mache eine — bis zur neuesten Zeit ohne Nachahmung gebliebene — Ausnahme: Hieraus sei | mit Sicher- |Prot 12531 heit zu entnehmen, daß im Verkehr der Gedanke sich eingebürgert habe und noch in voller Stärke fortlebe, der Bürge sei erst dann in Anspruch zu nehmen, wenn die Rechtshülfe gegen den Hauptschuldner versagt habe, und daß, wenn es anders sein solle, der Bürge die strengere Haftung besonders übernehmen müsse. Es sei überaus 483
§§771-773
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
gewagt, mit dieser den Verkehr beherrschenden Auffassung (von der es gleichgültig sei, ob sie mit Nothwendigkeit aus dem Begriffe der Bürgschaft folge,) sich durch die vorgeschlagene Neuerung in Widerspruch zu setzen. Es würden daraus weit größere Nachtheile entspringen, als diejenigen seien, die an das geltende Recht sich knüpften. Die Neuerung würde noch einen andern praktischen Uebelstand nach sich ziehen. Sie würde die Bürgschaftsverträge erschweren, in welchen der Bürge nur die geringere Haftung, wie sie dem geltenden Rechte entspreche, zu übernehmen beabsichtige. Solche Verträge würden unleugbar noch häufig geschlossen werden, den Parteien alsdann aber die Möglichkeit fehlen, in einfacher Weise jene geringere Haftung zu bestimmen, es sei denn, daß das Gesetz den Fall der Uebernahme der Bürgschaft unter Vorbehalt der Einrede der Vorausklage besonders normire, womit ein großer Theil der Vortheile der Neuerung wieder verloren ginge. Es wurde zur Berathung der Einzelheiten des Artikels 934 des Entwurfs übergegangen. I. zum ersten Satze. Die Mehrheit billigte den Vorschlag des Antrags N 2 1, wonach der erste Satz lauten soll : „Der Bürge ist berechtigt, die Erfüllung seiner Verbindlichkeit so lange zu verweigern, bis der Hauptschuldner von dem Gläubiger ausgeklagt worden ist." unter Vorbehalt der nachträglichen Entscheidung, ob der Ausdruck: „ausgeklagt" beizubehalten sei. Im Uebrigen hielt man die Fassung des Antrags für korrekI Prot 12532 ter, weil er das Mißverständniß ausschließe, der Rechtsbehelf gelange erst | durch Erhebung des Anspruchs gegen den Bürgen zur Entstehung. Einverständniß bestand, daß der gegen den Bürgen klagende Gläubiger zur Begründung der Klage nicht zu behaupten habe, er habe den Hauptschuldner bereits ausgeklagt oder sei zur Vorausklage nicht verpflichtet, daß vielmehr die Einrede der Vorausklage, wenn sie Berücksichtigung finden solle, von dem Bürgen erhoben werden müsse. Man glaubte, es gehe dies aus der beschlossenen Fassung zur Genüge hervor, überließ übrigens der Prüfung bei der Redaktion, ob nicht zur größeren Verdeutlichung am Schluß die Worte: „Einrede der Vorausklage" einzuklammern seien.1" II. Zum zweiten Satze. 1. Der Entwurf bestimmt die Unzulässigkeit der Einrede: a, wenn der Bürge auf dieselbe verzichtet, b, wenn er als Selbstschuldner oder Selbstzahler sich verpflichtet, c, wenn er die sofortige Zahlung zur Verfallzeit versprochen hat. Der Antrag N 2 1 verhält sich in dieser Beziehung schweigend, und zwar — wie aus seiner Begründung sich ergab — weil die Bestimmungen des Entwurfs für selbstverständlich erachtet werden. Die Mehrheit erklärte sich aber zu a und b für die Bestimmungen des Entwurfs und nur zu c für die Streichung der betreffenden Vorschrift. Sie ging davon aus: Möge es auch richtig sein, daß die Zulässigkeit des Verzichts auf die Einrede schon aus allgemeinen Grundsätzen folge, so erscheine es doch rathsam, dieselbe besonders anzusprechen, einmal wegen der bereits zur Sprache gelangten Häufigkeit eines solchen Verzichts, sodann wegen der Nothwendigkeit der Bestimmung b, deren Selbstverständlichkeit bestreitbar bleibe und deren Mangel bei der Häufigkeit auch des von ihr betroffenen Falles viele Streitigkeiten hervorzurufen drohe, deren Fassung endlich, um weiteren Zweifeln zu begegnen, I Prot 12533 ergeben müsse, daß nur ein Verzicht | auf die Einrede der Vorausklage anzuneh11
Im Original: sei.
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18. Titel: Bürgschaft
§§771-773
men, die Anwendbarkeit der übrigen für die Bürgschaftsverpflichtung geltenden Normen aber nicht ausgeschlossen sei. Die Bestimmung c sei dagegen entbehrlich, denn sie enthalte nur einen einzelnen, eine besondere Auszeichnung nicht verdienenden Fall des stillschweigenden Verzichts. 2. Nach dem Entwürfe soll die Einrede unzulässig sein, wenn die Ausklagung des Hauptschuldners wegen Unbekanntschaft oder Wechsel des Wohnsitzes desselben erhebliche Schwierigkeiten hat. Der Antrag N e 1 bringt die zum Theil weitere, zum Theil engere Bestimmung in Vorschlag: „die Einrede der Vorausklage falle weg, wenn die Ausklagung des Hauptschuldners durch Thatsachen, welche nach Uebernahme der Bürgschaft eingetreten seien und nicht die persönlichen Verhältnisse des Gläubigers beträfen, insbesondere durch Wechsel des Wohnsitzes oder Aufenthalts des Hauptschuldners erheblich erschwert sei." Die Mehrheit entschied, unter Ablehnung des vorstehenden Antrags, für den im Laufe der Diskussion gestellten Antrag: „die Einrede stehe dem Bürgen nicht zu, wenn die Ausklagung des Hauptschuldners durch eine nach dem Abschlüsse des Bürgschaftsvertrages eingetretene Aenderung des Wohnsitzes oder Aufenthalts desselben erheblich erschwert sei." Erwogen war: Der Antrag Ν- 1 gehe zu weit, wenn er an jede nach Abschluß des Bürgschaftsvertrages eingetretene erhebliche Erschwerung der Ausklagung des Hauptschuldners den Verlust der Einrede knüpfe. Diese werde dadurch eine schwer zu übersehende und zu mancherlei Streitigkeiten führende Abschwächung erleiden. Es genüge, diejenige Erschwerung zu berück- | sichtigen, die aus einer Aenderung des | Prot 12534 Wohnsitzes oder Aufenthaltes des Hauptschuldners entspringe, sei es in Folge eines Wechsels derselben, sei es in Folge ihrer gegenwärtigen Unbekanntschaft. In beiden Fällen liege übrigens eine Aenderung vor, weshalb es ausreichend sei, nur die letztere hervorzuheben. Der Entwurf übergehe sodann den Zeitpunkt, in welchem die Aenderung eingetreten sein müsse. In dieser Hinsicht verdiene die Beschränkung des Antrags N - 1, die Aenderung müsse nach Abschluß des Bürgschaftsvertrages erfolgt sein, Billigung, da andernfalls nur in Frage kommen könne, ob nach den konkreten Umständen ein Verzicht auf die Einrede sich annehmen lasse. 3. Der Entwurf erklärt die Einrede für unstatthaft, sobald über das Vermögen des Hauptschuldners der Konkurs eröffent ist. Der Antrag Ν 2 1 folgt hierin dem Entwürfe. Dieser blieb auch anderweit unbeanstandet. 4. Der Antrag Ν- 1 enthält eine Bestimmung darüber, unter welchen Voraussetzungen die Pflicht der Vorausklage als erfüllt anzusehen sei. Die Voraussetzungen sind nach dem Antrage : a, Klageerhebung gegen den Hauptschuldner, b, rechtskräftige Verurtheilung desselben, c, Erfolglosigkeit der Zwangsvollstreckung in das inländische bewegliche Vermögen des Hauptschuldners mittels Abpfändung von Sachen oder Nachweis, daß eine solche Zwangsvollstreckung fruchtlos bleiben werde. In dem Entwürfe findet sich keine ähnliche Vorschrift, sondern nur die in dem Antrage fehlende Bestimmung, die Einrede sei unstatthaft im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Hauptschuldners. Man überzeugte sich von der Unzulänglichkeit der letzteren Bestimmung, und zwar wegen des Falles, in welchem der Gläubiger die Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner fruchtlos durchgeführt hat und 485
§§771-773
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
I Prot I 2535 dieser später zahlungsfähig geworden ist, indem alsdann nach dem Entwürfe | die Einrede zulässig sein würde, während sie doch ohne Zweifel durch die Erfolglosigkeit der früheren Rechtsverfolgung als endgültig erledigt gelten muß. Anlangend nun die in dem Antrage sich findenden Bestimmungen, so erklärte sich die Mehrheit gegen die Verpflichtung des Gläubigers, stets eine rechtskräftige Verurtheilung des Hauptschuldners auszuwirken. Man verkannte zwar nicht, daß eine solche Vorschrift dem Bürgen in Rücksicht auf seine Regreßrechte gegen den Hauptschuldner zum wesentlichen Nutzen gereichen werde, glaubte aber, der Rechtsbehelf der Vorausklage gewinne dadurch eine ihm nicht zukommende Bedeutung, da diese sich nur auf die wirkliche oder voraussichtliche Erfolglosigkeit der Zwangsmaßregeln gegen den Hauptschuldner beziehe, so daß der Gläubiger seine Verpflichtungen erfüllt habe, wenn die Zwangsvollstreckung auch ohne vorherige Verurtheilung des Hauptschuldners auf Grund eines anderen vollstreckbaren Titels fruchtlos versucht sei oder die Fruchtlosigkeit eines jeden derartigen Versuchs von vornherein feststehe. Dagegen fand die in dem Antrage enthaltene Vorschrift: „der Gläubiger habe der Verpflichtung der Vorausklage genügt, wenn die im Inlande versuchte Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen mittels Abpfändung von (körperlichen) Sachen erfolglos geblieben sei," die Billigung der Mehrheit, jedoch mit der Maßgabe, daß a, für „im Inlande" zu setzen sei: „am Wohnsitz und in Ermangelung eines solchen am Aufenthaltsorte des Schuldners" und daß b, in Rücksicht auf die Fälle, in welchen der Anspruch des Gläubigers nicht auf eine Geldforderung, sondern auf die Herausgabe von Sachen, auf eine Handlung u.s.w. gerichtet ist, hinzuzufügen sei: α im Eingange hinter „wenn" : „bei einer Geldforderung", I Prot I 2536 | β am Schluß hinter „Sachen": „bei einer anderen Forderung eine Zwangsvollstreckung." Man ging davon aus : Stehe eine Geldforderung in Frage, so müsse es genügen, wenn der Gläubiger vergeblich versucht habe, aus der beweglichen körperlichen Habe des Hauptschuldners seine Befriedigung zu erlangen; es könne ihm ohne wesentliche Verkümmerung seiner aus der Bürgschaft sich ergebenden Rechte nicht zugemuthet werden, die meist mit erheblichem Zeit- und Kostenaufwand verbundene, mitunter auch nur geringen Erfolg versprechende Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen durchzuführen oder die Aktiva und sonstigen Rechte des Hauptschuldners im Wege der Zwangsvollstreckung in Anspruch zu nehmen und in die damit verknüpften Weiterungen sich zu ergeben. Unzutreffend sei es aber, mit dem Antrage eine im Inlande versuchte Zwangsvollstreckung für erforderlich und anderntheils allgemein für genügend zu erachten. Habe der Hauptschuldner seinen Wohnsitz und in Ermangelung eines solchen seinen ständigen Aufenthalt im Auslande, so müsse es genügen, wenn die Zwangsvollstreckung im Auslande erfolglos geblieben sei; auf der anderen Seite könne die Erfolglosigkeit einer Zwangsvollstreckung, welche nicht am Wohnsitze u.s.w. des Hauptschuldners betrieben worden, für sich allein nicht ausreichen. Es zeige sich also, daß die Erfolglosigkeit einer am Wohnsitze u.s.w. betriebenen Zwangsvollstreckung erfordert werden müsse. Handele es sich um eine andere als eine Geldforderung, so müsse konsequent die Erfolglosigkeit einer nach der Civilprozeßordnung zulässigen, auf Erfüllung der Verpflichtung gerichteten Zwangsmaßregel genügen. Es erübrigt die Bestimmung des Entwurfs, die Einrede sei unzulässig, wenn der Hauptschuldner zahlungsunfähig sei. Schon zuvor ist erwähnt, daß es nach der An486
18. Titel: Bürgschaft
§§771-773
sieht der Mehrheit dem Wesen der Einrede entspricht, dies nicht zuzula-| ßen, so- | Prot I 2537 bald die Erfolglosigkeit der Zwangsmaßregeln gegen den Hauptschuldner feststeht. Die Mehrheit war daher der Ansicht, die Bestimmung des Entwurfs sei im Allgemeinen gerechtfertigt. Sie erachtete nur den nach der Konkursordnung mit einem besonderen Sinne verbundenen Ausdruck „zahlungsunfähig" (vergi. Konkurs-Ord. § 94, Motive dazu S. 319, 320) nicht für passend, gab vielmehr unter Berücksichtigung des § 2 des Reichsgesetzes vom 21. Juli 1879 (R.G.B1. S. 277), betreffend die Anfechtung von Rechtshandlungen außerhalb des Konkursverfahrens, der Bestimmung den Vorzug: „wenn anzunehmen ist, daß die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Hauptschuldners zur Befriedigung des Gläubigers nicht führen würde." Schließlich wurde der Prüfung bei der Redaktion überlaßen, ob nach den gefaßten Beschlüssen die Beibehaltung des Wortes : „ausklagen" sich empfehle. Zur Berathung gestellt wurde sodann der Artikel 935 mit dem darauf sich beziehenden, oben unter N2 2 mitgetheilten Antrage, zu vergi. S. 2529. Die Mehrheit entschied für die Streichung des Artikels ohne Ersetzung durch eine andere Bestimmung. Die Gründe waren : Verpflichte sich der Bürge unter der Bedingung der vorherigen Ausklagung des Hauptschuldners oder für den Fall des Unvermögens des letzteren oder für den Ausfall, welchen der Gläubiger bei der Geltendmachung seines Anspruchs gegen den Hauptschuldner erleiden werde, so habe er die Einrede der Vorausklage nicht allein auf Grund des Gesetzes, sondern auch auf Grund der dem Versprechen beigefügten Beschränkung. Ob die Beschränkung von größerem Umfange sei, als die schon aus dem Gesetze entspringende, und wenn es der Fall, wie weit sie über die gesetzlichen Grenzen hinausgreife, lasse sich durch eine allgemeine Regel nicht bestimmen, sondern müsse im Einzelfalle im Wege der Auslegung ermittelt werden. I Unbeachtet dürfe übrigens nicht bleiben, daß die Verbürgung für einen entste- | Prot I 2538 henden Schaden für sich allein noch nicht zu der Auslegung nöthige, es sei die Vorausklage besonders vorbehalten.
238. Sitzung vom 21. 9. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend v. Kübel I Die Berathung des Abschnitts des Obligationenrechts betreffend „die Bürg- | Prot 12539 schaft" wurde fortgesetzt. Zu den Artikeln 934, 935 wurden nachträglich folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Die Uebernahme der Bürgschaft mit dem Zusätze: „als Selbstschuldner oder Selbstzahler zu haften" ist, sofern nicht aus dem übrigen Inhalte des Bürgschaftsvertrages sich ein Anderes ergiebt, als die Uebernahme einer gewöhnlichen Bürgschaft unter Verzicht auf die Einrede der Vorausklage zu betrachten. Es bedarf dies jedoch keiner besonderen Hervorhebung, weil es sich schon zur Genüge aus der zum Artikel 934 beschlossenen Vorschrift ergiebt: „Die Einrede der Vorausklage finde nicht statt, wenn der Bürge auf dieselbe verzichtet, insbesondere wenn er als Selbstschuldner u.s.w. sich verpflichtet habe." zu vergi. Material S. 38, 40, 48, 49. 2. Der § 138 Absatz 2 der Zusammenstellung der den | Allgemeinen Theil betref- | Prot 12540 487
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
fenden Beschlüsse (Protokolle S. 340 — 347) 2 ist durch den Zusatz zu ergänzen, daß hinter: „Zurückbehaltungsrechts" eingeschoben wird: „oder der Einrede der Vorausklage." Die Mehrheit war nämlich der Ansicht, daß die Einrede der Vorausklage, entsprechend der gemeinrechtlichen Auffassung, schon aus Gründen der praktischen Zweckmäßigkeit schlechthin keinen Hemmungsgrund der Verjährung bilden dürfe, daß dies aber besonders ausgesprochen werden müsse, weil es aus dem § 138 in Verbindung mit dem § 134 a.a.O. (Protokolle S. 334 — 336)' sich nicht herleiten lasse (zu vergi. Protokolle S. 347 und Material S. 39). 4. 4Besondere Vorschriften für den Fall, wenn der Anspruch — sei es der Hauptanspruch, sei es der Anspruch aus dem Bürgschaftsvertrage — durch ein Pfandrecht gesichert ist, sind entbehrlich. Der erste Fall findet seine Erledigung durch die über die Einrede der Vorausklage beschlossenen Vorschriften, auf den zweiten Fall finden die allgemeinen Vorschriften über die Verfolgung eines durch Pfandrecht gesicherten Anspruchs Anwendung. Nur in einer Beziehung giebt der erste Fall zu einer ergänzenden Bestimmung Anlaß. Die in der vorigen Sitzung zum Artikel 934 beschlossene Vorschrift, die Ausklagung sei als erfolgt anzusehen, wenn bei einer I Prot 12541 Geldforderung die Zwangsvollstreckung | in das bewegliche Vermögen am Wohnoder Aufenthaltsorte des Hauptschuldners mittels Abpfändung von Sachen erfolglos geblieben sei, muß den Zusatz erhalten: „der Gläubiger, welchem an beweglichen Sachen des Hauptschuldners ein Pfandrecht zustehe, habe aus diesen Sachen auch nach jener Erfolglosigkeit zur Erledigung der Einrede der Vorausklage zuvor seine Befriedigung zu suchen." Man war nämlich der Ansicht, daß der Gläubiger im unterstellten Falle, (wohin auch der gehöre, wenn auf Betreiben des Gläubigers an einem anderen, als dem Wohn- bezw. Aufenthaltsorte des Hauptschuldners bewegliche Sachen des letzteren gepfändet seien,) die Befriedigung zunächst aus den zum Pfände haftenden Sachen aus demselben inneren Grunde zu versuchen verpflichtet sei, aus welchem er hierzu bei der Pfändung im Wege der am Wohnsitz des Hauptschuldners erwirkten Zwangsvollstreckung verbunden sei. Zu Artikel 936 des Entwurfes: „Hat sich Jemand dem Gläubiger gegenüber nur für die Erfüllung der von dem Bürgen, als solchen, übernommenen Verbindlichkeit verbürgt, so kann er verlangen, daß der Gläubiger nicht nur den Hauptschuldner, sondern auch den Bürgen (Hauptbürgen) vorerst ausklage, sofern nicht einer der in 4a Artikel 934 bestimmten Ausnahmefälle vorliegt." war die Streichung der Vorschrift beantragt. Planck (Nr 456, 2) Der Antrag auf Streichung des Artikels wurde genehmigt. Der Grund des Beschlusses war: Der Nachbürge erscheine als gewöhnlicher Bürge für die von dem Hauptbürgen I Prot I 2542 eingegangene Bürgschaftsverpflichtung. Es sei also klar, daß ihm in Beziehung | auf die letztere die Einrede der Vorausklage in gleicher Art zustehe, wie jedem anderen Bürgen. Was der Artikel 936 bestimme, sei daher, soweit es mit dem Vorstehenden übereinstimme, selbstverständlich, soweit der Artikel aber darüber hinausgehe, —
DresdE Art 936
2 S. bei § 202 BGB. 3 S. bei § 1 9 8 BGB. * Den unter 3. gefaßten Beschluß s. bei §§ 765, 766 BGB. 4 i Im Original fehlt das Wort „in". 488
18. Titel: Bürgschaft
§§771-773
soweit er nämlich die vorherige Ausklagung des Hauptschuldners allgemein vorschreibe —, sei er wegen Nichtberücksichtigung des Falls, wenn dem Hauptbürgen die Einrede der Vorausklage nicht zustehe, sogar unrichtig. II. In der RedVorl und der ZustOR haben die beschlossenen Vorschriften die Fassung: Der Bürge ist berechtigt, die Erfüllung seiner Verbindlichkeit so lange zu verweigern, bis der Hauptschuldner von dem Gläubiger ausgeklagt worden ist (Einrede der Vorausklage). Die Ausklagung ist als erfolgt anzusehen, wenn bei einer Geldforderung die Zwangsvollstreckung am Wohnsitze und in Ermangelung eines solchen am Aufenthaltsorte des Hauptschuldners in das bewegliche Vermögen mittels Abpfändung von Sachen, bei einer anderen Forderung eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner erfolglos geblieben ist. Hat jedoch der Gläubiger an beweglichen Sachen des Hauptschuldners ein Pfandrecht, so muß er aus diesen Sachen zuvor seine Befriedigung suchen.4b Die Einrede der Vorausklage ist ausgeschlossen: wenn der Bürge auf die Einrede verzichtet, insbesondere, wenn er als Selbstschuldner oder Selbstzahler sich verbürgt hat, wenn die Ausklagung des Hauptschuldners durch eine nach dem Abschluß des Bürgschaftsvertrags eingetretene Aenderung des Wohnsitzes oder Aufenthalts des Hauptschuldners erheblich erschwert worden ist, wenn über das Vermögen des Hauptschuldners der Konkurs eröffnet worden ist, wenn anzunehmen ist, daß die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Hauptschuldners zur Befriedigung des Gläubigers nicht führen werde.4c Bei Beratung der Anträge, welche gestellt waren in Betreff der Drucklegung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse lagen die Anträge vor: I 35. § 6682 (ZustOR: 462 Abs. 2) Zeile 1 hinter „wenn" einzuschalten „wegen des Anspruches". 36. SS 669, 671 (ZustOR: 463, 465). Die einzelnen Absätze, welche mit Semikolon abgeschlossen worden, mit Nummern zu versehen (NB. S 156). I In S 668 (ZustOR 462) den 2. Satz des 2. Absatzes zu fassen: „Bei einer Geldforderung muß die Zwangsvollstreckung in die beweglichen Sachen des Hauptschuldners am Wohnsitze oder in Ermangelung eines solchen am Aufenthaltsorte desselben ohne Erfolg versucht worden sein." (Die Kommata vor und hinter „in Ermangelung eines solchen" sind zu streichen.) ι Der Antrag 36 wurde gebilligt, die Beratung über den Antrag 35 bis zur Beratung des Antrags f ausgesetzt (Prot. I 3560). In der RedVorl ist zu § 462 angemerkt: NB. zu § 6 (462) Ist das W o r t „Ausklagung" bedenklich? Man kann es als ein technisches ansehen, welches durch den Art. 281 H.G.B, bereits gesetzlich sanktionirt ist. *c In der RedVorl ist zu § 463 angemerkt: NB. zu § 6a Die Schlußbestimmung folgt dem § 2 des Reichsgesetzes vom 21. Juli 1879 (R.G.B1. S. 277). 4b
489
RedVorl/ ZustOR § 462
RedVorl/ ZustOR § 463
I Prot 1 3555 Kurlbaum (Nr 570 IV) Kurlbaum (Nr 570 IV) I Prot 1 3558 v.Weber (Nr 571, 6)
§§771-773
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Der Abänderungsvorschlag zu f, sowie der Antrag IV Nr. 35 wurden angenommen, und mit den hieraus sich ergebenden Änderungen die veränderte Fassung des § 668 Absatz 2 genehmigt (Prot. I 3561, 3562).
III. Im KE lauten die §§ 668, 669: Der Bürge ist berechtigt, die Erfüllung seiner Verbindlichkeit so lange zu verweigern, bis der Hauptschuldner von dem Gläubiger ausgeklagt worden ist (Einrede der Vorausklage). Die Ausklagung ist als erfolgt anzusehen, wenn wegen des Anspruches eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg stattgefunden hat. Bei einer Geldforderung muß die Zwangsvollstreckung in die beweglichen Sachen des Hauptschuldners am Wohnsitze oder in Ermangelung eines solchen am Aufenthaltsorte desselben ohne Erfolg versucht worden sein. Hat der Gläubiger an beweglichen Sachen des Hauptschuldners ein Pfandrecht, so muß er aus diesen Sachen zuvor seine Befriedigung suchen. KE § 669 Die Einrede der Vorausklage ist ausgeschlossen : KE § 668
1. wenn der Bürge auf die Einrede verzichtet, insbesondere wenn er als Selbstschuldner oder Selbstzahler sich verbürgt hat; 2. wenn die Ausklagung des Hauptschuldners durch eine nach dem Abschluß des Bürgschaftsvertrages eingetretene Aenderung des Wohnsitzes oder Aufenthaltes des Hauptschuldners erheblich erschwert worden ist; 3. wenn über das Vermögen des Hauptschuldners der Konkurs eröffnet worden ist; 4. wenn anzunehmen ist, daß die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Hauptschuldners zur Befriedigung des Gläubigers nicht führen werde. Bei der Redaktion einzelner Bestimmungen des Obligationenrechts wurde der Antrag von Kurlbaum (Nr. 576, 40), § 669 Nr. 2 zu fassen: „wenn die Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner durch — Aufenthalts desselben erheblich erschwert wird." (Zu vgl. §671). abgelehnt (Prot. I 6198, 6201). Bei der 2. Beratung des KE wurde auf Antrag von v. Schmitt (Nr. 611, 1) in §669 Nr. 2 das Wort „Abschluß" durch „Schließung" ersetzt (Prot. I 11791 — 11793)5. Sodann wurde auf Antrag von Johow (Nr. 610, 5)6 in § 669 Nr. 2 statt „nach der Schließung" gesetzt: „nach Schließung" (Prot. 1 11803, 11804).
5 6
S. diesen Antrag und Beschluß vollständig bei §§ 116ff. BGB. Der Antrag lautet vollständig: zu § 488 1. a) in § 488 Ζ. 1,2, § 493 Ζ. 1, § 496 Abs. 2, Ζ. 3, § 1526 Ζ. 5 statt „vor der Schließung" zu setzen „vor Schließung" b) in § 669 Nr. 2 und § 671 Nr. 2 statt „nach der Schließung" zu setzen „nach Schließung". (Vergi, zu a und b die SS 1431, 1435, 1512, 1533, 1586 und zu c die SS 461, 485 Abs. 2, 494a Abs. 3, S 661 Abs. 2, S 666 Abs. 2, S 673 Abs. 2 Z. 2 sowie S 1409 Abs. 1, S 1429 Abs. 2, SS 1431, 1435, 1443, 1500).
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18. Titel: Bürgschaft
§§771-773
Schließlich war beantragt: I zu § 668 I Prot 111838 v · Mandry im letzten Satze des zweiten Absatzes zu setzen: „ . . . so muß er auch aus diesen Sachen seine Befriedigung gesucht haben." (Nr 617>49) (In der jetzigen Fassung ist die Bezeichnung von „zuvor" nicht außer Zweifel; auch könnte zweifelhaft bleiben, ob der Gläubiger in solchem Falle auch den Versuch machen muß, eine Zwangsvollstreckung nach Satz 2 herbeizuführen. Ueber den Sinn der Bestimmung Prot. S. 2541 und 2542). Beschlossen wurde, in Abs. 2 a.E. statt „suchen" zu setzen „gesucht haben"; im Uebrigen wurde der Antrag abgelehnt. | IV. Im E I lauten §§ 674, 675: Der Bürge ist berechtigt, die Erfüllung seiner Verbindlichkeit so lange zu verweigern, bis der Hauptschuldner von dem Gläubiger ausgeklagt worden ist (Einrede der Vorausklage). Die Ausklagung ist als erfolgt anzusehen, wenn wegen des Anspruches eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg stattgefunden hat. Bei einer Geldforderung muß die Zwangsvollstreckung in die beweglichen Sachen des Hauptschuldners am Wohnsitze oder in Ermangelung eines solchen am Aufenthaltsorte desselben ohne Erfolg versucht worden sein. Hat der Gläubiger an einer beweglichen Sache des Hauptschuldners ein Pfandrecht, so muß er aus dieser Sache zuvor seine Befriedigung gesucht haben. Die Einrede der Vorausklage ist ausgeschlossen: 1. wenn der Bürge auf die Einrede verzichtet, insbesondere wenn er als Selbstschuldner oder Selbstzahler sich verbürgt hat; 2. wenn die Ausklagung des Hauptschuldners durch eine nach Schließung des Bürgschaftsvertrages eingetretene Aenderung des Wohnsitzes oder Aufenthaltes des Hauptschuldners erheblich erschwert worden ist; ist;
3. wenn über das Vermögen des Hauptschuldners der Konkurs eröffnet worden
4. wenn anzunehmen ist, daß die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Hauptschuldners zur Befriedigung des Gläubigers nicht führen werde.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Struckmann Den § 674 zu fassen : (Nr 7, 9) Der Bürge ist berechtigt, die Erfüllung seiner Verbindlichkeit so lange zu verweigern, bis der Gläubiger ohne Erfolg versucht hat, von dem Hauptschuldner Befriedigung zu erlangen (Einrede der Vorausklage). Der Versuch ist, wenn es sich nicht um eine Geldschuld handelt, als erfolglos anzusehen, wenn wegen der Hauptforderung eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg stattgefunden hat. Handelt es sich um eine Geldforderung, so muß die Zwangsvollstreckung in die beweglichen Sachen des Hauptschuldners am Wohnsitze oder in Ermangelung eines solchen am Aufenthaltsorte desselben ohne Erfolg versucht sein. Hat der Gläubiger ein Pfandrecht von einer bewegli491
§§771-773
7. Abschnitt: Einzelne'Schuldverhältnisse
chen Sache des Hauptschuldners, so m u ß außerdem die Verwirklichung des P f a n d rechts ohne zureichenden E r f o l g geblieben sein. II. Eine Beratung hat nicht stattgefunden.
C. 2. Kommission I. In die Berathung des § 674 wurde der § 675 insoweit mit hereingezogen, als die nachstehend mitgetheilten Anträge hierzu nöthigten. Die Anträge gingen dahin (Prot. II, Bd. 2, S. 468f.; M u g d a n , Bd. 2, S. 1023f.) Struckmann (Nr 225,10)
1. den § 674 zu fassen : D e r Bürge ist berechtigt, die Erfüllung seiner Verbindlichkeit solange z u verweigern, bis der Gläubiger o h n e Erfolg versucht hat, von dem H a u p t s c h u l d n e r Befriedigung zu erlangen (Einrede der Vorausklage). H a n d e l t es sich nicht um eine Geldforderung, so genügt es, wenn wegen der H a u p t f o r d e r u n g eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner o h n e Erfolg stattgefunden hat. H a n d e l t es sich um eine Geldforderung, so muß die Zwangsvollstreckung wegen derselben in die beweglichen Sachen des Hauptschuldners am W o h n s i t z oder in E r m a n g e l u n g eines solchen am Aufenthaltsorte des Hauptschuldners o h n e Erfolg versucht sein. H a t der Gläubiger ein P f a n d r e c h t an einer beweglichen Sache des Hauptschuldners, so m u ß außerdem die Verwirklichung des P f a n d rechts ohne Erfolg geblieben sein.
Jacubezky (Nr 236)
2. die §§ 674, 675 wie folgt zu gestalten: ^ 674. Der Bürge ist berechtigt, die Erfüllung seiner Verbindlichkeit solange zu verweigern, bis der Gläubiger den Hauptschuldner z u r Erfüllung a u f g e f o r d e r t hat u n d nach der A u f f o r d e r u n g eine angemessene Frist z u r Bewirkung der Leistung abgelaufen ist. H a t der Gläubiger an einer beweglichen Sache des Hauptschuldners ein Pfandrecht oder kann er sich mittelst Aufrechnung seiner F o r d e r u n g gegen eine d e m Hauptschuldner gegen ihn zustehende Forderung Befriedigung verschaffen, so ist der Bürge im ersten Falle solange, bis der Gläubiger seine Befriedigung aus der verpfändeten Sache gesucht hat, im zweiten Falle, solange die A u f r e c h n u n g m ö g lich ist, insoweit z u r Verweigerung der Erfüllung berechtigt, als der Gläubiger aus der Sache oder mittelst A u f r e c h n u n g Befriedigung verlangen kann. § 675. Die Vorschriften des § 674 finden keine A n w e n d u n g , w e n n der Bürge sich als Selbstschuldner verbürgt hat. D e r A u f f o r d e r u n g des Hauptschuldners zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedarf es nicht, w e n n sie durch eine nach der Schließung des Bürgschaftsvertrags eingetretene Aenderung des Wohnsitzes o d e r Aufenthalts des Hauptschuldners wesentlich erschwert ist oder w e n n nach den Vermögensverhältnissen des H a u p t schuldners a n z u n e h m e n ist, d a ß sie erfolglos bleiben werde.
3. f ü r den Fall der Ablehnung des Antrags 2 hinzuzusetzen: a) dem § 674 : Steht dem H a u p t s c h u l d n e r eine F o r d e r u n g gegen den Gläubiger zu, gegen welche dieser seine F o r d e r u n g aufzurechnen berechtigt ist, so ist die Ausklagung solange nicht als erfolgt anzusehen, als die A u f r e c h n u n g möglich ist. Jacubezky b) dem § 675 : (Nr 229, 9) In den Fällen der N r . 3, 4 ist die Einrede insoweit nicht ausgeschlossen, als der Gläubiger sich aus einer beweglichen Sache des Hauptschuldners, an welcher ihm
Jacubezky (Nr 229, 8)
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18. Titel: Bürgschaft
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ein Pfandrecht zusteht, oder mittelst Aufrechnung seiner Forderung gegen eine dem Hauptschuldner gegen ihn zustehende Forderung Befriedigung verschaffen kann. 4. dem § 674 Abs. 1 den Satz hinzuzufügen: D e r Bürge kann die Erfüllung der Hauptverbindlichkeit auch dann verweigern, wenn der Gläubiger sich durch Aufrechnung seiner Forderung gegen eine dem Hauptschuldner gegen ihn zustehende Forderung Befriedigung verschaffen kann. 5. in den unter 3 und 4 vorgeschlagenen Bestimmungen die Aufrechnung von der Fälligkeit der Forderungen abhängig zu machen. Die Komm, entschied sich, unter Ablehnung des Antrags 2, f ü r den Antrag 5 und f ü r einen Zusatz zu § 674 in Gemäßheit des Antrags 4; der Antrag 3 war, soweit er die Aufrechnung betraf, hierdurch erledigt. Die Fassung des so gestalteten § 674 unter Berücksichtigung des lediglich redaktionellen Antrags 1 blieb der RedKomm vorbehalten. Zu dem Antrage 4 war beantragt, (Prot. II, Bd. 2, S. 482f.; Mugdan, Bd. 2, S. 1031) in der vorgeschlagenen Bestimmung nach dem Worte „verweigern" einzuschalten : wenn der Gläubiger die Annahme der ihm vom Hauptschuldner vertragsmäßig angebotenen Leistung verweigert hat oder wenn er sich . . . D e r Antragsteller änderte seinen Antrag dahin, daß, falls der Gläubiger die Annahme der ihm vom Hauptschuldner vertragsmäßig angebotenen Leistung verweigert habe, der Bürge nicht nur eine Einrede gegen den Bürgschaftsanspruch erlangen, sondern von der Bürgschaftsverbindlichkeit befreit werden solle. Die Komm, lehnte den Antrag ab. Zu § 675 lagen vor (Prot. II, Bd. 2, S. 476f.; Mugdan, Bd. 2, S. 1024f.) 1. der S. 469 mitgetheilte Antrag 3b; 2. der Antrag, in Nr. 1 hinter „Selbstzahler" einzuschieben „oder sammtverbindlich". A. Der Antrag 1 wurde, soweit er nicht durch den zu § 674 gefaßten Beschluß (S. 469) erledigt ist, mit acht gegen acht Stimmen durch Stichentscheid des Vorsitzenden angenommen. B. Gegenüber der durch den Antrag 2 aufgeworfenen Frage, welche Fälle als Beispiele des Verzichts auf die Einrede der Vorausklage anzuführen sind, lehnte die Mehrheit es ab, mit dem Antrage 2 den Fall der „sammtverbindlichen" Verbürgung und mit dem Entw. den der Verbürgung als „Selbstzahler" zu erwähnen, beschloß vielmehr, nur die Verbürgung als Selbstschuldner hervorzuheben. II. In der VorlZust lauten die §§ 674, 675: D e r Bürge ist berechtigt, die Erfüllung seiner Verbindlichkeit so lange zu ver- EI-VorlZust weigern, bis der Hauptschuldner von dem Gläubiger ausgeklagt worden ist (Einre§ 674 de der Vorausklage). Die Ausklagung ist als erfolgt anzusehen, wenn wegen des Anspruchs eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg stattgefunden hat. Bei einer Geldforderung muß die Zwangsvollstreckung in die beweglichen Sachen des Hauptschuldners am Wohnsitze oder in Ermangelung eines solchen am Aufenthaltsorte desselben ohne Erfolg versucht worden sein. H a t der Gläubiger an einer beweglichen Sache des Hauptschuldners ein Pfandrecht, so muß er aus dieser Sache zuvor seine Befriedigung gesucht haben. 493
§§771-773 E I-VorlZust §6 7 5
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Die Einrede der Vorausklage ist ausgeschlossen: 1. wenn der Bürge auf die Einrede verzichtet, insbesondere wenn er als Selbstschuldner sich verbürgt hat; 2. wenn die Ausklagung des Hauptschuldners durch eine nach Schließung des Bürgschaftsvertrags eingetretene Aenderung des Wohnsitzes oder Aufenthalts des Hauptschuldners erheblich erschwert worden ist; ist;
3. wenn über das Vermögen des Hauptschuldners der Konkurs eröffnet worden
4. wenn anzunehmen ist, daß die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Hauptschuldners zur Befriedigung des Gläubigers nicht führen werde. In den Fällen der Nummern 3, 4 ist die Einrede insoweit nicht ausgeschlossen, als der Gläubiger sich aus einer beweglichen Sache des Hauptschuldners, an welcher ihm ein Pfandrecht zusteht, Befriedigung verschaffen kann. III, IV. In der ZustRedKom lauten die §§ 674, 675, im E II die §§ 711, 712:
E I-ZustRedKom Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange dieser § 674 nicht eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht E II § 711 hat (Einrede der Vorausklage).
Bei einer Geldforderung muß die Zwangsvollstreckung in die beweglichen Sachen des Hauptschuldners am (E II: an seinem) Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen am (E II : an seinem) Aufenthaltsorte (ZustRedKom : desselben) versucht ( E l l : worden) sein. Hat der Gläubiger ein Pfandrecht an einer beweglichen Sache des Hauptschuldners, so muß er auch aus dieser Sache Befriedigung gesucht haben. Die Einrede der Vorausklage ist ausgeschlossen :
E I-ZustRedKom 1. wenn der Bürge auf die Einrede verzichtet, insbesondere wenn er sich als S 675 Selbstschuldner verbürgt hat; E I H 712
2. wenn die Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner durch eine (E II: in Folge einer) nach der Uebernahme der Bürgschaft eingetretene (E II: eingetretenen) Aenderung des Wohnsitzes oder Aufenthaltsorts des Hauptschuldners wesentlich erschwert ist; 3. wenn über das Vermögen des Hauptschuldners der Konkurs eröffnet ist; 4. wenn anzunehmen ist, daß die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Hauptschuldners nicht zur Befriedigung des Gläubigers führen werde (E II: wird). In den Fällen der Nr. 3, 4 ist die Einrede insoweit zulässig, als der Gläubiger sich aus einer ihm als Pfand haftenden beweglichen Sache des Hauptschuldners befriedigen kann. Bei der Revision des E II war zu § 711 Abs. 2 beantragt:
Jacubezky 1. in dem ersten Satze statt der Worte „Wohnsitz oder in Ermangelung eines (Nr 42, 6) solchen" zu setzen „Wohnsitz und, wenn der Hauptschuldner an einem anderen
Orte seine gewerbliche Niederlassung hat, auch an diesem Orte, in Ermangelung eines Wohnsitzes und einer gewerblichen Niederlassung . . . " ;
2. den zweiten Satz zu fassen: Hat der Gläubiger ein Pfandrecht oder ein (kaufmännisches) Zurückbehaltungsrecht an einer beweglichen Sache des Hauptschuldners, so muß er auch aus dieser Sache Befriedigung suchen; besteht das Pfandrecht oder das Zurückbehaltungs494
18. Titel: Bürgschaft
§774
recht zugleich für eine andere Forderung des Gläubigers, so findet diese Vorschrift nur Anwendung, wenn auch die andere Forderung durch die Sache gedeckt ist. (Vergi, die Anm. zu § 1135.) Beide Anträge gelangten zur Annahme, der Antrag 2 jedoch unter Weglassung des Wortes „kaufmännisches". V. Im E II rev §§ 756, 757, 758, E III §§ 755, 756, 757 liegt die in §§ 771, 772, 773 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
§774 Soweit der Bürge den Gläubiger befriedigt, geht die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner auf ihn über. Der Uebergang kann nicht zum Nachtheile des Gläubigers geltend gemacht werden. Einwendungen des Hauptschuldners aus einem zwischen ihm und dem Bürgen bestehenden Rechtsverhältnisse bleiben unberührt. Mitbürgen haften einander nur nach § 426.
A. 1. Kommission I. 238. Sitzung vom 21. 9. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend v. Kübel I Zu Artikel 939 des Entwurfs :1 „Der Bürge, welcher den Gläubiger befriedigt hat, kann von dem Hauptschuldner, nach Maßgabe der Vorschriften über fremde Geschäftsführung mit oder ohne Auftrag, Ersatz des auf die Tilgung der Schuld Verwendeten fordern." lag außer dem Streichungsantrage der Antrag vor: Den Artikel entweder zu streichen oder in der zweiten Zeile hinter: „Auftrag" hinzuzufügen : „und über ungerechtfertigte Bereicherung." Der Antrag auf Streichung des Artikels wurde genehmigt. Die Gründe waren: Verstehe man den Artikel so, daß der Bürge, welcher den Gläubiger befriedigt habe, von dem Hauptschuldner Ersatz fordern könne, sofern im gegebenen Falle die Voraussetzungen der actio mandati oder negotiorum gestorum contraria vorhanden seien, so enthalte er nur Selbstverständliches. Werde er dahin verstanden, der Bürge, welcher nicht aus Auftrag des Hauptschuldners sich verbürgt und den Gläubiger demnächst befriedigt habe, gelte in I Ansehung dieser Befriedigung stets als negotiorum gestor des Hauptschuldners, so sei er unrichtig, wie sich z.B. bei Würdigung des Falls ergebe, wenn die Verbürgung ohne jede Mitwirkung des Hauptschuldners und ohne Wissen desselben gegen eine von dem Gläubiger gewährte Vergütung (Prämie), vielleicht im Wege des Versicherungsvertrags, erfolgt sei. 1
S. die auf dieser Sitzung voraufgegangenen Beratungen bei §§ 767, 768 BGB.
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| Prot I 2547
Planck (Nr 459) Windscheid (Nr 462)
| Prot 12548
§ 774
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Der Artikel 939 sei aber auch deshalb bedenklich, weil er zu verneinen scheine, daß schon in der Verbürgung selbst, ohne Hinzutritt der Befriedigung des Gläubigers, eine die actio negotiorum gestorum contraria gewährende Geschäftsführung für den Hauptschuldner liegen könne. DresdE Art 940
Zu Artikel 940 des Entwurfs: »Hat der Bürge in seiner Eigenschaft als solcher den Gläubiger befriedigt, so gehen auf ihn alle Rechte über, welche dem Gläubiger in Ansehung der verbürgten Schuld zustehen, ohne Unterschied, ob er die Bürgschaft im Einverständnisse mit dem Hauptschuldner oder ohne dessen Einwilligung und sogar gegen dessen Verbot übernommen hat." lagen die Anträge vor:
Planck (Nr 459)
1. die Vorschrift durch folgende Bestimmung zu ersetzen : „Auf den Bürgen geht, soweit er seine Verbindlichkeit gegen den Gläubiger erfüllt hat und hierbei nicht etwas Anderes vereinbart ist, die verbürgte Forderung über, die Forderung gegen die Mitbürgen jedoch nur nach Maßgabe des § 27 Absatz 2 und 3 der Zusammenstellung des Obligationenrechts (vgl. Protokolle S. 524, 525)2. Soweit zum Uebergange eines Nebenrechts ein besonderes gesetzliches ErforI Prot 12549 derniß erfüllt werden muß und zu dieser Er- | füllung eine Handlung des bisherigen Gläubigers erfordert wird, ist der Gläubiger auch zur Vornahme dieser Handlung verpflichtet (vergi. § 214 des Obi. R., Protokolle S. 1285 —1289)3. Vorbehalten bleiben die besonderen Ansprüche und Einreden aus dem zwischen dem Bürgen und Hauptschuldner jeweilen bestehenden Rechtsverhältnisse." Windscheid (Nr 462)
2. zu bestimmen: „Hat der Bürge den Gläubiger befriedigt, so geht auf ihn, soweit er berechtigt ist, Ersatz des Geleisteten vom Hauptschuldner zu verlangen, die Forderung des Gläubigers über, die Forderung gegen den Mitbürger jedoch nur zu dessen Antheil." (die in Abs. 2 des vorstehenden Antrags vorgeschlagene Bestimmung vorbehalten.) Es wurden folgende Beschlüsse gefaßt:
1. Gebilligt wurde aus Gründen der praktischen Zweckmäßigkeit das Prinzip: der Bürge, welcher den Gläubiger befriedige, trete in die Rechte desselben gegen den Hauptschuldner. Betreffend die Fassung, so wurde a, der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten, ob mit dem Antrage N 2 1 zur Verdeutlichung der Zusatz sich empfehle: „so weit die Befriedigung erfolgt sei;" b, der Zusatz des Antrags N 2 1 : „soweit hierbei nicht etwas Anderes vereinbart ist", weil er mehr verdunkele, als verdeutliche, für überflüssig erachtet; c, der Fassung der Anträge : „die Forderung gehe auf den Bürgen über" vor der I Prot I 2550 des Entwurfs: „die | Rechte, welche dem Gläubiger in Ansehung der Forderung zustehen, gehen auf den Bürgen über", der Vorzug gegeben, der Prüfung bei der Redaktion jedoch vorbehalten, ob es nicht nach der Terminologie, welche bei der Berathung des die Uebertragung der Forderung betreffenden Abschnitts gewählt worden, statt: „übergeht" heißen müsse: „wird übertragen;"
2 S. bei §§ 4 2 1 - 4 3 2 BGB. 3 S. bei § 401 BGB.
496
18. Titel: Bürgschaft
§774
d, der Zusatz im Eingange des Artikels: „in seiner Eigenschaft als solcher (seil. Bürge)" so wie der Nachsatz des Artikels: „ohne Unterschied, ob er die Bürgschaft im Einverständnisse mit dem Schuldner oder ohne dessen Einwilligung oder sogar gegen dessen Verbot übernommen hat." für entbehrlich angesehen. 2. Der Antrag N 2 2 enthält in Betreff des Ueberganges der Forderung die Beschränkung: „soweit der Bürge berechtigt sei, Ersatz des Geleisteten vom Hauptschuldner zu verlangen." Die Aufnahme dieses Zusatzes wurde abgelehnt, dagegen die einen ähnlichen Zweck verfolgende Schlußbestimmung des Antrags N 2 1, vorbehaltlich der Fassung, gebilligt. Erwogen war: Nach der in dem Antrage N 2 2 vorgeschlagenen Beschränkung würde der Bürge, welcher weder als Beauftragter noch als Geschäftsführer des Hauptschuldners gehandelt habe, sich an diesem nicht erholen können; es würde ihm auch die Bereicherungsklage nicht zustehen, weil kraft seines Willens der Hauptschuldner bereichert sei (§ 273 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 1584 — 1592)4. Es ergebe sich hieraus eine nicht zu rechtfertigende Unbilligkeit und Härte. Der Uebergang der Forderung auf den Bürgen könne freilich nicht in allen Fällen, oder doch nicht immer, unbeschränkt eintreten. Er finde seine Schranken in den besonderen Rechtsbeziehun- | gen, welche zwi- | Prot 12551 sehen dem Bürgen und dem Hauptschuldner bestehen könnten. Habe ζ. B. der Bürge in der Absicht sich verbürgt und den Gläubiger befriedigt, um dem Hauptschuldner ein Geschenk zu machen oder sei er dem Hauptschuldner gegenüber aus einem besonderen Rechtsgrunde zur Befriedigung des Gläubigers verpflichtet gewesen, so könne er die Forderung des letzteren gegen den Hauptschuldner nicht geltend machen. Die Schlußbestimmung des Antrags Ν 2 1 sehe in dieser Beziehung in passender Weise das Nöthige vor, indem sie zugleich dem Bürgen die sonstigen Rechte vorbehalte, welche diesem nach den zwischen ihm und dem Hauptschuldner obwaltenden Rechtsbeziehungen, ζ. B. aus einem Mandatsverhältnisse, zustehen könnten. 3. Beide Anträge sehen vor, daß die Rechte gegen die Mitbürgen nur insoweit übergehen, als das Prinzip, wonach die Mitbürgen als Gesammtschuldner haften und der § 27 der Zusammenstellung der das Obligationsrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 524, 525) es gestatten. Die Aufnahme dieser Beschränkung wurde gebilligt und hinsichtlich der Fassung über die des Antrags N 2 1, die man für deutlicher hielt, entschieden. 4. Gebilligt wurde als völlig sachgemäß die in dem Antrage Ν 2 1 sich findende Uebertragung der Bestimmung §214 Absatz 2 Satz 2 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 1285-1289). Einverständniß bestand : 1. daß der Bürge die Rechte des Gläubigers auch gegen einen erst später eingetretenen Mitbürgen, vorbehaltlich der aus der Ausgleichungspflicht folgenden Beschränkung, erlange (Material S. 59) ; 2. daß der Eintritt des Bürgen in die Rechte des Gläubigers diesem nicht zum Nachtheil gereichen dürfe (Ma- | terial S. 59), und daß weder in der einen noch in | Prot 12552 der anderen Beziehung eine besondere Bestimmung nöthig sei.
* S. bei § 812 BGB.
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§774
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
239. Sitzung vom 24. 9. 1883, Schriftführer Neubauer I Prot 12553
DresdE Art 941
Windscheid (Nr 462) Planck (Nr 461, 1)
| Die Berathung des Abschnitts des Obligationenrechts betreffend „die Bürgschaft" wurde fortgesetzt. Zu Art. 941 des Entwurfs: »Hat der Bürge, nachdem der Gläubiger von dem Hauptschuldner befriedigt war, ohne Kenntniß hiervon, die Schuld ebenfalls bezahlt, so kann er, wenn er im Auftrage des Hauptschuldners die Bürgschaft übernommen hatte, gegen Ueberlassung der ihm wegen geleisteter Nichtschuld gegen den Gläubiger zustehenden Ansprüche, Erstattung des Verwendeten von dem Hauptschuldner verlangen." lagen die Anträge vor: 1. die Vorschrift zu streichen,
2. den Artikel zu streichen, eventuell an Stelle der Art. 941 und 943 folgende Bestimmung zu setzen : „Hat sich der Bürge im Auftrage des Hauptschuldners verbürgt, so ist er den Ersatz des von ihm behufs Befriedigung des Gläubigers Verwandten von dem Hauptschuldner auch dann zu fordern berechtigt, wenn zur Zeit der Verwendung ein Anspruch des Gläubigers gegen den Hauptschuldner nicht bestand oder dem letzteren Einreden dagegen zustanden, es wäre denn, daß der Bürge das Nichtbestehen des Anspruchs oder die dem Hauptschuldner dagegen zustehenden Einreden gekannt hätte oder hätte kennen müssen. Der Bürge kann jedoch den Ersatz nur I Prot 12554 gegen Abtretung des | ihm gegen den Gläubiger zustehenden Anspruchs auf Zurückerstattung des Geleisteten fordern." Die Mehrheit entschied für Streichung des Artikels; der eventuelle Antrag wurde hierauf nicht weiter verfolgt. Erwogen war: Insoweit der Artikel bestimme, der Bürge könne im vorausgesetzten Falle gegen Abtretung der condictio indebiti von dem Hauptschuldner Ersatz des Aufgewendeten fordern, lasse er die Auffassung erkennen, daß die actio mandati contraria, mittels welcher der Bürge Ersatz begehre, nicht deshalb scheitern dürfe, weil er den Gläubiger ohne vorherige Rückfrage bei dem Hauptschuldner befriedigt habe. Der Entwurf enthalte mittelbar die wichtige Bestimmung: der Bürge, welcher aus Auftrag des Hauptschuldners sich verbürgt habe, mache sich keines Versehens schuldig, wenn er den Gläubiger befriedige, ohne sich vorher durch Anfrage beim Hauptschuldner zu vergewissern, ob der letztere auch mit der Befriedigung einverstanden sei. Eine solche durchgreifende Vorschrift erscheine wenig angemessen. Wiewohl im römischen Rechte und im sächsischen Gesetzbuche anerkannt, sei sie doch sowohl im preußischen als im französischen Rechte durch völlig abweichende Vorschriften ersetzt. In dem Wesen des Bürgschaftsvertrages finde weder die eine noch die andere Normirung eine zureichende Stütze. Der Bürge habe den Auftrag erhalten, sich zu verbürgen, und folgerecht, den Gläubiger zu befriedigen, wenn die anderweite Befriedigung desselben unterbleibe. Hieraus lasse sich noch nichts für die Entscheidung der Frage abnehmen, ob er den Gläubiger ohne vorherige Rückfrage bei dem Hauptschuldner befriedigen dürfe. Nur die Umstände des Einzelfalls könnten in dieser Beziehung ausschlaggebend sein. Es bleibe gewagt, durch eine positive Norm der einen oder anderen Art einzugreifen und damit die Gefahr einer unzutreffenden Entscheidung für viele Fälle hervorzurufen. Der Artikel gebe außerdem noch zu anderen Erinnerungen Anlaß. Es wolle nicht einleuchten, weshalb er die I Prot 12555 erwähnte | wichtige Bestimmung nur mittelbar enthalte, weshalb er ferner nur den 498
18. Titel: Bürgschaft
§774
Fall erwähne, wenn der Gläubiger von dem Hauptschuldner bereits befriedigt und deshalb von dem Bürgen eine Nichtschuld berichtigt war, die anderen verwandten Fälle der Zahlung einer Nichtschuld von Seiten des Bürgen dagegen völlig übergehe. Für die Aufrechterhaltung des Artikels lasse sich auch nicht anführen, er enthalte die klare Entscheidung: a, daß der Auftrag des Hauptschuldners, als Bürge einzutreten, zugleich den enthalte, eintretendenfalls den Gläubiger zu befriedigen; b, daß der Bürge, welcher mit der actio mandati contraria Ersatz des dem Gläubiger Geleisteten fordere, zur Abtretung der condictio indebiti gehalten sei; c, daß der gedachte Ersatz und jene Abtretung Zug um Zug zu erfolgen habe. Zu a sei die Erstreckung des Mandats auch auf die Befriedigung des Gläubigers völlig zweifellos, wie bereits bei Berathung des wegen Selbstverständlichkeit gestrichenen Artikels 939 anerkannt worden; zu b ergebe sich die Abtretungspflicht aus der bei Berathung der Vorschriften über den Auftrag beschlossenen Bestimmung, der Beauftragte sei verpflichtet, dem Auftraggeber Alles herauszugeben, was er aus der Ausführung des Auftrags erlangt habe; zu c handele es sich um die allgemeinere Frage, inwiefern die aus dem Auftragsvertrage für beide Theile entspringenden Verpflichtungen Zug um Zug zu erfüllen seien, folglich um die Ergänzung der für das Mandatsverhältniß beschlossenen Vorschriften. Den letzteren Punkt angehend, so war der Antrag gestellt: a, zu § 12 der vorläufigen Redaktionsvorlage über das Mandat (vgl. Protokolle S. 2490,2491) 5 hinzuzusetzen: „Der Auftraggeber kann die Erfüllung dieser Verpflichtungen verweigern bis der Beauftragte seine Verpflichtung, das aus der Ausführung des Auftrages ErlangI te herauszugeben, erfüllt. Die §§ 65, 66 (vgl. Protokolle S. 653 — 661) 6 finden ent- | Prot I 2556 sprechende Anwendung." b, in § 178 der Zusammenstellung des Obligationenrechts (Protokolle S. 1097 — 1099) 7 : Zeile 2 hinter „Sache" einzuschalten : „oder eines Rechts" Zeile 8 hinter „Sache" einzuschalten: „oder das Recht." Man verständigte sich, diesen Antrag erst in einer der nächsten Sitzungen zu erledigen 8 . 5 6 7 8
S. bei § 675 BGB. S. bei S§ 320, 322 BGB. S. bei S 273 BGB. 241. Sitzung vom 28. 9. 1883 (im Anschluß an die Beratung des Art. 951 - 9 5 3 DresdE betr. den Kreditauftrag, s.u. bei S 778 BGB), Prot. 12584: Die Berathung wandte sich zur Erledigung des S. 2555, 2556 der Protokolle mitgetheilten Antrags. Es war der neue Antrag eingegangen, den § 178 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 1097—1099) dahin zu fassen: „Hat ein Schuldner, abgesehen von den Fällen des S. 65 aus demselben rechtlichen Verhältnisse, auf welchem seine Verpflichtung beruht, gegen den Gläubiger einen fälligen Anspruch, oder steht ihm, wenn seine Verpflichtung auf Herausgabe einer Sache geht, ein solcher Anspruch wegen Verwendungen auf die Sache oder wegen eines durch die Sache ihm zuge-
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§ 774
DresdE Art 942
Planck (Nr 461,1 ) Windscheid (Nr 462)
I Prot 12557
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Der Artikel 942 des Entwurfs lautet: »Hat der Hauptschuldner, nachdem der Gläubiger von dem Bürgen befriedigt war, ohne Kenntniß hiervon, die Schuld ebenfalls bezahlt, so geht auf den Bürgen, wenn er im Auftrage des Hauptschuldners die Bürgschaft übernommen haue, der Anspruch des Letzteren auf Rückerstattung des Geleisteten über, und er kann nur diesen Anspruch gegen den Gläubiger geltend machen." Der Antrag auf Streichung des Artikels wurde genehmigt. Die Ansicht der Mehrheit war : Insoweit der Artikel im vorausgesetzten Fall dem Bürgen die actio mandati cont r a r j a versage, verrathe er die Auffassung: Der Bürge, welcher nach Befriedigung des Gläubigers den Hauptschuldner hiervon in Kenntniß zu setzen versäume, begehe ein Versehen, welches den Verlust des Ersatzanspruchs zur Folge habe, sofern der Hauptschuldner, in Unkenntniß von der erfolgten Befriedigung, nachträglich auch seinerseits den Gläubiger befriedige und somit eine Nichtschuld entrichte. Das Versehen könne als Regel zugegeben werden, obschon Fälle denkbar wären, in welchen es verneint werden müsse. Daß es in der Regel anzunehmen sei, brauche keinesfalls besonders bestimmt zu werden. Stehe aber das Versehen fest, so könne über dessen Folgen kein Zweifel sein. Der Bürge müsse dem Hauptschuldner das Interesse leisten; habe dieser in Unkenntniß | von der Befriedigung des Gläubigers den letzteren nochmals befriedigt, so könne er als Schadenersatz Erstattung desjenigen fordern, was er dem Gläubiger als Nichtschuld entrichtet habe, folglich den Ersatzanspruch des Bürgen ablehnen, während er die gegen den Gläubiger ihm zustehende condictio indebiti dem Bürgen abtreten müsse, da er sonst auf Kosten des Bürgen sich bereichern und mehr als den vollen Schadenersatz erlangen würde. Ueberdies habe der Bürge gegen den Gläubiger ohnehin schon die condictio ob causam finitam, die im Allgemeinen und abgesehen von den möglichen Modifikationen in Rücksicht auf bösen und guten Glauben zu gleichem Ergebnisse wie die condictio indebiti führe. Es sei sichtbar, zumal es sich um verhältnißmäßig nicht häufige Fälle handele, kein Bedürfniß, die obigen Konsequenzen im Gesetze besonders auszusprechen oder mit dem Entwürfe durch die Bestimmung, die condictio indebiti gehe de lege auf den Bürgen über, zu ergänzen. Uebrigens gebe auch der Artikel fügten Schadens zu, so ist er zur Zurückbehaltung der geschuldeten Leistung berechtigt." (Vergi. Protokolle Seite 1096—1099 insbesondere den ohne Veränderung angenommenen § a des Antrags Seite 1096.) Der in den Anträgen angezogene § 178 lautet: „Hat der zur Herausgabe einer Sache verpflichtete Schuldner, abgesehen von den Fällen des § 65 ( — zu vergi. Protokolle S. 658 — 660 — ) aus demselben rechtlichen Verhältnisse gegen den Gläubiger einen fälligen Anspruch oder steht ihm ein solcher Anspruch wegen Verwendungen auf die Sache oder wegen eines durch die Sache ihm zugefügten Schadens zu, so ist er zur Zurückbehaltung der Sache berechtigt." Der obige neue Antrag fand mit der Maßgabe, daß für „Sache" gesetzt werden soll: „Gegenstand" die Zustimmung der Mehrheit, womit der zuerst gedachte Antrag für erledigt galt. Man überzeugte sich, daß der § 178 nach dem Inhalte der Protokolle S. 1096— 1099 zu eng ist und derjenigen Erweiterung bedarf, welche in dem zweiten Antrage vorgeschlagen ist, daß dieser letztere aber wegen der auf die Rechte zu nehmenden Rücksicht gleichfalls noch erweitert werden muß, indem für „Sache" das Wort „Gegenstand" zu wählen ist. Die Frage, ob der § 178, soweit er von der Herausgabe eines Gegenstandes und von Verwendungen auf diesen weist, auch auf dingliche Ansprüche sich beziehe, glaubte man erst bei oder nach Berathung des Sachenrechts entscheiden zu können.
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18. Titel: Bürgschaft
§774
942 noch zu anderen besonderen Bedenken Anlaß. Er enthalte zunächst nur mittelbar die Bestimmung, der Bürge sei verpflichtet, den Hauptschuldner von der Befriedigung des Gläubigers ungesäumt in Kenntniß zu setzen; er betone ferner zur Ungebühr nur die Unkenntniß des Hauptschuldners, während es doch genügen müsse, wenn der Bürge die zur ungesäumten Benachrichtigung desselben dienlichen Maßregeln getroffen habe; er schweige endlich über den Fall, in welchem der Bürge als negotiorum gestor des Hauptschuldners gehandelt habe, wodurch er ein gefährliches argumentum e contrario schaffe. Der Artikel 943 des Entwurfs bestimmt: „Hat der Bürge eine ihm bekannte, die Forderung des Gläubigers aufhebende Einrede des Hauptschuldners geltend zu machen unterlassen, so verliert er seinen Ersatzanspruch an den Hauptschuldner insoweit, als die Aufhebung der Schuld durch die Einrede hätte bewirkt werden können." I Der Antrag auf Streichung des Artikels wurde genehmigt. Man hielt den Inhalt des Artikels für selbstverständlich, weil der Bürge unter den betreffenden Voraussetzungen zweifellos mit den als Rechtsnachfolger des Gläubigers nach dem Artikel 940 ihm zustehenden Ansprüchen nicht durchdringen könne, ebensowenig aber mit der actio mandati oder negotiorum gestorum contraria Ersatz zu fordern vermöge, da er nicht auftragsgemäß gehandelt bezw. das negotium des Hauptschuldners nicht utiliter besorgt habe.
DresdE Απ 943
I Prot I 2558 Planck (Nr 461, 1) Windscheid (Nr 462)
II. In der RedVorl und ZustOR § 464 und im KE § 670 lautet die beschlossene Vorschrift: Soweit der Bürge den Gläubiger befriedigt hat, wird auf ihn dessen Forderung RedVorl $ 464 gegen den Hauptschuldner kraft des Gesetzes übertragen; die mit der Forderung verbundenen, in der Haftung von Mitbürgern bestehenden Nebenrechten gehen jedoch nur nach Maßgabe des § 27 Absatz 2 und 3 auf den Bürgen über. 8a Soweit zum Uebergang eines Nebenrechts ein besonderes gesetzliches Erforderniß erfüllt werden muß und zu dieser Erfüllung einer Handlung des bisherigen Gläubigers erfordert wird, ist der Gläubiger auch zur Vornahme dieser Handlung verpflichtet. Die Uebertragung tritt nicht ein, wenn und insoweit ihr ein zwischen dem Bürgen und dem Hauptschuldner bestehendes besonderes Rechtsverhältniß entgegensteht. Auch werden durch dieselbe die dem Bürgen aus einem solchen Rechtsverhältnisse zustehenden sonstigen Ansprüche nicht berührt. Soweit der Bürge den Gläubiger befriedigt hat, wird auf ihn dessen Forderung ZustOR § 464 gegen den Hauptschuldner kraft des Gesetzes übertragen; die mit der Forderung KE J 670 verbundenen, in der Haftung von Mitbürgen bestehenden Nebenrechte gehen jedoch nur nach Maßgabe des § 27 Absatz 2 und 3 (KE: 335 Abs. 2, 3) auf den Bürgen über. Zum Nachtheil (KE: Nachtheile) des Gläubigers darf die Uebertragung nicht geltend gemacht werden. Soweit zum Uebergang eines Nebenrechts (KE: Uebergange eines Nebenrechtes) ein besonderes gesetzliches Erforderniß erfüllt werden muß und zu dieser Er-
8>
In der RedVorl ist zu § 464 angemerkt: Zum § 7 (464) Betreffend den letzten Absatz, so wird doch unterschieden werden müssen, zwischen dem Rechte des Hauptschuldners, den Uebergang zu bekämpfen, und zwischen dem Rechte des Bürgen, noch weitere Rechte geltend zu machen ζ. B. es mandato.
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§774
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
füllung eine Handlung des bisherigen Gläubigers erfordert wird, ist der Gläubiger zur Vornahme dieser Handlung verpflichtet. Dem Hauptschuldner bleiben die Einreden aus dem zwischen ihm und dem Bürgen bestehenden besonderen Rechtsverhältnisse, dem Bürgen die Ansprüche aus einem solchen besonderen Rechtsverhältnisse vorbehalten. Bei Beratung des Sachenrechts wurde beschlossen, infolge der für den Übergang der Hypothek und des Faustpfandrechtes gefaßten Beschlüsse, in § 670 den Abs. 2 zu streichen (Prot I 5658). Bei der Redaktion einzelner Bestimmungen des Obligationenrechts wurde auf Antrag beschlossen, in § 670 Abs. 3 — wie in einer Reihe weiterer Vorschriften — statt „Einrede" zu setzen: „Einwendung" 9 (Prot I 6142, 6143). Nachdem zu § 1054 Abs. 310 der Zusatz beschlossen war: „Ist der Vorrang vorbehalten, so kann die Abtretung zum Nachtheile des Gläubigers überhaupt nicht geltend gemacht werden" wurde ferner beschlossen, in Übereinstimmung mit der Fassung des vorstehend beschlossenen Zusatzes und mit § 106811 in §670 Abs. 1 (ferner in § 335 Abs. 212) statt des Wortes „darf" zu setzen: „kann" (Prot I 6246).
E I § 676
IV. Im E I lautet § 676: Soweit der Bürge den Gläubiger befriedigt hat, wird auf ihn dessen Forderung gegen den Hauptschuldner kraft des Gesetzes übertragen; die mit der Forderung verbundenen, in der Haftung von Mitbürgen bestehenden Nebenrechte gehen jedoch nur nach Maßgabe des § 337 Abs. 2, 3 auf den Bürgen über. Zum Nachtheile des Gläubigers kann die Uebertragung nicht geltend gemacht werden. Dem Hauptschuldner bleiben die Einwendungen aus dem zwischen ihm und dem Bürgen bestehenden besonderen Rechtsverhältnisse, dem Bürgen die Ansprüche aus einem solchen besonderen Rechtsverhältnisse vorbehalten.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes Struckmann (Nr 7, 10)
I. Beantragt war: Den § 676 zu fassen : Soweit der Bürge den Gläubiger befriedigt, gehen dessen Rechte gegen den Hauptschuldner auf den Bürgen über; doch kann dieser zum Nachtheil des Gläubigers die Rechte nicht geltend machen. Einwendungen des Hauptschuldners aus dem zwischen ihm und dem Bürgen bestehenden besonderen Rechtsverhältnisse bleiben vorbehalten. Mitbürgen haften dem Bürgen, welcher den Gläubiger befriedigt hat, nach Maßgabe des § 337. II. Eine Beratung hat nicht stattgefunden.
9 S. diesen Antrag vollständig in den Materialien zum Allgem. Teil. 10 S. bei § 1150 BGB. h S. bei SS 1143 und 1176 BGB. 12 S. bei SS 4 2 1 - 4 3 2 BGB.
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18. Titel: Bürgschaft
§774
C. 2. Kommission I. Zu § 676 war beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 477ff.; Mugdan, Bd. 2, S. 1027f.): 1. Die Bestimmungen des Entw. zu fassen: Soweit der Bürge den Gläubiger befriedigt hat, kann er zum Zwecke der Ausgleichung gegenüber dem Hauptschuldner die Rechte des Gläubigers geltend machen, jedoch nicht zum Nachtheile des letzteren. Einwendungen des Hauptschuldners aus dem zwischen ihm und dem Bürgen bestehenden besonderen Rechtsverhältnisse sowie die aus demselben sich ergebenden Ausgleichungsansprüche des Bürgen bleiben vorbehalten. Mitbürgen haften dem Bürgen, welcher den Gläubiger befriedigt hat, nach Maßgabe des § 322 f. 13
Struckmann (Nr 225, 11)
Wolffson 2. im Abs. 1 nach Satz 1 einzuschalten: Hat der Gläubiger dem Hauptschuldner nach geleisteter Bürgschaft eine Nach- (Nr 2 4 1 , 2 ) frist gewährt, welche der Geltendmachung der auf den Bürgen übergegangenen Ansprüche entgegensteht, so haftet der Gläubiger dem Bürgen für den dem letzteren daraus entstehenden Schaden.
3. im Abs. 2 die Worte „dem Bürgen die Ansprüche aus einem besonderen Jacubezky Rechtsverhältnisse" zu streichen. (Nr 229, 10) A. Gegenüber dem § 676 Abs. 1 bezweckt der Antrag 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 nur eine Fassungsänderung. Von lediglich redaktioneller Bedeutung war es auch, daß der Antrag den § 337 ganz, der Entw. dagegen nur den § 337 Abs. 2, 3 für anwendbar erklärt, da sich die Anwendbarkeit des § 337 Abs. 1 auch im Entw. aus § 673 von selbst ergiebt. Der Red.Komm, blieb vorbehalten zu erwägen, ob es nicht besser sei, hier und in dem § 337 (322 f der Zus.) mit dem Entw. von einer kraft Gesetzes eintretenden Uebertragung der Forderung des Gläubigers zu sprechen, statt davon, daß der Bürge die Rechte des Gläubigers geltend machen könne. B. Zu § 676 Abs. 2 wurde die im Antrage 3 vorgeschlagene Streichung der Worte „dem Bürgen die Ansprüche aus einem solchen besonderen Rechtsverhältnisse" angenommen. Daß die bezeichneten Ansprüche nicht deshalb dem Bürgen verloren gehen, weil er die Rechte des Gläubigers erwerbe, hielt man für selbstverständlich. II. In der VorlZust lautet § 676 : Soweit der Bürge den Gläubiger befriedigt hat, wird auf ihn dessen Forderung EI-VorlZust gegen den Hauptschuldner kraft des Gesetzes übertragen. Zum Nachtheile des S 676 Gläubigers kann die Uebertragung nicht geltend gemacht werden. Einwendungen des Hauptschuldners aus dem zwischen ihm und dem Bürgen bestehenden besonderen Rechtsverhältnisse bleiben vorbehalten. Mitbürgen haften einander nur nach Maßgabe des § 337. (§ 322 f. der Redaktionsbeschlüsse). 13
Dazu ist angemerkt: Der zum Ersätze des § 337 bestimmte § 322f. lautete in der Zus. d. Red.Komm.: Die Gesammtschuldner sind im Verhältnisse zueinander, soweit nicht ein Anderes bestimmt ist, zu gleichen Antheilen verpflichtet. Kann von einem der Schuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen. Der Schuldner, welcher von dem übrigen Schuldnern Ausgleichung zu verlangen berechtigt ist, kann gegen sie zum Zwecke der Ausgleichung auch die Rechte des Gläubigers geltendmachen, jedoch nicht zum Nachtheile des letzteren.
503
§775
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
III., IV. In der ZustRedKom lautet § 676, im Ε II § 713: E I-ZustRedKom Soweit der Bürge den Gläubiger befriedigt, geht die Forderung des Gläubigers § 676 gegen den Hauptschuldner auf ihn über. Zum Nachtheile des Gläubigers kann der Uebergang nicht geltend gemacht werden. Einwendungen des Hauptschuldners aus E II § 713 e ¡ n e m zwischen ihm und dem Bürgen bestehenden Rechtsverhältnisse bleiben unberührt. Mitbürgen haften einander nur nach Maßgabe des § 322f. (E II: nur nach § 369). V. Im E II rev § 759, E III § 758 liegt die in § 774 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
§775 Hat sich der Bürge im Auftrage des Hauptschuldners verbürgt oder stehen ihm nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag wegen der Uebernahme der Bürgschaft die Rechte eines Beauftragten gegen den Hauptschuldner zu, so kann er von diesem Befreiung von der Bürgschaft verlangen: 1. wenn sich die Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners wesentlich verschlechtert haben; 2. wenn die Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner in Folge einer nach der Uebernahme der Bürgschaft eingetretenen Aenderung des Wohnsitzes, der gewerblichen Niederlassung oder des Aufenthaltsorts des Hauptschuldners wesentlich erschwert ist; 3. wenn der Hauptschuldner mit der Erfüllung seiner Verbindlichkeit im Verzug ist; 4. wenn der Gläubiger gegen den Bürgen ein vollstreckbares Urtheil auf Erfüllung erwirkt hat. Ist die Hauptverbindlichkeit noch nicht fällig, so kann der Hauptschuldner dem Bürgen, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten. A. 1. Kommission I. 239. Sitzung vom 24. 9. 1883, Schriftführer Neubauer I Prot I 2558 DresdE An 944
| Zu Artikel 944 des Entwurfs : „Der Bürge, welcher die Bürgschaft im Auftrage des Hauptschuldners übernommen hat, kann von dem Letzteren Befreiung von der Bürgschaft oder Sicherheitsleistung wegen Schadloshaltung verlangen, wenn der Hauptschuldner mit der Erfüllung der Schuld in Verzug kommt, oder wenn sich dessen Vermögensverhältnisse wesentlich verschlechtern, oder wenn der Bürge zur Leistung an den Gläubiger schon verurtheilt worden ist." war beantragt: Planck die Vorschrift dahin zu fassen: (Nr 461, 2) „Der Bürge, welcher die Bürgschaft im Auftrage des Hauptschuldners oder als Geschäftsführer für denselben nach Maßgabe des § 278 (vgl. Protokolle S. 1627 — 504
18. Titel: Bürgschaft
§775
1632)1 übernommen hat, kann von dem Hauptschuldner Befreiung von der Bürgschaft nach Maßgabe des § 12 der vorläufigen Redaktions-Vorlage über den Auftrag (vgl. Protokolle S. 2490, 2491 den Wortlaut) 2 erst dann verlangen, wenn der Hauptschuldner mit der Erfüllung der Schuld in Verzug kommt, oder wenn sich dessen Vermögensverhältnisse wesentlich verschlechtern, oder wenn der Bürge zur Leistung an den Gläubiger schon verurtheilt worden ist. Die Bestimmung des letzten Satzes des 3. Absatzes des § 12 der Redaktions-Vorlage über den Auftrag findet keine Anwendung." I Man war einverstanden, daß der Bürge, welcher aus Auftrag des Hauptschuld- | Prot 12559 ners sich verbürgt habe, von diesem nicht ohne Weiteres auf Grund der zum Artikel 704 des Dresdener Entwurfs zu Gunsten des Beauftragten beschlossenen Vorschriften 3 Befreiung oder Sicherstellung fordern könne, weil ein solches Recht des Bürgen mit der regelmäßigen Parteiintention in Widerspruch stehen würde, daß dem Bürgen vielmehr nur unter besonderen Voraussetzungen das Recht auf Befreiung oder Sicherstellung zustehen dürfe. Nicht minder bestand Einverständniß, daß dieses Recht dem Bürgen in den, in dem Artikel und in dem Antrage hervorgehobenen drei Fällen beizulegen sei. Man hielt es aber für nöthig, als vierten Fall in Gemäßheit eines im Laufe der Diskussion gestellten Antrags und in Anlehnung an den einschlagenden zum Artikel 934 gefaßten Beschluß noch hinzuzufügen: „wenn die Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner durch eine nach Ab- Kurlbaum schluß des Bürgschaftsvertrags eingetretene Aenderung des Wohnsitzes oder Aufenthalts des Hauptschuldners erheblich erschwert werde." Für die Ergänzung war die Erwägung maßgebend, daß eine Aenderung der gedachten Art den Bürgen kaum minder gefährde, als eine Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners. Der Antrag, den Fall dahin zu bestimmen: „wenn in Folge einer Veränderung des Wohnsitzes oder Aufenthalts des Hauptschuldners die Einrede der Vorausklage erlischt." hatte, weil er den Bürgen, welchem die Rechtswohlthat der Vorausklage nicht zustehe ohne zureichenden Grund von der Begünstigung ausschließe, keine Zustimmung gefunden. Der Eingangs mitgetheilte Antrag bezweckt, das fragliche Recht auch demjenigen Bürgen beizulegen, welcher als Geschäftsführer des Hauptschuldners die Bürgschaft übernommen hat. Die vorgeschlagene Erweiterung, welche die Mehrheit — ungeachtet der Bestimmungen der §§278, 283 der Zusammenstellung der | das | Prot 12560 Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 1627—1632, 1637 — 1640)4 — nicht für selbstverständlich hielt, da der vorliegende Artikel ein begründetes argumentum e contrario liefere, wurde durch Mehrheitsbeschluß gebilligt. Man war der Ansicht: Ein Bürge, welcher als negotiorum gestor die Bürgschaft geleistet habe, könne in der fraglichen Beziehung nicht ungünstiger gestellt werden, wie der Bürge, welcher aus Auftrag des Hauptschuldners sich verbürgt habe. Das von einer Seite hervorgehobene Bedenken, der Bürge, welcher als negotiorum gestor gehandelt habe, müsse noch in anderen, als den vier hervorgehobenen Fällen Befreiung oder Sicherstellung fordern können, erachtete man für nicht begründet. In dieser Beziehung war man der Ansicht: betreffend den Bürgen, welcher aus Auftrag sich 1 S. bei $ 683 BGB. 2 S. bei § 675 BGB. 3 S. bei S 670 BGB. • S 283 ZustOR s. bei § 684 BGB. 505
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
verbürgt habe, so könne derselbe auch noch in anderen, als den vier Fällen Befreiung oder Sicherstellung fordern, nämlich auch dann, wenn das Recht in größerem Umfange ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart sei; ein Aehnliches gelte auch zu Gunsten des Bürgen, der als negotiorum gestor sich verbürgt habe. Das Eine wie das Andere sei selbstverständlich und brauche daher im Gesetze nicht besonders erwähnt zu werden. Ob nicht die in dem obigen Antrage sich findende Verweisung auf den § 278 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse durch Allegirung auch des § 283 Satz 2 daselbst (Protokolle S. 1637 — 1640) zu ergänzen oder durch eine andere Fassung jede Verweisung zu vermeiden sei, soll bei Feststellung der Redaktion geprüft werden. Soweit der Antrag auf den S 12 der vorläufigen Redaktionsvorlage über das Mandat hinweist, wurde er abgelehnt und der Fassung des Entwurfs der Vorzug gegeben. Jene Hinweisung fand man bedenklich, weil sie auf den Gedanken leite, das Recht des Bürgen auf Befreiung oder Sicherstellung sei eine Folge des Prinzips des § 12 a.a.O., welches nur aus besonderen Gründen gewissen Beschränkungen unterliege. I Prot 12561 | Auch hielt man es für angemessen, mit dem Entwürfe die Verpflichtung des Hauptschuldners als eine alternative zu bestimmen. Betreffend die S. 71 und 72 des Materials angeregte Frage, inwiefern der Bürge seine Rechte gegen den Hauptschuldner im Konkurse des letzteren geltend machen könne, glaubte man als dem materiellen Konkursrechte angehörend und in den Bereich der Konkursordnung fallend übergehen zu dürfen. Die S. 67 des Materials erörterte Frage, wie das Recht des Bürgen aus dem vorliegenden Artikel sich gestalte, wenn ein Gesammtschuldverhältniß vorliegt, hielt man zur Lösung durch das Gesetz nicht für geeignet. Zu Artikel 945 des Entwurfs : „Ist durch Verschuldung des Bürgen, ohne Befriedigung des Gläubigers, die Erlöschung der Hauptschuld herbeigeführt worden, so erlischt die Bürgschaft nicht mit der Hauptschuld. Auch kann der Gläubiger, wenn der Hauptschuldner den Bürgen oder der Letztere den Ersteren beerbt hat und die Bürgschaft Vortheile gewährt, welche mit der Hauptschuld nicht verbunden sind, diese Vortheile noch für sich geltend machen." war beantragt: Planck den Artikel zu streichen, dagegen an geeigneter Stelle, etwa zu Artikel 932 oder (Nr 463) 937 oder im Erbrechte zu bestimmen: „Auf die Beschränkung der Haftung des Erben des Hauptschuldners in Folge der Rechtswohlthat des Inventars kann sich der Bürge nicht berufen." Der Artikel 945 enthält zunächst die Bestimmung: die Bürgschaft erlösche nicht mit der Hauptschuld, wenn der Bürge das Erlöschen der letzteren verschuldet habe. Die Mehrheit erklärte sich gegen die Aufnahme dieser Bestimmung. Sie war der Ansicht: Habe der Bürge das Erlöschen der Hauptschuld durch eine unerlaubte Handlung (civilrechtliches Delikt) verschuldet, so hafte er nach den allgemeinen I Prot 12562 Grundsätzen über die Vertretung | unerlaubter Handlungen für das Interesse; es sei nicht nöthig, zu Gunsten des hiernach zum Schadenersatz berechtigten Gläubigers die Fortdauer der Bürgschaft vorzuschreiben. Eine solche Bestimmung könne in manchen Fällen, insbesondere, wenn für eine in einem gegenseitigen Vertrage sich gründende Verbindlichkeit die Bürgschaft geleistet sei, wie das Material S. 67 ergebe, zu großen Verwickelungen führen. Eine, im Entwürfe nicht gelöste Frage für sich sei, ob der Bürge, welcher das Erlöschen der Hauptverbindlichkeit vorsätzlich oder fahrlässigerweise bewirke, auch wenn er aus einem civilrechtlichen Delikte
DresdE Art 945
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nicht hafte, (ζ. B. wenn er den Untergang seiner eigenen Sache, welche den Gegenstand der Hauptschuld bilde, durch eine fahrlässige Handlung veranlaßt habe,) dem Gläubiger gegenüber durch Verletzung der aus dem Bürgschaftsvertrage entspringenden Pflichten sich verantwortlich gemacht habe. Diese Frage werde zu bejahen sein, ihre Entscheidung jedoch der Wissenschaft überlassen bleiben können, indem kein genügender Grund vorliege, der letzteren die Lösung zu entziehen. Weiter bestimmt der Artikel, wenn der Hauptschuldner den Bürgen oder dieser umgekehrt den Hauptschuldner beerbe, so dauere die Bürgschaft fort, so weit deren Fortdauer für den Gläubiger ein Interesse habe. Die Mehrheit entschied für die Aufnahme dieser Bestimmung, deren Fassung der Redaktion vorbehalten blieb. Erwogen war: Werde der Bürge vom Hauptschuldner oder dieser von jenem beerbt, so liege sichtbar ein Fall der sogenannten Konfusion nicht vor; daraus lasse sich folgern, beide Verbindlichkeiten — sowohl die Hauptverbindlichkeit als die Bürgschaftsverpflichtung — müßten fortbestehen, so daß die in Rede stehende Bestimmung entbehrlich sei. Dagegen sei aber in Betracht zu ziehen, daß der nach der Natur der Sache nicht anfechtbare Satz: Niemand könne sein eigener Bürge sein, den Untergang der Bürgschaftsverpflichtung zu rechtfertigen scheine; demzu- | folge es min- | Prot 12563 destens räthlich sei, eine Bestimmung nicht zu übergehen, deren Angemessenheit keinem Bedenken unterliegen könne und die für den Gläubiger von der größten Bedeutung, namentlich in den Fällen sei, wenn für die Bürgschaftsverpflichtung besondere Sicherheiten beständen. Man war sodann einverstanden, daß durch die Aufnahme der Bestimmung auch die Fortdauer der Nachbürgschaft (zu vgl. Material S. 74) im Einklänge mit dem französischem Rechte und in Abweichung von einer Pandektenstelle (L. 38 § 5 D. de solut. 46, 3) entschieden werde. Die in dem obigen Antrage vorgeschlagene, auf die Benefizialerbenqualität sich beziehende Bestimmung wurde gleichfalls genehmigt und die Aufnahme derselben in den vorliegenden Abschnitt beschlossen. Man hielt die Vorschrift, deren Richtigkeit für zweifellos galt, für nöthig, weil sich immerhin darüber streiten lasse, ob nicht in der Berufung auf die Benefizialerbenqualität eine die Forderung selbst betreffende Einrede liege (zu vgl. D.C.P.O. § 6965). Vorbehalten blieb, die Vorschrift nachträglich zu unterdrücken, wenn ihre Entbehrlichkeit aus den bei Berathung des Erbrechts zu fassenden Beschlüssen sich ergeben möchte. Auf den Fall, wenn der Gläubiger seine gänzliche oder theilweise Nichtbefriedigung sich selbst zuzuschreiben hat (zu vgl. § 366 Erbrechts-Entwurfs), glaubte man wegen des die Diligenzpflicht erledigenden Artikels 948 hier keine Rücksicht nehmen zu brauchen.
II. In der RedVorl und der ZustOR lautet die beschlossene Vorschrift 6 : Der Bürge, welcher im Auftrage des Hauptschuldners sich verbürgt oder im Fai- RedVorl/ le der Übernahme der Bürgschaft als Geschäftsführer des Hauptschuldners gegen ZustOR § 465 diesen die Rechte eines Beauftragten (ZustOR: nach Maßgabe der §§ 278, 280 und 283) erlangt hat, kann von demselben Befreiung von der Bürgschaft oder Sicher-
5 6
Z P O § 781 in veränderter Fassung. Der Prot I 2563 gemäß Antrag von Planck (Nr. 463) gefaßte Beschluß ist enthalten in § 459 Abs. 2 RedVorl/ZustOR, s. bei §§ 767, 768, 770 BGB.
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RedVorl/ ZustOR S 466 KE § 672 EI § 678
KE § 671
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
heitsleistung (ZustOR: wegen der Ersatzansprüche welche sich aus der Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit ergeben würden,) verlangen: wenn die Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners sich wesentlich verschlechtert haben; wenn die Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner durch eine nach dem Abschluß des Bürgschaftsvertrages (RedVorl: Vertrags) eingetretene Aenderung des Wohnsitzes oder des Aufenthalts desselben erheblich erschwert worden ist; wenn der Hauptschuldner mit Erfüllung der Hauptverbindlichkeit in Verzug gekommen ist; wenn der Bürge zur Erfüllung der Hauptverbindlichkeit dem Gläubiger gegenüber verurtheilt worden ist.6a Wird der Hauptschuldner von dem Bürgen oder dieser von jenem beerbt, so besteht die Bürgschaft insoweit fort, als ihr Fortbestehen für den Gläubiger ein Intere s s e hat. Die Beratung der Anträge, welche gestellt waren in Betreff der Drucklegung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse wurde auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 IV) beschlossen, in § 465 — wie in § 4637 — die einzelnen Absätze, welche mit Semikolon abgeschlossen worden, mit Nummern zu versehen, ferner statt: „aus der Erfüllung der Hauptverbindlichkeit" zu setzen: „aus der Erfüllung der Bürgschaftsverpflichtung" (Prot I 3555, 3560). III. Im KE lautet § 671 : Der Bürge, welcher im Auftrage des Hauptschuldners sich verbürgt oder im Falle der Uebernahme der Bürgschaft als Geschäftsführer des Hauptschuldners gegen diesen die Rechte eines Beauftragten nach Maßgabe der §§ 747, 749, 752 erlangt hat, kann von demselben Befreiung von der Bürgschaft oder Sicherheitsleistung wegen der Ersatzansprüche, welche sich aus der Erfüllung der Bürgschaftsverpflichtung ergeben würden, verlangen : 1. wenn die Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners sich wesentlich verschlechtert haben; 2. wenn die Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner durch eine nach dem Abschlüsse des Bürgschaftsvertrages eingetretene Aenderung des Wohnsitzes oder des Aufenthaltes desselben erheblich erschwert worden ist; 3. wenn der Hauptschuldner mit Erfüllung der Hauptverbindlichkeit in Verzug gekommen ist; 4. wenn der Bürge zur Erfüllung der Hauptverbindlichkeit dem Gläubiger gegenüber verurtheilt worden ist. § 466 ZustOR ist unverändert in § 672 enthalten. Bei der Redaktion einzelner Bestimmungen des Obligationenrechts war beantragt:
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In der RedVorl ist zu § 465 angemerkt: Zum § 8 (465) NB. 1. Eingang zu vergi. §§ 278, 280, 283. 2. Bei „Sicherheitsleistung" ist der Zusatz „wegen Schadloshaltung" wohl unnöthig. 3. Betreffend die Schlußbestimmung zu vergi. § 165. 7 S. bei SS 7 7 1 - 7 7 3 BGB.
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§775
§ 671. Eingang. Die Worte: „im Falle der Uebernahme der Bürgschaft" zu strei- Kurlbaum chen, eventuell durch die Worte zu ersetzen: (Nr 576, 41) „in Ansehung der Bürgschaft". Beschlossen wurde: Der Eingang des § 671 wird, dem eventuellen Antrage entsprechend, dahin gefaßt: „Der Bürge, welcher — sich verbürgt oder als Geschäftsführer des Hauptschuldners in Ansehung der Bürgschaft gegen diesen die Rechte . . ( P r o t I 6198, 6201) Bei der 2. Beratung des K E wurde auf Antrag von v. Schmitt (Nr. 611, 1) in Nr. 2 des § 671 statt: „nach dem Abschlüsse" gesetzt: „nach der Schließung" 8 (Prot I 11791-11793). Sodann wurde auf Antrag von Johow (Nr. 610, 5) 9 in § 671 Nr. 2 statt: „nach der Schließung" gesetzt: „nach Schließung" (Prot 1 11803, 11804). IV. Im E I lautet § 677: Der Bürge, welcher im Auftrage des Hauptschuldners sich verbürgt oder als Ge- EI § 677 schäftsführer des Hauptschuldners in Ansehung der Bürgschaft gegen diesen die Rechte eines Beauftragten nach Maßgabe der §§ 753, 755, 758 erlangt hat, kann von demselben Befreiung von der Bürgschaft oder Sicherheitsleistung wegen der Ersatzansprüche, welche sich aus der Erfüllung der Bürgschaftsverpflichtung ergeben würden, verlangen : 1. wenn die Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners sich wesentlich verschlechtert haben; 2. wenn die Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner durch eine nach Schließung des Bürgschaftsvertrages eingetretene Aenderung des Wohnsitzes oder des Aufenthaltes desselben erheblich erschwert worden ist; 3. wenn der Hauptschuldner mit Erfüllung der Hauptverbindlichkeit in Verzug gekommen ist; 4. wenn der Bürge zur Erfüllung der Hauptverbindlichkeit gegenüber dem Gläubiger verurtheilt worden ist. § 672 K E ist unverändert in § 678 enthalten. B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Struckmann Den § 677 zu fassen : (Nr 7,11) Ein Bürge, welcher im Auftrage des Hauptschuldners sich verbürgt oder nach Maßgabe der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag wegen seiner Verbürgung die Rechte eines Beauftragten gegen den Hauptschuldner erlangt hat, kann von diesem entweder Befreiung von der Bürgschaft oder Sicherheitsleistung wegen seiner aus der Erfüllung der Bürgschaftsverpflichtung sich ergebenden Ersatzansprüche verlangen : I. bis 4. (wie im Entw.). II. Eine Beratung hat nicht stattgefunden. 8 S. diesen Antrag und Beschluß vollständig bei §§ 116 ff. BGB. 9 S. diesen Antrag vollständig bei §§ 771 - 7 7 3 BGB.
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
C. 2. Kommission Struckmann I. Zu § 677 war beantragt, die Bestimmungen des Entw. zu fassen (Prot. II, Bd. (Nr 225, 12) 2, S. 479; Mugdan, Bd. 2, S. 1028): Hat ein Bürge sich im Auftrage des Hauptschuldners verbürgt oder stehen ihm nach den f ü r die Geschäftsführung ohne Auftrag geltenden Vorschriften der SS 753, 755, 758 wegen seiner Verbürgung die Rechte eines Beauftragten gegen den Hauptschuldner zu, so kann er von diesem die Befreiung von der Bürgschaft verlangen : 1. wenn die Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners sich wesentlich verschlechtert haben; 2. wenn die Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner durch eine nach dem Abschlüsse des Bürgschaftsvertrags eingetretene Aenderung des Wohnsitzes oder des Aufenthaltsorts des Hauptschuldners erheblich erschwert worden ist; 3. wenn der Hauptschuldner mit der Erfüllung der Hauptverbindlichkeit in Verzug gekommen ist; 4. wenn der Bürge dem Gläubiger gegenüber zur Erfüllung der Hauptverbindlichkeit verurtheilt worden ist. Ist die Hauptverbindlichkeit noch nicht fällig, so ist der Hauptschuldner berechtigt, an Stelle der Befreiung von der Bürgschaft dem Bürgen Sicherheit zu leisten. Der Antrag wurde angenommen. Jacubezky Zu § 678 war beantragt, die Bestimmung des Entw. zu streichen. Die Streichung (Nr 229,11) wurde beschlossen. II. In der VorlZust hat § 677 die beschlossene Fassung. III, IV. In der ZustRedKom lautet § 677, im Ε II § 714: E 1-ZustRedKom H a t sich der Bürge im Auftrage des Hauptschuldners verbürgt oder stehen ihm § 677 nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag wegen der Uebernahme der Bürgschaft die Rechte eines Beauftragten gegen den Hauptschuldner zu, E II § 714 s o k a n n e r v o n d ; e s e m Befreiung von der Bürgschaft verlangen: 1. wenn die Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners sich wesentlich verschlechtert haben; 2. wenn die Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner durch eine (E II: in Folge einer) nach der Uebernahme der Bürgschaft eingetretene (E II : eingetretenen) Aenderung des Wohnsitzes oder des Aufenthaltsorts des Hauptschuldners wesentlich erschwert ist; 3. wenn der Hauptschuldner mit der Erfüllung seiner Verbindlichkeit im Verzug ist; 4. wenn der Bürge dem Gläubiger gegenüber zur Erfüllung verurtheilt worden ist. Ist die Hauptverbindlichkeit noch nicht fällig, so kann der Hauptschuldner dem Bürgen, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten. V. Im E II rev § 760, E III § 759 liegt die in § 775 BGB Gesetz gewordene Fassung vor. 510
18. Titel: Bürgschaft
§776
§776 Giebt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Rechte nach § 774 hätte Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Uebernahme der Bürgschaft entstanden ist.
A. 1. Kommission I. 240. Sitzung vom 26. 9. 1883, Schriftführer Neubauer I Man verständigte sich, den Artikel 947 erst nach Erledigung des folgenden | Prot 12570 Art. 948 zu berathen. Zu Artikel 948 des Entwurfes: „Hat der Gläubiger durch seine Verschuldung den Uebergang der im Art. 940 bezeichneten Rechte auf den Bürgen unmöglich gemacht, insbesondere Pfandrechte oder eine sonstige Sicherheit, welche bereits zur Zeit der Bürgschaftsleistung für die Hauptschuld bestellt waren, ohne Einwilligung des Bürgen aufgegeben, oder hat er die Erfolglosigkeit der Geltendmachung der auf den Bürgen übergehenden Rechte verschuldet, so wird der Letztere von seiner Verbindlichkeit insoweit befreit, als die Forderung gegen den Hauptschuldner durch die gedachten Rechte gedeckt war. H a t der Gläubiger die Erfolglosigkeit der Ausklagung des Hauptschuldners verschuldet, so I wird der Bürge von seiner Verbindlichkeit insoweit befreit, als der Gläubiger ohne diese Verschuldung von dem Hauptschuldner hätte Befriedigung erlangen können." lag der Antrag vor: statt dessen zu bestimmen : „Wenn der Gläubiger die zur Zeit der Uebernahme der Bürgschaft bereits bestehenden Pfandrechte oder sonstigen Nebenrechte der verbürgten Forderung aufgegeben oder deren Untergang verschuldet hat, so wird der Bürge von seiner Verbindlichkeit insoweit befreit, als derselbe, wenn jene Rechte nach Maßgabe des § 940 auf ihn übergegangen wären, daraus seine Befriedigung hätte erlangen können." Der Antrag wurde dahin geändert, a, daß vor: „Nebenrechte" einzuschalten: „zur Verstärkung dienende," b, daß: „oder deren Untergang verschuldet hat" zu streichen sei. Der Antrag fand die Zustimmung der Mehrheit mit der Maßgabe, a, daß im Eingange die Worte: „die zur Zeit der Uebernahme der Bürgschaft bereits bestehenden" in Wegfall kommen, b, daß für: „Verstärkung" gesetzt werden soll: „Sicherheit". Erwogen war: Der Gläubiger erlange durch die Bürgschaft nur Rechte, ohne Verpflichtungen zu übernehmen, demzufolge auch von einer wirklichen Diligenzpflicht desselben im vollen Sinne des Wortes keine Rede sein könne. Eine andere Frage sei, ob nicht die Rechte des Gläubigers von einem gewissen Verhalten desselben abhängen und ihm insoweit, d. h. zur Bewahrung seiner Rechte, eine bestimmte Diligenzpflicht von größerem oder geringerem Umfange obliege. Im Prinzipe müsse die Frage nach dem I Wesen und dem juristischen Begriffe der Bürgschaft verneint werden. Das Gegentheil lasse sich auch nicht aus den beiden Rechtswohlthaten des Bürgen, aus 511
DresdE An 948
| Prot 12571
Planck (Nr 465, 3)
| Prot 12572
§776
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
dem Rechtsbehelfe der Vorausklage und aus der Rechtswohlthat des Eintritts in die Rechte des befriedigten Gläubigers herleiten. Der Rechtsbehelf der Vorausklage nöthige den Gläubiger nur, zunächst den Hauptschuldner in Anspruch zu nehmen und die Rechtsverfolgung gegen diesen fortzusetzen, bis dessen Leistungsunvermögen sich ergebe; stehe aber die Leistungsunfähigkeit des Hauptschuldners fest, so sei der Rechtsbehelf erledigt, gleichviel, ob der Gläubiger von demselben seine Befriedigung erlangt haben würde, wenn er zu dem Zwecke die Umsicht und Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters angewendet hätte. Aus dem anderen Rechte des Bürgen folge nur, daß er diejenigen Rechte des Gläubigers erlange, welche und wie sie zur Zeit der Befriedigung desselben bestanden. Damit sei die Frage der Diligenzpflicht des Gläubigers nun allerdings noch nicht erledigt. Es bleibe zu prüfen, ob nicht in Gemäßheit des im § 61 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 635, 636)1 anerkannten Prinzips über die bei Erfüllung der Verträge auf Treue und Glauben zu nehmende Rücksicht dem Gläubiger doch eine gewisse Diligenzpflicht zur Erhaltung seiner Rechte obliege. Dies lasse sich vielleicht nicht schlechthin verneinen. Es erscheine jedoch jedenfalls unzulässig, dem Gläubiger eine so weit gehende Diligenzpflicht aufzuerlegen, wie im Art. 948 geschehe. So wie der Artikel laute, sei er dunkel. Er spreche wiederholt von „Verschuldung" oder „verschuldet", ohne daß ersichtlich wäre, was darunter zu verstehen sei. Nach dem Standpunkte des gegenwärtigen Entwurfs würde behufs seiner Verdeutlichung die Bestimmung am Platze und geboten sein : der Gläubiger könne insoweit den Bürgen nicht in Anspruch nehmen, als er in Ansehung der Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner nicht die Sorgfalt eines ordentlichen, durch Bürgschaft nicht gesicherten Hausvaters angewendet und I Prot 12573 durch eine solche Nachlässigkeit | bewirkt habe, daß er seine Befriedigung von dem Hauptschuldner nicht erhalten oder der Bürge die Aussicht verloren habe, sich an dem Hauptschuldner zu erholen. Eine solche Bestimmung würde aber den Gläubiger offenbar in eine schlimme Lage bringen, den Werth der Bürgschaft beträchtlich herabdrücken, in der Praxis zahlreiche Streitigkeiten hervorrufen und somit von überaus schädlichen Folgen begleitet sein. Sie passe auch ohne Zweifel am wenigsten für die zahlreichen Bürgschaften, die unter Verzicht auf die Einrede der Vorausklage übernommen seien. Die Diligenzpflicht in anderer Weise zu bestimmen oder abzugrenzen, sei ebenfalls nicht angänglich, weil stets ähnliche Bedenken sich erheben würden. Es sei daher vorzuziehen, die Diligenzpflicht nach Maßgabe des gestellten Antrags und in Uebereinstimmung mit dem älteren römischen Rechte und mit mehreren neueren Kodifikationen bis auf die Bestimmung gänzlich zu verneinen, der Gläubiger dürfe eine Sicherheit — und zwar (in Abweichung von dem Antrage) ohne Unterschied, ob diese bei Abschluß des Bürgschaftsvertrags bereits bestand oder erst später erlangt sei —, nicht aufgeben. Eine solche Vorschrift könne, auch in jener Ausdehnung, auf keine praktischen Schwierigkeiten stoßen, sie finde ferner ihre Rechtfertigung in dem Prinzipe des vorerwähnten § 61 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, u ohne den Gesetzgeber zu zwingen, noch weiter zu gehen, wenn — wie gezeigt — die Ausdehnung aus praktischen Rücksichten bedenklich werde. Letzteres sei um so einleuchtender, als auch der Standpunkt sich rechtfertigen lasse, der Gläubiger sei selbst nach dem gedachten Prinzipe zu
' S. bei § 242 BGB. Im Original fehlt das Komma.
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18. Titel: Bürgschaft
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keiner Art von Diligenz verpflichtet und die fragliche Vorschrift, die ihren Grund nur in Billigkeitsrücksichten habe, positiver Natur. Die Fassung betreffend, so sei gegen den Antrag nur zu erinnern, daß das Wort: „Verstärkung" besser durch „Sicherheit" ersetzt werde, wodurch auch die Vorzugsrechte getroffen würden, weil das Wort: „Verstärkung" zu Mißverständnissen führen könne, indem es sogar auf eine bereits verfallene Konventional- | strafe sich be- | Prot 12574 ziehen ließ«. Uebersehen dürfe übrigens nicht werden, daß der Bürge im Falle der Passivität des auf die Bürgschaft sich verlassenden Gläubigers gegen den in eine bedenkliche Lage gerathenen Hauptschuldner, auch wenn er nicht ex mandato des Hauptschuldners oder als dessen Geschäftsführer sich verbürgt habe, sich dadurch helfen könne, daß er den Gläubiger befriedige und damit dessen Rechte gegen den Hauptschuldner erwerbe. Zu Art. 947 des Entwurfs: „Ist die Bürgschaft für eine Verbindlichkeit übernommen worden, für deren Er- DresdE Art 947 füllung eine bestimmte Zeit festgesetzt ist, so haftet der Bürge, wenn der Gläubiger dem Hauptschuldner ohne Zustimmung des Bürgen eine bestimmte Borgfrist ertheilt hat, nicht für die nach dem Eintritte der ursprünglichen Erfüllungszeit erwachsenen Zinsen." war beantragt, zu bestimmen : v. Weber „Steht dem Bürgen die Einrede der Vorausklage zu, so kann er nach Eintritt der Fälligkeit der Hauptschuld, wenn der Hauptschuldner mit der Erfüllung in Verzug sich befindet oder wenn sich dessen Vermögensverhältnisse wesentlich verschlechtern, von dem Gläubiger verlangen, daß er binnen 30 Tagen die Forderung gegen den Hauptschuldner gerichtlich geltend mache und den Rechtsstreit ohne erhebliche Verzögerung fortsetze oder ihn seiner Verbindlichkeit entlasse. Steht die Fälligkeit der Forderung auf Aufkündigung des Gläubigers, so kann der Bürge unter den gleichen Voraussetzungen verlangen, daß der Gläubiger die Forderung kündige und nach Eintritt der Fälligkeit der vorstehenden Bestimmung entsprechend geltend mache. Kommt der Gläubiger solchem Verlangen nicht nach, so wird der Bürge frei." I Die Mehrheit entschied für die Ablehnung des Antrags und des Entwurfs. | Prot 12575 Die Gründe waren : 1. Der praktische Werth des Antrags werde schon dadurch erheblich gemindert, daß er die zahlreichen Fälle nicht treffe und nach der Natur der Dinge auch nicht treffen dürfe, in welchen dem Bürgen die Einrede der Vorausklage nicht zustehe. Abgesehen hiervon, stehe er aber auch nicht im Einklänge mit der zum Artikel 948 beschlossenen Verneinung der Diligenzpflicht des Gläubigers. Sei dieser zu einer Diligenz nicht verpflichtet, so könne ihm auch nicht angesonnen werden, nach Eintritt der Fälligkeit der Hauptforderung oder bei Zulässigkeit der Kündigung derselben entweder dem Bürgen den Rücktritt vom Vertrage zu bewilligen oder den Hauptschuldner — betreffendenfalls nach vorheriger Kündigung — anzugreifen, sofern dieser in schlechte Vermögensverhältnisse oder in Verzug gerathen sei, welche letztere Voraussetzung übrigens nach Eintritt der Fälligkeit der Hauptforderung regelmäßig vorliegen werde. Die Diligenzpflicht werde sogar durch den Antrag noch insofern gleichsam verschärft, als die Passivität des erfolglos gedrängten Gläubigers den Verlust aller Rechte aus der Bürgschaft nach sich ziehen solle. Für den Antrag lasse sich auch nicht geltend machen, dem Bürgen müsse doch ein Mittel gegeben werden, gegen den Gläubiger aufzutreten, welcher, auf die Bürg513
§776
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
schaftsrechte sich verlassend, in Passivität verharre, wo ein Einschreiten gegen den Hauptschuldner durch die Umstände geboten sei. Der Bürge vermöge sich, wie schon zur Sprache gelangt sei, wenn er die Bürgschaft als Beauftragter oder Geschäftsführer des Hauptschuldners übernommen habe, nach den zum Artikel 944 beschlossenen Vorschriften andernfalls durch Befriedigung des Gläubigers zu helfen. Eine andere, von dem Antrage nicht berührte Frage sei, inwiefern der Bürge I Prot I 2576 dem Gläubiger eine Bürgschaft kündigen dürfe, die für künfti | ge, insbesondere aus einem dauernden Verhältnisse, ζ. B. aus einem Geschäftsverkehr oder einem Amtsverhältnisse entstehende Ansprüche eingegangen sei. Diese Frage lasse eine allgemeine Beantwortung nicht zu; sie könne nur nach dem Inhalte des konkreten Bürgschaftsvertrags und je nach den Umständen nach den Vorschriften über den Kreditauftrag entschieden werden. 2. Der Entwurf enthalte eine spezielle Bestimmung von nur geringer praktischer Bedeutung, indem sie nur auf den Fall sich beziehe, wenn die Hauptforderung verzinslich sei und die Verzinslichkeit nicht auf Verzug beruhe. Auch sie harmonire nicht mit den zum Artikel 948 gefaßten Beschlüssen, weshalb ihre Unterdrückung nur um so zweifelloser erscheine. Zu Artikel 949 des Entwurfs: DresdE Art 949 „Verfällt der Hauptschuldner in Konkurs, so ist der Gläubiger, wenn er seine Forderung bei dem Konkurse nicht selbst anmelden will, verpflichtet, den Bürgen hiervon so zeitig zu benachrichtigen, daß dieser, im Falle der Befriedigung des Gläubigers, die hierdurch nach Vorschrift des Artikels 940 auf ihn übergehenden Rechte des Letzteren im Konkursverfahren noch mit Erfolg geltend machen kann. Versäumt der Gläubiger diese Verpflichtung, so geht er seines Anspruchs gegen den Bürgen insoweit verlustig, als der Letztere nachzuweisen vermag, daß aus diesem Versäumniß ein Schaden für ihn entstanden ist." Planck lag außer dem Antrage auf Streichung des Artikels der Antrag vor: (Nr 465, 4) f a n s der Artikel Annahme finde, wolle 1. der Eingang dieses Artikels dahin gefaßt werden : „Wenn der Hauptschuldner in Konkurs verfällt oder wenn über seinen Nachlaß der Konkurs oder das erbschaftliche Aufgebotsverfahren eröffnet wird, so ist der Gläubiger u.s.w."; I Prot I 2577
I 2. der Abstrich der Worte beschlossen werden: „bei dem Konkurse", und „im Konkursverfahren". Die Mehrheit beschloß die Streichung des Artikels, womit der letztere Antrag für erledigt galt. Sie war der Ansicht, daß die zum Artikel 948 beschloßene Verneinung der Diligenzpflicht des Gläubigers zur Streichung des Artikels nöthige, zu geschweigen, ob dessen Faßung mit den auf die Anmeldung der Konkursforderungen sich beziehenden Vorschriften der Konkursordnung im Einklänge stehe. Der Artikel 950 des Entwurfs lautet: DresdE Art 950 „Die Vorschriften über die Bürgschaft finden auch Anwendung, wenn Jemand für die Erfüllung der Ersatzforderung des Bürgen, welcher statt des Hauptschuldners oder Hauptbürgen den Gläubiger befriedigt, die Bürgschaft übernommen hat (Rückbürgschaft)." Es wurde die Streichung des Artikels beschlossen, weil sein Inhalt selbstverständlich sei und die Vorschrift nur eine theoretische Bedeutung habe.
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18. Titel: Bürgschaft
§776
II., III. In der RedVorl und der ZustOR § 467, im KE § 673 lautet die beschlossene Vorschrift: Hat der Gläubiger ein mit der Hauptforderung verbundenes, zu dessen Sicher- RedVorl/ heit dienendes Nebenrecht, insbesondere ein Pfandrecht, aufgegeben, so wird der ZustOR S 467 Bürge von seiner Verbindlichkeit insoweit befreit, als er, wenn das Nebenrecht im Falle der Befriedigung des Gläubigers in Gemäßheit des § 464 (KE: 670) auf ihn KE § 673 übergegangen sein würde, daraus Ersatz würde haben erlangen können (KE : hätte erlangen können)2*. Die vorstehende Bestimmung (KE : Die Bestimmung des ersten Absatzes) findet Anwendung, auch wenn das Nebenrecht erst nach Abschluß des Bürgschaftvertrags (KE: -Vertrages) erworben worden ist. Bei der 2. Beratung des KE wurde auf Antrag von v. Schmitt (Nr. 611, 1) in Abs. 2 des § 673 das Wort: „Abschluß" ersetzt durch „Schließung" 2 (Prot I 11791 11793). Ferner wurde auf Antrag von v. Mandry (Nr. 617, 50) in Abs. 1 statt: „zu dessen Sicherheit" gesetzt: „zu deren Sicherheit" (Prot I 11838). IV. Im E Hautet §679: Hat der Gläubiger ein mit der Hauptforderung verbundenes, zu deren Sicher- EI § 679 heit dienendes Nebenrecht, insbesondere ein Pfandrecht, aufgegeben, so wird der Bürge von seiner Verbindlichkeit insoweit befreit, als er, wenn das Nebenrecht im Falle der Befreiung des Gläubigers in Gemäßheit des § 676 auf ihn übergegangen sein würde, daraus Ersatz hätte erlangen können. Die Vorschrift des ersten Absatzes findet Anwendung, auch wenn das Nebenrecht erst nach Schließung des Bürgschaftsvertrages erworben ist. B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Dem § 679 folgende Fassung zu geben : Struckmann Giebt der Gläubiger ein mit der Hauptforderung verbundenes, zu deren Sicher- (Nr 7,12) heit dienendes Nebenrecht, insbesondere Pfandrecht, auf, so wird der Bürge von seiner Verbindlichkeit insoweit befreit, als er aus dem Nebenrechte Ersatz hätte verlangen können, wenn dieses nach § 676 auf ihn übergegangen wäre. Diese Vorschrift findet auch dann Anwendung, wenn das Nebenrecht erst nach Schließung des Bürgschaftsvertrags entstanden ist. II. Eine Beratung hat nicht stattgefunden. C. 2. Kommission I. Zu § 679 lagen die Anträge vor (Prot. II, Bd. 2, S. 480f.; Mugdan, Bd. 2, S. 1028 f.): 1. die Bestimmungen des Entw. zu fassen : Struckmann Giebt der Gläubiger ein mit der Hauptforderung verbundenes, zu deren Sicher- (Nr 225,13) 2 2a
S. diesen Antrag und Beschluß vollständig bei §§ 116 ff. BGB. In der RedVorl ist zu $ 467 angemerkt: NB. zu § 10 (467) Der Absatz 2 wird wegen seiner Wichtigkeit passend sein.
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§776
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
heit dienendes Nebenrecht, insbesondere ein Pfandrecht, auf, so wird der Bürge, auch wenn das Nebenrecht erst nach dem Abschlüsse des Bürgschaftsvertrags entstanden ist, von seiner Verbindlichkeit insoweit befreit, als er aus dem Nebenrechte Ersatz hätte erlangen können, wenn es nach § 676 auf ihn übergegangen wäre. Jacubezky 2. folgende Fassung zu beschließen: (Nr 229, 12) Giebt der Gläubiger ein ihm für die Hauptforderung zustehendes Pfandrecht oder seine Rechte gegen andere Bürgen auf, so wird der Bürge, auch wenn er die Bürgschaft schon vor der Entstehung des Pfandrechts oder der Verbürgung der anderen Bürgen übernommen hat, von seiner Verbindlichkeit insoweit befreit, als er im Falle der Befriedigung des Gläubigers nach Maßgabe des § 676 aus dem Pfandrecht oder den Rechten gegen die anderen Bürgen Ersatz hätte 3 erlangen können. (Der Antragsteller erklärte sich nachträglich damit einverstanden, daß in vorstehender Bestimmung neben Pfandrecht und Bürgschaft auch die Vorzugsrechte erwähnt würden.) 3. dem § 679 hinzuzufügen: Diese Vorschriften finden keine Anwendung, wenn der Bürge sich als Selbstschuldner verbürgt hat. 4. von der Vorschrift des Abs. 2 den Fall der selbstschuldnerischen Verbürgung auszunehmen; 5. statt des Abs. 2 zu bestimmen: Die Vorschrift des ersten Absatzes findet keine Anwendung, wenn das Nebenrecht erst nach Schließung des Bürgschaftsvertrags erworben worden ist. 6. den Abs. 2 zu streichen und im Abs. 1 nach dem Worte „Bürge" einzuschalten „im Zweifel"; 7. im Abs. 2 vor den Worten „erworben worden ist" einzuschalten „unter Mitwirkung des Bürgen"; 8. den Abs. 2 zu streichen und den Eingang des Abs. 1 zu fassen: Hat ein zur Sicherung der Hauptforderung dienendes . . . Vorzugsrecht, welches mit der Hauptforderung zur Zeit der Uebernahme der Bürgschaft verbunden war oder später unter Mitwirkung des Bürgen damit verbunden worden i s t . . . Der Antrag 8 wurde vor der Abstimmung zurückgezogen. Die Komm, trat hierauf dem abgeänderten Antrage 2 darin bei, daß die Bestimmung auf Pfandrechte, Bürgschaften und Vorzugsrechte zu beschränken ist. Die auf den Abs. 2 bezüglichen Anträge 3 bis 7 wurden sämmtlich, der Antrag 5 mit neun gegen acht Stimmen abgelehnt; der Abs. 2 des Entw. wurde angenommen. II. In der VorlZust lautet § 679: E I-VorlZust Giebt der Gläubiger ein mit der Hauptforderung verbundenes Vorzugsrecht S 6 7 9 oder ein ihm für dieselbe zustehendes Pfandrecht oder seine Rechte gegen Bürgen auf, so wird ein Bürge, gegenüber welchem der Gläubiger seine Rechte nicht aufgegeben hat, auch wenn er die Bürgschaft schon vor der Entstehung des Vorzugsrechts oder Pfandrechts oder vor der Verbürgung der anderen Bürgen übernommen hat, von seiner Verbindlichkeit insoweit befreit, als er im Falle der Befriedigung des Gläubigers nach Maßgabe des § 676 aus dem Vorzugsrechte oder Pfandrechte oder den Rechten gegen die anderen Bürgen Ersatz hätte verlangen können. 3
Im Original steht „hatte".
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18. Titel: Bürgschaft
§777
III. In der ZustRedKom lautet § 679 : Giebt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht oder ein E I-ZustRedKom zur Sicherung derselben dienendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbür- § 679 gen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er nach § 676 aus dem Vorzugs- oder Pfandrecht oder dem Rechte gegen den Mitbürgen Ersatz hätte verlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Uebernahme der Bürgschaft entstanden ist. IV. Im E II lautet §715: Giebt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für E II § 715 sie bestehende Hypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Rechte nach § 713 Ersatz hätte verlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Uebernahme der Bürgschaft entstanden ist. V. Im E II rev § 761, E III § 760 liegt die in § 776 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
§777 Hat sich der Bürge für eine bestehende Verbindlichkeit auf bestimmte Zeit verbürgt, so wird er nach dem Ablaufe der bestimmten Zeit frei, wenn nicht der Gläubiger die Einziehung der Forderung unverzüglich nach Maßgabe des § 772 betreibt, das Verfahren ohne wesentliche Verzögerung fortsetzt und unverzüglich nach der Beendigung des Verfahrens dem Bürgen anzeigt, daß er ihn in Anspruch nehme. Steht dem Bürgen die Einrede der Vorausklage nicht zu, so wird er nach dem Ablaufe der bestimmten Zeit frei, wenn nicht der Gläubiger ihm unverzüglich diese Anzeige macht. Erfolgt die Anzeige rechtzeitig, so beschränkt sich die Haftung des Bürgen im Falle des Abs. 1 Satz 1 auf den Umfang, den die Hauptverbindlichkeit zur Zeit der Beendigung des Verfahrens hat, im Falle des Abs. 1 Satz 2 auf den Umfang, den die Hauptverbindlichkeit bei dem Ablaufe der bestimmten Zeit hat.
A. 1. Kommission I. 240. Sitzung vom 26. 9. 1883, Schriftführer Neubauer I Die Berathung des Abschnitts des Obligationenrechts betreffend „die Bürg- | Prot I 2565 schaft" wurde fortgesetzt. Zu Artikel 946 des Dresdener Entwurfs: 1 „Ist die Bürgschaft für eine bestimmt bezeichnete Forderung nur auf eine be- DresdE An 946 stimmte Zeit übernommen worden, so ist im Zweifel anzunehmen, daß dieselbe nur für den Fall der Geltendmachung der Forderung innerhalb der bestimmten Zeit übernommen worden sei und es erlischt die Bürgschaft mit dem Ablaufe dieser Zeit, ι Art. 945 DresdE s. bei § 775 BGB. 517
§777
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
ausgenommen, wenn die Bürgschaft früher als 30 Tage von der Verfallzeit der Schuld an abläuft, und der Gläubiger binnen 30 Tagen, von der Verfallzeit an gerechnet, seine Forderung gegen den Hauptschuldner oder gegen den Bürgen geltend macht und den hierauf eingeleiteten Rechtsstreit nicht über drei Monate auf sich beruhen läßt." lagen die Anträge vor: Planck 1. den Artikel dahin zu fassen : (Nr 465, 2) „Ist die Bürgschaft für eine Forderung nur auf eine bestimmte Zeit übernommen I Prot 12566 worden, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Bürgschaft mit dem | Ablaufe der bestimmten Zeit erlöschen solle, sofern nicht der Gläubiger seinen Anspruch entweder gegen den Bürgen oder gegen den Hauptschuldner vor dem Ablaufe der bestimmten Zeit oder wenn dieser früher als 30 Tage nach der Verfallzeit der Hauptschuld eintritt, binnen 30 Tagen nach der Verfallzeit gerichtlich geltend gemacht hat und im ersten Falle der Prozeß zu einer rechtskräftigen Verurtheilung des Bürgen führt, im zweiten Falle aber ohne erhebliche Verzögerung die Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner fortgesetzt und bei Fruchtlosigkeit derselben der Anspruch gegen den Bürgen gerichtlich geltend gemacht wird und dieser Prozeß zu einer rechtskräftigen Verurtheilung des Bürgen führt." v. Weber (Nr 410)
2. zu bestimmen: „Ist die Bürgschaft" pp. wie im Dresdener Entwürfe bis „übernommen worden" und fortzufahren: „so ist im Zweifel anzunehmen, daß dieselbe nur für den Fall der (gerichtlichen) Geltendmachung der Forderung innerhalb der bestimmten Zeit übernommen worden sei und es erlischt die Bürgschaft mit dem Ablaufe dieser Zeit, wenn nicht vor Ablauf derselben der Gläubiger seine Forderung gegen den Hauptschuldner rechtshängig oder im Wege des Zwangsvollstreckungsverfahrens geltend macht und das hierauf eingeleitete Verfahren (einschließlich des Zwangsvollstrekkungsverfahrens nach rechtskräftiger Verurtheilung) nicht über sechs Monate zu betreiben unterläßt. Läuft jedoch die Bürgschaft früher als 30 Tage von der Verfallzeit der Schuld an ab, so erlischt dieselbe dann nicht, wenn der Gläubiger seinen Anspruch gegen den Hauptschuldner noch innerhalb 30 Tagen von der Verfallzeit an gerechnet in der angegebenen Weise gerichtlich verfolgt. I Prot 12567 | Steht dem Bürgen die Einrede der Vorausklage nicht zu, so genügt um das Erlöschen der (auf bestimmte Zeit übernommenen) Bürgschaft abzuwenden, daß der Gläubiger innerhalb der im vorstehenden Absätze bezeichneten Frist seine Forderung gegen den Bürgen rechtshängig oder im Wege der Zwangsvollstreckung geltend macht." Kurlbaum
3. zu bestimmen: „Ist die Bürgschaft nur für eine bestimmte Zeit übernommen worden, so erlischt die Bürgschaft mit einem Monat nach der Fälligkeit der Hauptforderung oder wenn die bestimmte Zeit erst später abläuft, mit dem Ablaufe derselben, sofern der Gläubiger den Anspruch nicht vorher gegen den Bürgen oder den Hauptschuldner geltend gemacht hat. Steht dem Bürgen die Einrede der Vorausklage zu, so erlischt die Bürgschaft, wenn der Anspruch gegen den Hauptschuldner nicht rechtzeitig geltend gemacht oder die Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner und den Bürgen mehr als drei Monate nicht fortgesetzt ist." Die Mehrheit entschied für Streichung des Artikels ohne Ersetzung durch andere Bestimmungen. 518
18. Titel: Bürgschaft
§777
Der Beschluß ging aus folgenden Betrachtungen hervor: Der Artikel befasse sich mit dem Falle der zeitlichen Beschränkung der Bürgschaft. Wie eine solche Beschränkung zu verstehen sei, lasse sich unter Umständen nur schwer bestimmen. Bezwecke die Bürgschaft dem Hauptschuldner für eine künftige Hauptforderung Kredit zu verschaffen, beziehe sie sich namentlich auf künftige Ansprüche, die aus einem dauernden Verhältnisse zwischen Gläubiger und Hauptschuldner entspringen würden (Kreditbürgschaft), so werde die Bedeutung der Beschränkung meist unschwer zu ermitteln sein. Für solche Fälle liege die Auslegung nahe, der Bürge wolle die Bürgschaft nur für diejenige Forderung oder diejenigen An- I Sprüche übernehmen, die innerhalb der Bürgschaftszeit zur Entste- | Prot 12568 hung gelangen. Der Entwurf wolle nach Inhalt der Dresdener Berathungsprotokolle für Fälle dieser Art keine Bestimmung treffen. Er habe nur die Fälle der entgegenstehenden Art zum Gegenstande, zu welchen Fällen als der bezeichnendste derjenige gehöre, in welchem für eine bereits bestehende Forderung die Bürgschaft auf eine gewisse Zeit übernommen sei, ζ. B. für eine schon bestehende Darlehensschuld verspreche der Bürge nur auf ein Jahr, und nicht länger, einzustehen. Wie in einem derartigen Falle eine Zeitbeschränkung in Ermangelung eines für die Auslegung maßgebenden Anhaltspunkts zu deuten sei, unterliege den erheblichsten Zweifeln. In der Praxis seien Bürgschaftsverträge, bei welchen diese Voraussetzung zutreffe, indem die Parteien selbst vielleicht über die Bedeutung der Beschränkung sich nicht klar geworden seien, nicht gerade sehr selten. Um so angemessener könnte eine Auslegungsregel oder richtiger vielmehr eine dispositive Rechtsnorm erscheinen, welche den Sinn der Beschränkung für Zweifelsfälle feststelle und den Parteien dadurch zugleich Anlaß gebe, sich deutlicher auszudrücken, wenn ein anderer Sinn von ihnen gemeint sei. Indessen falle es schwer, die angemessene Rechtsnorm zu finden. Schon die Präzisirung des Falles, für welchen die Vorschrift gelten solle, stoße auf Schwierigkeiten. Rede man allgemein von der Bürgschaft auf Zeit, so werde zugleich die nothwendig auszuscheidende Kreditbürgschaft mitgetroffen; spreche man mit dem Entwürfe von der Bürgschaft für eine bestimmt bezeichnete Forderung, so bleibe dunkel, welche Forderung denn eine bestimmt bezeichnete sei, während zugleich die Beziehung auch auf Fälle der Kreditbürgschaft nicht völlig ausgeschlossen erscheine, und letzteres gelte auch, wenn man sich des Ausdrucks bediene: „Uebernahme der Bürgschaft für eine Forderung auf Zeit"; drücke man sich endlich dahin aus: „Uebernahme der Bürgschaft für eine bereits bestehende I Forderung", so werde die Vorschrift sichtbar zu eng und ihr praktischer Werth be- | Prot 12569 deutend verringert. Noch größere Schwierigkeiten zeigten sich hinsichtlich der aufzustellenden Rechtsnorm. Jede Regel, welche sich darbiete, werde etwas Willkürliches haben und vielleicht nur selten dem wirklichen Willen der oft rechtsunkundigen Parteien entsprechen. Es werde somit die Beseitigung eines Uebelstandes mit der Schaffung eines andern erkauft, der noch schwerer zu wiegen scheine. Noch ein weiterer nicht geringer Uebelstand werde hervorgerufen. Man müsse darauf verzichten, eine einfache, leicht zu handhabende Rechtsnorm aufzustellen. Diejenige Regel, welche wegen ihrer Einfachheit sich empfehle und meist auch mit dem Parteiwillen in Uebereinstimmung stehen möge: die Bürgschaft sei nur dann wirksam, wenn innerhalb der Bürgschaftszeit der Hauptschuldner zahlungsunfähig geworden und somit der Bürgschaftsfall, d. h. der Fall eingetreten sei, in welchem die Bürgschaft ihren Hauptwerth für den Gläubiger habe, verbiete sich, weil sie wegen der Schwierigkeiten, die Zeit zu ermitteln, in welcher das Zahlungsunvermögen eingetreten sei, vom praktischen Standpunkte unhaltbar erscheine. Werde von ihr abgesehen, so bleibe nichts übrig, als mit dem Entwürfe und den Anträgen für noth519
§777
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
wendig zu erklären, daß der Gläubiger innerhalb der Bürgschaftszeit die Rechtsverfolgung, wenn auch nicht durchführe, doch mindestens einleite, nach der Einleitung aberauch wenigstens in Ansehung des Hauptschuldners ohne Verzögern fortführe. Bei einer solchen Regelung lasse es sich kaum vermeiden, zwischen den Fällen zu unterscheiden, in welchen dem Bürgen die Einrede der Vorausklage zustehe und in welchen dies nicht zutreffe. Schon die Nothwendigkeit dieser Unterscheidung sei wegen der häufigen Ungewißheit, ob die gedachte Rechtswohlthat dem Bürgen zur Seite stehe oder nicht, ein Uebelstand von nicht geringer Bedeutung. Noch andere Einzelheiten — namentlich in Beziehung auf den Fall, wenn die Bürgschaftszeit I Prot I 2570 | schon vor der Fälligkeit der Hauptforderung oder so kurz nach der Fälligkeit derselben ende, daß der Gläubiger zur Einleitung der Rechtsverfolgung keine Zeit behalte, ferner in Beziehung auf den ununterbrochenen Betrieb der Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner — würden hinzugefügt werden müssen. Das Gesetz werde dadurch in hohem Maße verwickelt und die Verwickelung voraussichtlich die Quelle von vielen Streitfragen werden. Wie richtig dies sei, lehre der Entwurf, dessen Bestimmungen offenbar mangelhaft seien und theils der Verdeutlichung, theils der Ergänzung bedürften. Durch die Anträge seien die gegen den Entwurf zu erhebenden Erinnerungen nicht vollkommen beseitigt, auch sie gäben mehr oder weniger zu Erinnerungen Anlaß, deren Erledigung neue Einzelnbestimmungen nöthig zu machen schienen. Es trete daher überzeugend hervor, wie bedenklich es sei, in solcher mancherlei Uebelstände nach sich ziehenden Weise eine dem Gebiete der Vertragsauslegung angehörende Frage von doch untergeordneter Bedeutung zu lösen.
C. 2. Kommission Jacubezky I. Es war beantragt, als § 679a folgende Bestimmungen aufzunehmen (Prot. II, (Nr 229, 13) Bd. 2, S. 483f.; Mugdan, Bd. 2, S. 1030f.): Ist die Bürgschaft für eine bestimmte Zeit übernommen, so wird der Bürge von seiner Verbindlichkeit frei, wenn der Gläubiger nach dem Ablaufe der bestimmten Zeit die Ausklagung des Hauptschuldners nicht unverzüglich beginnt und ohne schuldhafte Unterbrechung fortsetzt und nicht unverzüglich nach der Beendigung der Ausklagung dem Bürgen anzeigt, daß er seine Haftung in Anspruch nehme. Hat der Bürge auf die Einrede der Vorausklage verzichtet, so wird er von seiner Verbindlichkeit frei, wenn der Gläubiger nicht unverzüglich nach dem Ablaufe der bestimmten Zeit dem Bürgen anzeigt, daß er seine Haftung in Anspruch nehme. Ist die Anzeige rechtzeitig erfolgt, so beschränkt sich die Haftung des Bürgen im Falle des Abs. 1 Satz 1 auf den Umfang der Hauptschuld, welchen diese zur Zeit der Beendigung der Ausklagung hat, im Falle des Abs. 1 Satz 2 auf den Umfang der Hauptschuld, welchen diese bei dem Ablaufe der bestimmten Zeit hat. Im Laufe der Berathung änderte der Antragsteller seinen Vorschlag dahin: a) im Satze 1 zwischen den Worten „schuldhafte" und „Unterbrechung" einzuschalten „erhebliche" ; b) im Satze 2 den Eingang zu fassen: Findet die Einrede der Vorausklage nicht statt, so wird . . . Hierzu wurden folgende Unteranträge gestellt: 1. eventuell statt „ohne schuldhafte erhebliche Unterbrechung" zu setzen „ohne erhebliche Unterbrechung" ; 520
18. Titel: Bürgschaft
§777
2. den Satz 1 zu fassen : Ist die B ü r g s c h a f t . . w e n n der Gläubiger nicht vor dem Ablaufe der bestimmten Zeit die Ausklagung des Hauptschuldners beginnt und ohne schuldhafte erhebliche Unterbrechung... 3. dem Satze 1 folgenden Wortlaut zu geben: Ist die Bürgschaft..., wenn der Gläubiger nicht innerhalb der Zeit dem Bürgen anzeigt, daß er seine Haftung in Anspruch nehme und die Ausklagung des Hauptschuldners beginnt und ohne schuldhafte erhebliche Unterbrechung fortsetzt. 4. im Satze 1 a.E. die Worte „und nicht unverzüglich nach der Beendigung der Ausklagung dem Bürgen anzeigt, daß er seine Haftung in Anspruch nehme" zu streichen; 5. eventuell den Satz 2 zu fassen: Findet die Einrede der Vorausklage nicht statt, so wird der Bürge von seiner Verbindlichkeit frei, wenn der Gläubiger nicht vor Ablauf der bestimmten Frist Klage erhoben hat. 6. den Satz 2 zu fassen : Findet die Einrede (wie vorstehend)..., wenn der Gläubiger nicht vor Ablauf der bestimmten Zeit dem Bürgen anzeigt, daß er seine Haftung in Anspruch nehme. Die Komm, lehnte zunächst in eventueller Abstimmung die Anträge 1 bis 5 ab, worauf der Antrag 6 zurückgezogen wurde. Sodann wurde der Hauptantrag mit den vom Antragsteller vorgeschlagenen Aenderungen endgültig angenommen. II. In der VorlZust lautet die beschlossene Vorschrift: Ist die Bürgschaft für eine bestehende Forderung auf bestimmte Zeit übernom- E I-VorlZust men, so wird der Bürge von seiner Verbindlichkeit frei, wenn der Gläubiger nach S 679a dem Ablaufe der bestimmten Zeit die Ausklagung des Hauptschuldners nicht unverzüglich beginnt und ohne erhebliche Verzögerung (oder: ohne erhebliche schuldhafte Unterbrechung) fortsetzt oder wenn er nicht unverzüglich nach Beendigung der Ausklagung dem Bürgen anzeigt, daß er die Haftung desselben in Anspruch nehme. Steht dem Bürgen die Einrede der Vorausklage nicht zu, so wird er von seiner Verbindlichkeit frei, wenn der Gläubiger nicht unverzüglich nach dem Ablaufe der bestimmten Zeit dem Bürgen anzeigt, daß er die Haftung desselben in Anspruch nehme. Ist die Anzeige rechtzeitig erfolgt, so beschränkt sich die Haftung des Bürgen im Falle des Abs. 1 Satz 1 auf den Umfang, welchen die Hauptschuld zur Zeit der Beendigung der Ausklagung hat, im Falle des Abs. 1 Satz 2 auf den Umfang, welchen die Hauptschuld bei dem Ablaufe der bestimmten Zeit hat. III. In der ZustRedKom läutet § 679 a: Ist die Bürgschaft für eine bestehende Verbindlichkeit auf bestimmte Zeit über- E I-ZustRedKom nommen, so wird der Bürge frei, wenn der Gläubiger nicht unverzüglich nach dem § 679a: Ablaufe der bestimmten Zeit die Einbeziehung der Forderung nach Maßgabe des S 674 betreibt und das Verfahren ohne wesentliche Verzögerung fortsetzt oder wenn er nicht unverzüglich nach der Beendigung des Verfahrens dem Bürgen anzeigt, daß er ihn in Anspruch nehme. Steht dem Bürgen die Einrede der Vorausklage nicht zu, so wird er frei, wenn der Gläubiger ihm diese Anzeige nicht unverzüglich nach dem Ablaufe der bestimmten Zeit macht. Ist die Anzeige rechtzeitig erfolgt, so beschränkt sich die Haftung des Bürgen im Falle des Abs. 1 Satz 1 auf den Umfang, welchen die Hauptverbindlichkeit zur Zeit 521
§778
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
der Beendigung des Verfahrens hat, im Falle des Abs. 1 Satz 2 auf den Umfang, welchen die Hauptverbindlichkeit bei dem Ablaufe der bestimmten Zeit hat.
E II $ 716
IV. Im Ε II lautet § 716: Hat sich der Bürge für eine bestehende Verbindlichkeit auf bestimmte Zeit verbürgt, so wird er frei, wenn . . . nach Maßgabe des $ 7 1 1 . . . oder wenn der Gläubiger . . . usw. wie in der ZustRedKom. Bei der Revision des E II wurde zu § 716 ein Antrag, im Abs. 1 Satz 1 die Worte „und das Verfahren ohne wesentliche Verzögerung fortsetzt" durch die Worte zu ersetzen „oder wenn der Gläubiger das Verfahren nicht ohne wesentliche Verzögerung fortsetzt", der Red.Komm, überwiesen. V. Im E II rev § 762, E III § 761 liegt die in § 777 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
§ 778 Wer einen Anderen beauftragt, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung einem Dritten Kredit zu geben, haftet dem Beauftragten für die aus der Kreditgewährung entstehende Verbindlichkeit des Dritten als Bürge.
A. 1. Kommission
I Prot 12579
DresdE Art 951
DresdE Art 952 I Prot I 2580
I. 241. Sitzung vom 28. 9. 1883, Schriftführer Neubauer | Die Berathung des Abschnitts des Obligationenrechts betreffend „die Bürgschaft und den Kreditauftrag" wurde fortgesetzt. Die Artikel 951—953 des Entwurfs lauten: 1 Artikel 951 „Ist Jemand beauftragt worden, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, jedoch auf Gefahr des Auftraggebers, einem Dritten durch Eingehung, Fortsetzung oder Erneuerung eines Schuldverhältnisses Kredit zu geben (Kreditauftrag), so hat der Auftraggeber, wie ein Bürge für diese Schuld des Dritten dem Beauftragten einzustehen, insofern dieser innerhalb der Grenzen des ihm ertheilten Auftrages gehandelt hat. Der Auftraggeber kann sich gegen den Beauftragten nicht solcher Einreden bedienen, welche darauf gestützt sind, daß der Dritte zur Uebernahme der Schuld persönlich unfähig gewesen ist." Artikel 952 „Die Haftpflicht des Auftraggebers für die Schuld des Dritten erlischt, wenn der Beauftragte diesem eigenmächtig Stundung gegeben oder, trotz der Auf- | forderung des Auftraggebers, den Dritten rechtzeitig auszuklagen versäumt hat."
1 Art. 950 DresdE s. bei § 776 BGB.
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18. Titel: Bürgschaft
§778
Artikel 953 „Die Vorschriften über das Rechtsverhältniß des Bürgen zum Hauptschuldner DresdE Art 953 finden auch auf das Rechtsverhältniß des Auftraggebers zu dem Dritten, welchem Kredit gegeben worden ist, Anwendung." Beantragt war 1. an Stelle der drei Artikel zu bestimmen: Kurlbaum „Wer einen Andern beauftragt, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, jedoch auf Gefahr des Auftraggebers, einem Dritten durch pp. — Kredit zu geben (Kreditauftrag), haftet dem Beauftragten nach Ausführung des Auftrags nur nach den Vorschriften über Verpflichtung eines Bürgen." 2. die drei Artikel durch die Vorschrift zu ersetzen: Planck „Wenn pp., so ist, sofern nicht ein anderer Parteiwille erhellt, das Rechtsverhältniß unter den Parteien nicht nach den Vorschriften über Auftrag, sondern nach denen über Bürgschaft zu beurtheilen." 3. die drei Artikel zu streichen. Windscheid Der Streichungsantrag so wie der erste Antrag wurden abgelehnt, der zweite Antrag wurde dagegen, vorbehaltlich der Fassung, angenommen und hinsichtlich der letzteren sodann beschlossen: a, „auf Gefahr des Auftraggebers", ingleichen b, „durch Eingehung, Fortsetzung oder Erneuerung eines Schuldverhältnisses," als entbehrlich zu streichen. Die Gründe waren: Es könne in Zweifel gezogen werden, ob es überhaupt besonderer Bestimmungen über den sogenannten Kreditauftrag bedürfe. Für die Entbehrlichkeit lasse sich geltend machen : Der Auftrag zu kreditiren, könne möglicherweise | ein wahrer Auf- | Prot 12581 trag im juristischen Sinne oder im Sinne des auf den Auftrag sich beziehenden Abschnitts des Gesetzbuchs sein, so daß auf das eintretende Rechtsverhältniß ausschließlich die für das Auftragsverhältniß geltenden Rechtsnormen Anwendung leiden würden. Regelmäßig werde jedoch der Kreditauftrag dieser Beurtheilung sich entziehen, aus den Umständen des Falles vielmehr erhellen, daß der Auftraggeber in der äußeren Form des Auftrags nur die Garantie für die Kreditbewilligung übernommen und für den aus diesem entstehenden Schaden einzustehen versprochen habe. Wie der Vertrag zu verstehen und wie er namentlich, wenn für die zweite Auslegung zu entscheiden, hinsichtlich der Einzelnheiten auszudeuten sei, bestimme sich stets nach den Umständen des konkreten Falles. Das Gesetz dürfe daher durch dispositive Rechtsnormen oder durch Auslegungsregeln der Ermittelung des Parteiwillens im Einzelnfalle nicht vorgreifen. Indessen es lägen doch schwerwiegende Gründe vor, den Kreditauftrag im Gesetzbuche nicht gänzlich zu übergehen. Der Kreditauftrag spiele im Verkehr, und namentlich im Handelsverkehr, eine große Rolle. Enthalte das Gesetz über ihn keine Bestimmung, so würde eine schädliche Rechtsunsicherheit unausbleiblich sein. In den zahlreichen Fällen des einfachen Kreditauftrags werde der durch das bisherige Recht genährte Zweifel sich erheben, ob nur eine, einzig und allein nach den Regeln der Bürgschaft zu beurtheilende Kreditbürgschaft oder umgekehrt nur ein ausschließlich unter die Regeln des Mandats fallendes Auftragsverhältniß oder ein aus Bürgschaft und Mandat gemischtes Vertragsverhältniß anzunehmen und inwiefern bei Annahme des gemischten Verhältnisses die einen oder anderen Regeln den Vorzug behaupteten. Hieraus erkläre es sich auch zur Genüge, daß die neueren Kodifikationen über den Kreditauftrag besondere dispositive Bestimmungen träfen. 523
§778 I Prot 12582
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
| Werde geprüft, welche dispositiven Rechtsnormen die angemessensten seien, so verbiete sich die Vorschrift von selbst: der Kreditauftrag gelte als gewöhnlicher Auftrag. Eine solche Bestimmung würde in ihrer vollen Konsequenz mit dem Begriffe des Auftrags, der in Beziehung auf den Mandatar ein negotium alienum erheische, sich kaum vertragen, sicherlich würde sie zu Folgen führen, an welche im praktischen Leben bei Ertheilung eines Kreditauftrages nicht gedacht werde. Eher würde noch die Normirung sich rechtfertigen lassen, welche dem Entwürfe zum Grunde liege, obschon sich zweifeln lasse, ob sie darin einen befriedigenden Ausdruck gefunden habe. Der Standpunkt des Entwurfs sei unverkennbar der: der Kreditauftrag gelte insoweit als gewöhnlicher Auftrag, als nicht ein Anderes in den drei Artikeln bestimmt sei. Diese anderen Bestimmungen nun anlangend, so entziehe der Entwurf dem Beauftragten die actio mandati contraria und beschränke ihn auf die Rechte, welche dem Gläubiger gegenüber dem Bürgen zuständen; er beschränke ferner die Rechte des Auftraggebers dahin, daß dieser mit der actio mandati directa nur die Kreditbewilligung, nicht auch die Abtretung der Rechte aus dem Vertrage mit dem Dritten fordern könne, während zweifelhaft bleibe, in welchem Umfange dem Beauftragten die volle Diligenzpflicht eines Mandatars auferlegt sei; zugleich bestimme er, daß der Auftraggeber gegenüber dem Dritten als Bürge gelte, in dieser Richtung also wieder die Vorschriften über Bürgschaft anwendbar seien. Der Entwurf habe folglich für das bereits erwähnte gemischte System entschieden. Die Entscheidung, auf die sichtbar die aus Gründen, die ihre Berechtigung verloren haben, sich erklärenden Vorschriften des römischen Rechts eingewirkt hätten, verdiene jedoch gleichfalls keine Billigung. Auf juristischen, dem praktischen Leben unbekannten Abstraktionen beruhend und daher der inneren Begründung entbehrend, schaffe sie überdies ein verwickeltes Rechtsverhältniß, welches mancherlei Streitfragen I Prot 12583 | Raum lasse. Viel näher liege eine andere Entscheidung, die einestheils mit dem regelmäßigen Parteiwillen in vollem Einklänge stehe und anderntheils sich durch ihre große Einfachheit empfehle. Im praktischen Leben wolle, wie die Erfahrung zur Genüge lehre, derjenige, der auf die Ertheilung eines Kreditauftrags sich beschränke, in der Regel nur die Bürgschaft für die Kreditbewilligung übernehmen. Der Auftrag sei nur die äußere Form, in welcher die Bürgschaftsleistung sich vollziehe. Durch diese bedeutungslose, zum Theil aus Einwirkungen des römischen Rechts sich erklärende Form höre das intendine Garantieversprechen nicht auf, eine Kreditbürgschaft zu sein, gleich der, die nicht in der Form des Auftrags übernommen werde. Nichts stehe daher der Bestimmung entgegen, der Kreditauftrag sei, soweit nicht ein anderer Parteiwille erhelle, nicht nach den Vorschriften über den Auftrag, sondern nach den Vorschriften über Bürgschaft zu beurtheilen. Die Anträge Ns 1 und 2 bezweckten eine solche Regelung, der Antrag N- 2 bringe aber das leitende Prinzip vollkommener und klarer zum Ausdruck, als der Antrag N 2 1, dessen Fassung nicht alle Zweifel beseitige. Gegen diese Regelung dürfe nicht eingewandt werden, dieselbe entziehe dem Garanten den Anspruch (die actio mandati directa) auf Bewilligung des Kredits. Habe derjenige, dem Garantie geleistet worden, dem Garanten gegenüber sich zur Kreditbewilligung verpflichtet, — was keineswegs immer der Fall sein werde, — so liege neben dem Bürgschaftsvertrage noch ein besonderer Vertrag vor, der seinen eigenen Weg gehe. Weiter dürfe nicht geltend gemacht werden, nach der gedachten Regelung würde auf der einen Seite derjenige, welcher den Kredit zu bewilligen habe, vor jeder Diligenzpflicht befreit und anderntheils der Garant nicht durch Kündigung u.s.w. nach den für das Erlöschen des Mandats geltenden Grundsätzen I Prot 12584 von der Garantie für die | Zukunft entlastet werden. In diesen beiden Beziehungen 524
18. Titel: Bürgschaft
§778
stehe die in der äußeren Form des Mandats sich vollziehende Kreditbürgschaft jeder anderen Kreditbürgschaft gleich, so daß nur in Frage kommen könne, ob nicht in der einen oder anderen Beziehung oder in beiden Beziehungen besondere Vorschriften für die Kreditbürgschaft im Allgemeinen am Platze seien. Dies sei bei den bisherigen Berathungen um deswillen verneint worden, weil davon ausgegangen sei, nur nach den Umständen des konkreten Falles und dem daraus zu folgernden Parteiwillen lasse sich entscheiden, inwiefern die Kreditbürgschaft in den betreffenden Beziehungen unter besonderen Regeln stehe. Auf Grund der letzteren Erwägung wurde der im Laufe der Debatte gestellte Antrag: die Beschlüsse über die Bürgschaft zu ergänzen durch folgende an angemessener Johow Stelle einzufügende Bestimmung: „Ist auf unbestimmte Zeit Bürgschaft geleistet für Verbindlichkeiten, welche der Hauptschuldner dem Gläubiger gegenüber künftig eingehen werde, so kann der Bürge jederzeit die Bürgschaft für die Zukunft kündigen." nicht weiter verfolgt. I I . - I V . In der RedVorl und ZustOR § 468, im K E § 674 und im E I § 680 lautet die beschlossene Vorschrift: Hat Jemand einem Anderen den Auftrag ertheilt, im eigenen Namen und für eigene Rechnung Kredit zu geben, so ist das aus dem Vertrage entstehende Rechtsverhältniß, soweit nicht ein entgegenstehender Wille der Vertragschließenden erhellt, nicht nach den Vorschriften über den Auftragsvertrag, sondern nach den Vorschriften über den Bürgschaftsvertrag zu beurtheilen. Hat Jemand den ihm von einem Anderen ertheilten Auftrag, im eigenen Namen und für eigene Rechnung einem Dritten Kredit zu geben, angenommen, so ist das aus dem Vertrage entstehende Rechtsverhältniß, soweit nicht ein entgegenstehender (E I: anderer) Wille der Vertragschließenden erhellt, nicht nach den Vorschriften über den Auftragvertrag (E I : Auftrag) sondern nach den Vorschriften über den Bürgschaftsvertrag (E I: die Bürgschaft) zu beurtheilen.
RedVorl § 468
ZustOR § 468 KE § 674 EI S 680
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Struckmann Den §680 zu fassen: (Nr 7, 13) Hat Jemand den Auftrag erhalten und angenommen, in eigenem Namen und für eigene Rechnung einem Dritten Kredit zu geben, so ist das aus diesem Vertrage entstandene Rechtsverhältniß nach den Vorschriften über die Bürgschaft zu beurtheilen. II. Eine Beratung hat nicht stattgefunden. C. 2. Kommission I. Zu § 680 war beantragt, die Bestimmung des Entw. zu fassen (Prot. II, Bd. 2, S. 485; Mugdan, Bd. 2, S. 1031 f.): Wer einem Anderen den Auftrag ertheilt, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung einem Dritten Kredit zu geben, haftet dem Kreditgeber für die aus der Kreditgewährung sich ergebende Verbindlichkeit des Dritten als Bürge. Die Komm, nahm den Antrag an. 525
Struckmann (Nr 225, 14)
Anh I § § 765 —768
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
II. In der VorlZust hat § 680 die beantragte und beschlossene Fassung. III. In der ZustRedKom lautet § 680, im Ε II § 717: E I-ZustRedKom Wer einen Anderen beauftragt, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung S 680 einem Dritten Kredit zu geben, haftet dem Beauftragten für die aus der KreditgeE II § 717 Währung entstehende Verbindlichkeit des Dritten als Bürge.2 Damit liegt die in § 778 BGB (E II rev § 763, E III § 762) Gesetz gewordene Fassung vor.
Anhang I zu §§ 765 - 768 BGB
A. 1. Kommission
I Prot I 2585
I. 241. Sitzung vom 28. 9. 1883, Schriftführer Neubauer | Man ging zur Berathung der von dem Trödelvertrage handelnden Artikel 727 —731 des Dresdener Entwurfs über. Dieselben lauten:
Artikel 727 I Prot 12586 „Durch den Trödelvertrag wird der eine Vertragschließen-1 de verpflichtet, dem DresdEArt727 anderen (Trödler) eine zu einem bestimmten Preise angeschlagene bewegliche Sache zum Verkauf auf eigene Rechnung (Vertrödeln) zu überlassen, der Trödler dagegen, nachdem ihm die Sache übergeben worden ist, verpflichtet, den bestimmten Preis abzuliefern oder die Sache zurückzugeben. Ist für die Ablieferung des Preises eine Zeit bestimmt, so ist vor deren Ablauf der Trödler zur Rückgabe der Sache nicht verpflichtet." DresdE Art 728 Artikel 728 „Durch die Ueberlassung zum Vertrödeln geht das Eigenthum der Sache nicht auf den Trödler über; Derjenige, welcher die Sache zum Vertrödeln überlassen hat, verliert das Eigenthum erst dann, wenn der Trödler, sofern er die Sache verkauft, dieselbe dem Käufer übergeben oder, sofern er die Sache für sich behalten will, den bestimmten Preis abzuliefern hat." DresdE Art 729 Artikel 729 „Der Trödler hat, wenn er die Sache zurückgiebt, auch den Zuwachs und die gezogenen Früchte herauszugeben und für die durch seine Verschuldung verursachte Verschlechterung und Verminderung der Sache zu haften. Im Falle des Verkaufes der Sache gehört der Mehrerlös über den bestimmten Preis im Zweifel dem Trödler." DresdE 730 Artikel 730 „Ist die Sache ohne eine Verschuldung des Trödlers aus dessen Gewahrsam gekommen oder untergegangen, so wird derselbe von seiner Verbindlichkeit befreit, verliert aber auch seinen Anspruch auf die etwa versprochene Vergütung."
2
Dazu ist angemerkt: die SS 670, 678, 681, 682 des Entw. I sind gestrichen.
526
18. Titel: Bürgschaft
A n h l § § 765 - 768
Artikel 731 I „Der Trödler, welcher die Sache nicht für sich behält, kann die Erstattung der nothwendigen Verwendungen, welche er auf die Sache bis zu deren Verkauf oder Rückgabe gemacht hat, eine Vergütung für seine Mühe aber nur im Falle einer besonderen Vereinbarung verlangen; im Zweifel gilt die Vergütung nur als für den Fall des Verkaufes der Sache vereinbart." Es war beantragt: den Artikel 727 zu fassen: „Wer von einem Anderen eine (bewegliche) Sache unter Festsetzung eines bestimmten Preises zur Veräußerung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erhalten hat, ist, wenn er die Sache veräußert hat, dem Geber den bestimmten Preis zu entrichten, andernfalls aber die Sache zurückzugeben, verpflichtet. Die Verpflichtung, den bestimmten Preis zu entrichten, tritt an die Stelle der Verpflichtung zur Zurückgabe der Sache auch dann, wenn der Empfänger der Sache dem Geber derselben erklärt, die Sache für sich behalten zu wollen." eventuell noch hinzuzusetzen : „Dasselbe ist im Zweifel anzunehmen, wenn für die Rückgabe der Sache eine bestimmte Frist festgesetzt, die Rückgabe aber innerhalb dieser Frist nicht erfolgt ist." und die Artikel 728 bis 731 zu streichen. Der Antrag wurde dahin berichtigt, es sei der erste Absatz des vorgeschlagenen § zu fassen : „Wer von einem Anderen eine (bewegliche) Sache unter Festsetzung eines bestimmten Preises zur Veräußerung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erhalten hat, ist die Sache zu der vertragsmäßig bestimmten Zeit und, wenn eine | Zeit nicht bestimmt ist, nach Ablauf einer dem Zwecke des Geschäfts entsprechenden angemessenen Frist dem Geber zurückzugeben, wenn er die Sache aber veräußert hat, den bestimmten Preis zu entrichten verpflichtet." und ferner unter Streichung der Artikel 728 — 730 statt des Artikels 731 zu bestimmen: „Wegen der von dem Empfänger der Sache auf dieselbe gemachten Verwendungen finden die Vorschriften des § 408 Abs. 2 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (vergi. Protokolle S. 2232)1 entsprechende Anwendung." Die Mehrheit entschied nach längerer Berathung, über den Trödelvertrag seien nach Vorgang des französischen Rechts und des schweizer Obligationenrechts besondere Bestimmungen in das Gesetzbuch nicht aufzunehmen. Erwogen war: Unter der Bezeichnung: „Trödelvertrag" oder: „Vertrödeln" würde im Verkehr wohl kaum ein Vertrag geschlossen. Der Verkehr verhalte sich spröde gegen eine solche Bezeichnung; er weise sie als anstößig zurück. Unternehme das Gesetz die Regelung des Trödelvertrags, so werde also die Präzisirung des wesentlichen Inhalts des Vertrages, für welchen die dispositiven Rechtsnormen des Gesetzes gelten sollen, von besonderer Wichtigkeit. Jede solche Präzisirung — wolle man nicht zu einer Beengung sich verstehen, welche die Anwendbarkeit der anzuschließenden Rechtsnormen auf die seltensten Fälle beschränke —, werde nun unfehlbar eine große Zahl von Fällen treffen, für welche jene dispositiven Rechtsnormen nicht
ι S. bei § 601 BGB. 527
| Prot I 2587 DresdE Art 731
Planck (Nr 468, 1)
Planck (Nr 468, 2)
| Prot I 2588
A n h II § § 7 6 5 — 7 7 8
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
paßten. Der Grund liege in den Verkehrssitten. Im Verkehr, namentlich im Handelsverkehr, gebe es eine große Zahl von Fällen, welche durch die fragliche BeI Prot 12589 griffsbestimmung getroffen werden würden und für die nach der Verkehrssitte | und nach der regelmäßigen Parteiintention besondere unter sich sehr abweichende und von denjenigen, welche das römische Recht und diesem folgend die modernen Kodifikationen für den Trödelvertrag aufstellten und welche als allgemeine Normen über den Trödelvertrag in das Gesetzbuch aufgenommen werden könnten, sehr verschieden seien. Es brauche nur erinnert zu werden an die bekannten Verträge zwischen Verleger und Sortimentsbuchhändler, an den Uhrenhandel, den Handel mit Gold- und Silber-Waren u.s.w. Es leuchte daher ein, wie groß die Gefahr sei, welche mit Aufstellung solcher allgemeinen Rechtsnormen verbunden sei. Sie würden nur für wenige, im praktischen Leben nur eine sehr untergeordnete Bedeutung behauptende Verträge passen. Zudem lasse sich nicht leugnen, daß jeder sogenannte Trödelvertrag der juristischen Beurtheilung keine größeren Schwierigkeiten bereite, wie manche andere Verträge, die im Gesetzbuche nicht geregelt würden. Die Rechtsnormen über Auftrag, Kauf, Verkaufskommission, Dienstmiethe und Sozietät, verbunden mit dem im Einzelnfalle zu ermittelnden Parteiwillen, würden regelmäßig die richtige Entscheidung an die Hand geben. Man dürfe auch auf das Vorbild der meisten neueren Kodifikationen, die den Trödelvertrag geregelt hätten, kein Gewicht legen. Die Regelung sei zum größten Theil wohl durch das römische Recht veranlaßt, welches aus Gründen, die längst ihre Bedeutung verloren hätten, zur Regelung des Trödelvertrags sich verstanden habe.
Anhang II zu §§ 765 - 778 BGB A. 1. Kommission I. 242. Sitzung vom 1. 10. 1883, Schriftführer Neubauer I Prot 12591
DresdE Art 954
DresdE Art 955
DresdE Art 956
| Zur Berathung gelangten die von dem Pfandvertrage handelnden Artikel 954 — 959 des Dresdener Entwurfs. Die bezüglichen Vorschriften lauten: Artikel 954 „Durch den Pfandvertrag wird der eine Vertragschließende (der Schuldner oder ein Dritter) dem anderen (dem Gläubiger) verpflichtet, zur Sicherstellung einer Forderung des Letzteren ein Pfandrecht zu bestellen." Artikel 955 »Der Gläubiger, welchem der Pfandschuldner den Besitz des Pfandes eingeräumt hat, ist verpflichtet, dasselbe mit der ihm nach Vorschrift des Artikels 2291 obliegenden Sorgfalt vor Schaden zu bewahren." Artikel 956 „Der Gläubiger erlangt durch Einräumung des Pfandbesitzes noch kein Recht auf den Gebrauch und auf die Benutzung des Pfandes. Ist ihm dieses Recht einge1 Die Vorschrift lautet: Derjenige, welcher nach der Natur oder nach dem Inhalte des Schuldverhältnisses aus demselben Vortheil hat, haftet auch für geringe Fahrlässigkeit. Geringe Fahrlässigkeit verschuldet, wer nicht die Sorgfalt anwendet, welche ein sorgsamer Hausvater anzuwenden pflegt.
528
18. Titel: Bürgschaft
Anh II §§ 765 — 778
räumt, so hat er dem Pfandschuldner über die gezogenen Früchte Rechnung abzulegen und deren Betrag nach Abzug der ihm gebührenden Zinsen, des Schadenersatzes und der Kosten, von der Hauptforderung in Abrechnung zu bringen." Artikel 957 I „Der Gläubiger ist verpflichtet, sobald die Forderung, für deren Sicherheit das Prot I 2592 Pfand dienen sollte, bezahlt oder sonstwie erloschen ist, das Pfand nebst Zuwachs, DredE Art 957 Zubehörungen und etwa gezogenen Früchten dem Pfandschuldner zurückzugeben." Artikel 958 „Der Pfandschuldner ist verpflichtet, wenn er den zum Pfände versprochenen DresdE Art 958 Gegenstand vor der Bestellung des Pfandrechts ganz oder zum Theil veräußert hat, oder wenn der Pfandgegenstand vor oder nach der Bestellung ganz oder zum Theil entwährt worden ist, dem Gläubiger an einem anderen, die bezweckte Sicherheit gewährenden Gegenstande ein Pfandrecht zu bestellen oder die Forderung, welche durch das letztere gesichert werden sollte, sofort zu bezahlen, selbst wenn deren Verfallzeit noch nicht eingetreten ist." Artikel 959 „Der Pfandschuldner ist verpflichtet, den Gläubiger von den Verbindlichkeiten, DresdE Art 959 welche dieser zur Erhaltung des Pfandes übernommen hat, zu befreien und demselben die von ihm auf das Pfand gemachten nothwendigen Verwendungen zu ersetzen. Wegen nützlicher Verwendungen haftet der Pfandschuldner nur, soweit sie mit seiner Einwilligung vom Gläubiger gemacht worden sind." Es lag der Antrag vor: 1. die Artikel 954 und 958 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: Planck „Wer sich seinem Gläubiger oder dem Gläubiger eines Dritten vertragsmäßig (Nr 469,1) verpflichtet hat, demselben zur Sicherung seiner Forderung ein Pfandrecht zu bestellen, haftet demselben für die Verschaffung des Pfandrechts nach Maßgabe der §§ 69 bis 79 der Zusammenstellung des Obligationenrechts (zu vgl. Protokolle S. 6 7 2 - 7 2 5 ) 2 . Ist er wegen Nichterfüllung seiner Verpflichtung (nach Maßgabe der §§ 185, 1863, 73 und 76) zum Schadensersatze verpflichtet, so ist der Gläubiger unbeschadet seines Rechts auf | Ersatz eines weitergehenden Schadens die Bestellung einer I Prot I 2593 anderweiten Sicherheit f ü r seine Forderung nach Maßgabe der §§ 174 bis 179 der Zusammenstellung des Allgemeinen Theils (Protokolle S. 449 bis 459) 4 zu fordern berechtigt und kann verlangen, daß der Verpflichtete, sofern derselbe dazu im Stande ist, die Sicherheit durch Bestellung eines Pfandrechts gewähre." 2. Die Beschlußfassung über die Artikel 955 bis 957 und 959 bis zur Berathung Planck (Nr 469, 2) des Sachenrechts (§§ 442 ff.) auszusetzen. Zunächst wurde beschlossen, die Artikel 955 bis 957 sowie den Artikel 959 von der Berathung auszuschließen, auf den Inhalt derselben bei der Berathung des auf das Pfandrecht sich beziehenden Abschnitts des Sachenrechts zurückzukommen und die betreffenden Rechtsnormen in den letzteren Abschnitt und nicht in das Obligationenrecht einzustellen.
2 S. bei SS 433, 434, 435, 436, 439, 440, 441, 442, 443 BGB. 3 S. $ 185 bei S 280 BGB, S 186 bei § 285 BGB. • S. bei SS 232 ff. BGB.
529
A n h II § § 7 6 5 — 7 7 8
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Die maßgebenden Erwägungen waren: Werde der obligatorische Vertrag, worin die Bestellung eines Pfandrechts zur Sicherung einer eigenen oder fremden Schuld versprochen sei, durch Bestellung des Pfandrechts erfüllt, so sei durch den nachfolgenden dinglichen Vertrag ein dingliches Recht zur Entstehung gelangt, welches der umfassenden Regelung bedürfe und eine solche in dem zum Sachenrechte gehörenden Abschnitte über das Pfandrecht empfange. Die Regelung müsse sich namentlich auch auf diejenigen Rechte und Pflichten der Vertragschließenden erstrecken, welche nach Abschluß des dinglichen Vertrags in den Vordergrund träten, indem von nun an die Vertragschließenden sich als Pfandrechtsgläubiger und Pfandrechtsschuldner gegenüberständen. Es sei ohne Zweifel zulässig, diese Rechte und Pflichten als Ausfluß des obligatorischen Pfandvertrags zu betrachten und somit den auf dieselben sich beziehenden Rechtsnormen ihre Stelle im Obligationenrechte anzuweisen. Dagegen erhöben sich aber gewichtige Bedenken; zunächst nämlich das Bedenken der sachwidrigen I Prot 12594 Zerreißung der eine und dieselbe Materie | betreffenden Rechtsnormen, sodann das weitere Bedenken, daß das Pfandrecht noch auf anderen Gründen, als einem obligatorischen Bestellungsvertrage, insbesondere auf letztwilliger Verfügung, auf Gesetz und auf Zwangsvollstreckung berühren könne, ohne daß die Verschiedenheit des Entstehungsgrundes auf die fraglichen Rechte und Pflichten im Allgemeinen einen Einfluß übe, demzufolge nicht zu umgehen sei, über dieselben, wenn sie im Obligationenrechte normirt würden, im Abschnitte über das Pfandrecht gleichfalls Bestimmungen zu treffen. Außerdem würde bei Einreihung der in Rede stehenden Vorschriften in den auf den obligatorischen Pfandbestellungsvertrag sich beziehenden Abschnitt des Obligationenrechts dieser Abschnitt immerhin noch insofern lükkenhaft bleiben, als dasjenige, was der zur Beschaffung des Pfandrechts verpflichtete Theil zur vollständigen Erfüllung dieser Pflicht bewirken müsse, nur aus den sachenrechtlichen Vorschriften über die zur Entstehung des Pfandrechts erforderlichen Voraussetzungen erkannt werden könne, wenn nicht auch die hierauf sich beziehenden Vorschriften in das Obligationenrecht übernommen werden sollten. Nun bestimmten die Artikel 955, 956, 957 die Pflichten des Pfandgläubigers, der Artikel 959 die Pflichten des Pfandschuldners, und zwar, wie diese Pflichten sich gestalten nach Abschluß des dinglichen Vertrags beziehungsweise nach Bestellung des Pfandrechts. Nach dem Obigen seien die desfallsigen Rechtsnormen dem Sachenrecht vorzubehalten, bei dessen Berathung auch erst darüber befunden werden könne, ob nicht die Bestimmungen des Entwurfs der Vervollständigung bedürften. Dies Verfahren sei um so unbedenklicher, als der Sachenrechtsentwurf in der That entsprechende Vorschriften enthalte. Die Berathung wandte sich zum Artikel 954. Beschlossen wurde die Ersetzung des Artikels durch folgende, dem ersten Absätze des obigen Antrags sich anschließende, hinsichtlich der Fassung bei der Redaktion näher zu prüfende Bestimmung: I Prot 12595 »Wer sich seinem Gläubiger oder dem Gläubiger eines | Dritten vertragsmäßig verpflichtet hat, zur Sicherung der Forderung ein Pfandrecht zu bestellen, haftet demselben für die Verschaffung des Rechts nach Maßgabe der Vorschriften, welche im Falle der Veräußerung des Rechts an einer Sache oder im Falle des Versprechens der Abtretung einer Forderung gelten." Erwogen war: Der Artikel 954 sei inhaltslos; er enthalte entweder eine nichtsbesagende Definition, gegen die sich überdies erinnern lasse, daß das Wort: „Pfandvertrag" in einem ungewöhnlichen Sinne gebraucht sei, da es in der Regel zur Bezeichnung des ding530
18. Titel: Bürgschaft
Anh II § § 7 6 5 - 7 7 8
liehen Vertrags angewendet werde, oder er spreche eine Verpflichtung aus, die völlig zweifellos sei, zudem für die wichtigsten Fälle unmittelbar aus dem § 69 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 672 — 676, 685) sich ergebe. Gleichwohl dürfe der Artikel nicht ohne Ersetzung durch eine andere verwandte Bestimmung beseitigt werden. Der obligatorische Pfandbestellungsvertrag gehöre, wenn das Pfandrecht an einer Sache versprochen werde, zu den obligatorischen Veräußerungsverträgen im Sinne des Absatzes 2 § 69 a.a.O., woraus4a die Anwendbarkeit der wichtigen §§ 70 — 79 daselbst (Protokolle S. 676 — 725) sich ergebe. Obschon die Anwendbarkeit selbstverständlich sei, erscheine es doch angemessen, auf dieselbe besonders hinzuweisen. Sodann könne auch das Pfandrecht an einer Forderung zugesichert sein. In einem solchen Falle liege ein Veräußerungsvertrag im Sinne des § 69 a.a.O. nicht vor und die direkte Anwendbarkeit der folgenden §§ sei somit ausgeschlossen. Es zeige sich deutlich eine Lücke, zu deren Ausfüllung unverkennbar der seinem Wortlaute nach nicht direkt zutreffende §215 a.a.O. (Protokolle S. 1292 —1294) 5 für entsprechend anwendbar erklärt werden müsse. Der Zweck werde durch den ersten Absatz des Antrags erreicht, wenn er unter Streichung des Allegats in der beschlossenen Weise geändert werde. Durch die Aufnahme des solchergestalt geänderten | ersten Absat- | Prot 12596 zes werde zugleich völlig außer Zweifel gestellt, daß der obligatorische Pfandbestellungsvertrag, auch wenn er nicht hervorhebe, daß der versprechende Theil eine Gegenleistung sich nicht ausbedungen habe, ungeachtet der Bestimmung des § 302 a.a.O. (Protokolle S. 1 7 3 4 - 1 7 3 9 , 1 7 4 8 - 1 7 5 1 ) 6 formfrei sei. Fehle eine derartige Bestimmung, so lasse sich das Gegentheil nicht ohne allen Grund namentlich dann behaupten, wenn man den § 302 dahin verstehe, jedes Schuldversprechen sei abstrakt, welches keine Auskunft darüber gebe, ob eine Gegenleistung bedungen sei und, wenn es die Ausbedingung einer solchen erwähne, die Gegenleistung nicht vollständig bezeichne. Von einer Seite sei angeregt, die Bestimmung durch Einschiebung der Worte: „an einem bestimmten Gegenstande" hinter: „Pfandrecht" auf den Fall zu beschränken, wenn das Pfandrecht an einem bestimmten Gegenstande zugesichert sei, um dem Mißverständnisse vorzubeugen, daß, wenn ein Pfandrecht schlechthin zugesichert sei, der Verpflichtete nur nach Maßgabe der vorgeschlagenen Bestimmung hafte, d. h. nur dafür einzustehen habe, daß das von ihm bestellte Pfandrecht bestehe und nicht an den Rechten eines Dritten ganz oder theilweise scheitere. Allein ein solches Mißverständniß sei nicht zu besorgen. Sei ein Pfandrecht im Allgemeinen (in genere) zugesichert, so erhöben sich zwei ganz verschiedene Fragen, nämlich zunächst die: von welcher Beschaffenheit das zu bestellende Pfandrecht in Rücksicht auf seinen ökonomischen Werth sein müsse; sodann die: wie sich die Haftung des Verpflichteten in Ansehung des konkreten Pfandrechts gestalte, welches er zur Erfüllung seiner Verpflichtung ausgewählt und dessen ökonomische Zulänglichkeit der Berechtigte durch vorbehaltlose Annahme vielleicht anerkannt habe. Die Fassung der obigen Bestimmung ergebe zur Genüge, daß sie mit der Entscheidung der ersten Frage sich gar nicht befasse. Die vorgeschlagene Beschränkung sei auch insofern nicht ganz unbedenklich, als sie möglicherweise den Zweifel hervorrufen könne, ob denn das Gesetz die Zusiche-1 rung eines Pfandrechts im Allgemeinen, wenn | Prot 12597
Im Original steht hinter „woraus" ein Komma. 5 S. bei § 437 BGB. 4 S. Bei SS 780, 781 BGB. 4a
531
A n h II § § 7 6 5 — 7 7 8
I Prot I
2598
v. Weber
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
dabei nicht erwähnt sei, ob eine Gegenleistung bedungen worden, als ein abstraktes Versprechen betrachte. Man ging zur Berathung des Artikels 958 über. Dieser Artikel soll nach dem im Eingange mitgetheilten Antrag durch den zweiten Absatz des letzteren ersetzt werden. Der Antragsteller ließ den Schluß des Antrags von den Worten an: „und kann verlangen" fallen und berichtigte sodann den Eingang der vorgeschlagenen Bestimmung in Folge des zuvor gefaßten Beschlusses dahin, daß das Allegat zu streichen sei. Mit diesen Aenderungen fand der zweite Absatz des Antrags die Zustimmung der Mehrheit. Die Gründe waren: Der Artikel 958 betreffe sichtbar nur den obligatorischen Verpfändungsvertrag, gehöre also in das Obligationenrecht. Er sei aber in doppelter Hinsicht zu eng. Einmal wolle nicht einleuchten, weshalb der zur Pfandrechtsbestellung verpflichtete Theil nur verantwortlich sein solle, wenn der Pfandgegenstand veräußert oder entwehrt sei, sodann sei nicht ersichtlich, weshalb der gedachte Vertragschließende betreffenden Falls nur verpflichtet sein solle, ein anderweites Pfandrecht zu bestellen oder die Hauptverbindlichkeit sofort zu erfüllen. Sowohl in dem Einen wie in dem Anderen liege eine Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen. Die letzteren ganz oder zum Theil von der Anwendung auszuschließen, sei in keiner Weise zu rechtfertigen. Namentlich müsse es bei den allgemeinen Grundsätzen über die Leistung des Interesse wegen unterbliebener oder wegen mangelhafter Vertragserfüllung verbleiben. Man dürfe nicht einwenden, wenn der Berechtigte ein anderweitiges Pfandrecht oder Befriedigung wegen der zu sichernden Forderung erlangen dürfe, so könne von einem weiteren zu ersetzenden Schaden keine Rede sein. Ein solcher Schaden, und zwar in nicht unerheblichem Umfange, sei allerdings wohl denkbar, ζ. B. wenn der Berechtigte über die Hauptforderung unter Zusicherung des Pfand- | rechts verfügt habe oder dieselbe zu besonderen Zwecken habe verwenden wollen. Ein Anderes sei noch in's Auge zu fassen. Verbleibe es bei den allgemeinen Grundsätzen, so würde es zweifelhaft sein, ob der Berechtigte in den Fällen, in welchen er Schadensersatz zu fordern berechtigt sei, als solchen auch die Bestellung einer anderweiten Sicherheit verlangen dürfe. Dies werde in passender Weise von dem Antrage bejaht, indem er zugleich vorsehe, daß dem Berechtigten der Anspruch auf Ersatz eines erweislich außerdem erlittenen Schadens verbleibe, und indem der Schadensersatz, wenn anderweite Sicherheit nicht zu bestellen sei, darin bestehen könne, daß die Hauptverbindlichkeit sofort erfüllt werden müsse. Unzulässig erscheine es, nach Vorbild des Entwurfs dem Verpflichteten die Wahl zu lassen, ob er sofort die Hauptverbindlichkeit erfüllen oder ein anderes Pfandrecht bestellen wolle; denn eine solche Bestimmung könne eine erhebliche Benachtheiligung des Gläubigers zur Folge haben, namentlich, wenn ein verzinsliches Kapital in Frage stehe. Nicht minder unstatthaft sei es, dem Berechtigten das Recht beizulegen, entweder die sofortige Erfüllung der Hauptverbindlichkeit oder anderweite Sicherstellung zu verlangen. Denn eine solche Vorschrift würde umgekehrt dem Verpflichteten zum Nachtheil gereichen können, namentlich wenn die Hauptverbindlichkeit erst nach geraumer Zeit, ohne Verpflichtung zur Zinsenzahlung zu erfüllen sei und dem Interesse des Berechtigten durch anderweite Sicherheitsbestellung sichtbar Genüge geschehe, Es war beantragt6", noch folgende Bestimmungen aufzunehmen: „Der Verpfänder einer unbeweglichen Sache haftet nicht dafür, daß an der Im Original steht an dieser Stelle kein Komma. 532
18. Titel: Bürgschaft
Anh II § § 7 6 5 - 7 7 8
Sache zur Zeit des Verpfändungsversprechens nicht Rechte Dritter bestehen, welche dem Gläubiger im Range vorgehen. Der Verpfänder einer (beweglichen) Sache haftet dafür, daß die Sache nicht zur Zeit der Hingabe solche verborgene Mängel hat, welche die Sache zu der | be- | Prot I 2599 zweckten Sicherheit untauglich oder deren Verwahrung für die Person oder das Vermögen des Verwahrers gefährlich machen. Ist das Eine oder das Andere der Fall, so ist der Verpfänder zur Bestellung eines anderweiten Pfandes und wenn er den Mangel wissentlich verschwieg, zum Schadensersatz verpflichtet." Die Absätze 1 und 2 des Antrags wurden in getrennter Abstimmung durch Mehrheitsbeschluß abgelehnt, womit der dritte Absatz erledigt war. Die Mehrheit war der Ansicht: 1. Für den ersten Absatz könne allenfalls geltend gemacht werden: Wenn Jemand in dem Pfandbestellungsvertrage das Pfandrecht an einer unbeweglichen Sache bezw. mit einer unbeweglichen Sache Hypothek zu bestellen verspreche, so habe er in Gemäßheit des § 70 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 676 — 679, 685) dafür einzustehen, daß dem zu beschaffenden Pfandrechte nicht andere Pfandrechte vorgehen. Die Uebernahme einer solchen Haftung werde aber dem Parteiwillen in der Regel kaum entsprechen. Der Parteiwille werde — mindestens sehr häufig — dahin gehen, die Beseitigung der zur Zeit des Abschlusses des obligatorischen Vertrags bereits vorhandenen Pfandrechte oder Vertretung wegen derselben könne der Berechtigte nicht fordern. Dagegen sei jedoch zu erinnern : In dem unterstellten Falle sei der Wille der Vertragschließenden im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung der besonderen Umstände zu ermitteln. Ergebe sich, daß die Haftung wegen der älteren Pfandrechte nicht beabsichtigt sei, so bleibe der § 70 a.a.O. von der Anwendung ausgeschlossen. Dies besonders zu bestimmen, sei wegen des nur dispositiven Charakters des § 70 entbehrlich. Bedenklich würde es aber sein, mit dem Antrage das Gegentheil von dem, was aus dem § 70 hervorgehe, vorzuschreiben. Die Folge einer solchen Vorschrift würde sein, daß der Berechtigte unter Umständen mit einem | völlig | Prot I 2600 werthlosen Pfandrechte sich begnügen müsse, während doch nicht vermuthet werden könne, es sei die Einräumung eines werthlosen Pfandrechts bezweckt. Werde eine besondere Bestimmung für angemessen erachtet, so könne sich als solche unverkennbar nur die empfehlen : ob und inwiefern der versprechende Theil dafür hafte, daß ältere Pfandrechte nicht beständen, bestimme sich nach dem im Einzelnfalle zu ermittelnden Parteiwillen. Eine solche Vorschrift, an und für sich zwar selbstverständlich, würde immerhin noch den Werth haben, daß die aus dem § 70 a.a.O. herzuleitende Vermuthung sich erledige. Dieser Werth sei aber, weil nur in seltenen Fällen ein Anlaß sich ergeben werde, auf jene Vermuthung zurückzugreifen, von zu geringer Bedeutung, als daß die Aufnahme einer Vorschrift sich rechtfertigen könnte, deren kasuistischer Charakter Anstoß erwecken müsse. 2. Betreffend den zweiten Absatz des Antrags, so bezögen sich die § 81 ff. der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 734 —786)7 über die Gewährleistung wegen Mängel der Sache nur auf die Sachveräußerung. Bei Berathung derselben sei besonders geprüft, ob sie nicht — ähnlich wie die Vorschriften über die Gewährleistung des veräußerten Rechts (§§ 69 u. f.) — auf die Veräußerung des Rechts an einer Sache auszudehnen seien. Die Frage sei ι S. bei SS 459 ff. BGB. 533
A n h II § § 7 6 5 — 7 7 8
7. Abschnitt: Einzelne Schuidverhältnisse
verneint worden (zu vgl. Protokolle S. 735, 797). Der Antrag bezwecke aber sichtbar im Wesentlichen eine Ausnahme von jenem früher beschlossenen Grundsatze für den Fall der Veräußerung des Rechts an einer Sache mittels Bestellung eines Pfandrechts. Durch diese Ausnahme würde der Grundsatz in so erheblichem Umfange Preis gegeben, daß es nöthig sein würde, ihn unter Aufhebung des früheren Beschlusses fallen zu lassen. Denn so viel leuchte ein, daß, wenn einmal der Pfandbestellungsvertrag von der Regel ausgenommen sei, kein Grund mehr bestehe, die Regel noch für die auf Bestellung oder Uebertragung anderer Rechte an einer Sache gerichteten Verträge, z.B. für den Vertrag über Bestellung eines Nießbrauchs, festzuhalten. Der Antrag müsse daher wegen des gedachten Beschlusses und vorzugsweise in Würdigung der Gründe, worauf derselbe beruhe, abgelehnt I Prot 12601 werden. Dabei dürfe aber | nicht übersehen werden, daß der Mangel besonderer Vorschriften keineswegs unbefriedigende Konsequenzen nach sich ziehe. Nach den allgemeinen für die Erfüllung der Verträge geltenden Grundsätzen hafte der Pfandrechtsbesteller für dicta und promissa, sowie wegen arglistig verschwiegener heimlicher Mängel, indem er unter den geeigneten Voraussetzungen das Interesse zu leisten habe, wobei die oben zum Artikel 958 beschlossene Vorschrift wegen Leistung des Interesse durch Bestellung einer anderweiten Sicherheit von Belang werden könne. Nur, wenn ein verborgener Mangel vorhanden sei, der nicht arglistig verschwiegen und von dem sich auch nicht behaupten lasse, sein Vorhandensein ergebe den Mangel einer stillschweigend zugesicherten Eigenschaft, würde der Pfandrechtsberechtigte einen besonderen Anspurch nicht erheben können. Hiergegen lasse sich aber auch etwas Wesentliches nicht erinnern. Bei der heutigen Diskussion war noch Folgendes zur Sprache gelangt: 1. Der Ausdruck „Pfandvertrag" für den obligatorischen Verpfändungsvertrag wurde, wie schon erwähnt, beanstandet. Bei der Redaktion soll geprüft werden, ob er nicht durch das Wort „Verpfändungsvertrag" passend ersetzt werden könne. 2. In den Motiven des Sachenrechtsentwurfs ist erwähnt, die Frage, ob und inwiefern bei einer durch Pfandrecht gesicherten Forderung die exceptio oder das beneficium excussionis gelte, sei im Obligationenrecht zu erledigen (Motive S. 1844). Man war jedoch der Ansicht, die Erledigung dieser Frage falle in den Bereich des Sachenrechts, zumal auch diejenigen Fälle, in welchen das Pfandrecht nicht auf Rechtsgeschäft beruhe, in Betracht zu ziehen seien. Der Redaktor des Sachenrechts wird bei der Berathung des letzteren die Frage zur Erörterung bringen. 3. In den Motiven des Sachenrechtsentwurfs wird davon ausgegangen: auch im Falle der Ungültigkeit oder Unwirksamkeit der Pfandrechtsbestellung habe der Berechtigte die Pflichten des Pfandrechtsgläubigers u.s.w. (zu vgl. Mot. S. 1264). I Prot 12602 Bezweifelt wurde, ob diese Auffassung richtig sei oder gar | sich von selbst verstehe, ob nicht vielmehr — auf das dingliche Rechtsverhältniß gesehen — die Vorschriften über Schuldverhältnisse aus ungerechtfertigter Bereicherung maßgebend würden. Auch dieser Gegenstand wird von dem Redaktor des Sachenrechts bei dessen Berathung zur Erörterung gestellt werden. 4. Der Sachenrechtsentwurf enthält keine Bestimmungen darüber, inwiefern die Vorschriften über die Rechte und Pflichten des Pfandgläubigers und Pfandschuldners, wenn eine bewegliche Sache durch Uebergabe derselben an den Gläubiger verpfändet ist, auch dann anwendbar seien, wenn eine unbewegliche Sache mit oder ohne Bestellung einer gültigen Hypothek dem Gläubiger zur Sicherung übergeben 534
18. Titel: Bürgschaft
Anh II § § 7 6 5 - 7 7 8
ist (zu vgl. insbesondere auch § 468 des Sachenrechtsentwurfs). Ob hierin eine Lükke zu finden sei, soll bei Berathung des Sachenrechtsentwurfs geprüft werden. 5. Das Material enthält S. 12 und 13 eine Erörterung über die Nothwendigkeit, in das Gesetzbuch Vorschriften Uber den Schiedsvertrag aufzunehmen. Der Dresdener Entwurf enthält in den Art. 969 — 975 besondere Vorschriften über den Schiedsvertrag. Man war — in Uebereinstimmung mit jener Erörterung — der Ansicht, daß das Gesetzbuch den Schiedsvertrag zu übergeben habe, weil die Vorschriften der Deutschen Civilprozeßordnung §§ 851 — 872 vollkommen genügten (zu vgl. Material S. 12 und 13) und daß es auch rücksichtlich des Vertrags, welcher die Uebernahme der schiedsrichterlichen Verrichtungen zum Gegenstande hat (sogen, receptum) und auf welchen Artikel 970 des Dresdener Entwurfs sich bezieht, besonderer Bestimmungen nicht bedürfe. I I . - I V . In der RedVorl und ZustOR §§ 469, 470, im KE §§ 675, 676 und im E I §§ 681,682 lauten die beschlossenen Vorschriften: Wer sich einem Gläubiger gegenüber verpflichtet hat, zur Sicherung der Forderung desselben ein Pfandrecht zu bestellen, haftet für die Verschaffung des Pfandrechts nach Maßgabe der Grundsätze, welche für den Fall gelten, wenn die Veräußerung des Rechts an einer Sache oder sofern das Pfandrecht auf eine Forderung sich bezieht, wenn die Abtretung einer solchen versprochen ist (§§ 69 und 215)8. Wer sich seinem Gläubiger oder dem Gläubiger eines Dritten gegenüber (E I : Wer sich gegenüber seinem usw.) verpflichtet hat, zur Sicherung der Forderung desselben ein Pfandrecht zu bestellen, haftet für die Verschaffung des Pfandrechts (KE, E I: rechtes) nach Maßgabe der Grundsätze, welche für den Fall gelten, wenn die Veräußerung des Rechts (KE, E I: Rechtes) an einer Sache oder sofern das Pfandrecht auf eine Forderung sich bezieht, wenn die Abtretung einer solchen versprochen ist (§§ 69 und 215). Ist derjenige, welcher sich zur Bestellung des Pfandrechts (KE, E I : rechtes) verpflichtet hat, wegen Nichterfüllung seiner Verpflichtungen zum Schadensersatz (KE, E I : ersatze) verpflichtet, so kann der Gläubiger unbeschadet seines Rechts (KE, E I : Rechtes) auf Ersatz eines weiter gehenden Schadens die Bestellung einer
8
Dazu ist angemerkt: Eingang. 1. „einem Gläubiger gegenüber"; wird es nöthig sein zu verdeutlichen: „seinem Gläubiger oder dem Gläubiger eines Dritten"? 2. Zu beachten sind § 69 und § 215. Diese in den Klammern zu allegiren, wird zur Verdeutlichung dienen. 3. „Forderung"; wird der Zusatz nöthig sein: „oder ein abtretungsfähiges Recht." (zu vgl. Sachenrechts-Entwurf §§ 479, 487).? Wird der Zusatz gemacht, so muß am Schlüsse für: „solcher" gesetzt werden: „Forderung". Es giebt übrigens Rechte, die nur durch Buchung verpfändet werden können. Es sind die buchungsfähigen nach dem Sachenrecht auch in Ansehung der Veräußerung als Immobilien geltenden Gerechtigkeiten. 4. Die Bedenken, der § 1 (§ 469) lasse eine Deutung zu, welche den § 174 des Allg. Th. für den Fall beschränke, wenn der zur Sicherheitsleistung Verpflichtete zur Erfüllung seiner Pflicht ein Pfandrecht zu bestellen versprochen habe, ist bei der Berathung für unbegründet erachtet. Eine solche Deutung ist auch nicht zu besorgen, und noch weniger, wenn bei „haftet" nicht vor oder nach gesetzt wird: „dem Gläubiger".
535
RedVorl S 469 ZustOR § 469 KE § 675
EI § 681
RedVorl/ ZustOR § 470 KE § 676 Ε H 682
§779
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
anderweiten Sicherheit nach Maßgabe der §§ 174 bis 179 des Allg. Th. (KE: 198 bis 203; E I : 199 bis 204) verlangen.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes Struckmann (Nr 7,14)
I. Beantragt war: Die SS 681, 682 zu streichen. II. Eine Beratung hat nicht stattgefunden.
C. 2. Kommission I. Es lagen die Anträge vor (Prot. II, Bd. 2, S. 488 f.; Mugdan, Bd. 2, S. 1032) : Struckmann (Nr 225, 15) Jacubezky (Nr 229, 14)
1. die Bestimmungen des Entw. zu streichen; 2. falls die Streichung nicht beschlossen wird, den S 681 zu fassen: Wer sich gegenüber einem Anderen verpflichtet hat, zur Sicherung einer Forderung desselben ein Pfandrecht zu bestellen, haftet für die Verschaffung des Pfandrechts nach den Grundsätzen, welche für die auf Veräußerung gegen Entgelt gerichteten Verträge gelten. Die Komm, entschied sich für die Streichung der §§ 681, 682.
N E U N Z E H N T E R TITEL Vergleich §779 Eid Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewißheit der Parteien Uber ein Rechtsverhältniß im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt 'wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalte des Vertrags als feststehend zu Grunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewißheit bei Kenntniß der Sachlage nicht entstanden sein würde. Der Ungewißheit über ein Rechtsverhältniß steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.
A. 1. Kommission I. 243. Sitzung vom 5. 10. 18831, Schriftführer Neubauer I Prot 12603
| Zur Berathung standen die „den Vergleich" behandelnden Artikel 960 — 968 des Dredener Entwurfs : 1
Die 242. Sitzung s. im Anhang zu § 778 BGB.
536
19. Titel: Vergleich
§779
Zu Art. 960 des Entwurfs: „Durch den Vergleich wird ein unter den Vertragschließenden streitiges oder DresdEArt960 zweifelhaftes Rechtsverhältniß dadurch außer Streit oder außer Zweifel gesetzt, daß die Vertragschließenden sich etwas geben oder nachlassen." war beantragt: 1. statt dessen zu bestimmen : Kurlbaum „Als Vergleich gilt der gegenseitige Vertrag, durch welchen ein unter den Ver- (Nr 472) tragschließenden streitiges oder zweifelhaftes Schuldverhältniß außer Streit oder Zweifel gesetzt werden soll." 2. in dem zu 1 gedachten Vorschlage a, statt »gilt" zu setzen: „ist anzusehen"; b, statt „Schuldverhältniß" zu setzen: „Rechtsverhältniß"; c, hinter „Rechtsverhältniß" einzuschalten: „durch gegenseitiges Nachgeben"; d, statt „gesetzt werden soll" zu setzen: „gesetzt wird".
v. Weber
3. zu bestimmen: Planck „Als Vergleich gilt derjenige Vertrag, durch welchen die Vertragschließenden die unter ihnen obwaltende Un- | gewißheit von Rechtsansprüchen dadurch beseiti- | Prot I 2604 gen, daß sie unter gegenseitigem Nachgeben ein bestimmtes Rechtsverhältniß an die Stelle des bestrittenen oder zweifelhaften setzen." Es wurden folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Die über den Vergleich aufzunehmenden Bestimmungen sollen sich nicht auf die Vergleiche über Schuldverhältnisse beschränken, sondern auch diejenigen Vergleiche umfassen, die über andere Rechtsverhältnisse geschlossen werden, die aufzunehmenden Rechtsnormen ferner im speziellen Theile des Obligationenrechts ihre Stelle finden. 2. Der Begriff des Vergleichs soll in dem ersten, den Abschnitt einleitenden Paragraphen zu dem Zwecke bestimmt werden, um klarzustellen, welcher Art der Vertrag sein müsse, damit auf ihn die auf den Vergleich sich beziehenden Rechtsnormen des Gesetzbuchs u.s.w. anwendbar werden. Es wird angemessen sein, zur Erreichung des Zwecks sich der in u § 304 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 1774-1776, 1840, 1841)2 gewählten, in dem Antrage N - 1 zur Richtschnur genommenen Fassung zu bedienen. 3. Mit dem Antrage N 2 1 soll bei der Begriffsbestimmung der Vergleich als gegenseitiger Vertrag bezeichnet und daneben nicht noch hervorgehoben werden, daß beide Vertragschließende etwas geben oder nachlassen oder gegenseitig etwas nachgeben müssen. 4. Das Rechtsverhältniß, auf welches der Vergleich sich bezieht, soll nicht als „streitiges oder zweifelhaftes", 2 " sondern als „streitiges oder ungewisses" bezeichnet werden. 5. In wesentlicher Uebereinstimmung mit dem Antrage N2 1 und bezw. entsprechend dem vorhergehenden Beschlüsse soll gesagt werden: „ . . . Vertrag, durch welchen ein u.s.w. Rechtsverhältniß außer Streit oder Ungewißheit gesetzt wird," | und nicht: | Prot I 2605 . . Vertrag, durch welchen die Ungewißheit von Rechtsansprüchen dadurch 11 Im Original heißt es „im". 2 S. bei S 516 BGB. 2a Im Original fehlt das Komma.
537
§779
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
beseitigt wird, daß ein bestimmtes Rechtsverhältniß an die Stelle u.s.w. gesetzt wird." Besonders gebilligt wurde die Fassung: „gesetzt wird" unter Ablehnung der Fassung des Antrags Ν - 1 : „gesetzt werden soll" Somit ist sachlich beschlossen: „Als Vergleich gilt der gegenseitige Vertrag, durch welchen ein unter den Vertragschließenden streitiges oder ungewisses Rechtsverhältniß außer Streit oder Ungewißheit gesetzt wird." Vorbehalten blieb jedoch die nachträgliche Entscheidung, ob nicht der Eingang: „Als Vergleich gilt" sich dadurch beseitigen ließe, daß begonnen würde: „Wird durch einen gegenseitigen Vertrag ein unter den Vertragschließenden u.s.w. gesetzt (Vergleich), so u.s.w." und dann der Anschluß der ersten auf den Vergleich sich beziehenden Rechtsnorm folgte. Maßgebend waren folgende Erwägungen : zu 1. Der Vergleich könne sich auch auf andere Rechtsverhältnisse, als auf Schuldverhältnisse beziehen. Vergleiche über andere Rechtsverhältnisse als Schuldverhältnisse, namentlich über sogenannte absolute Rechte, seien erfahrungsmäßig sehr häufig. Die in dem Antrage Ν- 1 vorgeschlagene Beschränkung würde daher nöthig machen, auch im Sachenrecht, Familienrecht und Erbrecht den Vergleich zu behandeln, obschon in Ansehung der allgemeinen Rechtsnormen, deren Aufstellung ein Bedürfniß sei, die Verschiedenheit des Rechtsverhältnisses, welches den Gegenstand des Vergleichs bilde, gleichgültig erscheine. Schon deshalb empfehle es sich, dem Entwürfe zu folgen, von der Beschränkung des Antrags Ν 2 1 daher abzusehen. I Prot I 2606 Der Umstand, daß, wenn der Vergleich ein absolutes Recht (ζ. B. Eigenthum | oder ein anderes dingliches Recht) unmittelbar betreffe, die Frage sich erhebe, ob zur Verwirklichung des Vergleichs die formellen Erfordernisse des dinglichen Vertrags (ζ. B. das Traditionserforderniß) erfüllt werden müßten, rechtfertige keineswegs die Trennung, sondern umgekehrt weit eher die Zusammenfassung der in Rede stehenden Normen in Einem, dem speziellen Theile des Obligationenrechts zu überweisenden Abschnitte. Jene Frage lasse doch nur die Beantwortung zu, daß der Vergleich nur unter den Vertragschließenden wirke, demzufolge, wenn es sich um Rechtswirkung gegen Dritte handele, diese Wirkung von der Erfüllung der formellen Erfordernisse des dinglichen Vertrags abhänge, worauf es freilich dann nicht ankomme, wenn der Partei, die auf den Vergleich sich stützen könne, ohnehin schon erweislich das betreffende Recht zugestanden habe (zu vergi. Protokolle S. 1765)3. Es zeige sich also, daß jedem Vergleiche ein obligatorischer Charakter beiwohne. Dies trete in denjenigen nicht seltenen Fällen nur weniger hervor, in welchen der dingliche Vertrag in dem Vergleiche zugleich enthalten, weil er formfrei sei (z. B. wenn eine Zession oder ein Erlaß in Rede stehe). Im Grunde verhalte es sich damit ähnlich wie mit der Schenkung und wenn die letztere dem speziellen Theile des Obligationenrechts überwiesen sei (Protokolle S. 1771)4, so sei für den Vergleich ein gleiches Verfahren gerechtfertigt. Es sei geltend gemacht, auch das Anerkenntniß sei und werde im Obligationenrechte nur insofern behandelt, als es auf Schuldverhältnisse sich beziehe. Allein der
3 S. bei §§ 780, 781 BGB. « S. bei §516 BGB. 538
19. Titel: Vergleich
§779
Einwurf treffe nicht zu. Ueber das Anerkenntniß allgemeine Normen aufzustellen, sei nicht erforderlich und aus besonderen Gründen bedenklich (Protokolle S. 1767, 1768)5. Es schließe dies nicht aus, daß im Sachenrecht, Erbrecht und Familienrecht — soweit nöthig — über das Anerkenntniß, vielleicht auch über den Vergleich, die eine oder andere besondere Bestimmung aufgenommen werde, was sich gegenwärI tig noch nicht übersehen lasse. | Prot I 2607 zu 2. Das Gesetzbuch müsse Auskunft geben, welcher Vertrag gemeint sei, wenn es von Vergleich rede oder auch wenn ein anderes Gesetz (z. B. die D. Zivilprozeßordnung) des Vergleichs in einer Weise erwähne, daß die Bezugnahme auf den Sprachgebrauch des materiellen bürgerlichen Rechts sich klar ergebe. Eine solche Begriffsbestimmung habe nur eine terminologische Bedeutung, so daß der Einwand sich erledige, der Gesetzgeber habe Definitionen thunlichst der Wissenschaft zu überlassen. Im vorliegenden Falle sei eine Begriffsbestimmung in dem angegebenen Sinne aus dem Grunde nicht zu umgehen, weil sonst bei der Unbestimmtheit des sprachlichen Begriffs leicht manche Zweifel entstehen könnten, ob ein Vertrag als ein Vergleich im Sinne des Gesetzes, d. h. als ein solcher zu gelten habe, auf welchen die Rechtsnormen des Gesetzbuchs über Vergleiche anwendbar seien oder ob das Gegentheil eintrete, ζ. B. wenn der Vertrag nicht ein streitiges, sondern ein ungewisses Rechtsverhältniß erledige oder wenn der eine Vertragschließende alle seine Rechte ohne jede Gegenleistung opfere. Die Schwierigkeiten einer völlig befriedigenden Begriffsbestimmung ließen sich, soweit es bei einer solchen überhaupt möglich sei, besiegen. Man dürfe vertrauen, daß die unvermeidlichen Unvollkommenheiten durch Praxis und Wissenschaft ihre Erledigung finden würden. Zu empfehlen sei nur eine Fassung, welche den terminologischen Zweck der Begriffsbestimmung erkennen lasse. Diesem Erfodernisse entspreche am meisten die an den § 304 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse sich haltende Fassung des Antrags N 2 1, die übrigens auch durch eine andere, wie sie oben am Ende der aufgeführten Beschlüsse mitgetheilt sei, ersetzt werden könne, worüber erst nachträglich sich befinden lasse. zu 3. Werde vom gegenseitigen Vertrage geredet, so sei genügend klar, daß ein gegenseitiges Nachgeben zum Vergleich | erforderlich sei. Eine solche kurze Fas- | Prot I 2608 sung zur Verdeutlichung des fraglichen Erfordernisses verdiene vor jeder anderen den Vorzug; denn jede andere Fassung oder ein erläuternder Zusatz ergebe entweder eine Inkorrektheit, wenn nicht eine anstößige Breite gewählt werde, oder sie erwecke aus sprachlichen Gründen Anstoß. Daß übrigens der wahre Vergleich ein gegenseitiger Vertrag sei und auf ihn die Formvorschrift des § 302 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 1734 — 1739, 1748 —1751)6 keine Anwendung leide, sei zweifellos. zu 4. In der Theorie sei darüber gestritten, ob ein Vergleich vorliege, wenn nicht ein streitiges, sondern nur ein ungewisses Rechtsverhältniß den Gegenstand desselben bilde. Die Praxis im Gebiete des gemeinen Rechts und die modernen Kodifikationen rechneten auch die Einigung über ein ungewisses Rechtsverhältniß zu den Vergleichen. Hiervon abzuweichen und über die Einigung der gedachten Art besondere Regeln aufzustellen, sei — wie die Praxis lehre — kein Bedürfniß. Nur die Fassung der nöthigen Einbeziehung stoße auf einige Schwierigkeiten. Betreffe der
s S. bei ι 1780, 781 BGB. 6 S. bei ι 1780, 781 BGB. 539
§779
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Vergleich einen feststehenden und völlig bestimmten Anspruch, aber in der Art, daß die Parteien nur über die Erfüllung der Verpflichtung des Schuldners sich einigten, indem der Gläubiger auf einen Theil seines Anspruchs verzichte, um den Rest wegen des Unvermögens des Schuldners u.s.w. zu retten, so lasse sich von Ungewißheit des Rechtsverhältnisses nur dann reden, wenn das Wort „ungewiß" oder „Ungewißheit" im weiteren Sinne verstanden werde. Dieses weitere Verständniß werde sich aber auf Grund der logischen Auslegungsregeln in der Praxis und Wissenschaft Bahn brechen. Es sei daher ein Zusatz oder eine Verdeutlichung kein Bedürfniß, I Prot 12609 vielmehr genüge die Vermeidung des Ausdrucks „zweifelhaft" | und dergl., welcher letztere Ausdruck eine restriktive Auslegung eher besorgen lasse. zu 5. Es genüge die Hervorhebung, daß das streitige oder ungewisse Rechtsverhältniß „außer Streit" oder „Ungewißheit" gesetzt werde. Der Zusatz: „durch Festsetzung eines bestimmten Rechtsverhältnisses" sei nicht allein überflüssig, sondern auch nicht einmal richtig in Rücksicht auf den Fall, wenn an Stelle des streitigen oder ungewissen Rechtsverhältnisses ein anderes ungewisses Rechtsverhältniß gesetzt werde, ζ. B. wenn bei einem streitigen Schuldverhältnisse der Schuldner eine anderweite Verbindlichkeit unter einer aufschiebenden Bedingung übernehme. Nach der beschlossenen Fassung sei übrigens auch der Fall getroffen, wenn an Stelle des streitigen u.s.w. Rechtsverhältnisses ein ganz anderes gesetzt werde; denn auch in einem solchen Falle sei das alte Rechtsverhältniß durch Beseitigung außer Streit u.s.w. gesetzt. Der Schluß des Antrags N e 1 : „gesetzt werden soll" für: „gesetzt wird" sei endlich insofern zu beanstanden, als er auf die Zukunft hinweise und den Gedanken erwecke, daß nur an das pactum de transigendo gedacht sei. Zu Art. 961 des Entwurfs: DresdE Art 961 „Vergleiche können auch über Privatrechtsansprüche giltig geschlossen werden, welche aus einer Uebertretung des Strafgesetzes entstanden sind." lagen die Anträge vor: Derscheid 1. der Vorschrift als zweiten Absatz hinzuzufügen: „Ein Vergleich zur Ab(Nr 471) wendung des Strafantrags in Fällen, in welchen die Verfolgung nur auf Antrag eintritt (R. Strafgesetzbuch § 61), ist nichtig." 2. den Artikel 961 zu streichen und die durch den Antrag N 2 1 vorgeschlagene Bestimmung dahin zu erweitern, daß im Eingange statt der Worte : „Ein Vergleich" I Prot 12610 | gesetzt wird: „Ein Vertrag" und die erweiterte Vorschrift in den allgemeinen Theil des Gesetzbuchs, etwa nach § 85, oder in den allgemeinen Theil des Obligationenrechts, etwa nach § 32, einzuschalten. Der Entwurf und die Zusatz-Anträge wurden abgelehnt. Der Entwurf enthalte eine selbstverständliche Bestimmung, die nur Werth habe, wenn man in ihr vermöge des argumentum e contrario das Prinzip finde, abgesehen von dem durch die Bestimmung betroffenen Vergleiche sei jeder andere auf eine strafbare Handlung sich beziehende Vergleich (oder richtiger Vertrag) unwirksam. Eine Vorschrift der letzteren Art sei aber wegen ihrer nicht zu übersehenden Tragweite unhaltbar und würde auch wegen ihrer Wichtigkeit deutlich auszusprechen sein, nicht aber der Ermittelung im Wege der Auslegung mittels Anwendung des bedenklichen argumentum e contrario überlassen werden dürfen. Auch die Zusatz-Anträge verdienten keine Billigung. Inwiefern die Verträge, auf welche dieselben sich bezögen, gültig seien, müsse nach den allgemeinen Grundsätzen (Zusammenstellung der Beschlüsse betreffend den Allgemeinen Theil §§ 84, 85 v. Schmitt
540
19. Titel: Vergleich
§779
— Protokolle S. 214 —2167 — und betreffend das Obligationenrecht §§ 32 — 35 — Protokolle S. 558 ff. 8 — ) beurtheilt werden, deren Anwendbarkeit für die fraglichen Fälle ebensowenig, wie für andere verwandte und vielleicht noch weit wichtigere Fälle besonders geregelt zu werden brauche, in welcher letzteren Hinsicht insbesondere der Fall in Betracht komme, wenn der Vertrag das Schweigen über eine strafbare Handlung betreffe, deren strafrechtliche Verfolgung von einem Antrage nicht abhänge. Folgendes sei übrigens nicht unbeachtet zu lassen : Es sei | nicht Aufgabe des bür- | Prot 12611 gerlichen Rechts, Bestimmungen darüber zu treffen, ob und inwiefern oder in welchen Fällen auf den Strafantrag mit Wirkung für die strafrechtliche Verfolgung verzichtet werden könne. Wenn das Strafrecht den Verzicht auf den Strafantrag für wirkungslos und unstatthaft erkläre, so sei die Hinfälligkeit eines Vertrags, wodurch auf den Strafantrag unmittelbar verzichtet werde, nach dem zitirten § 32 nicht zu bezweifeln; sei der Vertrag aber dahin geschlossen oder auszudeuten, daß dem auf den Antrag nicht verzichtenden Antragsberechtigten eine Vergütung für den Fall oder unter der Bedingung zugesichert sei, daß er innerhalb der gesetzlichen Frist thatsächlich den Strafantrag nicht stelle, so würde freilich der zitirte § unanwendbar, dann aber sich fragen, ob nicht der Vertrag wegen des zitirten § 85 ungültig sei. Beschlossen wurde, die Erledigung des Artikel 962 bis nach Berathung des folgenden Artikels auszusetzen. Zu Artikel 963 des Entwurfs : „Ein Vergleich kann wegen Irrthums über das Begründetsein oder über den Um- DresdE Art 963 fang eines Rechtsanspruches nicht angefochten werden, wenn der Umstand, auf welchen sich der Irrthum bezieht, bestritten oder bezweifelt war und darum Gegenstand des Vergleichs geworden ist. Betrifft der Irrthum einen Gegenstand, welcher bei Schließung des Vergleichs als unzweifelhaft vorausgesetzt worden ist, so kann der letztere dieses Irrthums wegen, nach Maßgabe der über den Einfluß des Irrthums auf die Giltigkeit der Verträge geltenden allgemeinen Vorschriften angefochten werden." war beantragt: 1. statt dessen zu bestimmen: Kurlbaum „Sind für Einen der Vertragschließenden die Voraus- | Setzungen vorhanden, (Nr 472) welche für die Rückforderung einer von ihm gemachten Leistung gelten (§§ 262 — I P r o t 12612 273, zu vergi. Protokolle S. 1487— 1592)9, so kann dieser den Vergleich anfechten. Die Anfechtung kann nicht darauf gegründet werden, daß ein bei Abschluß des Vergleichs als streitig oder zweifelhaft angenommener Umstand vorhanden oder nicht vorhanden war." Der Artikel gab zu einer ausführlichen Debatte Anlaß, in welcher noch folgende Anträge gestellt wurden: 2. den Absatz 2 zu fassen: Planck „Ist aber der Vergleich unter der ausdrücklichen oder stillschweigenden Voraus- (Nr 475) Setzung geschlossen, daß ein Umstand, dessen Vorhandensein den Streit oder die Ungewißheit ausgeschlossen haben würde, nicht bestehe oder daß ein Umstand, dessen Nichtvorhandensein den Streit oder die Ungewißheit ausgeschlossen haben ? S. bei SS 134 bzw. 138 BGB. 8 S. bei SS 306-309 BGB. 9 S. bei S 812 BGB. 541
§ 779
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
würde, bestehe, so kann, wenn die Voraussetzung unrichtig ist, die Aufhebung des Vergleichs wegen ungerechtfertigter Bereicherung gefordert werden. Die Vorschriften des § 269 (zu vergi. Protokolle S. 1551 —1554) finden hierbei entsprechende Anwendung." v. Weber 3. zu bestimmen: (Nr 474) „Ein Vergleich kann angefochten werden, wenn eine Thatsache vorhanden ist, deren Nichtvorhandensein, oder eine Thatsache nicht vorhanden ist, deren Vorhandensein die Vertragschließenden als unbestritten angenommen haben, und aus dem Vorhandensein oder Nichtvorhandensein dieser Thatsache sich ergiebt, daß die vergleichsmäßige Leistung des den Vergleich anfechtenden Theils eine ungerechtfertigte Bereicherung des anderen Theils herbeiführen würde. I Prot 12613 Jeder Theil ist im Falle der Anfechtung verpflich-1 tet, dasjenige, was er in Folge des Vergleichs erhalten, dem Anderen herauszugeben. Auf diese Verpflichtung leiden die Vorschriften der §§264, 265, 266 (zu vergi. Protokolle S. 1508-1518, 1530—1532, 1546, 1547) entsprechende Anwendung. Eine Anfechtung des Vergleichs kann nicht darauf gegründet werden pp, (wie der zweite Satz des Antrags N2 1)." Die Berathung gelangte in der heutigen Sitzung nicht zum Abschluß. 244. Sitzung vom 8. 10. 1883, Schriftführer Neubauer I Die Berathung des Abschnitts des Obligationenrechts betreffend „den Vergleich" wurde fortgesetzt, zunächst zu Artikel 963. Den am Schluß des letzten Protokolls mitgetheilten Anträgen war der neue Antrag hinzugetreten : v. Schmitt 4. zu bestimmen: „Hat eine der vergleichschließenden Parteien sich über das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein eines Umstandes geirrt, dessen Vorhandensein oder Nichtvorhandensein den Streit oder die Ungewißheit ausgeschlossen haben würde, so kann diese Partei den Vergleich mit der Wirkung anfechten, daß die Vergleichschließenden unter einander so berechtigt und verpflichtet sind, wie wenn der Vergleich nicht geschlossen worden wäre." Der erste Absatz des Artikels hatte in sachlicher Beziehung von keiner Seite Beanstandung gefunden und wurde unter Vorbehalt der bei der Redaktion festzustellenden Faßung gebilligt. Zum zweiten Absätze des Artikels bestand Einverständniß über die N o t w e n d i g keit einer Bestimmung, welche dem Irrthum in gewissen anderen, als den im ersten Absätze erwähnten und daher ausscheidenden Fällen Erheblichkeit beilege. Einverständniß bestand ferner, daß — zumal im Hinblicke auf die gestellten Anträge — eine doppelte Entscheidung erforderlich sei. I Prot 12616 1. Darüber, wie der Fall zu bestimmen sei, in welchem der Irrthum | als erheblich zu gelten habe, I Prot 12615
2. darüber, wie im Falle der Erheblichkeit des Irrthums die Rechte und Pflichten der Betheiligten zu bestimmen seien. Zu 1. entschied die Mehrheit salva redactione, für die Bestimmung des Antrags Ne 4: „Hat eine der vergleichschließenden Parteien sich über das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein eines Umstandes geirrt, dessen Vorhandensein oder Nichtvorhandensein den Streit oder die Ungewißheit ausgeschlossen haben würde, so pp;" 542
19. Titel: Vergleich
§779
zu 2. erklärte sich die Mehrheit, vorbehaltlich der bei der Redaktion festzustellenden Faßung, für die Bestimmung : „Die betreffende Partei könne verlangen, daß der Vergleich mit den aus dem § 269 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 1551 —1554) sich ergebenden Wirkungen rückgängig gemacht werde." Die Erledigung des nachträglichen Antrags auf Hinzufügung der zusätzlichen Bestimmung: „der § 76 der Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 186 — 189)10 finde entsprechende Anwendung" wurde auf Anregung eines Mitgliedes bis zur nächsten Sitzung vertagt. Die Gründe waren : zu 1. In Ermangelung einer besonderen, das Gegentheil bestimmenden Vorschrift würde nach den bisher gefaßten Beschlüssen der Irrthum auch in allen denjenigen Fällen unerheblich sein, in welchen über das, was bei Abschluß des Vergleichs als unstreitig oder gewiß gegolten habe, geirrt worden. Als ein wesentlicher im Sinne des § 75 der Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 176— 185)11 lasse sich ein solcher Irrthum nicht betrachten; er sei und bleibe nach dem — allerdings Ausnahmen zulassenden — Prinzipe des § 80 a.a.O. (Protokolle S. 209)12 ein unerheblicher Irrthum in den Bewegungsgründen. Ingleichen könne aus den Vorschriften über die Kondiktionen wegen ungerechtfertigter Bereiche- | rung (§ 262 u. ff. der Zusammenstellung der das Obliga- | Prot 12617 tionenrecht betreffenden Beschlüsse — Protokolle S. 1487 u. ff. —) die Erheblichkeit des fraglichen Irrthums nicht hergeleitet werden. Nur der von der condictio ob rem handelnde § 267 a.a.O. (Protokolle S. 1537 — 1542) komme in Betracht, da die condictio indebiti (§262 daselbst, Protokolle S. 1487-1532, 1546, 1547) bloß als ein Unterfall jener Kondiktion sich darstelle und die übrigen Kondiktionen von besonderen Erfordernissen abhingen, die auch in den Fällen des nach dem ersten Absätze des Artikels 963 unerheblichen Irrthums vorliegen könnten und folglich auf sich beruhen müßten. Der erwähnte § 267 gestatte die condictio ob rem in zwei Fällen : 1. wenn unter der ausdrücklich oder stillschweigend erklärten Voraussetzung des Eintritts oder Nichteintritts eines künfitgen Ereignisses geleistet worden und die Voraussetzung sich nicht erfülle ; 2. wenn die Leistung unter der ausdrücklich oder stillschweigend erklärten Voraussetzung eines rechtlichen Erfolgs bewirkt worden und dieser Erfolg nicht erreicht werde. Daß der § 267 nur von einer Leistung rede, würde seiner Anwendbarkeit nicht gerade entgegenstehen; auch der Abschluß eines Vergleichs und noch mehr die Erfüllung desselben dürften als Leistung im Sinne des § 267 betrachtet werden (zu vgl. Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse § 303 — Protokolle S. 1739-1748, 175613 - und § 259 - Protokolle S. 1473-1475 - 1 4 ) · Allein die Anwendbarkeit des § 267 sei aus anderen Gründen ausgeschlossen. Zunächst könne einleuchtend von dem ersten Falle des § 267 keine Rede sein, weil bei
io 'i 12 υ 14
S. S. S. S. S.
bei bei bei bei bei
§ 119 BGB. § 119 BGB. § 119 BGB. §S 780, 781 BGB. § 397 BGB.
543
§779
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
einem Irrthum der betreffenden Art ein künftiges Ereigniß nicht in Frage stehe. Nur der zweite Fall des § 267 könne anwendbar scheinen. Aber auch dieser liege — wenn es sich um den in Rede stehenden Irrthum handele — näher betrachtet — I Prot 12618 nicht vor. Dies sei sogar durch frühere Beschlüsse besonders an-| erkannt. Nachdem der Antrag, den § 267 bei Leistungen aus gegenseitigen Verträgen für nicht anwendbar zu erklären, abgelehnt worden (Protokolle S. 1537, 1538), sei später der Antrag gestellt, auch die Beschränkung aufzugeben, welche der § 267 insofern enthalte, als er für seinen ersten Fall die Voraussetzung eines künftigen Ereignisses erfordere. Dieser Antrag sei jedoch nicht gebilligt. Bei Prüfung der Gründe, worauf seine Zurückweisung beruhe (Protokolle S. 1595 — 1597), trete mit voller Klarheit die Auffassung hervor, auch der zweite Fall des $ 267 liege niemals vor, wenn bei dem Abschluß eines gegenseitigen Vertrages, insbesondere eines Vergleichs, ein Vertragschließender in einem solchen Irrthum sich befunden habe, der nach den Vorschriften des Allgemeinen Theils nicht als ein wesentlicher, sondern nur als ein Irrthum in den Motiven sich darstelle. Bei den damaligen Berathungen sei nun schon erkannt, daß es nothwendig werden könne, für gewisse Fälle — namentlich für den Fall des Vergleichs — besonders das Gegentheil zu bestimmen. Das Bedürfniß hierzu lasse sich auch nicht verkennen; es ergebe sich aus der besonderen Natur des in der fraglichen Beziehung dem Anerkenntnisse (zu vgl. § 303 der Zusammenstellung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse — Protokolle S. 1739 — 1748) verwandten Vergleichs und aus der auf das geltende Recht zu nehmenden Rücksicht. Dem bei jenen Berathungen abgelehnten Antrage würde es entsprechen, den Irrthum in Beziehung auf jeden Umstand für erheblich zu erklären, der bei dem Abschluß des Vergleichs ausdrücklich oder stillschweigend vorausgesetzt sei. So weit zu gehen, sei aber in hohem Maße bedenklich, weil damit im weitesten Umfange der Grundsatz, nach welchem der Irrthum in den Beweggründen unerheblich sei, verlassen werden würde. Es sei eine Beschränkung unerläßlich, und zwar die, daß der fragliche Umstand ein solcher sein müsse, welcher, wenn nicht geirrt — d. h. wenn der Umstand bekannt gewesen — wäre, den Streit oder die Ungewißheit ausI Prot 12619 geschlossen haben würde. | Diese Beschränkung stehe im Einklänge mit den die Ausnahme von einem allgemeinen Prinzipe rechtfertigenden Eigenthümlichkeiten des Vergleichs, erhalte die Harmonie mit jenem Prinzipe und widerstrebe weder dem geltenden Rechte, noch demjenigen, was das praktische Bedürfniß erfordere. Sie liege auch allen Anträgen zum Grunde, habe aber in den Anträgen N 2 2 und 4 — und namentlich in dem letzteren — den deutlichsten Ausdruck gefunden. Werde auf die erwähnten früheren Berathungen zurückgegangen, so erscheine es offenbar angemessen, mit dem Antrage N- 2 zu bestimmen, der betreffende Umstand müsse nicht allein vorausgesetzt, sondern die Voraussetzung auch ausdrücklich oder stillschweigend erklärt sein, wofür überdies der vorerwähnte § 303 sich anführen lasse. Eine solche Bestimmung, — so zweckmäßig sie auch aus systematischen Gründen und in Rücksicht auf die juristische Konstruktion erscheinen möge, — werde jedoch aus praktischen Gründen bedenklich. Rede das Gesetz von „erklärter" Voraussetzung, so werde bei strenger Auslegung seine Anwendung in vielen Fällen unterbleiben, in welchen es Platz zu greifen habe (zu vgl. Protokolle S. 1541, 1542). Es sei sogar zu besorgen, daß das Gesetz in der Praxis nur selten Anwendung finden werde. Zur Beseitigung dieser Gefahr sei es nöthig, mit dem Antrage N 2 4 und in Uebereinstimmung mit den meisten neueren Kodifikationen nur vom Irrthum zu reden. Die praktischen Vortheile, welche an eine solche Normirung sich knüpften, wögen schwerer, als der Gewinn, der in systematischer und theoretischer Beziehung von der engeren Anschließung an den § 267 a.a.O. zu erwarten wäre. 544
19. Titel: Vergleich
§779
Zu 2. Es sei unzulässig, dem erheblichen Irrthume die Wirkung des wesentlichen Irrthums im Sinne des § 75 der Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 176—185) beizulegen oder der Partei, welche sich geirrt habe, das Recht der Anfechtung zuzugestehen. Die Folge der einen | Be- | Prot 12620 Stimmung sowohl wie der anderen würde sein, daß der Vergleich (nach der zweiten allerdings erst, wenn angefochten werde) mit Wirkung gegen Dritte zerfalle (Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse §§ 100—104, Protokolle S. 263 — 268, 275) 1 5 . Dies vertrage sich aber nicht mit dem Prinzipe, welches den Vorschriften über die Kondiktionen zum Grunde liege und nach welchem insbesondere auch die condictio indebiti nur einen persönlichen Anspruch begründe. Es sei allerdings zulässig, in Gemäßheit des Vorbehalts des § 104 a.a.O. (Protokolle S. 267, 268, 275), den Vergleich zwar für anfechtbar zu erklären, der Anfechtung jedoch die dingliche Wirkung zu entziehen. Eine solche Regelung führe aber einestheils im Wesentlichen zu dem erwähnten, den Kondiktionen zum Grunde liegenden Prinzipe, sei anderntheils sodann deshalb bedenklich, weil das Anfechtungsrecht sich nicht als ein der Verjährung unterliegender Anspruch betrachten lasse. Es biete sich der Ausweg, nach Vorbild des § 83 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 738, 779 —781) 1 6 der betreffenden Partei das Recht einzuräumen, zu verlangen, daß der Vertrag rückgängig gemacht werde und in vollem Einklänge mit dem Gedanken, auf welchem das Gesetz beruhe und nicht wieder in wesentlicher Uebereinstimmung mit den Anträgen Ν 2 1, 2 und 3 auf den desfallsigen Anspruch den § 269 a.a.O. für anwendbar zu erklären. Besondere Bestimmungen über die Art und Weise, wie der Anspruch erlösche (zu vgl. Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse § 87 Protokolle S. 755 — 758, 789) 1 7 seien kein Bedürfniß. Auch brauche nicht hervorgehoben zu werden, daß für die Partei, gegen welche angefochten werde, auch wenn sie den wahren Sachverhalt gekannt habe, die condictio ob causam finitam (§ 270 a.a.O., Protokolle S. 1575 — 1581, 1592) begründet sein könne. Sachlich beschlossen ist sonach zum Artikel 963 : „ H a t ein Vertragschließender einen Umstand nicht gekannt, | welcher den Streit | Prot 12621 oder die Ungewißheit (deren Erledigung der Vergleich bezweckte) ausgeschlossen haben würde, so kann er verlangen, daß der Vergleich rückgängig gemacht werde; auf diesen Anspruch finden die Bestimmungen des § 269 entsprechende Anwendung. Der im ersten Absätze bestimmte Anspruch ist jedoch ausgeschlossen, wenn ein Vertragschließender sich in Ansehung desjenigen (des Umstandes) geirrt hat, welches (welcher) der Gegenstand des Streits oder der Ungewißheit war." Bei der Redaktion soll insbesondere geprüft werden, ob der erste Absatz dem zweiten voranzustellen sei. Die Berathung wandte sich zum Artikel 962 des Entwurfs : „Ueber einen Rechtsstreit, welcher durch ein rechtskräftiges Urtheil entschieden DresdE Art 962 ist, kann ein Vergleich giltig nicht abgeschlossen werden. Besteht ein Streit über das Dasein eines rechtskräftigen Unheils oder wird dessen rechtliche Wirkung durch ein außerordentliches Rechtsmittel in Zweifel gezogen, so ist zur Beseitigung dieses Streites und Zweifels ein Vergleich zulässig." is S. bei S 141 BGB. 16 S. vor §§462-480 BGB. 17 S. vor §§462-480 BGB. 545
§779
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Hierzu war beantragt: statt dessen zu bestimmen: „Ist der Vergleich geschlossen, nachdem das Schuldverhältniß durch rechtskräftiges Urtheil festgestellt worden, so kann jeder der Vertragschließenden den Vergleich anfechten, es sei denn, daß er auf die Wirkung des Urtheils verzichtet hat, oder daß der Vergleich einen Streit oder Zweifel über das Dasein oder die Unanfechtbarkeit des Urtheils erledigen sollte." Beschlossen wurde die Streichung des Artikels ohne Ersetzung durch eine anderweite Bestimmung. Man war der Ansicht: I Prot I 2622 Würde über ein durch rechtskräftige Entscheidung erledigtes | Rechtsverhältniß von den Betheiligten in Unkenntniß dieser Erledigung ein Vergleich geschlossen, so fänden die Bestimmungen des Artikels 963 beziehungsweise die zu diesem zuvor beschlossenen Vorschriften Anwendung. Es fehle an zwingenden Gründen, (mit dem ersten Absätze des Entwurfs) in einem solchen Falle den Vergleich für nichtig zu erlären. In dieser Beziehung könne das von einigen modernen Kodifikationen zum Vorbild genommene römische Recht um so weniger zur Richtschnur dienen, als dessen einschlagende Bestimmungen eine verschiedene Auslegung gefunden hätten und nichts weniger als zweifelsfrei seien. Werde der erste Absatz des Artikels unterdrückt, so sei auch der zweite Absatz wegen Selbstverständlichkeit nicht mehr zu halten. Der Entwurf enthält, wie bei dieser Gelegenheit zur Sprache kam, keine Bestimmungen, welche den Vergleich über den Anspruch auf Alimente so wie den Vergleich über Erbschaften aus letztwilli'gen Verfügungen vor Publikation derselben beschränken oder für unzulässig erklären. Obschon solche Bestimmungen im geltenden Rechte großer Gebiete sich finden, wurde gleichwohl der Standpunkt des Entwurfs gebilligt. Man vermochte sich von der Angemessenheit einer Beschränkung des Vergleichs über den Anspruch auf Alimente nicht zu überzeugen, jedoch unbeschadet der bei der Berathung des Familienrechts zu treffenden Entscheidung, inwiefern über den auf Gesetz beruhenden Unterhaltungsanspruch ein Vergleich wirksam geschlossen werden könne (zu vgl. Familienrechtsentwurf §§ 306 und 393 und Motive zu denselben S. 1331, 1332, 1733). — Ebensowenig hielt man für gerechtfertigt, den erbschaftlichen Vergleich vor Eröffnung des letzten Willens des Erblassers zu untersagen und damit die Privatautonomie ohne einen wesentlichen Gewinn durch eine positive Satzung zu beschränken. I Prot 12623 Endlich erkannte man kein Bedürfniß an, besondere Be- | Stimmungen über die Unzulässigkeit solcher Vergleiche aufzunehmen, welche Rechtsverhältnisse zu ordnen bezwecken, die der Verfügungsgewalt der Betheiligten entzogen sind, ferner die Wirkungen des Vergleichs gegenüber dritten Personen durch besondere Vorschriften zu regeln. In beiderlei Hinsicht erachtete man die allgemeinen Grundsätze für genügend, ohne jedoch der späteren Beschlußfassung vorgreifen zu wollen, ob nicht im Erbrecht oder Familienrecht die eine oder andere besondere Vorschrift aufzunehmen sein werde. Kurlbaum (Nr 472)
DresdE Art 964
Der Artikel 964 des Entwurfs lautet: „Haben die Vertragschließenden sich über ihre gegenseitigen Ansprüche im Allgemeinen verglichen, so erstreckt sich der Vergleich nicht auf Ansprüche, welche den Vertragschließenden erst nach Schließung des Vergleichs bekannt geworden sind." Es wurde eine Streichung des Artikels beschlossen. 546
19. Titel: Vergleich
§779
Man fand in dem Artikel nur eine Auslegungsregel für Zweifelsfälle, glaubte aber, daß diese Auslegungsregel nicht allein entbehrlich, sondern auch insofern nicht unbedenklich sei, als nicht selten bei den fraglichen Verträgen (wie die Erfahrung lehre,) der Parteiwille gerade dahin gehe, auch die nicht bekannt gewordenen Ansprüche in den Vergleich einzubeziehen, die Auslegungsregel des Entwurfs folglich leicht zu unrichtigen Entscheidungen verleiten könne. Der Artikel 965 des Entwurfs bestimmt: „Jeder Vertragschließende hat dem Anderen in Ansehung der Gegenstände, wel- DresdE Art 965 che er demselben zum Zwecke des Vergleichs übertragen oder überlassen hat, nach Maßgabe der für entgeltliche Veräußerungsverträge geltenden Vorschriften Gewähr zu leisten. Hat dagegen ein Vertragschließender nur seinen bestrittenen oder in Zweifel gezogenen Anspruch auf den Gegenstand des Vergleichs zum Vortheil des Anderen aufgegeben, so liegt ihm eine solche Gewährleistungspflicht nicht ob." I Es wurde die Streichung des Artikels, weil er selbstverständlich sei, beschlossen. | Prot I 2624 Man überzeugte sich nämlich, daß der erste Satz des Artikels sichtbar wegen der §§ 69 und 80 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 672 —676 und 726 —728) entbehrlich sei, aber auch den zweiten Satz hielt man für überflüssig, indem man annahm, die Gewährleistungspflicht lasse sich aus dem zitirten § 69 nicht herleiten und sei daher, in Ermangelung einer anderen sie rechtfertigenden Bestimmung überhaupt zu verneinen. In Artikel 966 des Entwurfs ist bestimmt: „Die zur Sicherheit eines Anspruchs, über welchen ein Vergleich geschlossen DresdE Art 966 wurde, bestellten Bürgen oder Pfänder haften auch nach der Schließung des Vergleichs für diesen Anspruch, sofern er nicht aufgehoben wurde, fort. Die Verpflichtung des Bürgen, des dritten Verpfänders, sowie des dritten Besitzers des Pfandes kann durch den Vergleich gemindert, nicht aber, ohne deren Einwilligung, vergrößert oder erschwert werden." Es wurde die Streichung des Artikels beschlossen. Auch die Bestimmungen dieses Artikels hielt man für selbstverständlich und ihre Aufnahme für um so entbehrlicher, als das Institut der Novation übergangen sei. Der Artikel 967 des Entwurfs schreibt vor: „Macht ein Vertragschließender nach Schließung des Vergleichs einen durch DresdE Art 967 diesen beseitigten Anspruch, ohngeachtet des Vergleichs gerichtlich geltend, so steht dem anderen Vertragschließenden frei, diesen Anspruch durch Berufung auf den Vergleich zurückzuweisen oder auch seinerseits vom Vergleiche zurückzutreten. Im letzteren Falle gilt der Vergleich als durch entgegenstehende Uebereinkunft aufgehoben und es findet die Vorschrift des Artikels 384 Anwendung." Es wurde die Streichung des Artikels beschlossen. I Man war der Ansicht, die Bestimmungen des Entwurfs seien mit den allgemei- | Prot I 2625 nen Grundsätzen nicht vereinbar, die Abweichungen von den letzteren durch ein praktisches Bedürfniß nicht geboten, der Artikel selbst daher nicht zu billigen. Der Artikel 968 des Entwurfs lautet: „Wird von einem Gesammtgläubiger mit dem Schuldner oder von einem Ge- DresdE An 968 sammtschuldner mit dem Gläubiger ein Vergleich geschlossen, so findet, soweit darin eine Zahlung liegt, die Vorschrift des Artikels 343, und soweit der Vergleich einen Erlaß enthält, die Vorschrift des Artikels 383 Anwendung." Es wurde die Streichung des Artikels beschlossen, weil seine Bestimmungen sich durch die §§ 22 und 259 der Zusammenstellung der sich auf das Obligationenrecht 547
§779
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
beziehenden Beschlüsse (Protokolle S. 508, 509, 511 — 514, zu vgl. S. 516, 517 und S. 1473 - 1 4 7 5 , 1758 -1761) 1 8 erledigen. Es lag endlich der Antrag vor: dem Abschnitte über den Vergleich einen Paragraphen hinzuzufügen: „Ein Vertrag, durch welchen das Bestehen oder Nichtbestehen eines Anspruchs von Ableistung eines außergerichtlichen Eides abhängig gemacht wird, ist nichtig." Eventuell ward beantragt, eine solche Bestimmung in den allgemeinen Theil des Gesetzbuchs aufzunehmen. (zu vgl. § 1427 des sächs. bürg. Gesetzbuchs.) Der Vorschlag wurde durch Mehrheitsbeschluß abgelehnt. Die Mehrheit glaubte: Der Vorschlag beziehe sich auf einen Fall, der sicher zu den seltenen gehöre; den Vertrag, welchen er im Auge habe, für nichtig zu erklären, habe daher kein praktisches Interesse. Wolle man im Interesse der Heiligkeit des Eides den Verträgen steuern, welche die Leistung eines Eides zum Gegenstande hätten, so würde weiter zu gehen und das Verbot aller Verträge dieser Art, (einschließlich derjeniI Prot I 2626 gen, welche die Leistung eines promissorischen | Eides betreffen,) vorbehaltlich gewisser Ausnahmen auszusprechen sein, ein solches Verbot aber kaum in das bürgerliche Gesetzbuch gehöre. 245. Sitzung vom 10. 10. 1883, Schriftführer Neubauer I Prot 12627
| Es wurde zunächst die Berathung des Abschnitts des Obligationenrechts betreffend „den Vergleich" fortgesetzt. Beantragt wurde, dem ersten Absätze des in der vorigen Sitzung zum Artikel 963 gefaßten Beschlusses im Eingange vor: „einen Umstand" hinzuzufügen: „zu seinem Nachtheil". Der Zweck des Antrags war, die Anwendung der Bestimmung für den Fall auszuschließen, wenn der die Aufhebung des Vergleichs verlangende Theil durch den letzteren nur Vortheile erreicht habe. Als Beispiel wurde angeführt: der Vergleich sei in der irrtbümlichen Voraussetzung eines jenem Theile zustehenden Hauptrechts über einen Ausfluß des letzteren, — etwa über den streitigen Zinsenrückstand einer irrthümlich unterstellten Kapitalforderung —, in der Art geschlossen, daß dem Gläubiger eine Sache zu einem billigen Preise verkauft sei, welche Sache später durch Zufall untergehe, in welchem Falle der Erwerber der Sache doch nicht befugt sein dürfe, die Rückgängigmachung des Vergleichs zu fordern und folgerecht die Erstattung des Kaufgelds für die untergegangene Sache zu verlangen. Die Mehrheit erklärte sich gegen die Aufnahme des vorgeschlagenen Zusatzes. Sie war der Ansicht: Der Zusatz würde das Gesetz verdunkeln; man werde nämlich den eigenthümlichen Fall, auf welchen er sich beziehe, nicht erkennen, zuI Prot I 2628 mal er für die zahlreichen Vergleiche gar nicht passe, welche die Par- | teien ein unter ihnen streitiges Recht, ζ. B. über ein Erbschaftsrecht geschlossen hätten, von dem sich später ergebe, daß ein Dritter der Berechtigte sei. Um so sicherer werde der Zusatz eine ganz verschiedene Auslegung erfahren und nicht unwahrscheinlich vielfach auf den nächsten Inhalt des Vergleichs bezogen, dann aber für unverständlich erachtet werden, weil nicht davon ausgegangen werden könne, daß eine Partei die Aufhebung des nur ihr zum Vortheil gereichenden Vertrags zu fordern sich veranlaßt finde. Um jeder Mißdeutung vorzubeugen, werde eine sehr umständliche und kasuistische Bestimmung nöthig werden, deren Aufnahme ohne die dringendsten Gründe sich nicht rechtfertigen lasse. Solche Gründe könnten als vorhanden 18 S. bei SS 421 - 432 BGB bzw. bei § 397 BGB. 548
19. Titel: Vergleich
§779
nicht anerkannt werden. Der vorgeschlagene Zusatz sei vielmehr, soweit er als richtig gelten könne, wegen Selbstverständlichkeit entbehrlich. Denn, wenn das Gesetz einem Vertragschließenden das Recht beilege, die Aufhebung des Vertrags nach Maßgabe der Grundsätze über die condictio ob rem wegen ungerechtfertigter Bereicherung zu fordern, so sei das Verständniß ausgeschlossen, dieser Anspruch solle der Partei auch dann zustehen, wenn sie durch den Vertrag nur Vortheile erlangt habe, also sie und nicht der andere Theil durch den Vertrag bereichert worden sei, gleichviel ob später die durch den Vertrag einmal erlangten Vortheile in Folge eines Zufalls wieder verloren gegangen seien. Weiter war beantragt, den im Eingang erwähnten Beschluß durch den Zusatz zu ergänzen: Daß das Recht, die Aufhebung des Vergleichs wegen Irrthums zu fordern, nur dann stattfindet, wenn der andere Theil die (irrthiimliche) Voraussetzung, von welcher der Irrende ausgegangen, gekannt hat, eventuell das Recht, die Aufhebung des Vergleichs zu fordern, | wenigstens dann von der | Prot I 2629 im ersten Absätze bezeichneten Bedingung abhängig zu machen, wenn dem Irrenden in Betreff seines Irrthums eine grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Die Mehrheit billigte den ersteren Vorschlag. Der Redaktion blieb die Prüfung vorbehalten, nicht allein, wie die zusätzliche Bestimmung zu fassen, sondern auch, ob die letztere nicht schon zur Genüge aus dem Inhalte des erwähnten Beschlusses sich ergebe, also eines besonderen Ausdrucks nicht bedürfe. Erwogen war: Soweit der fragliche Beschluß das Recht verleihe, die Aufhebung des Vergleichs zu fordern, beruhe er auf einer Anwendung des der condictio ob rem (§ 267 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse) zum Grunde liegenden Prinzips. Hieraus folge mit Nothwendigkeit, daß jenes Recht von einem doppelten Erfordernisse abhängig sei; derjenige, welcher das Recht geltend mache, müsse das Gegentheil des in dem Beschlüsse bezeichneten Umstandes vorausgesetzt, sodann aber der andere Theil die Voraussetzung gekannt haben. Aus praktischen Gründen sei nur davon abgesehen, nebst dem noch die besondere Erklärung der Voraussetzung für nothwendig zu erklären (vgl. S. 2619). Der Inhalt des Beschlusses lasse auch das Vorstehende schon erkennen. Der zweite Absatz, dessen Umstellung vorbehalten worden, enthalte das Prinzip der Unerheblichkeit eines Irrthums in Ansehung desjenigen oder derjenigen Umstände, welche der Gegenstand des Streits oder der Ungewißheit waren. Der erste Absatz bestimme eine Ausnahme von diesem Prinzipe für den Fall, wenn ein Vertragschließender einen Umstand nicht kannte, welcher (nicht dessen Kenntniß) den Streit oder die Ungewißheit, deren Erledigung durch den Vergleich bezweckt worden, ausgeschlossen haben würde. Die objektive Fassung des letzteren Theils des Beschlusses, verbunden mit dem Gegensatze der beiden Absätze, wiesen | darauf hin, daß (wie in verschie- | Prot 12630 denen anderen Kodifikationen besonders betont worden) beide Theile in der fraglichen Voraussetzung kontrahiert haben müßten, wenn auch vielleicht ein Theil die Unrichtigkeit der Voraussetzung gekannt habe, woraus nach dem Beschlüsse nur folge, daß diesem Theile das Recht, die Aufhebung des Vertrages zu fordern, nicht zustehe. Indessen werde bei der Redaktion zu prüfen bleiben, ob und eventuell wie in der betreffenden Beziehung der Beschluß zu verdeutlichen sei. Der nach dem Protokoll der vorigen Sitzung (S. 2616) der nachträglichen Erledigung vorbehaltene Antrag, den auf die Erheblichkeit des Irrthums sich beziehenden Theil des vorerwähnten Beschlusses durch den Zusatz zu vervollständigen, der 549
§779
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
§ 76 der Zusammenstellung der sich auf den Allgemeinen Theil beziehenden Beschlüsse sei anwendbar, wurde abgelehnt. Die Mehrheit war der Ansicht: Der § 76 stehe im engsten Zusammenhange mit dem, im Interesse der Sicherheit des Verkehrs nur mit gewissen Beschränkungen gebilligten sogenannten Willensdogma. Er passe in keiner Weise zu dem Prinzipe, auf welchem der in Rede stehende Theil des gedachten Beschlusses beruhe. Dieses Prinzipe sei dasjenige, welches den Vorschriften über die Schuldverhältnisse aus ungerechtfertigter Bereicherung, insbesondere denjenigen über die condictio ob rem beziehungsweise indebiti, zum Grunde liege. N a c h den letzteren Bestimmungen werde der Bereicherungsanspruch gewährt, ohne Unterschied, ob der Irrthum des Berechtigten ein entschuldbarer gewesen oder nicht (zu vergi. Protokolle S. 1492). Betreffend die nach Seite 2605 vorbehaltene Entscheidung über die Fassung der zum Artikel 960 beschlossenen Vorschrift, so verständigte man sich dahin, daß die Entscheidung bei der Redaktion zu treffen sei. II. In der RedVorl und der ZustOR lauten die beschlossenen Vorschriften : RedVorl/ Als Vergleich gilt der gegenseitige Vertrag, durch welchen ein unter den VerZustOR § 471 tragschließenden streitiges oder ungewisses Rechtsverhältniß außer Streit oder Ungewißheit gesetzt wird. RedVorl/ Die Rechtsverbindlichkeit eines Vergleichs wird dadurch nicht beeinträchtigt, ZustOR § 472 daß ein Vertragschließender in Ansehung eines Umstandes geirrt hat, welcher der Gegenstand des Streits oder der Ungewißheit war. Ist jedoch bei dem Abschlüsse des Vertrags von den Vertragschließenden ausdrücklich oder stillschweigend das Nichtvorhandensein eines Umstandes vorausgesetzt, welcher den Streit oder die Ungewißheit ausgeschlossen haben würde, so kann der Vertragschließende, welcher von einem solchen Umstände erst nach Abschluß des Vergleichs Kenntniß erlangt hat, verlangen, daß der Vergleich rückgängig gemacht werde. Auf diesen Anspruch finden die Bestimmungen des § 269 entsprechende Anwendung. 1 9 In der RedVorl ist hinzugesetzt: Oder f ü r die $$ 1 (471) und 2 (472): Die Rechtsverbindlichkeit eines gegenseitigen Vertrags, durch welchen ein unter den Vertragschließenden streitiges oder ungewisses Rechtsverhältniß außer Streit oder Ungewißheit gesetzt ist (Vergleich) wird (wie § 2). Bei Beratung der Anträge, welche gestellt waren in Betreff der Drucklegung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse, wurde auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 IV) in § 472 statt „Rechtsverbindlichkeit" gesetzt: „Gültigkeit" (Prot. I 3555, 3560). 19
Zu § 472 RedVorl ist angemerkt: 1. Im Eingang wird „Rechtsverbindlichkeit" angemessen sein; denn Gültigkeit, Anfechtbarkeit u.s.w. passen nicht recht, weil im 2ten Absätze von „verlangen, daß der Vertrag rückgängig gemacht werde", zu reden ist. Der Gegensatz würde nöthig machen, auch im ersten Absatz in der letzteren Art sich auszudrücken. In dieser Weise den § zu beginnen, bleibt mißlich. Die Absätze umzustellen, wodurch die Schwierigkeit leicht zu heben wäre, ist auch bedenklich, weil der erste Absatz das Prinzip, der 2te die Ausnahme enthält. 2. Die Fassung des zweiten Absatzes stellt außer Zweifel, daß beide Theile vorausgesetzt haben müssen oder was dasselbe ist, daß ein Theil vorausgesetzt und der andere Theil dies gewußt hat; es liegt in dem Wort „stillschweigend", welches also nicht beseitigt werden darf.
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19. Titel: Vergleich
§779
III. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Änderung entsprechen den §§471, 472 ZustOR im KE die §§660, 661, wobei es in §661 Abs. 1 „Streites" (statt: Streits) und in Abs. 2 „Vergleiches" (statt: Vergleichs) heißt; die zitierte Vorschrift ist im KE § 738. Bei der 2. Beratung des KE wurde auf Antrag von v. Schmitt (Nr. 611)20 in § 661 Abs. 2 — wie in einer Reihe weiterer Vorschriften des KE — das Wort „Abschluß" durch „Schließung" ersetzt (Prot. 11791 - 11793). IV. Im E I lauten die §§ 666, 667: Als Vergleich gilt der gegenseitige Vertrag, durch welchen ein unter den Ver- EI § 666 tragschließenden streitiges oder ungewisses Rechtsverhältniß außer Streit oder Ungewißheit gesetzt wird. Die Gültigkeit eines Vergleiches wird dadurch nicht beeinträchtigt, daß ein Ver- EI § 667 tragschließender in Ansehung eines Umstandes geirrt hat, welcher Gegenstand des Streites oder der Ungewißheit war. Ist jedoch bei der Schließung des Vertrages von den Vertragschließenden ausdrücklich oder stillschweigend das Nichtvorhandensein eines Umstandes vorausgesetzt, welcher den Streit oder die Ungewißheit ausgeschlossen haben würde, so kann der Vertragschließende, welcher von einem solchen Umstände erst nach Schließung des Vergleichs Kenntniß erlangt hat, verlangen, daß der Vergleich rückgängig gemacht werde. Auf diesen Anspruch finden die Vorschriften des § 744 entsprechende Anwendung. B. Vorkommission des Reichsjustizamtes Struckmann I. Beantragt war: (Nr 7, 1) Den § 666 zu fassen : Durch den Vergleich wird ein unter den Parteien bestehendes streitiges oder ungewisses Rechtsverhältniß im Wege gegenseitigen Nachgebens festgestellt. Als ungewiß ist ein Rechtsverhältniß auch dann anzusehen, wenn die thatsächliche Erfüllung eines Anspruchs unsicher ist. Struckmann Den § 667 durch folgende Vorschrift zu ersetzen : Die Gültigkeit eines Vergleichs wird dadurch nicht beeinträchtigt, daß eine Par- (Nr 7, 2) tei sich über einen Umstand geirrt hat, welcher bei Schließung des Vergleichs als ungewiß angenommen wurde. Bezieht dagegen der Irrthum sich auf einen Umstand, welcher als gewiß und als Grundlage des Vergleichs angenommen wurde, so kann die Partei, welche im Irrthum war, den Vergleich anfechten. Die Anfechtung muß unverzüglich erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von seinem Irrthum Kenntniß erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig, wenn die Erklärung unverzüglich abgesandt ist.
II. 80. Sitzung vom 5. 9. 1892 IIV. Man wandte sich zur Berathung des von der Gesammtkommission vorbe- |Prot-RJA 510 haltenen sechszehnten Titels vom Vergleich. Zu § 666 beschloß man vorläufig, eine Definition des Begriffs „Vergleich" aufzunehmen. Die Erörterung über die aufzunehmende Begriffsbestimmung gelangte nicht zum Abschluß.
20 S. den Antrag vollständig bei §§ 116 ff. BGB.
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§779
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
81. Sitzung vom 6. September 1832 I Prot-RJA 511
11. Die Kommission setzte die Berathung des § 666 des Entw. fort. Bei der Diskussion ergab sich eine Verschiedenheit der Auffassung über das Wesen des Vergleichs. Von einer Seite wurde die Auffassung vertreten, daß der Vergleich ein entgeltlicher Feststellungsvertrag sei, daß nach dem Wesen des Vergleichs, welcher die Beseitigung eines Streites oder einer Ungewißheit bewirke, die entgeltliche Feststellung den unmittelbaren Inhalt bilde, die causa des Vergleichs, der Vergleichszweck aber die Beseitigung des Streites oder der Ungewißheit sei. Ein Vertrag, durch welchen die Parteien sich zum Zwecke der Feststellung zu einem gegenseitigen Nachgeben nur verpflichten, sei noch kein Vergleich, sondern ein Vorvertrag über einen erst zu schließenden Vergleich. Der Vergleich sei dem Urtheile analog und müsse wie dieses unmittelbar die Feststellung herbeiführen. Einen obligatorischen Charakter habe der Vergleich nur insoweit, als der eine oder andere Theil als Gegenleistung für die Feststellung oder neben dieser sich zu einer Leistung verpflichte. Von anderer Seite wurde dagegen die Ansicht vertheidigt, daß der Vergleich einen obligatorischen Charakter habe wie der Kauf und die Feststellung21 Ausführung des Vergleichs sei, wenngleich, wie bei einem Realkauf eine obligatorische Verpflichtung zur Feststellung nicht nothwendig vorausgegangen zu sein brauche. Man überzeugte sich, daß es richtiger sei, die Frage, ob eine Definition des Vergleichs in das Gesetzbuch aufgenommen werden solle, erst dann zu entscheiden, wenn die Frage I Prot-RJA 512 erörtert worden sei, ob nach | Maßgabe des § 667 besondere Vorschriften über die Anfechtung des Vergleichs wegen Irrthums Aufnahme finden sollten, da im Falle der Verneinung dieser Frage, das Bedürfniß, eine Definition in das Gesetzbuch aufzunehmen, sich bezweifeln lasse. I Prot-RJA 512
S 667 | II. Die Berathung des S 667 führte zur ersatzlosen Streichung dieser Vorschrift. Einverstanden war man darüber, daß, wenn der Irrthum nach dem Inhalte des Vergleichs sich auf einen außerhalb des Streites liegenden, von beiden Theilen als Grundlage des Vergleichs angenommenen Umstand beziehe, der Vergleich ungültig sei, da in einem solchen Falle der Vertrag dahin auszulegen sei, daß die Kraft des Vergleichs von der angenommenen Voraussetzung abhängig sein solle. Insbesondere sei dies dann der Fall, wenn durch den Vergleich nur ein einzelner, von den Parteien allein ins Auge gefaßter Streitpunkt erledigt werden sollte, später aber die vorausgesetzte Grundlage sich als hinfällig erweisen und in Folge dessen der Vergleichszweck nicht erreicht werde, ζ. B. wenn nach einem Vergleiche zwischen dem Testamentserben und dem Intestaterben über die Anfechtbarkeit des Testaments dieses später sich als gefälscht herausstelle, während die Parteien von der Echtheit desselben ausgegangen seien. Da der Vergleich in diesem Falle sich auf die Frage der Echtheit des Testaments garnicht habe erstrecken sollen, so stehe dem Vergleiche die Geltendmachung, daß das Testament gefälscht sei, nicht entgegen. Selbstverständlich entspreche es aber in einem solchen Falle auch den Intentionen der Parteien, daß eine etwa von dem Testamentserben an den Intestaterben möglicherweise gegebene Abfindung zurückgewährt werden müsse, daß der Zweck des Vergleichs in diesem Falle nicht erreicht sei. Für alle Fälle dieser Art bedürfe es einer besonderen Vorschrift nicht, da die allgemeinen Grundsätze zu einem sachgemäßen Resultate führten.
21
Im Original steht hinter „Feststellung" ein Komma.
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19. Titel: Vergleich
§779
Dagegen gingen die Meinungen darüber auseinander, | ob es einer besonderen | Prot-RJA 513 Vorschrift für den Fall bedürfe, wenn eine Partei sich im Irrthum über einen Punkt befunden habe, der nur von ihr, nicht auch von der anderen Partei als Grundlage des Vergleichs angenommen sei. Von einer Seite wurde befürwortet, in einem solchen Falle dem Irrenden das Recht zu geben, den Vergleich wegen Irrthums anzufechten. Die Billigkeit erheische es, dem Irrenden in einem solchen Falle zu Hülfe zu kommen. Dem Irrenden nur das Rechtsmittel der Kondiktion zu geben, sei ein künstlicher Umweg. Die meisten anderen Kodifikationen, insbesondere das Preuß. A.L.R., das Sachs. B.G.B., der Dresd. Entw. sowie der Bayer. Entw. gewährten ebenfalls in Fällen dieser Art das Recht der Anfechtung wegen wesentlichen Irrthums. Allerdings handele es sich hier um einen sog. Irrthum im Beweggrunde; demselben müßte jedoch unter den vorliegenden Umständen eine beachtliche Bedeutung beigelegt werden. Dies könne um so eher geschehen, als die Hauptkommission den § 102 des Allg. Th. gestrichen habe. Die Mehrheit der Kommission konnte sich indessen nicht davon überzeugen, daß ein Bedürfniß vorhanden sei, in den hier in Rede stehenden Fällen der im Irrthum befindlichen Partei ein Anfechtungsrecht oder eine Kondiktion auf Rückgängigmachung des Vergleichs zu geben. Habe die andere Partei den Irrthum gekannt, so werde regelmäßig eine Anfechtung wegen Betruges zulässig sein. Soweit es unter den Parteien an der Uebereinstimmung über die durch den Vergleich zu erledigenden Punkte gefehlt haben sollte, sei aus diesem Grunde der Vergleich nichtig. Darüber hinaus dem Irrthum gerade bei dem Vergleiche eine besondere Wirkung beizulegen, während bei anderen Verträgen einem solchen Irrthum vom Entw. keine Bedeutung beigelegt werde, erscheine um so weniger angemessen, als eine Anfechtung oder Rückgängigmachung von Vergleichen keine Begünstigung verdiene. Der Zweck des Vergleichs, den Streit zu beendigen, würde durch | eine so weitgehende | Prot-RJA 514 Zulassung der Anfechtung in hohem Maße gefährdet werden. Zufolge der Steichung des § 667 beschloß die Kommission auch den § 666 zu streichen. Es wurde zwar darauf hingewiesen, daß es trotz Fortfalls des § 667 nicht überflüssig sei, das Wesen des Vergleichs im Gesetze zu bestimmen, da der Entwurf an verschiedenen Stellen besondere, den Vergleich betreffende Vorschriften gebe und in Ermangelung einer gesetzlichen Definition namentlich darüber Zweifel entstehen könnten, ob als Gegenstand des Vergleichs nicht nur ein streitiges Rechtsverhältniß, 22 sondern auch — was im geltenden Recht bestritten sei — ein ungewisser, insbesondere ein in seiner thatsächlichen Verwirklichung unsicherer Anspruch sein könne. Man glaubte jedoch, daß diese weitere Bedeutung des Vergleichs nicht verkannt werden würde, da sie der Uebung des Lebens entspreche, und daß man unbedenklich es der Auslegung überlassen könne, was das Gesetz in den Fällen, in welchen es von einem Vergleiche rede, darunter verstanden habe. C. 2. Kommission I. Zu den SS 666, 667 war beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 519; Mugdan, Bd. 2, S. 1013 f.) : 1. die Bestimmungen zu fassen :
Struckmann (Nr 225, 3 u. 4)
§ 666. Durch den Vergleich wird ein unter den Parteien bestehendes, streitiges oder ungewisses Rechtsverhältniß im Wege gegenseitigen Nachgebens festgestellt. 11
Im Original fehlt das Komma. 553
§779
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Als ungewiß ist ein Rechtsverhältniß auch dann anzusehen, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist. § 667. Die Gültigkeit eines Vergleichs wird nicht dadurch beeinträchtigt, daß eine Partei sich über einen Umstand geirrt hat, der bei dem Abschlüsse des Vergleichs als ungewiß angenommen wurde. Bezieht sich dagegen der Irrthum auf einen Umstand, der als gewiß und als Grundlage des Vergleichs angenommen wurde, so kann die Partei, welche im Irrthum war, den Vergleich anfechten. Die Anfechtung muß unverzüglich erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von seinem Irrthume Kenntniß erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig, wenn die Erklärung unverzüglich abgesendet ist. Jacubezky (Nr 229, 4)
2. die zen:
¡ 666, 667 zu streichen, eventuell durch folgende Vorschriften zu erset-
§ 666. Durch den Vergleich wird zum Zwecke der Feststellung eines unter den Parteien streitigen oder ungewissen Rechtsverhältnisses oder zur Sicherung oder Beseitigung eines Anspruchs, dessen Verwirklichung unsicher ist, gegenseitiges Nachgeben vereinbart. § 667. Hat bei der Schließung eines Vergleichs der eine oder der andere Theil sich in Ansehung eines nach dem Inhalte des Vertrags für die Feststellung des Rechtsverhältnisses maßgebenden und als gewiß vorausgesetzten Umstandes im Irrthume befunden, so kann er die vergleichsweise gemachte Leistung zurückfordern und Befreiung von einer vergleichsweise übernommenen Verbindlichkeit verlangen. Die Vorschriften des § 744 finden entsprechende Anwendung. Jacubezky (Nr 257)
3. die SS 666, 667 zu streichen, eventuell nachstehende Vorschrift aufzunehmen: Ist in einem Vertrag, in welchem ein streitiges oder ungewisses Rechtsverhältniß zum Zwecke der Beseitigung des Streites oder der Ungewißheit festgestellt wird, der Feststellung ein bestimmter Rechtszustand zu Grunde gelegt, so ist der Vertrag unwirksam, wenn der zu Grunde gelegte Rechtszustand nicht besteht.
Planck (Nr 249, 1)
4. für den Fall, daß die §§ 666, 667 nicht gestrichen werden, sie dahin zusammenzufassen bezw. zu ändern: Ist bei der Schließung eines Vertrags, durch welchen ein unter den Parteien streitiges oder ungewisses Rechtsverhältniß im Wege gegenseitigen Nachgebens außer Streit oder Ungewißheit gesetzt wird (Vergleich), von beiden Parteien ein Umstand als feststehend vorausgesetzt, bei dessen Nichtvorhandensein ein Streit oder eine Ungewißheit über das Rechtsverhältniß nicht stattgefunden hätte, so ist der Vergleich, wenn jener Umstand nicht besteht, unwirksam. Als ungewiß im Sinne des ersten Absatzes ist ein Rechtsverhältniß auch dann anzusehen, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.
Küntzel (Nr 253)
5. an Stelle der S S 666, 667 die unter 4 vorgeschlagenen Bestimmungen aufzunehmen, dem Abs. 1 jedoch hinzuzufügen: Das Gleiche gilt, wenn ein solcher Umstand von einer Partei als feststehend vorausgesetzt und dies der anderen Partei bei Schließung des Vertrags bekannt gewesen ist. 6. die SS 666, 667 zu streichen, eventuell an Stelle derselben zu bestimmen: Ist in einem Vertrage, durch welchen in Ansehung eines unter den Parteien streitigen oder ungewissen Rechtsverhältnisses der Streit oder die Ungewißheit im Wege 554
19. Titel: Vergleich
§779
gegenseitigen Nachgebens beseitigt (gehoben) wird (Vergleich), ein Umstand als feststehend zu Grunde gelegt, so ist der Vertrag unwirksam, wenn der als feststehend zu Grunde gelegte Umstand nicht besteht. Die Anträge 1 bis 3 wurden im Laufe der Berathung zurückgezogen; desgleichen der Antrag 4, soweit er eine von dem Antrage 6 verschiedene Begriffsbestimmung des Vergleichs enthält. Der Antrag 5 wurde unter Zustimmung des Antragstellers mit der Einschränkung zur Abstimmung gebracht, daß die Red. Komm, ermächtigt sein solle, von der Aufnahme des vorgeschlagenen Zusatzes abzusehen, falls sie zu der Überzeugung gelange, daß der Inhalt dieses Zusatzes schon dann gedeckt sei, wenn der Eingang des Antrags 6 die Fassung erhalte: „Ist bei einem Vertrage" oder „Ist nach dem Inhalt eines Vertrags . . Die Komm, beschloß, den eventuellen Antrag 4 mit der von dem Antragsteller aus dem Antrage 6 entlehnten Modifikation sowie den Antrag 5 mit der Einschränkung, welche durch die der Red.Komm, eingeräumte Befugniß begründet wird, anzunehmen; der Antrag 6 wurde, soweit er nicht in den eventuellen Antrag 4 übernommen ist, abgelehnt. II. In der VorlZust lautet die beschlossene Vorschrift: Ist bei einem Vertrage (oder: nach dem Inhalt eines Vertrages), durch welchen EI-VorlZust in Ansehung eines unter den Parteien strittigen oder ungewissen Rechtsverhältnisses § 666 der Streit oder die Ungewißheit im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ein Umstand als feststehend zu Grunde gelegt, bei dessen Nichtvorhandensein der Streit oder die Ungewißheit nicht stattgefunden hätte, so ist der Vertrag unwirksam, wenn der zu Grunde gelegte Umstand nicht besteht. (Das Gleiche gilt, wenn ein solcher Umstand von einer Partei zu Grunde gelegt ist und dies der anderen Partei bei Schließung des Vertrages bekannt gewesen ist). Als ungewiß im Sinne des ersten Absatzes ist ein Rechtsverhältniß auch dann anzusehen, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist. III. In der ZustRedKom ist die Fassung der Vorschrift: Ein Vertrag, durch welchen der Streit oder die Ungewißheit der Parteien über E I-ZustRedKom ein Rechtsverhältniß im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), S 666 ist unwirksam, wenn nach dem Inhalte des Vertrags ein nicht bestehender Umstand als feststehend zu Grunde gelegt ist und bei Kenntniß der Sachlage der Streit oder die Ungewißheit nicht entstanden sein würde. Als Ungewißheit über ein Rechtsverhältniß ist es auch anzusehen, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist. IV. Im E II lautet §718: Ein Vertrag, durch welchen Streit oder die Ungewißheit der Parteien über ein E II §718 Rechtsverhältniß im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalte des Vertrags als feststehend zu Grunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewißheit bei Kenntniß der Sachlage nicht entstanden sein würde. Der Ungewißheit über ein Rechtsverhältniß steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist. Bei der Revision des E II war zu § 718 beantragt, den Abs. 1 am Schlüsse zu fassen: 555
§ § 780 —782
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
. . . entspricht und anzunehmen ist, daß die Parteien bei Kenntniß der Sachlage den Vergleich nicht geschlossen haben würden. Der Antrag wurde abgelehnt. V. Im E II rev § 764, E III § 763 liegt die in § 779 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
ZWANZIGSTER T I T E L Schuldversprechen. Schuldanerkenntniß §780 Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den eine Leistung in der Weise versprochen wird, daß das Versprechen die Verpflichtung selbständig begründen soll (Schuldversprechen), ist, soweit nicht eine andere Form vorgeschrieben ist, schriftliche Ertheilung des Versprechens erforderlich. §781 Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird (Schuldanerkenntniß), ist schriftliche Ertheilung der Anerkennungserklärung erforderlich. Ist für die Begründung des Schuldverhältnisses, dessen Bestehen anerkannt wird, eine andere Form vorgeschrieben, so bedarf der Anerkennungsvertrag dieser Form. §782 Wird ein Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntniß auf Grund einer Abrechnung oder im Wege des Vergleichs ertheilt, so ist die Beobachtung der in den §§ 780, 781 vorgeschriebenen schriftlichen Form nicht erforderlich. A. 1. Kommission I. 176. Sitzung vom 16. 2. 1883, Schriftführer Neubauer I Prot 1 1727
I Es wurde zur Berathung der auf den „Schuldanerkennungsvertrag" sich beziehenden Vorschriften, Art. 922 bis 926 des Dresdener Entwurfs, übergegangen 1 . Die erwähnten Art. 922 bis 926 lauten : 1
Die voraufgegangenen Beratungen in der 175. Sitzung s. bei § 792 BGB.
556
20. Titel : Schuldversprechen, Schuldanerkenntniß
§ § 780 — 782
Art. 922 „Erkennt der Schuldner durch Vertrag mit dem Gläubiger ein zwischen ihnen DresdE Art 922 bestehendes Schuldverhältniß an (Schuldanerkennungsvertrag), so wird der Schuldner auf Grund des Anerkenntnisses zur Erfüllung der anerkannten Schuld verpflichtet." Art. 923 „Stellen Gläubiger und Schuldner mittels einer Berechnung oder Abrechnung DresdE Art 923 unter sich das dem einen oder dem anderen Theile verbleibende Guthaben fest, so ist dies als ein Anerkennungsvertrag bezüglich der zur Berechnung oder Abrechnung gekommenen Posten und des festgestellten Guthabens zu betrachten." Art. 924 „Stellt Jemand ein schriftliches Schuldbekenntniß (Schuldschein) einem Andern DresdE Art 924 aus und nimmt dieser den Schuldschein an, so ist dies als Schließung | eines Schuld- | Prot 11728 anerkennungsvertrages anzusehen, selbst wenn in dem Schuldschein ein Rechtsgrund für die anerkannte Schuld nicht angegeben ist." Art. 925 „Der Schuldner kann den Schuldanerkennungsvertrag anfechten, wenn er den- DresdE Art 925 selben in der irrigen Voraussetzung eines bestehenden wirksamen Schuldverhältnisses überhaupt, oder des in dem Vertrage bezeichneten insbesondere, geschlossen hat, oder wenn sonst die Voraussetzungen für die Rückforderung einer Leistung wegen ungehöriger Bereicherung vorhanden sind." Art. 926 „Hat der Schuldner Zinsen für eine Schuld dem Gläubiger bezahlt oder von die- DresdE Art 926 sem Stundung erbeten und erhalten, so liegt hierin keine vertragsmäßige Verpflichtung zur Zahlung der verzinsten oder gestundeten Schuld." Es lagen folgende Anträge vor: 1. zu bestimmen in: Art. 924 „Stellt Jemand ein schriftliches Anerkenntniß (Schuldschein) oder das schriftliche Versprechen einer Leistung (Verpflichtungsschein) einem Anderen aus und nimmt dieser den Schein an, so wird der Aussteller zur Erfüllung der anerkannten Schuld oder des Versprechens verpflichtet, selbst wenn in dem Scheine der Rechtsgrund der Schuld oder des Versprechens nicht angegeben ist."
V. Weber (Nr 278)
Art. 924» „Erklärt der Gläubiger dem Schuldner gegenüber die Schuld für getilgt und nimmt der Schuldner die Erklärung an, so erlischt die Schuld mit der Wirkung der I Prot 11729 Erfüllung, wenn | auch der Tilgungsgrund nicht angegeben ist." Art. 925 „In den Fällen der Art. 922 bis 924 a unterliegt der Vertrag der Anfechtung, wenn die Voraussetzungen für die Rückforderung einer Leistung wegen ungerechtfertigter Bereicherung vorhanden sind. Die Anfechtung des Vertrags (durch Einrede) wird in diesen Fällen dadurch nicht ausgeschlossen, daß durch das Schuldanerkenntniß, die Ausstellung des Schuld- oder Verpflichtungs-Scheines oder die Tilgungserklärung von dem Erklärenden gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen worden ist." 557
§§780-782
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Planck 2. a, vor Art. 922 an geeigneter Stelle (etwa hinter § 37 oder 61 der Zusammen(Nr 277, 1) Stellung der Beschlüsse des Obligationenrechts 2 ) folgende Bestimmung aufzunehmen: „Ein Vertrag ist deshalb nicht ungültig, weil sich sein Inhalt darauf beschränkt, daß sich der eine Vertragschließende dem andern Vertragschließenden gegenüber ohne Angabe eines Grundes zu einer Leistung verpflichtet." Planck b, den Artikel 922 dahin zu fassen: (Nr 277, 2) „Erkennt Jemand einem Andern gegenüber vertragsmäßig an, daß er demselben eine Leistung schulde (Schuldanerkennungsvertrag), so wird er dadurch ebenso verpflichtet, als wenn er die Leistung vertragsmäßig versprochen hätte. Ist in dem Schuldanerkennungsvertrage der Grund der anerkannten Schuld bezeichnet, so ist die Verpflichtung so zu beurtheilen, als wenn sie auf dem bezeichneI Prot 1 1730 ten Grunde be-1 ruhte." Planck c, den Artikel 924 dahin zu fassen: (Nr 277, 3) „Stellt Jemand ein schriftliches Schuldbekenntniß (Schuldschein) einem Anderen aus, und nimmt dieser den Schuldschein an, so ist dies im Zweifel als Schließung eines Schuldanerkennungsvertrages über die in dem Schuldschein bezeichnete Schuld anzusehen." Planck d, hinter Artikel 924 folgende Bestimmungen einzuschalten : (Nr 277, 4) Art. 924* „Erkennt Jemand einem Andern gegenüber vertragsmäßig an, daß derselbe ihm nichts mehr schulde, (Schuldentlastungsvertrag) so hat dies dieselbe Wirkung, als wenn er die Schuld, deren Nichtbestehen er anerkannt hat, erlassen hätte." Art. 924b „Stellt Jemand einem Andern ein schriftliches Bekenntniß über die Erfüllung einer Verbindlichkeit (Quittung) aus und nimmt dieser dasselbe an, so ist dies im Zweifel als ein Schuldentlastungsvertrag rücksichtlich der in der Quittung bezeichneten Schuld anzusehen." e, principaliter den Artikel 925 zu streichen und statt desselben den Abschnitt über die ungerechtfertigte Bereicherung durch folgende Bestimmungen zu ergänzen: α, hinter § 262: 3 § 262 a „Die Vorschrift des § 262 findet auch dann Anwendung, wenn Jemand vertragsIProti 1731 mäßig eine Schuld anerkannt oder durch Vertrag eine Ver- | pflichtung zu dem Zwecke eingegangen ist, um die Erfüllung einer anderen Verbindlichkeit zu bewirken oder zu sichern, in Wirklichkeit aber diejenige Verbindlichkeit, welche anerkannt wurde bezw. deren Erfüllung bewirkt oder gesichert werden sollte, nicht bestanden hat; ingleichen wenn Jemand das Nichtbestehen einer Verbindlichkeit vertragsmäßig anerkannt, dieselbe aber doch bestanden hat." ß, hinter § 265: 4
2 S. bei §§312 bzw. 242 BGB. 3 S. u. S. 768. * S. u. S. 788. 558
20. Titel: Schuldversprechen, Schuldanerkenntniß
§§ 780 — 782
§ 265* „Hat der Empfänger den Leistenden von einer Verbindlichkeit zu befreien, so ist dieser auch die Erfüllung der Verbindlichkeit zu verweigern berechtigt." γ, durch folgenden Zusatz zum letzten Absatz des § 272: „Die Erfüllung einer eingegangenen Verbindlichkeit ist der Geber jedoch auch in diesem Falle zu verweigern berechtigt." (Anmerkung: Ein mit dem Antrag unter γ im Wesentlichen übereinstimmender Antrag ist zwar früher bereits abgelehnt. Die Wiederaufnahme dürfte sich indessen dadurch rechtfertigen, daß die Sachlage sich gegen früher ändern würde, wenn nach Maßgabe der gestellten Anträge anerkannt werden sollte, daß das abstrakte Versprechen und der Anerkennungsvertrag eine selbständige Verbindlichkeit begründen, welche nur im Wege der Kondiktion wieder beseitigt werden kann.) eventuell den Art. 925 wie folgt zu fassen: „Der Anerkennende kann die Leistung | von der durch den Schuldanerken- | Prot 11732 nungsvertrag begründeten Verbindlichkeit und die Wiederherstellung der durch den Schuldentlastungsvertrag erloschenen Verbindlichkeit nach Maßgabe der über die Rückforderung einer Leistung wegen ungerechtfertigter Bereicherung geltenden Vorschriften verlangen. Insbesondere ist dieser Anspruch nach Maßgabe des § 262 der vorläufigen Zusammenstellung dann begründet, wenn das Anerkannte nicht wahr war, es wäre denn, daß der Anerkennende die Unwahrheit gekannt hätte. Das Recht, die Erfüllung der durch diesen Anerkennungsvertrag begründeten Verbindlichkeiten zu verweigern, steht dem Anerkennenden auch dann zu, wenn ein Anspruch auf Befreiung nach Maßgabe des letzten Absatzes des § 272 5 ausgeschlossen ist." 3. a, zu bestimmen in:
Windscheid
Sa „Wer durch Vertrag anerkennt, daß er dem anderen Vertragschließenden etwas schuldig sei, ist verpflichtet, die als verschuldet anerkannte Leistung zu bewirken. Es macht keinen Unterschied, ob in dem Vertrage der Grund der Schuld ausgedrückt ist, oder nicht." §b „Wenn Jemand durch Vertrag anerkennt, daß der andere Vertragschließende ihm etwas nicht schuldig sei, so ist der andere Vertragschließende berechtigt, die als nicht verschuldet anerkannte Leistung zu verweigern." I „Die vorstehenden Bestimmungen finden auf Verträge, durch welche Jemand |Proti 1733 anerkennt, daß ein sonstiges Rechtsverhältniß (zwischen ihm und dem anderen Vertragschließenden) bestehe oder nicht bestehe, oder daß eine Thatsache wirklich sei oder nicht wirklich sei, in Betreff der aus dem Rechtsverhältniß oder der Thatsache für und gegen den anderen Vertragschließenden sich ergebenden Ansprüche entsprechende Anwendung."
Sd
„Der Anerkennungsvertrag ist nur dann gültig, wenn die Anerkennungserklärung in einer zu diesem Zwecke errichteten Urkunde abgegeben ist.
5 S. u. S. 823.
559
§§780-782
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Seine Erfüllung kann verweigert werden, wenn nachgewiesen wird, daß das Anerkannte nicht wahr sei, es müßte denn der Anerkennende die Unwahrheit gekannt haben." b, in den allgemeinen Theil des Obligationenrechts, etwa hinter § 356, eine Bestimmung folgenden Inhalts aufzunehmen: „Ein Vertrag, durch welchen eine Leistung schlechthin, ohne Beziehung auf den Grund des Versprechens versprochen wird, ist nur dann gültig, wenn die Versprechenserklärung in einer zu diesem Zwecke errichteten Urkunde abgegeben ist." Johow
4. die in dem Antrage Nr. 2 unter a vorgeschlagene Bestimmung abzulehnen, eventuell (wenn die Aufnahme einer allgemeinen Bestimmung beschlossen werden sollte) zu bestimmen: I Prot 1 1734 „Ein Vertrag, dessen Inhalt sich darauf | beschränkt, daß der eine Vertragschließende sich dem anderen ohne Angabe eines Grundes zu einer Leistung verpflichtet, ist außer den im Gesetze vorgesehenen besonderen Fällen gültig, wenn aus den Umständen des Falles die Absicht des Versprechenden erhellt, daß die Verbindlichkeit ohne Rücksicht auf den Rechtsgrund des Versprechens eintreten soll." Nach einer einleitenden Debatte verständigte man sich dahin, zunächst nur über die Frage Beschluß zu fassen: ob und welche Bestimmungen über das abstrakte Schuld versprechen in das Gesetzbuch aufzunehmen seien. Die Mehrheit lehnte den aus obigen Anträgen sich ergebenden Vorschlag Nr. 2 1 ab, jedes, wenn auch nur mündlich ertheilte abstrakte Schuldversprechen für gültig zu erklären, billigte dagegen den aus diesen Anträgen sich ergebenden Vorschlag (vgl. Antrag Nr. 3 zu b und den Antrag Nr. 1 zu Art. 924), wonach das dem Gläubiger schriftlich ertheilte Schuldversprechen, auch wenn es abstrakt ist, d. h. eines besonderen Verpflichtungsgrundes nicht Erwähnung thut oder den Rechtsgrund, worauf es beruht, nicht in Bezug nimmt oder bezeichnet, verbindlich sein soll, v. Schmitt Der im Laufe der Debatte gestellte Antrag zu bestimmen : „Ein Schuldversprechen ohne Angabe des Schuldgrundes ist unverbindlich, soweit nicht das Gesetz ein Anderes bestimmt." galt hiermit als erledigt. Der Antrag Nr. 4, dem Beschlüsse hinzuzufügen, es müsse außerdem erhellen, daß die Verpflichtung ohne Rücksicht auf den Rechtsgrund des Versprechens eintreten solle, wurde abgelehnt. I Prot 1 1735 | Erwogen war : Ob die Gültigkeit des dem Gläubiger ertheilten, also vertragsmäßigen abstrakten Schuldversprechens aus dem Prinzipe der Vertragsfreiheit folge, erscheine mindestens im höchsten Maße zweifelhaft. Aus dem Prinzipe der Vertragsfreiheit scheine doch nur die Gültigkeit des Vertrages sich herleiten zu lassen, aus welchem sich einestheils eine materielle Schuldverpflichtung des Schuldners ergebe und in welchem anderntheils der letztere dem Gläubiger das Leistungsversprechen in der Art ertheile und hingebe, daß das Versprechen wie die wirkliche Leistung beurtheilt werden und gegen den aus dem Versprechen entspringenden Anspruch nur solche Einreden zulässig sein sollen, welche im Falle der reellen Leistung die Rückforderung wegen ungerechtfertigter Bereicherung begründen. Eine ganz andere Frage sei, ob das wegen des Uebergehens der materiellen causa gleichsam an einer inneren Unvollkommenheit leidende abstrakte Schuldversprechen als wirksam anzuerkennen und ganz oder doch ähnlich zu beurtheilen sei, wie eine von dem Schuldner S. bei § 309 BGB. 560
20. Titel: Schuldversprechen, Schuldanerkenntniß
§ § 780 — 782
bewirkte reelle Leistung. Diese Frage lasse sich schwerlich schon deshalb bejahen, weil das Prinzip der Vertragsfreiheit gelte. Unter allen Umständen unterliege die einfache Bejahung derselben wegen der sich daran knüpfenden praktischen Folgen den größten Bedenken. Das mündliche abstrakte Schuldversprechen könne nämlich nicht für wirksam erklärt werden, ohne die dringendste Gefahr schwer wiegender Uebelstände hervorzurufen. Dem abstrakten Schuldversprechen lasse sich unverkennbar nur dann Wirksamkeit beilegen, wenn der Wille des Schuldners, sich abstrakt zu verpflichten, zweifellos | feststehe. Aus dem bloßen mündlichen, die mate- |Prot 11736 riellen causa nicht ergebenden Versprechen des Schuldners sei jener Wille noch nicht zu entnehmen. Werde gleichwohl ein solches Versprechen für wirksam erklärt, — und dies geschehe, wenn man dem mündlichen abstrakten Versprechen Wirksamkeit zugestehe, da jenes Versprechen ja, für sich betrachtet, ein abstraktes sei, — so leuchte ein, welche Härten und Unbilligkeiten für den Schuldner ein solches Gesetz nach sich ziehen müßte. Durch die zusätzliche Bestimmung, der Wille des Schuldners, sich abstrakt zu verpflichten, müsse besonders dargethan werden, werde nur wenig erreicht. Sei nur mündlich verhandelt, so bleibe immer die Gefahr, daß in vielen Fällen der entscheidende Wille für erwiesen erachtet werde, wo er gefehlt habe. Unvermeidlich sei ferner eine große Zahl von Prozessen, in welchen über die wirkliche Intention des Schuldners gestritten werde und dieselbe schwer zu ermitteln sei. Zudem sei die Wirksamkeit des mündlichen abstrakten Schuldversprechens kein Bedürfniß und, mindestens weit überwiegend, kein geltendes Recht. Einer anderen Beurtheilung unterliege das schriftliche abstrakte Schuldversprechen. Freilich ließen sich auch gegen dessen Wirksamkeit manche nicht unerhebliche Bedenken geltend machen. Allein bei der Entscheidung, ob ihm Wirksamkeit einzuräumen sei, gebe folgende Betrachtung den Ausschlag. Im Verkehr spiele aus nahe liegenden Gründen das schriftliche Schuld bekenntniß oder der Schuldschein die größte Rolle. Niemand werde leugnen, wie dringend nothwendig es | im Interes- | Prot 11737 se des Verkehrs sei, die verbindliche Kraft der Schuldbriefe möglichst zu sichern. Die Sicherung sei dadurch nicht zu gewinnen, daß nur diejenigen Schuldbriefe für verpflichtend erklärt würden, welche die materielle causa in ganzer Vollständigkeit enthielten. Solche diskrete Schuldbriefe seien, wie die Erfahrung zur Genüge lehre, für den Verkehr zu umständlich. Es genüge auch nicht, eine nur unbestimmte und allgemeine Angabe der causa für ausreichend zu erklären. Abgesehen davon, daß mit einem solchen unbestimmten, die verschiedenste Deutung zulassenden Erfordernisse ungemein wenig gewonnen sei, hätten die völlig indiskreten Schuldbriefe im Verkehr sich immer mehr eingebürgert. Man dürfe es daher als ein praktisches Bedürfniß bezeichnen, mindestens dem schriftlichen indiskreten Schuld bekenntniß oder dem indiskreten Schuldscheine verbindliche Kraft einzuräumen. Geschehe aber dies, so sei in der That das dem Gläubiger ertheilte oder vertragsmäßige schriftliche abstrakte Schuld versprechen als verpflichtend anerkannt. Denn sei der Schuldschein verpflichtend, worin der Schuldner bekenne oder anerkenne·. 1000 M. an dem und dem Tage zahlen zu müssen, so könne nicht füglich die verbindliche Kraft demjenigen Scheine abgesprochen werden, worin der Schuldner erkläre: er verspreche 1000 M an dem und dem Tage zu zahlen. Solche feine Unterschiede in der Ausdrucksweise seien für den Verkehr nicht verwendbar. Auch würde, wenn das Gesetz gleichwohl unterscheide, | der Zweck |Proti 1738 der Unterscheidung verfehlt werden, da der Schuldner schon durch die eine Anerkennung ergebende Redewendung stets die verbindliche Kraft hervorzurufen vermöge. 561
§ § 780 — 782
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Besondere Gefahren seien auch von der Anerkennung der Wirksamkeit des schriftlichen Schuldversprechens nicht zu besorgen. Der Wille des Schuldners, sich abstrakt zu verpflichten, ergebe sich aus der die Abstraktheit ergebenden Schriftform und aus der dieser nach der Verkehrssitte beiwohnenden Bedeutung, woraus zugleich die Unzulässigkeit der zusätzlichen Bestimmung erhelle, der Wille, ohne Rücksicht auf den Rechtsgrund des Versprechens sich zu verpflichten, sei besonders nachzuweisen. Ein solcher Zusatz würde außerdem der Vorschrift fast jede Bedeutung entziehen. Dazu komme, daß der Schuldner im Wege der Wechselausstellung nach den Vorschriften der Wechselordnung, im Wege der Ausstellung einer Schuldverschreibung auf Inhaber nach den §§ 126 und folgende der Zusammenstellung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse (Protokolle vom 12. Juni 1882 u. ff., S. 859ff.) 7 , und, wenn er Kaufmann sei, nach Art. 301 des Handelsgesetzbuchs durch Ausstellung eines sogenannten Verpflichtungsscheins sich in schriftlicher Form abstrakt zu verpflichten vermöge, daß auch in den auf die Hypotheken (Grundschulden) sich beziehenden Vorbeschlüssen (Protokolle vom 6. Oktober 1876 und ff.) die Verbindlichkeit des abstrakten Schuldversprechens schon anerkannt sei. Wenn nur das schriftliche abstrakte Versprechen für wirksam erklärt werde, so I Prot 1 1739 folge hieraus übri|gens keineswegs, daß auch nur der schriftliche abstrakte Veräußerungsvertizg — der sogenannte dingliche Vertrag — (Eigenthumstradition, Zession, Schuldübernahme u.s.w.) gültig sei. Der Veräußerungsvertrag unterliege als ein Vertrag besonderer Art auch besonderen Regeln. Wenn das Gesetz den abstrakten Veräußerungsvertrag für gültig erkläre, so genüge daher zu seiner Gültigkeit vermöge des Prinzips der Formfreiheit der Verträge auch die mündliche Form, sofern nicht ein Anderes bestimmt werde. Ferner schließe die Regel, nur das schriftliche abstrakte Schuldversprechen sei verbindlich, Ausnahmen nicht aus, wie eine solche für die Annahmeerklärung bei der Anweisung vorläufig beschlossen sei (Protokolle vom 7. Februar 1883, S. 1702 —1704)8. Betreffend endlich den abstrakten Erlaß (§ 259 der Zusammenstellung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse, Protokoll vom 13. Dezember 1882, S. 1473— 1475)9, so werde auf den Gegenstand bei der vorbehaltenen Berathung über die negative Anerkennung noch näher einzugehen sein. Man ging zur Prüfung der Frage über: welche Einwendungen der aus dem abstrakten schriftlichen Schuldversprechen in Anspruch genommene Schuldner zu erheben befugt sei. Aus den obigen Anträgen erhellt, daß von verschiedenen Seiten vorgeschlagen war, nach Anleitung des Art. 925 des Dresdener Entwurfs im Prinzip, und vorbehaltlich einiger Modifikationen, dem Schuldner die Anfechtung des Versprechens nur insofern zu gestatten, als die Voraussetzungen für die Rückforderung einer I Prot 1 1740 Leistung we- | gen ungerechtfertigter Bereicherung vorhanden sind. Von anderer Seite war beantragt, zu bestimmen: Kurlbaum „Dem Versprechenden steht die Einrede zu, daß eine Verpflichtung zu der versprochenen Leistung nicht bestand." Außerdem lag der Antrag vor, dem Schuldner alle Einwendungen zu gestatten, welche aus dem (von ihm nachzuweisenden) Verhältnisse sich ergeben, worauf das Schuldversprechen beruhe, selbst wenn ihm bei Ertheilung des Versprechens die ^ S. bei §§ 793 ff. BGB. « S. bei § 784 BGB. 9 S. bei § 397 BGB.
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20. Titel: Schuldversprechen, Schuldanerkenntniß
§§
780— 782
Einwendungen bekannt gewesen, selbstverständlich unbeschadet des Anfechtungsrechts des Schuldners nach Maßgabe der Vorschriften Uber die Rückforderung einer Leistung wegen ungerechtfertigter Bereicherung. Die Mehrheit lehnte den ersten Antrag und sodann auch den zweiten Antrag ab, billigte darauf den letzten Antrag, und zwar diesen in getrennter Abstimmung mit dem Zusätze : „selbst wenn ihm bei Ertheilung des Versprechens die Einwendungen bekannt gewesen." Die Gründe waren: Werde das Anfechtungs- oder Vertheidigungsrecht des Schuldners nach Maßgabe der Grundsätze geregelt, welche für die Rückforderung einer Leistung wegen ungerechtfertigter Bereicherung gelten, also nach Maßgabe der Vorschriften über die condictiones indebiti, ob rem, ob causam finitam, ob turpem causam und sine causa so ergebe sich im Allgemeinen ein befriedigendes, zum Schutze des Schuldners ausreichendes Ergebniß, zumal betreffend die Erfordernisse der im Vordergrunde stehenden condictio indebiti die Rückforderung von dem Nachweise eines Irrthums nach den gefaßten Beschlüssen nicht abhängig sei. Nur in einem, aber überaus wichtigen Falle finde der Schuldner bei einer solchen | Regelung nicht den |Proti 1741 gebührenden Schutz. Es sei dies der Fall, wenn der Schuldner in Kenntniß der ihm zustehenden Einreden einfach solvendi causa promittirt habe, mithin für sein Anfechtungs- und Vertheidigungsrecht die Grundsätze über die condictio indebiti in Frage kämen. Nach den für die condictio indebiti geltenden Grundsätzen würde in einem solchen Falle der Schuldner schutzlos sein (Protokoll vom 18. Dezember 1882, S. 1487ff. 10 ). Darin liege die Gefahr, daß der Grundsatz, das schriftliche abstrakte Schuldversprechen sei wirksam, zum Nachtheil von Schuldnern, die in bedrängter Lage sich befänden, mißbraucht werde. Solche Schuldner würden sich nur zu oft dazu verstehen, um Frist zu erlangen, ein abstraktes Schuldversprechen zu ertheilen, obschon ihnen bekannt sei, daß ihnen gegen einen Theil der Forderung begründete Einwendungen zuständen. Der nicht zu unterschätzenden Gefahr lasse sich nur durch die Vorschrift begegnen, welche dem Schuldner die Befugniß zugestehe, sich gegen den Anspruch aus dem abstrakten Versprechen mit allen aus der materiellen causa sich ergebenden Einwendungen, auch wenn sie ihm bei Ertheilung des Versprechens bekannt waren, zu vertheidigen. Dieser Grundsatz sei es, welcher auch dem Art. 82 der Wechselordnung — wenigstens nach einer weit verbreiteten Auffassung — zum Grunde liege, welcher ferner in den Vorbeschlüssen über die gegen eine Hypotheken-(Grundschuld-)Forderung zulässigen Einreden (Protokoll vom 13. Oktober 1876), nicht minder aber auch in dem § 130 der Zusammenstellung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse (Protokoll vom 19. Juni 1882, S. 889ff.) n über die gegen eine Schuldverschreibung auf Inhaber | statthaften Einre- | Prot 11742 den bereits Anerkennung gefunden zu haben scheine. Ob bei einer solchen Regelung der Grundsatz selbst: das schriftliche abstrakte Schuldversprechen sei wirksam, eine tief greifende Abschwächung erleide, sei unerheblich. Dem Grundsatze lasse sich einmal ein gewisser positiver Charakter nicht abstreiten und um so unbedenklicher erscheine es daher, ihn nur unter Maßgaben einzuführen, die erforderlich erschienen, um arge Mißbräuche zu verhüten. Für den Gläubiger sei er immerhin mit dem großen Vortheil verbunden, daß der Schuldner genöthigt sei, seiner-
io S. u. S. 762. h S. bei § 796 BGB. 563
§§780 -
782
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
seits die materielle causa aufzudecken und darzulegen, bezw. zu beweisen, daß und weshalb er nicht verpflichtet sei. 177. Sitzung vom 19. 2. 1883, Schriftführer Neubauer 1 2 I P r o t i 1745 | Man erachtete es für nothwendig, auf den Beschluß der vorigen Sitzung zuI Prot 1 1746 rückzukommen, welcher das Anfech-1 tungs- und Vertheidigungsrecht des Schuldners gegen das abstrakte Schuldversprechen normirt (S. 1740). V o n verschiedenen Seiten ward erinnert: D e r Beschluß leide an einer Dunkelheit. Für zweifellos sei erachtet, daß der Schuldner die Leistung verweigern dürfe, wenn die Voraussetzungen vorliegen, von welchen die Rückforderung einer reellen Leistung wegen ungerechtfertigter Bereicherung abhänge. Man sei aber weiter gegangen, indem dem Schuldner alle Einwendungen aus dem Rechtsverhältnisse gestattet seien, auf welchem das Schuldversprechen beruhe. D e r Grund, welcher zur Beschließung einer solchen Vorschrift geführt habe, passe aber nur für die Fälle, in welchen solvendi causa versprochen sei. D a z u komme, daß in allen anderen Fällen die Vorschriften über die Kondiktionen wegen ungerechtfertigter Bereicherung zum Schutz des Schuldners vollkommen genügten und wenn daneben noch die Zulässigkeit aller sonstigen Einwendungen aus der materiellen causa bestimmt werde, schwer-zu lösende Zweifel über die Tragweite einer solchen Bestimmung unvermeidlich seien. D e r gedachte Beschluß werde dahin zu verdeutlichen sein: „ D e r Schuldner, welcher aus einem, den Verpflichtungsgrund nicht ergebenden schriftlichen Schuldversprechen in Anspruch genommen wird, kann dessen Erfüllung verweigern, wenn die Voraussetzungen vorhanden sind, von welchen die Rückforderung einer Leistung wegen ungerechtfertigter Bereicherung abhängig ist. Ist das Versprechen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit ertheilt, so kann sich der Schuldner aller Einwendungen bedienen, welche er gegen die letztere zu erheben befugt war, selbst wenn er bei Ertheilung des Versprechens von den Einwendungen Kenntniß hatte." Die Mehrheit erkannte die Erinnerung für begründet und die vorgeschlagene Verdeutlichung für gerechtfertigt an. Bei der Prüfung war von Neuem die SachgeI P r o t i 1747 mäßheit | des vorstehenden zweiten Absatzes, namentlich auch deshalb bekämpft worden, weil die Schlußbestimmung mit den Grundsätzen über den Verzicht auf Anfechtungsrecht und Einreden im engeren Sinne nicht zu harmoniren scheine. Die Mehrheit lehnte es aber ab, die Berathung über jene Angemessenheit wieder aufzunehmen, zumal ein befriedigendes Ergebniß davon so lange nicht zu erwarten sei, als die Grundsätze über die Schenkung noch nicht festständen. Die im ersten Absätze des obigen Vorschlags enthaltene Bestimmung machte es in Rücksicht auf die Anträge N2 1 (zu Art. 925) und 2e (S. 1729, 1 7 3 0 - 1732) erforderlich, zu prüfen, ob nicht zwischen beide Absätze die Vorschrift einzuschalten sei: „Die Anwendbarkeit der Vorschriften über Rückforderung einer Leistung wegen ungerechtfertigter Bereicherung wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß von dem Schuldner durch Ertheilung des Versprechens gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen worden ist."
12 S. die auf dieser Sitzung voraufgegangenen Beratungen, Proti 1743 — 1745, bei $ 784 BGB. 564
20. Titel: Schuldversprechen, Schuldanerkenntniß
§§780-782
Die Mehrheit erklärte sich für die Aufnahme einer solchen Bestimmung. Erwogen war: Nach den §§ 268, 272 der Zusammenstellung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse (Protokolle vom 5. und 10. Januar 1883, S. 1538, 1539, 1557— 1564)13 würde der Schuldner, wenn auch die Voraussetzungen der condictio ob rem oder ob turpem causam vorlägen, gleichwohl an das Versprechen gebunden bleiben, sofern ihn der Vorwurf treffe, durch Ertheilung des Versprechens gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen zu haben. Dies Ergebniß sei ein unbefriedigendes. Da der Schuldner noch nicht reell geleistet, sondern nur künftig zu leisten versprochen habe, müsse es bei dem Grundsatze verbleiben, daß der Gläubiger, dem wegen des Empfanges des Versprechens eine turpitudo zur Last falle, mit dem Ansprüche auf Erfüllung des Versprechens vor dem Richter kein Gehör finde. I Gleichgültig erscheine es dabei, ob der Schuldner sich gegen den Anspruch auf | Prot 11748 Erfüllung des Versprechens vertheidige oder seinerseits, um von demselben liberirt zu werden, klagend auftrete. Die Berathung wandte sich zur Prüfung der Frage, ob und welche Bestimmungen in das Gesetzbuch über die Schuldanerkennung aufzunehmen seien: Wie aus den S. 1728 ff. der Protokolle mitgetheilten Anträgen hervorgeht, war von einer Seite beantragt, die abstrakte Schuldanerkennung durchweg wie das abstrakte Schuldversprechen zu behandeln, zu ihrer Gültigkeit insbesondere also auch die schriftliche Form zu erfordern, während ein anderer Vorschlag dahin ging, den auch nur mündlich abgeschlossenen Schuldanerkennungsvertrag für wirksam zu erklären. Die Mehrheit billigte den ersten Vorschlag. Sie war der Ansicht: Vergegenwärtige man sich die Gründe, welche zu dem Beschlüsse geführt haben : nur das schriftlich ertheilte abstrakte Schuldversprechen sei verbindlich, so müsse eigentlich schon für entschieden erachtet werden, daß auch nur der schriftliche abstrakte Schuldanerkennungsvertrag verbindlich und in Ansehung seiner Wirkungen gerade so zu beurtheilen sei, wie das schriftliche Schuldversprechen. Das schriftliche abstrakte Schuld versprechen sei überhaupt nur deshalb für verpflichtend erklärt, weil das schriftliche abstrakte Schuld bekenntniß für verpflichtend erklärt werden müsse und weil zwischen Schuldversprechen und Schuldanerkennung, ohne die größten praktischen Uebelstände herbeizuziehen, sich nicht unterscheiden lasse. Man könne sogar in Zweifel ziehen, ob es überhaupt noch besonderer Bestimmungen über die Schuldanerkennung oder den Schuldanerkennungsvertrag bedürfe. Indessen erscheine es doch mindestens in hohem Grade räthlich, die Schuldanerkennung oder den Schuldanerkennungsvertrag nicht zu übergehen, da sich, sofern keine Bestimmung darüber aufgenommen werde, in Frage stellen lasse, ob denn überhaupt | ein | Prot 11749 solcher Vertrag in Rücksicht auf seinen eigenthümlichen Inhalt geeignet sei, obligatorische Verpflichtungen zu erzeugen. Sowohl bei dem Schuldversprechen als bei dem Schuldbekenntniß oder der Schuldanerkennung handele es sich übrigens um einen Vertrag, aber einen solchen Vertrag, der nur in Beziehung auf die Verpflichtungserklärung des Schuldners, nicht auch in Beziehung auf die Annahmeerklärung des Gläubigers der schriftlichen Form bedürfe. Das Gesetz müsse also eine Fassung erhalten, welche beides mit genügender Deutlichkeit ergebe. In der letzteren Hinsicht ward von einer Seite gel-
13 S. u. S. 819-822.
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§§780-782
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
tend gemacht, es werde genügen, wenn in einem Paragraphen das Schuldversprechen und die Schuldanerkennung behandelt und dieser Paragraph dahin gefaßt werde : „Ein in schriftlicher Form ertheiltes schriftliches Schuldversprechen oder schriftliches Schuldbekenntniß ist gültig, auch wenn darin ein besonderer Verpflichtungsgrund nicht angegeben ist." Für die kurze Fassung war geltend gemacht worden : das Wort „ertheiltes" lasse zur Genüge erkennen, daß zwischen Gläubiger und Schuldner ein Vertrag abgeschlossen sein müsse, welcher vollzogen werde, indem der Schuldner die von ihm ausgestellte Urkunde dem Gläubiger übergebe, während diese Fassung zugleich den Zweifel beseitige, ob der Gläubiger, welcher im Besitze der Urkunde sich befinde, den Abschluß des Vertrages bezw. die Thatsache, daß der Schuldner ihm die Urkunde ausgeliefert habe und die Erklärung desselben von ihm angenommen sei, noch besonderes zu beweisen verpflichtet sei. Die Mehrheit erachtete jedoch die Fassung nicht für genügend deutlich und für nöthig, im Eingange hinter: „ertheiltes" die Worte einzuschalten: „und von dem Gläubiger angenommenes." Der Antrag, zu bestimmen : IProti 1750 „Stellt Jemand ein schriftliches Schuldbekenntniß (Schuld-1 schein) einem Andern aus und nimmt dieser den Schuldschein an, so ist dies im Zweifel als Schließung eines Schuldanerkennungsvertrages über die in dem Schuldschein bezeichnete Schuld anzusehen." wurde in Konsequenz der gefaßten Beschlüsse abgelehnt. Anlangend die Zusammenziehung beider Fälle (Schuldversprechen und Schuldanerkennung) in einem Paragraphen, so glaubte man, daß sich darüber erst dann befinden laße, wenn in Folge eines nach dem Obigen (Antrag N 2 3 § c, — S. 1733) bereits gestellten und nachträglich zu erledigenden Antrags Beschluß darüber gefaßt sei, ob und welche Bestimmungen über die Wirksamkeit eines nicht auf ein Schuldverhältniß, sondern auf ein anderes Rechtsverhältniß sich beziehenden Anerkenntnißvertrages in das Gesetzbuch aufzunehmen seien. Der Antrag Ns 2b (Abs. 2) (S. 1729) nimmt auf den Fall Rücksicht, wenn die Schuldanerkennung den Grund der Verpflichtung im Allgemeinen bezeichnet; vorgeschlagen wird, für einen solchen Fall zu bestimmen, die Verpflichtung des Schuldners werde nach den Rechtsnormen beurtheilt, welche für Schuldverpflichtungen der aus der allgemeinen Bezeichnung des Verpflichtungsgrundes sich ergebenden Art gelten, z. B. in Ansehung der Verjährung, der Vorrechte oder auch in Ansehung der Gültigkeit, wenn der Verpflichtungsgrund durch das Gesetz reprobirt ist (Spiel, Wette, u.s.w.). Die Mehrheit erachtete eine solche Bestimmung wegen Selbstverständlichkeit für entbehHich, wobei Einverständniß bestand, daß hinsichtlich der Vorrechte die Erklärung des Schuldners nur insofern wirksam sein könne, als er durch seinen bloßen Willen ein von den übrigen Gläubigern anzuerkennendes Vorrecht hervorzurufen vermöge, was in der Regel zu verneinen sei. Der gedachte Fall gab noch zu einer anderen, von der Mehrheit für richtig erachteten Bemerkung Anlaß. Die Schuldanerkennung oder der SchuldanerkenI Prot 11751 nungsvertrag | im eigentlichen oder engeren Sinne gehöre zu den abstrakten Verträgen. Eine Schuldanerkennung oder ein Schuldanerkennungsvertrag liege nicht vor, wenn der Vertrag den vollen Thatbestand, aus welchem die Schuldverpflichtung entspringe, enthalte, wenn z. B. beide Theile über einen unter ihnen abgeschlossenen Vertrag eine, den ganzen Inhalt des Vertrages reproduzirende Urkunde errichteten, sollte darin auch der Vertrag als bereits abgeschlossen bezeichnet werden. Die Abstraktheit des Schuldanerkennungsvertrages könne allerdings eine doppelte 566
20. Titel : Schuldversprechen, Schuldanerkenntniß
§ § 780 — 782
sein, entweder sei darin der Verpflichtungsgrund völlig übergangen oder im Allgemeinen bezeichnet, in welchem letzteren Falle sich die Besonderheit zeige, von der zuvor in Anlaß des Antrages 2b die Rede gewesen sei. Die Aufnahme des Art. 926 (S. 1728) wurde in Konsequenz der für die Wirksamkeit der Schuldanerkennung erforderten Schriftform und weil derselbe überdies nur Selbstverständliches enthalte, abgelehnt. Hierauf wurde zur Erörterung des Abrechnungsvertrages übergegangen, dieselbe aber nicht zu Ende geführt. 178. Sitzung vom 21. 2. 1883, Schriftführer Neubauer I Die Berathung betreffend den „Schuldanerkennungsvertrag" wurde fortgesetzt. Zu dem auf die Abrechnung und Berechnung sich beziehenden Artikel 923 des Dresdener Entwurfs (S. 1727) war der Antrag gestellt, statt desselben zu bestimmen: „Stellen Gläubiger und Schuldner mittels einer Berechnung oder Abrechnung unter sich das dem einen oder anderen Theile verbleibende Guthaben vertragsmäßig fest, so ist dieser Vertrag, auch wenn er nur mündlich geschlossen worden, bezüglich der zur Berechnung oder Abrechnung gekommenen Posten und des festgestellten Guthabens für beide Theile bindend. Die Bestimmung des (Art. 925 in der von der Kommission beschlossenen Fassung über die zulässigen Einwendungen gegen einen Schuld- oder Verpflichtungsschein), leidet mit der Maßgabe Anwendung, daß Einwendungen aus dem zu Grunde liegenden Verhältnisse, welche dem Theile, welchem sie zustanden, bei der Berechnung oder Abrechnung bekannt waren, nicht geltend gemacht werden können." Die Mehrheit beschloß: 1. die Ablehnung des aus dem obigen Antrage sich ergebenden Vorschlags : den auch nur mündlich abgeschlossenen Abrechnungs- oder Berechnungsvertrag für verpflichtend zu erklären, 2. die Ablehnung des aus jenem Antrage ersichtlichen Vorschlags: das Anfechtungs- und Vertheidigungsrecht hinsichtlich eines auf | Abrechnung oder Berechnung verweisenden Schuldbekenntnisses dahin zu beschränken, daß Einwendungen, welche bei der Abrechnung oder Berechnung dem Schuldner bekannt waren, nicht zulässig seien. Hieran Schloß sich
3. der Beschluß, der Abrechnung oder Berechnung im Gesetze überhaupt keine Erwähnung zu thun. Die Gründe waren : Die Abrechnung oder Berechnung sei an und für sich ein Geschäft, welches nur mit mathematischen Resultaten sich befasse und daher des juristischen Charakters entbehre. Ganz anders verhalte es sich dagegen mit dem Abrechnungs- oder Berechnungsvertrage. Unter diesem sei der Vertrag zu verstehen, in welchem der eine Theil anerkenne oder bekenne, dem anderen Theile nach der gepflogenen Abrechnung oder Berechnung noch einen Saldo zu verschulden, während die einzelnen Rechnungsposten und um so mehr der jedem einzelnen Posten zum Grunde liegende Sach- oder Thatbestand in dem Vertrage unerwähnt bleibe. Dieser Vertrag, auf welchen allein auch Entwurf und Anträge sich bezögen, sei nur ein Unterfall des bereits erledigten indiskreten Schuldanerkennungsvertrags. Er könne im Gesetze 567
| Prot 11753
v. Weber (Nr 284, 1)
|Proti 1754
§ § 7 8 0 - 782
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
nur dann besondere Erwähnung finden, wenn für ihn die eine oder andere Abweichung von den für den letzteren Vertrag beschlossenen Grundsätzen gelten solle. Der Antrag bringe zwei solche Besonderheiten in Vorschlag. Beide unterlägen aber den gewichtigsten Bedenken. 1. Für die Wirksamkeit des Abrechnungs- oder Berechnungsvertrags solle nach dem Antrage die mündliche Form oder genauer das nur mündlich ertheilte Schuldbekenntniß genügen. Damit harmonire freilich der Artikel 923 des Dresdener Entwurfs. Die Uebereinstimmung sei jedoch ohne Belang, weil der Dresdener Entwurf auch für den Schuldanerkennungsvertrag die mündliche Form für genügend erachte. Nachdem aber einmal zur Wirksamkeit des abstrakten Schuldbekenntnisses durch die früheren Beschlüsse die schriftliche Form verlangt sei, würde die Annahme des Antrags eine Ausnahme von einem wichtigen Prinzipe zur Folge haben. Die IProti 1755 Ausnahme greife zugleich so weit, daß sie dem | Prinzipe einen großen oder den größten Theil seiner Bedeutung zu entziehen, wenn nicht gar in ihren praktischen Folgen dasselbe völlig umzustoßen drohe. Der Schuldner würde an jedes mündliche Schuldbekenntniß gebunden sein, welches mit dem einfachen Zusätze versehen sei : „nach Berechnung oder Abrechnung". Er würde, wenn diese Worte dem Bekenntnisse hinzugefügt seien, nicht einmal mit der Einrede Gehör finden können, eine Berechnung oder Abrechnung habe nicht stattgefunden, da jedes abstrakte Schuldbekenntniß eine Art von Berechnung voraussetze und dies mindestens dann, wenn der Gläubiger nur zwei Forderungen, vielleicht nur Kapital- und Zinsenforderung aufgestellt habe, so daß die Behauptung sich vertreten lasse, in jedem völlig indiskreten Schuldbekenntnisse oder doch in den meisten Fällen eines solchen sei der Zusatz „nach Berechnung" stillschweigend enthalten. Dem erwähnten Zusätze könne kaum eine größere Bedeutung beigemessen werden, als dem: „Werth in Ordnung" oder „Werth beglichen" oder „Werth empfangen". Es müßten doch Gründe der zwingendsten Art sein, welche eine so tiefe Erschütterung des beschlossenen Prinzips zu rechtfertigen vermöchten. Solche Gründe seien aber nicht anzuerkennen. Im praktischen Leben möchten die Fälle nicht selten sein, in welchen, nachdem unter Verwendung von Feder oder Kreide abgerechnet oder berechnet sei, der eine Theil mündlich bekenne, dem anderen Theile den ausgerechneten Saldo zu verschulden. Zugegeben könne aber nicht werden, daß ein praktisches Bedürfniß bestehe, ein solches mündliches Schuldbekenntniß anders zu beurtheilen, als jede sonstige indiskrete mündliche Schuldanerkennung. Dem praktischen Bedürfnisse sei dadurch vollkommen genügt, daß durch die früheren Beschlüsse die einfache schriftliche Verbriefung des Bekenntnisses für wirksam erklärt sei. Auch die Behauptung gehe zu weit: das nach einer Abrechnung oder Berechnung ertheilte und auf diese verweisende mündliche Schuldbekenntniß lasse stets mit Zuverlässigkeit auf den Willen des Schuldners, sich abstrakt zu verpflichten, schließen. In vielen Fällen werde dieser Wille ebenso zweifelhaft sein, wie bei jeder anderen nur mündlichen Schuldanerkennung. Für den Antrag sei noch geltend gemacht, der AbrechI Prot 1 1756 nungs- oder Berechnungsvertrag sei ein | materieller Vertrag. Dies müsse aber verneint werden. In dem Abrechnungs- oder Berechnungsvertrage könne sich der eine oder andere materielle Vertrag, insbesondere ein Vergleich u. dgl. verstecken, und wenn es der Fall sei, so unterliege er einer besonderen Beurtheilung. D e r reine Abrechnungs· oder Berechnungsvertrag, der allein in Frage stehe, sei, losgelöst von den vorausgegangenen Berechnungen, und wenn er nur im Allgemeinen deren Ergebniß in Bezug nehme, nicht weniger abstrakt, wie jeder andere, die materielle causa verschweigende oder nur im Allgemeinen bezeichnende Schuldanerken568
20. Titel: Schuldversprechen, Schuldanerkenntniß
§ § 780 — 782
nungsvertrag. Für das Gegentheil lasse sich auch nicht anführen, was die Rechtsgeschichte über den Abrechnungs- oder Berechnungsvertrag lehre. Nach der rechtsgeschichtlichen Entwickelung stehe die Frage, inwiefern Abrechnung und Berechnung eine genügende causa debendi sei, in engster Verbindung mit der verbindlichen Kraft des indiskreten Schuldscheins. Nachdem dieser für verbindlich erklärt sei, könne der Verlauf jener rechtsgeschichtlichen Entwickelung füglich auf sich beruhen. Eine ganz andere Frage sei es, inwiefern die nur mündliche Anerkennung einer schriftlich gelegten und ausgehändigten Rechnung für wirksam zu erklären sei (zu vgl. Handelsgesetzbuch Artikel 294). Diese Frage stehe gegenwärtig nicht zur Erörterung. 2. Mit der zweiten, in dem Antrage vorgeschlagenen, auf die Zulässigkeit der Einwendungen sich beziehenden Abweichung verhalte es sich sichtbar ähnlich wie mit der ersten. Dieselbe führe aus ähnlichen Gründen zu einer tiefen Erschütterung des anderen Prinzips, nach welchem dem Schuldner gestattet sein solle, gegen das solvendi causa ertheilte abstrakte Schuldbekenntniß alle Einwendungen geltend zu machen, die gegen die Verbindlichkeit, zum Zweck deren Erfüllung promittirt wurde, zulässig waren, selbst wenn sie dem Schuldner bei der Ertheilung des Versprechens bekannt gewesen. Es sei unerweislich, daß dieses von mehreren Mitgliedern nachdrücklich bekämpft und vielleicht nach Feststellung der Rechtsnormen über die Schenkung von Neuem der Prüfung zu unterziehende Prinzip gerade für das eine Abrechnung oder Berechnung in Bezug nehmende Schuldbekenntniß weniger passe, als für jede andere abstrakte Schuldanerkennung. I Es lag ferner der Antrag vor: | Prot 11757 in diesen Abschnitt als Ergänzung zu Artikel 925 (in der von der Kommission beschlossenen Fassung) oder nach Befinden nachträglich in den Abschnitt von der Uebertragung der Forderungen (vgl. preußisches A.L.R.I, 11 §412) eine Bestimmung des Inhalts aufzunehmen: „Hat ein Schuldner bei oder nach der Uebertragung der gegen ihn gerichteten Forderung auf einen neuen Gläubiger dem letzteren ein schriftliches Anerkenntniß der Schuld ausgestellt, so kann er dem neuen Gläubiger gegenüber Einwendungen gegen die Schuld (und Gegenforderungen) nicht geltend machen, welche ihm gegen den bisherigen Gläubiger zustanden und ihm bekannt waren." Die Mehrheit entschied gegen die Aufnahme der vorgeschlagenen Bestimmung. Sie ging davon aus: Die in dem Antrage angezogene Vorschrift des preußischen A.L.R. enthalte einen Grundsatz, der über die vorgeschlagene Bestimmung weit hinausgehe. Nach derselben werde, wenn der debitor cessus den Zessionar als Gläubiger anerkenne, also sich nicht darauf beschränke, nur die Richtigkeit der Schuld anzuerkennen, ein solches Anerkenntniß ähnlich beurtheilt, wie im Falle der Assignation die dem Anweisungsempfänger gegenüber abgegebene Annahmeerklärung des Angewiesenen, so daß der Schuldner alle Einwendungen verliere, die er gegen die zedirte Forderung habe geltend machen können, gleichviel ob sie ihm bekannt gewesen seien oder nicht. Wie diese Bestimmung juristisch aufzufassen und wie das sich daraus ergebende Rechtsverhältniß zu konstruiren sei, könne dahingestellt bleiben. Auf sich beruhen müsse ferner, ob eine ähnliche Vorschrift für das Gesetzbuch sich empfehle. Ein desfallsiger Antrag sei bisher nicht gestellt. Der vorliegende Antrag bezwecke ein Anderes. Nach ihm solle der debitor cessus, welcher bei oder nach der Zession dem Zessionar ein schriftliches Anerkenntniß der Schuld ertheile, also nur die Richtigkeit der Schuld anerkenne, zwar der Einwendungen gegen die letztere nicht verlustig gehen, jedoch diejenigen Einwendungen nicht 569
§§780-782
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
I Prot 1 1758 mehr erheben | dürfen, die ihm bei Ertheilung des Schuldbekenntnisses bekannt waren. Darin liege einleuchtend nichts weiter, als eine Ausnahme von dem zuvor unter 2. (S. 1756) erwähnten Prinzipe. Zu einer solchen Ausnahme fehle es aber wieder an zureichenden Gründen. Namentlich dürfe nicht geltend gemacht werden, das Anerkenntniß könne, wenn es bei der Zession abgegeben sei, den Zessionar bestimmt haben, auf das Zessionsgeschäft sich einzulassen. Dieser Grund dürfte es doch nur rechtfertigen, die vorgeschlagene Bestimmung auf den Fall zu beschränken, wenn die Anerkennung bei dem Abschlüsse des Zessionsvertrages, und nicht später, erfolgt sei. Allein gerade für diesen Fall sei sie überflüssig, da der Zessionar durch andere Vorschriften, insbesondere die über die Vertretung rechtswidriger Handlungen geschützt sei (Zu vgl. Civilprozeßordnung § 73914). Man wandte sich zur Beurtheilung des Falls, wenn Jemand einem Anderen gegenüber vertragsmäßig anerkennt, daß dieser nicht sein Schuldner sei (die sogenannte negative Schuldanerkennung). Auf diesen Fall beziehen sich die Anträge N2 3 § b in Verbindung mit § a Absatz 1, N^ 2¿ und * und N^ 1 § 924* (Protokolle S. 1728 ff.). Bei der Prüfung des Falls wurde von mehreren Mitgliedern geltend gemacht: Für die Erledigung desselben sei von Bedeutung der § 259 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokoll vom 13. Dezember 1882, S. 1473 — 1475), welcher laute: „Wird von dem Gläubiger dem Schuldner in einem mit diesem abgeschlossenen Vertrage die Schuld ganz oder theilweise erlassen, so erlischt das Schuldverhältniß, soweit der Erlaß reicht. Ein von dem Schuldner nicht angenommener Verzicht des Gläubigers auf die Forderung ist unverbindlich." Der § 259 beruhe nach dem erwähnten Protokolle auf der Auffassung: Der Erlaß gehöre zu den abstrakten Verträgen; die ihm zu Grunde liegende causa könne der verschiedensten Art sein und möglicherweise auch in einer Schenkung bestehen. Bei dieser Auffassung erscheine der Erlaßvertrag dem abstrakten negativen Schuldanerkennungsvertrage nahe verwandt. Theoretisch ließen sich allerdings beide Fälle I Prot 1 1759 unterscheiden. Die abstrakte Erklärung: eine bestimmte Schuld | werde erlassen, beruhe auf der Voraussetzung, die Schuld habe bis dahin bestanden, — die abstrakte Erklärung: eine bestimmte Schuld bestehe nicht, unterstelle das Nichtbestehen der Schuld schon zur Zeit der Erklärung. Allein die Abstraktheit beider Erklärungen bringe dieselben einander so nahe, daß sie — mindestens vom praktischen Standpunkte — derselben Beurtheilung unterliegen müßten. Wer abstrakt erkläre, ihm stehe eine bestimmte Forderung nicht zu, habe den Rechtswillen, daß die Forderung, auch wenn sie bisher bestanden habe, aufgehoben sein solle, sofern er nicht etwa das Nichtbestehen der Forderung irrig vorausgesetzt habe; diesem Erfolge seiner Erkärung wohne, da diese sonst zwecklos sein würde, die Hauptbedeutung bei, so daß dieselbe sogar als eine solche sich auffassen lasse, die einen abstrakten Erlaß enthalte, und andererseits liege in der abstrakten Erklärung, die Forderung werde erlassen, kaum mehr, als die Erklärung, es bestehe die Forderung nicht. So viel leuchte aber ein, daß im praktischen Leben beide Fälle schwer von einander zu trennen und beide aus ähnlichen Gründen denselben Rechtsnormen zu unterwerfen seien, weshalb dies für das Schuldversprechen und das Schuldbekenntniß beschlossen sei (S. 1753 ff.). Uebergangen dürfe übrigens der negative Schuldanerkennungsvertrag nicht werden, weil sonst seine Verbindlichkeit sich bezweifeln lasse. u ZPO § 840.
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Die Mehrheit trat der vorstehenden Auffassung bei und beschloß daher, daß für den abstrakten Erlaßvertrag und für den abstrakten negativen Anerkennungsvertrag sowohl hinsichtlich der ihre Gültigkeit bedingenden Form als hinsichtlich der materiellen Wirkungen dieselben Grundsätze zu gelten haben. Zur Prüfung gelangte, ob für beide Verträge die mündliche Form für genügend zu erachten oder ob die Gültigkeit davon abhängig zu machen sei, daß der Gläubiger die entscheidende Erklärung in schriftlicher Form ertheilt habe. Es zeigte sich eine Verschiedenheit der Ansichten. Einige Mitglieder vertraten die Meinung, die mündliche Form sei, entsprechend der aus der Fassung der § 259 a.a.O. sich ergebenden Bestimmung, für ausreichend anzusehen. Sie führten zur Rechtfertigung dieser Ansicht an: I Sowohl bei dem einen als bei dem anderen Vertrage könne der Trennungs- |Proti 1760 oder Isolierungswille des Gläubigers oder der Wille, sich abstrakt zu verpflichten, niemals zweifelhaft sein. Weiter seien besondere Gefahren von der, die mündliche Form für zureichend erklärenden Vorschrift nach der Natur der Dinge nicht zu besorgen. Insbesondere könne von der Gefahr nicht die Rede sein, die Vorschriften über die für die Schenkung erforderliche Form würden leichter Weise zu umgehen sein. Dieser Gefahr lasse sich durch geeignete Bestimmungen in dem Abschnitte über Schenkungen begegnen. Vor Allem aber komme in Betracht, daß beide Verträge zu den Veräußerungsverträgen oder den sogenannten dinglichen Verträgen gehören, daß dies nach S. 1474 der Protokolle für den Erlaßvertrag ausdrücklich anerkannt und auch in keiner Weise zu bestreiten sei, daß aber nach den bisherigen Beschlüssen das Gesetzbuch auf dem Prinzipe beruhen werde, der Veräußerungsvertrag sei ein von der materiellen causa abgelöster abstrakter Vertrag, der deshalb, weil er abstrakt sei, einer besonderen Form nicht unterliege. Andere Mitglieder glaubten dagegen, nachdem einmal für das abstrakte Schuldversprechen und Schuldbekenntniß die schriftliche Form für erforderlich erklärt sei, würde es inkonsequent sein, für den abstrakten Erlaßvertrag und den abstrakten negativen Schuldanerkennungsvertrag das Gegentheil zu bestimmen, eine Inkonsequenz, die um so weniger sich billigen lasse, als von dem Erforderniß der Schriftform sich besondere Nachtheile oder Uebelstände nicht besorgen ließen. Die Mehrheit billigte die erste Ansicht aus den dafür nach dem Obigen geltend gemachten Gründen. Anlangend die Wirkungen beider Verträge, so bestand Einverständniß, daß Anfechtungs- und Vertheidigungsrecht des Gläubigers von den Voraussetzungen abhängig zu machen sei, welche die Rückforderung einer Leistung wegen ungerechtfertigter Bereicherung begründen. Es erübrigte die Entscheidung der Frage, inwiefern eine Quittung, insbesondere eine solche, in welcher der Gläubiger die Schuld für getilgt erklärt, als ein abstrakter Erlaß- oder negativer Anerkennungsvertrag anzusehen sei, so daß dieselbe materiell das Erlöschen des Schuld- | Verhältnisses in |Proti 1761 gleicher Art wie die Erfüllung bewirkt (zu vgl. Dresdener Entwurf Art. 342)15 und ob eine desfallsige Bestimmung in das Gesetzbuch aufzunehmen sei. Die Mehrheit erklärte sich gegen die Aufnahme einer Bestimmung der beregten Art, indem sie erwog: Ob die Quittung eine Auslegung gestatte, wonach sie die Eigenschaft einer abstrakten Erklärung des bezeichneten Inhalts annehme, werde einestheils von ihrem 15
Der Art. lautet: Ein Schuldverhältniß erlischt mit der Wirkung der Zahlung, wenn der Gläubiger dem Schuldner gegenüber ohne Bezeichnung des Tilgungsgrundes die Schuld für getilgt erklärt.
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Inhalte und ihrer Fassung und anderntheils von der wechselnden Verkehrssitte und der gewissen Ausdrücken im Verkehr gewöhnlich beigelegten Bedeutung abhängen. Es empfehle sich deshalb nicht, durch eine positive Vorschrift einzugreifen, vielmehr sei es vorzuziehen, die Prüfung des einzelnen Falls dem Richter zu überlassen. Die Fassung der beschlossenen Vorschrift blieb der Redaktion vorbehalten. 179. Sitzung vom 23. 2. 1883, Schriftführer Neubauer | Die Berathung betreffend den „Schuldanerkennungsvertrag" wurde fortgesetzt, und wandte sich zu der Prüfung, ob und welche Bestimmungen über die Wirksamkeit des außergerichtlichen auf eine positive oder negative Thatsache sich beziehenden Geständnisse aufzunehmen seien. In dieser Hinsicht lagen, abgesehen von dem aus dem Antrage, welcher im Eingange des Protokolls vom 16. d. Mts. (S. 1733) unter 3* §§ c. d. mitgetheilt ist, ersichtlichen Vorschlage, folgende Anträge vor: Gebhard 1. in dem vom Beweise handelnden Abschnitt des Allgemeinen Theils einen Paragraphen folgenden Inhalts aufzunehmen: „Wird das Bestehen oder Nichtbestehen einer Thatsache vertragsmäßig anerkannt, so bedarf der zugestandene Sachverhalt in einem zwischen den Vertragschließenden geführten Rechtsstreite keines Beweises. Der Vertrag ist nur dann gültig, wenn die Anerkennungserklärung in einer zu diesem Zweck errichteten Urkunde abgegeben ist. Der Anerkennende kann das Anerkenntniß widerrufen, wenn er beweist, daß der zugestandene Sachverhalt der Wahrheit nicht entspreche; hatte der AnerkenI Prot 1 1764 nende zur Zeit der Hingabe der Anerkennungs- | erklärung Kenntniß von der Unwahrheit, so ist der Widerruf ausgeschlossen. Der Antragsteller beantragte, statt des letzten Absatzes dieses Vorschlags zu bestimmen : „Der Anerkennende kann das Anerkenntniß widerrufen, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter welchen eine Vermögenszuwendung wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückgefordert werden kann. Beweist der Anerkennende, daß der zugestandene Sachverhalt der Wahrheit nicht entspricht, so gilt das Anerkenntniß als unter der Voraussetzung der Wahrheit abgegeben, sofern nicht dargethan wird, daß der Anerkennende zur Zeit der Hingabe der Anerkennungs-Erklärung Kenntniß von der Unwahrheit hatte." I Prot 1 1763
Kurlbaum
2. die beiden ersten Absätze des Antrags zu 2 zu fassen: „Wird durch Vertrag das Bestehen oder Nichtbestehen einer Thatsache für ein Rechtsverhältniß unter den Vertragschließenden anerkannt, so gilt der zugestandene Sachverhalt unter den Vertragschließenden für das bezeichnete Rechtsverhältniß als feststehend. Der Vertrag ist nur dann gültig, wenn die Anerkennungs-Erklärung in einer zu diesem Zwecke errichteten Urkunde gegeben ist. Soll die Vornahme eines Rechtsgeschäfts festgestellt werden, welches auf Seiten des Anerkennenden einer gewissen Form oder der Genehmigung eines Dritten bedarf, so ist dieselbe Form und Genehmigung auch für die Anerkennungs-Erklärung erforderlich."
Windscheid
3. der Antrag zu bestimmen: „Ein Vertrag, worin Jemand anerkennt, daß eine Thatsache wirklich oder nicht wirklich sei, hat zur Folge, daß die als bestehend anerkannte Thatsache nicht bestritten, die als nicht bestehend anerkannte nicht behauptet werden darf." 572
20. Titel: Schuldversprechen, Schuldanerkenntniß
§ § 780 — 782
4. in das Einführungsgesetz zum bürgerlichen Gesetzbuche eine den §381 der v.Schmitt Civilprozeßordnung im Sinne der §§ 563ff. | des Norddeutschen Civilprozeßord- |Proti 1765 nung-Entwurfs abändernde Bestimmung (Fassung vorbehalten) aufzunehmen (vgl. §§ 351—353 des preußischen Regierungs-Entwurfs zur Deutschen CivilprozeßOrdnungvon 1871) 16 . Die Mehrheit beschloß, über das gedachte außergerichtliche Geständniß seien überhaupt in das Gesetzbuch keine Bestimmungen aufzunehmen, vorbehaltlich der Prüfung bei Berathung des Einführungsgesetzes oder des die Civilprozeßordnung berichtigenden oder ergänzenden Gesetzes, ob eine Vervollständigung der Vorschriften der Civilprozeßordnung über den Urkundenbeweis im Sinne des Antrags Nr. 4 erforderlich sei. Erwogen war: Es seien zwei Fälle sorgfältig von einander zu unterscheiden : 1. Der erste Fall sei, wenn ein Vertrag geschlossen worden, worin der eine Theil zugestehe, daß eine solche Thatsache sich zugetragen oder nicht zugetragen habe, aus welcher für den andern Theil unmittelbar ein Anspruch oder die Befreiung von einem Anspruch, wenn auch vielleicht nur bedingt, entstehe, z. B. zugestanden werde, daß eine gewisse Summe als Darlehen gezahlt oder eine als Darlehen empfangene Summe zurückgezahlt sei. Ein solcher Vertrag werde regelmäßig als positiver oder negativer Schuldanerkenntnißvertrag beziehungsweise dahin aufzufassen sein, daß das Bestehen oder nicht fernere Bestehen einer Schuld anerkannt sei. Ueber ihn seien besondere Bestimmungen im Gesetzbuch also nicht erforderlich. 2. Der zweite Fall sei, wenn der Vertrag nur bezwecke, die Richtigkeit einer positiven oder negativen Thatsache festzustellen, damit dieselbe in einem künftigen Rechtsstreite von derjenigen Partei, welcher gegenüber das Geständniß abgelegt sei, nicht erwiesen zu werden brauche, bezw. damit die Partei, welche das Geständniß abgelegt hat, in dem | Rechtsstreite die betreffende Thatsache nicht bestreiten bezw. | Prot 11766 nicht behaupten dürfe. Ein solcher Vertrag sei ein Beweisvertrag. Angenommen, das Geständniß sei nur mündlich abgelegt, so liege sicherlich kein Bedürfniß vor, den das Geständniß enthaltenden Vertrag als solchen für verbindlich anzuerkennen, und damit einestheils von der Regel abzuweichen, daß die prozeßrechtlichen Normen durch Vertrag nicht geändert werden können und anderntheils eine neue positive Beweisregel zu schaffen. Das Prinzip der freien Beweiswürdigung erscheine vollkommen ausreichend. Dies sei auch der Standpunkt der Civilprozeßordnung, bei deren Berathung es abgelehnt sei, die Beweiskraft des außergerichtlichen Geständnisses zu regeln. Einer abweisenden Beurtheilung könne nur der Fall unterliegen, wenn das Geständniß schriftlich abgelegt und darüber dem anderen Theile eine Urkunde ertheilt sei. Unverkennbar handele es sich aber bei diesem Falle um die dem prozeßrechtlichen Gebiete angehörenden Vorschriften über die Beweiskraft der Urkunden. Die Civilprozeßordnung rede in den einschlagenden §§ 380 und 381 nur von der Beweiskraft der dispositiven (d. h. den Abschluß eines gewöhnlichen Rechtsgeschäfts, nicht eines Beweisvertrages, ergebenden) Urkunde. Sie enthalte dagegen keine Bestimmungen darüber, inwiefern dasjenige, was nach dem Inhalte einer nichtdispositiven Urkunde von einer Partei als wirklich erklärt zu betrachten sei, auch als richtig zu gelten habe. Bei der Berathung der Prozeßordnung sei zum Theil die Auffassung durchgedrungen, über die Beweiskraft des in einer solchen 16
S. den (gedruckten) ,Entwurf einer Civilprozeßordnung für den Norddeutschen Bund', Berlin 1870.
573
§§780-782
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Urkunde enthaltenen Geständnisses seien wegen des Prinzips der freien Beweiswürdigung besondere Vorschriften nicht nöthig, zum Theil angenommen, solche Vorschriften fielen in den Bereich des bürgerlichen Rechts. Das letztere sei nun als richI Prot 1 1767 tig nicht anzuerkennen, und das erstere mindestens bedenklich. Der | Norddeutsche Entwurf, ingleichen der in den Bundesrath gelangte Entwurf einer Deutschen Civilprozeßordnung (von 1871) hätten auch ausführliche Bestimmungen in der fraglichen Beziehung enthalten (vgl. Norddeutschen Entwurf §§ 563 ff., Entwurf von 1871 §§ 351—353). Diese Bestimmungen seien indessen aus den angegebenen Gründen in Wegfall gekommen. Es erhebe sich jetzt allerdings die Frage, ob nicht bei Einführung des bürgerlichen Gesetzbuchs die Civilprozeßordnung durch Bestimmungen der bezeichneten Art zu ergänzen sei. In das bürgerliche Gesetzbuch würden die letzteren jedoch nicht gehören, sie könnten nur in dem Einführungsgesetze zu demselben oder in einem die Civilprozeßordnung berichtigenden oder ergänzenden Gesetze ihre Stelle finden, demzufolge die beregte Frage mindestens vorläufig auf sich zu beruhen habe. Der Beschluß machte es entbehrlich, über verschiedene Einzelnheiten zu entscheiden, in Ansehung welcher sich bei der Erörterung der Anträge eine Verschiedenheit der Ansichten gezeigt hatte, insbesondere, ob Vorsorge zu treffen sei, daß die Beweiskraft des Geständnisses auf bestimmte Rechtsverhältnisse beschränkt bleibe und nicht auf solche erstreckt werde, an die bei Ablegung des Geständnisses nicht gedacht worden, daß ferner der Wirksamkeit der leges absolutae kein Abbruch geschehe; sodann, wie das Anfechtungs- oder Widerrufsrecht desjenigen, der das Geständniß abgelegt hat, zu regeln sei. Die Berathung ging zur Prüfung der Frage über, ob und welche Bestimmungen über den Vertrag erforderlich seien, in welchem der eine Theil dem anderen Theile gegenüber ein Rechtsverhältniß nicht obligatorischer Natur als bestehend oder nicht bestehend anerkannt hat. Auf diese Frage bezieht sich der aus dem im Eingange des Protokolls vom 16. Februar d. Jr. unter N e 3a §§ c und d — vgl. S. 1733 — I Prot 1 1768 mitgetheilten Antrage ersichtliche Vor-1 schlag. Die Mehrheit beschloß, über den betreffenden Fall sei in das Gesetzbuch gleichfalls eine Bestimmung nicht aufzunehmen. Sie ging davon aus: Dem zur Erörterung stehenden Anerkenntnisse könne zweifellos nicht durch eine allgemeine Bestimmung die Wirkung beigelegt werden, daß es das fragliche Rechtsverhältniß selbst zur Entstehung bringe oder aufhebe. Es werde Aufgabe der übrigen speziellen Theile des Gesetzbuchs (Sachenrecht, Familienrecht, Erbrecht) sein, über die Wirkung eines solchen Anerkenntnisses in der angegebenen Beziehung das Nöthige zu bestimmen. Eine andere Frage sei, ob nicht dem in Betracht kommenden Anerkenntnisse eine obligatorische Wirkung der Art beizulegen sei, daß der Anerkennende die Verpflichtung überkomme, dem anderen Theile gegenüber sich so behandeln zu lassen, als ob das Rechtsverhältniß bestehe oder nicht bestehe und demgemäß diese oder jene Leistung zu bewirken oder ein Handeln oder Verfahren des anderen Theils zu gestatten und zu dulden. Nun sei es aber doch in hohem Grade bedenklich, dem Anerkenntnißvertrage durch eine positive Vorschrift den erwähnten Sinn beizulegen. Ob der Vertrag in dieser Weise aufzufassen sei, hänge von den Umständen des einzelnen Falles ab. Ergebe sich, daß ihm ein obligatorischer Charakter der bezeichneten Art beiwohne, so würde er als ein Schuldanerkennungsvertrag im weiteren Sinne sich darstellen und nach den für den letzteren beschlossenen Normen entsprechend zu beurtheilen sein, ohne daß es in dieser Hinsicht einer besonderen Bestimmung bedürfe. 574
20. Titel: Schuldversprechen, Schuldanerkenntniß
§ § 780 — 782
Zum Schluß verständigte man sich dahin : 1. Wo die über das Schuldversprechen, das Schuldbekenntniß und die Anerkennung des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses beschlossenen Vorschriften einzustellen seien, soll bei der Redaktion geprüft werden. I 2. Ist eine Kondiktion wegen ungerechtfertigter Bereicherung zulässig, so fin- |Proti 1769 det auch eine Einrede statt. Dies ist selbstverständlich und bedarf keiner besonderen Bestimmung. 183. Sitzung vom 5. 3. 1883, Schriftführer Neubauer 17 I Früher ist beschlossen, daß, wenn zum Zweck der Erfüllung einer Verbindlich- | Prot 11807 keit ein abstraktes Schuldversprechen oder Schuldbekenntniß ertheilt ist, der Schuldner befugt sei, sich aller gegen jene Verbindlichkeit zulässigen Einreden zu bedienen (Pro-1 tokoll vom 19. Februar 1883 S. 1746). Es ist vorbehalten, den Be- |Prot 11808 schluß von Neuem bei Berathung des Abschnitts über die Schenkung der Prüfung zu unterziehen (Protokoll vom 21. Februar 1883, S. 1756). Nachdem man sich verständigt hatte, nunmehr in diese vorbehaltene neue Prüfung einzutreten, beschloß die Mehrheit die Aufhebung jenes Beschlusses. Erwogen war: Der frühere, schon an sich in hohem Maße anfechtbare Beschluß werde durch den jüngst gefaßten Beschluß, wonach in der Ertheilung eines abstrakten SchuldVersprechens oder Bekenntnisses keine Schenkungsvollziehung liegen solle, zum großen Theile entbehrlich. Aus diesem Beschluß folge, daß der Schuldner, der das abstrakte Versprechen oder Bekenntniß nicht in gerichtlicher oder notarieller Form ertheilt habe, die Nichtigkeit desselben geltend machen könne, mindestens aber zur condicitio sine causa berechtigt sei, weil eine nicht kraft rechtsgültigen Willens erfolgte Zuwendung vorliege (Zusammenstellung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse § 273; Protokolle vom 15. und 17. Januar 1883 S. 1584ff.)> daß er mithin auch die Erfüllung des Versprechens verweigern könne. Der ältere Beschluß sei also nur noch für die Fälle von Belang, wenn in gerichtlicher oder notarieller Form das abstrakte Versprechen oder Bekenntniß abgegeben sei. Seine Bedeutung werde hierdurch dergestalt abgeschwächt, daß im Hinblick auf die erheblichen Bedenken, die sich gegen ihn geltend machen ließen, seine Beseitigung den Vorzug verdiene. II. In der RedVorl und ZustOR lauten die beschlossenen Vorschriften : Der Schuldner, welcher ein den Verpflichtungsgrund nicht enthaltendes oder RedVorl § 303 nur im Allgemeinen bezeichnendes Schuldversprechen oder Schuldanerkenntniß (schriftlich) ertheilt hat, kann nur nach Maßgabe der Grundsätze, welche für die Rückforderung einer Leistung wegen ungerechtfertigter Bereicherung gelten (§§ 262 — 273), die Erfüllung der aus dem Versprechen oder Anerkenntniß sich ergebenden Verpflichtung verweigern oder Befreiung von der letzteren verlangen. Die (entsprechende) Anwendbarkeit der Vorschriften über Rückforderung wegen ungerechtfertigter Bereicherung wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß von dem Schuldner durch Ertheilung des Versprechens oder Anerkenntnisses gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen worden ist (§§ 268, 273). Das Versprechen einer Leistung oder das Anerkenntniß zu einer Leistung ver- RedVorl/ pflichtet zu sein, sofern dasselbe in schriftlicher Form ertheilt und sofern es von ZustOR § 302
17
S. die Beratungen auf dieser Sitzung im übrigen bei § 518 und § 519 BGB. 575
§ § 7 8 0 - 782
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
dem Gläubiger angenommen wird, ist gültig, auch wenn darin ein besonderer Verpflichtungsgrund nicht angegeben oder nur im Allgemeinen bezeichnet ist.18 ZustOR § 303 Der Schuldner, welcher ein den Verpflichtungsgrund nicht enthaltendes oder nur im Allgemeinen bezeichnendes Schuldversprechen oder Schuldanerkenntniß ertheilt hat, kann die Erfüllung der aus dem Versprechen oder Anerkenntnis sich ergebenden Verpflichtung verweigern oder Befreiung von der letzteren verlangen, wenn die Voraussetzungen vorhanden sind, welche für die Rückforderung einer Leistung wegen ungerechtfertigter Bereicherung gelten (§§ 262 — 273). Die Vorschriften der §§ 262 — 266 finden Anwendung, wenn die Urkunde in der Voraussetzung ertheilt ist, daß eine Verbindlichkeit zu der versprochenen Leistung oder die anerkannte Verbindlichkeit bestanden habe. Die Verweigerung der Erfüllung und der Anspruch auf Befreiung wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß von dem Schuldner durch Ertheilung des Versprechens oder Anerkenntnisses gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen worden ist. Bei der Redaktion der zum Obligationenrecht gefaßten Beschlüsse wurde beschlossen, in § 303 Abs. 2 Zeile 3 soll vor: „Voraussetzung" mit Rücksicht auf die Fassung des § 262 eingeschaltet werden: „ausdrücklichen oder stillschweigenden". (Prot. I 3288) Bei Beratung der Anträge, welche gestellt waren in Betreff der Drucklegung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse war beantragt (303. Sitzung vom 19. 3. 1884): I Prot I 3555 | 38. § 677 (ZustOR § 302) in Abweichung von der bei dem Druck veränderten Kurlbaum Fassung zu fassen: (Nr. 570 IV) Das Versprechen — verpflichtet zu sein, sind, sofern sie von dem Schuldner in schriftlicher Form ertheilt und von dem Gläubiger angenommen werden, auch dann I Prot I 3556 | gültig, wenn pp. I Prot 1 3558 | g) den § 677 zu fassen: v. Weber „Ein von dem Gläubiger angenommenes Versprechen einer Leistung oder Aner(Nr571,7) kenntniß, zu einer Leistung verpflichtet zu sein, in welchem ein besonderer Verpflichtungsgrund nicht angegeben oder nur im Allgemeinen bezeichnet ist, ist nur I Prot I 3559 dann gültig, wenn es von dem Schuldner in schrift- | licher Form ertheilt ist." Die Beschlußfassung über den Antrag 38 wurde ausgesetzt bis zur Erledigung des Antrags g) (Prot. I 3560), sodann dessen Erledigung vertagt bis zur nächsten Sitzung (Prot. I 3562). 304. Sitzung vom 21. 3. 1884, Schriftführer Neubauer I Prot I 3563
| Fortgesetzt wurde zunächst die Berathung, betreffend die Drucklegung der in Ansehung des Obligationenrechts gefaßten Beschlüsse. Es lag der neue Antrag vor: Planck 1. den § 677, über welchen die Beschlußfassung noch ausgesetzt war (S. 3562), (Nr 573, 1) dahin zu fassen: „Ein von dem Gläubiger angenommenes Versprechen einer Leistung oder Anerkenntnis zu einer Leistung verpflichtet zu sein, ist, wenn darin ein besonderer Verpflichtungsgrund nicht angegeben oder nur im Allgemeinen bezeichnet ist, nur dann gültig, wenn es von dem Schuldner in schriftlicher Form ertheilt ist." 18
Zu § 302 ist in der RedVorl angemerkt: Zu vergi. Schweizer Obi. Rt.Art. 15.
576
20. Titel: Schuldversprechen, Schuldanerkenntniß
§ § 780 — 782
2. Den Eingang des § 678 (ZustOR § 303) dahin zu fassen: „Wer ein Schuldversprechen oder Schuldanerkenntniß ertheilt hat, kann die Erfüllung . . . u.s.w." Beschlossen wurde die Aufnahme des § 677 in der während der Berathung vorgeschlagenen Fassung: „Ist in einem von dem Gläubiger angenommenen Versprechen einer Leistung oder Anerkenntnisse, zu einer Leistung verpflichtet zu sein, ein besonderer Verpflichtungsgrund nicht angegeben oder nur im Allgemeinen bezeichnet, | so ist das Versprechen oder Anerkenntniß nur dann gültig, wenn es von dem Schuldner in schriftlicher Form ertheilt ist." Die beantragte Aenderung des § 678 wurde abgelehnt. III. Im KE hat § 677 eine dem vorstehend mitgeteilten Beschluß entsprechende Fassung. § 303 ZustOR entspricht im KE § 678 mit der Prot. I 3288 beschlossenen Einschaltung; die zit. Vorschriften sind a. E. des 1. Absatzes: „§§ 731 bis 742" und im 2. Absatz: „§§ 731 bis 735". Bei der Redaktion einzelner Bestimmungen des Obligationenrechts war zu § 678 beantragt: In Absatz 2 statt „in der ausdrücklichen oder stillschweigenden Voraussetzung" zu setzen: „in der ausdrücklich oder stillschweigend erklärten Voraussetzung", (zu vergi. § 736). Die vorgeschlagene Ergänzung der Fassung des § 678 wurde gebilligt. (Prot. I 6184) Bei der 2. Beratung des KE war beantragt: 111. zu § 677. den Paragraphen zu fassen : „Ist in einem Versprechen einer Leistung oder in einem Anerkenntnisse . . . ertheilt und von dem Gläubiger angenommen ist." (Zur Beseitigung der Härte „oder Anerkenntnisse" auf Z. 2). Beschlossen wurde, unter Ablehnung des Antrages, in Zeile 2 zwischen „oder" und „Anerkenntnisse" einzuschalten: „in einem von dem Gläubiger angenommenen". 12. zu § 678. a, Abs. 1 das eingeklammerte Allegat zu streichen und in Zeile 1/2 das Wort „enthaltendes" zu streichen. (Ob das Versprechen den Verpflichtungsgrund „enthält", das ist hier die Frage.) b, am Schlüsse von Abs. 1 zu streichen : „(§§731 bis 742)." Beschlossen wurde, in § 678 Abs. 1 Zeile 1/2 statt „enthaltendes" zu setzen „angebendes", sowie am Schlüsse das Allegat „(§§ 731 bis 742)" zu streichen. 13. zu §§ 288 19 , 678. hinter den dritten Absatz des § 288 in dessen jetzt beschlossener Fassung folgenden dem zweiten Absätze des § 678 entsprechenden Absatz hinzuzufügen:
19 S. bei $ 397 BGB.
577
Planck (Nr 573, 2)
KE § 677 | Prot I 3564
v. Weber (Nr 578)
IProtl 11839 Johow (Nr 615,6)
Kurlbaum (Nr 601, 10)
v. Mandry (Nr 617, 51)
Planck (Nr 626)
§§780-782
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
„Die Vorschriften der §§ 731 bis 735 finden Anwendung, wenn der Erlaß oder das Anerkenntniß, daß ein Schuldverhältniß nicht bestehe, in der ausdrücklich oder stillschweigend erklärten Voraussetzung erfolgt ist, daß die erlassene oder als nicht bestehend anerkannte Schuld nicht bestanden habe." I Prot 1 11840 | Beschlossen wurde : 1. Annahme des Antrages zu $ 288 mit der Maßgabe, daß zu setzen ist statt »finden Anwendung" „finden entsprechende Anwendung" und am Schlüsse statt „nicht bestanden habe" „nicht bestehe"; 2. auch im §678 Abs. 2 statt „finden Anwendung" zu setzen „finden entsprechende Anwendung" und statt „bestanden habe" „bestehe". Die Kommission hatte erwogen: durch die Vorschrift des § 678 Abs. 2 werde demjenigen, welcher ein Schuldversprechen erteilt habe (§ 677), die condictio indebiti ausdrücklich auch für die häufigen Fälle zugesprochen, in welchen er zwar gewußt habe, daß er zur Ausstellung des Schuldversprechens oder Schuldanerkenntnisses nicht verpflichtet sei, aber doch die Urkunde in der ausdrücklich oder stillschweigend erklärten unrichtigen Voraussetzung erteilt habe, daß eine Verbindlichkeit zu der versprochenen Leistung oder die anerkannte Verbindlichkeit bestehe. In gleicher Weise habe man auch demjenigen, welcher einen Erlaßvertrag oder einen negativen Anerkennungsvertrag mit dem Bewußtsein, daß er speziell zum Erlasse oder zur Abgabe des negativen Anerkenntnisses nicht verpflichtet sei, aber doch in der unrichtigen Voraussetzung geschlossen habe, daß die Forderung, auf welche der Erlaß oder der negative Anerkennungsvertrag sich beziehe, nicht oder nicht mehr bestehe, die condictio indebiti zugesprochen. Dies sei in der früheren Fassung des § 288 durch die Verweisung auf § 678 Abs. 2 zum Ausdruck gekommen, diese Verweisung aber durch die Prot. S. 11741 beschlossene Aenderung der Fassung des § 288 weggefallen. In der fraglichen Richtung stehe aber der Erlaßvertrag oder negative Anerkennungsvertrag mit dem Schuldversprechen nach wie vor auf gleicher I Proti 11841 Linie. Es han- | dele sich um Ausdehnung der condictio indebiti in der Richtung, daß die das Rückforderungsrecht begründende unrichtige Voraussetzung des Leistenden sich nicht auf die unmittelbare Leistung (Abgabe des Schuldversprechens, des negativen Anerkenntnisses, des Erlasses), sondern nur auf das dahinterliegende Schuldverhältniß beziehen sollte. Hiernach könne in allen Fällen eine entsprechende Anwendung der §§731 bis 735 vorgeschrieben werden. Auch müsse das vorausgesetzte Bestehen oder Nichtbestehen der Verbindlichkeit auf die Zeit des Rechtsgeschäftes bezogen werden. IV. Im E Ilauten §§683, 684: Ist in einem von dem Gläubiger angenommenen Versprechen einer Leistung oder in einem von dem Gläubiger angenommenen Anerkenntnisse, zu einer Leistung verpflichtet zu sein, ein besonderer Verpflichtungsgrund nicht angegeben oder nur im Allgemeinen bezeichnet, so ist das Versprechen oder Anerkenntniß nur dann gültig, wenn es von dem Schuldner in schriftlicher Form ertheilt ist. EI § 684 Der Schuldner, welcher ein den Verpflichtungsgrund nicht angebendes oder nur im Allgemeinen bezeichnendes Schuldversprechen oder Schuldanerkenntniß ertheilt hat, kann die Erfüllung der aus dem Versprechen oder Anerkenntnisse sich ergebenden Verpflichtung verweigern oder Befreiung von der letzteren verlangen, wenn die Voraussetzungen vorhanden sind, welche für die Rückforderung einer Leistung wegen ungerechtfertigter Bereicherung gelten. Die Vorschriften der §§ 737 bis 741 finden entsprechende Anwendung, wenn die
E I § 683
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20. Titel: Schuldversprechen, Schuldanerkenntniß
§ § 780 — 782
Urkunde in der ausdrücklich oder stillschweigend erklärten Voraussetzung ertheilt ist, daß eine Verbindlichkeit zu der versprochenen Leistung oder die anerkannte Verbindlichkeit bestehe. Die Verweigerung der Erfüllung und der Anspruch auf Befreiung wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß von dem Schuldner durch Ertheilung des Versprechens oder Anerkenntnisses gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen worden ist.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war:
Struckmann
Die SS 683, 684 d u r c h f o l g e n d e V o r s c h r i f t e n zu e r s e t z e n :
(Nr 7, 15)
S 683 Die Verpflichtung zu einer Leistung kann durch Vertrag in der Art übernommen werden, daß sie von dem Verpflichtungsgrunde unabhängig ist (Schuldversprechen). Zur Gültigkeit des Schuldversprechens ist jedoch, sofern nicht das Gesetz wegen des Gegenstandes der Leistung eine besondere Form vorschreibt, erforderlich, daß das Versprechen von dem Schuldner in schriftlicher Form ertheilt ist. Vorbehalten bleiben die auf Grund der Vorschriften über Erstattung einer ungerechtfertigten Bereicherung dem Schuldner zustehenden Ansprüche und Einreden. S 684
Auf das Anerkenntniß, zu einer Leistung verpflichtet zu sein (Schuldanerkenntniß), finden die Vorschriften des S x20 mit der Maßgabe Anwendung, daß es zur Gültigkeit des Schuldanerkenntnisses der Angabe des Schuldgrundes der anerkannten Schuld nicht bedarf. II. 80. Sitzung vom 5. 9. 1892 11. Im Zusammenhang mit den SS 683, 684 wandte man sich zunächst zur Be- |Prot-RJA 503 rathung der von der Gesammtkommission seiner Zeit ausgesetzten (vergi. Prot. S. 540 ff) Frage, ob sich empfehle, allgemeine Vorschriften über den Anerkennungsvertrag aufzunehmen. Man entschied sich sachlich für die Aufnahme des folgenden Paragraphen : Wird durch Vertrag das Bestehen eines der Verfügung der Parteien unterliegenden Rechtsverhältnisses von denselben zum Zwecke der Feststellung anerkannt, so 20 Dazu ist angemerkt: Es wird vorgeschlagen, in den Allgemeinen Theil folgende Vorschriften aufzunehmen: Wird das Bestehen eines der Verfügung der Parteien unterliegenden Rechtsverhältnisses, zu dessen Begründung deren Willenserklärung genügt, zum Zwecke der Feststellung vertragsmäßig anerkannt, so ist das Anerkenntniß, vorbehaltlich der auf Grund der Vorschriften über Erstattung einer ungerechtfertigten Bereicherung dem Anerkennenden zustehenden Ansprüche und Einreden, für die Parteien und deren Rechtsnachfolger maßgebend. Zur Gültigkeit des Anerkennungsvertrages ist erforderlich, daß das Anerkenntniß in schriftlicher Form erklärt ist. Schreibt das Gesetz für die Begründung des Rechtsverhältnisses, welches den Gegenstand des Anerkenntnisses bildet, eine Form vor, so ist diese Form auch für den Anerkennungsvertrag erforderlich. Diese Vorschriften finden auf das Anerkenntniß des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses entsprechende Anwendung.
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§§780-782
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
gilt zwischen den Parteien und denjenigen, welche nach Abschluß des Vertrages Rechtsnachfolger derselben geworden sind, das anerkannte Rechtsverhältniß als bestehend. Dritten gegenüber gilt es, vom Abschlüsse des Vertrages an, als zwischen den Parteien bestehend, wenn Gegenstand des Vertrages ein Schuldverhältniß oder ein Verhältniß anderer Art ist, zu dessen Begründung die Willenserklärung der Parteien genügt haben würde. Der Anerkennungsvertrag bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form, es sei denn, daß Gegenstand des Vertrags ein Schuldverhältniß oder ein Verhältniß anderer Art ist, zu dessen Begründung die Willenserklärung der Parteien genügt haben würde. Ist für diese Willenserklärung eine Form vorgeschrieben, so bedarf es derselben auch für den Anerkennungsvertrag. Diese Vorschriften finden auf den Vertrag, durch welchen das Nichtbestehen I Prot-RJA 504 eines Rechtsverhältnisses zum Zwecke der Feststellung anerkannt wird, ent- | sprechende Anwendung. Die Entscheidung, ob und welche besondere Vorschriften bezüglich der Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung nöthig seien, wurde bis zur Berathung der §§ 737 ff. vorbehalten. 1. Für den Beschluß waren im Allgemeinen folgende Gründe maßgebend : Bei dem Anerkennungsvertrage handle es sich nicht, wie die Motive I. S. 385, II. S. 692 annähmen, um die prozeßrechtliche Frage der Beweiskraft des außergerichtlichen vertragsmäßigen Geständnisses, sondern um eine Frage des materiellen Rechts (vergi. Mot. zu §§ 367, 368 des Entw. einer C.P.O.), zu welcher daher das Gesetzbuch Stellung nehmen müsse. Es bestehe, auch abgesehen von dem Schuldanerkennungsvertrage, ein Bedürfniß, das Institut gesetzlich zu regeln. In Ermangelung einer gesetzlichen Vorschrift wäre es zunächst den Parteien nicht möglich, bei der im Wege des Vergleichs erfolgenden, entgeltlichen Anerkennung die Absicht, ein streitiges Rechtsverhältniß ähnlich wie durch Urtheil unter sich außer Streit zu setzen, zu erreichen; sie könnten sich nur obligatorisch verpflichten, sich so zu behandeln, als ob das Rechtsverhältniß so bestände, wie sie es anerkannt haben, womit aber ihrer Absicht nicht genügt würde. Sei also eine Regelung der entgeltlichen Anerkennung nothwendig, so müsse das Institut allgemein anerkannt werden, da das Moment der Entgeltlichkeit für die Natur und Wirkung des Anerkenntnisses ohne Bedeutung sei. Vor allem aber ergebe sich das Bedürfniß für die Aufnahme des Anerkennungsvertrages aus dem Vorgange der Civilprozeßordnung. Wenn nach § 278 C.P.O. 21 die Parteien dadurch ein Leistungs- oder Feststellungsurtheil erlangen könnten, daß der Beklagte den Klageanspruch oder bei Feststellungsklagen das in der Klage als bestehend behauptete Rechtsverhältniß anerkenne, I Prot-RJA 505 so müsse | ihnen auch ein Weg eröffnet werden, ohne die Kosten und Weiterungen des Prozesses durch Rechtsgeschäft die gleiche Wirkung der Feststellung des Rechtsverhältnisses zu erreichen; der Richter habe bei dem auf Anerkenntniß zu erlassenden Urtheile lediglich die durch den Parteiwillen bewirkte Feststellung zu deklarieren; das Urtheil leite seine Kraft in diesem Falle nicht aus der autoritativen Stellung des Richters sondern aus dem Parteiwillen ab, diesem müsse daher auch ohne den Hinzutritt eines Urtheils die gleiche Kraft beigelegt werden. Nicht zutreffend sei der Einwand, es bedürfe eines besonderen Instituts des Anerkennungsvertrags deshalb nicht, weil die Parteien ihre Absicht auf anderem Wege annähernd erreichen könnten, indem sie, statt das Bestehen eines Rechtsverhältnisses anzuerkennen, dasselbe für den Fall des Nichtbestehens begründeten, statt das 2i Z P O § 307. 580
20. Titel: Schuldversprechen, Schuldanerkenntniß
§§ 780 — 782
Nichtbestehen anzuerkennen, das Rechtsverhältniß für den Fall des Bestehens aufhöben und in beiden Fällen sich gegenseitig verpflichteten, einander so zu behandeln, als ob das Rechtsverhältniß schon früher bestanden bezw. nicht bestanden hätte. An ein solches verwickeltes rechtsgeschäftliches Vorgehen dächten die Parteien nicht, und es würde ihre Absicht nur unvollkommen verwirklichen. Es seien auch Fälle zu berücksichtigen, in welchen der Anerkennende das Rechtsverhältniß nicht neubegründen könne oder wo eine Neubegründung ohne gerade verboten zu sein, überhaupt ausgeschlossen sei. W e n n weiter gegen die vorgeschlagene Bestimmung eingewendet werde, in der Anwendung auf dingliche und andere absolute Rechte schaffe der Anerkennungsvertrag nur relative Verhältnisse, welche insbesondere mit den Grundsätzen des Immobiliarrechts im Widerspruch ständen, so gelte einerseits dasselbe von der Feststellung durch Urtheil auf Grund eines Anerkenntnisses, andererseits würden die | Bedenken auf dem Gebiete des Grundbuchrechts durch den öffentlichen Glauben des Grundbuchs beseitigt.
| Prot-RJA 506
2. In Betreff der Einzelheiten des Beschlusses erwog man Folgendes: a) Zur Verdeutlichung empfehle es sich, besonders auszusprechen, daß die V o r schriften sich nur auf ein „zum Zwecke der Feststellung" erfolgendes vertragsmäßiges Anerkenntniß bezögen. b) Die feststellende Wirkung des Anerkennungsvertrages müsse, wenn der Zweck erreicht werden solle, analog der Wirkung des rechtskräftigen Unheils auch auf die nach Abschluß des Vertrages eingetretenen Rechtsnachfolger der Parteien erstreckt werden. Handele es sich um die Feststellung eines Schuldverhältnisses oder eines anderen Rechtsverhältnisses, zu dessen Begründung die bloße Willenserklärung der Parteien genüge, so empfehle es sich, noch einen Schritt weiter zu gehen und dem Anerkenntniß auch Dritten gegenüber die Wirkung beizulegen, daß ihnen gegenüber das anerkannte Rechtsverhältniß vom Abschlüsse des Vertrages an als zwischen den Parteien bestehend gelte. Zwar gehe man damit über die Wirkungen des auf Anerkenntniß erlassenen Urtheils noch hinaus. Allein, wenn die Parteien in der Lage seien, das von ihnen als bestehend anerkannte Rechtsverhältniß im Falle des Nichtbestehens durch ihre bloße Erklärung als ein gegen Dritte wirksames zu schaffen, so sei kein Grund, nicht auch ihrem Anerkenntniß die bezeichnete Wirkung beizulegen. Neben dem Schuldanerkenntniß komme ζ. B. das Anerkenntniß der Abtretung einer Forderung in Betracht; auch der Schuldner müsse sich auf das Anerkenntniß berufen können, unbeschadet natürlich der vor erlangter Kenntniß von der Anerkennung ihn schützenden Vorschriften der §§ 303 ff. 2 2 . Dadurch, daß man dem Anerkenntniß soweit wie möglich, Wirkung gegen Dritte beilege, würden auch die an sich nicht erwünschten Fälle | beschränkt, in denen durch das Anerkenntniß ein bloß relatives Verhältniß geschaffen werde. Neben den Rechtsverhältnissen, zu deren Begründung die bloße Willenserklärung der Parteien genüge, sei das Schuldverhältniß noch besonders zu erwähnen, da nicht immer zur Begründung eines Schuldverhältnisses die bloße Willenserklärung der Parteien genüge, ζ. B. bei einem Darlehen, welches zugleich die Hingabe des Geldes erfordere. Auch in solchen Fällen müsse aber das anerkannte Schuldverhältniß Dritten gegenüber als bestehend gelten, da die Parteien durch ihre bloße Willenserklärung zwar kein wirkliches Darlehen, wohl aber eine abstrakte Obligation mit der Nebenabrede begründen könnten, daß diese unter ihnen wie ein Darlehen d. h. nach den ihrer » S. bei SS 406 ff. BGB. 581
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§§780-782
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Disposition unterliegenden Vorschriften über das Darlehen behandelt werden solle. Insoweit müsse daher auch in Fällen dieser Art die Anerkennung Dritten gegenüber wirken. Im Uebrigen werde freilich die Richtigkeit des in dem Anerkennungsvertrage als Rechtsgrund bezeichneten Verhältnisses Dritten gegenüber nicht festgestellt, ζ. B. nicht die Thatsache, daß in Wirklichkeit ein Darlehen gegeben sei. c) Soweit es sich nicht um die Anerkennung eines Schuldverhältnisses oder eines anderen Rechtsverhältnisses handle, welches die Parteien durch ihre bloße (eventuell in besonderer Form abzugebende) Willenserklärung begründen könnten, müsse der Anerkennungsvertrag an eine strenge Form gebunden werden. Die Anerkennung ζ. B. des Eigenthums von Grundstücken oder eines Erbrechts sei von weittragender Bedeutung. Es bedürfe deshalb einer erschwerten Form, um den Anerkennenden gegen Uebereilung zu schützen und seine auf Feststellung des Verhältnisses gerichtete Absicht außer Zweifel zu setzen; die Formalisierung müsse diejenigen Garantien ersetzen, welche beim gerichtlichen Anerkenntniß das Prozeßverfahren I Prot-RJA 508 biete. Daß durch die Formalisierung der Anerkennungsvertrag an | praktischer Bedeutung verliere, komme demgegenüber nicht in Betracht. Es genüge, wenn das Gesetz den Parteien überhaupt einen Weg eröffne, um ihre Absicht zu erreichen. d) Was für den positiven Anerkennungsvertrag gelte, müsse auch für den negativen gelten. (Abs. 3 des Beschlusses). I Prot-RJA 508 | II. Man ging zur Berathung des § 683 über und beschloß, denselben durch folgende Vorschriften zu ersetzen : §683 EI-RJA Zur Gültigkeit eines Vertrages, durch welchen die Verpflichtung zu einer Lei5 683 stung in der Weise übernommen wird, daß sie von dem Verpflichtungsgrunde unabhängig ist (Schuldversprechen), ist, soweit nicht eine andere Form vorgeschrieben ist, schriftliche Ertheilung des Leistungsversprechens erforderlich. § 683a E I-RJA Zur Gültigkeit eines Vertrages, durch welchen die Verpflichtung zu einer Lei§ 683a stung anerkannt wird (Schuldanerkenntniß), ist schriftliche Ertheilung der Anerkennungserklärung erforderlich. Ist für den Vertrag, durch welchen eine Verbindlichkeit von der Art der anerkannten begründet wird, eine andere Form vorgeschrieben, so bedarf der Anerkennungsvertrag dieser Form. § 683b E I-RJA Der in den §§ 683, 683a vorgeschriebenen schriftlichen Erklärung bedarf es § 683b nicht, wenn das Schuldversprechen oder das Schuldanerkenntniß im Wege des VerI Prot-RJA 509 gleichs oder im Wege der | Abrechnung ertheilt wird. 1. Anlangend das Schuldversprechen, so entschied man sich für die Beibehaltung. Man erwog, daß für die Zulassung des abstrakten Schuldversprechens ein Bedürfniß bestehe sowohl in den Fällen, in denen der Rechtsgrund der Verpflichtung, das Valutenverhältniß, auf dem Verhältnisse des Versprechenden zu einem Dritten beruhe, wie z. B. bei der Annahme einer Anweisung, als auch bei verwickelten Verpflichtungsverhältnissen, in denen der Gläubiger sich gegen Einwendungen aus dem ursprünglichen Verpflichtungsgrunde sichern wolle. Das Schuld versprechen müsse ferner deshalb anerkannt werden, weil das indiskrete Schuld anerkenntniß für das Leben nicht zu entbehren, die Unterscheidung zwischen diesem und dem Schuldversprechen aber praktisch undurchführbar sei. Die Gefahr wucherischer Ausbeutung dieser Rechtsform sei nicht groß, da der Wucherer stets die ihm günstigere Form des Wechsels vorziehen werde. 582
20. Titel: Schuldversprechen, Schuldanerkenntniß
§ § 780 — 782
Die Beschränkung auf die den Verpflichtungsgrund nicht oder nur im Allgemeinen angebenden Schuldversprechen ließ man fallen. 2. Die im § 683b des Beschlusses bestimmte Ausnahme von dem Erforderniß der Schriftform für die Fälle des Vergleichs und der Abrechnung hielt man aus dem Grunde für gerechtfertigt, weil einerseits durch den Zweck jener Geschäfte die Absicht der Parteien, die Verpflichtung von dem materiellen Schuldgrunde unabhängig zu machen, außer Zweifel gestellt und deshalb die Schriftform entbehrlich werde, andererseits diese Form den Gewohnheiten des Verkehrs nicht entspreche. I III. Die Frage, wieweit die Anfechtung des Schuldversprechens oder | Prot-RJA 509 Schuldanerkenntnisses nach den Grundsätzen über Rückforderung einer ungerechtfertigten Bereicherung angefochten werden könne, wurde bis zur Berathung d e r §§ 7 3 7 ff. | ausgesetzt.
| Prot-RJA 510
89. Sitzung vom 26. September 1892 s 684 Abs. 1 IIV. Als § h soll die bereits in der Anmerkung zu § 190 der gedruckten Redak- | Prot-RJA 599 tionsbeschlüsse unter 2. formulierte Vorschrift 23 aufgenommen werden. 24 C. 2. Kommission I. Es lagen die Anträge vor (Prot. II, Bd. 2, S. 490ff.; Mugdan, Bd. 2, S. 1033 f): 1. den Bd. 1 S. 270, 271 unter IV mitgetheilten Vorschlag, soweit er den Anerkennungsvertrag betrifft, anzunehmen; 24 ' 2. einen Paragraphen des Inhalts einzustellen: Ein der Verfügung der Parteien unterliegendes Rechtsverhältniß gilt als zu Recht bestehend, wenn es von denselben vertragsmäßig anerkannt ist. Die Rechte dritter Personen bleiben unberührt. Der Anerkennungsvertrag ist nur giltig, wenn das Anerkenntniß in schriftlicher Form erklärt ist. Schreibt das Gesetz für die Begründung des Rechtsverhältnisses eine andere Form vor, so ist dieselbe auch für den Anerkennungsvertrag erforderlich. Andere Erfordernisse, welche das Gesetz für die Entstehung des Rechtsverhältnisses vorschreibt, werden durch den Anerkennungsvertrag nicht ersetzt. Ist das Anerkenntniß in der erkennbaren Voraussetzung erklärt, daß das Rechtsverhältniß bestehe, so finden die Vorschriften über die Rückforderung im Falle der Leistung einer Nichtschuld entsprechende Anwendung. (In Ansehung eines vergleichsmäßig abgegebenen Anerkenntnisses bleiben die Vorschriften des § 667 unberührt.) Diese Vorschriften finden auf das Anerkenntniß des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses entsprechende Anwendung. 3. in dem Antrage 2 die Abs. 1 und 2 durch folgende Bestimmungen zu ersetzen: Ist durch Vertrag das Bestehen eines Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien anerkannt, so gilt dasselbe als zwischen ihnen bestehend (oder: so besteht dasselbe zwischen ihnen). Die Rechte Dritter bleiben unberührt. 23
Gemeint ist der Entwurf 2. Lesung nach den Beschlüssen der Redaktionskommission (Berlin 1892). 24 Weitere Beratungen haben nicht stattgefunden. 24a Weitere Einzelheiten im Bd. Allgemeiner Teil, Anhang zum Abschnitt „Rechtsgeschäfte". 583
§ § 7 8 0 - 782
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Für den Anerkennungsvertrag gelten die nämlichen Erfordernisse wie für den Vertrag, durch welchen das anzuerkennende Rechtsverhältniß geschaffen wird. 4. in dem Antrage 2 den Abs. 1 durch nachstehende Bestimmungen zu ersetzen: Ein der Verfügung der Parteien unterliegendes Rechtsverhältniß kann gültig durch Vertrag der Betheiligten festgestellt werden (Anerkennungsvertrag). Der Anerkennungsvertrag schließt unter den Parteien und deren Rechtsnachfolgern die Bestreitung des anerkannten Verhältnisses aus. 5. folgende Bestimmungen in den Allg. Theil aufzunehmen: § χ. Wird das Bestehen eines der Verfügung der Parteien unterliegenden Rechtsverhältnisses von den Parteien zum Zwecke der Feststellung vertragsmäßig anerkannt, so gilt zwischen ihnen und denjenigen, welche nach dem Abschlüsse des Anerkennungsvertrags Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind, das anerkannte Rechtsverhältniß als bestehend. Zur Gültigkeit des Anerkennungsvertrags bedarf es der gerichtlichen oder notariellen Form. Ist ein Schuldverhältniß oder ein anderes Rechtsverhältniß, zu dessen Begründung die Willenserklärung der Parteien genügt, Gegenstand des Anerkennungsvertrags, so gilt das anerkannte Rechtsverhältniß auch Dritten gegenüber vom Abschluß des Vertrags an als bestehend. Zur Gültigkeit des Anerkennungsvertrags ist in diesen Fällen die gerichtliche oder notarielle Form nicht erforderlich. Ist jedoch für die Begründung des Rechtsverhältnisses, welches Gegenstand des Anerkennungsvertrags ist, eine Form vorgeschrieben, so bedarf auch der Anerkennungsvertrag dieser Form. Diese Vorschriften finden auf den Vertrag, durch welchen das Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses zum Zwecke der Feststellung anerkannt wird, entsprechende Anwendung. 6. in dem vorgeschlagenen § x, und zwar a) im Abs. 1 das Erforderniß der gerichtlichen und notariellen Form durch die einfache Schriftform zu ersetzen; b) die beiden ersten Sätze des Abs. 2 zu streichen; 7. eventuell unter Streichung des Abs. 1 Satz 2 den Abs. 2 des § χ zu fassen: Zur Gültigkeit des Anerkennungsvertrags bedarf es der Schriftlichkeit des Anerkenntnisses. Schreibt das Gesetz für die Begründung des Rechtsverhältnisses eine andere Form vor, so ist dieselbe auch für den Anerkennungsvertrag erforderlich. Andere Erfordernisse, welche das Gesetz für die Entstehung des Rechtsverhältnisses vorschreibt, werden durch den Anerkennungsvertrag nicht ersetzt. 8. in dem § χ a) die Bestimmung des Abs. 1 Satz 2 zu streichen; b) den Abs. 2 zu fassen: Die Anerkennung eines Schuldverhältnisses verpflichtet zur Erfüllung der anerkannten Schuld. c) als Abs. 3 hinzuzufügen: Der Anerkennungsvertrag bedarf der schriftlichen Form. 9. Vorschriften über den Anerkennungsvertrag in den Allg. Theil nicht einzustellen; 10. den Antrag 9 anzunehmen, eventuell den § χ wie folgt zu fassen: Wird durch Vertrag das Bestehen eines Rechtszustandes anerkannt, welcher durch Verfügung der Parteien hergestellt werden kann, so gilt der anerkannte 584
20. Titel: Schuldversprechen, Schuldanerkenntniß
§§ 780 — 782
Rechtszustand von dem Abschlüsse des Vertrags an als bestehend. Die Rechte Dritter bleiben unberührt. Ist für einen Vertrag, durch welchen der den Gegenstand des Anerkenntnisses bildende Rechtszustand hergestellt wurde, eine Form vorgeschrieben, so bedarf auch der Anerkennungsvertrag dieser Form. Hängt die Wirksamkeit eines Vertrags, durch welchen der Rechtszustand hergestellt werden sollte, von einem weiteren Erfordernisse ab, so gilt dieses Erforderniß auch für die Wirksamkeit des Anerkennungsvertrags. Die Anträge 1 bis 4 wurden zurückgezogen, desgleichen der Antrag 5, soweit er für die Gültigkeit des Anerkennungsvertrags an Stelle der von anderer Seite vorgeschlagenen einfachen Schriftform die gerichtliche oder notarielle Form vorschreibt. Die Beschlußfassung über den Antrag 5 wurde, soweit er in Abs. 2 auch den Schuldanerkennungsvertrag in Betracht zieht, in gleicher Weise wie der Antrag 8 b bis zur Entscheidung über den § 683 vertagt. Die Komm, beschloß, allgemeine Vorschriften über den Anerkennungsvertrag nicht aufzunehmen. Die Berathung wandte sich dem das „Schuldversprechen" und das Schuldanerkenntniß betreffenden neunzehnten Titel zu (Prot. II, Bd. 2, S. 499ff.; Mugdan, Bd. 2 , S . 1039) Beantragt war: 1. den Abs. 3 des § 290 25 sowie die §§ 683, 684 ersatzlos zu streichen, den sog. Anerkennungsvertrag nicht zu regeln, eventuell in den allgemeinen Vorschriften über die Schuldverhältnisse aus Rechtsgeschäften unter Lebenden (etwa als § 347a) folgende Bestimmung aufzunehmen: Ein Vertrag ist deshalb nicht ungültig, weil sich sein Inhalt darauf beschränkt, daß sich der eine Vertragschließende dem anderen Vertragschließenden gegenüber ohne Angabe eines Grundes zu einer Leistung verpflichtet. 2. den § 683 durch folgende Bestimmungen zu ersetzen: 26
Struckmann
(Nr 243, la)
§ 683. Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch welchen die Verpflichtung zu einer Leistung in der Weise übernommen wird, daß sie von dem Verpflichtungsgrunde unabhängig ist (Schuldversprechen), ist, soweit nicht eine andere Form vorgeschrieben ist, schriftliche Ertheilung des Leistungsversprechens erforderlich. § 683a. Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch welchen das Bestehen eines Schuldverhältnisses zum Zwecke der Feststellung anerkannt wird (Schuldanerkenntniß), ist schriftliche Ertheilung der Anerkennungserklärung erforderlich. Ist für die Begründung des Schuldverhältnisses, welches den Gegenstand des Anerkenntnisses bildet, eine andere Form vorgeschrieben, so bedarf der Anerkennungsvertrag dieser Form. § 683b. Der in den §§ 683, 683a vorgeschriebenen schriftlichen Erklärung bedarf es nicht, wenn das Schuldversprechen oder das Schuldanerkenntniß im Wege der Abrechnung oder im Wege des Vergleichs ertheilt wird. 25 S. bei S 397 BGB. 2 6 Der Antrag war in Verbindung mit dem oben zum Anerkennungsvertrag mitgetheilten Antrage 5 gestellt. 585
§ § 780 — 782 v. Mandry (Nr 247, 3a)
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
3. den § 683 des Antrags 2 wie folgt zu gestalten: Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch welchen die Verpflichtung zu einer Leistung in der Weise übernommen wird, daß die Entstehung des Anspruchs von dem Verpflichtungsgrund unabhängig ist (Schuldversprechen), ist Schriftlichkeit des Leistungsversprechens erforderlich. Ist in einer Schuldurkunde ein Verpflichtungsgrund nicht erwähnt, so wird vermuthet, daß die Verpflichtung in der im ersten Absätze angeführten Weise übernommen worden ist.
Sohm (Nr 255,1)
4. dem §683 a) nachstehende Fassung zu geben: Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch welchen die Verpflichtung zu einer Leistung ohne Angabe des Verpflichtungsgrundes oder unter blos allgemeiner Bezeichnung desselben übernommen wird, bedarf es der schriftlichen Form, soweit nicht eine andere Form vorgeschrieben ist. b) an Stelle des unter 2 vorgeschlagenen § 683a hinzuzufügen 2 7 : Das Anerkenntniß eines Schuldverhältnisses verpflichtet zur Erfüllung der anerkannten Schuld. Das Anerkenntniß bedarf der schriftlichen Form. 5. die §§ 683, 684 des Entw. zu streichen; 6. in dem Antrage 2 die Fassung des § 683 dahin zu ändern: . . . in der Weise übernommen wird, daß das in dem Vertrag enthaltene Versprechen der Leistung eine selbständige Verpflichtung begründen s o l l . . .
Jacubezky (Nr 248, 2)
7. in dem § 683a des Antrags 2 den Satz 1 zu fassen: Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch welchen das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird (Schuldanerkenntniß), ist, sofern nicht die anerkannte Verpflichtung von einer Gegenleistung abhängig ist, schriftliche Ertheilung der Anerkennungserklärung erforderlich. Die unter 1 gemachten Vorschläge wurden von dem Antragsteller zurückgezogen. A. Die Berathung beschränkte sich zunächst auf die Frage, ob überhaupt in dem B.G.B, das abstrakte Schuldversprechen und Schuldanerkenntniß geregelt werden soll. Die Komm, entschied sich für die Bejahung dieser Frage. B. Die Frage, ob eine Form für die abstrakten Schuldverträge vorzuschreiben sei, wurde im Einklänge mit dem Entw. und den Anträgen 2 und 3 dahin entschieden, daß die Ertheilung des Leistungsversprechens und der Anerkennungserklärung schriftlich erfolgen muß. Dagegen hielt die Mehrheit es für zu weitgehend, den ganzen Vertrag nach dem Vorschlage 4a unter die Schriftform zu stellen. C. Bezüglich des abstrakten Schuldversprechens erklärte sich die Komm, mit dem Inhalte des unter 2 vorgeschlagenen § 683 einverstanden, während sie den Abs. 2 des Antrags 3 und den Antrag 4a ablehnte. D. Bezüglich des Schuldanerkenntnisses entschied sich die Komm, für den § 683a des Antrags 2 mit der Maßgabe, daß die Worte „zum Zwecke der Feststellung" gestrichen werden sollen; die Anträge 4b und 7 wurden abgelehnt. 27
Vergi, den mitgetheilten Antrag 8b, oben S. 491.
586
20. Titel: Schuldversprechen, Schuldanerkenntniß
§ § 780 — 782
E. Die Komm, beschloß, entsprechend dem § 683b des Antrags 2, für den Vergleich und die Abrechnung eine Ausnahme von dem Erfordernisse der Schriftform zuzulassen. Der § 684 wurde bis zur Berathung der Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung ausgesetzt28. II. In der VorlZust lauten die zu § 683 beschlossenen Vorschriften: Zur Gültigkeit eines Vertrages, durch welchen die Verpflichtung zu einer Leistung in der Weise übernommen wird, daß die Entstehung der Verpflichtung von dem Verpflichtungsgrunde unabhängig ist (oder: daß dabei von dem Verpflichtungsgrunde abgesehen wird) (Schuldversprechen), ist, sofern nicht eine andere Form vorgeschrieben ist, erforderlich, daß das Leistungsversprechen in schriftlicher Form ertheilt wird. Oder: Das Versprechen einer Leistung, welches in der Weise ertheilt wird, daß dabei von dem Verpflichtungsgrunde abgesehen wird (Schuldversprechen), bedarf, soweit nicht eine andere Form vorgeschrieben ist, der schriftlichen Form. (Vergi, die Fassung des § 420) Zur Gültigkeit eines Vertrages, durch welchen das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird (Schuldanerkenntniß), ist erforderlich, daß die Anerkennungserklärung in schriftlicher Form ertheilt wird. Ist für die Begründung des Schuldverhältnisses, welches den Gegenstand des Anerkenntnisses bildet, eine andere Form vorgeschrieben, so bedarf der Anerkennungsvertrag dieser Form. Der in den §§ 683, 683a Satz 1 vorgeschriebenen schriftlichen Form bedarf es nicht, wenn das Schuldversprechen oder das Schuldanerkenntniß im Wege der (oder: auf Grund einer) Abrechnung oder im Wege des Vergleichs ertheilt wird. III, IV. In der ZustRedKom lauten §§ 683, 683a, 683b, im E II §§ 719, 720, 721 : Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch welchen eine Leistung in der Weise versprachen wird, daß das Versprechen die Verpflichtung selbständig begründen soll (Schuldversprechen), ist, soweit nicht eine andere Form vorgeschrieben ist, schriftliche Ertheilung des Versprechens erforderlich. Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch welchen das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird (Schuldanerkenntniß), ist schriftliche Ertheilung der Anerkennungserldärung erforderlich. Ist für die Begründung des Schuldverhältnisses, welches den Gegenstand des Anerkenntnisses bildet, ( E l l : dessen Bestehen anerkannt wird) eine andere Form vorgeschrieben, so bedarf der Anerkennungsvertrag dieser Form. Die in den §§ 683, 683a vorgeschriebene schriftliche Form ist zur Gültigkeit des Schuldversprechens oder Schuldanerkenntnisses nicht erforderlich, wenn es auf Grund einer Abrechnung oder im Wege des Vergleichs ertheilt wird. Wird ein Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntniß auf Grund einer Abrechnung oder im Wege des Vergleichs ertheilt, so ist die Beobachtung der in den §§719, 720 vorgeschriebenen schriftlichen Form nicht erforderlich. In § 683 E I-ZustRedKom, § 719 E II (E II rev § 765, E III § 764) liegt die in § 780 BGB, in E II § 721 (E II rev § 767, E III § 766) die in § 782 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
2
8 Das Weitere zu § 684 s. u. S. 842. 587
E I-VorlZust § 683
EI-VorlZust S 683a
E I-VorlZust S 683b
E I-ZustRedKom S 683 E II § 719 E I-ZustRedKom § 683a E II § 720
E I-ZustRedKom S 683b E II § 721
§ 783
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
V. Im E II rev § 766, E III § 765 liegt die in § 781 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
E. Reichstag (XII. Kommission)
Gröber
I. Beantragt war zu SS 764 bis 766:
(Nr 46, 2)
a) die SS 764 und 765 zu streichen und den S 766 in folgender Fassung anzunehmen: „Ein Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntniß, welches auf Grund einer Abrechnung oder im Wege des Vergleichs ertheilt wird, begründet selbständig eine Verpflichtung." b) im Falle der Ablehnung des unter a) gestellten Antrags : α im S 764 vor dem Wort „erforderlich" einzuschalten die Worte : „und der Vermerk Schuldversprechen", β im § 765 vor dem Wort „erforderlich" die Worte einzufügen: „und der Vermerk Schuldanerkenntniß". II. 19. Sitzung vom 20. 3. 1896 (Bericht von Heller) Die Anträge Gröber zu den SS 764 bis 766 (Nr. 46 der Drucksachen Ziff. 2) wurden abgelehnt, die Paragraphen blieben unverändert.
EINUNDZWANZIGSTER TITEL Anweisung §783 Händigt Jemand eine Urkunde, in der er einen Anderen anweist, Geld, Werthpapiere oder andere vertretbare Sachen an einen Dritten zu leisten, dem Dritten aus, so ist dieser ermächtigt, die Leistung bei dem Angewiesenen im eigenen Namen zu erheben; der Angewiesene ist ermächtigt, für Rechnung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger zu leisten.
Α. 1. Kommission I. 173. Sitzung vom 7. 2. 1883, Schriftführer Neubauer | Der Berathung wurde der Theilentwurf des Obligationenrechts (N e 5), betreffend die „Anweisung" unterstellt. TE-OR (Nr 5) Der S 225 des Entwurfes lautet: S 225 „Ertheilt Jemand einem Andern eine Anweisung auf eine Summe Geldes oder auf andere Sachen an einen Dritten, so wird hierdurch der Empfänger der AnweiIProti 1695
588
21. Titel: Anweisung
§783
sung berechtigt, die angewiesene Summe oder sonstige Sachen in eigenem Namen bei dem angewiesenen Dritten zu erheben und der Letztere zugleich aufgefordert, jene Summe oder Sachen für Rechnung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger zu leisten." Es war beantragt, statt dessen in Ersatz der §§ 225, 226 Abs. 1, 2, 227 zu bestimmen in einem § a: „Weist Jemand einen Andern zu einer Leistung an einen Dritten an, so ist er dem Angewiesenen zum Ersatz für das nach Maßgabe der Anweisung Geleistete wie ein Auftraggeber verpflichtet. Der Angewiesene ist dem Anweisenden zur Ausführung der Anweisung wie ein Beauftragter verpflichtet, wenn er die Anweisung angenommen hat." I eventuell in der ersten Zeile hinter „ist er" hinzuzufügen: „in Ermangelung abweichender Vereinbarung." dann in Ersatz des § 231 in einem § b: „Die Anweisung kann widerrufen werden, bis der Angewiesene dem Dritten geleistet oder sich ihm zur Leistung verpflichtet hat." in Ersatz des § 226 Abs. 3 in einem § c: „Der Angewiesene ist dem Dritten zur Leistung verpflichtet, wenn er die Annahme der Anweisung ihm gegenüber oder auf einer schriftlichen Anweisung schriftlich erklärt hat. Er kann dem Dritten nur solsche Einreden entgegensetzen, welche sich aus dem Inhalt der Anweisung oder der Annahmeerklärung oder aus seinem persönlichen Verhältniß zum Dritten ergeben." endlich in Ersatz der §§ 228, 229, 230 in einem § d:
Windscheid (Nr 275)
I P r o t i 1696 Windscheid (Nr 275) Windscheid (Nr 275)
Windscheid
„Hat der Anweisende dem Dritten die Anweisung hingegeben, um seinerseits (Nr 275) eine Leistung an den Dritten zu bewirken, so gilt diese Leistung nicht eher als bewirkt, bis der Dritte Leistung von dem Angewiesenen erhalten hat. Der Anweisungsempfänger ist im Zweifel dem Anweisenden zur Verwirklichung der Anweisung wie ein Beauftragter verpflichtet." Hinzugefügt war die Bemerkung : „Diese Vorschläge sind im Wesentlichen Fassungsvorschläge. Die hauptsächlichste sachliche Abweichung vom Entwurf besteht darin, daß der Versuch gemacht ist, zum Ausdruck zu bringen, daß eine Anweisung nicht bloß durch eine dem Dritten (Assignatar) hingegebene (eingehändigte) Erklärung erfolgen könne." In Veranlassung dieses Antrags wurde in einer einleitenden Debatte das juristische Wesen der Anweisung einer eingehenden Erörterung unterzogen, zugleich I aber auch die Frage geprüft, von welchem Begriffe der Anweisung bei der Feststel- | Prot 11697 lung der in das Gesetzbuch aufzunehmenden Rechtsnormen zunächst auszugehen sei. Entwurf und Antrag beruhen in dieser Beziehung auf einem verschiedenen Standpunkte. Nach dem § 225 des Entwurfs erscheint als die Anweisung, auf welche der § 225 und die folgenden §§ dieses Abschnitts sich beziehen, ausschließlich diejenige, welche der Anweisende dem sogenannten Assignatar unmittelbar, zum Zweck der Ermächtigung des letzteren, hingiebt, nach Maßgabe der Anweisung bei dem Assignaten eine bestimmte Leistung im eigenen Namen zu erheben, während zugleich in der Hingabe der Assignation an den Assignatar für den Assignaten die genügende Ermächtigung von Seiten des Assignanten liegt, an den Assignatar für Rechnung des Assignanten zu leisten. Der § a des vorerwähnten Antrags faßt den Begriff der Anweisung weiter. Nach ihm liegt der Schwerpunkt in der von Seiten des Assignanten an den Assignaten gerichteten Aufforderung, dem Assignatar zu leisten, ohne daß es darauf ankommt, 589
§783
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
ob der letztere von dem Anweisenden über die Anweisung besonders verständigt wird, von der er vielleicht erst bei der Leistung erfährt. Darüber bestand kein Zweifel, daß in der Anweisung stets ein doppelter sogenannter jussus des Assignanten hervortritt, ein jussus an den Assignatar, zu erheben, ein jussus an den Assignaten, zu leisten. Für nicht minder zweifellos galt es, daß dem an den Assignaten sich richtenden jussus, auf den praktischen Zweck der Anweisung gesehen, die Hauptbedeutung zukommt. Auch darüber bestand Einvernehmen, daß dasjenige, was der § a des Antrags über die Wirkung des jussus an den Assignaten enthält, volle Billigung verdient. Gleichwohl wurde unter Ablehnung des I Prot 1 1698 § a der oben | gekennzeichnete Standpunkt des § 225 des Entwurfs gebilligt. Die entscheidenden Erwägungen waren : Im praktischen Leben spielten bei Weitem diejenigen Anweisungen die Hauptrolle, welche der § 225 des Entwurfs voraussetze. An diese Art der Anweisungen hätten Doktrin, Praxis und moderne Gesetzgebung bei der Entwickelung des Instituts der Anweisung angeknüpft. Solle geprüft werden, welche eigenthümlichen Rechtsnormen für das Institut als die angemessenen sich empfehlen, so erscheine es rathsam, wenigstens zunächst eine Anweisung zu unterstellen, wie sie der § 225 im Auge habe. Es bleibe vorbehalten, demnächst der besonderen Prüfung zu unterziehen, ob und welche der zu beschließenden Vorschriften auf die Anweisung im weiteren Sinne auszudehnen seien.1 Der § 225 wurde sodann auf seinen näheren Inhalt geprüft. Der letztere hatte zu verschiedenen Erinnerungen Anlaß gegeben. 1. Die erste Erinnerung war: Wenn der Entwurf davon ausgehe, daß die Ausfolgung der Anweisung an den Assignatar zur Ermächtigung des Assignaten, die Leistung zu bewirken, genügend sei, so zeige sich, daß den Regelfall des Entwurfs die schriftliche Anweisung bilde und die nichtschriftliche Anweisung in den Bereich der vorläufig auszuscheidenden Anweisung im weiteren Sinne falle. Dies werde zum Ausdruck gelangen müssen. 2. Daß der jussus an den Assignatar unter der erwähnten Voraussetzung genüge, um den jussus an den Assignaten zu ersetzen, sei eine Vorschrift, deren Angemessenheit zwar unbestreitbar erscheine, deren Selbstverständlichkeit sich aber bezweifeln lasse. Man könne dagegen erinnern: der Assignat dürfe einen jussus des I Prot 1 1699 Assignanten nur beachten, der ihm von dem | letzteren unmittelbar zugehe und in dem Ueberbringen des jussus von Seiten des Assignatars sei wegen der möglichen Verschiedenartigkeit der Beziehungen, welche zwischen Assignanten und Assignatar bestehen könnten und da der Assignatar im eigenen Namen handele, ein solcher unmittelbarer Empfang nicht immer mit Nothwendigkeit zu finden. Selbstverständlich erscheine nur, daß umgekehrt der jussus an den Assignaten stets und immer, wenn es zur Verwirklichung komme, den jussus an den Assignatar enthalte, zu empfangen. Auch hier zeige sich, daß der jussus an den Assignaten im Vordergrunde stehe. Das Obige müsse gleichfalls deutlicher hervortreten, als der Entwurf ergebe. 3. Was der Entwurf in der ersten Zeile „Anweisung" nenne, sei — näher betrachtet — der dem Assignatar ausgelieferte jussus an den Assignaten. Damit stimme auch der bekannte Inhalt fast aller dem Assignatar ausgelieferten schriftlichen Anweisungen überein, die — fast allgemein — an den Assignaten sich richtend, dahin lauten: „Zahlen" oder „Leisten Sie" u.s.w. ι S. Prot I 1 7 2 3 - 1 7 2 5 , hier u. bei § 792 BGB.
590
21. Titel: Anweisung
§783
Die Fassung des Entwurfs lasse sich hiermit schwer in Einklang bringen. 4. Der Ausdruck: „berechtigt" sei bedenklich, insofern er dem Mißverständnisse ausgesetzt sei, der Assignatar werde durch die Anweisung dem Assignaten gegenüber zu irgend etwas berechtigt, während von einer solchen Berechtigung doch keine Rede sein könne. Vorzuziehen sei der Ausdruck: „ermächtigt", der darauf hinweise, daß die Rechtserweiterung für den Assignatar sich auf den Assignanten beziehe, obschon dieselbe durch das Widerrufsrecht des Assignanten wesentlich beschränkt sei. 5. Sei eine Anweisung gültig, die auf die Leistung von Sachen der einen oder anderen Art gehe, so liege | kein Grund vor, nicht noch weiter zu greifen und nicht | Prot 11700 jede Art von Leistung, die im eigenen Namen sich erheben lasse, als Gegenstand der Anweisung zuzulassen. Die Erinnerungen wurden in getrennter Abstimmung aus den obigen Motiven für gerechtfertigt erachtet und der Redaktion vorbehalten, hiernach für den § 225 die angemessene Fassung zu ermitteln. Von einer Seite wurde die Fassung zur Prüfung empfohlen: „Liefert Jemand einem Anderen eine Urkunde aus, worin ein Dritter aufgefordert wird, eine Leistung für Rechnung des Auffordernden an den Andern zu bewirken (Anweisung), so ist der Andere (Anweisungsempfänger) ermächtigt, die Leistung bei dem Dritten (Angewiesenen) im eigenen Namen zu erheben und der letztere ermächtigt, ohne daß es einer weiteren Benachrichtigung desselben von Seiten des Auffordernden (Anweisenden) bedarf, die Leistung an den Anweisungsempfänger zu bewirken." Der Antrag, von der dem Assignatar zufallenden Ermächtigung zu schweigen, ward abgelehnt. Man besorgte, das Schweigen werde das Gesetz verdunkeln und es werde der Gedanke verloren gehen, daß bei der zur Erörterung stehenden Anweisung der Assignatar stets im eigenen Namen zu erheben habe. Die Terminologie des Entwurfs, nach welcher der Assignant — Anweisende, der Assignat — Angewiesene, der Assignatar — Anweisungsempfänger genannt wird, wurde gebilligt. II./III. In der RedVorl und der ZustOR lautet die beschlossene Vorschrift als § 293, im KE als § 598: Wenn Jemand in einer von ihm einem Anderen behändigten Urkunde einen Dritten auffordert, an den Andern eine Leistung zu bewirken (Anweisung), so ist der Andere (Anweisungsempfänger) ermächtigt, die Leistung bei dem Dritten (Angewiesener) im eigenen (KE: in eigenem) Namen zu erheben, und der letztere ermächtigt, ohne daß es einer weiteren Benachrichtigung desselben von Seiten des Auffordernden (Anweisender) bedarf, die Leistung an den Anweisungsempfänger für Rechnung des Anweisenden zu bewirken. Die Änderung („in eigenem") ist beschlossen auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 III) bei Beratung der Anträge, welche gestellt waren in Betreff der Drucklegung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse (Prot. 1 3551, 3559). Bei der 2. Beratung des KE war beantragt. zu § 598 die Vorschrift zu fassen: „Wenn Jemand einem Anderen eine Urkunde behändigt, in welcher er einen Dritten auffordert, an den Anderen eine Leistung zu bewirken (Anweisung), so ist der Anweisungsempfänger ermächtigt, die Leistung bei dem Angewiesenen in eige591
RedVorl/ ZustOR § 293
v. Mandry (Nr 617, 44)
§783
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
nem Namen zu erheben und der Angeewiesene ermächtigt, die Leistung an den Anweisungsempfänger für Rechnung des Anweisenden zu bewirken, ohne daß es einer weiteren Benachrichtigung des Angewiesenen von Seiten des Anweisenden bedarf." Folgende Fassung des § 598 wurde beschlossen: Wenn Jemand einem Anderen eine Urkunde aushändigt, in welcher er einen Dritten auffordert, an den Anderen eine Leistung zu bewirken (Anweisung), so ist der Andere (Anweisungsempfänger) ermächtigt, die Leistung bei dem Dritten (Angewiesener) in eigenem Namen zu erheben und der Angewiesene ermächtigt, die Leistung an den Anweisungsempfänger für Rechnung des Auffordernden (Anweisender) zu bewirken, ohne daß es einer weiteren Benachrichtigung des Angewiesenen von Seiten des Anweisenden bedarf. IV. Im E I § 605 hat die Vorschrift die Fassung, wie vorstehend beschlossen, jedoch heißt es: „behändigt", statt: „ausgehändigt".
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes
Struckmann (Nr 3,124)
I. Beantragt war: Den § 605 zu fassen: Hat Jemand zu Gunsten eines Anderen auf einen Dritten eine schriftliche Anweisung über die Leistung von Geld oder einer Quantität vertretbarer Sachen oder Werthpapiere ausgestellt und die über die Anweisung ausgestellte Urkunde dem Anderen ausgehändigt, so wird dieser dadurch ermächtigt, die Leistung bei dem angewiesenen Dritten in eigenem Namen zu erheben, und wird der Angewiesene ermächtigt, die Leistung an den Anweisungsempfänger für Rechnung des Anweisenden zu bewirken. II. Eine Beratung hat nicht stattgefunden.
C. 2. Kommission I. Zu § 605 war beantragt (Prot. II, Bd. 2 S. 381; Mugdan, Bd. 2, S. 960): Struckmann (Nr 205, 1)
1. die Bestimmung des Entw. zu fassen : Hat Jemand zu Gunsten eines Anderen einem Dritten eine auf die Leistung von Geld oder einer Quantität vertretbarer Sachen oder Werthpapiere gerichtete, schriftliche Anweisung ertheilt und die über die Anweisung ausgestellte Urkunde dem Anderen ausgehändigt, so ist der Anweisungsempfänger ermächtigt, die Leistung bei dem angewiesenen Dritten im eigenen Namen zu erheben. Zugleich ist der Angewiesene ermächtigt, die Leistung an den Anweisungsempfänger für Rechnung des Anweisenden zu bewirken.
Jacubezky 2. in dem § 605 die Schlußworte „ohne daß es einer weiteren Benachrichtigung (Nr 206,1) des Angewiesenen von Seiten des Anweisenden bedarf" zu streichen. Die Komm, nahm den Antrag 1 an. In redaktioneller Beziehung wurde gegen den Eingang des Antrags 1 noch bemerkt: Aus der Fassung werde, obwohl eine materielle Abänderung des Entw. damit nicht beabsichtigt sei, der Zweifel entstehen, ob nicht neben der schriftlichen, dem 592
21. Titel: Anweisung
§ § 7 8 4 - 787
Anweisungsempfänger auszuhändigenden Anweisung noch eine an den Angewiesenen gerichtete Anweisung erforderlich sein solle. Daß der Anweisende dem Angewiesenen die Anweisung ertheile, könne man nur sagen, wenn die Anweisungserklärung dem Angewiesenen zugekommen sei. Die Prüfung dieses Bedenkens wurde der Red.Komm, überlassen. II. In der VorlZust lautet die beschlossene Vorschrift: Hat Jemand einem Anderen eine Urkunde behändigt, in welcher er einen Drit- E I-VorlZust ten auffordert, dem Anderen eine Geldsumme zu zahlen oder eine Quantität ver- S 605 tretbarer Sachen (oder Werthpapiere) zu liefern (Anweisung), so ist der Anweisungsempfänger ermächtigt, die Leistung bei dem angewiesenen Dritten in eigenem Namen zu erheben, und der Angewiesene ermächtigt, die Leistung an den Anweisungsempfänger für Rechnung des Anweisenden zu bewirken. III. In der ZustRedKom ist die Fassung der Vorschrift: Hat Jemand eine Urkunde, in welcher er einen Anderen anweist, Geld oder eine E I-ZustRedKom Quantität vertretbarer Sachen oder Werthpapiere an einen Dritten zu leisten, dem § 605 Dritten ausgehändigt, so ist dieser ermächtigt, die Leistung bei dem Angewiesenen in eigenem Namen zu erheben; der Angewiesene ist ermächtigt, für Rechnung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger zu leisten. IV. Im E II lautet § 619: Hat Jemand eine Urkunde, in welcher er einen Anderen anweist, Geld oder eine E II § 619 bestimmte Menge vertretbarer Sachen oder Werthpapiere an einen Dritten zu leisten, dem Dritten ausgehändigt, so ist dieser ermächtigt, die Leistung bei dem Angewiesenen im eigenen Namen zu erheben; der Angewiesene ist ermächtigt, für Rechnung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger zu leisten. Bei der Revision des E II wurde zu § 619 die beantragte Streichung des Wortes „bestimmte" vor „Menge" beschlossen und die Prüfung der Frage, ob in Folge dieses Beschlusses die Fassung des § 619 einer Aenderung bedürfe, der Red.Komm. überlassen. V. Im E II rev § 768, E III § 767 liegt die in $ 783 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
§784 Nimmt der Angewiesene die Anweisung an, so ist er dem Anweisungsempfänger gegenüber zur Leistung verpflichtet; er kann ihm nur solche Einwendungen entgegensetzen, welche die Gültigkeit der Annahme betreffen oder sich aus dem Inhalte der Anweisung oder dem Inhalte der Annahme ergeben oder dem Angewiesenen unmittelbar gegen den Anweisungsempfänger zustehen. Die Annahme erfolgt durch einen schriftlichen Vermerk auf der Anweisung. Ist der Vermerk auf die Anweisung vor der Aushändigung an den Anweisungsempfänger gesetzt worden, so wird die Annahme diesem gegenüber erst mit der Aushändigung wirksam. 593
§ § 784 — 787
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse §785
Der Angewiesene ist nur gegen Aushändigung der Anweisung zur Leistung verpflichtet.
§786 Der Anspruch des Anweisungsempfänger gegen den Angewiesenen aus der Annahme verjährt in drei Jahren.
§787 Im Falle einer Anweisung auf Schuld wird der Angewiesene durch die Leistung in deren Höhe von der Schuld befreit. Zur Annahme der Anweisung oder zur Leistung an den Anweisungsempfänger ist der Angewiesene dem Anweisenden gegenüber nicht schon deshalb verpflichtet, weil er Schuldner des Anweisenden ist.
A. 1. Kommission I. 173. Sitzung vom 7. 2. 1883, Schriftführer Neubauer I Prot 1 1700 TE-OR (Nr 5) S 226 I Prot 11701
Kurlbaum
I Der § 226 des Entwurfs lautet: „Der Angewiesene ist zur Annahme der Anweisung auch dann nicht verpflichtet, W enn er Schuldner des Anweisenden ist. Durch die Annahme der Anweisung wird der | Angewiesene dem Anweisenden wie ein Beauftragter dem Auftraggeber nach Maßgabe des Inhalts der Anweisung verpflichtet. Hat der Angewiesene die Annahme dem Anweisungsempfänger gegenüber erklärt, oder die auf eine schriftliche Anweisungserklärung geschriebene Annahmeerklärung unterschrieben, so ist er aus solcher Annahmeerklärung dem Anweisungsempfänger zur Bewirkung der angewiesenen Leistung verpflichtet und kann diesem nur solche Einreden entgegensetzen, welche aus dem Inhalt der Anweisung und der Annahmeerklärung und seinem Verhältnisse zu dem Anweisungsempfänger sich ergeben." Die Berathung erfolgte absatzweise. I. Zum ersten Absätze wurde beantragt, denselben eventuell zu fassen: „Der Angewiesene ist zur Annahme der Anweisung auch dann nicht verpflichtet, wenn die Anweisung auf Bewirkung einer dem Anweisenden geschuldeten Leistung gerichtet ist." Die Mehrheit beschloß die Nichtaufnahme des ersten Absatzes, wodurch der gestellte Antrag sich erledigte. Die Gründe waren: Dasjenige, was der erste Absatz bestimme, sei selbstverständlich. Denn die der Annahmeerklärung nach dem dritten Absätze beiwohnende eigenthümliche Wirkung gestatte es nicht, bei Anweisung auf Schuld den Assignaten zur Annahme zu verpflichten. 594
21. Titel : Anweisung
§ § 7 8 4 - 787
Aber auch zur bloßen Erfüllung sei der Assignat nicht verpflichtet, da die Anweisung an und für sich weder eine den Anweisungsempfänger als Stellvertreter charakterisirende Erhebungsvollmacht enthalte noch als Zession erscheine. Uebrigens sei nicht ausgeschlossen, daß nach den besonderen konkreten Umständen in der Anwei-1 sung ein Erhebungsmandat sich finden lasse. | Prot 11702 II. Der zweite Absatz blieb unbeanstandet. Die Fassung wurde in Berücksichtigung des zu § 225 in § a im zweiten Satze gestellten Antrags der Redaktion vorbehalten. III. Auch gegen den wichtigen dritten Absatz wurde im Allgemeinen kein Widerspruch erhoben. Nur folgende Erinnerungen waren geltend gemacht worden: 1. Sei im Regelfalle erforderlich, daß der Anweisungsempfänger die Anweisung aus den Händen des Anweisenden empfange, so gehöre der Fall der Auslieferung einer schriftlich akzeptirten Anweisung, streng genommen, insofern nicht mehr zum Regelfalle, als alsdann der dem Angewiesenen unmittelbar ertheilte jussus vorangegangen sei. Hierauf komme es allerdings deshalb nicht an, weil auch in einem solchen Falle der Anweisungsempfänger die Anweisung aus den Händen des Anweisenden zur Vorlegung an den Angewiesenen empfange. Wichtiger aber erscheine, daß der Entwurf nicht mit genügender Deutlichkeit ergebe, daß die schriftliche Annahmeerklärung, welche der Angewiesene dem Anweisenden ausliefere und die von diesem dem Anweisungsempfänger ausgeliefert werde, — erst von dieser letzteren Auslieferung an — den Angewiesenen gegenüber dem Anweisungsempfänger aus der Annahmeerklärung verpflichte, daß aber, wenn die Auslieferung an den Anweisungsempfänger erfolgt, die Bindung des Angewiesenen eine unwiderrufliche sei. Das Eine oder Andere lasse sich vielleicht nach den Grundsätzen über das pactum in favorem tertii, wenn auch nicht unbedingt, dennoch je nach den Umständen bestreiten. Es wurde beantragt: 1. den Eingang des Absatzes zu fassen : Derscheid „Hat der Angewiesene die Annahme dem Anweisungsempfänger gegenüber erklärt oder ist die | dem Anweisungsempfänger ausgehändigte Anweisung mit der |Proti 1703 schriftlichen Annahmeerklärung des Angewiesenen versehen, so ist der Angewiesene u.s.w. (wie im Entwürfe)." 2. statt dessen zu bestimmen: Planck „Der Angewiesene ist dem Dritten zur Leistung verpflichtet, wenn er die Annahme der Anweisung entweder dem Dritten gegenüber oder zu dessen Gunsten nach Maßgabe des § 121 der Zusammenstellung der Beschlüsse betreffend das Obligationenrecht 1 dem Anweisenden gegenüber erklärt hat. Die auf einer schriftlichen Anweisung erfolgte schriftliche Annahmeerklärung desselben gilt als ein nach Maßgabe des § 121 zu Gunsten des Dritten geleistetes Versprechen." Der Antrag Nr. 2 wurde zu Gunsten des Antrags N 2 1 zurückgezogen und dieser aus den obigen Gründen gebilligt. 2. Der Entwurf giebt keine Auskunft, inwiefern der Angewiesene Einreden erheben könne, welche die Gültigkeit der Annahmeerklärung betreffen. Man hielt die Zuläßigkeit solcher Einreden für zweifellos, zugleich aber für nöthig, dies mittels eines besonderen Zusatzes zum Ausdruck zu bringen.
S. bei SS 3 2 8 - 3 3 5 BGB. 595
§ § 784 —787
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Der Antrag, die Ergänzung in der Axt zu bewirken, daß einfach an Stelle der Worte des Entwurfs : „aus dem Inhalt der Anweisung und der Annahmeerklärung" gesagt werde: „Einreden seien zuläßig, welche aus der Annahmeerklärung hergeleitet würden", fand als zu dunkel keine Billigung. Von einer Seite wurde aufmerksam darauf gemacht, daß in Ansehung der Fassung der Schlußbestimmung der § 130 der Zusammenstellung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse I Prot 1 1704 (Protokoll vom 19. Juni 1882 S. 889ff.) 2 1 werde zum Vorbilde dienen müssen. Der Antrag: auch die Einreden zuzulassen, welche die Gültigkeit der Anweisung betreffen, fand keinen Anklang. Man hielt ihn nicht für vereinbar mit dem Grundprinzipe des Absatzes 3. 174. Sitzung vom 12. 2. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend Kurlbaum I Prot 1 1705 | Die Berathung des Theilentwurfes des Obligationenrechts (Nr. 5), betreffend „die Anweisung" wurde fortgesetzt. Zu § 227 des Entwurfs: TE-OR (Nr 5) „Hat der Angewiesene nach Maßgabe der Anweisung die angewiesene Leistung S 227 an den Anweisungsempfänger gemacht, so ist er berechtigt, Ersatz des Geleisteten von dem Anweisenden zu fordern, und finden diesfalls die Vorschriften über den Auftragsvertrag entsprechende Anwendung; war er Schuldner des Anweisenden, so wird er zum geleisteten Betrage von seiner Schuld befreit." lag der bereits zu § 225 — S. 1695, 1696 — mitgetheilte Antrag vor, nämlich in § a Satz 1 zu bestimmen: Windscheid „Weist Jemand einen Andern zu einer Leistung an einen Dritten an, so ist er dem Angewiesenen zum Ersatz für das nach Maßgabe der Anweisung Geleistete wie ein Auftraggeber verpflichtet." eventuell hinter: „ist er" hinzuzufügen: „in Ermangelung abweichender Vereinbarung." IProti 1706 Der Antrag fand in der eventuell vorgeschlagenen Faßung, | wonach sich sein sachlicher Inhalt dahin gestaltet: „Hat der Angewiesene die Leistung an den Anweisungsempfänger bewirkt, so ist er wie ein Beauftragter des Anweisenden von diesem Ersatz des Geleisteten zu fordern berechtigt, sofern nicht aus den zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen getroffenen Vereinbarungen sich ein Anderes ergiebt." die Billigung der Mehrheit. Man gab dem Antrage vor dem ersten mit: „entsprechender Anwendung" schließenden Satze des § 227 des Entwurfs deshalb den Vorzug, weil er in angemessener Weise darauf hinweise, daß eine subsidiäre Rechtsnorm aufgestellt werde, die nur dann zur Anwendung gelange, wenn nicht die Umstände die Annahme rechtfertigen, der jussus sei dem Angewiesenen nicht zu dem Zwecke ertheilt, um nach Befolgung desselben sich an dem Anweisenden nach den Grundsätzen über die actio mandati contraria zu erholen. Man erachtete eine solche Hinweisung für um so passender, je häufiger die Fälle seien, in welchen mit der Ertheilung des jussus ein Anderes bezweckt werde. Auch hielt man die Faßung des Antrags insofern für zutreffender, als die des Entwurfs, als sie vermeide, die nur entsprechende Anwendbarkeit der Vorschriften über das Mandat besonders zu betonen. In dieser Hinsicht ward von einer Seite hervorgehoben : in dem unterstellten Falle könne füglich in dem jus2 S. bei § 796 BGB.
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§ § 7 8 4 - 787
sus eine nach den Bestimmungen des § 63 der Zusammenstellung der auf den Allgemeinen Theil sich beziehenden Beschlüsse (Protokolle vom 14. und 16. November 1881 S. 128 —130, 133 ff.) 3 zu beurtheilende Mandatsofferte gefunden werden. Betreffend den Nachsatz des § 227, so wurde dessen Streichung beantragt, weil er wegen Selbstverständlichkeit entbehrlich sei. Die Mehrheit beschloß, unter Ablehnung dieses Antrags, die Aufnahme der Bestimmung, jedoch in der Beschränkung auf den Fall, wenn auf Schuld ange-1 wiesen sei, so daß das bloße Bestehen |Proti 1707 eines Schuldverhältnisses zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen nicht genügen soll. Sie war der Ansicht: Bei der Anweisung auf Schuld, aber auch nur bei einer solchen — nicht auch schon im Falle des Bestehens eines Schuldverhältnisses zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen — knüpfe sich an den, dem Angewiesenen ertheilten jussus die Nebenabrede, daß der Angewiesene durch die Befolgung des jussus unmittelbar von der Schuld liberirt werden solle, wie eine solche Nebenabrede auch vorkommen könne, wenn ein Schuldner durch eine gewöhnliche Vollmacht seines Gläubigers ermächtigt werde, für und im Namen des Gläubigers eine Leistung an einen Dritten zu bewirken. Es sei bei der Häufigkeit des Falles nicht ohne praktischen Werth, keinen Zweifel darüber zu lassen, daß bei einer Anweisung auf Schuld die gedachte Nebenabrede nicht besonders getroffen zu werden brauche, sondern gleichsam vermuthet werde. Ob es sich empfehle, den Nachsatz wegen des zuvor gefaßten Beschlusses durch: „insbesondere" einzuleiten, werde bei der Redaktion zu prüfen sein. 177. Sitzung vom 19. 2. 1883, Schriftführer Neubauer I Die Berathung, betreffend den Schuldanerkennungsvertrag, wurde fort- | Prot 11743 gesetzt3*. Der § 3 der Zusammenstellung der über die Anweisung beschlossenen Vorschriften (Protokolle S. 1721)4 erklärt die Annahmeerklärung des Angewiesenen für verpflichtend, auch wenn sie dem Anweisungsempfänger gegenüber nur mündlich abgegeben ist. Im Beginn der heutigen Sitzung wurde von einer Seite geltend gemacht, diese Bestimmung stehe nicht im Einklänge mit dem in der vorigen Sitzung gefaßten Beschluße, wonach nur das schriftlich ertheilte abstrakte Schuldversprechen verbindliche Kraft haben soll. Es knüpfe sich hieran der Antrag, in Ergänzung des § 3 a.a.O. zu beschließen: „Die Annahme der Anweisung muß, um gültig zu sein, schriftlich auf der An- Kurlbaum Weisung erklärt werden." Der Antrag fand die Billigung der Mehrheit. Dem Beschlüsse lag die Betrachtung zum Grunde: Gegen die vorgeschlagene Berichtigung des § 3 laße sich zwar Doppeltes geltend machen, einmal nämlich die Bestimmung des Art. 301 des Handelsgesetzbuchs 5 , welcher nach der in der Doktrin und Praxis üblichen Auslegung auch das nur mündliche Akzept einer schriftlichen Anweisung für verpflichtend erkläre, dann aber auch die Eigenthümlichkeit des in der Annahme einer schriftlichen Anweisung
3 S. bei § 151 BGB. 3a S. die Beratungen auf der 176. Sitzung bei §§ 780 — 782 BGB, dort auch den Fortgang der Beratungen auf der 177. Sitzung, Prot I 1746 ff. * S. bei § 792 BGB. 5 Jetzt HGB § 363.
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§ § 7 8 4 - 787
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
I Prot 1 1744 enthal-1 tenen abstrakten Schuldversprechens. Die Eigenthümlichkeit bestehe darin, daß der Grund, weshalb der Angewiesene sich dem Anweisungsempfänger verpflichte, nicht in den zwischen ihnen, sondern in den zwischen dem Angewiesenen und dem Anweisenden bestehenden Rechtsbeziehungen zu beruhen pflege und der Anweisungsempfänger von der der Annahmeerklärung zum Grunde liegenden materiellen causa regelmäßig oder doch oft nicht einmal Kunde habe, demzufolge auch der § 3 a.a.O. dem Angewiesenen schlechthin das Recht entziehe, aus jener materiellen causa eine Einrede herzuleiten, und das Verhältniß sich ähnlich gestalte wie im Falle der weiteren Begebung eines Inhaber- oder Orderbriefes. Hierin könnten scheinbar genügende Gründe für die ausnahmsweise Wirksamkeit einer nur mündlichen Annahmeerklärung gefunden werden, wofür außerdem sich noch anführen ließe, daß jede solche Annahmeerklärung den Willen des Angewiesenen, sich abstrakt zu verpflichten, zweifelsfrei ergebe. Dagegen komme aber als entscheidend in Betracht, daß in der Bestimmung, welche die nur mündlich dem Anweisungsempfänger gegenüber abgegebene Annahmeerklärung für wirksam erkläre, immerhin eine Abweichung von dem in der vorigen Sitzung beschloßenen Prinzipe und eine Art von Inkonsequenz liege, wodurch dieselbe einen positiven Charakter annehme. Es leuchte daher ein, daß nur Gründe der wichtigsten Art die Ausnahme zu rechtfertigen vermöchten. Solche Gründe seien aber nicht vorhanden. Daß im bürgerlichen Verkehr die auch nur mündliche Annahmeerklärung den Willen des Angewiesenen, sich mit den Wirkungen des § 3 a.a.O. zu verpflichten, stets zur Genüge erkennen lasse, müsse geleugnet werden. Der aus den eigenthümlichen Wirkungen der Annahmeerklärung entlehnte Grund sei ferner ohne Belang, in denI Prot 1 1745 selben müßte vielmehr umgekehrt, gerade weil | die Annahmeerklärung den Angewiesenen strenger verpflichte, als das einfache abstrakte Schuldversprechen, ein Anlaß gefunden werden, an der schriftlichen Form nicht allein festzuhalten, sondern dieselbe noch dadurch zu verschärfen, daß eine auf die Anweisung selbst gesetzte Annahmeerklärung verlangt werde. Durch diese Verschärfung werde, anlangend den bürgerlichen Verkehr, dem praktischen Bedürfnisse und der Verkehrssitte in vollem Maße die erforderliche Rücksicht geschenkt. Praktisches Bedürfniß und Verkehrssitte nöthigten nicht, von der Verschärfung abzusehen, die im Gegentheil vom Standpunkte der praktischen Zweckmäßigkeit unbedenklich und nur angemessen erscheine. Bei der Redaktion werde zu prüfen sein, ob nicht dem Beschlüsse durch eine etwa dahin zu faßende Aenderung des Einganges des § 3 Ausdruck zu geben sei: „ H a t der Angewiesene dem Anweisungsempfänger gegenüber die Anweisung schriftlich mittels eines Vermerks auf der von dem Anweisungsempfänger ihm vorgelegten Anweisung angenommen oder ist die dem Anweisungsempfänger von dem Anweisenden behändigte Anweisung schon mit der schriftlichen Annahmeerklärung des Angewiesenen versehen gewesen, so ist u.s.w." Einvernehmen bestand, daß der § 227 der Zusammenstellung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse (Protokoll vom 15. November 1882 S. 1344— 1346) 6 eines Zusatzes nicht bedürfe, welcher die Gültigkeit des nur mündlichen Schuldübernahmevertrages verdeutliche. Man hielt einen solchen Zusatz deshalb für entbehrlich, weil der Schuldübernahmevertrag nach den auf denselben sich beziehenden Beschlüssen als ein Veräußerungsvertrag sich darstelle (zu vergi. Protokolle S. 1349, 1350) 7 . 6 S. bei § 4 1 4 BGB. ' S . bei § 415 BGB.
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§ § 7 8 4 - 787
II., III. In der RedVorl und der ZustOR lauten die beschlossenen Vorschriften als §§ 294, 295, 296 im KE als §§ 599, 600, 601 : Wird die Anweisung von dem Angewiesenen dem Anweisenden gegenüber ange- RedVorl/ nommen, so wird der erstere dem letzteren wie ein Beauftragter dem Auftraggeber ZustOR § 294 KE § 599 zur Befolgung der Anweisung verpflichtet. Hat der Angewiesene dem Anweisungsempfänger gegenüber die Anweisung schriftlich mittels eines Vermerks (KE: Vermerkes) auf der Anweisung angenommen oder ist die dem Anweisungsempfänger von dem Anweisenden behändigte Anweisung schon mit der schriftlichen Annahmeerldärung des Angewiesenen versehen gewesen, so ist dieser aus der Annahmeerklärung dem Anweisungsempfänger zur Bewirkung der Leistung verpflichtet; er kann sich gegen den Anweisungsempfänger nur solcher Einreden bedienen, welche die Gültigkeit der Annahmeerklärung betreffen oder welche sich entweder in dem Inhalte der Anweisung und der Annahmeerklärung oder in dem zwischen ihm und dem Anweisungsempfänger bestehenden persönlichen Rechtsverhältnisse gründen. 8 Hat der Angewiesene die Leistung an den Anweisungsempfänger nach Maßgabe der Anweisung bewirkt, so ist er wie ein Beauftragter des Anweisenden von diesem Ersatz des Geleisteten zu fordern berechtigt, sofern nicht aus den zwischen ihm und dem Anweisenden getroffenen Vereinbarungen sich ein Anderes ergiebt. Bei einer Anweisung auf Schuld wird der Angewiesene durch die Leistung in Höhe der letzteren von der Schuld befreit. 9 Bei der Redaktion einzelner Bestimmungen des Obligationenrechts wurde gemäß einem gestellten Antrag beschlossen, in § 600 statt: „Einrede" zu setzen „Einwendung" (Prot. I 6142, 6143)10.
RedVorl/ ZustOR § 295 KE $ 600
RedVorl/ ZustOR § 296 KE § 601
IV. Im E I lauten die Vorschriften als §§ 606, 607, 608 : Wird die Anweisung von dem Angewiesenen gegenüber dem Anweisenden ange- EI § 606 nommen, so wird der erstere dem letzteren wie ein Beauftragter dem Auftraggeber zur Befolgung der Anweisung verpflichtet. Hat der Angewiesene gegenüber dem Anweisungsempfänger die Anweisung EI § 607 schriftlich mittels eines Vermerkes auf der Anweisung angenommen, oder ist die dem Anweisungsempfänger von dem Anweisenden behändigte Anweisung schon mit der schriftlichen Annahmeerklärung des Angewiesenen versehen gewesen, so ist dieser aus der Annahmeerklärung dem Anweisungsempfänger zur Bewirkung der Leistung verpflichtet; er kann sich gegen den Anweisungsempfänger nur solcher Einwendungen bedienen, welche die Gültigkeit der Annahmeerklärung betreffen, oder welche sich entweder in dem Inhalte der Anweisung und der Annahmeerklärung oder in dem zwischen ihm und dem Anweisungsempfänger bestehenden persönlichen Rechtsverhältnisse gründen. § 608 E I entspricht § 601 KE, jedoch lautet der Schluß des 1. S a t z e s : . . . ein Anderes sich ergiebt.
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Zu § 295 ist in der RedVorl angemerkt: Bei der Fassung wird der § 130 der Zusammenstellung zum Vorbild dienen müssen. Zu § 296 ist in der RedVorl angemerkt: Der letzte Satz darf nicht mit „insbesondere" eingeleitet werden; der Zusatz würde den Sinn der Vorschrift verdunkeln. S. diesen Antrag und Beschluß vollständig in den Materialien zum Allgem. Teil.
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§ § 784 — 787
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes Struckmann (Nr 3,125)
I. Beantragt war: Die §§ 606, 608 dahin zusammenzufassen: Die Verpflichtung des Angewiesenen zur Annahme oder Zahlung der Anweisung bestimmt sich dem Anweisenden gegenüber nach dem zwischen beiden bestehenden Rechtsverhältnisse. Hat der Angewiesene die Anweisung dem Anweisenden gegenüber angenommen oder die Leistung nach Maßgabe der Anweisung an den Anweisungsempfänger bewirkt, so bestimmt sich das Verhältnis zwischen dem Anweisenden und Angewiesenen, sofern nicht ein anderes Rechtsverhältnis erhellt, nach den Vorschriften über den Auftrag. Im Falle einer Anweisung auf Schuld wird der Angewiesene durch die Leistung in Höhe derselben von der Schuld befreit. Struckmann Den § 607 zu fassen: (Nr 3,126) Durch den von dem Angewiesenen auf die Anweisung gesetzten Vermerk der Annahme wird der Angewiesene dem Anweisungsempfänger zur Bewirkung der Leistung verpflichtet; er kann dem Anweisungsempfänger nur solche Einwendungen entgegensetzen, welche die Gültigkeit der Annahmeerklärung betreffen oder welche entweder aus dem Inhalte der Anweisung und der Annahmeerklärung oder aus dem zwischen ihm und dem Anweisungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnisse sich ergeben. Ist der Vermerk der Annahme auf die Anweisung gesetzt, ehe diese dem Anweisungsempfänger von dem Anweisenden ausgehändigt worden ist, so wird die Annahme dem Anweisungsempfänger gegenüber erst mit dieser Aushändigung wirksam. II. Eine Beratung hat nicht stattgefunden.
C. 2. Kommission Struckmann I. Zu § 606 war beantragt, die Bestimmungen der §§ 606, 608 dahin zusammen(Nr 205, 2) zufassen (Prot. II, Bd. 2, S. 382; Mugdan, Bd. 2, S. 961 ff.) : Die Verpflichtung des Angewiesenen zur Annahme der Anweisung oder zur Bewirkung der Leistung bestimmt sich dem Anweisenden gegenüber nach dem zwischen beiden bestehenden Rechtsverhältnisse. Hat der Angewiesene die Anweisung dem Anweisenden gegenüber angenommen oder hat er die Leistung nach Maßgabe der Anweisung an den Anweisungsempfänger bewirkt, so bestimmt sich das Verhältniß zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen, sofern nicht ein anderes Rechtsverhältniß zwischen ihnen besteht, nach den Vorschriften über den Auftrag. Im Falle einer Anweisung auf Schuld wird der Angewiesene durch die Leistung in Höhe derselben von der Schuld befreit. Der § 606, der in dem Antrag Abs. 2 Satz 1 sachlich enthalten ist, fand keinen Widerspruch. Es wurde jedoch vorgeschlagen, die Worte in dem Abs. 2 „sofern nicht ein anderes Rechtsverhältniß zwischen ihnen besteht" zu streichen. Der Vorschlag wurde als lediglich redaktionell der Red.Komm überwiesen. Der Abs. 1 des Antrags will den Entw. in der Richtung ergänzen, daß sich die Verpflichtung des Angewiesenen zur Annahme der Anweisung oder zur Bewirkung der Leistung nach dem zwischen ihm und dem Anweisenden bestehenden Rechtsverhältnisse bestimme. 600
21. Titel : Anweisung
§ § 7 8 4 - 787
Die Komm, entschied sich für die Aufnahme einer Vorschrift im Sinne des Antrags. Gegen die Fassung des Antrags wurde erinnert, daß es gegen die Sprache der bisherigen Beschlüsse verstoße, neben der Annahme der Anweisung noch die Bewirkung der Leistung zu erwähnen, weil hierin eine stillschweigende Annahme liege und die Annahme sowohl ausdrücklich, als auch stillschweigend erfolgen könne. Von einer Seite wurde endlich noch angeregt, in dem § 606 die Bezeichnung »Annahme der Anweisung" im Verhältniß zwischen Anweisenden und Angewiesenen zu vermeiden und diese Ausdrucksweise nur im Sinne des § 607 im Verhältnisse zwischen dem Anweisungsempfänger und dem Angewiesenen zu gebrauchen. Beide Vorschläge wurden der Red.Komm. zur Berücksichtigung empfohlen. Zu § 607 war beantragt, die Bestimmungen zu fassen: Struckmann Durch den von dem Angewiesenen auf die Anweisung gesetzten Vermerk der (Nr 205, 3) Annahme wird der Angewiesene dem Anweisungsempfänger gegenüber zur Bewirkung der Leistung verpflichtet; er kann dem Anweisungsempfänger nur solche Einwendungen entgegensetzen, welche die Gültigkeit der Annahmeerklärung betreffen oder die entweder aus dem Inhalte der Anweisung und der Annahmeerklärung oder aus dem zwischen ihm und dem Anweisungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnisse sich ergeben. Ist der Vermerk der Annahme auf die Anweisung gesetzt, ehe diese dem Anweisungsempfänger von dem Anweisenden ausgehändigt worden ist, so wird die Annahme dem Anweisungsempfänger gegenüber erst mit dieser Aushändigung wirksam. Der Entw., von dem der Antrag nur formell abweicht, wurde sachlich nicht beanstandet. Zu § 607 war weiter beantragt, demselben als Abs. 2 folgende Bestimmung hin- Jacubezky (Nr 206, 2) zuzufügen : Der Angewiesene kann bei der Bewirkung der Leistung von dem Anweisungsempfänger die Aushändigung der Anweisung verlangen. Der Antrag wurde angenommen. Des Weiteren war beantragt, dem § 607 folgenden Abs. 3 anzufügen: v. Mandry Der Anspruch des Anweisungsempfängers gegen den Angewiesenen verjährt mit (Nr 213, 1) Ablauf von drei Jahren. Hierzu waren die Unteranträge gestellt: a) die Bestimmung zu fassen : Der Anspruch des Anweisungsempfängers gegen den Angewiesenen verjährt in drei Jahren. Der Angewiesene bleibt jedoch auch nach Ablauf der Verjährung dem Anweisungsempfänger so weit verpflichtet, als er sich mit dessen Schaden bereichern würde. b) für den Fall der Annahme des Unterantrags a demselben noch hinzuzusetzen : Soweit der Anweisende auf Kosten des Anweisungsempfängers bereichert ist, haftet er dem letzteren für die Bereicherung. Der Hauptantrag fand Annahme; die Unteranträge wurden abgelehnt. Der zu § 608 gestellte, vom Entw. sich nur redaktionell unterscheidende Antrag Struckmann (Nr 205, 2) ist bereits in dem zu § 606 mitgetheilten Antrage wiedergegeben. Die Komm, beschloß, den § 608 sachlich beizubehalten. II. In der VorlZust lauten die beschlossenen Vorschriften : Ob der Angewiesene dem Anweisenden gegenüber verpflichtet ist, die Anwei- EI-VorlZust sung gegenüber dem Anweisungsempfänger anzunehmen oder die Leistung an den- § 606 601
§ § 7 8 4 - 787
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
selben zu bewirken, bestimmt sich nach dem zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen bestehenden Rechtsverhältnisse. Dadurch allein, daß der Angewiesene dem Anweisenden einen dem angewiesenen Betrage entsprechenden Betrag schuldet, wird eine Verpflichtung zur Annahme der Anweisung oder zur Bewirkung der Leistung nicht begründet. Hat der Angewiesene die Anweisung dem Anweisenden gegenüber angenommen oder hat er die Leistung nach Maßgabe der Anweisung an den Anweisungsempfänger bewirkt, so bestimmt sich das Verhältniß zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen, sofern nicht ein anderes Rechtsverhältniß zwischen ihnen besteht, nach den Vorschriften über den Auftrag. Im Falle einer Anweisung auf Schuld wird der Angewiesene durch die Leistung in Höhe derselben von der Schuld befreit. E I-VorlZust Durch die mittels schriftlichen Vermerks auf der Anweisung erklärte Annahme § 607 derselben von Seiten des Angewiesenen wird dieser dem Anweisungsempfänger gegenüber zur Bewirkung der Leistung verpflichtet; er kann dem Anweisungsempfänger nur solche Einwendungen entgegensetzen, welche die Gültigkeit der Annahmeerklärung betreffen, oder welche sich entweder aus dem Inhalte der Anweisung und der Annahmeerklärung oder aus dem zwischen ihm und dem Anweisungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnisse ergeben. Der Angewiesene kann bei der Bewirkung der Leistung von dem Anweisungsempfänger die Aushändigung der Anweisung verlangen. Ist der Vermerk der Annahme auf die Anweisung gesetzt, ehe diese dem Anweisungsempfänger von dem Anweisenden ausgehändigt worden ist, so wird die Annahme dem Anweisungsempfänger gegenüber erst mit dieser Aushändigung wirksam. Der Anspruch des Anweisungsempfängers gegen den Angewiesenen aus der Annahme der Anweisung verjährt mit Ablauf von drei Jahren. S 608 ist gestrichen. III. In der ZustRedKom haben die beschlossenen Vorschriften die Fassung:
E I-ZustRedKom Hat sich der Angewiesene dem Anweisenden gegenüber zur Annahme der Anξ 606 weisung oder zur Leistung an den Anweisungsempfänger verpflichtet oder hat er
die Leistung nach Maßgabe der Anweisung bewirkt, so bestimmt sich das Verhältniß zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen, sofern nicht ein anderes Rechtsverhältniß zwischen ihnen besteht, nach den Vorschriften über den Auftrag. Im Falle einer Anweisung auf Schuld wird der Angewiesene durch die Leistung in Höhe derselben von der Schuld befreit. Zur Annahme der Leistung oder zur Leistung an den Anweisungsempfänger ist der Angewiesene dem Anweisenden gegenüber nicht schon deshalb verpflichtet, weil er Schuldner des Anweisenden ist. Hat der Angewiesene die Anweisung durch einen schriftlichen Vermerk auf der E I-ZustRedKom §607 Anweisung angenommen, so ist er dem Anweisungsempfänger gegenüber zur Leistung verpflichtet; er kann ihm nur solche Einwendungen entgegensetzen, welche die Gültigkeit der Annahmeerklärung betreffen, oder welche sich aus dem Inhalte der Anweisung und der Annahmeerklärung oder aus dem zwischen ihm und dem Anweisungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnisse ergeben. Ist der Annahmevermerk auf die Anweisung vor der Aushändigung an den Anweisungsempfänger gesetzt, so wird die Annahme diesem gegenüber erst mit der Aushändigung wirksam. Der Anspruch des Anweisungsempfängers gegen den Angewiesenen aus der Annahme der Anweisung verjährt in drei Jahren. 602
21. Titel : Anweisung
§788
Der Angewiesene kann von dem Anweisungsempfänger gegen Bewirkung der E I-ZustRedKom Leistung die Aushändigung der Anweisung verlangen. S 607a IV. Im E II lauten die Vorschriften als §§ 620, 621, 623: H a t der Angewiesene die Anweisung angenommen, so ist er dem Anweisungsempfänger gegenüber zur Leistung verpflichtet; er kann ihm nur solche Einwendungen entgegensetzen, welche die Gültigkeit der Annahme betreffen oder sich aus dem Inhalte der Anweisung oder dem Inhalte der Annahme ergeben oder dem Angewiesenen unmittelbar gegen den Anweisungsempfänger zustehen. Die Annahme erfolgt durch einen schriftlichen Vermerk auf der Anweisung. Ist der Vermerk auf die Anweisung vor der Aushändigung an den Anweisungsempfänger gesetzt, so wird die Annahme diesem gegenüber erst mit der Aushändigung wirksam. Der Anspruch des Anweisungsempfängers gegen den Angewiesenen aus der Annahme verjährt in drei Jahren. Der Angewiesene ist nur gegen Aushändigung der Anweisung zur Leistung verpflichtet. H a t sich der Angewiesene dem Anweisenden gegenüber zur Annahme der AnWeisung oder zur Leistung an den Anweisungsempfänger verpflichtet oder hat er die Leistung in Gemäßheit der Anweisung bewirkt, so bestimmt sich das Verhältniß zwischen ihm und dem Anweisenden im Zweifel nach den Vorschriften über den Auftrag. Im Falle einer Anweisung auf Schuld wird der Angewiesene durch die Leistung in der Höhe derselben von der Schuld befreit. Zur Annahme der Anweisung oder zur Leistung an den Anweisungsempfänger ist der Angewiesene dem Anweisenden gegenüber nicht schon deshalb verpflichtet, weil er Schuldner des Anweisenden ist. Bei der Revision des E II war zu § 620 beantragt, den Abs. 3 zu fassen (Prot. II, Bd. 6, S. 192; Mugdan, Bd. 2, S. 964f.) : Der Anspruch des Anweisungsempfängers gegen den Angewiesenen aus der Annahme verjährt in drei Jahren vom Tage der Fälligkeit der Leistung. (Vergi. W. O. Art. 77) Im Laufe der Berathung wurde der Unterantrag gestellt, dem Abs. 3 hinzuzufügen: Die Wirksamkeit der Anweisung erlischt, wenn seit der Annahme zehn Jahre verstrichen sind. Beide Anträge wurden abgelehnt. Zu den §§ 623, 624 lag der Antrag vor, die Vorschriften des § 623 Abs. 1 Satz 1 und des § 624 Abs. 1 zu streichen. Die Komm, nahm den Antrag an. V. Im E II rev §§ 769, 770, 771, 772, E III 768, 769, 770, 771 liegt die in §§ 784, 785, 786, 787 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
§ 788 Ertheilt der Anweisende die Anweisung zu dem Zwecke, um seinerseits eine Leistung an den Anweisungsempfänger zu bewirken, so wird die Leistung, auch wenn der Angewiesene die Anweisung a n n i m m t , erst mit der Leistung des Angewiesenen an den Anweisungsempfänger bewirkt. 603
E II § 620
E II § 621 E II § 623
Wilke (Nr 24, 7)
Sohm (Nr 23, 7)
§788
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
A. 1. Kommission 1.174. Sitzung vom 12. 2. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend Kurlbaum I Prot 1 1707 | Der § 228 des Entwurfes, welcher lautet: „Hat die Anweisung die Tilgung einer dem Anweisenden gegen den AnweiTE-OR (Nr 5) sungsempfänger obliegenden Verbindlichkeit zum Zwecke, so wird der Erstere § 228 nicht schon durch die Annahme der Anweisung von Seiten des Letzteren, sondern erst durch die von dem Angewiesenen nach Maßgabe der Anweisung bewirkte Leistung von seiner Verbindlichkeit befreit. Im Zweifel ist jedoch anzunehmen, daß der Anweisungsempfänger, welcher die zum Zwecke der Befriedigung seiner Forderung gegen den Anweisenden ertheilte Anweisung angenommen hat, verpflichtet sein solle, zunächst von dem Angewiesenen Zahlung zu verlangen; versäumt er diese Verpflichtung, so haftet er dem Anweisenden für den ihm hierdurch erwachsenen Schaden." I Prot 1 1708 | wurde absatzweise berathen. Erster Absatz. Zum ersten Absätze lagen folgende Anträge vor: Windscheid
Kurlbaum (Nr 276)
1. der zu §§ 225 mitgetheilte Antrag — S. 1696 — und zwar in dem vorgeschlagenen § d Absatz 1, dahin : „Hat der Anweisende dem Dritten die Anweisung hingegeben, um seinerseits eine Leistung an den Dritten zu bewirken, so gilt diese Leistung nicht eher als bewirkt bis der Dritte Leistung von dem Angewiesenen erhalten hat." 2. dem vorstehenden Antrage hinzuzufügen: „Die Leistung gilt auch dann als bewirkt, wenn der Empfänger, nachdem der Angewiesene ihm gegenüber verpflichtet worden ist, durch Rechtsgeschäft mit dem Angewiesenen deßen Verpflichtung verändert hat."
v. Weber
3. in dem Antrage Nr. 1 hinter: „so gilt diese Leistung" einzuschalten: „auch wenn der Angewiesene die Anweisung dem Anweisungsempfänger gegenüber angenommen hat."
v. Schmitt
4. den Schluß des Antrags Nr. 1 dahin zu faßen : „ so gilt die Leistung dadurch noch nicht als bewirkt, daß der Angewiesene dem Anweisungsempfänger gegenüber die Anweisung angenommen hat." Beschlossen wurde, den Antrag Nr. 2 nachträglich zu erledigen. Im Uebrigen entschied die Mehrheit, unter Ablehnung des Antrags Nr. 4 für den Antrag Nr. 1 mit der im Antrage Nr. 3 vorgeschlagenen Verbeßerung. Erwogen war: In den Motiven (S. 16 und 17) werde dargelegt, daß die in dem Entwürfe enthaltene Bestimmung in der Ausdehnung richtig sei, welche der Antrag Nr. 1 ergebe, gegen die Ausdehnung aber bemerkt, das Gesetz werde durch dieselbe, zumal im Hinblick auf den § 225 zu der begründeten Erinnerung Anlaß geben, sein Inhalt sei völlig selbstverständlich. Dieses Bedenken sei nicht ohne Grund und andererseits I Prot 1 1709 nicht zu verkennen, wie ange- | messen es erscheine, eine den Grundsatz: „anweisen ist nicht zahlen" bestätigende Vorschrift aufzunehmen. Indessen das erwähnte Bedenken lasse sich in einfacher Weise durch den in dem Antrage Nr. 3 vorgeschlagenen Zusatz heben, durch welchen sichtbar die in dem Antrage Nr. 1 enthaltene allgemeine Bestimmung den Charakter der Selbstverständlichkeit verliere. Die Enge 604
21. Titel: Anweisung
§788
des Entwurfs bleibe deshalb immer mißlich, weil sie zu einem gefährlichen argumentum e contrario sich benutzen lasse. Zweifellos erscheine ferner, daß durch die weiter gehende Vorschrift des Antrags Nr. 1 die spezielle Vorschrift des Entwurfs entbehrlich werde. Anlangend den Antrag Nr. 4, so weiche er sachlich von dem Antrage Nr. 1 kaum ab. Er lasse namentlich wegen des § 225 gleichfalls nur die Deutung zu, die Leistung gelte erst dann als bewirkt, wenn sie in der That bewirkt sei. Nun sei doch nicht zu leugnen, daß der Antrag Nr. 1 durch größere Deutlichkeit vor dem Antrage Nr. 4 sich auszeichne. Freilich sei zur Unterstützung des Antrags Nr. 4 geltend gemacht: er schweige in paßender Weise darüber, ob nicht die angewiesene Leistung durch eine andere in Folge Uebereinkunft zwischen dem Ueberweisungsempfänger und dem Angewiesenen ersetzt werden könne. Indessen auch der Antrag Nr. 1 verhalte sich in dieser Beziehung völlig neutral, indem er nichts darüber bestimme, was erforderlich sei, damit die Leistung als bewirkt zu gelten habe, in letzterer Hinsicht vielmehr schlechthin der Anwendung der allgemeinen Grundsätze Raum lasse. Es wurde zur Berathung des Antrags Nr. 2 übergegangen. Die Mehrheit sprach sich gegen die Aufnahme der in dem Antrage vorgeschlagenen Bestimmung aus. Sie war der Ansicht: Wenn der Anweisungsempfänger und der Angewiesene einen Vertrag schlössen, durch welchen bestimmt werde, der Angewiesene solle statt der durch die Annahmeerklärung versprochenen Leistung eine andere bewirken und die Uebernahme der neuen Verbindlichkeit an Erfüllungstatt dienen, so sei die in der Annahmeerklärung versprochene Leistung als bewirkt anzusehen (§ 233 der Zusammenstellung der auf das Obligationen- | recht sich beziehenden Beschlüße, Protokoll vom | Prot 11710 22. November 1882 S. 1376—1378)1. Mit dem Antrage aber jeden Vertrag, der zwischen dem Anweisungsempfänger und dem Angewiesenen abgeschlossen und durch welchen die in der Annahmeerklärung sich gründende Verpflichtung des Angewiesenen irgend eine Aenderung erfahre, z. B. einen einfachen Stundungsvertrag, in gleicher Weise zu beurtheilen, führe zu weit. Eine solche Bestimmung würde einen positiven Charakter an sich tragen. Sie könnte nur gerechtfertigt sein, wenn sich dafür befriedigende Gründe der praktischen Zweckmäßigkeit geltend machen ließen. Letzteres sei aber nicht der Fall. Es dürfe nicht übersehen werden, daß der Anweisungsempfänger sich verantwortlich mache, wenn er durch Vereinbarungen mit dem Angewiesenen Verpflichtungen verletze, welche sich für ihn aus dem zwischen ihm und dem Anweisenden bestehenden Rechtsverhältniße, z. B. einem Mandatsverhältnisse ergäben. Die vorgeschlagene Bestimmung möge manchen Streitigkeiten vorbeugen und insofern nicht ohne praktischen Werth sein, aber sie könne zu Härten führen, die es nicht zuließen, sie wegen jenes praktischen Vortheils zu billigen. Zweiter Absatz. Dem Absatz 2 des Entwurfs stand der zweite Absatz des § d des zu § 225 mitgetheilten Antrags — S. 1696 — gegenüber, lautend: „Der Anweisungsempfänger ist im Zweifel dem Anweisenden zur Verwirklichung der Anweisung wie ein Beauftragter verpflichtet." Es war zu diesem Antrage der Verbeßerungsantrag gestellt, die Worte: „zur Verwirklichung der Anweisung" zu ersetzen durch die Worte: „die Leistung von dem Angewiesenen zu fordern." ι S. bei § 364 BGB.
605
§788
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Der Verbeßerungsantrag fand die Zustimmung der Mehrheit. Erwogen war: Zu entscheiden sei, welcher Beurtheilung der Fall unterliege, wenn nicht zu ermitteln sei oder wenn nicht erhelle, weshalb oder in welcher Veranlaßung oder zu welchem Zwecke der Anweisende dem Anweisungsempfänger die Anweisung ertheilt habe, ob in einem solchen Falle oder im Zweifel der Anweisungsempfänger wie ein Beauftragter für verpflichtet erachtet werden müße, von dem Angewiesenen I Prot 11711 die Leistung zu begehren oder ob ihm eine derarti-1 ge Verpflichtung nicht obliege, so daß er paßiv bleiben dürfe. Der Entwurf entscheide, von der Auffassung ausgehend, die Anweisung an und für sich lege dem Anweisungsempfänger keine Verpflichtungen auf, für die zweite Alternative und bestimme nur eine Ausnahme für die allerdings zahlreichen Fälle, in welchen zum Zwecke der Befriedigung des Anweisungsempfängers wegen einer gegen den Anweisenden ihm zustehenden Forderung angewiesen sei. Der erwähnte Antrag beruhe auf dem entgegenstehenden Prinzipe, auf dem Prinzipe nämlich: im Zweifel sei in der dem Anweisungsempfänger ertheilten Anweisung die Aufforderung zu finden, wie ein Beauftragter des Anweisenden von dem Angewiesenen die Leistung zu fordern, sich also nicht paßiv zu verhalten. Die zu entscheidende Frage habe, wie erwähnt, nur Bedeutung, wenn nicht erhelle, wodurch die Ertheilung der Anweisung herbeigeführt sei. Eine große praktische Wichtigkeit könne ihr daher kaum zugestanden werden. Unverkennbar gebe es Fälle, in welchen die Passivität des Anweisungsempfängers gerechtfertigt sei, ζ. B. bei Kreditbriefen oder wenn Schenkungshalber angewiesen sei. Richtig erscheine daher, daß zum Wesen der Anweisung die fragliche Befolgungspflicht des Anweisungsempfängers nicht gehöre und daß es daher irrig sein würde, eine solche allgemein — in gleicher Art wie beim Mandate — anzunehmen. Eine ganz andere Frage aber sei, ob nicht im Zweifel jene Befolgungspflicht angenommen werden müße. Diese Frage laße sich nur bejahen, wie sie ja auch der Entwurf gerade für eine überaus wichtige Klaße von Fällen bejahe, obschon diese das Eigenthümliche hätten, daß bei der Anweisung das Interesse des Anweisungsempfängers mindestens in dem Vordergrund stehe. Indessen, auch abgesehen hiervon, erscheine es der Natur der Dinge zu entsprechen, von der Vermuthung auszugehen, dem Anweisungsempfänger sei die Anweisung nicht zu dem Zwecke ertheilt, um in Unthätigkeit zu verharren, sondern damit er an den Angewiesenen sich wende und von diesem die Leistung begehre. Die Fälle, in welchen der Anweisungsempfänger unthätig bleiben IProti 1712 dürfe, bildeten im prakti-1 sehen Leben ohne Zweifel bei Weitem die Minderzahl. Um so bedenklicher müße es erscheinen, dem Gesetze eine Gestalt zu geben, die gleichsam die Ausnahmefälle als die Regelfälle voraussetze. Werde nach dem erwähnten Antrage hervorgehoben, der Anweisungsempfänger sei wie ein Beauftragter verpflichtet u.s.w., so werde zugleich genügend klar, daß die Verletzung der Verpflichtung zum Schadensersatze verbindlich mache. Von einer Verpflichtung des Anweisungsempfängers zu reden, die Anweisung zu verwirklichen, erscheine nicht rathsam. Eine solche Ausdrucksweise lasse Inhalt und Umfang der Befolgungspflicht im Dunkel. Die letztere müsse näher bestimmt werden. Die Bestimmung könne nur dahin erfolgen, daß der Anweisungsempfänger seinen Verpflichtungen genüge, wenn er — und zwar, (wie sich von selbst verstehe), tempestiv — von dem Angewiesenen die Leistung verlange, vorbehaltlich der in dem folgenden Paragraphen besonders normirten Anzeigepflicht für den Fall der Verweigerung der Leistung, der Weigerung der Annahme oder der Verhinderung, die Anweisung geltend zu machen. Weiter könnten die Verpflichtungen des Anweisungsempfängers nicht erstreckt werden, da die bloße Hinnahme einer Anweisung auf die Uebernahme einer umfaßenderen Verbindlichkeit nicht schließen lasse. Selbst die 606
21. Titel : Anweisung
§788
Verpflichtung, eine Annahmeerklärung des Angewiesenen zu fordern, müße verneint werden. Denn einmal sei der Angewiesene zur Abgabe einer solchen Erklärung nicht verpflichtet und sodann sei es im Verkehr meist oder doch bei einer großen Zahl von Anweisungen keineswegs üblich, die Anweisung dem Angewiesenen zur vorherigen Annahme vorzulegen. Zu verneinen sei aber auch die Verpflichtung, aus der Annahmeerklärung den Angewiesenen zuvor zu belangen, bevor auf den Anweisenden zurückgegangen werden könne. II. —IV. In der RedVorl und der ZustOR lautet die zu § 228 Abs. 1 des Entw. beschlossene Vorschrift als § 297, im K E als § 602 und im E I als § 609: Hat der Anweisende die Anweisung dem Anweisungsempfänger zu dem Zwecke ertheilt, um seinerseits an denselben eine Leistung zu bewirken, so gilt die Leistung, auch wenn der Angewiesene die Anweisung dem Anweisungsempfänger gegenüber angenommen hat, erst mit dem Empfang der Leistung als bewirkt. Die zu § 228 Abs. 2 des Entw. beschlossene Vorschrift lautet in der RedVorl und ZustOR als § 299 2 , im K E als § 604: Der Anweisungsempfänger ist im Zweifel wie ein Beauftragter des Anweisenden verpflichtet, den Angewiesenen zu der Leistung aufzufordern. Bei der 2. Beratung des K E wurde auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 601, 6) § 604 vor § 603 gestellt (Prot. I 11827). Im E I ist demgemäß die Vorschrift in unveränderter Fasssung in § 610 enthalten.
RedVorl/ ZustOR § 297 K E § 602 E I § 609
RedVorl/ ZustOR § 299 K E § 604 E I § 610
Β. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Den § 609 zu fassen : Soll durch die Anweisung eine Leistung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger bewirkt werden, so gilt die Leistung nicht schon mit der Ertheilung der Anweisung oder mit deren Annahme, sondern erst mit der seitens des Angewiesenen an den Anweisungsempfänger erfolgten Leistung als bewirkt. Den § 610 zu fassen: Der Anweisungsempfänger ist im Zweifel dem Anweisenden gegenüber verpflichtet, den Angewiesenen zur Leistung aufzufordern.
Struckmann (Nr 3,127)
Struckmann (Nr 3, 128)
II. Eine Beratung hat nicht stattgefunden. C. 2. Kommission I. zu § 609 war beantragt, die Bestimmung zu fassen (Prot. II, Bd. 2, S. 387; Mugdan, Bd. 2, S. 965) : Soll durch die Anweisung eine Leistung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger bewirkt werden, so gilt die Leistung nicht schon mit der Ertheilung der
2 §298 Z u s t O R s. bei §789 BGB, s. dort, P r o t i 1714, auch zur Voranstellung des §298 ZustOR.
607
Struckmann (Nr 205, 4)
§ 788
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Anweisung oder mit deren Annahme, sondern erst mit der Leistung des Angewiesenen an den Anweisungsempfänger als bewirkt. Der Antrag weicht von dem Entw. nur in der Fassung ab. Sachlich wurde der § 609 von keiner Seite beanstandet. Zu § 610 lagen die Anträge vor (Prot. II, Bd. 2, S. 387; Mugdan, Bd. 2, S. 965) : Struckmann (Nr 205, 5)
1. die Bestimmung zu fassen :
Der Anweisungsempfänger ist im Zweifel dem Anweisenden gegenüber verpflichtet, den Angewiesenen zur Leistung aufzufordern. 2. die Bestimmung zu streichen. Die Komm, beschloß zunächst in eventueller Abstimmung, dem § 610, falls er beibehalten würde, nicht die in dem Antrag 1 vorgeschlagene, sondern die im Entw. enthaltene Fassung zu geben, entschied sich dann aber für die Streichung der Bestimmung. Der Komm, lag der Antrag vor, (Prot. II, Bd. 2, S. 388; Mugdan, Bd. 2, S. 965) die Berathung über den in der vorigen Sitzung gestrichenen § 610 wieder aufzunehmen und die Bestimmung in der durch eventuelle Abstimmung festgestellten Fassung in das Gesetzbuch aufzunehmen. II. In der VorlZust ist § 609 in der dem Antrag entsprechenden Fassung enthalten. § 610 entspricht der Fassung im E I. III. In der ZustRedKom lautet § 609: E I-ZustRedKom Hat der Anweisende die Anweisung zu dem Zwecke ertheilt, um seinerseits eine §609 Leistung an den Adnweisungsempfänger zu bewirken, so ist die Leistung, auch wenn
der Angewiesene die Anweisung angenommen hat, erst mit der Leistung des Angewiesenen an den Anweisungsempfänger bewirkt. §610 Abs. I 3 lautet: E I-ZustRedKom Der Anweisungsempfänger ist dem Anweisenden gegenüber im Zweifel wie ein S 610 Abs. 1 Beauftragter verpflichtet, den Angewiesenen zu der Leistung aufzufordern. IV. Im E II sind in jeweils unveränderter Fassung § 609 in § 622, § 610 Abs. 1 in § 624 Abs. 1 enthalten. Sohm Bei der Revision des E II lag zu den §§ 62 34, 624 der Antrag vor, die Vorschrif(Nr 23, 7) ten des § 623 Abs. 1 Satz 1 und des § 624 Abs. 1 zu streichen. Die Komm, nahm den Antrag an (Prot. II, Bd. 6, S. 192f.; Mugdan, Bd. 2, S. 962). V. Im E II rev § 773, E III § 772 liegt die in § 788 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
3 § 610 Abs. 2 s. bei § 789 BGB. « S. bei §§ 7 8 4 - 7 8 7 BGB.
608
21. Titel: Anweisung
§789
§789 Verweigert der Angewiesene vor dem Eintritte der Leistungszeit die Annahme der Anweisung oder verweigert er die Leistung, so hat der Anweisungsempfänger dem Anweisenden unverzüglich Anzeige zu machen. Das Gleiche gilt, wenn der Anweisungsempfänger die Anweisung nicht geltend machen kann oder will.
A. 1. Kommission I. 174. Sitzung vom 12. 2. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend Kurlbaum I Der § 229 des Entwurfes lautet : „Verweigert der Angewiesene ganz oder zum Theil die Annahme der Anweisung oder nach erfolgter Annahme die Leistung oder ist der Anweisungsempfänger verhindert, die Anweisung | geltend zu machen, so hat der Letztere hiervon den Anweisenden sofort zu benachrichtigen, widrigenfalls er für den durch die Versäumniß dieser Verbindlichkeit erwachsenden Schaden zu haften hat." Dieser Paragraph verpflichtet den Anweisungsempfänger zur Anzeige :
| Prot 11712 TE-OR (Nr 5) S | Prot 11713
1. wenn der Angewiesene die Annahme der Anweisung verweigert; 2. wenn er nach erfolgter Annahme die Leistung verweigert; 3. wenn der Anweisungsempfänger verhindert wird, die Anweisung geltend zu machen. Der Paragraph bezieht sich auf alle Arten von Anweisungen, also auch auf diejenigen, bei welchen eine Befolgungspflicht des Anweisungsempfänger nicht besteht. Er hat insofern also einen allgemeinen Charakter, obschon ihm auf der anderen Seite nur die Eigenschaft einer lex dispositiva beiwohnt, so daß seine Anwendbarkeit durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung ausgeschlossen werden kann. Man beschloß, die einzelnen Fälle, auf welche er sich bezieht, getrennt zu prüfen. Erster Fall. Der Angewiesene verweigert die Leistung. Es bestand Einverständniß, daß in einem solchen Falle der Anweisungsempfänger verpflichtet sei, dem Anweisenden sofort die Weigerung anzuzeigen. Zweiter Fall. Der Anweisungsempfänger ist verhindert, die Anweisung geltend zu machen. Man war der Ansicht, daß auch in einem solchen Falle der Anweisungsempfänger zur sofortigen Anzeige verpflichtet sei, glaubte aber, daß ein Gleiches auch dann gelten müße, wenn der Anweisungsempfänger die Anweisung zwar geltend machen könne, dazu sich aber nicht veranlaßt finde, die Anweisung also nicht geltend machen wolle, was insbesondere bei dem Mangel einer Befolgungspflicht, z. B. im Falle eines Kreditbriefes, von Wichtigkeit sei. Wegen Gleichheit des maßgebenden Grundes erachtete man es für nöthig, das Nichtwollen wie das Nichtkönnen zu beurtheilen, beschloß also, zu bestimmen, der Anweisungsempfänger sei zur sofortigen Anzeige verbunden, wenn er die Anweisung nicht geltend machen könne oder wolle. I Dritter Fall. Der Angewiesene verweigert die Annahmeerklärung. Die Mehrheit |Prot 11714 beschloß, daß auch in einem solchen Falle der Anweisungsempfänger die Weigerung dem Anweisenden sofort zu melden habe. Sie ging davon aus: Die gedachte 609
§ 789
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Weigerung bleibe, obschon der Anweisungsempfänger nicht verpflichtet sei, die Annahmeerklärung zu fordern, und der Angewiesene nicht verpflichtet sei, die Annahmeerklärung abzugeben, immerhin eine wichtige Thatsache, von der alsbald Kenntniß zu erlangen, der Anweisende ein großes Interesse habe; deshalb könne es nur angemessen erscheinen, dem Anweisungsempfänger die wenig drückende Anzeigepflicht aufzuerlegen. Darüber bestand kein Zweifel, daß die Versäumung der Anzeigepflicht nur die Verpflichtung zum Schadenersatz nach sich ziehen könne. Zur Sprache kam noch, daß, wenn der dem Anweisungsempfänger ertheilte jussus wie ein ihm ertheiltes Mandat wirke, der § 229 überflüssig erscheine, indem alsdann die Vorschriften über die Verpflichtungen des Mandatars genügten, daß also der § 229 hauptsächlich in denjenigen Fällen seine Bedeutung äußere, in welchen an den jussus sich nicht jene Wirkung knüpfe. Bei der Redaktion soll daher geprüft werden, ob nicht das Gesetz verständlicher werde, wenn der § 229 dem § 228 vorausgeschickt wird. Der § 230 des Entwurfes lautet: TE-OR (Nr 5) »Der Anweisungsempfänger kann, unbeschadet der Vorschrift des § 228 Abs. 2, S 230 die von ihm angenommene Anweisung, so lange er die angewiesene Leistung noch nicht erhalten hat, dem Anweisenden zurückgeben." Es wurde die Streichung des ξ 230 beschlossen. Man war der Ansicht: Wirke der dem Anweisungsempfänger ertheilte jussus wie ein Mandat, so müßten die Vorschriften über die Kündigung des Mandats Anwendung finden. Verhalte es sich anders, so hänge es von den Umständen des konkreten Falles ab, inwiefern der Anweisungsempfänger zur beliebigen Rückgabe der Anweisung befugt sei.
RedVorl/ ZustOR § 298 KE § 603
I P r o t i 11827 Kurlbaum (Nr 601, 5)
Kurlbaum (Nr 601,6)
E I § 611
II., III. In der RedVorl und der ZustOR lautet die beschlossene Vorschrift als §298, im KE als § 603: Verweigert der Angewiesene ganz oder zum Theil die Leistung oder die Annahme der Anweisung (KE : ,) oder kann oder will der Anweisungsempfänger die Anweisung nicht geltend machen, so ist der Anweisungsempfänger verpflichtet, hiervon den Anweisenden unverzüglich zu benachrichtigen, widrigenfalls er für den aus der Versäumung der Benachrichtigung entstandenen Schaden zu haften hat. 1 Bei der 2. Beratung des KE war beantragt: I zu § 603. zu fassen: „ —, hiervon dem Anweisenden unverzüglich Anzeige zu erstatten. Er haftet dem Anweisenden für den Ersatz des durch die Unterlassung der Anzeige entstandenen Schadens." (zu vergi. § 512. „hat zu haften" ist bedenklich), zu § 6042. § 604 vor § 603 zu stellen. Beide Anträge wurden genehmigt. | IV. Im E I lautet § 611 : Verweigert der Angewiesene ganz oder zum Theil die Leistung oder die Annahme der Anweisung, oder kann oder will der Anweisungsempfänger die Anweisung 1
Zu § 298 ist in der RedVorl angemerkt: „unverzüglich" A. Thl. S S 95, 164 Abs. 3, 4; „sofort" A Thl. 242, 247). 2 § 604 KE s. bei § 788 BGB.
610
160, 120 (Obi. R. SS 176,
21. Titel: Anweisung
§789
nicht geltend machen, so ist der Anweisungsempfänger verpflichtet, hiervon dem Anweisenden unverzüglich Anzeige zu erstatten. Er haftet dem Anweisenden für den Ersatz des durch die Unterlassung der Anzeige entstandenen Schadens.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Struckmann Dem § 611 folgende Fassung zu geben: (Nr 3, 129) Verweigert der Angewiesene die Leistung oder, sofern die Leistungszeit noch nicht eingetreten ist, die Annahme der Anweisung, so hat der Anweisungsempfänger hiervon dem Anweisenden unverzüglich Anzeige zu erstatten. Im Unterlassungsfalle haftet er demselben für Ersatz des daraus entstandenen Schadens. Das Gleiche gilt, wenn der Anweisungsempfänger die Anweisung nicht geltend machen kann oder will. II. Eine Beratung hat nicht stattgefunden.
C. 2. Kommission I. Der §611 wurde in folgender Fassung, welche lediglich redaktionell vom Struckmann Entw. abweicht, angenommen (Prot. II, Bd. 2, S. 388; Mugdan, Bd. 2, S. 966): (Nr 205, 6) Verweigert der Angewiesene die Leistung oder, sofern die Leistungszeit noch nicht eingetreten ist, die Annahme der Anweisung, so hat der Anweisungsempfänger hiervon dem Anweisenden unverzüglich Anzeige zu erstatten. Im Unterlassungsfalle haftet er dem Anweisenden für den Ersatz des dadurch entstandenen Schadens. Das Gleiche gilt, wenn der Anweisungsempfänger die Anweisung nicht geltend machen kann oder will. II. In der VorlZust ist § 611 in der beschlossenen Fassung enthalten, wobei der 2. Satz des 1. Absatzes eingeklammert ist. III., IV. In der ZustRedKom lautet S 610 Abs. 2, im Ε II § 624 Abs. 2 3 : Verweigert der Angewiesene die Leistung oder vor dem Eintritte der Leistungszeit die Annahme der Anweisung, so hat der Anweisungsempfänger den Anweisenden unverzüglich hiervon zu benachrichtigen (E II: Anzeige zu machen). Das Gleiche gilt, wenn der Anweisungsempfänger die Anweisung nicht geltend machen kann oder will. V. Im E II rev § 774, E III § 773 liegt die in § 789 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
3 Abs. 1 dieser Vorschriften s. bei S 788 BGB.
611
E I-ZustRedKom § 610 Abs. 2 E II § 624 ^s. 2
§790
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse §790
Der Anweisende kann die Anweisung dem Angewiesenen gegenüber widerrufen, solange nicht der Angewiesene sie dem Anweisungsempfänger gegenüber angenommen oder die Leistung bewirkt hat. Dies gilt auch dann, wenn der Anweisende durch den Widerruf einer ihm gegen den Anweisungsempfänger obliegenden Verpflichtung zuwiderhandelt. A. 1. Kommission I. 174. Sitzung vom 12. 2. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend Kurlbaum IProt 11715 | Zu § 231 des Entwurfes: TE-OR (Nr 5) „Insolange, als nicht der Angewiesene die Leistung der Anweisung gemäß an S 2 3 1 den Anweisungsempfänger gemacht oder diesem sich durch Annahme der Anweisung zu jener Leistung verpflichtet hat, steht es dem Anweisenden frei, die Anweisung zu widerrufen, unbeschadet jedoch einer etwa entgegenstehenden Verpflichtung des Anweisenden aus seinem Verhältniße zu dem Anweisungsempfänger." lag der zu § 225 mitgetheilte Antrag — S. 1696 — vor, deßen hierauf bezüglicher § b lautet: „Die Anweisung kann widerrufen werden, bis der Angewiesene dem Dritten geleistet oder sich ihm zur Leistung verpflichtet hat." Der Antrag weicht von dem Entwürfe sachlich nur darin ab, daß die Schlußbestimmung des Entwurfs: „unbeschadet jedoch einer etwa entgegenstehenden Verpflichtung des Anweisenden aus seinem Verhältniße zu dem Anweisungsempfänger" unterdrückt werden soll. Soweit Entwurf und Antrag übereinstimmen, blieben beide unbeanstandet, während die Faßung der Redaktion vorbehalten blieb. Anlangend aber jene Schlußbestimmung des Entwurfs, so überzeugte man sich zunächst, daß dieselbe dahin zu verstehen und zu verdeutlichen sei: „auch wenn der Widerruf dem Anweisungsempfänger gegenüber nicht gerechtfertigt ist, jedoch unbeschadet der in einem solchen Falle dem Anweisungsempfänger zustehenden Ansprüche auf Schadensersatz." Die Mehrheit beschloß die Aufnahme der vorstehenden, als sachgemäß von keiner Seite bestrittenen Bestimmung, indem sie dieselbe nicht für so selbstverständlich hielt, daß sie für entbehrlich erachtet werden könne. II. In der RedVorl und der ZustOR lautet die beschlossene Vorschrift: RedVorl/ Solange der Angewiesene die Leistung an den Anweisungsempfänger nicht beZustOR § 300 wirkt oder diesem gegenüber die Anweisung nicht angenommen hat, ist der Anweisende die Anweisung zu widerrufen befugt, auch wenn der Widerruf dem Anweisungsempfänger gegenüber nicht gerechtfertigt ist, jedoch unbeschadet der in einem solchen Falle dem Anweisungsempfänger zustehenden Ansprüche auf Schadensersatz. Bei der Revision der ZustOR wurde beschlossen, vor „angenommen" einzuschalten: „nach Maßgabe des § 295" (Prot. I 3275). I I I , IV. Im K E S 605, im E I § 612 lautet die Vorschrift: KE § 605 So lange der Angewiesene die Leistung an den Anweisungsempfänger nicht beE I § 612 wirkt oder diesem gegenüber die Anweisung nicht nach Maßgabe des §600 ( E I : 612
21. Titel : Anweisung
§ 790
§ 607) angenommen hat, ist der Anweisende die Anweisung zu widerrufen befugt, auch wenn der Widerruf dem Anweisungsempfänger gegenüber (E I: gegenüber dem Anweisungsempfänger) nicht gerechtfertigt ist, jedoch unbeschadet der in einem solchen Falle dem Anweisungsempfänger zustehenden Ansprüche auf Schadensersatz.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Struckmann Den § 612 zu fassen : (Nr 3, 130) Solange der Angewiesene weder die Leistung bewirkt hat noch durch die Annahme der Anweisung nach § 607 dem Anweisungsempfänger verpflichtet ist, kann ihm gegenüber der Anweisende die Anweisung widerrufen, auch wenn der Widerruf dem Anweisungsempfänger gegenüber nicht gerechtfertigt ist. Die dem letzteren in einem solchen Falle zustehenden Ansprüche auf Schadensersatz bleiben vorbehalten. II. Eine Beratung hat nicht stattgefunden.
C. 2. Kommission I. Der §612 fand in nachstehender Fassung, welche sachlich keine Aenderung Struckmann des Entw. enthält, Annahme (Prot II, Bd. 2, S. 38 8 ; Mugdan, Bd. 2, 966) : (Nr 205, 7) Solange der Angewiesene weder die Leistung bewirkt hat noch durch die Annahme der Anweisung dem Anweisungsempfänger nach § 607 verpflichtet ist, kann der Anweisende dem Angewiesenen gegenüber die Anweisung widerrufen, auch wenn der Widerruf dem Anweisungsempfänger gegenüber nicht gerechtfertigt ist. Die dem Anweisungsempfänger in einem solchen Falle zustehenden Ansprüche auf Schadensersatz bleiben vorbehalten. II. In der VorlZust ist § 612 Satz 1 in der vorstehenden Fassung enthalten. Satz 2 lautet: Die (etwaigen) Schadensersatzansprüche des Anweisungsempfängers bleiben unberührt. III., IV. In der ZustRedKom und im Ε II § 625 lautet die Vorschrift: Solange der Angewiesene weder die Anweisung dem Anweisungsempfänger ge- E I-ZustRedKom genüber angenommen noch die Leistung bewirkt hat, kann der Anweisende dem S 612 Angewiesenen gegenüber die Anweisung widerrufen, auch wenn er dadurch einer E II S 625 ihm gegen den Anweisungsempfänger obliegenden Verpflichtung zuwiderhandelt. V. Im E II rev § 775, E III § 774 liegt die in § 790 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
613
§791
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse §791
Die Anweisung erlischt nicht durch den Tod oder den Eintritt der Geschäftsunfähigkeit eines der Betheiligten. A. 1. Kommission I. 174. Sitzung vom 12. 2. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend Kurlbaum I Prot 11715 | Der § 232 des Entwurfes, welcher lautet: TE-OR (Nr 5) „Die Anweisung erlischt weder durch den Tod oder den | Eintritt der Geschäfts§ 232 Unfähigkeit des Anweisenden noch durch den Tod des Angewiesenen oder des AnI Prot 11716 we isungsempfängers." wurde in der Faßung angenommen : „Die Anweisung erlischt nicht durch den Tod oder den Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Anweisenden, des Angewiesenen und des Anweisungsempfängers." Man fand keinen Grund, des Eintritts der Geschäftsunfähigkeit nur bei dem Anweisenden Erwähnung zu thun. Einverständniß bestand übrigens, daß der § 232 eine positive Vorschrift von allgemeinerem Charakter sei, die auch in den Fällen gelte, wenn der eine oder andere Jussus wie ein Auftrag wirke. 175. Sitzung vom 14. 2. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend Kurlbaum I Prot 11717
| Die Berathung des Theilentwurfs des Obligationenrechts (N e 5), betreffend die Anweisung, wurde fortgesetzt. Es ward die Frage angeregt, ob nicht Bestimmungen nöthig sein würden über die Einwirkungen, welche die Konkurseröffnung auf die aus der Anweisung entspringenden Rechtsverhältnisse äußere, sei es, daß der Anweisende, der Anweisungsempfänger oder der Angewiesene und der eine oder andere vor oder nach der Annahme der Anweisung von Seiten des Angewiesenen in Konkurs gerathe. Die Mehrheit erachtete solche Bestimmung nicht für erforderlich. Sie ließ sich von folgender Auffassung leiten: Die Reichskonkursordnung habe auch das materielle Konkursrecht in möglichster Vollständigkeit aufgenommen. Dies erhelle mit genügender Deutlichkeit aus dem § 4 des Einführungsgesetzes zur Konkursordnung, der insbesondere auch das geltende materielle Konkursrecht ausdrücklich aufhebe. Der § 4 a.a.O. erleide allerdings eine wichtige Beschränkung durch den § 20 der Konkursordnung. In dem I Prot 11718 letzteren liege aber der Nachdruck auf dem Worte: „Bestim-1 mungen" beigefügten Worte: „besondere" Für das bürgerliche Gesetzbuch ergebe sich hieraus das Prinzip, daß dasselbe bei der Regelung eines Rechtsverhältnisses oder Rechtsinstituts von Bestimmungen über die Einwirkung des Konkurses auf dasselbe abzusehen, vielmehr davon auszugehen habe, daß die in der Konkursordnung enthaltenen materiellrechtlichen Vorschriften und die daraus herzuleitenden Grundsätze ausreichen, sofern nicht in dem Wesen oder der eigenthümlichen Beschaffenheit des Rechtsverhältnisses oder Rechtsinstituts besondere Gründe gegeben seien, die in Be614
21. Titel : Anweisung
§792
tracht kommenden Rechtsnormen der Konkursordnung von der Anwendung auszuschließen, zu ergänzen oder zu ändern. Solche Gründe seien aber in dem vorliegenden Falle keineswegs ersichtlich. Ob die in Rede stehenden Rechtsnormen der Konkursordnung durchweg angemessen, klar und erschöpfend seien, müsse auf sich beruhen. Sollten dieselben an Mängeln und Fehlern leiden, so würde der späteren Revision der Konkursordnung die erforderliche Ergänzung und Berichtigung vorzubehalten sein. Es könne auch zu nichts führen, einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen, wie der Konkurs nach den Normen der Konkursordnung auf die Rechtsverhältnisse aus einer Anweisung bei der Unterstellung dieses oder jenes Falles sich äußere. Das richtige Ergebniß einer jeden solchen Prüfung sei abhängig von dem richtigen Verständnisse der einschlagenden Vorschriften der Konkursordnung, während die Richtigkeit dieses Verständnisses nur auf dem — mindestens vorläufig — verschlossenen legislativen Wege verbürgt werden könne. Einige Mitglieder behielten sich vor, auf den Gegenstand zur geeigneten Zeit, insbesondere bei Berathung des auf das Mandat sich beziehenden Abschnitts zurückzukommen. II. — IV. In der RedVorl und der ZustOR lautet die beschlossene Vorschrift als § 301, im K E als S 606 und im E I als § 613: Die Anweisung erlischt nicht durch den T o d oder den Eintritt der Geschäftsun- RedVorl/ fähigkeit des Anweisenden, des Angewiesenen oder des Anweisungsempfängers. ZustOR § 301 K E S 606 E I § 613
C. 2. Kommission I. Der § 613 wurde nicht beanstandet (Prot. II, Bd. 2, S. 389). II. In der VorlZust ist die Fassung des § 613 unverändert. I I I . - V . In der ZustRedKom § 613, im E II § 626, E II rev § 776, E III § 775 liegt die in § 691 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
§ 792
Der Anweisungsempfänger kann die Anweisung durch Vertrag mit einem Dritten auf diesen übertragen, auch wenn sie noch nicht angenommen worden ist. Die Uebertragungserklärung bedarf der schriftlichen Form. Zur Uebertragung ist die Aushändigung der Anweisung an den Dritten erforderlich. Der Anweisende kann die Uebertragung ausschließen. Die Ausschließung ist dem Angewiesenen gegenüber nur wirksam, wenn sie aus der Anweisung zu entnehmen ist oder wenn sie von dem Anweisenden dem Angewiesenen mitgetheilt wird, bevor dieser die Anweisung annimmt oder die Leistung bewirkt. Nimmt der Angewiesene die Anweisung dem Erwerber gegenüber an, so kann er aus einem zwischen ihm und dem Anweisungsempfänger bestehenden Rechtsverhältniß Einwendungen nicht herleiten. Im Uebrigen finden auf die Uebertragung der Anweisung die für die Abtretung einer Forderung geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung. 615
§792
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
A. 1. Kommission 1.175. Sitzung vom 14. 2. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend Kurlbaum I Prot 11718 | In den Motiven findet sich (S. 27) eine Ausführung über die Entbehrlichkeit von Vorschriften in Betreff der Uebertragung von Anweisungen. Die Mehrheit erkannte I Prot 11719 die Entbehrlichkeit auch solcher Vorschriften an. Sie war der | Ansicht: Bei der Uebertragung einer Anweisung seien zwei Fälle zu unterscheiden. Die Uebertragung könne erfolgen, nachdem die Anweisung von dem Angewiesenen dem Anweisungsempfänger gegenüber bereits angenommen sei. Es könne aber auch eine noch nicht akzeptirte Anweisung übertragen werden. Der erste Fall mache die geringste Schwierigkeit. Es unterliege keinem Bedenken, in der Uebertragung einer von dem Angewiesenen dem Anweisungsempfänger gegenüber bereits angenommenen Anweisung eine gewöhnliche Zession der aus der Annahmeerklärung dem Anweisungsempfänger gegen den Angewiesenen erwachsenen Rechte zu erblicken. Betreffend dagegen den zweiten Fall, so verbiete sich die Annahme einer Zession, weil keine Rechte vorhanden seien, die als Gegenstand der Abtretung sich betrachten ließen. Allgemeine Regeln aber, wie das fragliche Geschäft zu beurtheilen sei, könnten nicht aufgestellt werden, da die richtige Beurtheilung von den konkreten Umständen abhänge. Sei gegen Entgelt abgetreten, so werde meist oder doch in vielen Fällen die Annahme gerechtfertigt sein, entweder der Anweisungsempfänger habe dem Erwerber die Leistung von Seiten des Angewiesenen zugesichert und für den Eingang derselben die Garantie übernommen, oder der Erwerber habe zu der Gegenleistung unter der Voraussetzung des künftigen Eingangs der Leistung sich verstanden, so daß, wenn die Voraussetzung sich nicht erfülle, die Grundsätze über die condictio ob rem anwendbar würden. Aber noch ein anderer Umstand komme in Betracht. Es frage sich, ob der Anweisungsempfänger dem Anweisenden gegenüber zur weiteren Uebertragung der Anweisung befugt sei und ob der Angewiesene, der eine solche Uebertragung berücksichtige, sich dem Anweisenden gegenüber verantwortlich mache bezw. seine Ersatzansprüche gegen denselben einbüße. Auch diese I Prot 1 1720 Frage lasse eine allgemeine Beantwortung | nicht zu. In den meisten Fällen möge die Annahme begründet sein, der zur Erhebung im eigenen Namen berechtigte Anweisungsempfänger sei auch befugt, sowohl die Leistung bei dem Angewiesenen durch einen Bevollmächtigten, als auch im Wege der weiteren Uebertragung, — worin nichts weiter, als eine zweite Anweisung liege, — durch den von ihm ermächtigten Anweisungsempfänger der zweiten Anweisung zu erheben. Indessen je nach den Umständen könne es auch anders und dem Anweisungsempfänger die weitere Uebertragung versagt (ζ. B. wenn der Anweisung nur ein Inkassomandat zum Grunde liege) und dem Angewiesenen die Berücksichtigung einer Uebertragung ausdrücklich oder stillschweigend von dem Anweisenden verboten sein. So viel leuchte übrigens ein, daß in der bloßen Uebertragung einer Anweisung die Abtretung der Rechte, die dem Anweisungsempfänger dem Anweisenden gegenüber zustehen, nicht zu finden sei und von dem sogenannten springenden Regresse keine Rede sein könne. Die bisher über die Anweisung gefaßten Beschlüsse haben folgenden sachlichen Inhalt: § 1 (§ 225) Händigt Jemand einem Anderen eine Urkunde aus, worin ein Dritter aufgefordert wird, eine Leistung an den Anderen zu bewirken (Anweisung), so ist der Ande616
21. Titel: Anweisung
§792
re (Anweisungsempfänger) ermächtigt, die Leistung bei dem Dritten (Angewiesener) im eigenen Namen zu erheben, und der letztere ermächtigt, ohne daß es einer weiteren Benachrichtigung desselben von Seiten des Auffordernden (Anweisender) bedarf, die Leistung an den Anweisungsempfänger für Rechnung des Anweisenden zu bewirken. § 2 (S 226) Wird die Anweisung von dem Angewiesenen | dem Anweisenden gegenüber an- | Prot 11721 genommen, so wird der Angewiesene dem Anweisenden wie ein Beauftragter dem Auftraggeber zur Befolgung der Anweisung verpflichtet. S 3 (§ 226) Hat der Angewiesene die Annahme der-Anweisung dem Anweisungsempfänger gegenüber erklärt oder ist die dem Anweisungensempfänger behändigte Anweisung mit der schriftlichen Annahmeerklärung des Angewiesenen versehen, so ist der Angewiesene aus der Annahmeerklärung dem Anweisungsempfänger zur Bewirkung der Leistung verpflichtet; er kann sich gegen den Anweisungsempfänger nur solcher Einreden bedienen, welche die Gültigkeit der Annahmeerklärung betreffen oder welche sich entweder in dem Inhalte der Anweisung und der Annahmeerklärung oder in dem zwischen ihm und dem Anweisungsempfänger bestehenden persönlichen Rechtsverhältnisse gründen. S 4 (S 227) Hat der Angewiesene die Leistung an den Anweisungsempfänger nach Maßgabe der Anweisung bewirkt, so ist er wie ein Beauftragter des Anweisenden von diesem Ersatz des Geleisteten zu fordern berechtigt, sofern nicht aus den zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen getroffenen Vereinbarungen sich ein Anderes ergiebt. Bei einer Anweisung auf Schuld wird der Angewiesene durch die Leistung in Höhe der letzteren von der Schuld befreit. S 5 (§ 228) Hat der Anweisende die Anweisung dem Anweisungsempfänger zu dem Zwecke ertheilt, um sei-1 nerseits an den Anweisungsempfänger eine Leistung zu bewirken, | Prot 11722 so gilt die Leistung, auch wenn der Angewiesene die Anweisung dem Anweisungsempfänger gegenüber angenommen hat, erst mit dem Empfang der Leistung als bewirkt. § 6 ( 229) Verweigert der Angewiesene ganz oder zum Theil die Leistung oder die Annahme der Anweisung oder kann oder will der Anweisungsempfänger die Anweisung nicht geltend machen, so ist der Anweisungsempfänger verpflichtet, hiervon den Anweisenden sofort zu benachrichtigen, widrigenfalls er für den aus der Versäumung der Benachrichtigung entstandenen Schaden zu haften hat. § 7 (§ 230') Der Anweisungsempfänger ist im Zweifel wie ein Beauftragter des Anweisenden verpflichtet, von dem Angewiesenen die Leistung zu fordern. S 8 (S 231) So lange der Angewiesene die Leistung an den Anweisungsempfänger nicht bewirkt oder die Anweisung dem Anweisungsempfänger gegenüber nicht angenommen hat, ist der Anweisende die Anweisung zu widerrufen befugt, auch wenn der Widerruf dem Anweisungsempfänger gegenüber nicht gerechtfertigt ist, jedoch un' Im Original steht § 228. 617
§792
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
beschadet der in einem solchen Falle dem Anweisungsempfänger zustehenden Ansprüche auf Schadensersatz. I Prot 1 1723
S 9 (§ 232) Die Anweisung erlischt nicht durch den Tod oder | den Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Anweisenden, des Angewiesenen oder des Anweisungsempfängers. Es wurde in Gemäßheit des S. 1698 der Protokolle 2 erwähnten Vorbehalts zur Prüfung übergegangen, ob und inwiefern die vorstehenden Bestimmungen auf andere Fälle, als den im § 1 gekennzeichneten Fall auszudehnen seien.
Erster Fall. Der Anweisende weist nur den Angewiesenen an, die Leistung an einen Dritten (sc. Anweisungsempfänger) zu bewirken, ohne den Anweisungsempfänger mit einem jussus — dem Erhebungsjussus — zu versehen, so daß nur ein jussus, nämlich der jussus des Anweisenden an den Angewiesenen — der jussus zu leisten — vorliegt. Die Mehrheit beschloß, über diesen Fall seien besondere Bestimmungen nicht aufzunehmen. Die Gründe waren: Ohne Zweifel seien in einem solchen Falle die §§ 2 und 4, sowie 8 der obigen Zusammenstellung — der § 8 übrigens nur insoweit, als er nicht von den Folgen der Annahme der Anweisung für das Widerrufsrecht rede —, in vollem Umfange anwendbar. Dies besonders zu bestimmen, erscheine aber nach den für das Mandat geltenden Grundsätzen in Verbindung mit § 63 der Zusammenstellung der auf den Allgemeinen Theil sich beziehenden Beschlüsse (Protokoll vom 14. November 1881 S. 128 — 130)3 entbehrlich. Wenn entgegnet werde, der Grund treffe auch für den Fall des § 1 der obigen Zusammenstellung zu, demgemäß die §§ 2, 4 und zum Theil § 8 überhaupt zu streichen seien, so sei zu erwägen, daß der Fall des § 1 doch manches Eigenthümliche habe und seine vollständige Regelung ohne Aufnahme jener Vorschriften nicht möglich sei, die Regelung mindestens, wenn die letzteren ausgeschieden würden, eine wenig befriedigende und anschauliche bleiben werde. I Prot 1 1724 | Bei der Beurtheilung des unterstellten Falles liege sichtbar der Schwerpunkt in der Entscheidung der Frage, ob der § 3 und der § 8, letzterer, soweit er das Widerrufsrecht nach der Annahmeerklärung ausschließe, anwendbar seien. Gerade diese Anwendbarkeit sei aber — mindestens vorläufig — zu verneinen. Der § 3 erkläre die Annahmeerklärung, auch wenn sie die ihr zum Grunde liegende materielle causa nicht angebe und von dieser abstrahire, für verbindlich und bestimme ferner, daß in der einfachen Annahmeerklärung stets ein abstraktes Schuldversprechen zu finden sei. Vorläufig und solange die Beschlüsse über die Wirksamkeit des abstrakten Schuldversprechens noch ausständen, sei anzunehmen, der § 3 enthalte eine Vorschrift, welcher ein eminent positiver Charakter beiwohne, und für die sich nur geltend machen lasse, sie trage den im Verkehr vorherrschenden, auf ein dringendes praktisches Bedürfniß hinweisenden Anschauungen in gebührender Weise Rechnung. Nun dürfe aber die Vorschrift wegen ihres anomalen Charakters nicht weiter ausgedehnt werden, als jene Anschauungen bezw. das gedachte praktische Bedürfniß erheischten. Unerweislich aber sei, daß dies für den zur Erörterung stehenden Fall zutreffe. Eine Anweisung, die nur in dem jussus bestehe, welchen der Anweisende dem Angewiesenen unmittelbar ertheile, sei für den Verkehr von gerin2 S. bei § 783 BGB. 3 S. bei § 151 BGB.
618
21. Titel: Anweisung
§792
ger Bedeutung und ohne Zweifel sei es aus den auf den Verkehr zu nehmenden Rücksichten nicht geboten, einer solchen Anweisung die Akzeptationsfähigkeit in dem in Frage stehenden Sinne beizulegen. Sollten die noch zu beschließenden allgemeinen Vorschriften über die Verbindlichkeit des abstrakten Schuldversprechens ergeben, daß der § 3 keine Abweichung von den allgemeinen Regeln enthalte, so würde auf den Gegenstand zurückzukommen sein. Zweiter Fall. Die Anweisung wird von dem Anweisenden nur münd- | lieh, etwa bei gleichzei- | Prot I 1725 tiger Anwesenheit des Anweisungsempfängers und des Angewiesenen, in der Art ertheilt, daß er sowohl an den Anweisungsempfänger, als an den Angewiesenen den betreffenden jussus richtet. Die Mehrheit beschloß, auch dieser Fall sei im Gesetze zu übergehen. Sie war der Ansicht: Auf den erwähnten Fall könnten der § 3 und bezw. theilweise § 8 der obigen Zusammenstellung aus den bei dem vorigen Fall für durchschlagend erachteten Gründen keine Anwendung finden. Die übrigen §§ möchten anwendbar sein. Es habe aber kein Interesse, deren Anwendbarkeit zu bestimmen. Denn einestheils seien die fraglichen Fälle nicht häufig und anderentheils werde ihre richtige Beurtheilung wegen des Prinzips der Vertragsfreiheit um so weniger auf Schwierigkeiten stoßen, als nichts entgegenstehe, bei der Auslegung der einzelnen Rechtsgeschäfte von der Voraussetzung auszugehen, die Parteien hätten die Anwendbarkeit der passenden Vorschriften gewollt oder stillschweigend dasjenige vereinbart, was diesen Vorschriften gemäß sei. Von Wichtigkeit sei, daß die an und f ü r sich anwendbaren Vorschriften in der That nichts enthielten, von dem man nicht behaupten könne, es sei in der Regel als von den Parteien gewollt zu betrachten. Dritter Fall. Der Anweisende richtet sowohl an den Anweisungsempfänger als an den Angewiesenen, und zwar an jeden besonders, unmittelbar und schriftlich den jussus zu erheben und bezw. zu leisten. Die Mehrheit glaubte, daß dieser Fall der gleichen Beurtheilung wie der vorige unterliege, also auch über ihn nichts zu bestimmen sei. B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Als § 612a folgende Vorschrift einzuschalten:
Struckmann (Nr 3, 131)
Der Anweisungsempfänger kann durch einen auf die Anweisung gesetzten Vermerk die ihm aus der Anweisung zustehenden Rechte, auch wenn der Angewiesene die Anweisung noch nicht angenommen hat, übertragen. II. Eine Beratung hat nicht stattgefunden. C. 2. Kommission I. Zur Ergänzung des Entw. waren noch folgende Anträge gestellt (Prot. II, Bd. 2, S. 389; Mugdan, Bd. 2, S. 966): 1. die nachstehenden Vorschriften als § 613a aufzunehmen. Der Anweisungsempfänger kann durch einen auf die Anweisung gesetzten Ver619
§792
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
merk die ihm aus der Anweisung zustehenden Rechte, auch wenn der Angewiesene die Anweisung noch nicht angenommen hat, übertragen, sofern nicht die Ausschließung der Uebertragung aus dem Inhalte der Anweisung sich ergiebt. Auf die Uebertragung finden die Vorschriften über die Abtretung einer Forderung Anwendung. Jacubezky 2. dem § 613a folgenden Inhalt zu geben: (Nr 206, 3 Der Anweisungsempfänger kann durch Vertrag mit einem Dritten die Anweiu. 209, 2) sung, auch wenn sie nicht von dem Angewiesenen angenommen ist, auf den Dritten übertragen. Die Uebertragungserklärung bedarf der schriftlichen Form. Zur Uebertragung ist die Aushändigung der Anweisung an den Dritten erforderlich. Mit der Uebertragung tritt der Dritte an die Stelle des Anweisungsempfängers. Die Ausschließung der Uebertragung ist dem Angewiesenen gegenüber nur wirksam, wenn sie aus dem Inhalte der Anweisung zu entnehmen ist oder wenn sie dem Angewiesenen von dem Anweisenden vor der Annahme oder, falls eine Annahme nicht erfolgt, vor der Bewirkung der Leistung mitgetheilt war. Hat der Angewiesene die Anweisung dem Erwerber gegenüber angenommen, so kann er aus einem zwischen ihm und dem bisherigen Anweisungsempfänger bestehenden Rechtsverhältniß Einwendungen nicht herleiten. Im Uebrigen finden auf die Uebertragung der Anweisung die für die Abtretung von Forderungen geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung, hierzu der Unterantrag, in dem Abs. 3 den ersten Satz zu streichen. Die Komm, entschied sich für den Antrag 2. II. In der VorlZust lautet die beschlossene Vorschrift als § 613a: E I-VorlZust Der Anweisungsempfänger kann durch Vertrag mit einem Dritten die Anwei§ 613a sung, auch wenn sie nicht von dem Angewiesenen angenommen ist, auf den Dritten übertragen. Die Uebertragungserklärung bedarf der schriftlichen Form. Zur Uebertragung ist die Aushändigung der Anweisung an den Dritten erforderlich. Die Ausschließung der Uebertragung ist dem Angewiesenen gegenüber nur wirksam, wenn sie aus dem Inhalte der Anweisung zu entnehmen ist oder wenn sie dem Angewiesenen von dem Anweisenden vor der Annahme oder, falls eine Annahme nicht erfolgt, vor der Bewirkung der Leistung mitgetheilt war. Hat der Angewiesene die Anweisung dem Erwerber gegenüber angenommen, so kann er aus einem zwischen ihm und dem bisherigen Anweisungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnisse Einwendungen nicht herleiten. Im Uebrigen finden auf die Uebertragung der Anweisung die für die Abtretung von Forderungen geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung. III., IV. In der ZustRedKom und im E II § 627 lautet die Fassung: E I-ZustRedKom Der Anweisungsempfänger kann die Anweisung, auch wenn sie nicht angenom§ 613a men ist, durch Vertrag mit einem Dritten auf diesen übertragen. Die UebertraE II § 627 gungserklärung bedarf der schriftlichen Form. Zur Uebertragung ist die Aushändigung der Anweisung an den Dritten erforderlich. Der Anweisende kann die Uebertragung ausschließen. Die Ausschließung ist dem Angewiesenen gegenüber nur wirksam, wenn sie aus dem Inhalte der Anweisung (E II: aus der Anweisung) zu entnehmen ist oder wenn sie von dem Anweisenden dem Angewiesenen mitgetheilt war, bevor dieser die Anweisung angenommen oder die Leistung bewirkt hat. 620
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§793
Hat der Angewiesene die Anweisung dem Erwerber gegenüber angenommen, so kann er aus einem zwischen ihm und dem Anweisungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnisse (E III-verhältniß) Einwendungen nicht herleiten. Im Uebrigen finden auf die Uebertragung der Anweisung die für die Abtretung einer Forderung geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung. V. Im E II rev § 777, E III § 776 liegt die in § 792 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
ZWEIUNDZWANZIGSTER TITEL Schuldverschreibung auf den Inhaber §793
Hat Jemand eine Urkunde ausgestellt, in der er dem Inhaber der Urkunde eine Leistung verspricht (Schuldverschreibung auf den Inhaber), so kann der Inhaber von ihm die Leistung nach Maßgabe des Versprechens verlangen, es sei denn, daß er zur Verfügung über die Urkunde nicht berechtigt ist. Der Aussteller wird jedoch auch durch die Leistung an einen nicht zur Verfügung berechtigten Inhaber befreit. Die Gültigkeit der Unterzeichnung kann durch eine in die Urkunde aufgenommene Bestimmung von der Beobachtung einer besonderen Form abhängig gemacht werden. Zur Unterzeichnung genügt eine im Wege der mechanischen Vervielfältigung hergestellte Namensunterschrift.
A. 1. Kommission I. a) 99. Sitzung vom 12. 6. 1882, Schriftführer Neubauer I Es wurde nur Berathung des mit der | Ueberschrift: „Inhaberpapiere" versehe- |Prot I 855 nen Abschnitts übergegangen. In Folge einer einleitenden Debatte wurde beschlos- | Prot I 856 sen: 1. Bei der Berathung wird die Ordnung des Entwurfs eingehalten, so daß zunächst also die §§ 10, 11, 12 zur Berathung gelangen, obschon dieselben nur auf eine gewisse Klasse von Inhaberpapieren, nämlich die, welche auf eine Geldsumme lauten, sich beziehen. Bei der Berathung der nachfolgenden Paragraphen wird sodann, und zwar bei jedem einzelnen Paragraphen besonders, entschieden, ob und inwiefern die Vorschrift, soweit der Inhalt Zweifel läßt, für alle Inhaberpapiere oder nur für die im § 10 bezeichnete Kategorie bezw. die auf Zahlung einer Geldsumme lautenden Papiere zu gelten habe. Der Redaktion bleibt endlich die Prüfung vorbehalten, ob die für alle Inhaberpapiere geltenden Vorschriften vorauszuschikken seien. 621
§793 I Prot I 857
I Prot I 872 T E - O R (Nr 1)
§13
Planck (Nr 97)
Johow Gebhard I Prot I 873
Kurlbaum (Nr 102, 4)
Kurlbaum
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
| 2. Ob der Ausdruck „Inhaberpapiere" beizubehalten oder durch einen anderen zu ersetzen sei, wird bei der Berathung und Feststellung des ersten für alle Inhaberpapiere für anwendbar erklärten Paragraphen zur Entscheidung gebracht. Gegen die Beibehaltung war das Bedenken erhoben worden, das Wort werde auch gebraucht für Papiere, in welchen eine obligatorische Beziehung nicht verbrieft beziehungsweise eine Leistung nicht versprochen sei, die also nicht in den Bereich des vorliegenden Abschnittes fallen könnten. Darüber bestand übrigens für die Mehrheit kein Zweifel, daß dieser Abschnitt keineswegs der geeignete Ort für die Entscheidung sei, welche Inhaberpapiere, weil sie kein Leistungsversprechen enthalten, von der Beurtheilung nach den Bestimmungen des vorliegenden Abschnitts ausgeschlossen seien... b) 100. Sitzung vom 14. 6. 1882, Schriftführer Neubauer I Zu § 13 des Entwurfes: „Inhaberpapiere sind auch dann rechtsgiltig ausgestellt, wenn sie an Stelle der eigenen Namensunterschrift des Ausstellers oder der ihn vertretenden Person, Stelle oder Behörde mit dem im Wege mechanischer Vervielfältigung hergestellten Namenszuge oder mit anderen die Person des Ausstellers außer Zweifel stellenden Zeichen oder Merkmalen versehen sind." war beantragt: 1. statt dessen zu bestimmen: „§ a) Wer durch eine Urkunde eine Leistung an jeden Inhaber der Urkunde verspricht, wird dadurch nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verpflichtet." „§ b) Urkunden der in § a bezeichneten Art (Inhaberpapiere) sind auch dann rechtsgültig ausgestellt u.s.w. wie in § 13." 2. den § 13, welcher nach den Motiven sich nur auf die Geld-Inhaberpapiere zu beziehen scheine, für alle Schuldverschreibungen auf den Inhaber zu beschließen. 3. in § 13 zu bestimmen: I „Schuldverschreibungen, in welchen der Aussteller die Zahlung einer Geldsumme an jeden Inhaber verspricht, müssen den Erfordernissen der schriftlichen Form genügen (Zusammenstellung der Beschlüsse zum Allgemeinen Theil § 69). Die eigenhändige Unterschrift kann durch eine im Wege mechanischer Vervielfältigung hergestellte Unterzeichnung ersetzt werden." 4. den § 13 zu fassen: „Für Schuldverschreibungen auf den Inhaber, welche nach § 10 der Staatsgenehmigung bedürfen, kann durch diese Genehmigung an Stelle der Namensunterschrift eine andere Art der Vollziehung bestimmt werden." 5. zu bestimmen: „Wenn in der Urkunde auf den Inhaber die Zahlung einer Geldsumme versprochen ist, gleichviel ob eine bestimmte oder unbestimmte, so genügt die Herstellung der Unterschrift auf mechanischem Wege. Soweit die Staatsgenehmigung erfolgt ist, kann in dieser die Ersetzung der Unterschrift auf anderem Wege für zulässig erklärt werden." Von der Mehrheit wurde beschlossen: 1. Ablehnung des Antrags zu 3 ; 2. Annahme des Entwurfes, soweit er die Herstellung der Unterschrift auf mechanischem Wege gestattet: 622
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§793
a) für die Inhaberpapiere, deren Ausgabe nach den Beschlüssen zum § 10 Staatsgenehmigung erfordert, b) für die übrigen eine Geldzahlung versprechenden Inhaberpapiere, c) für die sonstigen Inhaberpapiere. I 3. Streichung der in dem § 13 sich findenden Worte: „oder mit anderen die Per- | Prot I 874 son des Inhabers außer Zweifel stellenden Zeichen oder Merkmalen". Die leitenden Erwägungen waren: Wenn das Gesetz bestimme, das in einer Urkunde enthaltene Versprechen, dem Inhaber eine Leistung zu gewähren, erzeuge eine vollgültige obligatorische Verpflichtung, welche jedem Inhaber gegenüber erfüllt werden müsse, so werde stillschweigend eine Urkunde vorausgesetzt, worin das Versprechen enthalten, daß das Versprechen also in schriftlicher Form ertheilt sei. Hieraus folge von selbst die Anwendbarkeit der am 18. November v. J. zu § 93 des Allgemeinen Theils (Protokolle S. 147— 150, Zusammenstellung der Beschlüsse § 69)1 beschlossenen Vorschrift, nach welcher die eigenhändige Unterschrift ein wesentliches Erforderniß der schriftlichen Form sei. Die Erfahrung lehre aber, daß bei der sogenannten Massen-Emission von Inhaberpapieren jenem Erfordernisse nur schwer, mitunter gar nicht Genüge geschehen könne. Hieraus folge die Nothwendigkeit, eine Ausnahme von der erwähnten Regel zuzulassen, und zwar in der Weise, daß die Herstellung der Unterschrift auf mechanischem Wege für zureichend erklärt werde. Das Bedürfniß zeige sich zunächst für diejenigen Papiere, durch welche eine Geldzahlung versprochen werde, möge die Geldsumme eine bestimmte, also zur Ausgabe die Staatsgenehmigung nöthig sein oder nicht, wie bei gewissen Dividendenscheinen und Lotterieloosen. Indessen auch bei anderen Inhaberpapieren lasse sich das Bedürfniß nicht gänzlich verneinen, weshalb es den Vorzug verdiene, die Ausnahme nicht auf die, eine Geldzahlung | verheißenden Papiere zu be- |Prot I 875 schränken. Der Antrag zu 3 so wie die in dem Entwürfe sich findenden Worte: „oder — Merkmale" führten noch zur Lösung einer ganz anderen Frage, nämlich der: inwiefern nach den Vorschriften des vorliegenden Abschnitts auch diejenigen Urkunden im weiteren Sinne zu beurtheilen seien, welche das Versprechen der Leistung keineswegs vollständig enthielten, für sich betrachtet überhaupt ein Versprechen oft oder meist gar nicht erkennen ließen, indem vielmehr damit ein solches hervortrete, noch auf andere, aus dem Inhalte der Urkunde nicht ersichtliche Umstände, Verhältnisse oder Beredungen zurückgegangen werden müsse, wohin insgesondere gewisse Marken und Billets der verschiedensten Art gehören. Diese Frage müsse aber vorläufig auf sich beruhen. Damit keine Verwickelungen entständen, sei es dringend nöthig, bei der Berathung des vorliegenden Abschnitts zunächst nur Urkunden im engeren Sinne oder Verschreibungen oder solche Urkunden zu unterstellen in welchen das Leistungsversprechen seinem ganzen Umfange nach unmittelbar oder durch Hinweisung auf andere Schriften gegeben sei. Es schließe das nicht aus, nach Durchberathung dieses Abschnitts Beschluß darüber zu fassen, ob und welche Vorschriften des vorligenden Abschnitts und unter welchen Voraussetzungen auf die andere Kategorie von Urkunden im weiteren Sinne anwendbar und für entsprechend anwendbar zu erklären seien. c) 101. Sitzung vom 16. 6. 1882, Schriftführer Neubauer IZu dem § 15: |ProtI882 „Derjenige, welcher ein Inhaberpapier jeweilig inne hat, ist als Inhaber der Ur- TE-OR (Nr 1) S 15 Vgl. Quellen zu § 126 BGB.
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§793
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
künde, ohne Rücksicht auf den Grund seines Erwerbes derselben berechtigt, die in der Urkunde versprochene Leistung zur Verfallzeit zu fordern. Der unredliche Erwerb des Inhabers begründet für den Aussteller nur dann eine Einrede, wenn das Papier ihm selbst gestohlen oder abhanden gekommen ist. Außer diesem Falle, und von anderen zulässigen Einreden abgesehen, darf der Aussteller dem Inhaber die Zahlung nur nach einem an den Aussteller ergangenen gerichtlichen Zahlungsverbot verweigern." lagen folgende Anträge vor: Derscheid (Nr 101)
1. die beiden ersten Sätze des § 15 zu fassen : „Der Inhaber der Urkunde ist als solcher berechtigt, die in derselben versprochene Leistung zur Verfallzeit zu fordern. Der unredliche Erwerb des Inhabers begründet für den Aussteller nur dann eine Einrede, wenn der Aussteller selbst den Besitz der Urkunde ohne seinen Willen oder durch eine widerrechtliche Handlung verloren hat."
I Prot I 883 Planck (Nr 97)
2. den zweiten und dritten Satz des § 15 zu streichen und nur | zu bestimmen: „Derjenige, welcher ein Inhaberpapier u.s.w. wie im ersten Satze des S 15."
Windscheid (Nr 99)
3. zu bestimmen statt § 15: „§ 15. Der Aussteller ist berechtigt, die Zahlung zu verweigern, wenn er beweist, daß der Inhaber unredlicher Weise von dem Papier Gebrauch macht." „§ 16. Der Aussteller ist berechtigt, wie verpflichtet, die Zahlung zu verweigern, wenn ein gerichtliches Zahlungsverbot an ihn ergangen ist."
Kurlbaum (Nr 102,6)
4. den § 15 zu fassen: „Der unredliche Erwerb des Inhabers begründet eine Einrede gegen dessen Forderung nur dann, wenn die Urkunde von dem Aussteller oder dessen Rechtsnachfolger nicht veräußert oder die Veräußerung anfechtbar ist. Diese Einrede fällt weg, wenn ein früherer Inhaber der Urkunde dieselbe redlich erworben hat." In Folge einer einleitenden Debatte verständigte man sich zunächst dahin, daß die §§ 15, 16 und 17, ähnlich wie der § 14, für alle Schuldverschreibungen auf Inhaber gelten müssen, daß es aber nothwendig sein werde, diese für alle Schuldverschreibungen geltenden wichtigen Vorschriften mit einer das Hauptprinzip enthaltenden Bestimmung einzuleiten, die etwa dahin zu lauten habe : „Durch eine Schuldverschreibung, in welcher der Aussteller dem Inhaber der Urkunde eine Leistung verspricht (Schuldverschreibung auf Inhaber) wird der Aussteller verpflichtet, an den jeweiligen Inhaber nach Maßgabe des in der Urkunde enthaltenen Versprechens die Leistung zu bewirken." Man war der Ansicht, daß eine solche Bestimmung einmal die in der vorigen Sitzung von einer Seite beantragte Vorschrift entbehrlich mache : „Der Umfang der Verpflichtungen des Ausstellers wird ausschließlich durch die Urkunde bestimmt." I Prot I 884 | (vgl. Protokolle S. 872), sodann auch davon abzusehen gestatte, nach Anleitung des § 15 des Entwurfes noch besonders hervorzuheben, der jeweilige Inhaber der Urkunde sei berechtigt, die Leistung zu fordern, — ein Zusatz, der, indem er auf den Umstand hindeute, daß das Gläubigerrecht des jeweiligen Inhabers kein abgeleitetes sei, nur für die juristische Konstruktion eine Bedeutung habe. Anlangend den übrigen sachlichen Inhalt des § 15, so zeigte sich in Ansehung mehrerer Punkte eine Verschiedenheit der Ansichten. 624
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§793
I. Der Entwurf versagt dem Aussteller, vorbehaltlich der nachfolgend unter II gedachten Ausnahme, die Befugniß, dem das Gläubigerrecht geltend machenden Inhaber die Leistung wegen unredlichen Erwerbes der Urkunde zu verweigern. Dagegen richtet sich der Antrag Nr. 3, nach welchem der Aussteller, wenn auch nicht zur Vermeidung der Verantwortlichkeit gegen einen Vormann verpflichtet, doch berechtigt sein soll, die Erfüllung der leistungspflicht einem unredlichen Erwerber gegenüber abzulehnen. Für diese Befugniß des Ausstellers wurde insbesondere geltend gemacht, daß sie nicht allein der historischen Entwickelung des Instituts der Inhaberbriefe entspreche, sondern auch weit gerechter erscheine und mit dem Rechtsgefühle sichtbar in besserem Einklang stehe, als das Prinzip des Entwurfes. Hinzugefügt wurde: daß auch die Vorschläge des Entwurfes über die gerichtliche Zahlungssperre und über die Amortisation es rechtfertigten, dem Aussteller jene Befugniß beizulegen. Die Mehrheit entschied gleichwohl für das Prinzip des Entwurfes, indem sie das entscheidende Gewicht auf die gesetzgeberischen Vorgänge der neueren Zeit, so wie auf den Umstand legte, daß nur das Prinzip des Entwurfes dem Verkehr mit den Inhaberpapieren die erforderliche Sicherheit zu gewähren und dessen gedeihliche Entwickelung zu verbürgen vermöge. I II. I Prot 1885 Der Entwurf läßt von dem unter I erwähnten Prinzipe eine Ausnahme für den Fall zu : „wenn die Urkunde dem Aussteller gestohlen oder abhanden gekommen ist." Darüber bestand kein Zweifel, daß, wenn der Inhaber, welcher das Gläubigerrecht geltend macht, nach den zwischen ihm und dem Aussteller obwaltenden Rechtsbeziehungen dem letzteren das Papier herauszugeben verpflichtet ist, ζ. B. in einem Vindikationsprozesse ihm weichen müßte, der Aussteller die Leistung einem solchen Inhaber verweigern darf, und zwar ohne Unterschied, ob das Papier von dem Aussteller ausgegeben oder ob es ihm entfremdet war. Mehrere Mitglieder fanden in jener Bestimmung des Entwurfs aber keineswegs eine solche, welche nur die vorstehende, von der Mehrheit für selbstverständlich erachtete Rechtsnorm (indem sie nur eine Konsequenz derselben ziehe) auszusprechen bezwecke, sie erblickten darin vielmehr eine, in der That vollkommen gerechtfertigte positive Ausnahme von dem Prinzip: der Aussteller darf die Leistung wegen unredlichen Erwerbes des Inhabers nicht verweigern, und zwar eine Ausnahme für den Fall, wenn das Papier von dem Aussteller gar nicht ausgegeben, sondern gegen seinen Willen in den Verkehr gelangt ist, obgleich der Inhaber an der Entfremdung sich nicht betheiligt und davon auch keine Kenntniß gehabt hat, sofern sein Erwerb überhaupt nur anderweit ein unredlicher war. In diesem, dem Wortverstande entsprechenden Sinne wurde die Bestimung des Entwurfs von der Mehrheit mit der Maßgabe angenommen, daß der Aussteller zur Verweigerung der Leistung nur befugt, nicht auch verpflichtet sein soll. Für die Entscheidung gab die Betrachtung den Ausschlag: Durch dieselbe erführen die beiden Prinzipien: der Aussteller hafte auch im Falle der Entfremdung des Papiers, | und | Prot 1886 der Aussteller dürfe dem Inhaber wegen unredlichen Erwerbes die Leistung nicht verweigern, eine durch die Billigkeit gebotene und für die Sicherheit des Verkehrs nicht bedenkliche Abschwächung. 625
§ 793
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Der Antrag, die Ausnahme nicht eintreten zu lassen, wenn der Inhaber einen Vormann hat, welcher seinerseits redlich erworben haue, wurde von der Mehrheit abgelehnt, welche die vorgeschlagene Beschränkung der Ausnahme in Rücksicht auf die für die letztere maßgebenden Gründe für ungerechtfertigt hielt. III. Der letzte Satz des § 15 wurde von der Mehrheit für selbstverständlich erachtet und daher die Streichung beschlossen. Der Antrag zu 2 war im Laufe der Debatte zurückgezogen worden, desgleichen der Antrag zu 4, soweit er auf die Anfechtbarkeit des Ausgabegeschäfts sich bezieht, vorbehaltlich seiner Wiederaufnahme bei Erledigung des § 16. In redaktioneller Hinsicht war man einverstanden, daß die Entfremdung betreffend die Fassung der des § 14 zu entsprechen habe und daß anlangend den unredlichen Erwerb aus der Fassung die Beweispflicht des Ausstellers sich ergeben müsse. II., III. 1. Die beschlossene Regelung lautet in der ZustOR (im KE): ZustOR§ 126 § 126. Durch eine Schuldverschreibung, in welcher der Aussteller dem Inhaber KE § 679 derselben eine Leistung verspricht (Schuldverschreibung auf Inhaber) wird der Aussteller dem jeweiligen Inhaber der Schuldverschreibung verpflichtet, an diesen nach Maßgabe des in der Urkunde enthaltenen Versprechens die Leistung zu bewirken. An Stelle der eigenhändigen Unterschrift (§ 69 Allg. Theil 2 ) genügt eine im Wege der mechanischen Vervielfältigung hergestellte Vollziehung. ZustOR § 128 § 128. Der Aussteller der Schuldverschreibung darf dem Inhaber derselben die KE § 681 Leistung nicht deshalb verweigern, weil dieser die Schuldverschreibung in unredlicher Weise erworben hat, unbeschadet der Bestimmung des § 1303. 2. Es war beantragt, 1 a) dem § 679 KE als Abs. 3 zuzusetzen" 4 : I Prot 111841 | „Die Gültigkeit der Vollziehung kann durch einen auf der Urkunde anzubrinKurlbaum genden Vermerk von der Beifügung eines bestimmten Zeichens oder Vermerks ab(Nr 580) hängig gemacht werden." b) § 695 Κ Έ . Abs. 4 zuzusetzen: „Die Form der Vollziehung der von einem Bundesstaate ausgestellten Schuldverschreibungen dieser Art bestimmt sich nach den Landesgesetzen." v. Mandry (Nr 620, 52
2. a) in Abs. 2 die eingeklammerte Paragraphenzahl (§ 91) zu streichen; b) den in Antrag Nr. 580 Z.l lit. a beantragten dritten Absatz zu fassen: „Die Vollendung der Form kann durch . . . " (vgl. § 93). Es wurde beschlossen:
1. dem § 679 den zu 1 a beantragten dritten Absatz und dem § 695 entsprechend dem Antrag zu 1 b, als vierten Absatz die Bestimmung beizufügen: Die Gesetze eines Bundesstaates, welche über die Form der Vollziehung der von IProti 11842 dem Bundesstaate | ausgestellten Schuldverschreibungen der im ersten Absätze bezeichneten Art bestimmen, bleiben unberührt.
2 Vgl. Quellen zu § 126 BGB. 3 Vgl. unten S. 670. 4 Der Antrag beginnt in der metallographischen Fassung: „Antrag (auf den durch Schreiben des K.Preuß. Finanzministers vom 17. Febr. d. Js. mitgetheilten Bericht der K.Preuß. Hauptverwaltung der Staatsschulden.)..
626
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§793
2. das Zitat „(§ 91)" in § 679 Abs. 2 zu streichen. Man erwog: Durch die Vorschrift des § 679 Abs. 2, nach welcher für die Ausstellung von Schuldverschreibungen auf Inhaber, in Abweichung von der Regel (§ 91), an Stelle der eigenhändigen Unterschrift eine im Wege der mechanischen Vervielfältigung hergestellte Vollziehung zulässig sei, werde dem Bedürfnisse bei Massenemissionen, inbesondere durch den Staat, noch nicht genügt. Bei solchen Emissionen sei, wie in dem von dem Königl. Preuß. Finanzministerium mitgetheilten Berichte der Königl. Preuß. Hauptverwaltung der Staatschulden vom 18. November 1885 nachgewiesen werde, regelmäßig, bedingt durch die ganze Geschäftsorganisation, zwischen zwei oft weit auseinander liegenden Akten zu unterscheiden, nämlich zwischen der Herstellung der Formulare, welche gewöhnlich schon das Datum der Ausstellung, die Bezeichnung der betreffenden Behörde und die faksimilirten Unterschriften ihrer Mitglieder umfasse, und der Ausfertigung der Formulare durch einen auf der Urkunde anzubringenen Vermerk. Erst durch letzteren Akt werde die Erklärung des Verpflichtungswillens des Ausstellers vollständig. Bliebe der Entwurf auf die Vorschrift in § 679 Abs. 2 beschränkt, so liege die Gefahr nahe, daß der Aussteller auf Grund eines irgendwie in den Verkehr gelangten nur erst hergestellten, noch nicht ausgefertigten Effektenformulars in Anspruch genommen werden könnte. Dieser Gefahr müsse vorgebeugt werden, wie durch den zu § 679 beschlossenen Zusatz geschehe. Es müsse aus den betreffenden Schuldverschreibungen selbst hervorgehen, daß die Gültigkeit der Vollziehung, um welche allein es sich handele, von einem bestimmten Vermerke oder Zeichen auf der Urkunde abhängig, I ohne diesen Vermerk oder dieses Zeichen die Urkunde also noch nicht vollzogen |Proti 11843 sei. Es genüge in dieser Beziehung nicht etwa die Veröffentlichung der betreffenden Bestimmung des Ausstellers in öffentlichen Blättern (z. B. im Reichsanzeiger). Den Bundesstaaten sei übrigens für die von ihnen ausgestellten Schuldverschreibungen der im § 695 bezeichneten Art die Bestimmung der Form der Vollziehung durch Landesgesetz nachzulassen. Habe ein Bundesstaat von dieser Befugniß Gebrauch gemacht, dann trete das betreffende Gesetz an die Stelle der Bekanntmachung der Erfordernisse der Vollziehung durch die Urkunde selbst. Das Allegat des § 91 in § 679 Abs. 2 könne entbehrt werden. IV. Fassung der Regelung im E /: § 685. Durch eine Schuldverschreibung, in welcher der Aussteller dem Inhaber EI § 685 derselben eine Leistung verspricht (Schuldverschreibung auf Inhaber), wird der Aussteller dem jeweiligen Inhaber der Schuldverschreibung verpflichtet, an diesen nach Maßgabe des in der Urkunde enthaltenen Versprechens die Leistung zu bewirken. An Stelle der eigenhändigen Unterschrift genügt eine im Wege der mechanischen Vervielfältigung hergestellte Vollziehung. Die Gültigkeit der Vollziehung kann durch einen auf der Urkunde anzubringenden Vermerk von der Beifügung eines bestimmten Zeichens oder Vermerkes abhängig gemacht werden. § 687. Der Aussteller der Schuldverschreibung darf dem Inhaber derselben die EI § 687 Leistung nicht deshalb verweigern, weil dieser die Schuldverschreibung in unredlicher Weise erworben hat, unbeschadet der Vorschrift des § 689.
627
§793
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Anträge liegen nicht vor. II. Protokoll der 81. Sitzung vom 6. 9.1892 |ProtRJA514
| Die Kommission ging demnächst zur Berathung des 20. Titels „Schuldverschreibung auf Inhaber" über. Zu § 685 Abs. 1 wurde beschlossen, auf die dem Entw. zu Grunde gelegte Konstruktion nicht näher einzugehen, den Entw. jedoch dahin abzuändern, daß als Gläubiger aus der Schuldverschreibung der Eigenthümer, nicht aber der jeweilige Inhaber angesehen werden solle. Hinzugefügt wurde aber, daß die Inhabung der Schuldverschreibung die Vermuthung begründe, daß der Inhaber berechtigt sei, über die Schuldverschreibung zu verfügen, andererseits der Aussteller den Inhaber als den zur Verfügung über die Schuldverschreibung Berechtigten ansehen dürfe, auch wenn derselbe in Wahrheit nicht verfügungsberechI ProtRJA 515 tigt sei, daß der Aussteller mithin an den Inhaber, ohne | sich über dessen Legitimation in eine Prüfung einlassen zu müssen, mit freiender Wirkung leisten könne. Gegen den Standpunkt des Entw. wurde eingewendet, daß es der Auffassung des Lebens und des Verkehrs nicht entspreche, den Inhaber des Papiers als solchen schlechthin als den Gläubiger zu behandeln, ζ. B. den Kassenboten, der sich in der Inhabung des Papiers befinde. Mit dieser Auffassung würde auch ein Pfandrecht oder Nießbrauch an der Forderung unvereinbar sein, da der Pfandgläubiger vermöge seiner Inhabung Gläubiger sei und an seiner eigenen Forderung ein wahres Pfandrecht nicht haben könne. Auch führe der Standpunkt des Entw. dahin, daß auch der unredliche Erwerber, ζ. B. der Dieb, dem Aussteller gegenüber das Recht habe, als Gläubiger angesehen zu werden, was dem natürlichen Gefühle und dem Rechtsbewußtsein widerstreite und durch das Bedürfniß des Verkehrs nicht geboten sei. Der Entw. gehe zu weit, wenn er, um den redlichen Inhaber unter allen Umständen gegen ein chikanöses Bestreiten des Ausstellers in wirksamer Weise zu schützen, dem Aussteller dem unredlichen Erwerber gegenüber das Recht versage, die Zahlung zu verweigern. Dem Bedürfnisse des Verkehrs werde genügt, wenn die Inhabung die Vermuthung begründe, daß der Inhaber berechtigt sei, über die Schuldverschreibung zu verfügen. Auch im Grundbuchverkehr, insbesondere im Verkehre mit Hypotheken und Grundschuldbriefen, werde nur der redliche Erwerber geschützt und müse jeder Erwerber sich gefallen lassen, daß ihm die Redlichkeit des Erwerbes bestritten werde. Eine andere Frage sei es, ob man nicht, wenn man einmal die Grundlage des Entw. verlasse, noch einen Schritt weitergehen und, wie von einer Seite befürwortet wurde, dem Aussteller im Interesse des wirklichen Eigenthümers des Papiers die Pflicht auferlegen solle, die Einrede der Unredlichkeit gegen den Inhaber zu erheI ProtRJA 516 ben. Man hielt es | jedoch für bedenklich, so weit zu gehen. Es wurde geltend gemacht, daß das Interesse des Ausstellers, namentlich in den Fällen der Massenemission, es unbedingt erfordere, jeder Prüfungspflicht über die Legitimation des Inhabers überhoben zu sein. Vom Aussteller könne man nicht verlangen, daß er die Interessen des Eigenthümers wahrnehme und sich in dessen Interesse der Gefahr aussetze, Prozeßkosten und Verzugsszinsen zahlen zu müssen, da es doch immer ungewiß bleibe, ob der schwierige Beweis der Unredlichkeit des Erwerbers ihm gelingen werde. Man könne die Pflicht des Ausstellers, die Einrede des unredlichen Erwerbs vorzuschützen, auch nicht von der Voraussetzung abhängig machen, daß ihm die Beweisführung gegenüber dem Inhaber möglich gewesen sei; denn man 628
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§793
könne dem Aussteller nicht zumuthen, daß über diese Frage in einem künftigen Prozesse zwischen ihm und dem Eigenthümer entschieden werden solle. Der Abs. 1 des § 685 soll demgemäß nachstehende Fassung erhalten: „Durch eine Schuldverschreibung, in welcher der Aussteller dem Inhaber derselben eine Leistung verspricht (Schuldverschreibung auf Inhaber), wird der Aussteller dem Eigenthümer der Schuldverschreibung verpflichtet, nach Maßgabe des in der Urkunde enthaltenden Versprechens die Leistung zu bewirken. Die Inhabung der Schuldverschreibung begründet die Vermuthung, daß der Inhaber berechtigt, über dieselbe zu verfügen; der Aussteller ist jedoch berechtigt, den Inhaber als Verfügungsberechtigten anzusehen, auch wenn derselbe zur Verfügung nicht berechtigt ist." Der Abs. 2 des § 667 wurde nicht beanstandet, der Abs. 3 nur redaktionell wie folgt abgeändert: „Die Gültigkeit der Vollziehung kann durch eine in der Urkunde aufzunehmende Bestimmung von | der Beobachtung einer besonderen Form abhängig gemacht |ProtRJA517 werden." I Der § 687 wurde in Gemäßheit der zu § 685 beschlossenen Abweichungen ge- |ProtRJA 518 strichen.
C. 2. Kommission I. a) Anträge (Prot. II, Bd. 2, S. 527ff.; Mugdan, Bd. 2, S. 1046ff.): I. Es lagen nachstehende Anträge vor: 1. zu den §§ 685, 687: Struckmann a) den § 685 wie folgt zu gestalten: (Nr 243, 3) Durch eine Schuldverschreibung, in welcher der Aussteller dem Inhaber derselben eine Leistung verspricht (Schuldverschreibung auf Inhaber), wird der Aussteller dem Eigenthümer der Schuldverschreibung verpflichtet, nach Maßgabe des in der Urkunde enthaltenen Versprechens die Leistung zu bewirken. Die Inhabung der Schuldverschreibung begründet die Vermuthung, daß der Inhaber berechtigt ist, über die Schuldverschreibung zu verfügen; der Aussteller darf jedoch den Inhaber als verfügungsberechtigt ansehen, auch wenn dieser nicht verfügungsberechtigt ist. An Stelle der eigenhändigen Unterschrift genügt eine im Wege der mechanischen Vervielfältigung hergestellte Vollziehung. Die Gültigkeit der Vollziehung kann durch eine in die Urkunde aufzunehmende Bestimmung von der Beobachtung einer besonderen Form abhängig gemacht werden. b) den § 687 zu streichen; 2. zu §685: v. Mandry a) den Abs. 1 im Anschluß an den Antrag 1 zu fassen: (Nr 250, 1) Verspricht in einer Schuldverschreibung der Aussteller dem Inhaber eine Leistung (Schuldverschreibung auf den Inhaber), so ist er verpflichtet, dem Inhaber nach Maßgabe des in der Urkunde enthaltenen Versprechens zu leisten, es sei denn, daß der Inhaber weder Eigenthümer der Schuldverschreibung noch sonst (oder: aus anderem Grunde) zur Einziehung berechtigt ist. Berechtigt zur Leistung an den Inhaber ist der Aussteller jedoch auch dann, wenn er nicht verpflichtet ist, es sei denn, daß er das Nichtbestehen der Verpflichtung kennt. 629
§793
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
v. Mandry (Nr 260,1)
b) eventuell in dem Abs. 1 den Satz 2 am Schlüsse zu fassen : es sei denn, daß er das Nichtbestehen der Verpflichtung kennt und die Leistung ohne Gefährdung eigener Interessen verweigern kann.
Börner (Nr 251, 1)
3. in dem § 685 dem Abs. 1 folgende Fassung zu geben: Wer eine Urkunde ausstellt, in welcher er dem Inhaber derselben eine Leistung verspricht (Schuldverschreibung auf Inhaber), ist verpflichtet, die in der Urkunde versprochene Leistung an den jeweiligen Inhaber zu bewirken, es sei denn, daß der Inhaber zur Verfügung über die Urkunde nicht berechtigt ist. Der Aussteller kann sich jedoch auch durch die Leistung an einen nicht zur Verfügung berechtigten Inhaber befreien. (Im Verhältnisse zu dem Antrag 1 im Wesentlichen nur redaktionell.)
Sohm (Nr 255, 1)
4. zu den §§ 685, 687: in dem § 685 den Abs. 1 zu fassen: Durch eine Schuldverschreibung zu Gunsten eines unbenannten Gläubigers Sohm (Schuldverschreibung auf Inhaber) wird der Aussteller dem Eigenthümer der (Nr 256, 2) Schuldverschreibung nach Maßgabe der Urkunde verpflichtet. Das Innehaben der Schuldverschreibung ermächtigt den Inhaber dem Schuldner gegenüber zur Verfügung über die Forderung. b) in dem § 687 zu bestimmen: Der Aussteller ist berechtigt, dem Inhaber die Leistung zu verweigern, wenn dieser die Schuldverschreibung in unredlicher Weise erworben hat. a)
Wolffson 5. in dem Antrag 1 a die Schlußworte des Abs. 1 (der Aussteller darf etc.) durch (Nr 265) folgende Worte zu ersetzen : Der Aussteller wird auch durch die Leistung an den unberechtigten Inhaber befreit, außer wenn er in glaubhafter Weise erfahren hat, daß der Inhaber zur Verfügung nicht berechtigt sei, und derjenige, der dem Inhaber die Berechtigung bestreitet, dem Aussteller auf Verlangen Sicherheit für den Ersatz der ihm aus der Verweigerung entstehenden Nachtheile leistet. (mutatis mutandis auch zu den Anträgen 2 a und 3 geltend.) 6. statt des unter 4b vorgeschlagenen § 687 in den § 685 Abs. 1 des Antrags 1 den Satz aufzunehmen : Der Aussteller ist zur Bestreitung des Verfügungsrechts des Inhabers berechtigt, wenn der Inhaber weiß, oder nur aus grober Fahrlässigkeit nicht weiß, daß ihm ein Verfügungsrecht nicht zusteht. 7. in dem § 685 den Abs. 1 zu fassen: Hat Jemand eine Urkunde ausgestellt, in welcher er dem Inhaber derselben eine Leistung verspricht (Schuldverschreibung auf Inhaber), so kann der Inhaber die in der Urkunde versprochene Leistung von dem Aussteller verlangen. Der Aussteller darf jedoch die Leistung verweigern, wenn der Inhaber zur Verfügung über die Urkunde nicht berechtigt ist (die Urkunde in unredlicher Absicht erworben hat). Man war einverstanden, daß der prinzipielle Standpunkt des Entw., welcher das Recht aus der Schuldverschreibung lediglich an die Thatsache der Inhabung des Papiers knüpft, aufgegeben und statt dessen davon ausgegangen werden müsse, daß das Gläubigerrecht grundsätzlich nur dem Eigenthümer des Papiers zuzugestehen sei... Die Kom. entschied sich dafür, das Gläubigerrecht des Eigenthümers der Schuldverschreibung im Gesetz unerwähnt zu lassen, sachlich also dem Antrag 7 zuzustimmen . . . 630
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§793
Bei der Fassung glaubte man in der Art und Weise, wie die Beschränkung des Rechtes des Inhabers zum Ausbruck zu bringen sei, den Antrag 7 zu Grunde legen zu sollen, nachdem der Antragsteller zu 2 seine in diesem Punkte nur redaktionellen Vorschläge zu Gunsten des Antrags 7 zurückgenommen hatte. Der Würdigung der RedKom. blieb vorbehalten, ob es vorzuziehen sei, mit dem Antrage 3 den Grundsatz und den Umfang der Inhaberberechtigung allgemein zu bestimmen oder, wie es der Antrag 7 vorschlägt, im Gesetze die Voraussetzung zu bezeichnen, unter welcher der Aussteller berechtigt sei, dem Inhaber die Leistung zu verweigern . . . Bezüglich der Legitimation des Inhabers war man einverstanden, daß dieselbe in der Verfügungsmacht über die Urkunde bestehe . . . Meinungsverschiedenheit bestand über die Frage, inwieweit der Aussteller berechtigt sein solle, die Legitimation zu beanstanden und dem Inhaber die Leistung zu verweigern. Am weitesten geht in dieser Beziehung der Antrag 1 a, dem die nur redaktionell abweichenden Anträge 3 und 7 folgen, indem er dem Aussteller gestattet, die Legitimation durch den Nachweis zu beseitigen, daß ein Verfügungsrecht des Inhabers nicht vorhanden sei. Dagegen will der Antrag 4 b die Verweigerung der Leistung nur dann zulassen, wenn der Inhaber die Schuldverschreibung in unredlicher Weise erworben hat, während der Antrag 6 dem Aussteller die Bestreitung des Verfügungsrechts des Inhabers nur gestatten will, wenn der Inhaber den Mangel seines Verfügungsrechts kennt oder nur aus grober Fahrlässigkeit nicht kennt. Die Kom. entschied sich sachlich für den Antrag 1, indem sie auch hier betreffs der Fassung den Antrag 7 zu Grunde legte. Die dem Antrag 1 a sich anschließenden Anträge 3 , 4 a und 7 gehen davon aus, daß der Aussteller mit befreiender Wirkung an den Inhaber leisten könne, auch wenn er von dem Mangel des Verfügungsrechts des Inhabers Kenntniß gehabt habe, und daß er demgemäß trotz dieser Kenntniß das Eigenthum an der ihm ausgehändigten Schuldverschreibung erwerbe. Die unter 2 und 5 gestellten Anträge wollen dagegen dem Aussteller unter Umständen die Verpflichtung auferlegen, die Leistung dem Inhaber zu verweigern. Der Antrag 2 a stellt die Voraussetzung der Verweigerungspflicht dahin fest, daß der Aussteller das Nichtbestehen seiner Verpflichtung gekannt haben müsse. Der Antrag 2 b fügt die weitere Beschränkung bei, daß er auch nicht durch Verweigerung der Leistung seine eigenen Interessen zu gefährden brauche. Der Antrag 5 knüpft die Verweigerungspflicht des Ausstellers an die Erfordernisse, daß er in glaubhafter Weise den Mangel der Verfügungsberechtigung des Inhabers erfahren haben müsse und ihm auf sein Verlangen von dem das Recht des Inhabers Bestreitenden Sicherheit für den Ersatz der ihm aus der Verweigerung entstehenden Nachtheile geleistet werde. Die Kom. lehnte die Anträge 2 und 5 ab und billigte grundsätzlich den Standpunkt des Antrags l a . . . Die Vorschriften des § 685 Abs. 2, 3, auf welche sich der nur redaktionell abweichende, Antrag 1 a Abs. 2, 3 bezieht, blieben sachlich unbeanstandet; die redaktionellen Vorschläge wurden der RedKom überwiesen. Die Streichung des § 687, zu dem die Anträge l b und 4b vorlagen, ergab sich Struckmann als eine Folge des zu § 685 Abs. 1 gefaßten Beschlusses. (243, 5) II. 1. Fassung der Regelung in der VorlZust.: § 685 (685, 687). Hat Jemand eine Urkunde ausgestellt, in welcher er dem Inha- EI-VorlZust ber derselben eine Leistung verspricht (Schuldverschreibung auf Inhaber), so kann § 685 der Inhaber die in der Urkunde versprochene Leistung von dem Aussteller verlan631
§793
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
gen, es sei denn, daß er zur Verfügung über die Urkunde nicht berechtigt ist. Der Aussteller wird jedoch auch durch die Leistung an einen nicht zur Verfügung berechtigten Inhaber befreit. (Oder statt des letzten Satzes : Der Aussteller darf jedoch den Inhaber als zur Verfügung berechtigt ansehen.) An Stelle der eigenhändigen Unterschrift genügt eine im Wege der mechanischen Vervielfältigung hergestellte Vollziehung. Die Gültigkeit der Vollziehung kann durch eine in die Urkunde aufzunehmende Bestimmung von der Beobachtung einer besonderen Form abhängig gemacht werden. 2. Prot. II, Bd. 2, S. 558 f. (Mugdan, Bd. 2, S. 1052): Es war der Antrag gestellt; die Berathung über den § 685 Abs. 1 wieder aufzunehmen und entweder die Worte von „es sei denn" an zu streichen und statt derselben zu sagen: Der Aussteller ist berechtigt, dem Inhaber die Leistung zu verweigern, wenn derselbe das Papier in bösem Glauben erworben hat oder ihm bei Erwerbung des Papiers eine große Fahrlässigkeit zur Last fällt. oder den ganzen Abs. 1 in folgenderWeise zu fassen: Der Inhaber einer zu Gunsten des Inhabers lautenden Urkunde (Schuldurkunde) ist dem Aussteller gegenüber als Eigenthümer der Urkunde legitimirt. Der Aussteller ist jedoch berechtigt, dem Inhaber . . . (wie in dem prinzipalen Antrage). Die Berathung wurde begonnen, aber nicht zu Ende geführt. Die Kom. setzte die Berathung über den Antrag zu § 685 fort. Im Laufe derselben wurde noch beantragt: 1. den Abs. 1 zu fassen: Hat Jemand eine Urkunde ausgestellt, in welcher er dem Inhaber derselben eine Leistung verspricht (Schuldverschreibung auf Inhaber), so kann der Inhaber die in der Urkunde versprochene Leistung von dem Aussteller verlangen. Der Aussteller ist nicht verpflichtet, an den Inhaber zu leisten, wenn der Inhaber den Besitz ohne den Willen des früheren Inhabers erlangt hat oder wenn er nicht oder nur aus grober Fahrlässigkeit nicht weiß, daß seine Besitzerlangung auf einer solchen Besitzerlangung eines Vormannes beruht. 2. den zweiten Satz dieser Fassung durch folgende Bestimmung zu ersetzen: Der Aussteller ist nicht verpflichtet, dem Inhaber zu leisten, wenn dieser das Papier im Bewußtsein der Widerrechtlichkeit geltend macht. eventuell noch hinzuzufügen : oder ihm bei dem Erwerbe des Papiers eine grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Die Mehrheit lehnt sämmtliche Anträge ab, indem sie die Fassung der Vorl.Zus. billigte. III. Fassung der Regelung in der ZustRedKom: E I-ZustRedKom § 685 (685, 687). Hat Jemand eine Urkunde ausgestellt, in welcher er dem Inha§ 685 ber derselben eine Leistung verspricht (Schuldverschreibung auf den Inhaber), so kann der Inhaber der Urkunde von dem Aussteller die Leistung nach Maßgabe des Versprechens verlangen, es sei denn, daß er zur Verfügung über die Urkunde nicht berechtigt ist. Der Aussteller wird jedoch auch durch die Leistung an einen nicht zur Verfügung berechtigten Inhaber befreit. Die Gültigkeit der Unterzeichnung kann durch eine in die Urkunde aufgenommene Bestimmung von der Beobachtung einer besonderen Form abhängig gemacht 632
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§793
werden. Zur Unterzeichnung genügt eine im Wege der mechanischen Vervielfältigung hergestellte Namensunterschrift. IV. 1. Im E //lautet die Regelung: § 722. Hat Jemand eine Urkunde ausgestellt, in welcher er dem Inhaber dersel- E II ξ 722 ben eine Leistung verspricht (Schuldverschreibung auf den Inhaber), so kann der Inhaber der Urkunde von dem Aussteller die Leistung nach Maßgabe des Versprechens verlangen, es sei denn, daß er zur Verfügung über die Urkunde nicht berechtigt ist. Der Aussteller wird jedoch auch durch die Leistung an einen nicht zur Verfügung berechtigten Inhaber befreit. Die Gültigkeit der Unterzeichnung kann durch eine in die Urkunde augenommene Bestimmung von der Beobachtung einer besonderen Form abhängig gemacht werden. Zur Unterzeichnung genügt eine im Wege der mechanischen Vervielfältigung hergestellte Namensunterschrift. 2. Revision des £ / / ( P r o t . II, Bd. 6, S. 209ff.; Mugdan, Bd. 2, S. 1053f.): Zu den §§ 722, 726, 736 waren folgende (früher ausgesetzte) Anträge gestellt: 1. der Antrag, a) in dem § 722 Abs. 1 dem zweiten Satze hinzuzufügen 5 : sofern nicht die dem Aussteller bekannten Umstände der Annahme einer Berechtigung des Inhabers zur Verfügung entgegenstehen. b) den gleichen Zusatz auch dem § 726 Satz 2 zu geben; c) den § 736 Abs. 1 Satz 1 dahin zu ändern 6 : Ist eine Urkunde, in welcher der Gläubiger benannt ist, mit der Bestimmung ausgegeben, daß die in der Urkunde versprochene Leistung an jeden Inhaber bewirkt werden kann, so wird der Schuldner durch die Leistung an den Inhaber der Urkunde befreit, sofern nicht die dem Schuldner bekannten Umstände der Annahme einer Ermächtigung des Inhabers zum Empfang der Leistung entgegenstehen.
Sohm (Nr 51,2)
Sohm (Nr 27, 3)
2. der Antrag, Jacubezky a) in dem § 722 dem Abs. 1 Satz 2 hinzuzufügen: (Nr 56,1) es sei denn, daß er sich durch die Leistung an diesen dem Berechtigten gegenüber vorsätzlich einer unerlaubten (oder: einer strafbaren) Handlung schuldig macht. b) in dem § 726 Satz 2 den Schluß zu fassen : . . . das Eigenthum an der Urkunde, es sei denn, daß die Leistung dem Eigenthümer gegenüber unwirksam ist. c) in dem § 736 dem Abs. 1 Satz 1 den nämlichen Zusatz zu geben wie in dem § 722 dem Abs. 1 Satz 2. Im Laufe der Berathung wurde der Antrag 1 a und b zurückgezogen und der Antrag 2 a auf strafbare Handlungen beschränkt, dagegen angeregt, dem Zusätze zu § 722 Abs. 1 Satz 2 und § 726 Satz 2 die Fassung zu geben: es sei denn, daß der Aussteller den Mangel des Verfügungsrechts kennt. Die Abstimmung ergab die Ablehnung sämtlicher Anträge. V. § 778 E II rev. (777 E III) lautet wie § 793 BGB.
5
6
Von Sohm stammt auch der Antrag unter b). Als Begründung war angefügt: Vgl. Strobat, Bemerkungen und Antrag 27 Nr. 3 (dazu Fn. 6). Als Begründung war angefügt: Vgl. Strohal in Jherings Jahrb. Bd. 33, S. 377. 633
§793
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
D. Bundesrat (Justizausschuß) I. Antrag von Hamburg zu §722, Abs. 1: die Worte: „es sei denn, daß er zur Verfügung über die Urkunde nicht berechtigt ist. Der Aussteller wird jedoch auch durch die Leistung an einen nicht zur Verfügung berechtigten Inhaber befreit" zu streichen. In der bisherigen, jedenfalls der neueren Doktrin und Judikatur hat durchweg der Grundsatz Anerkennung gefunden, daß der Aussteller eines Inhaberpapiers nicht berechtigt ist, dem Inhaber, der die Forderung aus dem Papier geltend macht, die Legitimation hierzu zu bestreiten, und daß derselbe nicht mit Einwendungen gehört werden darf, welche aus der Art der Erwerbung der Urkunde durch den Inhaber hergeleitet sind, insofern es sich dabei nicht um Einreden handelt, welche dem Aussteller gegen den Inhaber unmittelbar zustehen. Dieser Grundsatz entspricht an sich der Natur eines in der üblichen Form ausgestellten Inhaberpapiers. Lautet die Urkunde dahin, daß dem Inhaber des Papiers (nicht etwa dem „Verfügungsberechtigten" Inhaber) eine bestimmte Leistung versprochen wird, so giebt der Aussteller seinen Willen zu erkennen, daß er dem jeweiligen Inhaber ohne Rücksicht auf den Grund der Innehabung verpflichtet sein wolle. Es würde dem Aussteller unbenommen sein, in der Urkunde noch besonders zum Ausdruck zu bringen, daß er auf Einwendungen aus der Art des Erwerbes des Papiers durch den Inhaber verzichte, einer solchen ausdrücklichen Erklärung bedarf es indessen nicht, weil dieselbe mit der Ausstellung eines auf den Inhaber ohne Hinzufügung eines Zusatzes lautenden Papiers ohne Weiteres gegeben ist. Es ist eine einschränkende Auslegung, zur welcher der Inhalt der Urkunde keine Veranlassung bietet, wenn angenommen wird, der Aussteller habe sich nur dem zur Verfügung über das Papier berechtigten Inhaber als seinem Gläubiger verpflichten wollen. Der Einwand, daß nicht der durch Vorlegung der Urkunde als Gläubiger sich legitimirende Inhaber, sondern ein Dritte nach den zwischen diesem und dem Inhaber bestehenden Rechtsverhältnissen zur Erhebung der Forderung berechtigt sei, charakterisirt sich demgemäß als eine exceptio ex jure tertii, welche nicht zuzulassen ist. Diese, in dem ersten Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuchs anerkannten Grundsätze haben bei der zweiten Lesung Billigung nicht gefunden. Nach den bei der zweiten Lesung gefaßten Beschlüssen soll das Recht aus der Schuldverschreibung nicht an die Thatsache der Innehabung des Papiers geknüpft sein, sondern grundsätzlich das Gläubigerrecht nur dem Eigenthümer des Papiers zugestanden werden. Gleichwohl hat man in dem § 722 als Forderungsberechtigten den Inhaber bezeichnet, hat jedoch die Einschränkung hinzugefügt „es sei denn, daß er zur Verfügung über die Urkunde nicht berechtigt ist". Danach ist dem Aussteller der Einwand gestattet, daß dem Inhaber trotz des Besitzes der Urkunde die Berechtigung zur Verfügung über dieselbe fehle. Der Einwand stellt sich als ein Bestreiten des Klaggrundes dar, er nöthigt aber den Inhaber nicht zur Darlegung und zum Nachweise der Umstände, durch welche er das Recht zur Verfügung über die Urkunde erworben, sondern es ist Sache des Ausstellers, das Fehlen der Verfügungsberechtigung auf Seiten des Inhabers nachzuweisen. Der Einwand gestaltet sich daher praktisch zu einer Einrede, welche neben den in dem § 725 bezeichneten Einreden zugelassen wird. Diese Construction beeinträchtigt den Werth des Inhaberpapiers für den Verkehr, indem es demselben eigentlich nur die Bedeutung eines Legitimationspapiers beilegt. In den Berathungen bei der zweiten Lesung ist anerkannt worden, daß es im Interesse des Verkehrs liege, das Inhaberpapier so auszugestalten, daß der als Gläubiger auftretende Inhaber ohne Weiterungen zu seinem Rechte kommen 634
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§793
könne und es ist zugestanden, daß durch die Abänderung der Bestimmungen des ersten Entwurfs das Institut der Inhaberpapiere an „Schneidigkeit" verlieren werde. Gleichwohl ist man dazu gelangt, von den bisher anerkannten Grundsätzen abzuweichen, weil „aus Gründen der materiellen Gerechtigkeit dem Aussteller die Möglichkeit eingeräumt werden solle, die Rechte des Eigenthümers des Inhaberpapiers gegenüber dem nur formal berechtigten Inhaber zu wahren". Es können die bei der zweiten Lesung gefaßten Beschlüsse nicht für richtig erachtet werden. Auf der einen Seite wird durch die dem Aussteller gewährte Befugniß, den Besitztitel des Inhabers zu prüfen, dem Eigenthümer der Urkunde ein wirksamer Schutz nicht gewährt, auf der anderen Seite wird die bei der zweiten Lesung beschlossene Regelung des Instituts der Inhaberpapiere den Bedürfnissen des Verkehrs nicht gerecht, welche, um eine leichte und schnelle Verwerthung der Inhaberpapiere zu ermöglichen, die Sicherung einer raschen Durchführung des in der Urkunde verkörperten Rechts fordern. Der Aussteller, welcher kein eigenes Interesse daran hat, dem Inhaber des Papiers die Leistung vorzuenthalten, wird in der Regel nicht geneigt sein, im Interesse eines Dritten dem Inhaber die Leistung zu verweigern auf die Gefahr hin, sich wegen Verzuges haftbar zu machen oder in einen Prozeß verwickelt zu werden. Um dem Eigenthümer des Papiers einen Schutz wirksamerer Weise zu gewähren, hätte man einen Schritt weiter gehen und dem Aussteller die Verpflichtung auferlegen müssen, unter gewissen Umständen dem Inhaber die Leistung zu weigern. Bezügliche Anträge sind bei der zweiten Lesung auch gestellt, aber mit Recht als mit dem Wesen des Inhaberpapiers und mit dem Interesse des Verkehrs nicht vereinbar zurückgewiesen worden. Aber auch mit der Weigerung des Ausstellers, dem nicht zur Verfügung berechtigten Inhaber zu leisten, würde in vielen Fällen dem Eigenthümer der Urkunde nichts genützt sein, weil regelmäßig der unredliche Inhaber, wenn ihm die Leistung verweigert ist, das Papier ohne Schwierigkeit in den Besitz eines Dritten bringen kann, dem die mala fides fehlt oder doch nicht nachgewiesen werden kann. In den krassesten Fällen, also in solchen Fällen, in welchen der Inhaber durch eine strafbare Handlung in den Besitz der Urkunde gelangt ist, wird aber der Aussteller, auch wenn ihm gesetzlich die Befugniß, die Legitimation des Inhabers zu beanstanden, nicht gewährt ist, meistens in der Lage sein, falls er im Interesse des Eigenthümers der Urkunde die Leistung zurückhalten will, die Intervention der Staatsanwaltschaft oder der Polizeibehörde herbeizuführen und dadurch zu verhindern, daß der Inhaber des Papiers in den Besitz der ihm nicht zukommenden Leistung gelangt. Im Uebrigen wird es Sache des Eigenthümers, der eine Geltendmachung des Inhaberpapiers durch einen nicht berechtigten Inhaber zu befürchten hat, sein, seinerseits Schritte zu thun, und wird in vielen Fällen die Erwirkung der Zahlungssperre eine Sicherung gewähren. Wird sonach durch die in zweiter Lesung beschlossene Bestimmung des § 722 der Zweck, dem Eigenthümer der Urkunde einen Schutz dagegen zu gewähren, daß ein unberechtigter Inhaber die aus der Urkunde geschuldete Leistung empfängt, nur in sehr unvollkommener Weise erreicht, so bringt andererseits die Bestimmung die Gefahr mit sich, daß der Aussteller von der Befugniß, welche ihm durch § 722 gegeben wird, Gebrauch macht, um sich auch dem berechtigten Inhaber gegenüber seiner Leistungsverpflichtung für eine gewisse Zeit zu entziehen. Dem Vorschlage, den Schuldner aus der Schuldverschreibung auf Inhaber zu verpflichten, dem seines Wissens unredlichen Inhaber die Zahlung zu verweigern, ist bei der zweiten Lesung der Einwand entgegengestellt, es lasse sich mit dem Wesen des Inhaberpapiers als eines Werthpapieres nicht vereinigen, daß auch der redliche Inhaber darauf gefaßt sein müsse, es werde ihm, vielleicht nur in Folge eines unbegründeten oder sogar 635
§794
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
frivolen Bestreitens seiner Legitimation seitens eines Dritten, die Einlösung der Forderung verweigert werden. Dem ist zuzustimmen. In gleicher Weise läßt sich aber sagen, daß es mit dem Wesen eines Inhaberpapieres als eines Werthpapiers und der Bedeutung desselben für den geschäftlichen Verkehr nicht verträglich ist, wenn dem Aussteller die Möglichkeit gewährt wird, auch dem redlichen Erwerber die Legitimation zur Geltendmachung der Rechte aus dem Inhaberpapier in unbegründeter oder sogar frivoler Weise zu bestreiten und damit die Erfüllung der ihm obliegenden Verbindlichkeit hinauszuschieben. Diese Möglichkeit giebt die Bestimmung des § 722 nach den Beschlüssen zweiter Lesung und es wird daher diese Bestimmung beanstandet. Mit Streichung der Worte „es sei denn, daß er zur Verfügung über die Urkunde nicht berechtigt ist" wird der zweite Satz im Absatz 1 des § 722 gegenstandslos und ist derselbe daher gleichfalls in Wegfall zu bringen. Von dem Vorschlage, den § 687 des ersten Entwurfs wieder herzustellen, ist abgesehen, weil die Bestimmung dieses Paragraphen als Folge des Grundsatzes, daß dem Inhaber der Urkunde als solchem ohne Rücksicht auf seinen Besitztitel zu leisten ist, von selbst ergiebt und es daher nicht erforderlich erscheint, noch eine besondere Bestimmung in dieser Beziehung zu treffen. II. Der Antrag wurde zurückgezogen (Bericht von Heller vom 18. 10. 1895).
§794
Der Aussteller wird aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber auch dann verpflichtet, wenn sie ihm gestohlen worden oder verloren gegangen oder wenn sie sonst ohne seinen Willen in den Verkehr gelangt ist. Auf die Wirksamkeit einer Schuldverschreibung auf den Inhaber ist es ohne Einfluß, wenn die Urkunde ausgegeben wird, nachdem der Aussteller gestorben oder geschäftsunfähig geworden ist.
A. 1. Kommission I. a) 100. Sitzung vom 14. 6. 1882, Schriftführer Neubauer I Prot I 875 I Zu § 14 des Entwurfes : I Prot I 876 „Der Aussteller eines Inhaberpapiers ist | von dem Zeitpunkt an, zu welchem die TE-OR (Nr 1) Urkunde aus seinen Händen gekommen ist, an das in derselben enthaltene Verspre§ 1 4 chen gebunden, auch wenn die Urkunde ihm gestohlen oder von ihm verloren worden ist. Das Versprechen erlischt nicht, wenn nach dem zuvor bezeichneten Zeitpunkte der Aussteller der Urkunde stirbt oder handlungsunfähig wird." I Prot 1 876 | lagen die Anträge vor: Windscheid 1. in J§ *14 zu bestimmen: u w M m i u v . l i . „Der Aussteller eines Inhaberpapiers wird durch die Ausgabe des Papiers zur Zahlung an den Inhaber nach Maßgabe der in dem Papier niedergelegten Erklärung verpflichtet." 1 1 1
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22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
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2. dem zu 1 vorgeschlagenen § 14 als zweiten Absatz hinzuzufügen: Johow „Die dem Inhalte des Versprechens gemäße Verpflichtung des Ausstellers tritt auch dann ein, wenn der Aussteller ohne seinen Willen den Gewahrsam des Papiers verloren hat und ein Dritter dasselbe erwirbt, es sei denn, daß der Dritte die mangelnde Ausgabe des Papiers gekannt hätte." 3. statt des § 14 zu bestimmen: Planck „§ c. Der Aussteller eines Inhaberpapiers ist von dem Zeitpunkte an, in welchem (Nr 97) er dasselbe in der Absicht, sich seinem Inhalte gemäß zu verpflichten, aus seinen Händen gegeben (ausgegeben) hat, an das in demselben enthaltene Versprechen gebunden. Ein Inhaberpapier, welches ein Anderer als der Aussteller inne hat, gilt bis zum I Prot I 877 I Beweise des Gegentheils als von dem Aussteller in der in Absatz 1 bezeichneten Absicht ausgegeben. Das Versprechen erlischt nicht, wenn der Aussteller nach dem im Absatz 1. bezeichneten Zeitpunkte stirbt oder handlungsunfähig wird." „§ d. Als Empfänger des Inhaberpapiers im Sinne der §§ 72, 74, 76, 81 und 105 (Zusammenstellung der Beschlüsse zum Allgemeinen Theil) 1 gilt jeder Inhaber desselben. Der Einwand, daß der Empfänger den Mangel der Uebereinstimmung des wirklichen Willens mit dem erklärten Willen gekannt habe oder habe kennen müssen, kann einem Inhaber nicht mehr entgegengesetzt werden, wenn er einem früheren Inhaber gegenüber nicht begründet war. Wenn die Anfechtung eines Inhaberpapiers wegen Betrugs nach § 81 Absatz 2 (der Zusammenstellung) einem Inhaber gegenüber unzulässig war, so ist sie auch allen späteren Inhabern gegenüber unzulässig." 4. in § 14 die Schlußworte des ersten Absatzes: Derscheid „auch wenn — verloren worden ist" zu streichen, eventuell dieselben durch fol- (Nr 101) gende Worte zu ersetzen : „auch wenn er den Besitz der Urkunde ohne seinen Willen oder durch eine widerrechtliche Handlung verloren hat." Kurlbaum 5. § 14 zu fassen: „Der Aussteller einer Schuldverschreibung auf den Inhaber so wie der Rechts- (Nr 102, 5) nachfolger des Ausstellers sind dem Inhaber der Ur | künde zur Erfüllung des in der I Prot 1878 Urkunde gegebenen Versprechens verpflichtet, wenn auch die Urkunde von dem Aussteller oder dessen Rechtsnachfolger nicht veräußert worden ist. Der Inhaber ist als solcher auch zur Geltendmachung einer für die Forderung bestellten Sicherheit berechtigt." Es wurden von der Mehrheit folgende Beschlüsse gefaßt:
1. Das Prinzip des Entwurfs: die Haftung des Austellers solle nicht von der Ausgabe des Papiers abhängen, sondern die Haftung auch dann eintreten, wenn das Papier anderweit aus seinen Händen und in den Verkehr gelangt ist, wurde gebilligt. 2. Das Prinzip soll dahin ausgedrückt werden: die Haftung trete auch dann ein, wenn das Papier ohne den Willen des Ausstellers in den Verkehr gebracht sei. 3. Es soll nicht darüber bestimmt werden, ob die Haftung auch dann eintrete, wenn bei der Ausstellung des ohne den Willen des Austellers in den Verkehr geVgl. Materialien zu den SS 116 - 124, 143 BGB.
637
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
brachten Papiers der wirkliche Wille mit dem erklärten Willen des Ausstellers nicht übereingestimmt hat. 4. Der zweite Absatz des § 14 soll keine Aufnahme finden, auch von dem Rechtsnachfolger des Ausstellers sowie von dem Rechte des Inhabers auf Geltendmachung der Sicherheit im Gesetze nicht die Rede sein. 5. Ob die Geschäftsfähigkeit des Ausstellers zu erwähnen sei, bleibt der Prüfung I Prot I 879 bei der Redaktion vorbehalten, bei welcher auch zu prüfen ist, ob es | sich empfehle, mit dem Entwürfe von dem Zeitpunkte zu reden, in welchem die Bindung beginne und ob nicht eine andere Fassung, vielleicht eine dem Antrage zu 2 entsprechende, vorzuziehen sei. 6. Der § muß für alle Inhaberpapiere gelten. Die Gründe der Beschlüsse waren: zu 1) Ob sich das unter Nr. 1 erwähnte Prinzip vom theoretischen Standpunkte rechtfertigen lasse, könne dahingestellt bleiben; gleichwohl müsse es adoptirt werden, weil ohne dasselbe der Verkehr mit Inhaberpapieren die erforderliche Sicherheit verliere. zu 2) Der Entwurf sei zu eng gefaßt; darauf könne es nicht ankommen, ob das Papier gestohlen oder verloren sei; die Haftung müsse auch in allen anderen Fällen eintreten, in welchen das Papier ohne den Willen des Ausstellers in den Verkehr gelangt sei. zu 3) Es bestehe kein Bedürfniß, die unter Nr. 3 angeregte Frage, der nur eine geringe praktische Bedeutung beiwohne, ausdrücklich zu entscheiden. Die Entscheidung könne der Wissenschaft überlassen bleiben, die zu prüfen haben werde, welche Konsequenzen sich aus dem ausgesprochenen Prinzipe ergäben. zu 4) Der zweite Absatz des § 14 müsse in Konsequenz der unter dem 9. November v. J. (Protokolle S. 105, 106, Zusammenstellung der Beschlüsse zum Allgemeinen Theil § 51 Abs. 3 2 gefaßten Beschlüsse in Wegfall kommen. Das Uebergehen des Rechtsnachfolgers des Ausstellers und der Geltendmachung der Sicherheit rechtfertige sich, weil es sich um selbstverständliche Ergänzungen handele. I Prot I 880
zu 5) Daß der Aussteller geschäftsfähig sein müsse, | lasse sich nicht bezweifeln. Solle die Haftung eintreten, so müsse eine Handlung des Ausstellers vorliegen, deren Vertretung juristisch denkbar sei; in Frage stehe immer eine Rechtshandlung; ob es nöthig sei, im Gesetze hierauf hinzuweisen, werde mit Rücksicht auf die Erörterungen in der Sitzung vom 26. Oktober v. J. (Protokolle S. 59, 60)3 bei der Redaktion der näheren Prüfung zu unterziehen sein. zu 6) Es fehle jeder Grund, die Anwendbarkeit des § auf eine gewisse Art der Inhaberpapiere zu beschränken. Zu 3 und 5 hatten sich mehrere Mitglieder vorbehalten, die erneuerte Prüfung der betreffenden Fragen bei Berathung des § 164 durch geeignete Anträge in Vorschlag zu bringen. b) 101. Sitzung vom 16. 6. 1882, Schriftführer Neubauer
IProt! 881
I Die Berathung des die Inhaberpapiere betreffenden Theilentwurfes des Obliga2 Vgl. Quellen zu § 131 Abs. 2 BGB. 3 Vgl. Quellen zu den §§ 104 ff. BGB. • Vgl. unten S. 666 ff. 638
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§794
tionenréchts (Nr. 1) wurde fortgesetzt. In Erledigung einiger Vorbehalte und in Ergänzung der zu den §§ 10 — 14 des Theilentwurfes bisher gefaßten Beschlüsse wurde vor Eintritt in die Berathung des § 15 beschlossen: 1. Die §§ 10 und 11 finden auf die von dem Reiche oder einem Bundesstaate ausgestellten Schuldverschreibungen keine Anwendung. Die Unanwendbarkeit ist besonders auszusprechen, sei es in einer besonderen Bestimmung nach Anleitung des zu § 10 unter Nr. 1 gestellten Antrages (Protokolle S. 858), sei es durch eine in den §10 aufzunehmende Beschränkung nach Anleitung des zu § 10 unter Nr. 4 aufgeführten Antrages (Protokolle S. 8595). 2. Für die obligatorischen Inhaberpapiere, welche im vorliegenden Abschnitte behandelt werden, soll der Ausdruck: „Schuldverschreibungen auf Inhaber" gebraucht werden. 3. Der zu § 14 in dem Antrage Nr. 3 (Protokolle S. 877) vorgeschlagene § d war zurückgezogen und durch den Antrag ersetzt, in einem besonderen § zu bestimmen: „Der Mangel der Uebereinstimmung des wirklichen Willens des Ausstellers mit Planck dem in der Urkunde erklärten (§§ 72 ff. Zusammenstellung der Beschlüsse zum Allgemeinen I Theil) kommt nur dann in Betracht, wenn der Inhaber, und sofern ande- | Prot 1882 re Personen schon vor ihm die Urkunde inne gehabt, diese sämmtlich beim Erwerb der Innehabung den Mangel gekannt haben. Eine Anfechtung wegen Betruges findet nur statt, wenn der Inhaber so wie alle früheren Inhaber denselben bei dem Erwerbe der Innehabung gekannt haben." Beschlossen wurde, über diesen Antrag nicht bei der Erledigung des § 15, sondern bei der Erledigung des § 16 zu befinden, bei der Erledigung dieses letzteren § aber auch zugleich darüber zu entscheiden, ob und welche Bedeutung der Angabe des Schuldgrundes in der Verschreibung beizulegen und ob die Bestimmung nöthig sei, daß es einer solchen Angabe nicht bedürfe. II. 1. Fassung der beschlossenen Regelung in der
ZustOR:
§ 127. Der Aussteller einer Schuldverschreibung auf Inhaber wird durch dieselbe ZustOR § 127 auch dann verpflichtet, wenn die Schuldverschreibung dem Aussteller gestohlen oder von diesem verloren oder in anderer Weise ohne dessen Willen in den Verkehr gelangt ist. Die Verpflichtung wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß die Schuldverschreibung erst nach dem Tode des Ausstellers oder nachdem derselbe geschäftsunfähig geworden ist, in den Verkehr gelangt.*· (*Die Aufnahme dieser nach dem Beschlüsse vom 14. Juni 1882. Protokolle S. 879 zu 4 für entbehrlich erachteten Vorschrift wird wegen des aus § 51 Abs. 3 des Allgemeinen Theils 6 herzuleitenden argumentum e contrario nöthig sein.) 2. Bei der Revision der ZustOR wurde beschlossen, den Satz 2 des § 127 stehen zu lassen und die Note zu streichen (Prot. I, S. 3270, 3276, 3293). III., IV. Die Regelung lautet im KE (E I): § 680. Der Aussteller einer Schuldverschreibung auf Inhaber wird durch dieselbe KE § 680 auch dann verpflichtet, wenn die Schuldverschreibung dem Aussteller gestohlen E1686 oder von diesem verloren oder in anderer Weise ohne dessen Willen in den Verkehr 5 Siehe Quellen zu § 795 BGB. 6 Vgl. Fn. 2.
639
§794
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
gelangt ist. Die Verpflichtung wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß die Schuldverschreibung erst, nachdem der Aussteller gestorben oder geschäftsunfähig geworden ist, in den Verkehr gelangt. B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Anträge liegen nicht vor. II. Protokoll der 81. Sitzung vom 6. 9. 1892. I ProtRJA 517
| Mit dem Inhalte des § 686 Satz 1 erklärte sich die Kommission einverstanden. Gegenüber einer in der Kritik aufgetretenen mißverständlichen Auffassung wurde hervorgehoben, daß auch nach der Ansicht des Entw. wie sich schon aus § 689 sich ergebe, nur der redliche Erwerber geschützt werden solle. Durch den Beschluß des § 685 Abs. 1 werde übrigens in dieser Hinsicht jeder Zweifel beseitigt. Anlangend den Satz 2, so wurde die Ansicht vertreten, daß derselbe als selbstverständlich entbehrt, insbesondere aus Satz 1 hergeleitet werden könne. Im Interesse der Deutlichkeit des Gesetzes und zur Abschneidung von Zweifeln wurde jedoch die Beibehaltung des Satzes 2 beschlossen, nachdem darauf hingewiesen war, daß der Entw. die Frage offen lasse, ob Satz 1 als Ausfluß der sog. Kreationstheorie oder nur als eine besondere auf Zweckmäßigkeitsgründen beruhende positive Vorschrift aufzufassen sei, und daß die in Satz 2 entschiedene Frage von der Jurisprudenz verschieden beantwortet werde. Da Satz 1 und 2 ganz verschieden liegende Fälle behandelten, empfehle es sich aber, den § 686 in zwei Paragraphen zu zerlegen und dahin zu fassen: § 686. Auf die Wirksamkeit der Verpflichtung aus der Urkunde ist es ohne Einfluß, wenn diese ausgegeben wird, nachdem der Aussteller gestorben oder geschäftsunfähig geworden ist. S 686 a. Der Aussteller der Urkunde wird aus dieser auch dann verpflichtet, wenn sie ihm gestohlen oder von ihm verloren oder in anderer Weise ohne seinen Willen in den Verkehr gelangt ist. C. 2. Kommission I. Zu § 686 EI war beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 537; Mugdan, Bd. 2, S. 1055) :
Struckmann
1. die Fassung der §§ 686, 686 a E I-RJA;
(Nr 234, 4)
Sohm 2. in dem § 686 den ersten Satz durch folgende Bestimmungen zu ersetzen: (Nr 256, 1 u. Die Verpflichtung des Ausstellers beginnt mit der vollendeten Ausgabe der UrNr.262 künde. Die Ausgabe der Urkunde ist vollendet, sobald der Aussteller sich des unmittelbaren Innehabens der Urkunde entäußert hat. Die Massenausgabe gleichartiger Urkunden ist für alle Urkunden vollendet, sobald ein Theil der Urkunden ausgegeben oder die Massenausgabe öffentlich angekündigt worden ist. 3. in dem ersten Satze des Entw. die Worte „gestohlen oder von diesem verloren oder in anderer Weise" zu streichen. Die Kom. entschied sich, unter Ablehnung des Antrags 2, für den Entw., von dem der Antrag 1, abgesehen von den zu § 685 beschlossenen Aenderungen, nur redaktionell sich unterscheidet; der Antrag 3 wurde der Red.Kom. überwiesen. 640
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§795
II. Die beschlossene Regelung lautet in der VorlZust. : § 686 (686 Satz 2). Auf die Wirksamkeit der Verpflichtung aus der Urkunde ist EI-VorlZust es ohne Einfluß, wenn diese ausgegeben wird, nachdem der Aussteller gestorben S 686 oder geschäftsunfähig geworden ist. § 686a (686 Satz 1). Der Aussteller der Urkunde wird aus dieser auch dann verpflichtet, wenn sie ihm gestohlen oder von ihm verloren oder in anderer Weise ohne seinen Willen in den Verkehr gelangt ist. III. Fassung der Regelung in der
ZustRedKom:
§ 686. Der Aussteller wird aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber auch E I-ZustRedKom dann verpflichtet, wenn sie ihm gestohlen, von ihm verloren oder in anderer Weise § 686 ohne seinen Willen in den Verkehr gelangt ist. Auf die Wirksamkeit der Schuldverschreibung ist es ohne Einfluß, wenn die Urkunde ausgegeben wird, nachdem der Aussteller gestorben oder geschäftsunfähig geworden ist. IV. Fassung der Regelung im E II: § 723. Der Aussteller wird aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber auch E II § 723 dann verpflichtet, wenn sie ihm gestohlen oder verloren gegangen oder sonst ohne seinen Willen in den Verkehr gelangt ist. Auf die Wirksamkeit einer Schuldverschreibung auf den Inhaber ist es ohne Einfluß, wenn die Urkunde ausgegeben wird, nachdem der Aussteller gestorben oder geschäftsunfähig geworden ist. V. § 779 E II rev. (E III§ 778) lautet wie § 794 BGB.
§795
Im Inland ausgestellte Schuldverschreibungen auf den Inhaber, in denen die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird, dürfen nur mit staatlicher Genehmigung in den Verkehr gebracht werden. Die Genehmigung wird durch die Zentralbehörde des Bundesstaats ertheilt, in dessen Gebiete der Aussteller seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung hat. Die Ertheilung der Genehmigung und die Bestimmungen, unter denen sie erfolgt, sollen durch den Deutschen Reichsanzeiger bekannt gemacht werden. Eine ohne staatliche Genehmigung in den Verkehr gelangte Schuldverschreibung ist nichtig; der Aussteller hat den Inhaber den durch die Ausgabe verursachten Schaden zu ersetzen. Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Schuldverschreibungen, die von dem Reiche oder einem Bundesstaat ausgegeben werden. A. 1. Kommission I. a) 99. Sitzung vom 12. 6. 1882, Schriftführer Neubauer I Der § 10 des Entwurfes lautet: | Prot I 856 „Schuldverschreibungen, in welchen der Aussteller die Zahlung einer Geldsumme TE-OR(Nr 1) % 10 641
§795
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
I Prot I 857 an jeden Inhaber der Urkunde verspricht, dürfen nur mit Staatsgenehmigung | ausgestellt und in Umlauf gesetzt werden. Gegen diese Vorschrift in Umlauf gekommene Inhaberpapiere sind nichtig. Der Aussteller solcher Papiere ist den Inhabern für allen durch deren Ausgabe verursachten Schaden verhaftet. Die Staatsgenehmigung wird, soweit es sich nicht um vom Staate ausgegebene Inhaberpapiere handelt, von den Landesverwaltungsbehörden ertheilt." Es lagen zunächst zwei Anträge vor, nach welchen dem § 10 ein Paragraph vorausgeschickt werden soll, worin das Prinzip ausgedrückt ist, daß der Regel nach die Ausstellung von Inhaberpapieren im Sinne des vorliegenden Abschnitts von einer Staatsgenehmigung oder einem ähnlichen Erfordernisse nicht abhängig ist, überhaupt keiner besonderen Beschränkung unterliegt, nämlich : Johow (Nr 96, 1)
1. in einem einleitenden Paragraphen zu bestimmen : „Es ist zulässig, Schuldverschreibungen auszustellen, in welchen der Aussteller eine Leistung an jeden Inhaber der Urkunde verspricht (Inhaberpapier)."
Schmitt (Nr 100)
2. vor § 10 in einem besonderen Paragraphen vorzuschreiben: „Schuldverschreibungen, in welchen der Aussteller eine geldwerthe Leistung an jeden Inhaber als Gläubiger verspricht (Inhaberpapiere), können, soweit das Gesetz nicht anders bestimmt, von Jedermann frei ausgegeben werden." Diese Anträge wurden in Gemäßheit des oben unter Nr. 1 gedachten Beschlusses als vorläufig erledigt angesehen. Dasselbe galt von dem Antrage : die in diesem Antrage anstelle der §§ 13 bis 17 vorgeschlagenen Vorschriften den 10 bis 12 als auf alle Inhaberpapiere sich beziehend vorauszuschicken. Zum § 10 I Prot I 858 waren außerdem folgende Anträge ge-1 stellt: Johow (Nr 96,2)
1. den § 10 zu fassen: „Soweit es sich nicht um Inhaberpapiere des Reiches oder eines Bundesstaates handelt, bedarf die Ausstellung von Inhaberpapieren, welche auf Zahlung einer Geldsumme lauten, zu ihrer Gültigkeit vorgängiger Staatsgenehmigung und der Erwähnung der ertheilten Staatsgenehmigung in dem Papiere selbst. Von welcher Behörde die Staatsgenehmigung zu ertheilen ist, bestimmt sich nach den Landesgesetzen."
Gebhard (Nr 98,1)
2. den § 10 zu fassen: „Inhaberpapiere, welche auf Zahlung einer Geldsumme lauten, können nur mit Staatsgenehmigung ausgestellt werden. Die Ertheilung der Staatsgenehmigung muß der Ausstellung vorausgehen. Im Falle der Nichtbeobachtung dieser Vorschriften ist die Schuldverschreibung nichtig. Die Genehmigung wird von der bundesstaatlichen Centraibehörde ertheilt."
Kurlbaum (Nr 102, 1)
3. den § 10 unter Streichung des zweiten Absatzes zu fassen: „Schuldverschreibungen, in welchen der Aussteller die Zahlung einer bestimmten Geldsumme an jeden Inhaber verspricht, dürfen nur mit Staatsgenehmigung ausgestellt werden. Ist die Staatsgenehmigung nicht ertheilt, so ist der Aussteller verpflichtet, dem Inhaber der Urkunde die verschriebene Summe ohne Rücksicht auf die in der Urkunde bestimmte Fälligkeit sofort zu zahlen. Das Recht des Inhabers, sofortige Zahlung zu fordern, gilt auch bezüglich der Geltendmachung einer für die Schuld bestellten Sicherheit."
I Prot 1 859 | 4. in § 10 zu bestimmen: Schmitt „Inhaberpapiere, in welchen der Aussteller die Zahlung einer Geldsumme ver(Nr 100) spricht, dürfen nur mit vorgängiger Genehmigung desjenigen Bundesstaates, wel642
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§795
chem der Aussteller durch seinen Wohnsitz (Sitz) angehört, ausgegeben werden. Gegen diese Vorschrift u.s.w. (wie im Entwürfe § 10 Absatz 1 bis zum Worte „verhaftet")." dann aber zusätzlich zu § 12 vorzuschreiben: »§ 12 a. Welche Behörde in jedem Bundesstaate zu der Ertheilung der Genehmigung zuständig ist, bestimmt sich nach Landesgesetz." »S12b· Auf Inhaberpapiere, welche von dem Reiche oder von einem Bundesstaate ausgegeben werden, finden die Bestimmungen der §§ 10 bis 12 a keine Anwendung." letzteres, falls man diese Bestimmung nicht für selbstverständlich erachte. 5. zusätzlich zu bestimmen: v.Weber „Die staatliche Genehmigung ist von dem Staate zu ertheilen, in welchem der Aussteller seinen Wohnsitz oder seinen Sitz im Sinne des § 19 der Civilprozeßordnung 1 ) hat oder in welchem sich der Sitz einer Niederlassung des Ausstellers befindet (§ 22 C.P.O. 2 ), von welcher die Ausstellung der Inhaberpapiere ausgehen soll." Das in dem § 10 des Entwurfes vorgeschlagene Prinzip der staatlichen Genehmigung ist in keinem der vorstehenden Anträge bekämpft und fand auch von anderer Seite keinen Widerspruch. Dagegen ergaben die Anträge einige andere sachliche Abweichungen von dem Entwürfe. Ueber diese sachli | chen Abweichungen wurde | Prot I 860 getrennt berathen und beschlossen. A. Der Entwurf redet von Schuldverschreibungen, in welchen die Zahlung einer Geldsumme versprochen wird. Der Antrag zu 3 enthält die Beschränkung, daß die Geldsumme eine bestimmte sein müsse. Die Mehrheit genehmigte den Antrag zu 3, indem sie erwog: Die Gründe, welche das Erforderniß der staatlichen Genehmigung rechtfertigten, träfen nur dann zu, wenn eine in dem Papiere bestimmte Geldsumme versprochen sei; über das hierdurch beschränkte Bedürfniß hinauszugehen, sei aber um so bedenklicher, als die Ausdehnung für die Ausstellung gewisser Papiere, insbesondere von Dividendenscheinen, soweit sie zu den Inhaberpapieren der hier fraglichen Art zu rechnen, große Unzuträglichkeiten herbeiführen werde. B. Der Entwurf bestimmt, das ohne staatliche Genehmigung ausgegebene Papier sei nichtig, der Aussteller hafte aber den Inhabern für allen durch die Ausgabe verursachten Schaden. Die Anträge zu 1 und 2 übergehen die Verpflichtung zum Schadensersatz, während der Antrag zu 3 die Bestimmung enthält, im Falle die Urkunde ohne staatliche Genehmigung ausgestellt sei, habe der Aussteller die verschriebene Summe dem Inhaber, und zwar sofort, ohne Rücksicht auf die in der Urkunde bestimmte Fälligkeit, zu zahlen. Der Entwurf legt ferner, die Nichtigkeit und den Schadensersatz betreffend, den Nachdruck auf die Ausgabe; der Antrag zu 2, und ähnlich der Antrag zu 1 betonen für die Nichtigkeit die Ausstellung, womit der Antrag zu 3 insoweit harmonirt, als die darin vorgeschlagene Haftung nicht von der Ausgabe, sondern von der Ausstellung abhängig gemacht ist. Durch Mehrheitsbeschluß wurden unter Ablehnung der entgegenstehenden Anträge die Bestimmungen des Entwurfs gebilligt. 1 § 19 CPO ist bei der Neufassung dieser Kodifikation entfallen. 2 Vgl. § 23 ZPO (geändert).
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§795 I Prot 1861
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
I Die Gründe waren : 1. Das Prinzip der Nichtigkeit verdiene Billigung, weil von ihm allein, wolle man auf dem Gebiete des Civilrechts bleiben, die Erreichung des Zwecks des Verbotsgesetzes erwartet werden könne, weil es also allein zum Ziele führe. Der Vorschlag in dem Antrage zu 3 sei hierzu, wenn er auch vielleicht in einigen Beziehungen angemessen erscheinen möge, nicht geeignet. Um zum Ziele zu gelangen, müßten damit noch andere Vorschriften verbunden werden, nämlich Vorschriften strafrechtlicher Natur oder Vorschriften, welche den zuständigen Behörden die Pflicht auferlegten, den Aussteller zu nöthigen, das Papier einzulösen und außer Verkehr zu bringen. Das Civilgesetzbuch habe aber ohne Zweifel Vorschriften solcher Art thunlichst zu vermeiden. 2. Nothwendig sei die Bestimmung, welche den Aussteller schlechthin zum Ersätze des aus der Verletzung des Verbots entstandenen Schadens verpflichte. Die Selbstverständlichkeit einer solchen Bestimmung lasse sich in Zweifel ziehen, namentlich für die Fälle, in welchen der Inhaber habe wissen können, daß das Papier ohne staatliche Genehmigung ausgestellt sei, eine Voraussetzung, die zufolge der Anordnungen des § 11 fast immer zutreffen werde. Wenn geltend gemacht sei, für solche Fälle und sofern nicht etwa ein Betrug vorliege, rechtfertige sich die Bestimmung nicht, welche den Aussteller zum Schadensersatz verpflichte, so werde übersehen, daß ohne eine solche durchgreifende Bestimmung der Zweck des Verbotsgesetzes sicherlich gänzlich verfehlt werden würde. Der Entwurf folge daher mit vollem Rechte den in den Motiven (S. 37) angezogenen analogen Vorschriften des Handelsgesetzbuchs. Ob diese Vorschriften zu einigen Streitfragen geführt haben, sei um so gleichgültiger, als die letzteren durch Praxis und Wissenschaft bereits in befriedigender Weise gelöst seien.
I Prot I 862
| 3. Für die Schadensersatzpflicht müsse das entscheidende Moment die Ausgabe, nicht die Ausstellung bilden. Die betreffende Frage werde wegen des § 14 des Entwurfs für den Fall von Wichtigkeit, wenn das Papier dem Aussteller wider seinen Willen entfremdet sei. Der § 14 möge gerechtfertigt sein, aber er enthalte in der in Rede stehenden Beziehung eine rein positive Vorschrift, für die sich nur ein wichtiges Bedürfniß des Verkehrs geltend machen lasse. Daß dies Bedürfniß aber nöthige, noch weiter zu gehen und den Aussteller, dem vor Ertheilung der erwarteten Staatsgenehmigung das Papier wider seinen Willen entfremdet sei, für den entstandenen Schaden verantwortlich zu machen, könne nicht anerkannt werden und sei nicht erweislich. Daß das noch nicht ausgegebene Papier gleichfalls nichtig sei, brauche übrigens nicht ausgedrückt zu werden, da die Frage, ob das Papier nichtig sei oder nicht, erst im Falle der Ausgabe erheblich werde. C. Der Entwurf bestimmt, die Staatsgenehmigung werde, soweit es sich nicht um vom Staate ausgegebene Papiere handelt, von der Landesverwaltungsbehörde erteilt. Der Antrag zu 2 schlägt vor, die Centraibehörden der Bundesstaaten für zuständig zu erklären. Die Anträge zu 1, 4 und 3 wollen die Regelung der Zuständigkeit den Landesgesetzen überlassen. Die Mehrheit entschied für den Vorschlag zu 2, nachdem ermittelt war, daß der Entwurf unter der Landesverwaltungsbehörde gleichfalls die Centraibehörde versteht. Sie war der Ansicht: Bei der Wichtigkeit des Gegenstandes und da die Genehmigung, welche in dem einen Bundesstaate ertheilt sei, weit über dessen Gebiet hinaus zu wirken pflege, empfehle sich nach dem Vorgange einer nicht geringen Zahl 644
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§795
ähnlicher Reichsgesetze (vgl. z . B . Gewerbe-1Ordnung §§ 38, 80, 142, 155; Be- |Prot 1863 kanntmachung vom 25. September 1869 (S. 635); Gesetz vom 6. Februar 1875, betreffend die Beurkundung des Personenstandes § 8; Verordnung vom 1. April 1876 (S. 137) III b 2 u. a.) nicht allein eine einheitliche Regelung der Zuständigkeit, sondern auch, die letztere nur den Centraibehörden beizulegen und dieses Ausdrucks im Anschluß an die gedachten Reichsgesetze sich zu bedienen, wobei es sich von selbst verstehe, daß das Staatsrecht der einzelnen Bundesstaaten entscheide, ob die Centraibehörde vor Ertheilung der Genehmigung die landesherrliche Zustimmung einzuholen habe. D. Die Anträge zu 4 und 5 bringen in Abweichung von dem Entwürfe Bestimmungen darüber in Vorschlag, von welchem Staate die Genehmigung zu ertheilen sei. Die Anträge wurden abgelehnt. Die Mehrheit war der Ansicht, die vorgeschlagenen Bestimmungen seien gefährlich; denn es würden nach ihnen auch diejenigen Papiere nichtig sein, deren Ausgabe von einem anderen als dem zuständigen Staate genehmigt wäre, woraus eine erhebliche Unsicherheit im Verkehr und eine Menge von Streitigkeiten entstehen könnten, während der Zweck der Vorschriften durch eine vorübergehende Domizilverlegung leicht zu vereiteln sei. Der Antragsteller des Antrages zu 4 beantragte hierauf, die Vorschläge mit dem Zusätze anzunehmen: Die von dem nicht zuständigen Staate ertheilte Genehmigung sei gleichwohl wirksam. Auch dieser Antrag wurde von der Mehrheit abgelehnt, da die vorgeschlagenen Bestimmungen ohne jede privatrechtliche Bedeutung und daher zur Aufnahme in das Gesetzbuch nicht geeignet seien. E. Der Vorschlag in dem Antrage zu 1, auch dasjenige Papier für nichtig zu erklären, in welchem die Ertheilung der staatlichen Genehmigung nicht erwähnt sei, fand gleich | falls keine Billigung, weil nach der Ansicht der Mehrheit durch die vor- | Prot I 864 geschlagene Bestimmung die mißlichen Fälle der Nichtigkeit nur ohne zureichenden Grund vermehrt würden. In redaktioneller Hinsicht wurde beschlossen, den Ausdruck „ausgeben" zu gebrauchen, wenn das Papier nicht allein ausgestellt, sondern auch in Umlauf gesetzt (begeben) ist. Im Uebrigen wurden die oben mitgetheilten Anträge, soweit sie nicht durch die obigen Beschlüsse erledigt sind, als nur redaktioneller Natur der Erledigung bei der Redaktion vorbehalten. b) 100. Sitzung vom 14. 6. 1882, Schriftführer Neubauer I Die Berathung des Theilentwurfes des Obligationenrechts betreffend Inhaber- | Prot I 865 papiere ( N 2 1) wurde fortgesetzt. Zu § 11 des Entwurfes : „Die erfolgte Genehmigung wird durch die Landesverwaltungsbehörde unter TE-OR (Nr 1) Beifügung der sämmtlichen näheren Bestimmungen, unter welchen die Ausgabe der § 11 Schuldverschreibungen gestattet ist, in einer für amtliche Bekanntmachungen bestimmten Landeszeitung, so wie in dem Reichsanzeiger veröffentlicht. Diese Veröffentlichung soll insbesondere enthalten : 1. den Gesammtbetrag der auszugebenden Schuldverschreibungen oder den Maximalbetrag, bis zu welchem solche ausgegeben werden dürfen; 2. die Größe der einzelnen Abschnitte und die Formulare der sämmtlichen, auszufertigenden Urkunden; 645
§795
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
3. den Zinsfuß und die Art der Verzinsung; 4. die f ü r die Schuldverschreibungen zugesagten Sicherheiten und die Angabe I Prot I 866 derjenigen | Personen, Stellen oder Behörden, bei welchen die auf das Schuldverhältniß und dessen Sicherheiten bezüglichen Beweisurkunden verwahrt w e r d e n ; 5. den Wohnsitz (Sitz) des Ausstellers, so wie die etwaigen besonderen Bestimmungen über dessen Gerichtsstand; 6. die Bestimmungen über die Tilgungsweise der Schuld, insbesondere über V e r loosung, etwaige Kündigungsbefugnisse, die Zahlstellen f ü r die Forderungen aus den Hauptschuldscheinen und den Zinsscheinen; 7. die näheren Vorschriften über die Bewirkung der Namenszuschreibung oder über den Ausschluß der Statthaftigkeit derselben; 8. im Falle einer A b ä n d e r u n g der gesetzlichen Bestimmungen über die V e r j ä h r u n g die Fristen f ü r die V e r j ä h r u n g oder Einlösung der Papiere, so wie die Folgen der Nichteinhaltung der Einlösungsfristen und die etwaigen weiteren Voraussetzungen f ü r den Eintritt dieser Folgen (§ 20 Abs. 2); 9. die Bezeichnung der öffentlichen Blätter, in welchen die auf das Schuldverhältniß bezüglichen öffentlichen Bekanntmachungen des Ausstellers erfolgen, so wie derjenigen Person, Behörde oder Stelle, durch welche diese Bekanntmachungen erlassen werden." lagen die Anträge vor: Kurlbaum (Nr 102, 2)
1. den § 11 zu streichen.
2. in § 11 Absatz 1 zu bestimmen: Schmitt „Die erfolgte G e n e h m i g u n g ist durch die genehmigende Behörde u.s.w. zu ver(Nr 100) öffentlichen".
I 3. in § 11 Zeile 1 statt „Landesverwaltungsbehörde" zu setzen „zuständige BeI Prot I 867 Johow h ö r d e " und in § 12 a vorzuschreiben, unter Streichung der W o r t e in § 12: „und die (Nr 96, 3, 5) Bemerkung bis - erfolgt ist." : „ O b und unter welchen Voraussetzungen die Ausstellung von Inhaberpapieren, welche auf eine andere Leistung als auf Zahlung einer Geldsumme lauten, zu ihrer Gültigkeit der vorgängigen Staatsgenehmigung bedarf, bestimmt sich bei dem Mangel einer besonderen reichsgesetzlichen Vorschrift nach den Landesgesetzen." Dieser Antrag zu 3 w u r d e zurückgezogen und dagegen beantragt, anstelle der I I und 12 zu setzen: „Die ertheilte Staatsgenehmigung ist in dem f ü r die Veröffentlichung der Gesetze des Bundesstaates bestimmten Blatte zu veröffentlichen und tritt an dem Tage in K r a f t , an welchem die diese Veröffentlichung enthaltende N u m m e r des Blattes ausgegeben ist. In der Staatsgenehmigung kann die Gültigkeit der auszugebenden Papiere abhängig gemacht werden von der Einhaltung näherer Bestimmungen, insbesondere über Form und Inhalt der Papiere." Gebhard 4. in § 11 Absatz 1 zu setzen statt „durch die Landesverwaltungsbehörde" : (Nr 98, 3 u. 4) „durch die Centraibehörde"; statt „die Ausgabe der Schuldverschreibungen": „die Ausstellung der Schuldverschreibungen" und in Absatz 2 Ziffer 5 hinter „Gerichtsstand" beizufügen: „ ( § 1 9 der Civilprozeßordnung 3 )".
3 Vgl. Fn. 1. 646
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§795
I Der Antrag zu 2 wurde in Folge der zum § 10 gefaßten Beschlüsse für erledigt | Prot I 868 erachtet, desgleichen der Antrag zu 4 mit Ausnahme des darin vorgeschlagenen Allegats für den Absatz 2, in welcher Beziehung er als nur redaktioneller Natur der eventuellen Prüfung bei der Redaktion vorbehalten blieb. Die Anträge zu 1 und 3 riefen eine längere Debatte hervor, die zu folgenden Beschlüssen führte: Die Mehrheit entschied für die Ablehnung des Antrages zu 3, aber auch für die Ablehnung des auf Streichung gerichteten Antrages zu 1, sodann für die Aufnahme des ersten Absatzes des §11, jedoch unter Beseitigung der Worte: „in einer für amtliche Bekanntmachungen bestimmten Landeszeitung, so wie", die Fassung der Redaktion vorbehaltend, endlich für die Streichung des zweiten Absatzes des §11. Erwogen wurde: Die Publikation der Staatsgenehmigung und deren Bedingungen könne, entsprechend dem Antrage zu 3, in Verschärfung des Genehmigungsprinzips dergestalt vorgeschrieben werden, daß die Publikation zur Wirksamkeit der Staatsgenehmigung gehöre und diese erst mit der Publikation in Kraft trete. Eine solche Anordnung, so erhebliche Vortheile sie in mancher Hinsicht in Aussicht stelle, erscheine jedoch bedenklich. Denn sie sei mit dem schwer wiegenden Uebelstande verbunden, daß die nach Ertheilung der Genehmigung, aber vor deren Publikation ausgegebenen Schuldverschreibungen nichtig seien. Die Publikation könne aber auch in der Art angeordnet werden, daß die Verpflichtungen des Ausstellers sich nicht allein nach dem Inhalte des Papiers, sondern auch nach den publizirten Bedin- | gungen bestimmten, unter welchen die Genehmigung ertheilt sei, selbst | Prot I 869 wenn das Papier auf dieselben nicht besonders verweise. Indessen auch eine solche Anordnung, von der gleichfalls erhebliche Vortheile zu erwarten seien, bleibe mißlich. Sie führe nämlich dahin, daß der Aussteller sich Verpflichtungen entziehen könne, die er nach dem unzweideutigen Inhalte des Papiers übernommen habe. Müsse nun sowohl von der ersten als auch von der zweiten Anordnung abgesehen werden, so bleibe nur übrig, die Publikation ohne civilrechtliche Wirkung und dergestalt vorzuschreiben, daß der Vorschrift nur der Charakter einer Ordnungsvorschrift beiwohne. Für eine solche lasse sich der wichtige Grund geltend machen, daß das Publikum imstande sein müsse, sich darüber zu vergewissern, ob die Genehmigung ertheilt sei oder nicht und im ersteren Falle, unter welchen Bedingungen genehmigt sei. Hierbei werde allerdings vorausgesetzt, daß die Vorschrift nicht unbefolgt bleibe. Allein hierauf könne auch wegen der ausschließlichen Zuständigkeit der Centraibehörden mit Sicherheit gerechnet werden. Um so weniger dürfe die ausnahmsweise Aufnahme einer bloßen Ordnungsvorschrift einen Anstoß erwekken. Der in Frage stehende Zweck bringe es ferner mit sich, die Publikationen für das ganze Reich in einem Blatte zu konzentriren. Als solches empfehle sich der Reichsanzeiger. Daneben noch die Publikation durch die amtlichen Blätter der einzelnen Staaten vorzuschreiben, sei entbehrlich. Daß die Centraibehörden eine solche anordnen könnten, verstehe sich von selbst. I Die Ordnungsvorschrift nach Anleitung des zweiten Absatzes des § 11 noch | Prot I 870 weiter auszudehnen, sei nicht gerechtfertigt, werde in Gemäßheit des ersten Absatzes die Publikation der Genehmigung und deren Bedingungen vorgeschrieben, so sei damit der zweite Absatz völlig gedeckt, wenn man diesem nicht einen andern Sinn beilegen wolle, als der Wortverstand ergebe, nämlich den Sinn, den Centraibehörden eine Anweisung zu ertheilen, auf welche Punkte bei der Prüfung, ob die Genehmigung zu ertheilen, Rücksicht zu nehmen sei oder welche Punkte vor der Ertheilung der Genehmigung der Erledigung oder besonderer Feststellung bedürften. Solche instruktionelle Bestimmungen könnten jedoch um so weniger für angemessen erachtet werden, als es sich um einen schwierigen, dem Gebiete des Verwal647
§ 795
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
tungsrechts angehörenden Gegenstand handele, der durch die vorgeschlagenen Bestimmungen keineswegs erschöpft werde und dessen etwaige einheitliche Regelung einem besonderen Gesetze vorzubehalten sei. Um zum klaren Ausdruck zu bringen, daß die Publikation nur im Wege einer Ordnungsvorschrift bestimmt sei, werde es übrigens nöthig sein, die Fassung zu wählen: „Die Genehmigung sollu.s.w. veröffentlicht werden". Zu § 12 des Entwurfes: TE-OR (Nr 1) „Jede Hauptschuldverschreibung soll die in § 11 Ziffer 1 , 3 — 9 bezeichneten An§12 gaben und die Bemerkung, daß die erforderliche Staatsgenehmigung erfolgt ist, enthalten." lagen außerdem zu § 11 unter 3 gedachten Antrage noch die Anträge vor: I Prot I 871 Kurlbaum (Nr 102, 3)
11. den § zu streichen.
Schmitt
2. den § als letzten Absatz dem § 11 zuzufügen4.
(Nr 100)
Gebhard (Nr 98, 5)
3. statt: „und die Bemerkung- enthalten" zu setzen: „und einen Vermerk enthalten, aus welchem erhellt, wann und von welcher Behörde die Staatsgenehmigung ertheilt und in welchen Exemplaren der in § 11 Absatz 1 bezeichneten Blätter dieselbe veröffentlicht worden ist." Es wurde die Streichung des § 12 beschlossen. Die Gründe waren: Abgesehen von dem Zweifel, welcher Sinn dem Worte: „Hauptschuldverschreibung" beiwohne, lasse der § 12 die Auslegung zu, die betreffenden Bedingungen der Genehmigung seien auch dann maßgebend, wenn dieselben in dem Inhaber-Papiere nicht erwähnt seien oder gar der Inhalt des Papiers mit ihnen im Widerspruch stehe. Dies erscheine aber nach den zum § 11 gefaßten Beschlüssen unrichtig, welche letztere auf dem Gedanken beruhten, die Bedingungen der Genehmigung könnten nur insofern zur Ergänzung des Papieres dienen, als dieses auf dieselben Bezug nehme. Eine solche Bezugnahme möge sich freilich stets empfehlen und in vielen Fällen zur Abkürzung des Inhalts des Papiers sogar ein Bedürfniß sein. Sie sei geeignet, thunlichst dem Uebelstande zu begegnen, daß ein Papier wegen Widerspruchs seines Inhalts mit den Bedingungen sich als nichtig darstelle. Es könne indessen erwartet werden, daß die Centraibehörden das in dieser Beziehung Erforderliche auch ohne eine besondere gesetzliche Anregung schon vorsehen würden. Die Bezugnahme bei I Prot I 872 | Vermeidung der Nichtigkeit vorzuschreiben, erscheine, wie schon früher zur Sprache gekommen (vgl. Protokolle S. 863, 864) wegen der Gefahr, die Zahl der bedenklichen Nichtigkeitsfälle zu vermehren, nicht zulässig. Die Berathung des von einer Seite gestellten Antrags, ausdrücklich zu bestimmen: Kurlbaum
„Der Umfang der Verpflichtungen des Ausstellers wird ausschließlich durch die Urkunde bestimmt". wurde bis zur Erledigung der folgenden §§ ausgesetzt.5 Schmitt beantragte ferner noch die Aufnahme folgender Bestimmungen: § 12a. Welche Behörde in jedem Bundesstaate zu der Ertheilung der Genehmigung zuständig ist, bestimmt sich nach Landesgesetz. — § 12 b, Auf Inhaberpapiere, welche von dem Reiche oder von einem Bundesstaate ausgegeben werden, finden die Bestimmungen der §§ 10 bis 12 a keine Anwendung. (Falls man diese Bestimmung nicht für selbstverständlich erachtet.). — Vgl. dazu oben S. 642. 5 Vgl. S. 624. 4
648
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
II. 1. Fassung der Regelung in der
§795
ZustOR:
§ 142. Schuldverschreibungen, worin dem Inhaber die Zahlung einer bestimmten ZustOR § 142 Geldsumme von dem Aussteller versprochen wird, dürfen, sofern sie nicht von dem Reiche oder einem Bundesstaate ausgestellt werden, nur mit Staatsgenehmigung ausgestellt und in Verkehr gebracht werden. Eine ohne Staatsgenehmigung in Verkehr gelangte Schuldverschreibung dieser Art ist nichtig. Der Aussteller ist den Inhabern für allen durch die Ausgabe verursachten Schaden verhaftet. Die Staatsgenehmigung wird durch die Centraibehörden der Bundesstaaten ertheilt. Sie soll nebst den näheren Bestimmungen, unter welchen sie ertheilt worden ist, durch den Reichsanzeiger veröffentlicht werden. 2. Auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 III) wurde beschlossen, in § 595 Abs. 1 KE (1. Fassung) statt „worin" zu sagen „in welchem" (Prot. I, S. 3551). 3. Aufgrund eines während der Beratung gestellten Antrages wurde zu § 695 Abs. 3 KE (1. Fassung) beschlossen, vor „Reichsanzeiger" einzuschalten „Deutschen" (Prot. I, S. 3561). 4. Aufgrund eines weiteren Antrags wurde in § 695 Abs. 2 KE (1. Fassung) statt „für allen... Schaden" gesetzt: für den. .. Schaden" (Prot. I, S. 3564). III. 1. Fassung der Regelung im KE: § 695. Schuldverschreibungen, in welchen dem Inhaber die Zahlung einer be- KE § 695 stimmten Geldsumme von dem Aussteller versprochen wird, dürfen, sofern sie nicht von dem Reiche oder einem Bundesstaate ausgestellt werden, nur mit Staatsgenehmigung ausgestellt und in Verkehr gebracht werden. Eine ohne Staatsgenehmigung in Verkehr gelangte Schuldverschreibung dieser Art ist nichtig. Der Aussteller ist den Inhabern für den durch die Ausgabe verursachten Schaden verhaftet. Die Staatsgenehmigung wird durch die Centraibehörden der Bundesstaaten ertheilt. Sie soll neben den näheren Bestimmungen, unter welchen sie ertheilt worden ist, durch den Deutschen Reichsanzeiger veröffentlicht werden. 2. Zur Einfügung eines Abs. 4 in § 695 KE vgl. Quellen zu § 793 BGB. 3. Zu § 695 KE war beantragt: 11. statt „veröffentlicht werden" zu setzen „öffentlich bekannt gemacht werden". I Proti 11861 Gebhard 2. als § 695a folgende Bestimmung aufzunehmen: (Nr 613, 7)
„In Ansehung der von einem Bundesstaate ausgestellten Schuldverschreibungen v. Mandry der im § 695 bezeichneten Art und der zu solchen Schuldverschreibungen ausge- (Nr 620, 56) stellten Zinsscheine kann eine von den Bestimmungen der vorstehenden Paragraphen abweichende Bestimmung, welche der Aussteller durch Vermerk auf der Urkunde treffen kann, auch durch die Gesetzgebung des Bundesstaates getroffen werden." Der Antrag zu 1 wurde angenommen. Dagegen wurde der Antrag zu 2 abgelehnt in der Erwägung: Der Vorschlag bezwecke die Ermächtigung für die Bundesstaaten, überall da, wo der Aussteller einer Schuldverschreibung auf Inhaber eine für diese Schuldverschreibungen gegebene dispositive Bestimmung rechtsgeschäftlich durch den Inhalt der Schuldverschreibung für das von ihm ausgegebene Papier außer Kraft setzen oder durch eine andere Bestimmung ersetzen könne, solche Bestimmung durch Landesgesetz zu treffen. Eine solche allgemeine Ermächtigung 649
§795
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
gehe zu weit. Ihr zufolge könnte ein Bundesstaat für die von ihm auszustellenden Schuldverschreibungen alle dispositiven Bestimmungen des Entwurfes über SchuldIProti 11862 |verschreibungen auf Inhaber durch ein generelles Gesetz außer Kraft setzen und allgemein rechtsgeschäftliche Bestimmungen durch Landesgesetz treffen. In den beiden Fällen, in denen der Landesgesetzgebung eine derartige Ermächtigung eingeräumt worden sei (§§ 685, 691), hätten hierfür besondere Gründe vorgelegen, nämlich die Rücksicht auf die Bundesstaaten, für deren Verhältnisse bei Massen— emissionen die fraglichen speziellen Vorschriften regelmäßig nicht paßten. IV. Fassung der Regelung im E I : E
701
§701. Schuldverschreibungen, in welchen dem Inhaber die Zahlung einer bestimmten Geldsumme von dem Aussteller versprochen wird, dürfen, sofern sie nicht von dem Reiche oder einem Bundesstaate ausgestellt werden, nur mit Staatsgenehmigung ausgestellt und in Verkehr gebracht werden. Eine ohne Staatsgenehmigung in Verkehr gelangte Schuldverschreibung dieser Art ist nichtig. Der Aussteller ist den Inhabern für den durch die Ausgabe verursachten Schaden verhaftet. Die Staatsgenehmigung wird durch die Zentralbehörden der Bundesstaaten ertheilt. Sie soll nebst den näheren Bestimmungen, unter welchen sie ertheilt worden ist, durch den Deutschen Reichsanzeiger öffentlich bekannt gemacht werden. Die Gesetzes eines Bundesstaates, welche über die Form der Vollziehung der von dem Bundesstaate ausgestellten Schuldverschreibungen der im ersten Absätze bezeichneten Art bestimmen, bleiben unberührt.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes Vergi, die Quellen zu § 798 BGB unter B. II.
C. 2. Kommission I. Anträge zu § 701 E I (Prot. II, Bd. 2, S. 555f., Mugdan, Bd. 2, S. 1065f.): 1. die Bestimmungen des Entw. zu streichen; Rüger (Nr 268)
2. den § 701 durch zwei Paragraphen des Inhalts zu ersetzen: § 701 Schuldverschreibungen . . . . sollen . . . . nur mit Genehmigung eines Bundesstaats und des Bundesraths ausgestellt und in Verkehr gebracht werden. Die Genehmigung soll von demjenigen Bundesstaat ertheilt werden, in welchem . . . . (wie im Antrage 3). Die Genehmigung des Bundesstaats und des Bundesraths soll nebst den . . . . (wie im Entw. Abs. 3 Satz 2). Die Gesetze eines Bundesstaats.... (wie im Entw. Abs. 4). § 701 a. Aus einer ohne die im §701 Abs. 1 vorgeschriebene Genehmigung in Verkehr gelangten Schuldverschreibung kann die Zahlung, auch wenn sie erst für einen späteren Zeitpunkt versprochen ist, sofort gefordert werden. Ist die Schuldverschreibung von einem Vertreter ausgestellt, so haftet auch dieser persönlich dem Inhaber für die Leistung in dem in Abs. 1 bezeichneten Umfange· 650
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§795
v. Mandry 3. den Abs. 3 Satz 1 wie folgt zu gestalten: Die Staatsgenehmigung soll von der Centraibehörde desjenigen Bundesstaats (Nr 260, 2) ertheilt werden, in welchem der Aussteller, wenn die Ausgabe von einer Niederlassung im Sinne des § 22 der C.P.O. aus erfolgt, die Niederlassung, anderenfalls seinen Wohnsitz oder (sofern er eine die juristische Person ist) seinen Sitz hat.
4. im Falle der unveränderten Annahme des §701 Abs. 1 die Vorschrift des Goldschmidt (Nr 266) Abs. 2 Satz 1 wie folgt zu fassen: Eine ohne Staatsgenehmigung in Verkehr gelangte Schuldverschreibung dieser Art ist sofort fällig. Der Antragsteller zu 2 änderte im Laufe der Berathung seinen Vorschlag dahin ab, daß in dem ersten Absätze nicht blos eine instruktioneile Vorschrift zu geben, daher das Wort „sollen" in „dürfen" zu verwandeln, und daß neben der Genehmigung des Bundesraths nicht noch die Genehmigung eines einzelnen Bundesstaats zu verlangen sei. Die Kom. beschloß, an die Stelle der Staatsgenehmigung die Genehmigung des Bundesraths zu setzen, den Inhalt des Abs. 4 in das Einführungsgesetz zu verweisen und im Abs. 2 statt „den Inhabern" zu sagen „dem Inhaber". Im Uebrigen entschied man sich für die Beibehaltung des Entw. Bei der Abstimmung darüber, ob die Ausstellung und Begebung von Inhaberpapieren der im § 701 bezeichneten Art an die Genehmigung des Bundesraths zu knüpfen oder ohne obrigkeitliche Genehmigung zuzulassen sei, erfolgte die Entscheidung für die Genehmigung des Bundesraths mit zehn gegen neun Stimmen. II. Die beschlossene Regelung lautet in der Vorl.Zust: §701. Schuldverschreibungen, in welchen dem Inhaber die Zahlung einer be- EI-VorlZust stimmten Geldsumme von dem Aussteller versprochen wird, dürfen, sofern sie nicht S 701 von dem Reiche oder einem Bundesstaate ausgestellt werden, nur mit Genehmigung des Bundesraths ausgestellt und in Verkehr gebracht werden. Eine ohne Genehmigung des Bundesraths in Verkehr gelangte Schuldverschreibung dieser Art ist nichtig. Der Aussteller ist dem Inhaber für den durch die Ausgabe verursachten Schaden verhaftet. Die Genehmigung des Bundesraths soll nebst den näheren Bestimmungen, unter welchen sie ertheilt worden ist, durch den Deutschen Reichsanzeiger öffentlich bekannt gemacht werden. (An Stelle des vierten Absatzes des § 701 soll eine dem Inhalte desselben entsprechende Bestimmung in den Entwurf des Einführungsgesetzes aufgenommen werden.) III. Fassung der Regelung in der
ZustRedKom:
§686a (701). Schuldverschreibungen auf den Inhaber, in welchen die Zahlung E I-ZustRedKom einer bestimmten Geldsumme versprochen wird, dürfen nur mit Genehmigung des § 686 a Bundesraths in den Verkehr gebracht werden. Die Ertheilung der Genehmigung soll nebst den Bestimmungen, unter welchen sie erfolgt ist, durch den Deutschen Reichsanzeiger bekannt gemacht werden. Eine ohne die Genehmigung in den Verkehr gelangte Schuldverschreibung ist nichtig. Der Aussteller ist dem Inhaber zum Ersätze des durch die Ausgabe verursachten Schadens verpflichtet. Diese Vorschriften finden auf Schuldverschreibungen, die von dem Reiche oder einem Bundesstaat ausgegeben werden, keine Anwendung. 651
§795 E II § 724
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
TV. 1. Im E //lautet die Regelung: § 724. Schuldverschreibungen auf den Inhaber, in welchen die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird, dürfen nur mit Genehmigung des Bundesraths in den Verkehr gebracht werden. Die Ertheilung der Genehmigung und die Bestimmungen, unter welchen sie erfolgt ist, sollen durch den Deutschen Reichsanzeiger bekannt gemacht werden. Eine ohne die Genehmigung des Bundesraths in den Verkehr gelangte Schuldverschreibung ist nichtig; der Aussteller ist dem Inhaber zum Ersätze des durch die Ausgabe verursachten Schadens verpflichtet. Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Schuldverschreibungen, die von dem Reiche oder einem Bundesstaat ausgegeben werden.
2. Prot. II, Bd. 6, S. 41 f.: Jacubezky Es gelangte nunmehr folgender Antrag zur Berathung: Im § 724 Abs. 1 Satz 1 (Nr 5, 2) des Entw. II hinter den Worten „einer bestimmten Geldsumme" die Worte „an einem inländischen Zahlungsorte" (oder „im Inlande") einzuschalten: Die Kom. war der Ansicht, daß der § 724 Abs. 1 in seiner jetzigen Fassung allerdings zu Zweifeln Anlaß gebe. Die in dem obigen Antrage vorgeschlagene Lösung könne aber nicht als befriedigend angesehen werden. Es werde sich empfehlen, die Frage einer nochmaligen Prüfung zu unterwerfen und eventuell bei der zweiten Berathung einer Aenderung des § 724 vorzunehmen, für jetzt aber dem Antrag keine Folge zu geben. — Dem entsprechend wurde der Vorschlag abgelehnt. 3. Prot. II, Bd. 6, S. 177 (Mugdan, Bd. 2, S. 1068 f.). An die Berathung der §§ 210, 244 schloß sich die des § 724, zu welchem Jacubezky 1. beantragt war, im § 724 (Nr 42, 7) a) den Eingang zu fassen: Schuldverschreibungen auf den Inhaber, in welchen die Zahlung einer bestimmten Geldsumme im Inlande versprochen w i r d , . . .6 b) dem Abs. 3 hinzuzufügen: Für Schuldverschreibungen, die von einer einem Bundesstaate angehörenden Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechtes ausgegeben werden, wird die Genehmigung von der Centraibehörde des Bundesstaats ertheilt 7 . Im Laufe der Berathung wurden die weiteren Anträge gestellt: 2. bei Annahme des Antrags 1 a dem § 724 Abs. 2 den Zusatz zu geben: Ist auch ein ausländischer Zahlungsort bestimmt, so ist die Genehmigung nur für die Bestimmung des inländischen Zahlungsorts erforderlich. 3. im § 724 Abs. 1 statt der Worte „in Verkehr gebracht werden", zu setzen „ausgegeben werden"; 6
7
Hierzu ist im handschriftlichen Antrag bemerkt: Die Vorschrift bezweckt nicht eine allgemeine Kontrolle über die Einführung solcher Schuldverschreibungen in den deutschen Verkehr, sondern beschränkt die Kontrolle auf die Ausgabe von Schuldverschreibungen, die für das Inland bestimmt sind. Ein Papier, auf das nur im Auslande Zahlung geleistet wird, ist kein inländisches; diejenigen, welche ihr Geld in inländischen Papieren anlegen wollen, kaufen ein Papier dieser Art nicht. Inländer werden übrigens kaum in der Lage sein, Schuldverschreibungen auszugeben, die ausschließlich im Auslande zahlbar sind. Hierzu ist im handschriftlichen Antrage angemerkt: „Der deutsche Markt soll ebenso wie den Bundesstaaten auch deren juristischen Personen des öffentlichen Rechtes offen stehen, wenn der Bundesstaat, dem die juristische Person angehört, die Ausgabe der Schuldverschreibungen für erforderlich erachtet.
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22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§795
4. vor „ausgegeben" in der Fassung des Antrags 3 einzuschalten „ausgestellt und"; 5. den Eingang zu fassen: Im Inland ausgestellte Schuldverschreibungen auf den I n h a b e r , . . . . 6. in dem Abs. 1 den Satz 1 zu fassen: Schuldverschreibungen dürfen, wenn das dadurch zu begründende Schuldverhältniß unter der Herrschaft des inländischen Rechtes stehen würde, nur mit Genehmigung . . . Die Berathung und Abstimmung erfolgte getrennt, zunächst über den Antrag 1 a und die mit demselben zusammengehörigen Anträge 2 — 6, sodann über den Antrag lb. A. Bei der Abstimmung gelangte der Antrag 5 zur Annahme. B. Der Antrag 1 b, der an Stelle der Genehmigung des Bundesraths in beschränktem Maße das Genehmigungsrecht der Centraibehörden der einzelnen Bundesstaaten wiederherstellen will, welches im Entw. I § 701 Abs. 3 allgemein angeordnet war, wurde von der Mehrheit abgelehnt. Man war der Meinung, daß bei der entgegengesetzten Stellungnahme mehrerer größerer Bundesstaaten zu dieser Frage dieselbe nothwendig im Bundesrahte zur Sprache kommen werde, und glaubte daher von einer nochmaligen sachlichen Prüfung der Frage Abstand nehmen zu dürfen. V. Im E II rev. lautet die beschlossene Regelung: § 780. Im Inland ausgestellte Schuldverschreibungen auf den Inhaber, in denen E II rev $ 780 die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird, dürfen nur mit Genehmigung des Bundesraths in den Verkehr gebracht werden. Die Ertheilung der Genehmigung und Bestimmungen unter denen sie erfolgt, sollen durch den Deutschen Reichsanzeiger bekannt gemacht werden. Eine ohne die Genehmigung des Bundesraths in den Verkehr gelangte Schuldverschreibung ist nichtig; der Aussteller hat dem Inhaber den durch die Ausgabe verursachten Schaden zu ersetzen. Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Schuldverschreibungen, die von dem Reiche oder einem Bundesstaat ausgegeben werden.
D. Bundesrat (Justizausschuß) I. Anträge zu § 724 EII/780 E II rev. (1. Lesung) Preußen befürwortet eine Abänderung dahin, daß die für die Ausgabe von Inhaberpapieren erforderliche Genehmigung des Bundesraths von einem Antrage des betreffenden Bundesstaats abhängig sein solle8. Bayern beanstandet, daß die im § 701 des Entwurfes erster Lesung vorgesehene staatliche Genehmigung durch die Genehmigung des Bundesraths ersetzt worden sei. 8
Vgl. dazu die Anlage unten S. 660 ff. 653
§795
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
W e n n für die A e n d e r u n g geltend g e m a c h t w e r d e , das G e n e h m i g u n g s r e c h t der Bundesstaaten m a c h e Einzelvorschriften „über die Zuständigkeit erforderlich und f ü h r e z u r mißlichen Frage der örtlichen Zuständigkeit", s o bleibe diese Frage für das Gebiet des internationalen Privatrechts i m m e r n o c h z u lösen. D e r Entwurf selbst habe für einen g a n z ähnlichen Fall, für die G e n e h m i g u n g zur E n t s t e h u n g rechtsfähiger V e r e i n e und S t i f t u n g e n (§ 2 3 Abs. 3, § 7 0 ) , sich auf den S t a n d p u n k t gestellt, daß diese G e n e h m i g u n g S a c h e der Einzelstaaten sei. D i e s e seien a u c h besser in der Lage, die Verhältnisse, insbesondere die Kreditwürdigkeit des Ausstellers, z u prüfen. Z u d e m habe die R e g i e r u n g des Einzelstaats vielfach R e c h t s g e s c h ä f t e , w e l c h e die Ausstellung v o n Inhaberpapieren z u r F o l g e hätten, ζ . B. die A u f n a h m e v o n A n l e i h e n durch G e m e i n d e n , v o m ö f f e n t l i c h - r e c h t l i c h e n S t a n d p u n k t aus z u w ü r d i g e n . Es wäre u n e r w ü n s c h t , w e n n der Bundesrath einer G e m e i n d e , die v o n der R e g i e r u n g des Einzelstaats die G e n e h m i g u n g zur A u f n a h m e eines A n l e h e n s erhalten habe, die Ausgabe v o n Schuldverschreibungen dieses A n l e h e n s auf den Inhaber verbieten würde. D i e Besorgniß eines Mißbrauchs seitens der Einzelstaaten sei nicht gerechtfertigt'.
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Die vollständige Begründung lautet (Bayr.HStA München, MA 76, 722: Schreiben vom 10. 2. 1895 an das Reichsjustizamt): Die Kommission II. Lesung hat im § 724 an die Stelle der im §701 des Entwurfs I. Lesung vorbehaltenen staatlichen Genehmigung f ü r nicht vom Reiche oder einem Bundesstaate ausgegebene Inhaberpapiere die Genehmigung des Bundesraths gesetzt. Gegen diese Aenderung der Zuständigkeit bestehen diesseits die erheblichsten Bedenken. Für dieselbe ist in der Kommission hauptsächlich geltend gemacht worden (Prot. S. 2691), das Genehmigungsrecht der Bundesstaaten mache Detailvorschriften über die Regelung der Zuständigkeit erforderlich und führe zur mißlichen Frage der örtlichen Zuständigkeit. Aber diese Frage bleibt, auch wenn dem Bundesrathe die Genehmigung übertragen wird, für das Gebiet des internationalen Privatrechts immer noch zu lösen. Man wird sich schlüssig machen müssen, ob die im Bürgerlichen Gesetzbuche vorgeschriebene staatliche Genehmigung auf die im Deutschen Reiche emittirten (so für das bisherige Recht: R.O.H.G.Entsch. Bd. XII, S. 101) oder auf die von Deutschen (im Deutschen Reiche Wohnenden) ausgestellten oder auf sämmtliche im Deutschen Reiche in Umlauf gesetzten Papiere auf den Inhaber Anwendung findet. Die Sonderbestimmungen in der Aktiennovelle vom 18. Juli 1884 (Art. 173 a , 207 a ), nach welchen dem Bundesrath die Genehmigung z u r Ausgabe von Aktien unter dem Minimalbetrag zusteht, können zur Analogie nicht herangezogen werden. Viel näher liegt der Hinweis auf die Bestimmungen über die Genehmigung zur Entstehung rechtsfähiger Vereine und Stiftungen, die auch nach dem Entwürfe 11. Lesung (§ 23 Abs. 3, § 70) den Einzelstaaten zustehen soll. Ferner dürften f ü r die Übertragung einer nach den Grundsätzen der Verfassung den Einzelstaaten zukommenden Verfügungsgewalt auf den Bundesrath keine praktischen Gründe sprechen. Denn die Regierung des Einzelstaats, deren Einvernahme der Bundesrath ohnehin nicht umgehen könnte, wird die Verhältnisse und insbesondere die Kreditwürdigkeit des Ausstellers sicherer würdigen können als der Bundesrath. — Auch ist zu berücksichtigen, daß die Regierung des Einzelstaats vielfach Rechtsgeschäfte, welche die Ausstellung von Inhaberpapieren zur Folge habe, z. B. die Aufnahme von Anleihen durch Gemeinden, vom öffentlich-rechtlichen Standpunkt zu prüfen hat. Es wäre aber ein unerwünschtes Ergebniß, wenn der Bundesrath einer Gemeinde, die von der Regierung des Einzelstaats zur Aufnahme eines Anlehens autorisirt wurde, die Ausgabe von Schuldverschreibungen dieses Anlehens auf den Inhaber verbieten würde. — Die Besorgniß endlich, daß ein Einzelstaat seine Befugniß zur Ertheilung einer solchen Genehmigung mißbrauchen würde, um das Deutsche Reich mit bedenklichen Inhaberpapieren zu überschwemmen, dürfte gewiß nicht gerechtfertigt sein. Auch würde dieser Gesichtspunkt dazu führen, für die Inhaberpapiere, die von einem Bundesstaate selbst ausgestellt werden, die Genehmigung des Bundesraths zu verlangen, — eine Folgerung, die auch der Entwurf II. Lesung nicht zieht.
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22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§795
Sachsen macht gegen die Vorschrift des Entwurfes hinsichtlich der Befugniß des Bundesraths zur Genehmigung der Ausgabe von Inhaberpapieren zum Theil ähnliche Gründe geltend wie Bayern und beantragt, Die Vorschrift des § 701 Abs. 3 Satz 1 des Entwurfes erster Lesung wiederherzustellen. Inhaberpapiere pflegten thatsächlich nur innerhalb des Bundesstaats umzulaufen, in welchem sie ausgegeben worden seien. Es handle sich zwar bei der Ertheilung der Genehmigung um die Verleihung eines für das ganze Reich wirksamen Privilegiums; jedoch komme es auch sonst vor, daß Verfügungen von Behörden einzelner Bundesstaaten für das ganze Reich wirksam seien. Württemberg wünscht ebenfalls die Wiederherstellung des Entwurfes erster Lesung. Gründe der praktischen Zweckmäßigkeit sprächen dagegen, den Bundesrath mit Aufgaben der laufenden Verwaltung in Angelegenheiten zu betrauen, für deren Erledigung bei der Mehrzahl der Bundesregierungen in der Regel ein Interesse nicht bestehen werde. Die Einholung der Genehmigung des Bundesraths würde auch in zahlreichen Fällen eine Verzögerung im Gefolge haben, während es sich bei der Ausgabe von Inhaberpapieren häufig darum handle, die Genehmigung möglichst rasch zu erlangen, um die jeweilige Konjunktur des Geldmarkts auszunutzen. Mit der Ertheilung der Genehmigung durch die Behörden der Einzelstaaten seien Unzuträglichkeiten bisher nicht verknüpft gewesen. Solche seien auch für die Zukunft nicht zu besorgen, sofern nur, dem Vorschlage der Württembergischen Regierung zu § 701 Abs. 3 erster Lesung (Zusst. z. Entw. 1 Bd. II, S. 76) entsprechend, die Zuständigkeit der einzelnen Bundesregierungen zur Ertheilung der Genehmigung im Gesetze geregelt werde. Es wird deshalb vorgeschlagen im § 724 zu bestimmen : „Die Staatsgenehmigung wird durch die Zentralbehörde desjenigen Bundesstaats ertheilt, in welchem der Aussteller seinen Wohnsitz (Sitz) hat." Hessen ist mit der Vorschrift des § 724 einverstanden. Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz beanstanden dagegen aus ähnlichen Gesichtspunkten wie Bayern, Sachsen und Württemberg, daß die ein Hoheitsrecht bildende Genehmigung zur Ausgabe von geldwerthigen Inhaberpapieren auf den Bundesrath übertragen werden solle und schlagen folgende Fassung des § 724 vor: „Schuldverschreibungen auf den Inhaber, in welchen die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird, dürfen nur mit Staatsgenehmigung in den Verkehr gebracht werden. Eine ohne Staatsgenehmigung in den Verkehr gelangte Schuldverschreibung ist nichtig; der Aussteller ist dem Inhaber zum Ersätze des durch die Ausstellung verursachten Schadens verpflichtet. Die Staatsgenehmigung wird von der Centraibehörde desjenigen Bundesstaats ertheilt, in welchem der Aussteller seinen Wohnsitz oder seinen Sitz im Sinne des §19 der Zivilprozeßordnung hat, oder in welchem, wenn die Ausgabe von einer Niederlassung im Sinne des § 22 der Zivilprozeßordnung aus erfolgt, sich die 655
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Niederlassung befindet. Die Ertheilung der Genehmigung und die Bestimmungen, unter welchen sie erfolgt ist, sollen durch den Deutschen Reichsanzeiger bekannt gemacht werden. Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Schuldverschreibungen, die von dem Reiche oder einem Bundesstaat ausgegeben werden". Elsaß-Lothringen erklärt sich in erster Linie gegen das Erforderniß der Genehmigung überhaupt. Die volle Freiheit zur Ausgabe von Inhaberpapieren, wie sie zur Zeit in Elsaß-Lothringen bestehe, habe zu keinen praktischen Bedenken Anlaß gegeben. Jede Einwirkung staatlicher Autorität sei geeignet, den Anschein einer Gewähr für den inneren Werth der Papiere zu erwecken. Werde jedoch eine staatliche Genehmigung für erforderlich erachtet, so erscheine der Bundesrath, nicht die einzelne Landesregierung als die geeignete Instanz, sofern damit eine verschiedenartige Behandlung in den einzelnen Bundesstaaten ausgeschlossen werde. Die im § 724 Abs. 3 bestimmten Ausnahmen seien dann aber aus praktischen Gründen auf die Schuldverschreibungen kommunaler Körperschaften, welche meist schon zur Aufnahme der Darlehen staatsaufsichtlicher Genehmigung bedürften, sowie auf die Schuldverschreibungen der mit staatlicher Ermächtigung errichteten Pfandbriefinstitute (Landschaften, Hypothekenbanken pp.) zu erstrekken. II. Bericht von v. Heller vom 11.10. 1895 Bei dem § 780 wurde zunächst die Frage erörtert, ob überhaupt das Erfordernis der Genehmigung einzuführen sei. Der ablehnende Standpunkt Elsaß-Lothringens wurde von keinem der Ausschußmitglieder geteilt; die grundsätzliche Frage war sodann im Sinne des Entwurfs beantwortet. In der Frage der Zuständigkeit für die Erteilung der Genehmigung befürwortete der Berichterstatter persönlich den Preußischen Vermittlungsvorschlag mit dem Beifügen, daß er nach seiner Instruktion leider gegen ihn stimmen müsse. Ich begründete und befürwortete den Bayerischen Antrag. Der Vorsitzende erklärte für Preußen folgendes: Die Preußische Regierung teile die Ansicht, daß der Entwurf dem Einflüsse des zunächst beteiligten Bundesstaats zu enge Schranken setzt. Auf der anderen Seite sei aber auch der Standpunkt Bayerns bedenklich. Der Reichstag werde in dieser Frage unzweifelhaft auch ein Wort reden und sich sicherlich auf den dem Bayerischen Antrage entgegengesetzten Standpunkt des Entwurfs stellen. Politische Klugheit spreche daher für die Annahme des Preußischen Vermittlungsvorschlags. Eine Majorisirung des zunächst beteiligten Bundesstaats durch einen die Genehmigung erteilenden Beschluß sei durch diesen Vorschlag ausgeschlossen, weil der Bundesrat ja nur durch einen Antrag dieses Bundesstaats zu einer Beschlußfassung veranlaßt werden kann. Möglich sei also nur die Ablehnung eines solchen Antrags durch Mehrheitsbeschluß. Diese Möglichkeit sei aber ganz unbedenklich; sie werde nur die erwünschte Wirkung haben, daß Staaten, die in der Erteilung der Genehmigung bisher etwas weit gingen, künftig etwas vorsichtiger werden. Württemberg erklärte sich für den Bayerischen Antrag mit dem Bemerken, daß es die politischen Bedenken Preußens bei der dermaligen Zusammensetzung des Reichstags nicht teile. Der Vertreter Sachsens erklärte, daß er zunächst für den Antrag Bayerns stimmen müsse, aber persönlich den Preußischen Vorschlag für sehr annehmbar halte. Hessen und Lübeck erklärten sich für den Preußischen Vorschlag. 656
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§795
Der Antrag Bayerns war hiernach von der Mehrheit angenommen. Bezüglich der Frage endlich, welcher Bundestaat im einzelnen Falle zuständig sein solle, empfahl der Berichterstatter, zunächst den Antrag Württembergs anzunehmen, die genauere Erörterung der Frage aber, insbesondere was Rechtens sein soll, wenn der Aussteller seinen Wohnsitz im Auslande hat, der zweiten Lesung vorzubehalten, zumal es doch sehr ungewiß sei, ob es bei dem in der Hauptsache gefaßten Beschlüsse verbleiben wird. Mit jenem Vorbehalte wurde der Antrag Württembergs einstimmig angenommen. Der Mecklenburgische Antrag wurde hiedurch erledigt. Von den von Elsaß-Lothringen eventuell vorgeschlagenen beiden Ausnahmen wurde mit Mehrheit die erste angenommen, die zweite abgelehnt. 2. Bericht von Sieveking (Hamburg) vom 11. 10. 1895 Zu § 780 (II, 724) erhob sich eine längere Diskussion. Es wurde beschlossen, an Stelle der Genehmigung des Bundesraths die Genehmigung der Einzelstaaten treten zu lassen, und der zweiten Lesung die Beschlußfassung darüber vorzubehalten, welcher Einzelstaat zur Ertheilung der Genehmigung zuständig sein solle. Mit vier Stimmen (Bayern, Württemberg, Baden, Hessen) gegen drei wurde ferner beschlossen, die für das Reich oder einen Bundesstaat in Abs. 3 gemachte Ausnahme auch auf Kommunalverbände auszudehnen, dagegen wurde eine Anregung Elsaß-Lothringens, die Ausnahme auch auf die mit staatlicher Ermächtigung errichteten Pfandbriefinstitute zu erstrecken, keine Folge gegeben. 3. Bericht von Scbickervom 12. 10. 1895 Zu § 780 fand der primäre Antrag Elsaß-Lothringens auf Freigabe der Ausgabe von Inhaberpapieren keine Unterstützung. — Gegenüber dem Bayerisch-Württembergischen Antrag machte der Vorsitzende geltend, daß die alleinige Zuständigkeit der Landesregierungen im Reichstag nicht nur Widerspruch erfahren, sondern zur Ersetzung durch die ausschließliche Zuständigkeit des Bundesraths führen würde. Deshalb stelle Preußen seinen Vermittlungsvorschlag, der den Antrag eines Bundesstaats zur Voraussetzung der Entscheidung des Bundesraths mache. Ich bezeichnete die Besorgnis vor dem Reichstag in diesem Punkte als dermalen wohl unbegründet. Der Preußische Antrag wurde abgelehnt. Der Bayerisch-Sächsisch-Württembergische Antrag wurde angenommen. Auch Baden stimmte zu, Preußen, Hessen, Lübeck dagegen. Demnächst wurde die Frage erörtert, welcher Bundesstaats zuständig sein solle. Die von Württemberg vorgeschlagene Regelung wurde als nicht ausreichend bemängelt, weil sie den Fall nicht decke, wenn ein ausländischer Unternehmer die Papiere in Deutschland ausgeben wolle. Ich erwiderte, daß ein solcher Unternehmer dann eben eine Niederlassung in Deutschland begründen solle. Ob übrigens auch im Falle der etwaigen späteren Annahme des jetzt abgelehnten Preußischen Antrags die Zuständigkeit zu dem Antrag des Bundesstaats beim Bundesrath geregelt werden müsse, wurde bezweifelt. Es wurde beschlossen, den Antrag Württembergs auf Seite 40 der Zusammenstellung 10 anzunehmen, und über die Frage einer Zuständigkeitsbestimmung für Ausgabe der Papiere durch Ausländer weiteren Antrag zur zweiten Lesung vorbehalten. Referent wird hiewegen Einleitung treffen. Anlangend die von Elsaß-Lothringen gewünschten Ausnahmen von dem Erforderniß der Genehmigung, so wurde die Ausnahme zu Gunsten der Schuldverschreibungen kommunaler Körperschaften beschlossen, obwohl ich auf dieselbe nur für den Fall der etwaigen Aenderung des Beschlusses über die Zuständigkeit der Lan-
ío Vgl. oben S. 655.
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§795
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
desregierungen Werth zu legen erklärte. Eine Ausnahme für die Pfandbriefinstitute wurde abgelehnt. III. 2. Lesung 1. Redaktionsvorschlag von
Struckmann:
§ 780. Im Inland ausgestellte Schuldverschreibungen auf den Inhaber, in denen die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird, dürfen nur mit Staatsgenehmigung in Verkehr gebracht werden. Die Genehmigung wird durch die Zentralbehörde desjenigen Bundesstaats ertheilt, in dessen Gebiete der Aussteller seinen Wohnsitz hat. (Erfolgt die Ausstellung im Gewerbebetriebe des Ausstellers, so tritt, wenn der Aussteller seine gewerbliche Niederlassung an einem anderen Orte hat, der Ort der Niederlassung an die Stelle des Wohnsitzes. H a t der Aussteller nicht seinen Wohnsitz oder eine solche Niederlassung im Inlande, so ist die Zentralbehörde des Bundesstaats zuständig, in dessen Gebiete die Ausstellung erfolgen soll.) Die Ertheilung der Genehmigung und die Bestimmungen, unter denen sie erfolgt, sollen durch den Deutschen Reichsanzeiger bekannt gemacht werden. Eine ohne staatliche Genehmigung in den Verkehr gelangte Schuldverschreibung ist nichtig; der Aussteller hat dem Inhaber den durch die Ausgabe verursachten Schaden zu ersetzen. Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Schuldverschreibungen, die von dem Reiche, einem Bundesstaat oder einer kommunalen Körperschaft ausgegeben werden. 2. Fassung nach den Beschlüssen der Reichskommissarien: Nr. 15. § 780 hat zu lauten: „Im Inland ausgestellte Schuldverschreibungen auf den Inhaber, in denen die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird, dürfen nur mit staatlicher Genehmigung in den Verkehr gebracht werden. Die Genehmigung wird durch die Zentralbehörde des Bundesstaats ertheilt, in dessen Gebiete der Aussteller seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung hat. Die Ertheilung der Genehmigung und die Bestimmungen, unter denen sie erfolgt, sollen durch den Deutschen Reichsanzeiger bekannt gemacht werden. Eine ohne staatliche Genehmigung in den Verkehr gelangte Schuldverschreibung ist nichtig; der Aussteller hat dem Inhaber den durch die Ausgabe verursachten Schaden zu ersetzen. Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Schuldverschreibungen, die von dem Reiche, einem Bundesstaat oder einer inländischen kommunalen Körperschaft ausgegeben werden." 3. Antrag von Preußen: den § 780 nach Nr. 15 ebenda anzunehmen. 4. Antrag von Mecklenburg-Schwerin: Statt des Absatzes 4 des § 780 in der Fassung der Nr. 15 der Beschlüsse der Reichskommissare den bisherigen Abs. 3 des § 780 wiederherzustellen und im Einführungsgesetz eine Vorschrift vorzubehalten, durch welche das Erforderniß staatlicher Genehmigung für die Ausgabe von Inhaberpapieren seitens kommunaler Körperschaften der landesgesetzlichen Normirung überwiesen wird. 5. Anträge Bayerns zum § 780: Im Absatz 4 der von den Reichskommissaren beschlossenen Fassung des Be658
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§795
Schlusses der ersten Lesung ( N r . 15 der Zusammenstellung) die W o r t e „oder einer inländischen k o m m u n a l e n K ö r p e r s c h a f t " zu streichen u n d zwischen den W o r t e n „dem Reiche, einem Bundesstaat" an Stelle des K o m m a das W o r t „ o d e r " einzuschalten. 6. Sitzung des Justizausschusses vom 10. 12. 1895 a) Bericht v o n Heller vom 10. 12. 1895. Z u dem den § 780 b e t r e f f e n d e n A n t r a g e P r e u ß e n s N 9 16 b e g r ü n d e t e ich den Bayerischen A n t r a g Ν 2 I. Dieser w u r d e einstimmig a n g e n o m m e n . M e c k l e n b u r g bezeichnete seinen A n t r a g N 2 6 als hiedurch erledigt. Ich legte s o d a n n die in der N o t e des K.-Staatsministeriums der Justiz an das K.Staatsministerium des K . H a u s e s und des Ä u ß e r n v o m 3. ds. Mts. N u m . 26131 e r ö r t e r t e n , die Regelung der die Z u s t ä n digkeit der einzelnen Bundesstaaten b e t r e f f e n d e n Bedenken d a r , f a n d j e d o c h keine U n t e r s t ü t z u n g und unterließ deshalb die Stellung von Anträgen 1 1 . 11
In einer Stellungnahme des Justizministers von Ende November 1895 (HStA München MJu 16087) heißt es u. a.: Uebergehend zu § 780, so wird die K.Bayr. Staatsregierung gegenüber etwaigen Anträgen auf Wiederherstellung der früheren Fassung des § 780 auf ihrem bisherigen Standpunkte zu verharren haben. — Politische und sachliche Gründe sprechen gleichmäßig gegen die Uebertragung der Einzel-Entscheidung über die Zulassung von Inhaberpapieren auf den Bundesrath. — Die von Preußen angesprochene Befürchtung, daß der Reichstag die Zuständigkeit der Landesregierungen bekämpfen werde, dürfte bei der gegenwärtigen Zusammensetzung des Reichstags kaum zutreffen. — Der preußische Vermittlungsvorschlag dürfte nicht annehmbar sein. — Auch nach ihm soll den Einzelstaaten die Entscheidung über die Zulassung der Ausgabe von Inhaberpapieren genommen werden. — Nur das wird durch den preußischen Antrag verhütet werden, daß der Bundesrath gegen den Antrag des einzelnen Bundesstaats Inhaberpapiere zuläßt. Der preußische Antrag setze überdies eine Entscheidung über die Zuständigkeit ebenso voraus, wie der· bayerische Antrag. Anlangend die Regelung der Zuständigkeit, so dürfte es kaum angehen, bei der Abgrenzung der Zuständigkeit der einzelnen Bundesstaaten von anderen Grundsätzen auszugehen als bei der Abgrenzung der Herrschaft des Deutschen Rechts gegenüber dem Ausland. Entscheidet in letzterer Richtung der Ort der Ausstellung, so muß auch der Ort der Ausstellung für die Zuständigkeit der Centraibehörden der einzelnen Bundesstaaten maßgebend sein. Richtiger wäre es allerdings, wenn überhaupt der Erfüllungsort als das entscheidende Moment betrachtet würde. Nach der diesseitigen Anschauung wäre es daher wünschenswerth, wenn bestimmt würde (vgl. Antrag 1 a im Protokolle der Kom. II. L. S. 8412): „Schuldverschreibungen auf den Inhaber, in denen die Zahlung einer bestimmten Geldsumme im Inlande versprochen wird, dürfen nur mit staatlicher Genehmigung in den Verkehr gebracht werden. — Die Genehmigung wird durch die Centraibehörde des Bundesstaats ertheilt, in dem die Leistung erfolgen soll." Sollte dieser Vorschlag keine Aussicht auf Erfolg haben, und es bei der Bestimmung des Entwurfs verbleiben, wonach die im Inlande ausgestellten Schuldverschreibungen dem Verbote unterliegen, so müßte folgerichtig die Genehmigung von der Centraibehörde desjenigen Bundesstaats ertheilt werden, in dessen Gebiet die Schuldverschreibungen ausgestellt werden. — Sollte übrigens sich nur dafür eine Mehrheit erzielen lassen, daß die Centraibehörde desjenigen Bundesstaats zuständig sein soll, in dessen Gebiet der Aussteller seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung hat, so wird die letztere Bestimmung wohl dahin ergänzt werden müssen, daß dann, wenn derjenige, der im Inlande eine Schuldverschreibung auf den Inhaber ausstellt, im Inlande aber weder einen Wohnsitz noch eine gewerbliche Niederlassung hat, der Ort der Ausstellung entscheiden solle. — Weniger Bedenken als die Uebertragung der Entscheidung bei einzelnen individuellen Fällen hätte es, wenn für den Bundesrath die Befugniß in Anspruch genommen werden sollte, über die Zulassung einzelner Gattungen von Inhaberpapieren Normativbestimmungen zu erlassen 659
Anh § 795
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
b) Bericht von Schicker vom 15. 12. 1895 Zu § 780 in der Fassung der Kommissarien lag der Antrag Bayerns I vor, der auch von mir und dem Badischen Bevollmächtigten befürwortet wurde. Der Bemerkung Dr. Dittmar's, daß ohnedies in allen Staaten eine Genehmigung von Aufsichtswegen für Ausgabe von Inhaberpapieren seitens der kommunalen Körperschaften erfordert werde, wurde von mir und von Dr. v. Jagemann widersprochen. Jedenfalls sei, auch wo entsprechende Gesetze bestehen, die civilrechtliche Wirkung der Nichtigkeit ohne Genehmigung ausgegebener Schuldverschreibungen auf den Inhaber nicht gegeben. Auch wurde bemerkt, daß der Beschluß erster Lesung die Einschaltung der fraglichen Worte im Falle der Zuständigkeit der Landesregierungen zur Genehmigung nicht gewollt habe. Der Bayerische Antrag wurde angenommen. — Meiner instruktionsmäßigen Anregung, nach „Wohnsitz" einfügen „(Sitz)" wurde vom Geheimen Oberregierungsrath Struckmann widersprochen, weil eine solche Einschaltung an anderen Stellen, wo gleiche Gründe vorlägen, nicht erfolgt sei. — Zur Sprache kam ferner die in erster Lesung aufgeworfene Frage, ob eine Bestimmung über die Zuständigkeit für den Fall der Ausgabe von Schuldverschreibungen durch solche Personen nothwendig sei, welche im Inland keinen Wohnsitz haben. Man einigte sich darüber, daß für den Verkehr von im Ausland ausgegebenen Schuldverschreibungen keine Genehmigung erforderlich sei. Die Fälle aber, wenn etwa ein Ausländer ohne Begründung eines Wohnsitzes nur zureist, um im Inlande Schuldverschreibungen auf den Inhaber auszugeben, verdienten keine Berücksichtigung; solche Schuldverschreibungen wären nichtig. 7. § 779 E ///entspricht der Gesetz gewordenen Fassung.
Anhang zu § 795 BGB I. Votum des preußischen Justizministers für das Staatsministerium vom 13. 2. 189512 . . . . Nach § 701 des ersten Entwurfes sollten Schuldverschreibungen auf den Inhaber, in welchen die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird, — sofern sie nicht vom Reiche oder von einem Bundesstaate ausgestellt worden, nur mit Stoaíígenehmigung ausgestellt und in den Verkehr gebracht werden dürfen. Der § 724 des zweiten Entwurfes erfordert statt der von der ersten Kommission vorgeschlagenen staatlichen Genehmigung die Genehmigung des Bundesraths. (Vgl. § 40 des Entw. eines Börsengesetzes). Eine solche Thätigkeit des Bundesraths wäre mit der Stellung, die dem Bundesrath im Allgemeinen zukommt, im Einklänge und könnte äußersten Falls von Bayerns zugestanden werden. — Wird im Sinne der diesseitigen Auffassung an der Zuständigkeit der Landes-Centralbehörden für die Genehmigung der Ausgabe von Schuldverschreibungen auf den Inhaber festgehalten, so wird die vom Justizausschusse des Bundesraths in der ersten Beratung angenommene Einschaltung der Worte „oder einer inländischen kommunalen Körperschaft" wieder zu streichen sein. Es dürfte nämlich kein genügender Grund bestehen, solche Schuldverschreibungen von der staatlichen Genehmigung durch die Landes-Centralbebörde auszunehmen. Dagegen würde es allerdings, im Falle die Zuständigkeit des Bundesraths wieder hergestellt würde, nothwendig sein, die von den inländischen kommunalen Körperschaften ausgegebenen Schuldverschreibungen von der Genehmigung durch den Bundesrath auszunehmen und hiefür die Zuständigkeit der Centraibehörde oder hiewegen das Erforderliche dem Landesrechte vorzubehalten. 12 Geh.StA Berlin-Dahlem, Rep. 84a, Nr. 11778, S. 626ff.
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22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
A n h § 795
Der Herr Finanzminister hat sich mit dieser Aenderung einverstanden erklärt, der Herr Minister für Landwirtschaft pp. und der Herr Minister des Innern erachten sie vom Standpunkte des Kommunalaufsichtswesens aus für bedenklich und der Herr Minister für Landwirtbscbaft von dem Standpunkte der Staatsaufsicht über die Hypothekenbanken und verwandte Kreditinstitute sogar für unannehmbar. In den Protokollen der zweiten Kommission ist die Aenderung dahin gerechtfertigt: Bei der Ertheilung der Genehmigung handle es sich um die Ertheilung eines für das gesammte Reich wirksamen Privilegiums, für die Ertheilung sei mithin der Bundesrath die verfassungsmäßig berufene Behörde. Die Regelung des ersten Entwurfes mache den Erlaß von Vorschriften über die Zuständigkeit erforderlich; in dieser Beziehung habe man nur die Wahl zwischen dem Bundesstaat, in welchem der Wohnsitz des Ausstellers liege, und demjenigen, welchem der Emissionsort angehöre. In beiden Fällen könne das Erforderniß staatlicher Genehmigung zu Resultaten führen, die mit dem Zwecke der Vorschrift unvereinbar seien. Es sei anzunehmen, daß die Einzelstaaten auf die ihnen bisher zustehende Verleihungsbefugniß kein allzu großes Gewicht legen werden, zumal der ihnen bisher zustehende Einfluß auf die Ertheilung oder Versagung der Genehmigung auch fernerhin erhalten bleibe; denn man könne darauf vertrauen, daß der Bundesrath vor seiner Beschlußfassung die Meinung der bei der Entscheidung vornehmlich betheiligten Regierungen einholen und ihren Wünschen billig Rechnung tragen werde. Der Herr Minister für Landwirtbschaft besorgt, daß der Vorschlag der zweiten Kommission eine schädliche Rückwirkung auf das öffentliche Verwaltungsrecht der Einzelstaaten haben würde. — Gegenüber den Kommunalverbänden, den kirchlichen und den sonstigen öffentlichen Korporationen, ζ. B. den öffentlichen Wassergenossenschaften, den Eisenbahngesellschaften pp., gewähre das in Preußen nach dem Gesetze vom 17. Juni 183313 bestehende Postulat der Königlichen Genehmigung zur Ausgabe von Inhaberpapieren bei der großen Bedeutung, welche die Erlangung dieses Privilegiums habe, erfahrungsmäßig den Staatsbehörden ein wirksames Mittel, um auf die Vermögensverwaltung, die richtige Verwendung der gewonnenen Fonds und auf ein dem öffentlichen Interesse entsprechendes Geschäftsgebahren der betreffenden Korporationen Einfluß zu üben. Diese wichtige Verstärkung der Machtbefugnisse der Staatsaufsichtsbehörden gehe verloren, wenn die Entscheidung über die Ertheilung des Privilegiums in eine Stelle verlegt werde, die zur Wahrnehmung der in Betracht kommenden Staatsaufsichtsinteressen nicht berufen sei. Der Bundesrath werde, auch bei voller Geneigtheit, den Wünschen der Einzelregierungen Rechnung zu tragen, nicht umhin können, gleichartige Anträge der Interessenten aus verschiedenen Bundesstaaten nach gleichmäßigen Grundsätzen zu behandeln und dadurch in die Verwaltungspraxis des einen oder des anderen Bundesstaats störend einzugreifen. Es genüge auch nicht, daß diejenigen Vorschriften der Landesgesetzgebung aufrecht erhalten bleiben, welche für Anleihen oder für die Aufnahme von Darlehen der erwähnten öffentlichen Korporationen die Genehmigung der Aufsichtsbehörde erfordern, weil die Ausgabe von Inhaberpapieren sich nicht immer als Anleihe darstelle und unter den Begriff der Aufnahme eines Darlehns gar nicht falle. Gegenüber den Hypothekenbanken und den ihnen gleichstehenden, in verschiedenen Provinzen vorkommenden privaten Pfandbriefinstituten bildet das Gesetz vom 17. Juni 1833 in Verbindung mit den die Aufhebung von Privilegien betreffen-
'3 Preuß. G. S. 1833, S. 75ff. 661
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
den Vorschriften des Allgemeinen Landrechts die einzige Rechtsbasis der staatlichen Aufsicht. Kämen diese landrechtlichen Vorschriften in Wegfall, so würde eine gleichzeitige, und zwar reichsgesetzliche Regelung des Hypothekenbankwesens unerläßlich sein und nicht, wie bisher in Aussicht genommen sei, bis nach dem Zustandekommen des Bürgerlichen Gesetzbuchs vertagt werden dürfen. Der H e r r Minister des Innern hat sich den Ausführungen bezüglich der öffentlich-rechtlichen Korporationen angeschlossen. Meines Erachtens wird es darauf ankommen, die Vorzüge und die Nachtheile der von der zweiten Kommission vorgeschlagenen N o r m gegen einander abzuwägen. D a ß die Aufrechterhaltung des Rechtszustandes, nach welchem die Regierung jedes Bundesstaats die Ausgabe von Inhaberpapieren mit der Wirkung gestatten kann, daß ihre rechtliche Gültigkeit im ganzen Reich anerkannt werden muß, schwerwiegende Bedenken haben würde, läßt sich wohl nicht verkennen. Die wirthschaftlichen Gründe, die dazu geführt haben, in Preußen die Ausstellung von Inhaberpapieren über Geldforderungen von der Königlichen Genehmigung abhängig zu machen und die unbefugte Ausstellung unter Strafe zu stellen, beruhen in den Gefahren, welche der Umlauf werthloser oder doch nicht ausreichend fundirter und deshalb unsicherer Papiere f ü r den öffentlichen Verkehr und für das Staatsinteresse mit sich bringt. Die Gefahren, denen das Gesetz vom 17. Juni 1833 vorbeugen will, entstehen aber aus dem unbeschränkten Umlauf von Inhaberpapieren, deren Ausgabe von einer fremden Regierung genehmigt ist, wenn keine Garantie dafür vorhanden ist, daß die fremde Regierung bei der Ertheilung der Genehmigung von gleichen Grundsätzen ausgeht und mit der gleichen Vorsicht, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit verfährt, wie Preußen. Der H e r r Minister f ü r Landwirthschaft pp. hat in seinem Votum hervorgehoben, daß gerade die Verhältnisse einiger in den kleineren Staaten bestehenden Hypothekenbanken ein Einschreiten der Gesetzgebung wünschenswerth machen würde. Wird den Vorschlägen der ersten Kommission entsprechend den Regierungen dieser kleineren Staaten die Macht belassen, dergleichen nicht vertrauenswürdigen Banken das Privilegium zur Ausgabe von Inhaberpapieren zu ertheilen, so kann der Zweck des Gesetzes vom 17. Juni 1833 durch Maßnahmen dieser Regierungen vereitelt werden. Ja, es ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß Korporationen, denen in Preußen die Ertheilung des Privilegiums aus guten Gründen versagt ist, ihren Sitz oder die Emission in einem kleineren Staate verlegen und daß die Regierung dieses Staates es ihrem Interesse entsprechend erachtet, das in Preußen versagte Privilegium zu ertheilen. Diesen meines Erachtens unleugbaren Mißstand beseitigt der Vorschlag der zweiten Kommission: er will die größeren Bundesstaaten gegen einen möglichen Mißbrauch der Machtbefugnisse der kleineren Staaten schützen; er bewegt sich damit in derselben Richtung, welche die Reichsgesetzgebung in Betreff der gegen sich zahlbaren Inhaberpapiere, der Banknoten, längst eingeschlagen hat. Vergleicht man mit den Vortheilen, welche der Vorschlag darbietet, die von dem H e r r n Minister für Landwirthschaft pp. dargestellten Nachtheile, so dürften die Vortheile überwiegen. — Der H e r r Minister für Landwirthschaft pp. besorgt zwar, daß der Bundesrath nicht in der Lage sein werde, den Wünschen der Einzelregierungen Rechnung zu tragen, weil er gleichartige Anträge in gleichmäßiger Weise werde behandeln müssen. Allein die Frage, ob die Anträge verschiedener Korporationen gleichartig sind, hängt doch ganz wesentlich von der Würdigung der individuellen Verhältnisse, der Vertrauenswürdigkeit, des Geschäftsgebarens der Antragsteller ab, und es scheint mir daher ein begründeter Anlaß zu der Annahme kaum vorzuliegen, daß der Bundesrath verhindert sein würde, diesen individuel662
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
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len Verhältnissen und den darauf sich stützenden Wünschen der Einzelstaaten Rechnung zu tragen. Für ausgeschlossen möchte ich namentlich die Möglichkeit halten, daß der Bundesrath das Privilegium zur Ausgabe von Inhaberpapieren einer preußischen Korporation gegen die Stimme Preußens ertheilen könnte. Wird aber danach auch unter dem Rechte des zweiten Entwurfs die Ertheilung des Privilegiums von der Zustimmung der preußischen Regierung abhängen, so behält die preußische Regierung auch fernerhin den Einfluß auf die Verwaltung und die Geschäftsführung der betreffenden Institute, dessen Verlust der H e r r Minister für Landwirthschaft besorgt. Jedenfalls scheint mir die Gefahr eines solchen Verlustes ungleich größer bei Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Rechtszustandes zu sein, nach welchem Banken, die in Preußen das Privilegium zur Ausgabe von Inhaberpapieren nicht erlangen können, durch Verlegung ihres Sitzes sich der Einwirkung Preußens auf die Gewährung des Privilegiums gänzlich entziehen können. Uebrigens dürfte der Erlaß instruktioneller Vorschriften für den Bundesrath des Inhalts, daß die Ertheilung des Privilegs nur mit Zustimmung des Bundesstaates zu geschehen hat, dessen Gebiete der Antragsteller angehört, schwerlich auf Widerstand stoßen und eine solche Vorschrift geeignet sein, die Bedenken des Herrn Ministers f ü r Landwirthschaft pp. vollends zu beseitigen. Hiernach glaube ich nicht befürworten zu können, die Billigung des zweiten Entwurfes an die Bedingung des gleichzeitigen Erlasses eines Reichsgesetzes über das Hypothekenbankwesen zu knüpfen, bin jedoch damit einverstanden, daß der Erlaß dieses Gesetzes in Aussicht genommen und vorbereitet wird. Ob die Gründe, welche meines Erachtens den von der zweiten Kommission angenommenen Standpunkt im Allgemeinen rechtfertigen, dazu nöthigen, die Ertheilung des Privilegiums zur Ausgabe von Inhaberpapieren auch an öffentlich-rechtliche Korporationen der Einzelstaaten in die H a n d des Bundesraths zu legen, läßt sich nicht ohne Grund bezweifeln. Solchen Korporationen gegenüber bestehen die vorstehend erörterten Gefahren theils nicht, theils in geringerem Maße als gegenüber den Privatinstituten. Ich kann mich daher, in Uebereinstimmung mit der Auffassung des Herrn Ministers des Innern, damit einverstanden erklären, das Bedenken des Herrn Ministers f ü r Landwirthschaft insoweit Rechnung zu tragen, daß die Befugniß zur Ertheilung der Genehmigung zur Ausgabe von Inhaberpapieren an eine öffentlich-rechtliche Korporation eines Bundesstaats der Regierung des Bundesstaats zugestanden wird, in dessen Gebiete die Korporation ihren Sitz hat. II. Protokoll über die Sitzung des Staatsministeriums
am 25. 2. 18951*
Zu § 724. Nach diesem Paragraphen dürfen Schuldverschreibungen auf den Inhaber, in welchen die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird, nur mit Genehmigung des Bundesraths in den Verkehr gebracht werden. Die Herren Minister des Innern und für Landwirthschaft hatten es f ü r bedenklich erklärt, die in dem preußischen Gesetze vom 17. Juni 1833 15 mit seinem Postulate der Königlichen Genehmigung zur Ausgabe von Inhaberpapieren liegende Verstärkung der staatlichen Machtbefugnisse gegenüber den Kommunalverbänden dadurch zu beseitigen, daß man die Entscheidung über die Ertheilung des Privilegiums in eine Stelle verlege, die zur Wahrnehmung der in Betracht kommenden Staatsaufsichtsinteressen nicht berufen sei. Vom Standpunkte der Staatsaufsicht über die Hypothekenbanken
h Geh.StA Berlin-Dahlem, Rep. 84 a, Nr. 11832, S. 148 ff. 15 Preuß. GS. 1833, S. 75ff.
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
und verwandte Kreditinstitute hatte der Herr Minister für Landwirthschaft die angezogene Bestimmung sogar für unannehmbar erklärt, weil jenen Banken und Instituten gegenüber das Gesetz vom 17. Juni 1833 in Verbindung mit den die Aufhebung von Privilegien betreffenden Vorschriften des Allgemeinen Landrechts die einzige Rechtsbasis der staatlichen Aufsicht bilde. Der Herr Justizminister trat für die Bestimmung des Entwurfs mit dem Hinweise auf den Mißbrauch ein, der Seitens der kleineren Staaten mit der Ausgabe von Inhaberpapieren getrieben worden sei und meinte, daß die Preußische Regierung wohl nicht zu besorgen habe, der Bundesrath werde jemals ohne ihre Zustimmung die Genehmigung zur Ausgabe von Schuldverschreibungen auf den Inhaber ertheilen. Der Herr Minister der öffentlichen Arbeiten erklärte dagegen, daß er vom Standpunkte der Aufsicht über die Privateisenbahnen ein dringendes Interesse daran habe, die Bestimmung des ersten Entwurfs, welcher an die Stelle der Genehmigung des Bundesraths die Staatsgenehmigung gesetzt hatte, wiederhergestellt zu sehen. Nur dann könne er bei der Konzessionierung von Privateisenbahnen auf die Finanzirung des Unternehmens den erforderlichen Einfluß ausüben. Der Herr Finanz-Minister erklärte, er habe ursprünglich die Bestimmungen des § 724 als einen wichtigen Schritt zur Einführung einer Kontrolle über die Einzelstaaten begrüßt, die vielfach das Interesse hätten, bei der Ausgabe von Inhaberpapieren zu weit zu gehen. Bei näherer Erwägung erscheine ihm jedoch eine Mitwirkung der Einzelstaaten bei Ertheilung der Genehmigung zur Ausgabe von Schuldverschreibungen auf den Inhaber von dem Gesichtspunkte der staatlichen Aufsicht über die Korporationen aus unerläßlich, da die Vorenthaltung dieses Privilegiums oft das einzige Mittel sei, um städtische Kommunen an der Aufnahme von Anleihen zu verhindern, die man für bedenklich halte, aber gleichwohl nicht verbieten könne, weil sie den Schuldenstand der betreffenden Kommunen an sich nicht veränderten. In dieser Beziehung könne man vielleicht dadurch eine Kautel schaffen, daß man in dem § 742 eine Bestimmung aufnehme, nach welcher der Bundesrath nur auf den Antrag des betreffenden Einzelstaates über die Ertheilung der darin erwähnten Genehmigung zu beschließen habe. Man schaffe dadurch eine doppelte Garantie: einerseits den Einzelstaaten, andererseits den Korporationen gegenüber. Der Herr Vice-Präsident des Staatsministeriums meinte zwar, daß, wenn die Ertheilung des Privilegiums nicht Seitens der Regierung des betreffenden Einzelstaats beantragt, sondern im Wege der Petition von einer Kommune nachgesucht werde, die Regierung doch jedenfalls gehört werden müsse und eine Ueberstimmung im Bundesrathe kaum zu besorgen haben werde. Es trat aber gleichwohl dem Vorschlage des Herrn Finanzministers bei, da die letztgedachte Eventualität doch immerhin denkbar sei. Der Herr Staatssekretär des Reichsjustizamts erklärte: Die Unzuträglichkeiten, die man von der Bestimmung des § 724 befürchte, lägen vorzugsweise auf dem Gebiete des Hypothekenbankwesens und es bestehe die Absicht, gleichzeitig mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch ein Reichsgesetz über diese Materie zu erlassen. Es erscheine nicht angebracht, diesem Gesetze vorzugreifen, dies sei aber auch nicht notwendig; denn Bayern, Württemberg, Sachsen und Mecklenburg hätten sich gegen die fragliche Bestimmung im § 724 erklärt, und der Vorschlag des Herrn Finanz-Ministers werde voraussichtlich nicht ausreichen um ihren Widerstand zu überwinden. Das Zustandekommen des Bürgerlichen Gesetzbuchs werde sehr erschwert werden, wenn man an jener Bestimmung festhalte, und er halte es daher für richtiger, auf den Bundesrath als Konzessionsbehörde zu verzichten. 664
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Der Herr Vice-Präsident des Staatsministeriums, der Herr Finanz-Minister und der Herr Minister für Handel erklärten, sich dieser Auffassung nicht anschließen zu können. Sie wiesen darauf hin, daß die durch den § 724 ermöglichte Kontrolle der kleinen Staaten einen wichtigen Fortschritt bedeute, der um so werthvoller sei, als in manchen dieser Staaten, wie ζ. B. in Hamburg, die Ausgabe von Inhaberpapieren an eine Genehmigung überhaupt nicht gebunden sei. Auch handle es sich doch nicht allein um die Hypothekenbanken, bezüglich deren es überdies auch zweifelhaft sei, ob das von dem Herrn Staatssekretär in Aussicht gestellte Gesetz zu Stande kommen werde. Der Kommissar des Herrn Ministers für Landwirthschaft wies darauf hin, daß mit der Uebertragung der Befugniß, die Genehmigung zur Ausgabe von Inhaberpapieren zu ertheilen, an den Bundesrath die bisherige Grundlage der den Hypothekenbanken gegenüber ausgeübten Staatsaufsicht fortfalle. Demnach würde es in Preußen, falls das von dem Herrn Staatssekretär des Reichjustizamts angekündigte Reichsgesetz über die Hypothekenbanken nicht zu Stande käme, an jeglicher Handhabe zu einer staatlichen Kontrolle dieser Banken fehlen. Der Herr Vice-Präsident des Staatsministeriums und der Herr Finanz-Minister bestritten die Richtigkeit dieser Schlußfolgerung. Bei Annahme der vorgeschlagenen Modifikation des § 724 werde der Bundesrath den Einzelregierungen das Recht vorbehalten können, die ertheilte Genehmigung unter gewissen Bedingungen wieder zu entziehen. Damit werde dasselbe erreicht, was der gegenwärtige Rechtszustand gestatte. Auch der Herr Justizminister, obwohl er die Zulässigkeit eines derartigen Vorbehalts nicht für zweifelsfrei erklärte, hielt dem Kommissar des Herrn Landwirthschaftsministers entgegen, daß auch das landrechtliche Privilegienrecht durch das Bürgerliche Gesetzbuch eine neue Regelung erfahren und daß somit die Basis, auf die er seine Ausführungen stütze, künftig wegfallen werde. Der Kommissar erwiderte, daß die neuen Bestimmungen über das Privilegienrecht zunächst würden abgewartet werden müssen. Im Uebrigen bezeichnete er es in Uebereinstimmung mit dem Herrn Staatssekretär des Reichsjustizamts als mißlich, daß der Vorbehalt der Entziehung des Privilegiums wegen künftigen Mißbrauchs, anstatt, wie jetzt, durch Gesetz, künftig durch Beschluß des Bundesraths erfolgen solle, worauf der Herr Vice-Präsident des Staatsministeriums erklärte: was heute Kraft Gesetzes geschehe, solle in Zunkuft Kraft ertheilter Konzession möglich sein; er sehe nicht, wie hierin ein Anlaß zur Beschwerde gefunden werden könne. Das Staatsministerium beschloß: daß eine Bestimmung, wonach der Bundesrath nur auf den Antrag des betreffenden Einzelstaats hin über die Genehmigung zur Ausgabe von Schuldverschreibungen auf den Inhaber zu beschließen habe, in dem § 724 aufgenommen, die dem entsprechende Abänderung der Fassung dieses Paragraphen aber der weiteren Behandlung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs vorbehalten werden solle16.
16
Am 29. 10. 1895 beschloß das Staatsministerium, gegen den Beschluß des Justizausschusses des Bundesrates (1. Lesung) keinen Widerspruch zu erheben (Geh.StA Berlin-Dahlem, Rep. 84a, Nr. 11832, S. 555 ff.).
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§796
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse § 796
Der Aussteller kann dem Inhaber der Schuldverschreibung nur solche Einwendungen entgegensetzen, welche die Gültigkeit der Ausstellung betreffen oder sich aus der Urkunde ergeben oder dem Aussteller unmittelbar gegen den Inhaber zustehen. Α. 1. Kommission
I Prot I 887
I. Protokoll der 102. Sitzung vom 19. 6. 1882, Schriftführer: Neubauer | Die Berathung des die Inhaberpapiere betreffenden Theilentwurfes des Obligationenrechts (N 2 1) wurde fortgesetzt.
Zu § 16 des Entwurfes: TE-OR (Nr 1) „Einreden, welche der Aussteller nur gegen frühere Inhaber des Inhaberpapiers § 16 gehabt haben würde, darf derselbe der Forderung des letzten Inhabers nicht entgegensetzen." lagen die Anträge vor: Kurlbaum (Nr 102, 7)
1. den § 16 zu fassen: „Dem Inhaber der Urkunde kann eine Einrede aus der Person eines früheren Inhabers nur dann entgegengesetzt werden, wenn er so wie jeder Zwischeninhaber bei dem Erwerbe die Thatsachen, auf welche sich die Einrede gründet, gekannt hat."
Planck (Nr 97)
2. in § 16 zu bestimmen: „Der Aussteller kann sich nur solcher Einreden bedienen, welche ihm nach Maßgabe des Inhaberpapieres selbst oder unmittelbar gegen den jedesmaligen Inhaber zustehen." Planck ferner dem § 16 folgenden Zusatz zu geben: (Nr 108) „Die Ungültigkeit einer Schuldverschreibung auf den Inhaber kann darauf, daß I Prot I 888 der wirkliche Wille des Ausstellers mit dem in der Schuldverschreibung | erklärten Willen nicht übereingestimmt habe oder daß die Schuldverschreibung 1 ohne Willen des Ausstellers in Verkehr gekommen oder durch ein wegen Drohung oder Betrug anfechtbares Rechtsgeschäft veräußert sei, nur demjenigen Inhaber gegenüber gestützt werden, welcher jene Umstände beim Erwerbe der Urkunde kannte. Hatte die Schuldverschreibung schon früher einen Inhaber, so kann die Ungültigkeit nur geltend gemacht werden, wenn dieser die gedachten Umstände beim Erwerbe der Urkunde kannte. War jedoch der Aussteller zu der Ausstellung der Urkunde widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden, so unterliegt die Schuldverschreibung ohne Rücksicht auf eine Kenntniß des Inhabers der Anfechtung." ι Der metallographierte Antrag lautet von hier an: „ . . . von dem Aussteller nicht ausgegeben, sondern ohne seinen Willen in Verkehr gesetzt sei oder daß sie wegen Drohung oder Betrug der Anfechtung unterliege, nur demjenigen Inhaber gegenüber gestützt werden, welcher jene Umstände beim Erwerbe der Innehabung kannte. Hatte die Schuldverschreibung schon vorher einen anderen Inhaber, so kann die Ungültigkeit nur geltend gemacht werden, wenn auch dieser die gedachten Umstände beim Erwerbe der Innehabung kannte. War jedoch der Aussteller nicht nur zu der Ausgabe, sondern auch zu der Ausstellung der Schuldverschreibung widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden, so unterliegt die Schuldverschreibung ohne Rücksicht auf eine Kenntniß des Inhabers der Anfechtung."
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22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§796
und zwar unter Zurückziehung des in der Sitzung vom 16. Juni d. Js. (Protokolle S. 881, 882) 2 gestellten Antrages. 3. zu bestimmen: „Dem Aussteller stehen gegen den Inhaber die in seinem persönlichen Verhältniß zum Inhaber begründeten Einreden zu. Es stehen ihm zu die Einreden aus der Ungültigkeit des Ausstellungsaktes und die Einrede der Zahlung gegen jeden unredlichen Erwerber des Papiers. Gegen den redlichen Erwerber des Papiers stehen ihm diese Einreden nur 3 dann zu, wenn derselbe sowie jeder Zwischeninhaber bei dem Erwerbe die der Einrede zu Grunde liegende Thatsache gekannt hat." womit der früher gestellte Antrag, zu bestimmen : „Einreden aus der Person eines früheren Inhabers sind gegen den Inhaber nicht zulässig. Einreden aus dem persönlichen Verhältniß zwischen Aussteller und Inhaber sind zulässig. In Gleichem kann die Ungültigkeit des Ausstellungsaktes jedem Inhaber entgegengesetzt werden." I zurückgezogen war. Man erachtete es für angemessen, den § 16 und die dazu gestellten Anträge zunächst ohne Rücksicht auf die Fälle zu berathen, in welchen der Aussteller die Ungültigkeit der Ausstellung oder ersten Begebung rügt oder in welchen aus dem besonderen Inhalte der Urkunde eine Einrede hergeleitet wird. Die übrigen Fälle betreffend, so bestand Einverständniß, daß der Aussteller — entgegen dem Artikel 1847 des schweizer Obligationenrechts 4 — zu solchen Einreden befugt sein müsse, welche sich in dem zwischen ihm und dem Inhaber bestehenden persönlichen Rechtsverhältniß gründen und daß zu diesen Einreden auch die exceptio doli gehört, welche zur Grundlage hat die Behauptung, der Inhaber habe bei dem Erwerbe der Verschreibung von einer gegen einen Vormann zulässig gewesenen Einrede Kenntniß gehabt. Uber die näheren Erfordernisse dieser exceptio doli bestand aber eine Verschiedenheit der Ansichten. Die eine Meinung ging dahin: die exceptio doli greife Platz, sobald der Inhaber bei dem Erwerbe auch nur von denjenigen Thatsachen Kenntniß gehabt habe, welche in Gemäßheit des gedachten Prinzips gegen seinen unmittelbaren Vormann eine Einrede begründet haben würden. Die andere Meinung war: die Kenntniß solcher Thatsachen sei keineswegs genügend, erforderlich sei ein arglistiger Erwerb des Papiers, d. h. ein zu dem Zwecke erfolgter Erwerb, um dem Aussteller die betreffende Einrede abzuschneiden und zu entziehen. Die Mehrheit Schloß sich der letzteren Meinung an unter Ablehnung des der ersteren Ansicht folgenden Antrages zu 1. Der Beschluß beruhte auf der Erwägung: D a das Gläubigerrecht des letzten Inhabers kein abgeleitetes sei (wodurch der vorliegende Fall sich wesentlich von dem des § 390 des SachenrechtsIEntwurfs 5 unterscheide), so lasse sich ein die exceptio doli nach allgemeinen Regeln begründendes arglistiges Verhalten nur unter den erwähnten Voraussetzungen annehmen und habe diese Auffassung auch bei der Auslegung und Anwendung des Artikel 82 der Wechselordnung 6 und des Artikel 303 des Handelsgesetzbuches 7 sich überwiegende Geltung verschafft. 2 Oben S. 639. 3 Im metallographierten Antrag ist das Wort „nur" eingeklammert. 4 Diese Bestimmung lautet: Der Schuldner kann der Forderung aus einem Inhaberpapiere nur solche Einreden entgegensetzen, welche gegen die Gültigkeit der Urkunde gerichtet sind oder aus der Urkunde selbst hervorgehen. 5 Diese Bestimmung betrifft die Einreden gegen den Anspruch aus der Hypothek. 6 Diese Bestimmung lautet: Der Wechselschuldner kann sich nur solcher Einreden bedienen,
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Windscheid (Nr 107)
Windscheid (Nr 99)
I P r o t ! 889
|Proti 890
§796
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Zur Erörterung gelangte, in welcher Weise das beschlossene Prinzip im Gesetze auszudrücken sei. Die Mehrheit erklärte sich gegen die Fassung der zitirten Artikel der Wechselordnung und des Handelsgesetzbuchs und gegen die Fassung des diese Artikel zum Vorbilde nehmenden Antrags zu 2 und für die Fassung: zulässig seien die in dem persönlichen Rechtsverhältniß zwischen Inhaber und Aussteller sich gründenden Einreden. Sie war der Ansicht, die Fassung der Artikel 82 bezw. 303 a.a.O. leide an einer bedenklichen Kürze, indem sie keinen Aufschluß gebe, welche Einreden unter den unmittelbar zustehenden zu begreifen seien. Zugleich nahm man an, die beschlossene Fassung mache es entbehrlich, die exceptio doli noch besonders hervorzuheben. Es wurde zu der Erörterung übergegangen, inwiefern der Aussteller aus der U n gültigkeit (Nichtigkeit und Anfechtbarkeit) der Ausstellung oder ersten Begebung eine Einrede herleiten könne. Darüber bestand kein Zweifel, daß, wenn die Ungültigkeit ausschließlich die erste Begebung treffe, einzig und allein das vorher beschlossene Prinzip zur Anwendung gelange, da dasselbe, in Gemäßheit des f ü r den Entfremdungsfall gefaßten Beschlusses, ja auch dann Platz greifen müsse, wenn das Papier dem Aussteller gegen seinen Willen entfremdet, vielleicht gestohlen oder geraubt sei. Nicht minder erachtete man f ü r zweifellos, daß, wenn der Aussteller zur Zeit der Ausstellung nicht geIProti 891 schäftsfähig | war und demnächst das Papier ihm entfremdet wurde oder zur Zeit der ersten Begebung die Geschäftsfähigkeit gleichfalls fehlte, der Aussteller jedem Inhaber gegenüber die Erfüllung verweigern könne. Eine verschiedene Beurtheilung fand dagegen der Fall, wenn zur Zeit der Austeilung ein wesentlicher Willensmangel vorlag und das Papier dem Aussteller entfremdet oder von ihm zwar begeben wurde, jedoch unter Fortdauer jenes Willensmangels. Nach dem zu 2 gedachten Zusatzantrage soll in einem solchen Falle, sofern nicht widerrechtliche D r o h u n g in Frage steht, ausschließlich wieder das vorbeschlossene Prinzip Anwendung finden. Zur Rechtfertigung des Vorschlages wurde darauf hingewiesen, zu welchen Bedenken die §§ 72 und ff. der Zusammenstellung der Beschlüsse zum Allgemeinen Theil 8 — zumal wegen der Unterscheidung derselben zwischen den Fällen, in welchen ein Empfänger der Willenserklärung vorhanden sei und in welchen diese Voraussetzung mangele, — Anlaß geben könnten und wie unbedenklich die Gleichstellung erscheine, nachdem außer Zweifel stehe, daß die Ungültigkeit der ersten Begebung für sich allein nicht gerügt werden könne. Durch Mehrheitsbeschluß wurde jedoch der Vorschlag abgelehnt. Die Ablehnung beruhte auf der Erwägung: Der Akt der Ausstellung, wenn er in Folge einer späteren Entfremdung als wirksam sich erweise, stelle sich doch immerhin als ein Rechtsgeschäft oder mindestens als eine nach den Grundsätzen über Rechtsgeschäfte zu beurtheilende Rechtshandlung dar; habe bei ihm ein wesentlicher Willensmangel vorgelegen, so müßten jene allgemeinen Grundsätze nicht minder zur Geltung gelangen, wie im Falle der mangelnden Geschäftsfähigkeit. Aehnlich verhalte es
welche aus dem Wechselrechte selbst hervorgehen oder ihm unmittelbar gegen den jedesmaligen Kläger zustehen. 7 Diese Bestimmung lautet: Durch das Indossament der in den beiden vorhergehenden Artikeln bezeichneten Urkunden gehen alle Rechte aus dem indossirten Papiere auf den Indossatar über. — Der Verpflichtete kann sich nur solcher Einreden bedienen, welche ihm nach Maßgabe der Urkunde selbst oder unmittelbar gegen den jedesmaligen Kläger zustehen. — Der Schuldner ist nur gegen Aushändigung des quittirten Papiers zu erfüllen verpflichtet. 8 Vgl. Quellen zu § 116 ff. BGB.
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22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
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sich, wenn das Papier nicht enfremdet, sondern unter Fortdauer des Willensmangels begeben sei; die Lösung der Zweifel, zu welchen die Anwendung der allgemeinen Grundsätze Anlaß gebe, dürfe zumal in | Rücksicht auf die geringe praktische | Prot I 892 Bedeutung des Gegenstandes — füglich der Rechtswissenschaft überlassen bleiben. Demzufolge wurde auch der Antrag abgelehnt, im Gesetze ausdrücklich zu bestimmen, dem letzten Inhaber gegenüber greife die Einrede der Ungültigkeit nicht Platz, sofern dieselbe einem Vormann gegenüber unstatthaft gewesen wäre. Man glaubte, wenn einmal die allgemeinen Grundsätze maßgebend sein sollten, sei es auch nicht angänglich, jene besondere Frage zu entscheiden. Von verschiedenen Seiten wurde hervorgehoben, daß es unerläßlich sein werde, im Gesetze ausdrücklich zu bestimmen, daß die Einreden, wodurch die Gültigkeit der Ausstellung bekämpft werde, gegen jeden Inhaber zulässig seien. Die Mehrheit beschloß, daß eine solche Bestimmung aufzunehmen sei. Anlangend die aus dem besonderen Inhalte der Urkunde hergeleiteten Einreden, so ging die Mehrheit von folgender Auffassung aus : Ein Doppeltes lasse sich nicht in Frage stellen. Zunächst sei der Aussteller ohne Zweifel befugt, gegen jeden Inhaber alle diejenigen Einreden geltend zu machen, deren Erhebung er in der Urkunde selbst sich vorbehalten habe. Sodann gehöre nicht minder zweifellos die Angabe des Schuldgrundes nicht zu den Erfordernissen der Verbindlichkeit der Verschreibung, wie schon daraus erhelle, daß aus dem Schuldgrunde eine Einrede gegen den dritten Inhaber an sich nicht hergeleitet werden könne. Auf der anderen Seite werde durch die Angabe des Schuldgrundes das juristische Wesen des Papiers als eines Inhaberpapiers nicht berührt. Wohl aber erhebe sich die Frage, ob und inwiefern in der Angabe des Schuldgrundes die Erklärung des Ausstellers zu finden sei, daß und bezw. welche Einreden er aus dem Schuldgrunde gegen jeden Inhaber zu erheben sich vorbehalte. Allein diese Frage lasse eine allgemeine Beantwortung wegen Verschiedenheit der in Betracht kommenden Fälle nicht zu. Werde der Schuld- | grund | Prot I 893 angegeben, so könne die Angabe einen verschiedenen Sinn haben, mitunter werde ihr allerdings die erkennbare Absicht des Ausstellers zum Grunde liegen, alle oder doch gewisse Einreden aus dem Schuldgrunde gegen jeden Inhaber sich vorzubehalten, mitunter werde der Angabe umgekehrt nur ein enunziativer Charakter und daher keine Bedeutung beiwohnen. Eine allgemeine Regel lasse sich, wie erwähnt, in dieser Beziehung nicht aufstellen, es müsse vielmehr in jedem einzelnen Falle konkret geprüft werden, welcher Sinn der Angabe beizulegen sei, wobei unter Umständen die Verkehrssitte für die Auslegung von Belang werden könne. Die Minderheit hatte die Ansicht vertreten, es liege nahe, in der Angabe des Schuldgrundes immer die Erklärung des Ausstellers zu finden, er behalte sich alle Einreden aus dem Schuldgrunde vor, mit Ausnahme solcher, die auf Thatsachen sich gründen, deren Gegentheil in der Urkunde anerkannt sei, und es werde nicht wenig zur Befestigung der Rechtssicherheit dienen, wenn in das Gesetzbuch desfallsige Bestimmung aufgenommen werde. Die Mehrheit lehnte jedoch einen hierauf gerichteten Vorschlag aus den obigen Gründen und in der Erwägung ab, daß aus der vorgeschlagenen Bestimmung, namentlich in den Fällen, wenn als Schuldgrund ein zweiseitiges Rechtsgeschäft angerufen sei wegen der exceptio non impleti contractus und ähnlicher Einreden und noch in anderen verwandten Fällen nicht unerhebliche Uebelstände zu entspringen drohten, die Rechtssicherheit also durch die Vorschrift nichts gewinnen würde. Nachträglich wurden noch folgende Punkte erledigt: 1. Wenn früher beschlossen ist, auch der Inhaber, | welcher unredlich erworben 669
|Prot I 894
§796
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
habe, sei als Gläubiger anzusehen (Protokolle S. 884)9 und wenn als Ausnahme hinzugefügt ist, es sei denn, daß die Urkunde dem Aussteller wider seinen Willen entfremdet war (Protokolle S. 885, 886)10, so soll doch nach demselben Beschlüsse der Aussteller nur befugt sein, dem unredlichen Erwerber gegenüber die Erfüllung zu verweigern. Hieraus erhellt, daß die Vorschrift, welche die Ausnahme zuläßt, nicht das Gläubigerrecht des unredlichen Erwerbers verneint, sondern dem Aussteller nur eine wahre Einrede gewährt, weshalb die Bestimmung in den Bereich des vorliegenden § 16 gehört. Es wurde aber nunmehr von verschiedenen Seiten die Angemessenheit der Ausnahmebestimmung deshalb bezweifelt, weil sie wenig zu dem Prinzipe passe, auf welchem der erste zum § 16 gefaßte Beschluß beruhe. Dazu komme, daß die gedachte Vorschrift die Einfachheit des Gesetzes beeinträchtige und zu schwer zu übersehenden Konsequenzen verleiten könne. Demzufolge wurde unter Bezugnahme auf einen desfallsigen früheren Vorbehalt beantragt, den Beschluß aufzuheben, nach welchem der Aussteller befugt sei, dem unredlichen Erwerber im Falle der Entfremdung die Erfüllung zu verweigern. Durch Mehrheitsbeschluß erfolgte die Annahme des Antrages aus den dafür geltend gemachten Gründen, womit sich die Anträge erledigten, gegen den unredlichen Erwerber noch andere als die sonst statthaften Einreden zuzulassen (vgl. Antrag zu 3). 2. Ist dem Aussteller die Urkunde wider seinen Willen entfremdet, so haftet er natürlich demjenigen nicht, der die Urkunde in der arglistigen Absicht an sich gebracht hat, dem Aussteller die Einrede zu entziehen, die derselbe dem Vormanne I Prot I 895 gegenüber erheben konnte. Es gelangte zur Erörterung, | ob nicht dem Aussteller die Einrede des dolus gegen jeden Inhaber zu gewähren sei, welcher bei seinem Erwerbe von der fraglichen Entfremdung auch nur Kenntniß hatte. Man erachtete jedoch eine solche Bestimmung nicht für erforderlich. 3. Der § 16 und die dazu gestellten Anträge galten durch die obigen Beschlüsse für erledigt. Man überzeugte sich jedoch von der Nothwendigkeit, in dem § 16 die zulässigen Einreden insgesamt aufzuführen, also ihm nach Maßgabe der gefaßten Beschlüsse eine etwa dahin gehende Fassung zu geben : Der Aussteller kann sich gegen den (letzten) Inhaber nur solcher Einreden bedienen: 1. welche ihm nach Maßgabe der Verschreibung zustehen, 2. welche die Gültigkeit der Ausstellung betreffen, 3. welche sich in dem zwischen ihm und dem Inhaber bestehenden persönlichen Rechtsverhältnisse gründen. II., III. 1. Die beschlossene Regelung lautet in der ZustOR (im KE): ZustOR§ 130 § 130. Der Aussteller einer Schuldverschreibung auf Inhaber kann sich gegen KE § 683 den Inhaber nur solcher Einreden bedienen, welche die Gültigkeit der Ausstellung der Schuldverschreibung betreffen, oder welche entweder in dem Inhalte der letzteren oder in dem zwischen dem Aussteller und dem Inhaber bestehenden persönlichen Rechtsverhältnisse sich gründen. 2. Auf Antrag von Gebhard (Nr. 148, I zum Allgemeinen Teil) wurde beschlossen, in §683 KE statt „Einreden" zu sagen: „Einwendungen". (Prot. I, S. 6142, 6143). 9 Vgl. Quellen zu § 793 BGB.
10 Vgl. S. 625 f. 670
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§796
3. Bei der 2. Revision des KE wurde der Antrag v. Mandry (Nr. 690, 53), den Relativsatz in § 683 zu fassen: „ . . . . welche die Gültigkeit der Ausstellung betreffen oder welche entweder in dem Inhalte der Schuldverschreibung oder . . . von der 1. Kommission genehmigt (Prot. I, S. 11843). IV. Im E /lautet die Regelung: § 689. Der Aussteller einer Schuldverschreibung auf Inhaber kann sich gegen EI § 689 den Inhaber nur solcher Einwendungen bedienen, welche die Gültigkeit der Ausstellung betreffen, oder welche entweder in dem Inhalte der Schuldverschreibung oder in dem zwischen dem Aussteller und dem Inhaber bestehenden persönlichen Rechtsverhältnisse sich gründen.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Anträge liegen nicht vor. II. Protokoll der 81. Sitzung vom 6. 9. 1892 I Dem § 689 des Entw. wurde zugestimmt, die Fassung aber im Anschluß an den |ProtRJA 518 Art. 82 der W. O. und den Art. 303 Abs. 2 des H.G.B, dahin abgeändert: Der Aussteller kann gegen seine Verpflichtung aus der Urkunde nur solche Einwendungen erheben, welche die Gültigkeit der Ausstellung betreffen oder aus der Urkunde selbst sich ergeben oder dem Aussteller unmittelbar gegen den derzeitigen Inhaber zustehen. Von einer Seite wurde noch angeregt, es möge in Erwägung gezogen werden, ob nicht die Anfechtung der Ausstellung der Schuldverschreibung gegen Willensmängel dem dritten Erwerber des Papiers gegenüber auszuschließen sei, sofern nicht dem Erwerber und seinem Rechtsvorgänger die Anfechtbarkeit zur Zeit des Erwerbes bekannt gewesen oder in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben sei. Für die Aufnahme einer solchen Vorschrift wurde geltend gemacht, daß sie dem Wesen der Inhaberpapiere als Skripturobligationen des öffentlichen Glaubens entspreche und das gleiche schon | jetzt von der Jurisprudenz, namentlich auch bei ¡ProtRJA 519 den Ordrepapieren, Wechseln u.s.w. angenommen werde. Man hielt es jedoch nicht für geboten, eine solche Spezialbestimmung aufzunehmen, da bei Inhaberpapieren nur äußerst seltene Fälle in Frage kommen könnten. Von einer Seite wurde noch hervorgehoben, daß, wenn man die Anfechtung wegen Willensmängel in der bezeichneten Art beschränken wolle, es eventuell angezeigt sein würde, zu Gunsten des Ausstellers das Amortisationsverfahren auch auf diese Fälle zu erstrecken.
C. 2. Kommission I. Zu § 689 E I war beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 540f.; Mugdan, Bd. 2, S. 1057): 1. die Fassung des § 689 E I — RJA;
Struckmann
2. der Bestimmung hinzuzufügen: Wolffso ^ Der Inhaber, dessen Berechtigung vom Aussteller bestritten wird, kann die öffentliche Hinterlegung des fälligen Schuldbetrages verlangen. Diese Bestimmung 671
§ 797
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
findet keine Anwendung, wenn die Schuldverschreibung Namens des Deutschen Reichs oder eines deutschen Bundesstaats ausgestellt ist11. Erläuternd wurde zu dem Antrage 2 bemerkt, daß dabei nur an den Fall gedacht sei, wenn der Aussteller den Inhaber der Urkunde nicht als rechtsmäßigen Besitzer anerkenne, nicht aber daran, daß etwa der Aussteller die Einrede der Verjährung u.s.w. vorschütze, sowie ferner, daß der Aussteller nicht befugt sein solle, gegen die Hinterlegung der Schuldsumme die Aushändigung der Urkunde zu fordern. Die Kom. nahm den Antrag 1 an; der Antrag 2 wurde abgelehnt. II. Fassung der Regelung in der VorlZust: E I-VorlZust § 689. Der Aussteller kann gegen seine Verpflichtung aus der Urkunde nur sol§ 689 che Einwendungen erheben, welche die Gültigkeit der Ausstellung betreffen oder E I-ZustRedKom aus der Urkunde selbst sich ergeben oder dem Aussteller unmittelbar gegen den § 687 a derzeitigen Inhaber zustehen. III. In der ZustRedKom lautet die Regelung: § 687a (689). Der Aussteller kann dem Inhaber der Schuldverschreibung nur solche Einwendungen entgegensetzen, welche die Gültigkeit der Ausstellung betreffen oder sich aus der Urkunde ergeben oder dem Aussteller unmittelbar gegen den Inhaber zustehen. IV., V. Die Fassung der §§ 725 E II (7 81 Ell $ 796 BGB.
rev.; 780 E III) entspricht der des
§797 Der Aussteller ist nur gegen Aushändigung der Schuldverschreibung zur Leistung verpflichtet. Mit der Aushändigung erwirbt er das Eigenthum an der Urkunde, auch wenn der Inhaber zur Verfügung über sie nicht berechtigt ist. A. 1. Kommission I. 103. Sitzung vom 21. 6. 1882, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend von Roth I Prot I 897 | Zu § 17 des Entwurfes : TE-OR (Nr 1) „Der Aussteller ist nur gegen Aushändigung des Inhaberpapieres zur Erfüllung S 17 der in demselben zugesagten Leistung verpflichtet, soweit nicht nach den Bestimmungen über das Verfahren im Falle der Vernichtung oder des Abhandenkommens von Inhaberpapieren eine Ausnahme eintritt (§§ 24 — 30). Zahlt der Aussteller, ohne das noch in Kraft befindliche Papier sich aushändigen
11
Der erste Teil des Antrags von Wolffson fehlt in den Protokollen. Er lautet: zu Antrag Nr. 243 Z. 9 (§ 689) nach „Ausstellung" einzuschieben: oder die Berechtigung des Inhabers. — Von Sobm lag der Antrag vor: in §689 statt: „Gültigkeit der Ausstellung" zu sagen: „Gültigkeit der Ausgabe" (Antrag Nr. 256,3).
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22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§797
zu lassen, so steht ihm gegen die Forderung eines anderen Inhabers als dessen, an welchen er gezahlt hat, die Einrede der Zahlung nicht zu." lagen die Anträge vor 1 : 1. den § 17 zu fassen:
Windscheid (Nr 99)
„Der Aussteller ist nur gegen Aushändigung des Papiers zur Zahlung an den Inhaber verpflichtet, soweit n i c h t . . . (wie im Entwürfe). Durch die Aushändigung des Papiers an den | zahlenden Aussteller geht das | Prot 1898 Eigenthum des Papiers auf denselben über." 2. den Absatz 2 des § 17 zu streichen.
Kurlbaum (Nr 102, 8)
Der § 17 wurde absatzweise berathen. Gegen den sachlichen Inhalt des ersten Absatzes erhob sich kein Widerspruch. Die Erinnerung, ob nicht nach dem Vorbilde des Artikels 304 des Handelsgesetzbuchs und des Artikels 39 der Wechselordnung auch der Quittirung zu erwähnen sei, wurde nicht weiter verfolgt; die fernere Erinnerung, der Nachsatz: „soweit nicht — eintritt" scheine überflüssig, weil selbstverständlich zu sein, der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten. Betreffend den zweiten Absatz, so beschloß die Mehrheit die Streichung desselben, indem sie dafür hielt, die darin enthaltene Bestimmung ergebe sich schon zur Genüge aus den zum § 16 gefaßten Beschlüssen. Die Minderheit war der Ansicht, die Bestimmung des zweiten Absatzes, wenn sie auch nicht unbedingt nöthig sei, diene doch in angemssener Weise zur Verdeutlichung des Gesetzes. Der Antrag zu 1, soweit er die Bestimmung bezweckt, der zahlende Aussteller erlange das Eigenthum des Papiers, führte zu einer eingehenden Erörterung. Zu seiner Rechtfertigung war ausgeführt worden : Die vorgeschlagene Bestimmung sei nöthig, um den zahlenden Aussteller vor der Gefahr doppelter Zahlung für den Fall zu schützen, wenn er den unredlichen Inhaber, dessen unredlichen Erwerb er gekannt, habe befriedigen müssen, indem in einem solchen Falle der wahre Eigenthümer des Papiers dessen Herausgabe von dem Aussteller und dann nochmalige Zahlung würde verlangen können (§ 22 des Entwurfs); Die Ausführung fand Widerspruch, zu dessen Begründung geltend gemacht wurde, aus der Bestimmung des Gesetzes, welche den Aussteller zur Zahlung verpflichte, folge mit Nothwendigkeit auch dessen Recht, die Gefahr der doppelten Zahlungsverpflichtung in geeigneter I Weise von sich abzuwenden und zu dem Ende die Urkunde, wenn auch | Prot I 899 nicht zu kassiren, mindestens doch mit dem Vermerk zu versehen, der letzte Inhaber sei befriedigt und die Verbriefung daher kraftlos geworden. Von einer Seite wurde bezweifelt, ob diese Folgerung sich von selbst verstehe, und deshalb die Bestimmung vorgeschlagen : der zahlende Aussteller sei befugt, auf dem Papiere zu vermerken, daß Zahlung erfolgt sei und dasselbe daher für kraftlos erklärt werde. Ein Mitglied beantragte die zusätzliche Vorschrift, der Aussteller sei auch zur Kassation der Urkunde befugt. Durch Mehrheitsbeschluß wurde der Antrag zu 1 abgelehnt, und sodann zunächst der Antrag, wonach der Aussteller befugt sein soll, die Urkunde mit dem Zahlungs- und beziehungsweise Erlöschungsvermerke zu versehen, und hierauf auch der Antrag, wonach dem Aussteller außerdem die Befugniß zur Kassation zustehen soll, angenommen. 1
Von Planck lag noch der Antrag (Nr. 97) vor, es bei der Regelung des Entwurfs zu belassen.
673
§797
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Erwogen wurde: Die Besorgniß, aus welcher der Antrag zu 1 hervorgegangen sei, erscheine nicht völlig ungegründet, mithin mindestens rathsam, der in Rede stehenden Konsequenz durch eine besondere Vorschrift zu begegnen. Die in dem Antrage enthaltene Bestimmung könne sich aber nicht empfehlen, weil sie ohne zureichenden Grund durch eine anomale Rechtsnorm über das Eigenthum bestimme, während doch zur Erreichung des Zweckes der zweite Vorschlag genüge, der aber, damit der Aussteller in Rücksicht auf einen möglichen Fall der Entfremdung und demnächstigen Fälschung vollkommen geschützt werde, durch die beantragte zusätzliche Bestimmung ergänzt werden müsse, obschon der Zusatz praktisch fast zu demselben Ergebnisse führe, wie der Antrag zu 1. I Prot 1900 Der Redaktion blieb die Prüfung vorbehalten, ob | der § 17 nicht vor dem § 16 einzustellen sei. II. 1. Fassung der Regelung in der ZustOR: ZustOR § 129
§ 129. Der Aussteller einer Schuldverschreibung auf Inhaber ist nur gegen Aushändigung der Schuldverschreibung zur Erfüllung der darin versprochenen Leistung verpflichtet. Er ist berechtigt, nicht allein auf der ausgehändigten Schuldverschreibung zu vermerken, daß die Leistung erfolgt und die Schuldverschreibung kraftlos geworden sei, sondern auch die letztere zu vernichten. 2. Bei der Revision der ZustOR wurde auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 566, 10) beschlossen, in § 129 ZustOR statt „Erfüllung" zu sagen: „Bewirkung (Prot. I., S. 3287).
III., IV. Die Regelung lautet im KE (E I): KE § 682 § 682 (§ 688). Der Aussteller einer Schuldverschreibung auf Inhaber ist nur gegen Aushändigung der Schuldverschreibung zur Bewirkung der darin versprocheEI § 688 n e n Leistung verpflichtet. Er ist berechtigt, nicht allein auf der ausgehändigten Schuldverschreibung zu vermerken, daß die Leistung erfolgt und die Schuldverschreibung kraftlos geworden sei, sondern auch die letztere zu vernichten. B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Anträge liegen nicht vor. II. 81. Sitzung vom 6. 9. 1892. I ProtRJA 518 | Der Satz 1 des § 688 wurde sachlich gebilligt. Dagegen wurde der Satz 2 gestrichen. Man war der Ansicht, daß, wenn der Inhaber dem Aussteller gegenüber nach § 685 Abs. 1 als berechtigt gelte, die Rechte des Eigenthümers des Papiers auszuüben, er selbstverständlich auch ermächtigt sei, das Eigenthum des Papiers auf den Aussteller zu übertragen, da das Recht aus dem Papiere nur gegen Aushändigung, d. h. gegen Uebertragung des Eigenthums am Papiere, ausgeübt werden könne. Der Aussteller werde daher auch dann Eigenthümer des Papiers, wenn er an den Inhaber zahle, obwohl er wisse, daß dieser nicht verfügungsberechtigt sei. C. 2. Kommission
Struckmann (Nr 243, 6)
I. Zu S 688 Ε I war beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 540; Mugdan, Bd. 2, S. 1058) : 1. den zweiten Satz zu streichen; 674
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§798
2. die Bestimmung zu fassen: Wolffson Durch die ihn von der Verpflichtung zur Leistung befreiende Einlösung der Ur- (Nr 265) künde erwirbt der Aussteller das Eigenthum an derselben. Die Kom. nahm den Antrag 2 an. II. Die beschlossene Regelung lautet in der
VorlZust:
§ 688. Der Aussteller einer Schuldverschreibung auf Inhaber ist nur gegen Aus- E I-VorlZust händigung der Schuldverschreibung zur Bewirkung der darin versprochenen Lei- § 688 stung verpflichtet. (Durch die Einlösung der Urkunde erwirbt der Aussteller das Eigenthum an derselben.) III., V. Wortlaut der Regelung in der ZustRedKom (im E II) : § 688. Der Aussteller ist nur gegen Aushändigung der Schuldverschreibung zur E I-ZustRedKom Leistung verpflichtet. Mit der Aushändigung erwirbt er das Eigenthum an der Ur- §688 künde, auch wenn der Inhaber zur Verfügung über dieselbe nicht berechtigt ist. E II § 688 V. § 782 E II rev. (§ 781 E III) entspricht % 797 BGB.
§798 Ist eine Schuldverschreibung auf den Inhaber in Folge einer Beschädigung oder einer Verunstaltung zum Umlaufe nicht mehr geeignet, so kann der Inhaber, sofern ihr wesentlicher Inhalt und ihre Unterscheidungsmerkmale noch mit Sicherheit erkennbar sind, von dem Aussteller die Ertheilung einer neuen Schuldverschreibung auf den Inhaber gegen Aushändigung der beschädigten oder verunstalteten verlangen. Die Kosten hat er zu tragen und vorzuschießen.
A. 1. Kommission I. 106. Sitzung vom 28. 6. 1882, Schriftführer Neubauer I Der § 33 des Entwurfes :
| Prot 1948
„Wenn ein Inhaberpapier dergestalt beschädigt oder verunstaltet wird, daß es J j j ^ ^ 1 ^ zum Umlauf nicht mehr geeignet ist, jedoch sein wesentlicher Inhalt und seine Unterscheidungsmerkmale noch mit Sicherheit zu erkennen sind, so ist der Aussteller verpflichtet, dem Inhaber auf dessen Verlangen und Kosten gegen Auslieferung der beschädigten oder beschmutzten Urkunde eine andere, in derselben Form ausgestellte, gleichlautende Urkunde auszufertigen und einzuhändigen, wofern die Fälligkeit der auf | das betreffende Papier geschuldeten Leistung nicht schon eingetre- | Prot 1949 ten ist." wurde durch Mehrheitsbeschluß aus den in den Motiven (S. 66, 67) hervorgehobenen Gründen genehmigt, obschon von einer Seite die Nothwendigkeit einer solchen Vorschrift bestritten und deshalb die Streichung beantragt war. Die Fassung blieb unter Hinweisung auf den § 28 und die dazu gefaßten Be- Kurlbaum schlüsse der Redaktion vorbehalten. (Nr 110, 3) 675
§798
8. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
II. Die beschlossene Regelung lautet in der ZustOR ZustOR § 140 § 140. Wird eine Schuldverschreibung auf Inhaber dergestalt beschädigt oder verunstaltet, daß sie zum Umlauf nicht mehr geeignet ist, jedoch ihr wesentlicher Inhalt und ihre Unterscheidungsmerkmale noch mit Sicherheit erkennbar sind, so hat der Aussteller dem Inhaber auf dessen Verlangen gegen Auslieferung der beschädigten oder verunstalteten Schuldverschreibung an deren Stelle eine neue Schuldverschreibung zu ertheilen. Der Inhaber hat die Kosten der letzteren zu tragen und vorzuschießen. III., IV. Fassung der Regelung im KE (E I): KE § 693 § 693. Wird eine Schuldverschreibung auf Inhaber dergestalt beschädigt oder EI 699 verunstaltet, daß sie zum Umlaufe nicht mehr geeignet ist, jedoch ihr wesentlicher Inhalt und ihre Unterscheidungsmerkmale noch mit Sicherheit erkennbar sind, so hat der Aussteller dem Inhaber auf dessen Verlangen gegen Auslieferung der beschädigten oder verunstalteten Schuldverschreibung an deren Stelle eine neue Schuldverschreibung zu ertheilen. Der Inhaber hat die Kosten der letzteren zu tragen und vorzuschießen.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes II. 82. Sitzung vom 7. 9. 1892. I Prot RJA 529
| Zu den §§ 699 — 701 wurde eine sachliche Aenderung nicht beantragt. Insbesondere billigte man zu § 700 die Abschaffung des Instituts der Außerkurssetzung. Bemerkt wurde, es sei zu erwägen, ob nicht nach dem zu § 685 gefaßten Beschlüsse in .„ . den §§ 699 und 701 Abs. 2 und anderen Stellen statt vom „Inhaber" vom „EigenI I rOt IvJ/V DjU I i . . « ι ι I thumer gesprochen werden musse.
C. 2. Kommission I. Prot. II, Bd. 2, S. 554f. (Mugdan, Bd. 2, S. 1065). Struckmann Zu § 699 lag der nur redaktionelle Antrag vor, die Bestimmungen des Entw. wie (Nr 243, 17) folgt zu fassen: An Stelle einer beschädigten oder verunstalteten Schuldverschreibung kann der Inhaber, sofern sie zum Umlauf nicht mehr geeignet, aber in ihrem wesentlichen Inhalt und in ihren Unterscheidungsmerkmalen noch mit Sicherheit erkennbar ist, von dem Aussteller gegen Aushändigung derselben die Ertheilung einer neuen Schuldverschreibung auf seine Kosten verlangen. Die Kosten sind von ihm auf Verlangen des Aussteller vorzuschießen. Die Kom. erklärte sich für den Entw., indem sie den Antrag der RedKom. überwies. II. Fassung der Regelung in der VorlZust: E I-VorlZust S 699
§ 699. An Stelle einer beschädigten oder verunstalteten Schuldverschreibung kann der Inhaber, sofern sie zum Umlauf nicht mehr geeignet, aber in ihrem wesentlichen Inhalt und in ihren Unterscheidungsmerkmalen noch mit Sicherheit erkennbar ist, von dem Aussteller gegen Aushändigung derselben die Ertheilung einer 676
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§799
neuen Schuldverschreibung auf den Inhaber auf seine Kosten verlangen. Die Kosten sind von ihm auf Verlangen des Ausstellers vorzuschießen. III., IV. In der ZustRedKom
(im E II) lautet die Regelung
§ 688 a. Ist eine Schuldverschreibung auf den Inhaber in Folge einer Beschädi- E I-ZustRedKom gung oder einer Verunstaltung zum Umlaufe nicht mehr geeignet, so kann der In- § 688 a haber, sofern ihr wesentlicher Inhalt und ihre Unterscheidungsmerkmale noch mit E H S 7 2 7 Sicherheit erkennbar sind, von dem Aussteller die Ertheilung einer neuen Schuldverschreibung auf den Inhaber gegen Aushändigung der beschädigten (oder verunstalteten; Ell) verlangen. Die Kosten sind von ihm zu tragen und vorzuschießen. V. § 783 E II rev. (§ 782 E III) lautet wie § 798 BGB.
§ 799
Eine abhanden gekommene oder vernichtete Schuldverschreibung auf den Inhaber kann, wenn nicht in der Urkunde das Gegentheil bestimmt ist, im Wege des Aufgebotsverfahrens für kraftlos erklärt werden. Ausgenommen sind Zins-, Rentenund Gewinnantheilscheine sowie die auf Sicht zahlbaren unverzinslichen Schuldverschreibungen. Der Aussteller ist verpflichtet, dem bisherigen Inhaber auf Verlangen die zur Erwirkung des Aufgebots oder der Zahlungssperre erforderliche Auskunft zu ertheilen und die erforderlichen Zeugnisse auszustellen. Die Kosten der Zeugnisse hat der bisherige Inhaber zu tragen und vorzuschießen.
A. 1. Kommission I. 104. Sitzung vom 23. 6. 1882, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend von Roth I Zu § 24 des Entwurfes: „Abhanden gekommene oder vernichtete Inhaberpapiere unterliegen der gerichtliehen Kraftloserklärung. Ausgenommen sind unverzinsliche auf Sicht zahlbare Schuldverschreibungen jeder Art, so wie Zins- und Gewinnantheilscheine (Koupons, Dividendenscheine)." war beantragt: statt dessen zu bestimmen : „Abhanden gekommene oder vernichtete Inhaberpapiere unterliegen der Kraftloserklärung im Aufgebotsverfahren. Ausgenommen sind Banknoten so wie Zinsscheine und Gewinnantheilscheine." Die in dem § 24 enthaltenen beiden Prinzipien : 1. die Schuldverschreibungen auf den Inhaber unterliegen der Amortisation, 2. die Regel erleide eine Ausnahme in Ansehung der Zins- und Gewinnantheilscheine, blieben unbeanstandet. In sachlicher Hinsicht wurde ferner beschlossen: I. Das vorher unter 1 beschlossene Prinzip soll für alle Schuldverschreibungen auf Inhaber gelten; 677
| Prot 1918 TE-OR (Nr 1) § ^4
Kurlbaum (Nr 105, 4)
§799
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
II. Die die Amortisierbarkeit bestimmende Vorschrift ist nur eine lex dispositiva; letzteres braucht jedoch im Gesetzbuche nicht ausgedrückt zu werden. I Prot 1919 I Für den Beschluß zu I entschied die Erwägung, daß kein Grund vorliege, die Amortisirbarkeit nur auf die eine Geldzahlung verheißenden Papiere zu beschränken. Zu II glaubte man, daß es an einem genügenden Anlaß fehle, im vorliegenden Falle ausnahmsweise im Gesetze die Frage zu entscheiden, ob jus cogens in Frage stehe. Der Banknoten im Gesetze besonders zu gedenken, wurde wegen § 4 des Bankgesetzes vom 14. März 1875 (RGBl. S. 177) für entbehrlich erachtet, dagegen die Erwähnung der unverzinslichen, auf Sicht zahlbaren Schuldverschreibungen aus den in den Motiven (S. 61) angeführten Gründen genehmigt. Von einer Seite wurde geltend gemacht, es werde an geeigneter Stelle hervorzuheben sein, daß die sogenannten Rentenkoupons (vgl. z. B. sächsisches Gesetz vom 6. Juni 1876) bei Anwendung dieses und ähnlicher Paragraphen wie die Zinsscheine zu beurtheilen seien. Betreffend die Fassung des § 24, so erachtete man die des oben mitgetheilten Antrages wegen des Anschlusses an die Vorschriften der Civilprozeßordnung über das Aufgebot der Urkunden für angemessen, überließ jedoch das weitere der Prüfung bei der Redaktion. In Ansehung derjenigen Inhaberpapiere, die eines obligatorischen Charakters entbehren, war man der Ansicht, daß sich im vorliegenden Abschnitte über die Amortisirbarkeit derselben u. s. w. nichts bestimmen lasse, die desfallsige EntscheiI Prot I 920 dung vielmehr den einschlagenden Rechtsmaterien vorzu-1 behalten sei, insbesondere als hinsichtlich der Aktien, dem Handelsgesetzbuche und dessen Revision. II., III., IV. Die beschlossene Regelung lautet in der ZustOR (im KE, E I) : ZustOR § 133 § 133. Abhanden gekommene oder vernichtete Schuldverschreibungen auf InhaKE $ 686 ber unterliegen der Kraftloserklärung im Wege des Aufgebotsverfahrens. AusgeE IS 692 nommen sind Zinsscheine, Rentenkoupons und Gewinnantheilscheine sowie alle auf Sicht zahlbaren unverzinslichen Schuldverschreibungen.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes
I Prot RJA 525
II. 82. Sitzung vom 7. 9. 1892. | Zu § 692 beschloß man, in Satz 1 hinter dem Worte „unterliegen" die Worte einzuschalten „sofern nicht in der Urkunde das Gegentheil bestimmt ist". Auch hier erschien es zweckmäßig, die dispositive Natur der Vorschrift klarzustellen. Gegen die Aufnahme des Instituts der Kraftloserklärung wurde nichts erinnert.
C. 2. Kommission I. Prot. II, Bd. 2, S. 546 f. (Mugdan, Bd. 2, S. 1061) : Zu § 692 lag der nur redaktionelle Antrag vor, die Bestimmungen des Entw. zu fassen : Struckmann Abhanden gekommene oder vernichtete Schuldverschreibungen auf Inhaber un(Nr 243, 10) terliegen, sofern nicht in der Urkunde das Gegentheil bestimmt ist, der Kraftloser678
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§799
klärung im Wege des Aufgebotsverfahrens. Ausgenommen sind Zins-, Renten- und Gewinnantheilscheine sowie alle auf Sicht zahlbaren unverzinslichen Schuldverschreibungen. Der Inhalt des § 692 wurde nicht beanstandet. II. Die Fassung des § 692 RedVorl entspricht dem Antrag von Struckmann. III. In der ZustRedKom
lautet die Regelung:
§ 688 b (692, 695). Abhanden gekommene oder vernichtete Schuldverschreibungen auf den Inhaber unterliegen, sofern nicht in der Urkunde das Gegentheil be- E I-ZustRedKom stimmt ist, der Kraftloserklärung im Wege des Aufgebotsverfahrens. Ausgenommen S 688 b sind Zins-, Renten- und Gewinnantheilscheine sowie die auf Sicht zahlbaren unverzinslichen Schuldverschreibungen. Ist die Schuldverschreibung für kraftlos erklärt, so kann derjenige, welcher das Ausschlußurtheil erwirkt hat, von dem Aussteller, unbeschadet der Befugniß, das Recht aus der Urkunde geltend zu machen, die Ertheilung einer neuen Schuldverschreibung auf den Inhaber an Stelle der für kraftlos erklärten verlangen 1 . Die Kosten sind von ihm zu tragen und vorzuschießen. IV. 1. Im E //lautet die Regelung: §728. Abhanden gekommene oder vernichtete Schuldverschreibungen auf den E II §728 Inhaber unterliegen, sofern nicht in der Urkunde das Gegentheil bestimmt ist, der Kraftloserklärung im Wege des Aufgebotsverfahrens. Ausgenommen sind Zins-, Renten- und Gewinnantheilscheine sowie die auf Sicht zahlbaren unverzinslichen Schuldverschreibungen. Ist die Schuldverschreibung für kraftlos erklärt, so kann derjenige, welcher das Ausschlußurtheil erwirkt hat, von dem Aussteller, unbeschadet der Befugniß, den Anspruch aus der Urkunde geltend zu machen, die Ertheilung einer neuen Schuldverschreibung auf den Inhaber an Stelle der f ü r kraftlos erklärten verlangen. Die Kosten sind von ihm zu tragen und vorzuschießen. 2. Prot. II, Bd. 6, S. 385, 398, Mugdan, Bd. 2, S. 1061): Der von der Kraftloserklärung der Inhaberpapiere handelnde § 784 — Entw. II § 728 Abs. 1 — hat seitens der RedKom. folgenden, seinem Inhalte nach neuen, von der Gesamtkommission genehmigten Abs. 2 erhalten: „Der Aussteller ist verpflichtet, dem bisherigen Inhaber auf Verlangen die zur Erwirkung des Aufgebots oder der Zahlungssperre erforderliche Auskunft zu ertheilen und die erforderlichen Zeugnisse auszustellen. Die Kosten der Zeugnisse hat der bisherige Inhaber zu tragen und vorzuschießen." V. § 784 E II rev. (§ 783 E III) entspricht § 799 BGB.
ι Vgl. Quellen zu § 800 BGB.
679
§ 800
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
§ 800 Ist eine Schuldverschreibung auf den Inhaber für kraftlos erklärt, so kann derjenige, welcher das Ausschlußurtheil erwirkt hat, von dem Aussteller, unbeschadet der Befugniß, den Anspruch aus der Urkunde geltend zu machen, die Ertheilung einer neuen Schuldverschreibung auf den Inhaber an Stelle der für kraftlos erklärten verlangen. Die Kosten hat er zu tragen und vorzuschießen.
A. 1. Kommission I. 105. Sitzung vom 26. 6. 1882, Schriftührer Neubauer I Prot I 930 I Zu §§ 27, 28 des Entwurfes, welche lauten: TE-OR (Nr 1) „§ 27. Während der Dauer des Angebotsverfahrens kann gegen den Antragstel§ 2 7 1er in Beziehung auf die Forderung, welche durch die vom Aufgebotsverfahren betroffene Urkunde begründet wird, die Verjährung oder die an deren Stelle gesetzte Einlösungsfrist weder beginnen noch laufen. Diese Wirkung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu welchem der Antrag auf die Einleitung des Aufgebotsverfahrens bei dem Aufgebotsgerichte gestellt wird." I Prot 1931 I „§ 28. Derjenige, welcher das Ausschlußurtheil erwirkt hat, ist dem durch die TE-OR (Nr 1) Urkunde Verplichteten gegenüber berechtigt, die Rechte aus der Urkunde geltend S 28 zu machen. Der Aussteller ist insbesondere verpflichtet, demselben auf sein Verlangen und seine Kosten an Stelle der für kraftlos erklärten, nicht fälligen Urkunde eine andere Urkunde desselben Inhalts und derselben Form auszustellen. Die neue Urkunde ist mit einem Vermerk zur Unterscheidung von der für kraftlos erklärten Urkunde zu versehen." lagen die Anträge vor: Kurlbaum
1. In § 27 zu bestimmen: „Wird das Leistungsverbot (§ 26) erlassen, so wird der Lauf der Ausschlußfrist und die Verjährung durch das Aufgebotsverfahren zu Gunsten des Antragstellers gehemmt. Die Hemmung beginnt mit der Stellung des zulässig befundenen Aufgebotsantrages oder, wenn das Leistungsverbot erst später beantragt ist, mit der Stellung dieses Antrags. Die Hemmung endet mit dem Erlaß des Ausschlußurtheils oder im Falle der Versäumung des Aufgebotstermins mit Ablauf der Frist, binnen welcher ein neuer Termin beantragt werden kann (§ 831 Civilprozeßordnung 1 )."
Kurlbaum (Nr 105, 7)
2. In § 28 statt des zweiten und dritten Absatzes zu bestimmen: „Derselbe kann insbesondere, wenn die für kraftlos erklärte Urkunde nicht blos über einen bereits fälligen Anspruch lautet, von dem Aussteller eine gleiche, jedoch von der ersteren unterscheidbare Urkunde verlangen. Er hat die Kosten der etwa auszustellenden Urkunde zu tragen und. vorzuschießen."
Gebhard (Nr 111, 2)
3. an Stelle der §§ 27 und 28 folgende Paragraphen zu setzen:
S
a
(28)
„Lautet die für kraftlos erklärte Urkunde auf einen noch nicht fälligen Anspruch, so ist der Aussteller verpflichtet, dem Antragsteller auf Verlangen eine neue I Prot I 932 Urkunde auszustellen, welche den nämlichen Inhalt wie die | für kraftlos erklärte
ι Vgl. § 954 Z P O (geändert).
680
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§800
Urkunde und den Zusatz enthalten muß, daß sie an Stelle der letzteren ausgefertigt worden. Der Antragsteller hat die Kosten der Ausstellung zu tragen und vorzuschießen. Lautet die für kraftlos erklärte Urkunde auf einen fälligen Anspruch, so ist der Aussteller dem Antragsteller zur Bewirkung der Leistung verpflichtet. Die Befriedigung der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Ansprüche kann nicht vor Ablauf von 6 Wochen von dem Tage an, an welchem die in § 848 Absatz 2 der Civilprozeßordnung 2 vorgeschriebene Bekanntmachung erfolgt ist, im Falle der Erhebung der Anfechtungsklage nicht vor rechtskräftiger Entscheidung über dieselbe verlangte werden. Der Anspruch auf Ausstellung einer neuen Urkunde verjährt mit Ablauf von vier Jahren. Sb Hat der Aussteller die in Absatz 1 und 2 des vorstehenden Paragraphen bezeichneten Leistungen in der Zeit nach Ablauf von 6 Wochen von dem Tage an, an welchem die nach § 848 Absatz 2 der Civilprozeßordnung vorgeschriebene Bekanntmachung erfolgt und ehe die Erhebung der Anfechtungsklage zu seiner Kenntniß gekommen ist, bewirkt, so ist die auf die letztere ergehende Entscheidung ohne Einfluß auf die Wirksamkeit der erwähnten Leistungen. S C (S 27) Während der Dauer des Aufgebotsverfahrens kann gegen den Antragsteller in Ansehung der Forderung, welche durch die vom Aufgebotsverfahren betroffene Urkunde begründet wird, die Verjährung oder eine Einlösungsfrist weder beginnen noch laufen. Die Hemmung beginnt mit dem Zeitpunkte, in welchem der Antrag auf Einleitung des Aufgebotsverfahrens gestellt wird und erstreckt sich auch auf den Zeitraum, während dessen nach § a Absatz 3 Befriedigung nicht verlangt werden kann." I Zunächst gelangte der § 27 zur Berathung mit den zu ihm gehörigen Abände- | Prot I 933 rungsanträgen Ν 2 1 und N 2 3 § c unter Ausschluß der Schlußvorschrift des letzteren: „und erstreckt sich — verlangt werden kann", auf welche nach Erledigung des § 28 zurückzukommen vorbehalten wurde. Der § 27 blieb insoweit unbeanstandet, als er bestimmt, das Aufgebotsverfahren führe zur Hemmung des Beginns und des Laufs der Verjährungs- und Erlöschungsfristen. Die Verjährungsfristen neben den Erlöschungsfristen zu erwähnen, erachtete man wegen der Möglichkeit für nöthig, daß im Falle der rechtsgeschäftlichen Erweiterung der Erlöschungsfrist die Verjährung sich vor Ablauf der Erlöschungsfrist vollende. Sodann wurde Folgendes beschlossen: 1. Die Hemmung soll an das zum §26 beschlossene Verbot geknüpft werden, gleichviel, ob dieses bei, nach oder vor Einleitung des Verfahrens erlassen werde. Man glaubte, daß diese Regelung die passendste sei, nachdem einmal beschlossen worden, daß die Sperre ein richterliches Verbot erfordere. 2. Wird das Verbot erlassen, so soll die Hemmung rückwirkend schon mit dem Zeitpunkte eintreten, in welchem es beantragt worden ist. Man war der Ansicht, eine solche Anordnung sei zum Schutze des Antragstellers für die Fälle nöthig, in welchen Erlaß oder Zustellung des Verbots sich ohne seine Schuld verzögere. 2 Vgl. § 1017 ZPO (geändert).
681
§800
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
3. Die Dauer der Hemmung muß bestimmt werden. Die Hemmung soll enden mit dem Abschluß des Aufgebotsverfahrens, für den Fall aber, daß das Verbot vor Einleitung des Verfahrens erlassen wurde und demnächst der Antrag auf Einleitung desselben verzögert wird, mit Ablauf von 6 Monaten von dem Zeitpunkte an, in welchem das der Einleitung des Verfahrens entgegenstehende Hinderniß beseitigt ist. Man ging davon aus, daß die erstere Bestimmung sich von selbst rechtfertige, die letztere nöthig sei, um die ungemessene Dauer der Sperre zu verhüten. I Prot 1934 Der § 27 und die dazu gestellten Anträge, vorbehaltlich | der Schlußbestimmung des § c in dem Antrage zu 3 galten hiermit als erledigt. Die Fassung blieb der Redaktion vorbehalten. §28 Der sachliche Inhalt des § 28 wurde gebilligt, zugleich in Veranlassung der gestellten Anträge beschlossen : 1. Die Verpflichtung des Ausstellers, die Leistung zu bewirken, wenn diese bereits fällig geworden, sei wegen Selbstverständlichkeit nicht zu erwähnen und aus gleichem Grunde und weil unter Umständen der Antragsteller ein besonderes Interesse haben könne, trotz der Fälligkeit in den Besitz einer Verschreibung zu gelangen, sei nicht hervorzuheben, daß eine neue Urkunde nur dann zu ertheilen sei, wenn die oder eine Leistung noch nicht fällig sei. 2. Eine besondere Frist für die Verjährung des Anspruchs auf Ertheilung einer neuen Urkunde sei nicht zu bestimmen, indem man der Ansicht war, daß zur Einführung einer besonderen Verjährungsfrist kein genügender Grund vorliege. 3. Die Bestimmung sei zu übergehen, die neue Urkunde müsse dieselbe Form haben wie die frühere. Man erachtete eine solche Bestimmung schon an sich für zu beengend, sodann deshalb für nicht sachgemäß, weil der Aussteller im Falle einer noch nicht beendeten Massenemission befugt sein müsse, an Stelle der amortisirten Verschreibung eine neue aus der Zahl der noch nicht emittirten Verschreibungen zu geben. 4. Der Antragsteller sei für verpflichtet zu erklären, auch die Kosten der Ausstellung der neuen Urkunde vorzuschießen, weil der Kostenbetrag mitunter erheblich sein könne. 5. Der Prüfung bei der Redaktion sei vorzubehalten, ob nicht der erste Satz des § 28 wegen § 850 der Civilprozeßordnung 3 entbehrlich sei, und ob nicht das Wort: „insbesondere" im Beginne des zweiten Satzes entbehrlich werde. Der Antrag zu 3 enthält noch besondere Bestimmungen, welche durch die gegen das Ausschluß- und Amortisations-Urtheil nach der Civilprozeßordnung zulässige I Prot I 935 Anfechtungsklage veran- | laßt sind. Diese Bestimmungen führten zu einer ausführlichen Erörterung der Frage, ob und welche Vorschriften in Rücksicht auf jene Klage zum Schutze des Ausstellers am Platze seien. Von einer Seite wurde geltend gemacht, derartige Bestimmungen seien entbehrlich. Die Ansicht stützte sich auf die Ausführung: Das Ausschlußurtheil wirke in Gemäßheit seines Begriffes und Zweckes in rem oder gegen Jedermann; der Aussteller habe nach ihm sich zu richten und wenn dies geschehe, den Anspruch eines Dritten nicht zu besorgen. Das auf die Anfechtungsklage erlassene, das Ausschlußurtheil aufhebende Urtheil wirke dagegen, weil es in einem gewöhnlichen, zwischen zwei Parteien anhängig gewordenen Rechtsstreite ergangen sei, wie 3 Vgl. § 1018 Z P O . 682
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§ 800
jedes andere Urtheil nur inter partes, so daß der Aussteller dasselbe nach Analogie der für die Cession geltenden Grundsätze erst dann zu beachten habe, wenn er davon in Kenntniß gesetzt sei. Von anderer Seite wurde gegen die vorstehende Ausführung erinnert: Die auf die Anfechtungsklage sich beziehenden Vorschriften der Civilprozeßordnung ließen mindestens dem Zweifel Raum, ob nicht auch das auf diese Klage erlassene, das Ausschlußurtheil aufhebende Urtheil in gleicher Art wie das Ausschlußurtheil selbst in rem wirke und ob nicht gar diese Wirkung auch die Vergangenheit ergreife. Es sei dringend nöthig, den Aussteller gegen die Gefahren zu sichern, welche ihm aus einer solchen Auffassung drohten. Dazu genüge die Bestimmung: der Aussteller, welcher ohne Kenntniß von dem auf die Anfechtung ergangenen Urtheil nach dem Ausschlußurtheil sich gerichtet habe, sei gegen alle Ansprüche eines Dritten, insbesondere des Anfechtungsklägers geschützt. Die Mehrheit beschloß die Aufnahme einer solchen Bestimmung aus den dafür geltend gemachten Gründen. Weitere zusätzliche Vorschriften nach Anleitung des Antrags zu 3 erachtete man in Rücksicht auf das Recht des Anfechtungsklägers, Arrest und einstweilige Verfügungen zu extrahiren, | für entbehrlich. | Prot I 936 Man war einverstanden, daß in Gemäßheit der vorstehenden Beschlüsse die Schlußvorschrift in § c des Antrages zu 3 beim § 27 keine Aufnahme finden könne und daß die Reihenfolge der §§ 27 und 28 keine Aenderung zu erleiden habe. Zu § 29 des Entwurfes: „Unberührt bleiben die Bestimmungen, nach welchen der Antragsteller während der Dauer des Aufgebotsverfahrens auf die von demselben betroffene Urkunde fällig werdende Leistungen gegen Sicherheitsleistung zu fordern oder deren Hinterlegung zu verlangen berechtigt ist." war beantragt zu setzen statt: „Bestimmungen" „landesgesetzlichen Bestimmungen".
TE-OR (Nr 1) § 29
Gebhard (Nr 111, 3)
Die Mehrheit beschloß die Streichung des § 29. Erwogen wurde: Insoweit der § 29 auf solche Verschreibungen sich beziehe, die bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzbuchs ausgestellt seien, könne er aus denselben Gründen keine Aufnahme finden, aus welchen die Aufnahme des ersten Absatzes des § 21 abgelehnt sei (vgl. Protokolle S. 912, 913) 4 ; soweit er auf die Verschreibungen sich beziehe, die später ausgestellt würden, sei er, zumal wegen der Partei-Autonomie kein Bedürfniß. II, III. Fassung der Regelung in der ZustOR ( im KE) : § 136. Derjenige, welcher das Ausschluß-Urtheil erwirkt hat, ist berechtigt, die ZustOR § 136 in der Schuldverschreibung versprochene Leistung von dem Aussteller zu fordern. KE S 689 Auch ist der letztere verpflichtet, ihm auf Verlangen an Stelle der für kraftlos erklärten Verschreibung eine neue Verschreibung zu ertheilen. Der Antragsteller hat die Kosten der neuen Verschreibung zu tragen und vorzuschießen. IV. Fassung der Regelung im E I : § 695. Derjenige, welcher das Ausschluß-Urtheil erwirkt hat, ist berechtigt, die EI § 695 in der Schuldverschreibung versprochene Leistung von dem Aussteller zu fordern.
« Vgl. Quellen zu $ 801 BGB. 683
§801
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Auch ist der Letztere verpflichtet, ihm auf Verlangen an Stelle der für kraftlos erklärten Schuldverschreibung eine neue Schuldverschreibung zu ertheilen. Der Antragsteller hat die Kosten der letzteren zu tragen und vorzuschießen. B. Vorkommission des Reichsjustizamtes II. 82. Sitzung vom 7. 9. 1892. IProt RJA 527
| Dem §695 gab man folgende Fassung: „Derjenige, welcher das Ausschlußurtheil erwirkt hat, kann unbeschadet des ihm nach § 850 der C.P.O. zustehenden Rechts, von dem Aussteller der für kraftlos erklärten Schuldverschreibung an deren Stelle die Ausstellung einer neuen Schuldverschreibung auf seine Kosten verlangen. Die Kosten sind von ihm auf Verlangen des Ausstellers vorzuschießen." Die Versetzung der Bestimmung in die Prozeßordnung lehnte man ab. Man ging davon aus, der Satz 1 des § 695 wiederhole zwar lediglich für Schuldverschreibungen auf Inhaber den § 850 der C.P.O., letzterer aber enthalte eine rein materiellrechtliche Vorschrift. Wenn es nicht angehe, den § 850 in das Gesetzbuch zu übernehmen, so empfehle es sich doch ebensowenig, die materiellrechtliche Bestimmung des 2. und 3. Satzes auch noch in die C.P.O. zu setzen und im Gesetzbuch über die Wirkung des Ausschlußurtheils ganz zu schweigen. Die beschlossene Fasung trage am besten der durch die Prozeßordnung geschaffenen Zwangslage Rechnung. C. 2. Kommission I. Von Struckmann (Nr. 243, 13) wurde die Fassung des § 695 E I — RJA beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 548; Mugdan, Bd. 2, S. 1061). - In dieser Fassung ist der Satz 1 des Entwurfs durch die Verweisung auf C.P.O. § 850 ersetzt. II. Im E I — RedVorl lautet die beschlossene Regelung wie § 695 E I — RJA. III./IV. In der ZustRedKom. ist die Regelung in § 688 b Abs. 2 und 3, im E II im S 728 Abs. 2 enthalten (vgl. Quellen zu § 799 unter C. III. und IV.). V. § 785 E II rev. (§ 784 E III) entspricht § 800 BGB.
§801
Der Anspruch aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber erlischt mit dem Ablaufe von dreißig Jahren nach dem Eintritte der für die Leistung bestimmten Zeit, wenn nicht die Urkunde vor dem Ablaufe der dreißig Jahre dem Austeller zur Einlösung vorgelegt wird. Erfolgt die Vorlegung, so verjährt der Anspruch in zwei Jahren von dem Ende der Vorlegungsfrist an. Der Vorlegung steht die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs aus der Urkunde gleich. Bei Zins-, Renten- und Gewinnantheilscheinen beträgt die Vorlegungsfrist vier Jahre. Die Frist beginnt mit dem Schlüsse des Jahres, in welchem die für die Leistung bestimmte Zeit eintritt. Die Dauer und der Beginn der Vorlegungsfrist können von dem Aussteller in der Urkunde anders bestimmt werden. 684
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§801
A. 1. Kommission I. a) 103. Sitzung vom 21. 6. 1882, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend von Roth I Zu § 20 des Entwurfes : „Ansprüche aus Inhaberpapieren verjähren in Ansehung der Hauptpapiere in zehn Jahren, in Ansehung der Zins- und Dividenden (Gewinnantheil-)Scheine, sowie anderer Papiere der in § 19 Absatz 1 genannten Art binnen drei Jahren. Die Verjährung der Ansprüche aus den Zins- und Dividendenscheinen und aus den letztgenannten Papieren beginnt mit dem Ablauf des letzten Dezembers desjenigen Jahres, in welchem der betreffende Anspruch zur Zahlung fällig geworden ist. Die Verjährungszeit (Abs. 1) kann vom Aussteller bei der Ausgabe der Papiere kürzer bestimmt werden. Eine solche Bestimmung ist jedoch den Inhabern der ausgegebenen Papiere gegenüber nur wirksam, wenn sie in den Papieren selbst enthalten ist. Im Uebrigen finden, abgesehen von der durch das Auf-1 gebotsverfahren (§ 27) und die Zahlungssperre (§ 30) bewirkten Hemmung der Verjährung, die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen über die Verjährung Anwendung." lagen die Anträge vor:
I Prot I 906 T E - O R (Nr 1)
§20
I Prot I 907
1. zu bestimmen: Kurlbaum „Die Verjährung der Ansprüche aus Schuldverschreibungen auf den Inhaber be- (Nr 105, 1) ginnt und läuft ohne Rücksicht auf den Wechsel der Inhaber. Minderjährigkeit und Tod des Inhabers sind ohne Einfluß auf die Vollendung der Verjährung. Die Ansprüche aus Zinsscheinen oder Gewinnantheilscheinen erlöschen, wenn die Scheine nicht vor Ablauf des vierten Jahres nach demjenigen, in welchem sie zahlbar geworden sind, zur Zahlung vorgelegt werden." 2. den ξ 20 zu fassen: Gebhard „Die Verjährung der Ansprüche aus Schuldverschreibungen auf den Inhaber be- (Nr 109, 2) ginnt und läuft ohne Rücksicht auf den Wegfall der Inhaber. Die Ansprüche aus Zins- und Dividendenscheinen und aus anderen Papieren der in § 19 Absatz 1 bezeichneten Art verjähren mit Ablauf von vier Jahren; die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkte, in welchem der Anspruch fällig geworden ist." 3. den zweiten Satz des ersten Absatzes, unter Gleichstellung der Haupt- und Derscheid anderen Papiere, in folgender Weise zu fassen : „Die Verjährung beginnt mit dem (Nr 104) Ablauf des Tages, an welchem der betreffende Anspruch zur Zahlung fällig geworden ist." Der § 20 wurde zunächst nur so weit berathen, als Zins- und Dividendenscheine nicht in Frage kommen. Nachdem über den Paragraphen und die dazu gestellten Anträge längere Zeit debattirt war, wurde der Vorschlag | eingebracht, unter Uebergehung der Verjäh- |Prot I 908 rung zu bestimmen: „Der Anspruch aus der Schuldverschreibung erlischt, wenn nicht die Verschreibung binnen 30 Jahren seit dem Zeitpunkte, in welchem die Befriedigung des Anspruchs rechtlich verlangt werden kann, dem Aussteller zur Befriedigung des Inhabers vorgelegt wird." Dieser Vorschlag fand die Billigung der Mehrheit aus folgenden Gründen : Die Anwendung der allgemeinen Vorschriften über die Anspruchsverjährung auf die Verjährung der Ansprüche aus den Schuldverschreibungen auf Inhaber 685
§801
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
führten, wie die Antragsteller zu 1 und 2 erkannt hätten, zu manchen Schwiergkeiten. In Frage kommen namentlich, ob nicht eine besondere Vorschrift nöthig werde zur Lösung des Zweifels, in wiefern der Anspruch in der Person eines jeden Inhabers als ein neuer entstehe, wie ferner der Fall zu beurtheilen sei, wenn der Aussteller selbst zeitweilig Inhaber gewesen sei. Außerdem gebiete das Interesse des Ausstellers, verschiedene Vorschriften über Hemmung und Unterbrechung der Verjährung von der Anwendung auszuschließen. Geschehe letzteres, so ergebe sich eine zwischen Verjährung und Befristung in der Mitte stehende Normirung eigenthümlicher Art. Alle Schwierigkeiten würden beseitigt, wenn eine Präklusivfrist bestimmt werde, binnen welcher die Verschreibung zur Einlösung vorgelegt werden müsse. Freilich werde dadurch die Anwendung der allgemeinen Rechtsnormen über die Anspruchsverjährung nicht völlig ausgeschlossen, die namentlich noch für die Fälle in Frage komme, in welchen rechtzeitig präsentirt sei. Allein diesen Fällen wohne bei Einführung der Präklusivfrist eine so geringe praktische Bedeutung bei, daß der Gesetzgeber keinen Anlaß habe, sich mit ihnen zu befassen und besondere VorI Prot I 909 Schriften für sie zu erlassen. | Anlangend aber die Bemessung der Präklusivfrist, so fehle es an Gründen, eine längere oder kürzere, als die ordentliche Verjährungsfrist zu bestimmen. Für zweifellos erachtete man endlich, daß die beschlossene Vorschrift für alle Schuldverschreibungen auf Inhaber, vorbehaltlich der Ausnahmen für Zins- und Dividendenscheine, zu gelten habe. Hierauf wurden die Ansprüche aus Zins- und Dividendenscheinen der Prüfung unterzogen. Einverständniß bestand, daß für die Ansprüche aus solchen Papieren in Konsequenz des vorhergehenden Beschlusses, entsprechend dem Antrage zu 1, nicht eine besondere Verjährungsfrist, sondern eine besondere Präklusivfrist vorzuschreiben, daß diese ferner in Uebereinstimmung mit den zu §§ 172, 174 des Allgemeinen Theils am 13. und 19. Januar d.Js. gefaßten Beschlüssen (Protokolle S. 320 — 324, 336, Zusammenstellung der Beschlüsse §§ 133, 135)1 nicht auf drei, sondern auf vier Jahre festzusetzen und anzuordnen sei, daß die Präklusivfrist mit Ablauf des Jahres beginne, in welchem die Fälligkeit eintritt. Neben den Zins- und Dividendenscheinen noch andere Papiere mit Ausnahme der Rentenkupons zu erwähnen, erachtete man nicht für nöthig, die Absätze 2 und 3 des $ 20 ferner für entbehrlich. Endlich wurde auf den § 18 zurückgegangen und dem früheren Vorbehalte 2 gemäß die Verjährungsfrist des letzten Absatzes auf vier Jahre bestimmt, welche Frist mit dem Zeitpunkte zu beginnen habe, in welchem der Anspruch aus dem Zinsscheine nach dessen Inhalt aufgehoben sei. Wegen der zum § 20 beschlossenen Präklusivfrist wurde der letzte Satz im vorletzten Absätze des Antrages Nr. 2 zu § 18 I Prot 1910 (vgl. Protokolle S. 904) für | erledigt erachtet. b) 104. Sitzung vom 23. 6. 1882, Schriftührer Neubauer (nicht anwesend v. Roth) I Prot 1911
I Die Berathung des die Inhaberpapiere betreffenden Theilentwurfes des Obligationenrechts (N s 1) wurde fortgesetzt.
ι Vgl. Quellen zu §§ 197, 201 BGB. 2 Siehe unten S. 699. 686
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§801
Zu § 21 des Entwurfes: TE-OR (Nr 1) „Unberührt bleiben von den Vorschriften des § 20 abweichende Bestimmungen, S 2 1 welche in Gesetzen, Privilegien oder Statuten für schon ausgegebene und für solche Inhaberpapiere begründet sind, zu deren Ausgabe die nach den Landesgesetzen erforderliche Genehmigung vor dem Inkrafttreten des bürgerlichen Gesetzbuchs ertheilt worden ist. Den Landesregierungen bleibt vorbehalten, bei der Ausgabe von Inhaberpapieren durch den Staat, durch Gemeinden und andere Kommunalverbände oder sonstige hinsichtlich der Vermögensverwaltung der Staatsaufsicht unterstellte Korporationen hinsichtlich des Laufes und der Vollendung der Verjährung weitere, erschwerende Erfordernisse festzusetzen oder zuzulassen. Eine Verlän- | gerung der | Prot I 912 Verjährungszeit über dreißig Jahre hinaus ist unzuläsig." lagen die Anträge vor: 1. in § 21 Absatz 2 die Worte „durch den Staat" zu streichen, verbessert durch den Antrag, den § 21, wie folgt, zu fassen: „In den Schuldverschreibungen auf den Inhaber können die Verjährung erschwerende Erfordernisse bestimmt werden. Eine Verlängerung der Verjährungsfrist ist nur in Ansehung derjenigen Ansprüche zulässig, welche einer längeren als der dreißigjährigen Verjährung unterworfen sind und nur bis auf den Zeitraum von dreißig Jahren."
Gebhard (Nr 98, 2) Gebhard (Nr 109, 3)
2. in § 21 nur zu bestimmen: Kurlbaum „In den Schuldverschreibungen auf den Inhaber können erschwerende Erforder- (Nr 105, 2) nisse der Verjährung bestimmt werden. Eine Verlängerung der Verjährungsfrist ist nicht zulässig." 3. anstatt der Anfangsworte des zweiten Absatzes : Derscheid „Den Landesregierungen" mit Rücksicht auf § 160 der Zusammenstellung der (Nr 104) Beschlüsse zum Allgemeinen Theil 3 zu setzen : „Der Landesgesetzgebung u.s.w.". Beide Absätze wurden getrennt zur Berathung gestellt. Die Mehrheit beschloß, beide Absätze zu streichen. Die Gründe waren : Zu Absatz 1 : Die in dem ersten Absätze enthaltene Bestimmung gehöre in das Einführungsgesetz und lasse sich über Inhalt und Fassung erst dann befinden, wenn die in den Bereich des | Einführungsgesetzes fallenden allgemeinen Vorschriften | Prot 1913 über die rückwirkende Kraft der Bestimmungen des neuen Gesetzbuchs zur Berathung gelangt seien. Zu Absatz 2/Der zweite Absatz hatte eine längere Debatte hervorgerufen, in deren Lauf der Antrag zu 2 und der zu 3 zurückgezogen waren. Für den Entwurf war geltend gemacht worden : Durch die zum § 20 gefaßten Beschlüsse sei die Vorschrift des Entwurfs keineswegs gegenstandslos oder entbehrlich geworden. Ungeachtet der beschlossenen Erlöschungsfrist behalte die Verjährung noch ihre besondere Bedeutung. Diese zeige sich nicht allein im Falle der rechtzeitigen Präsentation des Papiers, sondern auch schon vorher. Die Verjährung beginne mit dem Zeitpunkte der Fälligkeit; in demselben Zeitpunkte nehme die Erlöschungsfrist ihren Anfang. Nun könne es sich zutragen, daß die Verjährungsfrist kürzer sei, als die Erlöschungsfrist, die Verjährung also vor dem Ablaufe der letzteren beendet sei. In 3 Vgl. Quellen zu § 225 BGB.
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§801
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
dieser Beziehung verdiene insbesondere der Beschluß zu § 172 des Allgmeinen Theils (Protokolle S. 3 2 0 - 3 2 4 , 328, 329, 3 3 1 - 3 3 4 ; Zusammenstellung der Beschlüsse § 133 Ziffer 4) 4 über die kurze Verjährung der rechtsgeschäftlichen Zinsen Beachtung. Nach den zum § 20 gefaßten Beschlüssen würde die für Zinsen beschlossene vierjährige Erlöschungsfrist durch Rechtsgeschäft erweitert werden können, während nach dem Beschlüsse vom 6. Februar d. J. zu § 196 des allgemeinen Theils (Protokolle S. 394; Zusammenstellung der Beschlüsse § 160) 5 die rechtsgeI Prot 1914 schäftliche | Erweiterung der vierjährigen Verjährungsfrist unstatthaft sei. Der Aussteller würde also durch Erweiterung der Erlöschungsfrist seinen Zweck verfehlen. Noch ein anderer, die Kapitalforderungen berührender Fall komme in Betracht. Der Aussteller, der es für nöthig erachte, die Erlöschungsfrist von 30 Jahren nicht schon mit der Fälligkeit beginnen zu lassen, sondern noch ein anderes Erforderniß hinzuzufügen, ζ. B. eine öffentliche Aufforderung, werde ebensowenig zum Ziele gelangen; die dreißigjährige Verjährungsfrist werde gleichwohl mit der Fälligkeit beginnen, und dies von dem Aussteller mit Erfolg nicht gehindert werden können, weil in der dies bezweckenden Bestimmung eine nach der vorgedachten Vorschrift (§ 160 der Zusammenstellung der Beschlüsse zum Allgemeinen Theil) unstatthafte Erschwerung der Verjährung zu finden sei. Es sei aber, wie die Motive (S. 52 ff.) näher darlegten, ein Bedürfniß, wenn nicht jedem, doch gewissen Ausstellern die Befugniß einzuräumen, nicht allein die Erlöschungsfrist zu erweitern oder deren Erfordernisse zu erschweren (welche Befugniß allerdings selbstverständlich sei), sondern ihnen die gleiche Befugniß in Ansehung der Verjährung beizulegen, — welche zweite Befugniß, wie gezeigt, nicht selbstverständlich und ohne welche die erste Befugniß von geringem oder keinem Werthe sei. Der Antragsteller zu 1 hatte noch hinzugefügt, das erwähnte Bedürfniß erstrecke sich so weit, daß es nothwendig sei, dem von ihm gestellten Antrage gemäß die Bestimmung des Entwurfs noch I Prot 1915 weiter und | auf alle Austeller auszudehen. Von einer anderen Seite war behauptet, das geltend gemachte Bedürfniß bestehe jedenfalls insoweit, als es zulässig sein müsse, für die Zinsscheine die vierjährige Verjährungsfrist (vgl. Zusammenstellung der Beschlüsse zum Allgemeinen Theil § 133) 6 bis auf 30 Jahre zu erweitern. Demzufolge war beantragt worden, zu bestimmen: „Für Zinsscheine kann die vierjährige Verjährungsfrist des § 133 des allgemeinen Theils durch Rechtsgeschäft bis auf 30 Jahre erweitert werden." Von verschiedenen Seiten war aber die Bedürfnißfrage entschieden verneint worden und zur Rechtfertigung des Widerspruchs darauf hingewiesen: Die Verjährungsfrist betrage, von den Zins- und Dividendenscheinen abgesehen, 30 Jahre und wie bei der Geräumigkeit dieser, mit der Fälligkeit beginnenden Frist ein Grund obwalten könne, Erweiterung der Frist oder andere Erschwerungen der Verjährung zuzulassen, wolle nicht einleuchten; eine solche Zulassung führe sichtbar zu einem Konflikte mit den Gründen, auf welchen die zum § 20 gefaßten Beschlüsse beruhten und schaffe Schwierigkeiten, deren Mißlichkeit unleugbar sei; anlangend aber die Zins- und Dividendenscheine, so bestehe das fragliche Bedürfniß so wenig, daß vielmehr umgekehrt das Verkehrsinteresse dringend erheische, im Wege des Gesetzes dafür zu sorgen, daß die gedachten Scheine alsbald nach der Fälligkeit aus dem I Prot 1916 I Umlaufe gebracht würden, zu welchem Ende gerade die kurze Präklusivfrist be* Vgl. Quellen zu S 197 BGB. 5 Vgl. Quellen zu § 225 BGB. * Vgl. Quellen zu J 197 BGB. 688
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§801
schlossen sei. Ein Uebelstand ergebe sich allerdings, nämlich der, daß, wenn die Erlöschungsfrist über die Verjährungsfrist hinaus erweitert oder ihr Beginn von erschwerenden Umständen abhängig gemacht werde, der Nehmer des Papiers leicht getäuscht werden könne. Allein diese Möglichkeit werde durch den Entwurf nicht ausgeschlossen, wenn nicht zugleich bestimmt würde, die Erweiterung der Erlöschungsfrist u.s.w. gelte auch von Rechts wegen für die Verjährung. Sie verdiene um so weniger Beachtung, als es sich fast durchgehende um Geldpapiere handele, zu deren Ausgabe Staatsgenehmigung nöthig sei, die Zentralbehörden daher in der Lage seien, der Erweiterung u.s.w. der Erlöschungsfrist entgegenzutreten. Die Mehrheit erachtete die vorstehenden Gründe für durchgreifend und lehnte zunächst den Antrag zu 1, darauf den Entwurf, endlich auch den oben zuletzt erwähnten Antrag ab. Der nachträglich gestellte Antrag, zusätzlich zu § 20 zu bestimmen: „Die in § 20 bestimmte Einlösungsfrist kann rechtsgeschäftlich nicht verlängert werden." wurde gleichfalls als zu weit gehend abgelehnt. Man erwog, die Erweiterung der Erlöschungsfrist könne namentlich noch in dem Falle, in welchem die Verjährung gehemmt sei, von Bedeutung werden. II. 1. Die beschlossene Regelung lautet in der
ZustOR:
§ 132. Wird eine Schuldverschreibung auf Inhaber nicht binnen 30 Jahren seit ZustOR § 132 dem Zeitpunkte, in welchem die Befriedigung des Anspruchs rechtlich verlangt werden kann, dem Aussteller zur Erfüllung der Leistung vorgelegt, so ist der Anspruch aus der Verschreibung erloschen. Bei Zinsscheinen, Rentenkoupons, Gewinnantheilscheinen (Dividendenscheinen) beträgt die Erlöschungsfrist vier Jahre. Die Frist beginnt mit dem Schlüsse des Jahres, in welchem die Befriedigung des Anspruchs verlangt werden kann. 2. Auf Antrag wurde beschlossen, im § 132 Abs. 2 das Wort: „(Dividendenscheinen)" zu streichen (Prot. I, S. 3284, 3291). 3. Auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 Ziff. 39) wurde in § 685 Abs. 1 KE (1. Fassung) vor „verlangt werden" eingeschaltet: „rechtlich" (Prot. I, S. 3556, 3560). III. 1. Im KE lautet die beschlossene Regelung: § 685. Wird eine Schuldverschreibung auf Inhaber nicht binnen dreißig Jahren KE § 685 seit dem Zeitpunkte, in welchem die Befriedigung des Anspruches rechtlich verlangt werden kann, dem Aussteller zur Bewirkung vorgelegt, so ist der Anspruch aus der Verschreibung erloschen. Bei Zinsscheinen, Rentenkupons und Gewinnantheilscheinen beträgt die Erlöschungsfrist vier Jahre. Die Frist beginnt mit dem Schlüsse des Jahres, welchem die Befriedigung des Anspruchs rechtlich verlangt werden kann. 2. Zu § 685 /CEwar beantragt: 11. als Abs. 3 beizufügen: I P r o t i 11847 „Der Aussteller der Verschreibung kann die in dem ersten und zweiten Absätze Gebhard festgesetzte Erlöschung der Ansprüche ausschließen; er kann die Dauer, den Be- (Nr 581, 613, 4) ginn und den Lauf der Erlöschungsfristen in einer von den Vorschriften des Gesetzes abweichenden Weise bestimmen." 7 7
Hierzu war in Klammern im metallographierten Antrag hinzugefügt: vgl. Gutachten, S. 7; Prot. 916, 933, 10516. - Zum Gutachten oben S. 626.
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§801
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
v. Weber (Nr 582, 1)
2. als Abs. 3 z u z u f ü g e n : „Die im ersten u n d zweiten Absätze bestimmten Erlöschungsfristen k ö n n e n von dem Aussteller bei Ausstellung der Schuldverschreibungen in anderer Weise bestimmt werden. Eine dieselben abkürzende Bestimmung ist nur wirksam, w e n n sie auf der U r k u n d e , auf welche sie sich beziehen soll, vermerkt w o r d e n ist." 8 Beschlossen w u r d e , dem § 685 als dritten Absatz folgende Bestimmung beizufügen: „In der Schuldverschreibung kann das im ersten und zweiten Absätze bestimmte Erlöschen der Ansprüche ausgeschlossen, sowie die D a u e r , der Beginn und der Lauf der Erlöschungsfristen in einer von den Vorschriften des Gesetzes abweichenden Weise bestimmt werden." I Prot 1 11848 Die Kommission e r w o g : Bei der Berathung des § 685 | sei man davon ausgegangen, daß der Aussteller die durch die dispositiven Vorschriften des § 685 aufgestellten Präklusivfristen direkt o d e r indirekt erweitern und k ü r z e n könne, w e n n auch in den Protokollen nur die Erweiterung durch den Aussteller ausdrücklich als zulässig a u f g e f ü h r t sei (Prot. S. 916). Die Präklusivfristen seien nicht im öffentlichen Interesse, welchem die V e r j ä h r u n g diene, sondern im Interese des Ausstellers gesetzt. Es k ö n n t e also fraglich erscheinen, ob die betreffenden Zusätze erforderlich seien, zumal da, w o die Kommission von der Unzulässigkeit rechtsgeschäftlicher Aenderung einer Präklusivfrist ausgegangen sei, der absolute C h a r a k t e r der die Präklusivfrist setzenden Vorschrift außer Zweifel stehe (zu vergi. § 1983, Prot. S. 10516 9 ). N a c h dem mehrerwähnten Gutachten der Königl. Preuß. Hauptverwaltung der Staatsschulden habe jedoch die Vorschrift des § 685 den Zweifel hervorgerufen, ob dieselbe nur dispositiver N a t u r sei, und werde die Beseitigung des Zweifels durch Aufn a h m e einer entsprechenden Vorschrift gewünscht. In Folge dessen erscheine es allerdings räthlich, einen Zusatz des beantragten Inhaltes zu machen. Dessen Fassung anlangend, so sei nach dem Prinzipe des § 683 zwar ohne Weiteres klar, daß, wenn der Aussteller die Präklusivfrist abkürze, also zu seinen Gunsten die Vorschrift des § 685 ändere, eine Berufung darauf ihm n u r verstattet sei, w e n n er die betreffende Bestimmung in die Schuldverschreibung selbst a u f g e n o m m e n habe. Ebenso folge aus der N a t u r der Schuldverschreibung auf Inhaber (§ 679), daß der Aussteller, welcher die Präklusivfrist verlängert habe, hieran dem Inhaber als solchem gegenüber nur gebunden sei, w e n n er die Verlängerung in der Schuldverschreibung ausI Prot 1 11849 gesprochen habe, bezw. daß der Aussteller, falls er die | von ihm bestimmte Verläng e r u n g in der Schuldverschreibung ausgesprochen habe, an diese Bestimmung gebunden sei. Dies bringe die beschlossene Bestimmung zugleich z u m Ausdruck. In Ansehung der V e r j ä h r u n g sei eine ähnliche Vorschrift entbehrlich, da keinem Zweifel unterliegen könne, daß dem Aussteller die Berufung auf eine von ihm etwa bestimmte Erleichterung der V e r j ä h r u n g nur verstattet sei, w e n n er diese Bestimmung in die Schuldverschreibung aufgenommen habe (§§ 184, 683).
E I § 691
IV. Fassung der Regelung im E I : § 691. W i r d eine Schuldverschreibung auf Inhaber nicht binnen dreißig J a h r e n seit dem Zeitpunkte, in welchem die Befriedigung des Anspruches rechtlich verlangt werden kann, dem Aussteller zur Bewirkung der Leistung vorgelegt, so ist der Anspruch aus der Beschreibung erloschen. 8
Auch von Weber weist in einer Klammer auf das Gutachten der Kgl. Preuß. Hauptverwaltung für Staatsschulden, S. 7, hin. 9 Vgl. Quellen zu § 2030 E I. 690
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§801
Bei Zinsscheinen, Rentenkupons und Gewinnantheilscheinen beträgt die Erlöschungsfrist vier Jahre. Die Frist beginnt mit dem Schlüsse des Jahres, in welchem die Befriedigung des Anspruches rechtlich verlangt werden kann. In der Schuldverschreibung kann das im ersten und zweiten Absätze bestimmte Erlöschen der Ansprüche ausgeschlossen sowie die Dauer, der Beginn und der Lauf der Erlöschungsfristen in einer von den Vorschriften des Gesetzes abweichenden Weise bestimmt werden.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Anträge liegen nicht vor II. 82. Sitzung vom 7. 9. 1892 I Den § 691 beschloß man, durch folgenden Paragraphen zu ersetzen : „Wird die Schuldverschreibung auf Inhaber nicht binnen dreißig Tagen seit dem in der Schuldverschreibung für die Leistung bestimmten Zeitpunkt dem Aussteller zur Einlösung vorgelegt, so ist der Anspruch daraus erloschen. Bei Zins-, Renten- und Gewinnantheilscheinen beträgt die Erlöschungsfrist vier Jahre. Die Frist beginnt mit dem Schlüsse des Jahres, in welchem der in dem Scheine für die Leistung bestimmte Zeitpunkt eingetreten ist. In der Schuldverschreibung kann das Erlöschen der Ansprüche ausgeschlossen sowie die Dauer, der Beginn und der Lauf der Erlöschungsfristen in einer von den gesetzlichen Vorschriften abweichenden Art bestimmt werden. Die Verjährung des Anspruchs aus der Schuldverschreibung beginnt für jeden Eigenthümer mit dem in der Schuldverschreibung für die Leistung bestimmten Zeitpunkte. Zur Vollendung der Verjährung ist der Ablauf der Erlöschungsfrist erforderlich." Man erwog:
| Prot RJA 522
1. Die Bestimmungen des §691 selbst seien sachlich zu billigen; nur sei auch hier, wie in § 15810, der Ausdruck „Zeitpunkt, in welchem die Befriedigung des Anspruchs rechtlich verlangt werden kann" für den Beginn der Frist zu vermeiden. Der Ausdruck „Fälligkeit des Anspruchs" empfehle sich wegen seiner Unbestimmtheit nicht. Am zutreffendsten erscheine die Bezeichnung „der in der Schuldverschreibung für die Leistung bestimmte Zeitpunkt". 2. Anlangend das im Entwurf anerkannte Neben- | einanderbestehen des Erio- | Prot RJA 523 schens des Anspruchs aus der Schuldverschreibung gemäß §691 und der Verjährung desselben Anspruchs nach den allgemeinen Verjährungsvorschriften, so sei zwar dieses Nebeneinanderbestehen beider Institute keine an sich erwünschte Gestaltung. Indessen werde dasselbe praktisch nur in verhältnißmäßig seltenen Fällen sich geltend machen, da in der Regel der Anspruch aus der Schuldverschreibung durch Nichtvorlegung innerhalb der Erlöschungsfrist werde ausgeschlossen und deshalb auf die Verjährung nicht zurückgegriffen werden. Andererseits reichten aber die Bestimmungen über die Erlöschung zur zeitlichen Begrenzung der Ansprüche aus der Schuldverschreibung dann nicht aus, wenn entweder das Erlöschen gemäß § 691 Abs. 3 ausgeschlossen oder innerhalb der Erlöschungsfrist die Vorlegung
io Vgl. Quellen zu §§ 198, 199 BGB. 691
§801
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
des Papieres erfolgt sei und aus diesem Grunde ein Erlöschen nicht mehr eintreten könne. Man könne für den letzteren Fall auch nicht dadurch helfen, daß man den Anspruch für erloschen erkläre, wenn der Inhaber ihn nicht binnen einer bestimmten kurzen Frist einklage und den Rechtsstreit ohne Verzögerung durchführe; vielmehr müßte man zu Gunsten des Inhabers nach der Einklagung doch die Grundsätze über Unterbrechung und Hemmung der Verjährung Platz greifen lassen. Das Nebeneinanderbestehen von Erlöschung und Verjährung lasse sich auch nicht in der Weise vermeiden, daß man die Verjährung nur da eintreten lasse, wo die Erlöschung durch Bestimmung des Ausstellers oder durch rechtzeitige Vorlegung des Papieres ausgeschlossen sei, und im letzteren Falle von der Vorlegung ab eine Verjährung mit einer auf den Rest der Erlöschungsfrist beschränkten Frist beginnen lasse; denn es sei willkürlich, dem Inhaber in diesem Falle etwaige Unterbrechungen und Hemmungen nur so weit zu Statten kommen zu lassen, als sie in die I Prot RJA 524 Zeit nach der Vorlegung fallen; auch würde es, wenn nur noch ein sehr | kleiner Rest der Erlöschungsfrist übrig wäre, jedenfalls im Interesse des Inhabers der Bestimmung einer Nachfrist bedürfen. Eine erschöpfende und verhältnißmäßig einfache Regelung ergebe sich nur, wenn man den Anspruch aus der Schuldverschreibung den allgemeinen Verjährungsgrundsätzen unterwerfe. Nur nach zwei Richtungen bedürften diese einer Ergänzung. Einmal müsse außer Zweifel gestellt werden, daß die Verjährung nicht nur für denjenigen Inhaber, welchem zur Zeit der Fälligkeit der im Papier versprochenen Leistung das Recht aus dem Papier zustehe, mit der Fälligkeit beginne, sondern auch für jeden späteren Inhaber. Mangels einer besonderen Vorschrift könnte vom Standpunkt der Auffassung, welche für jeden Inhaber einen selbständigen, von dem Ansprüche des früheren Inhabers unabhängigen Anspruch entstehen lasse, das Gegentheil angenommen werden, wodurch der Anspruch gegen den Aussteller nahezu unverjährbar würde. Sodann gehe es mit Rücksicht auf die Verkehrssicherheit nicht an, daß der Anspruch aus dem Papiere vor Ablauf der (vom Aussteller verlängerten) Erlöschungsfrist verjähre. Deshalb bedürfe es der weiteren Vorschrift, daß die Verjährung jedenfalls vor dem Ablaufe der Erlöschungsfrist sich nicht vollende. Weitere Vorschriften über die Verjährung des Anspruchs aus dem Papiere seien entbehrlich, so namentlich über die Wirkung einer in der Person eines Inhabers eingetretenen Hemmung und Unterbrechung sowie für den Fall, daß der Aussteller selbst zeitweilig Inhaber gewesen ist. Bei der Seltenheit der Fälle, in denen diese Fragen praktisch zur Entscheidung gelangten, könne man diese der Wissenschaft und Praxis überlassen, zumal da sich bei gesetzlichen Vorschriften schwerlich der Schein vermeiden lasse, als ob das Gesetz sich für eine bestimmte juristische Konstruktion entschieden habe.
C. 2. Kommission I. Prot. II, Bd. 2, S. 542ff. (Mugdan, Bd. 2, S. 1058 f.). Struckmann (Nr 243, 9)
Zu § 691 lagen nachstehende Anträge vor: 1. der Antrag, die Bestimmungen zu fassen: Wird eine Schuldverschreibung auf Inhaber nicht binnen dreißig Jahren seit der aus der Schuldverschreibung sich ergebenden Leistungszeit dem Aussteller zur Einlösung vorgelegt, so ist der Anspruch daraus erloschen. 692
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§801
Bei Zins-, Renten- und Gewinnantheilscheinen beträgt die Erlöschungsfrist vier Jahre. Die Frist beginnt mit dem Schlüsse des Jahres, in welchem die aus der Schuldverschreibung sich ergebende Leistungszeit eingetreten ist. In der Schuldverschreibung kann das Erlöschen der Ansprüche ausgeschlossen sowie die Dauer, der Beginn oder der Lauf der Erlöschungsfristen in einer von den gesetzlichen Vorschriften abweichenden Art bestimmt werden. Die Verjährung des Anspruchs aus der Schuldverschreibung beginnt für jeden Eigenthümer derselben mit dem in Abs. 1, 2 bestimmten Zeitpunkte. Zur Vollendung der Verjährung ist der Ablauf der Erlöschungsfrist erforderlich. 2. die Anträge : a) den Abs. 1 des Entw. bezw. des Antrags 1 durch folgende Bestimmung zu ersetzen : Der Anspruch aus einer Schuldverschreibung auf Inhaber erlischt mit dem Ablaufe von dreißig Jahren seit der aus dem Inhalte der Schuldverschreibung sich ergebenden Leistungszeit, es sei denn, daß die Schuldverschreibung vor Ablauf der dreißig Jahre dem Aussteller zur Einlösung vorgelegt wird. b) den Abs. 1 die Fassung zu geben: Wird eine Schuldverschreibung auf Inhaber nicht binnen dreißig Jahren seit der für die Leistung bestimmten Zeit dem Aussteller zur Einlösung vorgelegt, so ist der Anspruch aus der Schuldverschreibung erloschen. und dem entsprechend in dem unter 1 vorgeschlagenen Abs. 2 Satz 2 die Worte „aus der Schuldverschreibung sich ergebende" zu streichen. Die Kom. beschloß, die „aus dem Inhalte der Schuldverschreibung sich ergebende Leistungszeit" durch die „für die Leistung bestimmte Zeit" zu ersetzen, im Uebrigen aber den Antrag 2 a anzunehmen. Der Antrag 2 b war hierdurch erledigt. 3. die Anträge: a) dem Abs. 1 hinzuzufügen: Ist die Vorlegung innerhalb der Frist erfolgt, so verjährt der Anspruch in sechs Monaten von dem Ablaufe der Frist ab11. und als Abs. 3 zu bestimmen: Die Dauer und der Beginn der Erlöschungsfristen kann von dem Aussteller in der Urkunde abweichend bestimmt werden. b) den Schlußsatz in dem § 691 zu fassen: Solange die Erlöschungsfrist läuft, tritt die Verjährung nicht ein.
Planck (Nr 249> 2 )
Jacubezky (Nr 248, 3)
Börner (Nr 251, 2)
Wolffson (Nr 265)
Der Antragsteller zu a änderte seinen Vorschlag dahin, daß statt der Frist von „sechs Monaten" eine Frist von „einem Jahre" oder von „zwei Jahren" bestimmt würde. Die Bedeutung des Antrags b ist nur redaktionell. Die Kom. nahm, nach Festsetzung der Verjährungsfrist auf zwei Jahre, den Antrag 3 a an. Die Abs. 3 und 4 des Antrags 1 waren hierdurch erledigt. 4. der Antrag, dem Abs. 1 hinzuzufügen: Mandry Sind für die Schuldverschreibung Zinsscheine auf den Inhaber ausgegeben, so (Nr 250, 3) erlischt der Anspruch aus der Schuldverschreibung nicht, solange solche Zinsscheine noch in Kraft sind. Die Mehrheit erklärte sich gegen diesen Zusatz.
11
Hierzu ist in dem metallographierten Antrag hinzugefügt: analog zu § 409 des Entwurfs, 469 d 1 der Redaktionsvorlage.
693
§801
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Jacubezky 5. die Anträge: (Nr 248, 3) a) dem Abs. 3 des § 691 hinzuzusetzen: H a t der Schuldner dem Eigenthümer der Schuldverschreibung erklärt oder ö f fentlich bekannt gemacht, d a ß er die Einlösung verweigere, oder hat er in Anseh u n g seiner Verbindlichkeiten von der Art derjenigen, die sich aus der Schuldverschreibung ergiebt, seine Zahlungen eingestellt, so ist der Lauf der Erlöschungsfrist so lange gehemmt, bis die Verweigerung der Einlösung z u r ü c k g e n o m m e n oder die W i e d e r a u f n a h m e der Zahlungen dem Eigenthümer der Schuldverschreibung angezeigt oder öffentlich bekannt gemacht ist. b) diesen Antrag abzulehnen, dagegen dem W o r t e „vorgelegt" in dem Abs. 1 h i n z u z u f ü g e n „oder gerichtlich geltend gemacht". 1 2 D e r Antrag 5 b fand A n n a h m e . Beschlossen ist somit: Abs. 1 in der Fassung des Antrags 2 a mit den A e n d e r u n gen bzw. Zusätzen der Anträge 2 b, 3 a und 5 b; Abs. 2 in der Fassung des Antrags 1 mit der A e n d e r u n g des Antrags 2 b, Abs. 3 nach dem Antrage 3a. Weitere Zusätze sind abgelehnt. II. In der VorlZust lautet die Regelung: E I-VorlZust § 691. D e r Anspruch aus einer Schuldverschreibung auf Inhaber erlischt mit dem S 691 Ablauf von dreißig Jahren seit der für die Leistung bestimmten Zeit, es sei denn, daß er vor Ablauf der dreißig J a h r e gerichtlich geltend gemacht oder die Schuldverschreibung vor Ablauf dieser Zeit dem Aussteller z u r Einlösung vorgelegt ist. Ist die gerichtliche Geltendmachung o d e r die Vorlegung innerhalb der Frist erfolgt, so verjährt der Anspruch in zwei J a h r e n von dem Ablaufe der Frist an. Bei Zins-, Renten- und Gewinnantheilscheinen beträgt die Erlöschungsfrist vier Jahre. Die Frist beginnt mit dem Schlüsse des Jahres, in welchem die f ü r die Leistung bestimmte Zeit eingetreten ist. Die D a u e r und der Beginn der Erlöschungsfristen kann von dem Aussteller in der U r k u n d e abweichend bestimmt werden. III. Fassung der Regelung in der
ZustRedKom:
E I-ZustRedKom § 688 c (691). Eine Schuldverschreibung auf den Inhaber m u ß innerhalb dreißig S 688 c Jahren seit dem Eintritt der f ü r die Leistung bestimmten Zeit dem Aussteller zur Einlösung vorgelegt w e r d e n , widrigenfalls der Anspruch aus der Schuldverschreibung erlischt. Ist die V o r l e g u n g erfolgt, so verjährt der Anspruch in zwei Jahren von dem Ende der Vorlegungsfrist an. D e r Vorlegung steht die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs aus der Schuldverschreibung gleich. Bei Zins-, R e n t e n · und Gewinnantheilscheinen beträgt die Vorlegungsfrist vier Jahre. Die Frist beginnt mit dem Schlüsse des Jahres, in welchem die f ü r die Leistung bestimmte Zeit eingetreten ist. Die D a u e r u n d der Beginn der Vorlegungsfrist kann von dem Aussteller in der U r k u n d e anders bestimmt werden. IV. Zu E / / l a u t e t die Regelung: E II § 729
§ 729. Eine Schuldverschreibung auf den Inhaber muß innerhalb dreißig Jahren nach dem Eintritte der f ü r die Leistung bestimmten Zeit dem Austeller z u r Einlösung vorgelegt werden, widrigenfalls der Anspruch aus der U r k u n d e erlischt. Ist die 12
Der Antrag unter Ziff. 5 b stammt nicht von Jacubezky.
694
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§802
Vorlegung erfolgt, so verjährt der Anspruch in zwei Jahren von dem Ende der Vorlegungsfrist an. Der Vorlegung steht die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs aus der Urkunde gleich. Bei Zins-, Renten- und Gewinnantheilscheinen beträgt die Vorlegungsfrist vier Jahre. Die Frist beginnt mit dem Schlüsse des Jahres, in welchem die für die Leistung bestimmte Zeit eingetreten ist. Die Dauer undder Beginn der Vorlegungsfrist können von dem Aussteller in der Urkunde anders bestimmt werden. V. § 786 Ε II rev. (§ 785 E III) entspricht der Gesetz gewordenen Fassung.
§802 Der Beginn und der Lauf der Vorlegungsfrist sowie der Verjährung werden durch die Zahlungssperre zu Gunsten des Antragstellers gehemmt. Die Hemmung beginnt mit der Stellung des Antrags auf Zahlungssperre; sie endigt mit der Erledigung des Aufgebotsverfahrens und, falls die Zahlungssperre vor der Einleitung des Verfahrens verfügt worden ist, auch dann, wenn seit der Beseitigung des der Einleitung entgegenstehenden Hindernisses sechs Monate verstrichen sind und nicht vorher die Einleitung beantragt worden ist. Auf diese Frist finden die Vorschriften der §§ 203, 206, 207 entsprechende Anwendung.
A. 1. Kommission 1. Zur ersten Beratung (§ 27 T E - O R Nr. 1) Vgl. Quellen zu § 800 BGB. II. In der ZustOR lautet die Regelung : § 135. Durch das in § 134 bezeichnete Verbot wird zu Gunsten des Antragstel- ZustOR § lers Beginn und Lauf der Erlöschungs- und Verjährungsfrist gehemmt. Die Hemmung beginnt in dem Zeitpunkte, in welchem der Antrag auf Erlaß des Verbots gestellt worden ist. Sie endet mit der Erledigung des Aufgebotsverfahrens. Ist das Verbot vor Einleitung des Verfahrens erlassen, so endet die Hemmung auch dann, wenn die Einleitung nicht binnen sechs Monaten von dem Zeitpunkte an beantragt wird, in welchem das der Einleitung entgegenstehende Hinderniß beseitigt war. III. 1. Fassung der Regelung im KE: § 688. Durch das im § 687 bezeichnete Verbot wird zu Gunsten des Antragstel- KE § 688 lers Beginn und Lauf der Erlöschungs- und Verjährungsfrist gehemmt. Die Hemmung beginnt in dem Zeitpunkte, in welchem der Antrag auf Erlaß des Verbotes gestellt worden ist. Sie endigt mit der Erledigung des Aufgebotsverfahrens. Ist das Verbot vor Einleitung des Verfahrens erlassen, so endigt die Hemmung auch dann, wenn die Einleitung nicht binnen sechs Monaten von dem Zeitpunkte an beantragt wird, in welchem das der Einleitung entgegenstehende Hinderniß beseitigt war. 2. Bei der 2. Lesung des KE wurde von Gebhard (Nr. 613,5) und Johow (Nr. 614,8) beantragt, statt „der Erlöschungs- und Verjährungsfrist" zu setzen: „der Er695
§802
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
löschungsfrist und der Verjährungsfrist". Ferner war von Johow beantragt (Nr. 614,8), statt „beginnt in dem Zeitpunkte, in -welchem" zu sagen: „beginnt mit dem Zeitpunkte, in welchem". Beide Anträge wurden gebilligt (Prot. I, S. 11853, 11854).
Ε Ι ξ 694
IV. Fassung der Regelung im E I : § 694. Durch das im § 693 bezeichnete Verbot wird zu Gunsten des Antragstellers Beginn und Lauf der Erlöschungsfrist und der Verjährungsfrist gehemmt. Die Hemmung beginnt mit dem Zeitpunkte, in welchem der Antrag auf Erlassung des Verbotes gestellt worden ist. Sie endigt mit der Erledigung des Aufgebotsverfahrens. Ist das Verbot vor Einleitung des Verfahrens erlassen, so endigt die Hemmung auch dann, wenn die Einleitung nicht binnen sechs Monaten von dem Zeitpunkte an beantragt wird, in welchem das der Einleitung entgegenstehende Hinderniß beseitigt war.
B. Der § 694 E I wurde in der Vorkommission des Reichsjustizamtes nicht beanstandet (Prot. RJA vom 7. 9. 1892, S. 527).
C. 2. Kommission I. Prot. II, Bd. 2, S. 548 (Mugdan, Bd. 2, S. 1061): Der § 694 wurde in sachlicher Hinsicht gebilligt. Man entschied sich für folgende Fassung: Struckmann Durch die im § 850a der C.P.O. bezeichnete Zahlungsperre wird zu Gunsten (Nr 243,12) des Antragstellers Beginn und Lauf der Erlöschungsfrist sowie der Verjährungsfrist gehemmt. Die Hemmung beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Antrag auf Verfügung der Zahlungssperre gestellt worden ist; sie endigt mit der Erledigung des Aufgebhotsverfahrens. Ist das Verbot vor Einleitung des Verfahrens erlassen, so endigt die Hemmung auch dann, wenn die Einleitung nicht binnen sechs Monaten nach der Beseitigung des der Einleitung entgegenstehenden Hindernisses beantragt wird. II. Fassung der Regelung in der VorlZust: E I-VorlZust § 694. Durch die im § 850 a der Civilprozeßordnung bezeichnete Zahlungssperre § 694 wird zu Gunsten des Antragstellers Beginn und Lauf der Erlöschungsfrist sowie der Verjährungsfrist gehemmt. Die Hemmung beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Antrag auf Verfügung der Zahlungssperre gestellt worden ist; sie endigt mit der Erledigung des Aufgebotsverfahrens. Ist das Verbot vor Einleitung des Verfahrens erlassen, so endigt die Hemmung auch dann, wenn die Einleitung nicht binnen sechs Monaten nach der Beseitigung des der Einleitung entgegenstehenden Hindernisses beantragt wird. III. Die beschlossene Regelung lautet in der
ZustRedKom:
E I-ZustRedKom § 688 d (694). Der Beginn und der Lauf der Vorlegungsfrist sowie der VerjähS 688 d rung werden durch die von dem Aufgebotsgerichte verfügte Zahlungssperre zu Gunsten des Antragstellers gehemmt. Die Hemmung beginnt mit der Stellung des Antrags auf Zahlungssperre. Sie endigt mit der Erledigung des Aufgebotsverfahrens 696
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§803
und, falls die Zahlungssperre vor der Einleitung des Verfahrens verfügt ist, auch dann, wenn die Einleitung nicht binnen sechs Monaten nach der Beseitigung des ihr entgegenstehenden Hindernisses beantragt ist. IV. Im E l l lautet die Regelung: § 730 (694). Der Beginn und der Lauf der Vorlegungsfrist sowie der Verjährung Ε II § 730 werden durch die von dem Aufgebotsgerichte verfügte Zahlungssperre zu Gunsten des Antragstellers gehemmt. Die Hemmung beginnt mit der Stellung des Antrags auf Zahlungssperre; sie endigt mit der Erledigung des Aufgebotsverfahrens und, falls die Zahlungssperre vor der Einleitung des Verfahrens verfügt worden ist, auch dann, wenn die Einleitung nicht binnen sechs Monaten nach der Beseitigung des ihr entgegenstehenden Hindernisses beantragt worden ist. V. § 787 E II rev. (§ 786 E III) entspricht § 802 BGB.
§803
Werden für eine Schuldverschreibung auf den Inhaber Zinsscheine ausgegeben, so bleiben die Scheine, sofern sie nicht eine gegentheilige Bestimmung enthalten, in Kraft, auch wenn die Hauptforderung erlischt oder die Verpflichtung zur Verzinsung aufgehoben oder geändert wird. Werden solche Zinsscheine bei der Einlösung der Hauptschuldverschreibung nicht zurückgegeben, so ist der Aussteller berechtigt, den Betrag zurückzubehalten, den er nach Abs. 1 für die Scheine zu zahlen verpflichtet ist.
A. 1. Kommission I. 103. Sitzung vom 21. 6. 1882, Schriftführer Neubauer (nicht anwesend v. Roth) I Zu § 18 des Entwurfes : | Prot I 900 „Mit dem Zeitpunkt, zu welchem die Zahlung aus der Hauptschuldverschrei- TE-OR(Nrl) bung gefordert werden kann, hört, wofern nicht bei der Ausgabe eine andere den § 1 8 Inhabern günstigere Bestimmung getroffen worden ist, die Verzinsung des Anspruchs aus jener Verschreibung auf. Die nach der Einlösung der Hauptschuldverschreibung fällig werdenden Zinsscheine (Zinsabschnitte, Koupons) werden im Zweifel kraftlos. Dem Aussteller von verzinslichen Inhaberschuldverschreibungen steht es frei, bei der Ausgabe zu bestimmen, daß, wenn bei der Einlösung der Hauptschuldverschreibungen die mit denselben ausgegebenen, noch nicht fälligen Zinsscheine (Zinsabschnitte, Koupons) mit dem Hauptpapier nicht ausgeliefert werden, der Betrag dieser Zinsscheine an der Hauptforderung gekürzt oder der Inhaber der Hauptschuldverschreibung für den Betrag der genannten Zinsscheine Sicherheit zu leisten habe. Der zurückgehaltene Betrag ist je für den Betrag eines nicht zur Einlösung gelangten Zinsscheines nach dem Ablaufe der für letzteren geltenden Verjährungszeit 697
§803
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
oder Einlösungsfrist an den Forderungsberechtigten auszubezahlen. In gleicher Weise hat die Herausgabe der geleisteten Sicherheit zu erfolgen. Die Ansprüche hierauf verjähren binnen drei Jahren vom Ablauf der für die betreffenden Zinsscheine geltenden Verjährungszeit oder Einlösungsfrist an." war beantragt: Kurlbaum 1. den § 18 zu fassen : (Nr 103,1) „Sind zu einer Schuldverschreibung auf den Inhaber Zinsscheine ausgestellt, so I Prot 1901 bleiben diese, wenn die Hauptforderung nicht mehr verzinst zu wer-1 den braucht, in Kraft. Werden bei der Bezahlung der Hauptforderung die nach Beendigung der Verzinslichkeit fällig werdendenr Zinsscheine nicht zurückgegeben, so kann der Aussteller den Betrag dieser Zinsscheine zurückbehalten, bis dieselben zurückgegeben werden oder die Forderungen aus denselben verjährt oder erloschen sind. Der Anspruch auf Zahlung des für einen Zinsschein zurückbehaltenen Betrags verjährt in vier Jahren von dem Ablauf der für den betreffenden Zinsschein geltenden Verjährungs- oder Einlösungsfrist." Gebhard (Nr 109)
2. den § 18, wie folgt, zu fassen: „Sofern nicht etwas Anderes bestimmt ist, hört mit der Fälligkeit des Hauptanspruchs dessen Verzinslichkeit auf und werden die der Hauptschuldverschreibung beigegebenen, später verfallenden Zinsscheine (Zinsabschnitte, Coupons) kraftlos. Ist bestimmt, daß die nach der Fälligkeit der Hauptforderung verfallenden Zinsscheine in Kraft bleiben sollen, so ist der Aussteller befugt, den Betrag derjenigen Zinsscheine, welche bei Bezahlung der Hauptschuld nicht zurückgegeben werden, so lange zurückzubehalten, bis die Zinsscheine zurückgegeben worden oder die Forderungen aus denselben erloschen oder verjährt sind. Die Forderungen aus diesen Zinsscheinen erlöschen nach Ablauf von vier Jahren, gerechnet von der Fälligkeit, sofern nicht innerhalb dieses Zeitraums der Zinsschein zur Zahlung eingereicht oder die Erlassung eines Zahlungsverbots nach Maßgabe des § 30 erwirkt wird. I Prot I 902 Der Anspruch auf Zahlung des für einen | Zinsschein zurückbehaltenen Betrag verjährt mit Ablauf von vier Jahren; die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkte, in welchem der Anspruch aus dem Zinsscheine erloschen oder verjährt ist." Zunächst wurde die Frage zur Berathung gebracht, ob im Wege einer lex dispositiva im Einklänge mit dem Entwürfe und dem Antrage zu 2 der Zinsschein, soweit er erst nach der Zeit, wo die Hauptforderung aufgehoben wurde, fällig geworden ist, für kraftlos zu erklären oder ob nach Maßgabe des Antrages zu 1 das Gegentheil vorzuschreiben. Die Mehrheit entschied für den Antrag zu 1 mit der Erweiterung: Der Zinsschein bleibt in Kraft, auch wenn die Hauptforderung für die betreffende Zeit von dem Aussteller nicht oder nicht zu dem in dem Zinsscheine bezeichneten Betrage zu verzinsen war. Erwogen wurde : Für die Regelung des Entwurfs mögen immerhin erhebliche, in dem Wesen des Zinsscheins liegende Gründe sich geltend machen lassen; auch sei nicht zu leugnen, daß derselben die Praxis und der Verkehr bisher nicht selten gefolgt seien. Auf der anderen Seite sei aber nicht minder gewiß, daß die dem Antrage zu 1 zum Grunde liegende Auffassung, mindestens im Norden Deutschlands, hinsichtlich der auf bestimmte Beträge lautenden, allein in Betracht kommenden Zinsscheine bei Weitem die vorherrschende sei. Es erkläre sich dies aus einem Grunde, der nöthige, jener Auffassung im Gesetze den Vorzug zu geben. Der Aussteller 698
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§803
werde, wenn das Gegentheil gelte, genöthigt, bei Einlösung jedes einzelnen Zinsscheines zu prüfen, ob die Hauptforderung zu der entscheidenden Zeit noch bestanden habe. Eine solche Prüfung könne in den Fällen der Massenemission und wenn inmittelst Ausloosungen u.s.w. der Hauptobligationen erfolgt seien, eine sehr schwierige und zeitraubende sein. I Regelmäßig werde der Aussteller bei Ausreichung der Zinsscheine zugleich be- | Prot 1903 zwecken, der Nothwendigkeit einer solchen Prüfung auszuweichen. Daher habe auch das Gesetz von der Unterstellung einer solchen Absicht auszugehen und die Auffassung des Antrages zu 1 zu adoptiren. Dabei handele es sich selbstverständlich nur um ein lex dispositiva. Der Aussteller könne dem Zinsscheine eine andere Bedeutung beilegen. Ob es geschehen sei, müsse im einzelnen Falle unter Berücksichtigung aller Umstände geprüft werden, in welcher Beziehung der Umstand schwer ins Gewicht fallen könne, daß der Gesammtbetrag der Zinsscheine den Kapitalbetrag übersteige. Uebrigens sei der Antrag zu 1 insofern zu enge, als er die häufigen und ähnlich zu beurteilenden Fälle der Herabsetzung der Zinsen und dergleichen übergehe. Einverständniß bestand sodann darüber, daß ungeachtet der beschlossenen Vorschrift der Zinsschein nicht als ein abstraktes Versprechen zu betrachten sei, die verbriefte Schuld vielmehr im übrigen eine Zinsenschuld bleibe, welcher Charakter der Schuld bei der Entscheidung, ob Zinsen von Zinsen zu zahlen seien, welche Verjährungsfrist gelte und in ähnlichen Fällen von Wichtigkeit werden könne. Der Redaktion blieb vorbehalten zu prüfen, ob nicht die Bestimmung auf Zinsscheine, welche auf eine bestimmte Summe lauten, ausdrücklich zu beschränken sei. Es wurde zur Prüfung des zweiten und dritten Absatzes des § 18 übergegangen. Diese Absätze beruhen auf der Voraussetzung, der Zinsschein habe kraft einer besonderen Willenserklärung die Bedeutung, welche ihm nach dem obigen Beschlüsse in Ermangelung einer gegentheiligen Erklärung von Gesetzes wegen zukommt, so daß die fraglichen Bestimmungen auch zu dem erwähnten Beschlüsse passen. Der wesentliche Inhalt derselben ist in den Anträgen zu 1 und 2 nicht bekämpft | und | Prot 1904 blieb auch im Uebrigen unbeanstandet. Soweit die Anträge in Einzelheiten abweichen, wurden folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Der Präsentant soll nicht, wie der Entwurf vorschlägt, befugt sein, die Kürzung der Hauptforderung durch Sicherheitsleistung abzuwenden. Die Mehrheit besorgte von einer solchen Befugniß eine ungebührliche Benachtheiligung des Interesse des Ausstellers und schädliche Weiterungen. 2. Die in dem letzten Absätze des § 18 erwähnte Verjährungsfrist soll dieselbe sein, welche bei Berathung des folgenden § 20 als Verjährungs- oder Präklusivfrist für die Zinsscheine beschlossen werden wird. 3. Ueber die Aufnahme des letzten Satzes im vorletzten Absätze des Antrages zu 2:
„Die Forderungen aus diesen Zinsscheinen erlöschen nach Ablauf von vier Jahren, gerechnet von der Fälligkeit, sofern nicht innerhalb dieses Zeitraums der Zinsschein zur Zahlung eingereicht oder die Erlassung eines Zahlungsverbots nach Maßgabe des § 30 erwirkt wird." soll nach Berathung des § 20 beschlossen werden. Zu § 19 des Entwurfes : TE-OR (Nr 1 ) „Dividenden- und Gewinnantheilscheine, sowie sonstige, einem Inhaberpapier S 19 beigegebene, auf den Inhaber lautende Urkunden über Ansprüche von ungewissem 699
§803
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Werthe oder ungewisser Fälligkeit werden für jeden Inhaber kraftlos, sobald das Recht aus der Haupturkunde erloschen ist. Kurlbaum Das Gleiche gilt von Zins- und Dividenleisten (Talons)." (Nr 103, 2) wurde der Antrag, beide Absätze zu streichen, für jeden Absatz in getrennter Abstimmung genehmigt. I Prot I 905 | Die Gründe waren : 1. zum ersten Absatz : Der gewöhnliche, auf keine bestimmte Summe lautende Dividendenschein sei insofern ein unvollkommenes Inhaberpapier, als der Aussteller in Gemäßheit des unzweideutigen Inhalts der Verbriefung nur dann zu einer Zahlung verpflichtet sei, wenn wirklich eine Dividende erlangt werde. Dies erscheine so zweifellos, daß es nicht besonders bestimmt zu werden brauche. Der Entwurf hebe aber nur eine einzelne Konsequenz dieses Grundsatzes hervor; seine Bestimmung erscheine daher nicht allein entbehrlich, sondern auch, weil sie den Grundsatz eher zu verdunkeln, als zu verdeutlichen geeignet sei, bedenklich. Ein Gleiches gelte von den, in dem Entwürfe erwähnten, den Dividendenscheinen ähnlichen Papieren. Eher könne in Frage kommen, ob nicht andere Bestimmungen über das Recht der Inhaber der Dividendenscheine, insbesondere darüber, ob ihnen das Recht zustehe, bei Feststellung der Dividende mitzuwirken und die von den Inhabern der Hauptobligationen über die Dividendenzahlungen gefaßten Beschlüsse anzufechten, erforderlich seien. Allein solche Bestimmungen würden zu einer mißlichen Kasuistik führen (zu vergi. Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts Bd. 9 S. 273, Bd. 10 S. 212, Bd. 18 S. 153 ff.). 2. zum zweiten Absätze: In den Motiven des Entwurfs sei mit Recht ausgeführt (S. 46), in der neueren Zeit gelte der Talon überwiegend nur als ein, überdies nur unvollkommenes Legitimationspapier, so zwar, daß der Besitzer des Hauptpapiers den Vorzug behaupte. Sei dies richtig, so dürfe der § 19 des Talons keine Erwähnung thun, seine Hineinziehung bestätige weniger jene Bedeutung des Talons, als er sie vielmehr durch die Gleichstellung der Talons mit den Dividenden- und ZinsI Prot 1906 scheinen zu verneinen scheine. Freilich sei früher der Talon zum | Theil anders aufgefaßt worden und sei diese Auffassung auch in der Gegenwart noch nicht völlig verdrängt. Der anderen Auffassung liege anscheinend der Gedanke zum Grunde, durçh den Talon werde das Zinsrecht gleichsam vom Hauptrechte getrennt und besonders verbrieft, demzufolge der Talon allerdings den Charakter eines, wenn auch nur unvollkommenen Inhaberpapiers und einen ähnlichen Charakter annehme, wie er dem Dividendenscheine beiwohne, so daß er auch, wie der letztere, der Amortisation unterliege. Das Gesetz dürfe Talons dieser Art an der vorliegenden Stelle aus demselben Grunde übergehen, weshalb die Dividendenscheine keiner Erwähnung bedürften. Daß ihre Ausstellung zulässig bleibe, sei zweifellos. Ob Bestimmungen nöthig seien, welche den Charakter des Talons für den Zweifelsfall normirten, werde sich bei Berathung des § 31 ergeben, der in der fraglichen Beziehung eine vielleicht völlig ausreichende Bestimmung enthielte 1 . II. 1. Fassung der Regelung in der ZustOR: ZustOR § 131
§ 131. Sind zu einer Schuldverschreibung auf Inhaber besondere Zinsscheine (Zinsabschnitte, Koupons) auf Inhaber ausgestellt, so bleiben diese Scheine in Kraft, auch wenn die Hauptforderung von dem Aussteller nicht mehr oder nicht
ι Vgl. Quellen zu § 805 BGB.
700
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§803
mehr zu dem in den Zinsscheinen bezeichneten Betrage zu verzinsen ist. Werden solche Zinsscheine bei Vorlegung der Hauptschuldverschreibung behufs Einführung der letzteren nicht zurückgegeben, so ist der Aussteller befugt, den Zinsbetrag, den er nur in Gemäßheit der Vorschrift des vorstehenden Absatzes den Inhabern der Zinsscheine zu zahlen verpflichtet ist, an der Hauptforderung zu kürzen und solange zurückzubehalten, bis jener Anspruch aus den Zinsscheinen durch Ablauf der Einlösungsfrist oder durch Verjährung aufgehoben ist. D e r Anspruch auf Zahlung des zurückbehaltenen Betrags verjährt binnen vier Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkte, in welchem der Anspruch aus den Zinsscheinen aufgehoben ist. 2. Auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 II) wurde beschlossen, den Abs. 1 des § 684 K E (1. Fassung) in zwei Absätze aufzuteilen (Prot. I, S. 3550, 3559).
III. 1. Im KE lautet die beschlossene Regelung: § 684. Sind zu einer Schuldverschreibung auf Inhaber besondere Zinsscheine - KE S 684 Zinsabschnitte, Kupons - auf Inhaber ausgestellt, so bleiben diese Scheine in Kraft, auch wenn die Hauptforderung von dem Aussteller nicht mehr oder nicht mehr zu dem in den Zinsscheinen bezeichneten Betrage zu verzinsen ist. Werden solche Zinsscheine bei Vorlegung der Hauptverschreibung behufs Einlösung der letzteren nicht zurückgegeben, so ist der Aussteller befugt, den Zinsenbetrag, welchen er nur in Gemäßheit der Vorschriften des ersten Absatzes den Inhabern der Zinsscheine zu zahlen verpflichtet ist, an der Hauptforderung zu kürzen und so lange zurückzubehalten bis jener Anspruch an den Zinsscheinen durch Ablauf der Einlösungsfrist oder durch Verjährung aufgehoben ist. Der Anspruch auf Zahlung des zurückbehaltenen Betrages verjährt binnen vier Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkte, in welchem der Anspruch aus den Zinsscheinen aufgehoben ist. 2. Bei der zweiten Revision des K E w a r zu § 684 beantragt: 11. Abs. 2, 3 durch die Bestimmung zu ersetzen: I Proti 11843 „Werden solche Zinsscheine nicht zurückgegeben, so ist der Aussteller befugt, Kurlbaum den Zinsenbetrag, welchen er nur in Gemäßheit der Vorschrift des ersten Absatzes (Nr 580, 2 a) zu zahlen verpflichtet ist, bei Einlösung der Hauptschuldverschreibung an der Hauptforderung zu kürzen." 2. f ü r den Fall, daß es bei § 684 Abs. 2 und 3 verbleiben sollte: Gebhard (Nr 613, 3) a) in Abs. 2 gegen Ende zu setzen: „ - und solange zurück zu behalten, bis jener Anspruch aus den Zinsscheinen in Folge Ablaufes der Einlösungsfrist er-1 loschen oder bis er verjährt ist." I Proti 11844 oder, falls die Voranstellung der Verjährung nicht beanstandet wird: „und solange zurückzubehalten, bis jener Anspruch aus den Zinsscheinen verjährt oder in Folge Ablaufes der Einlösungsfrist erloschen ist." b) Abs. 3. „Der Anspruch . . . verjährt mit Ablauf von vier Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkte, in welchem der Anspruch aus den Zinsscheinen in Folge Ablaufes der Einlösungsfrist erloschen oder in welchem er verjährt ist" (oder: mit dem Zeitpunkte, in welchem der Anspruch aus den Zinsscheinen verjährt oder in Folge Ablaufes der Einlösungsfrist erloschen ist). 701
§803 v. Mandry (Nr 620, 54)
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
3. a) in Abs. 1 Zeile 2 die Worte zu streichen „ - Zinsabschnitte, Kupons b) in Abs. 1 Zeile 3 einzuschalten: „so bleiben diese Scheine, sofern sich nicht aus ihnen ein anderer Wille des Ausstellers ergiebt, in K r a f t . . (Die Vorschrift des § 684 Abs. 1 ist dispositiver Natur Prot. 502. Ob diese erkannt werden wird, ist m. E. nicht unzweifelhaft. Abgesehen hiervon aber, erscheint es bei der Doppelnatur des Zinsscheines räthlich, hervorzuheben, daß die abweichende Bestimmung gerade im Zinsscheine Ausdruck finden muß.) Beschlossen wurde 1. die Annahme des Antrages zu 1, womit der Antrag zu 2 sich erledigte.
I Prot 1 11845
12. Annahme des Antrages zu 3 a, dagegen Ablehnung des Antrages zu 3 b. Die Kommission hatte erwogen: wie in dem schon erwähnten Berichte der Königl. Preuß. Hauptverwaltung der Staatsschulden des Näheren gezeigt sei, machten die Vorschriften der bisherhigen Absätze 2 und 3 des § 684 eine Ermittelung durch die betreffenden Behörden in der Richtung erforderlich, ob ein bestimmter Zinsschein eingelöst worden sei, und sei eine solche Ermittelung bei Massenemissionen im Hinblicke auf die große Zahl von Zinsscheinen desselben Fälligkeitstermines, desselben Werthbetrages und derselben Schuldgattung, wenn auch nicht schlechthin unausführbar, so doch mit einem Aufwande von Arbeitskräften und Zeit und folgeweise mit einem Kostenaufwande verbunden, welcher außer Verhältniß zu dem in einzelnen Falle in Betracht kommenden, von der Hauptforderung gekürzten Betrage eines fehlenden Zinsscheines stehen würde. Den fraglichen Vorschriften ständen also überwiegende praktische Bedenken entgegen. Andererseits lasse sich auch eine definitive Kürzung der Hauptforderung um den Betrag der nicht zurückgegebenen Zinsscheine in dem im Abs. 2 unterstellten Falle rechtlich wohl begründen. Blieben die Zinsscheine in Kraft, auch wenn die Hauptforderung nicht oder nicht mehr zu dem in dem Zinsscheine verzeichneten Betrage zu verzinsen sei (Abs. 1), so ergebe sich hieraus die Verpflichtung des Inhabers der Hauptschuldverschreibung, welcher die letztere zur Einlösung vorlege, die nach dem fraglichen Termine fällig werdenden Zinsscheine vorzulegen, andernfalls aber das Recht des Ausstellers, einen entsprechenden Betrag von der Hauptforderung abzuziehen. Denn materiell seien solche Zinsscheine immer Verschreibungen über Zinsen (vergi. Prot. S. 903). Die Vorschriften der Absätze 2, 3 seien demgemäß durch die in dem I Prot 1 11846 | Antrage zu 1 vorgeschlagene Bestimmung, deren Fassung keinem Bedenken unterliege, zu ersetzen. Ob aber der Betrag der Zinsscheine, welche nicht vorgelegt werden können, dem Verlierer der Zinsscheine später auszuzahlen sei, werde sich nach S 691 entscheiden, zu welchem hierauf sich beziehende Anträge gestellt seien. Durch die Vorschrift des ersten Absatzes werde den Zinsscheinen auf Inhaber, welche zu einer Hauptschuldverschreibung auf Inhaber besonders ausgestellt worden, in der hier fraglichen Richtung der Charakter einer selbständigen Schuldverschreibung auf Inhaber beigelegt. Diese Vorschrift sei zweifellos dispositiver Natur. Nichts stehe im Wege, daß der Aussteller, welcher Zinsscheine dieses Charakters nicht ausstellen, sondern sich zur Einlösung der Zinsscheine nur auf so lange verpflichten wolle, als die Hauptschuldverschreibung selbst zu verzinsen sei, die Vorschrift des ersten Absatzes für die von ihm ausgegebenen Zinsscheine ausschließe. Die Berufung auf eine solche Bestimmung des Ausstellers enthalte gegenüber der dispositiven Vorschrift im Abs. 1 eine Einrede aus dem Inhalte der Zinsschuldverschreibung. Als solche unterliege diese Einrede der Vorschrift § 683, wonach sie nur berücksichtigt werde, wenn jene Bestimmung in der Zinsschuldverschreibung selbst 702
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§803
enthalten sei. Die Vorschrift des § 683 müsse, da sie die in dem Inhalte der Schuldverschreibung sich gründenden Einwendungen für zulässig erkläre, gerade dahin verstanden werden, daß Beschränkungen der Verpflichtung durch den Inhalt der Urkunde gestattet seien. Selbst solche Beschränkungen, welche mit der Natur der Schuldverschreibung auf Inhaber unverträglich seien, würden nur die Wirkung haben, daß die Urkunde als eine solche Schuldverschreibung nicht gelten könne. Die Bei-1 fügung einer Zeitbestimmung, Bedingung oder Voraussetzung sei mit der Na- | Prot 111847 tur der Verschreibung nicht unvereinbar. Hiernach sei die in dem Antrage zu 3 b vorgeschlagene Bestimmung entbehrlich. Die in dem ersten Absätze zur Verdeutlichung beigefügten Worte ,,-Zinsabschnitte, Kupons-" seien als hier überflüssig zu streichen. IV. Im E /lautet die Regelung: § 690. Sind zu einer Schuldverschreibung auf Inhaber besondere Zinsscheine auf E I § 690 Inhaber ausgestellt, so bleiben diese Scheine in Kraft, auch wenn die Hauptforderung von dem Aussteller nicht mehr oder nicht mehr zu dem in den Zinsscheinen bezeichneten Betrage zu verzinsen ist. Werden solche Zinsscheine nicht zurückgegeben, so ist der Aussteller befugt, den Zinsenbetrag, welchen er nur in Gemäßheit des ersten Absatzes zu zahlen verpflichtet ist, bei Einlösung der Hauptschuldverschreibung an der Hauptforderung zu kürzen. B. Vorkommission des Reichsjustizamtes II. 82. Sitzung vom 7. 9. 1892: I Man begann mit der Berathung des § 690. Es fand sachlich der Antrag Annah- |ProtRJA 521 me, die Vorschrift zu fassen : „Zinsscheine, welche für eine Schuldverschreibung auf Inhaber ausgegeben sind, bleiben, sofern nicht in dem Scheine das Gegentheil bestimmt ist, in Kraft, auch wenn die Hauptforderung erloschen oder in der Verzinslichkeit eine Aenderung eingetreten ist. Werden bei der Einlösung der Hauptschuldverschreibung die dazu gehörenden Zinsscheine nicht zurückgegeben, so ist der Aussteller befugt, den Zinsenbetrag der Scheine insoweit an der Hauptforderung zu kürzen, als er die Zinsen auf Grund der Vorschrift des ersten Absatzes weiter zu zahlen verpflichtet ist." Man hielt es für zweckmäßig, die dispositive Natur der Vorschrift des Abs. 1 zum Ausdruck zu bringen. In Uebereinstimmung mit § 689 (Mot. S. 701) soll die Wirksamkeit einer abweichenden Bestimmung davon abhängen, daß sie aus dem Zinsscheine selbst erhellt, damit Täuschungen des redlichen Inhabers vermieden werden. C. 2. Kommission I. Zu § 690 war beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 541; Mugdan, Bd. 2, (S. 1057) die Bestimmungen zu fassen: „Zinsscheine, die für eine Schuldverschreibung auf Inhaber ausgegeben sind, Struckmann bleiben, sofern nicht in dem Scheine das Gegentheil bestimmt ist, in Kraft, auch (Nr 243, 8) wenn die Hauptforderung erlöschen oder in der Verzinslichkeit eine Aenderung eingetreten ist. 703
§803
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Werden bei der Einlösung der Hauptschuldverschreibung die dazu gehörenden Zins-Scheine nicht zurückgegeben, so ist der Aussteller befugt, den Zinsenbetrag der Scheine insoweit an der Hauptforderung zu kürzen, als er die Zinsen auf Grund der Vorschrift des ersten Absatzes weiter zu zahlen verpflichtet ist." . . . Die Aenderungen wurden gebilligt. Wolffson Ein ferner gestellter Antrag, in dem Abs. 1 der vorgeschlagenen Fassung das (Nr 265) Wort „erloschen" durch die Worte „fällig oder kraftlos" erklärt, wurde nicht zur Abstimmung gebracht, sondern der RedKom überwiesen, nachdem sich der Antragsteller überzeugt hatte, daß die Aenderung lediglich die Redaktion betreffe. II. Fassung der Regelung in der VorlZust: E I-VorlZust S 690
§ 690. Zinsscheine, die für eine Schuldverschreibung auf Inhaber ausgegeben sind, bleiben, sofern nicht in dem Scheine das Gegentheil bestimmt ist, in Kraft, auch wenn die Hauptforderung erloschen oder die Verzinslichkeit aufgehört hat oder eine Aenderung in derselben eingetreten ist. Werden bei der Einlösung der Hauptschuldverschreibung die dazugehörenden Zinsscheine nicht zurückgegeben, so ist der Aussteller befugt, den Zinsenbetrag der Scheine insoweit an der Hauptforderung zu kürzen, als er die Zinsen auf Grund der Vorschrift des ersten Absatzes weiter zu zahlen verpflichtet ist. III. In der ZustRedKom lautet die Regelung:
E I-ZustRedKom S 690
§ 690. Sind für eine Schuldverschreibung auf den Inhaber Zinsscheine ausgegeben, so bleiben sie, sofern nicht in dem Scheine das Gegentheil bestimmt ist, in Kraft, auch wenn die Hauptforderung erloschen oder die Pflicht zur Verzinsung aufgehoben oder geändert ist. Werden solche Zinsscheine bei der Einlösung der Hauptschuldverschreibung nicht zurückgegeben, so ist der Aussteller berechtigt, den Betrag zurückzubehalten, welchen er nach Abs. 1 für die Scheine zu zahlen verpflichtet ist. IV. Fassung im E II:
E II §731
§ 731. Sind für eine Schuldverschreibung auf den Inhaber Zinsscheine ausgegeben, so bleiben die Scheine, sofern nicht in denselben das Gegentheil bestimmt ist, in Kraft, auch wenn die Hauptforderung erloschen oder die Verpflichtung zur Verzinsung aufgehoben oder geändert ist. Werden solche Zinsscheine bei der Einlösung der Hauptschuldverschreibung nicht zurückgegeben, so ist der Aussteller berechtigt, den Betrag zurückzubehalten, welchen er nach Abs. 1 für die Scheine zu zahlen verpflichtet ist. V. § 788 E II rev. (§ 787 E III) lautet wie § 803 BGB.
E. Reichstag (XII. Kommission) Zur ersten Lesung lag von Gröber der Antrag (Nr. 46,3) vor, den Abs. 2 des § 787 durch folgende Vorschrift zu ersetzen: „Sind nach dem Erlöschen der Hauptforderung Zinsscheine eingelöst, so hat der Empfänger den gezahlten Betrag mit vier vom Hundert für das Jahr zu verzinsen. Der Aussteller ist berechtigt, bei der Einlösung der Hauptschuldverschreibung diese Zinsen zurückzubehalten." - Der Antrag wurde abgelehnt (Bericht, S. 1984). 704
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§804
§804 Ist ein Zins-, Renten- oder Gewinnantheilschein abhanden gekommen oder vernichtet und hat der bisherige Inhaber den Verlust dem Aussteller vor dem Ablaufe der Vorlegungsfrist angezeigt, so kann der bisherige Inhaber nach dem Ablaufe der Frist die Leistung von dem Aussteller verlangen. Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der abhanden gekommene Schein dem Aussteller zur Einlösung vorgelegt oder der Anspruch aus dem Scheine gerichtlich geltend gemacht worden ist, es sei denn, daß die Vorlegung oder die gerichtliche Geltendmachung nach dem Ablaufe der Frist erfolgt ist. Der Anspruch verjährt in vier Jahren. In dem Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine kann der im Abs. 1 bestimmte Anspruch ausgeschlossen werden. A. 1. Kommission 1.106. Sitzung vom 18. 6. 1882, Schriftführer Neubauer I Zu S 30 des Entwurfes : „Ist ein Zinsschein (Zinsabschnitt, Koupon) oder ein Dividenden- (Gewinnantheil-)Schein abhanden gekommen oder vernichtet worden, so hat auf Antrag des letzten Inhabers (§ 25) das zuständige Gericht ein Zahlungsverbot an den Aussteller zu erlassen. Dasselbe ist auch den in der betreffenen Urkunde oder von dem Antragsteller bezeichneten Zahlungsstellen zuzustellen. Das Zahlungsverbot hat die Wirkung, daß gegen den Antragsteller weder die Verjährung noch die Einlösungsfrist beginnt oder läuft. Hat sich bis zum Ablauf der Verjährungszeit oder der Einlösungsfrist kein Inhaber der Urkunde gemeldet, so kann der Antragsteller vom Aussteller der Urkunde die Bezahlung des darauf fälligen Betrages verlangen." I lagen die Anträge vor:
| Prot I 937 TE-OR(Nrl) S 50
| Prot I 938
1. den § 30 wie folgt zu fassen : „Ist ein Zinsschein oder ein Gewinnantheilschein abhanden gekommen oder ver- Gebhard nichtet worden, so hat das für das Aufgebotsverfahren in Ansehung der Hauptur- (Nr 113) künde zuständige Gericht auf den Antrag des letzten Inhabers dem Aussteller sowie den in der betreffenden Urkunde oder von dem Antragsteller bezeichneten Zahlungsstellen die Zahlung an den Inhaber des Scheins zu verbieten, sofern nicht der Anspruch aus dem Scheine zur Zeit der Antragstellung in Folge des Ablaufs der Einlösungsfrist oder wegen eingetretener Verjährung bereits aufgehoben war. Die Vorschriften des § 840 der C.P.O. 1 finden bezüglich der Begründung des Antrags entsprechende Anwendung. Eine dem erlassenen Verbote zuwider geleistet Zahlung kann dem Antragsteller nicht entgegengehalten werden. Wird der Schein innerhalb der Einlösungsfrist nicht zur Zahlung eingereicht, so steht dem Antragsteller nach Ablauf dieser Frist der Anspruch auf Zahlung des aus dem Scheine geschuldeten Betrages zu. Der Anspruch verjährt mit Ablauf von sechs Monaten." 2. in § 30 zu bestimmen: „Der Inhaber einer Schuldverschreibung auf den Inhaber kann nach Aufhebung Kurlbaum des Anspruchs aus einem zu der Schuldverschreibung ausgegebenen Zins- oder Ge- (Nr 115) Vgl. $ 1007 Z P O .
705
§804
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
winnantheilschein die Zahlung des aus dem Scheine geschuldeten Betrages von dem I Prot 1939 Aussteller fordern, wenn er | dem Aussteller vor der Aufhebung des Anspruchs den Verlust des Scheines angezeigt und der Aussteller den Schein nicht anderweit eingelöst hat. Der Anspruch verjährt mit Ablauf von vier Jahren von der Zeit der Aufhebung des Anspruchs aus dem Zins- oder Gewinnantheilschein." 2 3. den § 30 dahin zu fassen: v. Weber »Wer bei dem zuständigen Gericht anzeigt und glaubhaft macht, daß ein zu (Nr 114) einem Inhaberpapier gehöriger Zinsschein, Rentenkoupon oder Gewinnantheilschein ihm abhanden gekommen oder vernichtet worden sei, ingleichen wer bei dem Aussteller die Vernichtung oder das Abhandenkommen anzeigt und hierbei die Haupturkunde nebst der Zinsleiste (Dividendenleiste, Talon), wenn eine solche ausgestellt worden, vorlegt, kann nach Ablauf der Frist, binnen welcher der Anspruch aus dem Zinsscheine erlischt, von dem Aussteller die Bezahlung desselben verlangen, wenn 1. die Anzeige vor Ablauf der Einlösungsfrist erfolgt ist und wenn zugleich 2. der betreffende Zinsschein innerhalb dieser Frist nicht von einem Anderen vorgelegt worden ist. Das Gericht hat, wenn die Anzeige bei ihm geschehen ist, auf Antrag sofort nach erfolgter Glaubhaftmachung den Aussteller und die von dem Antragsteller bezeichneten Zahlstellen von der Anzeige und deren Glaubhaftmachung zu benachrichtigen. Die Zuständigkeit des Gerichts bestimmt sich nach den Vorschriften in § 839 der Civilprozeßordnung 3 . I Prot 1940 I Der Anspruch des Antragstellers auf Zahlung des Betrags des Zinsscheins verjährt mit Ablauf von 4 Jahren von der Zeit an, wo die Einlösungsfrist für den Zinsschein abgelaufen ist." (zu vgl. sächs. Gesetz vom 6. März 1879 § 31). Der § 30 bezweckt die Folgen abzuschwächen, welche an das im § 24 enthaltene und gebilligte Prinzip der Nichtamortisirbarkeit der Zinsscheine u.s.w. sich knüpfen. Dem Aussteller sollen die Vortheile dieses Prinzips nicht zu Statten kommen, derselbe soll vielmehr verpflichtet sein, die in dem Scheine verbrieften Leistungen an den Verlierer zu bewirken, wenn die Scheine vor Ablauf der Erlöschungsfrist oder Verjährungsfrist nicht präsentirt sind, oder der Verlierer dem sich meldenden Inhaber gegenüber seine Rechte durchzusetzen vermag. Die Leistungspflicht ist jedoch von den Voraussetzungen abhängig gemacht, daß der Verlust noch vor Ablauf der Fristen angezeigt und ein Zahlungsverbot des für das Aufgebotsverfahren zuständigen Gerichts erwirkt ist. Während der Antrag N s 1 der Regelung des Entwurfs sich anschließt und nur in Einzelheiten von demselben abweicht, beruhen die Anträge N - 2 und 3 auf einem anderen Systeme, welches letztere sich von dem Sy-
2
D e r ursprüngliche Antrag von Kurlbaum zu § 30 (Antrag N r . 110,1) lautet: H a t der Inhaber eines Inhaberpapiers, zu welchem ein auf den Inhaber ausgestellter Zins- o d e r Gewinnantheilschein ausgegeben ist, den Verlust dieses Scheines, bevor derselbe (verjährt oder) erloschen ist, dem Aussteller angezeigt, so kann er, nachdem der Schein (verjährt oder) erloschen ist, die Zahlung des aus demselben geschuldeten Betrages von dem Aussteller fordern. — D e r Anspruch verjährt mit Ablauf von vier Jahren von dem Ablauf der f ü r den Schein geltenden (Verjährungs- oder) Einlösungsfrist.
3 Vgl. § 1005 Z P O .
706
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§804
steme des Entwurfs dadurch wesentlich unterscheidet, daß von dem Erlasse eines Zahlungsverbots abgesehen und der Aussteller demzufolge befreit wird, wenn er auch erst nach Benachrichtigung von dem Verluste den von einem Dritten präsentirten Schein einlöst. Der Antrag N 2 2 unterscheidet sich aber von dem Antrage N 2 3 wieder darin, daß er das Gläubigerrecht dem Inhaber der Hauptschuldverschreibung beilegt, I der Antrag N 2 3 dagegen denjenigen für berechtigt erachtet, welchem als letz- |Proti 941 ten Inhaber der Zinsschein u.s.w. in Verlust gerathen ist. Allseitiges Einverständniß bestand, daß die Nichtamortisirbarkeit dem Aussteller nicht zum Vortheil gereichen dürfe. Dagegen gingen die Ansichten darüber auseinander, wie das Gläubigerrecht zu bestimmen und zu regeln sei. Sowohl die Regelung des Entwurfes als die des Antrages N 2 2 fanden vielseitigen Widerspruch. Aber auch die Regelung des Antrages N 2 3 erfuhr insoweit Beanstandung, als nach ihm zur Erhaltung der Rechte die Anzeige des Verlustes nicht genügen, sondern noch die der Kognition des Aufgebotsgerichts unterliegende Glaubhaftmachung hinzutreten soll, als ferner der Inhaber des Hauptpapiers dem Verlierer des Zinsscheins u.s.w. gleichgestellt sowie von dem Erforderniß der Glaubhaftmachung befreit wird, und als endlich derjenige, der dem Aufgebotsgerichte den Verlust früher nur glaubhaft gemacht hat, später als Gläubiger gelten soll. Hiergegen wurde erinnert: Das dem Antrage zum Grunde liegende Prinzip gestatte die weit einfachere Regelung: derjenige, welcher den Verlust dem Aussteller nur angezeigt habe, sei die Leistung zu fordern berechtigt, sofern er nur nachträglich noch den Beweis des Verlustes erbringe. Nachdem beschlossen war, zunächst über den Grundsatz zu entscheiden, von welchem bei der Regelung der Einzelheiten auszugehen sei, wurde das auf dem Zahlungsverbote beruhende System des Entwurfs sowie des Antrags N 2 1, sodann das I auf dem Gläubigerrechte des Inhabers der Hauptschuldverschreibung beruhen- | Prot I 942 de System des Antrags zu 2 abgelehnt, dagegen das System gebilligt, nach welchem derjenige, welcher den Verlust dem Aussteller rechtzeitig auch nur angezeigt hat, forderungsberechtigt ist, vorausgesetzt, daß er demnächst den Verlust nachweist und daß inmittelst nicht eingelöst ist. Die Gründe der Beschlüsse waren: Das System des Entwurfes sowie des Antrages N 2 1 möge deshalb noch nicht verwerflich sein, weil darin eine Art von Amortisation sich verstecke, die sich mit der beschlossenen Nichtamortisirbarkeit schwer vertrage. Solle der Aussteller nicht der gewinnende Theil sein, so würde, auf die Rechtsstellung des Ausstellers gesehen, bei jeder Regelung immerhin eine Art von Amortisation sich ergeben. Desto wichtiger erscheine, daß an jenes System des Entwurfs ein praktischer Uebelstand der schwersten Art sich knüpfe. Durch dasselbe werde nämlich der Aussteller in die Nothwendigkeit versetzt, bei der Einlösung der Zinsscheine u.s.w. sorgfältig zu prüfen, ob nicht der eine oder andere Zinsschein u.s.w. gesperrt sei. Erwäge man, wie massenhaft die Zinsscheine der Staatsschuldbriefe u.s.w. zu der auf gewisse Kalendertage bestimmten Verfallzeit bei den Zahlstellen präsentirt würden, so leuchte die Schwierigkeit einer solchen Prüfung und der enorme damit verbundene Zeitaufwand ein. Die Zahlstellen würden gar nicht im Stande sein, die Einlösung prompt zu bewirken, diese Einlösung würde sich ungebührlich verzögern, woraus sich schwer zu übersehende Nachtheile ergeben | | Prot I 943 könnten. Die Nothwendigkeit jener Prüfung stehe auch nicht im Einklänge mit den Gründen, worauf die Nichtamortisirbarkeit der Zinsscheine u.s.w. beruhe. Wenn gleichwohl das System in einzelnen Staaten bisher zu keinen Uebelständen geführt 707
§804
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
haben solle, so lasse sich in Zweifel ziehen, ob solche nicht künftig sich fühlbar machen werden. Sicher sei, daß dieselben in Preußen — namentlich seit Verstaatlichung der Privateisenbahnen — nicht ausbleiben und auch in Ansehung der vom Reiche emittirten Schuldverschreibungen hervortreten würden. Das System könne daher um so weniger gebilligt werden, als damit nennenswerte Vortheile in keiner Weise verbunden seien. Das System des Antrags N2 2 verdiene gleichfalls keinen Beifall. An und für sich schon anfechtbar, weil es in einseitiger Weise den Inhaber der Hauptschuldverschreibung begünstige, während doch in erster Reihe der Verlierer es sei, welcher den Schutz des Gesetzes in Anspruch nehmen könne, führe es auch insofern zu großen Verwickelungen, als die mitunter schwer zu ordnenden Rechtsbeziehungen zwischen dem Inhaber der Hauptschuldverschreibung und dem Verlierer noch in Frage kämen. Hinzutrete, daß es der Ergänzung in Rücksicht auf den Fall bedürfe, wenn die Hauptschuldverschreibung zugleich mit dem Zinsscheine u.s.w. in Verlust gerathen sei und für die Zinsscheine u.s.w. nur eine kurze Erlöschungsfrist bestehe oder noch laufe. Anlangend die in dem Antrage N 2 3 vorgeschlagene Regelung, so sei die NebenI Prot 1944 einanderstellung des Verlierers und des Inhabers der Haupt-1 Schuldverschreibung um so bedenklicher, als beide konkurriren könnten, sodann die Hineinziehung des Aufgebotsgerichts, wenn sowohl Aufgebot als Zahlungssperre unterbleiben sollen, schwer zu rechtfertigen, aber auch entbehrlich; solle dem Verlierer das Gläubigerrecht gewahrt werden, so biete sich der einfache Weg dar, nur die Verlustanzeige bei dem Aussteller zu fordern, dann aber auch den Verlierer für verpflichtet zu erklären, später den Verlust nicht allein glaubhaft zu machen, sondern auch in Gemäßheit der allgemeinen Grundsätze auf Verlangen des Ausstellers zu beweisen, worin in Rücksicht auf das Prinzip der freien Beweiswürdigung und daß der Aussteller nach Erlöschung oder Verjährung des Anspruchs des Inhabers des Zinsscheins kein Interesse mehr habe, wegen drohender Verantwortung gegen einen Dritten unbegründeten Widerspruch zu erheben oder festzuhalten und auf strenger Beweisführung zu bestehen, eine besondere Erschwerung der Rechtslage des Verlierers sich nicht finden lasse. Es wurde zur Feststellung der Einzelheiten übergegangen. Einverständniß bestand : 1. Die Verlustanzeige ist wirkungslos, wenn zur Zeit derselben der Zinsschein u.s.w. durch Ablauf der Verjährungs- oder Erlöschungsfrist bereits kraftlos geworden ist. 2. Die Verlustanzeige ist wirkungslos, wenn der Schein, bevor er kraftlos geworden, dem Aussteller präsentirt ist. Durch Mehrheitsbeschluß wurde zugleich festgestellt, daß die Präsentation nicht genüge, sondern die Einlösung hinzutreten müsse. Man besorgte von dem ErforI Prot I 945 dernisse | der bloßen Präsentation Verwickelungen, einmal wegen des Beweises, sodann deshalb, weil die Erlöschungsfrist schon durch Präsentation sich erledigt, nicht auch die Verjährungsfrist. Die Mehrheit beschloß ferner, daß der Anspruch auf die in dem Scheine verbriefte Leistung binnen 4 Jahren verjähren und die Verjährung mit dem Zeitpunkte beginnen soll, in welchem die Verjährungs- oder Einlösungsfrist abgelaufen ist. Man war der Ansicht, die Bestimmung einer solchen Verjährung empfehle sich zur Beseitigung des Zweifels, ob es bei der früheren Erlöschungs- oder Verjährungsfrist dergestalt sein Bewenden behalte, daß nur der zur Zeit des Verlustes oder der Ver708
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§804
lustanzeige noch vorhandene Rest derselben laufe, und wenn nicht, ob eine neue Erlöschungs- und Verjährungsfrist von der früheren Dauer beginne. Eine kürzere als eine vierjährige Verjährung vorzuschreiben, erachtete man nicht für nothwendig, sodann auch nicht für erforderlich, besonders hervorzuheben, daß die Verlustanzeige den Beginn und Lauf der ursprünglichen Erlöschungs- und Verjährungsfrist hemme. Man war endlich auch darüber einig, daß der Aussteller befugt sei, bei der Emission der Scheine die Anwendung des § 30 auszuschließen. II. 1. Die beschlossene Regelung lautet in der
ZustOR:
§ 138. Ist ein Zinsschein, Rentenkoupon oder Gewinnantheilschein abhanden ZustOR gekommen oder vernichtet worden, so kann der bisherige Inhaber nach Eintritt des § 138 Zeitpunktes, in welchem der Anspruch aus einem solchen Schein durch Ablauf der Erlöschungsfrist oder durch Verjährung aufgehoben ist, von dem Aussteller die in dem Scheine versprochene Leistung verlangen, wenn er von dem gedachten Zeitpunkte den Verlust dem Aussteller angezeigt hat und wenn er beweist, daß ihm der Schein in Verlust gerathen ist. Der Anspruch findet nicht statt, wenn der Aussteller den Schein vor jenem Zeitpunkte eingelöst hat. Er verjährt binnen vier Jahren. 2. In § 138 ZustOR wurden in Satz 1 a.E. die Worte: „wenn er" vor „beweist" gestrichen (Antrag von Kurlbaum, Nr. 565, 13; Prot. I, S. 3282, 3287). 3. Ferner wurde auf Antrag von Kurlbaum beschlossen, in §691 KE (1. Fassung), Satz 3, statt „binnen" zu sagen „mit Ablauf von" (Prot. I, S. 3554, 3560). III. 1. Die beschlossene Regelung lautet im KE: § 691. Ist ein Zinsschein, Rentenkupon, oder Gewinnantheilschein abhanden ge- KE § 691 kommen oder vernichtet worden, so kann der bisherige Inhaber nach Eintritt des Zeitpunktes, in welchem der Anspruch aus einem solchen Scheine durch Ablauf der Erlöschungsfrist oder durch Verjährung aufgehoben ist, von dem Aussteller die in dem Scheine versprochene Leistung verlangen, wenn er vor dem gedachten Zeitpunkte den Verlust dem Aussteller angezeigt hat und beweist, daß ihm der Schein in Verlust gerathen ist. Der Anspruch findet nicht statt, wenn der Aussteller den Schein vor jenem Zeitpunkte eingelöst hat. Er verjährt mit Ablauf von vier Jahren. 2. Bei der 2. Revision des KE war zu § 691 beantragt: I 1. statt „durch Ablauf der Erlöschungsfrist oder durch Verjährung aufgehoben |Proti 11854 ist" zu setzen „in Folge des Ablaufes der Erlöschungsfrist erloschen oder in welchem er ver- Gebhard (Nr 613, 6) jährt ist." oder „verjährt oder in Folge des Ablaufes der Erlöschungsfrist erloschen ist". 2. zu dem § 691 anzumerken: Kurlbaum „In das Einführungsgesetz soll die Bestimmung aufgenommen werden : „In Ansehung der von einem Bundesstaate zu Schuldverschreibungen auf Inha- (Nr 580, 2 b) ber ausgestellten Zinsscheine kann die Anwendung des § 691 auch durch Landesgesetz ausgeschlossen werden." 3. a) den § dahin zu beschließen: „Ist ein Zinsschein, Rentenkupon oder Gewinnantheilschein abhanden gekom- v. Mandry men oder vernichtet worden, so kann der bisherige Inhaber bei dem zuständigen (Nr 620, 55) 709
§804
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
IProti 11855 Gerichte beantragen, dem Aussteller und den von | dem Antragsteller bezeichneten Zahlstellen die Bewirkung der aus dem abhanden gekommenen oder vernichteten Scheine geschuldeten Leistung zu verbieten. Auf das Verbot finden die Vorschriften des § 688 Satz 1 und 2 entsprechende Anwendung. Hat vor dem Ablaufe der Erlöschungsfrist oder der Verjährungsfrist sich ein Inhaber des Scheines nicht gemeldet, so kann der Antragsteller von dem Aussteller die in dem Scheine versprochene Leistung verlangen. Der Antrag verjährt.. (wie im Antrag Nr. 2 b Prot. S. 118444 zum § 684). b) dem § folgende Note beizufügen : „Das Einführungsgesetz wird Vorschriften über die Zuständigkeit und das Verfahren im Falle des Antrages auf Erlassung des im § 691 bezeichneten Verbotes enthalten." (Bemerk. Die gerichtliche Zahlungssperre bei Verlust von Zinsscheinen ist allerdings verworfen. Aber nach Auskunft der Prot. — vergi. S. 942 und 943 — in der Hauptsache deswegen, weil sie da, wo an demselben Kalendertage massenhaft Zinsscheine präsentirt werden, namentlich in Preußen nicht, bezw. nur mit den größten Inkonvenienzen durchführbar sei. Wenn nun von Seiten der K.preuß. Verwaltung der Staatschulden dasselbe Bedenken dem adoptirten Prinzipe der außergerichtlichen Sperre entgegengehalten (Gutachten S. 14) und wenn in Folge hiervon beanI Prot 1 11856 tragt wird, den Bundesstaaten die | Ausschließung der außergerichtlichen Sperre in Ansehung der eigenen Zinsscheine zu gestatten (s. Antrag Nr. 2), möchte es zulässig und geboten erscheinen, die prinzipielle Frage nochmals zur Diskussion und Entscheidung zu stellen. Umsomehr als von Seiten einer anderen obersten Staatsschulden-Verwaltungsbehörde (K.Württ. Finanzministerium) gegen die praktische Durchführbarkeit der außergerichtlichen Sperre gewichtige Bedenken geäußert sind. Natürlich würde eine dem Antrage Nr. 2 entsprechende Bestimmung daneben nöthig sein.) v. Weber 4. a) in der im Antrage Nr. 2 für das Einführungsgesetz vorgeschlagenen Be(Nr 582, 2) Stimmung hinter „Zinsscheine" einzuschalten „oder Rentenkupons". b) dem § 691 als Abs. 2 hinzuzufügen: „Der Aussteller kann bei Ausstellung der Schuldverschreibung bestimmen, daß der im ersten Absätze bezeichnete Anspruch ausgeschlossen sein solle. Die Bestimmung ist nur wirksam, wenn sie auf dem Zinsscheine, Rentenkupon oder Gewinnantheilscheine vermerkt ist." Folgende Beschlüsse wurden gefaßt: 1. Dem § 691 wird nachstehende Bestimmung als Abs. 2 beigefügt: In dem Zinsscheine, Rentenkupon oder Gewinnantheilscheine kann der im ersten Absätze bezeichnete Anspruch ausgeschlossen werden. I Prot 1 11857
2. Zu § 691 wird eine Note des Inhaltes auf-1 genommen: In das Einführungsgesetz wird die Bestimmung aufgenommen werden: In Ansehung der von einem Bundesstaate zu Schuldverschreibungen auf Inhaber ausgestellten Zinsscheine oder Rentenkupons kann die Anwendung des § 691 Abs. 1 auch durch Landesgesetz ausgeschlossen werden. 3. Der prinzipale Antrag zu 1 wurde angenommen. Die Kommission erwog: Bei der Berathung des §691 habe allseitiges Einver* Vgl. oben S. 701 f.
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22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§804
ständniß bestanden, daß der Grundsatz der Nichtamortisirbarkeit der Zinsscheine, Rentenkupons und Gewinnantheilscheine (§ 686) dem Aussteller regelmäßig nicht zum Vortheil gereichen solle. Bei der Prüfung, welches Mittel zu wählen sei, um denjenigen, welchem ein Zinsschein pp. abhanden gekommen oder vernichtet worden sei, das Gläubigerrecht in Uebereinstimmung mit den Grundsätzen über Schuldverschreibungen auf Inhaber möglichst zu wahren, habe man sich für die im § 691 enthaltene Vorschrift entschieden, weil durch sie ohne Nachtheil für den Inhaber und Präsentanten des betreffenden Zinsscheines pp. und ohne daß man mit dem Grundsatze der Nichtamortisirbarkeit in Widerspruch gerathe, demjenigen, welchem der Zinsschein pp. abhanden gekommen sei, ein einfacher Weg eröffnet werde, um zur Bezahlung des Zinsscheines pp. zu gelangen, ferner, weil diese Regelung zahlreichen gesetzlichen oder statutarischen Einrichtungen entspreche und vielfach auch da, wo entsprechende gesetzliche oder statutarische Bestimmungen nicht bestehen, wegen ihrer Wirkungen | auf die Aufnahme des Hauptpapieres in |Proti 11858 den Verkehr thatsächlich gehandhabt werde. Diese Gründe seien für die Beibehaltung der Regel des § 691 auch jetzt als durchschlagend zu erachten. Dabei sei aber vorausgesetzt, daß der Aussteller den Anspruch ausschließen dürfe. Die Regel umzukehren und etwa dem Aussteller zu überlassen, seinerseits zu bestimmen, daß er im Falle des Verlustes eines Zinsscheines pp. demjenigen, welcher den Verlust erlitten, den Betrag des Zinsscheines pp. nach Eintritt der im § 691 bezeichneten V o r aussetzungen auszahlen werde, gehe nicht an. N a c h der Natur des Zinsscheines als eines Inhaberpapieres sei es fraglich, ob eine nur in dem Zinsscheine ausgesprochene Verpflichtung nach Verlust des Scheines ohne dessen Amortisation geltend gemacht werden könne. Im Falle der Aufnahme des Versprechens in das Hauptpapier aber stehe ein Anspruch aus dem Hauptpapier in Frage und die Rechtsstellung des Verlierers des Zinsscheines pp. als solchen sei eine zweifelhafte, so daß durch eine positive Bestimmung zu Gunsten des letzteren eingegriffen werden müsse. Es genüge dagegen zur Wahrung des von der K.preuß. Hauptverwaltung der Staatsschulden hervorgehobenen sehr erheblichen geschäftlichen Interesses, wenn mit dem Antrage zu 4 b ausdrücklich bestimmt werde, der Aussteller könne den in der Dispositivregel des § 691 dem Verlierer eines Zinsscheines pp. gewährten Anspruch in dem Zinsscheine pp. selbst ausschließen (§ 683), und daneben mit den Anträgen zu 3 und 4 a in Ansehung der von einem Bundesstaate ausgestellten Zinsscheine und Rentenkupons die Ausschließung der Regel des § 691 auch im Wege der Landesgesetzgebung gestattet werde. Mache die Landesgesetzgebung von dieser Befugniß Gebrauch, so vertrete das Landesgesetz die Aufnahme der Bestimmung in den | Zins- | Prot 111859 schein oder Rentenkupon (§ 683). Für die vom Reiche ausgegebenen Zinsscheine brauche keine besondere Vorsorge getroffen zu werden. Die Reichsgesetzgebung sei selbstverständlich immer in der Lage, den in dem Vorbehalt für die Landesgesetzgebung bezeichneten Weg zu betreten. Das in dem Antrage zu 2 vorgeschlagene System der Zahlungssperre habe man schon bei der Berathung des § 691 geprüft und verworfen. Man habe erkannt, daß dieses System im Widerspruch mit dem Grundsatze der Nichtamortisirbarkeit der Zinsscheine pp., stehe, sofern die gerichtliche Zahlungssperre, mit Wirkung auch gegen den Präsentanten des Zinsscheines pp. eine Art von Amortisation enthalte, daß das System also die großen Nachtheile, welche die Amortisationsfähigkeit der Zinsscheine pp. im Gefolge habe, wieder einzuführen drohe. Ueberdies aber sei dieses System, wie gleichfalls schon früher erwogen worden, und neuerdings in dem Gutachten der K.Preuß. Hauptverwaltung der Staatsschulden bestätigt werde, bei Massenemissionen des Reichs oder Preußens, sowie anderer Bundesstaaten und auch größerer Korporationen nicht oder 711
§804
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
nur mit der größten Belästigung und ganz unverhältnißmäßigem Aufwand an Zeit und Kosten durchführbar (Prot. S. 942, 943). Es könne auch der für das System der (gerichtlichen) Zahlungssperre und gegen das System des Entwurfes geltend gemachte Einwand, daß nämlich der nach dem System des Entwurfes dem Verlierer des Zinsscheines pp. auferlegte Beweis des Verlustes Jenen zu hart treffe und die Prüfung dieses Beweises die betreffende Verwaltung zu sehr belästige, nicht als durchschlagend anerkannt werden. Dieser Beweis werde in seltenen Fällen direkt I Prot I 11860 geführt werden können, aber in den meisten | Fällen aus der Inhabung des Hauptpapieres und dem Umstände, daß der Zinsschein innerhalb der Frist nicht vorgelegt worden, überzeugend sich ergeben. In Ansehung des Verhältnisses der Vorschrift des S 691 zu derjenigen im § 684 könne dahingestellt bleiben, ob nach dem früheren Inhalte des § 684 dieser und der § 691 zwei selbständig nebeneinander stehende Bestimmungen enthalten hätten, von welchen die eine (§ 684) das Rechtsverhältniß bezüglich der nach der Einlösung des Hauptpapieres fällig werdenden Zinsscheine, diejenige des §691 aber das Rechtsverhältniß bezüglich der vor der Einlösung des Hauptpapieres fällig werdenden Zinsscheine im Verlustfalle geregelt habe. Dem in der vorigen Sitzung gefaßten Beschlüsse zu § 684 zufolge (Prot. S. 11844ff.5) sei nunmehr klar, daß die Zinsscheine formell selbständige Inhaberpapiere seien und daß dem Inhaber des Hauptpapieres, wenn er bei der Einlösung des letzteren die später fällig werdenden Zinsscheine nicht zurückzugeben vermöge, der durch diese Zinsscheine repräsentirte Zinsenbetrag definitiv an der Hauptforderung abgezogen werde. An sich also sei der Inhaber des Hauptpapieres solchenfalles der verlierende Theil. Aber er könne, weil jene Zinsscheine als selbständige Papiere in Kraft blieben und vom Aussteller bei der Präsentation eingelöst werden müßten, falls die Scheine ihm abhanden gekommen oder vernichtet worden seien, sofort bei der Einlösung des Hauptpapieres, bezw. unmittelbar nach dem Verlust der fraglichen Zinsscheine diesen Verlust bei dem Aussteller anmelden und sich auf dem im § 691 weiter bezeichneten Wege seine Ansprüche aus den Zinsscheinen zu wahren suchen. Aus dem Inhalte des § 684, wie er |ProtI 11861 Prot. S. 11844ff. | beschlossen worden, ergebe sich in Verbindung mit § 691 ohne weiteres, daß § 691 sich auch auf solche Zinsscheine, welche erst nach der Einlösung des Hauptpapieres fällig werden, beziehe. IV. Die beschlossene Regelung lautet im E I : E I § 697
§ 697. Ist ein Zinsschein, Rentenkupon oder Gewinnantheilschein abhanden gekommen oder vernichtet worden, so kann der bisherige Inhaber nach Eintritt des Zeitpunktes, in welchem der Anspruch aus einem solchen Scheine in Folge des Ablaufes der Erlöschungsfrist erloschen oder in welchem er verjährt ist, von dem Aussteller die in dem Scheine versprochene Leistung verlangen, wenn er vor dem gedachten Zeitpunkte den Verlust dem Aussteller angezeigt hat und beweist, daß ihm der Schein in Verlust gerathen ist. Der Anspruch findet nicht statt, wenn der Aussteller den Schein vor jenem Zeitpunkte eingelöst hat. Er verjährt mit dem Ablauf von vier Jahren. In dem Zinsscheine, Rentenkupon oder Gewinnantheilscheine kann der im ersten Absätze bezeichnete Anspruch ausgeschlossen werden. 6 5 Vgl. Fn. 4. 6 Hierzu war als Fn. beigefügt: „In das Einführungsgesetz wird die Bestimmung aufgenommen werden: In Ansehung der von einem Bundesstaate zu Schuldverschreibungen auf Inhaber ausgestellten Zinsscheine oder Rentenkupons kann die Anwendung des § 697 Abs. 1 auch durch Landesgesetz ausgeschlossen werden."
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22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§804
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Separate Anträge liegen vor. II. 82. Sitzung vom 7. 9. 1892. I In § 697 wurde in Satz 1 a.E. die Worte „und beweist, daß ihm der Schein in |ProtRJA 528 Verlust gerathen ist" gestrichen und Satz 2 dahin gefaßt: „Der Anspruch findet nicht statt, wenn der Aussteller den Schein eingelöst hat, es sei denn, daß die Einlösung nach dem bezeichneten Zeitpunkt erfolgt ist." Ein Antrag auf Streichung der Vorschrift wurde abgelehnt. Man erwog: Es erscheine unbillig, dem Verlierer eines Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheins jeden Schutz zu entziehen. Der Schutz, den Abs. 1 ihm gewähre, sei freilich durch Abs. 2 und Art. 60 des Einführungsgesetzes erheblich abgeschwächt, indessen doch nicht werthlos. Andererseits seien durch jene einschränkenden Bestimmungen die Bedenken, welche namentlich von der preußischen Staatsschuldenverwaltung gegen die Vorschrift des Abs. 1 erhoben seien, im wesentlichen beseitigt. Die Vorschrift sei zum Theil geltendes Recht und entspreche anderwärts wenigstens der thatsächlichen Uebung. Nur darin belaste der Entwurf den Aussteller zu sehr, daß er von ihm zum Ausschlüsse des dem Verlierer gewährten Anspruchs den Beweis verlange, daß er den Schein vor | dem Erlöschen oder der Verjährung des Anspruchs aus dem Scheine j ProtRJA 529 eingelöst habe. Dies würde den Aussteller nöthigen, sich bezüglich jedes eingelösten Scheines den Beweis des Zeitpunkts der Einlösung durch besondere Buchung zu sichern, eine bei großen Emissionen nahezu unerfüllbare Anforderung. Die Worte „und beweist, daß ihm der Schein in Verlust gerathen ist" seien insofern nicht zutreffend, als außerhalb eines Rechtsstreits von einem prozessualen Beweis des Verlustes gegenüber dem Aussteller nicht die Rede sein könne, während die N o t w e n digkeit des Beweises im Prozeß sich von selbst verstehe.
C. 2. Kommission I. Prot. II., Bd. 2, S. 548 ff. (Mugdan, Bd. 2, S. 1062). 1. Zu § 697 war beantragt, die Bestimmungen des Entw. zu fassen: Ist ein Zins-, Struckmann Renten- oder Gewinnantheilschein abhanden gekommen oder vernichtet worden (Nr 243, 15) und der Verlust von dem Eigenthümer des Scheines dem Aussteller vor dem Ablaufe der Erlöschungs- oder Verjährungsfrist angezeigt, so kann der Eigenthümer des Scheines dem Aussteller vor dem Ablaufe der Erlöschungs- oder Verjährungsfrist angezeigt, so kann der Eigenthümer nach dem Ablaufe der Frist von dem Aussteller die in dem Scheine versprochene Leistung verlangen. Der Anspruch findet jedoch nicht statt, wenn der Aussteller den Schein eingelöst hat, es sei denn, daß die Einlösung nach dem Ablauf der Frist erfolgt ist; er verjährt in vier Jahren. In dem Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine kann der im Abs. 1 bezeichnete Anspruch ausgeschlossen werden. Zu dem Abs. 1 der vorgeschlagenen Bestimmungen wurden folgende Unteranträge gestellt: a) in dem ersten Satze das Wort „Verjährungsfrist" entsprechend dem zu § 691 Abs. 1, 3 gefaßten Beschlüsse (oben S. 543) zu streichen; b) in dem zweiten Satze die Worte „wenn der Aussteller den Schein eingelöst hat" durch die Worte „wenn dem Aussteller der Schein zur Einlösung vorgelegt ist" zu ersetzen; 713
§804
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
c) die Verjährungsfrist von vier Jahren auf zwei Jahre herabzusetzen. Die Kom. nahm die Unteranträge a und b und mit den hieraus sich ergebenden Aenderungen den Hauptantrag an. Der Unterantrag c wurde abgelehnt, weil man die zu dessen Begründung herangezogene Analogie des zu §691 Abs. 1 nach dem Antrage 3 gefaßten Beschlusses nicht anzuerkennen vermochte. 2. Es lag der Antrag vor, die Berathung des § 697 wiederaufzunehmen und unter Aufhebung des in der vorigen Sitzung gefaßten Beschlusses den § 697 in der Fassung des Entw. anzunehmen. Die Kom. beschloß, es bei dem gefaßten Beschlüsse zu belassen und zwar wesentlich aus den S. 549, 550 angeführten Gründen. II. Die beschlossene Regelung lautet in der VorlZust: EI-VorlZust § 697. Ist ein Zins-, Renten- oder Gewinnantheilschein abhanden gekommen S 697 oder vernichtet worden und der Verlust von dem Inhaber des Scheins dem Aussteller vor dem Ablaufe der Erlöschungsfrist angezeigt, so kann der Inhaber nach dem Ablaufe der Frist von dem Aussteller die in dem Scheine versprochene Leistung verlangen. Der Anspruch findet jedoch nicht statt, wenn der Schein dem Aussteller zur Einlösung vorgelegt ist, es sei denn, daß die Vorlegung nach dem Ablaufe der Frist erfolgt ist. Der Anspruch verjährt in vier Jahren. In dem Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine kann der in Abs. 1 bezeichnete Anspruch ausgeschlossen werden. III. Fassung der Regelung in der ZustRedKom: E I-ZustRedKom § 697. Ist ein Zins-, Renten- oder Gewinnantheilschein abhanden gekommen S 697 oder vernichtet und der Verlust von dem bisherigen Inhaber dem Aussteller vor dem E II § 732 Ende der Vorlegungsfrist angezeigt, so kann der bisherige Inhaber nach dem Ablaufe der Frist die Leistung von dem Aussteller verlangen. Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der abhanden gekommene Schein dem Aussteller zur Einlösung vorgelegt oder der Anspruch aus dem Scheine gerichtlich geltend gemacht ist, es sei denn, daß die Vorlegung oder die gerichtliche Geltendmachung nach dem Ablaufe der Frist erfolgt ist. Der Anspruch verjährt in vier Jahren. In dem Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine kann der im Abs. 1 bestimmte Anspruch ausgeschlossen werden. IV. Fassung der Regelung im E II: E II § 732 § 732. Ist ein Zins-, Renten- oder Gewinnantheilschein abhanden gekommen oder vernichtet und ist der Verlust von dem bisherigen Inhaber dem Aussteller vor dem Ablaufe der Vorlegungsfrist angezeigt worden, so kann der bisherige Inhaber nach dem Ablaufe der Frist die Leistung von dem Aussteller verlangen. Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der abhanden gekommene Schein dem Aussteller zur Einlösung vorgelegt oder der Anspruch aus dem Scheine gerichtlich geltend gemacht worden ist, es sei denn, daß die Vorlegung oder die gerichtliche Geltendmachung nach dem Ablaufe der Frist erfolgt ist. Der Anspruch verjährt in vier Jahren. In dem Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine kann der im Abs. 1 bestimmten Anspruch ausgeschlossen werden. V. § 789 E II rev. (§ 788 E II) entspricht § 804 BGB. 714
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§805
§805 Neue Zins- oder Rentenscheine für eine Schuldverschreibung auf den Inhaber dürfen an den Inhaber der zum Empfange der Scheine ermächtigenden Urkunde (Erneuerungsschein) nicht ausgegeben werden, wenn der Inhaber der Schuldverschreibung des Ausgabe widersprochen hat. Die Scheine sind in diesem Falle dem Inhaber der Schuldverschreibung auszuhändigen, wenn er die Schuldverschreibung vorlegt.
A. 1. Kommission I. 106. Sitzung, vom 28. 6. 1882, Schriftführer Neubauer I Zu § 31 des Entwurfes : „Erhebt der Inhaber des Hauptpapieres mit der Anzeige, daß die dazu gehörige Zins- oder Dividendenleiste (Talon) abhanden gekommen oder vernichtet sei, bei dem Aussteller rechtszeitig Widerspruch gegen die Auslieferung neuer Zins- oder Dividenden- (Gewinnantheil-)Scheine, so wie eines neuen Talons an den Inhaber des Ta- | Ions, so ist der Aussteller verpflichtet, die neuen Scheine nur an den Inhaber des Hauptpapieres auszufolgen. Dem Letzteren hat der Aussteller auf Verlangen Bescheinigung über Anzeige und Widerspruch zu ertheilen." war beantragt den § zu fassen: „Hat der Inhaber eines Inhaberpapiers, zu welchem eine auf den Inhaber ausgestellte Anweisung zum Empfang von Zinsscheinen oder Gewinnantheilscheinen ausgegeben ist, den Verlust der Anweisung dem Aussteller angezeigt, so sind die Zins- oder Gewinnantheilscheine nicht dem Inhaber der Anweisung, sondern dem Inhaber der Haupturkunde auszuhändigen."
I Prot I 945 TE-OR (Nr 1) 5 31
| Prot I 946
Kurlbaum (Nr 110, 2)
Der wesentliche Inhalt des § 31 blieb unbeanstandet. In Anlaß des vorstehenden Antrages wurde beschlossen : 1. die Anzeige des Verlustes für genügend zu erachten, weil darin schon der in dem Entwürfe hervorgehobene Widerspruch zu finden sei; 2. den zweiten Absatz als entbehrlich zu streichen, zumal der Zweck desselben sich dadurch erreichen lasse, daß der Anzeigende der Vermittelung eines Gerichtsvollziehers sich bediene; 3. die Prüfung, ob die Begriffsbestimmung des Talons aufzunehmen, der Redaktion vorzubehalten. Der § 31 wurde übrigens für genügend erachtet, um das juristische Wesen des Talons (vgl. Protokolle S. 905, 906) erkennbar zu machen. Daß der § 31 nicht als lex absoluta aufzufassen und der Aussteller | befugt sei, ihm die Eigenschaft eines | Prot 1947 Inhaberpapieres durch besondere Bestimmung beizulegen, wurde für zweifellos und nicht für nöthig angesehen, dies im Gesetze hervorzuheben. Bei der Redaktion soll geprüft werden, ob nicht hinsichtlich der Fassung des zweiten Absatzes des § 26 der Talon besonderer Erwähnung bedürfe. Der Antrag, in einem § 31 a zu bestimmen : Kurlbaum „Ist ein auf den Inhaber lautender Zins- oder Gewinnantheilschein oder eine sol- (Nr 115, 2) che Anweisung zum Empfang von Zins- oder Gewinnantheilscheinen zu einer auf 715
§805
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Namen lautenden Schuldverschreibung ausgegeben, so finden die Vorschriften der §§ 30, 31 zu Gunsten des benannten Gläubigers entsprechende Anwendung." wurde in Rücksicht auf den allgemeinen Inhalt, welcher für den § 30 beschlossen ist, zurückgezogen. T E - O R (Nr 1) S 32
Zu § 32 des Entwurfes: „Unberührt bleiben die Vorschriften, nach welchen wegen vernichteter oder abhanden gekommener Talons die Erlassung öffentlichen Aufgebots oder deren Kraftloserklärung vorgeschrieben ist." wurde die Streichung des § beschlossen, indem man annahm:
v. Weber 1. in Ansehung des Talons, welche ausgestellt seien, bevor das Gesetzbuch in (Nr 112, 3) Kraft trete, rechtfertige sich die Streichung aus denselben Gründen, aus welchen
der erste Absatz des § 21 keine Aufnahme gefunden habe (vgl. Protokolle S. 912, 913'); 2. in Ansehung der später ausgestellten Talons erscheine der § 32 deshalb nicht passend, weil der § 30 keine lex absoluta sei. I Prot I 948 Es war der Antrag gestellt, | an passender Stelle (etwa hinter § 32) in einem besonderen § die Bestimmung einzuschalten : „Ist ein Inhaberpapier von einem Anderen als dem Aussteller zur Bezahlung übernommen worden, so findet auf den Zahlungs- oder Schuld-Uebernehmer alles dasjenige entsprechende Anwendung, was in den vorstehenden §§en von dem Aussteller bestimmt ist."2 Der Antrag wurde abgelehnt. Die Mehrheit war der Ansicht: Sei die Schuldübernahme unter Liberation des Ausstellers mit Zustimmung des Gläubigers erfolgt, liege also eine wirkliche Sukzession in Schuld vor, so sei der Fall ähnlich zu beurtheilen, wie andere Sukzessionsfälle, wie ζ. B. der durch Erbgang. Die vorgeschlagene Bestimmung erscheine also selbstverständlich. Stehe eine akzessorische Schuldübernahme in Frage, so ließen sich allgemeine Regeln wegen Verschiedenheit der Fälle nicht aufstellen; es würden kasuistische Bestimmungen nöthig werden, die sich nicht empfehlen könnten. II. Die beschlossene Regelung lautet in der ZustOR: ZustOR § 139. Ist zu einer Schuldverschreibung auf Inhaber eine auf den Inhaber lauten§ 139 de, zum Empfang von Zinsscheinen, Rentenkoupons oder Gewinnantheilscheinen ermächtigende besondere Urkunde (Talon, Zins-, Renten-, Gewinnantheils-Leiste) ausgestellt und wird von dem Inhaber der Schuldverschreibung dem Aussteller der Verlust einer solchen besonderen Urkunde angezeigt, so ist der Aussteller verpflichtet, die neuen Zinsscheine, Rentenkoupons oder Gewinnantheilsscheine nicht dem Inhaber der Schuldverschreibung zu ertheilen. III. 1. Die Regelung lautet im KE: KE § 692 § 692. Ist zu einer Schuldverschreibung auf Inhaber eine auf den Inhaber lautende, zum Empfang von Zinsscheinen, Rentenkupons oder Gewinnantheilscheinen ermächtigende besondere Urkunde — Talon, Zins-, Renten-, Gewinnantheilsleiste — ausgestellt und wird von dem Inhaber der Schuldverschreibung dem Aussteller der ι Vgl. oben S. 687. Hierzu ist im metallographierten Antrag angemerkt: zu vgl. § 34 des sächs. Gesetzes v. 6. März 1879.
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22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§805
Verlust einer solchen besonderen Urkunde angezeigt, so ist der Aussteller verpflichtet, die neuen Zinsscheine, Rentenkupons oder Gewinnantheilscheine nicht dem Inhaber der besonderen Urkunde, sondern dem Inhaber der Schuldverschreibung zu ertheilen. 2. Zur zweiten Revision vgl. Anhang II hinter § 808 unter A. III. 3. IV. Im E I lautet die Regelung: § 698. Ist zu einer Schuldverschreibung auf Inhaber ein auf den Inhaber lautender, EI § 698 zum Empfange von Zinsscheinen, Rentenkupons oder Gewinnantheilscheinen ermächtigender Erneuerungsschein ausgestellt und wird von dem Inhaber der Schuldverschreibung dem Aussteller der Verlust eines solchen Erneuerungsscheines angezeigt, so ist der Aussteller verpflichtet, die neuen Zinsscheine, Rentenkupons oder Gewinnantheilscheine nicht dem Inhaber des Erneuerungsscheines, sondern dem Inhaber der Schuldverschreibung zu ertheilen. B. Vorkommission des Reichsjustizamtes II. 82. Sitzung vom 7. 9. 1892 I Den § 698 beschloß man, eine dem § 2 Satz 2 des Bundesgesetzes vom 9. No- | Prot RJA 529 vember 1867 (B.G.B1. S. 157)3 entsprechende Fassung zu geben. Man billigte die dem Entwurf zu Grunde liegende Auffassung von der unselbständigen Natur des Erneuerungsscheins im Verhältnisse zum Aussteller und die daraus hergeleitete Bestimmung, daß die bloße Verlustanzeige des Inhabers des Hauptpapiers genüge, um den Aussteller zur Ausfolgung der neuen Zinsscheine u.s.w. an den Inhaber zu verpflichten. Die Bestimmung erschien aber zu eng gefaßt, insofern sie nur den Fall des Verlustes des Erneuerungsscheins berücksichtige, nicht auch andere Fälle, in denen der Inhaber des Hauptpapiers gegen die Auslieferung der neuen Scheine an den Inhaber des Erneuerungsscheins Widerspruch erhebe. C. 2. Kommission I. Zu § 698 E / war beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 551 ff; Mugdan, Bd. 2, S. 1063 f.): 1. Die Bestimmung des Entw. zu fassen: Ist zu einer Schuldverschreibung auf Struckmann Inhaber ein auf den Inhaber lautender, zum Empfang von Zins-, Renten- oder (Nr 243, 16) Gewinnantheilscheinen ermächtigender Erneuerungsschein ausgestellt, so ist, wenn gegen die Ausgabe der neuen Scheine an den Inhaber des Erneuerungsscheins von dem Inhaber der Schuldverschreibung Widerspruch erhoben wird, der Aussteller verpflichtet, die neuen Scheine nicht dem Inhaber des Erneuerungsscheins, sondern dem Eigenthümer der Schuldverschreibung gegen deren Vorlegung auszureichen. 3
Gemeint ist das „Gesetz, betreffend den außerordentlichen Geldbedarf des Norddeutschen Bundes zum Zwecke der Erweiterung der Bundes-Kriegsmarine und der Herstellung der Küstenvertheidigung". § 2 dieses Gesetzes lautet: „Die Zinsen dieser Anleihe und die Termine, in welchen dieselben zu zahlen sind, werden von dem Bundespräsidium festgesetzt. Nach dessen besonderer Anordnung werden über die Anleihe Schuldverschreibungen, versehen mit Coupons über die Zinsen für vier Jahre und Talons zur Erhebung neuer Zinscoupons, von der Bundes-Schuldenverwaltung ausgefertigt...".
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§805 Wolffson (Nr 267)
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
2. den § 698 wie folgt zu gestalten: Ist zu einer Schuldverschreibung auf Inhaber ein auf den Inhaber lautender Erneuerungsschein 4 ausgestellt, so gilt die Auslieferung der neuen Scheine an den Inhaber des Erneuerungsscheins gegen Rücklieferung des letzteren als Auslieferung an den Inhaber der Schuldverschreibung (oder: so wird der Aussteller durch Auslieferung der neuen Scheine an den Inhaber des Erneuerungsscheins gegen Rücklieferung des letzteren von der entsprechenden Verpflichtung befreit). 5 Wird jedoch von dem Inhaber der Schuldverschreibung Widerspruch gegen Auslieferung der neuen Scheine an den Inhaber des Erneuerungsscheins erhoben, bevor diese Auslieferung stattgefunden hat, so sind die neuen Scheine dem Inhaber der Schuldverschreibung gegen Vorlegung der letzteren auszureichen. Werden die Scheine anders als gegen Rücklieferung des Erneuerungsscheins ausgeliefert, so ist die erfolgte Auslieferung auf der Schuldverschreibung ersichtlich zu machen. 3. an Stelle des unter 2 vorgeschlagenen Abs. 2 dem § 688 eventuell hinzuzufügen: Bewirkt der Aussteller auf Grund der Schuldverschreibung eine Leistung an den Inhaber, so ist er dem Empfänger gegenüber berechtigt, die Bewirkung der Leistung auf der Schuldverschreibung zu vermerken. Die Zurückziehung dieses Vorschlags erfolgte im Laufe der Berathung zu Gunsten des Antrags, den Zusatz zu § 688 eventuell wie folgt zu fassen: Bewirkt der Aussteller auf Grund der Schuldverschreibung eine Leistung an den Inhaber, so kann er von dem Empfänger der Leistung die Ausstellung einer Quittung auf der Schuldverschreibung verlangen. Die Kom. nahm den Antrag 1 an; die übrigen Vorschläge wurden abgelehnt. II. Fassung der Regelung in der VorlZust:
E I-VorlZust § 698. Ist zu einer Schuldverschreibung auf Inhaber eine auf den Inhaber lauten§ 698 de, zum Empfang von Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheinen ermächtigender Erneuerungsschein ausgestellt, so ist, wenn gegen die Ausgabe der neuen Scheine an den Inhaber des Erneuerungsscheins von dem Inhaber der Schuldverschreibung Widerspruch erhoben wird, der Aussteller verpflichtet, die neuen Scheine nicht dem Inhaber des Erneuerungsscheins, sondern dem Inhaber der Schuldverschreibung gegen deren Vorlegung zu ertheilen.
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Hierzu ist in dem metallographierten Antrag angemerkt: Das Wort „Erneuerungsschein" kommt schon in § 189 der gedruckten Redaktionsbeschlüsse vor. Zu den anderen Scheinen gehört auch in der Regel ein weiterer Erneuerungsschein. Hierzu ist in dem metallographierten Antrag angemerkt: Einem späteren Erwerber der Schuldverschreibung, der die neuen Scheine auf Grund der Schuldverschreibung in Anspruch nimmt, würde der Einwand, daß die Scheine schon ausgeliefert seien, nicht mit Erfolg entgegengehalten werden können, wenn die Auslieferung sich nicht aus der Schuldverschreibung ergiebt (§ 689). Dasselbe würde an sich auch dann der Fall sein, wenn die neuen Scheine gegen den Talon ausgeliefert werden, zumal nach § 698 der Anspruch auf die neuen Scheine aus der Schuldverschreibung auch ohne den dazu gehörigen Talon geltend gemacht werden kann. Es bedarf also einer besonderen Bestimmung, durch die der Aussteller, der den Talon eingelöst hat, gegen abermalige Ansprüche aus der Schuldverschreibung gesichert wird. Eine solche Bestimmung enthält der erste Satz des obigen Antrages.
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22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§806
III. In der ZustRedKom lautet die Regelung § 698. Neue Zins- oder Rentenscheine dürfen an den Inhaber eines zum Emp- E I-ZustRedKom fange derselben ermächtigenden Erneuerungsscheins nicht ausgegeben werden, S 698 wenn der Inhaber der Schuldverschreibung, zu welcher der Erneuerungsschein gehört, der Ausgabe widersprochen hat. Die Scheine sind in diesem Falle dem Inhaber der Schuldverschreibung gegen deren Vorlegung auszuhändigen. IV. 1. Fassung der Regelung im E II·. § 733. Neue Zins- oder Rentenscheine dürfen an den Inhaber eines zum Emp- E II § 733 fange derselben ermächtigenden Erneuerungsscheins nicht ausgegeben werden, wenn der Inhaber der Schuldverschreibung, zu welcher der Erneuerungsschein gehört, der Ausgabe widersprochen hat. Die Scheine sind in diesem Falle dem Inhaber der Schuldverschreibung auf deren Vorlegung auszuhändigen. 2. Zur Revision des E II lag der Antrag von Gebhard (Nr. 3, 19) vor, im § 733 Satz 1 die Worte: „zum Empfange derselben ermächtigenden" zu streichen; (Redaktionell: die Definition des Talon soll im § 1986 als der ersten, den Erneuerungsschein erwähnenden Stelle erfolgen; vergi. Entw. I § 693 Abs. 1 ; Prot, der Komm. I S. 946; Mot. II S. 707). — Der Antrag wurde der RedKom. überwiesen (Prot. II, Bd. 2 S. 143; Mugdan, Bd. 2, S. 1065). V. § 790 E II rev. (S 789 E III) entspricht § 805 BGB.
§ 806
Die Umschreibung einer auf den Inhaber lautenden Schuldverschreibung auf den Namen eines bestimmten Berechtigten kann nur durch den Aussteller erfolgen. Der Aussteller ist zur Umschreibung nicht verpflichtet.
A. 1. Kommission I. 107. Sitzung vom 30. 6. 1882, Schriftführer Neubauer I Zu § 34 des Entwurfes : | Prot I 951 „Die Zuschreibung eines auf den Inhaber lautenden Papieres auf den Namen TE-OR(Nr 1) eines bestimmten Berechtigten kann nicht einseitig durch den jeweiligen Besitzer S oder auf seinen Antrag, sondern nur im Einverständniß des Ausstellers durch diesen selbst oder die von ihm diesfalls bestellte Person, Behörde oder Stelle mittelst einer auf dem Inhaberpapier selbst beizusetzenden Erklärung giltig erfolgen. Wenn und solange ein Papier auf Namen eines bestimmten Berechtigten giltig zugeschrieben ist, leiden die Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes auf dasselbe keine Anwendung. Auch die Rückverwandelung einer solchen Urkunde in ein Inhaberpapier kann nur durch eine entsprechende, der Urkunde beizufügende Erklärung des Ausstellers
6 Vgl. § 234 BGB.
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§806
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
erfolgen. Dieser haftet dem bisherigen Berechtigten dafür, daß die Rückverwandlung nur mit Einwilligung des Letzteren erfolgte. Im Uebrigen richten sich die Förmlichkeiten der Namenszuschreibung und der Rückverwandlung nach den Ausgabebedingungen (§ 11). I Prot 1952 | Eine Umwandlung von auf den Inhaber lautenden, unverzinslichen, auf Sicht zahlbaren Schuldverschreibungen, von Koupons und Dividendenscheinen in Namenpapiere (Abs. 1) ist unzulässig." lagen die Anträge vor: Kurlbaum 1. statt dessen zu bestimmen: „Die Zuschreibung eines auf den Inhaber lauten(Nrll0,4) den Papiers auf den Namen eines bestimmten Berechtigten kann nur durch den Aussteller erfolgen. Vermerke, welche durch andere Personen auf ein solches Papier gesetzt werden, sind gegen den Aussteller ohne Wirkung." Schmitt (Nr 106)
2. zu bestimmen: „Die Festmachung der Inhaberpapiere (Außerkursssetzung, Vinkulirung, Umschreibung auf Namen; Wieder-Inkurssetzung, Devinkulirung, Umschreibung auf den Inhaber) bestimmt sich nach den Landesgesetzen." Es wurden folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Der erste Absatz des § 34 gelangte zur Annahme, jedoch unter Vorbehalt der bei der Redaktion zu treffenden Entscheidung, ob und inwiefern die einfachere Fassung des ersten Satzes des Antrags Ν 2 1 vorzuziehen sei. 2. Die Absätze 2 bis mit 5 des § 34, sowie der zweite Satz des Antrags Ν 2 1 sollen keine Aufnahme finden.
3. Bei der Berathung des Einführungsgesetzes wird geprüft und entschieden werden, ob dem letzteren eine dem Antrage N 2 2 entsprechende Bestimmung einzuverleiben sei. Erwogen war: Vom juristischen Standpunkte lassen sich die Richtigkeit der im ersten Absätze des § 34 enthaltenen Bestimmung nicht in Zweifel ziehen. Ohne den Willen des Ausstellers könne die Schuldverschreibung auf Inhaber nicht in eine Schuldverschreibung auf Namen, die an die erstere sich knüpfende, besonderen Rechtsregeln unterliegende Forderung nicht in eine, nach den gewöhnI Prot I 953 liehen Rechtsnormen zu beurtheilende | und in einer bloßen Beweisurkunde verbriefte Forderung verwandelt werden. Die Verwandlung erfordere das Einverständniß zwischen Inhaber und Aussteller, die Einziehung des Inhaberbriefes und die Ausstellung einer neuen, der veränderten Rechtslage entsprechenden Urkunde von Seiten des Ausstellers. Werde der Inhaberbrief von dem Aussteller auf den Namen des dermaligen Inhabers umgeschrieben, so sei darin nichts weiteres, als ein kurzes Verfahren für die erwähnte Umwandelung zu finden, ein Verfahren, welches mit einigen Vortheilen verbunden sei und dessen Zulässgkeit oder Zulänglichkeit für den zu erreichenden Zweck keinen ernsten Bedenken unterliege. Demzufolge stelle der erste Absatz sich allerdings als entbehrlich dar. Gleichwohl erscheine seine Aufnahme rathsam Behufs Verdeutlichung des Gesetzes und um klar und bestimmt der in einigen Partikularrechten zur Geltung gelangten Auffassung entgegenzutreten, der dermalige Inhaber vermöge, wenn auch nicht den Aussteller zu zwingen, die Umschreibung zu bewirken, doch durch einen einseitigen Akt, indem er selbst das Papier mit einem geeigneten Vermerke versehe oder durch eine Behörde versehen lasse, eine jener Verwandelung ganz oder zum großen Theil gleichkommende Rechtsänderung herbeizuführen. Dagegen liege kein Bedürfniß vor, auch die als richtig nicht zu bezweifelnden Absätze 2, 3 und 4 des § 34 720
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§806
aufzunehmen, während dessen letzter Absatz eine positive Beschränkung enthalte, deren Nothwendigkeit oder Zweckmäßigkeit deshalb nicht anerkannt werden könne, weil der Aussteller jede Umwandelung ablehnen dürfe. Auch der zweite Satz des Antrages zu 1 müsse übergangen werden, denn, was er enthalte, sei selbstverständlich, außerdem insofern nicht unbedenklich, als die Hervorhebung der Wirkungslosigkeit nur gegen den Aussteller Mißverständnisse erzeugen könne. Das nur partikularrechtlich begründete Institut der sogenannten Außerkurssetzung bezw. Vinkulirung sei, wie aus dem obigen erhelle, positiver Natur. Werde es im Gesetzbuche übergangen, so sei es verneint und beseitigt. In der neueren Zeit immer | nachdrücklicher bekämpft, sei es auch sicherlich nicht geeignet, im Gesetz- | Prot 1954 buche anerkannt und in Gebieten eingeführt zu werden, denen es bisher fremd geblieben sei. Andererseits lasse sich nicht verkennen, daß manche Zweckmäßigkeitsgründe für dasselbe geltend zu machen seien. Diese Gründe verlören allerdings ihr Gewicht, wenn der Aussteller verpflichtet sei, dem Verlangen des Inhabers auf Umwandlung zu entsprechen. Es könne aber keine Rede davon sein, dem Aussteller allgemein eine solche Verpflichtung aufzuerlegen. In Ermangelung dieser Verpflichtung müsse die Frage sich aufdrängen, ob das erwähnte Institut für alle Gebiete entbehrlich sei. Hierüber mit Sicherheit zu urtheilen, sei gegenwärtig kaum möglich, aber auch jetzt nicht die passende Zeit, die Entscheidung zu fällen. Sollte für einige Gebiete das Institut erforderlich sein, so würde das Einführungsgesetz eine Bestimmung aufzunehmen haben, welche den Landesgesetzen die Beibehaltung oder Einführung desselben gestatte. Die Erledigung der Frage sei also bis zur Berathung des Einführungsgesetzes zu vertagen, bis wohin auch die nöthigen Aufklärungen beschafft sein werden, in welcher Beziehung nicht ohne Belang sei, daß der Gegenstand in der neuesten Zeit vielfach erörtert worden und weitere Erörterungen in Aussicht ständen. Bei der jüngsten Berathung des Preußischen Volkswirtschaftsraths scheine die Preußische Regierung Zweifel geäußert zu haben, ob es angänglich sein werde, in Preußen das fragliche Institut auch bei solchen Papieren zu unterdrücken, welche der Aussteller auf Namen umzuschreiben nicht verpflichtet sei und nicht verpflichtet werden könne. Man verständigte sich sodann noch über zwei Punkte : 1. Der § 34 enthält kein jus cogens, was jedoch nicht ausgedrückt zu werden braucht. 2. Inwiefern der § 34 rückwirkende Kraft habe, bleibt eine offene Frage, die nur in Verbindung mit der Entscheidung über die rückwirkende Kraft des Gesetzbuchs im Allgemeinen sich lösen läßt.
II. Die beschlossene Regelung lautet in der ZustOR (im KE, Ε Γ) : §141. Die Umschreibung einer auf den Inhaber lautenden Schuldverschreibung auf ZustOR § 141 den Namen eines bestimmten Berechtigten kann nur durch den Aussteller erfolgen. KE § 694 Der Aussteller ist zu einer solchen Umschreibung nicht verpflichtet. EI $ 7 0 0
Β. Vorkommission des Reichsjustizamtes Vgl. Materialien zu § 798 BGB. 721
§807
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
C. 1. Kommission. I. Der § 700 blieb unbeanstandet. Der Vorsitzende stellte dies fest, nachdem hervorgehoben worden war, daß dem Wegfalle der einseitigen Außerkurssetzung durch den Inhaber sämmtliche Bundesregierungen mit Ausnahme einer einzigen zugestimmt haben (Prot. I, Bd. 2, S. 555; Mugdan, Bd. 2, S. 1065). II. § 700 E I- VorlZust lautet wie $ 700 E I. III. IV, V. § 700 E I-ZustRedKom (§ 734 E II; § 791 £ II rev.; § 790 E III) entspricht § 806 BGB.
§807 Werden Karten, Marken oder ähnliche Urkunden, in denen ein Gläubiger nicht bezeichnet ist, von dem Aussteller unter Umständen ausgegeben, aus welchen sich ergiebt, daß er dem Inhaber zu einer Leistung verpflichtet sein will, so finden die Vorschriften des § 793 Abs. 1 und der §§ 794, 796, 797 entsprechende Anwendung.
A. 1. Kommission I. 107. Sitzung vom 30. 6. 1882, Schriftführer Neubauer I Prot I 955 Planck (Nr 116)
I Es lag der Antrag vor: 1. an passender Stelle (etwa hinter § 34) folgenden Paragraphen einzuschalten : „Wenn die Urkunde, durch welche Jemand eine Leistung an jeden Inhaber derselben verspricht, der im § 13 vorgeschriebenen Form ermangelt, aber mit solchen Zeichen oder Merkmalen versehen ist, welche die Person des Ausstellers und den Gegenstand der Leistung außer Zweifel setzen, so finden die Vorschriften der §§15 bis 17, 22, 23, 33, 34 Absatz 1 — 3 entsprechende Anwendung." Von anderer Seite war beantragt
v. Weber 2. an Stelle der vorstehend beantragten Vorschrift folgende Bestimmung aufzu(Nr 117) nehmen: „Auf Urkunden, welche nicht das Versprechen der Leistung an den Inhaber, sondern nur das Versprechen des Ausstellers enthalten, eine (dem Gegenstande nach bestimmte?) Leistung gegen Vorzeigung der Urkunde ohne Bezeichnung einer bestimmten Person als Gläubiger zu bewirken und die Vorzeigung der Urkunde als Ausweis für die Berechtigung des Vorzeigers zur Forderung der Leistung gelten zu lassen, finden die Vorschriften der SS 13 bis 32 keine Anwendung. Dem Inhaber einer solchen Urkunde steht die Vermuthung zur Seite, daß er die Leistung zu fordern berechtigt sei. Der Aussteller ist zur Prüfung dieser Berechtigung nicht verpflichtet, er ist jedoch berechtigt, dem unredlichen Erwerber die Leistung zu verweigern. I Prot 1956 | Der Aussteller kann dem Inhaber der Urkunde gegenüber sich auch solcher Einreden bedienen, welche ihm gegen seine Verpflichtung zu der Leistung aus der Person eines Rechtsvorgängers des Inhabers zustehen. Der namensunterschriftlichen Vollziehung des Ausstellers bedürfen solche Ur722
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§807
künden nicht, wenn sie nur Zeichen oder Merkmale enthalten, welche die Person des Ausstellers außer Zweifel setzen." 3. Ein drittes Mitglied brachte in Vorschlag, in dem proponirten neuen § zu be- Kurlbaum stimmen: „Auf Billets, Karten, Marken und ähnliche Urkunden, welche mit dem Willen und zu dem Zwecke ausgegeben sind, den Ausgeber zu verpflichten, an den jeweiligen Inhaber einer Leistung zu bewirken, finden die §§ 15, 16, 17 entsprechende Anwendung." Der letztgedachte Vorschlag fand die Billigung der Mehrheit, womit die beiden anderen Vorschläge für erledigt galten. Der Beschluß beruhte auf der Erwägung : Die der näheren Prüfung zu unterziehenden Urkunden unterschieden sich von den bisher behandelten dadurch, daß sie regelmäßig den Gegenstand der Leistung gar nicht oder nur sehr unvollkommen, oft nicht einmal den Aussteller ergäben, auch fast durchgehends der Vollziehung entbehrten. Ihre Bedeutung könne eine sehr verschiedene sein. Mitunter wohne ihnen nur der Charakter einer Legitimationsurkunde bei, nicht selten müsse ihnen die Eigenschaft beigelegt werden, welche der Vorschlag Nr. 2 für sie in Anspruch nehme. Ausgeschlossen sei | aber auch nicht, daß sie gerade so wie die bisher behandel- | Prot 957 ten Schuldverschreibungen auf Inhaber dem jeweiligen Inhaber ein selbständiges, nicht abgeleitetes Gläubigerrecht verschaffen sollen. Würden von dem Gesetze die Schuldverschreibungen auf Inhaber mit den beschlossenen Wirkungen anerkannt, so liege hierin noch kein Grund, die Anerkennung auch auf jene anderen Urkunden auszudehnen. Behaupten lasse sich nur, eine solche Anerkennung entbehre nicht einer gewissen Konsequenz und erscheine anstandslos, wenn der Verkehr solche anderen Urkunden aufweise, denen mehr oder weniger die in Frage stehende rechtliche Bedeutung beigelegt werde und die eine solche Bedeutung nach dem Willen des Ausstellers haben sollen. Diese Voraussetzung lasse sich aber schwerlich verneinen, worin zugleich ein Beweis für das Bedürfniß, Urkunden der gedachten Art zuzulassen, gefunden werden müsse. Wenn das Gesetz sich schweigend verhalte, so würden solche Urkunden mit der bezweckten rechtlichen Wirkung nicht ausgegeben werden können. Werde umgekehrt die Zulässigkeit ausgesprochen, so folge daraus keineswegs, daß jede Urkunde der fraglichen Art, durchgehends nach den für die Schuldverschreibungen auf Inhaber geltenden Normen zu beurtheilen sei. In dieser Beziehung müsse der in jedem einzelnen Falle zu ermittelnde Wille des Ausstellers den Ausschlag geben, wobei die Verkehrssitte nicht selten erheblich werden könne. Der Wille des Ausstellers sei auch für die Entscheidung der Vorfrage durchschlagend, ob nicht eine bloße Legitimationsurkunde vorliege. Die Ermittelung sowohl in I der einen als auch in der anderen Beziehung möge mitunter schwierig sein, | Prot I 958 darin dürfe jedoch kein Grund gefunden werden, die Zulassung abzulehnen. Man dürfe auch nicht einwenden, die Zulassung vertrage sich wenig mit dem für die Schuldverschreibung auf Inhaber beschlossenen Grundsatze, wonach die Schuldverschreibung für sich allein in Ansehung des Rechtsverhältnisses bestimmend sei und daher sowohl den Schuldner als den Inhalt der Verpflichtung ergeben, auch von dem Schuldner unterschrieben sein müsse. Bei den Urkunden der jetzt in Rede stehenden Art seien es dem Aussteller gegenüber anderweit zu erweisende Thatsachen, welche zur Ersetzung des mangelhaften Inhalts oder der mangelhaften Beschaffenheit der Urkunde dienten. Auch bei ihnen stehe das Versprechen des Ausgebers, dem jeweiligen Inhaber zu leisten, im Vordergrunde und bilde für die juristische Konstruktion den Schwerpunkt. Die Besonderheit bestehe nur darin, daß die 723
§807
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Urkunde nicht zugleich das Versprechen, den Schuldner und — was von besonderer Wichtigkeit sei — den Kreis der vorbehaltenen Einreden ergebe. Ueber die einfache Zulassung hinauszugehen und interpretative Regeln aufzustellen oder zu bestimmen, welcher Wille vermuthet werde, sei nicht möglich. Jede derartige Rechtsnorm würde bei der Vielgestaltigkeit des Verkehrs nur Nachtheile stiften und nur zu oft unbeachtet bleiben. Die Unvollkommenheit der Regelung sei bei der Lage der Dinge ein nicht zu vermeidendes Uebel. Endlich sei es genügend, die §§ 15, 16, 17 für entsprechend anwendbar zu erklären. Die entsprechende Anwendbarkeit der |Prot I 959 §§ 33 und 34 sei kein Bedürfniß, während die Anwendbarkeit | der §§ 22, 23 sich durch die beschlossene Streichung derselben erledige und bei der Berathung des Sachenrechts zu beachten sein werde. II. 1. Fassung der beschlossenen Regelung in der ZustOR : ZustOR $ 143
§ 143. Erhellt im Falle der Ausgabe von Billets, Karten, Marken und ähnlichen Urkunden der Wille des Ausstellers, dem jeweiligen Inhaber zu einer Leistung verpflichtet zu sein, so finden die §§ 126 Abs. 1, 128, 129, 130 entsprechende Anwendung.* (* Da in dem § 143 nur von entsprechender Anwendung die Rede, § 127 aber nicht zitirt ist, so ist genügend ersichtlich, daß die Einrede der Ungültigkeit zulässig ist, sowohl wenn die Gültigkeit der Ausstellung als auch wenn die Gültigkeit der Ausgabe angefochten wird.) 2. Aufgrund eines während der Berathung gestellten Antrags wurde beschlossen, in § 696 KE (1. Fassung) statt „Billets" zu sagen: „Billeten" (Prot. I, S. 3561).
KE $ 696
E I S 702
III. Im KE lautet die beschlossene Regelung : § 696. Erhellt im Falle der Ausgabe von Billeten, Karten, Marken und ähnlichen Urkunden der Wille des Ausstellers, dem jeweiligen Inhaber zu einer Leistung verpflichtet zu sein, so finden die Bestimmungen des § 679 Abs. 1 und der §§ 681 bis 683 entsprechende Anwendung. IV. Fassung der Regelung im E I : § 702. Erhellt im Falle der Ausgabe von Billeten, Karten, Marken und ähnlichen Urkunden der Wille des Ausstellers, dem jeweiligen Inhaber zu einer Leistung verpflichtet zu sein, so finden die Vorschriften des § 685 Abs. 1 un der §§ 687 und 689 entsprechende Anwendung. B. Vorkommission des Reichsjustizamtes II. 82. Sitzung vom 7. 9. 1892
I Prot RJA 530
| Den § 702 beschloß man, durch eine Vorschrift des Inhalts zu ersetzen, daß, wenn Karten, Billete, Marken und ähnliche Urkunden ausgegeben werden und der Wille des Ausstellers erhellt, dem jeweiligen Inhaber zu einer Leistung verpflichtet zu sein, die Vorschriften des § 685 Abs. 1 und der §§ 686 bis 689 entsprechende Anwendung finden. Man erwog: Dem Entwurf sei darin beizustimmen, daß auf die in § 702 bezeichneten Urkunden lediglich dann die angeführten Bestimmungen über die Schuldverschreibung auf Inhaber Anwendung finden können, wenn dies dem durch Auslegung zu ermittelnden Willen des Ausstellers entspreche. Die Anwendbarkeit jener 724
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§807
Bestimmungen lasse sich auch nicht als Regel festsetzen dergestalt, daß dem Aussteller der Beweis einer entgegengesetzten Absicht auferlegt werde. Dagegen lasse der Entwurf unklar, ob dem Aussteller solcher Urkunden der Einwand gestattet sein solle, er habe die Urkunde nicht ausgegeben, die Fassung des Entwurfs und die Nichtanführung des § 686 unter den entsprechend anwendbaren Vorschriften scheine für die Bejahung dieser Frage zu sprechen. Eine unbeschränkte Zulassung dieses Einwandes sei jedoch mit dem Interesse des Verkehrs nicht vereinbar. Ebensowenig aber könne der § 686 auf die hier fraglichen Urkunden unverändert in der Art Anwendung finden, daß derjenige, welcher sich Karten, Marken u.s.w. zu späterer Verwendung in seinem Betriebe habe anfertigen lassen, dem Inhaber auch dann hafte, wenn er mit der Ausgabe der Karten u.s.w. noch nicht begonnen habe. Vielmehr müsse der Anspruch des Inhabers davon abhängig gemacht werden, daß überhaupt Karten u.s.w. der im einzelnen Falle fraglichen Art von dem Aussteller ausge- I geben werden; wenn der Inhaber dies beweise, dürfe ihm aber der Ausstel- | Prot RJA 531 1er den Einwand nicht entgegensetzen, daß gerade die einzelne in Frage stehende Karte ohne seinen Willen in den Verkehr gelangt sei. In diesem Sinne müsse auch § 686 auf die hier fraglichen Urkunden entsprechende Anwendung finden. C. 2. Kommission I. Zu 5 702 E I war beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 561 f.; Mugdan, Bd. 2, S. 1069). Beantragt war: 1. die Bestimmung zu fassen: Struckmann Werden Karten, Billete, Marken und ähnliche Urkunden, in welchen ein Gläubi- (Nr 243, 18) ger nicht bezeichnet ist, von dem Aussteller unter Umständen ausgegeben, aus denen sich ergiebt, daß er dem Inhaber der Urkunde zu einer Leistung verpflichtet sein will, so finden die Vorschriften des § 685 Abs. 1 und der §§ 686 bis 689 entsprechende Anwendung. 2. in dieser Fassung dem „Abs. 1" hinzuzufügen „Satz 2".
Jacubezky
Die Kom. entschied sich für den Antrag 1 ; der Antrag 2 wurde der RedKom zur Berücksichtigung überwiesen. II. § 702 E I-VorlZustlautet
^
wie der Antrag von Struckmann (Nr. 243, 18).
III. Fassung der Regelung in der
ZustRedKom:
§ 702. Werden Karten, Marken oder ähnliche Urkunden, in welchen ein Gläubi- E I-ZustRedKom ger nicht bezeichnet ist, von dem Aussteller unter Umständen ausgegeben, aus de- S 702 nen hervorgeht, daß er dem Inhaber zu einer Leistung verpflichtet sein will, so finden die Vorschriften des § 685 Abs. 1 und der §§ 686, 687 a, 688 entsprechende Anwendung. IV. Fassung im E II: § 735. Werden Karten, Marken oder ähnliche Urkunden, in denen ein Gläubiger E II § 735 nicht bezeichnet ist, von dem Aussteller unter Umständen ausgegeben, aus welchen hervorgeht, daß er dem Inhaber zu einer Leistung verpflichtet sein will, so finden die Vorschriften des § 722 Abs. 1 und der §§ 723, 725, 726 entsprechende Anwendung. V. § 792 E II rev. (§ 791 E III) entspricht § 807 BGB. 725
§808
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
§808 Wird eine Urkunde, in welcher der Gläubiger benannt ist, mit der Bestimmung ausgegeben, daß die in der Urkunde versprochene Leistung an jeden Inhaber bewirkt werden kann, so wird der Schuldner durch die Leistung an den Inhaber der Urkunde befreit. Der Inhaber ist nicht berechtigt, die Leistung zu verlangen. Der Schuldner ist nur gegen Aushändigung der Urkunde zur Leistung verpflichtet. Ist die Urkunde abhanden gekommen oder vernichtet, so kann sie, wenn nicht ein Anderes bestimmt ist, im Wege des Aufgebotsverfahrens für kraftlos erklärt werden. Die im § 802 für die Verjährung gegebenen Vorschriften finden Anwendung.
A. 1. Kommission I. a) 107. Sitzung vom 30. 6. 1882, Schriftführer Neubauer I Prot 1 9 5 9 I Der § 35 des Entwurfes: T E - O R (Nr 1) „Ist in einer Urkunde der Gläubiger genannt oder auf eine bestimmte Person als § 3 5 Gläubiger hingewiesen, soll aber die darin bezeichnete Forderung an jeden Inhaber
der Urkunde zahlbar sein, so kann der in der Urkunde nicht als Gläubiger bezeichnete Inhaber die Leistung von dem Schuldner nicht verlangen, der Letztere aber sich von der Verbindlichkeit durch Leistung an jeden Inhaber befreien." blieb in sachlicher Hinsicht unbeanstandet. TE-OR (Nr 1 )
§ 36
D e r § 36 d e s E n t w u r f e s :
„Unberührt bleiben landesgesetzliche Bestimmungen über die Kraftloserklärung der in § 35 bezeichneten Legitimationspapiere oder über das öffentliche Aufgebot derselben." wurde gestrichen. Die Gründe waren : Der § werde entbehrlich durch die an anderer Stelle zu erledigende allgemeinere Frage, inwiefern Urkunden, die nicht zu den Schuldverschreibungen auf Inhaber und zu den Ordrebriefen gehören, für kraftlos zu erklären oder zu amortisiren seien (zu vgl. Dresdener Entwurf Art. 355 1 ). b) 108. Sitzung vom 3. 7. 1882, Schriftführer Neubauer
I Prot 1961
I Es wurde zur Sprache gebracht, ob es nicht nothwendig sein werde, im Anschluß an die Vorschriften über die Schuldverschreibungen auf Inhaber auch Rechtsnormen über die Schuldverschreibungen an Ordre in das Gesetzbuch aufzunehmen. Bei der engen Verwandtschaft, welche zwischen beiden Arten von Schuldverschreibungen bestehe, wurde geltend gemacht, werde es nicht zu vermeiden sein, einen großen Teil der für die Inhaberpapiere beschlossenen Vorschriften auf die
1
Art. 3.55 Dresd. Entwurf lautet: Ist dem Gläubiger ein Schuldschein über die Forderung ausgestellt worden, so kann der Schuldner, nach Tilgung der Schuld, neben der Quittung auch Rückgabe des Schuldscheins fordern. Behauptet der Gläubiger, daß der Schuldschein zu Grunde gegangen oder verloren worden sei, so kann der Schuldner nach geleisteter Zahlung oder nach gerichtlicher Hinterlegung des Schuldbetrages fordern, daß der Gläubiger das Erloschensein der Schuld in einer öffentlich beglaubigten Urkunde erkläre. In wie weit Kraftloserklärung des Schuldscheins verlangt werden könne, ist nach den Bundesgesetzen zu beurtheilen.
726
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§808
Ordrepapiere auszudehnen, insbesondere auch die Ausstellung der letzteren in ähnlicher Art wie die der ersteren freizugeben, während zugleich zu prüfen sein werde, ob besondere Vorschriften für diejenigen Forderungspapiere an Ordre nötig seien, deren Eigenthümlichkeit nur darin bestehe, daß die Uebertragung des Forderungsrechts mit der Wirkung des Zession im Wege des Indossaments erfolge und die Einrede der Leistung aus der Person der Vormänner unstatthaft sei. Man verständigte sich dahin : Die Rechtsnormen über die Ordrepapiere seien, weil sie im Wechselrecht sich entwickelt und in der Wechselordnung ihren Sitz hätten, der Revision des Handelsrechts vorzubehalten, was nicht ausschließe, daß bei dieser Revision auf die | Vor- | Prot 1962 Schriften des Gesetzbuchs über die Inhaberpapiere Rücksicht zu nehmen sei und daß bei der Berathung des auf die Zession sich beziehenden Abschnitts geprüft werde, ob es besonderer Bestimmungen über die unvollkommenen Ordrepapiere bedürfe. II., III., IV. Fassung der Regelung in der ZustOR (im KE, Ε Γ) : § 144. Ist eine Urkunde, in welcher der Gläubiger genannt oder auf eine be- ZustOR § 144 stimmte Person als Gläubiger hingewiesen ist, mit der Bestimmung ausgegeben, daß KE § 697 die darin versprochene Leistung an jeden Inhaber bewirkt werden könne, so ist der E I § 703 Inhaber nicht berechtigt, die Leistung zu fordern, dagegen der Schuldner berechtigt, sich durch Leistung an den Inhaber zu befreien. (.Anmerkung: Beschlossen ist die Aufrechterhaltung des wesentlichen Inhalts des Artikels 307 Handelsgesetzbuchs 2 , so zwar, daß derselbe auch über den Handelsverkehr hinaus gelten soll. Die Feststellung der Fassung der betreffenden Vorschriften und die Entscheidung, ob sie in dem vorliegenden Abschnitte oder im Sachenrechte aufzunehmen seien, ist bis zur Berathung des Sachenrechts ausgesetzt.)
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes II. 82. Sitzung vom 7. 9. 1892: I Der § 703 wurde sachlich nicht beanstandet. Man war einverstanden darüber, | Prot RJA daß er in der Fasung dem zu § 685 gefaßten Beschlüsse angepaßt werden müsse.
C. 2. Kommission I. Zu § 703 E I war beantragt (Prot. II, Bd. 2 S. 562 f., Mugäan, Bd. 2, S. 1070): 1. die Bestimmung zu fassen :
Struckmann
Ist eine Urkunde, in welcher der Gläubiger bezeichnet ist, mit der Bestimmung (Nr 243,19) ausgegeben, daß die in der Urkunde versprochene Leistung an jeden Inhaber bewirkt werden könne, so darf der Schuldner nach Maßgabe des § 685 Abs. 1 den Inhaber als berechtigt ansehen, über die Forderung zu verfügen; die im § 685 Abs. 1 bestimmte Vermuthung findet keine Anwendung. 2 Art. 307 HGS lautet: Die Bestimmungen des vorigen Artikels [gutgläubiger Erwerb; Anm. des Hrsg.] finden bei Papieren auf Inhaber auch dann Anwendung, wenn die Veräußerung oder Verpfändung nicht von einem Kaufmann in dessen Handelsbetriebe geschehen ist, und wenn die Papiere gestohlen oder verloren waren.
727
§808
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Jacubezky (Nr 248, 5)
2. folgende Fassung zu beschließen: Ist eine Urkunde, in welcher der Gläubiger bezeichnet ist, mit der Bestimmung ausgegeben, daß die in der Urkunde versprochene Leistung an jeden Inhaber bewirkt werden könne, so darf der Schuldner den Inhaber als berechtigt ansehen, über die Forderung zu verfügen, es sei denn, daß er weiß, daß der Inhaber nicht verfügungsberechtigt ist; die im §685 Abs. 1 zu Gunsten des Inhabers bestimmte Vermuthung findet keine Anwendung.
Jacubezky (Nr 263)
3. folgende Bestimmungen hinzuzusetzen: Der Schuldner kann dem Gläubiger die Leistung verweigern, solange dieser nicht die Urkunde vorlegt. Ist die Urkunde abhanden gekommen oder vernichtet, so unterliegt sie der Kraftloserklärung im Wege des Aufgebotsverfahrens ; die Vorschriften des §§ 693, 694 finden entsprechende Anwendung. Der Antrag 1 wurde, unter Ablehnung des Antrags 2, angenommen; die Fassung soll sich an diejenige des § 685 anschließen. Der Antrag 3 fand gleichfalls Annahme.
II. Fassung der Regelung in der VorlZust: E I-VorlZust § 703. Ist eine Urkunde, in welcher der Gläubiger bezeichnet ist, mit der Bestim§ 703 mung ausgegeben, daß die in der Urkunde versprochene Leistung an jeden Inhaber bewirkt werden könne, so wird der Schuldner durch Leistung an den Inhaber der Urkunde befreit; dieser ist jedoch nicht berechtigt, die Leistung zu verlangen. Der Schuldner kann dem Gläubiger die Leistung verweigern, so lange dieser nicht die Urkunde vorlegt. Ist die Urkunde abhanden gekommen oder vernichtet, so unterliegt sie der Kraftloserklärung im Wege des Aufgebotsverfahrens. Die Vorschriften des § 694 finden entsprechende Anwendung. III. Zu der ZustRedKom lautet die Regelung: E I-ZustRedKom § 703. Ist eine Urkunde, in welcher der Gläubiger benannt ist, mit der Bestim§ 703 mung ausgegeben, daß die in der Urkunde versprochene Leistung an jeden Inhaber bewirkt werden kann, so wird der Schuldner durch die Leistung an den Inhaber der Urkunde befreit. Der Inhaber ist nicht berechtigt, die Leistung zu verlangen. Der Schuldner ist nur gegen Aushändigung der Urkunde zur Leistung verpflichtet. Ist die Urkunde abhanden gekommen oder vernichtet, so unterliegt sie der Kraftloserklärung im Wege des Aufgebotsverfahrens. Die Vorschriften des § 688 d finden in Ansehung der Verjährung entsprechende Anwendung. IV. Zu E II lautet die Regelung: E II § 736
§ 736. Ist eine Urkunde, in welcher der Gläubiger benannt ist, mit der Bestimmung ausgegeben, daß die in der Urkunde versprochene Leistung an jeden Inhaber bewirkt werden kann, so wird der Schuldner durch die Leistung an den Inhaber der Urkunde befreit. Der Inhaber ist nicht berechtigt, die Leistung zu verlangen. Der Schuldner ist nur gegen Aushändigung der Urkunde zur Leistung verpflichtet. Ist die Urkunde abhanden gekommen oder vernichtet, so unterliegt sie der Kraftloserklärung im Wege des Aufgebotsverfahrens. Die im § 730 für die Verjährung gegebenen Vorschriften finden Anwendung. 2. Revision des Ell (Prot. II, Bd. 2, S. 198 f., Mugdan, Bd. 2, S. 1072): Bei § 736 gelangte der Antrag zur Berathung, 728
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
§808
a) im Abs. 2 Satz 2 hinter den Worten „unterliegt sie" die Worte „in Ermangelung einer abweichenden Bestimmung" einzuschalten; b) dem nach der Anm. zu § 736 3 in der C.P.O einzustellenden § 850 a2 folgenden Abs. 2 anzuschließen: Die Landesgesetze können über die Veröffentlichung des Aufgebots und der in den SS 850 a, 850 a1 vorgeschriebenen Bekanntmachungen sowie über die Aufgebotsfrist abweichende Vorschriften erlassen. Der Antrag wurde in seinem ersten Theile (a) der RedKom. überwiesen, in seinem zweiten Theile (b) angenommen. 3. Zur Revision vgl. ferner Quellen zu $ 793 BGB unter B.IV.2. V. § 793 Ε II rev. (S 792 ΕΠΙ) lautet wie § 808 BGB.
D. Bundesrat (Justizausschuß) I. Anträge zu § 736 £ 11/793 E II rev. : Bayern bemerkt: Das umständliche und kostpielige Aufgebotsverfahren der Zivilprozeßordnung, wie es der § 736 Abs. 2 in Verbindung mit dem neuen § 850 a2 der Zivilprozeßordnung (Anm. 2 zu § 736 4 ) regle, sei nicht geeignet für Sparkassenbücher und Leihhausscheine, bei denen — abgesehen von ihrer nur örtlichen Bedeutung — es sich meist nur um kleine Beträge handle. Für abhanden gekommene Urkunden dieser Art pflege statutarisch ein einfacheres und doch beiden Theilen genügendes Verfahren ohne besondere Kosten vorgesehen zu werden. Nach der Absicht des Entwurfes solle zwar die Anwendung des Aufgebotsverfahrens der Zivilprozeßordnung keine zwingende sein; dies sei jedoch der Fassung des § 736 nicht zu entnehmen. Aus diesen Gründen wird in erster Linie beantragt: den Abs. 2 Satz 2 des § 736 und den § 850 a der Zivilprozeßordnung zu streichen und den Art. 61 des Einführungsgesetzes (Entw. 1. Lesung) wiederherzustellen: in zweiter Linie: die dispositive Natur des § 736 in der Fassung deutlicher zum Ausdrucke zu bringen. Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz beanstanden ebenfalls, daß in Abweichung von Art. 61 des Entwurfes eines Einführungsgesetzes die landesgesetzlichen Vorschriften über Kraftloserklärung und Zahlungssperre für die im § 736 bezeichneten Legitimationspapiere beseitigt worden seien. Das gerichtliche Aufgebotsverfahren passe für eine große Anzahl der hierher gehörigen Papiere, ζ. B. Sparkassenbücher und Leihhausscheine, nicht; zweckentsprechender sei für sie vielmehr ein Aufgebot im Weg eines landesgesetzlich zu regelnden Verwaltungsverfahrens. Da eine scharfe Sonderung dieser Papiere von den übrigen durch eine allgemeine Vorschrift nicht wohl erfolgen könne, so werde vorgeschlagen : 3 Vgl. Anhang II unter C I I I / V I . • Vgl. Anhang II unter C III/IV.
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Anh § 808
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
die beiden letzten Sätze des § 736 Abs. 2, sowie den nach der Anm. zu § 736 für das Einführungsgesetz beschlossenen § 850 a 2 der Zivilprozeßordnung zu streichen und den Art. 61 des Entwurfes des Einführungsgesetzes nach seinem ganzen Inhalte aufrechtzuerhalten. II. 1. Bericht von Schickervom 12. 10. 1895 Die Annahme des Reichsjustizamts, daß die Anträge Bayerns zu § 793 (736) durch die neue Fassung dieses Paragraphen erledigt seien, stellte sich als nicht richtig heraus. Denn Bayern will, daß durch das Einführungsgesetz ermöglicht werde, die Kraftloserklärung der unter § 793 fallenden Sparkassenscheine, Leihhauszettel und dergleichen statt im gerichtlichen Aufgebotsverfahren durch ein Aufgebotsverfahren der betreffenden Anstalten zu bewirken. Die Erledigung dieses von keiner Seite beanstandeten Verlangens wurde der Berathung des Einführungsgesetzes vorbehalten. 2. Bericht von Hellervom 11. 10. 1895 Bei dem § 793 führte ich aus, der Inhalt der der Zusammenstellung beigefügten Randbemerkung insofern nicht zutreffend sei, als weder Satz 2 von Abs. 2 des § 793 noch Satz 2 von § 850 a2 der Zivilprozeßordnung 5 die Bayerischen Anträge befriedige. Der Zwischensatz des Abs. 2 von § 793 : „wenn nicht ein Anderes bestimmt ist" könne nicht so verstanden werden, daß damit die Zulässigkeit eines anderen Aufgebotsverfahrens als des durch die Zivilprozeßordnung geordneten ausgedrückt werde und auch § 850 a 2 habe nur ein gerichtliches Aufgebotsverfahren im Auge. Die Ausführung ward als zutreffend anerkannt. Man war einstimmig der Meinung, daß für Sparkassenbücher pp. auch ein Anderes als das zivilprozeßordnungsmäßige Aufgebotsverfahren zugelassen werden müsse. Die weitere sachliche Prüfung wurde der Beratung des Einführungsgesetzes vorbehalten. Der Mecklenburgische Antrag war hiermit vorläufig gleichfalls erledigt.
Anhang I §§ 22, 23 TE-OR Nr. 1
Α. 1. Kommission I. 104. Sitzung vom 23. 6. 1882, Schriftführer Neubauer (nicht anwesend : v. Roth) I Prot 1917 I Zu §§ 22, 23 des Entwurfes, welche lauten: -OR (Nr^1) ^ 22. „Erfolgt die Uebergabe eines Inhaberpapieres von dem bisherigen Inhaber an einen Andern in der Absicht, Eigenthum zu übertragen und zu empfangen, so erlangt der redliche Empfänger das Eigenthum an der Urkunde, auch wenn der Uebergebende nicht Eigenthümer war. Das früher begründete Eigenthum, so wie jedes früher begründete, dem Erwerber bei dem Empfang unbekannt gebliebene Nutznießungs- oder Pfandrecht erlöschen.
5 Vgl. Anhang II.
730
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
A n h § 808
Werden Inhaberpapiere verpfändet, so erlangt der redliche Pfandnehmer das Pfandrecht an dem Inhaberpapier und kann zu seinem oder seiner Rechtsnachfolger Nachtheil ein früher begründetes Eigenthum, Nutznießungs- oder Pfandrecht nicht geltend gemacht werden, auch wenn der Verpfänder nicht Eigenthümer und zur Verpfändung nicht ermächtigt war." §23. „Die Verpfändung von Inhaberpapieren erfolgt nach den Vorschriften über die Verpfändung von beweglichen Sachen durch die Uebergabe des Papiers an den Gläubiger." war die Streichung dieser Vorschriften beantragt. Der sachliche Inhalt der beiden Paragraphen wurde genehmigt, aber die Berathung darüber, ob nicht noch weiterzugehen und insbesondere auch der Nießbrauch in Betracht zu ziehen sei, so wie die Berathung der Fassung gegenwärtig für unthunlich erachtet, weil in dieser Beziehung erst bei oder nach Berathung des Sachenrechts 1 die nöthigen Entscheidungen erfolgen | könnten. Zugleich blieb der späteren Zeit die Beschlußfassung darüber vorbehalten, ob nicht die beiden Paragraphen im Sachenrecht einzustellen seien.
TE-OR(Nrl) S 23
Kurlbaum (Nr 105, 3)
|Prot 1918
Anhang II S 693 E I (§§ 25, 26 TE-OR Nr. !)/§§ 1019-1023 ZPO
Λ. 1. Kommission I. a) 104. Sitzung vom 23. 6. 1882, Schriftführer Neubauer (nicht anwesend : v. Roth) IZu §25 des Entwurfes: |Prot 1920 „Zum Antrag auf die Einleitung des Aufgebotsverfahrens und die Kraftloserklä- TE-OR (Nr 1) rung ist der letzte Inhaber der betreffenden Urkunde, und als solcher auch der Aus- § 2 5 steller, berechtigt." lagen die Anträge vor: 1. zu bestimmen: Kurlbaum „Auch der Aussteller eines Inhaberpapiers kann, wenn er der letzte Inhaber des- (Nr 105, 5) selben ist, das Aufgebotsverfahren beantragen." 2. den § zu streichen. Gebhard Die Aufnahme der Vorschrift erachtete man in Rücksicht auf den § 838 der Ci- (Nr 111, 1) vilprozeßordnung 2 und die in den Motiven zu demselben enthaltene Ausführung (Begründung 467) für entbehrlich. Zu § 26 des Entwurfes : TE-OR (Nr 1 ) „Im Falle der Zulässigkeit des Antrags hat das Aufgebotsgericht von demselben S 26 sofort den Aussteller, sowie die in der Urkunde bezeichneten oder vom Antragsteller namhaft gemachten Zahlstellen durch Zustellung zu benachrichtigen.
ι Vgl. Materialien zu §§ 935, 1293 BGB. 2 Vgl. § 1004 ZPO. 731
Anh § 808
I Prot 1921
Kurlbaum (Nr 105, 6)
I Prot 1922
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
V o n dieser Benachrichtigung an bis auf weitere Weisung des Gerichts darf weder auf das betreffende Papier eine Kapitalzahlung geleistet, noch dürfen zu demselben an einen Anderen, als den Antragsteller neue Zins- oder Dividendenleisten (Talons) oder nêue Zins- oder Dividenden- (Gewinnantheil-) | Scheine ausgegeben, noch, sofern es sich um vernichtete oder abhanden gekommene Promessen oder Interimsscheine handelt, dieselben gegen andere Papiere umgetauscht werden. Dieser Vorschrift zuwider geschehene Leistungen sind gegenüber dem Antragsteller unwirksam. Auf die Auszahlung fälliger Koupons oder Dividenden (Gewinnantheil-) Scheine ist die Benachrichtigung ohne Einfluß." war benatragt in § 26 zu bestimmen: „Das f ü r das Aufgebot zuständige Gericht hat auf Antrag desjenigen, welcher den Anforderungen des § 840 der Civilprozeßordnung genügt hat, dem Schuldner und denjenigen Personen, welchen die Bewirkung der aus der Schuldverschreibung geschuldeten Leistungen aufgetragen ist, die Bewirkung dieser Leistungen an den Inhaber der Schuldverschreibung zu untersagen, wenn auch das Aufgebot der U r kunde erst später erfolgen kann. Die gegen dies Verbot bewirkten Leistungen können dem Antragsteller nicht entgegengesetzt werden. Das Verbot, Zinsscheine oder Gewinnantheilscheine zu bezahlen, ist unwirku sam. Der wesentliche Inhalt des § 26 fand keine Widerspruch. N u r in Ansehung einiger, durch den gestellten Antrag angeregten Einzelnheiten bestand eine Verschiedenheit der Ansichten. Hinsichtlich dieser Einzelnheiten wurden folgende Beschlüsse gefaßt: | 1. Der Antrag sieht den Fall vor, wenn zwar die allgemeinen Erfordernisse des Aufgebots erfüllt sind, wie sie sich aus den Bestimmungen der Civilprozeßordnung und des vorliegenden Abschnitts ergeben, gleichwohl kraft einer besonderen (reichsgestzlichen oder autonomen) Anordnung das Aufgebot selbst erst nach Ablauf einer gewissen Frist erlassen werden kann, so daß nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung die Einleitung des wirklichen Aufgebotsverfahrens unstatthaft erscheint. Auch in einem solchen Falle soll die in § 26 vorgeschriebene Sperre schon zulässig sein. Der Antrag wurde als dem Zwecke des § 26 entsprechend gebilligt, der Prüfung bei der Redaktion aber vorbehalten, wie die desfallsige Bestimmung behufs der Verdeutlichung zu fassen sei. 2. Nach dem Entwürfe soll das Gericht von Amtswegen die Sperre verordnen, nach dem Abänderungsvorschlage nur auf Antrag. Die Mehrheit gab dem letzteren Vorschlage den Vorzug, weil kein genügender Grund gefunden wurde, von der Regel abzuweichen, daß in Fällen der vorliegenden Art das Gericht nicht von Amtswegen das Interesse des Antragstellers wahrzunehmen habe, und weil die gegentheilige Bestimmung den Gerichtsbehörden eine Verantwortlichkeit aufbürde, die schwer zu rechtfertigen sei.
3. Der Entwurf spricht von der Benachrichtigung der in der Urkunde und von dem Antragsteller bezeichneten Zahlstellen; der Vorschlag des Antrages bestimmt, die Verfügung sei an die Personen zu erlassen, welchen die Bewirkung der Leistung I Prot 1923 | aufgetragen sei. Die Mehrheit fand den Vorschlag f ü r weniger bestimmt als den Entwurf und entschied f ü r die Ausdrucksweise des Entwurfs. 732
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
Anh § 808
4. N a c h dem Entwurde soll eine bloße Benachrichtigung ergehen und diese von Rechtswegen als Verbot wirken; der Vorschlag des Antrages verlangt ein mit der Benachrichtigung verbundenes Verbot. Die Mehrheit billigte den letzteren V o r schlag, indem sie davon ausging, es müsse an dem Grundsatze festgehalten werden, daß ein richterliches Verbot, damit es als solches wirke, auch als Verbot sich kundzugeben habe. 5. Der Entwurf führt im einzelnen auf, welche Handlungen u.s.w. unter das Verbot fallen. Der Vorschlag des Antrages übergeht die Einzelnheiten und sucht durch eine prinzipielle Bestimmung die verschiedenen in Frage kommenden Fälle zu treffen. Die Mehrheit entschied auch bei diesem Punkte f ü r den Vorschlag des Antrages, erwägend, eine prinzipielle Vorschrift sei zur Vermeidung einer möglichen Omission nicht zu entbehren, andererseits aber auch genügend. Im Uebrigen wurden die Abweichungen des Antrages von dem Entwürfe als solche erkannt, die nur redaktioneller Natur seien und der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten bleiben müßten. Bezüglich des letzten Absatzes des Entwurfes und des Antrages entschied die Mehrheit für die Aufnahme desselben in der Fassung: „Die Zahlung fälliger Zinsscheine, Rentenkoupons und Dividendenscheine wird durch das Verbot nicht betroffen." b) 105. Sitzung vom 26. 6. 1882, Schriftführer Neubauer I Die Berathung des die Inhaberpapiere betreffenden Theilentwurfes des Obliga- | Prot 1925 tionenrechts ( N 2 1) wurde fortgesetzt. Es lag der Antrag vor, hinter den § 26 folgende zwei Paragraphen einzuschalten: § A. (vorbehaltlich der Aufnahme in ein Gesetz zur Ergänzung der Civilpro- v. Weber zeßordnung). (Nr 112, 1) „Der Zeitraum zwischen dem Tage, an welchem die erste Einrückung des Aufgebots in den Deutschen Reichsanzeiger erfolgt, und dem Aufgebotstermine muß mindestens sechs Monate (§ 847 C.P.O. 3 ) und soll nicht mebrais ein Jahr betragen. Kann hiernach das Aufgebot, nach dem der Antrag auf dessen Erlaß für zulässig befunden worden (oder: nachdem der Antragsteller den Anforderungen des § 840 der Civilprozeßordnung 4 genügt hat) noch nicht erlassen werden, so hat das Aufgebotsgericht vorläufig eine öffentliche Bekanntmachung des Inhalts zu erlassen, daß das Aufgebotsverfahren anhängig gemacht sei. Diese Bekanntmachung muß den Namen des Antragstellers, sowie die Bezeichnung des Inhaberpapiers enthalten und erfolgt in dem durch § 842 der Civilprozeßordnung 5 bestimmten Maaße, es genügt jedoch die einmalige Einrückung in die in § 187 Absatz 2 der Civil- | prozeßordnung 6 bezeichneten Blätter. | Prot I 926 Wird der Antrag zurückgenommen oder das Verfahren eingestellt oder erledigt sich dasselbe aus einem anderen Grunde, so ist dies in gleicher Weise bekannt zu machen." (vgl. dazu §§ 7 und 14 des Königlich sächsischen Gesetzes vom 6. März 1879).
3 Vgl. § 1015 ZPO. 4 Vgl. $ 1007 ZPO. s Vgl. § 1009 ZPO. 6 Vgl. § 204 ZPO. 733
Anh § 808
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
§B. v.Weber »Der Aussteller hat ein vollständiges Verzeichniß derjenigen Inhaberpapiere, (Nr 112, 2) rücksichtlich deren ein Aufgebotsverfahren bei Gericht anhängig ist, 1. an denjenigen Stellen, an welchen die Auszahlung der Kapitale oder Aushändigung neuer Zins- oder Dividenden-Leisten gefordert werden kann, öffentlich zu Jedermanns Einsicht auszulegen. 2. mindestens einmal im Jahre im Deutschen Reichsanzeiger und in dem Blatte, welches für Veröffentlichungen in Bezug auf Inhaberpapiere der nämlichen Gattung besonders bestimmt ist, oder in Ermangelung eines solchen Blattes in dem für das Amtsgericht des Ortes, wo der Aussteller seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen bestimmten Blatte bekannt zu machen. Wenn Papiere der nämlichen Gattung ausgeloost oder gekündigt werden, so ist bei der hierauf bezüglichen Veröffentlichung, gleichviel in welchem Blatte sie erfolge, das Verzeichniß derjenigen Papiere, rücksichtlich deren ein Aufgebotsverfahren anhängig ist, dem Verzeichnisse der ausgeloosten oder gekündigten Papiere beizufügen. Geschieht dies in den obenerwähnten Blättern, so bedarf es für dieses Jahr einer weiteren Bekanntmachung in dem betreffenden Blatte nicht. Jedes einzelne Inhaberpapier bleibt in den unter Nr. 1 und 2 erwähnten VerI Prot 1927 zeichnissen so- | lange eingetragen, bis das Aufgebotsgericht die Löschung verfügt. Die Löschung ist zu verfügen, wenn der Antrag zurückgenommen oder das Ausschlußurtheil erlassen oder das Verfahren eingestellt oder sonst erledigt worden ist. Kommt der Aussteller den ihm nach den vorstehenden Bestimmungen obliegenden Verpflichtungen nicht nach, so ist das Gericht hierdurch nicht behindert, die Kraftloserklärung auszusprechen. Es hat aber in diesem Falle der Aussteller dem Inhaber der kraftlos erklärten Urkunde den Schaden zu ersetzen, welcher diesem durch die Nichterfüllung der erwähnten Verpflichtungen erwachsen ist. Der dem Inhaber deswegen zustehende Anspruch verjährt binnen vier Jahren von dem Tage an, an welchem das Ausschlußurtheil gemäß § 848 Absatz 2 der Civilprozeßordnung im Deutschen Reichsanzeiger bekannt gemacht worden ist. Der Antragsteller hat die durch die unter 2 erwähnten Bekanntmachungen erwachsenen Verläge dem Aussteller zu erstatten, auch für die in Z u k u n f t entstehenden einen angemessenen Vorschuß zu leisten, dessen H ö h e auf Antrag das Aufgebotsgericht zu bestimmen hat. (Vgl. dazu § 1 0 verbunden mit § 2 9 des sächsischen Gesetzes vom 6. März 1879). Die vorgeschlagenen beiden neuen Paragraphen gelangten getrennt zur Berathung. Kurlbaum
I Prot I 928
Zum § A. Es war der Verbesserungsantrag eingebracht, statt Abs. 2, 3 zu setzen: „Wird das Leistungsverbot (§ 26) vor dem Aufgebote erlassen, so ist das erstere durch Aushang an der Gerichtsstelle so wie durch einmalige Einrückung in die § 187 Abs. 2 der Civilprozeßordnung bezeichneten Blätter bekannt zu machen." Die Mehrheit entschied gegen die Aufnahme dieses § A. | Sie war der Ansicht: der Vorschlag bezwecke eine Ergänzung der Vorschriften der Civilprozeßordnung über das Aufgebotsverfahren durch eine neue Prozedurnorm, deren Nothwendigkeit oder Sachgemäßheit aus den bisher gefaßten Be734
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
Anh § 808
schlüssen sich nicht genügend begründen lasse, die daher ausschließlich in das Gebiet der Revision der Prozeßordnung falle, weshalb über ihre Angemessenheit erst bei dieser Revision zu befinden sein werde. Zum § B. Die Mehrheit erklärte sich auch gegen die Aufnahme des $ B. Sie ging davon aus: Der vorgeschlagene § Β enthalte kein formelles, sondern materielles Recht, und sei demnach allerdings — im Gegensatze zu § A — gegenwärtig zu erledigen, damit er, wenn er für angemessen erachtet werden sollte, in dem vorliegenden Abschnitt des bürgerlichen Gesetzbuchs seine Stelle finde; allein die Angemessenheit müsse verneint werden; denn die Anordnungen, welche der § enthalte, würden sich hinsichtlich ihrer civilrechtlichen Folgen als fast völlig wirkungslos erweisen, weil das angedrohte Präjudiz des Schadensersatzes wegen der Schwierigkeit, einen Schaden nachzuweisen, von keiner beachtenswerten Bedeutung sei; die Anordnungen würden praktisch nur den Charakter von Ordnungsvorschriften behaupten und als solche erschienen sie zur Aufnahme in das Gesetzbuch wenig geeignet. Bei der Berathung des obigen Antrages war das Augenmerk noch auf zwei andere Punkte gelenkt worden, die zu besonderen Beschlußfassungen führten. I. Die Prozeßordnung enthält ausführliche Bestimmungen über das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung der Inhaberpapiere §§ 837, 838, 8497. Diese Vorschriften haben einerseits zur Voraussetzung, daß die Amortisation zulässig ist, in welcher Beziehung im all-1 gemeinen das Landesrecht Ziel und Maß gibt | Prot I 929 und unterliegen andererseits nach § 11 des Einführungsgesetzes zur Civilprozeßordnung 8 der landesgesetzlichen Aenderung und Ergänzung, so zwar, daß nur die einige wenige Spezialitäten enthaltenden §§ 843 — 8489 unberührt bleiben müssen. Es sind in großer Zahl Landesgesetze ergangen, durch welche jene Prozedurnormen in der That geändert oder ergänzt sind. Dieselben werden neben dem bürgerlichen Gesetzbuche in Kraft bleiben. Die Schuldverschreibungen auf Inhaber in Betracht gezogen, erscheint ein solcher Rechtszustand, nachdem in Ansehung derselben das materielle Aufgebotsrecht durch das, insbesondere die Amortisation allgemein zulassende bürgerliche Gesetzbuch einheitlich gestaltet sein wird, schon kein erwünschter. Dazu kommt, daß in Gemäßheit des § 11 des Einführungsgesetzes zur Civilprozeßordnung in Verbindung mit § 84910 der letzteren auch künftig noch neue Landesgesetze zulässig bleiben, durch welche die Amortisation der Schuldverschreibungen auf Inhaber ungemessen erschwert werden kann, sei es, indem die Einleitung des Verfahrens von besonderen Voraussetzungen abhängig gemacht oder das Verfahren selbst nach seiner Einleitung durch eigentliche Prozedurnormen erschwert wird. Mindestens erscheint es in hohem Grade zweifelhaft, ob nicht die vorstehende Auffassung sich Geltung verschaffen werde. Von verschiedenen Seiten wurde hierin ein großer Uebelstand erkannt, dem begegnet werden müsse, damit das für die Schuldverschreibungen auf Inhaber im bürgerlichen Gesetzbuch sich findende materielle Aufgebotsrecht keine Beeinträchtigung auf indirektem Wege durch die Landesgesetzgebungen erleide. Es wurde der Antrag gestellt, zu beschließen :
7
Vgl. §§ 1003, 1104 ZPO; § 849 CPO ist in der Neufassung entfallen, β Vgl. § 11 EGZPO. » Vgl. §§ lOlOff.ZPO. 10 In der Neufassung der CPO entfallen. 735
Anh § 808
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
„I. Die landesgesetzlichen Vorschriften der Aufgebotsprozedur in Ansehung der Schuldverschreibungen auf Inhaber sind durch reichsgesetzliche Vorschriften zu ersetzen. I Prot I 930 II. Diese reichsgesetzlichen Vorschriften sind den zur Ergänzung | der Civilprozeßordnung im Einführungsgesetze zu treffenden Bestimmungen einzureihen. III. Bei der dem Redaktor des Obligationenrechts obliegenden Vorbereitung der in N 2 1 und II gedachten reichsgesetzlichen Vorschriften sind die vorgedachten Anträge in Erwägung zu ziehen." Die Mehrheit billigte den vorstehenden Antrag aus den obigen Gründen und obschon die Minderheit geltend gemacht hatte, die Kommission habe keinen Beruf, in einem so weiten Umfange die Aenderung und Ergänzung der Civilprozeßordnung in den Kreis ihrer Berathungen zu ziehen. II. Der Verbesserungsantrag zu dem § A des im Eingange des Protokolls aufgeführten Antrags hat insofern noch eine selbständige Bedeutung, als er zur Ergänzung des Beschlusses dienen kann, welcher in der vorigen Sitzung in Ansehung der noch vor der Einleitung des Aufgebotsverfahrens zulässigen Sperre gefaßt ist (Protokolle S. 922), indem er die öffentliche Bekanntmachung des richterlichen Verbots bestimmt. Es wurde der Antrag gestellt, den gedachten Beschluß durch die Bestimmung zu ergänzen, jenes Verbot sei in der vorgeschlagenen Weise öffentlich bekannt zu machen. Die Mehrheit überzeugte sich von der Angemessenheit einer solchen Ergänzung des früheren Beschlusses und nahm daher den Vorschlag an.
II. 1. Fassung der Regelung in der
ZustOR
ZustOR § 134
§ 134. Das Aufgebotsgericht hat bei Einleitung des Aufgebotsverfahrens auf Antrag des Antragstellers den Aussteller der Schuldverschreibung und die in der letzteren sowie die von dem Antragsteller bezeichneten Zahlstellen von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen. Mit der Benachrichtigung ist das Verbot zu verbinden, aus der Schuldverschreibung noch eine Leistung zu bewirken, insonderheit neue Zinsscheine, Rentenkoupons oder Gewinnantheilsscheine sowie neue Zins-, Renten- oder Gewinnantheilsleisten (Talons) auszugeben. Eine diesem Verbote zuwidergeschehene Leistung ist gegenüber dem Antragsteller unwirksam. Die Zahlung fälliger Zinsscheine, Rentenkoupons und Dividendenscheine wird durch das Verbot nicht betroffen. Ist die sofortige Einleitung des Aufgebotsverfahrens nur deßhalb unzulässig, weil nach den für die Kraftloserklärung der Schuldverschreibung maßgebenden besonderen Bestimmungen der Aufgebotstermin erst nach dem Ablaufe einer besonderen Frist statthaft ist, so hat das für das Aufgebotsverfahren zuständige Gericht, sofern die übrigen Erfordernisse zur Einleitung des Verfahrens vorhanden sind, noch vor der Einleitung auf Antrag das in dem ersten Absätze bezeichnete Verbot zu erlassen. Das Verbot ist nach Maßgabe des § 825 C.P.O. öffentlich bekannt zu machen.
KE § 687
2. Auf Antrag wurde in § 134 Abs. 2 ZustOR a.E. das Wort „Dividendenscheine" durch „Gewinnantheilscheine" ersetzt (Prot. I, S. 3284, 32891) 11 .
11
Der Antrag dürfte von Kurlbaum stammen.
736
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
Anh § 808
III. 1. Im KElautet die beschlossene Regelung: § 687. Das Aufgebotsgericht hat bei Einleitung des Aufgebotsverfahrens auf Antrag des Antragstellers den Aussteller der Schuldverschreibung sowie die ein der letzteren und die von dem Antragsteller bezeichneten Zahlstellen von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen. Mit der Benachrichtigung ist das Verbot zu verbinden, aus der Schuldverschreibung noch eine Leistung zu bewirken, insbesondere neue Zinsscheine, Rentenkupons oder Gewinnantheilscheine, sowie neue Zins-, Renten- oder Gewinnantheilleisten — Talons — auszugeben. Eine diesem Verbote zuwider geschehene Leistung ist gegenüber dem Antragsteller unwirksam. Die Zahlung der vor dem Verbote ausgegebenen und fällig werdenden Zinsscheine, Rentenkupons und Gewinnantheilscheine wird durch das Verbot nicht betroffen. Ist die sofortige Einleitung des Aufgebotsverfahrens nur deshalb unzulässig, weil nach den für die Kraftloserklärung der Schuldverschreibung maßgebenden besonderen Bestimmungen der Aufgebotstermin erst nach dem Ablaufe einer besonderen Frist statthaft ist, so hat das für das Aufgebotsverfahren zuständige Gericht, sofern die übrigen Erfordernisse zur Einleitung des Verfahrens vorhanden sind, noch vor der Einleitung auf Antrag das in dem ersten Absätze bezeichnete Verbot zu erlassen. Das Verbot ist nach Maßgabe des § 825 der Civilprozeßordnung öffentlich bekannt zu machen. 2. Auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 576, 43) wurde beschlossen, § 687 Abs. 2 Satz 2 zu fassen: „Die Zahlung der fällig werdenden, vor dem Verbote ausgegebenen Zinsscheine pp." (Prot. I, S. 6198, 6201). 3. Bei der 2. Revision des KEwar zu § 687 beantragt: I Proti 11849 11. Abs. 1 zu fassen : „Das Aufgebotsgericht kann bei Einleitung des Aufgebotsverfahrens auf Antrag Kurlbaum des Antragstellers an den Aussteller der Schuldverschreibung sowie an die in der (Nr 580, 3 a) letzteren oder von dem Antragsteller bzeichneten Zahlstellen das Verbot zu richten, aus pp."
2. im Abs. 1 die Worte „,sowie neue Zins-, Renten- oder Gewinnantheilleisten Johow (Nr 614, 7) — Talons — " zu streichen. (Die Definition von „Talon" folgt erst im § 692 12 ; die Miterwähnung der Talons an vorliegender Stelle ist entbehrlich, weil es sich nur um Hervorhebung einer besonders wichtigen Leistung handelt, auch Talons schwerlich ohne gleichzeitige Ausgabe von Kupons ausgegeben werden. Der Vorschlag, vergi. Antrag 3 a, die Definition von „Talon" aus § 692 hierher zu nehmen, ist bedenklich.) Eventuell wäre zu schreiben „Zinsleisten, Rentenleisten oder" pp. 3. a) § 687 Abs. 1 vorletzte und letzte Zeile: Kurlbaum (Nr 580, 4 a - c )
I „sowie eine zum Empfange solcher Scheine ermächtigende besondere Urkunde I P r o t i 11850 (Talon) auszugeben." b) § 692 zu fassen: „Ist zu einer Schuldverschreibung auf Inhaber ein auf den Inhaber lautender Ta12
Vgl. Quellen zu S 805 BGB; zu den unter Nr. 3c genannten Bestimmungen: zu § 1632 KE (S 1670 E I) vgl. §§ 1814f., 1817f. BGB; zu § 1010 KE vgl. § 1036 BGB; zu § 1776 KE vgl. SS 2116 f. BGB. — Ferner lag zu ξ 692 KE noch der Antrag Nr. 617,10 von Johow vor : in Zeile 3, 4 zwischen „Urkunde" und „ausgestellt" entweder nur „— Talon — " oder „— Talon, Zinsleiste, Rentenleiste, Gewinnantheilleiste — " zu setzen.
737
Anh § 808
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Ion ausgestellt und — nicht dem Inhaber des Talons, sondern dem Inhaber der Schuldverschreibung zu ertheilen." c) § 1632 Abs. 1 zu fassen: „Der Vormund soll die — Gewinnantheilscheine und Talons, bei der Reichsbank pp." (NB. § 1010 und § 1776 bleiben unverändert.) Es wurden folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Der Antrag zu 1 wurde abgelehnt. Man fand die durch denselben bezweckte Kürzung des Abs. 1 bedenklich, weil hierbei die im Abs. 1 bestimmte Verpflichtung des Aufgebotsgerichtes, den Aussteller der Schuldverschreibung pp. von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen, unausgesprochen bleibe. 2. Der Antrag zu 2 wurde abgelehnt und in Folge der durch den Antrag zu 3 gegebenen Anregung beschlossen: a) im § 687 Abs. 1 Zeile 8/9 statt „sowie neue Zins-, Renten- oder Gewinnantheilleisten — Talons — " zu setzen „sowie eine zum Empfange solcher Scheine ermächtigende besondere Urkunde (Erneuerungsschein)" b) im § 692 Zeile 1 bis 4 statt „eine auf den Inhaber . . . Gewinnantheilleiste — " zu setzen „ein auf den Inhaber lautender, zum Empfange von Zinsscheinen, RenI Prot 111851 tenkupons oder Gewinnantheilscheinen ermächtigender Erneuerungs-1 schein", Zeile 6 statt „einer solchen besonderen Urkunde" zu setzen „eines solchen Erneuerungsscheines", Zeile 8 statt „der besonderen Urkunde" zu setzen „des Erneuerungsscheines", c) im §1010 Abs. 2 Zeile 2 bis 4 statt „nebst den dazu gehörenden Talons . . . Gewinnantheilscheinen" zu setzen „nebst den dazu gehörenden Zinsscheinen, Rentenkupons, Gewinnantheilscheinen und Erneuerungsscheinen", Abs. 2 Zeile 8 statt „Talons" zu setzen „Erneuerungsscheine", Abs. 3 statt „Beschaffung neuer Talons . . . Gewinnantheilscheine" zu setzen „Beschaffung neuer Zinsscheine, Rentenkupons, Gewinnantheilscheine und Erneuerungsscheine", d) im § 1632 Abs. 1 Zeile 3/4 statt „der zu dem Empfange . .. Urkunden" zu setzen „der Erneuerungsscheine", e) im § 1776 Abs. 1 Zeile 3/4 statt „Talons, Zinsscheine . . . Gewinnantheilscheine" zu setzen „Zinsscheine, Rentenkupons, Gewinnantheilscheine und Erneuerungsscheine", Abs. 2 Zeile 3/4 statt „neuer Talons . . . " Gewinnantheilscheine" zu setzen „Zinsscheine, Rentenkupons, Gewinnantheilscheine und Erneuerungsscheiu
ne . . . Maßgebend war die Erwägung, daß im § 687 die besondere Erwähnung der Ausgabe neuer Zins- pp. Leisten keineswegs überflüssig sei, daß dagegen der Gebrauch des Fremdwortes Talon als technischen Ausdruckes sich nicht empfehle, statt desselben vielmehr eine andere Bezeichnung zu wählen sei. Als soche sei das Wort „Erneuerungsschein", welches auch schon im Strafgesetzbuche § 149 gebraucht sei, alIProti 11852 len anderen | Bezeichnungen vorzuziehen. Die Definition des Erneuerungsscheins müsse im § 687, als an der ersten Stelle, an welcher von dem Erneuerungsschein geredet werde, erfolgen. Hiernach ergäben sich die weiteren zu §5 687, 692, 1010, 1632, 1776 beschlossenen Fassungsänderungen von selbst. 4. Es war von Kurlbaum (Nr. 580, 3 b) beantragt: zu § 687 anzumerken: „Es bleibt vorbehalten, durch das Einführungsgesetz die Vorschriften der §§ 687 bis 693 auf andere Arten von Inhaberpapieren (Aktien) auszudehnen." 738
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
Anh § 808
Beschlossen wurde die Aufnahme folgender Note zu § 687: Bei der Revision des Handelsgesetzbuches, beziehungsweise bei der Berathung des Einführungsgesetzes wird zu prüfen sein, ob die §§ 687 bis 693 auf andere Arten von Inhaberpapieren (Aktien) auszudehnen seien (Prot. I, S. 11853). IV. Im E /lautet die beschlossene Regelung: § 693. Das Aufgebotsgericht hat bei Einleitung des Aufgebotsverfahrens auf An- E I-§ 693 trag des Antragstellers den Aussteller der Schuldverschreibung sowie die in der letzteren und die von dem Antragsteller bezeichneten Zahlstellen von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen. Mit der Benachrichtigung ist das Verbot zu verbinden, aus der Schuldverschreibung noch eine Leistung zu bewirken, insbesondere neue Zinsscheine, Rentenkupons oder Gewinnantheilscheine, sowie eine zum Empfange solcher Scheine ermächtigende besondere Urkunde (Erneuerungsschein) auszugeben. Eine diesem Verbote zuwider geschehene Leistung ist gegenüber dem Antragsteller unwirksam. Die Zahlung der fällig werdenden, vor dem Verbote ausgegebenen Zinsscheine, Rentenkupons und Gewinnantheilscheine wird durch das Verbot nicht betroffen. Ist die sofortige Einleitung des Aufgebotsverfahrens nur deshalb unzulässig, weil nach den für die Kraftloserklärung der Schuldverschreibung maßgebenden besonderen Vorschriften der Aufgebotstermin erst nach Ablauf einer besonderen Frist statthaft ist, so hat das für das Aufgebotsverfahren zuständige Gericht, sofern die übrigen Erfordernisse zur Einleitung des Verfahrens vorhanden sind, noch vor der Einleitung auf Antrag das in dem ersten Absätze bezeichnete Verbot zu erlassen. Das Verbot ist nach Maßgabe des § 825 der Civilprozeßordnung öffentlich bekannt zu machen 13 .
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes II. 82. Sitzung vom 7. 9. 1892. I An Stelle des § 693 entschied man sich, folgende Bestimmungen als § 850 a in |ProtRJA525 die Civilprozeßordnung einzustellen : „Bezweckt das Aufgebotsverfahren die Kraftloserklärung einer Schuldverschreibung auf Inhaber, so hat das Aufgebotsgericht bei Einleitung des Verfahrens auf Antrag den Aussteller der Schuldverschreibung sowie die in dieser und die von dem Antragsteller bezeichneten Zahlstellen von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen. Mit der Benachrichtigung ist das Verbot zu verbinden, aus der Schuldverschreibung noch eine Leistung zu bewirken, insbesondere neue Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine oder Erneuerungsscheine auszugeben (Zahlungssperre). Die Zahlung der fällig werdenden vor dem Verbot ausgegebenen Zins-, Renten- und Gewinnantheilscheine wird durch das Verbot nicht betroffen. Das an den Aussteller erlassene Verbot ist auch gegenüber den Zahlstellen wirksam, soweit sie nicht in der Schuldverschreibung bezeichnet sind. Ist die sofortige Einleitung des Aufgebotsverfahrens nach § 847 Satz 2 unzuläs13
Zu ξ 697 ist im E I angemerkt: „Bei der Revision des Handelsgesetzbuches, beziehungsweise bei der Berathung des Einführungsgesetzes, wird zu prüfen sein, ob die §§ 693 bis 699 auf andere Arten von Inhaberpapieren (Aktien) auszudehnen seien.
739
Anh § 808
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
sig, so hat das f ü r das Aufgebotsverfahren zuständige Gericht, sofern die übrigen Erfordernisse z u r Einleitung des Verfahrens vorhanden sind, noch vor der EinleiI ProtRJA 526 t u n g | auf A n t r a g die Zahlungssperre zu verfügen. Auf den Antrag finden die V o r schriften des § 824 Abs. 1 Anwendung. Das V e r b o t ist nach Maßgabe des § 825 ö f fentlich b e k a n n t zu machen." Man erwog : Die Bestimmung des Entwurfs, daß das Leistungsverbot an alle in der Schuldverschreibung und von dem Antragsteller bezeichneten Zahlstellen zu erlassen sei, widrigenfalls die Leistung seitens einer nicht benachrichtigten Zahlstelle dem Antragsteller gegenüber wirksam sei, rechtfertige sich durch das Interesse des Ausstellers, soweit es sich um die in der Schuldverschreibung selbst bezeichneten Zahlstellen handele. D a g e g e n werde der Schutz des Antragstellers zu sehr beeinträchtigt, w e n n jede Zahlstelle, an die das V e r b o t nicht erlassen sei, mit W i r k u n g gegen den Antragsteller leisten könne. Bezüglich der nicht aus dem Papier selbst ersichtlichen Zahlstellen k ö n n e man von dem Aussteller verlangen, daß er sie von einem an ihn ergangenen Leistungsverbote benachrichtige, um in seinem eigenen Interesse eine ihn nicht befreiende Leistung von Seiten der Zahlstelle zu verhindern. D e r Abs. 2 Satz 1 erscheine entbehrlich. Es unterliege keinem Zweifel, daß es sich bei dem Leistungsverbot um ein n u r den Schutz des Antragstellers bezweckendes V e r b o t handele; die W i r k u n g desselben ergebe sich danach aus § 107 (§ 101 des Entw. 2. Lesung 1 4 ). Mit der Streichung des bezeichneten Satzes falle die einzige materiellrechtliche Bestimmung des § 693 f o r t ; er gehöre deshalb ganz in die P r o z e ß o r d n u n g . In Abs. 2 des Beschlusses werde auf § 847 Satz 2 der C.P.O. (nach der Fassung des Einführungsgesetzes Art. 11) verwiesen, weil dieser den einzigen Fall enthalte, in welchem die in § 693 Abs. 3 bezeichnete Voraussetzung zutreffe. I ProtRJA 527 | D e n A u s d r u c k „Zahlstelle" behielt man bei, weil er, wenn auch im Hinblick auf die z u r Ausgabe neuer Zinsscheine ermächtigten Stellen, nicht ganz einwandfrei, doch hinreichend deutlich und kurz sei.
C. 2. Kommission I. Anträge zu § 693 E I (Prot. II, Bd. 2, S. 547; Mugdan, Bd. 2, S. 1061). Z u § 693 w a r beantragt, die Bestimmungen des Entw. zu streichen und statt derselben in die C . P . O . nachstehende Vorschriften a u f z u n e h m e n : Struckmann § 850 a. Bezweckt das Aufgebotsverfahren die Kraftloserklärung einer Schulde r 243, 11) verschreibung auf Inhaber, so hat das Aufgebotsgericht bei Einleitung des V e r f a h rens auf A n t r a g den Aussteller der Schuldverschreibung sowie die in dieser und die von dem Antragsteller bezeichneten Zahlstellen von der Einleitung des V e r f a h r e n s zu benachrichtigen. Mit der Benachrichtgung ist das Verbot zu verbinden, aus der Schuldverschreibung eine Leistung zu bewirken, insbesondere neue Zins-, Renteno d e r Gewinnantheilscheine oder Erneuerungsscheine auszugeben (Zahlungssperre). Die Zahlung der fällig werdenden vor dem V e r b o t e ausgegebenen Zins-, Rentenund Gewinnantheilscheine wird von dem V e r b o t e nicht betroffen. Das an den Aussteller erlassene V e r b o t ist auch den Zahlstellen gegenüber wirksam, die nicht in der Schuldverschreibung bezeichnet sind. h Vgl. Quellen zu § 136 BGB. 740
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
Anh § 808
Ist die sofortige Einleitung des Aufgebotsverfahrens nach § 847 Satz 2 unzulässig, so hat das für das Aufgebotsverfahren zuständige Gericht, sofern die übrigen Erfordernisse zur Einleitung des Verfahrens vorhanden sind, noch vor der Einleitung auf Antrag die Zahlungssperre zu verfügen. Auf den Antrag finden die Vorschriften des § 824 Abs. 1 Anwendung. Das Verbot ist nach Maßgabe des § 825 öffentlich bekannt zu machen. § 850b. Wird das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung einer Schuldverschreibung auf Inhaber nach der öffentlichen Bekanntmachung des Aufgebots oder des im § 850a bezeichneten Leistungsverbots ohne Erlassung einer Ausschlußurtheils erledigt, so ist von Amtswegen das erlassene Verbot aufzuheben und die Erledigung des Verfahrens sowie die Aufhebung des Verbots durch den Deutschen Reichsanzeiger bekannt zu machen. Das Gleiche gilt, wenn nach öffentlicher Bekanntmachung des vor Einleitung des Aufgebotsverfahrens erlassenen Leistungsverbots die Einleitung des Verfahrens nicht binnen sechs Monaten nach der Beseitigung des der Einleitung entgegenstehenden Hindernisses beantragt wird 15 . Der Antrag hat die neben dem § 107 Abs. 1 (Entw. II § 102) entbehrlich gewordene Vorschrift des § 693 Abs. 2 Satz 1 unterdrückt und die übrigen lediglich prozessualen Sätze des Entw. in die C.P.O. verwiesen. Hinzugefügt ist am Schlüsse des Abs. 1, daß das an den Aussteller erlassene Verbot auch den Zahlstellen gegenüber wirksam ist, die nicht in der Schuldverschreibung bezeichnet sind. Die Kom. vertagte die Erörterung der mit dem Antrage zusammenhängenden prozeßrechtlichen Fragen bis zur Berathung des E.G. In dem für die C.P.O. vorgeschlagenen § 850 a Abs. 1 Satz 3 wurden die Worte „fällig werdenden" gestrichen, da es sich nicht nur um fällig werdende, sondern auch um fällig gewordene Zinsscheine handele. Zum Uebrigen gelangten die §§ 850 a, 850b zur Annahme. II. In der EI-VorlZustlautet
die beschlossene Regelung:
§ 693 gestrichen. — An die Stelle des § 693 werden in den Art. 11 des Entwurfs des Einführungsgesetzes folgende Vorschriften als §§ 850 a und 850b der Civilprozeßordnung eingestellt: § 850a. Bezweckt das Aufgebotsverfahren die Kraftloserklärung einer Schuldverschreibung auf Inhaber, so hat das Aufgebotsgericht bei Einleitung des Verfahrens auf Antrag den Aussteller der Schuldverschreibung sowie die in dieser und die von dem Antragsteller bezeichneten Zahlstellen von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen. Mit der Benachrichtigung ist das Verbot zu verbinden, aus der Schuldverschreibung eine Leistung zu bewirken, insbesondere neue Zins-, Rentenoder Gewinnantheilscheine oder Erneuerungsscheine auszugeben (Zahlungssperre). Die Zahlung der vor dem Verbot ausgegebenen Zins-, Renten- und Gewinnantheilscheine wird von dem Verbote nicht betroffen. Das von dem Aussteller erlassene Verbot ist auch den Zahlstellen gegenüber wirksam, die nicht in der Schuldverschreibung bezeichnet sind.
15
Von Wolffson (Nr. 265) lagen folgende Anträge vor: Zu § 850a der Civilprozeßordnung nach den Anträgen N - 243 Zusatz zu Abs. 1 : Gegen die Zahlungssperre steht dem Inhaber der Urkunde das Recht des Widerspruchs zu. Die §§ 804, 805 finden entsprechende Anwendung. — Zu § 850b. Statt „durch den Deutschen Reichsanzeiger": „durch dieselben Blätter, in denen das Verbot angezeigt ist." — Nach „Das Gleiche gilt" einzuschalten: „wenn das Verfahren in Folge des Nichtbetreibens in Stillstand kommt" (siehe § 177 E II).
741
Anh § 808
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Ist die sofortige Einleitung des Aufgebotsverfahrens nach § 847 Satz 2 unzulässig, so hat das für das Aufgebotsverfahren zuständige Gericht, so fern die übrigen Erfordernisse zur Einleitung des Verfahrens vorhanden sind, noch vor der Einleitung auf Antrag die Zahlungssperre zu verfügen. Auf den Antrag finden die Vorschriften des § 824 Abs. 1 Anwendung. Das Verbot ist nach Maßgabe des § 825 öffentlich bekannt zu machen. § 850b. Wird das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung einer Schuldverschreibung auf Inhaber nach der öffentlichen Bekanntmachung des Aufgebots oder des im § 850 a bezeichneten Leistungsverbots oder Erlassung eines Ausschlußurtheils erledigt, so ist von Amtswegen das erlassene Verbot aufzuheben und die Erledigung des Verfahrens sowie die Aufhebung des Verbots durch den Deutschen Reichsanzeiger bekannt zu machen. Das Gleiche gilt, wenn nach öffentlicher Bekanntmachung des vor Einleitung des Aufgebotsverfahrens erlassenen Leistungsverbots die Einleitung des Verfahrens nicht binnen sechs Monaten nach der Beseitigung des der Einleitung entgegenstehenden Hindernisses beantragt wird. III., IV. In der E I-7.ustRed.Kom (E II) ist am Ende des Titels „Schuldverschreibung auf Inhaber" in der Fußnote angemerkt: Im Artikel 11 des Entwurfes des Einführungsgesetzes sollen in die Civilprozeßordnung folgende Vorschriften eingestellt werden : 1. zum Ersätze des § 696 des Entw. 1 als Abs. 2 des § 850: Wird das Auschlußurtheil in Folge einer Anfechtungsklage aufgehoben, so bleiben die auf Grund derselben von dem Verpflichteten bewirkten Leistungen auch Dritten, insbesondere denn Anfechtungskläger, gegenüber wirksam, es sei denn, daß der Verpflichtete zur Zeit der Leistung die Aufhebung des Ausschlußurtheils gekannt hat. 2. an Stelle der als § 850 a aufgenommenen Vorschrift, zugleich als Ersatz des § 693 des Entw. I: § 850 a. Bezweckt das Aufgebotsverfahren die Kraftloserklärung eines auf den Inhaber lautenden Papiers, so hat das Gericht auf Antrag an den Aussteller sowie an die in dem Papier und die von dem Antragsteller bezeichneten Zahlstellen das Verbot zu erlassen, an den Inhaber des Papiers eine Leistung zu bewirken, insbesondere neue Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine oder einen Erneuerungsschein auszugeben (Zahlungssperre); mit dem Verbot ist die Benachrichtigung von der Einleitung des Aufgebotsverfahrens zu verbinden. Das an den Aussteller erlassene Verbot ist auch den Zahlstellen gegenüber wirksam, welche nicht in dem Papiere bezeichnet sind. Die Einlösung der vor dem Verbot ausgegebenen Zins-, Rentenund Gewinnantheilscheine wird von dem Verbote nicht betroffen. Ist die sofortige Einleitung des Aufgebotsverfahrens nach § 847 Satz 2 unzulässig, so hat das Gericht die Zahlungssperre auf Antrag schon vor der Einleitung des Verfahrens zu verfügen, sofern die übrigen Erfordernisse für die Einleitung vorhanden sind. Auf den Antrag finden die Vorschriften des § 824 Abs. 1 Anwendung. Das Verbot ist nach Maßgabe des § 825 öffentlich bekannt zu machen. § 850 a 1 . Wird das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung eines auf den Inhaber lautenden Papiers nach der öffentlichen Bekanntmachung des Aufgebots oder der Zahlungssperre ohne Erlassung eines Ausschlußurtheils erledigt, so ist von Amtswegen die Zahlungssperre aufzuheben und die Erledigung des Verfahrens sowie die Aufhebung der Zahlungssperre durch den Deutschen Reichsanzeiger 742
22. Titel: Schuldverschreibung auf den Inhaber
Anh § 808
b e k a n n t zu machen. Das Gleiche gilt, w e n n nach der öffentlichen Bekanntmachung der vor der Einleitung des V e r f a h r e n s verfügten Zahlungssperre die Einleitung des V e r f a h r e n s nicht binnen sechs M o n a t e n nach der Beseitigung des ihr entgegenstehenden Hindernisses beantragt wird. § 850 a 2 . Die Vorschriften der §§ 850a, 850a 1 finden entsprechende A n w e n d u n g , w e n n das Aufgebotsverfahren die Kraftloserklärung einer U r k u n d e der im § 736 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art bezweckt. 1 6 V. Z u r Änderung der C P O rev. Prot. II, Bd. 6, S. 745 ff. (Einleitung im Quellenband z u m Einführungsgesetz).
Anhang III § 696 E I/§ 1018 Abs. 2 ZPO W i r d das Ausschlußurtheil in Folge der Anfechtungsklage aufgehoben, so bleiben Leistungen, welche der Aussteller auf Grund des Ausschlußurtheiles bewirkt hat, auch gegenüber Dritten und insbesondere gegenüber dem Anfechtungskläger wirksam, es sei denn, daß der Aussteller z u r Zeit der Leistung von der A u f h e b u n g des Ausschlußurtheiles bereits Kenntniß hatte.
A. 1. Kommission 1. Z u r 1. Beratung vgl. Quellen zu § 800 BGB und A. 1. II. 1. Die beschlossene Regelung lautet in der
ZustOR:
§ 137. Wird das Ausschlußurtheil in Folge der Anfechtungsklage aufgehoben, so ZustOR § bleiben alle Leistungen, welche der Aussteller auf Grund des Ausschlußurtheils bewirkt hat, auch Dritten und insbesondere dem Anfechtungskläger gegenüber wirksam, es sei denn, daß der Aussteller zur Zeit der Leistung von der A u f h e b u n g des Ausschlußurtheils bereits Kenntniß erlangt hatte. 2. Auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 IV, 40) wurde in § 696 K E (1. Fassung) „alle" vor Leistungen gestrichen (Prot. I, S. 3556, 3560). III. 1. Fassung der Regelung im KE: § 690. Wird aus Ausschlußurtheil in Folge der Anfechtungsklage a u f g e h o b e n , so KE § 690 bleiben Leistungen, welche der Aussteller auf G r u n d des Ausschlußurtheils bewirkt hat, auch Dritten und insbesondere dem Anfechtungskläger gegenüber wirksam, es sei denn, daß der Aussteller zur Zeit der Leistung von der A u f h e b u n g des Ausschlußurtheils bereits Kenntniß hatte. 2. Auf Antrag von Johow ( N r . 614,9) w u r d e beschlossen, in § 696 statt „Urtheils" zu sagen: „Unheiles" (Prot. I, S. 11854).
16 Vgl. ferner Quellen zu § 808 BGB unter C. IV.2. und D. 743
§ 809
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
B. Vorkommission des Reichsjustizamts II. 82. Sitzung vom 7. 9. 1892. I ProtRJA 527
| Den §696 beschloß man, in folgender Fassung als Abs. 2 des § 850 in die C.P.O. zu ersetzen: „Wird das Ausschlußurtheil in Folge einer Anfechtungsklage aufgehoben, so I ProtRJA 528 bleiben die | auf Grund derselben von dem Aussteller der Urkunde bewirkten Leistungen auch Dritten, insbesondere dem Anfechtungskläger, gegenüber wirksam, es sei denn, daß der Aussteller zur Zeit der Leistung von der Aufhebung des Ausschlußurtheils bereits Kenntniß erlangt hatte." Man erwog, daß die Bestimmung den § 850 der C.P.O. einschränke, und hielt ferner die durch die Versetzung bewirkte Ausdehnung der Vorschrift auf die amortisirbaren Urkunden für unbedenklich.
C. 2. Kommission I. Prot. II, Bd. 2, S. 548 (Mugdan, Bd. 2, S. 1062): Struckmann Zu § 696 lag der Antrag vor, die Bestimmung des Entwurfs zu streichen und in (Nr 243, 14) der C.P.O. dem § 850 als Abs. 2 hinzuzufügen: Wird das Ausschlußurtheil in Folge einer Anfechtungsklage aufgehoben, so bleiben die auf Grund desselben von dem Aussteller der Urkunde bewirkten Leistungen auch Dritten, insbesondere dem Anfechtungskläger, gegenüber wirksam, es sei denn, daß der Aussteller zur Zeit der Leistung von der Aufhebung des Ausschlußurtheils bereits Kenntniß erlangt hatte. II., III., IV. Zur Fassung der beschlossenen Regelung vgl. Anhang II unter III., IV.; ferner Prot. II, Bd. 6, S. 745.
DREIUNDZWANZIGSTER TITEL Vorlegung von Sachen1 §809 Wer gegen den Besitzer einer Sache einen Anspruch in Ansehung der Sache hat oder sich Gewißheit verschaffen will, ob ihm ein solcher Anspruch zusteht, kann, wenn die Besichtigung der Sache aus diesem Grunde für ihn von Interesse ist, verlangen, daß der Besitzer ihm die Sache zur Besichtigung vorlegt oder die Besichtigung gestattet.
1
Der Titel enthielt im E I in § 777 und E II §§ 699, 700 noch Vorschriften für den Fall, wenn ein Inbegriff von Vermögensgegenständen herauszugeben ist, s. dazu bei §§ 260, 261 BGB.
744
23. Titel: Vorlegung von Sachen
§809
A. 1. Kommission I. 249. Sitzung vom 19. 10. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend v. Kübel I Zur Prüfung gelangte1" derjenige Abschnitt des Dresdener Entwurfs, der in den Artikeln 1041 — 1045 unter der Ueberschrift: „Schuldverhältnisse aus Zuständen" die actio ad exhibendum und edendum behandelt. I Zu Artikel 1041 des Entwurfs : „Wer wegen eines dinglichen oder persönlichen Rechtes ein Interesse daran hat, daß ihm die Besichtigung einer Sache gewährt werde, insbesondere um sich Gewißheit darüber zu verschaffen, ob sie diejenige Sache sei, auf welche sich sein Recht bezieht, oder ob sie die Beschaffenheit habe, welche für sein Recht von Bedeutung ist, kann von jedem Inhaber dieser Sache verlangen, daß er sie ihm vorzeige, vorlege und von ihm besichtigen lasse." war beantragt, statt dessen zu bestimmen : „Wer wegen eines ihm gegen den Besitzer oder Inhaber einer Sache in Ansehung derselben zustehenden Anspruchs oder um Gewißheit darüber zu erlangen, ob ihm ein solcher Anspruch zustehe, ein nach billigem Ermessen für genügend zu erachtendes Interesse an der Besichtigung der Sache hat, hat das Recht, von dem Besitzer oder Inhaber zu verlangen, daß derselbe ihm die Sache vorzeige und gestatte, dieselbe zu besichtigen." Die Mehrheit erklärte sich gegen das Prinzip des Entwurfs, wonach der Anspruch auf Vorzeigung u.s.w. begründet sein soll, wenn wegen eines dinglichen oder persönlichen Rechts ein Interesse an der Vorzeigung u.s.w. der Sache besteht, billigte vielmehr in getrennter Abstimmung die in dem Antrage enthaltenen Vorschläge, wodurch der Anspruch auf die beiden Fälle beschränkt wird, wenn Jemand: a, wegen eines ihm gegen den Besitzer oder Inhaber einer Sache in Ansehung der letzteren zustehenden Anspruchs oder b, zur Erlangung der Gewißheit, ob ihm ein solcher Anspruch zustehe, ein Interesse an der Besichtigung der Sache hat. Die Beschränkung, welche der Antrag außerdem noch insofern in Vorschlag bringt, als ein „nach billigem Ermessen für genügend zu erachtendes" Interesse verlangt wird, wurde | für beide Fälle in getrennter Abstimmung abgelehnt. Die Fassung der beschlossenen Vorschrift blieb der Redaktion vorbehalten, wobei insbesondere geprüft werden soll, ob mit dem Entwürfe von: „vorzeigen, vorlegen und besichtigen lassen" zu reden, ob es nicht vielmehr richtiger sei neben „vorzeigen" nicht auch von „vorlegen" zu sprechen, wenn beide Worte aber bleiben müßten, mindestens „oder" zwischen ihnen einzuschieben. Die Mehrheit ging von folgenden Betrachtungen aus : Der Entwurf gewähre den Anspruch auf Vorzeigung einer Sache (die actio ad exhibendum) in größter Ausdehnung. Nach seiner Fassung erfordere der Anspruch zu seiner Begründung ein Weiteres nicht, als den Nachweis eines Rechts, sei es eines dinglichen oder persönlichen und eines an dieses Recht sich knüpfenden Interesse an der Vorzeigung der Sache. Es leuchte ein, zu welchen Mißbräuchen die Zulassung der actio ad exhibendum in dieser Ausdehnung führen könne. Es würde la
Die auf dieser Sitzung voraufgegangenen Beratungen s. bei § 760 BGB.
745
| Prot I 2686
| Prot I 2687 DredE Art 1041
Planck (Nr 485, 1)
| Prot 1 2688
§809
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
möglich sein, durch Benutzung einer solchen Klage die Vorzeigung einer Sache zu erzwingen, auf welche das Recht des Klägers gar keine Beziehung habe und die der Vorlegung zu entziehen, der Gegner das größte und berechtigteste Interesse habe. Vielleicht würde es nicht einmal ausgeschlossen sein, mittels einer Wette die zureichende Grundlage für eine Exhibitionsklage sich zu verschaffen, deren wahrer Zweck sei, ein Kunst- oder Gewerbe-Geheimniß in Erfahrung zu bringen. Nicht minder einleuchtend sei, daß eine so schrankenlose actio ad exhibendum in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen in keiner Weise eine Stütze finde und gegen das Prinzip verstoße, daß Niemand einen Eingriff in den durch die Rechtsordnung abgeschlossenen Kreis seiner Privatrechte zu dulden habe, daß sie auch nicht in Einklang zu bringen sei mit den Grundsätzen, auf welchen die Vorschriften der Civilprozeßordnung über die Editionspflicht Dritter beruhen. Eine Beschränkung des I Prot 12689 Prinzips des Entwurfs sei daher unerläßlich. Es könne sich sogar | fragen, ob nicht die actio ad exhibendum im Gesetzbuche nach Vorbild mehrerer anderer Gesetzbücher und im Einklang mit der in neuerer Zeit von namhaften Autoritäten vertretenen Ansicht gänzlich zu übergehen sei. In der letzteren Beziehung komme zunächst in Betracht, daß viele Fälle, in welchen die Klage als ein Bedürfniß erscheine, wie das Material (S. 16 u. 17) des Näheren nachweise, von der Berücksichtigung ausscheiden, weil die erforderlichen speziellen Bestimmungen in das Sachenrecht, Erbrecht u.s.w. gehörten, der Sachenrechtsentwurf u.s.w. auch das Erforderliche meist schon vorgesehen hätten. Weiter werde in vielen anderen Fällen der Vorzeigungsanspruch aus dem Wesen des Rechts, auf welches er zu gründen sei, schon im Wege der Auslegung des einschlagenden Gesetzes oder Rechtsgeschäfts sich herleiten laßen, ζ. B. wenn bei einer alternativen Obligation der wahlberechtigte Gläubiger von dem Schuldner die Vorzeigung der Sachen begehre, unter denen zu wählen sei, oder wenn derjenige, dem eine Holzgerechtigkeit zustehe, die Zulassung zur Besichtigung des belasteten Waldes verlange behufs Ermittelung, ob ein zur Ausübung der Servitut erforderlicher Holzbestand vorhanden sei. Indessen könne doch das gänzliche Uebergehen der actio ad exhibendum nicht für angemessen erachtet werden. Zunächst gebe es Fälle, in welchen es mindestens zweifelhaft sei, ob ein gegen den Besitzer oder Inhaber einer Sache begründeter dinglicher oder persönlicher Anspruch auch das Recht auf Vorzeigung derselben in sich schließe, obschon die Vorzeigung zur Verwirklichung des Anspruchs mehr oder weniger unentbehrlich sei. Zu diesen Fällen ließen sich auch die obigen Beispiele zählen. Es würde ungerecht sein und mit den Anforderungen der Rechtsordnung sich nicht vereinbaren lassen, in derartigen Fällen die actio ad exhibendum zu versagen. Wenn der oben mitgetheilte Antrag in seinem ersten Theile für alle fraglichen Fälle für die ZuI Prot 12690 | lassung der Klage entscheide, so könne dies folglich nur gebilligt werden. Der Antrag wolle die Klage außerdem noch dann zugestehen, wenn die Vorzeigung nöthig sei, um den Kläger zu vergewissern, ob ihm ein Anspruch der gedachten Art zustehe. Auch hiergegen lasse sich ein Wesentliches nicht erinnern. Es könne zwar nicht geleugnet werden, daß für diese Ausdehnung nur Billigkeitsrücksichten sich geltend machen ließen. Die letzteren seien aber auch zur Rechtfertigung der Vorschrift ausreichend, da eine solche Vorschrift einen Mißbrauch oder die Verletzung erheblicher Interessen des Gegners kaum besorgen lasse. Weiter dürfe aber aus den oben erwähnten Gründen nicht gegangen werden. Die Fälle, welche zur Rechtfertigung einer Ausdehnung angeführt seien, als: es werde die Abschätzung eines Nachlaßgrundstücks, welches bereits in das Eigenthum eines Dritten übergegangen sei, zur Ermittelung des Pflichttheils eines Pflichttheilserben nöthig; es werde die Besichtigung eines neuerrichteten, bereits in den Händen eines Dritten befindlichen Hauses 746
23. Titel: Vorlegung von Sachen
§ 809
in einem Streite zwischen dem Baumeister und dem Bauherrn über die vertragsmäßige Ausführung des Baus erforderlich, u.s.w. verdienten keine Berücksichtigung. Sie ließen sich offenbar auf keinem anderen Wege berücksichtigen, als durch Adoption des mit den größten Gefahren verbundenen und mit den allgemeinen Grundsätzen schwer vereinbaren Prinzips des Entwurfs. Ob im Civilprozeß der Prozeßrichter — ähnlich wie der Strafprozeßrichter im Untersuchungsverfahren (Strafprozeßordnung §§ 94 u. ff.) — kraft seines Richteramtes in Fällen der betreffenden Art die Vorzeigung und Gestattung der Besichtigung anordnen und erzwingen könne, habe das bürgerliche Gesetzbuch nicht zu entscheiden. Der oben mitgetheilte Antrag verlangt für beide Fälle zur Begründung des Anspruchs außerdem noch, daß das Interesse des Berechtigten nach billigem Ermessen für genügend zu er-1 achten sei. Die Beschränkung sei für den ersten Fall des An- | Prot I 2691 trags ohne Zweifel nicht zu halten, da in diesem Falle ein nicht auf bloßen Billigkeitsrücksichten beruhendes, sondern ein aus den allgemeinen Grundsätzen herzuleitendes Recht anzunehmen sei; sie passe aber auch für den zweiten Fall des Antrags nicht, da, wenn einmal das Interesse vorhanden sei, der Richter nicht die Macht haben dürfe, nach seinem subjektiven Ermessen das Interesse für genügend oder nicht für genügend zu erklären. Einverständniß bestand über Folgendes : 1. Es ist kein Grund vorhanden, den Anspruch nur in Ansehung der beweglichen Sachen zuzulassen (Mat. S. 4). 2. Interesse und bezw. Recht müssen erforderlichen Falls bewiesen werden; die bloße Glaubhaftmachung genügt nicht (Mat. S. 5 und 12). 3. Der Entwurf redet nur von Inhaber; richtiger ist aber, neben dem Inhaber auch den Besitzer zu erwähnen, weil dieser, wenn er die Gewahrsam einem Anderen übertragen hat, der in des Ersteren Namen detinirt und nach desen Weisungen sich zu richten hat, als der zur Vorzeigung Verpflichtete erscheint und weil ferner der Detentor nicht vorschützen kann, er sei an die Weisungen des Besitzers gebunden. 4. Die S. 17 — 20 des Materials erörterte actio ad exhibendum bleibt als dem Sachenrechte angehörig und auch in dem Sachenrechtsentwurfe erledigt, für das Obligationenrecht auf sich beruhen. I I . - I V . In der RedVorl, ZustOR § 480, im KE § 765 und im E I § 774 lautet die beschlossene Vorschrift: Wer wegen eines gegen den Besitzer oder Inhaber einer Sache in Ansehung der letzteren ihm zustehenden Anspruchs (KE, E I: Anspruches) oder (KE, EI:,) um sich Gewißheit zu verschaffen, ob ihm ein solcher Anspruch zustehe, an der Besiehtigung der Sache ein Interesse hat, kann von dem Besitzer oder Inhaber verlangen, daß ihm die Sache vorgezeigt oder vorgelegt (ZustOR, KE, E I: und deren Besichtigung gestattet) werde. 2
2
Dazu ist in der RedVorl angemerkt: 1. „Vorzeigen" ist etwas eng; „Vorlegen" paßt nicht für unbewegliche Sachen; bei Urkunden ist wegen der Proz. Ordn. der Ausdruck: „Vorlegen" schwer zu umgehen. 2. Das Interesse geht auf Beseitigung, der Anspruch auf Vorzeigen oder Vorlegen zur Besichtigung. Dem entspricht § 1565 des Sächs. Gesetzbuchs.
747
RedVorl/ ZustOR §480 KE § 765 ^ * § 774
§810
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
C. 2. Kommission I. Zu § 774 lag der Antrag vor, die Bestimmung des Entw. zu fassen: (Prot. II, Bd. 2, S. 770; Mugdan, Bd. 2, S. 1219): Struckmann Wer wegen eines gegen den Besitzer einer Sache in Ansehung derselben ihm zu(Nr 259, 19) stehenden Anspruchs oder, um sich Gewißheit zu verschaffen, ob ein solcher Anspruch ihm zustehe, ein Interesse an der Besichtigung der Sache hat, kann von dem Besitzer verlangen, daß dieser ihm die Sache zur Besichtigung vorlege oder ihn zur Besichtigung der Sache zulasse. Die Komm, nahm den in sachlicher Beziehung von keiner Seite beanstandeten § 774 an und überwies den nur in der Fasung vom Entw. abweichenden Antrag der Red.Komm. II. In der VorlZust lautet die beschlossene Vorschrift: E I-VorlZust Wer wegen eines Anspruchs der ihm in Ansehung einer Sache gegen den Besit§ 774 zer derselben zusteht oder um sich Gewißheit zu verschaffen, ob ein solcher Anspruch ihm zustehe, ein Interesse an der Besichtigung der Sache hat, kann vom dem Besitzer verlangen, daß dieser ihm die Sache zur Besichtigung vorlege oder ihn zur Besichtigung der Sache zulasse. III./IV. In der ZustRedKom lautet § 774, im E II § 695: E I-ZustRedKom Wer gegen den Besitzer einer Sache einen Anspruch in Ansehung der Sache hat S 774 oder wer sich Gewißheit verschaffen will, ob ihm ein solcher Anspruch zusteht, E II $ 695 kann, wenn die Besichtigung der Sache aus diesem Grunde für ihn von Interesse ist, verlangen, daß der Besitzer ihm die Sache zur Besichtigung vorlegt oder die Besichtigung gestattet. V. Im E II rev § 794, E III S 793 liegt die in § 809 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
§810
Wer ein rechtliches Interesse daran hat, eine in fremdem Besitze befindliche Urkunde einzusehen, kann von dem Besitzer die Gestattung der Einsicht verlangen, wenn die Urkunde in seinem Interesse errichtet oder in der Urkunde ein zwischen ihm und einem Anderen bestehendes Rechtsverhältnis beurkundet ist oder wenn die Urkunde Verhandlungen über ein Rechtsgeschäft enthält, die zwischen ihm und einem Anderen oder Zwischen einem von beiden und einem gemeinschaftlichen Vermittler gepflogen worden sind. A. 1. Kommission I. 249. Sitzung vom 19. 10. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend v. Kübel I Prot I 2691 DresdE Art 1042
| Zu Artikel 1042 des Entwurfs : „Wer ein rechtliches Interesse hat, eine Urkunde einzusehen, kann, auch wenn ihm das Eigenthum oder Miteigenthum an der Urkunde oder ein sonstiges Recht 748
23. Titel: Vorlegung von Sachen
§810
auf deren Benutzung nicht zusteht, die Vorzeigung derselben von deren Inhaber verlangen, wenn die Urkunde in seinem Interesse errichtet worden ist oder sonst I seine Rechtsverhältnisse betrifft und nicht in Aufzeichnungen besteht, welche Je- | Prot I 2692 mand bloß zu seinen eigenen Zwecken gemacht hat." lag der Antrag vor, statt dessen zu bestimmen : Planck „Wer ein nach billigem Ermessen als genügend zu erachtendes Interesse an der (Nr 485, 2) Vorzeigung und Gestattung der Einsicht einer Urkunde hat — ist dieselbe von dem Inhaber der Urkunde zu fordern berechtigt, wenn diese in seinem Interesse errichtet ist oder sein und des Inhabers gegenseitiges Rechtsverhältnis dadurch beurkundet wird. Als Urkunden, durch welche das Rechtsverhältniß zwischen zwei Personen beurkundet wird, gelten auch die über ein Rechtsgeschäft zwischen ihnen oder zwischen einem von ihnen und dem gemeinsamen Vermittler des Geschäfts gepflogenen schriftlichen Verhandlungen." Der Antrag wurde dahin berichtigt, zu bestimmen : „Die Vorlegung einer Urkunde könne im Falle eines Interesse unter den Voraussetzungen verlangt werden, unter welchen im Prozesse ein Dritter nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung (§ 394 daselbst) editionspflichtig sei." Der Antrag fand, vorbehaltlich der bei der Redaktion festzustellenden Fassung, die Zustimmung der Mehrheit. Erwogen war: Die Civilprozeßordnung enthalte ausführliche Vorschriften über die Verpflichtung eines nicht zu den prozeßführenden Parteien gehörenden Dritten, eine hinter ihm befindliche Urkunde zu ediren (§ 3 9 4 ) D i e Anwendung dieser Vorschriften setze das Schweben eines Rechtsstreits und eine richterliche Anordnung voraus, welche die Vorlegung der Urkunde behufs einer Beweisführung für erheblich erkläre. Die Bestimmungen paßten auch für den Fall, wenn ein Prozeß nicht anhängig sei. Nur müsse in einem solchen Falle an Stelle der gedachten, die Interessenfrage lösenden richterlichen Anordnung das | Vorhandensein und erforderlichen Falls der | Prot I 2693 Beweis eines besonderen Interesse treten. Die Editionspflicht nach Anleitung des Entwurfs über die Bestimmungen der Civilprozeßordnung hinaus zu erweitern, sei aus den Gründen unstatthaft, welche bei der Berathung der Civilprozeßordnung nach wiederholter und umfassender Prüfung zu der aus der C.P.O. zu ersehenden Beschränkung der Editionspflicht bestimmt hätten. Es sei geltend gemacht, die Prozeßordnung enthalte in dem § 387 Nr. 2 2 , auf welche der entscheidende § 394 verweise, insofern eine Dunkelheit, als zweifelhaft bleibe, ob auch diejenige Urkunde edirt werden müsse, welche nur im einseitigen Interesse des Editionssuchers errichtet sei. Indessen dieser Zweifel werde nur bei Revision der Prozeßordnung gelöst werden können. Der Artikel 1043 des Entwurfs lautet: „Das Recht, die Einsicht einer Urkunde zu verlangen, erstreckt sich nur jenigen Theile derselben, auf welche sich das Interesse des Berechtigten oder welche zum Verständnisse dieser Theile dienen. Soweit Jemand die von Urkunden verlangen kann, ist er auch eine Abschrift von denselben zu befugt."
auf die- DresdE Art 1043 bezieht, Einsicht nehmen
ι Z P O § 429. Z P O § 422, in dem die Nr. 2 nicht mehr enthalten ist.
2
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§810
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Es wurde die Streichung des Artikels beschlossen. Man war der Ansicht: Der erste Satz des Artikels sei, soweit er als richtig anerkannt werden könne, selbstverständlich. Der zweite Satz enthalte eine Bestimmung, die in der ausgesprochenen Allgemeinheit zu Bedenken Anlaß gebe. Ob und in welchem Umfange Abschriften genommen oder Notizen gemacht werden dürften, hänge von den Umständen des konkreten Falles ab und lasse sich durch eine allgemeine Regel nicht entscheiden. Einverständniß bestand übrigens, daß die auf die Urkundenedition sich beziehenden Vorschriften des Handelsgesetzbuchs, ingleichen alle sonstigen speziellen Vorschriften über die Edition von Urkunden durch die Bestimmungen des vorliegenden Abschnitts nicht berührt werden.
RedVorl § 481
ZustOR § 481 KE $ 766 E I § 775
II. — IV. Die beschlossene Vorschrift lautet in der RedVorl und ZustOR als S 481, im KE als § 766 und im E I als § 775: Wer ein Interesse daran hat, von einer im Besitze oder Gewahrsam (in den Händen) eines Andern befindlichen Urkunde Einsicht zu nehmen, kann von dem Andern die Vorlegung der Urkunde zur Einsichtnahme verlangen, sofern die Voraussetzungen vorhanden sind, unter welchen in einem Rechtsstreit ein Dritter nach den Bestimmungen der Civilprozeßordnung zu der durch Beweisbeschluß für erheblich erklärten Vorlegung einer Urkunde verpflichtet ist3. Wer ein Interesse daran hat, von einer im (KE, E I : in dem) Besitze oder (ZustOR: in) der Innehabung eines Anderen befindlichen Urkunde Einsicht zu nehmen, kann von dem Anderen die Vorlegung und Gestattung der Einsicht der Urkunde verlangen, sofern die Voraussetzungen vorhanden sind, unter welchen in einem Rechtsstreite ein Dritter nach den Bestimmungen der Civilprozeßordnung zu dem durch Beweisbeschluß für erheblich erklärten Vorlegung einer Urkunde verpflichtet ist. C. 2. Kommission I. Zu § 775 lagen die Anträge vor (Prot. II, Bd. 2, S. 771 f.; Mugdan, Bd. 2, S. 1219):
Struckmann (Nr 259, 20 a)
1. unter Berücksichtigung der C.P.O. § 387 a) den § 775 des Entw. wie folgt zu gestalten: Wer ein Interesse daran hat, eine in fremdem Besitze befindliche Urkunde einzusehen, kann von dem Besitzer Gestattung der Einsicht verlangen, wenn die Urkunde ihrem Inhalte nach für ihn und den Besitzer gemeinschaftlich ist. Als gemeinschaftlich gilt eine Urkunde für die Personen, in deren Interesse sie errichtet ist oder deren gegenseitige Rechtsverhältnisse darin beurkundet sind. Als 3
Dazu ist angemerkt: 1. Das Interesse geht auf Einsichtnahme, der Anspruch auf Vorlegung zur Einsichtnahme. Der $ 2 (481) muß ähnlich wie der § 1 (480) gefaßt werden; zu vergi. Sachs. Gesetzbuch S 1566. 2. Die Civilprozeßordnung redet im § 393 von: „sich befinden in den Händen eines Dritten"; bedient sich sonst im Anschluß an einen durchgehenden Sprachgebrauch des Ausdrucks „Besitzer"; sie gebraucht ferner für: „ediren" das Wort: „vorlegen" und für: „Edition" das "Wort: „Vorlegung". 3. Der § 2 (481) muß so gefaßt werden, daß das nach der Civilprozeßordnung anzunehmende Erforderniß des Beweisbeschlusses nicht hineingezogen wird.
750
23. Titel: Vorlegung von Sachen
§810
gemeinschaftlich gelten auch die über ein Rechtsgeschäft zwischen den Betheiligten oder zwischen einem derselben und dem gemeinsamen Vermittler des Geschäfts gepflogenen schriftlichen Verhandlungen. b) im Art. 11 des Entw. d. E.G. den § 387 der C.P.O. durch nachstehende Vor- Struckmann (Nr 259, 20 b) schrift zu ersetzen: Der Gegner ist zur Vorlegung der Urkunde verpflichtet, wenn der Beweisführer nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes die Herausgabe der Urkunde oder deren Vorlegung auch außerhalb des Prozesses verlangen kann. Jacubezky 2. das Verhältniß dahin zu regeln: (Nr 311,2) a) den § 775 zu fassen: Wer ein Interesse daran hat, von einer in dem Besitze eines Anderen befindlichen Urkunde Einsicht zu nehmen, kann von dem Besitzer die Gestattung der Einsicht verlangen, wenn die Urkunde ihrem Inhalte nach ihn angeht. Eine Urkunde geht diejenigen an, in deren Interesse sie errichtet ist oder deren Verhältniß zu einander sie beurkundet. Die schriftlichen Verhandlungen zwischen den Parteien oder zwischen einer derselben und dem gemeinsamen Vermittler über ein Rechtsgeschäft gehen jede der Parteien an. b) für den Fall, daß an dem Erfordernisse der „Gemeinschaftlichkeit" festgehalten werden sollte, dem Schlüsse des Abs. 1 folgende Fassung zu geben: wenn die Urkunde ihrem Inhalte nach eine für ihn und den Besitzer oder einen Dritten gemeinschaftliche ist. als Abs. 2 die Bestimmungen der C.P.O. § 387 Abs. 2 (mit Beibehaltung der Worte „insbesondere" im Satz 1 und „auch" im Satz 2) aufzunehmen; c) dem § 387 der C.P.O. die unter 1 b vorgeschlagene Fassung zu geben. Der Antragsteller zu 2 änderte im Laufe der Berathung den von ihm unter a vorgeschlagenen § 775 Abs. 2 Satz 1 dahin, daß hinter den Worten „Eine Urkunde geht" das Wort „insbesondere" eingeschoben werden soll. Der Antragsteller zu 1 war damit einverstanden, daß in seiner Fassung des § 775 Abs. 1 hinter den Worten „den Besitzer" die Worte „oder einen Dritten" eingeschaltet werden. Die Komm, entschied sich für den Antrag 2 in dessen ursprünglicher Fassung und überwies der Red.Komm. den modifizierten Antrag 1, soweit derselbe sachlich von dem Antrage 2 nicht abweicht; der Red.Komm. wurde auch die Prüfung der Frage anheimgegeben, ob einer aus der Mitte der Komm, gegebenen Anregung zufolge in dem Antrag 1 b die Worte „auch außerhalb des Prozesses" zu streichen seien.
II. In der VorlZust lautet die beschlossene Vorschrift: Wer ein Interesse daran hat, von einer in dem Besitze eines Anderen befindli- E I-VorlZust chen Urkunde Einsicht zu nehmen, kann von dem Besitzer die Gestattung der Ein- S 7 7 5 sieht verlangen, wenn die Urkunde in (ausschließlich oder doch mit) seinem Interesse errichtet ist oder sein Verhältniß zu einem Anderen beurkundet oder zu den schriftlichen Verhandlungen über ein Rechtsgeschäft gehört, welche zwischen ihm und dem anderen Betheiligten oder zwischen einem derselben und dem gemeinschaftlichen Vermittler gepflogen sind.4 4
Dazu ist angemerkt: In den Art. 11 des Entwurfs eines Einführungsgesetzes soll folgende Vorschrift aufgenommen werden : Der § 387 der Civilprozeßordnung erhält folgende Fassung: 751
§811
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
III., IV. In der ZustRedKom lautet § 775, im Ε II § 696 : E I-ZustRedKom Wer ein rechtliches Interesse daran hat, eine in fremdem Besitze befindliche Ur§ 775 künde einzusehen, kann von dem Besitzer die Gestattung der Einsicht verlangen, E II § 696 wenn die Urkunde in seinem Interesse errichtet oder in der Urkunde ein zwischen ihm und einem Anderen bestehendes Rechtsverhältniß beurkundet ist oder wenn die Urkunde Verhandlungen über ein Rechtsgeschäft enthält, die zwischen ihm und einem Anderen oder zwischen einem von beiden und dem gemeinschaftlichen Vermittler gepflogen worden sind.5 Damit liegt die in § 810 BGB (E II rev. § 795, E III § 794) Gesetz gewordene Fassung vor.
§811
Die Vorlegung hat in den Fällen der §§ 809, 810 an dem Orte zu erfolgen, an welchem sich die vorzulegende Sache befindet. Jeder Theil kann die Vorlegung an einem anderen Orte verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Die Gefahr und die Kosten hat derjenige zu tragen, welcher die Vorlegung verlangt. Der Besitzer kann die Vorlegung verweigern, bis ihm der andere Theil die Kosten vorschießt und wegen der Gefahr Sicherheit leistet.
A. 1. Kommission I. 249. Sitzung vom 19. 10. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend v. Kübel I Prot I 2694 DresdE Art 1044
| Der Artikel 1044 des Entwurfs bestimmt: „Die Gefahr und Kosten der Vorzeigung hat Derjenige zu tragen, welcher solche verlangt." Der Artikel 1044 blieb unbeanstandet; man erachtete ihn in Ansehung der als die Regel zu betrachtenden Fälle für völlig sachgemäß. Der von einer Seite vorgeschlagene Zusatz: „soweit nicht aus dem betreffenden Rechtsverhältnisse sich ein Anderes ergiebig wurde, weil man ihn für selbstverständlich hielt, abgelehnt. In Artikel 1045 des Entwurfs ist bestimmt: DresdE Art 1045 „Verweigert der Inhaber der Sache oder Urkunde deren Besichtigung oder Einsicht ohne rechtlichen Grund, oder vereitelt er solche arglistiger Weise, so ist er
5
Der Gegner ist zur Vorlegung der Urkunde verpflichtet, wenn der Beweisführer nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts die Herausgabe der Urkunde oder deren Vorlegung auch außerhalb des Prozesses verlangen kann. Dazu ist jeweils angemerkt: Im Artikel 11 des Entwurfes des Einführungsgesetzes soll der § 387 der Civilprozeßordnung dahin geändert werden: Der Gegner ist zur Vorlegung der Urkunde verpflichtet, wenn der Beweisführer nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Herausgabe oder die Vorlegung der Urkunde verlangen kann.
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23. Titel: Vorlegung von Sachen
§ 811
Demjenigen, welcher die Besichtigung oder Einsicht zu verlangen befugt war, den hierdurch verursachten Schaden zu ersetzen verpflichtet." Der Antrag auf Streichung des Artikels wurde genehmigt. Man ging davon aus: Es sei selbstverständlich, daß derjenige, welcher der ihm durch das Gesetz auferlegten Pflicht der Vorzeigung und Einsichtgestattung nicht genüge, das Interesse leisten müsse, daß ferner auf jene Verpflichtung die allgemeinen Grundsätze über culpa und mora vor und während des Prozesses Anwendung leiden. Anlangend aber die Bestimmung des Entwurfs über die Haftung desjenigen, qui dolo desiit possidere, so müsse es bei der Anwendbarkeit der allgemeinen Grundsätze verbleiben, welche ergäben, daß der Verpflichtete nur im Arglistfalle verantwortlich sei (zu vergi. § 146 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 969-990) 1 . Zur Sprache kam, daß der § 191a2 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 1536, 1545—1547) nach seiner Fassung auf die actio ad | exhibendum und ad edendum nicht passe, wogegen aber auch | Prot I 2695 nichts zu erinnern sei. II. - IV. In der RedVorl und ZustOR § 482, im KE § 767 und im E I § 776 lautet die beschlossene Vorschrift: Die Gefahr und Kosten der Vorzeigung und Vorlegung hat in den Fällen der RedVorl/ SS 480 und 481 (KE: 765, 766; E I: §§ 774, 775) derjenige zu tragen, welcher die ZustOR S 482 Vorzeigung oder Vorlegung verlangt. 3 KE § 767 E I § 776
C. 2. Kommission I. Zu §776 lagen die Anträge vor (Prot. II, Bd. 2, S. 775 f; Mugdan, Bd. 2, S. 1219): 1. die Vorschrift des Entw. durch nachstehende Bestimmungen zu ersetzen : Struckmann Die Vorlegung hat in den Fällen der §§ 774, 775 an dem Orte zu erfolgen, an (Nr 259, 21) welchem der vorzulegende Gegenstand sich befindet. Aus wichtigen Gründen kann jedoch verlangt werden, daß die Vorlegung an einem anderen Orte erfolge. Die Gefahr und die Kosten der Vorlegung hat derjenige zu tragen, welcher sie verlangt. Auch hat er dem Besitzer auf dessen Verlangen wegen des Ersatzes des aus dem Verlust oder der Beschädigung des Gegenstandes entstehenden Schadens vorher Sicherheit zu leisten. 2. die Bestimmungen wie folgt zu fassen: Jacubezky In den Fällen der §§ 774, 775 hat die Vorzeigung oder Vorlegung an dem Orte (Nr 311, 3) zu erfolgen, an welchem sich die Sache befindet. Die Vorzeigung oder Vorlegung an einem anderen Orte kann verlangt werden, wenn ein wichtiger, das Verlangen rechtfertigender Grund vorliegt. Die Gefahr und die Kosten hat derjenige zu tragen, welcher die Vorzeigung oder Vorlegung verlangt. Der Besitzer kann die Vorzeigung oder Vorlegung ver1 S. bei SS 823, 826 BGB. 2 S. bei S 292 BGB. 3 Dazu ist in der RedVorl angemerkt: Der Zusatz: „so weit nicht aus einem besonderen Rechtsverhältniß sich ein Anderes ergiebt", ist abgelehnt, auch schwerlich nöthig, zumal bei der ohne sie erforderlichen Allegation der SS 1 und 2 (480 und 481).
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§811
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
weigern, bis ihm die Kosten vorgeschossen sind und wegen der Gefahr Sicherheit geleistet ist. 3. in dem § 776 a) dem Entw. hinzuzufügen: jedoch ist der Verpflichtete in jedem Falle befugt, die Vorlegung an einem anderen Orte zu leisten, wenn die Einsicht dadurch nicht erschwert wird. b) als Abs. 2 zu bestimmen: Sofern der Berechtigte nicht ein besonderes Interesse an der Einsicht der Urschrift hat, ist der Verpflichtete befugt, sich von der Vorlegung der Urschrift dadurch zu befreien, daß er auf seine Kosten eine öffentlich beglaubigte Abschrift (des für ihn wichtigen Theiles der Urkunde, allenfalls) der (ganzen) Urkunde aushändigt. 4. für den Fall der Annahme des Antrags 3 b den Zusatz auf öffentliche Urkunden zu beschränken; 5. für denselben Fall die öffentliche Beglaubigung durch die gerichtliche oder notarielle Beglaubigung zu ersetzen. Die Komm, erklärte sich mit der Beibehaltung des § 776 in der Fassung des Antrags 2 einverstanden. II./III. In der VorlZust und der ZustRedKom lautet § 776 : E I-VorlZust Die Vorlegung hat in den Fällen der §§ 774, 775 (sofern es sich nicht um eine § 776 Vorlegung im Prozesse handelt) 4 an dem Orte zu erfolgen, wo sich die vorzulegende Sache befindet. Jeder Theil kann die Vorlegung an einem anderen Orte verlangen, wenn ein wichtiger, das Verlangen rechtfertigender Grund vorliegt. Die Gefahr und die Kosten hat derjenige zu tragen, welcher die Vorlegung verlangt. Der Besitzer kann die Vorlegung verweigern, bis ihm die Kosten vorgeschossen sind und wegen der Gefahr Sicherheit geleistet ist. E II § 697
IV. Im E II lautet § 697: Die Vorlegung hat in den Fällen der §§ 695, 696 an dem Orte zu erfolgen, wo sich die vorzulegende Sache befindet. Jeder Theil kann die Vorlegung an einem anderen Orte verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Die Gefahr und die Kosten hat derjenige zu tragen, welcher die Vorlegung verlangt. Der Besitzer kann die Vorlegung verweigern, bis ihm der andere Theil die Kosten vorgeschossen und wegen der Gefahr Sicherheit geleistet hat. V. Im E II rev § 796, E III § 795 liegt die in § 811 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
4
Die eingeklammerten Worte fehlen in der ZustRedKom.
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24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§812-822
VIERUNDZWANZIGSTER TITEL Ungerechtfertigte Bereicherung Vorbemerkung
des
Herausgebers:
Eine nach den einzelnen Paragraphen des BGB geordnete Zusammenstellung der Materialien ist für das Bereicherungsrecht nicht möglich, da die endgültige Systematik des Bereicherungsrechts von der des E I und des E I-RJA erheblich abweicht. Die Edition ist wie folgt aufgebaut: An der Spitze stehen die Bestimmungen des BGB mit Hinweis auf die Regelungen im E I, E II, E II rev. und E III (nach Planck, Kommentar zum BGB, Bd. 3, 3. Aufl., 1907). Unter A. folgen dann zunächst die Bestimmungen des E I und anschließend die Quellen zu den §§ 737/738/ 7 3 9 - 7 4 0 / 7 4 1 / 7 4 2 - 7 4 3 / 7 4 4 / 7 4 5 - 7 4 6 / 7 4 7 und 748 E I. Unter B. sind die Protokolle der Vorkommission des Reichsjustizamts im Zusammenhang wiedergegeben. Im Teil C. sind die in der 2. Kommission gestellten Anträge nach den Quellen zu den §§ a — h E I-RJA geordnet. Anschließend werden die Quellen zu den §§816 und 822 BGB mitgeteilt. §812
Wer durch die Leistung eines Anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt. Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses. E I § 737 Abs. 1, 3, §§ 742f., 748, 290 Abs. 4; E II § 737, E II rev. § 737; E III §796. §813 Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann auch dann zurückgefordert werden, wenn dem Anspruch eine Einrede entgegenstand, durch welche die Geltendmachung des Anspruchs dauernd ausgeschlossen wurde. Die Vorschrift des § 222 Abs. 2 bleibt unberührt. Wird eine betagte Verbindlichkeit vorzeitig erfüllt, so ist die Rückforderung ausgeschlossen; die Erstattung von Zwischenzinsen kann nicht verlangt werden. E I § 737 Abs. 2, § 738; E II § 738, E II rev. § 798; E III § 797. §814 Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewußt hat, daß er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach. E I § 737 Abs. 4; E II § 739, E II rev. § 799; E III § 798. 755
§§812-822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse §815
Die Rückforderung wegen Nichteintritts des mit einer Leistung bezweckten Erfolges ist ausgeschlossen, wenn der Eintritt des Erfolges von Anfang an unmöglich war und der Leistende dies gewußt hat oder wenn der Leistende den Eintritt des Erfolges wider T r e u und Glauben verhindert hat. E I § 743 N r . 2, 3; E II § 740, E II rev. § 800; E III § 799.
§816 T r i f f t ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand eine Verfügung, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist, so ist er dem Berechtigten zur Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten verpflichtet. Erfolgt die Verfügung unentgeltlich, so trifft die gleiche Verpflichtung denjenigen, welcher auf G r u n d der Verfügung unmittelbar einen rechtlichen Vortheil erlangt. Wird an einen Nichtberechtigten eine Leistung bewirkt, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist, so ist der Nichtberechtigte dem Berechtigten zur Herausgabe des Geleisteten verpflichtet. E I SS 839, 880, 2081 N r . 3; E II §§ 812, 850, 2232, E II rev. § 801; E III S 800.
§ 817 W a r der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt, daß der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen hat, so ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet. Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei denn, daß die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestand; das zur Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden. E I § 743 N r . 1, § 747 Abs. 1, 3, § 684 Abs. 3; E II § 741, E II rev. § 802; E III S 801.
§818 Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf G r u n d eines erlangten Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstandes erwirbt. Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außer Stande, so hat er den Werth zu ersetzen. Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersätze des Werthes ist ausgeschlossen, soweit der E m p f ä n g e r nicht mehr bereichert ist. Von dem Eintritte der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften. E I SS 7 3 9 f . , 745 Abs. 2, 748 Abs. 3; E II § 742, E II rev. § 803; E III § 802. 756
24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§ 8 1 2 - 8 2 2
§819
Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnifi an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre. Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfange der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet. E I SS 741, 745 Abs. 2, S 747 Abs. 2, S 748 Abs. 3; E II S 743, E II rev. § 804; E III § 803. §820 War mit der Leistung ein Erfolg bezweckt, dessen Eintritt nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts als ungewiß angesehen wurde, so ist der Empfänger, falls der Erfolg nicht eintritt, zur Herausgabe so verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zur Zeit des Empfanges rechtshängig geworden wäre. Das Gleiche gilt, wenn die Leistung aus einem Rechtsgrunde, dessen Wegfall nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts als möglich angesehen wurde, erfolgt ist und der Rechtsgrund wegfällt. Zinsen hat der Empfänger erst von dem Zeitpunkt an zu entrichten, in welchem er erfährt, daß der Erfolg nicht eingetreten oder daß der Rechtsgrund weggefallen ist; zur Herausgabe von Nutzungen ist er insoweit nicht verpflichtet, als er zu dieser Zeit nicht mehr bereichert ist. E II S 744, E II rev. S 805; E III S 804. §821 Wer ohne rechtlichen Grund eine Verbindlichkeit eingeht, kann die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Anspruch auf Befreiung von der Verbindlichkeit verjährt ist. E I S 684 Abs. 1 ; E II S 745, E II rev. § 806; E III § 805.
§ 822
Wendet der Empfänger das Erlangte unentgeltlich einem Dritten zu, so ist, soweit in Folge dessen die Verpflichtung des Empfängers zur Herausgabe der Bereicherung ausgeschlossen ist, der Dritte zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn er die Zuwendung von dem Gläubiger ohne rechtlichen Grund erhalten hätte. E II rev. § 807, E III § 806.
757
§§812-822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
A. 1. Kommission
1. BGB-Entwurf VIERTER A B S C H N I T T Einzelne Schuldverhältnisse aus anderen Gründen ERSTER TITEL Bereicherung I. Leistung einer Nichtschuld § 737 W e r zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit eine Leistung bewirkt hat, kann, wenn die Verbindlichkeit nicht bestanden hat, von dem Empfänger das Geleistete zurückfordern. Es macht keinen Unterschied, ob die Verbindlichkeit überhaupt nicht bestanden hat oder wieder erloschen war oder ob dem Ansprüche auf die Leistung eine Einrede entgegenstand, durch welche die Geltendmachung des Anspruches dauernd ausgeschlossen wurde. Die Rückforderung findet auch dann statt, wenn die Leistung nur in der Einräumung des Besitzes oder der Inhabung bestanden hat. Hatte der Leistende zur Zeit der Leistung Kenntniß davon, daß die Verbindlichkeit nicht bestand, so ist die Rückforderung ausgeschlossen. §738 Ist eine Leistung zum Zwecke der Erfüllung einer betagten Verbindlichkeit vor deren Fälligkeit bewirkt, so findet eine Rückforderung nicht statt; auch können Zwischenzinsen nicht verlangt werden. § 739 Ist die Herausgabe durch die Beschaffenheit des Geleisteten ausgeschlossen oder der Empfänger bei Eintritt der Rechtshängigkeit des Rückforderungsanspruchs das Geleistete herauszugeben außer Stande, so hat der Empfänger den Werth des letzteren zu vergüten. Die Verbindlichkeit zur Herausgabe oder zur Werthvergütung fällt fort, soweit der Empfänger bei Eintritt der Rechtshängigkeit des Anspruches durch das Geleistete nicht mehr bereichert ist. § 740 Die Verbindlichkeit zur Herausgabe oder Werthvergütung erstreckt sich auch auf dasjenige, was der Empfänger aus dem Geleisteten erworben hat. H a t der Empfänger eine zum Eigenthume empfangene Sache herauszugeben oder einen an ihn veräußerten, zur Zeit der Veräußerung bestehenden Nießbrauch zurückzugewähren, so bestimmen sich seine Verpflichtungen zur Herausgabe und Vergütung der Nutzungen nach den Vorschriften über die Verpflichtungen des Besitzers gegenüber dem Eigenthümer. 758
24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§812-822
Der Empfänger ist zur Herausgabe des Gegenstandes nur gegen Vergütung aller auf denselben vor Eintritt der Rechtshängigkeit gemachten Verwendungen verpflichtet; er hat jedoch ein Recht auf Vergütung von Verwendungen nur insoweit, als er nicht durch Nutzungen, welche ihm verbleiben, bereichert ist. §741 Ist dem Empfänger bei dem Empfange der Leistung bekannt gewesen, daß die Verbindlichkeit, zu deren Erfüllung geleistet wurde, nicht bestand und daß der Leistende hiervon nicht unterrichtet war, so ist er dem Leistenden zum Schadensersatze nach Maßgabe der Vorschriften über den Schadensersatz aus unerlaubten Handlungen verpflichtet. Hat der Empfänger die im ersten Absätze erwähnte Kenntniß erst nach dem Empfange der Leistung, aber vor Eintritt der Rechtshängigkeit erlangt, so findet der § 739 mit der Maßgabe Anwendung, daß an die Stelle des Zeitpunktes des Eintrittes der Rechtshängigkeit der Zeitpunkt tritt, in welchem die Kenntniß erlangt ist. Auch finden in einem solchen Falle von diesem Zeitpunkte an wegen Herausgabe und Vergütung der Nutzungen, wegen Ersatzes der Verwendungen und wegen Haftung für Erhaltung und Verwahrung die Vorschriften Anwendung, welche nach § 244 für den Fall des Eintrittes der Rechtshängigkeit gelten.
II. Nichteintritt des bei einer Leistung vorausgesetzten künftigen Ereignisses oder rechtlichen Erfolges §742 Wer unter der ausdrücklich oder stillschweigend erklärten Voraussetzung des Eintrittes oder Nichteintrittes eines künftigen Ereignisses oder eines rechtlichen Erfolges eine Leistung bewirkt hat, kann, wenn die Voraussetzung sich nicht erfüllt, von dem Empfänger das Geleistete zurückfordern. §743 Die Rückforderung ist ausgeschlossen: 1. wenn die Voraussetzung, unter welcher geleistet worden, von der Art ist, daß von dem Geber durch die Leistung gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen worden ist; 2. wenn der Geber die Erfüllung der Voraussetzung in einer dem Inhalte des Rechtsgeschäftes zuwiderlaufenden Weise verhindert hat; 3. wenn von Anfang an die Erfüllung der Voraussetzung unmöglich und die Unmöglichkeit dem Geber bekannt gewesen ist. § 744 Auf die Verpflichtungen des Empfängers zur Herausgabe des Geleisteten finden die Vorschriften des § 737 Abs. 3 und der §§ 739, 740 und außerdem, wenn dem Empfänger bei dem Empfange der Leistung bekannt gewesen ist, daß die Voraussetzung nicht in Erfüllung gehen kann und daß der Geber hiervon nicht unterrichtet war, die Vorschrift des § 741 Abs. 1 oder, wenn der Empfänger erst nach dem Empfange diese Kenntniß erlangt hat oder davon unterrichtet wird, daß die Voraussetzung sich nicht erfüllt hat, die Vorschrift des § 741 Abs. 2 entsprechende Anwendung. 759
§§812-822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
III. Wegfall des Rechtsgrundes einer Leistung § 745 Wer eine Leistung aus einem Rechtsgrunde bewirkt hat, welcher später weggefallen ist, kann von dem Empfänger das Geleistete zurückfordern. Auf die Verpflichtung des Empfängers zur Herausgabe des Geleisteten finden die Vorschriften des § 737 Abs. 3 und der §§ 739, 740, sowie von der Zeit an, in welcher derselbe erfährt, daß der Rechtsgrund weggefallen ist, die Vorschriften des § 741 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Die Verpflichtung zum Schadensersatze aus unerlaubter Handlung bleibt unberührt. §746 Ist eine Leistung auf Grund eines vorläufig vollstreckbaren Unheiles bewirkt und wird das Urtheil aufgehoben, so ist der Rückforderungsanspruch schon mit dem Zeitpunkte der Leistung als rechtshängig geworden anzusehen. Das Gleiche gilt, wenn das Urtheil, auf Grund dessen die Leistung bewirkt worden ist, im Urkunden- oder Wechselprozesse unter Vorbehalt der Rechte oder in der Berufungsinstanz unter Vorbehalt der Geltendmachung von Vertheidigungsmitteln oder nach Trennung der Verhandlung über die Klage und über eine zur Aufrechnung gebrachte Gegenforderung unter Vorbehalt der Entscheidung über die letztere ergangen ist und auf Grund des Vorbehaltes aufgehoben wird 1 .
IV. Verwerflicher Empfang s 747 Ist von dem Empfänger einer Leistung durch deren Annahme nach dem Inhalte des Rechtsgeschäftes gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen worden, so kann der Geber das Geleistete zurückfordern. Der Empfänger ist von der Zeit des Empfanges an zur Herausgabe des Geleisteten nach Maßgabe der Vorschriften verpflichtet, welche gegen den Empfänger einer Nichtschuld gelten, wenn dieser nach der Leistung erfahren hat, daß die Verbindlichkeit, zu deren Erfüllung geleistet worden ist, nicht bestanden hat. Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn durch die Leistung auch von dem Geber gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen worden ist2.
V. Sonstiges grundloses Haben §748 Derjenige, aus dessen Vermögen nicht kraft seines Willens oder nicht kraft seines rechtsgültigen Willens ein Anderer bereichert worden ist, kann, wenn hierzu ein 1
2
Das Einführungsgesetz wird Vorschriften enthalten, durch welche die Civilprozeßordnung dahin ergänzt wird, daß, wenn die getrennte Verhandlung einer zur Aufrechnung gebrachten Gegenforderung angeordnet ist, das Urtheil unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung zu erlassen und, wenn die Aufrechnung als begründet erkannt wird, aufzuheben ist. Das Reichsgesetz vom 24. Mai 1880, betreffend den Wucher (ReichsGesetzbl. S. 109), wird im Einführungsgesetze aufrechterhalten werden.
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24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§ § 812 — 822
rechtlicher Grund gefehlt hat, von dem Anderen die Herausgabe der Bereicherung fordern. Als rechtlicher Grund ist es im Zweifel anzusehen, wenn ein Rechtsverlust auf einer diesen bestimmenden Vorschrift beruht. Auf die Verpflichtungen desjenigen, welcher die Bereicherung herauszugeben hat, finden die Vorschriften des § 737 Abs. 3 und der §§ 739, 740, sowie des § 741 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Die Verpflichtung zum Schadensersatze aus unerlaubter Handlung bleibt unberührt.
Quellen zu § 737 E I (§ 262 ZustOR; 731 KE) I. 155. Sitzung vom 18. 12. 1882, Schriftführer Neubauer I Der Berathung wurde zunächst der Unterabschnitt: „Rückforderung wegen | Prot 11485 Leistung einer Nichtschuld" des Theilentwurfes des Obligationenrechts, betreffend Schuldverhältniße aus ungerechtfertigter Bereicherung (N e 10) unterstellt. Zu § 1 des Theilentwurfes : „Wer einem Anderen Etwas zur Erfüllung einer ihm hierzu obliegenden Rechts- TE-OR (Nr 10) verbindlichkeit geleistet hat, kann das Geleistete von dem Empfänger zurückfor- U dern, wenn jene Verbindlichkeit nicht bestanden hat. Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn der Leistende zur Zeit der Leistung gewußt hat, daß die Verbindlichkeit nicht bestehe." lagen die Anträge vor: 1. statt des § 1 folgende Bestimmung aufzunehmen : v. Weber „Wer einem Anderen in der irrigen Meinung, daß er dazu rechtlich verbunden (Nr 235, 1) sei, Etwas geleistet hat, was er zu leisten rechtlich nicht verbunden war, kann das Geleistete von dem Empfänger zurückfordern, ohne Unterschied, ob der Irrthum entschuldbar oder unentschuldbar gewesen ist, Thatsachen oder Rechtssätze betroffen hat. Dem Irrthum steht der Zweifel über das Bestehen der Verbindlichkeit gleich, sofern nicht erhellt, daß der Leistende auch für den Fall des | Nichtbestehens | Prot I 1486 der Verbindlichkeit die Leistung hat bewirken wollen." eventuell, dem zweiten Satze des § 1 am Schluße wenigstens hinzuzufügen : „oder, wenn er sich zwar im Zweifel über das Bestehen der Verbindlichkeit befunden hat, die Leistung aber auch für den Fall des Nichtbestehens der Verbindlichkeit hat bewirken wollen." 2. den § 1 dahin zu faßen: Planck „Wer einem Anderen Etwas zur Erfüllung einer ihm oder einem Dritten dem (Nr 237, 1) Empfänger gegenüber obliegenden Rechtsverbindlichkeit geleistet hat, kann das Geleistete u.s.w. wie im Entwürfe". 3. den § 1 zu faßen: Windscheid „Wer geleistet hat mit der Erklärung (eventi, mit der ausdrücklichen oder still- (Nr 236) schweigenden Erklärung, vgl. § 14), daß er zum Zweck der Erfüllung einer Verbindlichkeit leiste, kann das Geleistete von dem Empfänger zurückfordern, wenn die Verbindlichkeit nicht besteht. Das Rückforderungsrecht ist ausgeschlossen, wenn der Leistende zur Zeit der Leistung das Nichtbestehen der Verbindlichkeit gekannt hat. Es ist nicht ausgeschlossen, wenn der Leistende das Bestehen der Verbindlichkeit bezweifelt hat." Eventuell : „Wer zum Zweck der Erfüllung einer nicht bestehenden Verbindlichkeit gelei761
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stet hat, kann das Geleistete von dem Empfänger zurückfordern. Behauptet der Empfänger, daß der Leistende, welcher zum Zweck der Erfüllung einer Verbindlichkeit leisten zu wollen erklärt hat, deren Nichtbestehen gekannt habe, so hat er den Beweis zu führen. Wer zum Zweck der Erfüllung einer nicht bestehenden Verbindlichkeit im IProti 1487 Zweifel über ihr Bestehen | geleistet hat, ist das Geleistete zurückzufordern nicht verhindert." Der Antrag Nr. 2 wurde zu Gunsten des Prinzipalantrages Nr. 3 zurückgezogen. Durch Mehrheitsbeschluß wurde entschieden: 1. Der Rückforderungsanspruch soll in Uebereinstimmung mit dem § 1 des Entwurfs und entgegen dem im Antrage Nr. 1 enthaltenen Vorschlage, nicht von der Behauptung und dem Beweise abhängig gemacht werden, daß in der irrigen Meinung einer rechtlichen Verpflichtung geleistet worden ist. 2. Es soll nicht, wie der Antrag Nr. 3 in Vorschlag bringt, bestimmt werden, es müsse nicht allein zur Erfüllung (zum Zwecke der Erfüllung) einer Verbindlichkeit geleistet, sondern dieser Zweck (ausdrücklich oder stillschweigend) bei der Leistung auch erklärt sein. 3. Betreffend den zweiten Satz des § 1, so soll dessen Faßung nicht dahin geändert werden: „Behauptet der Empfänger, daß u.s.w., so hat er den Beweis zu führen", es soll vielmehr bei der Fassung des Entwurfs verbleiben. 4. Der Fall, wenn der Leistende über das Bestehen der Verbindlichkeit im Zweifel gewesen ist, soll unerwähnt bleiben. Einverständniß bestand: a) daß im Eingange des § 1 statt: „zur Erfüllung" zu setzen sei: „zum Zwecke der Erfüllung"; b) daß im Eingange des § 1 die Worte: „ihm hierzu obliegenden" zu unterdrükken seien; c) daß statt: „Rechtsverbindlichkeit" zu setzen sei: „Verbindlichkeit"; d) daß „bestanden hat" nicht zu ersetzen sei durch: „besteht". Demnach wurde der § 1 seinem sachlichen Inhalte nach dahin angenommen: „Wer einem Anderen etwas zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit geleistet hat, kann das Geleistete von dem Empfänger zurückfordern, wenn jene Verbindlichkeit nicht bestanden hat, die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn der I Prot 1 1488 Leistende | zur Zeit der Leistung gewußt hat, daß die Verbindlichkeit nicht bestehe." Die leitenden Erwägungen waren : Zu No. 1. Vom Standpunkte der Theorie lasse sich darüber streiten, ob zur Begründung der condictio indebiti die Behauptung und der Beweis genüge, die Verbindlichkeit, zu deren Erfüllung geleistet worden, habe nicht bestanden, oder ob außerdem noch besonders zu behaupten und zu beweisen sei, die Leistung sei durch einen Irrthum in Ansehung des Bestehens der Verbindlichkeit veranlaßt. Die Meinungen seien in dieser Hinsicht außerordentlich verschieden. Bei der praktischen Wichtigkeit der Frage müsse deren Lösung im Gesetze erfolgen. Der Entwurf entscheide für die erste Ansicht, der AntragN- 1 für die zweite. Die Verschiedenheit zwischen beiden Ansichten betreffe die Beweislast. Auch nach der ersten, von dem Entwürfe gebilligten Ansicht erscheine der Rückforderungsanspruch, wie eine nähere Betrachtung ergebe, von einem Irrthum abhängig, obschon zur Begründung 762
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der Klage die Behauptung eines solchen nicht gehöre. Indem nach dieser Ansicht zur Erfüllung einer Verbindlichkeit geleistet sein müße, werde die Zuläßigkeit des Anspruchs für den Fall verneint, daß in Kenntniß von dem Nichtbestehen der Verbindlichkeit geleistet worden, da in einem solchen Falle nicht zur Erfüllung der Verbindlichkeit geleistet sein könne. Werde der bei der Leistung ausdrücklich oder stillschweigend abgegebenen Erklärung des Leistenden, es werde zur Erfüllung der Verbindlichkeit geleistet, Glauben geschenkt, so stehe also auch der der Leistung zum Grunde liegende Irrthum fest. Nur wenn jener Erklärung die Berücksichtigung versagt werde, laße sich zur Begründung des Rückforderungsanspruchs noch die Behauptung und der Beweis eines besonderen Irrthums fordern. Ob es nach den allgemeinen Grundsätzen gerechtfertigt sei, die gedachte Erklärung so lange für richtig zu halten, bis sie widerlegt sei | oder ob sie umgekehrt für bedeutungslos zu gel- | Prot 11489 ten habe, möge erheblichen Zweifeln unterliegen. Diese Zweifel könnten jedoch auf sich beruhen. Das Gesetz habe bei seiner Entscheidung den Standpunkt der praktischen Angemessenheit und Zweckmäßigkeit zu wählen. Von diesem Standpunkte aus verdiene aber die Entscheidung des Entwurfs den Vorzug. Werde nämlich der Leistende mit dem Antrage Ν 2 1 für verpflichtet erklärt, neben dem Nachweise, daß die Verbindlichkeit, die er erfüllen zu wollen erklärt habe, nicht bestanden habe, noch den besonderen Nachweis des Irrthums zu führen, so könne nicht fehlen, daß, sofern es mit einer solchen Anforderung ernst und streng genommen werde, das Gebiet der praktischen Anwendbarkeit der condictio indebiti sich ungemein verenge und in zahlreichen Fällen, für welche das Gesetz oder die Rechtsordnung die Herausgabe der Bereicherung als einer ungerechtfertigten (unrechtmäßigen) gebiete, der Empfänger dieselbe gleichwohl behalte. Denn nur zu oft werde derjenige, welcher feststehendermaßen zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit geleistet habe, gar nicht im Stande sein, neben dem Beweise der NichtVerpflichtung noch den eines besonderen Irrthums zu führen. Wie richtig dies sei, bestätige die Erfahrung in den Rechtsgebieten, in welchen der Leistende nach dem geltenden Rechte einen solchen Beweis zu führen habe. Nach der in diesen Gebieten vorherrschenden Praxis pflege man in dem Beweise der NichtVerpflichtung auch den des Irrthums zu finden, indem deduzirt werde, es könne nicht vermuthet werden, daß Jemand ohne Irrthum eine nicht bestehende Verbindlichkeit erfülle. In dieser Praxis liege für den Gesetzgeber ein Fingerzeig, dem Leistenden jene Beweislast abzunehmen und dadurch zu verhüten, daß die Gerichte gezwungen werden, nach Aushülfen zu suchen, um Härten zu vermeiden, die der Gesetzgeber nicht gewollt haben könne. I Hieraus erkläre sich auch, daß die moderneren Kodifikationen zum größten |Proti 1490 Theil den Weg betreten hätten, zwar den Irrthum für erforderlich zu erklären, zugleich aber zu bestimmen, sei die NichtVerpflichtung erwiesen, so werde bis zum Nachweise des Gegentheils auch der Irrthum vermuthet. Eine solche Regelung komme, auf den praktischen Erfolg gesehen, der des Entwurfes nahe; indessen sei die Bestimmung des Entwurfs doch vorzuziehen, weil sie die einfachere sei und außerdem von dem Grundsatze abzuweichen nicht nöthige, daß die positiven Thatsachen, welche zur Begründung der Klage erforderlich' seien, regelmäßig von dem Kläger nicht allein behauptet, sondern auch im Bestreitungsfalle bewiesen werden müßten. Anzuerkennen sei allerdings, daß die Regelung des Entwurfs mit dem geltenden Rechte nur wenig harmonire, daß sie ferner unter Umständen dem Gläubiger zum Nachtheil gereichen könne, insbesondere dann, wenn dieser nach Empfang der Leistung, im Vertrauen auf die endgültige Erledigung der Sache, die Beweise für die Richtigkeit der Forderung aus der Hand gegeben habe. Allein einen Nachtheil der 763
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letzteren Art könne der Gläubiger auch dann erleiden, wenn dem Leistenden der besondere Irrthumsbeweis auferlegt werde; sollte die desfallsige Möglichkeit von durchschlagender Bedeutung sein, so würde die condictio indebiti überhaupt beseitigt werden müssen. Anlangend die Aenderung des geltenden Rechts, so liege gerade einer der Fälle vor, in welchen aus besonderen Gründen an demselben nicht festgehalten werden dürfe. Zu No. 2. Es müsse zugegeben werden, daß der in dem Antrage N 2 3 vorgeschlagene, auf die Erklärung des Leistenden sich beziehende Zusatz an und für sich richtig sei. Indessen drücke er doch ein Mehreres nicht aus, als auch in den Worten : „zur Erfüllung" oder „zum Zwecke der Erfüllung" enthalten sei. Der Vorschlag beIProti 1491 zwecke nur eine an sich nicht nöthige, andererseits aber aus | dem Grunde nicht empfehlenswerthe Verdeutlichung, weil derselbe leicht verleiten könnte, in manchen Fällen der nur stillschweigenden Erklärung des Leistenden das Gesetz von der Anwendung auszuschließen. Zu No. 3. Der zweite Satz des § 1 des Entwurfes sei freilich schon in dem ersten Satze insofern enthalten, als, wenn der Fall des zweiten Satzes vorliege, der Fall des ersten Satzes ausgeschlossen erscheine. Zur Erledigung des hieraus gegen die Korrektheit des zweiten Satzes sich ergebenden Bedenkens werde es dienen, wenn der zweite Satz dahin geändert werde: „Behauptet der Empfänger u.s.w., so hat er den Beweis zu führen". Allein die Deduktion, der zweite Satz des § 1 des Entwurfs sei schon in dem ersten Satze enthalten, sei eine sehr feine, die nicht so leicht erkannt werden würde, so daß es gewagt bleibe, auf dieselbe die Fassung zu stützen, von der zu besorgen sei, daß sie Anfechtungen und Mißdeutungen erfahren werde. Zudem lasse sich die Behauptung, der zweite Satz ergebe sich schon aus dem ersten Satze des § 1, nur mittels des argumentum e contrario begründen und, da dieses Argument kein zwingendes sei, die verständlichere Fassung des Entwurfs um so mehr vertreten. Zu No. 4. Der Fall des Zweifels könne nach dem Inhalte des § 1 des Entwurfs den Erstattungsanspruch unmöglich ausschließen. Dies noch besonders zu bestimmen, sei daher überflüssig. Sei aber in der erkennbaren Absicht geleistet, daß es bei der Leistung verbleiben solle, auch wenn die Verbindlichkeit nicht bestehen möge, so könne umgekehrt die Unzulässigkeit des Erstattungsanspruchs wegen des eventuellen Verzichts auf diesen und weil die Erfordernisse der condictio indebiti nach dem ersten Satze des § 1 fehlten, ebensowenig zweifelhaft sein. Der Fall des Zweifels sei daher überhaupt zu übergehen. Zu a) Die Worte : „zum Zwecke" (nämlich „der Erfüllung") dienten sichtbar zur Verdeutlichung der Vorschrift: IProti 1492 Zu b) Die Worte: „ihm hierzu obliegende" seien überflüssig, aber | auch nicht einmal richtig, wie die Würdigung des Falls ergebe, wenn ein Dritter unveranlaßt für den vermeintlichen Schuldner geleistet habe. Zu c) Das Wort: „Rechtsverbindlichkeit" müsse nach dem bisher befolgten Sprachgebrauche zur Vermeidung von Mißverständnissen durch das Wort: „Verbindlichkeit" ersetzt werden. Zu d) „Bestanden hat" sei ohne Zweifel korrekter als „besteht", da die Leistungszeit entscheide, vorbehaltlich der Schlußbestimmung des § 3. Ob der § 263 der Deutschen Civilprozeßordnung 1 der Berichtigung bedürfen werde, glaubte man der Revision der Civilprozeßordnung vorbehalten zu müssen. Für zweifellos galt endlich, es bestehe nach den gefaßten Beschlüssen für das Gesetz ι Vgl. $ 290 ZPO.
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kein Anlaß, auszusprechen, daß die conditicio indebiti im Falle des Rechtsirrthums und im Falle eines nicht entschuldbaren Irrthums nicht ausgeschlossen sei. Zu § 2 des Entwurfes:
TE-OR (Nr 10)
„Die Rückforderung findet statt, wenn die Verbindlichkeit überhaupt nicht be- S 2 standen hat oder zur Zeit der Leistung wieder aufgehoben war, ingleichen wenn die Verbindlichkeit eine bedingte war und die Bedingung noch nicht eingetreten ist. Die Rückforderung findet auch statt, wenn Jemand eine bestimmte Sache als von ihm geschuldet geleistet hat, während er nicht gerade diese, sondern nur eine der Gattung nach bestimmte Sache oder nach seiner Wahl die geleistete oder eine andere Sache schuldig war. Sind von dem wahlberechtigten Schuldner statt einer von mehreren wahlweise geschuldeten Sachen alle oder einige derselben als von ihm geschuldet geleistet worden, so hat er die Wahl, welche der geleisteten Sachen er zurückfordern will." war beantragt: 1. den Absatz 1 zu streichen, 2. die Worte im ersten Absätze: „ingleichen wenn die Verbindlichkeit u.s.w." dahin zu fassen: I „ingleichen, wenn die Verbindlichkeit eine bedingte oder befristete war und die Bedingung bezw. die für die Leistung bestimmte Zeit noch nicht eingetreten ist", oder „wenn der Leistende nur Zug um Zug oder nach empfangener Vorleistung zu leisten verpflichtet war, er aber die Leistung bewirkt hat, ohne seinerseits die ihm gebührende Gegenleistung empfangen zu haben."
Windscheid (Nr 236) Planck (Nr 237, 2) Proti 1493
3. dem zu 2 zunächst vorgeschlagenen Schlüsse des ersten Absatzes in Betreff v. Weber der befristeten Verbindlichkeit hinzuzufügen : „jedoch kann der Empfänger die Rückforderung dadurch abwenden, daß er die bis zur Leistungszeit künftig erfallenden Früchte und Zinsen anbietet." welchem Antrage der Antragsteller zu 2 sich anschloß. 4. statt des ersten Satzes im zweiten Absätze, unter Streichung des zweiten Sat- Kurlbaum zes, zu bestimmen: (Nr 238, 1)
„Die Rückforderung findet nicht statt, wenn die bewirkte Leistung mit einer anderen nicht bewirkten zur Wahl gestanden hat." Der $ 2 wurde absatzweise berathen. Absatz I. Die Anträge N 2 2 und 3 wurden abgelehnt. Die Gründe waren : 1. Die befristeten Forderungen betreffend, so sei die Zulassung der condictio indebiti bedenklich. Der Gläubiger sei keineswegs durch den ganzen Gegenstand der Leistung bereichert, da er auf die Leistung einen Anspruch gehabt, den er durch den Empfang eingebüßt habe. Seine Bereicherung bestehe nur in dem Vortheil, den er dadurch erlangt habe, daß vor Verfall geleistet worden sei. Die Bestimmung dieses Vortheils unterliege aber großen Schwierigkeiten. Die Unzulässigkeit, den Gläubiger für verpflichtet zu erklären, das Interusurium zu vergüten, sei in den Motiven zur Genüge dargelegt. Der in dem Antrage N 2 3 vorgeschlagene Ausweg führe dagegen nicht allein zu Komplikationen, sondern harmonire auch nicht mit dem Grundsatze, | daß der Empfänger nur die Bereicherung zu erstatten habe. Die | Prot 11494 Rückforderung auszuschließen, harmonire ferner mit dem Schlußsatze des § 3 des Entwurfs. Endlich komme in Betracht, daß der Entwurf dem geltenden Rechte folge und zur Aenderung des letzteren ein Bedürfniß sich nicht geltend gemacht habe. 765
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2. Die Fälle, betreffend, in welchen der Leistende nur Zug um Zug zu erfüllen oder auf eine Vorleistung Anspruch hatte, so gewähre die condictio indebiti^ nur einen persönlichen Anspruch; der Leistende gewinne also regelmäßig durch die Zulassung des Anspruchs auf Erstattung der Bereicherung nicht mehr, als ihm ohnehin schon zustehe, nämlich den Anspruch auf die Gegenleistung. Die Zulassung der condictio indebiti erscheine daher nicht gerechtfertigt. Damit ständen auch die Bestimmungen des römischen Rechts im Einklang. (Der Vorbehalt im Protokolle vom 28. April 1882, S. 655 2 , galt hiermit als erledigt.) Die Mehrheit beschloß sodann die Streichung des ersten Absatzes. Erwogen war: Der erste Theil der Bestimmung sei entbehrlich. Es könne nicht dem mindesten Zweifel unterliegen, daß es f ü r die Zulässigkeit der condictio indebiti völlig gleichgültig sei, ob die Verbindlichkeit niemals oder zur Zeit der Leistung nicht mehr bestanden habe, weil sie vorher bereits erloschen gewesen sei. Ebeno zweifellos erscheine es, daß die condictio indebiti zulässig sein müße, wenn eine nur bedingte Verbindlichkeit vor Eintritt der Bedingung erfüllt werde, da vor Eintritt der Bedingung die Verbindlichkeit ja noch nicht bestanden habe (vgl. Beschlüsse vom 2. und 4. Januar 1882, Protokolle S. 278, 279, 283, 284, Zusammenstellung der Beschlüsse zum allgemeinen Theil § 1073). Zur Sprache kam: Der erste Absatz befasse sich mit der Frage, was unter indebitum im Sinne der condictio indebiti zu verstehen sei. Seine desfallsigen Bestimmungen erschienen alI Prot 1 1495 lerdings selbstverständlich. Allein damit | sei der Gegenstand noch nicht erledigt. Die Motive enthielten über denselben noch nähere Ausführungen. Es werde darin insbesondere dargelegt: 1. Die condictio indebiti sei auch dann zulässig, wenn die Forderung nur mit einer Einrede behaftet war (S. 22). 2. Dieselbe sei dagegen unzulässig: a) wenn von dem Kompensationsrechte kein Gebrauch gemacht ist (S. 23) ; b) wenn das Retentionsrecht nicht angerufen ist (S. 25, 26); c) wenn die Kompentenzwohlthat nicht vorgeschützt ist (S. 25); d) wenn das Anfechtungsrecht nicht ausgeübt ist, vorbehaltlich der in einem solchen Falle zuläßigen condictio sine causa (S.16ff., Entwurf § 24). 3. Dieselbe werde dadurch nicht ausgeschlossen, daß durch die Leistung einer Sittlichkeitspflicht genügt sei (S. 26, 27). Die Ausführungen gäben zu wesentlichen Erinnerungen keinen Anlaß, auch werde kein Bedürfniß vorliegen, die eine oder andere Frage im Gesetze zu entscheiden. N u r bei einem Punkte könne es zweifelhaft erscheinen, ob das Gesetz eine besondere Bestimmung aufzunehmen habe. Es sei streitig geworden, ob der Gemeinschuldner, der nach Beendigung des Konkurses durch Akkord mehr gezahlt habe, als er nach dem Akkorde zu zahlen hatte, zur condictio indebiti berechtigt sei. Bei Berathung der Konkursordnung sei davon ausgegangen, die Entscheidung der Frage falle in den Bereich des materiellen bürgerlichen Rechts. Hiernach würde das bürgerliche Gesetzbuch die Entscheidung zu treffen haben. Von einer Seite wurde beantragt, in das Gesetzbuch die Bestimmung aufzunehmen: 2 Jakobs/Schubert, Beratung, Schuldrecht I, S. 454 (Quellen zu den §§ 320, 322 BGB). 3 Vgl. Quellen zu S 162 BGB.
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„Das zur Erfüllung einer durch Zwangsvergleich (im Konkurse) erloschenen Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden." Der Antrag wurde durch Mehrheitsbeschluß abgelehnt. Erwogen war: An sich stehe, wie schon früher erkannt, nicht entgegen, im Gesetzbuche zu bestimmen, daß die eine oder andere Verbindlichkeit nur eine unvollkommene sei, indem ihr die regelmäßigen Wirkungen einer rechtlichen Verpflichtung theilweise I entzogen würden. Die Entziehung könne auch soweit reichen, daß nichts übrig |Proti 1496 bleibe, als die Unzulässigkeit der condictio indebiti. Sonach würde die vorgeschlagene Bestimmung an und für sich nicht unstatthaft sein (zu vergi. Beschluß vom 3. Februar 1882, Protokolle S. 387 —391, Zusammenstellung der Beschlüsse zum Allgemeinen Theil § 156 Abs. 2). Allein die Bestimmung könne sich nicht empfehlen. Mit der Anerkennung solcher unvollkommenen Rechtspflichten sei Maß zu halten, damit sichtbare Irregularitäten möglichst vermieden würden. Die Irregularität im vorliegenden Falle dem Antrage gemäß zuzulassen, sei ohne Zweifel kein Bedürfniß. In den meisten Fällen werde die condictio indebiti schon aus dem Grunde nicht statthaft sein, weil der Schuldner in Kenntniß seiner NichtVerpflichtung gezahlt habe. Treffe dieser Grund nicht zu, so liege kein Anlaß vor, von der Regel abzuweichen, daß eine Verbindlichkeit, welche das Gesetz nicht anerkenne, in keiner Beziehung als Rechtspflicht gelte. Nach dem Gesetzbuche würde die condictio indebiti in dem beregten Falle für zulässig zu erachten sein. Solle aus Gründen des Konkursrechts, was übrigens in keiner Weise erhelle, etwas Anderes gelten, so möge bei der Revision der Konkursordnung das Nöthige vorgesehen werden. 156. Sitzung vom 20. 12. 1882, Schriftführer Neubauer I Die Berathung des Theilentwurfs (N 2 10) des Obligationenrechts, betreffend |Proti 1497 „Schuldverhältnisse aus ungerechtfertigter Bereicherung" wurde fortgesetzt. In Berathung gezogen wurde zunächst § 2 Abs. 2. Die Mehrheit beschloß die Streichung zunächst des ersten, sodann auch des zweiten Satzes des erwähnten Absatzes. Sie war der Ansicht: Wie der Fall des ersten Satzes zu beurtheilen sei, müsse sich aus den für die condictio indebiti geltenden allgemeinen Grundsätzen ergeben. Es handele sich dabei um die aus den letzteren zu ziehenden juristischen Konsequenzen. Diese Konsequenzen zu ermitteln und festzustellen, sei Aufgabe der Wissenschaft. Der letzteren durch das Gesetz vorzugreifen, würde nur dann gerechtfertigt sein, wenn sich eine positive Anordnung als nöthig erweise, um Streitfragen vorzubeugen, unter welchen der Rechtsverkehr und die Rechtssicherheit in beträchtlicher Weise zu leiden drohe oder weil an die von der Wissenschaft zu erwartende Entscheidung sich voraussichtlich erhebliche praktische Uebelstände knüpfen würden. Weder das eine noch das andere sei aber zu besorgen, das erstere schon deshalb nicht, weil die in I Rede stehenden Fälle nur selten vorkommen könnten, das letzere nicht, weil sieht- | Prot 11498 bar weder die eine noch die andere Entscheidung besondere Uebelstände in Aussicht stelle. Auch der zum § 1 in Ansehung des Irrthumserfordernisses gefaßte Beschluß mache eine positive Bestimmung nicht nöthig. Habe namentlich bei einer alternativen Obligation der wahlberechtigte Schuldner die eine Leistung bewirkt, so würde zur Begründung der condictio indebiti keineswegs schon der Nachweis genügen, daß eine alternative Obligation vorgelegen habe; vielmehr sei, die Zulässigkeit des Rückforderungsanspruchs überhaupt vorausgesetzt, nach den zum § 1 gefaßten Beschlüssen zugleich der Nachweis nöthig, daß zum Zweck der Erfüllung 767
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einer nichtalternativen Obligation geleistet worden und daß solches sich aus den Umständen, insbesondere aus den bei der Leistung ausdrücklich oder stillschweigend abgegebenen Erklärungen ergebe. Aehnlich ^rie mit dem ersten Satze verhalte es sich mit dem zweiten; nur, daß der im zweiten Satze behandelte Fall zu einer gesetzlichen Entscheidung noch weniger einen zureichenden Anlaß biete. II. Die beschlossene Regelung lautet in der RedVorl: RedVorl § 262
§ 262 (§ 1). Wer zum Zweck der Erfüllung einer Verbindlichkeit eine Leistung bewirkt hat, kann, wenn die Verbindlichkeit nicht bestanden hat, von dem Empfänger das Geleistete zurückfordern. Als empfangen gilt auch dasjenige, was der Empfänger aus dem Geleisteten erworben hat. Hatte der Leistende zur Zeit der Leistung Kenntniß davon, daß die Verbindlichkeit nicht bestehe, so ist die Rückforderung ausgeschlossen. (NB. Der § 156 allg. Theil erleidet die Aenderung, daß im zweiten Absatz der Nachsatz: „Wenn — verjährt sei" durch die Worte ersetzt wird: „auch wenn in Unkenntniß der Verjährung des Anspruchs geleistet ist." Zum § 156 Allg. Th. (Protokoll vom 20. Dezember 1882 S. 15004)
ZustOR § 262
2. In der ZustOR lautet die Regelung: § 262. Wer zum Zweck der Erfüllung einer Verbindlichkeit eine Leistung bewirkt hat, kann, wenn die Verbindlichkeit nicht bestanden hat, von dem Empfänger das Geleistete zurückfordern. Hatte der Leistende zur Zeit der Leistung Kenntniß davon, daß die Verbindlichkeit nicht bestehe, so ist die Rückforderung ausgeschlossen. 3. 300. Sitzung vom 12. 3. 1884, Schriftführer v. Liebe
I Prot I 3505
| Zur Berathung gelangte der Antrag, dem § 262 der Zusammenstellung der beschlossenen Bestimmungen des Olbigationenrechts, Protokolle S. 1487—1492, den Zusatz zu geben : Planck5 »Die Rückforderung findet auch statt, wenn die Leistung nur in der Uebertra(Nr 13, 3) gung des Besitzes oder der Inhabung bestanden hat;" und hier als § 73 a 6 folgende Bestimmung aufzunehmen: „Die Bereicherung, welche Jemand dadurch aus dem Vermögen eines Anderen erhalten hat, daß er diesem eigenmächtig den Besitz oder die Inhabung einer Sache entzogen hat, ist nicht deshalb als auf rechtlichem Grunde beruhend anzusehen (§ 273 Abs. 2 der Zus. der beschlossenen Bestimmungen des Obligationenrechts, Prot. S. 1586, 1587)7, weil der Verlust des Besitzes oder der Inhabung auf der einen und der Erwerb derselben auf der anderen Seite auf den Vorschriften dieses Titels I Prot I 3506 beruht. (Ein rechtlicher Grund für die Bereicherung ist viel- | mehr nur dann anzunehmen, wenn der Bereicherte ein Recht auf den Besitz oder die Inhabung hatte.)" eventuell hinter § 73 folgende Bestimmung als § 73 a einzuschalten:
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Unten S. 773 f. Die Ziffer bezieht sich auf die Anträge zum Sachenrecht. 6 Gemeint ist § 73 TE-Sachenrecht (vgl. Quellen zum Besitzrecht). 7 Vgl. Quellen zu § 748 E I. 5
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„Derjenige, welchem der Besitz oder die Inhabung einer Sache von einem Anderen eigenmächtig entzogen ist, kann von diesem die Herausgabe der demselben dadurch zugegangenen Bereicherung, wenn es zu einer solchen an einem rechtlichen Grunde gefehlt hat, nach Maßgabe des § 273 verlangen. Als rechtlicher Grund (der Bereicherung) ist es nicht anzusehen, daß der Verlust des Besitzes oder der Inhabung auf den Vorschriften dieses Titels beruht." Der Antragsteller änderte seinen Antrag dahin ab, daß in dem beantragten Zusatz zu § 262 statt „Uebertragung" gesetzt werde „Einräumung" und daß in dem prinzipalen und in dem eventuellen Antrage das Wort „eigenmächtig" ersetzt werden durch: „ohne dessen Willen". Zu diesem Antrage wurde der denselben Zweck verfolgende Unterantrag gestellt, daß lediglich dem § 273 der Zusammenstellung der beschlossenen Bestimmungen des Obligationenrechts, Protokolle S. 1584— 1587, ein zweiter Absatz eingefügt werden möge, des Inhalts : „Eine Bereicherung aus dem Vermögen eines Anderen liegt auch in dem Erwerbe des Besitzes oder der Inhabung, welche der bisherige Besitzer oder Inhaber durch jenen Erwerb verlor." Beschlossen wurde die Aufnahme des an erster Stelle beantragten Zusatzes zu dem zitierten § 262 als zweiter Absatz und daneben die Ergänzung der Allegate in §§ 269, 270,1 273 Absatz 3 der gedachten Zusammenstellung, Protokolle S. 1551 — |Prot I 3507 1554, 1 5 7 7 - 1581, 1584-1587, durch Hinzufügung des Allegats des $ 262 Absatz 2. Die in dem Unterantrage vorgeschlagene Ergänzung des § 273 wurde abgelehnt und ebenso die Aufnahme der im Hauptantrage als § 73 a vorgeschlagenen Bestimmung. Erwogen war: 1. Die Frage, ob es nöthig sei, eine die Zulässigkeit der condictio possessionis aussprechende Vorschrift in das Gesetz aufzunehmen, sei bei Berathung der Kondiktionen angeregt, aber die Entscheidung bis zur Berathung des auf den Besitz sich beziehenden Abschnitts des Sachenrechts aufgeschoben worden, Protokolle S. 1590, 1591. Auf den Vorbehalt einer solchen Entscheidung gründeten sich die gestellten Anträge. Dieselben bezeichneten nicht nur den Besitz, sondern auch die Inhabung als möglichen Gegenstand der Kondiktion. Diese Erweiterung erscheine gerechtfertigt. Besitz und Inhabung seien, wenn auch nicht Rechte im subjektiven Sinne, so doch ökonomische Güter, denn sie gewährten werthvolle Rechtspositionen, der Besitz bei der Geltendmachung des Eigenthums und als Voraussetzung der Tradition und der Ersitzung, die Inhabung in Ansehung der Sachverteidigung und der possessorischen Klagen. Um die Kondizirbarkeit dieser Rechtspositionen handle es sich. Bei der Prüfung des Bedürfnisses einer solchen Kondizirbarkeit seien vornehmlich die Fälle zu unterstellen, in denen das Nichteigenthum des früheren Besitzers oder Inhabers feststehe. Eine Vorfrage sei es, ob nicht schon ohne jede weitere Bestimmung die Kondizirbarkeit des Besitzes und der Inhabung nach den für den Abschnitt von den Schuldverhältnissen aus ungerechtfertigter Bereicherung bereits beschlossenen Vorschriften sich von selbst verstehen würde. Hierbei seien zu unterscheiden die Fälle, in welchen mit | dem Willen, durch Einräumung, der Besitz oder die Inhabung von |Proti 3508 dem Einen auf den Andern übergegangen seien, von den Fällen der condictio sine causa, in denen zwar auch der Verlust auf der einen und die Erwerbung auf der anderen Seite durch denselben Vorgang vermittelt seien, dieser Vorgang sich aber nicht mit dem Willen oder nicht mit dem rechtsgültigen Willen des Verlierenden vollzogen habe. In den Fällen der ersteren Art, z. B. bei Erfüllung einer Nichtschuld 769
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
durch datio in solutum, werde von dem Urheber des Unterantrags die Kondizirbarkeit von Besitz und Inhabung als selbstverständlich angenommen. Man könne indessen immerhin einen Zweifel darauf stützen, daß es an einem Uebergange eines Gegenstandes aus einem Vermögen in das andere Vermögen im strengen Wortsinne fehle. Die erlangte Inhabung und der erlangte Besitz seien nicht die Inhabung und der Besitz, welche vordem auf Seiten des Leistenden vorhanden gewesen seien. Die Thätigkeit des Leistenden habe dem Andern nicht Besitz und Inhabung verschafft, sondern nur die Gelegenheit zur Ergreifung gewährt. Mithin könne, wenn feststehe, daß die Einräumung einen Uebergang des Eigenthums nicht herbeigeführt habe, immerhin bezweifelt werden, ob durch dieselbe der Uebergang eines Gegenstandes aus dem einen Vermögen in das andere Vermögen vermittelt worden sei, und zwar insbesondere dann, wenn nur die Inhabung eingeräumt sei, die Einräumung also nicht als eine beabsichtigte Rechtsübertragung erscheine. Noch näher möge ein analoger Zweifel in den Fällen der condictio sine causa, ζ. B. wenn eine Spezifikation stattgefunden habe, liegen, da es hier an einem konsensualen Erfüllungsakte fehle und lediglich eine Verschiebung der thatsächlichen Herrschaft vorliege. I Prot I 3509 | Es erscheine daher, zumal im Hinblick auf den bekannten in der Wissenschaft bestehenden Streit, mindestens rathsam, den Zweifel durch Aufnahme einer ausdrücklichen Bestimmung zu beseitigen, und dies geschehe am angemessensten durch die beantragte Einschiebung eines zweiten Absatzes in den zitierten § 262. Der Entwurf habe eine condictio possessionis nicht für ein Bedürfniß (zu vergi. Motive S. 435 — 437) und wegen der Schwierigkeit der Schätzung des Vermögenswerthes des Besitzes für bedenklich erachtet. Diese Schwierigkeit könne indes nicht für unüberwindlich erachtet werden, da, wenn auch abstrakte Regeln über die Schätzung nicht aufgestellt werden könnten, der Richter doch immer nach konkreten Umständen den an Stelle der Naturalrückgewähr tretenden Werthersatz werde ermitteln können. Die Vindikation könne die condictio possessionis nicht vollständig ersetzen. Ein Ersatz in weiterem Umfange sei zwar denkbar, wenn man demjenigen, welcher ohne seinen Willen den Besitz verloren oder die Sache ohne Eigenthumsübertragung übergeben habe (zu vergi. Sachenrechtsentw. § 200 8 ), den Beweis des Eigenthums gegenüber demjenigen erlassen wollte, welcher durch denselben Vorgang den Besitz erlangt habe, und würde nur eine geringe praktische Differenz zwischen Vindikation und Kondiktion in Ansehung der Erstattung der Verwendungen (zu vergi. Prot. S. 3279 und § 185 des Sachenrechtsentwurfs 9 ) stattfinden. Indessen sei dieser Ausweg künstlicher, als derjenige der Zulassung der condictio possessionis, bringe auch, wie schon erwähnt, nicht für alle Fälle und insbesondere auch nicht für diejenigen Fälle Abhülfe, in denen lediglich die Inhabung von dem Einen an den Anderen gekommen sei, mithin der Inhaber erst den Besitzer zur Erhebung oder Abtretung der Vindikation veranlassen müßte. Die beschlossene Ergänzung der Allegate in den §§ 269, 270, 273 sei nothwen8
§ 200 TE-SachR lautet: „Die Vermuthung für das Eigenthum einer beweglichen Sache steht bis zum Gegenbeweise ferner zur Seite: 1. demjenigen, welcher den Besitz der Sache ohne seinen Willen verloren hat, 2. demjenigen, welcher die Sache ohne Eigenthumsübertragung einem Anderen übergeben hat, gegenüber diesem Anderen oder gegenüber denjenigen, welche ihre Rechte von demselben ableiten. — Diese Vermuthung erlischt, wenn sie nicht innerhalb Eines Jahres nach Eintritt des Besitzverlustes durch Klageerhebung oder Einrede geltend gemacht ist." 9 Vgl. Quellen zu den §§ 739, 740 E I.
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24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§812-822
dig, um den angenommenen Grundsatz für alle Fälle der Kondiktionen zur Geltung zu bringen. Daß die Geltendmachung eigenen Rechts an der Sache | dem Empfänger freiste- | Prot I 3510 he und die Kondiktion nicht zum possessorischen Rechtsmittel gemacht werde, sei selbstverständlich, da andern Falls das Gesetz das Gegentheil besonders bestimmen müßte. 2. Die als S 73 a vorgeschlagene Bestimmung sei auf die Möglichkeit einer Auffassung der Vorschriften dieses Abschnittes gegründet, welche nicht zu befürchten sei. Es seien hier zwar die gesetzlichen Voraussetzungen für Besitz und Inhabung aufgestellt, aber damit sei nicht bestimmt, daß, wenn diese Voraussetzungen sich erfüllten, der Besitz und die Inhabung der betreffenden Person gebührten. Der Verlust des Besitzes oder der Inhabung, welchen das Gesetz an gewisse Thatsachen knüpfe, könne also nicht als ein auf rechtlichem Grunde beruhender Rechtsverlust im Sinne des § 273 Absatz 2 angesehen werden. Selbst aber wenn eine entgegengesetzte Auffassung denkbar sein sollte, sei doch zu berücksichtigen, daß die in § 273 Absatz 2 aufgestellte Regel dort nur als im Zweifel geltend bezeichnet sei und die Vorschriften dieses Titels ihrem Zusammenhang nach klar stellten, daß durch die Bestimmungen über Erwerb und Verlust des Besitzes und der Inhabung in keiner Weise dem Rechte auf den Besitz oder die Inhabung präjudizirt werden solle. Jeder denkbare Zweifel werde endlich durch die zuvor beschlossene, die condictio possessionis anerkennende Ergänzung des § 262 a.a.O. beseitigt. 4. Zu ξ 731 KE (1. Fassung) lag der Antrag vor: nach Abs. 1 als neuen Absatz einzuschalten: „Bestand die Leistung in der Einräumung des Besitzes oder Inhabung, so kann die Wiedereinräumung des eingeräumten Besitzes oder der eingeräumten Inhabung gefordert werden." und dazu in s 738 Zeile 2, § 739 Absatz 2 Zeile 2, § 742 Absatz 3, Zeile 2 hinter „Vorschriften" einzuschalten „des S 731 Absatz 2 und" (in § 742 jedoch statt des Wortes „und" ein Komma). [Antrag von Kurlbaum Nr. 570 IV Z i f f . 50.] Die Anträge zu N- 50 wurden mit der Maßgabe gebilligt, daß der einzuschaltende zweite Absatz des §731 lauten soll: „Die Rückforderung findet auch dann statt, wenn die Leistung nur in der Einräumung des Besitzes oder der Inhabung bestanden hat." und das in § 739 Abs. 2 Z. 2 das zweite „und" mit „so wie" zu vertauschen sei (Prot. I, S. 3557, 3561).
III. 1. Fassung der Regelung im KE: § 731. Wer zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit eine Leistung be- KE § 731 wirkt hat, kann, wenn die Verbindlichkeit nicht bestanden hat, von dem Empfänger das Geleistete zurückfordern. Die Rückforderung findet auch dann statt, wenn die Leistung nur in der Einräumung des Besitzes oder der Inhabung bestanden hat. Hatte der Leistende zur Zeit der Leistung Kenntniß davon, daß die Verbindlichkeit nicht bestehe, so ist die Rückforderung ausgeschlossen. 2. Zu § 731 KE war beantragt: v. Weber Als zweiten Absatz einzuschalten: (Nr 578) „Es macht keinen Unterschied, ob die Verbindlichkeit überhaupt nicht bestanden hat oder wieder erloschen war oder ob dem Ansprüche auf die Leistung eine 771
§ § 812 — 822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Einrede von der Beschaffenheit entgegenstand, daß durch ihre Geltendmachung der Anspruch dauernd ausgeschlossen wurde." (zu vergi. §§ 665, 666 K.E., §§ 1057, 1066, 1121, 1133, 1165 der Beschlüsse zum Sachenrecht 10 . Die diesen Vorschriften zu Grunde liegende Auffassung über Begriff und Wirkung der „Einrede" scheint die vorgeschlagene Erläuterung nöthig zu machen). Hierzu wurde der Verbesserunsantrag gestellt: die W o r t e : „eine Einrede von der Beschaffenheit entgegenstand, daß durch ihre . . . ausgeschlossen wurde" dahin zu fassen: „eine Einrede entgegenstand, durch welche die Geltendmachung des Anspruches dauernd ausgeschlossen wurde." Der beantragte Zusatz ist sachlich schon beschlossen (Prot. S. 1492, 1494, 1495). Durch die bei der Berathung des Sachenrechtes über die N a t u r der zerstörlichen Einrede gefaßten Beschlüsse — §§ 1066, 1165 der Zusammenstellung der Beschlüsse zum Sachenrecht, Prot. S. 5227, 5233 — 5238, 5519, 5668 - entsteht jedoch die Gefahr einer Verdunkelung des Sinnes des § 731 Abs. 1 in seiner jetzigen beschränkten Fassung. Dieser Gefahr beugt der beantragte Zusatz vor. Derselbe entspricht überdies einem schon bei der Beschlußfassung des § 1066 mehrseitig ausgesprochenen Vorbehalte (vergi. Prot. S. 5238). Der beantragte Zusatz, zu § 731 wurde demgemäß, jedoch in der Fassung des Verbesserungsantrages, von der Kommission angenommen und zugleich beschlossen, demzufolge, da der bisherige 2. Absatz des §731 nunmehr zum 3. Absätze wird, das Zitat des § 731 Abs. 2 in den §§ 738, 739, 742 des K.E. in das Zitat des S 731 Abs. 3 zu ändern. Weiter wurde beschlossen, auch die Fassung der §§ 1066, 1165 Abs. 2 der Sachenrechtsbeschlüsse entsprechend dem Verbesserungsantrage zu ändern (Prot I, S. 6185 f.). Johow (Nr 614, 13)
3. Bei der zweiten Revision war zu § 731 KE beantragt (Prot. I, S. 11882 — 11883): a) im § 731 Abs. 4 statt „bestehe" zu setzen „bestand"; b) im § 735 Abs. 1 Z.3 statt „bestehe" zu setzen „bestand" und Z.4 statt „sei" zu setzen „war" ; c) im § 738 statt „könne" zu setzen „kann", Z.6 statt „sei" zu setzen „war" und Z.9 statt „habe" zu setzen „hat"; d) im § 739 Abs. 2 Z.4 statt „sei" zu setzen „ist"; e) im § 741 Abs. 2 Z.5, statt „habe" zu setzen „hat". (Zu vergi. § 887 Z.4, § 910 Z.4, § 1429 Abs. 1 Z.7, § 2029 Abs. 2 letzte Z. An diesen Stellen steht bei gleicher Konstruktion der Indikativ, und zwar m. E. mit Recht, da es sich um eine objektiv feststehende Thatsache als Gegenstand des Wissens, Kennens, Erfahrens etc. handelt.) Der Antrag wurde genehmigt. IV. Die Fassung des § 737 E I ist oben S. 758 abgedruckt.
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Vgl. Quellen zu den §§ 767, 768 BGB und hinsichtlich der sachenrechtlichen Bestimmungen die SS 1084, 1093, 1148, 1160, 1192 EI.
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24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§812-822
Quellen zu § 738 E I (§ 263 ZustOR; § 732 KE) I. 136. Sitzung vom 20. 12. 1882, Schriftführer
Neubauer
I Zu § 3 des Entwurfs: |Prot 11498 „Ist zur Erfüllung einer zu einem gewissen Zeitpunkte fälligen Verbindlichkeit TE-OR(Nr 10) vor dem Eintritt dieses Zeitpunkts Etwas geleistet worden, so findet weder die § 3 Rückforderung statt, noch kann Ersatz der Zwischenzinsen gefordert werden. Auch das zur Erfüllung einer verjährten Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden. Ebenso findet die Rückforderung nicht statt, wenn der Empfänger nach der Leistung ein Recht auf dieselbe erlangt hat." lagen die Anträge vor: 1. den ersten Satz zu streichen mit Rücksicht auf den zu § 2 unter N 2 2 mitge- Planck theilten Antrag (Protokolle S. 1492, 14931) und für jeden der beiden folgenden (Nr 237, 3) I Sätze einen besonderen Paragraphen zu bilden. I Pfot 1 1 4 9 9 2. den ersten Satz zu fassen: Kurlbaum „Ist zur Erfüllung einer noch nicht fälligen Verbindlichkeit etwas geleistet wor- (Nr 238, 2) den, so u.s.w." und neu hinzuzusetzen: „Die Rückforderung findet nicht statt, wenn die geschuldete Leistung, an einen Anderen als den Gläubiger bewirkt, der Schuldner aber durch die Leistung befreit worden ist." Der § 3 wurde satzweise berathen. I. Der erste Satz. Der Streichungsantrag war in Folge der zum § 2 Abs. 1 gefaßten Beschlüsse (Protokolle S. 1493, 1494) zurückgezogen. In Gemäßheit dieser Beschlüsse blieb der erste Satz sachlich unbeanstandet; hinsichtlich der Fassung wurde - in Uebereinstimmung mit dem Antrage zu 2 - beschlossen, den Eingang dahin zu ändern : „Ist zur Erfüllung einer betagten Verbindlichkeit vor der Fälligkeit u.s.w." Der in dem Antrage N 2 2 enthaltene Vorschlag, dem ersten Satze eine Bestimmung anzuschließen, welche den Fall betrifft, wenn der Schuldner durch eine Leistung befreit ist, welche nicht an den Gläubiger erfolgt ist, wurde abgelehnt. Der Vorschlag bezweckt die condictio indebiti auszuschließen; wenn der Schuldner an eine Person leistet, der das Gläubigerrecht nicht zusteht, während der Schuldner dieselbe als Gläubiger anzusehen befugt ist und deshalb durch die Leistung befreit wird, wie z. B. in dem Falle, wenn eine dem Schuldner unbekannt gebliebene Zession stattgefunden hat. Einverständniß bestand, daß in Fällen der gedachten Art, obschon insofern eine Nichtschuld getilgt sei, als der Empfänger die Leistung nicht zu fordern hatte, die condictio indebiti nicht Platz greife. Die Mehrheit glaubte jedoch: es sei überflüssig, hierüber eine besondere Bestimmung aufzunehmen; denn, wenn das Gesetz vorschreibe, der Schuldner werde durch die Leistung befreit, so sei damit zugleich ausgedrückt, | daß keinesweges ein indebitum geleistet worden und |Proti 1500 daß der Empfänger trotz seines mangelnden Gläubigerrechts dem Schuldner gegenüber als der Gläubiger anzusehen sei. II. Der zweite Satz. Es wurde die Streichung desselben beschlossen, weil die betreffende Bestimmung bereits in dem Beschlüsse vom 3. Februar 1882 (Protokolle S. 387 — 391, Zusammenstellung der Beschlüsse zum Allgemeinen Theil § 156 Abs. 2 2 ) enthalten sei. ι Vgl. Quellen zu S 737 E I (S. 764 f.). 2 Vgl. Quellen zu § 222 BGB.
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§§812-822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Bei der Redaktion soll geprüft werden, ob nicht in dem gedachten § 156 a.a.O. der Nachsatz des zweiten Absatzes: „auch wenn die Leistung in der irrthümlichen Voraussetzung erfolgt ist" zufolge der zum § 1 des vorliegenden Abschnitts gefaßten Beschlüsse durch die Worte zu ersetzen sei : „auch wenn in Unkenntniß von der Verjährung des Anspruchs geleistet ist". III. Der dritte Satz. Es wurde die Streichung von der Mehrheit beschlossen. Erwogen war: Insofern der dritte Satz die Bestimmung enthalte, von dem Empfänger könne dasjenige nicht verlangt werden, was ihm sofort zurückzugeben und demzufolge zu belassen sei, enthalte er nur Selbstverständliches. Allein nach der Fassung in Verbindung mit den Motiven scheine der dritte Satz noch ein Anderes vorzuschreiben, nämlich den Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung auch für die Vergangenheit zu versagen, d. h. auf Herausgabe der Nutzungen für die Zwischenzeit, bevor das Recht des Empfängers auf Belassung des Empfangenen entstanden war (z. B. vor Eintritt der Bedingung, vor Eintritt des Erbfalles). Dies erscheine aber nach den allgemeinen Grundsätzen, vorbehaltlich der zu § 6 des Entwurfs zu fassenden Beschlüsse, nicht richtig und im Wege einer positiven Anordnung vorzuschreiben, durch ein besonderes Bedürfniß nicht geboten. Zu § 4 des Entwurfes : I P r o t i 1501 „Hat Jemand an den Gläubiger eines Dritten für Letz-1 teren geleistet, um damit T E - O R (Nr 10) eine Verbindlichkeit gegen den Dritten zu erfüllen, so kann er, auch wenn diese
$4 Verbindlichkeit nicht bestand, das Geleistete von dem Empfänger nicht zurückfordern, ausgenommen, wenn dieser das Nichtbestehen der Verbindlichkeit und die Absicht des Leistenden, solche zu erfüllen, gekannt hat." war beantragt: v. Weber 1. für den Fall der Annahme des prinzipalen Antrages Nr. 1 zu § 1 (Protokolle S. (Nr 235, 2) 14853), statt der Worte: „um damit eine Verbindlichkeit gegen den Dritten zu erfül-
len" zu setzen : „in der irrigen Meinung, daß ihm gegen den Dritten eine Verbindlichkeit dazu obliege". Windscheid 2. den § zu streichen, wenn aber eine Bestimmung aufgenommen werden solle, (Nr 236) diese in hinreichender Allgemeinheit etwa so zu fassen:
„Leistet der vermeintliche Schuldner auf Anweisung des vermeintlichen Gläubigers einem Dritten, so steht ihm das Rückforderungsrecht nicht gegen den Dritten, sondern gegen den vermeintlichen Gläubiger zu. Leistet dem vermeintlichen Gläubiger auf Anweisung des vermeintlichen Schuldners ein Dritter, so steht das Rückforderungsrecht nicht dem Dritten, sondern dem vermeintlichen Schuldner zu." eventuell hinzuzufügen : „Leistet der vermeintliche Schuldner auf Anweisung des vermeintlichen Gläubigers dem vermeintlichen Gläubiger des Anweisenden, so kann er das Geleistete von diesem letzteren zurückfordern." unter Vorbehalt des Ortes, wo diese oder eine ähnliche, vielleicht noch allgemeiner zu fassende Vorschrift einzurücken wäre. 3. den § zu streichen und dagegen den § 1 in der in dem Antrage N s 2 zu diesem § (Protokolle S. 1486) angegebenen Weise zu fassen. 3 Vgl. Quellen zu § 737 E I (S. 761). 774
24. Titel : Ungerechtfertigte Bereicherung
812-822
Der Antrag Ν 2 1 wurde als durch die zum § 1 gefaßten | Beschlüsse erledigt zu- Planck rückgezogen. (Nr 237, 4) Die Mehrheit beschloß die Streichung des § 4. Die Gründe waren: lProt 11502 Der § 4 behandele nur einen einzelnen Fall der Betheiligung eines Dritten bei der Leistung. Der hervorgehobene Fall biete aber für die Beurtheilung gerade die geringsten Schwierigkeiten. Es könne keinem Zweifel unterliegen, daß in demselben der Dritte, welcher geleistet habe, gegen den Empfänger die condictio indebiti nicht habe, wohl aber einen Anspruch habe gegen den befreiten Schuldner. Dies noch besonders zu bestimmen, sei daher entbehrlich. Anders verhalte es sich freilich mit der auf den Fall der mala fides des Empfängers sich beziehenden Schlußbestimmung. Die letztere habe einen positiven Charakter, nach den allgemeinen Grundsätzen würde gegen den Empfänger die condictio indebiti nicht Platz greifen, sondern nach Beschaffenheit der Umstände nur der Anspruch auf Schadensersatz ex delicto begründet sein. Es fehle an genügenden Gründen, durch eine positive Vorschrift zum Nachtheil des Empfängers ein Anderes zu bestimmen. Anlangend die übrigen Fälle der Betheiligung eines Dritten, so sei es vorzuziehen, auch in Ansehung ihrer sich jeder besonderen Vorschrift zu enthalten und ihre Beurtheilung der Praxis und Wissenschaft zu überlassen. Von einer Seite wurde darauf aufmerksam gemacht, daß Seite 34 der Motive bei Mittheilung des Inhalts des französischen Rechts (C. c. Art 1377) geirrt sei. II. 1. Die beschlossene Regelung lautet in der RedVorl.: § 263 (§ 3). Ist eine Leistung zum Zweck der Erfüllung einer betagten Verbind- RedVorl § 263 lichkeit vor deren Fälligkeit bewirkt, so findet eine Rückforderung nicht statt; insbesondere können (auch) Zwischenzinsen nicht verlangt werden. (NB. Ist unter Rückforderung des Geleisteten [§ 262] der Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung zu verstehen [§ 264], so liegt schon in der Bestimmung: Die Rückforderung sei ausgeschlossen, die Verneinung des Anspruchs auf Vergütung von Zwischenzinsen; nach der Fassung des Entwurfs scheint die Bestimmung, welche diesen Anspruch verwirft, eine selbständige und positive zu sein, wodurch der Zweifel entsteht, ob andere Zwischenvortheile herauszugeben seien.) 2. Fassung der Regelung in der ZustOR: ZustOR § 263 § 263. Ist eine Leistung zum Zweck der Erfüllung einer betagten Verbindlichkeit vor deren Fälligkeit bewirkt, so findet eine Rückforderung nicht statt; auch können Zwischenzinsen nicht verlangt werden. III., IV. § 732 KE entspricht § 738 EI (vgl oben).
Quellen zu den §§ 739, 740 E I (SS 264, 265 ZustOR; §§ 733, 734 KE) I. a) 156. Sitzung vom 20. 12. 1882, Schriftführer Neubauer I Der § 5 des Entwurfes lautet: | Prot 11502 „Hat sich der Empfänger bei dem Empfang der Leistung in gutem Glauben be- TE-OR (Nr 10) funden, so haftet er nur soweit, als er zur Zeit der Rechtshängigkeit des Rückforde- S 5 rungsanspruchs noch bereichert ist. Hierzu war: 1. in Vorschlägen zu §§5—12 in dem hierher gehörigen Theile eines § a vorge- Windscheid schlagen, zu bestimmen: (Nr 239) 775
§ § 812 — 822
IProti 1503
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
»Der Empfänger ist, wenn er bei dem Empfange | in gutem Glauben war, zur Herausgabe des Empfangenen und des aus demselben Erworbenen verpflichtet, soweit er zur Zeit der Rechtshängigkeit es noch hat oder 1 bereichert ist."
2. beantragt in einem Antrage, die §§ 5 und 6 durch andere Bestimmungen zu ersetzen, von welchen der vorgeschlagene § a lautet: Planck »War der Empfänger bei dem Empfange der Leistung in gutem Glauben, so wird (Nr 240) er von der nach § 1 begründeten Verbindlichkeit befreit, wenn und soweit er zur Zeit der Rechtshängigkeit des Rückforderungsanspruchs oder, sofern er vorher in Verzug kam, zu dieser Zeit das Empfangene nicht mehr hat. Er ist in solchem Falle indessen den Werth des Empfangenen zu ersetzen verpflichtet, wenn und soweit er dadurch, daß er das Empfangene verbraucht, veräußert oder für den Verlust desselben einen Ersatzanspruch oder Ersatz erhalten, bereichert worden ist, sofern diese Bereicherung nicht vor dem im Absatz 1 bezeichneten Zeitpunkte wieder weggefallen ist. Hat der Empfänger in Folge des durch die Leistung gemachten Erwerbes vor dem in Absatz 1 gedachten Zeitpunkte sein Vermögen durch Ausgaben, welche er ohne jenen Erwerb nicht gemacht haben würde, vermindert, so ist er zu den im Absatz 1 und 2 gedachten Leistungen nur gegen Ersatz des Betrages jener Verminderung verpflichtet. Der § 5 und die anschließenden §§ nebst den vorstehenden Anträgen wurden Gegenstand einer allgemeinen einleitenden Berathung Behufs Verständigung über die maßgebenden Prinzipien. b) 157. Sitzung vom 22. 12. 1882, Schriftführer Neubauer IProti 1505
| Die Berathung des Theilentwurfes des Obligationenrechts (N 2 10), betreffend „Schuldverhältnisse aus ungerechtfertigter Bereicherung" wurde fortgesetzt. Zu § 5 lagen außer den in dem vorigen Protokolle erwähnten Anträgen folgende neue Anträge vor:
Kurlbaum (Nr 241)
1. den unter N- 2 im vorigen Protokolle (S. 1503) mitgetheilten § a zu fassen: „Kann der Empfänger der Leistung zur Zeit der eintretenden Rechtshängigkeit des Rückforderungsanspruchs das Empfangene nicht mehr zurückleisten oder ist die Rückleistung des Empfangenen nach der Natur der Leistung ausgeschlossen, so ist der Empfänger zur Herausgabe der ihm durch die Leistung zu Theil gewordenen Bereicherung verpflichtet. Hat der Empfänger das Empfangene verloren, so ist die Verpflichtung auf den für den Verlust erhaltenen Ersatz beschränkt, hat er das Empfangene verbraucht oder veräußert, auf die bei dem Verbrauche oder der Veräußerung verbliebene Bereicherung. I Prot 1 1506 Hat der Empfänger in Folge der ihm ge-1 machten Leistung vor der Rechtshängigkeit des Anspruchs sein Vermögen durch Veräußerungen vermindert, welche er ohne den Empfang des Geleisteten nicht gemacht haben würde, so ist er zur Rückleistung des Empfangenen oder zur Herausgabe der Bereicherung nur gegen Ersatz oder Aufrechnung des Betrags der Vermögensminderung verpflichtet. Ist der Empfänger vor der Rechtshängigkeit des Anspruchs zur Zeit, als er das Empfangene noch hatte, mit der Rückleistung des Empfangenen in Verzug gekommen, so finden die Vorschriften des Absatzes 2 nicht Anwendung und tritt bei An-
1
Im metallographierten Antrag heißt es: „oder aus demselben bereichert ist".
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24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§812-822
wendung des Absatzes 3 die Zeit des eintretenden Verzuges an Stelle der Zeit der eintretenden Rechtshängigkeit." 2. den in dem Antrage N2 2 im vorigen Protokolle (S. 1503) vorgeschlagenen § a zu fassen, wobei bemerkt wurde, daß jener Antrag durch den neuen Antrag berichtigt sei: „Der nach § 1 gegen den Empfänger begründete Anspruch erstreckt sich auf Al- Planck les, was der Empfänger auf Grund des durch die Leistung erworbenen Rechts erhalten hat. Der Empfänger wird von dem Rückforderungsanspruche befreit, wenn er vor dem Eintritte der Rechtshängigkeit desselben das Zurückzuleistende nicht mehr hat. Er ist in solchem Falle aber den Werth in soweit zu erstatten verbunden, als er in Folge des Empfangs der Leistung, insbesondere auch durch Rechtsgeschäfte welche e r | über das Empfangene abgeschlossen hat, bereichert ist. | Prot I 1507 Dieselbe Verpflichtung liegt ihm ob, wenn eine Zurückleistung des Empfangenen nach der Natur desselben ausgeschlossen ist. Bei der Ermittelung des Werths ist in dem Falle des Absatzes 3 der Zeitpunkt der Leistung, in dem Falle des Absatz 2 der Zeitpunkt, in welchem der Empfänger das Zurückzuleistende wieder verloren hat, zu Grunde zu legen. Hat der Empfänger vor dem Eintritte der Rechtshängigkeit des Anspruchs auf Zurückleistung des Empfangenen oder den Werth desselben durch Veräußerungen oder sonstige Weise eine Vermögensverminderung erlitten, welche er ohne den Empfang des Geleisteten nicht erlitten haben würde, so ist er zur Zurückleistung beziehungsweise Erstattung des Werths nur unter Abzug oder Ersatz des Betrages jener Vermögensverminderung verpflichtet. Ist der Empfänger vor dem Eintritte der Rechtshängigkeit des Anspruchs in Verzug gekommen, so tritt in den Fällen des Absatzes 2 und 5 der Zeitpunkt des Eintritts des Verzugs an die Stelle des Zeitpunkts der Rechtshängigkeit." 3. in § a z u b e s t i m m e n :
"Windscheid
„Der Empfänger ist, wenn er bei dem Empfange in gutem Glauben war, zur Herausgabe des Empfangenen und des aus demselben Erworbenen verpflichtet, soweit er zur Zeit der Rechtshängigkeit es noch hat. Wenn | er es zur Zeit der Rechts- | Prot 11508 hängigkeit nicht mehr hat, so ist er zur Herausgabe des Werths nur soweit verpflichtet, als er zur Zeit der Herausgabe noch bereichert ist." wobei bemerkt wurde, daß der in dem vorigen Protokolle unter N2 1 mitgetheilte Antrag (Protokolle S. 1502, 1503) dadurch berichtigt sei. 4. den vorgeschlagenen § a zu fassen: v. Weber „Der Empfänger hat das Geleistete herauszugeben und wenn er es zur Zeit des Eintritts der Rechtshängigkeit oder, sofern er vorher in Verzug gekommen ist, zu dieser Zeit nicht mehr hat oder, wenn die Herausgabe des Geleisteten durch die Natur der Leistung ausgeschlossen ist, den Werth desselben zu ersetzen. Diese (im ersten Absätze bezeichnete) Verbindlichkeit fällt weg, wenn und soweit der Empfänger zu der gedachten Zeit durch das Geleistete oder dessen Werth nicht mehr bereichert ist." Man verständigte sich, daß die mitgetheilten Anträge vorläufig nur insoweit in Betracht zu ziehen seien, als sie eine Ersetzung des § 5 durch eine andere oder eine anders gefaßte Vorschrift bezwecken, daß ferner der nachträglichen und gesonderten Erledigung vorzubehalten seien die Fragen : 777
§ § 8 1 2 — 822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
a) was für den Fall zu bestimmen sei, wenn eine Leistung empfangen wurde, welche nach ihrer Beschaffenheit ein Herausgeben nicht zuläßt; b) ob und inwiefern das aus dem Empfangenen Erworbene dem Empfangenen, so wie c) ob und inwiefern der Verzug der Rechtshängigkeit gleichzustellen sei; IProti 1509 I d) welchen Einfluß es auf die Verpflichtungen des Empfängers habe, wenn er durch den Empfang der Leistung zu Ausgaben oder Vermögensverringerungen verleitet oder veranlaßt ist, die vermieden sein würden, wenn er die Leistung nicht empfangen hätte. Weiter wurde entschieden, daß nicht allein der Fall des bösen Glaubens des Empfängers gänzlich auszuscheiden habe, sondern auch, daß an der vorliegenden Stelle von dem guten Glauben des Empfängers nicht zu reden sei. In der letzteren Hinsicht ging man davon aus, daß die Erwähnung des guten Glaubens wegen des § 12 des Entwurfs, wo der Fall des bösen Glaubens besonders behandelt werde, entbehrlich, zudem auch insofern nicht rathsam sei, als daraus Zweifel wegen der Beweislast entstehen könnten und als im Falle des bösen Glaubens des Empfängers ein nicht nach den Grundsätzen über die condictio indebiti zu beurtheilender Anspruch begründet werde, diese Grundsätze folglich schon an sich den Mangel des bösen Glaubens zur Voraussetzung hätten. Demgemäß war zu entscheiden, ob zu bestimmen sei: A) Im Anschluß an den § 5 des Entwurfes : „Der Empfänger haftet nur insoweit, als er zur Zeit des Eintrittes der Rechtshängigkeit noch bereichert ist." oder B) in Gemäßheit des Antrags N 2 3 : „Der Empfänger ist zur Herausgabe des Empfangenen nur insofern verpflichtet, als er zur Zeit des Eintritts der Rechtshängigkeit das Empfangene noch hat. Wenn er es zu dieser Zeit nicht mehr hat, so ist er zur Erstattung des Werths insoweit verpflichtet, als er aus diesem Rechte zur gedachten Zeit noch bereichert ist." oder I Prot 11510
IC) nach Maßgabe des Antrages N 2 1 : „Kann der Empfänger zur Zeit der eintretenden Rechtshängigkeit nicht mehr zurückleisten, so ist er zur Herausgabe der ihm durch die Leistung zu Theil gewordenen Bereicherung verpflichtet. Hat er das Empfangene verloren, so ist die Verpflichtung auf den für den Verlust erhaltenen Ersatz beschränkt, hat er veräußert oder verbraucht, auf die verbliebene Bereicherung." oder D) nach Maßgabe des Antrages N - 2 : „Der Empfänger wird von dem Rückforderungsanspruche befreit, wenn er vor dem Eintritte der Rechtshängigkeit desselben das Zurückzuleistende nicht mehr hat. Er ist in solchem Falle aber den Werth insoweit zu erstatten verbunden, als er in Folge des Empfangs der Leistung, insbesondere auch durch Rechtsgeschäfte, welche er über das Empfangene abgeschlossen hat, bereichert ist. Bei der Ermittelung des Werths ist der Zeitpunkt, in welchem der Empfänger das Zurückzuleistende wieder verloren hat, zu Grunde zu legen." oder E) zufolge des Antrags N- 4: „Der Empfänger hat das Geleistete herauszugeben und wenn er es zur Zeit des Eintritts der Rechtshängigkeit nicht mehr hat, den Werth desselben zu ersetzen. Diese Verbindlichkeit fällt in beiderlei Beziehung weg, wenn und soweit der Emp778
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fänger zu der gedachten Zeit durch das Geleistete oder dessen Werth nicht mehr bereichert ist." Nach längerer Debatte wurden die vorstehend unter B, C und D wiedergegebenen Vorschläge zurückgezogen, so daß nur der aus dem | Entwürfe sich ergebende |Proti 1511 Vorschlag A und der Vorschlag E übrig blieben. Die Mehrheit entschied für den letzteren Vorschlag. Die Gründe waren : Der im Wesentlichen angenommene § 1 des Entwurfs erkläre den Empfänger für verpflichtet, die empfangene Leistung herauszugeben. Der § 5 füge modifizirend hinzu: Der Empfänger hafte nur insoweit, als er bei Eintritt der Rechtshängigkeit des Anspruchs noch bereichert sei. Durch den Zusatz werde die in § 1 ausgesprochene Verpflichtung in einer wesentlichen Beziehung abgeschwächt. Nach den für die Schuldverpflichtungen geltenden allgemeinen Regeln würde der Empfänger nur insofern befreit werden, als die Herausgabe durch einen von ihm nicht zu vertretenden Umstand unmöglich geworden sei und er würde, wenn die Unmöglichkeit von ihm durch eine vorsätzliche oder fahrlässige Handlung verursacht worden, Schadensersatz zu leisten haben. Der § 5 bestimme in dieser Beziehung aber das Gegentheil. Indem er vorschreibe, daß der Empfänger nur insoweit hafte, als er zur Zeit des Streitbeginns noch bereichert sei, erkläre er den Empfänger für haftfrei, wenn dieser zu der entscheidenden Zeit das Empfangene nicht mehr habe und die unmittelbar durch den Empfang entstandene Bereicherung wieder weggefallen sei, gleichviel, ob der Grund in einem Zufall oder in einer Handlung des Empfängers bestehe, daß ferner, wenn das Vermögen des zur Restitution außer Stand gesetzten Empfängers anderweit, insbesondere dadurch vermehrt worden, daß das Empfangene verzehrt, verbraucht, gegen Entgelt veräußert, zwar die Bereicherung herauszugeben sei, aber wiederum nur unter der Voraussetzung, daß die Bereicherung zur Zeit des Streitbeginns noch vorhan-1 den war. Hiernach bestehe das Wesen der | Prot 11512 Schuldverpflichtung des Empfängers darin, daß er die an den Empfang der Leistung sich knüpfende Bereicherung, soweit diese zur Zeit des Streitbeginns noch vorhanden, herauszugeben habe. Der hieraus sich ergebende Grundsatz stehe im Wesentlichen mit dem geltenden Rechte im Einklänge; auf ihm beruhten auch alle gestellten Anträge; nur der Vorschlag zu C macht insofern eine Ausnahme, als wenn der Empfänger das Empfangene nicht mehr habe, aber sein Vermögen durch dasselbe anderweit bereichert worden sei, die Verpflichtung zur Herausgabe dieser Bereicherung durch den späteren Wegfall der letzteren nicht erlöschen solle, — eine Ausnahme, die eine nicht zu billigende Abweichung von dem im Uebrigen unbeanstandet gebliebenen und für sachgemäß zu erachtenden Grundprinzipe enthalte. Einige Anträge unterschieden sich von dem Entwürfe noch darin, daß sie Zweifel zu lösen suchten, die sich in manchen Fällen hinsichtlich der Frage erheben könnten, ob und in welchem Umfange eine Bereicherung vorliege. Es sei nicht rathsam, im Gesetze auf die Lösung solcher Zweifel sich einzulassen. Den Vorzug verdiene es, die Erledigung derselben der Wissenschaft und Praxis zu überlassen, zumal es doch nicht möglich sei, alle diesem Gebiete angehörenden zweifelhaften Fragen im Gesetze zu entscheiden. Dagegen empfehle es sich, in einer anderen Hinsicht den Entwurf zu ergänzen. Sei der Empfänger das Empfangene herauszugeben außer Stande, so werde doch regelmäßig der Werth desselben in sein Vermögen übergegangen und dieses durch jenen Werth vermehrt sein. Es liege daher nahe, in Rücksicht auf diesen, die | Regel bildenden Sachbestand von der Vermuthung auszuge- |Proti 1513 hen, daß der Empfänger, welcher nicht mehr herauszugeben vermöge, um den Werth des Empfangenen bereichert sei, unbeschadet seines Rechts, das Gegentheil 779'
§§812-822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
nachzuweisen. Eine derartige Normirung habe auch die praktische Erwägung für sich, daß sie besonders geeignet sei, zahlreichen Streitigkeiten in gerechter Weise vorzubeugen. Demgemäß verdiene der Vorschlag zu E Billigung. Derselbe habe auch den Vorzug, der Vorschlag, daß der zweite Satz in passender Art dem Empfänger in jeder Richtung den Beweis offen lasse, daß eine wirkliche Bereicherung nicht eingetreten oder eine eingetretene wieder weggefallen sei. Die Berathung wandte sich zur Erledigung folgender, der besonderen Entscheidung vorbehaltenen Einzelnfragen : I. Soll bestimmt werden, daß der Empfänger nicht allein das Empfangene, sondern auch das aus demselben Erworbene herauszugeben habe? Die Mehrheit entschied f ü r die Bejahung. Erwogen war: Was von dem Empfangenen gelte, müsse auch von demjenigen gelten, was aus diesem entstanden und hervorgegangen sei. Es fehle an jedem Grunde, das letztere anders zu beurtheilen, als das erstere. Freilich sei die Gleichstellung insofern nicht unbedenklich, als Zweifel entstehen könnten, inwieweit der nur indirekte oder rechtsgeschäftliche Erwerb zu dem Erwerbe aus dem Empfangenen gehöre, demzufolge es den Vorzug zu verdienen scheine, bei Erledigung der speziellen Fälle nach Anleitung des Entwurfs in den folgenden §§ durch besondere Bestimmungen das Erforderliche nachzuholen. I Prot 11514 Indessen der letztere Ausweg führe nur theilweise zum Ziele, | da es nicht möglich sei, alle in Betracht kommenden Fälle in den nachfolgenden Paragraphen zu behandeln. Sodann aber seien ernste Uebelstände von der prinzipiellen Vorschrift kaum zu besorgen. Es dürfe aber vertraut werden, daß Praxis und Wissenschaft in der richtigen Abgrenzung nicht fehl gehen würden. Uebrigens schließe die prinzipielle Vorschrift besondere Ausnahmen, insbesondere aber die Ausnahme nicht aus, daß im Falle der Verpflichtung zur Restitution einer Sache der Restitutionspflichtige weder die Nutzungen herauszugeben noch deren Werth zu vergüten habe. II. Soll die mora solvendi ganz oder zum Theil der Rechtshängigkeit gleichgestellt werden? Die Mehrheit entschied f ü r die Verneinung. Erwogen war: Die Verpflichtung des Empfängers, das Empfangene beziehungsweise den Werth herauszugeben, unterliege, wie schon erwähnt, nicht den allgemeinen für die Schuldverpflichtungen geltenden Regeln. Nach den letzteren würde der Empfänger verantwortlich sein, wenn er selbst durch vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln sich zur Restitution außer Stande gesetzt oder den Wegfall der Bereicherung verursacht habe. Diese Eigenthümlichkeit der Schuldverpflichtung könne durch eine die mora solvendi begründende Mahnung keine Aenderung erleiden. N u r wenn die Mahnung den Empfänger in bösen Glauben versetze, sei eine andere Beurtheilung gerechtfertigt. Dieser Fall sei aber im $ 12 des Entwurfs genügend vorgesehen, weshalb er außer Betracht zu bleiben habe. Im Uebrigen müsse es bei dem Grundsatze verbleiben, daß der Empfänger keine culpa zu vertreten habe und also auch nicht in Verzug gesetzt I Proti 1515 wer- | den könne. Einzig und allein die Rechtshängigkeit dürfe, von dem Falle der mala fides superveniens abgesehen, zur Beseitigung der für die Schuldverpflichtungen geltenden Eigenthümlichkeit führen. III. Soll der Empfänger verantwortlich sein, wenn er vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit sich zur Restitution außer Stande gesetzt oder den Wegfall der Bereicherung verursacht hat? Die Frage wurde verneint. Erwogen war: Der Grundsatz, welcher als der maßgebende anerkannt sei, ge780
24. Titel : Ungerechtfertigte Bereicherung
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statte nicht, Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit anders zu beurtheilen, als mäßiges Versehen und den Zufall. IV. Soll der Fall, wenn die Beschaffenheit der Leistung von vornherein ein H e r ausgeben ausschließt, so beurtheilt werden, wie der Fall, wenn das Herausgeben möglich war, aber später unmöglich geworden ist, so daß die Verpflichtung zum Werthsersatze eintritt? Die Frage wurde bejaht, indem man davon ausging, die Gleichstellung der beiden Fälle rechtfertige sich wegen Uebereinstimmung der für die Entscheidung in Betracht kommenden Verhältnisse. V . Soll bestimmt werden, daß der Empfänger insofern nicht hafte, als er durch den Empfang zu Ausgaben oder Vermögensverringerungen veranlaßt worden ist, die vermieden wären, wenn er nicht empfangen hätte? Die Mehrheit verneinte. Erwogen war: Eine solche Bestimmung könne nicht allein Mißdeutungen hervorrufen, sondern auch zur Vermehrung und Verweitläufigung der Prozesse führen. Richtig verstanden, sei sie schon in dem obigen Beschlüsse enthalten: die Verbindlichkeit zur Resti· Itution und zum Werthsersatze falle weg, wenn der Empfänger zur entschei- |Proti 1516 denden Zeit nicht mehr bereichert sei. Die betreffenden Ausgaben und Vermögensverringerungen hätten nämlich, sofern der Kausalzusammenhang feststehe, den Wegfall der ursprünglichen Bereicherung zur Folge. Inwiefern der Empfänger, welcher zu restituiren habe, nur Zug um Zug gegen Vergütung seiner Einbuße restitutionspflichtig sei, habe das Gesetz nicht zu entscheiden. V I . Soll bestimmt werden, daß, wenn Quantitäten vertretbarer Sachen empfangen sind, der Empfänger zum Werthsersatz dergestalt verpflichtet wird, daß er nur mit der von ihm zu beweisenden Behauptung gehört wird, die Bereicherung sei durch Zufall weggefallen? Die Frage wurde verneint. Erwogen war: Es fehle an zureichenden Gründen, den Empfang von Quantitäten vertretbarer Sachen einer anderen Beurtheilung zu unterziehen, als den Empfang sonstiger Sachen. V I I . Sollen nähere Bestimmungen darüber aufgenommen werden, welcher Theil beweispflichtig sei, wenn streitig ist, ob eine Restitution möglich oder eine Bereicherung weggefallen sei? Die Frage wurde verneint. Man glaubte, der obige Beschluß ergebe zur Genüge, daß in beiderlei Rücksicht der Empfänger beweispflichtig sei. V I I I . Soll der Zeitpunkt bestimmt werden, nach welchem der Werth zu berechnen ist? Die Frage wurde verneint aus den Gründen, aus welchen besondere Vorschriften zum Zweck der | näheren Bestimmung der Bereicherung nicht angemessen | Prot 11517 seien. Zu § 6 des Entwurfes : „Sind Sachen geleistet worden, so sind dieselben in ihrem gegenwärtigen Bestand mit den zur Zeit der Rechtshängigkeit des Anspruchs vorhandenen Früchten zu erstatten. Für früher gezogene, nicht mehr vorhandene Früchte und für nicht mehr vorhandene, mit der Sache übergebene Zugehörungen hat der Empfänger insoweit, als er zur angegebenen Zeit aus denselben noch bereichert ist, Ersatz zu leisten. 781
TE-OR (Nr 10) §6
§§812-822
Windscheid3
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Bezüglich seiner Verwendungen auf die Sachen stehen dem Empfänger die dem redlichen Besitzer gegenüber dem Eigenthumsanspruch in den § 185 Absatz 1, 2, 4, § 189 Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1, § 190 d e s . . . . Buches (Sachenrecht 2 ) gegebenen Rechte zu. Hat der Empfänger die empfangenen Sachen bereits veräußert oder verzehrt, so hat er deren Werth, soweit er durch denselben zur Zeit der Rechtshängigkeit des Rückforderungsanspruchs noch bereichert ist, zu ersetzen." war beantragt: 1. die Vorschrift zu streichen.
Planck (Nr 240)
2. in dem zu § 5 unter N 2 2 gedachten Antrage in § b zu bestimmen: „Sind Sachen geleistet, so finden wegen des Ersatzes der aus denselben gezogenen Vortheile der darauf gemachten Verwendungen und wegen der Haftung nach der Rechtshängigkeit des Rückforderungsanspruchs die Vorschriften des Entwurfs des Sachenrechts § 180, § 181 4 , § 185 Absatz 1, 2, 4, § 189 Absatz 1 und Absatz 2 I Prot 11518 Satz 1, § 190 | entsprechende Anwendung." welcher dahin berichtigt wurde, zu bestimmen : 2
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Diese Bestimmungen des TE-SachR lauten: § 185. Dem Besitzer steht ein Gegenanspruch zu wegen der auf die Sache gemachten Verwendungen, soweit die Verwendungen nothwendig waren oder dem nach den persönlichen Verhältnissen des Eigenthümers zu beurtheilenden Interesse desselben entsprechen, auch der Werth der Sache durch die Verwendungen erhöht ist und die Werthserhöhung zur Zeit der Herausgabe noch fortdauert. — Der Gegenanspruch geht auf Ersatz der Verwendungen, Befreiung von den für dieselben übernommenen Verbindlichkeiten und Vergütung für Handlungen, für welche der Besitzer sonst bezahlt zu werden pflegt. — In dem Falle des § 182 beschränkt sich dieser Gegenanspruch auf die nothwendigen Verwendungen. — Auf die von dem gutgläubigen Besitzer vor der Erhebung der Klage gemachten Verwendungen sind diejenigen Vortheile in Abrechnung zu bringen, welche derselbe vor der Erhebung der Klage aus der Sache gezogen ist. § 189. Der Eigenthümer wird mit der Rücknahme der Sache dem bisherigen Inhaber für diejenigen Gegenansprüche verpflichtet, welche derselbe bei der Rückgabe ihm angezeigt hat. — Der redliche Besitzer und der redliche Pfandnehmer einer beweglichen Sache sind zur Herausgabe derselben nur gegen Erstattung oder Sicherstellung der Gegenansprüche verpflichtet. Wird über das Vermögen des Eigenthümers Konkurs eröffnet, so muß die Sache zwar dem Verwalter herausgegeben werden, es findet aber abgesonderte Befriedigung der Gegenansprüche aus dem Erlöse der Sache statt. § 190. Der Anspruch auf Herausgabe einer beweglichen Sache, welche mit einer Sache des Besitzers ohne Eigenthumsveränderung verbunden, vermischt oder vermengt ist, geht zugleich auf Trennung derselben von der Sache des Besitzers. — Die Kosten der Trennung fallen gegenüber einem gutgläubiger Besitzer dem Eigenthümer zur Last. Dies war von Windscheid zwar nicht ausdrücklich beantragt, ergibt sich aber aus dem Inhalt seiner Anträge (vgl. Antrag Nr. 239). Diese Bestimmungen des TE-SachR lauten: § 180. Der redliche Besitzer haftet dem Eigenthümer weder für die zur Zeit der Erhebung der Klage bei ihm nicht mehr vorhandenen Erzeugnisse oder Gegenstände sonstiger Ausbeute, noch für andere vor dieser Zeit aus der Sache, ζ. B. durch deren Gebrauch, Vermiethung oder Verpachtung, oder aus dem mit dem Eigenthum an der Sache verbundenen Gerechtsamen gezogenen Vortheile, noch für solche Handlungen oder Unterlassungen aus der Zeit vor der Erhebung der Klage, welche den Werth der Sache vermindert haben. §181. Von der Zeit der Erhebung der Klage an ist der Beklagte dem obsiegenden Kläger für die Nutzbarmachung sowie für die Verwahrung und die Erhaltung der Sache, n ö t i genfalls für deren rechtzeitige Verwerthung, nach den Grundsätzen des Schuldverhältnisses aus der wissentlichen Führung fremder Geschäfte ohne Auftrag verantwortlich.
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24. Titel : Ungerechtfertigte Bereicherung
§ § 812 — 822
„Sind Sachen geleistet, so finden wegen des Ersatzes der Nutzungen die Bestimmungen entsprechende Anwendung, welche für den Fall gelten, wenn die Eigenthumsklage gegen den redlichen Besitzer angestellt ist." 3. den unter N 2 2 beantragten § b zu fassen: „Sind Sachen oder Rechte geleistet, so pp." Die Mehrheit ging davon aus, daß der zum § 5 gefaßte Beschluß alle in dem § 6 Kurlbaum enthaltenen Bestimmungen entbehrlich mache. Andererseits war sie der Ansicht, (Nr 241) daß es nicht angänglich sei, in Betreff der Nutzungen den Empfänger ungünstiger zu behandeln, als den gutgläubigen Besitzer gegenüber dem die Eigenthumsklage erhebenden Eigenthümer. Man glaubte, es sei dringend geboten, den gutgläubigen Eigenthümer nicht schlechter zu stellen als den gutgläubigen Besitzer. Demgemäß wurde der den Beschluß zum § 5 modifizirende berichtigte Antrag N 2 2 angenommen. Betreffend den Antrag (N 2 3), die Vorschrift auf den Fall auszudehnen, wenn Rechte zu restituiren seien, so hielt die Mehrheit eine solche Ausdehnung nur unter der Voraussetzung für gerechtfertigt, daß für die Verfolgung eines Rechts gegen den Dritten hinsichtlich der Nutzungen ähnliche Grundsätze gelten, wie für die Eigenthumsklage. Ob und inwiefern dies der Fall sei, lasse sich noch nicht übersehen und könne erst bei Berathung des Sachenrechts entschieden werden, (zu vergleichen Entwurf des Sachenrechts §§ 256, 2295). Es müsse daher vorbehalten bleiben, die in dem angenommenen Antrage enthaltene Bestimmung später auf die in Rede stehenden Rechte auszudehnen. c) 158. Sitzung vom 3. 1. 1883, Schriftführer Neubauer I Die Berathung des Theilentwurfs des Obligationenrechts (N 2 10), betreffend |Proti 1519 Schuldverhältnisse aus ungerechtfertigter Bereicherung wurde fortgesetzt. , Zu § 7 des Entwurfes : „Hat der Schuldner zur Tilgung einer Schuld von gewissem Betrage eine ihrem TE-OR (Nr 10) Werth nach diesem Betrage entsprechende nicht vertretbare Sache dem Gläubiger S 7 an Erfüllungsstatt geleistet, so ist er, wenn die Schuld nur in einem kleineren Betrage bestanden hat, berechtigt, gegen Bezahlung des wirklichen Schuldbetrages die ganze Sache von dem Gläubiger zurückzufordern." war beantragt bezw. vorgeschlagen : 1. in den im Protokolle vom 20. Dezember 1882 (S. 1502) unter N 2 1 gedachten Windscheid Vorschlägen zu §§ 5 — 12 in einem § d zu bestimmen: (Nr 239) „Ist Mehr, als verschuldet war, geleistet worden, so hat der Empfänger das zu viel Empfangene herauszugeben. Ist an Erfüllungsstatt Mehr, als verschuldet war, geleistet worden und ist das Geleistete nicht vertretbare Sache, so ist der Gläubiger zur Herausgabe der ganzen Sache gegen Empfang des wirklichen Schuld-1 betrages verpflichtet. | Prot 11520
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Diese Bestimmungen des TE-SachR lauten: § 256. Die Pflicht zum Ersätze des durch die Störung verursachten Schadens, sowie zur Beseitigung hindernder Anlagen und zur Wiederherstellung solcher Anlagen, welche für die Ausübung der Dienstbarkeit förderlich sind, ist nach den Bestimmungen Uber die Eigenthumsklage wegen Eingriffs zu beurtheilen. Um Uebrigen finden die Bestimmungen über die Eigenthumsklage wegen Vorenthaltung entsprechende Anwendung. § 229. In Ansehung des Schutzes des Erbbaurechts finden die Bestimmungen über den Schutz des Eigenthums an Grundstücken entsprechende Anwendung. 783
§§812-822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Hat der Schuldner eine Leistung, welche er gegen eine von dem Gläubiger seinerseits zu machende Leistung zu machen verpflichtet war, ohne Empfang dieser Leistung gemacht, so ist der Gläubiger verpflichtet, dieselbe nachträglich zu bewirken." eventuell den Absatz 1 zu streichen; 2. am Schlüsse des dritten Absatzes des zu 1 vorgeschlagenen § d die Worte hinPlanck (Nr 242, 4) zuzufügen: „oder das Empfangene zurückzugeben." welchem Zusatzantrage der Antragsteller zu 1 sich anschloß.
Kurlbaum
3. die Vorschrift zu fassen: „ H a t der Schuldner zum Zweck der Erfüllung einer Schuldverpflichtung etwas an Erfüllungsstatt geleistet, so ist er, wenn die Schuld nur zu einem kleineren Betrage bestanden hat, berechtigt, gegen Erfüllung der ursprünglichen Verbindlichkeit das ganze Geleistete von dem Gläubiger zurückzufordern." Der § 7 sowohl, wie die zu demselben gestellten Anträge wurden von der Mehrheit abgelehnt. Die Gründe waren :
1. Die im § 7 des Entwurfs enthaltene Bestimmung, mit welcher der zweite Absatz des Antrags Ν 2 1 im Wesentlichen übereinstimme, betreffe einen Fall, von dem nicht zweifellos erscheine, wie sich bei ihm die condictio indebiti nach den gefaßten Beschlüssen gestalte. Der Entwurf und der Antrag Ν 2 1 beruhten nach den gegebenen Erläuterungen auf der Voraussetzung, der Empfänger habe in Erfüllung der Verpflichtung zur Herausgabe des zu viel Geleisteten dem Schuldner das Miteigenthum der empfangenen Sache zuzugestehen. Um diese, nicht empfehlenswerthe Folge abzuwenden, solle nach dem Entwürfe und dem Antrage Ν 2 1 positiv beIProti 1521 stimmt werden: der Empfänger habe die | ganze Sache Zug um Zug gegen Erfüllung der ursprünglichen Verpflichtung auszufolgen. Die Richtigkeit der gedachten Voraussetzung lasse sich bestreiten, indem dagegen geltend gemacht werden könne: das zu viel Empfangene und demzufolge Herauszugebende bestehe nicht in einer Q u o t e des Eigenthums der geleisteten Sache, sondern, weil die Beschaffenheit der Leistung die Herausgabe der letzteren ausschließe, in dem in Gelde zu vergütenden fraglichen Mehrwerthe. Nun lasse sich das Bedürfniß nicht anerkennen, durch das Gesetz die Lösung dieses Zweifels der Wissenschaft zu entziehen. Hierzu würde nur ein Anlaß vorliegen, wenn es sich um Fälle handelte, denen eine praktische Bedeutung beiwohne, was ohne Zweifel nicht zutreffe. Dazu komme, daß die Bestimmung des Entwurfs und des Antrags zu 1, wie der Antrag N e 3 ergebe, wegen ihrer Beschränkung auf den Fall der Leistung einer nicht vertretbaren Sache, zur Erreichung des Zweckes, allen Zweifeln zu begegnen, zu eng erscheine, während der letztere Antrag wegen des Uebergehens des Falles, wenn vertretbare Sachen geleistet werden, wieder zu weit greife. Um so mehr müsse es den Vorzug verdienen, besondere Bestimmungen über die verhältnißmäßig nur seltenen Fälle in das Gesetz nicht aufzunehmen. 2. Der erste Absatz des Antrags N 2 1 sei selbstverständlich; seine Aufnahme würde nur als Ueberleitung zum zweiten Absätze, wenn dieser Billigung gefunden hätte, allenfalls gerechtferigt sein. 3. Betreffend sedann den dritten Absatz des Antrags N 2 1, so ergebe sich die Entbehrlichkeit desselben aus dem Seite 1494 der Protokolle unter N 2 2 mitgetheil784
24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
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ten Beschlüsse, wenn auch zunächst nur für den Fall, wenn der Schuldner auf die Gegenleistung ein selbständiges Recht gehabt habe. Es erübrigten so-1mit nur die |Proti 1522 Fälle, in welchen ein solches Recht fehle, wie z. B. in dem Falle, wenn der Besitzer einer fremden Sache diese dem Eigenthümer herausgegeben habe, ohne die ihm gebührende Erstattung des für den Erwerb der Sache einem Dritten gezahlten Kaufgeldes zu fordern. Allein auch in solchen Fällen habe der Empfänger nicht minder nach den beschlossenen allgemeinen Grundsätzen in Erfüllung der Verpflichtung zur Herausgabe des indebite Geleisteten oder Erstattung des Werths desselben in Höhe der noch vorhandenen Bereicherung, in dieser Beschränkung die Gegenleistung zu gewähren beziehungsweise deren Werth zu vergüten. Dem entgegen bestimme der Antrag N 2 1, die Gegenleistung sei unbedingt zu gewähren, worin eine ungerechtfertigte Benachtheiligung des Empfängers liege, die auch dadurch nicht beseitigt werde, daß nach dem Antrage N 2 2 dem Empfänger das Recht zustehen solle, das Empfangene zurückzugeben. Verhalte das Gesetz sich schweigend, so verbleibe es bei den allgemeinen Grundsätzen, die - wie erwähnt - ein vollkommen befriedigendes Ergebniß lieferten. Die §§ 8 und 9 wurden mit Rücksicht auf die dazu gestellten Anträge gleichzeitig berathen. Dieselben lauten:
§8 „Sind Rechte an Sachen bestellt oder aufgegeben oder sind solche Rechte zu be- TE-OR (Nr 10) stellen unterlassen worden, so ist der Rückforderungsberechtigte befugt, die § 8 Wiederaufhebung der bestellten oder die Wiederherstellung der aufgegebenen Rechte beziehungsweise die nachträgliche Bestellung des Rechtes, so wie die Erstattung der in Folge der Bestellung, Aufgebung oder Nichtbestellung dem Empfänger zugegangenen Vor- | theile zu fordern." | Prot I 1523 §9
„Ist eine Verbindlichkeit eingegangen worden, so ist der Rückforderungsberech- TE-OR (Nr 10) tigte Befreiung davon und die Rückgabe der deshalb ausgestellten Urkunden oder § 9 gewährten sonstigen Sicherungsmittel zu fordern berechtigt. Ist eine Verbindlichkeit erlassen worden, so ist der Rückforderungsberechtigte die Wiederherstellung derselben und die Erstattung der dem Schuldner in Folge des Erlasses zugegangenen Vortheile zu fordern befugt." Hierzu war beantragt bzw. vorgeschlagen : 1. in den im Protokolle vom 20. Dezember 1882 (S. 1502) unter N 2 1 gedachten Vorschlägen in §§ 5 — 12 in einem § b zu bestimmen: „Bestand die Leistung in der Aufgabe eines dem Leistenden gegen den Empfän- Windscheid ger zustehenden Rechts, so hat der Empfänger das Recht wiederherzustellen. Eine (Nr 239) erlassene Forderung ist, wenn sie zur Zeit des Erlasses fällig war oder inzwischen fällig geworden ist, zu erfüllen." eventi, die Vorschriften zu streichen. 2. zu §8: a) die Worte: „oder sind solche Rechte zu bestellen unterlassen" und „bezie - v. Weber (Nr 245) hungsweise die nachträgliche Bestellung des Rechts" wegzulassen; b) statt: „in Folge der Bestellung, Aufgebung oder Nichtbestellung dem Empfän ger zugegangenen Vortheile" zu setzen: 785
§ § 812 —822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
„aus dem bestellten Rechte oder in Folge der Aufgabe des Rechts aus der Sache, an welcher es bestanden hat, gezogenen, dem Rückforderungsberechtigten entgangenen Nutzungen." I Prot 1 1524 | und zu § 9 : statt der Worte „und die Erstattung der dem Schuldner in Folge des Erlasses zugegangenen Vortheile" zu setzen: „mit allen Nebenverbindlichkeiten". Die Mehrheit beschloß die Streichung der §§ 8 und 9, womit die zu diesen gestellten Anträge als erledigt galten. Erwogen war: Wenn über die in den §§8 und 9 behandelten Fälle geschwiegen werde, so seien auf dieselben die früher beschlossenen allgemeinen Grundsätze anzuwenden. Die §§ 8 und 9 bezweckten auch keineswegs diese Anwendung auszuschließen, sondern nur zu verdeutlichen, wie diese Anwendung sich gestalte. Allein eine solche Verdeutlichung sei nicht die Aufgabe des Gesetzes; sie falle der Praxis und Wissenschaft zu, denen vorzugreifen, um so weniger ein Anlaß bestehe, als die Anwendung nicht einmal mit besonderen Schwierigkeiten verbunden sei. TE-OR(Nr 10) Zu § 10 des Entwurfs: „Sind Dienste geleistet worden, welche belohnt zu wer§ 10 den pflegen, so kann hierfür eine Vergütung nach dem ordentlichen Werthe derselben zur Zeit der Leistung gefordert werden. Wurde eine Sache zum Gebrauch überlassen, so geht der Anspruch auf Rückgabe des Besitzes und auf eine Vergütung für den Gebrauch nach dessen ordentlichem Werth während der Dauer des Gebrauchs. Der gutgläubige Empfänger haftet jedoch nur bis zu dem Betrage, welchen er, seinem Bedürfniß entsprechend, durch den Gebrauch oder die Annahme der Dienste erspart hat." war beantragt bezw. vorgeschlagen: I Prot 1 1525
1. in den im Protokolle vom 20. Dezember 1882 | (S. 1502) unter N2 1 gedachten Vorschlägen zu §§ 5 — 12 in einem § c zu bestimmen : „Ist der Gebrauch von Sachen oder Diensten geleistet worden, so ist der Empfänger zur Herausgabe des durch den Gebrauch Ersparten verpflichtet." 2. den vorstehend unter Ν 2 1 gedachten § c in der Fassung aufzunehmen: „Ist der Gebrauch einer Sache überlassen oder sind Dienste geleistet worden, so ist der Empfänger zur Herausgabe des durch den Gebrauch oder die Dienste Ersparten verpflichtet." Beschlossen wurde, den § 10 zunächst nur insoweit zu berathen, als er auf den Fall sich bezieht, wenn Dienste geleistet sind, und soweit er auch den Fall betrifft, wenn eine Sache zum Gebrauche überlassen ist, auf ihn bei Erledigung des § 11 zurückzukommen. Die Mehrheit beschloß, über den Fall, wenn Dienste geleistet worden, eine Bestimmung nicht aufzunehmen.
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Nicht in den Protokollen erscheint der Antrag von Planck (Nr. 242) : Zu §§ 7 — 11. In diesen Paragraphen, sowie eventi, in den §§b — d des Antrags N - 2 3 9 (Antrag von Windscheid; Anm. des Herausgebers) durch Allegation des § 5 oder in sonstiger geeigneter Weise klarzustellen, daß auch auf die in diesen Paragraphen bestimmten Verpflichtungen die Grundsätze des § 5 Anwendung finden.
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24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
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Erwogen war: Nach den beschlossenen allgemeinen Grundsätzen habe der Empfänger, da im Falle der Dienstleistung die Beschaffenheit der Leistung ein Herausgeben ausschließe, den gemeinen Werth der empfangenen Dienste zu vergüten, jedoch vorbehaltlich des Rechts des Empfängers, den Nachweis zu führen, daß er um den Werth der Dienste nicht bereichert sei, daß insbesondere die durch die Dienste ihm ersparten Aufwendungen weniger als der Werth der Dienste betrügen. Was der Entwurf bestimme, erscheine hiernach selbstverständlich. Anders verhalte es sich mit den Anträgen N2 1 und 2, die von dem Entwürfe darin abwichen, daß sie den Leistenden mit dem Beweise belasteten, wieviel dem Empfänger er-1 spart sei. Zu einer solchen | Prot 11526 Aenderung der Beweislast (zu vgl. Protokolle S. 1516) fehle es aber an zureichenden Gründen. Insbesondere könne sich dieselbe vom praktischen Standpunkte aus insofern nicht empfehlen, als regelmäßig die Bereicherung in dem Werthe der Dienste bestehen werde. Unterbleibe die Aufnahme einer Bestimmung, so erledige sich auch das Bedenken, ob es gerechtfertigt sei, nur von Diensten oder von Diensten, die belohnt zu werden pflegen, und nicht vielmehr schlechthin von „Handlungen" zu reden. Der § 11 des Entwurfs lautet: „Ist eine Sache zum Besitze oder Fruchtgenuß überlassen worden, so geht der TE-OR(Nr 10) Anspruch des Rückforderungsberechtigten gegen den Empfänger auf Rückgabe des S 11 Besitzes und Erstattung der Vortheile, welche dem letzteren durch den Besitz oder Fruchtgenuß zugegangen sind." Hierzu war beantragt: 1. die Vorschrift zu streichen;
Windscheid
2. den § zu fassen: v. Weber „Ist eine Sache zum Fruchtgenuß überlassen worden, so ist der Empfänger zur S (Nr 245) Rückgabe der Sache und Herausgabe der gezogenen Nutzungen verpflichtet." Die Mehrheit beschloß die Ablehnung des § 11 und des Antrages N- 2. Erwogen war: Die beschlossenen allgemeinen Grundsätze ergäben auch für die in dem § 11 behandelten Fälle zur Genüge, worauf der Leistende einen Anspruch habe. Im Wesentlichen sei dieser Anspruch in dem Entwürfe und in dem Antrage N 2 2 richtig bestimmt, obschon insofern eine aus den allgemeinen Grundsätzen zu ergänzende Unvollständigkeit vorliege, als übergangen werde, daß der Empfänger nur die zur entscheidenden Zeit noch vorhandene Bereicherung | herauszugeben habe. Es fehle |Prot 11527 auch hier an zureichenden Gründen, die Anwendung der allgemeinen Grundsätze durch Spezialvorschriften zu erleichtern, die im Gegentheil wegen jener Unvollkommenheit leicht verwirrend wirken könnten. Insofern der § 11 aber zugleich bestimme, daß auch der Besitz, der indebite eingeräumt worden sei, kondizirt werden könne, erscheine er gleichfalls selbstverständlich. Sollte in dieser Beziehung wegen einer in den Motiven des Sachenrechts-Entwurfs sich findenden, gegen die Zulässigkeit der condictio possessionis sich richtenden Ausführung eine besondere Bestimmung sich als nöthig erweisen, so würde es zweckmäßiger sein, dieselbe bei Berathung des § 21 des Entwurfs zu beschließen, da die gedachte Ausführung nur den Fall im Auge habe, wenn der Besitz durch eine widerrechtliche Handlung erlangt sei. Einverständniß bestand, daß der in dem § 10 behandelte Fall der Ueberlassung des Gebrauchs einer Sache aus den Gründen, worauf die Beschlüsse zu den §§10 und 11 beruhen, gleichfalls zu übergehen sei. 787
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Einverständniß bestand ferner, daß die zum § 6 des Entwurfs beschlossene Vorschrift in dem Falle des § 11 außer Anwendung bleibe (Protokolle S. 1518).
RedVorl § 264
RedVorl § 265
ZustOR § 264
ZustOR § 265
II. 1. Die beschlossene Regelung lautet in der RedVorl: § 264. (§ 5). Ist die Herausgabe durch die Beschaffenheit der Leistung ausgeschlossen oder der Empfänger bei Eintritt der Rechtshängigkeit des Rückforderungsanspruchs das Empfangene herauszugeben außer Stande, so hat der Empfänger den Werth der Leistung zu vergüten. Die Verbindlichkeit zur Herausgabe oder zur Werthvergütung fällt fort, soweit der Empfänger zu der gedachten Zeit in Folge der Leistung nicht mehr bereichert ist. (NB. Beschlossen war die Nachstellung des Falles, wenn die Beschaffenheit der Leistung die Herausgabe ausschließt, aber deutlicher wird die Vorschrift durch die Vorausstellung.) § 265. (§ 6). Hat der Empfänger eine zum Eigenthum empfangene Sache herauszugeben, so bestimmen sich seine Verpflichtungen zur Herausgabe oder Vergütung der Nutzungen nach den Vorschriften über die Verpflichtungen des redlichen Besitzers gegenüber dem, den Eigenthumsanspruch geltend machenden Eigentümer. (NB. Zu vergi. Obl.R.Entw. §§ 88 u. 162.) 2. Fassung der Regelung in der ZustOR: § 264. Ist die Herausgabe durch die Beschaffenheit des Geleisteten ausgeschlossen oder der Empfänger bei Eintritt der Rechtshängigkeit des Rückforderungsanspruchs das Geleistete herauszugeben außer Stande, so hat der Empfänger den Werth des letzteren zu vergüten. Die Verbindlichkeit zur Herausgabe oder zur Werthvergütung fällt fort, soweit der Empfänger zu der gedachten Zeit durch das Geleistete nicht mehr bereichert ist. § 265. Die Verbindlichkeit zur Herausgabe oder Werthvergütung (§ 264)7 erstreckt sich auch auf dasjenige, was der Empfänger aus dem Geleisteten erworben hat. Hat der Empfänger eine zum Eigenthum empfangene Sache herauszugeben, so bestimmen sich seine Verpflichtungen zur Herausgabe oder Vergütung der Nutzungen nach den Vorschriften über die Verpflichtung des redlichen Besitzers gegenüber dem, den Eigenthumsanspruch geltend machenden Eigenthümer. (Nach dem S. 1518, 1554 der Protokolle gefaßten Beschlüsse soll des Anspruchs auf Vergütung von Verwendungen keine Erwähnung geschehen. — Die Kommission ist davon ausgegangen, es seien in dieser Beziehung besondere Bestimmungen nicht nöthig, weil das Prinzip genüge, daß der Empfänger nur die noch vorhandene Bereicherung erstatte, woraus sich insbesondere ergebe, daß er auch Vergütung der impensae voluntariae fordern könne. Nach den Bestimmungen des Sachenrechtsentwurfs § 185 Abs. 4 wird aber der Empfänger die Vergütung von Impensen jeder Art dann nicht fordern können, wenn er dafür Ersatz in den ihm verbleibenden Nutzungen findet. Es möchte sich daher empfehlen, den § mit dem Zusatz zu versehen: „Der Empfänger hat auf die Vergütung von Verwendungen jeder Art Anspruch, soweit er nicht in den ihm verbleibenden Nutzungen Ersatz findet.") 7
Die eingeschlossene Paragraphenziffer wurde später auf Beschluß der Kommission gestrichen (Prot. I, S. 11876f.).
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3. Protokoll der 287. Sitzung vom 4. 2. 1884, Schriftführer Neubauer I In Fortsetzung der Berathung über die zum Obligationenrecht gefaßten Beschlüsse stand zunächst zur Erledigung ein mit Bezug auf die Bemerkung zu Nr. 15 im vorigen Protokolle (S. 3275) neu eingebrachter Antrag: den in der Note zu § 265 beantragten Zusatz dahin zu fassen: „Den Betrag der ihm hiernach aus den Nutzungen etwa verbleibenden Bereicherung muß er sich jedoch auf die vor Erhebung der Klage gemachten Verwendungen anrechnen lassen." Beschlossen wurde die Aufnahme folgenden Zusatzes: „Der Empfänger ist zur Herausgabe der Sache nur gegen Vergütung aller auf dieselbe vor Eintritt der Rechtshängigkeit gemachten Verwendungen verpflichtet; er hat jedoch ein Recht auf Vergütung von Verwendungen nur insoweit, als er nicht durch die ihm verbleibenden Nutzungen bereichert ist." I Man war der Ansicht : Nach S. 1518, 1554 der Protokolle habe der Empfänger auf Ersatz aller Verwendungen ein Recht, so zwar, daß er nur gegen Ersatz der letzteren die Sache herauszugeben habe. Wenn es nun schon an und für sich sich empfehle, dies besonders auszusprechen, so komme hinzu, daß nach den Bestimmungen des Sachenrechts-Entwurfs § 185 jenes Recht insofern eine Einschränkung erleiden müsse, als der Empfänger dasjenige sich anrechnen zu lassen verpflichtet sei, um das er durch die ihm verbleibenden Nutzungen bereichert sei. Diese auch den allgemeinen Grundsätzen entsprechende Beschränkung dürfe nicht übergangen werden; um so mehr erscheine es daher am Platze, zunächst das Recht auf Ersatz aller Verwendungen besonders hervorzuheben und alsdann die gedachte Beschränkung anzuschließen. Zugleich dürfe das fragliche Recht nicht als „Anspruch" bezeichnet werden, da ein selbständiger Anspruch nicht bestehe.
| Prot 13279
Planck (Nr 509)
| Prot 1 3280
4. Auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 IV, Ziff. 51) wurde beschlossen, im § 733 KE (1. Fassung) statt „zu der gedachten Zeit" zu setzen „bei Eintritt der Rechtshängigkeit des Anspruchs" (Prot. 3557, 3561). III. 1. § 733 KE lautet wie § 739 E I. § 734. Die Verbindlichkeit zur Herausgabe oder Werthvergütung erstreckt sich KE § 734 auch auf dasjenige, was der Empfänger aus dem Geleisteten erworben hat. Hat der Empfänger eine zum Eigenthum empfangene Sache herauszugeben, so bestimmen sich seine Verpflichtungen zur Herausgabe oder Vergütung der Nutzungen nach den Vorschriften über die Verpflichtungen des redlichen 8 Besitzers gegenüber dem Eigenthümer. Der Empfänger ist zur Herausgabe der Sache nur gegen Vergütung aller auf dieselbe vor Eintritt der Rechtshängigkeit gemachten Verwendungen verpflichtet; er hat jedoch ein Recht auf Vergütung von Verwendungen nur insoweit, als er nicht durch die ihm verbleibenden Nutzungen bereichert ist. 2. Zu § 733 KEv/ar beantragt: 11. dem Abs. 2 folgenden Satz hinzuzufügen: | Prot 111883 „Auch ist die Aufrechnung der Forderung auf Herausgabe oder Werthvergütung 8 Im Hinblick auf die Beschlüsse zu § 185 TE-SachR (vgl. Quellen zu § 994 BGB) wurde von einer Seite bemerkt, in § 734 KE sei das Wort „redlichen" bedeutungslos geworden, so daß bei der Redaktion zu prüfen sein werde, ob nicht die Bestimmung einer Korrektur bedürfe (Prot. I, S. 4185). 789
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
gegen eine Forderung des Empfängers insoweit ausgeschlossen, als der Empfänger zur Zeit der Aufrechnung durch das Geleistete nicht mehr bereichert ist." Hierzu trat im Laufe der Debatte folgender Antrag: 2. „An Stelle des zu 1 beantragten Zusatzes im zweiten Absätze Zeile 3 hinter „des Anspruches" einzuschalten „oder im Falle der Aufrechnung zu dem Zeitpunkte, in welchem die Aufrechnung im Prozesse geltend gemacht wird,"... Beide Anträge wurden abgelehnt. Die Kommission erwog: Der Antrag zu 1 beruhe auf der Anschauung, daß der IProti 11884 Entwurf eine Lücke enthalte, insofern, als er nicht bestimme, welcher | Zeitpunkt für die Begrenzung der Befugniß des Empfängers einer Nichtschuld, sich auf eine Minderung oder den Wegfall der Bereicherung zu berufen, dann maßgebend sei, wenn der Kondiktionsanspruch nicht im Wege der Klage geltend gemacht, sondern zur Aufrechnung gegen eine Forderung des Empfängers benutzt werde. Als maßgebenden Zeitpunkt schlage der Antrag zu 1 die Zeit der erfolgten Aufrechnung vor. Der Antrag zu 2 dagegen wolle die Frage durch die Bestimmung lösen, daß der Zeitpunkt maßgebend sei, in welchem die Aufrechnung im Prozesse geltend gemacht werde. In der That liege aber keine Lücke des Entwurfes vor. Bei Entscheidung der Frage handele es sich um die Ziehung der Konsequenzen aus den Grundsätzen des Entwurfes über die Aufrechnung und die condictio indebiti. Diese Konsequenzen zu ziehen, sei aber nicht Aufgabe des Gesetzes, sondern der Wissenschaft und Praxis. 3. Zu § 734 EI war beantragt: Kurlbaum 1. a) Abs. 2 Zeile 1 hinter „Eigenthum" einzuschalten „oder zur Beziehung von (Nr 601,17) Nutzungen" b) Abs. 3 Zeile 1 statt „der Sache" zu setzen „des Gegenstandes", Zeile 2 statt „auf dieselbe" „auf denselben", Zeile 5 statt „die ihm verbleibenden" „ihm verbleibende". Kurlbaum c) Abs. 2 Zeile 3 statt „oder Vergütung" zu setzen „und Vergütung". (Nr 601, 18) v. Weber 2. a) Abs. 2 zu fassen: (Nr 631) „Hat der Empfänger eine zum Eigenthume oder zum Nießbrauche empfangene Sache herauszugeben oder das an einem Grundstücke eingeräumte Erbbaurecht zurückzugewähren, so bestimmen sich seine Verpflichtungen zur Herausgabe und IProti 11885 Vergütung | der Nutzungen nach den Vorschriften über die Verpflichtungen des Besitzers gegenüber dem Eigenthümer." b) Die zu Abs. 3 in dem Antrage Nr. 1 b beantragten Abänderungen abzulehnen 9 . 9
Dem Antrag ist folgende Anm. beigefügt: Bei der Berathung des § 734 ist (Prot. S. 1518) vorbehalten worden, nach Berathung des Sachenrechtes auf die Frage zurückzukommen, ob die Vorschrift des Abs. 2 des $ 734 wegen Herausgabe der Nutzungen auf geleistete Rechte auszudehnen sei, weil diese Ausdehnung nur unter der Voraussetzung gerechtfertigt sein würde, daß für die Verfolgung eines Rechtes gegen den Dritten ähnliche Grundsätze hinsichtlich der Nutzungen gelten, wie für die Eigenthumsklage, und dies sich erst nach Berathung des Sachenrechtes (vergi. Entw. §§ 256, 229) übersehen lassen werde. Im Sachenrechte ist nun nur bei dem Erbbaurechte (§941) und bei dem Nießbrauche (§ 994) hinsichtlich des Anspruchs auf die Nutzungen die Anwendung der Vorschriften über die Eigenthumsklage bestimmt worden, nicht auch für andere Rechte an Sachen (zu vergi. § 955, 1022, 1028). Es erscheint daher eine Ausdehnung der Vorschrift des § 734 Abs. 2 nur
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3. anstelle der zu Nr. 1 a und 2 a beantragten Zusätze im Absatz 2 hinter „her- Kurlbaum auszugeben" einzuschalten „oder einen an ihn veräußerten Nießbrauch zuriickzu- (Nr 634,1) gewähren". (Bemerk. Die Anträge zu Nr. 1, 2 stehen in Widerspruch mit dem über den Eigenthumsanspruch gegen einen vermeintlichen Nießbraucher oder Erbbauberechtigten in der Sitzung vom 8. September 1884 gefaßten Beschlüsse, Protokolle S. 4273 —4278. Der Antrag, auch diesen Anspruch den Regeln der §§ 809 — 813 zu unterwerfen, wurde sachlich mißbilligt. Der Fall der Bestellung eines Nießbrauchs oder Erbbaurechtes durch den Kondizenten wird daher auch hier ausscheiden müssen. Nur der Fall der Veräußerung eines Nießbrauches oder Erbbaurechtes steht dem Falle der Veräußerung einer Sache gleich, wie auf die Konfessoria des Nießbrauchers nach § 994 die Vorschriften über den Eigenthumsanspruch Anwendung finden, und die Rechtsverfolgung des Erbbaurechtes nach § 771 Abs. 2 dem Eigenthumsanspruche gleich steht. Die Veräußerung des Erbbaurechtes braucht wegen § 771 Abs. 2 nicht erwähnt zu werden.) 4. Absatz 3 zu fassen: v. Mandry aller vor Eintritt der Rechtshängigkeit auf die Sache gemachten Verwen- (Nr 623, 63) düngen oder durch dieselben herbeigeführten Vermögensminderungen verpflichtet; er hat jedoch ein Recht auf die Vergütung nur insoweit" . . . I (Bemerk. Daß eine Minderung des Vermögens des Empfängers, welche im |Prot 111886 Kausalzusammenhange mit dem Empfange einer indebite geleisteten Sache steht, die Bereicherung mindert und deshalb unter § 733 Abs. 2 fällt, ist zweifellos. Dagegen läßt der § 733 Abs. 2 unentschieden, wie ein solcher Wegfall der Bereicherung gegenüber dem Ansprüche auf Herausgabe einer species durchzuführen ist. Den Weg weist allerdings die Bestimmung über den Ersatz der Verwendungen im § 734 Abs. 3: es möchte aber rathsam sein, durch Hereinziehen eines weiteren unzweifelhaften Falles in diesen Abs. 3 klarzustellen, daß die Vorschrift des § 734 Abs. 3 nicht eine auf die Verwendungen beschränkte Vorschrift ist. Die im Prot. S. 1515 und 1516 angeführten Fälle, in Ansehung deren eine Entscheidung nicht getroffen werden sollte, bleiben unberührt.) Es wurde folgendes verhandelt: 1. zu Abs. 2. Die Anträge zu 1 a und 2 a wurden zu Gunsten des Antrages zu 3 zurückgezogen. Nachdem hierauf festgestellt worden war, daß in der Sitzung vom 29. September 1884 die — Protokolle S. 1518 — vorbehaltene Frage, ob die Vorschrift des § 734 Abs. 2 auf die Restitution von Rechten auszudehnen sei, in Ansehung der Dienstbarkeiten verneinend entschieden worden sei (Protokolle S. 4431 — 443310),
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für die Fälle gerechtfertigt, in welchen ein Nießbrauch oder ein Erbbaurecht indebite eingeräumt worden. Der Antrag N - 601 Ziffer 17a scheint die Ausdehnung sogar auf obligatorische Rechte zu Benutzung einer Sache ausdehnen zu wollen und würde sich auch auf nicht in Nießbrauch bestehende beschränkte persönliche Dienstbarkeiten beziehen. Dies dürfte aber zu weit gehen und stünde mit der im Prot. S. 1518 ausgesprochenen Meinung der damaligen Mehrheit im Widerspruch. Eine Aenderung des Ausdrucks „Sache" im Abs. 3 scheint nicht nöthig, weil es sich immer nur um die auf die zurückzugewährende Sache selbst gemachten Verwendungen handelt. Diese Stelle lautet: „Schließlich gelangte noch folgender Punkt zur Erledigung: Bei Berathung der Vorlage des Obligationenrechts Nr. 10 SS 5 und 6 in der Sitzung vom 22. Dezember 1882, Prot. S. 1518, war die Frage vorbehalten, ob die beschlossene Bestimmung,
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
wurde beschlossen, dem Antrage 3 entsprechend, im § 734 Abs. 2 einzuschalten I Prot 1 11887 „oder einen an ihn | veräußerten zur Zeit der Veräußerung bestehenden Nießbrauch zurückzugewähren." Ferner wurde der Antrag zu 1 c angenommen. 2. zu Abs. 3 wurde beschlossen, in Zeile 1 gemäß dem Antrage zu 1 b statt „der Sache" zu setzen „des Gegenstandes" und Zeile 2 statt „dieselbe" „denselben", sowie am Schluß (Zeile 5) statt „die ihm verbleibenden Nutzungen" zu setzen „Nutzungen, welche ihm verbleiben." 3. Der Antrag zu 3 wurde abgelehnt. Die Kommission hatte erwogen: Zu 1. Bei den in den Sitzungen vom 8. und 29. September 1884 gefaßten Beschlüssen müsse es sein Verbleiben haben. Aus den damals für maßgebend erachteten Gründen (Prot. S. 4276 — 4278, 4431 — 4433) sei hiernach von der Ausdehnung der Vorsschrift des § 734 Abs. 2 auf die Fälle, in welchen ein Nießbrauch oder ein Erbbaurecht indebite bestellt worden, abzusehen. Zu berücksichtigen seien vielmehr nur die in dem Antrage zu 3 bezeichneten Fälle der Veräußerung eines bestehenden Nießbrauches oder Erbbaurechtes, sowie der in den Protokollen S. 4432 erwähnte Fall, wenn der Nießbraucher indebite unter Aufgeben des Nießbrauches dem K.E. § 734 Abs. 2 auf die Restitution von Rechten auszudehnen sei. Der Referent hat beantragt, die Frage wegen der Dienstbarkeiten zu verneinen. — Die Kommission entschied sich für die Annahme des Antrages. — Erwogen war: Werde der § 734 Abs. 2 (K.E.) nicht ergänzt, so habe derjenige, welcher eine Sache zum Nießbrauche empfangen habe, unter den fraglichen Voraussetzungen die Nutzungen, soweit er bereichert sei, herauszugeben. Dieses Ergebniß stehe aber auch in vollem Einklänge mit den allgemeinen Grundsätzen. Die letzteren seien durch den zweiten Absatz des § 734 nur deshalb modifizirt, um denjenigen, welcher eine Sache zum Eigenthum empfangen und Eigenthum erworben habe, jedoch wegen der gegen ihn statthaften Kondiktion restitutionspflichtig sei, sofern er in gutem Glauben sich befunden habe, nicht schlechter zu stellen, als den gutgläubigen Besitzer gegenüber dem vindizirenden Eigenthümer. Eine solche Modifikation der allgemeinen Grundsätze sei zur Vermeidung einer nicht zu rechtfertigenden Disharmonie für unabweislich erachtet. Wäre nun später beschlossen worden, daß derjenige, welcher eine Sache zum Nießbrauche u. dgl. erhalten habe, dem vindizirenden Eigenthümer gegenüber, hinsichtlich der Herausgabe der Nutzungen ebenso günstig gestellt sei, wie der gutgläubige Besitzer, so würde allerdings der § 734 Abs. 2 im Eingange ergänzt werden müssen. Allein jene Voraussetzung treffe nicht zu, indem das Gegentheil beschlossen sei (Prot. S. 2476). Freilich komme noch der Fall in Betracht, in welchem der Nießbrauch von dem Nießbraucher unter Ausfolgung der Sache dem Eigenthümer zurückgewährt sei, demnächst aber die Leistung kondizirt werde. Erwäge man, daß, wenn das Rückgewähr- oder Veräußerungsgeschäft als nichtig sich erweise oder die Sache anderweit in den Besitz des Eigenthümers gelangt sei, der mit der actio confessoria belangte Eigenthümer nach den heutigen Beschlüssen die in gutem Glauben bezogenen Nutzungen nicht werde herauszugeben haben, so werde demselben nach der ratio des § 734 Abs. 2 eine ähnliche Begünstigung auch im Falle der Kondiktion, wenn nämlich die Ausfolgung der Sache an ihn auf Grund einer kondizirbaren Leistung bewirkt sei, nicht versagt werden können. Dies erscheine indessen selbstverständlich, so daß es einer besonderen Vorschrift durch Ergänzung des § 734 Abs. 2 nicht bedürfe. Es ergebe sich nämlich die Begünstigung zur Genüge gerade daraus, daß für die einschlagende actio confessoria die für die rei vendicatio geltenden Grundsätze über die Herausgabe der Nutzungen für anwendbar erklärt seien, vorausgesetzt, daß das Gesetz den Empfänger der Sache auch der Kondiktion gegenüber so behandelt wissen wolle, als habe er zum Eigenthum empfangen. Unter allen Umständen führe die Rechtsanalogie zu einer solchen Entscheidung. Von einer Ergänzung des § 734 Abs. 2 sei daher umso mehr abzusehen, als sie ohne anstößige Kasuistik nicht ausführbar erscheine.
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Eigenthümer die dem Nießbrauche unterliegende Sache zurückgebe. Auch letzterenfalls handele es sich um Veräußerung eines bestehenden Nießbrauches insofern, als das Aufgeben eines Rechtes eine Veräußerung in sich schließe. In Ansehung dieser Fälle sei, wie der Antrag mit Recht hervorhebe, die Ausdehnung der Vorschrift des Abs. 2 gerechtfertigt. In der hiernach im Abs. 2 einzuschaltenden Bestimmung sei nur die indebite erfolgte Veräußerung eines bestehenden Nießbrauches zu erwähnen. Der I Fall der indebite erfolgten Zurückgewährung des Nießbrauches wer- | Prot 111888 de hierdurch aus dem angegebenen Grunde mitgedeckt. Die Veräußerung eines Erbbaurechtes brauche wegen der Vorschrift im § 771 Abs. 2 nicht erwähnt zu werden. Die einzuschaltende Bestimmung sei so zu fassen, daß kein Zweifel daran bestehen könne, daß nur die Veräußerung eines bestehenden Nießbrauches (§ 988) gemeint sei. Die Ersetzung des Wortes „oder" durch „und" im Abs. 2 Zeile 3 ergebe sich als Konsequenz des entsprechenden Beschlusses zu § 242 (Protokolle S. 11731, 11732). Zu 2. Die Vorschrift des Abs. 3 sei als eine allgemeine beschlossen; sie gelte, auch wenn ein anderer Gegenstand als eine Sache herauszugeben sei. Dem entsprechend müsse die Fassung geändert werden. Zu 3. Der Antrag bezwecke die Entscheidung der Frage, auf welchem Wege der Empfänger gegenüber dem Ansprüche auf Herausgabe einer in sich bestimmten Sache den Wegfall der Bereicherung, welcher sich aus einer durch die Sache unmittelbar herbeigeführten Verminderung des Vermögens des Empfängers ergebe, durchzuführen habe. Die Entscheidung dieses speziellen Falles im Gesetze sei nicht erforderlich, weil bei der unterstellten Sachlage nicht zweifelhaft sein könne, daß eine Minderung oder ein Wegfall der Bereicherung im Sinne des § 733 Abs. 2 vorliege, sowie, daß der Empfänger, welcher die Minderung oder den Wegfall der Bereicherung geltend mache, gemäß der allgemeinen Vorschrift des § 231" auch zur Zurückbehaltung der herauszugebenden Sache befugt sei. Die Entscheidung des bezeichneten speziellen Falles wäre aber auch bedenklich, weil aus der-1selben ver- |Proti 11889 möge eines argumentum e contrario geschlossen werden könnte, in anderen Fällen, in welchen eine Vermögensminderung eingetreten, dürfe dieselbe nicht als eine Minderung der Bereicherung angesehen werden. IV. Die SS 739, 740 E I sind oben abgedruckt.
Quellen zu § 741 E I (§ 266 ZustOR; § 735 KE) I. 158. Sitzung vom 3. 1. 1883, Schriftführer Neubauer I Zu § 12 des Entwurfes: |Prot 11527 „War der Empfänger von Sachen in bösem Glauben, so ist er verpflichtet, emp- TE-OR (Nr 10) fangenes Geld sammt Zinsen von der Zeit des Empfanges an, andere vertretbare Sa- § 12 chen in Sachen gleicher Gattung, Menge und Güte zurückzugeben. Nichtvertretbare Sachen hat er in ihrem gegenwärtigen Bestand nebst den Früchten, welche er von denselben gezogen hat und der Leistende hätte ziehen können, zurückzuerstatten. Hat der Empfänger diese Sachen oder mitübergebene Zugehörungen derselben ver-
Vgl. § 273 f. BGB.
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§ § 812 — 822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
I P r o t i 1528 äußert, | so ist er v e r b u n d e n , den dadurch entstandenen S c h a d e n zu ersetzen. Dies gilt auch d a n n , w e n n die Sachen durch Zufall u n t e r g e g a n g e n o d e r verschlechtert w o r d e n sind, sofern d e r E m p f ä n g e r nicht beweisen k a n n , d a ß die Sachen auch im Besitze des Leistenden von d e m Zufall b e t r o f f e n w o r d e n sein w ü r d e n . W e g e n V e r w e n d u n g e n auf die Sache h a t der bösgläubige E m p f ä n g e r dieselben A n s p r ü c h e , wie derjenige, welcher f r e m d e Geschäfte wissentlich als eigene behandelt. Diese Bestimm u n g e n gelten auch d a n n , w e n n der E m p f ä n g e r erst nach d e m E m p f a n g in bösen G l a u b e n gesetzt w u r d e v o n d e m Zeitpunkt an, w o er in bösen G l a u b e n gesetzt w o r den ist. Die vorstehend in Satz 3, 4 und 6 gegebenen V o r s c h r i f t e n finden auf den bösgläubigen E m p f ä n g e r einer F o r d e r u n g entsprechende A n w e n d u n g . " war beantragt: Windscheid 1. u n t e r Z u r ü c k z i e h u n g des letzten Satzes des in den V o r s c h l ä g e n zu § § 5 — 1 2 , (Nr 239) d e r e n das P r o t o k o l l v o m 20. D e z e m b e r 1882 u n t e r 1 g e d e n k t (Protokolle S. 1502) 1 , vorgeschlagenen Theils eines § a. welcher, soweit e r sich hierauf bezieht, lautet: „ W a r e r (der E m p f ä n g e r ) in bösem Glauben, so finden die §§ 158 — 162 der Z u sammenstellung der Beschlüsse zum O b l i g a t i o n e n r e c h t 2 u n d des § 20 des T h e i l e n t w u r f s des Obligationenrechts N 2 22 (in der v o n d e r Kommission beschlossenen Fassung) 3 A n w e n d u n g . Diese V o r s c h r i f t e n f i n d e n auch d a n n A n w e n d u n g , w e n n der E m p f ä n g e r nach dem E m p f a n g in bösen Glauben versetzt w o r d e n ist." an passender Stelle eine Bestimmung f o l g e n d e n Inhalts a u f z u n e h m e n : I Prot 1 1529 | „ H a t d e r E m p f ä n g e r nach dem E m p f a n g e K e n n t n i ß v o n dem Nichtbestehen Windscheid d e r Verbindlichkeit erhalten, so finden v o n dieser Zeit an die V o r s c h r i f t e n der (Nr 243) 166 u n d 167 der Zusammenstellung des Obligationenrechts 4 A n w e n d u n g . " v. Weber 2. den § 12 im Anschluß an den zweiten — in obiger Mittheilung ersten — Satz (Nr 245) des § a des v o r g e d a c h t e n A n t r a g s dahin zu fassen : „ W a r d e r E m p f ä n g e r im Falle des § 1 in bösem G l a u b e n , so finden die §§ 158 — 160, 160 a, 161, 162 (der Zusammenstellung d e r Beschlüsse z u m O b l i g a t i o n e n recht) 5 A n w e n d u n g . Diese V o r s c h r i f t e n f i n d e n auch d a n n A n w e n d u n g , w e n n der E m p f ä n g e r nach d e m E m p f a n g e in bösen G l a u b e n versetzt w o r d e n ist, v o n dem Z e i t p u n k t e an, w o dies geschehen ist." D e r Schlußpassus des zweiten Absatzes dieses A n t r a g s w u r d e z u r ü c k g e z o g e n . Planck 3. den letzten Satz des ersten Absatzes des § 12 bezw. den letzten S a t z des § a (Nr 242, 2) des Antrags N 2 1 d u r c h f o l g e n d e V o r s c h r i f t zu ersetzen: § 12a. „ W u r d e der E m p f ä n g e r erst nach dem E m p f a n g e in bösen Glauben versetzt, so finden v o n dem Z e i t p u n k t e an, in welchem dies geschehen, die V o r s c h r i f t e n des § 5 keine A n w e n d u n g m e h r . " Eventuell w a r b e a n t r a g t , folgenden zweiten Absatz h i n z u z u f ü g e n : „Eine Geldschuld h a t d e r E m p f ä n g e r v o n dem gedachten Z e i t p u n k t e an zu verzinsen. Auf die Verbindlichkeit zur Z u r ü c k g a b e v o n Sachen o d e r R e c h t e n f i n d e n 1 Oben S. 775. 2 Vgl. Quellen zu den §§ 249ff. BGB (§§ 158-160) ZustOR; Jakobs/Schubert, Beratung, Schuldrecht I, S. 94 und zu den §§ 848, 849 (§§ 161 f. ZustOR). 3 Vgl. Quellen zu § 288 BGB. 4 Vgl. Quellen zu den §§ 276ff. BGB (Jakobs/Schubert, Beratung, Schuldrecht I, S. 244f.). 5 Vgl. Quellen zu § 197 BGB.
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die Vorschriften des Sachenrechts über die Haftung des Besitzers einer fremden Sache, welche erst nach Erlangung des | Besitzes von dem Mangel seines Rechts |Proti 1530 Kenntniß erhalten, gegenüber dem Eigenthümer entsprechende Anwendung." in omnem eventum war statt des vorstehenden zweiten Absatzes folgende Bestimmung beantragt: „Rücksichtlich des Eintritts des Verzuges gilt der im ersten Absätze bezeichnete Zeitpunkt wie ein nach dem Kalender bestimmter Zeitpunkt." 4. zu bestimmen: Kurlbaum „Der Anspruch des Schuldners aus einer von dem Empfänger durch die Empfangnahme der Leistung begangenen unerlaubten Handlung wird durch die vorstehenden Vorschriften nicht berührt. Hat der Empfänger nach dem Empfange Kenntniß davon erhalten, daß die Verpflichtung nicht bestand, so tritt bei Anwendung des § 5 der Zeitpunkt der erlangten Kenntniß an die Stelle der Zeit des Eintritts der Rechtshängigkeit." Beschlossen wurde : I. zum ersten Absätze des § 12, nachdem der erste Absatz des Antrags N 2 4 abgelehnt war, im Anschluß an die Anträge N 2 1 und 2, zu bestimmen : „Ist dem Empfänger bei dem Empfange der Leistung bekannt gewesen, nicht allein, daß die Verbindlichkeit, zu deren Erfüllung geleistet wurde, nicht bestehe, sondern auch, daß der Leistende hiervon nicht unterrichtet sei, so ist er dem Leistenden zum Schadensersatze nach Maßgabe der Bestimmungen über den Schadensersatz aus unerlaubten Handlungen verpflichtet." II. zum zweiten Absätze zu bestimmen : „Hat der Empfänger die gedachte Kenntniß erst nach dem Empfange der Leistung erlangt, so | kommt der § 5 (3) (nur) in der Weise zur Anwendung, daß an |Proti 1531 Stelle des Zeitpunkts des Eintritts der Rechtshängigkeit der Zeitpunkt tritt, in welchem die Kenntniß von dem Erwerber erlangt ist. Auch bestimmen sich die Verpflichtungen des zur Herausgabe einer Sache verpflichteten Empfängers in Ansehung der Herausgabe oder Vergütung von Nutzungen von dem bezeichneten Zeitpunkte an nach den Vorschriften über die Verpflichtungen des unredlichen Besitzers gegenüber dem den Eigenthumsanspruch geltend machenden Eigenthümer." Die Gründe waren : Zu I. Der Empfänger, welcher in bösem Glauben eine Nichtschuld annehme, begehe ein zivilrechtliches Delikt. Wie bei jedem anderen Delikte müsse der bösgläubige Empfänger den durch sein rechtswidriges Verhalten entstandenen Schaden ersetzen. Daß ein Delikt vorliege, müsse aber besonders bestimmt und könne nicht, wie der Antrag N 2 4 voraussetze, für selbstverständlich erachtet werden. Das Delikt liege übrigens nur dann vor, wenn der Empfänger nicht allein von dem Nichtbestehen der Schuld unterrichtet gewesen sei, sondern wenn er zugleich gewußt habe, daß der Leistende das Bestehen der Schuld angenommen habe. Beide Voraussetzungen müßten ihm nach den allgemeinen für Delikte, namentlich in Beziehung auf den Beweis des dolus geltenden Grundsätzen bewiesen werden. Zu II. Im Falle der mala fides superveniens dürfe keineswegs davon ausgegangen werden, daß der Empfänger mit dem Zeitpunkte, wo er von der maßgebenden Thatsache unterrichtet wurde, durch die Versäumung der Restitution gleichfalls eines, zum Schadensersatze verpflichtenden Deliktes sich schuldig mache. Die mala fides superve-1 niens könne nur bewirken, daß von dem Zeitpunkte an, wo der böse | Prot 11532 Glauben eintrete, die Verpflichtung zur Herausgabe des Empfangenen oder zum 795
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Werthsersatze die aus den Beschlüssen zum § 5 des Entwurfs sich ergebende Eigenthümlichkeit (zu vergi. Protokolle S. 1511, 1512, 1515) verliere, daß sie vielmehr von jenem Zeitpunkte an den allgemeinen Regeln folge, durch den späteren Wegfall der Bereicherung daher namentlich, abgesehen von den Wirkungen einer durch Zufall eingetretenen Unmöglichkeit der Leistung keine Aenderung erleide. Als das Richtige erscheine hiernach, den gedachten Zeitpunkt für die Anwendung der zum § 5 des Entwurfes beschlossenen Vorschrift dem Zeitpunkte des Eintritts der Rechtshängigkeit gleichzustellen. Weiter aber müsse der Empfänger, betreffend die Anwendung der zum § 6 des Entwurfs beschlossenen Vorschrift von dem Zeitpunkte an, wo er in mala fides gerathe, in Ansehung der Herausgabe der Nutzungen der empfangenen Sache wie ein unredlicher Besitzer gegenüber dem vindizirenden Eigenthümer behandelt werden. Es lasse sich allenfalls in Zweifel ziehen, ob er nur zur Erstattung der fructus percepti (nicht auch der percipiendi) für verpflichtet zu erklären sei. Indessen in dieser Hinsicht ihn günstiger zu stellen, als den unredlichen Besitzer gegenüber dem Vindikanten, falls nämlich im Sachenrechte dem unredlichen Besitzer die Verpflichtung zur Haftung für fructus percipiendi auferlegt werde, könne sich nicht empfehlen und entspreche wenig der Auffassung, von welcher bei der Beschlußfassung zum § 6 des Entwurfs ausgegangen sei. TE-OR (Nr 10) Zu § 13 des Entwurfs : § 13 „Die Klage auf Rückerstattung gezahlter nichtschuldiger Zinsen verjährt in drei I Proti 1533 Jahren. Die V e r - | jährung beginnt je mit dem Ablaufe des letzten Dezembers des Jahres, in welchem die Zinsen gezahlt worden sind." war beantragt: Planck (Nr 242, 3)
1. den § zu fassen: „Der Anspruch auf Rückerstattung gezahlter nichtschuldiger Zinsen verjährt in vier Jahren (Vgl. § 133 N 2 4 der Zusammenstellung der Beschlüsse zum Allg. Th. 6 ) Rücksichtlich des Beginns der Verjährung findet die Vorschrift des § 135 der Zusammenstellung des Allgem. Theils 7 Anwendung." 2. den § zu streichen. 3. den § im Falle der Annahme dem § 12 voranzustellen. Es wurde die Streichung beschlossen. Die Mehrheit konnte sich nicht überzeugen, daß zu der, den meisten Kodifikationen fremden Bestimmung des § 13, die einen rein positiven Charakter an sich trage, ein Bedürfniß vorliege, und daß ein zwingender Grund bestehe, in das Gesetzbuch eine solche spezielle Vorschrift aufzunehmen.
I Prot 1 1546
b) 160. Sitzung vom 8. 1. 1883, Schriftführer Neubauer I Die Annahme des Vorschlags 8 gab zu dem Antrage Anlaß, die in der Sitzung vom 3. Januar d. Js. zum § 12 des Entwurfs beschlossene Vorschrift: „Auch bestimmen sich die Verpflichtungen des zur Herausgabe einer Sache verpflichteten Empfängers in Ansehung der Herausgabe der Nutzungen von dem bezeichneten Zeitpunkte an nach den Vorschriften über die Verpflichtungen des unredlichen Besitzers gegenüber dem den Eigenthumsanspruch geltend machenden Eigenthümer." durch die Vorschrift zu ersetzen : 6 Vgl. § 197 BGB. ι Vgl. Quellen zu § 201 BGB. 8 Vgl. Quellen zu § 292 BGB (Vgl. Jakobs/Schubert, Beratung, Schuldrecht I, S. 327 f.).
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24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§812-822
„Auch finden in einem solchen Falle von diesem Zeitpunkte an wegen Herausgabe oder Vergütung der Nutzungen, wegen Erstattung der Verwendungen und wegen Haftung für Erhaltung und Verwahrung der Sache die Vorschriften Anwendung, welche nach § 191a 9 für den Fall der Erhebung der Klage gelten." Von anderer Seite wurde beantragt, die soebengedachte Vorschrift dahin zu ändern, daß am Schluß: die Worte: „welche nach § 191 a pp." durch die Worte ersetzt werden: „welche nach den Bestimmungen des Sachenrechts über die Eigenthumsklagen für den Fall gelten, wenn der Besitzer nachträglich in bösen Glauben versetzt ist." Die Mehrheit entschied unter Ablehnung des zweiten Antrags für den ersten Antrag. Sie war der Ansicht: Das Gesetz gestalte sich durch die in dem ersten Antrage enthaltene Vorschrift einfacher und harmonischer; auch sei es nicht unbedenklich, den nachträglich von dem Empfange einer Nichtschuld unterrichteten Empfänger von dem Zeitpunkte an, wo er die Kenntniß erlangt habe und wo er also noch nicht wisse, ob der Leistende seinen An-1Spruch auf Restitution geltend machen werde, |Proti 1547 schlechthin und in jeder Beziehung als unredlichen Besitzer zu behandeln, dies könne überdies nur geschehen, wenn der zuvorbeschlossene §191 a dahin erweitert werde, daß jedem restitutionspflichtigen Schuldner von der Zeit an, wo er von der Restitutionspflicht unterrichtet sei, die Pflichten eines unredlichen Besitzers gegenüber dem vindizirenden Eigenthümer auferlegt würden und so weit zu gehen, sei kein Bedürfniß ; übrigens erscheine die zwischen beiden Anträgen bestehende Verschiedenheit nach den Bestimmungen des Sachenrechts-Entwurfs und voraussichtlich von kaum nennenswerther Bedeutung. II. 1. Fassung der Regelung in der RedVorl: § 266 (§ 12). Ist dem Empfänger bei dem Empfange der Leistung bekannt gewe- RedVorl § 266 sen, daß die Verbindlichkeit, zu deren Erfüllung geleistet wurde, nicht bestehe, so ist er dem Leistenden zum Schadensersatz nach Maßgabe der Bestimmungen über den Schadensersatz aus unerlaubten Handlungen verpflichtet. Hat der Empfänger die gedachte Kenntniß erst nach dem Empfange der Leistung erlangt, so kommt der § 264 (nur) in der Weise zur Anwendung, daß an Stelle des Zeitpunkts des Eintritts der Rechtshängigkeit der Zeitpunkt tritt, in welchem die Kenntniß von dem Erwerber erlangt ist. Auch finden in einem solchen Falle für die spätere Zeit (von diesem Zeitpunkte an) wegen Herausgabe oder Vergütung der Nutzungen, wegen Erstattung der Verwendungen und wegen Haftung für Erhaltung und Verwahrung der Sache die Vorschriften Anwendung, welche nach § 191 a für den Fall der Erhebung der Klage gelten. (NB. Zum Absatz 1. Nach dem Beschlüsse müßte der Eingang lauten: Ist — bekannt gewesen nicht allein, daß die — nicht bestehe, sondern auch, daß der Leistende hiervon nicht unterrichtet sei. Aber diese Verdeutlichung scheint wegen der Worte: „zu deren Erfüllung geleistet wurde", überflüssig zu sein; sie ist aber auch störend, weil sie den § 264 zu verdunkeln und zu einer falschen Beurtheilung der Beweislast zu verleiten vermag.) 2. Fassung der Regelung in der ZustOR: ZustOR § 266 § 266. Ist dem Empfänger bei dem Empfange der Leistung bekannt gewesen, daß die Verbindlichkeit, zu deren Erfüllung geleistet wurde, nicht bestehe und daß der 9 Vgl. Fn. 8.
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Leistende hiervon nicht unterrichtet sei, so ist er dem Leistenden zum Schadensersatz nach Maßgabe der Bestimmungen über den Schadensersatz aus unerlaubten Handlungen verpflichtet. Hat der Empfänger die gedachte Kenntniß erst nach dem Empfange der Leistung erlangt, so kommt der § 264 in der Weise zur Anwendung, daß an Stelle des Zeitpunkts des Eintritts der Rechtshängigkeit der Zeitpunkt tritt, in welchem die Kenntniß von dem Erwerber erlangt ist. Auch finden in einem solchen Falle von diesem Zeitpunkte an wegen Herausgabe oder Vergütung der Nutzungen, wegen Erstattung der Verwendungen und wegen Haftung für Erhaltung und Verwahrung der Sache die Vorschriften Anwendung, welche nach § 191 a für den Fall des Eintritts der Rechtshängigkeit gelten. 3. Auf Antrag wurde beschlossen, im § 266 Abs. 2 ZustOR die Worte „von dem Erwerber" als unrichtig zu streichen (Prot. I, S. 3285, 3291). 4. Auf Antrag wurde im § 266 Abs. 2 ZustOR „wegen Erstattung" ersetzt durch: „wegen Ersatzes" (Prot. I, S. 3295). 5. Auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 IV Ziff. 51) wurde in § 735 KE (1. Fassung das Wort „gedachte" durch „die im ersten Absätze erwähnte" ersetzt (Prot. I, S. 3557, 3561).
§ 735
III. 1. Die Regelung lautet im KE: § 735. Ist dem Empfänger bei dem Empfange der Leistung bekannt gewesen, daß die Verbindlichkeit, zu deren Erfüllung geleistet wurde, nicht bestehe, und daß der Leistende hiervon nicht unterrichtet sei; so ist er dem Leistenden zum Schadensersatze nach Maßgabe der Bestimmungen über den Schadensersatz aus unerlaubten Handlungen verpflichtet. Hat der Empfänger die im ersten Absätze erwähnte Kenntniß erst nach dem Empfange der Leistung erlangt, so kommt der § 733 in der Weise zur Anwendung, daß an Stelle des Zeitpunktes des Eintrittes der Rechtshängigkeit der Zeitpunkt tritt, in welchem die Kenntniß erlangt ist. Auch finden in einem solchen Falle von diesem Zeitpunkte an wegen Herausgabe oder Vergütung der Nutzungen, wegen Ersatzes der Verwendungen und wegen Haftung für Erhaltung und Verwahrung der Sache die Vorschriften Anwendung, welche nach § 242 für den Fall des Eintrittes der Rechtshängigkeit gelten. 2. Der Antrag von Gebhard (Nr. 577, Ziff. 2), in § 735 Abs. 2 Satz 1 statt: „so kommt der § 733 in der Weise zur Anwendung" zu sagen: „so findet der § 733 mit der Maßgabe Anwendung" (vgl. §§ 505, 541, 572, 768) wurde angenommen (Prot. I, S. 6182, 6184). 3. Zu § 735 Abs. 2 lag der Antrag von v. Weber (Nr. 595, 4) vor, die Worte „die Sache" zu streichen, eventuell: statt „der Sache" zu setzen „des Gegenstandes" (Prot. I, S. 11731). — Der Antrag wurde in dem Sinne angenommen, daß im § 735 Abs. 2 die Worte „der Sache" zu streichen sind. Man überzeugte sich, daß diese Worte eine dem Sinne der betreffenden Vorschrift widersprechende Beschränkung ergebe (Prot. I, S. 11732). 4. Zu einer weiteren Änderung in § 735 Abs. 1 KE siehe die Quellen zu § 737 unter III. 3. 5. Ferner wurde im § 753 Abs. 2 statt „an Stelle" gesetzt „an die Stelle" (Prot. I, S. 11837). 798
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§§812-822
6. Zu § 735 KE lag der Antrag von Kurlbaum (Nr. 601, 18) vor, im Abs. 2 Z. 2 hinter „Leistung" einzuschalten „,aber vor Eintritt der Rechtshängigkeit", sowie Zeiele 6 statt „oder Vergütung" zu setzen „und Vergütung". — Der Antrag wurde genehmigt (Prot. I, S. 11889). IV. S 741 E I ist oben abgedruckt. Quellen zu den §§ 742, 743 E I (§§ 267, 268 ZustOR; §§ 736, 737 KE) I. a) 159. Sitzung vom 5. 1. 1883, Schriftführer Neubauer I Zu § 14 des Entwurfs: I Proti 1536 „Hat Jemand, ohne hierzu durch einen zweiseitigen Vertrag verpflichtet zu sein, TE-OR (Nr 10) aus einem erlaubten Grunde unter der ausdrücklich erklärten oder aus den Umstän- 514 den sich ergebenden Voraussetzung des Eintritts eines künftigen Ereignisses einem Anderen Etwas geleistet, so ist er, wenn dieses Ereigniß nicht eintritt, das Geleistete von dem Empfänger zurückzufordern berechtigt." lagen die Anträge vor: 1. statt dessen zu bestimmen 1 : Windscheid „Hat Jemand einem Anderen etwas geleistet unter der ausdrücklich oder still- (Nr 244) schweigend erklärten Voraussetzung eines durch die Leistung zu erzielenden Rechtserfolges oder des Eintritts oder Nichteintritts einer Thatsache, eventuell: „unter der ausdrücklich oder stillschweigend erklärten Voraussetzung des Eintritts oder Nichteintritts einer Thatsache," I so kann er das Geleistete von dem Empfänger zurückfordern, wenn die Vor- |Proti 1537 aussetzung sich nicht erfüllt." 2. dem zu 1 vorgeschlagenen § 14 folgenden Zusatz zu geben:
Planck
(Nr 246, 1) S 14a. „Die Rückforderung findet nicht statt, wenn die Voraussetzung von solcher Art ist, daß die Leistung unter derselben einen Verstoß des Leistenden gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung enthält." (Vgl. § 85 der Zusammenstellung der Beschlüsse zum Allgemeinen Theil 2 ). Das in § 14 des Entwurfs enthaltene Prinzip war unbeanstandet geblieben, so daß aus Anlaß der obigen Anträge nur über verschiedene Einzelnheiten Beschluß zu fassen war. Ueber diese Einzelnheiten wurde gesondert berathen und beschlossen.
I. Im Eingange des § 14 des Entwurfs ist hervorgehoben, der Leistende dürfe zu der Leistung nicht durch einen gegenseitigen Vertrag verpflichtet gewesen sein. In den Anträgen N 2 1 und 2 ist die Unterdrückung dieses Zusatzes vorgeschlagen. Der Vorschlag fand die Billigung der Mehrheit.
1
Im Eingang des Antrags ist von Windscheid in der metallographierten Fassung angemerkt: „Im Folgenden sind der Kürze wegen die Vorschriften über die Verhaftung des redlichen Empfängers eines indebitum mit § x, die Vorschriften über die Verhaftung des unredlichen Empfängers eines indebitum mit § y bezeichnet. Unter unredlichem Empfänger ist derjenige verstanden, welcher zur Zeit des Empfanges wußte, daß er nicht forderungsberechtigt sei." 2 Vgl. Quellen zu § 138 BGB.
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Erwogen war: Habe bei einem gegenseitigen Vertrage der eine Theil erfüllt, so könne er seine Leistung, wenn der andere Theil nicht erfülle, im Allgemeinen und der Regel nach keineswegs zurückfordern, sondern nur die Gegenleistung verlangen. Dies ergebe sich zur Genüge aus dem § 62 der Zusammenstellung der auf das Obligationenrecht I Prot 1 1538 sich beziehenden Beschlüsse (Beschluß vom | 26. April 1882, Protokolle S. 639, 640 3 ). Gleichwohl sei die condictio ob rem bei der Leistung aus einem gegenseitigen Vertrage nicht gänzlich ausgeschlossen. So erscheine dieselbe ζ. B. zulässig in dem, auch in den Motiven erwähnten Falle, wenn der eine Theil in Erwartung der Gegenleistung vorgeleistet habe und die Gegenleistung demnächst durch Zufall unmöglich werde. Dieser Fall sei sogar in dem § 189 der Zusammenstellung (vgl. Beschlüsse vom 9. und 11. Oktober 1882, Protokolle S. 1154ff. 4 ) als zur condictio ob rem gehörig bereits anerkannt. Ueberhaupt sei die Kondiktion, sofern nur im Uebrigen ihre Erfordernisse vorhanden seien, bei einer in einem gegenseitigen Vertrage sich gründenden Leistung nur insoweit unstatthaft, als ihr der Grundsatz des § 62 a.a.O. entgegenstehe. Diese Beschränkung auszusprechen, sei eben gerade wegen des zitirten § 62 entbehrlich. II. Der § 14 des Entwurfs enthält den ferneren Zusatz: „aus einem erlaubten Grunde" Nach den Anträgen Ν 2 1 und 2 soll auch dieser Zusatz beseitigt, nach dem Antrage N 2 2 aber dem § 14 eine besondere, auf den Fall des turpiter datum sich beziehende Bestimmung angeschlossen werden. Die Mehrheit beschloß die Beseitigung des Zusatzes: „aus einem erlaubten Grunde" und die Aufnahme der in dem Antrage N 2 2 vorgeschlagenen besonderen Bestimmung, vorbehaltlich der Fassung, für welche die zum § 18 des Entwurfs zu fassenden Beschlüsse maßgebend sein müßten. Erwogen war: Der Zusatz: „aus einem erlaubten Grunde" bezwecke den RückforderungsanI Prot I 1539 Spruch für den Fall des | turpiter datum auszuschließen. Die Ausschließung erscheine aus den Gründen, auf welchen der zweite Absatz des § 18 des Entwurfs beruhe, vollkommen gerechtfertigt. Sie würde auch genügenden Ausdruck finden durch den Zusatz: „unbeschadet der Bestimmung des § 18 Abs. 2", wenn der letztere nicht auf den Fall beschränkt wäre und nach der Oekonomie des Entwurfs beschränkt bleiben müßte, in welchem zugleich turpiter acceptum sei. Wegen dieser Beschränkung des § 18 Abs. 2 bleibe nichts übrig, als die Aufnahme einer besonderen Bestimmung, die aber in gleicher Art, wie der Absatz 2 des § 18 gefaßt werden müsse. Bedenklich sei es, mit dem Entwürfe in § 14 von: „aus erlaubtem Grunde" zu reden und in § 18 Abs. 2 einer ganz anderen Ausdrucksweise sich zu bedienen. Deshalb verdiene der Antrag N 2 2, der die Herstellung der nöthigen Uebereinstimmung bezwecke, Billigung. III. Der Entwurf stellt auf : „geleistet müsse sein unter der Voraussetzung des Eintritts eines künftigen Ereignisses."
3 4
Jakobs/Schubert, Beratung, Schuldrecht I, S. 952. Jakobs/Schubert, Beratung, Schuldrecht I, S. 210.
800
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Die Anträge Ν 2 1 und 2 bestimmen dagegen: „geleistet müsse sein unter der Voraussetzung eines durch die Leistung zu erzielenden Rechtserfolges oder des Eintritts oder Nichteintritts einer Thatsache." Beschlossen wurde die Fassung: „Ist unter der Voraussetzung eines rechtlichen Erfolges oder des Eintritts oder Nichteintritts eines Ereignisses geleistet," vorbehaltlich der Prüfung bei der Redaktion, ob nicht die Worte: „oder Nichteintritts" als schon in den Worten: „des Eintritts" enthalten entbehrlich seien. Erwogen war: I Der Entwurf gebe dem Zweifel Raum, ob auch der Fall getroffen sei, wenn un- | Prot 11540 ter der Voraussetzung geleistet worden, daß an die Leistung sich ein bestimmter, nicht erreichter rechtlicher Erfolg knüpfe. Man könne es füglich bejahen, da ein rechtlicher Erfolg als ein Ereigniß sich betrachten lasse, da ferner noch zweifelloser der durch die Leistung bezweckte Erfolg als ein der Leistung Nachfolgendes aufgefaßt werden dürfe. Der Zweifel müsse gehoben und ausdrücklich die Zulässigkeit der condictio ob rem im fraglichen Falle bestimmt werden. Denn es sei kein Grund vorhanden, weshalb die Voraussetzung eines solchen, unmittelbar von der Leistung erwarteten und doch keineswegs der Vergangenheit angehörigen rechtlichen Erfolges anders beurtheilt werden müßte, als die Voraussetzung eines künftigen thatsächlichen Ereignisses. Es sei eingewendet, durch die Hineinziehung des Falles, wenn durch die Leistung ein rechtlicher Erfolg bezweckt sei, werde die condictio indebiti mitgetroffen. Allein einestheils zeige sich bei der Leistung einer Nichtschuld die Eigenthümlichkeit, daß die Voraussetzung mindestens zugleich auf einen der Vergangenheit angehörenden Umstand sich beziehe. Sodann würde jedenfalls die condictio indebiti nur ein wegen seiner hervorragenden Wichtigkeit speziell geregelter und daher nach den allgemeinen Auslegungsregeln für die Tragweite und das Anwendungsgebiet des § 14 außer Betracht bleibender Unterfall der condictio ob rem sein. Endlich sei es bei Voraussetzung der Annahme des im § 16 des Entwurfs enthaltenen Prinzips wegen Uebereinstimmung der maßgebenden Rechtsnormen von keinem Belange, ob in den Fällen der condictio indebiti auch der § 14 anwendbar erscheine. | In Ansehung des Ereignisses sei übrigens der Zusatz: „künftigen" |Proti 1541 entbehrlich, wenn „Eintritt oder Nichteintritt" hinzugefügt werde, indem diese Hinzufügung auf die Zukunft genügend hinweise. IV. Der Entwurf drückt sich dahin aus: „wenn das Ereigniß nicht eintritt"; die Anträge schlagen dafür vor: „wenn die Voraussetzung sich nicht erfüllt". Der Fassung der Anträge wurde, schon wegen Hineinziehung des Falls, wenn die Voraussetzung in einem bezweckten rechtlichen Erfolge besteht, der Vorzug gegeben. V. Der Entwurf hebt hervor: „die Voraussetzung müsse ausdrücklich erklärt sein oder aus den Umständen sich ergeben." Die Anträge N 2 1 und 2 reden dagegen von „ausdrücklich oder stillschweigend erklärter Voraussetzung". Die Mehrheit billigte die in den Anträgen enthaltene Fassung. Sie ging davon aus: Nothwendig sei die Bestimmung, daß die Voraussetzung auch et klärt sein müsse. In Ermangelung einer solchen Bestimmung sei das Mißverständniß zu besorgen, es genüge auch die nicht erklärte Voraussetzung. Nun würde es freilich genügen, 801
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bei „Voraussetzung" hinzuzufügen: „erklärten". Allein ein solcher Zusatz sei deshalb kaum genügend, weil er die besonders wichtigen Fälle der nur stillschweigenden Erklärung zu wenig betone, woraus gleichfalls Mißverständnisse entspringen könnten. Der Entwurf und die Anträge hätten daher mit Recht auch der stillschweigenden Erklärung Erwähnung gethan. Die Fassung betreffend, so weichen Entwurf I Prot 1 1542 und Anträge | nur unbedeutend von einander ab. Indessen müsse doch der Fassung der Anträge der Vorzug gegeben werden, weil kein Grund obwalte, von dem juristischen, im Gesetzbuche (§ 49 der Zusammenstellung der auf den Allgemeinen Theil sich beziehenden Beschlüsse; Beschluß vom 7. November 1881, Protokolle S. 97, 985) anerkannten Sprachgebrauche abzuweichen, wonach jede wirksam, aber nicht ausdrücklich abgegebene Willenserklärung eine stillschweigend abgegebene genannt werde. Einverständniß bestand übrigens, daß die ausdrücklich abgegebene Erklärung der Voraussetzung dem Empfänger gegenüber erkennbar beziehungsweise vernehmbar abgegeben werden müsse und daß, wenn dies geschehen, es nicht darauf ankomme, ob der Empfänger aus zufälligen Gründen von der Erklärung keine Kenntniß gewonnen habe. Es war von Neuem der Antrag gestellt, auch die zum § 1 des Entwurfs beschlossene Vorschrift durch einen Zusatz zu ergänzen, welcher ergiebt, daß der Zweck der Leistung erklärt sein müsse. Der Antrag wurde von Neuem abgelehnt, weil der vorgeschlagene Zusatz, wie schon früher angenommen (Protokolle S. 1490, 1491), als selbstverständlich entbehrlich sei und auch durch den vorher zu V gefaßten und auf besonderen Gründen beruhenden Beschluß in keiner Weise erforderlich werde. Zu § 15 des Entwurfes: „Die Rückforderung findet nicht statt, wenn der Geber den Eintritt des vorausgesetzten Ereignisses widerrechtlich vereitelt hat oder wenn das vorausgesetzte Ereigniß in einer dem Empfänger auferlegten Leistung bestand und diese ohne sein Verschulden unmöglich geworden ist oder wenn das vorausgesetzte Ereigniß von I P r o t ! 1543 Anfang an | thatsächlich unmöglich und dies dem Geber bekannt gewesen ist." war beantragt:
TE-OR (Nr 10)
§15
Windscheid (Nr 244)
1. statt dessen zu bestimmen : „Das Rückforderungsrecht findet nicht statt, wenn der Geber die Erfüllung der Voraussetzung in einer dem Sinne des Rechtsgeschäfts zuwiderlaufenden Weise vereitelt hat oder wenn die Voraussetzung auf eine von dem Empfänger vorzunehmende Handlung ging und diesem die Vornahme der Handlung ohne seine Schuld unmöglich geworden ist."
Planck (Nr 246, 2)
2. den § 15 dahin zu fassen: „Die Rückforderung findet nicht statt, wenn der Geber die Erfüllung der Voraussetzung in einer dem Sinne des Rechtsgeschäfts zuwiderlaufenden Weise vereitelt hat oder wenn die Voraussetzung auf etwas Unmögliches ging und dies dem Geber bekannt war, es sei denn, daß die Unmöglichkeit später wegfallen konnte und mit Rücksicht hierauf die Voraussetzung gemacht war." Eventuell war folgender Zusatz beantragt: „Die Rückforderung ist ferner im Zweifel ausgeschlossen, wenn die vorausgesetzte Thatsache in einer dem Empfänger auferlegten Leistung bestand und diese,
5
Vgl. § 72 E I (im Gesetz gestrichen).
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ohne daß ihm eine Fahrlässigkeit zur Last fällt, unmöglich geworden ist:" (Vgl. Protokolle S. 297 6 ). Beschlossen wurde, die im § 15 behandelten Fälle gesondert zu erledigen. Zum ersten Falle. Die auf den ersten Fall sich beziehende Bestimmung blieb in sachlicher Beziehung unbeanstandet. Die Fassung betreffend, so gab man der in den Anträgen Ν 2 1 und 2 vorgeschlagenen: I „ — wenn der Geber die Erfüllung der Voraussetzung in einer dem Sinne des | Prot 11544 Rechtsgeschäfts zuwiderlaufenden Weise vereitelt hat" vor der des Entwurfes: „ — wenn der Geber den Eintritt des vorausgesetzten Ereignisses widerrechtlich vereitelt hat," den Vorzug. Erwogen war: 1. Es sei nothwendig, auch in diesem Paragraphen — ähnlich wie in dem vorhergehenden — von Erfüllung der Leistung zu reden. 2. Die Anträge Ν 2 1 und 2 folgten im Uebrigen dem § 115 der Zusammenstellung der auf den Allgemeinen Theil sich beziehenden Beschlüsse (Protokoll vom 6. Januar 1882, S. 297, 298) 7 und nicht zu leugnen sei, daß die Aehnlichkeit der betreffenden Fälle zu einer gleichen Ausdrucksweise Grund und Anlaß gebe, zumal der Ausdruck des Entwurfs: „widerrechtlich" eine unrichtige Auslegung hervorzurufen drohe. Auch das in den Anträgen sich findende Wort: „Rechtsgeschäft" erscheine unbedenklich. Die Leistung mit der Voraussetzung werde stets und immer ein Rechtsgeschäft ergeben oder die Voraussetzungserklärung für sich allein als ein solches erscheinen. b) 160. Sitzung vom 8. 1. 1883, Schriftführer
Neubauer
I Die Berathung wandte sich zu dem in § 15 des Entwurfes von der Regel des |Proti 1547 § 14 ausgenommenen zweiten Falle (vgl. Protokolle S. 1542, 1543). Die Mehrheit entschied für die Streichung dieser Ausnahme. Für den Beschluß war die Erwägung maßgebend : Nach der Regel des § 14 sei in dem Fragefalle die condictio ob rem begründet. Wenn die Regel gleichwohl von der Anwendung ausgeschlossen bleiben solle, so müßten für eine solche Ausnahmebestimmung besondere Gründe bestehen. Derartige Gründe seien aber nicht vorhanden. In dem Zufalle, welcher bewirke, daß die Voraussetzung sich nicht erfülle, könne einleuchtend ein entscheidender Grund nicht gefunden werden. Eine die condictio ob rem begründende Vereitelung der Voraussetzung beruhe ja weitaus in der Regel auf Zufall. Ebensowenig könne der Umstand entscheiden, daß die Voraussetzung in einer dem Empfänger auferlegten Leistung bestehe. Hierauf würde allenfalls nur dann Gewicht gelegt werden können, wenn in Vertragsfällen nach den allgemeinen Grundsätzen der Vertragstheil, dessen Leistung durch Zufall unmöglich geworden sei, das Recht auf die vertragsmäßige Gegenleistung behalte. In der letzteren Beziehung sei | aber für das Gesetz- | Prot 11548 buch das Gegentheil beschlossen (Beschlüsse vom 9. und 11. Oktober 1882, Protokolle S. 1154ff. 8 , Zusammenstellung der Beschlüsse § 189). Endlich komme in Be6 Vgl. Quellen zu § 162 BGB. 7 Vgl. Fn. 6.
8 Jakobs/Schubert, a.a.O., S. 210f. 803
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
tracht, daß die Aufnahme einer ähnlichen Bestimmung, wie sie der Entwurf enthalte, für den Fall, wenn die Leistung nicht als Voraussetzung, sondern als Bedingung bezeichnet worden, abgelehnt sei (Protokolle S. 2979). Von selbst verstehe sich, daß der obige Beschluß nicht hindere, für die sub modo erfolgte Schenkung .oder letztwillige Zuwendung eine dem Entwürfe entsprechende Vorschrift aufzunehmen. Es wurde zur Berathung des in dem § 15 enthaltenen dritten Ausnahme/alles übergegangen. Es war der neue Antrag gestellt, die Vorschrift des Entwurfs durch die Bestimmung zu ersetzen : „Die Rückforderung tritt auch ein, wenn der Eintritt der Voraussetzung von Anfang an unmöglich war, ausgenommen, wenn der Geber mit Kenntniß der Unmöglichkeit schenkungsweise geleistet hat." Bei der Diskussion zeigte sich zunächst eine Verschiedenheit der Ansichten darüber, wie der zur Erörterung stehende Fall, wenn nämlich die Erfüllung der Voraussetzung von Anfang an unmöglich und die Unmöglichkeit dem Geber bekannt gewesen ist, zu beurtheilen sein würde, sofern das Gesetz keine besondere Bestimmung enthalte. Die eine Meinung ging dahin: die Regel des § 14 würde alsdann keine Anwendung finden dürfen und die Rückforderung ausgeschlossen sein, weil die Leistung unter einer ernstlich oder wirklich gewollten Voraussetzung gar nicht geschehen sein könne. Die andere Meinung war: der Fall sei ähnlich zu beurtheilen, wie der S. 300 der Protokolle 10 erörterte, wenn unter einer unmöglichen Suspensiv- oder IProti 1549 unter einer nothwendigen Resolutivbedingung geleistet sei, woraus | sich die Zuläßigkeit der sofortigen Rückforderung ergebe. Nach einer dritten, in dem obigen Antrage zum Ausdruck gelangten Ansicht wäre die zweite Ansicht als die Regel anzuerkennen, die nur eine Ausnahme erleiden müßte, sofern die konkreten Umstände die Annahme einer Schenkungsabsicht des Gebers zu rechtfertigen vermöchten. Man erachtete es bei diesem Widerstreite der Ansichten und weiter im Hinblicke auf die angenommene Vorschrift im zweiten Satze des § 1 des Entwurfs für nöthig, im Gesetze zu entscheiden, ob in dem erwähnten Falle die Rückforderung nicht zulässig oder ob sie zulässig sei, vorbehaltlich der Ausnahme bei erhellender Schenkungsabsicht des Gebers. Die Mehrheit entschied nach Ablehnung der zweiten Alternative für die erste Alternative, indem sie davon ausging: Da eine bloße Voraussetzung, nicht eine Bedingung, in Frage stehe, so liege es weit näher, nur die Voraussetzung als nicht ernstlich oder wirklich gewollt zu betrachten, folglich als nicht erklärt anzusehen, zumal ohnehin meist die Annahme einer verschleierten Schenkung sich rechtfertigen werde. Bei der Beschlußfaßung war zunächst nur der Fall der thatsächlichen Unmöglichkeit ins Auge gefaßt. Man überzeugte sich sodann, daß kein Grund obwalte, die juristische Unmöglichkeit anders wie die thatsächliche zu beurtheilen, beschloß daher, im Einklänge mit dem Antrage N- 2 (Protokolle S. 1543) und entgegen § 15 des Entwurfs, die beschlossene Bestimmung nicht auf die thatsächliche Unmöglichkeit zu beschränken. Nach den Motiven ist auch nicht beabsichtigt, bei der juristischen Unmöglichkeit die Rückforderung schlechthin zuzulassen (vgl. Motive S. 83). Ihre Gleichstellung mit der thatsächlichen Unmöglichkeit ist nur wegen der Fälle, in IProti 1550 welchen | die spätere Aenderung des geltenden Rechts gewürdigt war, für bedenklich erachtet. Diesem Bedenken sucht der Antrag N2 2 durch eine besondere, übrigens auf beide Arten der Unmöglichkeit sich beziehende Vorschrift abzuhelfen. » Vgl. Fn. 6. 10 Vgl. Quellen zu § 137 E I (im BGB entfallen).
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24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§ 812 — 822
Die Mehrheit war aber der Ansicht, daß eine solche Bestimmung in Ansehung der thatsächlichen Unmöglichkeit ungeachtet des Beschlusses vom 27. März 1882 (Protokolle S. 565ff., Zusammenstellung der Beschlüsse § 34) u , da eine nicht dauernde thatsächliche Unmöglichkeit eine solche nicht sei, unzutreffend, aber auch in Ansehung der juristischen Unmöglichkeit wegen Seltenheit der in Betracht kommenden Fälle und weil die richtige Beurtheilung des Einzelfalles von den Umständen und der Erforschung des Parteiwillens abhänge, mindestens kein Bedürfniß sei. Die Bestimmung wurde daher abgelehnt. c) 165. Sitzung vom 17. 1. 1883, Schriftführer Neubauer I Es war von einer Seite beantragt, hinter den Beschlüssen zu §§ 14 und 15 des Entwurfes eine Bestimmung aufzunehmen: „In gleicher Weise kann zurückgefordert werden, was unter der ausdrücklich oder stillschweigend erklärten Voraussetzung einer vergangenen oder gegenwärtigen Thatsache geleistet worden ist, wenn die Voraussetzung sich nicht bewährt. Die zu § 14 (unter II Protokolle S. 1538, 1539) und zu § 15 dritter Fall (Protokolle S. 1548 — 1550) beschlösse-I nen Ausnahmen finden entsprechende Anwendung. Die Verpflichtung des Empfängers bestimmt sich nach den Beschlüssen zu §§ 1, 5, 6, 12 des Entwurfes." (Vorbehalten die Erwägung, ob, wenn eine Vorschrift dieses Inhalts angenommen werden sollte, sie nicht in die vorhergehenden §§ einzufügen wäre). Die Mehrheit erklärte sich auch gegen diesen Antrag. Erwogen war: Es lasse sich nicht leugnen, daß die Konsequenz der über die condictio ob rem gefaßten Beschlüsse die Annahme des Vorschlags zu gebieten scheine. Wenn die Kondiktion gestattet werde, sofern in Voraussetzung eines künftigen, nicht eingetretenen Umstandes geleistet sei, so dürfe dieselbe anscheinend nicht ohne Inkonsequenz versagt werden, sofern in unrichtiger Voraussetzung eines der Vergangenheit oder Gegenwart angehörenden Umstandes die Leistung erfolgt sei. Und doch müsse der Gesetzgeber zwischen beiden Fällen unterscheiden, nicht allein in Rücksicht auf das geltende Recht, und zwar auch das gemeine Recht, welches nach der vorherrschenden Auffassung den Unterschied gleichfalls anerkenne, sondern auch wegen eines anderen inneren Grundes. Werde die Kondiktion wegen irriger Voraussetzung eines der Vergangenheit oder Gegenwart angehörenden Umstandes gestattet, so sei eine große Rechtsunsicherheit die unausbleibliche Folge. Die Zulassung der Kondiktion müsse in der Praxis dahin führen, daß eine große Zahl von Verträgen wegen bloßen Irrthums in den Motiven | und auf Grund der sogenannten tacita clausula rebus sie stantibus angefochten und für unwirksam erklärt würde. Bleibe die Kondiktion auf die Fälle beschränkt, in welchen der vorausgesetzte Umstand der Zukunft angehöre, und die Leistung als eine solche sich darstelle, die erklärtermaßen zur Erreichung eines Zwecks erfolgt sei, so brauchten, wie die Erfahrung lehre, ähnliche Besorgnisse nicht gehegt zu werden. Es möchten immerhin wichtige Gründe dafür sprechen, auch in den letzteren Fällen die Kondiktion nicht zu gestatten, diese vielmehr nur zuzulaßen, wenn zur Erreichung eines nicht erreichten rechtlichen Erfolges geleistet sei, im Uebrigen sich dabei zu beruhigen, daß nicht ausgeschlossen sei, je nach "I Jakobs/Schubert, a.a.O.. S. 380ff.
805
| Prot 11595 Windscheid (Nr 253)
| Prot 11596
| Prot 11597
§§812-822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
den Umständen, in der Voraussetzung nicht eine sogenannte unentwickelte, sondern eine wahre Bedingung zu finden, bei welcher Unterstellung sich das Sachgemäße von selbst ergebe. Eine solche Regelung und Vereinfachung des Gesetzes würde der vorgeschlagenen Ausdehnung noch vorzuziehen sein. Indessen bleibe es, zumal in Rücksicht auf das geltende Recht, bedenklich und sei es andererseits auch aus Gründen einer gewissen juristischen Konsequenz (welche Gründe den Gesetzgeber nicht zu fesseln vermöchten) keineswegs nöthig, die condictio ob rem wegen Nichteintritts eines künftigen Ereignisses abzuschaffen. Von selbst verstehe sich, daß dieser Standpunkt nicht hindere, in einzelnen Fällen, ζ. B. in den Vorschriften über die Anfechtung eines Vergleichs oder Anerkenntnisses der irrigen Voraussetzung eines der Vergangenheit oder der Gegenwart angehörenden Umstandes eine I Prot 1 1598 besondere Bedeutung beizulegen. | Die Mehrheit lehnte demzufolge auch den nachträglichen Antrag ab, von Neuem zu prüfen, ob in der zum § 14 beschlossenen Vorschrift von der Voraussetzung eines künftigen positiven oder negativen Ereignisses besser zu schweigen sei. II. 1. Die beschlossene Regelung lautet in der RedVorl.: II. Rückforderung wegen Nichteintritts eines rechtlichen Erfolges oder eines künftigen Ereignisses. § 267 (14). Wer unter der ausdrücklich oder stillschweigend erklärten Voraussetzung eines rechtlichen Erfolges oder des Eintritts oder Nichteintritts eines Ereignisses eine Leistung bewirkt hat, kann, wenn die Voraussetzung sich nicht erfüllt, von dem Empfänger das Geleistete zurückfordern. (NB. Wird nicht die Fassung des S 262 für die Fassung des § 267 zur Richtschnur dienen müssen?). RedVorl § 268 (SS 14, 15). Die Rückforderung ist ausgeschlossen: §268 1. wenn die Voraussetzung, unter welcher geleistet worden, von der Art ist, daß durch die Leistung gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen wurde; 2. wenn der Geber die Erfüllung der Voraussetzung in einer dem Inhalte (Sinne) des Rechtsgeschäfts zuwiderlaufenden Weise vereitelt hat; 3. wenn die Erfüllung der Voraussetzung unmöglich und die Unmöglichkeit dem Geber bekannt gewesen ist. (NB. a. Im § 262 heißt es ebenfalls „ausgeschlossen", und nicht: „findet nicht statt." b. Das Wort „Geber" hat wohl kein Bedenken, obwohl in SS 262 und 266 das Wort „Leistende" gebraucht ist. c. Zu vergi. S 115 des Allg. Theils wegen „Sinn" und „Inhalt".) RedVorl S 267
2. Fassung der Regelung in der ZustOR: II. Rückforderung wegen Eintritts oder Nichteintritts eines künftigen Ereignisses oder eines rechtlichen Erfolges. ZustOR §267
S 267. Wer unter der ausdrücklich oder stillschweigend erklärten Voraussetzung des Eintritts 12 oder Nichteintritts eines künftigen"' Ereignisses oder eines rechtlichen Erfolges eine Leistung bewirkt hat, kann, wenn die Vorausetzung sich nicht erfüllt, von dem Empfänger das Geleistete zurückfordern. 12
Im KE heißt es „Eintrittes", im folgenden „Nichteintrittes".
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24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
812-822
* [Das Wort „künftigen" ist von Seiten der Kommission für selbstverständlich erachtet (S. 1541); der Redaktionsausschuß glaubt aber, dasselbe diene zur Verdeutlichung, zumal es für die Ueberschrift nicht abgelehnt sei.] § 268. Die Rückforderung ist ausgeschlossen: ZustOR 1. wenn die Voraussetzung, unter welcher geleistet worden, von der Art ist, daß § 2 6 8 durch die Leistung gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen würde; 2. wenn der Geber die Erfüllung der Voraussetzung in einer dem Inhalte (Sinne)13"des Rechtsgeschäfts 14 zuwiderlaufenden Weise vereitelt hat; 3. wenn die Erfüllung der Voraussetzung von Anfang an unmöglich und die Unmöglichkeit dem Geber bekannt gewesen ist. 3. Die Note zu § 267 ZustOR wurde gestrichen; das Wort „künftigen" eingefügt (Prot. I, S. 3277). 4. In § 268 Ziffer 2 ZustOR wurde das Wort: „(Sinne)" gestrichen (Prot. I, S. 3275). III. 1. Bis auf die genannten Änderungen stimmen die §§ 736, 737 KE mit den §§ 267, 268 ZustOR überein. 2. Zu § 737 KE lagen die Anträge vor: 11. die Ziffer 3 zu fassen : „wenn zur Zeit der Leistung die Erfüllung der Voraus- I Proti 11889 Kurlbaum setzung unmöglich und pp." (NB. „von Anfang an" scheint eher auf die Unmöglichkeit zu einer früheren Zeit (Nr 601,20) zu verweisen, trifft auch nicht den Zeitpunkt der Kenntniß.) 2. Ziffer 1 zu fassen: Gebhard „von der Art ist, daß von dem Geber durch die Leistung gegen die guten Sitten (Nr 622, 4) oder die öffentliche Ordnung verstoßen worden ist" (zu „von dem Geber" vgl. § 678 Abs. 3, 741 Abs. 1 und 3; Prot. S. 1537, 1539). 3. Ziffer 2 statt „vereitelt hat" zu setzen „verhindert hat" (vgl. § 137)15. Die Anträge zu 2 und 3 wurden genehmigt. In Erledigung des Antrages zu 1 wurde beschlossen, die Ziffer 3 zu fassen: wenn von Anfang an die Erfüllung der Voraussetzung unmöglich und . ..
Gebhard (Nr 622, 5)
IV. Damit liegen die §§ 742, 743 E I vor (vgl. oben S. 759). Quellen zu § 744 E I (§ 269 ZustOR; § 738 KE) I. a) 160. Sitzung vom 8. 1. 1883, Schriftführer Neubauer IZu § 16 des Entwurfes: |ProtI1550 „Die Verbindlichkeit des Empfängers zur Erstattung des Geleisteten ist nach den Vorschriften der §§ 5, 6, 8 bis 12 zu beurtheilen." lagen die Anträge vor: 13
In der ZustOR war hierzu angemerkt: Zu vergi. § 115 des Allg. Theils wegen „Sinn" und „Inhalt" [Zu § 115 Vgl. § 138 BGB.] — Im KE sind die Klammern einschließlich des eingeklammerten Wortes entfallen. 14 Im KE heißt es „Rechtsgeschäftes". 'S Vgl. Quellen zu § 162 BGB. 807
§ § 812 — 822 Windscheid (Nr 244)
Planck (Nr 246, 3) IProti 1551
Kurlbaum (Nr 247)
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
1. statt dessen zu bestimmen: „Die Verpflichtung des Empfängers zur Erstattung des Empfangenen bestimmt sich nach § χ (d. h. den Vorschriften über die Verhaftung des redlichen Empfängers eines indebitum), mit der Maßgabe, daß der Empfänger auf Schadensersatz haftet, wenn er sich vorsätzlicher Weise in die Unmöglichkeit der Erstattung versetzt hat. Hat der Empfänger beim Empfange gewußt, daß die Voraussetzung sich nicht erfüllen werde, so haftet er nach § y (d. h. den Vorschriften über die Verhaftung des unredlichen Empfängers eines indebitum)." 2. den § durch folgende Bestimmung zu ersetzen: | „Auf die Verbindlichkeit des Empfängers finden die Vorschriften der §§ 5, 6, 8 — 12 a (bezw. die als Ersatz dafür beantragten §§ b — d des in den früheren Protokollen mitgetheilten Antrags) mit folgenden näheren Bestimmungen entsprechende Anwendung. Wenn der Empfänger die Voraussetzung kannte, so wird er durch den Wegfall der Bereicherung nach Maßgabe des Beschlusses zu § 12 Absatz 2 nur dann befreit, wenn der Wegfall, ohne daß ihm dabei eine Fahrlässigkeit zur Last fällt, eingetreten ist. Als bösgläubiger Empfänger im Sinne des § 12 (§ a Satz 2) ist nur derjenige zu betrachten, der beim Empfange der Leistung wußte, daß die Voraussetzung nicht in Erfüllung gehen könne, sofern er nicht glaubte, daß auch der Leistende dies wisse. Die Vorschrift des § 12 a (vgl. den Antrag N 2 3 zu § 12, Protokolle S. 1529, 1530) findet auf den Empfänger von demjenigen Zeitpunkte an Anwendung, in welchem er von dem Wegfalle der Voraussetzung Kenntniß erhalten." 3. in § 16 nur zu bestimmen: „Die §§ 5, 6, 12 finden entsprechende Anwendung." Die Berathung ergab, daß in Betreff folgender Punkte Einverständniß bestand: 1. Ist der Empfänger bei dem Empfange in gutem Glauben gewesen, welcher nur ausgeschlossen ist, wenn der Empfänger bei dem Empfange von der Unerfüllbarkeit der Voraussetzung unterrichtet war und zugleich wußte, daß die Unerfüllbarkeit dem Geber unbekannt sei, und trifft ihn auch in Ansehung der Erhaltung und Verwahrung des Empfangenen beziehungsweise der Bereicherung kein Verschulden, so bestimmen sich beim Fehlschlagen der Voraussetzung seine Verpflichtungen nach den Vorschriften über die Verpflichtungen des gutgläubigen Empfängers einer Nichtschuld.
I Prot 1552
I 2. Ist dem Empfänger bei dem Empfange der Leistung bekannt gewesen, nicht allein, daß die Voraussetzung nicht in Erfüllung gehen könne, sondern auch, daß der Geber nicht hiervon unterrichtet sei, so haftet er aus einem zivilrechtlichen Delikte wie der bösgläubige Empfänger einer Nichtschuld wegen Schadensersatzes. 3. Wenn der Empfänger die zuvor erwähnte Kenntniß erst nach dem Empfange erlangt hat, so haftet er von diesem Zeitpunkte an in gleicher Art, wie der Empfänger einer Nichtschuld von dem Zeitpunkte an haftet, wo er erfährt, daß der Leistende eine Nichtschuld als wirkliche Schuld bezahlt hat. 4. Die Haftung unter N 2 3 trifft den Empfänger auch von dem Zeitpunkte an, wo er Kenntniß davon erlangt hat, daß die Voraussetzung sich nicht erfüllt habe. Man war der Ansicht, daß die Entscheidungen unter N 2 1, 2 und 3 den Beschlüssen über die Haftung des Empfängers bei der condictio indebiti sich paßend anschlössen und 808
24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§ 812-822
zu einem wesentlichen Bedenken in keinerlei Weise Anlaß böten, daß ein Gleiches aber auch von der Entscheidung unter N- 4 gelte. Eine Verschiedenheit der Ansichten zeigte sich aber hinsichtlich der Frage : ob und inwiefern der Empfänger verantwortlich sei, wenn er, solange noch unentschieden ist, ob die Voraussetzung sich erfüllen werde oder nicht, über das Empfangene oder dessen Ersatz verfügt oder bei der Verwahrung oder Erhaltung desselben vorsätzlich oder fahrlässigerweise gefehlt hat. Die Mehrheit entschied, daß den Empfänger in dieser Beziehung ebensowenig eine Verantwortung treffe, wie den Empfänger einer Nichtschuld. Erwogen war: Für die fragliche Verantwortung lasse sich geltend machen, der Empfänger müsse während der Schwebe- | zeit die Möglichkeit, daß die Vorausset- | Prot 11553 zung fehlschlagen werde, nicht außer Augen lassen. Er mache sich dem Geber gegenüber verantwortlich, wenn er sich über diese Möglichkeit hinwegsetze. Wieweit seine Verantwortlichkeit reiche, ob er nur für Vorsatz oder auch für grobe Fahrlässigkeit oder sogar für jede Fahrlässigkeit hafte, darüber könne man verschiedener Ansicht sein, indessen darauf komme es bei der Feststellung des Prinzips zunächst nicht an. Allein jener Grund erscheine doch, wie eine nähere Betrachtung lehre, nicht als durchgreifend. Der Empfänger dürfe, solange er in gutem Glauben sich befinde, von der Annahme ausgehen, die Voraussetzung werde sich erfüllen; er dürfe daher auch gerade so wie der Empfänger einer Nichtschuld sich als nichtverantwortlichen Eigenthümer des Empfangenen betrachten und danach seine Handlungsweise einrichten. Die Leistung ob rem habe gerade das Charakteristische, daß nicht unter einer Bedingung geleistet, die Rückleistung auch nicht ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart erscheine, daß den Betheiligten vielmehr die Möglichkeit des Fehlschlagens der Voraussetzung nicht in das volle Bewußtsein getreten und von ihnen nicht besonders gewürdigt sei. Dieser Eigenthümlichkeit entspreche es, den Empfänger in der fraglichen Rücksicht nicht ungünstiger zu stellen, wie den Empfänger einer Nichtschuld. Nur wenn der Empfänger arglistiger Weise, bloß um den Geber um seine eventuellen Rechte zu bringen, über das Empfangene verfügt habe, werde er aus der Arglist haften, was aber nicht besonders bestimmt zu werden brauche. Die entgegenstehende Auffaßung würde dazu nöthigen, die vorliegende Kondiktion ganz anders zu behandeln, als der Entwurf sie betrachte und auch in den vorliegenden Anträgen geschehen sei. Es würde nichts übrig bleiben, als dem Empfänger die den allgemeinen Regeln folgende Verpflichtung (ex lege) aufzuerlegen, das Empfangene zurück-1 zugeben. Dieser Standpunkt werde aber dem in der | Prot 11554 Mehrzahl der modernen Kodifikationen sich aussprechenden praktischen Bedürfnisse und der regelmäßigen Parteiintention in keiner Weise gerecht. Durch den obigen Beschluß und die demselben vorausgeschickten, auf Einverständniß beruhenden Entscheidungen galten der Entwurf und die Anträge für erledigt. Die Fassung der in das Gestzbuch aufzunehmenden Vorschriften blieb der Redaktion vorbehalten. Zu § 17 des Entwurfes: „Hat der Empfänger, weil ihm eine bestimmte Art der Verwendung des Empfan genen oder eine Leistung zur Pflicht gemacht war, Etwas aufgewendet oder gelei stet, so ist derselbe berechtigt, Ersatz des Aufgewendeten oder Geleisteten zu for . dern oder den Betrag desselben von dem Empfangenen in Abzug zu bringen." war von mehreren Seiten die Streichung der Vorschrift beantragt. Die Mehrheit beschloß die Streichung des § 17, weil dessen Inhalt selbstverständ 809
TE-OR (Nr 10) § 17 Windscheid (Nr 244) Planck (Nr 246, 4)
§ § 812 —822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
lieh sei und überdies in Folge der Bestimmung über die Verpflichtung des Empfängers, nur die Bereicherung herauszugeben, für die meisten und wichtigsten Fälle bedeutungslos erscheine. Zur Sprache kam, daß, solange der Empfänger in gutem Glauben sich befinde, er nach dem Prinzipe, wonach er nur die Bereicherung zu erstatten habe, Verwendungen aller Art, also auch die voluptuariae, in Abzug bringen dürfe. b) 161. Sitzung vom 10. 1.1883, Schriftführer Neubauer IProti 1555
| Die Berathung des Theilentwurfes des Obligationenrechts (N 2 10), betreffend Schuldverhältnisse aus ungerechtfertigter Bereicherung wurde fortgesetzt. In Ergänzung der zu den §§ 14—17 des Entwurfs gefaßten Beschlüsse einigte man sich zunächst dahin, daß — zumal in Rücksicht auf die zum § 14 nach dem Sitzungsprotokolle vom 5. Januar 1883 unter I beschlossene Vorschrift (vgl. S. 14871) — kein Bedürfniß vorliege, über den modus besondere Bestimmungen aufzunehmen (Zu vgl. außerdem Sitzungs-Protokolle S. 277 und 15482). Sodann war die Mehrheit der Ansicht: es sei weder nöthig, noch angemessen, im Gesetze zu entscheiden, wie es bei der condictio ob rem mit der Beweislast sich verhalte, die Entscheidung vielmehr, in Ermangelung zureichender Gründe für ein legislatives Eingreifen der Wissenschaft zu überlassen. Ob die in den Motiven (S. 66 ff.) in Betreff der Beweislast entwickelte, von einer Seite bekämpfte Ansicht Billigung verdiene, glaubte man demzufolge dahingestellt sein lassen zu dürfen.
RedVorl § 269
§ 269 (§ 16). Auf die Verpflichtungen des Empfängers zur Herausgabe des Empfangenen finden die Vorschriften der §§ 262, 264, 265, sowie, wenn nur dem Empfänger bei dem Empfange der Leistung bekannt gewesen ist, daß die Voraussetzung nicht in Erfüllung gehen könne, die Vorschrift § 266 Abs. 1, und wenn der Empfänger erst nach dem Empfange diese Kenntniß erlangt hat oder davon unterrichtet wird, daß die Voraussetzung sich nicht erfüllt habe, die Vorschrift § 266 Abs. 2 entsprechende Anwendung. (NB. Der Beschluß ging dahin: „Ist dem Empfänger bei dem Empfange bekannt gewesen, nicht allein, daß die Voraussetzung nicht in Erfüllung gehen könne, sondern auch, daß der Geber hiervon nicht unterrichtet sei". Die Breite ist überflüssig und störend. Zu vergi, zum § 266.)
ZustOR S 269
2. Fassung der Regelung in der ZustOR: § 269. Auf die Verpflichtungen des Empfängers zur Herausgabe des Geleisteten finden die Vorschriften der §§ 264, 265, sowie, wenn dem Empfänger bei dem Empfange der Leistung bekannt gewesen ist, daß die Voraussetzung nicht in Erfüllung gehen könne und daß der Geber hiervon nicht unterrichtet sei, die Vorschrift § 266 Abs. 1 und wenn der Empfänger erst nach dem Empfange diese Kenntniß erlangt hat, oder davon unterrichtet wird, daß die Voraussetzung sich nicht erfüllt habe, die Vorschrift des § 266 Abs. 2 entsprechende Anwendung.
II. 1. Die beschlossene Regelung lautet in der RedVorl:
2. Zur Ergänzung der Allegate vgl. Quellen zu § 737 E I unter II. 3. 3. Auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 IV, Ziff. 50) wurde beschlossen, in § 738 KE (1. Fassung) hinter „Vorschriften" einzufügen „des § 731 Abs. 2 und" (Prot. I, S. 3557, 3561). ι Oben S. 762. 2 Vgl. Quellen zu §§ 742, 743 E I und zu §§ 158 ff. BGB.
810
24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§ 812-822
III. 1. Die Regelung lautet im KE: § 738. Auf die Verpflichtungen des Empfängers zur Herausgabe des Geleisteten KE § 738 finden die Vorschriften des § 731 Abs. 2 und der §§ 733, 734 und außerdem, wenn dem Empfänger bei dem Empfange der Leistung bekannt gewesen ist, daß die Voraussetzung nicht in Erfüllung gehen könne, und daß der Geber hiervon nicht unterrichtet sei, die Vorschriften des § 735 Abs. 1 oder, wenn der Empfänger erst nach dem Empfange diese Kenntniß erlangt hat oder davon unterrichtet wird, daß die Voraussetzung sich nicht erfüllt habe, die Vorschrift des § 735 Abs. 2 entsprechende Anwendung. 2. Wegen der Änderung des Zitats im § 738 KE vgl. Prot. I, S. 6186 (Quellen zu S 737 E l u n t e r III, 2). 3. Wegen einer weiteren Änderung vgl. Prot. I, S. 11883 Materialien zu § 737 E I unter III, 3 c). IV. Damit liegt die Fassung des § 744 E I vor.
Quellen zu den §§ 745, 746 E I (§§ 270, 271 ZustOR; §§ 739, 740 KE) I. 162. Sitzung vom 12. 1. 1883, Schriftführer Neubauer. I Zu § 24 des Entwurfes: „Hat Jemand zur Erfüllung eines anfechtbaren Vertrages oder einseitigen Versprechens Etwas geleistet, so ist er, wenn nachher in Folge Anfechtung der Vertrag oder das Versprechen aufgehoben wird, das Geleistete von dem Empfänger zurückzufordern berechtigt." war beantragt: an Stelle der §§ 24 und 26 zu bestimmen : „Zurückgefordert kann werden, was aus einem Rechtsgrunde geleistet worden ist, welcher später weggefallen ist. Der Empfänger haftet nach § χ ( — d . h . den Vorschriften über die Verhaftung des redlichen Empfängers eines indebitum -)." Es war also der Antrag gestellt, den § 24 zu streichen. Die Streichung wurde genehmigt. Erwogen war: Der § 24 betreffe ausschließlich den Fall, wenn der obligatorische Vertrag nur der Anfechtung unterliege, der nachfolgende Erfüllungs- oder dingliche Vertrag dagegen, für sich betrachtet, weder nichtig noch anfechtbar sei. Erfülle in einem solchen Falle der Anfechtungsberechtigte durch Abschluß des dinglichen Vertrages den obligatorischen Vertrag, obschon er von dem Anfechtungsgrunde unterrichtet gewesen sei, so habe er durch die Erfüllung den obligatorischen Vertrag genehmigt und dieser dadurch rückwirkend volle Gültigkeit und Wirksamkeit erlangt, so daß eine Kondiktion schlechthin ausgeschlossen sei (zu vergleichen §105 der Zusammenstellung der auf den Allgemeinen Theil sich beziehenden Beschlüsse, Protokolle S. 270 —2721). Sei dem Anfechtungsberechtigten | zur kritisehen Zeit der Anfechtungsgrund unbekannt gewesen, so bleibe ihm selbstverständlich das Recht der Anfechtung des obligatorischen Vertrages; durch die Anfechtung komme der letztere zum Fall und dem Anfechtungsberechtigten stehe nunmehr die condictio ob rem oder ob causam finitam (§ 26 des Entwurfs) zu, wenn man nicht gar annehmen wolle, er sei überdies zur condictio indebiti berechtigt. Habe der Vgl. Quellen zu § 138 BGB.
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| Prot 11572 TE-OR S 24
Windscheid (Nr 244)
| Prot 11573
§§812-822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Empfängerdas Anfechtungsrecht ausgeübt, so habe der Geber zweifellos die condictio ob rem oder ob causam finitam. Die Entbehrlichkeit des § 24 lasse sich hiernach nicht bestreiten. Hieran Schloß sich eine Erörterung des Falls, wenn der obligatorische Vertrag nicht der Anfechtung unterliegt, sondern sich als nichtig darstellt. In den Motiven wird ausgeführt (S. 81), es könne alsdann, wenn der dingliche Vertrag nachgefolgt sei, das Geleistete nicht kondizirt werden, es sei denn, daß bei der Leistung (dem Abschlüsse des dinglichen Vertrages) die Nichtigkeit dem Geber unbekannt gewesen sei, in welchem Falle die condictio indebiti Platz greife. Einverständniß bestand, daß diese Ausführung richtig sei, sofern die Nichtigkeit des obligatorischen Vertrages durch den dinglichen Vertrag als geheilt anzusehen sei, wie ζ. B. in den Fällen der Nichtigkeit wegen Willensfehler oder Geschäftsunfähigkeit, wenn bei dem Abschlüsse des dinglichen Vertrages der Nichtigkeitsgrund nicht mehr vorgelegen habe, so daß in dem dinglichen Vertrage eine Bestätigung oder ein neuer Abschluß des obligatorischen Vertrages mit gewollter Rückwirkung sich finden lasse. Für die Fälle, in welchen die erwähnte Voraussetzung nicht zutrifft, ging die Mehrheit von der Ansicht aus : Die Nichtigkeit des obligatorischen Vertrages könne nur auf einer positiven Anordnung des Gesetzes beruhen, ζ. B. auf der Vorschrift einer besonderen Form. Es IProti 1574 sei | Aufgabe der Auslegung des konkreten Gesetzes, wie weit dessen Anordnung reiche, ob es nur den obligatorischen Vertrag oder zugleich auch den dinglichen Vertrag habe treffen wollen. Stehe im Wege der Auslegung fest, daß einzig und allein der obligatorische Vertrag habe für nichtig erklärt werden sollen, so lasse sich die Richtigkeit der Ausführung der Motive nicht bezweifeln, vorbehaltlich der selbstverständlichen Ausnahme, wenn das Gesetz die Kondiktion besonders gewähre oder die condictio ob rem gerechtfertigt sei. Ergebe sich das Gegentheil, so könne wegen Nichtigkeit des dinglichen Vertrages vindizirt und in zweiter Reihe nach § 27 kondizirt werden. Eine allgemeine Interpretationsregel lasse sich in der betreffenden Beziehung nicht aufstellen, wohl aber möge die Erörterung des Falles Anlaß geben, im Gesetzbuche bei den positiven Vorschriften, welche die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts androhen, keinen Zweifel zu lassen, ob nur das obligatorische oder zugleich das dingliche Rechtsgeschäft gemeint sei. Der Fall selbst sei in dem vorliegenden Abschnitte nach keiner Seite besonders hervorzuheben. Einverstanden war man, daß aus den in den Motiven (vgl. S. 76) enthaltenen Gründen das Reichsgesetz vom 24. Mai 1880, betreffend den Wucher (R.G.B1. S, 109) im Einführungsgesetze aufrecht zu erhalten und von einer Aenderung oder Ergänzung desselben abzusehen, daß es ferner nicht angezeigt sei, für die in dem Strafgesetzbuche § 302 vorgesehenen Handlungen ähnliche zivilrechtliche Bestimmungen zu treffen, wie sie das Wuchergesetz enthalte. TE-OR (Nr 10) S 25
Der § 25 des Entwurfs lautet: „Hat Jemand einem Anderen eines rechtlich unmöglichen Erfolges wegen Etwas geleistet, so ist er berechtigt, das Geleistete von dem Empfänger zurückzufordern." IProti 1575 | Es lag der Antrag vor, die Vorschrift zu streichen, und wurde die Streichung Windscheid beschlossen, weil der darin behandelte Fall, nach den zum § 14 des Entwurfs gefaß(Nr 244) t e n Beschlüssen nur ein Unterfall der condictio ob rem sei.
TE-OR (Nr 10) S 26
Zu § 26 des Entwurfs: „Hat Jemand einem Anderen aus einem vorübergehenden, nach der Leistung weggefallenen Rechtsgrunde oder aus einem nach der Leistung mit rückwirkender Kraft vernichteten Grunde Etwas geleistet, so ist der Geber berechtigt, Rückerstat812
24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§812-822
tung des Geleisteten von dem Empfänger zu fordern. Insbesondere ist Derjenige, welcher für eine ihm anvertraute und ihm abhanden gekommene Sache einem Anderen Schadensersatz geleistet hat, insoweit, als der Schaden später weggefallen ist, Rückerstattung zu fordern berechtigt." lag der schon zu §24 (S. 1572) mitgetheilte Antrag vor. Die Berathung des § wurde nicht zu Ende geführt. b) 163. Sitzung vom 15. 1. 1883, Schriftführer Neuhauer (nicht anwesend: Kurlbaum) I Die Berathung des Theilentwurfes des Obligationenrechts (N- 10), betreffend |Proti 1577 Schuldverhältnisse aus ungerechtfertigter Bereicherung wurde fortgesetzt, zunächst zu § 26. Sie führte zu folgenden Beschlüßen : 1. Die in dem § 26 behandelte condictio ob causam finitam soll nicht übergangen werden. Von einer Seite war zwar geltend gemacht, diese Kondiktion bilde nur einen Unterfall der condictio ob rem, weshalb sie als eine besondere condictio nicht anzuerkennen sei; bei ihr erscheine nämlich die Fortdauer oder der Nichtwegfall des Rechtsgrundes, aus welchem die Leistung erfolgt, als die Voraussetzung, unter welcher geleistet worden sei. Indeßen die Mehrheit hielt die Schlüssigkeit der vorstehenden Deduktion mindestens für zweifelhaft und bei der Wichtigkeit des Gegenstandes es daher für nöthig, die condictio ob causam finitam mit dem Entwürfe besonders hervorzuheben. 2. Die auf die condictio ob causam finitam sich beziehenden Vorschriften sollen wegen der nahen Verwandtschaft der vorliegenden Kondiktion mit der condictio indebiti, ob turpem causam, insbesondere aber | mit der condictio ob rem, da es sich |Prot 11578 bei allen diesen Kondiktionen um einen von dem Geber gewollten und seinem Willen gemäß eingetretenen Vermögenserwerb von Seiten des Empfängers handele, aus dem letzten Unterabschnitte entfernt werden und einen besonderen Unterabschnitt bilden, welcher dem jetzigen vorauszuschicken ist. 3. Im Einklänge mit dem (S. 1572 mitgetheilten) Antrage sollen die Erfordernisse der condictio ob causam finitam dahin bestimmt werden : „wenn aus einem Rechtsgrunde geleistet worden, welcher später weggefallen ist." Eine solche kurze Faßung erachtete man für genügend und nicht für erforderlich, mit dem § 26 des Entwurfs a) bei „Rechtsgrund" hinzuzufügen: „vorübergehenden", ein Zusatz, der nicht allein entbehrlich sei, sondern auch wegen der Möglichkeit seiner Beziehung auf die besonders erkennbar gewordene Beachtung von Seiten der Parteien irre leiten könne; b) die Fälle besonders zu erwähnen, wenn der Grund, aus welchem geleistet wurde, mit rückwirkender Kraft vernichtet oder nach Entschädigung wegen einer anvertrauten und abhanden gekommenen Sache die Nichterleidung eines Schadens später festgestellt ist. Die Mehrheit war der Ansicht, daß auf beide Fälle die Bestimmung paße: „wenn aus einem später weggefallenen Rechtsgrunde geleistet sei", demzufolge ihre besondere Hervorhebung überflüßig erscheine, die zweite Bestimmung überdies, sofern sie Aufnahme finden solle, wegen ihrer ungerechtfertigten Beschränkung auf anvertraute Sachen der Erweiterung bedürfen würde. 813
§§812-822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
4. Betreffend den Umfang der Haftung des Empfängers, so soll bestimmt werIProti 1579 den, der Empfänger hafte in gleicher Art, wie der gutgläubige Empfänger bei der | condictio indebiti, jedoch von der Zeit an, wo er erfahre, daß der Rechtsgrund weggefallen sei, wie der nachträglich in bösen Glauben versetzte Empfänger einer NichtSchuld von der Zeit an hafte, wo seine mala fides beginne. Die Ansicht, die Haftung des Empfängers müsse vollkommen dieselbe sein, wie bei der condictio ob rem, ingleichen die: die Haftung müße zwar so, wie bei der condictio ob rem, jedoch mit der Abweichung normirt werden, daß es, um die Verpflichtung des Empfängers zum vollen Schadensersatze ex delicto zu begründen, schon genüge, wenn er bei dem Empfange auch nur gewußt habe, daß der Rechtsgrund, aus welchem geleistet sei, wegfallen werde, gleichviel, ob ihm zugleich bekannt gewesen sei, daß der Geber nicht unterrichtet sei, hatte keine Billigung gefunden. Die Mehrheit hatte erwogen : Der Empfänger könne bei der condictio ob causam finitam nicht in bösem Glauben empfangen haben. So lange die causa nicht finita sei, sei der böse Glaube des Empfängers begriffsmäßig ausgeschlossen. Nur eine nachträglich eintretende mala fides erscheine denkbar, aber auch nur in der Weise, daß der Empfänger den inmittelst erfolgten Wegfall der causa erfahre. Das Eintreten einer solchen mala fides superveniens vermöge einleuchtend nicht anders zu wirken, wie die mala fides superveniens bei der condictio indebiti und bei der condictio ob rem; die Wirkungen eines Delikts könnten sich nicht daran knüpfen. Der Grundsatz, eine die Wirkungen eines Delikts erzeugende mala fides bei dem Empfange sei zu verneinen, verhindere nicht, den Empfänger, wenn diesem nach der sonstigen Beschaffenheit des Falls ein Delikt, insbesondere Zwang oder Betrug, zur Last zu legen sei, für die Folgen des Delikts, wie I Prot 1 1580 solche aus den allgemeinen Grundsätzen sich | ergäben, für haftbar zu erklären. Dies brauche, weil es selbstverständlich sei, nicht bestimmt zu werden. Es sei ausreichend, um die Bedenken zu widerlegen, welche gegen den Grundsatz erhoben würden. Dabei komme in Betracht, daß nach § 146 der Zusammenstellung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse (Protokolle vom 3. Juli, 1. und 4. September 1882, S. 969ff. 2 ) der Begriff des zivilrechtlichen Delikts weit gezogen sei. Wenn die Fälle der Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäfts zur Bekämpfung des Grundsatzes besonders betont würden, so verdienten dieselben keine besondere Berücksichtigung. Denn gerade bei ihnen lasse sich die als Delikt wirkende mala fides bei dem Empfange deshalb nicht annehmen, weil der Empfänger nicht wissen könne, ob von dem Anfechtungsrechte werde Gebrauch gemacht werden. Stehe dagegen ein vollstreckbarer Titel, insbesondere ein vollstreckbares Urtheil, welches nicht rechtskräftig sei oder nicht definitiv entschieden habe, oder aber ein später zur Aufhebung gelangtes rechtskräftiges Urtheil in Frage, so könne ebensowenig ein zureichender Grund gefunden werden, den Gläubiger, welcher in Ausübung seines formellen Rechts die Vollstreckung erwirkt, sofern nicht sein Verfahren schon nach allgemeinen Grundsätzen sich als ein Delikt qualifizire - und dies werde regelmäßig der Fall sein, wenn er in voller Kenntniß davon, daß der Titel aufgehoben werden müßte, vollstrecken lasse, — gleichwohl als Deliktsschuldner zu behandeln. In Ansehung der nicht rechtskräftigen oder nicht definitiven Urtheile werde außerdem nach der in den Motiven entwickelten Auffaßung besondere Vorsorge zu treffen sein, daß der Rückforderungsanspruch schon mit dem Empfange als rechtshängig geworden gelte. 2 Unten S. 875 ff.
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24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§812-822
Von einer Seite wurde nachträglich der Antrag | gestellt, zu bestimmen: | Prot 11581 „In Ansehung der Haftung des Empfängers finden die Vorschriften über die condictio ob rem entsprechende Anwendung." Die Mehrheit lehnte die erneute Prüfung der Frage ab. 5. Die Bestimmungen, nach welchen zufolge den zu den §§14 und 15 des Entwurfs gefaßten Beschlüssen die condictio ob rem in gewissen Fällen ausgeschlossen ist, sollen für die condictio ob causam finitam nicht besonders für anwendbar erklärt werden. Man war der Ansicht: Die betreffenden Fälle würden bei der condictio ob causam finitam sich kaum zutragen können, und, wenn es anders sei, werde die Lücke im Wege der Rechts- und Gesetzes-Analogie ihre Ergänzung finden. Zur Erörterung gelangte, ob nicht in Beziehung auf die Vorschriften der Civilprozeßordnung über die im Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 561, 562, 563)3, und über die unter Vorbehalt der Rechte (§§ 502, 503)4, sowie über die auf die Klage nach Verweisung der Kompensationseinrede zum besonderen Verfahren (§§ 136, 274, 491)5 erlassenen kondemnatorischen Urtheile, so wie über die vorläufig vollstreckbaren Urtheile (§§644, 648 ff., 655)6 eine besondere Bestimmung an dieser Stelle des Gesetzbuchs aufzunehmen sei. Darüber bestand kein Zweifel, daß es sich in den betreffenden Fällen nur um die condictio ob causam finitam handele, daß ferner die einschlagenden Bestimmungen der Prozeßordnung keine Auskunft darüber gäben, inwiefern der Empfänger eintretenden Falls zugleich wegen Zinsen, Nutzungen, Verschlimmerungen und Untergangs haftbar sei, also in dieser Hinsicht in den Vorschriften des bürgerlichen Gesetzbuchs künftig ihre Ergänzung finden würden. Einverständniß bestand sodann, daß die Auffassung der Motive (S. 85ff.) Billigung verdiene: in allen jenen | Fällen sei, weil nach den Vorschriften |Prot 11582 der Civilprozeßordnung die Rechtshängigkeit des Hauptanspruchs fortdauere, auch der Rückforderungsanspruch sofort mit der Leistung als rechtshängig geworden zu betrachten. Allein man bezweifelte, daß dies zur Genüge aus der Prozeßordnung hervorgehe und erachtete deshalb eine jene Auffaßung anerkennende Bestimmung an der vorliegenden Stelle des Gesetzbuchs für nothwendig. Die Faßung der Bestimmung blieb der Redaktion vorbehalten. Endlich bestand Einverständniß in Betreff folgender Punkte : 1. In den erwähnten Fällen der Civilprozeßordnung ist die freiwillige Erfüllung der erzwungenen gleichzustellen und die Annahme, bei freiwilliger Erfüllung greife nur die condictio indebiti Platz, unhaltbar. 2. Ist von einer Verwaltungsbehörde in den Fällen der Zuläßigkeit der Administrativexekution die Erfüllung einer Leistung erzwungen, die nicht geschuldet war, so ist, an und für sich und von besonderen Verhältnissen abgesehen, die condictio ob causam finitam und nicht die ex injusta causa oder eine Deliktsklage auf Schadensersatz begründet. 3. Wird aus einem sonstigen vollstreckbaren Titel geleistet, so findet im Falle der freiwilligen Leistung die condictio indebiti, im Falle der erzwungenen Leistung die condictio ob causam finitam statt. 4. Ist aus einem rechtskräftigen Urtheil geleistet, welches später aufgehoben wird, so ist die condictio ob causam finitam begründet, indeßen dergestalt, daß der 3 Vgl. SS 598, 599, 600 ZPO. t Vgl. SS 540 f. ZPO. 5 Vgl. SS 145, 302, 529 ZPO. * Vgl. SS 704, 708 ff., 717 ZPO.
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§§812-822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Rückforderungsanspruch nicht schon mit dem Zeitpunkte der Leistung als rechtshängig geworden gelten kann. Man erachtete es nicht für nöthig, über den einen oder anderen dieser Punkte in das Gesetzbuch eine Bestimmung aufzunehmen.
RedVorl § 270
RedVorl § 271
II. 1. Fassung der Regelung in der RedVorl: § 270 (§§ 26, 28). Wer eine Leistung aus einem Rechtsgrunde bewirkt hat, welcher später weggefallen ist, kann von dem Empfänger das Geleistete zurückfordern. Auf die Verpflichtung des Empfängers zur Herausgabe des Geleisteten finden die Vorschriften § 262 Abs. 2, §§ 264, 265 und von der Zeit an, wo derselbe erfährt, daß der Rechtsgrund weggefallen sei, die Vorschrift § 266 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Die Verpflichtung zum Schadensersatz aus unerlaubter Handlung bleibt unberührt. § 271 (§ 26). Ist auf Grund eines im Urkunden- oder Wechselprozeß, eines unter Vorbehalt der Rechte oder auf die Klage ohne Entscheidung über die Einrede oder Aufrechnung ergangenen Unheils oder auf Grund eines vorläufig vollstreckbaren Urtheils eine Leistung bewirkt, so ist, wenn das Urtheil aufgehoben wird, der Rückforderungsanspruch schon mit dem Zeitpunkt der Leistung als rechtshängig geworden anzusehen. (NB. Die entsprechenden Vorschriften der Proz.Ord. 7 a. Vorbehalt der Rechte §§ 502, 503, b. Urkunden- und Wechselprozeß §§ 562, 563, c. Kompensationseinrede §§ 136, 274, 491, d. Vorläufige Vollstreckbarkeit §§ 644, 648 u. f., 655.) 2. In der ZustOR lautet die Regelung: III. Rückforderung wegen weggefallenen Rechtsgrundes.
ZustOR § 270
§ 270. Wer eine Leistung aus einem Rechtsgrunde bewirkt hat, welcher später weggefallen ist, kann von dem Empfänger das Geleistete zurückfordern. Auf die Verpflichtung des Empfängers zur Herausgabe des Geleisteten finden die Vorschriften § 264, 265 und von der Zeit an, wo derselbe erfährt, daß der Rechtsgrund weggefallen sei, die Vorschrift § 266 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Die Verpflichtung zum Schadensersatz aus unerlaubter Handlung bleibt unberührt.
ZustOR § 271
§ 271. Ist auf Grund eines im Urkunden- oder Wechselprozeß unter Vorbehalt der Rechte oder eines in der Berufungsinstanz unter Vorbehalt der Geltendmachung von Verteidigungsmitteln oder eines nach getrennter Verhandlung auf die Klage ohne Entscheidung über die Einrede der Aufrechnung ergangenen Urtheils oder auf Grund eines vorläufig vollstreckbaren Urtheils eine Leistung bewirkt, so ist, wenn das Urtheil aufgehoben wird, der Rückforderungsanspruch schon mit dem Zeitpunkt der Leistung als rechtshängig geworden anzusehen. 3. Zur Ergänzung der Allegate im § 270 ZustOR vgl. Quellen zu § 737 E I unter II. 3 (Prot. I, S. 3506, 3510). 4. Der Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 IV Ziff. 9), in § 739 Abs. 2 KE (1. Fassung), statt „der Zeit an, wo" zu setzen: „dem Zeitpunkte an, in welchem", wurde abgelehnt; doch sollte es heißen „¿»welcher" (Prot. I, S. 3553, 3560).
7 Vgl. oben Fn. 3 - 6 .
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24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§812-822
5. Ebenfalls auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 IV Ziff. 50) wurde in § 739 Abs. 2 KE (1. Fassung) hinter „Vorschriften" eingeschaltet: „des § 7 3 1 Absatz 2 und". Das zweite „und" wurde mit „sowie" vertauscht (Prot. I, S. 3557, 3561). 6. Aufgrund eines Antrages von Kurlbaum (Nr. 570 IV Ziff. 52) wurde beschlossen, den § 740 KE (1. Fassung) zu beginnen: „Ist eine Leistung . . . " und die Worte: „eine Leistung" an späterer Stelle zu streichen (Prot. I, S. 3557, 3561).
III. 1. Die beschlossene Regelung lautet im K E : § 739. Wer eine Leistung aus einem Rechtsgrunde bewirkt hat, welcher später KE § 739 weggefallen ist, kann von dem Empfänger das Geleistete zurückfordern. Auf die Verpflichtung des Empfängers zur Herausgabe des Geleisteten finden die Vorschriften des § 731 Abs. 2 und der §§ 733, 734, sowie von der Zeit an, in welcher derselbe erfährt, daß der Rechtsgrund weggefallen sei, die Vorschriften des § 735 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Die Verpflichtung zum Schadensersatze aus unerlaubter Handlung bleibt unberührt. § 740. Ist eine Leistung auf Grund eines im Urkunden- oder Wechselprozesse KE § 740 unter Vorbehalt der Rechte oder eines in der Berufungsinstanz unter Vorbehalt der Geltendmachung von Vertheidigungsmitteln oder eines nach getrennter Verhandlung auf die Klage ohne Entscheidung über die Einrede der Aufrechnung ergangenen Urtheils oder auf Grund eines vorläufig vollstreckbaren Unheils bewirkt, so ist, wenn das Urtheil aufgehoben wird, der Rückforderungsanspruch schon mit dem Zeitpunkte der Leistung als rechtshängig geworden anzusehen. 2. Das Zitat des § 731 Abs. 2 im § 739 KE wurde in das Zitat des § 731 Abs. 3 geändert (Prot. I, S. 6186 oben S. 771 f.). 3. Prot. I S. 6144: „Endlich war noch, anlangend den § 7 4 0 (K.E.), von einer Seite unter in Aussichtstellung eines besonderen Antrages, angeregt worden, daß, wenngleich der hier gebrauchte Ausdruck „Einrede" offensichtlich nur in prozessualem Sinne gemeint sei, es sich doch empfehlen werde, eine andere Ausdrucksweise zu wählen. Die Kommission hielt für angemessen, die Beschlußfassung über eine etwaige Aenderung der Fassung des § 740 vorzubehalten. 4. Von Kurlbaum lag der Antrag (Nr. 579, 7; Prot. I, S. 6203f.) vor, den § 740 KE zu fassen : „Ist eine Leistung — von Vertheidigungsmitteln ergangenen Urtheils oder auf Grund eines Urtheils, welches (nach getrennter Verhandlung auf die Klage) ohne Entscheidung über eine mittels Einrede geltend gemachte Gegenforderung ergangen ist, oder auf Grund eines vorläufig vollstreckbaren Urtheils bewirkt und das Urtheil aufgehoben worden, so ist der Rückforderungsanspruch p p . . " Hierzu heißt es im Prot. I, S. 6204, 6205: Unter Zurückziehung dieses Antrages schlug der Urheber desselben vor, dem § 740 folgende Fassung zu geben : „Ist eine Leistung auf Grund eines vorläufig vollstreckbaren Urtheils bewirkt und wird das Urtheil aufgehoben, so ist der Rückforderungsanspruch schon mit dem Zeitpunkte der Leistung als rechtshängig geworden anzusehen. — Das Gleiche gilt, wenn das Urtheil, auf Grund dessen die Leistung bewirkt wurde, im Urkunden- oder Wechselprozesse unter Vorbehalt der Rechte oder in der Berufungsinstanz unter Vorbehalt der Geltendmachung von Einwendungen oder nach Trennung der Verhandlungen über die Klage und über eine geltend gemachte Gegenforderung unter Vorbehalt der Entscheidung über die letztere ergangen ist und demnächst aufgehoben wird." — Dieser Vorschlag fand die Zustimmung der Kommission. 817
§ § 812 — 822
7. Abschnitt : Einzelne Schuldverhältnisse
5. Auf Antrag von Johow (Nr. 614, 13) wurde im § 739 Abs. 2 KE statt „sei" gesetzt: „ist" (Prot. I, S. 11883; unten S. 772). 6. Zu § 740 KE lagen folgende Anträge von Kurlbaum (Nr. 601, 21 vor) vor: a) Abs. 2 Z. 4 statt „Einwendungen" zu setzen „Vertheidigungsmitteln" (zu vergi. C.P.O. § 502). b) Abs. 2 Z. 5 statt „geltend gemachte" zu setzen „zur Aufrechnung gebrachte". c) in der letzten Zeile vor „aufgehoben wird" einzuschalten „auf Grund des Vorbehaltes". d) eine Note beizufügen : „Das Einführungsgesetz wird Vorschriften enthalten, durch welche die C.P.O. dahin ergänzt wird, daß, wenn die getrennte Verhandlung einer zur Aufrechnung gebrachten Gegenforderung angeordnet ist, das Urtheil unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung zu erlassen und, wenn die Aufrechnung als begründet erkannt wird, aufzuheben ist." (Bemerk. Es handelt sich nur um Aufrechnung; wegen der Note zu vergi. Entsch. des RG in C.S. Bd. 16 Nr. 93). Die Anträge zu a, b, c wurden genehmigt; ebenso der Antrag zu d. (Prot. I, S. 11889, 11890) IV. Damit liegt die Fassung der §§ 745, 746 E I vor
Quellen zu § 747 E I (§ 272 ZustOR; 241 KE) I. 161. Sitzung vom 10. 1. 1883, Schriftführer Neubauer I Zu § 18 des Entwurfes: I P r o t i 1555 ¡ P r o t i 1556 „Hat Jemand um eines künftigen Erfolges willen | aus einer sittlich verwerflichen TE-OR (Nr 10) Ursache Etwas angenommen, so ist der Geber zur Rückforderung berechtigt, ohne S 18 Unterschied, ob der erwartete Erfolg eingetreten ist oder nicht. Die Rückforderung findet nicht statt, wenn auch die Hingabe etwas sittlich Verwerfliches ist." war beantragt: Windscheid (Nr 244)
1. statt der §§18 und 22 zu bestimmen : „Zurückgefordert kann werden, was einem Anderen geleistet worden ist, um ihn zu einem Thun oder Unterlassen zu bestimmen, wenn in dem Rechtsgeschäfte von seiner Seite ein Verstoß gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung liegt. Liegt in dem Rechtsgeschäfte auch von Seiten des Leistenden ein Verstoß gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung, so kann der Leistende das Gegebene nicht zurückfordern und der Empfänger das Versprochene nicht fordern. Die Verpflichtung des Empfängers zur Erstattung des Empfangenen bestimmt sich nach § y (d. h. nach den Vorschriften über die Verhaftung des unredlichen Empfängers eines indebitum)."
Planck (Nr 246, 5)
2. den § 18 dahin zu fassen: „Wenn die Voraussetzung, unter welcher eine Leistung erfolgte, von solcher Art ist, daß die Annahme der Leistung einen Verstoß gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung enthält, so ist der Geber zur Zurückforderung berechtigt, ohne Unterschied, ob die Voraussetzung eingetreten ist oder nicht. 818
24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§ 8 1 2 - 8 2 2
Die vorstehende Bestimmung findet keine Anwendung, wenn die Leistung auch auf Seiten des Leistenden einen Verstoß gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung enthält." 3. statt der §§18 und 22 zu bestimmen: „Verstößt die Annahme einer Leistung wegen des | Zweckes, zu welchem diese bewirkt worden ist, gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung, so kann derjenige, welcher geleistet hat, das Geleistete von dem Empfänger zurückfordern. Der Anspruch erstreckt sich auch auf dasjenige, was der Empfänger aus dem Geleisteten erworben hat. Die Verpflichtungen des Empfängers einer Sache zur Herausgabe der Nutzungen und die Rechte desselben wegen gemachter Verwendungen bestimmen sich nach den Vorschriften über die Verpflichtungen und Rechte des unredlichen Besitzers gegen den Eigenthümer. Hat auch die Bewirkung der Leistung wegen des Zweckes derselben gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen, so ist die Rückforderung ausgeschlossen." Soweit die Anträge N 2 1 und 3 sich auf den Umfang der Verpflichtung des Empfängers beziehen, wurde beschlossen, dieselben bei Berathung des § 22 des Entwurfs zu erledigen. Das Prinzip des § 18 des Entwurfs hatte keinen Widerspruch erfahren. Die Einzelnheiten betreffend, in welchen der Entwurf und die Anträge und diese wieder unter sich von einander abweichen, so ergab sich zunächst Einverständniß, daß nicht mit dem Entwürfe von „sittlicher Verwerflichkeit", sondern mit den Anträgen wegen des § 85 der Zusammenstellung der Beschlüsse zum Allgemeinen Theil (Beschluß vom 7. Dezember 1881, Protokolle S. 215, 216)1 von „Verstoß gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung" zu reden sei. Verschiedene Ansichten machten sich dagegen in Betreff der Frage geltend, wie das turpiter acceptum im Uebrigen zu bezeichnen sei. Die Mehrheit entschied für die Bezeichnung: „wenn die Annahme nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstößt." I Die Gründe waren: Der § 18 des Entwurfs gestatte die Rückforderung nur dann, wenn der Verstoß gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung darin liege, daß die Leistung in Rücksicht auf einen künftigen Erfolg, also auf eine causa futura, angenommen sei. Noch enger sei der Antrag N- 1, wonach der künftige Erfolg, die causa futura oder der Zweck in einem späteren Verhalten des Empfängers bestehen müße. Nun erscheine als der Grund, weshalb der Empfänger zur Restitution verpflichtet erachtet werde, einzig und allein der auf Seiten des Empfängers in der Annahme der Leistung sich bethätigende Verstoß und die darin sich offenbarende Auflehnung gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung. Es wolle aber nicht einleuchten, wie es sich rechtfertigen lasse, den Empfänger, welchen ein solcher Vorwurf treffe, nur dann für restitutionspflichtig zu erachten, wenn in Rücksicht auf eine causa futura oder gar auf ein künftiges Verhalten des Empfängers angenommen sei. Jener Grund treffe sichtbar nicht minder zu, wenn die causa der Vergangenheit angehöre. Fälle der letzteren Art seien vielleicht ebenso häufig, wie die der anderen Art. Es würden zu den Fällen der letzteren Art z. B. unter Umständen diejenigen zu zählen sein,
ι Vgl. Quellen zu S 138 BGB.
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Kurlbaum (Nr 247) |Proti 1557
| Prot I 1558
§§ 8 1 2 - 8 2 2
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
wenn ein Beamter für eine frühere Amtshandlung eine Belohnung annehme. Man dürfe nicht einwenden, das Gesetz bezwecke durch Zulassung des Rückforderungsrechts ausschließlich, für die Zukunft ein verwerfliches Verhalten des Empfängers zu verhindern. Ein solcher Zweck dürfe nicht unterstellt werden. Denn nicht jenes Verhalten, welches — für sich betrachtet — ein ganz unverfängliches sein könne, wolle das Gesetz verhüten; getroffen solle werden die in der Annahme der Leistung sich kundgebende verwerfliche Gesinnung des Empfängers. Der Gesetzgeber habe IProti 1559 vollen | Anlaß, damit im Volksleben der Sinn für gute Sitten und für das Interesse der öffentlichen Ordnung gestärkt und genährt werde, überall, w o der Empfänger durch die Annahme der Leistung mit den guten Sitten und der öffentlichen Ordnung sich in Widerspruch setze, die Pflicht zur Herausgabe des Empfangenen vorzuschreiben. Damit harmonire auch vollkommen der zitirte § 85, mit dem sogar die Beschränkung des Entwurfs und des Antrags N 2 1 sich kaum vertragen würde. Derselbe und die für seine Billigung maßgebend gewesenen Gründe (Protokolle S. 215, 216) erledigten zugleich das Bedenken, daß es thunlichst vermieden werden müsse, den Richter in die Lage zu bringen, als Sittlichkeitsrichter zu urtheilen, — zu geschweigen, daß dieses Bedenken auch bei jeder Beschränkung der Vorschrift seine Berechtigung behalte. — Die Faßung betreffend, so genüge es, auszusprechen, daß in der Annahme der Leistung der mehrerwähnte Verstoß liegen müße; nur sei die Hinzufügung räthlich: „nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts" zur Verdeutlichung, daß es auf die causa der Leistung, nicht etwa bloß auf ihre Beschaffenheit ankomme und zur Abwehr des möglichen Mißverständnißes, die Vorschrift finde auch dann Anwendung, wenn dem Empfänger die causa turpis nicht erkennbar geworden oder nicht in sein Bewußtsein getreten sei. Der Ausdruck: „Rechtsgeschäft" könne aus ähnlichen Gründen, wie S. 1544 der Protokolle angegeben, kein Bedenken erwecken. Gegen den sachlichen Inhalt des zweiten Absatzes des § 18 des Entwurfs war gleichfalls kein Anstand erhoben. Der in dem Antrage N e 1 sich findende Zusatz: „der Empfänger kann das Versprochene nicht fordern" wurde abgelehnt. Die zusätzliche Bestimmung bezieht sich auf den Fall, wenn die Leistung in der Hingabe I Prot 1 1560 eines Wechsels oder ähnlichen Versprechens bestanden hat. Die Mehrheit | glaubte, daß in dieser Hinsicht eine besondere Vorsorge nicht nöthig sei, weil die einschlagenden Vorschriften des Wechselrechts u.s.w. den aus dem hingegebenen Versprechen von dessen Empfänger in Anspruch genommenen Schuldner wegen Hinfälligkeit des der Hingabe zum Grunde liegenden Vertrages zu einer durchgreifenden Einrede berechtigten. Zu §§ 19 und 20 des Entwurfes, welche lauten: TE-OR (Nr 10) § 19
§19. „Eine sittlich verwerfliche Ursache auf Seite des Empfängers ist insbesondere dann anzunehmen, wenn er Etwas angenommen hat, damit er eine den Gesetzen oder den guten Sitten widerstreitende Handlung unterlaße oder eine Handlung vornehme, zu welcher er ohnedies rechtlich verpflichtet ist."
TE-OR (Nr 10) S 20
§20. „Eine sittlich verwerfliche Ursache auf Seite des Gebers ist insbesondere dann anzunehmen, wenn er Etwas geleistet hat, um den Empfänger zur Vornahme einer den Gesetzen oder den guten Sitten widerstreitenden Handlung oder zur Unterlas820
24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§812-822
sung einer Handlung, zu welcher derselbe rechtlich verpflichtet ist, zu bestimmen oder um gesetzwidrige oder unsittliche Handlungen zu befördern." war von mehreren Seiten die Streichung der Vorschriften beantragt. Es wurde die Streichung beschlossen. Man erachtete die §§19 und 20 aus gleichen Gründen für nicht angemessen, weshalb die Aufnahme ähnlicher Bestimmungen bei der Berathung des auf die bedingten Rechtsgeschäfte sich beziehenden Abschnitts des Allgemeinen Theils abgelehnt ist (Protokolle S. 304, 305)2.
Windscheid (Nr 244, 6) Planck (Nr 246, 6)
TE-OR (Nr 10) Zu § 21 des Entwurfes: „Hat Jemand in Folge einer von ihm begangenen | widerrechtlichen Handlung, §21 insbesondere in Folge eines gewaltsam abgedrungenen Versprechens, aus dem Ver- I P r o t ! 1561 mögen eines Anderen Etwas erhalten oder aus Früchten fremden Gutes in bösem Glauben Gewinn gezogen, so ist er zur Rückerstattung verpflichtet. Diese Vorschrift findet auch im Falle widerrechtlicher Entziehung des Besitzes entsprechende Anwendung." lagen die Anträge vor:
1. den § zu streichen.
Windscheid (Nr 244) 2. den § 21 zu streichen, vorbehaltlich der Frage, ob und inwieweit die Bestim- Planck mungen dieses Paragraphen bei dem § 27 zu berücksichtigen sind. — Der Antrag (246, 7)
wurde zurückgezogen und dagegen beantragt, zu bestimmen: „Hat Jemand einen Anderen durch Zwang oder Betrug zu einer Leistung veranlaßt, so ist er das Geleistete zu erstatten verpflichtet. Die Vorschrift des Beschlusses zu § 12 Absatz 2 des Entwurfes findet dabei entsprechende Anwendung. Die weitergehende Verpflichtung des Zwingenden und Betrügers nach Maßgabe der Grundsätze über unerlaubte Handlungen wird hierdurch nicht berührt. Erfolgte die Leistung an einen Andern als den Zwingenden oder Betrüger und hatte derselbe beim Empfange Kenntniß von dem Zwange oder Betrüge, so findet die Vorschrift des ersten Absatzes auf ihn entsprechende Anwendung. Im Falle einer erzwungenen Leistung haftet der Dritte, an welchen die Leistung erfolgte, auch wenn er bei dem Empfange von dem Zwange keine Kenntniß hatte, nach Maßgabe der Beschlüsse zu §§ 1, 5, 6 und 12 Absatz 2 des Entwurfs". Die Mehrheit beschloß die Streichung des §21. Sie konnte die Ueberzeugung nicht gewinnen, daß ein Bedürfniß obwalte, eine besondere codictio ex injusta causa I anzuerkennen, einestheils weil die Deliktsklage genüge, und anderentheils weil, I P r o t ! 1562 soweit dies nicht zutreffen möchte, wie vielleicht in Fällen des Zwangs, Betruges und der Aneignung des bloßen Besitzes, in dem folgenden Abschnitte Vorsorge zu treffen sein werde. Vorausgesetzt war dabei, daß eine besondere Bestimmung Aufnahme finden werde, wonach derjenige, welcher aus einem Delikte zum Schadensersatz verpflichtet ist, nach Ablauf der in § 164 der Zusammenstellung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse (Beschluß vom 18. September 1882, Protokolle S. 1051 —1054)3 vorgeschriebenen dreijährigen Verjährung wegen der aus dem Delikte entsprungenen Bereicherung noch länger haftbar bleibt. Der Antrag Na 2 war zurückgezogen.
2 Vgl. Quellen zu §§ 158ff. BGB. J Vgl. unten S. 1093 f.
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§§812-822 TE-OR (Nr 10)
§22
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Z u § 22 des E n t w u r f e s :
„In den Fällen der §§ 18 — 21 ist der Empfänger zur Rückerstattung nach Maßgabe der §§8 — 12 verpflichtet." lagen folgende Anträge vor:
1. der oben zu § 18 (1556) mitgetheilte Antrag N 2 1, soweit er hier in Betracht kommt. Planck 2. den § 22 zu fassen: (Nr 246, 8) „Im Falle des § 18 Absatz 1 ist der Empfänger nach Maßgabe der für den bösgläubigen Empfänger einer Nichtschuld gegebenen Vorschriften verpflichtet." 4 Der Antrag ward zurückgezogen und beantragt, den § zu fassen : „Auf die Verpflichtung des Empfängers im Falle des § 18 Absatz 1 finden die Vorschriften der Beschlüsse zu §§ 1, 5, 6, 12 Absatz 2 des Entwurfs mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß an die Stelle des in dem Beschlüsse zu § 12 Abs. 2 gedachten Zeitpunkts derjenige Zeitpunkt tritt, in welchem der Empfänger I Prot 1 1563 | von dem Inhalte der Voraussetzung Kenntniß hatte." 3. der oben zu § 18 (S. 1556, 1557) mitgetheilte Antrag N 2 3, soweit er hier in Betracht kommt. Derselbe wurde jedoch dahin abgeändert, daß der Absatz 3 daselbst lauten soll : „Wegen Herausgabe oder Vergütung der Nutzungen, wegen Erstattung der Verwendungen und wegen Haftung für Erhaltung und Verwahrung der Sache finden die Vorschriften Anwendung, welche nach § 191 a für den Fall der Erhebung der Klage gelten." Die Mehrheit war der Ansicht, es sei nicht zulässig, den Empfänger wegen Schadensersatzes dergestalt für haftbar zu erklären, daß er aus dem Empfange als einem zivilrechtlichen Delikte in gleicher Art wie der in bösem Glauben befindliche Empfänger einer Nichtschuld zum Schadensersatz verpflichtet sei. Sie hielt eine derartige Bestimmung, abgesehen von sonstigen Bedenken, schon deshalb für nicht haltbar, weil ihr der Grundsatz entgegenstehe: volenti non fit injuria. Andererseits fand sie es nicht für zulässig, die Verpflichtung des Empfängers auf die Haftung zu beschränken, welche den bei dem Empfange einer Nichtschuld sich in gutem Glauben befindenden Empfänger trifft. Sie erkannte es als den richtigen, aus den bisherigen Beschlüssen über die Haftung bei der condictio indebiti und ob rem sich rechtfertigenden Ausweg, die Haftung dahin zu bestimmen: daß der Empfänger von dem Zeitpunkte des Empfanges an so zu haften habe, wie der Empfänger einer Nichtschuld, der in gutem Glauben empfangen hat, aber später in bösen Glauben versetzt ist, von dem Zeitpunkte, wo letzteres geschehen ist. Demzufolge wurde der verbesserte Antrag N 2 3, vorbehaltlich der bei der Redaktion zu bestimmenden Fassung, angenommen. I Prot 1 1564 | Durch den Antrag N 2 2 war noch die Frage angeregt, ob nicht der Fall der mala fides superveniens besonders vorzusehen sei. Die Mehrheit erklärte sich für das Gegentheil. Sie erwog: Der Fall der mala fides superveniens sei durch die Natur der Dinge ausgeschlossen. Nur derjenige Empfänger unterliege der condictio ob turpem causam, welcher in verwerflicher Gesinnung empfangen habe; sei einmal ohne 4
Am Schluß der Anträge war von Planck im metallographierten Antrag angemerkt: Im Falle der Annahme der Anträge unter N - 5 bis 8 (d. h. zu den §§18 bis 22; Anm. des Hrsg.), dürfte es sich empfehlen, die Vorschriften des § 22 unter entsprechender Änderung der Fassung in den ersten Absatz des § 18 mit aufzunehmen.
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24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§812-822
die zur Annahme einer solchen Gesinnung unbedingt nöthige Kenntniß empfangen, so müsse der Empfänger, möge er nachträglich auch erfahren, daß der Geber von einer causa geleitet worden sei, die den Empfänger, hätte er dieselbe bei dem Empfange gekannt, von dem Empfange hätte abhalten sollen, geschützt bleiben; denn der tadelfreie Empfang könne durch eine solche nachträgliche Kenntnißnahme nicht gleichsam rückwärts ein tadelhafter werden. Das Gegentheil ließe sich höchstens für die Fälle behaupten, wenn der Geber die causa schon bei der Hingabe dem Empfänger gegenüber erklärt, der letztere aber davon zufällig, weil er ζ. B. den Begleitungsbrief nicht gelesen, keine Kunde erhalten habe. Solche seltenen Fälle im Gesetze vorzusehen, sei weder nöthig, noch angemessen; ihre Beurtheilung müsse der Wissenschaft überlassen bleiben.
II. 1. Die beschlossene Regelung lautet in der RedVorl: § 272. Ist von dem Empfänger einer Leistung durch deren Annahme nach dem RedVorl Inhalte des Rechtsgeschäfts gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung §272 verstoßen worden, so kann der Geber das Geleistete zurückfordern. Der Empfänger ist von der Zeit des Empfanges an zur Herausgabe des Empfangenen nach Maßgabe der Vorschriften verpflichtet, die gegen den Empfänger einer NichtSchuld von der Zeit an gelten, in welcher derselbe erfahren hat, daß die Verbindlichkeit, zu deren Erfüllung geleistet wurde, nicht bestanden habe (§ 266 Abs. 2). Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn durch die Leistung auch von dem Geber gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen worden ist. (NB. 1. Zum Absatz 2. Die Worte: „von der Zeit des Empfanges an" machen es entbehrlich, den § 262 Abs. 2 für anwendbar zu erklären. 2. Hinter § 164 des Obl.R. wird als § 164 a folgender neuer § eingeschaltet: Insoweit derjenige, welcher eine unerlaubte Handlung begangen hat, durch dieselbe aus dem Vermögen des Beschädigten sich bereichert hat, ist er auch nach Verjährung des Anspruchs auf Schadensersatz zur Herausgabe der Bereicherung nach Maßgabe der Vorschriften verpflichtet, welche für den Fall der ungerechtfertigten Bereicherung wegen verwerflichen Empfangs gelten [§ 272]. — [Der Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung unterliegt der ordentlichen (dreißigjährigen) Verjährung.]) 2. Fassung der Regelung in der
ZustOR:
IV. Rückforderung wegen verwerflichen Empfanges. § 272. Ist von dem Empfänger einer Leistung durch deren Annahme nach dem ZustOR § 272 Inhalte des Rechtsgeschäfts gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen worden, so kann der Geber das Geleistete zurückfordern. Der Empfänger ist von der Zeit des Empfanges an zur Herausgabe des Geleisteten nach Maßgabe der Vorschriften verpflichtet, die gegen den Empfänger einer Nichtschuld gelten, welcher nach der Leistung erfahren hat, daß die Verbindlichkeit, zu deren Erfüllung geleistet wurde, nicht bestanden habe (§ 266 Abs. 2). Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn durch die Leistung auch von dem Geber gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen worden ist. [Das Reichsgesetz vom 24. Mai 1880, betreffend den Wucher (R.G.B1. S. 199) wird im Einführungsgesetze aufrechterhalten werden (Beschluß vom 12. Januar 1883 S. 1574).] 3. Auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 III) wurde beschlossen, in § 741 Abs. 2 KE 823
§ § 812 — 822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
(1. Fassung), im ersten Relativsatz „die" durch „welche" zu ersetzen und den zweiten Relativsatz statt mit „welcher" mit „wenn dieser" zu beginnen. III. 1. Bis auf die unter 2. mitgeteilte Änderung stimmt § 741 K E mit § 747 E I überein. 2. Auf Antrag von Johow (Nr. 614, 13) wurde im § 741 Abs. 2 am Ende K E statt „habe" gesagt: „hat" (Prot. I, S. 11883; unten S. 772). IV. § 747 E I ist oben S. 760 abgedruckt.
Quellen zu § 748 E I (§ 273 ZustOR; § 742 KE) I. a) 162. Sitzung vom 12. 1. 1883, Schriftführer I Prot 1 1569
TE-OR (Nr 10) S 23
Neubauer
| Zur Berathung gelangte der Abschnitt des Entwurfs, welcher die Ueberschrift trägt: „IV. Rückforderung wegen grundlosen Habens." Die Ueberschrift wurde insbesondere deshalb bemängelt, weil auch die vorhergehenden Kondiktionen auf grundlosem (genauer des rechtfertigenden Grundes entbehrenden) Haben beruhen. Zur Hebung dieses Bedenkens wurde beschlossen, vor: „grundlosen" einzuschieben: „sonstigen", sodann der Antrag, alle speziellen Ueberschriften zu streichen und nur die allgemeine Ueberschrift: „Schuldverhältnisse aus ungerechtfertigter Bereicherung" stehen zu lassen, abgelehnt, jedoch vorbehalten, nach Erledigung des vorliegenden Unterabschnitts nöthigenfalls auf den Gegenstand zurückzukommen. Zu § 23 des Entwurfs : „Hat Jemand, während er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt war, oder gegen ein gesetzliches Verbot einem Anderen Etwas geleistet, so ist er berechtigt, die Rückerstattung von dem Empfänger zu fordern, auch wenn er bei der Leistung wußte, daß er zu derselben rechtlich nicht verpflichtet war." war beantragt:
Windscheid (Nr 244)
1. statt dessen zu bestimmen: „Zurückgefordert kann werden, was gegen ein gesetzliches Verbot geleistet worden ist. Der Empfänger haftet nach § y ( — d.h. nach den Vorschriften über die Verhaftung des unredlichen Empfängers eines indebitum — )." I Prot 1 1570 | Eventuell hinzuzufügen : „er müßte denn das Verbot nicht gekannt haben, in welchem Fall die Vorschriften des § χ ( — d.h. über die Verhaftung des redlichen Empfängers eines indebitum — ) eintreten." Planck (Nr 250)
2. den § 23 dahin zu fassen: „Wenn eine Leistung von einem Geschäftsunfähigen oder von einem in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten ohne Genehmigung des gesetzlichen Vertreters oder gegen ein gesetzliches Verbot, welches nicht lediglich zum Schutze der Interessen bestimmter dritter Personen diente, gemacht ist, so kann das Geleistete zurückgefordert werden. Die Vorschriften der Beschlüsse zu §§ 5, 6, und 12 des Entwurfs finden hierbei entsprechende Anwendung." 824
24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§812-822
Beschlossen wurde, die beiden in § 23 behandelten Fälle getrennt zu berathen. I. Der Fall der Leistung von Seiten eines in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten. Die Mehrheit beschloß, in das Gesetz sei eine besondere Bestimmung über den Fall, wenn ein Geschäftsunfähiger oder ein in der Geschäftsfähigkeit Beschränkter eine Leistung bewirkt hat, nicht aufzunehmen. Die Gründe waren: Sei von einem Geschäftsunfähigen oder von einer Person, die in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sei, eine Leistung bewirkt, so sei der in der Leistung sich bethätigende dingliche Vertrag nichtig (§§ 41 und 42 der Zusammenstellung der Beschlüsse zum Allgemeinen Theil, Protokolle S. 59 ff., 64ff. 1 ). Der Geber könne folglich das Geleistete vindiziren, wenn aber die Vindikation wegen Konsumtion, Veräußerung u.s.w. versage, nach dem allgemeinen Prinzipe des völlig unentbehrlichen § 27 I des Entwurfs kondiziren. Hieraus erhelle die Entbehrlichkeit jeder noch eine |Prot 11571 besondere Kondiktion für den Fragefall gewährenden Bestimmung. Der Einwand, das Prinzip des § 27 finde auf den vorliegenden Fall keine Anwendung, weil dieses Prinzip auf die Fälle beschränkt sei, in welchen ohne Willen des Kondizirenden das Vermögen des Gegners bereichert werde, treffe nicht zu. Habe ein Geschäftsunfähiger u.s.w. geleistet, so komme sein Wille auf dem Gebiete des geschäftlichen Rechtsverkehrs, soweit er verliere, nicht in Betracht; er sei nichtig und wegen Nichtigkeit als nicht vorhanden anzusehen. D e r § 27 möge in seiner vorliegenden Fassung die Deutung zulassen, unter „Wille" sei der natürliche Wille oder doch der Wille aller deliktsfähigen Personen zu verstehen. Darin liege aber eine Unvollkommenheit, die bei der Berathung des § 27 etwa durch den Zusatz : „oder ohne seinen gültigen Willen" und zugleich durch die Ersetzung des Wortes: „ohne" durch den Ausdruck: „nicht kraft" gehoben werden müsse. Eine solche Verbesserung sei ebenso unbedenklich, als nothwendig, und zwar nothwendig, damit nicht innerlich verwandte Fälle ohne zwingende Gründe von einander getrennt würden oder gar der eine oder andere Fall von dem zweifellos richtigen Prinzipe ausgenommen bliebe. Die gedachte Vervollständigung des § 27 erledige zugleich alle Bedenken, die sich gegen seine Anwendbarkeit nach der vorliegenden Fassung in den Fällen erheben ließen, wenn der Geschäftsunfähige nur den Besitz übertragen oder nur durch Dienste und dergleichen das Vermögen des Empfängers bereichert habe. II. Der Fall der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot. Die Mehrheit beschloß, auch über diesen Fall sei eine besondere Bestimmung in das Gesetzbuch nicht aufzunehmen. Sie war der Ansicht, eine solche Vorschrift sei aus ähnlichen Gründen, wie unter I angegeben, wegen des § 27 des | Entwurfs, wenn dieser in der hervorgehobenen Weise vervollständigt werde, entbehrlich. Vorbehalten blieb, auf den dem Antrage N 2 1, hinzugefügten eventuellen Vorschlag bei Erledigung des § 27 zurückzukommen . . . b) 163. Sitzung vom 15. 1. 1883, Schriftführer (nicht anwesend: Kurlbaum).
| Prot 11572
Neubauer
I Die §§ 27, 28 des Entwurfs lauten:
| Prot I 1582
I § 27 I Prot 11583 „Derjenige, aus deßen Vermögen ohne seinen Willen Etwas in das Vermögen TE-OR (Nr 10) eines Anderen gekommen ist, kann, wenn ein rechtlicher Grund hierzu von Anfang § 27 ι Vgl. Quellen zu S S 104 ff. BGB. 825
§ § 812 — 822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
an nicht vorhanden war oder derselbe später weggefallen ist, die Rückerstattung von Letzterem fordern." T E - O R (Nr 10)
§28
S 28
„Auf die Rückforderung in den Fällen der §§ 23 bis 27 finden die Vorschriften der §§ 5, 6, 8 bis 12 Anwendung." Es war beantragt:
Windscheid (Nr 244)
1. zu bestimmen in § 27 : „Hat Jemand eine Vermögensverminderung nicht kraft seines Willens erlitten, so ist er berechtigt, von demjenigen, deßen Vermögen durch diese Vermögensverminderung vermehrt worden ist, die Herausgabe der Vermögensvermehrung zu fordern, wenn für dieselbe ein rechtfertigender Grund nicht vorliegt. Der Bereicherte haftet im Fall der Redlichkeit nach § χ (d. h. den Vorschriften über die Verhaftung des redlichen Empfängers eines indebitum), im Fall der Unredlichkeit nach § y (d. h. den Vorschriften über die Verhaftung des unredlichen Empfängers eines indebitum)."
Planck (Nr 252, 1)
2. die §§ 27 und 28 zu faßen: „Derjenige, auf deßen Kosten ohne seinen Willen ein Anderer eine Vermögensvermehrung erhalten hat, kann, wenn es hierfür an einem rechtfertigenden Grunde fehlt, die Zurückerstattung von dem Empfänger fordern. Als ohne den Willen des Berechtigten erfolgt gilt die Vermögensminderung auch dann, wenn derselbe geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt oder das von ihm Gewollte gesetzlich verboten war. Die Vorschriften der Beschlüsse zu §§ 1 Absatz 2, 5, 6, 122 finden hierbei entsprechende Anwendung." Eventuell statt des letzten Absatzes : I Prot 1 1584 „Die Vorschriften der Beschlüsse zu §§ 1 Absatz 2, 5, 6 und 12 fin-1 den hierbei mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß der Verpflichtete nach Maßgabe des Beschlusses zu § 12 Absatz 1 dann haftet, wenn er bei dem Empfange der Vermögensvermehrung wußte, daß es dafür an einem rechtfertigenden Grunde fehle, nach Maßgabe des Beschlusses zu § 12 Absatz 2 aber dann, wenn er dies später erfuhr." ferner aber in dem Abschnitte über die Sondernachfolge in Forderungen hinter §223 (Beschlüsse vom 10. und 13. November 1882, Protokolle S. 1319ff., 1 3 2 7 13293) folgenden § 223a einzuschalten: Planck „Hat in Folge der Bestimmungen der §§ 221 bis 223 ein Nichtberechtigter ohne (Nr 252, 2) Willen des wirklichen Gläubigers auf dessen Kosten eine Vermögensvermehrung erhalten, so ist er zur Zurückerstattung derselben nach Maßgabe des § 27 des Abschnitts über die ungerechtfertigte Bereicherung verpflichtet." v. Weber (Nr 251)
3. als § 27 a einzuschalten: „Hat Jemand von dem Urheber einer widerrechtlichen (unerlaubten) Handlung einen Gewinn (Vortheil) aus derselben unentgeltlich empfangen, so ist er zur Rückerstattung des Empfangenen an den Beschädigten verpflichtet." und wenn dies angenommen wird in § 28 statt „27" zu setzen „27 a". (zu vgl. Prot, vom 11. September 1882, S. 1020). 2
3
Im metallographierten Antrag sind der § 1 Abs. 2 und die §§ 3 bis 5 in Bezug genommen, desgleichen im Eventualantrag, in dem im übrigen statt des § 12 der ξ 5 Abs. 2 zitiert wird. Vgl. dazu Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 824 ff.
826
24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§812-822
Der § 27 gab zu einer ausführlichen Erörterung über das Wesen der darin behandelten Kondiktion Anlaß. Die Mehrheit bekannte sich zu der folgenden Auffassung: Das Vermögen des Einen kann aus dem Vermögen des Andern ohne den Willen des letzteren in doppelter Weise bereichert sein. Es kann eine solche Bereicherung auf rein thatsächlichem Wege erfolgen, so daß die Vorschriften der Rechtsordnung dabei gar nicht in Betracht kommen. Dies | ist ζ. B. der Fall, wenn Jemand | Prot 11585 fremdes Gut verzehrt, wenn ihm von einem Anderen Dienste geleistet werden, u.s.w. Die Bereicherung der gedachten Art kann aber auch in der Weise geschehen, daß sie auf Vorschriften der Rechtsordnung beruht. Dahin gehören ζ. B. die Fälle der Spezifikation, der Adjudikation, der Inädifikation, der Präklusion, u.s.w. Die condictio sine causa des § 27 findet nun unbedenklich in den Fällen der ersten Art statt. Dies erhellt mit genügender Deutlichkeit aus der Bestimmung, es müße ein rechtlicher Grund für die Bereicherung aus dem Vermögen des Andern fehlen. Allein Zweifel bestehen hinsichtlich der Fälle der zweiten Art. Der § 27 läßt sich füglich dahin verstehen: Ist die fragliche Bereicherung oder die Rechtsänderung ohne Willen des den Rechtsverlust erleidenden Theils erfolgt, so gilt sie, obschon sie auf Vorschriften der Rechtsordnung beruht, gleichwohl wegen jenes Willensmangels als des rechtlichen Grundes entbehrend, sofern nicht das Gesetz ein Anderes bestimmt hat. Dieser Standpunkt ist auch de lege ferenda wohl zu vertreten. Der § 27 schließt aber auch das Verständniß oder die Billigung des Standpunkts nicht aus : Ist die Rechtsänderung nach den Vorschriften der Rechtsordnung erfolgt, so ist sie auch als des rechtfertigenden Grundes nicht entbehrend anzusehen, sofern nicht das Gesetz ein Anderes bestimmt hat. Beide Standpunkte weichen darin von einander ab, daß nach dem ersten Standpunkte das Gesetz, wenn die condictio sine causa nicht gelten soll, diese ausschließen muß, nach dem zweiten das Gesetz, wenn die condictio sine causa gelten soll, diese besonders zuzulassen hat, wobei natürlich — mag der eine oder andere Standpunkt gewählt werden - nicht erforderlich ist, daß das Gesetz die betreffende Anordnung ausdrücklich enthalte, indem es vielmehr genügt, wenn dieselbe im Wege der Auslegung ermittelt werden kann. Der zweite Standpunkt hat aber | nicht allein für sich, daß er der näherliegende ist, sondern er |Proti 1586 empfiehlt sich auch deshalb, weil der andere große Gefahren mit sich bringt, wie sich namentlich ergiebt bei Würdigung der Gesetze über Präklusion, Verjährung, Ersitzung, Verlust der Einrede, u.s.w. Er ruft nicht allein bei einer großen Zahl von Rechtsnormen den oft schwer zu lösenden Zweifel hervor, ob ein rechtlicher Grund anzunehmen oder zu verneinen sei, sondern er kann auch zu der Ansicht verleiten, es sei der früher vielfach vertretene Grundsatz gebilligt: wer auf Kosten eines Andern ohne dessen Willen bereichert sei, habe die Bereicherung herauszugeben. Freilich ist auch der andere Standpunkt nicht ohne Gefahr, indem er gleichfalls in manchen Fällen dem Zweifel Raum laßen mag, ob das Gesetz zugleich den Bereicherungsanspruch habe ausschließen wollen. Allein diese Gefahr ist von weit geringerer Bedeutung und es kann ihr in einem neuen Gesetzbuche durch eine angemeßene Faßung der in Betracht kommenden Rechtsnormen zureichend begegnet werden. Die Billigung des zweiten Standpunkts muß aber in dem Gesetze einen klaren und bestimmten Ausdruck finden, zu welchem Ende es nöthig ist, den § 27 durch einen Zusatz zu verdeutlichen : „Als rechtlicher (rechtfertigender) Grund ist im Zweifel eine Rechtsnorm anzusehen, welche den Rechtsverlust (oder die Rechtsänderung) ergiebt." Die Mehrheit beschloß die Aufnahme einer solchen Bestimmung salva redactione.
827
§§812-822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Weiter billigte sie zur Fassung des § 27: 1. die Streichung der Worte : „oder derselbe später weggefallen ist," als entbehrlich; 2. die Ersetzung des Ausdrucks: „aus dessen Vermögen Etwas in das Vermögen IProti 1587 eines Anderen gekommen ist" durch den umfassenderen Ausdruck: | „dessen Vermögen aus dem Vermögen eines Andern bereichert ist." Ob es statt: „rechtlichen Grund" heißen müßte: „rechtfertigenden Grund" wurde der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten. c) 164. Sitzung vom 17. 1. 1883, Schriftführer Neubauer I Prot 1 1589
| In Fortsetzung der Berathung des Theilentwurfes des Obligationenrechts (N 2 10), betreffend Schuldverhältnisse aus ungerechtfertigter Bereicherung, und zwar zu § 27, gelangte zunächst zur Prüfung, ob es bei den Worten: „ohne seinen Willen" bewenden könne, oder ob dieselben zu ersetzen seien durch die Worte: „nicht kraft seines Willens", oder „nicht kraft seines Willens oder nicht kraft seines rechtsgültigen Willens," sowie ob der im zweiten Absätze des Antrages N 2 2 (Protokolle S. 1583) vorgeschlagene, auf die fehlende und beschränkte Geschäftsfähigkeit und auf das gesetzliche Verbot sich beziehende Zusatz sich empfehle. Die Mehrheit entschied für die Worte: „nicht kraft seines Willens oder nicht kraft seines rechtsgültigen Willens," und sodann gegen die Aufnahme des erwähnten Zusatzes. Sie hielt für beide Entscheidungen die Gründe für durchgreifend, auf welchen nach dem Sitzungsprotokolle vom 12. Januar 1883 (S. 1570—1572) die IProti 1590 Unterdrückung des § 23 | des Entwurfs beruht, indem sie insbesondere an der Ansicht festhielt: wenn eine nicht geschäftsfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person durch Dienstleistungen oder Besitzeinräumung die Aenderung herbeigeführt habe und dabei auch ihr Wille mitwirkend gewesen sei, so sei doch der Erfolg nicht kraft ihres von der Rechtsordnung als wirksam anerkannten Willens eingetreten, vielmehr ausschließlich in Folge von Thatsachen, während jenem Willen, da er auch gänzlich gefehlt haben könne, eine entscheidende Bedeutung nicht zugekommen sei. In Erledigung eines früheren Vorbehalts ging man auf die Frage zurück (vgl. Protokolle S. 1527 und 1562), ob über die Zulässigkeit der condictio possessionis eine besondere Bestimmung in den Abschnitt über die Schuldverhältnisse aus ungerechtfertigter Bereicherung aufzunehmen sei. In dem § 10 des Entwurfes findet sich eine, die Zulässigkeit der condictio possessionis ergebende Bestimmung, deren Streichung jedoch aus anderen Gründen beschlossen ist (vgl. S. 1527 der Protokolle). Die Motive des Entwurfes des Sachenrechts (S. 436, 447 ff., 456 ff.) sprechen sich, in Abweichung von den Motiven des zur Berathung stehenden Theilentwurfes (S. 12 ff.) gegen die Zulässigkeit jener Kondiktion aus. Beschlossen wurde, die Frage vorläufig noch nicht zu entscheiden, die Entscheidung vielmehr bis zur Berathung des auf den Besitz sich beziehenden Abschnitts des Sachenrechtsentwurfes zu vertagen. Die Mehrheit glaubte nämlich, daß auf die Entscheidung die gegenwärtig der Feststellung sich entziehenden Grundsätze über das juristische Wesen des Besitzes und über die Besitzklagen von Einfluß sein würden. Vorbehalten blieb zugleich IProti 1591 die Prüfung, ob die Vorschrift, durch welche die Frage entschieden | wird, in den Abschnitt über den Besitz gehöre, oder in den vorliegenden Abschnitt aufzunehmen sei, und ob insbesondere im Falle der bejahenden Entscheidung es angemessen sein würde, zu dem § 1 des vorliegenden Abschnitts ergänzend zu bestimmen: 828
24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§812-822
„Die Rückforderung findet auch statt, wenn die Leistung nur in der Uebertragung des Besitzes bestanden hat." Die Berathung ging zu der Bestimmung des Umfangs der Haftung des in den Fällen des § 27 des Entwurfs zur Rückerstattung Verpflichteten über. Der Antrag N^ 2 (S. 1583, 1584) wurde dahin abgeändert: „Auf die Verpflichtungen desjenigen, welcher zurückzuerstatten hat, finden die Beschlüsse zu § 1 Abs. 2, §§ 5, 6, 12 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Die Verpflichtung zum Schadensersatz aus unerlaubter Handlung bleibt unberührt." Dieser Antrag fand die Billigung der Mehrheit. Erwogen war: Werde von dem Falle abgesehen, wenn dem Bereicherten schon zu der Zeit, wo die Bereicherung eintrete, der gute Glaube fehle, so könne die Angemeßenheit des zuvor mitgetheilten Vorschlags zu keinem Bedenken Anlaß geben. Anders verhalte es sich mit dem Falle des von Anfang an mangelnden guten Glaubens. Es frage sich, ob nicht in einem solchen Falle der Bereicherte, ähnlich wie der bösgläubige Empfänger einer Nichtschuld, aus einem zivilrechtlichen Delikte zum Schadensersatz verpflichtet sein müsse. Allerdings werde die Frage nicht selten zu bejahen sein, ζ. B. wenn in bösem Glauben eine Spezifikation vorgenommen oder verzehrt sei. Indessen mitunter lasse sich die Frage ohne | Ungerechtigkeit nicht bejahen; ihre |Proti 1592 Bejahung entbehre insbesondere eines haltbaren Grundes, wenn die Bereicherung auf Thatsachen beruhe, die der Bereicherte weder herbeigeführt, noch gewollt, obschon er die Vermögensvermehrung sofort bei ihrem Eintritt erkannt habe, z. B. wenn sein Grundstück durch Zufall in Folge von Avulsion vergrößert sei. Bei näherer Prüfung zeige sich, daß überall, wo die strenge Haftung gerechtfertigt erscheine, dem Bereicherten schon nach allgemeinen Grundsätzen eine unerlaubte Handlung zur Last falle, die er als solche durch Ersatz des Schadens stets zu vertreten habe. Hiernach sei es sachgemäß, dem schon von Anfang an bestehenden bösen Glauben oder dem sofortigen Erkennen der Bereicherung die Wirkungen eines Delikts nicht beizulegen, sondern daran nur diejenigen Wirkungen zu knüpfen, welche an die mala fides superveniens bei der condictio indebiti geknüpft seien, aber vorsorglich hinzuzufügen, daß die Verpflichtung zum Schadensersatze aus unerlaubter Handlung unberührt bleibe. Der zuletzt erwähnte Zusatz gäbe Anlaß zu dem allseitig gebilligten Antrage, die in der vorigen Sitzung über die Haftung bei der condictio ob causam finitam beschlossene Vorschrift (Protokolle S. 1578 — 1580) mit einem gleichen Zusätze zu versehen, deßen Mangel, nachdem der obige, dem argumentum e contrario eine Stütze leihende Beschluß gefaßt, eine unrichtige Auslegung besorgen lasse. Die Berathung wandte sich zu dem am Schluße des Antrags zu 2 (S. 1584) mitgetheilten Antrage, betreffend die Einschaltung eines neuen § (223a) hinter §223 |Proti 1593 der Zusammenstellung der auf das Obli-1 gationenrecht sich beziehenden Beschlüsse (vgl. Protokolle vom 10. und 13. November 1882 S. 1319-1325, 1 3 2 7 - 13294). Der Antrag wurde durch Mehrheitsbeschluß abgelehnt. Die Gründe waren : Es könne dahingestellt bleiben, ob nicht die vorgeschlagene Bestimmung durch die Vorschriften über die negotiorum gestio entbehrlich werde (zu vergleichen Protokolle S. 1309 und Vorlage über die negotiorum gestio — N 2 4 — §243). Dem Vorschlage stehe noch ein anderes, seine Billigung hinderndes Bedenken entgegen. Es sei richtig, daß in den betreffenden Fällen der Bereicherungsanspruch zulässig
* Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, Schuldrecht I, S. 820 ff.
829
§§812-822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
sein müsse. Anzuerkennen sei ferner, daß der in der vorigen Sitzung zum § 27 über die Zulässigkeit der condictio sine causa, wenn der Rechtsverlust kraft einer Rechtsnorm eingetreten sei, gefaßte Beschluß (Protokolle S. 1584— 1586) die Mahnung zu enthalten scheine, dem Vorschlage gemäß die condictio sine causa ausdrücklich für statthaft zu erklären. Indessen näher betrachtet, wohne dem Beschlüsse eine solche Bedeutung nicht bei. Derselbe ergebe zur Genüge, daß die Zulässigkeit der Kondiktion im Gesetze nicht ausdrücklich bestimmt zu sein brauche, daß es vielmehr genüge, wenn das Gesetz die Absicht erkennen lasse, den Bereicherungsanspruch nicht zu versagen. Nun könne doch bei unbefangener Prüfung der einschlagenden Vorschriften kein Zweifel bestehen, daß dem Gesetze die Absicht fern liege, dem Berechtigten die Bereicherungsklage nicht zu gewähren. Die Zulässigkeit der letzteren aber ausdrücklich zu bestimmen, sei deshalb im höchsten Maße bedenklich, weil man dadurch ein gefährliches argumentum e contrario schaffe. Es I Prot 1 1594 gebe noch eine große Zahl ähnlich liegender Fälle, | für die in gleicher Art durch spezielle Bestimmungen Vorsorge zu treffen kaum ausführbar erscheine. Als Beispiel könne der Fall dienen, wenn ein Inhaber- oder Ordrebrief nach erfolgter Zahlung in gutem Glauben gegen Entgelt weiter übertragen und der Schuldner zur nochmaligen Zahlung an den späteren Gläubiger gezwungen worden sei. Werde der Vorschlag angenommen, so könne nicht fehlen, daß des argumentum e contrario alle die verwandten Fälle, für welche eine ähnliche spezielle Bestimmung fehle, vielfach eine unrichtige Beurtheilung finden würden. Der Vorschlag beziehe sich gerade auf solche Fälle, in Betreff welcher man am wenigsten zu besorgen brauche, es werde die Absicht des Gesetzes verkannt werden, die Rechtsveränderung solle nur unbeschadet des Bereicherungsanspruchs desjenigen eintreten, der den Verlust erlitten habe. Zur Prüfung gelangte der Antrag N 2 3 (Protokolle S. 1584). Durch Mehrheitsbeschluß erfolgte die Ablehnung des Antrags. Die Mehrheit war der Ansicht: Die vorgeschlagene Bestimmung sei mindestens kein Bedürfniß, wenn entweder derjenige, der unentgeltlich empfange, durch den Empfang sich eines Delikts schuldig gemacht habe oder wenn derjenige, der die widerrechtliche That verübt habe, zahlungsfähig sei. Von Bedeutung werde sie nur, wenn der letztgedachte Thäter sich als zahlungsunfähig erweise. Gestatte man in einem solchen Falle dem Beschädigten die Bereicherungsklage gegen denjenigen, welcher von dem Thäter unentgeltlich erwarb, so liege darin sachlich nur eine Ausdehnung der reichsgesetzlichen Bestimmungen über die actio Paulliana. Ob eine solche Ausdehnung sich rechtfertiI Prot I I 595 ge, erscheine | in hohem Grade zweifelhaft und könne mindestens gegenwärtig nicht entschieden werden. Für den Vorschlag möge außerdem noch eine gewisse Billigkeit angerufen werden können. Allein aus solchen bloßen Billigkeitsrücksichten Abweichungen von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu bestimmen, sei nur in den besonderen Fällen zu rechtfertigen, wenn es sich darum handele, Folgen abzuwehren, die das Rechtsgefühl beleidigen, — und zu solchen Fällen lasse sich der vorliegende nicht zählen. Endlich dürfe auch nicht geltend gemacht werden, die Vorschrift empfehle sich wegen der Schwierigkeit, dem Empfänger den bösen Glauben oder die Partirerei nachzuweisen. Dagegen sei zu erinnern, daß es an Gründen mangele, gerade für den vorliegenden Fall, den Grundsatz preiszugeben, wonach dolus nicht vermuthet werde, daß ferner eine solche ratio nöthigen würde, dem Empfänger den Nachweis des guten Glaubens nachzulassen, und daß durch Zulassung dieses Nachweises der Charakter der vorgeschlagenen Bestimmung eine gänzliche Aenderung erleiden würde.
830
24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§812-822
d) 164. Sitzung vom 17. 1. 1883, Schriftführer Neubauer I Endlich wurde der Antrag: an geeigneter Stelle folgende Bestimmung aufzunehmen:
I P r o t i 1598 Gebhard (Nr 249)
s· „Wird zurückgefordert, was eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person empfangen hat, und ist nicht dargethan, daß das Empfangene an den gesetzlichen Vertreter gelangte, so hat der Zurückfordernde den Bestand der Bereicherung zur Zeit des Eintritts der Rechtshängigkeit zu beweisen. Ist der Empfänger vor dem Eintritt der Rechtshängigkeit geschäftsfähig geworden, so hat der Zurückfordernde den Bestand der Bereicherung zur Zeit der Erlangung der Geschäftsfähigkeit zu beweisen." der Prüfung unterstellt. Die Mehrheit sprach sich gegen den Vorschlag aus. Sie ließ sich von der Betrachtung leiten : Der Vorschlag bezwecke nur für gewisse Fälle die Beweislast in einer von der Regel abweichenden Weise zu normiren. So beachtenswerthe Gründe für den Vorschlag sprechen möchten, so müsse doch deren durchgreifende Bedeutung bezweifelt werden. Die Besonderheit erscheine nur unter bestimmten Voraussetzungen angemessen, nämlich, wenn der Geschäftsunfähige u.s.w. empfangen habe und nichts weiter, als dieser Empfang, feststehe. Sie er-1 scheine dagegen nicht am Platze, I P r o t i 1599 wenn erwiesenermaßen nicht allein empfangen, sondern auch das Empfangene in den Nutzen des Empfängers verwendet sei, z. B. durch Bestreitung nothwendiger Ausgaben. Denn es sei nicht abzusehen, wei es zu rechtfertigen sei, dem Geber alsdann noch den weiteren Beweis aufzuerlegen, daß die Bereicherung noch zur Zeit des Streitbeginns bestanden habe. Es werde aber schwer halten, für die vorgeschlagene Bestimmung eine, das vorstehende und ähnliche Bedenken ausschließende Fassung zu finden. Großer Nachtheil könne auch nicht daraus entstehen, wenn es bei der Regel verbleibe. Der Empfänger behalte ja immer das Recht, den späteren Verlust der Bereicherung nachzuweisen und er werde überdies nach der Natur der Dinge hierzu weit eher im Stande sein, als umgekehrt der Geber die Fortdauer der Bereicherung darzuthun vermöge. Endlich bleibe nicht ausgeschlossen, in einzelnen Fällen eine dem Vorschlage entsprechende Bestimmung aufzunehmen. Von einer Seite wurde schließlich aufmerksam darauf gemacht, daß, wenn an anderen Stellen des Gesetzbuchs der Bereicherungsanspruch zugelassen werde, Behufs Bestimmung des Inhalts und Umfangs desselben auf die zu §§ 27 und 28 beschlossenen Vorschriften zu verweisen, auch bei der Bezeichnung des Anspruchs eine einheitliche Ausdrucksweise, z. B. Bereicherung, werde durchzuführen sein, (zu vergleichen Sachenrechts-Entwurf §§ 195, 196, 318, zu vgl. auch §§151, 172, 176; Familienrechts-Entwurf §303; Erbrechts-Entwurf §§148, 211 Abs. 2, 285 Abs. 1, 330 Abs. 2, 334 Abs. 2, 392 Abs. 2). II. 1. Die beschlossene Regelung lautet in der RedVorl: §273 (§27). Derjenige, aus dessen Vermögen nicht kraft seines Willens oder RedVorl §273 nicht kraft seines rechtsgültigen Willens ein Anderer bereichert worden ist, kann, wenn hierzu ein rechtlicher Grund gefehlt hat, von dem Andern die Herausgabe der Bereicherung (die Zurückerstattung) fordern. Als rechtlicher Grund ist es im Zweifel (sofern nicht aus dem Gesetze sich ein Anderes ergiebt) anzusehen, wenn ein Rechtsverlust auf einer diesen bestimmenden Rechtsnorm (einem diesen bestimmenden besonderen Gesetze) beruht. 831
§§ 8 1 2 - 8 2 2
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Auf die Verpflichtungen desjenigen, welcher die Bereicherung herauszugeben hat, finden die Vorschriften § 262 Absatz 2, §§ 264, 265, § 266 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Die Verpflichtung zum Schadensersatz aus unerlaubter Handlung bleibt unberührt. (NB. 1. Zum Absatz 2. Das Wort: „Rechtsnorm" ist bedenklich. Wenn eine allgemeine Rechtsnorm den Rechtsverlust ergibt, so wird nur selten der Vorbehalt des Bereichungsanspruchs mit einiger Zuverlässigkeit erhellen. Ganz anders verhält es sich, wenn eine rein positive Vorschrift den Rechtsverlust bestimmt, ζ. B. bei Präklusions- und Verjährungsgesetzen. Indessen: „Rechtsnorm" entspricht dem gefaßten Beschlüsse. 2. Erst bei der Schlußredaktion wird darüber befunden werden können, ob der vorliegende Abschnitt mit der vollständigen Regelung der cond.sine causa des § 273 dergestalt zu beginnen habe, daß auch der Umfang der Haftung bestimmt wird, daß ferner die Regelung der condictio ob rem der Regelung der condictio indebiti vorausgeht, weil diese in gewissem Sinne als ein Unterfall der condictio ob rem [Vereitelung des bezweckten rechtlichen Erfolgs] sich betrachten läßt [Sitz. Prot, vom 5. Januar 1883 S. 1540], 2. Fassung der Regelung in der ZustOR Rückforderung wegen sonstigen grundlosen Habens. ZustOR § 273
§ 273. Derjenige, aus dessen Vermögen nicht kraft seines Willens oder nicht kraft seines rechtsgültigen Willens ein Anderer bereichert worden ist, kann, wenn hierzu ein rechtlicher Grund gefehlt hat, von dem Andren die Herausgabe der Bereicherung fordern. Als rechtlicher Grund ist es im Zweifel anzusehen, wenn ein Rechtsverlust auf einer diesen bestimmenden Rechtsnorm beruht. Auf die Verpflichtungen desjenigen, welcher die Bereicherung herauszugeben hat, finden die Vorschriften §§ 264, 265, 266 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Die Verpflichtung zum Schadensersatz aus unerlaubter Handlung bleibt unberührt. (Erst bei der Schlußredaktion wird darüber befunden werden können, ob der vorliegende Abschnitt mit der vollständigen Regelung der condictio sine causa des § 273 dergestalt zu beginnen habe, daß auch der Umfang der Haftung bestimmt wird, daß ferner die Regelung der condictio ob rem der Regelung der condictio indebiti vorausgeht, weil diese in gewissem Sinne als ein Unterfall der condictio ob rem [Vereitelung des bezweckten rechtlichen Erfolgs] sich betrachten läßt [Protokoll vom 5. Januar 1883 S. 1540].) 3. Zur Ergänzung der Allegate in § 273 Abs. 3 ZustOR vgl. Quellen zu § 737 E I unter II 3. 4. Auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 50 IV Ziff. 50) wurde beschlossen, in § 742 Abs. 2 KE (1. Fassung) hinter „Vorschriften" einzuschalten: „des §731 Absatz 2" (Prot. I, S. 3557, 3561).
KE § 742
III. 1. Die Regelung lautet im KE: § 742. Derjenige, aus dessen Vermögen nicht kraft seines Willens oder nicht kraft seines rechtsgültigen Willens ein Anderer bereichert worden ist, kann, wen hierzu ein rechtlicher Grund gefehlt hat, von dem Anderen die Herausgabe der Bereicherung fordern. 832
24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§ 812 — 822
Als rechtlicher Grund ist es im Zweifel anzusehen, wenn ein Rechtsverlust auf einer diesen bestimmenden Rechtsnorm beruht. Auf die Verpflichtungen desjenigen, welcher die Bereicherung herauszugeben hat, finden die Vorschriften des § 731 Abs. 2, der §§ 733, 734 sowie des § 735 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Die Verpflichtung zum Schadensersatze aus unerlaubter Handlung bleibt unberührt. 2. Das Zitat des § 731 Abs. 2 im § 742 KE wurde in das Zitat des § 731 Abs. 3 geändert (Prot. I, S. 6186; oben S. 772). 3. Zu den §§ 162 Abs. 1 und 742 Abs. 2 lag folgender Antrag von Johow (Nr., 186, 1 der Anträge zum Allgemeinen Theil): In der Ueberschrift des ersten Abschnittes und im § 2 statt „Rechtsnormen" zu setzen „Rechtssätze". (Zur Beseitigung eines entbehrlichen Fremdwortes. In der Anmerkung zur Ueberschrift steht bereits „Rechtssätze". „Rechtsnorm" kommt nur noch vor im § 162 Abs. 1 und § 742 Abs. 2; an diesen beiden Stellen wird nach der sonstigen Sprachweise des Entwurfes vom „Gesetze" zu reden sein.) Beschlossen wurde, in § 162 Absatz 1 und im § 742 Absatz 2 das Wort „Rechtsnorm" durch das Wort „Vorschrift" zu ersetzen. Im Uebrigen wurde der Antrag abgelehnt (Prot. I, S. 11702, 11703).
B. Vorkommission des Reichsjustizamts I. Anträge sind nicht nachweisbar. II. 87. Sitzung vom 20. 9. 1892 I VII. Die Kommission ging sodann zur Berathung des vierten Abschnittes (Ein- |Prot-RJA 581 zelne Schuldverhältnisse aus anderen Gründen, Erster Titel. Bereicherung. I. Leistung einer Nichtschuld) über. Was die Regelung der Kodiktionen anlangt, so bestand in der Kommission darüber Einvernehmen, daß an die Spitze des Abschnitts ein das Prinzip der Bereicherungsklagen zum Ausdrucke bringender allgemeiner Rechtssatz gestellt werden müsse, daß alsdann gemeinschaftliche Vorschriften für die Kategorie der rechtsgeschäftlichen Kodiktionen folgen müßten und daß erforderlichen Falles am Schlüsse auszusprechen sei, inwieweit diese Vorschriften sich auch auf solche Bereicherungsansprüche anwenden ließen, die nicht auf der Grundlage einer rechtsgeschäftlichen Leistung beruhten. Durch diese Anordnung und Zusammenfassung werde einerseits eine Vereinfachung und bessere Uebersichtlichkeit des Gesetzes herbeigeführt, andererseits die Vermeidung zahlreicher, das Verständniß erschwerenden Verweisungen erreicht. Als Eingangsvorschrift beschloß man, an Stelle des § 748 zu bestimmen, daß derjenige der durch eine Vermögensverschiebung aus dem Vermögen eines anderen ohne Grund etwas erlangt habe, verpflichtet sei, das Erlangte an diesen herauszugeben. Inwieweit die Haftung auf die Bereicherung zu beschränken sei, werde aus den späteren Vorschriften sich ergeben. Anlangend die Ausdrucksweise, daß der Bereicherte das Erlangte „aus dem Vermögen eines anderen"bekommen haben müsse, sei zwar zuzu-1 geben, daß sie nicht völlig genau sei und daß es vielleicht richtiger sei, | Prot-RJA 582 statt des Ausdrucks „aus dem Vermögen eines anderen" den Ausdruck „auf Kosten eines anderen" zu wählen. Indessen sei ein Mißverständniß nicht zu besorgen, da 833
§§812-822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
jene Ausdruckweise die bisher übliche sei und insbesondere auch in dem Sächs. G.B. und dem Schweizer-Obl.-R. sich finde. Der von einer Seite gemachte Vorschlag, die condictio possessionis (§ 737 Abs. 3) im Gesetze besonders zu erwähnen, wurde abgelehnt, weil man eine derartige Bestimmung mit Rücksicht auf die Fassung der allgemeinen Vorschrift („etwas . . . erlangt") nicht für erforderlich erachtete. Ebenso hielt man die Aufnahme einer dem § 748 Abs. 2 entsprechenden Vorschrift für entbehrlich. EI-RJA § a Die als § a voranzuschickende allgemeine Vorschrift soll folgendermaßen lauten: „Hat Jemand aus dem Vermögen eines Anderen etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, so ist er dem Anderen zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet." VIII. Als § b soll eine Bestimmung aufgenommen werden, welche diejenigen Fälle zusammenfaßt, in denen eine (rechtsgültige) Leistung wegen mangelnden Zwecks soll zurückgefordert werden können. Man war einverstanden, daß unter „Zweck" der durch die Leistung und neben ihr beabsichtigte zweite Erfolg zu verstehen sei, welcher den rechtlichen Typus des Geschäfts bestimme oder doch mitbestimme. Anlangend die einzelnen Fälle einer zwecklosen Leistung, komme zunächst der Fall in Betracht, wenn es von vornherein an einer Zweckbestimmung gefehlt habe, z. B., wenn bei der Uebersendung von Geld mittels Postanweisung der Zweck nicht angeI Prot-RJA 583 geben oder vorbehalten sei, eine Einigung über denselben | aber später nicht erfolge. Von einer Seite wurden hierher auch die Fälle gerechnet, in denen wegen Dissenses der Parteien eine Einigung über die Zweckbestimmung fehle. Als zwecklos sei eine Leistung ferner anzusehen, wenn die Zweckbestimmung insbesondere bei einem Realgeschäfte nichtig sei, oder wenn der bestimmte Zweck nicht erreicht werde oder später wegfalle. Endlich sei noch der Fall zu berücksichtigen, wenn der Zweck von der Art sei, daß der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoße. Durch diese Kategorien würden die Fälle der §§ 737, 742, 745, 747 des Entw. gedeckt. E I-RJA § b Als § b wurde demgemäß die Aufnahme folgender Vorschrift beschlossen: „Eine Leistung, die Jemand einem Anderen gemacht hat, kann wegen mangelnden rechtlichen Grundes zurückgefordert werden, wenn sie ohne Zweckbestimmung erfolgt oder die Zweckbestimmung nichtig ist oder wenn der bestimmte Zweck nicht erreicht oder später weggefallen oder der Art ist, daß der Empfänger gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt." 88. Sitzung vom 21. 9. 1892 I II. Man fuhr hierauf in der Berathung des ersten Titels des vierten Abschnitts an der Hand des zu Grunde gelegten Antrags fort. Die Aufnahme einer Vorschrift des Inhalts, daß als eine der Kondiktion unterliegende Leistung auch die Begründung und Aufhebung eines Schuldverhältnisses sowie die vertragsmäßige Anerkennung des Bestehens oder Nichtbestehens eines solchen anzusehen sei, wurde abgelehnt. Man war sachlich darüber einverstanden, daß die Begründung einer von einem bestimmten Verpflichtungsgrund abhängigen Schuldverbindlichkeit nur dann kondizirbar sei, wenn die Begründung noch einen anderen Zweck als den aus dem Verpflichtungsgrunde sich ergebenden habe, z. B. wenn die Verpflichtung, eine Sache zu verkaufen, begründet werde, um eine dem Verkäufer durch Vermächtniß auferlegte Verpflichtung zum Verkaufen zu erfüllen, und bezüglich dieses Zweckes eine der Kondiktionsvoraussetzungen zutreffe, der Zweck z. B. nicht erreicht werde oder wegfalle. Es erschien aber nicht möglich und nicht nöthig, diesen Gedanken I Prot-RJA 586 im Gesetz zum Ausdruck zu bringen. Nicht minder hielt | man es für entbehrlich
I Prot-RJA 585
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24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§812-822
auszusprechen, daß die Begründung einer abstrakten Verbindlichkeit und die vertragsmäßige Anerkennung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses als eine unter den früher beschlossenen Voraussetzungen kondizirbare Leistung anzusehen sei. III. Neben den bereits angenommenen Gründen für die Rückforderung einer Leistung wurde von einer Seite vorgeschlagen, als weiteren Grund den aufzunehmen, wenn die Leistung nach der Absicht beider Parteien unter der Voraussetzung des Vorhandenseins oder des Eintritts eines Umstandes erfolgte und dieser Umstand nicht vorhanden war oder nicht eingetreten ist. Der Vorschlag wurde jedoch abgelehnt. Einverständniß bestand darüber, daß der Entwurf § 742 zu weit gehe, indem er wegen Nichterfüllung der von dem Leistenden einseitig erklärten Voraussetzung des Eintritts oder Nichteintritts eines künftigen Ereignisses die Rückforderung der Leistung zulasse. Dadurch werde dem einseitigen Willen des Leistenden eine ungerechtfertigte Bedeutung beigelegt und die Verkehrssicherheit bedenklich gefährdet. Die dem Entwurf zu Grunde liegende Windscheid'sche Voraussetzungslehre sei auch vom Reichsgericht (Entsch. in C. S. Bd. XXIV S. 169 ff., Sächs. Archiv Bd. II S. 14) aufgegeben. Der obige Vorschlag vermeide allerdings dieses Bedenken, indem er eine Einigung der Parteien über die Voraussetzung verlange, mithin erfordere, daß die Voraussetzung zum Bestandtheil des Vertrages gemacht sei. Liege aber eine solche Vereinbarung vor, dann sei es Sache einer verständigen Auslegung des Parteiwillens mit Rücksicht auf Treu und Glauben, festzustellen, welche Wirkung die Nichterfüllung der Voraussetzung haben solle. Die bloße Rückforderung der Bereicherung werde jedenfalls für die Regel der Parteiabsicht schwerlich entsprechen. Häufiger werde Bedingtheit entweder nur des Kausalgeschäfts oder auch des Leistungsgeschäfts selbst oder Vorbehalt eines Rücktrittsrechts als gewollt anzunehmen sein. Eine gesetzliche | Bestimmung beeinträchtige nur die Freiheit der | Prot-RJA 587 Auslegung. IV. Man beschloß sodann, folgende mit dem § 737 Abs. 2 und § 738 sachlich EI-RJA § c übereinstimmende Vorschrift aufzunehmen: „Ist die Leistung zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit erfolgt, so findet die Rückforderung auch dann statt, wenn dem Ansprüche auf die Leistung eine Einrede entgegenstand, durch welche die Geltendmachung des Anspruchs dauernd ausgeschlossen wird. Ist die Verbindlichkeit vor der Fälligkeit erfüllt, so findet die Rückforderung nicht statt; auch können Zwischenzinsen nicht verlangt werden." Gegen die innere Berechtigung des § 738 wurden allerdings Bedenken erhoben, man behielt ihn aber bei, weil die Vorschrift dem geltenden Rechte entspreche und zur Abschneidung von Streitigkeiten für zweckmäßig zu erachten sei. V. Die Aufnahme einer Bestimmung über die Voraussetzungen der Kondizirbarkeit eines Anerkenntnisses wurde abgelehnt. Es erschien überflüssig, besonders auszusprechen, daß ein Anerkennungsvertrag im Zweifel als zum Zweck der Feststellung eines bestehenden Rechtszustandes geschlossen anzusehen sei, daß also das Nichtbestehen dieses Rechtszustandes die Kondiktion des Anerkenntnisses rechtfertige; denn nach dem Sinn des Anerkenntnisses bezwecke dieses regelmäßig Sicherung dessen, zu dessen Gunstei. anerkannt werde, nicht eine Zuwendung an ihn. Man brauche auch schwerlich durch eine Vorschrift des gedachten Inhalts dem Mißverständnisse entgegenzutreten, daß der Anerkennungsvertrag als eine ohne Zweckbestimmung erfolgte Leistung kondizirbar sei. 835
§ § 812 —822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
I Prot-RJA 588 | VI. Man beschloß sodann, folgende Bestimmung über die die Rückforderung EI-RJA § d ausschließenden Gründe aufzunehmen: „In den Fällen des § b (d. i. der in der vorigen Sitzung (Prot. S. 582, 583 unter VIII) beschlossene Paragraph) ist die Rückforderung ausgeschlossen: 1. Wenn die Erreichung des Zweckes von Anfang an unmöglich und wenn dies dem Leistenden bekannt gewesen, insbesondere wenn im Falle der Leistung zum Zwecke der Erfüllung oder Feststellung einer Verbindlichkeit der Leistende gewußt hat, daß die Verbindlichkeit nicht bestand; 2. wenn der Zweck der Leistung der Art war, daß der Leistende durch die Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstieß; bestand jedoch die Leistung in der Begründung oder Feststellung einer Verbindlichkeit des Leistenden, so ist die Rückforderung zulässig, wenn der Empfänger durch Annahme der Leistung ebenfalls gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstieß. Ist die Leistung zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit erfolgt, so ist die Rückforderung auch dann ausgeschlossen, wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer Anstandspflicht entsprach." a) Anlangend die Nr. 1, so wurde gegen dieselbe von einer Seite ausgeführt: Die Kenntniß des Leistenden von der Unmöglichkeit der Erreichung des Zweckes rechtfertige den Ausschluß der Rückforderung bezüglich der condictio indebiti und der Kondiktion des Anerkenntnisses eines bestehenden Rechtsverhältnisses. Dagegen sei die Ausdehnung dieses Ausschliessungsgrundes auf andere Kondiktionen sehr bedenklich. In den Fällen, in welchen der Zweck der Leistung in der Herbeiführung einer Gegenleistung des Empfängers bestehe, stehe der Ausschluß der RückfordeI Prot-RJA 589 rung der | Leistung mit den Bestimmungen der §§344, 3451 nicht im Einklänge; während nach diesen der obligatorische Vertrag über eine unmögliche Leistung nichtig und derjenige, welcher sich wissentlich die unmögliche Gegenleistung versprechen lasse, dem anderen Theile nur zum Ersatz des negativen Interesses verpflichtet sei, solle hier, wenn der Versprechensempfänger seinerseits eine Leistung schon bewirkt habe, diese Leistung verfallen, er also zum Ersatz des positiven Interesses verpflichtet sein. Eine solche Verschiedenheit der Behandlung von obligatorischen und Realgeschäften entbehre der Begründung und hänge mit der aufgegebenen römischen Lehre von den Innominatkontrakten zusammen. Dieser Ausführung gegenüber ging man davon aus, daß es gesetzgeberisch wohl gerechtfertigt sei, denjenigen, der wissentlich eine zwecklose Leistung thatsächlich bewirkt habe, anders zu behandeln, als den, der sich zu einer Leistung erst verpflichtet habe. Der Gedanke „possessorem potiorem esse" greife hier Platz. Die Rechtsordnung habe keinen Anlaß, demjenigen, der eine zwecklose Leistung mit dem Bewußtsein mache, daß der Zweck nicht erreicht werden könne, zu Hülfe zu kommen. Es seien auch nicht nur die Fälle zu berücksichtigen, in denen die Leistung zum Zweck der Erlangung einer Gegenleistung des Empfängers erfolge, sondern z. B. auch die Leistung zum Zweck einer Aussteuer (dotis causa). Es sei kein Grund, den Fall, wenn dieser Zweck als wegen Unmöglichkeit der Ehe (wegen gesetzlicher Hindernisse u.s.w.) unerreichbar dem Leistenden von Anfang an bekannt war, anders zu behandeln, als den Fall, wenn der Leistende wissentlich eine Nichtschuld bezahle. Auch die condictio indebiti sei nur eine Unterart der condictio ob
ι Vgl. Quellen zu den §§ 306 f. BGB. 836
24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§812-822
causam. Auch bei ihr beruhe der Ausschluß der Rückforderung, wenn wissentlich eine Nichtschuld gezahlt werde, auf dem Gesichtspunkte, daß die Rechtsordnung in diesem Falle keinen An- | laß habe, dem Leistenden zu Hülfe zu kommen, auch | Prot-RJA 590 wenn im konkreten Falle eine Schenkungsabsicht des Leistenden, ζ. B. weil er einen Prozeß vermeiden wolle, nicht vorliege. Ein Widerspruch mit den §§ 344, 345 sei auch nicht anzuerkennen, da, wenn das aus dem nichtigen Vertrage Geleistete nicht zurückgefordert werden könne, der Empfänger der Leistung daneben und darüber hinaus selbstverständlich nach § 345 Ersatz des negativen Interesses nicht verlangen könne. Die § 737 Abs. 4 des Entwurfs bestimmte Vertheilung der Beweislast wurde nicht angefochten. Eine Verallgemeinerung des § 743 Nr. 1 erschien mit Rücksicht auf die Fälle der condictio ob causam finitam, in welchen der hier fragliche Ausschließungsgrund auch zutreffe (Mot. S. 847), gerechtfertigt. b) Anlangend die Nr. 2 der beschlossenen Vorschrift, so erschien es angemessen, dem Vorstoße gegen die guten Sitten den Vorstoß gegen ein gesetzliches Verbot von Seiten des die Leistung Bewirkenden als Grund für den Ausschluß der Rückforderung gleichzustellen. Man hielt es regelmäßig dem Sinne einer gesetzlichen Vorschrift, durch die eine gewisse Leistung verboten werde, für entsprechend, daß die Rückforderung des der Vorschrift zuwider Geleisteten nicht zugelassen werden solle. Eine verschiedene Behandlung der sittlich verwerflichen und der gesetzlich verbotenen Leistung erschien ferner deshalb bedenklich, weil der Richter dadurch bei verbotswidrigen Leistungen zu der mißlichen Prüfung genöthigt werde, ob dieselben auch gegen die guten Sitten verstießen; nicht selten sei das gesetzlich Verbotene auch als sittlich verwerflich anzusehen. Auch bezüglich des hier fraglichen Ausschließungsgrundes hielt man eine Verallgemeinerung für angemessen. Die im Entwürfe § 684 Abs. 3 nur bezüglich des abstrakten Schuldversprechens und des Schuldanerkenntnisses aufgestellte Ausnahme dehnte man auf alle Fälle aus, in denen die Lei | stung in der Begründung oder | Prot-RJA 591 Feststellung einer Verbindlichkeit des Leistenden besteht und berichtigte sie außerdem im Anschluß an Zitelmann (Zusammenstellung VI S. 498, 522) durch den Zusatz, daß auch der Empfänger durch Annahme der Leistung gegen die guten Sitten oder das Gesetz verstoßen haben müsse. Entbehrlich erschien es, auszusprechen, daß das zum Zwecke der Erfüllung einer so begründeten oder anerkannten Verpflichtung Geleistete nicht zurückgefordert werden könne. Man vertraute darauf, daß eine verständige Gesetzesanwendung dies nicht verkennen werde. c) Der Vorschlag, als weiteren Ausschließungsgrund (entsprechend dem § 743 Nr. 2) den aufzustellen, wenn der Leistende die Erreichung des Zweckes wider Treu und Glauben verhindert habe, wurde abgelehnt. Man nahm an, daß dieser Grund im wesentlichen bedeutungslos geworden sei durch die Beseitigung der Kondiktion wegen ermangelnder Voraussetzung und daß Anwendungsfälle, abgesehen von den anderweit geregelten Fällen des gegenseitigen Vertrages und der Schenkung mit Auflage, jedenfalls praktisch kaum vorkommen würden. d) Der in Abs. 2 der beschlossenen Vorschrift ausgesprochene Ausschluß der condictio indebiti bei einer durch eine sittliche oder Anstandspflicht gebotene Leistung beruhte, abgesehen von der Rücksicht auf das geltende Recht (Mot. S. 833 Anm. 1) und die Kritik (Zusammenst. II S. 426), auf der Erwägung, daß der Staat und seine Organe nicht zur Durchführung eines vom Standpunkte der Sittlichkeit oder der Gebote des Anstands verwerflichen Verhaltens ihre Hülfe gewähren dürften. 837
§ § 812 — 822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
VII. In Ansehung des Umfangs der Haftung des gutgläubigen Empfängers beließ man es sachlich bei § 739. Von einer Seite wurde vorgeschlagen, die Haftung dahin I Prot-RJA 592 zu verschärfen, daß der Empfänger der Leistung, soweit die Heraus-1 gäbe ausgeschlossen sei, den Werth der Leistung zu vergüten habe, wenn derselbe nur überhaupt in sein Vermögen gekommen sei, ohne Rücksicht darauf, ob der Empfänger zur Zeit des Eintritts der Rechtshängigkeit noch bereichert sei, und daß er bei unentgeltlicher Veräußerung oder Belastung des Erlangten stets Werthersatz zu leisten habe. Bei dem Vorschlage wurde davon ausgegangen, daß die Feststellung der noch vorhandenen Bereicherung nach der gesammten Vermögenslage des Empfängers der Leistung sehr schwierig sei und daß es auch der Billigkeit mehr entspreche, in den hier fraglichen Fällen, wo sowohl der Leistende wie der Empfänger im Irrthum sei, jeden Theil denjenigen Nachtheil tragen zu lassen, der durch seinen Irrthum verursacht sei. Insbesondere erscheine es bei unentgeltlicher Verfügung des Empfängers über das Empfangene unbillig, dem Leistenden jeden Ersatzanspruch zu versagen; ihm mit dem röm. Recht einen unmittelbaren Anspruch an den gleichfalls ohne Grund bereicherten Dritten zu geben, empfehle sich nicht, vielmehr müsse er sich wegen des Werthes an den Empfänger halten können. Im Gegensatz zu dieser Ausführung erschien die beschränkte Haftung bis zur vorhandenen Bereicherung der Billigkeit und der natürlichen Auffassung entsprechender, namentlich wenn man solche Fälle ins Auge fasse, in denen, wie bei der condictio indebiti, beide Theile an eine Rückforderung gar nicht dächten. Nicht selten sei es zudem der Leistende, der durch seinen Irrthum den Irrthum des Empfängers veranlasse, deshalb sei es billig, daß er den Nachtheil trage, wenn das Geleistete oder dessen Werth ihm nicht vollständig ersetzt werde. Dem gutgläubigen Empfänger dürfe es nicht zum Schaden gereichen, wenn er mit dem Empfangenen wie mit einem Bestandtheil seines Vermögens verfahre und mit Rücksicht auf das GeleiI Prot-RJA 593 stete, z. B. im Falle der Auszahlung eines Legats, das sich | später als nichtig erweise, Ausgaben mache, die er sonst nicht gemacht haben würde. Dazu komme, daß unter Umständen die irrthümliche Leistung für den Empfänger unmittelbar mit einem Vermögensverlust verbunden sein könne (vergi. Seuffert 33 Nr. 32). Zu irgendwelcher Sorgfalt sei der Empfänger dem Leistenden nicht verpflichtet. Die Regelung des Entwurfs, wie sie sich aus § 739 ergebe, stimme überein mit einer weitverbreiteten Ansicht des gem. Rechts (Entsch. des R.O.H.G. bei Seuffert 33 Nr. 32), dem Sächs. G.B. und dem Schweiz. Recht. 89. Sitzung vom 26. 9. 1892 I /. Die Kommission fuhr in der Berathung des von der Bereicherung handelnden Titels fort und zwar unter Zugrundelegung des im Protokoll der letzten Sitzung erwähnten Antrages. Mit der Aufnahme der nachstehenden Vorschrift erklärte sich die Kommission E I-RJA § f einverstanden: § f (740, § 748 Abs. 3). „Die Verbindlichkeit zur Herausgabe oder zur Werthvergütung erstreckt sich auch auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines durch das Erlangte erworbenen Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines erlangten Gegenstandes erworben hat. Hat der Empfänger das Eigenthum einer Sache oder einen Nießbrauch zurückzugewähren, so bestimmen sich die Verpflichtungen zur Herausgabe und Vergütung der Nutzungen nach den Vorschriften über die Verpflichtungen des Besitzers gegenüber dem Eigenthümer. Hat der Empfänger auf den herauszugeben- | den Gegenstand Verwendungen I Prot-RJA 596 I Prot-RJA 595
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24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
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gemacht, so ist er zur Herausgabe nur gegen Ersatz dieser Verwendungen verpflichtet, soweit er nicht durch die Nutzungen, die ihm verbleiben, bereichert ist; von dem Eintritte der Rechtshängigkeit an finden jedoch wegen des Ersatzes der Verwendungen die Vorschriften des § 244 Anwendung." Erwogen wurde: zu Abs. 1 Der Abs. 1 des § f spreche in Uebereinstimmung mit der entsprechenden Vorschrift des § 740 Abs. 1 des Entwurfs in Beziehung auf die Herausgabepflicht des Bereicherten das Surrogationsprinzip aus. Während aber der Entw. ganz allgemein bestimme, daß die Verbindlichkeit zur Herausgabe und zur Werthvergütung sich auf dasjenige erstrecke, was der Empfänger aus dem Geleisteten empfangen habe, spezialisire der § f Abs. 1 den herauszugebenden oder zu vergütenden Erwerb, indem er zur Vermeidung des Mißverständnisses, daß auch das sog. lucrum ex negotiatione herauszugeben sei, bestimme, daß die Verbindlichkeit zur Herausgabe oder zur Werthvergütung sich erstrecke auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines durch die Leistung erworbenen Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines durch die Leistung erlangten Gegenstandes erworben habe. In ähnlicher Weise sei auch an anderen Stellen des Gesetzbuchs das Surrogationsprinzip zum Ausdruck gebracht. Zu Abs. 2 Der § 740 Abs. 2, welcher dem § f Abs. 2 im wesentlichen entspreche, sei nach zwei Richtungen hin zu eng gefaßt. Der § 740 Abs. 2 setze für seine Anwendung voraus, daß eine zum Eigenthum empfangene Sache zurückzugewähren sei. In Betracht zu ziehen seien in- | dessen auch diejenigen Fälle, in denen der Empfänger | Prot-RJA 597 einer Sache statt derselben ein Surrogat nach Maßgabe des Abs. 1 herauszugeben habe, ζ. B. an Stelle des empfangenen Grundstücks ein anderes, in Folge einer Verkoppelung erworbenes. Feiner sei dem Fall einer ohne Rechstgrund erfolgten Veräußerung eines bestehenden Nießbrauchs der Fall gleichzustellen, wenn ein Nießbrauch ohne Rechtsgrund bestellt worden sei, weil es an einem inneren Grund für die verschiedene Behandlung beider Fälle fehle. Den erwähnten, gegen die Fassung des Entwurfs zu erhebenden Bedenken trage der § f Abs. 2 durch eine veränderte Fassung Rechnung. Der Abs. 3 des § f wurde nicht beanstandet; er stimmt mit dem § 740 Abs. 3 des Entwurfs sachlich überein; nur ist die im Entwürfe nur indirekt ausgedrückte Vorschrift, daß von dem Eintritte der Rechtshängigkeit an wegen des Ersatzes von Verwendungen die Bestimmungen des § 244 Anwendung finden, im § f Abs. 3 direkt ausgesprochen. II. Als § g wurde die Aufnahme folgender Vorschrift beschlossen : „Hat der EI-RJA § g Empfänger in dem Zeitpunkte, in welchem ihm das ohne rechtlichen Grund Erlangte ihm zugekommen ist, das Fehlen eines rechtlichen Grundes gewußt, oder hat er es später erfahren, so finden von dem Zeitpunkte an, in welchem ihm das Fehlen eines rechtlichen Grundes bekannt geworden ist, die für die Zeit nach dem Eintritte der Rechtshängigkeit geltenden Vorschriften der §§ 244, 739 (e) Anwendung. Eine herauszugebende Geldsumme hat er von diesem Zeitpunkte an zu verzinsen. Das Gleiche gilt, wenn der Empfänger durch die Annahme einer Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen hat, | von dem Zeit- | Prot-RJA 598 punkte des Empfanges der Leistung an. Der § g soll den § 741 sowie den § 744, den § 745 Abs. 2, den § 747 Abs. 2 und 839
§§ 8 1 2 - 8 2 2
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
den § 748 Abs. 3, soweit diese Vorschriften auf den §741 verweisen, dem Inhalte nach ersetzen. In sachlicher Beziehung stimmt der § g mit den erwähnten Vorschriften im wesentlichen überein. Anlangend den Abs. 1 des § 741, war man jedoch der Ansicht, daß es an einem genügenden Grunde fehle, die im Abs. 2 für anwendbar erklärten Vorschriften des § 244 nicht auch auf den Fall des Abs. 1 anzuwenden. Daneben bleibe es demjenigen, welcher geleistet habe, selbstverständlich unbenommen, soweit der Empfänger sich einer unerlaubten Handlung schuldig gemacht habe, nach Maßgabe der Vorschriften über den Schadensersatz aus unerlaubten Handlungen einen weitergehenden Ersatzanspruch geltend zu machen. Dies im Gesetz an dieser Stelle ausdrücklich vorzubehalten, sei überflüssig. Hier seien die Folgen der Kenntniß ohne Rücksicht darauf zu regeln, ob eine unerlaubte Handlung vorliege oder nicht. Für die Anwendung des § 244 müsse es übrigens genügen, wenn der Empfänger der Leistung das Fehlen eines rechtlichen Grundes gewußt bezw. es später erfahren habe; es sei nicht unbedingt erforderlich, daß er positiv wisse, der Leistende habe seinerseits den Mangel des Rechtsgrundes nicht gekannt. Andererseits verstehe es sich von selbst, daß die Voraussetzung für die strengere Haftung des Empfängers nach § 244 nicht vorliege, wenn dieser glaubte, daß auch der Leistende das Fehlen des angegebenen rechtlichen Grundes kenne, ihm, dem Empfänger, aber schenkungshalber eine Zuwendung machen wolle; denn in einem solchen Falle gehe der Empfänger davon aus, daß für ihn ein rechtlicher Grund zum Behalten der Leistung vorliege, wenngleich ein anderer, als der erklärte, daß er mithin zur Rückerstattung nicht verpflichtet sei. I Prot-RJA 599 | Anlangend den § 747 Abs. 1, so entspreche es den früher gefaßten Beschlüssen, dem Falle, wenn der Empfänger der Leistung durch die Annahme derselben gegen die guten Sitten verstoße, den Fall eines Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz gleichzustellen. III. Ein Antrag, hinter § g eine Vorschrift folgenden Inhalts einzuschalten: „Ist durch einen die Feststellung des bestehenden Rechtszustandes bezweckenden Vertrag das Nichtbestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt worden, während dieses in Wirklichkeit bestanden hat, so kann der Gläubiger den Anerkennungsvertrag anfechten, es sei denn, daß er bei der Schließung des Vertrages das Bestehen des Schuldverhältnisses gekannt hat. Die Anfechtung muß innerhalb eines Jahres erfolgen, nachdem der Gläubiger von dem Bestehen des Schuldverhältnisses Kenntniß erlangt hat. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 165, 166 (169 Abs. 2, §171 II. Lesung) entsprechende Anwendung. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Schließung des Anerkennungsvertrages dreißig Jahre abgelaufen sind." wurde abgelehnt, weil man die Aufnahme dieser auch in die Rechtslage Dritter eingreifenden Vorschrift mit der Sicherheit des Verkehrs nicht für vereinbar erachtete. E I-RJA § h IV. Als § h soll die bereits in der Anmerkung zu § 190 der gedruckten Redaktionsbeschlüsse unter 2 formuline Vorschrift 2 aufgenommen werden... . 2
Danach sollte folgende Bestimmung in den Abschnitt über die Bereicherung aufgenommen werden (wobei die nähere Feststellung der Fassung vorbehalten blieb): „Wer nach den für die Erstattung einer ungerechtfertigten Bereicherung geltenden Vorschriften berechtigt ist, die Aufhebung eines Schuldverhältnisses zu fordern, kann diesen Anspruch auch nach Verjährung desselben gegenüber dem Ansprüche des Gläubigers vertheidigungsweise geltend machen" [vgl. Prot. II, S. 252, 263, 4 7 2 - 4 7 6 ] .
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24. Titel : Ungerechtfertigte Bereicherung
§§812-822
C. 2. Kommission I. Prot. II, Bd. 2, S. 682 ff. (Mugdan, Bd. 2, S. 1169 ff.). Zu dem die §§ 737 bis 748 umfassenden ersten Titel, der von der „Bereicherung" handelt, war beantragt: 1. statt der §§ 737 bis 745, 747, 748 die nachstehenden Vorschriften aufzuneh- Struckmann men: (Nr 245) § a (§ 748 Abs. 1, 2, $ 737 Abs. 3). Hat Jemand aus dem Vermögen eines Anderen etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, so ist er dem Anderen zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet. § b (§ 737 Abs. 1, § 742, § 745 Abs. 1, § 747 Abs. 1; vergi, auch § 290 Abs. 4, § 684 Abs. 1, 2). Eine Leistung kann wegen mangelnden rechtlichen Grundes zurückgefordert werden, wenn sie ohne Zweckbestimmung erfolgt oder die Zweckbestimmung nichtig ist oder wenn der bestimmte Zweck nicht erreicht oder später weggefallen oder der Art ist, daß der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt. § c (§ 737 Abs. 2, § 738). Ist die Leistung zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit erfolgt, so findet die Rückforderung auch dann statt, wenn dem Anspruch auf die Leistung eine Einrede entgegenstand, durch welche die Geltendmachung des Anspruchs dauernd ausgeschlossen wird. Ist eine Verbindlichkeit vor deren Fälligkeit erfüllt, so ist die Rückforderung ausgeschlossen; auch Zwischenzinsen können nicht verlangt werden. § d (§ 737 Abs. 4, §§ 743, 684). In den Fällen des § b ist die Rückforderung ausgeschlossen. 1. wenn die Erreichung des Zweckes von Anfang an unmöglich und dies dem Leistenden bekannt gewesen ist, insbesondere wenn im Falle der Leistung zum Zwecke der Erfüllung oder der vertragsmäßigen Feststellung einer Verbindlichkeit der Leistende gewußt hat, daß die Verbindlichkeit nicht bestand; 2. wenn der Zweck der Leistung derart war, daß der Leistende durch die Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstieß; bestand jedoch die Leistung in der Begründung oder in der vertragsmäßigen Feststellung einer Verbindlichkeit des Leistenden, so ist die Rückforderung zulässig, wenn der Empfänger durch die Annahme der Leistung ebenfalls gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstieß. Ist die Leistung zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit erfolgt, so ist die Rückforderung auch dann ausgeschlossen, wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach. § e (S 739, § 748 Abs. 3). Kann das, was der Empfänger ohne rechtlichen Grund erlangt hat, wegen seiner Beschaffenheit nicht herausgegeben werden oder ist der Empfänger in Folge eines vor dem Eintritte der Rechtshängigkeit des Rückforderungsanspruchs eingetretenen Umstandes außer Stande gesetzt, es herauszugeben, so hat der Empfänger den Werth zu vergüten. Die Verbindlichkeit zur Herausgabe oder zur Werthvergütung fällt fort, soweit der Empfänger bei dem Eintritte der Rechtshängigkeit durch das Erlangte nicht mehr bereichert ist. § f (§ 740, § 748 Abs. 3). Die Verbindlichkeit zur Herausgabe oder zur Werthvergütung erstreckt sich auch auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines 841
§§812-822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
durch das Erlangte erworbenen Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines erlangten Gegenstandes erworben hat. Hat der Empfänger das Eigenthum einer Sache oder einen Nießbrauch zurückzugewähren, so bestimmen sich die Verpflichtungen zur Herausgabe und Vergütung der Nutzungen nach den Vorschriften über die Verpflichtungen des Besitzers gegenüber dem Eigenthümer. Hat derEmpfänger auf den herauszugebenden Gegenstand Verwendungen gemacht, so ist er zur Herausgabe nur gegen Ersatz dieser Verwendungen verpflichtet, soweit er nicht durch die Nutzungen, die ihm verbleiben, bereichert ist; von dem Eintritte der Rechtshängigkeit an finden jedoch wegen des Ersatzes der Verwendungen die Vorschriften des § 244 Anwendung. S g (SS 741, 744, § 745 Abs. 2, § 747 Abs. 2, § 748 Abs. 3). Hat der Empfänger in dem Zeitpunkt, in welchem das ohne rechtlichen Grund Erlangte ihm zugekommen ist, das Fehlen eines rechtlichen Grundes gewußt oder hat er es später erfahren, so finden von dem Zeitpunkte an, in welchem ihm das Fehlen eines rechtlichen Grundes bekannt geworden ist, die für die Zeit nach dem Eintritte der Rechtshängigkeit geltenden Vorschriften der §§ 244, e Anwendung. Eine herauszugebende Geldsumme hat er von diesem Zeitpunkt an zu verzinsen. Das Gleiche gilt, wenn der Empfänger durch die Annahme einer Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstoßen hat, von dem Zeitpunkte des Empfanges der Leistung an. § h (§ 684 Abs. 1). Besteht eine ohne rechtlichen Grund erfolgte Leistung in der Begründung einer Forderung des Empfängers gegen den Leistenden, so kann dieser den Anspruch auf Wiederaufhebung der Forderung auch nach der Verjährung im Wege der Einrede geltend machen. Der Begründung einer Forderung steht die vertragsmäßige Anerkennung einer Forderung gleich. 2. den § 746 zu streichen und im Art. 11 des Entw. des E.G. den Bestimmungen der C.P.O. S 274 Abs. 4 (Neufassung), S. 503 Abs. 2, § 563 Abs. 2 und § 655 folgenden Zusatz zu geben: Wird der Antrag gestellt, so ist der Rückforderungsanspruch als in dem Zeitpunkte der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen. Die Kom. beschloß, den Gegenentwurf der Berathung zu Grunde zu legen. a) Zu § a des Gegenentw. war beantragt:
Jacubezky (Nr 297, 1)
Struckmann (Nr 298)
v. Mandry (Nr 290, 1)
1. die Worte „aus dem Vermögen" zu ersetzen durch die Worte „auf Kosten"; 2. den § a zu fassen 1 : Hat Jemand von Seite eines anderen durch eine Leistung desselben oder in anderer Weise etwas ohne rechtlichen Grund oder aus einem rechtlichen Grunde erlangt, der später weggefallen ist, so ist er dem Anderen zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet. 3. für den Fall der Annahme des Antrags 2 dem § a folgende Fassung zu geben: Hat Jemand aus dem Vermögen eines Anderen durch eine Leistung desselben oder in anderer Weise etwas ohne rechtlichen Grund oder aus einem rechtlichen Grunde erlangt, der sich nicht verwirklicht hat oder später weggefallen ist, so ist er dem Anderen zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet, 4. in dem § a des Gegenentw. hinter „erlangt" einzuschalten „oder nach Wegfall des rechtlichen Grundes in seinem Vermögen behalten". Im Antrage Nr. 286, 1 von Jacubezky heißt es: In dem § a sollen die Worte „aus dem Vermögen" ersetzt werden durch die Worte: „von Seite". 842
24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§812-822
Die Berathung wurde zunächst darauf beschränkt, ob der Ausdruck des Entw. „aus dem Vermögen" beibehalten oder durch die Worte „von Seiten" oder „auf Kosten" ersetzt und ob die condictio ob causam finitam miterwähnt werden soll. Die Kom. entschied sich für den Ausdruck „auf Kosten" nach dem Antrag 1 und für die Miterwähnung der condictio ob causam finitam nach dem Antrage 4. Die Mehrheit entschied sich für die Fassung „auf Kosten eines Anderen". Der Antrag 4, welcher schon in der allgemeinen Vorschrift des S a neben dem anfänglichen Mangel des Rechtsgrundes den späteren Wegfall desselben erwähne, sei zu billigen. Einverstanden war man, daß der § a des Gegenentw. den zweiten Absatz des § 748 mit Recht nicht übernommen habe, da diese Vorschrift in ihrer Allgemeinheit nicht richtig sei. b) Die Kom. nahm zunächst die Berathung des § b in Angriff, indem sie davon ausging, daß die Ausgestaltung des S a verschieden ausfallen müsse, je nachdem eine Bestimmung im Sinne des § b aufgenommen oder abgelehnt werde. Beantragt war : 1. bezüglich des § b 2 : Jacubezky a) die vorgeschlagene Bestimmung zu streichen; (Nr 297, 2) b) als § d 1 zu bestimmen: Verstößt die Zweckbestimmung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so findet die Rückforderung nur dann statt, wenn dem Empfänger der Leistung ein solcher Vorstoß zur Last fällt; sie ist ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei denn, daß die Leistung in der Begründung eines Schuldverhältnisses bestanden hat. Was zum Zwecke der Erfüllung einer in dieser Weise begründeten Verbindlichkeit geleistet wird, kann nicht zurückgefordert werden. 2. zu den §§ a bis d: v. Mandry a) den $ b abzulehnen; (Nr 290, 2) b) eventuell an Stelle desselben zu bestimmen: Ist ein Werth durch Leistung in das Vermögen eines Anderen gekommen, so kann der Leistende denselben (wegen Mangels des rechtlichen Grundes) insbesondere dann zurückfordern : 1. wenn das Rechtsgeschäft, auf Grund dessen geleistet worden ist, nichtig ist oder nach der Leistung nichtig wird; 2. wenn der Zweck, zu dessenVerwirklichung das Leistungsgeschäft begrifflich bestimmt ist, durch dasselbe nicht verwirklicht werden kann, namentlich wenn bei einem Erfüllungsgeschäfte die Verbindlichkeit, welche erfüllt werden soll, nicht besteht; 3. wenn die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die v. Mandry guten Sitten verstößt. (Nr 290, 2) c) falls der S b des Gegenentw. gestrichen (und nicht etwa die unter b vorgeschlagene Bestimmung angenommen) wird, in dem § c den Abs. 1 zu fassen: 2
Von Jacubezky war zunächst als § b vorgeschlagen (Antrag Nr. 286, 2): „Eine Leistung kann wegen Mangels des rechtlichen Grundes zurückgefordert werden, wenn sie ohne Zweckbestimmung erfolgt oder die Zweckbestimmung nichtig ist oder wenn der bestimmte Zweck nicht erreicht oder später weggefallen ist. — Verstößt die Zweckbestimmung . . (wie im Antrag zu § d 1 )· — Insgesamt lautet der Antrag Nr. 297, 2: Der Abs. 1 des § b soll gestrichen, der Abs. 2 des § b als § d 1 hinter den $ d versetzt werden.
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§§ 8 1 2 - 8 2 2
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Ist etwas (oder ein Werth) durch Leistung in das Vermögen eines Anderen gekommen, so kann es (oder: er) von dem Leistenden insbesondere dann zurückgefordert werden, wenn die Leistung zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit erfolgt ist und die Verbindlichkeit nicht besteht. . Mandry d) die unter 1 b vorgeschlagenen Bestimmungen wie folgt zu fassen : Ir 290, 2) Verstößt die Annahme einer Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist die Rückforderung ausgeschlossen, wenn . . . (wie lb). Planck 299,1-2)
3. zu § b, eventuell § a des Gegenentw.: a) dem § b nachstehende Gestalt zu geben: Was Jemand in Folge einer gültigen Leistung eines Anderen erlangt hat, ist demselben wegen Mangels des rechtlichen Grundes nur dann herauszugeben verpflichtet, wenn bei der Leistung eine Bestimmung über den dadurch bezweckten rechtlichen Erfolg nicht getroffen (oder die Bestimmung nichtig) war oder wenn der bezweckte rechtliche Erfolg nicht erreicht oder später wieder weggefallen ist oder wenn die Leistung in solcher Art erfolgte, daß die Annahme derselben gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstieß. b) falls der § b ganz gestrichen wird, den § a zu fassen: Hat Jemand etwas (oder eine Vermögensvermehrung) auf Kosten eines Anderen ohne rechtlichen Grund oder aus einem rechtlichen Grunde, welcher später weggefallen ist, erlangt, so ist er das Erlangte dem Anderen herauszugeben verpflichtet. Dies gilt auch dann, wenn die Bereicherung auf einer Leistung des Anderen beruht (, sofern diese ohne rechtlichen Grund oder aus einem später weggefallenen 3 Grunde erfolgt ist). Ist bei einer Leistung ungewiß, ob der durch sie bezweckte rechtliche Erfolg erreicht werde oder nicht, so4 tritt die Verpflichtung zur Herausgabe des Geleisteten nicht ein, solange nicht feststeht, ob der Zweck erreicht ist. 4. im Falle der Streichung des § b dem § a folgende Fassung zu geben: Hat Jemand durch die Leistung eines Anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, so ist er dem Anderen zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet. Ohne rechtlichen Grund ist insbesondere auch dann etwas erlangt, wenn der mit der Leistung bezweckte Erfolg nicht erreicht oder der Rechtsgrund, auf welchem die Leistung beruht, später weggefallen ist. 5. den § a des Antrags 4 zu fassen: Was Jemand aus dem Vermögen eines Anderen oder auf dessen Kosten ohne Rechtsgrund erlangt hat, ist er dem Anderen herauszugeben verpflichtet. Dasselbe gilt, wenn der Rechtsgrund nicht eingetreten oder später weggefallen ist. Auf die Abstimmung über den Antrag 2 b wurde von dem Antragsteller verzichtet. Bezüglich des unter a) 3 mitgetheilten Antrags erklärte der Antragsteller, daß er mit dem Inhalt und der Fassung des Antrags 4 einverstanden sei und deshalb seinen Antrag zurückziehe. Für den Fall der Aufnahme einer dem § b entsprechenden Bestimmung gelangte in eventueller Abstimmung der Antrag 3 a zur Annahme.Bei der endgültigen Abstimmung wurde indessen der § b abgelehnt und alsdann der § a nach dem Antrage 4 angenommen. 3 4
Im metallographierten Antrag folgt hier noch: „rechtlichen". Im metallographierten Antrag heißt es „ . . . so tritt die Verpflichtung zur Herausgabe des Geleisteten (erst) ein, wenn feststeht, daß der Zweck nicht erreicht ist."
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24. Titel : Ungerechtfertigte Bereicherung
§§812-822
c) Zu § c des Gegenentw. w a r beantragt: 1. in diesem Paragraphen a) den Abs. 1 zu fassen: Eine Leistung, welche z u m Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit erfolgt Jacubezky ist, kann in gleicher Weise, wie w e n n die Verbindlichkeit nicht bestanden hat, auch (Nr 297, 3) dann zurückgefordert werden, w e n n dem Anspruch auf die Leistung eine die Geltendmachung desselben dauernd ausschließende Einrede entgegenstand. b) als Abs. 3 zu bestimmen: Die R ü c k f o r d e r u n g einer z u m Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit ge- Jacubezky machten Leistung ist ausgeschlossen, wenn der Leistende gewußt hat, daß die Ver- (Nr 286, 2) bindlichkeit nicht bestand, o d e r w e n n die Leistung einer sittlichen Pflicht o d e r einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach. 2. den § c wie folgt zu gestalten 5 : a) als Abs. 1 die Bestimmung einzustellen, welche in d e m unter b) I mitgetheilten v. Mandry (Nr 290, 2 u. Antrage 2 c vorgeschlagen ist; 293) b) den Abs. 2 (statt des Gegenentw. Abs. 1, 2) wie folgt zu fassen: Die R ü c k f o r d e r u n g der Leistung aus einem Erfüllungsgeschäfte findet auch dann statt: . . . (wie im Abs. 1 des Gegenentw.), nicht dagegen, wenn der Leistende nur mangels der Fälligkeit z u r Leistung nicht verpflichtet war. c) als Abs. 3 zu bestimmen: Die R ü c k f o r d e r u n g ist ausgeschlossen, wenn der Leistende . . . (wie unter 1 b). A. Die Berathung beschränkte sich zunächst auf den Inhalt des Gegenentw., der den Abs. 2 des § 737 und den § 738 wiedergiebt. Die Bestimmungen des § 737 Abs. 2, 3 wurden als durch die bisherigen Beschlüsse erledigt angesehen. D e r § c des Gegenentw. fand die Zustimmung der M e h r h e i t . . . . B. Die Zusatzbestimmung, welche die Anträge 1 b und 2 c als Abs. 3 des § c vorschlagen, beruht auf der von der Kom. gebilligten Absicht, die sämmtlichen V o r schriften, die sich auf die Leistung einer Nichtschuld beziehen, in einen Paragra5
Die Anträge von v. Mandry lauten im Zusammenhang : Nr. 290, 2: Zu §c. Abs. 1: Für den Fall der Streichung des § b zu fassen: Ist Etwas (oder: ein Werth) durch Leistung in das Vermögen eines Anderen gekommen, so kann es (oder: er) von dem Leistenden insbesondere dann zurückgefordert werden, wenn die Leistung zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit erfolgt ist und die Verbindlichkeit nicht besteht. (Bei Annahme des eventuellen Antrags zu § b fällt der beantragte Abs. 2 aus.) Abs. 2 (statt Abs. 1 und 2 des Antrags N - 245 § c) : Die Rückforderung der Leistung aus einem Erfüllungsgeschäft findet auch dann s t a t t . . . (ausgeschlossen wird); nicht dagegen, wenn der Leistende nur Mangels der Fälligkeit zur Leistung verpflichtet war. Abs. 3. Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn der Leistende . . . (wie Antrag Jac. N - 286 § c). — Zu §d.§ d wie im Antrag Jac. N - 286 § d. — § d 1. Verstößt die Annahme einer Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist eine Rückforderung ausgeschlossen . . . (wie Antrag Jac. N - 286 § b, 2. Absatz). — (Die Anträge zu § c und § d sind im Verhältnisse zu dem Antrag Struckmann N - 245 bezw. Antrag Jacubezky N - 286 nur Fassungsanträge, überwiegend veranlaßt durch die Anträge zu § b.) Nr. 293, 1: Zu § q Abs. 1. Ist dem Empfänger die Herausgabe dessen, was (er) erhalten hat, unmöglich, so hat er den Werth desselben zu ersetzen. — Abs. 2 wie Antrag Jac. — Nr. 286 Ziff. 3 —, doch mit Streichung des letzten Halbsatzes („es sei denn . . . belastet hat.")
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§§812-822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
phen zusammenzufassen. Sachlich weichen die Vorschläge von dem Gegenentw., der die Bestimmungen in seinem § d Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 enthält, nicht ab. Soweit der vorgeschlagene Zusatz inhaltlich mit dem § 737 Abs. 4 sich deckt, erfolgte seine Annahme ohne weitere Erörterung gegen die Stimme eines Mitglieds, welches die Vorschrift in dieser Allgemeinheit nicht für richtig hielt... . d) Zur Berathung standen die Bestimmungen des Gegenentw. § d. Beantragt war :
Jacubezky (Nr 286, 2)
Planck (Nr 299, 2 b)
1. diese Bestimmungen, soweit sie nicht durch die in der vorigen Sitzung gefaßten Beschlüsse erledigt sind, in den Entw. einzustellen; 2. die nachstehenden Vorschriften aufzunehmen: Waren bei einem Schuldanerkenntniß oder Schuldversprechen die Parteien darüber einig, daß die anerkannte Verbindlichkeit bestehe oder die versprochene Leistung geschuldet sei, so findet, wenn die Schuld in der Wirklichkeit nicht bestand oder dem Ansprüche eine Einrede entgegenstand, durch welche die Geltendmachung desselben dauernd ausgeschlossen wurde, die Rückforderung in gleicher Weise wie bei einer zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit gemachten Leistung statt. Das Gleiche gilt, wenn bei der Schließung eines Vertrags, durch welchen das Nichtbestehen einer Schuld anerkannt wird, die Parteien darüber einig waren, daß die Schuld nicht bestehe, während sie in der Wirklichkeit bestand. 3. die Bestimmungen wie folgt zu fassen: Ist ein Schuldverhältniß vertragsmäßig anerkannt, so findet die Zurückforderung statt, wenn in Wirklichkeit die Schuld nicht bestand oder dem Anspruch eine Einrede entgegenstand, durch welche die Geltendmachung desselben dauernd ausgeschlossen wird, es sei denn, daß die Parteien darüber einig waren, daß das Schuldverhältniß für den Fall, daß es nicht bestehe, begründet werden solle. Die Vorschriften des § c Abs. 2, 3 finden entsprechende Anwendung. Diese Vorschriften finden entsprechende Anwendung, wenn ein Schuldverhältniß vertragsmäßig als nicht bestehend anerkannt wird. In der Sitzung wurde dieser Antrag dahin geändert, daß der Schluß des Abs. 1 Satz 1 lautet: es sei denn, daß die Absicht der Parteien nicht lediglich auf Feststellung einer bestehenden Schuld gerichtet war. 4. den Bestimmungen nachstehende Fassung zu geben: Wird ein Schuldverhältniß vertragsmäßig anerkannt, so ist, wenn die Schuld in Wirklichkeit nicht bestand oder dem Anspruch eine Einrede entgegenstand, durch welche die Geltendmachung des Anspruchs dauernd ausgeschlossen wurde, der Anerkennende in gleicher Weise zur Rückforderung berechtigt, wie im Falle einer zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit gemachten Leistung. Diese Vorschrift findet entsprechende Anwendung, wenn das Nichtbestehen eines Schuldverhältnisses vertragsmäßig anerkannt w i r d . . . . Die Kom. entschied sich eventuell für die Fassung des Antrags 3, lehnte dann aber mit acht gegen acht Stimmen die Aufnahme einer entsprechenden Vorschrift ab. e) Es folgte die Berathung des § d Abs. 1 Nr. 1, soweit derselbe die Bestimmung des Entw. § 743 Nr. 3 zu ersetzen bestimmt ist. Beantragt war: 1. die Vorschrift des Gegenentw. wie folgt zu gestalten :
Struckmann Hat Jemand etwas aus einem rechtlichen Grunde erlangt, der sich nicht verwirk(Nr298) licht hat, so ist die Rückforderung ausgeschlossen, wenn die Verwirklichung des 846
24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
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Grundes von Anfang an unmöglich und dies dem Leistenden bekannt gewesen ist oder wenn der Leistende die Verwirklichung wider Treu und Glauben verhindert hat. 2. der Vorschrift nachstehende Fassung zu geben: Ist eine Leistung zu einem anderen rechtlichen Zwecke als dem der Erfüllung Planck einer Verbindlichkeit erfolgt, so ist die Rückforderung ausgeschlossen, wenn der (Nr 299) bezweckte rechtliche Erfolg unmöglich war und der Leistende dies bei der Leistung wußte oder wenn er die Erreichung des bezweckten rechtlichen Erfolges wider Treu und Glauben verhindert hat. 3. die Vorschrift zu streichen. Die Anträge 1 und 2, welche auch die Nr. 2 des § 743 berücksichtigen und sich voneinander nur redaktionell unterscheiden, wurden, soweit sie die Nr. 3 betreffen, von der Kom. angenommen. . . . f) Die unter e mitgetheilten Anträge 1 und 2 gelangten auch insoweit zur Annahme, als sie den Inhalt des § 743 Nr. 2 wiedergeben.... g) Zu § d Abs. 1 Nr. 2 war beantragt, die Vorschriften des Gegenentw. durch folgende Bestimmungen zu ersetzen: Verstößt die Zweckbestimmung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so findet die Rückforderung nur dann statt, wenn dem Empfänger der Leistung ein solcher Verstoß zur Last fällt; sie ist ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei denn, daß die Leistung in der Begründung eines Schuldverhältnisses bestanden hat. Was zum Zwecke der Erfüllung einer in dieser Weise begründeten Verbindlichkeit geleistet wird, kann nicht zurückgefordert werden. Der Gegenentw. entspricht in seinem § d Abs. 1 Nr. 2 den Bestimmungen des Entw. § 743 Nr. 1, § 747 Abs. 3 und § 684 Abs. 3. Der Antrag faßt diese Vorschriften mit dem § 747 Abs. 1 zusammen, berücksichtigt indessen das Schuldanerkenntniß nicht, enthält dagegen einen Zusatz des Inhalts, daß der Versprechende, dem der Verstoß zur Last fällt, wenn er leistet, nicht zurückfordern kann. Die Vorschläge fanden ihrem Inhalte nach die Zustimmung der K o m . . . . h) Zu § e des Gegenentw. war beantragt: 1. dem Abs. 2 nachstehende Fassung zu geben: Die Verpflichtung zur Werthvergütung ist ausgeschlossen, soweit der Empfän- Jacubezky ger das Erlangte in solcher Weise verloren hat, daß der Werth desselben seinem (Nr 286, 3) Vermögen nicht zu gute gekommen ist, es sei denn, daß er das Erlangte unentgeltlich veräußert oder unentgeltlich belastet hat. 2. den Abs. 1 zu fassen: Ist dem Empfänger die Herausgabe dessen, was er erhalten hat, unmöglich, so hat er den Werth desselben zu ersetzen. der Abs. 2 in der Fassung des Antrags 1, jedoch unter Streichung des Schlusses „es sei denn . . , belastet hat", anzunehmen.... Die Mehrheit entschied sich eventuell insoweit für den Atrag 2, als derselbe den Antrag 1 einschränkt. Bei der endgültigen Abstimmung aber wurde der so geänderte Antrag 1 abgelehnt und der § e angenommen.... i) In Betreff der Prot. II, Bd. 2, S. 697 - 699 behandelten Frage der Kondiktion eines Schuldanerkenntnisses stellte zunächst in Folge der von einer Seite gegebenen Anregung der Vorsitzende das Einverständniß der Kom. darüber fest, daß durch 847
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
die Ablehnung der auf die Frage bezüglichen Anträge die Zulässigkeit der Rückforderung eines die Feststellung oder Sicherstellung eines Schuldverhältnisses bezwekkenden Anerkenntnisses nach den Grundsätzen über die Rückforderung einer nicht geschuldeten Leistung nicht habe verneint werden sollen, daß vielmehr über diese Zulässigkeit im Allgemeinen bei der früheren Berathung kein Zweifel bestanden habe. Der RedKom. wurde es hiernach überlassen, durch einen allgemein gehaltenen Zusatz etwa zu § 737 oder § 683 a die Anwendbarkeit der bezeichneten Vorschriften auf das Schuldanerkenntniß zum Ausdrucke zu bringen. k) Zu § f war beantragt: 1. die Bestimmungen des Gegenentw. wie folgt zu gestalten: a) dem Abs. 1 hinzuzufügen „sowie auf die Nutzungen des erlangten Gegenstandes" ; b) den Abs. 2 zu streichen; c) in dem Abs. 3 die Worte „soweit er nicht durch die Nutzungen, die ihm verbleiben, bereichert ist" wegzulassen; 2. in dem § f a) statt der Abs. 2, 3, nachstehenden Abs. 2 aufzunehmen: v. Mandry Hat der Empfänger einen bestimmten Gegenstand herauszugeben, so bestimmen (Nr 293, 2) sich die Verpflichtungen auf Herausgabe oder Vergütung von Nutzungen sowie auf Schadensersatz wegen Unterganges oder Verschlechterung 6 nach den Vorschriften, welche in Ansehung des Eigenthumsanspruchs für das Verhältniß zwischen dem Eigenthümer und dem Besitzer gegeben sind. b) als Abs. 3 hinzuzufügen: Hat der Empfänger eine Geldsumme zu leisten, so hat er dieselbe vom Eintritte des Verzugs und, wenn er nicht im Verzug ist, vom Eintritte der Rechtshängigkeit an zu verzinsen. 3. den Abs. 3 des Gegenentw. zu streichen7. Die Komm, nahm den Abs. 1 des § f an. Zu Abs. 2 wurde in eventueller Abstimmung, für den Fall der Annahme des Antrags 2 a, die Beibehaltung der Worte „sowie auf Schadensersatz wegen Unterganges oder Verschlechterung" beschlossen. Hierauf entschied sich die Mehrheit sowohl gegen den Antrag 2 a wie gegen die Bestimmung des Entw. § 740 Abs. 2, so daß sich die Streichung des § f Abs. 2 gemäß dem Antrag 1 b ergab. Als lediglich redaktionell betrachtete man die Frage, ob es nunmehr noch eines Zusatzes im Sinne des Antrags 1 a bedürfte. Die Aufnahme einer Vorschrift im Sinne des § f Abs. 3 bezw. des Entw. § 740 Abs. 3 wurde abgelehnt. Auf den Antrag 2 b wird bei § g (unten III A) eingegangen werden. 1) Zu § g war beantragt: v. Mandry 1. in dem ersten Absätze des Gegenentw. das Zitat in dem ersten Satze und den (Nr 293, 3) zweiten Satz zu streichen (vergi, den unter k mitgetheilten Antrag 2 b);
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Im metallographierten Antrag folgt hier noch: „und der Anspruch auf den Ersatz der Verwendungen." Von Jacubezky lag folgender nicht in den Protokollen enthaltener Antrag vor: Im § f soll der Abs. 3 folgende Fassung erhalten: Hat der Empfänger auf den herauszugebenden Gegenstand Verwendungen gemacht, so bestimmt sich sein Anspruch auf Ersatz derselben nach den im Abs. 2 bezeichneten Vorschriften.
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2. dem zweiten Absätze hinzuzufügen: und wenn eine Leistung, die einen künftigen Erfolg bezweckte, wegen Nichteintritts des Erfolges zurückzugewähren ist, für die Zeit vom Empfange der Leistung an. Im Laufe der Berathung änderte der Antragsteller zu 2 seinen Vorschlag dahin, eine Bestimmung des Inhalts aufzunehmen, daß sowohl dann, wenn eine Leistung, die einen künftigen Erfolg bezweckte, wegen Nichteintritts des Erfolges, als auch dann, wenn eine Leistung wegen Wegfalls ihres Rechtsgrundes zurückzugewähren sei und in letzterem Falle die Möglichkeit des Wegfalls des Rechtsgrundes zur Zeit der Leistung nach dem Inhalt des Vertrags von dem Empfänger vorausgesehen werden mußte, der Empfänger wegen Unterganges oder Verschlechterung des empfangenen Gegenstandes von der Zeit des Empfanges an nach den für die Zeit nach dem Eintritte der Rechtshängigkeit geltenden Vorschriften des § 244 haften solle. Die Kom. nahm den § g, von dem der Antrag 1 nur redaktionell abweicht, sowie den geänderten Antrag 2 an, letzteren mit sieben gegen fünf Stimmen. m) Es lag der Antrag vor, als § g1 zu bestimmen: Wer zur Vergütung des Werthes einer ohne rechtlichen Grund erlangten beweg- Jaucubezky liehen Sache verpflichtet ist, wird durch die Leistung an denjenigen befreit, aus des- (Nr 286, 5) sen Besitze sie an ihn gelangt ist, wenn er das Eigenthum oder das sonstige an der Sache bestehende Recht eines Dritten nicht gekannt hat, seine Unkenntniß auch nicht auf grober Fahrlässigkeit beruht hat. Für den Fall der Aufnahme dieses Satzes wurde beantragt, die Vorschrift auf den Fall auszudehnen, wenn Jemand zur Herausgabe einer ohne rechtlichen Grund erlangten beweglichen Sache verpflichtet ist. Der Hauptantrag wurde jedoch abgelehnt. n) Es folgte die Berathung des § h, mit der die Berathung des vorgeschlagenen § 720 a8 verbunden wurde. Hierzu war beantragt: 1. die Bestimmungen wie folgt zu gestalten: Gebhard a) den § 720 a zu fassen : (Nr 261, 4) Hat Jemand durch eine von ihm begangene unerlaubte Handlung eine Forderung gegen den Verletzten erlangt, so steht einem solchen Anspruch auch nach Vollendung der Verjährung des Anspruchs auf Wiederaufhebung der Forderung eine Einrede entgegen (durch welche die Geltendmachung der Forderung dauernd ausgeschlossen ist). oder statt des Nachsatzes: so kann der Verletzte die Erfüllung der Verpflichtung auch nach Vollendung der Verjährung des Anspruchs auf Wiederaufhebung der Forderung verweigern. b) dem § h und c) dem § 469s 9 eine dem Vorschlag unter a entsprechende Fassung zu geben; 8
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Der von Struckmann (Antrag Nr. 244, 20) vorgeschlagene § 720a lautet: „Hat Jemand durch eine von ihm begangene unerlaubte Handlung eine Forderung gegen den Verletzten erlangt, so kann dieser den Anspruch auf Wiederaufhebung der Forderung auch nach Vollendung der Verjährung im Wege der Einrede geltend machen; der Begründung einer Forderung steht die vertragsmäßige Anerkennung einer solchen gleich." (Prot. II, Bd. 2, S. 612). Abgedruckt bei Jakobs/Schubert, Beratung, Schuldrecht II, S. 201. - Ob die Anträge b) und c) von Jacubezky stammen, ist nicht nachweisbar.
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§§812-822
Jacubezky (Nr 264,11)
Jacubezky (Nr 286, 6)
Planck (Nr 296,1-3)
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
2. nachstehende Bestimmungen aufzunehmen: a) statt § 720 a: Hat Jemand durch eine von ihm begangene unerlaubte Handlung eine Forderung gegen den Verletzten erlangt, so ist dieser berechtigt, die Leistung zu verweigern. Macht der Verletzte das Recht, die Leistung zu verweigern, durch Erklärung gegenüber dem Gläubiger geltend, so erlischt die Forderung. b) statt § h: Hat Jemand durch eine des rechtlichen Grundes ermangelnde Leistung ein Forderungsrecht gegen den Leistenden erlangt, so ist dieser berechtigt, die Erfüllung seiner Verbindlichkeit zu verweigern. Macht er das Recht, die Erfüllung zu verweigern, durch Erklärung gegenüber dem Gläubiger geltend, so erlischt die Forderung. 3. die Bestimmungen wie folgt zu ergänzen: a) Beruht die Forderung auf einem gegenseitigen Vertrage, so ist der Empfänger, wenn die Einrede rechtskräftig für begründet erkannt ist, berechtigt, den Vertrag durch eine dem anderen Theile gegenüber abzugebende Erklärung aufzuheben. Dies gilt auch dann, wenn die Forderung ganz oder theilweise auf einen Anderen übergegangen und die Einrede dem neuen Gläubiger gegenüber geltend gemacht war. b) dem § 720a einen entsprechenden Zusatz zu geben: c) dem § 469s hinzuzufügen: Ist die auf den Anspruch auf Wandelung gegründete Einrede rechtskräftig für begründet erkannt, so ist der Verkäufer berechtigt, die Wandelung durch eine dem Käufer gegenüber abzugebende Erklärung zum Vollzuge zu bringen. Dies gilt auch dann, wenn die Forderung aus dem Kaufvertrag auf einen Anderen übertragen und die Einrede dem neuen Gläubiger gegenüber geltend gemacht war.
Jacubezky 4. für den Fall, daß eine Bestimmung des unter 3 vorgeschlagenen Inhalts für (Nr 297, 4) erforderlich erachtet wird, a) dem § h des von demselben Antragsteller herrührenden Antrags 2 b hinzuzusetzen : Bei einem gegenseitigen Vertrag ist der Berechtigte, wenn er von seinem Rechte Gebrauch macht, eine empfangene Gegenleistung nach Maßgabe der §§ e bis g herauszugeben verpflichtet. b) dem § 720 a einen entsprechenden Zusatz zu geben, c) dem § 469 s hinzuzufügen : Verweigert der Käufer auf Grund der Einrede der Wandelung die Zahlung des Kaufpreises, so ist er nach Maßgabe des § 469 g1 zur Herausgabe der gekauften Sache verpflichtet (oder: so kann der Verkäufer die Wandelung durch eine dem Käufer gegenüber abzugebende Erklärung vollziehen). Die ursprüngliche Fassung des § 720 a und des § h wurde zu Gunsten der in dem Antrag 1 an zweiter Stelle vorgeschlagenen Fassung zurückgezogen. Den Antrag 3 änderte der Antragsteller dahin ab, daß er vorschlug, die Worte unter a „wenn die Einrede rechtskräftig für begründet erkannt ist" durch die Worte „wenn die Leistung auf Grund der Einrede verweigert ist" zu ersetzen und die entsprechende Aenderung auch unter b und c eintreten zu lassen. Die Kom. entschied sich, unter Ablehnung des Antrags 2, für die in dem Antrag 1 a und b an zweiter Stelle vorgeschlagene Fassung des § 720 a und des § h. Die Vorschläge des Antrags 3a und b wurden verworfen; die Anträge 3c und 4c galten 850
24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§ 812 — 822
hierdurch als erledigt. Eine Aenderung der Fassung des § 469 s Satz 1 wurde nach dem Antrag 1 c beschlossen. . . . o) Zu erledigen war zunächst oben S. 842 mitgetheilte Antrag 2 auf Streichung des § 746 und auf Ergänzung der C.P.O. §§ 274, 503, 563, 655. Es lagen nachstehende Abänderungsanträge vor: 1. den als Ersatz des § 746 vorgeschlagenen Zusatz zu den bezeichneten Para- Jacubezky graphen der C.P.O. zu fassen: (Nr 286, 7) Wird der Antrag gestellt, so ist der Rückforderungsanspruch als in dem Zeitpunkte der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen. Die nach den §§ e, f 10 des B.G.B, mit der Rechtshängigkeit verbundenen Wirkungen treten in diesem Zeitpunkt auch dann ein, wenn der Antrag nicht gestellt wird. 2. den unter 1 gemachten Vorschlag auf die Fälle des § 503 der C.P.O. zu beschränken; 3. falls weder der Hauptantrag noch der Antrag 1 angenommen wird, den Zusatz wie folgt zu fassen: Wird der Antrag gestellt, so ist auf Beurtheilung zur Erstattung des vom Beklagten auf Grund des Unheils Gezahlten oder Geleisteten mit Verzugszinsen vom Tage der Zahlung zu erkennen. Den Hauptantrag nahm der Antragsteller im Laufe der Berathung zurück. Der Antrag 2 wurde ebenfalls zurückgezogen, von anderer Seite aber wiederaufgenommen . . . Die Mehrheit entschied sich für den Antrag 1 . . . . II. Die beschlossene Regelung lautet in der VorlZust.: § 736c (748). Hat Jemand auf Kosten eines Anderen etwas (oder: eine Vermögensvermehrung) ohne rechtlichen Grund erlangt, so ist er dem Anderen zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet 11 . § 736 a (748, 737, 742, 745). Was Jemand auf Kosten eines Anderen ohne rechtliehen Grund erlangt hat, ist er demselben herauszugeben verpflichtet. Dies gilt auch dann, wenn die erlangte Bereicherung auf einer (gültigen) Leistung des Anderen beruht 12 . Als ohne rechtlichen Grund erlangt gilt etwas (oder: die Bereicherung) insbesondere auch dann, wenn der mit der Leistung bezweckte (rechtliche) Erfolg nicht erreicht oder der Rechtsgrund, auf welchem die Leistung beruht, (oder: aus welchem die Leistung erfolgt ist,) später weggefallen ist. § 737 (737, 738). Was zum Zwecke der Erfüllung (oder Feststellung) einer Verbindlichkeit geleistet ist, kann in gleicher Weise, wie wenn die Verbindlichkeit nicht bestanden hat, auch dann zurückgefordert werden, wenn dem Anspruch eine die Geltendmachung desselben dauernd ausschließende Einrede entgegenstand. War der Anspruch ein betagter, so kann das Geleistete nicht deshalb zurückgefordert werden, weil die Fälligkeit zur Zeit der Leistung noch nicht eingetreten war, auch Zwischenzinsen können nicht verlangt werden. Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn der Leistende bei der Leistung ge10 des Struckmann'schen Gegenentwurfs. 11 Hierzu ist angemerkt: Uber mehrere zu diesem Paragraphen beantragte Zusätze ist noch nicht Beschluß gefaßt. 12 Diese Neufassung soll an die Stelle des § 736 a treten.
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E I-VorlZust S 736 c E I-VorlZust § 736 a
EI-VorlZust S737
§ § 812 — 822
E I-VorlZust § 738 a
E I-VorlZust § 738b
E I-VorlZust § 739
E I-VorlZust ξ 740
E I-VorlZust § 741
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
wußt hat, daß die Verbindlichkeit nicht bestehe oder daß dem Ansprüche eine Einrede der im Abs. 1 bezeichneten Art entgegenstehe oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach. S 738 vgl. § 737. § 738 a (743 Nr. 2, 3). Die Rückforderung des Geleisteten wegen Nichteintritts des mit der Leistung bezweckten (rechtlichen) Erfolges ist ausgeschlossen, wenn der Eintritt des Erfolges unmöglich und dies dem Leistenden bei der Leistung bekannt war, oder wenn der Leistende den Eintritt des Erfolges wider Treu und Glauben verhinderte. § 738 b (747). Ist der Zweck einer Leistung in solcher Art bestimmt, daß der Empfänger durch die Annahme derselben gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt, so kann das Geleistete (wegen Mangels des rechtlichen Grundes) zurückgefordert werden; die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei denn, daß die Leistung in der Begründung eines Schuldverhältnisses bestanden hat. Was zum Zwecke der Erfüllung einer in dieser Weise begründeten Verbindlichkeit geleistet wird, kann nicht zurückgefordert werden. § 739 (739, 748 Abs. 3). Kann das, was der Empfänger ohne rechtlichen Grund erlangt hat, wegen seiner Beschaffenheit nicht herausgegeben werden oder ist der Empfänger in Folge eines vor dem Eintritte der Rechtshängigkeit des Rückforderungsanspruchs eingetretenen Umstandes außer Stand gesetzt, es herauszugeben, so hat der Empfänger den Werth zu vergüten. Die Verbindlichkeit zur Herausgabe oder zur Werthvergütung ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger bei dem Eintritte der Rechtshängigkeit durch das Erlangte nicht mehr bereichert ist. § 740. Die Verbindlichkeit zur Herausgabe oder zur Werthvergütung erstreckt sich auch auf die Nutzungen des erlangten Gegenstandes sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines erlangten Gegenstandes erworben hat. § 741. Hat der Empfänger in dem Zeitpunkt, in welchem das ohne rechtlichen Grund Erlangte ihm zugekommen ist, das Fehlen eines rechtlichen Grundes gewußt oder hat er es später erfahren, so finden von dem Zeitpunkt an, in welchem ihm das Fehlen eines rechtlichen Grundes bekannt geworden ist, die für die Zeit nach dem Eintritte der Rechtshängigkeit geltenden Vorschriften der §§ 244, 739, Anwendung. Eine herauszugebende Geldsumme hat er von diesem Zeitpunkt an zu verzinsen. Das Gleiche gilt, wenn der Empfänger durch die Annahme einer Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstoßen hat, von dem Zeitpunkte des Empfanges der Leistung an. Ist die Rückforderung begründet, weil der mit der Leistung bezweckte künftige Erfolg nicht erreicht ist, so ist der Empfänger, wenn in Folge seines Verschuldens das Erlangte untergegangen oder verschlechtert ist, den dadurch entstandenen Schaden dem Berechtigten auch dann zu ersetzen verpflichtet, wenn der Untergang oder die Verschlechterung vor dem Zeitpunkt eingetreten ist, in welchem der Empfänger von dem Nichteintritte des Erfolges Kenntniß erhalten hat. Das Gleiche gilt, wenn das Geleistete wegen Wegfalls des rechtlichen Grundes herauszugeben ist, sofern der Empfänger von Anfang an die Möglichkeit dieses Wegfalls sich vorstellen mußte 13 . 13
Hierzu ist angemerkt: 1. Hinter § 720 wird folgende Vorschrift als $ 720 a eingeschaltet: Hat Jemand durch eine von ihm begangene unerlaubte Handlung eine Forderung gegen
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24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§ § 812 — 822
§ 741 a. Besteht eine des rechtlichen Grundes ermangelnde Leistung in der Be- EI-VorlZust gründung einer Forderung gegen den Leistenden, so ist dieser die Erfüllung auch §741 a nach Verjährung des Rückforderungsanspruchs zu verweigern berechtigt. s 742 vergi. § 736c. - § 743 vergi. § 738a. - § 744 vergi. §§ 739 bis 741 a. § 745 vergi. §§ 736c, 739 bis 741 a. - § 746 gestrichen (vgl. Fn. 15). - § 747 vergi. §§ 736c, 738b bis 741 a. - § 748 vergi. §§ 736c, 739 bis 741 a. III. In der ZustRedKomlautet
die Regelung:
§ 736 a. Wer auf Kosten eines Anderen durch eine Leistung desselben oder in E I-ZustRedKom sonstiger Weise etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat, ist dem Anderen zur § 736 a Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht insbesondere auch dann, wenn der Rechtsgrund später weggefallen oder der mit einer Leistung nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eingetreten ist. Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses. § 737. Ist zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit geleistet, so findet die E I-ZustRedKom Rückforderung auch dann statt, wenn dem Ansprüche eine Einrede entgegenstand, § 737 durch welche die Geltendmachung desselben dauernd ausgeschlossen wurde. Ist eine betagte Verbindlichkeit vorzeitig erfüllt, so ist die Rückforderung ausgeschlossen; auch kann die Erstattung von Zwischenzinsen nicht verlangt werden. 5 737 a. Die Rückforderung des zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlich- E I-ZustRedKom keit Geleisteten ist ausgeschlossen, wenn der Leistende gewußt hat, daß er zur Lei- § 737 a stung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach. S 738 vergi. S 737 Abs. 2. 5 738 a. Die Rückforderung wegen Nichteintritts des mit einer Leistung be- E I-ZustRedKom zweckten Erfolges ist ausgeschlossen, wenn der Eintritt des Erfolges von Anfang an § 738 a unmöglich war und der Leistende dies gewußt hat oder wenn der Leistende den Eintritt des Erfolges wider Treu und Glauben verhindert hat. § 738 b. Ist der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt, daß der Empfänger E I-ZustRedKom durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten ver- § 738 b stößt, so ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet, es sei denn, daß dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt. Die Rückforderung ist auch in einem Falle dieser Art zulässig, wenn die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestand; das zur Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden. § 739. Die Verpflichtung zur Herausgabe des ohne rechtlichen Grund Erlangten E I-ZustRedKom erstreckt sich auch auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der § 739 Empfänger auf Grund eines erlangten Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstandes erworben hat. Kann der Empfänger das Erlangte wegen der Beschaffenheit desselben nicht den Verletzten erlangt, so kann der Verletzte die Erfüllung auch nach Verjährung des Anspruchs auf Wiederaufhebung der Forderung verweigern. — 2. Der Schluß des ersten Satzes des § 469 s wird dahin geändert: „so kann er die Erfüllung seiner Verpflichtung aus dem Kaufvertrage auch nach Verjährung des Anspruchs auf Wandelung oder Minderung insoweit verweigern, als er dazu im Falle der vollzogenen Wandelung oder Minderung berechtigt sein würde." 853
§§
812-822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
herausgeben oder ist er aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außer Stande, so hat er den Werth zu ersetzen. Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersätze des Werthes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist. V o n dem Eintritte der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften. E I-ZustRedKom § 741. H a t der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Emp§ 7 4 1 fange gekannt oder später erfahren, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung
der Kenntniß an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre. H a t der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen, so gilt das Gleiche von dem Empfange der Leistung an. E I-ZustRedKom § 741 a. W a r mit der Leistung ein Erfolg bezweckt, dessen Eintritt nach dem In§ 7 4 1 a halte des Rechtsgeschäfts als ungewiß angesehen wurde, so ist der Empfänger,
wenn der Erfolg nicht eingetreten ist, zur Herausgabe so verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zur Zeit des Empfanges rechtshängig geworden wäre. Das Gleiche gilt, wenn die Leistung aus einem Rechtsgrunde, dessen Wegfall nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts als möglich angesehen wurde, erfolgt und der Rechtsgrund weggefallen ist. Zinsen hat der Empfänger jedoch erst von der Zeit an zu entrichten, zu welcher er den Nichteintritt des Erfolges oder den Wegfall des Rechtsgrundes erfahren hat; zur Herausgabe von Nutzungen ist er insoweit nicht verpflichtet, als er zu dieser Zeit nicht mehr bereichert ist. E I-ZustRedKom § 741b. Ist Jemand ohne rechtlichen Grund eine Verbindlichkeit eingegangen, S 741b so kann er die Erfüllung auch nach der Verjährung des Anspruchs auf Befreiung von der Verbindlichkeit verweigern 14 . § 742 vergi. § 736 a. § 743 vergi. § 738 a. § 744 vergi. §§ 739, 741 Abs. 1, 741 a. § 745 vergi. §§ 7 3 6 a, 739, 741 Abs. 1, 741 a. § 746 gestrichen 15 . 14
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Fn. im Original: 1. Der Schluß des ersten Satzes des § 469s wird dahin geändert: „so kann er auch nach der Verjährung des Anspruchs auf Wandelung oder Minderung die Zahlung des Kaufpreises insoweit verweigern, als er auf Grund der Wandelung oder Minderung dazu berechtigt sein würde." — 2. Der Abs. 3 des $ 469 d1 wird dahin geändert: „Der Käufer kann auch nach der Verjährung des Anspruchs die Zahlung des Kaufpreises verweigern." Fn. im Orginal: In den Art. 11 des Entwurfes des Einführungsgesetzes sollen, zugleich als Ersatz des § 7 4 6 (Entw. I), folgende Ergänzungen aufgenommen werden: a) Der § 2 7 4 Abs. 4 (neue Fassung), der § 503 Abs. 2, der § 563 Abs. 2 und der § 655 Abs. 2 erhalten den Zusatz: „Wird der Antrag gestellt, so ist der Anspruch auf Erstattung als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen. Die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes mit der Rechtshängigkeit verbundenen Wirkungen treten zu dieser Zeit ein, auch wenn der Antrag nicht gestellt wird. — b) Als § 689 a wird folgende Vorschrift eingeschaltet: Insoweit sich ergiebt, daß die in den §§ 686, 687 bezeichneten Einwendungen begründet sind, ist der Gläubiger zur Herausgabe desjenigen, was er durch die Zwangsvollstreckung erlangt hat oder was ihm zur Abwendung derselben geleistet ist, so verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Erstattung zur Zeit des Empfanges rechtshängig worden wäre."
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24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§812-822
§ 747 vergi. §§ 738 b, 741 Abs. 2. § 748 vergi. §§ 736 a, 739, 741 Abs. 1. III. 1. Im E II lautet die beschlossene Regelung: Fünfundzwanzigster Titel. Ungerechtfertigte Bereicherung. § 737. (737 Abs. 1, 3, 742, 745 Abs. 1, 748; 290 Abs. 4, 684 Abs. 1, 2). W e r durch E II § 737 die Leistung eines Anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht insbesondere auch dann, wenn der rechtliche Grund später weggefallen oder der mit einer Leistung nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eingetreten ist. Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses. s 738. (737 Abs. 2, 738). Ist zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit ge- E II § 738 leistet worden, so findet die Rückforderung auch dann statt, wenn dem Anspruch eine Einrede entgegenstand, durch welche die Geltendmachung desselben dauernd ausgeschlossen wurde. Ist eine betagte Verbindlichkeit vorzeitig erfüllt worden, so ist die Rückforderung ausgeschlossen; die Erstattung von Zwischenzinsen kann nicht verlangt werden. § 739. (737 Abs. 4). Die Rückforderung des zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleisteten ist ausgeschlossen, wenn der Leistende gewußt hat, daß er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach.
E II S 739
§ 740. (743 Nr. 2, 3). Die Rückforderung wegen Nichteintritts des mit einer Lei- E II § 740 stung bezweckten Erfolges ist ausgeschlossen, wenn der Eintritt des Erfolges von Anfang an unmöglich war und der Leistende dies gewußt hat oder wenn der Leistende den Eintritt des Erfolges wider Treu und Glauben verhindert hat. § 741. (743 Nr. 1, 747 Abs. 1, 3, 684 Abs. 3). W a r der Zweck einer Leistung in E II § 741 der Art bestimmt, daß der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen hat, so ist der Empfänger zur H e r ausgabe verpflichtet, es sei denn, daß dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt. Die Rückforderung ist auch in einem Falle dieser Art zulässig, wenn die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestand; das zur Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden. § 742. (739, 740, 744, 745 Abs. 2, 748 Abs. 3) Die Verpflichtung zur Herausgabe E II § 742 des ohne rechtlichen Grund Erlangten erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechtes oder als Ersatz f ü r die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstandes erworben hat. Ist die Herausgabe des Erlangten wegen seiner Beschaffenheit nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außer Stande, so hat er den Werth zu ersetzen. Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersätze des Werthes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist. 855
§§ 812 — 822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Von dem Eintritte der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften. Ε II § 743
§ 743 (741, 744, 745 Abs. 2, 747 Abs. 2, 748 Abs. 3). Hat der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfange gekannt oder später erfahren, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntniß an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre. Hat der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen, so ist er von dem Empfange der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.
E II § 744
§ 744. War mit der Leistung ein Erfolg bezweckt, dessen Eintritt nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts als ungewiß angesehen wurde, so ist der Empfänger, falls der Erfolg nicht eingetreten ist, zur Herausgabe so verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zur Zeit des Empfanges rechtshängig geworden wäre. Das Gleiche gilt, wenn die Leistung aus einem Rechtsgrunde, dessen Wegfall nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts als möglich angesehen wurde, erfolgt und der Rechtsgrund weggefallen ist. Zinsen hat der Empfänger erst von der Zeit an zu entrichten, zu welcher er den Nichteintritt des Erfolges oder den Wegfall des Rechtsgrundes erfahren hat; zur Herausgabe von Nutzungen ist er insoweit nicht verpflichtet, als er zu dieser Zeit nicht mehr bereichert ist.
E II S 745
§ 745. (684 Abs. I) 16 . Ist Jemand ohne rechtlichen Grund eine Verbindlichkeit eingegangen, so kann er die Erfüllung auch nach der Verjährung des Anspruchs auf Befreiung von der Verbindlichkeit verweigern. 2. Revision des Ell
(Prot. II, Bd. 6, S. 199f.):
a) Zu § 737 wurde die Anregung, im Abs. 1 Satz 2 das Wort „insbesondere" zu streichen, der RedKom. überwiesen. Sohm (Nr 35)
b) Zu den §§ 745, 776 war der Antrag gestellt, die Vorschriften zu fassen: § 745. Ist Jemand ohne rechtlichen Grund eine Verbindlichkeit eingegangen, so kann er die Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen. Der Anspruch ist unverjährbar. § 776. Hat Jemand durch eine von ihm begangene unerlaubte Handlung eine Forderung gegen den Verletzten erlangt, so kann der Verletzte die Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen. Der Anspruch ist unverjährbar. (Vergi. Strohal in Iherings Jahrbüchern 34 S. 366, 367.) Von anderer Seite wurde beantragt, als § 189a oder § 248 a einzuschalten: Ist der Schuldner berechtigt, von dem Gläubiger die Aufhebung des Schuldverhältnisses zu fordern, so wird die Verjährung dieses Anspruchs nicht vollendet, solange nicht der Anspruch des Gläubigers aus dem aufzuhebenden Schuldverhältnisse verjährt ist. (Vergi. § 813 Abs. 3, § 1076; Jacubezky, Bemerkungen S. 39, 40.) Die Kom. lehnte die Wiederaufnahme der Berathung über die Anträge, die in ähnlicher Form bereits bei der früheren Berathung des Allg. Theiles (Bd. 1 S. 236 bis 238) gestellt worden waren, ab.
i ' Vgl. Fn. 15.
856
24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§812-822
2. Fassung der Regelung im E II rev. (E III) : § 797 (S 796 E III) = § 812 BGB. § 798 (S 797 E III) = § 813 BGB (dazu unten S. 858). § 799 (§ 798 E III) = § 814 BGB. S 800 (S 799 E III) = S 815 BGB. § 801 (§ 800 E III) = § 816 BGB (dazu unten S. 858ff.). § 802 (S 801 E III) = § 817 BGB. § 803 (§ 802 E III) = §818 BGB. § 804 (§ 803 E III) = § 819 BGB. § 805 (§ 804 E III) = § 820 BGB. § 806 (§ 805 E III) = § 821 BGB. § 807 (§ 806 E III) = § 822 BGB (dazu unten S. 871 f.).
E. Reichstag (XII. Kommission) I. Anträge zur 1. Lesung. 1. Als §606a (§ 796a) einzuschalten: „Für die Entrichtung des Lohnes haftet Stadthagen außer dem unmittelbaren Vertragschließenden derjenige, in dessen Nutzen die Ar- (Nr 44,7) beitskraft vom Arbeitnehmer verwendet ist." 2. hinter § 801 folgende Bestimmungen als § 801 a aufzunehmen: „Wer eine Leistung bewirkt, um eine unter Ausbeutung der Nothlage, des Gröber Leichtsinns oder der Unerfahrenheit für sich oder einen Dritten eingegangene Ver- (Nr 46, 4) bindlichkeit zu erfüllen, kann das Geleistete zurückfordern. Der Empfänger ist von dem Empfange der Leistung an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre. Die Rückforderung ist auch zulässig, wenn die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit besteht. Der Rückfordernde hat eine empfangene Leistung zurückzugewähren; die Rückforderung findet auch in den Fällen der §§ 345 bis 347 statt; an Stelle der Rückgewähr ist der Werth der empfangenen Leistung zu vergüten." 3. als § 801 b einzufügen: „Uebersteigt bei einem gegenseitigen Vertrage der Werth der Leistung den Gröber Werth der Gegenleistung um das Doppelte oder mehr, so kann der Geschädigte ge- (Nr 46, 5) gen Rückgewähr der empfangenen Gegenleistung das Geleistete nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückfordern. Die Herausgabe kann durch Zahlung des Unterschiedes zwischen dem wirklichen und dem vereinbarten Werthe beider Leistungen abgewendet werden." II. Bericht von Heller (Bayern) über die Sitzung vom 23. 3. 1896. Bei dem § 796 kam der Abgeordnete Stadthagen auf den in Nr. 44 der Drucksachen unter Ziff. 7 enthaltenen Antrag zurück, dessen weitere Erwägung seiner Zeit bis zur Beratung der Bestimmungen über die ungerechtfertigte Bereicherung vorbehalten worden war. Er stellte dabei für den Fall seiner Ablehnung den weiteren Antrag, im Absatz 2 des § 796 hinzuzufügen: „sowie die auf Grund eines Vertrags mit einem Anderen erfolgte Verwendung der Arbeitskraft in den Nutzen des Bereicherten". Der Antrag wurde in beiden Gestalten gegen die Stimme des Antragstellers abgelehnt, nachdem sich der Kommissar Struckmann gegen ihn ausgesprochen und insbesondere darauf hingewiesen hatte, welche außerordentliche Gefahr für die 857
§ § 812 — 822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Rechtssicherheit durch eine solche Bestimmung hervorgerufen werden würde. Der Paragraph wurde unverändert angenommen. Zum § 797 wurde auf Antrag des Abgeordneten Enneccerus beschlossen, der Redaktionskommission die Prüfung der Frage zu überweisen, ob nicht durch einen Zusatz außer Zweifel zu stellen sei, daß die Sonderbestimmung des § 217 durch die Bestimmung des Absatzes 1 nicht berührt werde. Mit diesem Vorbehalte nahm die Kommission den Paragraphen sachlich an. §§ 798 bis 801 blieben unbeanstandet. Der Antrag Gröber auf Einschaltung eines neuen § 801a (Nr. 46 der Drucksachen, Ziff. 4) bezweckt, eine den Bestimmungen des Wuchergesetzes über den Sachwucher entsprechende Bestimmung in das Bürgerliche Gesetzbuch aufzunehmen unter Ausdehnung des Begriffs des Sachwuchers über die Fälle der Gewerbsmäßigkeit oder Gewohnheitsmäßigkeit hinaus. Struckmann empfahl die Ablehnung des Antrags, in dem er ausführte: Die Folge der beantragten Bestimmung ergebe sich schon aus den §§ 801, 803 und zwar in weit angemessenerer Weise als nach dem Antrage, wenn der Satz richtig ist, daß ein Rechtsgeschäft der in dem Antrage bezeichneten Art gegen die guten Sitten verstößt. Ob dies der Fall ist, müsse der Beurteilung des einzelnen Falls überlassen werden. Es empfehle sich daher auch nicht, eine diesen Satz im allgemeinen aussprechende Bestimmung in das Gesetzbuch aufzunehmen, weil dadurch unter Umständen auch legitime Rechtsgeschäfte erschwert werden könnten. Der Abgeordnete Gröber zog darauf seinen Antrag zurück, beantragte aber, an einer von der Redaktionskommission zu bestimmenden Stelle des Entwurfs eine Bestimmung des Inhalts aufzunehmen, daß Rechtsgeschäfte, durch die Jemand unter Ausbeutung der Notlage, des Leichtsinns oder der Unerfahrenheit eines Anderen sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil versprechen oder gewähren läßt, der den Wert dergestalt überschreitet, daß der Vermögensvorteil in auffälligem Mißverhältnisse zu der Leistung steht, als gegen die guten Sitten verstoßend anzusehen sind. Dieser Antrag wurde von mehreren Seiten unterstützt und einstimmig angenommen. Der Antrag Gröber auf Einschaltung eines neuen § 801b (Nr. 46 der Drucksachen, Ziff. 5), der den gemeinrechtlichen Grundsatz von den Wirkungen der laesio enormis in das Gesetzbuch aufnehmen will, wurde von keiner Seite unterstützt und gegen die Stimme des Antragstellers abgelehnt, nachdem Struckmann darauf aufmerksam gemacht hatte, daß der Antrag über die Bestimmung des Gemeinen Rechts weit hinausgehe und in dieser Fassung unbrauchbar sei, daß übrigens dem Antrag, soweit er Berechtigtes enthält, schon durch die soeben beschlossene Bestimmung Genüge geschehe.
§ 816
Trifft ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand eine Verfügung, die den Berechtigten gegenüber wirksam ist, so ist er den Berechtigten zur Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten verpflichtet. Erfolgt die Verfügung unentgeltlich, so trifft die gleiche Verpflichtung denjenigen, welcher auf Grund der Verfügung unmittelbar einen rechtlichen Vorteil erlangt. Wird an einen Nichtberechtigten eine Leistung bewirkt, die den Berechtigten gegenüber wirksam ist, so ist der Nichtberechtigte den Berechtigten zur Herausgabe des Geleisteten verpflichtet. 858
24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
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A. 1. Kommission 1 I. 341. Sitzung vom 30. 6. 1884, Schriftführer v. Liebe Die Berathung des Sachenrechtsentwurfs, Eigenthumsanspruch, wurde fortge- | Prot 14219 setzt. Die §§ 195, 196 des Entwurfs wurden bei der Berathung zusammengefaßt. Dieselben lauten:
S 195. „Wer das Eigenthum eines Grundstücks dadurch verloren hat, daß ein Anderer TE-SachR in dem irrigen Glauben, hierzu berechtigt zu sein, die Eintragung als Eigenthümer S 195 in dem Grundbuche erhalten und das Grundstück einem Dritten aufgelassen hat, hat gegen den Auflassenden den Anspruch auf Herausgabe des durch die Veräußerung des Grundstücks erlangten Vortheils." S 196. „Wer das Eigenthum einer beweglichen Sache dadurch verloren hat, daß ein An- TE-SachR derer dieselbe | ohne Erwerbungsgrund, aber in Unkenntniß der Thatsache, die ihn S 196 an der Erlangung des Eigenthums hinderte, besessen und I Pfot I 4 2 2 0 1. die Sache verbraucht oder deren Eigenthum in Folge ihrer Verarbeitung oder ihrer Verbindung, Vermischung oder Vermengung mit einer eigenen Sache erlangt hat, oder 2. die Sache veräußert, und der Erwerber das Eigenthum, sei es sogleich, sei es durch Ersitzung erlangt hat, hat gegen den Anderen Anspruch auf Herausgabe des durch den Verbrauch, die Gewinnung oder die Veräußerung der Sache erlangten Vortheils. Diesen Anspruch hat der Eigenthümer gegen den redlichen Veräußerer seiner Sache auch dann, wenn er dieselbe von dem Erwerber gegen Bezahlung des demselben nach § 186 zustehenden Gegenanspruches zurückerhalten hat, jedoch nicht über den bezahlten Betrag hinaus." Folgende Anträge waren gestellt: 1. den § 196 durch folgende Bestimmung zu ersetzen : Derscheid „Hat ein Dritter das Eigenthum einer beweglichen Sache nach Maßgabe des (Nr 139) § 135 erlangt, so steht dem früheren Eigenthümer gegen den redlichen Veräußerer ein Anspruch wegen Bereicherung nicht zu. Konnte der Eigenthümer einer beweglichen Sache die Herausgabe von dem Erwerber nach Maßgabe des § 186 nur gegen Bezahlung des von demselben geltend gemachten Gegenanspruchs erlangen, so steht dem Eigenthümer gegen den redlichen Veräußerer ein Anspruch wegen Bereicherung nicht zu." 12. die SS 195 — 197 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: „Wenn der Eigenthümer einer Sache das Eigenthum derselben ohne seinen Willen oder ohne seinen rechtsgültigen Willen dadurch verloren hat, daß ein Anderer die Sache veräußert hat, so ist er von diesem die Herausgabe der Bereicherung zu
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Die Materialien zu §816 BGB sind den Quellen zum Sachenrecht entnommen (vgl. die Quellen zu den §§ 824f., 860 ZustSachR, 892f. 932ff. BGB). Von einer Wiedergabe der Quellen zu ξ 2232 E II zum Erbscheinsrecht wurde hier abgesehen. Soweit nichts anderes vermerkt, beziehen sich alle unter A I . genannten Bestimmungen auf den Teilentwurf des Sachenrechts; die Ziffern bei den Anträgen betreffen die zum Sachenrecht gestellten Anträge.
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|Prot 14221 Planck (Nr 142)
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
fordern berechtigt, welche derselbe durch die Veräußerung erhalten hat. Die Vorschrift des § 742 Abs. 3 findet auf die Verpflichtung desjenigen, welcher die Bereicherung herauszugeben hat, Anwendung. Planck Die Vorschrift des 1. Absatzes findet entsprechende Anwendung, wenn die (Nr 145) Sache ohne den Willen des Eigenthümers oder ohne seinen rechtsgültigen Willen von einem Anderen belastet worden oder wenn der Eigenthümer durch die Veräußerung zwar nicht das Eigenthum der Sache verloren, in Folge derselben aber behufs Wiedererlangung der Sache den dem Erwerber nach Maßgabe des § 186 zustehenden Gegenanspruch hat bezahlen müssen." 3. die in Antrag 2 beantragte Bestimmung dadurch zu ergänzen, daß a) in Absatz 1 nicht bloß des Veräußerers, sondern auch des Verbrauchens erwähnt wird. In Festhaltung des Wortlauts des Antrags 2 würde dann der erste Satz des ersten Absatzes lauten: „Wenn der Eigenthümer... dadurch verloren hat, daß ein Anderer die Sache verbraucht oder veräußert hat, so ist er von diesem die Herausgabe der BereicheI Prot 14222 rung, welche derselbe durch den Verbrauch oder die Veräußerung erhalten | hat, zu fordern berechtigt." b) als Abs. 2 folgende Bestimmung eingeschaltet wird: „Ist die Veräußerung unentgeltlich erfolgt, so ist der Eigenthümer berechtigt, von dem Erwerber die Herausgabe der Bereicherung zu fordern." v. Weber (Nr 143)
4. den § 195 durch folgende Vorschrift, Fassung vorbehalten, zu ergänzen: „Die Verpflichtung desjenigen, welcher in dem irrigen Glauben, hierzu berechtigt zu sein, die Eintragung als Eigenthümer in dem Grundbuche erhalten und das Grundstück in solcher Weise belastet hat, daß die Belastung gegen den Eigenthümer wirksam ist, auf Herausgabe der Bereicherung zu erstrecken, welche derselbe durch die Belastung des Grundstücks (Aufnahme einer Hypothek, Verkauf einer Servitut) erlangt hat."
5. den § 195 durch folgende Vorschrift zu ersetzen: „Ist in Gemäßheit der Vorschriften der §§ 824, 825 der Verlust eines Rechtes eingetreten, so kann derjenige, welcher den Verlust erlitten hat, gegen denjenigen, von welchem unberechtigt verfügt, oder an welchen eine ihm nicht gebührende Leistung erfolgt ist, die Herausgabe der Bereicherung fordern. Der § 742 Abs. 3 ist anwendbar. Der Bereicherungsanspruch ist in Ansehung der Nutzungen, zu deren Herausgabe nach dem Beschlüsse zu § 180 keine Verpflichtung besteht, ausgeschlossen. Die Vorschriften über die Haftung aus unerlaubten Handlungen bleiben unberührt." Die §§ 195, 196 betreffen in ihrem hauptsächlichen Inhalte eine für das ImmobiI Prot 14223 lienrecht und das Mobilienrecht gemeinsame Frage. Scheidet man zunächst die | in S 196 mitbehandelten Fälle aus, in denen Jemand durch den Verbrauch einer fremden Sache bereichert ist und in denen eine Bereicherung für den Veräußerer einer fremden Sache aus der Ersitzung der Sache durch den Erwerber sich ergiebt, so stimmen Entwurf und Anträge darin überein, daß der gutgläubige Erwerber bei entgeltlicher Veräußerung wegen Bereicherung nicht haften solle. Der Antrag 3 will unter b bei unentgeltlicher Veräußerung den Bereicherungsanspruch gegen den gutgläubigen Erwerber zulassen. Scheidet man auch diese Frage zunächst aus, so handelt es sich in Ansehung beweglicher wie unbeweglicher Sachen darum, ob der unberechtigte Veräußerer, welcher zufolge der zu Gunsten der gutgläubigen Erwer860
24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§812-822
bung bestehenden Vorschriften wirksam veräußert hat, die ihm hierdurch zugehende Bereicherung an den bisher Berechtigten soll herausgeben müssen. Die sachenrechtlichen Rechtsnormen, welche der Veräußerung eines Nichtberechtigten zu Gunsten des gutgläubigen Erwerbers Wirksamkeit verleihen, sind zum größten Theile bereits beschlossen, §§ 824, 825, 860 der Zusammenstellung der beschlossenen Bestimmungen. Nur der gutgläubige Erwerb von Pfand- und Nießbrauchsrechten bleibt noch näher zu regeln, ist aber im Prinzip bereits gebilligt, zu vergi. Prot. S. 4021. Einverständniß bestand, daß der Entwurf, entsprechend den gefaßten Beschlüssen, zu vervollständigen sei und die zu beschließenden Vorschriften auf alle Fälle zu beziehen seien, in denen eine Rechtsnorm der gedachten Art die Veräußerung eines Nichtberechtigten für wirksam erklärt. I. Zu §195 (das Immoblilienrecht anlangend) wurden folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Der sachliche Inhalt des § 195 wurde gebilligt, zugleich jedoch der den Entwurf entsprechend den bisherigen Beschlüssen ergänzende Antrag 5 angenommen, Vorbehalt-1 lieh der Prüfung bei der Redaktion, ob es nöthig sei, der Haftung aus | Prot 14224 unerlaubten Handlungen bei der Hinweisung auf diese Haftung in Abs. 3 des § 742 noch besonders zu erwähnen. 2. Ein Bereicherungsanspruch soll gegen den gutgläubigen Erwerber auch im Falle der unentgeltlichen Veräußerung nicht stattfinden, zu vergi, den entgegengesetzten Antrag 3 b. 3. Ob, entsprechend dem Antrage 2, der beschlossenen Rechtsnorm die Voraussetzung hinzugefügt werden soll, daß der Rechtsverlust ohne den Willen oder ohne den rechtsgültigen Willen des Verlierenden eingetreten ist, bleibt der Prüfung bei der Redaktion überlassen. 4. Die beschlossene Bestimmung soll ihren Platz hinter § 825 der Zusammenstellung der beschlossenen Bestimmungen erhalten. Erwogen war: Zu 1. Der Entwurf gedenke nur des Verlustes des Eigenthums im Falle der Auflassung des Grundstücks seitens eines Nichteigenthümers. Es müßten aber alle Arten des Rechtsverlustes berücksichtigt werden, welche aus den Vorschriften über die Wirkung der publica fides des Grundbuchs für einen Berechtigten, dessen Rechte der Inhalt des Buches nicht entspreche, sich ergäben, möge nun eine unrichtige Buchung oder eine unrichtige Löschung oder das Unterbliebensein der Löschung eines aufgehobenen Rechtes den Veräußerer nach dem Buche in weiterem Umfange berechtigt erscheinen lassen, als er es in Wirklichkeit sei und möge die Verfügung des materiell Unberechtigten in der Uebertragung des Eigenthums oder in der Begründung eines anderen dinglichen Rechts bestehen. Daneben komme als Veräußerung auch die Erhebung von Leistungen, welche auf Grund eines eingetragenen Rechts zu fordern sind, in Betracht. Ob eine condictio sine causa nach § 742 (K.E.) | schon von selbst gegeben sein | Prot 14225 würde, könnte mit Rücksicht darauf in Zweifel gezogen werden, daß es an einem unmittelbaren Uebergange aus dem einen Vermögen in das andere Vermögen fehle. Jedenfalls sei eine Klarstellung im praktischen Interesse erforderlich: In welchem Umfange eine ungerechtfertigte Bereicherung anzunehmen sei, ob insbesondere der Veräußerer von dem realisirten Werte das seinerseits behufs der Erwerbung Aufgewendete abziehen dürfe, bleibe nach den allgemeinen Grundsätzen des Kondiktionenrechts zu entscheiden. 861
§§812-822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Die Aufnahme der Vorschrift in Abs. 3 des Antrages 5 wurde durch die zu § 180 des Entwurfes 2 unterm 20. Juni 1884 gefaßten Beschlüsse erforderlich. Durch dieselbe würden an dieser Stelle allerdings nur die in § 825 der Zusammenstellung gedachten Erhebungen von Leistungen, soweit solche als Nutzungen und nicht als Realisirung des Kapitalwertes erscheinen, betroffen. Ueber den Abs. 4 des Antrages 5 zu vergi. Prot. S. 1592. Zu 2. Unterm 16. Mai 1884, Prot. S. 3923, 3924 seien die Ausführungen der Motive S. 696, 697 gebilligt3, welche in keinem Falle, auch nicht dem Falle der unentgeltlichen Veräußerung, den Erwerber wegen ungerechtfertigter Bereicherung haften lassen wollen, und fehle es an genügenden Gründen, von diesem Beschlüsse wieder abzugehen. Zu vergi, auch Prot. S. 1020, 15844. Zu 3. Es werde zu prüfen sein, ob nicht in den Fällen der hier gedachten Art schon von selbst sich ergebe, daß der Rechtsverlust ohne den rechtlich wirksamen Willen des Verlierenden eingetreten sei. Zu 4. Die beschlossene Vorschrift bestimme Rechtsfolgen, welche an die BestimI Prot 14226 mungen über den Erwerb | in gutem Glauben nach einer bestimmten Richtung hin sich knüpften, und habe danach ihre Stelle zu erhalten. II. Zu § 196. Der Entwurf kannte nur in beschränktem Umfange einen Erwerb von Rechten an Mobilien auf Grund des guten Glaubens. Einverständniß bestand, daß die an Stelle des § 196 aufzunehmende Vorschrift den §§ 860, 861 der Zusammenstellung der beschlossenen Bestimmungen und den über den gutgläubigen Erwerb des Nießbrauchs und des Pfandrechts später zu beschließenden Bestimmungen werde anzupassen sein. Als zur Kondiktion Anlaß gebender Rechtsverlust kommt in Betracht: Erlöschen des Eigenthums, Belastung der Sache — einschließlich der Belastung der Sache mit der Lösungspflicht — und Erlöschen eines sonstigen Rechtes infolge Veräußerung an einen gutgläubigen Erwerber. Über folgende Einzelheiten wurde beschlossen: 1. Der Antrag 1 wurde abgelehnt. Man war der Ansicht, daß man den gänzlichen Ausschluß der Kondiktion nur nach dem Satze possession vaut titre, welcher den Rechtsverlust schon in den Besitzverlust und nicht erst in die spätere Veräußerung des Nichtberechtigten lege, nicht aber von dem Standpunkte aus rechtfertigen könne, auf welchem die Beschlüsse der Kommission ständen.
2 Vgl. Quellen zu § 939 E I (Lösungspflicht). ' Hierzu heißt es in den Prot. I, S. 3293 f. : „Nach den Motiven Seite 696 und 697 ist gegen den Dritten, welcher im Vertrauen auf das Grundbuch von dem Bucheigenthümer, der nicht der wirkliche Eigenthiimer war, ein Recht an dem Grundstücke erworben hat, nicht blos der dingliche Anspruch auf Berichtigung, sondern auch der persönliche Anspruch aus der Bereicherung ausgeschlossen. Die bezüglichen Ausführungen fanden gleichfalls die Zustimmung der Kommission. Es wurde angenommen, daß der Dritte, wenn er nach der zu § 24 (w) beschlossenen Bestimmung, Prot, vom 21. März 1884 S. 3572 (vorl. Zusammenst. S 7) [ = $ 837 E I; 892 BGB] zum Rechtserwerb gelangt sei, für denselben einen rechtlichen Grund habe, welcher ihn nach dem K.E. § 742 Abs. 1 und 2 gegen den Bereicherungsanspruch schütze." — Unter den „Motiven" ist die Begründung von Johow zum Teilentwurf des Sachenrechts zu verstehen (neu hrsg. von W. Schubert, in: Die Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches, Sachenrecht, Teil 1, 1982). 4 Vgl. unten S. 930 und oben S. 826.
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24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§ 812-822
2. Der Eintritt der Rechtsnorm soll nicht mit dem Entwürfe an die Voraussetzung geknüpft werden, daß der Veräußerer die Sache ohne rechtlichen Erwerbungsgrund besaß. Erwogen war: Die Ausschließung der Kondiktion gegenüber einem Veräußerer, welcher selbst auf einen rechtlichen Erwerbungsgrund sich stütze, aber dennoch nicht E i g e n t ü mer geworden sei, habe nach den gefaßten Beschlüssen nur für die Fälle | der ge- | Prot 14227 stohlenen und verlorenen Sache Bedeutung behalten. Es sei aber nicht ersichtlich, wie das Vorhandensein eines Titels auf die Kondiktionsfrage von irgend welchem Einflüsse sein könne, da der titulirte Nichtberechtigte in gleichem Maße wie der nichttitulirte Nichtberechtigte infolge der Veräußerung sein Vermögen vermehre. Auch im Falle der Bereicherung durch Konjunktion oder Spezifikation müßte man sonst die Kondiktion gegenüber dem titulirten Erwerber ausschließen, während eine solche Beschränkung in der zu § 151 des Entwurfs beschlossenen Bestimmung, Prot. S. 4065 — 40685, nicht enthalten sei. Eine andere Frage sei, in welchem Umfange für den titulirten Erwerber eine Bereicherung vorliege, und ob nicht als Bereicherung lediglich der Gewinn anzusehen sei, welchen der Hindurchgang der fremden Sache durch die Hände des Veräußerers im Ganzen genommen, also nach Abzug der Erwerbungsaufwendungen, zurückgelassen habe. In der Zulassung des Abzugs werde eine Milderung etwaiger Härten liegen. Eine weitere Milderung werde sich daraus ergeben, daß man in der Abforderung der Bereicherung eine nachträgliche Eviktion erblicke und den Veräußerer an seinem eviktionspflichtigen Vormanne sich erholen lasse. In dieser Richtung aber besondere Vorschriften aufzunehmen, sei nicht angemessen, weil die betreffenden Fragen von allgemeiner Natur seien, den Begriff der Bereicherung betreffen, also in dem Abschnitte über die Schuldverhältnisse aus ungerechtfertigter Bereicherung zu lösen seien, wenn es ihrer Lösung bedürfe. Bei der Berathung jenes Abschnitts sei ein solches Bedürfniß verneint und davon ausgegangen, daß die Erledigung jener Fragen der Wissenschaft und Praxis zu überlassen sei; an diesem Standpunkte müsse auch für die vorliegenden Fälle festgehalten werden. 3. Gegen den Erwerber soll auch im Falle der unentgelt | liehen Veräußerung ein | Prot 14228 Bereicherungsanspruch nicht stattfinden (Ablehnung des Antrags 3 b). Man war der Ansicht: Es liege kein Grund vor, den Erwerber von Rechten an beweglichen Sachen in der gedachten Beziehung anders zu behandeln, als den Erwerber von Rechten an Grundstücken. Von Neuem kam zur Sprache, wie bedenklich es sein würde, den Bereicherungsanspruch gegen den Erwerber zuzulassen, indem oft zweifelhaft sein würde, ob und inwiefern ein unentgeltlicher Erwerb vorliege und andererseits inwiefern eine zur entscheidenden Zeit noch vorhandene Bereicherung sich annehmen lasse. 4. Die Entstehung der Lösungspflicht 6 für den Eigenthümer ist ebenso zu behandeln, wie eine infolge des guten Glaubens des Erwerbers wirksame Belastung. Man nahm an, daß wenn auch für den gutgläubigen Erwerber kein Recht an der Sache entstehe, doch ein Verlust von Eigenthum eintrete, welcher analog wie die Belastung der Sache zu behandeln sei. 5 Vgl. Quellen zu S 751 BGB. Die Bestimmungen über die Lösungspflicht sind von der 2. Kommission gestrichen worden (vgl. dazu die Quellen zu 939 E I).
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
5. Die aufzunehmenden Vorschriften sollen entsprechend wie die zu § 195 beschlossene Vorschrift gefaßt und den Vorschriften angeschlossen werden, welche den gutgläubigen Erwerb von Rechten an beweglichen Sachen betreffen; in Ansehung der durch Bestellung eines Nießbrauchs oder Pfandrechts eintretenden Bereicherung werde bei der Berathung der betreffenden Abschnitte das Erforderliche zu beschließen sein7. Der Prüfung bei der Redaktion blieb überlassen: a) über Aufnahme einer Bestimmung hinter § 860 der Zusammenstellung etwa in folgender Fassung zu entscheiden: „Ist in Gemäßheit des § 860 der Verlust eines Rechtes eingetreten, so kann derjenige, welcher den Verlust erlitten hat, von dem Veräußerer die Herausgabe der durch die Veräußerung erlangten Bereicherung verlangen. Der § 742 Abs. 3 findet Anwendung. I Prot 14229 | Wegen Nutzungen, zu deren Herausgabe eine Verpflichtung nicht besteht, ist der Anspruch ausgeschlossen. Die Vorschriften über die Haftung aus unerlaubten Handlungen bleiben unberührt." b) die den Fall, daß der Rechtsverlust in der Belastung der Sache mit einer Lösungspflicht besteht, betreffende Vorschrift zu fassen und über deren Einstellung zu entscheiden. III. Zu erledigen blieb die Frage, ob Bestimmungen aufzunehmen seien, durch welche in den Fällen, daß a) eine fremde Sache verbraucht, b) der Veräußerer einer fremden Sache, sei es infolge der Ersitzung des Erwerbers, sei es infolge des Untergangs der Sache in den Händen des Erwerbers, bereichert ist, ein Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung zugestanden wird. Die Kommission beschloß, derartige Bestimmungen nicht aufzunehmen. Erwogen war: Zu a. Der durch den Verbrauch einer fremden Sache gezogene Vortheil sei offenbar eine unter § 742 (K.E.)8 fallende ungerechtfertigte Bereicherung. Ein Zweifel, welcher die Aufnahme einer Bestimmung erforderlich mache, werde auch nicht durch die zu § 180 beschlossene Bestimmung, daß der Besitzer regelmäßig nicht für den vom Eigenthümer an der Sache erlittenen Schaden hafte, erregt, denn über die Haftung wegen Bereicherung sei damit nichts bestimmt. Zu b. Die Ersitzung und der Untergang der Sache in den Händen des Erwerbers könnten für den unberechtigten Veräußerer, welcher seiner Eviktionsansprüche ledig werde, mittelbar vortheilhaft sein. Der den Eigenthümer treffende Nachteil sei indessen nicht durch eine Handlung des Gewinnenden zu dessen eigenem Vortheile herbeigeführt, wie in den Fällen des Erwerbs in gutem Glauben. Die Gefahr der Ersitzung und des Untergangs der Sache treffe den Eigenthümer, und es liege in der I Prot I 4230 Nebenwirkung dieser Vorgänge | kein Grund, den Veräußerer zur Herausgabe des Vorteils zu verpflichten. Von einer Seite wurde bemerkt, die zu §§ 195, 196 beschlossenen Vorschriften könnten nicht für die Bestimmung über die Haftung des Nichterben präjudiziren, dessen Veräußerungsakte wegen der publica fides des Erbscheins Wirksamkeit er-
7 Vgl. dazu die Quellen zu den §§ 939 Abs. 2, 1018 Abs. 2, 1152 und 1182 E I . 8 Oben S. 832 f. abgedruckt.
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langten. Die Kommission erkannte die Richtigkeit dieser Bemerkung an und behielt die diesfalls zu treffenden Bestimmungen dem Erbrechte vor. II. l a ) In der RedVorlvon Pape lautet die beschlossene Regelung: I. Hinter § 825 wird ein neuer § als § 825 a eingestellt, der lautet: „Ist in Gemäßheit der Vorschriften der §§ 824 und 825 der Verlust eines Rechtes RedVorl-Pape eingetreten, so kann derjenige, welcher den Verlust erlitten hat, von demjenigen, § 825 a von welchem unberechtigt verfügt oder an welchen eine ihm nicht gebührende Leistung erfolgt ist, die Herausgabe der dadurch erlangten Bereicherung fordern. Auf den Anspruch findet § 742 Absatz 3 Anwendung. Wegen Nutzungen, zu deren Herausgabe (in Gemäßheit des § 2 der Zusammenstellung der Beschlüsse über die Eigenthumsklage zum § 180 des Entwurfs) 9 eine Verpflichtung nicht besteht, ist der Anspruch (ist auch der Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung) ausgeschlos-
II. Hinter § 861 wird ein neuer § als § 861 a eingestellt, der lautet: „Ist in Gemäßheit der Bestimmungen des § 861 der Verlust eines Rechts einge- RedVorl-Pape treten, so kann derjenige, welcher den Verlust erlitten hat, von dem Veräußerer die § 861 a Herausgabe der durch die Veräußerung erlangten Bereicherung fordern. Auf den Anspruch pp. — wie im vorhergehenden § 825 a — ausgeschlossen" . . . Bemerkungen: — Zu I, II, III. 1. Der § 87910, welcher von dem Bereicherungsanspruche im Falle der Verbindung etc. handelt, ist anders gefaßt, wie die neuen §§ 825 a und 861 a. Diese Verschiedenheit wird zu beseitigen, folglich der § 879 dahin zu fassen sein: „Ist in Gemäßheit der Bestimmungen der §§ 872 — 878 der Verlust eines Rechts eingetreten, so kann derjenige, welcher den Verlust erlitten hat, von demjenigen, welcher bereichert worden ist, die Herausgabe der Bereicherung fordern. Auf den Anspruch findet § 742 Abs. 3 Anwendung." Oder es wären umgekehrt die §§ 825 a und 861 a so zu fassen, wie der § 879 gefaßt ist. a) § 825a. „Die Ansprüche desjenigen, welcher in Gemäßheit etc. — erleidet, gegen denjenigen, von welchem unberechtigt verfügt oder an welchen eine ihm nicht gebührende Leistung erfolgt ist, bestimmen sich nach den Vorschriften des § 742 mit der Maßgabe, daß die Bereicherung als eine solche gilt, zu welcher ein rechtlicher Grund gefehlt hat. Wegen etc. — ausgeschlossen." b) § 861a. „Die Ansprüche desjenigen, welcher in Gemäßheit der Bestimmungen des 861 einen Verlust erleidet, gegen den Veräußerer bestimmen sich etc. (wie zuvor)." Die Hinweisung auf die Haftung aus unerlaubten Handlungen wird unter allen Umständen entbehrlich und eventuell daher auch § 879, wenn er bleibt, in dieser Beziehung zu korrigiren sein, denn der in Bezug genommene § 742 enthält die nöthige Hinweisung schon. 2. Zu l.a) Der Satz: „Auf den Anspruch findet § 742 Abs. 3 Anwendung", drückt aus, daß es sich um die wahre condictio sine causa handle. Man kann dies
9 Vgl. Quellen zu den §§ 987 ff. BGB. 10 Vgl. Quellen zu S 951 BGB. 865
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
eigenthümlich finden. Die Fassung des § 879 vermeidet die Eigenthümlichkeit. Gegen dieselbe ist aber umgekehrt zu erinnern, die Art und Weise, wie die Abfindung mit dem Absatz 2 des § 742 ausgedrückt werde, sei ebenfalls eigenthümlich. — b) Die Hinweisung auf den § 2 ist vielleicht entbehrlich. 3. Zu IIa. Die Bestimmung wegen der Nutzungen wird auch in diesem § nöthig sein. Es wird dadurch klar ausgesprochen: in Ansehung der Nutzungen, welche nicht herauszugeben sind, wird auch wegen Bereicherung nicht gehaftet. Der Fall kann sich auch bei beweglichen Sachen zutragen, ζ. B. es wird Vieh gegen den bonae fidei possessor mit Erfolg v i n d i z i r t . . . b) RedVorlwon
Johow:
RedVorl-Johow Hinter § 825 wird eingestellt: § 825a. Ist in Gemäßheit der Bestimmungen der S 825 a SS 824, 825 der Verlust eines Rechtes eingetreten, so kann derjenige, welcher den-
selben erlitten hat, von demjenigen, welcher unberechtigt verfügt hat oder an welchen eine ihm nicht gebührende Leistung erfolgt ist, die Herausgabe der dadurch erlangten Bereicherung fordern. Auf den Anspruch findet § 742 Abs. 1, 3 Anwendung. Ausgeschlossen ist der Anspruch wegen solcher Nutzungen, zu deren H e r ausgabe in Gemäßheit des § 910 keine Verpflichtung besteht. RedVorl-Johow Hinter § 860 wird eingestellt: § 860a. Ist in Gemäßheit des § 860 der Verlust § 860 a eines Rechtes eingetreten, so finden die Bestimmungen des § 825 a entsprechende
Anwendung. 2. In der ZustSachR lauten die Bestimmungen: ZustSachR § 825 a. Die Ansprüche desjenigen, welcher in Gemäßheit der Bestimmungen der § 825a §§ 824, 825 den Verlust eines Rechtes erleidet, gegen denjenigen, von welchem un-
berechtigt verfügt oder an welchen eine ihm nicht gebührende Leistung erfolgt ist, bestimmen sich nach den Vorschriften des § 742 mit der Maßgabe, daß die Bereicherung als eine solche gilt, zu welcher ein rechtlicher Grund gefehlt hat. Ausgeschlossen ist der Anspruch wegen solcher Nutzungen, zu deren Herausgabe in Gemäßheit der Bestimmung des § 909 eine Verpflichtung nicht besteht. § 861 a. Ist in Gemäßheit der Bestimmungen der § 860 bis 861 der Verlust eines $ 861a Rechts eingetreten, so finden die Bestimmungen des § 825 a entsprechende Anwendung.
ZustSachR
3. Bei der 1. Revision war von Kurlbaum (Antrag N r . 434, 16) beantragt, den § 825 a S. 2 zu fassen: „Ausgeschlossen ist der Anspruch wegen der Empfangnahme solcher Leistungen, zu deren Herausgabe der Empfänger in Gemäßheit der Bestimmungen der §§ 909 bis 913 nicht verpflichtet ist." (zu vergi. Prot. S. 4228). — Der Antrag wurde abgelehnt (Prot. I, S. 6210, 6216). 4. Ferner wurde der Antrag von Kurlbaum (Nr. 434, 139), dem § 825 a zuzusetzen: „Die Ansprüche aus unerlaubten Handlungen bleiben unberührt" (zu vergi. § 878), abgelehnt (Prot. I, S. 6253, 6257). III. 1. Im KE lauten die beschlossenen Bestimmungen: KE § 825 a
§ 825 a. Die Ansprüche desjenigen, welcher in Gemäßheit der Bestimmungen der §§ 824, 825 den Verlust eines Rechtes erleidet, gegen denjenigen, von welchem unberechtigt verfügt oder an welchen eine ihm nicht gebührende Leistung erfolgt ist, bestimmen sich nach den Vorschriften des § 742 mit der Maßgabe, daß die Bereicherung als eine solche gilt, zu welcher der Grund gefehlt hat. Ausgeschlossen ist 866
24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
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der Anspruch wegen solcher N u t z u n g e n , zu deren Herausgabe in Gemäßheit der Bestimmung des § 909 eine Verpflichtung nicht besteht. § 861 a. Ist in Gemäßheit der Bestimmungen der §§ 860 bis 861 der Verlust eines KE § 861 Rechtes eingetreten, so finden die Bestimmungen des § 825 a entsprechende Anwendung. 2. Z u § 825 a Satz 1 lag der A n t r a g von Kurlbaum (Nr. 601, 22 c) vor: „ W e r in Gemäßheit der Vorschriften der §§ 824, 825 den Verlust eines Rechtes erleidet, k a n n von demjenigen, welcher unberechtigt v e r f ü g t hat, oder an welchen eine ihm nicht gebührende Leistung erfolgt ist, die H e r a u s g a b e der dadurch erlangten Bereic h e r u n g f o r d e r n . — Auf die Verpflichtung desjenigen (wie im § 742 Abs. 3 bis) unerlaubten H a n d l u n g bleibt unberührt. — Ausgeschlossen ist der Anspruch wegen solcher N u t z u n g e n , zu deren H e r a u s g a b e nach dem § 909 eine Verpflichtung nicht besteht. — Ferner lag der Antrag von Johow ( N r . 633d) vor, den § 825 a zu fassen: „ W e r in Gemäßheit der §§ 824, 825 den Verlust eines Rechtes erleidet, kann von demjenigen, welcher unberechtigt verfügt hat, oder an welchen eine demselben nicht gebührende Leistung erfolgt ist, die H e r a u s g a b e der dadurch erlangten Bereic h e r u n g f o r d e r n . Die Vorschriften des § 742 finden entsprechende A n w e n d u n g . " D e r A n t r a g von J o h o w w u r d e a n g e n o m m e n , w o d u r c h sich der A n t r a g von Kurlb a u m in Betreff des ersten und zweiten Absatzes erledigte. In Ansehung des dritten Absatzes des Antrags w u r d e beschlossen, den bisherigen zweiten Satz des § 825 a als letzten Satz dieses Paragraphen dem Antrag entsprechend zu fassen. (Prot. I, S. 1 1 8 9 0 - 1 1 8 9 2 ) 3. 716. Sitzung vom 7. 11. 1887, S c h r i f t f ü h r e r Achilles (nicht anwesend v. Schmitt) I Proti 11943
I Es lagen die Anträge vor:
1. zu § 825 a in der Prot. S. 11890, 11892 beschlossenen Fassung, Planck a) im Satz 2 das W o r t „entsprechende" vor dem W o r t e „ A n w e n d u n g " zu strei- (Nr 452) chen; b) den Satz 3 zu fassen: „Ausgeschlossen ist der Anspruch wegen einer Leistung, wenn den Gegenstand derselben N u t z u n g e n bilden, zu deren H e r a u s g a b e . . . " (Bemerk. In dem Falle des § 825 a findet der § 742 direkte A n w e n d u n g und ist so bisher die Sache von der Kommission betrachtet. Aber auch w e n n der § 742 Abs. 1 nicht direkt anwendbar sein sollte, so kann dies doch in An | sehung des nach der I P r o t ! 11944 jetzigen Fassung allein noch in Betracht k o m m e n d e n Abs. 3 des § 742 nach dessen W o r t l a u t nicht wohl bezweifelt w e r d e n . D u r c h die Streichung des W o r t e s „entsprechende", wird der Frage, ob in dem Falle des § 825 a der § 742 Abs. 1 auch ohne besondere Bestimmung A n w e n d u n g finden w ü r d e , daher nicht präjudizirt.) c) d e m Satz 3 die Fassung zu g e b e n " : „Ausgeschlossen ist der Anspruch wegen des Empfanges einer z u den N u t z u n gen g e h ö r e n d e n Leistung, zu deren . . . " (Es soll das bezeichnet werden, was hier allein in Frage kommt.) Im Laufe der Beratung w u r d e noch folgende Fassung vorgeschlagen : „ D e r Anspruch ist insoweit ausgeschlossen, als der Gegenstand einer empfangenen Leistung zu den N u t z u n g e n gehört, zu deren . . . " .
Ob dieser Antrag von Planck stammt, ist nicht mehr nachweisbar. 867
§ § 812 —822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Die unter a beantragte Streichung des Wortes „entsprechende" wurde beschlossen, weil man sich überzeugte, daß die Vorschriften des § 742 Abs. 3 ihrem Inhalte nach zur direkten Anwendung auf den Fall des § 825 a geeignet seien. In Konsequenz dieses Beschlusses soll das Wort „entsprechende" auch in dem S 878 gestrichen werden. Die auf eine Aenderung des Satzes 3 in dem § 825 a gerichteten Anträge wurden abgelehnt.
Johow (Nr 4 5 1 , 3 )
4. Ferner lag der Antrag vor, den § 861 a zu fassen : „Wer in Gemäßheit der §§ 860 bis 861 einen Verlust erleidet, kann von demjenigen, welcher dadurch bereichert ist, die Herausgabe der Bereicherung fordern. Die Vorschriften des § 742 Abs. 3 finden Anwendung." (zu vergi, die Prot. S. 11892 beschlossene Fassung des § 878). Der Antrag wurde mit Rücksicht auf den zu § 825 a gefaßten Beschluß, Prot. S. 11890 und 11891, dahin abgeändert; daß in Satz 1 gesetzt wird: „Wer in Gemäßheit der §§ 860 bis 861 den Verlust eines Rechtes erleidet, kann von demjenigen, welcher unberechtigt verfügt hat, die Herausgabe der dadurch erlangten Bereicherung fordern." Mit dieser Aenderung wurde der Antrag zum Beschluß erhoben. (Prot. I, S. 11957) IV. Die beschlossene Regelung lautet im E I :
Ε I S 839
§ 839. Wer in Gemäßheit der §§ 837, 838 den Verlust eines Rechtes erleidet, kann von demjenigen, welcher unberechtigt verfügt hat, oder an welchen eine ihm nicht gebührende Leistung erfolgt ist, die Herausgabe der dadurch erlangten Bereicherung fordern. Die Vorschriften des § 748 Abs. 3 finden Anwendung. Ausgeschlossen ist der Anspruch wegen solcher Nutzungen, zu deren Herausgabe in Gemäßheit des § 930 eine Verpflichtung nicht besteht.
E IS 880
§ 880. Wer in Gemäßheit der §§ 877 bis 879 den Verlust eines Rechtes erleidet, kann von demjenigen, welcher unberechtigt verfügt hat, die Herausgabe der dadurch erlangten Bereicherung fordern. Die Vorschriften des § 748 Abs. 3 finden Anwendung. Β. In der Vorkommission des Reichsjustizamtes sind die §§ 839, 880 E I nicht behandelt worden. C. 2. Kommission. I. Anträge (Prot. II, Bd. 3, S. 82, 87f., 215f.; Mugdan, Bd. 3, S. 539ff.): a) Endlich wurde die Frage erörtert, ob der Schutz des guten Glaubens auch zu gewähren sei, wenn ein unentgeltlicher Erwerb vorliege. — Der Entw. macht keinen Unterschied zwischen den entgeltlichen und den unentgeltlichen Rechtsgeschäften. Der Antrag 1 auf S. 75, 7612 will im Hinblick auf die seitens der Mehrzahl 12
Dieser von Achilles zu § 837 § I gestellte Antrag (Nr. 12, Ziff. 34) lautet: „Zu Gunsten eines Rechtserwerbes, zu dessen Erfordernissen die Eintragung gehört, gilt der Inhalt des Grundbuchs als richtig, es sei denn, daß das Recht ohne Entgelt erworben werden sollte oder der Erwerber die Unrichtigkeit des Buches oder die Thatsachen, aus welchen dieselbe sich ergiebt, bei der Vornahme des Erwerbes gekannt hat. Die Kenntniß
868
24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§812-822
der Bundesregierungen gegen den Entw. eingenommene Stellung, ζ. B. Preußens, Sachsens, Württembergs, und mit Rücksicht auf den fast einstimmigen Widerspruch der Kritik (Zus. d. gutachtl. Aeuß. III S. 98 f.) dem Schutz, welchen der öffentliche Glaube des Grundbuchs dem Erwerber gewährt, auf den entgeltlichen Erwerb beschränken. Es war weiter beantragt: im § 839 zwischen Satz 1 und Satz 2 einzuschalten: „Ist die unberechtigte Ver- Jacubezky fügung unentgeltlich erfolgt, so ist der Erwerber zur Herausgabe der durch sie er- (Nr 17) langten Bereicherung verpflichtet." Die Kom. lehnte mit 9 gegen 9 Stimmen unter Stichentscheid des Vorsitzenden den Antrag ab, den Schutz des § 837 auf entgeltliche Rechtsgeschäfte zu beschränken, und nahm alsdann den Antrag an, bei unentgeltlichen Geschäften dem Geschädigten einen Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung gegen den Erwerber zu gewähren. b) Zu § 839 lagen die Anträge vor: 1. die Vorschrift zu fassen : Achilles Erleidet der Berechtigte in Gemäßheit des § 837 oder des § 838 einen Rechtsver- (Nr 12, 35) lust, so kann er von dem Nichtberechtigten, so weit dieser durch die unberechtigte Verfügung bereichert ist, die Herausgabe der Bereicherung nach Maßgabe der §§ 742, 743 des Entw. II fordern. Auf Nutzungen, zu deren Herausgabe nach § 930 eine Verpflichtung nicht besteht, erstreckt sich der Bereicherungsanspruch nicht. 2. hierzu der Unterantrag: den Abs. 2 zu streichen; 3. der Antrag unten a. Die Kom. nahm den Antrag 1 unter Streichung des Absatz 2 an. c) Zu § 880 lagen die Anträge vor: 1. die Vorschrift zu fassen : Achilles Wer in Gemäßheit des § 877 oder des § 878 einen Rechtsverlust erleidet, kann (Nr 54, 68) von dem Nichtberechtigten, soweit dieser durch die unberechtigte Verfügung einen Vortheil erlangt hat, die Herausgabe des Vortheils nach den Vorschriften über die Erstattung einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Der gleiche Anspruch findet gegen den Erwerber statt, wenn die Veräußerung unentgeltlich erfolgt ist.
der Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäfts steht, wenn die Anfechtung erfolgt, einer Kenntniß der Nichtigkeit gleich." b) eventuell: „Bei dem rechtsgeschäftlichen Erwerb eines Rechtes an einem Grundstück oder an einem eingetragenen Rechte gilt zu Gunsten des Erwerbers der Inhalt des Grundbuchs als richtig, ein aus dem Buche nicht ersichtliches Veräußerungsverbot im Sinne der §§101, 102 des Entw. II als nicht bestehend. Dasselbe gilt, wenn der Erwerb im Wege der Zwangsvollstrekkung oder der Arrestvollziehung bewirkt wird. Diese Vorschriften finden keine Anwendung, wenn ein unentgeltlicher Erwerb beabsichtigt oder die Thatsachen, aus welchen die Nichtübereinstimmung des Grundbuchs mit der wirklichen Rechtslage sich ergiebt, zur Zeit des Erwerbes dem Erwerber bekannt gewesen sind. Die Kenntniß der Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäfts steht, wenn die Anfechtung erfolgt, einer Kenntniß der Nichtigkeit gleich." 869
§ § 812 — 822
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
2. die Vorschrift zu fassen: Planck W e r auf Grund der Vorschriften der §§ 877 bis 879 in Folge der Veräußerung (Nr 51,12) von Seiten eines Nichtberechtigten einen Rechtsverlust erlitten hat, kann von dem Veräußerer die Herausgabe des durch die unberechtigte Verfügung Erlangten nach den Vorschriften über die Erstattung einer ungerechtfertigten Bereicherung verlangen. Ist die Veräußerung unentgeltlich erfolgt, so steht der im Abs. 1 bezeichnete Anspruch dem Verletzten gegen den Erwerber zu. Die Mehrheit nahm den § 880 seinem sachlichen Inhalte nach an, jedoch mit dem in den Anträgen als Abs. 2 enthaltenen Zusätze. II. In der VorlZustlautet die beschlossene Regelung: EI-VorlZust § 839. Erleidet der Berechtigte in Folge einer Verfügung der in den § 837, 838 § 839 bezeichneten Art einen Rechtsverlust, so kann er, wenn der als berechtigt Eingetragene durch die Verfügung etwas erlangt hat, die Herausgabe (des Erlangten) nach den f ü r die Erstattung einer ungerechtfertigten Bereicherung geltenden Vorschriften verlangen. Ist die von dem als berechtigt Eingetragenen vorgenommene (unberechtigte) V e r f ü g u n g unentgeltlich erfolgt, so kann der Verletzte von dem Erwerber die H e r ausgabe des durch die Verfügung Erlangten nach den für die Erstattung einer ungerechtfertigten Bereicherung geltenden Vorschriften verlangen. E I-VorlZust § 880. W e r in Folge der Vorschriften in § 877 bis 878 durch eine Veräußerung § 880 einen Rechtsverlust erlitten hat, kann von dem Veräußerer die Herausgabe desjenigen, was derselbe f ü r die Veräußerung erlangt hat, nach Maßgabe der f ü r die Erstattung einer ungerechtfertigten Bereicherung geltenden Vorschriften verlangen. Der gleiche Anspruch steht dem Verletzten gegen den Erwerber zu, wenn die Veräußerung unentgeltlich erfolgte. III. Fassung der Regelung in der ZustRedKom: E I-ZustRedKom § 839. W e r in Folge der Vorschriften der § 837, 838 einen Rechtsverlust erleidet, § 839 kann von demjenigen, welcher unberechtigt verfügt, oder eine Leistung empfangen hat, das dadurch Erlangte nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Der gleiche Anspruch steht ihm gegen denjenigen zu, welcher durch die Verfügung des Nichtberechtigten ein Recht unentgeltlich erlangt hat. E I-ZustRedKom § 880. W e r in Folge der Vorschriften der §§ 877 bis 878 durch eine Veräußerung S 880 einen Rechtsverlust erleidet, kann von dem Veräußerer dasjenige, was dieser durch die Veräußerung erlangt hat, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Der gleiche Anspruch steht ihm gegen den Erwerber zu, wenn die Veräußerung unentgeltlich erfolgt ist. IV. 1. Im E II lauten die Bestimmungen: E II S 812
S 812. W e r in Folge der Vorschriften der S§810, 811 einen Rechtsverlust erleidet, kann von demjenigen, welcher unberechtigt verfügt oder eine Leistung empfangen hat, die Herausgabe des dadurch Erlangten nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Der gleiche Anspruch steht ihm gegen denjenigen zu, welcher durch die Verfügung des Nichtberechtigten ein Recht unentgeltlich erlangt hat. 870
24. Titel: Ungerechtfertigte Bereicherung
§§812-822
$ 850. Wer in Folge der Vorschriften der §§ 846 bis 849 durch eine Veräußerung E II S 850 einen Rechtsverlust erleidet, kann von dem Veräußerer die Herausgabe desjenigen, was dieser durch die Veräußerung erlangt hat, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Der gleiche Anspruch steht ihm gegen den Erwerber zu, wenn die Veräußerung unentgeltlich erfolgt ist. 2. Revision des E II (Prot. II, Bd. 6, S. 199f.): Zur Ergänzung der Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung, zugleich zum Ersätze der §§ 812, 850, 223213, war beantragt, als § 740 a folgende Bestimmungen aufzunehmen: Ist eine Verfügung, die ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand getroffen Jacubezky hat, oder eine an einen Nichtberechtigten erfolgte Leistung dem Berechtigten ge- (Nr 48,1) genüber wirksam, so kann der Berechtigte von demjenigen, welcher unbefugt verfügt oder die Leistung empfangen hat, die Herausgabe des dadurch Erlangten fordern. Hat der Nichtberechtigte unentgeltlich verfügt, so steht dem Berechtigten der gleiche Anspruch gegen denjenigen zu, welcher durch die Verfügung einen rechtlichen Vortheil erlangt hat. (Der den §§ 812, 850, 2232 zu Grunde liegende Gedanke gilt allgemein; er gilt insbesondere auch für Verfügungen, die der bisherige Gläubiger oder ein vermeintlicher Cessionar nach den §§ 350, 351 mit Wirksamkeit gegenüber dem nunmehrigen Gläubiger vorgenommen hat, und für die Leistung an den Besitzer, durch die der Schuldner nach § 774 von der Verbindlichkeit gegenüber dem Eigenthümer frei geworden ist14). Der Antrag wurde angenommen. V. S 801 E II rev. (S 800 E III) entspricht § 816 BGB.
§822
Wendet der Empfänger das Erlangte unentgeltlich einem Dritten zu, so ist, soweit in Folge dessen, die Verpflichtung des Empfängers zur Herausgabe der Bereicherung ausgeschlossen ist, der Dritte zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn er die Zuwendung von dem Gläubiger ohne rechtlichen Grund erhalten hätte.
C. 2. Kommission IV. Zur Revision des E II lag der Antrag vor, als § 745 a nachstehende Vorschrift aufzunehmen (Prot. II, Bd. 6, S. 211 f., Mugdan, Bd. 2, S. 1413): Hat der Empfänger das Erlangte unentgeltlich einem Dritten zugewendet, so ist Jacubezky der Dritte zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn er die Zuwendung von dem Be- (Nr 56, 2) theiligten ohne rechtlichen Grund erhalten hätte.
υ Zu § 2232 E II vgl. Quellen zu den §§ 2366, 2367 BGB. 14 Die Begründung in der metallographierten Fassung des Antrags fährt noch fort: „Der Satz 1 kann vielleicht als schon in dem § 737 enthalten weggelassen werden. Wird der Antrag abgelehnt, so wird die Redaktionskommission zu ermächtigen sein, in den Abschnitt von der Uebertragung der Forderung eine dem §812 entsprechende Vorschrift aufzunehmen."
871
§ § 823, 826
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
(Vergi. Windscheid, Pand. II (425 zu Note 7). Die Zuwendung erfolgt in den gewöhnlichen Fällen, in denen der erste Empfänger durch den Wegfall seiner Bereicherung frei wird, in der Wirklichkeit auf Kosten des Benachtheiligten. Die Zuwendung rechtfertigt zwar den Uebergang des zugewendeten Gegenstandes aus dem Vermögen des Zuwendenden in das Vermögen des Empfängers; sie rechtfertigt aber nicht die Bereicherung des letzteren auf Kosten des Benachtheiligten. Unter allen Umständen ist die Rückforderung des Benachtheiligten mehr zu begünstigen als der Gewinn des Empfängers der Zuwendung.) Der Antrag wurde mit einem während der Berathung gestellten Unterantrage, hinter den Worten „so ist" einzuschalten „soweit dadurch die Verpflichtung des Empfängers zur Herausgabe der Bereicherung ausgeschlossen ist", angenommen. V. Die Fassung des § 807 E II rev. (§ 806 E III) entspricht der des § 822 BGB.
F Ü N F U N D Z W A N Z I G S T E R TITEL Unerlaubte Handlungen §823
Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigenthum oder ein sonstiges Recht eines Anderen widerrechtlich verletzt, ist dem Anderen zum Ersätze des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines Anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalte des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
§826 Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem Anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem Anderen zum Ersätze des Schadens verpflichtet.
A. 1. Kommission
I Prot I 962
I. 108. Sitzung vom 3. 7. 1882 | Man ging zur Berathung des die Überschrift „Unerlaubte Handlungen" tragenden Theilentwurfes (N 2 15) über. Die zunächst angeregte Frage, ob im Eingange des Allgemeinen Theils des Obligationenrechts zu bestimmen sein werde, daß Schuldverhältnisse nicht bloß aus Verträgen bezw. einseitiges Versprechen und aus unerlaubten Handlungen, sondern kraft des Gesetzes auch aus anderen Thatsachen entspringen könnten, wurde 872
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 823, 826
verneint. Man erachtete eine solche Bestimmung f ü r zu doktrinär, aber auch f ü r überflüssig, weil das Mißverständniß nicht entstehen könne, V e r t r a g , einseitiges Versprechen und Delikt seien die einzigen Entstehungsgründe der Schuldverhältnisse. D e n n das Gesetzbuch w e r d e nirgends aussprechen, daß es andere Entstehungsgründe als die genannten nicht gebe, wohl aber in dem speziellen Theile des Obligationenrechts insofern deutlich das Gegentheil lehren, als einige Obligationen, die einen andern Entstehungsgrund hätten, ζ. B. die aus ungerechtfertigter Bereicherung, besonders behandelt w ü r d e n . W e n n der Allgemeine Theil des Obligationenrechts allgemeine G r u n d s ä t z e über Verträge und einseitige Versprechen, sodann über Delikte enthalte, dagegen über die sonstigen Entstehungsgründe keine allgemeinen Grundsätze aufstelle, so erkläre sich dies, wie bei einiger Aufmerksamkeit nicht zu verkennen sei, z u r G e n ü g e daraus, daß allgemeine G r u n d s ä t z e über die sonstigen Entstehungsgründe nicht angezeigt erschienen. Die Berathung wandte sich z u m § 1 des Theilentwurfes. Z u § 1 des Entwurfes : „ H a t Jemand durch eine widerrechtliche H a n d l u n g | o d e r Unterlassung aus Ab- I Prot I 963 sicht o d e r aus Fahrlässigkeit einem Anderen einen Schaden z u g e f ü g t , so ist er die- TE-OR (Nr 15) sem z u m Schadensersatz verpflichtet. Si D a ß ihm eine Verschuldung nicht zur Last falle, liegt Demjenigen zu beweisen ob, welcher den Schaden verursacht hat." lagen die Anträge vor: Windscheid 1. zu bestimmen: „§ 1. W e r wissentlich o d e r fahrlässigerweise einem Andern Schaden z u f ü g t , ist (Nr 118) diesem zum Ersatz des Schadens verpflichtet." „§ I a . Die Verpflichtung z u m Schadensersatz fällt weg, w e n n der Schadenzufügende in Ausübung eines Rechts gehandelt hat. D a ß der S c h a d e n z u f ü g e n d e in Ausü b u n g der natürlichen Freiheit gehandelt hat, macht die schadende H a n d l u n g nicht zu einer berechtigten. Unterlassungen verpflichten zum Schadensersatz nur dann, w e n n das H a n d e l n durch eine Rechtspflicht geboten war." eventuell zu bestimmen: „§ 1. W e r durch eine widerrechtliche H a n d l u n g oder Unterlassung wissentlich o d e r fahrlässigerweise einem Andern Schaden z u f ü g t , ist diesem z u m Ersatz des Schadens verpflichtet. Eine schadende H a n d l u n g verpflichtet auch dann z u m Schadensersatz, wenn sie einen Verstoß gegen die guten Sitten enthält." wobei die Bestimmung des Absatz 2 des § 1 des Entwurfs vorbehalten bleibt. Kurlbaum 2. hinter § I a des vorstehenden Antrages zu 1 weiter einzuschalten: „§ l b . Ist der Schaden durch eine vorsätzlich begangene widerrechtliche H a n d - (Nr 121) lung oder Unterlassung verursacht, so ist der Beschädigende z u m Schadensersatz verpflichtet, wenn ihm auch bezüglich des Schadens w e d e r V o r s a t z | noch Fahrläs- I Prot I 964 sigkeit z u r Last fällt." „§ I e (für § 1 Abs. 2 und § 3 des Entwurfes). Wird der Anspruch des Beschädigten auf Fahrlässigkeit des Beschädigenden gegründet, so hat dieser zu beweisen, daß ihm eine Fahrlässigkeit nicht zur Last fällt. Eine Fahrlässigkeit ist pp. (wie § 3)." Planck 3. den § 1 dahin zu fassen: „Jeder ist verpflichtet, H a n d l u n g e n zu unterlassen, d u r c h welche er einem Ande- (Nr 119) ren einen Schaden z u f ü g t , sofern die H a n d l u n g nicht in W a h r n e h m u n g berechtigter Interessen erfolgt. 873
§ § 823, 826
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Hat Jemand durch eine absichtlich oder aus Fahrlässigkeit begangene widerrechtliche Handlung oder Unterlassung einem Anderen einen Schaden zugefügt, so ist er diesem zum Schadensersatz verpflichtet. Daß ihm eine Verschuldung nicht zur Last falle u.s.w. wie im Entwürfe." eventuell den § 1 wie folgt zu fassen : „Hat Jemand durch eine absichtlich oder aus Fahrlässigkeit begangene widerrechtliche Handlung oder Unterlassung oder durch eine gegen die guten Sitten verstoßende Handlung einem Anderen einen Schaden zugefügt, so ist er diesem zum Schadensersatz verpflichtet. Daß ihm eine Verschuldung u.s.w. wie im Entwürfe." Derscheid 4. im ersten Absätze des § 1 die Worte „aus Absicht" durch das Wort „vorsätz(Nr 120) lieh" zu ersetzen, eventuell die Entscheidung über den zu wählenden Ausdruck bis zur Berathung des Abschnitts über die „Wirkungen der Schuldverhältnisse im Allgemeinen" vorzubehalten (vgl. Protokolle Seite 526)1 und den zweiten Absatz zu streichen. Die Anträge N 2 1, 2 und 3 weichen von dem § 1 in Ansehung einer weittragenI Prot I 965 den, prinzipiellen Frage ab, | über welche Frage wegen ihrer präjudiziellen Bedeutung zunächst zu entscheiden beschlossen wurde. Diese Frage betrifft die objektive Beschaffenheit der zum Schadensersatz verpflichtenden Handlung. Der Entwurf stellt als Erforderniß die Widerrechtlichkeit der Handlung auf; die Anträge N 2 1, 2 und 3 lassen dieses Erforderniß fallen, erklären den Umstand für genügend, daß die Handlung Schaden gestiftet habe, bestimmen aber, da dieses Prinzip nothwendig der Beschränkung bedarf, Haftfreiheit, wenn in Ausübung eines Rechts bezw. in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt ist. Die Debatten gaben nähere Aufklärung über den Umfang und die Tragweite der Verschiedenheit der sich entgegenstehenden Ansichten. Wird mit dem Entwürfe die Widerrechtlichkeit der Handlung für nöthig erachtet, so muß die letztere, damit die Verpflichtung zum Schadensersatze begründet werde, entweder durch eine Rechtsnorm verboten oder es muß durch die Handlung ein von dem Handelnden nach den Vorschriften der Rechtsordnung zu respektierendes Recht des Beschädigten verletzt und hieraus der Schaden erwachsen sein. Demzufolge kann Haftung nicht eintreten, wenn die Handlung weder verboten noch durch dieselbe ein unter absolutem Schutze stehendes oder ein solches Rechtsgut verletzt ist, in welches der Handelnde in Gemäßheit eines obligatorischen Verhältnisses nicht eingreifen darf. (Ζ. B. es ist durch Verbreitung von Nachrichten oder durch ein anderweites an sich erlaubtes Verhalten die Kundschaft entzogen, der Kaufwerth einer Sache herabgedrückt, der Kredit geschmälert.) Nach den Anträgen Ν 2 1, 2 und 3 verhält es sich anders : Ihnen zufolge ist die Schadensstiftung schon an und für sich ein Delikt, sofern nicht die Handlung eine I Prot 1966 berechtigte war. Werden nun zu den berechtigten Hand- | lungen auch diejenigen gezählt, die nicht in einem besonderen subjektiven Rechte, sondern nur in der natürlichen Freiheit sich gründen, so wäre das Prinzip des Entwurfs nicht wesentlich von dem der Anträge N e 1, 2 und 3 verschieden. Die Anträge Ν 2 1 und 2 bestimmen daher, die Verpflichtung zum Schadensersatze sei nicht ausgeschlossen, wenn nur in Ausübung der natürlichen Freiheit gehandelt sei. Bei einer solchen Bestimmung würde aber die Ersatzpflicht auch in solchen Fällen eintreten, in welchen der Handelnde nicht allein kein Gesetz verletzt, sondern in Ausübung seiner natürlichen Freiheit sowohl vom Standpunkte des Rechts als der Moral vorwurfsfrei oder sogar ι S. bei §§421 -432 BGB. 874
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 823, 826
löblich gehandelt hat, ζ. B. ein Freund unterrichtet den Freund von dem Vermögensverfalle des Schuldners des letzteren. Der Antrag N 2 3 sucht diese Konsequenz dadurch zu beseitigen, daß er die Beschränkung der Haftung an das Erforderniß der Wahrnehmung berechtigter Interessen knüpft. Die Abhülfe ist aber aus einem doppelten Grunde bedenklich; einmal würde nach ihr auch derjenige zum Schadensersatz verpflichtet sein, der nicht in Ausübung der natürlichen Freiheit, sondern kraft eines besonderen Rechts gehandelt hat, worin einleuchtend eine ungebührliche Verneinung oder Abschwächung des Rechts selbst zu finden wäre; sodann kommt nicht zum Ausdrucke, daß bei Ausübung der natürlichen Freiheit nur dann Verantwortung eintreten kann und soll, wenn illoyal, gegen den Anstand und die guten Sitten, gehandelt ist. Die Antragsteller zu N- 1, 2 und 3 einigten sich daher zu dem Vorschlage, in Ansehung der zur Erörterung stehenden Hauptfrage zu bestimmen : „Wer (wissentlich oder fahrlässigerweise) einem Anderen Schaden zufügt, ist diesem zum Schadensersatz verpflichtet, es sei denn, daß er in Ausübung eines besonderen Rechts oder in einer mit den guten Sitten | übereinstimmenden Ausübung | Prot I 967 der natürlichen Freiheit gehandelt habe." Die Mehrheit (7 Stimmen) entschied für diesen Vorschlag. Erwogen war: In der neueren Zeit sei vielfach geklagt, das geltende materielle Recht sei, von dem französischen Rechte abgesehen, zum Schutze der Beschädigten unzureichend. Obschon diese Klagen zu nicht geringem Theile unbegründet seien und auf irrthümlichen Voraussetzungen oder Anschauungen beruhen mögen, so lasse sich ihnen doch nicht jede Berechtigung absprechen. Das Prinzip des Entwurfs bringe aber keine Abhülfe. Es gestatte allerdings, das Ziel einer ausgedehnteren Haftung auf einem anderen Wege, nämlich dadurch, zu erreichen, daß im speziellen Theile des Obligationenrechts diese und jene Handlung besonders verboten, die Zahl der speziellen Delikte vermehrt oder an besondere Thatumstände (dolus, Nachrede u.s.w.) die Verpflichtung zum Schadensersatze geknüpft werde. Ein solches Verfahren beweise aber die Unzulänglichkeit und zu große Enge des Hauptprinzips. Es könne nicht richtig sein, eine große Zahl spezieller Delikte zu schaffen, die dem Hauptprinzipe sich nicht unterordnen ließen und neben diesem als Singularitäten erschienen. Das Gesetzbuch müsse ein Hauptprinzip aussprechen, welches alle jene Singularitäten entbehrlich mache. Das sachgemäße Prinzip sei aber in dem zuletzt aufgeführten Vorschlag enthalten. Es beruhe auf dem den modernen Rechtsanschauungen entgegenkommenden Gedanken: Wer ein besonderes Recht ausübe, müsse immer haftfrei sein, auch wenn er aus Schikane handele, wer aber nur kraft seiner natürlichen Freiheit handele, dürfe diese nicht zum Schaden Anderer mißbrauchen und ein Mißbrauch sei es, wenn seine Handlungsweise den in den guten Sitten sich ausprägenden Auffassungen und dem Anstandsgefühle aller billig und gerecht Denkenden widerspreche. Als Delikt | müsse es gelten, bei Ausübung der natürlichen Freiheit durch eine | Prot I 968 illoyale, die guten Sitten verletzende Handlungsweise einem Dritten zu schaden. Das Prinzip greife allerdings weit und seine Handhabung erfordere Umsicht und Behutsamkeit, indessen man dürfe vertrauen, daß die Richter die Aufgabe, welche das Prinzip an sie stelle, zu lösen wissen würden. 109. Sitzung vom 5.7. 1882, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend Johow I Die Berathung des § 1 des „unerlaubte Handlungen" überschriebenen Theilent- | Prot 1969 wurfes des Obligationenrechts wurde fortgesetzt. 875
§ § 823, 826
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Zur Erörterung gelangte die fernere prinzipielle Frage, wie das Erforderniß des Vorsatzes oder der Fahrlässigkeit zu bestimmen sei. Beschlossen wurde : 1. Jenes Erforderniß sei nicht zu beziehen auf den Schaden selbst, sondern auf die objektive Rechtswidrigkeit, so daß es genüge, wenn die letztere gewollt oder vorauszusehen gewesen sei. 2. Diese Regel erleide aber eine Ausnahme, wenn verboten und für objektiv rechtswidrig erklärt sei eine solche Handlung, die an sich keine Rechtsverletzung enthalte, die aber im gegebenen Falle eine solche und beziehungsweise einen Schaden verursacht habe, für welchen Fall die Verpflichtung zum Schadensersatze davon abhänge, daß gerade der Schaden erkannt beziehungsweise erkennbar gewesen sei. I Prot I 970
I 3. Anlangend die nach dem in der vorigen Sitzung gefaßten Beschlüsse zum Schadensersatze verpflichtenden illoyalen Handlungen, so hänge die Verpflichtung zum Schadensersatze begriffsmäßig davon ab, daß der Schaden gewollt sei oder daß derselbe beziehungsweise dessen Umfang habe erkannt werden können. Die Gründe der Beschlüsse waren : Im Prinzipe könne es zur Begründung der Verpflichtung zum Schadensersatze nicht für nöthig erachtet werden, daß der Schaden erkannt beziehungsweise erkennbar gewesen sei. Sollten die Beschädigten den erforderlichen Schutz finden, so müsse es genügen, wenn die objektive Rechtswidrigkeit gewollt sei oder habe erkannt werden müssen. Dieses der strafrechtlichen Theorie entsprechende Prinzip führe aber sichtbar zu weit, wenn die Fälle in's Auge gefaßt würden, in welchen ein Strafgesetz — und insbesondere ein Polizeigesetz — eine Handlung verbiete, die an sich keine Rechtsverletzung enthalte. Aus jenem Prinzipe würde folgen, daß auch ein solcher Schaden zu ersetzen sei, von dem sich nur behaupten lasse, er werde bei Einhaltung des Gesetzes nicht entstanden sein, obschon er im Uebrigen mit der Verletzung des letzteren in keinem Zusammenhange stehe, in einem Zufalle sich gründe und nicht habe vorausgesehen werden können. Nachträglich ergab sich eine Verschiedenheit der Ansichten, was bei der (unter N2 2) beschlossenen Ausnahme unter „Rechtsverletzung" zu verstehen sei, ob geI Prot I 971 meint sei: nur die Verletzung | eines unter absolutem Schutze stehenden subjektiven Rechts oder jede Verletzung der Rechtsordnung durch eine um ihrer selbst willen und als der Rechtsordnung zuwiderlaufend durch das Gesetz verbotene Handlung. Es wurde vorbehalten, hierüber später zu beschließen. Der Vorbehalt wurde sodann auch ausgedehnt auf das Kennen beziehungsweise Kennenmüssen des Umfangs des Schadens in dem unter N° 3 aufgeführten Beschlüsse. Bemerkung des Herausgebers: Es folgt in den Prot, eine Ausarbeitung des Schriftführers Neubauer vom 7. 7. 1882. Diese weist eine selbständige Paginierung auf. Da die Paginierung der Prot, mit der S. 971 aus- und der S. 979 (Prot, dèr 110. Sitzung vom 1. 9. 1882) wider einsetzt, umfaßt die Ausarbeitung Neubauers tatsächlich die Protokollseiten 972 bis 977. I Prot I 972 | Der unterzeichnete Schriftführer gestattet sich bei der Kürze des über die Sitzung vom 5. Juli 1882 aufgenommenen, wegen Beginns der Ferien sofort festgestellten und in der Anlage abschriftlich beiliegenden Protokolls über den Gang der nicht zum vollen Abschluß gelangten Berathungen zum Zweck eines ausreichenderen Anhalts für die Wiederaufnahme derselben Folgendes mit dem Bemerken nachzutragen, daß für diesen Nachtrag die Bedeutung eines genehmigten Protokolls nicht in 876
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 823, 826
Anspruch genommen wird und daß er als Theil des Sitzungsprotokolls vom 5. Juli nicht anzusehen ist. Zu entscheiden war, wie über das zur Begründung der Ersatzpflicht zweifellos unerläßliche Erforderniß des Vorsatzes oder der Fahrlässigkeit zu bestimmen sei. Ueber Folgendes war man einverstanden : Soll die Verpflichtung zum Schadensersatz eintreten, so muß die Handlung nothwendig insofern eine gewollte sein, als unwillkürliche Handlungen als Handlungen im juristischen Sinne nicht gelten und daher gänzlich ausscheiden. Das Erforderniß des Vorsatzes oder der Fahrlässigkeit kann sich einleuchtend nur auf den Erfolg der Handlung oder auf die an diese sich knüpfende Aenderung in der äußeren Welt beziehen. Ist durch die Handlung ein Schaden angestiftet, so ist zwischen zwei Fällen zu unterscheiden. Entweder ist | die Handlung rechtswidrig oder verbo- | Prot I 973 ten, auch wenn kein Schaden entsteht, oder umgekehrt die Entstehung des Schadens gehört zu den Erfordernissen der objektiven Rechtswidrigkeit, oder anders ausgedrückt, sie gehört zu dem Thatbestande des Delikts. Im zweiten Falle hängt zweifellos die Ersatzpflicht davon ab, daß der Schaden selbst vorausgesehen (gewollt) oder bei Anwendung der schuldigen Aufmerksamkeit vorauszusehen war, daß also Vorsatz oder Fahrlässigkeit auf den Schaden mit zu beziehen ist. In Ansehung des ersten Falles ist dagegen eine doppelte Auffassung gegeben. Man kann es für genügend· erachten, daß derjenige Erfolg vorausgesehen oder vorauszusehen war, welcher ausreicht, um die objektive Rechtswidrigkeit oder den Thatbestand des Delikts zu erfüllen, man kann aber auch in diesem Falle die Ersatzpflicht davon abhängig machen, daß zugleich der Schaden erkannt oder erkennbar war. Hinsichtlich des vorstehenden Punktes zeigte sich in der That eine Verschiedenheit der Ansichten. Die eine Ansicht war, es sei unerheblich, ob der Handelnde auch den Schaden erkannt habe oder habe erkennen müssen, die andere Ansicht ging dahin, ohne ein solches Kennen oder Kennenmüssen sei die Ersatzpflicht nicht begründet. Für die erstere Ansicht wurde geltend gemacht, sie stehe nicht allein mit der strafrechtlichen Theorie im Einklänge, sondern sie erscheine auch zum Schutze der Beschädigten — insbesondere in den Fällen eines vorsätzlichen Delikts — | dringend geboten, | Prot I 974 wie sich noch überzeugender herausstelle, wenn die analoge Anwendung der betreffenden Bestimmungen auf die Fälle der Verletzung kontraktlicher Pflichten gewürdigt werde. Für die zweite Ansicht wurde angeführt, das entgegenstehende Prinzip führe namentlich in den Fällen zu unerträglichen Härten, wenn eine an sich indifferente oder keine Rechtsverletzung enthaltende Handlung verboten oder für rechtswidrig erklärt, gleichwohl begangen und nun in Anlaß derselben ein Schaden entstanden sei, der in einem nicht vorherzusehenden Zufalle sich gründe (z. B. bei Ausführung eines nicht erlaubten Baues verunglücke durch Zufall ein Arbeiter). Hiergegen wurde bemerkt: zur Vermeidung jener Härten genüge es, die Fälle, in welchen eine an sich nicht rechtsverletzende Handlung verboten sei, also die Polizeidelikte, von der Regel auszunehmen, wobei es selbstverständlich sei, daß ein Schaden, zu dessen Verhütung das Verbot erlassen worden, stets als ein solcher zu betrachten sei, der vorauszusehen war. Nachdem die der vorstehenden Auffassung entsprechenden, in dem Protokolle registrirten Beschlüsse gefaßt waren, wurde zweifelhaft, unter welchen Voraussetzungen eine verbotene Handlung als solche zu betrachten sei, welche keine Rechtsverletzung enthalte. Von einer Seite wurde aufgestellt: als rechtsverletzend sei jede Handlung anzusehen, welche um ihrer selbst willen als der Rechtsordnung zuwiderlaufend verboten sei. Von anderer | Seite wurde behauptet, eine Rechtsverletzung | Prot 1975 oder eine rechtsverletzende Handlung sei nur anzunehmen, wenn ein unter absolu877
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
tem Schutze stehendes Recht eines Dritten verletzt sei. Nach der ersteren Ansicht gehört ζ. B. der Betrug zu den unter die Regel fallenden, nach der zweiten zu den unter die Ausnahme fallenden Handlungen. Die Verschiedenheit ist insofern von keiner großen praktischen Bedeutung, als der Betrüger den Schaden stets vorausgesehen haben muß, also auch nach der zweiten Ansicht immer haftbar sein wird. Sie wird aber von Belang, wenn der Schaden nur in dem vorausgesehenen oder vorauszusehenden Umfange zu ersetzen ist. Die Vertreter der zweiten Ansicht beantragten daher, die volle Ersatzpflicht eintreten zu lassen, wenn erkannt oder erkennbar war, daß überhaupt ein Schaden entstehen werde. Hiergegen wurde aber geltend gemacht, eine solche Bestimmung erscheine wenig konsequent. Zugleich wurde die zweite Ansicht mit der Behauptung bekämpft, es sei nicht allein bedenklich, im Gesetze — auch nur formell — den Betrüger anders zu behandeln, wie den Dieb, sondern es gebe auch noch eine nicht geringe Anzahl der schwersten Verbrechen, zu deren Thatbestande einerseits die Verletzung subjektiver, unter absolutem Schutze stehender Rechte nicht gehöre und die andererseits Schaden anstiften könnten, ohne daß die Entstehung eines solchen sich voraussehen lasse; es sei nicht gerechtI Prot 1976 fertigt, | denjenigen, welcher ein solches Verbrechen begangen habe, für nicht haftbar zu erklären für den daraus entsprungenen, von ihm aber nicht vorauszusehenden Schaden, denjenigen dagegen, der ein Delikt begehe, zu dessen Thatbestande die Verletzung eines unter absolutem Schutze stehenden subjektiven Rechts gehöre, für jeden auch nicht vorauszusehenden Schaden haften zu lassen, die Unterscheidung habe nur Berechtigung, wenn man im Prinzipe die Verpflichtung zum Schadensersatze überhaupt von der Verletzung der gedachten subjektiven Rechte abhängig mache und alle übrigen Fälle als Spezialdelikte behandele. Auf Wunsch des Referenten wurde beschlossen, auf den Gegenstand Behufs endgültiger Erledigung bei der Wiederaufnahme der Berathungen in der nächsten Sitzung zurückzukommen. Unbeanstandet blieb die Bemerkung: Durch den in der vorigen Sitzung über die Vertretung der illoyalen Handlungen gefaßten Beschluß sei ein besonderes oder spezielles Delikt geschaffen, zu dessen Thatbestand die Entstehung eines Schadens gehöre. Folgende an den § 1 des Entwurfs sich knüpfenden besonderen Fragen sind noch nicht erörtert: 1. Soll ausnahmsweise bei fahrlässigen Delikten nur derjenige Schaden ersetzt werden, der vorauszusehen war? Mit dieser Frage steht der Antrag N - 121 (Kurlbaum) § l b im Zusammenhange. 2. Soll der Schaden Beachtung finden, der sich darin gründet, daß nur ein rein I Prot I 977 ob- | ligatorisches Recht aufgehoben oder verringert oder eine obligatorische Verpflichtung hervorgerufen ist? Auf diese Frage bezieht sich der Antrag N- 122 (Kurlbaum). 3. Soll der Unterlassungen besondere Erwähnung geschehen? Auf diese Frage bezieht sich der Antrag Ν 2 118 (Windscheid.) § I a letzter Satz. 4. Ist die Beweislast zu regeln und eventuell in welcher Art? Zu vergleichen Antrag N 2 121 (Kurlbaum) § I e . 5. Ist das Wort „Absicht" durch „Vorsatz" zu ersetzen? 13 Zu vergleichen Antrag N 2 120 (Derscheid). 1
» Im Original steht ein Punkt.
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110. Sitzung vom 1. 9. 1882, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend v. Schmitt I Die Berathungen über den § 1 des Theilentwurfes des Obligationenrechts | Prot 1979 (N 2 15): „Unerlaubte Handlungen" wurden wieder aufgenommen. Nach Ausweis des über die letzte Sitzung vom 5. Juli 1882 aufgenommenen und festgestellten Protokolls (Protokolle S. 969 —971) sind zu diesem Paragraphen verschiedene prinzipielle Beschlüsse gefaßt, deren erneuerte Prüfung vorbehalten ist, weil Sinn und Tragweite derselben nachträglich zweifelhaft wurden. Welche nähere Bewandniß es hiermit habe, erhellt aus einem zu dem Sitzungsprotokolle von dem Schriftführer gelieferten, den Mitgliedern zugegangenen Nachtrage, welcher in der heutigen Sitzung unbeanstandet blieb. Es waren zwei neue, die Aenderung der früheren Beschlüsse bezweckende Anträge eingegangen, nämlich I. zu bestimmen: Planck „a, Das Erforderniß des Vorsatzes und der Fahrlässigkeit bezieht sich auf den (Nr 123, 1) schädlichen Erfolg der Handlung, d. h. auf die dem Beschädigten nachtheilige Gestaltung der äußeren thatsächlichen oder rechtlichen Lage desselben. b, Die Verletzung eines Rechts des Beschädigten | ist immer ein schädlicher Er- I Prot I 980 folg in dem obigen Sinne. c, Gleichgültig für die Ersatzpflicht ist, ob der Thäter den Umfang des Schadens, welcher durch die von ihm verschuldete Gestaltung der Lage des Anderen diesem erwachsen ist, insbesondere die aus jener Gestaltung sich ergebenden weiteren schädlichen Folgen kannte oder kennen mußte." II. zu bestimmen: Johow „Wer durch rechtswidrige Handlung oder Unterlassung einem Anderen Schaden zufügt, ist diesem zum Schadensersatz verpflichtet. Rechtswidrig ist auch eine solche schädigende Handlung, welche zwar in Ausübung der natürlichen Freiheit erfolgt, aber mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Für Schaden, welcher auch bei der Aufmerksamkeit eines vorsichtigen Mannes nicht vorherzusehen war, wird nicht gehaftet. Der Schaden gilt immer als voraussehbar, wenn gegen ein Gesetz verstoßen ist, welches darauf abzielt, den Beschädigten vor solchem Schaden zu bewahren." Anlangend den Antrag Ν 2 1, so überzeugte man sich, daß der Vorschlag a das Prinzip enthält, das Erforderniß des Vorsatzes oder der Fahrlässigkeit sei auf den Schaden zu beziehen, daß aber der Vorschlag b als Ausnahme von diesem Prinzipe bestimmt: sei ein subjektives Recht des Beschädigten verletzt, so sei jenes Erforderniß auf die objektive Rechtswidrigkeit der Handlung zu beschränken. Der Antrag Ν 2 II vertritt gleichfalls das Prinzip, das Erforderniß des Vorsatzes oder der Fahrlässigkeit be-1 ziehe sich auf den Schaden, bestimmt aber von dieser | Prot 1981 Regel eine Ausnahme für den Fall, wenn durch die objektiv rechtswidrige, einen Schaden anstiftende Handlung ein Gesetz verletzt ist, durch welches gerade ein solcher Schaden hat verhütet werden sollen. Man erkannte, nachdem der Gegenstand wiederholt nach allen Seiten erörtert war, die Nothwendigkeit, von Neuem durch Abstimmung die prinzipiellen Fragen zu erledigen: 1. Soll das Erforderniß des Vorsatzes oder der Fahrlässigkeit auf die objektiv rechtswidrige Handlung oder umgekehrt auf den Schaden bezogen werden? 879
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2. Soll, wenn in Gemäßheit des früher gefaßten Beschlusses für die erste Alternative entschieden wird, die Regel für den Fall eine Ausnahme erleiden, wenn ein subjektives Recht des Beschädigten nicht verletzt worden ist, indem in einem solchen Falle das in Frage stehende Erforderniß auf die Entstehung eines Schadens zu beziehen ist? lb Die Mehrheit entschied zu Ν 2 1 für die erste Alternative, also für Aufrechterhaltung des früheren Beschlusses, und zu N2 2 für die Ablehnung der vorgeschlagenen Ausnahme. In Ansehung des zu Ν 2 1 beschlossenen Prinzips fand auch die in der Sitzung vom 5. Juli d. J. beschlossene Ausnahme (Protokolle S. 969) für den Fall, wenn die Handlung keine Rechtsverletzung enthalte, keine weitere Vertretung, so daß sie gleichfalls als beseitigt galt. Dagegen erhob sich im Anschluß an den Antrag, welcher im Sitzungsprotokolle vom 3. Juli d. J. (Protokolle S. 963) unter 2 als § 1 b mitgetheilt ist, die Frage, ob nicht das heute oben zu Ν - 1 beschlossene, durch die AbI Prot 1982 lehnung der vorgeschlagenen Ausnahme noch | wichtiger gewordene Prinzip auf die Fälle der vorsätzlich begangenen Delikte zu beschränken und die Delikte, bei welchen dem Thäter nur Fahrlässigkeit zur Last falle, von der Regel auszunehmen seien. Diese Frage wurde durch Mehrheitsbeschluß ebenfalls verneint. Die leitenden Erwägungen waren : Der in der Sitzung vom 3. Juli d. J. nach S. 967 der Protokolle gefaßte Beschluß lasse sich nur scheinbar dafür geltend machen, daß das Erforderniß des Vorsatzes oder der Fahrlässigkeit auf den Schaden zu beziehen sei. Wenn derselbe denjenigen, der vorsätzlich oder fahrlässigerweise den Schaden anstifte, zu dessen Ersatz verpflichte — anscheinend also Vorsatz oder Fahrlässigkeit für die Schadenanstiftung fordere —, so seien doch Ausnahmen hinzugefügt, woraus klar erhelle, daß zur Begründung der Ersatzpflicht dem Erfordernisse der Schadensentstehung noch ein zweites Erforderniß hinzutreten müsse, nämlich das der Widerrechtlichkeit der Handlung, so daß — auf den wesentlichen Inhalt gesehen — sich doch die Rechtsnorm ergebe: nur die widerrechtliche Handlung verpflichte zum Schadensersatze. Der in Ansehung der Vertretung der sogenannten illoyalen Handlungen gefaßte Beschluß stehe damit nicht im Widerspruche, sondern in vollem Einklänge. Die fraglichen Handlungen seien durch jenen Beschluß für widerrechtlich erklärt und sei dadurch nur der allgemeine Rechtsgrundsatz eingeführt: die betreffende Handlungsweise sei nicht minder verboten, wie die Verletzung der absoluten Rechte. Für die bejahende Entscheidung der Frage, ob das Erforderniß des Vorsatzes oder der Fahrlässigkeit auf die objektive Rechtswidrigkeit zu beziehen, sprächen aber die im Nachtrage zum Protokolle vom 5. Juli d. J. angeführten Gründe. Von besonderer I Prot I 983 Wichtigkeit sei die | auf die Verletzung obligatorischer Pflichten zu nehmende Rücksicht. Die Verletzung einer solchen Pflicht enthalte eine gleiche Rechtswidrigkeit, wie die Verübung einer sonstigen, durch die Rechtsordnung verbotenen That; es liege darin gleichfalls eine unerlaubte Handlung und wenn sie auch zu den unerlaubten Handlungen im Sinne des vorliegenden Abschnitts nicht zählte, so müsse sie doch unleugbar in der zur Erörterung stehenden Rücksicht nach denselben Grundsätzen beurtheilt werden. Nun könne man freilich mit dem Antrage zu I bei Annahme des gegenteiligen Prinzips den Fall der Verletzung eines jeden subjektiven Rechts von der Regel ausnehmen, wodurch das Bedenken sich erledige. Die Ausnahme würde aber in dem vorliegenden Abschnitte, der mit der Verletzung obliga1b
Im Original steht ein Punkt.
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torischer Pflichten sich nicht befasse, auf die Verletzung der absoluten Rechte zu beschränken sein, da ein obligatorisches Recht von einem Anderen, als dem Schuldner nicht verletzt werden könnte. Das Gesetz würde in dieser Rücksicht einer Verdeutlichung bedürfen, die aber wegen der Schwierigkeit, das Wesen und den Umfang der absoluten Rechte klarzustellen, überaus mißlich erscheine. Dazu komme der Anstoß, den es nothwendig erwecke, den Betrüger, Fälscher u.s.w. anders zu beurtheilen, als den Dieb. Die in dem Antrage Ν 2 1 zu c vorgeschlagene Aushülfe genüge nicht, den Anstoß zu beseitigen. Sie führe nicht allein zu einer Inkonsequenz, sondern die verschiedene Beurtheilung bleibe bestehen, wenn auch das praktische Ergebniß nicht verschieden sei. Zu helfen sei nur auf dem Wege, daß zu den absoluten Rechten auch diejenigen gezählt würden, welche sich daraus ergäben, daß die Rechtsordnung verbiete, gewisse Handlungen gegen einen Andern zu begehen. Diese Erweiterung des Kreises der absoluten | Rechte würde im Gesetze aber | Prot 1984 nur dadurch zum Ausdrucke sich bringen lassen, daß die Ausnahme auf die rechtswidrigen Handlungen, die gegen den Beschädigten verübt seien, gestellt werde. Eine solche Bestimmung werde indessen immer dunkel bleiben und zu zahllosen Zweifeln führen. Aus einem gleichen Grunde müsse davon abgesehen werden, das von der Mehrheit angenommene Prinzip in Ansehung der sogenannten positiven oder mindestens der Polizeidelikte zu modifiziren. Beteffend dagegen die Beschränkung jenes Prinzips auf die nur vorsätzlich begangenen Handlungen, so sei den Motiven darin beizutreten, daß die Unterscheidung zwischen vorsätzlich und fahrlässig begangenen Handlungen in Ansehung der zivilrechtlichen Verantwortlichkeit bedenklich sei und nicht allein große Verwickelungen, sondern auch eine ungerechte ungünstige Rechtsstellung des Beschädigten nach sich ziehe. Die gefaßten Beschlüsse möchten mitunter Härten zur Folge haben, die jedoch weniger in's Gewicht fielen, als eine die Beschädigten nur zu oft verkürzende und schwächliche Milde. Manche Härten würden sich übrigens dadurch erledigen, daß der Kausalzusammenhang zwischen Handlung und Schaden zu verneinen sei. 111. Sitzung vom 4. 9. 1882, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend v. Schmitt I Die Berathung des Theilentwurfs des Obligationenrechts ( N - 15) „Unerlaubte | Prot 1985 Handlungen" wurde fortgesetzt. Ein Mitglied, welches in der vorigen Sitzung bei Erledigung der prinzipiellen Frage mit der Mehrheit gestimmt hatte, erklärte : es sei nachträglich zu der Ueberzeugung von der Sachwidrigkeit der gefaßten Beschlüsse gelangt, und da eine einzige Stimme den Ausschlag gegeben habe, zu dem Antrage veranlaßt, eine neue Abstimmung vorzunehmen. Es wurde beschlossen, diesem Antrage stattzugeben. Der Beschluß führte zu einer kurzen neuen sachlichen Berathung und zu den beiden neuen Anträgen, die Beschlüße der vorigen Sitzung durch folgende zu ersetzen : 1. „Ist der Schaden durch eine vorsätzlich begangene widerrechtliche Handlung oder Unterlassung verursacht, so ist der Beschädigende zum Schadensersatz verpflichtet, wenn ihm auch bezüglich des Schadens weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit zur Last fällt." 2. „ H a t Jemand durch eine widerrechtliche Handlung (oder Unterlassung) aus Absicht (Vorsatz) oder aus Fahrlässigkeit einem Anderen einen Schaden zugefügt, so ist er diesem | zum Schadensersatz verpflichtet. Ist durch die widerrechtliche | Prot 1986 Handlung (oder Unterlassung) ein (subjektives) Recht des Beschädigten aus Absicht (Vorsatz) oder aus Fahrlässigkeit verletzt, so ist er zum Schadensersatz verpflichtet, 881
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
auch wenn der Schaden selbst nicht aus Absicht (Vorsatz) oder aus Fahrlässigkeit zugefügt ist." Durch Mehrheitsbeschluß wurde der erste Antrag abgelehnt und der zweite Antrag in dem Sinne angenommen, daß auch die Bestimmung unter c des im Protokolle über die vorige Sitzung (Protokolle S. 980) unter I aufgeführten Vorschlags gelten soll. Der neue Beschluß beruhte auf der nunmehr von der Mehrheit getheilten Ueberzeugung: Die Bestimmung, wer schuldbar eine widerrechtliche Handlung begehe, sei unbedingt für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich, auch wenn dieser weder erkannt noch erkennbar gewesen sei, führe zu unerträglichen Härten; sie lasse sich nur rechtfertigen, wenn die Widerrechtlichkeit darin bestehe, daß ein subjektives Recht des Beschädigten verletzt und in dessen Rechtskreis unmittelbar in schuldbarer Weise eingegriffen sei, in welchem Falle sich die Rechtsverletzung selbst schon gleichsam als ein Schaden im weiteren Sinne betrachten lasse; sei die Widerrechtlichkeit anderer Art — also ohne Verletzung eines subjektiven Rechts des Beschädigten eine durch die Rechtsordnung verbotene Handlung schuldbar begangen —, so müsse die Verpflichtung zum Ersätze des einem Anderen daraus entstandenen Schadens davon abhängig gemacht werden, daß die Entstehung eines solchen vorausgesehen oder bei gebührender Aufmerksamkeit vorauszusehen war. Das in der vorigen Sitzung hervorgehobene Bedenken, das Gesetz werde von absoluten subjektiven Rechten reden müssen und hieraus würden Dunkelheiten entstehen, erscheine nicht begründet; es genüge, nur von der Verletzung eines Rechts des I Prot I 987 Beschädigten zu sprechen, da die Verletzung der nur obligatorischen | Rechte, die allein der Schuldner zu verletzen vermöge, an der vorliegenden Stelle gar nicht in Frage stehe; die erforderliche Harmonie werde gerade dadurch erreicht, daß die Verletzung des obligatorischen Rechts durch den Schuldner so zu beurtheilen sei, wie die Verletzung eines absoluten Rechts durch Delikt. Ob die Haftung des Diebes u.s.w. sich in Ansehung der Begründung anders gestalte, als die des Betrügers U.S.W., sei von geringem Belange; es genüge, daß im praktischen Erfolge die Haftung dieselbe sei. Von einer Seite war bemerkt worden : Die Fassung des ersten Absatzes des § 1 des Entwurfs beziehungsweise der zuvor beschlossenen Vorschrift scheine auf den Gedanken zu leiten, es gebe keine Delikte, die nur vorsätzlich begangen werden könnten, ein Gedanke, der um so mehr abwegig sei, als das Strafgesetzbuch in Ansehung der Verbrechen und Vergehen, nicht auch hinsichtlich der Uebertretungen, auf dem Prinzipe beruhe, daß die nur fahrlässig begangene That straffrei bleibe, sofern nicht ein Anderes bestimmt sei. Es lasse sich in Frage stellen, ob nicht eine, jedes Mißverständniß ausschließende Verdeutlichung nöthig sei, welche zugleich ergebe, daß die nur zivilrechtlich verbotene Handlung im Zweifel auch im Falle der nur fahrlässigen Begehung zu vertreten sei. Hierauf wurde, unter Zustimmung der Mehrheit, entgegnet: Wenn das Gesetz die Ersatzpflicht in erster Reihe von der Widerrechtlichkeit der Handlung abhängig mache, so sei zur Genüge ersichtlich, daß von der Ersatzpflicht keine Rede sein könne, sobald das Gesetz zur Widerrechtlichkeit Vorsatz erfordere, im gegebenen Falle aber nur fahrlässig gehandelt sei. Andererseits weise die Fassung des Entwurfs in zureichender Weise darauf hin, daß im Zweifel der Vorsatz zum Thatbestande I Prot I 988 des Delikts nicht gehöre. Betreffend die Polizeidelikte endlich, so dürfe | für die Entschädigungspflicht der in der Strafrechts-Wissenschaft mitunter vertretenen Ansicht, es sei in gewissen Fällen nicht einmal Fahrlässigkeit zum Thatbestande erforderlich, keinesfalls gefolgt werden. 882
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Weiter wurde in Beziehung auf die Vertretung der sogenannten illoyalen Handlungen das Bedenken angeregt, ob nur im Falle der vorsätzlichen Begehung, d. h. nur, wenn in Kenntniß eines entstehenden Schadens gehandelt sei, eine, die Ersatzpflicht nach sich ziehende Widerrechtlichkeit vorliege. Die Mehrheit lehnte einen dahingehenden Antrag: die Widerrechtlichkeit an das Erfordernis des Vorsatzes ι knüpfen, ab, indem sie der Ansicht war, es sei Aufgabe des Richters, im einzelnen Falle zu prüfen, ob bei bloßer Fahrlässigkeit der Verstoß gegen die guten Sitten zu verneinen sei. Der Antrag, zu beschließen: „Die Verpflichtung erstreckt sich nicht auf den Ersatz des Schadens, welchen Kurlbaum Jemand dadurch erleidet, daß einem Anderen ein Schaden zugefügt worden ist, es (Nr 122) sei denn, daß der erstere Schaden von dem Beschädigenden gewollt war.'' wurde zurückgezogen. Man war einverstanden, daß nach den heute gefaßten Beschlüssen in den betreffenden Fällen die Ersatzpflicht davon abhänge, ob die Entstehung eines Schadens erkannt oder erkennbar gewesen sei oder nicht. Hinsichtlich der Unterlassungen einigte man sich dahin, im Gesetze nur von widerrechtlicher „Handlung" zu reden, jedoch unter Einklammerung der Worte „ Thun oder Unterlassen". Man erachtete es für nöthig, das Wort „Handlung" im Gesetzbuche in dem Sinne zu gebrauchen, daß auch die Unterlassung darunter begriffen sei, nicht minder aber für erforderlich, diesen keineswegs selbstverständlichen Sprachgebrauch in der angegebenen Weise zu verdeutlichen. Eine dem Antrage, welcher im Protokolle vom 3. Juli d. Js. (S. 963) unter 1 als § l 1 mitgetheilt ist, | ins- | Prot 1989 besondere dem letzten Satze des hier vorgeschlagenen § I a entsprechende Bestimmung hielt man für entbehrlich. Zur Sprache kam, ob auch die sogenannten illoyalen Handlungen in Unterlassungen bestehen könnten. Die Mehrheit war für die Bejahung, hielt jedoch eine ausdrückliche Bestimmung nicht am Platze, weil auch in der vorliegenden Beziehung der Richter zu prüfen habe, ob in dem Unterlassen ein Verstoß gegen die guten Sitten liege. Der auf die Beweislast sich beziehende Absatz 2 des § 1 wurde durch Mehrheitsbeschluß gestrichen und damit der im Protokolle vom 3. Juli d. Js. (S. 963, 964) unter 2 als § Ie mitgetheilte Antrag für erledigt erachtet. Die Mehrheit vermochte sich von der Nothwendigkeit nicht zu überzeugen, durch eine positive Bestimmung die Beweislastfrage zu erledigen; sie hielt die Vorschriften der Beschlüsse zum Allgemeinen Theil (SS 168 ff. der Zusammenstellung, Protokolle S. 443 —449)2 für ausreichend. In der Diskussion wurde von verschiedenen Seiten hervorgehoben : die Bestimmung des Entwurfs sei bei Delikten, zu deren Thatbestand Vorsatz gehöre, überaus bedenklich, aber auch in den anderen Fällen oder in den Fällen der Fahrlässigkeit, sobald durch die That nicht ein subjektives (absolutes) Recht verletzt sei, nicht unbedenklich, und, soweit sie keinen Bedenken unterliege, nach den vorliegenden Erfahrungen und in Rücksicht auf das Prinzip der freien Beweiswürdigung kein Bedürfniß. Endlich wurde in Betreff des § 1, entsprechend dem im Protokolle vom 3. Juli d. Js. (S. 964) unter 4 mitgetheilten Antrage, beschlossen, das Wort „Absicht" zu vertauschen mit dem Worte: „Vorsatz". Die Aenderung hielt man deshalb für angemessen, damit die Harmonie mit dem Sprachgebrauche des Strafgesetzbuchs erhalten bleibe. 2 S. bei S 229 BGB. 883
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In Gemäßheit des vorstehenden Beschlusses sollen auch in den früheren BeI Prot 1990 schlüssen (vgl. Zusammenstellung der | Beschlüsse zum Allgemeinen Theil § 113, Protokolle S. 285, 286, 288, 289, 294) 3 Zusammenstellung der Beschlüsse zum Obligationenrechte § 28, Protokolle S. 526, 527)4 die Worte „absichtlich" und „aus Absicht" durch „„vorsätzlich"" ersetzt werden. Sonach ist zum § 1 des Entwurfs sachlich beschlossen :
§a H a t Jemand aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit durch eine widerrechtliche Handlung (Thun oder Unterlassen) das Recht eines Anderen verletzt oder einem Anderen einen Schaden zugefügt, so ist er dem Anderen den durch die Handlung verursachten Schaden zu ersetzen verpflichtet. §b Als widerrechtlich gilt auch die an sich erlaubte, einem Anderen Schaden verursachende Handlung, wenn ihre Vornahme einen Verstoß gegen die guten Sitten enthält, es sei denn, daß sie nicht auf Grund der allgemeinen Freiheit, sondern in Ausübung eines besonderen Rechts begangen ist. Zu S 2 des Entwurfes : TE-OR (Nr 15) „Die Haftpflicht tritt ein, ohne Unterschied, ob die Handlung oder Unterlas§ 2 sung unmittelbar oder mittelbar den Schaden bewirkt hat." beschloß die Mehrheit die Streichung des Paragraphen. Sie erachtete die darin enthaltene Bestimmung für selbstverständlich, ihre Aufnahme aber auch für bedenklich, einmal, weil sie nöthige, in allen Fällen, in welchen Schadensersatz vorgeschrieben werde, die Bestimmung zu wiederholen, sodann, weil der Begriff von unmittelbarem und mittelbarem Schaden ein dunkeler bleibe und es daher rathsam sei, im Gesetze davon nicht zu reden. Zugleich wurde in Rücksicht auf den vorstehenden Beschluß beschlossen, in den bisherigen Beschlüssen, (vgl. Zusammenstellung der Beschlüsse zum ObligationenI Prot 1991 rechte §§ 76, 85, Protokolle S. 698, 699, 705, 706, 745 - 7 4 9 ) 5 , | das Wort „vollen" vor: „Schadensersatz" zu streichen. 112. Sitzung vom 6. 9. 1882, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend der Redaktor des Erbrechts von Schmitt | Die Berathung des Theilentwurfes des Obligationenrechts (N 2 15): „Unerlaubte Handlungen" wurde fortgesetzt. Der § 3 des Entwurfes lautet: TE-OR (Nr 15) „Eine Fahrlässigkeit ist dann nicht anzunehmen, wenn die Möglichkeit der § 3 Schadenszufügung so fern lag, daß sie auch von einem vorsichtigen Manne nicht berücksichtigt worden wäre." Man war einverstanden, daß der § 3 insofern ein Bedürfniß sei, als er den Begriff der Fahrlässigkeit zu bestimmen bezweckt. Gegen die Fassung wurden aber folgende Erinnerungen erhoben: I Prot I 993
1. Nach der Erweiterung des ersten Absatzes des § 1 wurde es nöthig, hinter „Möglichkeit" einzuschalten: „der Rechtsverletzung oder." 3 S. bei § 160 BGB. 4 S. bei §§ 4 2 1 - 4 3 2 BGB. 5 § 7 6 ZustOR, Prot. I. 698, 699, 705, 706 s. bei §§ 440, 441 BGB, § 8 5 ZustOR, Prot. I 745 - 749 s. vor §§ 462 - 480 BGB. 884
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2. Die Fahrlässigkeit komme auch in Betracht im Falle der Nichterfüllung oder Verletzung der obligatorischen oder der aus einem Schuldverhältnisse entspringenden Verpflichtungen. Hierüber handele die Vorlage N e 13 „Wirkungen der Schuldverhältnisse" §§ 196, 1976. Die im § 197 für die geringe Fahrlässigkeit enthaltene Begriffsbestimmung wurde für den § 3 | zum Vorbild zu nehmen, also auch in diesem § von „sorg- | Prot I 994 samer" oder in Gemäßheit des Beschlusses, Zusammenstellung der Beschlüsse zum Obligationenrechte §88 Absatz 2, Protokolle S. 755 — 760 7 , von „ordentlicher Hausvater" und von der Sorgfalt eines solchen zu reden sein. 3. Dem § 197 a.a.O. würde die kurze und völlig ausreichende Fassung entsprechen: „Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters nicht angewendet ist." Man erachtete die beiden ersten Erinnerungen für begründet; sie sollen daher bei der Redaktion berücksichtigt werden, der auch die Prüfung vorbehalten blieb, ob die unter N 2 3 vorgeschlagene Fassung sich empfehle. Von einer Seite wurde der Ausdruck: „ordentlicher Hausvater" bemängelt und erinnert, passender erscheine der Ausdruck: „ordentlicher Mann". Dies wurde von der Mehrheit jedoch nicht anerkannt; sie glaubte, das W o r t : „ordentlicher" empfange durch das W o r t „Hausvater" eine Beziehung und Verdeutlichung, die nicht zu entbehren sei und verloren ginge, wenn das Wort „Mann" gewählt werde. Der Antrag, im Gesetzbuche überall statt von „ordentlichem Hausvater" von „ordentlichem Manne" zu reden, fand daher nicht die Zustimmung der Mehrheit. Zu § 4 des Entwurfes : „Auf die Haftpflicht dessen, welcher einen Andern durch eine widerrechtliche TE-OR (Nr 15) Handlung beschädigt, ist es ohne Einfluß, wenn er mit Letzterem in einem Rechts- S 4 Verhältnisse steht, wonach er nur f ü r absichtliches Verschulden und grobe Fahrlässigkeit haftet." I war beantragt: | Prot 1995 den § zu fassen:
Planck
„Die Haftpflicht dessen, welcher nach § 1 zum Schadensersatz verpflichtet ist, (Nr 123, 2) wird dadurch nicht berührt, daß er mit dem Beschädigten in einem Rechtsverhältnisse steht, nach welchem seine Haftpflicht eine geringere ist, als die im § 1 bestimmte." Der § 4 wurde durch Mehrheitsbeschluß abgelehnt. Man glaubte die Lösung der im § 4 entschiedenen Frage der Rechtswissenschaft überlassen zu müssen. Bei der Debatte ward von verschiedenen Seiten hervorgehoben: die Bestimmung sei zweifellos richtig, aber auch selbstverständlich, wenn die Handlung zu dem anderen Rechtsverhältnisse in keiner unmittelbaren Beziehung stehe, werde dagegen in anderen Fällen, wie auch die Motive anzuerkennen schienen, nicht unbedingt für richtig erachtet werden können, wie sich bei Würdigung des Beispiels ergebe, daß das Gesetz einen Nießbraucher nur zur Vertretung der groben Fahrlässigkeit verpflichte und die Beschädigung der dem Nießbrauche unterworfenen Sache durch geringe Fahrlässigkeit unmittelbar in Ausübung des Nießbrauchsrechts erfolge.
* S. bei §§ 2 7 6 - 2 7 8 BGB. 7 S. vor §§ 346 — 360 BGB bei den Beratungen der Vorschriften über die Rechtsfolgen bei Wandlung eines Kaufvertrages.
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TE-OR (Nr 15) S5
Zu § 5 des Entwurfes : „Wer im Zustande der Nothwehr, ohne die Grenzen derselben schuldhaft zu überschreiten, die Person oder das Vermögen des Angreifers beschädigt, haftet nicht für Ersatz dieses Schadens. Dasselbe gilt, wenn Jemand zur Abwehr einer unverschuldeten, seiner Person oder seinem Vermögen von einer fremden Sache drohenden und auf andere Weise nicht zu beseitigenden Gefahr diese Sache beschädigt oder zerstört. I Prot 1996 Hat Jemand in die Schadenszufügung durch einen | Anderen eingewilligt, so steht ihm ein Anspruch auf Ersatz des Schadens gegen Letzteren nicht zu." lagen die Anträge vor: Planck 1. den ersten Absatz zu streichen oder den § dahin zu fassen: (Nr 123, 3) „Eine Verpflichtung zum Schadensersatz findet nicht statt, wenn die Handlung nach Maßgabe der §§161 bis 164 der Beschlüsse zum Allgemeinen Theil 8 nicht unerlaubt war oder der Beschädigte in die Schadenszufügung eingewilligt hatte." Kurlbaum 2. „unter Annahme des zu 1 aufgeführten Antrags den § 162 der Zusammenstel(Nr 124, 1) lung des Allgemeinen Theils in Uebereinstimmung mit § 54 des Strafgesetzbuchs dahin zu ergänzen, daß auch die Beschädigung eines Angehörigen (§ 52 Abs. 2 des Strafgesetzbuchs) durch Beschädigung oder Zerstörung einer Sache abgewandt werden darf und daß eine Gefahr für Leib oder Leben für die eigene Person oder die Person eines Angehörigen auch durch Beschädigung oder Tödtung einer Person abgewandt werden darf." Der § 5 wurde absatzweise berathen.
Zum ersten Absätze : Die Anträge Ν 2 1 und 2 bezwecken eine sachliche Aenderung der im § 5 enthaltenen Bestimmungen. Wird ihnen stattgegeben, so bleibt nämlich die Frage offen, ob die gegen einen Andern als den Angreifer verübte Nothwehrhandlung als erlaubte Nothwehr im Sinne des Beschlusses vom 6. Februar d. J., vgl. Zusammenstellung der Beschlüsse zum Allgemeinen Theil § 161, bezw. des Strafgesetzbuchs gelten könne und daher nicht zu vertreten sei (vgl. Sitzungsprotokoll vom 6. Februar d. J. S. 397). Der vorliegende § 5 enthält dagegen die positive Entscheidung, daß, wenn I Prot I 997 auch die in Rede stehende Handlung als | erlaubte Nothwehr zu betrachten sein möge, gleichwohl Schadensersatz zu leisten sei. Dies ist wenigstens der Sinn des ersten Satzes. Die Mehrheit beschloß aber, in Uebereinstimmung mit den Anträgen N2 1 und 2 die Streichung des ersten Satzes. Ihr erschien es nicht angemessen, im Gesetze zu bestimmen, die fragliche Handlung sei zwar erlaubt, aber so zu vertreten, als wäre sie unerlaubt. Dabei wurde bemerkt: Der erste Satz werde in Rücksicht auf den Beschluß vom 6. Februar d. J. (Zusammenstellung der Beschlüsse zum Allgemeinen Theil § 161) ganz anders, nämlich dahin zu fassen sein: „Wer im Zustande der erlaubten Nothwehr die Person oder das Vermögen nicht des Angreifers, sondern eines Dritten beschädigt, haftet für Schadensersatz." Dies ergäbe jedoch eine früher für bedenklich erachtete Deklaration des Strafgesetzbuchs. Den Satz zu streichen, erscheine aber um so unbedenklicher, als ihm eine besondere praktische Bedeutung nicht beiwohne. Betreffend den zweiten Satz, so ist derselbe, wie allseitig anerkannt wurde, durch den Beschluß vom 8. Februar d. J. (Zusammenstellung der Beschlüsse zum Allgemeinen Theil § 162, Protokolle S. 409, 410) voll und ganz gedeckt; es wurde deshalb die Streichung beschlossen. So weit der Antrag N- 2 die Ergänzung des Zust A T SS 161 - 164 s. bei « 227 - 230 BGB.
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25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 823, 826
§ 162 der Zusammenstellung der Beschlüsse zum Allgemeinen Theil bezweckt, wurde er zurückgezogen. Bei seiner Diskussion kam zur Sprache, daß der gedachte Beschluß vom 8. Februar d. J. auf die nach dem Strafgesetzbuche straffreien Nothstandshandlungen im Allgemeinen sich nicht bezieht, sondern nur den speziellen Fall im Auge hat, wenn von einer fremden Sache Gefahr droht. Daß die nach dem Strafgesetzbuche straffreien Nothstandshandlungen auch zivilrechtlich als erlaubt anzusehen seien und | keine zivilrechtliche Verantwortung begründen, ist bei der | Prot I 998 Berathung des Allgemeinen Theils weder beschlossen noch zu beschließen bisher angeregt. In Ansehung der von einer fremden Sache drohenden Gefahr hielt man übrigens zu entscheiden nicht für nöthig, ob der erwähnte Beschluß (bezw. § 162 der Zusammenstellung) auch gelten solle, wenn die Gefahr einem Angehörigen drohe oder ob eine ohne Willen thätige Person einer Sache gleichzustellen sei. Zum zweiten Absätze: Der zweite Absatz wurde gebilligt. Erwogen wurde : Verliere die Handlung durch die Einwilligung die Eigenschaft der Widerrechtlichkeit, so erscheine die Bestimmung zweifellos und selbstverständlich. Allein die Vorschrift treffe bei ihrer allgemeinen Fassung auch den Fall, wenn die Handlung trotz der Einwilligung eine widerrechtliche und sogar strafbar bleibe, ζ. B. den Fall der Verstümmelung behufs Abwendung des Militärdienstes oder den Fall der Tödtung mit Einwilligung des Getödteten. Auch in solchen Fällen solle die Ersatzpflicht dem Beschädigten gegenüber ausgeschlossen sein. Die Ausdehnung erscheine angemessen, aber keineswegs selbstverständlich und in ihr bestehe die Bedeutung der Bestimmung. Der § 13 genüge nicht, weil im Einwilligungsfalle von einer Nachlässigkeit des Beschädigten sich nicht reden lasse und weil mindestens die im § 13, über die Haftung vorgeschlagene Bestimmung nicht passe. Man war zugleich einverstanden, daß die Einwilligung sich als (einseitiges) Rechtsgeschäft darstelle, folglich volle und unbeschränkte Geschäftsfähigkeit des Einwilligenden erfordere. Zu § 6 des Entwurfs: „Hat Jemand, der einem Befehle Gehorsam schuldig war, durch die ihm befohlene Handlung oder | Unterlassung einen Andern beschädigt, so ist er hierfür nicht verantwortlich. Dasselbe gilt, wenn derjenige, von welchem die beschädigende Handlung begangen worden ist, dieselbe aus entschuldbarem Irrthum für erlaubt oder für unschädlich gehalten hat." war beantragt, im zweiten Absätze die Worte: „oder für unschädlich" zu streichen. Zum ersten Absätze. Der erste Absatz wurde abgelehnt. Man erachtete seinen Inhalt für selbstverständlich, weil nicht zweifelhaft sein könne, daß, wenn das Gesetz zum Gehorsam verpflichte, in dem Gehorsamleisten auch eine Widerrechtlichkeit sich nicht finden lasse. Zum zweiten Absätze. Der obengedachte Antrag wurde angenommen, die Mehrheit war der Ansicht, sei im entschuldbaren Irrthum der Schaden nicht erkannt, so seien Vorsatz und Fahrlässigkeit (in Bezug auf denselben) ausgeschlossen. Komme es aber auf Erkennung des Schadens überhaupt nicht an, weil die Verletzung eines subjektiven Rechts vorliege, so sei auch der Irrthum über die Schädlichkeit nicht zu berücksichtigen. Im Uebrigen fand der zweite Absatz die Zustimmung der Mehrheit, die da887
TE-OR(Nrl5) §6 | Prot 1999
Kurlbaum (Nr 124, 2)
§ § 823, 826
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
von ausging: Auch der entschuldbare Rechtsirrthum müsse die Verpflichtung zum Schadensersatze erledigen, da bei einem solchen weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit vorliege. Das Erforderniß des Vorsatzes oder der Fahrlässigkeit müsse auch auf die Rechtswidrigkeit erstreckt werden, was durch die vorliegende Bestimmung geschehe. Dagegen war erinnert worden: Der Rechtsirrthum werde doch eben so wenig, I Prot 1 1000 wie auf dem strafrecht-1 liehen Gebiete, auch dann Beachtung finden können, wenn er nur darin bestehe, daß die Rechtsnorm nicht gekannt sei, welche eine Handlung verbiete, weshalb mindestens solche Fälle von der Bestimmung auszunehmen seien. Die Mehrheit meinte, in den fraglichen Fällen werde nur selten und nur unter besonderen Umständen die Entschuldbarkeit des Irrthums sich annehmen lassen. II. In der RedVorl und der ZustOR lauten die beschlossenen Vorschriften : Hat Jemand aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit durch eine widerrechtliche Handlung (Thun oder Unterlassen) das Recht eines Anderen verletzt oder einem Anderen einen Schaden zugefügt, so ist er dem Anderen den dadurch (durch die Handlung) verursachten Schaden zu ersetzen verpflichtet.9 RedVorl § 146 Als widerrechtlich gilt auch die an sich kraft der allgemeinen Freiheit erlaubte Handlung, wenn sie einem Anderen zum Schaden gereicht und ihre Vornahme einen Verstoß gegen die guten Sitten enthält. oder Als widerrechtlich gilt auch die an sich erlaubte, einem Anderen zum Schaden gereichende Handlung, wenn durch dieselbe gegen die guten Sitten verstoßen wird, RedVorl § 145
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Dazu ist angemerkt: 1. Die Verwendung von „Vorsatz oder Fahrlässigkeit" bezweckte zu verdeutlichen, daß das Erforderniß auch auf die Widerrechtlichkeit sich bezieht (zu vgl. § 150). 2. „Dadurch". Erinnert wurde, es sei nicht angänglich, zu bestimmen: wer einem Anderen einen Schaden zufüge, sei den dadurch, d. h. durch den Schadensursprung verursachten Schaden zu ersetzen verpflichtet. Der Einwurf dürfte nicht begründet sein. Der Gedanke ist: wer einem Anderen durch eine widerrechtliche Handlung aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit, d. h. einen vorausgesehenen oder voraussehbaren Schaden zufügt, ist den ganzen, d. h. auch den nicht vorausgesehenen oder voraussehbaren Schaden zu ersetzen verpflichtet. Das Wort „dadurch" bezieht sich also auf „Handlung". Besser wäre daher zu setzen: „durch die Handlung". Aber das paßt nicht für den ersten Fall, den Fall der Rechtsverletzung, wegen der Möglichkeit, daß durch die Handlung ein Recht fahrlässig verletzt ist, der Verletzte aber noch einen anderen, nicht voraussehbaren und mit der Rechtsverletzung, in keinem Zusammenhange stehenden Schaden erleidet. Das Wort „dadurch" bedeutet also: im ersten Falle „durch die Rechtsverletzung" im zweiten Falle „durch die Handlung". Aber auch dies wäre nicht richtig, da auch im ersten Falle der durch die Handlung verursachte Schaden zu ersetzen ist. Richtiger wäre: „durch die Handlung, im ersteren Falle zugleich durch die Rechtsverletzung". Es wird die Deutlichkeit wenig gewinnen, wenn eine solche Aenderung erfolgte. Der § 1 (145) kann auf keinem anderen Wege als dadurch verdeutlicht werden, daß die beiden darin enthaltenen Fälle getrennt werden. „ H a t Jemand aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit durch eine widerrechtliche Handlung das Recht eines Anderen verletzt, so ist er diesem den durch die Rechtsverletzung verursachten Schaden zu ersetzen verpflichtet. H a t Jemand aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit durch eine widerrechtliche Handlung einem Anderen einen Schaden zugefügt, so ist er dem Anderen jeden durch die Handlung verursachten Schaden zu ersetzen verpflichtet."
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25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 823, 826
es sei denn, daß sie nicht auf Grund der allgemeinen Freiheit, sondern in Ausübung eines besonderen Rechts vorgenommen wird. 10 Hat Jemand aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit durch eine widerrechtliche Handlung (Thun oder Unterlassen) einem Anderen einen Schaden zugefügt, so ist er diesem zum Ersätze desselben verpflichtet. Hat Jemand aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit durch eine widerrechtliche Handlung das Recht eines Anderen verletzt, so ist der den durch die Rechtsverletzung dem Anderen verursachten Schaden diesem zu ersetzen verpflichtet, auch wenn der Schaden nicht vorauszusehen war. Als widerrechtlich gilt auch die kraft der allgemeinen Freiheit an sich erlaubte Handlung, wenn sie einem Anderen zum Schaden gereicht und ihre Vornahme einen Verstoß gegen die guten Sitten enthält. Fahrlässigkeit liegt vor, wenn nicht die Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters angewendet ist. Hat der Beschädigte in die beschädigende Handlung eingewilligt, so steht ihm ein Anspruch auf Schadensersatz nicht zu. 10a · Ist die beschädigende Handlung von demjenigen, der sie begangen hat, aus entschuldbarem Irrthum für erlaubt gehalten worden, so ist derselbe zum Schadensersatze nicht verpflichtet. Bei den Beratungen der Spezialdelikte ist der zweite Absatz des § 145 RedVorl/ ZustOR um den Zusatz ergänzt worden: 11 Als Verletzung eines Rechts im Sinne dieser Bestimmung ist auch die Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit und der Ehre anzusehen. Zu § 146 wurde von der Kom. beschlossen, die Vorschrift nicht in den Titel „Einzelne unerlaubte Handlungen" zu versetzen und die Anmerkung zu streichen (Prot I 3276). III. Im KE ist § 145 ZustOR in § 698 enthalten, wobei in Abs. 1 die Klammern durch Bindestriche ersetzt sind12, der beschlossene Zusatz dem Abs. 2 als Satz 2 angefügt ist und es in diesem Satz statt „dieser Bestimmung" heißt: „der vorstehenden Bestimmung". § 146 ZustOR ist in unveränderter Fassung in § 699 enthalten. §§ 148 und 149 ZustOR sind in §§ 700 und 701 enthalten, wobei es in der letztgenannten Vorschrift statt: „demjenigen, der" heißt: „demjenigen, welchen". 123
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Dazu ist angemerkt: Es muß vorbehalten bleiben, den § 146 unter die Vorschriften über die Spezialdelikte zu versetzen, vgl. Dresdener Entwurf Art. 1013. io» Dazu ist in der RedVorl angemerkt: Statt „beschädigende Handlung" zu setzen: „Beschädigung", wird nicht angänglich sein wegen des Falles, wenn ein Recht verletzt ist und ein Schaden nicht vorauszusehen war. Auch der Entwurf braucht in § 6: „beschädigende Handlung". h S. Prot. 1 2 8 4 8 - 2 8 5 2 bei S 824 BGB. 12 Bei Beratung der Anträge, welche gestellt waren in Betreff der Drucklegung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse wurde auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 571 IV) beschlossen: Die bei dem Druck eingeschalteten Worte „in Thun oder Unterlassen bestehend" wieder zu streichen und dagegen hinter „Handlung" wieder einzuschalten „ — Thun oder Unterlassen - " (Prot. I 3556, 3560). 121 Der in § 147 ZustOR wiedergegebene Beschluß bezog sich auf § 197 ZustOR, s. Prot. I 994 und den § 197 bei JS 2 7 6 - 2 7 8 BGB.
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ZustOR § 145
ZustOR § 146
RedVorl/ ZustOR § 147 RedVorl/ ZustOR § 148 RedVorl/ ZustOR S 149
§ § 823, 826
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Bei der 2. Beratung des KE wurde beantragt: | zu § 698.
I Prot 1 11862
1. a) Abs. 1 a.E. zu fassen: „zum Ersätze des durch die Handlung verursachten Schadens verpflichtet." b) Abs. 2 Z. 4 zu fassen: „auch wenn ein Schaden nicht vorauszusehen war." Bemerk. Nach den Protokollen S. 986 ff. soll im Falle des ersten Absatzes jeder Schaden ersetzt werden, sobald durch widerrechtliche Handlung ein Schaden überhaupt vorsätzlich zugefügt ist oder bei Anwendung gehöriger Sorgfalt vorauszusehen war. Dieser Gedanke gelangt nicht zum klaren Ausdruck im KE, da desselben sich auf den aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit verusachten Schaden bezieht. Er wird auch bei veränderter Fassung des Abs. 1 verdunkelt, wenn im Abs. 2 der Umstand, daß ¿er Schaden, d. h. der verusachte Schaden, nicht vorauszusehen war, besonders hervorgehoben wird, obgleich der Umstand im Falle des Abs. 1 ebenso bedeutungsI Prot 11863 | los sein soll.
Kurlbaum (Nr 601, 11) Kurlbaum (Nr 629)
eventuell Abs. 1 zu fassen: „so ist er dem Anderen zum Schadensersatze verpflichtet, sofern er die Entstehung eines Schadens vorausgesehen hat oder (bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters) voraussehen mußte." oder „so ist er dem Anderen zum Schadensersatze verpflichtet, ohne Rücksicht darauf, ob er den Umfang des Schadens vorausgesehen hat". v. Mandry (Nr 623, 51)
2. in Abs. 1 Zeile 1 und 2 zu setzen „durch ein widerrechtliches Thun oder Unterlassen" (widerrechtliche Handlung). Beschlossen wurde, den Abs.l zu fassen: Hat Jemand durch eine aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit begangene widerrechtliche Handlung - Thun oder Unterlassen - einem Anderen einen Schaden zugefügt, dessen Entstehung er vorausgesehen hat oder voraussehen mußte, so ist er dem Anderen zum Ersätze des durch die Handlung verursachten Schadens verpflichtet, ohne Unterschied, ob der Umfang des Schadens vorauszusehen war oder nicht. den Abs. 2 a.E. zu fassen: . . . verpflichtet, auch wenn die Entstehung eines Schadens nicht vorauszusehen war. Der Antrag zu 2 wurde hierauf zurückgezogen. Erwogen war: Der Entwurf setzte als Grundlage jeder Verpflichtung zum Schadensersatze eine widerrechtliche Handlung, durch welche der Schaden verursacht worden sei, I Prot 11864 | voraus und behandele danach im ersten Absätze des Paragraphen die Zufügung eines Schadens im Allgemeinen, im zweiten Absätze die Zufügung eines Schadens durch Verletzung eines dem Beschädigten zustehenden Rechtes. Im Allgemeinen solle der Schuldige einem Anderen zwar nur dann zum Schadensersatze verpflichtet sein, wenn er in Ansehung der Schadenszufügung vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt habe, also die Entstehung irgend eines wirklich entstandenen Schadens für den Anderen gewollt habe oder dessen Entstehung bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters habe voraussehen müssen; er solle aber, wenn diese Voraussetzung einmal vorliege, dem Beschädigten nicht bloß den vorausgesehenen oder vorauszusehenden Schaden, sondern jeden durch die widerrechtliche Handlung verursachten Schaden ersetzen, wenn er auch den Umfang des verursachten 890
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 823, 8 2 6
Schadens nicht habe voraussehen können. In dem Falle des zweiten Absatzes solle der Schuldige jeden durch die Rechtsverletzung dem Anderen verursachten Schaden immer ersetzen, wenn er auch die Entstehung irgend eines solchen Schadens nicht habe voraussehen können, sofern er nur in Ansehung der Rechtsverletzung aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit gehandelt habe (Prot. S. 980, 9 8 6 1 2 b - 9 9 1 , S. 2826 13 , 2832 14 , 2841 15 , 2848 16 , 3078, 3079 17 )· Diese Gedanken seien in der bisherigen Fassung des Entwurfes insofern nicht zum völlig klaren Ausdruck gekommen, als der erste Absatz unter der Voraussetzung eines aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit zugefügten Schadens zum Ersätze „desselben" verpflichte. Es sei nicht ausgeschlossen, die Verpflichtung hiernach nur auf den aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit zugefügten I Schaden zu beziehen, also auch dem Umfange nach nur auf denjenigen, | Prot 111865 welchen der Schuldige vorausgesehen habe oder voraussehen mußte. Ein solches Mißverständniß werde noch dadurch unterstützt, daß im zweiten Absätze die Verpflichtung auf den Ersatz desjenigen Schadens ausgedehnt werde, welcher nicht vorauszusehen war. Werde nunmehr die Unterscheidung zwischen dem Voraussehen irgend eines Schadens und der Verpflichtung zum Ersätze eines jeden verursachten Schadens in beiden Absätzen bestimmt zum Ausdrucke gebracht, so sei doch im ersten Absätze noch auszudrücken, daß auch die widerrechtliche Handlung selbst, durch welche der Schaden verursacht worden, aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit begangen sein müsse, damit der Erfolg dem Handelnden zugerechnet werden könne. Ein gleiches Bedürfniß sei für den zweiten Absatz nicht vorhanden, weil derselbe nur in Ansehung des durch die Rechtsverletzung verursachten Schadens verfüge, wogegen in Ansehung eines anderen Schadens, welcher durch die eine Rechtsverletzung enthaltende widerrechtliche Handlung verursacht sei, die Vorschrift des ersten Absatzes zur Anwendung komme. Was den Ausdruck „voraussehen mußte" anlange, so dürfe vertraut werden, daß hierunter auch ohne erläuternden Zusatz bei richtiger Anwendung des § 3 KE verstanden werde, es liege der Fall eines auf Fahrlässigkeit beruhenden Nichtvoraussehens vor. zu § 699. statt „und ihre Vornahme einen Verstoß gegen die guten Sitten enthält" zu set- Gebhard zen „und ihre Vornahme gegen die guten Sitten verstößt." (Nr 622, 1 b) Der Antrag wurde angenommen (Prot. 1 11865 — 11867). Zu §701 s. noch den Antrag von Planck (Nr. 625) und P r o t i 1 1 8 6 7 - 1 1 8 7 4 bei S S 2 7 6 - 2 7 8 BGB. IV. Im E I haben die Vorschriften die Fassung: H a t Jemand durch eine aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit begangene widerrechtli- EI § 704 che Handlung — Thun oder Unterlassen — einem Anderen einen Schaden zugefügt, dessen Entstehung er vorausgesehen hat oder voraussehen mußte, so ist der dem Anderen zum Ersätze des durch die Handlung verursachten Schadens verpflichtet, ohne Unterschied, ob der Umfang des Schadens vorauszusehen war oder nicht.
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S. hier oben unter I. 13 S. bei ξ 847 BGB. h S. bei § 847 BGB. 15 S. bei § 847 BGB. 16 S. bei § 824 BGB. 17 S. bei § 839 BGB. 891
§ § 823, 826
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Hat Jemand aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit durch eine widerrechtliche Handlung das Recht eines Anderen verletzt, so ist er den durch die Rechtsverletzung dem Anderen verursachten Schaden diesem zu ersetzen verpflichtet, auch wenn die Entstehung eines Schadens nicht vorauszusehen war. Als Verletzung eines Rechtes im Sinne der vorstehenden Vorschrift ist auch die Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit und der Ehre anzusehen. EI § 705 Als widerrechtlich gilt auch die kraft der allgemeinen Freiheit an sich erlaubte Handlung, wenn sie einem Anderen zum Schaden gereicht und ihre Vornahme gegen die guten Sitten verstößt. EI $ 706 Hat der Beschädigte in die beschädigende Handlung eingewilligt, so steht ihm ein Anspruch auf Schadensersatz nicht zu. EI § 707 Ist die beschädigende Handlung von demjenigen, welcher sie begangen hat, aus entschuldbarem Irrthume für erlaubt gehalten worden, so ist derselbe zum Schadensersatze nicht verpflichtet.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Anträge lagen nicht vor. II. 83. Sitzung vom 12. September 1892 I Prot-RJA 533
| I. Die Kommission wandte sich zu der Berathung des Abschnittes über die Schuldverhältnisse aus unerlaubten Handlungen. Mit dem der Regelung des Entwurfs zu Grunde liegenden Prinzip, wonach eine Haftung aus unerlaubten Handlungen grundsätzlich nur dann eintreten soll, wenn dem Thäter Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last fällt, erklärte sich die Kommission einverstanden. Das sogenannte Verschuldensprinzip entspreche allein der modernen Verkehrsauffassung, während das in der Kritik von mehreren Seiten befürwortete Veranlassungsprinzip der Bewegungsfreiheit auf dem Gebiete des Privatrechts zu weitgehende, die Verkehrsinteressen schädigende Schranken auferlege. Anlangend den speziellen Inhalt des § 704 so wurde der Absatz 2, welcher die Folgen der Verletzung absoluter Rechte Dritter behandelt, im wesentlichen gebilligt. Beanstandet wurde dagegen die Regelung des Entw. für solche Fälle, in denen nicht das absolute Recht eines Dritten, sondern ein allgemeines Verbotsgesetz verletzt ist. Nach der Vorschrift des Abs. 1 soll in diesen Fällen derjenige, welcher ein Verbotsgesetz vorsätzlicher oder fahrlässiger Weise übertritt, jeder Person, die, I Prot-RJA 534 wenn auch nur | mittelbar, in Folge der Uebertretung einen Schaden erlitten hat, zum Ersätze verpflichtet sein, jedoch nur unter der weiteren Voraussetzung, daß der Thäter den Schaden vorausgesehen hat oder hätte voraussehen müssen. Die Kommission war der Meinung, daß hierdurch die Haftung des Thäters nach einer Richtung zu weit ausgedehnt, nach einer anderen Richtung dagegen zu sehr beschränkt werde. Es gehe zu weit, allen in Folge der Uebertretung eines Strafgesetzes durch den Thäter geschädigten Personen einen Ersatzanspruch zu gewähren, selbst wenn das Verbotsgesetz nicht unmittelbar ihre verletzten Interessen zu schützen bestimmt sei, sondern nur mittelbar in Folge des Schutzes, den es anderen Interessen gewähre, im Wege der Reflexwirkung auch ihren Interessen zu Gute komme. Auf der anderen Seite werde denjenigen Personen, in deren Interesse das Verbotsgesetz erlassen sei, der gebührende Schutz verkümmert, wenn man ihren Ersatzanspruch davon abhängig mache, daß der Thäter den ihnen erwachsenen Scha892
25. Titel : Unerlaubte Handlungen
§ § 823, 826
den vorausgesehen habe oder hätte voraussehen müssen. Dementsprechend sei ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung eines Gesetzes nur denjenigen Personen zu gewähren, deren Schutz das verletzte Gesetz bezweckte, andererseits jedoch ohne Rücksicht darauf, ob der Schaden voraussehbar war. Die Gleichstellung der Fälle einer Schadenszufügung durch Gesetzesverletzung mit den Fällen einer Schadenszufügung durch Verletzung eines absoluten Rechtes sei innerlich gerechtfertigt und schon um deswillen geboten, weil in der Praxis beide Fälle häufig zusammenfielen. Die Kommission erachtete ferner eine Ergänzung des § 704 in dem Sinne für erforderlich, daß zu den Rechten im Sinne des § 704 auch der Besitz gehöre. Der Frage, ob im Uebrigen der Besitz als ein Recht oder als ein rein thatsächliches Verhältniß aufzufassen sei, werde hierdurch nicht präjudizirt; auf der anderen Seite trage diese Ergänzung dem von | verschiedenen Seiten gehegten Wunsche nach einem |Prot-RJA535 weitergehenden Schutze der nur obligatorisch Berechtigten für solche Fälle Rechnung, in welchen mit der Obligation der Besitz (Inhabung) einer Sache verbunden sei. Hiernach erhielt der § 704 die nachstehende Fassung: Wer vorsätzlich oder aus Fahrlässigkeit widerrechtlich das Recht eines Anderen EI-RJA § 704 verletzt oder gegen ein den Schutz eines Anderen bezweckendes Gesetz verstößt, ist ihm zum Ersätze des dadurch entstandenen Schadens verpflichtet. Zu den Rechten im Sinne dieser Vorschrift gehört auch der Besitz; als Verletzung eines Rechtes gilt auch die Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit und der Ehre. II. Der § 705 wurde seinem sachlichen Inhalte nach im wesentlichen gebilligt, jedoch in Uebereinstimmung mit der in Theorie und Praxis herrschenden Ansicht auf die Fälle eines vorsätzlichen Handelns beschränkt. Zugleich soll durch die Fassung im Anschluß an die zu § 704 Abs. 1 beschlossene Aenderung verdeutlicht werden, daß nur derjenige Anspruch auf Ersatz des durch die Handlung entstandenen Schadens habe, gegen den die vorsätzliche Handlung sich richte, nicht auch ein mittelbar dadurch Betroffener. Ferner wurde beschlossen, die Vorschrift des § 705 auch auf solche Handlungen auszudehnen, zu deren Vornahme ein besonderes Recht bestehe, weil derjenige, welcher kraft der allgemeinen Freiheit handele, im weiteren Sinne auch ein Recht ausübe und es der inneren Rechtfertigung entbehre, nur in diesem Falle, nicht aber auch in dem Falle, in welchem das Interesse der Person zu einem besonderen Privatrecht erhoben worden sei, einer mißbräuchlichen, gegen die guten Sitten verstoßenden Ausübung entgegenzutreten. Dazu kommt, daß die Unterscheidung im § 705 unbestimmt sei | und eine Quelle von Streitfragen zu wer- | Prot-RJA 536 den drohe. Demgemäß erhielt der § 705 folgende Fassung: Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich einem Drit- E I-RJA § 705 ten einen Schaden zufügt, ist diesem zum Ersätze des Schadens verpflichtet, ohne Unterschied ob der Umfang des Schadens vorauszusehen war oder nicht. III. Als § 705 a soll die bereits in der Anmerkung zu § 192 der gedruckten Zusammenstellung der Beschlüsse der Redaktionskommission beschlossene Vorschrift folgenden Inhalts aufgenommen werden : Die Verpflichtung zum Schadensersatze wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß E I-RJA § 705 a die beschädigende Handlung im Nothstande begangen ist. Die Vorschrift des § 192 bleibt unberührt. 893
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
IV. Der § 706 wurde gestrichen. Man erwog: Es sei selbstverständlich, daß die Einwilligung des Verletzten in die verletzende Handlung den Schadensersatzanspruch des Verletzten ausschließe, wenn und insoweit als die Einwilligung der Verletzung den Karakter der Widerrechtlichkeit nehme. Ob dies im einzelnen Falle anzunehmen sei, müsse aus den allgemeinen Grundsätzen entschieden werden, ohne daß es einer Spezialvorschrift bedürfe. In der Allgemeinheit, wie der § 706 gefaßt sei, könne zudem die Vorschrift als richtig nicht anerkannt werden. Soweit die Einwilligung die Widerrechtlichkeit nicht beseitige, komme es darauf an, ob nach dem Sinne des Gesetzes dieses den Beschädigten auch gegen seine eigene Einwilligung schützen wolle bezw. ein vorgängiger Verzicht auf die Entschädigung als gegen die guten Sitten verstoßend anzusehen sei. I Prot-RJA 537
| V. Der § 707 wurde gleichfalls gestrichen. Man erwog: Die Vorschrift des § 707 sei selbstverständlich und deren Streichung eine Konsequenz der von der Kommission beschlossenen Streichung des § 241 18 . Wer eine schädigende Handlung vornehme, weil er sie aus entschuldbarem Irrthum für erlaubt halte, handele nicht fahrlässig. Der Gesetzgeber dürfe dem Einzelnen nicht eine Garantie dafür auferlegen, daß er nicht einmal in entschuldbarer Weise irre. Sei ein Anderer in Folge des Irrthums zu Schaden gekommen, so könne es möglicherweise eine Sache des Anstandsgefühls des Schädigers sein, den Beschädigten hierfür schadlos zu halten, keinesfalls aber sei es gerechtfertigt 19 , diese Anstandspflicht zu einer Rechtspflicht zu erheben. Zu einem besonders unbilligen Ergebniß müsse dies namentlich in den Fällen führen, wo der Handelnde durch Täuschung seitens eines Dritten in den Irrthum versetzt worden sei. Der Frage, ob etwa für einzelne Fälle besondere gesetzliche Gewährpflichten aufzustellen seien, werde durch die Streichung des § 707 nicht präjudizirt.
C. 2. Kommission I. Zu § 704, der den ersten Titel „Allgemeine Vorschriften" einleitet, lagen die Anträge vor (Prot II, Bd. 2, S. 566f.; Mugdan, Bd. 2, S. 1072ff.): Struckmann (Nr 244, 1)
1. die Bestimmungen des Entw. zu fassen: Wer vorsätzlich oder aus Fahrlässigkeit widerrechtlich das Recht eines Anderen verletzt oder gegen ein den Schutz eines Anderen bezweckendes Gesetz verstößt, ist ihm zum Ersätze des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. Zu den Rechten im Sinne dieser Vorschrift gehört auch der Besitz; als Verletzung eines Rechtes gilt auch die Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit und der Ehre.
Planck 2. in dem Abs. 2 der vorstehenden Bestimmungen hinter „Gesundheit" einzu(Nr 249, 3) schalten „Freiheit" ; v. Mandry (Nr 260)
3. den § 704 in zwei Paragraphen des Inhalts zu zerlegen: § a. Wer gegen ein eine Handlung mit Strafe bedrohendes Gesetz verstößt, haf18 S. bei § 285 BGB. 19 Im Original fehlt das Komma. 894
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 823, 826
tet demjenigen, zu dessen Schutz das Verbot besteht, für den ihm aus der Handlung entstehenden Schaden. § b. Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Recht eines Anderen verletzt, haftet demselben, auch wenn die Handlung nicht mit Strafe bedroht ist, für den ihm durch die Verletzung zugehenden Schaden. Zu den Rechten... 4. dem § 704 in der Fassung des Antrags 1 als Abs. 3 hinzuzufügen: Rüger Wer nur wegen Fahrlässigkeit zum Schadensersatze verpflichtet ist, haftet für (Nr 268, 2) denjenigen Schaden nicht, dessen Entstehung nach den Umständen, welche er kannte oder kennen mußte, außerhalb des Bereiches der Wahrscheinlichkeit lag. 5. in dem Antrag 1 Abs. 1 a) die Worte „den Schutz eines Anderen bezweckendes" und b) das Wort „ihm" zu streichen.
v. Cuny (Nr 271,1)
6. zum Ersatz der Bestimmungen des Entw. a) unter § 704 nur vorzuschreiben : Wer einem Anderen widerrechtlich Schaden zufügt, sei es aus Vorsatz, sei es aus Fahrlässigkeit, ist ihm zum Ersätze verpflichtet. (Vergi. Art. 50 des Schweiz. Ges. über das Obligationenrecht.) b) an geeigneter Stelle folgende Paragraphen einzuschalten : Art und Größe des Schadensersatzes wird durch richterliches Ermessen be- v. Cuny stimmt in Würdigung sowohl der Umstände als der Größe der Verschuldung. (Nr 272, 2) Ist auch dem Beschädigten ein Verschulden beizumessen, so kann der Richter die Ersatzpflicht nach Verhältniß ermäßigen oder gänzlich von ihr entbinden. 7. dem § 704 in der Fassung des Antrags 6a als Abs. 2 hinzuzufügen: Wird durch die Handlung zugleich einem Dritten Schaden zugefügt, so ist der Beschädigende dem Dritten nur zum Ersätze desjenigen Schadens verpflichtet, dessen Entstehung er vorausgesehen hat oder voraussehen mußte. Die Berathung beschränkte sich zunächst auf die prinzipielle Frage über die Voraussetzungen der Schadensersatzpflicht aus unerlaubten Handlungen, insbesondere darauf, wer nach dem Thatbestande des § 704 Abs. 1 als Beschädigter anzusehen und zur Erlangung des Schadensersatzes berechtigt sein soll. Die Anträge 2, 3 § b, 4 und 6 b wurden demgemäß aus der Berathung vorläufig ausgeschieden. Die Komm, erklärte sich, nachdem auf die Abstimmung über den § a des Antrags 3 der Antragsteller verzichtet hatte, für den Antrag 1 mit zehn gegen acht Stimmen. Die Anträge 5 , 6 a und 7 wurden abgelehnt, der Antrag 6 a mit zehn gegen 8 Stimmen. Die Komm, wandte sich zu dem Abs. 2 des § 704. Der Berathung wurde der S. 566 mitgetheilte Antrag 1, dessen erster Absatz bereits Annahme gefunden hat (S. 567), zu Grunde gelegt. Zu diesem Antrage war der Unterantrag gestellt worden, hinter „Gesundheit" die lediglich aus Versehen weggelassene „Freiheit" einzuschalten. Hiergegen erhob sich kein Widerspruch. Der erste Satz in dem Abs. 2 des Entw. hat durch die Annahme des ihn bereits berücksichtigenden Abs. 1 des Antrags seine Erledigung gefunden. Mit dem zweiten Satze deckt sich der Abs. 2 des Antags; neu ist nur, daß dieser auch den Besitz als Recht im Sinne seines Abs. 1 erwähnt. Der beantragte Abs. 2 hat geringere Bedeutung als die Bestimmung des Entw. Abs. 2 Satz 2, weil der Abs. 1 des Antrags abweichend vom Entw. den Verstoß ge895
§ § 823, 8 2 6
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
gen ein den Schutz des Beschädigten bezweckendes Gesetz und die Verletzung eines Rechtes des Beschädigten gleichbehandelt. Die Komm, erklärte sich zunächst gegen die Erwähnung des Besitzes in dem vorgeschlagenen Abs. 2. Sodann wurde der Abs. 2 des § 704 abgelehnt. Im Anschluß an den § 704 war noch beantragt: 1. an geeigneter Stelle einen Paragraphen des Inhalts aufzunehmen : Größe des Schadenersatzes wird durch richterliches Ermessen bestimmt in Würdigung sowohl der Umstände als der Größe der Verschuldung. 2. dem § 704 in der Fassung des S. 566 mitgetheilten Antrags 1 als Abs. 3 hinzuzufügen : Wer nur wegen Fahrlässigkeit zum Schadensersatze verpflichtet ist, haftet für denjenigen Schaden nicht, dessen Entstehung nach den Umständen, welche er kannte oder kennen mußte, außerhalb des Bereiches der Wahrscheinlichkeit lag. 3. in dem Antrage 2 hinter den Worten „für denjenigen Schaden nicht" einzufügen: der einem Anderen als dem unmittelbar Verletzten entstanden ist. Bei der Erörterung des Antrags 3 wurde bemerkt, daß derselbe auf den § 704 Abs. 1 zurückführe. Die Komm, habe es in der vorigen Sitzung (S. 571) abgelehnt, den Unterschied zwischen mittelbarem und unmittelbarem Schaden, da derselbe praktisch zu großen Schwierigekeiten führen würde, in das Gesetz aufzunehmen. Der Antragsteller erklärte, der Begriff des mittelbaren Schadens sei kein neu erfundener, sondern habe sich in der Praxis und Wissenschaft herausgebildet; man werde bei der Handhabung des Gesetzes die richtige Anwendung des Begriffs zu finden wissen. Ob der Antrag in Widerspruch zu den in der vorigen Sitzung gefaßten Beschlüssen stehe, sei zweifelhaft. Für den Fall, daß ein Widerspruch angenommen werden sollte, wurde beantragt, die Berathung des Abs. 1 wieder aufzunehmen. Die Komm, lehnte die Wiederaufname mit elf gegen zehn Stimmen ab. Hierauf wurde der Antrag 3 zurückgezogen. Die Anträge 1 und 2 wurden abgelehnt. Zu § 705 war beantragt (Prot II, Bd. 2, S. 575 ff.; Mugdan, Bd. 2, S. 1078 ff.) Struckmann (Nr 244, 2)
Planck (Nr 249, 4) Gebhard (Nr 261, 1)
Jacubezky (Nr 264, 1)
1. die Bestimmung des Entw. zu fassen : Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich einem Anderen einen Schaden zufügt, ist ihm zum Ersätze des Schadens verpflichtet, ohne Unterschied, ob der Umfang des Schadens vorauszusehen war oder nicht. 2. in dieser Bestimmung das Wort „vorsätzlich" zu streichen; 3. den § 705 wie folgt zu gestalten: Wer durch eine Handlung, welche kraft der allgemeinen Freiheit an sich erlaubt ist, in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich einem Anderen einen Schaden zugefügt, ist ihm zum Ersätze des Schadens verpflichtet, ohne Unterschied, ob der Umfang des Schadens vorauszusehen war oder nicht. 4. nachstehende Fassung zu beschließen: Wer einem Anderen durch eine Handlung, durch welche er nicht lediglich ein ihm gegenüber dem Anderen oder gegenüber einem Dritten zustehendes Recht ausübt, in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich einen Schaden zugefügt, ist ihm zum Ersätze des Schadens verpflichtet, auch wenn er den Umfang des Schadens nicht vorauszusehen vermochte. 896
25. Titel : Unerlaubte Handlungen
§ § 823, 826
Die Anträge weichen in drei Punkten vom Entw. bezw. unter einander ab. a. Entsprechend den zu § 704 Abs. 1 gefaßten Beschlüssen soll nach den Anträgen nur derjenige einen Anspruch auf Schadensersatz haben, gegen den die illoyale Handlung sich richtet, nicht auch ein mittelbar Betroffener. Hiergegen wurde kein Widerspruch erhoben. b. Der Antrag 2 will die Anwendung des § 705 auch dann eintreten lassen, wenn fahrlässig durch eine illoyale Handlung einem Anderen ein Schaden zugefügt ist; er folgt in diesem Punkte, in Abweichung von den anderen Anträgen, dem Entw. Die Komm, lehnte den Antrag ab. c. Der Antrag 1 will die Vorschrift des § 705 auch auf solche Handlungen ausdehnen, zu deren Vornahme ein besonderes Recht bestand, während die Anträge 3 und 4 in Uebereinstimmung mit dem Entw. keine Haftung eintreten lassen, wenn Jemand in Ausübung eines subjektiven Rechtes einem Anderen einen Schaden zufügt. Die Komm, entschied sich gegen die beantragte Erweiterung des Entw. Es lag ferner der Antrag vor, als § 705 a einzuschalten: Die Verpflichtung zum Schadensersatz wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die beschädigende Handlung im Nothstande begangen ist. Die Vorschrift des § 192 (Entw. II) bleibt unberührt. Der Antrag bezweckt die bereits bei der Berathung des Allg. Theiles (Bd. I S. 260 bis 262) beschlossene Vorschrift, welche wesentlich bestimmt ist, dem Mißverständnisse vorzubeugen, als schließe der Nothstand auch die privatrechtliche Haftung aus, formell in das Obligationenrecht zu übertragen. Von anderer Seite wurde die Streichung der Vorschrift, da dieselbe überflüssig sei und ihre Existenz lediglich einem früheren unrichtigen und deswegen wieder aufgegebenen Beschlüsse verdanke, beantragt. Mit der Streichung des zweiten Satzes erklärte sich der Antragsteller einverstanden. Die Mehrheit war der Ansicht, daß es sich nicht empfehle, den auf Grund zweimaliger Berathung gefaßten Beschluß jetzt wieder in Frage zu stellen, daß jedoch der zweite Satz als entbehrlich wegbleiben könne. Die Aufnahme des § 705 a wurde deshalb, unter Streichung des zweiten Satzes, beschlossen. Zu § 706 war beantragt, die Bestimmung des Entw. zu streichen. Die Komm, entschied sich für die Streichung. Die Komm, trat in die Berathung des § 707 ein. Beantragt war: 1. die Bestimmung des Entw. zu streichen; 2. die Bestimmung durch nachstehende Vorschrift zu ersetzen: Wer in entschuldbarem Irrthum über die Beschaffenheit seiner Handlung oder sein Recht zur Vornahme derselben widerrechtlich durch Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit, oder durch Verletzung eines Rechtes des Anderen in Ansehung einer im Besitze des Anderen oder eines Dritten befindlichen Sache einen Schaden zufügt, haftet für den Ersatz des Schadens, wenn er beim Nichtvorhandensein des Irrthums die Verletzung ohne grobe Fahrlässigkeit hätte voraussetzen müssen. eventuell folgenden Satz einzustellen : Hat Jemand in entschuldbarem Irrthum einem Anderen widerrechtlich einen Schaden zugefügt, so ist er zum Ersätze desselben verpflichtet, soweit die Billigkeit 897
Struckmann (Nr 244, 3)
Jacubezky (Nr 264, 2)
Struckmann (Nr 244, 4)
Struckmann (Nr 244, 5) Jacubezky (Nr 264, 3)
§ § 823, 826
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
nach den Umständen des Falles, insbesondere nach den Verhältnissen der Betheiligten eine Ersatzleistung erfordert. Die Komm, beschloß, mit dem § 707 die §§ 708, 709 zusammen zu berathen, weil der Antrag 2 abweichend von dem Entw. wegen einer in entschuldbarem Irrthume bewirkten Schadenszufügung eine Ersatzpflicht des Thäters wenigstens in einem gewissen Umfange festsetzen will und weil auch zu den §§ 708, 709 Anträge gestellt sind, welche bezwecken, wegen einer außerkontraktlichen Schadenszufügung unter gewissen Voraussetzungen und in einem gewissen Umfange eine Ersatzpflicht des Thäters eintreten zu lassen, auch wenn ihm ein Verschulden nicht zur Last fällt 20 . II. In der VorlZust lauten die beschlossenen Vorschriften : E I-VorlZust Wer vorsätzlich oder aus Fahrlässigkeit (widerrechtlich) das Recht eines Ande§ 704 ren verletzt oder gegen ein den Schutz eines Anderen bezweckendes Gesetz verstößt, ist dem Anderen zum Ersätze des daraus enstandenen Schadens verpflichtet. E I-VorlZust Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem Anderen vorsätz§ 705 lieh einen Schaden zufügt, ist ihm zum Ersätze des Schadens verpflichtet (auch wenn er den Umfang des Schadens nicht vorauszusehen vermochte). Die Verpflichtung tritt nicht ein, wenn die Zufügung des Schadens durch eine Handlung erfolgt, durch welche der Handelnde lediglich ein ihm zustehendes besonderes Recht ausübt. E I-VorlZust Die Verpflichtung zum Schadensersatz wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß § 705 a die beschädigende Handlung im Nothstande begangen ist. E I-ZustRedKom
III., IV. In der ZustRedKom ist die Fassung der §§ 704, 705, im E II diejenige
§704 d e r §§ 746, 749.
E II § 746
Wer vorsätzlich oder fahrlässig das (E II: ein) Recht eines Anderen widerrechtlich verletzt oder wer gegen ein den Schutz eines Anderen bezweckendes Gesetz verstößt, ist dem Anderen zum Ersätze des dadurch verursachten Schadens verpflichtet. Ist nach dem Inhalte des Gesetzes ein Verstoß gegen dasselbe auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein. Die Schadensersatzpflicht wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die schädigende Handlung im Nothstande begangen ist. E I-ZustRedKom Wer durch eine Handlung, die er nicht in Ausübung eines ihm zustehenden S 705 Rechtes vornimmt, in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem AndeE II § 749 r e n vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem Anderen zum Ersätze des (ZustRedKom : verursachten) Schadens verpflichtet. Bei der Revision des E II kamen zu § 746 unter Aussetzung anderer Anträge zunächst nur die beiden folgenden Vorschläge zur Berathung: 1. den Eingang des § 746 unter Streichung des § 74721 zu fassen: Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigenthum oder ein sonstiges Recht eines Anderen. . . 2. im Abs. 1 hinter den Worten „ein Recht eines Anderen widerrechtlich verletzt" die Worte einzufügen „oder durch eine Handlung, die gegen Treu und Glauben verstößt, einem Anderen Schaden zufügt". Der Antrag 1 wurde gebilligt. 20 S. weiter bei §§ 827, 828 BGB. 21 S. diese Vorschrift bei « 842 - 847 BGB. 898
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 823, 826
Den Antrag 2 nahm der Antragsteller, der mit dem Vorschlage den Bestrebungen gegen den unlauteren Wettbewerb dienen zu wollen erklärte, zurück, nachdem darauf hingewiesen worden war, daß von Treu und Glauben im Entw. nur bei bestehenden Schuldverhältnissen gesprochen werde. Auf Antrag von Sohm (Nr. 40, 2) wurde ferner der Abs. 2 des § 746 gestrichen. S. diesen Antrag vollständig bei § 904 BGB. Zu § 749 war beantragt: Wilke 1. die Bestimmung des Entw. dahin zu erweitern: (Nr 24, 10) Wer durch arglistige Täuschung oder durch widerrechtliche Drohung oder wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise durch eine Handlung, die er nicht in Ausübung eines ihm zustehenden Rechtes vornimmt, einem Anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist ihm zum Ersätze des Schadens verpflichtet. 2. der Bestimmung nachstehende Fassung zu geben: Wer durch eine Handlung, die er nicht in Ausübung eines ihm zustehenden Rechtes vornimmt, einem Andern vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem Andern zum Ersätze des Schadens verpflichtet. Die Anträge wurden abgelehnt. V. Im E II rev § 808, E III § 807 liegt die in § 823 BGB Gesetz gewordene Fassung vor. E II rev § 811, E III S 810 entspricht § 749 E II.
E. Reichstag (XII. Kommission) I. Beantragt war: zu SS 807, 809,831: a) in S 807 Absatz 1 hinter dem Wort „Freiheit" einzufügen die Worte „Ehre, Sittlichkeit" b) in S 807 zwischen Absatz 1 und 2 des Entwurfes folgende Bestimmung als neuen Absatz einzuschalten : „Ist ein Vermögensschaden nicht entstanden, so kann der Verletzte eine nach Billigkeit zu bemessende Entschädigung in Geld verlangen. Der Anspruch ist nicht übertragbar und geht nicht auf die Erben über, es sei denn, daß er durch Vertrag anerkannt oder daß er rechtshängig geworden ist." c) im Falle der Annahme der Anträge unter a und b die S S 809, 831 des Entwurfes zu streichen. Eventual-Antrag zu S 809: „Wer eine Frauensperson zur Gestattung der außerehelichen Beiwohnung verführt, ist ihr zum Ersätze des daraus entstehenden Schadens verpflichtet, sofern er sie nicht ehelichen kann oder will. Der Anspruch auf Schadensersatz ist ausgeschlossen, wenn die Frauensperson die Unzucht gewerbsmäßig betreibt, oder sittlich bescholten ist, oder die Beiwohnung gegen die Belohnung gestattet hat, oder das Anerbieten zur Ehelichung ohne Grund ablehnt."
Gröber (Nr 46, 6)
Gröber (Nr 53)
I. S 807 Absatz 1 wie folgt zu fassen: Stadthagen Wer das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigenthum, die (Nr 61) Arbeitskraft, die Ehre, die Sittlichkeit oder ein sonstiges Recht eines Anderen ver899
§ § 823, 826
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
letzt oder beschädigt, ist dem Anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. II. den letzten Satz des 2. Absatzes des § 807 zu streichen. als § 807 a oder an einer anderen geeigneten Stelle einzuschalten: „Ein Vertrag, der die Schadensersatzpflicht aufhebt oder einschränkt, die aus der Verletzung oder Beschädigung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit, der Arbeitskraft, der Ehre oder der Sittlichkeit oder aus der Verletzung eines den Schutz eines Anderen bezweckendes Gesetzes folgt, ist nichtig." Gröber in § 810 die Worte: „die er nicht in Ausübung eines ihm zustehenden Rechtes (Nr 46, 7) vornimmt" zu streichen.
Stadthagen (Nr 63)
20. Sitzung vom 23. 3. 1896 (Bericht von Heller) Mit der Beratung des § 807 wurde die Beratung der Anträge Gröber (Nr. 46 der Drucksachen Ziff. 6 a, b und Nr. 53 der Drucksachen) verbunden. Ferner beantragte der Abgeordnete Stadthagen, den Abs. 1 des § 807 folgendermaßen zu fassen: „Wer das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Arbeitskraft, die Ehre, die Sittlichkeit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines Anderen verletzt oder beschädigt, i s t . . . . verpflichtet" und den Absatz 2 zu streichen. Durch die Einschaltung des Wortes „Arbeitskraft" wolle er hauptsächlich die Fälle treffen, in denen durch übermäßige Arbeitszeit die Arbeitskraft, namentlich junger Leute, nach und nach untergraben wird. Von dem Vorhandensein und dem Nachweise eines Verschuldens dürfe die Verpflichtung zum Schadensersatze nicht abhängig gemacht werden. Das Erfordernis der Widerrechtlichkeit verstehe sich von selbst, brauche daher nicht ausdrücklich aufgestellt zu werden. Der Abgeordnete Gröber wendete sich hauptsächlich gegen den § 809, der der Auffassung des Lebens nicht entspreche und auch von der Kritik überwiegend gemißbilligt wurde. Die Beschränkung auf den Fall der Anwendung hinterlistiger Kunstgriffe mache die Bestimmung vollständig ungenügend; der Deflorationsanspruch müsse in weitestem Umfange gegeben werden, eventuell wenigstens nach Maßgabe seines eventuellen Antrags. Struckmann legte den Anträgen gegenüber den Standpunkt des Entwurfs dar und empfahl die Ablehnung sämtlicher Anträge. Der Antrag Stadthagen würde in seiner Allgemeinheit zu unerträglicher Beschränkung der Bewegungsfreiheit führen. Am Verschuldungsprinzip müsse festgehalten werden; Fälle, in denen auch ohne Verschulden eine Verpflichtung zum Schadensersatze anerkannt werden muß, eigneten sich zu spezialgesetzlicher Regelung (ζ. B. Gesetz vom 7. Juni 1871 über die Verbindlichkeit zum Schadensersatze für die bei dem Betriebe von Eisenbahnen p.p. herbeigeführten Tödtungen p.). Nähme man auch die Ehre in den § 807 Abs. 1 auf, so würde sich die nicht wohl annehmbare Folge ergeben, daß auch fahrlässige Verletzungen der Ehre zum Schadensersatze verpflichten. Neben der Ehre würde übrigens die Sittlichkeit keinen Platz mehr haben, weil diese nur im Sinne der Geschlechtsehre in Betracht kommen könne. Die neuere Rechtsentwicklung sei dem allgemeinen Deflorationsanspruch nicht günstig gestimmt; der Entwurf gehe in den §§ 809, 831 einen guten Mittelweg. Der Eventualantrag Gröber sei auch in den Einzelheiten nicht unbedenklich. Der von Gröber beantragte neue Absatz des § 807 entspreche nicht dem Rechtsbewußtsein; jedenfalls müßte die Ehrverletzung ausgeschlossen werden, sonst würde die actio injur, aestimat. wieder eingeführt werden. Auch v. Jacubezky sprach sich gegen die Aufnahme der Ehre in den Abs. 1 aus; die vorsätzliche Ehrverletzung sei schon durch den Abs. 2 getroffen. Die Fortsetzung der Beratung wurde auf morgen vertagt. 900
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 823, 826
21. Sitzung vom 24. 3. 1896 (Bericht von Heller) Die Kommission fuhr in der Beratung der §§ 807, 809, 831 und der dazu gestellten Anträge fort: Zu diesen kam noch ein Antrag des Abgeordneten v. Cuny, im § 809 nach „hinterlistigen Kunstgriffe" einzuschalten „oder durch Mißbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses." Eine längere, insbesondere gegen den Antrag Stadthagen zum § 807 (Nr. 61 der Drucksachen) gerichtete Ausführung des Kommissars Dr. Planck veranlaßte den Antragsteller, in dem Antrage die Worte „die Arbeitskraft" zu streichen. Hinsichtlich der „Sittlichkeit", die auch nach dem Antrage Gröber (Nr. 46 der Drucksachen Ziff. 6 lit. a) in den § 807 aufgenommen werden soll, legte Dr. Planck dar, daß in dem Zusammenhange des § 807 unter ihrer „Verletzung" nur die Verleitung zur Unsittlichkeit verstanden werden könnte, daß es aber kaum denkbar sei, wie durch diese — abgesehen von den in den §§ 809, 831 Abs. 2 vorgesehenen besonderen Fällen — ein Vermögensschaden sollte herbeigeführt werden können, und daß die Bestimmung überdies auch insofern viel zu weit gehen würde, als auch die blos fahrlässige Verleitung zur Unsittlichkeit darunter fiele. Der Abgeordnete Gröber gab zu, daß die Bestimmung auf die vorsätzliche Verletzung der Sittlichkeit und der Ehre beschränkt werden müsse und daß die vorsätzliche Verletzung der Ehre schon durch den Absatz 2 des § 807 berücksichtigt sei, hielt dagegen hinsichlich der „Sittlichkeit" seinen Antrag mit der bezeichneten Beschränkung aufrecht; den Ausdruck „Sittlichkeit" gebrauche er in dem vom Strafgesetzbuche damit verbundenen Sinne. Für die Anerkennung des allgemeinen Deflorationsanspruchs sprach sich auch der Abgeordnete v. Dziembowski aus. Für den Eventualantrag Gröber zum § 809 (Nr. 53 der Drucksachen) erklärte sich der Abgeordnete Tielhaben. Der Antragsteller änderte ihn übrigens auf Anregung des Abgeordneten Bachem dahin ab, daß er ihn auf „unverheiratete" Frauenpersonen beschränkte und im zweiten Absätze die Worte „die Unzucht gewerbsmäßig betreibt oder" als wegen der folgenden Worte überflüssig strich. Der Abgeordnete Enneccerus beantragte, die Bestimmung im Falle ihrer Annahme auf Jungfrauen zu beschränken. Die Abstimmung ergab zunächst die Ablehnung des Antrags Stadthagen (Nr. 61 der Drucksachen). Gröber zog darauf seine Anträge, soweit sie sich auf die Abänderung des § 807 und die Streichung des § 809 beziehen, zurück. Der eingangs erwähnte Antrag v. Cuny zum § 809 wurde mit großer Mehrheit angenommen. Der Eventualantrag Gröber zum § 809 (Nr. 53 der Drucksachen) erhielt weder in der vom Antragsteller abgeänderten Fassung noch in der Fassung nach dem Unterantrage Enneccerus die Mehrheit. Nahezu einstimmig wurde dagegen der nach dem Antrage v. Cuny geänderte § 809 des Entwurfs angenommen. Der § 807 blieb hiernach unverändert. Die Abstimmung über den § 831 blieb ausgesetzt. 22 Der § 808 war nicht beanstandet. Bei dem § 810 kam der Abgeordnete Gröber auf seine ein allgemeines Verbot der Chikane betreffenden Anträge (Nr. 13 der Durcksachen Ziff. 1, Nr. 32 der Drucksachen Ziff. 1) zurück. Dazu lag ferner der gleichartige Antrag v. Dziembowski (Nr. 62 der Drucksachen Ziff. 1) vor. 23 Den § 810 selbst betrifft der Antrag Gröber (Nr. 46 der Drucksachen Ziff. 7). Beide Antragsteller begründeten ihre Anträge in längeren Ausführungen. Gröber ging dabei von der Bestimmung des § 887 Abs. 2 über die chikanöse Ausübung des Eigentums aus und legte dar, daß eine glei" S. bei §§ 842 — 847 BGB. « S. diese Anträge bei § 226 BGB.
901
A n h ZU § § 8 2 3 , 8 2 6
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
che Bestimmung notwendig sei nicht blos für die übrigen dinglichen Rechte, sondern für alle Rechte, insbesondere für die obligatorischen Ansprüche. Die Anträge riefen eine ungewöhnlich lange Diskussion hervor. Die Kommissarien Struckmann, v. Jacubezky und Gebhard vertraten ihnen gegenüber in eingehendster Weise den Standpunkt des Entwurfs. Struckmann führte insbesondere aus, daß die Bestimmung im § 887 Abs. 2 auf die Ausübung aller dinglichen Rechte anzuwenden sei, da, was in Beziehung auf das majus gilt, selbstverständlich ohne weiteres auch für das minus zu gelten habe. Auch abgesehen von dieser Bestimmung habe übrigens der Entwurf in weitestem Umfange darauf Bedacht genommen, daß die chikanöse Rechtsausübung ausgeschlossen werde. Der Antrag Gröber sei wegen seiner Allgemeinheit nicht unbedenklich; er beziehe sich nicht blos auf die Geltendmachung obligatorischer Ansprüche, sondern auch auf die Rechtsausübung im Gebiete des Familienrechts. Für die obligatorischen Verhältnisse im allgemeinen genüge die Bestimmung des § 236, insbesondere sei der Inhalt des Antrags v. Dziembowski dadurch vollständig gedeckt. Die allgemeine Zulassung der Einrede der Chikane öffne ihrer mißbräuchlichen Anwendung Thür und Thor und werde eine Unzahl chikanöser Prozesse hervorrufen. Auch im Falle der Annahme des von Gröber beantragten § 234 a müßten übrigens im § 810 die Worte „die er nicht in Ausübung eines ihm zustehenden Rechts vornimmt" stehenbleiben. Der Ministerialrat v. Jacubezky wies in einem umfassenden Vortrage nach, wie der den Anträgen zugrundeliegenden Gedanke den ganzen Entwurf beherrscht und in zahlreichen einzelnen Bestimmungen zur Geltung gebracht ist. Der Entwurf gehe dabei an vielen Stellen sogar über die Anträge hinaus, er erkläre nicht blos die Geltendmachung des Anspruchs für unzulässig, sondern schließe den Anspruch selbst aus. Für den von Gröber beantragten § 234 a und für dessen Antrag zum § 810 erklärte sich der Abgeordnete v. Cuny. Der Abgeordnete Enneccerus stimmt zwar dem zuletzt bezeichneten Antrage zu, verhielt sich aber ablehnend gegenüber allen anderen Anträgen und beantragte eventuell, den von Gröber beantragten § 234 a auf die Ausübung von Vermögensrechten zu beschränken. Die Abstimmung ergab die Annahme des § 234 a in der Fassung des Antrags Gröber mit großer Mehrheit und die einstimmige Streichung der Worte „die er nicht in Ausübung eines ihm zustehenden Rechtes vornimmt" im § 810. Der Antrag Gröber auf Einschaltung eines neuen $ 234b und der auf diesen Antrag bezügliche Antrag v. Dziembowski wurden zurückgezogen. Damit liegt die in § 826 BGB Gesetz gewordene Fassung vor. Anhang zu §§ 823, 826 BGB betr. Vorschriften des Dresdener Entwurfs, die von der 1. Kommission gestrichen wurden. I Prot 12853 1260. Sitzung vom 14. 11. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend von Kübel Die Berathung des Abschnitts des Obligationenrechts betreffend die Spezialdelikte wurde fortgesetzt. Der Entwurf bestimmt unter der Ueberschrift: „Betrug, Gewalt und Drohung" in Artikel 1014:1 „Hat Jemand in betrügerischer Absicht einen Andern zur Vornahme oder Unterlassung von Handlungen verleitet und dadurch in Schaden gebracht, so ist er dem Beschädigten zum Ersätze dieses Schadens verpflichtet." ι Art. 1013 DresdE, Prot. I 2845-2852 s. bei § 824 BGB.
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25. Titel: Unerlaubte Handlungen
A n h ZU § § 823, 8 2 6
Es lagen dazu die Anträge vor: 1. statt dessen zu bestimmen : v. Weber „Wer durch Betrug einem Anderen Schaden zufügt oder durch (sonstiges) argli- (Nr 512) stiges Handeln gegen Treue und Glauben (oder durch wissentliche Betheiligung bei einem solchen Handeln eines Dritten) einem Anderen Schaden verursacht, ist dem Beschädigten zum Ersätze des Schadens verpflichtet." 2. den Artikel zu streichen, jedoch dem § 164 der Zusammenstellung der das Planck Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 1051 —1054)2 folgenden (Nr 513) Zusatz zu geben : I „Besteht der Schaden darin, daß der aus der unerlaubten Handlung Verpflich- I Prot I 2854 tete eine Forderung gegen den Beschädigten erworben, so verbleibt dem letzteren eine Einrede gegen die Forderung auch nach Verjährung seines Anspruchs auf Schadensersatz." Der Entwurf nebst dem Antrage Ν 2 1 wurden in Gemäßheit des Antrags N 2 2 und sodann auch der einen Zusatz zu § 164 vorschlagende Antrag N e 2 durch Mehrheitsbeschluß abgelehnt. Die Auffassung der Mehrheit war: 1. Der Artikel 1014 sei wegen der §§ 145, 146 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 964 —990)3 entbehrlich. Gegen die Entbehrlichkeit sei zunächst geltend gemacht: der § 145 a.a.O. rechtfertige nur das Uebergehen der Fälle des strafrechtlichen Betrugs und der § 146 daselbst nur das Uebergehen der darin bezeichneten illoyalen Handlungen; übrig blieben viele Fälle des nach römischen Rechte die actio doli begründenden sogenannten zivilrechtlichen Betrugs, insbesondere die Fälle, in welchen eine mit einer Einrede behaftete Forderung in bösem Glauben erworben sei, sofern die Zulässigkeit der Einrede gegen den dritten Erwerber durch das Gesetz ausgeschlossen sei, wie ζ. B. bei dem Transport eines Inhaberpapiers (§ 130 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 889 — 893, 895)Ves bedürfe einer auch diese Fälle treffenden und in ihnen die actio und damit zugleich die exceptio doli gewährenden Bestimmung; der Artikel 1014 des Entwurfs möge zur Erreichung des Zwecks nicht genügen, wohl aber reiche die im Antrage N 2 1 vorgeschlagene Bestimmung aus. Die Erinnerung treffe nicht zu. Die Fälle, auf welche | sich dieselbe beziehe, | Prot 12855 würden in der That durch den zitirten § 146 gedeckt. Ueberall, wo Jemand, — abgesehen von der Uebertretung eines Straf- oder besonderen Verbots-Gesetzes, — durch arglistiges Handeln gegen Treue und Glauben einem Anderen einen Schaden zufüge, wo also nach der römischrechtlichen oder gemeinrechtlichen Doktrin die actio doli begründet sei, liege auch eine, zwar kraft der allgemeinen Freiheit erlaubte, jedoch gegen die guten Sitten verstoßende und deshalb unter den § 146 a.a.O. fallende, darin für widerrechtlich erklärte und als ein Delikt zu betrachtende Handlung vor (Protokolle S. 967, 968). Der § 146 gehe sogar noch weiter, indem er noch manche Handlungen für widerrechtlich erkläre, deren Widerrechtlichkeit sich aus der im Antrage N e 1 in Vorschlag gebrachten Bestimmung kaum ergeben würde. Als widerrechtlich erscheine auch nach dem § 146 der schlechtgläubige Erwerb einer Forderung, welche mit einer gegen den dritten Erwerber nicht zulässigen Ein2 S. bei § 852 BGB. J S. bei SS 823, 826 BGB. • S. bei S 796 BGB.
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Anh ZU §§ 823, 826 7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse rede behaftet sei. In dem Erwerbe liege ein Verstoß gegen die guten Sitten und zugleich eine den Schuldner schädigende Handlung; der Schaden entspringe nicht erst, wie behauptet worden, aus der Geltendmachung der Forderung, sondern er sei schon mit dem Erwerbe vollzogen; denn schon mit dem letzteren sei der Schuldner durch den Einredeverlust beschädigt, welchen der zu tragen haben würde, wenn nicht das Gesetz den Erwerb als eine Widerrechtlichkeit erklärte; die Geltendmachung der Forderung sei für die Entscheidung, welche Handlung dem Schuldner zum Schaden gereicht habe, gleichgültig; sie würde sogar wegen des Grundsatzes, daß auch die mißbräuchliche Ausübung eines Rechts gestattet sei (Protokolle S. 966 — 968), als unerlaubt sich nicht betrachten lassen. Der § 146 decke nicht minI Prot I 2856 der den Fall, wenn die Forderung in bösem Glauben erworben, dage- | gen in gutem Glauben übertragen sei, welches letztere sich insbesondere zutragen könne, wenn die Erben des ersten Gläubigers die Forderung übertrügen. Endlich werde auch der wichtige Fall getroffen, wenn in gutem Glauben erworben, dagegen in bösem Glauben veräußert und zu entscheiden sei, ob der Veräußernde dem zur Zahlung genöthigten Schuldner zum Schadensersatze verpflichtet sei, welche Frage, weil die Veräußerung kraft der allgemeinen Freiheit eine an sich erlaubte Handlung sei, nach § 146 a.a.O. gleichfalls bejaht werden müsse, so daß dahingestellt bleiben könne, ob nicht der Schuldner meist auch auf anderem Wege an dem Veräußernden sich erholen könne. Uebrigens würden sich die angeregten Bedenken zum größten Theil auch gegen die im Antrage vorgeschlagene Bestimmung geltend machen lassen. Für die letztere sei ferner angeführt, die §§ 145, 146 stellten denjenigen, dem die Widerrechtlichkeit zur Last falle, insofern günstiger, als derselbe nach § 145 Absatz 1 nur den voraussehbaren Schaden zu ersetzen habe. Ob dies richtig sei, ob ferner die in dem Antrage Ν 2 1 vorgeschlagene Bestimmung zum Ersatz des auch nicht voraussehbaren Schadens verpflichtet, dürfe auf sich beruhen. Einleuchtend sei, daß es nur gebilligt werden könne, wenn in der fraglichen Beziehung die actio doli nicht vor anderen verwandten Deliktsklagen, unter Abweichug von den allgemeinen Regeln, besonders begünstigt werde. Endlich sei für die Angemessenheit einer Bestimmung, wie sie der Entwurf enthalte, hervorgehoben, es werde dadurch der Zweifel gehoben, ob, wenn ein Rechtsgeschäft durch Betrug veranlaßt sei, neben der auch gegen Dritte wirksamen Anfechtung zugleich die actio und exceptio doli gälten. Dieser Zweifel bedürfe indessen keiner Lösung, da die nicht gegen Dritte wirkenden Ansprüche aus dem Delikte I Prot 12857 unmöglich deshalb ausgeschlossen sein | könnten, weil das Delikt in Beziehung auf ein Rechtsgeschäft oder in Veranlassung eines solchen verübt sei. 2. Die in dem Antrage N 2 2 vorgeschlagene zusätzliche Bestimmung zu § 164 müsse abgelehnt werden, damit nicht den Bestimmungen des § 164 ein großer Theil ihrer Bedeutung entzogen werde. Ob die Bestimmung juristisch sich rechtfertigen lasse, indem man davon ausgehen dürfe, die Forderung leide an einer inneren Schwäche, die nothwendig mit sich bringe, daß die Einrede, womit sie behaftet sei, nicht verjähren könne, sei gegenüber dem erwähnten, ihre Aufnahme nicht zulassenden Grunde unerheblich. Ihre Ablehnung sei auch wegen des § 164» der erwähnten Zusammenstellung (Protokolle S. 1562 — 1569)5 nicht so bedenklich, wie es Anfangs scheinen könnte. Am wenigsten gerechtfertigt würde endlich die Vorschrift in den Fällen sein, in welchen ein Rechtsgeschäft durch Betrug oder Drohung veranlaßt worden, weil alsdann der Beschädigte schon durch die einfache außergerichtliche Anfechtungserklärung, die das Geschäft mit den Wirkungen der Nichtigkeit 5 S. bei § 852 BGB. 904
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
A n h ZU § § 8 2 3 , 8 2 6
zum Falle bringe (§§ 104, 105, 81 der Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 267, 268, 275, 270 - 272, 197 - 205)6 sich schützen könne. Unter derselben Ueberschrift, wie Artikel 1014 bestimmt Artikel 1015 des Entwurfs : „Hat Jemand einem Anderen durch widerrechtliche Gewalt oder durch widerrechtliche Drohung Sachen abgenöthigt, so ist er nach Maßgabe der Vorschrift des Artikels 222 zu deren Zurückerstattung und zum Ersätze des durch die angewendete Gewalt oder Drohung verursachten Schadens verpflichtet." Der in Bezug genommene Artikel 222 lautet: „Der zum Schadensersatz Verpflichtete hat dem Beschädigten Alles, was diesem durch die widerrechtliche Handlung entzogen worden ist, in Natur zurück | zuerstatten, was zerstört oder verschlechtert worden ist, in den vorigen Zustand wieder herzustellen, den unmittelbar und mittelbar verursachten Schaden zu ersetzen und den Gewinn zu vergüten, welcher dem Beschädigten durch die widerrechtliche Handlung entzogen worden ist. Sind dem Beschädigten durch die widerrechtliche Handlung Sachen entzogen worden, so ist der Thäter insbesondere verpflichtet, entzogenes Geld sammt Zinsen von der Zeit des Empfanges an, andere vertretbare Sachen in Sachen gleicher Gattung, Menge und Güte, und nicht vertretbare Sachen sammt Zuwachs, Zubehörungen und den Früchten, welche er von diesen Sachen gezogen hat und der Beschädigte hätte ziehen können, zurückzuerstatten. H a t der Thäter diese Sachen veräußert, so ist er verbunden, den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt auch dann, wenn die Sachen durch Zufall untergegangen oder verschlechtert worden sind, sofern der Thäter nicht beweisen kann, daß die Sachen, auch wenn sie im Besitze des Beschädigten befunden hätten, von dem Zufalle betroffen worden sein würden. Auf Ersatz von Verwendungen hat der Thäter keinen Anspruch. Gegen den Dritten, welchem in Folge einer widerrechtlichen Handlung Etwas zugekommen ist, findet eine Rückforderung des Erhaltenen nur statt, wenn dieser zur Zeit der Erwerbung in bösem Glauben gestanden hat." Der Antrag auf Streichung des Artikels wurde aus den Seiten 120, 121 des Materials ersichtlichen Gründen genehmigt. In Artikel 1016 des Entwurfs ist unter der Ueberschrift „Unerlaubte Selbsthülfe" bestimmt: „Wer einen Rechtsanspruch gegen einen Anderen | ohne dessen Willen und ohne Anrufung obrigkeitlicher Hülfe dadurch geltend gemacht, daß er Sachen des Anderen wegnimmt, zerstört oder beschädigt oder den Anderen zu der von ihm geschuldeten Leistung nöthigt (Selbsthülfe), ist diesem den hierdurch verursachten Schaden zu ersetzen verpflichtet, es sei denn, daß dem Berechtigten wegen nicht rechtzeitig zu erlangender obrigkeitlicher Hülfe Gefahr gedroht hätte, seinen Rechtsanspruch ohne Ausübung der Selbsthülfe nicht verwirklichen zu können. Der Antrag auf Streichung des Artikels wurde aus der Seite 127 des Materials ersichtlichen Gründen genehmigt. Unter der Ueberschrift: „Eigenmächtige Veränderung an Liegenschaften" enthält der Entwurf in Artikel 1017-1019 folgende Bestimmungen: Artikel 1017 „Wer eigenmächtig an einer unbeweglichen Sache (Liegenschaft) eine Veränderung durch Errichtung, Aufhebung, Zerstörung oder Beschädigung einer Anlage 6 S. bei §§ 142, 143, 123 BGB.
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DresdE Art 1015
| Prot I 2858
v. Weber (Nr 512) DresdE Art 1016
| Prot I 2859
v. Weber (Nr 512)
DresdE Art 1017
A n h ZU § § 823, 8 2 6
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
vorgenommen und dadurch einem Anderen Schaden verursacht hat, ist demselben zur Wiederherstellung des vorigen Zustandes und zum Ersätze des verursachten Schadens verpflichtet. Die Veränderung gilt als eine eigenmächtige, wenn sie Jemand auf einer fremden Liegenschaft ohngeachtet des von dem Beschädigten dagegen erhobenen Einspruches oder unter Verheimlichung vor demselben, oder wenn sie Jemand auf seiner eigenen Liegenschaft ohngeachtet des von einem Dritten rechtmäßig erhobenen Einspruches oder in einem Falle, wo der rechtmäßige Einspruch des Dritten zu besorgen war, ohne demselben vorher gemachte Anzeige vorgenommen hat." Artikel 1018 I Prot I 2860 „Der Inhaber der Liegenschaft, an welcher die Veränderung | eigenmächtig vorDresdE Art 1018 genommen worden, ist, sofern er letztere nicht bewirkt hat, nur verpflichtet, die
Wiederherstellung des vorigen Zustandes durch den Beschädigten geschehen zu lassen." DresdE Art 1019 Artikel 1019 „Ein Entschädigungsanspruch ist gegen Denjenigen nicht begründet, welcher nur auf seiner eigenen Liegenschaft wieder beseitigt hat, was von einem Anderen eigenmächtig errichtet worden war." Der Antrag auf Streichung der Artikel wurde aus den Seite 153—156 des Materials ersichtlichen Gründen genehmigt. Zur Erledigung gelangte noch, was folgt: 1. Die Ausführung unter Nr. 2 Seite 112 und 113 des Materials wurde gebilligt. 2. Die Ausführung unter Nr. 4 Seite 114 und 115 des Materials wurde von einigen Seiten zum Theil bekämpft, indem geltend gemacht wurde, einige darin als Delikte bezeichneten Handlungen seien als Verletzung rechtsgeschäftlicher Pflichten zu betrachten. Man war der Ansicht, daß der Gesetzgeber die desfallsigen Zweifel nicht zu lösen habe. 3. Die Ausführungen S. 122 — 127 des Materials blieben unbeanstandet; jedoch vorbehaltlich der Erledigung der Seite 124 Absatz 2 vor Nr. 2 berührten Frage bei Berathung des Sachenrechts und vorbehaltlich der Prüfung bei Berathung des Einführungsgesetzes, ob und in welchem Umfange ein Vorbehalt für die Landesgesetze hinsichtlich der Bestimmungen über die Entschädigungspflicht in Fällen des Aufruhrs (Material S. 124, 125), sowie in Fällen des Forstdiebstahls und der Feld- und Waldfrevel (Material S. 127, zu vergi. Motive zum Theilentwurfe des Obligationenrechts N 2 15 betreffend unerlaubte Handlungen S. 34) erforderlich seien. I Prot 1 2861
I 4. Auch die Ausführungen Seite 159—162 des Materials gaben zu besonderen Erinnerungen keinen Anlaß. 5. Die Seite 748 der Protokole angeregte Frage über die Verpflichtung zum Ersätze des positiven Interesse in Fällen des dolus causam dans galt durch den § 145 der Zusamenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse für erledigt.
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25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§824
§824 Wer der Wahrheit zuwider eine Thatsache behauptet oder verbreitet, die geeignet ist, den Kredit eines Anderen zu gefährden oder sonstige Nachtheile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen, hat dem Anderen den daraus entstehenden Schaden auch dann zu ersetzen, wenn er die Unwahrheit zwar nicht kennt, aber kennen muß. Durch die Mittheilung, deren Unwahrheit dem Mittheilenden unbekannt ist, wird dieser nicht zum Schadensersatze verpflichtet, wenn er oder der Empfänger der Mittheilung an ihr ein berechtigtes Interesse hat.
A. 1. Kommission I. 259. Sitzung vom 12. 11. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend v. Kübel I In Art. 10131 bestimmt der Entwurf unter der Ueberschrift: „Verletzende Nachrede" Folgendes : „Wer einem Anderen durch Verleum- | dung oder durch Verbreitung falscher Nachrichten über dessen Person, Vermögens- oder Geschäftsverhältnisse in seinem Fortkommen, Gewerbs- oder Geschäftsbetriebe Schaden verursacht, ist demselben zum Ersätze verpflichtet, dessen Größe von dem Richter nach dem Einflüsse, welchen die verletzende Nachrede auf die Verhältnisse des Beschädigten hat, zu ermessen ist. Die Mittheilung eines Gerüchtes, als eines solchen, in dem Falle, wo Derjenige, welcher es mittheilt, oder welchem es mitgetheilt wird, ein Interesse an der Mittheilung hat, verpflichtet nicht zum Schadensersatze." Es waren folgende Anträge gestellt: 1. statt dessen zu bestimmen : „Wer einem Anderen durch Beleidigung, insbesondere Verleumdung oder Verbreitung falscher Nachrichten über dessen Person, Vermögens- oder Geschäftsverhältnisse, oder durch eine andere aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit begangene widerrechtliche Handlung gegen die Person des Verletzten in dessen Vermögensverhältnissen, Erwerbe oder Fortkommen Schaden verursacht, ist demselben zum Ersätze verpflichtet, auch wenn der Schaden nicht vorauszusehen war. (Die Höhe der Entschädigung ist nach dem Einflüsse zu bemessen, welchen die widerrechtliche Handlung auf die Verhältnisse des Verletzten hat.)"
| Prot 12845 | Prot I 2846
v. Weber (Nr 511)
2. in vorstehendem Antrage die Worte: „in dessen Vermögensverhältnissen, Er- Derscheid werbe oder | Fortkommen" zu streichen, und einen Zusatz zu machen hinsichtlich | Prot I 2847 des nichtvermögensrechtlichen Schadens wie bei der Körperverletzung. 3. statt dessen zu bestimmen:
Planck
Sa. „Wenn eine die Person oder die persönlichen Interessen eines Anderen verletzende strafbare Handlung nachtheilige Folgen für die Vermögensverhältnisse, den Erwerb oder das Fortkommen des Verletzten mit sich zu bringen geeignet ist (oder droht), so ist der Verletzte, wenn und soweit sich dieses nach den Umständen des ι Art. 1013 des Entw. s. bei §§ 8 4 2 - 8 4 7 BGB.
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§824
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Falles als billig darstellt, von dem Thäter eine Entschädigung in Geld auch dann zu fordern berechtigt, wenn ein Schaden noch nicht eingetreten ist. Die Zuerkennung einer Entschädigung auf Grund dieser Bestimmung schließt die Geltendmachung weiterer Schadensersatzansprüche aus." Sb. „Wenn in dem Falle des § a der Verletzte einen nichtvermögensrechtlichen Nachtheil erlitten hat, so ist er auch dafür einen Ersatz in Geld von dem Thäter zu fordern berechtigt, wenn und soweit sich nach den Umständen des Falles eine solche Ausgleichung als angemessen und billig darstellt. Dieser Ersatzanspruch unterliegt der Pfändung erst dann und geht erst dann auf I Prot 12848 die Erben über, wenn er gerichtlich | geltend gemacht oder vertragsmäßig anerkannt ist. Die Vorschrift dieses § findet auf Beleidigungen keine Anwendung." 4. den Absatz 2 des § 145 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 964 — 990)2 durch die Vorschrift zu ergänzen : „Als Rechtsverletzung im Sinne dieser Bestimmung ist auch die Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit und der Ehre anzusehen." Die Mehrheit entschied für den Antrag Nr. 4 unter Ablehnung der übrigen Anträge und des Entwurfs. Die Gründe waren : Nach den Anträgen Nr. 1 und 2 solle derjenige, welcher einen Anderen beleidige oder gegen dessen Person eine sonstige unerlaubte Handlung begehe, den dem Anderen aus der That entstandenen Vermögensschaden, einschließlich des nichtvoraussehbaren, ersetzen, wobei der Antrag Nr. 1 insbesondere auch den Schaden vorsehe, der sich in der Beeinträchtigung des Erwerbs oder Fortkommens gründe. Gegen eine solche Bestimmung sei bei der Voraussetzung, Leben, körperliche Integrität, Gesundheit, Freiheit und Ehre seien Rechtsgüter, deren Verletzung als die Verletzung eines Rechts im Sinne des Abs. 2 des oftgedachten § 145 gelte, nichts zu erinnern; nur erscheine sie insofern zu eng, als die Verpflichtung zum Ersatz des einem Dritten aus der That entstandenen, nach Abs. 1 des § 145 a.a.O. zu erstattenden Schadens übergangen sei. Nun sei auch die gedachte Voraussetzung als richtig I Prot 12849 anzuerkennen. Hieraus | folge die Entbehrlichkeit einer Bestimmung, wie solche in jenen Anträgen vorgeschlagen sei. Dies sei aber nur dann richtig, wenn vertraut werden könne, der Abs. 2 des § 145 werde auch so verstanden werden, wie die obige Voraussetzung erfordere. Ob auf ein solches Verständniß mit Sicherheit gerechnet werden könne, bleibe jedoch zweifelhaft. Die zitirte Vorschrift rede von der Verletzung des Rechts eines Anderen. In der Theorie sei nicht unbestritten, ob die erwähnten Rechtsgüter zu den subjektiven Rechten gezählt werden dürften. Es zeige sich also doch das Bedürfniß, den § 145 Abs. 2 durch einen Zusatz zu ergänzen, welcher alle Zweifel hebe. Das Bedürfniß erscheine um so dringender, je größer die praktische Bedeutung des in Rede stehenden Prinzips sei. Hieraus rechtfertige sich die Annahme des Antrags Nr. 4. Inwiefern dadurch eine Modifikation oder Vereinfachung der bisher zu den Art. 1007— 1013 des Entwurfs gefaßten Beschlüsse in redaktioneller Hinsicht nöthig werde, würde bei der Redaktion zu prüfen sein. Weitere Bestimmungen seien nicht gerechtfertigt. 1. Der Antrag Nr. 2 bringe die Bestimmung in Vorschlag: in allen Fällen, in welchen die erwähnten Rechtsgüter verletzt seien, könne auch wegen eines nichtver2 S. bei §§ 823, 826 BGB. 908
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§824
mögensrechtlichen Schadens dem Verletzten eine billige Geldentschädigung zuerkannt werden. Indessen so weit zu gehen, sei unstatthaft, weil damit das Prinzip des §163 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 1049—1051)3 preisgegeben werde. Am wenigsten sei die Vorschrift in Beziehung auf die Beleidigung gerechtfertigt, denn sie würde sachlich die Einführung der actio inju- | riarum aestimatoria bedeuten, obschon deren Unterdrük- |Proti 2850 kung bei der Berathung des Strafgesetzbuchs für nöthig erachtet sei. 2. Nach dem Antrage Nr. 3, § b solle die Zuerkennung einer Geldentschädigung wegen eines anderen als eines Vermögensschadens mindestens dann zulässig sein, wenn die unerlaubte Handlung zugleich strafbar sei, und nur die Beleidigung eine Ausnahme bilden. Gegen diesen Vorschlag spreche aber gleichfalls das nach eingehender Prüfung beschlossene Prinzip des § 163 der gedachten Zusammenstellung. Wenn von dem letzteren hinsichtlich der Körperverletzung und demnächst folgerecht auch hinsichtlich der Freiheitsentziehung abgewichen sei, so beruhe das auf besonderen Gründen und insbesondere bei der Körperverletzung auf der Rücksicht, die dem Strafgesetzbuche habe geschenkt werden müssen. Der Antrag rege noch eine andere Frage an. Er erwähne nicht bloß die strafbaren Handlungen, welche die Person eines Anderen verletzen, sondern auch die, durch welche die persönlichen Interessen eines Anderen verletzt würden, um auch die Fälle zu treffen, in welchen die That weniger ein absolutes Persönlichkeitsrecht eines Anderen, als nur persönliche Interessen desselben schädige, wie z. B. Verführung eines noch nicht 16 Jahre alten Mädchens, Verleitung zum Beischlaf durch Vorspiegelung einer Trauung u.s.w. Es lasse sich in Zweifel ziehen, ob in solchen Fällen die Verletzung eines Rechts im Sinne des angenommenen Antrags Nr. 4 vorliege, mithin auch der nichtvoraussehbare Vermögensschaden zu ersetzen sei. Der Zweifel bedürfe indessen nicht der Lösung, da, wenn auch verneinend zu entscheiden sei, I die Verantwortlichkeit des Thäters für den Vermögensschaden, den er | Prot 12851 vorausgesehen habe oder voraussehen konnte, genüge. Ob in einzelnen Fällen (zu vergi. Familienrechts-Entwurf § 402) eine besondere Vorschrift sich empfehle, werde am geeigneten Orte zu prüfen sein. 3. Im § a des Antrags Nr. 3 werde für die Fälle, in welchen eine, die Person oder die persönlichen Interessen eines Anderen verletzende strafbare Handlung mit nachtheiligen Folgen für die Vermögensverhältnisse, den Erwerb oder das Fortkommen des Verletzten verbunden sei oder solche Folgen aus der Handlung drohen, die Bestimmung vorgeschlagen, der Thäter habe eine Geldentschädigung zu leisten, auch wenn der Schaden noch nicht eingetreten sei. Eine solche Bestimmung verdiene gleichfalls keine Billigung. Es sei bedenklich, neben die beiden Fälle, wenn ein Vermögensschaden und wenn ein anderer als ein Vermögensschaden eingetreten sei, noch den dritten zu stellen, wenn ein Vermögensschaden nur drohe. In dem letzteren Falle stehe in der That ein Vermögensschaden in Frage, der nur nach den für diesen geltenden Regeln sich beurtheilen lasse. Der Antrag erscheine um so weniger gerechtfertigt, als in den betreffenden Fällen meist ein wirklicher Vermögensschaden bereits vorliege und die im § 260 der Civilprozeßordnung 4 dem Richter beigelegte Befugniß, „nach freier Ueberzeugung zu entscheiden, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden und ein zu ersetzendes Interesse belaufe", genügende Gewähr biete, daß auch ohne die vorgeschlagene Bestimmung der Verletzte stets zu der gebührenden Entschädigung gelange. î S. bei § 253 BGB. •t ZPO § 287.
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§824
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Hiernach erscheine es auch überflüssig, mit dem Antrage Nr. 1 nach Vorbild des I Prot I 2852 § 131 Strafgesetzbuchs von | dem im Erwerbe und Fortkommen erlittenen Schaden besonders zu reden oder gar diesen Schaden als einen solchen zu bezeichnen, der kein Vermögensschaden sei. 4. Nach § 188 des Strafgesetzbuchs sei auch in gewissen Fällen der Beleidigung die Zuerkennung einer Buße zulässig. Indessen erfordere das Gesetz, in Abweichung von dem auf die Körperverletzung sich beziehenden § 231 daselbst, zu seiner Anwendung den Nachweis, daß die Beleidigung nachtheilige Folgen für die Vermögensverhältnisse, den Erwerb oder das Fortkommen des Beleidigten mit sich bringe. Bei einer solchen Voraussetzung sei nach dem angenommenen Antrage Nr. 4 der zivilrechtliche Anspruch auf vollen Ersatz des Vermögensschadens sogar bei jeder Beleidigung begründet und da, wie erwähnt, der Richter in Gemäßeit des § 260 der Civilprozeßordnung über Existenz und Höhe des Schadens nach freier Ueberzeugung zu entscheiden, insbesondere also auch auf die Folgen für Erwerb und Fortkommen Rücksicht zu nehmen habe, so gebe auch der § 188 Strafgesetzbuchs zu einer besonderen Bestimmung keinen Anlaß. Die Ausführungen im Material S. 98 Nr. 2 — 5 erfuhren keine Beanstandung; jedoch blieb zu Nr. 3 vorbehalten, bei der Berathung des Familienrechts auf die Frage zurückzukommen, ob und inwiefern das sogenannte Namenrecht als ein absolutes Privatrecht anzuerkennen sei (zu vergi. Motive des Familienrechts S. 1250 — 1255).
C. 2. Kommission Wolffson I. Beantragt war ferner, hinter § 727 nachstehende Vorschrift einzustellen (Prot. (Nr 284) II, Bd. 2, S. 637; Mugdan, Bd. 2, S. 1117): Als widerrechtlich im Sinne des § 704 gilt die Behauptung oder Verbreitung einer unwahren Thatsache, welche zur Gefährdung des Kredits eines Anderen geeignet ist, auch dann, wenn derjenige, der sie behauptet oder verbreitet hat, die Unwahrheit derselben in Folge von Fahrlässigkeit nicht kannte. Von der anderen Seite wurde beantragt: 1. der vorgeschlagenen Bestimmung a) hinter den Worten „zur Gefährdung des Kredits" die Worte einzufügen: „oder zur Herbeiführung anderer nachtheiliger Folgen für seinen Erwerb oder sein Fortkommen" ; b) als Abs. 2 hinzuzufügen: Die Mittheilung einer Nachricht, deren Unwahrheit der Mittheilende nicht kannte, verpflichtet nicht zum Schadensersatze, wenn der Mittheilende oder derjenige, welchem die Nachricht mitgetheilt wird, ein berechtigtes Interesse an der Mittheilung hat. 2. an Stelle der Bestimmung des Hauptantrags den Satz des unter I mitgetheilten Antrags 1 in nachstehender Erweiterung aufzunehmen : Hat Jemand die Ehre eines Anderen vorsätzlich oder fahrlässig verletzt, so sind bei der Festsetzung der Ersatzsumme auch die nachtheiligen Folgen zu berücksichtigen, welche die Verletzung der Ehre für den Erwerb oder das Fortkommen des Beleidigten mit sich bringt. Der Antrag 2 wurde im Laufe der Berathung zurückgezogen. Die Komm, nahm den Hauptantrag mit der in dem Unterantrag 1 a enthaltenen Erweiterung an; der Unterantrag lb, mit dem sich der Urheber des Hauptantrags 910
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§824
sachlich einverstanden erklärte, wurde der Red.Komm. zur Berücksichtigung überwiesen. II. In der VorlZust lautet die beschlossene Vorschrift: Wer unwahre Thatsachen behauptet oder verbreitet, welche zur Gefährdung des E I-VorlZust Kredits oder zur Herbeiführung anderer nachtheiliger Folgen für den Erwerb oder S 7 2 7 a 5 das Fortkommen eines Anderen geeignet sind, ist demselben zum Ersätze des dadurch verursachten Schadens auch dann verpflichtet, wenn er die Unwahrheit der behaupteten oder verbreiteten Thatsache kennen mußte. Die Mittheilung einer Nachricht, deren Unwahrheit der Mittheilende nicht kannte, verpflichtet nicht zum Schadensersatze, wenn der Mittheilende oder derjenige, welchem die Nachricht mitgetheilt wird, ein berechtigtes Interesse an der Mittheilung hat. III. In der ZustRedKom lautet die Vorschrift als § 704 b: Wer eine unwahre Thatsache behauptet oder verbreitet, welche zur Gefährdung E I-ZustRedKom des Kredits eines Anderen oder zur Herbeiführung sonstiger nachtheiliger Folgen § 704 b' für den Erwerb oder das Fortkommen desselben geeignet ist, hat ihm den dadurch verursachten Schaden auch dann zu ersetzen, wenn er die Unwahrheit der Thatsache zwar nicht kannte, aber hätte kennen müssen. Eine Mittheilung, deren Unwahrheit der Mittheilende nicht kannte, verpflichtet nicht zum Schadensersatze, wenn der Mittheilende oder der Empfänger der Mittheilung ein berechtigtes Interesse an dieser hatte. IV. Im E II lautet § 748: Wer der Wahrheit zuwider eine Thatsache behauptet oder verbreitet, die geeignetet ist, den Kredit eines Anderen zu gefährden oder sonstige Nachtheile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen, hat demselben den dadurch verursachten Schaden auch dann zu ersetzen, wenn er die Unwahrheit zwar nicht kannte, aber hätte kennen müssen. Eine Mittheilung, deren Unwahrheit dem Mittheilenden unbekannt war, verpflichtet diesen nicht zum Schadensersatze, wenn er oder der Empfänger der Mittheilung an ihr ein berechtigtes Interesse hatte. Bei der Revision des E II wurde ein Antrag, den Eingang des § 748 zu fassen: Wer der Wahrheit zuwider eine Behauptung aufstellt oder verbreitet...., der Red.Komm. überwiesen. V. Im E II rev § 809, E III $ 808 liegt die in § 824 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
5 §§ 727 und 727b s. bei §§ 842 — 847 BGB. ξ 704 s. bei §§ 823, 826 BGB, § 704a bei SS 842 — 848 BGB.
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§ § 825, 827 — 829
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
§825 Wer eine Frauensperson durch Hinterlist, durch Drohung oder unter Mißbrauch eines Anhängigkeitsverhältnisses zur Gestattung der außerehelichen Beiwohnung bestimmt, ist ihr zum Ersätze des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Vorbemerkung des Herausgebers : Von der 1. Kommission und der Vorkommission des Reichsjustizamts ist eine dem § 825 entsprechende Vorschrift nicht vorgesehen worden. 1 Die Vorschrift entstammt den Beratungen der 2. Kommission (s. Prot. II, Bd. 4, S. 6 9 4 - 6 9 6 ) und ist im Ε II in § 748 a (E II rev § 810, E III § 809) enthalten.
§827 Wer im Zustande der Bewußtlosigkeit oder in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustande krankhafter Störung der Geistesthätigkeit einem Anderen Schaden zufügt, ist für den Schaden nicht verantwortlich. Hat er sich durch geistige Getränke oder ähnliche Mittel in einen vorübergehenden Zustand dieser Art versetzt, so ist er für einen Schaden, den er in diesem Zustande widerrechtlich verursacht, in gleicher Weise verantwortlich, wie wenn ihm Fahrlässigkeit zur Last fiele; die Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn er ohne Verschulden in den Zustand gerathen ist.
§828 Wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist für einen Schaden, den er einem Anderen zufügt, nicht verantwortlich. Wer das siebente, aber nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, ist für einen Schaden, den er einem Anderen zufügt, nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntniß der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat. Das Gleiche gilt von einem Taubstummen.
§829 Wer in einem der in den §§ 823 bis 826 bezeichneten Fälle für einen von ihm verursachten Schaden auf Grund der §§ 827, 828 nicht verantwortlich ist, hat gleichwohl, sofern der Ersatz des Schadens nicht von einem aufsichtspflichtigen Dritten erlangt werden kann, den Schaden insoweit zu ersetzen, als die Billigkeit nach den Umständen, insbesondere nach den Verhältnissen der Betheiligten, eine Schadloshaltung erfordert und ihm nicht die Mittel entzogen werden, deren er zum standesmäßigen Unterhalte sowie zur Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf.
> S. aber die Erwägung Prot I 2850f., bei § 824 BGB.
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25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 8 2 5 , 8 2 7 - 829
A. 1. Kommission I. 117. Sitzung vom 18. 9. 1882, Schriftführer Neubauer I Zur Berathung gelangte der Antrag 1 , an geeigneter Stelle folgende Bestimmung | Prot I 1054 aufzunehmen : „Geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Personen, welche sich für geschäftsfähig ausgeben und dadurch betrügerischer Weise Andere verleiten, ihnen gegen-1 über Willenserklärungen abzugeben oder von ihnen abgegebe- | Prot 11055 ne Willenserklärungen als Willenserklärungen Geschäftsfähiger anzusehen, haften, sofern sie zurechnungsfähig sind, mit der in § 74 Abs. 3 Satz 1 des allgemeinen Theils ausgesprochenen Beschränkung für den Ersatz des durch ihre Handlungsweise verursachten Schadens." Der Antrag wurde durch Mehrheitsbeschluß abgelehnt. Die Mehrheit war der Ansicht: Die in dem Antrage enthaltenen Vorschriften seien selbstverständlich, weil sie mit Nothwendigkeit aus den Bestimmungen einerseits über Geschäftsfähigkeit und andererseits über die Deliktsfähigkeit sich ergäben. Sofern der Antrag zugleich zum Ausdruck bringen wolle : in anderen, als Betrugsfällen solle keine Haftung eintreten, so sei dies aus dem Antrage nicht zu erkennen, aber auch zu bestimmen nicht angemessen, weil wenn nach allgemeinen Grundsätzen weder Betrug noch ein sonstiges Delikt vorliege, die Vorschrift überflüssig erscheine, wenn aber die Verübung eines Delikts nach den allgemeinen Grundsätzen sich herausstelle, ein nicht zu rechtfertigender Konflikt mit dem Grundsatze über die Deliktsfähigkeit der in Rede stehenden Personen hervortrete. Aus Anlaß der Diskussion über den vorstehenden Antrag kam zur Sprache : 1. ob nicht zu bestimmen sein werde: der deliktsfähige Minderjährige u.s.w. hafte nicht, wenn er eine gebotene Handlung unterlasse (non facere), sofern das Gebot auf eine Angelegenheit sich beziehe, die zwar seine Angelegenheit sei, aber seiner Besorgung entzogen und der seiner gesetzlichen Vertreter überwiesen sei (ζ. B. das Gesetz verpflichtet die Hauseigenthümer zu einer | Veranstaltung und diese Veran- | Prot 11056 staltung unterbleibt bei dem Hause eines Minderjährigen u.s.w.). Man bezweifelte die Nothwendigkeit einer solchen Bestimmung, weil davon auszugehen sei, daß das betreffende Gebotsgesetz sich an den Minderjährigen, dem ein anderes Gesetz die Besorgung der in Frage kommenden Angelegenheit entziehe, gar nicht richte. 2. ob nicht zu bestimmen sein werde, daß der Geschäftsunfähige u.s.w. für Delikte des Vertreters hafte, welche dieser bei der Verwaltung des Vermögens des Geschäftsunfähigen u.s.w. und in seiner Eigenschaft als Vertreter durch facere und non facere begeht und zwar — ähnlich wie in Ansehung der juristischen Personen — kraft des Grundsatzes, daß die commoda und onera der Vertretung untrennbar seien. Man war der Ansicht, daß auf diese Frage bei der Berathung des Abschnitts über die Folgen der Nichterfüllung der Obligationen werde zurückzukommen sein. 112. Sitzung vom 6. 9. 1882, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend von Schmitt IZu § 7 des Entwurfes: 1 "
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Die auf dieser Sitzung voraufgegangenen Beratungen s. bei § 852. 1» Die Beratungen zu § 6 des Entw. s. bei S 823 BGB.
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
TE-OR(Nrl5) „Haben Kinder vor vollendetem siebenten Lebensjahre, so wie Personen in S 7 einem Geisteszustände, in welchem die Freiheit der Willensbestimmung ausgeschlossen war, durch eine Handlung oder Unterlassung einem Anderen Schaden zugefügt, so sind sie hierfür nicht verantwortlich. Die Verantwortlichkeit wird nicht ausgeschlossen, wenn sich Jemand durch eigene Verschuldung in einen vorübergehenden Zustand mangelnder Freiheit der Willensbestimmung versetzt hat." lagen die Anträge vor: v. Weber (Nr 128,1)
1 · den § zu fassen: „Haben Personen im Kindesalter oder in einem Geisteszustände, in welchem der Vernunftgebrauch ausgeschlossen war, durch eine Handlung einem Anderen Schaden zugefügt, so sind sie hierfür nicht verantwortlich. Die Verantwortlichkeit wird nicht ausgeschlossen, wenn sich der Handelnde durch eigene Verschuldung in einen vorübergehenden Zustand mangelnden Vernunftgebrauchs versetzt hat."
Kurlbaum (Nr 124, 3)
2. den zweiten Absatz zu fassen: „Befand sich der Thäter in einem vorübergehenden Zustande mangelnder Freiheit der Willensbestimmung und hatte er sich in diesen Zustand durch eigene Verschuldung versetzt, so ist die Verantwortlichkeit nicht ausgeschlossen." Die Diskussion wurde abgebrochen.
113. Sitzung vom 8. 9. 1882, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend v. Schmitt I Prot 1 1003 | Die Berathung des Theilentwurfes des Obligationenrechts (Ns 15) : „Unerlaubte Handlungen" wurde fortgesetzt, und zwar zunächst zu § 7. Zum ersten Absätze : Der am Schluß des Protokolls vom 6. September d. Js. unter Ν 2 1 mitgetheilte Antrag (vgl. Protokolle S. 1000) 2 , soweit er die Aenderung der Worte: „Kinder vor vollendentem siebenten Lebensjahre" in die Worte: „Personen im Kindesalter" bezweckt, fand mit Rücksicht auf die Beschlüsse vom 19. und 26. Oktober v. Js. (vgl. Zusammenstellung der Beschlüsse zum Allgemeinen Theil §§ 25, 41, Protokolle S. 45, 62) 3 Annahme. Man erkannte in der vorgeschlagenen Aenderung nur eine Fassungsberichtigung ohne sachliche Bedeutung. Aber der erwähnte Antrag wurde auch insoweit gebilligt, als er dahin gerichtet ist, die Worte : „sowie — war" mit den IProti 1004 Worten zu vertauschen: „oder in ei- | nem Geisteszustände, in welchem der Vernunftgebrauch ausgeschlossen war". Die Aenderung erachtete man wegen der Beschlüsse vom 21. und 26. Oktober v. Js. (vgl. Zusammenstellung der Beschlüsse zum Allgemeinen Theil §§ 28, 41, Protokolle S. 48, 49) 4 für angemessen. Auf die Abweichung von der in dem Entwürfe zum Vorbilde genommenen Bestimmung § 51 des Strafgesetzbuchs glaubte die Mehrheit aus den bei der Fassung der gedachten Beschlüsse zum Allgemeinen Theil zur Sprache gebrachten Gründen sowie um deswillen kein Gewicht legen zu dürfen, weil es nicht rathsam erscheine, im bürgerlichen Gesetzbuche, soweit es sich um anormale geistige Zustände handele, die Geschäftsunfähigkeit, wenn auch nur den Worten nach, von anderen Erfordernissen abhängig zu machen, als die Unfähigkeit, durch unerlaubte Handlungen sich zu verpflich2 S. bei SS 823, 826 BGB. 3 S. bei SS 2, 104, 105 BGB. • S. bei SS 6, 104, 105 BGB.
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ten. Dabei kam zur Sprache, daß in Frage zu stellen sei, ob in der That der Sinn der beschlossenen Vorschrift von dem Sinne der Bestimmung des Entwurfs abweiche und ob die Ausführung der Motive, welche auf eine solche Abweichung hinzuweisen scheine, Billigung verdiene. Im Anschluß hieran wurde von verschiedenen Seiten hervorgehoben: Die beschlossene Vorschrift führe jedenfalls zu großen Härten; sie habe zur Folge, daß das Kind, sobald es das 7. Lebensjahr zurückgelegt habe, sofern es nicht ausnahmsweise in der Entwickelung so weit zurückgeblieben sei, daß es noch als des Vernunftgebrauchs entbehrend gelten müsse, in vollem Umfange und gerade so wie der Volljährige deliktsfähig sei. Darin liege nicht allein eine große Abweichung von dem Strafgesetzbuche (§§ 55, 56, 57), sondern auch eine nicht zu rechtfertigende unbillige Behandlung der noch nicht zur vollen Verstandesreife gelangten Unerwachsenen. Es wurde beantragt, zusätzlich zu bestimmen: 11. von einem Mitgliede : | Prot 11005 „Eine Person, welche nach Vollendung des Kindesalters, aber vor Vollendung Kurlbaum des 18. Lebensjahres durch eine widerrechtliche Handlung Schaden zugefügt hat, ist nicht verantwortlich, wenn sie bei Begehung der Handlung die zur Erkenntniß der Widerrechtlichkeit erforderliche Einsicht nicht besaß." II. von einem anderen Mitgliede: Johow „Ist der Beschädiger in dem Alter zwischen dem vollendeten 7. und dem vollendeten 18. Jahre, so ist er nicht ersatzpflichtig, wenn er in der Entwickelung so zurückgeblieben ist, daß er die Rechtswidrigkeit seiner Handlung nicht zu erkennen vermocht hat." Der erste Antrag fand aus den obigen Gründen die Zustimmung der Mehrheit. Die Fassung der Vorschrift blieb der Redaktion vorbehalten, wobei auch der Antrag Ν 2 II, soweit er sachlich mit dem Antrage N21 übereinstimmt, berücksichtigt werden soll. Betreffend die sachliche Verschiedenheit zwischen beiden Anträgen, welche darin besteht, daß der Antrag N 2 I I die Beschränkung enthält: „wenn der Beschädiger in der Entwickelung so weit zurückgeblieben ist", so erklärte sich die Mehrheit gegen eine solche Beschränkung, weil durch ihre Aufnahme der bezweckte Schutz nur unvollkommen erreicht werden würde. Bei der Debatte war geltend gemacht, der Zweck der Anträge werde schon durch den zum § 6 Absatz 2 des Entwurfs in der vorigen Sitzung gefaßten Beschluß erreicht; denn in den in Betracht kommenden Fällen werde entschuldbarer Rechtsirrthum anzunehmen sein. Hiergegen war aber eingewandt: Die in Bezug genommene Vorschrift genüge mindestens in denjenigen Fällen nicht, in welchen durch die objektiv widerrechtliche Handlung nicht das Recht eines Andern verletzt, die Verpflichtung zum Schadensersatze also nach den zum § 1 ge- |faßten Beschlüssen |Proti 1006 davon abhänge, daß ein Schaden erkannt oder erkennbar gewesen sei, reiche aber Johow auch für die ersteren Fälle dann nicht aus, wenn zwar das Recht des Andern, nicht aber die aus der Handlung dem Rechte drohende Gefahr erkannt sei, zu geschweigen, daß bei der Entscheidung, ob ein entschuldbarer Irrthum im Sinne der zum § 6 Absatz 2 beschlossenen Vorschrift vorliege, die Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters in Betracht komme. Die Mehrheit hatte den Einwand für begründet erachtet, überließ aber der Prüfung bei der Redaktion, ob das Wort: „Widerrechtlichkeit" am Schluß des Antrages Ν - 1 genüge, und nicht vielmehr des Zusatzes: „oder des drohenden Schadens" bedürfe oder durch „Verantwortlichkeit" zu ersetzen sei. Zum Schluß wurde zur Prüfung bei der Redaktion der Zweifel angeregt, ob es korrekt sei, Personen im Kin915
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desalter und Personen in einem Geisteszustände, in welchem pp. so wie in dem Antrage Ν- 1 geschehen, neben einander zu stellen. Zum zweiten Absätze: Es bestand Einvernehmen, daß der zweite Absatz eine positive Vorschrift enthalte, daß ferner kein Grund obwalte, dieselbe auf alle Fälle auszudehnen, in welchen die Unzurechnungsfähigkeit auf ein Verschulden zurückzuführen ist. Dagegen zeigte sich eine Meinungsverschiedenheit, ob die Vorschrift — wie der Entwurf bestimmt — in allen Fällen Platz greifen müsse, in welchem der fragliche Zustand ein vorübergehender ist, oder ob sie auf die Fälle des Rausches (der Betrunkenheit) zu beschränken sei. Die Mehrheit entschied für die letztere Beschränkung, indem sie erwog: Einerseits nöthige das praktische Befürfniß keineswegs, noch weiter zu gehen und andererseits sei die von dem Entwürfe vorgeschlagene Ausdehnung gefährI Prot 1 1007 lieh, weil sie das Gesetz verdunkele, insofern sie die Ausle-1 gung zulasse, es genüge die Heilbarkeit einer Geisteskrankheit, zumal wenn wirklich Genesung eingetreten sei. Gegen den Einwurf, durch die Hervorhebung der Betrunkenheit werde entschieden, daß die Betrunkenheit die Zurechnungsfähigkeit aufhebe, war, unter Zustimmung der Mehrheit, erinnert: Wenn mit dem Entwürfe die Fassung gewählt werde: „Die Verantwortlichkeit wird nicht ausgeschlossen" oder wenn von einer den Vernunftgebrauch aufhebenden Betrunkenheit geredet werde, so sei genügend klar, daß nur ein solcher Rausch gemeint sei, welcher in der That den Vernunftgebrauch aufhebe, und, daß der Rausch eine solche Intensität erreichen könne, sei unbestritten. Die Fassung der Vorschrift blieb der Redaktion vorbehalten. Zu § 8 des Entwurfes: TE-OR(Nr 15) „Ausnahmsweise kann auch ein Kind oder eine andere Person, welche im Zu§ 8 stände mangelnder Freiheit der Willensbestimmung einem Anderen Schaden zugefügt hat, von diesem auf vollständigen oder theilweisen Ersatz des Schadens in Anspruch genommen werden, wenn und soweit nach richterlichem Ermessen dringende Rücksichten der Billigkeit dafür sprechen und dem Beschädiger durch die Ersatzleistung die nach Stand und Verhältnissen erforderlichen Mittel zur Erziehung oder zum Unterhalte nicht entzogen werden." lagen die Anträge vor: v. Weber 1. den § zu streichen, eventuell statt: „im Zustande mangelnder Freiheit der Wil(Nr 128, 2) lensbestimmung" zu setzen: „im Zustande mangelnden Vernunftgebrauchs" und statt: „zur Erziehung oder zum Unterhalte" zu setzen: „zum Unterhalte und soweit er der Erziehung bedarf, zur Erziehung." Kurlbaum 2. den § zu streichen, eventuell zu fassen: (Nr 127,1) „Ein Kind oder eine Person, welche — Schaden zugeführt hat, ist verpflichtet, I Prot I 1008 vollständigen oder | theilweisen Ersatz des Schadens zu leisten, wenn — dafür sprechen. Dem Beschädiger dürfen durch die Ersatzleistung die nach Stand und Verhältnisse erforderlichen Mittel zu seiner Erziehung und zu seinem Unterhalt sowie zur Erziehung und zum Unterhalt der von ihm zu erziehenden oder zu unterhaltenden Personen nicht entzogen werden." Die Mehrheit beschloß die Streichung des § 8. Sie fand in der Vorschrift eine durch ein erhebliches praktisches Bedürfniß nicht gerechtfertigte Abweichung von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, gegen welche noch das besondere Bedenken spreche, daß sie den zur Entscheidung eines Rechtsstreits berufenen Richter nur auf 916
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dringende Billigkeitsrücksichten verweise, ohne ihm irgend eine feste Entscheidungsnorm an die Hand zu geben. II. In der RedVorl und der ZustOr lauten die beschlossenen Vorschriften: Eine Person ist für den Schaden nicht verantwortlich, welcher von ihr angestiftet RedVorl ist, während sie des Vernunftgebrauchs beraubt war. Sie ist jedoch für den Schaden verantwortlich, wenn der Vernunftgebrauch (nur) durch selbstverschuldete (von ihr selbst verschuldete) Betrunkenheit ausgeschlossen war. 5 Eine Person ist für den Schaden nicht verantwortlich, welcher von ihr angestiftet RedVorl ist, während sie im Kindesalter stand. Ist von einer Person nach Vollendung des Kindesalters, aber noch vor Vollendung des achtzehnten Lebensjahres ein Schaden angestiftet, so ist dieselbe für den Schaden nicht verantwortlich, wenn sie (bei Begehung der Handlung) die zur Erkenntniß der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht nicht besaß. 6 Zu den §§ 150— 1527 ist in der RedVorl angemerkt: Soll der Ausdruck „Handlung", wenn ein Unzurechnungsfähiger eine objektiv widerrechtliche Handlung beging, vermieden werden, so würden die §§ 150, 151, 152 zu fassen sein: § 150 Eine Person ist für den Schaden nicht verantwortlich, welcher von ihr angestiftet ist, während sie des Vernunftgebrauchs beraubt war. Sie ist jedoch für den Schaden verantwortlich, wenn der Vernunftgebrauch (nur) durch selbstverschuldete (von ihr selbst verschuldete) Betrunkenheit ausgeschlossen war. Dazu ist angemerkt: Der Ausdruck „angestiftet" macht entbehrlich, von Handlung zu reden. Treffender wäre allerdings die Fassung: „Eine Person für die Handlungen 8 nicht verantwortlich, welche von ihr begangen sind, während sie des Vernunftgebrauchs beraubt war. Sie ist jedoch für dieselben verantwortlich, wenn u.s.w." 2. Die Fassung muß ergeben, daß es gleichgültig ist, ob die Person den Vernunftgebrauch später wieder erlangt hat oder nicht. S 151 Eine Person ist für den Schaden nicht verantwortlich, welcher von ihr angestiftet ist, während sie im Kindesalter stand. Ist von einer Person nach Vollendung des Kindesalters, aber noch vor Vollendung des achtzehnten Lebensjahres ein Schaden angestiftet, so ist dieselbe für den Schaden nicht verantwortlich, wenn sie (bei Begehung der Handlung) die zur Erkenntniß der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht nicht besaß. Dazu ist angemerkt: Vgl. die Bemerkung bei der obigen Fassung des § 151. Dazu ist angemerkt: Die Fassung muß ergeben, daß es gleichgültig ist, ob die Person den Vernunftgebrauch später wiedererlangt hat oder nicht. 6 Dazu ist angemerkt: Mit „verantwortlich" sind die verschiedenen in Betracht kommenden Fälle gedeckt: ein Recht ist verletzt, das Recht nicht erkannt; ein Recht ist verletzt und erkannt, aber die aus der Handlung drohende Gefahr der Verletzung nicht erkannt; es ist der drohende Schaden nicht erkannt; es ist das Verbotsgesetz nicht gekannt. 7 § 152 RedVorl s. bei § 832 BGB. 8 Im Original heißt es: Handlung, statt: Handlungen. 5
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§ 152 Wird von demjenigen, welcher über einen Andern kraft Gesetzes die Aufsicht zu führen verpflichtet ist, diese Verpflichtung nicht erfüllt, so ist derselbe für den von dem Anderen einem Dritten zugefügten Schaden insofern verantwortlich, als dieser vermieden sein würde, wenn die Aufsicht nach Vorschrift des Gesetzes geführt worden wäre. Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher die Führung der Aufsicht für den durch das Gesetz Verpflichteten übernommen hat. Dazu ist angemerkt: Vgl. die Bemerkungen bei der obigen Fassung des § 152. ZustOR § 150 Hat eine Person, während sie des Vernunftgebrauchs beraubt war, einem Anderen einen Schaden zugefügt, so ist sie hierfür nicht verantwortlich. Sie ist jedoch für den Schaden verantwortlich, wenn der Vernunftgebrauch durch selbstverschuldete Betrunkenheit ausgeschlossen war. ZustOR § 151 Hat eine Person, während sie im Kindesalter stand, einem Anderen einen Schaden zugefügt, so ist sie hierfür nicht verantwortlich. Hat eine Person nach Vollendung des Kindesalters, aber vor Vollendung des achtzehnten Lebensjahres eine unerlaubte Handlung begangen, so ist sie für den daraus entstandenen Schaden nicht verantwortlich, wenn sie bei Begehung der Handlung die zur Erkenntniß der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht nicht besaß. III. Die Fassung der Vorschriften ist im KE §§ 702, 7039 unverändert. Bei der Redaktion einzelner Vorschriften des Obligationenrechts lag der Antrag vor, in § 703 Satz 2 statt „nach Vollendung des Kindesalters, aber vor Vollendung des achtzehnten Lebensjahres" zu setzen: „nach zurückgelegtem Kindesalter, aber vor zurückgelegtem achtzehnten Lebensjahre." Der Antrag, welcher die Uebereinstimmung der Ausdrucksweise in §§ 26, 703 sowie in § 1206 Abs. 2 der Zusamenstellung der sachlichen Beschlüsse zum Familienrecht bezweckt (vergi, auch KE §§ 28, 64, 69, 70 und die bezeichnete Zusammenstellung § 1210 Abs. 1) wurde angenommen. (Prot. I 6184, 6185) Im Zusammenhang hiermit wurde zugleich beschlossen, im § 7 Abs. 2 den zweiten Satz zu fassen: „Fällt dieser Tag in die Zeit vor dem zurückgelegten einundzwanzigsten Lebensjahre, so beginnt der zehnjährige Zeitraum mit dem ersten Tage nach Zurücklegung dieses Lebensjahres." Zu §§ 702, 703 s. noch den Antrag von Planck (Nr. 625) bei der 2. Beratung des KE, Prot I 11867 —11874 bei §§ 276 — 278 BGB. IV. Im E I ist § 702 KE in unveränderter Fassung in § 708 enthalten. § 703 KE lautet im E I § 709: EI § 709 Hat eine Person, während sie im Kindesalter stand, einem Anderen einen Schaden zugefügt, so ist sie hierfür nicht verantwortlich. Hat eine Person nach zurückgelegtem Kindesalter, aber vor zurückgelegtem achtzehnten Lebensjahre eine unerlaubte Handlung . . . u.s.w. wie im KE.
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Bei der Drucklegung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse war in § 703 vor: „vor Vollendung" ein „noch" eingefügt, das auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 IV) gestrichen wurde (Prot. I 3556, 3560).
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B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Anträge lagen nicht vor. II. 84. Sitzung vom 13. 9. 1892 11. Die Kommission beschloß, vor Eintritt in die Berathung über die §§ 708, 709 |Prot-RJA 539 des Entw. zunächst die prinzipielle Frage zu erörtern, ob und in welchem Umfange es sich empfehlen werde, eine Haftpflicht der deliktsunfähigen Personen aus ihren unerlaubten Handlungen im Gesetze zu begründen. Von mehreren Seiten wurde die Aufnahme einer besonderen Bestimmung widerrathen und der Standpunkt des Entw. und der Motive vertheidigt. Es wurde darauf hingewiesen, daß es mißlich sei, hier eine feste Rechtsregel aufzustellen, da dieselbe unvermeidlich in einzelnen Fällen zu Härten und Unbilligkeiten führen müsse. Die Ausgleichung des Schadens könne besser denjenigen überlassen bleiben, denen die Obhut über die Deliktsunfähigen vom Gesetze anvertraut sei, den Inhabern der elterlichen Gewalt und den Vormündern, welche es der Entw. an die Hand gebe, auf Grund der §§ 1661, 1503 Anstandspflichten der Kinder und Mündel durch Vornahme von Schenkungen zu erfüllen. Die Mehrheit der Kommission entschied sich, obwohl den vorgebrachten Bedenken eine Bedeutung nicht abgesprochen werden konnte, gleichwohl für die Aufnahme einer Vorschrift aus der Erwägung, daß ein praktisches Bedürfniß bestehe, in den in Frage kommenden Fällen eine H a f t - 1 pflicht des Handelnden auf Schadens- | Prot-RJA 540 ersatz auch ohne Voraussetzung eines Verschuldens gesetzlich anzuerkennen. Ein solcher Rechtssatz, der sich auch in verschiedenen neueren Gesetzgebungswerken finde, so in dem preuß. A.L.R., dem österr. B.G.B, und dem Schweiz. Obligationenrechte, entspreche dem Standpunkte des modernen Rechtsbewußtseins, hinter welchem der Entw. nicht zurückbleiben dürfe. Unter Umständen, wie in den Fällen der Nothwehr, werde sogar die Verpflichtung zur Entschädigung den Deliktsunfähigen zum Vortheile gereichen, wenn der von ihnen Angegriffene statt auf gewaltsame Abwehr auf den Weg des Schadensersatzes gewiesen werde. Dem Beschädigten solle jedoch ein Anspruch nur gewährt werden, wenn nach den konkreten Umständen die Billigkeit es erfordere, den Schaden zu vergüten; aber auch dann dürfe der Anspruch nur als ein subsidiärer gewährt werden, unter der Voraussetzung, daß es dem Beschädigten nicht möglich gewesen sei, Ersatz von dem zur Aufsicht Verpflichteten zu erlangen. Man verkannte nicht, daß eine solche an den Art. 58 des Schweiz. Obi. R. sich anschließende Regelung, welche die Entscheidung, ob Schadensersatz gewährt werden solle, völlig in das billige Ermessen des Richters stelle und diesem dadurch für den einzelnen Fall gewissermaßen die Aufgabe des Gesetzgebers zuweise, nicht unbedenklich sei. Man glaubte jedoch, daß sich ein geeigneter objektiver Maßstab für die Einschränkung des richterlichen Ermessens bei der Mannigfaltigkeit der in Betracht kommenden Lebensverhältnisse nicht werde geben lassen, und daß auch dem Vorschlage, die Haftpflicht des Beschädigers unbedingt davon abhängig zu machen, daß ihm diejenigen Mittel nicht entzogen würden, deren er bedürfe, um die gegenüber seinem Ehegatten und seinen Verwandten ihm obliegenden Unterhaltsverpflichtungen zu I erfüllen und seinen eigenen standesmäßigen Unterhalt zu be- | Prot-RJA 541 streiten, das Bedenken entgegenstehe, daß unter Umständen auch in diesem Falle die Gewährung eines theilweisen Ersatzes des Schadens durch die Billigkeit geboten sein könne. 919
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D i e Fassung der als § 709 a einzuschaltenden Vorschrift wurde wie folgt bestimmt: EI-RJA Kann für den von einer nach den §§ 708, 709 nicht verantwortlichen Person zu§ 709 gefügten Schaden Ersatz von einem aufsichtspflichtigen Dritten nicht erlangt werden, so ist derjenige, welcher den Schaden zugefügt hat, zum Schadensersatz verpflichtet, soweit die Billigkeit nach den Umständen des Falles, insbesondere nach den Verhältnissen der Betheiligten, eine Ersatzleistung erfordert. II. Der Satz 1 des § 708 wurde im Wesentlichen zum Zwecke der Verdeutlichung des Gesetzes und im Hinblick auf die nur die Geschäftsunfähigkeit der Geistesgestörten betreffende Bestimmung des § 78 (RedVorl) beibehalten, obwohl dagegen eingewendet wurde, daß sein Inhalt selbstverständlich sei, da sich ein widerrechtliches Handeln aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit bei einer willensunfähigen Person nicht denken lasse. Hinsichtlich der Formulirung erachtete man es, wie zu § 78 cit. für angemessen, sich dem § 51 des Str. G.B. anzuschließen. Der Satz 2 des § 708 erfuhr von mehreren Seiten Anfechtung. Es wurde geltend gemacht, daß es sich jedenfalls nicht empfehlen werde, lediglich bezüglich der selbstverschuldeten Trunkenheit von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen abzuweichen. Wolle man eine Ausnahme von dem Prinzipe des ersten Satzes zulassen, so müsse diese auf alle Fälle erstreckt werden, in denen sich Jemand durch ein selbstI Prot-RJA 542 verschuldetes Verhalten in einen vorübergehenden Zustand der im Satz 1 | bezeichneten Art versetzt und in diesem Zustand einem Anderen Schaden zugefügt habe. Es müsse jedoch eine jede Vorschrift dieser Art beanstandet werden, weil sie wegen der Unbestimmtheit der Voraussetzungen eines Selbstverschuldens des Thäters die Gefahr mit sich bringe, daß der Richter in nicht seltenen Fällen auch dann den Thäter zum Schadensersatz verurtheilen werde, wenn in Wirklichkeit eine Selbstverschuldung nicht vorliege, eine Gefahr, die namentlich in dem Gutachten der Preuß. wissenschaftlichen Deputation für das Medizinalwesen, welches die Streichung des Satz 2 befürwortet habe, betont werde. Diese Gefahr würde bei der Schwierigkeit des Beweises noch vermehrt werden, wenn man, wie von einer Seite vorgeschlagen sei, die Beweislast umkehren und dem Beschädiger den Beweis des Nichtverschuldens auferlegen wolle. Die Kommission entschied sich für die Beibehaltung des Satz 2, beschloß jedoch die Vorschrift auf alle die Fälle zu erstrecken, in denen sich Jemand durch ähnliche betäubende Genußmittel wie geistige Getränke in einen vorübergehenden Zustand der im Satz 1 bezeichneten Art versetzt hat. Man erwog: Es lasse sich allerdings nicht verkennen, daß das praktische Bedürfniß nach der Aufnahme einer Bestimmung, wie sie der Satz 2 des § 708 enthalte, durch die Einfügung des zu I angenommenen § 709 a erheblich vermindert worden sei. Immerhin sei es auch neben der Vorschrift des § 709 a angezeigt, dem Beschädigten unter den Voraussetzungen des § 708 Satz 2 ein unbedingtes Recht auf Entschädigung zuzubilligen. Daß dem Beschädigten gegen denjenigen, der in einem durch selbstverschuldete Trunkenheit hervorgerufenen Zustand von Unzurechnungsfähigkeit eine widerrechtliche Handlung begangen habe, ein Anspruch auf Schadensersatz zukomme, stehe nicht nur im Einklang mit dem in großen Gebieten geltenden Recht, I Prot-RJA 543 sondern | rechtfertige sich auch aus dem Gesichtspunkte, daß, wer sich durch eigenes Verschulden in einen solchen mit Gefahren für Dritte verbundenen Zustand versetze, dies auf seine Gefahr thue, und daß es auch die Aufgabe der Gesetzgebung sei, derartigen Ausschreitungen thunlichst entgegenzutreten. Der Unzurechnungsfähigkeit und selbstverschuldeten Trunkenheit müsse es aber gleichgestellt 920
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werden, wenn Jemand durch den Gebrauch sonstiger betäubender Genußmittel sich in einen vorübergehenden Zustand der in Rede stehenden Art versetzt habe. Weiter zu gehen sei aber nicht angemessen, insbesondere werde der Beschädiger nicht schon dann zur Verantwortung gezogen werden können, wenn er etwa durch die Folgen einer Krankheit, deren Zuziehung er hätte vermeiden können, in einen solchen Zustand gerathen sei. Bezüglich der Beweispflicht sei es bei der den allgemeinen Grundsätzen entsprechenden Regelung des Entw. zu belassen. Die Fassung des § 708 wurde dahin bestimmt: W e r in einem die freie Willenbestimmung ausschließenden Zustande der Be- EI-RJA wußtlosigkeit oder krankhaften Störung der Geistesthätigkeit einen Schaden zu- S 708 fügt, ist hierfür nicht verantwortlich, es sei denn, daß er sich durch geistige Getränke oder ähnliche Mittel in einen vorübergehenden Zustand dieser Art durch eigenes Verschulden versetzt und während des Zustandes den Schaden verursacht hat. III. Der § 709 des Entw. blieb sachlich unbeanstandet und wurde nur redaktionell wie folgt abgeändert: W e r das siebente Lebensjahr nicht vollendet hat, ist f ü r einen von ihm zugefüg- E I-RJA ten Schaden nicht verantwortlich. W e r das siebente, aber nicht das achtzehnte Le- S 709 bensjahr vollendet hat, ist f ü r einen von ihm zugefügten Schaden nicht verantwortlich, wenn er | bei Begehung der schädigenden Handlung die zur Erkenntniß der | Prot-RJA 544 Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht nicht besaß. Zusätzlich wurde noch beschloßen, die Vorschrift des § 709 auch auf widerrechtliche Handlungen taubstummer Personen zu erweitern.
C. 2. Kommission I. Zu den §§ 708, 709 lagen die Anträge vor (Prot. II, Bd. 2, S. 580ff.; Mugdan, Bd. 2, S. 108Iff.): 1. statt der Vorschriften des Entw. folgende Bestimmung aufzunehmen : a) an Stelle des § 708 : Jacubzeky W e r in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustande von Be- (Nr 264, 4) wußtlosigkeit oder krankhafter Störung der Geistesthätigkeit einem Anderen widerrechtlich einen Schaden zufügt, ist wegen desselben nur verantwortlich, wenn er das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit oder ein Recht des Anderen in Ansehung einer in dem Besitze des Anderen oder eines Dritten befindlichen Sache verletzt hat und beim Nichtvorhandensein des die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustandes die Verletzung ohne grobe Fahrlässigkeit hätte voraussehen müssen. Er haftet für den Ersatz des Schadens nur soweit, als der Beschädigte den Ersatz nicht nach § 710 von einer zur Aufsicht verpflichteten Person zu erlangen vermag. f ü r den Fall der Ablehnung dieses Vorschlags : W e r in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustande von Bewußtlosigkeit oder krankhafter Störung der Geistesthätigkeit einen Schaden zufügt, ist wegen des Schadens nicht verantwortlich. W e r sich durch geistige Getränke oder ähnliche (berauschende) Mittel in einen vorübergehenden Zustand dieser Art versetzt hat, ist wegen eines Schadens, welchen er in diesem Zustande einem Anderen widerrechtlich zugefügt hat, in gleicher Weise verantwortlich, wie wenn er den 921
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Schaden aus Fahrlässigkeit verursacht hätte, es sei denn, daß er ohne Verschulden in diesen Zustand gerathen ist. b) an Stelle des §709: Jacubezky (Nr 264, 5) Wer das siebente Lebensjahr nicht vollendet hat, ist wegen eines Schadens, den er widerrechtlich einem Anderen zufügt, nur verantwortlich, wenn er das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit oder ein Recht des Anderen in Ansehung einer in dem Besitze des Anderen oder eines Dritten befindlichen Sache verletzt und, falls er die gewöhnliche Einsicht eines Erwachsenen hätte, die Verletzung ohne grobe Fahrlässigkeit vorausehen müßte. Er haftet für den Ersatz des Schadens nur soweit, als der Beschädigte den Ersatz nicht nach § 710 von einer zur Aufsicht verpflichteten Person zu erlangen vermag. Das Gleiche gilt von einem Minderjährigen, welcher bei der Begehung der beschädigenden Handlung das siebente, aber nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet hatte und die zur Erkenntniß der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht nicht besaß, und von einem Taubstummen, welcher bei der Begehung der beschädigenden Handlung die zur Erkenntniß der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht nicht besaß. Hoffmann (Nr 275)
2. die §§ 708, 709 wie folgt zu gestalten: § 708. Wer in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustande von Bewußtlosigkeit oder krankhafter Störung der Geistesthätigkeit einen Schaden zufügt, haftet für den Ersatz desselben nur insoweit, als dieser nicht von einem aufsichtspflichtigen Dritten erlangt werden kann und dem Beschädiger nicht die zu seinem standesmäßigen Unterhalt erforderlichen Mittel entzogen werden. (Hat sich der Beschädiger jedoch durch geistige Getränke oder sonstige berauschende Mittel in einen vorübergehenden Zustand der vorbezeichneten Art durch eigenes Verschulden versetzt, so haftet er für den zugefügten Schaden unbeschränkt.) eventuell dem Abs. 1 hinzuzufügen: Auch haftet er für denjenigen Schaden nicht, dessen Entstehung nach den vorhandenen Umständen außerhalb des Bereiches der Wahrscheinlichkeit lag. § 709. Wer das siebente Lebensjahr nicht vollendet hat, haftet für den von ihm zugefügten Schaden nur insoweit, als der Ersatz desselben nicht von einem aufsichtspflichtigen Dritten erlangt werden kann und dem Beschädiger nicht die zu seinem standesmäßigen Unterhalt (und seiner standesmäßigen Erziehung) erforderlichen Mittel entzogen werden. Das Gleiche gilt von demjenigen, der das siebente aber nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, sowie von einem Taubstummen, wenn dieselben bei der Begehung der beschädigenden Handlung die zur Erkenntniß der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht nicht besaßen. eventuell dem Abs. 1 hinzuzufügen: Auch haftet er für denjenigen Schaden nicht, dessen Entstehung nach den vorhandenen Umständen außerhalb des Bereiches der Wahrscheinlichkeit lag.
3. die §§ 708, 709 durch nachstehende Vorschriften zu ersetzen: § 708. Wer in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustande von Bewußtlosigkeit oder krankhafter Störung der Geistesthätigkeit einen Schaden zufügt, ist hierfür nicht verantwortlich, es sei denn, daß er sich durch geistige Getränke oder ähnliche Mittel in einen vorübergehenden Zustand dieser Art durch eigenes Verschulden verursacht hat. Struckmann § 709. Wer das siebente Lebensjahr nicht vollendet hat, ist für einen von ihm zu-
Struckmann (Nr 244, 6)
(Nr 244, 7)
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25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 825, 827 -
829
gefügten Schaden nicht verantwortlich. Wer das siebente, aber nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, sowie ein Taubstummer ist für einen von ihm zugefügten Schaden nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der beschädigenden Handlung die zur Erkenntniß der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht nicht besaß. § 709 a. Kann für den von einer nach den §§ 708, 709 nicht verantwortlichen Person zugefügten Schaden Ersatz von einem aufsichtspflichtigen Dritten nicht erlangt werden, so ist derjenige, welcher den Schaden zugefügt hat, zum Ersätze desselben verpflichtet, soweit die Billigkeit nach den Umständen des Falles, insbesondere nach den Verhältnissen der Betheiligten eine Ersatzleistung erfordert. 4. den 5 709 des Antrags 3 in zwei Absätze zu zerlegen und als Abs. 1 den Satz 1 des Antrags aufzunehmen, als Abs. 2 dagegen zu bestimmen: Wer das siebente aber nicht das achtzehnte Lebensjahr zurückgelegt hat sowie wer taubstumm ist, ist für den von ihm zugefügten Schaden verantwortlich; der Umfang des von ihm zu leistenden Ersatzes hängt aber von den Umständen des Falles, insbesondere davon ab, inwieweit der Thäter bei der Begehung der beschädigenden Handlung die zur Erkenntniß der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht besaß.
Struckmann (Nr 244, 8)
v. Mandry (Nr 269, 1)
v. Mandry 5. den § 709 a des Antrags 3 eventuell wie folgt zu gestalten: Ist durch eine unverschuldete Handlung, welche, wenn sie vorsätzlich oder fahr- (Nr 274) lässig vorgenommen wäre, unter den § 704 fallen würde, oder durch die unter den § 704 fallen würde, oder durch die unter den § 704 oder den § 705 fallende That einer nach den §§ 708, 709 nicht verantwortlichen Person einem Anderen ein Schaden zugefügt, so ist der Thäter zum Ersätze des Schadens verpflichtet, wenn und soweit nach den Umständen des Falles, insbesondere nach den Verhältnissen der Betheiligten, die Verweigerung der Ersatzleistung gegen die guten Sitten verstoßen würde.
6. in dem § 709 des Entw. bezw. der Anträge 1 bis 4 statt „der Verantwortlich- v. Cuny (Nr 271,2) keit" zu setzen „ihrer Gefährlichkeit". 7. in dem Antrage 2 die Schlußworte des § 708 Abs. 1 und des § 709 Abs. 1 eventuell zu fassen: um dem Beschädiger diejenigen Mittel nicht entzogen werden, deren er bedarf, um die ihm gegenüber seinem Ehegatten und seinen Verwandten obliegenden Unterhaltspflichten zu erfüllen und seinen eigenen standesgemäßen Unterhalt zu bestreiten. 8. dem § 709 a der Anträge 3 und 5 eventuell hinzuzusetzen: Die Schadensersatzpflicht tritt insoweit nicht ein, als dem Beschädiger dadurch die Mittel entzogen werden würden, deren er bedarf etc. (wie im Antrage 7). 9. für den Fall der Aufnahme des unter 2 zu den §§ 708, 709 eventuell vorgeschlagenen Zusatzes diesen Zusatz wie folgt zu fassen: Die Ersatzpflicht erstreckt sich nicht auf einen Schaden, welcher in Folge eines bei dem Verletzten vorliegenden außergewöhnlichen Umstandes eingetreten ist. 10. in dem Antrage 5 den Schlußworten des § 709 a nachstehenden Gestalt zu geben: wenn und soweit die Billigkeit nach den Umständen des Falles, insbesondere nach den Verhältnissen der Betheiligten eine Ersatzleistung erfordert. Der Antrag 4 wurde zurückgezogen. Der Antragsteller zu 5 erklärte sich vor der Abstimmung damit einverstanden, daß die in seinem Antrage bestimmte Ersatz923
§ § 825, 827 — 8 2 9
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
pflicht des Thäters nur Platz greifen solle, wenn und soweit nicht von einem aufsichtspflichtigen Dritten Ersatz verlangt werden könne. Die Beschlußfassung über den § 708 Satz 2 wurde vorläufig ausgesetzt. Die Komm, machte sich zunächst mittels Eventualbestimmung über die Unteranträge schlüssig. Das Ergebniß der Abstimmung war folgendes : a. Der zu sämmtlichen Hauptanträgen gestellte Unterantrag 6 wurde abgelehnt. b. Die zu den Anträgen 2, 3 und 5 gestellten Unteranträge 7 und 8 wurden angenommen. c. Der zu dem Antrag 5 gestellte Unterantrag 10 gelangte zur Annahme. d. Den zu dem eventuellen Antrage 2 gestellten Unterantrag 9 nahm die Komm. an. Die Komm, machte sich hierauf darüber schlüssig, ob endgültig an Stelle der §§ 708, 709 des Entw. einer der Hauptanträge in der ihnen durch die Eventualabstimmung gegebenen Gestaltung anzunehmen sei. Die Mehrheit entschied sich für die §§ 708, 709 des Antrags 3 und den § 709 a des Antrags 5, unbeschadet der ausgesetzten Beschlußfassung über den 2. Satz in dem § 708 des Entw. Der § 707 wurde mit Rücksicht auf den beschlossenen § 709 a gestrichen. Die Komm, wandte sich nunmehr zu der bisher ausgesetzten Berathung des § 708 Satz 2. Die Bestimmung wurde in der Fassung des eventuellen Antrags 1 a angenommen. Es kam ferner zur Sprache, daß der Inhalt des § 709 a in der ihm gegebenen Fassung zu einem materiellen Bedenken über die Tragweite der Vorschrift Anlaß gebe und daß deshalb die Bedeutung des Beschlusses außer Zweifel gesetzt werden müsse. Zu diesem Behufe wurde beantragt: 1. in dem § 709 a den ersten Satz wie folgt zu fassen : Hat Jemand ohne Verschulden einem Anderen widerrechtlich Schaden zugefügt, so ist er verpflichtet, dem Anderen den Schaden zu ersetzen, soweit die Billigkeit nach den Umständen des Falles, insbesondere den Verhältnissen der Betheiligten, eine Ersatzleistung erfordert. 2. für den Fall der Ablehnung dieses Antrags aus dem ersten Satze der Fassung, die der § 709 a in der Vorl.Zus. 10 erhalten hat, die Beziehung auf den § 705 zu streichen. Die Komm, lehnte beide Anträge ab. II. In der VorlZust lauten die beschlossenen Vorschriften : E I-VorlZust Wer in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustande von Be§ 708 wußtlosigkeit oder krankhafter Störung der Geistesthätigkeit (einem Anderen) einen Schaden zufügt, ist wegen des Schadens nicht verantwortlich. Wer sich durch geistige Getränke oder ähnliche Mittel in einen vorübergehenden Zustand dieser Art versetzt hat, ist wegen eines Schadens, welchen er in diesem Zustande einem Anderen durch eine widerrechtliche Handlung zugefügt hat, in gleicher Weise verantwortlich, wie wenn er die Handlung aus Fahrlässigkeit vorgenommen hätte, es sei denn, daß er ohne Verschulden in diesen Zustand gerathen ist. E I-VorlZust Wer das siebente Lebensjahr nicht vollendet hat, ist für einen von ihm einem An§ 709 deren zugefügten Schaden nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der beschädigenden Handlung die zur Erkenntniß der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht nicht besaß. Das Gleiche gilt von einem Taubstummen. 10
S. hier unter II.
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25. Titel : Unerlaubte Handlungen
§ § 825, 827 -
829
Wer ohne Vorsatz und Fahrlässigkeit (widerrechtlich) das Recht eines Anderen E I-VorlZust verletzt oder eine Handlung (Thun oder Unterlassen) vornimmt, durch welche er S 709 a gegen ein den Schutz eines Anderen bezweckendes Gesetz verstößt oder durch welche er, wenn er aus Fahrlässigkeit gehandelt hätte, dagegen verstoßen haben würde, ist zum Ersatz des dem Anderen dadurch zugefügten Schadens insoweit verpflichtet, als die Billigkeit nach den Umständen des Falles, insbesondere nach den Verhältnissen der Betheiligten, eine Ersatzleistung erfordert. Das Gleiche gilt, wenn die Zufügung eines Schadens von einer nach den §§ 708, 709 dafür nicht verantwortlichen Person durch eine Handlung erfolgt ist, welche, wenn der Handelnde wegen des Schadens verantwortlich wäre, ihn nach den SS 704, 705 zum Schadensersatze verpflichten würde, sofern Ersatz für den Schaden von einem aufsichtspflichtigen Dritten nicht erlangt werden kann. Die Schadensersatzpflicht tritt insoweit nicht ein, als dem Beschädiger durch die Ersatzleistung die Mittel entzogen werden würden, deren er zu seinem standesmäßigen Unterhalt und zu der ihm gesetzlich obliegenden Unterhaltspflicht gegenüber seinem Ehegatten und seinen Verwandten bedarf. Zu § 709 a E I-VorlZust ist angemerkt: Der Vorschlag einer anderen Fassung der §§ 704, 709 a bleibt vorbehalten. III. In der ZustRedKom ist die Fassung der Vorschriften : Wer in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustande von Bewußtlosigkeit oder krankhafter Störung der Geistesthätigkeit einem Anderen Schaden zufügt, ist für den Schaden nicht verantwortlich. Hat sich Jemand durch geistige Getränke oder ähnliche Mittel in einen vorübergehenden Zustand dieser Art versetzt, so ist er für einen in demselben widerrechtlich verursachten Schaden in gleicher Weise verantwortlich, wie wenn ihm Fahrlässigkeit zur Last fiele, es sei denn, daß er ohne Verschulden in den Zustand gerathen ist. Wer das siebente Lebensjahr nicht vollendet hat, ist für einen Schaden, den er einem Anderen zufügt, nicht verantwortlich. Wer das siebente, aber nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, ist für einen Schaden, den er einem Anderen zufügt, nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der schädigenden Handlung die zur Erkenntniß der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht nicht gehabt hat. Das Gleiche gilt von einem Taubstummen. Wer in einem der in den §§ 704 bis 704 b bezeichneten Fällen für einen von ihm verursachten Schaden deshalb nicht verantwortlich ist, weil ihm Vorsatz oder Fahrlässigkeit nicht zur Last fällt, ist gleichwohl zum Schadensersatze verpflichtet, soweit die Billigkeit nach den Umständen des Falles, insbesondere nach den Verhältnissen der Betheiligten, eine Schadloshaltung erfordert und ihm nicht die Mittel entzogen werden, die er zum standesmäßigen Unterhalte sowie zur Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf. Das Gleiche gilt, wenn Jemand in einem der in den §§ 704 bis 705 bezeichneten Fälle für einen von ihm verursachten Schaden auf Grund der §§ 708, 709 nicht verantwortlich ist und der Ersatz des Schadens nicht von einem aufsichtspflichtigen Dritten erlangt werden kann.
E I-ZustRed Kom S 708
E I-ZustRedKom §709
E I-ZustRedKom §709 a
IV. Im E II lauten die §§ 750, 751, 752: Wer im Zustande der Bewußtlosigkeit oder in einem die freie Willensbestim- E II § 750 mung ausschließenden Zustande krankhafter Störung der Geistesthätigkeit einem Anderen Schaden . . . u.s.w. wie in der ZustRedKom. § 751 wie in der ZustRedKom. 925
§ § 825, 8 2 7 — 829 Ε II § 752
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Wer in einem der in den §§ 746 bis 748 bezeichneten Fällen für einen von ihm verursachten Schaden deshalb nicht verantwortlich ist, weil ihm Vorsatz oder Fahrlässigkeit nicht zur Last fällt, hat gleichwohl den Schaden insoweit zu ersetzen, als die Billigkeit nach den Umständen des Falles... u.s.w. wie in der ZustRedKom. Die in Abs. 2 angezogenen Vorschriften sind: SS 746 bis 749 bzw. §§ 750, 751. Bei der Revision des E II lag zu § 752 der Antrag vor, den ersten Satz zu fassen: Wer in einem der in den §§ 746 bis 748, 754, 756, 759 bezeichneten Fälle . . . Hierzu wurde im Laufe der Berathung der Unterantrag gestellt, statt der §§ 754, 756, 759 den § 754 Abs. 1 und die §§ 756, 759, 760 anzuführen. Die Mehrheit lehnte beide Anträge mit acht gegen acht Stimmen ab, da sie keine Veranlassung fand, die an sich schon anomale Vorschrift des § 752 noch weiter auszudehnen. V. Im E II rev §§ 812, 813, E III 811, 812 liegt die in §§ 827, 828 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
D. Bundesrat (Justizausschuß) I. Anträge zu E II § 752, E II rev § 814: Preußen befürwortet, die Vorschrift des ersten Absatzes zu streichen. Württemberg sieht es als selbstverständlich an, daß die Anwendung des § 752 auf Schadenersatzklagen gegen Beamte wegen Verletzung der Amtspflicht im Sinne des Entwurfes ausgeschlossen sein solle. Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz halten die Vorschrift des § 752 für bedenklich. Sie stelle an die einzelnen Richter Anforderungen, denen nur ein geringer Theil derselben genügen dürfte. Bei der Dehnbarkeit des Begriffes der Billigkeit und bei der Verschiedenartigkeit und Veränderlichkeit der Auffassung darüber, was der Billigkeit entspreche, werde die Anwendung des § 752 in der Praxis zu ungleichen Entscheidungen und damit zu einer Gefährdung der Rechtssicherheit sowie zu einer Verletzung des Rechtsgefühls führen. Die Vorschrift sei jedenfalls in ihrer Ausdehnung auf alle möglichen Fälle einer Schadenszufügung abzulehnen. Dagegen erscheine es angezeigt, den Gedanken des § 752 rücksichtlich derjenigen Fälle unverschuldeter Schadenszufügung zur Geltung zu bringen, in welchen durch einen in der Person des Schadenszufügenden liegenden Umstand die Erkenntniß der Wirkungen seines Handelns auf den Rechtskreis des Geschädigten gehindert sei. Es wird deshalb vorgeschlagen, den Eingang des § 752 zu fassen: „Wer in einem der in den §§ 746 bis 748 bezeichneten Fällen für einen von ihm verursachten Schaden wegen entschuldbaren Irrthums nicht verantwortlich i s t . . II. Bericht von Schicker (Württemberg) : Der Preußische Antrag auf Streichung des ersten Absatzes des § 814 (752) wurde mit den Stimmen von Preußen, Württemberg, Baden und Hessen angenommen. Bericht von Sieveking (Bremen) : Es wurde zu § 814 (II, 752) auf Antrag Preußens die Streichung des 1. Absatzes 926
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 825, 827 - 829
beschlossen, die danach erforderliche Änderung in der Fassung des Abs. 2 der Redaktionskommission überwiesen. III. Im E III § 813 liegt die in § 829 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
E. Reichstag (XII. Kommission) I. Beantragt war: 1. den § 813 wie folgt zu fassen : Gröber „Wer in einem der in den §§ 807, 808 bezeichneten Fälle für einen von ihm ver- (Nr 46, 8 a) ursachten Schaden deshalb nicht verantwortlich ist, weil ihm Vorsatz oder Fahrlässigkeit nicht zur Last fällt, hat gleichwohl den Schaden insoweit zu ersetzen, als die Billigkeit nach den Umständen, insbesondere nach den Verhältnissen der Betheiligten, eine Schadloshaltung erfordert und ihm nicht die Mittel entzogen werden, deren er zum standesmäßigen Unterhalte sowie zur Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf. Das Gleiche gilt, wenn Jemand in einem der in den §§ 807 bis 810 bezeichneten Fälle für einen von ihm verursachten Schaden auf Grund der §§811,812 nicht verantwortlich ist und der Ersatz des Schadens nicht von einem aufsichtspflichtigen Dritten erlangt werden kann." 2. den § 813 so zu fassen: v. Cuny „Wer in einem der in den §§ 807, 808 bezeichneten Fälle für einen von ihm ver- (Nr 65,1) ursachten Schaden deshalb nicht verantwortlich ist, weil er aus entschuldbarem Irrthum die beschädigende Handlung für erlaubt gehalten hat, hat gleichwohl den Schaden insoweit zu ersetzen, als die Billigkeit nach den Umständen, insbesondere nach den Verhältnissen der Betheiligten, eine Schadloshaltung erfordert und ihm nicht die Mittel entzogen werden, deren er zum standesmäßigen Unterhalte sowie zur Erfüllung seiner Unterhaltspflichten bedarf." „Das Gleiche gilt, wenn Jemand in einem der in den §§ 807 bis 810 bezeichneten Fälle für einen von ihm verursachten Schaden auf Grund der §§ 811, 812 nicht verantwortlich ist und der Ersatz des Schadens nicht von einem aufsichtspflichtigen Dritten erlangt werden kann." 3. hinter dem § 813 folgende Bestimmung als § 813a aufzunehmen: Gröber „Wer außer den Fällen der §§ 807, 808 durch vorsätzliche oder fahrlässige Ver- (Nr 66,1) letzung eines Gesetzes die Schädigung eines Anderen verursacht, ist ihm zum Ersatz des Schadens insoweit verpflichtet, als die Billigkeit nach den Umständen, insbesondere nach den Verhältnissen der Betheiligten, eine Schadloshaltung erfordert und ihm nicht die Mittel entzogen werden, deren er zum standesmäßigen Unterhalte sowie zur Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf." II. 21. Sitzung vom 24. 3. 1896 (Bericht von Heller) Zum § 813 lag ein Antrag Gröber (Nr. 46 der Drucksachen Ziff. 8 a) vor. 101 Zur 10a Der Antrag ist von Gröber dahin abgeändert worden: „Wer ein auf Schadensvergütung (muß heißen: Schadensverhütung) abzielendes Polizeigesetz vernachlässigt, muß für allen Schaden, welcher durch die Beobachtung des Gesetzes hätte vermieden werden können, ebenso haften, als wenn derselbe aus seiner Handlung unmittelbar entstanden wäre, sofern die Billigkeit nach den Umständen, insbesondere nach
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§ § 825, 827 — 829
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Begründung des Antrags führte der Antragsteller insbesondere aus, daß es nicht gerechtfertigt sei, die Bestimmung auf die Fälle der §§ 811, 812 zu beschränken. Die moderne Rechtsentwicklung dränge dazu, eine Schadensersatzpflicht überhaupt eintreten zu lassen, wenn der Schaden zwar weder durch Vorsatz noch durch Fahrlässigkeit herbeigeführt ist, aber die Billigkeit nach den Umständen, insbesondere nach den Verhältnissen der Beteiligten, eine Schadloshaltung fordert. In gleichem Sinne sprach sich der Abgeordnete Enneccerus aus unter Bezugnahme auf das, was er bei der ersten Beratung des Entwurfs im Plenum des Reichstags über diese Frage ausgeführt hat. 11 Struckmann rechtfertigte die Bestimmung des Entwurfs und trat dem Antrage entgegen, der eine große Unbilligkeit enthalte und zu kaum erträglicher Unsicherheit für die Bewegungsfreiheit des Einzelnen führe. Es handle sich in solchen Fällen um eine Anstandspflicht; sie zu einer Rechtspflicht zu machen, sei nicht möglich ohne gleichzeitige entsprechende Ausgestaltung der sozialpolitischen Versicherungsgesetzgebung. 22. Sitzung vom 14. 4. 1896 Die XII. Kommission des Reichstags nahm in der heute abgehaltenen zweiundzwangigsten Sitzung die am 24. vor. Mts. abgebrochene Beratung des § 813 des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs wieder auf. Der Abgeordnete von Cuny sprach sich gegen den Antrag Gröber (N 2 46 der Drucksachen Ziff. 81) aus, der den Einzelnen dem Zufalle preisgebe, empfahl dagegen seinen Antrag (N 2 65 der Drucksachen Ziff. 1), der viel weniger weit gehe und im wesentlichen dem § 752 des Entwurfs zweiter Lesung entspreche, ohne doch die in diesem liegende große Härte sich anzueignen. Der Kommissar Struckmann legte nochmals die Gründe dar, aus denen den verbündeten Regierungen jede Erweiterung des § 813 unerwünscht sei. Das Prinzip der ökonomischen Ausgleichung sei nicht anwendbar, wo der Einzelne dem Einzelnen gegenübersteht. Äußersten Falles würde dem Antrage von Cuny der Vorzug gegeben werden müssen, weil er alle die Fälle ausscheide, in denen bloßer Zufall und höhere Gewalt die Ursache der Beschädigung waren. In der sehr langen weiteren Diskussion erklärten sich Enneccerus, Bachem, Stadthagen und der Vorsitzende Spahn in erster Reihe für den Antrag Gröber l u . Stadthagen beantragte eventuell, die von Gröber beantragte Bestimmung zu beschränken auf die Beschädigungen an Leben, Gesundheit, Freiheit und Ehre. D r . von Buchka sprach sich im Namen seiner Fraktionsgenossen nicht nur gegen sämtliche Abänderungsanträge, sondern auch gegen den §813 des Entwurfs aus; sie könnten sich mit dem Aufgeben des gemeinrechtlichen Satzes: casum sentit dominus unter keinen Umständen befreunden. Auch der Abgeordnete Marbe verhielt sich unter Hinweisung auf das französische und badische Recht ablehnend gegen die Anträge wie gegen den Entwurf. Die Abstimmung ergab die Ablehnung des Antrags Gröber gegen acht Stimmen, des Antrags Stadthagen gegen drei Stimmen und des Antrags von Cuny mit Stimmengleichheit. Der §813 des Entwurfs wurde sodann mit großer Mehrheit angenommen. Bis zur Beratung des § 813 war seinerzeit (vgl. meinen Bericht vom 25. Februar ds. Js.) die entgiltige Erledigung des Antrags Enneccerus auf Einstellung eines
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den Verhältnissen der Betheiligten, eine Schadloshaltung erfordert und ihm nicht die Mittel entzogen werden, deren er zum standesmäßigen Unterhalte sowie zur Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf." (Bericht der XII. Kom. Aktenstück Nr. 440, 1987) S. Stenograph. Berichte, S. 140
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25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§830
neuen § 246a ( N 2 15 der Drucksachen) vorbehalten worden. 12 Enneccerus beantragte nunmehr, diese Bestimmung als § 813a einzusetzen, sie also auf Deliktsobligationen zu beschränken, und den am 25. Februar beschlossenen § 246 a zu streichen, der als eine auf alle Schuldverhältnisse bezügliche Bestimmung höchst bedenklich sei. Der Abgeordnete von Cuny sprach sich für die Aufrechterhaltung des § 246 a aus, beantragte jedoch, dem Antrage Enneccerus, falls er als § 813 1 angenommen werden sollte, hinzuzusetzen: „Die Bestimmung des § 2 4 6 a findet keine Anwendung." Die Kommission beschloß, die Erledigung der Anträge bis zur zweiten Lesung zu verschieben. Zur Beratung kam hierauf der Antrag Gröber auf Einschaltung eines neuen § 813 a (Ν 2 66 der Drucksachen Ziff. 1). Zu seiner Begründung führte der Antragsteller aus, der Entwurf habe insofern eine Lücke, als er den Fall nicht vorsehe, daß die Schädigung eines Anderen verursacht wird durch die Verletzung eines Gesetzes, das zum Schutze der Allgemeinheit bestimmt ist, denn der § 807 Absatz 2 habe nur die Verletzung von Gesetzen im Auge, die zum Schutze der einzelnen Person gegeben sind. Von seinem Antrage zum § 813 unterscheide sich dieser Antrag dadurch, daß es sich hier nicht bloß um eine Frage der Billigkeit, sondern um eine objektive Verletzung des Rechts handle; nur brauche ein Verschulden nicht auch hinsichtlich des Umfangs des Schadens zu bestehen. Struckmann bestritt, daß der Entwurf die bezeichnete Lücke habe, und trat dem Antrag auch deshalb entgegen, weil es die Schadensersatzpflicht enorm ausdehne. Unter die Bestimmung würde jede Übertretung einer Polizeivorschrift fallen und wegen jedes mittelbar hieraus entstandenen Schadens würde Ersatzpflicht bestehen. Die Bestimmung würde namentlich für die Gewerbetreibenden zu einer außerordentlichen Härte führen. Für den Antrag sprach sich nur der Abgeordnete von Cuny aus unter Hinweis darauf, daß das französische Recht die gleiche Bestimmung habe. Auch der Kommissar D r . Planck trat dem Antrage entgegen, ausführend, daß, wenn man auch den mittelbaren Schaden hätte berücksichtigen wollen, dies bei dem § 807 hätte geschehen müssen. Der Antrag wurde mit sehr großer Mehrheit abgelehnt.
§ 830
Haben Mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht, so ist jeder für den Schaden verantwortlich. Das Gleiche gilt, wenn sich nicht ermitteln läßt, wer von mehreren Betheiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat. Anstifter und Gehülfen stehen Mitthätern gleich. Α. 1. Kommission 1.114. Sitzung vom 11. 9. 1882, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend v. Schmitt
12 S. Band 1 des Schuldrechts bei §§ 2 4 9 - 2 5 2 BGB, S. 107.
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§830
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
IProt 11019
I Zu § 10 des Entwurfes: 1 „Haben Mehrere durch gemeinsames Handeln, sei es als Anstifter, Thäter oder Gehilfen, den Schaden verschuldet, so haften sie als Gesammtschuldner. Dieselbe Haftung tritt ein, wenn der Schaden durch das Zusammentreffen widerrechtlicher Handlungen Mehrerer, welche nicht gemeinsam gehandelt haben, verursacht worden ist und der Antheil des Einzelnen an dem verursachten Schaden sich nicht ermitteln läßt." war beantragt:
Kurlbaum (Nr 127, 5)
1. den zweiten Satz zu fassen: „Das Gleiche gilt, wenn die Verschuldung eines Schadens Mehrere trifft, welche nicht gemeinsam gehandelt haben und der Antheil des Einzelnen an dem verursachten Schaden nicht zu ermitteln ist."
v. Weber (Nr 128, 4)
2. in § 10 statt „Thäter" zu setzen: „Urheber". Der sachliche Inhalt des § 10 blieb unbeanstandet. Der Antrag Nr. 1 bezweckt nur die Verdeutlichung, daß der § 10 auch in dem Falle gelten soll, wenn der Schaden nicht gerade durch das Zusammentreffen in der Art hervorgerufen ist, daß die verschiedenen Handlungen nöthig waren, damit der Schaden entstand, sondern auch in dem Falle, wenn ungewiß geblieben ist, welche Handlung gerade den Schaden verursacht habe. Ob es einer solchen Verdeutlichung, die sachlich gebilligt wurde, bedürfe, soll bei der Redaktion geprüft werden, der auch die Erledigung des nur die Fassung betreffenden Antrags Nr. 2 vorbehalten blieb. Zu § 11 des Entwurfes : „Der Begünstiger und der Hehler haften nur dann und nur insoweit für Schadensersatz, als sie einen Antheil an dem Gewinn empfangen oder durch ihre eigene Handlung einen Schaden verursacht haben." lagen die Anträge vor:
Kurlbaum 1. in § 11 zu bestimmen : (Nr 127, 6) I „Der Begünstiger und der Hehler haften für den Ersatz des durch eine unerI P r o t ! 1020 laubte Handlung verursachten Schadens insoweit, als sie von den Vortheilen der
Handlung etwas für sich erlangt haben oder der Schaden durch ihre eigene Handlung verursacht worden ist. Sie haften mit dem Thäter oder Theilnehmer der widerrechtlichen Handlung als Gesammtschuldner." v. Weber (Nr 129, 1)
2. zu § 11 hinzuzufügen: „Wer außerdem von dem Urheber einer widerrechtlichen Handlung einen Gewinn (eventuell nach dem Antrage unter Nr. 1 Vortheil) aus derselben unentgeltlich empfangen hat, haftet dem Beschädigten, soweit er bereichert ist." Die Mehrheit entschied für die Streichung des §11. Sie erachtete den ersten Satz des § 11 für selbstverständlich und daher für entbehrlich, und anlangend den zweiten Satz die Aufnahme derartiger Bestimmungen an dieser Stelle für nicht sachgemäß, glaubte vielmehr, daß sie zu den Bestimmungen über die condictio sine causa gehören würden und bei der Berathung des hierauf sich beziehenden Abschnitts (Theilentwurf Nr. 10, insbesondere §§ 21, 22) zu prüfen seien. Bei der Debatte war zur Sprache gekommen, daß die Aufnahme des § 11 um so mißlicher sei, als er die Frage anrege, wie die vorher zugesicherte Begünstigung (Strafgesetzbuch § 257 Abs. 2) zu beurtheilen und wie es mit den nicht strafbaren Delikten zu halten sei. Der Antrag zu 2 wurde bis zur Berathung des gedachten Theilentwurfes Nr. 10, insbesondere der §§ 27, 28 daselbst, zurückgezogen. 1 Die Beratungen des $ 9 des Entw. s. bei §§ 831 — 832 BGB.
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25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§830
Zu § 12 des Entwurfes: „Hat Jemand einer widerrechtlichen Handlung oder Unterlassung sich schuldig gemacht, welche mit Nothwendigkeit einen bestimmten schädlichen Erfolg gehabt hätte, wenn solcher nicht durch ein dazwischen getretenes anderes Ereigniß herbeigeführt worden wäre, so haftet derselbe | für denjenigen Schaden, welcher auch ohne dieses Ereigniß in Folge seiner Handlung eingetreten sein würde, und zwar, wenn das Ereigniß in der widerrechtlichen Handlung eines Dritten bestand, als Gesammtschuldner mit diesem." war von zwei Seiten beantragt, den § zu streichen. Die Mehrheit beschloß die Streichung des § 12. Sie war der Meinung, der § 12 entspreche weder den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, noch sei er durch ein praktisches Bedürfniß geboten. Hervorgehoben ward außerdem, die Bestimmung des § 12 scheine mit der des § 16 kaum zu harmoniren. 2 II. — IV. In der RedVorl und der ZustOR lautet die beschlossene Vorschrift als S 156, im KE als § 708 und im E I als § 714: Haben Mehrere durch gemeinsames Handeln, sei es als Anstifter, Thäter oder Gehülfen einen Schaden verschuldet, so haften sie als Gesammtschuldner. Gleiches gilt, wenn im Falle eines von Mehreren verschuldeten Schadens von den Mehreren nicht gemeinsam gehandelt, der Antheil des Einzelnen an dem Schaden aber nicht zu ermitteln ist.
|Proti 1021
Planck (Nr 123, 5) Windscheid (Nr 125)
RedVorl/ ZustOR § 156 KE S 7 0 8 ^ ' S714
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Anträge lagen nicht vor. II. 84. Sitzung vom 13. 9. 1892 I VIII. Gegen Satz 1 des § 714 wurde nichts erinnert. Zu Satz 2 wurde beschlos- |Prot-RJA 549 sen, die Fassung des Entw. zu erweitern, um auch solche Fälle zu treffen, in denen der eingetretene rechtswidrige Erfolg nicht durch das Zusammenwirken der von den Einzelnen ausgehenden Thätigkeit, sondern nur durch die Handlung eines der Betheiligten herbeigeführt sei, der Urheber dieser Handlung aber nicht ermittelt werden könne. Ob der Entw. auch diese Fälle mitumfassen wolle, lasse sich wenigstens nach dem Wortlaut des Satz 2, nach dem es sich um einen von Mehreren verschuldeten Schaden handelt, bezweifeln. Dem Satz 2 wurde folgende Fassung gegeben : Das Gleiche gilt, wenn Mehrere nicht gemeinsam gehandelt haben und sich nicht ermitteln läßt, wessen Handlung den Schaden zugefügt hat.
C. 2. Kommission I. Zu § 714, dessen erster Satz einem Widersprüche nicht begegnete, war bean- Struckmann tragt, den zweiten Satz zu fassen (Prot. II, Bd. 2, S. 606; Mugdan, Bd. 2, S. 1095) : (Nr 244,13) 2
Es folgen die Beratungen zu § 13 des Entw., s. diese bei § 254 BGB; zu 14, 15 und 18 des Entw. s. bei §§ 2 4 9 - 2 5 2 BGB, zu § 16 des Entw. bei § 848 BGB, zu S 17 des Entw. bei § 850 BGB. 931
§§ 831 - 832
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Das Gleiche gilt, wenn Mehrere nicht gemeinschaftlich gehandelt haben und sich nicht ermitteln läßt, wessen Handlung den Schaden verursacht hat. Der Antrag wurde angenommen; die Fassung blieb der Prüfung durch die Red.Komm, vorbehalten. II. In der VorlZust lautet die beschlossene Vorschrift: E I-VorlZust Haben Mehrere durch gemeinsames Handeln, sei es als Anstifter, Thäter oder §714 Gehülfen, einen Schaden verschuldet, so haften sie als Gesammtschuldner. Das Gleiche gilt, falls Mehrere, wenn auch nicht gemeinsam, gehandelt haben und der Schaden durch einen von ihnen verschuldet ist, sich aber nicht ermitteln läßt, durch wessen Handlung der Schaden verursacht ist. III. In der ZustRedKom lautet die Vorschrift als § 709 b 3 : E I-ZustRedKom Haben Mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung § 709 b einen Schaden verursacht, so haften sie als Gesammtschuldner. Anstifter und Gehülfen stehen Mitthätern gleich. Läßt sich nicht ermitteln, wer von mehreren Betheiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat, so ist jeder für den Schaden verantwortlich;·sie haften als Gesammtschuldner.
E II § 753
IV. Im E II lautet § 753 4 : Haben Mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht, so ist jeder für den Schaden verantwortlich. Das Gleiche gilt, wenn sich nicht ermitteln läßt, wer von mehreren Betheiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat. Anstifter und Gehülfen stehen Mitthätern gleich. Damit liegt die in § 830 BGB (E II rev § 815, E III § 814) Gesetz gewordene Fassung vor.
§831
Wer einen Anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersätze des Schadens verpflichtet, den der Andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Abs. 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.
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S 709a s. bei §§ 8 2 7 - 829 BGB, § 709c bei §§ 731, 732 BGB. * s 754 E II s. bei §§ 831, 832 BGB.
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25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§§ 831-832
§832 Wer kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht über eine Person verpflichtet ist, die wegen Minderjährigkeit oder wegen ihres geistigen oder körperlichen Zustandes der Beaufsichtigung bedarf, ist zum Ersätze des Schadens verpflichtet, den diese Person einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn er seiner Aufsichtspflicht genügt oder wenn der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden sein würde. Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher die Führung der Aufsicht durch Vertrag übernimmt.1
A. 1. Kommission I. 112. Sitzung vom 6. 9. 1892, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend v. Schmitt I Zu § 9 des Entwurfes :2 | Prot 11008 „Wer rechtlich verpflichtet ist, die Aufsicht über einen Andern zu führen, haftet für den durch eine unerlaubte Handlung des Letzteren verursachten Schaden, wenn durch eine pflichtmäßige Führung der Aufsicht die Handlung hätte verhindert werden können und der Aufsichtspflichtige den Mangel einer diesfälligen Verschuldung nicht darzuthun vermag. Nach Maßgabe dessen haften insbesondere der Vater und nach dessen Wegfall die Mutter, die Pflegeeltern und der Vormund für ihre minderjährigen Kinder, Pflegekinder und Mündel, wenn und solange diese sich in derselben häuslichen Gemeinschaft mit ihnen befinden und ihrer Aufsicht unterstehen, ferner Diejenigen, welchen die Aufsicht und Ueberwachung Geisteskranker anvertraut ist, für Letztere, während dieselben sich in ihrer Aufsicht befinden, die Handwerksmeister für die bei ihnen wohnenden Lehrlinge, wo sie in ihrer Aufsicht sind, die Lehrer für die Schüler während der | Schulzeit, der Hausherr und der Geschäftsführer für seine |Proti 1009 Dienstboten, Angestellten und Arbeiter in Ausübung ihrer geschäftlichen Verrichtungen. Ist neben dem zur Aufsicht Verpflichteten auch der Thäter für den von ihm verursachten Schaden verantwortlich, so haften beide als Gesammtschuldner und ist der erstere, wenn er den Schadensersatz geleistet hat, den vollen Wiederersatz des Geleisteten von dem Thäter zu fordern berechtigt." war beantragt: 1. a, den ersten Absatz zu fassen : Planck „Wer kraft Gesetzes verpflichtet ist u.s.w." (wie im Entwürfe); (Nr 123,4) b, an Stelle des zweiten Absatzes folgende Bestimmungen zu setzen: „Nach Maßgabe dieser Bestimmung haften insbesondere die Eltern, der Vormund und der Pfleger für ihre minderjährigen Kinder und Mündel, wenn und soweit eine Verpflichtung zur Aufsicht aus ihrer Verpflichtung zur Sorge für die Person der Kinder bezw. Mündel folgt, ferner Lehrherrn für die zu ihrer Hausgenossenschaft gehörenden Lehrlinge, soweit dieselben nach gesetzlicher Bestimmung 1
Die im Folgenden mitgeteilten Materialien umfassen diejenigen zu § 840 Abs. 2 BGB. 2 Die Beratungen zu § 8 des Entw. s. bei §§ 827 - 829 BGB. 933
§ § 831 —832
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
der väterlichen Zucht des Lehrherrn unterworfen sind und hieraus eine Verpflichtung zur Aufsicht folgt. Nach Maßgabe des ersten Absatzes haften ferner diejenigen, welchen die Aufsicht über einen Andern von den gesetzlich hierzu Verpflichteten in zulässiger Weise übertragen worden ist, insbesondere diejenigen, welchen in solcher Art die Aufsicht über Geisteskranke oder Minderjährige anvertraut ist." c, die Bestimmung über die Haftung der Hausherrn und Geschäftsherrn für ihre Angestellten, Dienstboten und Arbeiter zu streichen, eventuell dahin zu fassen : IProti 1010 I „Eine gesetzliche Verpflichtung zur Aufsicht liegt auch dem Hausherrn und Geschäftsherrn in Beziehung auf seine Angestellten, Dienstboten und Arbeiter bei der Ausübung ihrer geschäftlichen Verrichtungen insoweit ob, als eine solche Aufsicht von einem vorsichtigen Manne geführt zu werden pflegt." d, den letzten Absatz dahin zu fassen: „Ist neben dem zur Aufsicht Verpflichteten auch der Thäter für den von ihm verursachten Schaden verantwortlich, so haften beide als Gesammtschuldner; doch ist der erstere, wenn er den Schadensersatz geleistet hat, vorbehaltlich der Bestimmung in § 28 der Zusammenstellung der Beschlüsse des Obligationenrechts, den vollen Ersatz des Geleisteten von dem Thäter zu fordern berechtigt." Kurlbaum (Nr 127, 2)
2. den ersten Absatz zu fassen: „Wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Aufsicht über einen Andern zu führen und diese Aufsicht vernachlässigt, haftet für den Schaden, welcher von dem der Aufsicht Unterworfenen widerrechtlich verursacht ist und durch pflichtmäßige Führung der Aufsicht hätte verhindert werden können." den zweiten Absatz zu streichen und folgende neue Absätze einzuschalten: „In gleicher Weise haften diejenigen, welche die Aufsicht über einen Andern in Folge einer Uebertragung von Seiten des gesetzlich Verpflichteten übernommen haben. Wer zur Verrichtung einer Handlung aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit eine ungeeignete Person bestellt oder die bestellte Person zu beaufsichtigen vernachlässigt, haftet für den Schaden, welcher von dieser Person bei Verrichtung der Handlung einem Anderen widerrechtlich verursacht worden ist, und durch Bestellung einer geeigneten Person oder gehörige Aufsicht hätte vermieden werden können." I Prot 11011 I den dritten Absatz zu fassen : „Ist neben den nach den Vorschriften Absatz 1 bis 3 Verpflichteten pp." (wie im Antrage zu 1. unter d). v. Weber 3. in dem ersten Absätze die Worte: „und der Aufsichtspflichtige den Mangel (Nr 128, 3) einer diesfälligen Verschuldung nicht darzuthun vermag" zu streichen, und in Absatz 3 statt „Thäter" zu setzen: „Handelnde" und bezw. „Handelnden". Derscheid 4. im ersten Absätze die Worte: „wenn durch eine pflichtmäßige Führung der (Nr 126) Aufsicht die Handlung hätte verhindert werden können, und der Aufsichtspflichtige den Mangel einer diesfälligen Verschuldung nicht darzuthun vermag" zu streichen, und als dritten Absatz folgende Vorschrift einzuschalten : „Der Aufsichtspflichtige kann sich von der Verantwortlichkeit durch den Nachweis befreien, daß er die Aufsicht pflichtmäßig geführt habe oder daß auch bei pflichtmäßiger Führung der Aufsicht die Handlung nicht hätte verhindert werden können. Diese Bestimmung findet keine Anwendung auf Hausherrn und Geschäftsherrn, wenn denselben wegen Auswahl ungeeigneter Dienstboten, Angestellten oder Arbeiter eine Schuld an der unerlaubten Handlung zur Last fällt." Zunächst wurde der erste Absatz des § 9 zur Berathung gebracht. 934
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§§831-832
Als den Schwerpunkt des ersten Absatzes erkannte man allerdings an, daß er in positiver Weise zu bestimmen bezwecke, durch Verletzung der gesetzlichen Aufsichtspflicht werde nicht bloß eine obligatorische Verbindlichkeit versäumt, die gegenüber dem der Aufsicht Unterworfenen bestehe, sondern eine die Verantwortung gegen jeden Dritten nach sich ziehende unerlaubte Handlung oder ein Delikt begangen. Die Angemessenheit einer solchen Vorschrift blieb unbeanstandet. I Verschiedene Ansichten bestanden aber darüber, ob und welche Bestimmungen | Prot 11012 in Ansehung der Beweislast aufzunehmen seien. Zunächst fand die Ansicht keinen Anklang, es genüge die Vorschrift, welche die Verletzung der Aufsichtspflicht für eine, die Verantwortung gegen jeden Dritten begründende unerlaubte Handlung erkläre. Die Mehrheit erachtete eine solche Vorschrift für zu doktrinär und für nicht geeignet, dem praktischen Bedürfnisse zu genügen. Im Uebrigen standen sich folgende Meinungen gegenüber: 1. Der Beschädigte habe nur den Nachweis zu führen, daß er durch eine objektiv widerrechtliche Handlung des der Aufsicht Unterworfenen beschädigt sei, während der Aufsichtspflichtige den Gegenbeweis zu führen habe, daß von ihm die Aufsichtspflicht erfüllt sei oder daß auch bei vollständiger Erfüllung derselben der Schaden entstanden sein würde (zu vgl. Antrag N 2 4). 2. Der Beschädigte habe außerdem noch zu beweisen, daß die Aufsicht nicht geführt sei, während dem Aufsichtspflichtigen der Gegenbeweis gestattet bleibe, daß auch bei Führung der Aufsicht der Schaden entstanden wäre. 3. Der Beschädigte habe außerdem noch zu beweisen, nicht allein, daß die Aufsicht nicht geführt sei, sondern auch, daß bei Führung derselben der Schaden nicht entstanden wäre (zu vgl. Antrag Nr. 2). 4. Der Beschädigte habe außerdem nur zu beweisen, daß die Aufsicht nicht geführt sei, während dem Aufsichtspflichtigen der Gegenbeweis nachgelassen sei, daß der Schaden auch bei Führung der Aufsicht entstanden wäre. Durch Mehrheitsbeschluß wurde in getrennter Abstimmung entschieden, der Beschädigte habe außerdem zu beweisen : I 1. die Nichtführung der Aufsicht, und
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2. daß bei Führung derselben der Schaden nicht entstanden sein würde. Somit ist der Vorschlag in dem Antrag N2 2, soweit er den Absatz 1 betrifft, der inhaltlich den vorstehenden Beschlüssen entspricht, angenommen. Die Mehrheit ging davon aus: Sei die Nichtführung der Aufsicht ein gegen jeden Dritten zu vertretendes Delikt, so entspreche es den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, dem Beschädigten beide Beweise aufzuerlegen, den zu Ν 2 1, weil in der Nichtführung der Aufsicht das Delikt bestehe, den zu N 2 2, weil es sich dabei um den Kausalzusammenhang zwischen Schaden und Delikt handele; — ein Grund aber, von jenen allgemeinen Grundsätzen abzuweichen, sei nicht anzuerkennen. Die Fassung des Entwurfs gab noch zu einer anderen Erörterung Anlaß. Bemerkt wurde: Die Schlußbestimmung: „und der Aufsichtspflichtige den Mangel einer diesfälligen Verschuldung nicht darzuthun vermag" scheine sich auf den Fall zu beziehen, wenn die Nichtführung der Aufsicht feststehe, der Aufsichtspflichtige aber geltend mache, die Nichtführung gereiche ihm nicht zum Verschulden, für welchen Fall der Aufsichtspflichtige die Schuldfreiheit nachzuweisen habe, — die Bestimmung möge richtig sein, deren Aufnahme erscheine aber nach Streichung des zweiten Absatzes des § 1 nicht zulässig. 935
§§831-832
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Nach den Anträgen unter Ν 2 1 und 2 soll das im Eingange des ersten Absatzes befindliche Wort: „rechtlich" ersetzt werden durch: „kraft Gesetzes". Der Grund der vorgeschlagenen Aenderung ist, zum klaren Ausdruck zu bringen, daß die Vorschrift nur auf die Fälle der gesetzlichen Aufsichtspflicht sich beziehe. Dieser Grund wurde für zutreffend erachtet und jene Aenderung daher gebilligt, zugleich aber, in I Prot 11014 Gemäßheit der Anträge N2 1 und 12, nachdem der Antrag zu 1 zu Gunsten des Antrags zu 2 zurückgezogen war, zu bestimmen beschlossen : „In gleicher Art haften Diejenigen, welche in Folge Uebertragung von Seiten des durch das Gesetz Verpflichteten die Aufsicht übernommen haben." Man hielt die Ergänzung zur Erreichung des Zwecks des Gesetzes für unerläßlich. 114. Sitzung vom 11.9. 1882, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend v. Schmitt I Prot 11015 I Die Berathung des Theilentwurfes des Obligationenrechts (Nr. 15): „Unerlaubte Handlungen" wurde fortgesetzt. Zunächst kam zur Sprache, ob im Gesetzbuche der Ausdruck „Handlung" dann zu vermeiden sei, wenn das objektiv rechtswidrige Thun oder Unterlassen einer unzurechnungsfähigen Person in Frage stehe (zu vgl. Dresdener Entwurf Art. 213 — 216). Für die Zulässigkeit, den Ausdruck zu gebrauchen, wurde geltend gemacht, einmal der Sprachgebrauch des Strafgesetzbuchs (§§ 51 und ff.), sodann der Umstand, daß das Gesetzbuch, abweichend von dem Dresdener Entwürfe, von Handlungsfähigkeit oder Handlungsunfähigkeit nicht reden werde (Protokolle S. 62). Man überwies jedoch die Erledigung der Frage als in das Gebiet der Redaktion fallend der letzteren. Kein Widerspruch erhob sich gegen die Auffassung, der entmündigte Geisteskranke sei, wenn ein sogenannter lichter Zwischenraum bei ihm vorkomme oder, wenn er genesen, aber die Entmündigung noch nicht aufgehoben sei, als deliktsfähig anzusehen, weil die Bestimmung des Beschlusses vom 26. Oktober v. Js. (vgl. Zusammenstellung der Beschlüsse zum Allgemeinen Theil § 41, Protokolle S. 60 ff.) 3 nur auf die Geschäftsfähigkeit sich beziehe. I Prot 11016 I Die Berathung des zweiten Absatzes des § 9 wurde fortgesetzt. Man beschloß zunächst, den Fall, wenn ein Geschäftsherr allgemein oder besonders Auftrag zur Verrichtung einer oder mehrerer Handlungen ertheilt hat, zur nachträglichen besonderen Erledigung auszusondern. Anlangend die übrig bleibenden Fälle, so entschied die Mehrheit für die Streichung des zweiten Absatzes. Erwogen war: Es sei hier nicht der Ort, die gesetzliche Aufsichtspflicht der Eltern gegenüber den Kindern, der Vormünder und Pfleger gegenüber den Mündeln und Pfleglingen, der Handwerksmeister gegenüber den Lehrlingen, der Lehrer gegenüber den Schülern, der Dienstherrn gegenüber dem Gesinde zu normiren. Die Normirung müsse dem Familienrechte, dem Gewerberechte, dem Schulrechte, u.s.w. vorbehalten werden. Hierfür lasse sich insbesondere geltend machen, daß die Aufsichtspflicht für die einzelnen Verhältnisse sich zu abweichend gestalte, um in Ansehung ihres Umfanges eine allgemeine Regelung zuzulassen. Die Aufsichtspflicht der Behüter von Geisteskranken sei endlich durch den in der vorigen Sitzung zum ersten Absätze des § 9 gefaßten Beschluß (vgl. Protokolle S. 1014) genügend gedeckt. Es wurde zur Berathung des vorbehaltenen Falles, wenn für einen Geschäftsherrn eine aufgetragene Handlung verrichtet wird, übergegangen. Auf ihn beziehen 3 S. bei SS 104, 105 BGB. 936
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§§ 831-832
sich die in dem Protokolle über die vorige Sitzung unter N 2 2 letzter Absatz zum zweiten Absätze (Protokolle S. 1010), unter Nr. I e (Protokolle S. 1010) und unter Nr. 4 letzter Satz (Protokolle S. 1011) mitgetheilten Anträge. Endlich wurde beantragt, zu bestimmen : „Der Auftraggeber haftet für die unerlaubten Handlungen des Beauftragten, Windscheid wenn ihm eine Verschuldung bei der Auswahl oder in Betreff der ihm im gegebenen Falle obliegenden Aufsichtspflicht zur Last fällt." I Die Erledigung des Falls gab zu einer ausführlichen Diskussion Anlaß. Das bei |Proti 1017 der letzteren angeregte Prinzip: wer zur Verrichtung einer (Rechtshandlung oder nur thatsächlichen) Handlung Auftrag ertheilt hat, haftet für die Delikte, welche der Beauftragte, wenn auch nicht bei Gelegenheit, doch in Vollziehung des Auftrags begeht, fand keinen Anklang. Man war der Ansicht, der Auftraggeber könne, abgesehen von dem besonders und nachträglich zu würdigenden Falle der Bestellung einer ungeeigneten Person für die in Ausrichtung des Auftrags begangenen Delikte nur insoweit haften, als er bei der Aufsichtsführung gefehlt habe. Dagegen erhoben sich Zweifel, wie diese Aufsichtspflicht nach Maß und Umfang zu bestimmen sei. Man war einverstanden, daß in der vorstehenden Beziehung eine allgemeine Regel sich nicht aufstellen lasse. Die Mehrheit erkannte hierin aber keinen Grund, von der Erledigung des wichtigen Falles ganz abzusehen. Sie glaubte, daß es genüge, einmal die Aufsichtspflicht auszusprechen und sodann deren Maß und Umfang nach Anleitung des im vorigen Protokolle unter Nr. 1e (S. 1010) mitgetheilten Antrages dahin zu bestimmen, daß in Ermangelung einer besonderen Rechtsnorm die Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters zu prästiren sei. Demzufolge wurde beschlossen: 1. Wer zur Verrichtung einer Handlung einen Andern bestellt, ist nach Maßgabe der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters zur Beaufsichtigung des letzteren verpflichtet. 2. Auch Maß und Umfang dieser Verpflichtung bestimmen sich in Ermangelung einer besonderen gesetzlichen Bestimmung nach der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters. 3. In Ansehung der Erfüllung der gedachten Verpflichtung gelten die zum ersten Absätze beschlossenen Vorschriften. Zu Nr. 1 blieb jedoch der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten, ob nicht klar zu stellen sei, daß auch die Fälle gemeint seien, in welchen der Auftrag nicht auf eine ein- | zelne Handlung, sondern auf eine Mehrheit von Handlungen gerichtet | Prot 11018 ist. Zu Nr. 3 wurde fraglich, ob der Auftraggeber im Falle der Nichterfüllung der Beaufsichtigungspflicht für die „bei" oder für die „in" Verrichtung der Handlung begangenen Delikte hafte. Die Mehrheit war der Ansicht, zwischen beiden Ausdrücken bestehe kaum ein Unterschied, vorzuziehen sei jedoch der Ausdruck „in pp.", weil der Ausdruck „bei pp." einer Mißdeutung fähig sei, indem er ohne jede Beschränkung auf „bei Gelegenheit" hinzuweisen scheine, demgemäß Fälle hineingezogen werden könnten, in welchen die Haftung des Auftraggebers in hohem Maße unbillig werde. Sodann wurde nach Anleitung des Antrages Nr. 2 (Protokolle S. 1010) ohne Widerspruch beschlossen, daß der Auftraggeber eine geeignete Person auszuwählen verpflichtet sei und diese Verpflichtung denselben Regeln folge, wie die Beaufsichtigungspflicht. Der Antrag Nr. 4 (Protokolle S. 1011), soweit er noch ein Mehreres vorzuschlagen scheint, war zurückgezogen. 937
§§831-832
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Im Uebrigen galten der Entwurf und die dazu gestellten Anträge, als durch die gefaßten Beschlüsse erledigt. Zum dritten Absätze: Gegen den dritten Absatz wurde erinnert: Es verdiene den Vorzug, den Aufsichtspflichtigen nur in subsidium haften zu lassen. Die Mehrheit erachtete jedoch die Erinnerung deshalb für unbegründet, weil die nur subsidiarische Haftung die Rechtsstellung des Beschädigten ungebührlich zu benachtheiligen drohe. Der Erweiterungsantrag, der im Protokolle vom 8. September d. Js. unter Nr. 2 (S. 1011) mitgetheilt ist, blieb unbeanstandet, der unter l d (S. 1010) ebenda mitgetheilte Antrag wurde sachlich gebilligt und der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten, ob es nöthig sei, die durch den Antrag bezweckte Verdeutlichung aufzunehmen. Der Antrag Nr. 3 ebenda (S. 1011) soll als nur redaktioneller Natur gleichfalls bei der Redaktion seine Erledigung finden. II. In der RedVorl und der ZustOR lauten die beschlossenen Vorschriften: Wird von demjenigen, welcher über einen Andern kraft Gesetzes die Aufsicht zu führen verpflichtet ist, diese Verpflichtung nicht erfüllt, so ist derselbe für den von dem Anderen einem Dritten zugefügten Schaden insofern verantwortlich, als dieser vermieden sein würde, wenn die Aufsicht nach Vorschrift des Gesetzes geführt worden wäre. Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher die Führung der Aufsicht für den durch das Gesetz Verpflichteten übernommen hat.4 RedVorl § 153 Wer einen Andern mit der Ausführung einer oder mehrerer Handlungen beauftragt (zur Verrichtung einer oder mehrerer Handlungen bestellt), ist denselben zu beaufsichtigen verpflichtet, wenn und soweit es die Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters erfordert. Wird diese Verpflichtung nicht erfüllt, so haftet der Auftraggeber nach Maßgabe des ersten Absatzes des § 152 für den Schaden, welcher von dem Beauftragten durch eine in Ausführung des Auftrags begangene unerlaubte Handlung einem Dritten zugefügt ist. RedVorl § 154 Bei der Ertheilung des Auftrags zur Ausführung einer oder mehrerer Handlungen ist der Auftraggeber eine geeignete Person auszuwählen verpflichtet. Wird diese Verpflichtung nicht erfüllt, so findet § 153 Abs. 2 entsprechende Anwendung.5 ZustOR S 152 Derjenige, welcher kraft Gesetzes über einen Anderen die Aufsicht zu führen verpflichtet ist, haftet für den von dem Anderen einem Dritten widerrechtlich zugefügten Schaden, wenn er seine Aufsichtspflicht verletzt hat und bei Erfüllung derselben der Schaden nicht entstanden sein würde. Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher die Führung der Aufsicht für den durch das Gesetz Verpflichteten übernommen hat. RedVorl § 152
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Dazu ist angemerkt: 1. Es wird nicht nöthig sein, bei „zugefügten" hinzuzusetzen: „widerrechtlich" oder „widerrechtliche Handlung". Der Zusatz ist selbstverständlich, aber auch bedenklich, weil weiter beizufügen wäre: „objektiv" widerrechtlich wegen der Möglichkeit, daß der Thäter unzurechnungsfähig ist, also im juristischen Sinne nicht handeln kann. 2. Von großem Belange ist, daß die Aufsichtspflicht von dem Gesetze für die verschiedenen Fälle sehr abweichend normirt ist. Dazu ist angemerkt: Der Fall gehört nicht in den Rahmen des § 152, muß daher besonders geregelt werden.
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25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§§831-832
Wer einen Anderen zur Verrichtung einer oder mehrerer Handlungen bestellt, ist denselben zu beaufsichtigen verpflichtet, wenn und soweit es die Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters erfordert. Wird diese Pflicht verletzt, so haftet der Aufsichtspflichtige nach Maßgabe des ersten Absatzes des § 152 für den Schaden, welchen die bestellte Person durch eine in Ausführung ihrer Verrichtungen begangene unerlaubte Handlung einem Dritten zugefügt hat. Wer einen Anderen zur Verrichtung einer oder mehrerer Handlungen bestellt, ist eine hierzu geeignete Person auszuwählen verpflichtet. Wird diese Pflicht verletzt, so findet § 153 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Ist neben demjenigen, welcher nach den Bestimmungen der §§ 152, 153, 154 für den von einem Anderen angestifteten Schaden verantwortlich ist, auch dieser Andere für den Schaden verantwortlich, so haften Beide als Gesammtschuldner; der erstere ist jedoch, wenn er Schadensersatz geleistet hat, von dem Anderen unbeschadet der Bestimmung § 28, den vollen Ersatz des Geleisteten zu fordern berechtigt. Bei Beratung der Anträge, welche gestellt waren in Betreff der Drucklegung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse wurde auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 IV) statt: „angerichteten Schaden" gesetzt: „zugefügten Schaden" (Prot. I 3556, 3560).
ZustOR § 153
ZustOR § 154
RedVorl/ ZustOR § 155
III. Im KE sind die Vorschriften in §§ 704, 705, 706 und 707 enthalten, wobei § 707 dem vorstehenden Beschluß gemäß lautet. Bei Beratung des TE-Familienrechts war | im Anschlüsse an den Antrag 2 b zu | Prot I 8275 § 5046 von dem Urheber des Antrags zugleich beantragt, den § 707 | KE vom Semi- | Prot I 8276 kolon an zu fassen : „im Verhältnisse beider zu einander gilt der Andere, welcher den Schaden zugefügt hat, als allein verpflichtet, es sei denn, daß der Mitverpflichtete vorsätzlich gehandelt hat." Die Kommission billigte diese Änderung unter Weglassung der Schlußworte „es sei denn . . D i e Gründe dieser Billigung ergeben sich aus den zu § 504 unter III b c vorstehend mitgeteilten Erwägungen. Bei der Revision der sachlich beschlossenen Bestimmungen des Familienrechts wurde in § 707 antragsgemäß nach dem Semikolon das Wort „beider" ersetzt durch „Beider" (Prot. I 9778). Bei der 2. Beratung des KE wurde gemäß einem gestellten Antrag beschlossen, § 704 (ZustOR § 152) zu f a s s e n : . . . haftet für den Ersatz des von dem Anderen einem Dritten widerrechtlich zugefügten Schadens, . . ., § 705 Abs. 2 (ZustOR § 153 Abs. 2) : . . . so haftet der Aufsichtspflichtige nach Maßgabe des § 710 Abs. 1 für den Ersatz des Schadens,... (Prot. 111714-11718) 6 a . IV. Im E I lauten die §§ 7 1 0 - 7 1 3 : Derjenige, welcher kraft des Gesetzes über einen Anderen die Aufsicht zu füh- EI § 710 ren verpflichtet ist, haftet für den Ersatz des von dem Anderen einem Dritten widerrechtlich zugefügten Schadens, wenn er seine Aufsichtspflicht verletzt hat und bei Erfüllung derselben der Schaden nicht entstanden sein würde. Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher die Führung der Aufsicht für den durch das Gesetz Verpflichteten übernommen hat. 6
S. bei § 1833 BGB; es handelt sich um den Antrag Nr. 290, 1 b von Kurlbaum. S. Antrag und Beschluß vollständig bei §§ 677-681 N. 10. 939
§§ 8 3 1 - 8 3 2
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
EI § 711
Wer einen Anderen zur Verrichtung einer oder mehrerer Handlungen bestellt, ist denselben zu beaufsichtigen verpflichtet, wenn und soweit es die Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters erfordert. Wird diese Pflicht verletzt, so haftet der Aufsichtspflichtige nach Maßgabe des § 710 Abs. 1 für den Ersatz des Schadens, welchen die bestellte Person durch eine in Ausführung ihrer Verrichtungen begangene unerlaubte Handlung einem Dritten zugefügt hat. EI § 712 Wer einen Anderen zur Verrichtung einer oder mehrerer Handlungen bestellt, ist eine hierzu geeignete Person auszuwählen verpflichtet. Wird diese Pflicht verletzt, so findet die Vorschrift des § 711 Abs. 2 entsprechende Anwendung. E I § 713 Ist neben demjenigen, welcher nach den Vorschriften der §§ 710 bis 712 für den von einem Anderen zugefügten Schaden verantwortlich ist, auch dieser Andere für den Schaden verantwortlich, so haften Beide als Gesammtschuldner; im Verhältnisse Beider zu einander gilt jedoch, unbeschadet der Vorschrift des § 338, der Andere, welcher den Schaden zugefügt hat, als allein verpflichtet.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Anträge waren nicht gestellt. II. 84. Sitzung vom 13. 9. 1892 I Prot-RJA 544
| IV. Zu § 710 Abs. 1 erachtete es die Kommission für angemessen, die im Entw. getroffene Regelung der Beweislast umzukehren und von dem Aufsichtspflichtigen, der besser wie der Beschädiger im Stande sei, die Gründe seines Verhaltens darzulegen, den Beweis darüber zu erfordern, daß er seiner Aufsichtspflicht genügt habe. Dem Entw. gegenüber hielt man ferner eine Verdeutlichung in der Richtung für nothwendig, daß der Aufsichtspflichtige dem Beschädigten nur dann hafte, wenn er das nach dem Inhalte der Aufsichtspflicht gegenüber dem zu Beaufsichtigenden ihm obliegende Maß von Sorgfalt nicht angewendet habe. Soweit daher der Aufsichtspflichtige nur für sog. diligentia quam in suis dem zu Beaufsichtigenden gegenüber verantwortlich sei, hafte er auch Dritten gegenüber nur für die Anwendung dieses Maßes von Sorgfalt. Von einer Seite wurde noch bemerkt, die Vorschrift des S 710 greife wenigstens dem Wortlaut nach zu weit, indem sie alle Fälle einer gesetzlichen Aufsichtspflicht umfasse, während sie nur für solche Fälle gerechtfertigt sei, in denen die Aufsichtspflicht, wie die der Eltern und Vormünder, ihren Grund in dem besonderen geistigen oder körperlichen Zustande der zu Beaufsichtigenden habe. Es seien deshalb an Stelle der allgemeinen Vorschrift die in Betracht kommenden Fälle zu konkretisiren. Soweit aus anderen Gründen eine gesetzliche Aufsichtspflicht bestehe, beispielsweise im Verhältniß zwischen dem oberen und seinen Untergebenen, könne I Prot-RJA 545 dem Auf- | sichtspflichtigen nicht zugemutet werden, Dritte vor Beschädigungen seitens der von ihm Beaufsichtigten zu bewahren. Der Anregung, die im § 710 bestimmte Verantwortlichkeit auch demjenigen aufzuerlegen, welcher zwar die Fürsorge über eine der Aufsicht bedürftige Person übernommen habe aber nicht für einen kraft Gesetzes Aufsichtspflichtigen, wurde nicht stattgegeben, da man nicht berechtigt sei, in einem solchen Falle die Verletzung der übernommenen Aufsicht als eine unerlaubte Handlung zu behandeln, welche für Dritte einen Anspruch auf Schadensersatz begründe. 940
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§§831-832
Gegen den Abs. 2 des § 710 wurde nichts erinnert. Der § 710 erhielt danach folgende Fassung: Wer kraft des Gesetzes zur Führung der Aufsicht über eine Person verpflichtet ist, die wegen Minderjährigkeit oder wegen ihres geistigen oder körperlichen Zustandes der Beaufsichtigung bedarf, oder diese Aufsicht über eine solche Person für den kraft des Gesetzes Verpflichteten übernommen hat, haftet für den Ersatz des von dem zu Beaufsichtigenden einem Dritten widerrechtlich zugefügten Schadens. Die Haftung tritt nicht ein, wenn er bei Beaufsichtigung das nach dem Inhalt der Aufsichtspflicht ihm obliegende Maß von Sorgfalt beobachtet hatte oder wenn auch bei Anwendung dieser Sorgfalt der Schaden entstanden sein würde. V. Mit dem Inhalte der §§ 711, 712 erklärte sich die Kommission bis auf die Vertheilung der Beweislast, die man auch hier umzukehren beschloß, sachlich einverstanden. Insbesondere wurde gegenüber einem in der Kritik mehrfach geäußerten Wunsche hervorgehoben, daß es nicht gerechtfertigt sei, nach dem Vorgange des Art. 1384 des Code civil und der diesem folgenden Rechte eine unbedingte Haftung I des Bestellers aus den unerlaubten Handlungen der von ihm Beauftragten eintreten | Prot-RJA 546 zu lassen. Mehr als die Anwendung einer ordentlichen Sorgfalt bei der Auswahl seiner Gehülfen, sowie, wenn er die Leitung selbst in die Hände nehme, bei ihrer Beaufsichtigung könne man von dem Besteller nicht verlangen. Die weitergehende Haftung, wie sie dem § 2 des Reichshaftpflichtgesetzes zu Grunde liege, eigene sich nicht für den bürgerlichen Verkehr, sie habe ihre Rechtfertigung in der Eigenart der vom Gesetze besonders bezeichneten Betriebe. Wo es erforderlich erscheine, müsse es auch in Zukunft der Spezialgesetzgebung überlassen bleiben, in einzelnen Fällen das Prinzip der § § 7 1 1 , 7 1 2 durch Ausnahmen zu durchbrechen. Auf die Analogie der Haftung juristischer Personen dürfe man sich nicht berufen. Denn einmal handele bei ihnen der Vorstand nicht als Vertreter sondern als Organ der Vereinigung, sodann aber bestehe der wirtschaftliche Unterschied zwischen den juristischen Personen und den Privatunternehmen, daß bei den ersteren zumeist nur von vornherein kaptialkräftige Assoziationen in Frage kämen. Hinsichtlich der Haftpflicht des Bestellers, wie dies von einer Seite vorgeschlagen sei, in der Art zu unterscheiden, daß derjenige, welcher einen Anderen zum Vertreter bestellt habe, für unbedingt haftbar erklärt werde, während es in anderen Fällen bei der beschränkten Haftung nach den § § 7 1 1 , 7 1 2 sein Bewenden haben solle, empfehle sich, abgesehen von den bereits angeführten Gründen, auch deshalb nicht, weil es erhebliche praktische Schwierigkeiten bereiten werde, die Vertretung von den anderen Verhältnissen zu sondern. Für die Fassung erschien es im Anschluß an den von der Hauptkommission neu beschlossenen § 562 a (RedVorl) 7 angezeigt, darauf hinzuweisen, daß die Aufsichtspflicht des Bestellers nur auf solche Verrichtungen sich beziehe, | die unter seiner | Prot-RJA 547 Leitung von dem Beauftragten ausgeführt werden. Endlich wurde noch beschlossen, eine dem §710 Abs. 2 entsprechende Vorschrift auch hier aufzunehmen, da man glaubte, daß diese Erweiterung im Sinne des Entw. liege. Die §§711,712 des Entw. sollen demgemäß wie folgt zusammengefaßt werden: Wer einen Anderen zur Verrichtung einer Handlung bestellt, haftet für den von EI-RJA diesem in Ausführung der ihm zugewiesenen Verrichtung einem Dritten wider- §711 rechtlich zugefügten Schaden. Die Haftung tritt nicht ein, wenn er bei der Auswahl oder, sofern die Verrichtung unter seiner Leitung auszuführen war, bei der Aufsicht 7 S. bei §§ 618 — 619 BGB.
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§§ 831-832
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
über die Ausführung der Verrichtung die im Verkehre übliche Sorgfalt beobachtet hatte oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. Das Gleiche gilt von demjenigen, welcher es übernommen hat, die Aufsicht über die Ausführung der Verrichtung zu führen. VI. Es wurde beschlossen, nachstehende Vorbehalte in den Entw. des Einf. Ges. an geeigneter Stelle einzufügen: 1. Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze, nach welchen der Unternehmer eines Eisenbahnbetriebes für die aus dem Betriebe entspringenden Gefahren über die nicht gesetzlich bestimmte Haftung hinaus einzustehen hat. 2. Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze, welche demjenigen, der befugter Weise ein dem öffentlichen Gebrauche dienendes Grundstück zu einer Anlage oder einem Betriebe benutzt, die Haftung für den Schaden auferlegen, der I Prot-RJA 548 in Folge der aus der Anlage oder dem Betriebe für den öffent- | liehen Gebrauch entstehenden Gefahren vertritt. Zu Gunsten des Vorbehalts zu 1 wurde bemerkt: Derselbe entspreche einem Wunsche der preußischen Regierung und verfolge den Zweck, die weitergehende Haftung, welche der § 25 des preuß. Gesetzes vom 3. November 1858 den Eisenbahnunternehmen auferlege, auch neben der reichsrechtlichen Regelung aufrechtzuerhalten. Lasse sich insoweit ein gewisses Bedürfniß für den landesgesetzlichen Vorbehalt anerkennen, so dürfe man jedenfalls nicht weiter gehen, wie dies von einer Seite verlangt wurde, und auch andere mit gemeiner Gefahr verbundenen Betriebe dem Landesrechte unterstellen. Es sei die Aufgabe des Reiches, sowohl das bürgerliche wie das gewerbliche Recht zu regeln, es rechtfertige sich daher nicht, der Landesgesetzgebung die Fortentwicklung einer dem Wirtschaftsgebiete angehörigen Materie auch für die Zukunft zu überlassen. Den Vorbehalt zu 2 hielt man für sachgemäß und wegen des Zusammenhangs der in Frage kommenden Vorschriften mit dem öffentlichen Rechte für gerechtfertigt. Da es zweifelhaft sein könne, ob der Vorbehalt sich von selbst verstehe, sei es angezeigt, den Standpunkt des Entw. durch die Aufnahme des Vorbehaltes in der hier fraglichen Richtung klarzustellen.
E I-RJA S 713
I Prot-RJA 549
I Prot-RJA 550
VII. Der § 713 des Entw., der im Uebrigen sachlich unbeanstandet blieb, wurde wie folgt gefaßt: Ist in den Fällen der §§710 bis 712 neben demjenigen, welcher für den von einem Anderen zugefügten Schaden haftet, auch der Andere verantwortlich, so haften beide als Gesammtschuldner, im Verhältniß beider zu einander ist der Andere allein verpflichtet. | Zusätzlich war beantragt worden, 7 " als § 715 a einen Rechtssatz des Inhalts aufzunehmen, daß auf die in den §§ 710 bis 712 bestimmte Haftung die Vorschrift des § 219 b7b Anwendung finden solle. Der Antrag wurde abgelehnt; man erwog: Es könne zwar zugegeben werden, daß die Aufsichtspflicht, welche das Gesetz den in den §§710 — 712 bezeichneten Personen auferlegt, sich nahe mit einer gesetzlichen Obligation berühre und daß mit Rücksicht darauf sich die Anwendung des § 219 b auf die Fälle einer Verletzung der Aufsichtspflicht rechtfertigen lasse. Andererseits sei aber in Betracht zu ziehen, daß bei den vertragsmäßigen und gesetzlichen Obligationen dem Schuldner von vornherein eine bestimmte Person oder ein bestimmter Personenkreis gegenüberstehe, er mithin eher in der Lage sein werde, die Folgen seiner Handlungsweise zu übersehen, | während hier es sich häufig 7a Nach Beratung der SS 714, 715 E I. 7b S. bei SS 249 - 252 BGB im Anhang I.
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25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§§ 831-832
um Beschädigungen handele, welche der Aufsichtspflichtige wegen der Unbestimmtheit der in Betracht kommenden Personen und Verhältnisse nicht habe voraussehen können. Die Anwendung des § 219 b auf diese Fälle bringe daher die Gefahr mit sich, den Schutz, den die §§710 — 712 Dritten gewähren wollen, praktisch nicht selten illusorisch zu machen. Uebrigens würde der Gesichtspunkt der gesetzlichen Obligation dahin führen müssen, den § 219 b mindestens auf alle Fälle auszudehnen, in denen durch Verletzung eines gesetzlichen Gebots zu einem Thun ein Schaden zugefügt sei.
C. 2. Kommission I. Zu § 710 war beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 593; Mugdan, Bd. 2, S. 1088f.): 1. die Bestimmungen des Entw. zu fassen : Struckmann Wer kraft des Gesetzes zur Führung der Aufsicht über eine Person verpflichtet (Nr 244, 9) ist, die wegen Minderjährigkeit oder wegen ihres geistigen oder körperlichen Zustandes der Beaufsichtigung bedarf, oder die Führung der Aufsicht über eine solche Person für den kraft des Gesetzes dazu Verpflichteten übernommen hat, haftet für den Ersatz des von dem zu Beaufsichtigenden einem Dritten widerrechtlich zugefügten Schadens. Die Haftung tritt nicht ein, wenn er das nach dem Inhalte der Aufsichtspflicht ihm obliegende Maß von Sorgfalt beobachtet hatte oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. 2. in dem vorgeschlagenen ersten Satz den Relativsatz „die . . . bedarf" zu strei- Gebhard chen; (Nr 261, 3) 3. in demselben Satze die Worte „für den kraft des Gesetzes dazu Verpflichte- Jacubezky ten" wegzulassen. (Nr 264, 6) Die Komm, nahm den Antrag 1 an; die Anträge 2 und 3 wurden abgelehnt. Es lagen die Anträge vor (Prot. II, Bd. 2, S. 597f.; Mugdan, Bd. 2, S. 1091) : 1. an Stelle der §§ 711, 712 zu bestimmen: Struckmann Wer einen Anderen zur Verrichtung einer Handlung bestellt, haftet für den von (Nr 244,10) diesem in Ausführung der ihm zugewiesenen Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zugefügten Schaden. Die Haftung tritt nicht ein, wenn er bei der Auswahl oder, sofern die Verrichtung unter seiner Leitung auszuführen war, bei der Aufsicht über die Ausführung der Verrichtung die im Verkehr übliche Sorgfalt beobachtet hatte oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. Das Gleiche gilt von demjenigen, welcher für den Besteller die Aufsicht über die Ausführung der Verrichtung übernommen hat. 2. den an die Stelle der §§ 711, 712 zu setzenden Vorschriften nachstehende Fas- Jacubezky sung zu geben: (Nr 264, 7) Wer einen Anderen zu seinem Vertreter bestellt hat, ist wegen des Schadens verantwortlich, welchen der Andere in Ausführung der ihm übertragenen Verrichtungen einem Dritten widerrechtlich zufügt. Wer einen Anderen, ohne ihn zu seinem Vertreter zu bestellen, zu einer Verrichtung bestellt, haftet etc. (wie in dem Antrag 1, jedoch im dritten Satze mit Weglassung der Worte „für den Besteller"). 3. die vorgeschlagenen Bestimmungen wie folgt zu ändern: a) in dem Antrage 2 den Eingang zu fassen :
Conrad (Nr 273) 943
§§831-832
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Wer einen Anderen zu seinem Vertreter bestellt oder als Gewerbegehülfen angenommen hat, i s t . . . b) in dem Antrag 1 die „übliche" Sorgfalt durch die „erforderliche" Sorgfalt zu ersetzen. Struckmann (Nr 277)
4. die Bestimmungen eventuell a) wie folgt zu gestalten: Wer ein Gewerbe betreibt, haftet für den Schaden, welchen seine Angestellten oder Arbeiter in Ausführung der ihnen übertragenen gewerblichen Verrichtungen einem Dritten widerrechtlich zufügen. Wer außerhalb eines Gewerbebetriebs einen Anderen zu einer Verrichtung bestellt, haftet etc. (wie in dem Antrag 1, jedoch mit der unter 3 b vorgeschlagenen Aenderung). b) in zweiter Linie: Wer ein Gewerbe betreibt, haftet für den Schaden, welchen die von ihm zur Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebs oder der Arbeiter angenommenen Personen in Ausführung der ihnen übertragenen gewerblichen Verrichtungen einem Dritten widerrechtlich zufügen. Wer einen Anderen zu einer nicht unter den Abs. 1 fallenden Verrichtung bestellt, haftet etc. (wie 3 a).
Gebhard (Nr 280)
5. an Stelle der §§ 711, 712 a) die Bestimmung aufzunehmen: Ein Geschäftsherr haftet für den Schaden, welchen seine Angestellten oder Arbeiter in Ausführung der ihnen zugewiesenen Verrichtungen einem Dritten widerrechtlich zufügen, es sei denn, daß er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat, um einen solchen Schaden zu verhüten. b) eventuell dem Antrage 4 zuzustimmen, dem Abs. 1 aber hinzuzusetzen: „es sei denn, daß er die im Verkehr erforderliche Sorfalt beobachtet hat, um einen solchen Schaden zu verhüten." 6. in dem Antrage 5 a die Worte „es sei denn . . . verhüten" zu streichen. Von den Anträgen wurden zurückgezogen : der Antrag 2, soweit er darauf gerichtet war, in dem dritten Satze des Antrags 1 die Worte „für den Besteller" zu streichen, in Folge des Beschlusses zu § 710 (S. 593); der Antrag 5 b; der Antrag 3 a zu Gunsten des Antrags 4 a. Die Anträge 2, 4, 5 a und 6 wurden abgelehnt. Der Antrag 1 gelangte mit der unter 3 b vorgeschlagenen Aenderung zur Annahme. Zugleich wurde beschlossen, in der Zus. der Red.Komm. § 224 b Abs. I 8 die im Verkehr „übliche" Sorgfalt durch die im Verkehr „erforderliche" Sorgfalt zu ersetzen. Der Red.Komm. wurde anheimgegeben, bei der Fassung der beschlossenen Vorschrift den abgelehnten Antrag 5 a, soweit er sachlich mit dem Antrag 1 übereinstimmt, zu berücksichtigen. Zu § 713 lagen die Anträge vor (Prot. II, Bd. 2, S. 605 f.; Mugdan, Bd. 2, S. 1095):
Struckmann (Nr 244, 12)
1. die Bestimmung des Entw. zu fassen : Ist in den Fällen der §§710 bis 712 neben demjenigen, welcher für den von einem Anderen zugefügten Schaden haftet, auch der Andere verantwortlich, so haften beide als Gesammtschuldner; im Verhältniß beider zu einander ist der Andere allein verpflichtet.
« S. bei §§ 276-278 BGB. 944
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 831 — 832
2. die Bestimmungen wie folgt zu gestalten: Jacubezky Ist in den Fällen der §§710 bis 712 neben demjenigen, welcher wegen des von (Nr 264, 8) einem Anderen zugefügten Schadens haftet, auch der Andere verantwortlich, so haften beide als Gesammtschuldner; im Verhältnisse beider zu einander ist der Andere in den Fällen des § 709 a Abs. 2 nicht verpflichtet, in den übrigen Fällen allein verpflichtet. Der Antrag 1 ist lediglich redaktionell; die Nichterwähnung des § 338 ergiebt sich daraus, daß dessen Streichung beschlossen ist. Der Antrag 2 will besonders aussprechen, daß, wenn ein Deliktsunfähiger und ein Aufsichtspflichtiger in Gemäßheit der §§ 708, 709, 709 a für Schaden einzustehen haben, dieselben zwar dem Beschädigten gegenüber als Gesammtschuldner haften, daß aber im Verhältnisse der Ersatzpflichtigen unter einander der Deliktsunfähige den Schaden nicht tragen soll. Der vorausgesetzte Fall werde wohl nur selten vorkommen, sei aber nach dem neu beschlossenen § 709 a Abs. 2 möglich, weil hiernach die Haftung des Deliktsunfähigen nicht nur dann eintrete, wenn eine aufsichtspflichtige Person nicht hafte, sondern auch dann, wenn diese zwar hafte, aber der Ersatz von ihr nicht erlangt werden könne. Die Aenderung wurde nicht beanstandet. II. In der VorlZust lauten die beschlossenen Vorschriften : Wer kraft des Gesetzes zur Führung der Aufsicht über eine Person verpflichtet ist, die wegen Minderjährigkeit oder wegen ihres geistigen oder körperlichen Zustandes der Beaufsichtigung bedarf, oder die Führung der Aufsicht über eine solche Person für den kraft des Gesetzes dazu Verpflichteten übernommen hat, haftet für den Ersatz des von dem zu Beaufsichtigenden einem Dritten widerrechtlich zugefügten Schadens. Die Haftung tritt nicht ein, wenn er das nach dem Inhalt der Aufsichtspflicht ihm obliegende Maß von Sorgfalt beobachtet hatte oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. Wer einen Anderen zu einer Verrichtung bestellt, haftet für den Schaden, welchen der Andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Haftung tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Personen und, sofern er Räume, Vorrichtungen oder Geräthschaften zu der Verrichtung zu beschaffen hatte oder die Verrichtung unter seiner Leitung vorzunehmen war, bei dieser Beschaffung und Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hatte oder wenn der Schaden auch bei Beobachtung dieser Sorgfalt entstanden wäre. Das Gleiche gilt von demjenigen, welcher für den Besteller die Aufsicht über die Ausführung der Verrichtung übernommen hat. Oder statt des zweiten Satzes : Die Haftung tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Personen und bei der Anordnung und Beaufsichtigung der Verrichtung die im Verkehr u.s.w. wie oben. Zu § 711 E I-VorlZust ist angemerkt: In den Entw. des Einf. Ges. sollen an geeigneter Stelle folgende Vorschriften aufgenommen werden: 1. Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze, nach welchen der Unternehmer eines Eisenbahn-, Dampfschiffahrts- oder ähnlichen mit gemeiner Gefahr verbundenen Betriebes für die aus dem Betriebe entspringenden Gefahren über die reichsgesetzlich bestimmte Haftung hinaus einzustehen hat. 2. Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze, welche demjenigen, 945
EI-VorlZust §710
E I-VorlZust S 711
§§831-832
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
der befugter Weise ein dem öffentlichen Gebrauche dienendes Grundstück zu einer Anlage oder einem Betriebe benutzt, die Haftung für den Schaden auferlegen, der in Folge der aus der Anlage oder dem Betriebe für den öffentlichen Gebrauch entstehenden Gefahren eintritt. S 712 s. § 711. E I-VorlZust Ist in den Fällen der §§710 bis 712 neben demjenigen, welcher wegen des von S 713 einem Anderen zugefügten Schadens haftet, auch der Andere verantwortlich, so haften Beide als Gesammtschuldner; im Verhältnisse Beider zueinander ist der Andere in den Fällen des § 709 a Abs. 2 nicht verpflichtet, in den übrigen Fällen allein verpflichtet. III., IV. In der ZustRedKom ist die Fassung der §§ 709 c 9 , 710, 713, im E II diejenige der §§ 754, 755 und § 764 Abs. 2 1 0 : E I-ZustRedKom Wer einen Anderen zu einer Verrichtung bestellt hat, ist zum Ersätze des Scha§ 709 c dens verpflichtet, welchen der Andere in Ausführung der Verrichtung einem DritE II § 754 t e n widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Geräthschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hatte, bei der Beschaffung oder (E II : der) Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat oder wenn der Schaden auch bei Beobachtung (E II: Anwendung) dieser Sorgfalt entstanden sein würde. Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Abs. 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte übernommen hat. (In der ZustRedKom folgt der Satz: Ist neben ihm der Geschäftsherr verantwortlich, so haften sie als Gesammtschuldner.) Zu § 709 ZustRedKom, § 754 E II ist angemerkt: In den Entwurf des Einführungsgesetzes sollen geeigneten Ortes folgende Vorschriften aufgenommen werden : 1. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen der Unternehmer eines Eisenbahn- oder anderen mit gemeiner Gefahr verbundenen Betriebs für die aus dem Betrieb entspringenden Gefahren über die reichsgesetzlich bestimmte Haftung hinaus einzustehen hat. 2. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche demjenigen, der ein dem öffentlichen Gebrauche dienendes Grundstück zu einer Anlage oder einem Betriebe benutzen darf, die Haftung für den Schaden auferlegen, welcher in Folge der aus der Anlage oder dem Betriebe für den öffentlichen Gebrauch entstehenden Gefahren eintritt. E I-ZustRedKom Wer kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht über eine Person verpflichtet ist, S 710 die wegen Minderjährigkeit oder wegen ihres geistigen oder körperlichen ZustanE II § 755 J e s der Beaufsichtigung bedarf, ist zum Ersätze des von ihr einem Dritten widerrechtlich zugefügten Schadens verpflichtet, es sei denn, daß er seiner Aufsichtspflicht genügt hat oder der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden sein würde. Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher die Führung der Aufsicht für den kraft Gesetzes Verpflichteten übernommen hat. (In der ZustRedKom folgt der Satz: Ist neben ihm der kraft Gesetzes Verpflichtete verantwortlich, so haften sie als Gesammtschuldner.) 9 § 709 b s. bei § 830 BGB. 10 S. Abs. 1 dieser Vorschrift bei § 840 BGB.
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25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§§ 831-832
Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 709 c, 710 für den von einem Anderen verursachten Schaden verantwortlich ist, auch der Andere zum Schadensersatze verpflichtet, so haften sie als Gesammtschuldner; in ihren Verhältnissen zu einander ist der Andere allein, in dem Falle des § 709 a Abs. 2 der Aufsichtspflichtige allein verpflichtet. §764 Abs. 2 E II lautet: Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 754, 755 zum Ersätze des von einem Anderen verursachten Schadens verpflichtet ist, auch der Andere für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnisse zu einander der Andere allein, im Falle des § 752 Abs. 2 der Aufsichtspflichtige allein verpflichtet. Zu Halbsatz 1 des § 713 E I ZustRedKom s. § 764 Abs. 1 bei § 840 BGB.
E I-ZustRedKom S 713
E II § 764 Abs. 2
V. Im E II rev §§ 816, 817, 826 Abs. 2, E III §§ 815, 816, 825 Abs. 2 liegt die in §§ 831, 832, 840 Abs. 2 BGB Gesetz gewordene Fassung vor, jedoch fehlt in § 816 E II rev, § 815 E III vor dem letzten Wort „durch Vertrag" und der Schluß von § 817 E II rev, § 816 E III lautet: » . . . Aufsicht für den kraft Gesetzes Verpflichteten übernimmt."
E. Reichstag (XII. Kommission) I. Beantragt war: 1. im § 815 den Absatz 1 Satz 2 und den Absatz 2 zu streichen.
v. Cuny (Nr 65, 2)
Dziembowski 2. den § 815 Absatz 1 wie folgt zu fassen: Wer einen Anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersätze des Schadens (Nr 62, 2) verpflichtet, den der Andere bei Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt, wenn er bei der Auswahl der bestellten Person und sofern er Vorrichtungen oder Geräthschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung nicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat.
3. zu § 815: Gröber a) nach § 814 folgende Vorschriften als § 814 a einzuschalten (vergi. Reichsge- (Nr 66, 2) setz vom 7. Juni 1871, betreffend die Verbindlichkeit zum Schadensersatze für die bei dem Betriebe von Eisenbahnen, Bergwerken u.s.w. herbeigeführten Tödtungen und Körperverletzungen) : „Wenn bei dem Betrieb einer Eisenbahn, Dampfschiffahrt, eines Bergwerks, Steinbruchs, einer Gräberei (Grube), oder einer Unternehmung, bei welcher ein Dampfkessel oder ein durch elementare Kraft bewegtes Triebwerk nicht blos vorübergehend zur Verwendung kommt oder Explosivstoffe hergestellt oder gebraucht werden, ein Mensch getödtet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt wird, so ist der Betriebsunternehmer verpflichtet, den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Unfall durch höhere Gewalt oder durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Getödteten oder Geschädigten verursacht ist. Der Unternehmer eines Erwerbsgeschäfts hat den Schaden zu ersetzen, welchen ein Bevollmächtigter, ein Repräsentant oder eine zur Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebes oder der Arbeiter angenommene Person in Ausführung ihrer Dienstverrichtungen einem Dritten widerrechtlich zufügen. 947
§§ 831-832
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Ist der Schaden nicht vorsätzlich verursacht, so tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn durch eine öffentliche Versicherung für den Ersatz des Schadens Vorsorge getroffen ist." b) im § 815 Absatz 1 dem zweiten Satz am Schlüsse folgende Worte hinzuzufügen: „ — entstanden sein würde; diese Bestimmung findet in den Fällen des § 814 a keine Anwendung." c) die Artikel 41 und 104 des Einführungsgesetzes zu streichen. in § 816 dem Absatz 2 hinzuzufügen: „Die Vorsteher von Irren-, Kranken-, Erziehungs- und Besserungsanstalten auch dann, wenn sie die Führung der Aufsicht von jemandem übernommen haben, der zu derselben nicht verpflichtet war." II. 22. Sitzung vom 14. 4. 1896 (Bericht von Heller) Der § 814 war nicht beanstandet. Der Antrag Gröber auf Einschaltung eines neuen § 814 a (Ns 66 der Drucksachen Ziff. 2 a) bezweckt nicht bloß, die Bestimmungen des Haftpflichtgesetzes vom 7. Juni 1871 dem Bürgerlichen Gesetzbuche einzuverleiben, sondern dieses Gesetz zugleich wesentlich zu erweitern. Der Antragsteller führte aus, daß die in diesem Gesetze behandelte Materie viel zu wichtig sei, als daß sie fernerhin nur Gegenstand eines Sondergesetzes bleiben könnte. Die inzwischen in das Leben getretene sozialpolitische Versicherungsgesetzgebung gestatte aber zugleich, die Bestimmungen jenes Gesetzes auszudehnen. Die Kommissarien Struckmann und Planck traten dem Antrage in beiden Richtungen entgegen. Insbesondere sei eine Erweiterung der Bestimmungen des Haftpflichtgesetzes ganz unmöglich, ohne gründliche Vorarbeiten, namentlich auch nicht ohne Anhörung der beteiligten Erwerbskreise. Gröber beantragte hierauf eventuell, die geltenden Bestimmungen des Haftpflichtgesetzes in den Entwurf aufzunehmen. Diesem Antrage trat Enneccerus entgegen; er wünsche eine Erweiterung des Haftpflichtgesetzes, sehe indes ein, daß dies nicht in diesem Augenblicke ausführbar sei, wolle aber auch nicht die geltenden Bestimmungen in das Bürgerliche Gesetzbuch aufnehmen, weil dadurch ihre Änderung für lange Zeit ausgeschlossen sein würde. Der Antrag, für dessen primäre Gestalt sich nur Stadthagen erklärte, wurde in beiden Gestalten mit großer Mehrheit abgelehnt. Der auf den §815 Absatz 1 bezügliche Antrag Gröber (N 2 66 der Drucksachen Ziff. 2 b) war hierdurch gleichfalls erledigt. Zum §815 lagen ferner vor der Antrag von Cuny (N 2 65 der Drucksachen Ziff. 2) und der Antrag von Dziembowski (N 2 62 der Drucksachen Ziff. 2). Den Antrag von Cuny, den der Antragsteller durch den Hinweis auf das französische Recht begründete, bekämpfte Struckmann als mit dem in dem größten Teile Deutschlands geltenden Rechte und mit der Tendenz der neueren Reichsgesetzgebung (Binnenschiffahrtsgesetz) in Widerspruch stehend. Der Abgeordnete von Dziembowski war nicht anwesend; sein Antrag wurde von niemand unterstützt. Beide Anträge wurden mit großer Mehrheit abgelehnt; der § 815 blieb hienach unverändert. Der Antrag Gröber zum § 816 (N- 66 der Drucksachen Ziff. 3) will die Fälle berücksichtigt wissen, in denen eine zur Führung der Aufsicht verpflichtete Person noch nicht vorhanden ist, weil ζ. B. die Entmündigung der der Beaufsichtigung bedürfenden Person noch nicht erfolgt ist. Struckmann bezeichnete die Tendenz des Antrags als richtig, eine ausdrückliche Bestimmung dieses Inhalts jedoch als kaum nötig, weil die Vorsteher von Irrenanstalten etc. in der Regel durch Verwaltungs948
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 8 3 3 - 834
Vorschriften verpflichtet sein werden, die Aufsicht zu führen, also schon die Bestimmung des Abs. 1 auf sie zutrifft. Man könne der Tendenz des Antrags übrigens auch entsprechen durch Streichung der Worte „für den kraft Gesetzes Verpflichteten" im Abs. 2. Dies wurde, nachdem Gröber seinen Antrag dahin abgeändert hatte, mit großer Mehrheit beschlossen.
§833 Wird durch ein Thier ein Mensch getödtet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Thier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
§834 Wer für denjenigen, welcher ein Thier hält, die Führung der Aufsicht über das Thier durch Vertrag übernimmt, ist für den Schaden verantwortlich, den das Thier einem Dritten in der im § 833 bezeichneten Weise zufügt. Die Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn er bei der Führung der Aufsicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
A. 1. Kommission 1.1261. Sitzung vom 16. 11. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend von Kübel
|ProtI2863
Die Berathung des Abschnitts des Obligationenrechts betreffend die Spezialdelikte wurde fortgesetzt. 1 Unter der Ueberschrift: „Herauswerfen, Ausgießen oder Herabfallen von Sachen" bestimmen die Artikel 1020 bis 1024 des Entwurfs 2 : Artikel 1020. DresdE Art 1020 „Ist aus einem Gebäude auf die Straße oder auf einen Ort, welcher begangen zu werden pflegt, Etwas geworfen, gegossen oder geschüttet und dadurch einem Anderen Schaden zugefügt worden, so hat der Beschädigte gegen den Inhaber des Gebäudes oder, wenn Mehrere das Gebäude abgetheilt inne haben, gegen den Inhaber des Theiles desselben, von welchem aus der Schaden bewirkt worden ist, Anspruch auf dessen Ersatz, es sei denn, daß der Inhaber beweisen könnte, daß eine andere Person, für welche er zu haften nicht verpflichtet ist, den Schaden bewirkt hat. Hat der Inhaber den Schaden ersetzt, so kann er Erstattung des Geleisteten von dem Urheber des Schadens verlangen." 1 Die Beratungen in der 260. Sitzung s. im Anhang zu §§ 823, 826 BGB. Die Beratung dieser Artikel, die zur Aufnahme entsprechender Vorschriften in den E I geführt hat, wird gemäß dem Fortgang der Beratungen der 1. Kom. den die Tierhalterhaftung betreffenden Beratungen vorangestellt.
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§ § 8 3 3 - 834
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Prot 12864 DresdE Art 1021
I Artikel 1021. „Haben Mehrere das Gebäude oder den Theil desselben, von welchem aus der Schaden bewirkt worden ist, ungetheilt inne, so haften sie als Gesammtschuldner; Derjenige, welcher den Schadenersatz geleistet hat, kann aber, wenn von dem Urheber des Schadens Ersatz nicht zu erlangen ist, von den übrigen Gesammtschuldnern verhältnißmäßige Erstattung des Geleisteten verlangen."
DresdE Art 1022
Artikel 1022. „Der Anspruch auf Schadenersatz ist nicht begründet, wenn der Beschädigte den Ort, auf welchem er beschädigt worden ist, unbefugter Weise betreten hat, oder durch ein erkennbar ausgestelltes Zeichen oder durch zeitiges Zurufen gewarnt worden ist."
DresdE Art 1023
Artikel 1023. „Die Vorschriften der Artikel 1020— 1022 finden auch Anwendung, wenn Sachen, ohne gehörig befestigt worden zu sein, an einem Gebäude ausgehängt oder hinausgestellt worden sind und durch Herabfallen Jemandem Schaden verursacht haben."
DresdE Art 1024
Artikel 1024. „Der Anspruch gegen den oder die Inhaber des Gebäudes verjährt mit dem Ablaufe von 30 Tagen, von dem Zeitpunkte der Beschädigung an."
Kurlbaum Der Antrag, die auf das Herauswerfen u.s.w. von Sachen sich beziehenden Arti(Nr 518, 1) kel 1020 —1024 zu streichen, wurde durch Mehrheitsbeschluß abgelehnt. Die Mehrheit war der Ansicht: Es sei nicht unbedenklich, nach Anleitung des Entwurfs besondere Vorschriften über das Herauswerfen u.s.w von Sachen aus Gebäuden in das Gesetzbuch aufzunehmen. Da das Strafgesetzbuch (§ 366 Nr. 8) die Handlungen, an welche der EntI Prot 12865 wurf die Verpflichtung zum Schadensersatze knüpfe, | in noch größerem Umfange für ein Delikt erkläre, welches somit den Thäter zum Schadensersatz nach § 145 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 964 — 990) verpflichte, da ferner der Thäter von den mit der Verfolgung strafbarer Handlungen betrauten Behörden von Amtswegen zu ermitteln sei, da endlich im Wege polizeilicher Verordnungen noch weitere Fürsorge getroffen werden könne, so scheine es an einem Grunde zu fehlen, im Civilgesetzbuche die fragliche Materie noch besonders und ohne Berücksichtigung des geltenden Straf- und Polizeirechts zu behandeln. Hierin dem Entwürfe zu folgen, könne um so bedenklicher erscheinen, als es zur Erreichung des Zwecks der zivilrechtlichen Behandlung der Materie nöthig werde, nach Vorbild des Entwurfs singuläre, von den allgemeinen Grundsätzen des Civilrechts abweichende Bestimmungen zu treffen und damit nicht allein vielen Streitfragen, die der Gesetzgeber nicht zu lösen vermöge, die Thüre zu öffnen, sondern auch zu der Erinnerung Anlaß zu geben, diese anomalen zivilrechtlichen Vorschriften seien nur aus einer unberechtigten Vorliebe für römischrechtliche Institutionen und ohne gebührende Würdigung des Umstandes aufgenommen, daß in der Gegenwart, wenn einmal durch anomale zivilrechtliche Vorschriften gegen gewisse Beschädigungen ein besonderer Schutz zu gewähren sei, ganz andere und bei Weitem wichtigere Verhältnisse ins Auge gefaßt zu werden verdienten, als diejenigen, auf welche die im römischen Rechte unter ganz anderen Verhältnissen ausgebildete actio de effusis et dejectis sich bezöge. Indessen bei näherer Betrachtung könnte den vorstehenden Bedenken nicht eine so große Bedeutung beigelegt werden, um die Unterdrückung der Vorschriften des Entwurfs zu rechtfertigen. 950
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 8 3 3 - 834
Stelle man sich auf den Boden des Civilrechts, so erwiesen sich unverkennbar die allgemeinen Grundsätze in den | meisten Fällen als unzulänglich, um demjenigen, | Prot 12866 welcher durch eine Handlung der in Rede stehenden Art beschädigt sei, zum Schadensersatz zu verhelfen. Es seien, damit den Anforderungen der Rechtsordnung Genüge geschehe, singulare Vorschriften unerläßlich. Wie weit in dieser Beziehung zu gehen sei, werde bei Berathung der Bestimmungen des Entwurfs zu prüfen sein. In dem Straf- und Polizeirechte die erforderliche Abhülfe zu finden oder davon zu erwarten, sei nicht gerechtfertigt. In der vorliegenden Materie dürfe wegen ihrer hervorragenden privatrechtlichen Bedeutung das Civilrecht nicht in ein Abhängigkeitsverhältniß zu dem wechselnden und zum Theil auf anderen Erwägungen beruhenden Straf- und Polizeirechte gebracht werden, und dies um so weniger, als durch die Nichtgewährung eines besonderen zivilrechtlichen Schutzes polizeiliche Verordnungen hervorgerufen werden könnten, die noch größere Härten zur Folge hätten. Weiter lasse sich bezweifeln, ob der vorgedachte § 145 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse auslange, um dem Beschädigten gegen denjenigen, welchem das betreffende Polizeidelikt zur Last falle, sofern die Strafbarkeit des letzteren weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit erfordere, zugleich einen Anspruch auf Schadensersatz zu gewähren (zu vergi. Protokolle S. 981—987). Die Streitfragen, welche durch die anomalen Bestimmungen hervorgerufen werden möchten, seien ferner ein geringeres Uebel, als dasjenige, welches aus der Genehmigung des Streichungsantrags zu entspringen drohe; sie vermöchten daher nicht entscheidend ins Gewicht zu fallen. Daß sodann andere Verhältnisse nicht eine gleiche oder ähnliche Berücksichtigung fänden, sei gleichfalls unerheblich. Das vorliegende Verhältniß hebe sich von allen anderen durch seine Häufigkeit, Einfachheit und praktische Wichtigkeit ab; es lasse sich klar übersehen und sei ähnliche wie das auf die Beschädigung | durch Thiere sich beziehende zu einer vollständigen | Prot 12867 Regelung durch zivilrechtliche Vorschriften im Civilgesetzbuche vollkommen geeignet. Endlich komme das geltende Recht in Betracht, welches — wie aus dem Material erhelle — überwiegend den Standpunkt des Entwurfs theile. Es wurde zur Berathung der einzelnen Artikel übergegangen. Artikel 1020. Es lagen die Anträge vor: 1. den Artikel 1020 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: Planck „Ist aus einem Gebäude auf die Straße oder auf einen Ort, welcher begangen zu (Nr 518, 1) werden pflegt, Etwas geworfen, gegossen oder geschüttet und dadurch einem Anderen Schaden zugefügt worden, so ist der Inhaber des Gebäudes, oder wenn mehrere das Gebäude getheilt inne haben, der Inhaber desjenigen Theils, von welchem aus der Schaden bewirkt worden ist, zum Ersätze des Schadens verpflichtet, sofern er nicht nachweisen kann, daß der Schaden durch eine Handlung, wegen deren er nach den Grundsätzen über unerlaubte Handlungen (§§ 145 ff., Protokolle S. 964 u. ff.) 3 zum Schadensersatze verpflichtet ist, nicht verursacht worden ist. H a t der Inhaber den Ersatz geleistet, so findet wegen seines Anspruchs auf Erstattung des Geleisteten die Vorschrift des § 155 der Zusammenstellung des Obligationenrechts (Protokolle S. 1018)4 entsprechende Anwendung." 2. in diesem Artikel : a, statt: „es sei denn" pp. bis „den Schaden bewirkt hat" zu setzen:
v. Weber (Nr 516,1)
3 S. bei §§ 823, 826 BGB. •t S. bei § 840 Abs. 2 BGB.
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§ § 8 3 3 - 834
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhäitnisse
„dafern nicht der Inhaber die Person, welche die beschädigende Handlung begangen hat, nachzuweisen vermag." I Prot I 2868 | b, dem zweiten Absatz hinzuzufügen: „soweit dieser für seine Handlung verantwortlich gemacht werden kann." Der Artikel wurde absatzweise berathen. I. Zum ersten Absätze. Die Mehrheit genehmigte den ersten Absatz mit den Abweichungen : a, daß im Nachsatze gemäß dem Antrage N2 2 die Worte : „für welche er zu haften nicht verpflichtet ist" zu streichen seien; b, daß der Nachsatz gemäß dem Antrage Ν 2 1 den Zusatz zu erhalten habe : „Oder daß der Schaden durch eine Handlung, wegen deren er nach den Grundsätzen über unerlaubte Handlungen zum Schadensersatz verpflichtet ist, nicht verursacht worden ist." Die Fassung der Vorschrift blieb der Redaktion vorbehalten. Erwogen war: Um den Zweck zu erreichen, welcher bei der beschlossenen besonderen Normirung verfolgt werde, bleibe nichts übrig, als den Inhaber des fraglichen Gebäudes oder eines Theils desselben in erster Reihe für den Schaden für verantwortlich erklären. Diese Verantwortlichkeit dürfe aber keine unbeschränkte sein. In der Unbeschränktheit der Haftung würde eine zu große Abweichung von den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen liegen. Es würde sich daraus entweder die völlig unzulässige bloße Fiktion eines zivilrechtlichen Delikts oder eine kaum weniger annehmbare, an einen gewissen Thatbestand ohne einen befriedigenden inneren Grund geknüpfte obligatio legalis ergeben. Von selbst biete sich der Ausweg, auf eine Vorschrift sich zu beschränken, nach welcher der betreffende Inhaber als der Schuldige nur vermuthet werde, so daß ihm der Beweis seiner Nichtschuld frei bleibe, die ζ. B. I Prot 12869 auch dann | anzunehmen sein würde, wenn er beweise, daß er zwar der Thäter sei, aber die That von ihm in unzurechnungsfähigem Zustande oder ohne alles Verschulden begangen worden. Aber noch ein anderer Beweis sei ihm nachzulassen, nämlich der, daß er nicht, sondern ein Dritter der Thäter sei. Dieser zweite Beweis richte sich weniger gegen die Vermuthung, als gegen die gesetzliche Voraussetzung, von welcher die Vermuthung abhänge, wobei sich von selbst verstehe, daß der Nachweis die Verantwortlichkeit wegen verletzter Aufsichtspflicht nach den §§ 152 bis 154 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 1012— 1018)5 nicht ausschließe: Der juristische Inhalt des Gesetzes gestalte sich also dahin: Sei durch das Auswerfen u.s.w. ein Schaden entstanden und vermöge der Inhaber des Gebäudes u.s.w. den Thäter nicht nachzuweisen, so werde der Inhaber als der Schuldige vermuthet; es bleibe ihm jedoch der Beweis der Nichtschuld vorbehalten. Ob nicht, um diese Gedanken klar zu legen, die Vorschrift einer anderen Fassung als der des Entwurfs bedürfe, werde bei der Redaktion zu prüfen sein, die Prüfung auch noch auf andere Einzelheiten erstreckt werden müssen, insbesondere die, ob nicht die Worte : „einem Ort, welcher begangen zu werden pflegt" nach Anleitung des Strafgesetzbuchs § 366 Nr. 8 und § 367 Nr. 12 durch die Worte zu ersetzen seien : „einem Ort, wo Menschen zu verkehren pflegen." Darüber könne übrigens kein Zweifel sein, daß die beschlossenen Bestimmungen die juristische Konstruktion erleichtern und vielen Streitfragen vorbeugen würden, während sie andererseits zur Erreichung des Zwecks des Gesetzes genüg5 S. bei SS 831, 832 BGB.
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25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 8 3 3 - 834
ten. Anzuerkennen sei, daß in Ansehung der Tragweite und Anwendbarkeit des Gesetzes für verschiedene Fälle noch manche Bedenken übrig blieben, worauf es indessen nach dem Obigen nicht ankommen könne. Nur der Zweifel | sei nicht be- | Prot I 2870 rechtigt, ob der Inhaber, nachdem er verurtheilt worden, noch nachträglich mit einem Beweise, der seine Verurtheilung abgewendet haben würde, insbesondere mit dem nachträglichen Nachweise des wirklichen Thäters gehört werden könne. Nach dem Hauptprinzipe des Beschlusses und den Grundsätzen über die res judicata sei die Frage unverkennbar zu verneinen. II. Zum zweiten Absatz. Der Absatz 2 des Antrags Ν 2 1 wurde abgelehnt, der Entwurf mit dem Antrage N 2 2 angenommen. Man ging davon aus : Es sei zweifellos, daß dem Inhaber, der auf Grund der positiven Vorschriften des Gesetzes den Schadensersatz habe leisten müssen, der Regreß gegen den Thäter zu gestatten sei. Der Entwurf sei nur darin mangelhaft, daß er nach dem Wortverstande zur Ungebühr den Regreß auch dann gestatte, wenn dem Thäter eine Schuld, ζ. B. wegen Unzurechnungsfähigkeit, nicht zur Last falle. Dem Mangel helfe der Antrag N 2 2 ab. Der Absatz 2 des Antrags Ν 2 1 passe nur für die Fälle, in welchen auch den Inhaber der Vorwurf eines Verschuldens treffe. Diese Fälle brauchten im Gesetze, welches nur den Fall zu behandeln habe, wenn der Inhaber in Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen habe Schadensersatz leisten müssen, nicht vorgesehen zu werden; sie unterlägen, wie sich von selbst verstehe, der Beurtheilung nach den allgemeinen Grundsätzen. Artikel 1021. v.Weber Es war beantragt : (Nr 516, 2) den Nachsatz: „Derjenige — des Geleisteten verlangen" zu streichen. Der Entwurf wurde bis auf den Nachsatz genehmigt, der letztere dem Antrage gemäß gestrichen, da er, so weit er als richtig anzuerkennen, durch den § 27 | der |Prot I 2871 Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 524, 525) 6 gedeckt sei. Beantragt war:
Artikel 1022.
Planck
1. den Artikel zu streichen.
(Nr 515, 2)
2. den Eingang zu fassen: V. Weber „Der Anspruch auf Grund des Artikels 1020 Absatz 1 und Artikel 1021 fällt weg, (Nr 516, 3) wenn pp." Der Antrag auf Streichung des Artikels wurde durch Mehrheitsbeschluß genehmigt. Die Mehrheit war der Ansicht: Der Artikel 1022 schließe das Gesetz von der Anwendbarkeit aus, wenn der Beschädigte den Ort, wo er beschädigt worden, unbefugter Weise betreten habe. Es sei dunkel, was unter dem letzteren gemeint sei. Bei der Voraussetzung, jedes, in einem besonderen Rechte sich nicht gründende Betreten sei ein unbefugtes, werde das Gesetz in einer unzulässigen Weise beschränkt; es würde alsdann sogar derjenige, welcher, um einen Hausbewohner zu besuchen, den Hofraum betrete und in diesem durch das Herauswerfen u.s.w. beschädigt werde, auf Schadensersatz kei6 S. bei SS 421-432 BGB. 953
§§833 -
834
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
nen Anspruch haben. Es leuchte ein, daß bei einem solchen Verständnisse das G e setz einen großen Theil seines praktischen Werths verliere. Verstehe man die B e stimmung aber dahin: derjenige, welcher durch das Betreten unerlaubt gehandelt habe, könne das Gesetz nicht anrufen, so passe die Vorschrift nicht zu den zum Artikel 1020 gefaßten Beschlüssen. Nach den letzteren gründe sich der gegen den Inhaber des Gebäudes u.s.w. auf Grund des Gesetzes erhobene Anspruch immer in einem dem Inhaber zur Last fallenden Delikte; die Begünstigung des Beschädigten bestehe nur darin, daß der Inhaber als Schuldiger bis zum Nachweise des GegenI Prot 12872 theils vermuthet werde. Es folge hieraus, daß, wenn auch dem | Beschädigten ein Verschulden zur Last falle, der § 157 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 1021, 1022) 7 anwendbar werde, nach den Bestimmungen des letzteren also zu beurtheilen sei, ob dem Beschädigten wegen des unerlaubten Betretens des fraglichen Orts ein Ersatzanspruch nicht zustehe. Aus ähnlichen Erwägungen erscheine die Bestimmung des Entwurfs nicht haltbar, der Beschädigte könne sich auf das Gesetz auch dann nicht berufen, wenn durch Zeichen oder zeitiges Zurufen gewarnt sei, — eine Bestimmung, gegen die außerdem zu erinnern sei, daß sie in der Allgemeinheit, mit welcher der Entwurf rede, zu der ohne Zweifel unrichtigen Auffassung berechtige, der Inhaber eines G e bäudes sei befugt, durch Zeichen und Zurufen sich das Recht zu verschaffen, nach seinem Belieben aus dem Gebäude auf öffentliche Straßen etwas zu werfen u.s.w. und damit den öffentlichen Verkehr zu hemmen. Unbeachtet dürfe übrigens nicht bleiben, daß sich das Gesetz auf das Bauen und Repariren von Gebäuden im Allgemeinen nicht beziehe. Artikel 1023. D e r Artikel wurde aus den Gründen, auf welchen die Beschlüsse zum Artikel 1020 beruhen, genehmigt. Artikel 1024. Es war beantragt: v. Weber 1. in diesem Artikel statt: „30 T a g e n " zu setzen: „sechs Monaten", eventuell statt (Nr 516, 4) desselben zu bestimmen: „Die Verjährung des Anspruchs gegen den Inhaber des Gebäudes bestimmt sich nach den Vorschriften des § 164 (der Zusammenstellung des Obligationenrechts, Protokolle S. 1051 - 1054) 8 ." 2. den Artikel durch folgende Bestimmung zu ersetzen: Planck „Wegen der Verjährung des Anspruchs des Beschädigten gegen den Inhaber fin(Nr 515, 3) I Prot I 2873 det die Vorschrift | des § 164 (Protokolle S. 1051 — 1054) entsprechende Anwendung." D e r Artikel wurde, unter Ablehnung der Anträge, von der Mehrheit genehmigt, welche die in dem Artikel bestimmte kurze Verjährung wegen der singulären Natur des dem Beschädigten gewährten Anspruchs und da die kurze Frist den Zweck des Gesetzes keineswegs zu vereiteln drohe, für vollkommen gerechtfertigt hielt. Zugleich wurde beschlossen, zur Erleichterung der Anwendung des Gesetzes die 30tägige Frist durch eine einmonatige zu ersetzen. U n t e r der Ueberschrift: „Beschädigung durch Thiere und andere Sachen" bestimmen in ersterer Hinsicht die Artikel 1025 — 1027 des Entwurfs:
7 S. bei § 254 BGB. 8 S. bei § 852 BGB. 954
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§§833-834
Artikel 1025. DresdE Art 1025 „Wer ein seiner Gattung nach wildes Thier hält, haftet für den von demselben verursachten Schaden, wenn er das Thier nicht auf eine der wilden Natur desselben entsprechende Weise verwahrt hat. Wer ein Haustier hält, haftet für den von demselben verursachten Schaden, wenn er das Thier nicht gehörig verwahrt oder beaufsichtigt hat. Daß das wilde Thier oder das Hausthier in der erforderlichen Weise verwahrt oder beaufsichtigt worden sei, hat Derjenige, welcher das Thier hält, zu beweisen." Artikel 1026. DresdE Art 1026 „Hat der Beschädigte oder ein von demselben gehaltenes Thier das Thier, welches den Schaden verursacht hat, gereizt oder hat der Beschädigte sonst durch seine Verschuldung Anlaß zu der Beschädigung gegeben, so hat er keinen Anspruch auf Schadenersatz. Hat ein Dritter oder ein von diesem gehaltenes Thier zu der Beschädigung Anlaß gegeben, so steht dem Beschädigten nur gegen den Dritten ein Anspruch | auf | Prot 12874 Schadenersatz zu. Hat Derjenige, welcher das schadenbringende Thier hält, durch ein Versehen bei der Verwahrung oder Beaufsichtigung mittelbaren Anlaß zu der Beschädigung gegeben, so haften er und der Dritte als Gesammtschuldner." Artikel 1027. DresdE Art 1027 „Mehrere, welche ein Thier gemeinschaftlich halten, haften für den durch solches verursachten Schaden als Gesammtschuldner." Es lagen dazu die Anträge vor: 1. statt der Artikel 1025 — 1027 zu bestimmen : Kurlbaum „Wer ein Thier hält, ist dasselbe zu beaufsichtigen verpflichtet, wenn und soweit (Nr 518,2) es die Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters erfordert. Er haftet für den durch das Thier verursachten Schaden, wenn er seine Aufsichtspflicht verletzt hat und bei Erfüllung derselben der Schaden nicht entstanden sein würde. Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher die Führung der Aufsicht für den das Thier Haltenden übernommen hat." 2. die Artikel 1025 und 1026 durch folgende Bestimmungen zu ersetzen: Planck „Wer ein Thier hält, ist verpflichtet, dasselbe in einer der Natur desselben ent- (Nr 517) sprechenden Art zu verwahren und zu beaufsichtigen. Er haftet für den durch das Thier verursachten Schaden, wenn er nicht beweist, daß er die ihm obliegende Verwahrungs- und Aufsichtspflicht nicht verletzt habe oder daß der Schaden auch bei vollständiger Erfüllung derselben entstanden wäre. Die gleiche Verantwortlichkeit trifft Denjenigen, welcher die Verwahrung und Beaufsichtigung für den nach Absatz 1 Verpflichteten übernommen hat. I Wenn sowohl Derjenige, welcher das Thier hält, als Derjenige, welcher die | Prot 12875 Aufsicht und Verwahrung für ihn übernommen, verhaftet ist, so findet der § 155 (Protokolle S. 1018)9, wenn bei der Entstehung des Schadens eine Fahrlässigkeit des Beschädigten mitgewirkt hat, die Vorschrift des § 157 (Protokolle S. 1021, 1022)'° entsprechende Anwendung. Wenn nach den allgemeinen Grundsätzen über unerlaubte Handlungen oder auf Grund des Artikels 1025 neben Demjenigen, welcher das Thier hält, auch ein Dritter für den Schaden verantwortlich ist, so haften beide als Gesammtschuldner, je9 S. bei § 840 Abs. 2 BGB. 10 S. bei § 254 BGB. 955
§ § 8 3 3 - 834
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
doch ist der erstere, wenn er Schadensersatz geleistet hat, unbeschadet der Vorschrift des § 28 (Protokolle S. 526, 527)11, vollen Ersatz des Geleisteten von dem Dritten zu fordern berechtigt, sofern nicht auch der Dritte lediglich auf Grund des Artikels 1025 verhaftet war." V. Weber (Nr 519,1)
v. Weber (Nr 519, 2) I Prot 2876
v. Weber (Nr 519, 3)
I Prot I 2877
3. A, zu Artikel 1025 : a, dem ersten Absätze am Schlüsse hinzuzufügen: „oder wenn das Thier ein gefährliches ist und er dasselbe ohne polizeiliche Erlaubniß gehalten hat." b, nach dem zweiten Absätze als dritten Absatz hinzuzufügen: „Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher die Führung der Aufsicht für den Thierhalter übernommen hat" und im dritten (alsdann vierten) Absätze nach den Worten „welcher das Thier hält" hinzuzusetzen: „oder die Aufsicht übernommen hat." B, zu Artikel 1026 : a, den ersten Absatz zu fassen: „Die Haftung wegen Nichterfüllung der Pflicht zur Aufsicht und Verwahrung des Thieres, welches den Schaden verursacht hat, fällt weg, wenn nach | den Umständen des Falles der Schaden nicht durch die Verletzung dieser Pflicht verursacht worden ist. Daß dies der Fall sei, hat der Pflichtige zu beweisen." b, den zweiten Absatz zu fassen: „Ist neben demjenigen, welcher nach den Bestimmungen des Artikels 1025 für den von einem Thiere angestifteten Schaden verantwortlich ist, noch eine andere Person für den Schaden verantwortlich, so haften beide als Gesammtschuldner. Derjenige, welcher den Schadenersatz geleistet hat, ist aber von dem Anderen, wenn dieser die Aufsicht für ihn übernommen hatte, oder wenn diesem eine vorsätzliche Verschuldung zur Last fällt, während der Erstere nur wegen Fahrlässigkeit zu haften hatte, vollen Ersatz des Geleisteten zu fordern berechtigt." C, in Artikel 1027a zu bestimmen: „Wegen der Verjährung des in Artikel 1025 bezeichneten Anspruchs des Beschädigten findet die Vorschrift des § 164 (der Zusammenstellung der Beschlüsse zum Obligationenrecht, Protokolle S. 1051 —1054) entsprechende Anwendung." Einverständniß bestand, daß das Gesetzbuch besondere Bestimmungen darüber aufzunehmen habe, inwiefern derjenige, welcher ein Thier halte, zum Ersatz des durch das letztere verursachten Schadens verpflichtet sei. Man hielt solche Bestimmungen für unentbehrlich, weil bei dem Mangel derselben der Beschädigte nach den allgemeinen Grundsätzen in vielen Fällen auf Schadensersatz keinen Anspruch haben werde, obschon das praktische Bedürfniß ein Anderes erfordere. Weiter war man der Ansicht, daß der Gegenstand im bürgerlichen Gesetzbuche keineswegs wegen der Bestimmungen des Strafgesetzbuchs § 366 Nr. 5, 6 § 367 Nr. 11 in Verbindung | mit § 145 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 964 —990)12 auf sich beruhen dürfe. In dieser Hinsicht hielt man schon die Gründe, die nach dem Eingange des Protokolls dazu bestimmt haben, den Antrag auf Streichung der Art. 1020 — 1024 abzulehnen, für durchschlagend. Sodann theilte die Mehrheit die Auffassung: der richtige Standpunkt, von welchem das Gesetz bei Erledigung des Gegenstandes auszugehen habe, sei der, daß dem Halter eines Thiers die Pflicht zur gehörigen Beaufsichtigung desselben •i S. bei SS 4 2 1 - 4 3 2 BGB. 12 S. bei 823, 826 BGB.
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§ § 8 3 3 - 834
dergestalt aufzuerlegen sei, daß die Verletzung dieser Pflicht als ein zivilrechtliches Delikt sich darstelle. Der Vorschlag des Antrags N - 3 A , a: „derjenige, welcher ein gefährliches wildes Thier (Strafgesetzbuch § 367 Nr. 11) ohne obrigkeitliche Erlaubniß halte, sei für jeden durch das Thier verursachten Schaden für verantwortlich zu erklären", fand nicht die Zustimmung der Mehrheit, die es für bedenklich erachtete, den Thierhalter auch dann, wenn er die Aufsichtspflicht in vollem Umfange erfüllt habe, — gegen die allgemeinen Grundsätze — für einen durch Zufall herbeigeführten Schaden verantwortlich zu machen, zumal die dem Halter des Thiers auferlegte Aufsichtspflicht zur Befriedigung des praktischen Bedürfnisses genüge. Dabei komme noch in Betracht, daß die Bestimmung des § 367 Nr. 11 des Strafgesetzbuchs, so lange dieselbe bestehe, in Verbindung mit S 145 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse dem Beschädigten noch einen besonderen Schutz gewähren werde. Man verständigte sich hierauf, daß nach Vorbild des Artikels 1025 Absatz 1 und 2 des Entwurfs und nach Anleitung der Anträge Ν 2 1 und 2 eine die Aufsichtspflicht bestimmende Vorschrift an die Spitze zu stellen, die Absätze 1 und 2 des Entwurfs jedoch nach Maßgabe der Anträge N 2 1 und 2 mit einander zu verschmelzen seien, da kein Grund obwalte, mit dem Entwürfe zwischen wilden | Thieren und Haus- | Prot 1 2878 thieren zu unterscheiden, der Prüfung bei der Redaktion aber vorzubehalten sei, ob die Fassung des Antrags Ν 2 1 oder die des Antrags N 2 2 den Vorzug verdiene oder ob nicht vielleicht die zugleich auf die Bestimmung § 367 Nr. 11 des Strafgesetzbuchs Rücksicht nehmende Fassung zu wählen sei : „Wer ein Thier halte, sei verpflichtet, die zur Verhütung von Beschädigungen durch dasselbe erforderlichen Vorsichtsmaßregeln unter Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters zu treffen, widrigenfalls er für den aus der Verletzung der Pflicht entstehenden Schaden verantwortlich sei." Der auf den Beweis sich beziehende Absatz 3 des Artikels 1025 des Entwurfs und der zu demselben nach dem Antrage N 2 2 gestellte Verbesserungsvorschlag wurden von der Mehrheit abgelehnt. Erwogen war: Dem dritten Absätze des Artikels 1025 wohne nach den Berathungs-Protokollen der Dresdener Konferenz ein Sinn bei, der ihn unannehmbar mache. Dem Halter des Thiers solle der Beweis nicht zustehen 12 ", daß aus der Verletzung der Aufsichtspflicht der Schaden nicht entstanden oder daß die Pflicht durch Bestellung eines tüchtigen Hüters erfüllt und von diesem trotz seiner gehörigen Beaufsichtigung wider Erwarten gefehlt sei. Damit werde der Boden des Delikts verlassen und wenn auch nicht ein fingirtes Delikt, doch eine, in das Rechtssystem sich schwer einfügende obligatio legalis geschaffen. Zu einer solchen künstlichen Regelung fehle es an haltbaren Gründen. In Frage könne nur kommen, ob nach Maßgabe der zum Artikel 1020 gefaßten Beschlüsse und im Einklänge mit dem Verbesserungsvorschlage N 2 2 die durch Gegenbeweis zu entkräftende Vermuthung auszusprechen sei, die Auf-1 sichtspflicht sei verletzt. Indessen auch hierzu liege, wie eine nähere | Prot 12879 Betrachtung ergebe, kein Bedürfniß vor. Möge der Schaden durch ein wildes oder nicht wildes Thier verursacht sein, so werde regelmäßig, wenn die Aufsichtspflicht wirklich verletzt sei, dies — zumal bei dem Prinzipe der freien Beweiswürdigung — ohne Schwierigkeit sich nachweisen lassen. Ohne die zwingendsten Gründe dürfe in die allgemeinen Grundsätze über die Beweislast nicht eingegriffen werden.
Im Original steht ein Semikolon.
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§§833-834 I Prot I 2881
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
| 262. Sitzung vom 21.1. 1883, Schriftführer Neubauer Die Berathung des Abschnitts des Oblgationenrechts, betreffend die Spezialdelikte wurde fortgesetzt zunächst noch zu Artikel 1025 —1027. In Ergänzung des zu der vorigen Sitzung zu den Artikeln 1025— 1027 gefaßten prinzipiellen Beschlusses und in Berücksichtigung der Anträge Ν 2 1, 2 und 3 wurde nachträglich Folgendes beschlossen: 1. Die gleiche Verpflichtung, welche demjenigen obliegt, der das Thier hält, trifft zugleich mit und neben demselben auch den, welcher die Führung der Aufsicht für den ersteren übernommen hat. Die Ausdehnung hielt man nicht für selbstverständlich, wohl aber in sachlicher Hinsicht für unbedenklich und wegen des dem Halter des Thiers betreffenden Falls gegen den Anderen einzuräumenden Regresses für unerläßlich. Zur Sprache kam, daß, wie im S 152 Absatz 2 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 1012—1014)13 von der Uebemahme der Aufsicht zu reden sei, um auch die gesetzlichen Vertreter zu treffen.
2. Hat der Thierhalter bei der Bestellung oder Beaufsichtigung desjenigen, der die Aufsicht übernommen hat (§§ 153, 154 der zu 1 gedachten Zusammenstellung, Protokolle S. 1016—1018)14 und zugleich der letztere bei Erfüllung der VorsichtsI Prot 12882 pflicht gefehlt, so haften beide als Gesammtschuldner; ist demzufolge | von dem Thierhalter Schadensersatz geleistet, so ist er von dem Anderen, unbeschadet der Bestimmung des § 28 der gedachten Zusammenstellung (Protokolle S. 526, 527)15, den vollen Ersatz des Geleisteten zu fordern befugt. Weder das Eine noch das Andere braucht indessen, wie die Mehrheit annahm, im Gesetze bestimmt zu werden; es ergiebt sich schon zur Genüge aus dem § 156 (Protokolle S. 1019)16 und beziehungsweise dem § 155 (Protokolle S. 1018)17 in Verbindung mit den §§ 153, 154 a.a.O. Von einigen Seiten war zwar die Selbstverständlichkeit des vollen Regresses (zu vergi. S S 27, 28 der erwähnten Zusammenstellung, Protokolle S. 524 — 527) bezweifelt; allein die Mehrheit erkannte die Berechtigung dieses Zweifels wegen der Bezugnahme des § 155 a.a.O. auf die §§ 153, 154 daselbst nicht an. 3. Beruht der Schaden zugleich auf Verschulden eines Dritten, der z. B. das Thier gehetzt hat, so ist auch dieser für den Schaden als Gesammtschuldner haftbar. Dies besonders zu bestimmen, ist, wie allseitig anerkannt wurde, gleichfalls entbehrlich; denn es folgt wieder zur Genüge aus den allgemeinen Grundsätzen ( S S 145, 156 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 964 — 990, 1019). Wie es in einem solchen Falle mit der Regreßpflicht des Dritten sich verhalte, hat das Gesetz nach der Entscheidung der Mehrheit ebenfalls nicht zu bestimmen. Erwogen war: Es könnte billig erscheinen, dem Thierhalter oder Aufsichtspflichtigen 17a , sofern diese nicht vorsätzlich gehandelt hätten, gegen den Dritten — zum wenigsten dann, wenn demselben Vorsatz zur Last fällt, den Regreß auf das Ganze zu gewähren. 13 H is 16
S. bei SS 831, 832 BGB. S . o . N. 11. S. bei S 830 BGB. S. o. N. 9.
17 S. o. N. 8. 17a
Im Original : Vorsichtspflichtigen
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25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 833 — 834
Gleichwohl müsse von einer solchen Bestimmung abgesehen werden, weil ein Gleiches für alle Fälle vorzuschreiben wäre, in welchen Mehrere durch unerlaubtes Handeln einen Schaden verschuldet haben und dem Einen Vorsatz, dem Anderen nur Fahrlässigkeit zur | Last zu legen sei. Es würde also der § 156 der gedachten | Prot 1 2883 Zusammenstellung (Protokolle S. 1019) zu ergänzen sein; diese Ergänzung erscheine aber wegen ihrer großen und in ihren Folgen schwer zu übersehenden Tragweite überaus bedenklich. Ungerechtfertigt würde es sein, nur für den zur Erledigung stehenden Fall, also für ein Spezialdelikt, eine Besonderheit vorzuschreiben. Von einer Seite war geltend gemacht worden, schon aus dem § 28 der ofterwähnten Zusammenstellung (Protokolle S. 526, 527) lasse sich das in Frage gestellte Regreßrecht auf das Ganze herleiten. Die Mehrheit hielt eine solche Herleitung sowohl wegen der Fassung des § 28 a.a.O., als auch wegen der Gründe, auf welchen derselbe beruhe (Protokolle S. 526, 527), für schwerlich haltbar. — Von einer anderen Seite wurde darauf hingewiesen, daß aus der vorsätzlichen Handlung eines Dritten in Fällen der vorliegenden Art unter Umständen dem Thierhalter oder Aufsichtspflichtigen171' ein selbständiger Deliktsanspruch nach den Bestimmungen des §145 Absatz 1 a.a.O. erwachsen könne, bei welchem die eigene Fahrlässigkeit des letzteren nur nach den Bestimmungen des § 157 a.a.O. in Betracht zu ziehen sein würde. 4. Besondere Bestimmungen über den Fall, wenn das von einem Dritten gehaltene Thier zu der Beschädigung Anlaß gegeben hat, oder wenn eine Fahrlässigkeit des Beschädigten bei der Entstehung des Schadens mitgewirkt hat, sind wegen des in der vorigen Sitzung gefaßten prinzipiellen Beschlusses, aus welchem insbesondere die Anwendbarkeit des § 157 der vorbezeichneten Zusammenstellung (Protokolle S. 1021, 1022) unmittelbar folgt, nicht erforderlich. Aus gleichem Grunde bedarf es keiner Bestimmung über die Haftung derjenigen, welche gemeinschaftlich ein Thier halten (Art. 1027 des Entwurfs), sowie über die Verjährung der Entschädigungsansprüche. In der ersteren Beziehung hängt die Haftung des Einzelnen davon ab, ob ihn für seine Person ein Verschulden trifft; ist der Vowurf der Pflichtverletzung gegen Mehrere begründet, so ist ihre Haf-1 tung | Prot I 2884 als Gesammtschuldner unbedenklich. In der zweiten Beziehung ist die Anwendbarkeit des § 164 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 1051 — 1054)18 nicht minder zweifellos. II. In der RedVorl und der ZustOR lauten die beschlossenen Vorschriften : Ist aus einem Gebäude nach einer öffentlichen Straße oder nach Orten hinaus, RedVorl/ wo Menschen zu verkehren pflegen, eine Sache ausgegossen oder ausgeworfen und ZustOR § 506 dadurch ein Anderer beschädigt, so hat dieser gegen den Inhaber des Gebäudes oder, wenn Mehrere das Gebäude nach Abtheilungen inne haben, gegen den Inhaber des Theils, von welchem aus der Schaden bewirkt worden ist, Anspruch auf dessen Ersatz, sofern der Inhaber die Person nicht nachweist, von welcher die beschädigende Handlung verübt worden ist. Der Inhaber ist zum Schadensersatz auch dann nicht verpflichtet, wenn er beweist, daß der Schaden durch eine Handlung bewirkt worden ist, für welche er
17b
Im Original: Vorsichtspflichtigen is S. bei §S 831, 832 BGB. 959
§§833-834
RedVorl/ZustOR § 507
RedVorl/ZustOR § 508 RedVorl/ZustOR § 509 RedVorl/ZustOR S 510 RedVorl/ZustOR §511
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
nach den für die Haftung aus unerlaubten Handlungen geltenden allgemeinen Vorschriften nicht verantwortlich ist.18a Hat der Inhaber eines Gebäudes oder eines Theils desselben auf Grund des § 506 Schadensersatz geleistet, so kann er von dem Urheber, soweit dieser für die beschädigende Handlung nach den für die Haftung aus unerlaubten Handlungen geltenden allgemeinen Vorschriften verantwortlich ist, Ersatz verlangen. 18b Haben Mehrere das Gebäude oder den Theil desselben, aus welchem der Schaden bewirkt worden ist, ungetheilt inne, so haften sie in den Fällen des § 506 als Gesammtschuldner. Der auf Grund des § 506 dem Beschädigten zustehende Anspruch verjährt binnen einem Monat. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkte der Beschädigung. 18c Die Vorschriften der §§ 506 — 509 finden entsprechende Anwendung, wenn eine Sache ohne gehörige Befestigung an einem Gebäude ausgestellt oder aufgehängt und durch ihr Herabfallen ein Anderer beschädigt worden ist.18d Wer ein Thier hält, ist verpflichtet, die zur Verhütung von Beschädigungen durch dasselbe erforderlichen Vorsichtsmaßregeln unter Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters zu treffen. Wird diese Verpflichtung von ihm verletzt, so ist er zum Ersätze des daraus einem Dritten entstandenen Schadens nach Maßgabe des § 145 verpflichtet. Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher die Führung der Aufsicht für den Halter des Thiers übernommen hat. 18e 18a 2u § 506 RedVorl ist angemerkt: 1. Der Eingang schließt sich der Fassung des Strafgesetzbuchs § 366 N- 8 thunlichst an. 2. Es ist beschlußgemäß darauf verzichtet, über den Begriff des Gebäudes, der Abtheilung oder im Fall, wenn aus einem Flur- oder Treppenfenster u.s.w. etwas geworfen ist oder wenn eine Ehefrau gemiethet hat u.s.w., ein Näheres zu bestimmen. 3. die Fassung dürfte zur Genüge ergeben, daß der im ersten Absätze gedachte Beweis auf die Voraussetzung sich bezieht, von welcher die gesetzliche Vermuthung der Schuld abhängt. Der Beweis des zweiten Absatzes dagegen die Widerlegung dieser Vermuthung zum Gegenstande hat. 4. Ueber die Verwendung der Worte: „Haftung", „haften", „verantwortlich" zu vergi. §§ 150, 151, 152 u.s.w. 18b 2u § 507 RedVorl ist angemerkt: Die Fassung muß ergeben, daß der Inhaber den Schaden nur auf Grund der positiven Anordnungen des § 8 zu ersetzen hatte. 18c Zu $ 509 RedVorl ist angemerkt: Die Fassung muß wieder ergeben, daß nur der in der positiven Vorschrift des $ 8 sich gründende Anspruch gemeint ist. Im Uebrigen zu vergi. § 164. I8d Zu § 510 RedVorl ist angemerkt: Es ist störend, daß im Entwürfe der Art. 1023 dem Art. 1024 vorausgeht. Zu vergi. Str. G.B. § 366 Nr. 8 : „ohne gehörige Befestigung". 18e Zu § 511 RedVorl ist angemerkt: 1. Zu vergi. Str. G.B. § 367 Nr. 11, auch § 366 Nr. 5. 2. Die Allegation des § 145 empfiehlt sich vielleicht zur Klarstellung des zivilrechtlichen Delikts und in Rücksicht auf die Frage, ob und inwiefern nur der voraussehbare Schaden zu ersetzen sei. Der Halter des Thiers kann doch nicht verbunden sein, für zufällige Schäden, die sich an eine Körper- oder Sachbeschädigung geknüpft haben, aufzukommen; es wird genügen, wenn er Schäden deckt, die in der Beschädigung selbst bestehen und als möglich immer vorauszusehen waren. 3. Wegen der Fassung im Uebrigen auch zu vergleichen § 153 (Pflichtverletzung), § 152 (für den Verpflichteten übernommen hat). 960
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 833 — 834
Bei Beratung der Anträge, welche gestellt waren in Betreff der Drucklegung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse wurde auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 IV) in § 709 statt: „binnen einem Monat" gesetzt: „mit Ablauf eines Monats" (Prot. I 3554, 3560). § 511 Satz 1 wurde ebenfalls auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 IV) gefaßt: „Wer ein Thier hält, ist verpflichtet, unter Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters diejenigen Vorsichtsmaßregeln zu treffen, welche erforderlich sind, um das Thier an der Zufügung von Beschädigungen zu hindern." (Prot. I 3556, 3560) III. Im KE entspricht § 723 dem § 506 ZustOR, § 724 dem § 507 ZustOR (die zit. Vorschrift ist im KE: § 723) § 725 KE (ZustOR § 508) lautet: Haben in den Fällen des § 723 Mehrere das Gebäude oder den Theil desselben, aus welchem der Schaden bewirkt worden ist, ungetheilt inne, so haften sie als Gesammtschuldner. § 726 KE entspricht mit der Änderung, wie vorstehend mitgeteilt beschlossen, dem § 509 ZustOR. § 727 KE entspricht §510 ZustOR; die zit. Vorschriften sind im K E : §§ 723-726. S 728 KE (ZustOR §511) lautet: Wer ein Thier hält, ist verpflichtet, unter Anwendung der Sorgfalt eines ordentliehen Hausvaters diejenigen Vorsichtsmaßregeln zu treffen, welche erforderlich sind, um das Thier an der Zufügung von Beschädigungen zu hindern. Wird diese Pflicht verletzt, so ist der Halter des Thieres zum Ersätze des daraus einem Dritten entstandenen Schadens nach Maßgabe des § 698 verpflichtet. Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher die Führung der Aufsicht für den Halter des Thieres übernommen hat. Bei der Redaktion einzelner Vorschriften des Obligationenrechts war beantragt: I 49. § 724 statt der Worte: „von dem Urheber, soweit dieser — verantwortlich ist" zu setzen: „von demjenigen, welcher — verantwortlich ist." 50. §§ 728, 729, 730 statt der Worte: „des § 698" zu setzen: „der §§ 698, 716 bis 720, 722" Beschlossen wurde: I Zu 49. Der Antrag wird angenommen und demgemäß in § 724 statt der Worte: „von dem Urheber, soweit dieser — verantwortlich ist" gesetzt: „von demjenigen, welcher — verantwortlich ist." Die Aenderung bezweckt lediglich eine Erläuterung der Vorschrift des § 724 im Sinne der zu demselben ge-1 faßten Beschlüsse (Prot. S. 2870). Zu 50. Der Antrag fand die Zustimmung der Mehrheit; es ist danach in den §§ 728, 729, 730 je statt der Worte: „des § 698" zu setzen: „der §§ 698, 7 1 6 - 7 2 0 , 722." Die Minderheit machte gegen die Aenderung geltend, daß sie eine sachliche sei. Die Mehrheit vermochte sich jedoch nicht zu überzeugen, daß diese Einwendung begründet sei. | 4. Letzterer Absatz. „Auch" kann nöthig erscheinen, um auszudrücken, daß auch der Halter des Thieres haften kann. 961
KE § 725
KE § 728
|Prot I 6199 Kurlbaum (Nr 576, 49) Kurlbaum (Nr 576, 50) | Prot I 6202
| Prot 16203
§§833-834
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Bei der 2. Beratung des KE war beantragt: I Prot 1 11878 | Zu § 723. Johow Abs. 1 Z. 2 v. u. statt „auf dessen Ersatz" zu setzen „auf Schadensersatz". (Nr 615,12) (Das Wort „dessen" weist zurück auf das unmit-1 telbar vorhergehende Wort IProti 11879 „Schaden"; ersetzt werden soll aber nicht bloß der in dem dort bezeichneten Falle entstandene Schaden.) Beschlossen wurde, statt „auf dessen Ersatz" zu setzen „auf Ersatz des Schadens".
EI § 729
EI § 730
EI § 731
E I § 732
E I § 733
E I § 734
IV. Im E I lauten die §§ 729 bis 734: Ist aus einem Gebäude nach einer öffentlichen Straße oder nach Orten hinaus, wo Menschen zu verkehren pflegen, eine Sache ausgegossen oder ausgeworfen und dadurch ein Anderer beschädigt, so hat dieser gegen den Inhaber des Gebäudes oder, wenn Mehrere das Gebäude nach Abtheilungen inne haben, gegen den Inhaber des Theiles, von welchem aus der Schaden bewirkt worden ist, Anspruch auf Ersatz des Schadens, sofern der Inhaber die Person nicht nachweist, von welcher die beschädigende Handlung verübt worden ist. Der Inhaber ist zum Schadensersatze auch dann nicht verpflichtet, wenn er beweist, daß der Schaden durch eine Handlung bewirkt worden ist, für welche er nach den für die Haftung aus unerlaubten Handlungen geltenden allgemeinen Vorschriften nicht verantwortlich ist. Hat der Inhaber eines Gebäudes oder eines Theiles desselben auf Grund des § 729 Schadensersatz geleistet, so kann er von demjenigen, welcher für die beschädigende Handlung nach den für die Haftung aus unerlaubten Handlungen geltenden allgemeinen Vorschriften verantwortlich ist, Ersatz verlangen. Haben in den Fällen des § 729 Mehrere das Gebäude oder den Theil desselben, aus welchem der Schaden bewirkt worden ist, ungetheilt inne, so haften sie als Gesammtschuldner. Der auf Grund des § 729 dem Beschädigten zustehende Anspruch verjährt mit Ablauf eines Monates. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkte der Beschädigung. Die Vorschrift der §§ 729 bis 732 finden entsprechende Anwendung, wenn eine Sache ohne gehörige Befestigung an einem Gebäude ausgestellt oder ausgehängt und durch ihr Herabfallen ein Anderer beschädigt worden ist. Wer ein Thier hält, ist verpflichtet, unter Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters diejenigen Vorsichtsmaßregeln zu treffen, welche erforderlich sind, um das Thier an der Zufügung von Beschädigungen zu hindern. Wird diese Pflicht verletzt, so ist der Halter des Thieres zum Ersätze des daraus einem Dritten entstandenen Schadens nach Maßgabe der §§ 704, 722 bis 726 und des § 728 Abs. 1 verpflichtet. Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher die Führung der Aufsicht für den Halter des Thieres übernommen hat.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Anträge lagen nicht vor. II. 86. Sitzung vom 19. 9. 1892 962
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 833 — 834
IV. Die §§ 729 — 732 wurden ihrem sachlichen Inhalte nach im Wesentlichen ge- Prot-RJA 566 billigt; für angemessen wurde es jedoch erachtet, die dem Grundstücksbesitzer nach § 729 obliegende Garantiepflicht auf den Fall der Verletzung des Körpers und der Gesundheit eines Menschen sowie auf den Fall der Beschädigung fremder Sachen zu beschränken. Ein Antrag, den Besitzer des Gebäudes unbedingt haften zu lassen, es sei denn, daß das Auswerfen oder Ausgießen nicht mit der Benutzung zusammenhing, zu welcher er das Gebäude besitzt, fand keinen Anklang. Die Vorschrift des § 729 Abs. 1, daß der Besitzer des Gebäudes frei sei, wenn er die Person nachweist, welche die beschädigende Handlung verübt hat, hielt man neben dem im Abs. 2 nachgelassenen Exkulpationsbeweise nicht mehr für erforderlich, nachdem zu den S S 710 —71219 die Umkehrung der Beweislast beschlossen sei. In redaktioneller Beziehung wurden die §§ 729 bis 732 wie folgt umgestaltet: § 729 (S§ 729, 732) Ist aus einem Gebäude nach einer öffentlichen Straße oder einem anderen Orte EI-RJA hin, wo Menschen zu verkehren pflegen, etwas ausgeworfen oder ausgegossen und § 729 dadurch das Leben oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sa-1 che | Prot-RJA 567 beschädigt, so ist der Besitzer des Gebäudes verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen, es sei denn, daß der Schaden durch eine Handlung bewirkt worden ist, für welche der Besitzer nach den allgemeinen Vorschriften über den Schadensersatz aus unerlaubten Handlungen nicht verantwortlich ist. Der Ersatzanspruch verjährt in einem Monat seit dem Zeitpunkte der Beschädigung. S 730 (S 729 Abs, 1, S 731) Besitzen Mehrere das Gebäude nach Abtheilungen, so finden die Vorschriften E I-RJA des $ 729 gegen den Besitzer derjenigen Abtheilung Anwendung, von welcher aus S 730 die beschädigende Handlung verübt worden ist. Befindet sich das Gebäude oder die Abtheilung im ungetheilten Besitze Mehrerer so haften sie als Gesammtschuldner. S 731 (S 730) Wer auf Grund der im S 729 bestimmten Haftpflicht Schadensersatz geleistet hat, kann von demjenigen, welcher für die beschädigende Handlung nach den allgemeinen Vorschriften über den Schadensersatz aus unerlaubten Handlungen verantwortlich ist, Ersatz verlangen. VI. Der S 733 erhielt in Konsequenz der zu den SS 729 — 732 gefaßten Beschlüsse folgende Fassung: Die Vorschriften der SS 729 bis 731 finden entsprechende Anwendung, wenn eine Sache ohne eine gehörige Befestigung an einem Gebäude aufgestellt oder aufgehängt und durch ihr Herabfallen das Leben, der Körper oder die Gesundheit eines | Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt ist. VII. Zu S 734 war die Kommission der Ansicht, daß der Besitzer von Thieren, die nicht zu den Hausthieren gehören, unbedingt für den durch die Thiere angerichteten Schaden haften müsse, ohne sich von der Ersatzpflicht durch den Nachweis befreien zu können, daß der Schaden trotz gewissenhafter Beaufsichtigung der Thiere entstanden sei. Hinsichtlich der Haftung für den r durch Hausthiere angerichteten Schaden hielt die Kommission ferner eine Umkehrung der Beweislast für angemessen, weil es unbillig erscheine, die Ersatzansprüche des Geschädigten von dem häufig schwer zu erbringenden Nachweis abhängig zu machen, daß der Besit19 S. bei SS 831, 832 BGB.
963
E I-RJA § 731
E I-RJA § 733 | Prot-RJA 568
§ § 8 3 3 — 834
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
zer des Thieres bei der Beaufsichtigung desselben die im Verkehr übliche Sorgfalt vernachlässigt habe. Dagegen müsse es dem Besitzer des Thieres gestattet sein, sich von seiner Ersatzpflicht auch durch den Nachweis zu befreien, daß der Schaden auch bei Anwendung der im Verkehr üblichen Sorgfalt entstanden sein würde. Endlich erscheine es im Interesse der Bienenzucht geboten, hinsichtlich der Frage der Ersatzpflicht des durch Bienen angerichteten Schadens die Bienen den Hausthieren gleichzustellen. Hiernach wurde der § 734 durch folgende Vorschriften ersetzt: §734 EI-RJA Wer ein Thier hält, ist, wenn das Thier das Leben, den Körper oder die Gesund§ 734 heit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Die Schadensersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Hausthier zugefügt ist und derjenige, welI Prot-RJA 569 eher das Hausthier hält, bei dessen Beaufsichtigung die im Verkehr | übliche Sorgfalt beobachtet hatte oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. Den Hausthieren stehen die Bienen gleich. Wird das Thier von Mehreren gehalten, so haften sie als Gesammtschuldner. Wer auf Grund dieser Vorschriften Schadensersatz geleistet hat, kann von demjenigen, welcher für die Beschädigung nach den allgemeinen Grundsätzen über den Schadensersatz aus unerlaubten Handlungen verantwortlich ist, Ersatz verlangen. § 734 a E I-RJA Wer für denjenigen, welcher ein Thier hält, die Führung der Aufsicht über das§ 734a selbe übernommen hat, haftet für den durch das Thier einem Anderen zugefügten Schaden in gleicher Weise, wie derjenige, welcher das Thier hält, es sei denn, daß er bei der Beaufsichtigung des Thieres die im Verkehr übliche Sorgfalt beobachtet hatte oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. Neben ihm haftet derjenige, welcher das Thier hält, als Gesammtschuldner.
C. 2. Kommission I. Die §5 729 bis 733 wurden zusammen berathen. Folgende Anträge lagen vor (Prot. II, Bd. 2, S. 641 ff.; Mugdan, Bd. 2, S. 1121 f.) 1. die Bestimmungen des Entw., und zwar a) die §§ 729 bis 732 durch nachstehende Vorschriften zu ersetzen: § 729 (729, 732). Ist aus einem Gebäude nach einer öffentlichen Straße oder einem anderen Orte hin, wo Menschen zu verkehren pflegen, etwas ausgeworfen oder ausgegossen und dadurch das Leben, der Körper oder die Gesundheit u.s.w. wie § 729 E I-RJA s 730 (729 Abs. 1, 731). E I-RJA $ 731 (730). E I-RJA Struckmann b) den § 733 zu fassen wie § 733 E I-RJA (Nr 244, 28) Wilke 2. die §§ 729 bis 733 ersatzlos zu streichen; (Nr 283, 2) Jacubezky 3. für den Fall der Beibehaltung der Bestimmungen (Nr 278, 5) a) den Schluß des unter 1 vorgeschlagenen § 729 Abs. 1 zu fassen: . . . es sei denn, daß das Auswerfen oder Ausgießen nicht mit der Benutzung zusammenhing, zu welcher das Gebäude dem Besitzer dient.
Struckmann (Nr 244, 27)
964
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 8 3 3 - 834
für den Fall der Ablehnung dieses Vorschlags nachstehende Fassung zu beschließen: . . . es sei denn, daß er dem Verletzten nachweist, daß der Schaden durch eine Handlung bewirkt worden ist, für welche der Besitzer nach den allgemeinen Vorschriften über die Schadensersatzpflicht aus unerlaubten Handlungen nicht verantwortlich ist. Der Besitzer kann sich nicht mehr durch diesen Nachweis von seiner Verpflichtung befreien, wenn er in dem über den Anspruch des Verletzten entstandenen Rechtsstreite Einwendungen nicht mehr geltend machen kann. Soweit der Schadensersatz geleistet ist, kann der Besitzer das Geleistete nicht auf Grund nachträglicher Beibringung des Nachweises zurückfordern. (Wegen des Nachweises vergi, ζ. Β. § 277a 20 , § 280 Abs. 3, § 580 Abs. 2, ferner Bankgesetz v. 14. März 1875 § 4 Abs. 2, Preßgesetz v. 7. Mai 1874 § 21 Abs. 2) b) den § 731 zu fassen: Ist im Falle der §§ 729, 730 für die beschädigende Handlung neben dem Besitzer des Gebäudes ein Dritter nach den allgemeinen Vorschriften über die Schadensersatzpflicht aus unerlaubten Handlungen verantwortlich, so haften beide als Gesammtschuldner. In ihrem Verhältnisse zu einander ist der Dritte allein verpflichtet. c) dem § 732 als Abs. 2 anzufügen: Hat sich der Besitzer des Gebäudes im Einverständnisse mit dem Verletzten der Beibringung des Nachweises unterzogen, daß der Schaden durch eine Handlung bewirkt worden ist, für welche der Besitzer nicht verantwortlich ist, so ist die Verjährung solange gehemmt, bis er dem Verletzten gegenüber den Nachweis für geliefert erklärt oder die Beibringung weiterer Behelfe verweigert hat. (Vergi. § 571 Abs. 2 in der Fassung der Red.Komm. 21 ) 4. im Falle der Ablehnung des Antrags 1 an Stelle der §§ 729 bis 733 des Entw. nachstehende Vorschriften aufzunehmen : a) Ist aus einem Gebäude nach einer öffentlichen Straße oder einem anderen Orte hin, wo Menschen zu verkehren pflegen, etwas ausgegossen oder hinausgeworfen und dadurch Jemand beschädigt worden, so hat der Beschädigte wider den Besitzer des Raumes, von wo aus der Schaden bewirkt ist, einen Anspruch auf Schadensersatz. Der in Anspruch Genommene kann sich nur durch den Nachweis befreien, daß die schädigende Handlung von einer nicht zu seinem Hauswesen gehörigen Person, die sich gegen seinen Willen in dem Räume aufgehalten hat, verübt worden ist. Mehrere Besitzer des fraglichen Raumes haften als Gesammtschuldner. Der Anspruch verjährt mit Ablauf eines Monats nach geschehener Beschädigung (Bähr § 805.) b) eine gleiche Regel für ausgestellte und ausgehängte Sachen. (Bähr § 806.) 5. dem unter 1 a vorgeschlagenen § 729 Abs. 1 am Schlüsse hinzuzufügen: Soweit der Schadensersatz geleistet ist, kann der Besitzer das Geleistete nicht auf Grund nachträglicher Beibringung des Nachweises zurückfordern. Die Komm, billigte eventuell den Antrag 5, beschloß dann aber nach dem Antrage 2, unter Ablehnung der übrigen Anträge, die Bestimmungen der §§ 729 bis 732 zu streichen. Der § 733 galt in Folge dessen ebenfalls als beseitigt.
20 Entw. II § 328. 21 Entw. II § 576 Abs. 2 Satz 3.
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Jacubezky (Nr 278,6)
Jacubezky (Nr 285, 3)
§ § 8 3 3 - 834
Struckmann (Nr 244, 29) Conrad (Nr 273) Jacubezky (Nr 278, 7)
Jacubezky (Nr 278, 8)
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Zu S 734 war beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 646ff.; Mugdan, Bd. 2, S. 1123f.): 1. die Bestimmungen des Entw. zu ersetzen durch §§ 734, 734 a E I-RJA. 2. in dem unter 1 vorgeschlagenen § 734 Abs. 1 den zweiten Satz zu streichen; 3. in dem Antrag 1, und zwar a) in dem § 734 dem Abs. 1 Satz 1, unter Streichung des zweiten und dritten Satzes, hinzuzufügen : es sei denn, daß der Schaden durch Verschulden des Verletzten oder in Folge höherer Gewalt entstanden ist. und dem Abs. 3 folgende Fassung zu geben: Ist für die Beschädigung neben demjenigen, welcher das Thier hält, ein Dritter nach den allgemeinen Vorschriften über die Schadensersatzpflicht aus unerlaubten Handlungen verantwortlich, so haften beide als Gesammtschuldner. In ihrem Verhältniß zu einander ist der Dritte allein verpflichtet. b) in dem § 734a den Eingang zu fassen: Wer die Führung der Aufsicht über ein Thier übernommen hat, h a f t e t . . . Den Antrag 3 b zog der Antragsteller mit dem Bemerken zurück, daß er den Vorschlag nicht mehr aufrecht erhalten wolle, nachdem die Komm, einen ähnlichen Antrag zu § 710 abgelehnt habe (S. 593). Bezüglich des unter 1 vorgeschlagenen § 734 erklärte sich die Mehrheit gegen die Bestimmungen des Abs. 1 Satz 3 und des Abs. 3. An Stelle des Abs. 3 entschied man sich für den Atrag 3 a. Im Uebrigen wurde der Antrag 1, unter Ablehnung des unter 3 a beantragten Zusatzes zu dem § 734 Abs. 1 Satz 1, angenommen.
II. In der VorlZust lauten die beschlossenen Vorschriften: E I-VorlZust Wer ein Thier hält ist, wenn das Thier das Leben, den Körper oder die Gesund§ 734 heit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Die Schadensersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Hausthier zugefügt ist und derjenige, welcher das Haustier hält, bei dessen Beaufsichtigung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hatte oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. Wird das Thier von Mehreren gehalten, so haften sie als Gesammtschuldner. Ist für die Beschädigung neben demjenigen, welcher das Thier hält, noch ein Dritter nach den allgemeinen Vorschriften über die Schadensersatzpflicht aus unerlaubten Handlungen verantwortlich, so haften Beide als Gesammtschuldner. In ihrem Verhältniß zu einander ist der Dritte allein verpflichtet. E I-VorlZust Wer für denjenigen, welcher ein Thier hält, die Führung der Aufsicht über das§ 734a selbe übernommen hat, haftet für den durch das Thier einem Anderen zugefügten Schaden, es sei denn, daß er bei der Beaufsichtigung des Thieres die im Verkehr übliche Sorgfalt beobachtet hat oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. Neben ihm haftet derjenige, welcher das Thier hält, als Gesammtschuldner.
E I-ZustRed Kom $ 714a E II ξ 756
III., IV. In der ZustRedKom sind die Vorschriften in §§ 714 a, 714 b, im E II in SS 756, 757 in folgender Fassung enthalten: Wird durch ein Thier ein Mensch getödtet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Thier hält, verpflichtet, dem Verletzten den (ZustRedKom : dadurch) entstandenen Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein 966
.25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 833 - 834
Hausthier entstanden ist und derjenige, welcher das Thier hält, bei dessen Beaufsichtigung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. (ZustRedKom : Wird das Thier von Mehreren gehalten, so haften sie als Gesammtschuldner.) 2 2 Wer für denjenigen, welcher ein Thier hält, die Führung der Aufsicht über das- E I-ZustRedKom selbe übernommen hat, ist für den durch das Thier einem Dritten zugefügten Scha- S 714 b den verantwortlich, es sei denn, daß er bei der Beaufsichtigung des Thieres die im E II § 757 Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. (ZustRedKom: Ist neben ihm derjenige verantwortlich, welcher das Thier hält, so haften sie als Gesammtschuldner. 2 3 ) Bei der Revision des E II war zu § 756 der Antrag wiederholt worden, 2 3 " im zweiten Satze die Worte „der Schaden durch ein Hausthier entstanden ist und" zu streichen. Der Antragsteller bemerkte begründend, daß kein Anlaß bestehe, für das Halten eines Thieres, das nicht zu den Hausthieren gehöre, die für alle ähnlichen Fälle abgelehnte Garantiepflicht aufzustellen. Die Wiederaufnahme der Berathung wurde abgelehnt. V. Im E II rev § 818 Satz 1, E III § 817 Satz 1 liegt die in § 833 B G B Gesetz gewordene Fassung vor. S a t z 2 E II rev § 818, E III § 817 lautet: Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Hausthier verursacht wird und derjenige, welcher das Thier hält, bei dessen Beaufsichtigung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. E II rev § 819, E III § 818 hat die in § 834 B G B Gesetz gewordene Fassung, wobei nur vor: „übernimmt" die Worte „durch Vertrag" noch fehlen. 24
E. Reichstag (XII. Kommission) I. Beantragt war: in SS 817 und 818 je den zweiten Satz zu streichen. hinter S 819 folgende Bestimmungen als S S 8 1 9 a und 819b einzusetzen: S 819a „Ist aus einem Gebäude nach einer öffentlichen Straße oder nach einem anderen Orte hin, wo Menschen zu verkehren pflegen, ein Gegenstand ausgeworfen oder ausgegossen und dadurch ein Mensch getödtet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt worden, so ist der Besitzer des Raumes, aus welchem der Schaden verursacht worden ist, verpflichtet, dem 22 Der 2. Absatz fehlt im E II wegen der im E II gebildeten Vorschrift des § 764, s. diesen bei S 840 BGB. 23 Zum Fehlen des 2. Satzes im E II s. vor. N. 23»Dazu ist angemerkt: „Vergi. Bd. II S. 646 Antrag 2". Dieser Antrag von Conrad (Nr. 273) zu § 734 E I war gerichtet auf Streichung des 2. Satzes im ganzen (?). 24 Nach Mugdan, Bd. 2, S. C X X X sind die Worte eingefügt von der Reichstagskommission. Der Bericht von Heller ergibt dazu nichts. 967
Gröber (Nr 66, 4) Gröber (Nr 66, 5)
§ § 8 3 3 - 834
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Befindet sich der betreffende Raum im ungetheilten Besitze Mehrerer, so haften sie als Gesammtschuldner. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Besitzer nachweist, daß die schädigende Handlung von einer Person, die sich gegen seinen Willen in dem Räume aufgehalten hat, verübt worden ist. Der Ersatzanspruch verjährt mit Ablauf eines Monats seit dem Zeitpunkt der Beschädigung. Der Ersatzpflichtige, welcher Schadensersatz geleistet hat, kann von demjenigen, welcher für die beschädigende Handlung nach allgemeinen Vorschriften verantwortlich ist, Erstattung des Geleisteten verlangen." § 819b „Die Vorschriften des § 819 a finden entsprechende Anwendung, wenn ein Gegenstand ohne gehörige Befestigung an einem Gebäude aufgestellt oder aufgehängt und durch sein Herabfallen das Leben, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt worden ist." II. 22. Sitzung vom 14. 4. 1896 (Bericht von Heller) Bei den §§817, 818 wurde, dem Antrage Gröber (N- 66 der Drucksachen Ziff. 4) entsprechend, je der zweite Satz gestrichen, nachdem der Antragsteller ausgeführt hatte, daß die Ausnahmen nicht gerechtfertigt seien; wer sich ein Haustier hält oder für den, der das Thier hält, die Aufsicht über das Tier übernimmt, müsse auch die damit verbundene Gefahr tragen. Struckmann hatte sich gegen den Antrag ausgesprochen, weil er unter Umständen namentlich für Unbemittelte zu großer Härte führen könne. Der Antrag Gröber auf Einschaltung neuer §§ 819a, 819b — actio25 de effusis et ejectis — (N- 66 der Drucksachen Ziff. 5) wurde von Struckmann als den modernen Verhältnissen nicht mehr entsprechend bekämpft, aus der Mitte der Kommission nicht ausdrücklich unterstützt und mit großer Mehrheit abgelehnt. . Buchka I. Zur 2. Lesung lag der Antrag vor, den § 817 in der Fassung des Entwurfs 118 III) wiederherzustellen. II. 46. Sitzung vom 5. 6. 1896 (Bericht von Heller) Den Antrag v. Buchka auf Wiederherstellung des § 817 in der Fassung des Entwurfs (Nr. 118 der Drucksachen Ziff. II 1) empfahl Struckmann zur Annahme, während Enneccerus sich mit Entschiedenheit dagegen erklärte. Er wurde gegen drei Stimmen abgelehnt. Die von der Redaktionskommission vorgeschlagene Beibehaltung des Satzes 2 vom § 818 wurde ohne Widerspruch genehmigt. Damit liegt die in § 834 BGB Gesetz gewordene Fassung vor. Zur Beratung des § 817 im Plenum des Reichstags s. stenograph. Berichte, S. 833ff. Die geltende Fassung des § 833 Satz 2 beruht auf einem Gesetz vom 30. 5. 1908.
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Im Original: actis.
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25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§835
§835 Wird durch Schwarz-, Roth-, Elch-, Dam- oder Rehwild oder durch Fasanen ein Grundstück beschädigt, an welchem dem Eigenthümer das Jagdrecht nicht zusteht, so ist der Jagdberechtigte verpflichtet, dem Verletzten den Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht erstreckt sich auf den Schaden, den die Thiere an den getrennten, aber noch nicht eingeernteten Erzeugnissen des Grundstücks anrichten. Ist dem Eigenthümer die Ausübung des ihm zustehenden Jagdrechts durch das Gesetz entzogen, so hat derjenige den Schaden zu ersetzen, welcher zur Ausübung des Jagdrechts nach dem Gesetze berechtigt ist. Hat der Eigenthümer eines Grundstücks, auf dem das Jagdrecht wegen der Lage des Grundstücks nur gemeinschaftlich mit dem Jagdrecht auf einem anderen Grundstück ausgeübt werden darf, das Jagdrecht dem Eigenthümer dieses Grundstücks verpachtet, so ist der letztere für den Schaden verantwortlich. Sind die Eigenthümer der Grundstücke eines Bezirkes zum Zwecke der gemeinschaftlichen Ausübung des Jagdrechts durch das Gesetz zu einem Verbände vereinigt, der nicht als solcher haftet, so sind sie nach dem Verhältnisse der Größe ihrer Grundstücke ersatzpflichtig. Vorbemerkung des Herausgebers: Eine dem § 835 entsprechende Vorschrift war im E I nicht enthalten und weder von der 1. Kommission noch der Vorkommission des Reichsjustizamts erwogen worden.
C. 2. Kommission I. Es lag der Antrag vor, (Prot. I, Bd. 2, S. 648 f.; Mugdan, Bd. 2, S. 1125 f.) hinter § 734 folgende Bestimmungen in das Gesetzbuch einzustellen: Für Schaden, welcher an Grundstücken und ihren Erzeugnissen von jagdbarem Wilde angerichtet wird, das nach landesgesetzlichen Bestimmungen nicht Jedermann erlegen oder fangen darf, steht dem Nutzungsberechtigten ein Entschädigungsanspruch zu. Zur Entschädigung verpflichtet ist derjenige, welcher auf dem beschädigten Grundstücke zur Jagd berechtigt ist. Ueben mehrere das Jagdrecht aus, so haften sie solidarisch. Ist der Schaden durch Wild verursacht, welches nicht in dem Jagdbezirke des Entschädigungspflichtigen seinen ständigen Aufenthalt hat (Streif- und Wechselwild), so kann der Entschädigungspflichtige Ersatz der von ihm geleisteten Entschädigung von demjenigen verlangen, aus dessen Wildstande das Wild ausgetreten ist. Hat der Jagdberechtigte sein Jagdrecht verpachtet, so haftet er nur, wenn von seinem Pächter Schadensersatz nicht zu erlangen ist. Verträge, durch welche Ersatz des Wildschadens ausgeschlossen oder eingeschränkt wird, sind nichtig. hierzu der Unterantrag, diesen Bestimmungen folgende Vorschrift in einem besonderen Paragraphen anzuschließen: Den Landesgesetzen bleibt überlassen, die Entscheidung der ordentlichen Gerichte von einem Vorverfahren behufs Ermittelung des angerichteten Schadens abhängig zu machen, die hierfür zuständige Behörde zu bestimmen, und das Verfahren zu regeln. 969
Goldschmidt (Nr 279)
Hoffmann (Nr 294,1)
§835
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
eventuell als Abs. 2 hinzuzufügen: Ebenso bleibt es denselben vorbehalten, den von Kleinwild, mit Ausschluß des Rehwildes, und von Federwild angerichteten Schaden von der Ersatzpflicht auszuschließen. Die Berathung über diese Anträge wurde bis zum Schlüsse des zweiten Buches ausgesetzt. Nach Erledigung der das Spiel und die Wette betreffenden Vorschriften trat die Komm, in die Berathung der Frage ein, ob im Anschluß an die zu § 734 gefaßten Beschlüsse Vorschriften über den Ersatz des Wildschadens in das B.G.B, aufgenommen werden sollen. Folgende Anträge lagen vor (Prot. II, Bd. 2, S. 806; Mugdan, Bd. 2, S. 1125 ff.): Goldschmidt (Nr 279)
1. hinter § 734 nachstehende Vorschriften einzustellen: Für Schaden, welcher an Grundstücken und ihren Erzeugnissen von jagdbarem Wilde angerichtet wird, das nach landesgesetzlichen Bestimmungen nicht Jedermann erlegen oder fangen darf, steht dem Nutzungsberechtigten ein Entschädigungsanspruch zu. Zur Entschädigung verpflichtet ist derjenige, welcher auf dem beschädigten Grundstücke zur Jagd berechtigt ist. Ueben Mehrere das Jagdrecht aus, so haften sie solidarisch. Ist der Schaden durch Wild verursacht, welches nicht in dem Jagdbezirke des Entschädigungspflichtigen seinen ständigen Aufenthalt hat (Streif- und Wechselwild), so kann der Entschädigungspflichtige Ersatz der von ihm geleisteten Entschädigung von demjenigen verlangen, aus dessen Wildstande das Wild ausgetreten ist. Hat der Jagdberechtigte sein Jagdrecht verpachtet, so haftet er nur, wenn von seinem Pächter Schadensersatz nicht zu erlangen ist. Verträge, durch welche Ersatz des Wildschadens ausgeschlossen oder eingeschränkt wird, sind nichtig. (Vorbehalten bleibt, zur Aufnahme in den Art. 11 des E.G. besondere Bestimmungen über das Verfahren zur Abschätzung des Wildschadens zu beantragen.)
Struckmann (Nr 315,1)
2. das Verhältniß wie folgt zu regeln: a) in das B.G.B, hinter § 734 nachstehende Paragraphen einzustellen: § a. Wird durch jagdbare Thiere an land- oder forstwirthschaftlich benutzten Grundstücken oder an deren Erzeugnissen Schaden verursacht (Wildschaden), so können die Nutzungsberechtigten nach Maßgabe der §§ b bis d Ersatz des ihnen erwachsenen Schadens verlangen. § b. Ein Anspruch auf Ersatz des Wildschadens findet nur statt, wenn der Schaden durch Schwarz-, Roth-, Dam-, Elchwild, Rehe, Kaninchen oder Fasanen an solchen Grundstücken verursacht ist, auf denen die eigene Ausübung der Jagd den Grundbesitzern nach gesetzlicher Vorschrift nicht zusteht. § c. Der Ersatzanspruch ist ausgeschlossen, wenn bei Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt oder wenn der Besitzer des beschädigten Grundstücks veranlaßt hat, daß die Jagd auf dem Grundstücke ruht, oder wenn es zu solchen Grundstücken gehört, auf denen die Jagdausübung durch das Gesetz allgemein untersagt ist. § d. Ersatzpflichtig ist derjenige, welchem auf dem beschädigten Grundstücke die Ausübung des Jagdrechts zusteht. Mehrere Berechtigte haften als Gesammtschuldner. 970
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§835
b) für den Fall, daß die Beschränkung des Schadenwildes auf die in § b angegebenen Wildarten abgelehnt werden sollte, dem Art. 43 des Einf.-Ges. hinzuzufügen: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche den Ersatzanspruch für Wildschaden auf andere als auf die im § b genannten Wildarten ausdehnen. c) den Art. 43 des Einf.-Ges. zu fassen: Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetzgebung über Jagd und Fischerei mit Einschluß der Vorschriften über die Zuständigkeit und das Verfahren bei Verfolgung von Ersatzansprüchen für Wildschaden.
Struckmann (Nr 315, 2)
Struckmann (Nr 315, 3)
3. für den Fall, daß die Aufnahme von Vorschriften über die Verpflichtung zum Jacubezky Ersätze des Wildschadens für erforderlich erachtet werden sollte, folgende Bestim- (Nr 319) mungen aufzunehmen: a) in den Entw. des Gesetzbuchs : § 734b. Wird durch Schwarz-, Roth-, Elch-, Dam- oder Rehwild Schaden an einem Grundstücke oder an den auf dem Grundstücke befindlichen Erzeugnissen angerichtet, so ist der Jagdberechtigte verpflichtet, dem Verletzten den Schaden zu ersetzen. Mehrere Jagdberechtigte haften als Gesammtschuldner. Steht die Ausübung des mit dem Eigenthum verbundenen Jagdrechts auf einem Grundstücke wegen der Lage desselben zu einem anderen Grundstücke nach den Vorschriften des öffentlichen Rechtes dem Eigenthümer dieses Grundstücks zu oder ist die Ausübung der Jagd auf einem Grundstück, auf welchem wegen der Lage desselben zu einem anderen Grundstücke die Jagd nur durch den Eigenthümer dieses Grundstücks ausgeübt werden darf, durch Vertrag dem Eigenthümer dieses Grundstücks überlassen, so ist derselbe als Jagdberechtigter anzusehen. Sind nach den Vorschriften des öffentlichen Rechtes die Grundstücke eines Bezirks zum Zwecke der Ausübung des mit dem Eigenthume verbundenen Jagdrechts zu einem Jagdbezirke vereinigt, so ist der Schaden von den Eigenthümern der Grundstücke nach dem Verhältnisse zu ersetzen, nach welchem sie an den Nutzungen der Jagd theilnehmen. Steht die Ausübung des Jagdrechts nach den Vorschriften des öffentlichen Rechtes der Gemeinde oder einer Jagdgenossenschaft zu, so ist die Gemeinde oder die Jagdgenossenschaft als Jagdberechtigter anzusehen. § 734 c. Ist neben demjenigen, welcher nach den Vorschriften des § 734 b für den Schaden verantwortlich ist, ein Dritter zum Schadensersatze verpflichtet, so haften sie als Gesammtschuldner; in ihrem Verhältnisse zu einander ist der Dritte allein verpflichtet. b) in den Entw. des Einf.Ges. : Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen 1. die Verpflichtung zum Ersätze des durch Wild angerichteten Schadens sich auf den Schaden erstreckt, der durch jagdbare Thiere anderer als der im § 734 b des B.G.B, bezeichneten Gattungen angerichtet ist; 2. für den durch jagdbare Thiere, welche aus einem Gehege austreten, angerichteten Schaden der Besitzer des Geheges verantwortlich ist; 3. die Verpflichtung zum Ersätze des durch Wild an Gärten, Obstgärten, Weinbergen, Baumschulen und einzeln stehenden Bäumen angerichteten Schadens ausgeschlossen ist, wenn die Herstellung von Schutzvorrichtungen unterblieben ist, die unter gewöhnlichen Umständen zur Abwendung des Schadens ausreichen ; 4. für den Fall, daß die Grundstücke eines Bezirks zum Zwecke der Ausübung des mit dem Eigenthume verbundenen Jagdrechts zu einem Jagdbezirke vereinigt 971
§835
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
sind, die Gemeinde an Stelle der Eigenthümer der Grundstücke zum Ersätze des durch das Wild angerichteten Schadens verpflichtet und zum Rückgriff auf die Eigenthümer der Grundstücke berechtigt oder an Stelle der Eigenthümer der Grundstücke, der Gemeinde oder der Jagdgenossenschaft oder neben den Eigenthümern der Grundstücke, der Gemeinde oder der Jagdgenossenschaft der Jagdpächter zum Ersätze des Schadens verpflichtet ist. Unberührt bleiben ferner die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Grundsätze bestimmen, nach denen die Größe des durch Wild angerichteten Schadens festzustellen ist. Hoffmann (Nr 294,1)
4. den unter 1 vorgeschlagenen Bestimmungen hinzuzufügen: Den Landesgesetzen bleibt überlassen, die Entscheidung der ordentlichen Gerichte von einem Vorverfahren behufs Ermittelung des angerichteten Schadens abhängig zu machen, die hierfür zuständige Behörde zu bestimmen und das Verfahren zu regeln. eventuell die weitere Vorschrift aufzunehmen : Ebenso bleibt es denselben vorbehalten, den von Kleinwild (außer von Rehwild) und von Federwild angerichteten Schaden von der Ersatzpflicht auszuschließen.
Spahn (Nr 323,1)
5. dem Abs. 4 des Antrags 1 hinzuzusetzen: Bei den in der Nähe von Forsten belegenen Grundstücken, welche einem nach landesrechtlichen Vorschriften gebildeten gemeinschaftlichen Jagdbezirke zugehören, ist der Ersatzanspruch ausgeschlossen, wenn die Jagd auf ihnen deshalb nicht verpachtet ist, weil ein Antrag auf deren Verpachtung nicht gestellt worden war. Die Jagdverpachtung hat in Jagdbezirken mit solchen Grundstücken auf den Antrag auch nur eines Eigenthümers und zwar öffentlich zu erfolgen.
Struckmann (Nr 318, 1)
Struckmann (Nr 318, 2)
Struckmann (Nr 318, 3)
6. in dem Antrage 2 a) den § a wie folgt zu gestalten: Wird durch jagdbare Thiere an land- oder forstwirthschaftlich benutzten Grundstücken oder an deren Erzeugnissen, soweit diese sich auf den Grundstücken noch befinden, Schaden verursacht (Wildschaden), so können die Nutzungsberechtigten mit Einschluß der Pächter nach Maßgabe der §§ b bis d Ersatz des ihnen verursachten Schadens verlangen. b) an Stelle des § b zu bestimmen: Ein Anspruch auf Ersatz des Wildschadens findet nur statt, wenn der Schaden durch Schwarz-, Roth-, Dam-, Elchwild, Rehe, Kaninchen oder Fasanen an oder auf solchen Grundstücken verursacht ist, auf denen das Jagdrecht nach gesetzlicher Vorschrift den Grundbesitzern überhaupt nicht zusteht oder nur von der Gesammtheit der einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk angehörenden Grundbesitzer oder nur von dem Inhaber eines anliegenden Jagdbezirkes ausgeübt werden kann. c) den § d dahin zu ändern : Ersatzpflichtig ist derjenige, welchem auf dem beschädigten Grundstücke das Jagdrecht zusteht. Mehrere Jagdberechtigte haften als Gesammtschuldner. Gehört das beschädigte Grundstück zu einem auf gesetzlicher Vorschrift beruhenden gemeinschaftlichen Jagdbezirk, in welchem die Jagd nur von der Gesammtheit der Grundbesitzer ausgeübt werden kann, so sind die Grundbesitzer des Jagdbezirkes nach näherer Bestimmung der Landesgesetze ersatzpflichtig. Kann auf einem Grundstücke wegen seiner Lage zu anderen Grundstücken nach gesetzlicher Vorschrift die Jagd von dem Grundbesitzer selbst nicht ausgeübt werden, so ist wegen des an oder auf dem Grundstücke verursachten Wildschadens der Inhaber des umschließenden oder des anschließenden Jagdbezirkes ersatzpflichtig, 972
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§835
sofern er zur Ausübung der Jagd auf dem Grundstücke berechtigt ist. Mehrere Berechtigte haften als Gesammtschuldner. d) in dem Entw. des Einf.Ges. dem Art. 43 hinzuzufügen: Struckmann Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze, nach welchen in dem (Nr 318, 4) Falle des § (d) Abs. 3 des B.G.B, der Inhaber des umschließenden oder des anschließenden Jagdbezirkes auch dann ersatzpflichtig ist, wenn er die ihm angebotene Pachtung der Jagd auf dem eingeschlossenen oder anliegenden Grundstück abgelehnt hat. 7. von dem Antragsteller zu 2, für den Fall, daß der § d des Antrags abgelehnt Danckelmann werden sollte, die Ersatzpflicht dahin zu regeln: (Nr 320) § d. Ersatzpflichtig sind: bei dinglichen Jagdrechten auf fremdem Grund und Boden der Jagdberechtigte; bei gemeinschaftlichen Jagdbezirken, auf denen nach gesetzlicher Vorschrift das Jagdrecht nur von der Gesammtheit der dem Jagdbezirk angehörenden Grundbesitzer ausgeübt werden darf, die Jagdgemeinschaft nach näherer Bestimmung der Landesgesetze; bei Grundstücken, welche nach gesetzlicher Vorschrift einem einschließenden oder anschließenden Jagdbezirke zugelegt worden sind (Jagd-Einschlüsse und -Anschlüsse), der Inhaber des einschließenden oder anschließenden Jagdbezirkes. Mehrere Jagdberechtigte oder Jagdinhaber (Abs. 2, 4) haften als Gesammtschuldner. (Es wird nicht für zweckmäßig erachtet, dem Inhaber des ein- oder anschließenden Jagdbezirkes die Ersatzpflicht mit dem preuß. Wildschaden-Ges. v. 11. Juli 1891 § 3 auch für den Fall aufzuerlegen, daß er die angebotene Anpachtung der Jagd auf der Enklave etc. abgelehnt hat. Eventuell würde eine dahin gehende Bestimmung im Sinne des Antrags 6d der Landesgesetzgebung zu überlassen und etwa so zu fassen sein : Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche bei Jagd-Einschlüssen oder Jagd-Anschlüssen dem Inhaber des einschließenden oder anschließenden Jagdbezirkes eine über die Bestimmungen in § d des B.G.B, hinausgehende Haftung auferlegen.) 8. dem § d des Antrags 7 nachstehende Bestimmungen folgen zu lassen: Spahn § e. Ist für einen Schaden Ersatz geleistet, welchen in der Zeit vom 1. Februar bis (Nr 323, 2) Ende August das in einem nicht zum gemeinschaftlichen Jagdbezirke gehörigen Forste sich aufhaltende Wild angerichtet hat, so kann der Ersatzpflichtige die geleistete Entschädigung von dem Forsteigenthümer erstattet verlangen. Dieser Anspruch findet auch gegen den Eigenthümer eines eingehegten Forstes statt, es sei denn, daß das Austreten des Wildes aus dem Gehege ohne sein Verschulden stattgefunden hat. Der Erstattungsanspruch ist bei den in der Nähe von Forsten belegenen zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirke gehörigen Grundstücken ausgeschlossen, wenn die Jagd auf ihnen etc. (wie im Antrage 5). § f. Der Schadensersatzanspruch verjährt in einem Monate seit der Kenntniß der Beschädigung. Kann die Schadensfeststellung nach landesgesetzlicher Vorschrift durch eine andere Behörde als die Gerichte erfolgen, so steht die Anmeldung des Schadens bei jener Behörde der Klageerhebung gleich. Für die nach erfolgter Unterbrechung beginnende neue Verjährung genügt die der ursprünglichen gleich kommende Frist. Der Anspruch auf Erstattung geleisteter Entschädigung verjährt in einem Monate seit der Erhebung des Schadensersatzanspruchs. 973
§ 835
Planck (Nr 322)
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
9. im Falle der Annahme eines der Anträge Nr. 2, 3, 6 a) noch folgende Bestimmung in das Einf.Ges. aufzunehmen: Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze, nach welchen der zum Ersätze des Wildschadens Verpflichtete Erstattung des von ihm geleisteten Ersatzes von demjenigen verlangen kann, welchem gesetzlich die Ausübung der Jagd in einem anderen Jagdbezirk als demjenigen, in welchem der Schaden angerichtet ist, zusteht. oder b) statt des Schlusses : . . . welchem gesetzlich die Ausübung der Jagd in demjenigen Jagdbezirke zusteht, aus welchem das Wild, welches den Schaden angerichtet hat, ausgetreten ist oder in welchem das Wild seinen regelmäßigen Aufenthalt hat. Von einer Mitteilung des Schicksals der Anträge im Einzelnen wird aus Raumgründen abgesehen und auch insoweit auf Prot. II, Bd. 2, S. 826 — 842 verwiesen.
II. In der VorlZust lauten die beschlossenen Vorschriften als §§ 734 b bis d: E I-VorlZust Wird durch Schwarz-, Roth-, Elch-, Damm- oder Rehwild Schaden an einem S 734 b Grundstück oder an den auf dem Grundstücke befindlichen Erzeugnissen desselben angerichtet, so kann der Verletzte Ersatz des Schadens fordern, wenn das Jagdrecht auf dem Grundstück einem Anderen als dem Eigenthümer zusteht 1 oder nach gesetzlicher Vorschrift das mit dem Eigenthum des Grundstücks verbundene Jagdrecht nur von der Gemeinschaft der zu einem Jagdbezirke vereinigten Eigenthümer oder nur gemeinschaftlich mit dem Jagdrechte des Eigenthümers eines anderen Grundstücks ausgeübt werden darf. Steht an dem Grundstück einem Anderen als dem Eigenthümer ein zeitlich nicht beschränktes Nutzungsrecht zu, so ist der Wildschaden zu ersetzen, wenn das Jagdrecht einem Anderen als dem Nutzungsberechtigten zusteht oder die Ausübung des mit dem Nutzungsrechte verbundenen Jagdrechts nach Maßgabe des ersten Absatzes beschränkt ist. Zu § 734b E I-VorlZust ist angemerkt: Da der Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuchs zeitlich nicht beschränkte Nutzungsrechte nicht kennt, so hat die Vorschrift des zweiten Absatzes, sofern nicht etwa bei der 2. Lesung derartige Nutzungsrechte zugelassen werden sollten, nur Bedeutung für die bei der Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs bereits bestehende Nutzungsrechte der fraglichen Art. Sie wird daher in das Einführungsgesetz zu übertragen sein, etwa in folgender Fassung : Steht bei dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Ansehung eines Grundstücks einem Anderen als dem Eigenthümer ein zeitlich nicht begrenztes Nutzungsrecht zu, so findet der im § 734 b des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmte Anspruch auf Ersatz des Wildschadens statt, wenn das Jagdrecht auf dem Grundstück einem Anderen als dem Nutzungsberechtigten zusteht oder die Ausübung des mit dem Nutzungsrechte verbundenen Jagdrechts in der im § 734 b bestimmten Art beschränkt ist. E I-VorlZust Die Verpflichtung zum Ersätze des Wildschadens liegt dem Jagdberechtigten § 734c ob. Sind die Grundstücke eines Bezirks zum Zwecke der Ausübung des mit dem Eigenthum verbundenen Jagdrechtes zu einem Jagdbezirke vereinigt, so hat die nach den Vorschriften des öffentlichen Rechtes zu diesem Zwecke bestehende Ge1
Im Original steht an dieser Stelle ein Punkt.
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25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§835
meinschaft der Eigenthümer dieser Grundstücke den Schaden zu ersetzen. Die Grundbesitzer des Jagdbezirks haften, wenn landesgesetzlich nicht ein Anderes bestimmt ist, nach Verhältniß der Größe der betheiligten Grundstücke. Steht die Ausübung des Jagdrechts der Gemeinde zu, so ist diese als Jagdberechtigte anzusehen. Darf das mit dem Eigenthum verbundene Jagdrecht auf einem Grundstücke wegen der Lage desselben zu einem anderen Grundstücke nur gemeinschaftlich mit dem Jagdrechte des Eigenthümers des anderen Grundstücks ausgeübt werden, so ist derjenige, welchem die Ausübung des Jagdrechts nach den Vorschriften des öffentlichen Rechtes zusteht oder auf Grund dieser Vorschriften überlassen ist, als Jagdberechtigter anzusehen. Mehrere Jagdberechtigte haften als Gesammtschuldner. E I-VorlZust Ist neben demjenigen, welcher nach den Vorschriften des § 734 c für den Scha- S 734 d den verantwortlich ist, (nach den allgemeinen Grundsätzen) ein Dritter zum Schadensersatze verpflichtet, so haften sie als Gesammtschuldner; in ihrem Verhältnisse zu einander ist der Dritte allein verpflichtet. Zu § 734d E I-VorlZust ist angemerkt: In den Entwurf des Einführungsgesetzes sollen folgende Vorschriften aufgenommen werden : Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze, nach welchen 1. die Verpflichtung zum Ersätze des durch Wild angerichteten Schadens sich auf den Schaden erstreckt, der durch jagdbare Thiere anderen als der im § 734 b des B.G.B, bezeichneten Gattungen angerichtet ist; 2. in den Fällen des § 734 c Abs. 3 der Eigenthümer eines Grundstücks 11 , mit dessen Jagdrechte das Jagdrecht auf einem anderen Grundstücke nur gemeinschaftlich ausgeübt werden darf, für den auf dem anderen Grundstück angerichteten Wildschaden auch dann haftet, wenn er die ihm angebotene Pacht dieses Grundstücks abgelehnt hat. 3. für den durch jagdbare Thiere, welche aus einem Gehege austreten, angerichteten Schaden, der Besitzer des Geheges verantwortlich ist; 4. die Verpflichtung zum Ersätze des durch Wild an Gärten, Obstgärten, Weinbergen, Baumschulen und einzelnstehenden Bäumen angerichteten Schadens ausgeschlossen ist, wenn die Herstellung von Schutzvorrichtungen unterblieben ist, die unter gewöhnlichen Umständen zur Abwendung des Schadens ausreichen; 5. im Falle des 5 734c Abs. 2 des B.G.B, die Gemeinde an Stelle der Gemeinschaft der Eigenthümer der Grundstücke zum Ersätze des durch das Wild angerichteten Schadens verpflichtet und zum Rückgriff auf die Eigenthümer der Grundstükke berechtigt oder an Stelle oder neben der Gemeinschaft der Eigenthümer oder der Gemeinde der Jagdpächter zum Ersätze des Schadens verpflichtet ist. 6. der zum Ersätze des Wildschadens Verpflichtete Erstattung des von ihm geleisteten Ersatzes von demjenigen verlangen kann, welcher in einem anderen Bezirke als demjenigen, in welchem der Schaden angerichtet wurde, zur Ausübung der Jagd berechtigt ist. Unberührt bleiben ferner die Vorschriften der Landesgesetze, welche die Grundsätze bestimmen, nach denen die Größe des durch Wild angerichteten Schadens festzustellen ist oder welche eine Frist bestimmen, innerhalb welcher der Anspruch auf Ersatz des Schadens bei der zuständigen Behörde geltend gemacht werden muß. la
Im Original fehlt das Komma.
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§835
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
III. —V. In der ZustRedKom sind die §§ 734b und c in nachfolgender Fassung zusammengefaßt in § 714b 1 , im Ε II in § 758 und im E II rev in § 820 (E III § 819): E I-ZustRedKom Als 5714b 1 soll folgende Vorschrift eingestellt werden : S 714bi Wird durch Schwarz-, Roth-, Elch-, Dam- (E II: Damm-) oder Rehwild ein Grundstück beschädigt, an welchem dem Eigenthümer das Jagdrecht nicht zusteht, so ist der Jagdberechtigte verpflichtet, dem Verletzten den Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht erstreckt sich (ZustRedKom, E II: auch) auf den Schaden, welchen (E II rev: den) die Thiere an den getrennten, aber noch nicht eingeernteten Erzeugnissen des Grundstücks anrichten. Ist dem Eigenthümer die Ausübung des ihm zustehenden Jagdrechts durch das Gesetz entzogen, so hat (ZustRedKom, E II: dem Verletzten) derjenige den Schaden zu ersetzen, welcher zur Ausübung des Jagdrechts nach dem Gesetze berechtigt ist. Hat der Eigenthümer eines Grundstücks, auf welchem (E II rev: dem) das Jagdrecht wegen der Lage des Grundstücks nur gemeinschaftlich mit dem Jagdrecht auf einem anderen Grundstück ausgeübt werden darf, das Jagdrecht dem Eigenthümer dieses Grundstücks verpachtet, so ist der Letztere für den Schaden verantwortlich. (ZustRedKom: Mehrere Ersatzpflichtige haften als Gesammtschuldnerlb.) Sind die Eigenthümer der Grundstücke eines Bezirkes zum Zwecke der gemeinschaftlichen Ausübung des Jagdrechts durch das Gesetz zu einem Verbände vereinigt, der nicht als solcher haftet, so sind sie (ZustRedKom, E II: in Ermangelung einer anderen landesgesetzlichen Vorschrift) nach dem Verhältnisse der Größe ihrer Grundstücke ersatzpflichtig. Zu § 714b 1 ZustRedKom, E II $ 758 ist angemerkt: In dem Entwurf des Einführungsgesetzes sollen geeigneten Ortes folgende Vorschriften aufgenommen werden : I. Besteht in Ansehung eines Grundstücks ein zeitlich nicht begrenztes Nutzungsrecht, so finden die Vorschriften des § 714b 1 (E I: 758) des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verpflichtung zum Ersätze des Wildschadens mit der Maßgabe Anwendung, daß an die Stelle des Eigenthümers der Nutzungsberechtigte tritt. II. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen 1. die Verpflichtung zum Ersätze des Wildschadens auch dann eintritt, wenn der Schaden durch jagdbare Thiere anderer als der im § 714b 1 (E II: 758) des B.G.B. (E II: Bürgerlichen Gesetzbuchs) bezeichneten Gattungen angerichtet wird; 2. für den Wildschaden, welcher durch ein aus einem Gehege ausgetretenes jagdbares Thier angerichtet ist, der Eigenthümer oder der Besitzer des Geheges verantwortlich ist; 3. der Eigenthümer eines Grundstücks, wenn das Jagdrecht auf einem anderen Grundstücke nur gemeinschaftlich mit dem Jagdrecht auf seinem Grundstücke ausgeübt werden darf, für den auf dem anderen Grundstücke angerichteten Wildschaden auch dann haftet, wenn er die ihm angebotene Pachtung der Jagd abgelehnt hat; 4. der Wildschaden, der an Gärten, Obstgärten, Weinbergen, Baumschulen und einzelstehenden Bäumen angerichtet wird, dann nicht zu ersetzen ist, wenn die Herstellung von Schutzvorrichtungen unterblieben ist, die unter gewöhnlichen Umständen zur Abwendung des Schadens ausreichen;
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Dieser Absatz fehlt im E II wegen des im E II gebildeten § 764, s. diesen bei § 840 BGB.
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25. Titel: Unerlaubte Handlungen
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5. die Gemeinde an Stelle der Eigenthümer der zu einem Jagdbezirke vereinigten Grundstücke zum Ersätze des Wildschadens verpflichtet und zum Rückgriff auf die Eigenthümer berechtigt oder an Stelle der Eigenthümer oder des Verbandes derselben oder der Gemeinde oder neben ihnen der Jagdpächter zum Ersätze des Schadens verpflichtet ist; 6. der zum Ersätze des Wildschadens Verpflichtete Erstattung des geleisteten Ersatzes von demjenigen verlangen kann, welcher in einem anderen Bezirke zur Ausübung der Jagd berechtigt ist. III. Unberührt bleiben ferner die landesgesetzlichen Vorschriften über die Grundsätze, nach denen der Wildschaden festzustellen ist, sowie die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen der Anspruch auf Ersatz des Wildschadens innerhalb einer bestimmten Frist bei der zuständigen Behörde geltend gemacht werden muß. § 734 d VorlZust ist in der ZustRedKom in § 714 f. enthalten, s. die Fassung dieser Vorschrift und ihr weiteres Schicksal bei ξ 840 BGB.
D. Bundesrat (Justizausschuß) I. Anträge : Bayern will aus den in den Protokollen S. 3203 ff. gegen die Hereinziehung des Wildschadensersatzes in das Bürgerliche Gesetzbuch angeführten Gründen den § 758 streichen und den Art. 43 des Entwurfes des Einführungsgesetzes aufrechterhalten. Württemberg beanstandet ebenfalls die Regelung des Anspruchs auf Wildschadensersatz im Bürgerlichen Gesetzbuche. Wenn auch der Anspruch privatrechtlicher Natur sei, so könne er doch nur im Zusammenhange mit dem Jagdrechte geregelt werden, das dem Gebiete des öffentlichen Rechtes angehöre. Auch handle es sich dabei um eine Frage von mehr örtlicher Bedeutung. Die Anwendung der Bestimmungen des § 758 unter der Herrschaft der zur Zeit in Württemberg bezüglich der Ausübung der Jagd geltenden Vorschriften würde vielfach zu unbefriedigenden Ergebnissen führen und dazu nöthigen, die Wirkungen des Gesetzes stets durch Vereinbarungen in den Jagdverträgen einzuschränken. Wenn auch in der Anm. zu § 758 weitgehende Vorbehalte für die Landesgesetzgebung in Aussicht genommen seien, so erscheine es jedenfalls unerwünscht, daß auf diese Weise die Einzelstaaten genöthigt würden, zum Zwecke sachgemäßer Regelung des schwierigen Gegenstandes in einem ihrer freien Wahl entzogenen, vielleicht ganz ungeeigneten Zeitpunkte den Weg der Landesgesetzgebung zu betreten. Es wird deshalb beantragt, den § 758 zu streichen und die Regelung der Frage des Wildschadensersatzes im ganzen Umfange der Landesgesetzgebung vorzubehalten. Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz bestreiten das Bedürfniß einer reichsrechtlichen Regelung des Ersatzanspruchs wegen Wildschadens. In Mecklenburg-Schwerin sei die Frage des Wildschadensersatzes erst kürzlich geordnet worden. Eine erschöpfende Regelung durch das Bürgerliche Gesetzbuch sei wegen des engen Zusammenhanges mit dem Jagdrechte 977
§835
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
nicht möglich, wie denn auch der Entwurf kein einheitliches Recht schaffe. Jedenfalls könne das Rehwild nicht schlechthin zum Schadenwilde gerechnet werden. Ein von Rehwild verursachter Schaden rechtfertige einen Ersatzanspruch nur dann, wenn er bestimmten Kulturgewächsen zugefügt oder auf übermäßigen Wildstand zurückzuführen sei. Deshalb wird befürwortet, den 5 758 zu streichen und den Art. 43 des Entwurfes des Einführungsgesetzes aufrechtzuerhalten, für den Fall der Ablehnung dieses Vorschlags aber den Eingang des § 758 dahin zu fassen: „Wird durch Schwarz-, Roth-, Elch- oder Dammwild ein Grundstück . . Sachsen-Altenburg beanstandet gleichfalls die Aufnahme von Vorschriften über den Ersatz von Wildschaden in das Bürgerliche Gesetzbuch. Schaumburg-Lippe ist dagegen mit der Regelung des Wildschadensersatzes und mit den in das Einführungsgesetz einzustellenden Vorschriften einverstanden. Elsaß-Lothringen hält die Vorschrift für zu weitgehend, daß auch wegen der durch Schwarzwild verursachten Beschädigung eines Grundstücks, an welchem dem Eigenthümer nicht das Jagdrecht zustehe, der Jagdberechtigte zum Schadensersatze verpflichtet ist. Der einzelne Jagdberechtigte könne den Schaden, welchen Schwarzwild verursache, bei den weiten Wanderungen desselben thatsächlich nicht hindern. Solle eine gesetzliche Ersatzpflicht für Schwarzwildschaden festgestellt werden, so lasse sich dies in einer der Billigkeit und Zweckmäßigkeit entsprechenden Weise nur durch Bildung größerer ersatzpflichtiger Verbände erreichen. II. Berichte der Geschäftsträger 1. Sieveking (Bremen) Zu § 820 (II, 758) hatte Bayern die Streichung beantragt und vorgeschlagen, die Bestimmungen über den Ersatz des Wildschadens den Landesgesetzen vorzubehalten. Der Antrag wurde indeß gegen die Stimmen Bayerns, Württembergs und Sachsens abgelehnt, und ebenfalls gegenüber einer Bemerkung Elsaß-Lothringens, daß der Schwarzwildschaden, und einer Bemerkung Mecklenburg-Schwerins, daß der Rehwildschaden aus den Vorschriften des § 820 herausgelassen werden sollte, beschlossen, an dem Entwurf festzuhalten. 2. von Heller (München) Bei dem § 820 sprach sich der Berichterstatter für den Entwurf aus. Baden betrachte die Aufnahme der Bestimmungen über den Ersatz des Wildschadens als einen Fortschritt gegenüber dem ersten Entwürfe. Der Reichstag würde ohne allen Zweifel die Einbeziehung des Gegenstands begehren; die Streichung würde zu einem Agitationsmittel in der Hand der den Regierungen nicht geneigten Parteien werden. Ich hielt den Bayerischen Antrag aufrecht, Sachsen und Württemberg erklärten ihre Zustimmung. Der Vorsitzende erklärte, die Preußische Regierung würde gerne entgegenkommen. Allein nachdem es nicht gelungen ist, in der Kommission die Ausscheidung der Wildschadensersatzfrage zu erzielen, würde die Streichung im Bundesrate ein Odium auf die Regierung werfen, und der Reichstag würde mit Energie auf die Wiederherstellung der Bestimmung dringen, vielleicht ohne 978
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§835
sich auf die vielen Vorbehalte einzulassen, durch die der Entwurf der Verschiedenheit der Verhältnisse in den einzelnen Bundesstaaten Rechnung trägt. Er glaube, daß die jetzt gegen den Entwurf stimmenden Regierungen ein schlechtes Geschäft machen würden. Hessen und Lübeck erklärten sich ebenfalls für den Entwurf; der Antrag Bayerns war damit abgelehnt. Bezüglich der Frage, ob das „Schwarzwild" aus der Bestimmung zu streichen sei, wie Elsaß-Lothringen anregt 2 , erkannte der Berichterstatter an, daß die Anregung erhebliche Gründe für sich habe. Allein Num. II 7 der von der Kommission beschlossenen Anmerkung zeige vielleicht den Weg, um hierin der Billigkeit Rechnung zu tragen. Möglicher Weise lasse sich die Num. 7 noch etwas ausgestalten. Das könne man der Beratung des Einführungsgesetzes vorbehalten. Der Kommissar Struckmann meinte, die Num. 7 werde wohl schon in ihrer jetzigen Fassung genügen. Gegen die Anregung Elsaß-Lothringens sprachen sich Preußen, Bayern, Sachsen und Württemberg aus; sie war daher abgelehnt. Der Mecklenburgische Vorschlag, das Rehwild auszunehmen, wurde von keiner Seite unterstützt. 3. Schicker (Württemberg) Zu § 820 (758) wurde zunächst die Frage diskutiert, ob die Materie des Wildschadensersatzes in das bürgerliche Gesetzbuch aufzunehmen sei. Den verneinenden Stimmen der Vertreter von Bayern, Sachsen, Württemberg standen die übrigen Stimmen mit Majorität gegenüber. Deren Motiv ist wesentlich das politische, daß der Reichstag diese Materie ja jedenfalls hereinziehen würde und dann wohl auch die jetzt vorgesehenen zahlreichen Vorbehalte für die Landesgesetzgebung gestrichen würden. Hierauf wurde der Wunsch Elsaß-Lothringens auf Streichung des Schwarzwildes aus § 820 diskutiert. Obwohl der Referent das Schwarzwild als Wechselwild anerkannte und die Haftung des einzelnen Jagdberechtigten als unbillig bezeichnete, wurde doch der von mir geltend gemachten Ansicht, daß, wenn einmal der Wildschadensersatz aufgenommen werde, der Ersatz des Schwarzwildschadens am wenigsten gestrichen werden könne, von allen Seiten beigepflichtet, von Geheimrath Struckmann noch bemerkt, daß jedenfalls eher dem zum Schutz ermächtigten Jagdberechtigten als dem wehrlosen Bauern der Schaden auferlegt werden könne. Auch sei nicht nur Schwarzwild ein Wechselwild. Übrigens wurde darauf hingewiesen, daß die Ziff. 7 der Vorbehalte für die Landesgesetze ermögliche, mehrere Jagdbezirke für diesen Gegenstand zusammenzulegen. Dem Antrag von Elsaß-Lothringen wurde keine Folge gegeben, ebensowenig dem Mecklenburgischen Wunsch auf Streichung des Rehwilds. E. Reichstag (XII. Kommission) I. Anträge: 1. den § 819 zu streichen und im Einführungsgesetz einen Hinweis aufzuneh- v. Maltzan men, daß die Regelung der Wildschadensfrage der Gesetzgebung der Einzelstaaten (Nr 64,1, 2) überlassen bleibt. 2. für den Fall der Ablehnung des Antrages 1 folgenden Zusatz hinter Absatz 1 zu machen: „Als eingeerntet gelten die Erzeugnisse auch dann, wenn sie in Diemen, Miethen, Beimen u. dergl. zusammen gebracht worden sind." 2
Im Original steht ein Semikolon.
979
§ 835 Gröber
(Nr 45)
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
3. z u § 8 1 9 :
a) in Absatz 1 den ersten Satz folgendermaßen zu fassen: „Wird durch Schwarz-, Roth-, Elch-, Dam- oder Rehwild, durch Hasen oder Fasanen ein Grundstück beschädigt, an welchem dem Eigenthümer das Jagdrecht nicht zusteht, so ist der Jagdberechtigte verpflichtet, dem Verletzten den Schaden zu ersetzen." b) folgenden Absatz 4 hinzuzufügen : „Ist der Schaden durch Schwarz- oder Rothwild entstanden, das seinen Stand auf einem Grundstück hat, an welchem dem Ersatzpflichtigen das Jagdrecht oder die Ausübung des Jagdrechts nicht zusteht, so ist diesem der an jenem Grundstück zur Jagd oder zur Ausübung des Jagdrechts Berechtigte zur Erstattung des geleisteten Schadensersatzes verpflichtet." II. 22. Sitzung vom 14. 4. 1896 (Bericht von Heller) Der Antrag Freiherr von Maltzan auf Streichung des § 819 (N 2 64 der Drucksachen Ziff. 1) wurde außer von seinen Fraktionsgenossen nur von dem nationalliberalen D L Günther unterstützt, von anderen Seiten, insbesondere von Gröber und von Letocha, sowie von Struckmann bekämpft. Eine längere Diskussion entspann sich über die Anträge Gröber (N 2 45 der Drucksachen Ziff. 1 a, b). Struckmann trat beiden Anträgen entgegen, dem Antrage Ziff. 1 a hauptsächlich deshalb, weil es das wichtigste sei, reichsrechtlich nur diejenigen Tiere als sogenanntes Schadenswild3 zu bezeichnen, hinsichtlich deren in dieser Beziehung die Landesgesetze übereinstimmen, ferner weil Hasen in Feldern nur geringfügigen Schaden zu machen pflegen, die von ihnen hauptsächlich gefährdeten Baumschulen, Weinberge aber durch Einfriedung geschützt werden können, und auch der durch Fasanen entstehende Schaden nicht erheblich sei. Der das Wechselwild betreffende Antrag (Ziff. 1 b) empfehle sich deshalb nicht zur Annahme, weil der erforderliche Beweis sehr schwierig zu führen sei und die Bestimmung nur zu zahlreichen nutzlosen Prozessen führen würde. Die Erhebung des Regreßanspruchs sei überdies in den meisten Fällen deshalb ungerecht, weil durch Wechselwild in der Regel das Jagderträgnis des Grundstücks, auf das es austritt, erhöht wird. Beide Anträge wurden indes mit sehr großer Mehrheit angenommen, ebenso — gegen vier Stimmen — der hienach abgeänderte § 819 im ganzen. Den Zusatzantrag zum Absatz 1 (N 2 64 der Drucksachen Ziff. 2) zog der Antragsteller von Maltzan zurück, nachdem sich ergeben hatte, daß — ebenso wie im Bundesrate — auch in der Kommission Einstimmigkeit darüber besteht, daß die in dem Antrage bezeichneten Früchte als „eingeerntet" anzusehen sind.
III. 1. Zur 2. Lesung war beantragt: v. Buchka 1. im § 819 die Worte „durch Hasen oder durch Fasanen" zu streichen (Nr 118 II 2) 2. den § 819 a folgendermaßen zu fassen : Enneccerus „Wird der Schaden durch Schwarz- oder Rothwild verursacht, das aus einem (Nr 126, 6) anderen Jagdbezirke ausgetreten ist, so ist im Verhältniß zu dem Ersatzpflichtigen derjenige zum Ersätze der Hälfte des Schadens verpflichtet, welcher in dem anderen Jagdbezirke für Wildschaden ersatzpflichtig ist." 3
Im Original heißt es „Schademwild".
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25. Titel: Unerlaubte Handlungen
Anh zu § 835
2. 46. Sitzung vom 5. 6. 1896 (Bericht von Heller) Der Antrag v. Buchka zum § 819 (Nr. 118 der Drucksachen Ziff. II 2) und der von dem Abgeordneten Pauli gestellte Unterantrag, nur die Worte „durch Hasen" zu streichen, führten zu einer langen Diskussion. Der als Kommissar zugezogene Oberförster Danckelmann, Direktor der Forstakademie zu Neustadt-Eberswalde, befürwortete in längerem Vortrage hauptsächlich den Unterantrag. Auch der Antragsteller v. Buchka hatte schon bei Begründung seines Antrags zu erkennen gegeben, daß er auf die Streichung der „Fasanen" einen besonderen Wert nicht lege. Auch im übrigen fand zwar der Antrag auf Streichung der Hasen Unterstützung von mehreren Seiten, insbesondere von Enneccerus und v. Bennigsen; hinsichtlich der Fasanen dagegen schien Einstimmigkeit darüber zu bestehen, daß der Beschluß erster Lesung aufrecht erhalten werden müsse. Gleichwohl glaubte ich im Laufe der Diskussion wiederholt für diesen Teil des Antrags v. Buchka eintreten zu sollen. Die Abstimmung ergab die Beibehaltung der Worte „durch Hasen" mit erheblicher Mehrheit; dafür stimmten das Zentrum, die Freisinnigen und die Sozialdemokraten. Auf die Abstimmung über den zweiten Teil seines Antrags verzichtete v. Buchka hienach. Zum § 819 a lagen vor der Antrag v. Buchka (Nr. 118 Ziff. II 3) und der Antrag Enneccerus (Nr. 126 der Drucksachen Ziff. 6). Den letztbezeichneten Antrag änderte der Antragsteller dahin ab, daß er statt „ausgetreten" setzte „gekommen", weil es möglich sei, daß der Jagdbezirk, aus dem das Wild „ausgetreten" ist, nur einen ganz schmalen Streifen bildet, und sich deshalb nachweisen läßt, daß das Wild aus dem dahinter liegenden anderen Jagdbezirke über jenen „gekommen" ist. Struckmann sprach sich gegen den gesamten Antrag aus, der dadurch, daß er von dem „Standorte" des Wildes absieht, gegen den dem Beschlüsse der ersten Lesung zugrund liegenden Gedanken verstoße, daß den Schaden der tragen soll, dem das Wild gewissermaßen gehört, und machte außerdem auf die Schwierigkeiten aufmerksam, die sich aus der Halbierung der Regreßpflicht in dem Falle ergeben, daß das Wild aus mehreren anderen Jagdbezirken gekommen ist. Enneccerus zog darauf seinen Antrag zurück. Den Antrag v. Buchka befürwortete der Oberforstmeister Danckelmann in einem eingehenden Vortrage aus juristischen, volkswirtschaftlichen und praktischen Gründen. Gröber bemerkte darauf, daß er zwar Zweifel gegen die Gerechtigkeit und Ausführbarkeit des Beschlusses der ersten Lesung bekommen habe, jedoch, solange nicht eine bessere Lösung4 gefunden sein wird, für dessen Beibehaltung stimmen werde. Die Kommission entschied sich mit nicht unerheblicher Mehrheit für die Aufrechterhaltung des § 819 a. Uber die Beratung der §§ 819, 819 a im Plenum des Reichstags, die zur Streichung der Worte „durch Hasen" in § 819 und des § 819 a im ganzen führten, s. Stenograph. Berichte, S. 367 ff., 841 ff. Mit den Beschlüssen des Plenums in § 819 liegt die in § 835 BGB Gesetz gewordene Fassung vor. Mit Inkrafttreten des Reichsjagdgesetzes am 3. 7. 1934 ist § 835 gestrichen worden. Anhang Während der Beratungen der XII. Kommission des Reichstags hat eine u. a. den § 819 E III betreffende Beratung im preuß. Staatsministerium in dessen Sitzung am 4. 6. 1896 stattgefunden. Das Protokoll dieser Sitzung, soweit es den § 819 E III betrifft (s. im übrigen den Einleitungsband zu dieser Edition S. 410 f. und den Anhang zu § 839 BGB) lautet wie folgt: 4
Im Orginal steht „Lesung". 981
Anh zu § 835
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Ein zweiter Punkt sei die Frage, in welchem Umfange Schadensersatz für Jagdschäden zu leisten sei. Der Entwurf habe die Grundsätze über den Ersatz aufgestellt, dabei aber gewisse Vorbehalte für die Landesgesetzgebung geregelt. Die Kommission habe die Punkte geändert: 1. Den Ersatz des Schadens durch Interesse eingefügt, wie dasselbe bereits in dem preußischen Gesetze vom 11. Juli 1891 enthalten sei; 2. den Ersatz von Hasenschaden im Anschluß an ähnliche Bestimmungen wie sie in Bayern sowie in der Gesetzgebung für Hannover und Kurhessen enthalten seien; 3. einen Regreßanspruch eingeführt bei Schäden durch Wechselwild derart, daß der Jagdberechtigte, in dessen Jagdbezirk Wechselwild einen von ihm zu vertretenden Schaden verursacht hat, berechtigt sei, Regreß zu nehmen an den Besitzer, in dessen Bezirk das Wild seinen Standort hat. Die ähnlichen Vorschriften der hannoverschen Gesetzgebung hätten zu Beanstandungen keinen Anlaß gegeben. Vorstehende drei Bestimmungen hätten die Regierungsvertreter in der Kommission entschieden bekämpft, damit aber kein Glück gehabt. Nur die Konservativen und die Freikonservativen hätten ihnen dabei zur Seite gestanden, alle anderen Parteien seien dagegen gewesen. Die Zwischenzeit habe er benutzt, um unter der Hand Änderungen zu erreichen. Es sei eine Bewegung in Jägerkreisen hervorgetreten, die allerdings mit übertriebenen Prätentionen auftrete und sogar das preußische Gesetz von 1891 im Sinne eines verringerten Feldschutzes ändern wolle. Die Bewegung zeige, daß durch diese Beschlüsse vielfach Anstoß erregt sei. Nach seinen vorläufigen Bemühungen dürfe er annehmen, daß die Nationalliberalen sich auf den Standpunkt der Regierung stellen würden. Aber da die ganze Linke dagegen sei, bedürfe die Regierung zur Majorität noch eines Theils des Zentrums. Bei diesem seien seine Versuche erfolglos geblieben. Die Führer sagten, die öffentliche Meinung binde sie, da sonst eine gefährliche sozialdemokratische Agitation herbeigeführt werde; der Ersatz für Fasanenschaden bestehe schon seit 1891 in Preußen, für Hasenschaden in einem großen Theile Preußens und ein Regreßanspruch wenigstens in Hannover; die Bestimmungen könnten mithin nicht so schädlich sein. Gegen diese Gründe des Zentrums sei nicht aufzukommen gewesen; er habe zwar den Oberforstmeister Danckelmann veranlaßt, an den Sitzungen Theil zu nehmen, weil derselbe Beziehungen zu dem Zentrum besitze. Aber auch dessen Bemühungen seien vergeblich gewesen. Der Geheime Kabinettsrath von Lucernus habe ihm auf den Wunsch Sr. Majestät ausgedrückt, daß für die Aufrechterhaltung des Entwurfs eingetreten werde; er habe Herrn von Lucernus mit der Versicherung beruhigt, daß alles geschehe; derselbe habe anerkannt, daß das Bürgerliche Gesetzbuch darum nicht aufgegeben werden könne, wenn auf diesem Gebiete vielleicht nichts zu erreichen sei. Der Herr Minister für Landwirtscbaftbemerkte, daß er Herrn Danckelmann alles im Ministerium für Landwirtschaft vorhandene Material zur Verfügung gestellt habe. Die Fasanenfrage sei jagdlich ohne Bedeutung; Fasanen könnten nur in größeren Privatjagden gehalten werden und schadeten wesentlich nur auf dem eigenen Gebiete dessen, der sie halte. Sollten sie sich auf fremde Gebiete weiter verbreiten, so erwachse der Schaden regelmäßig in der Nähe des Standorts und sowohl während der Aussaat wie in der Reifezeit; da könne der Jagdberechtigte auch den Schaden bezahlen. Anders liege die Sache bei den Hasen. In den Gebieten, wo Entschädigung gewährt werde, bestehe die Bestimmung, daß den Eigenthümern besonderer Kulturen (Gärtnereien pp.) für Hasenschaden eine Entschädigung nicht gewährt wird, son982
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
Anh zu § 835
dem diese sich selbst schützten müßten. Also komme nur der im Felde und Walde verursachte Schaden in Betracht; Schaden thue der Hase im Walde namentlich dem Buchenlaub; das aber würde zu weit gehen. Die Sache habe in Hannover eine ganz andere Richtung genommen. Nicht die Jagdberechtigten seien Gegner der Ersatzpflicht, sondern die Realgemeinden, welche die Träger der verpachteten Jagden sind. Prinz Albrecht habe einmal 15.000 M. Entschädigung zahlen müssen für Schaden, den Hasen in einer großen Baumschule angerichtet hatten. Das habe die Folge, daß dergleichen Jagden nicht mehr zu verpachten seien. In Folge dessen kämen die Klagen weniger von den Jägern, als aus den Kreisen der betheiligten Gemeinden, welche die Verpflichtung zum Ersätze des Hasenschadens wieder beseitigt wissen wollten. Wolle man die Ersatzpflicht für Hasenschaden bestehen lassen, so würden die Einnahmen der Gemeinden aus ihren Jagden ruinirt, wenn nicht wenigstens die Eigenthümer besonderer Kulturen sich selbst schützen müßten (durch Einfriedungen pp.). Was den Regreß für Schaden durch Wechselwild anlange, so bestimme das Jagdschutzgesetz für Hannover, daß das zu Schaden gehende Rothwild auch während der Hegezeit jeder Zeit erlegt werden darf. Eine Korrektur gegen diese Befugniß habe aber darin bestanden, daß das Wild nicht verkauft werden durfte. Diese Bestimmung wurde jetzt in Folge des preußischen Gesetzes von 1891 als aufgehoben angesehen. Jetzt schössen die Leute das Rothwild und verkauften es. In Folge dessen sei dasselbe seinem Untergange preisgegeben. Dadurch seien zahlreiche Beschwerden und Anträge erwachsen, welche zu der Erwägung führten, ob die Rechtsfrage nicht an den obersten Gerichtshof zu bringen sein müßte. Die Auslegung, daß die Hannoversche Bestimmung über den Nichtverkauf des erlegten Rothwildes durch das Preußische Gesetz von 1891 aufgehoben sei, erachte er für ganz verfehlt. Dazu komme die Schwierigkeit der technischen Frage: Was ist Wechselwild und wo hat es seinen Standort? Die Frage erheische stets eingehende Untersuchung und sei beispielsweise bei Sauen gar nicht zu entscheiden. In Hannover seien in Folge dessen große Prozesse geführt worden, ohne daß dabei etwas heraus käme. Es sei daher unrichtig, zu sagen, daß sich die Bestimmung in Hannover als zweckmäßig erwiesen habe. Er habe sich in parlamentarischen Kreisen über die Lage der Sache verständigt. Es sei ihm gesagt, daß Herr von Benningsen, der Vater des Hannoverschen Gesetzes, jetzt selbst zu einer gegentheiligen Ansicht gekommen sei und diese Bestimmung beseitigen wolle; auch Herr von Huene interessire sich dafür. Es werde daher wohl die Bestimmung durch Abkommandirung einzelner Mitglieder zu beseitigen sein. Er votire dahin, den Ersatz für Fasanenschaden zuzugestehen, den für Hasenschaden und den Regreßanspruch bei Wechselwild zu bekämpfen. Der Herr Justizminister war bezüglich des Fasanenschadens einverstanden, ebenso bezüglich des Roth- und Schwarzwildes, wo die Leute durch Regreßklagen sich nur Kosten machten ohne Nutzen. Was den Hasenschaden anlage, so sei die Sache allerdings von Bedeutung, da es sich nicht blos um den Schaden in freiem Felde, sondern auch in nicht eingefriedigten Kulturen, Baumschulen pp. handele. Aber das Einführungsgesetz bestimme in Art. 69 Nr. 4, „unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach denen der Wildschaden, der an Gärten pp. angerichtet wird, dann nicht zu ersetzen ist, wenn die Herstellung von Schutzvorrichtungen unterblieben ist, die unter gewöhnlichen Umständen zur Abwendung des Schadens ausreichten." Dadurch würden die gesetzlichen Vorschriften in den einzelnen Provinzen aufrechterhalten, auch habe die Landesgesetzgebung es in der Hand, solche Bestimmungen einzuführen. 983
Anh zu § 835
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
In dieser Hinsicht hob auch der Herr Staatssekretär Stieberding hervor, daß, wenn der Ersatz für Hasenschaden nicht herauszubringen sei, dann in Preußen ein Gesetz erlassen werden müsse, um dies zu erreichen. Der Herr Vice-Präsident war auch dafür, die Bestimmungen wegen der Fasanen nicht zu beanstanden, dagegen den Versuch zu machen, die beiden anderen Bestimmungen herauszubringen. Gelinge es nicht, so gebe der Art. 69 Nr. 4 des Einführungsgesetzes die Handhabe zu Korrekturen bei Hasenschaden. Die Gewährung des Regresses bei Schaden durch Rothwild sei eine törichte, aber ungefährliche Bestimmung, da der Beweis, wo dasselbe seinen Standort habe, nicht zu führen sei. Er würde daher die Bestimmungen bekämpfen, falls die Majorität aber nicht zu erreichen sei, sie über sich ergehen lassen. Da Herr Staatsminister Freiherr von Marschall befürchte, daß das Bürgerliche Gesetzbuch durch diese Bestimmungen bei Konservativen und anderen Jagdinteressenten unschmackhaft gemacht würde; dies sei für die Beschlußfähigkeit des Reichstages gefährlich. Er halte den ganzen § 819 a für sinnlos und auch insofern für bedenklich, als dadurch den Bauern ein Anreiz gegeben werde, im Armenrecht gegen die hohen Herren zu processiren, wobei sie aber stets abgewiesen würden, da das Roth- und Schwarzwild keinen Standort hätte. Der Herr Finanzminister theilte diese Auffassung, hielt es aber aus den Gründen des Herrn von Marschall für sehr erwünscht, daß wir uns wenigstens gegen die beiden letzten Punkte aussprächen. Beim Hasenschaden müsse man den Hinweis auf das eigene Interesse der Gemeinden in den Vordergrund stellen. Schwieriger liege die Sache beim Wechselwild. Im Allgemeinen sei zuzugeben, daß das Zentrum eine schwierige Position habe, da eine entgegenkommende Haltung von den links stehenden Parteien gegen dasselbe ausgenutzt werden würde. Auch der Herr Handelsminister war der Ansicht, daß man, um ein Entgegenkommen des Zentrums zu erreichen, am besten das Interesse der Gemeinden anführen könne. Das Zentrum habe seinen Hauptsitz in der Rheinprovinz. Die Gemeinden nicht nur am Niederrhein, sondern auch am Mittel- und Oberrhein zögen aus der Verpachtung der Jagd erhebliche Beträge, am Niederrhein pro Morgen etwa drei Mark. Diesen Gründen Schloß sich auch der Herr Minister des Innern an. Kurz nach Inkrafttreten des Gesetzes von 1891 seien die Jagdpachten am Niederrhein zeitund theilweise um die Hälfte heruntergegangen. Das Interesse der Grundbesitzer und Gemeinden werde durch derartige Bestimmungen erheblich geschädigt. Der Herr Staatssektretär Nieberding bemerkte, er habe diese Gründe in der Kommission geltend gemacht. Darauf aber sei ihm erwidert worden, daß, wenn die Regierung die Interessen der Gemeinden anführe, sie dann auch den Regreß bei Schwarz- und Rothwild acceptiren müsse. Das sei aber ein zweischneidiges Argument. Auch wiesen die Herren darauf hin, daß, da sie auf dem Gebiete des Vereinsrechts große Konzessionen machen müßten, ihnen auf anderen Gebieten solche Konzessionen möglich seien. Das Staatsministerium beschloß, den Zusatz bezüglich des Fasanenschadens zu acceptiren, die beiden anderen Punkte zu bekämpfen.
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25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 836 - 838
§836 Wird durch den Einsturz eines Gebäudes oder eines anderen mit einem Grundstücke verbundenen Werkes oder durch die Ablösung von Theilen des Gebäudes oder des Werkes ein Mensch getödtet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Besitzer des Grundstücks, sofern der Einsturz oder die Ablösung die Folge fehlerhafter Errichtung oder mangelhafter Unterhaltung ist, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Besitzer zum Zwecke der Abwendung der Gefahr die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat. Ein früherer Besitzer des Grundstücks ist für den Schaden verantwortlich, wenn, der Einsturz oder die Ablösung innerhalb eines Jahres nach der Beendigung seines Besitzes eintritt, es sei denn, daß er während seines Besitzes die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat oder ein späterer Besitzer durch Beobachtung dieser Sorgfalt die Gefahr hätte abwenden können. Besitzer im Sinne dieser Vorschriften ist der Eigenbesitzer.
§837 Besitzt Jemand auf einem fremden Grundstück in Ausübung eines Rechtes ein Gebäude oder ein anderes Werk, so trifft ihn an Stelle des Besitzers des Grundstücks die im § 836 bestimmte Verantwortlichkeit. §838 Wer die Unterhaltung eines Gebäudes oder eines mit einem Grundstücke verbundenen Werkes für den Besitzer übernimmt oder das Gebäude oder das Werk vermöge eines ihm zustehenden Nutzungsrechts zu unterhalten hat, ist für den durch den Einsturz oder die Ablösung von Theilen verursachten Schaden in gleicher Weise verantwortlich wie der Besitzer.
A. 1. Kommission I. 262. Sitzung vom 21. 11. 1883, Schriftführer Neubauer I Der Entwurf bestimmt ferner unter derselben Ueberschrift „Beschädigung | Prot 1 2884 durch Thiere und andere Sachen" in Artikel 1028 „Der Eigenthümer eines Gebäudes oder Werks hat den durch dessen Einsturz DresdEArt. 1028 einem Anderen verursachten Schaden zu ersetzen, wenn der Einsturz die Folge einer von dem Eigenthümer verschuldeten fehlerhaften Errichtung oder einer mangelhaften Unterhaltung des Gebäudes oder Werkes ist." Es lagen dazu die Anträge vor: 1. statt dessen zu bestimmen : Johow „Wenn Jemand durch eine fremde Sache in Folge mangelhafter Beschaffenheit (Nr 251) derselben Schaden erlitten hat, und derjenige, welcher die Sache als seine eigene besitzt, bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters den Schaden • Art. 1027 s. bei §§ 833, 834 BGB. 985
§§836-838
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
hätte verhüten können, so ist dieser dem Beschädigten zum Schadensersatz verpflichtet." Kurlbaum 2. zu bestimmen: (Nr 522) „Der Besitzer eines Grundstücks ist verpflichtet, die auf demselben befindlichen Gebäude oder sonstigen Werke mit der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters so gut zu unterhalten und nötigenfalls zu verändern oder abzubrechen, daß sie nicht durch Einsturz Schaden anrichten. Er haftet für den durch Einsturz verursachten Schaden, wenn er seine Pflicht verletzt hat und bei Erfüllung derselben der Schaden nicht entstanden sein würde. I Prot I 2885 Die gleiche Verantwortlichkeit trifft den- | jenigen, welcher auf fremdem Grund und Boden ein Gebäude oder sonstiges Werk hält oder die Verpflichtung zum Unterhalte eines Werks für den gesetzlich Verpflichteten übernommen hat. Hat der Inhaber eines Grundstücks auf demselben ein Gebäude oder sonstiges Werk errichtet, so ist der Besitzer des Grundstücks für die Gefahr des Werkes nur verantwortlich, wenn er das Werk übernommen oder das Grundstück zurückgenommen hat." Derscheid 3. zu bestimmen: (Nr 514) „Der Eigenthümer eines Gebäudes oder anderen Werks hat den durch dessen Einsturz einem Anderen verursachten Schaden zu ersetzen, wenn der Einsturz die Folge einer mangelhaften Unterhaltung oder fehlerhaften Errichtung des Gebäudes oder Werks ist. Im Falle der fehlerhaften Errichtung ist neben dem Eigenthümer auch Derjenige, welcher den Bau oder die Herstellung geleitet oder ausgeführt hat, für den Schaden verantwortlich; die Bestimmung des S 155 (der Zusammenstellung des Obligationenrechts, zu vergi. Protokolle S. 1018) findet entsprechende Anwendung." v. Weber 4. A, den Eingang des Artikels, beziehentlich in der Faßung des Antrags N 2 3 (Nr 520, 1) Absatz 1 dahin zu ändern: „Der Eigenthümer eines Gebäudes oder Werks oder im Falle der (auf Dienstbarkeit oder Erbbaurecht beruhenden) Berechtigung, ein Gebäude oder Werk auf einem fremden Grundstücke zu haben, dieser Berechtigte hat pp." I Prot 12886 | und demzufolge, wo im weiteren Inhalte des Artikels von dem „Eigenthümer" die Rede ist, daneben den „Berechtigten" zu nennen, v. Weber B, dem ersten Absätze des Artikels in der Fassung des Antrags N 2 3 hinzuzufü(Nr 520, 2) gen: a, „die Verantwortlichkeit des Eigenthümers (oder Berechtigten) wegen fehlerhafter Errichtung fällt weg, wenn (er beweist, daß) er den Fehler weder kannte noch hätte kennen müssen." b, „Ist der Eigenthümer (oder Berechtigte) von dem durch den Einsturz Bedrohten vorher aufgefordert worden, für Abwendung des aus der Fehlerhaftigkeit drohenden Schadens zu sorgen, und versäumt er, genügende Vorkehrungen zu treffen, so ist anzunehmen, daß er den Fehler hätte kennen müssen." eventuell wenn die Fassung des Entwurfs angenommen werden sollte, dem Artikel hinzuzufügen: „Einer Verschuldung des Eigenthümers (oder Berechtigten) ist es gleich zu achten, wenn er von der Fehlerhaftigkeit (und der daraus drohenden Gefahr des Einsturzes) Kenntniß erlangt hat oder (bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters) hätte erlangen müssen und versäumt hat, genügende Vorkehrungen zur Abwendung des drohenden Schadens zu treffen. Daß er Kenntniß hätte erlan986
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 8 3 6 - 838
gen müssen, ist anzunehmen, wenn er von dem durch den Einsturz Bedrohten vorher aufgefordert worden ist, für Abwendung des aus der Fehlerhaftigkeit drohenden Schadens zu sorgen." Die Mehrheit erklärte sich zunächst gegen den Antrag Ν - 1, entschied vielmehr, - in Uebereinstimmung mit dem Antrage N 2 2 - , daß das Gesetz auf den Fall zu beschränken sei, wenn ein auf einem Grundstücke sich befindendes Gebäude oder sonstiges Werk einstürzt, unter Ablehnung der | Erstreckung des Gesetzes auf vitia | Prot I 2887 loci oder auf Bäume, entschied sodann, nach Ablehnung des Prinzips des Antrags N- 3, sowie des Prinzips des Antrags N 5 4 für das Prinzip Absatz 1 und 2 des Antrags Nr. 2; billigte weiter nach Maßgabe des Antrags Nr. 2, daß die fragliche Verpflichtung den Besitzer d.h. denjenigen, der animo domini besitze, daneben aber, und zugleich allgemien, denjenigen treffe, der die Unterhaltungspflicht für den Besitzer übernommen habe, daß ferner, wenn ein Dritter in Ausübung eines dinglichen oder persönlichen Rechts auf fremdem Grund und Boden ein Gebäude oder sonstiges Werk für sich halte, dieser Dritte, so lange letzteres der Fall sei, der allein Verpflichtete sei. Der Vorschlag des Antrags N 2 4, zusätzlich zu bestimmen: wenn der Verpflichtete von dem Bedrohten vorher aufgefordert sei, Abhülfe zu schaffen, so sei Verschulden des Verpflichteten anzunehmen, wurde schließlich abgelehnt. Die Fassung der beschlossenen Vorschriften blieb der Redaktion vorbehalten, bei der insbesondere geprüft werden soll, ob nicht zur Klarlegung des Gedankens des Gesetzes die Fassung sich empfehle: „Der Besitzer eines Grundstücks sei verpflichtet, unter Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters dafür zu sorgen, daß ein auf dem Grundstücke befindliches Gebäude oder sonstiges Werk in Folge fehlerhafter Errichtung oder mangelhafter Unterhaltung nicht einstürze. Werde diese Verpflichtung von ihm verletzt, so sei er zum Ersätze des Schadens verpflichtet, welcher einem Dritten aus dem dadurch verursachten Einstürze entstanden sei. Die gleiche Verantwortlichkeit u.s.w." Die Gründe waren: Der Antrag N- 1 enthalte ein Prinzip, welches von dem in den meisten, wenn nicht in allen Rechtsgebieten geltenden Rechte erheblich abweiche und tief in die geltende Eigenthumsordnung eingreife. Das Prinzip verpflichte den Besitzer jeder, auch einer beweglichen Sache, die letztere mit | der Sorgfalt eines ordentlichen | Prot 1 2888 Hausvaters in dem Stande zu erhalten, welcher die Möglichkeit der Beschädigung eines Dritten ausschließe. Es leuchte ein, welche schwerwiegende, in ihren Folgen kaum zu übersehende Eigenthumsbeschränkung aus einer solchen Bestimmung sich ergeben würde, von der insbesondere auch bezweifelt werden müsse, daß sie im Artikel 1384 des französischen Civilgesetzbuchs enthalten sei. Das Prinzip gehe auch namentlich in seiner Erstreckung auf bewegliche Sachen weit über das Bedürfniß hinaus. Werde durch eine bewegliche Sache ein Schaden angestiftet, dessen Ersetzung dem Besitzer billigerweise und im Interesse der öffentlichen Ordnung zur Pflicht gemacht werden dürfe, so werde regelmäßig ein Handeln des Besitzers vorausgegangen sein, welches ihn nach den allgemeinen Grundsätzen über die culpa ex lege Aquilia verantwortlich mache. Nur in Ansehung der Grundstücke, bei welchen ein solches Handeln nach der Natur der Dinge in vielen und überaus wichtigen Fällen nicht angenommen werden könne, verhalte es sich anders. Indessen auch hinsichtlich der Grundstücke habe das Gesetz nur wegen des Einsturzes der darauf befindlichen Gebäude und sonstigen Werke besondere Vorsorge zu treffen. Durch den Einsturz der auf Grundstücken befindlichen Gebäude und ähnlicher Werke könnten zahlreiche Dritte in erheblichstem Maße geschädigt werden. Der Gesetz987
§§836-838
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
geber habe den dringendsten Anlaß, zur thunlichsten Verhütung solcher Schäden durch positive Bestimmungen einzugreifen, durch welche in der einen oder anderen Weise der Eigenthümer oder Besitzer für die an den Einsturz sich knüpfenden Schäden verantwortlich gemacht werde. Die sogenannten vitia loci und die Bäume könnten dabei außer Betracht bleiben. In dieser Hinsicht genügten die dem Sachenrechte angehörenden, bei dessen Berathung festzustellenden Vorschriften des Nachbarrechts, sowie die polizeirechtlichen und strafrechtlichen Bestimmungen, wobei in Betracht komme, daß ein aus dem Polizeirecht oder Strafrecht sich ergebendes Delikt auch zivilrechtliche Verantwortlichkeit nach sich ziehe. Die vitia loci I Prot 12889 in das vorliegende | Gesetz mit hineinzuziehen, sei außerdem deshalb bedenklich, weil die Beseitigung derselben dem Eigenthümer oder Besitzer oft ohne die größten Unbilligkeiten nicht angesonnen werden könne. Anlangend nun das Prinzip, von welchem das Gesetz in Beziehung auf die dem Eigenthümer oder Besitzer aufzuerlegende Verantwortung auszugehen habe, so beruhe der Antrag N 2 3 auf dem Prinzipe einer obligatio legalis, die ohne alle Rücksicht auf Verschulden an den bloßen Thatbestand geknüpft werde, daß der Schaden bringende Einsturz in einem Fehler bei der Errichtung oder in einem Mangel bei der Unterhaltung sich gründe, der Antrag N 2 4 auf einem ähnlichen Prinzipe, wie dasjenige, welches bei der Berathung der Art. 1020 — 1024 angenommen sei, indem eine gesetzliche Verpflichtung, für die fehlerfreie Errichtung und mangelfreie Unterhaltung gebührend zu sorgen, bestimmt, die Verletzung dieser Verpflichtung als Delikt angesehen und zugleich im Falle des Einsturzes vermuthet werde, der Antrag N 2 2, sowie der Entwurf (letzterer mindestens seinem Wortverstande nach) auf dem vorstehenden Prinzipe, — jedoch ohne die praesumtio delicti, — folglich auf dem bei der Berathung der Art. 1025 —1027 2 gebilligten Prinzipe. Das letztere Prinzip verdiene den Vorzug, denn es entferne sich am wenigsten von den allgemeinen Grundsätzen ; es vermeide außerdem die großen Härten, die von dem ersten Prinzipe untrennbar seien, aber auch an das zweite Prinzip — obschon in geringerem Maße — sich knüpften; es sei endlich zur Erreichung des Zwecks des Gesetzes genügend. Betreffend die Fassung der hiernach aufzunehmenden Vorschrift, so sei die auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit beruhende fehlerhafte, den Einsturz nach sich ziehende Errichtung eines Gebäudes oder sonstigen Werks schon an sich ein zum Schadensersatz verpflichtendes Delikt. In Betracht komme aber noch der Fall, wenn I Prot I 2890 der Eigenthümer oder Besitzer selbst das Gebäude oder Werk nicht er- | richtet, sondern die Errichtung einem Sachverständigen überlaßen habe. In einem solchen Falle sei der Eigenthümer oder Besitzer verpflichtet, sobald er den Fehler erkannt habe oder habe erkennen müssen, für die Beseitigung des Fehlers oder des Gebäudes bezw. Werks zu sorgen. Es liege dies in dem Antrage N 2 2 ausgedrückt; es frage sich nur, ob nicht eine Verdeutlichung nöthig sei, worüber unter Berücksichtung des oben mitgetheilten Vorschlags bei der Redaktion werde zu befinden sein. Eine wichtige Frage sei noch die, welcher Person die in Rede stehende Verpflichtung aufzuerlegen sei. Der Entwurf rede nur von dem Eigenthümer; die Anträge N 2 3 und 4 folgten dem Entwürfe; dagegen erkläre der Antrag N 2 2 den Besitzer für verpflichtet, unter Besitzer denjenigen verstehend, welcher animo domini besitze. Die Bestimmung des Entwurfs befriedige nun keineswegs. Es sei unbillig, dem Eigenthümer, der nicht Besitzer und wegen des fehlenden Besitzes daher regelmäßig auch außer Stande sei, die Verpflichtung zu erfüllen, diese gleichwohl aufzuerlegen. Die Unbilligkeit werde dadurch nicht gehoben, daß der Eigenthümer ge2 S. bei SS 833, 834 BGB. 988
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 8 3 6 - 838
gen den Besitzer Regreß nehmen und ein solches Regreßrecht ihm, wenn nöthig, noch besonders beigelegt werden könne. Der Regreß werde nicht immer Erfolg haben, beseitige auch nicht den unter Umständen empfindlichen Nachtheil, die Mittel zur Befriedigung des Beschädigten zunächst herbeischaffen zu müssen. Weit einfacher und auch in jeder anderen Hinsicht angemessener sei es, den Besitzer als die verpflichtete Person zu bezeichnen, wie dies auch den Bestimmungen des römischen Rechts über die cautio damni infecti, mindestens hinsichtlich des redlichen Besitzers, entspreche. Eine Unzuträglichkeit könne sich daraus, daß dem Besitzer, ohne Unterschied, ob redlicher oder unredlicher, die Verantwortlichkeit zugewiesen werde, zweifellos nicht ergeben. Ob das Wort „Besitzer" einer Verdeutlichung bedürfe, werde erst nach Be- | rathung des Sachenrechts sich entscheiden lassen. Der |Prot 12891 Antrag N 2 2 verdiene auch darin Billigung, daß er neben dem Besitzer zugleich denjenigen, der die Unterhaltspflicht übernommen habe, für verantwortlich erkläre. Die Ausdehnung stehe im Einklänge mit der zu dem vorhergehenden Artikel beschlossenen entsprechenden Vorschrift. Wenn endlich der Antrag N - 2 noch auf den Fall Rücksicht nehme, in welchem ein Dritter in Ausübung eines dinglichen Rechts (z.B. als Superfiziar) oder eines obligatorischen Rechts (z.B. als Pächter) berechtigt sei, auf fremdem Boden ein Gebäude oder ein Werk zu errichten, bezw. zu halten, so erscheine es wieder nur angemessen, in einem solchen Falle nur den Dritten, so lange er das Recht ausübe, als den Verpflichteten anzusehen. Es erübrige die Schlußbestimmung des Antrags N 2 4. Gegen ihre Annahme spreche die Erwägung, daß sie die Einfachheit des Gesetzes beeinträchtige und Streitfragen hervorzurufen drohe, daß sie auch zu Mißbräuchen führen und der Besitzer durch die darin erwähnte Mahnung zu unnützen und kostbaren Einrichtungen und Vorkehrungen verleitet werden könne, daß sie endlich bei dem Prinzipe der freien Beweiswürdigung kein Bedürfniß sei. II., III. In der RedVorl und der ZustOR § 512, im K E § 729 lautet die beschlossene Vorschrift: Der Besitzer eines Grundstücks ist verpflichtet, unter Anwendung der Sorgfalt RedVorl/ZustOR eines ordentlichen Hausavers dafür zu sorgen, daß ein auf dem Grundstücke be- §512 findliches Gebäude oder sonstiges Werk in Folge fehlerhafter Errichtung oder in KE § 729 Folge mangelhafter Unterhaltung nicht einstürzt. Wird diese Verpflichtung von ihm (KE: diese Pflicht verletzt) verletzt, so ist er nach Maßgabe des § 145 ( K E : 698) zum Ersätze des Schadens verpflichtet, welcher einem Dritten aus dem dadurch verursachten Einstürze entstanden ist. Wird auf fremden Grund und Boden von einem Dritten in Aussübung eines Rechts ein Gebäude oder sonstiges Werk gehalten, so trifft denselben die im ersten Absätze bezeichnete Verantwortlichkeit an Stelle des Besitzers des Grundstücks. Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den nach den vorstehenden Bestimmungen ( K E : nach den Bestimmung des ersten und zweiten Absatzes) Verpflichteten die Unterhaltung des Werks übernommen hat. Bei der Redaktion einzelner Vorschriften des Obligationenrechts wurde auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 576, 50) statt der Worte „des § 698" gesetzt: „Der §§ 698, 716 bis 720, 722" (Prot. I 6199, 6203) 3 . IV. Im E I lautet § 735: Der Besitzer eines Grundstücks ist verpflichtet, unter Anwendung der Sorgfalt E I § 735 S. Antrag und Beschluß vollständig bei §§ 833, 834 BGB.
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
eines ordentlichen Hausvaters dafür zu sorgen, daß ein auf dem Grundstücke befindliches Gebäude oder sonstiges Werk nicht in Folge fehlerhafter Errichtung oder in Folge mangelhafter Unterhaltung einstürzt. Wird diese Pflicht verletzt, so ist der Besitzer nach Maßgabe der §§ 704, 722 bis 726 und des § 728 Abs. 1 zum Ersätze des Schadens verpflichtet, welcher einem Dritten aus dem dadurch verursachten Einstürze entstanden ist. Wird auf fremdem Grund und Boden von einem Dritten in Ausübung eines Rechtes ein Gebäude oder sonstiges Werk gehalten, so trifft denselben die im ersten Absätze bezeichnete Verantwortlichkeit an Stelle des Besitzers des Grundstückes. Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den nach den Vorschriften des ersten und zweiten Absatzes Verpflichteten die Unterhaltung des Werkes übernommen hat.
B. Vorkommission des Reichsjustizamts I. Anträge lagen nicht vor II. 87. Sitzung vom 20. 9. 1892 11. Zu § 735 des Entw. wurde beschlossen, die Beweislast umzukehren, im Uebrigen aber den Standpunkt des Entw. beizubehalten. Der von dem Gedanken einer zu Grunde liegenden Garantiepflicht ausgehende Vorschlag, eine unbedingte Haftung des Grundstücksbesitzers eintreten zu lassen, wurde wie zu § 734 auch hier aus denselben Gründen abgelehnt. Einverständniß bestand in der Kommission darüber, daß sich die Haftung aus § 735 auf den juristischen Besitzer im Sinne des § 797 des Entw. 4 beschränken solle und daß diese Beschränkung im Gesetze auch zum Ausdrucke gebracht werden müsse. Von der Wahl einer geeigneten Bezeichnung glaubte man jedoch vorläufig absehen zu sollen, bis über die Gestaltung des Besitzes Beschluß gefaßt worden sei, Zweifel erhoben sich aber in der Richtung, ob die Haftpflicht des § 735 lediglich dem gegenwärtigen Besitzer des Grundstücks auferlegt werden solle oder ob auch unter Umständen ein früherer Besitzer für einen erst nach Beendigung seines Besitzes entstandenen Schaden verantwortlich gemacht werden könne. Gegen die Erweiterung der Haftpflicht wurde eingewendet, daß eine solche Regelung sich mit den Grundsätzen der Gerechtigkeit und Billigkeit nicht vereinigen lasse. Mit dem Besitzwechsel, der auch unfreiwillig im Wege der Expropriation u.s.w. herbeigeführt werden könne, müsse die Haftung des vormaliI Prot-RJA 572 gen Besitzers aufhören, da er nicht mehr in der Lage sei, die | Mängel des seiner Verfügungsmacht entzogenen Grundstücks zu beseitigen. Es müsse aber auch dem Besitzer das Recht eingeräumt werden, sich durch Preisgabe des Grundstücks von aller Verantwortlichkeit freizumachen. Dem Eigenthümer einer baufälligen Ruine könne nicht zugemuthet werden, daß er, statt sich ihres Besitzes zu entschlagen, Kosten auf ihre Unterhaltung oder Niederlegung aufwenden müsse, die strafgesetzlichen und polizeilichen Gebote, den Einsturz drohende Gebäude auszubessern oder niederzureißen, richteten sich lediglich an den Besitzer des Gebäudes. Habe dieser seinen Besitz aufgegeben, so sei es Sache der Verwaltungsbehörde die erforderlichen Schutzmaßregeln zu treffen. Dies sei insbesondere auch der Standpunkt des Gemeinen Rechts und des preuß. A.L.R. Die Mehrheit der Kommission war daI Prot-RJA 571
• S. bei § 854 BGB.
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gegen der Ansicht, daß es sich nicht rechtfertige, die Haftung früherer Grundstücksbesitzer wegen der in der Zeit ihres Besitzes vorgekommenen Pflichtverletzungen unbedingt abzulehnen. Der Gedanke, daß der Besitzer sich durch Dereliktion des Grundstücks von jeder Verantwortlichkeit für dasselbe lösen könne, hänge mit der dem römischen Rechte eigenthümlichen beschränkten Haftung des Besitzers mit der beschädigenden Sache zusammen, die dem Entw. unbekannt sei und auch für den modernen Verkehr nicht passe. Erachte man den Besitzer für verpflichtet, die auf seinem Grundstücke befindlichen Baulichkeiten zu erhalten oder abzubrechen, so gehe es nicht an, ihm das Recht zu geben, sich durch Entledigung des Besitzes aus seiner Haftung frei zu machen. Nothwendig sei es jedoch, die Haftpflicht der Besitzvorgänger nicht ins Unbestimmte währen zu lassen, da mit der Länge der Zeit die Feststellung des kausalen Zusammenhanges immer schwieriger werde. An Stelle einer willkürlichen, zeitlichen Begrenzung verdiene es aber den Vorzug, zu bestimmen, daß die H a f - | tung eines früheren Besitzers ausge- | Prot-RJA 573 schlossen sei, wenn er nachweisen könne, daß er während seiner Besitzzeit die erforderliche Sorgfalt bezüglich der Unterhaltung des Gebäudes angewendet habe oder daß ein Besitznachfolger bei Beobachtung der ihm obliegenden Sorgfalt die Gefahr des Einsturzes hätte abwenden können. In dem einen wie dem anderen Falle sei die Ursache des Einsturzes nicht auf das Verhalten des früheren Besitzers zurückzuführen. Der $ 735 des Entw. soll demgemäß durch folgende Vorschriften ersetzt werden : E I-RJA § 735 §735. Der Besitzer eines Grundstücks ist, wenn ein auf dem Grundstücke befindliches Gebäude oder sonstiges Werk in Folge fehlerhafter Errichtung oder mangelhafter Unterhaltung einstürzt und dadurch das Leben, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt wird, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen, es sei denn, daß er zum Zwecke der Abwendung der Gefahr des Einsturzes die im Verkehr übliche Sorgfalt beobachtet hatte. In gleicher Weise haftet wegen eines nach der Beendigung des Besitzes eingetretenen Einsturzes der frühere Besitzer, es sei denn, daß er während der Dauer des Besitzes die bezeichnete Sorgfalt beobachtet hatte oder daß ein späterer Besitzer durch Beobachtung dieser Sorgfalt die Gefahr des Einsturzes hätte abwenden können. Wird auf fremdem Grund und Boden von einem Dritten in Ausübung eines Rechts ein Gebäude oder sonstiges Werk gehalten, so trifft ihn an Stelle des Besitzers des Grundstücks die im Abs. 1 bestimmte Haftung. I Prot-RJA 574 I Mehrere Ersatzpflichtige haften als Gesammtschuldner. Wer auf Grund dieser Vorschriften Schadensersatz geleistet hat, kann von demjenigen, welcher für die Beschädigung nach den allgemeinen Vorschriften über den Schadensersatz aus unerlaubten Handlungen verantwortlich ist, Ersatz verlangen. § 735 a. EI-RJA Wer für denjenigen, welcher nach § 735 für die Unterhaltung eines Gebäudes § 735 a oder sonstigen Werkes verantwortlich ist, die Unterhaltung übernommen hat, haftet für den durch den Einsturz einem Anderen zugefügten Schaden in gleicher Weise wie der nach § 735 zur Unterhaltung Verpflichtete. Er haftet neben diesem als Gesammtschuldner. II. Der Antrag, den Entw. durch nachstehende, als § 735 b einzuschaltende Vorschrift. 991
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Wer von dem Gebäude oder sonstigen Werke wegen Gefahr des Einsturzes mit Schaden bedroht ist, kann von demjenigen, welcher nach § 735 im Falle des Einsturzes verantwortlich ist, die Vorkehrung der zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßregeln verlangen. zu ergänzen, wurde als zweckmäßig gebilligt. (Vgl. Schweiz. Obi. = R. Art. 68, Bähr § 809.) III. Des Weiteren war beantragt worden, im Anschluß an das spanische Civilgesetzbuch von 1889, Art. 1908 Nr. 1 nach folgende Bestimmungen in den Entw. aufzunehmen : als § 734 c: Wer Sachen, die sich leicht entzünden, oder Sprengstoffe aufbewahrt, haftet, I Prot-RJA 575 wenn dieselben sich entzünden oder explodiren, für den Schaden, welcher | dadurch einem Anderen durch Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder durch Beschädigung von Sachen herbeigeführt wird (es sei denn, daß die Entzündung oder Explosion durch höhere Gewalt herbeigeführt ist). Die Vorschriften des § 734 Abs. 2, 3 und des § 734b finden entsprechende Anwendung. als § 735 c. Wer eine mit Dampf oder gespannten Gasen arbeitende Maschine im Betriebe hat, ist für den Schaden verantwortlich, welcher einem Anderen durch Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder durch Beschädigung von Sachen dadurch zugefügt wird, daß die Maschine in Folge fehlerhaften Baues, mangelhafter Unterhaltung oder unrichtiger Bedienung explodirt. Die Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn derjenige, welcher die Maschine im Betriebe hat, zum Zwecke der Abwendung der Gefahr der Explosion das durch den Betrieb gebotene Maß von Sorgfalt beobachtet hatte. In gleicher Weise haftet derjenige, welcher für den nach dieser Vorschrift Verpflichteten die Besorgung der Maschine übernommen hatte. Die Vorschrift des § 735b findet entsprechende Anwendung. Zur Begründung seiner Anträge wurde von dem Antragsteller Folgendes ausgeführt: Wie der Vorgang des spanischen Gesetzbuchs zeige, habe der industrielle Maschinenbetrieb des modernen Lebens sowie der Geschäftsbetrieb mit gefährlichen Stoffen das Bedürfniß hervorgerufen, die Unternehmer in weiterem Umfange für verantwortlich zu erklären, als dies im geltenden Recht geschehen konnte. Die Anträge wollten, was eventuell zu verdeutlichen wäre, die bestehende UnfallversicheI Prot-RJA 576 rungsgesetzgebung unberührt lassen und soll- | ten nur da Anwendung finden, wo diese nicht eingreife, hauptsächlich zum Schutze solcher Dritter, die auf die gesetzliche Versicherung keinen Anspruch erheben könnten. Bei der obigen Regelung sei davon ausgegangen, daß es sich empfehlen werde, mit Rücksicht auf die Aehnlichkeit der Verhältnisse die Haftung aus dem Betriebe gefährlicher Stoffe derjenigen des § 734, die Haftung des Unternehmers aus dem Maschinenbetriebe aber derjenigen des § 735 anzugleichen. Die Mehrheit der Kommission glaubte jedoch, von der Aufnahme der beantragten Vorschriften Abstand nehmen zu sollen, da sich deren wirtschaftliche Tragweite, insbesondere ob die Betriebsunternehmer auch im Stande sein würden, die ihnen aufgebürdeten Lasten zu tragen, nicht übersehen lasse und man deshalb ohne den Beirath von Sachverständigen Bedenken tragen müsse, die angeregte mit der Unfallversicherung in engem Zusammenhange stehenden Fragen im B.G.B, zu lösen. Richtiger sei es, diese Lösung der Spezialgesetzgebung zu 992
25. Titel : Unerlaubte Handlungen
§ § 836 — 838
überlassen. Uebrigens könne darauf vertraut werden, daß die gewerbepolizeilichen Verordnungen in Verbindung mit der Vorschrift des § 704 dem hier in Frage kommenden Personenkreise ausreichenden Schutz gewähren würden.
C. 2. Kommission I. Beantragt war (Prot. II, Bd. 2, S. 650ff.; Mugdan, Bd. 2, S. 1148 ff.): 1. die SS 7 3 5 , 735 a E I - R J A
Struckmann
< Nr 2. den § 735 des Antrags 1 wie folgt zu gestalten: Der Eigenthümer eines Gebäudes oder eines sonstigen mit einem Grundstücke verbundenen Werkes ist, wenn das Gebäude oder das Werk in Folge fehlerhafter Errichtung oder mangelhafter Unterhaltung einstürzt und dadurch das Leben, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt wird, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Mehrere Eigenthümer haften als Gesammtschuldner. Ist für die Beschädigung neben dem Eigenthümer ein Dritter nach den allgemeinen Vorschriften über die Schadensersatzpflicht aus unerlaubten Handlungen verantwortlich, so haften sie als Gesammtschuldner; im Verhältnisse derselben zu einander ist der Dritte allein verpflichtet.
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3. in dem Antrag 1 dem Abs. 1 des § 735 die Fassung zu geben: Jacubezky Der Besitzer eines Grundstücks ist, wenn ein auf dem Grundstücke befindliches (Nr 278,10) Gebäude oder sonstiges Werk in Folge fehlerhafter Errichtung oder mangelhafter Unterhaltung einstürzt und dadurch das Leben, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt wird, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. In gleicher Weise haftet der frühere Besitzer wegen eines innerhalb eines Jahres nach der Beendigung seines Besitzes erfolgten Einsturzes, wenn der Einsturz in Folge eines zur Zeit des Besitzes des früheren Besitzers vorhanden gewesenen Fehlers der Errichtung oder in Folge mangelhafter Unterhaltung während des Besitzes eines späteren Besitzers verursacht ist. In der Sitzung wurde dieser Antrag zu Gunsten des Antrags 2 zurückgezogen und statt dessen beantragt: 4. in dem unter 1 vorgeschlagenen § 735 Abs. 1 die Schlußworte des ersten Satzes „es sei denn . . . . hatte" zu streichen und an Stelle des zweiten Satzes den zweiten Satz des Antrags 3 einzufügen; 5. in dem Antrage 2 dem Abs. 1 hinzuzusetzen: es sei denn, daß die zum Zwecke der Abwendung der Gefahr des Einsturzes im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet worden ist. 6. in dem § 735 des Antrags 1 das Wort „Besitzer" in dem Abs. 1 durch das Wort „Eigenthümer" zu ersetzen und den Absatz 2 wie folgt zu fassen: Hält ein Anderer als der Eigenthümer in Ausübung des Eigenthums oder eines sonstigen dinglichen Rechtes das Gebäude oder das Werk oder besitzt er das Grundstück ohne Recht, so trifft ihn die Ersatzpflicht an Stelle des Eigenthümers. 7. in dem § 735 des Antrags 1 den Abs. 1 Satz 2 zu fassen: . . . haftet der frühere Besitzer, wenn er während der Dauer seines Besitzes die bezeichnete Sorgfalt nicht beobachtet hatte, es sei denn, daß ein späterer Besitzer 993
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
durch Beobachtung dieser Sorgfalt die Gefahr des Einsturzes hätte abwenden können. 8. ebenda nach dem Worte „haftet" zu setzen „während der Dauer eines Jahres der frühere Besitzer" ; Jacubezky 9. in dem § 735 des Antrags 1 den Abs. 4 zu fassen: (Nr 278,10) Ist für die Beschädigung neben dem Besitzer oder dem früheren Besitzer des Grundstücks ein Dritter nach den allgemeinen Vorschriften über die Schadensersatzpflicht aus unerlaubten Handlungen verantwortlich, so haften beide als Gesammtschuldner. In ihrem Verhältniß zu einander ist der Dritte allein verpflichtet. Jacubezky (Nr 278, 11)
10. dem § 735 a (Entw. § 735 Abs. 3) die Fassung zu geben: Wer die Unterhaltung eines auf einem Grundstücke befindlichen Gebäudes oder sonstigen Werkes übernommen hat, haftet wegen des durch den Einsturz des Gebäudes oder sontigen Werkes einem Anderen zugefügten Schadens in gleicher Weise wie der Besitzer des Grundstücks, es sei denn, daß er zum Zwecke der Abwendung der Gefahr des Einsturzes die im Verkehr übliche Sorgfalt beobachtet hatte oder der Einsturz auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten sein würde. Neben ihm haftet der Besitzer oder der frühere Besitzer des Grundstücks als Gesammtschuldner. 11. in dem § 735 a nach den Worten „übernommen hat" zu setzen „oder vermöge eines ihm zustehenden Nutzungsrechts zur Unterhaltung des Werkes verpflichtet ist." A. Die Komm, entschied zunächst über den Abs. 1 des § 735, und zwar in der Weise, daß sie in eventueller Abstimmung die Anträge 4, 6 und 7 ablehnte, die Anträge 5 und 8 dagegen billigte, dann aber endgültig den Abs. 1 in der Fassung des Antrags 1 mit der Ergänzung des Antrags 8 annahm; der Antrag 2 war hierdurch erledigt. Vor einer Seite wurde die Frage aufgeworfen, ob auch bei dem Abstürze von Theilen eines Gebäudes die Haftung des § 735 eintreten solle; der § 735 in der jetzigen Fassung rede nur von dem Einsturz eines Gebäudes. Man war indessen einverstanden, daß auch beim Loslösen von Theilen eines Gebäudes der § 735 Anwendung finden müsse; es werde Sache der Red.Komm, sein, etwaige Zweifel in dieser Richtung durch eine entsprechende Fassung auszuschließen. Man war ferner einverstanden, daß unter dem im § 735 genannten „Besitzer" der juristische Besitzer im Sinne des Entw. zu verstehen sei, so daß der Pächter, Miether etc. nicht darunter falle, es sei denn, daß es sich um ein vor dem Pächter oder Miether errichtetes Gebäude der im § 735 bezeichneten Art handele; es werde bei der Berathung des Sachenrechts zu prüfen sein, ob, falls die in Aussicht genommene Aenderung des Besitzrechtes Annahme finde, ein entsprechender allgemeiner Ausdruck, etwa „Eigenbesitzer", zu schaffen sei. B. Die Vorschläge des Antrags 1 unter § 735 Abs. 2 bis 4 wurden mit dem Zusatzantrage 9 angenommen. Der Abs. 2 weicht lediglich redaktionell von dem Entw. ab. Die Abs. 3, 4 und der Zusatzantrag 9 übertragen die zu § 734 gefaßten Beschlüsse auf den § 735. Hiergegen erhob sich keine Widerspruch. C. Der dem Abs. 3 des Entw. entsprechende § 735 a des Antrags 1 gelangte mit dem Zusatzantrag 11 zur Annahme. Den Antrag 10 zog der Antragsteller mit dem Bemerken zurück, daß er sich hierzu nur verstehe, weil von der Komm, bei der Berathung des § 710 ein Antrag in 994
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Betreff der Uebernahme der Aufsichtspflicht, der auf dem gleichen Gedanken beruht habe, wie der vorliegende, abgelehnt worden sei. Im Anschluß an das Schweiz. Ges. Art. 68 und den Gegenentw. von Bahr § 809 war beantragt, folgende Bestimmung als § 735 b in das Gesetzbuch aufzunehmen: Wer von einem Gebäude oder sonstigen Werke wegen Gefahr des Einsturzes mit Schaden bedroht ist, kann von demjenigen, welcher nach § 735 im Falle des Einsturzes verantwortlich ist, die Vorkehrung der zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßregeln verlangen. Der Antrag wurde abgelehnt. Es war ferner beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 649; Mugdan, Bd. 2, S. 1147), als § 734 b nachstehende Vorschriften in das Gesetz aufzunehmen: Wer Sachen aufbewahrt, die sich leicht entzünden oder leicht explodiren, ist, wenn durch ihre Entzündung oder Explosion das Leben, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt wird, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen, es sei denn, daß der Schaden durch Verschulden des Verletzten oder in Folge höherer Gewalt entstanden ist. Die Vorschriften des § 734 Abs. 2, 3 finden entsprechende Anwendung. Die Vorschriften des Abs. 1 finden keine Anwendung in Ansehung der sich leicht entzündenden oder leicht explodirenden Sachen, welche von den Kriegsverwaltungen und der Marineverwaltung für den Dienst des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine aufbewahrt werden. Die Komm, lehnte den ersten Absatz der vorgeschlagenen Bestimmungen ab; der zweite Absatz war hierdurch ebenfalls erledigt. Im Anschluß an eine Bestimmung des spanischen Gesetzbuchs war beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 658; Mugdan, Bd. 2, S. 1152), als § 735 c die nachstehenden VorSchriften einzustellen: Wer eine mit Dampf oder gespannten Gasen arbeitende Maschine im Betriebe hat, ist, wenn die Maschine in Folge fehlerhaften Baues, mangelhafter Unterhaltung oder unrichtiger Bedienung explodirt und dadurch das Leben, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt wird, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen, es sei denn, daß er zum Zwecke der Abwendung der Gefahr der Explosion die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hatte. Auf die Verantwortlichkeit wegen der im Abs. 1 bezeichneten Maschinen finden die Vorschriften des § 735 Abs. 3, 4 und des § 735 a entsprechende Anwendung. Die Komm, lehnte den Antrag ab.
Struckmann (Nr 244, 31)
Jacubezky (Nr 278, 9)
Jacubezky (Nr 278,12)
II. In der VorlZust lauten die beschlossenen Vorschriften : Der Besitzer eines Grundstückes ist, wenn ein auf dem Grundstücke befindliches EI-VorlZust Gebäude oder sonstiges Werk in Folge fehlerhafter Errichtung oder mangelhafter § 735 Unterhaltung einstürzt und dadurch das Leben, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt wird, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen, es sei denn, daß er zum Zwecke der Abwendung der Gefahr des Einsturzes die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hatte. In gleicher Weise haftet wegen eines innerhalb eines Jahres nach der Beendigung des Besitzes eingetretenen Einsturzes der frühere Besitzer, es sei denn, daß er während der Dauer seines Besitzes die bezeichnete Sorgfalt beobachtet hatte oder daß ein späterer Besitzer durch Beobachtung dieser Sorgfalt die Gefahr des Einsturzes hätte abwenden können. Wird auf fremdem Grund und Boden von einem Dritten in Ausübung eines 995
§ § 8 3 6 - 838
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Rechtes ein Gebäude oder ein sonstiges Werk gehalten, so trifft ihn an Stelle des Besitzers des Grundtücks die im Abs. 1 bestimmte Haftung. Mehrere Ersatzpflichtige haften als Gesammtschuldner. Ist für die Beschädigung neben dem Besitzer oder dem früheren Besitzer des Grundstücks ein Dritter nach den allgemeinen Vorschriften über die Schadensersatzpflicht aus unerlaubten Handlungen verantwortlich, so haften beide als Gesammtschuldner. In ihrem Verhältniß zu einander ist der Dritte allein verpflichtet. Zu § 735 E I-VorlZust ist angemerkt: Unter dem „Besitzer" im Sinne dieses Paragraphen wird der juristische Besitzer im Sinne des § 797 des Entw. verstanden. Es bleibt vorbehalten, nach Berathung des Besitzrechts einen anderen mit den darüber zu fassenden Beschlüssen im Einklang stehenden Ausdruck an die Stelle zu setzen. E I-VorlZust Wer für denjenigen, welcher nach § 735 für die Unterhaltung eines Gebäudes §735 a oder eines sonstigen Werkes verantwortlich ist, die Unterhaltung übernommen hat, oder vermöge eines ihm zustehenden Nutzungsrechts zur Unterhaltung des Werks verpflichtet ist, haftet für den durch den Einsturz einem Anderen zugefügten Schaden in gleicher Weise, wie der nach § 735 zur Unterhaltung Verpflichtete. Er haftet neben diesem als Gesammtschuldner.
E I-ZustRedKom S 714 c E II § 759
E I-ZustRedKom S 714 d E II § 760 E I-ZustRedKom § 714 e E IIS 761
III., IV. In der ZustRedKom lauten die Vorschriften als §§ 714 c bis e, im E II als §§ 759, 760, 761: Wird durch den Einsturz eines Gebäudes oder eines sonstigen mit einem Grundstücke verbundenen Werkes oder durch die Ablösung von Theilen des Gebäudes oder des Werkes ein Mensch getödtet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Besitzer des Grundstücks, sofern der Einsturz oder die Ablösung die Folge fehlerhafter Errichtung oder mangelhafter Unterhaltung ist, verpflichtet, dem Verletzten den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen, es sei denn, daß er zum Zwecke der Abwendung der Gefahr die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat. Ein früherer Besitzer des Grundstücks ist für den Schaden verantwortlich, wenn der Einsturz oder die Ablösung innerhalb eines Jahres nach der Beendigung seines Besitzes eintritt, es sei denn, daß er während seines Besitzes die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat oder ein späterer Besitzer durch Beobachtung dieser Sorgfalt die Gefahr hätte abwenden können. (ZustRedKom: Mehrere Ersatzpflichtige haften als Gesammtschuldner. 5 ) (E II : Besitzer im Sinne dieser Vorschriften ist der Eigenbesitzer.) Besitzt jemand auf einem fremden Grundstück in Ausübung eines Rechtes ein Gebäude oder ein sonstiges Werk, so trifft ihn an Stelle des Besitzers des Grundstücks die im § 714 c bestimmte Haftung. Wer die Unterhaltung eines Gebäudes oder eines mit einem Grundstücke verbundenen Werkes für den Besitzer übernommen oder das Gebäude oder das Werk vermöge eines ihm zustehenden Nutzungsrechts zu unterhalten hat, ist für den durch den Einsturz oder die Ablösung von Theilen entstandenen Schaden in gleicher Weise verantwortlich wie der Besitzer. (ZustRedKom: Ist neben ihm der Besitzer verantwortlich, so haften sie als Gesammtschuldner. 6 ) V. Im E II rev §§ 821, 822, 823, E III §§ 820, 821, 822 liegt die in 838 BGB Gesetz gewordene Fassung vor. 5 6
Zur Streichung dieses Absatzes im E II s. § 764 E II bei § 840 BGB. Zur Streichung dieses Satzes im E II s. vor. N.
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836, 837,
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 8 3 6 - 838
E. Reichstag (XII. Kommission) I. Anträge zu § 820: a) im Absatz 1 den zweiten Satz zu streichen. b) im Absatz 2 die Schlußworte dahin zu fassen : „ — es sei denn, daß der Einsturz oder die Ablösung durch mangelhafte Unterhaltung während des Besitzes eines späteren Besitzers verursacht ist." nach § 822: a) folgende Bestimmungen als § 822 a einzuschalten: „Wenn bei einer öffentlichen Zusammenrottung oder einem Auflauf durch eine Gewaltthat oder durch die Anwendung einer dagegen getroffenen gesetzlichen Maßregel ein Mensch getödtet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt wird, so ist die Gemeinde, in deren Bezirk diese Handlung geschehen ist, zum Ersätze des dadurch verursachten Schadens verpflichtet. Besteht die Menschenmenge ganz oder vorwiegend aus Einwohnern einer anderen Gemeinde und ist zugleich die Gemeinde, in welcher die Zusammenrottung oder der Auflauf stattfindet, außer Stand, die Gewaltthat zu verhindern, so trifft die Ersatzpflicht diejenige Gemeinde, aus welcher die Teilnehmer an der Zusammenrottung oder dem Auflauf gekommen sind. Die Gemeinde, welche Schadensersatz geleistet hat, kann Erstattung des Geleisteten von denjenigen Personen verlangen, welche nach allgemeinen Vorschriften zum Schadensersatz verpflichtet sind." b) den Artikel 107 des Einführungsgesetzes zu streichen. II. 22. Sitzung vom 14. 4. 1896 (Bericht von Heller) Die Anträge Gröber zum § 820 (N 2 66 der Drucksachen Ziff. 6) blieben gleichfalls ohne Unterstützung, der § 820 wurde unverändert angenommen. Die §§ 821, 822 waren nicht beanstandet. Zur Begründung des Antrags auf Einschaltung eines neuen § 822 a (Ν 2 66 der Drucksachen Ziff. 7) führte Gröber aus, daß die in den größeren Bundesstaaten bestehenden Gesetze über den Ersatz des bei Aufläufen etc. verursachten Schadens im wesentlichen übereinstimmen und daß es deshalb wohl möglich sei, die Sache reichsrechtlich zu regeln. Die Kommissare Struckmann und von Jacubezky betonten den Zusammenhang dieser Bestimmungen mit den staatsrechtlichen Einrichtungen der Einzelstaaten und die öffentlichrechtliche Natur jener Gesetze und sprachen sich nachdrücklich für die Ablehnung des Antrags aus, zumal die Landesgesetze eine große Anzahl verschiedenartiger Bestimmungen über das Verfahren u.a. enthalten, deren Fortbestand unter allen Umständen durch einen Vorbehalt im Einführungsgesetze geschützt werden müßte. Auch der Abgeordnete von Cuny empfahl die Ablehnung des Antrags. 23. Sitzung vom 15. 4. 1896 In der von der XII. Kommission des Reichstags heute abgehaltenen dreiundzwanzigsten Sitzung wurde zunächst die gestern abgebrochene Beratung des Antrags Gröber auf Einschaltung eines neuen § 822 a (Ν 2 66 der Drucksachen Ziffer 7 a) forgesetzt. Gröber hielt den Antrag aufrecht, bestreitend, daß es sich um eine öffentlichrechtliche Verpflichtung handle. Die Abgeordneten Bachem und Frohme 997
Gröber (Nr 66, 6)
Gröber (Nr 66, 7)
§ § 839, 841
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
erklärten sich für den Antrag, Dr. v. Buchka, Schröder, Enneccerus und Kauffmann verhielten sich ablehnend. Kauffmann beantragte eventuell den Zusatz: „Steht der Gemeinde die Polizeiverwaltung nicht zu, so ist zum Ersätze des Schadens der Staat verpflichtet." Die Abstimmung ergab die Ablehnung des Antrags Gröber gegen acht Stimmen.
§839 Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag. Verletzt ein Beamter bei dem Urtheil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung mit einer im Wege des gerichtlichen Strafverfahrens zu verhängenden öffentlichen Strafe bedroht ist. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amtes findet diese Vorschrift keine Anwendung. §841 Ist ein Beamter, der vermöge seiner Amtspflicht einen Anderen zur Geschäftsführung für einen Dritten zu bestellen oder eine solche Geschäftsführung zu beaufsichtigen oder durch Genehmigung von Rechtsgeschäften bei ihr mitzuwirken hat, wegen Verletzung dieser Pflichten neben dem Anderen für den von diesem verursachten Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnisse zu einander der Andere allein verpflichtet. A. 1. Kommission I. 262. Sitzung vom 21.11. 1883, Schriftführer Neubauer I Prot I 2891
| Der Entwurf bestimmt unter der Ueberschrift: „Verletzung besonderer Berufspflichten" in Art. 1029 und 1030: 1
DresdEArt 1029
Artikel 1029. „Wer durch Absicht oder grobe Fahrlässigkeit, deren sich ein richterlicher Beamter bei Verhandlung oder Entscheidung eines Rechtsstreits oder in Geschäften der freiwilligen Gerichtsbarkeit schuldig gemacht hat, einen Schaden erlitten hat und denselben durch den Gebrauch der ihm sonst zustehenden gesetzlichen Mittel nicht abwenden konnte, kann dessen Ersatz von dem schuldigen Beamten verlangen. Dies gilt auch dann, wenn Jemand durch Absicht oder grobe Fahrlässigkeit, deI Prot 12892 ren sich ein vom | Staate oder von einer Gemeinde angestellter Verwaltungsbeamter bei Besorgung der ihm obliegenden Geschäfte schuldig gemacht hat, einen Schaden erlitten hat, insofern nicht die Landesgesetze etwas Anderes bestimmen." ι Art. 1028 s. bei SS 836 — 838 BGB.
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25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 839, 841
Artikel 1030. DresdE Art 1030 „Oeffentlich angestellte Sachverständige oder Schätzer, welche innerhalb ihres Wirkungskreises in Angelegenheiten ihrer Kunst oder Wissenschaft absichtlich oder aus grober Fahrlässigkeit ein unrichtiges Gutachten abgeben oder eine unrichtige Schätzung aufstellen, sind zum Ersätze des dadurch entstandenen Schadens dem Beschädigten verpflichtet." Die Berathung dieser Artikel wurde auf den Wunsch mehrerer Mitglieder vertagt und in die Berathung der Art. 769 u. ff. des Dresdener Entwurfs über „die Schuldverhältnisse aus einer Rechtsgemeinschaft" eingetreten. 274. Sitzung vom 19. 12. 18832, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend v. Kübel I Es wurde zur Erledigung der der nachträglichen Berathung vorbehaltenen Artikel 1029 und 1030 des Dresdener Entwurfs (Spezialdelikt der Verletzung besonderer Berufspflichten) übergegangen (Protokolle S. 2891, 2892). Zu Artikel 1029 des Entwurfs (zu vgl. der Wortlaut S. 2891) war beantragt: denselben durch folgende Bestimmung zu ersetzen: „Als eine widerrechtliche Handlung im Sinne des § 145 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 964 — 990)3 gilt die von einem Richter bei Verhandlung oder Entscheidung eines Rechtsstreits aus Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit begangene Verletzung seiner Amtspflicht. Dasselbe gilt rücksichtlich der von richterlichen Beamten bei Ausübung der freiwilligen Gerichtsbarkeit, sowie rücksichtlich der von anderen öffentlichen Beamten aus Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit begangenen Verletzung ihrer Amtspflichten, soweit nicht durch die Landesgesetze für die Beamten des betreffenden Landes etwas Anderes bestimmt ist. Die Landesgesetze können bestimmen, daß in den Fällen des Absatz 2 jede von einem Beamten des betreffenden Landes aus Fahrlässigkeit begangene Verletzung der Amtspflicht als widerrechtliche Handlung im Sinne des § 145 a.a.O. zu beurtheilen sei." I Eventuell statt der letzten beiden Absätze : „Die Landesgesetze können bestimmen, daß dasselbe auch rücksichtlich der von richterlichen Beamten in Ausübung der freiwilligen Gerichtsbarkeit oder von anderen öffentlichen Beamten aus Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit oder überhaupt aus Fahrlässigkeit begangenen Verletzung ihrer Amtspflichten gelten." (Besondere Bestimmungen über die Haftung der Grundbuchbeamten und die obervormundschaftlichen Beamten bleiben vorbehalten.) Entwurf und Antrag führten zu einer ausführlichen Debatte, die wegen vorgerückter Zeit heute nicht zum Abschluß gelangte. 1275. Sitzung vom 21. 12. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend von Kübel
I Prot I 3075
Planck (Nr 553, 2)
I Prot I 3076
|ProtI 3077
Die Berathung der Artikel 1029, 1030 des Dresdener Entwurfs, betreffend das Spezialdelikt der Verletzung besonderer Berufspflichten wurde fortgesetzt. Bei der Fortsetzung der am Schluß der vorigen Sitzung abgebrochenen Diskussion wurden die neuen Anträge gestellt. 2
Die auf dieser Sitzung voraufgegangenen Beratungen s. bei § 757 BGB. 3 S. bei SS 823, 826 BGB.
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§ § 839, 841
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
1. zu bestimmen: „Inwieweit ein Reichs- oder Landes-Beamter demjenigen, welchem er durch Verletzung seiner Amtspflicht einen Schaden zugefügt hat, zum Ersätze des Schadens verpflichtet ist, bestimmen besondere Gesetze." 2. zu bestimmen: „Ein Beamter, welcher die ihm Dritten gegenüber gesetzlich obliegende Amtspflicht aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit verletzt, ist für den hieraus einem Dritten entstandenen Schaden nach Maßgabe des § 145 (der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 964 — 990) verantwortlich. I Prot I 3078 | Auf Beamte, denen die Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache obliegt, findet in Ansehung der hierzu gehörigen Amtshandlungen der Absatz 1 nur dann Anwendung, wenn die Pflichtverletzung mit einer im Wege des gerichtlichen Strafverfahrens zu verhängenden öffentlichen Strafe bedroht ist." Nach Ablehnung des Antrags Ν 2 1 wurde der erste und sodann auch der zweite Absatz des Antrags Nr. 2 von der Mehrheit vorbehaltlich der festzustellenden Fassung gebilligt, womit der Entwurf und der am Schluß des vorigen Protokolls mitgetheilte Antrag für erledigt galten. Erwogen war: Es lasse sich in Zweifel ziehen, ob es in Ansehung der Verpflichtung der Beamten, den aus der Verletzung einer Amtspflicht entstandenen Schaden zu ersetzen, besonderer Bestimmungen bedürfe, ob nicht vielmehr die prinzipielle Vorschrift des § 145 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 9 6 4 - 9 9 0 ) in Verbindung mit dem § 146 daselbst (Protokolle a.a.O.) vollkommen genüge und es bei demjenigen zu belassen sei, was sich aus denselben für die Vertretung des aus einem Beamtendelikte entstandenen Schadens ergebe. Die nachstehende Ausführung sei nicht ohne Berechtigung: Nach dem § 145 a.a.O. ziehe jede aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit verübte widerrechtliche Handlung die Verpflichtung zum Ersätze des einem Anderen dadurch zugefügten Schadens nach sich. Welche Handlung als widerrechtlich zu betrachten sei, werde in dem zitirten § 145 nicht näher bestimmt. Der letztere gehe sichtbar davon aus, jede Handlung sei als widerrechtlich anzusehen, durch welche gegen die Rechtsordnung oder ein Verbot oder Gebot derselben verstoßen werde. I Prot I 3079 Wie jedoch aus der Stellung des § und aus ander- | weiten Bestimmungen sich ergebe, schieden diejenigen widerrechtlichen Handlungen als von dem § nicht betroffen aus, durch welche eine nur obligatorische Pflicht verletzt werde (zu vergi. § 185 a.a.O. Protokolle S. 1116—1122, 1130 — 1133) 4 . Die Verletzung einer nur obligatorischen Verpflichtung rufe ausschließlich dem Gläubiger gegenüber die Verbindlichkeit zum Schadensersatze hervor. Der § 145 unterscheide übrigens hinsichtlich dem Umfangs der Ersatzpflicht zwei Arten von widerrechtlichen Handlungen. Der erste Absatz hebe diejenigen widerrechtlichen Handlungen hervor, die als an und für sich widerrechtlich durch die Rechtsordnung absolut verboten seien; der zweite Absatz beziehe sich auf die Handlungen, die deshalb widerrechtlich seien, weil sie einen Eingriff in den Kreis der absoluten Rechte eines Anderen enthielten. Verletze ein Beamter eine Amtspflicht und sei die Pflichtverletzung mit einer im Wege des gerichtlichen Strafverfahrens zu verhängenden öffentlichen Strafe bedroht, so könne nicht zweifelhaft sein, daß wegen Verletzung eines absoluten Verbots eine widerrechtliche Handlung im Sinne des ersten Absatzes des § 145 vorliege; werde • S. bei § 280 B G B .
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25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 839, 841
ohne amtliche Berechtigung durch die Pflichtverletzung in den Kreis der absoluten Rechte eines Anderen eingegriffen, so ergebe sich ebenso zweifellos eine widerrechtliche Handlung im Sinne des zweiten Absatzes jenes Er erübrigten diejenigen Verletzungen der Amtspflicht, welche weder zu der einen noch zu der anderen der vorbezeichneten beiden Gruppen gehörten. Von dem kaum zur Anwendung geeigneten § 146 a.a.O. abgesehen, würde bei diesen Pflichtverletzungen zu unterscheiden sein, ob die verletzte Dienstpflicht dem Beamten nur dem Dienstherrn (dem Staate, der Gemeinde u.s.w.) gegenüber, oder ob sie zugleich jedem Dritten gegenüber auferlegt sei. Es leuchte ein, wie unzulässig es sein würde, in dieser HinI sieht eine allgemeine Regel aufzustellen. Die richtige Entscheidung hänge in jedem | Prot I 3080 konkreten Falle von der Auslegung der verletzten Dienstvorschrift ab. Nähere Bestimmungen hierüber seien im bürgerlichen Gesetzbuche sicherlich um so weniger am Platze, als dasselbe doch nicht der Ort sei, die Amtspflichten der Beamten zu regeln. Die desfallsige allgemeine Regelung erscheine namentlich hinsichtlich der Landesbeamten dergestalt unzulässig, daß selbst von jeder nur subsidiären oder interpretativen Rechtsnorm abgesehen werden müsse. Gegen die vorstehende Ausführung lasse sich nun in der That insofern nichts erinnern, als für zweifellos zu erachten sei, daß, wenn nicht ein Anderes besonders bestimmt werde, der Beamte die in den allgemeinen Strafgesetzen vorgesehene, so wie die einen unberechtigten Eingriff in den Kreis der absoluten Rechte eines Anderen enthaltende Pflichtverletzung nach Maßgabe des § 145 zu vertreten habe. Es müsse ferner anerkannt werden, daß es an zureichenden Gründen fehle, die Anwendbarkeit des § 145 auf Pflichtverletzungen der bezeichneten Art, sei es (nach dem obigen Antrage Nr. 1) gänzlich auszuschließen und die Regelung der Vertretungspflicht in Betreff derselben besonderen Gesetzen vorzubehalten, sei es (nach Anleitung des Entwurfs) zu Gunsten der Beamten durch die Bestimmung zu beschränken, der Beamte sei — im Widerspruche mit den allgemeinen Grundsätzen — nur für grobes Versehen verantwortlich. Um desto bedenklicher erscheine es, rücksichtlich der übrigen Pflichtverletzungen auf Grund der obigen Ausführung im Gesetzbuche gleichfalls zu schweigen. Das Stillschweigen lasse ein doppeltes Mißverständniß besorgen. Bei der kurzen Fassung des § 145 könne leicht die — anscheinend dem Standpunkte des Entwurfs entsprechende — Auslegung: jede Verletzung einer Amtspflicht sei als eine widerrechtliche Handlung im Sinne des § 145 anzusehen, Vertretung finden. Das Ergebniß einer solchen Auslegung sei unhaltbar. Die Beamten schlechthin für den | Schaden, welcher aus der Verletzung irgend | Prot 1 3081 einer Dienstvorschrift einem Dritten entstanden sei, nach Maßgabe des § 145 für verantwortlich zu erachten, würde bei der großen Zahl solcher Dienstvorschriften, welchen nur der Charakter von bloßen Ordnungsvorschriften beiwohne, zu unerträglichen Härten führen. Umgekehrt könne, wenn das Gesetz schweige, auch die Ansicht Raum gewinnen: die Verletzung der Amtspflicht verpflichte, sofern nicht einer der beiden oben bezeichneten Fälle vorliege, auf Grund des § 145 niemals zum Schadensersatz, da die verletzte Pflicht nur als obligatorische dem Staate, der Gemeinde u.s.w. als dem Dienstherrn gegenüber bestehe, demzufolge auch nur der Dienstherr einen Anspruch auf Schadensersatz zu erheben vermöge. Diese Auffassung sei unvereinbar mit den Grundsätzen, auf welchen der § 145 beruhe. Unbedenklich sei der obigen Ausführung auch darin beizutreten, daß, wenn die Dienstvorschrift, durch welche die Amtspflicht bestimmt werde, dem Beamten auch Dritten gegenüber mit rechtsverbindlicher Kraft auferlegt sei, eine widerrechtliche Handlung im Sinne des § 145 wegen Verletzung eines absoluten Verbots angenommen werden müsse, während die Entscheidung, ob die verletzte konkrete Dienst1001
§ § 839, 841
I Prot 1 3082
I Prot I 3083
Planck (Nr 553, 3)
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Vorschrift so oder anders zu verstehen sei, nur im Wege der Auslegung der letzteren erfolgen könne, und das bürgerliche Gesetzbuch sich jeder weiteren Bestimmung hierüber zu enthalten habe. Die Verantwortlichkeit der Beamten aus derartigen Amtsdelikten nur auf Fälle der vorsätzlichen oder der auf grober Fahrlässigkeit beruhenden Pflichtverletzung unter Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen zu beschränken oder der Regelung durch besondere Gesetze vorzubehalten, sei auch hier wieder kein zureichender Grund vorhanden. In dem ersten Absätze des oben unter Nr. 2 mitgetheilten Antrags habe dasjenige, was nach dem Vorstehenden zur Vermeidung von Zweifeln und als sachgemäß bestimmt werden müsse, den zutreffenden Ausdruck gefun- | den; der Antrag müsse deshalb insoweit gebilligt werden. Die Aufnahme einer solchen Bestimmung nöthige aber zugleich, die in dem zweiten Absätze des Antrags Nr. 2 enthaltene Vorschrift hinzuzufügen. Denn nach der ersten Bestimmung würde auch der Spruchrichter jede auf Fahrlässigkeit beruhende Pflichtversäumung zu vertreten haben. Es lasse sich dies um deswillen nicht bezweifeln, weil die Amtspflicht des Spruchrichters, bei der Ausübung seiner Verrichtungen mit der gebührenden Aufmerksamkeit zu verfahren, nicht bloß dem Staate, sondern auch den Parteien gegenüber bestehe; dies ergebe sich nicht allein aus der Natur der Sache, sondern auch aus dem Gerichtsverfassungs-Gesetze. Jene ausgedehnte, nach dem Material auch im Allgemeinen dem geltenden Rechte nicht entsprechende Verantwortlichkeit des Spruchrichters vertrage sich jedoch nicht mit der zur Aufrechterhaltung der Rechtsordnung unentbehrlichen Unabhängigkeit der Gerichte. Der Spruchrichter dürfe der Gefahr nicht ausgesetzt sein, nachträglich wegen irrthümlicher Auslegung des Gesetzes, wegen irriger Anwendung des letzteren auf den zu entscheidenden Fall, wegen unrichtiger oder unterbliebener Würdigung eines Parteivorbringens oder eines Beweismittels u. dgl. vor einem anderen Richter zur zivilrechtlichen Verantwortung gezogen zu werden. Eine solche Gefahr raube ihm schon die zur Ausübung des Richteramtes nöthige Unbefangenheit und mache ihn zu dieser Ausübung ungeeignet. Der Spruchrichter dürfe nur verantwortlich sein, wenn er das Recht gebeugt bezw. bei Ausübung seines Amtes einer in den allgemeinen Strafgesetzen vorgesehenen Pflichtverletzung sich schuldig gemacht habe. Auch der Vorwurf einer groben Fahrlässigkeit dürfe zur Begründung der Ersatzpflicht nicht zugelassen werden. Der Unterschied zwischen grober und einer nicht groben Fahrlässigkeit sei ein so feiner und hänge so sehr von dem bloßen Ermessen | desjenigen ab, der die Entscheidung zu treffen habe, daß von demselben zur Erreichung des gedachten Zwecks abzusehen sei. Die Fassung betreffend, so nehme der Absatz 2 des Antrags in zutreffender Weise einmal auf die Vorschriften § 543 Z. 5 der Civilprozeßordnung 5 und §§ 399 Z. 3 sowie 402 Z. 3 der Strafprozeßordnung 6 , sodann auf den § 336 des Strafgesetzbuchs Rücksicht. Die Anlehnung an den § 336 des Strafgesetzbuchs mache insbesondere klar, daß zwischen Civil- und Strafrichter nicht zu unterscheiden sei, daß ferner die Vorschrift auch auf diejenigen Beamten sich beziehe, die, ohne Richter im engeren Sinne zu sein, Rechtssachen zu entscheiden hätten. Artikel 1030 des Entwurfs ist S. 2892 der Protokolle mitgetheilt. Der Antrag auf Streichung des Artikels wurde durch Mehrheitsbeschluß genehmigt. Man war der Ansicht: Insofern der Artikel nach seinem Wortverstande den öffentlich angestellten 5 Z P O S 580 Ziff. 5. 6 Entspricht S t P O
1002
359 Ziff. 3, 362 Ziff. 3.
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 839, 841
Sachverständigen oder Schätzer auch dann, wenn er sich strafbar gemacht (Strafgesetzbuch § 163) oder seine kontraktlichen Pflichten demjenigen gegenüber, welcher seine Dienste in Anspruch genommen habe, nur wegen grober Fahrlässigkeit für verantwortlich erkläre, sei er unrichtig. Insoweit er aber bestimme, ein solcher Sachversändiger oder Schätzer sei wegen grober Fahrlässigkeit für den einem Dritten dadurch entstandenen Schaden verantwortlich, schaffe er in nicht zu billigender Weise ein besonderes zivilrechtliches Delikt. Zu einer solchen positiven Satzung liege ein Bedürfniß nicht vor. Der Umstand, daß durch ein Versehen der fraglichen Art ein Dritter leicht Schaden leiden könne, sei als ein zureichender Grund für die Angemessenheit der Vorchrift nicht anzusehen. Es gebe noch eine große Zahl anderer und weit wichtigerer Fälle, in welchen Jemand — | insbesondere, wenn er zu | Pro: 13084 einem gewissen Gewerbe causa cognita nach vorheriger Prüfung und dergl. konzessionirt oder zugelassen sei — durch Verletzung einer in Ausübung des Gewerbes übernommenen obligatorischen Verpflichtung einen Andern als den Gläubiger beschädigen könne. Erkläre ihn das Gesetz für den Schaden verantwortlich, so werde von einem fundamentalen Grundsatze in der eingreifendsten Weise abgewichen. Weshalb eine solche Abweichung gerade zum Nachtheil des aus grober Fahrlässigkeit fehlenden öffentlich angestellten, gleichwohl der Beamtenqualität entbehrenden Sachverständigen oder Schädigers sich rechtfertige, sei nicht abzusehen. Liege Beamtenqualität vor, so beurtheile sich die Verantwortung nach den zuvor (zu Art. 1029) beschlossenen Grundsätzen. Die öffentliche Anstellung der Beamtenqualität gleichzustellen, könne nur zu einer unrichtigen Beurtheilung der letzteren und zu gefährlichen Irrungen führen. Wäre sie gerechtfertigt, so würde übrigens auch die Vertretung des nur mäßigen Versehens bestimmt, über den Entwurf also noch hinausgegangen werden müssen. Die Ausdehnung würde auch schon deshalb nöthig sein, weil die Haftung nur für grobes Versehen in Deliktsfällen als eine kaum haltbare Anomalie erscheine. Zum Schluß der heutigen Sitzung wurde in Veranlassung verschiedener Petitionen, insbesondere von dem Wanderverein Deutscher und Oesterreichischer Bienenwirthe (zu vergi. Motive des Sachenrechtsentwurfs S. 832 u. ff.) geprüft, ob in Beziehung auf das Bienenwesen in das Obligationenrecht besondere Bestimmungen aufzunehmen seien. Man überzeugte sich, daß dies nicht der Fall sei, weil die in den Petitionen angeregten Vorschriften, soweit sie einen obligationsrechtlichen Charakter haben, sich zum Theil nach den bisher beschlossenen Vorschriften als überflüssig darstellen, zum Theil durch die von den Petenten in Vorschlag gebrachten, in das I Gesetzbuch nicht gehörenden, sondern, wenn nöthig, einem besonderen Ge- | Prot 13085 setze oder der Landesgesetzgebung vorzubehalten, den polizeilichen Verordnungen erledigen würden. II., III. In der RedVorl und der ZustOR § 513, im KE § 730 lautet die beschlossene Vorschrift: Ein Beamter, welcher die ihm Dritten gegenüber gesetzlich obliegende Amts- RedVorl/ pflicht aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit verletzt, ist für den hieraus einem Dritten ZustOR §513 K E S 730 entstandenen Schaden nach Maßgabe des § 145 (KE: 698) verantwortlich. Ein Beamter, welcher bei der ihm obliegenden Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache seine Amtspflicht verletzt, ist für den hieraus entstandenen Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung mit einer im Wege des gerichtlichen Strafverfahrens zu verhängenden öffentlichen Strafe bedroht ist. Bei der Redaktion einzelner Vorschriften des Obligationenrechts wurde auf An1003
§ § 839, 841
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
trag von Kurlbaum (Nr. 576, 50) statt der Worte: „des § 698" gesetzt: „der §§ 698, 716 bis 720, 722" (Prot. I 6199, 6203)7. 533. Sitzung vom 23. 3. 1886, Schriftführer v. Liebe I Prot I 8276
| Die Beratung des ferneren Antrags in § 730 K.E. als Abs. 2 einzuschalten: „Ist ein Beamter, welcher (die Geschäftsführung eines Anderen zu beaufsichtigen oder) an der Geschäftsführung eines Anderen durch Ertheilung oder Versagung der Genehmigung zu Rechtsgeschäften Theil zu nehmen hat, wegen Verletzung der ihm hierbei obliegenden Pflichten neben dem Anderen für den von diesem zugefügten Schaden verantwortlich, so finden die Vorschriften des § 707 (K.E.)8 entsprechende Anwendung." und die Beratung des zu diesem Antrage gestellten Verbesserungsantrags, den Eingang der vorgeschlagenen Bestimmung zu fassen : „Ist ein Beamter, welcher einen Anderen zur Geschäftsführung für einen Dritten zu bestellen oder die Geschäftsführung desselben zu beaufsichtigen, oder zu dieser Geschäftsführung durch Ertheilung oder Versagung der Genehmigung zu Rechtsgeschäften mitzuwirken hat, wegen Verletzung pp." wurde bis zu der Beratung des in den Änderungsvorschlägen des Referenten 9 vorgeschlagenen § 533 a ausgesetzt. 539. Sitzung vom 7. 4. 1886, Schriftführer Struckmann
I Prot I 8442
| Hinter dem § 533 folgende Bestimmung als § 533 a einzuschalten: „Der Vormundschaftsrichter, welcher die ihm in Bezug auf die Anordnung und Verwaltung einer Vormundschaft obliegenden Pflichten verletzt, ist demjenigen, über welchen die Vormundschaft anzuordnen ist oder besteht, für den aus der Verletzung dieser Pflichten demselben entstandenen Schaden nach Maßgabe des § 730 Abs. 1 des K.E. verantwortlich. Ist neben dem Vormundschaftsrichter der Vormund oder Gegenvormund für den zugefügten Schaden verantwortlich, so haften der Vormundschaftsrichter, der Vormund oder Gegenvormund als Gesammtschuldner. Der Vormundschaftsrichter ist jedoch, wenn er Schadensersatz geleistet hat, von dem mitverhafteten Vormunde oder Gegenvormunde, unbeschadet der Bestimmung des § 336 des K.E. 10 , den vollen Ersatz des Geleisteten zu fordern berechtigt. In den Fällen der §§ 511, 512, 55911 ist der Vormundschaftsrichter wegen Verletzung seiner Amtspflicht für den hieraus entstandenen Schaden nur nach Maßgabe des § 730 Abs. 2 des K.E. verantwortlich." I Prot I 8443 | Dazu lag außer den beiden Prot. S. 8276 mitgeteilten, bei Gelegenheit der Beratung des § 504 des Entw. gestellten, aber bis zur Beratung des § 533 a der gedr. Abänderungsantr. 12 ausgesetzten Anträgen noch folgender Antrag des Referenten vor: 3. In dem § 533 a (der gedruckten Abänderungsanträge) a) den zweiten Satz des zweiten Absatzes durch folgende Bestimmung zu ersetzen: 7
S. Antrag und Beschluß vollständig bei §§ 833, 834 BGB. 8 S. bei §§ 831, 832 BGB. 9 Gemeint ist der Redaktor des Familienrechts Planck. 10 S. bei §§ 4 2 1 - 4 3 2 BGB. 11 des TE-Familienrecht. 12 Gemeint sind die Anträge von Planck zum TE-Familienrecht.
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25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 8 3 9 , 841
„In dem Verhältnisse derselben unter einander gelten aber unbeschadet der Vorschrift des § 336 (K.E.) und des § 3 1 der vorläufig. Zusst. 1 3 über das Vormundschaftsrecht der Vormund und Gegenvormund als allein verpflichtet." b) den dritten Absatz zu streichen. Die Beratung führte zu folgenden Ergebnissen : 1. Abs. 1 des § 533 a wurde aus den Gründen in den Bemerkungen zu den gedr. Abänderungsantr. S. 184 ff. gebilligt. Eine Meinungsverschiedenheit ergab sich nur darüber, ob nicht die Bestimmung, weil selbstverständlich, entbehrlich, die Aufnahme derselben überdies aus den bereits bei Gelegenheit der Beratung des § 370 a der gedruckt. Abänderungsantr. hervorgehobenen, Prot. S. 7788 bis 7790 mitgeteilten Gründen bedenklich sei. Die Mehrheit erachtete jedoch diese Gegengründe nicht als durchschlagend, trat vielmehr den Ausführungen in den Bemerkungen zu den gedr. Abänderungsantr. bei, daß die Aufnahme der Bestimmung zur Vermeidung von Zweifeln im Interesse der Rechtssicherheit den V o r z u g verdiene. I Einvernehmen bestand, daß die dem Vormundschaftsrichter in bezug auf die |Proti 8444 Anordnung und Verwaltung einer Vormundschaft obliegenden Pflichten im Allgemeinen nicht dahin aufzufassen seien, daß sie demselben auch gegenüber anderen Personen, als demjenigen, über welchen die Vormundschaft anzuordnen sei oder bestehe, als auferlegt anzusehen seien, soweit sich nicht aus einzelnen, besonderen Bestimmungen ein Anderes ergebe (vergi, ζ. Β. § 694 C P O 1 4 ) . 2. D e m § 730 K.E. soll als Abs. 2 folgende Bestimmung hinzugefügt werden: „Ist ein Beamter, welcher einen Anderen zur Geschäftsführung für einen Dritten KE § 730 zu bestellen oder die Geschäftsführung eines Anderen für einen Dritten zu beauf- Abs. 2 sichtigen oder zu einer solchen Geschäftsführung durch Ertheilung oder Verweigerung der Genehmigung zu Rechtsgeschäften mitzuwirken hat, wegen Verletzung der ihm hierbei obliegenden Pflichten neben dem Anderen für den von diesem zugefügten Schaden verantwortlich, so finden die Vorschriften des § 707 (K.E.) entsprechende Anwendung." Durch diese Bestimmung galt der Abs. 2 des gedr. Abänderungsantr. und der Antrag unter 3 a als erledigt. Die Mehrheit war der Ansicht, daß die Gründe der Billigkeit, auf welchen im Anschlüsse an den Gedanken des § 707 K.E. der Abs. 2 des § 533 a des gedr. Abänderungsantr. beruhe, dahin führen müßten, die Bestimmung des Abs. 2 des § 533 a in der beschlossenen Art zu verallgemeinern (vgl. die Bemerkungen zu den gedr. Abänderungsantr. S. 187ff.; Prot. S. 7790, 7791). D a s gegen diese Verallgemeinerung erhobene Bedenken, daß dadurch in zu weit gehen-1 der Weise in das | Prot I 8445 Landesbeamtenrecht eingegriffen werde und sich nicht übersehen lasse, ob die hier in Rede stehende Bestimmung alle hier in Betracht kommenden Verhältnisse berücksichtige bezw. für alle Verhältnisse sich als angemessen erweisen werde, könne als begründet nicht anerkannt werden. Es handele sich nicht um die Regelung der H a f t u n g des Beamten gegenüber dem Staate, sondern um die Regelung der H a f tung eines Beamten und eines Anderen, welcher neben dem Beamten für den von ihm einem Dritten zugefügten Schaden verantwortlich sei, im Verhältnisse derselben untereinander. Verhalte sich das Gesetzbuch in dieser Hinsicht schweigend, so würden in Ermangelung einer besonderen Bestimmung die allgemeinen VorschrifDazu ist angemerkt: Vergi, die Anlage zu diesem Protokoll S. 8455. § 31 vorläufig Zusst entspricht § 1833 BGB. h ZPO § 779 Abs. 2.
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§ § 839, 841
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
ten der §§ 335, 336 K.E. über den Regreß der Gesamtschuldner untereinander zur Anwendung kommen und ohne einen besonderen Vorbehalt die Landesgesetzgebungen nicht in der Lage sein, den Regreß in einer anderen, dem Beamten günstigeren Art regeln zu können. Ein Bedürfnis aber, diese andere Art der Regelung den Landesgesetzgebungen zu überlassen, liege nicht vor. In den in der beschlossenen Bestimmung vorausgesetzten Fällen sei es sichtbar immer der Billigkeit entsprechend, wenn der Beamte — abgesehen von dem Falle des auch im § 707 K.E. vorbehaltenen § 336 K.E. — in dem Verhältnisse zu dem Mitverhafteten nur in zweiter Linie verantwortlich sei. Es sei nicht abzusehen, welches Interesse die Landesgesetzgebung daran haben könnte, in jenen Fällen die Haftpflicht des Beamten im Verhältnisse zu dem Mitverhafteten, welcher in erster Linie den Schaden verursacht habe, zu verschärfen. Um so bedenklicher sei es, das Regreßverhältnis reichsgesetzI Prot I 8446 lieh in der beschlossenen | Art zu regeln, als das Landesrecht darüber bestimme, inwieweit einem Beamten nur eine Beaufsichtigung der Geschäftsführung eines Anderen für einen Dritten und eine Mitwirkung zu einer solchen Geschäftsführung durch Erteilung oder Verweigerung der Genehmigung zu Rechtsgeschäften oder aber die Verwaltung selbst, ζ. B. der Abschluß der Rechtsgeschäfte, obliegen solle. Soweit der Beamte selbst zu verwalten oder mitzuverwalten habe, finde die beschlossene Bestimmung nach ihrem Inhalte keine Anwendung. Auch im Hinblick auf die in Verhältnissen der hier fraglichen Art stehenden Reichsbeamten empfehle es sich, die Frage reichsgesetzlich zu regeln. Eine andere Frage sei, ob nicht in den hier fraglichen Fällen — abweichend von dem Grundsatze des § 730 K.E. — die Haftpflicht des Beamten auch nach außen hin gegenüber dem geschädigten Dritten als eine subsidiäre zu gestalten oder den Landesgesetzgebungen in dieser Hinsicht Raum zu lassen sei (vgl. Prot. S. 7790). Dafür ließen sich allerdings Rücksichten der Billigkeit und die Rücksicht auf das bestehende Recht anführen, sowie der Gesichtspunkt, daß, wenn das Landesrecht darüber bestimme, ob eine dem Beamten obliegende Pflicht auch als eine ihm gegenüber einem Dritten auferlegte Pflicht im Sinne des § 730 K.E. anzusehen sei, es nahe liege, der Landesgesetzgebung auch die Bestimmung darüber zu überlassen, ob nicht als Temperament der Haftung gegenüber dem Dritten die letztere nur eine subsidiäre sein solle. Bei der Beratung des § 730 K.E. sei jedoch die Kommission von der entgegengesetzten Auffassung ausgegangen und fehle es an einem ausreiI Prot I 8447 chenden Grunde, von dieser Auffassung | hier abzuweichen, zumal, wie in den Bemerkungen zu den gedr. Abänderungsantr. S. 188 näher ausgeführt sei, durch die Anerkennung einer nur subsidiären Haftpflicht des Beamten dem verletzten Dritten die Verfolgung seiner Schadensansprüche erheblich erschwert werde. Übrigens könne bei der Beratung des Einf.-Ges. darauf zurückgekommen werden, ob und inwieweit die nur subsidiäre Haftung des Landesbeamten durch Landesgesetz bestimmt werden könne. 3. Abs. 3 des § 533 a wurde in Gemäßheit des Antrags des Referenten unter 3 b nicht angenommen. Derselbe kommt infolge der zu den §§ 511, 512 des Entw. gefaßten Beschlüssen überhaupt nur noch für den Fall des § 559 des Entw. in Frage. Eine besondere Bestimmung für diesen Fall hielt man, auch wenn die Annahme des S 559 des Entw. demnächst beschlossen werden sollte, für entbehrlich (vgl. Prot. S. 7789, 7790). 4. Einvernehmen bestand, daß Abs. 1 des § 533 a auch auf die elterliche Gewalt für entsprechend anwendbar zu erklären sei (vgl. § 370 a der gedr. Abänderungsantr.; Prot. S. 7787-7791). 1006
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 839, 841
Bei der Revision der sachlich beschlossenen Bestimmungen des Familienrechts wurde antragsgemäß beschlossen, in § 730 Abs. 2 statt „dieser ihm obliegenden Pflichten" zu setzen „dieser Pflichten" (Prot. I 8778, 8789). Ein Beamter, welcher die gegenüber Dritten ihm gesetzlich obliegende Amts- EI § 736 pflicht aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit verletzt, ist für den hieraus einem Dritten entstandenen Schaden nach Maßgabe der §§ 704, 722 bis 726 und des § 728 Abs. 1 verantwortlich. Ist ein Beamter, welcher verpflichtet ist, einen Anderen zu der Geschäftsführung für einen Dritten zu bestellen oder die einem Anderen für einen Dritten obliegende Geschäftsführung zu beaufsichtigen oder bei einer solchen Geschäftsführung durch Ertheilung oder Verweigerung der Genehmigung zu Rechtsgeschäften mitzuwirken, wegen Verletzung dieser Pflichten neben dem Anderen für den von dem letzteren zugefügten Schaden verantwortlich, so finden die Vorschriften des § 713 entsprechende Anwendung. Ein Beamter, welcher bei der ihm obliegenden Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache seine Amtspflicht verletzt, ist für den hieraus entstandenen Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung mit einer im Wege des gerichtlichen Strafverfahrens zu verhängenden öffentlichen Strafe bedroht ist.15
B. Vorkommission des Reichsjustizamts I. Anträge lagen nicht vor. II. 87. Sitzung vom 20. 9. 1892 IIV. Mit dem Inhalte des § 736 des Entw. erklärte sich die Kommission im We- | Prot-RJA 576 sentlichen einverstanden, es wurde jedoch beschlossen, den landesgesetzlichen Vorbehalt des Art. 55 des Entw. eines Einf. Ges. in das B.G.B, hinüberzunehmen, weil man glaubte, daß bei Aufrechterhaltung des Vorbehalts diejenigen Staaten, in deren Gebiet die Subsidiarität der Haftung eines Beamten aus fahrlässiger Verletzungen seiner Amtspflicht bisher nicht anerkannt sei, Veranlassung nehmen würden, sie daraufhin einzuführen, und unter diesen Umständen eine einheitliche reichsrechtliche I Ordnung dieser Frage den Vorzug verdiene. | Prot-RJA 577 Zum Abs. 3 hielt man eine Einschränkung der Unverantwortlichkeit des richterlichen Beamten in den Fällen für erforderlich, in denen derselbe sich einer pflichtwidrigen Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung seines Amtes schuldig gemacht habe, weil er hierfür auch durch ein Verfahren im Aufsichtswege zur Verantwortung gezogen werden könne. Dem § 736 wurde danach folgende Fassung gegeben: § 736
EI-RJA § 736
Ein Beamter, welcher die gegenüber einem Dritten ihm obliegende Amtspflicht vorsätzlich oder aus Fahrlässigkeit verletzt, ist verpflichtet, den dem Dritten daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. 15
Dazu ist bemerkt: Das Einführungsgesetz wird bestimmen, inwiefern die Landesgesetze in Kraft bleiben, nach welchen ein Beamter wegen des aus einer Pflichtverletzung entstandenen Schadens erst dann in Anspruch genommen werden kann, wenn der Beschädigte auf andere Weise Ersatz des Schadens nicht zu erlangen vermag.
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§ § 839, 841
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Ist der Schaden nur in Folge fahrlässiger Verletzung der Amtspflicht entstanden, so kann der Beamte erst dann in Anspruch genommen werden, wenn der Beschädigte auf andere Weise den Ersatz des Schadens nicht zu erlangen vermag. Ein Beamter, welcher bei der ihm obliegenden Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache seine Amtspflicht verletzt, haftet für den daraus entstandenen Schaden nur dann, wenn die Pflichtverletzung mit einer im Wege des gerichtlichen Strafverfahrens zu verhängenden öffentlichen Strafe bedroht ist. Diese Vorschrift findet auf pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts keine Anwendung. S 736 a Ist ein Beamter verpflichtet, einen Anderen zur Geschäftsführung für einen Dritten zu bestellen oder die einem Anderen für einen Dritten obliegende Geschäftsführung zu beaufsichtigen oder bei einer solchen Geschäftsführung durch Ertheilung I Prot-RJA 578 der Genehmigung zu Rechtsgeschäften mitzuwirken, so haftet er, wenn | er wegen Verletzung dieser Pflichten neben dem Anderen verantwortlich ist, nach Maßgabe des § 713 dem Dritten neben dem Anderen als Gesammtschuldner. V. Dem Antrage, in den Entw. des Einf. Ges. an geeigneter Stelle folgenden Vorbehalt aufzunehmen, Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über die Verantwortlichkeit der Beamten für die von ihnen angenommen Stellvertreter und Gehülfen, die Vorschriften der Landesgesetze, die für den aus Verletzung der Amtspflicht entstandenen Schaden den Staat oder die Körperschaft, die Stiftung oder die Anstalt des öffentlichen Rechts, in deren Dienste der Beamte steht, verantwortlich machen und insoweit das Recht des Beschädigten, von dem Beamten Schadensersatz zu verlangen, ausschließen sowie die Vorschriften der Landesgesetze über die Haftung der zur amtlichen Feststellung des Werthes von Grundstücken bestellten Sachverständigen wegen Verletzung ihrer Berufspflichten. wurde stattgegeben. Die Erstreckung des Vorbehalts auf die Haftung der zur amtlichen Abschätzung von Grundstücken bestellten Sachverständigen wurde zwar aus den bereits in den Motiven Bd. II S. 827 angeführten Gründen beanstandet, die Kommission entschied sich jedoch für die Aufnahme dieses Vorbehalts, nachdem bemerkt worden war, daß seitens der Bayerischen Regierung auf die Beibehaltung des in Bayern bestehenden Instituts der Hypothekenschätzer, die eine amtliche Qualität nicht hätten, mit Rücksicht auf die wirthschaftlichen Verhältnisse und die sonstige Ausgestaltung des Institus ein besonderes Gewicht gelegt werde.
C. 2. Kommission I. Es lagen die Anträge vor (Prot. II, Bd. 2, S. 658ff.; Mugdan Bd. 2, S. 1153 ff.): Struckmann (Nr 244, 32)
1. den § 736 durch folgende Bestimmungen zu ersetzen: § 736. Ein Beamter, welcher die gegenüber einem Dritten ihm obliegende Amtspflicht vorsätzlich oder aus Fahrlässigkeit verletzt, ist verpflichtet, dem Dritten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Ist der Schaden nur in Folge einer fahrlässigen Verletzung der Amtspflicht entstanden, so kann der Beamte erst dann in Anspruch genommen werden, wenn der Beschädigte auf andere Weise Ersatz des Schadens nicht zu erlangen vermag. 1008
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 8 3 9 , 841
Ein Beamter, welcher bei der ihm obliegenden Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache seine Amtspflicht verletzt, haftet für den daraus entstandenen Schaden nur dann, wenn die Pflichtverletzung mit einer im Wege des gerichtlichen Strafverfahrens zu verhängenden öffentlichen Strafe bedroht ist. Diese Vorschrift findet auf pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amtes keine Anwendung. § 736 a. Ist ein Beamter verpflichtet, einen Anderen zur Geschäftsführung für einen Dritten zu bestellen oder die einem Anderen für einen Dritten obliegende Geschäftsführung zu beaufsichtigen oder bei einer solchen Geschäftsführung durch Ertheilung der Genehmigung zu Rechtsgeschäften mitzuwirken, so haftet er, wenn er wegen Verletzung dieser Pflichten neben dem Anderen verantwortlich ist, nach Maßgabe des § 713 dem Dritten neben dem Anderen als Gesammtschuldner. hierzu die Unteranträge, dem § 736 Abs. 1 hinzuzufügen: a) die Bestimmung: Ist der Schaden von mehreren Beamten verschuldet, so haften sie als Gesammtschuldner. b) die Bestimmung: Lag ihm die Amtspflicht gegenüber einem bestimmten Dritten ob, so findet der § 215 (des Entw. II) entsprechende Anwendung. Die Vorschriften der §§ 704, 705 bleiben unberührt. c) den zweiten Satz des Antrags 2; 2. die Vorschriften des § 736 Abs. 1, 3 durch folgende Bestimmungen zu erset- Rüger zen: (Nr 287) Ein Beamter, welcher die gegenüber einem Dritten ihm obliegende Amtspflicht vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit verletzt, ist verpflichtet, dem Dritten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Der Beamte kann nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Dritte den Schaden nicht durch den Gebrauch der zulässigen Rechtsmittel abwenden konnte. hierzu die Unteranträge : a) zwischen dem ersten und dem zweiten Satze die Bestimmung einzuschalten: Für eine Verletzung, welche auf einer Fahrlässigkeit beruht, welche nicht als grobe Fahrlässigkeit erscheint, haftet der Beamte nur, wenn die Verletzung mit öffentlicher Strafe bedroht ist. b) in dem zweiten Satze zwischen den Worten „kann" und „nur" die Worte einzuschalten : „sofern die Amtspflicht nicht vorsätzlich verletzt ist". Die Berathung über den Unterantrag 1 b wurde bis zur Erörterung eines unter IV mitgetheilten, verwandten Antrags ausgesetzt. Die Komm, nahm in eventueller Abstimmung für den Fall der Annahme des Antrags 2 die Unteranträge 2 a und b an, ebenso für den Fall der Annahme des Antrags 1 § 736 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 die ebenda in Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 vorgeschlagenen Zusätze. Bei der endgültigen Abstimmung wurde von dem Antrage 2 der erste Satz abgelehnt und der zweite Satz als hierdurch erledigt angesehen, der § 736 des Antrags 1 dagegen mit der in dem Unterantrag 1 a vorgeschlagenen Ergänzung angenommen, der Unterantrag 1 c verworfen. Der § 736 a des Antrags 1 fand ebenfalls Annahme. Es war beantragt (Prot. II, Bd. 2, S. 665 f. ; Mugdan, Bd. 2, S. 1157 f.) : 1. als § 736 b folgende Bestimmung einzustellen: Jacubezky Die in den §§ 709 a, 710 bis 712, 734 bis 735 a 1 6 bestimmte Verpflichtung zum (Nr 278,14 Gemeint ist die Fassung dieser Vorschriften in der VorlZust: s. S 709 a bei §§ 827 — 829
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u. 291)
§ § 839, 841
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Schadensersatze erstreckt sich nicht auf einen Schaden, welcher in Folge eines bei dem Verletzten vorliegenden außergewöhnlichen Umstandes eingetreten ist. Das Gleiche gilt in anderen Fällen, in welchen Jemand (lediglich) wegen Verletzung einer gesetzlichen Verpflichtung, zur Abwendung einer Gefahr von Anderen bestimmte Vorkehrungen zu treffen, zum Schadensersatze verpflichtet ist oder die Ersatzpflicht eintritt, ohne daß dem Verpflichteten ein Verschulden zu Last fällt. Die Ersatzpflicht wegen Verletzung der Amtspflicht erstreckt sich nicht auf einen Schaden der im Abs. 1 bezeichneten Art, es sei denn, daß der Beamte bei der Verletzung einer ihm gegenüber einem bestimmten Dritten obliegenden Amtspflicht den außergewöhnlichen Umstand kannte oder kennen mußte. Die Vorschriften der §§ 704, 705 bleiben unberührt. 2. den zu § 736 mitgetheilten Antrag 1 b anzunehmen. Die Komm, beschloß zunächst eventuell, für den Fall der Annahme einer Vorschrift im Sinne des Antrags 1 Abs. 1, dieselbe auf die Fälle einer vom Verschulden unabhängigen Verpflichtung zum Schadensersatze zu beschränken, lehnte aber hierauf die so beschränkte Vorschrift und ebenso den Abs. 2 des Antrags 1 ab. Dagegen wurde der Antrag 2 angenommen. II. In der VorlZust lauten die beschlossenen Vorschriften: E I-VorlZust Ein Beamter, welcher die gegenüber Dritten ihm obliegende Amtspflicht vorsätzS 736 lich oder aus Fahrlässigkeit verletzt, ist verpflichtet, den Dritten den daraus entstan-
E I-VorlZust § 736 a
E I-VorlZust S 736 b
denen Schaden zu ersetzen. Ist der Schaden von mehreren Beamten verschuldet, so haften sie als Gesammtschuldner. Ist der Schaden nur in Folge einer fahrlässigen Verletzung der Amtspflicht entstanden, so kann der Beamte erst dann in Anspruch genommen werden, wenn der Beschädigte auf andere Weise Ersatz des Schadens nicht zu erlangen vermag. Ein Beamter, welcher bei der ihm obliegenden Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache seine Amtspflicht verletzt, haftet für den daraus entstandenen Schaden nur dann, wenn die Pflichtverletzung mit einer im Wege des gerichtlichen Strafverfahrens zu verhängenden öffentlichen Strafe bedroht ist. Diese Vorschrift findet auf pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amtes keine Anwendung. Ist ein Beamter verpflichtet, einen Anderen zur Geschäftsführung für einen Dritten zu bestellen oder die einem Anderen für einen Dritten obliegende Geschäftsführung zu beaufsichtigen oder bei einer solchen Geschäftsführung durch Ertheilung der Genehmigung zu Rechtsgeschäften mitzuwirken, so haftet er, wenn er wegen Verletzung dieser Pflichten neben dem Anderen verantwortlich ist, nach Maßgabe des § 713 dem Dritten neben dem Anderen als Gesammtschuldner. Die Ersatzpflicht eines Beamten wegen Verletzung der ihm gegenüber einem bestimmten Dritten obliegenden Amtspflicht erstreckt sich nicht auf den Schaden, dessen Entstehung nach den Umständen, welche der Beamte kannte oder kennen mußte, außerhalb des Bereichs der Wahrscheinlichkeit lag. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn der Beamte nach Maßgabe des § 704 wegen Verletzung eines Rechtes oder nach Maßgabe des § 705 dem Dritten verantwortlich ist. In einer Anmerkung zu § 736 b E I-VorlZust ist unter Zf. 1 zunächst die geänderte Fassung des § 604 E I-VorlZust (s. bei § 676 BGB) mitgeteilt. BGB, SS 710 bis 712 bei SS 831, 832 BGB, SS 734, 734 a bei SS 833, 834 BGB, SS 734 b bis d bei S 835 BGB und SS 735, 735 a bei §S 8 3 6 - 8 3 8 BGB.
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25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 839, 841
Die Anmerkung lautet dann weiter: In den Entwurf eines Einführungsgesetzes sollen hinter Art. 56 folgende Vorbehalte aufgenommen werden : Unbeschränkt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über die Verantwortlichkeit der Beamten für die von ihnen angenommenen Stellvertreter und Gehülfen, die Vorschriften der Landesgesetze, die für den aus einer Verletzung der Amtspflicht entstandenen Schaden den Staat oder die Körperschaft, die Stiftung oder die Anstalt des öffentlichen Rechtes, in deren Dienste der Beamte steht, verantwortlich machen und insoweit das Recht des Beschädigten, von dem Beamten Schadensersatz zu verlangen, ausschließen, sowie die Vorschriften der Landesgesetze über die Haftung der zur amtlichen Feststellung des Werthes von Grundstücken bestellten Sachverständigen wegen Verletzung ihrer Berufspflichten. 3. In den Art. 11 des Entwurfs eines Einführungsgesetzes sollen folgende Ergänzungen der C.P.O. aufgenommen werden : a, Der § 85 Abs. 1 erhält folgenden Zusatz: Ist zur Zeit der Erlassung des Endurtheils die Genehmigung nicht beigebracht, so hat der einstweilen zur Prozeßführung Zugelassene dem Gegner die durch die einstweilige Zulassung verursachten Kosten und Schäden zu ersetzen. b, Als § 697 a wird folgende Vorschrift eingestellt: Wird die auf Grund eines vorläufig vollstreckbaren Titels erfolgte Zwangsvollstreckung als ungerechtfertigt erkannt, so ist der Gläubiger verpflichtet, dem Schuldner den Schaden zu ersetzen, der ihm durch die Zwangsvollstreckung oder durch eine zur Abwendung derselben gemachte Leistung entstanden ist. Diese Vorschrift findet entsprechende Anwendung, wenn ein nach § 562 unter Vorbehalt der Ausführung der Rechte des Beklagten erlassenes Urtheil aufgehoben oder abgeändert wird. c, Als § 813 a wird folgende Vorschrift eingestellt: Wird ein vollzogener Arrest nach § 805 oder § 806 Abs. 2 aufgehoben oder abgeändert oder fällt er weg, weil der Hauptanspruch als unbegründet erkannt wird, so ist diejenige Partei, welche den Arrestbefehl erwirkt hat, verpflichtet, dem Gegner den aus der Vollziehung des Arrestes entstandenen Schaden zu ersetzen. Berichtigung Die Anmerkung zu § 736 b Nr. 3 c erhält folgende Fassung: Als § 822 a wird folgende Vorschrift eingestellt: Erweist sich die Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt oder wird die angeordnete Maßregel auf Grund des § 806 Abs. 2 oder des § 820 Abs. 2 aufgehoben, so ist die Partei, welche die Anordnung erwirkt hat, verpflichtet, dem Gegner den Schaden zu ersetzen, welcher ihm aus der Vollziehung enstanden ist. III., IV. In der ZustRedKom §§ 714 g, h, im E II §§ 762, 763 lauten die Vorschriften: Ein Beamter, welcher die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht E I-ZustRedKom vorsätzlich oder fahrlässig verletzt, ist verpflichtet, dem Dritten den dadurch verur- S 714 g sachten Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so E II § 762 kann er erst dann in Anspruch genommen werden, wenn der Beschädigte nicht auf andere Weise Ersatz zu verlangen vermag. (ZustRedKom : Mehrere ersatzpflichtige Beamte haften als Gesammtschuldner 17 .) 17 Zum Fehlen dieses Satzes im E II s. § 764 E II bei § 840 BGB. 1011
§ § 839, 841
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Verletzt ein Beamter bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den dadurch verursachten Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung mit einer im W e g e des gerichtlichen Strafverfahrens zu verhängenden öffentlichen Strafe bedroht ist. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amtes findet diese Vorschrift keine Anwendung. 1 8 E I-ZustRedKom Hat ein Beamter vermöge seiner Amtspflicht einen Anderen zur Geschäftsfüh§ 714 h rung für einen Dritten zu bestellen oder eine solche Geschäftsführung zu beaufsichE II § 763 tigen oder bei derselben durch Genehmigung von Rechtsgeschäften mitzuwirken, so erstreckt sich seine Verpflichtung zum Schadensersatze w e g e n Verletzung der Amtspflicht nicht auf den Schaden, dessen Entstehung nach den Umständen, welche er kannte oder kennen mußte, außerhalb des Bereichs der Wahrscheinlichkeit lag. (ZustRedKom: Ist neben dem Beamten derjenige verantwortlich, welchem die
18 Dazu ist in ZustRedKom und E II angemerkt: 1. Der Artikel 56 des Entwurfes des Einführungsgesetzes soll folgende Fassung erhalten: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Haftung des Staates, der Gemeinden und anderer Kommunalverbände (Provinzial-, Kreis-, Amtsverbände) für den von ihren Beamten in Ausübung der ihnen anvertrauten öffentlichen Gewalt zugefügten Schaden sowie (ZustRedKom: und) die landesgesetzlichen Vorschriften, welche das Recht des Beschädigten, von dem Beamten Schadensersatz zu verlangen, insoweit ausschließen, als eine solche Haftung besteht. 2. In den Entwurf des Einführungsgesetzes soll geeigneten Ortes folgende Vorschrift aufgenommen werden: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Verantwortlichkeit der Beamten für die von ihnen angenommenen Stellvertreter und Gehülfen sowie die landesgesetzlichen Vorschriften über die Haftung der zur amtlichen Feststellung des Werthes von Grundstücken bestellten Sachverständigen wegen Verletzung ihrer Berufspflicht. 3. In den Artikel 11 des Entwurfes des Einführungsgesetzes sollen folgende Ergänzungen der Civilprozeßordnung aufgenommen werden : a) als Zusatz zu § 85 Abs. 1 : (ZustRedKom: a, der § 85 Abs. 1 erhält folgenden Zusatz:) Ist zur Zeit der Erlassung des Endurtheils die Genehmigung nicht beigebracht, so hat der einstweilen zur Prozeßführung Zugelassene dem Gegner die durch die einstweilige Zulassung verursachten Kosten und Schäden zu ersetzen. b) als § 697 a: (ZustRedKom: wird folgende Vorschrift eingestellt:) Wird ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urtheil aufgehoben oder abgeändert oder wird die vorläufige Vollstreckbarkeit des Unheils wegen Mangels der gesetzlichen Voraussetzungen aufgehoben, so ist der Gläubiger verpflichtet, dem Schuldner den Schaden zu ersetzen, der ihm durch die Vollstreckung des Urtheils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Diese Vorschrift findet entsprechende Anwendung, wenn ein nach den §§ 274, 562 unter Vorbehalt ergangenes Urtheil auf Grund des Vorbehalts aufgehoben oder abgeändert wird. c) als § 822 a: (ZustRedKom: wird folgende Vorschrift eingestellt:) Erweist sich die Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt oder wird die angeordnete Maßregel auf Grund des ξ 806 Abs. 2 oder des S 820 Abs. 2 aufgehoben, so ist die Partei, welche die Anordnung erwirkt hat, verpflichtet, dem Gegner den Schaden zu ersetzen, der (ZustRedKom: welcher) ihm aus der Vollziehung der angeordneten Maßregel oder dadurch entstanden ist, daß er Sicherheit geleistet hat, um die Vollziehung abzuwenden oder die Aufhebung der Maßregel zu erwirken. 1012
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 839,841
Geschäftsführung obliegt, so haften sie als Gesammtschuldner; in ihrem Verhältnisse zu einander ist der letztere allein verpflichtet. 19 ) Bei der Revision des E II war zu § 762 Abs. 1 beantragt, den zweiten Satz dahin zu ändern: Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nicht in Anspruch ge- Börner nommen werden, wenn der Dritte den Schaden durch Gebrauch der zulässigen (Nr 43) Rechtsmittel hätte abwenden können oder auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag. Die Komm, lehnte den Antrag mit allen gegen 2 Stimmen ab. V. Im E II rev §§ 824, 825 lauten die Vorschriften: Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Beschädigte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag. Verletzt ein Beamter bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung mit einer im Wege des gerichtlichen Strafverfahrens zu verhängenden öffentlichen Strafe bedroht ist. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amtes findet diese Vorschrift keine Anwendung. Hat ein Beamter vermöge seiner Amtspflicht einen Anderen zur Geschäftsführung für einen Dritten zu bestellen oder eine solche Geschäftsführung zu beaufsichtigen oder durch Genehmigung von Rechtsgeschäften bei ihr mitzuwirken, so erstreckt sich seine Verpflichtung zum Schadensersatze wegen Verletzung der Amtspflicht nicht auf einen Schaden, dessen Entstehung außerhalb des Bereichs der Wahrscheinlichkeit lag oder nach den Umständen, die der Beamte kannte oder kennen mußte, als außerhalb dieses Bereichs liegend angesehen werden durfte.
D. Bundesrat (Justizausschuß) I. Anträge Bayern wünscht eine Abänderung des § 762 dahin, daß der Ersatzanspruch gegen den Beamten wegfalle, wenn der Beschädigte versäume, die ihm zustehenden Rechtsmittel zu gebrauchen, durch die er den Schaden hätte abwenden können. Zwar lasse sich einwenden, daß der Staat durch eine solche Vorschrift gewissermaßen dazu auffordere, die Amtshandlungen der Beamten nicht zu beachten, sondern jedesmal den Rechtsmittelzug zu erschöpfen. Allein der Antrag werde durch praktische Erwägungen und die in den Protokollen S. 2896 geltend gemachten Gründen gerechtfertigt. Württemberg weist darauf hin, daß die seinerseits schon dem Entwurf erster Lesung gegenüber (Zusst. z. Entw. I Bd. I S. 91) beanstandete verschiedene Behandlung der Schadens• 9 Zum Fehlen dieses Satzes im E II s. § 764 E II bei S 840 BGB.
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E II rev § 824
E II rev § 825
§ § 839, 841
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
ersatzpflicht der richterlichen und der nichtrichterlichen Beamten beibehalten sei, indem die ersteren nur wegen einer mit öffentlicher Strafe bedrohten Pflichtverletzung, die letzteren dagegen wegen jeder Fahrlässigkeit haften sollen. Die Beamten der inneren Verwaltung, insbesondere der Polizei, befänden sich aber bezüglich der Ausübung ihres Amtes viel häufiger als die richterlichen Beamten in einer Lage, die ihnen die Möglichkeit einer ruhigen Ueberlegung nicht gewähre, vielmehr eine rasche Entschließung gebiete. Ihnen könne daher eine etwaige fahrlässige Verletzung ihrer Berufspflichten weniger zum Verschulden angerechnet werden als den richterlichen Beamten. Die Befürchtung, daß die Rücksichtnahme auf eine etwa drohende Schadensersatzpflicht dem Beamten die nöthige Unbefangenheit raube und ihn zur Ausübung seines Amtes ungeeignet mache, treffe bei ihnen viel mehr zu als bei den Richtern. Zum Schutze der Verwaltungsbeamten gegen ungerechtfertigte zivilrechtliche Verfolgung müsse allgemein die rechtliche Möglichkeit für die Landesgesetzgebung anerkannt werden, eine solche Verfolgung mit bindender Wirkung für den Richter an die Vorentscheidung einer besonderen Behörde darüber zu knüpfen, ob sich der Beamte einer Ueberschreitung seiner Befugnisse oder einer Unterlassung seiner Pflichten schuldig gemacht habe. Dabei sei der Landesgesetzgebung zum Mindesten die Herbeiführung derjenigen Vorentscheidung zu ermöglichen, welche im § 11 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vorgesehen sei. Sofern Zweifel darüber bestehen könnten, ob diese Bestimmung denjenigen Bundesstaaten, welche bisher die Vorentscheidung nicht gekannt hätten, die Einführung einer solchen noch jetzt gestatte, werde im Einführungsgesetze zum Bürgerlichen Gesetzbuche festzustellen sein, daß die Landesgesetzgebung sich auch jetzt noch in der Lage befinde, die im § 11 vorgesehene Vorentscheidung zur Einführung zu bringen. Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz halten die Vorschrift des § 762 nur dann für annehmbar, wenn der Landesgesetzgebung die Befugniß vorbehalten werde, die Haftung bestimmter Klassen von Beamten wegen fahrlässiger Verletzung der Amtspflicht auszuschließen oder zu beschränken. Gewisse Beamte, von denen das öffentliche Interesse regelmäßig ein energisches Einschreiten erfordere, ζ. B. Polizeibeamte, Gendarmen, dürften nicht durch die Besorgniß vor einem Schadensersatzanspruch in ihrem Diensteifer gelähmt werden. Deshalb wird vorgeschlagen, dem Art. 56 des Entwurfes des Einführungsgesetzes den Satz beizufügen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, durch welche die Haftung gewisser Beamten wegen fahrlässiger Verletzung der Amtspflicht ausgeschlossen oder beschränkt wird." Elsaß-Lothringen empfiehlt, den Ersatzanspruch gegen einen Beamten auszuschließen, wenn der Beschädigte den Schaden durch den Gebrauch von Rechtsmitteln hätte abwenden können. S 763 Baden weist darauf hin, daß durch den nach der Anm. 1 zu § 763 in Aussicht genommenen Art. 56 des Einführungsgesetzes der bestehende Rechtszustand hinsichtlich der Haftung des Staates, der Gemeinden und anderer Kommunalverbände für den von ihren Beamten in Ausübung der ihnen anvertrauten öffentlichen Gewalt zugefügten Schaden aufrechterhalten werden solle. Dieser Rechtszustand sei jedoch unbefriedi1014
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§ § 839, 841
gend. Vielfach fehle es in den Bundesstaaten an einer durchgreifenden klaren gesetzlichen Regelung und die Praxis der Gerichte zeige, daß selbst innerhalb des einzelnen Bundesstaats sehr verschiedene Grundsätze zur Anwendung gelangten. Das Rechtsbewußsein des Volkes werde aber schwer geschädigt, wenn gerade auf diesem Gebiet in den einzelnen Ländern oder gar in den einzelnen Provinzen mit verschiedenem Maße gemessen werde. Nur die Reichsgesetzgebung vermöge die dringend wünschenswerthe Rechtseinheit zu bringen. Die finanzielle Tragweite sei kaum erheblich. Die Schwierigkeiten einer einheitlichen Regelung seien für das Reich nicht wesentlich größer als für einen einzelnen größeren Bundesstaat. Was die Art der Regelung betreffe, so sprächen dringliche Gründe der Billigkeit für eine ausgedehnte Haftung des Staates und der öffentlich-rechtlichen Korporationen. Nur auf diesem Wege sei der Mißstimmung vorzubeugen, welche nicht nur bei den zunächst Betroffenen, sondern auch in weiteren Kreisen entstehe, so oft eine solche Haftpflicht abgelehnt werde. Für zweifelhafte Fälle, wie sie insbesondere dann eintreten könnten, wenn der Staat und eine andere öffentlich-rechtliche Korporation bei Ernennung eines Beamten zusammengewirkt hätten, sei die Entscheidung der Frage, wen die Haftpflicht treffe, der Landesgesetzgebung zu überlassen; reichsrechtlich sei nur dafür Sorge zu tragen, daß auch beim Schweigen der Reichsgesetzgebung ein bestimmter Verpflichteter — der Staat — gegeben sei. Hiernach wird empfohlen, als § 77 a die Bestimmung aufzunehmen : „Die Vorschrift des § 30 findet auch dann Anwendung, wenn die zum Schadensersatze verpflichtende Handlung in Ausführung von Verrichtungen begangen worden ist, welche der Vertreter (Beamte) einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft kraft einer ihm anvertrauten öffentlichen Gewalt vorzunehmen hatte. Die Verantwortlichkeit trifft den Staat, sofern nicht landesgesetzlich eine andere öffentlich-rechtliche Korporation für haftbar erklärt ist. Gesetzliche Bestimmungen, welche die Haftbarkeit des Betreffenden beschränken oder an gewisse Voraussetzungen binden (§11 Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz und § 762 des B.G.B. II. Lesung), finden auch auf die Verantwortlichkeit des Staates und der öffentlich-rechtlichen Korporation Anwendung." Bremen beanstandet die nach der Anm. 3 zu § 763 als Ergänzung der Zivilprozeßordnung beschlossene Vorschrift des § 697 a, wonach der Gläubiger, wenn ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urtheil aufgehoben oder abgeändert oder die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urtheils wegen Mangel der gesetzlichen Voraussetzungen aufgehoben wird, dem Schuldner den Schaden zu ersetzen hat, der ihm durch die Vollstreckung des Urtheils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Der Gläubiger, welcher auf Grund eines für vorläufig vollstreckbar erklärten Urtheils gegen den Schuldner mit der Zwangsvollstreckung vorgehen wolle, sei allerdings nicht der Pflicht enthoben, zu prüfen, of sein Anspruch in der That begründet sei. Falle ihm in dieser Beziehung Arglist oder Fahrlässigkeit zur Last, so sei er für die Folgen seines Handelns im vollen Umfange verantwortlich zu machen. Soweit ihn aber ein Verschulden nicht treffe, dürfe er für einen Schaden, den er durch die Vollstreckung herbeiführe, nicht haften, da er nur eine ihm nach dem geltenden Prozeßrechte zustehende Befugniß ausübe. Die Entscheidung, ob er arglistig oder fahrlässig gehandelt habe, möge im Einzelfalle schwierig sein, aber sie könne 1015
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
getroffen werden. Wolle man dem Schuldner zu Hilfe kommen, so möge man dem Gläubiger den Beweis auferlegen, daß ihm ein Verschulden nicht zur Last falle. Sollten jedoch die für den § 697 a sprechenden Gründe überwiegend erscheinen, so werde zum Schutze des Gläubigers der § 697 a wenigstens den Zusatz erhalten müssen, daß der Gläubiger dann nicht zum Schadensersatze verpflichtet sei, wenn das für vorläufig vollstreckbar erklärte Urtheil auf Grund von Thatsachen, die der Beklagte schon vor dem Erlasse des Unheils hätte behaupten und beweisen können, oder deshalb aufgehoben werde, weil der Schuldner eine nach Anstellung der Klage gegen den Kläger erworbene Forderung gegen die Klagforderung mit Erfolg aufgerechnet habe. II. Berichte der Geschäftsträger 1. Schicker (Württemberg) Zu § 824 (762) wurde zunächst die Gleichstellung der Haftung der Verwaltungsbeamten mit derjenigen der Richter vom Referenten befürwortet, ohne daß er einen Antrag stellte. Derselbe regte, auch ohne Antrag, an, die ganze Materie in ein Spezialgesetz zu verweisen. Geheimer Rath Struckmann trat entschieden für den Entwurf ein, dessen Bestimmungen schon wegen der öffentlichen Meinung nicht angetastet werden dürften, übrigens auch nur das seit langer Zeit ohne Schaden in Preußen geltende Recht wiedergäben. Übrigens lege das Reichsgericht auch dem § 13 des Reichsbeamtengesetzes die Bedeutung der Haftung der Reichsbeamten für Fahrlässigkeit bei. Für die Landesbeamten könne keine geringere Haftung bestehen. Die andere Regelung der Haftung der Richter sei eine nothwendige Konsequenz ihrer Unabhängigkeit und der Rechtskraft der Urtheile. Übrigens konnte man die Verwaltungsbeamten hinsichtlich des Maßes der Haftung für Delikte jedenfalls nicht privilegiren und dies sei gerade diejenige Haftung, welche bei ihnen am meisten in Betracht komme. Generalstaatsanwalt Rüger findet die Erklärung der Erträglichkeit 20 des Preußischen Rechts nur in der Wirksamkeit des Gesetzes von 1854 über die Kompetenzconflicte und des vom Auswärtigen Amt als fortgeltend bezeichneten Gesetzes vom 11. Mai 1842 in Betreff der Haftung der Polizeibeamten, welch letzteres Gesetz, aber Geheimer Rath Struckmann als nicht mehr geltend bezeichnete. Er wies auch auf das gesteigerte Bedürfniß energischen Einschreitens der Polizeibeamten und des Schutzes derselben hin. Einen Antrag stellte er aber nicht. Ich legte dar, daß die Bestimmung des § 11 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz wohl auch jetzt noch den Erlaß der in Absatz 2 dort bezeichneten Landesgesetze gestatte, verlangte aber, daß in einer oder der anderen Weise, am Besten im Einführungsgesetz dies außer Zweifel gestellt werde. Geheimer Rath Struckmann und Generalstaatsanwalt Rüger theilten die Rechtsanschauung bezüglich des § 11 des Einführunsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz, wiesen aber auf die Bestrittenheit hin. — Der Vorsitzende ist der gleichen Ansicht, erklärt sich aber nicht für ermächtigt, schon heute die Aufnahme einer ausdrücklichen Bestimmung ins Einführungsgesetz zuzugestehen. Es werde wohl am Besten sein, die Frage nicht an den Reichstag zu bringen, weder in einer ausdrücklichen Bestimmung, noch in der Denkschrift. Er ist dafür, die Sache bei Berathung des Einführungsgesetzes zu erledigen. Daß die Frage dort schon gestreift sei, wurde anerkannt. Die Erledigung der Frage wurde auf das Einführungsgesetz vorbehalten. 20
Im Original : Einträglichkeit.
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§ § 839, 841
Der Bayerische Antrag (S. 44 der Zus.) wurde von Geheimen Rath Struckmann bekämpft, welcher behauptete, solange ein Rechtsmittel noch zulässig sei, könne der Beamte nicht in Anspruch genommen werden, sei aber das Rechtsmittel versäumt, so finde $ 249 (217) Abs. 2n Anwendung und sei im Einzelfall zu entscheiden. Die Mehrheit ging aber davon aus, daß der Beamte möglichst zu schützen sei, und nahm den Bayerischen Antrag an; diese Bestimmung soll sich auf § 824 Abs. 1 und 2 beziehen. Der Antrag Badens zu § 825 fand keine Unterstützung. Die Erledigung der Anträge Bremens wurde auf die Berathungen zur Civilprozeßordnung verschoben. 2. Sieveking (Bremen) Zu § 824 (II, 762) lagen Bemerkungen Bayerns, Württembergs, MecklenburgSchwerins und Elsaß-Lothringens vor, welche die Fragen anregten, ob nicht die Verantwortlichkeit von Verwaltungsbeamten (insbesondere Polizeibeamten) ebenso zu regeln sei wie die der Richter, — eventuell wenigstens den Landesgesetzen zu gestatten sei, für einzelne Kategorien von Beamten Ausnahmen zu statuiren, — ferner, ob nicht bestimmt werden solle, daß der Schadensanspruch gegen den Beamten wegfalle, wenn der Beschädigte versäumt habe, die ihm zustehenden Rechtsmittel zu gebrauchen, durch die er den Schaden hätte abwenden können, — und, ob nicht jedenfalls im Einführungsgesetze auszusprechen sein werde, daß die Landesgesetzgebung nicht gehindert sei, eine Vorentscheidung nach Maßgabe des § 11 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz vorzuschreiben. Diesem letzteren Vorschlage stimmte der Ausschuß zu, — auch wurde auf Bayerns Antrag gegen die Stimmen von Preußen, Baden und Lübeck beschlossen, daß der Ersatzanspruch gegen den Beamten wegfallen solle, wenn der Beschädigte versäume, die ihm zustehenden Rechtsmittel zu gebrauchen, durch die er den Schaden hätte abwenden können. Im Übrigen aber wurde der Entwurf genehmigt. Zu § 825 (II, 763) beantragte Baden, eine Bestimmung über die Haftpflicht des Staats, der Gemeinden und anderer Kommunalverbände für den von ihren Beamten in Ausübung der ihnen anvertrauten Gewalt zugefügten Schaden, in das Gesetzbuch aufzunehmen, und zwar eine solche Verantwortlichkeit — wiewohl unbeschadet gesetzlicher Bestimmungen, welche die Haftbarkeit des Betreffenden beschränken oder an gewisse Voraussetzungen binden (§11 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz) — zu statuiren. Von anderer Seite bekämpft, — von Preußen namentlich auch mit Rücksicht auf die bedenkliche finanzielle Tragweite des Vorschlags — fand dieser Antrag aber keine Unterstützung. Ein Antrag Bremens, zu § 825 (II, 763), Anm. 3, betreffend die Schadensersatzpflicht für Vollstreckung eines für vorläufig vollstreckbar erklärten oder unter Vorbehalt ergangenen Urtheils, soll der Berathung des Einführungsgesetzes Art. 11 (betr. Ergänzung der Civilprozeßordnung) vorbehalten bleiben. 3. von Heller (Bayern) Bei dem § 824 äußerte sich der Berichterstatter zunächst darüber, ob die vom Entwürfe gemachte Unterscheidung zwischen den Richterbeamten und den anderen Beamten gerechtfertigt sei. Er bejahte die Frage. In gleichem Sinne sprach sich für Preußen der Kommissar Struckman aus. Sachsen zeigte sich im Interesse besseren Schutzes insbesondere der Polizeibeamten einer Einschränkung des Absatzes 1 nicht abgeneigt, stellte aber keinen Antrag. Auch Württemberg erklärte, daß es durch seine in der „Zusammenstellung" wiedergegebene Äußerung nicht eine AenS. bei § 254 BGB.
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derung des § 824, sondern nur Klarheit darüber herbeiführen wolle, ob die Landesgesetzgebung sich auch jetzt noch in der Lage befinde, die im § 11 des Einführungsgesetzes zum Gericbtsverfassungsgesetze vorgesehene Vorentscheidung einzuführen. Der Vorsitzende erwiderte hierauf, die Frage sei in der Literatur bestritten, der Wortlaut der Bestimmung spreche seiner Ansicht nach für die Zulässigkeit. Er halte es nicht für ratsam, diese Frage, sei es durch Aufnahme einer Bestimmung in das Einführungsgesetz oder auch nur durch Berührung in der Denkschrift, vor den Reichstag zu bringen; dieser würde sie wahrscheinlich verneinen. Die Württembergische Regierung möge sich wegen der Frage mit dem Reichskanzler benehmen und dann ihrem Landtage die beabsichtigte Vorlage machen. Hiermit wurde dieser Gegenstand verlassen. Den Vorschlag der Mecklenburgischen Regierungen zum § 824 bezeichnete der Berichterstatter als schlechthin aussichtslos im Reichstage. Der Ministerialrat Dr. Langfeld zog darauf den Vorschlag zurück. Zu dem auf den § 824 bezüglichen Antrage Bayerns endlich bemerkte der Berichterstatter, daß er sehr viel für sich habe. Es sei indes anzunehmen, daß schon die Bestimmung des § 249 genügende Hilfe in der Richtung des Antrags bringe. Auch der Kommissar Struckmann sprach sich unter Hinweis auf den § 249 gegen den Antrag aus. Der Entwurf stehe in dieser Frage im Einklänge mit dem geltenden Preußischen Rechte. Den Beschädigten immer auf die Erschöpfung der Rechtsmittel zu verweisen, scheine der Preußischen Regierung nicht richtig zu sein. Ich hielt den Antrag unter Darlegung der dafür sprechenden Gründe aufrecht und bezeichnete die Verweisung auf den § 249 als einen sehr unzureichenden Trost, da es immer darauf ankommen werde, ob der Richter geneigt sein wird, die Unterlassung des Gebrauchs der Rechtsmittel dem Beschädigten als „Verschulden" anzurechnen. Auf eine Bemerkung des Berichterstatters erwiderte der Vorsitzende, persönlich glaube er nicht, daß, wenn der Antrag Bayerns die Mehrheit im Ausschusse finden sollte, die Preußische Regierung der Sache hinreichende Bedeutung beilegen werde, um später wieder auf sie zurückzukommen. Ihre Zustimmung zum Antrage Bayerns erklärten Sachsen, Württemberg und Hessen; er war sohin gegen Preußen, Baden und Lübeck angenommen. Der Vorschlag Badens zum § 825, gegen den sich Preußen kurz, aber bestimmt erklärte, wurde auch von anderer Seite nicht unterstützt und galt damit als erledigt. Die Bemerkung Bremens zum § 825, den § 697a der Zivilprozeßordnung betreffend, zu prüfen, wurde der Beratung des Einführungsgesetzes vorbehalten. Hiermit war die Beratung des zweiten Buchs beendet, die des dritten wird, wie ich schon zu berichten mir erlaubte, Dienstag, den 15. d. M. beginnen. Im E III sind die §§ 824, 825 E II rev in §§ 823, 824 enthalten, wobei § 823 einen 3. Absatz folgender Fassung hat: E III § 823 Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Beschädigte unterlassen hat, den SchaAbs. 3 den durch den Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
E. Reichstag (XII. Kommission) I. Anträge : Frohme (Stadthagen) (Nr 68, 1 u. 2)
1. § 823 des Entwurfs zu streichen. 2. § 823 wie folgt zu fassen: „Verletzt ein Beamter in Ausübung seiner amtlichen Wirksamkeit seine Amts1018
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pflicht oder verletzt er in Ausübung seiner amtlichen Wirksamkeit eine Gesetzesvorschrift, so haftet er dem Verletzten für den daraus entstehenden Schaden. Dem Verletzten haftet für diesen Schaden gemeinsam mit dem Beamten der Staat, die Gemeinde oder die öffentlich-rechtliche Körperschaft, von der der Beamte angestellt ist." 3. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Beschädigte durch Vorsatz oder Gröber grobe Fahrlässigkeit unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmit- (Nr 45, 2) tels abzuwenden. 4. den § 824 zu streichen.
Gröber
(Nr 46, 9)
II. 23. Sitzung vom 15. 4. 1896 Zum § 823 lagen vor die Anträge Frohme, Stadthagen (Nr. 68 der Drucksachen) und Gröber und Genossen (Nr. 45 der Drucksachen Ziffer 2). Den erstbezeichneten Antrag begründete Stadthagen in einer weitläufigen Ausführung, in der er das dem Entwürfe zugrundeliegende Prinzip bekämpfte und sich insbesondere gegen die die Haftung des Richters einschränkende Bestimmung des Abs. 2 wendete, die einen außerordentlichen Rückschritt gegenüber dem geltenden Rechte enthalte, auch mit dem § 13 des Reichs-Beamtengesetzes in Widerspruch stehe. Eventuell beantragte er, wenigstens den Absatz 3 zu streichen. Der erste Satz der beantragten anderen Fassung des § 823 wurde von anderer Seite nicht unterstützt, den zweiten Satz dagegen nahm der Abgeordnete v. Cuny auf als selbständigen Zusatzantrag zum § 823 der Vorlage. Der Abgeordnete Gröber bemerkte zunächst zu dem auf den Abs. 3 des Entwurfs bezüglichen Teile seines Antrags, es sei ihm zweifelhaft, ob nicht schon die allgemeine Bestimmung des § 248 2 2 über das konkurrierende Verschulden genüge; er ziehe indes vor, eine besondere Bestimmung zu treffen. In der Fassung des Entwurfs enthalte sie jedoch eine außerordentliche Härte für den, der der Meinung ist, ein Rechtsmittel überhaupt nicht zu haben, oder über die Aussichten der Einlegung eines Rechtsmittels unrichtig belehrt worden ist. Ob es richtig sei, zwischen den Richtern und den übrigen Beamten in der Weise zu unterscheiden, wie der Entwurf es thut, wolle er dahingestellt sein lassen. Wenn der Absatz 3 bestehen bleibt und auch der § 11 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze nicht geändert wird, so sei der Richter schon genügend geschützt. Die Unterscheidung sei deshalb nicht von großer praktischer Bedeutung; auch bei ihrem Wegfalle würde durch die bezeichneten Kautelen ein Mißbrauch der Haftbarmachung der Richter ausgeschlossen sein. Sein die subsidiäre Haftpflicht des Staates betreffender Zusatzantrag solle eine in der Theorie äußerst bestrittene und in der Gesetzgebung der deutschen Staaten noch nicht in zufriedenstellender Weise geregelte Frage in einer dem praktischen Bedürfnisse entsprechenden Art entscheiden, für die sich auch angesehene Stimmen der Theorie ausgesprochen haben. Mit Beziehung auf diesen Teil des Antrags gab der Staatssekretär Nieberding folgende Erklärung ab : Die verbündeten Regierungen seien nicht in Zweifel darüber, daß es unmöglich ist, eine Bestimmung über die Haftung des Staats in das Bürgerliche Gesetzbuch aufzunehmen. Er ersuche deshalb dringend, das Gesetzbuch nicht mit einer solchen Bestimmung zu beschweren. Die Frage sei weder theoretisch noch praktisch ausgetragen; noch kein Staat habe das Prinzip in solcher Allgemeinheit aufgestellt. Nur Oesterreich habe es in der Beschränkung auf das Gebiet der richterlichen Thätigkeit ge« S. bei § 254 BGB.
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than; nicht einmal die Schweiz habe es gewagt, die Sache durch ein Bundesgesetz zu regeln, sondern habe sie der Kantonalgesetzgebung überlassen. Noch viel weniger sei die einheitliche Regelung in Deutschland möglich. Hinzu komme, daß es sich um eine Frage des öffentlichen Rechts handele, also um ein Gebiet, für das dem Reiche die Zuständigkeit fehlt. Die verbündeten Regierungen würden übrigens trotz dieses Umstandes der reichsrechtlichen Regelung vielleicht nicht widerstreben, wenn diese leicht auszuführen wäre. Das sei aber nicht der Fall, und deshalb müsse der größte Wert darauf gelegt werden, daß die Frage im Bürgerlichen Gesetzbuche nicht entschieden wird. Anerkannt müsse werden, daß das bestehende Landesrecht nicht befriedigt. Allein eine befriedigende Regelung erfordere eine vorsichtige Scheidung zwischen den einzelnen Gebieten der Verwaltung, vor allem die genaue Feststellung des Begriffs des Beamten. Hierin bestehe unter den Bundesstaaten die größte Verschiedenheit. Auch könne eine Unterscheidung zwischen höheren und niederen Beamten nicht ignoriert werden. Er bitte also dringend, nicht Schwierigkeiten herbeizuführen, deren Lösung er nicht absehen könne. Das richtige sei, im Wege der Sondergesetzgebung zunächst die Regelung der Frage für die Reichsbeamten zu versuchen, die Einzelstaaten würden dann sicherlich folgen. Im Anschlüsse an die Erklärung des Staatssekretärs wendete sich Struckmann gegen den ersten Teil des Antrags Gröber sowie gegen den Antrag Frohme, Stadthagen. Er vertrat und rechtfertigte hiebei insbesondere eingehend den Absatz 3 des Entwurfs, der der Natur der Sache entspreche, im Sächsischen Rechte, im Zürischer Gesetzbuche enthalten sei und nach einer verbreiteten Anschauung auch nach Gemeinem Rechte gelte. Der Annahme des Antrags Gröber wäre äußersten Falles die Streichung des Abs. 3 vorzuziehen; dann würde es bei der allgemeinen Vorschrift des § 248 sein Verbleiben haben. Mit eingehender Begründung führte auch der Kommissar Planck aus, daß die Frage der Haftung des Staats für die Handlungen der Beamten dem öffentlichen Rechte angehöre. Dem ersten Teile des Antrags Gröber erklärte der Abgeordnete Enneccerus 2 2 a höchstens dann zustimmen zu können, wenn das Wort „grobe" darin gestrichen würde. Gröber erklärte sich mit dieser Änderung seines Antrags einverstanden und warf zugleich die Frage auf, ob unter die Bestimmung des Abs. 2 auch die Staatsanwälte fallen. D a die Frage nach seiner Ansicht zu bejahen, die Bestimmung aber für die Haftung der staatsanwaltschaftlichen Beamten nicht geeignet sei, beantragte er, statt „Beamte" zu setzen „Spruchrichter" oder einen von der Redaktionskommission vorzuschlagenden entsprechenden Ausdruck. In der sich über diesen Antrag entspinnenden Diskussion erklärten die Kommissare Börner und v. Jacubezky, daß die Gesetzbuchskommission den Abs. 2 auf die Staatsanwälte nicht habe beziehen wollen; der Ausdruck „Spruchrichter" sei übrigens zu eng, er umfasse ζ. B. nicht den im Ermittlungsverfahren auf Ersuchen des Staatsanwalts thätigen Amtsrichter. Schließlich empfahl der Abgeordnete v. Cuny kurz die Annahme seines, die gemeinsame Haftung des Staats mit dem Beamten betreffenden Antrags, wobei er die Hoffnung aussprach, die Regierungen würden sich davon überzeugen, daß die Anerkennung dieses Grundsatzes dem Rechte und der Billigkeit entspricht; die finanzielle Seite könne nicht von Bedeutung sein. Die Abstimmung ergab die Ablehnung des ersten Satzes des Antrags Frohme, Stadthagen gegen zwei Stimmen und die Annahme des Abs. 1 des Entwurfs mit allen gegen zwei Stimmen. Der Abänderungsantrag Gröber zum Abs. 2 („Spruchrichter") wurde mit großer Mehrheit abgelehnt, Abs. 2 sodann ohne förmliche Abstim22a
In 1. Linie hatte Enneccerus Streichung des Abs. 3 beantragt (Prot, der X I I Kom. Fassung 1. Lesung).
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mung angenommen. Der Abs. 3 wurde mit erheblicher Mehrheit in der (geänderten) Fassung des Antrags Gröber angenommen. Den Antrag v. Cuny lehnte die Kommission mit großer Mehrheit ab, mit elf gegen neun Stimmen nahm sie dagegen den die subsidiäre Haftung des Staats betreffenden Antrag Gröber an. Dafür stimmten die sechs Mitglieder des Zentrums, die zwei Sozialdemokraten, die zwei Mitglieder der freisinnigen Volkspartei und das Mitglied der freisinnigen Vereinigung. 23 » Ohne Diskussion wurde ferner der Antrag Gröber zum Axt. 75 des Entwurfs des Einführungsgesetzes angenommen. Der § 824 ist durch den § 246 a 2 3 ersetzt und wurde daher, entsprechend dem Antrage Gröber (Nr. 46 der Drucksachen Nr. 9) ohne Widerspruch gestrichen. Die 825 bis 827 waren nicht beanstandet. III. 2. Lesung 1. Anträge a) an Stelle des Absatz 1 und 2 des § 823 folgende Bestimmung zu setzen: „Verletzt ein Beamter in Ausübung seiner amtlichen Wirksamkeit seine Amtspflicht oder verletzt er in Ausübung seiner amtlichen Wirksamkeit eine Gesetzesvorschrift, so haftet er dem Verletzten für den daraus entstehenden Schaden." b) in § 823 dem Absatz 2 folgende Fassung zu geben: „Verletzt ein richterlicher Beamter bei Fällung des Urtheils in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung mit einer im Wege des gerichtlichen Strafverfahrens zu verhängenden öffentlichen Strafe bedroht ist. Dasselbe gilt bei Entscheidungen der erkennenden Gerichte, welche der Urtheilsfällung vorausgehen, wenn sie nur durch ein gegen das Urtheil gerichtetes Rechtsmittel angefochten werden können." c) im § 823 den Absatz 4 in der Fassung der Kommissionsbeschlüsse zu streichen. d) an Stelle des Absatz 4 des § 823 zu setzen: „ H a t der Beamte in Ausübung der ihm anvertrauten öffentlichen Gewalt gehandelt, so haftet für den Schaden gemeinsam mit ihm als Gesammtschuldner der Staat, die Gemeinde oder die Körperschaft des öffentlichen Rechts, von der er angestellt ist." e) in § 823 den Absatz 4 dahin abzuändern: „— angestellt hat, es sei denn, daß der Beamte von dieser juristischen Person ein Diensteinkommen überhaupt nicht oder nicht ausschließlich bezieht, noch zugesichert erhalten hat." f) zu § 823 Absatz 4. Resolution Es wird die Erwartung ausgesprochen, daß alsbald ein Reichsgesetz dem Reichstage vorgelegt werde, wonach die Haftung des Staates und der juristischen Personen für den Fall geregelt wird, daß der Ersatz des Schadens von den Beamten nicht zu erlangen ist. « S. bei § 249 - 252 BGB im Anhang I. 2 3 a Demgemäß erhielt § 823 den folgenden Absatz 4: „Ist in den Fällen des Abs. 1, 2 der Ersatz des Schadens von dem Beamten nicht zu erlangen, so ist zur Leistung des Ersatzes diejenige juristische Person des öffentlichen Rechtes verpflichtet, welche den Beamten angestellt hat."
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Frohme/ Stadthagen (Nr 136, 14) Gröber (Nr 129, 6)
v. Buchka (Nr 119, 1) Frohme/ Stadthagen (Nr 136, 15)
v. DziembowskiPomian (Nr 144)
§ § 839, 841 Spahn (Nr 127)
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g) § 825 a. Ist ein Beamter, der vermöge seiner Amtspflicht einen Anderen zur Geschäftsführung für einen Dritten zu bestellen oder eine solche Geschäftsführung zu beaufsichtigen oder durch Genehmigung von Rechtsgeschäften bei ihr mitzuwirken hat, wegen Verletzung dieser Pflichten neben dem Anderen für den von diesem verursachten Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnisse zu einander der Andere allein verpflichtet. 2. 46. Sitzung vom 5. 6. 1896 Von den zum § 823 gestellten Anträgen kamen zunächst zur Beratung die auf die Absätze 1, 2 bezüglichen Anträge Frohme, Stadthagen (Nr. 136 der Drucksachen Ziff. 14) und Gröber (Nr. 129 der Drucksachen Ziff. 6). Der Antrag Frohme, Stadthagen war schon bei der ersten Lesung gestellt. Struckmann bekämpfte ihn aus den schon damals geltend gemachten Gründen; er wurde gegen wenige Stimmen abgelehnt. Auch dem Antrage Gröber trat Struckmann entgegen. Die Beschränkung auf Urteile mache die Bestimmung zu eng. Ob eine Entscheidung durch Urteil oder durch Beschluß zu treffen ist, sei eine Frage, die die Prozeßordnungen mehr oder weniger aus Gründen der Zweckmäßigkeit beantwortet haben. Auf den Inhalt der Entscheidung wirke ferner auch die „Leitung" der Sache; es müsse daher auch die hierauf bezügliche Bestimmung beibehalten werden. Der Antrag wurde gleichfalls gegen wenige Stimmen abgelehnt. Zum Absatz 4 lagen vor der Antrag v. Buchka auf Streichung (Nr. 119 der Drucksachen Ziff. 1) und ein noch nicht gedruckter Antrag Gröber, dem Absatz 4 hinzuzufügen „es sei denn, daß der Beamte von der juristischen Person ein Diensteinkommen nicht bezieht." Der Antragsteller beabsichtigt hiemit hauptsächlich, die Notare und die Gerichtsvollzieher auszuschließen. Der Vorsitzende stellte hiezu den weiteren Antrag, auch die Beamten auszuschließen, die zwar ein Diensteinkommen vom Staat etc. nicht beziehen, denen aber ein gewisses Mindesteinkommen aus Gebühren etc. garantiert ist und für den Fall, daß dies nicht erreicht wird, der Ausfall vom Staat vergütet wird. Endlich lag vor der schon bei der ersten Lesung gestellte Antrag Frohme, Stadthagen (Nr. 136 der Drucksachen Ziff. 15). V. Buchka bezog sich zur Begründung seines Antrags auf die vom Staatssekretär Nieberding bei der ersten Lesung gemachten Ausführungen. Hieran anschließend erklärte der Staatssekretär im wesentlichen Folgendes: Der Beschluß der ersten Lesung sei für die Regierungen auch bei dem möglichsten Entgegenkommen nicht annehmbar. Die Bestimmungen würden Folgen haben, die ihre Urheber sicherlich nicht in ihrer vollen Tragweite gewürdigt haben, die selbst die Regierungen noch nicht vollständig übersehen können. Auf die prinzipiellen Gründe wolle er nicht nochmals eingehen; diese seien in den vorliegenden Berichtsentwurf aufgenommen. Die Regierungen seien im Einklänge mit der Theorie der Meinung, daß sich die Frage nicht durch Aufstellung eines einfachen Grundsatzes mit einem Schlage für alle Ressorts und für alle Beamtenkategorien beantworten lasse. Die ganze Sache liege übrigens auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts, das nicht der Reichstag einseitig in den 24 Bereich der Reichsgesetzgebung ziehen könne. Die Regierungen könnten daher aus verfassungsmäßigen und aus sachlichen Gründen nicht auf die Bestimmung eingehen. Der Unterschied, der zwischen den verschiedenen öffentlich rechtlichen juristischen Personen und den anderen juristischen Personen besteht, sei nicht genügend berücksichtigt worden. Der Staat und die Gemeinde seien nicht immer in der 24
Im Original heißt es „das Bereich".
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Lage, ihre Beamten sich beliebig zu wählen und nach freiem Ermessen zu entlassen. Die Militäranwärter ζ. B. müßten ohne Wahl in einer bestimmten Reihenfolge angestellt werden. Welche Schwierigkeiten bereite ferner das Disziplinarverfahren der Entlassung eines Beamten! Angesichts solcher Verhältnisse sei es doch unmöglich, zu bestimmen, daß der Staat, die Gemeinde für die Fehler der Beamten ohne weiteres haften müsse. Staat und Gemeinde würden durch eine solche Bestimmung in den Stand der Notwehr versetzt werden. Es könne dann kommen, daß Staat und Gemeinde gewissen Bediensteten die Beamteneigenschaft entziehen, daß sie nicht mehr Beamte, sondern Funktionäre anstellen. Dadurch würden aber nicht blos die Beamten, sondern es würde auch das Publikum in eine schlechtere Lage kommen. Der Staat würde ferner genötigt sein, das System der Amtskautionen, das man mehr und mehr einzuschränken bestrebt ist, wiederum weit auszudehnen. Vielen unbemittelten Personen würde hiedurch der Eintritt in den Staatsdienst abgeschnitten werden. Die Frage sollte zunächst geregelt werden auf dem Gebiete des Reichsbeamtenwesens; hiezu werde der Reichstag die bereitwillige Mitwirkung der Regierungen finden. Der in erster Lesung gefaßte Beschluß sei verhängisvoll; er gefährde das Zustandekommen des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die Fortsetzung der Beratung wurde sodann auf morgen vertagt. 47. Sitzung vom 6. 6. 1896 Die Kommission setzte zunächst die gestern abgebrochene Beratung der zum § 823 Abs. 4 gestellten Anträge fort. Der von Gröber gestern eingebrachte Antrag lag nun gedruckt vor (Nr. 143 der Drucksachen) und zwar mit der von dem Vorsitzenden Spahn gestern angeregten Ergänzung. Dazu war weiter gekommen der Antrag von Dziembowski auf Annahme einer Resolution (Nr. 144 der Drucksachen). Im Laufe der Diskussion beantragte ferner der Abgeordnete Kauffmann die Bestimmung zu beschränken auf „die Beamten der Gerichte und der Staatsanwaltschaft", weil die Organisation dieser Behörden auf den Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes beruhe, bezüglich ihrer sich die Tragweite der Bestimmung des Absatzes 4 daher wohl am leichtesten übersehen lasse. Der Abgeordnete Enneccerus erklärte seine volle Zustimmung zu den gestrigen Ausführungen des Staatssekretärs Nieberding. Es handle sich in der That um eine Frage, die ihre Grundlage im öffentlichen Rechte hat. Der Umstand, daß sie in einen privatrechtlichen Anspruch ausläuft, könne nicht dazu berechtigen, ihre Regelung in das Privatrecht zu verlegen. Die Aufrechterhaltung der bei der ersten Lesung beschlossenen Bestimmung würde daher, soweit sie nicht Reichsbeamte betrifft, ein Eingriff in das der Reichsgesetzgebung entzogene öffentliche Recht der Einzelstaaten sein. Aus dem gleichen Grunde beantrage er, die von dem Abgeordneten von Dziembowski vorgeschlagene Resolution, der er im übrigen zustimme, auf die Reichsbeamten zu beschränken. Stadthagen empfahl die Annahme des schon bei der ersten Lesung gestellten Antrags in Nr. 136 der Drucksachen Ziff. 15, eventuell beschränkte er ihn auf den Fall, daß „der Schaden durch einen Reichsbeamten oder durch eine Beeinträchtigung der persönlichen Freiheit verursacht wurde". Im Sinne der Ausführungen des Staatssekretärs und des Abgeordneten Enneccerus sprach sich auch der Abgeordnete von Bennigsen aus. Der Abgeordnete Gröber bestritt, daß es sich um einen Eingriff in das öffentliche Recht der Einzelstaaten handle; man habe es ausschließlich mit der Regelung der privatrechtlichen Seite zu thun, und dies sei Sache der Reichsgesetzgebung. Die in der Verschiedenartigkeit der Verhältnisse der einzelnen Kategorien von Beamten liegenden Schwierigkeiten erkenne er an, in der nach seinem Antrage eingeschränkten Fassung aber werde die Bestimmung schwerlich als unan1023
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nehmbar bezeichnet werden können. Die von Kauffmann beantragte Einschränkung sei prinziplos und mache die Bestimmung nahezu wertlos. Der Staatssekretär Nieberding betonte nochmals in ausdrücklichster Weise, daß es sich um eine dem öffentlichen Rechte angehörende Frage handle und daß die verbündeten Regierungen jeden Eingriff in die Regelung der Frage hinsichtlich der Landesbeamten auf grund der Verfassung zurückweisen müßten. Der einschränkende Antrag Gröber's sei in keiner Weise geeignet, diese grundsätzliche Stellungnahme zu ändern. Die Abstimmung ergab, daß von den Abänderungsanträgen keiner eine Mehrheit fand; für den Antrag Gröber stimmten die Mehrzahl der Zentrumsmitglieder und die Sozialdemokraten. Auch die Resolution v. Dziembowski wurde mit erheblicher Mehrheit abgelehnt; dagegen wurde sie in der von Enneccerus beantragten Beschränkung auf die Reichsbeamten einstimmig angenommen. Der Absatz 4 des § 823 galt hiemit als gestrichen. Die Kommission kehrte hierauf zurück zur Beratung der auf den § 246 a bezüglichen Anträge Gröber (Nr. 125 der Drucksachen Ziff. 11) und Enneccerus (Nr. 134 der Drucksachen) 25 . Enneccerus führte aus, daß die durch den § 246 a getroffene Einschränkung zu weit gehe, der § 248 in seiner jetzigen Fassung aber zu eng sei. Das richtige liege in der Mitte, in der von ihm beantragten Aenderung des § 248 Abs. 2. Der Kommissar Struckmann erklärte sich mit dem Antrage einverstanden. Gröber zog seinen Antrag zurück. Mit Einstimmigkeit wurde der § 246 a gestrichen und der § 248 in der beantragten Weise geändert. Ohne Diskussion wurde der Antrag Spahn auf Einschaltung eines neuen § 825 a (Nr. 127 der Drucksachen) angenommen, nachdem Struckmann dessen Annahme als unerläßlich empfohlen hatte. Hiemit war auch die zweite Lesung des zweiten Buchs beendigt. In § 825 a E III liegt die in § 841 BGB Gesetz gewordene Fassung vor. Zur Beratung des § 823 E III im Plenum des Reichstags, in dem die Vorschrift ihre in § 839 BGB Gesetz gewordene Fassung erhalten hat, s. Stenograph. Berichte, S. 431 ff., 846 ff. Anhang Den Beratungen der XII. Kommission des Reichtstags war vorausgegangen eine u. a. den § 823 E III betreffende Beratung im preuß. Staatsministerium in dessen Sitzung am 4. 6. 1896. Das Protokoll dieser Sitzung, soweit es den § 823 E III betrifft (s. im übrigen den Einleitungsband zu dieser Edition S. 41 Of. und den Anhang zu § 835 BGB) lautet wie folgt: Der Herr Staatssekretär Niederding trug ferner vor, § 823 bestimme, daß, wenn ein Beamter aus dolus oder Fahrlässigkeit seine Amtspflicht verletze, er den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen habe. Die Kommission habe nun einen Zusatz beschlossen, wonach in den Fällen, wo der Ersatz von dem Beamten wegen Vermögenslosigkeit u. dergl. nicht zu erreichen sei, der Staat eintreten müsse. Die Majorität für den Zusatz sei keine große gewesen. Der Paragraph habe insofern einen Vorgang, als in Preußen eine eventuelle Ersatzpflicht des Staates in Grundbuchsachen bestehe, wenn ein Richter sich einer Verletzung seiner Amtspflicht schuldig gemacht habe. In Oesterreich bestehe diese Ersatzpflicht des Staates bezüglich aller richterlichen Beamten, außerdem in weiterem Umfange in einzelnen deutschen Staaten und in Schweizer Kantonen. Er habe in der Kommission geltend gemacht, daß die Sache große Schwierigkeiten biete, namentlich bei der Ersatzpflicht für Be25 S. bei § 254 BGB.
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A n h ZU § § 8 3 9 , 8 4 1
amte, die der Staat gar nicht besolde, so bei Lootsen, Notaren pp. In der Form, wie die Kommission den Beschluß gefaßt, werde derselbe nicht aufrecht zu erhalten sein. Er sei in Uebereinstimmung mit dem Herrn Finanzminister dafür, den Zusatz zu bekämpfen. Der Herr Finanzminister bestätigte, daß er den Zusatz wegen der Konsequenzen für die Staatsfinanzen bekämpft habe. Gleichwohl würde er nicht eine Kapitalfrage daraus machen, bei den Bestimmungen über die Richter hätten wir uns auch große Sorge gemacht, es sei aber nicht so schlimm geworden. Bennigsen habe ihm gesagt, nach Rücksprache mit Bachem sei er überzeugt, daß wir die Notare wieder herausbekämen. Auf alle Fälle müßten auch die Gemeindebeamten herauskommen, welche staatliche Funktionen übten. Erhebe ein Gemeindesteuererheber Steuern für den Staat und unterschlage die erhobenen Beträge, so habe der Staat damit nichts zu thun, vielmehr müßte die Gemeinde aufkommen, da es ihre gesetzlich begründete Pflicht sei, die Steuern für den Staat zu erheben und abzuliefern. Endlich hätten wir, wenn der Paragraph stehen bleibe, in Preußen noch das Recht des Kompetenzkonflikts, wodurch man viel mildern könne. Der Herr Vtce-Präsident war ungeachtet der freundlichen Auffassung der Finanzfrage Seitens des Herrn Finanzministers der Ansicht, daß man diesen Paragraphen energisch bekämpfen müsse. Den Vorgang auf dem Gebiete des Grundbuchwesens könne er nicht anerkennen, weil die Justizaufsichtsbehörde die Möglichkeit habe, den Richter in seiner Thätigkeit zu korrigiren. Schwieriger liege die Sache bei anderen Beamten, ζ. B. bei einem Polizeibeamten, der eine unrechtmäßige Verhaftung vornehme. Daraus könne sehr erheblicher Schaden erwachsen, den der Beamte nicht ersetzen könne, und den dann der Fiskus vertreten solle. Das gehe zu weit. Man könne nicht den Mandanten für den Schaden verantwortlich machen, den der Mandatar verursache. Auch sei nicht zu übersehen, welche Konsequenzen für Staat und Gemeinde daraus erwüchsen. Auch die Frage des Ersatzes des Schadens, den Gemeindebeamte in ihren Funktionen für den Staat verursachten, liege nicht so einfach. Wir hätten alle Veranlassung, die Bestimmung grundsätzlich zu bekämpfen. In gleichem Sinn sprach sich der Herr Justizminister aus, da die Tragweite gar nicht zu übersehen sei. Auch die Erhebung des Konflikts werde nicht viel helfen, da nach dem Wortlaute des von der Kommission hinzugefügten Absatzes 4 der Staat davon nichts habe. Der Herr Staatssekretär Nieberding sah es als selbstverständlich an, daß man den Zusatz bekämpfe. Aber den allgemeinen Gesichtspunkt bezüglich des Mandats könne man nicht geltend machen, weil die Auffassungen über den Rechtsgrund der Regreßpflicht des Staates bei Schäden, welche Beamte durch Verletzung ihrer Amtspflicht herbeiführten, sehr verschieden seien und angesehene Schriftsteller auf dem Standpunkt stünden, daß aus dem Mandatsverhältniß sich hier keine Analogie entnehmen lasse. Was den Konflikt betreffe, den der Staat bei einer Verfolgung der Beamten erheben könne, so greife § 11 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz hier Platz. Wenn der Zusatz zu § 823 die Ersatzpflicht des Staates für den Fall statuire, daß der Beamte zum Ersätze nicht herangezogen werden kann, so habe das nicht die Bedeutung, daß der Staat auch dann hafte, wenn der Beamte zum Ersätze nicht herangezogen werden darf. Die Kommission habe nur den Fall im Auge gehabt, wo der Beamte an sich ersatzpflichtig, aber nicht leistungsfähig sei. Der Herr Staatsminister Freiherr von Marschall war der Ansicht, daß im Prozeßverfahren festzustellen sei, daß der Beamte einen Schaden angerichtet habe und daß 1025
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7. Abschnitt : Einzelne Schuldverhältnisse
er dann keine Mittel zum Ersätze besitze. Erst in diesem Falle trete die Ersatzpflicht des Staates ein. Werde ein Konflikt erhoben und durchgeführt, dann könne der Paragraph nicht anwendbar sein. Aus diesem Anlasse wies der Herr Vice-Präsident darauf hin, daß, wenn der Konflikt erhoben werde, dann die Frage der Ersatzpflicht noch nicht zur Entscheidung gelangt sei. Dieselbe könne erst erfolgen, wenn der Rechtsweg im Konfliktsverfahren zugelassen und demnächst im Civilprozesse festgestellt sei, daß der Beamte ein vertretbares Versehen begangen habe. Der Konfliktsrichter könne anerkennen, der Beamte habe zwar nicht richtig verfahren, aber doch innerhalb seiner Amtsbefugnisse gehandelt. Dann lasse der Konfliktsrichter ein gerichtliches Verfahren nicht zu, und damit sei die Sache zu Ende. Der Herr Finanzminister verlas den § 11 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze. Danach werde zunächst der Beamte im Rechtswege angegriffen; nun werde der Konflikt erhoben; - werde erkannt, daß derselbe begründet sei, dann könne der Beamte nicht mehr verfolgt werden, weil ihm eine vertretbare Handlung nicht zur Last falle; hafte der Beamte aber nicht für den Schaden, so könne der Staat auch nicht subsidiär eintreten. Werde der Konflikt verworfen, weil der Beamte seine Amtsbefugnisse überschritten, dann nehme der Rechtsweg seinen Fortgang. Das Staatsministerium war gleicher Ansicht, beschloß aber den Zusatz der Kommission zu § 823 zu bekämpfen.
§840 Sind für den aus einer unerlaubten Handlung entstehenden Schaden Mehrere neben einander verantwortlich, so haften sie, vorbehaltlich der Vorschrift des § 835 Abs. 3, als Gesammtschuldner. Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 831, 832 zum Ersätze des von einem Anderen verursachten Schadens verpflichtet ist, auch der Andere für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnisse zu einander der Andere allein, im Falle des § 829 der Aufsichtspflichtige allein verpflichtet. Ist neben demjenigen, welcher nach den §§833 bis 838 zum Ersätze des Schadens verpflichtet ist, ein Dritter für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnisse zu einander der Dritte allein verpflichtet. Vorbemerkung des Herausgebers: Die Entstehung des § 840 Abs. 2 s. bei §§ 831, 832 BGB. Den Absätzen 1 und 3 des § 840 entsprechende Vorschriften fehlen noch im E I-VorlZust. Die gesamtschuldnerische Haftung, wenn Mehrere wegen unerlaubter Handlung verantwortlich sind, war jeweils besonders bestimmt (s. § 713 E IVorlZust bei §§ 831, 832 BGB; §§734, 734a E I-VorlZust bei §§ 833, 834 BGB; § 734 c E I-VorlZust bei § 835 BGB; §§735, 735 a E I-VorlZust bei §§ 8 3 6 - 8 3 8 BGB; §§ 736, 736a E I-VorlZust bei §§ 839, 841 BGB). Ebenso war für die Fälle des § 840 Abs. 3 das Innenverhältnis jeweils besonders geregelt (s. § 734 E I-VorlZust bei §§ 833, 834 BGB; § 734d E I-VorlZust bei § 835 BGB; § 735 E I-VorlZust bei § 8 3 6 - 8 3 8 BGB). Eine dem § 840 Abs. 3 entsprechende zusammenfassende Regelung findet sich erstmalig in § 714f ZustRedKom in folgender Fassung: 1026
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ § 840, 842 — 847
Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 714 a bis 714 e für den Schaden verantwortlich ist, ein Dritter zum Schadensersatze verpflichtet, so haften sie als Gesammtschuldner, in ihrem Verhältnisse zueinander ist der Dritte allein verpflichtet. Eine dem § 840 Abs. 1 entsprechende die Einzelfälle zusammenfassende Vorschrift enthält erst der E II § 764 in Abs. 1. Dieser Paragraph, der in Abs. 2 die Vorschrift des § 713 E I-VorlZust (s. bei §§ 831, 832 BGB) und in Abs. 3 den § 714f E I-ZustRedKom (s. o.) enthält, lautet: Sind für den durch eine unerlaubte Handlung entstandenen Schaden Mehrere neben einander verantwortlich, so haften sie, vorbehaltlich der Vorschrift des § 758 Abs. 3, als Gesammtschuldner. Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 756 bis 761, 763 zum Ersätze des Schadens verpflichtet ist, ein Dritter für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnisse zu einander der Dritte allein verpflichtet. Im E II rev § 826, E III § 825 liegt die in § 840 BGB Gesetz gewordene Fassung
§842 Die Verpflichtung zum Schadensersatze wegen einer gegen die Person gerichteten unerlaubten Handlung erstreckt sich auf die Nachtheile, welche die Handlung für den Erwerb oder das Fortkommen des Verletzten herbeifuhrt. §843 Wird in Folge einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit die Erwerbsfähigkeit des Verletzten aufgehoben oder gemindert oder tritt eine Vermehrung seiner Bedürfnisse ein, so ist dem Verletzten durch Entrichtung einer Geldrente Schadensersatz zu leisten. Auf die Rente finden die Vorschriften des § 760 Anwendung. Ob, in welcher Art und für welchen Betrag der Ersatzpflichtige Sicherheit zu leisten hat, bestimmt sich nach den Umständen. Statt der Rente kann der Verletzte eine Abfindung in Kapital verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Der Anspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß ein Anderer dem Verletzten Unterhalt zu gewähren hat. §844 Im Falle der Tödtung hat der Ersatzpflichtige die Kosten der Beerdigung demjenigen zu ersetzen, welchem die Verpflichtung obliegt, diese Kosten zu tragen. Stand der Getödtete zur Zeit der Verletzung zu einem Dritten in einem Verhältnisse, vermöge dessen er diesem gegenüber kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder unterhaltspflichtig werden konnte, und ist dem Dritten in Folge der Tödtung das Recht auf den Unterhalt entzogen, so hat der Ersatzpflichtige dem Dritten durch Entrichtung einer Geldrente insoweit Schadensersatz zu leisten, als der Getödtete während der muthmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet gewesen sein würde; die Vorschriften des § 843 Abs. 2 bis 4 fin1027
E I-ZustRedKom §714 f
E II S 764 Abs. 2, 3 Ell § 764 Abs. 1
§ § 840, 8 4 2 — 8 4 7
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
den entsprechende Anwendung. Die Ersatzpflicht tritt auch dann ein, wenn der Dritte zur Zeit der Verletzung erzeugt, aber noch nicht geboren war.
§845 Im Falle der Tödtung, der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit sowie im Falle der Freiheitsentziehung hat der Ersatzpflichtige, wenn der Verletzte kraft Gesetzes einem Dritten zur Leistung von Diensten in dessen Hauswesen oder Gewerbe verpflichtet war, dem Dritten für die entgehenden Dienste durch Entrichtung einer Geldrente Ersatz zu leisten. Die Vorschriften des § 843 Abs. 2 bis 4 finden entsprechende Anwendung.
§846 Hat in den Fällen der §§ 844, 845 bei der Entstehung des Schadens, den der Dritte erleidet, ein Verschulden des Verletzten mitgewirkt, so finden auf den Anspruch des Dritten die Vorschriften des § 254 Anwendung.
§847 Im Falle der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit sowie im Falle der Freiheitsentziehung kann der Verletzte auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld verlangen. Der Anspruch ist nicht übertragbar und geht nicht auf die Erben über, es sei denn, daß er durch Vertrag anerkannt oder daß er rechtshängig geworden ist. Ein gleicher Anspruch steht einer Frauensperson zu, gegen die ein Verbrechen oder Vergehen wider die Sittlichkeit begangen oder die durch Hinterlist, durch Drohung oder unter Mißbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses zur Gestattung der außerehelichen Beiwohnung bestimmt wird.
A. 1. Kommission I. 256. Sitzung vom 5. 11. 1883, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend von Kübel IProti 2791
DresdE Art 1007
| Ueber die Tödtung und Körperverletzung bestimmen die Artikel 1007—1010 des Dresdener Entwurfs, welche lauten : Artikel 1007. »Hat Jemand eine widerrechtliche Handlung begangen, welche als wirkende Ursache den T o d eines Menschen herbeigeführt hat oder doch mit Nothwendigkeit herbeigeführt haben würde, wenn der Tod nicht durch ein anderes Ereigniß zeitiger bewirkt worden wäre, so ist er den Erben des Getödteten zur Erstattung der Kosten der versuchten Heilung, der ärztlichen Untersuchung und der Beerdigung desselben verpflichtet." 1028
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§ § 840, 842 - 847
Artikel 1008. „War der Getödtete einem Anderen zur Gewährung des Unterhalts vermöge DresdE Art 1008 Gesetzes verpflichtet, so hat der Schuldige dem Anderen insoweit Ersatz zu leisten, als diesem in Folge der Tödtung der Unterhalt entzogen worden ist. Die Größe der Ersatzleistung hat der Richter nach billigem Ermessen zu bestimmen, und hierbei | auf die Erwerbsfähigkeit des Getödteten zur Zeit der Tödtung, | Prot I 2792 sowie auf das Bedürfniß und die sonstigen Verhältnisse des Ersatzberechtigten und auf die Vermögensmittel Rücksicht zu nehmen, welche demselben in Folge des Ablebens des Getödteten zukommen. Der Anspruch auf Ersatz steht dem Ersatzberechtigten nur für die Zeit zu, während welcher ihm der Getödtete, wenn er gelebt hätte, den Unterhalt zu gewähren verbunden gewesen wäre. Ist die Wittwe des Getödteten ersatzberechtigt, so hört ihr Recht auf Gewährung des Unterhalts mit ihrer anderweiten Verehelichung auf. Ueber die muthmaßliche Lebensdauer des Getödteten kann der Ersatzanspruch nicht ausgedehnt werden." Artikel 1009. „ H a t Jemand einen Anderen an dessen Körper oder Gesundheit widerrechtlich DresdE Art 1009 verletzt, so ist er verpflichtet, dem Verletzten die Kurkosten zu vergüten und wegen des demselben in Folge der Verletzung entgangenen und, wenn diese den Verletzten auch für die Zukunft ganz oder theilweise erwerbsunfähig gemacht hat, wegen des dem Verletzten dadurch entgehenden Verdienstes nach richterlichem Ermessen Schadensersatz zu leisten. Die Bestimmung darüber, ob der Beschädiger dem Beschädigten Schmerzensgeld zu leisten habe, bleibt den Landesgesetzen vorbehalten." Artikel 1010. „ H a t die Verletzung eine bleibende Verunstaltung zur Folge, welche geeignet DresdE Art 1010 ist, dem Beschädigten die Aussicht auf ein besseres Fortkommen oder auf eine Versorgung zu entziehen oder | zu schmälern, so kann auch hierfür eine nach richterli- | Prot I 2793 chem Ermessen zu bestimmende Entschädigung verlangt werden. Auf die Erben des Beschädigten geht der Anspruch auf die Entschädigung nur über, wenn er bei Lebzeiten des Beschädigten durch rechtskräftige Entscheidung oder Vertrag festgestellt worden ist." Es lagen dazu die Anträge vor: 1. die Artikel 1007 und 1008 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: Planck (Nr 501, 1) §a „Rücksichtlich der Schadensersatzpflicht desjenigen, welcher aus Vorsatz oder aus Fahrlässigkeit durch eine widerrechtliche Handlung einen Anderen getödtet hat, gelten neben den allgemeinen Vorschriften der §§ 145 bis 165 folgende besondere Bestimmungen." Sb „ D e r Schuldige (oder: Thäter) ist verpflichtet, denjenigen, welchen die Pflicht zur Beerdigung des Getödteten obliegt, die von ihnen behufs Erfüllung dieser Pflicht aufgewandten Kosten zu ersetzen." Sc „Der Schuldige ist denjenigen, welche zur Zeit der Begehung der unerlaubten Handlung zu dem Getödteten in einem Rechtsverhältnisse standen, durch welches (nach den Bestimmungen des Familienrechts) ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch gegen den Getödteten für sie begründet wird oder begründet werden kann und wel1029
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7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
che dadurch einen Schaden erlitten haben, daß dieser Unterhaltsanspruch in Folge I Prot 12794 des Todes weggefallen oder nicht zur Entstehung gelangt ist, diesen | Schaden auch dann zu ersetzen verpflichtet, wenn derselbe nicht vorauszusehen war. Diese Bestimmung findet auch zu Gunsten Derjenigen Anwendung, welche zur Zeit der Begehung der unerlaubten Handlung bereits empfangen waren und, wenn sie damals bereits geboren gewesen wären, zu dem Getödteten in dem im vorigen Absätze bezeichneten Rechtsverhältnisse gestanden haben würden. Bei der Beurtheilung der Frage, ob der Unterhaltsberechtigte einen Schaden erlitten, bleibt außer Betracht 1 , ob er, wenn er keinen Schadensersatz erhielte, einen Unterhaltsanspruch gegen eine andere Person erwerben würde. Soweit die Bestimmung des Schadens davon abhängt, wie lange der Getödtete noch gelebt haben und ob er zur Gewährung des Unterhalts vermögend gewesen sein würde, ist die nach den Umständen des einzelnen Falles zu ermittelnde muthmaßliche Lebensdauer und Leistungsfähigkeit des Getödteten zu Grunde zu legen. Der Schadensersatz ist durch Gewährung einer Leibrente zu leisten. Der Ersatzberechtigte kann die Verurtheilung des Schuldigen zur Gewährung dieser Rente auch für die Zukunft verlangen. Bei der Feststellung der Rente sind, auch wenn der Umfang und die Dauer der Ersatzpflicht von der Fortdauer bestimmter thatsächlicher Verhältnisse abhängt, die dermalen bestehenden Verhältnisse zu Grunde zu legen. Bei einer späteren Aenderung derselben ist jeder Theil berechtigt, eine anderweite Feststellung zu verlangen. I Prot I 2795 | In Ansehung der Sicherstellung der Rente findet § 112 der Zusammenstellung des allgemeinen Theils entsprechende Anwendung." v. Weber (Nr 502)
2. statt des Artikels 1007 zu bestimmen: „Hat Jemand durch eine widerrechtliche Handlung den Tod eines Menschen verursacht, so ist er die Kosten der versuchten Heilung, der ärztlichen Untersuchung und der Beerdigung zu erstatten verbunden. (Pro not. Zu vergi, wegen der Fassung: Österreich. Gsb. § 1327; schweizer Gesetz Art. 52; hessischer Entwurf Art. 661 ; Material S. 33, 36, 37) Der Anspruch fällt weg, wenn die Tödtung im Zweikampfe oder an einem Einwilligenden begangen wurde. Hat eine Fahrlässigkeit des Getödteten mitgewirkt, so findet die Vorschrift in § 157 (der Zusammenstellung des Obligationenrechts) Anwendung. Ist der Tod nicht sofort eingetreten, so ist der durch Erwerbsunfähigkeit des Verletzten während der Krankheit demselben entgangene Verdienst nach der Vorschrift in Artikel 1009 zu ersetzen." eventuell dem ersten Absätze in vorstehendem Antrage hinzuzufügen : „Der Anspruch steht, insoweit nach den Vorschriften des Familienrechts eine andere Person den Getödteten zu unterhalten (und zu beerdigen) verpflichtet war, dieser Person, in anderen Fällen den Erben des Getödteten zu." v. Weber ferner, falls eine Bestimmung in der S. 2671 der Protokolle angedeuteten Art für (Nr 505) nöthig erachtet werden sollte, sie darauf zu beschränken: Artikel 1008a I Prot 12796 „War derjenige, welcher den Tod einer Per-1 son verschuldet hat, verpflichtet, dem Getödteten fortlaufende Bezüge (Leistungen) zu entrichten, welche mit dem Tode desselben wegfallen, oder stand dem Getödteten ein mit seinem Tode endigendes Nutzungsrecht an Vermögensgegenständen zu, welche dem Schuldigen ge1
Im Original steht an dieser Stelle kein Komma.
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§ § 8 4 0 , 8 4 2 - 847
hören oder ihm mit dem Tode des Nutzungsberechtigten kraft der Verfügung eines Dritten zufallen, so ist der Schuldige verpflichtet, diese Bezüge oder das Nutzungsrecht den Erben des Getödteten bis zu dem Zeitpunkte fortzugewähren, bis zu welchem der Getödtete muthmaßlich noch gelebt haben würde oder mit welchem die Bezüge oder das Nutzungsrecht sonst ihr Ende erreicht hätten. Diese Verpflichtung fällt wegen, insoweit der Schuldige nach den Vorschriften des Artikel 1008 den Unterhalt an Personen, welche der Getödtete zu unterhalten gesetzlich verbunden war, unter Berücksichtigung jener Bezüge oder Nutzungen zu gewähren hat." Eventuell, wenn eine weitere Ausdehnung der Vorschrift für nöthig erachtet werden sollte, zu bestimmen: „Stand dem Getödteten ein Anspruch auf fortlaufende Bezüge (Leistungen) oder auf Nutznießung an Vermögensgegenständen zu, welcher durch seinen Tod wegfällt, so ist der Schuldige verpflichtet, den durch den Verlust (das Entziehen) dieser Bezüge oder Nutzungen bis zu dem Zeitpunkte, wo der Tod des Berechtigten muthmaßlich eingetreten wäre oder jene Bezüge oder Nutzungen aus einem anderen Grunde ihr Ende erreicht hätten, entstandenen Schaden (Verlust) den Erben des Getödteten zu ersetzen. I Der Anspruch fällt weg, insoweit der Wegfall der Bezüge oder des Nutzungs- | Prot I 2797 rechts den Erben selbst zu Gute kommt oder der Schuldige den Unterhalt an Personen, welche der Getödtete zu unterhalten gesetzlich verbunden war, unter Berücksichtigung jener Bezüge oder Nutzungen nach den Vorschriften des Artikels 1008 zu gewähren verpflichtet ist. Das Gleiche gilt, insoweit der Getödtete die Bezüge oder Nutzungen zur Bestreitung seines eigenen Unterhalts verwendet haben würde, sofern es sich nicht um Bezüge, welche der Schuldige selbst dem Getödteten zu entrichten hatte, oder um ein Nutzungsrecht an Vermögensgegenständen handelt, welche dem Schuldigen selbst gehören oder ihm mit dem Tode des Nutzungsberechtigten kraft der Verfügung eines Dritten zufallen." 3. statt der Artikel 1007—1010 zu beschließen, vorbehaltlich weiterer Bestim- Kurlbaum mungen über die Art der Entschädigung : (Nr 503) . Sf„Wer aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit durch eine widerrechtliche Handlung einen Andern an dessen Körper oder Gesundheit verletzt, ist demselben zum Ersatz des durch die Verletzung verursachten Schadens verpflichtet, auch wenn der Schaden nicht vorausgesehen werden konnte. Er ist insbesondere verpflichtet, die Kosten der ärztlichen Untersuchung und der versuchten Heilung zu erstatten und vorzuschießen." „Der Thäter ist in gleicher Weise dem Ehemann, dem Vater und der Mutter des Verletzten zum Ersätze des diesen Personen verursach-1 ten Schadens an den ihnen | Prot I 2798 kraft Gesetzes zustehenden Rechten verpflichtet." Sc. „Ist in Folge der Verletzung der Tod des Verletzten eingetreten, so ist der Thäter auch verpflichtet, demjenigen, welchem das Begräbniß obliegt, die Kosten desselben zu erstatten und vorzuschießen, und demjenigen, welchem der Getödtete, wenn er lebte, kraft Gesetzes zur Gewährung von Unterhalt verpflichtet sein würde, wegen des in Folge des Todes eintretenden Wegfalls dieser Verpflichtung Schadensersatz zu gewähren." 1031
§ § 840, 8 4 2 — 8 4 7
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
„Zum Ersätze eines weiteren, dritten Personen entstandenen Schadens ist der Thäter nur verpflichtet, soweit er den Schaden voraussehen konnte." e
§·
„Ist die Verletzung an Körper oder Gesundheit mit Einwilligung des Verletzten geschehen, oder steht wegen einer dem Verletzten zur Last fallenden Fahrlässigkeit diesem selbst ein Anspruch auf Schadensersatz nicht zu, so ist der Thäter auch anderen Personen zu einem Schadensersatz nicht verpflichtet." Johow Im Original heißt es: „Interesse".
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25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§848
den Rechtsverletzung oder unerlaubten Handlung schuldig, wie der Deliktsschuldner. II. In der RedVorl und Z u s t O R lautet die beschlossene Vorschrift als § 161 2 . Im Falle der Entziehung eines Gegenstandes liegt die im § 160 bestimmte Erstat- RedVorl/ tung des Werths oder des Werthsunterschiedes dem Schuldner auch dann ob, wenn ZustOR S 161 der Gegenstand nicht durch die unerlaubte Handlung, sondern später bei ihm durch Zufall untergegangen oder verschlechtert worden ist, sofern nicht erhellt, daß der durch diesen Zufall entstandene Schaden, auch wenn die Entziehung des Gegenstandes nicht stattgefunden hätte, den Gläubiger getroffen haben würde 3 . Auf Antrag von v. W e b e r (Nr. 561) wurde durch Mehrheitsbeschluß entschieden, in § 161 die W o r t e „bei ihm" zu streichen. V o n anderer Seite war beantragt, an die Stelle der W o r t e zu setzen: „vor der Zurückgewährung" (Prot. I 3274).
III. Im K E ist die Vorschrift in § 710 enthalten, wo es statt „Werths" „Werthes" heißt und die W o r t e „bei ihm" vor „durch Zufall" fehlen. Die zit. Vorschrift ist S 709. Bei der 2. Beratung des K E wurde zu § 710 beantragt: Kurlbaum (Nr 601, 12) I statt „den Gläubiger getroffen hätte" zu setzen „entstanden wäre" (zu vergi. |Proti 11875 § 249 4 . „Gäubiger" ist insofern unzutreffend, als in dem Ausnahmefalle des Paragraphen eine Verbindlichkeit nicht entsteht. Richtiger wäre der „Beschädigte", aber da zeigt sich die Entbehrlichkeit der Erwähnung einer Person.) D e r Antrag wurde in der Fassung angenommen „entstanden sein würde". Die gleiche Fassung wurde für § 2 4 9 a.E. beschlossen. |
IV. Im E Hautet § 7 1 6 : Im Falle der Entziehung eines Gegenstandes liegt der im § 715 5 bestimmte Ersatz des Werthes oder des Werthunterschiedes dem Schuldner auch dann ob, wenn der E I § 716 Gegenstand nicht durch die unerlaubte Handlung, sondern später durch Zufall untergegangen oder verschlechtert worden ist, sofern nicht erhellt, daß der durch diesen Zufall entstandene Schaden, auch wenn die Entziehung des Gegenstandes nicht stattgefunden hätte, entstanden sein würde.
2 § 160 ZustOR s. bei §§ 249 - 252 BGB. 3 Dazu ist in der RedVorl angemerkt: 1. Vom Beweise wird angemessen auch hier nicht geredet. 2. „Bei ihm" ist dehnbar genug, wenn es sich nicht um eine Sache handelt. 3. In $ 160 liegt eigentlich eine ungemeine Kürze. Ist die Sache nicht entzogen, sondern nur beschädigt, so wird bei Unmöglichkeit der Reparatur nicht der Werth ersetzt, sondern der Werthunterschied. • S. bei § 287 BGB. 5 S. diese Vorschrift (KE § 709) bei §§ 2 4 9 - 2 5 2 BGB. * S. bei S 287 BGB. 1083
§848
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Anträge lagen nicht vor II. 84. Sitzung vom 13. 9. 1892 I Prot-RJA 550 | X. Die zu § 716 beschlossene Abweichung vom Entw., wonach es auf die Identität des Zufalls, von welchem die entzogene Sache betroffen werde, nicht ankommen solle, ergab sich als eine Folge der von der Hauptkommission zu § 2516 beschlossenen Abänderung. (Prot. S. 655) Die Fassung des § 716 wurde wie folgt bestimmt: EI-RJA § 716 Die Verpflichtung zum Schadensersatz wegen Entziehung einer Sache wird nicht dadurch aufgehoben, daß die Sache später durch Zufall untergegangen oder verschlechtert ist, es sei denn, daß der Schaden auch ohne Entziehung der Sache entstanden wäre. C. 2. Kommission I. Zu § 716 war beantragt, die Bestimmungen des Entw. durch nachstehende Vorschrift zu ersetzen (Prot. II, Bd. 2, S. 607; Mugdan, Bd. 2, S. 1096): Struckmann Die Verpflichtung zum Schadensersatze wegen Entziehung einer Sache wird (Nr 244, 15) nicht dadurch aufgehoben oder vermindert, daß die Sache später durch Zufall untergegangen oder verschlechtert ist, es sei denn, daß der Schaden auch ohne Entziehung der Sache entstanden wäre. Die Aenderung, welche dem zu §251 gefaßten Beschlüsse (Entw. II §243) entspricht, wurde gebilligt. Es war ferner folgende Fassung vorgeschlagen : Wer eine widerrechtlich entzogene Sache zurückzuerstatten hat, haftet auch für den Untergang und die Verschlechterung derselben, welche nach der Entziehung zufällig eingetreten sind, es sei denn, daß Untergang oder Verschlechterung auch ohne die Entziehung eingetreten wären. Der Antragsteller bezeichnete den Vorschlag als lediglich für die RedKom bestimmt. II. In der VorlZust lautet die beschlossene Vorschrift: E I-VorlZust Die Verpflichtung zum Schadensersatze wegen Entziehung einer Sache wird S 716 nicht dadurch aufgehoben oder vermindert, daß die Sache später durch Zufall untergegangen oder verschlechtert ist, es sei denn, daß der Schaden auch ohne Entziehung der Sache entstanden wäre. Oder: Wer eine widerrechtlich entzogene Sache zurückzuerstatten hat, haftet auch für den Untergang oder die Verschlechterung derselben, welche nach der Entziehung zufällig eingetreten ist, es sei denn, daß Untergang oder Verschlechterung auch ohne die Entziehung eingetreten wäre.
E I-ZustRed Kom § 716
III. Die Fassung des § 716 lautet in der ZustRedKom: Hat Jemand eine Sache zurückzugeben, die er einem Anderen durch eine unerlaubte Handlung entzogen hat, so haftet er auch wegen des zufälligen Unterganges oder einer zufälligen Verschlechterung der Sache, es sei denn, daß der Untergang oder die Verschlechterung auch ohne die Entziehung eingetreten sein würde. 1084
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§849
IV. Im E II lautet § 771 : H a t Jemand eine Sache zurückzugeben, die er einem Anderen durch eine uner- E II § 771 laubte Handlung entzogen hat, so ist er auch für den zufälligen Untergang oder eine zufällige Verschlechterung der Sache verantwortlich, es sei denn, daß der Untergang oder die Verschlechterung auch ohne die Entziehung eingetreten sein würde. V. Im E II rev § 833, E III § 832 liegt die in § 848 B G B Gesetz gewordene Fassung vor.
§849 Ist wegen der Entziehung einer Sache der Werth oder wegen der Beschädigung einer Sache die Werthminderung zu ersetzen, so kann der Verletzte Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, welcher der Bestimmung des Werthes zu Grunde gelegt wird. Bern, des Herausgebers: Die Vorschrift geht zurück auf § 160 a R e d V o r l / Z u s t O R . Die dieser Vorschrift zugrunde liegenden Beratungen der 1. Kom., Prot. I 1027, 1034, 1035 zu § 15 T E - O R (Nr 15) s. bei §§ 2 4 9 - 2 5 2 B G B , Prot. I 1201 zu § 2 0 T E - O R (Nr 22) s. bei § 2 8 8 B G B und Prot. I 1 2 1 3 - 1 2 1 5 , 1217 s. bei § 2 9 0 B G B (mit der dortigen N . 3).
A. 1. Kommission II. § 160 a R e d V o r l / Z u s t O R lautet: Ist bestimmtes Geld entzogen, so hat der Schuldner dasselbe mit Zinsen seit dem RedVorl/ T a g e der Entziehung zu erstatten. ZustOR § 160 a H a t der Schuldner für einen entzogenen oder verschlechterten Gegenstand Ersatz zu leisten, so ist er die Ersatzsumme vom T a g e der Begehung der unerlaubten Handlung an zu verzinsen verpflichtet. Der Gläubiger, welcher die Zinsen fordert, kann nicht außerdem für dieselbe Zeit Entschädigung wegen entzogenen Gebrauchs und wegen entzogener Nutzungen verlangen. Bei der Revision der Z u s t O R war zu §§ 160 und 160 a vorgeschlagen, den § 160 dahin zu berichtigen, daß im ersten S a t z für: „der Begehung der unerlaubten Handlung" zu setzen: „der Entziehung oder Verschlechterung" und den § 160 a dahin, daß im zweiten Satze statt: „vom T a g e der Begehung der unerlaubten Handlung a n " zu setzen: „von dem nach der Vorschrift des § 160 für die Werthbestimmung maßgebenden Zeitpunkte an." 1 1 Der Vorschlag entstammt einer Fußnote zu § 500 ZustOR (s. diesen bei § 844 BGB), Autor ist somit Pape als Verfasser der ZustOR. - § 160 ZustOR s. bei §§ 2 4 9 - 2 5 2 BGB. Zum Schicksal dieser Vorschrift ist nachzutragen: Satz 3 wurde — wie bei 245 — 252 mitgeteilt — aufgenommen in § 219 KE, § 220 E I. Die Sätze 1 und 2 sind — mit der im Text mitgeteilten Änderung — enthalten in § 709 KE, § 715 E I. Diese Vorschrift wurde von der 2. Kom gestrichen, s. Prot. II, Bd. 2, S. 606; Mugdan, Bd. 2, S. 1096. 1085
§ 849
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Die Änderungen wurden gebilligt (Prot. I 3277, 3293). Gemäß entsprechendem Vorschlag wurde ferner in § 160 a „Entziehung zu erstatten" geändert in „Entziehung zu ersetzen" (Prot. I 3294). III. Im K E lautet S 711: Ist bestimmtes Geld entzogen, so hat der Schuldner dasselbe mit Zinsen seit dem Tage der Entziehung zu ersetzen. Hat der Schuldner für einen entzogenen oder verschlechterten Gegenstand Ersatz zu leisten, so ist er die Ersatzsumme von dem nach der Vorschrift des § 709 2 für die Werthbestimmung maßgebenden Zeitpunkte an zu verzinsen verpflichtet. Der Gläubiger, welcher die Zinsen fordert, kann nicht außerdem für dieselbe Zeit Entschädigung wegen entzogener Nutzungen fordern. Bei der Redaktion einzelner Vorschriften des Obligationenrechts wurde gemäß einem gestellten Antrag beschlossen, in § 711 (K.E.) die Worte: „seit dem Tage der Entziehung" durch die Worte: „von der Entziehung an" zu ersetzen (Prot. I 6153, 6164). v. Mandry Bei der 2. Beratung des K E war zu § 711 beantragt: KE § 711
IPro/nîe's I ^ o r t »bestimmtes" zu streichen; („bestimmtes Geld" würde wohl ' r verstanden werden, wie wenn es hieße „bestimmte — Geldstücke oder eine dem Betrage nach bestimmte Geldsumme", während nach Prot. S. 1201 und 1202 eine besondere Bestimmtheit der Summe nicht verlangt wird. Wird „bestimmtes" gestrichen, so möchte die Subsumtion der individuell bestimmten Geldstücke keinem Zweifel unterliegen). Kurlbaum (Nr 601,13)
2. a, dem ersten Satze zuzufügen: „unbeschadet der Verpflichtung zum Ersätze eines den Betrag der Zinsen übersteigenden Schadens" b, aus Satz 2, 3 einen zweiten Absatz zu bilden, (zu vergi. §§ 246, 250). Dem Antrage 1 zufolge wurde folgende Fassung des ersten Satzes beschlossen: I Prot 1 11876 Sind Geldstücke entzogen, so hat der Schuldner den | Betrag derselben von der Entziehung an zu verzinsen. Der Antrag zu 2 a und b wurde angenommen. | E I § 717
IV. Im E Hautet § 7 1 7 : Sind Geldstücke entzogen, so hat der Schuldner den Betrag derselben von der Entziehung an zu verzinsen, unbeschadet der Verpflichtung zum Ersätze eines den Betrag der Zinsen übersteigenden Schadens. H a t der Schuldner für einen entzogenen oder verschlechterten Gegenstand Ersatz zu leisten, so ist er die Ersatzsumme von dem nach der Vorschrift des § 715 für die Werthbestimmung maßgebenden Zeitpunkte an zu verzinsen verpflichtet. Der Gläubiger, welcher die Zinsen fordert, kann nicht außerdem für dieselbe Zeit Entschädigung wegen entzogener Nutzungen fordern.
B. Vorkommission des Reichsjustizamts I. Anträge lagen nicht vor.
2 S. S 219 KE bei $$ 249-252 BGB. 1086
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§849
II. 85. Sitzung vom 14. 9. 1892 11. Den § 717, welcher zuerst zur Berathung kam, ersetzte man durch folgende Vorschrift: Ist wegen Entziehung oder Verschlechterung einer Sache Ersatz zu leisten, so ist der zu ersetzende Betrag von der Zeit der Entziehung oder Verschlechterung an zu verzinsen. Der Gläubiger kann für die Zeit, für welche er Zinsen fordert, Entschädigung wegen entzogener Nutzungen nicht verlangen. Die Streichung des Abs. 1 erschien als eine gebotene Folgerung aus dem Beschluß der Hauptkommission, den § 248 Abs. 3 3 zu streichen. In Abs. 2 Satz 1 war die Bezeichnung des für die Verzinsung maßgebenden Zeitpunkts durch Verweisung auf den § 715 durch die Streichung dieser Vorschrift ausgeschlossen. Andererseits hielt man es nicht für angängig, namentlich mit Rücksicht auf die verwandte Bestimmung des § 252 4 , über den maßgebenden Zeitpunkt hier ganz zu schweigen. Es erschien zwar an sich richtiger, die Verzinsung der Ersatzsumme immer von demjenigen Zeitpunkte beginnen zu lassen, welcher für die Berechnung des zu ersetzenden Werthes der ent- | zogenen oder verschlechterten Sache maßgebend sei, da der Gläubiger zuviel erhalte, wenn ihm von der Entziehung oder Verschlechterung ab der Werth verzinst werde, den die Sache erst später erlangt habe. Indeß ging man davon aus, daß es sich hier um eine positive Vorschrift handle, welche bezwecke, dem Gläubiger die schwierige Liquidation des durch die Entziehung der Nutzungen ihm erwachsenen Schadens zu ersparen, daß aber der praktische Zweck der Vereinfachung nur unvollkommen erreicht werde, wenn für die Berechnung der zu vergütenden Zinsen unter Umständen eine doppelte Schätzung des Werthes der entzogenen oder verschlechterten Sache nöthig werde. Man erklärte deshalb hier, entsprechend der Vorschrift des § 252, allgemein die Zeit der Entziehung oder Verschlechterung bezüglich der Verzinsung für maßgebend.
|Prot-RJA 551 EI-RJA S 717
| Prot-RJA 552
C. 2. Kommission I. Zu § 717 war beantragt, (Prot. II, Bd. 2, S. 607; Mugdan, Bd. 2, S. 1096) den Abs. 1 zu streichen und an Stelle des Abs. 2 folgende Bestimmung aufzuneh- Struckmann men: (Nr 244, 16) Ist für die Entziehung oder Beschädigung einer Sache Ersatz zu leisten, so ist der zu ersetzende Betrag von der Zeit der Entziehung oder der Beschädigung an zu verzinsen. Der Verletzte kann für die Zeit, für die er Zinsen fordert, nicht Entschädigung wegen entzogener Nutzungen fordern. Der Antrag fand Annahme. II. In der VorlZust hat § 717 die beschlossene Fassung, wobei es nur am Anfang h e i ß t : . . . oder die Beschädigung . . . III., IV. In der ZustRedKom lautet § 717, im E I § 772: Ist wegen der Entziehung einer Sache der Werth oder wegen der Beschädigung E I-ZustRedKom einer Sache der Werthunterschied (E II: die Werthminderung) zu ersetzen, so kann § 717 der Verletzte Zinsen des zu ersetzenden Betrags von der Zeit der Entziehung oder E II § 772 3 S. bei $ 288 BGB. < S. bei § 290 BGB. 1087
§ 850
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
der Beschädigung an verlangen. Für die Zeit, für welche der Verletzte Zinsen fordert, ist Ersatz wegen entzogener Nutzungen nicht zu leisten. V. Im E II rev § 834, E III § 833 ist die Fassung der Vorschrift unverändert.
E. Reichstag (XII. Kommission) 23. Sitzung vom 15. 4. 1896 (Bericht von Heller) Der § 833 wurde zur Prüfung seiner Fassung der Redaktionskommission überwiesen. 5 Bern, des Herausgebers : Im Plenum des Reichstags ist ein Beschluß zur Änderung des § 833 E III nicht gefaßt worden. Die in § 849 BGB Gesetz gewordene Fassung wird daher von der im Bericht von Heller genannten Redaktionskommission stammen.
§850 Macht der zur Herausgabe einer entzogenen Sache Verpflichtete Verwendungen auf die Sache, so stehen ihm dem Verletzten gegenüber die Rechte zu, die der Besitzer dem Eigenthiimer gegenüber wegen Verwendungen hat.
A. 1. Kommission I. 116. Sitzung vom 15. 9. 1882, Schriftführer Neubauer, nicht anwesend v. Schmitt | Zu § 17 des Entwurfs 1 war von mehreren Seiten die Streichung beantragt und zugleich von einer Seite der im Protokolle vom 13. September d. J. (S. 1030) 2 unter 2 mitgetheilte eventuelle Vorschlag gemacht. Beschlossen wurde: der Schuldner habe auf Ersatz der Verwendungen insoweit IProti 1046 Anspruch, als ein solcher Anspruch dem unredlichen Besitzer dem | Eigenthümer gegenüber zustehe. (Vergi. Sachenrechts-Entwurf § 185). Die Mehrheit war der Ansicht, daß es zur Vermeidung der größten Unzuträglichkeiten dringend nothwendig sei, den Schuldner, welcher die widerrechtlich entzogene Sache zu restituiren habe, hinsichtlich des Rechts auf Ersatz der Verwendungen gerade so zu beurtheilen, wie den unredlichen Besitzer, der dem Eigenthumsanspruche zu genügen habe. IProti 1045
5
Auf Anregung von Enneccerus, in dem Sinne, daß im Satz 1 die Worte: „von der Zeit der Entziehung oder Beschädigung an" so wie Satz 2 geschrieben werden (Prot, der XII. Kom.) ι § 16 des Entw. s. bei § 848 BGB. § 17 des Entw. - mitgeteilt Prot. I 1028, s. bei §§ 2 4 9 - 2 5 2 BGB - lautet: „Hat der Schadensersatzpflichtige auf die widerrechtlich entzogene Sache Verwendungen gemacht, so hat er wegen derselben einen Anspruch auf Ersatz gegen den Beschädigten nur dann und insoweit, als dieselben nothwendig waren und der Beschädigte durch sie bereichert ist." 2 S. bei §§ 249 — 252 BGB.
1088
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§850
II. In der RedVorl und der ZustOR lautet die beschlossene Vorschrift: Der Schuldner hat wegen der Verwendungen, die er auf die widerrechtlich entzogene Sache gemacht hat, gegenüber dem Gläubiger nur insofern einen Anspruch, als ein solcher Anspruch dem unredlichen Besitzer gegenüber dem den Eigenthumsanspruch geltend machenden Eigenthümer zusteht. 3. Revision der ZustOR: Es wurde der Antrag gestellt: I Der § spricht nur von Verwendungen auf „Sachen". Nachdem die §§ 178, 180 auf Verwendungen auf Gegenstände ausgedehnt worden sind, möchte dies auch hier geschehen und der § etwa so zu fassen sein : „Der Schuldner hat wegen der Verwendungen, die er auf den widerrechtlich entzogenen Gegenstand gemacht hat, gegenüber dem Gläubiger nur nach Maßgabe der Grundsätze Anspruch, welche für den Anspruch des unredlichen Besitzers einer Sache wegen Verwendungen auf dieselbe gegenüber dem den Eigenthumsanspruch erhebenden Eigenthümer gelten." oder so: „Auf den Anspruch des Schuldners wegen Verwendungen, die er auf den widerrechtlich entzogenen Gegenstand gemacht hat, gegenüber dem Gläubiger finden die Vorschriften über den Anspruch des unredlichen Besitzers einer Sache wegen Verwendungen auf dieselbe gegenüber dem den Eigenthumsanspruch geltend machenden Eigenthümer entsprechende Anwendung." | I Es wurde entschieden, der § 162 sei zu fassen: „Der Schuldner hat wegen der Verwendungen, die er auf den widerrechtlich entzogenen Gegenstand gemacht hat, gegenüber dem Gläubiger nur nach Maßgabe der Grundsätze Anspruch, welche für den Anspruch des unredlichen Besitzers einer Sache wegen Verwendungen auf dieselbe gegenüber dem Eigenthümer gelten."
RedVorl/ ZustOR § 162
v. Weber (Nr 561) I Prot I 3265
I Prot I 3274
III. Im KE ist die Vorschrift in vorstehender Fassung in § 712 enthalten, wobei es jedoch heißt „Verwendungen, welche" (statt: „die")3. Bei Beratung des Sachenrechtsentwurfs wurde, nachdem die Streichung des 3. Absatzes des § 185 des Entw. 4 beschlossen war, von einer Seite bemerkt, daß durch den Beschluß in § 712 (K.E.) das Wort „unredlichen" und in § 734 das Wort „redlicher" bedeutungslos werde, so daß bei der Redaktion zu prüfen sein werde, ob nicht beide §§ eine Korrektur bedürften (Prot. I 4185). Bei der 2. Beratung des KE wurde zu § 712 beantragt, | den Paragraphen zu fas- | Prot 111876 sen: „Der Schuldner hat wegen der Verwendungen . . . gegenüber dem Gläubiger die Rechte, welche dem Besitzer gegen den Eigenthümer zustehen." (vergi. § 423 Abs. 3, § 476 Abs. 3. Außerdem könnte die Fassung Zweifel bezüglich des jus tollendi erregen (vergi, auch Prot. 3280), während nach Prot. 1046 die völlige Gleichstellung des hier in Frage stehenden Schuldners und des mit der rei vindicatio belangten Besitzes beabsichtigt ist). Der Antrag wurde genehmigt. |
3
Beschlossen auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 IV) bei Beratung der Anträge, welche in Betreff der Drucklegung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse gestellt waren (Prot. I 3550, 3559). • S. bei § 994 BGB.
1089
§ 851
E I § 718
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
IV. Im E Hautet § 718: Der Schuldner hat wegen der Verwendungen, welche er auf den widerrechtlich entzogenen Gegenstand gemacht hat, gegenüber dem Gläubiger die Rechte, welche dem Besitzer gegen den Eigenthümer zustehen.
B. Vorkommission des Reichsjustizamts I. Anträge lagen nicht vor.
I Prot-RJA 552
II. 85. Sitzung vom 14. 9. 1892 | II. der $ 718 wurde nicht beanstandet.
C. 2. Kommission I. Der §718 blieb unbeanstandet (Prot. II, Bd. 2, S. 607; Mugdan, Bd. 2, S. 1096). II. In der VorlZust ist die Fassung als § 718 unverändert. III./IV. In der ZustRedKom lautet § 718, im E II § 773: E I-ZustRedKom Hat der zur Herausgabe einer entzogenen Sache Verpflichtete Verwendungen S 718 auf die Sache gemacht, so stehen ihm dem Verletzten gegenüber die Rechte zu, E II $ 773 welche der Besitzer dem Eigenthümer gegenüber wegen Verwendungen hat. V. Im E II rev § 835, E III § 834 liegt die in § 850 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
§851 Leistet der wegen der Entziehung oder Beschädigung einer beweglichen Sache zum Schadensersatz Verpflichtete den Ersatz an denjenigen, in dessen Besitze sich die Sache zur Zeit der Entziehung oder der Beschädigung befunden hat, so wird er durch die Leistung auch dann befreit, wenn ein Dritter Eigenthümer der Sache war oder ein sonstiges Recht an der Sache hatte, es sei denn, daß ihm das Recht des Dritten bekannt oder in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist. Vorbemerkung des Herausgebers: Die 1. Kommission hat eine dem § 851 entsprechende Vorschrift nicht in Erwägung gezogen. Die Vorschrift entstammt der: B. Vorkommission des Reichsjustizamts I. Anträge lagen nicht vor. II. 85. Sitzung vom 14. 9. 1892 1090
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§ 851
I III. Als § 718 a1 beschloß man folgende Bestimmung aufzunehmen : Wer wegen Entziehung oder Beschädigung einer beweglichen Sache Ersatz zu leisten hat, wird durch die Leistung an denjenigen befreit, in dessen Besitze sich die Sache zur Zeit der Entziehung oder Beschädigung befunden hat, wenn er zur Zeit der Leistung das Eigenthum oder das sonstige an der Sache bestehende Recht eines Dritten nicht gekannt, seine Unkenntniß auch nicht auf grober Fahrlässigkeit beruht hat. Späterer Prüfung vorbehalten blieb die Frage, ob es sich empfehle, eine allgemeine Bestimmung zum Schutze desjenigen aufzunehmen, welcher in gutem Glauben eine dem Eigenthümer einer beweglichen Sache geschuldete Leistung dem Besitzer gegenüber bewirkt oder in Ansehung der Schuld | anderweite Rechtsgeschäfte dem Besitzer gegenüber vorgenommen habe. Man erwog : Der Schutz des guten Glaubens bedürfe gegenüber dem Entwurf einer weiteren Ausgestaltung, soweit bewegliche Sachen in Frage ständen. Im Gegensatz zu der ganz allgemeinen Vorschrift des § 8382 bezüglich der unbeweglichen Sachen kennt 3 der Entwurf bei beweglichen Sachen nur einen Schutz des gutgläubigen Erwerbs dinglicher Rechte. Daneben fänden sich nur die besonderen Vorschriften des § 8254 und des § 11955. In den Motiven II S. 135 werde zwar eine analoge Ausdehnung der letzteren Vorschrift als zulässig bezeichnet. Indessen müsse mit Rücksicht auf die singulare Natur derselben und darauf, daß für Grundstücke eine allgemeine Bestimmung in § 838 aufgenommen sei, bezweifelt werden, ob die Wissenschaft und Praxis dazu gelangen werde, aus dem §§ 1195 einen allgemeinen Grundsatz abzuleiten. Es lasse sich gegenwärtig noch nicht entscheiden, ob der Gedanke, daß der Besitzer einer beweglichen Sache dem gutgläubigen Dritten gegenüber als Eigenthümer legitimirt sei, ganz allgemein im Gesetzbuche anerkannt werden solle. Jedenfalls werde dieser Gedanke in einigen Hauptanwendungsfällen Anerkennung finden müssen. Ein solcher Fall liege hier vor. Dieselben Gründe, welche für den Schutz des gutgläubigen Erwerbers von dinglichen Rechten an beweglichen Sachen sprächen, müßten auch dahin führen, den wegen Entziehung oder Verschlechterung einer Sache Ersatzpflichtigen, wenn er gutgläubig an den Besitzer der Sache den Schadensersatz geleistet habe, gegen nochmalige Inanspruchnahme durch den Eigenthümer oder sonstigen dinglich Berechtigten zu schützen und diese auf die Ansprüche gegen den Besitzer zu verweisen.
| Prot-RJA 552 EI-RJA § 718 a
| Prot-RJA 553
C. 2. Kommission I. Es war beantragt, als §718 a folgende Bestimmung einzustellen (Prot. II, Bd. 2, S. 607f.; Mugdan, Bd. 2, S. 1096): Wer wegen Entziehung oder Beschädigung einer beweglichen Sache Ersatz zu Struckmann leisten hat, wird durch die Leistung an denjenigen befreit, in dessen Besitze sich die (Nr 244, 17) ι § 718 s. bei § 850 BGB. 2 S. diesen bei § 892 BGB. 3 Im Original: kann. 4 Die in das Gesetz nicht übernommene Vorschrift lautet: Hat jemand den Besitz einer Sache verloren oder wird diese während seines Besitzes beschädigt, so wird vermutet, daß sein Vermögen im 1. Fall um den Wert der Sache, im zweiten Falle um die Verringerung des Wertes desselben vermindert worden sei. 5 S. bei § 1248 BGB.
1091
§852
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
Sache zur Zeit der Entziehung oder Beschädigung befunden hat, wenn er das Eigenthum oder das sonstige an der Sache bestehende Recht eines Dritten nicht gekannt, seine Unkenntniß auch nicht auf grober Fahrlässigkeit beruht hat. Die Komm, nahm den Antrag an. II. In der VorlZust lautet die beschlossene Vorschrift: E I-VorlZust Wer wegen Entziehung oder Beschädigung einer Sache Ersatz zu leisten hat, § 718a wird durch die Leistung an denjenigen befreit, in dessen Besitze sich die Sache zur Zeit der Entziehung oder Beschädigung befunden hat, wenn er das Eigenthum oder das sonstige an der Sache bestehende Recht eines Dritten nicht gekannt, seine Unkenntniß auch nicht auf grober Fahrlässigkeit beruht hat. (Der entschädigte Besitzer haftet dem berechtigten Dritten wegen des erlangten Ersatzes nach den Vorschriften über Erstattung einer ungerechtfertigten Bereicherung.) III. In der ZustRedKom lautet die Vorschrift: E I-ZustRedKom Hat der wegen der Entziehung oder der Beschädigung einer beweglichen Sache S 718a zum Schadensersatze Verpflichtete den Ersatz an denjenigen geleistet, in dessen Besitze die Sache sich zur Zeit der Entziehung oder der Beschädigung befunden hat, so ist er durch die Leistung, sofern er in gutem Glauben war, auch dann befreit, wenn ein Dritter Eigenthiimer der Sache war oder ein sonstiges Recht an derselben hatte. Der Ersatzpflichtige war in gutem Glauben, wenn er das Recht des Dritten nicht kannte, seine Unkenntniß auch nicht auf grober Fahrlässigkeit beruhte.
E II § 774
IV. Im E II lautet § 774: Hat der wegen der Entziehung oder der Beschädigung einer beweglichen Sache zum Schadensersatze Verpflichtete den Ersatz an denjenigen geleistet, in dessen Besitze die Sache sich zur Zeit der Entziehung oder der Beschädigung befunden hat, so ist er durch die Leistung auch dann befreit, wenn ein Dritter Eigenthümer der Sache war oder ein sonstiges Recht an derselben hatte, es sei denn, daß ihm das Recht des Dritten bekannt oder nur in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt war. V. Im E II rev § 836, E III § 835 liegt die in § 851 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
§852
Der Anspruch auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntniß erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntniß in dreißig Jahren von der Begehung der Handlung an. Hat der Ersatzpflichtige durch die unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach der Vollendung der Verjährung zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. 1092
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§852
A. 1. Kommission I. 117. Sitzung vom 18. 9. 1882, Schriftführer Neubauer 1 I Zu § 20 des Entwurfes : | Prot 11051 „Der Anspruch auf Schadensersatz aus einer unerlaubten Handlung verjährt in TE OR (Nr 15) zwei Jahren von der Zeit an, zu welcher der Beschädigte Kenntniß von der Person S 20 des Beschädigers erhalten hat, jedenfalls aber mit dem Ablauf von dreißig Jahren von der Zeit der Beschädigung an." war beantragt: 1. den § 20 zu streichen, eventuell zu bestimmen : v. Weber „Der Anspruch auf Schadenersatz aus einer unerlaubten Handlung verjährt in (Nr 133) ¿re» Jahren von der Zeit an, zu welcher der Beschädigte Kenntniß von der Beschädigung und der Person des Beschädigers erhalten hat, jedenfalls aber mit dem Ablauf von dreißig Jahren von der Zeit der Beschädigung an. Wird jedoch die Klage aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für welche das Strafrecht eine längere Verjährungsfrist vorschreibt, so gilt diese auch für den Schädenanspruch. Der Antrag auf Zuerkennung einer Buße im Strafverfahren, sofern er gesetzlich zulässig ist, unterbricht auch die Verjährung des Schadenanspruchs." 12. statt des zweiten Absatzes in dem Vorschlage zu 1 zu bestimmen: I Proti 1052 „Die abgekürzte Verjährung tritt nicht ein, wenn der Anspruch auf einer Hand- Kurlbaum lung beruht, deren strafrechtliche Verfolgung in einem Zeitraum verjährt, welcher drei Jahre übersteigt." 3. zusätzlich zum dritten Absätze des Vorschlages zu 1 zu bestimmen: „Die Unterbrechung dauert so lange, bis die Zuerkennung einer Buße rechts- . Weber kräftig abgelehnt ist oder in dem anhängigen Strafverfahren nicht mehr zuerkannt werden kann. Zunächst gelangte die Frage zur Entscheidung, ob (wie der Entwurf in Vorschlag bringt,) der Anspruch auf Schadensersatz einer kurzen Verjährung zu unterwerfen sei. Die Mehrheit sprach sich in bejahendem Sinne aus. Sie erachtete die in den Motiven f ü r die Bejahung dargelegten Gründe für durchgreifend, indem sie insbesondere erwog: Der Gang der modernen Gesetzgebungen weise zur Genüge auf das dringende Bedürfniß hin, die Verjährung der Ansprüche auf Schadensersatz abzukürzen. Das Bedürfniß gründe sich, wie namentlich bei der Berathung d e s u Reichshaftpflichtgesetzes erkannt sei, vorzugsweise in dem Umstände, daß, wenn Jemand erst nach Verlauf einer beträchtlichen Reihe von Jahren seit der angeblichen Verübung der schadenden Handlung mit einem Entschädigungsanspruche auftrete, nicht allein der Gegener regelmäßig in seiner Vertheidigung ungebührlich beschränkt erschiene, sondern auch die Vermuthung dafür streite, der Anspruch sei aus dem einen oder anderen Grunde ungerechtfertigt. Die Bedenken, welche sich gegen die Zulassung der kurzen Verjäh-1 rung geltend machen ließen, als: die privilegirte Stellung, |Prot 11053 die anscheinend den Deliktsschuldnern gewährt werde; die Schwierigkeiten, welche aus der Konkurrenz des Anspruchs auf Schadensersatz mit sonstigen aus dem DeI
Die auf dieser Sitzung voraufgegangenen Beratungen, Prot. I 1047—1050 s. bei ξ 253 BGB, die Beratung des § 19 des Entw., Prot. I 1051 s. bei § 847 BGB. II Im Original steht „der". 1093
§852
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
likte entspringenden Ansprüchen nothwendig entständen; die Unbilligkeiten, die sich nicht selten herausstellen müßten, und die mannigfachen Streitigkeiten, welche die Bestimmung des Entwurfs — namentlich nach den im Gebiete des preußischen A.L.R. gemachten Erfahrungen — hervorzurufen drohten, seien nicht von der Bedeutung, um die für die kurze Verjährung sprechenden Gründe aufzuwiegen. Einverständniß bestand übrigens, daß die kurze Verjährung die auf anderen Gründen als der bloßen Beschädigung durch Delikte beruhenden Ansprüche, insbesondere den Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung, nicht ausschließe. Man ging zur Berathung der Einzelheiten über: 1. dem eventuellen Antrage Ν 2 1 gemäß wurde durch Mehrheitsbeschluß die 2jährige Frist durch eine 3jährige ersetzt. Man gab der dreijährigen Frist in Rücksicht auf das preußische A.L.R. und die einschlagenden Vorschriften der Reichsgesetze über den Schutz des geistigen Eigenthums den Vorzug. 2. Nach Anleitung des eventuellen Antrags Ν- 1 soll hinter: „Kenntniß" eingeschoben werden: „von dem erlittenen Schaden und". Ein solcher Zusatz wurde in Rücksicht auf die Fälle für nöthig erachtet, in welchen zuerst ein Schaden in Erfahrung gebracht ist und später ein zweiter Schaden zur Kenntniß gelangt. I Prot 1 1054
3. Die Schlußbestimmung soll lauten: „von 30 Jahren von der Zeit der Begehung | der Handlung an." Damit klarer zum Ausdruck gelange, daß zu Gunsten des Schuldners der im Beschlüsse vom 19. Januar d. Js. — Zusammenstellung der Beschlüsse zum Allgemeinen Theil § 134, Protokolle S. 334 — 3362 — bestimmte Anfangspunkt (Zeitpunkt, in welchem die Befriedigung des Anspruchs verlangt werden konnte), nicht entscheide. Die in dem eventuellen Antrage Ν 2 1 in Absatz 2 und 3 vorgeschlagenen zusätzlichen Vorschriften und die sich hierauf beziehenden Verbesserungsvorschläge unter N - 2 und 3 wurden abgelehnt. Betreffend den ersten Zusatz, so theilte die Mehrheit die Auffassung der Motive, daß es nicht angänglich sei, die strafrechtliche Verjährung zu berücksichtigen, weil durch eine solche Berücksichtigung nur Verwirrungen und Verwicklungen entstehen müßten. Man glaubte, daß die Berücksichtigung um so weniger sich empfehle, als nach dem geltenden Reichsrechte die Entscheidung des Strafrichters für den Zivilrichter nicht bindend sei. Anlangend den zweiten Zusatz, so ging die Mehrheit davon aus: in der vorgeschlagenen Bestimmung verstecke sich eine in hohem Maße bedenkliche Deklaration der einschlagenden reichsgesetzlichen Bestimmungen über den juristischen Charakter der Buße.
161. Sitzung vom 10. 1. 1883, Schriftführer Neubauer 3 IProti 1564 | Zur Erörterung gelangte nunmehr, ob und welche Bestimmung in Ergänzung des § 164 der Zusammenstellung der Beschlüsse zum Obligationenrechte 31 (Protokoll vom 18. September 1882 S. 1051 - 1 0 5 4 ) über die Verjährung der auf Delikt beruhenden Ansprüche für die Fälle aufzunehmen sei, in welchen durch das Delikt nicht allein ein Schaden angestiftet, sondern der Thäter auch bereichert ist. Die Berathung gelangte nicht zum Abschluß. 2 S. bei § 198 BGB. 3 Die auf dieser Sitzung voraufgegangenen Beratungen, Prot. I 1555 — 1564 s. unten S. 818 f., insbes. Prot. I 1562 nach dem 1. Absatz. 3a S. diesen hier unter II.
1094
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§852
162. Sitzung vom 12. 1. 1883, Schriftführer Neubauer I Die Berathung des Theilentwurfes des Obligationenrechts (N 5 10), betreffend |Proti 1565 Schuldverhältnisse aus ungerechtfertigter Bereicherung, wurde fortgesetzt. Die Berathung der am Schluß der letzten Sitzung erörterten, auf die Verjährung des Bereicherungsanspruchs aus unerlaubten Handlungen sich beziehenden Frage wurde wieder aufgenommen. Es lagen zwei, die Ergänzung des § 164 der zitirten Zusammenstellung des Obligationenrechts bezweckenden Anträge vor: 1. zu bestimmen : „Insoweit derjenige, welcher eine unerlaubte Handlung begangen hat, durch dieselbe aus dem Vermögen des Beschädigten sich bereichert hat, ist er auch nach Verjährung des Anspruchs auf Schadensersatz zur Herausgabe der Bereicherung nach Maßgabe der Vorschriften verpflichtet, welche für den Fall der ungerechtfertigten Bereicherung wegen verwerflichen Empfangs gelten (§ — ). Der Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung unterliegt der ordentlichen Verjährung." 2. zu bestimmen: Planck „Ist der Schuldner durch die unerlaubte Handlung | auf Kosten des Beschädigten | Prot 11566 bereichert, so bleibt er, auch wenn der Anspruch auf Schadensersatz nach § 164 (der Zusammenstellung) verjährt ist, verpflichtet, die Bereicherung herauszugeben. Die Vorschriften der Beschlüsse zu §§ 1 Abs. 2, 5, 6 und 12 Abs. 2 des Abschnitts über die ungerechtfertigte Bereicherung 4 finden mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß an die Stelle des im Beschlüsse zu § 12 Abs. 2 bezeichneten Zeitpunkts bei vorsätzlichen unerlaubten Handlungen der Zeitpunkt der Begehung derselben, bei fahrlässigen aber derjenige Zeitpunkt tritt, in welchem der Schuldner von seiner Verpflichtung Kenntniß erhalten hat." Die Anträge stimmen sachlich darin überein, daß der Urheber einer unerlaubten Handlung auch nach Verjährung des Anspruchs auf Schadensersatz dem Beschädigten insoweit noch haftbar bleibt, als er aus dem Vermögen des letzteren durch die unerlaubte Handlung bereichert ist, daß dieser Bereicherungsanspruch der ordentlichen Verjährung unterliegt, daß ferner Umfang und Inhalt der dem Bereicherungsanspruche entsprechenden Verpflichtung sich nach den Vorschriften bestimmt, welche gegen den gutgläubigen Empfänger einer Nichtschuld von der Zeit an gelten, wo mala fides superveniens eintritt, daß endlich im Falle eines vorsätzlichen Delikts die Zeit, wo die Bereicherung erfolgt, bei Anwendung jener Vorschriften der Zeit des Eintritts der mala fides gleichzustellen ist. Dagegen weichen die beiden Anträge darin voneinander ab, daß nach dem Antrage N2 2, bei einem fahrlässigen Delikte erst die Zeit, wo der Urheber von seiner Verpflichtung Kenntniß erhalten hat, der Zeit des Eintritts des bösen Glaubens gleichstehen, während nach dem Antrage N 2 1, zwischen vorsätzlichen und fahrlässigen Delikten nicht unterschieden werden soll. I So weit die Anträge übereinstimmen, blieben sie unbeanstandet. Betreffend die |Proti 1567 hervorgehobene Abweichung, so entschied die Mehrheit für den Antrag N 2 1. Die Fassung der demgemäß beschlossenen Vorschrift blieb der Redaktion vorbehalten. Die maßgebenden Erwägungen waren : 1. Schon früher sei beschlossen, daß die kurze Verjährung des § 164 a.a.O. auf den aus dem Delikte entspringenden Bereicherungsanspruch sich nicht beziehe (Protokolle S. 1053), dieser vielmehr in gleicher Art, wie der Eigenthumsanspruch, wenn der Urheber durch die rechtswidrige That fremdes Gut sich angeeignet habe, • S.u. S. 755f. 1095
§852
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
nur der ordentlichen Verjährung unterliegen könne. Die jüngst gefaßten Beschlüsse, wonach der bösgläubige Empfänger einer Nichtschuld aus einem zivilrechtlichen Delikte auf Schadensersatz haften und Aehnliches bei der condictio ob rem gelten solle, riefen aber das Bedürfniß hervor, nicht allein die Unanwendbarkeit des § 164 auf den Bereicherungsanspruch besonders vorzuschreiben, sondern auch Inhalt und Umfang der Haftung des Deliktsschuldners näher zu bestimmen. Es sei nicht angänglich, den Bereicherungsanspruch des Beschädigten in gleicher Art zu beschränken, wie bei der condictio indebiti im Falle des dauernden guten Glaubens des Empfängers. Eine solche Milde gegen den Thäter sei nicht allein an sich ungerechtfertigt, sondern auch nicht verträglich mit der strengeren Haftung des Empfängers einer Nichtschuld von der Zeit an, wo dieser in bösen Glauben versetzt, welche strengere Haftung ungeachtet der Verneinung des Delikts beschlossen sei. Der Deliktsschuldner könne dem Bereicherungsanspruche gegenüber unmöglich günstiger gestellt werden, wie der in bösen Glauben versetzte Empfänger einer Nichtschuld. I Prot 1 1568 Auf ihn müßten die gegen den letzteren beschlossenen Vor-1 Schriften mit der Maßgabe Anwendung finden, daß mit der Zeit, wo die Bereicherung stattfand, ζ. B. das fremde Gut in Besitz genommen wurde, ähnlich wie bei der condictio indebiti mit der Zeit des Eintritts des nachträglichen bösen Glaubens, die strengere Haftung beginne. Hiermit stehe auch der in der vorigen Sitzung über die Haftung des gleichfalls nicht als Deliktsschuldner anzusehenden Empfängers bei der condictio ob turpem causam in vollem Einklänge. Die Bereicherung durch Delikt und durch verwerflichen Empfang ständen sich in der fraglichen Beziehung sichtbar sehr nahe. In der Strenge gegen den Deliktsschuldner noch weiter zu gehen, verböten aber die Gründe, auf welchen die Verjährungsvorschrift des § 164 a.a.O. beruhe. 2. In Ansehung der auf Fahrlässigkeit sich gründenden Delikte erhebe sich allerdings ein Bedenken. Werde der Nachdruck auf den bösen Glauben gelegt, so erscheine es nicht ungerechtfertigt, die strenge Haftung des Deliktsschuldners erst mit der Zeit beginnen zu lassen, wo er Kenntniß davon erlangt habe, daß sein Vermögen aus dem des Beschädigten bereichert und gegen ihn ein Bereicherungsanspruch entstanden sei. Gleichwohl dürfe zwischen vorsätzlichen und fahrlässigen Delikten nicht unterschieden und dasjenige, was für die ersteren zweifellos richtig und angemessen sei, nicht für die letzteren modifizirt werden. Einmal seien es seltene Fälle, in welchen durch ein fahrlässiges Delikt eine Bereicherung erfolge oder, wenn es geschehe, der Thäter davon erst später unterrichtet werde, und es sei nicht rathsam, durch Berücksichtigung solcher ungewöhnlichen Fälle die Einfachheit des Gesetzes zu beeinträchtigen. Sodann aber bleibe das auch nur fahrlässige Delikt immer eine unerlaubte, mitunter sogar strafbare Handlung, auf deren rechtliche FolIProti 1569 gen, soweit nur der Bereicherungsanspruch in Frage stehe, | die positive Verjährungsfrist des § 164 auszudehnen, die Konsequenz nicht erheische. Schließlich kam zur Sprache, daß der obige Beschluß in Verbindung mit dem mehrgedachten § 164 eine Aenderung oder Ergänzung des § 183 des Entwurfs des Schadenrechts unvermeidlich machen werde. II. In der RedVorl und der ZustOR lauten die beschlossenen Vorschriften: RedVor/ Der Anspruch auf Ersatz des durch eine unerlaubte Handlung entstandenen ZustOR S 164 Schadens verjährt binnen drei Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkte, in welchem der Gläubiger von dem erlittenen Schaden und der Person des Schuldners Kenntniß erlangt hat. 1096
25. Titel: Unerlaubte Handlungen
§852
D i e Verjährungsfrist beträgt 30 Jahre von dem Zeitpunkte an, in welchem die unerlaubte H a n d l u n g begangen worden ist, wenn der Anspruch in Gemäßheit der Bestimmung des ersten Absatzes nicht bereits f r ü h e r verjährt ist. Insoweit derjenige, welcher eine unerlaubte H a n d l u n g begangen hat, durch die- RedVorl/ selbe aus dem Vermögen des Beschädigten sich bereichert hat, ist er auch nach V e r - ZustOR § 164 a j ä h r u n g des Anspruches auf Schadensersatz z u r Herausgabe der Bereicherung nach Maßgabe der Vorschriften verpflichtet, welche für den Fall der ungerechtfertigten Bereicherung wegen verwerflichen Empfanges gelten. D i e Beratung der Anträge, welche gestellt waren in Betreff der Drucklegung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse w u r d e auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 IV) in § 164 statt: „binnen" gesetzt: „mit Ablauf" und in § 164a statt „Insoweit" „soweit" (Prot. I 3551, 3554, 3559, 3560). III., IV. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Änderungen sind S 164 Z u s t O R in SS 713 KE, 719 E I, § 164 a in SS 714 KE, 720 E I enthalten.
B. Vorkommission des Reichsjustizamts I. A n t r ä g e lagen nicht vor. II. 85. Sitzung vom 14. 9. 1892 I I V . D e m S 719 Abs. 1 beschloß man die Bestimmung hinzu-1 z u f ü g e n , daß die |Prot-RJA 553 V e r j ä h r u n g des Anspruchs auf Ersatz des durch eine strafbare H a n d l u n g entstände- |Prot-RJA 554 nen Schadens sich nicht vollende vor der V e r j ä h r u n g der Strafverfolgung und daß, wenn das Strafverfahren durch Urtheil beendet werde, die V e r j ä h r u n g des Schadensersatzanspruchs mit der Rechtskraft des Urtheils beginne. D e r Abs. 2 w u r d e unverändert beibehalten. M a n erwog: O b w o h l gegen die innere Berechtigung der kurzen V e r j ä h r u n g des Abs. 1 erhebliche Bedenken obwalteten, so erscheine es doch mit Rücksicht auf das geltende Recht nicht rathsam, von Seiten der Vorkommission eine Aenderung des Entwurfs anzuregen. Dagegen müsse das nach dem Entwurf bei Schadensersatzansprüchen aus strafbaren Handlungen mögliche unangemessene Ergebniß vermieden werden, daß d e r Schadensersatzanspruch f r ü h e r verjähre als die Strafverfolgung. D e r Beschluß sei, ebenso wie der entsprechende Beschluß zu S 691 (Prot, der V o r k o m m . S. 522) 5 , in dem Sinne zu verstehen, daß bei derartigen Ersatzansprüchen zu den sonstigen Erfordernissen der V e r j ä h r u n g noch des Ablaufs der f ü r die V e r j ä h r u n g der Strafverfolgung bestimmten Frist hinzukommen müsse, derart aber, daß die zu der dreijährigen Verjährungsfrist infolge dieser Vorschrift hinzutretende Zeit nicht als Verjährungsfrist anzusehen sei. K o m m e es zu einem Strafverfahren und in diesem z u einem Urtheil, so sei damit die V e r j ä h r u n g der Strafverfolgung ausgeschlossen. F ü r diesen Fall bedürfe es daher, damit der Ersatzanspruch nicht in Gemäßheit der ersten beschlossenen Zusatzbestimmung unverjährbar werde, der weiteren V o r schrift, daß mit der Rechtskraft des Urtheils die V e r j ä h r u n g des Ersatzanspruchs beginne. Solange ein Strafverfahren schwebe, könne vom Geschädigten nicht verlangt werden, daß er gegen den Beschädiger seinen zivilrechtlichen Anspruch verfolge. 5 S. bei § 801 BGB.
1097
§852 I Prot-RJA 555
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
| Anlangend den Abs. 2, so empfehle es sich nicht, an Stelle der dreißigjährigen Verjährungsfrist eine Ausschlußfrist von gleicher Dauer zu setzen, da der Entwurf in der Durchbrechung der allgemeinen Grundsätze über Verjährung bei den Schadensersatzansprüchen aus unerlaubten Handlungen zu Gunsten des Ersatzpflichtigen vielleicht schon zu weit gehe. V. Der § 720 wurde sachlich unverändert beibehalten.
C. 2. Kommission I. Zu § 719 lagen die Anträge vor (Prot. II, Bd. 2, S. 609f.; Mugdan, Bd. 2, S. 1097): Struckmann (Nr 244, 18)
1. die Bestimmungen des Entw. durch nachstehende Vorschriften zu ersetzen : Der Anspruch auf Ersatz des durch eine unerlaubte Handlung entstandenen Schadens verjährt in drei Jahren seit dem Zeitpunkt, in welchem der Verletzte von dem erlittenen Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntniß erlangt hat, ohne Rücksicht auf diese Kenntniß in dreißig Jahren seit dem Zeitpunkt, in welchem die unerlaubte Handlung begangen ist. Ist der Schaden durch eine strafbare Handlung zugefügt, so bedarf es zur Vollendung der dreijährigen Verjährung der Verjährung der Strafverfolgung. Ist das Strafverfahren durch Urtheil beendigt, so beginnt die dreijährige Verjährung mit der Rechtskraft des Urtheils. Hierzu der Unterantrag, den Abs. 2 zu fassen : Ist der Schaden durch eine strafbare Handlung zugefügt, so wird die dreijährige Verjährung nicht vor der Verjährung der Strafverfolgung vollendet, es sei denn, daß die Strafverfolgung durch Urtheil oder durch eine anderweitige auf Strafe lautende Entscheidung beendigt ist. In diesem Falle beginnt die dreijährige Frist nicht vor dem Eintritte der Rechtskraft des Urtheils oder der anderweiten Entscheidung. Der Vollendung der Verjährung der Strafverfolgung steht es gleich, wenn die Strafverfolgung wegen Mangels oder Zurücknahme des erforderlichen Antrags unzulässig geworden oder der Ersatzpflichtige gestorben ist. Die Verjährung des Anspruchs wird durch jede Unterbrechung der Strafverfolgung unterbrochen.
Jacubezky (Nr 264, 9)
2. dem § 719 folgende Fassung zu geben: Der Anspruch auf Ersatz des widerrechtlich zugefügten Schadens verjährt in den Fällen der §§ 709 a bis 712 und des § 714 Abs. 2 in drei Jahren.
Struckmann (Nr 244, 19)
Jacubezky (Nr 264,10)
3. an Stelle des Abs. 2 des § 719 zu bestimmen: Sind seit dem Zeitpunkte, in welchem die unerlaubte Handlung begangen ist, dreißig Jahre abgelaufen, so ist der Anspruch erloschen. Die Komm, entschied sich, unter Ablehnung der Anträge, für Beibeihaltung des Entw. Zu § 720 lag der Antrag vor, die Bestimmung zu fassen (Prot. II, Bd. 2, S. 611; Mugdan, Bd. 2, S. 1098f.): Soweit der Ersatzpflichtige durch die unerlaubte Handlung aus dem Vermögen des Verletzten bereichert worden ist, kann der Verletzte, auch wenn der im § 719 bezeichnete Anspruch verjährt ist, von dem Ersatzpflichtigen gleichwohl die Herausgabe der Bereicherung nach Maßgabe der Vorschriften verlangen, die für den Fall der ungerechtfertigten Bereicherung wegen verwerflichen Empfanges gelten. hierzu der Unterantrag, die Worte „wegen verwerflichen Empfanges" zu streichen. 1098
25. Titel : Unerlaubte Handlungen
§ 853
Der Hauptantrag weicht sachlich nicht vom Entw. ab. Der Unterantrag gelangte zur Annahme. II. In der VorlZust lauten die beschlossenen Vorschriften : Der Anspruch auf Ersatz des durch eine unerlaubte Handlung entstandenen Schadens verjährt in drei Jahren seit dem Zeitpunkt, in welchem der Verletzte von dem erlittenen Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntniß erlangt hat, ohne Rücksicht auf diese Kenntniß in dreißig Jahren seit dem Zeitpunkt, in welchem die unerlaubte Handlung begangen ist. Soweit der Ersatzpflichtige durch die unerlaubte Handlung aus dem Vermögen des Verletzten bereichert worden ist, haftet er dem Verletzten, auch wenn der Anspruch auf Schadensersatz verjährt ist, nach Maßgabe der für die Erstattung einer ungerechtfertigten Bereicherung geltenden Vorschriften.
E I-VorlZust §719
E I-VorlZust §720
III. In der ZustRedKom sind die Vorschriften wie folgt in § 719 zusammengefaßt: Der Anspruch auf Ersatz des durch eine unerlaubte Handlung entstandenen E I-ZustRedKom Schadens verjährt in drei Jahren seit dem Zeitpunkt, in welchem der Verletzte von § 719 dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntniß erlangt hat, ohne Rücksicht auf diese Kenntniß in dreißig Jahren seit dem Zeitpunkt, in welchem die unerlaubte Handlung begangen ist. Hat der Ersatzpflichtige auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach der Vollendung der Verjährung zur Herausgabe nach den für die Erstattung einer ungerechtfertigten Bereicherung geltenden Vorschriften verpflichtet. IV., V. Im E II lautet § 775, im E II rev § 837 (E III § 836): Der Anspruch auf Ersatz des durch eine unerlaubte Handlung entstandenen Schadens verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntniß erlangt (E II : hat), ohne Rücksicht auf diese Kenntniß in dreißig Jahren von der Begehung der Handlung an. Hat der Ersatzpflichtige durch die unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach der Vollendung der Verjährung zur Rückerstattung nach den für die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung geltenden Vorschriften verpflichtet.
§ 853
Erlangt Jemand durch eine von ihm begangene unerlaubte Handlung eine Forderung gegen den Verletzten, so kann der Verletzte die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Anspruch auf Aufhebung der Forderung verjährt ist. Vorbemerkung des Herausgebers: Oer 1. Kommission lag ein auf Aufnahme einer dem § 853 entsprechenden Vorschrift gerichteter Antrag von Planck (Nr. 513) vor. S. diesen und seine Ablehnung durch die 1. Kommission, Prot. I, 2853, 2857 im Anhang zu SS 823, 826 BGB. 1099
§ 853
7. Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse
B. Vorkommission des Reichsjustizamts I. Anträge lagen nicht vor.
I Prot-RJA 555
II. 85. Sitzung vom 14. 9. 1892 | VI. Als § 720 a entschied man sich, die von der Hauptkommission zu § 182 beschlossene (Prot. S. 472ff.; gedr. Redaktionsvorlage Note 1 zu § 190 unter 1) Vorschrift in folgender Fassung aufzunehmen :
E I-RJA H a t Jemand durch eine von ihm begangene unerlaubte Handlung eine Forde§ 720a rung gegen den Verletzten erlangt, so kann dieser den Anspruch auf Wiederaufhebung der Forderung auch nach Vollendung der Verjährung im Wege der Einrede geltend machen. Der Begründung einer Forderung steht die vertragsmäßige Anerkennung einer solchen gleich.
C. 2. Kommission Struckmann I. Mit Rücksicht auf den Bd. 1 S. 237 mitgetheilten Beschluß war beantragt, als (Nr 244,20) § 720 a zu bestimmen (Prot. I, Bd. 2, S. 612 ; Mugdan, Bd. 2, S. 1100) : H a t Jemand durch eine von ihm begangene unerlaubte Handlung eine Forderung gegen den Verletzten erlangt, so kann dieser den Anspruch auf Wiederaufhebung der Forderung auch nach Vollendung der Verjährung im Wege der Einrede geltend machen; der Begründung einer Forderung steht die vertragsmäßige Anerkennung einer solchen gleich. Der Antrag wurde angenommen. E I-ZustRedKom § 720 a
E II § 776
II., III. In der VorlZust/ZustRedKom lautet die Bestimmung als § 720 a: H a t Jemand durch eine von ihm begangene unerlaubte Handlung eine Forder u n g gegen den Verletzten erlangt, so kann der Verletzte die Erfüllung auch nach Verjährung des Anspruchs auf Wiederaufhebung der Forderung verweigern. IV. Im E II heißt es als § 776: H a t Jemand durch eine von ihm begangene unerlaubte Handlung eine Forderung gegen den Verletzten erlangt, so kann der Verletzte die Erfüllung auch nach der Verjährung seines Anspruchs auf Aufhebung der Forderung verweigern. V. Im E II rev § 838 ist schließlich die Fassung wie in § 853 BGB.
1100
Register der Antragsteller Achilles 868, 869 Börner 630,693, 1013 Buchka 968, 980, 1021 Conrad 943 f.,966 v. Cuny 153, 377, 403, 408, 464, 895, 923, 927, 947 Derscheid 25, 115, 134, 168, 172, 173, 213 f., 254, 256 f., 262, 264, 266, 287, 392 f., 424, 468, 540, 595, 624, 637, 685, 687, 859, 874, 907, 934, 986, 1046 f. Dittmer 462 Dziembowski-Pomian 10, 423, 437, 454, 947, 1021, 1078 f. Enneccerus 980 Frohme 1018, 1021 Gebhard 20, 25, 26, 166, 249, 271, 280, 312, 329, 339, 355, 362, 382, 387, 572, 622, 642, 646, 648, 649, 670, 680f., 683, 685, 687, 689, 698, 701 f., 705, 709, 731, 797, 807, 831, 841, 891, 896, 943, 944, 1057, 1072 Goldschmidt 225, 226 f., 651, 969, 970 Gröber 10, 456, 588, 704, 857, 899, 900, 927, 947 f., 967f., 980, 997, 1019,1078 Hoffmann 225, 932, 969 f., 972 Jacubezky 44, 48, 63, 69, 75, 76, 87, 97, 130, 137, 147, 151, 153, 167, 176, 180, 188, 197, 226, 229, 232, 237, 238, 251, 253, 273, 281, 282, 284, 292, 313, 316, 340, 345, 362, 371, 377, 382f., 388, 404, 409, 417, 422, 436, 450 f., 452, 453, 462, 476, 479, 492 f., 494, 503, 510, 516, 520, 536, 554, 586, 592 f., 601, 620, 633, 693, 694, 725, 728, 751, 753 f., 842, 843, 845, 846, 847, 849, 850, 851, 869, 871 f., 896, 897 f., 921 f., 931, 943, 945, 964 f., 966, 971, 993, 994, 995, 1009 f., 1067, 1070, 1071, 1072 f., 1098
Johow 2, 3, 15, 20, 24, 30, 141, 168, 215, 231, 291, 312, 393f., 397, 419, 421, 423, 425, 426, 429, 435, 446 f., 490, 525, 560, 577, 579, 622, 637, 642, 646, 737, 772, 818, 824, 833, 867, 868, 879, 915, 962, 985f., 1032 f., 1060 Kauffmann 229,464 v. Kübel 234, 239, 241, 441, 562 Küntzel 554 Kurlbaum 13, 20, 24, 37, 39, 46, 49, 50, 57, 58, 75, 82f., 89, 96 99, 116, 120, 134, 135, 136, 138, 141, 143, 149, 156, 166, 180, 187, 191, 200, 215 f., 224, 241, 247, 249, 255, 262, 263, 266, 271, 272, 276, 280, 286, 302, 307, 310, 322, 345, 348, 355, 361, 362, 367, 370, 376, 379, 397, 398, 406, 412, 415, 441, 446, 460, 468, 489, 490, 505, 508, 509, 518, 523, 537, 541, 546, 572, 576, 577, 594, 597, 604, 610, 622, 624, 626, 637, 642, 646, 648, 649, 666, 673, 675, 677, 680, 685, 687, 698, 699, 701, 705f., 709, 715f., 720, 723, 731, 732, 734, 737f., 765, 771, 773, 776f., 783, 784, 790, 791, 795, 797, 807, 808, 810, 816, 817, 818, 819, 823f., 832, 866, 867, 873, 883, 886, 887, 890, 914, 915, 916, 930, 934, 950, 955, 961, 986, 1004, 1031 f., 1054, 1056, 1057, 1058, 1060, 1083, 1086, 1093 Letocha 10 Lieber 52 v. Maltzan 979 v. Mandry 17, 22, 28, 75, 210, 225 f., 435, 436, 453, 476, 490, 577, 585, 591 f., 601, 626, 629 f., 649, 651, 671, 693, 702, 709, 791, 842, 843f., 845, 847, 890, 894 f., 923, 1060, 1070, 1072, 1073, 1086 1101
Register der Antragsteller
Munckel 464 Pape 307,379 Planck 16f., 30, 34, 49, 50, 53, 61, 68, 70, 72, 73, 77, 82, 89, 91, 94, 95, 99, 103, 107, 116, 120, 130, 134, 138, 143, 147, 168, 171, 172, 173, 177, 182, 184, 188, 190f., 193, 194, 197, 198, 199, 200, 201, 203f., 214f., 226, 233, 236, 239, 241, 244 f., 247, 248 f., 256, 259, 262, 263 f., 266, 267, 268, 269, 276, 283, 286f., 292f., 299, 301, 304, 306f., 308, 309, 312, 317, 318 f., 320, 327, 333, 344, 347, 348, 355, 366, 367, 368, 378 f., 384, 387 f., 393, 398, 400, 406, 408, 411 f., 419, 421, 423, 425, 426, 429, 432, 446, 450, 454, 457, 465, 468, 471, 473, 482, 488, 495, 496, 498, 500, 501, 504, 506, 511, 514, 518, 523, 527, 528, 537, 541 f., 554, 558, 576ff., 595, 622, 624, 637, 639, 666, 673, 693, 745, 749, 761, 765, 773, 775, 776, 777, 782, 784, 786, 789, 794f., 796, 799, 802f., 808, 809, 818f., 821, 824, 826, 844, 846, 847, 850, 859f., 867, 870, 873 f., 879, 885, 886, 894, 896, 903, 907f., 931, 933, 937, 951, 953, 954, 955, 974, 999, 1002, 1029f., 1038 f., 1046, 1051, 1052f., 1067f., 1069, 1095 Rembold 10 Rüger 650, 895, 1009 v. Schmitt 77 f., 234, 245, 490, 540, 542, 551, 560, 573, 604, 642 f., 646, 648, 720 Sohm 76, 586, 603, 608, 630, 633, 640, 672, 856 Spahn 55,87, 972, 973,1022 Stadthagen 857, 899f., 1018, 1021 Struckmann 5, 6f., 14, 18, 21, 22, 27, 28, 43, 44, 47 f., 53, 59, 62, 67, 68, 69, 75, 76, 86, 87, 96f., 101, 102, 107 f., 113, 130, 131, 132, 136, 137, 141, 146 f., 151, 153, 154, 166f., 170,
1102
176, 180, 183, 188, 202, 210, 224, 225, 237, 238, 250f., 253, 272f., 281, 282, 284, 292, 294, 313, 324, 330, 339f., 345, 351, 362, 370, 376f., 382, 387, 403, 406, 415, 449, 450, 453, 462, 475 f., 477, 479, 491 f., 502, 503, 509, 510, 515f., 525, 536, 551, 553f., 585, 592, 600, 601, 607f., 611, 613, 619, 629, 631, 640, 671, 674, 676, 678 f., 684, 692, 696, 703, 713, 717, 725, 727, 740, 744, 748, 750 f., 753, 841 ff., 846f., 849, 894, 896, 897, 922 f., 943, 944, 964, 966, 970 ff., 993, 995, 1008 f., 1067, 1069 ff., 1073, 1084, 1087, 1091 f., 1098, 1100 v. Weber 25, 39, 49, 50, 53, 61, 77, 82, 91, 94, 95, 99, 103, 107, 115 f., 119, 138 f., 140, 142 f., 149, 155, 163, 168, 172, 173, 178, 206, 214, 243, 276, 304, 354 f., 392, 400, 412, 416, 441, 465, 465f., 468, 471, 482f., 489, 513, 518, 532f., 537, 542, 557, 567, 576, 577, 604, 643, 690, 706, 710, 716, 722, 733, 734, 761, 765, 774, 777, 785, 787, 790, 794, 797, 826, 860, 903, 905, 907, 914, 916, 930, 934, 951 f., 953, 954, 955, 986f., 1030f., 1051, 1089, 1093 Wilke 450, 453, 455, 463, 478, 603, 899, 964, 1068 Windscheid 15, 30, 35, 37, 46, 49, 50, 53, 57, 58, 59, 65, 66, 68, 70, 72, 73, 77, 82, 88, 91, 94, 95, 99, 103, 107, 115, 124, 133, 135, 143, 149, 156, 157, 163, 457, 461, 465 479, 495, 496, 498 500, 501, 523, 559, 572, 58.9, 596, 604, 624, 636, 667, 673, 761 f., 765, 768 f., 774, 775 f., 777, 782, 783f., 785, 787, 794, 799, 802, 805, 808, 809, 811, 812, 818, 821, 824, 826, 873, 931 Wolffson 136, 204, 210 f., 230, 340, 388, 405, 409, 503, 630, 671 f., 675, 693, 7 0 4 , 7 1 8 , 7 4 1 , 9 1 0
Nachweis der abgedruckten Protokolle der 1. Kommission
Prot I 823 4 825 6 7 8 9 830 1 2 855 6 7 8 9 860 1 2 3 4 865 6 7 8 9 870 1 2 3 4 875 6 7 8 9 880 1 2 3 4 885 6 7
Seite 12 13; 24 24 25 20; 25 15; 20 15 16 16 17 621 621;641 622; 642 642 642 643 644 644 645 645 645 646 646 647 647 647 648 622;648 622 623 623;636 636 637 637 638 638 638 623;639 624 624 625 625 666
Proti 888 9 890 1 2 3 4 895 7 8 9 900 1 2 3 4 905 6 7 8 9 910 1 2 3 4 915 6 7 8 9 920 1 2 3 925 6 7 8 9 930 1 2
Seite 666 667 667 668 669 669 669 670 672 673 673 674; 697 698 698 699 699 700 685; 700 685 685 686 686 686 687 687 688 688 688 730 677;731 678 678; 731 732 732 732 733 733 734 734 735 680; 736 680 680
Proti 933 4 935 6 7 8 9 940 1 2 3 4 945 6 7 8 9 951 2 3 4 955 6 7 8 9 961 2 3 4 965 6 7 8 9 970 1 2 3 4 975 6 7
Seite 681 682 682 683 705 705 706 706 707 707 707 708 708;715 715 715 675;716 675 719 720 720 721 722 722 723 723 724;726 726 727;872 873 873 874 874 875 875 875 876 876 876 877 877 877 878 878 1103
Nachweis der abgedruckten Protokolle der 1. Kommission
1104
879 879 879 880 880 881 881 881 882 882 883 884 884 884 885 885 886 886 887 887 888 913 914 914 915 915 916 916;933 933 934 934 935 935 936 936 936 937 937 930 930 931 1081 1081 1081 1082 1082;1088 1088 1079;1093 1093 1093 913;1094 913 913
Proti 1485 6 7 8 9 1490 1 2 3 4 1495 6 7 8 9 1500 1 2 3 1505 6 7 8 9 1510 1 2 3 4 1515 6 7 8 9 1520 1 2 3 4 1525 6 7 8 9 1530 1 2 3 1536 7 8 9 1540
Seite 761 761 762 762 763 763 764 764 765 765 766 767 767 767;773 773 773 774 775 776 776 776 777 777 778 778 779 779 779 780 780 781 781 782 783 784 784 785 785 786 786 787 787;793 794 794 795 795 795 796 799 799 800 800 801
Proti 1541 2 3 4 1546 7 8 9 1550 1 2 3 4 1555 6 7 8 9 1560 1 2 3 4 1565 6 7 8 9 1570 1 2 3 4 1575 7 8 9 1580 1 2 3 4 1585 6 7 9 1590 1 2 3 4 1595 6
Seite 801 802 803 803 796 797;803 803 804 804;807 808 808 809 809 810;818 818 819 819 820 820 821 821 821 821;1094 1095 1095 1095 1096 824; 1096 824 825 811; 825 811 812 812 OO
979 980 1 2 3 4 985 6 7 8 9 990 1 3 4 995 6 7 8 9 1000 2 3 4 1005 6 7 8 9 1010 1 2 3 4 1015 6 7 8 9 1020 1 1028 1042 3 4 1045 6 1051 2 3 4 1055 6
Seite
oo
Proti
814 814 815 815; 825 825 826 827 827 828 829 828 828 829 829 830 805;830 805
Nachweis der abgedruckten Protokolle der 1. Kommission Proti 1597 8 9 1602 3 4 1605 6 7 8 9 1610 1 3 4 1615 6 7 8 9 1620 1 2 3 1625 6 7 8 9 1630 1 2 3 4 1635 6 8 9 1640 1 2 3 4 1645 6 7 8 9 1651 2 3 4 1655
Seite 805 806;831 831 114 115 115 116 116 117 117 118 118 119 119 119 120 121 121;138 138 138 139 139 140 140 142 142 143 144 144 144 145 133; 145 134 134 134 135 149 150 150 122 122 122 123 123 124 124 125 125 155 155 155 156 156
Proti 1656 7 8 9 1660 1 2 3 4 1665 7 8 9 1670 1 2 1695 6 7 8 9 1700 1 2 3 4 1705 6 7 8 9 1710 1 2 3 4 1715 6 7 8 9 1720 1 2 3 4 1725 7 8 9 1732 3 4
Seite 157 158 158 159 159 160 160 161 161 162 162 163 163 164 164 165 588 589 589 590 590 591; 594 594 595 595 596 596 596 597; 604 604 604 605 606 606; 609 609 609 612;614 614 614 614; 616 616 616 617 617 618 618 619 556 557 557 559 559 560
Proti 1735 6 7 8 9 1740 1 2 3 4 1745 6 7 8 9 1750 1 3 4 1755 6 7 8 9 1760 1 3 4 1765 6 7 8 9 1807 8 2377 8 9 2380 1 2 3 4 2385 6 7 8 9 2390 1 2 3 4
Seite 560 561 561 561 562 562 563 563 597 598 594;598 564 564 565 565 566 566 567 567 568 568 569 570 570 571 571 572 572 573 573 574 574 575 575 575 1 2 2 3 3 4 29 30 30 31 31 32 32 33 34 34 35 35 1105
Nachweis der abgedruckten Protokolle der 1. Kommission Proti 2395 6 7 8 9 2400 1 2 3 4 2405 6 7 8 9 2410 1 2 3 4 2415 6 7 8 9 2420 1 2 3 4 2425 6 7 2433 4 2435 6 7 8 9 2440 1 2 3 4 2445 6 7 8 9 2450 1 3 1106
Seite 36 36 37 38 38; 45 46 47 38; 47 39 39 40 40 40 41 41; 49 49 49 50 50 51 52 52 53 53 53 54; 57 57 58 58 59; 60;203 61 61 61 65 65 66 66; 68 68; 70 70 70 71 72 72 73 73 77 77 78 78 79 79 80 80
Proti 2454 2455 6 7 8 9 2460 1 2 3 4 2465 7 8 9 2470 1 2 3 4 2475 6 7 9 2480 1 2 3 4 2485 6 7 8 9 2490 1 2 3 2505 6 7 8 9 2510 1 2 3 4 2515 6 7 8 9
Seite 81 81 82 82 83 84 84 85; 88 88 89 89 90 91 98 99 99 100 91; 101 91 92 92 93 93 94 94 95; 103 103 104 104 105 105 106 107; 110 110 111 111 112 112 457 457 458 458 459 459 460 460 465 465 466 466 467 467 468
Proti 2520 1 2 3 2525 6 7 8 9 2530 1 2 3 4 2535 6 7 8 9 2540 1 2 4 2545 6 7 8 9 2550 1 2 3 4 2555 6 7 8 9 2560 1 2 3 2565 6 7 8 9 2570 1 2 3 4 2575
Seite 468 469 470 470 479 479 480; 482 482 482 483 483 484 484 485 486 486 487 487 487 461;487 488 470;488 471 472 472 473; 495 495 496 496 497 497 498 498 498 499 500 501;504 505 505 506 506 507 517 518 518 519 519 511; 520 511 511 512 513 513
Nachweis der abgedruckten Protokolle der 1. Kommission Proti 2576 7 9 2580 1 2 3 4 2585 6 7 8 9 2591 2 3 4 2595 6 7 8 9 2600 1 2 3 4 2605 6 7 8 9 2610 1 2 3 2615 6 7 8 9 2620 1 4 2625 6 7 8 9 2630 1 2 3
Seite 514 514 522 522 523 524 524 524 526 526 527 527 528 528 529 529 530 530 531 531 532 533 533 534 534 536 537 537 538 539 539 540 540 541 541 542 542 542 543 544 544 545 545 547 547 548 548 548 549 438; 549 438 438 439
Proti 2634 2635 6 7 8 9 2640 1 3 4 2645 6 7 8 9 2650 1 2 3 4 2655 6 7 8 9 2660 1 2 3 4 2665 6 7 8 9 2670 1 2 3 4 2675 6 7 8 9 2680 1 2 3 4 2685 6 7
Seite 440 440 441 441 442 442 443 443 444 444 444 445 445 446 446 447 447 448 448;454 455 418 418 419 419 420 420 421 421; 423 423 424 424 425 425 426 426 427 427 428 428 429 429 430 430 430 431 431 432 432 433 433 434 434; 745 745
Proti 2688 9 2701 2 3 4 2705 6 7 9 2710 1 2 3 4 2715 6 7 8 9 2720 1 2 3 4 2725 7 8 9 2730 1 2 3 4 2735 6 7 8 9 2740 1 2 3 4 2745 6 7 8 9 2750 1 2 3
Seite 745 746 168 168 168 169 169;171 172 172 173 173 173 174 174 175 175 175;177 177 178 178 178 179 179;181 181 182 182 206 206 206 207 207 208 208 209 198;209 198 199 200 200 200 201 202 184 184 185 185 186 186;203 203 189;204 190 190 191 1107
Nachweis der abgedruckten Protokolle der 1. Kommission Proti 2754 2755 6 7 9 2760 1 2 3 4 2765 6 7 8 9 2770 1 2 3 4 2775 6 7 8 9 2780 2 3 4 2785 6 7 8 9 2791 2 3 4 2795 6 7 8 9 2800 1 2 3 4 2805 6 7 8 9 1108
Seite 192 192 193 193 193 194 194 195 195 196 196 213 213 214 214 214 215 215 216 216 217 217 218 218 218 219 220 220 221 221 222 222 223;231 232 1028 1029 1029 1030 1030 1030 1031 1031 1032 1032 1033 1033 1034 1034 1035 1035 1036 1036 1037
Proti 2810 1 3 4 2815 6 7 8 9 2820 1 2 3 4 2825 6 7 8 9 2830 1 2 3 4 2835 6 7 9 2840 1 2 3 4 2845 6 7 8 9 2850 1 2 3 4 2855 6 7 8 9 2860 1 3 4 2865
Seite 1037 1038 1038 1039 1039 1040 1040 1041 1041 1042 1042 1043 1043 1044 1044 1045 1045 1045 1046 1046 1047 1048 1048 1049 1049 1050 1050 1051 1051 1051 1052 1052 1053 907;1053 907 907 908 908 909 909 910 902 903 903 904 904 905 905 906 906 949 950 950
Proti 2866 7 8 9 2870 1 2 3 4 2875 6 7 8 9 2881 2 3 4 2885 6 7 8 9 2890 1 2 3 4 2895 6 7 8 9 2900 1 2 3 4 2905 6 7 8 9 2910 1 2 3 4 2915 6 7 8 9
Seite 951 951 952 952 953 953 954 954 955 955 956 956 957 957 958 958 959 959;985 986 986 987 987 988 988 989; 998 998 233 233 234 234 235 235 236;238 239 239 240 240 241 241 242 242 242 243 243 243 244 245 245 246 247;299 247; 300;301 301 302
Nachweis der abgedruckten Protokolle der 1. Kommission Proti 2920 1 2 3 4 2925 7 8 9 2930 1 2 3 4 2935 6 7 8 9 2940 1 2 3 4 2945 6 7 8 9 2950 1 2 3 2955 6 7 8 9 2960 1 2 3 4 2965 7 8 9 2970 1 2 3 4 2975
Seite 303 254;303 254 255 255 256 256 257 257 258 258 259 259 259 260 260 261 261 261 262 262 263 263 264 264 265 266 266 267 267 268 268 269;283 286 286 287 287 288 288 289 290 236;290 236 237; 298 275 276 277 277 278 278 279;304 304 304
Proti 2976 7
8 9 2980 1 2 3 4 2985 6 7 8 9 2990 1 2 3 4 2995 6 7 8 9 3000 1 2 3 4 3005 6 7 8 9 3010 1 2 3 4 3015 6 7 8 9 3020 1 2 3 4 3025 6 7 8
Seite 305 306 306 306 307 307 308 309 309 310 310 310;317 317 318 318 319 319 319 320 320 321;327 327 327 328 328 332 332 333 333 333 334 334 335 335 336 336 336;344 344 344;347 347 348 348 348 354 354 355 355 356 356 356 357 357 358
Proti 3029 3030 1 2 3 4 3035 7 8 9 3040 1 2 3 4 3045 6 7 8 9 3050 1 2 3 4 3055 6 7 8 9 3060 1 2 3 4 3065 6 7 8 9 3070 1 2 3 4 3075 6 7 8 9 3080 1 2
Seite 358 359 359 360 360;366 366 367 378 378 379 380 380 373;381 367;373 367 368 368 369;384 384 385 386 416 392;416 392 392 393 393 394 394 395 395 396 396 397 397 398 398 398 399 400 411 412 412 413 413 414; 999 999 999 1000 1000 1001 1001 1002
1109
Nachweis der abgedruckten Protokolle der 1. Kommission Proti 3083 4 3085 3265 3274 3279 3280 3505 6 7 8 9 3510 3555 6 8 9 3563 4 4219 4220 1 2 3 4 4225 6 7 8 9 4230 4280 1 2 4318 9 4320 5798 9 5828 6199 6201 2 3 8127 8 9 8275 6 8442 3 4 8445
1110
Seite
Proti
Seite
Proti
Seite
1002 1003 1003 1089 1089 789 789 768 768 769 769 770 771 489;576 576 489; 576 576 576 577 859 859 859 860 860 861 861 862 863 863 864 864 374 374 375 375 375 375 401 401 402 961 ; 1057;1058 1057 961 ; 1057;1058 961 1058 1059 1059 939 939;1004 1004 1004 1005 1005
8446 7 11269 11270 3 11281 2 3 4 11827 8 9 11830 1 2 11838 9 11840 1 2 3 4 11845 6 7 8 9 11850 1 2 4 11855 6 7 8 9 11860 1 2 3 4 11865 11875 6 7 8 9 11883 4 11885 6 7 8
1006 1006 406 406 406 406 407 407 408 248;610 248 248 249 249 250 435;491 577 578 578;626 626 627;701 701 702 702 689;703 690 690;737 737 738 738 709 710 710 710 710 710 712 649;712 650;890 890 890 891 1083;1086 1086;1089 1060 962;1060 962 789 790 790 791 792 793
11889 11893 4 11943 4 11976 7
793;807 387;415 415 867 867 475 475
Nachweis der Paragraphen des Teilentwurfs zum Obligationenrecht und der Artikel des Dresdener Entwurfs TE-OR Nr. 1
Seite
S 1 S 2 S 3 S 4 S 10 §11 §12 §13 §14 S 15 §16 § 17 §18 § 19 §20 §21 §22 §23 §24 S 25 §26 §27 §28 §29 §30 §31 §32 §33 §34 §35 §36
12 24 20 15 641 f. 645 f. 648 622 636 623 f. 666 672 f. 697 f. 699 f. 685 687 730 f. 731 677 731 731 f. 680 680 683 705 715 716 675 719f. 726 726
TE-OR Nr. 4
Seite
§233 §234 §235 §236 §237
114 115 125 155 138
TE-OR Nr. 4
Seite
§238 §239 §240 §241 §242 §243 §244 §245
142 133 125 135 148 155 124 162
TE-OR Nr. 5
Seite
§225 §226 §227 §228 §229 §230 §231 §232
588 594 596 604 609 610 612 614
TE-OR Nr. 10
Seite
§ 1 § 2 S 3 S 4 § 5 S 6 S 7 § 8 § 9 §10 §11 §12 §13 §14 §15 § 16
761 765 773 774 775 781 783 785 785 786 787 793 f. 796 799 802 807
TE-OR Nr. 10
Seite
§17 § 18 § 19 §20 §21 §22 §23 §24 §25 §26 §27 §28
809 818 820 820 f. 821 822 824 811 812 812 f. 825 f. 826
TE-OR Nr. 15
Seite
§ § § § § § § § §
1 2 3 4 5 6 7 8 9
§ io
§11 §12 §17 §19 §20
873 884 884 885 886 887 913 f. 916 933 930 930 931 1088 1079 f. 1093
TE-SachR Seite § 195 § 196
859 859
DresdE
Seite
Art. 675
1
1111
Nachweis der Paragraphen des Teilentwurfs zum Obligationenrecht DresdE
Seite
DresdE
Seite
DresdE
Seite
Art. 676 Art. 677 Art. 678 Art. 679 Art. 680 Art. 687 Art. 688 Art. 689 Art. 690 Art. 691 Art. 692 Art. 693 Art. 694 Art. 695 Art. 696 Art. 697 Art. 698 Art. 699 Art. 700 Art. 701 Art. 702 Art. 703 Art. 704 Art. 705 Art. 706 Art. 707 Art. 708 Art. 709 Art. 710 Art. 711 Art. 712 Art. 713 Art. 714 Art. 715 Art. 716 Art. 727 Art. 728 Art. 729 Art. 730 Art. 731 Art. 732 Art. 733 Art. 734 Art. 735 Art. 736 Art. 737 Art. 738 Art. 739 Art. 740 Art. 741 Art. 742 Art. 743 Art. 744
3 3 3 4 4 30 35 37 45 38 49 50 53 57 58 58 203 60 65 66 68 70 70 72 73 73 77 82 88 98 91 94 95 103 106 526 526 526 526 527 168 171 172 173 177 181 206 198 199 199 200 200 201
An. 745 Art. 746 Art. 747 Art. 748 Art. 749 Art. 750 Art. 751 Art. 752 Art. 753 Art. 769 Art. 770 Art. 771 Art. 772 Art. 773 Art. 774 Art. 775 Art. 776 Art. 777 Art. 778 Art. 779 Art. 780 Art. 781 Art. 782 Art. 783 Art. 784 Art. 785 Art. 786 Art. 787 Art. 788 Art. 789 Art. 790 Art. 791 Art. 792 Art. 793 Art. 794 Art. 795 Art. 796 Art. 797 Art. 798 Art. 799 Art. 800 Art. 801 Art. 802 Art. 803 Art. 804 Art. 805 Art. 806 Art. 807 Art. 808 Art. 809 Art. 810 Art. 811 Art. 850
184 203 189 f. 193 194 213 213 213 213 233 238 f. 240 240 240 244 244 299 247 301 254 256 261 f. 263 266 266 267 267 268 268 268 f. 283 286 236 298 275 f. 278 304 306 306 308 309 317 318 332 332 f. 344 347 347 f. 349 333 354 360 366
Art. 851 Art. 852 Art. 853 Art. 854 Art. 855 Art. 856 Art. 857 Art. 858 Art. 859 Art. 860 Art. 861 Art. 862 Art. 863 Art. 864 Art. 865 Art. 866 Art. 867 Art. 868 Art. 869 Art. 870 Art. 871 Art. 872 Art. 873 Art. 874 Art. 875 Art. 876 Art. 877 Art. 878 Art. 879 Art. 880 Art. 881 Art. 882 Art. 883 Art. 884 Art. 885 Art. 886 Art. 887 Art. 888 Art. 889 Art. 890 Art. 891 Art. 892 Art. 893 Art. 922 Art. 923 Art. 924 Art. 925 Art. 926 Art. 927 Art. 928 Art. 929 Art. 930 Art. 931
378 373 367 384 392 392 399 f. 411 414 414 414 438 438 438 439 439 439 439 439 439 419 421 421 423 425 425 f. 429 429 430 430 430 430 430 431 431 431 431 431 431 431 432 432 432 557 557 557 557 557 557 460 461 461 465
1112
Nachweis der Paragraphen des Teilentwurfs zum Obligationenrecht DresdE
Seite
DresdE
Seite
DresdE
Seite
Art. 932 Art. 933 Art. 934 Art. 935 Art. 936 Art. 937 Art. 938 Art. 939 Art. 940 An. 941 Art. 942 Art. 943 Art. 944 Art. 945 Art. 946 Art. 947 Art. 948 Art. 949 Art. 950 Art. 951 Art. 952 Art. 953
468 479 482 482 488 470 f. 472 495 496 498 500 501 504 506 517 f. 513 511 514 514 522 522 523
Art. 954 Art. 955 Art. 956 Art. 957 Art. 958 Art. 959 Art. 960 Art. 961 Art. 962 Art. 963 Art. 964 Art. 965 Art. 966 Art. 967 Art. 968 Art. 1007 Art. 1008 Art. 1009 Art. 1010 Art. 1011 Art. 1012 Art. 1013
528 528 528 f. 529 529 529 537 540 545 541 546 547 547 547 547 1028 1029 1029 1029 1051 1052 907
Art. 1014 Art. 1015 Art. 1016 Art. 1017 Art. 1018 Art. 1019 Art. 1020 Art. 1021 Art. 1022 Art. 1023 Art. 1024 Art.1025 Art. 1026 Art. 1027 Art. 1028 Art. 1029 Art. 1030 Art. 1041 Art. 1042 Art. 1043 Art. 1044 Art. 1045
902 f. 905 905 905 f. 906 906 949 950 950 950 950 955 955 955 985 998 999 745 748 f. 749 752 752 f.
Zusammenstellung der Paragraphen des 1. Entwurfs mit den Artikeln des Dresdener Entwurfs, den Paragraphen der Teilentwürfe, der ZustOR, des Kommissionsentwurfs, des 2. Entwurfs und des Gesetzbuches.*
II. Buch. Recht der Schuldverhältnisse I. EI
580
581 582 583 584 585 586 587 588 589 590 591 592 593 594 595 596 597
nr. Zust O R
II. D r e s d E Art. TE-OR Nr/SS DresdE Art 675-680 676, 678 TE-OR Nr ι Sι 1 §4 1S3 1S2 DresdE Art 687, 689, 691 688 690 692 693, 694 695-697 699 699 700, 701 702 703,704 705-707 708
IV. KE
V. Ell
VI. BGB
435
573
587,588
-
-
-
652,653 654, 655, 656
117 118 119 120
574 575 576 577
589 590 591 592
657 658 659,660 661
436 437 438 439 440 441 442 443 444 445 446 447 448
578 579 580 581 582 583 584 585 586 587 588 589 590
593 607 594 595 595 596 597, 698 598 599 600 601
662 676 663 664 664 665 259, 666 667 668 669 670
-
-
602
671
* Das Register ist erarbeitet worden auf der Grundlage der „Zusammenstellung" in Band VII der „Protokolle der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs", Berlin 1899, S. 7ff., und anhand der Nachweise in der Ausgabe des 1. Entwurfs (Bundesratsdrucksache Nr. 2 der Session 1888). Auf eine Einbeziehung der Bestimmungen des E II rev, E III mußte aus PlatzgrUnden verzichtet werden. Es ist insoweit auf das Register in Bd VII der Protokolle II zu verweisen. 1115
Zusammenstellung der Paragraphen des E I mit früheren und späteren Entwürfen
I. EJ
598 599 600 601 602' 603 -
604 605 606 607 608 609 610 611 612 613 -
614 615 -
616 617 618 619 620 621 622 623 624 625 626 627 -
628 629 630 631 632 633 634 635 636 637 116
II. DresdEArt. TE-OR Nr/SS DresdE Art 709 710,713,714 712 711
III. ZustOR
IV. KE
715,716
449 450 451 452 453 454
591 592 593 594 595 596
-
-
-
455
V. Ell
VI. BGB
602 603 603 604
671 672 672 673
-
-
597
605 606 607
674 675 676
293 294 295
598 599 600
619 623 620, 621
783 787 784, 785, 786
296 297 299 298 300 301
601 602 604 603 605 606
-
-
-
-
484 485
607 608
-
-
745 746 747-749 747-749 750-753 750-753
486 487 488 489 490 491 492 493 494 495 496 497
609 610 611 612 613 614 615 616 617 618 619 620
-
-
-
498 514 515 516
621 622 623 624
517 518 519 520 521 522
625 626 627 628 629 630
-
688 T E - O R Nr 5 § 225 5 §226 5 § 226 5 5 5 5 5 5
§ 227 §228 §228 § 229, 230 §231 §232
-
DresdE Art 732 733, 734 735 736 737 738 739-741 742-744 -
-
769, 792 770 771-775 DresdE Art 769, 792 -
779,781 781 780 780
622 624 1 624 II 625 626 627
788 -
789 790 791 792
628 629 630 631 632 640 638 637 633 634 639 635 636 641 642 643 644 645 646, 647 646
688 689 690 691 692 700 698 697 693 694 699 695 696 701 702 703 704 705 706, 707 706
-
-
648 649 649 II 650 651
708 709 709 II 710 711
Zusammenstellung der Paragraphen des E I mit früheren und späteren Entwürfen
I. EI
638 639 640 641 642 643 644 645 646 647 648 649 650
III. Zust OR
II. DresdE Art. TE-OR Nr/SS 782-789 780-789 794 795 795 790 791 791 793 776 778, 796-800
V. Ell
VI. BGB
652 653 654, 655
712 713 714,715
-
-
-
-
656 657 658 659 660 661 661 II 662 663
716 717,718 719,720 721 722 723 723 II 724 725
664 665
726 727 728 729 730 731-735 736,737 738-740
IV. KE
523 524 525 526 527 528 529 530 531 532 533 534 535
631 632 633 634 635 636 637 638 639 640 641 642 643
—
—
803 803, 804, 809 805 806-808 810 871-873 875-878 874 879-893
536 537 538 539 540 541 542 543 544 475 476 477 478, 479
644 645 646 647 648 649 650 651 652 653 654 655 656, 657
-
-
-
-
-
664 665
862, 863 864-867 870 960-962
473 474
658 659
704 705
-
-
-
471
660
718
-
778
—
DresdE Art 651 652 653 654 655 656 657 658 659 660 661 662 663
-
666
801 802 801 -
-
666 667 668-670 671,672 673, 674 675 701 702 701 703
-
759 760 759 -
761 762 763 764 779
DresdE Art 667 668 669
963-968 927, 928, 930 929
472 456 457
661 662 663
718 706 706
-
-
-
-
-
779 765 765 766
670 671 672 673
931 937 932, 938 933
458 459 460 461
664 665 666 667
-
-
-
-
-
-
674 675 676 677 678 679
934-936 934-936 939-943 944 945 947-950
462 463 464 465 466 467
668 669 670 671 672 673
707 708 709 710 711 712 713 714
768 767 769 770 771,772 773 774 775
-
-
715
776
1117
Zusammenstellung der Paragraphen des E I mit früheren und späteren Entwürfen
I. EI
_
946 951-953 954-959 954-959 922-926 922-926
680 681 682 683 684 685 686 687 688 689 690 691 692 6932 694 695 6963 697 698 699 700 701 702 703 704 705 706 707
III. Zust O R
II. DresdE Art. TE-OR Nr/SS
TE-OR Nr 1 SS 13, 15 IS H I S 15 I S 17 IS 16 ISS 18. 19 1 SS 20,21 I S 24 1 SS 25, 26 1 S 27 1 SS 27-29 1 SS 27-29 I S 30 1 SS 31, 32 1 S 33 I S 34 1 SS 10-12 -
1 SS 35, 36
468 469 470 302 303
674 675 676 677 678
126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144
679 680 681 682 683 684 685 686 687 688 689 690 691 692 693 694 695 696 697
145 146 1484 149
698 699 700 701
TE-OR Nr 15 SS 1-4 15 S 5 15 S 5 15 S 6
-
-
-
-
708 709
150 151
702 703
-
-
152 153 154 155 156 161 160 a
704 705 706 707 708 710 711
718
15 § 7 15 S 7 15 S 8 15 S 9 15 S 9 15 S 9 15 S 9 15 SS 10-12 15 S 16 15 S 15, Nr. 22 S 20 15 S 17
-
-
-
710 711 712 713 714 716 717
719 720 -
1118
15 S 20 15 S 20 -
162 -
V. EU
IV. KE
712 -
164 164 a
713 714
-
-
716 717
VI. BGB
777 778
-
-
-
-
719-721 737, 741, 745
780-782 817,821
722 723
793 794
-
-
726 725 731 729 728 Abs. 1
797 796 803 801 799
-
-
730 728 Abs. 2
802 800
-
-
732 733 727 734 724 735 736
804 805 798 806 795 807 808
746, 748 749
823, 824 826
-
-
-
-
748 a 750 751 752 755 754 754 764 Abs. 2 753 771 772
825 827 828 829 832 831 831 840 Abs. 2 830 848 849
773 774 775 775 776
850 851 852 Abs. 1 852 Abs. 2 853
Zusammenstellung der Paragraphen des £ I mit früheren und späteren Entwürfen
I. EI
II. DresdE Art. TE-OR Nr/SS
V. Ell
IV. KE
III. Zust O R
VI. BGB
TE-OR Nr 721
15 § 19
165
715
-
-
1007, 1009, 1010 499 1008 500
716 717
776 767 765 766
844 844 842 843
-
-
DresdE Art. 722 723 -
-
724 725 726 727
1007, 1007, 1007, 1007,
-
728 729 730 731 732 733 734
1007, 1009, 1010 505 1020, 1022 506 507 1020 1021 508 1024 509 1023 510 1025-1027 511
722 723 724 725 726 727 728
-
-
-
-
1028
512
729
735
-
-
501 502 503 504
718 719 720 721
-
-
-
-
-
-
1009, 1009, 1009, 1009,
1010 1010 1010 1010
766 747 768 769 770
843 -
845 846 847
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
756, 757 758 759-761
833,834 835 836-838
DresdE Art 736
1029,1030
513
730
-
-
-
-
762, 763 764 Abs. 1
u. 3
839, 841 840 Abs. \ J
TE-OR Nr 737
10 SS 1 . 2
262
731
737, 739
738 739 740 741 742 743
10 SS 3, 4 10 SS 5 - 1 1
263 264 265 266 267 268
732 733 734 735 736 737
738 742 742 743 737 740,741
738 739 740 741 742
742, 7 4 3 737, 742, 743 -
-
lOSS 1 8 - 2 2 10 SS 23, 27,, 2 8
269 270 271 272 273
812,813, 814 813 818 818 819 812 812,815, 817 819 818,819
741, 743 737, 742, 743
-
-
-
-
-
-
-
-
744 745 a
817,819 812, 818, 819 820 822
274 275 276
743 744 745
608, 6 0 9 611 612
677, 678 680 681
277
746
613
682
744 745 746 5 747 748
10 SS 10SS 10SS loss
5-11 12-13 14—15 14-15
10 SS 1 6 - 1 7 l o s s 24-26 10 SS 2 4 - 2 6
TE-OR Nr 749 750 751
4 S 233 S 233 $234
TE-OR Nr. 752
4 S 237
l;
Zusammenstellung der Paragraphen des E I mit früheren und späteren Entwürfen
I. EI
753 754 755 756 757 758 759 760 761 762
II. DresdE Art. TE-OR Nr/SS S 238 S 244 S 239 $241 S 235, 240 S 242 -
S 245 SS 236, 243
IV. KE
III. Zust OR
278 279 280 281 282 283 284 285 286 —
747 748 749 750 751 752 753 754 755 755 a
545 566 547 548 549 550 551
756 757 758 759 760 761 762
V. EU
VI. BGB
614 616 610
683 685 679
-
-
617 615
686 684
-
-
-
-
618 677
687 741 747 742, 743 744-746 748 749-751 758 752, 753 Abs. 1, 75 755 756 757 753 II
DresdE Art 763 764 765 766 767 768 769 -
852 850 853 851 854
-
-
—
762 a
683 678, 679 680-682 684 685-687 694 688, 689, Abs. 1,690 691 692
858-861 858-857
552 553
763 764
693 689 II
-
-
765 766 767
695 696 697
-
855-857 -
770
DresdE Art 771 772 773 774 775 776
1
1041 1042,1043 1044, 1045
480 481 482
s. bei 747 809 810 811
in die KO als S 19 a eingestellt von der 2. Komm. Als. SS 1019-1023 in die Z P O übernommen 3 Als. S 1018 Abs. 2 in die Z P O übernommen « § 147 Zust O R s. bei SS 276-278 BGB 5 S 746 E I wurde gestrichen und als Ersatz bei verschiedenen Vorschriften der Z P O Zusätze gemacht, s. S. 851 unter o) 2
1120