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German Pages 1317 [1320] Year 1989
Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs in systematischer Zusammenstellung der unveröffentlichten Quellen
Herausgegeben von Horst Heinrich Jakobs und Werner Schubert
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Walter de Gruyter • Berlin • New York
Familienrecht II §§ 1564—1921
w DE
jG 1989 Walter de Gruyter • Berlin • New York
Bearbeiter dieses Bandes : Werner Schubert
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutseben Bibliothek Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs > in systematischer Zusammenstellung der unveröffentlichten Quellen/hrsg. von Horst Heinrich Jakobs u. Werner Schubert. — Berlin; New York: de Gruyter. NE: Jakobs, Horst Heinrich [Hrsg.] Familienrecht. 2. §§ 1564—1921/[Bearb. dieses Bd.: Werner Schubert], - 1988. ISBN 3-11-011652-9 NE: Schubert, Werner [Mitverf.]
© Copyright 1989 by Walter de Gruyter & Co., Berlin 30 Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes V e r f a h r e n ) ohne schrifdiche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter V e r w e n d u n g elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt o d e r verbreitet werden. Printed in G e r m a n y Satz und D r u c k : H . H e e n e m a n n G m b H & C o , Berlin 42 Bindearbeiten: Lüderitz Sc B a u e r - G m b H , Berlin 61
Inhalt Abkürzungsverzeichnis
VII
Herausgabeschema
IX
Bürgerliches Gesetzbuch VIERTES BUCH Familienrecht Erster Abschnitt. Bürgerliche Ehe.* Siebenter Titel:Scheidung der Ehe (SS 1564—1587) Achter Titel:Kirchliche Verpflichtungen (§ 1588)
1 1 170
Zweiter Abschnitt. Verwandtschaft
171
£rcfer Tiie/: Allgemeine Vorschriften (SS 1589,1590)
171
Zweiter Titel: Eheliche Abstammung (SS 1591 — 1600)
172
Dritter Titel: Unterhaltspflicht (SS 1601 - 1 6 1 5 )
242
Vierter Titel: Rechtliche Stellung der ehelichen Kinder I. Rechtsverhältniß zwischen den Eltern und dem Kinde im Allgemeinen (SS 1616-1625) II. Elterliche Gewalt (§S 1626) 1. Elterliche Gewalt des Vaters (SS 1627-1683) 2. Elterliche Gewalt der Mutter (SS 1684-1698)
303 303 327 327 338
Fünfter Titel: Rechtliche Stellung der Kinder aus nichtigen Ehen (SS 1699— 1704) . . .
572
Sechster Titel:Rechtliche Stellung der unehelichen Kinder (SS 1705— 1718)
594
Siebenter Titel: Legitimation unehelicher Kinder I. Legitimation durch nachfolgende Ehe (SS 1719—1722) II. Ehelichkeitserklärung (SS 1723—1740)
651 651 667
Von den im vorliegenden Band dokumentierten Bestimmungen des BGB sind noch unverändert in Kraft die SS: 1588, 1589 Abs. 1, 1590, 1592, 1601, 1602, 1607, 1614, 1624, 1625, 1636, 1722, 1739, 1773, 1775, 1785, 1787, 1789, 1790, 1794, 1796—1799, 1802—1804, 1806, 1809-1810, 1812, 1813, 1815-1820, 1823-1826, 1828-1834, 1839, 1840, 1842-1843, 1846, 1852-1854, 1857, 1888, 1890-1892, 1894-1896, 1898, 1902, 1906-1908,1910-1911,1913-1916,1918-1920.
V
Inhalt Achter 77fe/.-Annahme an Kindesstatt (SS 1741 —1772)
.
715
Dritter Abschnitt:Vormundschaft
823
Erster Titel: Vormundschaft für Minderjährige I. Anordnung der Vormundschaft (§§ 1773—1792) II. Führung der Vormundschaft (SS 1793-1836) III. Fürsorge und Aufsicht des Vormundschaftsgerichts (SS 1837—1848) IV. Mitwirkung des Gemeindewaisenraths (SS 1849—1851) V. Befreite Vormundschaft (SS 1852-1857) VI. Familienrath (SS 1858-1881) VII. Beendigung der Vormundschaft (SS 1882-1895)
823 823 825 836 838 839 840 845
Zweiter 7iie/: Vormundschaft über Volljährige (SS 1896—1908) Dritter Titel: Pflegschaft (SS 1909 — 1921 )
1202 1237
Register der Antragsteller Nachweis der abgedruckten Protokolle der 1. Kommission Nachweis der Paragraphen des Teilentwurfs zum Familienrecht und der Redaktionsvorlagen I. Teilentwurf des Familienrechts II. Zusammenstellung der Beschlüsse zum Familienrecht (ZustFamR)
1289 1289 1292
Quellenregister zu den SS 1564—1921 BGB Sachregister zu den Bänden Familienrecht I und II
1295 1303
VI
1277 1279
Abkürzungsverzeichnis ADHGB ALR Art. Bayr.HStA BGB BGBl. CPO Dresd.E. EI E I-RJA
E I-ZustRedKom
E I-VorlZust
Ell
E II rev E III
EGBGB (EG-BGB) EltGew.
KE (K.E.)
K O (K.O.) Kom. Motive
Mugdan
Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 Artikel Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung vom 18. 8. 1896 (RGBl. 1896,195) Bundesgesetzblatt (1867— 1871; 1949 ff.) Civilprozeßordnung vom 30. 1.1877 (RGBl. 1877, 83) Entwurf eines für die deutschen Bundesstaaten gemeinsamen Gesetzes über Schuldverhältnisse von 1866 (sog. Dresdener Entwurf) Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich. Erste Lesung. 1888 (1. Entwurf) BGB-Entwurf in der Paragraphenzählung des E I nach den Beschlüssen der Vorkommission des Reichsjustizamtes (1891-1893) BGB-Entwurf in der Paragraphenzählung des E I nach der „Zusammenstellung der Beschlüsse der Redaktions-Kommission" der 2. Kommission (1891 — 1895) BGB-Entwurf in der Paragraphenzählung des E I nach der „Vorläufigen Zusammenstellung der Beschlüsse der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs" von Planck ( 1 8 9 1 - 1895) Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich. Nach den Beschlüssen der Reichskommission, Zweite Lesung, 1894,1895; sog. 2. Entwurf Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich — Zweite Lesung (1895; sog. Bundesratsvorlage) Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs (1896, Reichstagsvorlage oder 3. Entwurf; Reichstagsdrucksache Nr. 87 der Session 1895/1897) Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 18. 8. 1896 (RGBl. 1896,604) Neuer Entwurf von Planck zu den §§ 333 — 354 TE-FamR (Bestimmungen über die aus der Sorge für die Person und das Vermögen des Kindes zwischen dem Inhaber der elterlichen Gewalt und dem Kinde entstehenden Verbindlichkeiten) Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fassung der ersten Beratung der 1. Kommission (1884—1887; sogn. Kommissionsentwurf); neu hrsg. von W. Schubert, in: Vorlagen, Anlagenband, 1986 Konkursordnung (vom 10. 2.1877; RGBl. 1877, 351) Kommission Motive zu dem Entwürfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich (1888). — Sofern die Motive der Redaktoren zu den Teilentwürfen zitiert sind, ist dies besonders vermerkt bzw. ergibt es sich aus dem Zusammenhang Die gesammten Materialien zum BGB (1899; enthalten die Motive vom 1. Entwurf und die Protokolle der 2. Kommission)
VII
Abkürzungsverzeichnis Prot. I
Prot. II (P II)
RedKom RedVorl
RGBl. RJA sächs.BGB TE-AllgT ( T E - A T ) TE-ErbR TE-FamR TE-OR TE-SachR Vorl.Zus.st(l. Kom.) VorlZust (2. Kom.) W O (W.O.) ZPO ZustFamR
Protokolle der [1.] Kommission zur Ausarbeitung eines Bürgerlichen Gesetzbuchs (1881 — 1889); zitiert nach der metallographierten Abschrift Protokolle der [2.] Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich (1890—1896); abgedruckt in der amtlichen Ausgabe von 1 8 9 7 - 1 8 9 9 und bei Mugdan. Redaktionskommission der 2. Kommission Redaktionsvorlage für den Redaktionausschuß der 1. Kommission von Pape (1885 ff.) oder von Planck (1885 f.). In den Protokollen der 1. Kommission ist mit RedVorl grundsätzlich die Redaktionsvorlage des Redaktionsausschusses für die Gesamtkommission gemeint, während die RedVorl. von Pape als Vorl.Zus.st. bezeichnet wird. Reichsgesetzblatt Reichsjustizamt Bürgerliches Gesetzbuch für das Königreich Sachsen von 1863 Teilentwurf zum Allgemeinen Teil von Gebhard (1881); 1981 im Nachdruck erschienen (hrsg. von W . Schubert) Teilentwurf zum Erbrecht von v. Schmitt (1879); 1984 im Nachdruck erschienen (hrsg. von W . Schubert) Teilentwurf zum Familienrecht von Planck (1880); 1983 im Nachdruck erschienen (hrsg. von W . Schubert) Teilentwurf zum Obligationenrecht von v. Kübel (1882); 1980 im Nachdruck erschienen (hrsg. von W . Schubert) Teilentwurf zum Sachenrecht von Johow (1880); 1982 im Nachdruck erschienen (hrsg. von W. Schubert) Redaktionsvorlage von Pape siehe E I-VorlZust Wechsel-Ordnung Zivilprozeßordnung in der Fassung vom 20. 5. 1898 (RGBl. 1898, 410) Zusammenstellung der sachlich beschlossenen Bestimmungen des Familienrechts nach den Beschlüssen des Redaktionsausschusses der 1. Kommission (1885/86) siehe E I-ZustRedKom
ZustRedKom Das Quellenverzeichnis befindet sich im Band „Familienrecht I", S. I X — X , das Sachregister für beide Bände im vorliegenden Band.
VIII
Herausgabeschema' A. 1. Kommission (1881 —1889) 1. Protokolle über die Beratungen der Bestimmungen der Teilentwürfe. Die P r o tokolle beginnen grundsätzlich mit der Mitteilung der jeweiligen Bestimmung des T E und der Anträge, deren Autorenschaft, soweit möglich, anhand der separaten Anträge ermittelt wird. Ferner werden mitgeteilt die Protokolle von Beratungen über G r u n d s a t z f r a g e n in den Jahren 1875 bis 1879. Redaktionsvorlagen von Pape und von Planck. II. 1. „Vorläufige Zusammenstellung der sachlich beschlossenen Bestimmungen" zu den einzelnen Büchern des Entwurfs. 2. Beratung über Änderungen der „Zusammenstellung". III. Kommissionsentwurf; 1. und 2. Beratung des Kommissionsentwurfs. IV. 1. Entwurf (1887). B. Vorkommission des Reichsjustizamtes (1891 — 1893) Beratungen über das 4. Buch haben in der Vorkommission, soweit feststellbar, nicht stattgefunden.
Die Anträge zum Familienrecht werden nach ihrer ursprünglichen Numerierung und deren Untergliederung zitiert. Soweit die Anträge sich auf andere Bücher des BGB beziehen, ist dies besonders vermerkt. Die Autorenschaft und die Numerierung der Anträge sind nicht Bestandteil der Kommissionsprotokolle. Um die im Vergleich zu den Materialien zum Schuld- und Sachenrecht stärker aufeinander bezogenen Quellen zum Familienrecht nicht über Gebühr zu zerreißen, sind im Rahmen des für alle Quellenbände verbindlichen Herausgabeschemas für innerlich zusammenhängende Bestimmungen die Protokolle der 1. BGB-Kommission und die sonstigen Texte zusammengefaßt worden. Die Quellen insbesondere zu den Verhandlungen in der 1. Kommission werden durch die Nachweise bei den einzelnen Bestimmungen des BGB in Anlehnung an den BGB-Kommentar von Planck erschlossen. Zusätzlich soll das „Quellenregister zu den Bestimmungen des Familienrechts" das Auffinden der disparaten Quellen erleichtern. Ferner war es notwendig, in einem weiteren Register die Fundstellen der Redaktionsvorlagen und der ZustFamR nachzuweisen, da auf diese Fassungen in den Protokollen der 1. Kommission sehr häufig Bezug genommen wird. Der in den Protokollen der 1. Kommission wiederholt zitierte Kommissionsentwurf ist jetzt allgemein zugänglich in dem von W. Schubert 1986 herausgegebenen Anlagenband der Reihe: „Die Vorlagen der Redaktoren zur Ausarbeitung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs." Eine „Zusammenstellung der Paragraphen des 1. Entwurfs mit den Paragraphen der Teilentwürfe usw." erübrigt sich, da mit der Veröffentlichung des 1. BGB-Entwurfs in der Fassung der Bundesratsvorlage (vgl. den soeben genannten Anlagenband) sämtliche Rückverweise bis zum Teil- bzw. Vorentwurf nunmehr allgemein zugänglich sind. Die Verweise vom E I bis zum BGB sind enthalten in: „Protokolle der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs", Bd. VII, 1899, S. 32 ff. IX
Herausgabeschema
C. 2. Kommission (1890 — 1896) I. Anträge der Kommissionsmitglieder und der Reichskommissare in der Reihenfolge der amtlichen Protokolle und Mitteilung des Ergebnisses der Beratung. II. Vorläufige Zusammenstellung der Beschlüsse (Redaktionsvorlage von Planck). III. Zusammenstellung der Beschlüsse der Redaktionskommission. IV. E. II. Revision des E II: Mitteilung der Anträge von Kommissionsmitgliedern und Kommissaren in der Reihenfolge der amtlichen Protokolle und des Ergebnisses der Beratung. V. E II rev. D. Bundesrat (Justizausschuß; 1895) I. Anträge und Anregungen der Bundesregierungen. II. Berichte von Ausschußmitgliedern über die Verhandlungen. III.E III. E. Reichstag (1896) I. Anträge, die in der XII. Kommission gestellt wurden, unter Mitteilung der Autorenschaft (bislang unbekannt). II. Bericht von Heller über die Ausschußsitzungen. III. Anträge zum E III im Plenum des Reichstags (2. und 3. Lesung).
X
SIEBENTER TITEL Scheidung der Ehe § 1564 Die Ehe kann aus den in den §§ 1565 bis 1569 bestimmten Gründen geschieden werden. Die Scheidung erfolgt durch Urtheil. Die Auflösung der Ehe tritt mit der Rechtskraft des Urtheils ein. TE-FamR §§ 237, 248; KE §§ 1405, 1417; E I §§ 1440 Abs. 1, 2, 1452; E l l §§ 1459, 1470; E II rev. § 1549; E III § 1547. - Prot. I, S. 7274 ff., 7351, Prot. II 4, 391 ff.; 437. § 1565 Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte sich des Ehebruchs oder einer nach den §§ 171, 175 des Strafgesetzbuchs strafbaren Handlung schuldig macht. Das Recht des Ehegatten auf Scheidung ist ausgeschlossen, wenn er dem Ehebruch oder der strafbaren Handlung zustimmt oder sich der Theilnahme schuldig macht. TE-FamR § 238; KE § 1406; E I §1441; E l l § 1460; E l l rev. § 1550; E III § 1548. — Prot. I, S. 7278 ff.; Prot. II 4, 399 ff. § 1566 Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte ihm nach dem Leben trachtet. TE-FamR § 239; KE § 1407; E I § 1442; E l l §1461; E l l rev. §1551; E III § 1549. — Prot. I, S. 7283; Prot. II 4, 401; § 1567 Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte ihn böslich verlassen hat. Bösliche Verlassung liegt nur vor: 1. wenn ein Ehegatte, nachdem er zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft rechtskräftig verurtheilt worden ist, ein Jahr lang gegen den Willen des anderen Ehegatten in böslicher Absicht dem Urtheile nicht Folge geleistet hat; 2. wenn ein Ehegatte sich ein Jahr lang gegen den Willen des anderen Ehegatten in böslicher Absicht von der häuslichen Gemeinschaft fern gehalten hat und die Voraussetzungen für die öffentliche Zustellung seit Jahresfrist gegen ihn bestanden haben. Die Scheidung ist im Falle des Abs. 2 Nr. 2 unzulässig, wenn die Voraussetzungen für die öffentliche Zustellung am Schlüsse der mündlichen Verhandlung, auf die das Urtheil ergeht, nicht mehr bestehen. TE-FamR § 2 4 1 ; KE § 1408; E I § 1443; E l l § 1462; E l l rev. § 1552; E III § 1550. - Prot. I, S. 7294 ff.; Prot. II 4, S. 401 ff. § 1568 Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte durch schwere Verletzung der durch die Ehe begründeten Pflichten oder durch ehrloses oder unsittliches Verhalten eine so tiefe Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses ver1
§ § 1564—1587
1. Abschnitt : Bürgerliche E h e
schuldet hat, daß dem Ehegatten die Fortsetzung der Ehe nicht zugemuthet werden kann. Als schwere Verletzung der Pflichten gilt auch grobe Mißhandlung. TE-FamR § 242; K E § 1409; E I § 1444 Abs. 1 ; E II § 1463; E II rev. § 1553; E III § 1551. — Prot. I, S. 7308 ff.; Prot. II 4, 405 ff. § 1569 Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte in Geisteskrankheit verfallen ist, die Krankheit während der Ehe mindestens drei Jahre gedauert und einen solchen Grad erreicht hat, daß die geistige Gemeinschaft zwischen den Ehegatten aufgehoben, auch jede Aussicht auf Wiederherstellung dieser Gemeinschaft ausgeschlossen ist. E II § 1464; E II rev. § 1554; E III § 1552. - Prot. I, S. 7344 ff.; Prot. II 4, 423. § 1570 Das Recht auf Scheidung erlischt in den Fällen der §§ 1565 bis 1568 durch Verzeihung. TE-FamR § 240; K E § 1511; E I § 1446 S. 1; E l l § 1465; E l l rev. § 1555; E III § 1553. - Prot. I, 7284 ff., 7320, 7334; Prot. II 4, S. 429.
§ 1571 Die Scheidungsklage muß in den Fällen der §§ 1565 bis 1568 binnen sechs Monaten von dem Zeitpunkt an erhoben werden, in dem der Ehegatte von dem Scheidungsgrunde Kenntniß erlangt. Die Klage ist ausgeschlossen, wenn seit dem Eintritte des Scheidungsgrundes zehn Jahre verstrichen sind. Die Frist läuft nicht, solange die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten aufgehoben ist. Wird der zur Klage berechtigte Ehegatte von dem anderen Ehegatten aufgefordert, entweder die häusliche Gemeinschaft herzustellen oder die Klage zu erheben, so läuft die Frist von dem Empfange der Aufforderung an. Der Erhebung der Klage steht die Ladung zum Sühnetermine gleich. Die Ladung verliert ihre Wirkung, wenn der zur Klage berechtigte Ehegatte im Sühnetermine nicht erscheint oder wenn drei Monate nach der Beendigung des Sühneverfahrens verstrichen sind und nicht vorher die Klage erhoben worden ist. Auf den Lauf der sechsmonatigen und der dreimonatigen Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 203, 206 entsprechende Anwendung. T E §240, KE § 1412; E I § 1447 Abs. 1—4; E l l 1466; E l l rev. § 1556; E III § 1554. - Prot. I, S. 7284 ff., 7321 ; Prot. II 4, S. 429 ff.; Bd. 6, S. 290.
§ 1572 Ein Scheidungsgrund kann, auch wenn die für seine Geltendmachung im § 1571 bestimmte Frist verstrichen ist, im Laufe des Rechtsstreits geltend gemacht werden, sofern die Frist zur Zeit der Erhebung der Klage noch nicht verstrichen war. TE-FamR § 240; KE § 1412; E I § 1447 Abs. 5, E II § 1467; E II rev. § 1557; E III § 1555. - Prot. I, S. 7284 ff.; Prot. II 4, S. 436. 2
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§ 1564-1587
§ 1573 Thatsachen, auf die eine Scheidungsklage nicht mehr gegründet werden kann, dürfen zur Unterstützung einer auf andere Thatsachen gegründeten Scheidungsklage geltend gemacht werden. T E - F a m R § 240; K E § 1413, E I §1448; E II § 1468; E II rev. § 1558; E III § 1556. - Prot. I S . 7293, 7321; Prot. II 4,436. § 1574 Wird die Ehe aus einem der in den §§ 1565 bis 1568 bestimmten Gründe geschieden, so ist in dem Urtheil auszusprechen, daß der Beklagte die Schuld an der Scheidung trägt. H a t der Beklagte Widerklage erhoben und wird auch diese für begründet erkannt, so sind beide Ehegatten für schuldig zu erklären. Ohne Erhebung einer Widerklage ist auf Antrag des Beklagten auch der Kläger für schuldig zu erklären, wenn Thatsachen vorliegen, wegen deren der Beklagte auf Scheidung klagen könnte oder, falls sein Recht auf Scheidung durch Verzeihung oder durch Zeitablauf ausgeschlossen ist, zur Zeit des Eintritts des von dem Kläger geltend gemachten Scheidungsgrundes berechtigt war, auf Scheidung zu klagen. T E - F a m R § 244; K E §1414; E I § 1449; E l l § 1469; E l l rev. § 1559; E III § 1557. — Prot. I, 7336 ff., 7408 ff.; Prot. II 4, 436. § 1575 Der Ehegatte, der auf Scheidung zu klagen berechtigt ist, kann statt auf Scheidung auf Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft klagen. Beantragt der andere Ehegatte, daß die Ehe, falls die Klage begründet ist, geschieden wird, so ist auf Scheidung zu erkennen. Für die Klage auf Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft gelten die Vorschriften der §§ 1573, 1574. V o m Reichstag eingefügt (unten S. 153 ff.). § 1576 Ist auf Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft erkannt, so kann jeder der Ehegatten auf Grund des Urtheils die Scheidung beantragen, es sei denn, daß nach der Erlassung des Urtheils die eheliche Gemeinschaft wiederhergestellt worden ist. Die Vorschriften der §§ 1570 bis 1574 finden keine Anwendung; wird die Ehe geschieden, so ist der für schuldig erklärte Ehegatte auch im Scheidungsurtheile für schuldig zu erklären. V o m Reichstag eingefügt (unten S. 153 ff.). § 1577 Die geschiedene Frau behält den Familiennamen des Mannes. Die Frau kann ihren Familiennamen wiederannehmen. War sie vor der Eingehung der geschiedenen Ehe verheirathet, so kann sie auch den Namen wiederannehmen, den sie zur Zeit der Eingehung dieser Ehe hatte, es sei denn, daß sie allein für schuldig erklärt ist. Die Wiederannahme des Namens erfolgt durch Erklärung gegenüber der zuständigen Behörde; die Erklärung ist in öffentlich beglaubigter Form abzugeben. Ist die Frau allein für schuldig erklärt, so kann der Mann ihr die Führung seines Namens untersagen. Die Untersagung erfolgt durch Erklärung gegenüber der zu3
§ § 1564—1587
1. Abschnitt : Bürgerliche Ehe
ständigen Behörde; die Erklärung ist in öffentlich beglaubigter Form abzugeben. Die Behörde soll der Frau die Erklärung mittheilen. Mit dem Verluste des Namens des Mannes erhält die Frau ihren Familiennamen wieder. TE-FamR § 256; K E § 1420; E I § 1455; E l l § 1478; E l l rev. § 1560; E III § 1558. — Prot. 1,7369 ff.; Prot. II 4,444 ff.; Bd. 5, S. 163, Bd. 6, S. 293. s 1578 Der allein für schuldig erklärte Mann hat der geschiedenen Frau den standesmäßigen Unterhalt insoweit zu gewähren, als sie ihn nicht aus den Einkünften ihres Vermögens und, sofern nach den Verhältnissen, in denen die Ehegatten gelebt haben, Erwerb durch Arbeit der Frau üblich ist, aus dem Ertrag ihrer Arbeit bestreiten kann. Die allein für schuldig erklärte Frau hat dem geschiedenen Manne den standesmäßigen Unterhalt insoweit zu gewähren, als er außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten. TE-FamR § § 2 5 0 - 2 5 5 ; K E §1419 Abs. 1; E I § 1454; E l l § 1472; E l l rev. § 1561; E III § 1559. - Prot. 1,7358 ff., 7548; Prot. 114, 515 ff. § 1579 Soweit der allein für schuldig erklärte Ehegatte bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stande ist, ohne Gefährdung seines standesmäßigen Unterhalts dem anderen Ehegatten Unterhalt zu gewähren, ist er berechtigt, von den zu seinem Unterhalte verfügbaren Einkünften zwei Drittheile oder, wenn diese zu seinem nothdürftigen Unterhalte nicht ausreichen, so viel zurückzubehalten, als zu dessen Bestreitung erforderlich ist. Hat er einem minderjährigen unverheiratheten Kinde oder in Folge seiner Wiederverheirathung dem neuen Ehegatten Unterhalt zu gewähren, so beschränkt sich seine Verpflichtung dem geschiedenen Ehegatten gegenüber auf dasjenige, was mit Rücksicht auf die Bedürfnisse sowie auf die Vermögens- und Erwerbsverhältnisse der Betheiligten der Billigkeit entspricht. Der Mann ist der Frau gegenüber unter den Voraussetzungen des Abs. 1 von der Unterhaltspflicht ganz befreit, wenn die Frau den Unterhalt aus dem Stamme ihres Vermögens bestreiten kann. TE-FamR §§ 2 5 0 - 2 5 5 , 292; KE §§ 1419 Abs. 1; 1447 Abs. 3; E I §§ 1454 Abs. 1, 1483 Abs. 3; E II §§ 1473, 1504 Abs. 2; E II rev. § 1562; E III § 1560. — Prot. I, 7358 ff.; 7547 ff.; Prot. II 4, 523; Bd. 6, S. 291. § 1580 Der Unterhalt ist durch Entrichtung einer Geldrente nach Maßgabe des § 760 zu gewähren. Ob, in welcher Art und für welchen Betrag der Unterhaltspflichtige Sicherheit zu leisten hat, bestimmt sich nach den Umständen. Statt der Rente kann der Berechtigte eine Abfindung in Kapital verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Im Uebrigen finden die für die Unterhaltspflicht der Verwandten geltenden Vorschriften der S S 1607, 1610, des § 1611 Abs. 1, des § 1613 und für den Fall des Todes des Berechtigten die Vorschriften des § 1615 entsprechende Anwendung. TE-FamR §§ 2 5 0 - 2 5 5 ; K E § 1419 Abs. 1 ; E I § 1454 Abs. 1; E II § 1474; E II rev. § 1563; E III § 1561. — Prot. 1,7358 ff.; Prot. II 4, 529 ff. 4
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§1564-1587
§ 1581 Die Unterhaltspflicht erlischt mit der Wiederverheirathung des Berechtigten. Im Falle der Wiederverheirathung des Verpflichteten finden die Vorschriften des § 1604 entsprechende Anwendung. TE-FamR §§ 2 5 0 - 2 5 5 ; K E § 1419 Abs. 1, 2; E I § 1454 Abs. 1, 2; E II § 1475; E II rev. § 1564; E III § 1562. - Prot. I, 7358 ff.; Prot. II 4, 519 ff. § 1582 Die Unterhaltspflicht erlischt nicht mit dem Tode des Verpflichteten. Die Verpflichtung des Erben unterliegt nicht den Beschränkungen des § 1579. Der Berechtigte muß sich jedoch die Herabsetzung der Rente bis auf die Hälfte der Einkünfte gefallen lassen, die der Verpflichtete zur Zeit des Todes aus seinem Vermögen bezogen hat. Einkünfte aus einem Rechte, das mit dem Eintritt eines bestimmten Zeitpunkts oder Ereignisses erlischt, bleiben von dem Eintritte des Zeitpunkts oder des Ereignisses an außer Betracht. Sind mehrere Berechtigte vorhanden, so kann der Erbe die Renten nach dem Verhältnis ihrer Höhe soweit herabsetzen, daß sie zusammen der Hälfte der Einkünfte gleichkommen. TE-FamR §§ 2 5 0 - 2 5 5 ; K E § 1419 Abs. 1 ; E I § 1454 Abs. 1; E II § 1476; E II rev. § 1565; E III § 1563. - Prot. I, 7358 ff.; Prot. II 4, 525; Bd. 6, S. 293. § 1583 Ist die Ehe wegen Geisteskrankheit eines Ehegatten geschieden, so hat ihm der andere Ehegatte Unterhalt in gleicher Weise zu gewähren wie ein allein für schuldig erklärter Ehegatte. E II § 1477; E II rev. § 1566; E III § 1564. - Prot. II 4, 532. § 1584 Ist ein Ehegatte allein für schuldig erklärt, so kann der andere Ehegatte Schenkungen, die er ihm während des Brautstandes oder während der Ehe gemacht hat, widerrufen. Die Vorschriften des § 531 finden Anwendung. Der Widerruf ist ausgeschlossen, wenn seit der Rechtskraft des Scheidungsurtheils ein Jahr verstrichen oder wenn der Schenker oder der Beschenkte gestorben ist. TE-FamR §249; K E §1418; E I § 1453; E l l §1471; E l l rev. § 1567; E III § 1565. - Prot. I, 7353 ff.; Prot. II 4, 438. § 1585 Hat der Mann einem gemeinschaftlichen Kinde Unterhalt zu gewähren, so ist die Frau verpflichtet, ihm aus den Einkünften ihres Vermögens und dem Ertrag ihrer Arbeit oder eines von ihr selbständig betriebenen Erwerbsgeschäfts einen angemessenen Beitrag zu den Kosten des Unterhalts zu leisten, soweit nicht diese durch die dem Manne an dem Vermögen des Kindes zustehende Nutznießung gedeckt werden. Der Anspruch des Mannes ist nicht übertragbar. Steht der Frau die Sorge für die Person des Kindes zu und ist eine erhebliche Gefährdung des Unterhalts des Kindes zu besorgen, so kann die Frau den Beitrag zur eigenen Verwendung für den Unterhalt des Kindes zurückbehalten. 5
§ § 1564—1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
TE-FamR § 258; KE § 1422; E I § 1458; E II § 1481; E II rev. § 1568; E III § 1566. - Prot. I, 7387 ff.; Prot. 114, 449. § 1586 Wird nach § 1575 die eheliche Gemeinschaft aufgehoben, so treten die mit der Scheidung verbundenen Wirkungen ein; die Eingehung einer neuen Ehe ist jedoch ausgeschlossen. Die Vorschriften über die Nichtigkeit und Anfechtbarkeit der Ehe finden Anwendung, wie wenn das Urtheil nicht ergangen wäre. Vom Reichstag eingefügt (unten S. 153 ff.). § 1587 Wird die eheliche Gemeinschaft nach der Aufhebung wiederhergestellt, so fallen die mit der Aufhebung verbundenen Wirkungen weg und tritt Gütertrennung ein. Vom Reichstag eingefügt (unten S. 153 ff.).
A. 1. Kommission I. 495. Sitzung vom 5. 12. 1885, Schriftführer: Struckmann | Prot 17273
| Die Berathung des Entwurfs des Familienrechts wurde fortgesetzt. In den Motiven S. 1017 bis 1023 sind in einem Anhange zu dem zweiten und dritten Teil des ersten Abschnitts des Entwurfs die Gründe dargelegt, welche den Entwurf bestimmt haben, mit der Wiederverheirathung überhaupt oder mit der Wiederverheirathung innerhalb der s. g. Trauerzeit besondere Nachtheile nicht zu verbinden. In beiden Beziehungen wurde der Standpunkt des Entwurfs im Wesentlichen aus den Gründen der Motive von der Kommission gebilligt, vorbehaltlich jedoch der erst später zu entscheidenden Fragen, welchen Einfluß die Wiederverheirathung eines Elterntheils auf die elterliche Gewalt oder die Vormundschaft desselben über die Kinder aus der früheren Ehe haben soll (vgl. §§ 366, 379, 535, 536, 540, 544 des Entw.; ferner über die Wiederverheirathung als Grund der Auflösung der fortgesetzten Gütergemein| Prot 17274 schaft den | § 1370 Ziffer 2 der Zusst., vergl. die Beschlüsse zu § 196 des Entw. S. 6 9 9 4 - 6 9 9 7 , 7 0 0 1 - 7 0 0 3 , 7007, 7008). Die Berathung wandte sich darauf dem von der Beendigung der Ehe handelnden vierten Titel des ersten Abschnitts des Entwurfs des Familienrechts zu, und zwar zunächst dem Unterabschnitte: I. Scheidung und zeitweise Trennung der Ehe. Der Entwurf geht in Uebereinstimmung mit dem § 77 Abs. 1 des Reichsgesetzes über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875 davon aus, daß die Ehe durch richterliches Urtheil dem Bande nach aufgelöst, nicht aber auf beständige Trennung der Ehegatten von Tisch und Bett erkannt werden kann (vgl. § 237 des Entw.; Motive S. 1086, 1027, 1028). Die Auflösung des Bandes der Ehe durch Scheidung soll nur aus den im Gesetzbuche bezeichneten Gründen (§§ 238 bis 243 des Entw.) zulässig sein (§ 237 des Entw.). Allen Scheidungsgründen des Entwurfs liegt das Prinzip zum Grunde, daß ein Ehegatte nur dann die Scheidung verlangen kann, wenn der andere Ehegatte durch ein schweres Verschulden eine so tiefgehende Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses herbeigeführt hat, daß jenem die Fortsetzung der Ehe nicht zugemuthet werden kann; der Entwurf versagt daher jede Scheidung aus Willkür, insbesondere auch die Scheidung auf Grund 6
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§ 1564-1587
gegenseitiger Einwilligung der Ehegatten, ferner die Scheidung wegen zufälliger Umstände, namentlich wegen körperlicher Gebrechen und wegen Geisteskrankheit, sowie wegen Religionswechsels (vgl. Motive S. 1031 bis 1056). Die Scheidungsgründe des Entwurfs sind theils absolute d. h. solche, welche das Recht der Scheidung unbedingt begründen (§§ 238 | bis 241 des Entw.), theils relative d. h. solche, | Prot 17275 welche nur dann zur Scheidung zu führen vermögen, wenn der Richter zugleich die Überzeugung gewinnt, daß dadurch im konkreten Falle eine so tiefgehende Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses herbeigeführt ist, daß dem klagenden Theile die Fortsetzung der Ehe nicht zugemuthet werden kann (§§ 242, 243 des Entw.; Motive S. 1031 bis S. 1042). Die relativen Scheidungsgründe sind nicht einzeln bezeichnet, sondern im § 242 des Entw. auf ein gemeinsames Prinzip zurückgeführt (vgl. Motive S. 1031 bis 1037). Das System des Entwurfs wurde von keiner Seite bekämpft. Insbesondere fand das dem Entwürfe zum Grunde liegende Prinzip, daß ein Ehegatte nur wegen Verschuldens des anderen Ehegatten die Scheidung soll verlangen können, aus den Gründen der Motive S. 1031 bis 1037, 1046 bis 1056 die Zustimmung der Kommission, vorbehaltlich jedoch der Beschlußfassung darüber, ob einzelne Ausnahmen von jenem Prinzipe, namentlich im Falle unheilbarer Geisteskrankheit eines Ehegatten zugelassen werden sollen. Einvernehmen herrschte, daß das Institut der Scheidung auf Grund gegenseitiger Einwilligung der Ehegatten in das Gesetzbuch keine Aufnahme finden solle. Man verkannte zwar nicht, daß für die Aufnahme dieses Instituts, insbesondere in der Gestalt des französischen und des badischen Rechts, die in den Motiven S. 1048 hervorgehobenen Vortheile, ferner die Gesichtspunkte geltend gemacht werden könnten, daß die Versagung der Scheidung auf Grund gegenseitiger Einwilligung die Ehegatten, welche beiderseits die Scheidung wünschten, nöthige oder doch zu verleiten drohe, in Gegen- | wart von Zeugen einen künstlichen Schei- | Prot I 7276 dungsgrund zu schaffen und so das Gesetz zu umgehen, daß die Zulassung der Scheidung auf Grund gegenseitiger Einwilligung dem Ehegatten die Möglichkeit gewähre, im Falle eines Ehebruchs die Scheidung zu erwirken, ohne zu der unter besonderen Umständen möglicherweise bedenklichen Bezeichnung des mitschuldigen Dritten genöthigt zu sein, daß endlich, wenn man die Scheidung nur aus bestimmten Ursachen gestatte, namentlich bei den relativen Scheidungsgründen, der klagende Ehegatte nie sicher sei, ob die Scheidung auch erfolgen werde, eine Abweisung der Scheidungsklage aber immer mit mißlichen Folgen, insbesondere für die Gestaltung des ehelichen Verhältnisses verbunden sei. Man war jedoch der Ansicht, daß diese mit dem hier fraglichen Institute verbundenen Vortheile, durch die damit verbundenen, in den Motiven S. 1048, 1049 näher dargelegten Nachtheile und Gefahren überwogen würden. Als entscheidend erachtete man vorzugsweise die auch in den Motiven S. 1048 betonte Gefahr, daß jenes Institut trotz aller Kautelen dazu mißbraucht werden könne, die Auflösung der Ehe auch in solchen Fällen herbeizuführen, in welchen die Ehe keineswegs als völlig zerrüttet anzusehen sei, die Ehegatten aber aus anderen subjektiven Gründen die Ehe zu lösen wünschten. Um so bedenklicher sei es, jenes in dem größten Theile Deutschlands unbekannte Institut neu einzuführen, wenn man berücksichtige, daß das französische Ehescheidungsgesetz vom 27. Juli 1884 Anstand genommen habe, das Institut, obwohl dasselbe im code civil anerkannt sei, wiederherzustellen. Auch die Eintheilung des Entwurfs in absolute und | relative Scheidungsgründe | Prot 17277 und der Vorschlag, die relativen Scheidungsgründe nicht einzeln zu bezeichnen, sondern auf ein gemeinsames Prinzip zurückzuführen, fand, vorbehaltlich der Ent7
§§1564-1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
Scheidung der Frage, ob die Zahl der absoluten Scheidungsgründe zu vermindern oder zu vermehren sei, aus den Gründen der Motive S. 1031 bis 1037 keinen Widerspruch, wenngleich nicht übersehen wurde, daß das System des Entwurfs in den hier fraglichen Beziehungen gegenüber der Mehrzahl der bestehenden Rechte eine Neuerung enthalte und im Hinblick auf den weiten Spielraum, welcher dadurch dem richterlichen Ermessen gewährt werde, gewisse Nachtheile und Gefahren mit sich bringen könne. Man hielt jedoch dafür, daß diese Nachtheile gegenüber den mit dem Systeme des Entwurfs verbundenen großen Vortheilen nicht ins Gewicht fielen. Die Berathung wandte sich darauf den einzelnen Bestimmungen des Entwurfs über die Scheidung und zeitweise Trennung der Ehe (§§ 237 bis 266) zu. TE-FamR
§ 237
D e r § 237 lautet:
„Die Ehe kann bei Lebzeiten des Ehegatten, vorbehaltlich des in § 269 vorgesehenen Falls einer Todeserklärung, nur durch richterliches Unheil und nur in den nachfolgenden Fällen aufgelöst werden (Scheidung)."
Der sachliche Inhalt des § 237 wurde aus den Gründen der Motive S. 1086, 1087 allseitig gebilligt. Die Fassung wurde der Prüfung bei der Redaktion überlassen (vgl. in dieser Hinsicht die §§ 1207, 1209,1231 der Zusst.; vergl. die Beschlüsse zu §§ 9,12 und §41 des Entw., Prot. S. 5882, 5885, 5951, 5952, 5993-6009). Insbesondere wurde der Redaktion anheimgestellt, zu prüfen, ob nicht die Worte: „vorbehaltlich | Prot 17278 des im § 269 vorgesehenen Falls einer | Todeserklärung" durch die Worte zu ersetzen seien: „unbeschadet oder vorbehaltlich der Bestimmung des § 269", sofern nicht etwa — was der Redaktion vorbehalten bleibe — die Bestimmungen über die Beendigung der Ehe durch Tod oder in Folge Todeserklärung (§§ 267 bis 271) nach dem Vorbilde des sächs. G.B. §§ 1707 bis 1770 demnächst den Bestimmungen über die Scheidung und die zeitweise Trennung der Ehe vorangestellt werden sollten und dadurch der hier fragliche Zwischensatz im § 237 des Entwurfs überhaupt entbehrlich werde. Ferner wurde die Frage angeregt, ob nicht statt der Fassung: „kann aufgelöst werden" die Fassung: „wird aufgelöst" und statt der Fassung: „in den nachfolgenden Fällen" die Fassung: „in den in den §§ . . . bezeichneten Fällen" den Vorzug verdiene. Auch wurde von einer Seite der Berücksichtigung bei der Redaktion empfohlen, ob nicht in dem § 237 ebenfalls zum Ausdrucke zu bringen sei, daß auch auf zeitweise Trennung der Ehe nur in den bestimmten, im Gesetze bezeichneten Fällen erkannt werden könne. Alle diese Erinnerungen wurden zur Redaktion verwiesen. Die Terminologie: „Scheidung" fand keinen Widerspruch (vgl. § 1209 der Zusst.). TE-FamR „Zu dem § 238 des Entwurfs, welcher lautet: §238 Ein Ehegatte kann die Scheidung der Ehe verlangen, wenn der andere Ehegatte sich
eines Ehebruchs oder einer der in den §§ 171, 174 bis 176 des Reichsstrafgesetzbuchs bezeichneten strafbaren Handlungen schuldig gemacht hat. | Prot I 7279 Das Recht auf Scheidung ist jedoch nicht | begründet, wenn ein Ehegatte dem anderen seine Zustimmung zur Begehung der im Absatz 1 gedachten Handlungen ertheilt oder sich der Theilnahme an denselben schuldig gemacht hat." war folgender Antrag gestellt: Johow In § 238 Abs. 1 statt der Worte: „in den §§ 171, 174 bis 176 des Reichsstrafgesetz(Nr. 180, 1) buches" zu setzen: „in dem § 175 des Strafgesetzbuchs."
Der § 238 wurde absatzweise berathen. Die Berathung führte zu folgenden Ergebnissen: 8
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§ 1564—1587
I. Zu Absatz 1. 1. Absatz 1 wurde insoweit, als er den vollendeten Ehebruch als absoluten Scheidungsgrund anerkennt, von keiner Seite beanstandet (vgl. Motive S. 1087 ff.)- Insbesondere herrschte Einvernehmen, daß dem vollendeten Ehebruche der Versuch des Ehebruchs, unerlaubter Umgang, durch welchen eine dringende Vermuthung der verletzten ehelichen Treue begründet wird, oder andere Thatsachen, welche den Verdacht des Ehebruchs begründen (preuß. A.L.R. II, 1 §§ 673 ff.), aus den Gründen der Motive S. 1089, insbesondere im Hinblick auf das Prinzip der freien Beweiswürdigung und auf die clausula generalis des § 242 des Entwurfs, nicht gleichzustellen seien. Auch war man einverstanden, daß aus dem Zusammenhange des § 238 Abs. 1 mit genügender Deutlichkeit erhelle, daß unter Ehebruch der Thatbestand des § 172 des Strafgesetzbuchs zu verstehen sei (vgl. auch § 1209 der Zusst., d.h. die Beschlüsse zu § 12 des Entw., S. 5885). 2. Die Gleichstellung einer nach dem § 175 des Strafgesetzbuchs strafbaren widernatürlichen Unzucht | mit dem Ehebruche fand keinen Widerspruch (vgl. Motive | Prot 17280 S. 1090). 3. Der Antrag, die Bigamie (§ 171 des Strafgesetzbuchs) nicht als absoluten Scheidungsgrund anzuerkennen, wurde von der Mehrheit abgelehnt und der Entwurf in dieser Beziehung angenommen. Die Mehrheit war der Ansicht, daß, wenngleich die Gleichstellung der Bigamie als solcher mit dem Ehebruche nur für die seltenen Fälle von Bedeutung sei, in welchen eine Konsumation der neuen Ehe nicht stattgefunden habe, diese Gleichstellung sich doch prinzipiell rechtfertige, weil, wie durch Ehebruch, auch durch Bigamie die im Wesen der Ehe begründete Ausschließlichkeit der ehelichen Gemeinschaft verletzt werde. Dazu komme der praktische Vortheil, daß, wenn die Bigamie als solche als absoluter Scheidungsgrund anerkannt werde, der verletzte Ehegatte die Konsumation der neuen Ehe nicht zu beweisen brauche. Der Einwand, daß die Bigamie in manchen Fällen, namentlich wenn nur ein dolus eventualis vorgelegen habe (vgl. Entsch. des R.G. in Strafs. IX, 27 S. 84), eine Zerrüttung der ersten Ehe nicht nothwendig zur Folge habe, könne als durchschlagend nicht erachtet werden. Dieses Bedenken, wenn es begründet wäre, würde dahin führen müssen, die Bigamie auch im Falle der Konsumation der neuen Ehe und überhaupt den Ehebruch als relativen Scheidungsgrund zu behandeln, da, wenn bei Bigamie auch bei Ehebruch dolus eventualis genüge und auch beim Ehebruch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen sei, daß derselbe im konkreten Falle die Zerrüttung der Ehe von dem subjektiven Standpunkte der Ehegatten aus nicht zur Folge habe. | 4. Das Allegat des § 174 des Strafgesetzbuchs wurde in Gemäßheit des zu § 238 | Prot 17281 Abs. 1 gestellten Antrages gestrichen. Die Mehrheit ging davon aus, daß nicht jede nach dem § 174 des Strafgesetzbuchs mit Strafe bedrohte unzüchtige Handlung als ausreichend angesehen werden könne, um das Recht der Scheidung unbedingt zu begründen, da der Grund der besonderen Strafbarkeit unzüchtiger Handlungen in den Fällen des § 174 des Strafgesetzbuchs in der Verletzung besonderer Pflichten liege, welche mit dem ehelichen Verhältnisse an sich in keinem Zusammenhange ständen. Es verdiene deshalb den Vorzug, die hier fraglichen unzüchtigen Handlungen, wie die unter anderen Verhältnissen begangenen unzüchtigen Handlungen, der Beurtheilung des einzelnen Falles nach Maßgabe des § 242 des Entwurfs zu unterstellen. 5. Aus ähnlichen Gründen entschied die Mehrheit sich für die Streichung des Allegats des § 176 des Strafgesetzbuchs. Sie vermochte sich insbesondere auch nicht zu überzeugen, daß die Fälle des § 176 Ziff. 3 dem Ehebruche unbedingt gleichzu9
§ § 1564—1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
stellen seien, da durch die hier fraglichen strafbaren Handlungen bei der weiten Ausdehnung, welche der Begriff der unzüchtigen Handlungen zulasse und in der Strafrechtspraxis gefunden habe, die Ausschließlichkeit der ehelichen Gemeinschaft nicht immer berührt und noch weniger unwiderbringlich zerstört werde. 6. Der P r ü f u n g bei der Redaktion wurde überlassen, ob nicht der Eingang des § 238 Abs. 1 dahin zu fassen sei: „Jeder Ehegatte usw." II. Zu Absatz 2. Absatz 2 wurde aus den Gründen der Motive S. 1091 ff. sachlich gebilligt. Einver| Prot 17282 nehmen bestand, | d a ß die im Absatz 2 gedachte Zustimmung nicht einen rechtsgeschäftlichen Charakter habe, wie die Einwilligung im Sinne des § 700 K.E. (vgl. Prot. S. 998), sondern daß es genüge, wenn der Ehegatte sein Einverständniß mit der fraglichen Handlung in irgend welcher Art thatsächlich zu erkennen gegeben habe, was /. B. auch durch Anstiftung des Dritten geschehen könne. Der P r ü f u n g bei der Redaktion wurde es überlassen, diesen thatsächlichen Charakter der Zustimmung in geeigneter Weise, etwa durch die Fassung: „zugestimmt hat" oder „mit seinem Willen geschehen ist" zum Ausdruck zu bringen. III. Der im Laufe der Berathung gestellte Antrag, im Anschlüsse an den § 1722 des sächs. G.B., bei dem Ehebruche die Einrede der Kompensation zuzulassen, da es in hohem Grade auffallen müsse, wenn derjenige Ehegatte, welcher selbst des Ehebruchs sich schuldig gemacht habe, vielleicht im Konkubinate lebe, wegen Ehebruchs des anderen Ehegatten die Scheidung solle verlangen können, wurde im Wesentlichen aus den Gründen der Motive S. 1044, 1045 (vgl. auch S. 1092, 1093) von der Mehrheit abgelehnt. Es sei zwar zuzugeben, daß, wenn der eine und der andere Ehegatte sich eines Ehebruchs schuldig gemacht habe, unter Umständen vom Standpunkte dieser Ehegatten aus die Ehe als eine völlig zerrüttete nicht anzusehen sei; allein eine solche Berücksichtigung der konkreten Umstände vertrage sich nicht mit dem absoluten Charakter des hier fraglichen Scheidungsgrundes. Andererseits müsse man aus den in den Motiven a. a. O. dargelegten Gründen Bedenken tragen, jenem | Prot 17283 Gesichtspunkte in formaler Weise durch | die Zulassung der Kompensationseinrede gerecht zu werden. Ubergegangen wurde darauf zur Berathung des § 239 des Entwurfs, dessen Wortlaut dahin geht: TE-FamR „Ein Ehegatte kann die Scheidung der Ehe verlangen, wenn der andere Ehegatte § 239 ¡hm nach dem Leben gestellt hat." Dazu war der Antrag gestellt: v. Roth im § 239 am Schluß zu setzen: (Nr. 182,1) „ihm nach dem Leben gestellt oder ihn auf eine sein Leben gefährdende Weise mißhandelt hat." Der § 239 des Entwurfs fand vorbehaltlich der Fassung (vgl. in dieser Beziehung § 446 K.E.), aus den Gründen der Motive S. 1092, 1093 allseitige Billigung, dagegen wurde der Antrag von der Mehrheit abgelehnt. Sie war der Ansicht, daß, wenngleich der Antrag das geltende Recht für sich habe und gegen die Relativität des hier fraglichen Scheidungsgrundes sich aus dem Gesichtspunkte Bedenken erheben ließen, daß dadurch dem richterlichen Ermessen ein zu weiter Spielraum gewährt werde, es doch aus den in den Motiven S. 1038, 1039 näher dargelegten Gründen, wenn man sich überhaupt f ü r das Prinzip der Relativität nach Maßgabe des § 242 des Entwurfs wegen der großen damit verbundenen Vortheile entschieden habe, den Vorzug verdiene, die hier in Rede stehenden Mißhandlungen nur als relativen Scheidungsgrund anzuerkennen, zumal der Begriff der Lebensgefährlichkeit unbestimmt 10
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§ 1564-1587
und die Frage, ob eine Mißhandlung diesen Charakter an sich trage, o f t schwer festzustellen sei. Folge man aber dem Antrage, so lege man den Schwer- | punkt in | Prot 17284 diese Feststellung während es doch für die Scheidung darauf ankomme, ob die Mißhandlung nach Maßgabe des § 242 des Entwurfs die Zerrüttung der Ehe herbeigeführt habe. Der § 240 des Entwurfs lautet: „In den Fällen der §§ 238 und 239 fällt das Recht auf Scheidung weg, wenn der TE-FamR Berechtigte den Scheidungsgrund verziehen hat. § 240 Der Verzeihung gilt es gleich, wenn der Berechtigte nach erlangter Kenntniß des Scheidungsgrundes nicht binnen sechs Monaten oder nach der Entstehung desselben nicht binnen zwanzig Jahren die Scheidungsklage erhoben oder im Falle des § 571 der deutschen Civilprozeßordnung die Zustellung der Ladung an den Beklagten bewirkt hat. Auf den Beginn und Lauf der sechsmonatlichen Frist findet die Vorschrift des § 54 Abs. 3 entsprechende Anwendung." In den gedruckten Abänderungsanträgen des Referenten ist beantragt: Absatz 2 und 3 des § 240 zu streichen und folgende Bestimmungen als 5 240 a hinzuzufügen: „Die Scheidungsklage ist binnen sechs Monnaten seit dem Zeitpunkte zu erheben, in welchem der Berechtigte von dem Scheidungsgrunde Kenntniß erlangt hat. Nach Ablauf von dreißig Jahren, seit der Entstehung des Scheidungsgrundes, ist die Klage unstatthaft. Auf den Beginn und Lauf der sechsmo- | natigen Frist findet die Vorschrift des | Prot 1 7285 § 54 a Abs. 2 entsprechende Anwendung. Der Erhebung der Scheidungsklage steht im Falle des § 571 der C.P.O. die Zustellung der Ladung an den Beklagten gleich. Die Ladung verliert jedoch, außer im Falle des § 572 Abs. 2 Satz 1 der C.P.O., auch dann ihre Wirkung, wenn die Scheidungsklage nicht binnen der Frist von drei Monaten seit der Beendigung des Sühneverfahrens erhoben worden ist." Außerdem lagen folgende Anträge vor: , v. Mandry I. Zu § 240. (Nr. 179, 1) 1. den ersten Absatz zu streichen; 2. den zweiten Absatz dahin zu beschließen: „Das Recht auf Scheidung fällt in den Fällen des 5 238 und des § 239 weg, wenn der Berechtigte nicht binnen sechs Monaten nach erlangter Kenntniß des Scheidungsgrundes die Zustellung der Ladung zum Sühnetermin bewirkt oder die Scheidungsklage erhoben hat." II. 1. Den in den gedruckten Änderungsanträgen des Referenten an Stelle der Johow Absätze 2 und 3 des § 240 vorgeschlagenen § 240 a dahin zu fassen: (Nr. 180,2) „Das Recht auf Scheidung fällt in den Fällen der §§ 238 und 239 ferner weg, wenn der Berechtigte nicht binnen sechs Monaten seit erlangter Kenntniß des Scheidungsgrundes | die Zustellung der Ladung zum Sühnetermine bewirkt oder die Schei- | Prot 17286 dungsklage erhoben hat (sachlich übereinstimmend mit dem Antrag unter I, 2). Die Vorschriften des § 165 finden entsprechende Anwendung. Die Ladung zum Sühnetermine verliert die im ersten Absätze bestimmte Wirkung, wenn nicht binnen drei Monaten seit Beendigung des Sühneverfahrens die Scheidungsklage erhoben worden ist. (Die Vorschrift der Civilprozeßordnung § 572 Abs. 2 Satz 1 bleibt unberührt)." 11
§ § 1564—1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
Johow 2. An entsprechender Stelle, etwa hinter § 246, die allgemeine Bestimmung einzu(Nr. 180,3) schalten: „Das Recht auf Scheidung fällt auch dann fort, wenn nicht binnen dreißig Jahren seit seinem Entstehen die Scheidungsklage erhoben worden ist." Kurlbaum (Nr. 184,1)
III. 1. § 240. Bei Annahme des Antrags unter II neben der Scheidungsklage in Absatz 1 auch die Klage auf Trennung von Tisch und Bett zu erwähnen. b) zuzusetzen: „Solange die Ehegatten getrennt leben, beginnt und läuft die sechsmonatige Frist nicht." n a)
Kurlbaum 2. Die Vorschriften des § 240 a auch für die Fälle des § 242 anwendbar zu er(Nr. 184,4) klären. Kurlbaum 3. Die Vorschriften des §240 Abs. 1 auch für die Fälle der §§241, 242, 243 (Nr. 184, 5) anwendbar zu erklären. Gebhard „IV. Zu § 240 a: (Nr. 181,1) i m Anschluß an die Redaktion des § 713 des K.E. die beiden ersten Absätze wie | Prot 17287 folgt | zu fassen: 1. Absatz 1. „Die Scheidungsklage muß binnen einer Frist von sechs Monaten erhoben werden. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkte, in welchem der Berechtigte von dem Scheidungsgrunde Kenntniß erlangt hat. Die Vorschriften des § 165 finden entsprechende Anwendung. 2. Absatz 2. „Die Frist zur Erhebung der Klage beträgt 30 Jahre von dem Zeitpunkte an, in welchem der Scheidungsgrund entstanden, wenn die Klage in Gemäßheit der Bestimmung des ersten Absatzes nicht bereits früher ausgeschlossen ist." Der § 240 wurde absatzweise berathen. Es wurden folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Absatz 1 des § 240 wurde unter Ablehnung des Antrags unter I, 1 von der Mehrheit gebilligt. Man war der Ansicht, daß es im Hinblick auf das geltende Recht und im Interesse der Aufrechterhaltung der Ehe bedenklich sei, mit dem Antrage unter I, 1 nicht an den einzelnen Akt der Verzeihung als solchen den Wegfall des Scheidungsrechts zu knüpfen, sondern den Verlust des letzteren erst dann eintreten zu lassen, wenn die Versöhnung dadurch sich als eine dauerhafte erwiesen habe, daß von dem berechtigten Ehegatten nicht binnen sechs Monaten nach erlangter Kenntniß des Scheidungsgrundes die Zustellung der Ladung zum Sühnetermine bewirkt oder die Scheidungsklage erhoben sei. Um so weniger sei die Vorschrift des Abs. 1 zu entbehren, als mit Rücksicht auf die besondere Natur des Scheidungsrechts, welches | Prot 17288 aus sittlichen Gründen gewährt werde und bei welchem | auch das öffentliche Interesse konkurriren, in Zweifel gezogen werden könne, ob — was der Antrag I, 1 mit den Motiven S. 1095 als selbstverständlich voraussetze — auf das Recht der Scheidung rechtsgeschäftlich, sei es durch einseitige Willenserklärung oder durch Vertrag, wirksam verzichtet werden könne, zumal eine allgemeine Vorschrift über die Verzichtbarkeit der Rechte mit Rücksicht auf die verschiedene Natur der einzelnen Rechte in das Gesetzbuch nicht aufgenommen sei. Knüpfe man mit dem Entwürfe an die Verzeihung den Wegfall des Scheidungsrechts, so sei eine besondere Vorschrift über die Verzichtbarkeit des Scheidungsrechts entbehrlich und könne die Lösung dieser Frage unbedenklich der Jurisprudenz überlassen werden. 12
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§1564-1587
Die Ausführungen der Motive S. 1099, daß nicht nur die ausdrückliche, sondern auch die stillschweigende Verzeihung das Scheidungsrecht beseitigen solle, sowie daß es sich nicht empfehle, die Frage, ob die Leistung der ehelichen Pflicht nach erlangter Kenntniß des Scheidungsgrundes als stillschweigende Verzeihung anzusehen sei, durch eine positive Vorschrift im Gesetze zu entscheiden, wurden von der Mehrheit gebilligt. Einvernehmen bestand, daß die Verzeihung jedenfalls kein Rechtsgeschäft sei (vgl. auch § 448 K.E.). Dagegen gingen die Ansichten darüber auseinander, ob dieselbe — wie die Motive S. 1097 annehmen — einen lediglich thatsächlichen Charakter habe oder als Rechtshandlung aufzufassen sei, auf welche die Vorschriften über Rechtsgeschäfte, soweit dieselben paßten, analoge Anwendung finden könnten. Man verständigte sich dahin, daß kein Bedürfniß vorliege, diese Frage durch das Gesetz zu entscheiden, vielmehr die Lösung derselben der Wissenschaft und Praxis zu überlassen sein werde. 2. Der Antrag unter III, 3, die Vorschriften des | § 240 Abs. 1 auch auf die Fälle | Prot 17289 der §§ 241, 242, 243 des Entwurfs auszudehnen, wurde bis nach Berathung dieser Paragraphen ausgesetzt. 3. An Stelle des § 240 Abs. 2 und 3 fand der § 240 a der gedruckten Abänderungsanträge des Referenten aus den Gründen der Motive S. 1099 ff. und der Bemerkungen zu den gedruckten Abänderungsanträgen S. 114, 115 sachlich die Zustimmung der Kommission, und zwar Abs. 1 und 2 des § 240 a in der an die §§ 104, 713 K.E. und an den § 1236 der Zusst. sich anschließenden Fassung des Antrags unter IV, 1 und 2. Man war der Ansicht, daß diese Fassung der Fassung der Anträge unter I, 2 und II, 1 Abs. 1 namentlich auch um deswillen vorzuziehen sei, weil die letztere Fassung der durch frühere Beschlüsse offen gelassenen Frage, wie bei einer Präklusivfrist die Beweislast sich gestalte (vgl. darüber Motive des allgemeinen Theils Abschn. II Tit 3 No. II S. 111, Motive des Entw. des Familienrechts S. 229, 230, 1101; Bemerkungen zu den gedruckten Abänderungsanträgen S. 10, 11, 114; Prot. S. 274, 6027), präjudiziren würde. Eine Meinungsverschiedenheit ergab sich darüber, ob neben der sechsmonatigen, mit dem Zeitpunkte der erlangten Kenntniß von dem Scheidungsgrunde mit dem Entwürfe bezw. dem gedruckten Abänderungsantrage des Referenten und den Anträgen unter II, 2 und IV, 2 noch eine ohne Rücksicht auf die erlangte Kenntnis von dem Scheidungsgrunde beginnende Präklusivfrist von 30 Jahren oder — wie im Laufe der Berathung nach dem Vorbilde des sächs. G. B. §§ 1719, 1739 beantragt wurde — von 15 Jahren anerkannt oder von einer solchen zweiten Präklusivfrist überhaupt abgesehen werden solle. Die Mehrheit entschied sich in Anlehnung an die ordentliche Verjährungsfrist bei der | Anspruchsverjährung (§155 K.E.) für eine | Prot 17290 Präklusivfrist von dreißig Jahren. Sie hielt dafür, daß die Gründe, auf denen das Institut der Verjährung beruhe, auch der Aufstellung einer solchen Präklusivfrist das Wort redeten, namentlich um rücksichtlich so weit zurückliegender Thatsachen den Streit darüber abzuschneiden, ob und wann der Berechtigte von dem Scheidungsgrunde Kenntniß erlangt habe. Ob nach Maßgabe der Anträge unter I, 2 und II, 1 Abs. 1 es sich empfehle, die Bewirkung der Zustellung der Ladung zum Sühnetermine in Verbindung mit der Erhebung der Scheidungsklage schon im ersten Absatz des § 240 a zu erwähnen, und ob es erforderlich sei, im § 240 a darauf hinzuweisen, daß die Vorschrift der C.P.O. § 572 Abs. 2 Satz 1 unberührt bleibe (vgl. Antrag unter II, 1 Abs. 3), wurde der Prüfung bei der Redaktion überlassen. 13
§§ 1564-1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
4. Die Beschlußfassung über die Anträge unter III, 1 und 2 (vgl. auch Antrag unter II, 2) wurde bis nach Berathung der §§ 242, 243 des Entwurfs ausgesetzt. 5. Im Laufe der Berathung war zu § 240 a noch folgender Antrag gestellt: „Wenn zur Zeit der Erhebung der Scheidungsklage oder der bewirkten Zustellung der Ladung zum Sühnetermine ein Scheidungsgrund noch nicht ausgeschlossen war, so kann er noch im ganzen Laufe des Prozesses geltend gemacht werden, auch wenn zur Zeit der Geltendmachung die Präklusivfrist bereits verstrichen war." Der Antrag fand sachlich die Zustimmung der Kommission. Man überzeugte sich, | Prot 17291 daß die vorgeschlagene, mit dem preußischen Rechte im Einklang ste- | hende Bestimmung dem den Vorschriften der §§ 574, 576 der C.P.O. zum Grunde liegenden Gedanken, daß durch die Erhebung einer auf einen bestimmten Scheidungsgrund gestützten Ehescheidungsklage gleichwohl das eheliche Verhältniß in seiner Totalität zum Gegenstande des Prozesses gemacht werde, entspreche und namentlich im Hinblick auf solche Fälle angemessen sei, in welchen ein Ehegatte ein beachtenswerthes Interesse daran habe, gewisse Scheidungsgründe vorläufig in dem Prozesse zu verschweigen. 496. Sitzung vom 7. 12. 1885, Schriftführer: Struckmann | Die Berathung des Entwurfs des Familienrechts Abschn. I Tit. 4 No. I „Scheidung und zeitweise Trennung der Ehe" wurde fortgesetzt. In den Motiven zu § 240 des Entw. S. 1096 unter 2 ist ausgeführt, daß, wenn ein Ehegatte einen Scheidungsgrund verziehen oder nicht rechtzeitig geltend gemacht habe, nach erfolgter Verzeihung aber der andere Ehegatte sich von Neuem solcher Handlungen schuldig gemacht hat, welche überhaupt die Scheidung zu begründen geeignet sind, der dieserhalb auf Scheidung klagende Ehegatte zur Unterstützung der Scheidungsklage auch auf den verziehenen oder präkludirten früheren Scheidungsgrund in dem Sinne zurückgreifen darf, um dadurch die neuen Klagethatsachen in ihrer Tragweite und ihrer Wirkung auf das eheliche Verhältniß in das rechte Licht zu stellen. Diese Ausführung fand die Billigung der Kommission, vorbehaltlich der mit der Fassung des § 242 des Entw. im Zusammenhang stehenden und deshalb erst später zu prüfenden Frage, ob es nöthig oder doch angemessen sein werde, den hier fraglichen Satz f ü r die relativen Ehescheidungsgründe, insbesondere rücksicht| Prot 17294 lieh der durch Fristablauf an sich ausgeschlossenen Geltendmachung gewisser | Thatsachen im Gesetze zum besonderen Ausdrucke zu bringen. | Prot 17293
Auch den Ausführungen der Motive S. 1101, 1102, daß die erhobene Scheidungsklage, abgesehen von den Prozeßkosten, weder von den Erben des Klägers noch gegen die Erben des Beklagten fortgesetzt werden könne, trat die Kommission bei. Übergegangen wurde darauf zur Berathung des § 241 des Entw. Der §241 lautet: TE-FamR „Ein Ehegatte kann die Scheidung der Ehe verlangen, wenn der andere Ehegatte § 241 ohne ausreichenden Grund die häusliche Gemeinschaft aufgegeben hat und, nachdem der letztere rechtskräftig zur Herstellung des ehelichen Lebens verurtheilt worden ist, dem Urtheile sechs Monate lang wissentlich ohne ausreichenden Grund keine Folge leistet. Der vorherigen \ erunheilung zur Herstellung des ehelichen Lebens bedarf es nicht, wenn das Aufgeben der häuslichen Gemeinschaft wissentlich ohne ausreichenden Grund erfolgte, mindestens zwei Jahre lang angedauert hat und entweder der Aufenthaltsort des Beklagten unbekannt ist oder doch die im § 186 Abs. 2 der deutschen Civilprozeßordnung gedachten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer öffentlichen Zustellung vorliegen. Wird der Aufenthaltsort des Beklagten bis zum 14
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§ 1564-1587
Schlüsse derjenigen mündlichen Verhandlung, auf welche das Urtheil ergeht, sei es in erster Instanz oder in der Berufungsinstanz, bekannt, oder fallen bis zu jenem Zeitpunkte die im § 186 Abs. 2 der deutschen Civilprozeßordnung gedachten Vor| aussetzungen einer öffentlichen Zustellung hinweg, so ist die Scheidung ohne vor- | Prot 17295 herige Verurtheilung zur Herstellung des ehelichen Lebens unzulässig; doch ist der Kläger statt der Scheidung nunmehr die Herstellung des ehelichen Lebens zu beantragen befugt. Wird in den im Abs. 1 und 2 bezeichneten Fällen bis zum Schlüsse der im Abs. 2 gedachten mündlichen Verhandlungen durch den Beklagten das eheliche Leben hergestellt, so fällt dadurch das Recht auf Scheidung weg. Erbietet sich der Beklagte bis zu dem gedachten Zeitpunkte zur sofortigen Herstellung des ehelichen Lebens, so hat das Gericht ihm zu diesem Zwecke eine Frist zu setzen. Liegt in dem gedachten Zeitpunkte für den Beklagten ein ausreichender Grund vor, die Herstellung des ehelichen Lebens einstweilen hinauszuschieben, erbietet er sich aber, nach Beseitigung dieses Grundes das eheliche Leben herzustellen, oder hat er seinerseits bis zu dem gedachten Zeitpunkte eine Scheidungsklage erhoben, so hat das Gericht das Verfahren bis zur Beseitigung jenes Grundes bezw. bis zur Erledigung jener Klage auszusetzen." Dazu lagen folgende Anträge vor: 1. den § 241 dahin zu fassen: Kurlbaum „Jeder Ehegatte kann die Scheidung der Ehe verlangen, wenn der andere Ehe- (Nr 183) gatte ihn böslich verlassen hat. Bösliche Verlassung ist nur dann als vorhanden anzunehmen, wenn der andere Ehegatte nach rechtskräftiger Verurtheilung zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft dem Urtheile | sechs Monate lang gegen den Willen des klagenden Ehe- | Prot 17296 gatten keine Folge geleistet hat, es sei denn, daß das Verlangen nach Herstellung der häuslichen Gemeinschaft der rechten ehelichen Gesinnung nicht entsprach. Gegen einen Ehegatten, welcher nur durch öffentliche Zustellung geladen werden kann, ist die bösliche Verlassung ohne vorherige Verurtheilung zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft als vorhanden anzunehmen, wenn derselbe die häusliche Gemeinschaft oder deren Herstellung in der Absicht, seinen Ehegatten zu verlassen, aufgegeben hat und mindestens ein Jahr seit dem Eintritt der Voraussetzungen der öffentlichen Zustellung verstrichen ist. Ist der Beklagte in dem Termine zur mündlichen Verhandlung erschienen, so ist jedoch statt des Antrages auf Scheidung nur noch der Antrag auf Verurtheilung zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft zulässig; dieser Antrag braucht dem Beklagten vor dem Termine nicht mitgetheilt zu sein. Bei der Erhebung der Klage auf Herstellung der häuslichen Gemeinschaft ist die öffentliche Zustellung ausgeschlossen." 2. Im ersten Absätze zu setzen: Die eheliche Gemeinschaft (statt: die häusliche v. Mandry Gemeinschaft) und: ein Jahr lang (statt: sechs Monate lang). (Nr I 7 9 » 2 ) 3. Als § 241 a nach § 241 zu setzen: v. Roth § 241 a. „Ein Ehegatte kann die Scheidung der Ehe verlangen, wenn der andere (Nr 182,2) Ehegatte wegen entehrender Verbrechen, welche er nach Eingehung der Ehe begangen hat, zu längerer Freiheits-| strafe verurtheilt worden ist." | Prot 17297 Die Berathung führte zu folgenden Ergebnissen: 1. Der von der sogenannten Quasidesertion handelnde Abs. 1 des § 241 wurde, vorbehaltlich der Beschlußfassung über die Bestimmungen im Abs. 3 und im Abs. 4 des § 241, in folgender Fassung angenommen: 15
§ § 1564—1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
„Jeder Ehegatte kann die Scheidung der Ehe verlangen, wenn der andere Ehegatte ihn böslich verlassen hat. Bösliche Verlassung ist nur dann als vorhanden anzunehmen, wenn der Ehegatte nach rechtskräftiger Verurtheilung zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft dem Urtheile ein Jahr lang gegen den Willen des klagenden Ehegatten böslicher Weise keine Folge geleistet hat." Erwogen war: Die Art und Weise, wie der Entwurf den Scheidungsgrund der sogenannen Quasidesertion geregelt habe, sei, vorbehaltlich der Beschlußfassung über die Bestimmungen im Abs. 3 und im Abs. 4 des § 241 und der diesen Bestimmungen zum Grunde liegenden Auffassung des Scheidungsgrundes der böslichen Verlassung, aus den Gründen der Motive S. 1112—1116, namentlich nachdem beschlossen worden sei, daß die Erzwingung der Herstellung des ehelichen Lebens, zu welcher ein | Prot 17298 Ehegatte verurtheilt sei, nicht stattfinde (§ 1249 der Zusst.; Prot. S. 6076 ff.), | in den wesentlichen Grundlagen zu billigen. Mit Rücksicht darauf jedoch, daß erfahrungsmäßig der hier fragliche Scheidungsgrund von den Ehegatten häufig als Mittel benutzt werde, um auf diesem Wege die Scheidung auf Grund gegenseitiger Einwilligung herbeizuführen, sei es rathsam, den Begriff des hier in Rede stehenden Scheidungsgrundes schärfer, wie in dem Entwürfe geschehen, zu präzisiren und nach Maßgabe des Antrags unter 1 im Anschlüsse an das bestehende Recht hervorzuheben, daß der Grund der Scheidung in den hier fraglichen Fällen die bösliche Verlassung sei. Insbesondere müsse betont werden, daß die Scheidung nur zulässig sei, wenn der verklagte Ehegatte nach rechtskräftiger Verurtheilung zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft dem Urtheile während der bestimmten Frist gegen den Willen des klagenden Ehegatten keine Folge geleistet habe, um den Richter darauf hinzuweisen, daß er die Scheidung aus dem hier fraglichen Grunde nur dann aussprechen dürfe, wenn er die Überzeugung gewonnen habe, daß das Aufgeben der häuslichen Gemeinschaft von Seiten des Beklagten nicht auf einem Einverständnisse der Ehegatten beruhe. Weiter sei aber erforderlich, daß der Beklagte dem Urtheile während der bestimmten Frist böslicher Weise keine Folge geleistet habe. Diese Art der Präzisierung verdiene gegenüber der, an einer gewissen Unbestimmtheit leidenden und zu Mißverständnissen Anlaß gebenden Ausdrucksweise des Entwurfs: „wissentlich ohne ausreichenden Grund keine Folge leistet", sowie gegenüber dem Vorschlage des Antrags unter 1, welcher im Anschlüsse an den § 1249 der Zusst. darauf abstelle, daß das Verlangen des klagenden Ehegatten nach Herstellung der häusli| Prot 17299 chen Gemeinschaft der rechten ehelichen Gesinnung | entsprochen haben müsse, den Vorzug, weil sie das Wesen des hier fraglichen Scheidungsgrundes, nämlich die aus bösem Willen hervorgegangene Zerreißung der häuslichen Gemeinschaft, schärfer kennzeichne und zudem der in der Wissenschaft und Praxis, wie in den Gesetzgebungen hergebrachten Ausdrucksweise sich anschließe. Mit Rücksicht darauf sei es auch nicht erforderlich, den Begriff der böslichen Handlungsweise im Gesetze näher zu bestimmen. Gegen den Vorschlag des Antrags unter 1 sei namentlich zu erinnern, daß derselbe die Scheidung wegen böslicher Verlassung auch dann zulasse, wenn der Beklagte dem Urtheile in dem guten Glauben keine Folge leiste, daß nach dem Urtheile während der Frist ein neuer, das Aufgeben der häuslichen Gemeinschaft rechtfertigender Grund entstanden sei, sowie daß der Vorschlag des Antrags unter 1 die Beweislast in Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen regele. Ein Bedürfniß, in dieser Hinsicht durch eine positive Vorschrift in die allgemeinen Grundsätze einzugreifen, könne, namentlich im Hinblick auf das Prinzip der freien Beweiswürdigung, nicht anerkannt werden. 16
7. Titel: Scheidung der Ehe
§ § 1564—1587
Anlangend die durch den Antrag unter 2 vorgeschlagene Verlängerung der im Abs. 1 des § 241 und in dem Antrage unter 2 Abs. 2 bestimmten sechsmonatigen Frist auf die Dauer eines Jahres, so sei eine solche Verlängerung der Frist jedenfalls dann angezeigt, wenn die Bestimmungen im Abs. 3 und im Abs. 4 des § 241 des Entw. demnächst keine Annahme finden sollten. Aber auch für den Fall der Annahme dieser Bestimmungen empfehle sich die Erstreckung der Frist auf ein Jahr — abgesehen davon, daß dieselbe der Mehrzahl der neueren Gesetzgebungen entspreche — durch die Erwägung, daß ein der Scheidung | wegen Quasidesertion vorhergehendes | Prot 17300 Zwangsverfahren nicht mehr stattfinde und daß wegen der Möglichkeit des Mißbrauchs dieses Scheidungsgrundes von Seiten der Ehegatten die Gesetzgebung allen Anlaß habe, die Scheidung wegen böslicher Veranlassung nicht zu erleichtern. Dagegen verdiene der Vorschlag des Antrags unter 2, den im Abs. 1 des §241 und in dem Antrage unter 1 gebrauchten Ausdruck: „häusliche Gemeinschaft" durch den Ausdruck: „eheliche Gemeinschaft" zu ersetzen, keine Billigung, da der letztere Ausdruck zu dem Mißverständnisse führen könne, als ob jede aus bösem Willen hervorgegangene Verletzung der aus der ehelichen Gemeinschaft sich ergebenden Pflichten den absoluten Scheidungsgrund der böslichen Veranlassung begründe, während doch nur das eigenmächtige und böslicher Weise erfolgte Aufgeben der häuslichen Gemeinschaft als absoluter Scheidungsgrund anerkannt, eine sonstige Verletzung der aus der ehelichen Gemeinschaft sich ergebenden Pflichten aber, insbesondere die Verweigerung der Leistung der ehelichen Pflicht, der Beurtheilung nach Maßgabe des § 242 unterstellt werden solle. Gegenüber der Gefahr dieses Mißverständnisses könne auf das von dem Antragsteller hervorgehobene Bedenken, daß der Ausdruck: „häusliche Gemeinschaft" solche Fälle nicht decke, in welchen zwischen den Ehegatten aus besonderen Gründen, z. B. in Folge des Berufs des einen oder anderen Ehegatten, eine häusliche Gemeinschaft überhaupt nicht bestehe, um so weniger Gewicht gelegt werden, als derartige Fälle selten seien und darauf vertraut werden könne, daß der Richter geeignetenfalls auch in solchen Fällen bösliche Verlassung annehmen werde, wenn ein Ehegatte der Herstellung der häuslichen | Gemeinschaft böslicher Weise sich entziehe. | Prot 17301 2. Abs. 2 des § 241 wurde in folgender Fassung genehmigt: „Gegen einen Ehegatten, welcher nur durch öffentliche Zustellung geladen werden kann, ist die bösliche Verlassung ohne vorherige Verurtheilung zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft als vorhanden anzunehmen, wenn er in der Absicht, seinen Ehegatten böslicher Weise zu verlassen, gegen dessen Willen die häusliche Gemeinschaft aufgegeben oder deren Herstellung unterlassen hat und von dieser Zeit an, sowie seit dem Eintritt der Voraussetzungen der öffentlichen Zustellung mindestens ein Jahr verstrichen ist. Fallen bis zum Schlüsse derjenigen mündlichen Verhandlung, auf welche das Unheil ergeht, sei es in der ersten Instanz oder in der Berufungsinstanz, die Voraussetzungen der öffentlichen Zustellung weg, so ist die Scheidung ohne vorherige Verurtheilung zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft unzulässig; der Kläger ist jedoch statt des Antrags auf Scheidung den Antrag auf Verurtheilung zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft zu stellen berechtigt." Anlangend den ersten Satz der beschlossenen Bestimmung so war die Mehrheit der Ansicht, daß in dem hier vorausgesetzten Falle, in welchem ein Ehegatte nur durch öffentliche Zustellung geladen werden könne, der Nachweis genügen müsse, daß der Ehegatte zu der Zeit, in welcher er gegen den Willen des anderen Ehegatten die häusliche Gemeinschaft aufgegeben oder deren Herstellung unterlassen habe, die Absicht gehabt habe, seinen Ehegatten böslich zu verlassen. Der Entwurf gehe zu 17
§§1564-1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
| Prot 17302 weit, | w e n n er auch in diesem Falle den Nachweis verlange, daß die Absicht der böslichen Verlassung während der ganzen Frist fortgedauert habe, da die nach der Entweichung in der Person des entwichenen Ehegatten eingetretenen Verhältnisse sich nicht ermitteln ließen. Dieser Nachweis werde dadurch ersetzt, daß der Zustand der Abwesenheit des entwichenen Ehegatten in unbekannter oder unerreichbarer Ferne längere Zeit gedauert haben müsse. Mit dem Antrag unter 1 sei deshalb zu bestimmen, daß die Voraussetzungen der öffentlichen Zustellung während der ganzen Dauer der Frist vorhanden gewesen sein müßten. Der Standpunkt des Entwurfs, nach welchem es nur darauf ankommen solle, daß die Voraussetzungen der öffentlichen Zustellung zur Zeit der Erhebung der Scheidungsklage begründet seien, stehe mit dem geltenden Rechte nicht im Einklänge und könne zudem dahin führen, daß ein Ehegatte die augenblickliche Unbekanntschaft des Aufenthaltsorts des anderen Ehegatten dazu benutze, die Klage auf Scheidung wegen böslicher Verlassung an der Hand der Bestimmungen des zweiten Abs. des § 241 zu erheben, und daß er auf diese Weise vielleicht rascher die Scheidung erwirke, als nach dem ersten Absatz des § 241 in den Fällen der Quasidesertion. Diesen Erwägungen gegenüber könne auf die praktischen Bedenken, welche gegen den Vorschlag des Antrags unter 1 in dieser Hinsicht mit Rücksicht auf solche Fälle geltend gemacht worden seien, in welchen der Aufenthaltsort des Ehegatten während des Laufes der Frist vorübergehend bekannt geworden sei, die nichtöffentliche Zustellung aber trotzdem nicht habe beschafft werden können, entscheidendes Gewicht nicht gelegt werden. Gehe man | Prot 17303 davon aus, daß die Voraussetzungen der öffentlichen Zustellung | während der ganzen Dauer der Frist vorhanden gewesen sein müßten, so sei es auch unbedenklich, mit dem Antrage unter 1 und im Anschluß an die Mehrzahl der bestehenden Rechte die Frist, wie in den Fällen des Abs. 1 des § 241, so auch in den hier in Rede stehenden Fällen der böslichen Verlassung im engeren Sinne auf ein Jahr festzusetzen. Anlangend den zweiten Satz der beschlossenen Bestimmung, so verdiene insoweit der dem § 34 des preuß. Gesetzes vom 1. März 1869, betr. die Gerichtsbarkeit und das gerichtliche Verfahren in Ehe- und Verlöbnißsachen in der Provinz Hannover, sich anschließende Vorschlag des Entwurfs im § 241 Abs. 2 Satz 2 aus den Gründen der Motive S. 1117, 1118, namentlich um deswillen den Vorzug, weil er eine größere Garantie dafür gewähre, daß die Ehe nur dann geschieden werde, wenn wirklich bösliche Veranlassung vorliege. Durch die Bestimmung des Entwurfs erledige sich zugleich das Bedürfniß, für den Fall des Erscheinens des Beklagten im Termin eine besondere Vorschrift zu geben. 3. Der Antrag unter 1 Abs. 4, welcher verhüten will, daß der Zweck der Bestimmungen über die Voraussetzungen der Scheidung wegen Quasidesertion nicht durch das Mittel der öffentlichen Zustellung vereitelt werde, wurde mit Rücksicht darauf abgelehnt, daß dieser Gefahr durch den zu Abs. 1 des § 241 gefaßten Beschluß, nach welchem die Scheidung wegen Quasidesertion voraussetze, daß der Beklagte nach rechtskräftiger Verurtheilung zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft dem Urtheile böslicher Weise keine Folge geleistet, mithin von dem Urtheile Kenntniß verlangt habe, in wirksamer Weise entgegengetreten werde. | Prot 17304
4. Abs. 3 und 4 des § 241 wurden in Gemäßheit des | Antrages unter 1 von der Mehrheit abgelehnt. Die Bestimmungen des Entwurfs im Abs. 3 und im Abs. 4 des § 241 beruhen im Anschlüsse an die geschichtliche Entwicklung der Scheidung wegen böslicher Verlassung und in Uebereinstimmung mit der in der Doktrin und 18
7. Titel: Scheidung der Ehe
§ § 1564—1587
Praxis des protestantischen Eherechts vorwiegend vertretene Ansicht (Seuffert XXXIII, 136; vgl. jedoch andererseits Seuffert III; 67, XIII, 36), sowie in Uebereinstimmung mit dem sächs. G.B. § 1732 auf der Auffassung, daß das absolute Recht auf Scheidung wegen böslicher Verlassung nicht lediglich auf ein in der Vergangenheit liegendes Verschulden des anderen Ehegatten, sondern auf die gegenwärtig noch fortdauernde eigenmächtige und bösliche Zerreißung der häuslichen Gemeinschaft sich gründet und nur als ein Ersatz der mangelnden Erzwingbarkeit der Herstellung der häuslichen Gemeinschaft anzusehen ist. Dagegen liegt dem Antrage unter 1 die dem preuß. Rechte (vgl. Urth. des R.G. bei Gruchot XXIV S. 495) sich anschließende und der französischen Jurisprudenz (vgl. Motive S. 1111) nahe stehende Auffassung zum Grunde, daß, wenn ein Ehegatte nach vorheriger Verurtheilung zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft dem Urtheile während der bestimmten Frist gegen den Willen des anderen Ehegatten böslicher Weise keine Folge geleistet habe, durch dieses in der Vergangenheit liegende schuldvolle Verhalten des renitenten Ehegatten die Ehe wie durch Ehebruch als gebrochen anzusehen und ein wohlerworbenes Recht des anderen Ehegatten auf Scheidung begründet worden sei, welches zwar wohl durch Verzeihung des letzteren, nicht aber dadurch beseitigt werden könne, daß der andere Ehegatte nach Ablauf der Frist zurückkehre, und, wenn auch in ernstlicher Absicht, zur Fortsetzung | der häuslichen Gemeinschaft sich nunmehr | Prot 17305 bereit erkläre. Die Mehrheit verkennt zwar nicht, daß für den Standpunkt des Entwurfs das Interesse thunlichster Aufrechterhaltung der Ehe, ferner die Gesichtspunkte sich geltend machen ließen, daß nach dem Wegfalle des Zwangsverfahrens der Beweis der Hartnäckigkeit des bösen Willens des renitenten Ehegatten durch das der Scheidung vorhergehende Verfahren nicht mehr in so sicherer Weise erbracht, außerdem dem beklagten Ehegatten durch die Möglichkeit, das Recht des klagenden Ehegatten auf Scheidung durch ernstlich gemeinte Fortsetzung der häuslichen Gemeinschaft zu beseitigen, ein Mittel gewährt werde, ihn des oft schwierigen Beweises seiner Entschuldigungsgründe zu überheben. Man war jedoch der Ansicht, daß der Standpunkt des Entwurfs, nach welchem der Scheidungsprozeß wegen böslicher Verlassung, näher betrachtet, sich nur als eine Fortsetzung des Prozesses behufs Herstellung der häuslichen Gemeinschaft darstelle und bei dem klagenden Ehegatten nur ein eventueller Scheidungswille unterstellt werde, mit den gegenwärtigen Anschauungen des praktischen Lebens und der gegenwärtigen Gestaltung des in festen Formen und Abschnitten sich bewegenden Prozeßverfahrens nicht im Einklang stehe und insbesondere deshalb zu praktischen Schwierigkeiten und Unzuträglichkeiten, sowie zu einer Beeinträchtigung des Rechts des klagenden Ehegatten führe, weil der Richter mit Sicherheit nie festzustellen vermöge, ob die erst jetzt erfolgenden Schritte des beklagten Ehegatten zum Zwecke der Herstellung der häuslichen Gemeinschaft in der That ernstlich gemeint seien. Um so unbedenklicher sei es, in der hier fraglichen Beziehung dem Antrage unter 1 | zu folgen, als nach dem zu § 241 | Prot 17306 Abs. 1 gefaßten Beschlüsse der Scheidungsklage die rechtskräftige Verurtheilung des anderen Ehegatten zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft vorhergegangen sein müsse und weiter vorausgesetzt werde, daß derselbe dem Urtheile ein Jahr lang böslicher Weise, also in dem Bewußtsein der Rechtswidrigkeit seines Verhaltens, keine Folge geleistet habe. Seien diese Voraussetzungen erfüllt, so dürfe mit Recht angenommen werden, daß dadurch das Vertrauen des klagenden Ehegatten auf eine dem Wesen der Ehe entsprechende Fortsetzung der Ehe mit dem beklagten Ehegatten in so hohem Maße erschüttert sei, daß ihm die Fortsetzung der Ehe mit demselben nicht mehr zugemuthet werden könne. Weiter komme in Betracht, daß, wenn in Folge des Erbietens des beklagten Ehegatten der Richter nach Lage der Sache die 19
§§1564-1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
Aussöhnung der Parteien f ü r nicht unwahrscheinlich erachte, er nach § 580 der C.P.O. vom Amtswegen die Aussetzung des Verfahrens anordnen könnte. 5. Einvernehmen bestand, daß, nachdem die Auffassung des Scheidungsgrundes der böslichen Verlassung nach Maßgabe des Antrags unter 1 durch den vorstehend unter 4 gefaßten Beschluß Billigung gefunden habe, die zu § 240 Abs. 1 des Entw. beschlossene Bestimmung über den Wegfall des Scheidungsrechts durch Verzeihung des Berechtigten (Prot. S. 7287 ff.) in Gemäßheit des zu § 240 des Entw. bereits mitgetheilten Antrags unter III, 3 (Prot. S. 7286) auf das Scheidungsrecht wegen böslicher Verlassung auszudehnen sei. Dagegen hielt man eine Uebertragung der zu § 240 des Entw. beschlossenen Bestimmungen über die Präklusion des Scheidungsrechts durch Zeitablauf, wenngleich eine solche Uebertragung von dem Stand| Prot 17307 punkte aus, daß die Scheidung | wegen böslicher Verlassung sich auf ein in der Vergangenheit liegendes Verschulden gründe, prinzipiell nicht ausgeschlossen sei, wie dies vom Standpunkte des Entwurfs aus allerdings anzunehmen (vgl. Motive S. 1121), doch im Hinblick auf solche die Regel bildenden Fälle, in welchen die Renitenz des Ehegatten auch nach Eintritt der Voraussetzungen der Scheidung wegen böslicher Verlassung fortdauere, nicht f ü r angezeigt. 6. Die Gründe, welche den Entwurf bestimmt haben, die in einzelnen neueren Gesetzgebungen, insbesondere im preuß. A.L.R. II, 1 § 697, sich findende Bestimmung nicht aufzunehmen, daß, wenn die Ehefrau sich eigenmächtig und ohne rechtmäßigen Grund von dem Ehemanne getrennt hatte, der letztere sie nicht eher wieder aufzunehmen braucht, als bis sie ihren inzwischen geführten unbescholtenen Lebenswandel durch glaubhafte Zeugnisse nachgewiesen hat, wurden allseitig gebilligt (vgl. Motive S. 1120). 7. Man war ferner mit den Motiven S. 1121 einverstanden, daß die Verweigerung der Leistung der ehelichen Pflicht nur als relativer Scheidungsgrund nach Maßgabe des § 242 des Entw. zu behandeln sei. 8. Zu erledigen war noch der Antrag unter 3. Derselbe wurde abgelehnt. Die Mehrheit war der Ansicht, daß, wenngleich Verurtheilung zu entehrender oder längerer Freiheitsstrafe von den meisten Rechten bald in größerem, bald in geringerem Umfange als absoluter Scheidungsgrund anerkannt sei und dieser Scheidungsgrund sich geschichtlich im Anschlüsse an die Quasidesertion ausgebildet habe, doch die in den Motiven S. 1036, 1039, 1040, dargelegten Gründe, den hier fraglichen | Prot 17308 Scheidungsgrund nicht unter die | Zahl der absoluten Scheidungsgründe aufzunehmen, sondern der clausula generalis des § 242 zu unterstellen, als überwiegend zu erachten seien. Die Berathung wandte sich darauf den §§ 242 und 243 des Entw. zu. Dieselben lauten: TE-FamR § 242. „Wenn zwar keiner der in den §§ 238, 239 und 241 bezeichneten Fällen § 242 vorliegt, von einem der Ehegatten aber durch schwere Verletzung der ihm gegen den anderen Ehegatten obliegenden ehelichen Pflichten oder durch ehrloses oder unsittliches Verhalten, insbesondere durch entehrende Verbrechen oder Vergehen, welche er nach Eingehung der Ehe begangen hat, eine so tiefgehende Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses verschuldet worden ist, daß dem anderen Ehegatten die Fortsetzung der Ehe nicht mehr zugemuthet werden kann, so hat auf Antrag des letzteren das Gericht auf zeitweise Trennung der Ehegatten von Tisch und Bett und, wenn nach den Umständen des Falls keine Aussicht auf Wiederherstellung eines dem Wesen der Ehe entsprechenden Verhältnisses vorhanden ist, sofort auf Scheidung der Ehe zu erkennen. 20
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§ 1564-1587
Die zeitweise Trennung von Tisch und Bett darf nicht auf länger als zwei Jahre erkannt werden. Das Recht des einen Ehegatten, nach Trennung der vorstehenden Bestimmungen die zeitweise Trennung von Tisch und Bett bezw. die Scheidung der Ehe zu beantragen, wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß auch dem an-| deren Ehegatten ein | Prot 17309 Recht auf zeitweise Trennung von Tisch und Bett bezw. Scheidung der Ehe zusteht." § 243. „Ist auf zeitweise Trennung von Tisch und Bett erkannt worden, so kann nach Ablauf der Trennungszeit, wenn eine Wiedervereinigung der Ehegatten nicht stattgefunden hat, auf Grund der in dem früheren Prozesse vorgebrachten Thatsachen im Wege einer neuen Klage der Antrag auf zeitweise Trennung von Tisch und Bett bezw. auf Scheidung wiederholt werden. Eine nochmalige Trennung von Tisch und Bett ist indessen nur zulässig, wenn die frühere Trennung nicht bereits auf zwei Jahre erkannt worden war und nur auf die Dauer der hieran fehlenden Zeit." Dazu lagen folgende Anträge vor:
TE-FamR § 243
I,1 .Zu §242. v.Mandry a) den ersten Absatz dahin zu bestimmen: (Nr 179, 5) „Wenn der eine Ehegatte durch schwere Verletzung der ihm gegen den anderen Ehegatten obliegenden Pflichten, insbesondere durch schwere Mißhandlung desselben, eine tiefgehende Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses herbeigeführt hat, so kann der letztere Klage auf Trennung von Tisch und Bett erheben." b) den zweiten Absatz zu streichen. c) im dritten Absätze die Worte „beziehungsweise die Scheidung der Ehe" — und „beziehungsweise Scheidung der Ehe" zu streichen. 2. Zu §243. den § folgendermaßen zu beschließen: |„Ist auf Trennung von Tisch und Bett erkannt und binnen eines Jahres nach | Prot 17310 Rechtskraft des Erkenntnisses eine Wiederherstellung des ehelichen Lebens nicht erfolgt, so kann der Ehegatte, auf dessen Klage die Trennung von Tisch und Bett ausgesprochen worden ist, auf Grund des ergangenen Unheiles die Scheidung der Ehe verlangen. Ist binnen eines zweiten Jahres weder die Klage auf Scheidung erhoben noch das eheliche Leben wieder hergestellt, so steht das Recht, Scheidung der Ehe zu verlangen, auch dem anderen Ehegatten zu." 3 .Zu §244. In den § 244 die Bestimmung einzufügen:
v.Mandry (Nr 179, 5)
„Ist die Scheidung auf Grund der im zweiten Absätze des § 243 enthaltenen Bestimmung erkannt worden, so ist an der Scheidung derjenige Ehegatte schuld, welcher die Scheidungsklage erhoben hat." II. Die §§ 242, 243 in folgender Weise zu fassen: v. Roth 1. den § 242: „Hat ein Ehegatte durch schwere Verletzung der ihm gegen den anderen Ehegatten obliegenden Pflichten, insbesondere durch Mißhandlungen oder durch ehrloses oder unsittliches Verhalten, eine tiefgehende Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses herbeigeführt, so kann der andere Ehegatte Klage auf zeitweise Trennung von Tisch und Bett erheben. Die zeitweise Trennung von Tisch und Bett darf nicht auf länger als zwei Jahre erkannt werden." 21
(Nr 182, 3)
§ § 1564—1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
2. den § 243: | Prot 17311
Kurlbaum (Nr 184, 2)
Kurlbaum (Nr 184, 2) Kurlbaum (Nr 186,1)
| „Hat in der Trennungszeit eine Wiedervereinigung der Ehegatten nicht stattgefunden, so kann nach Ablauf derselben, wenn eine Versöhnung vergeblich versucht worden ist, wiederholt auf zeitweise Trennung von Tisch und Bett oder wenn keine Aussicht auf Wiederherstellung eines dem Wesen der Ehe entsprechenden Verhältnisses vorhanden ist, auf Scheidung der Ehe erkannt werden." III. 1. Zu §242. a)Abs. 1 den Eingang zu fassen: „Jeder Ehegatte kann die Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft (Trennung von Tisch und Bett) verlangen, wenn der andere Ehegatte pp." b) zuzusetzen: „Die Trennung von Tisch und Bett kann jeder Ehegatte auch dann verlangen, wenn er nach den §§ 238, 239 die Scheidung zu verlangen berechtigt ist." c) Der zweiten Alternative des ersten Absatzes folgenden Ausdruck zu geben: „Ist nach den Umständen des Falles die Aussicht auf Herstellung der ehelichen Gemeinschaft ausgeschlossen, so kann auf Antrag des klagenden Ehegatten auf Scheidung erkannt werden."
Kurlbaum (Nr 184, 3)
2. Zu § 243. auf Trennung von Tisch und Bett erkannt, so kann der klagende Ehegatte nach Ablauf eines Jahres von der Rechtskraft des Urtheils an auf Grund des letzteren die Scheidung der Ehe verlangen, unbeschadet des Rechtes auf sofortige Scheidung in den Fällen der §§ 238, 239. Nach Ablauf von zwei Jahren von der Rechtskraft des Urtheils an kann der | Prot 17312 beklagte | Ehegatte ohne Rücksicht auf die erkannte Trennung Herstellung des ehelichen Lebens verlangen, sofern nicht der andere Ehegatte die Scheidung beantragt." ; Jst
Derscheid (Nr 185)
IV. 1. Zu § 242. Absatz 1. Den Nachsatz zu fassen: „so kann der letztere die Scheidung der Ehe verlangen." Absatz 2 zu streichen. Absatz 3. Die Worte: „Die zeitweise Trennung von Tisch und Bett bezw." und „zeitweise Trennung von Tisch und Bett bezw." zu streichen. 2. den § 243 und die späteren, auf die zeitweise Trennung von Tisch und Bett bezüglichen Bestimmungen zu streichen. Die Berathung führte zu folgenden Ergebnissen: 1. Die Präzisirung des dem § 242 zum Grunde liegenden, in der Sitzung vom 5. Dezember 1885 (Prot. S. 7275, 7276) im Allgemeinen von der Kommission bereits gebilligten Prinzips wurde unter Ablehnung des Antrags unter I, 1 a, welcher die Zulässigkeit der Scheidung wegen Verschuldens eines Ehegatten ex clausula generali auf solche Fälle zu beschränken bezweckt, in welchen der eine Ehegatte durch schwere Verletzung der ihm gegen den anderen Ehegatten auf Grund der Ehe obliegenden Pflichten eine tiefgehende Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses herbeigeführt hat, nach Maßgabe des Entwurfs dahin angenommen, daß, vorbehaltlich der Frage, ob und inwieweit zunächst nur auf zeitweise Trennung von Tisch und Bett | Prot 17313 zu erkennen sei, die Scheidung ex clausula | generali zulässig sein soll, wenn von einem der Ehegatten durch schwere Verletzung der ihm gegen den anderen Ehegatten obliegenden ehelichen Pflichten oder durch ehrloses oder unsittliches Verhalten, insbesondere durch entehrende Verbrechen oder Vergehen, welche er nach Einge22
7. Titel: Scheidung der Ehe
§ § 1564—1587
hung der Ehe begangen hat, eine so tiefgehende Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses verschuldet worden ist, daß dem anderen Ehegatten die Fortsetzung der Ehe nicht mehr zugemuthet werden kann. Doch wurde in Gemäßheit des Antrags unter I, 1 a (vgl. auch Antrag unter II, 1) mit Rücksicht auf das bestehende Recht und die praktische Wichtigkeit des Falles es als angemessen erachtet, als Beispiel einer schweren Verletzung der dem einen Ehegatten gegenüber dem anderen obliegenden ehelichen Pflichten schwere Mißhandlungen besonders hervorzuheben. Im Uebrigen war die Mehrheit der Ansicht, daß die Annahme des von dem Antrage unter I, 1 a vorgeschlagenen Prinzips, wenngleich zugegeben sein möge, daß, wenn man lediglich die Natur der Ehe als eines Rechtsverhältnisses ins Auge fasse, die rein juristische Betrachtung nicht über jenes Prinzip hinaus führe, aus den Gründen der Motive S. 1034 ff. namentlich deshalb keine Billigung verdiene, weil jenes Prinzip dem bestehenden Rechte und dem Bedürfnisse des praktischen Lebens nicht genügend Rechnung trage, zumal wenn man berücksichtige, daß nach den gefaßten Beschlüssen die Zahl der absoluten Scheidungsgründe nur eine sehr beschränkte sei. Dazu komme, daß, wenn man zugleich die sittliche Seite der Ehe ins Auge fasse, nicht zu verkennen sei, daß ein Ehegatte auch durch unsittliches oder ehrloses Verhalten, insbesondere durch entsprechende Verbrechen oder Vergehen, welche er nach Eingehung der Ehe begangen habe, eine so tiefgehende | Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses herbei- | Prot 17314 zuführen vermöge, daß dem anderen Ehegatten die Fortsetzung einer so innigen Gemeinschaft, wie die Ehe, nicht zugemuthet werden könne. Verletzte der Ehegatte in solchen Fällen auch direkt keine aus der Ehe fließenden Rechtspflichten, so lege er doch durch ein solches Verhalten gegenüber dem anderen Ehegatten eine mit dem Wesen der Ehe nicht vereinbare Lieblosigkeit und Rücksichtslosigkeit an den Tag. Anlangend den im § 242 Abs. 1 sich findenden, von den Anträgen unter I, 1 a, u. II, 1 dagegen nicht aufgenommenen, eine Verschärfung des Prinzips des § 242 enthaltenden Zusatz, daß die durch das Verschulden des einen Ehegatten herbeigeführte Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses eine so tiefgehende sein müsse, daß dem anderen Ehegatten die Fortsetzung der Ehe nicht zugemuthet werden könne, so erachtete die Mehrheit die Aufnahme jenes Zusatzes als angemessen, um dadurch den Grad der Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses und den Gesichtspunkt, daß die Ehe auch von dem subjektiven Standpunkte des klagenden Ehegatten aus eine zerrüttete sein müsse, schärfer hervortreten zu lassen (vgl. Motive S. 1037). 2. Die Anträge unter I, 1 a und unter II, 1, daß beim Vorhandensein eines relativen Scheidungsgrundes der berechtigte Ehegatte immer zunächst nur Klage auf Trennung von Tisch und Bett, nicht sofort auf Scheidung solle erheben können, wurde von der Mehrheit abgelehnt. Man erwog insbesondere: Das Prinzip der Relativität führe nicht zu dem Satze, daß unbedingt in allen Fällen zunächst nur auf Trennung von Tisch und Bett zu erkennen sei; vielmehr sei es prinzipiell gerechtfertigt, ausnahmsweise die sofortige Scheidung dann zuzulassen, wenn der Richter | die Ueber- | Prot 17315 zeugung gewinne, daß nach den Umständen des Falls keine Aussicht auf Wiederherstellung eines dem Wesen der Ehe entsprechenden Verhältnisses vorhanden sei. Daß solche Fälle vorliegen könnten, lasse sich nicht bestreiten. In solchen Fällen würde aber die zeitweise Trennung von Tisch und Bett, von den vermögensrechtlichen Verhältnissen der Ehegatten abgesehen, nur die Bedeutung eines Verbots der Wiederverheirathung auf gewisse Zeit haben. Berücksichtige man, daß die Zahl der absoluten Scheidungsgründe gegenüber dem geltenden Rechte erheblich beschränkt sei, so müsse es als bedenklich erachtet werden, bei den relativen Scheidungsgründen die Möglichkeit sofortiger Scheidung ohne zwingende praktische Gründe unbedingt auszuschließen. Solche Gründe seien aber nicht anzuerkennen. Es könne darauf 23
§ § 1564—1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
vertraut werden, daß die Gerichte an der H a n d des § 242 nur dann zur sofortigen Scheidung schreiten würden, wenn nach den Umständen des Falls die Aussicht auf Herstellung der ehelichen Gemeinschaft ausgeschlossen sei. 3. Abgelehnt wurde ferner der dem preußischen und dem französischen Rechte (Motive S. 1060) sich anschließende Antrag unter IV, 1. Die Mehrheit theilte nicht die dem Antrage zum Grunde liegende Auffassung, daß den Zwecken, welche der Entwurf durch das Institut der zeitweisen Trennung von Tisch und Bett zu erreichen beabsichtige, durch die Vorschrift des § 580 der C.P.O. in ausreichender Weise Rechnung getragen werde. Während der § 580 der C.P.O. nur dem Richter die Befugniß gebe, die Aussetzung des Verfahrens anzuordnen, wenn er die Ausführung der Parteien f ü r nicht unwahrscheinlich erachte, gewähre der § 242 dem Kläger das | Prot I 7316 Recht, zu verlangen, daß nicht sofort auf Scheidung, sondern | zunächst auf Trennung von Tisch und Bett erkannt werde. Dem Kläger ein solches Recht inzuräumen, entspreche einerseits dem eigenen Interesse des Klägers und andererseits dem öffentlichen Interesse an thunlichster Aufrechterhaltung der Ehe. Auch insofern bestehe ein Unterschied zwischen dem Entwürfe und dem § 580 der C.P.O., als der erstere davon ausgehe, daß regelmäßig zunächst auf Trennung von Tisch und Bett erkannt werden solle, während der § 580 der C.P.O. in dieser Hinsicht auf einer anderen Anschauung beruhe. Wenngleich sich nicht bestreiten lasse, daß das Institut der zeitweisen Trennung von Tisch und Bett auch große Mißstände zur Folge haben, insbesondere auf die wirtschaftlichen und moralischen Verhältnisse der Ehegatten und ihrer Familie nachtheilig einwirken könne (vgl. Motive S. 1062), so seien doch die hervorgehobenen mit dem Institute verbundenen Vortheile als überwiegend anzusehen, weshalb denn das Institut auch in verschiedenen neueren Gesetzgebungen (vgl. Motive S. 1059, 1060) Aufnahme gefunden habe. 497. Sitzung vom 9. 12. 1885, Schriftführer: | Prot 17317
Struckmann
| Die Berathung der §§ 242, 243 des Entwurfs des Familienrechts Abschnitt I Titel 4 N o . I „Scheidung und zeitweise Trennung der Ehe" wurde fortgesetzt. Dieselbe wandte sich
4. dem Abs. 2 des § 242 des Entw. zu. Der Entwurf und der Antrag unter II, 1 (mitgetheilt Prot. S. 7310) gehen davon aus, daß beim Vorhandensein eines relativen Scheidungsgrundes die nach Abs. 1 des § 242 regelmäßig zunächst zu erkennende Trennung von Tisch und Bett nur auf bestimmte Zeit, aber nicht auf längere Zeit, als zwei Jahre ausgesprochen werden darf. Dagegen soll nach dem Antrage unter I, 1 b und 2 (mitgetheilt Prot. S. 7309, 7310) auf Trennung von Tisch und Bett ohne eine vom Richter in dem Urtheile zu bestimmende Trennungszeit erkannt werden, nach | Prot 17318 Ablauf eines Jahres seit der Rechtskraft des Trennungsurtheils aber, | w e n n binnen dieser Frist eine Wiederherstellung des ehelichen Lebens nicht erfolgt ist, der Ehegatte, auf dessen Klage die Trennung von Tisch und Bett ausgesprochen worden ist, auf Grund des ergangenen Unheils die Scheidung der Ehe verlangen können, andererseits wenn binnen eines zweiten Jahres weder die Klage auf Scheidung erhoben noch das eheliche Leben wiederhergestellt ist, das Recht, Scheidung der Ehe zu verlangen, auch dem anderen Ehegatten zustehen. Auf demselben Boden steht auch der Antrag unter III, 2 (mitgetheilt Prot. S. 7311, 7312), jedoch mit dem Unterschiede, daß nach Ablauf von zwei Jahren von der Rechtskraft des Trennungsurtheils an der beklagte Ehegatte nicht die Scheidung der Ehe, sondern, ohne Rücksicht auf die erkannte Trennung, Herstellung des ehelichen Lebens soll verlangen können, sofern nicht der andere Ehegatte die Scheidung beantragt. Nach den beiden zuletzt 24
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§§ 1564-1587
erwähnten Anträgen dauert also die T r e n n u n g von Tisch und Bett, falls nicht vorher eine Wiedervereinigung der.Ehegatten stattfindet, k r a f t des Gesetzes mindestens ein Jahr, andererseits hat nach Ablauf dieser Frist der klagende Ehegatte und nach Ablauf eines zweiten Jahres auch der beklagte Ehegatte es in der H a n d , die Fortdauer der T r e n n u n g von Tisch u n d Bett auch gegen den Willen des anderen Ehegatten zu beseitigen. Die Mehrheit entschied sich, vorbehaltlich der bei der Berathung des § 243 beziehungsweise der §§ 259 ff. des Entw. zu entscheidenden Frage, welche W i r k u n g e n der Ablauf der Trennungszeit haben und ob insbesondere die an die T r e n n u n g von Tisch und Bett sich knüpfenden rechtlichen W i r k u n g e n mit dem Ablauf der Trennungszeit | ipso jure wegfallen sollen, f ü r den Abs. 2 des § 242 des | Prot 17319 Entw. M a n erwog, daß durch die Vorschläge der Anträge unter I und III der Richter in seinem Ermessen zu sehr beengt werde. D e m Prinzipe der Relativität entspreche es mehr, d e m Richter die Möglichkeit zu gewähren, je nach Lage der Sache die T r e n n u n g von Tisch und Bett auf eine kürzere oder auf eine längere Zeit als ein Jahr auszusprechen. Die Fälle k ö n n t e n so liegen, daß sich schon jetzt beurtheilen lasse, es werde binnen einer k ü r z e r e n Zeit sich entscheiden, ob eine Aussöhnung stattfinde, z. B. w e n n eine Untersuchung anhängig sei, deren Beendigung binnen kurzer Zeit in Aussicht stehe. U m g e k e h r t k ö n n e es in anderen Fällen angemessen sein, die T r e n nungszeit über ein J a h r hinaus zu erstrecken. Auch sei es im Interesse der Parteien wünschenswerth, die Trennungszeit im Urtheile zu bestimmen und dieselben darauf hinzuweisen, daß sie sich danach einzurichten hätten. Ferner k o m m e in Betracht, daß den neueren Gesetzgebungen eine T r e n n u n g von Tisch und Bett auf unbestimmte Zeit unbekannt sei und auch in den Gebieten des protestantischen Eherechts regelmäßig n u r auf bestimmte Zeit die T r e n n u n g von Tisch und Bett erkannt werde. Zudem erwecke eine Vorschrift, daß auf T r e n n u n g von Tisch und Bett ohne eine im Urtheile zu bestimmende Zeit zu erkennen sei, den äußeren Anschein, als ob der Sache nach das durch § 77 des Reichsgesetzes über die B e u r k u n d u n g des Personenstandes und die Eheschließung v o m 6. Februar 1875 abgeschaffte Institut der beständigen T r e n n u n g von Tisch und Bett wieder eingeführt w e r d e n solle. D a ß die T r e n n u n g von Tisch und Bett nicht | auf längere Zeit als zwei Jahre solle | Prot 17320 ausgesprochen werden d ü r f e n , sei aus den G r ü n d e n der Motive S. 1063, 1122 ff. zu billigen. 5. D e r Antrag unter III, 1 b (mitgetheilt Prot. S. 7311), zu bestimmen, daß jeder Ehegatte die T r e n n u n g von Tisch und Bett auch dann verlangen könne, wenn er nach den §§ 238, 239 des Entw. die Scheidung zu verlangen berechtigt sei, w u r d e abgelehnt. Die Mehrheit war mit den Motiven S. 1064 der Ansicht, daß, wenngleich sich nicht bestreiten lasse, daß auch beim Vorhandensein eines absoluten Scheidungsgrundes eine Aussöhnung der Parteien nicht unbedingt ausgeschlossen sei, doch die Ausdehnung des mit dem Prinzipe der Relativität im engen Z u s a m m e n h a n g e stehenden Instituts der T r e n n u n g von Tisch und Bett auf die absoluten Scheidungsgründe der 238, 239 des Entw. durch ein Bedürfniß u m so weniger geboten erscheine, als der § 580 der C . P . O . dem Richter, wenigstens w e n n die Ehescheidung nicht auf G r u n d eines Ehebruchs beantragt sei, die Befugniß gebe, geeignetenfalls die Aussetzung des Verfahrens a n z u o r d n e n . O h n e dringende G r ü n d e aber das Institut der T r e n n u n g von Tisch und Bett auch auf die absoluten Scheidungsgründe auszudehnen, sei im Hinblick auf die mit diesem Institute zugleich verbundenen Nachtheile und Gefahren (vgl. Motive S. 1062) bedenklich, zumal dasselbe in dieser Ausdehnung, abgesehen von dem sächs. G.B. § 1752, in den neueren Gesetzgebungen Aufnahme nicht gefunden habe. 25
§ § 1564—1587
| Prot 17321
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6. Der zu §240 des Entw. (Prot. S. 7286) be-|reits mitgeteilte, aber bis zur Berathung des § 242 ausgesetzte Antrag unter III, 3, die Vorschriften des § 240 Abs. 1 über den Wegfall des Scheidungsrechts durch Verzeihung in den Fällen der §§ 238, 239 des Entw. auch für die Fälle des § 242 für anwendbar zu erklären, fand die Zustimmung der Mehrheit. Man erkannte zwar an, daß der Wegfall des Scheidungsrechts durch Verzeihung in den Fällen des § 242 schon aus dem Prinzipe der Relativität abgeleitet werden könne (vgl. Motive S. 1122), glaubte jedoch, daß es im Interesse der Deutlichkeit des Gesetzes bei der Wichtigkeit der Frage und um Mißgriffen, namentlich einem argumentum e contrario aus dem § 240 Abs. 1 des Entw., zu begegnen, rathsam sei, den Satz, daß das Recht auf Scheidung auch in den Fällen des § 242 durch Verzeihung wegfalle, ausdrücklich auszusprechen. Zudem könne das Schweigen des Gesetzes zu dem Mißverständnisse führen, als ob wegen des Prinzips der Relativität die Verzeihung eines relativen Scheidungsgrundes dann nicht zu berücksichtigen sei, wenn dieselbe im konkreten Falle, weil vom Kläger gleich nachher bereut und zurückgenommen, die durch den Scheidungsgrund herbeigeführte Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses in Wirklichkeit gar nicht beseitigt habe. Bewirke aber die Verzeihung bei den absoluten Scheidungsgründen unbedingt den Wegfall des Scheidungsrechts, so müsse dies um so mehr bei den relativen Scheidungsgründen der Fall sein.
7. Zu dem Prot. S. 7286 mitgetheilten ebenfalls bis zur Berathung des § 242 | Prot 17322 Entw. ausgesetzten Antrage unter III, 2, die Vorschriften des | § 240 a über Präklusion des Scheidungsrechts durch Zeitablauf in den Fällen der §§ 238, 239 Entw. auch für die Fälle des § 242 für anwendbar zu erklären, war inzwischen Antrag eingebracht, die Bestimmung dahin zu fassen 1 : v. Weber
(Nr 188)
des die des der
„ D i e V o r s c h r i f t e n des § 2 4 0 a finden auch auf die Fälle des § 2 4 2 A n w e n d u n g .
Soweit jedoch Thatsachen, deren Benutzung als Scheidungsgrund durch Verzeihung oder Zeitablauf ausgeschlossen ist, nicht für sich allein, sondern in Verbindung mit anderen Thatsachen geltend gemacht werden, ist deren Berücksichtigung bei Beurtheilung des Scheidungsgrundes zulässig." Der vorstehende Antrag wurde angenommen. Anlangend den Abs. 1 des Antrags, so hielt die Mehrheit aus ähnlichen Gründen, wie diejenigen, welche zu dem obigen Beschlüsse unter 6 in Ansehung der Verzeihung geführt haben, es für bedenklich, mit dem Entwürfe (vgl. Motive S. 1122) im Hinblick auf das Prinzip der Relativität die Berücksichtigung des Zeitablaufs dem richterlichen Ermessen zu überlassen. Die Aufnahme der von der Kommission in der Sitzung vom 7. Dezember 1885 (Prot. S. 7293, 7294) bereits als sachlich richtig anerkannten Bestimmung im Abs. 2 des Antrages wurde wegen ihrer praktischen Wichtigkeit und zum Zwecke der Beseitigung von Zweifeln, welche aus dem Schweigen des Gesetzes sich ergeben könnten, allseitig gebilligt. Durch die Annahme des Antrags galt auch der zu § 240 des Entw. gestellte Antrag unter II, 2 (mitgetheilt Prot. S. 7286) als erledigt.
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Der metallographierte Antrag Nr. 188 von v. Weber lautet: „Die Vorschriften des § 240 a finden auch auf die Fälle des § 242 Anwendung. — Soweit jedoch Thatsachen, deren Benutzung als Scheidungsgrund durch den Ablauf der in § 240 a bestimmten sechsmonatigen Frist ausgeschlossen ist, nicht für sich allein, sondern in Verbindung mit anderen durch Ablauf jener Frist nicht ausgeschlossenen Thatsachen zur Unterstützung eines Scheidungsgrundes geltend gemacht werden, ist deren Berücksichtigung bei Beurtheilung des Scheidungsgrundes zulässig" (oder: „sind sie bei Beurtheilung des Scheidungsgrundes zu berücksichtigen").
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§ 1564-1587
| 8. Der zu § 240 des Entw. gestellte, aber bis zur Berathung des § 242 des Entw. | Prot 17323 ausgesetzte Antrag unter III, 1 b (mitgetheilt Prot. S. 7286) zu beschließen, daß, so lange die Ehegatten getrennt lebten, die im § 240 a bestimmte sechsmonatige Präklusivfrist nicht beginnen und nicht laufen solle, wurde abgelehnt. Die Mehrheit war der Ansicht, daß der Antrag, soweit derselbe bezwecke, daß jene Präklusivfrist auch dann nicht beginnen und laufen solle, wenn die Ehegatten faktisch getrennt lebten, um deswillen keine Billigung verdiene, weil er die faktische Trennung der Ehegatten begünstige, zudem die Feststellung des Anfangs und des Aufhörens des faktischen Getrenntlebens der Ehegatten zu praktischen Schwierigkeiten führe und durch die vorgeschlagene Bestimmung der Zweck der Vorschrift, daß das Scheidungsrecht durch Ablauf der Präklusivfrist ausgeschlossen werden solle, vereitelt zu werden drohe, wenn man erwäge, daß der Grund jener Vorschrift nicht lediglich auf der vermutheten Verzeihung, sondern zugleich auf dem Gesichtspunkte beruhe, daß der Bestand der Ehe nicht auf längere Zeit ein unsicherer sein dürfe (vgl. Motive S. 1101). Anlangend aber die Fälle, in welchen auf Trennung von Tisch und Bett erkannt sei, und in welchen während der Trennungszeit ein neuer Scheidungsgrund entstehe, so fehle es jedenfalls dann, wenn demnächst nach Maßgabe der Anträge unter I, 2 und III, 2 zu §243 des Entw. (Prot. S. 7309, 7310, 7311) beschlossen werden sollte, daß nach Ablauf der Trennungszeit der klagende Ehegatte auf Grund des Trennungsurtheils die Scheidung verlangen könne, an einem Bedürfnisse, für jene Fälle durch | eine besondere Bestimmung Vorsorge zu treffen. Aber auch wenn | Prot 17324 der § 243 nach Maßgabe des Entwurfs Annahme finden sollte, sei eine besondere Bestimmung in der hier fraglichen Richtung entbehrlich, da, wenn der klagende Ehegatte nach Maßgabe des § 243 in dem neuen Prozesse die Scheidung auf die in dem früheren Prozesse vorgebrachten Thatsachen solle stützen können, es als selbstverständlich zu betrachten sei, daß er zur Begründung der Klage auch die erst nach jenem Prozesse entstandenen neuen Scheidungsgründe benutzen könne. 9. Abgelehnt wurde ferner der Abs. 3 des § 242. Derselbe wurde zwar aus den Gründen der Motive S. 1044 ff. und in Konsequenz des Beschlusses, daß auch gegenüber der Klage auf Scheidung wegen Ehebruchs die Kompensationseinrede nicht zugelassen werden solle (Prot. S. 7282, 7283), sachlich gebilligt. Die Mehrheit erachtete jedoch die Aufnahme der Bestimmung als entbehrlich, da die Zulässigkeit der Kompensationseinrede wegen ihres positiven Charakters eine besondere Bestimmung voraussetze, in Ermangelung einer solchen die Unzulässigkeit jener Einrede daher selbstverständlich sei. 10. Man trat sodann in die Berathung des folgenden inzwischen eingebrachten v. Weber Antragsein: (Nr 188) Als § 243 a zu beschließen: „Ein Ehegatte kann zeitweise Trennung von Tisch und Bett auch dann verlangen, wenn zwar kein zur Scheidung der Ehe ausreichender Grund vorliegt, aber zwischen den Ehe-|gatten ernste, von dem anderen Ehegatten verschuldete Zerwürfnisse | Prot 17325 bestehen, oder wenn durch das Zusammenleben die Gesundheit oder das Leben des einen oder anderen Ehegatten oder der Kinder gefährdet erscheint. Die Vorschriften des § 242 Abs. 2 und des § 243 Satz 2 finden entsprechende Anwendung. Die Trennung von Tisch und Bett kann (in den Fällen des ersteren Absatzes) versagt werden, wenn die Ehegatten bereits längere Zeit von einander getrennt leben." 27
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1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
Der dem katholischen und protestantischen Eherechte, sowie einzelnen neueren Gesetzgebungen, insbesondere dem sächs. G.B. § 1754 (vgl. Motive S. 1059, 1060), sich anschließende Antrag wurde von der Mehrheit abgelehnt. Dieselbe verkannte zwar nicht, daß in solchen Fällen, in welchen kein zur Scheidung der Ehe ausreichender Grund vorliege, aber zwischen den Ehegatten ernste Zerwürfnisse beständen, eine zeitweise T r e n n u n g von Tisch und Bett als Aussöhnungsmittel unter Umständen heilsam wirken könne. Sie hielt jedoch die in den Motiven S. 1062 gegen die Aufnahme einer Bestimmung der hier fraglichen Art dargelegten Gründe für durchschlagend. Insbesondere war erwogen, daß die Ausdehnung des nicht selten auch von schädlichen Folgen begleiteten Instituts der zeitweisen Trennung von Tisch und Bett auf solche Fälle, in welchen ein zur Scheidung ausreichender Grund nicht vorliege, | Prot 17326 mit dem Grundsatze, daß eine Ehe nur aus wichtigen Gründen geschieden w e r - | den könne, nicht im Einklänge stehe und durch ein dringendes praktisches Bedürfniß, wenigstens vom Standpunkte des Entwurfs aus, welcher in vielen Fällen, in welchen nach dem katholischen und dem protestantischen Eherechte die zeitweise Trennung von Tisch und Bett als Ersatz der Scheidung diene, die Scheidung ex clausula generali nach Maßgabe des § 242 zulasse, nicht geboten sei. Ebensowenig könne die beantragte Bestimmung f ü r solche Fälle als ein Bedürfniß anerkannt werden, in welchen durch das Zusammenleben die Gesundheit oder das Leben des einen oder anderen Ehegatten oder der Kinder gefährdet erscheine, da in dieser Beziehung die allgemeinen Grundsätze, insbesondere das Recht eines Ehegatten, ohne richterliche Gestattung sich der ehelichen Gemeinschaft zu entziehen, wenn das Verlangen des anderen Ehegatten nach Herstellung derselben mit der rechten ehelichen Gesinnung nicht vereinbar sei (vgl. §§ 1245, 1246 der Zusst.), und auch während der Dauer einer solchen Trennung von dem anderen Ehegatten nach Maßgabe der allgemeinen Bestimmungen über die Unterhaltspflicht der Ehegatten die Gewährung des Unterhalts zu verlangen (Prot. S. 6115), sowie die Vorschriften über das Aufsichtsrecht des Vormundschaftsgerichts gegenüber dem Inhaber der elterlichen Gewalt (§ 363 des Entw.) den durch den Antrag bezweckten Schutz in ausreichender Weise gewährten. | Prot 17327
| 11. Der zu § 240 des Entw. gestellte, aber bis zur Berathung des § 242 ausgesetzte Antrag unter III, 1 a, im § 240 a Abs. 1 neben der Scheidungsklage auch die Klage auf T r e n n u n g von Tisch und Bett zu erwähnen (mitgetheilt Prot. S. 7286), hat durch den oben S. 7322 gefaßten Beschluß unter 7, die Vorschriften des § 240 a auch f ü r die Fälle des § 242 für anwendbar zu erklären, sachlich seine Erledigung gefunden. Zur Ergänzung der in der Sitzung vom 5. Dezember 1885 zu § 2 4 0 a beschlossenen Bestimmung unter 5 (Prot. S. 7290) hielt man es aber f ü r angemessen, um Zweifel abzuschneiden, jener Bestimmung, Fassung und Stellung vorbehalten, folgenden Zusatz beizufügen: „Dies gilt auch dann, wenn auf Trennung von Tisch und Bett geklagt ist und in demselben Rechtsstreite ein zur Zeit der Erhebung der Klage noch nicht präkludirter absoluter Scheidungsgrund geltend gemacht wird." Man war einverstanden, daß der Zusatz sachlich durch dieselben Gründe gerechtfertigt sei, auf welchen die bezeichnete, in der Sitzung vom 5. Dezember 1885 beschlossene Bestimmung beruhe (vgl. § 592 C.P.O. mit den §§ 574, 576 das.). 12. Die Berathung wandte sich darauf dem § 243 des Entw. (mitgetheilt Prot. S. 7309) zu. Es wurden folgende Beschlüsse gefaßt: a) Satz 1 des $ 243 wurde von der Mehrheit abgelehnt und statt dessen nach Maßgabe der Anträge unter I, 2 und III, 2 (mitgetheilt Prot. S. 7309, 7310; 7311) beschlossen, daß, wenn auf Trennung von Tisch und Bett erkannt sei, der klagende 28
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§ 1564-1587
Ehegatte nach Ablauf der im Urtheil bestimmten Trennungszeit auf Grund des Trennungsurtheils die Scheidung der Ehe verlangen könne. Erwogen war: Der Entwurf beruhe auf der Auffassung, daß der Rich-|ter, wenn derselbe auf | Prot 17328 Grund des § 242 nicht sofort auf Scheidung, sondern zunächst auf Trennung von Tisch und Bett erkenne, dadurch ausspreche, daß die Voraussetzungen der Scheidung auf Grund eines relativen Scheidungsgrundes zur Zeit noch nicht vorhanden seien. Durch das Trennungsurtheil sei zwar festgestellt, daß der beklagte Ehegatte durch eine unter die Bestimmungen des § 242 fallende Handlung eine so tiefgehende Zerrüttung der Ehe herbeigeführt habe, daß dem klagenden Ehegatten nach den Verhältnissen, wie sie gegenwärtig lägen, die Fortsetzung der Ehe nicht zugemuthet werden könne, nicht aber die zur Scheidung auf Grund eines relativen Scheidungsgrundes weiter erforderliche Thatsache, daß die Ehe als eine dauernd zerrüttete anzusehen, die Aussicht auf eine Aussöhnung der Parteien nach den Umständen des Falls ausgeschlossen sei. Um in dieser Beziehung für seine künftige Entscheidung feste Anhaltspunkte zu gewinnen, habe der Richter zunächst auf Trennung von Tisch und Bett erkannt und dadurch die Entscheidung über das Vorhandensein eines zur Scheidung ausreichenden Grundes zur Zeit abgelehnt. Nach dem Entwürfe habe mithin das Trennungsurtheil in Ansehung der in der Klage geltend gemachten relativen Scheidungsgründe zwar nicht formell, aber materiell den Charakter einer prozeßleitenden Verfügung, dem Beschlüsse vergleichbar, durch welchen das Gericht auf Grund des § 580 der C.P.O. die Aussetzung des Verfahrens anordnen, und erscheine der nach Ablauf der Trennungszeit von Neuem anhängig gemachte Scheidungsprozeß insoweit materiell als eine Fortsetzung des früheren Prozesses, in welchem das Trennungsurtheil ergangen sei. Auf der anderen Seite behandele dagegen der Entwurf den früheren Prozeß als einen durch das in demselben ergangene Urtheil nicht blos formell sondern auch materiell zum Abschluß gekommen insofern, als solche Thatsachen, welche der | Kläger oder der Beklagte in dem früheren | Prot 17329 Rechtsstreite nach Maßgabe des § 576 der C.P.O. hätte geltend machen müssen, aber nicht geltend gemacht habe, präkludirt sein sollten und der Kläger absolute Scheidungsgründe, welche durch das frühere Urtheil rechtskräftig zurückgewiesen seien, in dem neuen Prozesse nicht mehr solle geltend machen können (vgl. die Motive S. 1063, 1124, 1125). Dagegen gingen die Anträge unter I, 2 und III, 2 davon aus, daß durch das Trennungsurtheil das Vorhandensein eines nach Maßgabe des § 242 die Scheidung begründenden relativen Scheidungsgrundes rechtskräftig festgestellt und nur in Erwartung der Aussöhnung der Parteien zunächst auf Trennung von Tisch und Bett erkannt werde, in dem Sinne, daß, wenn diese Erwartung sich nicht erfülle, der klagende Ehegatte nunmehr im Wege einer neuen Klage auf Grund des Trennungsurtheils und des Ablaufs der Trennungszeit die Scheidung der Ehe verlangen könne. Materiell habe hiernach das Trennungsurtheil die Bedeutung eines bedingten Scheidungsurtheils. Diese letztere Art der Gestaltung, welche an die in mehreren Rechtsgebieten des protestantischen Eherechts, wenigstens früher, konstant befolgte Praxis anknüpfte, daß, wenn auf zeitweise Trennung von Tisch und Bett erkannt sei, in Ermangelung einer Aussöhnung der Ehegatten nach Ablauf der Trennungszeit nunmehr die Scheidung verlangt werden könne (vgl. Motive S. 1059; Anlage VII zu den Motiven S. 132; andererseits Entscheidung des Reichsgerichts in Civils. VI., 112, S. 371), und welche einen Vorgang in ähnlichen Bestimmungen des französischen Rechts habe (code Art. 310 und französisches Ehescheidungsgesetz vom 27. Juli 1884 — Nachträge zur Anlage VII der Motive S. 6 —; |vgl. auch |ProtI7330 altenburg. Eheordnung vom 13. Mai 1837 § 242 — Motive S. 1060 —; hess. Entw. II, 29
§ § 1564—1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
Art. 115 — Motive S. 1025 —), verdiene gegenüber dem Vorschlage des Entwurfs den Vorzug. Es sei zwar zuzugeben, daß der Entwurf dem Interesse der Aufrechterhaltung der Ehe insofern in größerem Umfange Rechnung trage, als nach demselben der Richter in der Lage sei, in dem neuen Prozesse solche in der Zwischenzeit zwischen dem Trennungsurtheile und dem neuen Prozesse in den Verhältnissen des Klagenden oder des beklagten Ehegatten eingetretene Änderungen zu berücksichtigen, welche für die Beurtheilung der Frage, ob die Ehe von dem subjektiven Standpunkte der Ehegatten aus noch gegenwärtig als eine zerrüttete erscheine, von Bedeutung sein könnten. Indessen könne darauf erhebliches Gewicht nicht gelegt werden. In der großen Mehrzahl der Fälle handele es sich bei der Gestaltung des Verfahrens nach dem Vorschlage des Entwurfs nur um die nochmalige Prüfung und Entscheidung derselben Fragen, welche bereits in dem Trennungsurtheile entschieden worden seien. Dies führe zu einer nicht wünschenswerten Vervielfältigung und Verlängerung der Scheidungsprozesse und stehe mit der Natur des Trennungsurtheils als eines wirklichen Urtheils nicht im Einklänge. Der Vorschlag des Entwurfs sei auch um deswillen bedenklich, weil derselbe, soviel die Anträge auf Trennung von Tisch und Bett betreffe, zu einer laxeren Praxis der Gerichte Veranlassung geben könne. Dazu komme die Besorgniß, daß die eigenthümliche Doppelnatur des Trennungsur| Prot 17331 theils im Sinne des Entwurfs eine Quelle von Streitfragen sein werde, während, | wenn man den Anträgen folge, das Verhältniß in einer einfachen und klaren Weise geregelt werde. b) Der in dem Antrage unter III, 2 (mitgetheilt Prot. S. 7311, 7312) vorgeschlagene Zusatz: „unbeschadet des Rechts auf sofortige Scheidung in den Fällen der §§ 238, 239" fand sachlich keinen Widerspruch; doch wurde die Frage, ob die Aufnahme des Zusatzes nöthig oder angemessen sei, der Prüfung bei der Redaktion überlassen. Einvernehmen herrschte, daß der Zusatz nur auf die durch den früheren Rechtsstreit nicht nach Maßgabe des § 576 der C.P.O. präkludirten absoluten Scheidungsgründe zu beziehen sei. Der Redaktion blieb vorbehalten, ob nicht der Zusatz eventuell in diesem Sinne zu verdeutlichen sei. c) Der Antrag unter I, 2 zu § 243 (mitgetheilt Prot. S. 7310), daß, wenn nach Ablauf der Trennungszeit der Ehegatte, auf dessen Klage die Trennung von Tisch und Bett ausgesprochen ist, die Klage auf Scheidung nicht erhoben hat, dem anderen Ehegatten nach Ablauf eines Jahres ebenfalls das Recht zustehen soll, die Scheidung zu verlangen, wurde abgelehnt, dagegen, Fassung vorbehalten, die Aufnahme folgender Bestimmung beschlossen: „Ist nach Ablauf der Trennungsfrist bei Passivität des Klägers von dem Beklagten auf Herstellung des ehelichen Lebens geklagt und demgemäß erkannt, so ist das Trennungsurtheil (als bedingtes Scheidungsurtheil) bezw. der Scheidungsgrund erloschen." Erwogen war: | Prot 17332
Der an ähnliche Vorschriften des französischen Rechts | (code civ. Art. 310 und französisches Ehescheidungsgesetz vom 27. Juli 1884; vergl. auch hess. Entw. II Art. 115 und über die frühere kurhessische Praxis Entsch. des R.G. in Civils. VI, 112, S. 371) sich anlehnende Antrag unter I, 2 gehe über den Zweck hinaus, wenn er nach Ablauf der Trennungszeit dem Beklagten ebenfalls ein Recht auf Scheidung gebe, um zu verhindern, daß die Trennung von Tisch und Bett im praktischen Resultate zu einer beständigen Trennung von Tisch und Bett werde. Durch das Trennungsurtheil, auch wenn man dasselbe materiell als bedingtes Scheidungsurtheil auffasse, solle nur dem klagenden Ehegatten ein Recht auf Scheidung nach Ablauf der Trennungszeit 30
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§ 1564-1587
beigelegt werden, da nur ihm ein materieller Scheidungsgrund zur Seite stehe. Dem Kläger müsse insbesondere das Recht verbleiben, einseitig auch gegen den Willen des Beklagten die Wirkungen des Trennungsurtheils als bedingten Scheidungsurtheils durch Verzeihung zu beseitigen. Das Bedenken, daß, wenn man dem Beklagten das Recht auf Scheidung nicht gebe, der Kläger es in der H a n d habe, das Resultat einer beständigen Trennung von Tisch und Bett herbeizuführen, könne als begründet nicht anerkannt werden. Nach Ablauf der Trennungszeit habe der Beklagte das Recht, die Herstellung des ehelichen Lebens zu verlangen. Der Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens könne der andere Ehegatte nach Ablauf der Trennungszeit auf Grund des Trennungsurtheils eine Einrede nicht mehr entgegensetzen. Ebensowenig könne derselbe den Scheidungsgrund, welcher zu dem Trennungsurtheile geführt habe, sofern der letztere nicht auf | einem noch gegenwärtig fortdauernden schuld- | Prot 17333 vollen Verhalten, sondern lediglich auf einer in der Vergangenheit liegenden Pflichtwidrigkeit des auf Herstellung des ehelichen Lebens klagenden Ehegatten beruhe, im Wege der Einrede geltend machen (vgl. Motive S. 1116, 257). Er könne nur seinerseits im Wege der Widerklage auf Grund des Trennungsurtheils Scheidung verlangen. Nach Maßgabe des Antrags unter III, 2 (mitgetheilt Prot. S. 7311, 7312) direkt auszusprechen, daß nach Ablauf der Trennungszeit der beklagte Ehegatte ohne Rücksicht auf die erkannte Trennung Herstellung des ehelichen Lebens verlangen könne, wenn der andere Ehegatte die Scheidung nicht beantrage, sei entbehrlich, da selbstverständlich, überdies aber bedenklich, weil dadurch der Anschein erweckt werden könnte, als ob dem beklagten Ehegatten hier ein von den allgemeinen Grundsätzen abweichendes besonderes Recht auf Herstellung des ehelichen Lebens, namentlich ohne Rücksicht auf die nach den allgemeinen Grundsätzen etwa begründete Einrede der Lieblosigkeit habe eingeräumt werden sollen. Dagegen sei es angemessen, die der Sachlage entsprechende Bestimmung aufzunehmen, daß, wenn nach Ablauf der Trennungszeit von dem beklagten Ehegatten die Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens erhoben und demgemäß erkannt sei, daß Trennungsurtheil bezw. der Scheidungsgrund, welcher zu dem Trennungsurtheile geführt habe, nicht mehr geltend gemacht werden könne, da sich in Zweifel ziehen lasse, ob diese Bestimmung schon aus den allgemeinen Grundsätzen, insbesondere dem § 576 | der | Prot 17334 C.P.O. abzuleiten sei. d) Dem beklagten Ehegatten soll das Recht, die Herstellung des ehelichen Lebens zu verlangen, sofort mit Ablauf der Trennungszeit, nicht erst nach Ablauf eines Jahres nach Ablauf der Trennungszeit (vgl. Antrag unter III, 2) zustehen. Die Mehrheit war der Ansicht, daß kein Bedürfniß vorliege, durch eine positive Vorschrift das Recht des Beklagten noch weiter hinauszuschieben und auf diese Weise dem Kläger noch eine weitere Ueberlegungsfrist, ob er zur Scheidung schreiten solle, einzuräumen. Eine solche Vorschrift sei um so weniger zu empfehlen, als dadurch ein eigenthümlicher, besonderer Regelung bedürfender Zwischenzustand geschaffen werden würde. e) D a ß der auf das Trennungsurtheil und den Ablauf der Trennungszeit sich gründenden Scheidungsklage nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 570 ff. der C.P.O. ein Sühneversuch vorhergehen müsse (vgl. Antrag unter II, 2 zu § 243, mitgetheilt Prot. S. 7310), erachtete man im Hinblick darauf, daß der Antrag auf Scheidung sich als eine neue Klage darstelle, als selbstverständlich. f) Der Antrag unter III, 3 zu § 240 (mitgetheilt Prot. S. 7286), die Vorschrift des § 240 Abs. 1 über den Wegfall des Scheidungsrechts durch Verzeihung auch für den Fall des § 243 f ü r anwendbar zu erklären, wurde in Konsequenz des Beschlusses, daß 31
§ § 1564—1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehfe
| Prot 17335 auf Grund des Trennungsurtheils | und des Ablaufs der Trennungszeit der Kläger die Scheidung verlangen könne, allseitig gebilligt. Die Stellung der Bestimmung blieb der Redaktion vorbehalten. g) Satz 2 des § 243 d. E. wurde von der Mehrheit abgelehnt, da die Bestimmung zu den zum ersten Satze des § 243 gefaßten Beschlüssen nicht passe, auch im Hinblick auf den § 580 der C.P.O. als bloßes Aussöhnungsmittel durch ein Bedürfniß nicht geboten werde. h) Im Laufe der Berathung wurde noch folgender Antrag eingebracht: Zu §§ 242, 243 zu beschließen: „In den auf die Vorschriften des § 242 oder des § 243 sich gründenden Prozessen finden die Vorschriften des § 580 C.P.O. keine Anwendung." Die Mehrheit entschied sich für die Ablehnung des Antrags. Sie ging davon aus, daß der § 580 der C.P.O. auch in den Fällen der §§ 242, 243 neben dem Institute der zeitweisen Trennung von Tisch und Bett praktische Bedeutung behalte. Der Richter könne es nach den Umständen des Falls als angemessen erachten, von der Befugniß des § 580 der C.P.O. schon vor dem Trennungsurtheil, ehe auf die Sache näher eingegangen werde, Gebrauch zu machen. Auch in dem Falle des § 243 könne die Maßregel sich namentlich dann als nützlich erweisen, wenn der Richter die Ueberzeugung gewinne, daß die in dem Trennungsurtheil bestimmte Frist nach der jetzi| Prot 17336 gen Lage der Sache als zu | kurz bemessen sich herausstelle. Die Annahme des Antrags empfehle sich um so weniger, als der § 580 der C.P.O. in Ansehung der absoluten Scheidungsgründe doch beibehalten werden müsse. Die Besorgniß, daß die Beibehaltung des § 580 auch f ü r die Fälle der §§ 242,243 dahin führen könne, daß die Scheidung allzuweit hinausgeschoben werde, sei als begründet nicht anzuerkennen. Uebergegangen wurde darauf zur Berathung des § 244 d. E. Der § 244 lautet: TE-FamR „Wird auf Scheidung erkannt, so ist zugleich in dem Scheidungsurtheile auszu§ 244 sprechen, daß derjenige Ehegatte, gegen welchen auf Scheidung erkannt wird, und, wenn beide Ehegatten auf Scheidung geklagt haben und sowohl die eine als die andere Klage begründet erscheint, jeder der Ehegatten an der Scheidung Schuld sei. Letzteres gilt auch dann, wenn der Beklagte, welcher seinerseits die Scheidung zu verlangen berechtigt wäre, ohne einen dahin gehenden Antrag zu stellen, auf Grund der zur Begründung desselben dienenden Thatsachen nur beantragt hat, f ü r den Fall, daß die Scheidung auf Grund der Klage ausgesprochen werden sollte, zu erkennen, daß auch der Kläger an der Scheidung Schuld sei. Ein solcher Antrag ist selbst dann zulässig, wenn der Beklagte sein Recht auf Scheidung durch Verzeihung oder Verzicht verloren hat, diese Verzeihung oder dieser Verzicht aber erst nach Entstehung des vom Kläger geltend gemachten Scheidungsgrundes erfolgt ist." | Prot 17337
| Dazu lfig außer dem zu den §§ 242, 243 d. E. Prot. S. 7310 bereits mitgetheilten Antrage unter I, 3, welcher indessen durch die zu § 243 Satz 1 gefaßten Beschlüsse seine Erledigung gefunden hat, folgender Antrag vor: Die Zwischensätze zu fassen: Kurlbaum a) Abs. 1 Satz 1: „ein jeder der Ehegatten auf Scheidung oder der eine auf (Nr 186,2) Scheidung, der andere auf Trennung von Tisch und Bett geklagt hat und die Klage eines jeden der Ehegatten f ü r begründet erachtet wird," b) Abs. 1 Satz 2: „wenn der Beklagte, welcher seiner Seits die Scheidung oder die T r e n n u n g von Tisch und Bett zu verlangen berechtigt wäre pp.," c) Abs. 2: „wenn der Beklagte sein Recht auf Scheidung oder auf T r e n n u n g von Tisch und Bett durch Verzeihung oder durch Unterlassen der Rechtsverfolgung verloren hat, dieser Verlust aber pp." 32
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§1564-1587
D e r § 244 d. E. w u r d e aus den G r ü n d e n der Motive S. 1126 ff. sachlich gebilligt. M a n w a r ferner einverstanden, daß, namentlich nachdem beschlossen w o r d e n sei, daß das Trennungsurtheil in den Fällen des § 242 materiell die Bedeutung eines bedingten Scheidungsurtheils haben solle, nach Maßgabe des gestellten Antrags, vorbehaltlich der Fassung, in dem § 244 auch das Recht auf T r e n n u n g von Tisch und Bett zu berücksichtigen sei, vorausgesetzt, daß überhaupt auf den Antrag des einen oder anderen Ehegatten auf Scheidung erkannt werde. M a n überzeugte sich weiter, daß im Abs. 2 des § 244 der Verzicht u n e r w ä h n t bleiben müsse, da beschlossen w o r d e n sei, | die Frage, ob auf einen Scheidungsgrund rechtsgeschäftlich verzichtet | Prot 17338 werden könne, im Gesetze nicht zu entscheiden (vgl. Beschluß zu § 240 Abs. 1 Prot. S. 7288). Auch herrschte Einvernehmen, daß im § 244 Abs. 2 der Verzeihung die Präklusion durch Zeitablauf gleichzustellen sei. Im Z u s a m m e n h a n g e mit dem § 244 kam noch zur Sprache, d a ß der Entwurf mit der Scheidung f ü r den schuldigen Theil nur die in den §§ 249—257 bezeichneten Nachtheile verbinde, derselbe insbesondere keinen Anspruch des unschuldigen Theils auf Leistung des Interesse oder auf eine A b f i n d u n g — abgesehen von dem in den §§ 250—255 d. E. geregelten Unterhaltsanspruche desselben — anerkenne und f ü r den Fall, daß Gütergemeinschaft bestanden habe, besondere Nachtheile nicht bestimme (vgl. Motive S. 1068 — 1080). Man w a r mit dem E n t w ü r f e aus den G r ü n d e n der Motive einverstanden, daß weitere Nachtheile, als der Entwurf vorschlage, vorbehaltlich der späteren P r ü f u n g im Einzelnen und vorbehaltlich der durch einen bereits gestellten A n t r a g angeregten Frage, ob nicht nach Analogie der f ü r den Fall des Verlöbnißbruchs beschlossenen Bestimmungen dem unschuldigen Theile in gewissem U m f a n g e ein Anspruch auf Ersatz des negativen Interesse zu geben sein werde, mit der Scheidung nicht zu verbinden seien. Auch f a n d e n die Ausführungen der Motive S. 1081 —1086, daß von besonderen öffentlichen Strafen f ü r den schuldigen Theil — abgesehen von dem § 172 des St.G.B. —, sowie von einem über den Fall des § 1209 der Zusst. hinausgehenden Verbote der Wiederverheirathung f ü r den schuldigen Theil a b - | zusehen sein werde, die Billigung der Kommission. | Prot 17339
498. Sitzung vom 11. 12. 1885, Schriftführer:
Struckmann
| Die Berathung des Entwurfs des Familienrechts Abschnitt I Titel 4 N o . I „Schei- | Prot 17341 dung und zeitweise T r e n n u n g der E h e " w u r d e fortgesetzt. D e r § 245 des Entwurfs lautet: „Wird wegen Ehebruchs auf Scheidung erkannt, so ist in der Urtheilsformel des TE-FamR Scheidungsurtheils, sofern die Verhandlungen dies ergeben, die Person des Mit- S 2 4 5 schuldigen zu bezeichnen, dessen Ehebruch der G r u n d der Scheidung ist. W e n n derjenige Ehegatte, gegen welchen auf Scheidung wegen Ehebruchs erkannt ist, das Urtheil lediglich deshalb anfechten will, weil die in dem Urtheile bezeichnete Person als Mitschuldiger des Ehebruchs festgestellt worden sei, so ist das Rechtsmittel nicht gegen den anderen Ehegatten, sondern gegen die Staatsanwaltschaft als Gegenpartei zu erheben." | D a z u lagen folgende Anträge vor: | Prot 17342 1. von Seiten des R e f e r e n t e n : dem Abs. 1 des § 245 mit Rücksicht auf den § 1209 der Zusst. folgende Fassung zu geben: „In dem Urtheile, durch welches eine Ehe wegen Ehebruchs geschieden wird, ist dieser Ehebruch als G r u n d der Scheidung u n d , sofern die Verhandlungen dies 33
§§ 1564-1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
ergeben, die Person desjenigen, mit welchem der Ehegatte des Ehebruchs sich schuldig gemacht hat, festzustellen." Kurlbaum (Nr 186, 3)
2. § 245 Abs. 1 als Ordnungsvorschrift zu fassen: so soll — bezeichnet werden. Abs. 1 des § 245, welcher die Durchführung des im § 1209 der Zusst. bestimmten Eheverbots zu sichern bezweckt, fand sachlich keinen Widerspruch. Auch herrschte Einvernehmen, daß die Vorschrift des Abs. 1 lediglich die Bedeutung einer Ordnungsvorschrift habe. Anlangend die Fassung, so gab die Mehrheit dem Antrage unter 2 den Vorzug. Sie war der Ansicht, daß, wenngleich, um das Eheverbot des § 1209 der Zusst. zu begründen, die Bezeichnung desjenigen, mit welchem der beklagte Ehegatte des Ehebruchs sich schuldig gemacht habe, in der Urtheilsformel des Scheidungsurtheils nicht erfolgt zu sein brauche (vgl. Prot. S. 5885), es doch im Interesse der Erleichterung des Dienstes der Standesbeamten angemessen erscheine, den Richter anzuweisen, die Person des mitschuldigen Dritten in der Urtheilsformel zu bezeichnen.
Abs. 2 des § 245 wurde von der Mehrheit abgelehnt. Sie war der Ansicht, daß die vorgeschlagene dem geltenden Rechte unbekannte und zudem einen kasuistischen | Prot 17343 Charakter an sich tragen-1 de positive Bestimmung, daß in dem vorausgesetzten Falle das Rechtsmittel nicht gegen den anderen Ehegatten, sondern gegen die Staatsanwaltschaft als Gegenpartei erhoben werden müsse, durch ein dringendes Bedürfniß nicht geboten, auch von dem Gesichtspunkte aus nicht ohne Bedenken sei, daß unter Umständen auch der klagende Ehegatte ein Interesse daran haben könne, daß es in der hier fraglichen Beziehung bei der in dem Scheidungsurtheile erfolgten Feststellung verbleibe. Ob der Beklagte, wenn er im Uebrigen bei dem ergangenen Urtheile sich beruhigen wolle, nach allgemeinen Grundsätzen befugt sei, das Urtheil lediglich in der im Abs. 2 des § 245 bezeichneten Richtung durch Rechtsmittel gegenüber dem anderen Ehegatten anzugreifen, könne unbedenklich der Jurisprudenz überlassen werden. Eventuell gewähre auch die nach dem § 1216 der Zusst. zulässige Dispensation von dem hier in Rede stehenden Eheverbote die Möglichkeit, die Folgen einer etwa irrthümlich in dem Urtheil erfolgten Bezeichnung des mitschuldigen Dritten zu beseitigen. Die Berathung wandte sich darauf dem Antrage zu, die Zulassung der Scheidung wegen Geisteskrankheit eines Ehegatten nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu beschließen: v. Weber § 245 a. „Ein Ehegatte kann die Scheidung der Ehe verlangen, wenn der andere (Nr 187) Ehegatte während der Ehe in eine Geisteskrankheit von der Beschaffenheit verfallen ist, daß (ihm das Bewußtsein der Ehe fehlt oder daß) seine dauernde Unterbringung | Prot 17344 in einer | für Geisteskranke bestimmten Anstalt (oder „Irrenanstalt") nicht nöthig macht, und (in beiden Fällen) von den Aerzten einer für Geisteskranke bestimmten öffentlichen Anstalt („öffentlichen Irrenanstalt") auf Grund eigener Beobachtung bezeugt wird, daß die Aussicht auf Beseitigung dieses Zustandes ausgeschlossen ist. Die Vorschriften des § 244 finden (in diesem Falle) keine Anwendung." § 255 a. „Ist die Ehe wegen Geisteskrankheit geschieden worden, so steht dem geisteskranken Ehegatten ein Unterhaltsanspruch nach Maßgabe der Vorschriften der 251 bis 255 gegen den anderen Ehegatten zu." Für den Antrag wurde namentlich Folgendes geltend gemacht: Die Zulässigkeit der Scheidung wegen Geisteskrankheit eines Ehegatten sei, wenn auch die Voraussetzungen dieses Scheidungsgrundes zum Theil verschieden geregelt seien, in großen Rechtsgebieten geltendes Recht. Bei Aufstellung der Scheidungsgründe dürfe die 34
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§ 1564-1587
Gesetzgebung sich nicht lediglich von idealen Gesichtspunkten leiten lassen, vielmehr habe dieselbe hierbei auch die realen Verhältnisse und die Bedürfnisse des Lebens zu berücksichtigen. Sei der Zustand des geisteskranken Ehegatten ein solcher, daß dem letzteren das Bewußtsein der Ehe fehle, oder habe die Krankheit einen solchen Grad erreicht, daß die dauernde Unterbringung des geisteskranken Ehegatten in einer für Geisteskranke bestimmten Anstalt sich nöthig mache und werde von den Aerzten einer für Geisteskranke bestimmten öffentlichen Anstalt auf Grund eigener Be-| obachtung bezeugt, daß die Aussicht auf Beseitigung dieses Zustandes | Prot 17345 ausgeschlossen sei, so habe der Staat von seinem Standpunkte aus keine Veranlassung, dem anderen Ehegatten die Fortsetzung der Ehe als eine Rechtspflicht aufzuerlegen, da in den bezeichneten Fällen die Zwecke der Ehe nicht mehr erreicht werden könnten, die Ehe als eine zerrüttete sich darstelle. Für den geisteskranken Ehegatten habe in solchen Fällen die Fortsetzung der Ehe, abgesehen von der Unterhaltspflicht des anderen Ehegatten, keinen Werth. Dagegen habe der andere Ehegatte und vom sozialpolitischen Standpunkte aus auch der Staat ein erhebliches beachtenswerthes Interesse daran, daß in solchen Fällen das nur der Form nach noch bestehende Band der Ehe gelöst werden könne, im Hinblick auf die wirtschaftlichen Nachtheile und die sittlichen Gefahren, welche dem anderen Ehegatten und den Kindern drohten, wenn ersterer durch Versagung des Scheidungsrechts gehindert werde, eine neue Ehe einzugehen. Diese sozialpolitischen Bedenken verdienten um so größere Beachtung, als die Zahl der Fälle der Geisteskrankheiten erfahrungsmäßig zugenommen habe. Auf die Möglichkeit, daß der geisteskanke Ehegatte nach erfolgter Scheidung wieder gesunde, könne die Gesetzgebung, wenn im Uebrigen die Zulassung der Scheidung wegen Geisteskrankheit im öffentlichen Interesse liege, keine Rücksicht nehmen, da derartige Fälle nur selten vorkommen würden, wenn die Scheidung von den in dem Antrage vorgeschlagenen Voraussetzungen abhängig gemacht werde. Die Mehrheit verkannte nicht das Gewicht der Gründe, welche namentlich vom sozialpolitischen Stand-1 punkte aus für die Zulassung der Scheidung wegen Geistes- | Prot 17346 krankheit sprächen; sie vermochte sich jedoch nicht davon zu überzeugen, daß diese Gründe erheblich genug seien, um eine Ausnahme von dem beschlossenen Prinzipe, daß die Scheidung nur wegen Verschuldens eines Ehegatten zulässig sein solle, zu rechtfertigen, hielt vielmehr die in den Motiven S. 1053—1055 gegen die Zulassung der hier fraglichen Ausnahme dargelegten Gründe für überwiegend und lehnte deshalb den Antrag ab. Insbesondere war erwogen, daß, auch wenn man auf die aus dem Wesen der Ehe sich ergebenden ethischen Bedenken gegen die Anerkennung der Geisteskrankheit als eines Scheidungsgrundes, möge dieselbe in der einen oder der anderen Form auftreten, entscheidendes Gewicht nicht legen wollte, die Zulassung dieses Scheidungsgrundes doch daran scheitern müsse, daß die Voraussetzungen desselben, wenn man ihm nicht eine Ausdehnung gebe, welche mit der auf den geisteskranken Ehegatten zu nehmenden Rücksicht und mit dem öffentlichen Interesse, das Ansehen und die Würde der Ehe nicht zu erschüttern, nicht vereinbar sein würde, sich in einer den verschiedenen Rücksichten und Interessen gleichmäßig Rechnung tragenden Art nicht feststellen ließen. Insbesondere lasse sich eine Grenzlinie zwischen den verschiedenen Formen der Geisteskrankheiten nicht ziehen und sei es praktisch nicht ausführbar, diejenigen Fälle, in welchen durch die Geisteskrankheit jede geistige Gemeinschaft aufgehoben werde, der geisteskranke Ehegatte als geistig todt zu betrachten sei, von anderen Fällen zu sondern. Auch der Antrag gewähre in dieser Hinsicht keine geeignete Grundlage. Die Voraussetzungen, von welchen derselbe die Scheidung abhängig mache, | seien zu unbestimmt und ermög- | Prot 17347 35
§ § 1564— 1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
lichten die Scheidung wegen Geisteskrankheit auch in solchen Fällen, in welchen die Scheidung sich als eine nicht zu rechtfertigende H ä r t e gegen den geisteskranken Ehegatten darstelle und als solche von demselben auch empfunden werden könne. Wollte man darauf allein das entscheidende Gewicht legen, daß unter den in dem Antrage bezeichneten Voraussetzungen die Annahme gerechtfertigt sei, daß die häusliche Gemeinschaft dauernd nicht mehr stattfinden und der geisteskranke Ehegatte dauernd die Pflichten eines Ehegatten nicht mehr erfüllen könne, so würde die Konsequenz dahin führen, die Scheidung auch wegen anderer unheilbarer Krankheiten eines Ehegatten zuzulassen, welche denselben dauernd an der Erfüllung seiner Pflichten hinderten. Um so bedenklicher würde es sein, mit dem Antrage die Zulässigkeit der Scheidung wegen Geisteskrankheit davon abhängig zu machen, ob die dauernde Unterbringung des geisteskranken Ehegatten in einer für Geisteskranke bestimmten Anstalt sich nöthig mache, als eine solche absolute Nothwendigkeit in Ermangelung positiver Vorschriften zu verneinen sei und die öffentlich-rechtlichen Vorschriften über die Zulässigkeit beziehungsweise Nothwendigkeit der Unterbringung eines Geisteskranken in einer solchen Anstalt in den einzelnen Bundesstaaten verschieden seien und sich daraus eine Verschiedenheit des Rechts in Ansehung der Zulässigkeit der Scheidung wegen Geisteskrankheit in den verschiedenen Bundesstaaten ergeben könnte. TE-FamR § 246 | Prot 17348 Kurlbaum (Nr 186,4)
Die Berathung wandte sich darauf dem § 240 des Entwurfs zu. Derselbe lautet: „Auf die Geltendmachung des Scheidungs-| rechts finden die Vorschriften des § 53 Abs. 1 und 2 entsprechende Anwendung." Dazu war der Antrag gestellt, den § 246 dahin zu fassen: „Auf den Rechtsstreit, welcher die Scheidung oder die Trennung von Tisch und Bett zum Gegenstande hat, finden die Vorschriften des § 1226 N o . 1, 2 (Zusst.) mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß die Klage von dem gesetzlichen Vertreter eines geschäftsunfähigen Ehegatten nicht erhoben werden kann."
Der Antrag, welcher unter Berücksichtigung der f ü r die auf Anfechtung der Ehe gerichteten Klage in der hier fraglichen Richtung beschlossenen Bestimmungen (§ 1239 der Zusst.), im Uebrigen sachlich dem Entwürfe sich anschließt, wurde allseitig gebilligt. Man war einverstanden, daß neben der f ü r entsprechend anwendbar erklärten Vorschrift des § 1226 N o . 1 der Zusst., aus welcher sich ergebe, daß der in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Ehegatte in Ansehung des Scheidungsprozes| Prot 17349 ses prozeßfähig sei, eine besondere Bestimmung, | daß der in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Ehegatte zur Ausübung des Scheidungsrechts nicht der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters bedürfe, nicht erforderlich sei, da die Ausübung des Scheidungsrechts in der Erhebung der Scheidungsklage bestehe. Wenn, so viel die Anfechtung der Ehe betreffe, neben der dem Antrage entsprechenden Vorschrift des § 1239 Abs. 2 der Zusst. im § 1237 der Zusst. bestimmt worden sei, daß der anfechtungsberechtigte, in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Ehegatte zu der Ausübung des Anfechtungsrechts nicht der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters bedürfe, so habe dies darin seinen Grund, daß die Anfechtung der Ehe durch die in der Erhebung der Anfechtungsklage liegende Willenserklärung erfolge und das auf die Anfechtungsklage ergehende Urtheil, welches der Klage stattgebe, wenngleich bis zur Rechtskraft desselben die Ehe als gültig behandelt werde, die Bedeutung eines Feststellungsurtheils habe, daß die Anfechtung begründet gewesen sei, während das Scheidungsurtheil umgekehrt einen konstitutiven Charakter habe. Dazu komme, daß, wenn die Ehe durch den Tod des nicht anfechtungsberechtigten Ehegatten 36
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§ 1564-1587
aufgelöst sei, die A n f e c h t u n g nach § 1238 Abs. 1 der Zusst. überhaupt nicht in der Form der E r h e b u n g der Anfechtungsklage, sondern durch eine bei dem zuständigen Nachlaßgerichte abzugebende Willenserklärung erfolge. Bei der Berathung des § 1249 der Zusst. ist vorbehalten w o r d e n , diesem Paragraphen eine dem § 246 des Entwurfs entsprechende Bestimmung f ü r den Fall beizufügen, daß der § 246 a n g e n o m m e n werde (Prot. S. 6107—6109). Z u r Erledigung dieses Vorbehalts wurde beschlossen, im Eingange des § 1249 | der Zusst. folgende Bestim- | Prot 17350 m u n g einzuschalten: „Wird auf Herstellung des ehelichen Lebens geklagt, so finden die Vorschriften des § 1226 N o . 1, 2 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß die Klage von dem gesetzlichen Vertreter eines geschäftsunfähigen Ehegatten nicht erhoben werden kann." Man überzeugte sich, daß auch das Recht auf Herstellung des ehelichen Lebens, wenigstens in der großen Mehrzahl der Fälle, einen höchstpersönlichen C h a r a k t e r habe und eine Unterscheidung zwischen den verschiedenen möglichen Fällen praktisch nicht d u r c h f ü h r b a r , auch wegen der sonst nothwendig werdenden Kasuistik mißlich sei. U m so unbedenklicher sei es, auch dem gesetzlichen Vertreter eines geschäftsunfähigen Ehegatten die Erhebung der Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens nicht zu gestatten, als einerseits nach dem § 1249 der Zusst. die E r z w i n g u n g der Herstellung des ehelichen Lebens, zu welcher ein Ehegatte verurtheilt sei, nicht stattfinde, andererseits die Klage auf G e w ä h r u n g des Unterhalts selbstverständlich von dem gesetzlichen Vertreter des geschäftsunfähigen Ehegatten gegen den anderen Ehegatten, welcher die Herstellung des ehelichen Lebens verweigere, erhoben werden könne. Vorbehalten blieb die Beschlußfassung darüber, ob die zu § 246 des Entw. u n d zu § 1249 der Zusst. beschlossenen Verfahrensvorschriften demnächst in das Einführungsgesetz oder in ein Gesetz über Revision der C.P.O. a u f z u n e h m e n seien (vergl. die N o t e zu § 1226 der Zusst.). D e r § 247 des Entwurfs, welcher lautet: TE-FamR „Ist eine Ehe rechtskräftig geschieden, so ist nach Maßgabe des § 39 zu verfahren. § 247 | Ist die E h e f r a u f ü r den schuldigen Theil erklärt, so hat der Standesbeamte bei | Prot 17351 Eintragung des Scheidungsurtheils auch dies zu vermerken." w u r d e in Gemäßheit eines auf Streichung gerichteten Antrags aus ähnlichen G r ü n d e n , wie diejenigen, welche zur Ablehnung des § 39 des Entwurfs g e f ü h r t haben (vergl. Prot. S. 5941), hier gestrichen. M a n w a r insbesondere einverstanden, daß auch die im Abs. 2 des § 247 vorgeschlagene Bestimmung als eine Verfahrensvorschrift dem Personenstandsgesetze angehöre und die Angemessenheit derselben eventuell bei der Revision dieses Gesetzes zu p r ü f e n sein werde.
Gebhard (Nr 181,2)
Zu dem § 248 des Entwurfs, dessen W o r t l a u t dahin geht: „Mit der Rechtskraft des die Scheidung aussprechenden U n h e i l s hören die rechtliehen W i r k u n g e n der Ehe auf." w a r folgender A n t r a g gestellt: a) dem § 1301 Zusst. zuzusetzen: „Wird die Ehe auf Antrag der E h e f r a u geschieden, so ist das Ehegut in dem Zustande zurückzugewähren, in welchem es sich befand, als das die Scheidung aussprechende Urtheil verkündet wurde." b) dem § 1350 Zusst. zuzusetzen: „Wird die Ehe geschieden, so kann der klagende Ehegatte verlangen, daß bei der Auseinandersetzung der Zustand zu G r u n - | d e gelegt werde, in welchem sich das Gesammtgut befand, als das die Scheidung aussprechende Urtheil verkündet w u r d e . "
TE-FamR § 248
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Kurlbaum (Nr 190,1)
| Prot 17352
§ § 1564—1587
| Prot 17353
| Prot 17354
TE-FamR § 249 v. Mandry (Nr 189,1)
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
Der § 248 wurde aus den Gründen der Motive S. 1130 ff. sachlich allseitig gebilligt. Einvernehmen herrschte, daß durch den § 248 die Bestimmung des § 34 K.E. nicht berührt werde, nach welcher die an das Schwägerschaftsverhältniß geknüpften rechtlichen Wirkungen, soweit nicht das Gesetz ein Anderes bestimmt, auch nach Auflösung der Ehe fortbestehen, durch welche das Verhältniß begründet ist. Der Prüfung bei der Redaktion wurde jedoch vorbehalten, ob es nöthig sei, den § 248 in dieser Beziehung durch die Beifügung der Worte: „unbeschadet der Bestimmung des § 34 (K.E.),", zu verdeutlichen, und ob es nicht, um den Gedanken des § 248, daß mit der Rechtskraft des Urtheils das Rechtsverhältniß der Ehe für die Zukunft aufhöre, zum klaren Ausdruck zu bringen und um dem Mißverständnisse zu begegnen, als ob mit der Scheidung alle durch die Ehe begründeten Wirkungen für die Zukunft wegfielen, überhaupt den Vorzug verdiene, den § 248 dahin zu fassen, daß mit der Rechtskraft des Urtheils die Ehe aufgelöst werde (vergl. § 1207 der Zusst.) Die an ähnliche Vorschriften des preuß. Rechts (vergl. Motive S. 1131) sich anlehnenden Anträge unter a und b wurden von der Mehrheit abgelehnt. Man war der Ansicht, der Fall, wenn ein Ehegatte auf Scheidung klage, unterscheide sich von den Fällen der §§ 1301, 1350 der Zusst., wenngleich von dem Zeitpunkte der Verkündigung des die Scheidung aussprechenden Urtheils an eine gewisse Analogie der Verhältnisse vorliegen möge, |doch prinzipiell dadurch, daß in dem ersteren Falle allein das Recht der Scheidung, in den letzteren Fällen dagegen der vermögensrechtliche Anspruch auf Aufhebung der ehelichen Nutznießung und Verwaltung beziehungsweise auf Aufhebung der Gütergemeinschaft den Gegenstand des Rechtsstreits bilde. Dazu komme, daß die Ausdehnung der zudem positiven Vorschriften der §§ 1301, 1350 auf den hier fraglichen Fall zu einer unbilligen Härte gegen den beklagten Ehegatten führen könne, wenn man einerseits berücksichtige, daß in der Mehrzahl der Fälle der beklagte Ehegatte, wenn er gegen das die Scheidung aussprechende Urtheil ein Rechtsmittel erhebe, dies nicht zu dem Zwecke thue, um die Vermögensauseinandersetzung mit dem klagenden Ehegatten hinauszuschieben, sondern deshalb, weil er die Scheidung nicht wolle, andererseits, daß der beklagte Ehegatte auf Grund der Vorschriften der §§ 1301, 1350 den Zufall zu tragen habe, falls er nicht beweise, daß dieser Zufall den klagenden Ehegatten auch sonst getroffen haben würde (arg. § 249 K.E.). Diese Unbilligkeit trete namentlich dann in verstärktem Maße hervor, wenn das die Scheidung aussprechende Urtheil in der Berufungsinstanz zwar bestätigt werde, aber aus einem anderen erst in der Berufungsinstanz geltend gemachten Scheidungsgrunde. Ein Bedürfniß, den klagenden Ehegatten in der hier fraglichen Beziehung gegen bösen Willen des anderen Ehegatten durch besondere Vorschriften zu schützen, könne um so weniger anerkannt werden, als geeignetenfalls der erforderliche Schutz im Wege einstweiliger Verfügungen gewählt werden könne. Zu § 249 des Entwurfs, welcher lautet: | „Ein geschiedener Ehegatte kann die von ihm dem anderen Ehegatten während des Brautstandes oder der Ehe gemachten Schenkungen unter Lebenden nach Maßgabe der den Widerruf von Schenkungen wegen Undanks regelnden Vorschriften widerrufen, wenn der andere Ehegatte für den schuldigen Theil erklärt worden ist. Sind beide Ehegatten für schuldig erklärt, so steht jedem derselben gegen den anderen das Widerrufsrecht zu." lagen folgende Anträge vor: 1. Den §en dahin zu fassen: „Ein Ehegatte kann die von ihm dem anderen Ehegatten während des Brautstandes oder während der Ehe gemachten Schenkungen unter Lebenden nach erfolgter 38
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§ 1564-1587
Scheidung widerrufen, wenn der letztere allein f ü r den schuldigen Theil erklärt worden ist. Die Bestimmungen der §§ 446—449 des K.E. finden entsprechende Anwendung." 2. In dem Antrage unter 1 den zweiten Absatz zu fassen: Kurlbaum „Das Recht des Widerrufs erlischt mit dem Tode des Schenkers oder des Be- (Nr 191) schenkten und mit dem Ablaufe eines Jahres von der Rechtskraft des Scheidungsurtheils an. Im Falle des Widerrufs steht dem Schenker oder dessen Erben das Recht zu, das Geleistete nach Maßgabe des § 739 zurückzufordern." Der § 249 wurde unter Ablehnung der Bestimmung des zweiten Absatzes in der Fassung des Antrags unter 1 Abs. 1 und des zu dem zweiten | Absatz dieses Antrags | Prot 17355 gestellten Verbesserungsantrags unter 2 angenommen. Eine Meinungsverschiedenheit ergab sich nur rücksichtlich der im Abs. 2 des § 249 des Entw. vorgeschlagenen Bestimmung. Die Mehrheit hielt den in den Motiven S. 1068 betonten Gesichtspunkt des Undanks, aus welchem die Motive den Abs. 2 als eine Konsequenz herleiten, nicht für durchschlagend. Sie ging davon aus, daß in Wirklichkeit ein Fall des Undanks nicht vorliege, sondern das Recht des Widerrufs der hier fraglichen Schenkungen sich nur aus Rücksichten der Billigkeit gegen den unschuldigen Ehegatten rechtfertige, die Anlehnung an die Vorschriften über den Widerruf einer Schenkung wegen Undanks aber um deswillen sich empfehle, weil auch das hier in Rede stehende Widerrufsrecht einen höchstpersönlichen Charakter habe. Für den mit dem preuß. Rechte im Einklänge stehenden Vorschlag der Anträge unter 1 und 2 spreche außerdem, daß er das Gesetz vereinfache und die Zahl der Prozesse über die Rückforderung von Geschenken der hier fraglichen Art vermindere. Diesen Erwägungen gegenüber könne auf den für den Standpunkt des Entwurfs weiter geltend gemachten Gesichtspunkt, daß ein Ehegatte sich zu Schenkungen an den anderen Ehegatten gerade im Hinblick auf die Fortdauer der Ehe und auf seine Theilnahme an den Vortheilen der gemachten Schenkung leichter verstehe und daß, wenngleich beide Ehegatten für schuldig erklärt seien, doch der eine von ihnen oft der überwiegend schuldige und es in solchen Fällen eine Unbilligkeit gegen den anderen Ehegatten sei, wenn die Rückforderung der Geschenke ausgeschlossen sein solle, namentlich vom Standpunkte eines Gesetz-| buchs aus, welches das Verbot der Schenkungen unter | Prot 17356 Ehegatten nicht anerkannt habe, erhebliches Gewicht um so weniger gelegt werden, als der Gesichtspunkt der Voraussetzung gerade dahin führe, dem schuldigen Theile die Rückforderung der Geschenke zu versagen (vergl. § 737 Ziff. 2 K.E.). Es wurde darauf in die Berathung des folgenden Antrags eingetreten: hinter § 249 die nachstehende Bestimmung als § 249 a einzuschalten: v. Mandry „Ist ein Ehegatte allein für den schuldigen Theil erklärt worden und ist dem (Nr 189,2) anderen Ehegatten dadurch ein Schaden zugegangen, daß in Erwartung der Fortdauer der Ehe Aufwendungen gemacht, Verbindlichkeiten eingegangen oder sonstige vermögensrechtliche Verfügungen getroffen worden sind, so hat der erstere dem letzteren diesen Schaden zu ersetzen." Für den Antrag wurde namentlich die Analogie der Bestimmung des § 1201 Abs. 2 der Zusst. geltend gemacht, welche dem Verlobten für den Fall, daß der Grund seines Rücktritts von dem Verlöbnisse in einem von dem anderen Theile verschuldeten Verhalten des letzteren liege, einen ähnlichen Schadensersatzanspruch gegen den anderen | Theil gewähre. Die vorgeschlagene Bestimmung vermeide einerseits die mit | Prot 17357 der Aufstellung von vermögensrechtlichen Ehescheidungsstrafen verbundenen Nachtheile, indem sie nur einen Anspruch auf Ersatz des positiven Schadens und auch dieses Schadens nur in beschränktem Umfange anerkenne, und diene anderer39
§ § 1564— 1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
seits dazu, die Ehescheidungsstrafen, soweit dieselben zugleich die Funktion der Entschädigung hätten, zu ersetzen und die unbilligen Härten einigermaßen auszugleichen, welche die Scheidung in den in dem Antrage vorausgesetzten Fällen für den unschuldigen Ehegatten mit sich bringen könnten, wenn man nicht nur die Ehescheidungsstrafen beseitige, sondern auch jeden Anspruch auf Ersatz des positiven Schadens ausschließe. Die Mehrheit entschied sich jedoch gegen den Antrag. Man erwog, daß die vorgeschlagene Bestimmung, welche eine Abweichung von dem in der vorigen Sitzung gebilligten Prinzipe des Entwurfs enthalte, daß die Scheidung für den unschuldigen Theil einen Anspruch auf Entschädigung nicht begründen solle (Prot. S. 7338), durch ein praktisches Bedürfniß nicht geboten sei, wie daraus sich ergebe, daß in denjenigen Rechtsgebieten, in welchen jenes Prinzip schon gegenwärtig geltendes Recht, ein solches Bedürfniß nicht hervorgetreten sei. Dazu komme, daß die Feststellung, wann eine Aufwendung als in Erwartung der Fortdauer der Ehe gemacht anzusehen sei, praktisch zu den größten Schwierigkeiten führen werde, Schwierigkeiten, welche im Falle des Rücktritts vom Verlöbnisse mit der Anwendung des § 1201 der Zusst. deshalb nicht verbunden seien, weil beim Verlöbniß die Aufwen| Prot 17358 düngen, welche von den Verlobten oder deren Eltern in Erwar-| tung der Eheschließung gemacht würden, sich leicht übersehen ließen. Die Berathung wandte sich darauf den §§ 250—255 des Entw. zu, welche den Unterhaltsanspruch des unschuldigen Ehegatten gegen den schuldigen Ehegatten regeln. Die §§ 250—252 des Entw. lauten: TE-FamR § 250. „Derjenige Ehegatte, welcher allein f ü r den schuldigen Theil erklärt wor§ 250 den, ist dem anderen Ehegatten nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen Unterhalt zu gewähren verpflichtet." TE-FamR §251. „Der Unterhaltsanspruch ist nur begründet, wenn und soweit der Berech§ 2 5 1 tigte durch seine Erwerbsfähigkeit und die Einkünfte seines Vermögens sich nicht zu unterhalten vermag." TE-FamR § 252. „Der Anspruch auf Unterhalt ist ferner dadurch bedingt, daß der schuldige § 252 Gatte zur Gewährung desselben ohne Gefährdung seines eigenen standesmäßigen Unterhalts und der ihm sonst obliegenden Verpflichtungen im Stande ist. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so ist der schuldige Gatte den Unterhalt nur dann und nur insoweit zu gewähren verpflichtet, als er dazu bei einer unter Berücksichtigung der beiderseitigen Bedürfnisse, Erwerbs- und Vermögensverhältnisse, sowie des von ihm an minderjährige unverheirathete Kinder oder einen neuen Ehegatten zu leistenden Unterhalts nach billigem richterlichen Ermessen vorzuneh| Prot 17359 menden Vertheilung | seiner Mittel zwischen sich selbst und den gedachten Unterhaltsberechtigten im Stande ist." Dazu lagen folgende Anträge vor: v.Mandry (Nr 189,
I, \. Zu §250 £ ) e n § e n dahin zu beschließen: „Ist der Ehemann allein f ü r den schuldigen Theil erklärt, so ist derselbe gegenüber der Ehefrau verpflichtet, ihr den seiner Lebensstellung, seinem Vermögen und seiner Erwerbstätigkeit entsprechenden Unterhalt zu gewähren, wenn und soweit solche diesen Unterhalt sich nicht aus den Einkünften ihres Vermögens und durch ihre Erwerbsfähigkeit zu verschaffen vermag. 40
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§ 1564-1587
Ist die Ehefrau allein für den schuldigen Theil erklärt, so ist sie dem Ehemann gegenüber verpflichtet, ihm den seiner Lebensstellung entsprechenden Unterhalt zu gewähren, wenn und soweit derselbe wegen Vermögenslosigkeit und Erwerbsunfähigkeit sich selbst zu unterhalten nicht vermag." 2. Zu
$251 den §en zu streichen (vergi, den Antrag unter 1 Abs. 1 und 2). II. den § 252 dahin zu fassen: Kurlbaum „Der schuldige Ehegatte ist zur Gewährung des standesgemäßen Unterhaltes nur (Nr 190,2) insoweit verpflichtet, als er denselben unter Berücksichtigung der ihm sonst obliegenden Verbindlichkeiten ohne Verkürzung seines eigenen standesgemäßen Unterhalts gewähren | kann. Er ist jedoch, wenn er den standesgemäßen Unterhalt nicht | Prot 17360 gewähren kann, den Unterhalt wenigstens in soweit zu gewähren verpflichtet, als er dazu bei einer billigen, unter Berücksichtigung der beiderseitigen Verhältnisse zu ermessenden Vertheilung seiner Mittel im Stande ist." Die Berathung führte zu folgenden Ergebnissen : 1. Der Vorschlag des Entwurfs, daß dem unschuldigen Ehegatten gegen den schuldigen Theil überhaupt ein Unterhaltsanspruch gegeben werden soll (§ 250 des Entw.), wurde im Prinzipe allseitig gebilligt. Uebersehen wurde nicht, daß gegen die Anerkennung eines solchen, aus allgemeinen Grundsätzen nicht herzuleitenden Unterhaltsanspruches — abgesehen von dem positiven Charakter desselben — namentlich das Bedenken erhoben werden könne, es sei nicht wünschenswerth, wenn die wechselseitigen Beziehungen der Ehegatten durch die Scheidung nicht definitiv und nach allen Richtungen hin gelöst würden, sowie daß einer angemessenen Regelung dieses Unterhaltsanspruchs wegen seines positiven Charakters besondere Schwierigkeiten sich entgegenstellten. Man hielt jedoch dafür, daß die Rücksicht auf das in dem größeren Theile Deutschlands geltende Recht, die Rücksichten der Billigkeit gegen den unschuldigen Ehegatten und die Rücksicht auf das öffentliche Interesse, welche es erheische, den Scheidungen thunlichst entgegenzutreten und im Falle der Scheidung eine Vermehrung der öffentlichen Armenlast thunlichst zu verhüten, als überwiegend anzusehen seien. 2. Der Entwurf hat den hier fraglichen Unterhaltsanspruch im Einzelnen von dem Gesichtspunkte einer billigen Entschädigung aus geregelt. In Konsequenz dieses Gesichtspunktes soll aus den in den Motiven S. 10761 näher dargelegten Gründen in | Prot 17361 Abweichung von der im § 290 Abs. 1 des Entw. für die Unterhaltspflicht der Verwandten bestimmten Regel der hier fragliche Unterhaltsanspruch dem unschuldigen Ehegatten, sowohl dem geschiedenen Ehemanne als der geschiedenen Ehefrau, schon dann zustehen, wenn er erwerbsunfähig ist und die Einkünfte seines Vermögens zur Bestreitung seines standesmäßigen Unterhalts nicht ausreichen. Dagegen bezweckt der Antrag unter I, den hier fraglichen Unterhaltsanspruch, so weit dies mit Rücksicht auf die veränderte Sachlage thunlich ist, im Anschlüsse an die Bestimmungen der §§ 1253, 1254 der Zusst. über die gegenseitige Unterhaltspflicht der Ehegatten während des Bestehens der Ehe zu regeln. V o n diesem Ausgangspunkte aus gelangt der Antrag unter I dahin, zwar der Ehefrau in Uebereinstimmung mit dem Entwürfe den Unterhaltsanspruch schon dann zu geben, wenn sie ihren Unterhalt sich nicht aus den Einkünften ihres Vermögens und durch ihre Erwerbsfähigkeit zu verschaffen vermag, dagegen — abweichend von dem Entwürfe — dem Ehemanne nur im Falle der Vermögenslosigkeit und der Erwerbsunfähigkeit. Die Mehrheit billigte weder den Ausgangspunkt des Entwurfs noch den des Antrags unter I, hielt es vielmehr im Interesse der Einfachheit des Gesetzbuchs für 41
§ § 1564—1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
angemessener, den hier fraglichen Unterhaltsanspruch möglichst im Anschlüsse an die Bestimmungen über die gesetzliche Unterhaltspflicht der Verwandten im Einzelnen zu gestalten, und entschied sich deshalb dahin, den § 290 Abs. 1 auch auf jenen | Prot 17362 Unterhaltsanspruch für entsprechend anwendbar zu erachten. Man glaubte, | daß die Rücksicht auf die Billigkeit gegen den unschuldigen Ehegatten und auf das öffentliche Interesse nur dahin führe, dem unschuldigen Ehegatten im Falle der Noth einen Unterhaltsanspruch gegen den schuldigen Ehegatten zu gewähren. Dem Bedürfnisse werde dadurch in der Hauptsache genügt. Dazu komme, daß auch das geltende Recht da, wo dieser Unterhaltsanspruch überhaupt anerkannt sei, nicht weiter gehe. 3. Abs. 1 des § 252 des Entw., welcher dem auf die gesetzliche Unterhaltspflicht der Verwandten sich beziehenden § 291 Abs. 1 des Entw. entspricht, wurde sachlich gebilligt, dagegen Abs. 2 des § 252 und der sachlich von dem Entwürfe nicht abweichende Antrag unter II, soweit derselbe den Abs. 2 des § 252 betrifft, von der Mehrheit abgelehnt. In Folge dieses Beschlusses verständigte man sich dahin, auch den Abs. 1 des § 252 zu streichen und statt dessen den § 291 Abs. 1 des Entw. im § 255 mit zu allegiren. Anlangend die auf dem Entschädigungsprinzipe des Entwurfs beruhende Bestimmung im Abs. 2 des § 252 (vergl. Motive S. 1076), so erachtete die Mehrheit es nicht als angemessen, den für das eheliche Verhältniß allerdings gerechtfertigten Grundsatz, daß der eine Ehegatte behufs Erfüllung seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem anderen Ehegatten mit dem letzteren theilen müsse, was er habe, auf die hier in Rede stehende Unterhaltspflicht zu übertragen, da hier die Grundlage für eine solche ausgedehnte Unterhaltspflicht, das gemeinsame Familienleben, fehle, außerdem durch eine solche Ausdehnung der Unterhaltspflicht der schuldige Ehegatte, namentlich der Ehemann, zu hart getroffen werden könne. Dazu komme, daß dem geltenden Rechte eine derartige Bestimmung unbekannt sei. TE-FamR § 253 | Prot 17363
Der § 253 des Entwurfs, welcher lautet: | „Die Unterhaltspflicht hört auf, wenn der Berechtigte eine andere Ehe eingeht." fand aus den Gründen der Motive S. 1075 die Zustimmung der Kommission.
Zu dem § 254 des Entwurfs, dessen Wortlaut dahin geht: TE-FamR „Rücksichtlich des Ueberganges der Verpflichtung zur Gewährung des Unter§ 254 halts auf die Erben des Pflichtigen finden die Vorschriften des § 394 entsprechende Anwendung." lagen folgende Anträge vor: I. Den § 254 zu streichen.
v. Mandry (Nr 189, 5) Kurlbaum (Nr 190, 3) Planck (Nr 192,1)
II. Dem § 254 eine selbständige Fassung zu geben. III. von Seiten des Referenten: 1. Den § 254 wie folgt zu fassen: „Die Unterhaltsverbindlichkeit des schuldigen Ehegatten geht unter den nachfolgenden näheren Bestimmungen auf dessen Erben über. Der Unterhaltsanspruch ist gegenüber dem Erben durch die in dem § 252 bezeichneten Voraussetzungen nicht bedingt, fällt aber weg, soweit er den Betrag des (in dem Falle der Auflösung der Ehe durch den Tod) dem überlebenden Ehegatten zukommenden Pflichttheils und, wenn neben dem Berechtigten noch ein anderer unterhaltsberechtigter geschiedener oder ein überlebender pflichttheilsberechtigter Ehegatte vorhanden ist, denjenigen Betrag übersteigt, welcher dem Berechtigten bei 42
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§ 1564-1587
gleichmäßiger Theilung jenes Pflichttheils zwischen ihm und | den bezeichneten | Prot 17364 Personen zufallen würde. Der Erbe ist, wenn er sich auf die im zweiten Absätze bestimmte Beschränkung seiner Verbindlichkeit beruft, verpflichtet, auf Verlangen des Berechtigten nach Maßgabe der Vorschrift des Buch V § 260 ein Nachlaßverzeichniß vorzulegen und den Offenbarungseid zu leisten. Auf den Unterhaltsberechtigten finden die im Buch V § 393 für den Pflichttheilsberechtigten gegebenen Vorschriften entsprechende Anwendung. 2. Eventuell wird beantragt, den zweiten und dritten Absatz des Antrags unter 1 Planck durch folgende Bestimmung zu ersetzen: (Nr 192,2) „Der Unterhaltsanspruch ist gegenüber dem Erben durch die in dem § 252 bezeichneten Voraussetzungen nicht bedingt. Der Erbe ist jedoch berechtigt, den unterhaltsberechtigten Ehegatten dadurch abzufinden, daß er demselben den Betrag des dem überlebenden Ehegatten zukommenden Pflichttheils und, wenn neben dem berechtigten noch ein anderer unterhaltsberechtigter geschiedener oder ein überlebender pflichttheilsberechtigter Ehegatte vorhanden ist, denjenigen Betrag auszahlt, welcher dem Berechtigten bei gleichmäßiger Theilung jenes Pflichttheils zwischen ihm und den bezeichneten Personen zufallen würde. Der Erbe ist, wenn er von dem im zweiten Absätze bezeichneten Rechte Gebrauch macht, verpflichtet... u.s.w. | wie unter No. 1 Abs. 3."
I Prot 17365
3. in omnen eventum wird beantragt, unter Streichung des § 254 hinter § 255 oder Planck im Erbrechte folgende Bestimmung aufzunehmen: (Nr 192, 3) „Stirbt derjenige Ehegatte, welcher allein f ü r den schuldigen Theil erklärt worden, vor dem anderen Ehegatten, so steht dem letzteren das Recht auf den Pflichttheil in demselben Umfange zu, wie wenn die Ehe erst durch den Tod des verstorbenen Ehegatten aufgelöst wäre. Sind mehrere Personen vorhanden, welche auf den dem überlebenden Ehegatten zukommenden Pflichttheil Anspruch haben, so beschränkt sich der Anspruch des geschiedenen Ehegatten auf denjenigen Betrag, welcher, wenn der dem überlebenden Ehegatten gesetzlich zukommende Pflichttheil unter die mehreren Berechtigten zu gleichen Theilen getheilt wird, auf ihn fällt." Der § 254 und die dazu gestellten Anträge unter II und III wurden in Gemäßheit des Antrags unter I abgelehnt. Die Mehrheit ging davon aus, daß das Erlöschen des hier fraglichen Unterhaltsanspruchs mit dem Tode des Verpflichteten der Anlehnung an die Bestimmungen über die Unterhaltspflicht der Verwandten (§ 308 des Entw.) und der Erwägung entspreche, daß, auch'wenn die Scheidung nicht erfolgt wäre, mit dem Tode des verpflichteten Ehegatten der Unterhaltsanspruch des anderen Ehegatten erloschen sein würde. Der dem § 254 und den Anträgen unter III zum Grunde liegende Gesichtspunkt, den unschuldigen Ehegatten wegen seines in Folge der Scheidung beseitigten Erbrechts gegenüber dem anderen Ehegatten zu | entschädi- | Prot 17366 gen, stehe mit dem Prinzipe des Entwurfs, daß dem unschuldigen Ehegatten ein Anspruch auf Entschädigung wegen der ihm in Folge der Scheidung entgangenen Vortheile nicht zustehen solle, nicht im Einklänge und würde dahin führen müssen, unter Aufgeben jenes Prinzips dem unschuldigen Ehegatten auch wegen anderer ihm entgangener Vortheile einen Entschädigungsanspruch zu geben. Der § 255 des Entw. lautet: „Im Uebrigen finden auf die im $ 250 gedachte Unterhaltspflicht und deren TE-FamR Verhältniß zu der Unterhaltspflicht der Verwandten die in den §§ 290 Abs. 2, 292 § 255 43
§ § 1564—1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
Abs. 2, 293, 296, 297, 301 Abs. 1, 302, 303, 304, 305 und 308 gegebenen Vorschriften entsprechende Anwendung." In den gedruckten Abänderungsanträgen des Referenten ist beantragt: Das Allegat des § 301 Abs. 1 durch das Allegat: § 301 Abs. 1 und 3 (in der neuen Fassung der gedruckten Abänderungsantr.) zu ersetzen. Außerdem lagen folgende Anträge vor: Kurlbaum (Nr 190,4)
1. Den § 300 mitzuallegiren, dagegen das Allegat des § 308 zu streichen.
v. Mandry (Nr 189,6)
2. Den §en dahin zu beschließen: „Auf den Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten finden die §§292 Abs. 2, 293 Abs. 1, 296, 297 Abs. 3 und 4, 301 Abs. 1 und 3, 3 0 3 - 3 0 5 , 308, auf den Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehemannes außerdem die §§ 290 Abs. 2 und 302 entsprechende Anwendung." Der Urheber des Antrags unter 1 erklärte, daß er in Folge des zu § 254 gefaßten | Prot 17367 Beschlusses seinen An-1 trag insoweit, als derselbe auf Streichung des Allegats des § 308 des Entw. gerichtet sei, zurückziehe, und der Urheber des Antrags unter 2, daß er in Folge der zu den §§ 250—252 gefaßten Beschlüsse seinen Antrag als erledigt ansehe. Der § 255 nebst dem gedruckten Abänderungsantrage des Referenten wurde aus den Gründen der Motive S. 1077, 1078 beziehungsweise der Bemerkungen zu den gedruckten Abänderungsanträgen S. 116, 122, jedoch mit folgenden Modifikationen angenommen: 1. In Gemäßheit der Beschlüsse zu §§ 251, 252 (oben S. 7361, 7362) sollen im § 255 auch der § 290 Abs. 1 und der § 291 Abs. 1 mitallegirt werden, vorbehaltlich der Prüfung bei der Redaktion, ob es den V o r z u g verdiene, die Anwendbarkeit des § 290 Abs. 1 in anderer Art als durch Allegation zum Ausdrucke zu bringen. 2. An Stelle des § 293 ist, da Abs. 2 des § 293 in Folge der Streichung des § 252 Abs. 2 gegenstandslos geworden, nur der § 293 Abs. 1 zu allegiren. 3. Man war ferner einverstanden, nach Maßgabe des Antrags unter 1 auch den § 300 des Entw. f ü r entsprechend anwendbar zu erklären, da es an einem genügenden Grunde fehle, denselben von der Anwendung auszuschließen. 4. Man verständigte sich weiter dahin, wie in den §§ 1253, 1254 der Zusst. (Prot. S. 6118), so auch im § 255 den § 307 des Entw. vorläufig mit zu allegiren, vorbehaltlich späterer Streichung, falls der § 307 mit Rücksicht auf § 154 Abs. 2 des K.E. demnächst als entbehrlich gestrichen werden sollte. Für den Fall der späteren Strei| Prot 17368 chung des § 307 und des Allegats desselben |im § 255 hielt man eine gesetzliche Entscheidung der Frage, ob der hier fragliche Unterhaltsanspruch des unschuldigen Ehegatten als ein familienrechtlicher Anspruch im Sinne des § 154 Abs. 2 K.E. anzusehen sei und deshalb der Anspruchsverjährung nicht unterliege, nicht f ü r erforderlich. Vorbehalten wurde, auf den § 255 nach Berathung der in demselben allegirten Vorschriften über die Unterhaltspflicht der Verwandten zurückzukommen. Die Ausführungen in den Motiven S. 1080, 1081, daß für die Entscheidung über den Unterhaltsanspruch des unschuldigen Ehegatten nicht das Ehegericht als solches zuständig sei und daß die Klage auf Unterhaltsgewährung auf Grund jenes Anspruchs nicht mit der Scheidungsklage verbunden werden könne, fanden die Zustimmung der Kommission. 44
7. Titel: Scheidung der Ehe
499. Sitzung vom 14. 12. 1885, Schriftführer:
§§ 1564-1587
Struckmann
| Die Berathung des Entwurfs des Familienrechts Abschnitt I Titel 4 N o . I „Schei- | Prot 17369 dung und zeitweise Trennung der Ehe" wurde fortgesetzt. Im Anschlüsse an die zu den §§ 237 bis 243 des Entw. beschlossenen Bestimmungen über die Zulässigkeit der Scheidung und die Scheidungsgründe kam nachträglich noch zur Sprache, daß nach dem Entwürfe die in verschiedenen Rechtsgebieten als zulässig anerkannte Scheidung aus landesherrlicher Machtvollkommenheit unstatthaft sein solle. Der Standpunkt des Entwurfs fand in dieser Beziehung aus den Gründen der Motive S. 1056 bis 1059 die Billigung der Kommission. Auch war man einverstanden, daß die Unzulässigkeit der Scheidung aus landesherrlicher Machtvollkommenheit durch die Bestimmung des § 237 des Entw. in genügender Weise Ausdruck gefunden habe (vergl. Motive zu § 237 S. 1087). Die Berathung wandte sich darauf dem § 256 des Entw. zu. Derselbe lautet: „Die Ehefrau verliert den Namen des | Mannes, wenn sie f ü r den schuldigen Theil | Prot 17370 erklärt worden ist. Die unschuldige Ehefrau kann den Namen, welchen sie vor der Eheschließung TE-FamR führte, durch eine vor dem Standesbeamten abzugebende Erklärung wieder anneh- §256 men. Diese Erklärung ist in derselben Weise, wie die Scheidung, im Standesregister zu vermerken." Dazu lagen folgende Anträge vor: Gebhard 1. Abs. 2 des § 256 dahin zu fassen: „Die unschuldige Ehefrau kann den Namen, welchen sie vor der Eheschließung (Nr 181,3) führte, wieder annehmen. Die Wiederannahme erfolgt durch eine Erklärung, welche gegenüber demjenigen Standesbeamten abgegeben wird, in dessen Register die Eheschließung eingetragen ist."
2. Statt des § 256 zu bestimmen: Derscheid „Die Ehefrau darf nach der Scheidung den Namen des Mannes nur unter der (Nr 193) Bezeichnung als geschiedene Ehefrau fortführen." Unter Ablehnung des Entwurfs und der Anträge unter 1 und 2 wurde die Aufnahme folgender Bestimmung beschlossen: „Die geschiedene Ehefrau behält den Namen des Ehemannes." Der im Laufe der Berathung gestellte Antrag, dem Ehemanne f ü r den Fall, daß die Ehefrau f ü r den schuldigen Theil erklärt worden sei, das Recht zu geben, von der Ehefrau zu verlangen, daß sie den N a m e n des Ehemannes ferner nicht führe, wurde von der Mehrheit abgelehnt. Erwogen war: Für den auf dem Boden des französischen Rechts ste-|henden Antrag unter 2 | Prot 17371 könne geltend gemacht werden, daß der Grund, aus welchem die Ehefrau den Familiennamen des Ehemannes erhalte, darin liege, daß die Ehefrau durch die Ehe in die Familie des Ehemannes und in ein so nahes persönliches Verhältniß zu demselben trete, daß sie mit demselben eine Einheit ausmache. Da mit der Auflösung der Ehe durch Scheidung der Grund dieser Namensänderung hinwegfalle, so müsse die Scheidung auch das Recht der Ehefrau, den N a m e n des Ehemannes ferner zu führen, beseitigen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie für den schuldigen Theil erklärt worden sei oder nicht. Auf der anderen Seite lasse sich jedoch auch die Auffassung vertreten, daß das von der Ehefrau durch die Eheschließung einmal erworbene Recht, den Namen des Ehemannes zu führen, nach allgemeinen Grundsätzen durch die Scheidung ebensowenig berührt werde, wie durch die Auflösung 45
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1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
der Ehe durch den Tod des Ehemannes. Diese letztere Auffassung führe umgekehrt zu der Bestimmung, daß die geschiedene Ehefrau den Namen des Ehemannes behalte, ohne Unterschied, ob sie für den schuldigen Theil erklärt worden sei oder nicht. Es könne dahin gestellt bleiben, welche von beiden Auffassungen vom juristischen Standpunkte aus als die richtigere anzusehen sei. Jedenfalls verdiene die letztere Auffassung, welche dem sächsischen Gesetzbuch § 1748 und für den Fall, daß die Ehefrau nicht für den schuldigen Theil erklärt worden sei, auch der Mehrzahl der übrigen bestehenden Rechte entspreche, um deswillen den Vorzug, weil sie nicht | Prot 17372 allein der Sitte des Lebens, sondern insofern auch dem öffentlichen Interesse | Rechnung trage, als sie die mit einer Änderung des Namens der geschiedenen Ehefrau für den amtlichen und außeramtlichen Verkehr verbundenen Nachtheile und Verwirrungen verhüte. Mit diesen Gesichtspunkten sei es auch nicht vereinbar, nach dem Vorbilde des preuß. A.L.R. II § 742 dem Ehemanne für den Fall, daß die Ehefrau für den schuldigen Theil erklärt worden sei, das Recht beizulegen, von derselben zu verlangen, daß sie seinen Namen nicht weiter führe, ganz davon abgesehen, daß eine solche Bestimmung zu Zweifeln darüber Veranlassung gebe, mit welchem Zeitpunkte die Ehefrau das Recht, den Namen des Ehemannes ferner zu führen, verliere. Den obigen Erwägungen gegenüber könne darauf entscheidendes Gewicht nicht gelegt werden, daß der geschiedene Ehemann und dessen Familie ein Interesse daran haben könnten, daß die für den schuldigen Theil erklärte Ehefrau den Namen des Ehemannes nicht behalte. Andererseits müßten aber jene Erwägungen auch dahin führen, der Ehefrau das Recht zu versagen, den Namen, welchen sie vor der Eheschließung geführt habe, wieder anzunehmen. Ein Bedürfniß in dieser Richtung könne um so weniger anerkannt werden, als es der Ehefrau selbstverständlich unbenommen sei, sich als geschiedene Ehefrau zu bezeichnen, da ein solcher Zusatz zu dem von ihr fortzuführenden Namen des Ehemannes nicht eine Namensänderung, sondern nur einen Hinweis auf die Thatsache der Scheidung enthalte. Zudem könne sie geeignetenfalls im Verwaltungswege die Änderung ihres Namens erwirken. | Prot 17373
Übergegangen wurde sodann zur Berathung | des § 257 des Entw. Derselbe lautet:
„In Betreff der Zuständigkeit der elterlichen Gewalt, sowie der gesetzlichen TE-FamR Vormundschaft der Eltern über die gemeinschaftlichen Kinder wird, wenn nur ein S 2 5 7 Ehegatte an der Scheidung Schuld ist, das Verhältniß so angesehen, als ob dieser, wenn aber beide Ehegatten an der Scheidung Schuld sind, als ob beide Ehegatten im Augenblick der Scheidung gestorben wären. Das Vormundschaftsgericht kann jedoch nach dem Tode des unschuldigen Ehegatten dem schuldigen Ehegatten oder, wenn beide Ehegatten a'n der Scheidung Schuld sind, dem einen oder anderen derselben die Pflicht und das Recht der Sorge für die Person der Kinder unter Ausschluß der Vertretung und des Rechts der Genehmigung von Rechtshandlungen der Kinder übertragen. In einem solchen Falle wird das Aufsichtsrecht des Vormundschaftsgerichts dahin erweitert, daß es, auch wenn die im § 363 bestimmten besonderen Voraussetzungen nicht vorliegen, dem betreffenden Elterntheile gegenüber die ihm im Interesse der Kinder angemessen erscheinenden Anordnungen zu treffen und nöthigenfalls demselben die Sorge für die Person der Kinder wieder gänzlich zu entziehen befugt ist." In den gedruckten Abänderungsanträgen des Referenten ist beantragt:
| Prot 17374
1. Den Eingang des Abs. 1 dahin zu fassen: | „In Betreff der Zuständigkeit der elterlichen Gewalt über die gemeinschaftlichen Kinder u.s.w. (wie im Entw.)." 46
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§1564-1587
2. Im Abs. 2 die W o r t e : „des Rechts der Genehmigung von Rechtshandlungen der Kinder" durch die W o r t e zu ersetzen: „des Rechts, die Einwilligung oder Genehmig u n g zu Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten der Kinder zu ertheilen." Außerdem lagen folgende Anträge vor: I. D e n § 257 dahin zu fassen: Kurlbaum „Die Erziehung der gemeinschaftlichen Kinder der geschiedenen Ehegatten steht, (Nr 194,1) w e n n ein Ehegatte allein f ü r den schuldigen Theil erklärt ist, im Verhältnisse der Ehegatten zu einander dem anderen Ehegatten zu. Sind beide Ehegatten f ü r schuldig erklärt, so steht im Verhältnisse der Ehegatten zu einander die Erziehung der Söhne bis zum zurückgelegten vierten Lebensjahre der Mutter, später dem Vater, die Erziehung der T ö c h t e r der Mutter z u . Das Vormundschaftsgericht kann jedoch das Recht der Erziehung eines Kindes im Interesse des letzteren dem anderen Ehegatten widerruflich zusprechen. U b e r das Verlangen eines der Ehegatten, mit den von ihm nicht erzogenen Kindern z u s a m m e n z u k o m m e n , entscheidet das Vormundschaftsgericht." II. D e n § 2 5 7 dahin zu beschließen: v. Mandry „Sind Kinder aus der durch Scheidung aufgelösten Ehe vorhanden, so kommt, (Nr 196,1) solange | beide Ehegatten leben, das Recht und die Pflicht zur Fürsorge f ü r die | Prot 17375 Person der Kinder demjenigen Ehegatten, der nicht f ü r schuldig erklärt ist, wenn beide Ehegatten f ü r schuldig erklärt sind, in Beziehung auf Söhne, welche das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und in Beziehung auf T ö c h t e r der Mutter, in Beziehung auf Söhne, welche das sechste Lebensjahr vollendet haben, d e m V a t e r z u : es sei denn, daß nach den Umständen des Falles die Zuweisung des Rechtes und der Pflicht der Fürsorge f ü r die Person eines Kindes von dem anderen Elterntheil durch das Interesse des Kindes geboten ist. Das Recht z u r Fürsorge f ü r die Person eines Kindes umfaßt, w e n n es nicht demjenigen Elterntheile z u k o m m t , der die elterliche Gewalt über solches hat, die Befugniß nicht, zu Rechtsgeschäften u n d Rechtsstreitigkeiten desselben die Einwillig u n g o d e r Genehmigung zu ertheilen und schließt, auch w e n n dies der Fall ist, die Befugniß des anderen Elterntheiles nicht aus, mit dem Kinde persönlichen V e r k e h r zu unterhalten. Die Bestimmungen über U m f a n g und Art des persönlichen V e r k e h r s hat das Vormundschaftsgericht zu treffen." III. D e n § 257 durch folgende Bestimmungen zu ersetzen 2 : 1. „Sind Kinder aus der durch Scheidung aufgelösten Ehe v o r h a n d e n , so kommt, so-1 lange beide Eltern leben, das Recht und die Pflicht zur Fürsorge f ü r die Person | Prot 17376 der Kinder in Beziehung auf Söhne bis zum zurückgelegten sechsten Lebensjahre und in Beziehung auf T ö c h t e r der Mutter, in Beziehung auf Söhne nach zurückgelegtem Von v. Weber lag der nicht in den Protokollen enthaltene metallographierte Antrag Nr. 195 vor: § 257. Die Erziehung der gemeinschaftlichen Kinder der geschiedenen Ehegatten steht bei Töchtern der Mutter, bei Söhnen, bis zum zurückgelegten sechsten Lebensjahre ebenfalls der Mutter, für die spätere Zeit dem Vater zu. Das Vormundschaftsgericht kann jedoch im Interesse eines Kindes die Erziehung desselben durch den anderen Elternteil anordnen, so wie die getroffene Anordnung wieder ändern. — Ueber das Verlangen eines der geschiedenen Ehegatten, mit den von ihm pp. (wie im Antrage No. 194 Ziff. 1). Eventuell, wenn beschlossen werden sollte, die Erziehung gemeinschaftlicher Kinder stehe, wenn ein Ehegatte allein für den schuldigen Theil erklärt ist, dem anderen Ehegatten zu, wenigstens den zweiten Satz des ersten Absatzes (Zulässigkeit anderer Anordnung durch das Vormundschaftsgericht) auch auf diesen Fall zu erstrecken. 47
§ § 1564—1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
sechsten Lebensjahre dem Vater zu, es sei denn, daß nach den Umständen des Falles die Zuweisung des Rechtes und der Pflicht der Fürsorge für die Person eines Kindes an den anderen Elterntheil durch das Interesse des Kindes geboten ist und von dem Vormundschaftsgerichte verfügt wird, oder daß zwischen den Eltern mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes eine andere Übereinkunft getroffen wird. Das Vormundschaftsgericht soll die Genehmigung einer Übereinkunft der Ehegatten nur dann verweigern, wenn die Verweigerung durch das Interesse des Kindes geboten ist. Das Vormundschaftsgericht kann, wenn es das Interesse des Kindes erfordert, die von ihm getroffene Verfügung wieder ändern und die von ihm ertheilte Genehmigung zu einer Ubereinkunft der Eltern zurücknehmen. Abs. 2 und 3 wie im Antrage unter II." 2. eventuell in dem ersten Absätze hinter den Worten „für die Person der Kinder" einzuschalten „demjenigen Elterntheil, welcher nicht für schuldig erklärt worden ist, wenn beide Eltern für schuldig erklärt sind,". | Prot 17377
Die Diskussion wurde zunächst auf die | Erörterung der prinzipiellen Frage beschränkt, ob die Scheidung nach Maßgabe des Entwurfs nicht nur auf die Erziehungsgewalt der Eltern über die gemeinschaftlichen Kinder, sondern auf die elterliche Gewalt überhaupt, also auch auf das mit der letzteren verbundene Recht der Sorge für das Vermögen der Kinder, das Recht ihrer Vertretung und das Recht der elterlichen Nutznießung (vergl. § 318 des Entw.) von Einfluß sein oder ob nach dem Vorschlage der Anträge unter I—III die elterliche Gewalt, abgesehen von der Erziehungsgewalt, durch die Scheidung überall nicht berührt werden soll. Die Mehrheit entschied sich in dieser Beziehung für das Prinzip der Anträge. Erwogen war:
Auch wenn — was sich jedoch bestreiten lasse — der Ausgangspunkt des Entwurfs, daß die elterliche Gewalt grundsätzlich beiden Eltern gemeinschaftlich zustehe und das Recht der Mutter während des Bestehens der Ehe nicht ausgeschlossen sei, sondern aus Gründen der Zweckmäßigkeit und wegen der Stellung des Vaters als des Hauptes der Familiengemeinschaft hinter dem Rechte des Vaters nur zurücktrete (vergl. Motive S. 1143 ff.), richtig wäre, so würde dieser Gesichtspunkt in Verbindung mit der weiteren Erwägung, daß die Scheidung eine gemeinsame Ausübung der elterlichen Gewalt fernerhin unmöglich mache und deshalb eine andere Art der Vertheilung der Elternrechte nothwendig werde, den Vorschlag des Entwurfs dennoch nicht rechtfertigen. Die Rücksicht auf das Recht eines jeden der Ehegatten, an | Prot 17378 der | Ausübung der ihnen gemeinsamen elterlichen Gewalt Theil zu nehmen, könne zu der von dem Entwürfe vorgeschlagenen Regelung prinzipiell jedenfalls nur für die Lebenszeit beider Ehegatten führen, da nach dem Tode des einen Ehegatten das Recht desselben dem anderen Ehegatten nicht mehr entgegenstehe. Dem überlebenden Ehegatten auch nach dem Tode des anderen Ehegatten die elterliche Gewalt vorzuenthalten, wenngleich an sich vom Standpunkte des Interesses der Kinder aus ein genügender Grund, den überlebenden Elterntheil von der elterlichen Gewalt auszuschließen, nicht vorliege, lasse sich, wenn man nicht den Gesichtspunkt einer Ehescheidungsstrafe hereinziehe, nicht rechtfertigen. Aber auch, solange beide Ehegatten noch lebten, sei es, selbst von dem Ausgangspunkte des Entwurfs aus, nicht zu billigen, an den Umstand, daß in Folge der Scheidung der Ehe eine gemeinsame Ausübung der elterlichen Gewalt nicht mehr möglich sei, für den schuldigen Ehegatten so weitgehende Folgen zu knüpfen, namentlich wenn man berücksichtige, daß nicht selten die Fälle so lägen, daß derjenige Ehegatte, gegen welchen die Scheidung erwirkt sei und welcher vor dem Gesetze als der schuldige Theil erscheine, weil er 48
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§1564-1587
eine die Scheidung begründende That begangen habe, doch moralisch als der weniger schuldige Theil anzusehen sei. Von entscheidender Bedeutung für die vorliegende Frage sei indessen überhaupt nicht so sehr das Recht der Eltern, als das Interesse der Kinder. Vom Standpunkte des Interesses der Kinder aus könne es jedenfalls nicht als angemessen erachtet werden, der Scheidung einen so weitgehenden Einfluß auf die elterliche Gewalt beizulegen. Dem Interesse | der Kinder entspreche es regelmäßig am meisten, wenn I Prot 17379 die Sorge für die Person und das Vermögen der Kinder den Eltern anvertraut werde, und unter den Eltern sei in der großen Mehrzahl der Fälle der Vater vorzugsweise dazu geeignet, das Vermögen der Kinder zu verwalten und dieselben im rechtsgeschäftlichen Verkehre zu vertreten. Nach den in den Grundzügen auf Vorbeschlüssen der Kommission beruhenden allgemeinen Bestimmungen über die elterliche Gewalt sei eine Entziehung der letzteren, jedoch vorbehaltlich der elterlichen Nutznießung, nur in solchen Fällen statthaft, in welchen der Inhaber der elterlichen Gewalt durch grobe Verletzung der ihm gegenüber den Kindern obliegenden Pflichten das Interesse der Kinder erheblich gefährde, und eine Verwirkung der elterlichen Gewalt einschließlich der elterlichen Nutznießung kraft des Gesetzes trete nur dann ein, wenn der Inhaber der elterlichen Gewalt wegen eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens gegen das Kind oder an dem Kinde zu Zuchthaus oder zu Gefängniß nicht unter sechs Monaten verurtheilt sei (vergl. §§ 363—365, 381 des Entw.). Mit dem diesen Bestimmungen zum Grunde liegenden Gedanken sei es nicht vereinbar, an die Thatsache, daß ein Ehegatte bei der Scheidung für den schuldigen Theil erklärt worden sei, für denselben den Verlust der elterlichen Gewalt zu knüpfen. Aus jener Thatsache könne der Schluß nicht gezogen werden, daß der betreffende Ehegatte auch seine Pflichten gegenüber den Kindern verletzen werde und nicht mehr geeignet sei, die elterliche Gewalt auszuüben. Um so bedenklicher sei es, dem Entwürfe zu folgen, als derselbe, wenn man von dem auf einem ähnlichen Standpunkte stehenden, | wenngleich im Einzelnen ebenfalls abweichenden und nicht unbestritte- | Prot 17380 nen französischen Rechte absehe, gegenüber dem in Deutschland geltenden Rechte eine große Neuerung enthalte und diese Neuerung zudem auf ein Gebiet sich beziehen würde, auf welchem das Festhalten an den hergebrachten Anschauungen besonders angezeigt sei, weil jede Änderung die persönlichen Interessen hier tief berühre. Diesen Erwägungen gegenüber könne auf den Einwand, daß es nothwendig zu Konflikten unter den geschiedenen Ehegatten führen müsse, wenn man der Scheidung nur einen Einfluß auf die Erziehungsgewalt beilege und die letztere von den übrigen Bestandtheilen der elterlichen Gewalt trenne (vergl. Motive S. 1144), erhebliches Gewicht nicht gelegt werden. Nach Annahme des Prinzips, daß die Scheidung nur auf die Erziehungsgewalt von Einfluß sein soll, wurde in die Berathung der weiteren Frage eingetreten, ob nach dem Vorschlage der Anträge unter I und II die Erziehungsgewalt, wenn ein Ehegatte allein für den schuldigen Theil erklärt worden ist, dem anderen Ehegatten zustehen oder nach Maßgabe des Antrags unter III in Ansehung der Erziehungsgewalt ohne Rücksicht auf die Schuldfrage eine Vertheilung der Kinder nach dem Geschlechte unter die geschiedenen Ehegatten stattfinden solle. Die Mehrheit gab in dieser Hinsicht den Anträgen unter I und II den Vorzug. Sie verkannte zwar nicht, daß, hingesehen auf das Interesse der Kinder und auf das natürliche Verhältniß, dem Vorschlage des Antrages | unter III erhebliche Gründe zur Seite ständen. Sie war | Prot 17381 jedoch der Ansicht, gegen denselben falle entscheidend ins Gewicht, daß derselbe das Recht des unschuldigen Ehegatten, welcher während des Bestehens der Ehe einen 49
§§ 1564-1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
Antheil an der Erziehungsgewalt in Ansehung aller Kinder gehabt habe (vergl. § 322 des Entw.), zu sehr beeinträchtige, es überdies bedenklich sei, in erster Linie für die Ausübung der Erziehungsgewalt ohne dringende Gründe eine Norm aufzustellen, welche auch zu einer Entfremdung der Kinder unter einander führen könne und den mit der Scheidung verbundenen Riß in die Familienbande zu erweitern drohe. Dazu komme, daß der Antrag unter III mit der Mehrzahl der bestehenden Rechte nicht im Einklang stehe. Das Bedenken, daß die Anträge unter I und II auf den Ausspruch des Scheidungsurtheils über die Schuld der Ehegatten an der Scheidung zu großes Gewicht legten, könne hier, wo es sich zunächst um das Verhältniß der Ehegatten unter einander handele, als begründet nicht anerkannt werden. Der Vorschlag der Anträge unter I, II und III, daß, wenn beide Ehegatten für schuldig erklärt sind, die Erziehung der Söhne dem Vater, die Erziehung der Töchter der Mutter zustehen soll, fand keinen Widerspruch. Man ging davon aus, daß in diesem Falle, um für die Entscheidung der Erziehungsfrage einen festen Anhaltspunkt im Gesetze zu geben, nichts Anderes übrig bleibe, als eine Vertheilung der Kinder nach dem Geschlechte vorzuschreiben. Dem Vater in einem solchen Falle die | Prot 17382 Erziehung aller | Kinder allein zu überlassen, würde eine unbillige Härte gegen die Mutter sein und bei den Töchtern, in den meisten Fällen wenigstens, dem Interesse der letzteren widerstreiten. Im Einzelnen wurden sodann an der Hand der Anträge unter I—III zu § 257 des Entw. noch folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Auch wenn beide Theile für schuldig erklärt sind, soll doch die Erziehung der Söhne bis zum zurückgelegten sechsten Lebensjahre derselben der Mutter zustehen. Die Mehrheit nahm in Uebereinstimmung mit den Anträgen unter II und III und dem sächsischen G.B. § 1749 — abweichend von dem dem preuß. A.L.R. in dieser Beziehung sich anschließenden Antrage unter I (vergl. preuß. A.L.R. II, 2 §§ 94, 95) — an, daß die Söhne bis zu jenem Lebensalter vorzugsweise noch der Pflege und Aufsicht der Mutter im Hause bedürftig seien, zumal da regelmäßig erst mit diesem Zeitpunkte die Schulpflicht beginne. Der im Laufe der Berathung gestellte Antrag, in Anknüpfung an den § 26 K.E. das zurückgelegte siebente Lebensjahr (das Kindesalter) entscheiden zu lassen, wurde als eine zu weitgehende Ausnahme von der Regel abgelehnt. 2. Die Regel, daß dem unschuldigen Ehegatten das Recht der Erziehung der gemeinschaftlichen Kinder zusteht, soll durch gerichtliche Anordnung eine Ausnahme erleiden können, wenn dies durch das Interesse der Kinder geboten ist. Die Mehrheit theilte nicht die entgegengesetzte Auffassung des Antrages unter I, daß der | Prot 17383 hier in Rede stehende Fall dem | Falle ganz gleichstehe, in welchem der andere Ehegatte gestorben sei, und daß es an einem ausreichenden Grunde fehle, — in Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen der elterlichen Gewalt — einen derartigen Eingriff in die Elternrechte des unschuldigen Ehegatten zu gestatten, erachtete es vielmehr im Hinblick darauf, daß in Folge der Scheidung die in dem Zusammenwirken beider Eltern und in der gegenseitigen Kontrole derselben liegende Garantie weggefallen sei und daß die Entscheidung über die Schuldfrage im Ehescheidungsprozesse im Verhältniß zu den Kindern nicht unbedingt maßgebend sein könne, als angemessen, dem Gerichte in einem weiteren Umfange, als dies nach den allgemeinen Grundsätzen der Fall sei, die Möglichkeit zu einem Eingreifen zu geben, zumal dies dem geltenden Rechte in großen Rechtsgebieten entspreche. Der Rücksicht auf das Recht des unschuldigen Ehegatten werde in genügender Weise Rechnung getragen, wenn eine anderweite gerichtliche Anordnung nur unter der 50
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§ 1564-1587
Voraussetzung für zulässig erklärt werde, daß dieselbe durch das Interesse des Kindes geboten sei. Daß eine derartige gerichtliche Anordnung gegenüber dem schuldigen Ehegatten zulässig sein solle, wurde von keiner Seite bekämpft. Einvernehmen bestand auch, daß eine in Abweichung von der gesetzlichen Regel getroffene gerichtliche Anordnung, wenn es durch das Interesse des Kindes geboten sei, auch wieder geändert werden könne. 3. Der Vorschlag des Antrags unter II, daß eine von der gesetzlichen Regel abweichende Anordnung in Betreff der Erziehungsgewalt nur |vom Prozeßrichter | Prot 17384 im kontradiktorischen Verfahren solle getroffen werden können, da es sich um einen zivilrechtlichen Streit über die Rechte der Eltern unter einander handele und ein Prozeßverfahren größere Garantieen für die Ermittelung und Feststellung der für die Entscheidung maßgebenden Verhältnisse gewähre, wurde von der Mehrheit abgelehnt und nach Maßgabe der Anträge unter I und III in Ubereinstimmung mit dem Standpunkte des Entwurfs aus den Gründen der Motive S. 1142 beschlossen, daß das Vormundschaftsgericht zuständig sein solle. Insbesondere war erwogen, daß die Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts in dem hier fraglichen Falle den insoweit auf Vorbeschlüssen der Kommission beruhenden allgemeinen Bestimmungen des Entwurfs über die Beschränkung oder Entziehung der elterlichen Gewalt (§§ 363—365 des Entw.) entspreche. 4. Im Anschlüsse an die in dem Entwürfe durchgeführte Terminologie (vergl. § 322 des Entw.) und an die Anträge unter II und III soll im § 257 nicht von der Erziehung (vergl. Antrag unter I), sondern von der Sorge für die Person unter Ausschluß des Rechtes, das Kind zu vertreten und zu Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten desselben die Einwilligung oder Genehmigung zu ertheilen, gesprochen werden, vorbehaltlich späterer Aenderung, wenn bei Berathung des Elternrechts eine andere Terminologie beschlossen werden sollte (vergl. auch § 28 Abs. 3 K.E.). 5. Der Antrag unter III, 1, mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zwischen den | Eltern eine andere Uebereinkunft darüber, wem von ihnen die Sorge für | Prot 17385 die Person der Kinder zustehen solle, für zulässig zu erklären, dem Vormundschaftsgerichte aber die Befugniß vorzubehalten, wenn das Interesse der Kinder es erfordere, die von ihm ertheilte Genehmigung zu einer Uebereinkunft der Eltern zurückzunehmen, wurde von der Mehrheit abgelehnt. Man war der Ansicht, daß die Zulässigkeit einer solchen die Eltern bindenden Uebereinkunft mit dem Gesichtspunkte, daß das Recht der Sorge für die Person der Kinder nur die Kehrseite einer den Eltern gegenüber den Kindern obliegenden Pflicht sei, auf welche nicht verzichtet werden könne, nicht vereinbar und eine Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen in der hier fraglichen Beziehung durch ein Bedürfniß nicht geboten sei, da es dem einen Elterntheil unbenommen bleibe, die Sorge für die Person des Kindes, wenn er dies im Interesse des letzteren für angemessen erachte, dem anderen Elterntheile zu überlassen, in derselben Weise, wie er dieselbe einem Dritten der Ausübung nach überlassen könne. Zudem verliere die vorgeschlagene Bestimmung dadurch erheblich an praktischem Werthe, daß zu der Uebereinkunft nicht allein die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich sein, sondern — was als anomal sich darstelle — demselben auch die Befugniß gegeben werden solle, die zu dem Vertrage ertheilte Genehmigung unter Umständen wieder zurückzunehmen. Zu beachten sei ferner, daß die Zulassung einer | derartigen die Eltern bindenden Uebereinkunft geeignet sei, | Prot 17386 51
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1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
die Scheidungen zu befördern, und mit der Mehrzahl der bestehenden Rechte nicht im Einklänge stehe. 6. Der Vorschlag der Anträge unter I, II und III, nach dem Vorgange verschiedener Gesetzgebungen, insbesondere des preuß. A.L.R. und des Schwarzburg-Sonderhausenschen Ehescheidungsgesetzes, ausdrücklich zu bestimmen, daß derjenige Elterntheil, welchem nicht die Sorge für die Person des Kindes zustehe, die Befugniß habe, mit dem Kinde persönlichen Verkehr zu unterhalten, über den Umfang und die Art des persönlichen Verkehrs aber das Vormundschaftsgericht entscheide (vergl. Motive S. 1146,1147) fand keinen Widerspruch. Man überzeugte sich, daß es bei der praktischen Wichtigkeit der Frage rathsam sei, eine ausdrückliche Bestimmung der Art in das Gesetzbuch aufzunehmen. 7. Nach den Anträgen unter II und III sollen die besonderen Bestimmungen des § 257 über die Sorge für die Person der Kinder nur, solange beide Eltern leben, maßgebend sein. Auf demselben Boden steht auch der Antrag unter I, wie der Urheber des letzteren erläuternd bemerkte. Die Mehrheit trat den Anträgen insoweit bei, davon ausgehend, daß nach dem Tode eines Elterntheils kein Grund mehr vorliege, von den allgemeinen Bestimmungen der elterlichen Gewalt abzuweichen, da jetzt dem überlebenden Elterntheil das Recht des anderen nicht mehr entgegen| Prot 17387 stehe. Dem Interesse der Kinder werde durch die allgemeinen Bestim-| mungen der §§ 363 bis 365 des Entw. in genügenderWeise Rechnung getragen. 8. Abs. 2 des § 257 wurde insbesondere auch insoweit, als derselbe eine Erweiterung des Aufsichtsrechts des Vormundschaftsgerichts vorschlägt, als durch die gefaßten Beschlüsse erledigt angesehen. 9. Ob es nach den gefaßten Beschlüssen noch nöthig sein werde, mit dem Antrage unter I die Worte: „im Verhältnisse der Ehegatten zu einander" einzuschalten, wurde der Prüfung bei der Redaktion überlassen. In den Motiven S. 1148, 1149 ist ausgeführt, daß die Scheidung auf das Recht der Einwilligung der Eltern zur Verheirathung der Kinder ohne Einfluß sein soll. Diese Ausführungen wurden, vorbehaltlich der aus den bisher gefaßten Beschlüssen über dieses Einwilligungsrecht der Eltern sich ergebenden Modifikationen (§ 1210 der Zusst.; Prot. S. 5864 ff.), gebilligt. TE-FamR Die Berathung wandte sich darauf dem § 258 des Entw. zu, dessen Wortlaut § 258 dahingeht: „In Ansehung der Unterhaltung und Ausstattung der gemeinschaftlichen Kinder verbleibt es bei den allgemeinen Bestimmungen über die Unterhaltspflicht der Verwandten und die Ausstattungspflicht der Eltern; doch kann der Vater verlangen, daß die Mutter einen nach den jeweiligen beiderseitigen Bedürfnissen, Vermögens- und | Prot I 7388 Erwerbsver-| hältnissen zu bemessenden Theil des Unterhalts bezw. der Ausstattung an die Kinder leiste. Steht einem Elterntheile die elterliche Nutznießung zu, so geht dessen Unterhaltspflicht der der übrigen Verwandten vor, jedoch vorbehaltlich der im §291 Abs. 3 gegebenen Vorschrift."
v. Weber (Nr 195)
1. den § 258 dahin zu fassen: Dazu lagen folgende Anträge vor: „In Ansehung des Unterhalts der gemeinschaftlichen Kinder der geschiedenen Ehegatten verbleibt es bei den allgemeinen Bestimmungen über die Unterhaltspflicht der Verwandten; jedoch kann der Vater verlangen, daß, soweit die Erträgnisse des 52
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§ 1564-1587
Kindervermögens zum Unterhalte des Kindes nicht ausreichen, die Mutter aus den Einkünften ihres Vermögens und dem Ertrage eines von ihr betriebenen Erwerbsgeschäftes zu dem Unterhalte des Kindes einen angemessenen Beitrag an das Kind leiste." 2. den § 258 zu fassen: Kurlbaum „In Ansehung der Gewährung des Unterhalts an die gemeinschaftlichen Ab- (Nr 194,2) kömmlinge der geschiedenen Ehegatten gelten die Letzteren im Verhältnisse zu einander als gleichzeitig verpflichtet, soweit nicht der Reinertrag der elterlichen Nutznießung an dem Vermögen eines Kindes für dessen Unterhalt ausreicht. Derjenige Ehegatte, welchem die Er-| Ziehung eines Kindes nach Maßgabe der | Prot 17389 Vorschriften des § 257 nicht zusteht, hat seine Verpflichtung zur Gewährung des Unterhaltes an das Kind durch Gewährung einer Geldrente zu erfüllen. Verweigert derselbe die Herausgabe des Kindes, so steht ihm wegen des dem Kinde gewährten Unterhaltes ein Anspruch gegen den anderen Ehegatten nicht zu, unbeschadet des Rechtes des letzteren, die Herausgabe des Kindes zu verlangen." 3. folgender Verbesserungsantrag zu dem Antrage unter 2: In dem Antrage unter Kurlbaum 2 den Schluß des ersten Absatzes zu vervollständigen: (Nr 197,1) „— eines Kindes und die Einkünfte des der elterlichen Nutznießung nicht unterliegenden Vermögens desselben für dessen Unterhalt ausreicht." Die Berathung führte zu folgenden Ergebnissen: 1. Nach Maßgabe des Antrags unter 1 wurde die Aufnahme folgender Bestimmung sachlich beschlossen: „In Ansehung der Gewährung des Unterhaltes an die gemeinschaftlichen Kinder haften die geschiedenen Ehegatten im Verhältnisse zu einander in der Weise, daß, soweit die Erträgnisse des Kindesvermögens zum Unterhalte des Kindes nicht ausreichen, die Ehefrau aus den Einkünften ihres Vermögens und dem Ertrage eines von ihr betriebenen Erwerbsgeschäftes zu dem Unterhalte des Kindes | dem Ehemanne | Prot 17390 einen angemessenen Beitrag zu leisten hat. Auf den Beitrag finden die Vorschriften des § 1311 Abs. 3 der Zusst. entsprechende Anwendung." Erwogen war: Durch die Scheidung werde der Unterhaltsanspruch der Kinder gegenüber den Eltern nicht berührt. Nach § 294 des Entw. gehe daher trotz der Scheidung die Unterhaltsverbindlichkeit des Vaters der der Mutter vor. Aus den in den Motiven S. 1150 ff. dargelegten Gründen sei es indessen billig, daß nach der Scheidung auch die Ehefrau gegenüber dem Ehemanne zu dem Unterhalte der Kinder beitrage. Da der Ehemann in Folge der Scheidung die eheliche Nutznießung und Verwaltung an dem Vermögen der Ehefrau verliere, so liege es am nächsten, das Verhältniß in Ansehung der Gewährung |des Unterhalts an die gemeinschaftlichen Kinder nach | Prot 17391 der Scheidung ebenso zu behandeln, wie wenn die geschiedenen Ehegatten in getrennten Gütern lebten, und demgemäß im Anschlüsse an § 1311 der Zusst. zu bestimmen, daß die Ehefrau verpflichtet sei, dem Ehemanne aus den Einkünften ihres Vermögens und dem Ertrage eines von ihr betriebenen Erwerbsgeschäftes einen angemessenen Beitrag zu leisten. Der Antrag unter 2, nach welchem die Ehefrau die Hälfte der Unterhaltskosten zu tragen verpflichtet sein solle, sei vielleicht von dem Gesichtspunkte aus, daß eine Ehe nicht mehr bestehe und der Entwurf bei der Unterhaltspflicht der Verwandten, wenn mehrere gleichzeitig zum Unterhalte verpflichtete Personen vorhanden seien, den Antheil des einzelnen Verpflichteten nicht relativ nach dem Verhältnisse seines Vermögens und Erwerbes bemesse (vergl. § 295 53
§§ 1564—1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
des Entw.), der konsequenteste; auch vermeide er die Schwierigkeiten, welche immer mit einer relativen Abmessung des Beitrags verbunden seien. Derselbe gehe jedoch zu Ungunsten der Ehefrau zu weit und sei namentlich dann unbillig gegen die letztere, wenn der Ehemann allein f ü r den schuldigen Theil erklärt worden sei. Zweifelhaft könne es sein, ob man mit dem Antrage unter 1 (vergl. auch die Anträge unter 2 und 3) dem Ehemanne einen Anspruch auf einen Beitrag zu dem Unterhalte des Kindes nur insoweit geben solle, als die Erträgnisse des Kindesvermögens zu diesem Unterhalte nicht ausreichten. D a ß der Anspruch auf einen Beitrag wegfalle, soweit die | Prot 17392 Einkünfte des der elterlichen Nutznießung nicht unterliegen-1 den Vermögens des Kindes zu dessen Unterhalte ausreichten, sei freilich selbstverständlich, da insoweit ein Anspruch des Kindes auf Gewährung des Unterhalts überhaupt nicht begründet sei (§ 290 Abs. 3 des Entw.). Anders verhalte es sich dagegen mit den Einkünften der elterlichen Nutznießung, welche, wie andere Einkünfte, zu dem Vermögen des Vaters gehörten. Berücksichtige man jedoch, daß die elterliche Nutznießung vorzugsweise dem Zwecke des Unterhalts der Kinder diene, so sei es gerechtfertigt, daß der Vater nur insoweit einen Beitrag von der Mutter verlangen könne, als die Einkünfte der elterlichen Nutznießung zu dem Unterhalte des Kindes nicht ausreichten. Ob in der beschlossenen Bestimmung statt von „Erträgnissen" von „Reinertrag" zu reden und ob es nöthig sei, zum Ausdrucke zu bringen, daß eigentlich nur die Einkünfte der elterlichen Nutznießung hier in Betracht kämen, werde der Prüfung bei der Redaktion überlassen. Anlangend den zweiten Satz der beschlossenen Bestimmung, so rechtfertige sich derselbe durch ähnliche Gründe, wie diejenigen, auf denen Abs. 3 des § 1311 der Zusst. beruhe. Knüpfe man, soviel die Beitragspflicht der Mutter zu dem Unterhalte des Kindes betreffe, überhaupt einmal an den § 1311 der Zusst. an, so sei es natürlicher, den Zweck, welchen der Entwurf und der Antrag unter 1 durch die Bestimmung erreichen wollten, daß der Beitrag an das Kind zu leisten sei (vergl. Motive | Prot I 7393 S. 1151), dadurch zu sichern, daß der Abs. 3 des § 1311 für | entsprechend anwendbar erklärt werde. Das Bedenken, daß der Abs. 3 des § 1311 f ü r solche Fälle nicht passe, in welchen der Beitrag als Ersatz für bereits gewährten Unterhalt gefordert werde, könne als durchschlagend gegen die Anwendbarkeit des § 1311 Abs. 3 nicht erachtet werden, da auch bei dem § 1311 aus praktischen Gründen auf solche Fälle keine besondere Rücksicht genommen sei. Einvernehmen herrschte, daß mit dem Antrage unter 1 im § 258 von „Kindern", nicht mit dem Antrage unter 2 von „Abkömmlingen" zu reden sei, da den Enkeln gegenüber die Großeltern gleichzeitig zum Unterhalte verpflichtet seien (vergl. § 295 des Entw.). Ob es nöthig sei, im § 258 noch besonders hervorzuheben, daß es in Ansehung der Unterhaltspflicht der geschiedenen Ehegatten gegenüber den Kindern bei den allgemeinen Bestimmungen über die Unterhaltspflicht der Verwandten verbleibe, wurde der Prüfung bei der Redaktion anheimgegeben. 2. Abs. 2 des § 258 des Entw. wurde durch die zu § 257 und zu § 258 Abs. 1 gefaßten Beschlüsse als erledigt angesehen. 3. Soweit der § 258 bestimmt, daß die Mutter dem nach § 309 Abs. 2 des Entw. in erster Linie der Tochter gegenüber zur Ausstattung verpflichteten Vater einen Beitrag zur Ausstattung leisten soll, wurde der § 258 abgelehnt. Man glaubte, daß die in den Motiven S. 1151, 1152 f ü r jene Bestimmung geltend gemachten Gründe nicht ausreichten, um eine Abweichung von der Regel zu rechtfertigen. 54
7. Titel: Scheidung der Ehe
500. Sitzung vom 16. 12. 1885, Schriftführer:
§§1564-1587
Struckmann
| Die Berathung des Entwurfs des Familienrechts Abschn. I Tit. 4 No. I „Schei- | Prot 17395 dung und zeitweise Trennung der Ehe" wurde fortgesetzt: Zu § 258 des Entw. (mitgetheilt Prot. S. 7387, 7388) war noch der zweite Absatz des Antrags unter 2 (mitgetheilt Prot. S. 7388, 7389) zu erledigen. Der erste Satz des zweiten Absatzes jenes Antrages schlägt vor, zu bestimmen, daß derjenige Ehegatte, welchem die Sorge für die Person eines Kindes nach Maßgabe der Vorschriften des § 257 nicht zusteht, seine Verpflichtung zur Gewährung des Unterhalts an das Kind durch Gewährung einer Geldrente zu erfüllen habe. Die Mehrheit entschied sich gegen die Aufnahme dieser Bestimmung. Sie war der Ansicht, daß die letztere durch ein Bedürfniß nicht geboten sei, da nach den allgemeinen Bestimmungen über die Unterhaltspflicht der Verwandten (§ 301 des Entw.) in der neuen Fassung der gedr. Abänderungsantr. des Ref.) der Unterhalt regelmäßig in einer Geldrente zu gewähren sei und die besondere Bestimmung im Abs. 5 des § 301 des Entw. (neue Fassung), nach welcher Eltern, vorbehaltlich einer anderweitigen Entscheidung des Ge- | richts, die Befugniß, über die Art der Gewährung des Unter- | Prot 17396 halts selbständig zu entscheiden, auch gegenüber ihren nicht mehr unter einer Erziehungsgewalt stehenden Kindern zustehen solle, für den hier fraglichen Fall, in welchem gerade vorausgesetzt werde, daß das Kind noch unter einer Erziehungsgewalt, nämlich unter der Erziehungsgewalt des nicht zum Unterhalte des Kindes verpflichteten Elterntheils stehe, nicht zutreffe. Für den Fall aber, daß der letztere den Unterhalt bestritten haben sollte, genügten die allgemeinen Grundsätze über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 747, 752 K.E.). Um so weniger empfehle es sich, hier eine Spezialvorschrift zu geben, als es sich um eine allgemeinere Frage handele, welche auch während bestehender Ehe sich erheben könne, z. B. wenn dem Vater zwar die Erziehung des Kindes zustehe, wegen Vermögenslosigkeit und Erwerbsunfähigkeit des Vaters aber die Unterhaltspflicht gegenüber dem Kinde der Mutter oder anderen Verwandten des Kindes obliege. Uebrigens bleibe es vorbehalten, auf die Frage zurückzukommen, wenn nach den später in Ansehung der Unterhaltspflicht der Verwandten gefaßten Beschlüssen eine besondere Bestimmung f ü r den hier in Rede stehenden Fall sich als nöthig herausstellen sollte. In dem zweiten Satze des zweiten Absatzes des oben bezeichneten Antrages ist weiter die Bestimmung vorgeschlagen, daß demjenigen Ehegatten, welchem die Sorge f ü r die Person des Kindes nach Maßgabe der Vorschriften des § 257 nicht zusteht, wenn derselbe die Herausgabe des Kindes verweigert, wegen des dem Kinde gewährten Unterhalts ein Anspruch gegen den anderen Ehegatten nicht zustehen soll, unbeschadet des Rechts des letzteren, die Herausgabe des Kindes zu verlangen. Auch die Aufnahme dieser Bestimmung, welche sich gegen die Anwendung der V o r - | Schriften der §§ 749, 752 K.E. auf den hier fraglichen Fall richtet und den | Prot 17397 erziehungsberechtigten und zugleich unterhaltspflichtigen Ehegatten zu schützen und Streitigkeiten über Ersatzansprüche der hier fraglichen Art abzuschneiden bezweckt, wurde von der Mehrheit abgelehnt. Man ging davon aus, daß in dem in dem Antrage vorausgesetzten Falle der im § 747 bezeichnete Ersatzanspruch auch nach den Bestimmungen des § 749 K.E. regelmäßig nicht begründet sei, sofern nicht der die Herausgabe des Kindes verweigernde Ehegatte beweise, daß der andere Ehegatte die demselben dem Kinde gegenüber obliegende Unterhaltsverbindlichkeit ohne die Geschäftsbesorgung nicht ordnungsmäßig erfüllt haben würde. Für den Fall aber, daß diese letztere Voraussetzung vorliege, fehle es an einem genügenden Grunde, den Ersatzanspruch hier überhaupt abzuschneiden. Ebensowenig sei ein Bedürfniß 55
§§ 1564-1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
vorhanden, einen nach Maßgabe des § 752 K.E. etwa begründeten Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung in dem hier in Rede stehenden Falle durch eine positive Vorschrift ganz auszuschließen. Zudem handele es sich auch hier um eine allgemeinere Frage. Ein ausreichender Grund, den in dem Antrage vorausgesetzten Fall anders zu beurtheilen, wie die Fälle, in welchen sonst ein Dritter die Herausgabe eines Kindes an den erziehungsberechtigten und gleichzeitig zum Unterhalte des Kindes verpflichteten Elterntheil verweigere, könne nicht anerkannt werden. Die Berathung wandte sich darauf den §§ 259—261 des Entw. zu, welche die mit der rechtskräftig erkannten Trennung von Tisch und Bett verbundenen rechtlichen Wirkungen regeln. Der Entwurf geht nach den Motiven S. 1152 davon aus, daß diese Wirkungen mit Ablauf der im Trennungsurtheile bestimmten Trennungszeit von | Prot 17398 selbst wegfallen, eine besondere dies ausspre-1 chende Bestimmung indessen, weil selbstverständlich, entbehrlich sei. Gegen diesen Standpunkt des Entwurfs richtet sich, soviel die nach den §§ 260, 261 des Entw. in Ansehung der gegenseitigen Unterhaltspflicht der Ehegatten und in Ansehung des Verhältnisses derselben zu den Kindern mit der Trennung von Tisch und Bett verbundenen rechtlichen Wirkungen betrifft, folgender Antrag: Als § 261 a eine Bestimmung des Inhalts zu beschließen: „Die Vorschriften der §§260, 261 finden auch über die festgesetzte Zeit der Trennung von Tisch und Bett hinaus Anwendung, so lange die häusliche Gemeinschaft nicht wieder hergestellt wird, es sei denn, daß der Beklagte die Wiederherstellung derselben verlangt." Mit Rücksicht auf die Einwirkung, welche die Annahme oder Ablehnung des Antrags auf die Art und den Umfang der mit der Trennung von Tisch und Bett zu verbindenden rechtlichen Wirkungen haben könne, wurde zunächst dieser Antrag zur Diskussion verstellt. Der Antrag beruht auf der Auffassung, die Festsetzung einer bestimmten Trennungszeit in dem Trennungsurtheile habe nur die Bedeutung, daß vor Ablauf der Trennungszeit der klagende Ehegatte die Scheidung bezw. der beklagte Ehegatte die Herstellung der häuslichen Gemeinschaft nicht verlangen könne, nicht aber auch die weitere Bedeutung, daß mit Ablauf der Trennungszeit die nach den §§ 260, 261 an die rechtskräftig erkannte Trennung von Tisch und Bett sich knüpfenden Wirkungen, auch wenn die häusliche Gemeinschaft nicht wiederhergestellt werde und der | Prot 17399 Beklagte die Wiederherstellung derselben nicht verlange, weg-1 fielen. Mit dem Ablaufe der Trennungszeit auch diese letztere Folge eintreten zu lassen, sei weder vom Standpunkte des Interesses des Klägers noch vom Standpunkte des öffentlichen Interesses an thunlichster Aufrechterhaltung der Ehe aus wünschenswerth. Der Kläger, welcher auf Grund des Trennungsurtheils nach Ablauf der Trennungszeit die Scheidung herbeiführen wolle, sei nicht immer in der Lage, die Scheidungsklage sofort nach Ablauf der Trennungszeit zu erheben und zum Zwecke der rechtlichen Regelung der durch die §§ 260, 261 geordneten Verhältnisse eine einstweilige Verfügung zu erwirken. In der Zwischenzeit müsse er daher in den hier fraglichen Beziehungen des rechtlichen Schutzes entbehren, wenn mit dem Ablaufe der Trennungszeit die mit der Trennung von Tisch und Bett verbundenen rechtlichen Wirkungen aufhörten. Andererseits enthalte das Aufhören dieser Wirkungen für den Kläger, welcher sonst vielleicht mit der Erhebung der Scheidungsklage noch gewartet haben oder die letztere überhaupt nicht erhoben haben würde, einen Antrieb, möglichst bald die Scheidung zu beantragen, um dem blos faktischen, rechtlich nicht geordneten und ihm deshalb unerträglichen Zustande der Trennung ein Ende zu machen. 56
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§ 1564—1587
Die Mehrheit erachtete diese Gründe jedoch nicht als durchschlagend und entschied sich deshalb für die Ablehnung des Antrags. Erwogen war: Nach den zu § 243 des Entw. gefaßten Beschlüssen habe das Trennungsurtheil materiell die Bedeutung eines bedingten Scheidungsurtheils. Die Trennung der Ehegatten von Tisch und Bett werde nur in der Erwartung ausgesprochen, daß innerhalb der in dem Urtheile bestimmten Trennungszeit eine Aussöhnung der Parteien | erfol- | Prot 17400 gen werde. Erfülle diese Erwartung sich nicht, so sei der Zweck der Trennung von Tisch und Bett weggefallen. Diese Auffassung führe konsequent dahin, mit dem Ablaufe der Trennungszeit die an die Trennung von Tisch und Bett sich knüpfenden rechtlichen Wirkungen aufhören zu lassen. Ein Bedürfniß, im Interesse des Klägers in Ansehung der in den §§ 260, 261 des Entw. bestimmten Wirkungen positiv das Gegentheil zu bestimmen, könne nicht anerkannt werden, da derselbe regelmäßig in der Lage sein werde, alsbald nach Ablauf der Trennungszeit den Scheidungsprozeß einzuleiten und die Regelung der hier in Frage stehenden Verhältnisse im Wege einstweiliger Verfügung zu erwirken. Ebensowenig sei die Besorgniß gerechtfertigt, daß der Standpunkt des Entwurfs die Scheidungen befördern werde. Seien beide Ehegatten gewillt, auch nach Ablauf der Trennungszeit faktisch getrennt zu leben, so werde in den meisten Fällen auch eine Einigung über die hier fraglichen Verhältnisse unter ihnen erfolgen. Auf der anderen Seite dürfe man nicht außer Acht lassen, daß es nicht wünschenswerth sei, wenn die Entscheidung darüber, ob die Scheidung der Ehe erfolgen solle, auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben werde. Ein solcher Zustand der Ungewißheit vertrage sich nicht mit den Gründen, welche die Kommission bestimmt hätten, in den Fällen der §§ 238, 239, 242 des Entw. für die Erhebung der Scheidungsklage eine Präklusivfrist festzusetzen. Zu beachten sei ferner, daß ein Getrenntleben der Ehegatten ein anomaler, dem Wesen der Ehe nicht entsprechender und vom sozialpolitischen Standpunkte aus mit manchen Nachtheilen verbundener Zustand sei. Könne der Staat die Ehegatten auch nicht hindern, nach Ablauf der Trennungszeit | fernerhin getrennt zu leben, so dürfe er doch die Durchführung | Prot 17401 einer solchen faktischen Trennung den Ehegatten nicht dadurch erleichtern, daß er dieselbe auch nach Ablauf der Trennungszeit mit rechtlichen Wirkungen ausstatte, welche durch Uebereinkunft der Ehegatten nicht hergestellt werden könnten. Dies sei aber der Fall, wenn man dem Antrage folge. Derselbe könne, wenn beide Ehegatten einverstanden seien, zu einer rechtlich geschützten beständigen Trennung von Tisch und Bett führen. Es werde dadurch neben der Scheidung gewissermaßen als Ersatz derselben ein neues Institut geschaffen, welches dem geltenden Rechte nicht entspreche und mit der Bestimmung des § 77 des Reichsgesetzes über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875, daß nicht mehr auf beständige Trennung der Ehegatten von Tisch und Bett erkannt werden dürfe, sondern nur eine Auflösung des Bandes der Ehe zulässig sein solle, wenn auch nicht formell, doch materiell dem Grundgedanken nach in Widerspruch trete. Der Einwand, daß die Ehegatten auf dem Wege einstweiliger Verfügung doch dahin gelangen könnten, daß ihr Getrenntleben rechtlich geordnet werde, könne als durchschlagend nicht erachtet werden, da es nach dem Antrage sich darum handele, die faktische Trennung der Ehegatten durch direkte Vorschriften mit rechtlichen Wirkungen auszustatten. Nach Ablehnung des Antrags wurde in die Berathung der einzelnen, die rechtlichen Wirkungen der rechtskräftig erkannten Trennung von Tisch und Bett regelnden Bestimmungen eingetreten. 57
§§ 1564-1587 TE-FamR
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
D e r § 259 des Entw. lautet:
259
^ „ D u r c h die zeitweise T r e n n u n g von Tisch und Bett wird die häusliche GemeinProt 17402 schaft u n d das | Recht auf Leistung der ehelichen Pflicht aufgehoben. Derjenige Ehegatte ist die gemeinschaftliche W o h n u n g zu verlassen verpflichtet, welcher nur auf G r u n d der durch die E h e begründeten häuslichen Gemeinschaft ein Recht hat, dieselbe zu theilen. T r i f f t diese Voraussetzung bei keinem der Ehegatten zu, so ist die Frau die W o h n u n g zu verlassen verpflichtet; doch kann das Gericht aus besonderen G r ü n d e n der Billigkeit o d e r des Familieninteresses bestimmen, daß der Mann die W o h n u n g zu verlassen habe." D a z u lagen folgende Anträge vor: Kurlbaum (Nr 197,2) v. Mandry (Nr 196, 2)
1. den § 259 zu streichen, 2. den Abs. 2 des § 259 zu streichen. D e r § 259 w u r d e absatzweise berathen.
1. Abs. 1 w u r d e sachlich von keiner Seite bekämpft. N u r darüber gingen die Ansichten auseinander, ob die A u f n a h m e der Bestimmung nöthig und ob es insbesondere angemessen sei, im Gesetze hervorzuheben, daß die Verpflichtung zur Leistung der ehelichen Pflicht durch die T r e n n u n g von Tisch und Bett aufgehoben werde. Die Mehrheit entschied sich jedoch f ü r die A u f n a h m e der Bestimmung, da dieselbe daraus, d a ß auf T r e n n u n g von Tisch und Bett erkannt sei, an sich nicht begrifflich folge und die E r w ä h n u n g der ehelichen Pflicht sich nur deswillen empfehle, weil die Verweigerung derselben unter Umständen nach Maßgabe des § 242 des Entw. die Scheidung begründen könne. Anlangend die Fassung, so w u r d e beschlossen, die W o r t e : „die häusliche Gemeinschaft und das Recht auf Leistung der ehelichen Pflicht" durch die W o r t e : „die Verpflichtung z u r häuslichen Gemeinschaft und z u r Leistung der ehelichen Pflicht" zu ersetzen und nach Maßgabe des oben gefaßten prinzipiellen Beschlusses die W o r t e einzuschalten: „während der in dem Urtheile | Prot 17403 be- | stimmten Trennungszeit." Man verständigte sich f e r n e r dahin, daß die im Abs. 1 bezeichnete W i r k u n g nicht nur zu Gunsten des Klägers, sondern auch des Beklagten eintrete, dieselbe jedoch — was als selbstverständlich zu betrachten sei — durch Verzeihung von Seiten des Klägers wegfalle. 2. Abs. 2 des § 259 w u r d e von der Mehrheit abgelehnt. Sie ging davon aus, daß eine durchgreifende Regel wegen Verschiedenheit der Fälle sich nicht aufstellen lasse, eine gesetzliche Entscheidung der Fragen zudem durch ein Bedürfniß nicht geboten sei, wie schon daraus sich ergebe, daß nur wenige Partikularrechte besondere Bestimmungen in der hier fraglichen Richtung enthielten. Es k ö n n e darauf vertraut w e r d e n , daß der Richter an der H a n d der im ersten Satze des Abs. 2 aufgestellten, aus allgemeinen Grundsätzen abzuleitenden Regel in V e r b i n d u n g mit den G r u n d s ä t z e n des § 1246 der Zusst. im einzelnen Falle die richtige Entscheidung finden werde. Auf die seltenen Fälle, auf welche die Vorschrift im zweiten Satze des Abs. 2 berechnet sei (vgl. Motive S. 1154 ff.), brauche im Gesetze besondere Rücksicht nicht g e n o m m e n zu werden. Zu § 260 des Entw., dessen Wortlaut dahin geht:
TE-FamR § 260
„Die gegenseitige Unterhaltspflicht der Gatten besteht auch w ä h r e n d einer zeitweisen T r e n n u n g von Tisch und Bett, jedoch mit den nachfolgenden Abweichungen und näheren Bestimmungen, fort. 58
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§1564-1587
Die Unterhaltspflicht des Mannes umfaßt auch die Verbindlichkeit, der Frau die zur Führung eines abgesonderten Haushalts erforderlichen Gegenstände, insbesondere an Betten, Hausgeräth und Möbeln, zum Zwecke des Ge- | brauchs aus dem | Prot 17404 bisher gemeinschaftlichen Haushalte herauszugeben, soweit dieselben dem Manne selbst nicht unentbehrlich sind. Im Uebrigen ist der Unterhalt stets in Gelde zu gewähren. Das Gericht ist ermächtigt, unter Berücksichtigung der beiderseitigen Bedürfnisse, Erwerbs- und Vermögensverhältnisse, sowie der etwaigen Verschuldung der Frau an der zeitweisen Trennung von Tisch und Bett die Unterhaltspflicht des Mannes auf einen Beitrag zu dem Unterhalte der Frau zu beschränken und ihn selbst vollständig davon zu entbinden." lagen folgende Anträge vor: 1. den § 260 dahin zu fassen: Kurlbaum „Ist auf Trennung von Tisch und Bett rechtskräftig erkannt, so bleibt die Pflicht (Nr 197, 3) eines jeden der Ehegatten, dem anderen Ehegatten den Unterhalt zu gewähren, bestehen. Der Ehemann ist jedoch zur Gewährung des Unterhaltes an die Ehefrau nur insoweit verpflichtet, als die derselben zustehenden Einkünfte aus eigenem Vermögen oder aus einem von ihr betriebenen Erwerbsgeschäfte zu ihrem standesgemäßen Unterhalte nicht ausreichen. Der Ehemann hat der Ehefrau auch die zur Führung eines abgesonderten Haushaltes erforderlichen Sachen aus dem bisher gemeinschaftlichen Haushalte zum Gebrauch herauszugeben, sofern sie für ihn selbst entbehrlich sind und nicht die Ehefrau solche Sachen als Vorbehaltsgut oder bei bestehender Gütertrennung selbst hat. Im Uebrigen ist der Unterhalt stets in | Gelde zu gewähren." | Prot I 7405 2. In Abiatz 4 die Worte: v. Mandry „sowie der etwaigen Verschuldung der Frau an der zeitweisen Trennung von (Nr 196,3) Tisch und Bett" zu streichen. Es wurden folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Abs. 1 des § 260 fand sachlich keinen Widerspruch. Die Fassung des Antrags unter 1 Abs. 1 wurde der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten. 2. Abs. 2 des Antrags unter 1 wurde mit Rücksicht darauf, daß die eheliche Nutznießung und Verwaltung des Ehemannes während der Trennungszeit fortdauere und nach § 1311 der Zusst., auch wenn die Ehegatten in getrennten Gütern lebten, die Ehefrau dem Ehemanne zur Bestreitung der Unterhaltskosten einen angemessenen Beitrag zu leisten habe, der Vorschlag des Antrags außerdem zu einer unbilligen Härte gegen die Ehefrau führe, wenn dieselbe der unschuldige Theil sei, vorbehaltlich der Beschlußfassung über Abs. 4 des § 260, von der Mehrheit abgelehnt. 3. An Stelle des Abs. 2 des § 260 fand Abs. 3 des Antrags unter 1 die Zustimmung der Mehrheit. Sie ging davon aus, daß kein genügender Grund vorliege, der Ehefrau ein Recht auf Herausgabe der zur Führung eines abgesonderten Haushaltes erforderlichen Sachen aus dem bisher gemeinschaftlichen Haushalte auch dann beizulegen, wenn sie solche Sachen als Vorbehaltsgut oder bei bestehender Gütertrennung selbst habe. Das Natürlichere und Angemessenere sei, wenn sie in einem solchen Falle diese Sachen zum Zwecke der Führung des abgesonderten Haushalts benutze. 59
§§ 1564-1587 | Prot 17406
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
4. Abs. 3 des § 260 des Entw. wurde gebilligt. Man | überzeugte sich, daß die Bestimmung im Hinblick auf die Vorschriften der §§ 1253, 1254 der Zusst. als selbstverständlich nicht zu erachten sei. 5. Abs. 4 des § 260 des Entw. wurde, jedoch nach Maßgabe des Antrags unter 2 unter Streichung der Worte „sowie der etwaigen Verschuldung der Frau an der zeitweisen Trennung von Tisch und Bett", angenommen. Die Mehrheit erachtete es als bedenklich, in Abweichung von dem im Abs. 1 des § 260 aufgestellten Prinzipe, daß die gegenseitige Unterhaltspflicht der Ehegatten während der zeitweisen Trennung von Tisch und Bett bestehen bleiben solle, den Richter zu ermächtigen, im Hinblick auf die Verschuldung der Ehefrau den Ehemann von seiner Unterhaltspflicht vielleicht ganz zu entbinden, zumal die definitive Feststellung, ob die Ehefrau allein oder auch der Ehemann an der Scheidung schuld sei, erst in dem Scheidungsurtheile erfolge. Im Uebrigen hielt man die in den Motiven S. 1158 für die Bestimmung des Abs. 4 dargelegten Gründe für durchschlagend.
TE-FamR § 261
Zu § 261 des Entw., dessen Wortlaut dahin geht:
„Die nach Maßgabe des § 322 beiden Eltern gemeinschaftlich zustehende Sorge für die Person der Kinder geht während der Trennung von Tisch und Bett bis zum vollendeten sechsten Lebensjahre der Kinder allein auf die Mutter, nachher allein auf den Vater über. Während der Trennungszeit tritt das im § 257 Abs. 2 bezeichnete erweiterte Aufsichtsrecht des Vormundschaftsgerichts ein. Macht auf Grund dessel| Prot 17407 ben das Vormundschaftsgericht von der Befugniß Gebrauch, einem Elterntheile | die Sorge für die Person der Kinder gänzlich zu entziehen, so geht dieselbe auf den anderen Elterntheil über, vorausgesetzt jedoch, daß dem letzteren auch ohne die erkannte Trennung ein Antheil daran zustehen würde. Demjenigen Elterntheil, welchem auf Grund der vorstehenden Bestimmungen die Pflicht der Sorge für die Person der Kinder obliegt, steht gegen den anderen Elterntheil, soweit dieser nach Maßgabe der Bestimmungen über die Unterhaltspflicht die Kinder zu unterhalten verpflichtet ist, ein Anspruch darauf zu, daß der letztere den Kindern den Unterhalt gewähre und den zu diesem Zwecke erforderlichen, stets in Gelde festzusetzenden Betrag an ihn zahle. Durch eine solche Zahlung wird der unterhaltspflichtige Elterntheil den Kindern gegenüber von der Unterhaltspflicht befreit. Von jedem die Trennung von Tisch und Bett aussprechenden rechtskräftigen Urtheile ist, wenn minderjährige gemeinschaftliche Kinder vorhanden sind, dem Vormundschaftsgerichte unverzüglich Mittheilung zu machen." lagen folgende Anträge vor: Kurlbaum (Nr 197, 4)
| Prot 17408 v.Mandry (Nr 196,4)
I. den § 261 durch folgende Bestimmung zu ersetzen 3 : „Ist auf Trennung von Tisch und Bett rechtskräftig erkannt, so finden in Ansehung des Rechtes zur Erziehung der gemeinschaftlichen Kinder der Ehegatten die Vorschriften des § 257, in Ansehung der Gewährung des Unterhaltes die Vorschriften des § 258 entsprechende Anwendung." | II. 1. D e n Absatz anzufügen:
3
60
2 z u streichen und statt desselben dem Absatz
1 den Satz
Ferner lag von Kurlbaum noch der Antrag Nr. 197, 5 vor: § 261a. Die Vorschriften der 260, 261 finden auch über die festgesetzte Zeit der Trennung von Tisch und Bett hinaus Anwendung, so lange die häusliche Gemeinschaft nicht wieder hergestellt wird, es sei denn, daß der Beklagte die Wiederherstellung derselben verlangt.
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§ 1564-1587
„Im Uebrigen finden die Bestimmungen des § 257 (vgl. Antrag II S. 7374 ff.) entsprechende Anwendung." 2. Den Absatz 3 dahin zu beschließen: v. Mandry „In Ansehung des Unterhaltes (der gemeinschaftlichen Kinder) verbleibt es bei (Nr 198) den allgemeinen Bestimmungen über die Unterhaltspflicht der Verwandten; jedoch kann der Vater, wenn er nicht im Stande ist, seine Unterhaltspflicht vollständig zu erfüllen, ohne seinen eigenen standesmäßigen Unterhalt (oder die Erfüllung der ihm sonst obliegenden Verpflichtungen) zu gefährden, bei der Mutter dagegen die Voraussetzungen des § 291 Abs. 1 zutreffen, verlangen, daß letztere den zum Unterhalte der Kinder weiter erforderlichen (oder: dem zum vollständigen Unterhalte der Kinder fehlenden) Betrag leiste." Die Berathung des § 261 führte zu folgenden Ergebnissen: 1. An Stelle der Bestimmungen des Abs. 1 und 2 des § 261 wurde die Bestimmung angenommen, daß in Ansehung der Sorge für die Person der gemeinschaftlichen Kinder der Ehegatten die zu § 257 für den Fall der Scheidung beschlossenen Vorschriften entsprechende Anwendung finden sollen, zugleich aber beschlossen, den § 244 des Entw. dahin zu ergänzen, daß über die Schuldfrage nicht nur im Scheidungsurtheile, sondern auch schon im Trennungsurtheile entschieden werden solle. Man war der Ansicht, daß, da nach den gefaßten Beschlüssen das Trennungsurtheil materiell die Bedeutung eines bedingten Scheidungs- | urtheils habe und deshalb | Prot 17409 voraussichtlich in der Mehrzahl der Fälle die Scheidung der zeitweisen Trennung von Tisch und Bett folgen werde, es im Interesse der Kontinuität der Erziehung der Kinder zweckmäßig sei, wenn in Ansehung der Sorge für die Person der Kinder für die Trennungszeit dieselben Vorschriften maßgebend seien, wie nach der Scheidung. Um aber diesen Zweck zu erreichen, sei es im Hinblick darauf, daß nach den zu § 257 beschlossenen Bestimmungen, wenn ein Ehegatte allein für den schuldigen Theil erklärt worden sei, dem anderen Ehegatten die Sorge für die Person aller gemeinschaftlichen Kinder zustehen, falls aber beide Ehegatten für schuldig erklärt seien, eine Vertheilung der Kinder nach dem Geschlechte stattfinden solle, erforderlich, daß auch bereits in dem Trennungsurtheile über die Schuldfrage entschieden werde. Da das Trennungsurtheil das Vorhandensein eines Scheidungsgrundes und damit die Schuld desjenigen Ehegatten, gegen welchen das Trennungsurtheil ergehe, materiell feststelle, so sei es unbedenklich, zu bestimmen, daß auch formell in dem Trennungsurtheil der Ausspruch über die Schuld erfolge. Die Besorgniß, daß dadurch der Zweck der Trennung von Tisch und Bett, eine Aussöhnung unter den Ehegatten herbeizuführen, gefährdet werden könne, sei als gerechtfertigt nicht zu erachten, wenn man berücksichtige, daß es sich nur darum handele, in dem Urtheile dasjenige formell auszusprechen, was materiell in demselben nothwendig enthalten sei. Eine nochmalige materielle Prüfung und Entscheidung derselben Frage in dem auf das Trennungsurtheil folgenden Scheidungsprozesse werde dadurch nicht veranlaßt. Nur in Ansehung des Klä-|gers könne in diesem Prozesse eine selbständige | Prot 17410 Prüfung und Entscheidung der Schuldfrage erforderlich werden, wenn in dem Trennungsurtheile allein der Beklagte für den schuldigen Theil erklärt worden sei, jedoch ein nach § 244 für die Schuldfrage in Betracht kommender, noch nicht ausgeschlossener Umstand von dem Beklagten geltend gemacht werde. Durch die entsprechende Anwendbarkeit der Vorschriften des § 257 werde auch der Abs. 2 des § 261 entbehrlich, da nach jenen Vorschriften dem Vormundschaftsgerichte die im Interesse der Kinder erforderlich Befugnisse beigelegt seien. 61
§§1564-1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
2. Der Antrag unter I, in Ansehung der Gewährung des Unterhalts an die gemeinschaftlichen Kinder der Ehegatten die Vorschriften des § 258 des Entw. für entsprechend anwendbar zu erklären, wurde mit Rücksicht darauf, daß während der Trennung von Tisch und Bett die eheliche Nutznießung und Verwaltung des Ehemannes fortdauere, die Analogie der für den Fall der Gütertrennung gegebenen Vorschriften des § 1311 der Zusst. daher hier nicht zutreffe, abgelehnt, der Antrag unter II, 2 wurde wegen der allgemeinen Bestimmung im § 291 Abs. 3 des Entw. als entbehrlich erachtet. Abgelehnt wurde ferner von der Mehrheit der Abs. 3 des § 261. Dieselbe hielt die in den Motiven S. 1165 für die Bestimmungen der Abs. 3 angeführten Gründe praktischer Zweckmäßigkeit nicht für durchschlagend, um diese speziellen, von den allgemeinen Grundsätzen abweichenden und in die Rechte der Kinder eingreifenden | Prot 17411 Bestimmungen zu rechtfertigen, zumal für den wichtigeren Fall der Schei-|dung derartige besondere Bestimmungen nicht als nöthig erachtet seien. Dem praktischen Bedürfnisse werde durch die allgemeinen Bestimmungen des Vormundschaftsrechts über die Anordnung einer Pflegschaft in Verbindung mit dem § 189 Abs. 2 K.E. und durch die Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag in ausreichender Weise Rechnung getragen. 3. Abs. 4 des § 261 wurde, vorbehaltlich der bei § 266 des Entw. zu entscheidenden Frage, ob die Bestimmung allgemeiner zu fassen und an eine andere Stelle zu versetzen sei, sachlich nicht beanstandet. Zu § 262 des Entw., welcher lautet: „Das Gericht hat in dem Urtheile, welches die Trennung von Tisch und Bett ausspricht, zugleich über die im § 259 Abs. 2 und in den §§ 260 und 261 Abs. 3 gedachten Verbindlichkeiten der Ehegatten, sowie über das im § 261 Abs. 1 gedachte Verhältniß, über die ersteren auf Antrag, über das letztere von Amtswegen Bestimmung zu treffen. Auch während der Trennung von Tisch und Bett ist das Prozeßgericht befugt und ausschließlich zuständig, über die im Abs. 1 gedachten Beziehungen auf Antrag zu entscheiden." Kurlbaum war der Antrag auf Streichung gestellt. Die Mehrheit trat diesem Antrage bei. Sie (Nr 197,6) w a r (j e r Ansicht, daß ohne dringende Gründe in den nach eingehenden Erörterungen beschlossenen, durch die Rücksicht auf die Abkürzung der Eheprozesse gerechtfertigten Grundsatz der C.P.O. § 575, daß über Fragen der im § 262 des Entw. bezeichneten Art im Eheprozesse nicht entschieden werden solle, nicht eingegriffen werden | Prot 17412 dürfe. Solche dringende Gründe lägen jedoch nicht | vor. Namentlich könne die für den § 262 geltend gemachte Rücksicht auf Kosten- und Zeitersparniß, sowie der Gesichtspunkt, daß die Trennung von Tisch und Bett materiell nur den Charakter eines Provisoriums habe, im Wege einstweiliger Verfügung aber das Ehegericht nach § 584 der C.P.O. die hier in Rede stehenden Verhältnisse zu regeln befugt sei, als durchschlagend nicht erachtet werden. Zwischen dem Vorschlage des Entwurfs und der Bestimmung des § 584 der C.P.O. bestehe der wesentliche Unterschied, daß nach dem § 262 des Entw. das Ehegericht im gewöhnlichen Prozeßverfahren, nicht in dem schleunigeren Verfahren der einstweiligen Verfügungen über die betreffenden Fragen entscheiden solle. TE-FamR
! ) tigten Ehegatten auffordern, entweder die häusliche Gemeinschaft herzustellen oder Zum Ergebnis der Beratungen schrieb Jacubezky am 16. Februar 1894 (Bericht Nr. 114): Die Ehescheidung wegen Geisteskrankheit wurde in der Sitzung vom 14. d. Mts. in Abwesenheit der beiden Antragsteller Rüger und Sohm mit 11 gegen 7 Stimmen angenommen. Ich habe mich der Mehrheit angeschlossen und zur Begründung meiner Abstimmung bemerkt, ich würde die für den Antrag sprechenden Gründe gegenüber der Verschiedenheit, die in dieser Frage in den Anschauungen des Volkes herrsche und sich sowohl in den Äußerungen der Regierungen als in der Stellungnahme der Kommissionsmitglieder widerspiegelte, nicht für ausreichend erachten, wenn es sich darum handelte, die Scheidung wegen Geisteskrankheit in Deutschland einzuführen, müsse ihnen aber so viel Gewichtt beilegen, daß es mir nicht thunlich erscheine, den in einem sehr großen Teile des Reichsgebietes geltenden Rechtssatz im Widerspruche mit den Wünschen der Regierungen, in deren Gebieten er gilt, und den Anschauungen der weit überwiegenden Mehrzahl der Vertreter dieser Gebiete in der Kommission aufzuheben; es handele sich um einen Bestandteil des geltenden Rechtes, den das Gesetzbuch wegen der Bedeutung, die er mit diesem erlangt habe, aufnehmen müsse, obwohl er für manche Gebiete, denen er fremd ist, eine nicht erwünschte Neuerung bilde.
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7. Titel: Scheidung der Ehe
§ § 1564—1587
die Scheidungsklage zu erheben. Macht er von dieser Befugniß Gebrauch, so beginnt der Lauf der im Abs. 1 bestimmten Frist mit der Aufforderung. Die weitere Berathung des § 1447 wurde bis zur nächsten Sitzung vertagt. 296. Sitzung vom 19. 2. 1894
I. Die Berathung des § 1447 wurde fortgesetzt. Es lagen die Anträge vor: 1. a) den § 1447 zu fassen: Das Recht auf Scheidung ist ausgeschlossen, wenn es in den Fällen der §§ 1441, 1442, 1444 nicht innerhalb sechs Monaten von dem Zeitpunkte an, in welchem der berechtigte Ehegatte von der Verschuldung des anderen Ehegatten Kenntniß erlangt hat, ohne Rücksicht auf diese Kenntniß nicht innerhalb fünfzehn Jahren durch Erhebung der Klage geltend gemacht wird. Im Falle des § 1445 muß die Klage innerhalb sechs Monaten von dem Ablaufe | der Trennungszeit an erhoben werden. Die für den Lauf der Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 169,171 des Entw. II finden entsprechende Anwendung. Ist eine Scheidungsklage rechtzeitig erhoben, so können andere als die in der Klage vorgebrachten Scheidungsgründe, auch wenn für deren Geltendmachung die im Abs. 1 bestimmten Fristen abgelaufen sind, in dem anhängigen Rechtsstreite gleichwohl geltend gemacht werden, sofern zur Zeit der Erhebung der Scheidungsklage die Fristen noch nicht abgelaufen waren. b) den §571 Abs. 2 d. C.P.O. durch folgende Vorschrift zu ersetzen: Die Zustellung der Ladung steht der Erhebung der Ehescheidungsklage im Sinne des § 1447 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich; sie verliert diese Wirkung, wenn nicht innerhalb drei Monaten nach der Beendigung des Sühneverfahrens die Ehescheidungsklage erhoben wird.
Struckmann (Nr 71, 7 u. 89, 3)
| P II 4, 431
v. Mandry 2. zu § 1447 zu beschließen: (Nr 73, 8) im Abs. 1 Satz 1 statt „binnen sechs Monaten" „binnen zwei Jahren"; im Abs. 2 Satz 1 statt „dreißig Jahre" „zehn Jahre"; letzter Abs.: Die Vorschriften des Abs. 1 . . . finden auf die Scheidung wegen böslicher Verlassung oder wegen Geisteskrankheit sowie auf die im § 1445 b bestimmte Scheidungsklage keine Anwendung. v. Cuny 3. im § 1447 zwischen Abs. 1 und 2 einzufügen: Haben die Ehegatten innerhalb der sechs Monate die eheliche Gemeinschaft (Nr 88, 3) thatsächlich aufgehoben und seitdem nicht wiederhergestellt, so kann, wenn nach Ablauf der Frist der schuldige Ehegatte auf Herstellung des ehelichen Lebens klagt, der andere Ehegatte Klage auf Scheidung erheben. 23
4. der auf S. 430 mitgetheilte Antrag, welcher mit dem Antrag auf S. 99 unter IV Jacubezky (vgl. Familienrecht I, S. 338) im Zusammenhange stand, (zu dem auf die Mot. IV (Nr 26) S. 590, 637; Entsch. d. R.G. in Civils. 6 S. 151; 15 S. 191; 17 S. 213, 388; 18 S. 189; Jur. Wochenschrift 1888 S. 123 Nr. 16 Bezug genommen worden war); ferner: Jacubezky a) a) im Abs. 1 den Satz 1 zu fassen: Das Recht, wegen eines Verschuldens des anderen Ehegatten auf Scheidung zu (Nr 95,1) klagen, erlischt, wenn die Klage nicht binnen sechs Monaten erhoben wird.
2}
Zur Begründung wies v. Cuny darauf hin, daß der Gedanke des Antrags aus Bähr's Gegenentwurf § 1314 Abs. 2 entnommen sei. 119
§§ 1564-1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
ß) im Abs. 2 statt „dreißig Jahre" zu setzen „zehn Jahre"; y) im Abs. 4 den Schluß des Satzes 2 zu fassen: erhoben oder wenn der zur Klage berechtigte Ehegatte im Sühnetermine nicht erschienen ist.24 b) im Art. 11 des Entw. d. E.G.: a) den Abs. 2 des § 571 d. C.P.O. zu streichen; ß) den § 572 Abs. 2 Satz 1 d. C.P.O. zu fassen: | P II 4,432 | Erscheint der Kläger oder erscheinen beide Parteien im Sühnetermine nicht, so muß der Kläger die Anberaumung eines neuen Sühnetermins beantragen und den Beklagten zu diesem Termine laden. Wilke 5.a) die im § 1447 vorgeschriebene Frist statt auf sechs Monate auf zwei Jahre, (Nr 104,12) eventuell auf ein Jahr zu bestimmen; b) f ü r den Fall der Ablehnung des im Antrage 3 vorgeschlagenen Zusatzes folgende Bestimmung in den § 1447 aufzunehmen: Die Frist wird, wenn die Scheidung wegen eines Verbrechens oder Vergehens begehrt wird, unterbrochen, solange die wegen dieses Verbrechens oder Vergehens erkannte Freiheitsstrafe verbüßt wird. A. Man erörterte zunächst die Frage, ob der in den Anträgen 3 und 4 vorgeschlagene Zusatz zu § 1447 aufgenommen werden solle. Nach längerer Erörterung wurde zunächst der Antrag 3 abgelehnt, alsdann der im Antrage 4 vorgeschlagene neue Absatz des § 1447 mit 12 gegen 6 Stimmen angenommen und endlich der im Antrage 4 gleichzeitig vorgeschlagene § 1275 a abgelehnt. — Wegen der Erstreckung des im Antrage 4 zu § 1447 vorgeschlagenen Zusatzes auf den Abs. 2 dieses Paragraphen vergl. unten unter D. — B. Der im Antrage 5 b vorgeschlagene Zusatz zu § 1447 erschien durch den vorstehenden Beschluß als erledigt. C. . . . (Bemessung der Frist) Unter Ablehnung der Erweiterungs-Anträge wurde beschlossen, an der Frist von sechs Monaten im Abs. 1 festzuhalten. | P II 4, 436
| D. Zum Abs. 2 beschloß man, den Anträgen 2 und 4 a ß entsprechend, die Frist auf zehn Jahre herabzusetzen. E. Zum Abs. 3, hinsichtlich dessen der Antrag 1 keine sachliche Abweichung enthält, wurde vorgeschlagen, die Vorschrift auf die kürzere Frist des Abs. 1 zu beschränken. Die Komm, erachtete es jedoch f ü r zweckmäßig, insoweit mit dem Entw. an der Gleichstellung der beiden Fristen festzuhalten. F. Hinsichtlich des Abs. 4 bezweckten die Anträge 1 und 4 a y keine sachliche Aenderung. Man war darüber einverstanden, daß wie in den §§ 175 bis 182 des Entw. II und nach dem Beschlüsse zu § 1268 (S. 91), so auch hier die materiellen Vorschriften im B.G.B, zu belassen, die Verfahrens-Vorschriften dagegen in die C.P.O. zu versetzen seien, und billigte insoweit den auf den § 571 Abs. 2, § 572 Abs. 2 Satz 1 d. C.P.O. bezüglichen Antrag 4 b. G. D e r Abs. 5, hinsichtlich dessen die Anträge keine sachliche Aenderung enthalten, wurde ohne Widerspruch angenommen. H. Einverständniß ergab sich schließlich darüber, daß, nachdem man den im Antrage 4 vorgeschlagenen Zusatz angenommen habe, die Vorschriften des § 1447 auch f ü r den Fall der böslichen Verlassung paßten, und daß deswegen in Abänderung
24
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Hierzu ist angemerkt: Wegen der Belassung des Abs. 4 im B.G.B, vergl. die §§ 175 bis 182 II. Lesg. und den Beschluß zu § 1268, Prot. S. 5046.
7. Titel: Scheidung der Ehe
§ § 1564—1587
des in der vorigen Sitzung gefaßten Beschlusses (S. 429 unter III) der § 1443 im § 1447 mitzuzitieren sei. 25 II. Der § 1448, welcher die Benutzung eines durch Verjährung oder Zeitablauf ausgeschlossenen Scheidungsgrundes zur Begründung einer auf eine andere Thatsache gestützten Scheidungsklage gestattet, wurde von keiner Seite beanstandet. III. Zu § 1449 war beantragt: 1. durchlaufend die Worte „oder auf Trennung von Tisch und Bett" zu streichen Spahn und demgemäß im § 1461 zu bestimmen: (Nr 76,5) In dem Urtheil auf Trennung von Tisch und Bett ist anzuordnen, welchem der Ehegatten für die Trennungszeit die Sorge für die Person der gemeinschaftlichen Kinder obliegt. 2. im Satze 1 statt „daß jeder Ehegatte der schuldige Theil sei" zu setzen „daß v. Cuny jeder Ehegatte schuldig sei". (Nr 88,4) Den Antrag 1 erachtete man, soweit derselbe den § 1449 betrifft, nach den bisherigen Beschlüssen für selbstverständlich; soweit derselbe den § 1461 berührt, wurde die Entscheidung bis zur Berathung der letzteren Vorschrift ausgesetzt. Der Antrag 2, welcher nur redaktionelle Bedeutung hat, wurde gebilligt. Gegen den sachlichen Inhalt des § 1449 erhob sich kein Widerspruch. | IV. Zu § 1450 lagen die Anträge v o r : | P II 4,437 1. die Vorschrift zu streichen und zu ihrem Ersatz im Art. 11 des Entw. d. E. G. in die C.P.O. als § 5 81 b folgende Vorschrift einzustellen: Wird wegen Ehebruchs auf Scheidung erkannt und ergiebt sich aus den Verhand- Struckmann lungen, mit welcher Person der Ehebruch begangen worden ist, so ist in der Urtheils- (Nr 71,8) formel der Ehebruch als Grund der Scheidung und die Person desjenigen zu bezeichnen, mit welchem der Ehebruch begangen ist. 2. hierzu der Unterantrag:
25
Im Bericht von Jacubezkyvom 27. 2. 1894 (Nr. 115) heißt es zum Ergebnis der Beratungen: Von den Anträgen, die ich zu § 1447 gestellt habe, ist leider nur der eine angenommen worden, nach welchem der Lauf der im Abs. 1 bestimmten Frist für die Erhebung der Scheidungsklage unterbrochen ist, solange die Ehegatten getrennt leben, der schuldige Ehegatte aber die Frist dadurch in Lauf setzen kann, daß er den anderen Theil auffordert, entweder die häusliche Gemeinschaft herzustellen oder die Scheidungsklage zu erheben. Dagegen wurde der Antrag, in gleicher Weise auch den Lauf der in Abs. 2 bestimmten Frist, die auf zehn Jahre herabgesetzt wurde, durch Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft unterbrechen zu lassen, abgelehnt und das gleiche Schicksal hatte der Vorschlag, in einem § 1275 a dem Ehegatten, der wegen eines Verschuldens des anderen Theils auf Scheidung zu klagen berechtigt ist, das Recht einzuräumen, die Herstellung der häuslichen Gemeinschaft zu verweigern, also sich solange von dem schuldigen Theile getrennt zu halten, als er des Klagerechts nicht verlustig geworden ist. Diese Anträge verfolgten insbesondere auch den Zweck, katholischen Ehegatten, die Bedenken tragen, eine Scheidungsklage zu erheben, eine thatsächliche Trennung auf bestimmte Zeit unter der Voraussetzung zu ermöglichen, daß der schuldige Ehegatte nicht darauf besteht, daß diesem Zustande durch Herbeiführung der Scheidung und der Herstellung der häuslichen Gemeinschaft ein Ende gemacht wird. Ich hatte auf die Annahme dieser Anträge gehofft, für die ich nicht nur die Unterstützung der Katholiken hatte, sondern mir auch die Zustimmung der Mehrzahl der protestantischen preußischen Mitglieder in Aussicht gestellt war; diese änderten aber ihre Ansicht in der ganz unbegründeten Befürchtung, die Annahme des Antrags könne zu einer Art von Sonderrecht für die Katholiken führen. 121
§ § 1564—1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
Wird . . . ist, so ist der Ehebruch als Grund der Scheidung sowie diese Person in dem Urtheile festzustellen. Dazu wurde der Unterantrag gestellt, durch Ordnungsvorschrift vorzuschreiben, daß die Person desjenigen, mit welchem der Ehegatte den Ehebruch begangen hat, in der Urtheilsformel zu bezeichnen sei. Der Antrag 1 bezweckt, abgesehen von der Versetzung des § 1450 in die C.P.O., keine sachliche Aenderung des Entw. Die Komm, nahm nach Ablehnung des Zusatzantrags den Antrag 2 an. Struckmann V. Den §1451 beschloß man unter Billigung seines Inhalts in die C.P.O. zu (Nr 71,9) versetzen (vergl. den 5 573 a d. C.P.O. auf S. 66, woselbst unter den ersetzten ParaJacubezky graphen des § 1451 aufgeführt und im Abs. 2 die Herstellung des ehelichen Lebens (Nr 95,2) eingeschaltet ist).25a
VI. Gegen den § 1452 erhob sich kein Widerspruch. Jacubezky (Nr 95, 3)
VII. Als § 1452awar folgende Bestimmung vorgeschlagen: Wird die Ehe geschieden, so bestimmt sich die Verpflichtung des Mannes zur Herausgabe des eingebrachten Gutes der Frau und im Falle des Bestehens einer Gütergemeinschaft die Verpflichtung zur Herausgabe des Gesammtguts in gleicher Weise, wie wenn der Anspruch auf die Herausgabe mit der Erhebung der Scheidungsklage rechtshängig geworden wäre. 26 Die Komm, lehnte den Antrag ab. | VIII. Zu § 1453 lag der lediglich redaktionelle Antrag vor, den Satz 3 zu fassen:
| P114,438
Struckmann Im Falle des Widerrufs steht dem Schenker oder dessen Erben das Recht zu, das (Nr 71, 10) Geschenk nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Be-
reicherung zurückzufordern. Sachlich erfuhr der § 1453 keinen Widerspruch. IX. Auf Anregung eines Mitgliedes verständigte man sich dahin, erst nach der Durchberathung der Vorschriften über die Unterhaltspflicht in die Berathung des § 1454 einzutreten. 27 297. Sitzung vom 20. 2. 1894
I. Die Komm, trat in die Berathung der Frage ein, ob die Vermögensauseinandersetzung bei der Scheidung nach den für die Aufhebung des jeweiligen Güterstandes allgemein geltenden Vorschriften oder nach Sondervorschriften erfolgen solle, welche für diesen Fall zu geben seien. In dieser Beziehung war beantragt: Struckmann 1. als § 1453 a zu bestimmen: (Nr 71,11 u. Bestand zwischen den Ehegatten allgemeine Gütergemeinschaft oder GemeinNr 89, 4) schaft (j es beweglichen Vermögens und der Errungenschaft, so kann gegenüber dem in dem Scheidungsurtheil allein für den schuldigen Theil erklärten Ehegatten der andere Ehegatte verlangen, daß ihm bei der Auseinandersetzung des Gesammtguts der Werth desjenigen, was er mehr als der schuldige Ehegatte in die Gütergemein25a
26 27
122
Von Jacubezky lag der Antrag Nr. 95, 2 vor, den Schluß des 5 1451 zu fassen: „Ehegatten nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes erhoben werden kann" (vergl. den Beschluß zu § 1267, Prot. 5033 bis 5041; Gutachten IV, S. 324, Bähr § 1325 Abs. 4). Zur Begründung wies Jacubezky auf die c 1 Abs. 2, $ 1379 (vorl. Zust.), §§ 1429, 1431 hin. Vgl. Prot. II, Bd. 4, S. 515 ff. (unten S. 126).
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§ 1564-1587
schaft eingebracht hat, als Voraus zugetheilt werde, wenn der Werth des Gesammtguts zur Zeit der Auseinandersetzung den Werth des von beiden Ehegatten Eingebrachten erreicht. Bleibt der Werth des Gesammtguts hinter dem Werthe des von beiden | Ehegatten Eingebrachten zurück, so hat auf Verlangen des nicht für den | P II 4,439 schuldigen Theil erklärten Ehegatten die Theilung des Gesammtguts in der Art zu erfolgen, daß jedem Ehegatten der Werth des von ihm Eingebrachten nach Abzug der Hälfte des Fehlbetrags zurückerstattet wird. Der Werth des Eingebrachten ist nach der Zeit des Einbringens festzustellen. Das gleiche Recht steht auch dem Ehegatten zu, dessen Ehe wegen seiner Geisteskrankheit geschieden ist. 2. hierzu der Unterantrag, im Abs. 1: Jacubezky a) Satz 1 statt „gegenüber . . . der andere Ehegatte" zu sagen „jeder der beiden (Nr 95, 4) Ehegatten"; b) Satz 2 zu fassen: Bleibt der Werth des Gesammtguts hinter dem Werthe des von beiden Ehegatten Eingebrachten zurück, so hat auf Verlangen des nicht für den schuldigen Theil erklärten Ehegatten die Theilung des Gesammtguts nach dem Werthverhältnisse des beiderseitigen Einbringens zu erfolgen. c) folgenden Zusatz beizufügen: Als von einem Ehegatten eingebracht ist dasjenige anzusehen, was eingebrachtes Gut desselben gewesen sein würde, wenn Errungenschaftsgemeinschaft bestanden hätte. 3. als § 1454a zu bestimmen: v.Mandry Besteht zwischen den Ehegatten der Güterstand der allgemeinen Gütergemein- (Nr 73,10) schaft oder der Gemeinschaft des beweglichen Vermögens und der Errungenschaft und ist der eine Ehegatte im Scheidungsurtheile für den allein schuldigen Theil erklärt, so kann der andere Ehegatte verlangen, daß die Auseinandersetzung des Vermögens vorgenommen wird, wie wenn Errungenschaftsgemeinschaft bestanden hätte. Ist die Auseinandersetzung in dieser Weise erfolgt, so finden die Vorschriften des § 1454 für die Zukunft keine Anwendung. Der Antrag 1 wurde mit der Modifikation angenommen, daß der letzte Satz des Abs. 1 durch lit. c des Antrags 2 zu ersetzen sei. | B. Man ging dann zur Ehescheidung wegen Geisteskrankheit über. | P II 4, 443 Im Laufe der Berathung wurde für den Fall, daß der Abs. 2 des Antrags 1 angenommen werden sollte, der Unterantrag gestellt: die Vorschrift zu fassen: Im Falle der Scheidung wegen Geisteskrankheit kann jeder der beiden Ehegatten die Auseinandersetzung nach diesen Vorschriften verlangen. Die Komm, nahm mit 9 gegen 8 Stimmen den Antrag 1 an und lehnte den Unterantrag ab. | II. Die Komm, ging zur Berathung der Wirkungen der Scheidung über. Zu IP II 4,444 § 1454 war beantragt: 1. die Vorschrift zu fassen: Struckmann Die geschiedene Frau behält den Familiennamen des Mannes; sie ist jedoch (Nr 71,14) berechtigt, durch eine der zuständigen Verwaltungsbehörde gegenüber abzugebende Erklärung den Namen wieder anzunehmen, den sie vor der Eingehung der geschiedenen Ehe geführt hat. Ist sie allein für den schuldigen Theil erklärt, so darf sie gegen 123
§ § 1564— 1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
den Willen des Mannes dessen Namen nicht fortführen. 2 8 Sie erhält in diesem Falle den N a m e n , den sie vor der Eingehung der geschiedenen Ehe geführt hat. Jacubezky (Nr 98, 3)
hierzu f ü r den Fall der Annahme die Unteranträge: a) den Satz 2 zu fassen: Ist sie f ü r den allein schuldigen Theil erklärt, so ist sie verpflichtet, auf Verlangen des Mannes diesen N a m e n wiederanzunehmen, und dem § 1274 folgenden Zusatz zu geben: Sie ist berechtigt, diesem Namen ihren Familiennamen beizufügen, b) den Satz 2 zu fassen: Ist sie allein für den schuldigen Theil erklärt, so kann der Mann verlangen, daß sie seinen N a m e n ablegt; in diesem Falle ist sie verpflichtet, ihren ursprünglichen Familiennamen wiederanzunehmen. | P II 4, 445 | c) den Satz 2 zu fassen :29 Ist sie allein für den schuldigen Theil erklärt, so hat das Gericht auf Verlangen des Mannes in dem Scheidungsurtheile zu bestimmen, daß die Frau den N a m e n des Mannes verliert. In einem solchen Falle erhält sie den ursprünglichen Familiennamen wieder. 2. folgende Vorschrift zu beschließen: Die geschiedene Frau behält den Familiennamen des Mannes; sie ist jedoch berechtigt, durch eine vor dem Standesamt ihres Wohnorts abzugebende Erklärung den Familien- oder Wittwennamen wiederanzunehmen, den sie vor der Eingehung der geschiedenen Ehe geführt hat. Ist sie allein f ü r den schuldigen Theil erklärt und war die geschiedene Ehe kinderlos, so muß sie auf Verlangen des Mannes ihren Familiennamen wiederannehmen. 3. die Vorschrift zu fassen: Die geschiedene Ehefrau kann den Namen des Mannes durch Erklärung zu dem Standesregister ablegen; ist sie für den allein schuldigen Theil erklärt, so kann der Mann die Ablegung verlangen; hat die Ehefrau den Namen des Mannes abgelegt, so führt sie ihren erstmaligen Familiennamen. | P II 4, 446
| A. Die Komm, beschloß, die einzelnen Vorschriften des § 1455 nur vorläufig für den Fall zu gestalten, daß der Entw. überhaupt abgeändert werden solle. Das Prinzip des § 1455 wurde allseitig gebilligt. . . . Es wurde der Antrag gestellt: folgenden Zusatz zu beschließen: D e r Mann muß sein Verbot gegenüber der Frau erklären und dies der zuständigen Behörde anzeigen. Die Aenderung des Namens tritt erst mit der Anzeige an die Behörde ein. N a c h der Erklärung des Antragstellers soll die Behörde auch hiervon der Landesgesetzgebung bezeichnet werden. Die Mehrheit der Komm, billigte diesen Antrag und nahm dann mit 9 gegen 8 Stimmen die so gestalteten Vorschriften des § 1455 endgültig an.
| P II 4, 448
| B. Man trat sodann in die Berathung des Unterantrags a ein, soweit sich derselbe auf einen nachträglichen Zusatz zu § 1274 bezieht, und lehnte ihn ab. III. Es folgte die Berathung der auf das Rechtsverhältniß zwischen den geschiedenen Ehegatten und ihren Kindern bezüglichen Vorschriften der §§ 1456 bis 1458. 28 29
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Der folgende Satz 3 ist nicht im metallographierten Antrag enthalten. Der Antrag unter c ist nicht im metallographierten Antrag enthalten. Er stammt ebenfalls von Jacubezky(vgl. dessen Bericht vom 27. 2. 1894, Nr. 115).
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§1564-1587
Zu § 1456 lag ein Abänderungsantrag nicht vor. D e r Entw. w u r d e sachlich gebilligt. | P II 4, 449
| IV. Z u § 1457 war beantragt, die Vorschrift zu fassen:
D e r Ehegatte, dem nach § 1456 die Sorge f ü r die Person eines Kindes nicht Struckmann zusteht, behält gleichwohl die Befugniß, mit dem Kinde persönlich zu verkehren. (Nr 71,15) Das Vormundschaftsgericht kann diesen V e r k e h r näher regeln, ihn auch ganz ausschließen, wenn er zum offenbaren Nachtheile des Kindes gereicht. Die Mehrheit der Komm, lehnte den Antrag ab und billigte den Entw. V. Zu § 1457 lag noch der Antrag vor, als § 1457 a folgende Vorschrift einzustel- Struckmann (Nr 71, 16) len: Ist die Ehe wegen Geisteskrankheit eines Ehegatten geschieden, so steht dem anderen Ehegatten die elterliche Gewalt über die gemeinschaftlichen Kinder nach Maßgabe der f ü r den Fall der Auflösung der E h e durch den T o d eines Ehegatten geltenden Vorschriften zu. In Gemäßheit des am Schlüsse der letzten Sitzung zu § 1454 gefaßten Beschlusses w u r d e die Berathung dieses Antrags bis zu § 1557 ausgesetzt. 3 0 VI. Zu § 1458 w a r beantragt: 1. die Vorschrift zu fassen: Z u den Kosten des Unterhalts, den der M a n n einem gemeinschaftlichen Kinde zu gewähren hat, hat die Frau aus den Einkünften ihres Vermögens sowie aus den Erträgnissen ihrer Arbeit oder eines von ihr betriebenen Erwerbsgeschäfts (oder: „aus ihren | Einkünften") insoweit einen angemessenen Beitrag zu leisten, als nicht | P II 4, 450 die N u t z u n g e n des in der N u t z n i e ß u n g des Mannes stehenden Vermögens des Kindes einen solchen Beitrag gewähren. D e r Anspruch kann nicht übertragen werden. Steht der Frau die Sorge f ü r die Person des Kindes zu und ist zu besorgen, daß das dem gemeinschaftlichen Kinde gegen den M a n n zustehende Recht auf die Gew ä h r u n g des Unterhalts in erheblicher Weise gefährdet sein wird, so kann die Frau zur Bestreitung dieses Unterhalts den Beitrag soweit zurückbehalten, als zu diesem Z w e c k e erforderlich ist. 2. im Abs. 1 die W o r t e „wenn dem M a n n e die elterliche N u t z n i e ß u n g an dem V e r m ö g e n des Kindes nicht zusteht" zu streichen o d e r statt derselben zu sagen „soweit nicht die Kosten durch die dem M a n n e zustehende N u t z n i e ß u n g an dem V e r m ö g e n des Kindes gedeckt werden". 3. im Abs. 2 die W o r t e „und eine A u f r e c h n u n g gegen ihn ist nicht statthaft" zu streichen. 3 1 298. Sitzung vom 21. 2. 1894 11. Die Komm, trat in die Berathung der Vorschriften über die W i r k u n g e n der | P II 4,451 zeitweiligen T r e n n u n g von Tisch und Bett ein. D e n § 1459 beschloß man in Folge der Beschlüsse zu § 1444 zu streichen. 3 2 II. D e r § 1460 w u r d e sachlich nicht angefochten. Einverständniß bestand darüber, daß der P a r a g r a p h an dieser Stelle zu streichen und mit dem von der Komm, neu 30
31 32
Vgl. Prot. II, Bd. 4, S. 660 ff. Die dort genannten Anträge stammen zu 1. von Struckmann (Nr. 71, 16), zu 2. von Jacubezky (Nr. 99, 1), zu 3. von Planck (Nr. 101) und zu 5. von Struckmann (Nr. 110). Zum Ergebnis der Beratungen vgl. Prot. II, Bd. 4, S. 450 f. Ein dahingehender Antrag Nr. 73,11 lag von v. Mandry vor. 125
§§ 1564—1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
beschlossenen § 1281 a (S. 109) zu verbinden sei. Ein Antrag, den Abs. 1 des § 1460 Planck unter Versetzung desselben hinter den § 1462 dahin zu fassen: (Nr 97,2) Ist durch einstweilige Verfügung die Verpflichtung der Ehegatten zur häuslichen und ehelichen Gemeinschaft aufgehoben, so gelten für die gegenseitige Unterhaltspflicht der Ehegatten folgende Vorschriften. wurde unter sachlicher Billigung desselben der Red.Komm. überwiesen. 33 III. Den § 1461 beschloß man in Folge des zu § 1444 gefaßten Beschlusses zu streichen. Struckmann IV. Zu den §§ 1462, 1463 war beantragt, die §§ 1462, 1463 in Folge des zu § 1255 (Nr 71,17) gefaßten Beschlusses (§§ 582, 584 Abs. 1 , 2 d. C.P.O. S. 6 6 , 6 7 ) zu streichen. 34 Der Beschluß zu § 1255 enthält, wie bereits S. 67 bemerkt ist, eine kleine Aenderung des Abs. 2 des § 1 4 6 2 . . . , 35 | P II 4,456
| VII. Es folgte die Schlußabstimmung über die bisher nur eventuell angenommenen Vorschriften des fünften Titels. D i e Komm, beschloß mit 13 gegen 3 Stimmen, diesen Titel in der neuen Fassung in das B.G.B, aufzunehmen.
| P II 4, 515
| II. Die Berathung des § 1454, welcher für die Fälle der Ehescheidung die Unterhaltspflicht des schuldigen Theiles regelt, wurde zu Ende geführt.
303. Sitzung vom 6. 3. 1894
Struckmann (Nr 71, 2)
Es lagen vor: 1. der Antrag, statt des § 1454 folgende Vorschriften zu beschließen: § 1454. Der in dem Scheidungsurtheil allein für den schuldigen Theil erklärte Ehemann ist verpflichtet, der geschiedenen Ehefrau standesmäßigen Unterhalt zu gewähren, soweit die Einkünfte ihres Vermögens nicht dazu ausreichen und, sofern bei Ehefrauen ihres Standes Erwerb durch eigene Arbeit üblich ist, sie auch durch standesmäßige Arbeit den Unterhalt zu erwerben nicht vermag. Die allein für den schuldigen Theil erklärte Ehefrau ist verpflichtet, dem geschiedenen Ehemanne standesmäßigen Unterhalt zu gewähren, soweit der Ehemann wegen Vermögenslosigkeit und Erwerbsunfähigkeit sich zu erhalten nicht vermag. Der verpflichtete Ehegatte haftet vor den Verwandten des anderen Ehegatten. D i e Vorschrift des § 1487 findet entsprechende Anwendung.
§ 1454 a. Ist der nach § 1454 zur Gewährung des Unterhalts verpflichtete Ehe| P II 4, 516 gatte bei Berücksichtigung seiner anderweiten V e r - | pflichtungen nicht im Stande, ohne Beeinträchtigung seines eigenen standesmäßigen Unterhalts dem anderen Ehegatten den Unterhalt zu gewähren, so ist er zur Gewährung des Unterhalts nur insoweit verpflichtet, als ihm zwei Drittheile des zu seinem eigenen Unterhalte verfügbaren Betrags seiner Einkünfte verbleiben und der eigene nothdürftige Unterhalt nicht beeinträchtigt wird.
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Von v. Mandry lag der Antrag Nr. 73, 12 zu § 1460 vor: „Wenn auf zeitliche oder dauernde Aufhebung der häuslichen und ehelichen Gemeinschaft erkannt ist, bleibt die gegenseitige Unterhaltspflicht nach § 1280 (sowie die Beitragspflicht der Frau nach § 1339) bestehen. Ehegatten . ..". Von Jacubezky war in Nr. 99, 3 beantragt worden, im § 1462 den Eingang des Abs. 2 zu fassen: „Die Anordnung ist zulässig, u.s.w." Die Anträge über die Bestimmungen von der Auflösung der Ehe infolge Todeserklärung sind im Band: Familienrecht I, S. 273 f. wiedergegeben.
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7. Titel: Scheidung der Ehe
§§ 1564-1587
Die im Abs. 1 bestimmte Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein zur Gewährung des Unterhalts verpflichteter Verwandter des anderen Ehegatten vorhanden ist; sie tritt für den Ehemann auch insoweit nicht ein, als die Ehefrau im Stande ist, aus ihrem eigenen Vermögen den Unterhalt zu bestreiten. § 1454 b. Der nach den §§ 1454, 1454 a zu gewährende Unterhalt ist durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren; statt der Rente kann der Berechtigte eine Abfindung in Kapital verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Im Uebrigen finden auf den Unterhalt die Vorschriften der §§ 661, 1488, des § 1490 Abs. 1 und der §§ 1492 bis 1494 entsprechende Anwendung. Die Unterhaltspflicht erlischt mit dem Tode und mit der Wiederverheirathung des Berechtigten; sie erlischt auch mit dem Tode des Verpflichteten. § 1454c. Soweit die Unterhaltspflicht des geschiedenen Ehegatten nach § 1454a davon abhängt, daß er zur Gewährung des Unterhalts im Stande ist, finden im Falle seiner Wiederverheirathung, wenn in der neuen Ehe der gesetzliche Güterstand besteht, auf die Unterhaltspflicht der geschiedenen Ehefrau gegenüber dem geschiedenen Ehemanne die Vorschriften des § 1313, wenn in der neuen Ehe allgemeine Gütergemeinschaft, Errungenschaftsgemeinschaft oder Gemeinschaft des beweglichen Vermögens und der Errungenschaft besteht, auf die Unterhaltspflicht des geschiedenen Ehegatten gegenüber dem anderen geschiedenen Ehegatten die Vorschriften des § 1363 entsprechende Anwendung. § 1454d. Ist die Ehe wegen Geisteskrankheit eines Ehegatten geschieden, so hat Struckmann ihm der andere Ehegatte den Unterhalt in gleicher Weise zu gewähren wie nach den (Nr 71, 13) §§ 1454 bis 1454 c der allein für den schuldigen Theil erklärte Ehegatte dem schuldlosen Ehegatten. hierzu die Unteranträge: 2. Im § 1454 b Abs. 1 nach „kann der Berechtigte" einzufügen „oder Verpflich- Rüger tete"; (Nr 85, 4) 3.a) im § 1454 Abs. 3 den Satz 2 zu streichen und im § 1454b Abs. 1 Satz 2 auch Jacubezky auf § 1487 zu verweisen; 36 (Nr95,5-7 u 98 1—2 b) im § 1454 a Abs. 1 die Worte „seiner Einkünfte" zu streichen; - > ) c) zwischen dem § 1454 a und dem § 1454 b als § 1454 a 1 folgende Vorschrift einzuschalten: Soweit die in den §§ 1454, 1454 a bestimmte Verpflichtung zur Gewährung des Unterhalts davon abhängt, daß das Vermögen | des berechtigten Ehegatten oder die | P114, 517 Einkünfte dieses Vermögens zur Bestreitung des Unterhalts nicht ausreichen, bleibt eine nach der Scheidung eingetretene Verminderung des Vermögens außer Betracht, es sei denn, daß sie durch den Verbrauch zur Bestreitung des standesmäßigen Unterhalts herbeigeführt worden ist. Auf eine erst nach der Scheidung eingetretene Erwerbsunfähigkeit kann sich der Mann nicht berufen. d) im § 1454b a) den Halbsatz 2 des Abs. 1 Satz 1 zu streichen und in Satz 2 des Abs. 1 statt „der §S 661, 1488" zu setzen „des % 766 Abs. 2, 3 des Entw. II, des % 1488"; ß) den Halbsatz 2 des Abs. 2 durch folgende Vorschrift zu ersetzen: Die Unterhaltspflicht geht auf den Erben des Verpflichteten über. Soweit der Umfang der Unterhaltspflicht sich nach den Verhältnissen des Verpflichteten be36
Sämtliche Anträge unter 3. stammen von Jacubezky. Der Antrag zu a) ist wie folgt begründet: Der § 1487 kommt auch im Falle des § 1454 a Abs. 2 zur Anwendung. — Begründung zu c)vergl. Sachs. B.G.B. § 1750, Code civil Art. 101. 127
§§ 1564-1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
stimmt, bleiben die Verhältnisse, welche zur Zeit des Todes des Verpflichteten bestanden haben, für den Erben maßgebend. Der Erbe hat auf Verlangen des Berechtigten Sicherheit zu leisten. Der Erbe kann den Berechtigten mit dem Betrag abfinden, welcher dem Berechtigten als Pflichttheil gebühren würde, wenn die Scheidung nicht erfolgt wäre. Planck 4.a) den § 1454a Abs. 1 zu fassen: (Nr 118, Ist der nach § 1454 . . . Unterhalt zu gewähren, so ist er zur Gewährung des 1 - 2 ) Unterhalts insoweit verpflichtet, als er denselben bei Berücksichtigung seiner ander-
weiten Verpflichtungen f ü r sich und den geschiedenen Ehegatten zusammen zu bestreiten im Stande ist.37 und den § 1483 Abs. 3 zu fassen: Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten steht dem Unterhaltsanspruche des späteren Ehegatten und der minderjährigen unverheiratheten Kinder des Verpflichteten gleich und geht dem Unterhaltsanspruch anderer Verwandten desselben vor. Planck (Nr 97, 2)
b) den letzten Halbsatz des Abs. 2 des § 1454b zu fassen: Die Verpflichtung zur Gewährung des Unterhalts geht auf die Erben des Verpflichteten über. Die Vorschriften des § 1454 a finden in diesem Falle keine Anwendung. Die Erben haften jedoch nicht über den Werth des reinen Nachlasses hinaus und sind berechtigt, statt der Rente eine Kapitalabfindung zu gewähren. Sie brauchen als Abfindung höchstens denjenigen Betrag zu gewähren, den der Berechtigte, wenn die Ehe erst durch den Tod des Verpflichteten getrennt wäre, als Pflichttheil hätte verlangen können. ferner die Anträge:
Wilke (Nr 100)
5. den 5 1454 zu fassen: Der allein f ü r den schuldigen Theil erklärte Ehemann ist verpflichtet, der Ehefrau | P II 4, 518 bis zur Wiederverheirathung den Unterhalt | zu gewähren, soweit sie sich nicht aus den Einkünften ihres eigenen Vermögens zu unterhalten vermag. Ist die Ehefrau für den allein schuldigen Theil erklärt, so ist sie zum Unterhalte des Ehemanns bis zur Wiederverheirathung nur verpflichtet, soweit derselbe wegen Vermögenslosigkeit und Erwerbsunfähigkeit sich selbst zu unterhalten nicht im Stande ist. Auf den Unterhaltsanspruch darf jeder Ehegatte auch im voraus verzichten. Der Anspruch darf geltend gemacht werden, soweit der Verpflichtete den Unterhalt ohne Beeinträchtigung seines eigenen nothdürftigen Unterhalts zu gewähren im Stande ist. Dem Unterhaltsanspruche des Ehegatten und der minderjährigen unverheiratheten Kinder aus einer neuen Ehe des schuldigen Ehegatten steht kein Vorrecht zu vor dem Unterhaltsanspruche des geschiedenen Ehegatten. Im Uebrigen finden auf diesen Unterhaltsanspruch die allgemeinen Vorschriften über den Unterhaltsanspruch (§§ 1481 bis 1496) Anwendung. v. Mandry (Nr 73 II 9)
6. den § 1454 durch folgende Vorschrift zu ersetzen:
37
128
Hier folgt im metallographierten Antrag Nr. 118, 1 noch: „Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein zur Gewährung des Unterhalts verpflichteter Verwandter des anderen Ehegatten vorhanden ist; (sie tritt für den Ehemann auch insoweit nicht ein, als die geschiedene Ehefrau im Stande ist, aus dem Stamme ihres Vermögens den Unterhalt zu bestreiten.)
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§ 1564-1587
§ 1454. Ist der Mann im Scheidungsurtheile f ü r den allein schuldigen Theil erklärt, so ist er verpflichtet, der Frau den der bisherigen Lebensstellung entsprechenden Unterhalt zu gewähren, es sei denn, daß sie sich diesen Unterhalt aus den Einkünften ihres Vermögens und, wenn nach den Verhältnissen der Ehegatten Erwerbsthätigkeit der Frau üblich ist, aus den Erträgnissen ihrer Arbeit zu beschaffen vermag. Ist die Frau im Scheidungsurtheile für den allein schuldigen Theil erklärt, so ist sie verpflichtet, dem Manne zur Bestreitung des seiner Lebensstellung entsprechenden Unterhalts aus den Einkünften ihres Vermögens einen angemessenen Beitrag zu gewähren, es sei denn, daß er diesen Unterhalt aus den Einkünften seines Vermögens und den Erträgnissen seiner Arbeit sich selbst zu beschaffen vermag. Die im § 1281 Abs. 1 bestimmte Unterhaltspflicht bleibt unberührt. Auf diese Verpflichtungen finden etc. (wie im Entw.). Bei Scheidung wegen Geisteskrankheit stehen dem geisteskranken Ehegatten dieselben Rechte zu, wie wenn der andere Ehegatte für den allein schuldigen Theil erklärt wäre. § 1454 a. Besteht zwischen den Ehegatten der Güterstand der allgemeinen Gütergemeinschaft oder der Gemeinschaft des beweglichen Vermögens und der Errungenschaft und ist der eine Ehegatte im Scheidungsurtheile f ü r den allein schuldigen Theil erklärt, so kann der andere Ehegatte verlangen, daß die Auseinandersetzung des Vermögens vorgenommen wird, wie wenn Errungenschaftsgemeinschaft bestanden hätte. Ist die Auseinandersetzung in dieser Weise erfolgt, so finden die Vorschriften des § 1454 f ü r die Zukunft keine Anwendung. | Von dem Antragsteller zu 6 wurde weiterhin beantragt:
| P II 4, 519
„7. a) den § 1454 zu fassen: v. Mandry Ist einer der Ehegatten f ü r den allein schuldigen Theil erklärt, so ist dem anderen (Nr 106,1) Ehegatten der der bisherigen Lebensstellung entsprechende Unterhalt durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren. Der nicht f ü r den schuldigen Theil erklärte Ehegatte kann Unterhalt durch den anderen Ehegatten nur verlangen, wenn seine Einkünfte aus Vermögen und ErErwerbsthätigkeit zur Bestreitung des der bisherigen Lebensstellung entsprechenden Unterhalts nicht hinreichen. Ist die Frau der nicht schuldige Theil, so kommt nur die nach den bisherigen Verhältnissen der Ehegatten übliche Erwerbsthätigkeit in Betracht; ist der Mann der nicht schuldige Theil, so kann er, wenn er verwendbares Vermögen hat, nur einen angemessenen Beitrag zur Bestreitung des Unterhalts verlangen. Im Uebrigen finden bei der Feststellung der Geldrente die §§ 1488, 1490 Abs. 1 entsprechende Anwendung. Der f ü r den schuldigen Theil erklärte Ehegatte kann verlangen, daß die Geldrente nicht auf mehr als ein Drittheil der ihm unter Berücksichtigung seiner anderweiten Verpflichtungen übrig bleibenden Einkünfte festgestellt wird. Gegenüber dem späteren Ehegatten und gegenüber den Kindern bestehende Unterhaltsverpflichtungen sind zu berücksichtigen; nicht dagegen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber anderen Verwandten. Die Feststellung einer Unterhaltsrente kann nach Ablauf eines Jahres seit der Scheidung nicht mehr verlangt werden. Auf die Rente finden die Vorschriften des § 702 und der Abs. 2, 3 des § 766 des Entw. II entsprechende Anwendung. b) in den §§ 239b, 648 N r . 6, dem § 749 Abs. 1 N r . 2 und Abs. 3 d. C.P.O. (vergl. v. Mandiy Anm. zu § 766 des Entw. II) einzuschalten: „sowie nach § 1454"; (Nr 106,2) 129
§§ 1564-1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
v. Mandry c) In den §§ 1313, 1363, 1484 Satz 1,1487 die Anwendbarkeit der betr. Vorschrif(Nr 106,3) ten auf die Unterhaltsrente des geschiedenen Ehegatten zum Ausdrucke zu bringen. 38
| P II 4, 660
313. Sitzung vom 10. 4. 1894 | IV. Man kam zur Berathung der Frage, wem die elterliche Gewalt im Falle der Scheidung wegen Geisteskrankheit zustehen solle. Die P r ü f u n g dieser Frage war bis hierher ausgesetzt worden (S. 449). In dieser Beziehung lagen folgende Anträge vor:
Struckmann (Nr 71,16)
1. als § 1457 a zu beschließen: l s t di e Ehe wegen Geisteskrankheit eines Ehegatten geschieden, so steht dem anderen Ehegatten die elterliche Gewalt über die gemeinschaftlichen Kinder nach Maßgabe der für den Fall der Auflösung der Ehe durch den T o d eines Ehegatten geltenden Vorschriften zu.
Jacubezky (Nr 99,1)
2. als § 1457 d zu bestimmen: l s t di e E h e wegen Geisteskrankheit eines Ehegatten geschieden, so finden auf die elterliche Gewalt über die gemeinschaftlichen Kinder die für den Fall der Todeserklärung eines Ehegatten geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung. (Nämlich § 1557 Abs. 2, § 1560 Satz 1 und im Falle der Genesung des kranken EhegattenS 1577 Abs. 3, § 1560 Satz 2, § 1465.)
| P II 4, 661 | 3. die Vorschrift zu fassen: Planck i s t die Ehe wegen Geisteskrankheit eines Ehegatten geschieden, so finden auf die (Nr 101) elterliche Gewalt über die gemeinschaftlichen Kinder die Vorschriften der §§ 1554, 1555 Abs. 2 Anwendung. Wird der geisteskranke Ehegatte wiederhergestellt, so finden die f ü r den Fall, daß beide Ehegatten f ü r schuldig erklärt sind, geltenden Vorschriften der §§ 1456, 1457 Anwendung. (Im Falle der Scheidung wegen Geisteskrankheit des Mannes soll derselbe durch die Scheidung nicht die elterliche Nutznießung verlieren.) 4. im § 1456 Abs. 1 Satz 1 der Vorl. Zus. hinter den Worten „für schuldig erklärt sind" den Zusatz einzuschalten „oder die Ehe wegen Geisteskrankheit des einen Ehegatten geschieden ist"; 5. der § u 1 des allgemeinen Antrags. Die Anträge 1, 2 und 3 wurden mit Rücksicht auf die zu § 1555 gefaßten Beschlüsse zurückgezogen. Der Antragsteller zu 4 erklärte, daß er den Satz 2 des Antrags 3 aufnehme und beantrage, denselben als § 1458 a einzustellen und dahin zu ergänzen, daß auch der § 1458 zitirt werde. Zur Berathung und Abstimmung standen somit nur der modifizirte Antrag 4 und der Antrag 5. Die Mehrheit der Komm, lehnte beide Anträge ab. Angenommen wurde der Antrag Nr. 197, 2 (Erbrecht) von v. Mandry, im § 1455 Abs. 2 und im § 1475 a der ZustRedKom. zu sagen: „durch eine in öffentlich beglaubigter Form abzugebende Erklärung" (Prot. II, Bd. 5, S. 163 f.). II. Fassung der Regelung in der VorlZust. : E I-VorlZust § 1440. Die Auflösung der Ehe vor dem Tode eines der Ehegatten kann, vorbe§ 1440 hältlich der Vorschrift des § 1464, nur durch gerichtliches Urtheil erfolgen (Scheidung).
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130
Zum Ergebnis der Beratungen vgl. Prot. II, Bd. 4, S. 519 ff.
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§ 1564-1587
Die Scheidung ist nur in den Fällen zulässig, welche in den §§ 1441 bis 1445 bezeichnet sind. $ 1441. Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte sich E I-VorlZust des Ehebruchs oder einer nach § 171 oder § 175 des Strafgesetzbuchs strafbaren $ 1441 Handlung schuldig gemacht hat. Die Scheidung ist ausgeschlossen, wenn die Handlung mit dem Willen des die Scheidung verlangenden Ehegatten begangen ist. § 1442. Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte ihm E I-VorlZust § 1442 nach dem Leben gestellt hat. § 1443. Ein Ehegatte kann die Scheidung verlangen, wenn der andere Ehegatte ihn böslich verlassen hat. Bösliche Verlassung ist nur dann anzunehmen, wenn der andere Ehegatte nach rechtskräftiger Verurtheilung zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft dem Urtheile ein Jahr lang wider den Willen des die Scheidung verlangenden Ehegatten böslicher Weise nicht Folge geleistet hat. Gegen einen Ehegatten, welcher nur durch öffentliche Zustellung geladen werden kann, ist bösliche Verlassung auch ohne vorherige Verurtheilung zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft anzunehmen, wenn derselbe in der Absicht, den anderen Ehegatten böslicher Weise zu verlassen, wider dessen Willen die häusliche Gemeinschaft aufgegeben oder herzustellen unterlassen hat und von dieser Zeit an sowie seit dem Eintritte der Voraussetzungen der öffentlichen Zustellung mindestens ein Jahr verstrichen ist. Liegen zur Zeit der Erlassung des Unheils die Voraussetzungen der öffentlichen Zustellung nicht mehr vor, so ist die Scheidung unstatthaft. Oder folgende Fassung: Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte ihn böslich verlassen hat. Bösliche Verlassung liegt nur vor: 1. wenn der Ehegatte, der den anderen verlassen hat, zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft rechtskräftig verurtheilt ist und ein Jahr lang gegen den Willen des anderen Ehegatten in böslicher Absicht dem Urtheile keine Folge geleistet hat; 2. wenn der Ehegatte, der den anderen verlassen hat, sich in böslicher Absicht seit einem Jahre von der häuslichen Gemeinschaft ferngehalten hat und die Voraussetzungen f ü r die öffentliche Zustellung seit Jahresfrist gegen ihn vorgelegen haben und zur Zeit der Erlassung des Urtheils noch vorliegen. § 1444. H a t ein Ehegatte in anderer als der in den §§ 1441 bis 1443 bezeichneten Weise durch schwere Verletzung der ihm obliegenden ehelichen Pflichten oder durch ehrloses oder durch (grob) unsittliches Verhalten eine so tiefe Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses verschuldet, daß dem andern Ehegatten die Fortsetzung der Ehe nicht zugemuthet werden kann, so ist dieser auf Scheidung der Ehe zu klagen berechtigt. Als schwere Verletzung der einem Ehegatten obliegenden ehelichen Pflichten ist insbesondere auch schwere Mißhandlung des anderen Ehegatten anzusehen.*) *) Zum theilweisen Ersatz des § 1444 wird in den Art 11 des Entwurfs eines Einf. Gesetzes eine Vorschrift eingestellt, nach welcher der $ 580 der C.P.O. folgende Fassung erhält: Hat der Kläger die Aussetzung des Verfahrens über eine auf Grund der §§ 1441 — 1444 des B.G.B, erhobene Ehescheidungsklage beantragt, so darf das Gericht auf Scheidung nicht erkennen, solange die Aussetzung nicht stattgefunden hat. Das Gleiche gilt, falls die Scheidung auf Grund des § 1444 des B.G.B, beantragt, und die Aussicht auf Aussöhnung der Parteien nach den Umständen nicht als ausgeschlossen erscheint, auch dann wenn der Kläger die Aussetzung nicht beantragt hat. Auf Grund dieser Bestimmungen darf die Aussetzung im Laufe des
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E I-VorlZust % 1443
E I-VorlZust 5 1444
§ § 1564—1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
Rechtsstreits nur einmal und höchstens auf 2 Jahre angeordnet werden. Die Aussetzung des Verfahrens über eine Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens kann das Gericht von Amtswegen anordnen, wenn es die Aussöhnung der Parteien für nicht wahrscheinlich erachtet. Auf Grund dieser Bestimmung darf die Aussetzung im Laufe des Rechtsstreits nur einmal und höchstens auf ein Jahr angeordnet werden. (Der Beschluß, daß ohne Antrag des Klägers eine Aussetzung des Verfahrens nicht stattfindet, wenn die Scheidung aus einem der in den §§ 1441 — 1443 bezeichneten Gründe beantragt ist, wird bei der vorgeschlagenen Fassung des § 580 eines besonderen Ausdrucks nicht bedürfen.)
§ 1445 gestrichen. E I-VorlZust § 1445a."') Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte in § 1445 a Geisteskrankheit verfallen ist, die Krankheit während der Ehe mindestens drei Jahre gedauert und einen solchen Grad erreicht hat, daß die geistige Gemeinschaft zwischen den Ehegatten dauernd unmöglich geworden, auch jede Aussicht auf Heilung oder doch Wiederherstellung der Gemeinschaft ausgeschlossen ist. Oder: Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte in eine Geisteskrankheit verfallen ist, in Folge deren die geistige Gemeinschaft unter den Ehegatten dauernd unmöglich geworden ist und keine Aussicht auf Heilung oder Wiederherstellung der Möglichkeit der geistigen Gemeinschaft besteht. Die Unheilbarkeit darf nicht angenommen werden, wenn die Geisteskrankheit nicht mindestens drei Jahre während der Ehe gedauert hat. *) In den Artikel 11 des Einführungsgesetzes soll eine Vorschrift aufgenommen werden, nach welcher der § 577 a der Civilprozeßordnung folgenden Zusatz erhält: Auf Scheidung der Ehe wegen unheilbarer Geisteskrankheit darf nicht erkannt werden, bevor das Gericht einen oder mehrere Sachverständige über den Geisteszustand des Beklagten gehört hat. (Der Redaktionskommission bleibt die Prüfung der Frage überlassen, ob diese Vorschrift besser an eine andere Stelle der Civilprozeßordnung einzustellen ist. Die Entscheidung der Frage, ob die Unanwendbarkeit des § 369 Abs. 4 auf die von Amtswegen erfolgende Zuziehung von Sachverständigen in Scheidungsprozessen ausdrücklich auszusprechen ist, bleibt der Berathung des Einführungsgesetzes vorbehalten.)
E I-VorlZust § 1446
§ 1446. In den Fällen der §§ 1441 bis 1444 erlischt das Recht auf Scheidung durch Verzeihung.
E I-VorlZust § 1447. Das Recht, aus einem der in den §§ 1441 bis 1444 bestimmten Gründen § 1447 (oder: Das Recht wegen eines Verschuldens des anderen Ehegatten) auf Scheidung zu klagen, erlischt, wenn die Klage nicht binnen sechs Monaten erhoben wird. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der berechtigte Ehegatte von dem Scheidungsgrunde (oder: von der das Recht begründenden Handlung) Kenntniß erhalten hat. Die Frist läuft nicht, solange die häusliche Gemeinschaft unter den Ehegatten aufgehoben ist. Der schuldige Ehegatte kann den zur Klage berechtigten Ehegatten auffordern, entweder die häusliche Gemeinschaft herzustellen oder die Scheidungsklage zu erheben. Macht er von dieser Befugniß Gebrauch, so beginnt der Lauf der Frist mit der Aufforderung. Die Frist zur Erhebung der Klage beträgt zehn Jahre von dem Zeitpunkt an, in welchem der Scheidungsgrund eingetreten ist (oder: in welchem die Handlung begangen ist), wenn nicht die Klage in Gemäßheit des ersten Absatzes bereits früher ausgeschlossen ist. Die für die Verjährung geltendenVorschriften der §§ 169, 171 (Entw. II) finden entsprechende Anwendung. Der Erhebung der Klage steht die Ladung zum Sühnetermine gleich. Die Ladung verliert jedoch ihre Wirkung, wenn nicht binnen drei Monaten seit der Beendigung 132
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§ 1564-1587
des Sühnenverfahrens die Klage erhoben oder wenn der zur Klage berechtigte Ehegatte im Sühnetermine nicht erschienen ist.5®") *) In den Artikel 11 des Entwurfs des Einführungsgesetzes werden folgende Aenderungen der Civilprozeßordnung eingestellt: 1. Der Abs. 2 des § 571 wird gestrichen. 2. Der § 572 Abs. 2 Satz 1 erhält folgende Fassung: Erscheint der Kläger oder erscheinen beide Parteien im Sühnetermine nicht, so muß die Anberaumung eines neuen Sühnetermins beantragt und der Beklagte zu diesem Termine geladen werden.
§ 1447h. Ein Scheidungsgrund, welcher nach den Vorschriften des § 1447 zur Zeit der Erhebung der Klage oder zur Zeit der Ladung zum Sühnetermine noch nicht ausgeschlossen war, kann in demselben Rechtsstreite auch noch zu der Zeit geltend gemacht werden, in welcher die für seine Zulässigkeit in jenen Vorschriften bestimmten Fristen bereits verstrichen sind. § 1448. Eine Thatsache, auf welche der Antrag auf Scheidung nicht mehr gegründet werden kann, darf in Verbindung mit einer anderen noch nicht ausgeschlossenen Thatsache zur Begründung des Antrags auf Scheidung geltend gemacht werden. $ 1449. In jedem Urtheile, durch welches auf Scheidung erkannt wird, ist zugleich zu bestimmen, daß der Ehegatte, gegen welchen die Klage erhoben ist, schuldig sei, und, wenn ein jeder der Ehegatten auf Scheidung geklagt hat und beide Klagen für begründet erachtet werden, daß jeder Ehegatte schuldig sei. Die letztere Bestimmung muß auf Antrag des Beklagten auch dann erfolgen, wenn der Beklagte die Scheidung zu verlangen berechtigt ist, eine Widerklage aber nicht erhoben hat, sowie auch dann, wenn das Recht des Beklagten auf Scheidung durch Verzeihung oder Zeitablauf ausgeschlossen ist, der Verlust des Rechtes aber erst nach Entstehung des von dem Kläger geltend gemachten Scheidungsgrundes eingetreten ist. § 1450*) gestrichen. *) Zum Ersätze des § 1450 wird in den Artikel 11 des Entwurfs eines Einführungsgesetzes folgende Vorschrift als § 581 a der Civilprozeßordnung eingestellt: Wird wegen Ehebruchs auf Scheidung erkannt, und ergeben die Verhandlungen denjenigen, mit welchem der Ehegatte den Ehebruch begangen hat, so ist in dem Urtheile der Ehebruch als Grund der Scheidung und die Person desjenigen festzustellen (oder: zu bezeichnen), mit welchem der Ehebruch begangen ist.
§ 1451?) gestrichen. *) Zum Ersätze des § 1451 werden in dem nach der Anmerkung zu § 1276 dem § 573a der Civilprozeßordnung hinzuzufügenden Zusätze die Worte „sowie die Klage auf Scheidung" hinter den Worten „auf Herstellung des ehelichen Lebens" eingeschaltet und wird in der Anmerkung zu §§ 1254 bis 1256 der § 1451 unter den ersetzten Paragraphen mitaufgeführt.
§ 1452. Die Auflösung der Ehe tritt mit der Rechtskraft des die Scheidung bestimmenden Unheils ein. § 1453. Ist ein Ehegatte in dem Urtheile, durch welches die Ehe geschieden wird, allein für schuldig erklärt, so kann der andere Ehegatte diejenigen Schenkungen widerrufen, welche er während des Brautstandes oder während des Ehestandes dem f ü r schuldig erklärten Ehegatten gemacht hat. Das Recht des Widerrufs erlischt mit dem T o d e des Schenkers oder des Beschenkten; es erlischt auch mit Ablauf eines Jahres seit der Rechtskraft des Scheidungsurtheils. Im Falle des Widerrufs steht dem Schenker oder dessen Erben das Recht zu, das Geleistete nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückzufordern. 5 1453a. Bestand zwischen den Ehegatten allgemeine Gütergemeinschaft oder E I-VorlZust Gemeinschaft des beweglichen Vermögens und der Errungenschaft, so kann gegen- § 1453 a 133
§§ 1564-1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
über dem in dem Scheidungsurtheil allein f ü r den schuldigen Theil erklärten Ehegatten der andere Ehegatte verlangen, daß ihm bei der Auseinandersetzung des Gesammtguts der Werth desjenigen, was er mehr als der schuldige Ehegatte in die Gütergemeinschaft eingebracht hat, als Voraus zugetheilt werden, wenn der Werth des Gesammtguts zur Zeit der Auseinandersetzung den Werth des von beiden Ehegatten Eingebrachten erreicht. Bleibt der Werth des Gesammtguts hinter dem Werthe des von beiden Ehegatten Eingebrachten zurück, so hat auf Verlangen des nicht für den Schuldigen Theil erklärten Ehegatten die Teilung des Gesammtguts in der Art zu erfolgen, daß jedem Ehegatten der Werth des von ihm Eingebrachten nach Abzug der Hälfte des Fehlbetrags zurückerstattet wird. Der Werth des Eingebrachten ist nach der Zeit des Einbringens festzustellen. Als von einem Ehegatten eingebracht ist dasjenige anzusehen, was eingebrachtes Gut desselben gewesen sein würde, wenn Errungenschaftsgemeinschaft bestanden hätte. Das gleiche Recht steht auch dem Ehegatten zu, wegen dessen Geisteskrankheit die Ehe geschieden ist. §1454 ausgesetzt [unten S. 135 f.] E I-VorlZust § 1455. Die geschiedene Frau behält den Familiennamen des Mannes. Ist die Frau § 1455 nicht für allein schuldig erklärt, so ist sie berechtigt, den N a m e n wieder anzuneh-
men, welchen sie, solange sie unverehelicht war, geführt hat. W a r sie vor Eingehung der geschiedenen Ehe bereits Wittwe, so kann sie statt dessen auch ihren Wittwennamen wieder annehmen. Die Annahme erfolgt durch Erklärung gegenüber der zuständigen Behörde. Ist die Frau f ü r allein schuldig erklärt, so verliert sie den Familiennamen desselben 3 9 und erhält den Namen, welchen sie, solange sie unverehelicht war, geführt hat, wenn der geschiedene Ehemann seinen hierauf gerichteten Willen ihr gegenüber erklärt und dies der zuständigen Behörde anzeigt. Die Aenderung des Namens tritt erst mit der Anzeige an die Behörde ein. E I-VorlZust § 1456. Die Sorge für die Person der gemeinschaftlichen Kinder steht nach der 1456 Auflösung der Ehe durch Scheidung, solange beide Ehegatten leben, wenn nur ein
Ehegatte f ü r schuldig erklärt ist, dem anderen Ehegatten, wenn beide Ehegatten für schuldig erklärt sind, in Ansehung der Töchter der Mutter, in Ansehung der Söhne bis zum zurückgelegten sechsten Lebensjahre der Mutter, f ü r die späteren Lebensjahre dem Vater zu. Das Vormundschaftsgericht kann jedoch die Sorge für die Person eines Kindes an den nach den vorstehenden Bestimmungen zu dieser Sorge nicht berufenen Elterntheil übertragen, wenn dies durch besondere Umstände im Interesse des Kindes geboten erscheint; die Anordnungen des Vormundschaftsgerichtes können zu jeder Zeit, sofern es im Interesse des Kindes nöthig wird oder die Umstände, welche die Anordnung veranlaßt haben, weggefallen sind, aufgehoben oder geändert werden. Die Sorge f ü r die Person des Kindes schließt in den Fällen des ersten Absatzes, unbeschadet der aus der elterlichen Gewalt sich ergebenden Rechte, die gesetzliche Vertretung des Kindes nicht ein. E I-VorlZust § 1457. Der Elterntheil, welcher in Gemäßheit des § 1456 von der Sorge für die « 1457 Person eines Kindes ausgeschlossen ist, behält die Befugniß, mit dem Kinde persön-
lich zu verkehren. Die näheren Anordnungen über diesen persönlichen Verkehr sind erforderlichenfalls von dem Vormundschaftsgerichte zu treffen. E I-VorlZust § 1458. Zu den Kosten des einem gemeinschaftlichen Kinde der geschiedenen § 1458 Ehegatten von dem Ehemanne zu gewährenden Unterhaltes ist die Ehefrau, soweit
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So im Original. Es muß richtig heißen: „des Mannes".
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§ 1564-1587
nicht die Kosten durch die dem Ehemanne zustehende Nutznießung an dem Vermögen des Kindes gedeckt werden, aus den Einkünften ihres Vermögens und aus dem Ertrage ihrer Arbeit und eines von ihr selbständig betriebenen Erwerbsgeschäftes einen angemessenen Beitrag dem Ehemanne zu leisten verpflichtet. Der dem Ehemanne zustehende Anspruch ist nicht übertragbar. Steht der Frau die Sorge f ü r die Person des Kindes zu und ist zu besorgen, daß das dem Kinde gegen den Mann zustehende Recht auf die Gewährung des Unterhalts in erheblicher Weise gefährdet sein werde, so kann die Frau zur Bestreitung dieses Unterhalts den Beitrag insoweit zurückbehalten, als zu diesem Zwecke erforderlich ist. §§ 1459, 1460, 1461 gestrichen. §§ 1462, 1461--) gestrichen. *) Zum Ersätze der §§ 1462, 1463 werden die nach der Anmerkung zu §§ 1454 bis 1456 in den Art. 11 des Entwurfs eines Einführungsgesetzes einzustellenden §§ 582, 584 der C.P.O. wie folgt geändert: a) D e r § 582 soll im Eingange lauten: Urtheile, durch welche auf Scheidung, Ungültigkeit oder Nichtigkeit der Ehe erkannt ist u.s.w. b) Der 5 584 soll im Eingange lauten: H a t der Rechtsstreit die Scheidung, Anfechtung oder Nichtigkeit u.s.w. c) D e r zweite Absatz des § 584 erhält folgende Fassung: Die Anordnung ist zulässig, sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung oder im Falle einer Scheidungsklage der Termin zum Versuche der Sühne bestimmt ist. Wird im Wege der Widerklage die Scheidung oder Ungültigkeitserklärung der Ehe beantragt, so kann mit diesem Antrage der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung verbunden werden.
Nachtrag. 1. An die Stelle des ausgesetzten § 1454 treten folgende Vorschriften: § 1454. Der in dem Scheidungsurtheil allein f ü r den schuldigen Theil erklärte E I-VorlZust Ehemann ist verpflichtet, der geschiedenen Ehefrau standesmäßigen Unterhalt zu § 1 4 5 4 gewähren, soweit die Einkünfte ihres Vermögens nicht dazu ausreichen und, sofern bei Ehefrauen ihres Standes Erwerb durch eigene Arbeit üblich ist, sie auch durch standesmäßige Arbeit den Unterhalt zu erwerben nicht vermag. Die allein für den schuldigen Theil erklärte Ehefrau ist verpflichtet, dem geschiedenen Ehemanne standesmäßigen Unterhalt zu gewähren, soweit der Ehemann wegen Vermögenslosigkeit und Erwerbsunfähigkeit sich zu erhalten nicht vermag. Der verpflichtete Ehegatte haftet vor den Verwandten des anderen Ehegatten. § 1454a. Ist der nach § 1454 zur Gewährung des Unterhalts verpflichtete Ehe- E I-VorlZust gatte bei Berücksichtigung seiner anderweitigen Verpflichtungen nicht im Stande, ohne § 1454 a Beeinträchtigung oder Gefährdung seines eigenen standesmäßigen Unterhalts dem anderen Ehegatten den Unterhalt zu gewähren, so ist er zur Gewährung des Unterhalts nur insoweit verpflichtet, als ihm zwei Drittel des zu seinem eigenen Unterhalt verfügbaren Betrags seiner Einkünfte verbleiben und der eigene nothdürftige Unterhalt nicht beeinträchtigt wird. Die Verpflichtung zur Gewährung des Unterhalts fällt unter der im ersten Absatz gedachten Voraussetzung ganz weg, wenn ein zur Gewährung des Unterhalts verpflichteter Verwandter des anderen Ehegatten vorhanden ist; sie fällt für den Ehemann auch dann weg, wenn die Ehefrau im Stande ist, aus ihrem eigenen Vermögen den Unterhalt zu bestreiten. § 1454b. Der nach den §§ 1454, 1454a zu gewährende Unterhalt ist durch Ent- E I-VorlZust richtung einer Geldrente zu gewähren. Im Uebrigen finden die Vorschriften des § 1454 b 135
§ § 1564—1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
§ 766 Abs. 2, 3 (II. Les.), der §§ 1487, 1488, des § 1490 Abs. 1 und der §§ 1492 bis 1494 entsprechende Anwendung. E I-VorlZust § 1454c. Die in den §§ 1454, 1454 a bestimmte Unterhaltspflicht erlischt mit dem § 1454c Tode und mit der Wiederverheirathung des Berechtigten. Sie erlischt nicht mit dem Tode des Verpflichteten. Von diesem Zeitpunkt an findet die Vorschrift des § 1454 a keine Anwendung mehr; der Berechtigte muß sich jedoch die Herabsetzung der Rente soweit gefallen lassen, daß die Hälfte der Einkünfte des beim Tode vorhandenen Vermögens des Verpflichteten frei bleibt. E I-VorlZust $ 1454d. Soweit die Unterhaltspflicht des geschiedenen Ehegatten nach § 1454 a § 1454d davon abhängt, daß er zur Gewährung des Unterhalts im Stande ist, finden im Falle seiner Wiederverheirathung, wenn in der neuen Ehe der gesetzliche Güterstand besteht, auf die Unterhaltspflicht der geschiedenen Ehefrau gegenüber dem geschiedenen Ehemanne die Vorschriften des § 1313, wenn in der neuen Ehe allgemeine Gütergemeinschaft, Errungenschaftsgemeinschaft oder Gemeinschaft des beweglichen Vermögens und der Errungenschaft besteht, auf die Unterhaltspflicht des geschiedenen Ehegatten gegenüber dem anderen geschiedenen Ehegatten die Vorschriften des § 1363 entsprechende Anwendung. E I-VorlZust § 1454 e. Ist die Ehe wegen Geisteskrankheit eines Ehegatten geschieden, so hat § 1454e ihm der andere Ehegatte den Unterhalt in gleicher Weise zu gewähren, wie nach den §§ 1454 bis 1454 d der allein für den schuldigen Theil erklärte Ehegatte dem schuldlosen Ehegatten. III. Fassung der Regelung in der
ZustRedKom:
Sechster Titel (Es bleibt vorbehalten, diesen Titel unmittelbar hinter den dritten Titel zu versetzen). Scheidung der Ehe § § § § § § § § §
1440 entspricht § 1459 E I L 1441 entspricht § 1460 E I L 1442 entspricht § 1461 E I L 1443 entspricht § 1462 E II. 1444 entspricht § 1463 E II. 1445 gestrichen. 1445 a entspricht § 1464 E II. 1446 entspricht § 1465 E II. 1447 entspricht § 1466 E I L
E I-ZustRed§ 1447 a (1447 Abs. 5). Ein Scheidungsgrund kann nach dem Ablaufe der für seine Kom Geltendmachung im § 1447 bestimmten Frist in einem anhängigen Rechtsstreite § 1447 a geltend gemacht werden, sofern die Frist zur Zeit der Erhebung der Klage noch nicht abgelaufen war. § § § § § §
1448 entspricht § 1468 E II. 1449 entspricht § 1469 E II. 1450 gestrichen. 1451. Vgl. die Anm. zu §§ 1254 bis 1256. 1452 entspricht § 1470 E I L 1453 entspricht § 1471 E I L
E I-ZustRed§ 1453 a. Sind die Ehegatten geschieden und ist nur einer von ihnen für schuldig Kom erklärt, so kann der andere verlangen, daß ihm der Werth desjenigen, was er mehr als § 1453 a d e r sc huldige Ehegatte in die Gütergemeinschaft eingebracht hat, als Voraus zuge136
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§ 1564-1587
theilt wird, sofern der Werth des Gesammtguts den Werth des von beiden Ehegatten Eingebrachten erreicht. Ist der Werth des Gesammtguts geringer, so kann der nicht f ü r schuldig erklärte Ehegatte Theilung in der Art verlangen, daß jedem Ehegatten der Werth des von ihm Eingebrachten nach Abzug der Hälfte des Fehlbetrags zurückerstattet wird. Der Werth des Eingebrachten bestimmt sich nach der Zeit des Einbringens. Als eingebracht ist anzusehen, was eingebrachtes Gut gewesen sein würde, wenn Errungenschaftsgemeinschaft bestanden hätte. Die gleichen Rechte hat ein Ehegatte, wenn die Ehe wegen seiner Geisteskrankheit geschieden worden ist. § § S § § § §
1454 entspricht § 1472 E I L 1454 a entspricht § 1473 E II. 1454 b entspricht § 1474 E I L 1454 c entspricht § 1475 E II. 1454 d entspricht § 1476 E II. 1454 e entspricht § 1477 E II. 1455 Abs. 1, 2 entspricht § 1478 Abs. 1 und 2 E II.
Abs. 3 lautet: Ist die Frau nicht oder nicht allein f ü r schuldig erklärt, so kann sie durch eine der zuständigen Behörde gegenüber abzugebende Erklärung ihren Familiennamen oder, sofern sie vor der Eingehung der geschiedenen Ehe Wittwe war, ihren Wittwennamen wieder annehmen. § 1456. Solange die geschiedenen Ehegatten leben, steht die Sorge für die Person E I-ZustRedder gemeinschaftlichen Kinder, wenn nur einer der Ehegatten f ü r schuldig erklärt ist, Kom dem anderen Ehegatten zu. Sind beide Ehegatten für schuldig erklärt, so steht die § Sorge f ü r die Söhne unter sechs Jahren und für die Töchter der Mutter, für die Söhne über sechs Jahre dem Vater zu. Das Vormundschaftsgericht kann eine abweichende Anordnung treffen, wenn eine solche im Interesse der Kinder durch besondere Umstände geboten ist; die Anordnung kann aufgehoben werden, wenn sie im Interesse der Kinder nicht mehr erforderlich ist. Die Sorge für die Person der Kinder im Sinne des Abs. 1 umfaßt nicht die gesetzliche Vertretung. Im Uebrigen werden die aus der elterlichen Gewalt sich ergebenden Rechte und Pflichten durch die Scheidung nicht berührt. § 1457 entspricht § 1480 E I L § 1458. Die Frau ist verpflichtet, dem Manne aus den Einkünften ihres Vermö- E I-ZustRedgens sowie aus dem Ertrag ihrer Arbeit oder eines von ihr selbständig betriebenen Korn Erwerbsgeschäfts einen angemessenen Beitrag zur Bestreitung des einem gemein- S 1458 schaftlichen Kinde von ihm zu gewährenden Unterhalts zu leisten, soweit nicht die Kosten des Unterhalts durch die ihm an dem Vermögen des Kindes zustehende Nutznießung gedeckt werden. Der Anspruch des Mannes ist nicht übertragbar. Steht der Frau die Sorge für die Person des Kindes zu und ist eine erhebliche Gefährdung des Unterhalts des Kindes zu besorgen, so kann die Frau den Beitrag zur eigenen Verwendung insoweit zurückbehalten, als dies zur Bestreitung des Unterhalts erforderlich ist. §§ 1459—1461 gestrichen. §§ 1462,1463 vergl. die Anmerkung zu §§ 1254 bis 1256 unter 2.
137
§ § 1564— 1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
IV.l. Fassung der Regelung im E II: E II § 1459
§ 1459. Eine Ehe kann nur durch gerichtliches Unheil geschieden werden. Die Scheidung ist nur aus den in den §§ 1460 bis 1464 bestimmten Gründen zulässig.
E II § 1460
§ 1460. Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte sich des Ehebruchs oder einer nach den §$171, 175 des Strafgesetzbuchs strafbaren Handlung schuldig gemacht hat. Das Recht des Ehegatten auf Scheidung ist ausgeschlossen, wenn er dem Ehebruch oder der strafbaren Handlung zugestimmt oder sich der Theilnahme schuldig gemacht hat.
E II § 1461
§ 1461. Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte ihm nach dem Leben getrachtet hat.
E II § 1462
§ 1462. Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte ihn böslich verlassen hat. Bösliche Verlassung liegt nur vor: 1. wenn ein Ehegatte, nachdem er zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft rechtskräftig verurtheilt worden ist, ein Jahr lang gegen den Willen des anderen Ehegatten in böslicher Absicht dem Urtheile keine Folge geleistet hat; 40 2. wenn ein Ehegatte sich ein Jahr lang gegen den Willen des anderen Ehegatten in böslicher Absicht von der häuslichen Gemeinschaft fern gehalten hat und die Voraussetzungen f ü r die öffentliche Zustellung seit Jahresfrist gegen ihn bestanden haben. Die Scheidung ist im Falle der N r . 2 unzulässig, wenn die Voraussetzungen für die öffentliche Zustellung am Schlüsse der mündlichen Verhandlung, auf welche das Urtheil ergeht, nicht mehr bestehen.
E l l § 1463
§ 1463. Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte durch schwere Verletzung der durch die Ehe begründeten Pflichten oder durch ehrloses oder unsittliches Verhalten eine so tiefe Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses verschuldet hat, daß dem Ehegatten die Fortsetzung der Ehe nicht zugemuthet werden kann. Als schwere Verletzung der Pflichten gilt insbesondere grobe Mißhandlung. 41
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In der Zust.Red.Kom. lautet die Ziff. 1: „wenn ein Ehegatte zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft rechtskräftig verurtheilt worden ist und ein Jahr lang gegen den Willen des anderen Ehegatten in böslicher Absicht dem Urtheile keine Folge geleistet hat." Im Original ist angemerkt: Z u m Ersätze des § 1444 Abs. 2 sowie zum theilweisen Ersätze des § 1444 Abs. 1 des Entw. I soll im Artikel 11 des Entwurfes des Einführungsgesetzes der § 580 der (Zivilprozeßordnung durch folgende Vorschriften ersetzt werden: § 580. H a t der Kläger die Aussetzung des Verfahrens über eine Ehescheidungsklage beantragt, so darf das Gericht auf Scheidung nicht erkennen, bevor die Aussetzung stattgefunden hat. Das Gleiche gilt, wenn die Scheidung auf Grund des § 1463 des Bürgerlichen Gesetzbuchs beantragt ist und die Aussicht auf Aussöhnung der Parteien nicht ausgeschlossen erscheint. Auf Grund dieser Bestimmungen darf die Aussetzung im Laufe des Rechtsstreits nur einmal und höchstens auf zwei Jahr angeordnet werden. § 580 a. Die Aussetzung des Verfahrens über eine Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens kann das Gericht von Amtswegen anordnen, wenn es die Aussöhnung der Parteien für nicht unwahrscheinlich erachtet. Auf Grund dieser Bestimmung darf die Aussetzung im Laufe des Rechtsstreits nur einmal und höchstens auf ein Jahr angeordnet werden.
7. Titel: Scheidung der Ehe
§ § 1564—1587
§ 1464. Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, w e n n der andere Ehegatte in E II § 1464 Geisteskrankheit verfallen ist, die Krankheit während der Ehe mindestens drei Jahre gedauert und einen solchen Grad erreicht hat, daß die geistige Gemeinschaft z w i schen den Ehegatten aufgehoben, auch jede Aussicht auf Wiederherstellung derselben ausgeschlossen ist. 42 § 1465. D a s Recht auf Scheidung erlischt in den Fällen der §§ 1460 bis 1463 durch Verzeihung.
E II § 1465
§ 1466. D i e Scheidungsklage muß in den Fällen der §§ 1460 bis 1463 binnen sechs E II § 1466 Monaten v o n dem Zeitpunkt an erhoben werden, in w e l c h e m der Ehegatte von dem Scheidungsgrunde Kenntniß erlangt hat. D i e Klage ist ausgeschlossen, w e n n seit dem Eintritte des Scheidungsgrundes zehn Jahre verstrichen sind. D i e sechsmonatige Frist läuft nicht, solange die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten a u f g e h o b e n ist. Wird jedoch der zur Klage berechtigte Ehegatte von dem anderen Ehegatten aufgefordert, entweder die häusliche Gemeinschaft herzustellen oder die Scheidungsklage z u erheben, so läuft die Frist von dem Empfange der A u f f o r d e r u n g an. D e r Erhebung der Klage steht die Ladung z u m Sühnetermine gleich. D i e Ladung verliert ihre W i r k u n g , w e n n der zur Klage berechtigte Ehegatte im Sühnetermine nicht erscheint oder w e n n er nicht binnen drei M o n a t e n nach der Beendigung des Sühneverfahrens die Klage erhebt. Auf d e n Lauf der Fristen finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften d e r § § 169, 171 entsprechende A n w e n d u n g . 4 3 § 1467. Ein Scheidungsgrund kann, auch w e n n die für seine Geltendmachung im E II § 1467 § 1466 bestimmte Frist verstrichen ist, im Laufe des Rechtsstreits geltend gemacht werden, sofern die Frist zur Zeit der Erhebung der Klage n o c h nicht verstrichen war. § 1468. Thatsachen, auf die eine Scheidungsklage nicht mehr gegründet werden E II § 1468 kann, dürfen zur Unterstützung einer auf andere Thatsachen gegründeten Scheidungsklage geltend g e m a c h t werden.
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Im Original ist angemerkt: Im Artikel 11 des Entwurfes des Einführungsgesetzes soll folgende Vorschrift in die Civilprozeßordnung als § 581 a eingestellt werden: Auf Scheidung wegen Geisteskrankheit darf nicht erkannt werden, bevor das Gericht einen oder mehrere Sachverständige über den Geisteszustand des Beklagten gehört hat. Die Entscheidung der Frage, ob die Unanwendbarkeit des § 369 Abs. 4 der Civilprozeßordnung auf die von Amtswegen erfolgende Zuziehung von Sachverständigen in Ehescheidungsprozessen ausdrücklich auszusprechen ist, bleibt der Berathung des Entwurfes des Einführungsgesetzes vorbehalten. Im Original ist angemerkt: Im Artikel 11 des Entwurfes des Einführungsgesetzes sollen die Vorschriften der §§571, 572 der Civilprozeßordnung dahin geändert werden: §571. Der Kläger hat bei dem Amtsgerichte, vor welchem der Ehemann seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, die Anberaumung eines Sühnetermins zu beantragen und zu diesem Termine den Beklagten zu laden. § 572. Die Parteien müssen in dem Sühnetermine persönlich erscheinen; Beistände können zurückgewiesen werden. Erscheint der Kläger oder erscheinen beide Parteien im Sühnetermine nicht, so muß der Kläger die Anberaumung eines neuen Sühnetermins beantragen und den Beklagten zu dem Termine laden. Erscheint der Kläger, aber nicht der Beklagte, so ist der Sühneversuch als mißlungen anzusehen. 139
§§ 1564-1587
1. Abschnitt: Bürgerliche E h e
E II § 1469
§ 1469. Wird die Ehe aus einem der in den §§ 1460 bis 1463 bestimmten Gründe geschieden, so ist in dem Urtheil auszusprechen, daß der Beklagte die Schuld an der Scheidung trägt. Ist von dem Beklagten Widerklage erhoben und wird auch diese für begründet erkannt, so sind beide Ehegatten für schuldig zu erklären. Ohne Erhebung einer Widerklage ist auf Antrag des Beklagten im Falle der Scheidung auch der K l ä g e r für schuldig zu erklären, wenn Thatsachen vorliegen, die den Beklagten berechtigen würden, auf Scheidung zu klagen, oder wenn das Recht des Beklagten auf Scheidung zwar durch Verzeihung oder durch Zeitablauf ausgeschlossen ist, aber zur Zeit des Eintritts des von dem Kläger geltend gemachten Scheidungsgrundes noch bestanden hat. 4 4
E II § 1470
§ 1470. Die Auflösung der Ehe tritt mit der Rechtskraft des Scheidungsurtheils ein.
E II § 1471
§ 1471. Ist ein Ehegatte allein für schuldig erklärt, so kann der andere Ehegatte Schenkungen, die er ihm während des Brautstandes oder während der Ehe gemacht hat, widerrufen. D i e Vorschriften des § 477 finden Anwendung. D e r Widerruf ist ausgeschlossen, wenn seit der Rechtskraft des Scheidungsurtheils ein Jahr verstrichen oder wenn der Schenker oder der Beschenkte gestorben ist.
E II § 1472
§ 1472. D e r allein f ü r schuldig erklärte Mann hat der geschiedenen Frau den standesmäßigen Unterhalt insoweit zu gewähren, als sie ihn nicht aus den Einkünften ihres Vermögens und, sofern bei Ehefrauen ihres Standes Erwerb durch eigene Arbeit üblich ist, aus dem Ertrag ihrer Arbeit bestreiten kann. Die allein für schuldig erklärte Frau hat dem geschiedenen Manne den standesmäßigen Unterhalt insoweit zu gewähren, als er außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten.
E II § 1473
§ 1473. Ist der allein f ü r schuldig erklärte Ehegatte bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stande, ohne Gefährdung seines eigenen standesmäßigen Unterhalts dem anderen Ehegatten den Unterhalt zu gewähren, so ist er berechtigt, von den zu seinem Unterhalte verfügbaren Einkünften zwei Drittheile oder, wenn diese zu seinem nothdürftigen Unterhalte nicht ausreichen, so viel zurückzubehalten, als zu dessen Bestreitung erforderlich ist. D e r Mann ist der Frau gegenüber unter den Voraussetzungen des Abs. 1 von der Unterhaltungspflicht g a n z befreit, wenn die Frau den Unterhalt aus dem Stamme ihres Vermögens bestreiten kann.
E II§ 1474
§ 1474. D e r Unterhalt ist durch Entrichtung einer Geldrente nach Maßgabe des § 702 zu gewähren. O b , in welcher Art und f ü r welchen Betrag der Unterhaltungspflichtige Sicherheit zu leisten hat, bestimmt sich nach den Umständen des Falles. Statt der Rente kann der Berechtigte eine Abfindung in Kapital verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. 4 5
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Im Original ist a n g e m e r k t : Z u m Ersätze des § 1450 des Entw. I soll im Artikel 11 des Entwurfes des Einführungsgesetzes folgende V o r s c h r i f t in die Civilprozeßordnung als § 581 b eingestellt w e r d e n : Wird w e g e n Ehebruchs auf Scheidung erkannt, so ist in dem Urtheile die Person festzustellen, mit welcher der Ehebruch b e g a n g e n worden ist, wenn sie sich aus den V e r handlungen ergiebt. In der Z u s t R e d K o m w a r der folgende Satz noch im Abs. 1 enthalten.
7. Titel: Scheidung der Ehe
§ § 1564—1587
Im Uebrigen finden die für die Unterhaltspflicht der Verwandten geltenden Vorschriften der §§ 1502, 1505, des § 1506 Abs. 1, des § 1508 und für den Fall des Todes des Berechtigten die Vorschriften des § 1510 entsprechende Anwendung. § 1475. Die Unterhaltspflicht erlischt mit der Wiederverheirathung des Berechtig- E II $ 1475 ten. Im Falle der Wiederverheirathung des Verpflichteten finden die Vorschriften des § 1499 entsprechende Anwendung. § 1476. Die Unterhaltspflicht erlischt nicht mit dem T o d e des Verpflichteten. E II § 1476 Die Unterhaltspflicht der Erben unterliegt nicht den Beschränkungen des § 1473. Der Berechtigte muß sich jedoch die Herabsetzung der Rente bis auf die Hälfte der Einkünfte gefallen lassen, welche der Verpflichtete zur Zeit des T o d e s aus seinem Vermögen bezogen hat. 46 § 1477. Ist die Ehe wegen Geisteskrankheit eines Ehegatten geschieden, so hat E II § 1477 ihm der andere Ehegatte den Unterhalt in gleicher Weise zu gewähren wie ein allein für schuldig erklärter Ehegatte. § 1478. Die geschiedene Frau behält den Familiennamen des Mannes.
E II § 1478
Ist die Frau allein für schuldig erklärt, so verliert sie den Familiennamen des Mannes und erhält ihren Familiennamen wieder, wenn der Mann ihr die Fortführung seines Namens untersagt und der zuständigen Behörde hiervon Anzeige macht. Ist die Frau nicht oder nicht allein für schuldig erklärt, so kann sie ihren Familiennamen oder, sofern sie vor der Eingehung der geschiedenen Ehe verheirathet war, den zur Zeit der Eingehung dieser Ehe geführten Namen wieder annehmen. Die Annahme erfolgt durch Erklärung gegenüber der zuständigen Behörde; die Erklärung ist in öffentlich beglaubigter Form abzugeben. § 1479. Solange die geschiedenen Ehegatten leben, steht die Sorge für die Person E II § 1479 der gemeinschaftlichen Kinder, wenn nur einer der Ehegatten für schuldig erklärt ist, dem anderen Ehegatten zu. Sind beide Ehegatten für schuldig erklärt, so steht die Sorge für die Söhne unter sechs Jahren und für die Töchter der Mutter, für die Söhne über sechs Jahre dem Vater zu. D a s Vormundschaftsgericht kann eine abweichende Anordnung treffen, wenn eine solche aus besonderen Gründen im Interesse der Kinder geboten ist; die Anordnung kann aufgehoben werden, wenn das Interesse der Kinder die Aufrechterhaltung nicht mehr erfordert. Die Sorge für die Person im Sinne des Abs. 1 umfaßt nicht die Vertretung der Kinder. Im Uebrigen werden die sich aus der elterlichen Gewalt ergebenden Rechte und Pflichten durch die Scheidung nicht berührt. § 1480. Der Ehegatte, welchem nach § 1479 die S o r g e für die Person eines Kindes E II § 1480 nicht zusteht, behält die Befugniß, mit dem Kinde persönlich zu verkehren. Das Vormundschaftsgericht kann den Verkehr näher regeln. 47 § 1481. Die Frau hat aus den Einkünften ihres Vermögens sowie aus dem Ertrag E II§ 1481 ihrer Arbeit oder eines von ihr selbständig betriebenen Erwerbsgeschäfts dem Manne einen angemessenen Beitrag zur Bestreitung des von ihm einem gemeinschaftlichen Kinde zu gewährenden Unterhalts zu leisten, soweit nicht die Kosten des Unterhalts durch die ihm am Vermögen des Kindes zustehende Nutznießung gedeckt werden. Der Anspruch des Mannes ist nicht übertragbar. 46 47
In der ZustRedKom heißt es am Ende: „Bezug." In der ZustRedKom heißt es: „diesen Verkehr näher regeln."
141
§§ 1564—1587
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
Steht der Frau die Sorge für die Person des Kindes zu und ist eine erhebliche Gefährdung des Unterhalts des Kindes für die Zukunft zu besorgen, so kann die Frau den Beitrag zur eigenen Verwendung insoweit zurückbehalten, als zur Bestreitung des Unterhalts erforderlich ist.
2. Revision des E II: | XVI. Zu § 1466 lag der Antrag vor: den Abs. 4 zu fassen: Jacubezky Auf den Lauf der sechsmonatigen und der dreimonatigen Frist finden die für die (Nr 83, 2) Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 169, 171 entsprechende Anwendung. | P II 6,291 | Die Komm, erklärte sich mit der vorgeschlagenen Aenderung einverstanden. | P II 6,290
XVII. Zu § 1473 lagen die Anträge vor: Jacubezky (Nr 83, 3)
1. den Eingang des Abs. 1 zu fassen: Soweit der allein für schuldig erklärte Ehegatte bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stande ist, ohne . . . zu gewähren, ist er berechtigt, . . . erforderlich ist.
Jacubezky (Nr 87,1)
2.a) dem Abs. 1 hinzuzufügen: Hat der allein für schuldig erklärte Ehegatte einem minderjährigen unverheiratheten Kinde oder in Folge seiner Wiederverheirathung dem neuen Ehegatten den Unterhalt zu gewähren, so gilt als zu seinem Unterhalte verfügbar die Hälfte der für ihn und das Kind oder den neuen Ehegatten verfügbaren Einkünfte. Der nothdürftige Unterhalt des Kindes oder des neuen Ehegatten steht dem nothdürftigen Unterhalte des Verpflichteten gleich. b) in § 1504 den Satz 2 des Abs. 2 zu fassen: Der Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten oder eines Ehegatten, der nach § 1484 unterhaltsberechtigt ist, geht den Unterhaltsansprüchen eines volljährigen oder verheiratheten Kindes und eines nicht zu den Kindern gehörenden Verwandten vor. 3. dem § 1473 Abs. 1 hinzuzufügen: Hat er auch einem minderjährigen unverheiratheten Kinde oder einem neuen Ehegatten den Unterhalt zu gewähren, so kann er außerdem so viel zurückbehalten, als dazu erforderlich ist, um den Unterhaltsanspruch des Kindes oder des neuen Ehegatten in dem gleichen Verhältnisse wie den des geschiedenen Ehegatten zu berichtigen. 4. für den Fall der Annahme der unter 3 vorgeschlagenen Fassung statt „außerdem" zu sagen außer dem zu seinem eigenen nothdürftigen Unterhalt Erforderlichen. 5. als § 1504 Abs. 2 Satz 2 zu bestimmen: Der Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten sowie eines Ehegatten, der nach § 1484 unterhaltsberechtigt ist, steht dem Unterhaltsanspruch eines minderjährigen unverheiratheten Kindes nach; er geht dem Unterhaltsanspruch eines anderen Kindes und eines anderen Verwandten vor. 6. dem § 1473 Abs. 1 hinzuzufügen: Hat der . . . zu gewähren (wie Antrag 2 a), so ist dem geschiedenen Ehegatten der Betrag zuzuweisen, der mit Rücksicht auf die Bedürfnisse der Betheiligten der Billigkeit entspricht. 142
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§ 1564-1587
| Die Mehrheit nahm die Anträge 2 b und 6 an und lehnte die Anträge 2 a, 3 bis 5 | P II 6, 292 ab; gegen die im Antrag 1 vorgeschlagene Aenderung des Eingangs des Abs. 1 erhob sich kein Widerspruch. | XVIII. Zu § 1476 lag der Antrag vor: dem Abs. 2 hinzuzufügen.
| P II 6, 293
Einkünfte aus einem Rechte, das mit dem Eintritt eines bestimmten Zeitpunkts Jacubezky oder eines bestimmten Ereignisses erlischt, bleiben außer Betracht, wenn der Zeit- (Nr 73, 4) punkt oder das Ereigniß eingetreten ist. Sind mehrere Berechtigte vorhanden, so können die Renten in der Weise verhältnißmäßig herabgesetzt werden, daß sie zusammen der Hälfte der Einkünfte gleichkommen. Die Komm, war aus den dem Antrage beigefügten Gründen mit dem vorgeschlagenen Zusatz einverstanden. XIX. Zu § 1478 lagen die Anträge vor: v. Mandry 1. den Abs. 2 am Schlüsse zu fassen: . . . wenn der Mann der zuständigen Behörde gegenüber erklärt, daß er der Frau (Nr 70) die Fortführung seines Namens untersage. Die Behörde soll der Frau die Erklärung mittheilen. Jacubezky 2. Die Abs. 2, 3 durch folgende Vorschrift zu ersetzen: (Nr 83, 5) Die Frau kann ihren Familiennamen oder u.s.w. wie Abs. 3. Ist die Frau allein für schuldig erklärt, so verliert sie . . . hiervon in öffentlich beglaubigter Form Anzeige macht. . . War sie vor Eingehung der geschiedenen Ehe verheirathet, so ist sie nicht berechtigt, den durch die frühere Ehe erlangten Namen wiederanzunehmen. 48 Zu Abs. 3 schloß sich die Kom. dem Antrag 2 an; zu Abs. 2 nahm die Kom. den Antrag 1 mit der sich aus dem Antrage 2 übernommenen Modifikation an. | P 116, 294 | XX. Zu § 1479 lag der Antrag vor: den Eingang zu fassen: Ist die Ehe aus einem der in den §§ 1460 bis 1463 bestimmten Gründen geschie- Jacubezky (Nr 83, 1) den, so steht, solange die geschiedenen Ehegatten leben, die Sorge etc. Der Antrag wurde sachlich nicht beanstandet, jedoch für selbstverständlich gehalten und darum der Red.Komm. überwiesen. Für den Fall der Scheidung wegen Geisteskrankheit wollte der Antragsteller es bei dem § 1573 (IV S. 661) bewenden lassen.
V. Fassung der Regelung im E Ilrev. (E III***): § 1549 E II rev. (§ 1547 E III) entspricht § 1564 BGB. § 1550 E Ilrev. (§ 1548 E III) entspricht § 1565 BGB. § 1551 E Ilrev. (§ 1549 E III) entspricht § 1566 BGB. § 1552 E Ilrev. (§ 1550 E III) entspricht § 1567 BGB. 48
48 a
Im metallographierten Antrag Nr. 83, 5 ist folgende Begründung hinzugefügt: Wegen der Beglaubigung der Anzeige vgl. Abs. 3 Satz 2, Prot. S. 5757. Es besteht kein Grund, die allein für schuldig erklärte Frau zur Führung des Namens des Mannes zu zwingen. Die geschiedene Frau darf ihren ursprünglichen Namen wiederaufnehmen, weil sie nicht mehr die Frau ihres bisherigen Mannes ist. Dieser Grund trifft auch dann zu, wenn die Frau allein für schuldig erklärt ist. Dem Antrage Nr. 70 soll mit diesen Vorschlägen nicht entgegengetreten werden. Die SS 1556 und 1565 E III sind von der Reichstagskommission geringfügig geändert worden.
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§§ 1564-1587 s 1553 E II rev. § 1554 E II rev. $ 1555 E II rev. § 1556 E II rev. § 1557 E II rev. § 1558 E II rev. § 1559 E II rev. § 1560 E II rev. § 1561 E II rev. § 1562 E II rev. § 1563 E II rev. § 1564 E II rev. '§ 1565 E II rev. S 1566 E II rev. S 1567 E II rev. § 1568 E II rev.
1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
§ § § § § § § § § S S I § § § §
1551 E III) entspricht § 1568 BGB. 1552 E III) entspricht § 1569 BGB. 1553 E III) entspricht § 1570 BGB. 1554 E III) entspricht $ 1 5 7 1 BGB. 1555 E III) entspricht § 1572 BGB. 1556 E III) entspricht § 1573 BGB. 1557 E III) entspricht § 1574 BGB. 1558 E III) entspricht § 1577 BGB. 1559 E III) entspricht § 1578 BGB. 1560 E III) entspricht § 1579 BGB. 1561 E H I ) entspricht § 1580 BGB. 1562 E III) entspricht § 1581 BGB. 1563 E III) entspricht § 1582 BGB. 1564 E III) entspricht § 1583 BGB. 1565 E III) entspricht § 1584 BGB. 1566 E III) entspricht § 1585 BGB.
D. Justizausschuß (Bundesrat) I. Anträge zur 1. Lesung (Zusst. S. 12—18) § 1549 E l l rev. (§ 1459 E l l ) Sachsen-Weimar beantragt, in den Entwurf des Einführungsgesetzes oder in § 1549 den Zusatz a u f z u n e h m e n , d a ß die landesrechtlichen Vorschriften über die Befugniß des Landesherrn zur Ehescheidung auf G r u n d der Einwilligung der Ehegatten unberührt bleiben. Das in Sachsen-Weimar bestehende landesherrliche Ehescheidungsrecht habe dazu gedient, aussichtslos unglückliche Ehen, deren Scheidung auf gerichtlichem W e g e überhaupt nicht oder doch nicht ohne schonungslose Aufdeckung der zartesten ehelichen Beziehungen und Bloßstellung der betroffenen Familien zu erlangen gewesen wäre, z u m Heile der Ehegatten und ihrer Kinder und nicht selten auch z u m Vortheile der allgemeinen Sittlichkeit zu trennen. Die Erhaltung dieses Ehescheidungsrechts in den Gebieten, w o es noch bestehe, sei keine fühlbare D u r c h b r e c h u n g der deutschen Rechtseinheit und werde zu Uebelständen nicht führen. Braunschweig empfiehlt, durch einen Zusatz im Bürgerlichen Gesetzbuche zu bestimmen, entweder, daß die Landesgesetzgebung hinsichtlich der Ehescheidung aus landesherrlicher Machtvollkommenheit freie H a n d behalte, oder wenigstens, d a ß die A u f h e b u n g dieser Machtvollkommenheit da, w o sie gegenwärtig bestehe, der Landesgesetzgebung überlassen bleibe. Die Ehescheidung aus landesherrlicher Machtvollkommenheit habe sich in Braunschweig bewährt. In den Fällen, auf welche sich der § 1553 des Entwurfes beziehe, werde die Klage leicht zu peinlichen E r ö r t e r u n g e n f ü h r e n ; die Klage w e r d e daher nicht selten unterbleiben, obwohl nach Lage der Sache die Erreichung der Zwecke der Ehe ausgeschlossen sei und das Fortbestehen der Ehe nur z u m N a c h theile der Ehegatten, und vielfach auch der Kinder, gereichen werde. D a s Gleiche sei f ü r manche dem Bereiche des § 1553 angehörende Fälle zu besorgen, in denen ein 144
7. Titel: Scheidung der Ehe
§§ 1564-1587
dem Gerichte genügender Beweis nicht geführt, gleichwohl aber an dem Sachverhalte nicht gezweifelt werden könne. Des Weiteren werde durch den § 1554 die gerichtliche Klage auf Scheidung wegen Geisteskrankheit so sehr beschränkt, daß es wünschenswerth sei, wenigstens f ü r besondere Fälle, die Möglichkeit einer Hilfe durch die Ehescheidung aus landesherrlicher Machtvollkommenheit zu gewahren. Sacbsen-Meiningen wünscht, daß das landesherrliche Ehescheidungsrecht auf G r u n d beiderseitigen Einverständnisses der Ehegatten f ü r diejenigen Gebiete, in welchen dasselbe gegenwärtig gelte, reichsgesetzlich nicht beseitigt werde, vielmehr die Entscheidung über seinen Fortbestand der Landesgesetzgebung vorbehalten bleibe. In d e m Entwürfe, welcher lediglich schweres Verschulden und Geisteskrankheit als Scheidungsgründe anerkenne, seien alle diejenigen erfahrungsgemäß nicht seltenen E h e n ohne Berücksichtigung geblieben, deren Zerrüttung auf andere T h a t u m stände z u r ü c k z u f ü h r e n sei. W e r d e in solchen Fällen von den Ehegatten trotz der unglücklichen Verhältnisse die Erfüllung der ehelichen Aufgaben und der Fortbestand der Ehe verlangt, so stelle das zu h o h e Ansprüche an die sittliche K r a f t der Ehegatten und widerstrebe häufig einer gerechten Rücksicht auf die Betheiligten wie dem öffentlichen Interesse. Aber auch die Zulassung der gerichtlichen Scheidung auf G r u n d wechselseitiger Einwilligung w ü r d e dem Bedürfnisse nicht genügen; denn eine solche Scheidung müßte doch immer auf die Fälle beschränkt bleiben, in denen der Nachweis g e f ü h r t werde, das eheliche Verhältniß sei so tief zerrüttet, daß den Ehegatten die Fortsetzung der Ehe nicht zugemuthet werden könne. H ä u f i g seien indessen die thatsächlichen Vorkommnisse mit ihrer W i r k u n g auf das G e f ü h l der Ehegatten von so zarter N a t u r , daß volle Erkenntniß und W ü r d i g u n g des Maßes der Z e r r ü t t u n g aus einem gerichtlichen Beweisverfahren nicht zu schöpfen sei und die Scheidung am Mangel eines zureichenden Beweisergebnisses scheitere, obwohl sie in W a h r h e i t geboten sein würde. Das Gleiche gelte unter Umständen bei der Scheidung wegen Verschuldens f ü r die Beurtheilung der Schwere der Pflichtverletzung in ihrem Verhältnisse zu der angeblichen Z e r r ü t t u n g der Ehe. D a z u kämen die nicht seltenen Fälle, in welchen sich die Klarlegung der Scheidungsgründe im gerichtlichen V e r f a h ren mit der berechtigten Rücksicht auf die Familie u.s.w. nicht vertrage und dennoch die Scheidung dringendes Bedürfniß sei. Das Institut des landesherrlichen Scheidungsrechts habe sich in Sachsen-Meiningen höchst wohlthätig erwiesen und die Bevölkerung w ü r d e sich nur schwer mit dem G e d a n k e n vertraut machen, daß unglückliche Ehegatten zur Befreiung aus ihrer traurigen Lage nicht mehr im äußersten Falle bei dem Landesherrn Zuflucht finden k ö n n t e n . Sachsen-Koburg-Gotha legt W e r t h d a r a u f , daß die landesherrliche Ehescheidung unter ähnlichen Voraussetzungen, unter denen sie z u r Zeit im H e r z o g t h u m in Geltung sei — w o z u namentlich ein gemeinsamer A n t r a g der in unheilbaren Ehezwistigkeiten lebenden Ehegatten, ein Sühneversuch u n d die vorgängige Regelung der V e r m ö g e n s - und Familienverhältnisse gehörten — dem Lande erhalten bleibe. In der Ehe seien nicht n u r die Regeln des Rechtes, sondern auch die Sitte und die Sittlichkeit zu berücksichtigen und damit gewinne das Verstandes- und Gefühlsleben der Ehegatten eine hervorragende Bedeutung. D e r Entwurf suche zwar dieser Besonderheit d u r c h die weite Fassung des § 1553 R e c h n u n g zu tragen; den individuellen Verhältnissen w e r d e er aber, weil er an dem G r u n d s a t z e schwerer Verschuldung festhalte, in vielen Fällen nicht gerecht. Eine langjährige H a n d h a b u n g des landesherrlichen Gnadenrechts habe in K o b u r g - G o t h a Fälle gezeigt, in denen Ehen jede 145
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sittliche Bedeutung eingebüßt hatten, ohne daß auch nur von einer Seite eine einzelne sich als schweres Verschulden darstellende Handlung hätte behauptet werden können. Die Lösung solcher Ehebande liege im Interesse der Ehegatten, der Kinder und des Gemeinwesens. Das landesherrliche Scheidungsrecht wirke aber auch in solchen Fällen segensreich, in welchen der Entwurf eine gerichtliche Scheidung der Ehe gestatte. Unbegründet sei die Ansicht, daß die Zulassung des landesherrlichen Scheidungsrechts als eine Erleichterung in der Form der Ehescheidung eine leichtfertigere Auffassung von der Bedeutung der Ehe befördern könne. Uebrigens dürfe darauf vertraut werden, daß das Gnadenrecht in so engen Grenzen geübt werde, daß der Gedanke an eine Erleichterung der Ehescheidung nicht zum Durchbruche gelange. D a das Bedürfniß nach außergerichtlicher Ehescheidung in allen Bundesstaaten ein gleiches sei, so werde beantragt, in erster Linie: das Institut der Scheidung aus landesherrlicher Machtvollkommenheit für das gesammte Reichsgebiet einheitlich zu regeln, in zweiter Linie: durch einen Zusatz im § 1549 die Zulässigkeit der landesherrlichen Ehescheidung nach den Bestimmungen der Landesgesetze auszusprechen. Anhalt befürwortet im Anschluß an den von Sachsen-Meiningen geäußerten Wunsch, daß die Entscheidung über den Fortbestand des landesherrlichen Ehescheidungsrechts, das sich auch in Anhalt als segensreich erwiesen habe, der Landesgesetzgebung vorbehalten bleiben möge. Reuß ä. L. tritt den Ausführungen von Sachsen-Meiningen bezüglich des landesherrlichen Ehescheidungsrechts bei und beantragt, den § 1549 dahin zu ergänzen, daß die Scheidung einer Ehe aus landesherrlicher Machtvollkommenheit in den Bundesstaaten, in denen sie bisher zulässig war, auch ferner möglich sei, oder den § 1549 dahin zu ändern, daß die Entscheidung über den Fortbestand des landesherrlichen Scheidungsrechts der Landesgesetzgebung vorbehalten werde.
§§ 1550—1553 E II rev. (§§ 1460 —1463 E II) Bayern f ü h r t aus: Bei der zweiten Lesung sei der Antrag gestellt, aber abgelehnt worden, als §§ 1445 a und b zu bestimmen: „Der Ehegatte, der in den Fällen der §§ 1441 bis 1445 (§§ 1550 bis 1553 des jetzigen Entwurfes) auf Scheidung zu klagen berechtigt ist, kann statt auf Scheidung auf dauernde Aufhebung der häuslichen und ehelichen Gemeinschaft klagen. Verlangt der andere Ehegatte, daß die Ehe, wenn die Klage begründet sei, geschieden werde, so ist die Klage als Klage auf Scheidung anzusehen. Ist auf dauernde Aufhebung der häuslichen und ehelichen Gemeinschaft erkannt, so kann jeder der Ehegatten, wenn nicht Wiederaufnahme des ehelichen Lebens stattgefunden hat, auf Grund des Urtheils im Wege einer neuen Klage Scheidung verlangen." Einem großen Theile der Gründe, die für den Antrag sprächen, sei allerdings durch die Vorschrift des § 1556 Rechnung getragen, die eine vorübergehende T r e n nung der Ehegatten ermögliche, und damit das nächstliegende Mittel gebe, einer Scheidungsklage zu entgehen und eine Versöhnung vorzubereiten. Indessen, auch wenn diese Vorschrift in der zu § 1556 (unten S. 17) vorgeschlagenen Weise ergänzt werde, erschienen daneben die §§ 1445 a und b nicht überflüssig, 146
7. Titel: Scheidung der Ehe
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weil sie einen weiteren durch § 1556 nicht zu erreichenden Vortheil gewährten. Von zahlreichen Katholiken werde, obwohl sie durch den Entwurf nicht gezwungen seien, das innere Band der Ehe ihrerseits als getrennt zu betrachten und von dem Rechte der Wiederverheirathung Gebrauch zu machen, dennoch die Nothwendigkeit, den nach ihrer religiösen Ueberzeugung verbotenen Antrag auf Scheidung zu stellen, als Gewissenszwang empfunden. Die §§ 1445 a und b eröffneten aber die Möglichkeit, diesen Gewissensbedenken Rechnung zu tragen, ohne daß den Andersdenkenden irgend eine Beschwerde erwachse. Denn durch die §§ 1445 a und b sei nicht nur das Recht des unschuldigen Theiles, auf Scheidung zu klagen, sondern auch das Recht des schuldigen Theiles gewahrt, da dieser, wenn er den Fortbestand der Ehe nicht wünsche, die Scheidung verlangen könne. Es wird daher beantragt, Bestimmungen dieses Inhalts in das Gesetzbuch aufzunehmen. § 1552 E II rev. (§ 1462 E II) Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz befürworten im Interesse thunlichster Aufrechterhaltung der Ehe, unter Bezugnahme auf ihre Ausführungen zum Entwurf erster Lesung (Meckl. Bemerk. II S. 69 ff.), die Anerkennung des Grundsatzes, daß nur die fortdauernde Renitenz des schuldigen Ehegatten einen Anspruch auf Scheidung wegen böswilliger Verlassung begründe, das Recht auf Scheidung daher erlösche, wenn der beklagte Ehegatte bis zum Erlasse des Urtheils auf die Scheidungsklage der durch rechtskräftige Entscheidung ausgesprochenen Verpflichtung zur Herstellung des ehelichen Lebens genügt habe. Die Feststellung, ob eine wirklich ernsthafte Fortsetzung des ehelichen Lebens vorliege, werde dem Richter keine Schwierigkeiten bereiten. Demgemäß wird folgende Fassung des § 1552 Abs. 3 vorgeschlagen: „Das Recht auf Scheidung erlischt im Falle der Nr. 1, wenn der schuldige Ehegatte bis zum Schlüsse der mündlichen Verhandlung, auf welche das Urtheil ergeht, die häusliche Gemeinschaft hergestellt hat. Die Scheidung ist im Falle der Nr. 2 . . . (wie im Entwürfe)." In zweiter Linie wird beantragt, den Abs. 3 des § 1552 zu fassen: „Das Recht auf Scheidung erlischt im Falle der Nr. 1, wenn der schuldige Ehegatte bis zur Erhebung der Scheidungsklage die häusliche Gemeinschaft hergestellt hat. Die Scheidung . . . (wie im Entwürfe)." Reußä. ¿.bemerkt, durch die Vorschrift des § 1552 Abs. 2 Nr. 1, wonach bösliche Verlassung anzunehmen sei, wenn ein Ehegatte ein Jahr lang dem Urtheile auf Herstellung der ehelichen Gemeinschaft nicht Folge leiste, werde die Ehescheidung sehr erleichtert. Im Anschluß an das in Reuß geltende Landesrecht (Gesetz vom 3. Mai 1879 § 12) werde daher beantragt, dem Abs. 1 des § 1552 beizufügen: „und die nach Landesrecht zulässigen Zwangsmaßnahmen gegen denselben fruchtlos angewandt worden sind." § 1553 E II rev. (§ 1463 E II) Reuß ä. L. erachtet es als zu weitgehend, daß „grobe Mißhandlung" als eine schwere Verletzung der Ehepflichten gelten und das Recht auf Scheidung begründen soll. Es wird daher beantragt, die Worte „grobe Mißhandlung" durch die Worte „lebensgefährliche Mißhandlung" zu ersetzen. 147
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1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
Anmerkung zu § 1553 E II rev. (§ 1463 E II) Bayern beanstandet, daß nach der hier vorgeschlagenen Fassung des § 580 der Civilprozeßordnung der Richter das Verfahren auch dann, wenn Aussicht auf Versöhnung der Parteien bestehe, ohne Antrag des Klägers nicht aussetzen dürfe, wenn die Klage sich auf einen absoluten Scheidungsgrund stütze. Es liege im öffentlichen Interesse wie im Interesse der Betheiligten, daß auch bei absoluten Scheidungsgründen nicht sofort auf Scheidung erkannt werde, wenn eine Aussöhnung zu erwarten sei. Für die Zulassung einer unbeschränkten Aussetzungsbefugniß spreche außerdem die Erfahrung, daß gerade bei den Scheidungsklagen, welche auf Grund eines einzigen Fehltritts, insbesondere des Ehebruchs des Mannes, erhoben würden, die Aussicht auf Versöhnung zwischen den Ehegatten viel größer sei als in den Fällen des § 1553, in denen eine tiefe Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses vorliege. Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz halten es f ü r bedenklich, daß die Aussetzung des Verfahrens über eine Ehescheidungsklage nach dem Abs. 2 des abgeänderten § 580 der Civilprozeßordnung im Laufe des Rechtsstreits nur einmal und höchstens auf zwei Jahre angeordnet werden dürfe. Daraus würde sich ergeben, daß, selbst wenn nach dem Ablaufe der Aussetzungsfrist das Gericht zu der Ueberzeugung gelange, die bisherige Frist sei zu kurz bemessen gewesen und es sei bei wiederholter Aussetzung eine Aussöhnung zu erhoffen, gleichwohl auf Scheidung erkannt werden müßte. Es wird daher beantragt, den Abs. 2 des § 580 der Civilprozeßordnung dahin zu fassen: „Auf Grund dieser Bestimmungen darf die Aussetzung im Laufe des Rechtsstreits höchstens zweimal und im Ganzen auf nicht länger als drei Jahre angeordnet werden."
§ 1554 E II rev. (§ 1464 E II) Bayern beharrt gegenüber der Scheidung wegen Geisteskrankheit auf seinem ablehnenden Standpunkte (vergl. Zusst. zu Entw. I Bd. I S. 155) und beantragt, den § 1554 zu streichen. Hessen erklärt sich unter Bezugnahme auf seine Ausführungen in seinen gedruckten Vorschlägen zu dem Entwurf erster Lesung (S. 203 ff.) gegen die Zulassung der Ehescheidung wegen Geisteskrankheit. Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz halten unter Bezugnahme auf ihre Ausführungen zum Entwurf erster Lesung (Meckl. Bemerk. II S. 64) daran fest, daß die Anerkennung der unverschuldeten Geisteskrankheit als Scheidungsgrund den christlichen und sittlichen Anschauungen von dem Wesen der Ehe selbst in dem Falle widerspreche, wenn sich die Unheilbarkeit der Geisteskrankheit mit Sicherheit feststellen lassen sollte. Es wird daher beantragt, den § 1554 zu streichen. Reuß ä. L. befürwortet, den § 1554 zu streichen, da nach bisheriger Praxis nur verschuldete Geisteskrankheit als Ehescheidungsgrund angesehen werde und die Vorschrift des Entwurfes mit den Grundsätzen der Kirche über Ehescheidung nicht zu vereinbaren sei. 148
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§ 1556 E II rev. (§ 1466 E II) Bayern beantragt, den § 1556 dahin zu ergänzen, 1. daß nicht nur die sechsmonatige, sondern auch die zehnjährige Frist des § 1556 durch die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft unterbrochen werde; 2. daß dem Ehegatten, welcher wegen Verschuldens des anderen Theiles auf Scheidung zu klagen berechtigt sei, das Recht eingeräumt werde, die Herstellung der häuslichen Gemeinschaft insolange zu verweigern, als er des Klagerechts nicht verlustig geworden sei.
§ 1566 E l l rev. (§ 1474 E II) Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz bemerken: Bei Annahme des von ihnen zu § 1554 gestellten Antrags würden auch der § 1566 und der nach der Anm. 1 zu § 1554 beschlossene § 580a der Civilprozeßordnung in Wegfall zu kommen haben. II. Bericht von Heller (Bayern) vom 1. 11. 1895 Uber die die Aufrechterhaltung des landesherrlichen Ehescheidungsrechts, sei es durch eine Bestimmung im Bürgerlichen Gesetzbuche oder durch einen Vorbehalt im Einführungsgesetze, betreffenden Anträge zum § 1549 fand eine eingehendere Diskussion nicht statt. Der Berichterstatter beantragte mit kurzer Begründung ihre Ablehnung. Keiner der Anträge wurde von einem Ausschußmitgliede unterstützt; nur der an der Sitzung teilnehmende Bevollmächtigte Sachsen-Weimars, Wirklicher Geheimer Rat Dr. von Heerwart, befürwortete den Antrag seiner Regierung unter Betonung der vorteilhaften Wirkungen der bestehenden Einrichtung. Gegen die Anträge sprach sich auch Hessen aus. Das landesherrliche Ehescheidungsrecht bestehe in Hessen gesetzlich noch zu Recht. Wegen der damit gemachten nicht günstigen Erfahrungen habe jedoch schon der vorige Großherzog auf Antrag des Ministeriums bestimmt, daß von dem Rechte kein Gebrauch mehr zu machen sei. Die Anträge wurden in beiden Richtungen einstimmig abgelehnt. Zur Beratung kam sodann der Antrag Bayerns zu den §§ 1550 bis 1553. Der Berichterstatter sprach sich grundsätzlich ablehnend aus, in Ubereinstimmung mit der Anschauung, die f ü r die Mehrheit der Kommission bei der Ablehnung der dort gestellten gleichlautenden Anträge maßgebend war. Ich hielt den Antrag unter eingehender Begründung aufrecht. Für Preußen erklärte der Vorsitzende folgendes: Der von dem Antrage eingeschlagene Weg sei durchaus geeignet, den Zweck zu erreichen, den Bayern dabei im Auge hat, aber er sei ein Bruch mit dem Reichsrechte. Einen solchen Schritt könne man nicht tun, ohne durch eine genügende Aeußerung der Vertreter der katholischen Landesteile dazu genötigt zu sein. In der Presse seien — auffallender Weise — solche Aeußerungen noch nicht zu finden gewesen. Die bloße Aussicht, daß sie im Reichstage laut werden würden, sei kein genügender Grund dafür, eine so schwer wiegende Konzession schon jetzt zu machen. Ob man weiter gehende Anträge dadurch hintanhalten würde, sei sehr zweifelhaft; man solle daher die weitere Entwickelung zunächst abwarten. Die Preußische Regierung lege sehr großen Wert darauf, daß die Frage unberührt bleibe, bis sich die Lage im Reichstage so gestaltet, daß man der Sache nähertreten muß. Auch Württemberg bezeichnete es als taktisch richtiger, jetzt auf den Antrag noch nicht einzugehen. Eventuell werde freilich nichts anderes übrig bleiben, als dem Reichstage gegenüber ihn anzunehmen. Eine Verbesserung werde das Gesetz dadurch aber nicht erfahren. 149
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1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
In gleichem Sinne sprach sich Hessen aus, Baden und Lübeck erklärten sich schlechthin gegen den Antrag. Er wurde gegen die Stimme Bayerns abgelehnt. Die Mecklenburgischen Anträge zum § 1552, gegen die sich der Berichterstatter aussprach, fanden keine Unterstützung und wurden abgelehnt. Der Antrag von Reuß ä. L. wurde von keiner Seite aufgenommen. Ebenso wenig geschah dies hinsichtlich des Antrags von Reuß ä. L. zum § 1553. Der auf die Anmerkung zum § 1553 bezüglichen Anregung Bayerns zur Änderung des § 580 der Zivilprozeßordnung empfahl der Berichterstatter Folge zu geben. Preußen schlug vor, die Frage bis zur Beratung der Revision der Zivilprozeßordnung zurückzustellen, in sachlicher Beziehung die Stellungnahme sich vorbehaltend. Württemberg und Hessen sprachen sich gegen den Bayerischen Antrag aus, es wurde beschlossen, sowohl die Bayerische Anregung als den Mecklenburgischen Antrag bis zur Beratung des Einführungsgesetzes oder des die Abänderung der Zivilprozeßordnung betreffenden besonderen Entwurfs zurückzustellen. Das von mir instruktionsgemäß gegen die Fassung des zweiten Satzes von Abs. 1 des § 580 erhobene Bedenken gab Anlaß, den Reichskommissaren die Verbesserung der Fassung anheimzugeben. Den Anträgen Bayerns, Hessens, der beiden Mecklenburg und von Reuß ä. L. zum § 1554 gegenüber stellte sich der Berichterstatter auf den von der Kommission für die zweite Lesung eingenommenen Standpunkt. Auch Preußen, Baden und Lübeck erklärten sich für die Aufrechterhaltung des Entwurfs; mit Bayern stimmten Württemberg und Hessen f ü r die Streichung des § 1554. Der Antrag war hienach abgelehnt. Der Antrag Bayerns zum §1556 wurde vom Berichterstatter weder in seinem ersten noch in seinem zweiten Teile befürwortet. Ich hielt den Antrag in beiden Richtungen aufrecht. Gegen ihn sprach sich auch der Professor von Mandry aus. Wenn der Antrag Bayerns zu den 1550 bis 1553 angenommen worden wäre, müßte der nunmehr zur Beratung stehende Antrag als eine notwendige Ergänzung gleichfalls angenommen werden. Nach der Ablehnung jenes Antrags liege die Sache anders. Der vom Antrage bezweckte Erfolg werde zwar nicht in allen, aber in den weitaus meisten Fällen auf Grund des § 1338 zu erreichen sein. Württemberg sprach sich f ü r Nr. 1 des Antrags aus, die Nr. 2 wurde von keiner Seite unterstützt. Der Antrag galt hienach im ganzen als abgelehnt. Die Bemerkung Mecklenburgs zum § 1566 war durch die Beschlußfassung zum § 1554 erledigt.
Bericht von Schicker (Württemberg) vom 1. 11. 1895 Die Anträge zu § 1549 (1459) in Betreff des landesherrlichen Ehescheidungsrechts wurden zwar diskutiert, fanden aber keine Unterstützung. Man war einig darüber, daß in größeren Staaten ein solches Scheidungsrecht unmöglich sei, daß es f ü r den Landesherrn ein unangenehmes Recht bilden würde, und daß es keine Aussicht auf Annahme im Reichstag hätte, selbst wenn es nur durch das Einführungsgesetz dem Landesrecht vorbehalten werden wollte. Die Anträge Bayerns zu §§ 1550 — 1553 (1460—1463) wurden vom Referenten bekämpft. Der Vorsitzende erklärte, daß Preußen in den beantragten Bestimmungen einen tiefen Eingriff in die Grundsätze des Entwurfs erblicke, welchen man nicht ohne zwingende Noth concediren dürfe. Eine solche N o t h liege zur Zeit umsoweniger vor, als bis jetzt weder aus den Kreisen des Zentrums noch der Presse dieser Punkt urgirt worden sei. Ob ein vorheriges Zugeständnis in dieser Beziehung tak150
7. Titel: Scheidung der Ehe
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tisch richtig wäre, bezweifle er. — Die Badische Regierung ist entschieden gegen die Anträge. Bayern fand keine Unterstützung. Die Anträge von Mecklenburg und Reuß ä. L zu § 1552 (1462) und § 1553 (1463) fanden keine Unterstützung. Die Erledigung des Antrags Bayerns zu der Anmerkung zu §1553 (1463) wurde nach vorläufiger Diskutierung bis zur Beratung der Novelle zur Civilprozeßordnung ausgesetzt, ebenso die Erledigung des Mecklenburgischen Antrags. Die Anträge Bayerns, Hessens, Mecklenburgs und von Reuß ä. L. in Betreff der Streichung der Scheidung bei Geisteskrankheit — § 1554 (1464) — wurden von mir befürwortet. Die Vertreter von Preußen und Baden traten dagegen ein. Die Abstimmung ergab Ablehnung gegen die Stimmen von Bayern, Württemberg und Hessen. Von den Anträgen Bayerns zu § 1556 (1466) fand der unter No. 1 nur die Unterstützung Württembergs. Professor Dr. von Mandry vertrat dabei den Standpunkt des Entwurfs. Der Antrag N o . 2 fand gar keine Unterstützung. Professor Dr. von Mandry bemerkte, daß es Sache der Entscheidung im Einzelfall sei, ob das Verlangen der Herstellung der häuslichen Gemeinschaft, wenn der andere Theil die Scheidung verlangen könne, sich als ein Mißbrauch im Sinne des § 1338 Abs. 2 darstelle, welcher zurückgewiesen werden könne. Der Antrag Mecklenburg zu § 1566 (1474) ist erledigt, derjenige von Schaumburg-Lippe zu § 1571 (1486) wurde nicht unterstützt. III. Antrag Bayerns vom 2. 12. 1895 zur 2. Lesung . . . VI. Hinter dem § 1553 einzuschalten: § 1553 a. Der Ehegatte, der in den Fällen der §§ 1550 bis 1553 auf Scheidung zu klagen berechtigt ist, kann statt auf Scheidung auf dauernde Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft klagen. Verlangt der andere Ehegatte, daß die Ehe, wenn die Klage begründet ist, geschieden werde, so ist die Klage als Klage auf Scheidung anzusehen. § 1553b. Ist auf dauernde Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft erkannt, so kann jeder der Ehegatten, wenn nicht Wiederaufnahme des ehelichen Lebens stattgefunden hat, auf Grund des Urtheils im Wege einer neuen Klage Scheidung verlangen. VII. Zum § 1556. Im Absätze 2: 1. auf der Zeile 1 statt: „Die sechsmonatige Frist läuft" zu setzen: „Die Fristen laufen"; 2. auf der Zeile 4 statt „läuft die Frist" zu setzen: „laufen die Fristen". IV. Bericht von Klügmann (Lübeck) über die Sitzung am 11. 12. 1895 Die bayerischen Anträge zu § 1553 a und b, die auf Zulassung der Klage auf dauernde Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft an Stelle der Scheidung gerichtet sind, wurden von dem bayerischen Bevollmächtigten wesentlich aus politischen Gründen gerechtfertigt, auch wurde angekündigt, daß die Anträge im Falle der Ablehnung im Ausschusse im Plenum wiederholt werden würden. Der Vorsitzende erklärte für Preußen, auf der Ablehnung bestehen zu müssen. Im Reichstage sei auf enbloc-Annahme der Vorlage nicht zu rechnen; auch die Konservativen stellten sich neuerdings dem Entwurf keineswegs günstig gegenüber. Man könne dem Centrum gegenüber ein nöthigenfalls als Druck zu verwendendes Mittel nicht entbehren; deshalb müsse der bayerische Antrag zur Zeit abgelehnt werden. Württemberg erklärte demgegenüber, daß ein eventuelles späteres Eingehen auf den Inhalt des 151
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1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe
bayerischen Antrages von der württembergischen Regierung als ein schweres Opfer betrachtet werden würde. Bericht von Heller (Bayern) vom 12. 12. 1895: Ich begründete hierauf nach Maßgabe der Instruktion den Antrag Bayerns Nr. VI auf Einschaltung der neuen §§ 1553 a, 1553 b. Wie nach dem Verlaufe der Beratung bei der ersten Lesung vorauszusehen war, blieb der Antrag ohne Unterstützung. Der Vertreter Badens stellte übrigens an den Vorsitzenden die Frage, ob etwa Aussicht dafür bestehe, daß der Reichstag den Entwurf en bloc annehmen wird. In diesem Falle wäre allerdings zu erwägen, ob nicht durch Annahme des Bayerischen Antrags die Annahme des Entwurfs en bloc noch zu erleichtern wäre. Der Vorsitzende erwiderte, auch im Falle der Annahme des Bayerischen Antrags würde keine Aussicht dafür bestehen, daß der Reichstage den Entwurf en bloc annimmt. N u r ein Teil der Nationalliberalen sei für Annahme en bloc; bei den Konservativen herrsche zur Zeit eine dem Entwürfe nicht gerade günstige Stimmung. Die Annahme des Bayerischen Antrags würde eine große Konzession dem Zentrum gegenüber sein, ohne daß vom Standpunkte der Regierungen ein Mittel bestünde, das Zentrum zum Verzichte auf andere, den Regierungen nicht genehme Anträge zu nötigen. Unter diesen Umständen werde wohl auch die Bayerische Regierung anerkennen können, daß auch für sie genügende Gründe bestehen, sich der Stellungnahme der anderen Regierungen anzuschließen. Unter dem Drucke der Lage im Reichstage würden allerdings auch die übrigen Regierungen sich dazu entschließen müssen, die fraglichen Bestimmungen, die das Zentrum ohne allen Zweifel beantragen wird, anzunehmen; f ü r jetzt aber müsse die Rücksicht darauf entscheidend sein, wie man das Gesetzbuch am sichersten ohne zu große Konzessionen an extreme Parteien durchbringe. Hiezu sei unumgänglich notwendig, auf den Bayerischen Antrag zur Zeit nicht einzugehen. Auch Württemberg sprach sich in diesem Sinne aus; ein solches Opfer zu bringen, wie es die Annahme des Antrags wäre, sei erst dann veranlaßt, wenn die Lage im Reichstage schlechthin dazu zwingt. Der Antrag wurde gegen die Stimme Bayerns abgelehnt. Auch der Antrag auf Streichung des § 1554, den ich sodann stellte, fand keine Unterstützung und wurde gegen die Stimme Bayerns abgelehnt. Zum § 1556 stellte und begründete ich den Antrag Bayerns Nr. VII; Württemberg erklärte seine Zustimmung, gegen den Antrag stimmten die übrigen fünf Mitglieder des Ausschusses. 49 E. Reichstag (XII. Kommission und Plenum) I. Anträge zur 1. Lesung in der Kommission Kauffmann, ^ C |>j e 'qn
a) 1. in § 1548 statt §§ 171, 175 zu setzen: „§§ 171, 174, 175, 176". 2. in § 1549 hinzuzufügen: „oder sich ihm gegenüber einer das Leben gefährdenden Behandlung oder einer groben Mißhandlung schuldig macht". 3. in $ 1550Nr. 1 zu setzen: „1. wenn ein Ehegatte, nachdem ihm der gerichtliche Befehl zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft zugestellt ist, in der gerichtlich festgesetzten Frist dem Befehl böslich nicht Folge geleistet hat;" 4. als § 1550a neu einzuschalten: „Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte rechtskräftig zu Zuchthausstrafe verurtheilt ist." 5. als § 1550 bden § 1552 einzuschalten. 6. als § 1550 c den § 1551 einzuschalten, jedoch den letzten Satz in § 1551 dahin 49
Über die Verhandlungen im Bundesratsplenum vgl. das Protokoll bei Schubert, Materialien zur Entstehungsgeschichte des BGB, 1978, S. 374 f.
152
7. Titel: Scheidung der Ehe
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abzuändern: „Als schwere Verletzung der Pflichten gelten auch Mißhandlungen, Bedrohungen und Beschimpfungen." 7. als §1550d neu einzuschalten: „Kinderlose Ehen können auf Grund der Einwilligung beider Ehegatten auf Antrag derselben geschieden werden, wenn die eheliche Gemeinschaft mindestens seit Jahresfrist nicht mehr besteht." b) Als § 1549 a einzufügen: „Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte die zugesagte kirchliche Trauung verweigert. Das gleiche gilt, wenn die Ehegatten derselben Religionsgesellschaft angehören, und auf //
O
(J es Kindes Ersatz zu leisten. Diese Verpflichtung liegt dem Vater auch dann ob, wenn das Kind todt geboren ist, und ohne Rücksicht darauf, ob und welche Kosten von der Mutter aufgewendet sind. Ist die Mutter vor Ablauf von sechs Wochen nach der Geburt des Kindes gestorben, so ist der uneheliche 14 Vater wegen der Kosten des Unterhaltes der Mutter nur für die Zeit bis zu ihrem T o d e Ersatz zu leisten verpflichtet. Die Bestimmungen des § 1536 15 finden Anwendung. 2. Antrag Nr. 341, 106 von Kurlbaum, in § 1541 Abs. 1 vorletzte Zeile das W o r t „uneheliche" zu streichen und letzte Zeile statt „ihrem" zu setzen „deren". Der Antrag wurde nur in seinem ersten Teil genehmigt (Prot. I S. 8750, 8759).
§ 1542 KE/§ 1578 E I Fassung der Regelung in der ZustFamR/im
KE und EI:
ZustFamR § 1542. Der im § 1541 bezeichnete Anspruch verjährt mit Ablauf von zwei Jahren. § 1542 D i e Verjährung beginnt mit Ablauf von sechs Wochen nach der Geburt des Kindes. KE § 1542 E I § 1578
C. 2. Kommission I. Prot. II, Bd. 4, S. 670 ff. (Mugdan, Bd. 4, S. 1018 ff.) 314.
| P II 4, 670
Sitzung
vom 11. 4.
1894
| V. Es folgte die Berathung des fünften Titels über das Rechtsverhältniß der unehelichen Kinder. Der Abschnitt 1 enthält in den §§ 1568 bis 1570 allgemeine Vorschriften. 13
Im E I ist auf § 1495 verwiesen.
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Zur Streichung dieses Wortes vgl. unter 2. Im E I ist auf § 1572 verwiesen.
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6. Titel: Rechtliche Stellung der unehelichen Kinder
§§
1705—1718
Auf den ganzen Titel bezieht sich der in der Anlage auf S. 676 f. wiedergegebene Antrag. | P II 4,676 Struckmann (Nr 130)
| Anlage z u m Prot. 314. Antrag zu den §§ 1568 bis 1578. Rechtsverhältniß der unehelichen Kinder.
§ a. (1568.) Das uneheliche Kind hat im Verhältnisse zu der Mutter und zu deren Verwandten die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes, soweit nicht das Gesetz ein Anderes bestimmt. $ b. (1569.) Das uneheliche Kind erhält den Familiennamen der Mutter, auch wenn diese durch H e i r a t h einen anderen N a m e n erhalten hat. § c . (1570.) Die uneheliche Mutter erhält nicht die elterliche Gewalt über das Kind. Sie hat jedoch das Recht und die Pflicht der Sorge f ü r die Person des Kindes mit der Beschränkung, daß sie nicht berechtigt ist, das Kind zu vertreten, und daß ihr gegenüber der V o r m u n d des Kindes die Stellung eines Beistandes nach Maßgabe des § 1540 hat. § d. (1571, 1573, 1574.) D e r uneheliche V a t e r ist verpflichtet, dem Kinde zu dessen Unterhalt einen angemessenen Beitrag zu leisten. D e r Unterhalt u m f a ß t den gesammten Lebensbedarf sowie die Kosten der Erziehung und der Vorbildung zu einem Berufe. | Der Beitrag ist unter Berücksichtigung der Vermögensverhältnisse des Vaters | P II 4, 677 und der Lebensstellung der Mutter zu bemessen. D e r V a t e r hat auch einen angemessenen Beitrag zu den Kosten der Beerdigung des Kindes zu leisten, soweit ihre Bezahlung nicht von den Erben des Kindes zu erlangen ist. § e. (1574.) D e r Beitrag ist in der Form einer vierteljährlich vorauszuzahlenden Geldrente zu leisten. H a t das Kind den Beginn des Vierteljahres erlebt, so gebührt ihm der volle auf das Vierteljahr fallende Betrag. Vorausleistungen befreien bei erneuter Bedürftigkeit des Kindes den Vater nur insoweit, als er sie f ü r den gesetzlich bestimmten Zeitabschnitt bewirkt hat. § f. (1574.) D e r Anspruch auf den Beitrag kann auch f ü r die Vergangenheit geltend gemacht werden. § g. (1573.) D e r Beitrag ist bis z u m vollendeten sechszehnten Lebensjahre des Kindes, w e n n jedoch in diesem Zeitpunkte das Kind aus besonderen G r ü n d e n außer Stande ist, sich selbst zu erhalten, solange zu leisten, als die Bedürftigkeit dauert. § h. (1575.) D e r Anspruch des Kindes auf den Beitrag erlischt nicht mit dem T o d e des Vaters; er kann auch dann geltend gemacht werden, w e n n der Vater vor der Geburt des Kindes gestorben ist. D e r Anspruch erlischt mit dem T o d e des Kindes, soweit er nicht auf N a c h z a h l u n g o d e r auf solche im voraus zu bewirkende Leistungen gerichtet ist, die zur Zeit des Todes des Kindes bereits fällig waren. § i. (1576.) Auf den Beitrag kann, soweit nicht der Anspruch auf N a c h z a h l u n g gerichtet ist, nicht verzichtet werden. Eine V e r e i n b a r u n g zwischen dem V a t e r und d e m V o r m u n d e des Kindes über den f ü r die Z u k u n f t zu gewährenden Beitrag o d e r über eine dem Kinde zu gewährende A b f i n d u n g bedarf der G e n e h m i g u n g des Vormundschaftsgerichts. § k. (1577, 1578.) D e r uneheliche Vater ist verpflichtet, der Mutter innerhalb der Grenzen der N o t h d u r f t f ü r die Kosten der Entbindung sowie bis zur D a u e r der 633
§§ 1705-1718
2. Abschnitt: Verwandtschaft
ersten sechs Wochen nach der Geburt des Kindes für die Kosten ihres Unterhalts Ersatz zu leisten, auch wenn sie solche Kosten nicht aufgewendet hat. Die Verpflichtung tritt auch dann ein, wenn das Kind todt geboren ist. Der Anspruch erlischt nicht mit dem T o d e des Vaters; er kann auch dann geltend gemacht werden, wenn der Vater vor der Geburt des Kindes gestorben ist. Der Anspruch verjährt in zwei Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Ablaufe von sechs Wochen nach der Geburt des Kindes. § 1. (1572.) Als Vater des unehelichen Kindes im Sinne der §§ d, k gilt, wer nach der Geburt des Kindes dem Vormund oder der Mutter des Kindes gegenüber in einer öffentlichen Urkunde seine Vaterschaft anerkannt oder wer innerhalb der Zeit vom einhunderteinundachtzigsten bis zum dreihundertsten Tage vor der Geburt des Kindes mit Einschluß des einhunderteinundachtzigsten und des dreihundertsten Tages der Mutter des Kindes beigewohnt hat, es sei denn, daß innerhalb dieser Zeit auch ein Anderer ihr beigewohnt hat. | P II 4, 670
[ Die §§ a, b wurden gebilligt. | VI. Billigung des § c.
VII. Die Komm, schritt zur Berathung des Abschnitts II über die Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters. Zu § 1571 lag außer 1. dem § d des allgemeinen Antrags der Antrag vor: Planck 2. die §§ 1571, 1572 durch folgende Vorschrift zu ersetzen:
( N r 137, 1)
| P II 4, 472
v. Mandry (Nr 128,5)
Wer der Mutter eines unehelichen Kindes innerhalb des einhunderteinundachtzigsten und des dreihundertzweiten Tages vor der Geburt des Kindes mit Einschluß des einhunderteinundachtzigsten und des dreihundertzweiten Tages beigewohnt hat, ist verpflichtet, dem Kinde nach Maßgabe der §§ 1573 bis 1576 Unterhalt zu gewähren, es sei denn, daß es den Umständen nach offenbar unmöglich ist, daß die Mutter das Kind aus dieser Beiwohnung empfangen hat. | Sind nach dieser Vorschrift Mehrere verpflichtet, so haften sie als Gesammtschuldner. Hat einer von ihnen die Verpflichtung erfüllt, so kann er von den Uebrigen Ersatz nicht fordern. eventuell noch folgende Vorschrift hinzuzufügen: Ist einer der Verpflichteten rechtskräftig zur Leistung des Unterhalts verurtheilt, oder hat er seine Verpflichtung in einem mit dem Kinde notariell oder gerichtlich abgeschlossenen Vertrag anerkannt, so werden die Verpflichteten für die Zukunft frei. Der § 1571 wurde zunächst sachlich beibehalten, jedoch wurde die durch die Anträge angeregte Frage, ob statt „unehelicher Vater" gesagt werden solle „der Verpflichtete", der Red.Komm, überwiesen und die Entscheidung darüber, ob statt des nothdürftigen Unterhalts ein „angemessener Beitrag" zugebilligt werden solle, sowie über den weiteren Inhalt der Anträge bis zur Berathung der folgenden Paragraphen verschoben. VIII. Zu § 1572 lagen vor: 1. der § 1 des allgemeinen Antrags sowie die Anträge: 2. zu beschließen: 634
6. Titel: Rechtliche Stellung der unehelichen Kinder
§ § 1705— 1 7 1 8
Abs. 1: . . . es sei denn, daß innerhalb dieser Zeit auch ein Anderer der Mutter beigewohnt hat oder daß die Mutter das Kind von dem in Anspruch genommenen Manne offenbar nicht empfangen haben kann. Abs. 2 Satz 1: . . . bis zu dem dreihundertzweiten Tage . . . als des dreihundertundzweiten Tages. und den Satz 2 zu streichen. 3. a) dem Abs. 1 folgenden Zusatz zu geben: Die Beiwohnung eines Anderen bleibt jedoch außer Betracht, wenn es den Umständen nach offenbar unmöglich ist, daß die Mutter das Kind von einem Anderen empfangen hat. b) für den Fall, daß im Abs. 1 die Worte „es sei denn, daß . . . vollzogen ist" gestrichen werden sollten, dem Abs. 2 folgende Vorschrift anzufügen: | H a t in der Zeit zwischen dem zweihundertzehnten und dem zweihundertfünfundachtzigsten Tage vor der Geburt des Kindes eine Beiwohnung stattgefunden, so wird durch die Beiwohnung eines Anderen, die vor dem zweihundertfünfundachtzigsten oder nach dem zweihundertzehnten Tage stattgefunden hat, eine Verpflichtung nur begründet, wenn es den Umständen nach offenbar unmöglich ist, daß die Mutter das Kind in Folge der in die bezeichnete Zeit fallenden Beiwohnung empfangen hat. c) als § 1572 a folgende Vorschrift aufzunehmen: H a t Jemand seine Vaterschaft in einer öffentlichen Urkunde anerkannt, so kann er sich nicht darauf berufen, daß während der Empfängnißzeit auch ein Anderer der Mutter des Kindes beigewohnt hat. 4. der Unterantrag: a) an Stelle des § d Abs. 1 und des § g des allgemeinen Antrags zu bestimmen: Wer mit der Mutter eines unehelichen Kindes innerhalb der Zeit von dem einhunderteinundachtzigsten bis zum dreihundertsten Tage vor dem Tage der Geburt des Kindes, mit Einschluß sowohl des einhunderteinundachtzigsten als des dreihundertsten Tages, den Beischlaf vollzogen hat, ist verpflichtet, dem Kinde bis zum zurückgelegten vierzehnten Lebensjahr einen angemessenen Beitrag zu seinem Unterhalte zu gewähren. b) hinter § i des allgemeinen Antrags einzufügen: § i. H a t die Mutter innerhalb des im § d Abs. 1 bezeichneten Zeitraums den Beischlaf mit Mehreren vollzogen, so haften diese im Verhältnisse zu dem Kinde und zu einander als Gesammtschuldner. Ist gegen einen der Gesammtschuldner der Anspruch durch rechtskräftiges Urtheil oder durch eine in Gemäßheit des § i getroffene Vereinbarung festgestellt, so erlischt der Anspruch gegen die übrigen Gesammtschuldner. 5. der oben unter VII beim § 1571 mitgetheilte Antrag 2. Aus diesen Anträgen wurde zunächst die Frage zur Erörterung gestellt, ob der Thatsache, daß innerhalb der Empfängnißzeit außer dem in Anspruch genommenen Manne auch ein Anderer der Mutter beigewohnt hat, also der sog. exceptio plurium concumbentium, befreiende Wirkung beigelegt werden solle. Die Frage wurde nach längerer Debatte mit 11 gegen 8 Stimmen in Uebereinstimmung mit dem Entw. bejaht.... Nach diesen Erörterungen wurde mit dem im Eingang erwähnten Stimmenverhältnisse der Eintritt in die spezielle Berathung der Anträge 4 und 5 abgelehnt und damit die Beibehaltung der exceptio plurium concumbentium gebilligt. Ein im Laufe der Berathung gestellter Antrag, die mehreren Konkumbenten pro rata haften zu lassen, war vom Antragsteller zurückgezogen worden. 635
Jacubezky (Nr 14-9,1)
| P II 4, 673
Rüger (Nr 138, 1 —2)
§§ 1705-1718
2. Abschnitt: Verwandtschaft
315. Sitzung vom 16. 4. 1894 | III. Zu § 1573 lagen folgende Anträge vor: 1. zu beschließen : . . . bis zur Zurücklegung des sechzehnten Lebensjahres . . . , 2. den § 1573 zu fassen: Der Verpflichtete hat dem Kinde den nothdürftigen Unterhalt bis zum vollendeten sechzehnten Lebensjahre des Kindes zu gewähren. Im Uebrigen finden die Vorschriften des § 1488 Anwendung. 3. f ü r den Fall der Annahme des Antrags 2 statt „den nothdürftigen Unterhalt" zu setzen den der Lebensstellung der Mutter entsprechenden Unterhalt; 4. die §§ d, g des allgemeinen Antrags; 5. hierzu der Unterantrag: statt Abs. 1, 3 des § d zu sagen: Der uneheliche Vater ist verpflichtet, dem Kinde zu dessen standesmäßigem Unterhalt einen angemessenen Beitrag zu leisten. Der Unterhalt des Kindes bestimmt sich nach dem Stande der Mutter. Der Beitrag ist nach den Vermögensverhältnissen der Mutter und der unterhaltspflichtigen mütterlichen Verwandten einerseits, des Vaters andererseits zu bemessen. Soweit das Kind von der Mutter und den mütterlichen Verwandten den Unterhalt nicht zu erlangen vermag, ist der Vater zur Gewährung des ganzen Unterhalts verpflichtet. Er hat jedoch nicht mehr zu leisten als was er dem Kinde zu gewähren hätte, wenn es sein eheliches Kind wäre. | P II 4, 681 | Es handelt sich bei diesen Anträgen um die drei Fragen : | P II 4, 680 v. Mandry (Nr 128,6) Planck (Nr 137, 2)
| P II 4, 682
| P II 4,683 v. Mandry (Nr 128, 7)
1. ob die Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters mit dem Entw. auf das Maß des nothdürftigen Unterhalts festgesetzt oder nach standesmäßigem Unterhalte bemessen werden solle? 2. um die bei der Berathung des § 1571 (vergi. S. 672) ausgesetzte Frage, ob der uneheliche Vater vor der Mutter und deren Verwandten zur Unterhaltung des Kindes heranzuziehen sei? 3. ob der Unterhaltspflicht des Vaters zeitlich mit dem vollendeten vierzehnten oder mit dem sechzehnten Lebensjahre des Kindes begrenzt sein oder unter Umständen auch über den letzten Termin hinaus noch fortdauern solle? A. Die Fragen zu 1 und 2 wurden ihres inneren Zusammenhanges wegen bei der Berathung zusammengefaßt. Die Mehrheit der Komm, entschied sich nach längerer Berathung für den Antrag 3. | B. Die Komm. . . . beschloß — unter Ablehnung der in dem Antrage § g vorgeschlagenen Erweiterung mit 11 gegen 7 Stimmen — die Grenze auf das vollendete 16. Lebensjahr festzusetzen. | IV. Zu § 1574, welcher vom Inhalte des Unterhaltsanspruchs handelt, lagen vor: 1. die §§ e, f des allgemeinen Antrags, sowie die Anträge 16 : 2. den Schluß des § 1574 zu fassen : . . . die Vorschriften des § 1488 Abs. 1, 3 der Vorl. Zus. und des § 1491 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 der Vorl.Zus. entsprechende Anwendung. 16
Nach dem Antrag Nr. 137, 3 von Planck sollte in den von Struckmann beantragten §§ e—k statt des „unehelichen Vaters" „der Verpflichtete" und statt „des Beitrages" „der Unterhalt" gesetzt werden.
636
6. Titel: Rechtliche Stellung der unehelichen Kinder § § 1 7 0 5 — 1 7 1 8 3. im § 1574 als Abs. 2 zu bestimmen: Ob, in welcher Art und für welchen Betrag der Vater Sicherheit zu leisten hat, bestimmt sich nach den Umständen des Falles. Zum Ergebnis der Beratungen vgl. Prot. II, Bd. 4, S. 683. | V. Zu § 1575 lagen vor 1 7 : 1. der § h des allgemeinen Antrags sowie die Anträge:
Jacubezky (Nr 149, 2)
| P II 4,684
2. zwischen den Abs. 1 und den Abs. 2 des § 1575 folgende Vorschrift einzustel- Jacubezky len: (Nr 149, 3) Die Erben des Vaters sind berechtigt, das Kind mit dem Betrag abzufinden, welcher demselben als Pflichttheil gebühren würde, wenn es ein eheliches Kind des Vaters wäre. Sind mehrere uneheliche Kinder vorhanden, so wird die Abfindung so berechnet, wie wenn sie alle eheliche Kinder wären. 3. hierzu die Unteranträge: den Eingang zu fassen: Wird der Vater von ehelichen Kindern beerbt, so sind sie berechtigt,. . ." 4. im Falle der Annahme der Anträge 2 und 3 im Antrage 3 nach dem Worte „von" einzuschieben „einer Ehefrau oder von". Die Anträge 1 und 2 wurden angenommen.
316. Sitzung vom 17. 4. 1894 11. Zu § 1576 lag der § i des allgemeinen Antrags vor, der angenommen wurde.
| P II 4, 684
| II. Zu § 1577 lagen vor: | P II 4,685 1. der § k des allgemeinen Antrags, sowie die Anträge: 2. a) nach § 1576 einzufügen: Rüger H a t die Mutter innerhalb des im § d Abs. 1 bezeichneten Zeitraums den Beischlaf (Nr 138, 2) mit Mehreren vollzogen, so haften diese im Verhältnisse zu dem Kinde und zu einander als Gesammtschuldner. Ist gegen einen der Gesammtschuldner der Anspruch durch rechtskräftiges Urtheil oder durch eine in Gemäßheit des § i getroffene Vereinbarung festgestellt, so erlischt der Anspruch gegen die übrigen Gesammtschuldner. b) den Eingang des Abs. 1 des Antrags 1 zu fassen: W e r mit der Mutter eines unehelichen Kindes innerhalb des im § d Abs. 1 bezeichneten Zeitraums den Beischlaf vollzogen hat, ist verpflichtet. . . c) zwischen den Abs. 1 und 2 des Antrags 1 einzuschalten: Auf die nach Maßgabe des ersten Absatzes begründete Verpflichtung Mehrerer, welche mit der Mutter des unehelichen Kindes innerhalb des im § d Abs. 1 bezeichneten Zeitraums den Beischlaf vollzogen haben, finden die Vorschriften des § i1 entsprechende Anwendung. 3. im Antrag 1 statt des „unehelichen Vaters" zu sagen „der Verpflichtete"; 4. im § 1577 den Satz 3 des Abs. 1 zu streichen; 5. die Vorschrift des Antrags 1 im Abs. 1 dahin zu ändern: . . . der N o t h d u r f t den Betrag der Kosten der Entbindung sowie . . . des Kindes den Betrag der Kosten ihres Unterhalts zu bezahlen, auch wenn . . . 17
Nach dem Antrag Nr. 128, 8 von v. Ma.nd.ry sollte Abs. 1 Satz 3 des § 1575 gestrichen werden. 637
Planck (Nr 173,3)
§§1705-1718
2. Abschnitt: Verwandtschaft
6. im § 1577 einzuschalten: hinter den Worten „Kosten der Entbindung": „und der ärztlichen Behandlung daraus entstandener Nachkrankheiten bis zur Dauer eines Jahres" und hinter den Worten „Kosten des Unterhalts": „und des entgangenen Einkommens." | P II 4, 686
| Im Laufe der Berathung wurde noch beantragt: 7. im Antrag 1 den Satz 1 des Abs. 1 dahin zu ändern: Der uneheliche Vater ist verpflichtet, der Mutter für die durch die Entbindung nothwendig gewordenen Kosten sowie bis zur Dauer der ersten sechs Wochen nach der Geburt des Kindes für die Kosten ihres standesmäßigen Unterhalts Ersatz zu leisten, auch wenn solche Kosten von Anderen als der Mutter des Kindes aufgewendet worden sind. Die Anträge 2 und 3 wurden als durch die Beschlüsse zu § 1572 erledigt zurückgezogen. A. Zu Abs. 1 Satz 1: Der Antrag Nr. 6 wurde nach Beratung zurückgezogen; Antrag Nr. 7 wurde abgelehnt, der Antrag Nr. 5 der RedKom. überwiesen.
| P II 4, 688
| B. Der Satz 2 des Entw. wurde von keiner Seite beanstandet. C. Zum Satze 3 war man mit dem Antrage 4 auf Streichung einverstanden, da nach dem im Satze 2 Ausgesprochenen an der Einschränkung der Verpflichtung des Vaters im Falle des Todes der Mutter vor Ablauf der sechs Wochen ein Zweifel nicht möglich sein könne. D. Der Abs. 2 des Entw. wurde als entbehrlich gestrichen. E. Der Abs. 2 des Antrags 1 weicht sachlich vom Entw. nicht ab, die Mot. (IV S. 912) erachten eine besondere Bestimmung für überflüssig. Die Komm, überließ die Prüfung der Frage, ob die Vererblichkeit ausdrücklich ausgesprochen werden solle, der Red.Komm.
|P II 4, 689
| III. Zu § 1578 lagen vor: 1. der auf S. 685 zu § 1577 mitgetheilte Antrag k; 2. der dortselbst wiedergegebene Antrag 3; ferner Jacubezky 3. der Antrag, im Satze 1 statt „zwei" zu setzen „vier". (Nr 149, 4) D e r Antrag 2 wurde auch hier als erledigt zurückgezogen. Der Antrag 1 weicht vom Entw. sachlich nicht ab. Der Antrag 3 will nur eine Erweiterung der Verjährungsfrist. Der Antrag 3 wurde angenommen und im Uebrigen der Entw. sachlich gebilligt. Hoffmann (Nr 151)
t r a t s ° d a n n < n die Berathung nachstehenden Antrags ein: Schlüsse des fünften Titels oder sonst an passender Stelle einzufügen: § x. Auf Antrag der Mutter (Geschwängerten) kann, wenn ihre Schwangerschaft feststeht und glaubhaft gemacht wird, daß der in Anspruch Genommene ihr innerhalb der Empfängnißzeit beigewohnt hat, durch einstweilige Verfügung angeordnet werden, daß derselbe nach erfolgter Geburt des Kindes die aus § 1573 sich ergebenden Unterhaltskosten für das erste Vierteljahr sowie die aus § 1577 sich ergebenden Entbindungs- und Sechswochenkosten zu zahlen hat. Im Laufe der Berathung wurden noch folgende weitere Anträge gestellt: 2. als § 1578 a zu bestimmen: Durch einstweilige Verfügung kann schon vor der Geburt des Kindes angeordnet werden, daß der Vater nach der Geburt des Kindes den Unterhalt des Kindes für das erste Vierteljahr und die im § 1577 bestimmten Kosten zu zahlen und den zu zahlenden Betrag angemessene Zeit vor der Geburt zu hinterlegen hat. Die Glaubhaftmachung einer Gefährdung des Anspruchs ist nicht erforderlich. a m
638
6. Titel: Rechtliche Stellung der unehelichen Kinder
§§ 1705—1718
| 3. den Abs. 1 des Antrags 2 dahin zu ändern: | P II 4, 690 . . . , daß der uneheliche Vater nach der Geburt des Kindes die im § 1577 bestimmten Kosten an die Mutter, den Unterhalt des Kindes f ü r das erste Vierteljahr an die Mutter oder den Vormund des Kindes zu zahlen und . . ." Der Antragsteller zu 2 erklärte sich mit der Abänderung seines Antrags im Sinne des Antrags 3 einverstanden. Der so modifizirte Antrag 2 wurde sodann, nachdem der Antrag 1 zu seinen Gunsten zurückgezogen war, angenommen. V. D e r Antrag zu Art. § 648 C P O ist keinem bestimmten Kommissionsmitglied zuzuordnen (Prot. II, Bd. 4, S. 692). VI. Der Antrag zu § 749 C P O unter a und b (ohne den Unterantrag) stammt von .Rwger (Antrag Nr. 138, 3; Prot. II, Bd. 4, S. 693 ff.). VII. Antrag 1 von Struckmann (Nr. 130), Antrag Nr. 3 von Jacubezky (Nr. 149, 5) (Prot. II, Bd. 4, S. 695 ff.). II. Fassung der Regelung in der
VorlZust:
§ 1568. Das uneheliche Kind hat im Verhältnisse zur Mutter und deren Verwand- E I-VorlZust ten die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes, soweit nicht das Gesetz ein § 1568 Anderes bestimmt. § 1569. Das uneheliche Kind erhält den Familiennamen der Mutter, auch wenn E I-VorlZust diese durch Heirath einen anderen Namen erhalten hat. § 1569 § 1570. Die uneheliche Mutter erhält nicht die elterliche Gewalt über das Kind. E I-VorlZust Sie hat jedoch das Recht und die Pflicht der Sorge für die Person des Kindes mit der § 1570 Beschränkung, daß sie nicht berechtigt ist, das Kind zu vertreten und daß ihr gegenüber der Vormund des Kindes die Stellung eines Beistandes nach Maßgabe des § 1540 hat. § 1571. Der Vater eines unehelichen Kindes ist verpflichtet, ihm nach den §§ 1572 E I-VorlZust bis 1576 Unterhalt zu gewähren. § 1571 § 1572. Als Vater des unehelichen Kindes gilt derjenige, welcher der Mutter E I-VorlZust desselben innerhalb der Empfängnißzeit beigewohnt hat, es sei denn, daß innerhalb § 1572 dieser Zeit auch ein Anderer der Mutter beigewohnt hat. Eine Beiwohnung bleibt jedoch außer Betracht, wenn es den Umständen nach offenbar unmöglich ist, daß die Mutter das Kind aus derselben empfangen hat. Als Empfängnißzeit gilt die Zeit von dem einhundert und achtzigsten bis zu dem dreihundert und zweiten Tage vor dem Tage der Geburt des Kindes mit Einschluß sowohl des einhundert und achtzigsten als des dreihundert und zweiten Tages. § 1572 a. W e r seine Vaterschaft nach der Geburt des Kindes in einer öffentlichen E I-VorlZust Urkunde anerkannt hat, kann sich nicht darauf berufen, daß während der Empfang- § 1572 a nißzeit auch ein Anderer der Mutter des Kindes beigewohnt hat. § 1573. Der Unterhalt ist dem Kinde bis zu dessen vollendeten sechszehnten E I-VorlZust Lebensjahre in dem der Lebensstellung der Mutter entsprechendem Maße zu gewäh- § 1573 ren. Die Vorschriften des § 1488 Abs. 1, 3 finden Anwendung. § 1574. Der Unterhalt ist in der Form einer vierteljährlich vorauszuzahlenden E I-VorlZust Geldrente zu leisten. § 1574 H a t das Kind den Beginn des Vierteljahres erlebt, so gebührt ihm der volle auf das Vierteljahr fallende Betrag. 639
§§ 1705-1718 E I-VorlZust § 1574a
2. Abschnitt: Verwandtschaft
§1574 a. (1574.)** Der Anspruch auf den Unterhalt kann auch für die Vergangenheit geltend gemacht werden. *) In dem nach der Anmerkung zu § 1494 (oben S. 296) in den Artikel 13 des Entwurfs eines Einführungsgesetzes einzustellenden Absatz 2 des § 2 der Konkursordnung wird hinter dem § 1480 auch der § 1571 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angezogen.
E I-VorlZust 5 1575
§ 1575. Der Anspruch des Kindes auf den Unterhalt erlischt nicht mit dem Tode des Vaters; er kann auch dann geltend gemacht werden, wenn der Vater vor der Geburt des Kindes gestorben ist. Die Erben des Vaters sind berechtigt, das Kind mit dem Betrage abzufinden, welcher demselben als Pflichttheil gebühren würde, wenn es ein eheliches Kind des Vaters wäre. Sind mehrere uneheliche Kinder vorhanden, so wird die Abfindung so berechnet, wie wenn sie alle eheliche Kinder wären.
E I-VorlZust § 1575a
§ 1575 a. (1575.) Der Anspruch erlischt mit dem Tode des Kindes, soweit er nicht auf Nachzahlung oder auf solche im Voraus zu bewirkende Leistungen gerichtet ist, die zur Zeit des Todes des Kindes bereits fällig waren.
E I-VorlZust § 1576
§ 1576. Auf den Unterhaltsanspruch kann, soweit er nicht auf Nachzahlung der Geldrente oder auf Entschädigung für die Vergangenheit gerichtet ist, nicht verzichtet werden. Vorausleistungen befreien den Verpflichteten nur insoweit, als er sie für den gesetzlich bestimmten Zeitabschnitt bewirkt hat. Ein Vertrag zwischen dem Vater und dem Kinde über den für die Zukunft zu gewährenden Unterhalt oder über eine dem Kinde zu gewährende Abfindung ist zulässig, bedarf aber der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.
E I-VorlZust § 1576a
§ 1576a. (1571.) Der uneheliche Vater ist zur Gewährung des Unterhalts vor der Mutter und den sonstigen Verwandten des Kindes verpflichtet.
E I-VorlZust 5 1577
§ 1577. (1577, 1578.) Der uneheliche Vater ist verpflichtet, der Mutter innerhalb der Grenzen der Nothdurft für die Kosten der Entbindung sowie bis zur Dauer der ersten sechs Wochen nach der Geburt des Kindes für die Kosten ihres Unterhalts Ersatz zu leisten, auch wenn sie solche Kosten nicht aufgewendet hat. ( O d e r : . . . der Nothdurft den Betrag der Kosten der Entbindung sowie . . . des Kindes den Betrag der Kosten ihres Unterhalts zu bezahlen, auch wenn sie solche Kosten nicht aufgewendet hat.) Die Verpflichtung tritt auch dann ein, wenn das Kind todt geboren ist. Der Anspruch erlischt nicht mit dem Tode des Vaters; er kann auch dann geltend gemacht werden, wenn der Vater vor der Geburt des Kindes gestorben ist. Der Anspruch verjährt in vier Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Ablaufe von sechs Wochen nach der Geburt des Kindes. § 1578 vergl. § 1577.
E I-VorlZust § 1578a
§ 1578 a. Durch einstweilige Verfügung kann schon vor der Geburt des Kindes auf Antrag der Mutter angeordnet werden, daß der uneheliche Vater nach der Geburt des Kindes die im § 1577 bestimmten Kosten an die Mutter, den Unterhalt des Kindes für das erste Vierteljahr an die Mutter oder den Vormund des Kindes zu zahlen und den zu zahlenden Betrag angemessene Zeit vor der Geburt zu hinterlegen hat. Die Glaubhaftmachung einer Gefährdung des Anspruchs ist nicht erforderlich. III. Fassung der Regelung in der ZustRedKom:
E I-ZustRedKom $ 1568
§ 1568. Das uneheliche Kind hat im Verhältnisse zur Mutter und ihren Verwandten die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes. 640
6. Titel: Rechtliche Stellung der unehelichen Kinder
§ § § § § § § § §
§§ 1705—1718
1569 entspricht § 1594 E II. 1570 entspricht § 1595 E I L 1571 entspricht § 1596 E l l . 1572 vergl. § 1578 b. 1573 vergl. § 1571. 1574 entspricht § 1597 E I L 1574 a entspricht § 1598 E I L 1575 entspricht § 1599 E I L 1575 a Abs. 1 entspricht § 1600 Abs. 1 E II.
Abs. 2: Die Beerdigungskosten hat der Vater insoweit zu tragen, als ihre Bezah- E I-ZustRedKom lung von dem Erben des Kindes nicht zu erlangen ist. § 1676 entspricht § 1601 E II. § 1577 entspricht § 1602 E I L § 1578 vergl. § 1577 Abs. 3. § 1578 a. Auf Antrag der Mutter kann schon vor der Geburt des Kindes durch einstweilige Verfügung angeordnet werden, daß der Vater die im § 1577 bestimmten Kosten an die Mutter, die Kosten des dem Kinde für das erste Vierteljahr zu gewährenden Unterhalts an die Mutter oder an den Vormund alsbald nach der Geburt zu zahlen und den hierzu erforderlichen Betrag angemessene Zeit vor der Geburt zu hinterlegen hat. Zur Erlassung der einstweiligen Verfügung ist nicht erforderlich, daß eine Gefährdung des Anspruchs glaubhaft gemacht wird.
S 1575a Abs. 2
E I-ZustRed-
Kom § 1578 a
§ 1578 b entspricht § 1604 E I L § 1578 c. Wer seine Vaterschaft nach der Geburt des Kindes in einer öffentlichen E I-ZustRedUrkunde anerkannt hat, kann sich nicht darauf berufen, daß innerhalb der Empfäng- Kom « 1578c nißzeit auch ein Anderer der Mutter beigewohnt hat. IV. 1. Fassung der Regelung im E II: § 1593. Das uneheliche Kind hat im Verhältnisse zur Mutter und zu den Ver- EII§ 1593 wandten der Mutter die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes. § 1594. Das uneheliche Kind erhält den Familiennamen der Mutter. Führt die E II § 1594 Mutter in Folge ihrer Verheirathung einen anderen Namen, so erhält das Kind den Familiennamen, welchen 18 die Mutter vor der Verheirathung geführt hat. § 1595. Der Mutter steht nicht die elterliche Gewalt über das uneheliche Kind zu. E II § 1595 Sie hat jedoch unter den im § 1590 Abs. 2 bestimmten Beschränkungen das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen. § 1596. Der Vater des unehelichen Kindes ist verpflichtet, dem Kinde bis zu E II § 1596 dessen vollendetem sechszehnten Lebensjahre den der Lebensstellung der Mutter entsprechenden Unterhalt zu gewähren. Der Unterhalt umfaßt den gesammten Lebensbedarf sowie die Kosten der Erziehung und der Vorbildung zu einem Berufe. Der Vater ist vor der Mutter und den mütterlichen Verwandten des Kindes19 unterhaltspflichtig. § 1597. Der Unterhalt ist durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren. E II § 1597 Die Rente ist für ein Vierteljahr vorauszuzahlen. Hat das Kind den Beginn des Vierteljahrs erlebt, so gebührt ihm der volle auf das Vierteljahr fallende Betrag. 18 19
In der ZustRedKom. heißt es „den". Die W o r t e : „des Kindes" sind in der ZustRedKom. nicht enthalten. 641
§§ 1705—1718
2. Abschnitt: Verwandtschaft
Vorausleistungen befreien den Vater nur insoweit, als sie f ü r das Vierteljahr bewirkt sind. E II § 1598
§ 1598. Der Unterhalt kann a u c h f ü r die Vergangenheit verlangt werden.
E II § 1599
§ 1599. Der Unterhaltsanspruch erlischt nicht mit dem T o d e des Vaters; er kann geltend gemacht werden, auch wenn der Vater vor der Geburt des Kindes gestorben ist.20 Die Erben des Vaters sind berechtigt, das Kind mit dem Betrag abzufinden, welcher dem Kinde im Falle seiner Ehelichkeit als Pflichttheil gebühren würde. Sind mehrere uneheliche Kinder vorhanden, so wird die Abfindung so berechnet, wie wenn sie alle ehelich wären.
E II 5 1600
§ 1600. Der Unterhaltsanspruch erlischt mit dem Tode des Kindes, soweit er nicht auf Erfüllung oder Entschädigung wegen Nichterfüllung für die Vergangenheit oder auf solche im Voraus zu bewirkende Leistungen gerichtet ist, die zur Zeit des Todes des Kindes bereits fällig waren. Die Kosten der Beerdigung sind von dem Vater zu tragen, soweit ihre Bezahlung von dem Erben des Kindes nicht zu erlangen ist.
E II § 1601
§ 1601. Eine Vereinbarung zwischen dem Vater und dem Kinde über den Unterhalt f ü r die Zukunft oder über eine dem Kinde zu gewährende Abfindung bedarf der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Ein unentgeltlicher Verzicht auf den Unterhalt für die Zukunft ist unzulässig.
E II § 1602
§ 1602. Der Vater ist verpflichtet, der Mutter die Kosten der Entbindung und die Kosten des Unterhalts für die ersten sechs Wochen nach der Entbindung innerhalb der Grenzen der N o t h d u r f t zu ersetzen. Den gewöhnlichen Betrag dieser Kosten kann die Mutter ohne Rücksicht auf den wirklichen Aufwand verlangen. Der Anspruch kann geltend gemacht werden 2 1 , auch wenn der Vater vor der Geburt des Kindes gestorben oder wenn das Kind todt geboren ist. Der Anspruch verjährt in vier Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Ablaufe von sechs Wochen nach der Geburt des Kindes.
E II § 1603
§ 1603. Schon vor der Geburt des Kindes kann auf Antrag der Mutter durch einstweilige Verfügung angeordnet werden, daß der Vater den für das erste Vierteljahr dem Kinde zu gewährenden Unterhalt alsbald nach der Geburt an die Mutter oder an den Vormund zu zahlen und den hierzu erforderlichen Betrag angemessene Zeit vor der Geburt zu hinterlegen hat. Eine gleiche Anordnung kann auf Antrag der Mutter in Ansehung der im § 1602 Abs. 1 Satz 2 bezeichneten Kosten getroffen werden; die Anordnung ist auf Zahlung an die Mutter zu richten. Zur Erlassung der einstweiligen Verfügung ist nicht erforderlich, daß eine Gefährdung des Anspruchs glaubhaft gemacht wird.
E II § 1604
§ 1604. Als Vater des unehelichen Kindes im Sinne der §§ 1596 bis 1603 gilt, wer der Mutter innerhalb der Empfängnißzeit beigewohnt hat, es sei denn, daß auch ein Anderer ihr innerhalb dieser Zeit beigewohnt hat. Eine Beiwohnung bleibt jedoch außer Betracht, wenn es den Umständen nach offenbar unmöglich ist, daß die Mutter das Kind aus dieser Beiwohnung empfangen hat.
20
21
In der ZustRedKom. heißt es: „er kann auch dann geltend gemacht werden, wenn der Vater vor der Geburt des Kindes gestorben ist." In der ZustRedKom. heißt es: „. . . kann auch dann geltend gemacht werden, wenn der Vater..
642
6. Titel: Rechtliche Stellung der unehelichen Kinder
§§ 1705—1718
Als Empfängnißzeit gilt die Zeit von dem einhunderteinundachtzigsten bis zu dem dreihundertundzweiten Tage vor dem Tage der Geburt des Kindes, mit Einschluß sowohl des einhunderteinundachtzigsten als des dreihundertundzweiten Tages. § 1605. W e r seine Vaterschaft nach der Geburt des Kindes in einer öffentlichen E II § 1605 Urkunde anerkannt hat, kann sich nicht darauf berufen, daß ein Anderer der Mutter innerhalb der Empfängnißzeit beigewohnt habe. 2. Revision des E II: | X . Es war beantragt: | P114, 301 als § 1601a folgende Vorschrift aufzunehmen: Jacubezky H a t die Mutter oder ein unterhaltspflichtiger mütterlicher Verwandter dem (Nr 87,7) Kinde den Unterhalt gewährt, so geht der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den Vater in H ö h e des Werthes des gewährten Unterhalts auf die Mutter oder den Verwandten über; der Uebergang kann nicht zum Nachtheile des Kindes geltend gemacht werden. | Die Komm, machte sich mit 8 gegen 8 Stimmen unter Stichentscheid des Vorsit- | P II 4, 302 zenden dahin schlüssig, den Antrag anzunehmen. XI. Zu § 1604 war beantragt: Hoffmann den Satz 2 im Abs. 1 des § 1604 und die Worte „es sei denn" bis „empfangen hat" (Nr 81) im Abs. 1 des § 1607 (eventuell auch den Satz 2 im Abs. 1 des § 1486) zu streichen. Der Antrag wurde abgelehnt. | XII. Zu § 1605 war beantragt: | P II 4, 303 als Abs. 2 beizufügen: v. Mandry Die Anerkennung und deren Anfechtung kann nicht durch einen Vertreter erfol- (Nr 46, 23) gen. Ist der Vater in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters. | Der Antrag wurde zurückgezogen.
| P II 4, 303
| XXIV. Zu § 1602 lag der Antrag vor: | P II 4, 308 1. als Abs. 2 anzufügen: Goldschmidt Sind Nachkrankheiten in Folge der Entbindung entstanden, so hat der Vater auch (Nr 98) die Kosten der ärztlichen Behandlung bis zur Dauer eines Jahres zu tragen. 2. hierzu der Unterantrag: der aufzunehmenden Vorschrift eventuell folgende Fassung zu geben: Sind Nachkrankheiten in Folge der Entbindung entstanden, so hat der Vater die Kosten der Entbindung und der Heilung einer durch die Entbindung verursachten Krankheit sowie die Kosten des Unterhalts für die ersten sechs Wochen nach der Entbindung etc. | Der Antragsteller zu 1 erklärte, daß er mit der im Antrage 2 vorgeschlagenen | P II 4, 310 Erweiterung seines Antrags einverstanden sei. Die Anträge wurden abgelehnt. V. Fassung der Regelung im E Ilrev. (E III) § 1683 E II rev. (§ 1681 E III) entspricht § 1705 BGB. § 1684. Das uneheliche Kind erhält den Familiennamen der Mutter. Führt die E III § 1682 Mutter in Folge ihrer Verheirathung einen anderen Namen, so erhält das Kind den BGB § 1706 Familiennamen, den die Mutter vor der Verheirathung geführt hat. § 1685 E II rev. (§ 1683 E III) entspricht § 1707 BGB. 643
§ § 1705 — 1718
2. Abschnitt: Verwandtschaft
E III § 1684 § 1686. Der Vater des unehelichen Kindes ist verpflichtet, dem Kinde bis zur BGB§ 1708 Vollendung des sechszehnten Lebensjahres den der Lebensstellung der Mutter entsprechenden Unterhalt zu gewähren. Der Unterhalt umfaßt den gesammten Lebensbedarf sowie die Kosten der Erziehung und der Vorbildung zu einem Berufe. § 1687 E II rev. (§ 1685 E III) entspricht § 1709 BGB. § 1688 E II rev. (§ 1686 E III) entspricht §1710 BGB. § 1689 E II rev. (§ 1687 E III) entspricht § 1711 BGB. § 1690 E II rev. (§ 1688 E III) entspricht § 1712 BGB. § 1691 E l l rev. (§ 1689 E III) entspricht § 1713 BGB. § 1692 E II rev. (§ 1690 E III) entspricht § 1714 BGB. E III § 1691 § 1693. Der Vater ist verpflichtet, der Mutter die Kosten der Entbindung und die BGB§ 1715 Kosten des Unterhalts für die ersten sechs Wochen nach der Entbindung innerhalb der Grenzen der Nothdurft zu ersetzen. Den gewöhnlichen Betrag dieser Kosten kann die Mutter ohne Rücksicht auf den wirklichen Aufwand verlangen. Der Anspruch steht der Mutter auch dann zu, wenn der Vater vor der Geburt des Kindes gestorben oder wenn das Kind todt geboren ist. Der Anspruch verjährt in vier Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Ablaufe von sechs Wochen nach der Geburt des Kindes. § 1694 E II rev. (§ 1692 E III) entspricht § 1716 BGB. § 1695 E II rev. (§ 1693 E III) entspricht § 1717 BGB. § 1696 E II rev. (§ 1694 E III) entspricht § 1718 BGB.
D. Bundesrat (Justizausschuß) 1. Anträge
zur 1. Lesung (Zusst. S. 20 f.)
§ 1686 E l l rev. (§ 1596 E l l ) Bayern erachtet es für zu weitgehend, daß der natürliche Vater dem unehelichen Kinde den der Lebensstellung der Mutter entsprechenden, also den standesmäßigen, Unterhalt zu gewähren habe. Da die Verpflichtung des Vaters der Verpflichtung der Mutter und der mütterlichen Verwandten vorgehen und sowohl von der Bedürftigkeit des Kindes als von der Leistungsfähigkeit des Vaters unabhängig sein solle, so erscheine die Ausdehnung des Umfanges der Unterhaltspflicht des Vaters bedenklich und empfehle es sich, zu dem im § 1573 des Entwurfes erster Lesung vorgesehenen Maße zurückzukehren. § 1695 E l l rev. (§ 1604 E l l ) Sachsen hält seine zum Entwurf erster Lesung (Zusst. zu Entw. I Bd. I S. 168) geltend gemachten Bedenken gegen die Zulassung der Einrede der mehreren Zuhälter aufrecht. Die Gründe für die Beibehaltung der Einrede seien gegenüber den praktischen, insbesondere sozialpolitischen Erwägungen, welche deren Beseitigung forderten, nicht entscheidend. Ungerechtfertigt sei namentlich die Besorgniß, daß durch die Beseitigung der Einrede die Unsittlichkeit gefördert werde. Es wird daher beantragt, die Worte des § 1695 Abs. 1 Satz 1: 644
6. Titel: Rechtliche Stellung der unehelichen Kinder
§ § 1705 —1718
„es sei denn, daß auch ein Anderer ihr innerhalb dieser Zeit beigewohnt hat" zu streichen und durch die Worte zu ersetzen :„Haben Mehrere der Mutter während der Empfängnißzeit beigewohnt, so haften sie als Gesammtschuldner". Reuß ä. L. ist der Ansicht, daß die Zulassung der Einrede der mehreren Zuhälter vom Standpunkte des sozialen Interesses bedenklich sei, und beantragt daher, die Einrede zu beseitigen. § 1696 E II rev. (§ 1605 E l l ) Schaumburg-Lippe bemerkt: Die Vorschrift des § 1696 würde entbehrlich sein, wenn im Einklänge mit den von Schaumburg-Lippe zum Entwurf erster Lesung (Zusst. zu Entw. I Bd. I S. 171) gemachten Vorschlage bestimmt worden wäre, daß als Vater des unehelichen Kindes zu gelten habe, wer nach der Geburt des Kindes — dem Vormund oder der Mutter des Kindes gegenüber — in einer öffentlichen Urkunde seine Vaterschaft anerkannt habe. II. Bericht von Schicker (Württemberg) vom 1. 11. 1895 Der Antrag Bayerns zu § 1686 (1596) wurde vom Referenten befürwortet. Ministerialrath von Heller giebt zu, daß in der Fassung des ersten Entwurfs der Ausdruck „nothdürftigen Unterhalts" wohl zu ändern wäre. Professor Dr. von Mandry bemerkte : Die Mutter müsse dem Kind ja jedenfalls einen ihrer Lebensstellung entsprechenden Unterhalt geben, darin würde sie nach der Fassung des II. Entwurfs durch den Vater wesentlich unterstützt. Die Bestimmung rechtfertige sich umsomehr durch die Rücksicht darauf, daß die Mutter vielleicht versterbe. — Der Bayerische Antrag fand nur die Unterstützung Sachsens. Der Antrag Sachsens und von Reuß ä. L. zu § 1695(1604) wurde gegen die Stimmen von Sachsen und Lübeck abgelehnt. Zu § 1696 (1605) liegt kein Antrag, sondern nur eine Bemerkung vor. E. Reichstag (XII. Kommission und Plenum) I. Anträge zur 1. Lesung in der Kommission • a) 15. in § 1682 den zweiten Satz: „Führt die Mutter in Folge ihrer Verheirathung einen anderen Namen, so erhält Frohme, das Kind den Familiennamen, den die Mutter vor der Verheirathung geführt hat" Stadthagen zu streichen und statt dessen zu setzen: (Nr 100) „Verheirathet sich die Mutter, so erhält das uneheliche Kind den neuen Familiennamen der Mutter auf deren Antrag." 16. in § 1683 Satz 1 und Satz 2 „nicht" zu streichen. 17. in § 1684 zu setzen: 1) statt „der Mutter": „des Vaters", 2) hinter „16. Lebensjahres" hinzuzufügen: „und, wenn das Kind sich selbst nicht unterhalten kann, auch über das vollendete 16. Lebensjahr hinaus". 18. in § 1688 Absatz 2 zu streichen. 19. in § 1689 letzter Absatz die W o r t e : „soweit ihre Bezahlung nicht von den Erben des Kindes zu erlangen ist" zu streichen. 20. in § 1691: 1) nach „6 Wochen nach der Entbindung" hinzuzufügen: „sowie die durch die Schwangerschaft oder das Wochenbett herbeigeführten sonstigen Nachtheile", 2) „innerhalb der Grenzen der N o t h d u r f t " zu streichen. 645
§§1705-1718
2. Abschnitt: Verwandtschaft
21. § 1693 Absatz 1 (unter Fortlassung der weiteren Worte) zu fassen wie folgt: „Als Vater des unehelichen Kindes im Sinne der §§ 1684 bis 1692 gilt, wer der Mutter innerhalb der Empfängnißzeit beigewohnt oder seine Vaterschaft nach der Geburt des Kindes in einer öffentlichen Urkunde anerkannt hat." Lerno (Nr 107)
b) dem § 1693 folgenden Absatz 3 beizufügen: „Haben mehrere der Mutter innerhalb der Empfängnißzeit beigewohnt, so ist jeder sammtverbindlich mit den übrigen zur Leistung der in §§ 1684 und 1689 Absatz 2 bezeichneten Reichnisse verpflichtet." II. Bericht von Heller (Bayern) über die Sitzung am 15. 5. 1896 Der Antrag Frohme, Stadthagen zum § 1682 (Nr. 100 der Drucksachen Ziff. 15) wurde gegen zwei Stimmen abgelehnt, v. Mandry hatte es als ganz unmöglich bezeichnet, daß das uneheliche Kind der Mutter gegen den Willen des Ehemanns dessen Namen erhalten sollte. Ist dieser damit einverstanden, so könnte die Änderung des Namens auf dem Verwaltungswege herbeigeführt werden. Die zum § 1683 beantragte Änderung (Nr. 100 der Drucksachen Ziff. 16) bezeichnete Frohme als im Interesse des Kindes gelegen, v. Mandry widersprach dem; im Interesse des Kindes liege, daß es möglichst bald einen V o r m u n d bekommt. Übrigens könne ja die Mutter als Vormund bestellt werden. Für den Antrag sprach sich der Abgeordnete Vielhaben aus unter Berufung auf das Hamburger Recht, v. Cuny äußerte sich ablehnend; namentlich würde er es f ü r höchst bedenklich erachten, der unehelichen Mutter das Nießbrauchsrecht einzuräumen. In gleichem Sinne sprachen sich v. Stumm, Kauffmann und Bachem aus. Stadthagen beantragte hierauf den Zusatz „Die elterliche Gewalt der Mutter umfaßt nicht die Nutznießung." D e r Antrag wurde im ganzen gegen drei Stimmen abgelehnt. Eine sehr lange Diskussion veranlaßten die Anträge Frohme, Stadthagen zum § 1684 (Nr. 100 der Drucksachen Ziff. 17). Daß der vom Vater dem unehelichen Kinde zu gewährende Unterhalt der Lebensstellung des Vaters, nicht der der Mutter entspreche, bezeichnete Stadthagen als ein Gebot der Gerechtigkeit. Auch in Beziehung auf die Dauer der Unterhaltspflicht des Vaters müsse die Stellung des unehelichen Kindes der des ehelichen möglichst angenähert werden, v. Mandry betonte, daß die Rechtsstellung des unehelichen Kindes durch den Entwurf im Vergleich mit dem geltenden Rechte außerordentlich verbessert sei. Noch weiter zu gehen, unterliege sehr erheblichen Bedenken; das Institut der Ehe würde dadurch herabgedrückt werden. Außerdem würde durch den Antrag Ziff. 2 ein Lebensverhältniß zwischen dem unehelichen Kinde und dem Vater begründet werden, das der Grundauffassung des Entwurfs von der Stellung des unehelichen Kindes nicht entspricht. Zu dem Antrage Ziff. 2 bemerkte ferner Planck, die über das sechzehnte Lebensjahr des Kindes hinaus dauernde Unterhaltspflicht des Vaters müßte unter allen Umständen ebenso beschränkt werden, wie es den Verwandten gegenüber der Fall ist, nämlich auf den Fall, daß der Vater dazu im Stande ist ohne Gefährdung seines eigenen standesmäßigen Unterhalts. Der Abgeordnete v. Stumm sprach sich mit Entschiedenheit gegen beide Anträge aus, gegen den Antrag Ziff. 1 insbesondere deshalb, weil es f ü r das uneheliche Kind selbst in der Regel nichts weniger als ein Glück sein würde, gemäß den Verhältnissen seines, vielleicht reichen Vaters erzogen zu werden, da er ja mit dem Aufhören der Unterhaltspflicht plötzlich in eine ganz andere Lage versetzt werden würde. In Beziehung auf den Antrag Ziff. 1 äußerten sich auch Bachem, Kauffmann, Gröber und Enneccerus ablehnend, dagegen erklärten sie sich geneigt, für den Antrag Ziff. 2 zu stimmen. Kauffmann beantragte übrigens den Zusatz: „In 646
6. Titel: Rechtliche Stellung der unehelichen Kinder
§§
1705—1718
diesem Falle jedoch nur nach Maßgabe des § 1581 Abs. 1." Dieser Zusatzantrag wurde mit sehr großer Mehrheit angenommen, der hienach abgeänderte Antrag Ziff. 2 aber wurde mit knapper Stimmenmehrheit abgelehnt. Der Antrag Ziff. 1 wurde gegen drei Stimmen abgelehnt. — Die §§ 1685—1687 waren nicht beanstandet. Der Antrag Frohine, Stadthagen zu § 1688 (Nr. 100 der Drucksachen Ziff. 18), zu dessen Begründung Stadthagen bemerkte, die Bestimmung des Entwurfs sei eine juristische und soziale Anomalie, kein anderer Gläubiger brauche sich in solcher Weise abfinden zu lassen, wurde gegen drei Stimmen abgelehnt, v. Mandry verwies zur Rechtfertigung des Entwurfs darauf, daß die Unterhaltspflicht des Vaters vererblich gemacht und daß bei dem Mangel der beanstandeten Bestimmung das uneheliche Kind unter Umständen besser gestellt sei als das eheliche. — Auch der Antrag Frohme, Stadthagen zum § 1689 (Nr. 100 der Drucksachen Ziff. 19) wurde gegen drei Stimmen abgelehnt. Stadthagen hatte bemerkt, die vom Entwurf der Bestimmung beigefügte Beschränkung sei nicht gerechtfertigt, weil die Bestimmung wohl nur den Fall im Auge habe, daß das Kind innerhalb der Zeit der Unterhaltspflicht des Vaters stirbt, v. Mandry verwies zur Rechtfertigung des Entwurfs auf den § 1944. Bericht von Heller (Bayern) über die Sitzung am 16. 5. 1896 Von den Anträgen Frohme, Stadthagen zum § 1691 (Nr. 100 der Drucksachen Ziff. 20) Nr. 1, 2 wurde der Antrag Nr. 1 abgelehnt, der Antrag Nr. 2 dagegen mit erheblicher Mehrheit angenommen. Der Kommissar Prof. v. Mandry hatte sich gegen beide Anträge ausgesprochen und gegen den zweiten insbesondere geltend gemacht, daß die Streichung der Worte „innerhalb der Grenzen der N o t h d u r f t " zur Folge haben würde, daß zum Zwecke der Ermittelung des Betrags der zu ersetzenden Kosten immer auf die Verhältnisse des einzelnen Falles eingegangen werden müßte und hierdurch Anlaß zu Prozessen gegeben werden würde. — Der § 1692 ist nicht beanstandet. Uber den § 1693 und die dazu vorliegenden Anträge Frohme, Stadthagen (Nr. 100 der Drucksachen Ziff. 21) und Lemo (Nr. 107 der Drucksachen) entspann sich eine sehr lange Diskussion. Die Frage, ob die Einrede der mehreren Zuhälter zuzulassen sei oder nicht, dann die durch den Antrag Lerno angeregte Frage der Gesamthaftung der mehreren Zuhälter wurde nach allen Seiten sowohl vom juristischen als vom sozialpolitischen Standpunkte auf das gründlichste erörtert, v. Mandry sprach sich in eingehender Darlegung gegen beide Anträge aus. Der Antrag Lerno fand keine Unterstützung. Im Sinne des Antrags Stadthagen äußerten sich die Abgeordneten Vielhaben und v. Cuny, der Abgeordnete Kauffmann nur unter der Voraussetzung, daß der Mutter durch eine ausdrückliche Bestimmung die Möglichkeit entzogen würde, gleichzeitig oder nach einander mehrere Männer auf Grund der Beiwohnung innerhalb der Empfängnißzeit in Anspruch zu nehmen 22 . Er beantragte deshalb eventuell einen Zusatz dieses Inhalts. Für die Aufrechterhaltung des Entwurfs traten die Abgeordneten Schröder, Enneccerus, Gröber, Himburg und v. Stumm ein. Als den vorzugsweise maßgebenden Gesichtspunkt bezeichneten sie übereinstimmend die Rücksicht auf die W a h r u n g der öffentlichen Moral. Die Kommission entschied sich mit elf gegen acht Stimmen für die Aufrechterhaltung des Entwurfs.
22
Der Antrag von Kauffmann lautet: Für den Fall, daß die Worte „es sei denn . . . hat" gestrichen werden (nach dem Antrage Stadthagen), hinzuzufügen als neuen Absatz: „Die Ansprüche aus §§ 1684—1692 können nicht gegen mehrere erhoben werden." 647
§ § 1705—1718
2. Abschnitt: Verwandtschaf:
III. Anträge zur 2. Lesung in der XII.
Kommission
10. in § 1682den zweiten Satz: Frohme, „Führt die Mutter in Folge ihrer Verheirathung einen anderen Namen, so erhält Stadthagen d a s Kind den Familiennamen, den die Mutter vor der Verheirathung geführt hat." (Nr 152) durch folgenden Passus zu ersetzen: „Verheirathet sich die Mutter, so erhält das uneheliche Kind den neuen Familiennamen der Mutter auf deren Antrag." 11. in § 1683 Satz 1 und Satz 2 das W o r t „nicht" zu streichen. 12. i n j 1684: a) statt „der Mutter" zu setzen: „des Vaters", b) hinter „16. Lebensjahr" hinzuzufügen: „und wenn das Kind sich selbst nicht unterhalten kann, auch über das vollendete 16. Lebensjahr hinaus". 13. in § 1693 Absatz 1 zu fassen wie folgt: „Als Vater des unehelichen Kindes im Sinne der §§ 1684—1692 gilt, wer der Mutter innerhalb der Empfängnißzeit beigewohnt oder seine Vaterschaft nach der Geburt des Kindes in einer öffentlichen Urkunde anerkannt hat." IV. Bericht von Heller (Bayern) über die Sitzung am 10. 6. 1896 Von den die rechtliche Stellung der unehelichen Kinder betreffenden Anträgen Frohme, Stadthagen (Nr. 152 der Drucksachen Ziff. 10 bis 13) wurden die Anträge zu den §§ 1682, 1683 (Ziff. 10, 11) ohne erhebliche Diskussion ebenso wie bei der ersten Lesung gegen zwei Stimmen abgelehnt. Von den zum § 1684 gestellten Anträgen (Ziff. 12 a, b), von denen v. Mandry hauptsächlich den ersten aus den schon bei der ersten Lesung geltend gemachten Gründen bekämpfte, wurde der zweite, dessen Annahme außer den Antragstellern auch die Abgeordneten Gröber und Lenzmann befürworteten, einstimmig angenommen; der erste wurde gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt. Bezüglich des angenommenen Antrags bestand allgemeines Einverständniß darüber, daß er den Fall nicht treffen solle, wenn das Kind bei der Vollendung des sechzehnten Lebensjahrs sich selbst unterhalten konnte und erst später dazu außer Stand gesetzt wird. Bei dem Antrag zum § 1693 (Ziff. 13) fand nochmals eine ziemlich eingehende Erörterung der Frage statt, ob es hinsichtlich der exceptio plurium concumbentium bei dem Entwurf zu belassen sei oder nicht, v. Mandry trat unter Hinweisung auf den Verlauf der ersten Lesung für den Entwurf ein. Dem Antrage Frohme, Stadthagen stimmten zu Lenzmann, ferner Kauffmann unter Erinnerung des schon bei der ersten Lesung gestellten Antrags, hinzuzufügen: „Ein Anspruch gegen mehrere findet nicht statt." Stadthagen erklärte sich mit diesem Zusätze einverstanden; sein Antrag sei nicht anders gemeint. Auch der Abgeordnete Lemo brachte seinen zur ersten Lesung gestellten Antrag (Nr. 107 der Drucksachen) wieder ein. Die Abgeordneten v. Stumm und Bachem sprachen sich für die Beibehaltung des Entwurfs aus. Die Kommission lehnte mit erheblicher Stimmenmehrheit die Abänderungsanträge ab. V. Anträge zur 2. Lesung im Plenum des Reichstags Auer u. a. (Nr 471)
69. in $ 1682 den zweiten Satz: „Führt die Mutter in Folge ihrer Verheirathung einen anderen Namen, so erhält das Kind den Familiennamen, den die Mutter vor der Verheirathung geführt hat." zu streichen und statt dessen zu setzen: 648
6. Titel: Rechtliche Stellung der unehelichen Kinder
§ § 1705— 1718
„Verheirathet sich die Mutter, so erhält das uneheliche Kind den neuen Familiennamen seiner Mutter auf Antrag des Ehegatten derselben." 70. in 5 1683 Satz 1 und Satz 2 „nicht" zu streichen; 71. in § 1684z\i setzen: statt „der Mutter": „des Vaters"; 72. in § 1688 Absatz 2 zu streichen-, 73. in § 1689 letzter Absatz die Worte „soweit ihre Bezahlung nicht von den Erben des Kindes zu erlangen ist" zu streichen; 74. in § 1691: nach „6 Wochen nach der Entbindung" hinzuzufügen: „sowie die durch die Schwangerschaft oder das Wochenbett herbeigeführten sonstigen Nachtheile"; 75. § 1693 Absatz 1 (unter Fortlassung der weiteren Worte) zu fassen wie folgt: „Als Vater des unehelichen Kindes im Sinne der §§ 1684 bis 1692 gilt, wer der Mutter innerhalb der Empfängnißzeit beigewohnt oder seine Vaterschaft nach der Geburt des Kindes in einer öffentlichen Urkunde anerkannt hat." Verhandlungen in den Sten. Ber. R T 1895/97, S. 2972 ff. VII. Antrag zur 3. Lesung im Plenum des Reichstags 1. im § 1693 Zeile 2 und 3 die Worte: Strombeck (Nr 513)
„es sei denn, daß ein Anderer ihr innerhalb dieser Zeit beigewohnt hat", zu streichen, und 2. im Falle der Annahme dieses Antrags den § 1694 zu streicheti2}.
23
Vgl. auch S. 572 oben den Antrag von v. Manteuffel.
649
7. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§ § 1719 — 1722
SIEBENTER TITEL Legitimation der unehelichen Kinder I. Legitimation durch nachfolgende Ehe § 1719 Ein uneheliches Kind erlangt dadurch, daß sich der Vater mit der Mutter verheirathet, mit der Eheschließung die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes. T E - F a m R § 409; K E § 1543; E I § 1579; E II § 1606; E II rev. § 1697; E III § 1695. - Prot. I, 7929; Prot. II 4, 698. § 1720 Der Ehemann der Mutter gilt als Vater des Kindes, wenn er ihr innerhalb der im § 1 7 1 7 Abs. 2 bestimmten Empfängnißzeit beigewohnt hat, es sei denn, daß es den Umständen nach offenbar unmöglich ist, daß die Mutter das Kind aus dieser Beiwohnung empfangen hat. Erkennt der Ehemann seine Vaterschaft nach der Geburt des Kindes in einer öffentlichen Urkunde an, so wird vermuthet, daß er der Mutter innerhalb der Empfängnißzeit beigewohnt habe. T E - F a m R § 4 1 2 ; K E § 1544; E I § 1580; E l l § 1607; E l l rev. § 1698; E III § 1696. - Prot. I, 7940 ff.; Prot. II 4, 698; Bd. 6, 304. § 1721 Ist die Ehe der Eltern nichtig, so finden die Vorschriften der §§ 1699 bis 1704 entsprechende Anwendung. T E - F a m R § 410; K E § 1545; E I § 1681; E II § 1608; E II rev. § 1699; E III § 1697. - Prot. I, 7938; Prot. 114,703. § 1722 Die Eheschließung zwischen den Eltern hat für die Abkömmlinge des unehelichen Kindes die Wirkungen der Legitimation auch dann, wenn das Kind vor der Eheschließung gestorben ist. T E - F a m R § 4 1 1 ; K E § 1546; E I § 1582; E l l § 1609; E l l rev. § 1700; E III § 1698. - Prot. I, 7939; Prot. II 4, 704; Bd. 4, 315.
A. 1. Kommission 521. Sitzung vom 17. Februar 1886, Schriftführer: Struckmann | Uebergegangen wurde sodann zur Berathung des von der Legitimation durch | Prot 17929 nachfolgende Ehe handelnden sechsten Titels des zweiten Abschnitts (§§ 409 bis 413). | Der § 409 des Entw. lautet: I Prot 17930 „Uneheliche Kinder erlangen durch die nachfolgende Ehe ihrer Eltern von Einge- TE-FamR hung der Ehe an die Stellung ehelicher Kinder." S 409 651
§§ 1719-1722
2. Abschnitt: Verwandtschaft
In den gedr. Abänderungsantr. des Referenten ist beantragt: Dem § 409 folgenden Satz hinzuzufügen: „Die elterliche Gewalt über dieselben tritt jedoch nicht vor dem Zeitpunkte ein, in welchem nach Maßgabe der §§412 und 413 festgestellt ist, daß der Ehemann als Erzeuger derselben gilt." Außerdem lagen folgende Anträge vor: Planck (Nr 256,1)
I. Von Seiten des Referenten: 1. Den § 409 dahin zu fassen: „Ein uneheliches Kind erlangt durch die nach seiner Geburt erfolgende Eheschließung zwischen seiner Mutter und seinem Vater von der Zeit dieser Eheschließung an die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes. Die elterliche Gewalt des Ehemannes über das Kind tritt jedoch nicht vor dem Zeitpunkte ein, in welchem festgestellt ist, daß der Ehemann nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 412, 413 als Vater des Kindes gilt." 2. Der im Laufe der Berathung zu dem Antrage unter 1 gestellte Verbesserungsantrag, den zweiten Satz jenes Antrags, Fassung vorbehalten, durch folgende Bestimmung zu ersetzen: „Die elterliche Gewalt des Ehemannes über das Kind tritt jedoch erst dann ein, | Prot 17931 wenn das Vormundschaftsgericht die Vor- | aussetzungen der Legitimation des Kindes durch nachfolgende Ehe als gegeben anerkannt hat. Das Vormundschaftsgericht hat diese Anerkennung auszusprechen, wenn die Vaterschaft des Ehemannes nach Maßgabe der §§412, 413 des Entw. durch Urtheil in einem Prozesse zwischen dem Ehemanne und dem Kinde festgestellt oder von dem Ehemanne unter wirksamer Zustimmung des Kindes anerkannt ist." Kurlbaum (Nr 261,1)
II. In dem Antrage unter I, 1: i. a m Schlüsse des ersten Satzes zuzusetzen: „(Legitimation durch nachfolgende Ehe)." 2. Satz 2 zu fassen: „Die elterliche Gewalt über das Kind wird nur durch Ehelichkeitserklärung begründet."
Derscheid (Nr 258)
III. Statt des zweiten Satzes des Antrags unter I, 1 zu bestimmen: „Diese Wirkung der Eheschließung tritt jedoch nur ein, wenn nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 412, 413 festgestellt ist, daß der Ehemann als Vater des Kindes gilt." (Vergl. zu dem Antrage unter III den unten S. 7943 zu den §§ 412, 413 mitgetheilten Antrag unter IV). Der Berathung wurde der neue Antrag des Referenten unter I zum Grunde gelegt. Dieselbe führte zu folgenden Ergebnissen:
1. Der erste Satz des Antrags unter I, 1 fand mit Rücksicht auf die Ausführungen | Prot 17932 in den Motiven S. 1776 bis 1778, 1764 bis 1768 sachlich kei- | nen Widerspruch. Im Einzelnen wurden insbesondere gebilligt die Ausführungen der Motive S. 1776, daß solche Kinder, welche zwar in Wirklichkeit uneheliche Kinder der beiden Ehegatten seien, aber bereits vor der Eheschließung der letzteren, sei es nach Maßgabe der Bestimmungen über die eheliche Abstammung, sei es in Folge Legitimation, im Verhältniß zu einem anderen die rechtliche Stellung ehelicher Kinder erlangt hätten, durch die nachfolgende Ehe ihrer Eltern nicht berührt würden, ferner die Ausführungen in den Motiven S. 1764 bis 1766, daß den aus einer blutschänderischen oder ehebrecherischen Verbindung hervorgegangenen Kindern die Legitimationsfähigkeit nicht zu versagen, sondern auch in Ansehung solcher Kinder die Legitimation 652
7. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§§
1719—1722
durch nachfolgende Ehe anzuerkennen sei, vorausgesetzt, daß die Ehe gültig sei bezw. als putative Ehe für die Kinder die Wirkungen einer gültigen Ehe habe. Auch darüber war man mit den Motiven S. 1777 ff. einverstanden, daß das durch nachfolgende Ehe legitimierte Kind vollständig, insbesondere auch im Verhältnisse zu den Verwandten des Ehemannes, die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes erlangen, die Legitimation jedoch nicht bis zu der Geburt des Kindes zurückwirken, sondern die Wirkung derselben erst von der Zeit der Eheschließung an f ü r die Zukunft eintreten solle. Nicht minder fand mit Rücksicht auf die in den Motiven S. 1766, 1767 dargelegten Gründe der Standpunkt des Entwurfs, daß der Eintritt der Legitimation des Kindes durch nachfolgende | Ehe nicht von der Zustimmung der Ehegatten oder | Prot 17933 des Kindes abhängig sein soll, die Zustimmung der Kommission, jedoch vorbehaltlich der Beschlußfassung über die bei der Berathung der §§ 412, 413 zu entscheidenden Frage, ob die Vaterschaft des Ehemannes als Voraussetzung der Legitimation des Kindes nur im Wege der Anerkennung von Seiten des Ehemannes soll festgestellt werden können. Anlangend die Fassung des ersten Satzes des Antrags unter I, 1, so überzeugte man sich, daß es, um klar zu stellen, daß das legitimirte Kind in allen Beziehungen die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes erlange, nicht erforderlich sei, das W o r t : „vollständig" hinzuzufügen, ein solcher Zusatz vielmehr im Hinblick auf den § 27 K.E., welcher den Ausdruck: „rechtliche Stellung" in demselben Sinne ohne einen solchen Zusatz verwende, bedenklich sein würde. Dagegen wurde die von einer Seite angeregte Frage, ob nicht die Worte: „nach seiner Geburt" um deswillen entbehrt werden könnten, weil nach dem § 1431 der Zusst. das nach der Eheschließung geborene Kind ein eheliches sei, mithin in diesem Falle die in dem ersten Satze des Antrages unter I, 1 aufgestellte Voraussetzung der Legitimation, daß das Kind ein uneheliches sein müsse, nicht vorliege, zur Redaktion verwiesen. Der Prüfung bei der Redaktion blieb ferner vorbehalten, ob es sich nicht empfehle, | nach dem Vorschlage I Prot I 7934 des Antrags unter II, 1 den Ausdruck: „Legitimation durch nachfolgende Ehe" durch Einklammerung dieser Worte am Schluß des ersten Satzes des Antrags unter I, 1 zu einem terminologischen zu machen (vergl. § 26 der Reichsgesetze über die Beurkundung des Personenstandes u.s.w. vom 6. Febr. 1875; § 41 K.E.). 2. Der in dem gedr. Abänderungsantrage und in dem zweiten Satze des Antrags unter I, 1 bezw. in dem Verbesserungsantrage unter I, 2 vorgeschlagenen Zusatz, sowie der Antrag unter II, 2 wurden von der Mehrheit abgelehnt. Es blieb jedoch vorbehalten, bei der Berathung des § 539 des Entw. auf die Frage zurückzukommen, ob nicht im Vormundschaftsrechte eine Bestimmung des Inhalts aufzunehmen sei, daß im Falle der Legitimation durch nachfolgende Ehe eine f ü r das Kind angeordnete Vormundschaft zu Gunsten des Kindes, d. h. in Ansehung der mit der elterlichen Gewalt des Ehemannes über das Kind verbundenen Rechte des Ehemannes, erst dann endige, wenn in einem Prozesse zwischen dem Ehemanne und dem Kinde die Vaterschaft durch Urtheil festgestellt sei (vergl. §§ 466, 467 des Entw.) oder das Vormundschaftsgericht die Vormundschaft für beendigt erklärt habe, daß aber das Vormundschaftsgericht die Vormundschaft für beendigt erklären solle, wenn dasselbe die Voraussetzungen der Legitimation durch nachfolgende Ehe nach Maßgabe der §§ 409, 412, 413 des Entw. als gegeben anerkenne (vergl. die hamb. V.O. vom 11. Dezbr. 1883 Art. 65; Nachträge zu den Motiven des Entw. des Familienrechts S. 45). Erwogen war: | Es sei zwar zuzugeben, daß aus dem Prinzipe des § 409, nach welchem das Kind | Prot 17935 von der Zeit der Eheschließung an die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes 653
§§ 1719-1722
2. Abschnitt: Verwandtschaft
erlange, mit diesem Zeitpunkt daher auch die elterliche Gewalt des Ehemannes über das Kind eintrete und in Folge dessen eine f ü r das Kind angeordnete Vormundschaft nach dem § 539 Ziff. 3 des Entw. ipso jure endige bezw. eine neue Vormundschaft nicht eingeleitet werden könne (vergl. § 475 des Entw.), obwohl die Vaterschaft des Ehemannes in Ansehung des Kindes und somit der Eintritt der elterlichen Gewalt des Ehemannes über dasselbe in jenem Zeitpunkte vielleicht subjektiv noch ungewiß sei, im Hinblick auf die mit der elterlichen Gewalt bezw. mit dem Amte des Vormundes verbundene Vertretungsmacht die in den Bemerkungen zu den gedr. Abänderungsanträgen S. 150 näher dargelegten, die Rechtssicherheit gefährdenden Unzuträglichkeiten und Konflikte sich ergeben könnten. Trotzdem müsse es als bedenklich erachtet werden, das Prinzip des § 409, um jenen Unzuträglichkeiten zu begegnen, in Ansehung der elterlichen Gewalt auf dem einen oder anderen der von den Anträgen betretenen Wege zu durchbrechen. Das Institut der Legitimation durch nachfolgende Ehe solle wesentlich dem Interesse des Kindes dienen. Das Interesse des Kindes aber erheische es, daß die mit der elterlichen Gewalt verbundene Pflicht der Fürsorge für das Kind von der Zeit der Eheschließung an ipso jure für den Ehemann | Prot 17936 als den Vater des Kindes begründet werde. Der in dem Antrage | unter II, 2 vorgeschlagene Weg führe aber — abgesehen von dem Bedenken, daß derselbe eine ganz neue, dem gehenden Rechte unbekannte und mit den Bestimmungen des Entwurfs über die Ehelichkeitserklärung (§§ 442 ff.) nicht im Einklang stehende Art der Ehelichkeitserklärung schaffe — dahin, daß es lediglich von dem Willen des Ehemannes abhänge, ob er sich jener Pflicht unterziehen wolle, obwohl das Kind bereits durch die nachfolgende Ehe den status eines ehelichen Kindes gegenüber dem Ehemanne erlangt habe. Es werde auf diese Weise in einer wichtigen Beziehung — abweichend von dem geltenden Rechte und im Widerspruch mit dem Prinzipe und dem absoluten Charakter der Legitimation durch nachfolgende Ehe — die Wirkung dieser Legitimation abgeschwächt. Der Vorschlag des Antrags unter I, 2 suche zwar das Bedenken, daß die elterliche Gewalt des Ehemannes nicht ohne dessen Willen eintreten könne, dadurch zu beseitigen, daß er den Eintritt der elterlichen Gewalt unabhängig von dem Willen des Ehemannes an den Ausspruch des Vormundschaftsgerichts knüpfe, daß die Voraussetzungen der Legitimation durch nachfolgende Ehe als gegeben anzusehen seien. Allein auch dieser Weg eröffne dem Ehemanne die Möglichkeit, sich auf längere Zeit den mit der elterlichen Gewalt verbundenen Pflichten zu entziehen, und habe zudem das Mißliche, daß er den Eintritt des an sich prozeßfähigen Rechts der elterlichen Gewalt von einer Entscheidung des Vormundschaftsge| Prot 17937 richts abhängig mache. Aus diesen Gründen verdiene | es den Vorzug, in Uebereinstimmung mit dem geltenden Rechte es auch in Ansehung der elterlichen Gewalt bei den Konsequenzen des im § 409 ausgesprochenen Prinzips zu belassen, um so mehr, als in der großen Mehrzahl der Fälle die Legitimation durch nachfolgende Ehe in den ersten Lebensjahren des Kindes erfolge, f ü r diese ersten Lebensjahre des Kindes aber die mit der elterlichen Gewalt bezw. dem Amte des Vormundes verbundene Vertretungsmacht gegenüber der Pflicht thatsächlicher Fürsorge f ü r das Kind in den Hintergrund trete und dem praktischen Leben die mit den Vorschlägen der Anträge verbundenen Weiterungen fremd seien. Soweit nöthig, könne, um den in den Bemerkungen zu den gedr. Abänderungsanträgen S. 150 hervorgehobenen Uebelständen thunlichst abzuhelfen, im Vormundschaftsrechte durch geeignete, mit dem Interesse des Kindes vereinbare Bestimmungen, sei es in der oben angedeuteten Art, sei es nach Analogie des § 596 K.E. (vergl. § 545 a der gedr. Abänderungsanträge S. 52) oder des § 613 Abs. 2 der C.P.O. Vorsorge getroffen werden. Anlangend insbesondere den Fall, in welchem nach der Eheschließung eine Vormundschaft über das legitimirte 654
7. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§§ 1719 —1722
Kind eingeleitet worden sei, weil die Vaterschaft des Ehemannes zur Zeit der Eheschließung noch unbekannt oder ungewiß gewesen, so werde für diesen Fall den hier in Frage stehenden Konflikten bereits durch die Bestimmungen des Entwurfs eines Gesetzes über das Verfahren in Vormundschaftssachen vorgebeugt (vergl. §§ 39, 54 Abs. 1 das. und die Motive dazu S. 85, 86 nebst den Bemerkungen in den gedr. Abänderungsantr. zu jenem Entw. S. 11) | Durch die Streichung des zu § 409 beantragten Zusatzes wurde der Antrag unter | Prot 17938 3, vorbehaltlich der Entscheidung der Frage, in welcher Art die Feststellung der Vaterschaft des Ehemannes als Voraussetzung der Legitimation soll erfolgen können (vergl. der Antrag unter V zu §§ 412, 413 des Entw.), als erledigt angesehen. Der § 410 des Entw. lautet: „Die im § 409 gedachte Wirkung tritt nicht ein, wenn die Ehe nichtig oder auf TE-FamR Grund erfolgter Anfechtung als ungültig anzusehen ist. § 410 Doch finden die in den §§ 403 bis 408 getroffenen Bestimmungen auch in Ansehung der vor Eingehung der Ehe geborenen Kinder beider Ehegatten entsprechende Anwendung." Dazu lagen folgende Anträge vor: Planck 1. Von Seiten des Referenten: (Nr 256, 2) Den § 410 dahin zu fassen: „Ist die Ehe aus einem anderen Grunde als wegen eines Formmangels nichtig oder ist die Ehe anfechtbar und angefochten, so finden die Bestimmungen der §§ 403 bis 408 auch in Ansehung der vor der Eheschließung von dem Ehemanne erzeugten und von der Ehefrau geborenen Kinder entsprechende Anwendung. (vergl. §§ 1224, 1232 der Zusst. Der § 1224 entspricht dem zu §§ 43, 48 des Entw. gefaßten Beschlüssen, Prot. S. 5959 bis 5964, 5968.) | 2. Dem § 410 folgende Fassung zu geben: | Prot 17939 „Die Legitimation durch nachfolgende Ehe tritt auch dann ein, wenn die Ehe aus Kurlbaum einem anderen Grunde als wegen eines Formmangels nichtig oder anfechtbar ist. Die (Nr 261, 2) Vorschriften der §§ 403 bis 408 finden entsprechende Anwendung." Der § 410 wurde aus den Gründen der Motive S. 1779 ff., Redaktion vorbehalten, nach Maßgabe des Antrags unter 1 gebilligt. Die Fassung des sachlich nicht abweichenden Antrags unter 2 wurde der Prüfung bei der Redaktion überlassen, bei welcher insbesondere zu erwägen sein werde, ob nicht die Fassung des Antrags mit Rücksicht auf das zu § 403 beschlossene Prinzip, nach welchem das Kind aus einer zwar nichtigen, aber formgültig geschlossenen Ehe auch bei mala fides beider Ehegatten als ehelich gelte, den Vorzug verdiene. Einvernehmen herrschte, daß das Allegat der §§ 403 bis 408 durch die zu diesem Paragraphen beschlossenen Bestimmungen zu ersetzen sei. Zu § 411 des Entw., dessen Wortlaut dahin geht: „Die durch nachfolgende Ehe der Eltern begründete Verwandtschaft erstreckt TE-FamR sich auf die ehelichen und, soviel die Tochter betrifft, auch auf die unehelichen §411 Abkömmlinge der legitimirten Kinder selbst dann, wenn die letzteren vor der Verheirathung ihrer Eltern bereits verstorben sind." lagen folgende Anträge vor: Planck (Nr 256, 3)
1. Von Seiten des Referenten: Dem §411 folgende Fassung zu geben: 655
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2. Abschnitt: Verwandtschaft
„Die nach den §§410, 411 mit der nachfolgenden Eheschließung verbundenen | Prot 17940 Wirkun- | gen treten in Ansehung der Abkömmlinge des unehelichen Kindes auch dann ein, wenn dasselbe vor jener Eheschließung verstorben ist." (vergl. § 31 Abs. 3 K.E.) Kurlbaum (Nr 261, 3)
TE-FamR §412
2. Den § 411 in der Fassung des Antrags unter 1 einzuleiten: „Die Wirkungen der Legitimation durch nachfolgende Ehe treten pp." Der § 4 1 1 in der Fassung des Antrags unter 1 erfuhr mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 1781, 1782 sachlich keine Anfechtung. Der Antrag unter 2 wurde zur Redaktion verwiesen. Die §§ 412, 413 des Entw. lauten: § 412. „Der Ehemann gilt als Erzeuger des unehelichen Kindes seiner Ehefrau, w e n n er innerhalb der gesetzlichen Zeugungsfrist vor der Geburt des Kindes mit dessen Mutter den Beischlaf vollzogen hat, es sei denn, daß er zur Zeit des Beischlafs sich im Zustande einer äußerlich erkennbaren Zeugungsunfähigkeit befunden hat. Ist die Mutter des Kindes innerhalb der gesetzlichen Zeugungsfrist vor der Geburt desselben schon einmal niedergekommen, so kommt nur ein in den nach der ersten Niederkunft liegenden Theil der gesetzlichen Zeugungsfrist fallender Beischlaf in Betracht."
TE-FamR „Der Ehemann gilt ferner als Erzeuger des unehelichen Kindes seiner Ehefrau, S 413 | w e n n er dasselbe vor oder nach Eingehung der Ehe anerkannt und das Kind | Prot 17941 zugestimmt hat. Auf die Anerkennung von Seiten des Ehemannes finden die Vorschriften im § 278 Abs. 2 und im § 279, auf die Zustimmung des Kindes die Vorschriften in den §§ 448 und 449 entsprechende Anwendung." In den gedr. Abänderungsanträgen des Referenten ist beantragt: Den Absatz 2 des § 413 im Eingange dahin zu fassen: „Auf die Anerkennung von Seiten des Ehemannes finden die Vorschriften im § 278 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 (vergl. die Fassung der gedr. Abänderungsantr. S. 31) u.s.w. (wie im Entw.)." Planck Außerdem lagen folgende Anträge vor: (Nr 256,4) I. V o n Seiten des Referenten: 1. die §§ 412, 413 durch folgende Bestimmungen zu ersetzen: „Der Ehemann gilt als Vater des von der Ehefrau vor der Eheschließung geborenen unehelichen Kindes, wenn er innerhalb der im § 1432 der Zusst. bestimmten Empfängnißzeit des Kindes mit der Ehefrau den Beischlaf vollzogen oder wenn er das Kind vor oder nach der Eheschließung als das seinige anerkannt und das Kind zugestimmt hat. | Prot 17942 | Auf die Anerkennung des Kindes von Seiten des Ehemannes finden die Bestimmungen des § 1437 Satz 2, 3 und des § 1439 der Zusst. entsprechende Anwendung. Die Zustimmung des Kindes kann nicht durch einen Vertreter erfolgen. H a t jedoch das Kind das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet oder ist dasselbe geschäftsunfähig, so kann statt desselben dessen gesetzlicher Vertreter die Zustimmung ertheilen. Zu der Zustimmung ist in allen Fällen die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich." Planck
2. Die §§ 412, 413 sind vor den § 410 zu setzen.
Niandry II. 1. In Absatz 1 des Antrags unter I, 1 die Worte „zugestimmt hat" zu ersetzen (Nr 260, 2) durch die W o r t e : „nicht widersprochen hat." 2. In Absatz 3 statt „die Zustimmung" zu setzen: „der Widerspruch". 656
7. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§§ 1719-1722
3. In Absatz 4 statt „die Zustimmung ertheilen. Zu der Zustimmung" zu setzen: „den Widerspruch erheben. Zu der Erhebung des Widerspruchs." 4. Am Schlüsse (oder in einem besonderen Paragraphen) die Bestimmung aufzunehmen: | „Die Bestimmung des ersten Absatzes findet auf ein vor der Ehe geborenes Kind | Prot 17943 der Ehefrau keine Anwendung, wenn zur Zeit der Eheschließung festgestellt ist, daß ein anderer Mann als der Ehemann als der Vater des Kindes gilt." III. Im Absatz 1 des Antrags unter I, 1 die Worte „oder — zugestimmt" sowie die Kurlbaum Absätze 2 bis 4 zu streichen. (Nr 261, 4) IV. Im ersten Absätze die W o r t e : Derscheid „wenn er innerhalb der in § 1432 der Zusst. bestimmten Empfängnißzeit des (Nr 258) Kindes mit der Ehefrau den Beischlaf vollzogen oder" zu streichen. V. Den ersten Absatz des Antrags unter I, 1, wie folgt, zu fassen: „Der Ehemann gilt als der Vater des von der Ehefrau vor der Eheschließung geborenen unehelichen Kindes, wenn er das Kind vor oder nach der Eheschließung durch ausdrückliche Willenserklärung als das seinige anerkannt pp. hat." Die Berathung der §§ 412, 413 und der dazu gestellten Anträge führte zu folgenden Ergebnissen: 1. Die sachlich mit dem § 412 des Entw. — abgesehen von den Schlußworten im Abs. 1 des § 4 1 2 : „es sei denn, daß befunden hat" — übereinstimmende Vorschrift im Abs. 1 des Antrags unter I, 1, daß der Ehemann als Vater des von der Ehefrau vor der Eheschließung geborenen unehelichen Kindes gelten soll, wenn er innerhalb der im § 1432 der Zusst. bestimmten Empfängnißzeit des Kindes mit der Ehefrau den Beischlaf vollzogen hat, wurde von der Mehrheit unter Ablehnung der Anträge unter IV und V, nach welchen der Eintritt der Legitimation durch die Anerken-1 nung der Vaterschaft von Seiten des Ehemannes bedingt sein soll, gebil- | Prot 17944 ligt. und / w a r in dem Sinne, daß die exceptio plurium constupratoium ausgeschlossen sein soll. Erwogen war: Es lasse sich nicht verkennen, daß f ü r die im Wesentlichen dem französischen Rechte und einer auch im gemeinen Rechte weit verbreiteten Ansicht sich anschließenden Anträge unter IV und V gewichtige Gründe sprächen. Es sei nicht unbedenklich, die tiefgreifenden Wirkungen der Legitimation durch nachfolgende Ehe, durch welche das Kind im Verhältnisse zu dem Ehemanne und dessen Verwandten in allen Beziehungen die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes erlange, ohne Rücksicht darauf, ob der Ehemann das Kind als das seinige anerkannt habe, lediglich an die Thatsachen der Eheschließung und der möglichen Vaterschaft zu knüpfen und dadurch insbesondere auch jedem Dritten, welcher ein Interesse daran habe, daß das Kind ein legitimirtes sei, die Möglichkeit zu gewähren, auf Grund jener Thatsachen die Legitimation des Kindes geltend zu machen und im Wege des Prozesses, trotzdem der Ehemann seine Vaterschaft bestreite, die letztere durch den Nachweis, daß derselbe mit der Mutter des Kindes innerhalb der Empfängnißzeit des Kindes den Beischlaf vollzogen habe, zu ermitteln und festzustellen. Es sei zweifellos als ein Gewinn zu betrachten, wenn derartige Prozesse vermieden werden könnten. Indessen seien die in den Motiven S. 1774 ff. für den Standpunkt des Entwurfs dargelegten prinzipiellen und praktischen Gründe als überwiegend anzusehen. Mit dem absoluten Charakter und den Zwecken des hier fraglichen Instituts, insbesondere mit der 657
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2. Abschnitt: Verwandtschaft
| Prot 17945 Rücksicht auf | das Interesse des Kindes sei es nicht vereinbar, wenn die wohlthätigen Wirkungen der Legitimation auch nur indirekt von dem Willen des Ehemannes abhängig gemacht würden. Der Standpunkt des französischen Rechts in der hier fraglichen Beziehung stehe mit anderen in das Gesetzbuch nicht aufgenommenen Instituten und Bestimmungen des französischen Rechts, insbesondere mit dem Satze: „la recherche de la paternité est interdite" und dem Institute der Anerkennung unehelicher Kinder in engem Zusammenhange und könne deshalb in der hier fraglichen Hinsicht auf das französische Recht erhebliches Gewicht nicht gelegt werden. Auch die im gemeinen Recht vielfach vertretene Ansicht, daß die Legitimation Anerkennung der Vaterschaft von Seiten des Ehemannes voraussetze, hänge mit den Bestimmungen des in Ansehung der Rechtsstellung der unehelichen Kinder gegenüber dem Erzeuger auf einem anderen Boden stehenden römischen Rechts zusammen. Auf der anderen Seite habe der Entwurf das preuß. Recht, das sächs. G.B. und zum Theil auch die Doktrin und Praxis des gemeinen Rechts f ü r sich. Enscheidend falle namentlich ins Gewicht, daß, wie in den Motiven S. 1774, 1775 näher ausgeführt sei, dem praktischen Bedürfnisse und den Anforderungen des praktischen Lebens nicht genügt werde, wenn man die Wirkungen der Legitimation von der Anerkennung der Vaterschaft von Seiten des Ehemannes abhängig mache. Ganz besonders sei dies der Fall, wenn man eine ausdrückliche Willenserklärung verlange. Da dies der Sitte in Deutschland nicht entspreche, so würden die Anerkennungen in vielen Fällen unterbleiben und der Eintritt der Wirkungen der Legitimation mehr | Prot 17946 oder weniger von zufälligen Umständen abhängig sein. Aber auch durch die | Zulassung stillschweigender Anerkennungen werde dem Interesse des Kindes nicht genügt, da der Beweis der Anerkennung durch konkludente Handlungen, insbesondere nach dem Tode des Ehemannes, oft mit großen Schwierigkeiten verbunden sei. Eine andere Frage sei, ob man, nachdem die Komission gegenüber dem Unterhaltsanspruche des unehelichen Kindes die exceptio plurium constupratorum anerkannt habe, diese Einrede auch hier dem Ehemanne gestatten solle. Der Gesichtspunkt, daß es sich bei der Legitimation um weit eingreifendere Wirkungen, als die Begründung eines Unterhaltsanspruchs handele, scheine der Bejahung jener Frage das W o r t zu reden. Indessen sei die Sachlage hier doch insofern eine andere, als der Ehemann vor der Eheschließung in der Lage sei, sich zu erkundigen, und, wenn er nicht die Ueberzeugung gewinne, daß er der Vater des Kindes sei, die Eheschließung zu unterlassen. Dazu komme, daß die Kommission auch in dem Falle, wenn das Kind zwar nach Schließung der Ehe geboren, aber vor Schließung der Ehe empfangen sei, die exceptio plurium constupratorum ausgeschlossen habe (vergl. § 1435 der Zusst.). Die Gründe, auf welchen dieser Beschluß beruhe (Prot. S. 7452 ff.), träfen auch hier im Wesentlichen zu (vgl. auch Motive S. 1775). Dem zufälligen Umstände, ob das Kind kurz nach der Eheschließung oder kurz vor derselben geboren sei, könne ein so tiefgreifender Einfluß auf die Rechtsstellung des Kindes nicht beigemessen werden. | Prot 17947 Mit dem Standpunkte des Entwurfs | stehe zudem überwiegend das geltende Recht, insbesondere das preuß. Recht und das sächs. G.B., im Einklänge. Daß die den Fall der Zeugungsunfähigkeit des Ehemannes berücksichtigende Bestimmung am Schlüsse des ersten Absatzes des § 412 in Wegfall komme, entspreche den zu den §§ 275, 385 des Entw. in dieser Hinsicht gefaßten Beschlüssen (Prot. S. 7448, 7849 ff.). 2. D e r § 4 1 3 bezw. der Antrag unter I, 1, soweit derselbe bestimmt, daß der Ehemann auch als der Vater des Kindes gilt, wenn er das Kind vor oder nach der Eheschließung als das seinige anerkannt und das Kind zugestimmt hat, wurde von 658
7. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
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der Mehrheit abgelehnt. Dieselbe vermochte sich nicht zu überzeugen, daß die hier fragliche Bestimmung aus den in den Motiven S. 1772 ff. für dieselbe geltend gemachten Gründen durch ein praktisches Bedürfniß geboten sei und daß die Gründe, welche zu der Bestimmung geführt hätten, daß die Unehelichkeit eines nach Schließung der Ehe geborenen, wenn auch vor Schließung derselben empfangenen Kindes von Niemandem geltend gemacht werden könne, wenn der Ehemann dasselbe durch ausdrückliche Willenserklärung als das seinige anerkannt habe, auch hier zuträfen (vergl. § 1437 der Zusst.). Es müsse für bedenklich erachtet werden, ohne dringende praktische Gründe dem Ehemann auf dem vorgeschlagenen Wege ein Mittel an die Hand zu geben, einem Kinde, welches von ihm nicht erzeugt sei, in Veranlassung und in Verbindung mit Eingehung der Ehe mit der Mutter des Kindes ihm und seiner Familie gegenüber die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes zu geben. Es werde dadurch gewissermaßen eine besondere Art der Adoption oder Ehelichkeitserklärung; je- | doch ohne die schützenden Formen dieser Institute und mit weitergehen- | Prot 17948 den Wirkungen, als mit den letzteren verbunden seien, geschaffen. Daß ein solches neues Institut durch ein praktisches Bedürfniß nicht geboten sei, sondern die Natur der Anerkennung als eines Beweismittels den Anforderungen des praktischen Lebens genüge, ergebe sich schon daraus, daß keines der bestehenden Rechte, auch nicht das französische Recht (vergl. Code civil Art. 339), mit der Anerkennung soweitgehende, den Personenstand des Kindes ändernde Wirkungen verknüpfe (vergl. Entsch. des R.G. in Strafs. I, 4). Dazu komme, daß die Anerkennung durch das Erforderniß der Zustimmung des Kindes in vielen Fällen, in welchen das Kind in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sei, gleichwohl nicht bevormundet werde, doch ihre praktische Bedeutung im Sinne der vorgeschlagenen Bestimmung entzogen werden würde. 3. Abgelehnt wurde ferner von der Mehrheit der Antrag unter II, 4, welcher solche Fälle vor Augen hat, in welchen ein Anderer als der Ehemann vor der Eheschließung als unehelicher Vater des Kindes dem letzteren Unterhalt zu gewähren verurtheilt ist, obwohl auch der Ehemann innerhalb der Empfängnißzeit des Kindes mit der Mutter des letzteren den Beischlaf vollzogen hatte. Die Mehrheit ging davon aus, daß die Gründe, auf welchen der Ausschluß der exceptio plurium constupratorum bei der Legitimation durch nachfolgende Ehe beruhe, dahin führen müßten, auch in dem bezeichneten Falle die Legitimation eintreten zu lassen. Daß ein Anderer vorher als unehelicher Vater des Kindes demselben Alimente zu gewähren verurtheilt sei, stehe der Legitimation aus dem Gesichtspunkte der Logik um deswillen nicht entgegen, weil der zur Leistung | der Alimente Verurtheilte nur in dieser einen | Prot 17949 Hinsicht als Vater des Kindes gelte. Eine andere, bei Gelegenheit der Berathung des § 392 des Entw. bereits erörterte, durch Beschluß der Kommission jedoch unentschieden gelassene Frage sei die, ob in einem solchen Falle die Unterhaltspflicht des Dritten trotz der Legitimation des Kindes fortdauere oder von der Zeit der Legitimation an wegfalle (Prot. S. 7879). Mit den Motiven S. 1762, 1763 war man einverstanden, daß außer der Legitimation durch nachfolgende Ehe und durch Ehelichkeitserklärung (§§ 442 ff.) die Regelung anderer Legitimationsarten, insbesondere die sogen, legitimatio per testamentum und die sogen, legitimatio minus plena, für das Gesetzbuch nicht in Frage kämen. Fassung der Regelung in der RedVorl: a) RedVorl. von Pape Legitimation durch nachfolgende Ehe. 659
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2. Abschnitt: Verwandtschaft
§ 7 (§ 409). Ein uneheliches Kind erlangt durch die (nach seiner Geburt) zwischen seinem Vater und seiner Mutter erfolgende Eheschließung die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes (Legitimation durch nachfolgende Ehe). (N.B. 1. Zu vergl. § 27 K.E. — 2. Die in Parenthese stehenden Worte sind wegen „uneheliches" sc. Kind genau genommen überflüssig.) § 8 (§ 410). Die Legitimation durch nachfolgende Ehe tritt auch dann ein, wenn die Ehe aus einem anderen Grunde als wegen eines Formmangels nichtig oder anfechtbar ist. Die Vorschriften der §§ 1 bis 6 finden entsprechende Anwendung. § 9 (§411). Die Wirkungen der Legitimation durch nachfolgende Ehe treten in Ansehung der Abkömmlinge des unehelichen Kindes auch dann ein, wenn dasselbe vor jener Eheschließung gestorben ist. §10 (§412). Der Ehemann gilt als der Vater des von der Ehefrau (vor der Eheschließung) geborenen unehelichen Kindes, wenn er innerhalb der im § 1432 bezeichneten Empfängnißzeit des Kindes mit der Ehefrau den Beischlaf vollzogen hat. (N.B. 1. Die exceptio plurium ist also ausgeschlossen. 2. Die Worte „(vor der Eheschließung)" könnten wieder gestrichen werden.) b) RedVorl. von Planck: Sechster Titel. Legitimation I. Legitimation
unehelicher Kinder. durch nachfolgende Ehe.
§1543 (Vorl.Zusst. § 7). Ein uneheliches Kind erlangt durch die Eheschließung zwischen seinem Vater und seiner Mutter die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes (Legitimation durch nachfolgende Ehe). § 1544 (Vorl.Zusst. § 10). Der Ehemann gilt als der Vater des von der Ehefrau (vor der Eheschließung) geborenen unehelichen Kindes, wenn er innerhalb der im § 1432 bezeichneten Empfängnißzeit des Kindes mit der Ehefrau den Beischlaf vollzogen hat. § 1545 (Vorl.Zusst. § 8). Die Legitimation durch nachfolgende Ehe tritt auch dann ein, wenn die Ehe aus einem anderen Grunde als wegen eines Formmangels nichtig oder anfechtbar ist. Die Vorschriften der §§ 1526 bis 1531 finden entsprechende Anwendung. §1546 (Vorl.Zusst. §9). Die Wirkungen der Legitimation durch nachfolgende Ehe treten in Ansehung der Abkömmlinge des unehelichen Kindes auch dann ein, wenn dasselbe vor der Eheschließung zwischen seinen Eltern verstorben ist. Bemerkungen. Zu §1543. Mit der vorläufigen Zusammenstellung halte ich die Worte „nach seiner Geburt" für überflüssig, weil das Kind, wenn es nach der Eheschließung geboren ist, nach § 1431 kein uneheliches ist. Bei Weglassung der fraglichen Worte wird auch das W o r t „erfolgende" wegbleiben können und die kürzere Fassung der Vorlage genügen. Zu § 1544. Die Vorlage stellt den § 10 der vorläufigen Zusammenstellung vor die § § 8 , 9 , weil die Bestimmung desselben sich als eine Ergänzung der in dem vorhergehenden § 7 enthaltenen Bestimmung darstellt. Es wird dadurch bestimmt, wer als 660
7. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
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Vater des Kindes im Sinne des § 7 gilt. Die beiden Paragraphen gehören also zusammen, indem sie die Voraussetzungen der Legitimation bestimmen. Die Worte: „vor der Eheschließung" können hier, weil sie sich unmittelbar an das Wort „Ehefrau" anschließen, vielleicht stehen bleiben. 7.u § 1546. Stau: „vor jener Eheschließung" wird vorgeschlagen: „vor der Eheschließung zwischen seinen Eltern", weil bei der jetzigen Fassung des Eingangs des Paragraphen darin von Eheschließung noch nicht gesprochen ist.
§ 1543 KE/§ 1579 E I II., III. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR/im
KE:
§ 1543. Ein uneheliches Kind erlangt durch die nach seiner Geburt zwischen ZustFamR seinem Vater und seiner Mutter erfolgte Eheschließung von der Zeit der letzteren an § 1 5 4 3 die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes (Legitimation durch nachfolgende KE§1543 Ehe). 2. Antrag von Planck zu §§ 1543, 1546, 1547, 1565: |a. im § 1543 als Abs. 2 und im § 1547 zwischen dem Abs. 1 und dem jetzigen |ProtI 12140 Abs. 2 als Abs. 2 einzuschalten: „Die Vorschrift des ersten Absatzes findet keine Anwendung, wenn das Kind bereits | von einem anderen legitimirt ist." | Prot 112141 (Bemerk. Der Antrag bezweckt, zum Ausdruck zu bringen, daß in Ansehung eines unehelichen bereits legitimirten Kindes eine nochmalige Legitimation, durch welche das Kind auch im Verhältnisse zu einer anderen Person als derjenigen, zu welcher dasselbe durch die frühere Legitimation die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes erlangt hat, die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes erlangen würde, ausgeschlossen und nichtig ist. Es muß in dieser Hinsicht die Prävention entscheiden. Die jetzige Fassung in Verbindung mit den §§ 1544, 1549, 1557 Satz 2 lassen in dieser Hinsicht Zweifeln Raum, zumal die Kommission bei früheren Beschlüssen davon ausgegangen ist, daß ein uneheliches Kind dadurch, daß dasselbe durch Legitimation innerhalb der gesetzlich näher bezeichneten Grenzen die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes erlangt habe, an sich nicht aufhöre, ein uneheliches Kind zu sein (Prot. S. 8647 ff.; § 1210 Abs. 1 Satz 2). Der Gedanke ist der, daß ein uneheliches Kind, welches die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes erlangt hat, insoweit rechtlich noch als ein uneheliches in Betracht kommt und zu behandeln ist, als dies mit der erlangten rechtlichen Stellung eines ehelichen Kindes vereinbar erscheint. Dies führt zu dem Resultate, daß ein bereits legitimirtes Kind nicht nochmals von einem Dritten legitimirt werden kann, während eine Legitimation durch nachfolgende Ehe nicht ausgeschlossen ist, |wenn der Vater, welcher sein Kind | Prot 112142 durch Ehelichkeitserklärung legitimirt hatte, später die Mutter des Kindes heirathet (Prot. S. 8647 ff.) Die Klarstellung des Verhältnisses ist namentlich im Hinblick auf solche Fälle von praktischer Bedeutung, in welchen die Mutter erst den einen Konkumbenten und nach dessen Tode den anderen heirathet, sofern beide innerhalb der kritischen Zeit mit der Mutter konkumbirt hatten (§ 1544) oder wenn der eine Konkumbent das Kind durch Ehelichkeitserklärung legitimirt hat und dann die Mutter einen anderen Konkumbenten heirathet.). 661
§§1719-1722
2. Abschnitt: Verwandtschaft
b. a) § 1543 zu fassen: „Durch die nach der Geburt eines unehelichen Kindes erfolgende Eheschließung zwischen seinem Vater und seiner Mutter erlangt von der Zeit der Eheschließung an das Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes, der Vater die rechtliche Stellung eines ehelichen Vaters, die Mutter die rechtliche Stellung einer ehelichen Mutter (Legitimation durch nachfolgende Ehe)." ß) § 1546 zu fassen: „Die Wirkungen der Legitimation durch nachfolgende Ehe erstrecken sich auf die Abkömmlinge des unehelichen Kindes und treten in Ansehung dieser Abkömmlinge auch dann ein, wenn das Kind vor der Eheschließung zwischen seinen Eltern verstorben ist. Die Wirkungen der Legitimation durch nachfolgende Ehe erstrecken sich auch auf die Verwandten des Vaters." | Prot 112143
| y) § 15 47 Absatz 2 zu fassen: „Durch die Ehelichkeitserklärung erlangt von der Zeit derselben an das uneheliche Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes seines Vaters, der Vater die rechtliche Stellung eines ehelichen Vaters des Kindes, soweit nicht aus dem Gesetze ein Anderes sich ergiebt." 8) § 1565 Absatz 1 zu fassen: „Durch die Annahme an Kindesstatt erlangt der Angenommene die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes des Annehmenden, der annehmende Mann die rechtliche Stellung eines ehelichen Vaters des Angenommenen, die annehmende Frau die rechtliche Stellung einer ehelichen Mutter des Angenommenen, soweit nicht aus dem Gesetze ein Anderes sich ergiebt."
(Bemerk. Die zu den §§ 1543, 1547 vorgeschlagene Fassungsänderungen machen sich m. E. nöthig, um bei dem Stillschweigen des Erbrechtsentwurfes klar zu stellen, daß in den Fällen dieser Paragraphen und des § 1546 der Vater ein Erbrecht an dem Vermögen des legitimirten Kindes und seiner Abkömmlinge hat. Denn aus den Worten des Entwurfes „das Kind erlangt die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes" die Folgerung zu ziehen, daß nicht bloß das Kind den Vater, sondern auch der Vater das Kind beerbe, ist doch immer nicht zweifellos und nicht unbedingt nothwendig. Die Abänderung des § 1546 durch Hinzufügung des zweiten Absatzes | Prot 112144 steht hiermit im Zusammenhang und soll das der Aus- | drucksweise des Entwurfs gegenüber noch schwerer zu erkennende Erbrecht zwischen den Verwandten des Vaters und dem durch nachfolgende Ehe legitimirten unehelichen Kinde klar stellen; die Fassungsänderung des ersten Absatzes des § 1546 soll nur eine Verdeutlichung und Gleichstellung der Fassung mit den §§ 1560, 1584 herbeiführen. Die vorgeschlagene Aenderung der Fassung des § 1565 ist — wenn sie auch für das Erbrecht sich nicht nöthig macht — eine Folge der Aenderung der Fassung der §§ 1543, 1547 und dient zugleich zur Verdeutlichung, insonderheit auch des § 1587). Die Anträge und b. a , y, 8 wurden in Folge der zu den §§ 1530, 1560, 1584 gefaßten Beschlüsse unter 121 zurückgezogen. Anlangend den Antrag unter a, so erfuhr der beantragte Zusatz zwar sachlich keinen Widerspruch. Die Mehrheit hielt jedoch denselben wegen Selbstverständlichkeit als entbehrlich und lehnte deshalb die Aufnahme der vorgeschlagenen Vorschrift ab.
l
662
Vgl. oben S. 586 ff.
7. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§§ 1719—1722
Ebenso erklärte sich die Mehrheit gegen die Annahme des Antrags unter b, ß, davon ausgehend, daß es im Hinblick auf das im § 1543 unbeschränkt ausgesprochene Prinzip nicht zweifelhaft sein könne, daß die Wirkungen der Legitimation durch nachfolgende Ehe sich auch auf die Abkömmlinge des unehelichen Kindes sowie die Verwandten des Vaters erstreckten. Dazu komme, daß der Antrag nicht alle Konsequenzen jenes Prinzips erschöpfe, indem z. B. durch die Legitimation auch zwischen dem Ehegatten des Kindes oder eines Abkömmlings desselben und dem Vater und der Mutter des Kindes ein Schwägerschaftsverhältniß begründet werde. IV. Fassung der Regelung im E I : § 1579. Ein uneheliches Kind erlangt durch die nach seiner Geburt zwischen E I § 1579 seinem Vater und seiner Mutter erfolgende Eheschließung von der Zeit der letzteren an die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes (Legitimation durch nachfolgende Ehe). § 1544 KE/§ 1580 E I
II., III., IV. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR/[m
KE und
EI:
§ 1544. Der Ehemann gilt als der Vater des von der Ehefrau vor der Eheschlie- ZustFamR ßung geborenen unehelichen Kindes, wenn er innerhalb der im § 1536 Abs. 2 2 be- § 1 5 4 4 zeichneten Empfängnißzeit des Kindes mit der Ehefrau den Beischlaf vollzogen hat. § 1544 K & & E I § 1580
2. Zur Einfügung eines neuen § 1544 a vgl. Prot. I, S. 8629, 8647—8649 in Familienrecht I, S. 1197, 1205. § 1545 K E / § 1581 E I
II. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR: § 1545. Die Legitimation durch nachfolgende Ehe tritt auch dann ein, wenn die ZustFamR Ehe aus einem anderen Grunde als wegen eines Formmangels nichtig oder anfecht- § 1545 bar ist. Die Vorschriften der §§ 1526 bis 1531 finden entsprechende Anwendung. 2. Auf Antrag Nr. 339, 61 von Gebhard wurde beschlossen, § 1545 Satz 1 zu fassen: „Die Legitimation durch nachfolgende Ehe tritt auch dann ein, wenn die Ehe ungültig ist, es sei denn, daß die Ehe wegen eines Formmangels nichtig ist." Ferner wurde beschlossen, hinter dem Worte „Formmangels" die Worte „bei der Eheschließung" einzuschalten (Prot. I, S. 8829, 8847, 8848). III., IV. Fassung der Regelung im KE/E I: § 1545. Die Legitimation durch nachfolgende Ehe tritt auch dann ein, wenn die KE § 1545 Ehe ungültig ist, es sei denn, daß die Ehe wegen eines Formmangels bei der Ehe- E I § 1581 schließung nichtig ist. Die Vorschriften der §§ 1526 bis 1531 3 finden entsprechende Anwendung.
2
3
Im E I ist auf § 1572 Abs. 2 verwiesen. Der Antrag Nr. 341, 107 von Kurlbaum, auf § 1432 (KE) zu verweisen, ist abgelehnt worden (vgl. Prot. I, S. 8750, 8759; vgl. auch den Beschluß zu § 1536 KE oben S. 630. Im E I ist auf die §§ 1562 — 1567 verwiesen.
663
§§ 1719-1722
2. Abschnitt: Verwandtschaft § 1546 KE/§ 1582 E I
ZustFamR
II., III., IV. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR/ im KEund
EI:
KE \ 1546 § 1546. Die Wirkungen der Legitimation durch nachfolgende Ehe treten in AnseE I § 1582 hung der Abkömmlinge des unehelichen Kindes auch dann ein, wenn das Kind vor der Eheschließung zwischen seinen Eltern verstorben ist. 2. Prot. I, S.12142—12146 oben bei § 1579 E I.
C. 2. Kommission I. Prot. II, Bd. 4, S. 698 ff. (Mugdan, Bd. 4, S. 1034 ff.) 317. Sitzung vom 18. 4. 1894 | P II 4, 698
11. Die Komm, wandte sich zur Berathung des sechsten Titels, welcher von der Legitimation unehelicher Kinder handelt. In redaktioneller Beziehung wurde von mehreren Seiten anheimgegeben, in der Ueberschrift sowie in den einzelnen in Betracht kommenden Paragraphen das W o r t „Legitimation" durch einen deutschen Ausdruck zu ersetzen. Diese Anregung wurde der Würdigung der Red.Komm. überlassen.
II. Der Abschnitt I behandelt in den §§ 1579 bis 1582 die Legitimation durch nachfolgende Ehe. Struckmann Zu § 1579, der seinem sachlichen Inhalte nach nicht beanstandet wurde, lag der (Nr 133,1) vom Entw. nur in der Fassung abweichende Vorschlag vor, zu bestimmen: Ein uneheliches Kind erlangt, wenn der Vater die Mutter heirathet, von der Zeit der Eheschließung an die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes. Der Vorschlag wurde der Red.Komm. zur Prüfung überwiesen. Struckmann (Nr 133,2) v. Mandry (Nr 13111)
Jacubezky (Nr 150) | P II 4, 699
III. Zu § 1580 lagen die Anträge vor: 1. die Vorschrift zu fassen: Der Ehemann der Mutter gilt als der Vater des Kindes, wenn er ihr während der im § 1572 Abs. 2 bestimmten Empfängnißzeit beigewohnt hat. 2. als Abs. 2 zu bestimmen: Die Vorschrift des Abs. 1 findet keine Anwendung, wenn vor der Eheschließung festgestellt wird, daß ein Anderer als der Ehemann während der Empfängnißzeit der Mutter beigewohnt hat. 3. a) dem § 1580 folgenden Zusatz zu geben: . . . , es sei denn, daß es den Umständen nach offenbar unmöglich ist, daß die Ehefrau das Kind von ihm empfangen hat. | b) als Abs. 2 zu bestimmen: Ist vor der Schließung der Ehe eine auf Grund des $ 1572 erhobene Klage des Kindes gegen den Ehemann durch eine in der Sache selbst entscheidendes Urtheil rechtskräftig abgewiesen oder die Vaterschaft eines Dritten nach § 1572 zwischen dem Kinde und dem Dritten rechtskräftig festgestellt oder von dem Dritten mit Zustimmung des Vormundes des Kindes in einer öffentlichen Urkunde anerkannt worden, so erlangt das Kind die Rechte eines ehelichen Kindes des Ehemanns nur, wenn dieser es vor oder bei der Schließung der Ehe in einer öffentlichen Urkunde als sein Kind anerkennt. 664
7. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§§ 1719-1722
4. als Abs. 2 zu bestimmen: v. Cuny W e n n er seine Vaterschaft in einer öffentlichen U r k u n d e anerkannt hat, gilt er als (Nr 155) Vater, solange nicht ihm gegenüber bewiesen ist, daß er innerhalb der Empfängnißzeit nicht mit der Mutter den Beischlaf vollzogen hat. A n t r a g 3 a w u r d e angenommen, A n t r a g 3 b abgelehnt. D e r Antragsteller zu 2 verzichtete auf Abstimmung über seinen Antrag. IV. Die Komm, w a n d t e sich hierauf zur Berathung des Antrages III, 4. Im Laufe | P II 4,702 der Berathung wurden f ü r den Fall, d a ß überhaupt auf den dem Antrage zu G r u n d e liegenden Gedanken eingegangen werden solle, zu § 1580 folgende Zusatzanträge gestellt: a) zu beschließen: W e n n er seine Vaterschaft in einer öffentlichen U r k u n d e anerkannt hat, so gilt ihm gegenüber als festgestellt, daß er in der Empfängnißzeit der Mutter beigewohnt hat; Dritten gegenüber begründet das Anerkenntniß die V e r m u t h u n g , daß eine solche Beiwohnung erfolgt sei. b) zu beschließen: H a t der M a n n seine Vaterschaft in einer öffentlichen U r k u n d e anerkannt, so wird vermuthet, daß er innerhalb der Empfängnißzeit der Mutter beigewohnt habe. | D e r H a u p t a n t r a g und der U n t e r a n t r a g a wurden nach diesen E r ö r t e r u n g e n zu | P II 4, 703 Gunsten des Unterantrags b zurückgezogen. D e r U n t e r a n t r a g b w u r d e einstimmig angenommen. V. Z u § 1581, welcher die Legitimation auch dann eintreten läßt, wenn die Ehe ungültig ist, lagen die Anträge vor: 1. die Vorschrift zu fassen: v. Mandry W i r d die Ehe der Eltern f ü r nichtig erklärt oder durch Anfechtung aufgehoben, (Nr 13112) so finden die Vorschriften der §§ 1562 bis 1567 A n w e n d u n g . | 2. zu bestimmen : | P II 4, 704 Ist die Ehe der Eltern nichtig oder ist sie anfechtbar und als ungültig angefochten, Struckmann so finden die Vorschriften der §§ 1562 bis 1567 entsprechende Anwendung. (Nr 133, 3) Die Anträge bezweckten nach der Begründung der Antragsteller nur redaktionelle Abweichungen vom Entw. Die Komm, n a h m den § 1581 seinem sachlichen Inhalte nach an und überwies die Anträge der Red.Komm. VI. Z u § 1582 lag nur der redaktionelle Vorschlag vor, die Vorschrift zu fassen: Struckmann Die Eheschließung zwischen den Eltern des unehelichen Kindes hat f ü r dessen (Nr 133,4) Abkömmlinge die W i r k u n g e n der Legitimation auch dann, wenn das Kind vor der Eheschließung gestorben ist.4 Die Komm, erklärte sich mit dem § 1582 in sachlicher Beziehung einverstanden u n d überwies den A n t r a g der R e d . K o m m . II. Fassung der Regelung in der
VorlZust:
§ 1579. Ein uneheliches Kind erlangt, wenn der Vater die Mutter heirathet, von E I-VorlZust % 1579 der Zeit der Eheschließung an die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes.
Von v. Mandry lag der Antrag Nr. 133, 3 zu 5 1582 vor: Abs. 2 Satz 1: die Worte „von der Zeit derselben an" zu streichen; Satz 2: „Die Wirkung tritt mit der Ehelichkeitserklärung ein; erfolgt die Ehelichkeitserklärung nach dem Tode des Vaters, gilt sie als mit dem Tode des Vaters eingetreten." (vgl. die Anträge zu §§ 1585 und 1597)
665
§§1719-1722
2. Abschnitt: Verwandtschaft
El-VorlZust § 1580. Der Ehemann der Mutter gilt als der Vater des Kindes, wenn er ihr S 1 5 8 0 während der im § 1572 Abs. 2 bestimmten Empfängnißzeit beigewohnt hat, es sei denn, daß es den Umständen nach offenbar unmöglich ist, daß die Mutter das Kind aus dieser Beiwohnung empfangen hat. Hat der Ehemann seine Vaterschaft in einer öffentlichen Urkunde anerkannt, so wird vermuthet, daß er innerhalb der Empfängnißzeit der Mutter beigewohnt hat. El-VorlZust § 1581. Ist die Ehe der Eltern nichtig oder ist sie anfechtbar und als ungültig S 1581 angefochten, so finden die Vorschriften der §§ 1562 bis 1567 entsprechende Anwendung. E I-VorlZust § 1582. Die Eheschließung zwischen den Eltern des unehelichen Kindes hat für § 1582 dessen Abkömmlinge die Wirkungen der Legitimation auch dann, wenn das Kind vor der Eheschließung gestorben ist. III. Fassung der Regelung in der ZustRedKom: E I-ZustRed§ 1579. Ein uneheliches Kind erlangt, wenn der Vater die Mutter heirathet, von Kom J e r 2eit der Eheschließung an die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes. 5 1579
E II § 1606
§ 1580 entspricht § 1607 E I L § 1581 entspricht § 1608 E II. § 1582 entspricht § 1609 E I L IV. 1. Fassung der Regelung im E II: § 1606. Ein uneheliches Kind erlangt dadurch, daß der Vater sich mit der Mutter verheirathet, von der Eheschließung an die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes.
E II § 1607
§ 1607. Der Ehemann der Mutter gilt als Vater des Kindes, wenn er ihr innerhalb der im § 1604 Abs. 2 bestimmten Empfängnißzeit beigewohnt hat, es sei denn, daß es den Umständen nach offenbar unmöglich ist, daß die Mutter das Kind aus dieser Beiwohnung empfangen hat. Hat der Ehemann seine Vaterschaft in einer öffentlichen Urkunde anerkannt, so wird vermuthet, daß er der Mutter innerhalb der Empfängnißzeit beigewohnt habe.
E II§ 1608
§ 1608. Ist die Ehe der Eltern nichtig, oder ist sie anfechtbar und angefochten, so finden die Vorschriften der §§ 15 87 bis 1592 entsprechende Anwendung.
E II § 1609
§ 1609. Die Eheschließung zwischen den Eltern hat für die Abkömmlinge des unehelichen Kindes die Wirkungen der Legitimation auch dann, wenn das Kind vor der Eheschließung gestorben ist.
2. Revision des E //(Prot. II 6, S. 304) v. Mandry
(Nr 46, 24)
XIII. Zu § 1607 war beantragt: im Abs. 2 zu sagen: Hat der Ehemann seine Vaterschaft nach der Geburt in einer öffentlichen Urkunde .. . Der Antrag wurde angenommen. I. Der Antrag (Prot. II 4, 315)
Sohm (Nr 79, 4—6)
a) die Ueberschrift des sechsten Titels im vierten Buche zu fassen: Ehelichwerden unehelicher Kinder I. Durch nachfolgende Ehe. II. Durch Ehelichsprechung. 666
8. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§ § 1723 — 1740
b) in § 1609 statt „Die Wirkungen der Legitimation" zu setzen: „Die aus § 1606 sich ergebenden Wirkungen" oder „Die Wirkungen der Ehelichmachung." c) in den §§ 1610 ff. stau „Ehelichkeitserklärung" zu setzen „Ehelichsprechung." 5 wurde der Red.Komm, überwiesen. V. Fassung der Regelung im E Ilrev. (E III): § § § §
1697 1698 1699 1700
E E E E
II II II II
rev. rev. rev. rev.
(§ (§ (§ (§
1695 1696 1697 1698
E E E E
III) III) III) III)
entspricht entspricht entspricht entspricht
§ § § §
1719 1720 1721 1722
BGB. BGB. BGB. BGB.
D. Bundesrat (Justizausschuß) I. Anträge zur 1. Lesung (Zusst. S. 21) § 1698 E Ilrev. (§ 1607E II) Reuß ä. L. wünscht die Legitimation der im Ehebruch erzeugten Kinder aus sittlichen Gründen auszuschließen und befürwortet demgemäß die Aufnahme folgender Bestimmung: „Die im § 1697 bezeichnete Rechtswirkung tritt nicht ein, wenn zur Zeit der Erzeugung des Kindes eine Ehe zwischen den Eltern nach § 1294 Abs. 1 ausgeschlossen war." II. Nach dem Bericht von Heller (Bayern) vom 1.11. 1895 wurde der Antrag von Reuß ä. L. nicht unterstützt.
II. Ehelichkeitserklärung § 1723
Ein uneheliches Kind kann auf Antrag seines Vaters durch eine Verfügung der Staatsgewalt für ehelich erklärt werden. Die Ehelichkeitserklärung steht dem Bundesstaate zu, dem der Vater angehört; ist der Vater ein Deutscher, der keinem Bundesstaat angehört, so steht sie dem Reichskanzler zu. Ueber die Ertheilung der einem Bundesstaate zustehenden Ehelichkeitserklärung hat die Landesregierung zu bestimmen. T E - F a m R §§ 442 Abs. 1, 4 5 3 - 4 5 5 , 457 Abs. 1 (Abänderungsantrag zu §455); KE §§ 1547 Abs. 1, 1548; E I §§ 1583 Abs. 1, 1584; E II § 1610 Abs. 1; E l l rev. § 1701; E III § 1699.— Prot. 1,8051 ff.; Prot. II 4, 704; Bd. 5, 66, 304.
Als Begründung war von Sohm hinzugefügt worden: Das W o r t „Ehelichkeitserklärung" ist häßlich, ungefähr gerade so häßlich wie die „Geschäftsfähigkeit" des Entwurfs. Warum sollten immer die geschmacklosen Worte gewählt werden, wenn doch bessere Ausdrücke zu Gebote stehen? — D e m g e m ä ß muß es in $ 1211 Abs. 1 Satz 3 statt „ein durch Ehelichkeitserklärung legitimirtes Kind" einfach heißen: „ein ehelich gesprochenes Kind" (es wird damit zugleich das Fremdwort und die schleppende Art des Ausdrucks vermieden).
667
§§ 1723—1740
2. Abschnitt: Verwandtschaft
§ 1724 Die Ehelichkeitserklärung kann nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgen. TE-FamR § 451; KE § 1558; E I § 1594; E II § 1618 Abs. 2; E Ilrev. § 1702; E III § 1700. - Prot. I, 8079; Prot. II 4, 711.
§ 1725 Der Antrag muß die Erklärung des Vaters enthalten, daß er das Kind als das seinige anerkenne. TE-FamR SS 442 Abs. 2, 454, 455 (Abänderungsantrag zu § 455); KE § 1549; E I § 1585; E II § 1611; E Ilrev. § 1703; E III § 1701. — Prot. 1,8061;Prot. II 4, 705.
§ 1726 Zur Ehelichkeitserklärung ist die Einwilligung des Kindes und, wenn das Kind nicht das einundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat, die Einwilligung der Mutter erforderlich. Ist der Vater verheirathet, so bedarf er auch der Einwilligung seiner Frau. Die Einwilligung hat dem Vater oder der Behörde gegenüber zu erfolgen, bei welcher der Antrag einzureichen ist; sie ist unwiderruflich. Die Einwilligung der Mutter ist nicht erforderlich, wenn die Mutter zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande oder ihr Aufenthalt dauernd unbekannt ist. Das Gleiche gilt von der Einwilligung der Frau des Vaters. TE-FamR §§ 447, 452; KE SS 1551, 1555; E I SS 1587, 1591 Satz 1; E l l SS 1613 Abs. 1 u. 3, 1616 Satz 2; E II rev. $ 1704; E III § 1702. - Prot. I, 8072; Prot. II 4, 708; Bd. 5, 443, 445 (vgl. Beratung, Allg. Teil, S. 679).
§ 1727 Wird die Einwilligung von der Mutter verweigert, so kann sie auf Antrag des Kindes durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden, wenn das Unterbleiben der Ehelichkeitserklärung dem Kinde zu unverhältnißmäßigem Nachtheile gereichen würde. E IIS 1613 Abs. 2; E l l rev. $ 1705; E I I I S 1 7 0 3 . - P r o t . H 4, 708.
§ 1728 Der Antrag auf Ehelichkeitserklärung sowie die Einwilligung der im § 1726 bezeichneten Personen kann nicht durch einen Vertreter erfolgen. Ist das Kind geschäftsunfähig oder hat es nicht das vierzehnte Lebensjahr vollendet, so kann sein gesetzlicher Vertreter die Einwilligung mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ertheilen. TE-FamR SS 448, 449; KE SS 1552, 1553; E I SS 1588, 1589 Abs. 2 Satz 2; E II S 1614; E II rev. S 1706; E III S 1704. - Prot. I, 8076; Prot. II 4, 710. 668
8. Titel : Legitimation unehelicher Kinder
§ § 1723—1740
S 1729 Ist der Vater in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er zu dem Antrag, außer der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Ist das Kind in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so gilt das Gleiche für die Ertheilung seiner Einwilligung. Ist die Mutter des Kindes oder die Frau des Vaters in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist zur Ertheilung ihrer Einwilligung die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nicht erforderlich. TE-FamR §§ 449, 450; K E §§ 1553, 1554; E I §§ 1589, 1590; E II § 1615; E II rev. § 1707; E III§ 1705.— Prot. I, 8077;Prot. 114,710.
S
1730
Der Antrag sowie die Einwilligungserklärung der im § 1726 bezeichneten Personen bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung. TE-FamR § 452; K E § 1555 Satz 1 ; E I § 1591 Satz 1; E II § 1616 Satz 1 ; E II rev. § 1708; E IIIS 1706.— Prot. 1, 8080; Prot. II 4,711. § 1731 Ist der Antrag oder die Einwilligung einer der im § 1726 bezeichneten Personen anfechtbar, so gelten für die Anfechtung und für die Bestätigung der anfechtbaren Erklärung die Vorschriften der §§ 1728, 1729. TE-FamR § 473; K E § 1564; E I § 1600; E l l §1617; E l l rev. § 1709; E III § 1707. — Prot. 1,8113; Prot. II 4, 718. § 1732 Die Ehelichkeitserklärung ist nicht zulässig, wenn zur Zeit der Erzeugung des Kindes die Ehe zwischen den Eltern nach § 1310 Abs. 1 wegen Verwandtschaft oder Schwägerschaft verboten war. TE-FamR §444; K E § 1550; E I § 1586; E l l §1612; E l l rev. §1710; E III § 1708. — Prot. I, 8069; Prot. II 4, 707. § 1733 Die Ehelichkeitserklärung kann nicht nach dem Tode des Kindes erfolgen. Nach dem Tode des Vaters ist die Ehelichkeitserklärung nur zulässig, wenn der Vater den Antrag bei der zuständigen Behörde eingereicht oder bei oder nach der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung des Antrags das Gericht oder den Notar mit der Einreichung betraut hat. Die nach dem Tode des Vaters erfolgte Ehelichkeitserklärung hat die gleiche Wirkung, wie wenn sie vor dem Tode des Vaters erfolgt wäre. TE-FamR §§ 454, 455; K E § 1559; E I § 1595; E II § 1619; E II rev. § 1711; E III § 1709. - Prot. I, 8080; Prot. II 4, 706, 711. 669
§§ 1723 — 1740
2. Abschnitt: Verwandtschaft
S 1734 Die Ehelichkeitserklärung kann versagt werden, auch wenn ihr ein gesetzliches Hinderniß nicht entgegensteht. T E - F a m R § 454; K E § 1556; E I § 1592; E II § 1618 Abs. 1; E II rev. § 1712; E III § 1710. - Prot. I, 8084; Prot. II 4, 711. § 1735 Auf die Wirksamkeit der Ehelichkeitserklärung ist es ohne Einfluß, wenn der Antragsteller nicht der Vater des Kindes ist oder wenn mit Unrecht angenommen worden ist, daß die Mutter des Kindes oder die Frau des Vaters zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande oder ihr Aufenthalt dauernd unbekannt sei. T E - F a m R §§ 442 Abs. 2, 454; KE § 1557; E I § 1593; E II § 1620; E II rev. § 1713; E III S 1710. - Prot. I, 8052; Prot. II 4, 711. § 1736 Durch die Ehelichkeitserklärung erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes. Vgl. T E - F a m R §§ 442, Abs. 1, 4 5 3 - 4 5 5 , 457 Abs. 1 ; K E § 1547 Abs. 2; E I § 1583 Abs. 2; E II § 1610 Abs. 2; E II rev. § 1714; E III § 1712. - Prot. I, 8080; Prot. II 4, 704; Bd. 5, 445 (AT). § 1737 Die Wirkungen der Ehelichkeitserklärung erstrecken sich auf die Abkömmlinge des Kindes; sie erstrecken sich nicht auf die Verwandten des Vaters. Die Frau des Vaters wird nicht mit dem Kinde, der Ehegatte des Kindes wird nicht mit dem Vater verschwägert. Die Rechte und Pflichten, die sich aus dem Verwandtschaftsverhältnisse zwischen dem Kinde und seinen Verwandten ergeben, bleiben unberührt, soweit nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt. T E - F a m R §§ 457, 463; K E § 1560; E I § 1596; E II § 1621; E II rev. § 1715; E III § 1713. - Prot. I, 8087; Prot. II 4, 713. § 1738 Mit der Ehelichkeitserklärung verliert die Mutter das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen. Hat sie dem Kinde Unterhalt zu gewähren, so treten Recht und Pflicht wieder ein, wenn die elterliche Gewalt des Vaters endigt oder wenn sie wegen Geschäftsunfähigkeit des Vaters oder nach § 1677 ruht. T E - F a m R § 464; K E § 1 5 6 1 ; E I § 1597; E l l § 1622; E l l rev. § 1 7 1 6 ; E III § 1714. — Prot. I, 8093; Prot. II 4, 714. § 1739 Der Vater ist dem Kinde und dessen Abkömmlingen vor der Mutter und den mütterlichen Verwandten zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet. T E - F a m R § 464; K E § 1562; E I § 1598; E l l § 1623; E l l rev. § 1717; E III § 1715. — Prot. I, 8093; Prot. II 4, 716. 670
8. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§ § 1723 — 1740
§ 1740 Will der Vater eine Ehe eingehen, während er die elterliche Gewalt über das Kind hat, so finden die Vorschriften der §§ 1669 bis 1671 Anwendung. TE-FamR § 459; KE § 1563; E I § 1599; E II § 1624; E II rev. § 1718; E III § 1716. - Prot. I, 8089; Prot. II 4; 716; Bd. 6, 299 (oben S. 554).
A. 1. Kommission 525. Sitzung vom 26. Februar 1886, Schriftführer: Ege | Die Berathung wandte sich hierauf zu dem achten Titel, welcher sich in den | Prot 1 8051 §§ 442 bis 465 mit der „Legitimation durch Ehelichkeitserklärung" befaßt. Der § 442 lautet: TE-FamR „Uneheliche Kinder erlangen unter den in den folgenden Paragraphen enthalte- §442 nen Voraussetzungen und näheren Bestimmun- | gen durch Ehelichkeitserklärung | Prot I 8052 von Seiten ihres Erzeugers die rechtliche Stellung ehelicher Kinder desselben. Als Erzeuger im Sinne dieses Paragraphen gilt derjenige, der sich in der Ehelichkeitserklärung als solcher bezeichnet hat." Die Berathung beschränkte sich zunächst auf die drei prinzipiellen Fragen, ob das Institut der Ehelichkeitserklärung (legitimatio per rescriptum principis) aufzunehmen, welche Wirkungen mit dieser Legitimation zu verbinden seien, und ob dieser Legitimation, wie der Entwurf (§ 448; vergl. §§ 452, 453, 454) vorschlägt, rechtsgeschäftlicher Charakter beizulegen sei oder ob sie nur durch einen Akt der Staatsgewalt erfolgen könne. Allseitiges Einverständniß bestand zunächst, daß das Institut der Ehelichkeitserklärung im Hinblick auf die in den Motiven S. 1887 entwickelten Gründe, insbesondere auf das in Deutschland bestehende Recht, wonach dasselbe fast überall anerkannt sei (Motive S. 1874), in das bürgerliche Gesetzbuch aufzunehmen sei. Die Kommission erklärte sich in Ansehung der zweiten Frage ferner mit dem Entwürfe (vgl. § 457, Motive S. 1894 ff.) dahin einverstanden, daß mit der fraglichen Legitimation nicht die vollen Rechtswirkungen der legitimatio per subsequens matrimonium zu verbinden, sondern derselben entsprechend der in dem überwiegenden Theile Deutschlands eingetretenen Rechtsentwickelung, ähnlich wie der Adoption nur mindere Rechtswirkungen, nämlich nur im Verhältniß zwischen dem Legitimirenden und dem legitimirten Kinde bezw. den Abkömmlingen desselben, beizulegen | seien, und daß insbesondere f ü r die Zulässigkeit einer Erweiterung dieser Wirkun- | Prot I 8053 gen durch Vertrag mit den Verwandten des Vaters (preuß. A.L.R. II, 2 §§ 604, 605, vergl. sächs. Ges.Buch §§ 1783, 2023) ein Bedürfniß nicht vorliege. Verschiedenheit der Ansichten ergab sich in Ansehung der dritten Frage. Der Entwurf, indem er der Ehelichkeitserklärung rechtsgeschäftlichen Charakter beilegt, beruht auf dem Gedanken, daß der Zug der modernen Rechtsentwickelung, welchem der Entwurf auch bisher ausnahmslos gefolgt sei, dazu nöthige, mit dem in Deutschland geltenden Rechte zu brechen und an die Stelle des in der Verleihung der Legitimation durch die Staatsgewalt sich bethätigenden Aktes der Gnade die rechtsgeschäftliche Willenserklärung des legitimirenden Vaters zu setzen. Das Eingreifen der Staatsgewalt sei, wo eine Veränderung von Privatrechtsverhältnissen in Frage stehe, nur noch unter der Voraussetzung zuzulassen, daß nach der besonderen 671
§§ 1723-1740
2. Abschnitt: Verwandtschaft
Gestaltung und dem Zwecke eines Institutes eine Rechtsveränderung von Umständen abhängig sei, welche sich genauer Präzisirung entzögen. O h n e solche Voraussetzung vertrage sich das Eingreifen der Staatsgewalt bei Schaffung und Veränderung von Privatrechten mit dem modernen Rechtsbewußtsein nicht. Im vorliegenden Falle könnten die Voraussetzungen der Legitimation f ü r den Hauptfall, wenn nämlich die Mutter des unehelichen Kindes nicht mehr am Leben ist, genau präzisirt werden, und habe auch der Entwurf diese Voraussetzungen genau im Einzelnen auf| Prot I 8054 gestellt. In dem Falle, wenn die Mutter des unehelichen | Kindes nicht gestorben sei, verhalte es sich allerdings in dieser Beziehung anders. Wenn man die Legitimation durch Ehelichkeitserklärung mit dem Entwürfe aus den in den Motiven S. 1890 ff. d a f ü r angeführten Gründen auch f ü r diesen Fall zulasse, so könnten hierfür die Voraussetzungen, soweit sie in den konkreten Umständen des einzelnen Falles lägen, durch das Gesetz nicht präzisirt werden. Hier müsse insoweit die Staatsgewalt eingreifen, als die Zulässigkeit der Legitimation von der Ertheilung der Dispensation Seitens des Staates, f ü r welche aber wesentlich rechtspolizeiliche Erwägungen maßgebend sein müßten, abhängig zu machen sei. Auch in diesem Falle müsse aber nach der Ertheilung der Dispensation die Legitimation selbst an die rechtsgeschäftliche Erklärung des Vaters geknüpft werden. Nachdem die Dispensation ertheilt und hierdurch die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Legitimation festgestellt worden, liege kein Grund vor, die Legitimation durch die Erklärung des Vaters selbst auszuschließen. Im Uebrigen sei bei der Wichtigkeit des Aktes und im Hinblick auf seine weitgreifenden Wirkungen (Motive S. 1889) die Ehelichkeitserklärung mit gleichen Kautelen wie die Adoption zu umgeben, d. h. die Erklärung in einer vor Gericht oder einem N o t a r errichteten Urkunde und die Bestätigung des Gerichtes (§§ 452 bis 455) zu verlangen. Gegen den Standpunkt des Entwurfes richten sich folgende Anträge: Kurlbaum (Nr 269, 4)
1. in § 442 zu bestimmen: a) „Ein uneheliches Kind kann für ein eheliches Kind seines Vaters erklärt werden (Ehelichkeitserklärung). | Prot I 8055 | Durch die Ehelichkeitserklärung erlangt das Kind, soweit nicht aus dem Gesetze ein Anderes sich ergiebt, die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes des in der Erklärung bezeichneten Vaters." b) „Die Ehelichkeitserklärung kann nur auf Antrag des zu bezeichnenden Vaters erfolgen. (Die Wirkung derselben wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der bezeichnete Vater nicht der wirkliche Vater des Kindes ist.)" Kurlbaum (Nr 269, 11)
In Verbindung hiermit steht der Antrag zu § 453 des Entwurfes zu bestimmen: „Die Landesgesetze bestimmen, wer die Ehelichkeitserklärung ertheilen kann."
c)
Kurlbaum
(Nr 269,12) v. Weber (Nr 271)
d) den § 454 zu streichen, 2. statt des § 442 zu bestimmen: „Ein uneheliches Kind kann auf Ansuchen seines Vaters durch den Landesherrn desjenigen Bundesstaates, welchem der Vater angehört, ehelich gesprochen werden. (Ehelichsprechung.) Durch die Ehelichsprechung erlangt das uneheliche Kind, soweit nicht das Gesetz ein Anderes bestimmt, die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes seines Vaters." a)
eventuell im ersten Absätze statt „durch den Landesherrn" zu setzen „durch die Staatsgewalt" und dem ersten Absätze „Ueber die Ausübung dieserhinzuzufügen: Befugniß bestimmen die Landesregirungen." 672
8. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§§ 1723—1740
§ 442 a . „Hat der Vater eines unehelichen Kindes | in einer letztwilligen, in der f ü r | Prot I 8056 solche (für Erbeinsetzungen) vorgeschriebenen Form errichteten Verfügung den Wunsch der Ehelichsprechung des Kindes ausgesprochen, so kann das Kind nach dem Tode des Vaters das Ansuchen um Ehelichsprechung stellen." b) „Die §§ 453 bis 455 demnächst zu streichen. Auf dem Standpunkt des Entwurfs steht dagegen der Antrag: 3 .zu §442 a) den ersten Absatz folgender Maßen zu fassen: „Ein uneheliches Kind erlangt auch durch Erklärung des Vaters, soweit nicht aus dem Gesetze sich ein Anderes ergiebt, die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes des Erklärenden (Ehelichkeitserklärung)". b) den zweiten Absatz zu streichen.
v. Mandry (Nr 272 I)
Von dem Urheber des Antrags N £ 3 ist f ü r den Fall, daß das Prinzip der Anträge N- 1, 2 gebilligt würde, weiter beantragt:
v. Mandry (Nr 272 II)
4. als § 442 die im Antrage N- 2a als ersten Absatz des \ \ 442 eventuell vorgeschlagene Bestimmung und außerdem die im Antrag N 2 2 a als § 442 a vorgeschlagene Bestimmung aufzunehmen. Die Kommission entschied nach längerer eingehender Debatte dahin: Die Ehelichkeitserklärung erfolgt durch einen den Antrag des unehelichen Vaters erfordernden Akt der Staatsgewalt. Hiermit ist der Standpunkt des Entwurfes abgelehnt, derjenige der Anträge N - 1 und 2 angenommen. | Man hatte erwogen: | Prot 1 8057 Bei der Entscheidung der Frage, ob die Ehelichkeitserklärung als Gnadensache durch einen freien Akt der Staatsgewalt zu erfolgen habe oder durch ein Rechtsgeschäft des außerehelichen Vaters solle erfolgen dürfen, komme die Entwickelung der modernen Gesetzgebung, der zufolge der Verwaltung der Einfluß auf die Gestaltung von Privatrechtsverhältnissen je mehr und mehr entzogen werde, nicht in Betracht. Ausschlaggebend sei vielmehr die Rücksicht auf die soziale und rechtliche Bedeutung der Ehe, welche dazu nöthige, in dieser Frage an dem im Wesentlichen in ganz Deutschland geltenden Rechte festzuhalten. Es liege sehr nahe, der nachfolgenden Ehe zwischen dem Vater und der Mutter eines außerehelich geborenen Kindes die Wirkung beizulegen, daß das Kind hierdurch die volle rechtliche und soziale Stellung eines ehelichen Kindes erhalte. Außerordentlich bedenklich wäre es aber, daneben eine zweite Art der Legitimation lediglich auf Grund eines rechtsgeschäftlichen Aktes des Vaters, wenn auch mit etwas abgeschwächter Wirkung, zuzulassen. Man käme hiermit in Widerspruch mit dem wichtigen Fundamentalprinzip, daß die hervorragende Rechtsstellung eines ehelichen Kindes ausschließlich darauf beruhe, daß eine Ehe zwischen den Eltern bestehe. Besonders aber liefe man durch Annahme des dem Entwürfe zum Grunde liegenden Standpunktes Gefahr, die im Volk herrschende, von der Gesetzgebung getheilte und geschützte Anschauung von der hohen sozialen Bedeutung und von der Heiligkeit der Ehe zu erschüttern und das Konkubinat bezw. die außereheliche Geschlechtsgemeinschaft zu befördern. Im Hinblick auf diese Gefahr | sei mit dem geltenden Rechte an dem Grundsatze festzuhalten, daß | Prot I 8058 von dem Prinzip, daß die Voraussetzung der Stellung eines Kindes als eines ehelichen die Ehe zwischen seinen Eltern bilde, eine Ausnahme nur von dem Träger der Staatsgewalt oder einem delegirten Organ der Staatsgewalt zugelassen werden könne. W e n n die bestehende Gesetzgebung bis auf den heutigen Tag hieran festge673
§§ 1723-1740
2. Abschnitt: Verwandtschaft
halten habe, so sei dies nicht daraus zu erklären, daß man hierin lediglich das römische Recht beibehalten habe und noch nicht dazu gekommen sei, die betreffenden Gesetze der mehrerwähnten Tendenz der modernen Rechtsentwickelung entsprechend zu ändern. Vielmehr erkläre sich dies aus der richtigen Erkenntniß von der eminent sozialpolitischen Bedeutung der Frage. Es könne auch nicht zugegeben werden, daß der Entwurf mit der beschlossenen Entscheidung der Frage zum ersten Male ein Eingreifen der Staatsgewalt in die Schaffung oder Veränderung von Privatrechtsverhältnissen zulasse. In ähnlicher Weise habe der Entwurf schon bisher verschiedentlich ein solches Eingreifen der Staatsgewalt in Privatrechtsverhältnisse zugelassen, z. B. in den Dispensationsfällen im Familienrecht, für die Errichtung juristischer Personen (§§42, 61 K.E.), für Inhaberpapiere nach Maßgabe des § 6 9 5 K.E. Ein innerer Unterschied zwischen dem in diesen Fällen nach den Beschlüssen der Kommission erforderlichen oder zulässigen Eingreifen der Staatsgewalt und dem vorliegenden Falle sei nicht anzuerkennen. Der Entwurf habe ferner selbst auch nicht umhingekonnt, wenigstens in dem Falle, wo die Legitimation vor dem T o d e der | Prot I 8059 Mutter in Frage stehe, auf das Eingreifen der Staatsgewalt abzustellen. Der | wesentliche Unterschied des beschlossenen Prinzips von dem Entwürfe bestehe nur darin, daß nicht nur für jenen besonderen Fall, sondern ganz allgemein das freie Ermessen der Staatsgewalt unter Berücksichtigung aller Umstände entscheiden solle. Für den Entwurf lasse sich auch nicht anführen, daß er eine wünschenswerthe Vermittelung zwischen dem von der Kommission zurückgewiesenen französisch-rechtlichen Institute der Anerkennung der außerehelichen Vaterschaft und dem deutschen Rechte biete. Denn in der T h a t werde bei der großen Verschiedenheit der Rechtswirkungen, welche mit dem Institut der Anerkennung und mit demjenigen der Ehelichkeitserklärung nach dem Entwürfe verknüpft seien, für jenes durch die letztere doch kein Ersatz geschaffen. Unberechtigt sei auch der Einwand gegen die beschlossene N o r mirung der Frage, daß der Entwurf auch die Adoption eines unehelichen Kindes durch den Vater zulasse. Für die Adoption stelle der Entwurf besondere, von den Erfordernissen der Ehelichkeitserklärung verschiedene Erfordernisse auf, und sei, wenn man die Ehelichkeitserklärung in der vom Entwürfe vorgeschlagenen Weise ordnete, zu besorgen, daß die Ehelichkeitserklärung zur Umgehung der f ü r die Adoption gegebenen Vorschriften benutzt würde. In der Rücksicht auf die Vorschriften über die Adoption liege also gerade ein gewichtiger Gegengrund gegen die Vorschläge des Entwurfs über die Ehelichkeitserklärung. Endlich sei auch der Einwand nicht zutreffend, daß, weil doch die Aufstellung gewisser Voraussetzungen für die Ertheilung der Legitimation durch die Staatsgewalt sich nicht umgehen lasse, an | Prot I 8060 die Frage, ob die Staatsgewalt an diese | Voraussetzungen gebunden und welche Wirkung einer ohne das Vorliegen der Voraussetzungen ertheilten Legitimation zuzuschreiben sei, sich besondere Schwierigkeiten und Verwickelungen knüpfen würden. Wenn das Gesetz die Legitimationsertheilung von gewissen Voraussetzungen abhängig mache, so falle der Akt der Staatsgewalt, welcher die Legitimation ertheilt habe, in Ermangelung jener Voraussetzungen in sich zusammen, indem solche Voraussetzungen neben dem Akte der Staatsgewalt die Gültigkeit der Legitimation bedingten. Festzuhalten sei aber daran, daß die Staatsgewalt auch beim Vorhandensein der gesetzlichen Voraussetzungen nach freiem Ermessen entscheide, ob die Legitimation zu ertheilen sei. Im Einzelnen wurden hierauf noch folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Anlangend die Terminologie, so soll nicht, wie in dem Antrage 2 im Anschluß an das sächsische Gesetzbuch (§§ 1783 ff.) und in späteren Anträgen zu §§ 448, 451, 459 vorgeschlagen ist, die Bezeichnung „Ehelichsprechung", sondern, 674
8. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§§
1723—1740
wie in dem Antrage N 2 1 und im Entwürfe vorgeschlagen wird, der Ausdruck „Ehelichkeitserklärung" gebraucht werden. Man gab diesem Ausdruck vor jener Bezeichnung den Vorzug, weil die letztere, gegenüber der üblichen Sprachweise immerhin ungewöhnlich, doch nicht jeden Zweifel ausschließe, von wem die Ehelichkeitserklärung ausgehe. 2. Anlangend die Frage, wem die Ehelichkeitserklärung zustehe, insbesondere ob dem Landesherrn, bezw. in den freien Städten den Senaten oder ob in dieser Beziehung der Landesgesetzge-|bung Raum zu lassen sei (Antr. N - 1 § 442, Antr. N- 2 zu | Prot I 8061 § 453, eventueller Antr. N 2 4), so entschied die Kommission, mit Rücksicht auf die Verschiedenheit der Gesetzgebung in den einzelnen deutschen Staaten in dieser Beziehung (Motive S. 1874 ff.) für die Aufnahme der Bestimmung: „Die Ehelichkeitserklärung wird ausgesprochen durch eine Verfügung der Staatsgewalt. Ueber die Ausübung der Befugniß zur Ehelichkeitserklärung bestimmen die Landesgesetze." vorbehaltlich der näheren Prüfung der Fassung bei der Redaktion. 3. In Ansehung der Einleitung der Ziff. 2 beschlossenen Bestimmung und der im § 442 zum Ausdruck zu bringenden Wirkung der Ehelichkeitserklärung wurde der Antrag N- l a sachlich angenommen. Hiernach ist in dieser Beziehung beschlossen: Ein uneheliches Kind kann für ein eheliches Kind seines Vaters erklärt werden (Ehelichkeitserklärung). Durch die Ehelichkeitserklärung erlangt das Kind, soweit das Gesetz nicht ein Anderes bestimmt, die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes seines Vaters. Die Prüfung der Fassung blieb der Redaktion vorbehalten. 4. Die Frage, wie zu bestimmen und festzustellen sei, wer Vater des zu legitimirenden Kindes bezw. ob der auf Ertheilung der Ehelichkeitserklärung Antragende der Vater sei, entscheidet der Entwurf (§ 442 Abs. 2) dahin, daß als Vater derjenige gelte, | welcher sich in der Ehelichkeitserklärung als solcher bezeichnet habe. Das zur | Prot I 8062 Bestätigung berufene Gericht hätte aber nach dem Vorschlag des Entwurfs in § 454 N- 2 die Bestätigung zu versagen, wenn sich der Verdacht ergäbe, daß die Angabe, der Erzeuger des Kindes zu sein, auf Erdichtung beruhe. Ist die Ehelichkeitserklärung bestätigt, so soll nach dem Entwurf die in der Ehelichkeitserklärung des Vaters liegende Anerkennung einer späteren Anfechtung aus dem Grunde, daß der Legitimirende in Wirklichkeit der Vater des Kindes nicht sei oder nicht sein könne, entzogen sein (Motive S. 1889, 1892). Der Antrag l b beruht auf derselben Auffassung wie der Entwurf. Die Erklärung desjenigen, welcher sich in dem Antrag auf Ertheilung der Ehelichkeitserklärung als den Vater bezeichnet, soll entscheiden. Die mit der Prüfung des Antrages betraute Behörde habe jedoch die Erklärung des Vaters nicht als eine absolut feststehende anzusehen, sondern könne und müsse erforderlichenfalls die Erklärung auf ihre Richtigkeit prüfen. Die Wirkung der einmal ertheilten Legitimation müsse jedoch unabhängig davon sein, ob der in derselben bezeichnete Vater in der T h a t der wirkliche Vater sei. Der Antrag N- 2 schweigt über die Frage, davon ausgehend, daß, wenn man die Ertheilung der Legitimation auf einen Akt der Staatsgewalt gründe, den betreffenden Behörden zu überlassen sei, n ö t i g e n f a l l s Erörterungen darüber anzustellen, ob der in dem Antrage sich als den Vater Bezeichnende auch Vater sei. Wenn sich nachträglich herausstelle, daß derselbe der Vater nicht sei, bezw. nicht sein könne, so würden die Gerichte sich mit der Frage zu befas-|sen haben, ob der die Legitimation ertheilende Akt der Staatsgewalt | Prot 18063 hinfällig sei; eventuell könnte auch die Zurückziehung der die Legitimation aussprechenden Verfügung in Frage kommen. 675
§§ 1723-1740
2. Abschnitt: Verwandtschaft
Die Kommission war der Ansicht, daß der Entwurf sich zu dieser Frage nicht schweigend verhalten dürfe. W e n n man schweige, so w ü r d e n bedenkliche Zweifel darüber entstehen, wie die Vaterschaft festzustellen, namentlich ob und wie der Antragsteller seine Vaterschaft zu beweisen habe. Jedenfalls aber w ü r d e , was vor Allem zu vermeiden sei, die Legitimation angefochten werden k ö n n e n einfach durch den Gegenbeweis, daß der in derselben als Vater Bezeichnete in der T h a t nicht V a t e r sei. Mit dem E n t w ü r f e sei also davon auszugehen, daß in dem A n t r a g auf Erklärung des Kindes als eines ehelichen des Antragstellers eine A n e r k e n n u n g der außerehelichen V a t e r s c h a f t Seitens des letzteren, analog der A n e r k e n n u n g der Ehelichkeit eines Kindes durch den E h e m a n n (§ 1437 der Zusst.), liege, welche zwar eine erste P r ü f u n g der Behörde, ob die Erklärung der Wirklichkeit entspreche, keineswegs ausschließe, jedoch, falls die Legitimation ertheilt worden, die W i r k u n g habe, daß die Legitimation aus dem G r u n d e , weil der Antragsteller nicht wirklicher Vater sei, nicht angefochten werden könne. Selbstverständlich sei aber jene Erklärung des Antragstellers nach allgemeinen Grundsätzen, z. B. wenn sie durch Betrug oder Z w a n g veranlaßt w o r d e n , anfechtbar. D e n n sie sei eine wesentlich rechtsgeschäftliche Erklärung. H i e r n a c h w u r d e sachlich in Uebereinstimmung mit dem Antrag N - l b beschlossen, vorbehaltlich der P r ü f u n g der Fassung bei der Redaktion, auszusprechen: | Prot I 8064
„Die Ehelichkeitserklärung eines Kindes kann | nur auf Antrag desjenigen erfolgen, f ü r dessen eheliches Kind dasselbe erklärt werden soll. Die Wirksamkeit der Ehelichkeitserklärung wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß der Antragsteller nicht der wirkliche Vater ist." 5. Die Frage, ob mit dem Entwürfe (§ 452; vgl. §§ 443, 447, 448, 449, 454; Prot. S. 8065 ff.) auch die sogenannte legitimado per testamentum a u f z u n e h m e n sei, w u r d e von der Kommission, entgegen dem mit dem sächsischen Gesetzbuch § 1784 übereinstimmenden Antrag N 2 2 a zu 5 442 a , in verneinendem Sinne entschieden. Die Kommission w a r der Ansicht, daß die Entscheidung dieser Frage lediglich davon abhänge, ob f ü r Beibehaltung dieses besonderen Instituts ein Bedürfniß vorliege. Dies sei aber zu verneinen, da im Wesentlichen dieselben W i r k u n g e n , wie durch diese Legitimation, durch Testament und Erbvertrag erreicht werden könnten. Die eventuell noch besonders erwünschte N a m e n s ä n d e r u n g könne f ü r das Kind daneben besonders durch V e r f ü g u n g der zuständigen Verwaltungsbehörde erlangt werden. H i e r n a c h sei von der A u f n a h m e dieses Institutes um so mehr abzusehen, als mit demselben Schwierigkeiten und Verwickelungen im Erbrechte verknüpft seien.
526. Sitzung vom 1. 3. 1886, Schriftführer: Ege. | Prot I 8065
| Die Berathung des Familienrechtsentwurfes Abschnitt II, Titel 8 „Legitimation durch Ehelichkeitserklärung" wurde fortgesetzt. Im Anschluß an den in der letzten Sitzung zu § 442 gefaßten Beschluß, w o n a c h die Ehelichkeitserklärung auf den Antrag des unehelichen Vaters durch eine V e r f ü gung der Staatsgewalt zu erfolgen hat u n d über die Ausübung der Befugniß zur Ehelichkeitserklärung die Landesgesetze bestimmen sollen, w u r d e n heute zunächst von einer Seite Folgendes bemerkt: D e r Beschluß erheische eine Ergänzung in der Richtung, daß klargestellt werde, daß die Unwirksamkeit der erfolgten Ehelichkeitserklärung wegen Mangels der gesetzlichen Voraussetzungen derselben, insbesondere wegen Willensmängel bei 676
8. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§ § 1723— 1740
Abgabe der eine Voraussetzung der Ehelichkeitserklärung bildenden Willenserklärungen geltend gemacht werden könne. Schon nach den bisher in Deutschland bestehenden Rechten habe man das Reskript, durch welches die Ehelichkeitserklärung ertheilt worden, wohl nirgends als eine eigentliche lex specialis an- | gesehen. | Prot 18066 Man sei zwar davon ausgegangen, eine so erhebliche Abweichung wie durch die Ehelichkeitserklärung von dem wichtigen Prinzip, daß Ehelichkeit eines Kindes ohne Ehe zwischen den Eltern desselben nicht anzuerkennen sei, geschaffen werde, könne nur durch einen Akt der Staatsgewalt bewilligt werden; die Gestattung der Ehelichkeitserklärung müsse als Gnadensache behandelt werden. Man habe aber als wesentliches Moment vor Allem immer die Willenserklärung des natürlichen Vaters betrachtet, daß er die Rechtsstellung eines ehelichen Vaters haben bezw. dem Kinde die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes einräumen wolle. Diese Erklärung des Vaters sei eine rechtsgeschäftliche, eine andere Auffassung derselben nicht wohl denkbar. Von diesem Standpunkte aus liege in dem Reskript die Bestätigung der Willenserklärung des Vaters. Diese Bestätigung sei absolut erforderlich, ohne solche die Willenserklärung des Vaters vollständig wirkungslos. Dies sei auch die rechtliche Auffassung, welche dem in der letzten Sitzung gefaßten Beschluß zu Grunde liege, so daß die Kommission von der Auffassung des Entwurfes nicht so sehr abweiche. Wie nach dem Entwürfe, bilde die Willenserklärung des Vaters und die von diesem ausgesprochene Anerkennung des Kindes die Grundlage, es müsse aber die Zulassung durch Verfügung der Staatsgewalt, als ein Akt freier Gnade hinzutreten. Immerhin aber stehe zu befürchten, daß ohne die angedeutete Ergänzung des Beschlusses zu § 442 dieses Verhältniß verkannt werden könnte, insbesondere die Landesgesetze in Verkennung des dargelegten rechtlichen Charakters der Ehelichkeitserklärung jede Bekämpfung einer einmal ertheilten Legitimation wegen Mangels einer nach dem Gesetze wesentlichen Voraus- | Setzung auszuschließen sich versucht fühlen möchten. | Prot I 8067 Dieser Gefahr werde vorgebeugt, wenn im Gesetze noch bestimmt werde: „Durch die Ehelichkeitserklärung wird nicht ausgeschlossen, die Unwirksamkeit derselben wegen Mangels einer gesetzlichen Voraussetzung geltend zu machen." Hiermit würde insbesondere sowohl die Nichtigkeit der Willenserklärung des Vaters wie die Anfechtbarkeit derselben getroffen. Was von der Erklärung des Vaters gelte, müsse aber auch von den Willenserklärungen anderer Personen, z. B. des Kindes, gelten, wenn das Gesetz solche als wesentliche Voraussetzungen f ü r die Ertheilung der Ehelichkeitserklärung aufstelle. Selbstverständlich würde durch die proponirte Bestimmung an dem gleichfalls in der letzten Sitzung gefaßten Beschluß, daß die Wirksamkeit der Ehelichkeitserklärung dadurch nicht ausgeschlossen werde, daß der Antragsteller der wirkliche Vater des Kindes nicht sei, nichts geändert. Die Kommission trat diesen Bemerkungen bei und beschloß, die vorgeschlagene Bestimmung, vorbehaltlich der näheren P r ü f u n g der Fassung bei der Redaktion, aufzunehmen. Hierauf wurde in der Berathung des Entwurfes fortgefahren. Der § 443 lautet: „Durch Verfügung unter Lebenden können nur Volljährige oder f ü r volljährig TE-FamR § 443 Erklärte ein Kind f ü r ehelich erklären." v. Weber (Nr 271)
Hierzu war beantragt, den § 443 zu fassen:
„Der Vater eines unehelichen Kindes, welcher während seiner Lebenszeit um die | Prot I 8068 Ehelich-1 sprechung nachsucht, muß volljährig sein." Kurlbaum Daneben war von zwei Seiten die Streichung beantragt. (Nr 269, 5)
677
§§ 1723-1740
2. Abschnitt: Verwandtschaft
§ 443 w u r d e gestrichen. Soweit derselbe sich auf die letztwillige Ehelichkeitserklärung bezieht, ist er durch den Beschluß, wonach die legitimatio per testamentum in das Gesetzbuch nicht a u f g e n o m m e n werden soll, erledigt. In Ansehung der Ehelichkeitserklärung bei Lebzeiten des Vaters hatte man erwogen: Die von den Motiven S. 1905 für die Bestimmung des § 443 vorzugsweise geltend gemachten G r ü n d e paßten nicht mehr, nachdem bezüglich der Ehemündigkeit des männlichen Geschlechts beschlossen w o r d e n , daß dieselbe mit dem zurückgelegten zwanzigsten Lebensjahre eintrete (Zusst. § 1206), und während der Minderjährigkeit des Inhabers der elterlichen Gewalt die letztere nur ruhe, unter Fortdauer der elterlichen N u t z n i e ß u n g (Prot. S. 7802, 7803). Es dürfe auch f ü r den Vorschlag des Entwurfes nicht darauf Bezug genommen werden, daß bei der Adoption ein bestimmtes höheres Lebensalter des Annehmenden verlangt oder daß nach den V o r schlägen des Erbrechtsentwurfes (§ 206) nur ein Volljähriger durch Erbvertrag über seinen eigenen N a c h l a ß solle verfügen dürfen. D e n n bei der Ehelichkeitserklärung bilde im Gegensatze zur Adoption die natürliche Vaterschaft die Basis, und die erwähnte Bestimmung des Erbrechtsentwurfes sei f ü r die vorliegende Frage ohne Belang. Ausschlaggebend gegen den Ausschluß Minderjähriger sei, abgesehen davon, daß der Vorschlag des Entwurfes das geltende Recht nicht f ü r sich habe, die Thatsache, daß es in nicht seltenen Fällen im höchsten Interesse Minderjähriger gelegen sein [ Prot I 8069 könne, daß | ihnen die Möglichkeit gegeben sei, ein natürliches Kind durch Ehelichkeitserklärung in die Rechtsstellung eines ehelichen zu erheben. Diese Möglichkeit w ü r d e ihnen durch Annahme des Entwurfes nach Beseitigung der legitimatio per testamentum genommen. D a die Ertheilung der Legitimation nach den gefaßten Beschlüssen Gnadensache sei, so d ü r f e darauf vertraut werden, daß die mit der P r ü f u n g des Antrages eines Minderjährigen betrauten Behörden auch darüber Erhebungen anstellen würden, ob überwiegende G r ü n d e f ü r die Ertheilung der Legitimation vorliegen oder nicht, insbesondere ob nicht im Einzelfall überwiegende Interessen Dritter gegen die Ertheilung der Legitimation sprächen. Ueberdies bedürfe der Minderjährige zu dem Antrag auf die Legitimation nach § 449 der G e n e h m i g u n g des Vormundschaftsgerichtes bezw. der Einwilligung und G e n e h m i g u n g seines gesetzlichen Vertreters. Es sei also genügend gesorgt, daß die Interessen des Minderjährigen wie dritter Betheiligter berücksichtigt werden. D e r § 444 lautet: TE-FamR „Uneheliche Kinder, welche in Blutschande o d e r Ehebruch erzeugt sind, können § 444 nicht f ü r ehelich erklärt werden." H i e r z u waren die Anträge gestellt: Kurlbaum (Nr 269, 6)
1. zu bestimmen: ) ; Die
Ehelichkeitserklärung kann nicht erfolgen, w e n n die Ehe zwischen dem zu bezeichnenden Vater und der Mutter des Kindes wegen Verwandtschaft oder Schwägerschaft (nach § 1208 Zusst.; der § 1208 betrifft die zu § 10 des Entw. gefaßten Beschlüsse Prot. S. 5882—5884), unzulässig ist." v. Weber 2. den § 444 zu streichen, (Nr 271) I Prot I8070 | eventuell zu fassen: „Ein uneheliches Kind, welches in Blutschande erzeugt ist, kann nicht ehelich gesprochen w e r d e n . " Auch von anderer Seite w a r ein Streichungsantrag gestellt. Beschlossen w u r d e : 678
8. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§ § 1723—1740
Im Ehebruch erzeugte Kinder sind legitimationsfähig; dagegen kann die Ehelichkeitserklärung nicht erfolgen, wenn die Ehe zwischen dem Vater und der Mutter des Kindes wegen Verwandtschaft oder Schwägerschaft nach § 1208 der Zusst. (zur Zeit der Zeugung) unzulässig war. Hiernach ist der Antrag N 2 1 angenommen mit der Maßgabe, daß am Schlüsse statt „unzulässig ist" gesetzt wird „unzulässig war". Die Kommission war der Ansicht: Hinsichtlich der adulterini könne die Beschränkung des § 444 nicht aufrechterhalten werden, nachdem die Entscheidung über die Ertheilung der Legitimation in die Hand der Staatsgewalt, als ein Akt der Gnade gelegt worden und das Ehehinderniß des Ehebruches selbst nur ein impedimentum impediens sei (§5 1209, 1216 der Zusst). Der Entwurf habe in dieser Richtung selbst im § 446 Dispensation durch den Staat vorgesehen. In Ansehung der incestuosi müsse aber an dem Verbot des Entwurfs festgehalten werden. Wenn es auch vereinzelt Fälle geben möge, in welchen trotz der nahen Verwandtschaft zwischen den Eltern die legitimatio vielleicht nicht als geradezu gegen die öffentliche Ordnung verstoßend erscheinen möchte, so würde doch in der überwiegenden Anzahl solcher Fälle durch eine erfolgte Legitimation gegen die Begriffe von ¡Recht und Sitte verstoßen. Das Hauptbedenken bestehe |Prot 1 8071 darin, daß die Staatsgewalt bei Prüfung eines Legitimationsgesuches keineswegs in der Lage sei, sicher zu erfahren oder zu erheben, ob nicht zwischen den unehelichen Eltern des Kindes ein Verwandtschafts- oder Schwägerschaftsverhältniß der im § 1208 bezeichneten Art bestanden habe. Es könnten sogar die Eltern selbst sich eines solchen, zwischen ihnen bestehenden Verhältnisses nicht bewußt sein oder gewesen sein. Die Staatsgewalt käme also, wenn sich nach ertheilter Legitimation erst das Bestehen eines solchen Verhältnisses herausstelle, in die peinliche Lage, sich sagen zu müssen, daß sie, hätte sie vor Ertheilung der Legitimation die wahre Sachlage gekannt, die Legitimation nicht ertheilt haben würde, ohne jedoch dieselbe rückgängig machen zu können. Hierdurch würde die Möglichkeit eines Aergernisses und der Erschütterung des Rechtsgefühls noch größer und bedenklicher. Man müsse also das Verbot des Entwurfes annehmen, hierbei aber nicht mit dem Antrage N 2 2 darauf abstellen, daß eine strafbare Blutschande im Sinne des § 173 des R.St.G.B. vorliege, sondern vielmehr an das Eheverbot des § 1208 der Zusst. anknüpfen, wie der Antrag N- 1 vorschlage und in der Intention des Entwurfes gelegen sei. Entscheidend sei aber die Zeit der Zeugung des Kindes. Wenn z. B. erst nachträglich ein das Hinderniß des § 1208 begründendes Schwägerschaftsverhältniß eingetreten wäre, so müßte dies außer Betracht bleiben. Das vorher erzeugte Kind sei legitimationsfähig; hiernach müsse am Schlüsse des Antrags N- 1 das W o r t „ist" durch „war" ersetzt werden. D e r § 445 lautet: | „Uneheliche Kinder, deren Mutter noch lebt, können nicht f ü r ehelich erklärt TE-FamR werden." $ «5 (zu vergl. § 446) wurde mehrseitig gestelltem Antrage gemäß, in Konsequenz des I ^ r o t * Beschlusses zu § 442 gestrichen. 1 Desgleichen fand zu § 446, welcher lautet: TE-FamR „Von dem Verbote des § 444, soweit solches die im Ehebruch erzeugten Kinder § 446 betrifft, sowie von der Vorschrift des § 445 kann dispensirt werden. 1
Von v. Weber war in Nr. 271 zu § 445 beantragt: „Lebt die Mutter eines unehelichen Kindes noch und hat das Kind das fünf und zwanzigste Lebensjahr noch nicht zurückgelegt, so kann die Eheschließung nur mit Einwilligung der Mutter erfolgen." — § 446 sollte gestrichen werden.
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§§ 1723-1740
2. Abschnitt: Verwandtschaft
Ueber die Ausübung dieser Dispensationsbefugniß bestimmt die Landesgesetzgebung." Kurlbaum der Antrag auf Streichung die Zustimmung der Kommission. Der Paragraph ist (Nr 269, 7) durch die Beschlüsse zu §§ 442, 444, 445 gegenstandslos geworden.
D e r § 447 lautet: TE-FamR „Die Ehelichkeitserklärung kann nur mit Zustimmung des unehelichen Kindes % 447 und, sofern sie bei Lebzeiten des Erzeugers erfolgen soll, der Ehefrau des letzteren
erfolgen. Ist nach Maßgabe des § 446 von dem Erfordernisse des Todes der Mutter dispensirt worden, so ist während der Minderjährigkeit des unehelichen Kindes auch die Zustimmung der Mutter des letzteren erforderlich." Hierzu waren folgende Anträge gestellt: v. Weber (Nr 271)
1. zu bestimmen: a) „Die Ehelichsprechung kann nur mit Einwilligung des unehelichen Kindes und, wenn der Vater verheirathet ist und die Ehesprechung während dessen Lebenszeit erfolgen soll, nur mit Einwilligung der Ehefrau des letzteren erfolgen." Absatz 2 zu streichen. | Prot I 8073 b) Lebt die Mutter des unehelichen Kindes noch und | hat das Kind das fünfundzwanzigste Lebensjahr noch nicht zurückgelegt, so kann die Ehelichsprechung nur mit Einwilligung der Mutter erfolgen." Kurlbaum (Nr 269, 8)
2. in § 447 zu bestimmen: „Die Ehelichkeitserklärung kann nur erfolgen, wenn das Kind und, sofern dasselbe minderjährig ist und dessen Mutter lebt, dessen Mutter und, sofern der Antragsteller verheirathet ist, dessen Ehefrau ihre Einwilligung erklärt haben. Die Einwilligung der Mutter oder der Ehefrau ist nicht erforderlich, wenn dieselben für todt erklärt sind."
3. D e n § 447 zu streichen und am Schlüsse des Titels folgende Bestimmung aufzunehmen: § 465 a . „Hat das uneheliche Kind zu dem Ansuchen auf Ehelichsprechung seine Einwilligung nicht gegeben, so erwirbt der Vater die aus der ehelichen Vaterschaft sich ergebenden Rechte nicht. Ist die Mutter des unehelichen Kindes am Leben und hat ihre Einwilligung zu dem Ansuchen auf Ehelichsprechung nicht gegeben, so bleiben die ihr gegenüber dem Kinde zustehenden Rechte unberührt." Der Antrag unter 3 wurde von seinem Urheber zurückgezogen. Der Entwurf und die Anträge unter 1 und 2 sehen, und zwar als gesetzliche Erfordernisse der Ehelichkeitserklärung, die Einwilligung des Kindes, der Ehefrau des Antragstellers sowie unter bestimmten Voraussetzungen auch diejenige der Mutter des Kindes vor. Anlangend die Einwilligung des zu legitimirenden Kindes, so bestand allseitiges Einverständniß mit dem Entwürfe, daß einerseits bei der Ehelich| Prot I 8074 keitserklärung nicht, wie bei der Annahme an Kindesstatt, | ein Vertrag zwischen Vater und Kind zu verlangen sei, daß dagegen andererseits zu dem einseitigen Rechtsgeschäft der Willenserklärung des Antragstellers das einseitige Rechtsgeschäft der Einwilligung des Kindes als gleichfalls wesentliches Moment hinzutreten müsse. Das Erforderniß der Einwilligung der Mutter des Kindes dagegen wurde von der Kommission gestrichen. Man erwog: Es dürfe dieses Erforderniß, welches dem geltenden Rechte fremd sei, nur aufgestellt werden, wenn es durch ein Bedürfniß geboten wäre. Ein solches sei aber nicht anzuerkennen. Die mit der Legitimation und mit P r ü f u n g der einschlä680
8. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§§ 1723—1740
gigen Verhältnisse betrauten Behörden würden auch ohne die Vorschrift, soweit nöthig und möglich, die Mutter des Kindes befragen und ohne ihre Zustimmung nur ausnahmsweise die Legitimation ertheilen. Schreibe man aber die Einwilligung der Mutter als gesetzliches Erforderniß vor, so entstehe die Gefahr, daß in nicht seltenen Fällen, zumal wenn der Vater des Kindes und die Mutter jeden Verkehr abgebrochen hätten und in ganz verschiedenen Verhältnissen lebten, die Mutter aus Trotz gegen den Vater oder im mißverstandenen Interesse des Kindes oder aus persönlicher Rücksichtnahme auf sich selbst die an sich vielleicht sehr im Interesse des Kindes gelegene Legitimation durch Verweigerung ihrer Einwilligung hintertreibe. Man dürfe auch auf das der unehelichen Mutter zustehende Fürsorgerecht, welches sie durch die Legitimation verliere, kein zu großes Gewicht legen. In der Praxis sei dem Kinde mit diesem Fürsorgerecht in den meisten Fällen nicht besonders gedient und könne es nur gewinnen durch den Uebergang des Rechts und der Pflicht der Fürsorge auf den Vater. Es sei also von dem Erfordernisse der Einwilli- | gung der | Prot 18075 Mutter in allen Fällen abzusehen. Hiernach galt auch der Antrag N- l b als erledigt. Dem Entwürfe und den Anträgen unter l a und 2 entsprechend wurde dagegen als gesetzliches Erforderniß der Ehelichkeitserklärung angenommen die Einwilligung der Ehefrau des antragstellenden Vaters. Die Mehrheit der Kommission erachtete in Uebereinstimmung mit den Motiven S. 1888 dieses Erforderniß durch die Rücksicht auf das Interesse und das sittliche Wesen der Ehe als geboten. Ueberdies komme in Betracht, daß durch die Legitimation unter Umständen in das gesetzliche Erbrecht der Ehefrau des Antragstellers zum Nachtheil der letzteren eingegriffen werde, und daß es fraglich sei, ob dieser Eingriff durch entsprechende Bestimmungen im Erbrecht genügend ausgeglichen werden könne. Durch die Annahme des Erfordernisses der Einwilligung der Ehefrau des Antragstellers erledigte sich ein im Laufe der Debatte gestellter eventueller Antrag, im Anschluß an das sächsische Gesetzbuch (§ 1786) zu bestimmen, daß wenigstens, insofern die Legitimation eines adulterinus in Frage stehe, und die Ehefrau des Ehebrechers mit diesem noch in der Ehe lebe, die Einwilligung der letzteren erforderlich sein solle. Angenommen wurde schließlich auch die in dem Antrage N 2 2 Satz 2 vorgeschlagene, aus den Vorschriften über die Adoption (§ 424 des Entw., § 13 der vorl. Zusst, vergl. Prot. S. 7981) hierher übertragene Vorschrift: „Die Einwilligung der Ehefrau (des Antragstellers) ist nicht erforderlich, wenn dieselbe für todt erklärt ist." Man erachtete die Aufnahme als durch die Gleichheit | der in Betracht kommen- | Prot I 8076 den Verhältnisse geboten. Der § 448 lautet: TE-FamR „Die Ehelichkeitserklärung und die Ertheilung der nach § 447 erforderlichen § 4 4 8 Zustimmung kann nicht durch Vertreter erfolgen; hat jedoch das Kind das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet oder ist, wenn die Ehelichkeitserklärung auf dem letzten Willen des Erzeugers beruht, das Kind geschäftsunfähig, so kann statt desselben dessen gesetzlicher Vertreter die Zustimmung ertheilen bezw. den im § 454 gedachten Antrag stellen." Hierzu war beantragt, den § 448 dahin zu fassen: Kurlbaum „Der Antrag des Vaters sowie die Einwilligung des Kindes oder eines Dritten (Nr 271,1) kann nicht durch einen Vertreter erfolgen, die Einwilligung des Kindes jedoch, 681
§§ 1723-1740
2. Abschnitt: Verwandtschaft
sofern dasselbe das vierzehnte Lebensjahr noch nicht zurückgelegt hat, durch dessen gesetzlichen Vertreter." 2 Soweit § 448 auf die Ehelichkeitserklärung per testamentum sich bezieht, ist seine Vorschrift durch die Beseitigung dieses Instituts (Prot. S. 8064) gegenstandslos geworden. D e r gestellte Antrag stimmt im Uebrigen sachlich mit dem E n t w ü r f e überein. N a c h den Beschlüssen zu § 447 steht jedoch außer der Einwilligung des Kindes nur diejenige der E h e f r a u des Antragstellers in Frage, w o n a c h sich die vorgeschlagene V o r s c h r i f t nur noch auf die Einwilligung dieser beiden Personen bezieht. In dieser Beschränkung w u r d e der E n t w u r f , unter Verweisung des Antrages z u r P r ü f u n g der Fassung bei der Redaktion, angenommen. | Prot I8077
| Die Mehrheit w a r der Ansicht: W e n n auch die Vorschrift gegenüber dem bestehenden Rechte eine N e u e r u n g und eine Abweichung von dem allgemeinen Vertretungsprinzip enthalte, so empfehle sich die A u f n a h m e doch im Hinblick auf den höchst persönlichen C h a r a k t e r der in Rede stehenden Willenserklärungen, welche Rücksicht im Familienrechtsentwurfe bisher in allen gleichliegenden Verhältnissen, insbesondere auch bei der Adoption (vergl. § 422; vorl. Zusst. § 10, Prot. S. 7973 ff.), z u r A u f n a h m e ähnlicher Bestimmungen geführt habe.
D e r § 449 lautet: „Steht der E r z e u g e r u n t e r V o r m u n d s c h a f t , so bedarf er zu der Ehelichkeitserklä«449 r u n g , sofern dieselbe nicht durch letzten Willen erfolgt, der G e n e h m i g u n g des Vormundschaftsgerichts. Dasselbe gilt von der Zustimmung Minderjähriger oder unter V o r m u n d s c h a f t stehender Kinder zu ihrer Ehelichkeitserklärung."
TE-FamR
Es lagen folgende Anträge vor, statt des § 449 zu bestimmen: v. Weber 1. „Steht der V a t e r unter V o r m u n d s c h a f t , so ist zu dem Ansuchen um Ehelich(Nr 271) sprechung, mit Ausnahme des in § 442 a bezeichneten Falles, die Einwilligung des
V o r m u n d e s und die G e n e h m i g u n g des Vormundschaftsgerichtes erforderlich. Dasselbe gilt von der Einwilligung eines Minderjährigen o d e r unter V o r m u n d schaft stehenden Kindes zu seiner Ehelichsprechung, sowie im Falle des § 442 a von d e m Ansuchen eines solchen Kindes u m Ehelichsprechung." Kurlbaum 2. „ D e r Vater und das Kind bedürfen, wenn | sie in der Geschäftsfähigkeit (Nr 273, 1) beschränkt sind, der Einwilligung oder Genehmigung des gesetzlichen Vertreters | Prot I 8078 u n d der G e n e h m i g u n g des Vormundschaftsgerichtes. Die G e n e h m i g u n g des V o r -
mundschaftsgerichtes ist auch im Falle der V e r t r e t u n g des Kindes erforderlich."
2
Von Kurlbaum lag der Antrag Nr. 269, 9 vor: §§ 448—450. Auf den Antrag des Vaters sowie auf die nach dem § 447 erforderliche Einwilligung des Kindes oder eines Dritten finden die Vorschriften der §§ 422—424 entsprechende Anwendung. (NB. Ob die Vorschriften zu wiederholen oder an welcher Stelle sie vollständig zu geben, ist Sache der Redaktion.) Antrag Nr. 271 von v. Weber zu den §§ 448, 450, 451: die Worte „Ehelichkeitserklärung" durch „Ehelichsprechung", „Erzeuger" durch „Vater", „Zustimmung" durch „Einwilligung" zu ersetzen. Antrag Nr. 272 II, 2 von v. Mandry: statt der §§ 448 — 450 eine im Antrage Nr. 269, 9 entsprechende Vorschrift in folgender Fassung aufzunehmen: „Auf das Ansuchen des Vaters und, wenn Erklärungen des Kindes und dritter Personen erfordert werden, auf diese Erklärungen finden die Vorschriften der §§ 420—422 entsprechende Anwendung."
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8. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§ § 1723—1740
Entwurf und Antrag N - 1 sind, soweit sie sich auf die legitimatio per testamentum beziehen, erledigt (Prot. S. 8064). Im Uebrigen wurde der Entwurf mit der in den Anträgen vorgesehenen Erweiterung, daß auch die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters zu erwähnen sei, angenommen. Maßgebend waren die Gründe, welche zur Aufnahme derselben Bestimmung bei der Adoption geführt haben (§ 423, vorl. Zusst. § § 1 1 , 1 2 ; Prot. S. 7975, 7976). D e r § 450 lautet: „Die Ehefrau des Erzeugers und die Mutter des Kindes bedürfen, soweit deren TE-FamR Zustimmung nach § 447 erforderlich ist, wenn sie in der Geschäftsfähigkeit be- § 450 schränkt sind, zur Ertheilung ihrer Zustimmung nicht der Genehmigung ihres gesetzlichen Vertreters. Hierzu lag außer dem Antrag, statt „des Erzeugers" zu setzen „des Vaters", der v. Weber Antrag vor: den § 456 zu fassen: (Nr 271) „Die Ehefrau des Vaters und die Mutter des Kindes bedürfen, wenn sie in der Kurlbaum Geschäftsfähigkeit beschränkt sind, zur Ertheilung der Einwilligung nicht der Ein- (Nr 273,1) willigung oder Genehmigung des gesetzlichen Vertreters." In Betracht kommt nach dem zu § 447 gefaßten | Beschlüsse, wonach die Einwilli- | Prot I 8079 gung der Mutter des Kindes zu der Legitimation nie erforderlich ist, nur noch die Einwilligung der Ehefrau des Vaters. In dieser Beschränkung wurde die Vorschrift des § 450, unter Verweisung der beiden Anträge zur P r ü f u n g bei der Redaktion, im Hinblick auf die gleiche Bestimmung bei der Adoption (§ 424, vorl. Zusst. § 13, Prot. S. 7981) angenommen. Der §451, welcher lautet: „Die Ehelichkeitserklärung kann nicht unter Hinzufügung von Zeitbestimmun- TE-FamR S 451 gen, Voraussetzungen oder Bedingungen erfolgen". wozu der Referent in den gedruckten Abänderungsanträgen folgende Fassungsänderung vorgeschlagen hatte: „Die Ehelichkeitserklärung kann nicht unter Hinzufügung von Bedingungen oder Zeitbestimmungen erfolgen." wurde in der Fassung angenommen: „Die Ehelichkeitserklärung unter Beifügung einer Bedingung oder Zeitbestimmung ist unwirksam." Hiermit wird, wie ausdrücklich betont wurde, ausgedrückt, daß eine Ehelichkeitserklärung unwirksam ist sowohl in dem Fall, wenn dem Antrag des Vaters eine Bedingung oder Zeitbestimmung beigefügt ist, als auch dann, wenn die Ehelichkeitserklärung selbst, das Reskript, unter Beifügung einer Bedingung oder Zeitbestimmung erginge. Man hielt die f ü r die Bestimmung des Entwurfs in den Motiven S. 1906 vergl. mit S. 1836 angeführten Gründe in beiden Richtungen f ü r zutreffend (zu vergl. § 425, | § 14 der vorl. Zusst. über Annahme an Kindesstatt; Prot. S. 7982, | Prot I 8080 7983). Die §§ 452 bis 455 lauten: § 452. „Die Ehelichkeitserklärung muß von dem Erzeuger in einer vor Gericht TE-FamR oder N o t a r errichteten öffentlichen Urkunde oder letztwillig in der f ü r Erbeinset- «452 zungen vorgeschriebenen Form ausgesprochen werden. Auch die Zustimmung der im § 447 bezeichneten Personen muß in einer vor Gericht oder N o t a r errichteten öffentlichen Urkunde erklärt werden." § 453. „Die Ehelichkeitserklärung bedarf der Bestätigung des zuständigen Ge- TE-FamR richts." $ 453 683
§§ 1723-1740
2. Abschnitt: Verwandtschaft
TE-FamR § 454. „Die Bestätigung des Gerichts kann bei Lebzeiten des Erzeugers nur auf 5 454 dessen Antrag, nach dem T o d e desselben nur, wenn die Ehelichkeitserklärung auf letztem Willen beruht, und nur auf Antrag des unehelichen Kindes ertheilt werden. Die Bestätigung soll erfolgen, wenn 1. die Bedingungen vorhanden sind, von denen das Gesetz die Zulassung der Ehelichkeitserklärung abhängig macht, 2. aus den besonderen Umständen des Falles sich kein Verdacht ergiebt, daß die Angabe des angeblichen Erzeugers, der Erzeuger des Kindes zu sein, auf Erdichtung beruht." | Prot 1 8081 | § 455. „Ist die Bestätigung erfolgt, so hat das zuständige Gericht den AntragstelTE-FamR ler und, sofern der Antrag nicht von dem unehelichen Kinde selbst gestellt worden 5 455 und dasselbe das vierzehnte Lebensjahr zurückgelegt hat und nicht geschäftsunfähig ist, auch dieses, sowie die etwaigen gesetzlichen V e r t r e t e r der genannten Personen z u m persönlichen Erscheinen vorzuladen, ihnen die ertheilte Bestätigung zu eröffnen, darnach die Frage an sie zu richten, ob sie bei ihren f r ü h e r e n Erklärungen b e h a r r e n und im Falle der Bejahung die Ehelichkeitserklärung des Kindes als vollzogen zu erklären. Erst mit dieser Erklärung erhält die Ehelichkeitserklärung rechtliche Wirksamkeit." H i e r z u lagen folgende Anträge vor: Planck
1. D e r Referent hat in seinen gedruckten Abänderungsanträgen vorgeschlagen: Zu § 452. 1. D e n Abs. 2 dahin zu fassen:„Auch die zu der Ehelichkeitserklärung erforderliche Zustimmung dritter Personen muß in einer vor Gericht oder N o t a r errichteten öffentlichen U r k u n d e erklärt werden." 2. D e m § 452 folgende Bestimmung als Abs. 3 h i n z u z u f ü g e n : „Die in einer solchen Form dem einen oder anderen Betheiligten gegenüber erklärte Zustimmung ist, vorbehaltlich der im § 455 f ü r die gesetzlichen V e r t r e t e r der Betheiligten gegebenen besonderen Bestimmung, unwiderruflich."
I Prot I8082
v. Weber (Nr 271)
| zu § 455. D e m § 455 folgende Bestimmung als Abs. 3 h i n z u z u f ü g e n : „Die Vorschrift im § 429 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung." II. 1. Den § 452 zu streichen, eventuell zu fassen: „Das Ansuchen des Vaters bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form. Auch die Einwilligung der in § 445 und § 447 bezeichneten Personen und in dem Falle des § 442 a das Ansuchen des Kindes bedarf dieser Form."
Kurlbaum 2. § 452. „ D e r A n t r a g des Vaters und die nach § 447 erforderliche Einwilligung (Nr 269, 10 u - des Kindes oder eines Dritten muß in gerichtlicher oder notarieller Form erklärt w e r d e n . Die Einwilligung eines Dritten muß gegenüber dem V a t e r erklärt werden; sie ist unwiderruflich." § 453. „Die Landesgesetze bestimmen, wer die Ehelichkeitserklärung ertheilen kann". v. Weber 3. Die §§ 452 bis 455 zu streichen; (Nr 2711 4. Die §§ 454, 455 zu streichen. 3 Kurlbaum (Nr 269, 12) Nach dem Antrage Nr. 272 II, 2 von v. Mandry sollten die §§ 451 —456 gestrichen werden. 684
8. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§ § 1723—1740
Die §§ 452 bis 455 betreffen die Formalisirung der Ehelichkeitserklärung; ihr Inhalt entspricht im Wesentlichen den Bestimmungen der §§ 426 bis 429 des Entw. bei der Annahme an Kindesstatt. Soweit der Entwurf § 452 (§ 454) und der eventuelle Antrag N 2 II, 1 (vergl. zu dem in dem letzteren angezogenen § 442 a ; Prot. S. 8055, 8056) die legitimatio per testamentum betreffen, sind sie nach deren Beseitigung aus dem Entwürfe gegenstandlos. | Der Antrag N 2 II, 2 zu § 453 ist durch den Beschluß zu § 442 (Prot. S. 8056 ff.) | Prot I 8083 erledigt. Allseitiges Einverständniß bestand darüber, daß die Bestimmungen der §§ 453, 454, 455, nachdem beschlossen worden, daß die Ertheilung der Legitimation durch Reskript zu erfolgen habe, gegenstandslos geworden und deshalb zu streichen seien. In Frage könne zunächst nur kommen, ob die zu der Legitimation nach den seitherigen Beschlüssen nöthigen Erklärungen, d. h. der Antrag des Vaters, die Einwilligung des Kindes und diejenige der Ehefrau des Vaters, nach Maßgabe des § 452 zu formalisiren seien, dergestalt, daß die Einhaltung der vorzuschreibenden Form ein wesentliches Erforderniß bilde. Gegen die Formalisirung der bezeichneten Erklärungen wurde geltend gemacht: nachdem man die Legitimation von einem Akte der Staatgewalt abhängig gemacht habe, könne der Formzwang entbehrt werden. Die Staatsbehörde werde sich in jedem Falle schon vergewissern, ob die Voraussetzungen vorhanden, also auch die erforderlichen Erklärungen abgegeben seien. D e r Rücksicht auf die publica fides werde durch den Akt der Staatsgewalt genügt. Es wäre bedenklich, mit dem Formzwang die möglichen Fälle der Nichtigkeit einer ertheilten Legitimation zu vermehren. Man sei auch seither da, wo keine Formalisirung in der in Rede stehenden Beziehung bestanden habe (z. B. in Preußen, Sachsen), ohne Nachtheile davon zu empfinden, ausgekommen. Die Mehrheit der Kommission theilte diese Ansicht nicht. Sie erwog: Wenn man den betreffenden Staatsbehörden einfach überlasse, die Thatsache, ob die als wesentlich erforderten Erklärungen abgegeben seien, nach ihrem Ermessen festzustellen, bezw. als | festgestellt anzunehmen, so laufe man Gefahr, daß derjenige, welcher sich | Prot I 8084 auf die ertheilte Legitimation berufe, in die Lage versetzt würde, beweisen zu müssen, daß jene Voraussetzungen bei Ertheilung der Legitimation vorgelegen hätten. Man hätte nicht einmal die Sicherheit, daß die betreffenden Erklärungen vor der zuständigen Behörde aufgenommen würden. Am sichersten gehe man und es entspreche auch der ausnahmsweise wichtigen Bedeutung der Ehelichkeitserklärung in rechtlicher und sozialer Beziehung, wenn man die bezeichneten Erklärungen formalisire. Dies geschehe, in Befolgung des von der Kommission seither, wo die Formalisirung eines Rechtsgeschäftes oder einer rechtsgeschäftlichen Willenserklärung beschlossen worden, festgehaltenen Grundsatzes, wenn man Erklärung in gerichtlicher oder notarieller Form verlange. Demgemäß wurde, unter Ablehnung der auf Streichung des § 452 gerichteten Anträge, beschlossen, gemäß dem Antrage II, 2 Satz 1 die Vorschrift aufzunehmen: „Der Antrag des Vaters und die (nach § 447) erforderliche Einwilligung des Kindes und der Ehefrau des Vaters muß in gerichtlicher oder notarieller Form erklärt werden." Des Weiteren wurde beschlossen, noch besonders, vorbehaltlich der Fassung und Stellung auszusprechen: 685
§§ 1723-1740
2. Abschnitt: Verwandtschaft
„Die Ehelichkeitserklärung kann versagt werden, auch wenn ein gesetzliches Hinderniß der Ehelichkeitserklärung nicht vorliegt." Man hielt, zumal im Hinblick darauf, daß f ü r das gemeine Recht darüber gestritten werde, ob beim Vorhandensein der gesetzlichen Erfordernisse der Vater ein Recht auf die Ehelichkeitserklärung habe, für angemessen, durch diesen Satz noch | Prot 18085 schärfer zum Aus- | druck zu bringen, daß die Entscheidung über den Antrag auf Legitimation kraft freier Entschließung der Staatsgewalt erfolge, als Gnadensache anzusehen sei. Der Antrag II, 2 zu § 452, Satz 2 bezweckt die entsprechende Uebertragung der f ü r die Adoption zu § 426 beschlossenen Vorschrift (vergl. § 15 der vorl. Zusst.; Prot. S. 7984 ff.) auf die Ehelichkeitserklärung. Nach den zu $ 447 gefaßten Beschlüssen bezieht sich der Antrag nur noch auf die Einwilligung des Kindes und der Ehefrau des Antragstellers. Der Antrag wurde angenommen. Die Kommission war der Ansicht, daß sich die Bestimmung hier aus denselben Gründen, wie bei der Annahme an Kindesstatt, empfehle, insbesondere daß sie mit Rücksicht auf die Anfechtung der Einwilligung, im Hinblick auf die Vorschrift des K.E. § 113 Abs. 2, als eine praktische erscheine. Durch den Beschluß ist auch der Antrag des Referenten Nr. 1,2 erledigt. Auf gegebene Anregung wurde ferner beschlossen, zu bestimmen: „Die Ehelichkeitserklärung tritt nicht in Wirksamkeit, wenn der Vater oder das Kind vor derselben gestorben ist." Während man allerseits einverstanden war, daß der Vater an seinen Antrag vor der Ertheilung der Legitimation nicht gebunden sei, daß es auch in dieser Hinsicht keines besonderen Ausdrucks im Gesetz bedürfe, und daß insbesondere aus der zu § 426 bei der Adoption beschlossenen Vorschrift (vergl. § 15 der vorl. Zusst.; Prot. | Prot I 8086 S. 7984 ff.) nicht abgeleitet werden könne, daß der um Legitimation nachsu-1 chende Vater an seinen Antrag gebunden sei, indem die besonderen Gründe, welche zu jener f ü r den Adoptionswrfwg gegebenen Bestimmung geführt hätten, für die hier in Frage stehende einseitige Willenserklärung nicht zuträfen, hielt man andererseits die Aufnahme der beschlossenen Bestimmung im Hinblick auf die gleiche, f ü r die Annahme an Kindesstatt zu § 429 beschlossene Bestimmung (vergl. § 19 der vorl. Zusst.; Prot. S. 7991 ff.) f ü r angemessen. Man erwog insbesondere, daß die an den T o d bezw. an die Zeit seines Eintritts sich knüpfenden erbrechtlichen Folgen durch die Legitimation nicht mehr geändert werden dürften. Durch die beschlossene Bestimmung soll dem § 465 des Entw. nicht präjudizirt werden. Dagegen war man des Weiteren einverstanden, daß der nach Abgabe der Erklärung des Vaters oder des Kindes erfolgende Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Vaters bezw. des Kindes auf die Wirksamkeit der betreffenden Erklärungen einflußlos sei, wenn selbstverständlich auch die Staatsgewalt Anlaß hiervon nehmen könne, die Legitimationsertheilung zu versagen. Die Irrelevanz des nachherigen Eintritts der Geschäftsunfähigkeit ergebe sich übrigens schon an der H a n d allgemeiner Grundsätze, und brauche nicht besonders ausgesprochen zu werden (zu vergl. § 88 des Entw.). Der § 456, welcher lautet: TE-FamR § 456. „Die stattgefundene Ehelichkeitserklärung ist auf Antrag der Betheiligten § 456 auf Grund der nach § 452 Absatz 1 errichteten Urkunde und einer Ausfertigung der | Prot I 8087 nach § 455 | stattgehabten gerichtlichen Verhandlung von demjenigen Standesbeam-
ten, in dessen Civilstandsregister die Geburt des ehelich erklärten Kindes eingetragen 686
8. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§§ 1723-1740
ist, am Rande der über die Geburt des Kindes erfolgten Eintragungen zu vermerken." wurde antragsgemäß, als in das Personenstandsgesetz gehörend, gestrichen Kurlbaum (vergl. §§ 430, 441; Prot. S. 8000, 8051). 4 (Nr 269,12) Der § 457 lautet: § 457. „Durch die nach Maßgabe der vorstehenden Bestimmungen erfolgte Ehe- TE-FamR lichkeitserklärung wird, soweit das Gesetz keine Ausnahme macht, zwischen dem § 457 unehelichen Kinde und dessen Abkömmlingen einerseits und dem Erzeuger des ersteren andererseits ein gleiches gegenseitiges Rechtsverhältniß begründet, wie wenn ersteres ein eheliches Kind seines Erzeugers wäre. Durch die Ehelichkeitserklärung entsteht, vorbehaltlich der im ersten Absatz dieses Paragraphen in Ansehung der Abkömmlinge getroffenen Bestimmung zwischen dem Erzeuger und den Verwandten oder dem Ehegatten des Kindes bezw. den Ehegatten der Abkömmlinge des letzteren keine Verbindung, ebensowenig zwischen dem Kinde und seinen Abkömmlingen einerseits und dem Ehegatten, wie den Verwandten des Erzeugers andererseits." | Hierzu lagen die Anträge vor:
|Prot I 8088
1. Die zu §§431, 432 (Annahme an Kindesstatt) beschlossenen Vorschriften zu Kurlbaum wiederholen, oder f ü r entsprechend anwendbar zu erklären; (Nr 269,13) 2. Den § 457 zu fassen: v. Weber „Die Wirkungen der Ehelichsprechung erstrecken sich auf die Abkömmlinge des (Nr 271) unehelichen Kindes. Auf andere Verwandte und den Ehegatten des Kindes sowie auf Verwandte und den Ehegatten des Vaters erstrecken die Wirkungen der Ehelichsprechung sich nicht." Der Entwurf und der Antrag Nr. 2 übertragen die Vorschriften der §§ 431, 432 mit der Maßgabe, daß die Abkömmlinge des legitimirten Kindes, auch ohne daß sie in die Legitimation für ihre Person eingewilligt haben, von der ertheilten Legitimation ergriffen werden. Nach dem Antrag Nr. 1 sollen die schon vorhandenen Abkömmlinge unter entsprechender Anwendung der zu § 431 beschlossenen Vorschrift (vorl. Zusst. § 20) von der Legitimation nur ergriffen werden, wenn sie für ihre Person in die Legitimation eingewilligt haben. Die Kommission nahm den Entwurf und den Antrag Nr. 2 an. Die Mehrheit war der Ansicht, daß, da es sich im vorliegenden Falle um die Erweiterung der Wirkungen eines natürlichen Verhältnis- | ses und zwar im Wesentlichen zu Gunsten des | Prot I 8089 unehelichen Kindes und seiner Abkömmlinge, nicht, wie bei der Adoption um die Schaffung eines künstlichen Verhältnisses handele, es auch der N a t u r der Sache entspreche, daß die vorhandenen Abkömmlinge des legitimirten Kindes durch die Legitimation ohne Weiteres mit ergriffen würden. Der § 458, welcher lautet: „Mit der elterlichen Gewalt wird f ü r den Erzeuger auch das Recht begründet, TE-FamR nach Maßgabe der §§ 325 bis 328 die religiöse Erziehung des ehelich erklärten § 4 5 8 Kindes zu bestimmen; erfolgt jedoch die Ehelichkeitserklärung nach dem Tode der Mutter, so ist das Kind in demjenigen religiösen Bekenntnisse zu erziehen, in welchem dasselbe ohne die Ehelichkeitserklärung erzogen werden müßte." 4
Streichungsanträge lagen ferner vor von v. Weber (Nr. 271) und von v. Mandry (Nr. 272
11,2). 687
§§ 1723-1740
wurde, gestelltem Antrage gemäß, in Konsequenz der Streichung der in Bezug 325 bis 328 (Prot. S. 7623, 7624) gestrichen. 5
Kurlbaum
(Nr 269,14) TE-FamR 5459
2. Abschnitt: Verwandtschaft
genommenen
Der § 459 lautet: „Die im § 366 gegebenen Vorschriften finden stets Anwendung, wenn der Erzeuger nach erfolgter Ehelichkeitserklärung eine Ehe eingeht." Hierzu war beantragt:
v. W e b e r ( N r 271) Kurlbaum ( N r 269, 15)
1. statt „Erzeuger" zu setzen „Vater"; 2. § 459 zu fassen:
„Will der erklärte Vater des Kindes, welcher die elterliche Gewalt über das letztere hat, eine Ehe schließen, so finden die Vorschriften der §§ 40, 41 (in Anse[Prot I 8090 hung der Kosten) 42, 43 der vorl. Zusst. über | die elterliche Gewalt entsprechende Anwendung." Der § 459 wurde im Wesentlichen aus den Gründen der Motive S. 1908 angenommen. Die gestellten Anträge wurden zur Prüfung bei der Redaktion verwiesen (zu vergl. vorl. Zusst. über Annahme an Kindesstatt § 23). Der § 460, welcher lautet: TE-FamR § 460. „So lange es ungewiß ist, ob eine letztwillig ausgesprochene Ehelichkeitser§ 460 klärung rechtliche Wirksamkeit erlangt, wird das Kind in erbrechtlicher Beziehung wie ein als Leibesfrucht zur Erbschaft berufenes Kind behandelt. Erlangt die Ehelichkeitserklärung rechtliche Wirksamkeit, so wird das Kind in erbrechtlicher Beziehung, vorbehaltlich der besonderen Bestimmungen dieses Titels, wie ein in dem im § 455 Abs. 2 gedachten Zeitpunkte geborenes eheliches Kind seines Erzeugers behandelt. Dem Kinde kann zur Stellung des Antrags auf gerichtliche Bestätigung der Ehelichkeitserklärung bezw. zur Abgabe der im § 455 gedachten Erklärung nach Maßgabe der Vorschrift in Buch V § 306 eine Frist gesetzt werden, innerhalb welcher | Prot I 8091 bei Vermeidung des Verlustes des | Rechts auf Ehelichkeitserklärung der Antrag bei dem zuständigen Gerichte gestellt bezw. die Erklärung angegeben werden muß."
Kurlbaum wurde gestrichen. Die Streichung ergab sich aus der Ablehnung der legitimatio (Nr 269, 16) per testamentum, aufweiche der § 460 sich bezieht (vergl. Prot. S. 8064). 6 Die §§ 461, 462, welche lauten: § 461. „Eheliche Abkömmlinge des Erzeugers, welche zu der Zeit, zu welcher die 5461 Ehelichkeitserklärung rechtliche Wirksamkeit erlangt, bereits geboren waren, können, wenn der ihnen beim Tode des Erzeugers zustehende Pflichttheilsanspruch sich in Folge der Ehelichkeitserklärung auf weniger beläuft, als derselbe ohne die Ehelichkeitserklärung betragen haben würde, das Fehlende nach Maßgabe der über das Pflichttheilsrecht geltenden Grundsätze in der Art in Anspruch nehmen, als sei die Ehelichkeitserklärung nicht erfolgt und der dem ehelich erklärten Kinde auf Grund seines Erbrechts zugefallene Theil des Nachlasses demselben durch Verfügung von Todeswegen zugewandt. Angenommenen und ehelich erklärten Kindern des Erzeugers sowie deren Abkömmlingen steht das im ersten Absätze dieses Paragraphen gedachte Recht nicht
TE-FamR
5 6
688
Ein Streichungsantrag (Nr. 271) lag ferner v o n v. Weber vor. Ein Streichungsantrag lag auch von v. Weber vor (Nr. 271).
8. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§§ 1723-1740
§ 462. „Die Bestimmung des § 461 findet, w e n n die Ehelichkeitserklärung durch TE-FamR letztwillige V e r f ü g u n g erfolgte, zu Gunsten der E h e f r a u des Erzeugers und, wenn §462 | das ehelich erklärte Kind zur Zeit der Ehelichkeitserklärung verheirathet war, bei | Prot I 8092 dem T o d e desselben zu Gunsten seiner Ehefrau entsprechende Anwendung." wurden, den gestellten Anträgen1 gemäß, gleichfalls gestrichen, vorbehaltlich der Kurlbaum Beschlußfassung über die in den §§461, 462 berührten erbrechtlichen Fragen bei der (Nr 269, 16) Berathung des Erbrechtsentwurfs, falls dieselben durch entsprechende Anträge hierbei wieder angeregt werden. § 462 bezieht sich in seinem ersten Theil auf die beseitigte legitimatio per testamentum (vergi. Prot. 8064). D e r § 463, welcher lautet: „Die von der Familienangehörigkeit abhängenden rechtlichen Beziehungen, ins- TE-FamR besondere die erbrechtlichen Beziehungen, zwischen dem als ehelich erklärten Kinde 5 463 und dessen Abkömmlingen einerseits und ihren V e r w a n d t e n andererseits werden, soweit dieselben nicht nach Maßgabe der vorstehenden Bestimmungen in Folge des durch die Ehelichkeitserklärung zwischen dem Kinde und dessen Abkömmlingen einerseits und dem Erzeuger andererseits begründeten Rechtsverhältnisses Aenderungen erleiden und soweit nicht der § 464 etwas Anderes anordnet, durch die Ehelichkeitserklärung nicht berührt." wurde, entgegen einem auf Streichung gerichteten Antrage, sachlich angenom- Kurlbaum men. Die Mehrheit der Kommission verkannte z w a r nicht, daß hier, w o es sich nicht, (Nr 269, 16) wie bei der Adoption (vergi. § 436, vorl. Zusst. § 24) um die Schaffung eines künstlichen Verhältnisses handele, die Frage, wie es sich mit den rechtlichen | Beziehungen | Prot I 8093 des Kindes zu seinen natürlichen V e r w a n d t e n verhalte, k a u m zweifelhaft sein könne, eine der zu § 426 beschlossenen Bestimmung entsprechende Vorschrift also an sich nicht geradezu nothwendig sein möge, hielt jedoch im Interesse der Vollständigkeit des Gesetzes f ü r geboten, daß auf den sachlichen Inhalt des § 463, wenn auch vielleicht in abgekürzter Form, im Gesetze hingewiesen werde. Die geeignete Fassung und Stellung blieb der P r ü f u n g bei der Redaktion vorbehalten. D e r § 464 lautet: „Durch die Ehelichkeitserklärung erlischt f ü r die Mutter in Ansehung des ehelich TE-FamR erklärten Kindes die Pflicht und das Recht der Sorge f ü r die Person, insbesondere die § 464 Erziehungsgewalt, ferner das Recht der Genehmigung z u r Eheschließung und der Zustimmung z u r A n n a h m e an Kindesstatt auch insoweit, als das nach den vorstehenden Bestimmungen zwischen dem Erzeuger und dem Kinde begründete Rechtsverhältniß der Fortdauer jener Pflichten bezw. Rechte nicht entgegenstehen würde. Eine gesetzliche Berufung mütterlicher V e r w a n d t e n z u r V o r m u n d s c h a f t über das ehelich erklärte Kind und dessen Abkömmlinge (§§ 479 und 561) findet nicht statt. Die Unterhalts- u n d Ausstattungspflicht liegt der Mutter des Kindes dem letzteren gegenüber nur unter denselben Voraussetzungen ob, wie der ehelichen Mutter." H i e r z u w a r beantragt, zu bestimmen : | „Durch die Ehelichkeitserklärung verliert die Mutter des Kindes die Pflicht der Fürsorge f ü r die Person des Kindes. Die Einwilligung einer Eheschließung des Kindes oder zu der A n n a h m e desselben an nicht mehr erforderlich. (Die Verpflichtung der M u t t e r zur G e w ä h r u n g des Unterhaltes an der Verpflichtung des Vaters nach.)" 7
das Recht und | Prot I 8094 der Mutter zu Kurlbaum Kindesstatt ist (Nr 269, 17) das Kind steht
Ein Streichungsantrag lag auch von v. Weber vor (Nr. 271 ). 689
§§ 1723-1740
2. Abschnitt: Verwandtschaft
Es wurden folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Durch Ehelichkeitserklärung verliert die Mutter des Kindes die Pflicht und das Recht, f ü r die Person des Kindes zu sorgen, und erlangt diese Pflicht und das Recht nicht wieder, wenn die auf den Vater durch die Legitimation übergegangene elterliche Gewalt über das Kind beendigt ist oder ruht. 2. Ueber die tutela legitima (Entw. § 464 Abs. 2) wird geschwiegen. 3. Die gesetzliche Unterhaltspflicht des Vaters geht derjenigen der leiblichen Verwandten des legitimirten Kindes, also auch derjenigen der Mutter, vor. 4. Der § 1211 der Zusst. erhält folgenden Zusatz vorbehaltlich der Prüfung der Fassung bei der Redaktion: „Ein durch Ehelichkeitserklärung legitimirtes Kind bedarf der Einwilligung der Mutter zur Eheschließung nicht." womit insoweit in sachlicher Beziehung der Entwurf und der Antrag angenommen sind. 5. Es wird nicht ausgesprochen, daß die Einwilligung der Mutter des ehelich erklärten Kindes zu einer Adoption des letzteren durch einen Anderen, als sie selbst, | Prot I 8095 nicht erforderlich sei. Hiermit sind insoweit der Entwurf und | der gestellte Antrag abgelehnt. Für die Bestimmungen zu Ziff. 1, 3 waren im Wesentlichen die in den Motiven S. 1900, 1901 geltend gemachten Gründe, bezw. die Gründe, welche zur Annahme entsprechender Vorschriften für die Adoption (§ 427, vorl. Zusst. § 25) geführt haben (Prot. S. 7991 ff.) maßgebend. Die Frage der gesetzlichen Berufung mütterlicher Verwandten zur Vormundschaft über das f ü r ehelich erklärte Kind und dessen Abkömmlinge glaubte man, wie die entsprechende Vorschrift des § 437 Abs. 2 für die Adoption bis zur Berathung des Vormundschaftsrechtes aussetzen zu müssen. Auch bezüglich der Bestimmung in Ziff. 4 erachtete die Kommission in ihrer Mehrheit die in den Motiven S. 1900, 1901 angeführten Gründe im Wesentlichen für zutreffend. Man überzeugte sich aber, daß die Bestimmung zu dem § 1211 gehöre. In Ansehung der Frage, ob die Mutter eines legitimirten Kindes zu einer datio in adoptionem einzuwilligen habe, war die Mehrheit der Kommission der Ansicht, daß kein Grund vorliege, von der betreffenden allgemeinen Vorschrift (§ 421 des Entw. § 9 der vorl. Zusst. über die Annahme an Kindesstatt, Prot. S. 7968 ff.) hier abzuwei| Prot I 8096 chen. Auch handele es sich hier nicht, wie bei der Eheschließung, um ein | im Laufe der Dinge regelmäßig vorkommendes, sondern um ein nur ausnahmsweise eintretendes künstliches Verhältniß. Der § 465, welcher lautet: TE-FamR „Die Ehelichkeitserklärung kann auch noch nach dem T o d e des unehelichen § 465 Kindes rücksichtlich seiner ehelichen und, soviel uneheliche Töchter betrifft, auch der unehelichen Abkömmlinge der letzteren mit der Wirkung erfolgen, daß zwischen den Abkömmlingen des unehelichen Kindes einerseits und dem Erzeuger des unehelichen Kindes andererseits dasselbe Rechtsverhältniß begründet wird, als ob die Ehelichkeitserklärung in Bezug auf das uneheliche Kind selbst stattgefunden hätte. Die in den §§ 442 bis 464 getroffenen Bestimmungen finden dabei mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß es der Zustimmung der Mutter des unehelichen Kindes in keinem Falle bedarf." Kurlbaum (Nr 269,18)
wurde gestelltem Antrage gemäß gestrichen. DJ e Mehrheit der Kommission hielt die in den Motiven S. 1909 f. f ü r die Bestimmung des § 465 angeführten Gründe nicht für genügend und war insbesondere der 690
8. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§ § 1723—1740
Ansicht, daß kein Bedürfniß vorliege, f ü r die A u f n a h m e einer thatsächlich die Ehelicherklärung der Enkel zulassenden Bestimmung, welche unter den in Deutschland geltenden Rechten nur im sächsischen Gesetzbuch (§ 1783) einen zudem nicht alle Fälle des § 465, sondern nur die ehelichen Kinder des verstorbenen unehelichen Kindes betreffenden V o r g a n g habe. Ein Antrag, als § 465 a die Bestimmung a u f z u n e h m e n : a
b
(Nr 269 19) 8
| „Die Vorschriften der §§ 438 , 438 finden entsprechende Anwendung." | Prot I 8097 w u r d e , nachdem inzwischen die in Bezug genommenen Paragraphen abgelehnt w o r d e n (Prot. S. 8036, 8037), zurückgezogen. N o c h w a r zu erledigen der zu § 442 gestellte, in dem Protokolle vom 26. Februar 1886 S. 8055 mitgetheilte Antrag N - 2% soweit er darauf abzielt, bezüglich der Ertheilung der Ehelichkeitserklärung die Zuständigkeit der Staatsgewalt desjenigen Staates auszusprechen, welchem der Vater (Antragsteller) angehört. Es bestand allerseits Einverständniß darüber, daß der A n t r a g sachlich richtig, sowie daß es, zumal im Hinblick auf die Bestimmungen des Reichsgesetzes vom 1. Juni 1870 über die Staatsangehörigkeit, wünschenswerth sei, f ü r die Legitimation per rescriptum die Zuständigkeitsfrage jetzt schon durch eine darauf abzielende V o r schrift festzustellen, vorbehaltlich der Frage, wo dieselbe schließlich einzustellen sei. Es w u r d e hiernach, vorbehaltlich der P r ü f u n g der Fassung bei der Redaktion und der Entscheidung über die Stellung, die A u f n a h m e einer Bestimmung folgenden Inhalts beschlossen: „Zuständig zu der Ehelichkeitserklärung ist die Staatsgewalt desjenigen Staates, welchem der Vater als Staatsangehöriger u n t e r w o r f e n ist." Fassung der Regelung in der RedVorl: a)RedVorl. A.
von Pape:
Ehelichkeitserklärung.
§ 1 (§§ 442, 457). Ein uneheliches Kind kann durch eine V e r f ü g u n g der Staatsgewalt f ü r ein eheliches Kind seines Vaters erklärt werden (Ehelichkeitserklärung). D u r c h die Ehelichkeitserklärung erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes des Vaters, soweit nicht aus dem Gesetze ein Anderes sich ergiebt. (N.B. Zu vergl. § 1 der vorl. Zusst. der Beschlüsse über Adoption. D e r erste Absatz bringt Doppeltes z u m klaren Ausdruck. a) Die Ehelichkeitserklärung erfordert eine V e r f ü g u n g der Staatsgewalt. b) Ihre begriffsmäßige Voraussetzung ist die natürliche Vaterschaft desjenigen, f ü r dessen Kind das Kind erklärt wird.) §2 (§§452, 453). Die Ehelichkeitserklärung erfolgt auf den, das Bekenntniß der Vaterschaft enthaltenden Antrag des Vaters durch eine V e r f ü g u n g der Staatsgewalt desjenigen Staats, welchem der V a t e r angehört. Im Uebrigen bestimmt sich die Zuständigkeit f ü r die Ehelichkeitserklärung nach den Landesgesetzen. (N.B. D e r § 2 stellt als erstes wesentliches E r f o r d e r n i ß der Legitimation durch Reskript den Antrag des Vaters auf. O h n e A n t r a g des Vaters ist die gedachte LegitiFerner lag noch der Antrag Nr. 272 II, 3 von v. Mandry vor, am Schlüsse des Titels folgende Bestimmung aufzunehmen: § 465 a. Hat das uneheliche Kind zu dem Ansuchen auf Ehelichsprechung seine Einwilligung nicht gegeben, so erwirbt der Vater die aus der ehelichen Vaterschaft sich ergebenden Rechte nicht. Ist die Mutter des unehelichen Kindes am Leben und hat ihre Einwilligung zu dem Ansuchen auf Ehelichsprechung nicht gegeben, so bleiben die ihr gegenüber dem Kinde zustehenden Rechte unberührt.
691
§§ 1723-1740
2. Abschnitt: Verwandtschaft
mation schlechthin ausgeschlossen. D e r Antrag hat aber noch eine andere, auf die begriffsmäßige Voraussetzung der natürlichen Vaterschaft sich beziehende Bedeutung. Der Antragsteller muß zum Zweck der Feststellung dieser Voraussetzung zu der Vaterschaft sich bekennen. Das Bekenntniß ist insofern nicht minder wesentlich wie der Antrag, als ohne dasselbe die Vaterschaft als genügend feststehend niemals erachtet werden kann, während das zuständige Organ der Staatsgewalt das Bekenntniß f ü r unzulänglich ansehen, weitere Beweise verlangen und geeigneten Falls die Ehelichkeitserklärung versagen darf. Man könnte annehmen, in dem Antrage sei stets das fragliche Bekenntniß enthalten. Die Annahme möchte aber doch unhaltbar sein. Zu vergl. übrigens noch Note zum § 12. 2. Der § 2 entscheidet abweichend von den Vorschriften über die Adoption, zugleich eine Zuständigkeitsfrage. Der Grund liegt in den §§ 1, 2, 4 des Reichsgesetzes vom 1. Juni 1870 über die Staatsangehörigkeit, wonach das legitimirte, nicht auch das adoptirte Kind die Staatsangehörigkeit des betreffenden Bundesstaates erwirbt. Die Fassung könnte dem das Verfahren regelnden Reichsgesetze insofern präjudiziren, als in diesem bestimmt würde, die örtliche Zuständigkeit sei für die Wirksamkeit des Reskripts unerheblich, nicht aber auch die sachliche. Das Bedenken läßt sich nicht beseitigen und würde auch dann bleiben, wenn bestimmt würde: „von welchen Organen der Staatsgewalt (oder von welcher Stelle) die Verfügung zu erlassen ist, bestimmt sich nach den Landesgesetzen.") § 3 (§ 444). Die Ehelichkeitserklärung ist unzulässig, wenn die Ehe zwischen dem Vater und der Mutter des Kindes zur Zeit der Erzeugung des letzteren (nach den Bestimmungen des § 1208) wegen Verwandtschaft oder Schwägerschaft unzulässig war. (N.B. „Zeit der Erzeugung". Es kommt nur darauf an, die nachfolgende Schwägerschaft auszuschließen. Keinem Bedenken kann es unterliegen, die Zeugungszeit nach den Vorschriften über die Vaterschaft bei ehelichen und unehelichen Kindern zu berechnen, welche Vorschriften ja identisch sind). §4 (§447). Zu der Ehelichkeitserklärung ist die Einwilligung des Kindes und, sofern der Vater verheirathet ist, auch die Einwilligung der Ehefrau desselben erforderlich. Die Einwilligung der Ehefrau des Vaters ist nicht erforderlich, wenn die Ehefrau für todt erklärt ist. § 5 (5 448). Der Antrag des Vaters sowie die Einwilligung des Kindes und der Ehefrau des Vaters kann nicht durch einen Vertreter, insbesondere nicht durch den gesetzlichen Vertreter, erfolgen. H a t jedoch das Kind das vierzehnte Lebensjahr noch nicht zurückgelegt, so kann die Einwilligung f ü r dasselbe durch den gesetzlichen Vertreter ertheilt werden. (N.B. Zu vergl. §§ 1210, 1235,1237, 1250, 1439, ferner vorl. Zusst. der Beschlüsse über Adoption § 10.) §6 (§449). Ist der Vater in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist zu dem Antrage auf Ehelichkeitserklärung, ist das Kind in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist zu seiner Einwilligung die Genehmigung des gesetzlichen Vertreters derselben, sowie die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich. Die Genehmigung des letzteren ist auch dann erforderlich, wenn die Einwilligung f ü r das Kind in Gemäßheit der Vorschrift § 5 Satz 2 von dem gesetzlichen Vertreter des Kindes ertheilt ist. (N.B. Zu vergl. vorl. Zusst. der Beschlüsse über Adoption §§11.12.13.) 692
8. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§ § 1723—1740
§ 7 (§ 450). Die Einwilligung der Ehefrau des Vaters bedarf, wenn die Ehefrau in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters derselben. (N.B. 1. Wie dann, wenn die Ehefrau geschäftsunfähig ist? Beschlußgemäß kann nicht legitimirt werden. 2. Zu vergl. vorl. Zusst. der Beschlüsse über Adoption § 13.) §8 (§452). Der Antrag des Vaters sowie die Einwilligung des Kindes und der Ehefrau des Vaters muß in gerichtlicher oder notarieller Form erklärt werden; die Einwilligung des Kindes und der Ehefrau des Vaters muß gegenüber dem letzteren erfolgen; sie ist unwiderruflich. §9 (§451). Die Ehelichkeitserklärung unter Beifügung einer Bedingung oder Zeitbestimmung ist unwirksam. (N.B. Zu vergl. § 14 der vorl. Zusst. der Beschlüsse über Adoption.) §10. Die Ehelichkeitserklärung bleibt (ist) unwirksam, wenn der Vater oder das Kind vorher gestorben ist. (N.B. Zu vergl. § 19 vorl. Zusst. der Beschlüsse über Adoption.) § 11 (§ 454). Die Ehelichkeitserklärung kann versagt werden, auch wenn ihr ein gesetzliches Hinderniß nicht entgegensteht. (N.B. In dem § 11 findet das Gnadenprinzip Ausdruck.) § 12. Im Falle des Mangels eines gesetzlichen Erfordernisses der Ehelichkeitserklärung kann die Unwirksamkeit derselben geltend gemacht werden. Es kann jedoch die Unwirksamkeit nicht auf Grund der Behauptung geltend gemacht werden, daß der in der Erklärung als der Vater Bezeichnete nicht der wirkliche Vater des Kindes sei. (N.B. Der zweite Satz enthält eine wichtige Ausnahme von dem Prinzipe des ersten Satzes. Die begriffsmäßige Voraussetzung der Ehelichkeitserklärung, nämlich die natürliche Vaterschaft, wenn einmal auf Grund des Bekenntnisses und bezw. Antrags des angeblichen Vaters bei Ertheilung des Reskripts f ü r festgestellt erachtet, gilt unter Ausschluß des Gegenbeweises als gewiß; Bekenntniß und Antrag unterliegen nur der Bekämpfung wegen Willensmängel.) § 13 (§§ 457, 463). Die Wirkungen der Ehelichkeitserklärung erstrecken sich auch auf die Abkömmlinge des Kindes. Dagegen erstrecken sich die Wirkungen der Ehelichkeitserklärung weder auf andere Verwandte und den Ehegatten des Kindes noch auf die Verwandten und den Ehegatten des Vaters; auch werden durch die Ehelichkeitserklärung, soweit nicht aus dem Gesetze sich ein Anderes ergiebt, die Rechte und Pflichten nicht berührt, welche zwischen dem Kinde und dessen Verwandten in Folge der Verwandtschaft bestehen (durch die Verwandtschaft begründet sind). (N.B. 1. Zu vergl. vorl. Zusst. der Beschl. über Adoption §§ 20 und 24. — 2. Bei der Adoption ist zwischen den unmittelbaren positiven Wirkungen und den negativen Wirkungen unterschieden. Die unmittelbaren positiven Wirkungen beschränken sich auf den adoptans und den adoptatus und dessen spätere Abkömmlinge. Daneben geht die negative Rechtsnorm: der Adoptirte behält alle auf der Verwandtschaft beruhenden Rechte und Pflichten in seiner bisherigen Familie. Man hat angenommen, diese Rechtsnorm folge nicht nothwendig aus dem ersten Grundsatze. Ist dies richtig, so wird es auch für die Legitimation durch Reskript richtig sein, da das uneheliche Kind zur Familie der Mutter gehört. Aber mit der Adoption sowohl als mit der Legitimation sind noch gewisse, die Rechtsstellung Dritter berührende Re693
§§ 1723-1740
2. Abschnitt: Verwandtschaft
flexwirkungen verbunden als unvermeidliche Folge der auf den Adoptirenden und bezw. den natürlichen Vater übergehenden Rechte und Pflichten. Darauf bezieht sich jedoch nicht der Zwischensatz „soweit nicht aus dem Gesetze sich ein Anderes ergiebt". Er betrifft die negative Rechtsnorm, die durch die §§14 und 15 eine Art Modifikation erleidet.) $ 14 (§ 464). Durch die Ehelichkeitserklärung wird die Pflicht und das Recht der Mutter des Kindes, für dessen Person zu sorgen, dauernd aufgehoben. (N.B. zum § 14. 1. Zu vergl. vorl. Zusst. der Beschlüsse über Adoption § 25. — 2. Die elterliche Gewalt bleibt wegen der Unehelichkeit des Kindes außer Betracht. — 3. „Dauernd" bringt zum Ausdruck, daß ein Rückfällen nicht eintritt, wenn die elterliche Gewalt des Vaters beendigt wird oder ruht.) § 15 (§464). In Ansehung der Verpflichtung, dem Kinde und dessen Abkömmlingen den Unterhalt zu gewähren, haftet der Vater vor der Mutter und den übrigen Verwandten des Kindes. (N.B. Zu vergl. vorl. Zusst. der Beschl. über Adoption § 25.) 5 16 (§ 459). Will der Vater nach der Ehelichkeitserklärung eine Ehe schließen, so finden, wenn er die elterliche Gewalt über das Kind hat, die Vorschriften der §§ 40 und 41 (vorl. Zusst. der Beschlüsse über die elterliche Gewalt) entsprechende Anwendung. (N.B. Zu vergl. § 23 Abs. 3 der vorl. Zusst. der Beschlüsse über Adoption.) §17. In Ansehung der Anfechtung des Antrags des Vaters auf Ehelichkeitserklärung sowie in Ansehung der Anfechtung der Einwilligung des Kindes und der Ehefrau des Vaters, ingleichen in Ansehung der Genehmigung des anfechtbaren Antrags oder der anfechtbaren Einwilligung finden die Vorschriften der §§ 5, 6 und 7 entsprechende Anwendung. b)RedVorl.
von Planck:
II. Legitimation
durch
Ehelichkeitserklärung.
§1547 (VorLZusst. § 1). Ein uneheliches Kind erlangt durch Ehelichkeitserklärung die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes seines Vaters, soweit nicht aus dem Gesetz ein Anderes sich ergiebt (Legitimation durch Ehelichkeitserklärung). Die Befugniß zur (Ertheilung der) Ehelichkeitserklärung steht demjenigen Staate zu, welchem der Vater angehört. Ueber die Ausübung dieser Befugnisse bestimmen die Landesgesetze. § 1548 (Vorl.Zusst. § 2). Die Ehelichkeitserklärung kann nur auf den das Bekenntniß der Vaterschaft enthaltenen Antrag des Vaters erfolgen. § 1549 (Vorl.Zusst. §3). Die Ehelichkeitserklärung kann nicht erfolgen, wenn die Ehe zwischen dem Vater und der Mutter des Kindes zu der Zeit der Erzeugung des letzteren nach den Bestimmungen des § 1208 wegen Verwandtschaft oder Schwägerschaft unzulässig war. § 1550 (VorLZusst. §4). Zu der Ehelichkeitserklärung ist die Einwilligung des Kindes und, sofern der Vater verheirathet ist, auch die Einwilligung der Ehefrau desselben erforderlich. Die Einwilligung der Ehefrau des Vaters ist nicht erforderlich, wenn die Ehefrau f ü r todt erklärt ist. 694
8. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§§ 1723-1740
§ 1551 (Vorl.Zusst. § 5). Der Antrag des Vaters sowie die Einwilligung des Kindes und der Ehefrau des Vaters kann nicht durch einen Vertreter, insbesondere nicht durch den gesetzlichen Vertreter, erfolgen. Hat jedoch das Kind das vierzehnte Lebensjahr noch nicht zurückgelegt, so kann die Einwilligung für dasselbe durch den gesetzlichen Vertreter ertheilt werden. § 1552 (Vorl.Zusst. § 6). Ist der Vater in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist zu dem Antrage auf Ehelichkeitserklärung, und ist das Kind in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist zu seiner Einwilligung außer der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters auch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes erforderlich. Die Genehmigung des letzteren ist auch dann erforderlich, wenn die Einwilligung für das Kind in Gemäßheit der Vorschrift des § 1551 Satz 2 von dem gesetzlichen Vertreter dés Kindes ertheilt ist. §1553 (Vorl.Zusst. §7). Ist die Ehefrau des Vaters in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf sie zu der Einwilligung nicht der Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters. § 1554 (Vorl.Zusst. § 8). Der Antrag des Vaters sowie die Einwilligung des Kindes und der Ehefrau des Vaters muß in gerichtlicher oder notarieller Form erklärt werden; die Einwilligung des Kindes und der Ehefrau des Vaters muß gegenüber dem letzteren erfolgen; sie ist unwiderruflich. § 1555 (Vorl.Zusst. §11). Die Ehelichkeitserklärung kann versagt werden, auch wenn ihr ein gesetzliches Hinderniß nicht entgegensteht. f 1556 (Vorl.Zusst. § 12). Die Ehelichkeitserklärung ist unwirksam, wenn ein gesetzliches Erforderniß derselben fehlt. Die Unwirksamkeit kann jedoch nicht auf Grund der Behauptung geltend gemacht werden, daß der in der Erklärung als der Vater Bezeichnete nicht der wirkliche Vater des Kindes ist. § 1557 (Vorl.Zusst. § 9). Die Ehelichkeitserklärung unter Beifügung einer Bedingung oder Zeitbestimmung ist unwirksam. §1558 (Vorl.Zusst. §10). Die Ehelichkeitserklärung ist unwirksam, wenn der Vater oder das Kind vorher gestorben ist. § 1559 (Vorl.Zusst. § 13). Die Wirkungen der Ehelichkeitserklärung erstrecken sich auch auf die Abkömmlinge des Kindes. Dagegen erstrecken sich die Wirkungen der Ehelichkeitserklärung weder auf andere Verwandte und den Ehegatten des Kindes noch auf die Verwandten und den Ehegatten des Vaters; auch werden durch die Ehelichkeitserklärung, soweit nicht aus dem Gesetze ein Anderes sich ergiebt, die Rechte und Pflichten nicht berührt, welche zwischen dem Kinde und dessen Verwandte in Folge der Verwandtschaft bestehen. § 1560 (Vorl.Zusst. § 14). Durch die Ehelichkeitserklärung wird die Pflicht und das Recht der Mutter des Kindes, für dessen Person zu sorgen, vollständig aufgehoben und von der Mutter auch dann nicht wieder erlangt, wenn die elterliche Gewalt des Vaters beendigt ist oder ruht. § 1561 (Vorl.Zusst. § 15). In Ansehung der Verpflichtung, dem Kinde und dessen Abkömmlingen den Unterhalt zu gewähren, haftet der Vater vor der Mutter und den übrigen Verwandten des Kindes. § 1562 (Vorl.Zusst. § 16). Will der Vater nach der Ehelichkeitserklärung eine Ehe schließen, so finden, wenn er die elterliche Gewalt über das Kind hat, die Vorschriften der§§ 1512 bis 1515 (Red.Vorl.) entsprechend Anwendung. 695
§§ 1723-1740
2. Abschnitt: Verwandtschaft
§ 1563 (Vorl.Zusst. § 17). In Ansehung der Anfechtung des Antrages des Vaters auf Ehelichkeitserklärung sowie in Ansehung der Anfechtung der Einwilligung des Kindes und der Ehefrau des Vaters, ingleichen in Ansehung der Genehmigung des anfechtbaren Antrages oder der anfechtbaren Einwilligung finden die Vorschriften der §§ 1551 bis 1553 entsprechende Anwendung. Bemerkungen. Zu §§ 1547, 1548. Die vorgeschlagene Fassung schließt sich soviel als möglich der bisherigen Ausdrucksweise des Entwurfs an. Bei der Berathung ist wiederholt darauf hingewiesen, daß die Ehelichkeitserklärung des Entwurfs denselben rechtlichen Charakter habe, wie die Dispensation und sich von dieser nur in ihren Wirkungen insofern unterscheidet, als sie unmittelbar eine Rechtsänderung begründet, während die Dispensation nur ein einer beabsichtigten rechtsgeschäftlichen Begründung eines Rechtsverhältnisses entgegenstehendes Hinderniß wegräumt. Dieser Auffassung wird dadurch Ausdruck gegeben, daß der zweite Absatz des § 1547 sich eng an die Bestimmung des § 1216 über die Befugnisse zur Ertheilung der Dispensation anschließt. Dadurch wird zugleich der Vortheil erreicht, daß der in dem Entwurf bisher nicht gebrauchte und wohl nicht einwandsfreie Ausdruck: „Verfügung der Staatsgewalt" und: „Verfügung der Staatsgewalt desjenigen Staates pp." vermieden wird. Es wird dadurch ferner möglich, in dem betreffenden Satz zugleich die Bestimmung darüber, welchem Staate die fragliche Befugniß zustehe, mitaufzunehmen und dadurch die Wiederholung der Bestimmung, daß die Ehelichkeitserklärung durch Verfügung der Staatsgewalt erfolge, in den beiden ersten Paragraphen zu vermeiden. Bei der Fassung der fraglichen Bestimmung mußte dann (und zwar hier wieder im Anschlüsse an die Fassung des ersten Paragraphen über die Legitimation durch nachfolgende Ehe und über die Annahme an Kindesstatt) die Vorschrift über die rechtliche Bedeutung und Wirkung der Ehelichkeitserklärung vorangestellt werden, und war andererseits die Bestimmung des § 1548 auf die Vorschrift über die erste von dem Entwürfe festgestellte Voraussetzung der Ehelichkeitserklärung, nämlich den Antrag des Vaters, zu beschränken. Um die rechtliche Bedeutung des Antrags als einer gesetzlichen Voraussetzung der Zulässigkeit der Ehelichkeitserklärung klarzustellen, schlägt die Vorlage die Fassung vor: „kann nur erfolgen auf . . . Antrag." Die in dem zweiten Absätze des § 1547 eingeklammerten Worte: „Ertheilung der" sind eigentlich wohl überflüssig, aber vorläufig mit Rücksicht auf die Fassung des § 1260 aufgenommen. Zu § 1549. „Kann nicht erfolgen" wird statt: „ist unzulässig" vorgeschlagen, um mit der für § 1548 vorgeschlagenen Fassung im Einklang zu bleiben. § 1552. Daß der Vater wie das Kind, wenn sie in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind, der Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters zu dem Antrage auf Ehelichkeitserklärung bezw. der Einwilligung dazu bedürfen, ergiebt sich aus allgemeinen Grundsätzen (vgl. § 64 K.E.). Es ist nun zwar beschlossen, daß die Nothwendigkeit der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters erwähnt werden soll; es empfiehlt sich indessen meines Erachtens, dies in einer Form zu thun, welche ergiebt, daß hier nicht etwas besonderes Positives vorgeschrieben, sondern nur der Deutlichkeit halber an ein aus allgemeinen Grundsätzen sich ergebendes Erforderniß erinnert werden soll. Dies geschieht meines Erachtens durch die Art, wie in der vorgeschlagenen Fassung die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters durch das Wort „außer" mit der positiven Vorschrift über das Erforderniß der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts verbunden wird. 696
8. Titel : Legitimation unehelicher Kinder
§ § 1723—1740
„Einwilligung des gesetzlichen Vertreters" statt „Genehmigung des gesetzlichen Vertreters" entspricht der von dem Entwurf befolgten Terminologie. Zu § 1553. Die vorgeschlagene Fassung schließt sich der Fassung einer entsprechenden Bestimmung in dem § 1237 Satz 2 an. Zu §§ 1555 bis 1558. Die Umstellung der §§ 9 bis 12 der vorläufigen Zusammenstellung beruht auf dem Gedanken, daß die Bestimmung, nach welcher die zuständige Behörde über die Ertheilung der Ehelichkeitserklärung nach freiem Ermessen zu entscheiden hat, denjenigen Bestimmungen vorangehen müsse, welche die Fälle der Unwirksamkeit einer ertheilten Ehelichkeitserklärung bestimmen und daß die letztgedachten Bestimmungen dann wieder in der Art zu ordnen seien, daß der Hauptfall, nämlich der Mangel eines gesetzlichen Erfordernisses, vorangestellt werde. In dem ersten Satze des § 1556 wird direkt ausgesprochen, daß die Ehelichkeitserklärung bei Mangel eines gesetzlichen Erfordernisses unwirksam sei. Mit der Ausdrucksweise der vorläufigen Zusammenstellung, daß die Unwirksamkeit im Falle eines solchen Mangels geltend gemacht werden könne, wird dasselbe gemeint sein, aber durch die Verschiedenheit der Ausdrucksweise gegenüber den §§ 1557, 1558 kann der Anschein erweckt werden, als wenn in dem Falle des § 1556 eine besondere Art der Geltendmachung der Unwirksamkeit im Wege der Anfechtung der Ehelichkeitserklärung erfordert werden sollte, während doch auch hier die Unwirksamkeit ipso jure stattfindet oder genauer die Wirksamkeit der Ehelichkeitserklärung (vorbehaltlich der Frage über die Beweislast) von dem Vorhandensein der gesetzlichen Erfordernisse abhängt. Zu § 1559. Die Rechte und Pflichten, welche zwischen dem Kinde und dessen Verwandten in Folge der Verwandtschaft bestehen, werden dadurch, daß das Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes des Vaters erlangt, in verschiedenen Beziehungen modifizirt (vgl. Motive S. 1900.) Der letzte Satz des Paragraphen würde daher ohne einen Vorbehalt in der gedachten Richtung unrichtig sein. Meines Erachtens wird dieser Vorbehalt aber durch die W o r t e : „soweit nicht aus dem Gesetze ein Anderes sich ergiebt" genügend ausgedrückt. Nach den Bemerkungen der vorläufigen Zusammenstellung sollen sich freilich diese Worte nicht auf die eben gedachten, sondern nur auf die in den folgenden Paragraphen bestimmten Modifikationen beziehen. Einen Vorbehalt in dieser Beschränkung würde ich nicht für genügend halten. Meines Erachtens läßt indessen der gedachte Zwischensatz eine beschränkte Auslegung nicht zu. Indem auf die aus dem Gesetze sich ergebenden Abweichungen verwiesen wird, wird auch auf die aus dem in dem § 1547 Abs. 1 ausgesprochenen Prinzipe sich ergebenden Abweichungen verwiesen und treten zu diesen die in den folgenden Paragraphen bestimmten Modifikationen nur noch hinzu. Zu § 1560. Daraus, daß der Vater in Folge Ehelichkeitserklärung die elterliche Gewalt erlangt, folgt zwar, daß die Mutter die Pflicht und das Recht, für die Person des Kindes zu sorgen, nicht in dem bisherigen Maße behalten kann. Nicht nothwendig folgt daraus aber, daß sie diese Pflicht und dieses Recht vollständig verliert; vielmehr würde möglich sein, daß sie dieselben in demselben Umfange behielte, wie die eheliche Mutter sie neben dem Vater hat. In Uebereinstimmung mit dem § 463 des Entw., welcher in dieser Beziehung angenommen ist, muß daher meines Erachtens nicht nur ausgesprochen werden, daß die Mutter das fragliche Recht dauernd, sondern auch, daß sie es vollständig verliert. Dadurch wird zugleich ausgedrückt, daß der theilweise Verlust sich schon aus dem § 1447 ausgesprochenen Prinzipe ergiebt. Statt des Ausdrucks: „Dauernd" wird in Uebereinstimmung mit dem gefaß697
§ § 1723 — 1740
2. Abschnitt: Verwandtschaft
ten Beschlüsse (Protokoll S. 8094 Nr. 1) und dem § 25 der vorläufigen Zusammenstellung über die Annahme an Kindesstatt vorgeschlagen, ausdrücklich auszusprechen, daß die Mutter das fragliche Recht auch nach Beendigung und beim Ruhen der elterlichen Gewalt des Vaters nicht wieder erlangt. Zu §1562. Neben den §§1512, 1513 (§§40, 41 der vorl.Zusst.) sind auch die §§1514, 1515 (§§ 42, 43 der vorl.Zusst.) mit allegirt, weil in ihnen das Recht des Vormundschaftsgerichts, im Falle der Nichbefolgung der in dem § 1512 gegebenen Vorschriften die elterliche Gewalt zu entziehen bezw. eine solche Verfügung wieder aufzuheben, bestimmt ist.
§ 1547 KE/§ 1583 E I Fassung der Regelung in der ZustFamR/ im KEund EI: ZustFamR § 1547. Ein uneheliches Kind kann durch eine Verfügung der Staatsgewalt für ein § 1547 eheliches Kind seines Vaters erklärt werden (Legitimation durch EhelichkeitserkläKE § 1547
E I § 1583
rung)
Durch die Ehelichkeitserklärung erlangt das uneheliche Kind von der Zeit derselben an die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes seines Vaters, soweit nicht aus dem Gesetze ein Anderes sich ergiebt. Prot. I, S. 12140-12144 oben bei § 1579 E I .
§ 1548 KE/§ 1584 E I ZustFamR $ 1548 E H 1584
Fassung der Regelung in der ZustFamR/ im / i £ u n d E I: ^ 1548. Die Ehelichkeitserklärung steht demjenigen Staate zu, welchem der Vater an e lört 8 ' - Im Uebrigen bestimmt sich die Zuständigkeit zu der Ehelichkeitserklärung nach den Landesgesetzen.
§ 1549 KE/§ 1585 E I ZustFamR KE§ 1549 E I § 1585
II., III., IV. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR/ im KEund
EI:
^ 1549. Die Ehelichkeitserklärung kann nur auf den das Bekenntniß der Vater' ^ t enthaltenden Antrag des Vaters erfolgen.
sc la
2. Antrag Nr. 341, 108 von Kurlbaum, in § 1549 statt „das Bekenntniß" zu setzen „die Anerkennung" (zu vergl. § 1437 und § 1665 R.V.). 108. Zu § 1549 (Antrag unter 1,108). Der Antrag unter I, 108 wurde mit Rücksicht darauf abgelehnt, daß es sich in dem hier fraglichen Falle nicht, wie im § 1437, um die Anerkennung eines Rechtsverhältnisses, sondern um das Zugeständniß einer Thatsache handele, deren Gegenbeweis allerdings, wenn die Ehelichkeitserklärung erfolgt sei, nach § 1557 ausgeschlossen sei. (Prot. I, S. 8750, 8760) 698
3. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§§1723-1740
§ 1550 KE/§ 1586 E I Fassung der Regelung in der ZustFamR/ im K E u n d
EI:
§ 1550. Die Ehelichkeitserklärung kann nicht erfolgen, wenn die Ehe zwischen dem Vater und der Mutter des Kindes zu der Zeit der Erzeugung des letzteren nach den Bestimmungen des § 1208 9 wegen Verwandtschaft oder Schwägerschaft nicht geschlossen werden konnte.
ZustFamR § 1550 K E § 1550 E H 1586
§ 1551 K E / § 1587 E I Fassung der Regelung in der ZustFamR/ im KE und EI: § 1551. Zu der Ehelichkeitserklärung ist die Einwilligung des Kindes und, sofern der Vater verheirathet ist, auch die Einwilligung der Ehefrau desselben erforderlich. Die Einwilligung der Ehefrau des Vaters ist nicht erforderlich, wenn die Ehefrau für todt erklärt ist.
ZustFamR § 1551 K E § 1551 E I § 1587
§ 1552 KE/§ 1588 E I II. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR: § 1552. Der Antrag des Vaters sowie die Einwilligung des Kindes und der Ehefrau ZustFamR des Vaters kann nicht durch einen Vertreter, insbesondere nicht durch den gesetzli- $ 1552 chen Vertreter, erfolgen. H a t jedoch das Kind das vierzehnte Lebensjahr noch nicht zurückgelegt, so kann die Einwilligung f ü r dasselbe durch den gesetzlichen Vertreter ertheilt werden. 2. Prot. I, S. 8678, 8679, 8686 in Familienrecht I, S. 242. III., IV. Fassung der Regelung im KE/EI: § 1552. Der Antrag des Vaters sowie die Einwilligung des Kindes und der Ehefrau K E § 1552 des Vaters kann nicht durch einen Vertreter, insbesondere nicht durch den gesetzli- E I § 1588 chen Vertreter, erfolgen. H a t jedoch das Kind das vierzehnte Lebensjahr noch nicht zurückgelegt, so kann die Einwilligung für dasselbe durch den gesetzlichen Vertreter ertheilt werden. § 1553 K E / § 1589 E I Fassung der Regelung in der ZustFamR/ im KEunA
EI:
§ 1553. Ist der Vater in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist zu dem Antrage desselben auf Ehelichkeitserklärung, außer der Einwilligung seines 10 gesetzlichen Vertreters, die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes erforderlich. Ein Gleiches gilt in Ansehung der Einwilligung des Kindes, wenn dieses in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist. Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes ist auch dann erforderlich, wenn die Einwilligung für das K i n d " in Gemäßheit der Vorschrift des § 1552 Satz 2 von dem gesetzlichen Vertreter des Kindes ertheilt ist.
9
10 11
Im E I ist auf $ 1236 verwiesen. — Im E I heißt es statt: „Bestimmungen": „Vorschriften" und statt „zu der Zeit": „zur Zeit." Im E I heißt es „des" (Antrag N r . 393 von Gebhard; Prot. I, S. 12145). Abgelehnt worden war der Antrag N r . 339, 62 von Gebhard, die Worte „für das Kind" zu streichen (Prot. I, S. 8829, 8847). — Im E I ist im folgenden auf $ 1588 Satz 2 verwiesen.
699
ZustFamR § 1553 K E § 1553 E I § 1589
§§ 1723 — 1740
2. Abschnitt: Verwandtschaft § 1554 KE/§ 1590 E I
ZustFamR KE1 1554 E I § 1590
Fassung der Regelung in der ZustFamR/ im KE und
EI:
^ 1554. Ist die Ehefrau des Vaters in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf Einwilligung nicht der Einwilligung ihres 12 gesetzlichen Vertreters.
s e zu
'
§ 1555 KE/§ 1591 E I Fassung der Regelung in der ZustFamR/ im KE: ZustFamR § 1555. Der Antrag des Vaters sowie die Einwilligung des Kindes und der Ehefrau S 1555 des Vaters muß in gerichtlicher oder notarieller Form erklärt werden; die EinwilliK E § 1555 gung des Kindes und der Ehefrau des Vaters muß gegenüber dem letzteren erfolgen;
sie ist unwiderruflich. Auf Antrag Nr. 393 von Gebhard wurde beschlossen, den 5 1555 wie folgt zu fassen: E I § 1591 „Der Antrag des Vaters sowie die Einwilligung des Kindes und der Ehefrau des Vaters bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form. Die Einwilligung des Kindes und der Ehefrau des Vaters muß gegenüber dem letzteren erklärt werden; sie ist unwiderruflich." (§§ 128, 1186, 1359 Abs. 3, 1361.) (Prot. I, 12145) Damit liegt die Fassung des § 1591 E I vor. § 1556 KE/§ 1592 E I ZustFamR KE§ 1556 E K 1592
Fassung der Regelung in der ZustFamR/ im KE und EI: setz
^ 1556. Die Ehelichkeitserklärung kann versagt werden, auch wenn ihr ein ge' ' c h e s Hinderniß nicht entgegensteht. § 1557 KE/§ 1593 E I II., III. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR/im
KE:
ZustFamR § 1557. Fehlt ein gesetzliches Erforderniß der Ehelichkeitserklärung, so ist diese S 1557 unwirksam. Die Unwirksamkeit kann jedoch nicht auf Grund der Behauptung gelKE § 1557 t e n c j g e m a c h t werden, daß der in der Erklärung als der Vater Bezeichnete nicht der wirkliche Vater des Kindes sei. 2. Keine Zustimmung fand der Antrag Nr. 339, 63 von Gebhard, in Satz 1 zu sagen: „so ist dieselbe" (Prot. I, S. 8829,8847). 3. V o n Kurlbaum lag der Antrag N r . 388, 17vor: 17. zu § 1557 Satz 2 zu fassen: „Der Umstand, daß der in der Erklärung als der Vater Bezeichnete nicht der wirkliche Vater des Kindes ist, hat die Unwirksamkeit nicht zur Folge." eventuell statt „der Behauptung" zu setzen „des Umstandes" und statt „sei" zu setzen „ist". Zur Annahme gelangte der Hauptantrag (Prot. I, S. 12145). 12
Im E I heißt es „des".
700
8. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§ § 1723—1740
IV. Fassung der Regelung im E I : § 1593. Fehlt ein gesetzliches E r f o r d e r n i ß der Ehelichkeitserklärung, so ist diese EI § 1593 unwirksam. D e r U m s t a n d , daß der in der Erklärung als der V a t e r Bezeichnete nicht der wirkliche Vater des Kindes ist, hat die Unwirksamkeit nicht zur Folge.
§ 1558 KE/§ 1594 E I Fassung der Regelung in der ZustFamRJ'im KE und E1:
ZustFamR
§ 1558. Die Ehelichkeitserklärung unter Beifügung einer Bedingung oder Zeitbe-
j ^ f 8j55g
Stimmung ist unwirksam.
E H 1594 § 1559 KE / § 1595 E I
Fassung der Regelung in der ZustFamR/im
KE und EI:
ZustFamR
§ 1559. Die Ehelichkeitserklärung ist unwirksam, w e n n der V a t e r oder das Kind vorher 1 3 gestorben ist. °
iL5?9 _. / E 15 1595
§ 1560 KE/§ 1596 E I II., III. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR/im KE: § 1560. Die W i r k u n g e n der Ehelichkeitserklärung erstrecken sich auch auf die ZustFamR Abkömmlinge des Kindes. Dagegen erstrecken sich die W i r k u n g e n der Ehelichkeits- § 1560 erklärung weder auf andere V e r w a n d t e und den Ehegatten des Kindes noch auf die KE§ 1560 V e r w a n d t e n und den Ehegatten des Vaters. D u r c h die Ehelichkeitserklärung werden, soweit nicht aus dem Gesetze ein Anderes sich ergiebt, die Rechte u n d Pflichten nicht berührt, welche zwischen dem Kinde und dessen Verwandten in Folge der Verwandtschaft bestehen. 2. A m Ende des Abs. 1 des § 1560 w u r d e auf Antrag von Kurlbaum N r . 341 statt „den Ehegatten des Vaters" gesetzt: „die Ehefrau des Vaters" (Prot. I, S. 8750, 8760). 3. Z u Prot. I, S. 1 2 1 3 3 - 1 2 1 4 0 vgl. oben bei § 1566 E I. IV. Fassung der Regelung im E I : § 1596. Die W i r k u n g e n der Ehelichkeitserklärung erstrecken sich auch auf die E I § 1596 Abkömmlinge des Kindes. Das Kind und dessen Abkömmlinge erlangen w e d e r die rechtliche Stellung von V e r w a n d t e n der Verwandten des Vaters noch die von Verschwägerten der Ehefrau des Vaters; der Ehegatte des Kindes oder eines A b k ö m m linges desselben erlangt nicht die rechtliche Stellung eines Verschwägerten des V a ters. D u r c h die Ehelichkeitserklärung werden, soweit nicht aus dem Gesetze ein Anderes sich ergiebt, die Rechte und Pflichten nicht berührt, welche zwischen d e m Kinde u n d dessen Verwandten in Folge der V e r w a n d t s c h a f t bestehen.
13
Im KE/E I heißt es statt „vorher": „vor derselben" (Antrag Nr. 341, 109 von Kurlbaum; Prot. I, S. 8750, 8760). 701
§§ 1723-1740
2. Abschnitt : Verwandtschaft § 1561 KE/§ 1597 E I
II., III. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamRJim KE: ZustFamR § 1561. Durch die Ehelichkeitserklärung wird die Pflicht und das Recht der § 1561 Mutter des Kindes, f ü r dessen Person zu sorgen, aufgehoben. Pflicht und Recht der KE § 1561 Sorge tritt auch dann nicht wieder ein, wenn die elterliche Gewalt des Vaters beendigt ist oder ruht.
| Prot 112145
2. Zur Revision des KE lag folgender Antrag von Planck vor: | 19. zu SS 1561, 1589. a) im § 1561 Satz 2 die Schlußworte „wenn . . . ruht" durch folgende Worte zu ersetzen „wenn die elterliche Gewalt des Vaters beendigt oder auf die elterliche Nutznießung beschränkt ist."
b) im § 1589 Abs. 1 Satz 2 die Schlußworte „wenn . . . ruht" durch folgende Worte | Prot 112146 zu ersetzen | „wenn die elterliche Gewalt des Annehmenden beendigt oder auf die elterliche Nutznießung beschränkt oder wenn die Annahme an Kindesstatt aufgehoben ist." (Bemerk. Zu a. § 1561 Satz 2 in seiner gegenwärtigen Fassung berücksichtigt nicht den Fall, wenn dem Vater die elterliche Gewalt durch das Vormundschaftsgericht entzogen ist, während der Ausdruck „auf die elterliche Nutznießung beschränkt ist", sowohl diesen letzteren Fall als den des Ruhens der elterlichen Gewalt deckt (vergi. § 1596). Bei ehelichen Kindern ergiebt sich allerdings von selbst, daß, wenn dem Vater die elterliche Gewalt durch das Vormundschaftsgericht entzogen ist, der Mutter die Sorge f ü r die Person des Kindes, soweit ihr dieselbe nicht ausnahmsweise selbständig übertragen ist (§ 1421), nicht zusteht, da sie jene Sorge nach § 1470 nur neben dem Vater als ein von dem Rechte des letzteren abhängiges Recht hat. Anders liegt aber die Sache im Falle des § 1561 bei der unehelichen Mutter. Dieselbe hat nach § 1534 die Sorge für die Person des unehelichen Kindes selbständig und behält dieses Recht und diese Pflicht trotz der Ehelichkeitserklärung, in Ermangelung einer besonderen Vorschrift, unabhängig von dem Rechte des Vaters, wenn und soweit dessen Recht nach dem Prinzipe des § 1547 Abs. 2 nicht entgegensteht (§ 1560 Abs. 2). Demnach würde im Falle der Entziehung der elterlichen Gewalt des Vaters die Mutter in Ermangelung einer besonderen Bestimmung trotz der Ehelichkeitser| Prot 112147 | klärung Pflicht und Recht der Sorge für die Person des unehelichen Kindes behalten. Zu b. Der Antrag unter b beruht, soviel den Ersatz der Worte „ist oder ruht" durch die Worte „oder auf die elterliche Nutznießung beschränkt" betrifft, auf ähnlichen Erwägungen, wie der Antrag unter a. Die H i n z u f ü g u n g der Worte „oder wenn die Annahme an Kindesstatt aufgehoben ist" entspricht dem §1211 Abs. 2. Wie dort neben der Vorschrift des §1211 Abs. 1 besonders hervorgehoben ist, daß das Einwilligungsrecht der leiblichen Eltern auch dann nicht wieder eintritt, wenn die Annahme an Kindesstatt aufgehoben ist, so muß das Gleiche im § 1589 auch in Ansehung der elterlichen Gewalt der leiblichen Ekern geschehen. Abs. 1 Satz 2 des § 1589 bringt dies nicht zum Ausdruck, namentlich nicht für den Fall, wenn zur Zeit der Aufhebung der Annahme an Kindesstatt die elterliche Gewalt des Annehmenden bereits früher aus einem anderen Grunde beendigt war, nicht erst durch die Aufhebung der Annahme an Kindesstatt beendigt wird. Aber, auch wenn Letzteres der Fall ist, besagt der jetzige Satz 2 des Abs. 1 nur, daß die elterliche Gewalt der leiblichen Eltern nicht deshalb wieder eintritt, weil die elterliche Gewalt des Annehmenden 702
8. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§ § 1723— 1740
beendigt ist, nicht aber, daß auch die Aufhebung der Annahme an Kindesstatt als solche ohne Einfluß ist. Sachlich stimmt der Antrag mit den Beschlüssen überein (vergl. § 437 des Entw. des F.R. nebst Mot. S. 1871 ff.; Prot. S. 8024 bis 8026). | Die Anträge unter 19 fanden die Zustimmung der Kommission.
| Prot 112148
IV. Fassung der Regelung im E I : § 1597. Durch die Ehelichkeitserklärung wird die Pflicht und das Recht der E I § 1597 Mutter des Kindes, für dessen Person zu sorgen, aufgehoben. Pflicht und Recht der Sorge tritt auch dann nicht wieder ein, wenn die elterliche Gewalt des Vaters beendigt oder auf die elterliche Nutznießung beschränkt ist. § 1562 KE/§ 1598 E I Fassung der Regelung in der ZustFamR/im
Ä £ u n d EI:
ZustFamR
§ 1562. In Ansehung der Verpflichtung, dem Kinde und dessen Abkömmlingen Kh § 1562 den Unterhalt zu gewähren, haftet der Vater vor der Mutter und den sonstigen EIS 1598 Verwandten des Kindes. § 1563 K E / § 1599 E I Fassung der Regelung in der ZustFamR/im
KEunA E I:
ZustFamR
K
1563. Will der Vater nach der Ehelichkeitserklärung eine Ehe schließen, so ^ j j 5 ^ finden, wenn er die elterliche Gewalt über das Kind hat, die Vorschriften der 1512 E I § 1599 bis 1516 14 entsprechende Anwendung. § 1564 KE/§ 1600 E I II., III. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR/im KE: § 1564. In Ansehung der Anfechtung des Antrages des Vaters auf Ehelichkeitserklärung sowie in Ansehung der Anfechtung der Einwilligung des Kindes und der Ehefrau des Vaters, ingleichen in Ansehung der Genehmigung des anfechtbaren Antrages oder der anfechtbaren Einwilligung finden die Vorschriften der §§ 1552 bis 1554 15 entsprechende Anwendung. 2. Von Planck lag folgender Antrag vor: 20. zu §§ 1564, 1592. a) dem § 1564 als Abs. 2 hinzuzufügen: „Soweit nach den Vorschriften des ersten Absatzes zu der Genehmigung des anfechtbaren Antrages oder der anfechtbaren Einwilligung die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters erforderlich ist, die Anfechtung aber nicht durch den letzteren erfolgen kann, beginnt die im § 104 für die Ausübung der Anfechtung bestimmte Frist erst mit dem Zeitpunkte, in welchem der Anfechtungsberechtigte die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit erlangt hat." b) dem § 1592 als Abs. 2 beizufügen : „Soweit nach den Vorschriften des ersten Absatzes zu der Genehmigung des anfechtbaren Rechtsgeschäftes die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters erforderlich ist, die Anfechtung aber nicht durch den letzteren erfolgen kann, beginnt die
14 15
Im E I ist auf die SS 1548 — 1552 verwiesen. Im E I ist auf die %% 1588 —1590 verwiesen.
703
ZustFamR § 1564 ^ E § 1564 EIS 1600
§§ 1723-1740
2. Abschnitt: Verwandtschaft
im § 104 f ü r die Ausübung der Anfechtung bestimmte Frist erst mit dem Zeitpunkte, in welchem der Anfechtungsberechtigte die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit erlangt hat." {Bemerk. Zu a. Aus § 1564 verb. mit §§ 1552, 1553 ergiebt sich, daß, wenn der Antrag des Vaters auf Ehelichkeitserklärung oder die Einwilligung des Kindes anfechtbar (§ 103), der Vater bezw. das Kind aber in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, die Anfechtung — abgesehen von dem Falle des § 1552 Satz 2 — nicht durch den gesetzlichen Vertreter des Vaters bezw. des Kindes, sondern nur durch den Vater bezw. das Kind selbst erfolgen kann, daß aber andererseits zu der Genehmigung des anfechtbaren Antrags oder der anfechtbaren Einwilligung die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters und des Vormundschaftsgerichts erforderlich ist. D a auf die Anfechtung der § 104 Anwendung findet, so kann, in Ermangelung des beantragten Zusatzes der anfechtungsberechtigte Vater bezw. das anfechtungsberechtigte Kind dadurch, daß die Anfechtung innerhalb der im § 104 bestimmten Frist unterbleibt, das Erforderniß der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters und des Vormundschaftsgerichts zu der Genehmigung des anfechtbaren Antrags bezw. der anfechtbaren Einwilligung illusorisch machen. Dies bezweckt der Antrag zu verhindern. Auf ähnlichen Erwägungen beruht die Vorschrift des § 1236, daß, wenn die Ehe auf Grund des § 1231 Nr. 4 anfechtbar ist, die im § 1236 für die Anfechtung bestimmte Präklusivfrist erst mit dem Zeitpunkte zu laufen beginnt, in welchem der anfechtungsberechtigte Ehegatte die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit erlangt hat. Auch im Falle des § 1231 Nr. 4 ist zwar der Ehegatte allein anfechtungsberechtigt, dagegen kann er die anfechtbare Ehe, solange er nicht die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit erlangt hat, nicht genehmigen (§§ 1233, 1235 Abs. 3);deshalb kann vorher auch nicht der Lauf der Präklusivfrist beginnen. Zu b. Der Antrag unter b beruht auf ähnlichen Erwägungen, wie der Antrag unter a (vergl. § 1592 verb. mit §§ 1 5 7 6 - 1 5 7 8 ) . Die Kommission erklärte sich gegen die Aufnahme der beantragten Zusätze. Die Mehrheit war der Ansicht, daß bei der großen Seltenheit der hier in Rede stehenden Fälle kein Bedürfniß vorliege, durch eine besondere Vorschrift Vorsorge zu treffen. (Prot. I, S. 1 2 1 4 8 - 1 2 1 5 0 )
C. 2. Kommission I. Prot. II, Bd. 4, S. 704 ff. (Mugdan, Bd. 4, S. 1038 ff.) 317. Sitzung vom 18. 4. 1894 | P II 4,704
| VII. Der Abschnitt II behandelt in den §§ 1583 bis 1600 die Legitimation durch Ehelichkeitserklärung. Zu § 1583 lagen die Anträge vor: 1. a) im Abs. 2 Satz 1 die Worte „von der Zeit derselben an" zu streichen; b) als Abs. 2 Satz 2 zu bestimmen: Die Wirkung tritt mit der Ehelichkeitserklärung ein; erfolgt die Ehelichkeitserklärung nach dem Tode des Vaters, so gilt sie als mit dem Tode des Vaters eingetreten. Struckmann 2. Die Vorschrift zu fassen: (Nr 133, 5) Ein uneheliches Kind kann auf Antrag seines Vaters durch eine Verfügung der Staatsgewalt f ü r ehelich erklärt werden. Durch die Ehelichkeitserklärung erlangt das Kind von der Zeit derselben an die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes seines Vaters. 704
8. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§§
1723—1740
Die Anträge bezweckten nach den Ausführungen der Antragsteller nur redaktionelle Abänderungen bezw. Ergänzungen des Entw. Die Komm, erklärte sich mit dem § 1583 sachlich einverstanden und überwies die Anträge der Red.Komm. VIII. Zu § 1584 lagen die Anträge vor: 1. den § 1584 in das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichts - Struckmann (Nr 133,6) barkeit zu verweisen; 2. den Satz 2 eventuell zu fassen: Im Uebrigen wird die Zuständigkeit zur Ehelichkeitserklärung durch die Landes regierung bestimmt. 3. den Satz 2 zu streichen. D e r § 1584 Satz 1 bestimmt: Die Ehelichkeitserklärung steht demjenigen Staate zu, welchem der Vater ange hört. Dem Antrag 1 wurde zunächst nicht stattgegeben. Antrag 3 wurde angenommen. | IX. Zu § 1585 lagen die Anträge vor: 1. die Vorschrift zu fassen: Die Ehelichkeitserklärung kann nur erfolgen, wenn der Vater das Kind in dem Antrag als das seinige anerkennt. 2. folgende Vorschriften zu beschließen: § 1585. Die Ehelichkeitserklärung kann nur auf Antrag des Vaters erfolgen; der Antrag gilt jedoch auch dann als vom Vater gestellt, wenn der Vater in einer Verfügung von Todeswegen den Wunsch ausspricht, daß das Kind für ehelich erklärt werde und das Kind nach dem T o d e des Vaters den Antrag stellt. § 1585 a. Die Ehelichkeitserklärung kann nur erfolgen, wenn der Vater in dem Antrag oder in der Verfügung von Todeswegen das Kind als das seinige anerkennt.
| P II 4, 705 Struckmann (Nr 133,7) v. Mandry (Nr 13114)
3. für den Fall, daß nach dem Antrage 2 die Ehelichkeitserklärung auf Grund Planck letztwilliger Verfügung für zulässig erklärt werden sollte, an geeigneter Stelle fol- (Nr 152) gende Vorschrift einzuschalten: Solange es ungewiß ist, ob die nach § 1585 in einer letztwilligen Verfügung des Vaters gewünschte Ehelichkeitserklärung erfolgt, wird das Kind in erbrechtlicher Beziehung wie ein als Leibes- | frucht zur Erbschaft berufenes Kind behandelt. Er- | P II 4,706 folgt die Ehelichkeitserklärung, so wird das Kind als ein in dem Zeitpunkte derselben geborenes eheliches Kind seines Vaters angesehen. Auf Antrag eines Betheiligten ist dem Kinde von dem Nachlaßgericht eine Frist zur Stellung des Antrags auf Ehelichkeitserklärung zu setzen. Wird der Antrag innerhalb dieser Frist nicht gestellt, so verliert das Kind das Recht, denselben zu stellen. Mit der Berathung über den § 1585 wurde die Berathung über den Antrag verbunden: 4. den § 1595 wie folgt zu fassen: Die Ehelichkeitserklärung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Vater nach der Stellung des Antrags stirbt oder geschäftsunfähig wird; es genügt, wenn er bei oder nach der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung des Antrags das Gericht oder den Notar mit der Einreichung des Antrags bei der zuständigen Behörde betraut hat. Erfolgt die Ehelichkeitserklärung nach dem T o d e des Vaters, so gilt ihre Wirkung als mit dem T o d e des Vaters eingetreten. 705
§§ 1723-1740 | P II 4, 707
2. Abschnitt: Verwandtschaft
| D i e M e h r h e i t lehnte d e n Antrag 2 ab und n a h m die A n t r ä g e 1 und 4 an. D e r A n t r a g 1 stimmt mit d e m E n t w . sachlich überein. Für die A b l e h n u n g des Antrags 2 und die A n n a h m e des A n t r a g s 4 w a r e n die o b e n z u r B e g r ü n d u n g des Antrags 4 d a r g e l e g t e n E r w ä g u n g e n maßgebend. D e r A n t r a g 3 w u r d e v o n d e m Antragsteller v o r l ä u f i g z u r ü c k g e z o g e n .
v. Mandry X . Z u § 1586, w e l c h e r die Ehelichkeitserklärung ausschließt, w e n n die E h e z w i (Nr. 13114 a) s e h e n d e m V a t e r u n d der Mutter des K i n d e s w e g e n V e r w a n d t s c h a f t o d e r S c h w ä g e r s c h a f t v e r b o t e n ist, lag der Antrag vor: | P II 4, 708
| n a c h den W o r t e n „nach den V o r s c h r i f t e n des § 1236" e i n z u s c h a l t e n „ N r . 1 bis 3". D i e K o m m , n a h m den § 1586 mit der beantragten E i n s c h r ä n k u n g widerspruchslos an.
v. Mandry (Nr 13115)
Struckmann (Nr 133, 8)
Jacubezky (Nr 153, 1)
X I . Z u § 1587 l a g e n die Anträge v o r : 1. die V o r s c h r i f t z u fassen: Zur Ehelichkeitserklärung ist die E i n w i l l i g u n g des Kindes, der Mutter des K i n d e s u n d , w e n n der V a t e r verheirathet ist, der Frau des Vaters erforderlich. H a t das Kind das f ü n f u n d z w a n z i g s t e Lebensjahr z u r ü c k g e l e g t , s o ist die Einwillig u n g der Mutter nicht erforderlich; wird bei e i n e m Kinde, w e l c h e s das f ü n f u n d z w a n z i g s t e Lebensjahr n o c h nicht z u r ü c k g e l e g t hat, die Einwilligung v e r w e i g e r t , s o k a n n sie, w e n n die V e r w e i g e r u n g das Interesse des Kindes g e f ä h r d e t , durch das V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t ersetzt werden. D i e E i n w i l l i g u n g der Mutter des K i n d e s und der Frau des Vaters ist nicht erforderlich, w e n n dieselben z u r Abgabe einer Erklärung dauernd außer S t a n d e sind o d e r w e n n ihr A u f e n t h a l t s o r t dauernd unbekannt ist. 2. f o l g e n d e F a s s u n g z u beschließen: Z u r Ehelichkeitserklärung ist die Einwilligung des Kindes und, w e n n die Mutter desselben n o c h am Leben ist, deren E i n w i l l i g u n g erforderlich. Ist der V a t e r des K i n d e s verheirathet, s o bedarf es auch der Einwilligung seiner Frau. D i e E i n w i l l i g u n g der Mutter oder der Frau ist nicht erforderlich, w e n n die Mutter o d e r die Frau n a c h Feststellung des V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t s zur A b g a b e einer Erklärung dauernd a u ß e r Stande o d e r ihr A u f e n t h a l t dauernd u n b e k a n n t ist. D e r Einwillig u n g der M u t t e r bedarf es auch dann nicht, w e n n das Kind das f ü n f u n d z w a n z i g s t e Lebensjahr v o l l e n d e t hat. W i r d die E i n w i l l i g u n g v o n der M u t t e r verweigert, s o kann sie auf A n t r a g des K i n d e s durch das V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t ersetzt w e r d e n , w e n n die Ehelichkeitserklärung im o f f e n b a r e n Interesse des K i n d e s liegt. 3. im A n t r a g 1 d e n S c h l u ß des Abs. 2 z u fassen: . . . s o kann sie durch das V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t ersetzt w e r d e n , w e n n die V e r w e i g e r u n g d e m K i n d e z u unverhältnißmäßigem N a c h t h e i l e g e r e i c h e n w ü r d e . E n t s p r e c h e n d den A n t r ä g e n 1 und 2 w u r d e die Einwilligung der M u t t e r für erforderlich erklärt. Im übrigen w u r d e A n t r a g 3 a n g e n o m m e n .
| P II 4, 710 v. Mandry (Nr 13116)
| X I I . Zu § 15 8 8 lagen die Anträge vor: 1. die V o r s c h r i f t z u fassen: D e r A n t r a g auf Ehelichkeitserklärung s o w i e die Einwilligung des K i n d e s , der M u t t e r des K i n d e s u n d der Ehefrau des V a t e r s k ö n n e n n i c h t . . . Ist j e d o c h das Kind g e s c h ä f t s u n f ä h i g o d e r hat es . . .
706
8. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§§ 1723-1740
2. folgende Fassung zu beschließen: Struckmann D e r Antrag des Vaters sowie die Einwilligung der im § 1587 bezeichneten Perso- (Nr 133, 9) nen kann nicht durch einen Vertreter erfolgen. Ist jedoch das Kind geschäftsunfähig oder hat es das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet, so kann der gesetzliche Vertreter des Kindes f ü r dasselbe die Einwilligung ertheilen. Die Anträge w u r d e n gebilligt. XIII. Zu § 1589 lag der Antrag vor, den Abs. 1 und den Satz 1 des Abs. 2 zu Struckmann fassen: (Nr 133,10) Ist der Vater in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er zu dem Antrag auf Ehelichkeitserklärung, außer der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters, der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Auch das Kind bedarf, wenn es in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, zur Ertheilung seiner Einwilligung, außer der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters, der G e n e h m i g u n g des Vormundschaftsgerichts. D e r Antrag w u r d e der Red.Komm, überwiesen. Gegen die Vorschrift selbst erhob sich kein Widerspruch. XIV. Z u § 1590 lag der Antrag vor, die Vorschrift zu fassen: Struckmann Ist die Mutter des Kindes oder die Frau 1 6 des Vaters in der Geschäftsfähigkeit (Nr 133,11) beschränkt, so bedarf sie z u r Ertheilung ihrer Einwilligung nicht der Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters. D e r Antrag w u r d e in Konsequenz des zu § 1587 gefaßten Beschlusses angenom| XV. Z u § 1591 lagen die Anträge vor: 1. die Vorschrift zu fassen: D e r Antrag des Vaters und die Einwilligung der im § 1587 bezeichneten Personen bedürfen der gerichtlichen o d e r notariellen Form. Die Einwilligung muß dem Vater gegenüber erklärt werden; sie ist unwiderruflich. 2. den Satz 1 zu fassen: D e r Antrag auf Ehelichkeitserklärung sowie die Einwilligung des Kindes, der Mutter des Kindes und der Ehefrau des Vaters bedürfen der gerichtlichen oder notariellen Form. 3. den Satz 2 zu fassen: Die Einwilligung . . . kann dem Vater oder der Behörde gegenüber erklärt werden, bei welcher der Antrag einzureichen ist: sie ist unwiderruflich. 1 7 D e r § 1 5 9 1 w u r d e in sachlicher Beziehung nur insofern beanstandet, als nach dem Satze 2 die Einwilligung stets dem V a t e r gegenüber erklärt werden muß. D e r Antrag 3 will auch die Einwilligung gelten lassen, welche gegenüber der z u r Ertheilung der Legitimation zuständigen Behörde erklärt wird. Hiermit erklärte sich die Komm, aus den in der Zus. d. gutachtl. Aeuß. IV S. 451 mitgetheilten G r ü n d e n einverstanden. (Vergl. auch § 797 Satz 3 des Entw. II). XVI. D e r § 1592, nach welchem die Ehelichkeitserklärung Gnadensache ist, w u r d e nicht beanstandet. Z u § 1593 lagen die Anträge vor:
16 17
Nach einem Antrag (Nr. 131 I, 7) von v. Mandry sollte es heißen: „Ehefrau". Zur Begründung wies Jacubezky auf § 797 Satz 3 II. Lesung, Gutachten IV, S. 451 hin. 707
| P II 4, 711 Struckmann (Nr 133,12)
v. Mandry (Nr 13118)
Jacubezky (Nr 153,2)
§§ 1723-1740
2. Abschnitt: Verwandtschaft
1. die Vorschrift zu fassen: Eine Ehelichkeitserklärung ist unwirksam, wenn ein gesetzliches Erforderniß fehlt. Die Unwirksamkeit kann jedoch nicht darauf gegründet werden, daß der Antragsteller nicht der wirkliche Vater sei. Jacubezky 2. hierzu der Unterantrag, den Satz 2 zu fassen: (Nr 153, 3) Die Unwirksamkeit kann jedoch nicht darauf gegründet werden, daß der Antragsteller nicht der wirkliche Vater des Kindes oder daß eine Verhinderung der Mutter des Kindes oder der Frau des Vaters an der Erklärung über die Einwilligung oder die Unbekanntheit ihres Aufenthalts zu Unrecht als dauernd angesehen worden sei. Die Komm, nahm den § 1593 seinem sachlichen Inhalte nach an. Gegen den von dem Antragsteller zu 2 vorgeschlagenen Zusatz erhob sich kein Widerspruch.
Struckmann (Nr 133, 13)
XVII. Der § 1594 wurde nicht beanstandet. 18 XVIII. Zu § 1595 lagen die Anträge vor: v. Mandry (Nr 131 19)
1. die Vorschrift zu streichen; 2. die Vorschrift nach dem auf S. 706 mitgetheilten Antrage zu fassen. Der Antrag auf Streichung der Vorschrift wurde von dem Antragsteller nicht aufrechterhalten. Der Satz 1 des Antrags 2 ist zu einem Theile schon durch den zu § 1585 (oben unter IX) gefaßten Beschluß erledigt. Die Komm, war jedoch einig darüber, daß, was dort hinsichtlich des Todes des Legitimirenden beschlossen sei, auch für den Fall der Geschäftsunfähigkeit gelten müsse.
| P II 4 , 7 1 2
| Gegen den Satz 2 des Antrags 2 erhob sich kein sachlicher Widerspruch. Die Red.Komm, soll jedoch erwägen, ob sich der Inhalt des Satzes 2 nicht schon aus allgemeinen Grundsätzen ergiebt und deshalb zu streichen ist. Die Berathung der Frage, ob, wie der § 1595 vorschreibt, die Ehelichkeitserklärung unwirksam sein soll, wenn das Kind vor derselben gestorben ist, wurde bis zur nächsten Sitzung verschoben.
318. Sitzung vom 23. 4. 1894 I. Im § 1595 ist bestimmt, daß die Ehelichkeitserklärung unwirksam ist, wenn das Kind vor derselben gestorben i s t . . . . Die Komm, billigte sachlich den Entw. und überwies die Prüfung der Frage, ob die Bestimmung etwa als selbstverständlich und daher entbehrlich zu streichen sei, der Red.Komm. IP II 4, 713 Struckmann (Nr 133,15)
| II. Zu § 1596 lagen die Anträge vor: 1. die Vorschrift zu fassen: Die Wirkungen der Ehelichkeitserklärung erstrecken sich auch auf die Abkömmlinge des Kindes. Ein Verwandtschaftsverhältniß zwischen dem Kinde und den Verwandten des Vaters sowie ein Schwägerschaftsverhältniß zwischen dem Kinde und der Frau des Vaters oder zwischen dem Ehegatten des Kindes und dem Vater wird nicht durch die Ehelichkeitserklärung begründet.
18
V o n Struckmann lag der Antrag Nr. 133, 14 vor: den § 1594 zu fassen: „Eine Ehelichkeitserklärung ist unwirksam, wenn sie unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgt ist."
708
8. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§ § 1723—1740
Die aus der Verwandtschaft sich ergebenden Rechte und Pflichten zwischen dem Kinde und dessen Verwandten bleiben unberührt, soweit sich nicht aus dem Gesetz ein Anderes ergiebt. 2. den Satz 2 des Abs. 1 zu fassen: Jacubezky Das Kind und dessen Abkömmlinge treten auch in ein Verwandtschaftsverhältniß (Nr 153, 5) zu den Abkömmlingen des Vaters, dagegen nicht zu den übrigen Verwandten desselben. A. Der Antrag 1 hat nur redaktionelle Bedeutung; der Antrag 2 wurde abgelehnt. Der Antrag 2 will in Abänderung des Entw. durch die Ehelichkeitserklärung ein verwandtschaftliches Verhältniß zwischen den ehelichen Kindern und dem für ehelich erklärten Kinde entstehen lassen. | B. Der Antrag 2 weicht ferner darin von dem Entw. ab, daß derselbe ein Schwä- | P II 4, 714 gerschaftsverhältniß zwischen dem Kinde und der Frau des Vaters oder zwischen dem Ehegatten des Kindes und dem Vater entstehen läßt, während der Entw. dies ausdrücklich ausschließt. — Der Antrag wurde auch insoweit abgelehnt. III. Zu § 1597 war beantragt : 1. den Satz 2 zu fassen: Ist der Vater gestorben oder hat er die elterliche Gewalt verloren oder ist er an der Ausübung derselben dauernd verhindert, so kann der Mutter auf ihren Antrag die Sorge f ü r die Person des Kindes durch das Vormundschaftsgericht wieder übertragen werden, wenn dies den Interessen des Kindes entspricht. | 2. dem Satze 2 hinzuzufügen: | P II 4, 715 v. Mandry es sei denn, daß die Mutter dem Kinde den Unterhalt zu gewähren hat. (Nr 131 I 10) A. Gegen den Satz 1 des § 1597 erhob sich kein Widerspruch. B. Zu dem Satze 2 wurde der Antrag 2, zunächst eventuell gegenüber dem Antrag 1, und sodann endgültig angenommen. | V . Z u § 1598 lag der lediglich redaktionelle Antrag vor: |P II 4, 716 die Vorschrift zu fassen: Struckmann Für die Gewährung des Unterhalts an das Kind und dessen Abkömmlinge haftet (Nr 133,17) der Vater vor der Mutter und den sonstigen Verwandten des Kindes. Sachlich wurde der § 1598 von keiner Seite beanstandet. VI. Zu § 1599 lag der Antrag vor: v. Mandry (Nr 136, 11) die Vorschrift zu streichen und a) den Eingang des § 1548 zu fassen: Wenn der Vater während der Dauer der elterlichen Gewalt eine Ehe schließt, so hat er . . . | b ) im § 1242 der Vorl.Zust. die Verweisung auf den § 1599 und den Abs. 3 des | P II 4, 717 § 1623 zu streichen. Die Erörterung ergab, daß eine sachliche Aenderung des Entw. nicht beabsichtigt war. Die Komm, billigte sachlich den § 1599 und überwies der Red.Komm die P r ü f u n g der Frage, ob der § 1599 durch eine veränderte Fassung des § 1548 entbehrlich gemacht werden könne. VILWeiter gelangte ein Antrag zur Berathung, als § 1599 a zu beschließen: Ist der Vater minderjährig, so findet die Vorschrift des § 1554 Abs. 2 Satz 2 der Vorl. Zust. auf ihn entsprechende Anwendung. Der Antrag wurde abgelehnt. 709
§ § 1723 — 1740
2. Abschnitt: Verwandtschaft
| P II 4,718 | VIII. Zu § 1600 war beantragt, die Vorschrift zu fassen: Struckmann Ist der Antrag des Vaters auf die Ehelichkeitserklärung oder die Einwilligung (Nr 133,18) einer der im § 1587 bezeichneten Personen anfechtbar, so finden auf die Anfechtung und auf die Bestätigung des Antrags oder der Einwilligung die Vorschriften der §§ 1588 bis 1590 entsprechende Anwendung. Ein sachlicher Widerspruch wurde gegen den Entw. nicht erhoben. E I-VorlZust « 1583
II. Fassung der Regelung in der
VorlZust:
§ 1583. Ein uneheliches Kind kann auf Antrag seines Vaters durch eine Verfügung der Staatsgewalt f ü r ehelich erklärt werden. Durch die Ehelichkeitserklärung erlangt das Kind von der Zeit derselben an die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes seines Vaters.
E I-VorlZust § 1584.*' Die Ehelichkeitserklärung steht demjenigen Staate zu, welchem der % 1584 Vater angehört. *) Es bleibt vorbehalten, bei der Berathung des internationalen Privatrechts zu prüfen, ob der § 1584 durch die dort zu treffenden Vorschriften entbehrlich wird und ob durch diese auch solche Fälle gedeckt werden, in welchen ein Reichsangehöriger keinem deutschen Staate angehört. E I-VorlZust § 1585. Die Ehelichkeitserklärung kann nur erfolgen, wenn der Vater in dem § 1585 Antrage das Kind als das seinige anerkennt. E I-VorlZust § 1586. Die Ehelichkeitserklärung kann nicht erfolgen, wenn die Ehe zwischen % 1586 dem Vater und der Mutter des Kindes zur Zeit der Erzeugung des letzteren nach den
Vorschriften des § 1236 Ziffer 1 bis 3 wegen Verwandtschaft oder Schwägerschaft nicht geschlossen werden konnte. E I-VorlZust § 1587. Zur Ehelichkeitserklärung ist die Einwilligung des Kindes, der Mutter des % 1587 Kindes und, wenn der Vater verheirathet ist, der Ehefrau des Vaters erforderlich.
Wird die Einwilligung von der Mutter verweigert, so kann sie auf Antrag des Kindes durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden, wenn das Unterbleiben der Ehelichkeitserklärung dem Kinde zum unverhältnißmäßigen Nachtheile gereichen würde. Der Einwilligung der Mutter bedarf es nicht, wenn das Kind das fünfundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat. Die Einwilligung der Mutter des Kindes und der Ehefrau des Vaters ist nicht erforderlich, wenn dieselben zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande sind oder wenn ihr Aufenthaltsort dauernd unbekannt ist. E I-VorlZust § 1588. Der Antrag auf Ehelichkeitserklärung sowie die Einwilligung des Kindes, % 1588 der Mutter des Kindes und der Ehefrau des Vaters kann nicht durch einen Vertreter
erfolgen. Ist jedoch das Kind geschäftsunfähig oder hat es das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet, so kann der gesetzliche Vertreter des Kindes f ü r dasselbe die Einwilligung ertheilen. E I-VorlZust § 1589. Ist der Vater in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er zu dem « 1589 Antrage auf Ehelichkeitserklärung, außer der Einwilligung seines gesetzlichen Ver-
treters, der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Auch das Kind bedarf, wenn es in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, zur Ertheilung seiner Einwilligung außer der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters, der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ist auch in dem Falle des § 1588 Satz 2 erforderlich. 710
8. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§ § 1723— 1740
§ 1590. Ist die Mutter des Kindes oder die Frau des Vaters in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf sie zur Ertheilung ihrer Einwilligung nicht die Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters.
E I-VorlZust
§ 1591. Der Antrag auf Ehelichkeitserklärung sowie die Einwilligung des Kindes, der Mutter des Kindes und der Ehefrau des Vaters bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form. Die Einwilligung kann dem Vater oder der Behörde gegenüber erklärt werden, bei welcher der Antrag einzureichen ist; sie ist unwiderruflich.
E I-VorlZust
§ 1592. Die Ehelichkeitserklärung kann versagt werden, auch wenn ihr ein gesetzliches Hinderniß nicht entgegensteht.
E I-VorlZust § 1592
§ 1593. Eine Ehelichkeitserklärung ist unwirksam, wenn ein gesetzliches Erforderniß fehlt. Die Unwirksamkeit wird jedoch nicht dadurch begründet, daß der Antragsteller nicht der wirkliche Vater des Kindes oder daß mit Unrecht angenommen ist, daß die Mutter des Kindes oder die Ehefrau des Vaters zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande oder ihr Aufenthaltsort dauernd unbekannt sei.
E I-VorlZust
§ 1594. Eine Ehelichkeitserklärung ist unwirksam, wenn sie unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgt ist.
E I-VorlZust § 1594
§ 1595. Die Ehelichkeitserklärung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Vater nach der Stellung des Antrags stirbt (oder geschäftsunfähig wird); es genügt, wenn er bei oder nach der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung des Antrags das Gericht oder den Notar mit der Einreichung des Antrags bei der zuständigen Behörde betraut hat. Erfolgt die Ehelichkeitserklärung nach dem T o d e des Vaters, so gilt ihre Wirkung (in Ansehung des Anfalls) als schon vor dem Erbfalle eingetreten. Die Ehelichkeitserklärung ist unwirksam, wenn das Kind vor derselben gestorben ist.
E I-VorlZust U595
§ 1596. Die Wirkungen der Ehelichkeitserklärung erstrecken sich auch auf die Abkömmlinge des Kindes. Ein Verwandtschaftsverhältniß zwischen dem Kinde und den Verwandten des Vaters sowie ein Schwägerschaftsverhältniß zwischen dem Kinde und der Frau des Vaters oder zwischen dem Ehegatten des Kindes und dem Vater wird nicht durch die Ehelichkeitserklärung begründet. Die aus der Verwandtschaft sich ergebenden Rechte und Pflichten zwischen dem Kinde und dessen Verwandten bleiben unberührt, soweit sich nicht aus dem Gesetz ein Anderes ergiebt.
E I-VorlZust S 1596
§ 1597. Durch die Ehelichkeitserklärung wird das Recht und die Pflicht der Mutter, für die Person des Kindes zu sorgen, aufgehoben. Dieses Recht und diese Pflicht tritt auch dann nicht wieder ein, wenn die elterliche Gewalt des Vaters beendigt oder auf die elterliche Nutznießung beschränkt ist, es sei denn, daß die Mutter dem Kinde den Unterhalt zu gewähren hat. — Oder statt des zweiten Satzes im Anschluß zu dem Beschlüsse zu § 1626: Ist die elterliche Gewalt des Vaters beendet oder ruht sie in der Weise, daß der Vater auch die Sorge für die Person des Kindes nicht ausüben kann, so steht diese mit Ausschluß der Vertretung der Mutter zu, wenn sie dem Kindes den Unterhalt zu gewähren hat.
E I-VorlZust §1597
§ 1598. Für die Gewährung des Unterhalts an das Kind und dessen Abkömmlinge haftet der Vater vor der Mutter und den sonstigen Verwandten des Kindes.
E I-VorlZust % 1598
711
§ 1590
S 1591
S 1593
§§ 1 7 2 3 - 1 7 4 0 E I-VorlZust § 1599
2. Abschnitt: Verwandtschaft
§ 1599.*' Will der Vater nach der Ehelichkeitserklärung eine Ehe schließen, so finden, wenn er die elterliche Gewalt über das Kind hat, die Vorschriften der §§ 1548 bis 1552 entsprechende Anwendung. *) D e r Redaktionskommission bleibt die Prüfung der Frage überlassen, ob der § 1599 durch eine veränderte Fassung des $ 1548 entbehrlich gemacht werden kann.
E I-VorlZust
§ 1600. Ist der Antrag des Vaters auf Ehelichkeitserklärung oder die Einwilligung % 1600 einer der im § 1587 bezeichneten Personen anfechtbar, so finden auf die Anfechtung und auf die Bestätigung des Antrags oder der Einwilligung die Vorschriften der §§ 1588 bis 1590 entsprechende Anwendung. III. Fassung der Regelung in der
ZustRedKom:
% 1583 entspricht § 1610 E II. § 1584 vergi. § 1583 Abs. 1 Satz 2. § 1585 entspricht § 1611 E I L § 1586 entspricht S 1612 E II. I 1587 entspricht § 1613 E II. § 1588 entspricht § 1614 E II. § 1589 entspricht § 1615 E II. § 1590 vergi. § 1589 Abs. 3. E I-ZustRed§ 1591. Der Antrag auf Ehelichkeitserklärung sowie die Einwilligung der im Kom § 1587 bezeichneten Personen bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form. Die § 1591 Einwilligung kann dem Vater oder der Behörde gegenüber erklärt werden, bei welcher der Antrag einzureichen ist; sie ist unwiderruflich. § § § § § § § S § §
1592 entspricht § 1618 E II. 1592 a entspricht § 1619 E II. 1593 entspricht § 1620 E II. 1594 vergi. § 1592 Abs. 2. 1595 vergi. § 1592 a. 1596 entspricht § 1621 E I L 1597 entspricht § 1622 E II. 1598 entspricht § 1623 E II. 1599 entspricht § 1624 E II. 1600 entspricht § 1617 E II.
IV. 1. Fassung der Regelung im E II: II. Legitimation durch Ehelichkeitserklärung. E II §1610
§1610. Ein uneheliches Kind kann auf Antrag seines Vaters durch eine V e r f ü gung der Staatsgewalt f ü r ehelich erklärt werden. Die Ehelichkeitserklärung steht dem Staate zu, welchem der Vater angehört. Mit der Ehelichkeitserklärung erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes. 19
E II §1611
§1611. Die Ehelichkeitserklärung kann nur erfolgen, wenn der Vater das Kind in dem Antrag als das seinige anerkannt hat. 20 Anm. im Original: Es bleibt vorbehalten, bei der Berathung des internationalen Privatrechts zu prüfen, ob der § 1610 Abs. 1, Satz 2 durch die dort zu treffenden Vorschriften entbehrlich wird und ob durch diese Vorschriften auch solche Fälle gedeckt werden, in welchen ein Reichsangehöriger keinem Bundesstaat angehört. In der ZustRedKom. heißt es: „als das seinige anerkennt."
712
8. Titel: Legitimation unehelicher Kinder
§ § 1723—1740
§ 1612. Die Ehelichkeitserklärung ist nicht zulässig, wenn zur Zeit der Erzeugung des Kindes eine Ehe zwischen den Eltern nach § 1216 Abs. 1 wegen Verwandtschaft oder Schwägerschaft verboten war.
E II § 1612
§ 1613. Zur Ehelichkeitserklärung ist die Einwilligung des Kindes, der Mutter des E II § 1613 Kindes und, wenn der Vater verheirathet ist, der Frau des Vaters erforderlich. Der Einwilligung der Mutter bedarf es nicht, wenn das Kind das fünfundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat. Wird die Einwilligung von der Mutter verweigert, so kann sie auf Antrag des Kindes durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden, wenn das Unterbleiben der Ehelichkeitserklärung dem Kinde zu unverhältnißmäßigem Nachtheile gereichen würde. Die Einwilligung der Mutter ist nicht erforderlich, wenn die Mutter zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande oder ihr Aufenthalt dauernd unbekannt ist. Das Gleiche gilt von der Einwilligung der Frau des Vaters. §1614. Der Antrag auf Ehelichkeitserklärung sowie die Einwilligung der im § 1613 bezeichneten Personen kann nicht durch einen Vertreter erfolgen. Ist jedoch das Kind geschäftsunfähig oder hat es das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet, so kann sein gesetzlicher Vertreter die Einwilligung mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ertheilen.
Ell§1614
§ 1615. Ist der Vater in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er zu dem E II § 1615 Antrag auf Ehelichkeitserklärung, außer der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Ist das Kind in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so gilt das Gleiche für die Ertheilung seiner Einwilligung. Ist die Mutter des Kindes oder die Frau des Vaters in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist zur Ertheilung ihrer Einwilligung die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nicht erforderlich. § 1616. Der Antrag auf Ehelichkeitserklärung sowie die Einwilligung der im § 1613 bezeichneten Personen bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form. Die Einwilligung ist dem Vater oder der Behörde gegenüber zu erklären, bei welcher der Antrag einzureichen ist; die Erklärung ist unwiderruflich.
Ell§1616
§ 1617. Für die Anfechtung des Antrags auf Ehelichkeitserklärung und der Ein- E II § 1617 willigung der im § 1613 bezeichneten Personen sowie für die Bestätigung einer anfechtbaren Erklärung dieser Art gelten die Vorschriften der §§ 1614, 1615. § 1618. Die Ehelichkeitserklärung kann versagt werden, auch wenn ihr ein ge- E II § 1618 setzliches Hinderniß nicht entgegensteht. Die Ehelichkeitserklärung kann nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgen. § 1619. Die Ehelichkeitserklärung kann nicht nach dem Tode des Kindes erfol- E II § 1619 gen. Nach dem Tode des Vaters ist die Ehelichkeitserklärung nur zulässig, wenn der Vater den Antrag auf Ehelichkeitserklärung bei der zuständigen Behörde eingereicht oder bei oder nach der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung des Antrags das Gericht oder den Notar mit der Einreichung betraut hatte. Die nach dem Tode des Vaters erfolgte Ehelichkeitserklärung hat die gleiche 21 Wirkung, wie wenn sie vor dem Tode des Vaters erfolgt wäre. 21
In der ZustRedKom. heißt es: „dieselbe". 713
§§ 1723-1740
2. Abschnitt: Verwandtschaft
E II § 1620
§ 1620. Die Ehelichkeitserklärung ist unwirksam, wenn ein gesetzliches Erforderniß fehlt. Auf die Wirksamkeit der Ehelichkeitserklärung ist es jedoch ohne Einfluß, wenn der Antragsteller nicht der wirkliche Vater des Kindes oder wenn mit Unrecht angenommen worden ist, daß die Mutter des Kindes oder die Frau des Vaters zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande oder ihr Aufenthalt dauernd unbekannt sei. E II § 1621 § 1621. Die Wirkungen der Ehelichkeitserklärung erstrecken sich auf die Abkömmlinge des Kindes, nicht auf die Verwandten des Vaters. Die Frau des Vaters ist nicht mit dem Kinde, der Ehegatte des Kindes ist nicht mit dem Vater verschwägert. Die zwischen dem Kinde und seinen Verwandten durch die Verwandtschaft begründeten Rechte und Pflichten bleiben unberührt, soweit sich nicht aus dem Gesetz ein Anderes ergiebt. EII§ 1622 § 1622. Durch die Ehelichkeitserklärung verliert die Mutter das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen. Hat sie dem Kinde den Unterhalt zu gewähren, so treten Recht und Pflicht wieder ein, wenn die elterliche Gewalt des Vaters beendet ist oder in der Weise ruht, daß ihm auch die Sorge für die Person des Kindes nicht zusteht. E II § 1623
§ 1623. Der Vater ist dem Kinde und dessen Abkömmlingen vor der Mutter und den mütterlichen Verwandten zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet.
E II § 1624
§ 1624. Will der Vater eine Ehe eingehen, während er die elterliche Gewalt über das Kind hat, so finden die Vorschriften der §§ 1560 bis 1562 Anwendung.
| P II 6, 304
Dittmar (Nr 85,1) | P II 6, 305
2. Revision des E II: | XIV. Zu den §§ 1610, 1626 lag der Antrag vor: 1. dem § 1610 in der Fassung, welche er durch Nr. 78 der dem V. und VI. Buch des Entw. II beigefügten Aenderungen und Berichtigungen erhalten hat, als Abs. 3 beizufügen: Ueber die Ertheilung der einem Bundesstaate zustehenden Bewilligung hat die Landesregierung zu bestimmen. |2. dem § 1626 in der Fassung, welche er durch Nr. 80 der vorbezeichneten Aenderungen und Berichtigungen erhalten hat, als Abs. 4 dieselbe Bestimmung, wie unter 1 beantragt, beizufügen. Der Antrag wurde angenommen. V. Fassung der Regelung im E Ilrev. (E III) § § § § § § § § § § § § § 714
1701 E 1702 E 1703 E 1704 E 1705 E 1706 E 1707 E 1708 E 1709 E 1710 E 1711 E 1712 E 1713 E
II II II II II II II II II II II II II
rev. rev. rev. rev. rev. rev. rev. rev. rev. rev. rev. rev. rev.
(§ (§ (§ (§ (§ (§ (§ (§ (§ (§ (§ (§ (§
1699 E 1700 E 1701 E 1702 E 1703 E 1704 E 1705 E 1706 E 1707 E 1708 E 1709 E 1710 E 1711 E
III) III) III) III) III) III) III) III) III) III) III) III) III)
entspricht entspricht entspricht entspricht entspricht entspricht entspricht entspricht entspricht entspricht entspricht entspricht entspricht
§ 1723 BGB. § 1724 BGB. § 1725 BGB. § 1726 BGB. § 1727 BGB. § 1728 BGB. § 1729 BGB. § 1730 BGB. § 1731 BGB. § 1732 BGB. § 1733 BGB. § 1734 BGB. § 1735 BGB.
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
S § s § §
1714 E 1715 E 1716 E 1717 E 1718 E
II rev. (§ II rev. (S II rev. (§ II rev. (§ II rev. (S
1712 E 1713 E 1714 E 1715 E 1716 E
III) III) III) III) III)
entspricht entspricht entspricht entspricht entspricht
§ § § § §
1736 1737 173 8 1739 1740
§ § 1741 — 1772
BGB. BGB. BGB. BGB. BGB.
ACHTER TITEL Annahme an Kindesstatt § 1741 Wer keine ehelichen Abkömmlinge hat, kann durch Vertrag mit einem Anderen diesen an Kindesstatt annehmen. Der Vertrag bedarf der Bestätigung durch das zuständige Gericht. TE-FamR SS 426 Abs. 1, 429, 431; 414; 427; 429; K E SS 1565 Abs. 1, 3, 1566, 1581; E I SS 1601 Abs. 2, 1602 Satz 1, 1617 Satz 1; E l l §S 1625 Abs. 1, 1631 Satz 1, 1632 Abs. 1 Satz 1; E II rev. § 1719; E III § 1717. - Prot. I, 7951, 7993; Prot. II 4, 718,724. § 1742 Die Annahme an Kindesstatt kann nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgen. TE-FamR § 425; K E § 1579; E I §1615; E l l § 1630; E l l rev. § 1720; E III S 1718. - Prot. I, 7982; Prot. II 4, 724. § 1743 Das Vorhandensein eines angenommenen Kindes steht einer weiteren Annahme an Kindesstatt nicht entgegen. TE-FamR § 414; KE § 1566 Satz 2; E I § 1602 Satz 2; E II § 1625 Abs. 2; E II rev. S 1721; E I I I S 1719. - Prot. I, 7954; Prot. 114,719. § 1744 Der Annehmende muß das fünfzigste Lebensjahr vollendet haben und mindestens achtzehn Jahre älter sein als das Kind. TE-FamR §§ 414, 415, 418; K E SS 1567, 1568; E I SS 1603 Abs. 1, 1604 Abs. 1; E II S 1626 Abs. 2; E II rev. § 1722; E III § 1720. - Prot. I, 7954, 7963; Prot. II 4, 720. § 1745 Von den Erfordernissen des § 1744 kann Befreiung bewilligt werden, von der Vollendung des fünfzigsten Lebensjahres jedoch nur, wenn der Annehmende volljährig ist. 715
§§ 1 7 4 1 - 1 7 7 2
2. Abschnitt: Verwandtschaft
Die Bewilligung steht dem Bundesstaate zu, dem der Annehmende angehört; ist der Annehmende ein Deutscher, der keinem Bundesstaate angehört, so steht die Bewilligung dem Reichskanzler zu. Ueber die Ertheilung der einem Bundesstaate zustehenden Bewilligung hat die Landesregierung zu bestimmen. TE-FamR §§414, 415, 418; KE §§ 1567—1569; E I §§ 1603 Abs. 2, 1604 Abs. 2, 1605; E II § 1626 Abs. 2, 3; E II rev. § 1723; E III § 1721. - Prot. I, 7955, 7963; Prot. II 4, 718; Bd. 6, 67, 304 (oben S. 714). § 1746 Wer verheirathet ist, kann nur mit Einwilligung seines Ehegatten an Kindesstatt annehmen oder angenommen werden. Die Einwilligung ist nicht erforderlich, wenn der Ehegatte zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist. TE-FamR §§ 416 Abs. 2, 420; KE §§ 1570, 1573, 1575; E I §§ 1606, 1609, 1611 Satz 1; E II § 1627; E II rev. § 1724; E III § 1722. - Prot. I, 7958, 7965; Prot. II 4, 721. § 1747 Ein eheliches Kind kann bis zur Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahrs nur mit Einwilligung der Eltern, ein uneheliches Kind kann bis zum gleichen Lebensalter nur mit Einwilligung der Mutter an Kindesstatt angenommen werden. Die Vorschrift des § 1746 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung. TE-FamR § 421; K E §§ 1574, 1575; E I §§ 1610, 1611 Satz 1 ; E II § 1629; E II rev. § 1725; E III § 1723. - Prot. I, 7966 ff.; Prot. 114,721. § 1748 Die Einwilligung der in den §§ 1746,1747 bezeichneten Personen hat dem Annehmenden oder dem Kinde oder dem für die Bestätigung des Annahmevertrags zuständigen Gerichte gegenüber zu erfolgen; sie ist unwiderruflich. Die Einwilligung kann nicht durch einen Vertreter ertheilt werden. Ist der Einwilligende in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters. Die Einwilligungserklärung bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung. TE-FamR §§ 424, 426; K E §§ 1578, 1580; E I §§ 1614, 1616 Abs. 2; E II § 1636; E II rev. § 1726; E III § 1724. - Prot. I, 7980; Prot. II 4, 724; Bd. 5, 443 (Beratung, Allg. Teil, S. 679). § 1749 Als gemeinschaftliches Kind kann ein Kind nur von einem Ehepaar angenommen werden. Ein angenommenes Kind kann, solange das durch die Annahme begründete Rechtsverhältniß besteht, nur von dem Ehegatten des Annehmenden an Kindesstatt angenommen werden. 716
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1772
TE-FamR §§ 416, 419; KE §§ 1571, 1572; E I §§ 1607, 1608; E II § 1628; E II rev. § 1727; E III § 1725. - Prot. I, 7958 ff.; Prot. II 4, 721. § 1750 Der Annahmevertrag kann nicht durch einen Vertreter geschlossen werden. Hat das Kind nicht das vierzehnte Lebensjahr vollendet, so kann sein gesetzlicher Vertreter den Vertrag mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts schließen. Der Annahmevertrag muß bei gleichzeitiger Abwesenheit beider Theile vor Gericht oder vor einem Notar geschlossen werden. TE-FamR §§ 422, 423 i. V. m. 417, 426; KE §§ 1576, 1577, 1580; E I §§ 1612, 1613 Abs. 1 u. 2, 1616 Abs. 1; E II § 1631 Satz 2, 1633, 1634; E l l rev. §§ 1728, 1729; E III §§ 1726, 1727. - Prot. I, 7972; Prot. II 4, 722, 724, 726; Bd. 5, 443 (Beratung, Allg. Teil, S. 679). § 1751 Ist der Annehmende in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er zur Eingehung des Vertrags, außer der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Das Gleiche gilt für das Kind, wenn es in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist. TE-FamR §§ 422, 423 i. V. m. 417, 426; KE §§ 1576, 1577, 1580; E I §§ 1612, 1613 Abs. 1 u. 2, 1616 Abs. 1; E II § 1631 Satz 2, 1633, 1634, E II rev. §§ 1728, 1729; E III §§ 1726, 1727. - Prot. I, 7972; Prot. II 4, 722, 724, 726; Bd. 5, 443 (Beratung, Allg. Teil, S. 679). § 1752 Will ein Vormund seinen Mündel an Kindesstatt annehmen, so soll das Vormundschaftsgericht die Genehmigung nicht ertheilen, solange der Vormund im Amte ist. Will Jemand seinen früheren Mündel an Kindesstatt annehmen, so soll das Vormundschaftsgericht die Genehmigung nicht ertheilen, bevor er über seine Verwaltung Rechnung gelegt und das Vorhandensein des Mündelvermögens nachgewiesen hat. Das Gleiche gilt, wenn ein zur Vermögensverwaltung bestellter Pfleger seinen Pflegling oder seinen früheren Pflegling an Kindesstatt annehmen will. TE-FamR §§ 423, 417; KE § 1577 Abs. 3, 4; E I § 1613 Abs. 3, 4; E II § 1635; E II rev. § 1730; E III § 1728. - Prot. I, 7960, 7973; Prot. II 4, 723. § 1753 Die Bestätigung des Annahmevertrags kann nicht nach dem Tode des Kindes erfolgen. Nach dem Tode des Annehmenden ist die Bestätigung nur zulässig, wenn der Annehmende oder das Kind den Antrag auf Bestätigung bei dem zuständigen Gericht eingereicht oder bei oder nach der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung des Vertrags das Gericht oder den Notar mit der Einreichung betraut hat. Die nach dem Tode des Annehmenden erfolgte Bestätigung hat die gleiche Wirkung, wie wenn sie vor dem Tode erfolgt wäre. TE-FamR § 429; KE § 1582; E I § 1 6 1 8 ; E l l § 1637; E l l rev. § 1 7 3 1 ; E III § 1729. - Prot. I, 7988, 7998; Prot. II 4, 726; Bd. 5, 145. 717
§§ 1 7 4 1 - 1 7 7 2
2. Abschnitt: Verwandtschaft
§ 1754 Die Annahme an Kindesstatt tritt mit der Bestätigung in Kraft. Die Vertragschließenden sind schon vor der Bestätigung gebunden. Die Bestätigung ist nur zu versagen, wenn ein gesetzliches Erforderniß der Annahme an Kindesstatt fehlt. Wird die Bestätigung endgültig versagt, so verliert der Vertrag seine Kraft. TE-FamR §§ 4 2 7 - 4 2 9 ; K E §§ 1581, 1583; E I §§1617 Satz 2 u. 3, 1619; E l l § 1632 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2; E II rev. § 1732; E III § 1730. - Prot. I, 7988 ff.; Prot. II 4, 724 ff. § 1755 Ist der Annahmevertrag oder die Einwilligung einer der in den §§ 1746, 1747 bezeichneten Personen anfechtbar, so gelten für die Anfechtung und für die Bestätigung des anfechtbaren Rechtsgeschäfts die Vorschriften des § 1748 Abs. 2, des § 1750 Abs. 1 und des § 1751. TE-FamR §§ 4 7 0 - 4 7 4 ; K E § 1592; E I § 1630; E II § 1652; E II rev. § 1733; E III § 1 7 3 1 . - Prot. I, 8113 ff.; Prot. II 4, 737 ff. § 1756 Auf die Wirksamkeit der Annahme an Kindesstatt ist es ohne Einfluß, wenn bei der Bestätigung des Annahmevertrags mit Unrecht angenommen worden ist, daß eine der in den §§ 1746, 1747 bezeichneten Personen zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande oder ihr Aufenthalt dauernd unbekannt sei. E II § 1638; E l l rev. § 1734; E III § 1732. — Prot. 114, 727. § 1757 Durch die Annahme an Kindesstatt erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes des Annehmenden. Wird von einem Ehepaare gemeinschaftlich ein Kind angenommen oder nimmt ein Ehegatte ein Kind des anderen Ehegatten an, so erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen ehelichen Kindes der Ehegatten. TE-FamR §§ 426 Abs. 1, 429, 431, 433; K E §§ 1565, 1585; E I §§ 1601 Abs. 1, 1621; E II § 1639; E II rev. § 1735; E III § 1733. - Prot. I, 7951 ff., 8005 ff, 8027; Prot. 114,718,729. § 1758 Das Kind erhält den Familiennamen des Annehmenden. Wird das Kind von einer Frau angenommen, die in Folge ihrer Verheirathung einen anderen Namen führt, so erhält es den Familiennamen, den die Frau vor der Verheirathung geführt hat. In den Fällen des § 1757 Abs. 2 erhält das Kind den Familiennamen des Mannes. Das Kind darf dem neuen Namen seinen früheren Familiennamen hinzufügen, sofern nicht in dem Annahmevertrag ein Anderes bestimmt ist. TE-FamR § 434; K E § 1586; E I § 1622; E II § 1642; E II rev. § 1736; E III § 1734. - Prot. I, 8011; Prot. II 4, 729. 718
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§§1741-1772
§ 1759 Durch die Annahme an Kindesstatt wird ein Erbrecht für den Annehmenden nicht begründet. TE-ErbR § 238; KE $ 1565 Abs. 2; E I § 1624; E II § 1644; E II rev. § 1737; E III § 1735. - Prot. I, 7951, 8028; Prot. 114, 732. § 1760 Der Annehmende hat über das Vermögen des Kindes, soweit es auf Grund der elterlichen Gewalt seiner Verwaltung unterliegt, auf seine Kosten ein Verzeichniß aufzunehmen und dem Vormundschaftsgericht einzureichen; er hat das Verzeichniß mit der Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit zu versehen. Ist das eingereichte Verzeichniß ungenügend, so findet die Vorschrift des § 1640 Abs. 2 Satz 1 Anwendung. Erfüllt der Annehmende die ihm nach Abs. 1 obliegende Verpflichtung nicht, so kann ihm das Vormundschaftsgericht die Vermögensverwaltung entziehen. Die Entziehung kann jederzeit wiederaufgehoben werden. TE-FamR § 435; KE § 1587 Abs. 1 ; E I § 1623 Abs. 1 ; E I I § 1643 Abs. 1; E l l rev. § 1738; E III $ 1736. - Prot. I, 8014; Prot. II 4, 731; Bd. 5, 305. § 1761 Will der Annehmende eine Ehe eingehen, während er die elterliche Gewalt über das Kind hat, so finden die Vorschriften der §§ 1669 bis 1671 Anwendung. TE-FamR § 435; KE § 1587 Abs. 3; E I § 1623 Abs. 3; E II § 1643 Abs. 2; E l l rev. § 1739; E III § 1737. - Prot. I, 8014; Prot. II 4, 732; Bd. 6, 299 (oben S. 554). § 1762 Die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt erstrecken sich auf die Abkömmlinge des Kindes. Auf einen zur Zeit des Vertragsabschlusses schon vorhandenen Abkömmling und dessen später geborene Abkömmlinge erstrecken sich die Wirkungen nur, wenn der Vertrag auch mit dem schon vorhandenen Abkömmlinge geschlossen wird. TE-FamR §§ 4 3 1 , 4 3 2 ; K E § 1584; E I § 1620 Abs. 1; E II § 1640; E II rev. § 1740; E III § 1738. - Prot. I, 8000; Prot. II 4, 728; Bd. 6, 305. § 1763 Die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt erstrecken sich nicht auf die Verwandten des Annehmenden. Der Ehegatte des Annehmenden wird nicht mit dem Kinde, der Ehegatte des Kindes wird nicht mit dem Annehmenden verschwägert. TE-FamR §§ 431, 432; KE § 1584 Abs. 2; E I § 1620 Abs. 2; E II § 1641; E II rev. § 1741; E III § 1739. - Prot. I, 8000; Prot. II 4, 728. § 1764 Die Rechte und Pflichten, die sich aus dem Verwandtschaftsverhältnisse zwischen dem Kinde und seinen Verwandten ergeben, werden durch die Annahme an Kindesstatt nicht berührt, soweit nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt. 719
§§ 1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
TE-FamR § 436; K E § 1588; E I § 1625; E II § 1645; E II rev. § 1742; E III § 1740. - Prot. I, 8022; Prot. II 4, 733. § 1765 Mit der Annahme an Kindesstatt verlieren die leiblichen Eltern die elterliche Gewalt über das Kind, die uneheliche Mutter das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen. Hat der Vater oder die Mutter dem Kinde Unterhalt zu gewähren, so treten das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen, wieder ein, wenn die elterliche Gewalt des Annehmenden endigt oder wenn sie wegen Geschäftsunfähigkeit des Annehmenden oder nach § 1677 ruht. Das Recht zur Vertretung des Kindes tritt nicht wieder ein. TE-FamR § 437; K E § 1589 Abs. 1, 2; E I § 1626; E II § 1646; E II rev. § 1743; E III § 1741. — Prot. I, 8024; Prot. II 4, 733 ff. § 1766 Der Annehmende ist dem Kinde und denjenigen Abkömmlingen des Kindes, auf welche sich die Wirkungen der Annahme erstrecken, vor den leiblichen Verwandten des Kindes zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet. Der Annehmende steht im Falle des § 1611 Abs. 2 den leiblichen Verwandten der aufsteigenden Linie gleich. TE-FamR § 437; K E § 1589 Abs. 3; E I § 1627; E II § 1647; E II rev. § 1744; E III § 1742. — Prot. I, 8024; Prot. II 4, 735. § 1767 In dem Annahmevertrage kann die Nutznießung des Annehmenden an dem Vermögen des Kindes sowie das Erbrecht des Kindes dem Annehmenden gegenüber ausgeschlossen werden. Im Uebrigen können die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt in dem Annahmevertrage nicht geändert werden. TE-FamR § 438; KE § 1590; E I § 1628; E l l § 1648; E l l rev. § 1745; E III § 1743. - Prot. I, 8028; Prot. II 4,735. § 1768 Das durch die Annahme an Kindesstatt begründete Rechtsverhältniß kann wiederaufgehoben werden. Die Aufhebung kann nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgen. Die Aufhebung erfolgt durch Vertrag zwischen dem Annehmenden, dem Kinde und denjenigen Abkömmlingen des Kindes, auf welche sich die Wirkungen der Annahme erstrecken. Hat ein Ehepaar gemeinschaftlich ein Kind angenommen oder hat ein Ehegatte ein Kind des anderen Ehegatten angenommen, so ist zu der Aufhebung die Mitwirkung beider Ehegatten erforderlich. TE-FamR § 439; K E § 1591; E I § 1629 Abs. 1, 2, 4, 5; E II § 1649; E II rev. § 1746; E III § 1744. - Prot. I, 8039; Prot. II 4, 737. 720
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§§1741-1772
§ 1769 Nach dem Tode des Kindes können die übrigen Betheiligten das zwischen ihnen bestehende Rechtsverhältniß durch Vertrag aufheben. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 1757 Abs. 2 nach dem Tode eines der Ehegatten. T E - F a m R § 439; K E § 1591; E I § 1629 Abs. 3, 4; E II § 1650; E l l rev. § 1747; E III § 1745. - Prot. I, 8039; Prot. II 4, 737. § 1770 Die für die Annahme an Kindesstatt geltenden Vorschriften des § 1741 Satz 2 und der §§ 1750, 1751, 1753 bis 1755 gelten auch für die Aufhebung. T E - F a m R § 439; K E § 1 5 9 1 ; E I § 1629 Abs. 5; E l l §§ 1651, 1652; E l l rev. § 1748; E III § 1746. - Prot. I, 8039; Prot. II 4, 737. § 1771 Schließen Personen, die durch die Annahme an Kindesstatt verbunden sind, der Vorschrift des § 1311 zuwider eine Ehe, so tritt mit der Eheschließung die Aufhebung des durch die Annahme zwischen ihnen begründeten Rechtsverhältnisses ein. Ist die Ehe nichtig, so wird, wenn dem einen Ehegatten die elterliche Gewalt über den anderen zusteht, diese mit der Eheschließung verwirkt. Die Verwirkung tritt nicht ein, wenn die Nichtigkeit der Ehe auf einem Formmangel beruht und die Ehe nicht in das Heirathsregister eingetragen worden ist. T E - F a m R § 440; K E § 1593; E I § 1 6 3 1 ; E l l § 1653; E l l rev. § 1749; E III § 1747. - Prot. I, 8049; Prot. II 4, 740. § 1772 Mit der Aufhebung der Annahme an Kindesstatt verlieren das Kind und diejenigen Abkömmlinge des Kindes, auf welche sich die Aufhebung erstreckt, das Recht, den Familiennamen des Annehmenden zu führen. Diese Vorschrift findet in den Fällen des § 1757 Abs. 2 keine Anwendung, wenn die Aufhebung nach dem Tode eines der Ehegatten erfolgt. E II § 1654; E II rev. § 1750; E III § 1748. - Prot. II 4, 740. A. 1. Kommission I. 522. Sitzung vom 19. 2. 1886, Schriftführer:
Struckmann
| Die Berathung des Entwurfs des Familienrechts wurde fortgesetzt. Dieselbe | Prot 17951 wandte sich dem siebenten Titel des zweiten Abschnitts zu, welcher in den §§414 bis 441 die Annahme an Kindesstatt regelt. Die A u f n a h m e dieses Instituts in das Gesetzbuch fand mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 1783 bis 1785 keinen Widerspruch. Andererseits w a r man mit den Motiven S. 1814 bis 1816 einverstanden, daß kein Bedürfniß vorliege, die Pflegkindschaft als ein besonderes familienrechtliches Institut, sei es in der Form des preuß. A.L.R. oder des französischen Rechts, zu regeln. In Ansehung der Terminologie einigte man sich dahin, das in den §§414 ff. des Entw. geregelte Institut nach dem Vorschlage des Entwurfs (vergl. Motive S. 1813, 1814; § 41 K.E.; § 1211 der Zusst.) als „Annahme an Kindesstatt", die betheiligten 721
§§1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
Personen, zwischen welchen das Rechtsverhältniß der Annahme an Kindesstatt begründet wird, als „Annehmenden" und „Anzunehmenden" bezw. „Angenommenen" zu bezeichnen. Anlangend die Art und Weise der Regelung des Instituts im Allgemeinen, so | Prot I 7952 wurde der dem Entwick- | lungsgange desselben und den modernen Gesetzbüchern sich anschließende, in den Motiven S. 1785 bis 1794 gerechtfertigte Standpunkt des Entwurfs, daß von verschiedenen Arten der Annahme an Kindesstatt abzusehen, dieselbe vielmehr als ein einheitliches, auf einem Vertrage zwischen dem Annehmenden und Angenommenen beruhendes Institut zu gestalten und bei der Gestaltung im Einzelnen nicht nach dem Vorbilde des römischen Rechts an die elterliche Gewalt anzuknüpfen, sondern die Annahme an Kindesstatt als ein Mittel zur Begründung eines Eltern- und Kindesverhältnisses aufzufassen sei, durch welches, vorbehaltlich gewisser Modifikationen, der Angenommene im Verhältnisse zu dem Annehmenden überhaupt die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes erlange, allseitig gebilligt. Während der Entwurf den Titel über die Annahme an Kindesstatt mit den negativen und positiven Erfordernissen derselben beginnt und diejenigen Bestimmungen, welche das Wesen der Annahme an Kindesstatt in dem vorbezeichneten Sinne und den rechtsgeschäftlichen Charakter derselben ergeben, erst später folgen läßt, war von einer Seite der Antrag gestellt, als einleitende Bestimmung des Titels folgende Bestimmung dem § 414 des Entw. vorauszuschicken: Kurlbaum „Die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes wird auch durch Annahme an (Nr 261, 5) Kindesstatt begründet. Die Annahme an Kindesstatt erfolgt durch Vertrag zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden." Die Kommission entschied sich durch Stichentscheid des Vorsitzenden mit 5 gegen 5 Stimmen für die Annahme des Antrags, jedoch mit der Modifikation, daß | Prot 17953 dem | Abs. 1 die Worte „soweit das Gesetz nicht ein Anderes bestimmt" hinzugefügt und im Abs. 2 die Worte „erfolgt durch" durch die W o r t e : „erfordert einen" ersetzt werden sollen. Erwogen war: Es entspreche der bisher bei der Redaktion des Gesetzbuchs befolgten Methode, bei der Regelung eines Instituts eine einleitende, das Wesen und den die späteren Bestimmungen beherrschenden Grundgedanken desselben im Allgemeinen kennzeichnende Bestimmung an die Spitze zu stellen. Eine Ausnahme habe man in dieser Beziehung aus nahe liegenden Gründen nur bei dem Institute der Ehe gemacht. Jene Methode auch bei dem hier in Rede stehenden Institute der Annahme an Kindesstatt zu befolgen, sei um so rathsamer, als die in dem Antrage zum Ausdrucke gebrachten grundlegenden Gedanken des Entwurfs mit dem geltenden Rechte zum Theil nicht im Einklänge ständen. Das gegen die Bestimmung im ersten Absätze des Antrags erhobene Bedenken, daß dieselbe in dieser Allgemeinheit nicht richtig und Mißverständnisse hervorzurufen geeignet sei, weil der darin ausgesprochene Satz durch spätere Bestimmungen des Entwurfs (§§ 431 ff.) und durch Bestimmungen des Erbrechtsentwurfs (vergl. § 238 das.) nach verschiedenen Richtungen hin modifizirt werde, erledige sich durch den Zusatz „soweit das Gesetz nicht ein Anderes bestimmt," indem dieser Zusatz auf Modifikationen des Prinzips mit genügender Deutlichkeit hinweise. Anlangend aber den gegen die Bestimmung des zweiten Absatzes des Antrags geltend gemachten Einwand, daß zur Annahme an Kindesstatt nach den später folgenden Bestimmungen des Entwurfs ein Vertrag zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden nicht genüge, sondern insbesondere noch die Bestäti722
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1772
| gung des zuständigen Gerichts hinzukommen müsse, so werde dieser Einwand | Prot 17954 dadurch hinfällig, daß die W o r t e „erfolgt durch" im Abs. 2 des Antrags durch die W o r t e „erfordert einen" ersetzt werden sollten. Die H e r v o r h e b u n g und Vorausschickung des auch dem Entwürfe zum G r u n d e liegenden, in demselben jedoch nicht ausdrücklich ausgesprochenen Satzes, daß die A n n a h m e an Kindesstatt einen Vertrag, und zwar einen V e r t r a g zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden erfordere, sei von besonderer Wichtigkeit, theils weil das geltende Recht zum Theil gerade in dieser Beziehung auf einem anderen Standpunkte stehe, theils weil jener Satz alle späteren Bestimmungen beherrsche. Auch das preuß. A.L.R. II, 2 § 666, sowie das sächs. G.B. § 1786 stellten deshalb jenen Satz an die Spitze des Abschnitts über die Annahme an Kindesstatt. Uebergegangen wurde darauf zur Berathung der einzelnen Bestimmungen des Entwurfs. Die §§414 und 415 des Entw., welche wegen ihres Zusammenhangs und mit Rücksicht auf die dazu gestellten Anträge zusammen zur Berathung verstellt wurden, lauten: § 414. „An Kindesstatt annehmen kann nur, w e r das fünfzigste Lebensjahr über- TE-FamR schritten und keine eheliche und legitimirte Abkömmlinge hat. $414 Das Vorhandensein eines angenommenen Kindes hindert die A n n a h m e an Kindesstatt nicht. § 415. „Von dem Erfordernisse des im § 414 gedachten Alters kann bei volljährigen Personen dispensirt werden. Die Dispensation soll nur erfolgen, wenn | mit Rücksicht auf die besonderen persönlichen Verhältnisse derjenigen Person, welche an Kindesstatt annehmen will, nicht zu erwarten ist, daß dieselbe noch natürliche Kinder erzielen werde. U b e r die Ausübung der Dispensationsbefugniß bestimmt die Landesgesetzgebung." D a z u lagen folgende Anträge vor: 1. § 414 Abs. 1 dahin zu fassen: „ W e r einen ehelichen oder legitimirten Abkömmling hat, kann nicht an Kindesstatt annehmen." 1 2. § 415 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: „ D e r Annehmende muß das fünfzigste Lebensjahr zurückgelegt haben. Für einen Volljährigen ist Dispensation zulässig." 3. Als § 426 a einzuschalten: „Die Befugniß zur Ertheilung der nach den Vorschriften der §§ 415, 418 zulässigen Dispensation steht dem Staate zu. Ueber die Ausübung dieser Befugnisse haben die Landesregierungen zu bestimmen." Die Berathung f ü h r t e zu folgenden Ergebnissen: 1. Die Bestimmung im Abs. 1 des § 4 1 4 , daß der A n n e h m e n d e das fünfzigste Lebensjahr zurückgelegt haben muß, e r f u h r mit Rücksicht auf die A u s f ü h r u n g e n in den Motiven S. 1817 keine Anfechtung.
TE-FamR § 415 I ^rot *
Kurlbaum (Nr 261,6) Kurlbaum (Nr 261,7)
2. Auch die weitere Bestimmung des Abs. 1 des § 414, daß, wer einen ehelichen oder legitimirten Abkömmling hat, nicht an Kindesstatt annehmen kann, w u r d e aus den G r ü n d e n der Motive S. 1818 ff. sachlich allseitig gebilligt. Einvernehmen herrschte insbesondere, daß ein nasciturus kein H i n d e r n i ß der Annahme | an Kindes- | Prot 17956 1
Von Kurlbaum lag der Antrag Nr. 262, 1 vor, als \ 414 a (neu). Eine Frau kann ihr uneheliches Kind nicht an Kindesstatt annehmen. 723
§§1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
statt sei u n d die s p ä t e r e r f o l g e n d e G e b u r t des K i n d e s auf die W i r k s a m k e i t d e r A n n a h m e an K i n d e s s t a t t k e i n e n E i n f l u ß ä u ß e r e . Es e r g e b e sich dies z u r G e n ü g e aus d e r F a s s u n g des Abs. 1 „keine eheliche o d e r legitimirte A b k ö m m l i n g e hat" in V e r b i n d u n g m i t d e m im § 4 des K . E . a u s g e s p r o c h e n e n G r u n d s a t z e , d a ß die R e c h t s f ä h i g k e i t des M e n s c h e n erst m i t d e r G e b u r t b e g i n n e , d e r n a s c i t u r u s mithin R e c h t s s u b j e k t nicht sei. Ein B e d ü r f n i ß , im H i n b l i c k auf d i e r a t i o des Instituts d e r A n n a h m e a n K i n d e s statt, w e l c h e s d e n M a n g e l ehelicher N a c h k o m m e n s c h a f t z u e r s e t z e n b e s t i m m t sei, w e n n k e i n e H o f f n u n g auf eine solche m e h r vorliege, o d e r z u m Z w e c k d e r W a h r u n g k ü n f t i g e r , n a m e n t l i c h e r b r e c h t l i c h e r Interessen des n a s c i t u r u s das V o r h a n d e n s e i n eines s o l c h e n als ein H i n d e r n i ß der A n n a h m e a n K i n d e s s t a t t h i n z u s t e l l e n , k ö n n e n i c h t a n e r k a n n t w e r d e n , n a m e n t l i c h , w e n n m a n b e r ü c k s i c h t i g e , d a ß n a c h § 416 Abs. 2 des E n t w . d e r E h e m a n n nur mit E i n w i l l i g u n g d e r E h e f r a u an K i n d e s s t a t t a n n e h m e n k ö n n e . D i e B e r ü c k s i c h t i g u n g des n a s c i t u r u s in d e r hier f r a g l i c h e n H i n sicht sei u m s o m i ß l i c h e r , als dieselbe, w e n n d e m n ä c h s t die G e b u r t des K i n d e s e r f o l g e , eine E r m i t t e l u n g n ö t h i g m a c h e n w ü r d e , o b die A n n a h m e an K i n d e s s t a t t in die E m p f ä n g n i ß z e i t falle, u n d als d i e N i c h t i g k e i t e i n e r A n n a h m e an K i n d e s s t a t t w e g e n d e r mit d e r s e l b e n v e r b u n d e n e n w e i t t r a g e n d e n W i r k u n g e n a u c h im V e r h ä l t n i ß z u d r i t t e n P e r s o n e n i m m e r mit g r o ß e n U e b e l s t ä n d e n v e r b u n d e n sei. D e n B e s t i m m u n g e n des E r b r e c h t s e n t w u r f s z u m S c h u t z e d e r e r b r e c h t l i c h e n Interessen eines nascitur u s solle h i e r d u r c h ü b r i g e n s nicht p r ä j u d i z i r t w e r d e n . A n d e r e r s e i t s w a r m a n f e r n e r e i n v e r s t a n d e n , d a ß , w e n n ein ehelicher A b k ö m m l i n g | Prot 17957 z u r Z e i t d e r A n n a h m e an K i n d e s s t a t t z w a r f ü r t o d t e r k l ä r t , in W i r k - | lichkeit a b e r z u j e n e r Z e i t n o c h a m L e b e n g e w e s e n sei, die A n n a h m e a n K i n d e s s t a t t n a c h § 414 Abs. 1 des E n t w . v e r b . mit §§ 22, 197 K . E . sich als nichtig darstelle. A n l a n g e n d d e n Fall, in w e l c h e m z u r Z e i t d e r A n n a h m e a n K i n d e s s t a t t ein n a s c i t u r u s v o r h a n d e n w a r , k a m n o c h z u r S p r a c h e , d a ß ein I r r t h u m des A n n e h m e n d e n in dieser H i n s i c h t n a c h § 102 K . E . auf d i e G ü l t i g k e i t d e r A n n a h m e an K i n d e s s t a t t o h n e E i n f l u ß sei, n i c h t m i n d e r d i e d e r A n n a h m e a n K i n d e s s t a t t e t w a b e i g e f ü g t e V o r a u s s e t z u n g des N i c h t v o r h a n d e n s e i n s eines n a s c i t u r u s , es sei d e n n , d a ß die l e t z t e r e als B e d i n g u n g a u s z u l e g e n sei, in w e l c h e m Falle die A n n a h m e a n K i n d e s s t a t t n a c h § 425 des E n t w . nichtig sein w ü r d e (vergl. P r o t . S. 7473). D a ß das V o r h a n d e n s e i n u n e h e l i c h e r A b k ö m m l i n g e des A n n e h m e n d e n , i n s b e s o n d e r e a u c h auf S e i t e n einer a n n e h m e n d e n F r a u , die A n n a h m e a n K i n d e s s t a t t nicht h i n d e r n soll, f a n d m i t R ü c k s i c h t auf die A u s f ü h r u n g e n in d e n M o t i v e n S. 1819, 1820 k e i n e n W i d e r s p r u c h ; d o c h w a r man e i n v e r s t a n d e n , d a ß d a d u r c h d e n B e s t i m m u n g e n des E r b r e c h t s ü b e r d e n E i n f l u ß d e r A n n a h m e an K i n d e s s t a t t auf d a s E r b - u n d P f l i c h t t h e i l s r e c h t eines u n e h e l i c h e n K i n d e s g e g e n ü b e r d e r a n n e h m e n d e n M u t t e r des l e t z t e r e n n i c h t p r ä j u d i z i r t w e r d e n solle. 2. Abs. 2 des § 4 1 4 w u r d e aus d e n G r ü n d e n d e r M o t i v e S. 1820, 1821 ebenfalls sachlich g e n e h m i g t . 3. A u c h Abs. 1 d e s § 4 1 5 f a n d die Z u s t i m m u n g d e r K o m m i s s i o n . D a g e g e n w u r d e Abs. 2 des § 4 1 5 g e s t r i c h e n , d a m a n es als b e d e n k l i c h e r a c h t e t e , d e r A u s ü b u n g eines G n a d e n r e c h t s d e r a r t i g e S c h r a n k e n z u s e t z e n . A n l a n g e n d d e n Abs. 3 des § 4 1 5 , so | Prot 17958 g a b m a n in dieser H i n s i c h t d e m d e n B e s t i m m u n g e n des | § 1216 d e r Z u s s t . sich a n s c h l i e ß e n d e n V o r s c h l a g e des A n t r a g e s u n t e r 3 aus ä h n l i c h e n G r ü n d e n d e n V o r z u g , wie d i e j e n i g e n , w e l c h e z u den B e s t i m m u n g e n des § 1216 g e f ü h r t h a b e n ( P r o t . S. 5898). D e r S t a n d p u n k t des E n t w u r f s , d a ß v o n d e m V e r b o t e d e r A n n a h m e a n K i n d e s s t a t t w e g e n V o r h a n d e n s e i n s eines e h e l i c h e n o d e r legitimirten A b k ö m m l i n g s D i s p e n s a t i o n n i c h t z u z u l a s s e n sei (vergl. M o t i v e S. 1819) e r f u h r k e i n e A n w e n d u n g . 724
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1 7 7 2
4. Die Fassung und Stellung der zu den §§ 414, 415 beschlossenen Bestimmungen blieb der P r ü f u n g bei der Redaktion vorbehalten, bei welcher insbesondere auch die Anträge unter 1 bis 3 berücksichtigt werden sollen. Es kam zur Sprache, ob nicht im Abs. 1 des § 414 des Entw. mit Rücksicht auf die Bestimmungen der §§ 409, 442 des Entw., nach welchen legitimirte Abkömmlinge die rechtliche Stellung ehelicher Kinder haben, die W o r t e „oder legitimirte" zu entbehren seien. Man verständigte sich jedoch dahin, im Hinblick auf § 41 K.E. (vergl. auch § 1214 der Zusst.) jene W o r t e vorläufig hier beizubehalten, vorbehaltlich späterer P r ü f u n g , ob jener Zusatz nicht in allen ähnlich liegenden Fällen gleichmäßig zu streichen sein werde. D e r § 416 des Entw. lautet: „Zwei Ehegatten können dieselbe Person gemeinschaftlich an Kindesstatt annehmen. Für sich allein kann ein Ehegatte nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten an Kindesstatt annehmen." D a z u lag folgender Antrag vor: § 416 dahin zu fassen: „Ein Ehegatte kann nur mit Zustimmung des | anderen Ehegatten an Kindesstatt annehmen." (Vergl. dazu den zu § 419 des Entw. gestellten Antrag unten S. 7964). D e r § 416 w u r d e aus den G r ü n d e n der Motive S. 1821, 1822 sachlich genehmigt. Anlangend die Frage, ob im Abs. 2 mit dem E n t w ü r f e von „Einwilligung" o d e r mit dem Antrage von „Zustimmung" des anderen Ehegatten zu reden sei (vergl. §§ 128, 941 Abs. 2 K.E.; § 1359 Abs. 3 der Zusst.; Prot. S. 7049, 7050), so verständigte man sich dahin, in dieser Hinsicht dem E n t w ü r f e zu folge, also Einwilligung des anderen Ehegatten zu verlangen, und zwar in dem Sinne, daß bei Vermeidung der Nichtigkeit der A n n a h m e an Kindesstatt die Einwilligung bis zu dem Zeitpunkte der Perfektion des Vertrages, d. h. bis zu der im § 429 des Entw. bezeichneten gerichtlichen Vollzugserklärung bezw., falls der § 429 gestrichen werden sollte, bis zu der erfolgten Bestätigung des Vertrages von Seiten des zuständigen Gerichts (§ 427 des Entw.) ertheilt sein muß, eine nach diesem Zeitpunkte erfolgende Genehmigung aber die Ungültigkeit der A n n a h m e an Kindesstatt nicht zu heilen vermag. Man w a r der Ansicht, daß es mit Rücksicht auf die mit der A n n a h m e an Kindesstatt verbundenen weittragenden, insbesondere auch im Verhältnisse zu Dritten sich äußernden Folgen rathsamer sei, hier den mit Zulassung einer späteren Genehmigung eintretenden Schwebezustand (§ 128 Abs. 4 K.E.) zu vermeiden. Die Entscheidung darüber, ob im Falle des Abs. 2 des § 416 es dem T o d e des anderen Ehegatten gleichgestellt werden solle, w e n n der letztere f ü r todt erklärt oder zur Abgabe einer E r k l ä r u n g dauernd außer Stande oder sein Aufent-1 halt dauernd unbekannt sei, w u r d e bis zur Berathung der in dieser Beziehung in Ansehung der Einwilligung der Eltern des Anzunehmenden gestellten Anträge zu § 421 des Entw. ausgesetzt. Die Fassung und Stellung der zu § 4 1 6 beschlossenen Bestimmungen blieb im Uebrigen unter Berücksichtigung der zu den § § 4 1 6 und 419 des Entw. gestellten Anträge der P r ü f u n g bei der Redaktion vorbehalten.
TE-FamR
§416
Kurlbaum (Nr 261,8) | Prot I 7959
| Prot 17960
D e r § 417 des Entw. lautet: „Ein V o r m u n d darf seinen Mündel nicht an Kindesstatt annehmen. TE-FamR Die A n n a h m e darf auch nach Beendigung des vormundschaftlichen Amts, so § 417 lange die V o r m u n d s c h a f t selbst fortdauert, nicht eher erfolgen, als der f r ü h e r e 725
§§1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
V o r m u n d seine Schlußrechnung abgelegt und das Vermögen seines bisherigen Mündels an dessen gesetzlichen Vertreter vollständig ausgeliefert hat. Die Nichtbeobachtung der in diesem Paragraphen gegebenen Vorschriften ist auf die Gültigkeit der Annahme an Kindesstatt ohne Einfluß. Der Vormundschaft steht eine mit Vermögensverwaltung verbundene Pflegschaft gleich." Dazu lagen folgende Anträge vor: Kurlbaum (Nr 261, 9)
1. § 417 (hinter § 423 zu setzen) dahin zu fassen: „Ist der Annehmende Vormund des Anzunehmenden, so soll die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes nicht ertheilt werden. Ist der Annehmende Vormund des Anzunehmenden gewesen und wird der letz| Prot 17961 tere noch bevormundet, so soll die Geneh- | migung des Vormundschaftsgerichts erst ertheilt werden, nachdem der Annehmende über die von ihm geführte Verwaltung Rechnung gelegt und das Vermögen des Mündels ausgeliefert hat. Abs. 4 unverändert." v. Mandry 2. den zweiten Absatz des § 417 dahin zu fassen: (Nr 264,1) „Die Annahme darf auch nach Beendigung der Vormundschaft erst erfolgen, nachdem der frühere Vormund über die von ihm geführte Verwaltung Rechnung abgelegt und das Vermögen ausgefolgt hat." Die Mehrheit entschied sich unter Ablehnung des Antrags unter 2 für den Entwurf in der Fassung des Antrags unter 1 in dem Sinne, daß die Prüfung, ob der Annehmende der Vormund des Anzunehmenden sei bezw. ob er nach der Beendigung seines vormundschaftlichen Amts über die von ihm geführte Verwaltung Rechnung gelegt und das Vermögen des Mündels ausgeliefert habe, nicht durch das bestätigende Gericht, sondern lediglich durch das Vormundschaftsgericht erfolgen, das hier fragliche Verbot mithin nicht ein Hinderniß der Bestätigung des Vertrags durch das zuständige Gericht, sondern die Ertheilung der Genehmigung des Vertrags durch das Vormundschaftsgericht sein soll. Die Mehrheit war der Ansicht, daß kein Bedürfniß vorliege, nach Maßgabe des Antrags unter 2 — in Abweichung von dem geltenden Rechte — auch nach Beendigung der Vormundschaft über den Anzunehmenden den letzteren trotz der erlangten Selbständigkeit desselben gegen eine Ausbeutung durch den bei der Annahme an Kindesstatt eigennützige vermö| Prot 17962 gensrechtliche Interessen und Zwecke verfolgenden bisherigen Vor-1 mund zu schützen, auch dann nicht, wenn demnächst zu § 428 des Entw. beschlossen werden sollte, daß die Kognition des bestätigenden Gerichts sich lediglich auf die Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit der Annahme an Kindesstatt zu beschränken, nicht auch auf die Prüfung der Angemessenheit der letzteren vom Standpunkte des Interesses des Anzunehmenden aus oder nach Maßgabe der Ziff. 2 des § 428 des Entwurfs sich zu erstrecken habe. Zudem werde der Zweck des Antrags unter 2, die dem bisherigen Mündel trotz seiner rechtlichen Selbständigkeit in manchen Fällen thatsächlich drohende Gefahr der Ausbeutung abzuwenden, auf dem vorgeschlagenen Wege doch nicht erreicht, da der in der Geschäftsfähigkeit nicht mehr beschränkte bisherige Mündel auf die Rechnungslegung und die vorgängige Auslieferung seines Vermögens verzichten könne. Anlangend den Antrag unter 1, so verdiene derselbe um deswillen den Vorzug von dem Entwürfe, weil eine doppelte Prüfung der hier in Rede stehenden Verhältnisse, zuerst eine Prüfung durch das Vormundschaftsgericht und sodann eine N a c h p r ü f u n g durch das den Vertrag bestätigende Gericht nicht allein entbehrlich sei, sondern auch als angemessen nicht erachtet werden könne und dem von dem Entwürfe — abgesehen von der Ziff. 2 des § 428 des Entw. — im 726
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1772
Uebrigen in Ansehung der Bestätigung des Vertrages durch das zuständige Gericht befolgten Normativprinzipe nicht entspreche. Die Stellung der zu § 417 beschlossenen Bestimmungen (vergl. den Antrag unter 1 im Eingange) blieb der P r ü f u n g bei der Redaktion überlassen. Die Ausführungen in den Motiven S. 1823 ff., daß weitere besondere E r f o r d e r nisse der A n n a h m e an Kin- | desstatt in der Person des Annehmenden nicht auszu- | Prot I 7963 stellen seien, blieben unbeanstandet. Der Berathung des Erbrechts blieb jedoch vorbehalten, ob dort zu bestimmen sei, daß das Pflichttheilrecht der Eltern des Annehmenden durch die A n n a h m e an Kindesstatt nicht berührt werden solle. Einvernehmen bestand, daß, da die von dem Entwürfe aufgestellten Erfordernisse der Annahme an Kindesstatt in der Person des Annehmenden als exklusive zu verstehen seien, insbesondere auch der Umstand, daß der A n n e h m e n d e vor der A n n a h m e an Kindesstatt mit einem Dritten zu dessen Gunsten einen Erbeinsetzungsvertrag geschlossen habe, die Wirksamkeit der Annahme an Kindesstatt nicht beeinträchtige, jedoch ohne P r ä j u d i z f ü r die im Erbrechte zu entscheidende Frage, welchen Einfluß die Annahme an Kindesstatt auf das Erbrecht des Vertragserben äußern solle (vergl. §§ 40, 202 des Erbrechtsentw.). D e r § 418 des Entw. lautet: „Wer an Kindesstatt a n g e n o m m e n werden soll, muß wenigstens achtzehn Jahre TE-FamR §418 jünger sein als der Annehmende. Dispensation ist zulässig. Ueber die Ausübung dieser Befugniß bestimmt die Landesgesetzgebung." D a z u w a r in V e r b i n d u n g mit dem zu §§414, 415 des Entw. bereits mitgetheilten Antrage unter 3 (oben S. 7955) der Antrag gestellt, den Absatz 3 zu streichen.
Kurlbaum (Nr 261, 8)
Absatz 1 und 2 des Entw. wurden aus den G r ü n d e n der Motive S. 1825 gebilligt, dagegen w u r d e Absatz 3 gestrichen und an Stelle desselben der Antrag zu §§ 414, 415 unter 3 auch insoweit, als der letztere sich auf den § 418 bezieht, angenommen. Die Stellung der in diesem Antrage vorgeschlagenen Bestim- | mung blieb der Prü- | Prot 17964 f u n g bei der Redaktion vorbehalten. Zu dem § 419 des Entw., dessen W o r t l a u t dahin geht: „Niemand kann gleichzeitig das angenommene Kind Mehrerer, außer eines Ehe- TE-FamR §419 paares, sein." lag folgender A n t r a g vor: Den § 419 (hinter § 416 zu setzen) dahin zu fassen: Kurlbaum „Ehegatten k ö n n e n eine Person als gemeinschaftliches Kind annehmen. Im Ue- (Nr 261, 11) brigen kann die A n n a h m e an Kindesstau durch mehrere Personen nicht erfolgen." (vergl. dazu den A n t r a g zu § 416 oben S. 7958, 7959). Der § 419 f a n d , Redaktion vorbehalten, aus den G r ü n d e n der Motive S. 1826 die Zustimmung der Kommission. Fassung und Stellung der betreffenden Bestimmungen, insbesondere die in dieser Hinsicht in dem Antrage gemachten Vorschläge wurden der P r ü f u n g bei der Redaktion überlassen. In Veranlassung der Fassung des § 419 des Entw. k a m zur Sprache, ob durch den Ausdruck „gleichzeitig" auch der Satz ausgesprochen werden solle, daß der Angenommene, solange die bisherige A n n a h m e an Kindesstatt nicht aufgelöst sei, von einem Dritten nicht angenommen werden könne. D e r Entwurf geht, wie die in einem anderen Z u s a m m e n h a n g sich findenden A u s f ü h r u n g e n der Motive S. 1873 ergeben, 727
§§ 1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
davon aus, daß in Konsequenz des Prinzips, daß durch die Annahme an Kindesstatt der A n g e n o m m e n e im Verhältniß zu dem Annehmenden die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes erlange, eine solche weitere Annahme an Kindesstatt als zulässig zu erachten sei, daß ebensowenig, wie durch die erste Annahme an Kindesstatt die rechtlichen Beziehungen zwischen dem A n g e n o m m e n e n und seiner natürlichen Fa| Prot 17965 milie, durch | eine zweite Annahme an Kindesstatt die rechtlichen Beziehungen zwischen dem A n g e n o m m e n e n und dem ersten Annehmenden völlig gelöst würden, sondern das durch die erste Annahme an Kindesstatt begründete Eltern- und Kindesverhältniß insoweit bestehen bleibe, als trotz der ersten Annahme an Kindesstatt das Verhältniß zwischen dem A n g e n o m m e n e n und seiner natürlichen Familie bestehen bleibe (vergl. auch Motive S. 1809). D i e Mehrheit der Kommission theilte jedoch nicht diese Auffassung des Entwurfs, war vielmehr der Ansicht, daß, solange das alte durch die A n n a h m e an Kindesstatt begründete Verhältniß noch bestehe, in Ansehung des A n g e n o m m e n e n die Begründung eines neuen Adoptionsverhältnisses, durch welches derselbe zugleich zu einem Dritten in das Verhältniß eines angenommenen Kindes trete, im Hinblick auf die künstliche Grundlage des durch die Annahme an Kindesstatt geschaffenen Verhältnisses und in Ermangelung eines praktischen Bedürfnisses für unzulässig zu erklären sei. O b und inwieweit übrigens in der weiteren A n n a h m e an Kindesstatt, sofern dieselbe mit Einwilligung des ersten Annehmenden erfolge, eine wirksame Aufhebung der bisherigen Annahme an Kindesstatt liege, bleibe späterer Beschlußfassung bei Gelegenheit der Berathung des § 439 des Entw. vorbehalten. Zu dem § 420 des Entw., welcher lautet: TE-FamR „Ein Ehegatte kann nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten an Kindesstatt § 420 a n g e n o m m e n werden." v. Mandry war v o n einer Seite der Antrag auf Streichung gestellt, weil die Bestimmung des (Nr 264, 2) § 420 wenigstens insoweit, als nach derselben der Ehemann nicht ohne | die Einwilli| Prot 17966 g u n g J e r Ehefrau an Kindesstatt angenommen werden könne, dem in Deutschland geltenden Rechte gegenüber eine N e u e r u n g enthalte, der Ehemann nach dem Gesetzbuche auch sonst zu den seine persönlichen Verhältnisse betreffenden Rechtshandlungen der Einwilligung der Ehefrau nicht bedürfe und die vorgeschlagene Bestimmung auch insoweit, als sie die Einwilligung des Ehemannes zu dem Vertrage verlange, durch welchen die Ehefrau an Kindesstatt angenommen werden solle, im Hinblick darauf, daß durch die Adoption einer verheiratheten Frau eine wesentliche Aenderung in den persönlichen Verhältnissen derselben nicht hervorgerufen werde, durch ein praktisches Bedürfniß nicht geboten sei. D i e Mehrheit hielt jedoch die in den Motiven S. 1826, 1827 für die dem italienischen Gesetzbuche Art. 208 sich anschließende Bestimmung des § 420 angeführten Gründe, insbesondere den Gesichtspunkt für überwiegend, daß es mit der Innigkeit der durch die Ehe begründeten Lebensgemeinschaft nicht vereinbar sei und dem Geiste der §§ 1245, 1246 der Zusst. nicht entspreche, w e n n ein Ehegatte ohne die Einwilligung des anderen sich an Kindesstatt annehmen lasse und dadurch vielleicht eine völlige, auch auf die persönlichen Verhältnisse des anderen Ehegatten zurückwirkende Aenderung seiner Lebensstellung und seiner persönlichen Beziehungen hervorrufe. Einvernehmen herrschte, daß der Ausdruck „Einwilligung" hier in demselben Sinne zu verstehen sei, wie im § 416 (vergl. oben S. 7959), und daß, wie z u m § 416, auch hier die Beschlußfassung darüber vorbehalten bliebe, ob unter gewissen U m | Prot I 7967 ständen (vergl. die Anträge zu § 421) von dem Erfordernisse der Einwilli-| gung des anderen Ehegatten abzusehen sei. 728
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 —1772
D e r § 421 des Entw. lautet: „ M i n d e r j ä h r i g e können, s o l a n g e ihre Eltern leben, nur mit deren Einwilligung an TE-FamR § 421 Kindesstatt a n g e n o m m e n w e r d e n . " D a z u lagen folgende A n t r ä g e v o r : 1. D e n § 421 dahin zu f a s s e n : „ E i n Minderjähriger kann nur mit Z u s t i m m u n g seines V a t e r s und seiner Mutter oder, wenn er ein uneheliches K i n d ist, nur mit Einwilligung seiner Mutter an Kindesstatt a n g e n o m m e n werden, es sei denn, daß diese Personen gestorben o d e r für todt erklärt sind, oder daß der Minderjährige aus dem G r u n d e , weil sein Familienstand nicht z u ermitteln ist, bevormundet w i r d . "
Kurlbaum (Nr 262,2)
2. D i e Bestimmung (im Anschlüsse an § 1210 d e r Zusst.) dahin z u treffen: v. Mandry „ E i n eheliches Kind kann, s o l a n g e es das 25. Lebensjahr nicht z u r ü c k g e l e g t hat, (Nr 264, 3) nur mit der Einwilligung des V a t e r s und nach d e m T o d e des V a t e r s nur mit der Einwilligung der Mutter, | ein uneheliches K i n d , solange es jenes Lebensjahr nicht | Prot I 7968 z u r ü c k g e l e g t hat, nur mit der Einwilligung der Mutter an Kindesstatt a n g e n o m m e n werden. D e m T o d e des V a t e r s o d e r der Mutter steht es gleich, wenn dieselben zur A b g a b e einer E r k l ä r u n g dauernd außer S t a n d e sind oder ihr Aufenthalt dauernd unbekannt ist." D i e Mehrheit entschied sich f ü r die A u f n a h m e f o l g e n d e r B e s t i m m u n g , R e d a k t i o n vorbehalten: „ E i n K i n d kann, s o l a n g e es das 25. L e b e n s j a h r nicht z u r ü c k g e l e g t hat, nur mit Einwilligung seines V a t e r s und seiner Mutter o d e r , wenn es ein uneheliches K i n d ist, nur mit Einwilligung seiner Mutter an Kindesstatt a n g e n o m m e n w e r d e n , es sei denn, daß diese Personen gestorben o d e r f ü r todt erklärt sind o d e r daß der Familienstand des K i n d e s nicht z u ermitteln ist." Erwogen war: D a durch den Uebertritt des Kindes in eine andere Familie im W e g e der A n n a h m e an Kindesstatt beide Eltern des K i n d e s gleichmäßig in ihren persönlichen Beziehungen zu dem K i n d e auf das T i e f s t e berührt w ü r d e n , so sei es gerechtfertigt, nach dem V o r b i l d e des sächs. G . B . § 1793 und des c o d e civil Art. 346 zu der A n n a h m e an Kindesstatt die Einwilligung sowohl des V a t e r s als der Mutter zu erfordern. E s w ü r d e eine große H ä r t e g e g e n die Mutter sein, wenn der V a t e r ihr auf dem W e g e der A d o p t i o n das K i n d thatsächlich entziehen und sie d a d u r c h ihrer Elternrechte über das K i n d berauben könnte (vergl. § 437 des Entw.). D i e A n a l o g i e der f ü r den Fall der Eheschließung des Kindes g e g e b e n e n V o r s c h r i f t e n des § 1210 der Zusst., welche dem A n t r a g e unter 2 als V o r b i l d | gedient hätten, können in der hier fraglichen Beziehung | Prot 17969 als z u t r e f f e n d nicht anerkannt werden, da die Eheschließung nur ein in dem natürlichen E n t w i c k e l u n g s g a n g e des Lebens des K i n d e s liegendes Ereigniß sei, während ein Austritt aus der Familie durch A n n a h m e an Kindesstatt g a n z außerhalb des regelmäßigen V e r l a u f s d e r D i n g e liege, übrigens aber die A d o p t i o n des K i n d e s auf das persönliche Verhältniß desselben zu den Eltern nicht minder einschneidend, j a bei S ö h n e n weit einschneidender einwirke, als die Eheschließung, und in vielen Fällen das K i n d den Eltern g a n z entfremde. A u f der anderen Seite verdiene d a g e g e n der V o r s c h l a g des A n t r a g s unter 2 Billigung, nach A n a l o g i e des § 1210 der Zusst. die Einwilligung der Eltern nicht nur w ä h r e n d der Minderjährigkeit des K i n d e s , sondern, s o l a n g e dasselbe das 25. Lebensjahr noch nicht z u r ü c k g e l e g t habe, zu erfordern. E s ließen sich gewichtige G r ü n d e , insbesondere die Rücksicht auf die Pietät g e g e n die Eltern und der Gesichtspunkt, daß die A n n a h m e an Kindesstatt ein künstliches Institut sei, w ä h r e n d die Eheschließung des K i n d e s dem natürlichen L a u f e der 729
§§ 1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
Dinge entspreche, dafür anführen, die Nothwendigkeit der elterlichen Einwilligung zu der Annahme an Kindesstatt nicht, wie bei der Eheschließung, auf die gedachte Zeitgrenze zu beschränken, sondern nach dem Vorbilde verschiedener Gesetzbücher (vergl. preuß. A.L.R. II, 2 § 679; sächs. G.B. $ 1793) für die Lebenszeit der Eltern vorzuschreiben. Andererseits komme jedoch in Betracht, daß durch eine derartige Bestimmung zu tief in die Selbständigkeit und die individuelle Freiheit des volljährigen Kindes eingegriffen werden würde. Mit dem Entwürfe und dem Antrage unter 1 nach erreichter Volljährigkeit des Kindes von der Einwilligung der Eltern ganz | Prot 17970 abzusehen, sei jedoch — abgesehen von den Rücksichten der | Pietät gegen die Eltern — namentlich um deswillen bedenklich, weil alsdann das Kind auf dem Wege der Adoption den Eltern das denselben nach § 1210 der Zusst. bis zum zurückgelegten 25. Lebensjahre des Kindes zustehende Recht der Einwilligung zur Eheschließung des Kindes entziehen könnte (§ 437 des Entw.). Unter diesen Umständen erscheine es als eine angemessene Ausgleichung der verschiedenen Interessen, nach dem Vorgange des code civil Art. 346 das zurückgelegte 25. Lebensjahr des Kindes als Grenze der Nothwendigkeit der elterlichen Einwilligung zu bestimmen. Dem Tode der Eltern könne in Ansehung der hier fraglichen Einwilligung die Todeserklärung unbedenklich nach Maßgabe des Antrags unter 1 gleichgestellt werden, zumal wenn man berücksichtige, daß der Ehegatte des für todt erklärten Ehegatten auf Grund der Todeserklärung sogar eine neue Ehe wirksam schließen könne. Nicht minder unbedenklich und durch Rücksichten praktischer Zweckmäßigkeit geboten sei es ferner, die Einwilligung der Eltern f ü r nicht erforderlich zu erklären, wenn der Familienstand des Kindes nicht zu ermitteln sei. O h n e diese Bestimmung würde in manchen Fällen eine an sich wünschenswerthe Adoption eines Kindes, namentlich eines Findelkindes, unterbleiben müssen oder doch nur mit der Gefahr der Nichtigkeit vorgenommen werden können. Nachdem beschlossen worden sei, daß der Anzunehmende bis zum zurückgelegten 25. Lebensjahr der Einwilligung der Eltern bedürfe, könne übrigens nicht mehr mit dem Antrag unter 1 darauf abgestellt werden, ob das Kind aus dem Grunde, weil sein Familienstand nicht zu ermitteln sei, bevormundet werde, sondern nur auf die Thatsache, daß der Familienstand nicht zu | Prot 17971 ermitteln sei. Mit dem Antrage unter 2 noch | weiter zu gehen und die Einwilligung eines Elterntheils insbesondere auch dann für nicht erforderlich zu erklären, wenn derselbe zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stand, also namentlich voraussichtlich dauernd geisteskrank sei, könne dagegen aus den Gründen der Motive S. 1828 als angemessen nicht erachtet, insbesondere könne die Analogie der Eheschließung aus den oben bereits hervorgehobenen Gründen nicht als zutreffend anerkannt werden. Man war einverstanden, daß die „Einwilligung" auch hier dieselbe Bedeutung habe, wie in den Fällen der §§ 416, 420, ferner, daß in Konsequenz des zu § 421 gefaßten Beschlusses auch in den Fällen der §§ 416, 420 dem Tode des Ehegatten, dessen Einwilligung zu der Annahme an Kindesstatt vorgeschrieben sei, die Todeserklärung gleichgestellt werden müsse. Die Ausführungen in den Motiven S. 1828 bis 1833, daß es sich nicht empfehle, noch andere besondere Erfordernisse der Annahme an Kindesstatt in der Person des Anzunehmenden aufzustellen, daß insbesondere auch die Adoption eines unehelichen Kindes durch den unehelichen Vater oder die uneheliche Mutter zuzulassen sei, wurden gebilligt. Eine Meinungsverschiedenheit ergab sich nur in Ansehung der Zulassung der Adoption eines unehelichen Kindes durch die Mutter. In dieser H i n sicht war folgender Antrag gestellt: 730
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1772
Als § 414 a zu bestimmen: „Eine Frau kann ihr uneheliches Kind nicht an Kindesstatt annehmen." Die Mehrheit lehnte den Antrag ab. Sie vermochte die Bedenken nicht zu theilen, daß es dem Wesen der Annahme an Kindesstatt zuwider sei, wenn zwischen dem unehelichen Kinde und dessen Mutter neben dem natürlichen, rechtlich anerkannten Eltern- und Kindesver- | hältnisse, zugleich ein künstliches derartiges Verhältniß | Prot I 7972 begründet werde und daß die Zulassung der Adoption eines unehelichen Kindes durch dessen Mutter der letzteren die Möglichkeit gewähre, ohne die besonderen Voraussetzungen der als Gnadensache sich darstellenden Ehelichkeitserklärung ihr Kind zu einem ehelichen zu machen. Man war vielmehr der Ansicht, daß eine solche Adoption unter Umständen sowohl im Interesse des Kindes als auch der Mutter selbst liege und als ein angemessener Ersatz f ü r den nach dem Entwürfe der Mutter verschlossenen W e g der Ehelichkeitserklärung erscheine (vergl. Motive S. 1893 ff.), insbesondere um deswillen, weil die Adoption in geeigneten Fällen das Mittel biete, der unehelichen Mutter die elterliche Gewalt über ihr uneheliches Kind zu verschaffen. Da die Adoption des minderjährigen Kindes nach den §§ 422, 423 des Entw. an die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters des Kindes und an die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts gebunden sei, so sei auch keine Gefahr für das Kind zu besorgen. Ebensowenig sei zu befürchten, daß die Zulassung derartiger Adoptionen die öffentliche Ordnung, insbesondere das Ansehen der Ehe, beeinträchtigen könne, namentlich, wenn man berücksichtige, daß nach den §§ 414, 415 des Entw. auch eine Frau vor zurückgelegtem 50. Lebensjahr nur auf Grund ertheilter Dispensation an Kindesstatt annehmen könne. Der § 422 des Entw. lautet: „Die Annahme an Kindesstatt, sowie die dazu erforderliche Zustimmung dritter TE-FamR Personen kann nicht durch Vertreter erfolgen; soll jedoch ein Kind vor zurückgeleg- § 4 2 2 tem vierzehnten Lebensjahre an Kindesstatt angenommen wer- | den, so kann das- I Prot I 7973 selbe durch seine gesetzlichen Vertreter vertreten werden." In den gedruckten Abänderungsanträgen des Referenten ist beantragt: Dem § 422 folgende Bestimmung als Abs. 2 hinzuzufügen: Planck „Der von einer in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Person ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters geschlossene Vertrag über eine Annahme an Kindesstatt ist nichtig." Außerdem lag der Antrag vor: Den § 422 dahin zu fassen: Kurlbaum „ H a t der Anzunehmende das vierzehnte Lebensjahr noch nicht zurückgelegt, so (Nr 261, 12) kann der Vertrag f ü r ihn durch den gesetzlichen Vertreter geschlossen werden. Im Uebrigen kann die Schließung des Vertrages sowie die Erklärung der Zustimmung eines Dritten nicht durch Vertreter erfolgen. Der § 422 des Entw. fand aus den Gründen der Motive S. 1833 bis 1836 sachlich die Zustimmung der Kommission. Der im Laufe der Berathung angeregte Gedanke, als Zeitgrenze der zulässigen Vertretung des Kindes durch dessen gesetzlichen Vertreter anstatt des sonst in dem Gesetzbuche mit besonderen Wirkungen nicht ausgestatteten zurückgelegten 14. Lebensjahres im Anschluß an die §§ 26, 63 Abs. 1 K.E. das zurückgelegte siebente oder im Hinblick auf den § 1206 der Zusst. (vergl. ferner § 162 des Erbrechtsentw. verb. mit § 438 Abs. 2 des Entw. des Familienrechtes) das zurückgelegte 16. Lebensjahr zu bestimmen, wurde, namentlich mit Rücksicht auf das geltende Recht, nicht weiter verfolgt. 731
§§ 1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
| Prot 17974
| Die Fassung des § 422, sowie die in dem Antrage vorgeschlagene Fassung blieb der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten. Insbesondere wurde anheimgestellt, zu prüfen, ob es nach dem Vorbilde des § 1210 Abs. 2 (mitgetheilt S. 7967 Anm.) und des § 1250 Abs. 5 (der § 1250 enthält die zu § 71 des Entw. gefaßten Beschlüsse, Prot. S. 6079—6092, 6109—6111) der Zusst. genüge, schlechthin von dem Ausschlüsse der Vertretung zu reden, oder ob im Anschlüsse an die Redaktion des § 1235 Abs. 1, sowie der §§ 1237, 1439 der Zusst. (§ 1235 enthält die zu § 54 Abs. 1 des Entw. gefaßten Beschlüsse, Prot. S. 6016—6022) besonders hervorzuheben sein werde, daß auch die Vertretung durch den gesetzlichen Vertreter des Kindes als Regel ausgeschlossen sei. Anlangend den in dem gedr. Abänderungsantrage beantragten Zusatz, so war man einverstanden, daß der in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Anzunehmende zu der Schließung des Adoptionsvertrages der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters bedürfe (§ 64 Abs. 3 K.E.), und dies, wie bei der Eheschließung (vergl. § 1205 Abs. 1 der Zusst.) auch hier, Stellung vorbehalten, zum besonderen Ausdruck zu bringen sein werde (vergl. auch den Antrag zu § 423 des Entw. unten S. 7975). Dagegen gingen die Ansichten darüber auseinander, ob im Anschlüsse an die in Ansehung der Einwilligung Dritter zu den §§ 416, 420, 421 des Entw. gefaßten Beschlüsse (oben S. 7959, 7966, 7971), aber in Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen des § 64 Abs. 3 K.E. bestimmt werden solle, daß die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters bei Vermeidung der Nichtigkeit des Vertrags bis zur Perfektion des letzteren ertheilt sein müsse, oder ob es in dieser Hinsicht bei den allgemeinen Grundsätzen des § 64 Abs. 3 K.E. zu belassen sei, nach welchen der Vertrag auch durch die später erfolgende Genehmigung, und zwar nach Maßgabe des § 128 Abs. 4 | Prot I 7975 K.E. rückwärtshin, wirksam werde. Die Mehrheit schloß sich der letzte-1 ren Auffassung an und lehnte deshalb den beantragten Zusatz ab. Sie war der Ansicht, daß kein Bedürfniß vorliege, aus den in den Bemerkungen zu den gedruckten Abänderungsanträgen S. 151 dargelegten Gründen f ü r den seltenen Fall, in welchem das V o r mundschaftsgericht den Vertrag genehmigt und das Gericht denselben bestätigt habe, trotzdem daß es an der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters fehle, durch eine positive Vorschrift einzugreifen.
Zu dem § 423 des Entw., dessen Wortlaut dahin geht: TE-FamR „Minderjährige oder unter Vormundschaft stehende Personen bedürfen zu dem § 423 Vertrage über Annahme an Kindesstatt der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Das letztere hat, soweit nicht die Zustimmung der Eltern des Anzunehmenden erforderlich ist, nach Maßgabe des § 528 vorher Verwandte oder Verschwägerte zu hören." lag folgender Antrag vor: Kurlbaum 1. Absatz 1 dahin zu fassen: (Nr 261,13 a) „Minderjährige oder unter Vormundschaft stehende Personen bedürfen zu dem Vertrage, wenn sie in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind, der Einwilligung oder Genehmigung des gesetzlichen Vertreters und in jedem Falle der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts." Kurlbaum (Nr 261,13b)
2. Absatz 2 zu streichen. Absatz 1 wurde aus den Gründen der Motive S. 1834, 1835 auch insoweit, als nach demselben die Adoption eines unter elterlicher Gewalt stehenden Kindes der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedarf, sachlich genehmigt. Die Fassung des Antrags unter 1 wurde zur Redaktion verwiesen, bei welcher insbesondere zu 732
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1772
prüfen sein werde, ob es sich nicht empfehle, im Anschlüsse | an den § 1205 Abs. 1 der | Prot 17976 Zusst. den Eingang dahin zu fassen: Eine Person, welche in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, bedarf zu dem Vertrage u.s.w. (wie in dem Antrage unter 1). Absatz 2 wurde, namentlich im Hinblick auf die allgemeine Bestimmung des § 528 des Entw., von der Mehrheit als entbehrlich abgelehnt.
523. Sitzung vom 22. 2. 1886, Schriftführer:
Struckmann
| Bevor die Berathung des von der Annahme an Kindesstatt handelnden siebenten | Prot 17977 Titels des zweiten Abschnitts des Entwurfs des Familienrechts fortgesetzt wurde, gelangte folgender, für die weitere Redaktion der zum zweiten Abschnitte beschlossenen Bestimmungen präjudizielle Antrag zur Diskussion : Den zweiten Abschnitt des Entwurfs in folgender Weise zu ändern und zu Kurlbaum überschreiben: (Nr 257,6) Zweiter Abschnitt Eltern und Kinder Erster Titel. Eheliche Kinder I. Allgemeine Bestimmungen (SS 1431 bis 1447) | II. Elterliche Gewalt (mit Unterabteilungen.) Zweiter Titel. Kinder aus nichtigen Ehen. (SS 403 bis 408) Dritter Titel. Uneheliche Kinder I. Allgemeine Bestimmungen. (SS 382 bis 384) II. Legitimation durch nachfolgende Ehe (SS 409 bis 413) III. Ehelichkeitserklärung. (SS 442 bis 465) Vierter Titel. Annahme an Kindesstatt (SS 385 bis 408) Fünfter Titel (SS 466 bis 474)
I Prot 17978
Dritter Abschnitt Unterhaltspflicht Erster Titel. Unterhaltspflicht der Verwandten (SS a bis s) Zweiter Titel. Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters. (SS 385 bis 402) Bei Gelegenheit der Berathung des S 289 des Entwurfs ist bereits im Allgemeinen zur Sprache gekommen und allseitig anerkannt worden, daß in Folge der beschlossenen Ausdehnung der Unterhaltspflicht der Verwandten auf die Geschwister dem Unterabschnitte über die Unterhaltspflicht demnächst im Gesetzbuche eine andere Stellung | zu geben sein werde; doch blieb die weitere Beschlußfassung darüber | Prot 17979 vorbehalten (Prot. S. 7531). 733
§§ 1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
In Veranlassung des obigen Antrages verständigte man sich nunmehr dahin, den zweiten Abschnitt des Entwurfs des Familienrechts in folgender Weise zu ordnen: Zweiter Abschnitt. Verwandtschaft Erster Titel. Eheliche Abstammung. (SS 272 bis 285 des Entw.; SS 1431 bis 1443 der Zusst.) Zweiter Titel. Unterhaltspflicht. ( S S 289 bis 308 des Entw.; S S 1444 bis 1460 der Zusst.) Dritter Titel. Rechtsverhältniß zwischen Eltern und ehelichen Kindern. I. Allgemeine Bestimmungen. ( S S 286 bis 2 8 8 , 309 bis 316 des Entw.; S S 1444 bis 1447 der bish. Zusst., jetzt §S 1461 bis 1464) II. Elterliche Gewalt. (SS 317 bis 381 des Entw.) Vierter Titel. Rechtsverhältniß der Kinder aus ungültigen Ehen. ( S S 403 bis 408 des Entw.) Fünfter Titel. Rechtsverhältniß der unehelichen Kinder. I. Allgemeine Bestimmungen. (SS 382 bis 384 des Entw.) II. Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters (einschließlich der Verpflichtungen desselben, der unehelichen Mutter die Kosten der Entbindung und des Wochenbetts zu ersetzen). ( S S 385 bis 401 des Entw.) | Prot 17980 | III. Legitimation durch nachfolgende Ehe. ( S S 409 bis 413 des Entw.) I V . Ehelichkeitserklärung. ( S S 442 bis 465 des Entw.) Sechster Titel. Annahme an Kindesstatt. (SS 414 bis 441 des Entw.) Siebenter Titel. Feststellung und Anfechtung familienrechtlicher Verhältnisse. ( S S 466 bis 474 des Entw.) D e r Prüfung bei der Redaktion blieb vorbehalten, ob es nicht den V o r z u g verdiene, dem dritten Titel die kürzere Ueberschrift zu geben „Eheliche Kinder" und dem entsprechend den vierten Titel „Kinder aus ungültigen Ehen", den fünften Titel „Uneheliche Kinder" zu überschreiben. Auch die Fassung der Ueberschriften zu den Unterabschnitten des fünften Titels und der Ueberschrift zu dem siebenten Titel wurde der Redaktion überlassen, ebenso die Beschlußfassung darüber, ob nicht die Bestimmungen über die Legitimation durch nachfolgende Ehe und über Ehelichkeitserklärung demnächst angemessen in einen Unterabschnitt oder in einen besonderen Titel zusammenzufassen seien. Die Berathung wandte sich darauf dem S 424 des Entwurfs zu, welcher lautet: TE-FamR „Dritte Personen, deren Zustimmung zur Annahme an Kindesstatt erforderlich § 424 i s t ; bedürfen, wenn sie in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind, zur Ertheilung dieser Zustimmung nicht der Genehmigung ihres gesetzlichen Vertreters; in Ansehung der Eltern ist jedoch eine solche Genehmigung dann erforderlich, wenn ihnen die elterliche Nutznießung zusteht." | Prot 17981
| D e r S 4 2 4 wurde aus den Gründen der Motive S. 1835, 1836 sachlich gebilligt. Es kam zur Sprache, ob nicht die Schlußworte „in Ansehung der Eltern zusteht" zu streichen seien, da der Wegfall der elterlichen Nutznießung in Folge der An734
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1772
nähme an Kindesstatt nicht auf dem rechtsgeschäftlichen Willen des in der Geschäftsfähigkeit beschränkten einwilligenden Elterntheils beruhe, sondern als eine gesetzliche Wirkung der Annahme an Kindesstatt eintrete (§§ 379, 437 des Entw.), und ein jenen Schlußworten entsprechender Zusatz auch in Ansehung der Einwilligung eines in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Elterntheils zu der Eheschließung des Kindes nicht gemacht worden sei (§ 1210 Abs. 2 der Zusst.), obwohl auch durch die Eheschließung eines unter elterlicher Gewalt stehenden Kindes die elterliche Nutznießung endige, sofern die Ehe mit Einwilligung des betreffenden Elterntheils geschlossen worden sei ( § 3 4 a der vorl. Zusst. über die elterliche Gewalt). Man erwog jedoch, daß die Sachlage bei der Eheschließung insofern eine andere sei, als die letztere dem natürlichen Entwickelungsgange des Lebens des Kindes entspreche, während der Austritt des Kindes aus der Familie im Wege der Adoption außerhalb des regelmäßigen Verlaufs der Dinge liege und es deshalb an einer genügenden Veranlassung fehle, diesen Austritt zu erleichtern. Einvernehmen bestand, daß in dem § 424 das | zwei Mal vorkommende Wort I Prot I 7982 „Zustimmung" durch „Einwilligung" und das zwei Mal vorkommende W o r t „Genehmigung" ebenfalls durch „Einwilligung" zu ersetzen sei. Zu dem § 425 des Entwurfs, lautend: „Die Annahme an Kindesstatt kann nicht unter Hinzufügung von Bedingungen, Voraussetzungen und Zeitbestimmungen erfolgen." ist in den gedruckten Abänderungsanträgen des Referenten beantragt: Den § 425 dahin zu fassen: „Die Annahme an Kindesstatt kann nicht unter Hinzufügung von Bedingungen oder Zeitbestimmungen erfolgen." Der § 425 erfuhr mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 1836, 1837 sachlich keine Anfechtung. Anlangend die Fassung, so einigte man sich dahin, den § 425 nach dem Vorbilde der §§ 280, 853, 1110 K.E. und des § 1437 der Zusst. dahin zu fassen: Die Annahme an Kindesstatt unter Beifügung einer Bedingung oder Zeitbestimmung ist unwirksam. Vorbehalten blieb jedoch, für den Fall, daß der § 429 des Entwurfs angenommen werden sollte, darauf zurückzukommen, ob nicht nach Analogie der f ü r die Eheschließung beschlossenen Vorschrift des § 1220 der Zusst. die Bestimmung des § 425 | in einer dem § 1220 Abs. 2 und den gedruckten Abänderungsanträgen entsprechenden Fassung mit dem § 429 zu verbinden sein werde. Die Uebertragung der Bedingung auf die Einwilligung eines Dritten hielt man für entbehrlich. Man war der Ansicht: Es verstehe sich von selbst, daß eine suspensiv bedingte Einwilligung während des Schwebens der Bedingung sowie die resolutorisch bedingte und durch einen Endtermin betagte Einwilligung keine Berücksichtigung verdiene, daß dagegen nichts entgegenstehe, eine suspensiv bedingte und eine durch einen Anfangstermin betagte Einwilligung nach Eintritt der Bedingung oder des Zeitpunktes f ü r wirksam zu erachten. Der § 426 des Entwurfs lautet: „Ueber die Annahme an Kindesstatt müssen die Vertragschließenden vor Gericht oder N o t a r eine öffentliche Urkunde errichten. Auch die zu der Annahme erforderliche Zustimmung dritter Personen muß in einer vor Gericht oder N o t a r aufgenommenen öffentlichen Urkunde erklärt werden." In den gedruckten Abänderungsanträgen des Referenten ist beantragt: 735
TE-FamR §425
I Prot 17983
TE-FamR «426
§§1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
D e m Abs. 2 folgende Bestimmung h i n z u z u f ü g e n : „Die in einer solchen Form dem einen oder anderen Vertragschließenden gegenüber erklärte Zustimmung ist, vorbehaltlich der f ü r die gesetzlichen V e r t r e t e r der Vertragschließenden im § 429 gegebenen besonderen Bestimmung, unwiderruflich." A u ß e r d e m lagen folgende Anträge vor: Kurlbaum 1. 1. den § 426 dahin zu fassen: (Nr 261, 14) | „ D e r V e r t r a g sowie die erforderliche Zustimmung eines Dritten bedarf der | Prot I7984 gerichtlichen oder notariellen Form." Kurlbaum 2. d e m in dem gedruckten Abänderungsantrage beantragten Zusatz folgende (Nr 262, 3) Fassung zu geben:
„Die Z u s t i m m u n g eines Dritten kann gegenüber dem Einen oder A n d e r e n der Vertragschließenden erklärt werden. Sie ist unwiderruflich." 2 II. D e n gedruckten Abänderungsantrag abzulehnen. Es w u r d e n folgende Beschlüsse gefaßt: | Prot 17985
1. Für den Fall, daß der § 429 des Entwurfs a n g e n o m m e n wird, soll nach Maßgabe des Antrags unter I, 1, Fassung vorbehalten, bestimmt werden, daß der V e r t r a g zwischen dem A n n e h m e n d e n und A n z u n e h m e n d e n , sowie die nach den §§ 416, 420, 421 des Entwurfs erforderliche Einwilligung des Ehegatten des Annehmenden bezw. des Ehegatten und der Eltern des A n z u n e h m e n d e n der gerichtlichen oder notariellen Form bedarf, und z w a r in dem Sinne, d a ß die Willenserklärung der Vertragschließenden nicht bei gleichzeitiger Anwesenheit derselben vor Gericht oder N o t a r abgegeben zu werden braucht. Für den Fall dagegen, daß der § 429 des Entwurfs gestrichen wird, soll die Bestimmung a u f g e n o m m e n werden, daß der V e r t r a g zwischen dem A n n e h m e n d e n und dem Anzunehmenden vor Gericht oder N o t a r geschlossen u n d die erforderliche Einwilligung der bezeichneten Drit- | ten Personen in gerichtlicher o d e r notarieller Form erklärt werden muß, und z w a r in dem Sinne, daß, ein in dem Falle des § 8 5 1 K.E. (vergl. Prot. S. 3880, 3881), die Willenserklärung der Vertragschließenden bei gleichzeitiger Anwesenheit derselben vor Gericht oder N o t a r mündlich abgegeben werden muß. M a n w a r der Ansicht, daß diese letztere erschwerendere F o r m f ü r den Fall der A n n a h m e des § 429 entbehrlich sei, da in diesem Falle die hier fragliche Willenserklärung der Vertragschließenden mit Rücksicht auf die nach dem § 427 des Entwurfs erforderliche Bestätigung des zuständigen Gerichts, nur den C h a r a k t e r einer Ordnungsvorschrift habe; dagegen sei es f ü r den Fall der Ablehnung des § 429 aus ähnlichen G r ü n d e n , wie denjenigen, aus welchen der Entwurf nach Maßgabe des § 429 die gleichzeitige Anwesenheit der Vertragschließenden verlange (vergl. Motive S. 1846), bei der Wichtigkeit des Vertrags als angemessen zu erachten, daß der V e r t r a g vor Gericht o d e r N o t a r in dem obenbezeichneten Sinne abgeschlossen werden müsse, namentlich wenn demnächst beschlossen werden sollte, daß der Vertrag schon vor erfolgter Bestätigung durch das zuständige Gericht bindend sei (vergl. auch code civil Art. 353; sächs. G.B. § 1787).
| Prot 17986
2. Die zu dem V e r t r a g e oder nach § 424 des Entwurfs zu der Einwilligung eines Dritten erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters soll nicht an die gerichtliche o d e r notarielle Form gebunden sein, auch wenn der § 429 gestrichen w e r d e n sollte. Die Mehrheit war der Ansicht, daß trotz der über die Vertragschlie2
736
Von Kurlbaum lag ferner der Antrag Nr. 261,15 vor, als § 426 a zu bestimmen: Die Befugniß zur Ertheilung der nach den Vorschriften der §§ 415, 418 zulässigen Dispensation steht dem Staate zu. Ueber die Ausübung dieser Befugnisse haben die Landesregierungen zu bestimmen.
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§§1741-1772
ßenden hinaus sich erstreckenden Wirkungen ein | praktisches Bedürfniß, die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters — in Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen der §§ 64, 128 K.E. — an die gerichtliche oder notarielle Form zu binden, nicht anerkannt werden könne, zumal wenn man berücksichtige, daß die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, soweit die letztere erforderlich sei, und die Bestätigung des Vertrags durch das Gericht beim Mangel der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters nicht erfolgen dürfe. Für die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters die Beobachtung einer Form vorzuschreiben, erscheine um so weniger als angemessen, nachdem zum § 422 des Entwurfs beschlossen worden sei, daß der ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters eines der Vertragschließenden abgeschlossene Vertrag auch durch die nach erfolgter Bestätigung des letzteren erfolgende Genehmigung des gesetzlichen Vertreters nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze des § 64 Abs. 3 und des § 128 K.E. wirksam werden solle. Auch bei der Eheschließung und bei den Eheverträgen habe man es nicht für erforderlich und für rathsam gehalten, die Einwilligung oder die Genehmigung des gesetzlichen Vertreters an eine Form zu binden (vgl. Prot. S. 6578 ff.). Wie dort, sei auch hier die Rücksicht auf die Aufrechterhaltung des Vertrags als überwiegend zu erachten. 3. Der gedruckte Abänderungsantrag wurde unter Ablehnung des Streichungsantrags in der Fassung des Antrags unter I, 2 mit der Modifikation angenommen, daß das W o r t „Zustimmung" durch „Einwilligung" ersetzt werden soll. Man verkannte zwar nicht, daß die hier fragliche Bestim-1 mung gegenüber dem allgemeinen | Prot 17987 Grundsatze des § 128 Abs. 3 K.E. sich als eine positive darstelle und gegen dieselbe ähnliche Bedenken sich geltend machen ließen, wie diejenigen, welche zu dem Beschlüsse der Kommission geführt hätten, daß die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters und der Eltern zur Eheschließung nach Maßgabe des § 128 Abs. 3 K.E. solle widerrufen werden können (Prot. S. 5874, 5875). Man erachtete jedoch die in den Bemerkungen zu den gedruckten Abänderungsanträgen S. 151 ff. für die Unwiderruflichkeit der Einwilligung der in den §§ 416, 420, 421 des Entwurfs bezeichneten dritten Personen angeführten Gründe praktischer Zweckmäßigkeit, insbesondere die Erwägung, daß die Nichtigkeit eines bestätigten Vertrages in hohem Grade mißlich sei, f ü r durchschlagend. Die mit der Zulassung eines Widerrufs verbundenen Uebelstände würden zwar, wenn man vorschreibe, daß derselbe, um wirksam zu sein, gegenüber dem bestätigenden Gerichte erklärt werden müsse, einigermaßen gemindert, aber nicht beseitigt. Zu beachten sei ferner, daß in der großen Mehrzahl der Fälle die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich sei, dieses aber seine Genehmigung versagen werde, wenn nach Ertheilung der Einwilligung der hier fraglichen Personen Umstände eingetreten seien, welche die Annahme an Kindesstatt vom Standpunkte des Interesses des Kindes aus als bedenklich erscheinen ließen. Derjenige, welcher seine Einwilligung ertheilt habe, könne derartige Umstände zur Kenntniß des Vormundschaftsgerichts bringen. Uebergegangen wurde sodann zur Berathung | der §§ 427 bis 429 des Entwurfs. | Prot 17988 Dieselben lauten: § 427. „Die Annahme an Kindesstatt bedarf der Bestätigung des zuständigen TE-FamR Gerichts." § «7 § 428. „Die Bestätigung des Gerichts soll erfolgen: TE-FamR 1. wenn die Bedingungen vorhanden sind, von denen das Gesetz die Zulässigkeit § 428 der Annahme an Kindesstatt abhängig macht, und 2. aus den besonderen Umständen des Falles keine Bedenken sich ergeben, welche die Herstellung eines dem Zwecke der Annahme an Kindesstatt entsprechenden 737
§§1741-1772
2. Abschnitt: V e r w a n d t s c h a f t
sittlichen Verhältnisses unter den Betheiligten als unwahrscheinlich erscheinen lasA sen. TE-FamR § 429. „Ist die Bestätigung erfolgt, so hat das zuständige Gericht die Vertrag§ 429 schließenden und deren gesetzliche Vertreter zum persönlichen Erscheinen vorzuladen, ihnen die Bestätigung zu eröffnen, danach die Frage an sie zu richten, ob sie nach Maßgabe ihrer im § 426 gedachten Erklärung bei der Annahme an Kindesstatt beharren, und im Falle der Bejahung dieselbe als vollzogen zu erklären. | Prot 17989 | Erst mit dieser Erklärung erhält der Vertrag rechtliche Wirksamkeit." In den gedruckten Abänderungsanträgen des Referenten ist beantragt: Dem § 429 folgende Bestimmung als Abs. 3 hinzuzufügen: „Wenn und soweit die Vertragschließenden und deren gesetzliche Vertreter in Gemäßheit des ersten Absatzes ihre Zustimmung zu der Annahme an Kindesstatt erklärt haben, ist es auf die rechtliche Wirksamkeit des Vertrags ohne Einfluß, daß dieselben vor erfolgter Bestätigung der Annahme an Kindesstatt die zur Gültigkeit des Vertrages erforderlichen Willenserklärungen überhaupt nicht oder nicht in wirksamer Weise abgegeben haben." Außerdem lagen folgende Anträge vor: I. Die §§ 427 bis 429 des Entwurfs durch folgende Bestimmung zu ersetzen: 1. „Der Vertrag bedarf der gerichtlichen Bestätigung. Die Bestätigung darf nur versagt werden, wenn die Annahme an Kindesstatt unzulässig ist." 2. eventuell in einem besonderen § hinzuzufügen: „Mit der gerichtlichen Bestätigung des Vertrages tritt die Annahme an Kindesstatt | Prot 17990 in Kraft. | Der Vertrag wird für die Vertragschließenden mit dem Zeitpunkte bindend, in welchem er von den Vertragschließenden dem Gerichte zur Bestätigung eingereicht wird. Die Bestätigung erfolgt wirksam auch dann, wenn nach diesem Zeitpunkte Einer der Vertragschließenden geschäftsunfähig geworden ist." v.Mandry (Nr 266,1)
II. 1. Zu §§ 427 und428. In erster Linie a, den § 427dahin zu fassen: „Der Vertrag bedarf zu seiner Wirksamkeit der Bestätigung des zuständigen Gerichtes und wird auch f ü r die Vertragschließenden erst mit dieser Bestätigung bindend." b, den § 428dahin zu fassen: „Die Bestätigung des Vertrages darf nur . . ." (wie im Antrag unter I, 1). eventuell a, den § 427TAX fassen wie im Entwurf. b, den §428 dahin zu fassen: „Die Bestätigung ist zu versagen, wenn die Annahme an Kindesstatt unzulässig ist. | P r o t 17991 Auch wenn einer der Vertragschließenden vor der Be- | stätigung gestorben oder geschäftsunfähig geworden oder vom Vertrage zurückgetreten ist, darf die Bestätigung nicht erfolgen." 2. den § 429 zu streichen. 3
Kurlbaum ( N r 262, 5)
Die Berathung führte zu folgenden Ergebnissen:
3
Ferner lag von Kurlbaum der Antrag N r . 262, 4 zu § 428 v o r : Die Bestätigung des Gerichts darf n u r versagt werden, wenn die Annahme an Kindesstatt unzulässig ist.
738
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1772
1. Das im § 427 des Entwurfs aufgestellte Erforderniß der gerichtlichen Bestätigung wurde mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 1839 ff. sachlich nicht beanstandet. Eine Meinungsverschiedenheit ergab sich jedoch darüber, ob das W o r t „zuständigen" gestrichen werden solle. Die Kommission entschied sich durch Stichentscheid des Vorsitzenden mit fünf gegen fünf Stimmen für die Beibehaltung jenes Zusatzes. Man erachtete es als angemessen, für den Fall, daß die örtliche und sachliche Zuständigkeit durch ein besonderes Reichsgesetz, das Verfahren in Sachen freiwilliger Gerichtsbarkeit betr. (vergl. §§ 62 ff. des Entw. eines Gesetzes über das Verfahren in Vormundschaftssachen und sonstigen das Familienrecht betreffenden Angelegenheiten), nicht bestimmt werden sollte, die Landesgesetzgebungen darauf hinzuweisen, daß hier eine von ihnen auszufüllende Lücke vorliege. Vorbehalten blieb, eventuell in dem Gesetze über das Verfahren darüber zu entscheiden, ob und inwieweit die von einem örtlich oder sachlich unzuständigen Gerichte erfolgte Bestätigung als nichtig zu erachten sei (vergl. §§ 66, 68, 39 des bezeichneten Entw. nebst | Motiven S. 142, 143). Einvernehmen bestand, daß in Ermangelung einer anderwei- | Prot 17992 ten reichsgesetzlichen Bestimmung der Mangel der örtlichen oder sachlichen Unzuständigkeit des bestätigenden Gerichts nach § 427 des Entwurfs die Nichtigkeit der Bestätigung zur Folge habe. Die Mehrheit war jedoch der Ansicht, daß daraus ein Bedenken gegen die Aufnahme des Zusatzes „zuständigen" nicht hergeleitet werden könne, da in Ermangelung einer anderweiten reichsgesetzlichen Bestimmung die Landesgesetzgebung es in der Hand habe, jedes Gericht für zuständig zu erklären, daneben aber vorzuschreiben, daß nur die näher bezeichneten Gerichte die Bestätigung ertheilen sollen. 2. Die Ziffer 1 des § 428 des Entwurfs fand keinen Widerspruch, die Ziff. 2 wurde von der Mehrheit abgelehnt. Erwogen war: Der Entwurf stehe, soviel die Voraussetzungen der Bestätigung betreffe, auf dem | Prot 17993 Boden des Normativprinzips. Das Gericht solle das Vorhandensein der gesetzlichen Erfordernisse der Annahme an Kindesstatt, nicht aber auch die Angemessenheit der letzteren, insbesondere auch nicht vom Standpunkte des Interesses des Anzunehmenden aus, prüfen. Eine Ausnahme von diesem Prinzipe enthalte die Ziff. 2 des § 428. Diese Ausnahmebestimmung verdiene jedoch wegen ihrer Unbestimmtheit und Dehnbarkeit keinen Beifall. Es sei zu besorgen, daß dieselbe eine Unsicherheit und ein Schwanken in der Praxis der Gerichte zur Folge haben würde. Glau- | be man mit Rücksicht auf die gegen das Institut der Annahme an Kindesstatt sprechenden rechtspolizeilichen Bedenken vom Standpunkte des öffentlichen Interesses aus einen weitergehenden Schutz gegen Mißbrauch des Instituts, als die im Gesetze aufgestellten bestimmten Erfordernisse gewährten, nicht entbehren zu können, so würde es überhaupt den Vorzug verdienen, mit der Bestätigung nicht die Gerichte zu betrauen, da diese nicht als die zur W a h r u n g derartiger öffentlicher Interessen berufenen und geeigneten Organe anzusehen seien. Die Bedenken gegen die Durchführung des Normativprinzips könnten indessen als begründet nicht anerkannt werden. Die Anerkennung jenes Prinzips stelle sich zwar gegenüber dem in großen Rechtsgebieten geltenden Rechte als eine erhebliche Neuerung dar, entspreche aber andererseits dem Standpunkte des preuß. A.L.R. (vergl. A.L.R. II, 2 § 667 verb. mit A.G.O. II, 3 § 22, II, 2 § 28) und habe in dem Gebiete des letzteren, soviel bekannt, zu Mißständen nicht geführt. Zu beachten sei ferner, daß in den wichtigsten und häufigsten Fällen, nämlich in den Fällen der Adoption eines Minderjährigen, die einer anderen Beurtheilung unterliegende Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich sei. 739
§§ 1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
3. Der § 429 des Entwurfs wurde von der Mehrheit gestrichen, statt dessen vielmehr beschlossen, daß die Annahme an Kindesstatt mit der gerichtlichen Bestätigung in Wirksamkeit treten, der nach Maßgabe des § 426 vor Gericht oder N o t a r geschlossene Vertrag jedoch schon vor der Bestätigung für die Vertragschließenden | Prot 17994 bindend | sein und diese Bindung erst mit rechtskräftiger Versagung der Bestätigung aufhören soll. Die Gründe waren: Die den Vorschriften über die Form der Eheschließung (§ 1220 der Zusst.) nachgebildeten Bestimmungen des § 429 seien, wenngleich eine gewisse Analogie mit der Eheschließung insofern nicht zu verkennen sei, als es auch bei der Annahme an Kindesstatt sich um die Begründung eines engen, auf die Lebenszeit der Vertragschließenden berechneten bezw. darüber noch hinauswirkenden persönlichen Verhältnisses handele, und wenngleich diese Art der Regelung die in den Motiven S. 1846 dargelegten Vortheile gewähre, dennoch wegen der damit verbundenen Weitläufigkeiten des Verfahrens und mit Rücksicht auf die Einfachheit und Durchsichtigkeit des Gesetzbuchs als angemessen nicht zu erachten, auch dann nicht, wenn man — abweichend von der Absicht des Entwurfs (vergl. Motive S. 1845; § 62 des Entw. eines Gesetzes über das Verfahren in Vormundschaftssachen u.s.w.) — vorschreiben würde, daß das im § 429 bestimmte Verfahren vor dem bestätigenden Gerichte stattfinden solle. Das besondere Verfahren des § 429 sei zudem dem geltenden Rechte fremd und durch ein Bedürfniß nicht geboten. Der Zweck des § 429, eine Garantie für die Ernstlichkeit und Uebereinstimmung des Willens der Vertragschließenden und gegen Uebereilung derselben in einer so wichtigen Angelegenheit zu schaffen, werde in ausreichender Weise schon dadurch erreicht, daß der Vertrag, wie | Prot I 7995 für den Fall der Streichung des § 429 bereits zu § 426 beschlossen worden sei, | vor Gericht oder N o t a r bei gleichzeitiger Anwesenheit der Kontrahenten geschlossen werden müsse. Ein bestimmter einheitlicher Zeitpunkt aber, mit welchem die Annahme an Kindesstatt in Kraft trete, lasse sich auch in anderer Art, z. B. durch Zustellung der den Vertrag bestätigenden Verfügung an den Annehmenden, fixieren. Die nähere Bestimmung in dieser Beziehung bleibe der Berathung des Gesetzes über das Verfahren vorbehalten. Gehe man davon aus, daß die Annahme an Kindesstatt mit der gerichtlichen Bestätigung in Wirksamkeit trete, so erhebe sich die weitere Frage, ob der Vertrag auch erst mit diesem Zeitpunkte für die Vertragschließenden bindend sein oder ob die Bindung für dieselben bereits mit einem früheren Zeitpunkte, sei es mit dem Abschluß des Vertrags, sei es mit dem Zeitpunkte eintreten solle, in welchem der Vertrag von dem Vertragschließenden dem Gerichte zur Bestätigung eingereicht werde. Der erste Standpunkt werde von dem Antrage unter II, 1 vertreten, jedoch mit der im Laufe der Berathung von dem Antragsteller vorgeschlagenen Modifikation, daß der Rücktritt von dem Vertrage, um wirksam zu sein, dem bestätigenden Gerichte angezeigt werden müsse, der zweite Standpunkt von dem Antrage unter I, 1, und zwar in erster Linie in dem Sinne, daß die Bindung schon mit dem Vertragschlusse, in zweiter Linie in dem Sinne, daß die Bindung mit dem Zeitpunkte eintre| Prot I 7996 ten solle, in welchem der Vertrag von den Vertragschließenden dem Gerich-1 te zur Bestätigung eingereicht werde. Im allgemeinen Theile des Gesetzbuchs sei eine allgemeine Bestimmung darüber, ob und inwiefern in den Fällen, in welchen das Gesetz für ein Rechtsgeschäft eine behördliche Mitwirkung durch Bestätigung vorschreibe, den Parteien bis zur erfolgten Bestätigung der Rücktritt gestattet sei, nicht gegeben, vielmehr sei man davon ausgegangen, daß in jedem einzelnen Falle durch 740
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 —1772
die speziellen Bestimmungen kein Zweifel darüber zu lassen sei, wie die eingeschlagende Vorschrift zu verstehen sei (Prot. S. 150; vergl. auch die Motive zu dem Entw. des allgem. Theils Abschn. II Tit. 2. Rechtsgeschäft. Formvorschriften S. 78 ff.). Es könne dahin gestellt bleiben, wie die in Rede stehende Frage, rein juristisch betrachtet, nach den allgemeinen Grundsätzen zu entscheiden sein würde. Für die Bestimmung, daß im vorliegenden Falle der Vertrag bereits mit dem Zeitpunkte des Abschlusses desselben f ü r die Vertragschließenden bindend sein solle, falle entscheidend ins Gewicht, daß nach dem zu § 428 des Entwurfs gefaßten Beschlüsse die Bestätigung nicht den Zweck habe, den V e r t r a g von dem Gesichtspunkte des Wohles der Vertragschließenden aus zu prüfen und gewissermaßen die Willenserklärungen derselben zu ergänzen, sondern den Abschluß ungültiger Adoptionen wegen der daraus auch im Verhältnisse zu dritten Personen sich ergebenden großen praktischen U n z u träglichkeiten und Verwickelungen, wesentlich im öffentlichen Interesse, möglichst zu verhüten. Bei diesem C h a r a k t e r der Bestätigung als einer das Vorhandensein der gesetzlichen Erfordernisse der Annahme an Kindesstatt im öffentlichen Interesse deklarirender V e r f ü g u n g fehle | es, namentlich v o m Standpunkte eines Gesetzbuchs | Prot I 7997 aus, welches auch in verschiedenen anderen Fällen eine Bindung der Erklärenden eintreten lasse, obwohl der zur vollen Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts erforderliche Thatbestand noch nicht vollständig vorliege (vergl. §§ 58, 79, 64 Abs. 4, § 124 Abs. 2, §§ 308, 818, 859, § 816 Abs. 3 K.E.), an einem ausreichenden G r u n d e , den Parteien den Rücktritt von dem Vertrage zu gestatten, solange nicht die Bestätigung rechtskräftig versagt sei. D a z u komme, daß man durch den Ausschluß des Rücktritts die G e f a h r vermeide, daß ein wegen eines inzwischen erfolgten Rücktritts nichtiger V e r t r a g bestätigt und durch die Bestätigung der Schein der Gültigkeit desselben erweckt werde. Volle Sicherheit gegen diese G e f a h r w e r d e auch nicht durch die Bestimmung gewährt, daß der Rücktritt, um wirksam zu sein, dem bestätigenden Gerichte angezeigt werden müsse. Auch der eventuelle A n t r a g unter I, 2 sei namentlich um deswillen bedenklich, weil, w e n n ein Rücktritt erfolgt sei, die Unwirksamkeit desselben von dem Nachweise abhänge, daß der V e r t r a g vor der Rücktrittserklärung von beiden Vertragschließenden dem Gerichte z u r Bestätigung eingereicht worden sei. Diesen Erwägungen gegenüber k ö n n e auch das gegen den Eintritt der Bindung der Vertragschließenden schon mit d e m Zeitpunkte des Vertragsabschlusses erhobenen Bedenken, daß ein solches Festhalten am W o r t e der N a t u r und dem Zwecke des persönlichen Verhältnisses, welches durch die A n n a h m e an Kindesstatt begründet werden solle, nicht entspreche, solange nicht die A n n a h m e an Kindesstatt selbst zur Wirksamkeit gelangt sei, und daß auf ähnlichen E r w ä g u n g e n auch die Unverbindlichkeit | des Verlöbnisses beruhe, erhebliches Gewicht nicht gelegt werden (vergl. | Prot 17998 Prot. S. 5833,5834). In Ansehung der Bestimmung, daß die Bindung der Vertragschließenden aufhöre, wenn die Bestätigung rechtskräftig versagt worden sei, wurde bei der Berathung vorausgesetzt, daß ein Gesetz über das V e r f a h r e n die Bestimmung enthalten werde, daß gegen den die Bestätigung versagenden Beschluß des Gerichts nur sofortige Beschwerde, im Sinne der C.P.O. stattfinde. 4. Einvernehmen bestand, daß, da der V e r t r a g mit dem Zeitpunkte des Abschlusses desselben bindend sei, es nach den allgemeinen Grundsätzen nicht zweifelhaft sein könne, d a ß die nach jenem Zeitpunkte eintretende Geschäftsunfähigkeit des A n n e h m e n d e n oder A n z u n e h m e n d e n auf die Wirksamkeit des Vertrags ohne Einfluß sei (§§ 88 K.E.; vergl. auch § 73 Abs. 3 das.). Auf der anderen Seite w u r d e dagegen beschlossen, daß — abweichend von der Regel der §§ 88, 73 Abs. 3 K.E. — die 741
§§ 1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
Adoption nicht eintreten soll, wenn der A n n e h m e n d e oder A n z u n e h m e n d e vor der gerichtlichen Bestätigung stirbt. Man w a r der Ansicht, daß, da die A n n a h m e an Kindesstatt erst mit der gerichtlichen Bestätigung ohne R ü c k w i r k u n g auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in K r a f t trete, die Begründung des durch die Annahme an Kindesstatt beabsichtigten persönlichen Verhältnisses nicht mehr möglich sei, w e n n der A n n e h m e n d e o d e r Anzunehmende vor der Bestätigung gestorben sei, weil es in d e m entscheidenden Zeitpunkte alsdann an dem erforderlichen Subjekte | Prot 17999 f ü r das zu begründende Verhältniß fehle. Weiter k o m m e in | Betracht, daß der Nichteintritt der Adoption f ü r den Fall des vor der Bestätigung erfolgenden T o d e s des A n n e h m e n d e n im Hinblick auf die Bestimmung des § 487 des Entwurfs von besonderer Wichtigkeit sei, nach welcher der leibliche Elterntheil des A n g e n o m m e nen die elterliche Gewalt über den letzteren dauernd verliere. 5. Anlangend die Fassung der zu den §§ 427 bis 429 beschlossenen Bestimmungen, so blieb dieselbe der P r ü f u n g bei der Redaktion vorbehalten, insbesondere nach der Richtung hin, ob von der Bestätigung des Vertrags (vergl. die Anträge unter I und II) oder der A n n a h m e an Kindesstatt die Annahme (§ 427 des Entw.) zu reden, ob der V e r t r a g oder die A n n a h m e an Kindesstatt als dasjenige zu bezeichnen sei, dessen Wirksamkeit von der Bestätigung abhänge (vergl. § 64 Abs. 3 K.E.), ob im Eingange des 5 428 die W o r t e „des Gerichts" durch die W o r t e „des Vertrags" zu ersetzen, sowie o b es nicht den V o r z u g verdiene, den § 428 überhaupt dahin zu fassen: „Die Bestätigung des Vertrags ist nur zu versagen, w e n n die gesetzlichen E r f o r dernisse nicht erfüllt sind." D e r § 430 des Entwurfs, dessen Wortlaut dahin geht: „Die A n n a h m e an Kindesstatt ist auf A n t r a g der Betheiligten auf G r u n d der im 426 Abs. 1 gedachten U r k u n d e und einer Ausfertigung der nach § 429 Abs. 1 stattgehabten gerichtlichen Verhandlung von demjenigen Standesbeamten, in dessen Prot I 8000 Standesregister die Geburt des Angenommenen | eingetragen ist, am R a n d e der über die Geburt des A n g e n o m m e n e n erfolgten Eintragung zu vermerken." TE-FamR §430
Kurlbaum w u r d e in Gemäßheit der von verschiedenen Seiten gestellten Streichungsanträge 4 , (Nr 263, 1) weil als eine Verfahrensvorschrift dem Personenstandsgesetze angehörend, hier gestrichen. Die 431, 432 des E n t w u r f s lauten: TE-FamR § 431. „ D u r c h die A n n a h m e an Kindesstatt wird, soweit das Gesetz keine Aus§ 4 3 1 n ä h m e macht, zwischen dem Angenommenen und dessen Abkömmlingen einerseits und dem A n n e h m e n d e n andererseits ein gleiches gegenseitiges Rechtsverhältniß begründet, wie wenn ersterer ein eheliches Kind des letzteren wäre. Auf die zur Zeit der Annahme an Kindesstatt vorhandenen Abkömmlinge erstreckt sich dieses Rechtsverhältniß nur insoweit, als sie nach Maßgabe der SS 426 bis 429 an der Vertragschließung Theil genommen haben. Die Bestimmungen der SS 422 und 423 finden in Ansehung der Abkömmlinge des A n g e n o m m e n e n entsprechende A n w e n d u n g ; jedoch k ö n n e n minderjährige Abkömmlinge, auch wenn sie das vierzehnte Lebensjahr überschritten haben, durch ihre gesetzlichen Vertreter vertreten werden und bedarf es, falls der gesetzliche Vertreter
4
Ferner lag ein Streichungsantrag (Nr 264, 4) von v. Mandry vor.
742
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1772
Inhaber der elter- | liehen Gewalt ist, der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts nicht."
| Prot I 8001
§ 432. „Durch die Annahme an Kindesstatt entsteht, vorbehaltlich der Bestimmung des § 431, zwischen dem Annehmenden und den Verwandten oder dem Ehegatten des Angenommenen bezw. den Ehegatten der Abkömmlinge des letzteren keine Verbindung, ebensowenig, soweit das Gesetz keine Ausnahme macht, zwischen dem Angenommenen und seinen Abkömmlingen einerseits und dem Ehegatten und den Verwandten des Annehmenden andererseits." Dazu lag der Antrag vor: Die §§ 431,432 des Entwurfs dahin zu fassen: „Die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt erstrecken sich auf die Abkömmlinge des Angenommenen, auf einen zur Zeit der Annahme vorhandenen Abkömmling jedoch nur, wenn derselbe den Annahmevertrag mit geschlossen hat. Auf andere Verwandte und den Ehegatten des Angenommenen, sowie auf Verwandte und den Ehegatten des Annehmenden erstrecken die Wirkungen der Annahme sich nicht."
TE-FamR § 432
Kurlbaum (Nr 263, 2)
Der § 431 des Entwurfs hat insoweit, als | er bestimmt, daß der Angenommene | Prot I 8002 gegenüber dem Annehmenden die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes erlangt, soweit nicht das Gesetz ein Anderes ergiebt, bereits durch die Prot. S. 7952 beschlossene, an die Spitze des Titels über die Annahme an Kindesstatt zu stellende einleitende, dem Prinzipe des § 431 entsprechende Bestimmung seine Erledigung gefunden. Der im § 431 weiter ausgesprochene Satz, daß die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt sich auch auf die Abkömmlinge des Angenommenen erstrecken, auf einen zur Zeit der Annahme bereits vorhandenen Abkömmling jedoch nur dann, wenn derselbe den Annahmevertrag mit geschlossen hat, wurde aus den Gründen der Motive S. 1810 ff. gebilligt, mit Rücksicht auf die zu den §§ 427 bis 429 des Entwurfs gefaßten Beschlüsse aber, nach welchen der Vertrag über die Annahme an Kindesstatt schon mit dem Vertragsabschlüsse f ü r die Vertragschließenden bindend wird, sowie aus Gründen praktischer Zweckmäßigkeit beschlossen, daß für die Entscheidung, ob ein Abkömmling als vorhanden anzusehen, nicht der Zeitpunkt der Bestätigung des Vertrags, sondern der des Vertragsabschlusses maßgebend sein solle. Die Abweichung von dem preuß. A.L.R. II, 2 § 707, daß die Wirkungen der Adoption sich nicht von selbst auch auf die zur Zeit der Adoption bereits vorhandenen Abkömmlinge des Angenommenen erstrecken soll, hielt man namentlich mit Rücksicht darauf für angemessen, daß die Adoption nach dem Entwürfe für die | Abkömmlinge des | Prot 1 8003 Angenommenen nicht bloß Rechte, sondern auch Pflichten, nämlich die gesetzliche Unterhaltspflicht, gegenüber dem Annehmenden begründet, während nach dem preuß. A.L.R. II, 2 §§ 691, 692 eine gesetzliche Unterhaltspflicht f ü r den Angenommenen und dessen Abkömmlinge nicht entsteht. Abgelehnt wurde dagegen von der Mehrheit die im § 431 Abs. 3 in Ansehung minderjähriger Abkömmlinge des Anzunehmenden vorgeschlagene Spezialbestimmung, da dieselbe einen zu kasuistischen Charakter an sich trage und durch ein praktisches Bedürfniß nicht geboten sei. Der § 432 fand mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 1794, 1795 sachlich keinen Widerspruch. Die Fassung der §§ 431, 432 blieb der P r ü f u n g bei der Redaktion vorbehalten. Insbesondere wurde die von dem Antrage vorgeschlagene Fassung und Verbindung der § § 4 3 1 , 4 3 2 d e r Prüfung bei der Redaktion überlassen. 743
§§1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
524. Sitzung vom 24. 2. 1886, Schriftführer: Dr. | Prot I 8005
Struckmann.
| Die Berathung des Entwurfs des Familienrechts Abschnitt II Titel 7 „Annahme an Kindesstatt" wurde fortgesetzt.
Der § 433 des Entwurfs lautet: TE-FamR „Nehmen zwei Ehegatten gemeinsam ein Kind an, oder nimmt ein Ehegatte § 433 während bestehender Ehe das eheliche Kind des anderen Ehegatten oder der Ehemann das uneheliche Kind seiner Ehefrau an Kindesstatt an, so wird nach Maßabe der §§ 431 und 432 ein gleiches Rechtsverhältniß begründet, wie wenn das angenommene Kind ein in dieser Ehe erzeugtes Kind wäre, und werden demgemäß insbesondere die elterlichen Pflichten und Rechte unter die Ehegatten vertheilt. | Prot I 8006 Soweit jedoch der eine Ehegatte die elter-1 liehe Gewalt über sein von dem anderen Ehegatten angenommenes Kind bezw. die Sorge für die Person desselben vorher durch Verwirkung oder Entziehung von Seiten des Vormundschaftsgerichts oder durch Konkurseröffnung verloren hat, behält es dabei sein Bewenden." Dazu lagen folgende Anträge vor: Kurlbaum (Nr 265,1)
1. Den § 433 (hinter § 437 zu setzen) dahin zu fassen: „Nimmt während bestehender Ehe ein Ehegatte das eheliche Kind des anderen Ehegatten oder ein Ehemann das uneheliche Kind seiner Ehefrau oder nehmen beide Ehegatten dieselbe Person an Kindesstatt an, so erlangt der Angenommene die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen ehelichen Kindes beider Ehegatten. Der Angenommene erhält den Familiennamen des Ehemannes nach Maßgabe des § 434. Wird ein Kind des Ehemannes von der Ehefrau an Kindesstatt angenommen, so bleibt die dem Ehemanne zustehende elterliche Gewalt unberührt. Wird ein minderjähriges Kind der Ehefrau von dem Ehemanne angenommen, so erlangt die Mutter die elterliche Gewalt über das Kind nach Maßgabe des § 1 (vorl.Zusst. über elterliche Gewalt); sie behält in diesem Falle das Recht und die Pflicht der Fürsorge f ü r die Person des Kindes nach Maßgabe des § 5 a (ebenda)."
| Prot I 8007 v. Mandry (Nr 266, 2)
| 2. Den § 433 in der Fassung des Antrags unter 1 zu beschließen, doch ¡ m ersten Absätze die Schlußworte folgender Maßen zu fassen: ^ s o e r i a n g t ¡ m Verhältnisse zu beiden Ehegatten der Angenommene die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen ehelichen Kindes." b) im zweiten Absätze die Worte „nach Maßgabe des § 434." wegzulassen; c) den dritten und vierten Absatz nicht aufzunehmen. a)
Die Berathung des § 433 und der dazu gestellten Anträge führte zu folgenden Ergebnissen: 1. Das im Abs. 1 des § 433 ausgesprochene Prinzip, daß in den dort bezeichneten Fällen der Angenommene nach Maßgabe der zu diesem Titel beschlossenen einleitenden Bestimmung (Prot. S. 7952 und der §§431, 432 des Entw. im Verhältnisse zu beiden Ehegatten die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen ehelichen Kindes erlange, fand mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 1821, 1822, 1848 bis 1850 sachlich keinen Widerspruch. Der Entwurf geht davon aus, daß, damit die bezeichnete Wirkung eintritt, in den Fällen, in welchen ein Ehegatte das eheliche Kind des anderen Ehegatten oder der Ehemann das uneheliche Kind seiner Ehefrau | Prot I 8008 an Kindesstatt annimmt, der andere Ehegatte bezw. die Ehefrau | an dem Annahmevertrage nicht als Mitkontrahent Theil zu nehmen hat, sondern die Einwilligung des 744
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1772
anderen Ehegatten bezw. der Ehefrau nach Maßgabe der zu den §§416, 421 des Entw. beschlossenen Bestimmungen genügt. Es kam zur Sprache, ob es nicht mit Rücksicht darauf, daß in den bezeichneten Fällen die Annahme an Kindesstatt auch in Ansehung des Verhältnisses zwischen dem Angenommenen und dessen Elterntheil positive Wirkungen erzeuge, richtiger sein würde, zu bestimmen, daß auch dieser Elterntheil den Annahmevertrag mitabschließen müsse, zumal der § 439 des Entw. demselben auch bei der Wiederaufhebung der Annahme an Kindesstatt durch Vertrag als Mitkontrahenten behandele. Die Mehrheit gab jedoch dem Standpunkte des Entwurfs den Vorzug, theils um die Annahme an Kindesstatt in den bezeichneten Fällen zu erleichtern, theils um deswillen, weil, wenn der Elterntheil des Anzunehmenden als Mitkontrahent behandelt werde, daß Mißverständniß entstehen könnte, als ob derselbe ebenfalls als Annehmender anzusehen sei und deshalb auch in seiner Person die besonderen Erfordernisse der Annahme an Kindesstatt vorliegen müßten, während in Wirklichkeit nur der andere Ehegatte der Annehmende sei und die von diesem vorgenommene Annahme an Kindesstatt nur mittelbar auch auf das Verhältniß zwischen dem Angenommenen und dessen Elterntheil in der bezeichneten Art einwirke. Die Fassung des Abs. 1 des § 433, insbesondere auch die von den Anträgen unter 1 und 2 vorgeschlagene Fassung wurden zur Prüfung bei der Redaktion verwiesen. Gegen die Fassung des Antrags | unter 1 wurde erinnert, daß es sprachlich nicht | Prot I 8009 korrekt sei, von einem gemeinschaftlichen Kinde beider Ehegatten zu reden, da diese Fassung denselben Gedanken doppelt zum Ausdrucke bringe, ferner daß die Fassung jenes Antrags den unrichtigen Schein erwecke, als ob der Angenommene in den Fällen des § 433 in allen Beziehungen die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes erlange. Dieses letztere Bedenken werde auch durch die Fassung des Antrags unter 2 nicht beseitigt, wenn man namentlich berücksichtige, daß der Annehmende auch in den hier fraglichen Fällen kein Erbrecht gegenüber dem Angenommenen erlange (vergl. § 238 des Erbrechtsentw.). Es sei deshalb korrekter, mit dem Entw. auf die §§ 431, 432 bezw. auf die beschlossene, den Titel über die Annahme an Kindesstatt einleitende Bestimmung Bezug zu nehmen und dadurch auf die Modifikation des in Abs. 1 des § 433 ausgesprochenen Prinzips hinzuweisen. Sollte nach Maßgabe des Antrags unter 1 der § 433 hinter den § 437 gesetzt werden, so werde in dem ersteren auch auf die §§ 434 bis 436 des Entw. Bezug zu nehmen sein. Auch die Prüfung dieser Erinnerungen, sowie der dem § 433 zu gebenden Stellung blieb der Redaktion vorbehalten. 2. Die Beschlußfassung über den Abs. 2 des Antrags unter 1 und den dazu gestellten Antrag unter 2 b wurde bis zur Berathung des § 434, die Beschlußfassung über Abs. 3 und 4 des Antrags unter 1 und den dazu gestellten Antrag unter 2C bis zur Berathung des § 437 des Entw. wegen des Zusammenhangs der beantragten Be| Stimmungen mit dem § 434 bezw. § 437 des Entw. ausgesetzt. | Prot I 8010 3. Abs. 2 des § 433 wurde abgelehnt. Man überzeugte sich, daß die Bestimmung des Abs. 2 insoweit, als sie sich auf die Fälle beziehe, in welchen der Elterntheil des von dem anderen Ehegatten angenommenen Kindes vor der Annahme an Kindesstatt die elterliche Gewalt über das Kind bezw. die Sorge für die Person des letzteren verwirkt oder in Folge der Eröffnung des Konkurses über sein Vermögen die ihm als Inhaber der elterlichen Gewalt zustehende Vermögensverwaltung verloren habe, jedenfalls entbehrlich sei, da nach dem § 381 des Entw. der Elterntheil, welcher die elterliche Gewalt, wenn sie ihm zugestanden hätte, verwirkt haben würde, die elterliche Gewalt nicht erlangen könne und nach dem § 332 des Entw. dem Inhaber der 745
§§ 1 7 4 1 - 1 7 7 2
2. Abschnitt: Verwandtschaft
elterlichen Gewalt die V e r m ö g e n s v e r w a l t u n g auch dann nicht zustehe, wenn er während der D a u e r des K o n k u r s e s über sein V e r m ö g e n , die elterliche G e w a l t erlange (Prot. S. 7823 ff., 7 6 3 6 ) . Anlangend aber den weiter in Abs. 2 des § 433 v o r g e sehenen Fall, wenn d e m Elterntheile des von d e m anderen E h e g a t t e n a n g e n o m m e n e n K i n d e s v o r der A n n a h m e an Kindesstatt die elterliche G e w a l t b e z w . die S o r g e f ü r die P e r s o n des K i n d e s g a n z o d e r theilweise e n t z o g e n sei, so w a r die Mehrheit der Ansicht, daß, wenngleich aus dem Prinzipe des Abs. 1 des § 433, daß das a n g e n o m mene K i n d im Verhältnisse z u beiden E h e g a t t e n die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen ehelichen K i n d e s erlange, vielleicht die f o r m a l e K o n s e q u e n z g e z o g e n | Prot I 8011 werden k ö n n e , daß die A n o r d n u n g des | V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t s in F o l g e des durch die A d o p t i o n auch im Verhältnisse zwischen dem a n g e n o m m e n e n K i n d e und dessen leiblichen Elterntheile begründeten neuen Verhältnisses w e g f a l l e , sich d o c h die A u f nahme der sachlich als richtig anzuerkennenden Bestimmung des Abs. 3 des § 433 im Hinblick auf die g e r i n g e praktische B e d e u t u n g und den kasuistischen C h a r a k t e r derselben nicht empfehle und durch ein praktisches Bedürfniß um so weniger g e b o ten sei, als das V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t nöthigenfalls nach M a ß g a b e der zu den §§ 363 bis 365, 367, 368 des Entw. beschlossenen Bestimmungen die b e t r e f f e n d e A n o r d n u n g erneuern könne. D e r § 434 des Entw. lautet: TE-FamR „ D a s a n g e n o m m e n e K i n d und dessen von der A n n a h m e an Kindesstatt mitbetrof§ 434 f e n e A b k ö m m l i n g e f ü h r e n in den Fällen des § 433 den N a m e n des E h e m a n n e s , sonst aber den Geschlechtsnamen des Annehmenden, jedoch soweit nicht der V e r t r a g über die A n n a h m e an Kindesstatt etwas Anderes bestimmt, unter B e i f ü g u n g ihres bisherigen N a m e n s . " D a z u lagen außer den zu § 433 mitgetheilten, bis z u r B e r a t h u n g des § 434 a u s g e setzten A n t r ä g e n unter 1 Abs. 2 und unter 2 b (oben S. 8006, 8007) noch f o l g e n d e Anträge vor: Kurlbaum (Nr 263, 4)
1. D e m § 434 durch f o l g e n d e Bestimmung zu ersetzen: „ D e r an Kindesstatt A n g e n o m m e n e erhält den (angeborenen) Familiennamen des A n n e h m e n d e n , unter B e i f ü g u n g seines bisherigen Familiennamens, unbeschadet der | Prot 18012 V o r s c h r i f t des | § 1247 (Zusst.). A b k ö m m l i n g e des A n g e n o m m e n e n , auf welche die W i r k u n g der A n n a h m e sich nicht erstreckt, behalten den bisherigen F a m i l i e n n a m e n . " 2. z u bestimmen, daß d e r an Kindesstatt A n g e n o m m e n e den Familiennamen des A n n e h m e n d e n erhalte, j e d o c h in dem V e r t r a g e über die A n n a h m e an Kindesstatt a u s b e d u n g e n w e r d e n könne, daß der bisherige Familienname dem Familiennamen des A n n e h m e n d e n b e i g e f ü g t werde. D i e Mehrheit entschied sich für die A n n a h m e des A n t r a g s unter 1, j e d o c h unter S t r e i c h u n g der W o r t e am Schlüsse des ersten A b s a t z e s „ u n b e s c h a d e t der V o r s c h r i f t des § 1247 der Z u s s t . " Sie w a r der Ansicht, daß die F o r t f ü h r u n g des bisherigen Familiennamens des an Kindesstatt A n g e n o m m e n e n neben d e m Familiennamen des A n n e h m e n d e n durch das öffentliche Interesse geboten sei, damit nicht die Feststellung der Identität d e r P e r s o n des A n g e n o m m e n e n erschwert und seine Z u g e h ö r i g k e i t zu der natürlichen Familie verdunkelt werde. Mit dem öffentlichen Interesse und dem G r u n d s a t z e des öffentlichen Rechts, daß die N a m e n s ä n d e r u n g der Disposition der Privaten e n t z o g e n sei, könne es nicht als vereinbar angesehen werden, bei der A n n a h m e an Kindesstatt den Parteien z u gestatten, in dem V e r t r a g e darüber zu bestimmen, ob der bisherige Familienname f o r t g e f ü h r t w e r d e n solle o d e r nicht. D i e d a r a u s f ü r die staatliche Verwaltung und die Sicherheit des V e r k e h r s sich ergebenden G e f a h r e n w ü r d e n auch dann nicht beseitigt, wenn im P e r s o n e n s t a n d s g e s e t z e 746
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1772
| vorgeschrieben werde, daß die Annahme an Kindesstatt in das Standesregister | Prot 18013 eingetragen werden solle. Gegenüber dem öffentlichen Interesse müsse die Rücksicht auf das Interesse, welches der Annehmende und Anzunehmende unter Umständen daran haben könnten, daß der letztere seinen bisherigen Familiennamen neben dem Namen des Annehmenden nicht fortführe, in den Hintergrund treten. Zudem bleibe es denselben unbenommen, geeignetenfalls im Verwaltungswege darauf anzutragen, daß dem Angenommenen gestattet werde, nur den Namen des Annehmenden zu führen. Ein genügender Grund, von der Regel des Antrags unter 1 nach dem Vorschlage des zum § 433 gestellten Antrags unter 2 b (oben S. 8007) für die Fälle des § 433 dahin eine Ausnahme zu machen, daß in diesen Fällen der Angenommene den Familiennamen des Ehemannes ohne Beifügung des bisherigen Familiennamens erhalten solle, könne nicht anerkannt werden, wenn man einmal davon ausgehe, daß in der hier fraglichen Beziehung die Intention der Vertragschließenden keine Beachtung verdiene. Zweifelhaft könne es sein, ob bestimmt werden solle, daß der bisherige Familiennamen dem Familiennamen des Annehmenden oder umgekehrt der letztere Familiennamen dem ersteren beizufügen sei. Die erstere Regelung verdiene jedoch den Vorzug, weil sie dem durch die Adoption geschaffenen Verhältnisse und der Sitte in Deutschland am meisten entspreche. Anlangend den in dem ersten Absatz des Antrags unter 1 am Schlüsse beantragten Zusatz „unbeschadet der Vorschrift des § 1247 der Zusst.", so hielt | man denselben | Prot I 8014 f ü r entbehrlich, da es nicht zweifelhaft sein könne, daß eine angenommene verheirathete Frau lediglich den Familiennamen des Ehemannes behalte und durch die nach der Eheschließung erfolgte Adoption nur der Familienname, welchen die Ehefrau vor Schließung der Ehe geführt habe, nach Maßgabe der zu § 434 beschlossenen Bestimmung eine Aenderung erleide. Einvernehmen bestand, daß ein von einer verheiratheten oder verheirathet gewesenen Frau Angenommener den angeborenen Familiennamen derselben, d. h. denjenigen, welchen sie vor Schließung der Ehe geführt habe, erhalte, und daß dies in derselben Art, wie in dem Falle des § 383 des Entw. (Prot. S. 7838 ff.), zum Ausdruck zu bringen sein werde. Die nähere Fassung blieb der P r ü f u n g bei der Redaktion vorbehalten. Auch die Prüfung der Frage wurde der Redaktion überlassen, ob die Bestimmung, daß der Angenommene in den Fällen des § 433 den Familiennamen des Ehemannes nach Maßgabe des zu § 434 gefaßten Beschlusses erhalte, nach dem Vorschlage des zu § 433 gestellten Antrags unter 1 in den § 433 zu versetzen sei. Die Berathung wandte sich darauf dem § 435 des Entw. zu. Derselbe lautet: „Rücksichtlich der dem Annehmenden über den minderjährigen Angenommenen TE-FamR zustehenden elterlichen Gewalt kommen die hierfür geltenden Vorschriften nur mit § 435 folgenden besonderen Bestimmungen und Abweichungen zur Anwendung: 1. Der Annehmende ist verpflichtet, ein Verzeichniß über das seiner Verwaltung (unterworfene Vermögen des Kindes aufzunehmen, bei dem Vormundschaftsge- | Prot 18015 richte einzureichen und für das bezeichnete Vermögen Sicherheit zu leisten. Das Vormundschaftsgericht ist die Einreichung des Vermögensverzeichnisses, sowie die Sicherheitsleistung zu erlassen oder statt derselben nach Maßgabe des § 532 die Hinterlegung der Werthpapiere und Kostbarkeiten anzuordnen befugt. Wenn in den Fällen des § 433 die elterliche Gewalt der Mutter eintritt, so ist die letztere verpflichtet, dem Vormundschaftsgerichte unverzüglich davon Anzeige zu machen. 747
§§ 1 7 4 1 - 1 7 7 2
2. Abschnitt: Verwandtschaft
Die §§ 367 und 368 sind entsprechend anzuwenden. 2. Die §§ 366, 367 und 368, sowie die im § 379 in Ansehung der zu einer weiteren Ehe schreitenden Mutter getroffenen Bestimmungen finden stets Anwendung, wenn der Annehmende nach erfolgter Annahme an Kindesstatt eine Ehe eingeht. 3. Mit der elterlichen Gewalt wird für den Annehmenden auch das Recht begründet, nach Maßgabe der §§ 325 bis 328 die religiöse Erziehung des Angenommenen zu bestimmen; erfolgt jedoch die Annahme an Kindesstatt nach dem T o d e desjenigen Elterntheils, dessen Handlungen bezw. dessen Religion nach den §§ 325 bis 327 auch f ü r die Zeit nach seinem T o d e für die religiöse Erziehung des Kindes maßgebend | Prot I 8016 sind, so ist das Kind in demjenigen religiösen | Bekenntnisse zu erziehen, in welchem dasselbe ohne die Annahme an Kindesstatt erzogen werden müßte." Kurlbaum (Nr 263, 5)
Dazu lag folgender Antrag vor: Den § 435 (hinter § 437 und § 433 zu setzen) dahin zu fassen: „Erlangt der Annehmende die elterliche Gewalt über den Angenommenen, so ist er verpflichtet, dem Vormundschaftsgericht ein Verzeichniß des seiner Verwaltung unterliegenden Vermögens des Angenommenen einzureichen. Das Vormundschaftsgericht kann außerdem die im § 39 (vorl. Zusst. elterl. Gewalt) bezeichneten Anordnungen treffen. Das Gleiche gilt, wenn im Falle des § 433 die Mutter des Angenommenen die elterliche Gewalt erlangt. Die §§ 41 bis 43 | Prot I 8017 (ebenda) fin-1 den entsprechende Anwendung. Will der Annehmende, welcher die elterliche Gewalt über den Angenommenen hat, eine Ehe schließen, so finden die Vorschriften der §§ 40, 41 (in Ansehung der Kosten), 42, 43 entsprechende Anwendung. Ist der Annehmende eine Frau, so finden die Vorschriften des § 50 N- 2, 3 und die §§ 51 bis 55, 57 (ebenda) entsprechende Anwendung." Der den Bestimmungen des § 435 zum Grunde liegende, als eine Konsequenz des beschlossenen Prinzips, daß die Annahme an Kindesstatt f ü r den Angenommenen die | Prot 18018 rechtliche Stellung ei-1 nes ehelichen Kindes des Annehmenden begründet, | sich | Prot I 8019 ergebende Satz, daß der Annehmende die elterliche Gewalt über das angenommene minderjährige Kind einschließlich der Vermögensverwaltung und der elterlichen Nutznießung erlangt, wurde mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 1797 ff. nicht beanstandet. Im Uebrigen wurden zu § 435 folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Die in Ziff. 1 Abs. 1 vorgeschlagene Bestimmung, daß der Annehmende, wenn er die elterliche Gewalt über den Angenommenen erlangt, verpflichtet sein soll, dem Vormundschaftsgerichte ein Verzeichniß des seiner Verwaltung unterliegenden Vermögens des Angenommenen einzureichen, fand keinen Widerspruch (vergl. Motive S. 1798, 1799). Abgelehnt wurde dagegen die Bestimmung im Abs. 2 Ziff. 1 daß das Vormundschaftsgericht die Einreichung eines solchen Verzeichnisses zu erlassen befugt sein soll, und zwar aus ähnlichen Erwägungen, wie diejenigen, welche die Kommission bestimmt haben, auch im Falle der Wiederverheirathung des Inhabers der elterlichen Gewalt — entgegen dem Vorschlage des Entwurfs (§ 366) — einen solchen Erlaß nicht zuzulassen (vergl. Prot. S. 7780 ff.). Die Nichtzulassung eines solchen Erlasses sei um so mehr angezeigt, als dem Annehmenden überwiegend nach dem geltenden Rechte die Verwaltung des dem Angenommenen gehörenden Vermögens überhaupt nicht zustehe. 2. Nach Maßgabe des ersten Absatzes des Antrags soll weiter folgende Bestim| Prot I 8020 mung, Fassung | vorbehalten, aufgenommen werden: 748
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 —1772
Das Vormundschaftsgericht kann auch nach der gerichtlichen Bestätigung die in § 39 der vorl. Zusst. über die elterliche Gewalt bezeichneten Anordnungen nach freiem Ermessen treffen, auch wenn die Voraussetzungen des § 39 nicht vorliegen. Man verkannte nicht, daß eine gewisse Härte gegen den Annehmenden darin liege, wenn das Vormundschaftsgericht, obwohl dasselbe die Annahme an Kindesstatt ohne Vorbehalt genehmigt habe, nach erfolgter gerichtlicher Bestätigung sofort nach Maßgabe des § 39 der vorl. Zusst. ohne Rücksicht auf die dort bezeichneten Voraussetzungen solle eingreifen können, und daß es deshalb zweifelhaft sei, ob es nicht den Vorzug verdiene, es in dieser Beziehung bei den allgemeinen Grundsätzen über die Befugniß des Vormundschaftsgerichts gegen den Inhaber der elterlichen Gewalt einzuschreiten, bewenden zu lassen, zumal die Kommission auch im Falle der Wiederverheirathung des Inhabers der elterlichen Gewalt — abgesehen von der Einreichung eines Vermögensverzeichnisses — besondere Bestimmungen zum Schutze des der Vermögensverwaltung des Inhabers der elterlichen Gewalt unterliegenden Vermögens nicht f ü r erforderlich erachtet habe und es in der Hand des Vormundschaftsgerichts liege, die Genehmigung der Annahme an Kindesstatt von einer vorgängigen Sicherheitsleistung abhängig zu machen. Man hielt es jedoch im Hinblick auf die künstliche Grundlage des durch die Annahme an Kindesstatt geschaffenen Verhältnisses und mit Rücksicht auf das in großen Rechtsgebieten geltende, | d e m Annehmenden das Recht der Vermögensverwaltung überhaupt versa- | Prot 1 8021 gende Recht für rathsamer, die Befugnisse des Vormundschaftsgerichts gegenüber dem Annehmenden in der beschlossenen Art zu erweitern. 3. Einvernehmen bestand, daß auf die Verpflichtung des Annehmenden zur Einreichung eines Verzeichnisses und auf die im § 39 der vorl. Zusst. bezeichneten Anordnungen des Vormundschaftsgerichts gegenüber dem Annehmenden die §§ 41 bis 43 jener Zusst. für entsprechend anwendbar zu erklären seien und diese Bestimmung dem ersten Satze im Abs. 1 des Antrags unmittelbar anzuschließen sein werde. 4. Der Vorschlag des Antrags im Abs. 1 Satz 2, daß die zu 1 bis 3 beschlossenen Bestimmungen auch dann Anwendung finden sollen, wenn in den Fällen des § 433 die Mutter des Angenommenen die elterliche Gewalt erlangt, fand keinen Widerspruch. Es kam allerdings zur Sprache, ob nicht in denjenigen Fällen des § 433, in welchen die leibliche Mutter des Angenommenen die elterliche Gewalt erlangt, von der Anwendung jener besonderen Bestimmungen abzusehen sei, die in diesen Fällen das natürliche Band zwischen der Mutter und dem Kinde ausreichende Garantie zu bieten scheine. Der Gedanke wurde indessen, namentlich im Interesse der Einfachheit des Gesetzbuchs, nicht weiter verfolgt. Die besondere Bestimmung unter Ziff. 1 Abs. 3 des § 435, daß in diesen Fällen die Mutter verpflichtet sei, dem Vormund| schaftsgerichte von dem Eintritt der elterlichen Gewalt unverzüglich Anzeige zu | Prot I 8022 machen, erachtete man im Hinblick auf die für entsprechend anwendbar erklärten Vorschriften des § 43 der vorl. Zusst. über die elterliche Gewalt für nicht erforderlich. 5. An Stelle der Ziff. 2 des § 435 wurden die den bisherigen Beschlüssen sich anschließenden Bestimmungen im zweiten und dritten Absatz des Antrags genehmigt. Man erwog, daß die Aufnahme dieser Bestimmungen, wenngleich man auch ohne ausdrückliche Vorschrift im Wege der Analogie vielleicht dahin gelangen werde, doch zur Vermeidung von Zweifeln rathsam erscheine. 6. Die Ziff. 3 des § 435 wurde in Konsequenz des zu den §§ 325 bis 328 des Entw. gefaßten Beschlusses, daß die religiöse Erziehung des Kindes sich nach den Landesgesetzen bestimmen solle (Prot. S. 7620 ff.), gestrichen. 749
§ § 1741—1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
TE-FamR Zu § 436 des Entw., dessen Wortlaut dahin geht: § 436 „Die von der Familienangehörigkeit abhängenden rechtlichen Beziehungen zwi| Prot I B023 sehen dem Angenommenen und seinen Abkömmlingen einerseits und ihren Verwandten andererseits werden, soweit dieselben nicht nach Maßgabe der vorstehenden Bestimmungen in Folge des durch die Annahme an Kindesstatt zwischen dem Angenommenen und dessen Abkömmlingen einerseits und dem | Annehmenden andererseits begründeten Rechtsverhältnisses Aenderungen erleiden, und soweit nicht der § 437 etwas Anderes anordnet, durch die Annahme an Kindesstatt nicht berührt." lagen folgende Anträge vor: Kurlbaum (Nr 263, 6)
1. Den § 436 dahin zu fassen : „Durch die Annahme an Kindesstatt werden die durch die Verwandtschaft begründeten Rechte und Pflichten des Angenommenen und der Verwandtschaft desselben nicht geändert, soweit nicht aus dem Gesetze ein Anderes sich ergiebt." v. Mandry 2. Den § 436, weil selbstverständlich, zu streichen. (Nr 270,1) Die Mehrheit entschied sich, Redaktion vorbehalten, f ü r die Aufnahme des § 436 in der Fassung des Antrags unter 1. Sie war der Ansicht, daß, wenngleich der im § 436 ausgesprochene Satz schon aus den bisherigen Beschlüssen herzuleiten sein möge, doch die ausdrückliche Hervorhebung jenes Satzes wegen seiner großen praktischen Bedeutung und im Interesse der Durchsichtigkeit des Gesetzes sich empfehle, zumal, wenn etwa lediglich im Erbrechte bestimmt werden würde, daß die Annahme an Kindesstatt die erbrechtlichen Beziehungen zwischen dem Angenommene und den Verwandten desselben unberührt lasse (vergi. § 238 des Erbrechtsentw.), daraus ein irreführendes argumentum e contrario in Ansehung anderer durch die Verwandt| Prot I 8024 schaft begründeten Rechte und Pflichten abgeleitet werden könn- | te. Dazu komme, daß die Bestimmung des § 436 sich als eine angemessene Ueberleitung zu den in dem § 437 bestimmten Modifikationen der im § 436 ausgesprochenen Regel darstelle. Anlangend die Fassung, so wurde von einer Seite angeregt, ob es nicht zweckmäßig sein werde, den § 436 mit dem § 437 zu verbinden. Gegen die Fassung des Antrags unter 1 wurde ferner erinnert, daß dieselbe zu dem Zweifel Veranlassung geben könne, ob unter den durch die Verwandtschaft begründeten Rechten und Pflichten auch die auf dem Kindschaftsverhältnisse beruhenden Rechte und Pflichten mit zu verstehen seien. Diese Fassungsfragen wurden der Prüfung bei der Redaktion überlassen. Der § 437 des Entwurfes lautet: TE-FamR „Durch die Annahme an Kindesstatt erlischt für die leiblichen Eltern des ange§ 437 nommenen Kindes in Ansehung des letzteren die elterliche Gewalt bezw., soviel die Mutter im Falle der Wiederverheirathung und die uneheliche Mutter betrifft, die Pflicht und das Recht der Sorge für die Person, insbesondere die Erziehungsgewalt, ferner für beide Eltern das Recht der Genehmigung zur Eheschließung und der Zustimmung zu einer weiteren Annahme an Kindesstatt auch insoweit, als das nach den vorstehenden Bestimmungen zwischen dem Annehmenden und dem angenommenen Kinde begründete Rechtsverhältniß der Fortdauer jener Pflichten bezw. Rechte nicht entgegenstehen würde. | Prot I 8025 Eine gesetzliche Berufung der leiblichen | Eltern und Verwandten zur Vormundschaft über das angenommene Kind und dessen von der Annahme an Kindesstatt mitbetroffene Abkömmlinge (§§ 479 und 561) findet nicht statt. Rücksichtlich des an Kindesstatt Angenommenen und seiner durch die Annahme an Kindesstatt mitbetroffenen Abkömmlinge geht die Unterhalts- und Ausstattungspflicht des Annehmenden der der leiblichen Verwandten bezw. Eltern vor. 750
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1772
Tritt ein Kind zu seinem leiblichen Elterntheile in das Verhältniß eines angenommenen Kindes, so finden in Ansehung dieses Elterntheils und der Verwandten desselben die Bestimmungen dieses Paragraphen keine Anwendung." Dazu lag der Antrag vor: 1. § 437 Abs. 1 dahin zu fassen: Kurlbaum „Der leibliche Vater und die leibliche Mutter des Angenommenen verlieren mit (Nr 263, 7) der Annahme an Kindesstatt die elterliche Gewalt über den Angenommenen und erlangen dieselbe später nicht mehr. Das Gleiche gilt von der Mutter in Ansehung des Rechtes und der Pflicht der Fürsorge für die Person des Angenommenen." 2. Abs. 2 und 4 des § 437, sowie im Abs. 3 die Worte „und Ausstattungs-" und Kurlbaum „bezw. Eltern" zu streichen. (Nr 269, 1) Die Berathung führte zu folgenden Ergebnissen: | 1. Die Bestimmungen im Abs. 1 des § 437, daß der leibliche Vater und die | Prot 1 8026 leibliche Mutter des Angenommenen mit der Annahme an Kindesstatt die elterliche Gewalt über den Angenommenen dauernd verlieren und das Gleiche auch von der Mutter in Ansehung des Rechts und der Pflicht der Fürsorge f ü r die Person des Angenommenen gilt, wurde aus den Gründen der Motive S. 1799 bis 1801 in der Fassung des Antrags unter 1, vorbehaltlich der Redaktion, gebilligt. 2. Die weitere Bestimmung im Abs. 1 des § 437, daß durch die Annahme an Kindesstatt f ü r den leiblichen Vater und die leibliche Mutter das Recht der Einwilligung zur Eheschließung des angenommenen Kindes dauernd erlischt, wurde mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 1211 der Zusst. als erledigt angesehen. Einvernehmen bestand, daß die Note zu § 1211 der Zusst. nunmehr zu streichen sei. 3. Auch die Vorschrift im Abs. 1 des § 437, daß die leiblichen Eltern des Angenommenen mit der Annahme an Kindesstatt das Recht der Einwilligung zu einer weiteren Annahme an Kindesstatt in Ansehung des Angenommenen dauernd verlieren sollen, galt in Folge des zu § 419 gefaßten Beschlusses, daß eine neue Adoption unzulässig ist, solange das alte Adoptionsverhältniß noch besteht (Prot. S. 7964, 7965), als erledigt. 4. Abs. 2 des § 437 wurde hier gestrichen und die Be- | schlußfassung über die | Prot I 8027 vorgeschlagenene Bestimmung wegen ihres Zusammenhangs mit den Bestimmungen des Vormundschaftsrechts der Berathung des letzteren vorbehalten. Von einer Seite wurde insbesondere darauf hingewiesen, daß die hier fragliche Bestimmung, wenn der § 483 Ziff. 7 des Entw. angenommen werden sollte, im Hinblick auf den § 480 Abs. 1 des Entw. vielleicht überhaupt entbehrlich sei. 5. Abs. 3 fand aus den Gründen der Motive S. 1806, 1807 sachlich die Zustimmung der Kommission, jedoch mit der Abweichung daß die Worte „und Ausstattungs"- und „bezw. Eltern" gestrichen werden sollen, da nach den zu den §§ 309 ff. des Entw. gefaßten Beschlüssen eine gesetzliche Ausstattungspflicht der Eltern nicht anerkannt ist (Prot. S. 7592 ff.). 6. Abs. 4 des § 437 und die damit in Verbindung stehenden Bestimmungen des zu § 433 gestellten, bis zur Berathung des § 437 ausgesetzten Antrags unter 1 Abs. 3 und 4 (Prot. S. 8006, 8009) wurden von der Mehrheit abgelehnt. Sie war der Ansicht, daß es nach dem ganzen Zusammenhange und der ratio der Bestimmungen des ersten Absatzes des § 437 nicht zweifelhaft sein könne, daß dieselben auf den Fall, in welchem die uneheliche Mutter ihr uneheliches Kind an Kindesstatt annehme, mithin der Annehmende und der leibliche Elterntheil dieselbe Person sei, sowie auf die Fälle, 751
§§1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
in welchen ein Ehegatte das Kind des anderen Ehegatten annehme und dadurch das Kind im Verhältnisse zu beiden Ehegatten die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen ehelichen Kindes erlange (§ 433 des Entw.), nicht zu beziehen seien, da der Abs. 1 des § 437 voraussetze, daß der Angenommene in Folge | der Adoption zu einer von dem leiblichen Elterntheile verschiedenen Person, und nur zu dieser, in das rechtliche Verhältniß eines ehelichen Kindes eintrete und durch die mit der Adoption begründete elterliche Gewalt des Annehmenden die damit in Widerstreit stehenden rechtlichen Beziehungen zwischen dem leiblichen Elterntheile und dem angenommenen Kinde in Ansehung der elterlichen Gewalt und der Fürsorge für die Person desselben gelöst würden. Nicht minder entbehrlich seien die im Abs. 3 und 4 des zu § 433 gestellten Antrags (unter 1 das.) vorgeschlagenen Bestimmungen. Dieselben seien nur Konsequenzen des im Abs. 1 des § 433 ausgesprochenen Prinzips, daß in allen Fällen des § 433 der Angenommene im Verhältnisse zu beiden Ehegatten die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen ehelichen Kindes erlange. Uebergegangen wurde sodann zur Berathung des § 438 des Entwurfes. Derselbe lautet: TE-FamR „Die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt auf die gegenseitigen Vermögens§ 438 Verhältnisse können in dem über die Annahme an Kindesstatt zu errichtenden Vertrage insoweit in einer von den gesetzlichen Vorschriften abweichenden Weise geregelt werden, als eine derartige Regelung durch Vertrag zwischen leiblichen Eltern und Kindern erfolgen kann. Rücksichtlich der Fähigkeit zu der Eingehung derartiger Vereinbarungen und der Zulässigkeit einer Vertretung bei derselben kommen, auch wenn die Vereinbarungen Erbeinsetzungen enthalten, nicht die besonderen Vorschriften über ErbeinsetzungsI Prot I8029 verträge, sondern lediglich die Vorschriften über Annahme | an Kindesstatt zur Anwendung." Dazu lagen folgende Anträge vor: Kurlbaum (Nr 265, 2)
1. Den § 438 dahin zu fassen: „In dem Annahmevertrage kann die durch denselben zu begründende elterliche Nutznießung ausgeschlossen und das durch denselben zu begründende Erbrecht des Angenommenen abweichend von den gesetzlichen Vorschriften bestimmt werden."
v. Mandry ( N r 270, 2)
2. Den Paragraphen im Anschlüsse an den Antrag unter 1 dahin zu beschließen: „In dem Annahmevertrag kann die elterliche Nutznießung des Annehmenden ausgeschlossen und über das Erbrecht des Angenommenen sowie über das Recht und die Pflicht der leiblichen Mutter zur Fürsorge f ü r die Person des angenommenen Kindes abweichend von den gesetzlichen Vorschriften bestimmt werden." Die Mehrheit entschied sich, Fassung vorbehalten, unter Ablehnung des Entwurfs und des Antrags unter 2, soweit diese der Vertragsfreiheit weiter Raum geben, als der Antrag unter 1, für die Annahme des Antrags unter 1. Erwogen war:
Der Ausgangspunkt des Entwurfs, daß eine Abänderung der gesetzlichen Wirkungen der Annahme an Kindesstatt insoweit nicht zuzulassen sei, als dadurch der diesem Institute eigenthümliche Charakter und der Zweck desselben, ein dem natürlichen Kindesverhältnisse möglichst entsprechendes Verhältniß zu schaffen, vereitelt oder beeinträchtigt werden könnte, verdiene Billigung. Dieser Ausgangspunkt müsse aber dahin führen, in Uebereinstimmung mit dem Entwürfe und dem Antrage unter 1 | Prot I 8030 eine Abänderung der das persönliche Verhältniß zwi-1 sehen dem Annehmenden und Angenommenen regelnden Bestimmungen in dem Annahmevertrag unbedingt auszuschließen. Es sei zu besorgen, daß sonst durch Vereinbarung der Vertragschlie752
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1772
ßenden im Wege der Adoption künstliche Verhältnisse geschaffen werden könnten, welche mit den Zwecken, welche den Gesetzgeber bei der Zulassung und der Ausgestaltung des Instituts geleitet hätten, in Widerspruch ständen. Ein praktisches Bedürfniß, in Durchbrechung jenes Prinzips mit dem Antrage unter 2 den Vertragschließenden zu gestatten, in dem Annahmevertrage über das Recht und die Pflicht der leiblichen Mutter zur Fürsorge für die Person des angenommenen Kindes abweichend von den gesetzlichen Vorschriften zu bestimmen, könne nicht anerkannt werden, insbesondere auch nicht im Hinblick auf solche Fälle, in welchen ein unverheiratheter Mann ein minderjähriges Kind adoptiren wolle. Dem Annehmenden bleibe es unbenommen, geeignetenfalls nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze des Elternrechts und des Obligationenrechts der leiblichen Mutter die Ausübung des Erziehungsrechts und die Pflege des Kindes zu überlassen, und könne auf diesem Wege dem Bedürfnisse genügt werden. Wollte man den Vertragschließenden gestatten, in dem Annahmevertrage die gesetzlichen Vorschriften über die Pflicht und das Recht der Fürsorge für die Person des Kindes zu ändern, so könnten daraus zudem, hingesehen auf das Verhältniß der Pflichten und Rechte des Annehmenden zu den Pflichten und Rechten des leiblichen Elterntheils, leicht Zweifel und Verwirrungen entstehen. Eine feste gesetzliche Regel über die Pflicht und das Recht der Fürsorge für die Person des Kindes sei insbesondere auch im Interesse Dritter geboten, da mit der Pflicht der Sorge f ü r die Person des Kindes auch die Pflicht zur Aufsicht über | dasselbe verbunden sei (Prot. S. 7619 ff.), die Vernachlässigung dieser Pflicht aber, | Prot I 8031 wenn dadurch Dritte beschädigt würden, die Verpflichtung zum Schadensersatze nach Maßgabe der Bestimmungen über unerlaubte Handlungen zur Folge habe (§ 704 K.E.). Zu beachten sei ferner, daß die Kommission auch für den Fall der Scheidung der Ehe eine vertragsmäßige Regelung der Pflicht und des Rechts der Fürsorge für die Person der gemeinschaftlichen Kinder nicht zugelassen habe (Prot. S. 7384 ff.). Aus vorstehenden Gründen müsse daher die Vertragsfreiheit bei der Annahme an Kindesstatt jedenfalls auf das Gebiet der vermögensrechtlichen Verhältnisse beschränkt werden. Aber auch auf diesem Gebiete sei mit Rücksicht auf die Zwecke des Instituts der Annahme an Kindesstatt eine Aenderung der gesetzlichen Wirkungen derselben durch Vertrag mit dem Entwürfe insoweit auszuschließen, als eine Aenderung der entsprechenden gesetzlichen Wirkungen des natürlichen Eltern- und Kindesverhältnisses durch Vertrag zwischen Eltern und Kindern oder einseitige Disposition unzulässig sei. V o n diesem Gesichtspunkte aus könne namentlich in dem Annahmevertrage nicht bestimmt werden, daß dem Annehmenden die Vermögensverwaltung in Ansehung des dem Anzunehmenden gehörenden Vermögens nicht zustehen solle. Ein Bedürfniß, etwa in dieser Hinsicht eine Ausnahme im Interesse des Anzunehmenden zuzulassen, liege nicht vor, da die durch die Beschlüsse zu § 435 für entsprechend anwendbar erklärten Vorschriften des § 39 der vorl. Zusst. über die elterliche Gewalt zum Schutze des Angenommenen ausreichten. Prüfe man, welche einzelnen mit dem Eltern- und Kindesverhältnisse verbundenen gesetzlichen Wirkungen der Disposition der Eltern und Kinder unterlägen, so ergebe sich, daß dieselben sämmtlich mit Ausnahme | d e r elterlichen Nutznießung (Prot. S. 7715 ff.) und des Erb- | Prot 1 8032 rechts, einen absoluten Charakter hätten. Unter diesen Umständen sei es im Interesse der Deutlichkeit des Gesetzes und zur Abschneidung von Zweifeln vorzuziehen, statt des in dem § 438 Abs. 1 des Entw. ausgesprochenen Prinzips mit dem Antrage unter 1, mit welchem insoweit auch der Antrag unter 2 im Einklänge stehe, speziell zu bestimmen, daß in dem Annahmevertrage die elterliche Nutznießung ausgeschlossen und das Erbrecht des Anzunehmenden abweichend von den gesetzlichen Vorschrif753
§§ 1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
ten bestimmt werden könne. In sachlicher Hinsicht weiche der Entwurf von den Anträgen, soviel die vermögensrechtlichen Wirkungen des Annahmevertrags betreffe, nur insoweit ab, als derselbe zulassen wolle, daß in dem Annahmevertrage als Wirkung der Annahme an Kindesstatt, abweichend von den gesetzlichen Vorschriften (vgl. Motive S. 1804, § 238 des Erbrechtsentw.) auch ein Erbrecht des Annehmenden gegenüber dem Anzunehmenden solle bestimmt werden können, und zwar ohne daß die besonderen Voraussetzungen eines Erbeinsetzungsvertrags dabei beobachtet zu werden brauchten. Eine solche Ausdehnung der Vertragsfreiheit sei jedoch nicht als angemessen zu erachten. Zwar widerstreite die Begründung eines Erbrechts den Annehmenden gegenüber dem Angenommenen an sich nicht dem Wesen des durch die Annahme an Kindesstatt zu begründenden Verhältnisses, sondern stelle sich umgekehrt als eine Konsequenz des Prinzips dar, daß der Angenommene durch die Annahme an Kindesstatt die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes des Annehmenden erlange. Indessen sei die Zulassung einer vertragsmäßigen Aenderung der gesetzlichen Wirkungen der Annahme an Kindesstatt in der hier fraglichen | Prot I 8033 | Beziehung mit den Gründen nicht vereinbar, auf welchen die positive Bestimmung beruhe, daß dem Annehmenden ein gesetzliches Erbrecht gegenüber dem Angenommenen nicht zustehen solle. Diese Gründe (vergi. Motive S. 1804) verliehen jener Bestimmung einen absoluten Charakter. Die Besorgniß, daß der Ausschluß der Vertragsfreiheit in der hier fraglichen Beziehung dahin führen könne, daß manche an sich wünschenswerthe Adoption minderjähriger Kinder unterbleibe, könne als begründet nicht anerkannt werden. Zudem liege, wenn der Annehmende die Adoption davon abhängig mache, daß er auch ein Erbrecht gegenüber dem Anzunehmenden erlange, der Verdacht nahe, daß ersterer mit der Adoption zugleich eigennützige Zwecke verfolge, welche mit den Zwecken, welchen das Institut zu dienen bestimmt sei, nicht vereinbar seien. Uebrigens sei es selbstverständlich dem Anzunehmenden unbenommen, dem Annehmenden nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze über die Erbeinsetzungsverträge ein vertragsmäßiges Erbrecht sich gegenüber einzuräumen. Anlangend die Fassung des Antrags unter 1, so wurde der P r ü f u n g bei der Redaktion namentlich anheimgegeben, ob nicht die Worte „die durch denselben zu begründende elterliche Nutznießung" durch die Worte „die elterliche Nutznießung" zu ersetzen seien, da von der Ausschließung einer zu begründenden elterlichen Nutznießung nicht geredet werden könne, ferner, ob es nicht empfehle, am Schlüsse des Antrags zum Zwecke der Verdeutlichung hinzuzufügen „Andere Abweichungen sind unzulässig". Es kam noch zur Sprache, welchen Einfluß es auf die Wirksamkeit der Annahme | Prot I 8034 an Kindesstatt habe, | wenn in dem Annahmevertrage unzulässige Abweichungen bestimmt worden seien, trotzdem aber das Gericht den Vertrag bestätigt habe. Man war einverstanden, daß die Wirksamkeit der Annahme an Kindesstatt in einem solchen Falle nach den allgemeinen Grundsätzen zu beurtheilen sei, welche für den Fall Anwendung finden, wenn der Grund der Ungültigkeit nur einen Theil eines Rechtsgeschäfts treffe (§114 K.E.). Die Ausführungen in den Motiven S. 1860, 1861, daß die Wirksamkeit solcher bei Gelegenheit der Adoption und zugleich mit derselben getroffenen Vereinbarungen, durch welche die vermögensrechtlichen Beziehungen des Anzunehmenden zu seiner natürlichen Familie abweichend von den gesetzlichen Vorschriften geregelt würden, sich nach den allgemeinen Grundsätzen richteten, sowie die Ausführungen auf Seite 1861 der Motive, daß die Frage, inwieweit die gesetzlichen Wirkungen der Adoption nachträglich durch die Disposition der Betheiligten geändert werden könnten, in 754
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1772
jedem einzelnen Falle nach dem Inhalte des betreffenden Rechtsgeschäfts und der rechtlichen Natur desselben sich entscheide, fanden die Billigung der Kommission. Zu erledigen waren noch folgende im Anschluß an den § 438 des Entw. gestellte Anträge: 1. 1. Als § 438 a zu beschließen: Kurlbaum „Eine nichtige Annahme an Kindesstatt ist, wenn sie gerichtlich bestätigt worden, (Nr 265, 3 zu Gunsten eines Dritten, welcher ein Rechtsgeschäft mit dem Annehmenden ge- u - 269 > 2 ) schlössen oder ihm gegenüber vorgenommen oder welchem gegenüber der Annehmende ein Rechtsgeschäft vorgenommen hat, in Ansehung | dieses Rechtsgeschäftes | Prot I 8035 als gültig zu erachten, es sei denn, daß zur Zeit der Vornahme des Rechtsgeschäftes die Annahme an Kindesstatt bereits durch Urtheil für ungültig erklärt war oder der Dritte die Nichtigkeit kannte. Das Gleiche gilt in Ansehung eines rechtskräftigen Urtheils, welches in einem von dem Annehmenden gegen den Dritten anhängig gemachten Rechtsstreite ergangen ist, es sei denn, daß zu der Zeit, in welcher der Dritte die Nichtigkeit hätte geltend machen können, die Annahme an Kindesstatt bereits durch Urtheil für ungültig erklärt war oder der Dritte die Nichtigkeit kannte. Die Vorschriften des ersten und zweiten Absatzes finden auch Anwendung, wenn der Annehmende bei dem Rechtsgeschäfte oder dem Rechtsstreite als gesetzlicher Vertreter des Angenommenen betheiligt war. Die Vorschriften des ersten bis dritten Absatzes finden entsprechende Anwendung, wenn die elterliche Gewalt über den Angenommenen nach Maßgabe des § 433 der Ehefrau des Annehmenden zusteht." 2. Als§ 438 b ferner einzuschalten: Kurlbaum „Die Vorschriften des § 438 finden bei einer anfechtbaren Annahme an Kindes- (Nr 269, 3) statt, wenn die Anfechtung erfolgt ist, mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß die Kenntniß der Anfechtbarkeit der Kenntniß der Nichtigkeit gleichsteht" (zu vergl. § 474 des Entw.). | II. Für den Fall der Annahme des unter I, 1 vorgeschlagenen § 438 a | Prot I 8036 in Absatz 1 die Worte v.Mandry „wenn sie gerichtlich bestätigt worden" (Nr 270, 3) zu streichen und statt des Schlußsatzes („es sei d e n n , . . . kannte") zu setzen: „es sei denn, daß zur Zeit der Vornahme des Rechtsgeschäftes die Nichtigkeit der Annahme an Kindesstatt festgestellt oder dem Dritten bekannt war." III. Die unter 1,1 und 2 vorgeschlagenen Bestimmungen, wie folgt zu fassen: „Wenn eine Annahme an Kindesstatt aus einem anderen Grunde als aus einem Formmangel (oder „als wegen des Mangels der gerichtlichen Bestätigung) nichtig oder anfechtbar ist, so finden zu Gunsten eines Dritten, welcher die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit nicht kannte, die Vorschriften der §§ 1229, 1242 der Zusst. entsprechende Anwendung." Die Mehrheit entschied sich für die Ablehnung der Anträge. Sie hielt dafür, daß, | Prot I 8037 auch wenn eine gewisse Analogie der für den Fall einer nichtigen oder anfechtbaren Ehe zum Schutz des guten Glaubens Dritter beschlossenen Bestimmungen (§§ 1229, 1242 der Zusst.) nicht zu verkennen sei, es doch an einem praktischen Bedürfnisse fehle, jene Bestimmungen auch auf die Annahme an Kindesstatt zu übertragen, da die hier in Betracht kommenden Fälle nur sehr selten seien und deshalb die Sicherheit des Verkehrs besondere Vorschriften zum Schutze des guten Glaubens hier nicht nöthig mache. Die Vorschriften zum | Schutze des guten Glaubens seien nicht Ausfluß eines allgemeinen Rechtsprinzips, sondern Ausnahmen von den allgemeinen 755
§§1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
Grundsätzen und eine Durchbrechung der letzteren nur insoweit gerechtfertigt, als es durch überwiegende G r ü n d e praktischer Zweckmäßigkeit, insbesondere durch die Rücksicht auf die Sicherheit des Verkehrs geboten sei. D a ß dies hier nicht zutreffe, ergebe sich schon daraus, daß dem geltenden Rechte Bestimmungen der hier fraglichen A r t f r e m d seien, ohne daß man das Fehlen derselben als einen Mangel empfunden habe.
| Prot I 8039
525. Sitzung vom 26. 2. 1886, Schriftführer: Ege. | Die Berathung des Familienrechtsentwurfes Abschnitt II Titel 7: „Annahme an Kindesstatt" w u r d e fortgesetzt.
D e r § 439 lautet: TE-FamR „Das durch die A n n a h m e an Kindesstatt begründete Rechtsverhältniß kann durch § 439 einen zwischen dem Annehmenden und dem A n g e n o m m e n e n , sowie den von der A n n a h m e an Kindesstatt mitbetroffenen, noch am Leben befindlichen Abkömmlingen des letzteren nach M a ß g a b e der im § 426 Abs. 1 und in den 427 und 429 gegebenen Vorschriften abgeschlossen und von dem zuständigen Gerichte bestätigten V e r t r a g aufgehoben werden. Die Bestätigung soll nur aus erheblichen G r ü n d e n ertheilt werden. | Prot I8040 | Die in den §§ 422, 423 und 431 Abs. 3 enthaltenen Bestimmungen finden hierbei entsprechende Anwendung, jedoch mit der Erweiterung, daß sofern der Annehmende oder der A n g e n o m m e n e , welcher das vierzehnte Lebensjahr überschritten hat, o d e r ein volljähriger, aber unter V o r m u n d s c h a f t stehender Abkömmling des letzteren geschäftsunfähig ist, der Antrag auf A u f h e b u n g durch deren gesetzliche Vertreter gestellt werden kann, und daß es sowohl in diesem Falle, als auch dann, wenn der minderjährige Abkömmling des Angenommenen sich in der elterlichen Gewalt des letzteren befindet, der G e n e h m i g u n g des Vormundschaftsgerichts bedarf. Soll nach dem T o d e des Angenommenen das durch die A n n a h m e an Kindesstatt zwischen dem A n n e h m e n d e n und den Abkömmlingen des A n g e n o m m e n e n begründete Verhältniß aufgehoben werden, so sind die vorstehenden Bestimmungen entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 433 ist, so lange beide Ehegatten am Leben sind, zur A u f h e bung der A n n a h m e an Kindesstatt der gemeinschaftliche A n t r a g beider Ehegatten erforderlich. Ist einer derselben gestorben, so kann auf Antrag des überlebenden Ehegatten das durch die Annahme an Kindesstatt zwischen diesem und dem Angen o m m e n e n bezw. dessen Abkömmlingen begründete Verhältniß nach Maßgabe der vorstehenden Bestimmungen aufgehoben werden." | Prot 1 8041 11. D a z u w a r beantragt: Kurlbaum 1. D e n § 439 zu streichen, eventuell dahin zu fassen: (Nr 265, 3 u. „Das durch die A n n a h m e an Kindesstatt begründete Rechtsverhältniß kann wieNr 268) der aufgehoben werden. Die W i e d e r a u f h e b u n g erfordert einen V e r t r a g zwischen dem A n n e h m e n d e n und dem Angenommenen, die Einwilligung der Abkömmlinge des A n g e n o m m e n e n , auf welche die W i r k u n g der Annahme sich erstreckt und die gerichtliche Bestätigung des Vertrages, im Falle des § 433 auch die Einwilligung der unehelichen Mutter des Angenommenen. Die Vorschriften der §§ 422 bis 429 finden entsprechende A n w e n d u n g mit der Maßgabe, daß ein minderjähriges Kind des Angenommenen durch diesen vertreten w e r d e n kann, zu der Einwilligung des Minderjährigen jedoch die G e n e h m i g u n g des Vormundschaftsgerichts erforderlich ist. 756
8. Titel : Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1772
In gleicher Weise kann das durch die Annahme an Kindesstatt begründete Rechtsverhältniß zwischen dem Annehmenden und einem Abkömmlinge des Angenommenen wieder aufgehoben werden." 2. in dem eventuellen Antrag N o . 1, Abs. 2 die Worte „mit der Maßgabe . . . v. Mandry erforderlich ist" zu streichen. 5 ( N r 270> 4) | D a s Ergebniß der Berathung war folgendes : | Prot 1 8045 Nachdem der Streichungsantrag zurückgezogen worden war, billigte die K o m mission aus den in den Motiven S. 1861 bis 1864 dafür angeführten Gründen den, dem im größten Theile Deutschlands geltenden Rechte entsprechenden, in § 439 zum Ausdruck gebrachten Standpunkt des Entwurfes, daß das durch die Annahme an Kindesstatt begründete Rechtsverhältniß durch Vertrag zwischen den Betheiligten aufgehoben werden könne, sowie daß dieser Vertrag im Wesentlichen nach Analogie des Begründungsvertrages zu gestalten sei. Einvernehmen bestand auch, daß abgesehen von dem in § 440 (Prot. S. 8049) geregelten besonderen Falle, eine Aufhebung des durch die Annahme an Kindesstatt begründeten Verhältnisses nur durch solchen Vertrag stattfinde (Motive S. 1868 ff.). Der § 439 wurde im Uebrigen absatzweise berathen. Der Absatz 1 erfordert einen zwischen dem Annehmenden und Angenommenen sowie den von der Annahme an Kindesstatt mitbetroffenen Abkömmlingen des Angenommenen zu schließenden Vertrag. Im eventuellen Antrag 1 ist vorgeschlagen, in Ansehung der bezeichneten Abkömmlinge des Angenommenen nur deren Einwilligung zu dem Vertrag zwischen dem Annehmenden und dem Angenommenen zu verlangen, weil die Rechte der Abkömmlinge hier nur sekundär berührt würden. Die Kommission trat unter Ablehnung des Antrages dem | Entwürfe bei, in der E r w ä g u n g , daß, wie bei dem Begrün- | Prot I 8046 dungsvertrag nach dem Beschlüsse zu § 431 des Entw. die zur Zeit jenes Vertrages vorhandenen Abkömmlinge den Vertrag mitabschließen müßten, damit die Annahme an Kindesstatt sich auch auf sie erstrecke, so auch bei der Aufhebung die sämmtlichen von derselben betroffenen Abkömmlinge des Angenommenen an dem Aufhebungsvertrage Theil nehmen müßten. Gründe zu einer Abweichung von dieser aus der Konsequenz der Beschlüsse über den Begründungsvertrag sich ergebenden Regelung des Aufhebungsvertrages lägen nicht vor. Einverständniß bestand, daß auf den Aufhebungsvertrag die Bestimmungen der §§ 426 Abs. 1, 427 und 429 nach den von der Kommission hierzu gefaßten Beschlüssen, vergi. §§ 15, 16, 18, 19 der vorl. Zusst., entsprechende Anwendung finden. D a g e g e n lehnte die Kommission den Entwurf, insoweit er vorschlägt, daß die gerichtliche Bestätigung des Vertrages nur aus erheblichen Gründen solle ertheilt werden dürfen, ab. Man erachtete die in den Motiven S. 1864 für diese Abweichung von der für die Bestätigung des Adoptionsvertrages von dem Entwürfe vorgeschlagenen und von der Kommission angenommenen Vorschrift geltend gemachten Gründe nicht für durchschlagend, hielt vielmehr jene Vorschrift 5 428 N o . 1 — vorl. Zusst. § 17 — auch für den Aufhebungsvertrag für vollkommen zweckentsprechend und ausreichend. Absatz 2. Die Bezugnahme auf die Bestimmung des § 431 Abs. 3 fällt weg, nachdem der letztere gestrichen worden (Prot. S. 8003). Einvernehmen bestand, daß die Bestimmungen d e r | § § 4 2 2 , 423, vorl. Zusst. § § 1 0 , 11, 12 Abs. 1 (Prot. S. 7972 ff.) | Prot 18047
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Hier folgen die §§ 10—19 der Vorl.Zust., d. h. der Red.Vorl. von Pape, die unten S. 761 f. im Zusammenhang wiedergegeben sind. 757
§§1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
vorbehaltlich der vom Entwürfe vorgeschlagenen Modifikation, ebenso aber auch die Vorschrift des vom Entwürfe hier übergangenen § 425 — vorl. Zusst. § 14 — (Prot. S. 7982, 7983) auf den Aufhebungsvertrag f ü r entsprechend anwendbar erklärt werden müßten. Die Entscheidung darüber, ob auch der § 424, vorl. Zusst. § 13 für anwendbar zu erklären sei, blieb bis zur Berathung des vierten Absatzes ausgesetzt. In Abweichung von § 422, vorl. Zusst. § 10, ist von dem Entwürfe vorgeschlagen, daß, falls der Annehmende oder der Angenommene, welcher das vierzehnte Lebensjahr zurückgelegt hat oder ein volljähriger Abkömmling des Angenommenen geschäftsunfähig ist, der Aufhebungsvertrag für sie durch ihre gesetzlichen Vertreter solle geschlossen werden können, um für jene Fälle die nach den Umständen etwa gerechtfertigte Aufhebung des durch die Annahme an Kindesstatt begründeten Verhältnisses überhaupt zu ermöglichen. Hiergegen wendet sich der Antrag Ziff. 2, welcher die zu § 422 beschlossenen Vorschriften unbeschränkt auf den Aufhebungsvertrag angewendet wissen will. Die Kommission nahm den Antrag an in der Erwägung, daß der Aufhebungsvertrag, zumal für die Verhältnisse des Angenommenen und seiner Abkömmlinge, fast noch wichtiger und eingreifender sei, als der Annahmevertrag, sowie daß durch die Gleichstellung der beiden Verträge auch in dieser Richtung die Einfachheit des Gesetzes gefördert werde. Absatz 3 des Entw. erklärt die Bestimmungen des ersten und zweiten Absatzes für entsprechend anwendbar auf den Fall, wenn nach dem T o d e des Angenommenen ein | Prot I 8048 die sämmtlichen Abkömmlinge des letzte-1 ren umfassender Aufhebungsvertrag zwischen ihnen und dem Annehmenden abgeschlossen werden soll. Der Antrag No. 1 Abs. 3 bezweckt dagegen, den Aufhebungsvertrag zwischen dem Annehmenden und den Abkömmlingen des Angenommenen auch bei Lebzeiten des letzteren und weiter die Aufhebung des durch den Annahmevertrag begründeten Verhältnisses nur für einen der hierdurch betroffenen Abkömmlinge durch Vertrag zwischen ihm und dem Annehmenden für zulässig zu erklären. Die Kommission billigte, unter Ablehnung des Antrages, den Entwurf, indem sie erwog, daß es zwar angemessen erscheine, die Aufhebung des aus der Annahme an Kindesstatt entstandenen Rechtsverhältnisses nach dem Tode des Angenommenen unter Beitritt sämmtlicher Abkömmlinge noch zuzulassen, dagegen ein Bedürfniß f ü r die vorgeschlagene Erweiterung des Entwurfes nicht anzuerkennen, wohl aber von der Annahme der Erweiterung mißliche Komplikationen zu befürchten seien. Absatz 4 des Entw. wurde, entgegen dem Antrag Ziff. 1 angenommen. Die Mehrheit der Kommission war mit dem Entwürfe einverstanden, daß in den sämmtlichen im § 433 geregelten Fällen, nicht bloß dann, wenn zwei Ehegatten ein Kind gemeinsam annehmen, zur Aufhebung des durch die Annahme an Kindesstatt begründeten Verhältnisses Vertrag zwischen den beiden Ehegatten einerseits und dem Angenommenen bezw. den von der Annahme mitgetroffenen Abkömmlingen des letzteren andererseits verlangt werden müsse, weil auch in den beiden anderen im § 433 bezeichneten Fällen, wenn nämlich während bestehender Ehe ein Ehegatte ein eheli| Prot I 8049 ches Kind des ande- | ren Ehegatten oder der Ehemann das uneheliche Kind seiner Ehefrau angenommen habe, der Angenommene die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen ehelichen Kindes beider Ehegatten erlange und durch einen solchen Annahmevertrag auch das Rechtsverhältniß des leiblichen parens, wenn auch nicht geradezu in dasjenige eines Adoptivparens umgewandelt werde, so doch erhebliche Modifikationen erleide. Einverständniß bestand mit dem Entwürfe darüber, daß nach dem T o d e eines der Ehegatten dem Ueberlebenden die Aufhebung des zwischen ihm und dem Angenommenen bezw. dessen Abkömmlingen durch den Annahmevertrag 758
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1772
begründeten Verhältnisses mittels Vertrages gemäß den Bestimmungen in Abs. 1, 2 des § 439 gestattet sein müsse, woneben das durch den Annahmevertrag geschaffene Verhältniß zwischen dem verstorbenen Ehegatten und dem Angenommenen selbstverständlich unberührt bleibe. Schließlich überzeugte man sich, daß nach den Beschlüssen zu § 439, insbesondere zu Abs. 4 die Allegation des § 424, vorl. Zusst. § 13 gegenstandlos wäre, weil bei dem Aufhebungsvertrag die Einwilligung eines Dritten im Sinne des § 13 nicht in Frage komme. Der § 440 lautet: „Wenn zwei durch Annahme an Kindesstatt mit einander verbundene Personen der Vorschrift des § 11 zuwider eine Ehe schließen, so wird mit dem Zeitpunkte der Eheschließung zwischen ihnen das durch | die Annahme an Kindesstatt begründete Rechtsverhältniß kraft Gesetzes aufgelöst. Stand bis zur Eheschließung dem einen der Eheschließenden die elterliche Gewalt oder die gesetzliche Vormundschaft über den anderen zu, so ist, wenn die Ehe später für nichtig oder ungültig erklärt werden sollte, die elterliche Gewalt bezw. die gesetzliche Vormundschaft mit dem Zeitpunkte der Eheschließung als verwirkt anzusehen." In den gedruckten Abänderungsanträgen ist von dem Referenten beantragt: Im Abs. 2 die W o r t e : „oder die gesetzliche Vormundschaft" und „bezw. die gesetzliche Vormundschaft" zu streichen.
TE-FamR § 440 I *
Planck
Ferner war beantragt: Kurlbaum a) im Abs. 1 hinter „Ehe" einzuschalten: (Nr 265, 4 a „in gehöriger Form" b) Absatz 2 zu fassen: „Ist die Ehe nichtig, so ist die dem Einen der Ehegatten über den Anderen etwa zustehende elterliche Gewalt als mit der Eheschließung verwirkt anzusehen. Das Gleiche gilt, wenn die Ehe anfechtbar ist und angefochten wird." Der Abs. 1 wurde aus den Gründen der Motive (S. 1868 vergl. mit S. 177 bis 180) angenommen. Der Antrag ist lediglich redaktionell, und bezweckt im Sinne des Entwurfes zum Ausdruck zu bringen, daß eine formgültige, also wirkliche Ehe die Voraussetzung für die Vorschrift in Abs. 1 bilde. Die Prüfung, ob es dieser Verdeutlichung bedürfe, wurde der Redaktion überlassen. | Zu Abs. 2 wurden zunächst die in dem gedruckten Abänderungsantrage hervor- | Prot I 8051 gehobenen Worte in Konsequenz der von dem Redaktor nachträglich proponirten Beseitigung der gesetzlichen Vormundschaft der Eltern (vergl. Prot. S. 7822, 7823 zu § 379) gestrichen, der Abs. 2 hierauf in der Fassung des hierzu gestellten Antrages übrigens mit der Maßgabe angenommen, daß die Voraussetzung f ü r die Vorschrift dahin auszudrücken sei: „Ist die Ehe aus einem anderen Grunde als wegen eines Formmangels bei der Eheschließung nichtig . . ." Durch die Einschaltung der unterstrichenen Worte wird, der Intention des Entwurfes entsprechend, zum Ausdruck gebracht, daß die Vorschrift des Abs. 2 nicht eintritt, wenn die Ehe wegen Formmangels absolut nichtig ist, so daß keine Nichtigerklärung erforderlich ist (vergl. § 1224, 1229, 1230 Zusst.; § 1224 entspricht den Beschlüssen zu §§ 43, 48 des Entw., Prot. S. 5959—5964, 5968, § 1230 den Beschlüssen zu § 50 des Entw., Prot. S. 5975—5993). 759
§§ 1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
Der § 441, welcher lautet: „Die Auflösung des durch die Annahme an Kindesstatt begründeten Verhältnisses §441 ist nach Maßgabe des § 430 auf Antrag der Betheiligten von dem Standesbeamten in das Standesregister einzutragen."
TE-FamR
Kurlbaum ( N r 265, 5)
wurde aus demselben Grunde, welcher zur Streichung des § 430 führte (Prot. S. 8000), gleichfalls gestrichen.
Fassung der Regelung in der RedVorl: a) RedVorl von Pape: S 1 (SS 422, 431 )• Durch die Annahme an Kindesstatt erlangt der Angenommene die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes des Annehmenden, soweit nicht aus dem Gesetze ein Anderes sich ergiebt. Die Annahme an Kindesstatt erfordert einen zwischen dem Annehmenden und Anzunehmenden abzuschließenden Vertrag. (N.B. zu vergl. SS 456, 499, 524, 552, 560, 607 K.E. In allen diesen und anderen SS ist mit „durch pp." begonnen, auch der bestimmte Artikel gebraucht.) § 2 (§ 414). Wer einen ehelichen oder legitimirten Abkömmling hat, kann nicht an Kindesstatt annehmen. Wer ein angenommenes Kind hat, kann an Kindesstatt annehmen. (N.B. Es wird jedoch unerläßlich sein, seiner Zeit einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen, welche Aenderungen der Entwurf in den Stellen bedarf, in welchen von ehelichen Kindern oder Kindern bezw. Abkömmlingen die Rede ist, einestheils zur Herstellung einer einheitlichen Sprachweise und anderntheils zur Hebung von Zweideutigkeiten und Abwehr von Mißverständnissen.) § 3 (§415). Der Annehmende muß das fünfzigste Lebensjahr zurückgelegt haben. Im Falle der Volljährigkeit des Annehmenden ist Dispensation zulässig. (N.B. Zu vergl. § 1206, 1209, 1213.) §4 (§416). Ein Ehegatte kann nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten an Kindesstatt annehmen. § 5 (§ 418). Der Anzunehmende muß mindestens achtzehn Jahre jünger sein, als der Annehmende. — Dispensation ist zulässig. S (S§ 415 u. 418). Die Befugniß zur Ertheilung der nach den Vorschriften der 3 u. 5 zulässigen Dispensation steht dem Staate zu. Ueber die Ausübung dieser Befugniß haben die Landesgesetze zu bestimmen. (N.B. zu vergl. 1216.) §6 (§419). W e r an Kindesstatt angenommen ist, kann vor der Aufhebung des durch die Annahme begründeten Verhältnisses von einem Anderen als dem Ehegatten des Annehmenden an Kindesstatt nicht angenommen werden. S 7 (SS 416, 419). N u r Ehegatten können eine Person als gemeinschaftliches Kind annehmen. §8 (§420). Ein Ehegatte kann nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten an Kindesstatt angenommen werden. § 9 (§ 421). Ein eheliches Kind kann nur mit Einwilligung seines Vaters und seiner Mutter, ein uneheliches Kind nur mit Einwilligung seiner Mutter, solange dieselben leben, an Kindesstatt angenommen werden. 760
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§§ 1741-1772
Diese Bestimmung findet keine Anwendung, wenn das Kind das fünfundzwanzigste Lebensjahr zurückgelegt hat oder sein Familienstand nicht zu ermitteln ist. (N.B. Zu vergl. § 48 vorl. Zusst. der Beschl. über die elterl. Gewalt.) 5 10 (§422). H a t der Anzunehmende das vierzehnte Lebensjahr noch nicht zurückgelegt, so kann der Annahmevertrag für ihn durch seine gesetzlichen Vertreter geschlossen werden. Im Uebrigen kann die Schließung des Vertrages, sowohl für den Annehmenden als für den Anzunehmenden, nicht durch einen Vertreter, insbesondere nicht durch den gesetzlichen Vertreter, erfolgen. (N.B. Zu vergl. §§ 1210,1235,1237,1250.) § 11. H a t der Anzunehmende das vierzehnte Lebensjahr zurückgelegt, aber die Großjährigkeit noch nicht erreicht, so bedarf der Annahmevertrag der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters desselben. (N.B. zum § 1 1 . Nach dem § 10 muß der Anzunehmende, auch wenn er minderjährig ist, sobald er nur älter als 14 Jahre ist, selbst u. in Person den Vertrag schließen. Der § 11 sieht vor, daß in einem solchen Falle, obschon nach dem folgenden § die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich ist, neben dieser Genehmigung auch noch die des gesetzlichen Vertreters des Anzunehmenden hinzutreten muß.) §12 (§§423 u. 417). Ist der Anzunehmende geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist die Genehmigung des Annahmevertrages von Seiten des Vormundschaftsgerichts erforderlich. Wenn der Annehmende der Vormund des Anzunehmenden ist, so soll die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts nicht ertheilt werden. Ist der Annehmende der Vormund des Anzunehmenden gewesen und wird der letztere noch bevormundet, so soll die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erst ertheilt werden, nachdem der Annehmende über die von ihm geführte Verwaltung Rechnung gelegt und das Vermögen des Mündels ausgeliefert hat. Die Bestimmungen des zweiten Absatzes finden auf einen zur Vermögensverwaltung berufenen Pfleger entsprechende Anwendung. (N.B. Der erste Absatz erfordert die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts in allen Fällen der Minderjährigkeit des Anzunehmenden, ohne Unterschied, also ob der Anzunehmende über oder unter 14 Jahre alt ist, ob er gewaltfrei ist oder unter elterlicher Gewalt steht. Neben der Minderjährigkeit muß auch eine sonstige Beschränkung der Geschäftsfähigkeit berücksichtigt werden wegen des Falls, wenn ein Prodigus oder eine unter vormundschaftlichem Schutz stehende Person adoptiert werden soll. Die Fassung „In allen Fällen der beschränkten Geschäftsfähigkeit des Anzunehmenden" wäre andererseits unzureichend, da der Fall der Geschäftsunfähigkeit mit zu treffen ist.) § 13 (§ 424). Die in den §§ 4, 8 und 9 vorgeschriebene Einwilligung eines Dritten ist nicht erforderlich, wenn der Dritte für todt erklärt ist. Die Einwilligung des Dritten kann nicht durch einen Vertreter, insbesondere nicht durch den gesetzlichen Vertreter, erfolgen; sie bedarf, wenn der Dritte in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters desselben, es sei denn, daß dem Dritten als Inhaber der elterlichen Gewalt über den Anzunehmenden die elterliche Nutznießung zusteht; sie kann durch eine erst nach der Bestätigung des Vertrags erfolgte Genehmigung nicht ersetzt werden. (N.B. 1. Die verspätete Einwilligung hebt die Nichtigkeit des Vertrags nicht. — 2. Zu vergl. § 1210. — 3. Ist die Einwilligung entbehrlich, so ist auch die Genehmigung nicht nöthig.) 761
§§1741—1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
§ 14 (§ 425). Die Annahme an Kindesstatt unter Beifügung einer Bedingung oder Zeitbestimmung ist unwirksam. (N.B. Zu vergl. §§ 853, 854, 1110, 1437.) § 15 (§ 426). Der Annahmevertrag muß vor Gericht oder N o t a r geschlossen, die in den §§ 4, 8 u. 9 vorgeschriebene Einwilligung eines Dritten in gerichtlicher oder notarieller Form erklärt und gegenüber dem einen oder anderen Vertragschließenden abgegeben werden. Die Einwilligung des Dritten ist unwiderruflich. (N.B. 1. Zu vergl. §§ 90, 348, 437, 1307; aber auch § 851. Die Fassung ergiebt zur Genüge, daß die Vertragschließenden gleichzeitig vor Gericht oder N o t a r erscheinen und ihre Willensübereinstimmung erklären müssen. Die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters im Falle des § 11 scheidet aus, sie fällt nicht unter die Einwilligung eines Dritten, wie das Zitat §§ 4, 8, 9 klarstellt; sie gehört aber auch nicht zu den Erklärungen der Vertragschließenden, weil im Falle des § 11 der Minor selbst kontrahirt, so daß § 64 Abs. 3 des Komm.Entwurfs anwendbar wird und die Einwilligung nach § 128 K.E. formfrei ist, welches Resultat den gefassten Beschlüssen entspricht. 2. Wegen der Einwilligung des Dritten zu vergl. §§ 942, 993 u. daneben § 127.) § 16 (§ 427). Zu der Wirksamkeit des Annahmevertrags ist erforderlich, daß die Bestätigung desselben durch das zuständige Gericht hinzutritt. (N.B. „Wirksamkeit des Vertrages" i.e. die Adoption wird wegen K.E. § 128 u.s.w. der richtige Ausdruck sein, zumal in Rücksicht auf die Bindung der Parteien wegen des § 18 ein Mißverständniß ausgeschlossen ist.) §17 (§428). Die Bestätigung des Annahmevertrags ist nur dann zu versagen, wenn ein Erforderniß mangelt, von welchem nach dem Gesetze die Wirksamkeit (die Zulässigkeit u. Gültigkeit) desselben abhängt. (N.B. „Zulässigkeit" allein scheint zu enge zu sein; damit werden nur die speziellen Mängel getroffen, welche sich aus den positiven Vorschriften der vorhergehenden §§ ergeben. Aber das bestätigende Gericht muß auch prüfen, ob nicht ein anderer Mangel vorliegt, welcher nach den allgemeinen Grundsätzen die Ungültigkeit des Vertrags bewirkt.) §18 (§429). Mit der Bestätigung des Annahmevertrags tritt die Annahme an Kindesstatt in Wirksamkeit (in Kraft). Die Vertragschließenden sind jedoch an den Vertrag schon vor der Bestätigung gebunden; sie hören auf gebunden zu sein, wenn die Bestätigung (rechtskräftig) versagt ist. (N.B. 1. Zu vergl. § 78 Abs. 2 K.E. wegen „hören auf, gebunden zu sein." 2. Zu vergl. aber auch § 61 K.E. wo von Rechtskraft der Versagung keine Rede ist, auch nicht füglich die Rede sein kann. Das W o r t „rechtskräftig" ist in Rücksicht auf das Rechtsmittel der Beschwerde aufgenommen. Sollte es bei dem Stand der Dinge nicht vorzuziehen sein, „rechtskräftig" zu vertauschen mit „endgültig".) § 19 (§ 429). Die Annahme an Kindesstatt wird durch die Bestätigung des Annahmevertrags nicht wirksam, wenn der Annehmende oder der Anzunehmende vor der Bestätigung gestorben ist. (N.B. Daß nicht bestätigt werden darf, wenn das Gericht den Todesfall erfahren hat, erhellt aus § 17.) §20 (§§ 431, 432). Die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt erstrecken sich auch auf die Abkömmlinge des Angenommenen, auf einen zur Zeit der Schließung des Annahmevertrags schon vorhandenen Abkömmling jedoch nur dann, wenn der Vertrag zugleich mit demselben geschlossen ist. 762
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1772
Dagegen erstrecken sich die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt weder auf andere Verwandte und den Ehegatten des Angenommenen noch auf die Verwandten und den Ehegatten des Annehmenden. (N.B. 1. Das Wort „Abkömmlinge" genügt; in Rücksicht auf Ehelichkeit u. Unehelichkeit kann, wie eine nähere Prüfung ergiebt, kein Bedenken entstehen. 2. Im zweiten Absätze wird ein Vorbehalt wegen des nachfolgenden § 433 des E. nicht nöthig sein.) § 21 (§ 433). Wird während bestehender Ehe von einem Ehegatten das eheliche Kind des anderen Ehegatten oder von dem Ehemann das uneheliche Kind der Ehefrau oder von beiden Ehegatten dieselbe Person an Kindesstatt angenommen, so erlangt der Angenommene die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen ehelichen Kindes beider Ehegatten nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 1 u. 20. (N.B. Wegen „gemeinschaftliches eheliches Kind" zu vergl. Wortregister.) § 22 (§ 434). Der Angenommene erhält den Familiennamen des Annehmenden und wenn dieser eine Frau ist, welche durch Schließung einer Ehe den Familiennamen des Ehemannes erhalten hatte, den Familiennamen, welche dieselbe vor Schließung der Ehe geführt hat. In den Fällen des § 2 1 erhält der Angenommene den Familiennamen des Ehemannes. Der neue Name ist von dem Angenommenen unter Beifügung des bisherigen Familiennamens zu führen. Diejenigen Abkömmlinge des Angenommenen, auf welche die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt sich nicht erstrecken, behalten ihren bisherigen Familiennamen. (N.B. 1. Zu vergl. § 2 der vorl. Zusst. der Beschlüsse über die unehel. Abstammung. 2. Es wird nicht nöthig sein, der Abkömmlinge des Angenommenen noch weiter, als im letzten Satze geschieht, zu erwähnen.) § 23 (§ 425). Erlangt der Annehmende die elterliche Gewalt über den (minderjährigen) Angenommenen, so ist er verpflichtet, dem Vormundschaftsgerichte ein Verzeichniß des seiner Verwaltung unterliegenden Vermögens des Angenommenen einzureichen. Das Vormundschaftsgericht kann außerdem die im § 39 (vorl. Zus.st. über elterl. Gew.) bestimmten Anordnungen auch dann treffen, wenn die in jenem Paragraphen bezeichneten Voraussetzungen nicht vorliegen. Die §§ 41 bis 43 (1. c.) finden hierbei entsprechende Anwendung. Ein Gleiches gilt, wenn in den Fällen des § 21 die Mutter des Angenommenen zu der elterlichen Gewalt gelangt. Will der Annehmende, welcher Inhaber der elterlichen Gewalt über den Angenommenen ist, eine Ehe schließen, so finden die Vorschriften der §§ 40 u. 41 (1. c.) entsprechende Anwendung. Ist der Annehmende eine Frau, so finden die Vorschriften des § 50 No. 2 u. 3 u. der §§51 bis 55 u. 57 entsprechende Anwendung. (N.B. 1. Im Eingange ist „minderjährigen" eigentlich entbehrlich. 2. Der § 23 greift in der Art Platz, daß auch nach der vorbehaltslosen Genehmigung und nach Bestätigung des Vertrags das Vormundschaftsgericht zum Eingreifen nach Maßgabe des § 23 berufen ist. 3. Im zweiten Absätze soll „gelangt zu der elterl. Gewalt" darauf hinweisen, daß die elterliche Gewalt in den betreffenden Fällen nicht unmittelbar aus dem Adoptionsvertrage entspringt, sondern daß noch eine andere Thatsache hinzutreten muß. Uebrigens ist unter „Mutter" nicht ausschließlich die Adoptivmutter zu verstehen. Es 763
§§ 1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
kann auch die leibliche Mutter sein; z. B. der Mann hat das uneheliche Kind der Frau adoptirt.) §24 (§436). Durch die Annahme an Kindesstatt werden, soweit nicht aus dem Gesetze ein Anderes sich ergiebt, die Rechte und Pflichten nicht berührt, welche zwischen dem Angenommenen und dessen Verwandten in Folge der Verwandtschaft bestehen (durch die Verwandtschaft begründet sind.) §25 (§427). Der leibliche Vater und die leibliche Mutter des Angenommenen erlangen die elterliche Gewalt über denselben nicht wieder, wenn die auf den Annehmenden übergegangene elterliche Gewalt des Annehmenden beendigt ist oder ruht. Das Gleiche gilt von der Pflicht und dem Rechte der leiblichen Mutter, für die Person des Kindes zu sorgen. In Ansehung der Verpflichtung, dem Angenommenen und dessen Abkömmlingen (soweit auf diese die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt sich erstrecken), den Unterhalt zu gewähren, haftet der Annehmende vor den (leiblichen) Verwandten des Angenommenen. §26 (§438). In dem Annahmevertrag kann bestimmt werden, daß dem Annehmenden die elterliche Nutznießung an dem Vermögen des Angenommenen und daß dem letzteren gegenüber dem Annehmenden ein Erbrecht nicht zustehen solle. Im Uebrigen können die gesetzlichen Wirkungen der Annahme an Kindesstatt in dem Annahmevertrage nicht geändert werden. (N.B. Ist der gänzliche Ausschluß des einen oder anderen Rechts zulässig, so ist selbstredend auch eine Beschränkung oder Modifikation desselben gestattet.) § 27 (§ 439). Das durch die Annahme an Kindesstatt begründete Verhältniß kann durch Vertrag aufgehoben werden. Der Vertrag ist zwischen dem Annehmenden und dem Angenommenen, sowie denjenigen Abkömmlingen des letzteren zu schließen, auf welche die Wirkungen der Annahme sich erstreckt haben. Ist der Angenommene gestorben, so kann die Aufhebung des zwischen dem Annehmenden und den Abkömmlingen des Angenommenen begründeten Verhältnisses auch durch einen zwischen diesen Abkömmlingen und dem Annehmenden zu schließenden Vertrag erfolgen. In den Fällen des § 21 ist, so lange beide Ehegatten leben, zur Aufhebung des durch die Annahme an Kindesstatt begründeten Verhältnisses ein mit beiden Ehegatten zu schließender Vertrag erforderlich; nach dem T o d e eines der Ehegatten kann die Aufhebung des zwischen dem anderen Ehegatten und dem Angenommenen und dessen Abkömmlingen begründeten Verhältnisses durch einen zwischen dem anderen Ehegatten und dem Angenommenen sowie jenen Abkömmlingen zu schließenden Vertrag erfolgen. Auf die im ersten, zweiten und dritten Absätze bezeichneten Verträge finden die Vorschriften der §§ 10, 11, 12 Abs. 1, §§ 14 bis 19 entsprechende Anwendung. § 27a. In Ansehung der Anfechtung des Annahmevertrags und der in den §§4. 8. und 9 vorgeschriebenen Einwilligung eines Dritten so wie in Ansehung der Genehmigung des anfechtbaren Vertrags oder der anfechtbaren Einwilligung des Dritten finden die Vorschriften der §§10. 11. 12 Abs. 1 und des § 13 Satz 2 entsprechende Anwendung. §28 (§440). Wenn zwei durch Annahme an Kindesstatt verbundene Personen gegen das Verbot des § 1212 mit einander eine Ehe schließen, so tritt mit der 764
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§§1741-1772
Schließung der Ehe die Aufhebung des durch die Annahme an Kindesstatt begründeten Verhältnisses kraft des Gesetzes ein. Ist die Ehe aus einem anderen Grunde als wegen eines Formmangels nichtig, so wird die dem einen Ehegatten über den anderen Ehegatten (etwa) zustehende elterliche Gewalt mit der Schließung der Ehe verwirkt. Das Gleiche gilt, wenn die Ehe anfechtbar ist und angefochten wird. (N.B. Sollte Absatz 2 nicht in den Abschnitt über die elterliche Gewalt zum § 38 der vorl. Zusst. gehören?)
b)Red. Vorl. von Planck: Siebenter Titel. Annahme an Kindesstatt. $1564 (Vorl.Zusst. § 1). Durch die Annahme an Kindesstatt erlangt der Angenommene die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes des Annehmenden, soweit nicht aus dem Gesetze ein Anderes sich ergiebt. Die Annahme an Kindesstatt erfordert einen zwischen dem Annehmenden und Anzunehmenden abzuschließenden Vertrag. §1565 (Vorl.Zusst. §2). W e r einen ehelichen Abkömmling hat, kann nicht an Kindesstatt annehmen. Das Vorhandensein eines angenommenen Kindes steht jedoch der Annahme an Kindesstatt nicht entgegen. §1566. (Vorl.Zusst. §3). Der Annehmende muß das fünfzigste Lebensjahr zurückgelegt haben. Im Falle der Volljährigkeit des Annehmenden ist Dispensation zulässig. §1567 (Vorl.Zusst. §5). Der Anzunehmende muß mindestens achtzehn Jahre jünger sein als der Annehmende. Dispensation ist zulässig. § 1568 (Vorl.Zusst. § 5'). Die Befugniß zu der Ertheilung der nach den Vorschriften der §§ 1566, 1567 zulässigen Dispensation steht dem Staate zu. Ueber die Ausübung dieser Befugniß haben die Landesgesetze zu bestimmen. §1569 (Vorl.Zusst. §4). Ein Ehegatte kann nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten an Kindesstatt annehmen. §1570 (Vorl.Zusst. § 6). W e r an Kindesstatt angenommen ist, kann vor der Aufhebung des durch die Annahme begründeten Verhältnisses von einem Anderen als dem Ehegatten des Annehmenden an Kindesstatt nicht angenommen werden. §1571 (Vorl.Zusst. § 7). N u r Ehegatten können eine Person als gemeinschaftliches Kind annehmen. §1572 (Vorl.Zusst. §8). Ein Ehegatte kann nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten an Kindesstatt angenommen werden. §1573 (Vorl.Zusst. §9). Ein eheliches Kind kann nur mit Einwilligung seines Vaters und seiner Mutter, ein uneheliches Kind nur mit Einwilligung seiner Mutter an Kindesstatt angenommen werden. Die Bestimmung des ersten Absatzes findet keine Anwendung, wenn das Kind das fünf und zwanzigste Lebensjahr zurückgelegt hat oder sein Familienstand nicht zu ermitteln ist. § 1574 (Vorl.Zusst. § 13). Die in den §§ 1569, 1572, 1573 vorgeschriebene Einwilligung eines Dritten ist nicht erforderlich, wenn der Dritte für todt erklärt ist. Sie 765
§§1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
wird durch G e n e h m i g u n g des Vertrages von Seiten des Dritten ersetzt, sofern diese vor der Bestätigung des Vertrages erfolgt. §1575 (Vorl.Zusst. § 10). H a t der A n z u n e h m e n d e das vierzehnte Lebensjahr noch nicht zurückgelegt, so kann der Annahmevertrag f ü r ihn durch seinen gesetzlichen Vertreter geschlossen werden. Im Uebrigen kann die Schließung des Vertrages, sowohl f ü r den A n n e h m e n d e n als f ü r den A n z u n e h m e n d e n , nicht durch einen V e r treter, insbesondere nicht durch den gesetzlichen Vertreter, erfolgen. § 1576 (Vorl.Zusst. §§ 11, 12). Ist der A n n e h m e n d e oder der A n z u n e h m e n d e in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist zu dem Vertrage, außer der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters des in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich. Die Genehmigung des letzeren ist auch dann erforderlich, w e n n der V e r t r a g f ü r den A n z u n e h m e n d e n in Gemäßheit der V o r s c h r i f t des § 1575 Satz 1 von dem gesetzlichen Vertreter des A n z u n e h m e n den abgeschlossen ist. Ist der A n n e h m e n d e der V o r m u n d des A n z u n e h m e n d e n , so soll die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes nicht ertheilt werden. Ist der A n n e h m e n d e der V o r mund des A n z u n e h m e n d e n gewesen und wird der letztere noch bevormundet, so soll die G e n e h m i g u n g des Vormundschaftsgerichtes erst ertheilt werden, nachdem der A n n e h m e n d e über die von ihm geführte Verwaltung R e c h n u n g gelegt und das V e r m ö g e n des Mündels ausgeliefert hat. Die Bestimmungen des zweiten Absatzes finden auf einen z u r Vermögensverwaltung berufenen Pfleger entsprechende Anwendung. § 1577(VorLZusst. § 13). Die in den §§ 1569, 1572, 1573 vorgeschriebene Einwilligung eines Dritten kann nicht durch einen Vertreter, insbesondere nicht durch den gesetzlichen Vertreter, erfolgen. Ist der Dritte in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er zu der Einwilligung nicht der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters, es sei denn, daß dem Dritten als Inhaber der elterlichen Gewalt über den A n z u n e h m e n d e n die elterliche Nutznießung zusteht. §1578 (Vorl.Zusst. §14). Die Annahme an Kindesstatt unter Beifügung einer Bedingung oder Zeitbestimmung ist unwirksam. §1579 (Vorl.Zusst. §15). Der Annahmevertrag muß vor Gericht oder N o t a r geschlossen, die in den §§ 1569, 1572, 1573 vorgeschriebene Einwilligung eines Dritten in gerichtlicher oder notarieller Form erklärt und gegenüber dem einen oder anderen Vertragschließenden abgegeben werden. Die Einwilligung des Dritten ist unwiderruflich. §1580 (Vorl.Zusst. §§16, 18). Zu der Wirksamkeit des Annahmevertrages ist erforderlich, daß die Bestätigung desselben durch das zuständige Gericht hinzutritt. Die Vertragschließenden sind jedoch an den Vertrag schon vor der Bestätigung gebunden; sie hören auf gebunden zu sein, wenn die Bestätigung rechtskräftig versagt ist. § 1581 (Vorl.Zusst. § 17). Die Bestätigung ist nur zu versagen, wenn ein gesetzliches E r f o r d e r n i ß der A n n a h m e an Kindesstatt mangelt. § 1582 (Vorl.Zusst. § 19). Die Annahme an Kindesstatt wird durch die Bestätigung des Annahmevertrages nicht wirksam, wenn der Annehmende oder der Anzunehmende vor der Bestätigung gestorben ist. § 1583 (Vorl.Zusst. § 20). Die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt erstrecken sich auch auf die Abkömmlinge des Angenommenen, auf einen zu der Zeit der 766
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1772
Schließung des Annahmevertrages schon vorhandenen Abkömmling jedoch nur dann, wenn der Vertrag zugleich mit demselben geschlossen ist. Dagegen erstrecken sich die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt weder auf andere Verwandte und den Ehegatten des Angenommenen noch auf die Verwandten und den Ehegatten des Annehmenden. §1584 (Vorl.Zusst. §21). Wird während bestehender Ehe von einem Ehegatten das eheliche Kind des anderen Ehegatten oder von dem Ehemanne das uneheliche Kind der Ehefrau oder von beiden Ehegatten dieselbe Person an Kindesstatt angenommen, so erlangt der Angenommene die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen ehelichen Kindes beider Ehegatten nach Maßgabe der Vorschriften der SS 1564, 1583. § 1585 (Vorl.Zusst. § 22). Der Angenommene erhält den Familiennamen des Annehmenden und, wenn dieser eine Frau ist, welche durch Schließung einer Ehe den Familiennamen des Ehemannes erhalten hatte, den Familiennamen, welchen dieselbe vor Schließung der Ehe geführt hat. In den Fällen des § 1584 erhält der Angenommene den Familiennamen des Ehemannes. Der neue Name ist von dem Angenommenen unter Beifügung des bisherigen Familiennamens zu führen. Diejenigen Abkömmlinge des Angenommenen, auf welche die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt sich nicht erstrecken, behalten ihren bisherigen Familiennamen. § 1586 (Vorl.Zusst. $ 23). Erlangt der Annehmende die elterliche Gewalt über den Angenommenen, so ist er verpflichtet, dem Vormundschaftsgerichte ein Verzeichniß des seiner Verwaltung unterliegenden Vermögens des Angenommenen einzureichen. Das Vormundschaftsgericht kann außerdem die im § 1511 Satz 2, 3 bezeichneten Anordnungen treffen (wenn es dieselben in dem Interesse des Angenommenen für erforderlich erachtet). Die SS 1513 bis 1515 finden hierbei entsprechende Anwendung. Ein Gleiches gilt, wenn in den Fällen des S 1584 die Mutter des Angenommenen zu der elterlichen Gewalt gelangt. Will der Annehmende, welcher Inhaber der elterlichen Gewalt über den Angenommenen ist, eine Ehe schließen, so finden die SS 1512 bis 1515 entsprechende Anwendung. Ist der Annehmende eine Frau, so finden die Vorschriften des S 1502 Nr. 2, 3, der SS 1503 bis 1507 und des S 1522 entsprechende Anwendung. § 1587 (Vorl.Zusst. § 24). Durch die Annahme an Kindesstatt werden, soweit nicht aus dem Gesetze ein Anderes sich ergiebt, die Rechte und Pflichten nicht berührt, welche zwischen dem Angenommenen und dessen Verwandten in Folge der Verwandtschaft bestehen. § 1588 (Vorl.Zusst. §25). Der leibliche Vater und die leibliche Mutter verlieren die elterliche Gewalt über den Angenommenen und erlangen dieselbe auch dann nicht, wenn die elterliche Gewalt des Annehmenden beendigt ist oder ruht. Das Gleiche gilt von der Pflicht und dem Rechte der leiblichen Mutter, für die Person des Kindes zu sorgen. In Ansehung der Verpflichtung, dem Angenommenen und dessen Abkömmlingen, soweit auf diese die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt sich erstrecken, den Unterhalt zu gewähren, haftet der Annehmende vor den leiblichen Verwandten des Angenommenen. 767
§§ 1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
§ 1589 (Vorl.Zusst. § 26). In dem Annahmevertrage kann bestimmt werden, daß dem Annehmenden die elterliche Nutznießung an dem Vermögen des Angenommenen und daß dem letzteren gegenüber dem Annehmenden ein Erbrecht nicht zustehen solle. Im Uebrigen können die gesetzlichen Wirkungen der Annahme an Kindesstatt in dem Annahmevertrage nicht geändert werden. §1590 (VorLZusst. §27). Das durch die Annahme an Kindesstatt begründete Verhältniß kann durch Vertrag aufgehoben werden. Der Vertrag muß zwischen dem Annehmenden und dem Angenommenen, sowie denjenigen Abkömmlingen des letzteren geschlossen werden, auf welchen die Wirkungen der Annahme sich erstreckt haben. Ist der Angenommene gestorben, so kann die Aufhebung des zwischen dem Annehmenden und den Abkömmlingen des Angenommenen begründeten Verhältnisses auch durch einen zwischen diesen Abkömmlingen und dem Annehmenden zu schließenden Vertrag erfolgen. In den Fällen des § 1584 ist, solange beide Ehegatten leben, zu der Aufhebung des durch die Annahme an Kindesstatt begründeten Verhältnisses ein mit beiden Ehegatten zu schließender Vertrag erforderlich; nach dem Tode eines der Ehegatten kann die Aufhebung des zwischen dem anderen Ehegatten und dem Angenommenen und dessen Abkömmlingen begründeten Verhältnisses durch einen zwischen dem anderen Ehegatten und dem Angenommenen, sowie jenen Abkömmlingen zu schließenden Vertrag erfolgen. Auf den Vertrag über die Aufhebung des durch die Annahme an Kindesstatt begründeten Verhältnisses finden die Vorschriften des § 1575, des § 1576 Abs. 1 und der§§ 1578 bis 1582 entsprechende Anwendung. §1591 (Vorl.Zusst. § 27a). In Ansehung der Anfechtung des Annahmevertrages über die Aufhebung des durch die Annahme an Kindesstatt begründeten Verhältnisses und der in den §§ 1569, 1572, 1573 vorgeschriebenen Einwilligung eines Dritten, sowie in Ansehung der Genehmigung des anfechtbaren Vertrages oder der anfechtbaren Einwilligung des Dritten finden die Vorschriften des § 1575, des § 1576 Abs. 1 und des § 1577 entsprechende Anwendung. § 1592 (Vorl.Zusst. § 28). Wenn zwei durch Annahme an Kindesstatt verbundene Personen gegen das Verbot des § 1212 mit einander eine Ehe schließen, so tritt mit der Schließung der Ehe die Aufhebung des durch die Annahme an Kindesstatt begründeten Verhältnisses kraft des Gesetzes ein. Ist die Ehe aus einem anderen Grunde als wegen eines Formmangels nichtig, so wird die dem einen Ehegatten über den anderen Ehegatten etwa zustehende elterliche Gewalt mit der Schließung der Ehe verwirkt. Das Gleiche gilt, wenn die Ehe anfechtbar ist und angefochten wird. Bemerkungen: Zu § 1564. Die Fassung des § 1565 wird definitiv erst festgestellt werden können, wenn über die vorläufig ausgesetzte Frage, in welchem Sinne der Ausdruck „eheliche Kinder" und „eheliche Abkömmlinge" im Gesetze zu gebrauchen sei, Beschluß gefaßt worden ist. Bei dem Vorschlage der Vorlage ist in dieser Beziehung vorläufig von folgender Auffassung ausgegangen: Der Ausdruck „eheliche Kinder" bezeichnet zunächst nur diejenigen Kinder, welche nach Maßgabe des § 1431 ehelich sind. Alle f ü r eheliche Kinder gegebenen Bestimmungen finden aber auf Grund der in den §§ 1526, 1543, 1547, 1564 gegebenen Bestimmungen, daß die in diesen Paragraphen 768
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1 7 7 2
bezeichneten Kinder als eheliche Kinder anzusehen sind bezw. die rechtliche Stellung ehelicher Kinder erlangen, ohne Weiteres auch auf die in jenen Paragraphen bezeichneten Kinder Anwendung, sofern nicht aus denjenigen Vorschriften, welche das in den gedachten Paragraphen ausgedrückte Prinzip beschränken, sich ergiebt, daß die betreffende Bestimmung auf Kinder dieser Art keine Anwendung finden soll. Es hängt dies davon ab, ob die betreffende Bestimmung sich ihrem Inhalte nach auf ein Verhältniß bezieht, in Ansehung dessen die Regelung, daß das Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen erlangt, keine Anwendung findet. Wenn also z. B. bestimmt ist, daß Verwandte in gerader Linie einander Unterhalt zu gewähren haben, so findet diese Bestimmung bei einem durch Ehelichkeitserklärung legitimirten Kinde nur gegenüber dem Vater, nicht gegenüber dessen Eltern und Voreltern Anwendung, weil nach § 1559 die Wirkungen der Ehelichkeitserklärung sich nicht auf die Verwandten des Vaters erstrecken. Die in dem § 1565 gegebene Bestimmung bezieht sich dagegen lediglich auf das Verhältniß zwischen dem Annehmenden und seinen Abkömmlingen. Wird die Bestimmung also für eheliche Kinder gegeben, so erstreckt sie sich auf Grund der Vorschrift der 55 1543, 1547 ohne Weiteres auch auf alle legitimirten Kinder und zugleich auch auf deren Abkömmlinge, weil die Wirkungen der Legitimation sich auch auf diese erstrecken. In Ermangelung einer besonderen Vorschrift würde die Vorschrift des ersten Satzes des § 1565 sich auf Grund des § 1564 auch auf die an Kindesstatt angenommenen Kinder erstrecken. Soll dies, wie beschlossen ist, nicht geschehen, so muß es ausdrücklich ausgesprochen werden, und stellt sich eine solche Bestimmung als eine Ausnahme von der im ersten Satze des § 1565 aufgestellten Regel dar. Auf dieser Auffassung beruht die vorgeschlagene Fassung des § 1565. Zu § 1566 bis 1569. Die Vorlage stellt den § 4 der vorl.Zusst. hinter § 5 a , theils um diejenigen Paragraphen, in welchen von Dispensation die Rede ist (§§ 1566 bis 1568) zusammenzulassen, theils um die sich auf die Ehegatten beziehenden Bestimmungen der §§ 1569 ff. nicht von einander zu trennen. Zu §1573. Die Vorlage läßt die Worte „solange dieselben leben" weg, weil dieselben selbstverständlich sein dürften und anderenfalls auch in mehreren der vorhergehenden Paragraphen, insbesondere in dem unmittelbar vorhergehenden § 1572, ein ähnlicher Zusatz gemacht werden müßte. Zu §1574. 1. Der § 1574 enthält den ersten und letzten Satz des § 1 3 der vorl. Zusst. Sie scheinen mir richtiger an diese Stelle zu gehören, weil sie das Erforderniß der Einwilligung selbst, nicht die Art und Weise, wie dieselbe zu ertheilen ist, betreffen. 2. Die Kommission ist nach Prot. S. 7959 davon ausgegangen, daß die Einwilligung des Dritten vor der Bestätigung des Vertrages erfolgt sein müsse. Es ist dabei aber immer nur von „Einwilligung"die Rede gewesen. Mit der vorl.Zusst. glaube ich aber, daß die Zustimmung des Dritten nach der in dem § 128 festgestellten Ausdrucksweise als Einwilligung nur bezeichnet werden kann, wenn sie vor dem Abschlüsse des Vertrages erfolgt, daß dagegen die nach dem Abschlüsse des Vertrages erfolgende Zustimmung als Genehmigung zu bezeichnen und deshalb die Vorschrift des zweiten Satzes des § 1574 nothwendig ist. Die von der vorl.Zusst. etwas abweichende Fassung desselben beruht auf dem Gedanken, daß zunächst bestimmt werden muß, daß die vorgeschriebene Einwilligung durch Genehmigung ersetzt werden kann und sodann, daß diese Regel die Beschränkung erleidet, daß sie nur Platz greift, wenn die Genehmigung vor der Bestätigung erfolgt. In dem Abschnitte über die Ehelichkeitserklärung wird nur von Einwilligung gesprochen, hier aber, wie ich 769
§§1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
glaube, auch mit Recht, weil die Ehelichkeitserklärung erst durch die Verfügung der Staatsgewalt erfolgt und nur hierzu, nicht aber zu dem Antrage auf Ehelichkeitserklärung die Zustimmung erforderlich wird. Zu §1576. Aus allgemeinen Grundsätzen (§ 64 K.E.) folgt, daß der Annehmende wie der Anzunehmende, wenn sie in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind, zur Abschließung des Vertrages der Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters bedürfen. Dies f ü r den einzelnen in dem § 11 der vorl.Zusst. hervorgehobenen Fall der Minderjährigkeit des Anzunehmenden besonders hervorzuheben, scheint mir nicht räthlich zu sein. An sich würde m. E. das Richtigste sein, die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters als selbstverständlich garnicht zu erwähnen. Da dies indessen in dem entsprechenden § 1552 geschehen ist, so wird es m. E. auch hier zu geschehen haben, aber dann ganz allgemein und nur ebenso wie dort in der Form, daß auf das Erforderniß der Einwilligung bei der Vorschrift über die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes hingewiesen wird. Die Bestimmung, daß die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich ist, soll auch für den Fall gelten, daß der Annehmende in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist (vergl. Motive S. 1834 No. 2), und mußte deshalb der erste Absatz des § 1575 eine allgemeinere Fassung erhalten. Um den Fall, wenn der Vertrag von dem gesetzlichen Vertreter eines noch nicht Vierzehnjährigen abgeschlossen ist, zu dekken, mußte dann derselbe Zusatz wie in dem § 1552 gemacht werden. Zu § 1577. Die Vorschriften dieses Paragraphen müssen auch auf die nach § 1574 Satz 2 zulässige Genehmigung Anwendung finden. Es wird dies als selbstverständlich nicht besonders ausgesprochen zu werden brauchen. Zu §1579. Das in diesem Paragraphen rücksichtlich der Einwilligung Bestimmte gilt auch für die Genehmigung (vergl. die Bemerkung zu § 1577). Zu § 1580.1. Die Vorlage glaubt, die §§ 16, 18 der vorläufigen Zusammenstellung zusammenfassen zu können. Aus der Bestimmung, daß zu der Wirksamkeit des Vertrages die Bestätigung erforderlich sei, folgt, da andere Erfordernisse der Wirksamkeit nicht vorgeschrieben sind, m. E. von selbst, daß mit der Bestätigung die Annahme an Kindesstatt in Wirksamkeit tritt. 2. Das W o r t „rechtskräftig" setzt allerdings voraus, daß durch ein Gesetz über das Verfahren die Möglichkeit, sowie die Voraussetzungen der Rechtskraft bestimmt werden. Von dieser Voraussetzung ist aber die Kommission bei ihren Beschlüssen auch ausgegangen. Zu § 1581. Die von der Vorlage vorgeschlagene kürzere Fassung scheint mir zu genügen. Auf die Zulässigkeit und Gültigkeit des Annahmevertrages abzustellen, scheint mir bedenklich, weil die Einwilligung Dritter, welche ja sogar durch Genehmigung ersetzt werden kann, nicht wohl als Voraussetzung der Zulässigkeit und Gültigkeit des Vertrages angesehen werden kann. Zu § 1582. W ä r e es nicht richtiger, diesen Paragraphen vor den § 1581 zu setzen ? Zu § 1586. Der Redaktion ist die Prüfung überlassen, ob in dem Falle des ersten Absatzes besonders zum Ausdruck zu bringen sei, daß das Vormundschaftsgericht die in dem § 1511 bezeichneten Anordnungen auch ohne Rücksicht auf das Vorhandensein der in dem ersten Absätze des § 1511 bestimmten Voraussetzung treffen dürfe. Meines Erachtens geschieht dies genügend dadurch, daß nur der zweite und dritte Absatz des § 1511 allegirt wird. Eventl. möchte ich den beabsichtigten Sinn lieber durch die positive Bestimmung des eingeklammerten Satzes, wie durch die
770
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1772
negative Fassung der vorl. Zusst. z u m Ausdruck bringen, weil mir in dieser die W o r t e „außerdem auch d a n n " etwas hart erscheinen. In dem dritten Absätze sind dem a n g e n o m m e n e n Antrage entsprechend auch die §§ 1514, 1515 (§§ 42, 43 der vorl. Zusst.) mitallegirt. Zu § 1588. D e r erste Absatz hat durch Einschaltung der W o r t e „verlieren die elterliche Gewalt" und Streichung des Wortes „wieder" sich dem a n g e n o m m e n e n Antrage mehr angeschlossen. Die eingeschobenen W o r t e sprechen z w a r nur eine C o n s e q u e n z aus, welche aus dem Prinzipe, d a ß der Annehmende die elterliche Gewalt erlangt, gezogen werden m u ß ; doch d ü r f t e das ausdrückliche Aussprechen dieser C o n s e q u e n z hier zweckmäßig sein, um den Sinn des Gesetzes anschaulicher hervortreten zu lassen. Die Streichung des W o r t e s „wieder" dürfte nothwendig sein, um alle in Betracht kommenden Fälle zu decken. Zu § 1590. In dem zweiten Absätze ist statt „ist . . . zu schließen" vorgeschlagen „muß . . . geschlossen werden", um schärfer hervorzuheben, daß die Gültigkeit des Vertrages davon abhängt, daß alle in dem Absätze bezeichneten Personen an der Vertragschließung Theil nehmen. Zu § 1591. D e r in dem Vertrage gemachte Zusatz „des Vertrages über die A u f h e bung des durch die Annahme an Kindesstau begründeten Verhältnisses" ist nicht beschlossen, d ü r f t e aber als Konsequenz der beschlossenen Bestimmungen der Absicht derselben entsprechen. Zu § 1592. Systematisch w ü r d e der zweite Absatz wohl richtiger in den Abschnitt über die elterliche Gewalt gehören. Leichter verstanden wird er aber, w e n n er an dieser Stelle stehen bleibt. § 1565 KE / § 1601 E I II., III. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR/im
KE:
§ 1565. D u r c h die Annahme an Kindesstatt erlangt der A n g e n o m m e n e die rechtli- ZustFamR che Stellung eines ehelichen Kindes des A n n e h m e n d e n , soweit nicht aus dem Gesetze § '565 ein Anderes sich ergiebt. ^-E § 15f>5 Die A n n a h m e von Kindesstatt e r f o r d e r t einen zwischen dem A n n e h m e n d e n und dem A n z u n e h m e n d e n zu schließenden Vertrag. 2. Prot. I, S. 12143, 12144, 12150 bei § 1579 E I. 3. A n t r a g N r . 392, 4 von v. Mandry: 21. zu § 1565. a) § 1565 im Eingange zu fassen: „ D u r c h Annahme an Kindesstatt erlangt der A n g e n o m m e n e . . ." (wie Abs. 1 des § 1565.) b) als § 1565 a zu bestimmen: „Die A n n a h m e an Kindesstatt e r f o r d e r t . . ." (wie Abs. 3 des § 1565.) c) als § 1587a a u f z u n e h m e n : „ D u r c h die A n n a h m e an Kindesstatt wird . . ." (wie Abs. 2 des § 1565.) D e r A n t r a g unter b, aus dem Abs. 3 des § 1565 einen besonderen P a r a g r a p h e n als § 1565 a zu bilden, wurde zurückgezogen. Die Anträge unter a und c e r f u h r e n keinen Widerspruch. Abs. 2 des § 1565 wird d e m g e m ä ß als § 1587 a hinter § 1587 eingestellt und Abs. 1 des § 1565 nur durch die Ausstoßung des Wortes „die" vor „Annahme" geändert. (Prot. I, S. 12150) 771
§§1741-1772
E I § 1601
2. Abschnitt: Verwandtschaft
IV. Fassung der Regelung im E I : § 1601. Durch Annahme an Kindesstatt erlangt der Angenommene die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes des Annehmenden, soweit nicht aus dem Gesetze ein Anderes sich ergiebt. Die Annahme an Kindesstatt erfordert einen zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden zu schließenden Vertrag. § 1566 KE / § 1602 E I
II. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR : ZustFamR § 1566*'. Wer einen ehelichen oder legitimirten Abkömmling hat, kann nicht an S 1566 Kindesstatt annehmen. Das Vorhandensein eines angenommenen Kindes steht der Annahme an Kindesstatt nicht entgegen. *) Ob die Worte „oder legitimirten" stehen bleiben können, wird bei der vorbehaltenen Erledigung der allgemeineren Frage über den Gebrauch des Ausdruckes „eheliche Kinder" zu entscheiden sein.
2. Prot. I, S. 8630, 8649 vgl. Familienrecht I, S. 1198, 1205 f. III., IV. Fassung der Regelung im KE/ EI: KE< 1566 § 1566. Wer einen ehelichen Abkömmling hat, kann nicht an Kindesstatt annehE I < 1602 men. Das Vorhandensein eines angenommenen Kindes steht der Annahme an Kindesstatt nicht entgegen. § 1567 KE / § 1603 E I ZustFamR
§ 1567 KE § 1567 E I § 1603
II., III., IV. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR/im KEund EI: § 1567. Der Annehmende muß das fünfzigste Lebensjahr zurückgelegt haben. Im Falle der Volljährigkeit des Annehmenden ist Dispensation zulässig. 2. Antrag von Planck zu § 1567, Abs. 2 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: „Dispensation ist zulässig." (Bemerk. Die Beschränkung der Zulässigkeit der Dispensation auf den Fall der Volljährigkeit des Annehmenden entspricht zwar dem §415 Abs. 2 des Entw. des F.R. und dem Beschlüsse (Prot. S. 7954, 7957). Dieselbe hing jedoch damit zusammen, daß nach dem Entw. des F.R. die Ehemündigkeit der Männer erst mit der Volljährigkeit eintreten und beim männlichen Geschlechte in dieser Hinsicht Dispensation nicht zulässig sein sollte (§ 4. des Entw. des F.R.). Da dies nach dem § 1206 des K.E. anders ist, so fehlt es an einem genügenden Grunde, bei der Annahme an Kindesstatt — abweichend von dem § 1206 — die Zulässigkeit der Dispensation zu beschränken. Aus diesem Grunde ist auch bei der Legitimation durch Ehelichkeitserklärung die gleiche im § 443 des Entwurfs des F.R. sich findende Beschränkung gestrichen (Prot. S. 8067, 8068).) Der Antrag fand keinen Beifall. (Prot. I, S.12150,12151) §§ 1 5 6 8 - 1 5 7 3 KE / §§ 1 6 0 4 - 1 6 0 9
ZustFamR
Fassung der Regelungen in der ZustFamR/im KE und EI:
KE | 1568 § 1568. Der Anzunehmende muß mindestens achtzehn Jahre jünger sein als der E I § 1604 Annehmende. Dispensation ist zulässig. 772
. Titel: Annahme an Kindesstatt
§§1741-1772
§ 1569. Die Befugniß zu der Ertheilung der nach den Vorschriften der §§ 1567, ZustFamR 1568 6 zulässigen Dispensation steht dem Staate zu. Ueber die Ausübung dieser ¡ ¿ " ^ j ^ Befugniß haben die Landesregierungen zu bestimmen. £ I § 1505 § 1570. Ein Ehegatte kann nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten an Kin- ZustFamR § 1570 desstatt annehmen. K E § 1570
E I § 1606 § 1571. W e r an Kindesstatt angenommen ist, kann vor der Aufhebung des durch ZustFamR die Annahme begründeten Verhältnisses von einem Anderen als dem Ehegatten des S 1571 KE § 1571 Annehmenden an Kindesstatt nicht angenommen werden. E I § 1607
§ 1572. N u r Ehegatten können eine Person als gemeinschaftliches Kind anneh- ZustFamR § 1572 KE § 1572 E I § 1608
§ 1573. Ein Ehegatte kann nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten an Kin- ZustFamR § 1573 desstatt angenommen werden.
KE § 1573 E I S 1609
§ 1574 KE / § 1610 E I II. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR: § 1574. Ein eheliches Kind kann nur mit Einwilligung seines Vaters und seiner ZustFamR Mutter, ein uneheliches Kind nur mit Einwilligung seiner Mutter an Kindesstatt § 1 5 7 4 angenommen werden. Die Bestimmung des ersten Absatzes findet keine Anwendung, wenn das Kind das fünfundzwanzigste Lebensjahr zurückgelegt hat oder sein Familienstand nicht zu ermitteln ist. 2. Prot. I, S. 8630, 8649, 8650 im Band Familienrecht I, S. 1198, 1205 f. 3. Angenommen wurde der Antrag Nr. 339, 20 von Gebhard, § 1574 Abs. 2 zu beginnen: „Die Bestimmungen . . ." (Prot. I, S. 8824, 8842). III., IV. Fassung der Regelung im KE/EI: § 1574. Ein eheliches Kind kann nur mit Einwilligung seines Vaters und seiner KE§ 1574 Mutter, ein uneheliches Kind nur mit Einwilligung seiner Mutter an Kindesstatt EI § 1610 angenommen werden. Die Bestimmungen des ersten Absatzes finden keine Anwendung, wenn das Kind das fünfundzwanzigste Lebensjahr zurückgelegt hat oder sein Familienstand nicht zu ermitteln ist. § 1575 KE / § 1611 E I II., III. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR/im KE und EI: § 1575. Die in den §5 1570, 1573, 15747 vorgeschriebene Einwilligung eines Drit- ZustFamR ten ist nicht erforderlich, wenn der Dritte gestorben oder für todt erklärt ist. Sie wird § 1575 durch Genehmigung des Vertrages von Seiten des Dritten ersetzt, sofern diese vor ^ E § 1575 der Bestätigung des Vertrages erfolgt. ^ ^ 1611
6 7
Im E I ist auf die §§ 1603, 1604 verwiesen. Im E I ist auf die §§ 1606, 1 6 0 9 , 1 6 1 0 verwiesen. 773
§§ 1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
2.Von v. Mandry lag der Antrag N r . 395, 1 vor: 23. zu § 1575. a) in Zeile 2 und 3 zu streichen: „gestorben oder . . ." (zu vergi. § 1551; dann auch §§ 1210 und 1211. Die A u f n a h m e ist allerdings Beschluß gemäß, aber ohne daß die Protokolle den G r u n d f ü r dieselbe angeben, vergi. S. 7968, 7970; zu vergi, auch Redaktions-Vorlage vom 23. M ä r z 1886 S. 4). b) f ü r den Fall der A n n a h m e des Antrags unter a, den § 1574 Abs. 1 zu fassen: „Ein eheliches Kind kann, solange seine Eltern oder ein Elterntheil lebt, nur mit Einwilligung Beider o d e r des überlebenden Elterntheils, ein uneheliches Kind, solange seine Mutter lebt, nur mit Einwilligung dieser (derselben) an Kindesstatt a n g e n o m m e n werden." D e r Antrag unter a w u r d e abgelehnt. D a m i t war der Antrag unter b erledigt. (Prot. I, S. 12151) § 1576 K E / § 1612 E I II., III., IV. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamRJim
KEund
EI:
ZustFamR § 1576. H a t der A n z u n e h m e n d e des vierzehnte Lebensjahr noch nicht zurückge§ 1576 l e g t j s o kann der Annahmevertrag f ü r ihn durch seinen 8 gesetzlichen Vertreter KE 5 1576 geschlossen werden. Im Uebrigen kann die Schließung des Vertrages, sowohl f ü r den E I§ 1612 A n n e h m e n d e n als f ü r den A n z u n e h m e n d e n , nicht durch einen Vertreter, insbesondere 9 nicht durch den gesetzlichen Vertreter, erfolgen. 2. Prot. I, S. 8678, 8679, 8686 bei § 1265 E I (Familienrecht I, S. 242).
§ 1577 K E / § 1613 E I Fassung der Regelung in der ZustFamRJ im j £ E u n d
EI:
ZustFamR § 1577. Ist der A n n e h m e n d e in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist zu dem § 1577 V e r t r a g e , außer der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters, die G e n e h m i g u n g KE§ 1577 des Vormundschaftsgerichtes erforderlich. E I § 1613 Ein Gleiches gilt in Ansehung der Einwilligung des A n z u n e h m e n d e n , w e n n dieser in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist. Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes ist auch dann erforderlich, w e n n der V e r t r a g f ü r den A n z u n e h m e n d e n in Gemäßheit der V o r s c h r i f t des § 1576 Satz l 1 0 von dem gesetzlichen V e r t r e t e r des A n z u n e h m e n d e n geschlossen ist. Ist der A n n e h m e n d e der V o r m u n d des A n z u n e h m e n d e n , so soll die G e n e h m i g u n g des Vormundschaftsgerichtes nicht ertheilt werden. Ist der A n n e h m e n d e der V o r m u n d des A n z u n e h m e n d e n gewesen u n d wird der letztere noch bevormundet, so soll die G e n e h m i g u n g des Vormundschaftsgerichtes erst ertheilt werden, nachdem der A n n e h m e n d e über die von ihm geführte Verwaltung Rechnung gelegt und das V e r m ö g e n des Mündels ausgeliefert hat. Die Bestimmungen des dritten Absatzes finden auf einen zur Vermögensverwalt u n g berufenen Pfleger entsprechende Anwendung.
8 9 10
774
Im KE heißt es „den" (Antrag Nr. 393 von Gebhard; Prot. I, S. 12145). Im KE/E I ist hier noch „auch" eingefügt. Im E I ist auf § 1612 Satz 1 verwiesen. Die Worte „der Vorschrift" sind im E I entfallen; im Abs. 1 heißt es .„des gesetzlichen Vertreters". In Abs. 4 heißt es: „Die Vorschriften . . ."
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1 7 7 2
§ 1578 KE / § 1614 E I Fassung der Regelung in der ZustFamR/im /C£und EI: § 1578. Die nach den §§ 1570, 1573, 1574, 157511 erforderliche Einwilligung oder Genehmigung eines Dritten kann nicht durch einen Vertreter, insbesondere nicht durch den gesetzlichen Vertreter, erfolgen. Ist der Dritte in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er zu der Einwilligung oder Genehmigung nicht der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters, es sei denn, daß dem Dritten als Inhaber der elterlichen Gewalt über den Anzunehmenden die elterliche Nutznießung zusteht.
ZustFamR § 1578 ^ E § 1578 E I § 1614
Prot. I, S. 8678, 8679, 8686 bei § 1265 E I (Familienrecht I, S. 242) § 1579 KE / § 1615 E I Fassung der Regelung in der ZustFamR/im
Ä£und
EI:
§ 1579. Die Annahme an Kindesstatt unter Beifügung einer Bedingung oder ZustFamR Zeitbestimmung ist unwirksam. § 1579 KE§ 1579 EI § 1615 § 1580 KE / § 1616 E I Fassung der Regelung in der ZustFamR/im KE und EI: § 1580. Der Annahmevertrag muß vor Gericht oder Notar geschlossen werden. ZustFamR Die nach den §§ 1570, 1573, 1574, 157512 erforderliche Einwilligung oder Geneh- S 1580 migung eines Dritten muß in gerichtlicher oder notarieller Form erklärt und gegen1580 über dem einen oder anderen Vertragschließenden abgegeben werden. Die Einwilli- ^ ' § 1 6 1 6 gung des Dritten ist unwiderruflich.
§ 1581 KE / § 1617 E I II., III., IV. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR/im KE und EI: § 1581. Zu der [im E I: „Zur"] Wirksamkeit des Annahmevertrages ist erforderlich, daß die Bestätigung desselben durch das zuständige Gericht hinzutritt. Mit der Bestätigung tritt die Annahme an Kindesstatt in Kraft. Die Vertragschließenden sind jedoch an den Vertrag schon vor der Bestätigung gebunden; sie hören auf gebunden zu sein, wenn die Bestätigung rechtskräftig versagt ist.* *) Das W o r t „rechtskräftig" wird in Ermangelung einer Regelung des Beschwerdeverfahrens zu streichen sein.
2. Antrag Nr. 341, 111 von Kurlbaum, die Note zu streichen, dagegen das Wort „rechtskräftig" beizubehalten (Prot. I, S. 8750, 8751). 111. Zu § 1581 (Antrag unter 1,111). Die in der Zusst. dem § 1581 beigefügte Note soll gestrichen und im § 1581 das Wort „rechtskräftig" im Hinblick auf die Prot. S. 8621 ff. 13 beschlossene, dem vierten Buche beizufügende Note beibehalten werden. (Prot. I, S. 8760)
11
12 13
Im E I ist auf die §§ 1606, 1609, 1611 verwiesen. — Hinter dem W o r t „insbesondere" ist „auch" eingefügt. Ferner heißt es im E I: „Einwilligung des gesetzlichen Vertreters". Im E I ist auf die §§ 1606, 1609—1611 verwiesen. Vgl. unten S. 1251 ff. 775
ZustFamR § 1581 KE§ 1581 E I § 1617
§§1741—1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
§ 1582 KE / § 1618 E I Fassung der Regelung in der ZustFamR/im KE und EI: ZustFamR § 1582 § 1582. Die Annahme an Kindesstatt wird nicht wirksam, wenn der Annehmende KE § 1582 oder der Anzunehmende vor der Bestätigung des Annahmevertrages gestorben ist. E I S 1618 § 1583 K E / § 1619 E I Fassung der Regelung in der ZustFamR/ im KE und EI: ZustFamR § 1583 § 1583. Die Bestätigung des Annahmevertrages ist nur dann zu versagen, wenn K E § 1583 ein gesetzliches Erforderniß der Annahme an Kindesstatt mangelt. E H 1619 § 1584 K E / § 1620 E I II., III. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR/im
KE:
ZustFamR § 1584. Die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt erstrecken sich auch auf die § 1584 Abkömmlinge des Angenommenen, auf einen zu der Zeit der Schließung des AnnahKE § 1584 mevertrages schon vorhandenen Abkömmling oder dessen später geborene Ab-
kömmlinge jedoch nur dann, wenn der Vertrag zugleich mit demselben geschlossen ist. Dagegen erstrecken sich die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt weder auf andere Verwandte und den Ehegatten des Angenommenen noch auf die Verwandten und den Ehegatten des Annehmenden. 2. Antrag Nr. 341, 112 von Kurlbaum: 112. § 1584 Abs. 1. statt „oder" vorletzte Zeile zu setzen „und", statt „wenn der Vertrag zugleich mit demselben geschlossen ist" zu setzen „wenn der erstere den Vertrag mitgeschlossen hat." 112. Zu § 1584 Abs. 1 (Antrag unter I, 112). Im § 1584 Abs. 1 soll in der vorletzten Zeile das W o r t „oder" durch das W o r t „und" und in der letzten Zeile das Wort „demselben" durch die Worte „dem e n t e ren" ersetzt werden. Im Uebrigen fand der Antrag unter I, 112 keinen Beifall. (Prot. I, S. 8751,8760) 3. Prot. I , S . 12133—12140 bei § 1 5 6 6 E I . E H 1620
TV. Fassung der Regelung im EI: § 1620. Die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt erstrecken sich auch auf die Abkömmlinge des Angenommenen, auf einen zur Zeit der Schließung des Annahmevertrages schon vorhandenen Abkömmling und dessen später geborene Abkömmlinge jedoch nur dann, wenn der Vertrag zugleich mit dem ersteren geschlossen ist. Der Angenommene und dessen Abkömmlinge erlangen weder die rechtliche Stellung von Verwandten der Verwandten des Annehmenden noch die von Verschwägerten des Ehegatten des Annehmenden; der Ehegatte des Angenommenen oder eines Abkömmlinges desselben erlangt nicht die rechtliche Stellung eines Verschwägerten des Annehmenden. § 1585 KE / § 1621 E I II. 1. Fassung der Regelung in der
ZustFamR:
ZustFamR § 1585. Wird während bestehender Ehe von einem Ehegatten das eheliche Kind § 1585 des anderen Ehegatten oder von dem Ehemanne das uneheliche Kind der Ehefrau
776
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1 7 7 2
oder von beiden Ehegatten dieselbe Person an Kindesstatt a n g e n o m m e n , so erlangt der A n g e n o m m e n e die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen ehelichen Kindes beider Ehegatten nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 1565, 1584. 2. Folgender Antrag N r . 365, 3 von Planck fand die Zustimmung der Kommission: den Eingang des § 1585 dahin zu fassen: „Wird während bestehender Ehe von einem Ehegatten das Kind des anderen Ehegatten oder von beiden Ehegatten dieselbe Person an Kindesstatt angenommen, so . . . u.s.w." (wie im Entwurf). (Konsequenz des über die Bedeutung des Ausdrucks „Kind" gefaßten Beschlusses.) III., IV. Fassung der Regelung im KE/EI: § 1585. Wird während bestehender Ehe von einem Ehegatten das Kind des ande- KE§ 1585 ren Ehegatten oder von beiden Ehegatten dieselbe Person an Kindesstatt angenom- EIS 1 6 2 1 men, so erlangt der A n g e n o m m e n e die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen ehelichen Kindes beider Ehegatten nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 1565, 1584. 14
§ 1586 K E / § 1622 E I II. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR: § 1586. D e r A n g e n o m m e n e erhält den Familiennamen des A n n e h m e n d e n und, ZustFamR wenn dieser eine Frau ist, welche durch Schließung einer Ehe den Familiennamen des § 1586 Ehemannes erhalten hatte, den Familiennamen, welchen dieselbe vor Schließung der Ehe g e f ü h r t hat. In den Fällen des § 1585 erhält der Angenommene den Familiennamen des Ehemannes. D e r neue N a m e ist von dem A n g e n o m m e n e n unter Beifügung des bisherigen Familiennamens zu führen. Diejenigen Abkömmlinge des A n g e n o m m e n e n , auf welche die W i r k u n g e n der A n n a h m e an Kindesstatt sich nicht erstrecken, behalten ihren bisherigen Familiennamen. 2. Prot. I, S. 8750, 8758, 8829, 8847, 8859, 8861, 8862 bei § 1569 E I. III., IV. Fassung der Regelung im KE/E I: § 1586. D e r A n g e n o m m e n e erhält den Familiennamen des A n n e h m e n d e n und, KE§ 1586 wenn dieser eine Frau ist, welche durch Schließung einer Ehe den Familiennamen des E I § 1622 Ehemannes erhalten hat, den Familiennamen, welchen dieselbe vor Schließung der Ehe g e f ü h r t hat. In den Fällen des § 1585 15 erhält der Angenommene den Familiennamen des Ehemannes. D e r neue N a m e ist von dem A n g e n o m m e n e n unter Beifügung des bisherigen Familiennamens zu führen. Diejenigen Abkömmlinge des A n g e n o m m e n e n , auf welche die W i r k u n g e n der A n n a h m e an Kindesstatt sich nicht erstrecken, behalten ihren bisherigen Familiennamen.
14 15
Im E I ist auf die §§ 1601, 1620 verwiesen. Im E l i s t auf § 1621 verwiesen.
777
§§1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft § 1587 KE / § 1623 E I
ZustFamR S 1587
II. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR: § 1587. Erlangt der Annehmende die elterliche Gewalt über den Angenommenen, s o ¡ s t er verpflichtet, dem Vormundschaftsgerichte ein Verzeichniß des seiner Verwaltung unterliegenden Vermögens des Angenommenen einzureichen. Das Vormundschaftsgericht kann außerdem die im § 1511 Satz 2, 3 bezeichneten weiteren Anordnungen treffen, wenn es dieselben im Interesse des Angenommenen für erforderlich erachtet. Die §§ 1513 bis 1515 finden hierbei entsprechende Anwendung. Ein Gleiches gilt, wenn in den Fällen des § 1585 die Mutter des Angenommenen zu der elterlichen Gewalt gelangt. Will der Annehmende, welcher Inhaber der elterlichen Gewalt über den Angenommenen ist, eine Ehe schließen, so finden die §§1512 bis 1516 entsprechende Anwendung. Ist der Annehmende eine Frau, so finden die Vorschriften des § 1502 N r . 2, 3, der §§ 1503 bis 1507 und des § 1522 entsprechende Anwendung. 2. Antrag N r . 341, 113 von Kurlbaum: 113. § 1587. a) Abs. 1 Satz 1. „Der Annehmende ist verpflichtet, dem Vormundschaftsgerichte ein Verzeichniß des seiner elterlichen Verwaltung unterliegenden Vermögens einzureichen." b) Abs. 1 Satz 3 hinzuzufügen mit Komma „die Vorschrift des § 1514 auch dann, wenn die Einreichung des Vermögensverzeichnisses verzögert wird." c) Abs. 3 die Worte „welcher Inhaber der elterlichen Gewalt ist" zu streichen und dagegen hinter „finden" einzuschalten „wenn er die elterliche Gewalt über das Kind hat." (zu vergl. § 1563). 113. Zu § 1587 (Anträge unter 1,113). Die Anträge unter I, 113a und b wurden abgelehnt, der Antrag unter I, 113c wurde angenommen. Anlangend den Antrag unter I, 113 b, so ging die Mehrheit davon aus, die im Abs. 1 Satz 3 des § 1587 bestimmte entsprechende Anwendung des § 1514 führe dahin, daß, wenn die Erfüllung der dem Annehmenden nach § 1587 Abs. 1 Satz 1 gesetzlich obliegenden Verpflichtung zur Einreichung des Vermögensverzeichnisses unterbleibe, das Vormundschaftsgericht dem Annehmenden die Vermögensverwaltung entziehen könne. Ob von dieser Befugniß erst nach vorgängiger Aufforderung zur Erfüllung Gebrauch zu machen, sei, wie in dem Falle des § 1512 so auch hier, dem vernünftigen Ermessen des Vormundschaftsgerichts unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Falls zu überlassen. (Prot. I, S. 8751, 8760, 8761) 3. Prot. I, S. 8774, 8777, 8782, 8787, 8788 bei den §§ 1660 und 1694 E I.
KE § 1587 E I § 1623
III., IV. Fassung der Regelung im KE/EI: §1587. Erlangt der Annehmende die elterliche Gewalt über den Angenommenen, s o ist er verpflichtet, dem Vormundschaftsgerichte ein Verzeichniß des seiner Verwaltung unterliegenden Vermögens des Angenommenen einzureichen. Das Vormundschaftsgericht kann außerdem die im § 1511 Satz 2, 3, bezeichneten weiteren Anordnungen treffen, wenn es dieselben im Interesse des Angenommenen für erforderlich erachtet. Die [im E I: „Die Vorschriften der"] §§ 1513 bis 1515 finden hierbei entsprechende Anwendung. 778
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1772
Ein Gleiches gilt, wenn in den Fällen des 5 1585 die Mutter des Angenommenen zu der elterlichen Gewalt gelangt. Will der Annehmende eine Ehe schließen, so finden, wenn er die elterliche Gewalt über das Kind hat, die §§ 1512 bis 1516 entsprechende Anwendung. Ist der Annehmende eine Frau, so finden die Vorschriften des § 1502 Abs. 1 N r . 2, 3 und der§§ 1503 bis 1507, 1522 entsprechende Anwendung. 1 6 § 1624 E I I. Prot. der617. Sitzung vom 5. 1. 1887,
Schriftführer:Börner
| Der § 238 des Entwurfes lautet: „Annahme an Kindesstatt begründet f ü r den Angenommenen und seine Abkömmlinge nach Maßgabe der Bestimmungen des Familienrechtes Berufung zur Erbschaft des Annehmenden aus dem Gesetze. Der Angenommene ist wie ein eheliches Kind des Erblassers neben den aus dem Gesetze in erster Reihe berufenen Abkömmlingen desselben und in Ermangelung von Abkömmlingen wie ein einziges Kind des Erblassers berufen. Die Abkömmlinge des Angenommenen sind wie die Abkömmlinge ehelicher Kinder des Erblassers berufen. Ist der Angenommene mit dem | Erblasser zugleich verwandt, so hat er die Wahl, ob er vermöge dieser oder jener Eigenschaft erben will. Dasselbe gilt von den Abkömmlingen des Angenommenen. Auf die Ausübung des Wahlrechtes finden die Bestimmungen des § 254 Abs. 2 entsprechende Anwendung; ist das Wahlrecht verwirkt oder aufgehoben, so verbleibt dem Berufenen das Erbrecht nach Maßgabe des ersten Absatzes. Annahme an Kindesstatt begründet ein Erbrecht aus dem Gesetze weder für den Annehmenden noch zwischen den Verwandten oder dem Ehegatten desselben einerseits und dem Angenommenen oder seinen Abkömmlingen und den Ehegatten derselben andererseits. Die erbrechtlichen Beziehungen zwischen dem Angenommenen und seinen Verwandten bleiben von der Annahme unberührt." Es lag der Antrag vor: Den § 238 zu streichen und a) zum Ersatz des fünften Absatzes dem § 233 des Entwurfes folgenden Zusatz zu geben: „Im Falle einer Annahme an Kindesstatt steht dem Annehmenden ein Erbrecht gegenüber dem Angenommenen und dessen Abkömmlingen nicht zu."
| Prot I 10095
TE-ErbR 5 238
| Prot 1 10096
Planck (Nr 227,
1 au.b)
b) eventuell statt des vierten Absatzes | dem § 226 des Entwurfes folgenden Zusatz I Prot 1 10097 zu geben: „Die Vorschrift des ersten Absatzes findet im Falle des Zusammentreffens leiblicher Verwandtschaft und eines die rechtliche Stellung der Verwandtschaft begründenden Verhältnisses sowie im Falle des Zusammentreffens mehrerer Verhältnisse der letztgedachten Art nur dann Anwendung, wenn in Folge davon dieselbe Person in verschiedenen Graden berufen wird." (Beispiele: Eine uneheliche Mutter nimmt das Kind ihres unehelichen Kindes als Kind an; dieses wird auf Grund der leiblichen Verwandtschaft als Enkel, auf Grund 16
Verweisung im E I im Abs. 1 auf die SS 1547, 1549 bis 1551, im Abs. 2 auf § 1621, im Abs. 3 auf die §§ 1548 — 1552 und im Abs. 4 auf die §§ 1538, 1539—1543 und 1558.
779
§§1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
der Annahme an Kindesstatt als Kind berufen. Ein unehelicher Vater nimmt das Kind seines unehelichen Kindes als Kind an und wird dieses später durch nachfolgende Ehe seiner Großmutter mit dem Annehmenden legitimirt. Auf Grund der Adoption wird es als Kind, in Folge der Legitimation zugleich als Enkel berufen.) Die Absätze 1 bis 3 und der Abs. 6 des Entwurfes wurden gegenüber den §§ 1565, 1584, 1588, 1590 (K.E.) aus denselben Gründen gestrichen, welche zu der Streichung der 223 a, 225 des Entwurfes geführt haben (Prot. 10067, 10068, vergl. auch Prot. S. 9778). Anläßlich der Fassung des § 1584 Abs. 2 (K.E.) wurde von einer | Prot 1 10098 Seite erinnert: Gemäß § 1565 Abs. 1 (K.E.) | erbe das angenommene Kind gegenüber dem Annehmenden wie ein eheliches Kind, und, wenn leibliche Abkömmlinge nicht vorhanden seien, erhalte dasselbe die Erbschaft, unter Ausschluß der Verwandten des Annehmenden, allein. In letzterer Hinsicht könne der § 1584 Abs. 2 (K.E.) zu Zweifeln Anlaß geben. Die Bestimmung desselben, daß die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt auf diese Verwandten sich nicht erstrecken, lasse für die Annahme Raum, daß die Annahme an Kindesstatt für diese Verwandten nicht bestehe und mithin ihnen gegenüber auch das Erbrecht des Angenommenen nicht in Betracht komme. Es würde selbstverständlich dieser Schluß sachlich unrichtig sein. Immerhin frage es sich, ob dem § 1584 Abs. 2 (K.E.) nicht eine Fassung zu geben sei, welche jeden Zweifel in dieser Richtung unmöglich mache. Von anderer Seite wurde darauf hingewiesen, daß in § 1560 Abs. 1 und § 1530 Abs. 2 (K.E.) ähnliche Bestimmungen sich fänden, die bei einer Aenderung des § 1584 Abs. 2 ebenfalls zu ändern sein würden, daß aber die Aenderung selbst nicht als geboten anerkannt werden könne, da das gesetzliche Erbrecht des Angenommenen sich lediglich als eine Reflexwirkung des Verhältnisses zwischen dem Annehmenden und Angenommenen darstelle, die selbstverständlich auch gegenüber den Verwandten des Annehmenden Platz greife. Man kam überein, dem Redaktor des Familienrechtes die Frage, ob eine Verdeutlichung des § 1584 Abs. 2 (K.E.) und beziehungsweise welche angezeigt sei, zur näheren Prüfung zu überweisen. | P r o t I 10099
Der Abs. 4 des Entwurfes wurde unter | gleichzeitiger Ablehnung des Antrages unter b gestrichen. Die Gründe waren: Der Abs. 4 fasse verschiedene Fälle zusammen, die verschiedener Beurtheilung unterständen. Der Angenommene könne mit dem Annehmenden zugleich leiblich verwandt sein, ohne daß eine mehrfache Verwandtschaft in Folge der Annahme an Kindesstatt entstehe; so, wenn die Mutter ihr uneheliches Kind adoptire. In einem solchen Falle seien nur verschiedene Rechtsgründe für eine und dieselbe Verwandtschaft gegeben; ein Wahlrecht des Angenommenen in Ansehung der Erbberechtigung könne nicht in Frage kommen oder sei doch jedenfalls gegenstandslos. Anders verhalte es sich in den dem Antrage unter b angefügten Beispielen. Hier aber sei es bedenklich, dem Angenommenen mit dem Entwürfe nur ein Wahlrecht einzuräumen. Der Hauptzweck einer Annahme an Kindesstatt sei der Regel nach, daß der Angenommene ein Erbrecht gegen den Annehmenden auf Grund der Annahme an Kindesstatt erhalte. Der Angenommene müsse daher auch, wenn er zugleich mit dem Annehmenden leiblich verwandt sei, eine mehrfache Erbberechtigung haben. Dies brauche aber nicht besonders ausgesprochen zu werden. Die in der heutigen Sitzung zu § 226 des Entwurfes beschlossene Bestimmung werde in Verbindung mit § 1565 Abs. 1, § 1588 (K.E.) das Erforderliche an die Hand geben. Ueberdies seien, auch wenn hierüber, wie von einer Seite geltend gemacht worden sei, noch Zweifel 780
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 —1772
bestehen könnten, die Fälle so selten und eigenartig, daß auch schon deshalb ei- | ne | Prot 110100 Bestimmung nicht aufzunehmen sei. Zu Abs. 5 des Entwurfes (Mot. S. 595 bis 597) wurde unter Berücksichtigung des § 1584 Abs. 2 (K.E.), im Einklänge mit dem Antrage unter a, beschlossen, zu bestimmen: Durch die Annahme an Kindesstatt wird ein Erb- und Pflichttheilsrecht für den Annehmenden nicht begründet. Die Bestimmung soll jedoch nicht hier, sondern unter den Vorschriften über die Annahme an Kindesstatt ihren Platz finden. Die Fassung und die nähere Bestimmung der Stellung blieb der Redaktion vorbehalten, bei welcher im Besonderen auch geprüft werden soll, ob es nothwendig beziehungsweise angemessen sei, des Pflichttheilsrechtes neben dem Erbrechte ausdrücklich zu gedenken (vergl. dazu § 1590 K.E.). Fassung der Regelung in den „Berichtigungen" der ZustErbR: Der § 1565 erhält als zweiten Absatz den Zusatz: „Durch die Annahme an Kin- EI § 1624 desstatt wird ein Erbrecht für den Annehmenden nicht begründet." Damit liegt zugleich die Fassung des § 1624 E I vor. § 1588 K E / § 1625 E I Fassung der Regelung in der ZustFamR/im
KE und £ / :
^1
§ 1588. Durch die Annahme an Kindesstatt werden, soweit nicht aus dem Gesetze ¡^g ^ j 5 gg ein anderes sich ergiebt, die Rechte und Pflichten nicht berührt, welche zwischen j625 dem Angenommenen und dessen Verwandten in Folge der Verwandtschaft bestehen. § 1589 KE / §§ 1626,1627 E I II., III. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR/im KE: § 1589. Der leibliche Vater und die leibliche Mutter verlieren die elterliche Gewalt ZustFamR über den Angenommenen. Sie erlangen dieselbe auch dann nicht, wenn die elterliche § 1 5 8 9 Gewalt des Annehmenden beendigt ist oder ruht. KE § 15 8 9 Das Gleiche gilt von der Pflicht und dem Rechte der leiblichen Mutter, f ü r die Person des Kindes zu sorgen. In Ansehung der Verpflichtung, dem Angenommenen und dessen Abkömmlingen, soweit auf diese die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt sich erstrecken, den Unterhalt zu gewähren, haftet der Annehmende vor den leiblichen Verwandten des Angenommenen. 2. Antrag Nr. 341, 114 von Kurlbaum, dem § 1589 am Ende zuzusetzen, „im Falle des § 1585 jedoch die Mutter erst nach d e m V a t e r " (Prot. I , S . 8751). 114. Zu § 1589 (Antrag unter I, 114). Die Mehrheit entschied sich f ü r die Ablehnung des Antrags, da es sich im § 1589 Abs. 3 nur darum handele, das Verhältniß zwischen der Unterhaltspflicht des Annehmenden und der Unterhaltspflicht der leiblichen Verwandten des Angenommenen diesem gegenüber zu regeln, die von dem Antrage vorgeschlagene Bestimmung aber über das Verhältniß der Unterhaltspflicht des Vaters und der Mutter gegenüber dem Angenommenen im Falle des § 1585 sich aus der Bestimmung des § 1449 in Verbindung mit der Vorschrift im § 1585 Abs. 1 ergebe, daß der Angenommene die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen ehelichen Kindes beider Ehegatten erlange. (Prot. I, S. 8761) 781
§§1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
3. V o n Planck lag folgender Antrag zu § 1589 vor: zwischen Abs. 2 und 3 des § 1589 folgenden neuen Absatz einzuschalten: „Soweit die Vorschriften über die gesetzliche Unterhaltspflicht der Verwandten ein gesetzliches Erbrecht oder ein Pflichttheilsrecht zwischen dem Bedürftigen und dem Verpflichteten voraussetzen, kommt bei der Anwendung jener Vorschrifen die Vorschrift des § 1565 Abs. 2 nicht in Betracht. (Bemerk. Der beantragte Zusatz ist wegen der später beschlossenen Vorschrift des § 1565 Abs. 2 nothwendig geworden, da ohne jenen Zusatz die Anwendung der Vorschriften über die gesetzliche Unterhaltspflicht der Verwandten auf die durch die Annahme an Kindesstatt begründete gegenseitige Unterhaltspflicht zwischen dem Annehmenden einerseits und dem Angenommenen bezw. dessen Abkömmlingen andererseits theils zu unrichtigen Resultaten führen, theils überhaupt ausgeschlossen sein würde. Ersteres würde der Fall sein in Ansehung des § 1447 Abs. 1. Nach dem Wortlaute des § 1447 Abs. 1 in Verbindung mit § 1565 Abs. 2 würden ohne den beantragten Zusatz die leiblichen Verwandten des Angenommenen in gerader Linie dem Annehmenden vorgehen, während dieselben nach der Ansicht des Entwurfs mit dem Annehmenden, wenn dieser bedürftig ist, konkurriren sollen (vergl. Mot. des Entw. des F.R. S. 1806). Ausgeschlossen würde ferner sein, wenn der Annehmende der Bedürftige ist, ohne den beantragten Zusatz die Vorschrift des § 1454 Abs. 2 Satz 1. Auf ähnlichen Erwägungen beruht der Zusatz im § 1454 Abs. 2 Satz 2. Auch in den §§ 1449, 1450 wird auf die gesetzliche Erbfolgeordnung abgestellt. Indessen würde wegen dieser Vorschriften der beantragte Zusatz nicht erforderlich sein. D a ß der Annehmende vor den leiblichen Verwandten unterhaltspflichtig ist, ergiebtsich aus § 1589 Abs. 3 . D e r § 1540 ist für die Unterhaltspflicht des Annehmenden gegenstandslos, da dieser immer vor anderen Personen verpflichtet ist (§ 1589 Abs. 3), andere gleichzeitig Verpflichtete mit ihm nie konkurriren.) Die Kommission entschied sich f ü r die Aufnahme der beantragten Vorschrift; jedoch wurde beschlossen, aus dieser Vorschrift als Abs. 1 und aus dem Abs. 3 des § 1589 als Abs. 2 einen neuen Paragraphen zu bilden, welcher als § 1589a hinter § 1589 eingestellt werden soll. In Folge des oben zu § 1565 gefaßten Beschlusses unter 21 ist im Abs. 1 des § 1589a das Allegat „§ 1565 Abs. 2" durch das Allegat „§ 15 8 7 a" zu ersetzen. (Prot. I, S. 12151 — 12153) IV. Fassung der Regelung im E I : E I § 1626
§ 1626. Der leibliche Vater und die leibliche Mutter verlieren die elterliche Gewalt über den Angenommenen. Sie erlangen dieselbe auch dann nicht, wenn die elterliche Gewalt des Annehmenden beendigt oder auf die elterliche Nutznießung beschränkt oder wenn die Annahme an Kindesstatt aufgehoben ist. Das Gleiche gilt von der Pflicht und dem Rechte der leiblichen Mutter, f ü r die Person des Kindes zu sorgen.
E I S !627
§ 1627. Soweit die Vorschriften über die gesetzliche Unterhaltspflicht der Verwandten ein gesetzliches Erbrecht oder ein Pflichttheilsrecht zwischen dem Bedürftigen und dem Verpflichteten voraussetzen, kommt bei Anwendung jener Vorschriften die Vorschrift des § 1624 nicht in Betracht. In Ansehung der Verpflichtung, dem Angenommenen und dessen Abkömmlingen, soweit auf diese die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt sich erstrecken, den Unterhalt zu gewähren, haftet der Annehmende vor den leiblichen Verwandten des Angenommenen. 782
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 —1772
§ 1590 K E / § 1628 E I II., III. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR/im KE: § 1590. In dem Annahmevertrage kann bestimmt werden, daß dem Annehmenden ZustFamR die elterliche Nutznießung an dem Vermögen des Angenommenen und daß dem § 1 5 9 0 KE letzteren gegenüber dem Annehmenden ein Erbrecht nicht zustehen solle. § 1590 Im Uebrigen können die gesetzlichen Wirkungen der Annahme an Kindesstatt in dem Annahmevertrage nicht geändert werden. 2. Antrag Nr. 341, 115 von Kurlbaum: in § 1590 Abs. 1 statt der W o r t e „gegenüber dem Annehmenden ein Erbrecht" zu setzen „das Recht der Erbfolge in den Nachlaß des Annehmenden", eventuell „ein Erbrecht gegenüber dem Annehmenden." 115. Zu § 1590 (Antrag unter I, 115). Unter Ablehnung des prinzipalen Antrags unter I, 115 wurde von der Mehrheit der eventuelle Antrag angenommen. (Prot. I, S. 8751, 8762) 3. Folgender Antrag von Planck fand die Zustimmung der Kommission, in § 1590 Abs. 1 hinter „Erbrecht" einzuschalten „oder ein Pflichttheilsrecht". (Bemerk. Der Zusatz dürfte mit Rücksicht darauf angezeigt sein, daß nach § 1971 Abs. 3 auch ein Erbverzichtsvertrag auf die Ausschließung des Pflichttheils beschränktwerden kann.) (Prot. I, S. 12153, 12155) IV. Fassung der Regelung im E I : § 1628. Im Annahmevertrage kann bestimmt werden, daß dem Annehmenden die EI § 1628 elterliche Nutznießung an dem Vermögen des Angenommenen und daß dem letzteren ein Erbrecht oder ein Pflichttheilsrecht gegenüber dem Annehmenden nicht zustehen solle. Im Uebrigen können die gesetzlichen Wirkungen der Annahme an Kindesstatt im Annahmevertrage nicht geändert werden. § 1591 KE / § 1629 E I II., III., IV. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR/im
/CEund EI:
§ 1591. Das durch die Annahme an Kindesstatt begründete Verhältniß kann ZustFamR durch Vertrag aufgehoben werden. § 1591 Der Vertrag muß zwischen dem Annehmenden und dem Angenommenen, sowie 1591 1629 denjenigen Abkömmlingen des letzteren geschlossen werden, auf welche die Wirkungen der Annahme sich erstreckt haben. Ist der Angenommene gestorben [im E I: verstorben], so kann die Aufhebung des zwischen dem Annehmenden und den Abkömmlingen des Angenommenen begründeten Verhältnisses auch durch einen zwischen diesen Abkömmlingen und dem Annehmenden zu schließenden Vertrag erfolgen. In den Fällen des § 1585 ist, solange beide Ehegatten leben, zu der [im E I: zur] Aufhebung des durch die Annahme an Kindesstatt begründeten Verhältnisses ein mit beiden Ehegatten zu schließender Vertrag erforderlich; nach dem T o d e eines der Ehegatten kann die Aufhebung des zwischen dem anderen Ehegatten und dem Angenommenen und dessen Abkömmlingen begründeten Verhältnisses durch einen zwischen dem anderen Ehegatten und dem Angenommenen, sowie jenen Abkömmlingen zu schließenden Vertrag erfolgen. 17 17
Zur Einfügung eines Halbsatzes vgl. unter 2.
783
§§1741—1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
Auf den Vertrag über die Aufhebung des durch die Annahme an Kindesstatt begründeten Verhältnisses finden die Vorschriften des § 1576, des § 1577 Abs. 1, 2, des § 1579, des § 1580 Abs. 1 und der §§ 1581 bis 1583 entsprechende Anwendung. 1 8 2. Folgender Antrag von Planck fand die Zustimmung der Kommission: den Abs. 4 des § 1591 mit einem Semikolon abzuschließen und sodann hinzufügen: „ist der Angenommene verstorben, so findet die Vorschrift des dritten Absatzes entsprechende Anwendung." {Bemerk. Nach dem sachlich angenommenen § 439 Abs. 4 des Entw. des F.R. (vergl. S. 8040, 8048, 8049) kann nach dem Tode eines der Ehegatten die Aufhebung des zwischen dem anderen Ehegatten und den Abkömmlingen des Angenommenen begründeten Verhältnisses, wenn der Angenommene verstorben ist, auch durch einen zwischen dem anderen Ehegatten und jenen Abkömmlingen zu schließenden Vertrag erfolgen (vergl. § 1591 Abs. 3). Dies zum Ausdruck zu bringen, bezweckt der Antrag.) (Prot. I, S. 12153 — 12155) § 1592 KE / § 1630 E I II., III. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamRJim KE: ZustFamR § 1592. In Ansehung der Anfechtung des Annahmevertrages und des Vertrages § 1592 über die Aufhebung des durch die Annahme an Kindesstatt begründeten VerhältnisKE§ 1592 s e s s o w j e ¡ n Ansehung der Anfechtung der nach den §§ 1570, 1573, 1574, 1575 erforderlichen Einwilligung oder Genehmigung eines Dritten, ingleichen in Ansehung der Genehmigung des anfechtbaren Rechtsgeschäftes finden die Vorschriften des § 1576, des § 1577Abs. l , 2 u n d d e s § 1578 entsprechende Anwendung. 2. Prot. I,S. 12148 —12150 bei § 1600 E I. E I § 1630
IV. Fassung der Regelung im E I : § 1630. In Ansehung der Anfechtung des Annahmevertrages und des Vertrages über die Aufhebung des durch die Annahme an Kindesstatt begründeten Verhältnisses sowie in Ansehung der Anfechtung der nach den §§ 1606, 1609 bis 1611 erforderlichen Einwilligung oder Genehmigung eines Dritten, ingleichen in Ansehung der Genehmigung des anfechtbaren Rechtsgeschäftes finden die Vorschriften des § 1612, des § 1613 Abs. l , 2 u n d d e s § 1614 entsprechende Anwendung. § 1593 KE / § 1631 E I
II. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR: ZustFamR § 1593. Wenn zwei durch Annahme an Kindesstatt verbundene Personen gegen § 1593 d a s Verbot des § 1212 mit einander eine Ehe schließen, so tritt mit der Schließung der Ehe die Aufhebung des durch die Annahme an Kindesstatt begründeten Verhältnisses kraft des Gesetzes ein. Ist die Ehe aus einem anderen Grunde als wegen eines Formmangels nichtig, so wird die dem einen Ehegatten über den anderen Ehegatten etwa zustehende elterliche Gewalt mit der Schließung der Ehe verwirkt. Das Gleiche gilt, wenn die Ehe anfechtbar ist und angefochten wird. 2. Prot. I, S. 8630, 8650 im Band „Familienrecht I", S. 1198, 1206.
Im E I ist auf die SS 1612, 1613, 1615, 1616, 1617—1619 verwiesen; in Abs. 3 ist auf $1621 verwiesen.
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8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§§1741—1772
3. Antrag Nr. 339, 65 von Gebhard: § 1593 Abs. 1. „Wenn durch Annahme an Kindesstatt verbundene Personen eine der Vorschrift des § 1212 zuwiderlaufende Ehe schließen, so tritt pp." 65. Zu § 1593 Abs. 1 (Antrag unter 1,65). Der Eingang des § 1593 Abs. 1 soll dahin gefaßt werden : „Wenn Personen, welche durch Annahme an Kindesstatt verbunden sind, eine gegen das Verbot des § 1212 verstoßende Ehe schließen, so u.s.w." (wie bisher). (Prot. I, S. 8829, 8847) 4. Ferner wurde beschlossen, im § 1593 Abs. 2 hinter dem W o r t e „Formmangels" die W o r t e „bei der Eheschließung" einzuschalten (Prot. I, S. 8848). III., IV. Fassung der Regelung im KE/EI: § 1593. Wenn Personen, welche durch Annahme an Kindesstatt verbunden sind, KE§ 1593 eine gegen das Verbot des § 1212 19 verstoßende Ehe schließen, so tritt mit Schließung E I § 1631 der Ehe die Aufhebung des durch die Annahme an Kindesstatt zwischen ihnen begründeten Verhältnisses kraft des Gesetzes ein. Ist die Ehe aus einem anderen Grunde als wegen eines Formmangels bei der Eheschließung nichtig, so wird die dem einen Ehegatten über den anderen Ehegatten etwa zustehende elterliche Gewalt mit Schließung der Ehe verwirkt. Das Gleiche gilt, wenn die Ehe anfechtbar ist und angefochten wird. C. 2. Kommission I. Prot. II, Bd. 4, S. 718 ff. (Mugdan,Bd. 4, S. 1045 ff.) 318. Sitzung vom 23. 4. 1894 | IX. Man wandte sich dem siebenten Titel zu, welcher die Annahme an Kindes- | P II 4, 718 statt regelt. Zu § 1601 lagen die Anträge vor: 1. a) den Abs. 1 des § 1601 unter Einbeziehung des § 1621 zu fassen : Struckmann Durch die Annahme an Kindesstatt erlangt das angenommene Kind die rechtliche (Nr 134,1) Stellung eines ehelichen Kindes des Annehmenden. Wird von den Ehegatten ein Kind gemeinsam angenommen oder nimmt ein Ehegatte das Kind des anderen Ehegatten an, so erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen ehelichen Kindes beider Ehegatten. b) die Vorschriften des Abs. 2 des § 1601 und der §§ 1615, 1616 durch folgenden Struckmann § 161 l a zu ersetzen: (Nr 134, 8) Zur Annahme an Kindesstatt ist ein Vertrag zwischen dem Annehmenden und dem Kinde erforderlich. Der Vertrag muß vor Gericht oder vor N o t a r geschlossen werden. Die nach den §§ 1606 bis 1610 (in der Fassung der Anträge unter X I und XIII) erforderliche Einwilligung Dritter bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form, die Einwilligung ist unwiderruflich. Die Annahme an Kindesstatt kann nicht unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung erfolgen. 2. den Abs. 2 d e s § 1601 zu streichen. Der Abs. 1 des§ 1601 wurde von keiner Seite beanstandet.
19
v. Mandry (Nr 131 II 1)
Im E I ist auf § 1240 verwiesen. 785
§§ 1741—1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
Der Streichungsantrag zu Abs. 2 hängt mit einem zu § 1616 gestellten Antrage zusammen. Man beschloß, den Abs. 2 des Entw. vorläufig zu billigen, eventuell aber nach der Berathung des § 1616 auf denselben zurückzukommen. X. Zu den §§ 1602 bis 1605 lagen folgende Anträge vor: v. Mandry (Nr 131 II 13)
1. a) in den §§ 1603 und 1604 den Abs. 2 zu streichen; b) den § 1605 zu fassen: Von den Vorschriften der §§ 1602 bis 1605 kann Befreiung gewährt werden, von der Vorschrift des § 1603 jedoch nur, wenn der Annehmende volljährig ist. Die Befugniß zur Gewährung der Befreiung . . . . eventuell statt des § 1605 dem § 1619 als Abs. 2 beizufügen: | P 114, 719 | Aus besonderen Gründen kann die Bestätigung auch ertheilt werden, wenn eines der in den §§ 1602 bis 1604 bestimmten Erfordernisse mangelt.
Struckmann (Nr 134, 2)
2. a) den § 1602 zu fassen: Wer einen ehelichen Abkömmling hat, kann nicht an Kindesstatt annehmen. Das Vorhandensein eines angenommenen Kindes steht der Annahme eines weiteren Kindes nicht entgegen.
Struckmann (Nr 134, 3)
b) die §§ 1603 bis 1605 dahin zusammenzufassen: Wer ein Kind annimmt, muß mindestens fünfzig Jahre alt und mindestens achtzehn Jahre älter sein als das Kind. Von diesen Erfordernissen kann dem Annehmenden Befreiung gewährt werden, von dem Erfordernisse eines Alters von mindestens fünfzig Jahren jedoch nur dann, wenn er volljährig ist. Ueber die Ausübung dieser Befugniß bestimmen die Landesregierungen. Die Bestimmungen der §§ 1602 bis 1605 wurden im Allgemeinen nicht beanstandet. Die Erörterung erstreckte sich nur auf Einzelfragen.
| X I . Z u d e n § § 1606 bis 1608 lag der redaktionelle Antrag vor: a) die §§ 1606,1609 zu fassen: W e r verheirathet ist, kann nur mit Einwilligung seines Ehegatten an Kindesstatt annehmen oder angenommen werden. Die Einwilligung ist nicht erforderlich, wenn nach der Feststellung des Vormundschaftsgerichts der Ehegatte zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist. Struckmann b) die §§ 1607, 1608 dahin zusammenzufassen: (Nr 134, 5) Ein Kind kann als gemeinschaftliches Kind nur von Ehegatten, ein angenommenes Kind kann vor der Aufhebung des durch die Annahme begründeten Rechtsverhältnisses nur von dem Ehegatten desjenigen, welcher das Kind angenommen hat, an Kindesstatt angenommen werden. Der Antrag wurde der Red.Komm. überwiesen.
| P II 4, 721 Struckmann (Nr 134,4)
XII. Zu § 1609 lagen die Anträge vor: Jacubezky (Nr 154,1)
1. die Vorschrift zu fassen: E i n e F r a u kann nur mit Einwilligung des Mannes an Kindesstatt angenommen werden. 2. die §§ 1606, 1609 gemäß dem Antrag unter XI, a zu verbinden. 786
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1772
3. den § 1609 zu streichen. Dieser Vorschlag wurde im Laufe der Berathung v. Mandry zurückgezogen. (Nr 131 II 4) Der Antrag 1 wurde abgelehnt. XIII. Zu § 1610 war beantragt, die Vorschrift zu fassen: Sind die Eltern des Kindes noch am Leben, so kann ein eheliches Kind nur mit Struckmann Einwilligung seines Vaters und seiner Mutter, ein uneheliches Kind nur mit Einwilli- (Nr 134,6) gung seiner Mutter an Kindesstatt angenommen werden. Dem Tode des Vaters oder der Mutter steht es gleich, wenn sie nach der Feststellung des Vormundschaftsgerichts zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande sind oder ihr Aufenthalt dauernd unbekannt ist. Eine sachliche Abänderung des § 1610 war nach der Erklärung des Antragstellers nicht beabsichtigt. Der § 1610 wurde ohne Widerspruch gebilligt. | XIV. Zu § 1611 war beantragt:
| P II 4,722
1. Die Vorschrift zu streichen. Doch hat dieser Antrag hinsichtlich des Satzes 1 Struckmann nur redaktionelle Bedeutung. Sachlich ist der § 1611 Satz 1 in die zu den §§ 1606, (Nr 133,7) 1609 und zu § 1610 gestellten Anträge aufgenommen (vergl. oben unter XI und XII). 2. die Vorschrift zu fassen: v. Mandry Die Einwilligung eines Dritten ist nicht erforderlich, wenn der Dritte zur Abgabe (Nr 131 II 14) einer Erklärung dauernd außer Stande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist. Mit der vorgeschlagenen Abänderung des Satzes 1, welche der neuerdings beschlossenen Fassung des § 1587 Satz 2 entspricht, erklärte man sich einverstanden. Der Satz 2 ist in dem Antrage 2 mit Rücksicht auf einen zu § 1616 gestellten Antrag fortgelassen (vergl. unten unter XIX). Der Antrag 1 will den Satz 2 als überflüssig streichen. — Die Komm, stimmte der Streichung zu. XV. Zu § 1612 war beantragt: 1. die Vorschrift zu fassen: Struckmann H a t das Kind das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet, so kann es bei dem (Nr 133,9) Annahmevertrage durch seinen gesetzlichen Vertreter vertreten werden. Im Uebrigen ist eine Vertretung df s Kindes oder des Annehmenden ausgeschlossen. 2. den Eingang des § 1612 zu fassen: v. Mandry Ist das Kind geschäftsunfähig oder hat es das vierzehnte Lebensjahr noch nicht (Nr 131 II 16) zurückgelegt, s o . . . . Der Antrag 1 enthält keine sachlichen Abweichungen; der Antrag 2 wurde abgelehnt. | XVI. Zu § 1613 waren die Anträge gestellt:
| P II 4,723
1. a) die Abs. 1, 2 zu fassen: Struckmann Ist der Annehmende in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er zu der (Nr 133,10 u. Annahme an Kindesstatt, außer der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters, der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Das Gleiche gilt von dem Kinde, wenn es in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist. Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ist auch in dem Falle des § 1612 Satz 1 erforderlich. b) an Stelle der Abs. 2, 4 als § 1613 a zu bestimmen: Will Jemand seinen Mündel an Kindesstatt annehmen, so soll die nach § 1613 zu der Annahme erforderliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichts nicht ertheilt 787
§§1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
werden, solange er V o r m u n d des Mündels ist. Will Jemand seinen früheren Mündel an Kindesstatt annehmen, so soll die Genehmigung nicht eher ertheilt werden, als bis er über die von ihm geführte Verwaltung des Mündelvermögens Rechnung gelegt und das Vorhandensein des dem Mündel zukommenden Vermögens nachgewiesen hat. Das Gleiche gilt, wenn ein zur Vermögensverwaltung berufener Pfleger seinen Pflegling oder seinen früheren Pflegling an Kindesstatt annehmen will. Jacubezky (Nr 154, 2)
2. an Stelle des Abs. 1 zu bestimmen: W e r (geschäftsunfähig oder) in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, kann nicht an Kindesstatt annehmen. Der Antrag 1 wurde angenommen, der Antrag 2 abgelehnt.
| P II 4, 724 | XVII. Zu § 1614 lag der Antrag vor, die Vorschrift zu fassen: Struckmann Die nach den §§ 1606, 1609, 1610 (in der Fassung der Anträge unter XI, a und (Nr 133,11) XIII) erforderliche Einwilligung eines Dritten kann nicht durch einen Vertreter erklärt werden. Ist der Dritte in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er nicht der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters. Die Komm, billigte den Standpunkt des Antrags. XVIII. Zu § 1615 lag der unter IX mitgetheilte Antrag vor; derselbe hat nur redaktionelle Bedeutung. Sachlich erhob sich gegen den § 1615 kein Bedenken. XIX. Zu den SS 1616, 1617 lagen vor: Struckmann 1. der auf S. 718 unter IX mitgetheilte Antrag und der weitere Antrag desselben (Nr 133,12) Antragstellers: die 1617 bis 1619 dahin zusammenzufassen: Der Annahmevertrag bedarf der Bestätigung des zuständigen Gerichts. Die Bestätigung ist nur dann zu versagen, wenn ein gesetzliches Erforderniß der Annahme an Kindesstatt fehlt. Mit der Bestätigung tritt die Annahme an Kindesstatt in Kraft. Der Vertrag ist jedoch schon vor der Bestätigung f ü r den Annehmenden und das Kind bindend, solange nicht die Bestätigung versagt worden ist. Stirbt der Annehmende oder das Kind vor der Bestätigung, so wird die Annahme an Kindesstatt nicht wirksam. ferner die Anträge: 2. zu beschließen: v. Mandry S 1616. Die Annahme an Kindesstatt erfolgt dadurch, daß der Vater oder die (Nr 131 II 17) Mutter sowie das Kind sich vor Notar oder vor Gericht über die Annahme einigen und das zuständige Gericht diese Einigung bestätigt. Der Annehmende und das Kind sind mit der Einigung an ihre Erklärungen gebunden; sie hören auf, gebunden zu s e i n , . . . . | P II 4, 725
| S 1617. Die Einwilligung eines Dritten bedarf der gerichtlichen oder der notariellen Form. Sie muß dem Gerichte zur Zeit der Bestätigung vorliegen. Im Uebrigen finden die Vorschriften des $1591 Satz 2 Anwendung.
Jacubezky 3. im $1616 Abs. 2 Satz 1 hinter „Vertragschließenden" einzuschalten „oder (Nr 154, 3) gegenüber dem für die Bestätigung zuständigen Gerichte". Der Antrag 2 wurde abgelehnt, die übrigen Anträge wurden angenommen. 788
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 —1772
319. Sitzung vom 24. 4. 1894 11. Zu § 1618, welcher die Wirkung der nach dem Tode des Annehmenden oder | P114, 726 Anzunehmenden erfolgten gerichtlichen Bestätigung des Annahmevertrags regelt, lagen vor: 1. Der auf S. 724 mitgetheilte Antrag 1; 2. der Antrag: die Vorschriften zu fassen: Die Annahme an Kindesstatt wird nicht wirksam, wenn der Anzunehmende vor der Bestätigung des Annahmevertrags stirbt. Die Wirksamkeit der Annahme an Kindesstatt wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Annehmende nach dem Abschlüsse des Annahmevertrags stirbt; es genügt, wenn er den Antrag auf Bestätigung des Vertrags bei der zuständigen Behörde gestellt oder bei oder nach der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung des Vertrags das Gericht oder den Notar mit der Einreichung desselben bei der zuständigen Behörde behufs der Bestätigung betraut hat. Erfolgt die Bestätigung nach dem Tode des Annehmenden, so gilt ihre Wirkung als schon vor dem Erbfall eingetreten. | Der Antrag 2 schließt sich sachlich sowie in der Fassung dem zu § 1595 bezüglich | P II 4, 727 der Ehelichkeitserklärung gefaßten Beschlüsse an und wurde von der Komm, gebilligt. II. Zu § 1619, der die Versagung der Bestätigung nur gestattet, wenn ein gesetzliches Erforderniß der Annahme an Kindesstatt mangelt, lagen vor: 1. der auf S. 724 unter I mitgetheilte Antrag 1; 2. der auf S. 718 mitgetheilte eventuelle Antrag 1 b, welcher bereits bei § 1605 erledigt worden ist und hier nicht aufrechterhalten wurde. Der Antrag 1 stimmt mit dem Entw. sachlich überein. Der Entw. wurde gebilligt. III. Im Zusammenhange mit der Nichtigkeit der Bestätigung des Annahmevertrags wurde der Antrag berathen: als § 1619a folgende Vorschrift einzustellen: Die Wirksamkeit einer Annahme an Kindesstatt wird durch den Mangel der nach Jacubezky den §§ 1606, 1609, 1610 erforderlichen Einwilligung eines Dritten nicht ausgeschlos- (Nr 154,4) sen, wenn der Dritte an der Abgabe einer Erklärung verhindert oder sein Aufenthalt unbekannt war, die Verhinderung oder die Unbekanntheit des Aufenthalts aber zu Unrecht als dauernd angesehen worden ist. Der Antrag ist nur für den Fall gestellt, daß der § 1611 Satz 1 in der Fassung des zu § 1611 auf S. 722 mitgetheilten Antrags 2 angenommen werden sollte. Der § 1611 Satz 1 ist in der vorausgesetzten Weise abgeändert worden. Die Komm, nahm den Antrag mit der Maßgabe an, daß derselbe dem § 1593 der VorlZust. entsprechend gefaßt werde. | IV. Zu § 1620 lagen die Anträge vor: | P II 4,728 1. die Vorschrift zu fassen: Struckmann Die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt erstrecken sich auch auf die erst (Nr 133,13) nach der Schließung des Annahmevertrags geborenen Abkömmlinge des angenommenen Kindes, auf die zur Zeit der Schließung des Annahmevertrags vorhandenen Abkömmlinge, mit Einschluß ihrer später geborenen Abkömmlinge, aber nur dann, wenn der Vertrag zugleich mit ihnen geschlossen worden ist. Ein Verwandtschaftsverhältniß zwischen dem angenommenen Kinde und den Verwandten des Annehmenden sowie ein Schwägerschaftsverhältniß zwischen dem 789
§ § 1741—1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
Ehegatten des Annehmenden und dem Kinde oder zwischen dessen Ehegatten und dem Annehmenden wird nicht durch die A n n a h m e an Kindesstatt begründet. 2. dem Abs. 2 des § 1620 folgende Fassung zu geben: D e r A n g e n o m m e n e und dessen Abkömmlinge erlangen nicht die rechtliche Stellung von V e r w a n d t e n der Verwandten des Annehmenden. 2 0 | P II 4,729
| Z u m Abs. 1 ist eine sachliche Abänderung nicht beantragt. D e r Abs. 1 w u r d e von der Komm, sachlich gebilligt. Die K o m m , billigte auch bezüglich des Abs. 2 den Entw. V. Z u § 1621, welcher dem durch beide Ehegatten angenommenen Kinde sowie d e m von dem einen Gatten angenommenen Kinde des anderen Gatten die Rechtstellung eines gemeinschaftlichen ehelichen Kindes verleiht, lag der auf S. 718 unter I X mitgetheilte Antrag 1 a vor. Eine sachliche Abweichung vom Entw. ist nicht beantragt. D e r Entw. w u r d e gebilligt. VI. Z u § 1622 w a r beantragt:
Struckmann (Nr 133, 14)
1. die Vorschrift zu fassen: Das a n g e n o m m e n e Kind erhält den Familiennamen des Annehmenden. Ist es von einer Frau a n g e n o m m e n , so erhält es den Familiennamen der Frau, auch wenn diese durch H e i r a t h einen anderen Namen erhalten hat. Das Kind darf, sofern dies nicht in dem Annahmevertrag ausgeschlossen worden ist, seinem neuen N a m e n seinen früheren Familiennamen hinzufügen.
v. Mandry (Nr 131 II 18)
2. dem Abs. 2 h i n z u z u f ü g e n : es sei denn, daß bei der Annahme an Kindesstatt Anderes vereinbart worden ist.
Jacubezky (Nr 154, 6)
3. den Abs. 2 zu fassen: D e r A n g e n o m m e n e ist berechtigt, dem neuen N a m e n seinen bisherigen Familiennamen beizufügen. Die P r ü f u n g der Frage, ob Abs. 1 Satz 2 wegzulassen sei, w u r d e der R e d K o m . überwiesen. Z u Abs. 2 wurden die Anträge 2 und 3 angenommen. Mit der Streichung des Abs. 3 w a r die K o m . einverstanden.
| P II 4, 731 Struckmann (Nr 133, 15)
| VII. Zu § 1623 w a r beantragt: 1. denselben zu fassen: D e r A n n e h m e n d e erhält, wenn das angenommene Kind noch minderjährig ist, die elterliche Gewalt über das Kind nach Maßgabe der f ü r die elterliche Gewalt über leibliche eheliche Kinder geltenden Vorschriften. Ueber das seiner Verwaltung unterliegende V e r m ö g e n des Kindes hat er jedoch auf seine Kosten ein Verzeichniß a u f z u n e h m e n und d e m Vormundschaftsgericht einzureichen. Im Unterlassungsfalle kann das Vormundschaftsgericht ihm die Vermögensverwaltung entziehen; es ist berechtigt, eine solche A n o r d n u n g jederzeit wiederaufzuheben.
v. Mandry (Nr 131 1119)
2. den Abs. 3 zu streichen. Z u m Ergebnis der Beratungen vgl. Prot. II, Bd. 4, S. 731 ff.
20
Von Jacubezky war in Nr. 154, 5 beantragt, § 1620 Abs. 2, 2. Halbsatz zu streichen (vgl. Preuß. ALR II 2 § 686, Bähr % 1459).
790
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 —1772
| VIII. Zu § 1624 lag der Antrag vor: | P II 4, 732 die Vorschrift zu fassen: Struckmann D u r c h die Annahme an Kindesstatt erlangen das angenommene Kind und diejeni- (Nr 134,16) gen Abkömmlinge desselben, auf welche sich die W i r k u n g e n der A n n a h m e erstrekken, dem Annehmenden gegenüber das gleiche gesetzliche Erb- und Pflichttheilsrecht wie eheliche Abkömmlinge. | D e r Annehmende erlangt dem a n g e n o m m e n e n Kinde und dessen Abkömmlin- | P II 4, 733 gen gegenüber kein Erb- und Pflichttheilsrecht. D e r Antrag weicht sachlich vom Entw. nicht ab und entspricht in der Fassung dem Satze 1 des Antrags 1 zu § 1623. Die Komm, billigte den Entw. IX. Zu § 1625 w a r beantragt: die Vorschrift in folgender Fassung unmittelbar vor § 162 8 einzustellen: Struckmann D u r c h die A n n a h m e an Kindesstatt werden die zwischen dem Kinde und dessen (Nr 134,17) V e r w a n d t e n durch die V e r w a n d t s c h a f t begründeten Rechte und Pflichten nicht berührt, soweit sich nicht aus dem Gesetz ein Anderes ergiebt. D e r Antrag weicht vom Entw. nur redaktionell ab. D e r Entw. w u r d e sachlich gebilligt, die Frage nach der Stellung der Vorschrift der Red.Komm, z u r P r ü f u n g überwiesen. X. Z u § 1626 w a r beantragt: 1. die Vorschrift zu fassen: Struckmann D u r c h die Annahme an Kindesstatt verlieren der leibliche Vater und die leibliche (Nr 134,18) Mutter die elterliche Gewalt über das Kind, die uneheliche Mutter das Recht und die Pflicht der Sorge f ü r die Person des Kindes. Ist die A n n a h m e an Kindesstatt wiederaufgehoben oder hat der A n n e h m e n d e die elterliche Gewalt verloren oder ist er an der Ausübung derselben dauernd verhindert oder ist er gestorben, so kann dem leiblichen V a t e r o d e r der leiblichen Mutter die elterliche Gewalt, der unehelichen Mutter die Sorge f ü r die Person des Kindes durch das Vormundschaftsgericht wieder übertragen w e r d e n , wenn das Kind in Folge der A n n a h m e den Lebensverhältnissen der leiblichen Eltern nicht zu sehr entfremdet ist. v. Mandry 2. die Vorschrift zu fassen: Die elterliche Gewalt steht dem leiblichen V a t e r und der leiblichen M u t t e r des (Nr 131 II 20) Kindes nicht zu, solange das durch die Annahme an Kindesstatt begründete Verhältniß nicht nach Maßgabe des § 1629 aufgehoben ist. Das Gleiche gilt Jacubezky 3. hierzu der Zusatzantrag: Ist die elterliche Gewalt des A n n e h m e n d e n beendigt oder ruht sie in der Weise, (Nr 154,7) d a ß der A n n e h m e n d e auch die Sorge f ü r die Person des Kindes nicht ausüben kann, so steht diese mit Ausschluß der gesetzlichen V e r t r e t u n g den leiblichen Eltern zu, wenn sie dem Kinde den Unterhalt zu gewähren haben.
| A. Zunächst beschäftigte man sich n u r mit dem Falle, daß die A n n a h m e an | P II 4,734 Kindesstatt gemäß § 1629 wiederaufgehoben wird. D e r Antrag 1 hält hier am Entw. fest, will jedoch dem Vormundschaftsgerichte die M a c h t geben, den leiblichen Eltern dann die Gewalt wieder zu übertragen, w e n n das Kind durch die Adoption ihren Lebensverhältnissen nicht zu sehr entfremdet ist. Die Anträge 2 und 3 wollen die elterliche Gewalt stets an die natürlichen Eltern zurückkehren lassen. Die Komm, lehnte die Anträge ab und billigte den Entw. 791
§§ 1741-1772 | P II 4,735
2. Abschnitt: Verwandtschaft
| B. Für die Fälle, daß die elterliche Gewalt des Annehmenden beendigt oder beschränkt ist, wurde Antrag 3 angenommen. Die Anträge 1 und 2 waren im Laufe der Berathung in dieser Beziehung zu Gunsten des Antrags 3 zurückgezogen worden.
XI. Zu § 1627 war beantragt, die Vorschrift in folgender Fassung vor den § 1624 Struckmann einzustellen: (Nr 134,19) Durch die Annahme an Kindesstatt wird zwischen dem Annehmenden einerseits und dem angenommenen Kinde und denjenigen Abkömmlingen desselben, auf welche sich die Wirkungen der Annahme erstrecken, andererseits eine gegenseitige Unterhaltspflicht nach Maßgabe der f ü r leibliche Verwandte geltenden Vorschriften begründet. Soweit diese Vorschriften das Bestehen eines gesetzlichen Erb- oder Pflichttheilsrechts zwischen dem Bedürftigen und dem Unterhaltspflichtigen voraussetzen, kommt die Vorschrift des § 1624 Abs. 2 nicht in Betracht. Der Annehmende ist dem angenommenen Kinde und dessen Abkömmlingen gegenüber vor den leiblichen Verwandten des Kindes unterhaltspflichtig. Der Antrag weicht nur redaktionell vom Entw. ab, welcher sachlich gebilligt wurde. XII. Zu § 1628 lagen die Anträge vor: Struckmann (Nr 134,20)
1. die Vorschrift zu fassen: I n dem Annahmevertrage kann vereinbart werden, daß dem Annehmenden die elterliche Nutznießung des Vermögens des Kindes nicht zustehen soll. Es kann in dem Annahmevertrage ferner vereinbart werden, daß das Kind dem Annehmenden gegenüber ein gesetzliches Erb- oder Pflichttheilsrecht nicht erlangen soll.
| P II 4, 736
| Im Uebrigen können, vorbehaltlich der Vorschrift des § 1622 Abs. 2 die gesetzlichen Wirkungen der Annahme an Kindesstatt in dem Annahmevertrage nicht geändert werden.
Jacubezky (Nr 154, 8)
2. zwischen die Abs. 1 und 2 folgende Vorschrift einzustellen: Erfolgt die Annahme durch eine Frau, so kann in dem Annahmevertrage bestimmt werden, daß ihr die Verwaltung des Vermögens des Kindes nicht zustehen soll. In einem solchen Falle verbleibt die Verwaltung bei demjenigen, welcher sie bisher hatte. Der Antrag 1 weicht vom Entw. sachlich nicht ab; auch der Antrag 2 beanstandet den Entw. an sich nicht, sondern schlägt nur einen Zusatz vor, der eine weitere Bestimmung als der freien Disposition der den Annahmevertrag schließenden Parteien unterliegend bezeichnet. Der Entw. wurde unter Ablehnung des Antrags 2 sachlich gebilligt.
| P II 4, 737 | XIII. Zu § 1629 war folgende Fassung beantragt: Struckmann § 1629. Das durch die Annahme an Kindesstatt begründete Rechtsverhältniß kann (Nr 134,21) durch Vertrag zwischen dem Annehmenden einerseits und dem angenommenen Kinde sowie den in der Annahme mitbegriffenen Abkömmlingen desselben andererseits wiederaufgehoben werden. Ist das Kind verstorben, so kann durch Vertrag zwischen dem Annehmenden und den Abkömmlingen des Kindes die Aufhebung des zwischen ihnen durch die Annahme begründeten Rechtsverhältnisses erfolgen. § 1629 a. Haben Ehegatten gemeinsam ein Kind angenommen oder hat ein Ehegatte das Kind des anderen Ehegatten angenommen, so bedarf es zur Aufhebung des durch die Annahme begründeten Rechtsverhältnisses, solange beide Ehegatten noch 792
8. Titel : Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1 7 7 2
leben, der Theilnahme beider Ehegatten an dem Aufhebungsvertrage. Ist einer der Ehegatten verstorben, so kann durch Vertrag zwischen dem anderen Ehegatten einerseits und dem Kinde sowie dessen Abkömmlingen andererseits das durch die Annahme zwischen ihnen begründete Rechtsverhältniß aufgehoben werden. Ist das Kind verstorben, so finden die Vorschriften des § 1629 Abs. 1 Satz 2 entsprechende Anwendung. § 1629 b. Der Aufhebungsvertrag muß vor Gericht oder vor Notar geschlossen werden. Die Aufhebung kann nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgen. Ist der Annehmende oder das Kind in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so finden die für die Annahme geltenden Vorschriften des § 1612 und des § 1613 Abs. 1, 2 entsprechende Anwendung. Der Aufhebungsvertrag bedarf der Bestätigung durch das zuständige Gericht nach Maßgabe des § 1617. Der Antrag weicht vom Entw. nur redaktionell ab. Die Komm, billigte sachlich den Entw. XIV. Zu § 1630 lagen die Anträge vor : 1. die Vorschrift zu fassen : Struckmann Ist der Annahme- oder der Aufhebungsvertrag oder die Einwilligung einer der in (Nr 134, 22) den §§ 1606, 1609, 1610 bezeichneten Personen anfechtbar, so finden auf die Anfechtung und auf die Bestätigung des anfechtbaren Rechtsgeschäfts die Vorschriften des § 1612, des § 1613 Abs. 1,2 und des § 1614 entsprechende Anwendung. | 2. als § 1630 a folgende Vorschrift einzustellen : | P II 4, 738 Der Annehmer kann die Aufhebung des durch die Annahme begründeten Ver- v- Cuny hältnisses verlangen, wenn der Angenommene eine Handlung begangen hat, welche (N r 1 4 8 ) nach § 2001 die Entziehung des Pflichttheils rechtfertigen würde. Verzeiht er die Handlung, so erlischt dieses Recht. hierzu die Unteranträge : 3. dem § 1630 a folgenden Zusatz zu geben : Jacubezky Sind Abkömmlinge des Angenommenen vorhanden, auf welche sich die Wirkun- (Nr 152, 9) gen der Annahme erstrecken, so kann auf die Aufhebung nur geklagt werden, wenn sie an der Verfehlung theilgenommen oder sich gleichfalls einer Verfehlung solcher Art schuldig gemacht haben. 4. den § 1630 a zu fassen : Der Annehmende kann die Aufhebung des zwischen ihm und dem Kinde begründeten Rechtsverhältnisses verlangen, wenn das Kind etc. A. Der Antrag 1 giebt den § 1630 ohne sachliche Abweichung vom Entw. wieder. Der Entw. wurde genehmigt. — Die Komm, lehnte in eventueller Abstimmung den Antrag 4 ab und nahm den Antrag 3 an, lehnte dann aber in definitiver Abstimmung den Antrag 2 mit dem Antrage 3 ab. |XVI. Z u § 1631 war folgende Fassung beantragt:
| P II 4, 740
Ist der Vorschrift des § 1240 zuwider zwischen solchen Personen, die durch Struckmann Annahme an Kindesstatt verbunden sind, eine Ehe geschlossen, so tritt mit der (Nr 134,23) Eheschließung die Aufhebung des durch die Annahme zwischen ihnen begründeten Rechtsverhältnisses ein. Ist die Ehe nichtig oder ist sie anfechtbar und angefochten, so wird, wenn dem einen Ehegatten die elterliche Gewalt über den anderen zusteht, diese mit der Ehe793
§§ 1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
Schließung verwirkt. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn die Ehe wegen eines Formmangels nichtig und nicht in das Heirathsregister eingetragen ist. Der Antrag weicht vom Entw. nur redaktionell ab und entspricht bezüglich der Fassung des Ausnahmefalls, in welchem die Vorschrift des Abs. 2 keine Anwendung finden soll, den Beschlüssen der Komm, bei der Nichtigkeit der Ehe (S. 57). Der Antrag wurde gebilligt. XVII. Es war beantragt: Wolffson 1. nach § 1630 als § 1630 a folgende Vorschrift einzustellen : (Nr 158) Durch die Aufhebung der Annahme an Kindesstatt verliert der Angenommene das Recht, den Familiennamen des Annehmenden zu führen. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn im Falle des § 1621 die Annahme nach dem Tode eines der Ehegatten aufgehoben wird. 2. diese Vorschrift zu fassen : Durch die Aufhebung der Annahme an Kindesstatt verlieren diejenigen, auf welche sich die Wirkungen der Aufhebung erstrecken, das Recht etc. (wie im Antrag 1). Nachdem sich der Antragsteller zu 1 mit dem Antrage 2 einverstanden erklärt hat, wurde der Antrag gestellt: 3. die Vorschrift des § 1630ainder Fassung des Antrags 2: a) im Satze 1 nicht auf die Aufhebung der Annahme an Kindesstatt im Falle des § 1631 zu erstrecken und b) den Satz 2 auf den Fall zu beschränken, daß beide Ehegatten ein Kind gemeinschaftlich adoptiren. Die Mehrheit der Komm, lehnte den Antrag 3 ab und nahm den Antrag 2 an; der Red.Komm, wurde anheimgegeben, die Vorschrift nicht als § 1630 a, sondern als § 1631 a einzustellen, um schon durch die Stellung der Vorschrift ihre Geltung auch für den § 1631 zum Ausdrucke zu bringen. II. Fassung der Regelung in der VorlZust: E I-VorlZust § 1601. (1601 Abs. 1, 1621.) Durch die Annahme an Kindesstatt erlangt das § 1601 angenommene Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes des Annehmenden. Wird von Ehegatten ein Kind gemeinsam angenommen oder nimmt ein Ehegatte das Kind des anderen Ehegatten an, so erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen ehelichen Kindes beider Ehegatten. El-VorlZust § 1601a. (1601 Abs. 2, 1615, 1617.) Zu der Annahme an Kindesstatt ist ein 5 1601a zwischen dem Annehmenden und dem Kinde vor Gericht zu schließender Vertrag und die Bestätigung desselben durch das zuständige Gericht erforderlich. Der Vertrag ist schon vor der Bestätigung für den Annehmenden und das Kind bindend; sie hören auf gebunden zu sein, wenn die Bestätigung (endgiltig) versagt ist. Die Annahme an Kindesstatt kann nicht unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung erfolgen. E I-VorlZust § 1602. Wer einen ehelichen Abkömmling hat, kann nicht an Kindesstatt anneh§ 1602 m en. Das Vorhandensein eines angenommenen Kindes steht der Annahme eines weiteren Kindes nicht entgegen. E I-VorlZust § 1603. (1603, 1604.) Wer ein Kind annimmt, muß mindestens 50 Jahre alt und 5 1603 mindestens 18 Jahre älter sein, als das Kind. 794
8. Titel : Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 —1772
Von diesen Erfordernissen kann dem Annehmenden Befreiung gewährt werden, von dem Erfordernisse eines Alters von mindestens 50 Jahren jedoch nur dann, wenn er volljährig ist. § 1604 vergi. § 1603. § 1605 gestrichen. § 1606. (1606, 1609.) W e r verheirathet ist, kann nur mit Einwilligung seines E I-VorlZust § 1606 Ehegatten an Kindesstatt annehmen oder angenommen werden. § 1607. (1607, 1608.) Ein Kind kann als gemeinschaftliches Kind nur von Ehegat- E I-VorlZust ten, ein angenommenes Kind kann vor der Aufhebung des durch die Annahme § 1607 begründeten Rechtsverhältnisses nur von dem Ehegatten desjenigen, welcher das Kind angenommen hat, an Kindesstatt angenommen werden. § 1608 vergi. § 1607. § 1609 vergi. § 1606. § 1610. Ein eheliches Kind kann nur mit Einwilligung seines Vaters und seiner E I-VorlZust Mutter, ein uneheliches Kind nur mit Einwilligung seiner Mutter an Kindesstatt § 1610 angenommen werden, es sei denn, daß das Kind das fünfundzwanzigste Lebensjahr bereits vollendet hat. § 1611. Die Einwilligung der Ehefrau des Annehmenden, sowie der Ehefrau und E I-VorlZust der Eltern des Kindes ist nicht erforderlich, wenn dieselben zur Abgabe einer Erklä- §1611 rung dauernd außer Stande sind oder wenn ihr Aufenthaltsort dauernd unbekannt ist. § 1612. H a t das Kind das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet, so kann es E I-VorlZust bei dem Annahmevertrage durch seinen gesetzlichen Vertreter vertreten werden. Im §1612 Uebrigen ist eine Vertretung des Kindes oder des Annehmenden ausgeschlossen. § 1613. (1613 Abs. 1,2.) Ist der Annehmende in der Geschäftsfähigkeit be- E I-VorlZust schränkt, so bedarf er zu der Annahme an Kindesstatt, außer der Einwilligung seines §1613 gesetzlichen Vertreters, der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Das Gleiche gilt von dem Kinde, wenn es in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist. Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ist auch in dem Falle des § 1612 Satz 1 erforderlich. § 1613 a. (1613 Abs. 3, 4.) Will Jemand seinen Mündel an Kindesstatt annehmen, E I-VorlZust so soll die nach § 1613 zu der Annahme erforderliche Genehmigung des Vormund- § 1613a schaftsgerichts nicht ertheilt werden, solange er Vormund des Mündels ist. Will Jemand seinen früheren Mündel an Kindesstatt annehmen, so soll die Genehmigung nicht eher ertheilt werden, als er über die von ihm geführte Verwaltung des Mündelvermögens Rechnung gelegt und das Vorhandensein des dem Mündel zukommenden Vermögens nachgewiesen hat. Das Gleiche gilt, wenn ein zur Vermögensverwaltung berufener Pfleger seinen Pflegling oder seinen früheren Pflegling an Kindesstatt annehmen will. § 1614. Die nach den §§ 1606, 1610 erforderliche Einwilligung eines Dritten kann E I-VorlZust nicht durch einen Vertreter erklärt werden. Ist der Dritte in der Geschäftsfähigkeit § 1614 beschränkt, so bedarf er nicht der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters. § 1615vergl.$ 1601a. § 1616. Die nach den §§ 1606, 1610 erforderliche Einwilligung eines Dritten muß E I-VorlZust in gerichtlicher oder notarieller Form erklärt und gegenüber dem einen oder anderen S 1616 795
§§1741—1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
Vertragschließenden oder gegenüber dem für die Bestätigung zuständigen Gerichte abgegeben werden. Sie ist unwiderruflich. § 1617 vergl. § 1601 a. E I-VorlZust § 1618. Die Annahme an Kindesstatt wird nicht wirksam, wenn das Kind vor der § 1618 Bestätigung des Annahmevertrages stirbt.
Die Wirksamkeit der Annahme an Kindesstatt wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Annehmende nach dem Abschluß des Annahmevertrages stirbt; es genügt, wenn er den Antrag auf Bestätigung des Vertrages bei der zuständigen Behörde gestellt, oder bei oder nach der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung des Vertrages das Gericht oder den N o t a r mit der Einreichung desselben bei der zuständigen Behörde behufs der Bestätigung betraut hat. Erfolgt die Bestätigung nach dem Tode des Annehmenden, so gilt ihre Wirkung (in Ansehung des Anfalls) als schon vor dem Erbfall eingetreten. E I-VorlZust § 1619. Die Bestätigung des Annahmevertrages ist nur dann zu versagen, wenn § 1619 ein gesetzliches Erforderniß der Annahme an Kindesstatt mangelt.
Ist die Bestätigung ertheilt, so wird die Wirksamkeit der Annahme an Kindesstatt nicht dadurch ausgeschlossen, daß mit Unrecht angenommen ist, daß die im § 1611 bezeichneten Personen zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande seien oder ihr Aufenthaltsort dauernd unbekannt sei. E I-VorlZust
§ 1620. Die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt erstrecken sich auch auf die § 1620 erst nach der Schließung des Annahmevertrags geborenen Abkömmlinge des angenommenen Kindes, auf die zur Zeit der Schließung des Annahmevertrags vorhandenen Abkömmlinge, mit Einschluß ihrer spätergeborenen Abkömmlinge, aber nur dann, wenn der Vertrag zugleich mit ihnen geschlossen worden ist. Ein Verwandtschaftsverhältniß zwischen dem angenommen Kinde und den Verwandten des Annehmenden sowie ein Schwägerschaftsverhältniß zwischen dem Ehegatten des Annehmenden und dem Kinde oder zwischen dessen Ehegatten und dem Annehmenden wird nicht durch die Annahme an Kindesstatt begründet. § 1621 vergl. § 1601.
E I-VorlZust § 1622. Das angenommene Kind erhält den Familiennamen des Annehmenden 20
EI-ZustRedKom
§ 1626. Durch die Annahme an Kindesstatt verlieren die leiblichen Eltern die E I-ZustRedelterliche Gewalt über das Kind, die uneheliche Mutter das Recht und die Pflicht, für Kom § 1626 die Person des Kindes zu sorgen. H a t der Vater oder die Mutter dem Kinde den Unterhalt zu gewähren, so treten das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen, wieder ein, wenn die elterliche Gewalt des Annehmenden beendigt ist oder in der Weise ruht, daß ihm auch die Sorge f ü r die Person des Kindes nicht zusteht. Das Recht der Vertretung des Kindes tritt nicht wieder ein. § 1627 entspricht § 1647 E II. § 1628 entspricht § 1648 E II. S 1629 entspricht § 1649 E II. § 1629a (1629 Abs. 3, 4). Ist das Kind oder ist in den Fällen des § 1629 Abs. 3 einer E I-ZustRedder Ehegatten verstorben, so bedarf es zur Aufhebung des unter den übrigen Bethei- Kom § 1629a ligten bestehenden Rechtsverhältnisses eines Vertrags nur dieser Personen. s 1629 b entspricht § 1651 E I L § 1630 entspricht § 1652 E II. § 1631 entspricht § 1653 E II. § 1631 a entspricht § 1654 E II. § 1632 gestrichen (vgl. Fn. zu § 1654 E II) IV. 1. Fassung der Regelung im E II: § 1625. An Kindesstatt kann nur annehmen, wer eheliche Abkömmlinge nicht hat. E II § 1625 Das Vorhandensein eines angenommenen Kindes steht einer weiteren Annahme an Kindesstatt nicht entgegen. 799
§ § 1741 — 1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
E II § 1626
§ 1626. D e r A n n e h m e n d e muß das fünfzigste Lebensjahr vollendet haben und mindestens achtzehn Jahre älter sein als das Kind. V o n diesen Erfordernissen kann Befreiung gewährt werden, von der Vollendung des fünfzigsten Lebensjahrs jedoch nur 2 1 , w e n n der A n n e h m e n d e volljährig ist.
E II § 1627
§ 1627. W e r verheirathet ist, kann nur mit Einwilligung seines Ehegatten an Kindesstatt a n n e h m e n oder angenommen werden. Die Einwilligung ist nicht erforderlich, wenn der Ehegatte zur Abgabe einer E r k l ä r u n g dauernd außer Stande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist.
E II § 1628
§ 1628. Als gemeinschaftliches Kind kann ein Kind nur von einem Ehepaar 2 2 a n g e n o m m e n werden. Ein a n g e n o m m e n e s Kind kann, solange das durch die A n n a h m e begründete Rechtsverhältniß besteht, nur von dem Ehegatten des Annehmenden an Kindesstatt a n g e n o m m e n werden.
E II § 1629
§ 1629. Ein eheliches Kind kann n u r mit Einwilligung seiner Eltern, ein uneheliches Kind kann nur mit Einwilligung seiner Mutter an Kindesstatt a n g e n o m m e n werden. Die V o r s c h r i f t des § 1627 Abs. 2 findet entsprechende A n w e n d u n g . Die Einwilligung ist nicht erforderlich, w e n n das Kind das f ü n f u n d z w a n z i g s t e Lebensjahr vollendet hat.
E II § 1630
§ 1630. Die A n n a h m e an Kindesstatt kann nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgen.
E II §1631
§ 1 6 3 1 . Die A n n a h m e an Kindesstatt erfolgt durch V e r t r a g zwischen dem Annehmenden und dem Kinde. D e r Vertrag m u ß vor Gericht oder vor einem N o t a r geschlossen werden.
E II§ 1632
§ 1632. D e r Annahmevertrag bedarf der Bestätigung durch das zuständige Gericht. Die Bestätigung ist n u r zu versagen, w e n n ein gesetzliches E r f o r d e r n i ß der A n n a h m e an Kindesstatt fehlt. Die A n n a h m e an Kindesstatt tritt mit der Bestätigung in Kraft. Die Vertragschließenden sind schon vor der Bestätigung gebunden. Mit der endgültigen Versagung der Bestätigung verliert der Vertrag seine K r a f t .
E II § 1633
§ 1633. D e r Annahmevertrag kann nicht durch Vertreter geschlossen werden. H a t jedoch das Kind das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet, so kann sein gesetzlicher Vertreter den Vertrag mit G e n e h m i g u n g des Vormundschaftsgerichts schließen.
E I I § 1634
§ 1634. Ist der A n n e h m e n d e in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er zur Eingehung des Vertrags, außer der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, der G e n e h m i g u n g des Vormundschaftsgerichts. Das Gleiche gilt f ü r das Kind, wenn es in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist.
E II§ 1635
§ 1635. Will ein V o r m u n d seinen Mündel an Kindesstatt annehmen, so soll das Vormundschaftsgericht die Genehmigung nicht ertheilen, solange der V o r m u n d im Amte ist. 23 Will jemand seinen f r ü h e r e n Mündel an Kindesstatt annehmen, so soll das V o r mundschaftsgericht die Genehmigung nicht ertheilen, bevor er über seine Verwal21 22 23
800
In der ZustRedKom. heißt es: „nur dann . . In der ZustRedKom. heißt es: „Ehegatten". In der ZustRedKom. heißt es: „solange er Vormund ist." Im Abs. 2 heißt es statt „bestellter Pfleger": „berufener Pfleger".
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1772
tung R e c h n u n g gelegt und das V o r h a n d e n s e i n des M ü n d e l v e r m ö g e n s nachgewiesen hat. D a s Gleiche gilt, wenn ein z u r V e r m ö g e n s v e r w a l t u n g bestellter P f l e g e r seinen P f l e g l i n g o d e r seinen früheren Pflegling an Kindesstatt annehmen will. § 1636. D i e Einwilligung der in den §§ 1627, 1629 bezeichneten Personen bedarf E II § 1636 der gerichtlichen o d e r notariellen Form. Sie ist d e m A n n e h m e n d e n o d e r dem K i n d e o d e r d e m f ü r die Bestätigung des A n n a h m e v e r t r a g s zuständigen Gerichte g e g e n ü b e r zu e r k l ä r e n ; die E r k l ä r u n g ist unwiderruflich. D i e Einwilligung kann nicht durch einen Vertreter ertheilt werden. Ist der Einwilligende in der G e s c h ä f t s f ä h i g k e i t beschränkt, so bedarf er nicht der Z u s t i m m u n g seines gesetzlichen Vertreters. § 1637. D i e Bestätigung des A n n a h m e v e r t r a g s kann nicht nach dem T o d e des E II § 1637 Kindes erfolgen. N a c h dem T o d e des A n n e h m e n d e n ist die Bestätigung nur zulässig, wenn der A n n e h m e n d e o d e r das K i n d den A n t r a g auf Bestätigung bei d e m zuständigen Gericht eingereicht o d e r bei oder nach der gerichtlichen o d e r notariellen B e u r k u n d u n g des V e r t r a g s das Gericht o d e r den N o t a r mit der Einreichung betraut hatte. D i e nach d e m T o d e des A n n e h m e n d e n erfolgte Bestätigung hat die gleiche Wirkung, w i e wenn sie vor d e m T o d e erfolgt wäre. § 1638. Auf die W i r k s a m k e i t der A n n a h m e an Kindesstatt ist es ohne Einfluß, E II § 1638 wenn bei der Bestätigung des Annahmevertrags mit Unrecht a n g e n o m m e n w o r d e n ist, daß eine der in den §§ 1627, 1629 bezeichneten Personen z u r A b g a b e einer E r k l ä r u n g dauernd außer S t a n d e oder ihr Aufenthalt dauernd unbekannt sei. § 1639. D u r c h die A n n a h m e an Kindesstatt erlangt das K i n d die rechtliche Stel- E I I § 1639 lung eines ehelichen Kindes des Annehmenden. W i r d von einem E h e p a a r e 2 4 gemeinschaftlich ein K i n d a n g e n o m m e n o d e r nimmt ein E h e g a t t e ein K i n d des anderen Ehegatten an, s o erlangt das K i n d die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen ehelichen Kindes der Ehegatten. § 1640. D i e W i r k u n g e n der A n n a h m e an Kindesstatt erstrecken sich auf die E I I § 1640 A b k ö m m l i n g e des a n g e n o m m e n e n Kindes. A u f einen z u r Zeit des Vertragsabschlusses schon vorhandenen A b k ö m m l i n g und dessen später g e b o r e n e A b k ö m m l i n g e erstrecken sich die W i r k u n g e n nur, wenn der V e r t r a g zugleich mit dem schon v o r h a n d e n e n A b k ö m m l i n g e geschlossen w o r d e n ist. § 1641. D i e W i r k u n g e n der A n n a h m e an Kindesstatt erstrecken sich nicht auf die E II § 1641 V e r w a n d t e n des Annehmenden. D e r E h e g a t t e des Annehmenden ist nicht mit dem K i n d e , d e r Ehegatte des Kindes ist nicht mit dem A n n e h m e n d e n verschwägert. § 1642. D a s a n g e n o m m e n e K i n d erhält den Familiennamen des Annehmenden. E II § 1642 Wird d a s K i n d von einer F r a u a n g e n o m m e n , die in Folge ihrer Verheirathung einen anderen N a m e n führt, so erhält es den Familiennamen, welchen die F r a u vor der V e r h e i r a t h u n g g e f ü h r t hat. In den Fällen des § 1639 Abs. 2 erhält das K i n d den Familiennamen des M a n n e s . D a s K i n d darf d e m neuen N a m e n seinen früheren Familiennamen h i n z u f ü g e n , sofern nicht in dem A n n a h m e v e r t r a g ein Anderes bestimmt ist. § 1643. D e r A n n e h m e n d e hat über das V e r m ö g e n des Kindes, soweit es auf G r u n d d e r elterlichen G e w a l t seiner V e r w a l t u n g unterliegt, auf seine K o s t e n ein
24
In der ZustRedKom. heißt es: „wird von Ehegatten". 801
Ell§1643
§§ 1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
Verzeichniß aufzunehmen und dem Vormundschaftsgericht einzureichen. Erfüllt er diese Verpflichtung nicht, so kann ihm das Vormundschaftsgericht die Vermögensverwaltung entziehen. Die Entziehung kann jederzeit wieder aufgehoben werden. 25 Will der Annehmende, während er die elterliche Gewalt über das Kind hat, eine Ehe eingehen, so finden die Vorschriften der §§ 1560 bis 1562 Anwendung. E II § 1644
§ 1644. Durch die Annahme an Kindesstatt wird ein Erbrecht für den Annehmenden nicht begründet.
E II § 1645
§ 1645. Die zwischen dem Kinde und seinen Verwandten durch die Verwandtschaft begründeten Rechte und Pflichten werden durch die Annahme an Kindesstatt nicht berührt, soweit sich nicht aus dem Gesetz ein Anderes ergiebt.
E II § 1646
§ 1646. Durch die Annahme an Kindesstatt verlieren die leiblichen Eltern die elterliche Gewalt über das Kind, die uneheliche Mutter das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen. H a t der Vater oder die Mutter dem Kinde den Unterhalt zu gewähren, so treten das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen, wieder ein, wenn die elterliche Gewalt des Annehmenden beendigt ist oder wenn sie nach § 1565 Abs. 1 oder nach § 1566 ruht. Das Recht zur Vertretung des Kindes tritt nicht wieder ein.
E II § 1647
§ 1647. D e r Annehmende ist dem Kinde und dessen Abkömmlingen, soweit sich die Wirkungen der Annahme auf sie erstrecken, vor den leiblichen Verwandten des Kindes zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet. Soweit die Vorschriften über die Unterhaltspflicht der Verwandten ein Erb- oder Pflichttheilsrecht zwischen dem Bedürftigen und dem Verpflichteten voraussetzen, gilt bei der Anwendung dieser Vorschriften der Annehmende als erb- und pflichttheilsberechtigt.
E II § 1648
§ 1648. In dem Annahmevertrage kann die Nutznießung des Annehmenden am 26 Vermögen des Kindes sowie das Erbrecht des Kindes dem Annehmenden gegenüber ausgeschlossen werden. Im Uebrigen können, vorbehaltlich der Vorschrift des $ 1642 Abs. 2, die Wirkungen der Annahme an Kindesstatt in dem Annahmevertrage nicht geändert werden.
E II § 1649
§ 1649. Das durch die Annahme an Kindesstatt begründete Rechtsverhältniß kann wieder aufgehoben werden. Die Aufhebung kann nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgen. Die Aufhebung erfolgt durch Vertrag zwischen dem Annehmenden, dem angenommenen Kinde und denjenigen Abkömmlingen des Kindes, auf welche sich die Wirkungen der Annahme erstrecken. H a t ein Ehepaar 2 7 gemeinschaftlich ein Kind angenommen oder hat ein Ehegatte ein Kind des anderen Ehegatten angenommen, so bedarf es der Theilnahme beider Ehegatten an dem Aufhebungsvertrage.
E II § 1650
§ 1650. Nach dem T o d e des Kindes können die übrigen Betheiligten das unter ihnen bestehende Rechtsverhältniß durch Vertrag aufheben. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 1639 Abs. 2 nach dem Tode eines der Ehegatten.
Ell§1651
§ 1651. Die für den Annahmevertrag und dessen Bestätigung geltenden Vorschriften der §§ 1631 bis 1634 und des § 1637 gelten auch für den Aufhebungsvertrag. 25
26 27
In der ZustRedKom. lautet dieser Satz: „Eine solche Anordnung kann jederzeit wieder aufgehoben werden." In der ZustRedKom. heißt es: „an dem". In der ZustRedKom. heißt es: „haben Ehegatten gemeinschaftlich".
802
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 —1772
§ 1652. Auf die Anfechtung des A n n a h m e - o d e r des Aufhebungsvertrags, auf die E II § 1652 A n f e c h t u n g der Einwilligung der in den §§ 1627, 1629 bezeichneten Personen sowie auf die Bestätigung des anfechtbaren Rechtsgeschäfts finden die Vorschriften der §§ 1633, 1634 und des § 1636 Abs. 2 entsprechende Anwendung. § 1653. Schließen Personen, die durch A n n a h m e an Kindesstatt verbunden sind, E I I § 1653 der V o r s c h r i f t des § 1217 zuwider eine Ehe, so tritt mit der Eheschließung die A u f h e b u n g des durch die A n n a h m e zwischen ihnen begründeten Rechtsverhältnisses ein. Ist die Ehe nichtig oder ist sie anfechtbar und angefochten, so wird, wenn dem einen Ehegatten die elterliche Gewalt über den anderen zusteht, diese mit der Eheschließung verwirkt. Die V e r w i r k u n g tritt nicht ein, wenn die Nichtigkeit der Ehe auf einem Formmangel beruht und die Ehe 2 8 nicht in das Heirathsregister eingetragen w o r d e n ist. § 1654. D u r c h die A u f h e b u n g der Annahme an Kindesstatt verlieren das Kind und E II § 1654 diejenigen Abkömmlinge des Kindes, auf welche sich die A u f h e b u n g erstreckt, das Recht, den Familiennamen des A n n e h m e n d e n zu führen. Diese Vorschrift findet in den Fällen des § 1639 Abs. 2 keine Anwendung, w e n n die A u f h e b u n g nach dem T o d e eines d e r Ehegatten erfolgt. 2. Revision des E II (Prot II 6, 305 f.): XV. Z u § 1640 w a r beantragt: im Satze 2 statt „zugleich" zu setzen „auch". D e r A n t r a g w u r d e ohne Widerspruch a n g e n o m m e n .
Jacubezky (Nr 87, 8)
XVI. Zu § 1643 w a r beantragt: dem Satze 1 des Abs. 1 nach „einzureichen" h i n z u z u f ü g e n : die V o r s c h r i f t des 5 1682 Abs. 3 findet Anwendung. Die K o m m , w a r mit dem Antrag einverstanden.
Jacubezky (Nr 87, 9)
V. Fassung der Regelung im E IIrev. (E III): § § s §
1719 1720 1721 1722
E E E E
II II II II
rev. rev. rev. rev.
(S (§ (§ (§
1717 1718 1719 1720
E E E E
III) III) III) III)
entspricht entspricht entspricht entspricht
§ § § §
1741 1742 1743 1744
BGB. BGB. BGB. BGB.
§ 1723. V o n den Erfordernissen des § 1722 kann Befreiung bewilligt werden, von E III § 1721 der V o l l e n d u n g des fünfzigsten Lebensjahrs jedoch nur, wenn der Annehmende BGB§ 1745 volljährig ist. Die Bewilligung steht dem Bundesstaate zu, dem der V a t e r a n g e h ö r t ; ist der Vater ein Deutscher, der keinem Bundesstaat angehört, so steht die Bewilligung dem Reichskanzler zu. U e b e r die Ertheilung der einem Bundesstaate zustehenden Bewilligung hat die Landesregierung zu bestimmen. § 1724 E II rev. (§ 1722 E III) entspricht § 1746 BGB. S 1725 E II rev. (§ 1723 E III) entspricht § 1747 BGB. § 1726 E II rev. (§ 1724 E III) entspricht § 1748 BGB. § 1727 E II rev. (§ 1725 E III) entspricht § 1749 BGB. § 1728 E II rev. (§ 1726 E III) entspricht § 1750 BGB. § 1729 E II rev. (§ 1727 E III) entspricht § 1751 BGB. 28
In der ZustRedKom. heißt es: „wenn die Ehe wegen eines Formmangels nichtig und nicht
803
§§1741-1772 § 1730 E S 1731 E § 1732 E S 1733 E § 1734 E § 1735 E § 1736 E § 1737 E
2. Abschnitt: Verwandtschaft
II rev. (§ II rev. (§ II rev. (§ II rev. (§ II rev. (§ II rev. (§ II rev. (§ II rev. (§
1728 E 1729 E 1730 E 1731 E 1732 E 1733 E 1734 E 1735 E
III) III) III) III) III) III) III) III)
entspricht § 1752 BGB. entspricht § 1753 BGB. entspricht § 1754 BGB. entspricht § 1755 BGB. entspricht § 1756 BGB. entspricht § 1757 BGB. entspricht § 1758 BGB. entspricht § 1759 BGB.
EIII § 1736 § 1738. Der Annehmende hat über das Vermögen des Kindes, soweit es auf BGB§ 1760 Grund der elterlichen Gewalt seiner Verwaltung unterliegt, auf seine Kosten ein Verzeichniß aufzunehmen und dem Vormundschaftsgericht einzureichen. Ist das Verzeichniß ungenügend, so findet die Vorschrift des § 1646 Abs. 2 Satz 2 Anwendung. Erfüllt der Annehmende die ihm nach Abs. 1 obliegende Verpflichtung nicht, so kann ihm das Vormundschaftsgericht die Vermögensverwaltung entziehen. Die Entziehung kann jederzeit wiederaufgehoben werden. § 1739 E II rev. (§ 1737 E III) entspricht §1761 BGB. § 1740 E II rev. (§ 1738 E III) entspricht § 1762 BGB. § 1741 E II rev. (§ 1739 E III) entspricht § 1763 BGB. § 1742 E II rev. (§ 1740 E III) entspricht § 1764 BGB. § 1743 E II rev. (§ 1741 E III) entspricht § 1765 BGB. § 1744 E II rev. (§ 1742 E III) entspricht § 1766 BGB. § 1745 E II rev. (§ 1743 E III) entspricht § 1767 BGB. § 1746 E II rev. (§ 1744 E III) entspricht § 1768 BGB. § 1747 E II rev. (§ 1745 E III) entspricht § 1769 BGB. § 1748 E II rev. (§ 1746 E III) entspricht § 1770 BGB. § 1749 E II rev. (§ 1747 E III) entspricht § 1771 BGB. § 1750 E II rev. (§ 1748 E III) entspricht § 1772 BGB.
Anhang zum Adoptionsrecht: E I § 1632
Achter Titel Feststellung fainilienrechtlicher Verhältnisse § 1632. Wird die Klage auf Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Eltern- und Kindesverhältnisses zwischen den Parteien oder auf Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens der elterlichen Gewalt der einen Partei über die andere erhoben, so wirkt das Urtheil, welches auf eine solche Feststellungsklage erlassen und noch während der Lebenszeit der Parteien rechtskräftig geworden ist, für und gegen Alle. Ein das Eltern- und Kindesverhältniß oder die elterliche Gewalt feststellendes Urtheil wirkt jedoch nicht gegen den Dritten, welcher das elterliche Verhältniß oder die elterliche Gewalt für sich in Anspruch nimmt, sofern derselbe nicht an dem Prozesse Theil genommen hatte. Die Vorschriften des ersten Absatzes finden keine Anwendung auf den Rechtsstreit, welcher die Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens der unehelichen Vaterschaft zum Gegenstande hat. 804
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§§1741-1772
A. 1. Kommission 527. Sitzung vom 3. 3. 1886, Schriftführer:
Ege.
| D i e Berathung wandte sich zu dem die Feststellung und A n f e c h t u n g familien- I Prot I 8099 rechtlicher Verhältnisse betreffenden 9. Titel des II. Abschnittes, §§ 466 bis 474. D i e §§ 466 bis 469 handeln von den Klagen, welche die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Eltern- und Kindesverhältnisses oder der elterlichen Gewalt o d e r der elterlichen gesetzlichen V o r m u n d s c h a f t unter den Parteien z u m Gegenstande haben, unter Ausscheidung der auf die Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes durch den Ehemann gerichteten Klage (Entw. §§ 278 ff., Zusammenstellung §§ 1436 ff.), während die §§470 bis 474 f ü r die Anfechtung familienrechtlicher Rechtsgeschäfte, welche das Rechtsverhältniß von Abkömmlingen begründen oder die E n t s t e h u n g eines solchen Rechtsverhältnisses bedingen, besondere Bestimmungen aufstellen. Z u n ä c h s t w u r d e n die §§ 466 bis 469 zur Berathung gestellt. Dieselben lauten: § 466. „Für Klagen, welche die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens TE-FamR eines Eltern- und Kindesverhältnisses unter den Parteien o d e r die Feststellung der § 466 Frage zum Gegenstande haben, ob der | einen gegenüber der anderen die elterliche I Prot 18100 Gewalt oder die gesetzliche V o r m u n d s c h a f t zusteht oder nicht, gelten, vorbehaltlich der im ersten Titel dieses Abschnitts besonders geregelten Fälle, die nachstehenden Bestimmungen." § 467. „Auf die im § 466 bezeichneten Feststellungsklagen finden die in §§ 569, 577, 578, 579 und 581 der deutschen C . P . O . enthaltenen Bestimmungen den im § 35 bezeichneten Abweichungen entsprechende Anwendung. D i e Feststellungsklage und die im § 471 gedachte Anfechtungsklage können einander verbunden werden. D i e V e r b i n d u n g einer anderen Klage mit den erwähnten Klagen, sowie E r h e b u n g einer Widerklage anderer Art ist unstatthaft."
den TE-FamR mit §467 mit die
§ 468. „Wird im Laufe eines Rechtsstreits, dessen Entscheidung ganz oder theil- TE-FamR weise davon abhängt, ob unter den Prozeßparteien eines der in § 466 gedachten §468 Rechtsverhältnisse besteht, diese Frage streitig, so m u ß bis z u r Erledigung derselben im W e g e der Feststellungsklage das Gericht die V e r h a n d l u n g des Rechtsstreits aussetzen." § 469. „Die Rechtskraft eines die Ehelichkeit eines Kindes feststellenden Urtheils TE-FamR steht d e r Geltendmachung des nach § 277 dem E h e m a n n e zustehenden Rechts auf §469 A n f e c h t u n g der Ehelichkeit des Kindes nicht entgegen." H i e r z u lagen folgende Anträge vor:
Planck (Nr 275)
I. Seitens des Referenten:
1. in den gedruckten Abänderungsanträgen, | in § 466 die W o r t e „oder die gesetz- | Prot 18101 liehe V o r m u n d s c h a f t " zu streichen; 2. die §§ 466 bis 469 durch folgende Bestimmungen zu ersetzen: § a. „Auf einen Rechtsstreit, welcher die Feststellung des Bestehens o d e r Nichtbestehens eines Eltern- und Kindesverhältnisses zwischen den Parteien o d e r die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der elterlichen Gewalt der einen Partei über die andere z u m Gegenstande hat, finden die Vorschriften der §§ 569, 577, 578, 579, 581 der Civilprozeßordnung und des § 1226 N o . 2 bis 5, 7 entsprechende Anwendung. 805
§§1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
Mit der Feststellungsklage kann eine andere Klage nicht verbunden, gegen dieselbe eine Widerklage anderer Art nicht erhoben werden. Die Vorschriften des ersten Absatzes finden keine Anwendung auf einen Rechtsstreit, welcher lediglich die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der unehelichen Vaterschaft zum Gegenstande hat." (Vergl.S 1243 derZusst.). § b. „Wird im Laufe eines Rechtsstreites streitig, ob zwischen den Parteien eines der in dem § a bezeichneten Rechtsverhältnisses besteht, und ist von der Entscheidung dieser Frage die Entscheidung des Rechtsstreits abhängig, so hat das Gericht das Verfahren bis dahin auszusetzen, daß der Streit über das Bestehen oder Nichtbestehen des Rechtsverhältnisses im Wege der Feststellungsklage erledigt ist." (Vergl.S 1244 derZusst.) N.B. Die Bestimmung des § 469 wird als selbstverständlich weggelassen. | Prot I 8102 | § c. (neu) „Das auf die Feststellungsklage erlassene, noch während der Lebenszeit der Parteien rechtskräftig gewordene Urtheil erlangt Rechtskraft f ü r und gegen Alle. Das Urtheil, durch welches das Bestehen des Eltern- und Kindesverhältnisses oder das Bestehen der elterlichen Gewalt festgestellt ist, erlangt jedoch keine Rechtskraft gegen den Dritten, welcher im Widerspruch mit dem Inhalte des Urtheils die Vaterschaft oder die Mutterschaft in Ansehung des Kindes oder die elterliche Gewalt über dasselbe f ü r sich in Anspruch nimmt, sofern dieser nicht an dem Rechtsstreit Theil genommen hatte. Solange das Kind noch am Leben ist, kann der Dritte seine Vaterschaft oder seine Mutterschaft in Ansehung des Kindes oder die elterliche Gewalt über dasselbe nur im Wege einer gegen die Parteien des früheren Prozesses und, wenn von demselben nur noch das Kind am Leben ist, gegen dieses allein zu richtenden Feststellungsklage geltend machen. Stirbt während der Rechtshängigkeit des Rechtsstreits der frühere Gegner des Kindes, so wird der Rechtsstreit in Ansehung der Hauptsache gegen das Kind allein fortgesetzt. Durch das auf diese Feststellungsklage erlassene, noch während der Lebenszeit des Dritten und des Kindes rechtskräftig gewordene Urtheil verliert das frühere Urtheil in Ansehung der Hauptsache seine Wirkung." (Vergl. §§ 1227, 1442 derZusst.) v. Weber (Nr 277) | Prot I 8103
II. 1. § 467 Absatz 1. Statt „im $ 35 bezeichneten Abweichungen" zu setzen: ) ; ; m § 1226 Ziffer 3,4,5,7 bezeichneten Er-1 gänzungen und Abänderungen." 2. § 469. „Das auf eine Feststellungsklage der in § 466 bezeichneten Art erlassene, noch während der Lebenszeit der Parteien rechtskräftig gewordene Urtheil erlangt Rechtskraft f ü r und gegen Alle. Die Rechtskraft eines die Ehelichkeit eines Kindes feststellenden Erkenntnisses steht jedoch der späteren Geltendmachung der Unehelichkeit des Kindes (nach Maßgabe der Vorschriften des ersten Titels dieses Abschnitts) nicht entgegen. Auch steht die Rechtskraft eines das Eltern- oder Kindesverhältniß oder die elterliche Gewalt feststellenden Urtheiles einem Dritten, welcher selbst das Elternverhältniß zu dem Kinde oder die elterliche Gewalt über das Kind für sich in Anspruch nimmt, nicht entgegen, sofern er nicht an dem Rechtsstreit Theil genommen hat. Die Klage des Dritten muß in einem Falle dieser Art, solange beide frühere Prozeßparteien leben, gegen beide zusammen gerichtet werden. Auf das Verfahren finden die Vorschriften der §§ 467, 468 und auf das Urtheil die Vorschriften des ersten Absatzes Anwendung." 3. Für den Fall der Annahme des zweiten Absatzes des § 469 nach vorstehendem Vorschlage unter 2 wird beantragt, dem $ 1243 Abs. 1 eine entsprechende Bestim806
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§§1741-1772
mung hinzuzufügen, daß der § 1227 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung finde, daß die Rechtskraft eines das Bestehen der Ehe feststellenden Urtheiles der Geltendmachung des Rechtes auf Anfechtung der Ehe (durch die unterliegende Partei) nicht entgegenstehe. | 4. Die §§ 466—469 zu streichen, eventuell zu beschließen: a) § 1441 Abs. 2 ferner (zu vergl. Antrag I, 1, b bei §§ 470 — 474) statt „Widerklage" zu setzen: „andere Widerklage als diejenige, welche die Feststellung der Ehelichkeit des Kindes zum Gegenstande hat." und als Abs. 3 zuzusetzen: „Auf den von dem Kinde gegen den Ehemann zu erhebenden Rechtsstreit, welcher die Feststellung der Ehelichkeit des Kindes zum Gegenstande hat, finden die Vorschriften der §§ 569, 577, 578, 579, 581 der C.P.O. und des § 1226 No. 1—5, 7 entsprechende Anwendung." b) Hinter § 1464 einzustellen: § 1464 a . „Auf einen Rechtsstreit, welcher die Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens der elterlichen Rechte der einen Partei über die andere zum Gegenstande hat, finden die Vorschriften der §§ 569, 577, 578, 579, 581 der C.P.O. und des § 1226 N o . 2—5, 7 entsprechende Anwendung. Das Urtheil steht jedoch denjenigen Personen, welche an dem Prozesse nicht Theil genommen haben, bei der Geltendmachung der einem Dritten zustehenden elterlichen Rechte nicht entgegen."
| Prot 18104 Kurlbaum (Nr 273, 2 u. N r 278)
Das Ergebniß der Berathung war Folgendes: 1. Einverständniß bestand, daß die Erwähnung der gesetzlichen Vormundschaft zufolge der von dem Redaktor nachträglich vorgeschlagene Beseitigung der gesetzlichen Vormundschaft der Eltern, entsprechend den sämmtlichen Anträgen, vorbehaltlich späterer Beschlußfassung über jenen Vorschlag des Redaktors auszufallen habe (vergl. Prot. S. 7822, 7823, 8051). 2. D e r Entwurf und die Anträge, soweit sie nicht auf | Streichung gerichtet sind, | Prot I 8105 sehen f ü r die in Frage stehenden Klagen die Offizialmaxime vor. Es wurde, vorbehaltlich der Einzelheiten, zunächst beschlossen: Für die Rechtsstreitigkeiten, welche die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines natürlichen oder künstlichen, elterlichen Verhältnisses unter den Parteien zum Gegenstande haben, soll die Offizialmaxime gelten. Die Kommission war der Ansicht: Die Annahme des Offizialprinzips f ü r die in Frage stehenden Klagen enthalte allerdings eine Aenderung der Civilprozeßordnung. Die Kommission habe aber auch schon in anderen Fällen, wo sie sich überzeugt habe, daß die Verhandlungsmaxime mit dem Gegenstande des Rechtsstreites nicht vereinbar sei, in größerem oder geringerem U m f a n g e das Offizialprinzip eingeführt und dadurch die Civilprozeßordnung geändert, nämlich für die Anfechtungsklage gegen eine Todeserklärung (K.E. § 25), in Ehesachen durch die Erweiterung des Offizialprinzips für die Rechtsstreitigkeiten, welche die Nichtigerklärung oder Anfechtung einer Ehe (Zusst. §§ 1226, 1239 (Mitgetheilt S. 7338 Anm.)) sowie die Scheidung der Ehe oder die Trennung der Ehe von Tisch und Bett (Zusst. § 1416 (§ 1416 enthält die Beschlüsse zu § 246 des Entw., Prot. S. 7347—7349)) die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe unter den Parteien (Zusst. § 1243 (§ 1243 enthält die Beschlüsse zu §§ 34, 35, 37, 38 des Entw., Prot. S. 5925 — 5933, 5934—5941) ) zum Gegenstande haben, sowie für die Klage des Ehemannes auf Anfechtung der Ehelichkeit eines von seiner Ehefrau 807
§§ 1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
während der Ehe oder innerhalb dreihundert Tagen nach der Auflösung der letzteren geborenen Kindes (Zusst. § 1441 (§1441 betrifft die Beschlüsse zu §§ 279, 283 Abs. 2 des Entw., Prot. S. 7 4 7 8 - 7 4 8 3 , 7 4 8 7 - 7 4 9 5 , 7499—7501, 7512.)). Die Gründe, welche die Kommission bestimmt hätten, in den gedachten Fällen, insbesondere für die Anfechtungsklage des Ehemannes gegen das Kind, das Offizialprinzip anzunehmen, träfen im Wesentlichen auch hier zu. Es handele sich in der H a u p t | Prot 18106 sache um die Fälle, w o die Ungültigkeit eines Adoptionsvertrages oder | der Legitimation eines unehelichen Kindes in Frage stehe, oder ein Kind unterschoben, geraubt worden sein soll oder Jemand mit der Behauptung auftrete, er sei das uneheliche Kind einer bestimmten Frauensperson, also um Verhältnisse, welche in Ansehung der Frage, ob sie bestehen oder nicht bestehen, der Privatdisposition der Parteien entzogen seien, und bei deren Feststellung das öffentliche Interesse in höherem oder geringerem Maße, gleichwie in jenen Fällen, betheiligt sei. Auch hier sei eine größere Garantie dafür, daß durch das Urtheil die materielle Wahrheit zur Geltung komme, als diejenige, welche in der Verhandlungsmaxime nach den allgemeinen Grundsätzen der Civilprozeßordnung enthalten sei, nöthig, welche Garantie das Offizialprinzip biete (vergl. Prot. S. 5938 ff., 7488—7491). Dieses Prinzip sei somit von selbständiger Bedeutung, auch wenn die dingliche Wirkung des in den fraglichen Rechtsstreitigkeiten ergehenden Urtheiles nicht beschlossen werden sollte. Wenn auch hierdurch nicht für alle denkbaren Fälle, in denen das Bestehen oder Nichtbestehen der betreffenden Verhältnisse in Streit gezogen sei, gesorgt werden könne, insofern mit dem Entwürfe die zu beschließenden Vorschriften nur für diejenigen Fälle gegeben werden könnten, w o über das Bestehen oder Nichtbestehen der betreffenden Rechtsverhältnisse unter den Parteien, d. h. dem fraglichen Kinde und Elterntheile, gestritten werde, und insbesondere im Falle des Todes der einen oder anderen dieser Personen außer Anwendung bleiben müßten, so werde die erwähnte Garantie doch für die wichtigsten Fälle gegeben. Für diese aber, könne man sagen, sei die Annahme des Offizialprinzipes auch nahezu eine Konsequenz der schon beschlossenen Einführung desselben f ü r die Klage des Ehemannes auf Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes (§ 1441 Zusst.). Im Einzelnen wurde hierauf noch beschlossen: | Prot I 8107
| a) Die Frage, ob der § 466 nach dem Antrag I, 2 mit der Bestimmung des § 467 zu verbinden sei, sowie ob der Eingang des § 467 mit dem bezeichneten Antrage nach dem Vorgange der §§ 1239, 1441 der Zusst. zu fassen oder nicht vielmehr, da es sich um die Feststellungsklage handele, der § 1243 Zusst. zum Vorbilde zu nehmen sei, wurde der P r ü f u n g bei der Redaktion überlassen. Einverständniß bestand, daß die Hervorhebung, es handele sich um das Bestehen oder Nichtbestehen der betreffenden Verhältnisse unter den streitenden Parteien, nicht unterbleiben dürfe. b) Der eventuelle Antrag 4 bezweckt einerseits eine erhebliche Beschränkung der zu beschließenden Vorschriften, indem abgesehen von dem in Nr. 4 a vorgesehenen Falle, das Offizialprinzip nur für die Geltendmachung elterlicher Rechte vorgeschrieben werden soll, andererseits die Ausdehnung der zu beschließenden Vorschriften auf alle Fälle, wo über Feststellung elterlicher Rechte einer Partei über die andere gestritten wird, also die Hereinbeziehung von Rechtsstreitigkeiten über das Recht zum Heirathskonsens (§ 1210), zur Einwilligung in die Adoption, sowie das der ehelichen Mutter unter gewissen Umständen, auch wo ihr die elterliche Gewalt nicht zusteht, bezw. der unehelichen Mutter zustehenden Rechtes der Sorge f ü r die Person des Kindes. Die Kommission erachtete weder jene Beschränkung f ü r gerechtfertigt, noch die Ausdehnung als durch das Bedürfniß geboten, und beschloß dem 808
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1772
Antrage I, 2 § a gemäß, daß die Vorschriften Anwendung zu finden haben auf die Fälle, w o auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Eltern- und Kindesverhältnisses oder der elterlichen Gewalt (unter den Parteien) geklagt wird. c) D e r Entwurf § 466 nimmt von den zu gebenden Vorschriften die schon geregelte Anfechtungsklage des Ehemannes | gegen das Kind (§ 1441 Zusst.) ausdrücklich | Prot 18108 aus. D e r Antrag I, 2 hält dies für überflüssig. Die Kommission erachtete die Aufnahme eines Vorbehaltes für § 1441 durch die Vorsicht für geboten; die Fassung blieb der Redaktion überlassen. 3. Zu $ 467. Bezüglich der für die Durchführung des Offizialprinzips im Einzelnen zu gebenden Bestimmungen stimmen die Anträge darin überein, daß für anwendbar zu erklären seien die Vorschriften der Civilprozeßordnung §§ 569, 577, 578, 579, 581, sowie der Zusst. § 1226 Nr. 3, 4, 5, 7 (Mitgetheilt S. 7348 Anm.). Der Antrag II, 1, welcher entgegen dem Antrage I, 2 § a Abs. 1, die Nr. 2 des § 1226 von der Anwendung hier ausschließen wollte, wurde nicht weiter verfolgt. Hiernach bestand allseitiges Einverständniß, daß neben den erwähnten Paragraphen der Civilprozeßordnung die Nr. 2 bis 5, 7 des § 1226 für anwendbar zu erklären seien. Zu § 467 Abs. 2, 3 wurde dem Antrage I, 2, § a Abs. 2 gemäß beschlossen: Mit der Feststellungsklage kann eine andere Klage nicht verbunden, gegen dieselbe eine Widerklage anderer Art nicht erhoben werden. Vorbehalten blieb, auf die in § 467 Abs. 2 hinsichtlich der im § 471 gedachten Anfechtungsklage nach Berathung des § 471 erforderlichenfalls zurückzukommen. Die Aufnahme der Bestimmung ist durch das für die in Rede stehenden Feststellungsklagen beschlossene besondere Verfahren geboten (vergl. C.P.O. §§ 575 Abs. 2, 587, Zusst. § 1441 Abs. 2. Zu § 467 wurde weiter angenommen der Antrag I, 2: § a. Abs. 3, wonach ausgesprochen werden soll, daß die zu § 467 beschlossene Offizialmaxime keine Anwendung finde auf einen Rechtsstreit, welcher die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der unehelichen Vater- | Schaft zum Gegenstand hat. Man erachtete den | Prot 18109 Antrag f ü r zweifellos richtig, weil es sich bei der erwähnten Klage nicht um Feststellung eines eigentlichen Statusverhältnisses handele, daher die Gründe, welche f ü r die zu $ 467 beschlossenen Vorschriften maßgebend seien, auf jene Klage nicht paßten. Die Festsetzung der Fassung blieb der Redaktion überlassen, welche insbesondere prüfen soll, ob das in dem Antrag stehende W o r t „lediglich" nicht entbehrt werden könne. 4. D e r § 468, welcher durch den Antrag I, 2, § b aufrechterhalten werden soll, wurde abgelehnt. Man war der Ansicht, daß die Bestimmung des § 468 im Hinblick auf den § 139 der C.P.O. durch ein Bedürfniß nicht geboten sei, zumal, nachdem die Kommission die Aufnahme ähnlicher Bestimmungen für die Anfechtung einer Ehe und diejenige der Ehelichkeit eines Kindes durch den Ehemann abgelehnt habe (Prot. S. 6037, 7495). 5. In den Anträgen I, 2 § c. Satz 1 und II, 2 zu § 469 Abs. 1 wird vorgeschlagen, die in Rechtsstreitigkeiten der in den §§ 466, 467 bezeichneten Art ergehenden, noch während der Lebenszeit der Parteien rechtskräftig gewordenen Urtheile mit Wirkung f ü r und gegen Alle auszustatten. Die Anträge wurden, die Einzelheiten vorbehalten, von der Kommission angenommen. Man erwog: Auch in Ansehung der hier in Frage stehenden Verhältnisse sei es im Interesse der öffentlichen Ordnung gelegen, daß die ergehenden Urtheile Rechtskraft f ü r und gegen Alle erlangen, wie bei den Urtheilen in Rechtsstreitigkeiten, in 809
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2. Abschnitt: Verwandtschaft
denen es sich um die Nichtigkeit einer Ehe, um deren Anfechtung oder um die Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes durch den Ehemann handele (Zusst. §§ 1227, 1241, 1442; Prot. S. 5938, 5939). Ueberdies schaffe die angenommene | Prot 18110 Bestimmung nicht etwas ganz Neues. Es werde in der Doktrin, vorzugsweise | des gemeinen Rechtes, vorwiegend die Ansicht vertheidigt, daß den auf eine sogenannte Statusklage ergehenden Urtheilen allgemeine Rechtskraft für und gegen Alle beiwohne, und sei das Prinzip im sächsischen Gesetzbuch (§ 1857) ausdrücklich zur Anerkennung gelangt. Für die Annahme der Rechtskraft mit Wirkung für und gegen Alle bilde allerdings ein nach der Offizialmaxime gestaltetes Verfahren die unerläßliche Voraussetzung, weil nur ein solches Verfahren die nöthige Garantie für die Feststellung der wirklichen materiellen Wahrheit biete. Die Offizialmaxime sei aber durch die Beschlüsse zu § 467 eingeführt. Die Annahme der Rechtskraft mit dinglicher Wirkung sei um so unbedenklicher, wenn man mit den Anträgen I, 2, § c und II, 2 eine Ausnahme mache zu Gunsten eines an dem Rechtsstreit nicht betheiligt gewesenen Dritten, welcher für sich selbst das Elternverhältniß oder die elterliche Gewalt in Anspruch nehme. Die Fassung des angenommenen Prinzips blieb der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten. Im Einzelnen wurde noch beschlossen: a) Der Antrag Nr. I, 2 § c Satz 2, mit welchem sachlich übereinstimmt der Antrag Nr. II, 2, § 469 Abs. 3 Satz 1, wurde angenommen. Man erachtete die vorgeschlagene Ausnahme von dem beschlossenen Prinzip, wie schon angedeutet, f ü r geboten und zwar aus denselben Gründen, welche für den Fall der Bigamie zur Aufstellung der Ausnahme von der in rem wirkenden Rechtskraft des über die Klage auf Nichtigerklärung einer Ehe erlassenen Urtheils geführt haben (§ 1227 Zusst.). Der Redaktion blieb die Prüfung überlassen, ob die in dem Antrage I, 2 (§ c Satz 2) stehenden Worte „im Widerspruch mit dem Inhalt des Unheiles" nicht als entbehrlich gestrichen werden sollten. | Prot 18111
|b) Die Anträge Nr. I, 2 § c Satz 3 und II, 2 § 469 Abs. 3 Satz 2 bezwecken, vorzuschreiben, daß in den Ausnahmefällen der lit. a der Dritte, solange beide frühere Prozeßparteien leben, die Klage gegen Beide zu richten habe. Der Antrag Nr. I, 2 bezweckt außerdem, auszusprechen, daß der Dritte an das frühere Urtheil gebunden sei, so lange bis er es angefochten habe und mit seiner Klage durchgedrungen sei. Die Anträge wurden abgelehnt. Man hielt eine kasuistische Bestimmung für Fälle, welche im Leben äußerst selten seien, nicht für gerechtfertigt, glaubte vielmehr, die Lösung der möglicherweise eintretenden Konflikte hier, wie im Falle des § 1227 (Bigamie), der Wissenschaft und Praxis überlassen zu müssen. Hiernach galten auch die weiteren Vorschläge in den Anträgen Nr. I, 2 Satz 4, 5 und II, 2 § 469 Abs. 3 Satz 3 als abgelehnt. 6. Der § 469, welchen der Referent nach der seinen Anträgen Nr. I, 2 angehängten Bemerkung (S. 8101) wegen Selbstverständlichkeit seines Inhaltes übergangen hat, wird von dem Antrage Nr. II, 2 zu § 469 Abs. 2 aufrecht erhalten. Die Kommission beschloß die Streichung des § 469. Man erwog: Der § 469 und der erwähnte Antrag wollten die Zweifel beseitigen, welche darüber entstehen könnten, ob trotz der Rechtskraft eines die Ehelichkeit des Kindes feststellenden, nach Maßgabe der §§ 466, 467 ergangenen Urtheiles von dem Ehemann noch die Ehelichkeit des Kindes gegen dasselbe nach Maßgabe der §§ 1436 ff. der Zusst. (Prot. S. 7457 ff.) angefochten werden könne. Man müsse davon absehen, diesen Zweifeln durch eine besondere Bestimmung vorzubeugen. Ihre Lösung müsse der Wissen810
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§ § 1741 — 1772
schaft und Praxis überlassen werden, zumal es sich um einen nur äußerst seltenen Fall handele. An der H a n d der beschlossenen Bestimmungen sei die Lösung auch unschwer zu finden. | W e n n nämlich das Kind auf Feststellung des Eltern- und Kindesverhältnisses | Prot 18112 gegen den (angeblichen) Vater Klage erhoben habe, so könne der Beklagte in diesem Prozesse die Ehelichkeit des Kindes aus dem Grunde, weil dasselbe nicht ehelich erzeugt sei, nicht geltend machen. Denn die Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes aus dem zuletzt erwähnten Grunde müsse der Ehemann nach den gefaßten Beschlüssen in separatem Prozesse durch besondere Klage geltend machen; er könne sie gar nicht in jenem Prozesse des Kindes gegen ihn verfolgen. Hiernach sei klar, daß es sich in beiden Prozessen um einen ganz verschiedenen Inhalt und Streitgegenstand handele. In dem ersten Prozesse des Kindes gegen den Vater stehe nur die Frage zur Entscheidung, ob das Kind in der Ehe geboren sei, während bei der Anfechtungsklage des Ehemannes gegen das Kind die Frage der ehelichen Zeugung im Streit und zu entscheiden sei. Hieraus folge, daß beide Klagen und Prozesse ganz unabhängig von einander seien. Ueberdies wäre es bedenklich, nur für den einen durch den § 469 betroffenen, und etwa noch für den durch den Antrag No. II, 3 hervorgehobenen Fall eine Bestimmung zu treffen, während derartige Zweifel vielleicht auch in anderen ähnlich liegenden Fällen auftauchen könnten. Für die Klage auf Nichtigerklärung einer Ehe z. B. könnte auch die Frage aufgeworfen werden, ob, falls dieselbe rechtskräftig abgewiesen worden, die Geltendmachung eines Anfechtungsgrundes bezüglich dieser Ehe noch zulässig sei. Die richtige Entscheidung werde sich auch hier an der H a n d der einschlägigen Vorschriften, nämlich derjenigen des § 587 der C.P.O. sowie des § 1238 der Zusst. ergeben. Man müßte also eine Bestimmung allgemeineren Inhaltes treffen oder sie für alle in Betracht kommenden Fälle wiederholen, indem sie, nur f ü r die hervorgehobenen Fälle gegeben, | eine positive Gestalt |Prot 18113 gewinnen würden. Wie gezeigt, sei aber jede Bestimmung entbehrlich. Hiermit galt auch der Antrag Nr. II, 3 als abgelehnt. 7. Durch die Anträge Nr. II, 4, a, b ist die Frage angeregt, ob die §§ 466 bis 469 beschlossenen Bestimmungen je bei den einzelnen Rechtsinstituten, auf welche sie sich beziehen, eingestellt oder, wie im Entwürfe, in einem Titel zusammengefaßt werden sollen. Die Kommission entschied sich für die von dem Entwürfe vorgeschlagene Behandlungsweise. Durch die seitherigen Beschlüsse galten auch die erwähnten Anträge Nr. II, 4 nsgesamt als erledigt. Die Kommission ging zur Berathung der, die Anfechtung familienrechtlicher Rechtsgeschäfte betreffenden Bestimmungen der §§ 470 bis 474 über. Dieselben lauten: § 470. „Auf die Anfechtung familienrechtlicher Rechtsgeschäfte, welche das TE-FamR Rechtsverhältniß von Abkömmlingen begründen oder doch die Entstehung eines § 470 solchen Rechtsverhältnisses bedingen, kommen, soweit es sich nicht um letztwillige Verfügungen handelt, die nachstehenden besonderen Bestimmungen zur Anwendung." § 471. „Die Anfechtung erfolgt durch Erhebung der Anfechtungsklage. TE-FamR Nach dem Tode jedoch derjenigen Person, gegen welche das Anfechtungsrecht § 4 7 1 begründet ist und, falls dasselbe gegen mehrere Personen begründet ist, nach dem T o d e einer derselben, erfolgt die Anfechtung nach Maßgabe des § 57. 811
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2. Abschnitt: Verwandtschaft
Ist eine derselben Personen, gegen welche das Anfechtungsrecht begründet ist, | Prot 18114 noch am Le- |ben, so ist die im §57 vorgesehene Erklärung auch dieser Person gegenüber abzugeben." TE-FamR § 472. „Auf die Anfechtungsklage finden die §§ 569, 577, 578, 579 und 581 der § 4 7 2 deutschen C.P.O. ferner der § 467 Abs. 2 und 3 und der § 280 Abs. 2 entsprechende Anwendung." TE-FamR § 473. „In Ansehung der Geltendmachung des Anfechtungsrechts durch Vertre§ 473 ter, der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters zur Geltendmachung des Anfechtungsrechts von Seiten des Vertretenen und der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts kommen dieselben Bestimmungen zur Anwendung, welche in diesen Beziehungen für die Aufhebung des betreffenden Rechtsverhältnisses oder, falls dasselbe nicht aufgehoben werden kann, für die Eingehung des betreffenden Rechtsgeschäfts maßgebend sind. Soweit jedoch nach jenen Bestimmungen eine Vertretung durch gesetzliche Vertreter ausgeschlossen ist, bedarf es zur Geltendmachung des Anfechtungsrechts von Seiten des in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Anfechtungsberechtigten der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters bezw. der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts nicht. Die Bestimmungen des ersten Absatzes gelten auch für den Verzicht auf das Anfechtungsrecht. TE-FamR § 474. „Die begründete Anfechtung bewirkt, daß das Verhältniß so angesehen § 474 w ird, als ob das betreffende Rechtsgeschäft niemals stattgefunden hätte; doch finden die Vorschriften der §§ 49, 59 Abs. 2, §§ 60, 43 und 47 Abs. 1 entsprechende Anwendung." | Prot 18115 Planck
| In den gedruckten Abänderungsanträgen ist beantragt: Zu §471. 1. Dem Abs. 1 folgenden Satz hinzuzufügen: „Ist die Anerkennung eines Kindes in den Fällen der §§ 278, 413 Gegenstand der Anfechtung, so ist Anfechtungsgegner das Kind." 2. Im Abs. 3 die Worte: „auch dieser Person gegenüber abzugeben" durch die Worte zu ersetzen „auch dieser Person mitzutheilen."
Zu § 474. Den Paragraphen dahin zu fassen: „Ist die Anfechtung erfolgt bezw. für begründet erkannt, so finden die Vorschriften der §§ 49, 59 Abs. 2, 60, 43 und 47 Abs. 1 entsprechende Anwendung." Außerdem ist beantragt: Kurlbaum 1.1. statt der §§ 470 bis 472 zu beschließen: (Nr 273, a ) hinter § 1442 der Zusst. einzuschalten: 5 ) § 1442 a. „Hat der Ehemann das Kind als das seinige anerkannt, so finden in Ansehung der Anfechtung der Anerkennung die Vorschriften der §§ 1439 bis 1442 (die §§ 1440, 1441 betreffen die Beschlüsse zu §§ 279, 280 Abs. 1, 282, 283 des Entw. Prot. S. 7478 ff.) entsprechende Anwendung." b) § 1441 Abs. 2 hinter „andere Klage" einzuschalten „als diejenige, mit welcher die Anerkennung der Ehelichkeit des Kindes angefochten wird", 2. statt des § 473 zu beschließen: a) § 438 a. „In Ansehung der Anfechtung des Vertrages und der Anfechtung der von einem Dritten ertheilten Einwilligung sowie in Ansehung der Genehmigung des 812
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 — 1772
anfechtbaren Rechtsgeschäfts finden die Vorschriften der §§ 422 bis 424 ent- | spre- | Prot 18116 chende Anwendung." b) § 465 a. „In Ansehung der Anfechtung des von dem Vater gestellten Antrages und der Anfechtung der von dem Kinde oder 2 9 der Ehefrau des Vaters ertheilten Einwilligung sowie in Ansehung der Genehmigung des anfechtbaren Rechtsgeschäfts finden die Vorschriften der §§ 448 bis 450 entsprechende Anwendung." 3. § 474 zu streichen. II. Der Referent hat erklärt, sich in Betreff der §§ 470 bis 474 den Anträgen unter III, jedoch unter den in Nachfolgendem beantragten Modifikationen anzuschließen. 1. Zu 2 a (§ 438 a) folgende Zusätze beizufügen: „Soweit eine Vertretung durch den gesetzlichen Vertreter ausgeschlossen ist, bedarf es jedoch zur Ausübung des Anfechtungsrechts von Seiten des in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Anfechtungsberechtigten der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters und der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts nicht (vergl. § 473 Abs. 2 d.E.). Nach dem T o d e des Anfechtungsgegners oder, wenn mehrere Personen Anfechtungsgegner sind, nach dem Tode eines derselben finden rücksichtlich der Ausübung des Anfechtungsrechts die Vorschriften des § 1238 Abs. 2, 3 der Zusst. mit der Maßgabe entsprechende Anwen- | dung, daß, wenn einer der Anfechtungsgegner noch lebt, auch diesem die Erklärung mitzutheilen ist (vergl. § 471 Abs. 2, 3 des Entw.)." 2. Zu 2 b (§ 465 a) die unter 1 bezeichneten Zusätze und folgenden Zusatz beizufügen: „In Ansehung der Anfechtung des von dem Vater gestellten Antrags auf Ehelichkeitserklärung ist Anfechtungsgegner das Kind." Das Ergebniß der Berathung war folgendes: 1. Die Besonderheiten, welche der Entwurf für die Anfechtung der in Rede stehenden familienrechtlichen Rechtsgeschäfte, abgesehen von der Bestimmung im § 473, vorschlägt, sind im Wesentlichen folgende: Die Anfechtung soll bei Lebzeiten des Anfechtungsgegners nur erfolgen können durch die Erhebung der Anfechtungsklage (§471). Auf die Anfechtungsklage soll das Offizialprinzip Anwendung finden (§ 472); außerdem soll f ü r diese Klage entsprechend gelten, was in den §§ 60, 43, 47 des Entw. über die Zurücknahme der auf Anfechtung der Ehe gerichteten Klage, über das Erforderniß der Nichtigerklärung einer formgültigen Ehe, sowie über den Zwang, einen Rechtsstreit, dessen Entscheidung davon abhängig ist, ob eine in Ansehung der Form gültige Ehe nichtig sei, auszusetzen (Zusst. §§ 1240, 1224 Abs. I 3 0 , 12 2 8), bestimmt ist (§ 474). Endlich sind im Anschluß an die §§ 49, 59 des Entw. (Zusst. §§ 1229, 1242) Bestimmungen zum Schutze gutgläubiger Dritter vorgeschlagen (§ 474). Die Bestimmung | des § 474 über die Wirkung der begründeten Anfechtung ist in den gedruckten Abänderungsanträgen im Hinblick auf den § 112 K.E. beseitigt (Bemerkungen zu jenen Anträgen S. 153). 2. Der Antrag No. I will zunächst, abweichend von dem Entwürfe § 470, die nöthigen Vorschriften nicht allgemein und unter Zusammenfassung an einer Stelle, bezw. durch eine Bezeichnung, sondern je f ü r die einzelnen in Betracht kommenden 29
30
Im metallographierten Antrag heißt es: „. . . der von dem Kinde oder einem Dritten ertheilten Einwilligung sowie in Ansehung. . § 1224 betrifft die Beschlüsse zu §§ 43, 48 des Entw., Prot. I, S. 5959—5964, 5968 (Familienrecht I, S. 152 ff.).
813
Planck (Nr 276)
| Prot 18117
| Prot 18118
§§1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
Verhältnisse an dem Orte, wo dieselben ihre Regelung im Gesetzbuch überhaupt finden, geben, nämlich nur für die Anfechtung der Anerkennung der Ehelichkeit eines Kindes durch den Ehemann, f ü r die Annahme an Kindesstatt und für die Legitimation durch Ehelichkeitserklärung. Hiermit hat sich der Redaktor einverstanden erklärt, und beschloß die Kommission demgemäß zu verfahren. 3. In dem Antrage N o . I, 1 a ist vorgeschlagen, auf die Anfechtung der Anerkennung der Ehelichkeit eines Kindes durch den Ehemann (§ 1437) die Vorschriften der §§ 1439 bis 1442 f ü r entsprechend anwendbar zu erklären. Die Kommission erklärte sich mit diesem Vorschlage, welchem der Referent beigetreten ist, einverstanden. Sie war mit dem Antragsteller und dem Referenten der Ansicht, daß es sich bei der Anfechtung einer solchen Anerkennung in der That um die Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes handele, also auch die erwähnten Vorschriften über die Anfechtung der Ehelichkeit gelten müßten. Hiermit ist für die | Prot 18119 Anfechtung der An- | erkennung der Ehelichkeit auch das Offizialprinzip nach Maßgabe des § 1441 der Zusst. (§ 1441 betrifft die Beschlüsse zu §§ 279, 283 Abs. 2 des Entw., Prot. S. 7 4 7 8 - 7 4 8 3 , 7 4 8 7 - 7 4 9 5 , 7 4 9 9 - 7 5 0 1 , 7512) angenommen. In Konsequenz des Beschlusses wurde auch der unter I b zu § 1441 Abs. 2 beantragte Zusatz von der Kommission angenommen. 4. Der Antrag N o . I, 2 (zu §§ 438 a, 465 a) steht in Ansehung der Anfechtung des Vertrages über die Annahme an Kindesstatt und der von einem Dritten hierzu ertheilten Einwilligung, ferner in Ansehung der Anfechtung des von dem unehelichen Vater gestellten Antrages auf Ertheilung der Ehelichkeitserklärung und der Anfechtung der von dem Kinde oder der Ehefrau des Antragstellers ertheilten Einwilligung auf dem Standpunkt, daß die Anfechtung selbst nach den allgemeinen Grundsätzen zu erfolgen habe und daß bezüglich der Wirkung der erfolgten Anfechtung die Vorschrift in § 112 K.E. Platz greife. Hieraus folgt, daß die betreffenden Rechtsgeschäfte bezw. rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen im Falle der Anfechtung so angesehen werden, als ob sie nicht vorgenommen wären, und die Annahme an Kindesstatt bezw. die Ehelichkeitserklärung wegen Mangels eines gesetzlichen Erfordernisses ungültig wären. Würde in der Folge die Gültigkeit oder die Ungültigkeit der Annahme an Kindesstatt oder der Ehelichkeitserklärung unter den Parteien in Streit gezogen, so handelte es sich lediglich um eine Feststellungsklage im Sinne der §§ 466, 467 des Entw., auf welche dann die heute beschlossenen Bestimmungen, somit auch das Offizialprinzip nach Maßgabe der heutigen Beschlüsse Anwendung fänden. | Prot I 8120 | Der Referent ist mit dieser Auffassung der Anträge I, 2, abgesehen von den in den Anträgen II, 1 und 2 vorgeschlagenen Modifikationen, einverstanden. Auch die Kommission trat dieser Auffassung bei, weil sie den allgemeinen Grundsätzen am meisten sich anschließe und zu einem angemessenen Ergebniß führe. Einverständniß bestand, daß die Nichtigkeit der in Frage stehenden Rechtsgeschäfte und Willenserklärungen so wenig, als die Nichtigkeit der Anerkennung eines ehelichen Kindes durch den Ehemann, besonders zu erwähnen sei, weil im Falle der Nichtigkeit rechtlich gar Nichts vorliege (§ 108 K.E.), also im Streitfalle die unmittelbare Anwendung der zu §§ 466 ff. beschlossenen Bestimmungen in Frage komme. 5. Einverständniß bestand ferner, daß in Folge der Beschlüsse unter N o . 2 bis 5 die §§ 470, 471, 472 zu streichen seien. 6. Zu § 473. Der Abs. 1 verweist in Ansehung der Geltendmachung des Anfechtungsrechtes durch Vertreter, der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters zur Geltendmachung des Anfechtungsrechtes von Seiten des Vertretenden und der Ge814
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§§1741-1772
nehmigung des Vormundschaftsgerichtes auf die Bestimmungen, welche in diesen Beziehungen f ü r die Aufhebung des betreffenden Rechtsverhältnisses oder, falls dasselbe nicht aufgehoben werden kann, für die Eingehung des betreffenden Rechtsgeschäftes maßgebend sind. Nach Abs. 3 soll dasselbe gelten für den Verzicht auf das Anfechtungsrecht. In Betracht kommen die Annahme an Kindesstatt und die Legitimation durch Ehelichkeits-1 erklärung. | Prot 18121 Die Anträge No. I, 2 a und b zu §§ 438 a, 465 a schließen sich dem Entwürfe, abgesehen von den in den Anträgen II, 1 und 2 bezeichneten Punkten, hierin im Wesentlichen an. Die Kommission erklärte sich insoweit mit den Anträgen einverstanden. An die Stelle der im § 438 a allegirten §§ 422 bis 425 des Entw. sind die den gefaßten Beschlüssen zu diesen Paragraphen entsprechenden §§10, 11, 12 Abs. 1, 13 Satz 2 der vorl. Zusst. über die Annahme an Kindesstatt (Prot. S. 8042 ff.) zu setzen. An die Stelle der in § 465 a allegirten §§ 448 bis 450 treten die zu diesen Paragraphen in der Sitzung vom 1. März gefaßten Beschlüssen (Prot. S. 8076 ff.). Der Abs. 2 des § 473, welcher von den Anträgen I, 2 a und b übergangen ist, wird von dem Referenten in seinen Anträgen II, 1 festgehalten. Es soll dadurch dem über 14 Jahre alten minderjährigen Kinde, welches bei Anwendung der im Abs. 1 des § 473 für anwendbar erklärten Vorschriften (vorl. Zusst. über Annahme an Kindesstatt §§ 11, 12 Abs. 1, Entw. §§ 448, 449) ohne Genehmigung des gesetzlichen Vertreters und des Vormundschaftsgerichts die Anfechtung nicht ausüben könnte, ermöglicht werden, den Vertrag über die Adoption, bezw. die Ehelichkeitserklärung anzufechten, ohne hierzu jene Genehmigung einholen zu müssen. Der zum Grunde liegende Gedanke ist: das Kind dürfe, da es auch zur Schließung des Vertrages oder zu der Ehelichkeitserklärung persönlich habe zustimmen müssen, nicht gegen seinen Willen in dem durch die Adoption oder | Ehelichkeitserklärung geschaffenen Rechtsverhält- | Prot I 8122 nisse festgehalten werden, wenn die betreffenden Rechtsgeschäfte wegen eines Mangels der zur Eingehung der Rechtsgeschäfte erforderlich gewesenen Willenserklärungen des Kindes anfechtbar seien. Die Kommission lehnte die Anträge ab, in der Erwägung: Das Kind habe in den unterstellten Fällen nach rechtlichem Begriff einmal eingewilligt und durch diese Einwilligung seien Rechte nicht bloß f ü r das Kind, sondern auch für den Vater begründet worden. Es handele sich also um die Aufgebung und bezw. Anfechtung bestehender Rechte durch eine Erklärung des Kindes; hierfür müßten die allgemeinen Grundsätze entscheiden. Eine Spezialbestimmung zu Gunsten des Kindes sei um so weniger am Platz, als das Vormundschaftsgericht, bei welchem das Kind zunächst seine Beschwerden anbringen könne, seine Genehmigung zur Anfechtung der Adoption oder der Ehelichkeitserklärung ertheilen werde, wenn die Beschwerden des Kindes sich als nicht unbegründet herausstellten. Ueberdies handele es sich um äußerst seltene Fälle. Auch der in dem Antrage II N o . 1 Abs. 2 No. 2 beantragte Zusatz zu §§ 438 a, 465 a, welcher bezweckt, in den in den Anträgen unterstellten Fällen die Bedenken und Zweifel, welche sich aus der Anwendung der allgemeinen Grundsätze ergeben, zu beseitigen, wurde abgelehnt. Die Mehrheit der Kommission war der Ansicht, daß sich auch hier eine Spezialvorschrift nicht empfehle. Bei der Anfechtung der Ehe (§ 1238 Zusst.) handele es sich um einen keineswegs seltenen und jedenfalls sehr wichtigen Fall, hier dagegen | um | Prot I 8123 einen kaum je vorkommenden Fall. Auch träfen die Gründe, welche für die Anfechtung der Ehe zu der Annahme der Bestimmung in § 1238 Abs. 2, 3 geführt hätten, 815
§§1741—1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
jedenfalls insoweit nicht zu, als sie auf der Berücksichtigung der Vermögensinteressen der Erben beruhten. Aehnlich verhalte es sich in den weiteren Fällen, in welchen die Kommission bisher eine gleiche Bestimmung getroffen habe (vergl. Zusst. §§ 1440, 1366 Abs. 1, 1370 N o . 5). Wenn die Beantwortung der Frage, wer Anfechtungsgegner sei, in dem unterstellten, wie vielleicht noch in manchem ähnlich liegenden Falle, an der H a n d der allgemeinen Vorschriften mit besonderen Schwierigkeiten verknüpft sein sollte, deren Lösung dem Anfechtungsberechtigten nicht zugemuthet werden könnte, so würde viel eher eine Ergänzung der einschlägigen Vorschriften des allgemeinen Theiles in Frage kommen. Eine kasuistische Bestimmung, wie die vorgeschlagene, sei nicht zu empfehlen. | Prot I 8124 | Der in dem Antrage Nr. II, 2 vorgeschlagene weitere Zusatz zu § 465 a wurde gleichfalls abgelehnt. Die Kommission erachtete eine besondere Bestimmung für den in dem Antrage bezeichneten Falle nicht für gerechtfertigt. Wenn nach den allgemeinen Vorschriften (K.E. §113) Zweifel darüber berechtigt seien, ob in Ansehung der Anfechtung des von dem Vater gestellten Antrages auf Ehelichkeitserklärung eines Kindes nur dieses der Anfechtungsgegner sei, so genüge es, daß nach jenen Vorschriften (§113 Abs. 2, 3. Fall) jedenfalls auch das Kind Anfechtungsgegner sei. Hiernach sind die Anträge I, 2 a und b, §§ 438 a, 465 a, vorbehaltlich der P r ü f u n g der Fassung bei der Redaktion, genehmigt. 7. Der § 474 wurde gemäß dem Antrage I, 3, welchem der Referent beigetreten ist, als entbehrlich geworden, gestrichen. Hierauf wurde der schon zu § 278 des Entw. eingebrachte, von der Kommission zur Erledigung hierher verwiesene Antrag zur Berathung gestellt, im allgemeinen Theil, etwa hinter § 101 die Bestimmung aufzunehmen: „Die Vorschriften in §§ 96 Abs. 2, 98 Abs. 1 K.E. finden auf familienrechtliche Rechtsgeschäfte, welche die Begründung, Aenderung, Aufhebung oder Feststellung eines familienrechtlichen Rechtsverhältnisses oder die dazu erforderliche Einwilligung dritter Personen zum Gegenstande haben, keine Anwendung." | Prot I 8125 nebst dem dazu damals eingebrachten Zusatzan-1 trag, beizufügen: „Doch finden bei Rechtsgeschäften dieser Art die Vorschriften des § 96 Abs. 3 und des § 98 Abs. 2 auch im Falle grober Fahrlässigkeit Anwendung." Vergl. Protokolle S. 7466, 7469, 7473, 7474. Der Antrag wurde abgelehnt, womit auch der Zusatzantrag erledigt war. Man hatte erwogen: Der Antrag bezwecke, durch eine allgemeine Vorschrift f ü r familienrechtliche Rechtsgeschäfte der bezeichneten Art die als §§ 96 Abs. 2, 98 Abs. 1 K.E. beschlossenen Vorschriften, wonach in den Fällen des sogenannten guten Scherzes und des wesentlichen Irrthums der Urheber der Willenserklärung, wenn und weil ihm grobe Fahrlässigkeit zur Last falle, an seiner Willenserklärung, obwohl sie mit seinem wirklichen Willen nicht übereinstimmt, als an einer gültigen festgehalten werden soll, für nicht anwendbar zu erklären, f ü r jene Rechtsgeschäfte also in den erwähnten Fällen zu dem reinen Willensdogma zurückzukehren, aus dem Grunde, weil es dem Wesen familienrechtlicher Verhältnisse, deren gedeihliche Gestaltung von der Gesinnung und dem guten Willen der Betheiligten abhänge und welche nahe auf die Dauer berechnete Beziehung hervorrufen, nicht entspreche, wenn ein Theil auf Grund seines Verschuldens an einer von ihm nicht gewollten Erklärung festgehalten werden sollte (vergl. Bemerkungen zu den gedr. Abänderungsanträgen S. 118 f.). Der Antrag sei jedenfalls viel zu allgemein gefaßt, indem er alle in ihm bezeichneten | Prot I 8126 Rechtsgeschäfte unter eine Regel stellen wolle. Man könnte | eine derartige Bestim816
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§ § 1741 —1772
m u n g n u r f ü r die e i n z e l n e n in B e t r a c h t k o m m e n d e n R e c h t s g e s c h ä f t e p r ü f e n u n d beschließen. In F r a g e s t e h e n , d a die E h e s c h l i e ß u n g w e g e n d e r f ü r diese beschlossen e n b e s o n d e r e n B e s t i m m u n g e n ausscheide, a b g e s e h e n v o n d e n E h e v e r t r ä g e n , f ü r w e l c h e sich d i e v o r g e s c h l a g e n e B e s t i m m u n g g e w i ß nicht r e c h t f e r t i g e , h a u p t s ä c h l i c h die A n e r k e n n u n g d e r e h e l i c h e n V a t e r s c h a f t d u r c h d e n E h e m a n n , die A d o p t i o n u n d d e r A n t r a g auf L e g i t i m a t i o n p e r r e s c r i p t u m b e z w . die h i e r z u e r f o r d e r l i c h e n Willense r k l ä r u n g e n des K i n d e s u n d D r i t t e r . R i c h t i g sei n u n z w a r , d a ß die K o m m i s s i o n d i e in §§ 96 Abs. 2, 98 Abs. 1 z u m A u s d r u c k g e k o m m e n e D u r c h b r e c h u n g des r e i n e n W i l l e n s d o g m a wesentlich mit R ü c k s i c h t auf die V e r k e h r s i n t e r e s s e n beschlossen h a b e . Allein g e r a d e bei j e n e n drei R e c h t s g e s c h ä f t e n h a n d e l e es sich d o c h g e w i ß a u c h u m s e h r w i c h t i g e V e r k e h r s - u n d V e r m ö g e n s i n t e r e s s e n . Also t r e f f e d e r h a u p t s ä c h l i c h e G r u n d d e r B e s t i m m u n g e n in §§ 96 Abs. 2, 98 Abs. 1 a u c h hier zu. H i e r z u k o m m e , d a ß die W i l l e n s e r k l ä r u n g e n bei d e r A d o p t i o n u n d L e g i t i m a t i o n p e r r e s c r i p t u m n o c h b e s o n d e r s f o r m a l i s i r t w o r d e n seien u n d d a ß es im h ö c h s t e n G r a d e b e d e n k l i c h erscheinen m ü ß t e , g e g e n die in feierlicher F o r m a b g e g e b e n e n E r k l ä r u n g e n d e m in grober Fahrlässigkeit handelnden U r h e b e r der Willenserklärung den Einwand zu g e s t a t t e n , er h a b e n u r einen S c h e r z m a c h e n w o l l e n , o d e r sich in einem I r r t h u m b e f u n d e n . T r e f f e d e n U r h e b e r d e r W i l l e n s e r k l ä r u n g d e r V o r w u r f g r o b e r Fahrlässigkeit, so w e r d e e r g e r a d e a u c h in d e n in F r a g e s t e h e n d e n Fällen mit R e c h t an seiner E r k l ä r u n g f e s t g e h a l t e n . E n d l i c h d ü r f e m a n a u c h n i c h t aus d e n b e z ü g l i c h d e r | A n - | Prot 18127 fechtbarkeit der Ehe wegen Irrthums beschlossenen besonderen Bestimmungen Zusst. § 1231 (§ 1231 b e t r i f f t die Beschlüsse z u §§ 41 N o . 1, 42, 51 des E n t w . , P r o t . S. 5 9 4 6 — 5 9 4 8 , 5951, 5 9 9 3 — 6 0 0 9 ) ein A r g u m e n t f ü r d e n A n t r a g herleiten. D e n n mit d e r E h e h a b e es im H i n b l i c k auf die b e s o n d e r e N a t u r derselben seine e i g e n e B e w a n d niß, w e l c h e die E x e m p l i f i z i r u n g f ü r a n d e r e V e r h ä l t n i s s e verbiete. 3 1 Fassung der Regelung in der RedVorl:
a)RedVorl
von Pape:
B. Feststellung familienrechtlicher Verhältnisse. § 18 (5§466, 467). W i r d die K l a g e auf Feststellung des Bestehens o d e r N i c h t b e stehens eines E l t e r n - u n d Kindesverhältnisses z w i s c h e n d e n P a r t e i e n o d e r auf Feststellung des Bestehens o d e r N i c h t b e s t e h e n s d e r elterlichen G e w a l t d e r einen P a r t e i ü b e r die a n d e r e e r h o b e n , so f i n d e n auf d e n Rechtsstreit, u n b e s c h a d e t d e r V o r s c h r i f t e n des § 1441, die V o r s c h r i f t e n § 1226 N o . 2 bis 5 u n d 7 sowie die in d e r Civilproz e ß o r d n u n g e n t h a l t e n e n V o r s c h r i f t e n d e r §§ 569, 577, 578, 579 u n d 581 e n t s p r e chende Anwendung. M i t d e r Feststellungsklage k a n n eine a n d e r e K l a g e n i c h t v e r b u n d e n , g e g e n d i e selbe eine W i d e r k l a g e n i c h t e r h o b e n w e r d e n . D i e V o r s c h r i f t e n des ersten u n d z w e i t e n A b s a t z e s f i n d e n k e i n e A n w e n d u n g auf d e n R e c h t s s t r e i t , w e l c h e r die Feststellung des Bestehens o d e r N i c h t b e s t e h e n s d e r unehelichen Vaterschaft z u m Gegenstande hat. (N.B. F ü r die F a s s u n g des E i n g a n g s des e r s t e n A b s a t z e s m u ß die des § 1243, n i c h t die des § 1441 z u m V o r b i l d d i e n e n . Es w i r d n i c h t n ö t h i g sein, h e r v o r z u h e b e n , d a ß u n t e r „ E l t e r n - u n d K i n d e s v e r h ä l t n i ß " a u c h das A d o p t i o n s v e r h ä l t n i ß u n d das in Legit i m a t i o n sich g r ü n d e n d e V e r h ä l t n i ß u n d nicht m i n d e r z u g l e i c h d e r Fall g e m e i n t sei, 31
Es folgen hier noch die bei Schubert/Jakobs, Beratung, Recht der Schuldverhältnisse III, S. 1058 ff. mitgetheilten Anträge und Beratungen. Der Antrag unter 1. stammt von Kurlbaum (Nr. 267; der Antrag unter 2. stammt von v. Mandry(Nr. 274). 817
§§1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
wenn es sich nur um die Feststellung handelt, ob das Eltern- und Kindesverhältniß gegenüber dem einen Elterntheile (Vater oder Mutter) bestehe. In diesem Sinne ist der Ausdruck auch in dem folgenden § zu verstehen.) § 19 (§ 469). Das Urtheil, welches in dem im ersten Absätze des § 18 bezeichneten Rechtsstreite erlassen und noch während der Lebenszeit der Parteien rechtskräftig geworden ist, erlangt Rechtskraft f ü r und gegen Alle. Ein, das Eltern- und Kindesverhältniß oder die elterliche Gewalt feststellendes Urtheil erlangt jedoch keine Rechtskraft gegen den Dritten, welcher das elterliche Verhältniß oder die elterliche Gewalt f ü r sich in Anspruch nimmt. b)RedVorl.
von Planck:
Achter Titel. Feststellung familienrechtlicher
Verhältnisse.
§ 1593 (Vorl.Zusst. § 18). Wird die Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Eltern- und Kindesverhältnisses zwischen den Parteien oder auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der elterlichen Gewalt der einen Partei über die andere erhoben, so finden auf den Rechtsstreit, unbeschadet der Vorschriften des § 1441, die Vorschriften des § 1226 No. 2 bis 5 und 7, sowie die in der Civilprozeßordnung enthaltenen Vorschriften der §§ 569, 577, 578, 579, 581 entsprechende Anwendung. Mit der Feststellungsklage kann eine andere Klage nicht verbunden, gegen dieselbe eine Widerklage anderer Art nicht erhoben werden. Die Vorschriften des ersten und zweiten Absatzes finden keine Anwendung auf den Rechtsstreit, welcher die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der unehelichen Vaterschaft zum Gegenstande hat. § 1594 (Vorl.Zusst. §19). Das Urtheil, welches auf die in dem ersten Absätze des § 1593 bezeichnete Feststellungsklage erlassen und noch während der Lebenszeit der Parteien rechtskräftig geworden ist, erlangt Rechtskraft f ü r und gegen Alle. Ein das Eltern- und Kindesverhältniß oder die elterliche Gewalt feststellendes Urtheil erlangt jedoch keine Rechtskraft gegen den Dritten, welcher das elterliche Verhältniß oder die elterliche Gewalt f ü r sich in Anspruch nimmt, sofern derselbe nicht an dem Prozesse Theil genommen hatte. Bemerkungen. Zu § 1593. Die vorläufige Zusammenstellung läßt in dem zweiten Absätze das in dem angenommenen Antrage befindliche W o r t „lediglich" fort. Dasselbe bezweckte, darauf hinzuweisen, daß der dritte Absatz sich nicht auf solche Fälle beziehe, in welchen die uneheliche Vaterschaft, wie bei der Legitimation, eine der Voraussetzungen des behaupteten Elternverhältnisses bildet. In Fällen dieser Art hat aber der Rechtsstreit in der That nicht die Feststellung der unehelichen Vaterschaft, sondern die Feststellung des durch die Legitimation begründeten Verhältnisses zum Gegenstande, und glaube ich daher auch, daß das fragliche W o r t besser wegbleibt. Zu § 1594. Durch die Fassung „auf die . . . Feststellungsklage erlassene" statt „in dem . . . Rechtsstreite erlassen" wird die Herstellung der Uebereinstimmung mit § 1227 bezweckt. Denselben Zweck verfolgt der Zusatz am Schlüsse „sofern . . . genommen hat." II. 1. Fassung der Regelung in der
ZustFamR:
ZustFamR § 1594. Wird die Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines § 1594 Eltern- und Kindesverhältnisses zwischen den Parteien oder auf Feststellung des 818
8. Titel: Annahme an Kindesstatt
§§ 1741-1772
Bestehens oder Nichtbestehens der elterlichen Gewalt der einen Partei über die andere erhoben, so finden auf den Rechtsstreit, unbeschadet der Vorschriften des § 1441, die Vorschriften des § 1226 N r . 2 bis 5, 7, sowie die in den §§ 569, 577 bis 579, 581 der Civilprozeßordnung enthaltenen Vorschriften entsprechende Anwendung. Mit der Feststellungsklage kann eine andere Klage nicht verbunden, gegen dieselbe eine Widerklage anderer Art nicht erhoben werden. Die Vorschriften des ersten u n d zweiten Absatzes finden keine A n w e n d u n g auf den Rechtsstreit, welcher die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der unehelichen Vaterschaft z u m Gegenstande hat. § 1595. Das Urtheil, welches auf die in dem ersten Absätze des § 1594 bezeichnete ZustFamR Feststellungsklage erlassen und noch w ä h r e n d der Lebenszeit der Parteien rechts- § '595 kräftig geworden ist, erlangt Rechtskraft f ü r und gegen Alle. Ein das Eltern- und Kindesverhältniß o d e r die elterliche Gewalt feststellendes Urtheil erlangt jedoch keine Rechtskraft gegen den Dritten, welcher das elterliche Verhältniß oder die elterliche Gewalt f ü r sich in Anspruch nimmt, sofern derselbe nicht an dem Prozesse Theil genommen hatte. 2. Antrag N r . 341, 116 von Kurlbaum, in § 1595 am Ende statt „hatte" zu setzen „hat." (zu vergl. § 1227) — D e r Antrag w u r d e mit Rücksicht auf den dieselbe Frage betreffenden Beschluß zu § 1227 (Prot. I, S. 8681) zurückgezogen. (Prot. I, S. 8762). 3. Prot. I, S. 8777, 8787 bei § 1660 E I (zu § 1695 Abs. 4). 4. Antrag N r . 357, 155 von Kurlbaum: 155. § 1594 Abs. 1. a) Das Allegat der N r . 7 § 1226 zu streichen, b) zuzusetzen: „Stirbt eine der Parteien vor der Rechtskraft des Endurtheils, so ist der Rechtsstreit in der H a u p t s a c h e als erledigt anzusehen." D e r Antrag w u r d e von der Kommission genehmigt (Prot. I, S. 8777, 8786). 5. Zu Prot. I, S. 8822, 8840 vgl. Quellen zu § 1256 E I unter A II.2 (Familienrecht I, S. 226 f.). 6. Ferner lag noch vor der Antrag N r . 356,8 von Johow, in § 1594 Abs. 1 Zeile 6—8 statt „sowie die . . . Vorschriften" zu setzen „sowie die Vorschriften der §§ . . . Civilprozeßordnung". (Prot. I, S. 8859). — D e r Antrag galt in Konsequenz des Beschlusses zu § 1441 Abs. 1 als erledigt (Prot. I, S. 8 8 6 2) 32 . III. 1. Fassung der Regelung im KE: § 1594. Wird die Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines KE§ 1594 Eltern- und Kindesverhältnisses zwischen den Parteien oder auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der elterlichen Gewalt der einen Partei über die andere erhoben, so finden auf den Rechtsstreit, unbeschadet der Vorschriften des § 1441, die Vorschriften des § 1226 N r . 2 bis 5, sowie die in den §5 569, 577 bis 579, 581 der Civilprozeßordnung enthaltenen Vorschriften entsprechende Anwendung. Stirbt eine der Parteien vor der Rechtskraft des Endurtheiles, so ist der Rechtsstreit in der H a u p t s a c h e als erledigt anzusehen.
32
Vgl. oben S. 223 (unter II. 4). 819
§§ 1741-1772
2. Abschnitt: Verwandtschaft
Mit der Feststellungsklage kann eine andere Klage nicht verbunden, gegen dieselbe eine Widerklage anderer Art nicht erhoben werden. Die Vorschriften des ersten und zweiten Absatzes finden keine Anwendung auf den Rechtsstreit, welcher die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der unehelichen Vaterschaft zum Gegenstande hat. § 1595
§ 1595. Das Urtheil, welches auf die im § 1594 Abs. 1 bezeichnete Feststellungsklage erlassen und noch während der Lebenszeit der Parteien rechtskräftig geworden ist, wirkt für und gegen Alle. Ein das Eltern- und Kindesverhältniß oder die elterliche Gewalt feststellendes Urtheil wirkt jedoch nicht gegen den Dritten, welcher das elterliche Verhältniß oder die elterliche Gewalt für sich in Anspruch nimmt, sofern derselbe nicht an dem Prozesse Theil genommen hatte. 2. Prot. I, S. 12178, 12179, 12183, 12188, 1200 im Band: Familienrecht I, S. 1218 ff. 33 .
33
Die 2. Kommission beschloß, den § 1632 als § 627 d in die C.P.O. zu versetzen (Prot. II, Bd. 4 , S . 742). Im E II (ähnlich bereits in der VorlZust. und ZustRedKom.) findet sich bei § 1654 folgende Anmerkung: Zum Ersätze des § 1632 des Entw. I soll im Artikel 11 des Entwurfes des Einführungsgesetzes folgende Vorschrift in die Civilprozeßordnung als § 627 d eingestellt werden: Wird die Klage auf Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Eltern- und Kindesverhältnisses zwischen den Parteien oder auf Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens der elterlichen Gewalt der einen Partei über die andere erhoben, so wirkt das auf eine solche Klage ergangene Urtheil, sofern es bei Lebzeiten der Parteien rechtskräftig wird, f ü r und gegen Alle. Ein das Eltern- und Kindesverhältniß oder die elterliche Gewalt feststellendes Urtheil wirkt jedoch gegen einen Dritten, welcher das elterliche Verhältniß oder die elterliche Gewalt f ü r sich in Anspruch nimmt, nur dann, wenn er an dem Prozesse Theil genommen hatte. Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf den Rechtsstreit, welcher die Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens der unehelichen Vaterschaft zum Gegenstande hat.
820
DRITTER ABSCHNITT Vormundschaft
ERSTER TITEL
Vormundschaft über Minderjährige I. Anordnung der Vormundschaft § 1773 Ein Minderjähriger erhält einen Vormund, wenn er nicht unter elterlicher Gewalt steht oder wenn die Eltern weder in den die Person noch in den das Vermögen betreffenden Angelegenheiten zur Vertretung des Minderjährigen berechtigt sind. Ein Minderjähriger erhält einen Vormund auch dann, wenn sein Familienstand nicht zu ermitteln ist.
TE-FamR § 475; KE § 1596; E I § 1633; E l l § 1665; E l l rev. §1751; E III
§ 1749. — Prot. I, 8135; Prot. II 4, 742.
§ 1774 Das Vormundschaftsgericht hat die Vormundschaft von Amtswegen anzuordnen.
TE-FamR § 478; KE § 1597; E I § 1634; E II § 1656; E II rev. § 1752; E III
§ 1750. - Prot. I, 8141; Prot. II 4, 743.
§ 1775 Das Vormundschaftsgericht soll, sofern nicht besondere Gründe für die Bestellung mehrerer Vormünder vorliegen, für den Mündel und, wenn mehrere Geschwister zu bevormunden sind, für alle Mündel nur einen Vormund bestellen.
TE-FamR §481; KE §1601; E I § 1638 Abs. 2; E l l § 1660 Abs. 2; E l l rev.
§ 1753; E III § 1751. —Prot. 1,8161; Prot. 114, 749. § 1776
Als Vormünder sind in nachstehender Reihenfolge berufen: 1. wer von dem Vater des Mündels als Vormund benannt ist; 2. wer von der ehelichen Mutter des Mündels als Vormund benannt ist; 3. der Großvater des Mündels von väterlicher Seite; 4. der Großvater des Mündels von mütterlicher Seite. Die Großväter sind nicht berufen, wenn der Mündel von einem Anderen als dem Ehegatten seines Vaters oder seiner Mutter an Kindesstatt angenommen ist. Das Gleiche gilt, wenn derjenige, von welchem der Mündel abstammt, von einem Anderen als dem Ehegatten seines Vaters oder seiner Mutter an Kindesstatt angenommen ist und die Wirkungen der Annahme sich auf den Mündel erstrecken. 821
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
TE-FamR S 479 Abs. 1; KE § 1598; E I § 1635; E II % 1657; E II rev. § 1754; E III S 1752. - Prot. I, 8144; Prot. II 4, 745. § 1777 Der Vater kann einen Vormund nur benennen, wenn ihm zur Zeit seines Todes die elterliche Gewalt über das Kind zusteht; er hat dieses Recht nicht, wenn er in den die Person oder in den das Vermögen betreffenden Angelegenheiten nicht zur Vertretung des Kindes berechtigt ist. Das Gleiche gilt für die Mutter. Der Vater kann für ein Kind, das erst nach seinem Tode geboren wird, einen Vormund benennen, wenn er dazu berechtigt sein würde, falls das Kind vor seinem Tode geboren wäre. Die Benennung des Vormundes erfolgt durch letztwillige Verfügung. TE-FamR S§ 320, 479; KE § 1599; E I § 1636; E II § 1658; E II rev. § 1755; E III § 1753. - Prot. I, 8144; 8227; Prot. II 4, 747. § 1778 Wer nach § 1776 als Vormund berufen ist, darf ohne seine Zustimmung nur übergangen werden, wenn er nach den §§ 1780 bis 1784 nicht zum Vormunde bestellt werden kann oder soll oder wenn er an der Uebernahme der Vormundschaft verhindert ist oder die Uebernahme verzögert oder wenn seine Bestellung das Interesse des Mündels gefährden würde. Ist der Berufene nur vorübergehend verhindert, so hat ihn das Vormundschaftsgericht nach dem Wegfalle des Hindernisses auf seinen Antrag an Stelle des bisherigen Vormundes zum Vormunde zu bestellen. Für eine Ehefrau darf der Mann vor den nach § 1776 Berufenen, für ein uneheliches Kind darf die Mutter vor dem Großvater zum Vormunde bestellt werden. Neben dem Berufenen darf nur mit dessen Zustimmung ein Mitvormund bestellt werden. TE-FamR §§ 479 Abs. 2, 480; KE § 1600; E I § 1637; E II $ 1659; E II rev. § 1756; E III § 1754. - Prot. I, 8144; Prot. II 4, 748. § 1779 Ist die Vormundschaft nicht einem nach § 1776 Berufenen zu übertragen, so hat das Vormundschaftsgericht nach Anhörung des Gemeindewaisenraths den Vormund auszuwählen. Das Vormundschaftsgericht soll eine Person auswählen, die nach ihren persönlichen Verhältnissen und ihrer Vermögenslage sowie nach den sonstigen Umständen zur Führung der Vormundschaft geeignet ist. Bei der Auswahl ist auf das religiöse Bekenntniß des Mündels Rücksicht zu nehmen. Verwandte und Verschwägerte des Mündels sind zunächst zu berücksichtigen. TE-FamR §481; KE $1601; E I $ 1638 Abs. 1; E l l § 1660 Abs. 1; E l l rev. S 1757; E III S 1755. - Prot. I, 8161, 8506; Prot. II 4, 749. § 1780 Zum Vormunde kann nicht bestellt werden, wer geschäftsunfähig oder wegen Geistesschwäche, Verschwendung oder Trunksucht entmündigt ist. 822
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
TE-FamR §§ 483, 488; K E §§ 1603 Nr. 1, 1608 Abs. 1; E I §§ 1640 Nr. 1, 1646 Abs. 1; E l l § 1661; E l l rev. § 1758; E III § 1756. - Prot. I, 8172, 8193; Prot. II 4, 751,753, 828; Bd. 6, S. 119. § 1781 Zum Vormunde soll nicht bestellt werden: 1. wer minderjährig oder nach § 1906 unter vorläufige Vormundschaft gestellt ist; 2. wer nach § 1910 zur Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten einen Pfleger erhalten hat; 3. wer in Konkurs gerathen ist, während der Dauer des Konkurses; 4. wer der bürgerlichen Ehrenrechte für verlustig erklärt ist, soweit sich nicht aus den Vorschriften des Strafgesetzbuchs ein Anderes ergiebt. TE-FamR §§ 483, 4 8 8 ; K E § § 1603, 1608; E I §§ 1640 Nr. 1 - 3 , 1646 Abs. 2; E II § 1662; E II rev. § 1759; E III $ 1757. - Prot. I, 8172, 8193; Prot. 114, 751. § 1782 Zum Vormunde soll nicht bestellt werden, wer durch Anordnung des Vaters oder der ehelichen Mutter des Mündels von der Vormundschaft ausgeschlossen ist. Die Mutter kann den von dem Vater als Vormund Benannten nicht ausschließen. Auf die Ausschließung finden die Vorschriften des § 1777 Anwendung. TE-FamR §§ 483, 488; K E §§ 1603, 1608; E I §§ 1640 Nr. 5, 1646 Abs. 2; E II § 1663; E II rev. § 1760; E III § 1758. — Prot. I, 8172, 8193; Prot. II 4, 751. § 1783 Eine Frau, die mit einem Anderen als dem Vater des Mündels verheirathet ist, soll nur mit Zustimmung ihres Mannes zum Vormunde bestellt werden. TE-FamR §§ 483, 488; K E §§ 1603, 1603a, 1608; E I §§ 1640 Nr. 4, 1641, 1646 Abs. 2; E II § 1664 Abs. 2; E II rev. § 1761 Abs. 2; E III § 1759 Abs. 2. — Prot. I, 8173; Prot. 114,751. § 1784 Ein Beamter oder Religionsdiener, der nach den Landesgesetzen einer besonderen Erlaubniß zur Uebernahme einer Vormundschaft bedarf, soll nicht ohne die vorgeschriebene Erlaubniß zum Vormunde bestellt werden. TE-FamR §§ 484; KE §§ 1604, 1608; E I §§ 1642, 1646 Abs. 2; E II § 1665; E II rev. § 1762; E III § 1760. - Prot. I, 8177; Prot. II 4,751. S 1785 Jeder Deutsche hat die Vormundschaft, für die er von dem Vormundschaftsgericht ausgewählt wird, zu übernehmen, sofern nicht seiner Bestellung zum Vormund einer der in den §§ 1780 bis 1784 bestimmten Gründe entgegensteht. TE-FamR § 482, 484; K E § 1602; E I § 1639 Satz 1; E II § 1667 Abs. 1; E II rev. § 1763; E I I I § 1761. - Prot. 1,8166; Prot. II 4, 750. 823
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: V o r m u n d s c h a f t
§ 1786 Die Uebernahme der Vormundschaft kann ablehnen: 1. eine Frau; 2. wer das sechzigste Lebensjahr vollendet hat; 3. wer mehr als vier minderjährige eheliche Kinder hat; ein von einem Anderen an Kindesstatt angenommenes Kind wird nicht gerechnet; 4. wer durch Krankheit oder durch Gebrechen verhindert ist, die Vormundschaft ordnungsmäßig zu führen; 5. wer wegen Entfernung seines Wohnsitzes von dem Sitze des Vormundschaftsgerichts die Vormundschaft nicht ohne besondere Belästigung führen kann; 6. wer nach § 1844 zur Sicherheitsleistung angehalten wird; 7. wer mit einem Anderen zur gemeinschaftlichen Führung der Vormundschaft bestellt werden soll; 8. wer mehr als eine Vormundschaft oder Pflegschaft führt; die Vormundschaft oder Pflegschaft über mehrere Geschwister gilt nur als eine; die Führung von zwei Gegenvormundschaften steht der Führung einer Vormundschaft gleich. Das Ablehnungsrecht erlischt, wenn es nicht vor der Bestellung bei dem Vormundschaftsgerichte geltend gemacht wird. TE-FamR §§ 485, 486; K E §§ 1605, 1606; E I §§ 1643, 1644 Abs. 1; E II §§ 1666, 1668 Abs. 1; E l l rev. § 1764; E III § 1762. - Prot. I, 8181; Prot. II 4, 751; Bd. 6, 306. § 1787 Wer die Uebernahme der Vormundschaft ohne Grund ablehnt, ist, wenn ihm ein Verschulden zur Last fällt, für den Schaden verantwortlich, der dem Mündel dadurch entsteht, daß sich die Bestellung des Vormundes verzögert. Erklärt das Vormundschaftsgericht die Ablehnung für unbegründet, so hat der Ablehnende, unbeschadet der ihm zustehenden Rechtsmittel, die Vormundschaft auf Erfordern des Vormundschaftsgerichts vorläufig zu übernehmen. TE-FamR §§ 482, 486; K E §§ 1602, 1606; E I SS 1639 Satz 2, 1644 Abs. 2; E II §§ 1667 Abs. 2, 1668 Abs. 2; E II rev. § 1765; E III § 1763. — Prot. I, 8166, 8183; Prot. 114, 750; Bd. 6, 306. § 1788 Das Vormundschaftsgericht kann den zum Vormund Ausgewählten durch Ordnungsstrafen zur Uebernahme der Vormundschaft anhalten. Die einzelne Strafe darf den Betrag von dreihundert Mark nicht übersteigen. Die Strafen dürfen nur in Zwischenräumen von mindestens einer Woche verhängt werden. Mehr als drei Strafen dürfen nicht verhängt werden. TE-FamR § 482; K E § 1602; E I § 1639 Satz 3, 4; E II § 1669; E II rev. § 1766; E III § 1764. - Prot. I, 8166; Prot. II 4,750. § 1789 Der Vormund wird von dem Vormundschaftsgerichte durch Verpflichtung zu treuer und gewissenhafter Führung der Vormundschaft bestellt. Die Verpflichtung soll mittelst Handschlag an Eidesstatt erfolgen. 824
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1 7 7 3 — 1895
TE-FamR § 487; K E § 1607; E I § 1645 Abs. 1; E II § 1670; E II rev. § 1767; E III § 1765. - Prot. I, 8185; Prot. 114, 752. § 1790 Bei der Bestellung des Vormundes kann die Entlassung für den Fall vorbehalten werden, daß ein bestimmtes Ereigniß eintritt oder nicht eintritt. TE-FamR §481; K E §1601; E I § 1638 Abs. 3; E l l § 1660 Abs. 3; E l l rev. § 1768; E III § 1766. - Prot. I, 8161; Prot. II 4, 748. § 1791 Der Vormund erhält eine Bestallung. Die Bestallung soll enthalten den Namen und die Zeit der Geburt des Mündels, die Namen des Vormundes, des Gegenvormundes und der Mitvormünder sowie im Falle der Theilung der Vormundschaft die Art der Theilung. Ist ein Familienrath eingesetzt, so ist auch dies anzugeben. TE-FamR § 487; K E § 1607; E I § 1645 Abs. 2; E II § 1671; E l l rev. § 1769; E III § 1767. - Prot. I, 8185; Prot. II 4,752. § 1792 Neben dem Vormunde kann ein Gegenvormund bestellt werden. Ein Gegenvormund soll bestellt werden, wenn mit der Vormundschaft eine Vermögensverwaltung verbunden ist, es sei denn, daß die Verwaltung nicht erheblich oder daß die Vormundschaft von mehreren Vormündern gemeinschaftlich zu führen ist. Ist die Vormundschaft von mehreren Vormündern nicht gemeinschaftlich zu führen, so kann der eine Vormund zum Gegenvormunde des anderen bestellt werden. Auf die Berufung und Bestellung des Gegenvormundes finden die für die Berufung und Bestellung des Vormundes geltenden Vorschriften Anwendung. TE-FamR § 489; K E § 1609; E I § 1647; E l l § 1672; E l l rev. § 1770; E III § 1768. - Prot. I, 8194; Prot. II 4, 754. II. Führung der Vormundschaft § 1793 Der Vormund hat das Recht und die Pflicht, für die Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen, insbesondere den Mündel zu vertreten. TE-FamR §§ 4 9 0 , 4 9 1 ; K E §§ 1610,1611; E I §§ 1648, 1649; E II § 1673; E II rev. § 1771; E III § 1769. - Prot. I, 8196; Prot. II 4, 755; Bd. 6, 306. § 1794 Das Recht und die Pflicht des Vormundes, für die Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen, erstreckt sich nicht auf Angelegenheiten des Mündels, für die ein Pfleger bestellt ist. TE-FamR §491; K E §1612; E I § 1650; E l l § 1674; E l l rev. § 1772; E III § 1770. — Prot. I, 8206, 8209; Prot. II 4, 755. 825
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
§ 1795 Der Vormund kann den Mündel nicht vertreten: 1. bei einem Rechtsgeschäfte zwischen seinem Ehegatten oder einem seiner Verwandten in gerader Linie einerseits und dem Mündel andererseits, es sei denn, daß das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht; 2. bei einem Rechtsgeschäfte, das die Uebertragung oder Belastung einer durch Pfandrecht, Hypothek oder Bürgschaft gesicherten Forderung des Mündels gegen den Vormund oder die Aufhebung oder Minderung dieser Sicherheit zum Gegenstande hat oder die Verpflichtung des Mündels zu einer solchen Uebertragung, Belastung, Aufhebung oder Minderung begründet; 3. bei einem Rechtsstreite zwischen den in Nr. 1 bezeichneten Personen sowie bei einem Rechtsstreit über eine Angelegenheit der in Nr. 2 bezeichneten Art. Diese Vorschrift des § 181 bleibt unberührt.
TE-FamR § 493; KE § 1613; E I § 1651 Nr. 1 - 3 ; E l l § 1675; E l l rev. § 1773; E III § 1771. — Prot. I, 8203; Prot. II 4, 756. § 1796 Das Vormundschaftsgericht kann dem Vormunde die Vertretung für einzelne Angelegenheiten oder für einen bestimmten Kreis von Angelegenheiten entziehen. Die Entziehung soll nur erfolgen, wenn das Interesse des Mündels zu dem Interesse des Vormundes oder eines von diesem vertretenen Dritten oder einer der im § 1795 Nr. 1 bezeichneten Personen in erheblichem Gegensatze steht.
TE-FamR § 493; KE § 1613; E I § 1651 Nr. 4; E II § 1676; E II rev. $ 1774; E III § 1772. — Prot. I, 8203; Prot. II 4, 756, 877. § 1797 Mehrere Vormünder führen die Vormundschaft gemeinschaftlich. Bei einer Meinungsverschiedenheit entscheidet das Vormundschaftsgericht, sofern nicht bei der Bestellung ein Anderes bestimmt wird. Das Vormundschaftsgericht kann die Führung der Vormundschaft unter mehrere Vormünder nach bestimmten Wirkungskreisen vertheilen. Innerhalb des ihm überwiesenen Wirkungskreises führt jeder Vormund die Vormundschaft selbständig. Bestimmungen, die der Vater oder die Mutter für die Entscheidung von Meinungsverschiedenheiten zwischen den von ihnen benannten Vormündern und für die Vertheilung der Geschäfte unter diese nach Maßgabe des § 1777 getroffen hat, sind von dem Vormundschaftsgerichte zu befolgen, sofern nicht ihre Befolgung das Interesse des Mündels gefährden würde.
TE-FamR § 494; KE % 1614; E I § 1652; E II § 1775; E III § 1773. 8229; Prot. 114, 756.
Prot. I,
§ 1798 Steht die Sorge für die Person und die Sorge für das Vermögen des Mündels verschiedenen Vormündern zu, so entscheidet bei einer Meinungsverschiedenheit über die Vornahme einer sowohl die Person als das Vermögen des Mündels betreffenden Handlung das Vormundschaftsgericht. 826
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
TE-FamR § 524; K E § 1615; E I § 1653; E II § 1678; E II rev. § 1776; E III §1774. - Prot. I, 8373; Prot. II 4, 757. § 1799 Der Gegenvormund hat darauf zu achten, daß der Vormund die Vormundschaft pflichtmäßig führt. Er hat dem Vormundschaftsgerichte Pflichtwidrigkeiten des Vormundes sowie jeden Fall unverzüglich anzuzeigen, in welchem das Vormundschaftsgericht zum Einschreiten berufen ist, insbesondere den Tod des Vormundes oder den Eintritt eines anderen Umstandes, in Folge dessen das Amt des Vormundes endigt oder die Entlassung des Vormundes erforderlich wird. Der Vormund hat den Gegenvormund auf Verlangen über die Führung der Vormundschaft Auskunft zu ertheilen und die Einsicht der sich auf die Vormundschaft beziehenden Papiere zu gestatten. TE-FamR § 495; K E § 1616; E I § 1654 Abs. 1; E II § 1679; E II rev. § 1777; E III § 1775. - Prot. I, 8232; Prot. II 4, 757, 760. § 1800 Das Recht und die Pflicht des Vormundes, für die Person des Mündels zu sorgen, bestimmt sich nach den für die elterliche Gewalt geltenden Vorschriften der §§ 1631 bis 1633. TE-FamR § 496; K E § 1617; E I § 1655; E II § 1680; E II rev. § 1778; E III S 1776. — Prot. I, 8233; Prot. II 4, 757, 877. § 1801 Die Sorge für die religiöse Erziehung des Mündels kann dem Vormunde von dem Vormundschaftsgericht entzogen werden, wenn der Vormund nicht dem Bekenntniß angehört, in dem der Mündel zu erziehen ist. E II § 1681; E II rev. § 1779; E III § 1777. - Prot. II 4,758, 875. § 1802 Der Vormund hat das Vermögen, das bei der Anordnung der Vormundschaft vorhanden ist oder später dem Mündel zufällt, zu verzeichnen und das Verzeichniß, nachdem er es mit der Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit versehen hat, dem Vormundschaftsgericht einzureichen. Ist ein Gegenvormund vorhanden, so hat ihn der Vormund bei der Aufnahme des Verzeichnisses zuzuziehen; das Verzeichniß ist auch von dem Gegenvormunde mit der Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit zu versehen. Der Vormund kann sich bei der Aufnahme des Verzeichnisses der Hülfe eines Beamten, eines Notars oder eines anderen Sachverständigen bedienen. Ist das eingereichte Verzeichniß ungenügend, so kann das Vormundschaftsgericht anordnen, daß das Verzeichniß durch eine zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird. TE-FamR § 499; K E § 1621; E I § 1659; E II § 1682; E II rev. § 1780; E III § 1778. — Prot. I, 8239; Prot. II 4,759 f. 827
§§1773-1895
3. Abschnitt: V o r m u n d s c h a f t
§ 1803 Was der Mündel von Todeswegen erwirbt oder was ihm unter Lebenden von einem Dritten unentgeltlich zugewendet wird, hat der Vormund nach den Anordnungen des Erblassers oder des Dritten zu verwalten, wenn die Anordnungen von dem Erblasser durch letztwillige Verfügung, von dem Dritten bei der Zuwendung getroffen worden sind. Der Vormund darf mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts von den Anordnungen abweichen, wenn ihre Befolgung das Interesse des Mündels gefährden würde. Zu einer Abweichung von den Anordnungen, die ein Dritter bei einer Zuwendung unter Lebenden getroffen hat, ist, solange er lebt, seine Zustimmung erforderlich und genügend. Die Zustimmung des Dritten kann durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden, wenn der Dritte zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist. T E - F a m R § 3 2 1 ; K E § 1622; E I § 1660; E l l § 1683; E l l rev. §1781; E III § 1779. - Prot. I, 7612, 8213; Prot. II 4, 760. § 1804 Der Vormund kann nicht in Vertretung des Mündels Schenkungen machen. Ausgenommen sind Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird. T E - F a m R § 500; K E § 1623; E I §1661; E l l § 1684; E l l rev. § 1782; E III § 1780. - Prot. I, 8243; Prot. II 4, 760. § 1805 Der Vormund darf Vermögen des Mündels nicht für sich verwenden. T E - F a m R § 502; K E § 1624; E I § 1662; E II § 1685; E II rev. § 1783; E III § 1781. - Prot. I, 8267; Prot. II 4, 760. § 1806 Der Vormund hat das zum Vermögen des Mündels gehörende Geld verzinslich anzulegen, soweit es nicht zur Bestreitung von Ausgaben bereit zu halten ist. T E - F a m R § 501 Abs. 1 - 3 ; K E § 1626; E I § 1664 Abs. 1 ; E I I § 1687 Abs. 1 ; E II rev. § 1784; E III § 1782. - Prot. I, 8244; Prot. II 4, 760. § 1807 Die im § 1806 vorgeschriebene Anlegung von Mündelgeld soll nur erfolgen: 1. in Forderungen, für die eine sichere Hypothek an einem inländischen Grundstücke besteht, oder in sicheren Grundschulden oder Rentenschulden an inländischen Grundstücken; 2. in verbrieften Forderungen gegen das Reich oder einen Bundesstaat sowie in Forderungen, die in das Reichsschuldbuch oder in das Staatsschuldbuch eines Bundesstaats eingetragen sind; 3. in verbrieften Forderungen, deren Verzinsung von dem Reiche oder einem Bundesstaate gewährleistet ist; 828
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
4. in Werthpapieren, insbesondere Pfandbriefen, sowie in verbrieften Forderungen jeder Art gegen eine inländische kommunale Körperschaft oder die Kreditanstalt einer solchen Körperschaft, sofern die Werthpapiere oder die Forderungen von dem Bundesrathe zur Anlegung von Mündelgeld für geeignet erklärt sind; 5. bei einer inländischen öffentlichen Sparkasse, wenn sie von der zuständigen Behörde des Bundesstaats, in welchem sie ihren Sitz hat, zur Anlegung von Mündelgeld für geeignet erklärt ist. Die Landesgesetze können für die innerhalb ihres Geltungsbereichs belegenen Grundstücke die Grundsätze bestimmen, nach denen die Sicherheit einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld festzustellen ist. TE-FamR § 501 Abs. 1 — 3; KE § 1626; E I § 1664 Abs. 2, 3; E II § 1687 Abs. 2, 3; E II rev. § 1785; E III § 1783. - Prot. I, 8244, 8329; Prot. II 4, 760; Bd. 6, 307. § 1808 Kann die Anlegung den Umständen nach nicht in der im § 1807 bezeichneten Weise erfolgen, so ist das Geld bei der Reichsbank, bei einer Staatsbank oder bei einer anderen durch Landesgesetz dazu für geeignet erklärten inländischen Bank oder bei einer Hinterlegungsstelle anzulegen. TE-FamR § 501 Abs. 4; K E § 1627; E I § 1665; E II § 1688; E II rev. § 1786; E III § 1784. - Prot. I, 8244, 8263; Prot. II 4, 773; Bd. 5, 146. § 1809 Der Vormund soll Mündelgeld nach § 1807 Abs. 1 Nr. 5 oder nach § 1808 nur mit der Bestimmung anlegen, daß zur Erhebung des Geldes die Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts erforderlich ist. TE-FamR § 501 Abs. 1—4; K E § 1628; E I § 1666 Abs. 2; E II § 1689 Abs. 2; E II rev. § 1787; E III § 1785. - Prot. I, 8244, 8263, 8303, 8438; Prot. II 4, 777. § 1810 Der Vormund soll die in den §§ 1806 bis 1808 vorgeschriebene Anlegung nur mit Genehmigung des Gegenvormundes bewirken; die Genehmigung des Gegenvormundes wird durch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ersetzt. Ist ein Gegenvormund nicht vorhanden, so soll die Anlegung nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erfolgen, sofern nicht die Vormundschaft von mehreren Vormündern gemeinschaftlich geführt wird. TE-FamR § 501 Abs. 1 — 4; K E § 1628; E I § 1666 Abs. 1 ; E II § 1689 Abs. 1 ; E II rev. § 1788; E III § 1786. - Prot. I, 8244, 8263, 8303, 8438; Prot. II 4, 777; Bd. 6, 306. § 1811 Das Vormundschaftsgericht kann aus besonderen Gründen dem Vormund eine andere Anlegung als die in den §§ 1807,1808 vorgeschriebene gestatten. TE-FamR § 501 Abs. 5; K E § 1629; E I § 1667; E II § 1690; E II rev. § 1789; E III § 1787. - Prot. I, 8244, 8265; Prot. II 4, 779. 829
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft § 1812
Der Vormund kann über eine Forderung oder über ein anderes Recht, kraft dessen der Mündel eine Leistung verlangen kann, sowie über ein Werthpapier des Mündels nur mit Genehmigung des Gegenvormundes verfügen, sofern nicht nach den §§ 1819 bis 1822 die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich ist. Das Gleiche gilt von der Eingehung der Verpflichtung zu einer solchen Verfügung. Die Genehmigung des Gegenvormundes wird durch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ersetzt. Ist ein Gegenvormund nicht vorhanden, so tritt an die Stelle der Genehmigung des Gegenvormundes die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, sofern nicht die Vormundschaft von mehreren Vormündern gemeinschaftlich geführt wird. TE-FamR § 517; KE § 1631; E I § 1669 Abs. 1, 3; E l l § 1692; E l l rev. § 1790; E IIIS 1788. - Prot. I, 8303, 8438;Prot. 114, 781. § 1813 Der Vormund bedarf nicht der Genehmigung des Gegenvormundes zur Annahme einer geschuldeten Leistung: 1. wenn der Gegenstand der Leistung nicht in Geld oder Werthpapieren besteht; 2. wenn der Anspruch nicht mehr als dreihundert Mark beträgt; 3. wenn Geld zurückgezahlt wird, das der Vormund angelegt hat; 4. wenn der Anspruch zu den Nutzungen des Mündelvermögens gehört; 5. wenn der Anspruch auf Erstattung von Kosten der Kündigung oder der Rechtsverfolgung oder auf sonstige Nebenleistungen gerichtet ist. Die Befreiung nach Abs. 1 Nr. 2, 3 erstreckt sich nicht auf die Erhebung von Geld, bei dessen Anlegung ein Anderes bestimmt worden ist. Die Befreiung nach Abs. 1 Nr. 3 gilt auch nicht für die Erhebung von Geld, das nach § 1807 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 angelegt ist. TE-FamR § 517; KE § 1631; E I § 1669 Abs. 2; E II § 1693; E II rev. § 1791; E III § 1789. - Prot. I, 8302, 8438; Prot. II 4, 782; Bd. 6, 307. § 1814 Der Vormund hat die zu dem Vermögen des Mündels gehörenden Inhaberpapiere nebst den Erneuerungsscheinen bei einer Hinterlegungsstelle oder bei der Reichsbank mit der Bestimmung zu hinterlegen, daß die Herausgabe der Papiere nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts verlangt werden kann. Die Hinterlegung von Inhaberpapieren, die nach § 92 zu den verbrauchbaren Sachen gehören, sowie von Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheinen ist nicht erforderlich. Den Inhaberpapieren stehen Orderpapiere gleich, die mit Blankoindossament versehen sind. TE-FamR § 532; K E § 1632; E I § 1670 Abs. 1; E II § 1694; E l l rev. § 1792; E III § 1790. - Prot. I, 8412, 8432; Prot. II 4, 783 ff.; Bd. 6, 310. § 1815 Der Vormund kann die Inhaberpapiere, statt sie nach § 1814 zu hinterlegen, auf den Namen des Mündels mit der Bestimmung umschreiben lassen, daß er über sie nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts verfügen kann. Sind die Papiere von dem Reiche oder einem Bundesstaat ausgestellt, so kann er sie mit der gleichen 830
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§
1773—1895
Bestimmung in Buchforderungen gegen das Reich oder den Bundesstaat umwandeln lassen. Sind Inhaberpapiere zu hinterlegen, die in Buchforderungen gegen das Reich oder einen Bundesstaat umgewandelt werden können, so kann das Vormundschaftsgericht anordnen, daß sie nach Abs. 1 in Buchforderungen umgewandelt werden. TE-FamR § 532; K E § 1632; E I § 1670 Abs. 1; E II § 1695; E II rev. § 1793; E III § 1791. - Prot. I, 8412, 8432; Prot. II 4, 783. § 1816
Gehören Buchforderungen gegen das Reich oder gegen einen Bundesstaat bei der Anordnung der Vormundschaft zu dem Vermögen des Mündels oder erwirbt der Mündel später solche Forderungen, so hat der Vormund in das Schuldbuch den Vermerk eintragen zu lassen, daß er über die Forderungen nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts verfügen kann. E II § 1696; E II rev. § 1794; E III § 1792. - Prot. II 4, 783. § 1817 Das Vormundschaftsgericht kann aus besonderen Gründen den Vormund von den ihm nach den §§ 1814,1816 obliegenden Verpflichtungen entbinden. TE-FamR § 532; KE § 1632; E I § 1670 Abs. 2; E II § 1697; E II rev. § 1795; E III § 1793. - Prot. I, 8412; Prot. II 4, 783. § 1818 Das Vormundschaftsgericht kann aus besondere Gründen anordnen, daß der Vormund auch solche zu dem Vermögen des Mündels gehörende Werthpapiere, zu deren Hinterlegung er nach § 1814 nicht verpflichtet ist, sowie Kostbarkeiten des Mündels in der im § 1814 bezeichneten Weise zu hinterlegen hat; auf Antrag des Vormundes kann die Hinterlegung von Zins-, Renten- und Gewinnantheilscheinen angeordnet werden, auch wenn ein besonderer Grund nicht vorliegt. TE-FamR § 532; K E § 1632; E I § 1670 Abs. 3; E II § 1698; E II rev. § 1796; E III § 1794. - Prot. I, 8413, 8432, 8437; Prot. II 4, 783 ff., 813. § 1819 Solange die nach § 1814 oder nach § 1818 hinterlegten Werthpapiere oder Kostbarkeiten nicht zurückgenommen sind, bedarf der Vormund zu einer Verfügung über sie und, wenn Hypotheken-, Grundschuld- oder Rentenschuldbriefe hinterlegt sind, zu einer Verfügung über die Hypothekenforderung, die Grundschuld oder die Rentenschuld der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Das Gleiche gilt von der Eingehung der Verpflichtung zu einer solchen Verfügung. TE-FamR § 532; K E § 1633, E I § 1671 Abs. 3; E II § 1699; E II rev. § 1797; E III § 1795. - Prot. I, 8412; Prot. II 4,788; Bd. 5,108; 6, 323. § 1820 Sind Inhaberpapiere nach § 1815 auf den Namen des Mündels umgeschrieben oder in Buchforderungen umgewandelt, so bedarf der Vormund auch zur Eingehung der Verpflichtung zu einer Verfügung über die sich aus der Umschreibung oder der 831
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
Umwandlung ergebenden Stammforderungen der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Das Gleiche gilt, wenn bei einer Buchforderung des Mündels der im § 1816 bezeichnete Vermerk eingetragen ist. T E - F a m R § 532; K E § 1633; E I § 1671 Abs. 2; E II § 1700; E II rev. § 1798; E III § 1796. — Prot. I, 8412, 8423; Prot. II 4 , 7 8 8 ; Bd. 5 , 1 0 8 ; Bd. 6, 322. § 1821 Der Vormund bedarf der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts: 1. zur Verfügung über ein Grundstück oder über ein Recht an einem Grundstücke; 2. zur Verfügung über eine Forderung, die auf Uebertragung des Eigenthums an einem Grundstück oder auf Begründung oder Uebertragung eines Rechtes an einem Grundstück oder auf Befreiung eines Grundstücks von einem solchen Rechte gerichtet ist; 3. zur Eingehung der Verpflichtung zu einer der in Nr. 1, 2 bezeichneten Verfügungen; 4. zu einem Vertrage, der auf den entgeltlichen Erwerb eines Grundstücks oder eines Rechtes an einem Grundstücke gerichtet ist. Zu den Rechten an einem Grundstück im Sinne dieser Vorschriften gehören nicht Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden. T E - F a m R §§ 517, 518; K E § 1636; E I § 1674 Nr. 1, 2, 5, E II § 1701; E II rev. § 1799; E III § 1797. - Prot. I, 8303, 8322; Prot. II 4, 790. § 1822 Der Vormund bedarf der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts: 1. zu einem Rechtsgeschäfte, durch das der Mündel zu einer Verfügung über sein Vermögen im Ganzen oder über eine ihm angefallene Erbschaft oder über seinen künftigen gesetzlichen Erbtheil oder seinen künftigen Pflichttheil verpflichtet wird, sowie zu einer Verfügung über den Antheil des Mündels an einer Erbschaft; 2. zur Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses, zum Verzicht auf einen Pflichtteil sowie zu einem Erbtheilungsvertrage; 3. zu einem Vertrage, der auf den entgeltlichen Erwerb oder die Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts gerichtet ist, sowie zu einem Gesellschaftsvertrage, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird; 4. zu einem Pachtvertrag über ein Landgut oder einen gewerblichen Betrieb; 5. zu einem Mieth- oder Pachtvertrag oder einem anderen Vertrage, durch den der Mündel zu wiederkehrenden Leistungen verpflichtet wird, wenn das Vertragsverhältniß länger als ein Jahr nach der Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahrs des Mündels fortdauern soll; 6. zu einem Lehrvertrage, der für längere Zeit als ein Jahr geschlossen wird; 7. zu einem auf die Eingehung eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses gerichteten Vertrage, wenn der Mündel zu persönlichen Leistungen für längere Zeit als ein Jahr verpflichtet werden soll; 8. zur Aufnahme von Geld auf den Kredit des Mündels; 9. zur Ausstellung einer Schuldverschreibung auf den Inhaber oder zur Eingehung einer Verbindlichkeit aus einem Wechsel oder einem anderen Papiere, das durch Indossament übertragen werden kann; 832
1. Titel: Vormundschaft über Minderj ährige
§ § 1773—1895
10. zur Uebernahme einer fremden Verbindlichkeit, insbesondere zur Eingehung einer Bürgschaft; 11. zur Ertheilung einer Prokura; 12. zu einem Vergleich oder einem Schiedsvertrag, es sei denn, daß der Gegenstand des Streites oder der Ungewißheit in Geld schätzbar ist und den Werth von dreihundert Mark nicht übersteigt; 13. zu einem Rechtsgeschäfte, durch das die für eine Forderung des Mündels bestehende Sicherheit aufgehoben oder gemindert oder die Verpflichtung dazu begründet wird. TE-FamR SS 517, 518, TE-ErbR §312; K E §§ 1636, 1995, 1996; E I S§ 1674 Nr. 3, 4, 6 - 1 4 ; 2043, 2044; E II § 1702; E II rev. § 1800; E III § 1798. - Prot. I, 8322; Prot. II 4, 791; Bd. 5, 632; Bd. 6, 322, 394. § 1823 Der Vormund soll nicht ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ein neues Erwerbsgeschäft im Namen des Mündels beginnen oder ein bestehendes Erwerbsgeschäft des Mündels auflösen. TE-FamR § 522; K E § 1625; E I § 1663; E l l § 1686; E l l rev. §1801; E III § 1799. — Prot. I, 8355; Prot. II 4, 760. § 1824 Der Vormund kann Gegenstände, zu deren Veräußerung die Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts erforderlich ist, dem Mündel nicht ohne diese Genehmigung zur Erfüllung eines von diesem geschlossenen Vertrags oder zu freier Verfügung überlassen. TE-FamR § 518b (Abänderungsantrag); K E § 1639; E I § 1677; E l l §1704 Abs. 1 ; E II rev. § 1802; E I I I S 1800. — Prot. I, 8336, 8350; Prot. 114,796. § 1825 Das Vormundschaftsgericht kann dem Vormunde zu Rechtsgeschäften, zu denen nach § 1812 die Genehmigung des Gegenvormundes erforderlich ist, sowie zu den im § 1822 Nr. 8 bis 10 bezeichneten Rechtsgeschäften eine allgemeine Ermächtigung ertheilen. Die Ermächtigung soll nur ertheilt werden, wenn sie zum Zwecke der Vermögensverwaltung, insbesondere zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts, erforderlich ist. TE-FamR § 520; K E § 1637; E I § 1675; E II § 1703; E II rev. § 1803; E III § 1801. — Prot. I, 8350; Prot. II 4, 795; Bd. 5, 792. § 1826 Das Vormundschaftsgericht soll vor der Entscheidung über die zu einer Handlung des Vormundes erforderliche Genehmigung den Gegenvormund hören, sofern ein solcher vorhanden und die Anhörung thunlich ist. TE-FamR § 529; K E §1641; E I § 1679; E l l § 1705; E l l rev. § 1804; E III § 1802. - Prot. I, 8387; Prot. II 4, 796. 833
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3. Abschnitt: Vormundschaft
§ 1827 Das Vormundschaftsgericht soll den Mündel hören vor der Entscheidung über die Genehmigung eines Lehrvertrags oder eines auf die Eingehung eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses gerichteten Vertrags und, wenn der Mündel das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat, über die Entlassung aus dem Staatsverbande. Hat der Mündel das achtzehnte Lebensjahr vollendet, so soll ihn das Vormundschaftsgericht, soweit thunlich, auch hören vor der Entscheidung über die Genehmigung eines der im § 1821 und im § 1822 Nr. 3 bezeichneten Rechtsgeschäfte sowie vor der Entscheidung über die Genehmigung des Beginns oder der Auflösung eines Erwerbsgeschäfts. TE-FamR §§ 514, 529; KE §§ 1619, 1642; E I §§ 1657 Satz 2, 1680; E II § 1707; E II rev. § 1805; E III § 1803. - Prot. I, 8387; Prot. II 4, 758, 796; Bd. 5, 147. § 1828
Das Vormundschaftsgericht kann die Genehmigung zu einem Rechtsgeschäfte nur dem Vormunde gegenüber erklären. TE-FamR § 523; KE § 1643; E I § 1681 Abs. 1; E II § 1708; E II rev. § 1806; E III § 1804. — Prot. I, 8357; Prot. II 4, 797. § 1829 Schließt der Vormund einen Vertrag ohne die erforderliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der nachträglichen Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ab. Die Genehmigung sowie deren Verweigerung wird dem anderen Theile gegenüber erst wirksam, wenn sie ihm durch den Vormund mitgetheilt wird. Fordert der andere Theil den Vormund zur Mittheilung darüber auf, ob die Genehmigung ertheilt sei, so kann die Mittheilung der Genehmigung nur bis zum Ablaufe von zwei Wochen nach dem Empfange der Aufforderung erfolgen; erfolgt sie nicht, so gilt die Genehmigung als verweigert. Ist der Mündel volljährig geworden, so tritt seine Genehmigung an die Stelle der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. TE-FamR § 523; KE § 1643; E I § 1681 Abs. 2, 3, 5; E II § 1709; E II rev. § 1807; E III § 1805. - Prot. I, 8357; Prot. II 4, 797; Bd. 6, 311. § 1830 Hat der Vormund dem anderen Theile gegenüber der Wahrheit zuwider die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts behauptet, so ist der andere Theil bis zur Mittheilung der nachträglichen Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zum Widerrufe berechtigt, es sei denn, daß ihm das Fehlen der Genehmigung bei dem Abschlüsse des Vertrags bekannt war. TE-FamR § 523; KE § 1643; E I § 1681 Abs. 2, 4; E l l § 1710; E l l rev. § 1808; E III § 1806. - Prot. I, 8357; Prot. II 4, 797; Bd. 6, 311, 395. § 1831 Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das der Vormund ohne die erforderliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichts vornimmt, ist unwirksam. Nimmt der Vormund mit 834
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773 —1895
dieser Genehmigung ein solches Rechtsgeschäft einem Anderen gegenüber vor, so ist das Rechtsgeschäft unwirksam, wenn der Vormund die Genehmigung nicht in schriftlicher Form vorlegt und der Andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. TE-FamR § 523; K E § 1643; E I § 1681 Abs. 2; E II § 1711; E II rev. § 1809; E III § 1807. - Prot. I, 8357; Prot. II 4, 797. § 1832 Soweit der Vormund zu einem Rechtsgeschäfte der Genehmigung des Gegenvormundes bedarf, finden die Vorschriften der §§ 1828 bis 1831 entsprechende Anwendung. TE-FamR § 523; K E § 1644; E I § 1682; E II rev. § 1712; E III § 1808. - Prot. I, 8357, 8366, 8438; Prot. II 4, 799. § 1833 Der Vormund ist dem Mündel für den aus einer Pflichtverletzung entstehenden Schaden verantwortlich, wenn ihm ein Verschulden zur Last fällt. Das Gleiche gilt von dem Gegenvormunde. Sind für den Schaden Mehrere neben einander verantwortlich, so haften sie als Gesammtschuldner. Ist neben dem Vormunde für den von diesem verursachten Schaden der Gegenvormund oder ein Mitvormund nur wegen Verletzung seiner Aufsichtspflicht verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnisse zu einander der Vormund allein verpflichtet. TE-FamR § 504; K E § 1658; E I § 1696; E l l § 1732; E l l rev. §1811; E III § 1809. - Prot. I, 8269; Prot. 114, 816. § 1834 Verwendet der Vormund Geld des Mündels für sich, so hat er es von der Zeit der Verwendung an zu verzinsen. TE-FamR § 505; K E § 1659; E I § 1697; E l l § 1733; E l l rev. §1812; E III § 1810. - Prot. I, 8277; Prot. 114, 817. § 1835 Macht der Vormund zum Zwecke der Führung der Vormundschaft Aufwendungen, so kann er nach den für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 669, 670 von dem Mündel Vorschuß oder Ersatz verlangen. Das gleiche Recht steht dem Gegenvormunde zu. Als Aufwendungen gelten auch solche Dienste des Vormundes oder des Gegenvormundes, die zu seinem Gewerbe oder seinem Berufe gehören. TE-FamR § 507; K E § 1660; E I § 1698; E II § 1734; E II rev. § 1813; E III § 1 8 1 1 . - Prot. I, 8279; Prot. II 4, 817. § 1836 Die Vormundschaft wird unentgeltlich geführt. Das Vormundschaftsgericht kann jedoch dem Vormund und aus besonderen Gründen auch dem Gegenvormund eine angemessene Vergütung bewilligen. Die Bewilligung soll nur erfolgen, wenn das 835
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Vermögen des Mündels sowie der Umfang und die Bedeutung der vormundschaftlichen Geschäfte es rechtfertigen. Die Vergütung kann jederzeit für die Zukunft geändert oder entzogen werden. Vor der Bewilligung, Aenderung oder Entziehung soll der Vormund und wenn ein Gegenvormund vorhanden oder zu bestellen ist, auch dieser gehört werden. TE-FamR § 508; K E §1661; E I § 1699; E l l § 1735; E l l rev. §1814; E III § 1812. - Prot. I, 8281; Prot. 114, 817. III. Fürsorge und Aufsicht des Vormundschaftsgerichts § 1837
Das Vormundschaftsgericht hat über die gesammte Thätigkeit des Vormundes und des Gegenvormundes die Aufsicht zu führen und gegen Pflichtwidrigkeiten durch geeignete Gebote und Verbote einzuschreiten. Das Vormundschaftsgericht kann den Vormund und den Gegenvormund zur Befolgung seiner Anordnungen durch Ordnungsstrafen anhalten. Die einzelne Strafe darf den Betrag von dreihundert Mark nicht übersteigen. TE-FamR § 526; K E § 1646; E I § 1684; E II § 1714; E II rev. § 1815; E III § 1813. - Prot. I, 8377, 8395; Prot. II 4, 800. § 1838
Das Vormundschaftsgericht kann anordnen, daß der Mündel zum Zwecke der Erziehung in einer geeigneten Familie oder in einer Erziehungsanstalt oder einer Besserungsanstalt untergebracht wird. Steht dem Vater oder der Mutter die Sorge für die Person des Mündels zu, so ist eine solche Anordnung nur unter den Voraussetzungen des § 1666 zulässig. TE-FamR § 527; K E § 1647; E I § 1685; E l l §1715; E l l rev. §1816; E III § 1814. — Prot. I, 8380; Prot. 114,800. § 1839
Der Vormund sowie der Gegenvormund hat dem Vormundschaftsgericht auf Verlangen jederzeit über die Führung der Vormundschaft und über die persönlichen Verhältnisse des Mündels Auskunft zu ertheilen. TE-FamR § 530; K E § 1648; E I § 1686; E II § 1716; E II rev. § 1817; E III § 1815. — Prot. I, 8403; Prot. II 4, 802. § 1840
Der Vormund hat über seine Vermögensverwaltung dem Vormundschaftsgerichte Rechnung zu legen. Die Rechnung ist jährlich zu legen. Das Rechnungsjahr wird von dem Vormundschaftsgerichte bestimmt. Ist die Verwaltung von geringem Umfange, so kann das Vormundschaftsgericht, nachdem die Rechnung für das erste Jahr gelegt worden ist, anordnen, daß die Rechnung für längere, höchstens dreijährige Zeitabschnitte zu legen ist. TE-FamR § 530; K E § 1649; E I § 1687 Abs. 1 - 3 ; E l l § 1718; E l l rev. § 1818; E III § 1816. - Prot. I, 8403; Prot. II 4, 802. 836
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773 — 1895
§ 1841 Die Rechnung soll eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthalten, über den Ab- und Zugang des Vermögens Auskunft geben und, soweit Belege ertheilt zu werden pflegen, mit Belegen versehen sein. Wird ein Erwerbsgeschäft mit kaufmännischer Buchführung betrieben, so genügt als Rechnung eine aus den Büchern gezogene Bilanz. Das Vormundschaftsgericht kann jedoch die Vorlegung der Bücher und sonstigen Belege verlangen. TE-FamR § 530; KE § 1649; E I § 1687 Abs. 4, 5; E II § 1719; E II rev. § 1819; E III § 1817. — Prot. I, 8403; Prot. II 4, 802. § 1842 Ist ein Gegenvormund vorhanden oder zu bestellen, so hat ihm der Vormund die Rechnung unter Nachweisung des Vermögensbestandes vorzulegen. Der Gegenvormund hat die Rechnung mit den Bemerkungen zu versehen, zu denen die Prüfung ihm Anlaß gibt. TE-FamR § 530; KE § 1649; E I § 1687 Abs. 6; E II § 1720; E II rev. § 1820; E III § 1818. - Prot. I, 8403; Prot. 114, 802, 804. § 1843 Das Vormundschaftsgericht hat die Rechnung rechnungsmäßig und sachlich zu prüfen und, soweit erforderlich, ihre Berichtigung und Ergänzung herbeizuführen. Ansprüche, die zwischen dem Vormund und dem Mündel streitig bleiben, können schon vor der Beendigung des Vormundschaftsverhältnisses im Rechtswege geltend gemacht werden. TE-FamR §531; KE § 1650; E I § 1688; E l l §1721; E l l rev. §1821; E III § 1819. - Prot. I, 8410; Prot. II 4, 803. § 1844 Das Vormundschaftsgericht kann aus besonderen Gründen den Vormund anhalten, für das seiner Verwaltung unterliegende Vermögen Sicherheit zu leisten. Die Art und den Umfang der Sicherheitsleistung bestimmt das Vormundschaftsgericht nach seinem Ermessen. Das Vormundschaftsgericht kann, solange das Amt des Vormundes dauert, jederzeit die Erhöhung, Minderung oder Aufhebung der Sicherheit anordnen. Bei der Bestellung, Aenderung oder Aufhebung der Sicherheit wird die Mitwirkung des Mündels durch die Anordnung des Vormundschaftsgerichts ersetzt. Die Kosten der Sicherheitsleistung sowie der Aenderung oder der Aufhebung fallen dem Mündel zur Last. TE-FamR § 533; KE §1651; E I § 1689; E l l § 1722; E l l rev. § 1822; E III § 1820. — Prot. I, 8440; Prot. II 4, 804. § 1845 Will der zum Vormunde bestellte Vater oder die zum Vormunde bestellte eheliche Mutter des Mündels eine Ehe eingehen, so liegen ihnen die im § 1669 bestimmten Verpflichtungen ob. 837
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
KE § 1695a; E I § 1734; E II § 1717; E II rev. § 1823; E III § 1821. 8672; Prot. II 4, 850; Bd. 5, 258; Bd. 6,299 (oben S. 554).
Prot. I,
§ 1846 Ist ein Vormund noch nicht bestellt oder ist der Vormund an der Erfüllung seiner Pflichten verhindert, so hat das Vormundschaftsgericht die im Interesse des Mündels erforderlichen Maßregeln zu treffen. TE-FamR § 525; KE § 1645; E I § 1683; E l l §1713; E l l rev. § 1824; E III § 1822. - Prot. I, 8376; Prot. II 4, 799. §1847 Das Vormundschaftsgericht soll vor einer von ihm zu treffenden Entscheidung auf Antrag des Vormundes oder des Gegenvormundes Verwandte oder Verschwägerte des Mündels hören, wenn es ohne erhebliche Verzögerung und ohne unverhältnißmäßige Kosten geschehen kann. In wichtigen Angelegenheiten soll die Anhörung auch ohne Antrag erfolgen; wichtige Angelegenheiten sind insbesondere die Volljährigkeitserklärung, die Ersetzung der Einwilligung zur Eheschließung im Falle des § 1304, die Ersetzung der Genehmigung im Falle des § 1337, die Entlassung aus dem Staatsverband und die Todeserklärung. Die Verwandten und Verschwägerten können von dem Mündel Ersatz ihrer Auslagen verlangen; der Betrag der Auslagen wird von dem Vormundschaftsgerichte festgesetzt. TE-FamR §§ 514, 528; KE §§ 1619,1640; E I §§ 1657 Satz 2,1678; vgl. auch § 27 Abs. 3 Satz 2; E II § 1706; E II rev. § 1825; E III § 1823. - Prot. I, 8384; Prot. II 1, 14, 51; Bd. 4, 31,757, 796. § 1848 Verletzt der Vormundschaftsrichter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm obliegenden Pflichten, so ist er dem Mündel nach § 839 Abs. 1, 3 verantwortlich. TE-FamR § 533a (Abänderungsanträge); KE § 1664; E I § 1 7 0 2 ; E I I § 1739; E II rev. § 1826; E III § 1824. — Prot. 1,8442; Prot. 114,820. IV. Mitwirkung des Gemeindewaisenraths § 1849 Der Gemeindewaisenrath hat dem Vormundschaftsgerichte die Personen vorzuschlagen, die sich im einzelnen Falle zum Vormunde, Gegenvormund oder Mitglied eines Familienraths eignen. TE-FamR § 534; KE § 1687; E I § 1725 Abs. 3; E II § 1724; E II rev. § 1827; E III § 1825. — Prot. I, 8447; Prot. II 4, 838. § 1850
Der Gemeindewaisenrath hat in Unterstützung des Vormundschaftsgerichts darüber zu wachen, daß die Vormünder der sich in seinem Bezirk aufhaltenden Mündel für die Person der Mündel, insbesondere für ihre Erziehung und ihre körperliche Pflege, pflichtmäßig Sorge tragen. Er hat dem Vormundschaftsgerichte Mängel und 838
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773—1895
Pflichtwidrigkeiten, die er in dieser Hinsicht wahrnimmt, anzuzeigen und auf Erfordern über das persönliche Ergehen und das Verhalten eines Mündels Auskunft zu ertheilen. Erlangt der Gemeindewaisenrath Kenntniß von einer Gefährdung des Vermögens eines Mündels, so hat er dem Vormundschaftsgericht Anzeige zu machen. TE-FamR § 534; KE § 1687; E I § 1725 Abs. 1, 2; E l l § 1723; E l l rev. § 1828; E III § 1826. - Prot. I, 8447; Prot. II 4, 838. § 1851 Das Vormundschaftsgericht hat dem Gemeindewaisenrathe die Anordnung der Vormundschaft über einen sich in dessen Bezirk aufhaltenden Mündel unter Bezeichnung des Vormundes und des Gegenvormundes sowie einen in der Person des Vormundes oder des Gegenvormundes eintretenden Wechsel mitzutheilen. Wird der Aufenthalt eines Mündels in den Bezirk eines anderen Gemeindewaisenraths verlegt, so hat der Vormund dem Gemeindewaisenrathe des bisherigen Aufenthaltsorts und dieser dem Gemeindewaisenrathe des neuen Aufenthaltsorts die Verlegung mitzutheilen. TE-FamR § 534; KE § 1687; E I § 1725 Abs. 4, 5; E II § 1725; E II rev. § 1829; E III § 1827. - Prot. I, 8447; Prot. II 4, 839. V. Befreite Vormundschaft § 1852 Der Vater kann, wenn er einen Vormund benennt, die Bestellung eines Gegenvormundes ausschließen. Der Vater kann anordnen, daß der von ihm benannte Vormund bei der Anlegung von Geld den in den §§ 1809, 1810 bestimmten Beschränkungen nicht unterliegen und zu den im § 1812 bezeichneten Rechtsgeschäften der Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts nicht bedürfen soll. Diese Anordnungen sind als getroffen anzusehen, wenn der Vater die Bestellung eines Gegenvormundes ausgeschlossen hat. TE-FamR § 537; KE § 1652; E I § 1690; E l l § 1726; E l l rev. § 1830; E III § 1828. - Prot. I, 8460, 8561; Prot. II 4, 805. § 1853 Der Vater kann den von ihm benannten Vormund von der Verpflichtung entbinden, Inhaber- und Orderpapiere zu hinterlegen und den im $ 1816 bezeichneten Vermerk in das Reichsschuldbuch oder das Staatsschuldbuch eintragen zu lassen. TE-FamR § 537; KE § 1654; E I § 1692; E l l § 1727; E l l rev. § 1 8 3 1 ; E III § 1829. - Prot. I, 8470; Prot. II 4, 812. § 1854 Der Vater kann den von ihm benannten Vormund von der Verpflichtung entbinden, während der Dauer seines Amtes Rechnung zu legen. Der Vormund hat in einem solchen Falle nach dem Ablaufe von je zwei Jahren eine Uebersicht über den Bestand des seiner Verwaltung unterliegenden Vermögens dem 839
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3. Abschnitt: V o r m u n d s c h a f t
Vormundschaftsgericht einzureichen. Das Vormundschaftsgericht kann anordnen, daß die Uebersicht in längeren, höchstens fünfjährigen Zwischenräumen einzureichen ist. Ist ein Gegenvormund vorhanden oder zu bestellen, so hat ihm der Vormund die Uebersicht unter Nachweisung des Vermögensbestandes vorzulegen. Der Gegenvormund hat die Uebersicht mit den Bemerkungen zu versehen, zu denen die Prüfung ihm Anlaß giebt. TE-FamR § 537; K E § 1653; E I §1691; E l l § 1728; E l l rev. § 1832; E III § 1830. - Prot. I, 8470; Prot. II 4, 809. § 1855 Benennt die eheliche Mutter einen Vormund, so kann sie die gleichen Anordnungen treffen wie nach den §§ 1852 bis 1854 der Vater. TE-FamR § 537; K E §§ 1652-1654; E I §§ 1 6 9 0 - 1 6 9 2 ; E II § 1729; E II rev. § 1833; E III § 1831. — Prot. I, 8460, 8470; Prot. II 4, 805 ff. § 1856 Auf die nach den §§ 1852 bis 1855 zulässigen Anordnungen finden die Vorschriften des § 1777 Anwendung. TE-FamR § 537; K E § 1655; E I § 1693; E II § 1730; E II rev. § 1834; E III § 1832. - Prot. I, 8470; Prot. II 4, 814. § 1857 Die Anordnungen des Vaters oder der Mutter können von dem Vormundschaftsgericht außer Kraft gesetzt werden, wenn ihre Befolgung das Interesse des Mündels gefährden würde. TE-FamR § 537; K E § 1656; E I § 1694; E l l §1731; E l l rev. § 1835; E III § 1833. - Prot. I, 8479; Prot. II 4, 805, 814.
VI. Familienrath § 1858 Ein Familienrath soll von dem Vormundschaftsgericht eingesetzt werden, wenn der Vater oder die eheliche Mutter des Mündels die Einsetzung angeordnet hat. Der Vater oder die Mutter kann die Einsetzung des Familienraths von dem Eintritt oder Nichteintritt eines bestimmten Ereignisses abhängig machen. Die Einsetzung unterbleibt, wenn die erforderliche Zahl geeigneter Personen nicht vorhanden ist. TE-FamR § 548 Abs. 1,2, 3 ; K E § 1674; E I § 1712; E II § 1751 ; E II rev. § 1836; E III § 1834. — Prot. I, 8501 ; Prot. II 4, 835. § 1859 Ein Familienrath soll von dem Vormundschaftsgericht eingesetzt werden, wenn ein Verwandter oder Verschwägerter des Mündels oder der Vormund oder der 840
1. Titel: V o r m u n d s c h a f t über Minderjährige
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1773—1895
Gegenvormund die Einsetzung beantragt und das Vormundschaftsgericht sie im Interesse des Mündels für angemessen erachtet. Die Einsetzung unterbleibt, wenn der Vater oder die eheliche Mutter des Mündels sie untersagt hat. TE-FamR § 548 Abs. 4, 5; K E § 1675; E I § 1713; E II § 1752; E II rev. § 1837; E III § 1835. - Prot. I, 8502; Prot. II 4, 835. § 1S60 Der Familienrath besteht aus dem Vormundschaftsrichter als Vorsitzendem und aus mindestens zwei, höchstens sechs Mitgliedern. TE-FamR §§ 5 4 9 - 5 5 1 ; K E § 1676; E I § 1714 Abs. 1 ; E II § 1753; E II rev. s 1838; E IIIS 1 8 3 6 . - P r o t . I, 8509, 8518; Prot. 114,836. § 1861 Als Mitglied des Familienraths ist berufen, wer von dem Vater oder der ehelichen Mutter des Mündels als Mitglied benannt ist. Die Vorschriften des § 1778 Abs. 1, 2 finden entsprechende Anwendung. TE-FamR § 550 Abs. 3—10; K E § 1677; E I § 1715 Abs. 1; E II % 1754; E II rev. § 1839; E III § 1837. — Prot. I, 8510, 8519; Prot. II 4, 836. § 1862 Soweit eine Berufung nach § 1861 nicht vorliegt oder die Berufenen die Uebernahme des Amtes ablehnen, hat das Vormundschaftsgericht die zur Beschlußfähigkeit des Familienraths erforderlichen Mitglieder auszuwählen. Vor der Auswahl sollen der Gemeindewaisenrath und nach Maßgabe des § 1847 Verwandte oder Verschwägerte des Mündels gehört werden. Die Bestimmung der Zahl weiterer Mitglieder und ihre Auswahl steht dem Familienrathe zu. TE-FamR % 550 Abs. 3 - 1 0 ; KE § 1677; E I § 1715 Abs. 2; E II § 1755 Abs. 1, 2; E II rev. § 1840; E III % 1838. - Prot. I, 8510, 8519; Prot. II 4, 836. § 1863 Sind neben dem Vorsitzenden nur die zur Beschlußfähigkeit des Familienraths erforderlichen Mitglieder vorhanden, so sind ein oder zwei Ersatzmitglieder zu bestellen. Der Familienrath wählt die Ersatzmitglieder aus und bestimmt die Reihenfolge, in der sie bei der Verhinderung oder dem Wegfall eines Mitglieds in den Familienrath einzutreten haben. Hat der Vater oder die eheliche Mutter Ersatzmitglieder benannt und die Reihenfolge ihres Eintritts bestimmt, so ist diese Anordnung zu befolgen. TE-FamR § 550 Abs. 3 - 1 0 ; K E § 1677; E I § 1715 Abs. 4; E II § 1756; E II rev. § 1841 ; E III § 1839. - Prot. I, 8510, 8519; Prot. II 4, 836. 841
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft § 1864
Wird der Familienrath durch vorübergehende Verhinderung eines Mitglieds beschlußunfähig und ist ein Ersatzmitglied nicht vorhanden, so ist für die Dauer der Verhinderung ein Ersatzmitglied zu bestellen. Die Auswahl steht dem Vorsitzenden zu. TE-FamR § 550 Abs. 3 - 1 0 ; KE § 1677; E I § 1715 Abs. 5; E II § 1757; E II rev. § 1842; E III § 1 8 4 0 . - P r o t . I, 8510, 8519; Prot. 114, 836. § 1865 Zum Mitgliede des Familienraths kann nicht bestellt werden, wer geschäftsunfähig oder wegen Geistesschwäche, Verschwendung oder Trunksucht entmündigt ist. TE-FamR §§ 549 Abs. 2, 551 Abs. 2 ; K E § 1678; E I § 1716 Abs. 1, 3; E II § 1758; E II rev. § 1843; E III § 1841. - Prot. I, 8513, 8522; Prot. II 4, 837. § 1866
Zum Mitgliede des Familienraths soll nicht bestellt werden: 1. der Vormund des Mündels; 2. wer nach § 17 81 oder nach § 17 8 2 nicht zum Vormunde bestellt werden soll; 3. wer durch Anordnung des Vaters oder der ehelichen Mutter des Mündels von der Mitgliedschaft ausgeschlossen ist. TE-FamR §§ 549 Abs. 2, 551 Abs. 2; K E § 1678; E I § 1716 Abs. 1,2 Nr. l , 2 u . 4, Abs. 3; E II § 1759; E II rev. § 1844; E III § 1842. - Prot. I, 8513, 8522; Prot. II 4, 837. § 1867 Zum Mitgliede des Familienraths soll nicht bestellt werden, wer mit dem Mündel weder verwandt noch verschwägert ist, es sei denn, daß er von dem Vater oder der ehelichen Mutter des Mündels benannt oder von dem Familienrath oder nach § 1864 von dem Vorsitzenden ausgewählt worden ist. TE-FamR §§ 549 Abs. 2, 551 Abs. 2; K E § 1678; E I § 1716 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3; E II § 1760; E II rev. § 1845; E III § 1843. - Prot. I, 8513, 8522; Prot. II 4, 837. § 1868
Für die nach den §§ 1858, 1859, 1861, 1863, 1866 zulässigen Anordnungen des Vaters oder der Mutter gelten die Vorschriften des § 1777. Die Anordnungen des Vaters gehen den Anordnungen der Mutter vor. TE-FamR §§ 548 Abs. 1 u. 5, 549 Abs. 1 Nr. 1 u. 2, 550 Abs. 9; K E § 1680; E I § 1718; E l l § 1761; E l l rev. § 1846; E III § 1844. - Prot. I, 8501, 8509, 8520; Prot. 114,837. § 1869 Niemand ist verpflichtet, das Amt eines Mitglieds des Familienraths zu übernehmen. 842
1. Titel: V o r m u n d s c h a f t über Minderjährige
§§
1773—1895
TE-FamR § 550 Abs. 2; K E § 1679; E I § 1717; E II § 1762; E II rev. § 1847; E III § 1845. — Prot. I, 8510, 8519; Prot. II 4, 837. § 1870 Die Mitglieder des Familienraths werden von dem Vorsitzenden durch Verpflichtung zu treuer und gewissenhafter Führung des Amtes bestellt. Die Verpflichtung soll mittelst Handschlags an Eidesstatt erfolgen. TE-FamR §§ 549—551; KE § 1676; E I §1714 Abs. 2; E l l § 1763; E l l rev. § 1848; E III § 1846. - Prot. I, 8509, 8512, 8518; Prot. II 4, 836. § 1871 Bei der Bestellung eines Mitglieds des Familienraths kann die Entlassung für den Fall vorbehalten werden, daß ein bestimmtes Ereigniß eintritt oder nicht eintritt. TE-FamR § 550 Abs. 3 - 1 0 ; K E § 1677; E I § 1715 Abs. 3; E II § 1755 Abs. 3; E II rev. § 1849; E III § 1847. - Prot. I, 8510, 8519; Prot. II 4, 836. § 1872 Der Familienrath hat die Rechte und Pflichten des Vormundschaftsgerichts. Die Leitung der Geschäfte liegt dem Vorsitzenden ob. Die Mitglieder des Familienraths können ihr Amt nur persönlich ausüben. Sie sind in gleicher Weise verantwortlich wie der Vormundschaftsrichter. TE-FamR §§ 552, 553, 555; K E §§ 1681, 1684; E I §§ 1719 Abs. 1, 2, 1722 Abs. 1 Satz 2; E II §§ 1764 Abs. 1, 2, 1767 Abs. 1 Satz 2; E II rev. § 1850; E III § 1848. Prot. 1, 8522; Prot. 114,837. § 1873 Der Familienrath wird von dem Vorsitzenden einberufen. Die Einberufung hat zu erfolgen, wenn zwei Mitglieder, der Vormund oder der Gegenvormund sie beantragen oder wenn das Interesse des Mündels sie erfordert. Die Mitglieder können mündlich oder schriftlich eingeladen werden. TE-FamR § 554; K E § 1683; E I § 1721 Abs. 1 ; E I I § 1765; E l l rev. § 1851; E III § 1849. — Prot. I, 8526; Prot. II 4, 837. § 1874 Zur Beschlußfähigkeit des Familienraths ist die Anwesenheit des Vorsitzenden und mindestens zweier Mitglieder erforderlich. Der Familienrath faßt seine Beschlüsse nach der Mehrheit der Stimmen der Anwesenden. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. Steht in einer Angelegenheit das Interesse des Mündels zu dem Interesse eines Mitglieds in erheblichem Gegensatze, so ist das Mitglied von der Theilnahme an der Beschlußfassung ausgeschlossen. Ueber die Ausschließung entscheidet der Vorsitzende. TE-FamR § 555; K E § 1684; E I § 1722; E II § 1767; E II rev. § 1852; E III § 1850. — Prot. I, 8531; Prot. 114, 837. 843
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: V o r m u n d s c h a f t
§ 1875 Ein Mitglied des Familienraths, das ohne genügende Entschuldigung der Einberufung nicht Folge leistet oder die rechtzeitige Anzeige seiner Verhinderung unterläßt oder sich der Theilnahme an der Beschlußfassung enthält, ist von dem Vorsitzenden in die dadurch verursachten Kosten zu verurtheilen. Oer Vorsitzende kann gegen das Mitglied eine Ordnungsstrafe bis zu einhundert Mark verhängen. Erfolgt nachträglich genügende Entschuldigung, so sind die getroffenen Verfügungen aufzuheben. TE-FamR § 554; K E § 1683; E I § 1721 Abs. 2; E II § 1766; E II rev. § 1853; E III § 1851. - Prot. I, 8526; Prot. II 4, 837. § 1876 Wird ein sofortiges Einschreiten nöthig, so hat der Vorsitzende die erforderlichen Anordnungen zu treffen, den Familienrath einzuberufen, ihn von den Anordnungen in Kenntniß zu setzen und einen Beschluß über die etwa weiter erforderlichen Maßregeln herbeizuführen. TE-FamR §§ 552, 553 Abs. 1; K E § 1681; E I § 1719 Abs. 3; E l l § 1764 Abs. 3; E II rev. § 1854; E III § 1852. - Prot. I, 8522; Prot. II 4, 837; Bd. 6, 311. § 1877 Die Mitglieder des Familienraths können von dem Mündel Ersatz ihrer Auslagen verlangen; der Betrag der Auslagen wird von dem Vorsitzenden festgesetzt. TE-FamR § 553 Abs. 2; K E § 1682; E I § 1720; E II § 1768; E II rev. § 1855; E III § 1853. - Prot. I, 8525; Prot. II 4, 837. § 1878 Das Amt eines Mitglieds des Familienraths endigt aus denselben Gründen, aus denen nach den §§ 1885, 1886, 1889 das Amt eines Vormundes endigt. Ein Mitglied kann gegen seinen Willen nur durch das dem Vormundschaftsgericht im Instanzenzuge vorgeordnete Gericht entlassen werden. TE-FamR § 556; K E § 1685; E I § 1723; E II § 1769; E II rev. § 1856; E III § 1854. - Prot. I, 8536; Prot. II 4, 837. § 1879 Das Vormundschaftsgericht hat den Familienrath aufzuheben, wenn es an der zur Beschlußfähigkeit erforderlichen Zahl von Mitgliedern fehlt und geeignete Personen zur Ergänzung nicht vorhanden sind. TE-FamR § 557; K E § 1686; E I § 1724 Abs. 1 Nr. 1; E II § 1770 Abs. 1 Nr. 1; E II rev. § 1857; E III § 1855. - Prot. I, 8538; Prot. II 4, 837. § 1880
Der Vater des Mündels kann die Aufhebung des von ihm angeordneten Familienraths für den Fall des Eintritts oder Nichteintritts eines künftigen Ereignisses nach 844
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
Maßgabe des § 1777 anordnen. Das gleiche Recht steht der ehelichen Mutter des Mündels für den von ihr angeordneten Familienrath zu. Tritt der Fall ein, so hat das Vormundschaftsgericht den Familienrath aufzuheben. TE-FamR SS 548, 557; K E S§ 1674, 1686; E I S§ 1712 Abs. 2, 1724 Abs. 1 Nr. 2; Ell 1751 Abs. 2, 1770 Abs. 1 Nr. 2 ; E I I r e v . S 1858; E IIIS 1856. - Prot. I, 8538; Prot. II 4, 837. § 1881
Von der Aufhebung des Familienraths hat das Vormundschaftsgericht die bisherigen Mitglieder, den Vormund und den Gegenvormund in Kenntniß zu setzen. Oer Vormund und der Gegenvormund erhalten neue Bestallungen. Die früheren Bestallungen sind dem Vormundschaftsgerichte zurückzugeben. TE-FamR S 557; K E § 1686; E I § 1724 Abs. 2; E II § 1770 Abs. 2; E II rev. S 1859; E III S 1857. - Prot. I, 8538; Prot. II 4, 837.
VII. Beendigung der Vormundschaft § 1882 Die Vormundschaft endigt mit dem Wegfalle der im § 1773 für die Anordnung der Vormundschaft bestimmten Voraussetzungen. TE-FamR S 539; K E S 1665; E I S 1703 Abs. 1; E II S 1740; E II rev. § 1860; E III S 1858. — Prot. I, 8485; Prot. II 4, 825. § 1883 Wird der Mündel durch nachfolgende Ehe legitimirt, so endigt die Vormundschaft erst dann, wenn die Vaterschaft des Ehemanns durch ein zwischen ihm und dem Mündel ergangenes Urtheil rechtskräftig festgestellt ist oder die Aufhebung der Vormundschaft von dem Vormundschaftsgericht angeordnet wird. Das Vormundschaftsgericht hat die Aufhebung anzuordnen, wenn es die Voraussetzungen der Legitimation für vorhanden erachtet. Solange der Ehemann lebt, soll die Aufhebung nur angeordnet werden, wenn er die Vaterschaft anerkannt hat oder wenn er an der Abgabe einer Erklärung dauernd verhindert oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist. TE-FamR S 539; K E S 1665; E I § 1703 Abs. 2; E II S 1741; E II rev. § 1861; E III S 1859. — Prot. 1,8485; Prot. 114,825. § 1884 Ist der Mündel verschollen, so endigt die Vormundschaft erst mit der Aufhebung durch das Vormundschaftsgericht. Das Vormundschaftsgericht hat die Vormundschaft aufzuheben, wenn ihm der Tod des Mündels bekannt wird. Wird der Mündel für todt erklärt, so endigt die Vormundschaft mit der Erlassung des die Todeserklärung aussprechenden Urtheils. TE-FamR S 539; K E S 1665; E I S 1 7 0 3 Abs. 1 Nr. 1; E II S 1742; E II rev. § 1862; E III S 1860. - Prot. I, 8485; Prot. II 4, 825. 845
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
§ 1885 Das Amt des Vormundes endigt mit seiner Entmündigung. Wird der Vormund für todt erklärt, so endigt sein Amt mit der Erlassung des die Todeserklärung aussprechenden Unheils. TE-FamR §541; KE § 1666; E I § 1704 Nr. 1, 2; E l l § 1743; E l l rev. § 1863; E III § 1861. — Prot. I, 8488; Prot. II 4, 827.
§ 1886 Das Vormundschaftsgericht hat den Vormund zu entlassen, wenn die Fortführung des Amtes, insbesondere wegen pflichtwidrigen Verhaltens des Vormundes, das Interesse des Mündels gefährden würde oder wenn in der Person des Vormundes einer der im § 1781 bestimmten Gründe vorliegt. TE-FamR §§ 541, 542; KE §§ 1666, 1667; E I §§ 1704 Nr. 3; 1705 Nr. 1, 2; E II § 1744; E II rev. § 1864; E III § 1862. — Prot. 1,8490; Prot. 114,831. § 1887 Das Vormundschaftsgericht kann eine Frau, die zum Vormunde bestellt ist, entlassen, wenn sie sich verheirathet. Das Vormundschaftsgericht hat eine verheirathete Frau, die zum Vormunde bestellt ist, zu entlassen, wenn der Mann seine Zustimmung zur Uebernahme oder zur Fortführung der Vormundschaft versagt oder die Zustimmung widerruft. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn der Mann der Vater des Mündels ist. TE-FamR §§ 541, 542, 544; KE §§ 1666, 1667, 1669; E I §§ 1704 Nr. 3, 1705 Nr. 3, 1707; E II § 1745; E II rev. § 1865; E III § 1863. - Prot. I, 8494; Prot. II 4, 831, 833. § 1888 Ist ein Beamter oder ein Religionsdiener zum Vormunde bestellt, so hat ihn das Vormundschaftsgericht zu entlassen, wenn die Erlaubniß, die nach den Landesgesetzen zur Uebernahme der Vormundschaft oder zur Fortführung der vor dem Eintritt in das Amts- oder Dienstverhältniß übernommenen Vormundschaft erforderlich ist, versagt oder zurückgenommen wird oder wenn die nach den Landesgesetzen zulässige Untersagung der Fortführung der Vormundschaft erfolgt. TE-FamR §§ 541, 542; KE §§ 1666, 1667; E I §§ 1704 Nr. 3, 1705 Nr. 4; E II § 1746; E II rev. § 1866; E III § 1864. - Prot. I, 8490; Prot. II 4, 831. § 1889 Das Vormundschaftsgericht hat den Vormund auf seinen Antrag zu entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein wichtiger Grund ist insbesondere der Eintritt eines Umstandes, der den Vormund nach § 1786 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 berechtigen würde, die Uebernahme der Vormundschaft abzulehnen. TE-FamR §§ 541, 543; KE §§ 1666, 1668; E I §§ 1704 Nr. 3, 1706; E II § 1747; E II rev. § 1867; E III § 1865. — Prot. I, 8493; Prot. II 4, 832. 846
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773 —1895
§ 1890 Der Vormund hat nach der Beendigung seines Amtes dem Mündel das verwaltete Vermögen herauszugeben und über die Verwaltung Rechenschaft abzulegen. Soweit er dem Vormundschaftsgerichte Rechnung gelegt hat, genügt die Bezugnahme auf diese Rechnung. T E - F a m R § 509; K E § 1662; E I § 1700 Abs. 1, 2; E II § 1736; E II rev. § 1868; E III § 1866. - Prot. I, 8284, 8291, 8409; Prot. II 4, 819. § 1891 Ist ein Gegenvormund vorhanden, so hat ihm der Vormund die Rechnung vorzulegen. Der Gegenvormund hat die Rechnung mit den Bemerkungen zu versehen, zu denen die Prüfung ihm Anlaß giebt. Der Gegenvormund hat über die Führung der Gegenvormundschaft und, soweit er dazu im Stande ist, über das von dem Vormunde verwaltete Vermögen auf Verlangen Auskunft zu ertheilen. T E - F a m R § 509; K E § 1662; E I § 1700 Abs. 3; E II § 1737; E II rev. § 1869; E III § 1867. - Prot. I, 8284, 8291, 8409; Prot. II 4, 819. § 1892 Der Vormund hat die Rechnung, nachdem er sie dem Gegenvormunde vorgelegt hat, dem Vormundschaftsgericht einzureichen. Das Vormundschaftsgericht hat die Rechnung rechnungsmäßig und sachlich zu prüfen und deren Abnahme durch Verhandlung mit den Betheiligten unter Zuziehung des Gegenvormundes zu vermitteln. Soweit die Rechnung als richtig anerkannt wird, hat das Vormundschaftsgericht das Anerkenntnis zu beurkunden. T E - F a m R §§ 509 Abs. 1,511; K E § 1663; E I § 1701; H II § 1738; E II rev. § 1870; E III § 1868. - Prot. I, 8284; Prot. II 4 , 8 1 9 . § 1893 Im Falle der Beendigung der Vormundschaft oder des vormundschaftlichen Amtes finden die Vorschriften der §§ 1682, 1683 entsprechende Anwendung. Der Vormund hat nach der Beendigung seines Amtes die Bestallung dem Vormundschaftsgerichte zurückzugeben. T E - F a m R §§ 545 a der Abänderungsanträge, 547; K E §§ 1671, 1673; F, I §§ 1709, 1711; E II § 1749; E l l rev. § 1871; E III § 1 8 6 9 . - P r o t . 1,8496; Prot. II 4, 833. § 1894 Den Tod des Vormundes hat dessen Erbe dem Vormundschaftsgericht unverzüglich anzuzeigen. Den Tod des Gegenvormundes oder eines Mitvormundes hat der Vormund unverzüglich anzuzeigen. T E - F a m R § 545; K E § 1670; E I § 1708; E l l § 1748; E l l rev. § 1872; E III § 1870. - Prot. I, 8496; Prot. II 4, 834. 847
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
§ 1895 Die Vorschriften der §§ 1885 bis 1889, 1893, 1894 finden auf den Gegenvormund entsprechende Anwendung. TE-FamR §§ 546, 547; KE §§ 1672,1673; E I §§ 1710, 1711; E II § 1750; E II rev. § 1873; E III § 1871. — Prot. I, 8497; Prot. II 4, 834. A. 1. Kommission 1.1 .Vorlage von Planck (Nr. 2/1877): Vormundschaft Vorschläge. 1. Die Obervormundschaft wird den Gerichten übertragen. 2. Das Vormundschaftsgericht ist das Amtsgericht. 3. Eine Mitwirkung der Familie bei der Führung der Obervormundschaft findet regelmäßig nur insofern statt, als das Vormundschaftsgericht verpflichtet ist, in wichtigen Angelegenheiten vor seiner Entschließung Verwandte oder Verschwägerte des Mündels gutachtlich zu hören. 4. Einem zu bildenden Familienrathe wird die Obervormundschaft ausnahmsweise dann übertragen, wenn der Inhaber der elterlichen Gewalt für den Mündel es letztwillig angeordnet hat oder nahe Verwandte oder Verschwägerte des Mündels (Bestimmung der Zahl vorbehalten) oder der Vormund oder Gegenvormund es beantragen. 5. Den Gemeinden ist eine Mitwirkung bei der Führung der Obervormundschaft in der Art zu übertragen, daß sie durch geeignete Organe (Waisenräthe) das Vormundschaftsgericht in der unmittelbaren Aufsicht des Vormundschaftswesens unterstützen. 6. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Landesgesetzgebung das Recht zustehen soll, die Obervormundschaft an Stelle der Amtsgerichte Gemeindeorganen zu übertragen, bleibt dem Einführungsgesetze vorbehalten. Fünfte Sitzung vom 24. 9. 1877. 2. Es wurde sodann die Vorlage No. 2 über die Vormundschaft berathen. Die Vorschläge No. 1 und 2, welche lauten: „Die Obervormundschaft wird den Gerichten übertragen. Das Vormundschaftsgericht ist das Amtsgericht." wurden von der Mehrheit angenommen. Die Annahme erfolgte in dem Sinne, daß einmal der französischrechtliche Familienrath als regelmäßige Institution, und sodann die Uebertragung der Obervormundschaft an Verwaltungsbehörden, insbesondere an Gemeindeorgane, ausgeschlossen bleibe. Der Vorschlag zu 3), Inhalts dessen eine Mitwirkung der Familie bei der Führung der Obervormundschaft regelmäßig nur insofern stattfindet, als das Vormundschaftsgericht verpflichtet ist, in wichtigen Angelegenheiten vor seiner Entschließung Verwandte oder Verschwägerte des Mündels gutachtlich zu hören, wurde von der Mehrheit mit der Maßgabe gebilligt, daß „verpflichtet ist" dahin zu verstehen ist, daß das Gericht Verwandte oder Verschwägerte pp. kraft einer Ordnungsvorschrift, deren Verletzung Verantwortung begründen kann, hören soll, die Unterlassung also die Wirksamkeit der Entschließung nicht beeinflußt. Vorbehalten blieb der Beschluß darüber, ob im Gesetzbuche die „wichtigen Angelegenheiten" näher zu bezeichnen sind, und ob nicht mindestens für einzelne Fälle, und zwar vielleicht gar für den einen oder anderen Fall zur Wirksamkeit der Entscheidung, die Anhörung der Verwandten pp. als nothwendig vorzuschreiben ist. 848
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§
1773—1895
Der Vorschlag zu 4), wonach die Obervormundschaft einem zu bildenden Familienrath ausnahmsweise dann übertragen werden soll, wenn der Inhaber der elterlichen Gewalt für den Mündel es letztwillig angeordnet hat, oder nahe Verwandte oder Verschwägerte des Mündels (Bestimmung der Zahl vorbehalten) oder der Vormund oder Gegenvormund es beantragen, wurde von mehreren Seiten bekämpft. In der Minderheit blieb der Antrag, den Satz ganz zu streichen, aber auch der Antrag, dem Familienrathe lediglich dann die Obervormundschaft zu übertragen, wenn der Inhaber der elterlichen Gewalt die Einsetzung eines solchen anordnete. Es wurden sodann von der Mehrheit folgende Sätze angenommen: a) Es muß einem zu bildenden Familienrathe die Obervormundschaft ausnahmsweise dann übertragen werden, wenn der Inhaber der elterlichen Gewalt für den Mündel es letztwillig angeordnet hat. Es bleibt jedoch späterem Beschlüsse vorbehalten, ob zu bestimmen, daß auch in diesem Falle das Gericht wegen besonderer Umstände die Bildung des Familienraths ablehnen könne. b) Für den Fall, daß nahe Verwandte oder Verschwägerte des Mündels, der Vormund oder Gegenvormund es beantragen, kann das Gericht die Obervormundschaft einem zu bildenden Familienrathe übertragen, ohne jedoch hierzu verpflichtet zu sein. c) Auf den Antrag anderer Personen kann das Gericht nicht die Bildung des Familienraths beschließen. Gegen den Vorschlag 5, welcher lautet: „Den Gemeinden ist eine Mitwirkung bei der Führung der Obervormundschaft in der Art zu übertragen, daß sie durch geeignete Organe (Waisenräthe) die Vormundschaftsgerichte in der unmittelbaren Aufsicht des Vormundschaftswesens unterstützen", wurden keine Bedenken erhoben. Der Vorschlag 6, wurde in dem Sinne angenommen, daß es der späteren Berathung und Entschließung vorbehalten bleibt, ob, unter welchen Voraussetzungen, und in welchem Umfange der Landesgesetzgebung das Recht eingeräumt werden soll, Gemeinde-Organen obervormundschaftliche Funktionen zu übertragen. Man war aber einverstanden, daß auch solchen Gemeinde-Organen gegenüber die Befugnisse und Pflichten des Vormundes nicht weiter beschränkt werden dürfen, als den Amtsgerichten gegenüber. 528. Sitzung vom 8. 3. 1886, Schriftführer:
Struckmann.
| Die Berathung des Entwurfs des Familienrechts wurde fortgesetzt. Dieselbe | Prot 18131 wandte sich dem dritten Abschnitte zu, welcher von dem Vormundschaftsrechte handelt. Der Entwurf ordnet in diesem Abschnitte grundsätzlich nur das materielle Vormundschaftsrecht unter Ausscheidung der das Verfahren in Vormundschaftssachen betreffenden Bestimmungen. Diese letzteren Bestimmungen sind in dem Entwürfe eines besonderen Gesetzes über das Verfahren in Vormundschaftssachen und sonstigen das Familienrecht betreffenden Angelegenheiten enthalten. Es kam zur Sprache, ob es nicht im Hinblick auf den Fall, daß ein besonderes umfassendes Gesetz über das Verfahren in Vormundschaftssachen nicht als erforderlich und als angemessen erachtet werden sollte, sich empfehlen werde, am Schlüsse des Vormundschaftsrechts zur Ergänzung desselben in einem besonderen Titel einzelne materiellrechtliche Verfahrensvorschriften aufzunehmen, insbesondere über die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Vormundschaftsbehörden, über die Anzeigepflicht in Bevormundungsfällen, sowie über die Zwangsgewalt der Vormund| schaftsbehörden, vielleicht auch über den Zeitpunkt, in welchem die Verfügungen | Prot I 8132 des Vormundschaftsgerichts in Wirksamkeit treten, über die Befugniß zur Abänderung solcher Verfügungen und über das Rechtsmittel der Beschwerde, in letzterer 849
§§1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
Hinsicht insoweit, als es sich um die Zulässigkeit der Beschwerde, die Legitimation zur Erhebung derselben, die Wirkung der auf erhobene Beschwerde ergehenden abändernden Verfügung und um die Frage handelt, ob und inwieweit die Einlegung der Beschwerde an eine Frist gebunden sein soll. Man verständigte sich dahin, die Beschlußfassung darüber, ob und inwieweit am Schlüsse des Vormundschaftsrechts vorsorglich einzelne materiellrechtliche Verfahrensvorschriften zur Ergänzung des Entwurfs aufzunehmen seien, bis nach erfolgter Berathung des dritten Abschnitts des Entwurfs vorzubehalten. Dem Entwürfe hat bei der Gestaltung des Vormundschaftsrechts die preuß. V.O. vom 5. Juli 1875 im Wesentlichen als Vorbild gedient. Wie diese geht der Entwurf im Anschlüsse an die Vorbeschlüsse der Kommission vom 24. September 1877 davon aus, daß die Obervormundschaft den Gerichten, und zwar den Amtsgerichten, übertragen werden soll, jedoch vorbehaltlich der geeignetenfalls im Einführungsgesetze zu entscheidenden Frage, ob und inwieweit den Landesgesetzgebungen das Recht einzuräumen sei, Gemeindeorganen obervormundschaftliche Funktionen zu übertragen (vergl. §§ 1,74 des Entwurfs eines Gesetzes über das Verfahren in Vormundschaftssachen), sowie vorbehaltlich der Bestimmungen, nach welchen die Rechte und Pflichten des Vormundschaftsgerichts ausnahmsweise einen Familienrathe übertra| Prot I 8133 gen werden | können (§§ 548 ff. des Entw.). Abgesehen von dem Familienrathe, ist der Familie insofern eine Mitwirkung bei Führung der Obervormundschaft eingeräumt, als das Vormundschaftsgericht in wichtigen Angelegenheiten des Mündels, sowie in allen Fällen, in welchen der Vormund oder Gegenvormund es beantragt, Verwandte oder Verschwägerte des Mündels vor seiner Entschließung gutachtlich hören soll, sofern dies ohne erheblichen Verzug und ohne unverhältnißmäßige Kosten geschehen kann (§ 528 des Entw.; Vorbeschluß der Kommission vom 24. Sept. 1877). Auch den Gemeinden ist durch das Institut der Gemeindewaisenräthe eine Mitwirkung bei Führung der Obervormundschaft gesichert (§ 534 des Entw.; Vorbeschluß der Kommission vom 24. September 1877). Anlangend die Stellung des Vormundes gegenüber der Obervormundschaft, so beruht der Entwurf, in Uebereinstimmung mit der preuß. V.O. und anderen neueren Gesetzbüchern, auf dem Prinzipe der Selbständigkeit des Vormundes gegenüber der Obervormundschaft. Der Vormund hat selbständig die Pflicht und das Recht, f ü r die Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen, insbesondere steht ihm, soweit das Gesetz keine Ausnahme macht, die unbeschränkte Vertretungsmacht in Ansehung des Mündels zu (§§ 490 ff. des Entw.). Grundsätzlich ist es also der Vormund, welcher handelt und darüber zu entscheiden hat, ob und wie gehandelt werden soll; doch erleidet die Selbständigkeit des Vormundes insofern eine gewisse Beschränkung, als seine gesammte Thätigkeit der ständigen Aufsicht des Vormundschaftsgerichtes unterliegt (§ 526 des Entw.). Außerdem dient das Institut des Gemeindewaisenraths (§ 534 des Entw.) und des Gegenvormundes (§§ 489, 495 des Entw.) zur | Prot 18134 Kontrole des Vormundes. In gewissen Fällen räumt | der Entwurf dem V o r m u n d eine besonders freie Stellung ein (sogen, befreite Vormundschaft; §§ 535 ff. des Entw.). Ein weiteres, dem Vormundschaftsrechte des Entwurfs zum Grunde liegendes wichtiges Prinzip ist das Bestellungsprinzip, d. h. der Entwurf geht davon aus, daß von einzelnen Ausnahmen abgesehen (§§ 476, 477 des Entw.; vergl. jedoch zu § 476 den auf Streichung gerichteten gedr. Abänderungsantrag des Ref. S. 46), die Vormundschaft nicht unmittelbar kraft Gesetzes eintritt, sondern auf Grund einer Anordnung des Vormundschaftsgerichts und daß Pflicht und Recht des Vormundes erst mit seiner Bestellung beginnt (§§ 478 Abs. 1, 487, 490 Abs. 3 des Entw.). 850
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
Anlangend den Unterschied zwischen Vormundschaft und Pflegschaft, so begreift der Entwurf unter Vormundschaft die Fälle, in welchen es sich um die allgemeine Fürsorge für die Person und das Vermögen des Mündels handelt, während er eine Pflegschaft da eintreten läßt, wo das Bedürfniß eines Schutzes nur für besondere Angelegenheiten angezeigt ist (Motive S. 1986 ff.). Der von dem Entwürfe eingeschlagene Weg der Anlehnung an die preuß. V.O. vom 5. Juli 1875 fand im Allgemeinen die Billigung der Kommission. Man hielt die preuß. V.O. namentlich um deswillen für besonders geeignet, als Vorbild f ü r das Vormundschaftsrecht eines deutschen bürgerlichen Gesetzbuchs zu dienen, weil dieselbe, aus gründlichen Berathungen hervorgegangen und f ü r den ganzen Umfang der preußischen Monarchie bestimmt, den verschiedensten Verhältnissen in den einzelnen Provinzen und zugleich den drei Rechtssystemen des preuß. A.L.R., | des | Prot I 8135 gemeinen Rechts und des französischen Rechts habe Rechnung tragen müssen. Im Uebrigen nahm man davon Abstand, im Wege einer Vorberathung über die einzelnen dem Entwürfe zum Grunde liegenden Hauptprinzipien Beschluß zu fassen, erachtete es vielmehr als angemessener, dieser Beschlußfassung der Berathung der einzelnen, auf jenen Prinzipien beruhenden Bestimmungen des Entwurfs vorzubehalten. In Ansehung der Teminologie herrschte Einvernehmen, zwischen Vormundschaft und Pflegschaft, Vormund und Pfleger in der von dem Entwürfe vorgeschlagenen Weise zu unterscheiden. Uebergegangen wurde darauf zur Berathung der einzelnen Bestimmungen des Entwurfs. Der § 475 des Entw., welcher lautet: „Minderjährige erhalten einen Vormund, wenn sie nicht unter elterlicher Gewalt TE-FamR stehen oder dieselbe mit Ausnahme der elterlichen Nutznießung entzogen ist oder § 475 ruht." wurde mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 1988 sachlich nicht beanstandet. Insbesondere fand das dem § 475 zum Grunde liegende Prinzip, daß eine Vormundschaft — im Gegensatze zu der einen besonderen Schutz f ü r gewisse Angelegenheiten bezweckenden Pflegschaft — dann eintritt, wenn das Bedürfniß einer allgemeinen Fürsorge f ü r die Person und das Vermögen vorhanden ist, keinen Widerspruch. Der Prüfung bei der Redaktion wurde, soviel die Fassung betrifft, insbesondere vorbehalten, ob nicht deutlicher zum Ausdrucke zu bringen sein werde, daß im Falle des Ruhens der elterlichen Gewalt der Minderjährige einen Vormund dann nicht erhalte, wenn an die | Stelle der ruhenden elterlichen Gewalt des Vaters | Prot I 8136 die elterliche Gewalt der Mutter trete. Von einer Seite wurde folgende, dem § 28 Abs. 2 K.E. sich anschließende Fassung vorgeschlagen: „Ein Minderjähriger erhält einen Vormund, wenn er nicht unter elterlicher Gewalt steht oder die elterliche Gewalt auf die elterliche Nutznießung beschränkt ist." Der Vorschlag wurde zur Prüfung bei der Redaktion verwiesen. Der § 476 des Entw. lautet: „Minderjährige verheirathete Töchter stehen unter der gesetzlichen Vormund- TE-FamR Schaft desjenigen Elterntheils, welchem die elterliche Gewalt zustehen würde, wenn § 4 7 6 dieselbe nicht durch Heirath beendigt wäre. Auf demjenigen Elterntheil, welchem nur die elterliche Nutznießung zustehen würde, findet die vorstehende Bestimmung keine Anwendung." In den gedruckten Abänderungsanträgen des Referenten ist beantragt: Den § 476 zu streichen. 851
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
D e r § 4 7 6 beruht auf einem Vorbeschlusse der Kommission vom 2. Oktober 1876 und steht im Zusammenhange mit der auf demselben Vorbeschlusse beruhenden Bestimmung im § 379 Abs. 2 des Entw., daß mit der Verheirathung der T o c h t e r die elterliche Gewalt über dieselbe endigen soll. Bei Gelegenheit der Berathung des § 379 des Entw. ist in Gemäßheit der gedruckten Abänderungsanträge des Referenten zu § 379 bereits beschlossen, von der Beendigung der elterlichen Gewalt durch Verhei| Prot 18137 rathung | der T o c h t e r in dem Sinne zu schweigen, daß der Verheirathung ungeachtet die elterliche Gewalt fortdauere, vorbehaltlich der später zu dem § 381 a der gedr. Abänderungsantr. beschlossenen Modifikationen (§§ 1468, 1500 der Red.Vorl.). Für den Fall jedoch, daß später bei der Berathung des Vormundschaftsrechts der Standpunkt des Referenten Billigung nicht erfahren und die gesetzliche Vormundschaft über die minderjährige verheirathete T o c h t e r nach Maßgabe des § 4 7 6 des Entw. anerkannt werden sollte, ist damals vorbehalten worden, den zu § 379 Abs. 2 des Entw. gefaßten Beschluß entsprechend zu ändern (Prot. S. 7 8 2 2 , 7823). Die K o m mission trat dem Antrage des Referenten, den § 4 7 6 zu streichen, bei. Sie erachtete es mit den Ausführungen in den Bemerkungen zu den gedruckten Abänderungsanträgen S. 146, 147 nicht allein als einfacher und natürlicher, trotz der Verheirathung des minderjährigen Kindes die elterliche Gewalt über dasselbe mit den zu § 381 a der gedr. Abänderungsantr. beschlossenen Modifikationen (Prot. S. 7824 ff.; §§ 1468, 1500 der Red.Vorl.) fortdauern zu lassen, sondern auch als angemessener, da kein Grund abzusehen sei, warum der bisherige Inhaber der elterlichen Gewalt nach der Verheirathung des Kindes die weniger freie Stellung eines Vormundes gegenüber | Prot 18138 dem Kinde haben solle, namentlich nachdem dem Inhaber der elterlichen Ge- | walt durch Beschluß der Kommission in Ansehung des freien Kindesvermögens dieselbe freie Stellung eingeräumt worden sei, wie in Ansehung des der elterlichen Nutznießung unterliegenden Kindesvermögen (Prot. S. 7 7 4 9 ff.). TE-FamR S 4 77
D e r § 477 des Entw. lautet: „Ueber einen Minderjährigen, welcher in eine unter Verwaltung des Staats oder einer Gemeindebehörde stehende Verpflegungsanstalt aufgenommen ist, hat bis zu dessen Volljährigkeit der Vorstand der Anstalt kraft des Gesetzes die Pflichten und Rechte eines Vormundes, sofern nicht von Seiten des Vormundschaftsgerichts ein anderer Vormund bestellt ist. Die Bestellung eines solchen nach Aufnahme des Minderjährigen in die Anstalt soll nur aus besonderen Gründen erfolgen." Dazu lagen folgende Anträge vor:
v. Weber 1. D e n Paragraphen zu streichen und in das Einführungsgesetz eine Vorschrift (Nr 281) aufzunehmen, daß die Landesgesetze für ihren Bereich bestimmen können, was der Paragraph enthält. Demgemäß in § 478 die in den gedruckten Abänderungsanträgen des Referenten enthaltenen W o r t e „unbeschadet der Bestimmung des § 4 7 7 " zu streichen, desgleichen in § 487 den letzten Absatz — dafern nach dem Antrage des Referenten § 4 7 6 in Wegfall kommt — zu streichen, unter derselben Voraussetzung den letzten Absatz des § 490 und den § 535 zu streichen, den § 540 Abs. 3 zu streichen (Abs. 1 und 2 sollen nach dem gedruckten Abände| Prot 18139 rungsantrage des Refe-1 renten gestrichen werden). v. Mandry 2. D e n Paragraphen zu streichen, eventuell eine entsprechende Bestimmung dem (Nr 280, 1) Einführungsgesetze vorzubehalten; („Den Landesregierungen steht es zu, zu bestimmen, daß über einen Minderjährigen, welcher . . . aufgenommen ist, bis zu dessen Volljährigkeit der Vorstand der 852
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773 — 1895
Anstalt die Pflichten und Rechte eines Vormundes hat. Die Befugnisse des Vormundschaftsgerichts, einen Vormund zu bestellen, wenn nach den besonderen Umständen des Falles die Führung der Vormundschaft durch den Anstaltsvorstand dem Interesse des Mündels nicht entspricht, kann nicht ausgeschlossen werden.") Die Mehrheit der Kommission entschied sich dafür, den § 477 zu streichen, dagegen eine Bestimmung des Inhalts in das Einführungsgesetz aufzunehmen: „Die Landesgesetze können bestimmen, daß der Vorstand einer unter Verwaltung des Staats oder einer Gemeindebehörde stehenden Verpflegungsanstalt, in welche ein Minderjähriger aufgenommen ist, die Pflichten und Rechte des Vormundes des letzteren bis zu dessen Volljährigkeit hat, unbeschadet der Befugniß des Vormundschaftsgerichts, einen anderen Vormund zu bestellen." Erwogen war: Es lasse sich in Zweifel ziehen, ob eine derartige Vorschrift, wie sie der § 477, im Anschlüsse an ähnliche Vorschriften des französischen Rechts, nach dem Vorbilde des § 13 der preuß. V.O. bringe, überhaupt durch ein Bedürfniß geboten sei. Auch die Angemessenheit der Vorschrift lasse sich namentlich von dem Gesichtspunkte aus bestreiten, daß dadurch anomaler Wei-1 se eine Behörde die Stellung eines Vormun- | Prot I 8140 des erlange und damit der Aufsicht des Vormundschaftsgerichts unterstellt werde. Auf der anderen Seite müsse indessen zugegeben werden, daß mit jener Vorschrift auch praktische Vortheile verbunden seien. Insbesondere sei es als ein Gewinn anzusehen, daß dieselbe die Bestellung besonderer Vormünder für die in eine Verpflegungsanstalt der hier fraglichen Art aufgenommenen Minderjährigen unnöthig mache und dadurch die anderweite Verwendung einer großen Anzahl von Privatpersonen im Vormundschaftsdienste ermögliche. Auch könne die Vorschrift insofern wohlthätig wirken, als dadurch der Einfluß der hier fraglichen Anstalten auf ihre Zöglinge, namentlich f ü r die Zeit nach dem Austritte derselben aus der Anstalt, gestärkt und die Verbindung der Anstalten mit ihren Zöglingen auch für jene Zeit in wirksamer Weise aufrechterhalten werde. Gegen die gänzliche Unterdrückung der vorgeschlagenen Bestimmung falle ferner besonders ins Gewicht, daß dieselbe dem in dem großen Gebiete der preuß. V.O. geltenden Rechte entspreche und auf die Aufnahme derselben in die preuß. V.O. sowohl von Seiten der hier in Rede stehenden Anstalt als von Seiten des preuß. Landtags Werth gelegt worden sei, Uebelstände aber, soviel bekannt, sich in Preußen aus jener Vorschrift nicht ergeben hätten. Unter diesen Umständen müsse man Bedenken tragen, jene Vorschrift da, wo dieselbe gegenwärtig zu Recht bestehe, zu beseitigen, andererseits sei es aber auch bedenklich, dieselbe in solche Gebiete, welchen eine derartige Bestimmung gegenwärtig fremd sei, reichsgesetzlich neu einzuführen, da sich nicht übersehen lasse, ob die Einrichtungen der hier fraglichen Anstalten in allen Bundesstaaten derart seien, daß die Ueber-1 tragung der vormundschaftlichen Pflichten und Rechte auf den Anstalts- | Prot 18141 vorstand einerseits ohne Gefährdung des Interesses der Mündel, andererseits im Hinblick auf die sonstigen dem Anstaltsvorstande obliegenden amtlichen Geschäfte ohne Gefährdung des öffentlichen Interesses, des öffentlichen Dienstes erfolgen könne. Dazu komme, daß die Einrichtungen der hier fraglichen Anstalten und die Bestimmung der Art und des Umfangs der den Beamten derselben zu überweisenden Geschäfte dem öffentlichen Rechte angehörten, ohne zwingende praktische Gründe aber ein Eingreifen in das öffentliche Recht der einzelnen Bundesstaaten sich nicht rechtfertigen lasse. Bei dieser Sachlage erscheine es als der passendste Ausweg, den Landesgesetzgebungen durch den beschlossenen, dem § 13 der preuß. V.O. sich anschließenden Vorbehalt im Einführungsgesetze Raum zu lassen. Ob dieser Vorbe853
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
halt vielleicht in der einen oder anderen Richtung noch zu erweitern sei (vergl. namentlich § 535 Abs. 1 des Entw.), bleibe der P r ü f u n g bei Berathung der einzelnen Bestimmungen des Vormundschaftsrechts oder bezw. des Einführungsgesetzes vorbehalten. Die Berathung wandte sich darauf dem § 478 des Entw. zu. Derselbe lautet: TE-FamR „Ist ein gesetzlicher Vormund nicht vorhanden, so erfolgt die Anordnung der § 478 Vormundschaft durch das Vormundschaftsgericht von Amtswegen. Für Ausländer erfolgt die Anordnung einer Vormundschaft nur, wenn dieselben nach den für sie zur Anwendung kommenden Gesetzen des vormundschaftlichen | Prot 18142 Schutzes | bedürfen, denselben von Seiten desjenigen Staats, dem sie angehören, nicht erhalten und in Deutschland wohnen oder sich aufhalten. Eine f ü r Ausländer im Inlande angeordnete Vormundschaft ist auf Verlangen desjenigen Staats, dem sie angehören, an denselben abzugeben." In den gedruckten Abänderungsanträgen des Referenten ist beantragt: 1. Den Abs. 1 dahin zu fassen: „Die Anordnung der Vormundschaft erfolgt, unbeschadet der Bestimmung des § 477 durch, das Vormundschaftsgericht von Amtswegen." 2. Im Abs. 2 die Worte „in Deutschland" durch die Worte „im Inlande" zu ersetzen. v. Mandry Außerdem lag, abgesehen von dem zu § 477 bereits mitgetheilten Antrage unter 1 (Nr 280, 2) Abs. 2 (S. 8138) in dem gedruckten Abänderungsantrage unter 1, die Worte „unbeschadet der Bestimmung des § 477" zu streichen, folgender Antrag des Referenten vor: Planck Die Beschlußfassung über den § 477 Abs. 2, 3 (sowie über die der §§ 21—23 des (Nr 279,1) Entwurfs eines Gesetzes über das Verfahren in Vormundschaftssachen) bis zu der Beschlußfassung über die §§ 26, 27 des Entwurfs des internationalen Privatrechts auszusetzen; eventuell die Vorschriften der §§ 21, 22, 23 Abs. 1 des Entwurfs des Gesetzes über das Verfahren in Vormundschaftssachen an geeigneter Stelle in das bürgerliche Gesetzbuch aufzunehmen (den § 2 1 etwa hinter § 572 des Entw. des Famlienrechts, den § 22 hinter § 478 und den § 23 in den Abschnitt über die elterliche | Prot 18143 | Gewalt). Die Berathung führte zu folgenden Ergebnissen: 1. Der das Bestellungsprinzip zum Ausdrucke bringende Abs. 1 des § 478 wurde, jedoch in Konsequenz des zu § 477 gefaßten Beschlusses unter Streichung der Worte „unbeschadet der Bestimmung des § 477" aus den Gründen der Motive S. 1991, 1965 ff. und der Bemerkungen zu den gedruckten Abänderungsanträgen S. 154 in der Fassung des gedruckten Abänderungsantrags gebilligt. 2. Anlangend Abs. 2 und 3 des § 478, so verständigte man sich dahin, dieselben wegen ihres Zusammenhangs theils mit den Vorschriften über die Zuständigkeit der Vormundschaftsgerichte (vergl. §§ 6, 21 — 23 des Entwurfs eines Gesetzes über das Verfahren in Vormundschaftssachen nebst Motiven S. 28, 53 ff.), theils — wie von verschiedenen Seiten geltend gemacht, von anderer Seite dagegen bestritten wurde — mit den Vorschriften über das internationale Privatrecht (vergl. §§ 26, 27, 7 des Entw. des allgemeinen Theils, betreffend das internationale Privatrecht nebst Motiven S. 128 ff.) hier zu streichen, jedoch vorbehaltlich der Beschlußfassung darüber, ob dieselben, falls am Schlüsse des Vormundschaftsrechts überhaupt Vorschriften über die Zuständigkeit der Vormundschaftsgerichte Aufnahme finden sollten, dort in der einen oder anderen Form einzustellen, eventuell, falls dies nicht geschehen sollte, ob dieselben demnächst in ein besonderes Gesetz über das Verfahren in Vormund854
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§
1773—1895
schaftssachen oder in den Abschnitt über das internationale Privatrecht zu übernehmen seien. Einvernehmen bestand, daß den Vorschlägen des Entwurfs des allgemeinen Theils in Ansehung der Frage, nach welchem Rechte die Voraussetzungen für die Anord- |nung der Vormundschaft über einen Ausländer zu beurtheilen seien | Prot 18144 (§§ 7, 26 das.), sowie der Entscheidung der ferneren Frage, ob ein Deutscher, welcher in einem Bundesstaate wohnt, welchem er nicht angehört, in seinem Wohnsitze oder in seinem Heimathstaate zu bevormunden sei, nicht präjudizirt sein solle. Die §§ 479 und 480 des Entw. lauten: § 479. „Als Vormünder sind in nachstehender Reihenfolge kraft Gesetzes beru- TE-FamR fen: $479 1. wer unter den im § 320 Abs. 1, 2 und 3 gedachten Voraussetzungen vom Vater, 2. wer unter denselben Voraussetzungen von der Mutter des Mündels benannt ist, 3. der Großvater väterlicher Seits, 4. der Großvater mütterlicher Seits (vergl. jedoch § 437 Abs. 2 und § 464 Abs. 2). Ist einer Ehefrau ein Vormund zu bestellen, so darf vor jedem nach diesem Paragraphen Berufenen der Ehemann, ist einem unehelichen Kinde ein Vormund zu bestellen, so darf vor dem mütterlichen Großvater die uneheliche Mutter als Vormund bestellt werden." § 480. „Die nach § 479 zur Vormundschaft Berufenen dürfen ohne ihre Zustim- TE-FamR mung nur übergangen werden, wenn sie entweder gesetzlich unfähig oder in dem § 480 Zeitpunkte, in welchem die Anordnung der Vormundschaft nothwendig wird, dieselbe sofort zu übernehmen nicht bereit oder nicht im Stande sind. Ist der nach § 479 zur Vormundschaft zunächst Berufene in dem Zeitpunkte, in wel- | chem die Anordnung der Vormundschaft nothwendig wird, dieselbe zu über- | Prot I 8145 nehmen voraussichtlich nur vorübergehend nicht im Stande, so darf der nach ihm Berufene nur bis zur Beseitigung dieses Hindernisses als Vormund bestellt werden. Neben den nach § 479 zur Vormundschaft Berufenen darf ohne ihre Zustimmung ein Mitvormund nicht bestellt werden." Dazu lagen folgende Anträge vor: I. Von Seiten des Referenten: Planck Den § 479 wie folgt zu fassen bezw. zu ergänzen (Nr 279,2) 1. § 479 „Als Vormünder sind kraft des Gesetzes in nachstehender Reihenfolge berufen: 1. wer nach Maßgabe des § 479 a von dem Vater des Mündels benannt ist; 2. wer nach Maßgabe des § 479 a von der Mutter des Mündels benannt ist; 3. der Großvater väterlicher Seits; 4. der Großvater mütterlicher Seits. Die unter N o . 3, 4 bezeichneten Personen sind jedoch nicht berufen, in Ansehung eines Enkels, welcher durch Ehelichkeitserklärung legitimirt oder an Kindesstatt angenommen ist oder dessen Vater oder Mutter für ehelich erklärt ist oder auf welchen die Annahme seines Vaters oder seiner Mutter an Kindesstatt sich miterstreckt hat. Ist einer Ehefrau . . . u.s.w. wie § 479 des Entw. (vergl. Prot. S. 7615, 7616, 7795; Beschlüsse zu § 437 Abs. 2 und § 464 Abs. 2 des Entw.)". 2. § 479 a. „Die Benennung eines Vormundes von Seiten des Vaters oder der Mutter eines Mündels ist nur dann wirksam, wenn sie | durch Verfügung von Todes- | Prot 18146 wegen erfolgt ist und dem Verfügenden zur Zeit seines Todes die elterliche Gewalt 855
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
über das Kind zustand oder bei der Voraussetzung der damals bereits erfolgten Geburt des Kindes zugestanden haben würde, zu jener Zeit die elterliche Gewalt auch nicht auf die elterliche Nutznießung beschränkt und den Verfügenden weder die Sorge f ü r die Person noch die Sorge f ü r das Vermögen des Kindes von dem Vormundschaftsgerichte entzogen war." v. Mandry (Nr 280, 3)
II. Zu den §§ 479 und 480. 1. An Stelle der beiden Paragraphen folgende Bestimmungen zu treffen: „Das Vormundschaftsgericht hat als V o r m u n d denjenigen zu berufen, der nach Maßgabe des § 479 a von dem Vater des Mündels benannt ist, in Ermangelung einer vom Vater benannten Person denjenigen, der nach Maßgabe des § 479 a von der Mutter des Mündels benannt ist. Das Vormundschaftsgericht darf diese Personen ohne deren Zustimmung übergehen, wenn die Bestellung derselben zu Vormündern eine erhebliche Gefährdung der Interessen des Mündels befürchten läßt." 2. den zweiten und dritten Absatz von § 479 (Antrag unter I, 1) zu streichen. 3. den zweiten Absatz von § 480 zu streichen; den dritten Absatz in den § 489 aufzunehmen, (vergl. dazu den Antrag zu § 481 unter N o . 1 S. 8162)
III. 1. Den Abs. 2 des Antrags unter I, 1 insoweit als derselbe sich auf die Legitimation durch Ehelichkeitserklärung bezieht, zu streichen. | Prot I 8147 | 2. zu dem § 479 a des Antrags unter I, 2: Die Worte „sie durch Verfügung von Todeswegen erfolgt ist und" sowie die Worte „zu jener Zeit die elterliche Gewalt auch nicht auf die elterliche Nutznießung beschränkt" zu streichen. Dagegen zuzusetzen: „Die Benennung muß in einem Testamente oder in einer gerichtlich oder notariell beglaubigten oder eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Urkunde erfolgen. v. Weber
IV. Den letzten Absatz des § 479 als Absatz 2 in § 480 aufzunehmen.
(Nr 281)
es
W urden
folgende Beschlüsse gefaßt:
1. Abs. des § 479 wurde, Redaktion vorbehalten, aus den Gründen der Motive S. 2009 bis 2014 in der Fassung des Antrags unter I, 1 Abs. 1 angenommen. Der Antrag unter II, 1, soweit derselbe bezweckt, den Großvater väterlicher Seits und dem Großvater mütterlicher Seits ein Recht auf die Berufung zur Vormundschaft zu versagen, wurde von der Mehrheit abgelehnt. Man war der Ansicht, daß es nicht allein der autoritativen Stellung des Großvaters gegenüber dem Mündel, sondern regelmäßig auch dem Interesse des Mündels selbst entspreche, wenn dem Großvater ein Recht auf die Berufung zur Vormundschaft beigelegt werde, welches ihm nur aus besonderen Gründen vom Vormundschaftsgerichte entzogen werden könne. Ein solches Recht trage zudem dazu bei, den Einfluß der Familie auf die Führung der Vormundschaft gegenüber dem Vormundschaftsgerichte in einer angemessenen Weise zu stärken. Um so bedenklicher sei es, dem Antrage zu folgen und den Großvater anderen Verwandten des Mündels nach Maßgabe des §481 Abs. 1 des Entw. gleichzustellen, als der Standpunkt des Entwurfs im Allgemeinen mit dem geltenden Rechte im Einklänge stehe, und insbesondere auch die preuß. V . O . jenes | Prot 18148 Recht | des Großvaters gegenüber dem preuß. A.L.R. II, 18 §§ 192, 194, um den Einfluß der Familie zu stärken, zu Anerkennung gebracht habe. Diesen Erwägungen gegenüber könne darauf, daß unter Umständen andere Verwandte des Mündels, insbesondere erwachsene Geschwister desselben, als Vormünder geeigneter seien, 856
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773 — 1895
erhebliches Gewicht nicht gelegt werden. Das Interesse des Mündels werde in ausreichender Weise dadurch gewahrt, wenn dem Vormundschaftsgerichte die Befugniß beigelegt werde, den Großvater aus besonderen Gründen zu übergehen (§ 480 Abs. 1, § 483 Ziff. 7 des Entw.). Der Vorschlag des Antrags unter II, 1 in den Fällen des Abs. 1 des § 479 die Berufung zur Vormundschaft nicht kraft der elterlichen Benennung bezw. kraft Gesetzes unmittelbar eintreten zu lassen, sondern auch in diesen Fällen die Berufung in die H a n d des Vormundschaftsgerichts zu legen, da dies der geschichtlichen Entwickelung und bei dem Bestellungsprinzipe des Entwurfs dem wahren Sachverhalte mehr entspreche (vergl. § 480 Abs. 1, § 483 Ziff. 7, § 487 Abs. 1, § 490 Abs. 3 des Entw.), wurde, weil lediglich redaktioneller Natur, zur Prüfung bei der Redaktion verwiesen. Ebenso blieb der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten, ob nicht im Eingange des Antrags unter I, 1 (vergl. auch 5 479) die Worte: „kraft des Gesetzes" theils als entbehrlich, theils im Hinblick auf die Fälle des § 479 Ziff. 1 und 2 als nicht korrekt zu streichen seien. 2. Abs. 2 des Antrags unter I, 1 (vergl. § 437 Abs. 2 und § 467 Abs. 2 des Entw. und die dazu gefaßten Beschlüsse, Prot. S. 8026, 8027, 8094—8096) wurden insoweit, als derselbe sich auf den Fall der Annahme an Kindesstatt bezieht, angenommen, dagegen in Ansehung der Legitimation durch Ehelichkeitserklärung nach Maßgabe des Antrags unter III, 1 abgelehnt. Man ging in ersterer | Beziehung davon aus, daß der | Prot I 8149 Angenommene und die Abkömmlinge desselben, auf welche die Annahme an Kindesstatt sich erstreckt habe, durch die Annahme an Kindesstatt ihrer natürlichen Familie und den bisherigen Verhältnissen regelmäßig mehr oder weniger entfremdet würden und häufig eine ganz andere soziale Stellung, als die natürlichen Verwandten, einnähmen und daß deshalb im Falle einer Annahme an Kindesstatt die Gründe, auf welchen die Vorschrift im Abs. 1 des § 479 des Entw. über die gesetzliche Berufung des natürlichen Großvaters beruhe, nicht zuträfen (vergl. auch Motive S. 1810, 1809, 1800, 1801). Dazu komme, daß, wenn im Falle der Annahme an Kindesstatt der natürliche Großvater des Mündels berufen werde, sich f ü r den Fall ein Konflikt ergebe, daß der Mündel in Folge der Annahme an Kindesstatt in der Person des Annehmenden einen zweiten Großvater väterlicher Seits erhalten habe, ein Konflikt, welcher durch eine besondere Bestimmung zu lösen sein würde. Dagegen könne ein solcher Konflikt im Falle der Legitimation durch Ehelichkeitserklärung nicht eintreten, da in diesem Falle immer nur der natürliche Großvater mütterlicher Seits in Frage komme. Auch liege hier die Sache insofern anders, als man nicht sagen könne, daß das Kind durch Ehelichkeitserklärung regelmäßig in ganz andere soziale Verhältnisse komme. Es fehle deshalb an einem Bedürfnisse, f ü r den Fall der Legitimation durch Ehelichkeitserklärung eine Ausnahme zu bestimmen. Der Prüfung bei der Redaktion blieb vorbehalten, ob die Fassung des Abs. 2 des Antrags unter I, 1 in der Richtung zu verdeutlichen sei, daß unter „Enkel" auch die „Enkelin" zu verstehen sei. 3. Abs. 2 des § 479 (Abs. 3 des Antrags unter I, 1) fand mit Rücksicht auf die Ausführungen in den M o - | tiven S. 2016, 2017, 2019, 2020 keinen Widerspruch. Der | Prot 18150 Antrag unter IV, den Abs. 2 des § 479 im Hinblick darauf, daß es sich im Abs. 2 um solche Fälle handele, in welchen ein nach Maßgabe des § 479 Abs. 1 als Vormund Berufener von dem Vormundschaftsgerichte übergangen werden könne, als Abs. 2 in § 480 aufzunehmen, wurde zur P r ü f u n g bei der Redaktion verwiesen. 4. Billigung fanden die Ausführungen in den Motiven S. 2009 bis 2011, daß der von dem Vater benannte Vormund vor dem von der Mutter benannten Vormunde 857
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
den Vorzug haben soll, ferner die Ausführungen in den Motiven S. 2011, daß demjenigen, welcher dem Kinde Vermögen zuwendet, insbesondere dem Erblasser als solchem, nicht das Recht zustehen soll, einen Vormund zu ernennen, vorbehaltlich der Beschlußfassung über die auf die Ernennung eines Pflegers sich beziehende Bestimmung im § 573 Abs. 3 des Entw. Einverstanden war man weiter mit den Motiven S. 2013, daß die vertragsmäßige Benennung eines Vormundes in dem Sinne, daß der Benennende daran gebunden bleibe, ohne rechtliche Wirkung sei. Auch die Ausführungen in den Motiven S. 2012, daß es besonderer Bestimmungen über die Zulässigkeit bedingter oder betagter letztwilliger Berufungen zur Vormundschaft nicht bedürfe, sowie die Ausführungen in den Motiven S. 2014, daß in Ansehung der einzelnen Delationsgründe des § 479 eine successio graduum eintrete, erfuhren keine Anfechtung. Nicht minder wurde der in den Motiven S. 2013, 2014 näher gerechtfertigte Standpunkt des Entwurfs, daß, abgesehen von dem Großvater väterlicher Seits und von dem Großvater mütterlicher Seits, andere Verwandte des Mündels nicht kraft Gesetzes zur Vormundschaft berufen werden sollen, genehmigt. | Prot 18151
| 5. Der § 479 a des Antrags unter I, 2 wurde mit der Modifikation angenommen, daß die Worte „durch Verfügung von Todeswegen" durch die Worte „durch letztwillige Verfügung" ersetzt und die Worte „zu jener Zeit die elterliche Gewalt auch nicht auf die elterliche Nutznießung beschränkt" gestrichen werden sollen. Anlangend die materiellen Voraussetzungen der wirksamen Benennung eines Vormundes von Seiten des Vaters oder der Mutter, so ergab sich eine Meinungsverschiedenheit nur darüber, ob die Benennung auch dann wirksam sein solle, wenn die elterliche Gewalt des Verfügenden zur Zeit seines Todes ruhte. Die Mehrheit entschied sich für die Bejahung der Frage. Wenngleich die Konsequenz des Gedankens, daß die Benennung eines Vormundes sich als eine Nachwirkung der elterlichen Gewalt und gewissermaßen als eine Verfügung über die mit derselben verbundenen Befugnisse in Ansehung der Sorge f ü r die Person und das Vermögen des Kindes darstelle, an sich dahin führen möge, daß der Wille des Anordnenden noch zur Zeit seines Todes in Betreff der Sorge für die Person und das Vermögen des Kindes maßgebend gewesen sein müsse, so sei es doch bedenklich, in den Fällen des Ruhens der elterlichen Gewalt ganz allgemein, also namentlich auch in den Fällen, in welchen die elterliche Gewalt wegen Geschäftsunfähigkeit oder thatsächlicher Behinderung des Inhabers an der Ausübung der elterlichen Gewalt ruhe, der Verfügung des Vaters oder der Mutter die Wirksamkeit zu versagen, zumal, wenn man berücksichtige, daß es in den Fällen thatsächlicher Behinderung des Inhabers der elterlichen Gewalt mehr oder weniger
| Prot I 8152 von dem Ermessen des Vormundschaftsge-1 richts abhänge, ob das Ruhen der elterlichen Gewalt eintrete. Andererseits sei auch nicht zu besorgen, daß das Interesse des Kindes gefährdet werden, wenn man in den Fällen des Ruhens der elterlichen Gewalt die Wirksamkeit der Verfügung anerkenne. Eine solche Gefährdung sei selbst in dem Falle nicht zu befürchten, in welchem der Inhaber der elterlichen Gewalt wegen Verschwendung entmündigt sei. Trotz seiner Entmündigung könne man bei demselben voraussetzen, daß er bei der Benennung des Vormundes das Beste des Kindes im Auge haben werde. Dazu komme, daß das Vormundschaftsgericht geeignetenfalls auch den von dem Vater oder von der Mutter Berufenen übergehen könne (§ 480 Abs. 1, § 483 Ziff. 7 des Entw.). Durch diese Befugniß des Vormundschaftsgerichts erledige sich auch das Bedenken, daß, wenn man trotz des Ruhens der elterlichen Gewalt zur Zeit des Todes des Verfügenden die Verfügung als wirksam behandele, eine vielleicht vor langen Jahren getroffene Verfügung berücksichtigt werden müsse, 858
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773 —1895
obwohl der V e r f ü g e n d e , wenn er in der Lage gewesen wäre, die V e r f ü g u n g zurückzunehmen, dieselbe wegen der inzwischen eingetretenen Aenderung der Umstände voraussichtlich z u r ü c k g e n o m m e n haben würde. D e r Standpunkt des Antrags unter I, 2, daß der Verlust der Vermögensverwaltung in Folge der E r ö f f n u n g des Konkurses über das V e r m ö g e n des Inhabers der elterlichen Gewalt auf die Wirksamkeit der hier fraglichen V e r f ü g u n g ohne Einfluß sein soll, fand keinen Widerspruch. M a n überzeugte sich, daß die Gründe, auf welchen der Verlust der Vermögensverwaltung hier beruhe, nicht dahin drängten, dem Inhaber der elterlichen Gewalt | in diesem Falle auch das Recht zu nehmen, f ü r | Prot 18153 die Zeit nach seinem T o d e einen V o r m u n d f ü r sein Kind zu benennen, wenngleich die Pflicht und das Recht des V o r m u n d e s sich sowohl auf die Sorge f ü r die Person als auf das V e r m ö g e n des Kindes beziehe. Ebenso w a r man andererseits einverstanden, daß die V e r f ü g u n g dann unwirksam sein müsse, w e n n dem Inhaber der elterlichen Gewalt die letztere oder auch nur die Sorge f ü r die Person oder das V e r m ö g e n von dem Vormundschaftsgerichte entzogen sei, da in einem solchen Falle der Inhaber der elterlichen Gewalt, insoweit ihm die Sorge f ü r die Person o d e r das Vermögen entzogen sei, kein Vertrauen mehr verdiene, die Stellung des V o r m u n d e s aber sich stets auf beides zusammen beziehe. In Ansehung der Form der hier fraglichen V e r f ü g u n g w a r die Mehrheit der Ansicht, daß, da es sich um eine V e r f ü g u n g handele, welche mit dem T o d e des V e r f ü g e n d e n in K r a f t treten solle, die V e r f ü g u n g analog den V e r f ü g e n d e n von Todeswegen über das V e r m ö g e n den C h a r a k t e r einer erbrechtlichen V e r f ü g u n g habe und es von diesem Gesichtspunkte aus prinzipiell gerechtfertigt sei, auch die hier fraglichen V e r f ü g u n g e n in Ansehung der Form wie erbrechtliche V e r f ü g u n g e n zu behandeln. U m so mehr verdiene es den V o r z u g , sich in dieser Hinsicht den Bestimmungen des Erbrechts anzuschließen, als die letzteren zugleich A u s k u n f t darüber ertheilten, in welcher Art die hier fraglichen V e r f ü g u n g e n wirksam widerrufen o d e r in anderer Weise aufgehoben werden könnten (vergl. § 6 Abs. 2, §§ 186, 187, 190 Abs. 3 des Erbrechtsentw.). Mit Rücksicht darauf, daß der Ausdruck „ V e r f ü g u n g von Todeswegen" die Erbeinsetzungsverträge mitumfasse, die hier fraglichen Ver- | fügungen | Prot 18154 aber unbeschränkt widerruflich sein müßten, verständigte man sich dahin, in dem § 479 a den Ausdruck „letztwillige V e r f ü g u n g " zu gebrauchen. Inwieweit letztwillige, frei widerrufliche V e r f ü g u n g e n auch in einem Erbeinsetzungsverträge getroffen werden können, bestimmt sich nach den Vorschriften des Erbrechts (vergl. §§ 214, 216 des Erbrechtsentw.).
529. Sitzung vom 10. 3. 1886, Schriftführer:
Struckmann.
| Die in der vorigen Sitzung abgebrochene Berathung der §§ 479, 480 des Entw. des Familienrechts Abschnitt III: „Das V o r m u n d s c h a f t s r e c h t " w u r d e fortgesetzt. Zu dem § 480 des Entw. w a r inzwischen noch folgender Antrag eingebracht: V. D e n § 480 dahin zu fassen: „ D e r nach § 479 Berufene darf ohne seine Zustimmung nur übergangen werden, wenn er gesetzlich unfähig oder die V o r m u n d s c h a f t zu übernehmen verhindert ist oder w e n n aus der Person des Berufenen eine erhebliche G e f ä h r d u n g des Mündels zu Mündels zu besorgen ist. W a r der Berufene nur vorübergehend verhindert, so kann er nach Beseitigung der Verhinderung verlangen, daß er an Stelle des bisherigen V o r m u n d e s als V o r - | mund bestellt werde. 859
| Prot I 8155
Kurlbaum (Nr 282, 1)
| Prot I 8156
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
Neben dem Berufenen darf ohne dessen Zustimmung ein Mitvormund nicht bestellt werden." Es wurden folgende weitere Beschlüsse gefaßt: 6. Absatz 1 des § 480 wurde in der Fassung des Abs. 1 des Antrags unter V mit der Modifikation angenommen, daß die Schlußworte in Abs. 1 jenes Antrags „oder wenn . . . zu besorgen ist" durch die Worte ersetzt werden sollen „oder wenn aus der Bestellung des Berufenen zum Vormunde eine erhebliche Gefährdung des Interesses des Mündels zu besorgen ist." Einvernehmen bestand, daß der nach § 479 des Entw. Berufene ohne seine Zustimmung dann übergangen werden dürfe, wenn er gesetzlich unfähig sei. Eine Meinungsverschiedenheit ergab sich in dieser Hinsicht nur darüber, ob es nöthig sei, dies im § 480 ausdrücklich auszusprechen (vgl. den Antrag unter II, 1, Prot. S. 8146). Die Mehrheit entschied sich für die ausdrückliche Hervorhebung jenes Satzes, da, wenngleich derselbe als selbstverständlich erachtet werden könne, doch durch die Hervorhebung desselben das Gesetz an Klarheit gewinne, und Zweifel vermieden würden. Als gesetzlich unfähig zur Uebernahme einer Vormundschaft bezeichnet der Entwurf im § 483 Ziff. 7 auch solche Personen, deren Bestellung zum Vormunde mit Rücksicht auf ihre persönlichen oder Vermögensverhältnisse im besonderen Falle als offenbar nachtheilig f ü r den Mündel erscheint. Daraus in Verbindung mit dem Abs. 1 des § 480 des Entw. ergiebt sich, daß solche Personen, auch wenn sie nach § 479 | Prot 18157 | berufen sind, ohne ihre Zustimmung übergangen werden können. Die Anträge unter II, 1 und V gehen dagegen davon aus, daß der im § 483 Ziff. 7 aufgeführte Unfähigkeitsgrund gestrichen und statt dessen im § 480 bestimmt werden soll, daß der nach § 479 Berufene, abgesehen von dem Falle seiner gesetzlichen Unfähigkeit nach Maßgabe der zu § 483 Ziff. 1 bis 6 später zu beschließenden Bestimmungen, auch dann ohne seine Zustimmung übergangen werden könne, wenn aus seiner Bestellung zum Vormunde eine erhebliche Gefährdung des Interesses des Mündels zu besorgen sei. Die Mehrheit gab der von den bezeichneten Anträgen vorgeschlagenen Regelung den Vorzug vor dem Entwürfe. Man verkannte zwar nicht, daß der von dem Entwürfe eingeschlagene W e g des Gesetzes insofern vereinfache, als unter den Gründen, aus welchen das Vormundschaftsgericht den Vormund zu entlassen habe, neben dem Falle, wenn ein gesetzlicher Unfähigkeitsgrund eintrete oder hervortrete, der im § 483 Ziff. 7 vorgesehene Fall nicht besonders berücksichtigt zu werden brauche. Man hielt jedoch diesen Gesichtspunkt, sowie die Erwägung, daß auch die übrigen im § 483 bezeichneten Unfähigkeitsgründe, abgesehen von dem Falle der Geschäftsunfähigkeit, nach dem Entwürfe nur die Bedeutung von Untauglichkeitsgründen hätten, bei deren Vorhandensein das Vormundschaftsgericht die betreffende Person zum Vormunde nicht bestellen solle (§ 488 des Entw.), nicht für durchschlagend, war vielmehr der Ansicht, daß als gesetzliche Unfähigkeitsgründe nur solche Thatsachen anzuerkennen seien, aus welchen sich die Untauglichkeit, Vormund zu sein, ohne Weiteres, d. h. ohne daß es einer näheren P r ü f u n g der | Prot 18158 konkreten | Umstände und Verhältnisse von Seiten des Vormundschaftsgerichts bedürfe, ergebe. Dieser Standpunkt müsse aber zu der von den Anträgen vorgeschlagenen, im Wesentlichen dem § 18 der preuß. V.O. sich anschließenden Regelung führen. Die letztere verdiene auch um deswillen den Vorzug, weil der im § 483 Ziff. 7 aufgestellte Unfähigkeitsgrund vorzugsweise für die Fälle einer auf Grund des § 479 erfolgten Berufung zur Vormundschaft praktische Bedeutung habe, während derselbe für den Fall, daß die Bestimmung des Vormundes nach Maßgabe des § 481 durch das Vormundschaftsgericht erfolge, im Hinblick auf die Vorschrift im 860
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
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1773—1895
§ 481 Abs. 1 entbehrlich sei. Die Herübernahme der Ziff. 7 des § 483 in den § 480 werde daher auch zur Verständlichkeit des Gesetzes beitragen. Ferner komme in Betracht, daß es nicht als angemessen erachtet werden könne, wenn demjenigen, welcher als Vormund bestellt werden solle, die Möglichkeit gewährt werde, die Uebernahme der Vormundschaft nach Maßgabe des § 482 Abs. 1 des Entw. durch die Berufung auf den im § 483 Ziff. 7 bezeichneten Unfähigkeitsgrund abzulehnen. Anlangend die nähere Präzisirung der Voraussetzungen, unter welchen das Vormundschaftsgericht berechtigt sein soll, den nach § 479 Berufenen außer den Fällen der gesetzlichen Unfähigkeit ohne seine Zustimmung übergehen, so erachtete man es, namentlich im Hinblick auf die Fälle der Ziff. 1 und 2 des § 479, in welchen die Berufung auf einer letztwilligen Verfügung des Vaters oder der Mutter beruht, als angemessenen, sich thunlichst an die zu den §§ 363, 365 des Entw. beschlossenen Bestimmungen über die Befugniß | des Vormundschaftsgerichts zum Einschreiten gegen den Inhaber der elterlichen Gewalt anzuschließen und darauf abzustellen, daß aus der Bestellung des Berufenen zum Vormunde eine erhebliche Gefährdung des Interesses des Mündels zu besorgen sei (vgl. Prot. S. 7757 ff., 7764 ff.). Es kam allerdings zur Sprache, ob nicht von dem Zusätze „erhebliche" abzusehen sei, da es sich hier nicht, wie bei der elterlichen Gewalt, um die Entziehung eines eigenen Rechts des Berufenen handele und deshalb lediglich das Interesse des Mündels maßgebend sein müsse (vgl. den Antrag unter 4 zu § 483 Ziff. 7 unten S. 8174). Man besorgte jedoch, daß dadurch der Einfluß der Eltern und der Familie auf die Führung der Vormundschaft, insbesondere das Anrecht des durch letztwillige Verfügung der Eltern Berufenen auf die Vormundschaft, gegen das Interesse des Mündels und der Familie zu sehr abgeschwächt werden würde. Einvernehmen herrschte, daß der Fall, wenn der nach § 479 Berufene die Vormundschaft sofort zu übernehmen nicht bereit sei, entgegen dem Entwürfe, nicht besonders berücksichtigt zu werden brauche, da in einem solchen Falle der Berufene in seine Uebergehung einwillige und durch die in Folge seiner Nichtbereitschaft zur sofortigen Uebernahme der Vormundschaft nothwendig gewordene Bestellung eines anderen Vormundes sein Anrecht auf die Vormundschaft dauernd verloren habe. Andererseits überzeugte man sich, daß die Befugniß des Vormundschaftsgerichts, den nach § 479 Berufenen auch dann ohne dessen Zustimmung zu übergehen, wenn derselbe die Vormundschaft zu übernehmen verhindert sei, | besonders ausgesprochen werden müsse, da sich dieselbe aus den übrigen Bestimmungen als juristische Konsequenz nicht von selbst ergebe. 7. Der dem Abs. 2 des § 479 zum Grunde liegende Gedanke, die Möglichkeit zu gewähren, den nach § 479 zunächst Berufenen bei einer nur vorübergehenden Verhinderung desselben trotz der in Folge dieser Verhinderung erfolgten Bestellung eines anderen Vormundes nach Beseitigung der Verhinderung an Stelle des bisherigen Vormundes als Vormund zu bestellen, wurde unter Ablehnung des Antrags unter II, 3 (Prot. S. 8146) aus den Gründen der Motive S. 2012 von der Mehrheit gebilligt. Man erachtete diesen Gründen gegenüber das Bedenken, daß der Vorschlag des Entwurfs zu einem schädlichen Wechsel der Vormünder führen könne, nicht für erheblich. Dagegen gab man der Konstruktion des sachlich auf demselben Gedanken beruhenden Antrags unter V vor der Regelung des Entwurfs den Vorzug, weil dieselbe einerseits die Zahl der Fälle, in welchen ein Wechsel des Vormundes oder eine neue Bestellung des bisherigen Vormundes erforderlich werde, vermindere, andererseits vermeide, daß zwischen der Entlassung des bisherigen Vormundes und der Bestellung des vorübergehend verhindert gewesenen Berufenen ein Zwischenstadium eintrete. 861
| Prot 18159
| Prot 18160
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3. Abschnitt: Vormundschaft
8. Der dem Art. 50 des Bayerischen Entw. eines Vormundschaftsrechts entsprechende, dem Gedanken des § 479, daß der nach § 479 Berufene ein Recht auf die Führung der Vormundschaft haben soll, Rechnung tragende Abs. 3 des § 480 fand | Prot 18161 sachlich keinen Widerspruch | (vgl. Motive S. 2018, 2019). Die Fassung des Antrags unter V wurde zur Prüfung bei der Redaktion verwiesen. Der Antrag unter II, 3 (Prot. S. 8146), den Abs. 3 in den § 489 aufzunehmen, war im Laufe der Berathung zurückgezogen. 9. Vorbehalten blieb die Beschlußfassung darüber, ob, falls am Schlüsse des Vormundschaftsrechts einzelne grundsätzliche Vorschriften über das Verfahren in Vormundschaftssachen Aufnahme finden sollten, es sich empfehlen werde, dort auch eine Bestimmung des Inhalts einzustellen, daß die Beschwerde des nach § 479 Berufenen wegen Uebergehung binnen einer bestimmten Frist erhoben werden müsse (vgl. § 18 der preuß. V.O.; § 49 des Entw. eines Gesetzes über das Verfahren in Vormundschaftssachen). Die Berathung wandte sich darauf dem § 481 des Entw. zu. Derselbe lautet: „Wenn die Uebertragung der Vormundschaft nicht auf Grund gesetzlicher BeruTE-FamR 5481 fung in Gemäßheit des § 479 erfolgt, so hat das Vormundschaftsgericht nach Anhörung des Waisenraths (§ 534) einen Vormund zu berufen und dabei geeignete Verwandte oder Verschwägerte des Mündels zunächst zu berücksichtigen. Das Vormundschaftsgericht hat in der Regel für einen Mündel sowie f ü r mehrere Geschwister nur eine» Vormund zu berufen. | Prot 18162 Nach Bedürfniß kann das Vormundschaftsgericht einen Vormund auch | auf gewisse Zeit oder bis zum Eintritt eines gewissen Ereignisses berufen." Dazu lagen folgende Anträge vor. v. Mandry (Nr 280, 4)
1. Den ersten Absatz des Paragraphen dahin zu beschließen: „Wenn die Uebertragung der Vormundschaft nicht nach Maßgabe des § 479 (und § 480) erfolgt, hat das Vormundschaftsgericht zum Vormunde eine nach persönlichen und Vermögens-Verhältnissen zur Führung der in Frage stehenden Vormundschaft geeignete Person zu berufen. Geeignete Verwandte und Verschwägerte des Mündels sind zunächst zu berücksichtigen; vor diesen, wenn einer Ehefrau ein Vormund zu bestellen ist, der Ehemann derselben. Auch ist vor der Berufung der Waisenrath zu hören."
Kurlbaum (Nr 281, 2)
2. a) hinter Absatz 1 einzuschalten: ^ßei d e r Auswahl des Vormundes ist auf das religiöse Bekenntniß des Mündels Rücksicht zu nehmen." b) Absatz 3 als selbständigen Paragraphen hinter § 487 zu setzen, oder § 487 anzuschließen: „Bei der Bestellung des Vormundes kann die Entlassung desselben f ü r den Eintritt eines gewissen Ereignisses vorbehalten werden." Die Berathung des § 4 8 1 und der dazu gestellten Anträge führte zu folgenden Ergebnissen:
| Prot 18163
| 1 . Absatz 1 des § 4 8 1 wurde aus den Gründen der Motive S. 2020 sachlich gebilligt. Mit Rücksicht auf den zu § 480 gefaßten Beschluß, daß die Ziff. 7 des § 483 des Entw. gestrichen werden soll, hielt man es jedoch für angemessen, nach dem Vorschlage des Antrags unter 1 im Absatz 1 des § 481 zum Ausdrucke zu bringen, daß das Vormundschaftsgericht eine mit Rücksicht auf die persönlichen und die Vermögensverhältnisse und die besonderen Umstände geeignete Person als Vormund auszuwählen habe. Man verständigte sich ferner dahin, im § 481 den Ausdruck 862
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§
1773—1895
„Berufung zur Vormundschaft" zu vermeiden, da unter dem zur Vormundschaft Berufenen technisch der nach § 479 Berufene verstanden werden solle. Ob der Ausdruck „berufen" etwa durch den Ausdruck „bestimmen" oder „auswählen" oder durch welchen anderen Ausdruck zu ersetzen sei, blieb der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten. Die Vorschrift im Absatz 1 des § 481, daß in dem Falle des § 481 vor der Auswahl des Vormundes der Waisenrath zu hören sei, fand keinen Widerspruch. Man war einverstanden, daß die Vorschrift nur den Sinn habe, daß dem Waisenrathe die Gelegenheit, sich zu äußern, gegeben werden solle. Mache derselbe von seiner Befugniß, sich zu äußern, keinen Gebrauch, obwohl ihm die Gelegenheit dazu geboten sei, so könne das Vormundschaftsgericht ohne weitere Rücksicht auf den Waisenrath die Person des Vormundes bestimmen. Der Antrag unter 1, nach Analogie des Abs. 2 des § 479 des Entw. zu bestimmen, daß, wenn | einer Ehefrau ein Vormund zu bestellen sei, das Vormundschaftsgericht | Prot I 8164 vor den Verwandten und Verschwägerten der Ehefrau den Ehemann der letzteren berücksichtigen solle, wurde von der Mehrheit abgelehnt. Sie erachtete die Bestimmung einerseits als entbehrlich, da der § 481 Absatz 1 den Verwandten und Verschwägerten kein Recht auf vorzugsweise Berücksichtigung gewähre und das Vormundschaftsgericht daher nicht gehindert sei, geeignetenfalls dem Ehemann der Mündel vor den Verwandten und Verschwägerten derselben den Vorzug zu geben. Die Analogie des § 479 Abs. 2 treffe nicht zu, da in den Fällen des § 479 ohne die Zusatzbestimmung im Absatz 2 des § 479 der Ehemann wegen der Vorschriften des § 480 Absatz 1 niemals an Stelle des nach § 479 Berufenen als Vormund würde bestellt werden können. Auf der anderen Seite müsse es aber auch im Hinblick darauf, daß wegen des ehelichen Güterrechts die Interessen der Ehegatten nicht selten kollidirten, vom Standpunkte des Interesses der Sicherung der Ehefrau aus als bedenklich erachtet werden, dem Vormundschaftsgerichte die vorzugsweise Berücksichtigung des Ehemannes besonders zur Pflicht zu machen. Zudem könne die Aufnahme der Bestimmung das Mißverständniß hervorrufen, als handele es sich im Falle des § 481 nicht bloß darum, dem Vormundschaftsgerichte Anhaltspunkte für die Auswahl des Vormundes an die Hand zu geben, sondern den im § 481 bezeichneten Personen ein, wenn auch abgeschwächtes, Recht auf die Vormundschaft beizulegen. 2. Abgelehnt wurde mit 5 gegen 5 Stim-1 men durch Stichentscheid des Vorsitzen- | Prot I 8165 den der in dem Antrage unter 2 a nach dem Vorbilde des § 19 der preuß. V.O. beantragte Zusatz. Die Mehrheit war der Ansicht, es verstehe sich von selbst, daß bei der Auswahl des Vormundes auch auf das religiöse Bekenntniß des Mündels Rücksicht zu nehmen sei. Man erachtete es jedoch aus den in den Motiven S. 2020, 2021 dargelegten Gründen für bedenklich, dies im Gesetze besonders zu betonen, und besorgte namentlich, daß die Aufnahme der Vorschrift dahin führen könne, daß bei gemischten Ehen gegen das Interesse des Mündels bei der Auswahl des Vormundes unter Hintansetzung sonstiger Rücksichten zu großes Gewicht auf das religiöse Bekenntniß des Mündels gelegt werde. 3. Abs. 2 des § 481 wurde von keiner Seite bekämpft. 4. Abs. 3 des § 481 wurde aus ähnlichen Gründen, wie diejenigen, aus welchen der zu § 480 gestellte Antrag unter V Absatz 2 (oben S. 8155, 8160) gebilligt ist, nach Maßgabe des Antrags unter 2 b angenommen. Neben dem Eintritt eines gewissen Ereignisses auch noch den Ablauf einer gewissen Zeit zu berücksichtigen, hielt man nicht für erforderlich, da hier eine bestimmte Zeit praktisch immer nur im Zusam863
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
menhange mit einem bestimmten Ereignisse in Frage kommen werde und es bedenklich sei, ohne einen solchen Zusammenhang dem Vormundschaftsgerichte die Befugniß zu geben, die Entlassung nach Ablauf einer bestimmten Zeit bei der Bestellung | Prot I 8166 vorzubehalten. Die Stellung der Bestimmung wurde der Prüfung | bei der Redaktion überlassen. Der § 482 des Entwurfs lautet: TE-FamR „Jeder Deutsche, welcher nicht gesetzlich unfähig oder zur Ablehnung berechtigt § 482 ¡ s t ; m u ß die Vormundschaft, zu welcher er durch das Vormundschaftsgericht berufen wird (§ 481), übernehmen. Bei unbegründeter schuldvoller Weigerung oder Verzögerung des Berufenen kann derselbe durch das Vormundschaftsgericht in die dadurch veranlaßten Kosten verurtheilt und durch Ordnungsstrafen bis zum Betrage von je dreihundert Mark zur Uebernahme der Vormundschaft angehalten werden. Mehrere Strafen sind nur in Zwischenräumen von mindestens einer Woche zu verhängen. Ist dreimal eine Strafe ohne Erfolg verhängt, so ist ein anderer Vormund zu bestellen. Der Mündel hat gegen den durch das Vormundschaftsgericht Berufenen Anspruch auf Ersatz alles ihm durch dessen unbegründete schuldvolle Weigerung oder Verzögerung erwachsenen Schadens." Dazu lagen folgende Anträge vor: v. Mandry (Nr 280, 5)
1. a) den ersten Absatz dahin zu formuliren: „Jeder Deutsche muß, soweit nicht das Gesetz ein Anderes bestimmt, die Vormundschaft, zu welcher er nach Maßgabe des § 481 berufen wird, übernehmen." b) den letzten Absatz zu streichen. | Prot I 8167 (Sollten die Abs. 2, 3 in das Ver- | fahrensgesetz verwiesen werden, so könnte es sich fragen, ob nicht der § 482 zu streichen und die als Abs. 1 proponirte Bestimmung als Abs. 1 in den § 485 aufzunehmen wäre.) Kurlbaum 2. a) Absätze 1, 4 durch folgende Bestimmungen zu ersetzen: (Nr 282, 3) „Jeder Deutsche ist verpflichtet, die Vormundschaft, zu welcher er berufen ist, zu übernehmen, sofern er nicht gesetzlich unfähig oder zur Ablehnung berechtigt ist. Wird diese Pflicht verletzt, so ist der Berufene zum Ersätze des daraus dem Mündel entstandenen Schadens verpflichtet." b) Absatz 2 dahin zu fassen: „Der Berufene kann von dem Vormundschaftsgericht durch pp." Das Resultat der Berathung war folgendes: 1. Absatz 1 des § 482 wurde aus den Gründen der Motive S. 2021, 2022 sachlich gebilligt. Insbesondere fand das Prinzip des Entwurfs, daß in Ansehung der Pflicht zur Uebernahme der Vormundschaft an die Reichsangehörigkeit, nicht an die Staatsangehörigkeit in den einzelnen Bundesstaaten, in welchen die Bevormundung einzutreten habe, anzuknüpfen sei, keinen Widerspruch. Dagegen ergab sich eine | Prot I 8168 Meinungsverschiedenheit darüber, ob die Verpflichtung zur | Uebernahme nach dem Vorschlage des Entwurfs und des Antrags unter 1 a nur durch die Bestimmung des Vormundschaftsgerichts nach Maßgabe des § 481 oder, entsprechend der Absicht des Antrags unter 2 a, auch durch eine nach § 479 erfolgte Berufung begründet sein soll. Die Mehrheit trat der Auffassung des Entwurfs bei, daß die Berufung auf Grund des § 479 nur die Bedeutung habe, dem Berufenen ein vorzugsweises Recht auf die Vormundschaft zu gewähren, und daß insbesondere durch eine letztwillige Verfügung einem Dritten grundsätzlich eine Verpflichtung nicht auferlegt werden könne. 864
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
D e r S t a n d p u n k t des Entwurfs h a b e auch eine praktische B e d e u t u n g f ü r solche Fälle, in welchen mehrere auf G r u n d des § 4 7 9 nach einander berufene Personen vorhanden seien und der zunächst B e r u f e n e die V o r m u n d s c h a f t nicht übernehmen wolle, da in diesem Falle das V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t den letzteren w e g e n des nach ihm Berufenen nicht auf G r u n d des § 481 als V o r m u n d bestellten und d a d u r c h dessen Recht die U e b e r n a h m e der V o r m u n d s c h a f t auf G r u n d d e r nach § 4 7 9 erfolgten B e r u f u n g zu verweigern, illusorisch m a c h e n könne. Eine a n d e r e , bei Gelegenheit der B e r a t h u n g des § 537 des Entw. z u entscheidende F r a g e sei die, o b der nach § 4 7 9 B e r u f e n e , wenn er die Ü b e r n a h m e der V o r m u n d s c h a f t a u f G r u n d einer solchen B e r u f u n g ablehne, in E r m a n g e l u n g eines N a c h b e r u fenen aber von dem V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t e nach M a ß g a b e des § 481 als V o r m u n d a u s g e w ä h l t werde, in F o l g e seiner W e i g e r u n g , die V o r m u n d s c h a f t auf G r u n d der | n a c h § 479 erfolgten B e r u f u n g zu übernehmen, die B e f r e i u n g e n , welche er auf | Prot 18169 G r u n d dieser B e r u f u n g hätte in A n s p r u c h nehmen können, verloren habe. A n l a n g e n d die F a s s u n g , so verständigte man sich dahin, in K o n s e q u e n z des zu § 4 8 1 gefaßten Beschlusses auch hier den A u s d r u c k „durch d a s V o r m u n d s c h a f t s g e richt b e r u f e n " zu vermeiden und durch den A u s d r u c k „nach M a ß g a b e des § 481 a u s g e w ä h l t ist" oder einen anderen der F a s s u n g des § 481 entsprechenden A u s d r u c k zu ersetzen. M a n w a r ferner d e r Ansicht, daß es nach dem V o r s c h l a g e des Antrags unter 2 a den V o r z u g verdiene, den Relativsatz „welcher . . . berechtigt ist" w e g z u s c h a f f e n und statt dessen am Schlüsse h i n z u z u f ü g e n „ s o f e r n er nicht ( o d e r : es sei denn, d a ß er) gesetzlich u n f ä h i g o d e r z u r A b l e h n u n g berechtigt ist." D e r V o r s c h l a g des A n t r a g s unter 1 a, den Relativsatz durch den Zwischensatz „soweit nicht das G e s e t z ein Anderes bestimmt" z u ersetzen, u m insbesondere den A u s d r u c k „gesetzlich u n f ä h i g " z u vermeiden (vergl. den A n t r a g zu § 483 unter 2 a unten S. 8173), f a n d keinen Beifall, da durch diese F a s s u n g die Verständlichkeit des Gesetzes erschwert zu w e r d e n drohe. D e r P r ü f u n g bei der R e d a k t i o n blieb vorbehalten, ob nicht statt v o n einem „ D e u t s c h e n " v o m „ I n l ä n d e r " z u reden sei und ob es sich nicht empfehle, die W o r t e „muß ü b e r n e h m e n " durch die W o r t e „ist verpflichtet, zu ü b e r n e h m e n " , zu ersetzen. 2. A b s a t z 2 des § 482 w u r d e nach M a ß - | g ä b e des dem § 20 A b s a t z 2 der preuß. | Prot I 8170 V . O . sich anschließenden A n t r a g e s unter 2 b mit der M o d i f i k a t i o n a n g e n o m m e n , daß die W o r t e des Abs. 2 „Bei u n b e g r ü n d e t e r . . . verurtheilt u n d " gestrichen werden sollen und statt dessen der E i n g a n g , R e d a k t i o n vorbehalten, lauten soll „ D e r z u m V o r m u n d e Auserwählte kann v o n dem V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t e p p " . D i e Mehrheit ging d a v o n aus, die B e s t i m m u n g , d a ß die W e i g e r u n g , die V o r m u n d s c h a f t zu übernehmen, eine unbegründete sein müsse, u m die A n w e n d u n g v o n Z w a n g s m a ß r e g e l n zu rechtfertigen, sei selbstverständlich. D a g e g e n sei die A n d r o h u n g von O r d n u n g s strafen nicht v o n einer v o r g ä n g i g e n U n t e r s u c h u n g der F r a g e a b h ä n g i g , ob die W e i g e r u n g o d e r V e r z ö g e r u n g der U e b e r n a h m e sich als eine schuldvolle darstelle. D i e S c h u l d f r a g e k o m m e erst dann in Betracht, wenn es sich d a r u m handele, ob die O r d n u n g s s t r a f e verwirkt o d e r a u f G r u n d v o r g e b r a c h t e r E n t s c h u l d i g u n g s g r ü n d e von derselben Abstand z u nehmen sei. A n l a n g e n d aber die durch die W e i g e r u n g entstandenen K o s t e n , so verstehe es sich v o n selbst, daß der sich W e i g e r n d e dieselben nach M a ß g a b e der K o s t e n g e s e t z e insoweit z u tragen habe, als durch die W e i g e r u n g b e s o n d e r e , nicht bereits durch die allgemeinen, dem M ü n d e l v e r m ö g e n z u r L a s t fallenden K o s t e n des V o r m u n d s c h a f t s w e s e n s g e d e c k t e K o s t e n entstanden seien und daß eventuell der Mündel die ihm d a r a u s etwa erwachsenen K o s t e n auf G r u n d der B e s t i m m u n g im Abs. 4 des § 482 ersetzt verlangen könne. 865
§§ 1773-1895 | Prot I 8171
3. Abschnitt: Vormundschaft
3. Absatz 3 des § 482 w u r d e mit Rück- | sieht auf die Ausführungen der Motive S. 2023, 2024 nicht bekämpft. Vorbehalten blieb die Beschlußfassung darüber, ob die Vorschriften des zweiten u n d dritten Abs. des § 482, falls am Schlüsse des V o r m u n d schaftsrechts überhaupt einzelne Vorschriften über das V e r f a h r e n in V o r m u n d schaftssachen a u f g e n o m m e n werden sollten, d o r t oder eventuell in ein besonderes Gesetz über das V e r f a h r e n in Vormundschaftssachen einzustellen seien.
4. Absatz 4 des § 482 w u r d e im Wesentlichen aus den Gründen der Motive S. 2023, namentlich mit Rücksicht auf das Interesse des Mündels und von dem Gesichtspunkte aus, daß die Vorschrift sich als eine angemessene Ausgleichung zwischen dem Bestellungsprinzipe des Entwurfs und dem Standpunkte derjenigen Rechte darstelle, nach welchen die Pflicht des V o r m u n d e s bereits mit der B e r u f u n g z u r V o r m u n d s c h a f t beginne, von der Mehrheit in dem Sinne gebilligt, daß durch die Auswahl des Vormundschaftsgerichts f ü r den Ausgewählten eine, wenn auch nicht im Rechtswege erzwingbare, doch die Verpflichtung z u m Schadensersatze mit sich bringende obligatio legalis zur Übernahme der V o r m u n d s c h a f t auch gegenüber dem Mündel begründet werde. N a c h dem Vorschlage des Antrags unter 1 b in dem Gesetze über die Frage zu schweigen und die Lösung derselben an der H a n d der allgemeinen Grundsätze, namentlich im Hinblick auf den § 698 Abs. 1 K.E., der Jurisprudenz zu überlassen, hielt man f ü r bedenklich, da es erheblichen Zweifeln | Prot I 8172 unterliege, ob in Ermangelung einer beson- | deren Bestimmung die Verpflichtung z u r U e b e r n a h m e der V o r m u n d s c h a f t nicht nur als eine publizistische, sondern auch als eine gegenüber dem Mündel begründete privatrechtliche Pflicht angesehen bezw. ob aus dem § 698 Abs. 1 K.E. eine Verpflichtung z u m Schadensersatze von dem Gesichtspunkte eines Delikts aus hergeleitet werden könnte. D a z u komme, daß aus dem § 698 Abs. 1 K.E. sich eine Verpflichtung z u m Schadensersatze jedenfalls nur insoweit ergeben w ü r d e , als der die U e b e r n a h m e der V o r m u n d s c h a f t Weigernde den daraus entstandenen Schaden habe voraussehen können, durch eine solche Einschränkung der hier in Rede stehenden Verpflichtung zum Schadensersatze aber die letztere ihren praktischen W e r t h großentheils einzubüßen drohe. Die Fassung des Antrags unter 2 a, insbesondere auch die Frage, ob es nicht den V o r z u g verdiene, Absatz 4 mit Absatz 1 des § 482 zu verbinden, w u r d e der P r ü f u n g bei der Redaktion überlassen.
TE-FamR §483
D e r § 483 des E n t w u r f s lautet: „Unfähig zur U e b e r n a h m e der V o r m u n d s c h a f t sind: 1. Geschäftsunfähige und in der Geschäftsfähigkeit Beschränkte, 2. w e r der bürgerlichen Ehrenrechte verlustig erklärt ist, nach Maßgabe des Reichsstrafgesetzbuchs, 3. Gemeinschuldner w ä h r e n d der D a u e r des Konkursverfahrens, 4. w e r o f f e n k u n d i g einen unsittlichen Lebenswandel f ü h r t ,
| Prot 18173
5. weibliche Personen, mit Ausnahme | der Mutter und G r o ß m u t t e r des Mündels, sowie der nach Maßgabe des § 479 N r . 1 und 2 zur V o r m u n d s c h a f t Berufene. Eine E h e f r a u , welche mit einem Anderen als dem V a t e r des Mündels verheirathet ist, darf jedoch immer nur mit Zustimmung ihres Ehemannes z u m V o r m u n d e bestellt w e r d e n . 6. w e r unter den im § 320 Abs. 1, 2 und 3 gedachten Voraussetzungen durch einen Elterntheil des Mündels von der V o r m u n d s c h a f t ausgeschlossen ist. D e r vom V a t e r nach Maßgabe des § 479 N r . 1 als V o r m u n d Benannte kann jedoch durch die M u t t e r nicht ausgeschlossen werden. 866
1. Titel: Vormundschaft über Minder) ährige
§ § 1773 — 1895
7. Personen, deren Bestellung zum Vormunde mit Rücksicht auf ihre persönlichen oder Vermögensverhältnisse im besonderen Falle als offenbar nachtheilig für den Mündel erscheint." Dazu lagen folgende Anträge vor: 1. von Seiten des Referenten: Planck Die Nr. 6 des § 483 dahin zu fassen: (Nr 279, 3) „6. wer nach Maßgabe des § 479 a durch einen Elterntheil . . . u.s.w. wie im Entwürfe." 2. a) Die Eingangsworte dahin zu fassen: „Nicht zu Vormündern dürfen bestellt v. Mandry werden" (Nr 280, 6) | b) Die Ziffer 2 dahin zu fassen: I Prot 18174 „2. wer der bürgerlichen Ehrenrechte verlustig erklärt ist, es sei denn, daß es sich um eine Vormundschaft über Abkömmlinge handelt, während der im Urtheile bestimmten Zeit;" c) Die Ziffer 7 zu streichen. 3. Nr. 4, 7 zu streichen, vorbehaltlich der Bestimmung über die Entlassung eines Kurlbaum Vormundes. (Nr 282, 4) 4. In Nr. 7 die Worte „im besonderen Falle" und „offenbar" zu streichen.
v. Weber
Die Berathung des § 483 und der dazu gestellten Anträge führte zu folgenden (Nr 281) Ergebnissen: 1. Der Eingang soll im Anschluß an die Ausdrucksweise des § 34 Ziff. 6 des Str.G.B. dahin gefaßt werden: „Unfähig, Vormund zu sein, ist", vorbehaltlich der P r ü f u n g bei der Redaktion, ob nicht, namentlich im Hinblick auf die Ziffer 5 des § 483, statt des Singulars der Plural zu gebrauchen sei. Die Mehrheit war der Ansicht, daß, wenngleich nach dem § 488 des Entw., abgesehen von dem Falle der Geschäftsunfähigkeit, die Unfähigkeitsgründe des § 483 auf die Gültigkeit der Bestellung ohne Einfluß seien und deshalb in Wirklichkeit nur den Charakter von Untauglichkeitsgründen im Sinne des gemeinen Rechts hätten, doch eine kurze, technische Bezeichnung der hier in Rede stehenden Fälle aus redaktionellen Gründen nicht wohl zu entbehren sei, der Aufdruck „unfähig" aber | dem Ausdrucke „untauglich" nament- | Prot I 8175 lieh um deswillen vorzuziehen sei, weil dadurch die Fälle des § 483 von denjenigen Fällen, in welchen eine Person aus anderen Gründen nicht als geeignet erscheine, zum Vormunde bestellt zu werden (§ 481 Abs. 1), schärfer abgehoben würden und zudem auch das Str.G.B. § 34 Ziff. 6, sowie die preuß. V.O. § 21 sich des Ausdrucks „unfähig" bedienten. Einvernehmen bestand, daß die Worte im Eingange des § 483 „zur Uebernahme der Vormundschaft", welche der Entwurf mit Rücksicht auf die Fälle der gesetzlichen Vormundschaft eingeschaltet hat (Motive S. 2031), zu streichen seien, da nach dem zu §§ 476, 477 des Entw. gefaßten Beschlüssen (vergl. Prot. S. 8136 ff.) f ü r das Gesetzbuch eine gesetzliche Vormundschaft überhaupt nicht mehr in Frage komme. 2. Die Ziff. 1, 2, 3, 5, 6 des § 483 wurden aus den Gründen der Motive S. 2024 ff. genehmigt, die Ziffer 6 in der von dem Antrage unter 1 vorgeschlagenen Fassung. Anlangend die Ziff. 2 so gab die Mehrheit der Fassung des Entwurfs den Vorzug vor der des Antrags unter 2 b, theils, weil nach jener Fassung das jeweilige Str.G.B. maßgebend sei, eine Aenderung des gegenwärtigen Str.G.B. mithin eine gleichzeitige Aenderung des bürgerlichen Ges.B. nicht erforderlich mache, theils auch deshalb, weil der Antrag unter 2 b von dem § 34 Ziff. 6 des Str.G.B. sachlich insofern abweiche, als nach jenem die Unfähigkeit, V o r m u n d zu sein, sich auf die Vormundschaft 867
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
| Prot I 8176 über Abkömmlinge der betreffenden Person | ohne Rücksicht auf die im § 34 Ziff. 6 des Str.G.B. vorgesehene Genehmigung des Vormundschaftsgerichts nicht erstrekken solle, ein ausreichender Grund zu einer solchen Abweichung aber nicht vorliege. In Ansehung der Ziff. 5 kam zur Sprache, ob es nicht angemessener sei, diesen Unfähigkeitsgrund gänzlich zu beseitigen, da es, abgesehen von den in der Ziff. 5 bezeichneten Ausnahmefällen, auch in anderen Fällen in hohem Grade wünschensw e r t und im Interesse des Mündels liegen könne, eine Frau als Vormund zu bestellen. Die gegen die Heranziehung der Frauen zum Vormundschaftsdienste über die in Ziff. 5 gezogenen Grenzen hinaus sich erhebenden Bedenken verlören ihr Gewicht durch das den Frauen nach § 485 Ziff. 1 des Entw. zustehende Ablehnungsrecht und seien jedenfalls dann als nicht begründet anzuerkennen, wenn man im § 481 Abs. 1 zusätzlich bestimme, daß, abgesehen von den in der Ziff. 5 des § 483 bezeichneten Ausnahmefällen, Frauen nur unter besonderen Umständen als Vormünder bestellt werden dürften. Die Mehrheit erachtete jedoch die in den Motiven S. 2026 für den Standpunkt des Entwurfs dargelegten Gründe, namentlich die Rücksicht auf das geltende Recht und die Gefahr, daß gegen das Interesse der Mündel und das Interesse des öffentlichen Dienstes von der Befugniß, Frauen als Vormünder zu bestellen, in zu großem Umfange Gebrauch gemacht werden könnte, als überwiegend. | Prot 18177 Abgelehnt wurde die Ziff. 4 des § 483. Die Mehrheit ging davon aus, daß | die Voraussetzungen dieses Unfähigkeitsgrundes zu unbestimmt und zu wenig greifbar seien und die Beibehaltung desselben nicht dem Standpunkte entspreche, welcher zu dem bei der Berathung des § 480 gefaßten Beschlüsse geführt habe, auch die Ziff. 7 des § 483 als Unfähigkeitsgrund zu streichen (vergl. oben S. 8156 ff.) Die Ablehnung der Ziff. 4 habe allerdings die Folge, daß ein nach § 479 Berufener nicht ohne Weiteres auf Grund der Thatsache, daß er offenkundig einen unsittlichen Lebenswandel führe, übergangen werden dürfe. Indessen gewähre die zu § 480 beschlossene Bestimmung, daß die Uebergehung des nach § 479 Berufenen ohne dessen Zustimmung zulässig sei, wenn aus der Bestellung desselben zum Vormunde eine erhebliche Gefährdung des Mündels zu besorgen sei, dem Vormundschaftsgerichte ein ausreichendes Mittel, im Falle der Ziff. 4 des § 483 das Interesse des Mündels zu schützen. Die Ziff. 7 des § 483 hat bereits durch den zu § 480 gefaßten Beschluß (Prot. S. 8156 ff.) ihre Erledigung gefunden. Uebergegangen wurde darauf zur Berathung des § 484 des Entw. Derselbe lautet: TE-FamR „Die Militärpersonen des Friedensstandes und die Civilbeamten der Militärver§ 484 waltung, sowie Alle, welche ein Civilstaatsamt oder ein besoldetes Amt in der Kommunalverwaltung bekleiden, oder besoldete Angestellte einer Religionsgesellschaft sind, dürfen, soweit ihnen durch Reichs- oder Landesgesetze die Uebernahme einer | Prot I 8178 Vormundschaft ohne Genehmigung einer vorgesetzten Behörde unter-1 sagt ist, nur dann zu Vormündern bestellt werden, wenn diese Genehmigung ertheilt ist."
v. Weber (Nr 281)
Dazu lag folgender Antrag vor: Nach den Worten „einer Religionsgesellschaft sind", einzuschalten: „können die Uebernahme einer Vormundschaft ablehnen und" eventuell den Schluß zu fassen: „Dürfen nur dann zu Vormündern bestellt werden, wenn die Genehmigung zur Uebernahme der Vormundschaft von der ihnen vorgesetzten Behörde ertheilt ist." Die Mehrheit entschied sich unter Ablehnung des Antrags für die Aufnahme der folgenden Bestimmung: 868
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773—1895
„Beamte und Religionsdiener, welche nach den Landesgesetzen einer besonderen Erlaubniß zur Uebernahme einer Vormundschaft bedürfen, dürfen nicht ohne die vorgeschriebene Erlaubniß zu Vormündern bestellt werden." Man war der Ansicht, daß das von dem Antrage in erster Linie vorgeschlagene Ablehnungsrecht der hier in Rede stehenden Personen aus den in den Motiven S. 2034 ff. dargelegten Gründen prinzipiell nicht gerechtfertigt und vom Standpunkte des hier allein in Betracht kommenden öffentlichen Interesses aus durch ein praktisches Bedürfniß nicht geboten, andererseits insofern bedenklich sei, als es dazu gemißbraucht werden könne, sich ohne Noth dem Vormundschaftsdienste zu entziehen. Diesen Erwägungen gegenüber könnten die f ü r den Antrag | geltend gemachten | Prot I 8179 Gesichtspunkte, daß der Beamte selbst am besten beurtheilen könne, ob er ohne Beeinträchtigung der ihm obliegenden amtlichen Geschäfte die Vormundschaft zu übernehmen im Stande sei, daß die Versagung des Ablehnungsrechts die Geschäfte der vorgesetzten Behörden nicht unerheblich vermehren werde und in denjenigen Rechtsgebieten, in welchen dasselbe gegenwärtig bestehe, eine Erlaubniß der vorgesetzten Behörde zur Uebernahme der Vormundschaft aber nicht vorgeschrieben sei, die Landesgesetzgebungen, in die Nothwendigkeit versetze, in der hier fraglichen Hinsicht neue Bestimmungen zu treffen, ebensowenig als durchschlagend erachtet werden, wie der Hinweis darauf, daß auch der § 41 des Reichsmilitärgesetzes vom 2. Mai 1874 den Militärpersonen des Landheeres ein solches Ablehnungsrecht gewähre, es aber an einem genügenden Grunde fehle, die Reichs- und Landesbeamten in dieser Beziehung anders zu stellen. Auch der eventuelle Antrag, von Reichswegen zu bestimmen, daß die im § 484 bezeichneten Personen ohne Erlaubniß der ihnen vorgesetzten Behörde die Vormundschaft nicht übernehmen und nicht ohne diese Erlaubniß zu Vormündern bestellt werden dürften, damit die Landesgesetzgebungen der Nothwendigkeit überhoben würden, in dieser Richtung hin Bestimmungen zu treffen, könne als angemessen nicht erachtet werden. Ob und inwieweit ein Bedürfniß vorhanden sei, in Ansehung aller im § 484 bezeichneten Kategorien von Personen, namentlich allgemein in Ansehung der Angestellten einer Religionsgesellschaft die Uebernahme einer Vormundschaft von | einer Erlaubniß der vorgesetzten Be- | Prot 18180 hörde im öffentlichen Interesse abhängig zu machen, dies zu beurtheilen, sei Sache der einzelnen Landesgesetzgebungen, da die Entscheidung jener Frage, nicht dem bürgerlichen Rechte, sondern dem öffentlichen Rechte angehöre. Abgesehen davon gehe der Antrag, soweit derselbe allgemein die besoldeten Angestellten einer Religionsgesellschaft mitumfasse, über das bestehende Recht und über das Bedürfniß hinaus. Aus vorstehenden Gründen und mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 2034 ff. empfehle es sich, im Allgemeinen dem Entwürfe zu folgen, jedoch in der Beschränkung auf Landesbeamte und Religionsdiener. Ein Bedürfniß, im bürgerlichen Gesetzbuche auch die Militärpersonen und die Civilbeamten der Militärverwaltung, sowie die Reichsbeamten zu berücksichtigen, könne dagegen nicht anerkannt werden. In Ansehung des Landheeres finde der § 41 des Reichsmilitärgesetzes vom 2. Mai 1874 Anwendung, nach welchem die Militärpersonen des Friedensstandes und die Civilbeamten der Militärverwaltung die Uebernahme von Vormundschaften ablehnen könnten und zu deren Uebernahme nur mit Genehmigung ihrer Vorgesetzten berechtigt seien. Daraus ergebe sich mit genügender Deutlichkeit, daß die bezeichneten Personen ohne die vorgeschriebene Genehmigung von dem Vormundschaftsgerichte zu Vormündern nicht bestellt werden dürften. Die vorgedachte Bestimmung des Reichsmilitärgesetzes in der einen oder anderen Hinsicht durch das bürgerliche Gesetzbuch abzuändern, sei bedenklich und würde mit 869
§§ 1773—1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
| Prot 18181 dem | Prinzipe, d a ß das bestehende Reichsrecht thunlichst aufrechterhalten werden solle, nicht im Einklänge stehen. W e n n der § 1215 der Zusst. in Ansehung der Erlaubniß zur Eheschließung auch die Militärpersonen berücksichtige, so beruhe dies auf besonderen, hier nicht zutreffenden G r ü n d e n (vergl. § 38 des Reichsgesetzes über die B e u r k u n d u n g des Personenstandes u.s.w. vom 6. Februar 1875). Verhalte sich das bürgerliche Gesetzbuch in Ansehung der Militärpersonen und der Reichsbeamten schweigend, so ergebe sich allerdings eine Lücke in Ansehung der der Marine angehörenden Personen und in Ansehung der Reichsbeamten, sofern nicht in Ansehung der letzteren der § 19 des Reichsbeamtengesetzes vom 31. M ä r z 1873 als maßgebend zu betrachten sein sollte. Indessen habe die Reichsgesetzgebung es in der H a n d , diese Lücke, soweit ein Bedürfniß dazu vorliegen sollte, jeder Zeit durch Spezialgesetze auszufüllen. Anlangend die Fassung der beschlossenen Bestimmung, so schließe sich dieselbe in passender Weise dem § 1215 der Zusst. an. TE-FamR S 485
Die Berathung wandte sich darauf dem § 485 des Entwurfs zu. Derselbe lautet: „Die U e b e r n a h m e einer V o r m u n d s c h a f t können ablehnen: 1. weibliche Personen, 2. w e r bereits mehr als eine von Seiten eines Vormundschaftsgerichts bestellte | Prot I 8182 V o r m u n d s c h a f t , Gegenvor- | mundschaft, Pflegschaft oder Beistandschaft f ü h r t ; die V o r m u n d s c h a f t , Gegenvormundschaft, Pflegschaft oder Beistandschaft über mehrere Geschwister gilt als eine, berechtigt jedoch z u r Ablehnung, wenn sie fünf oder mehr Geschwister betrifft. 3. wer das sechzigste Lebensjahr überschritten hat, 4. w e r fünf oder mehr minderjährige, nicht von einem Anderen an Kindesstatt angenommene, eheliche Kinder hat, 5. w e r an Krankheiten o d e r Gebrechen leidet, durch welche er an der ordnungsmäßigen F ü h r u n g der V o r m u n d s c h a f t behindert wird, 6. wer nicht in dem Bezirke des Vormundschaftsgerichts seinen Wohnsitz hat, 7. wer nach Maßgabe des § 533 z u r Stellung einer Sicherheit angehalten wird, 8. w e r mit einem Anderen zu gemeinschaftlicher Verwaltung der V o r m u n d s c h a f t bestellt werden soll." D a z u lag der A n t r a g vor:
Kurlbaum (Nr 282, 5)
§ 485 N r . 2 dahin zu fassen: „wer bereits mehr als eine V o r m u n d s c h a f t oder Pflegschaft führt. Die V o r m u n d | Prot 18183 schaft o d e r Pflegschaft über mehrere Geschwister | gilt als eine; die F ü h r u n g einer G e g e n v o r m u n d s c h a f t k o m m t nicht in Betracht." D e r § 485 w u r d e aus den Gründen der Motive S. 2036 ff. gebilligt, die Ziff. 2 jedoch nach M a ß g a b e des dazu gestellten Antrags. Die Mehrheit hielt, soviel die Ziff. 2 betrifft, die in den Motiven S. 2038 f ü r die Gleichstellung der Gegenvormundschaft u n d der Besitzstandschaft mit der V o r m u n d s c h a f t dargelegten G r ü n d e nicht f ü r durchschlagend, glaubte vielmehr, daß es den V o r z u g verdiene, sich in dieser Beziehung dem Standpunkte des § 23 der preuß. V . O . anzuschließen, da die letztere, so viel bekannt, in dieser Hinsicht zu Mißständen nicht geführt habe und der V o r schlag des Entwurfs einen Mangel an V o r m ü n d e r n , namentlich an geeigneten Gegenvormündern, herbeizuführen drohe. Ebensowenig habe sich das Bedürfniß fühlbar gemacht, in Abweichung von der preuß. V . O . demjenigen ein Ablehnungsrecht zu geben, welcher eine fünf oder mehr Geschwister betreffende V o r m u n d s c h a f t führe. Die Analogie des Ablehnungsgrundes unter Ziff. 4 des § 485 k ö n n e nicht in dieser Allgemeinheit als zutreffend a n e r k a n n t werden. 870
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
Zu Ziff. 5 w u r d e der P r ü f u n g bei der Redaktion vorbehalten, ob der Plural „Krankheiten oder Gebrechen" nicht in den Singular zu verwandeln sei. D e r § 486 des Entwurfs lautet: usf""11 „Das Ablehnungsrecht geht verloren, wenn es nicht bei dem Vormundschaftsgerichte vor der Verpflichtung | geltend gemacht wird. | Prot 18184 D e r Berufene muß, wenn seine Ablehnung von dem Vormundschaftsgerichte f ü r unbegründet erklärt ist, und er gegen diese Entscheidung die Beschwerde verfolgt, auf E r f o r d e r n des Vormundschaftsgerichts die V o r m u n d s c h a f t vorläufig überneh-
D a z u lag der Antrag vor: Kurlbaum § 486 Abs. 2 dahin zu fassen: (Nr 282, 6) Die W o r t e „und er . . . verfolgt" zu streichen, dagegen vor „vorläufig" einzuschalten „ungeachtet der zulässigen Rechtsmittel". Abs. 1 des § 486 e r f u h r mit Rücksicht auf die A u s f ü h r u n g e n in den Motiven S. 2040 ff. keine Anfechtung. Auch Abs. 2 w u r d e sachlich nicht bekämpft, doch gab man der von dem Antrage vorgeschlagenen Fassung den V o r z u g , da dieselbe einestheils korrekter sei, andererseits den Vorschriften über das V e r f a h r e n in V o r m u n d schaftssachen nicht präjudizire.
530. Sitzung vom 12. 3. 1886, Schriftführer: Stmckmann. | Die Berathung des E n t w u r f s des Familienrechts Abschnitt III „Das V o r m u n d - I Prot 18185 schaftsrecht" wurde fortgesetzt. D e r § 487 des Entwurfs lautet: „Der V o r m u n d wird von dem Vormundschaftsgerichte durch Verpflichtung auf TE-FamR treue und gewissenhafte Führung der V o r m u n d s c h a f t bestellt. Die Verpflichtung § 487 erfolgt mittels Handschlags an Eidesstatt. D e r V o r m u n d erhält eine Bestallung, aus welcher die N a m e n und die Geburtszeiten der Mündel, die N a m e n des V o r m u n d e s , des Gegenvormundes und der Mitvormünder, sowie die Art der etwaigen Theilung der Verwaltung ersichtlich sein sollen. Ist ein Familienrath gebildet, so ist auch dies anzugeben (vergl. außerdem S. 520 | Prot 18186 Abs. 1 und 3, § 5361 Abs. 2 und § 537 Abs. 3.). Auf die Bestallung finden, soweit deren Inhalt mit dem Gesetze nicht im Widerspruch steht, diejenigen Bestimmungen entsprechende A n w e n d u n g , welche zum Schutze gutgläubiger Dritter f ü r den Fall gegeben sind, daß eine in den H ä n d e n des Bevollmächtigten befindliche Vollmacht mit dem wirklichen Rechtsverhältnisse nicht o d e r nicht mehr übereinstimmt. Eine Bestellung des gesetzlichen V o r m u n d e s findet nicht statt." Planck In den gedruckten Abänderungsanträgen des Referenten ist beantragt: Den Abs. 3 des § 487 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: „Auf die Bestallung finden, soweit deren Inhalt mit dem Gesetze nicht in Widerspruch steht, die Bestimmungen in den §§ 120 bis 122 des Kom.Entw. entsprechende Anwendung."
Außerdem lagen folgende Anträge vor: 1. a) in Abs. 1 die W o r t e „an Eidesstatt" zu streichen; b) den Abs. 4 zu streichen.
v. Mandry (Nr 280, 7) 871
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
Kurlbaum (Nr 285, 1)
2. Bei Streichung des § 487 Abs. 3 zu beschließen: § 495 a. „Das Vormundschaftsgericht kann dem Vormunde außer der Bestallung eine Urkunde über die ihm in Ansehung eines oder mehrerer bestimmter Rechtsgeschäfte zustehende gesetzliche Vertretung des Mündels ertheilen. Auf eine solche U r k u n d e finden die Vorschriften des § 120 Abs. 2 und des § 122 Abs. 1, 2 (K.E.) | Prot 18187 entsprechende | Anwendung. Die Vorschriften des ersten Absatzes finden in Ansehung des Gegenvormundes und der Befugnisse desselben entsprechende Anwendung." 3. Für den Fall der Annahme des Antrags unter 2 im Prinzipe den § zu fassen: „Hat das Vormundschaftsgericht für ein einzelnes bestimmtes Rechtsgeschäft dem Vormunde ein Zeugniß ausgestellt, daß er zur Vertretung des Mündels bei diesem Rechtsgeschäfte ermächtigt sei, so ist das Erlöschen dieser Ermächtigung durch Widerruf oder durch Beendigung der Vormundschaft aus einem der im § 539 F.E. unter 2 und 3 (jetzt im Entw. No.4) und im § 541 F.E. unter 3 (im Entw. N o . 4 ) angegebenen Gründen gegenüber dem bei diesem Rechtsgeschäfte betheiligten Dritten, welchem der V o r m u n d seine Ermächtigung durch Vorlegung des Zeugnisses nachgewiesen hat, nur dann wirksam, wenn er das Erlöschen kannte oder kennen mußte. Im Falle des Erlöschens der Ermächtigung vor dem Zustandekommen des Rechtsgeschäftes muß der Vormund das Zeugniß zurückgeben." Der § 487 wurde absatzweise berathen. 1. Abs. 1 des § 487 wurde von der Mehrheit unter Ablehnung des Antrags unter 1 a, sowie unter Ablehnung des im Laufe der Berathung gestellten Antrags, die Worte „mittels Handschlags an Eidesstatt" durch die Worte „mittels eidesstattlicher | Prot 18188 Versicherung" zu ersetzen, gebilligt. Man war der Ansicht, daß, | wenngleich die Verletzung des vorgeschriebenen eidesstattlichen Angelöbnisses strafrechtliche Folgen nicht nach sich ziehe, die Beibehaltung dieser aus der gemeinrechtlichen Praxis in das preuß. A.L.R. und aus diesem in die preuß. V.O. § 24 übergegangenen und auch in anderen Rechtsgebieten festgehaltenen Art des Angelöbnisses bei der Verpflichtung des Vormundes wegen der darin enthaltenen Hinweisung auf die dem Eide gleichstehende sittliche Bedeutung des Gelöbnisses aus den in den Motiven S. 2043 dargelegten Gründen als angemessen zu erachten sei. Andererseits empfehle es sich nicht, statt der Verpflichtung mittels Handschlag an Eidesstatt die Verpflichtung mittels eidesstattlicher Versicherung vorzuschreiben, da die Versicherung an Eidesstatt nach dem Sprachgebrauche, insbesondere auch nach dem der Reichsgesetzgebung, sich auf die Vergangenheit beziehe, in dem hier in Rede stehenden Falle aber es sich um ein Angelöbniß für die Zukunft handele. Dazu komme, daß das Angelöbniß in der Form des Handschlags einer alten Sitte und überwiegend dem geltenden Rechte entspreche. 2. Der dem § 24 Abs. 2 der preuß. V.O. sich anschließende Abs. 2 des § 487 fand, Fassung vorbehalten, keinen Widerspruch. 3. Abs. 3 des § 487 und die dazu gestellten Anträge wurden von der Mehrheit abgelehnt. Erwogen war: Die dem Vormunde ausgehändigte Bestallung habe an sich nur die Bedeutung eines gerichtlichen Zeugnisses, daß die darin bezeichnete Person nach Maßgabe des Inhalts der Bestallung als Vormund bestellt worden sei, nicht aber den Charakter | Prot 18189 einer selb- | ständigen Ermächtigung zum Abschlüsse von Rechtsgeschäften, eines Legitimationspapieres in dem Sinne, daß der gutgläubige Dritte, welcher auf Grund 872
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773—1895
der ihm vorgelegten Bestallung sich mit dem V o r m u n d e auf Rechtsgeschäfte einlasse, gegen inzwischen eingetretene, aus der Bestallung sich nicht ergebende Aenderungen der Vertretungsmacht des in der Bestallung bezeichneten V o r m u n d e s geschützt werde, der Mündel mithin die damit verbundenen nachtheiligen Folgen zu tragen habe. Es frage sich, ob ein Bedürfniß vorliege, z u m Schutze der Verkehrssicherheit und bezw. im eigenen Interesse des Mündels in der hier fraglichen Beziehung durch positive Bestimmungen einzugreifen. D e r Vorschlag des Entwurfs bezw. des ged r u c k t e n Abänderungsantrages, die Bestallung g a n z allgemein wie eine Vollmacht zu behandeln und die §§ 120 bis 122 K.E. auf die Bestallung f ü r entsprechend anwendbar zu erklären, gehe jedenfalls zu weit. Die Analogie f ü h r e an sich nicht zu einer solchen Ausdehnung. Die Sachlage sei bei der Vollmacht und der Aushändigung d e r Bestallung nicht die gleiche. Die Bestallung eines Bevollmächtigten und die Aushändigung einer Vollmachtsurkunde beruhe auf dem eigenen Willen des Vollmachtgebers. Ihm werde daher nicht zu nahe getreten, wenn er die mit der Ausstellung einer solchen U r k u n d e verbundenen Gefahren f ü r die Verkehrssicherheit zu tragen habe, zumal wenn man berücksichtige, daß die direkte Stellvertretung sich als ein positives, vorzugsweise dem Interesse des Vollmachtgebers dienendes Institut darstelle. Bei der Wahl des V o r m u n d e s und der Aushändigung der Bestallung sei dagegen der Mündel selbst aktiv nicht betheiligt und bei der Gestaltung des V o r mundschaftsrechts müsse in erster Linie das Interesse des Mündels maßgebend | sein. | Prot I 8190 D e r Schutz des guten Glaubens sei zudem kein allgemeines Rechtsprinzip, sondern eine Ausnahme von den allgemeinen Grundsätzen, eine solche Ausnahme aber nur insoweit gerechtfertigt, als dieselbe durch dringende G r ü n d e praktischer Zweckmäßigkeit geboten sei. Ein praktisches Bedürfniß, die Bestallung als solche nach den Grundsätzen der Vollmacht zu behandeln, sei nicht hervorgetreten. D e m geltenden Rechte sei eine solche Behandlung unbekannt. Dasselbe lege der Bestallung nur die Bedeutung eines gerichtlichen Zeugnisses bei, daß die darin bezeichnete Person als V o r m u n d bestellt sei, und treffe Vorsorge, daß der Inhalt der Bestallung mit den thatsächlichen Verhältnissen zu jeder Zeit thunlichst in Uebereinstimmung erhalten und insbesondere nach Beendigung des vormundschaftlichen Amts die Bestallung zurückgegeben werde. Daraus, daß die Bestallung nicht den C h a r a k t e r eines Legitimationspapiers habe, hätten sich im gewöhnlichen Verkehre Unzuträglichkeiten und Schwierigkeiten in Ansehung der Legitimation des Vormundes, welche dahin drängten, im Interesse der Sicherheit des Verkehrs und im eigenen Interesse des Mündels das bestehende Recht zu ändern und der Bestallung den C h a r a k t e r eines Legitimationspapiers nach den Grundsätzen der Vollmacht beizulegen, nicht ergeben. Im gewöhnlichen Verkehre vertraue man der in den H ä n d e n des V o r m u n d e s befindlichen Bestallung, da die Fälle, in welchen dieselbe dem wirklichen Sachverhalte nicht entspreche, und von dem darin bezeichneten V o r m u n d e mißbraucht würden, nur selten seien und zudem das Vormundschaftsgericht wegen Verletzung seiner Amtspflichten hafte. Zweifelhafter k ö n n e es sein, ob nicht mit Rücksicht auf solche Fälle, in welchen der V o r m u n d ein E r - | werbsgeschäft im N a m e n des Mündels betreibe, | Prot 18191 sowie im Hinblick auf den V e r k e h r mit Banken, Sparkassen, Hinterlegungsstellen und anderen derartigen Instituten, bei welchen durch die Menge der Geschäfte die P r ü f u n g der Legitimation erschwert, andererseits bei P r ü f u n g der Legitimationsfrage vorsichtiger zu W e r k e gegangen werde, ein Bedürfniß anzuerkennen sei, dem Vormundschaftsgerichte die Befugniß beizulegen, nach Maßgabe der Anträge unter 2 u n d 3 o d e r in noch weiterem U m f a n g e z u m Zwecke der Legitimation des V o r m u n des neben der Bestallung dem V o r m u n d e ein gerichtliches Zeugniß über dessen Vertretungsmacht mit der W i r k u n g auszustellen, daß später eingetretene Aenderun873
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
gen der Vertretungsmacht dem gutgläubigen Dritten gegenüber nicht in Betracht kämen. Indessen spreche auch gegen eine derartige Bestimmung, daß sie dem geltenden Rechte gegenüber eine Neuerung enthalte und das Bedürfniß einer Aenderung des bestehenden Rechts auch insoweit sich nicht oder doch wenigstens nicht in besonders hervorragender Weise fühlbar gemacht habe. Es sei nicht zu besorgen, daß in Ermangelung eines solchen Legitimationspapieres die hier in Betracht kommenden Verkehrsinstitute sich zum Nachtheil der Mündel auf Geschäfte mit den nur mit einer gewöhnlichen Bestallung ausgerüsteten Vormündern nicht einlassen würden. Nöthigenfalls könne auch auf dem Wege geholfen werden, daß der Vormund zum Zwecke der Vornahme der hier fraglichen Geschäfte einem Anderen Vollmacht ertheile und unter der Vollmachtsurkunde das Vormundschaftsgericht die Legitimation des Ausstellers als Vormund zur Zeit der Ausstellung der Vollmachtsurkunde | Prot 18192 bezeuge. Da eine solche Vollmacht nicht mit der Beendigung des Vormund-1 schaftlichen Amts des Ausstellers erlösche, so genieße der Dritte, welcher sich in gutem Glauben mit einem solchen Bevollmächtigten einlasse, den Schutz, welchen die §§ 120 bis 122 K.E. einem Dritten gewähren. Ein Bedürfniß, zum Zwecke der Legitimation des Vormundes ein besonderes Legitimationspapier zu schaffen, sei um so weniger anzuerkennen, als auch die Legitimation des Inhabers der elterlichen Gewalt, des gesetzlichen Vertreters der juristischen Personen (§ 44 K.E.) und des Konkursverwalters (§ 73 der K.O.) sich lediglich nach den allgemeinen Grundsätzen richte. Zu beachten sei ferner, daß, abgesehen von einer gewissen Gefährdung des Mündels, eine bestimmte Abgrenzung der Fälle, in welchen das Vormundschaftsgericht eine solche U r k u n d e auszustellen habe, unthunlich sei, und daß, wenn man dem Vormundschaftsgerichte die allgemeine Befugniß beilege, dem Vormunde zum Zwecke seiner Legitimation f ü r einzelne oder mehrere bestimmte Rechtsgeschäfte eine besondere Urkunde auszustellen, die Gefahr nahe liege, daß im Verkehre mit Vormündern sich die Praxis bilde, behufs größerer Sicherheit allgemein auf Vorlegung einer solchen U r k u n d e zu bestehen, was zu einer großen Belastung der Vormundschaftsgerichte und einer erheblichen Vermehrung ihrer Verantwortlichkeit zu führen drohe. 4. Abs. 4 des § 487 wurde gestrichen, da in Folge der Streichung der §§ 476, 477 des Entw. f ü r das Gesetzbuch eine gesetzliche Vormundschaft überhaupt nicht mehr in Frage komme. Einvernehmen bestand, daß der zu § 477 beschlossene Vorbehalt | Prot I 8193 für die Landesgesetze (Prot. S. 8139) denselben auch | die Befugniß gewähren solle, zu bestimmen, daß der Vorstand der betreffenden Anstalten kraft des Gesetzes die Pflichten und Rechte des Vormundes des in die Anstalt aufgenommenen Minderjährigen habe und eine Bestellung desselben nicht stattfinde. TE-FamR §488
Der $ 488 des Entw. lautet: „Wird ein Geschäftsunfähiger zum Vormunde bestellt, so ist die Bestellung n i c htig. Andere Unfähigkeitsgründe, sowie der Mangel der nach § 484 erforderlichen Genehmigung sind auf die Gültigkeit der Bestellung ohne Einfluß. Der Vormund hat sein Amt weiter zu führen, bis er entlassen wird." Derselbe erfuhr mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 2045, 2046 keine Anfechtung. 1
1
874
Ein Streichungsantrag von v. Mandry war zurückgezogen worden (vgl. Anträge Nr. 280, 8 und 284, 1),
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
Anlangend die in den Motiven des Entw. S. 2047 erörterten, in den Motiven des Entw. eines Gesetzes über das Verfahren in Vormundschaftssachen S. 85 ff. in einem von den Ausführungen in jenen Motiven abweichenden, den früheren Standpunkt aufgebenden Sinne beantworteten Fragen, ob die Bestellung eines Vormundes in Ermangelung der gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Vormundschaft (§ 475 des Entw.) bezw. dann als nichtig anzusehen sei, wenn bereits ein Vormund bestellt war und die Bestellung des zweiten Vormundes nur in dem Irrthum erfolgte, daß der Mündel noch unbevormundet sei, so herrschte Einvernehmen, daß kein Bedürfniß vorliege, diese mit der Bedeutung der von dem Vormundschaftsgerichte innerhalb seiner Kompetenz getroffenen Verfügungen und mit der Frage, inwieweit die Nichtigkeit derselben zum Gegenstande der Entscheidung des | Pro- | Prot 18194 zeßrichters gemacht werden könne, zusammenhängenden Fragen durch das Gesetz zu entscheiden, jedoch unter dem Vorbehalte, eventuell bei Berathung des Entwurfs eines Gesetzes über das Verfahren in Vormundschaftssachen (vergl. § 39 das.) darauf zurückzukommen. Zu § 489 des Entw., welcher lautet: „Neben dem Vormunde kann ein Gegenvormund bestellt werden. TE-FamR Ein Gegenvormund soll bestellt werden, wenn mit der Vormundschaft eine er- § 4 8 9 hebliche Vermögensverwaltung verbunden ist und nicht mehrere Vormünder zu ungetheilter Verwaltung bestellt sind. Führen mehrere Vormünder die Verwaltung nach Geschäftszweigen getrennt, so kann der eine zum Gegenvormunde des anderen bestellt werden. Auf die Berufung und Bestellung des Gegenvormundes finden die f ü r die Berufung und Bestellung des Vormundes gegebenen Vorschriften entsprechende Anwendung." fand die Aufnahme des Institutes des Gegenvormundes nach dem Vorbilde der preuß. V.O. mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 1956 ff. keinen Widerspruch. Uebersehen wurde nicht, daß das Institut von manchen Seiten Anfechtung erfahren habe. Man war jedoch der Ansicht, daß dasselbe in vielen Fällen wohlthätig wirken könne und namentlich von dem Gesichtspunkte aus Werth habe, daß dem Vormundschaftsgerichte außer dem Vormunde noch ein anderes Organ zu Gebote stehe, durch welches es sich über die thatsächlichen Verhältnisse Auskunft zu verschaffen im Stande sei, das Vor- | mundschaftsgericht sich mithin nicht allein auf | Prot I 8195 die Auskunft des Vormundes zu verlassen brauche. Dazu komme, daß jenes Institut die Möglichkeit gewähre, die Geschäftslast der Vormundschaftsgerichte in angemessener Weise zu erleichtern (vergl. § 517 des Entwurfs). Auch im Einzelnen wurden die Bestimmungen des § 489 aus den Gründen der Motive S. 1964 ff. gebilligt, jedoch mit der Modifikation, daß der Abs. 2 des § 489, um sich der preuß. V.O. § 26 in dieser Hinsicht mehr zu nähern und die Regel schärfer zu betonen, dahin gefaßt werden soll: Ein Gegenvormund soll bestellt werden, wenn mit der Vormundschaft eine Vermögensverwaltung verbunden ist, es sei denn, daß die Vermögensverwaltung nicht erheblich ist oder mehrere Vormünder zu ungetheilter Verwaltung bestellt sind. Einvernehmen bestand, daß der Frage, ob in den Fällen des § 517 des Entw. stets ein Gegenvormund zu bestellen sei, nicht präjudizirt werden solle. Die in den Motiven S. 2048 erörterte Frage, ob das Vormundschaftsgericht stets einen Gegenvormund bestellen müsse, wenn der Vater oder die Mutter nach Maßgabe des § 479 verbunden mit § 489 Abs. 4 einen Gegenvormund berufen habe, hielt man einer besonderen gesetzlichen Entscheidung nicht f ü r bedürftig, glaubte viel875
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
mehr die Entscheidung derselben unbedenklich der Jurisprudenz überlassen zu können. Uebergegangen wurde darauf zur Berathung der §§ 490 bis 495 des Entw., welche die allgemeinen Bestimmungen über die Pflichten und Rechte des Vormundes enthalten. | Prot I 8196 | Der § 490 des Entw. lautet: TE-FamR „Der Vormund hat die Pflicht und das Recht, f ü r die Person und die Vermögens§ 4 90 angelegenheiten des Mündels zu sorgen. Den Eltern als gesetzlichen Vormündern steht diese Sorge nicht weiter zu, als sie ihnen zustehen würde, wenn die elterliche Gewalt durch die Heirath der Tochter nicht beendigt wäre. Pflicht und Recht des Vormundes beginnt bei der gesetzlichen Vormundschaft mit deren Eintritt, im Uebrigen mit der Bestellung." In den gedruckten Abänderungsanträgen des Referenten ist beantragt: Den Abs. 2 zu streichen. Kurlbaum (Nr 282,9)
Außerdem lag folgender Antrag vor: In § 490 Abs. 3 die Worte „bei der — im Uebrigen" zu streichen. Abs. 1 des § 490, in welchem einerseits das Prinzip der Selbständigkeit des Vormundes gegenüber der Obervormundschaft, andererseits das Wesen der Vormundschaft als der allgemeinen Fürsorge im Gegensatze zu der auf besondere Angelegenheiten beschränkten Pflegschaft vorzugsweise zum Ausdrucke gelangt, wurde aus den Gründen der Motive S. 2048, 2049,1940,1941 genehmigt, Abs. 2 in Konsequenz der zu § 476 beschlossenen Beseitigung der gesetzlichen Vormundschaft der Eltern gestrichen und Abs. 3 auf Grund der Ausführungen in den Motiven S. 2054, 2055 mit der Modifikation angenommen, daß die Worte „bei der . . . im Uebrigen" in Wegfall kommen sollen, da nach den zu §§ 476, 477 des Entw. gefaßten Beschlüssen für das Gesetzbuch eine gesetzliche Vormundschaft überhaupt nicht mehr in Frage kommt (Prot. S. 8136, 8139).
| Prot I 8197 | Zu dem § 491 des Entw., dessen Wortlaut dahin geht: TE-FamR „Die Sorge für die Person und die Vermögensangelegenheiten des Mündels S 491 umfaßt, soweit sich aus dem Gesetze keine Ausnahmen oder Beschränkungen ergeben, die Pflicht und das Recht, in allen persönlichen bezw. vermögensrechtlichen Angelegenheiten, je nachdem das Bedürfniß es erfordert, statt des Mündels zu handeln oder zu den eigenen Rechtshandlungen des letzteren die erforderliche Genehmigung zu ertheilen oder zu versagen. Die Sorge für die Person umfaßt die Pflicht und das Recht, den Mündel auch bei solchen die persönlichen Angelegenheiten desselben betreffenden Rechtshandlungen, mit welchen kraft des Gesetzes vermögensrechtliche Folgen verbunden sind, zu vertreten und die Genehmigung dazu zu ertheilen." ist in den gedruckten Abänderungsanträgen des Referenten beantragt: 1. Im Abs. 1 und 2 das Wort „Rechtshandlungen" durch die Worte „Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten", 2. im Abs. 1 und 2 das W o r t „Genehmigung" durch die Worte „Einwilligung oder Genehmigung" zu ersetzen. 3. Dem § 491 folgende Bestimmung als Abs. 3 hinzuzufügen: „Der Vormund ist befugt, dem Mündel Vermögen zu freier Verfügung oder behufs der Verwendung zu gewissen Zwecken zu überweisen." Außerdem lagen folgende Anträge vor: 876
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
1. § 491 durch folgende Bestimmung zu ersetzen:
Kurlbaum (Nr 282, 9) | „Der Vormund ist der gesetzliche Vertreter des Mündels." (zu vergl. K.E. §§ 44, | Prot 18198 6 4 , 1 1 5 , 1 1 6 ; Zusst. §§ 1205 pp.; C.P.O. §§ 50, 51.) 2. a) den ersten Absatz dahin zu formuliren: „Dem Vormunde steht, soweit das Gesetz nicht ein Anderes ergiebt, die Befugniß zu, in Ansehung der persönlichen und der Vermögensangelegenheiten des Mündels denselben zu vertreten und zu Rechtsgeschäften oder Rechtsstreitigkeiten desselben die Einwilligung oder Genehmigung zu ertheilen (Gesetzliche Vertretung)." b) den zweiten Absatz zu streichen. c) den dritten Absatz (gedr. Aenderungsantr. S. 46) zu streichen. Es wurden folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Abs. 1 des § 491 wurde mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 2049 bis 2052 sachlich nicht beanstandet, insbesondere das Prinzip der Unbeschränktheit der Vertretungsmacht des Vormundes nicht bekämpft (vergl. in letzterer Hinsicht Prot. S. 7743). Anlangend die Fassung, so gab die Mehrheit der kürzeren Fassung des Antrags unter 1 den Vorzug. Man ging davon aus, daß, da der Ausdruck „gesetzlicher Vertreter" in dem Gesetzbuch als ein technischer gebraucht sei, der Vormund, um demselben die Stellung eines gesetzlichen Vertreters im Sinne der jenen Ausdruck verwendenden einzelnen Bestimmungen des Gesetzbuchs zu geben (vergl. insbesondere §§ 64, 66 bis 68 K.E.) als der gesetzliche Vertreter des Mündels bezeichnet werden müsse. Aus dieser Bezeichnung in Verbindung mit dem § 490 Abs. 1 des Entw. ergebe sich namentlich mit genügender Deutlichkeit, daß der Vormund sowohl in den | persönlichen als den Vermögensangelegenheiten des Mün- | Prot I 8199 dels im Namen des letzteren Rechtsgeschäfte vorzunehmen und Rechtsstreitigkeiten zu führen befugt sei bezw. ihm gegenüber als dem Vertreter des Mündels Rechtsgeschäfte vorgenommen werden könnten, ferner daß in denjenigen Fällen, in welchen das Gesetz die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts von der Einwilligung oder Genehmigung des gesetzlichen Vertreters abhängig mache, der V o r m u n d es sei, welcher in Ansehung des Mündels die Einwilligung oder Genehmigung zu ertheilen beziehungsweise die letztere zu verweigern habe (vergl. insbesondere die §§64, 115, 116 K.E.; §§ 50, 51 der C.P.O.). Aus dem Begriffe des gesetzlichen Vertreters im Sinne des Gesetzbuchs in Verbindung mit dem § 490 Abs. 1 des Entw. folge ferner, daß die Vertretungsmacht des Vormundes an sich eine allgemeine und unbeschränkte sei. Der Zusatz „soweit das Gesetz nicht ein anderes ergiebt" (vergl. den Antrag unter 2 a), sei, weil selbstverständlich, entbehrlich. Auch der Hinweis darauf, daß der Vormund als gesetzlicher Vertreter des Mündels dem letzteren gegenüber die Pflicht habe, je nachdem das Bedürfniß es erfordere, den Mündel zu vertreten bezw. zu den eigenen Rechtsgeschäften des letzteren die erforderliche Einwilligung oder Genehmigung zu ertheilen oder zu verweigern, sei im Hinblick auf den § 490 Abs. 1, aus welchem sich insbesondere auch die Pflicht des Vormundes ergebe, im Namen des Mündels zu handeln, w o dies im Interesse des letzteren gelegen sei, einerseits nicht erforderlich, andererseits bedenklich, weil dadurch das Mißverständniß hervorgerufen werden könne, als ob jene Pflicht der Vertretungsmacht des Vormundes nach außen hin eine Schranke setze. 12. Absatz 2 des § 491 wurde von der Mehrheit abgelehnt. Man hielt den Inhalt | Prot I 8200 des Absatz 2 zwar für sachlich richtig, aber weil selbstverständlich, entbehrlich. Die Richtigkeit des Satzes sei um so weniger in Zweifel zu ziehen, als die Rückwirkung des die persönlichen Angelegenheiten des Mündels betreffenden Rechtsgeschäfts 877
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3. Abschnitt: Vormundschaft
nach dem dem Gesetzbuche zum Grunde liegenden Begriffe des Rechtsgeschäfts (vergl. Prot. S. 59, 60) in den im Absatz 2 des § 491 vorausgesetzten Fällen nicht auf dem rechtsgeschäftlichen Willen, sondern auf dem Gesetze beruhe. Dazu komme, daß eventuell in Zweifelsfällen die Bestimmung des § 524 des Entw. einen passenden Ausweg biete (vergl. Motive S. 2052, 2053). 3. Abgelehnt wurde ferner der gedr. Abänderungsantrag unter 3. Die Mehrheit war der Ansicht, daß die vorgeschlagene Bestimmung entbehrlich sei, wenn der in den gedr. Abänderungsantr. S. 49 beantragte § 518 b entsprechend der in dieser Beziehung für die elterliche Gewalt bereits beschlossenen Vorschrift (vergl. Prot. S. 7751 ff.; § 1476 der Red.Vorl.) in das Gesetzbuch aufgenommen wurde, da alsdann aus dem § 518 b in Verbindung mit dem § 68 K.E. die vorgeschlagene Bestimmung indirekt sich von selbst ergebe. Die ausdrückliche Hervorhebung der letzteren sei auch um deswillen mißlich, weil sie äußerlich den Anschein erwecken könne, als sei es dem Vormunde gestattet, sich auf Grund jener Bestimmung der Sorge für das Vermögen des Mündels zu entschlagen. TE-FamR § 492 | Prot I 8201
Der § 492 des Entw. lautet: „Der Mündel wird durch solche Rechtshandlungen des Vormundes berechtigt u n ( j verpflichtet, welche derselbe ausdrücklich auf den | Namen des Mündels oder u n t e r Umständen vornimmt, welche ergeben, daß das Geschäft nach dem Willen der Betheiligten für den Mündel geschlossen werden soll." In den gedr. Abänderungsantr. des Referenten ist beantragt: Die im § 492 enthaltene Bestimmung zu streichen und durch folgende Vorschrift zu ersetzen: „Auf die H a f t u n g des Mündels wegen widerrechtlicher Handlungen des Vormundes findet der § 46 des K.E. entsprechende Anwendung."
v. Mandry Außerdem lag der Antrag vor, die in dem gedr. Abänderungsantr. an Stelle der (Nr 284, 4) Bestimmung des § 492 vorgeschlagene Vorschrift ebenfalls abzulehnen. Einvernehmen bestand, daß der § 492 des Entw. im Hinblick auf die allgemeine Bestimmung des § 116 K.E. entbehrlich und deshalb zu streichen sei. Die Mehrheit entschied sich ferner auch für die Nichtaufnahme der in dem gedr. Abänderungsantrage vorgeschlagenen Bestimmung. Man hielt die in den Bemerkungen zu den gedr. Abänderungsanträgen S. 165 ff. dargelegten Gründe nicht f ü r durchschlagend, um in Abweichung von dem geltenden Rechte die Bestimmung zu rechtfertigen, daß der Mündel über die Fälle des § 222 Abs. 2 K.E. hinaus für den Schaden haften solle, welchen der Vormund durch eine in Ausübung seiner Vertretungsmacht begangene widerrechtliche, zum Schadensersatze verpflichtende Handlung einem Dritten zugefügt habe. Wie auch in den Bemerkungen zu den gedr. Abänderungsanträgen S. 158 anerkannt werde, lasse sich eine solche H a f t u n g des Mündels für die Delikte des | Prot 18202 Vormundes aus dem Begriffe der unmittel- | baren Stellvertretung und daraus, daß die Vertretung geschäftsunfähiger oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkter Personen eine nothwendige sei, als ein Gebot der Rechtskonsequenz nicht ableiten. Aber auch die in den Bemerkungen zu den gedr. Abänderungsantr. vorzugsweise betonte Analogie des § 46 K.E. könne nicht als zutreffend erachtet werden. Die Bestimmung, daß die juristische Person im Interesse der Verkehrssicherheit nach Maßgabe der §§ 46, 60 K.E. auch für die Delikte des gesetzlichen Vertreters haften solle, beruhe wesentlich auf der Erwägung, daß die juristische Person ein künstlich geschaffenes Rechtssubjekt sei und von diesem Gesichtspunkt aus derselben nicht zu nahe getreten werde, wenn ihr auch auf dem nicht rechtsgeschäftlichen Gebiete die Handlungen ihres gesetzlichen Vertreters zugerechnet würden, sie insoweit mit dem letzteren 878
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773—1895
identifizirt und vollständig wie eine physische Person behandelt werde. Diese Erwägung treffe aber bei der Vormundschaft nicht zu, da diese den Schutz physischer Personen bezwecke, die Gewährung dieses Schutzes aber in der N a t u r der Dinge liege und deshalb bei der Gestaltung des Vormundschaftsrechts in erster Linie das Interesse des Mündels maßgebend sein müße. Auch in anderen Beziehungen lägen die Verhältnisse bei den juristischen Personen und bei der Vormundschaft nicht gleich. Während die Vertretungsmacht des gesetzlichen Vertreters der juristischen Person durch die Verfassung in der Regel näher bestimmt und eingeschränkt werden könne (§ 440 K.E.), sei die Vertretungsmacht des Vormundes auf dem hier vorzugsweise in Betracht kommenden Gebiete faktischer Handlungen eine unbeschränkte, mithin die dem Mündel drohende Gefahr bei | entsprechender Anwendung des § 46 | Prot I 8203 K.E. auf denselben eine größere, als bei den juristischen Personen. Auch die für eine weitergehende Haftung der letzteren aus der Komplizirtheit ihrer Verhältnisse im Interesse der Verkehrssicherheit zu entnehmenden Gründe träfen bei den Mündeln nicht zu. Ein Bedürfniß, die H a f t u n g der Mündel für die Handlungen der Vormünder nach Maßgabe der vorgeschlagenen Bestimmungen zu erweitern, sei zudem, soviel bekannt, im Verkehre nicht hervorgetreten. In vielen der hier in Betracht kommenden Fällen handele es sich um die Erfüllung gesetzlicher Obligationen. Auf diese Fälle finde der § 222 Abs. 2 K.E. Anwendung. In manchen Fällen hafte außerdem der Vormund, wenn er durch die Nichtbeachtung eines Verbots- oder Gebotsgesetzes in Ausübung seines vormundschaftlichen Amts einem Dritten Schaden zufüge, sei es auf Grund allgemeiner Bestimmungen (vergl. §§ 704, 728 Abs. 2, § 729 Abs. 3 K.E.) sei es im Sinne des speziellen Gesetzes persönlich. Ob und inwieweit der Mündel nach allgemeinen Grundsätzen wegen eines bei Abschluß eines Rechtsgeschäfts begangenen Verschuldens des Vormundes, insbesondere wegen eines von demselben bei Abschluß eines Rechtsgeschäfts begangenen Betrugs oder Zwangs, für Schadensersatz hafte, hänge von der Beantwortung der von der Kommission absichtlich unentschieden gelassenen Frage ab, ob die H a f t u n g wegen s.g. culpa in contrahendo als eine rechtsgeschäftliche oder als eine H a f t u n g aus einem Delikte aufzufassen sei (Prot. S. 3111; Bemerkungen zu den gedr. Abänderungsantr. S. 162). Die Berathung wandte sich darauf dem § 493 des Entw. zu. Derselbe lautet: | „Der Vormund ist den Mündel zu vertreten und die Genehmigung von Rechts- | Prot I 8204 handlungen desselben zu ertheilen oder zu versagen behindert TE-FamR §493 1. bei Rechtshandlungen zwischen sich selbst und dem Mündel, 2. bei Rechtshandlungen zwischen mehreren seiner Vormundschaft unterworfenen Mündeln, 3. in Angelegenheiten, bezüglich welcher ihm das Vormundschaftsgericht wegen erheblichen Widerstreits seines Interesse mit dem des Mündels die Vertretung des letzteren und das Recht, die Genehmigung von Rechtshandlungen desselben zu ertheilen oder zu versagen, entzogen hat. Die Behinderung findet in den Fällen unter Nr. 1 und 2 nicht statt bei Rechtsgeschäften, durch welche lediglich eine Verbindlichkeit erfüllt wird. Rechtshandlungen, bei welchen ein Mündel durch den nach den vorstehenden Bestimmungen behinderten V o r m u n d vertreten worden ist, oder zu welchen der letztere die Genehmigung ertheilt oder versagt hat, sind ebenso zu beurtheilen, wie Rechtshandlungen, welche ein Minderjähriger, der sich mit Genehmigung seines gesetzlichen Vertreters verpflichten kann, ohne diese Genehmigung vorgenommen hat." 879
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3. Abschnitt: Vormundschaft
In den gedr. Abänderungsantr. des Referenten ist beantragt: | Prot I 8205
| 1. Die Abs. 1 und 2 dahin zu fassen: „Der Vormund ist den Mündel zu vertreten und die Einwilligung oder Genehmigung zu Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten desselben zu ertheilen oder zu versagen behindert: 1. bei einem Rechtsgeschäfte und Rechtsstreite zwischen sich selbst und dem Mündel; 2. bei einem Rechtsgeschäfte und Rechtsstreite zwischen mehreren seiner Vormundschaft unterworfenen Mündeln; 3. in Angelegenheiten, in Ansehung welcher ihm das Vormundschaftsgericht wegen erheblichen Widerstreits seines Interesse mit dem des Mündels die Vertretung des letzteren und das Recht, die Einwilligung oder Genehmigung zu Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten desselben zu ertheilen oder zu versagen, entzogen hat. Die Behinderung findet in den Fällen unter Nr. 1 und 2 nicht statt bei einem ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit bestehenden Rechtsgeschäfte." 2. Den Abs. 2 zu streichen.
Planck (Nr 279, 4)
Außerdem lagen folgende Anträge vor: 1. von Seiten des Referenten In dem § 493 (neue Fassung) hinter Nr. 2 folgende Nummern hinzuzufügen: „2 a, bei Rechtsgeschäften oder Rechtsstreitigkeiten, welche die Uebertragung oder Belastung einer dem Mündel gegen den Vormund zustehenden, durch Pfandrecht oder Bürgschaft gesicherten Forderung oder die Aufhebung oder Minderung | Prot I 8206 der dafür bestellten Sicherheit oder die Begründung | oder Verpflichtung des Mündels zu einer solchen Uebertragung, Belastung, Aufhebung oder Minderung zum Gegenstande haben." (Vergl. Prot. S. 7728 ff.) „2 b, bei Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Mündel und einem Abkömmlinge des Vormundes, wenn der Mündel mit dem Abkömmlinge des nach § 1205 Abs. 2 der Zusst. behinderten Vormundes ohne die Einwilligung eines anderen gesetzlichen Vertreters eine Ehe geschlossen hat, f ü r die Dauer der Anfechtbarkeit dieser Ehe." (Vergl. Prot. S. 6045, 6046, 6052, 6053.) Kurlbaum (Nr 282,10)
2. Den § 493 (gedr. Antr.) dahin zu fassen: „Die Pflicht und das Recht des Vormundes erstreckt sich nicht auf solche Angelegenheiten des Mündels, für welche eine Pflegschaft angeordnet ist. Der Vormund ist von der gesetzlichen Vertretung des Mündels ausgeschlossen: 1. (statt „und" zu setzen „oder", statt „sich" „ihm") mit dem Zusätze „mit Ausnahme der Erfüllung einer Verbindlichkeit"; 2. bei einem Rechtsstreite zwischen dem Mündel und einer anderen von dem Vormunde vertretenen Person." 3. (zu streichen). Das Ergebniß der Berathung war folgendes: 1. Der Eingang des § 493 soll, Redaktion vorbehalten, dahin gefaßt werden: | Prot I 8207 | „Die gesetzliche Vertretung des Vormundes ist ausgeschlossen." Man gab dieser Fassung vor der an anderen Stellen der Zusammenstellung der sachlich beschlossenen Bestimmungen des Familienrechts, jedoch nur vorläufig, verwendeten Ausdrucksweise „ist behindert" (vergl. §§ 1205, 1298 der Zusst.) oder dem Ausdrucke „zur Vertretung nicht berechtigt" (§ 45 K.E.) den Vorzug, weil sie den Sinn und die Tragweite der hier fraglichen Bestimmung, daß in den Fällen des § 493 die Willenser880
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§§
1773—1895
klärung des Vormundes nicht als nichtig, sondern als von einem Vertreter ohne Vetretungsmacht (§§ 124—127 K.E.) ausgegangen anzusehen sei (vergl. die Bemerkungen zu den gedr. Abänderungsantr. S. 163 ff.), klarer hervortreten lasse. Andererseits empfehle es sich, im Anschlüsse an den Antrag unter 2 von dem Ausschlüsse der gesetzlichen Vertretung zu reden. Aus dem Ausschlüsse der gesetzlichen Vertretung ergebe sich von selbst, daß dem Vormunde in den Fällen des 5 493 auch das in den einzelnen Bestimmungen des Gesetzbuchs dem gesetzlichen Vertreter beigelegte Recht, die Einwilligung oder Genehmigung zu Rechtsgeschäften zu ertheilen oder zu verweigern, nicht zustehe. Im Uebrigen dürfe der Prüfung bei der Redaktion nicht vorgegriffen werden, ob der Ausdruck „Ausschließung von der gesetzlichen Vertretung" oder im Anschluß an § 116 K.E. der Ausdruck „Ausschließung von der Vertretungsmacht" vorzuziehen sei. Der Redaktion bleibe es ferner überlassen, die anderen hier in Betracht kommenden Stellen des Gesetzbuchs mit der Fassung im Eingange des § 493, soweit nöthig, in Einklang zu bringen. 2. Die Ziffer 1 des § 493 fand aus den Gründen der Motive S. 2056, 2057 ff. sachlich die Zustimmung der Kommission. Anlangend die Fassung, so hielt | man das | Prot I 8208 angeregte Bedenken, ob der Ausdruck „zwischen" auch den Fall decke, wenn ein Rechtsgeschäft gegenüber einem Anderen vorgenommen werde (vergl. § 115 K.E.), im Hinblick auf die entsprechende Fassung des § 45 K.E. nicht f ü r begründet. Die in dem Antrage unter 2 Ziffer 1 gegen die Fassung des gedr. Abänderungsantrages vorgebrachten Erinnerungen wurden zur Prüfung bei der Redaktion verwiesen. 3. Die Ziffer 2 des § 493 wurde von der Mehrheit (mit 5 gegen 5 Stimmen durch Stichentscheid des Vorsitzenden) nach Maßgabe des Antrags unter 2 angenommen. Man glaubte, daß es zu weit gehe und durch die Rücksicht auf den Schutz des Interesses der Mündel nicht geboten sei, die Vertretungsmacht des Vormundes bei einem Rechtsgeschäfte zwischen dem Mündel und einer anderen von dem Vormunde vertretenen Person, insbesondere zwischen mehreren seiner Vormundschaft unterworfenen Mündeln, kraft des Gesetzes unbedingt auszuschließen, zumal überwiegend auch das geltende Recht, namentlich die preuß. V.O., nicht so weit gehe. Erachte der Vormund es im konkreten Falle wegen des Widerstreits der Interessen der verschiedenen von ihm vertretenen Personen für geboten, daß ein Pfleger bestellt werde, so habe er kraft seiner Fürsorgepflicht dem Vormundschaftsgerichte zu diesem Zwecke Anzeige zu machen. Es bleibe vorbehalten, bei der Berathung des § 568 des Entw. n ö t i g e n f a l l s eine Bestimmung des Inhalts aufzunehmen, daß der Vormund bei einem Widerstreite erheblicher Interessen der verschiedenen von ihm vertretenen Personen dem Vormundschaftsgerichte Anzeige zu machen verpflichtet sei und das letztere alsdann eine | Pflegschaft anzuordnen habe (vergl. § 86 Abs. 2 der | Prot I 8209 preuß. V.O.). 3. Die Ziffer 3 des § 493 wurde in der Fassung des gedr. Abänderungsantrags von der Mehrheit aus den Gründen der Motive S. 2059, jedoch in der Ausdehnung auch auf die Fälle gebilligt, in welchen ein erheblicher Widerstreit zwischen dem Interesse des Mündels und einer anderen von dem Vormunde vertretenen Person vorliegt. Man war der Ansicht, daß der Vorschlag des Entwurfs namentlich mit Rücksicht auf eilige Fälle und solche Fälle sich empfehle, in welchen der Vormund an der V o r nahme von Rechtshandlungen für den Mündel in gewissen Angelegenheiten des letzteren f ü r die Z u k u n f t verhindert werden solle, ohne daß es der Anordnung einer Pflegschaft zur Zeit bedürfe. 4. Gebilligt wurde ferner der Absatz 1 des Antrags unter 2. Man erachtete die Aufnahme der dem § 27 der preuß. V.O. sich anschließenden Bestimmung, wenn881
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
gleich dieselbe als selbstverständlich erachtet werden könne, im Interesse der Durchsichtigkeit des Gesetzbuchs als angemessen und rathsam. 5. Absatz 2 des § 493 fand aus den Gründen der Motive S. 2058 die Zustimmung der Kommission, jedoch in Konsequenz des zu Ziffer 2 gefaßten Beschlusses in der Beschränkung auf den Fall der Ziffer 1 und in Ansehung der Fassung mit der Modifikation, daß in Folge jenes Beschlusses die hier fragliche Bestimmung in Gemäßheit des Antrags unter 2 mit der Ziffer 1 verbunden werden soll. 6. Absatz 3 wurde nach Maßgabe des gedr. Abänderungsantrags aus den Gründen der Bemerkungen zu den gedr. Abänderungsantr. S. 163, 164 gestrichen. | Prot 18210 | 7. Die Berathung der in dem Antrage unter 1 vorgeschlagenen Zusatzbestimmungen wurde bis zur nächsten Sitzung vertagt. 531. Sitzung vom 15. 3. 1886, Schriftführer: Struckmann. | Prot 18211
| Die in der vorigen Sitzung abgebrochene Berathung der von dem Referenten zu § 493 des Entw. des Familienrechts in dem Antrage unter 1 (Prot. S. 8205, 8206) vorgeschlagenen Zusatzbestimmungen wurden fortgesetzt. Die unter Ziff. 2 a beantragte Bestimmung beruht auf einem bei Gelegenheit der Berathung des § 356 des Entw. gemachten Vorbehalte und den demselben beigefügten Gründen (Prot. S. 7728—7731). In diesen Gründen ist insbesondere auch aufgeführt, weshalb es den Vorzug verdiene, in den hier fraglichen Fällen die Vertretungsmacht auszuschließen, statt die letztere durch das Erforderniß der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts nur zu beschränken (Prot. S. 7731). Die Kommission trat dem Antrage aus den a.a.O. dargelegten Gründen bei. Auch die in dem Antrage unter Ziff. 2 b vorgeschlagene Bestimmung entspricht einem früher bereits gefaßten Beschlüsse (vergl. Prot. S. 6045, 6046, 6052, 6053). Es wurde jedoch beschlossen, die Bestimmung durch folgende weitergehende Vorschrift zu ersetzen: 2 b. bei Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Mündel und Verwandten in gerader Linie oder dem Ehegatten des Vormundes. | Prot I 8212 Man überzeugte sich, daß die ratio, auf welcher| der frühere Beschluß im Wesentlichen beruhe, (Prot. S. 6052 verb. mit den Motiven S. 243), der Schutz des Mündels gegen die Verfolgung eigennütziger Interessen des Vormundes, es als angemessen und rathsam erscheinen lasse, die Vertretungsmacht des Vormundes in dem bezeichneten weiteren Umfange auszuschließen. Noch weiter zu gehen und die Vertretungsmacht in allen Fällen kraft des Gesetzes auszuschließen, in welchen der Richter nach Maßgabe des § 41 Ziffer 3 der C.P.O. wegen seiner Verwandtschaft oder Schwägerschaft mit einer der Parteien von der Ausübung des Richteramts ausgeschlossen ist, erachtete man dagegen als bedenklich. Uebersehen wurde nicht, daß bei Gelegenheit der Berathung des Abschnitts über die juristischen Personen die Aufnahme einer Bestimmung des Inhalts abgelehnt worden sei, daß ein Mitglied (jedes Mitglied) des Vorstandes von der Vertretung auch dann ausgeschlossen sein solle, wenn sein Ehegatte oder eines seiner Abkömmlinge bei einem vorzunehmenden Rechtsgeschäfte ein dem Interesse der Körperschaft entgegenstehendes (unmittelbares) Interesse habe (vgl. Prot. S. 3100, 3108). Man war jedoch der Ansicht, daß die Sachlage bei der juristischen Person und bei der Vormundschaft namentlich um deswillen nicht die gleiche sei, weil die Interessen des Mündels in höherem Maße des Schutzes bedürftig seien und bei der Vormundschaft zudem die Ausschließung der Vertretungsmacht in dem bezeichneten weiteren Umfange im Hinblick auf das Institut der Pflegschaft vom praktischen Standpunkte aus weniger Bedenken gegen sich habe, als 882
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773 —1895
dies bei der juristischen Person wegen der mit der Behinderung des Vorstandes leicht eintretenden Weiterungen und Störungen in dem Geschäftsbetriebe der Fall sei. | Uebergegangen wurde darauf zur Berathung folgender Anträge des Referenten:
| Prot 18213
I. Dem § 493 folgende Bestimmung als §§ 493 a und 493 b hinzuzufügen: Planck I. § 493 a. „Anordnungen, welche der Vater oder die Mutter über die Verwaltung (Nr 279, 5) des Vermögens oder über die Sorge f ü r die Person des Kindes für den Vormund des Kindes durch Verfügungen von Todeswegen getroffen hat, sind, soweit sie nicht mit den Vorschriften des Gesetzes im Widerspruch stehen oder soweit den Eltern eine von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Anordnung durch das Gesetz ausdrücklich gestattet ist, von dem Vormunde zu befolgen, sofern dem Vater oder der Mutter zur Zeit des Todes die elterliche Gewalt über das Kind zustand, oder bei der Voraussetzung der damals bereits erfolgten Geburt des Kindes zugestanden haben würde, die elterliche Gewalt zu jener Zeit auch nicht auf die elterliche Nutznießung beschränkt war. Dem Verluste der elterlichen Gewalt steht in Ansehung solcher Anordnungen, welche sich auf die Vermögensverwaltung beziehen, der Verlust der Vermögensverwaltung, in Ansehung solcher Anordnungen, welche sich auf die Sorge f ü r die Person des Kindes beziehen, der Verlust der Sorge für die Person gleich. Mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts kann von den Anordnungen des Vaters oder der Mutter abgewichen werden, wenn Umstände vorliegen, welche die Befolgung derselben als offenbar nachtheilig für das Kind erscheinen lassen." | 2. § 493 b. „Hat ein Dritter über die Verwaltung der von ihm auf das Kind | Prot 18214 vererbten oder demselben vermachten Vermögensgegenstände Anordnungen f ü r den Vormund durch Verfügung von Todeswegen getroffen, so sind diese Anordnungen von dem Vormunde zu befolgen. Die Vorschrift des § 493 a Abs. 2 findet entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn ein Dritter dem Kinde unter Lebenden etwas zugewendet und bei der Zuwendung Anordnungen über die Verwaltung des Zugewandten getroffen hat. Solange jedoch der Dritte lebt, ist dessen Zustimmung an Stelle der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich." (vergl. S. 7612 bis 7616, 7626, 7627.) II. Die Berathung über den § 479 a wieder aufzunehmen und entweder (prinzipa- Planck liter) (Nr 283 1) 1. den Schluß dahin zu fassen: „. . . zu jener Zeit die elterliche Gewalt auch nicht auf die elterliche Nutznießung beschränkt war und der Verfügende weder die Sorge f ü r die Person noch die Sorge f ü r das Vermögen des Kindes verloren hatte." oder eventuell 2. an Stelle der Worte „zur Zeit seines Todes" zu setzen „zu derjenigen Zeit, zu welcher er die Verfügung traf oder zur Zeit seines Todes" (eventuell statt der letzten Worte „oder nachher"), den Schluß des Paragraphen aber auch in diesem Falle so, wie unter N o . 1 beantragt worden, zu | fassen. | Prot I 8215 (Anheimgegeben wird die Beschlußfassung über diesen Antrag mit der Berathung über den § 493 a zu verbinden.) III. In dem § 493 a (Antrag unter I) statt der Worte „durch Verfügungen von Planck Todeswegen" zu setzen „durch letztwillige Verfügung" und für den Fall, daß der (Nr 283 II) 883
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
eventuelle Antrag unter II 2 angenommen werden sollte, die Worte „zur Zeit des Todes" durch eine dem Antrage unter II 2 entsprechende Fassung zu ersetzen. Außerdem lagen folgende Anträge vor: Kurlbaum (Nr 285, 2)
IV. Statt der §§ 493 a, 493 b (Antrag unter I) zu beschließen: 1. 5 499 a. „Hat ein Erblasser des Mündels oder derjenige, welcher dem Mündel ein Vermächtniß hinterlassen hat, über die Verwaltung der dem Mündel hinterlassenen Gegenstände durch letztwillige Verfügung Anordnungen für den Vormund getroffen, so ist der Vormund verpflichtet, diese Anordnungen zu befolgen. Das Vormundschaftsgericht hat diese Verpflichtung auf Antrag des Vormundes aufzuheben, wenn und soweit aus der Befolgung der Anordnungen eine Gefährdung des Vermögens des Mündels zu besorgen ist. Die Vorschriften des ersten Absatzes finden entsprechende Anwendung, wenn ein Dritter dem Mündel unter Lebenden etwas zugewendet und bei der Zuwendung Anordnungen über die Verwaltung des Zugewendeten getroffen hat. Zu einer Ab| Prot I 8216 weichung von diesen | Anordnungen ist jedoch, solange der Dritte lebt, dessen Zustimmung an Stelle der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich." 2. eventuell den § 493 a nur in Ansehung der Anordnungen über die Person des Mündels und nur mit folgenden Aenderungen anzunehmen: a) „soweit sie nicht — gestattet ist" zu streichen. b) statt der Worte „die elterliche Gewalt zu jener Zeit" bis zum Schluß des ersten Absatzes einzuschalten: „und die Sorge für die Person des Kindes nicht durch das Vormundschaftsgericht entzogen war. Die Anordnungen des Vaters gehen denjenigen der Mutter vor." c) Abs. 2 zu fassen: „Das Vormundschaftsgericht hat die Verpflichtung des Vormundes zur Befolgung der Anordnungen aufzuheben, wenn und soweit aus der Befolgung eine Gefährdung des Interesses des Kindes zu besorgen ist." (alsdann als § 496 a einzuschalten) eventuell 3. Bei Annahme des § 493 a in Ansehung der Anordnungen über die Person und das Vermögen des Mündels in demselben a) die Worte „soweit sie nicht — gestattet ist" und „die elterliche Gewalt — beschränkt war" zu streichen. b) statt der Worte „der Verlust der pp. (zweimal)" zu setzen „die Entziehung der pp. durch das Vormundschaftsgericht." c) am Schluß des ersten Absatzes zuzusetzen wie oben „Die Anordnungen des Vaters pp." | Prot I 8217
| d) Abs. 2 zu fassen wie oben. e) im § 493 b Abs. 1 den zweiten Satz zu fassen wie den Satz 2 Abs. 1 des obigen Prinzipalantrages.
V. 1. In dem Abs. 2 des § 493 a des Antrags unter I, 1 die Worte „wenn Umstände . . . erscheinen lassen" durch die Worte zu ersetzen „wenn zu besorgen ist, daß das Interesse des Mündels durch die Befolgung der Anordnungen gefährdet werde." v. Mandry 2. den § 493 b des Antrags unter I ohne Ersatz zu streichen. (Nr 286, 1) D i e Anträge des Referenten unter I, welche im Wesentlichen den Inhalt der §§ 320, 321 des Entw. wiederholen, soweit die letzteren sich auf Anordnungen eines 884
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
Elterntheils oder eines Dritten für die Führung der Vormundschaft durch den Vormund beziehen, sind veranlaßt worden durch den zu §§ 320, 321 des Entw. gefaßten Beschluß, daß die Frage nach der bindenden Kraft der Anordnungen eines Elterntheils oder eines Dritten für den Vormund im Tutelrechte erledigt, in dem Abschnitt über die elterliche Gewalt aber an Stelle der §§ 320, 321 des Entw., Redaktion vorbehalten, folgende Bestimmung Aufnahme finden solle: Anordnungen des Vaters oder eines Dritten über die Sorge für die Person und das Vermögen des Kindes hat die Mutter, derartige Anordnungen eines Dritten hat der Vater oder die Mutter insoweit zu befolgen, als nach den Bestimmungen des Vormundschaftsrechts der Vormund sie zu befolgen haben würde. (vergl. Prot. S. 7 6 1 2 - 7 6 1 6 ) Die Diskussion beschränkte sich zunächst auf die Erörterung der Frage, ob das Prinzip der Anträge unter I, 1 | und V , 1, daß der Vater oder die Mutter bindende | Prot I 8218 Anordnungen über die Sorge für die Person und das Vermögen des Kindes oder doch wenigstens über die Sorge für die Person des Kindes für den Vormund treffen kann ohne alle Rücksicht darauf, ob der betreffende Elterntheil dem Kinde Vermögen hinterläßt oder nicht, anerkannt oder, ob mit dem prinzipalen Antrage unter IV, 1 jenes Prinzip abgelehnt werden soll. Die Mehrheit entschied sich nach einer eingehenden Debatte gegen den Standpunkt der Anträge unter I, 1 und V , 1 für den Standpunkt des Antrags unter I V , 1. Erwogen war: Die in den Motiven S. 1430 ff. für das Prinzip des dem § 320 des Entw. entsprechenden Antrags unter I, 1 dargelegten Gründe seien nicht überzeugend. Die elterliche Gewalt, welche die Grundlage für die vorgeschlagene Bestimmung bilde, daß ein Elterntheil als solcher befugt sein solle, bindende Anordnungen der hier fraglichen Art für den Vormund zu treffen, sei an die Person des Inhabers der elterlichen Gewalt gebunden und erlösche mit dem Tode des letzteren. Mit der elterlichen Gewalt über den T o d des Inhabers derselben hinaus Nachwirkungen zu verbinden, sei positiv und deshalb nur insoweit gerechtfertigt, als es vom Standpunkte des Interesses des Kindes aus durch überwiegende Gründe praktischer Zweckmäßigkeit geboten sei, zumal wenn man berücksichtige, daß Anordnungen der hier fraglichen Art sich als ein Eingriff in das dem öffentlichen Rechte angehörende Vormundschaftsrecht darstellen. Daß aber dem Prinzipe des Antrags unter I, 1 überwiegende Gründe praktischer Zweckmäßigkeit zur Seite ständen, könne nicht anerkannt werden. Im Gegentheil sei es das Natürlichere und das Angemessenere, wenn über die Art der Fürsorge für die Person und das Vermögen des Kindes | das pflichtmäßige | Prot I 8219 Ermessen des Vormundes entscheide, da die Zweckmäßigkeit einer Anordnung der hier fraglichen Art wesentlich davon abhänge, daß dieselbe auf Grund der Verhältnisse der unmittelbaren Gegenwart erfolge, der Vormund aber diesen Verhältnissen in gebührender Weise Rechnung tragen könne, während die Eltern nicht im Stande seien, zu übersehen, ob und inwieweit ihre Anordnungen auch für die Zukunft dem Interesse des Kindes entsprechen würden. Dem Vormunde in dieser Hinsicht auf Grund der Anordnungen des Vaters oder der Mutter kraft Rechtens Fesseln anzulegen, könne deshalb leicht dem Kinde eher zum Nachtheil als zum Vortheil gereichen. Diese Gefahr werde auch dadurch nicht völlig beseitigt, daß nach dem Antrage unter I, 1 mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts von den Anordnungen des Vaters oder der Mutter solle abgewichen werden können, wenn Umstände vorlägen, welche die Befolgung derselben als offenbar nachtheilig für das Kind erscheinen ließen. Schwäche man aber mit dem Antrage unter V , 1 die bindende Kraft der 885
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3. Abschnitt: Vormundschaft
Anordnungen der Eltern dahin ab, daß mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts eine Abweichung von denselben schon dann zulässig sein solle, wenn zu besorgen sei, daß das Interesse des Kindes durch die Befolgung der Anordnungen gefährdet werde, so wohne den letzteren in Wahrheit nur die Bedeutung von Rathschlägen bei und bestehe gegenüber dem Standpunkte des Antrags unter IV, 1 praktisch nur der Unterschied, daß der letztere die Entscheidung der Frage, ob es im Interesse des Mündels liege, die Anordnungen der Eltern zu befolgen oder nicht, nicht in die H a n d des Vormundschaftsgerichts, sondern des Vormundes lege und von dessen pflichtmäßigem Ermessen abhängig mache. Diese letztere Art der Rege| Prot I 8220 lung entspreche aber dem Prinzipe der Selbständig- | keit des Vormundes. Der Gesichtspunkt, daß die dem Kinde und den hier in Betracht kommenden Verhältnissen, namentlich soviel die Sorge für die Person des Kindes betreffe, am nächsten stehenden Eltern am besten zu beurtheilen in der Lage seien, welche Art der Fürsorge für die Person und das Vermögen des Kindes dem Interesse des letzteren vorzugsweise entspreche, und daß deshalb ihre Anordnungen, von welchen vorausgesetzt werden dürfe, daß die Eltern sich dabei von der Liebe zu dem Kinde und von dem Interesse des letzteren hätten leiten lassen, besondere Berücksichtigung verdienten, daß aber, wenn der Vormund seinerseits rechtlich an die Anordnungen nicht gebunden werde, zu besorgen sei, daß er jene Anordnungen überhaupt nicht berücksichtigen, sondern ganz nach seinen subjektiven Ansichten die Vormundschaft führen werde, nöthige nicht dazu, der Selbständigkeit des Vormundes in den hier fraglichen Beziehungen rechtliche Schranken zu setzen. Auch wenn er an die Anordnungen der Eltern nicht gebunden sei und die Nichtberücksichtigung derselben dem Vormundschaftsgerichte nicht die Befugniß zum Einschreiten gebe, sofern das Verhalten des Vormundes und dessen Anordnungen über die Sorge für die Person oder über die Verwaltung des Vermögens des Kindes sich nicht als Pflichtwidrigkeit charakterisirten, so sei doch zu beachten, daß den Anordnungen der Eltern, wenn auch keine rechtliche, so doch eine moralische Kraft innewohne, welcher, soweit dies im Interesse des Kindes liege, auch der Vormund sich nicht entziehen werde. Im Interesse der Kontinuität der Erziehung und der Vermögensverwaltung werde er auf letztwillige Anordnungen der Eltern nicht minder gebührende Rücksicht nehmen, als auf den durch die bisherige Art der Erziehung und der Verwaltung thatsächlich kundgegebenen Willen der | Prot 18221 | Eltern. Für die Anerkennung der rechtlichen Bindung des Vormundes an die hier in Rede stehenden Anordnungen der Eltern könne man sich auch nicht auf die Analogie der zu § 479 beschlossenen Bestimmung berufen, nach welcher dem Vater und der Mutter das Recht eingeräumt sei, einen Vormund für das Kind zu benennen, oder auf das im § 494 Abs. 4 des Entw. vorgesehene, mit dem Rechte der Benennung eines Vormundes in engstem Zusammenhange stehende Recht der Eltern, Anordnungen über die Vertheilung der Geschäfte unter mehrere von ihnen benannte Vormünder und über die Schlichtung von Meinungsverschiedenheiten unter denselben zu treffen, noch auf die Analogie derjenigen Bestimmungen, welche den Eltern die Befugniß beilegten, den von ihnen benannten Vormündern durch letztwillige Verfügung gewisse Befreiungen zu Theil werden zu lassen (§ 537 des Entw.). Zwar handele es sich auch in diesen Fällen um Nachwirkungen der elterlichen Gewalt f ü r die Zeit nach dem T o d e des betreffenden Elterntheils und um Anordnungen für die Z u k u n f t ; indessen sei die Sachlage in diesen Fällen doch insofern eine wesentlich andere, als die Persönlichkeit des benannten Vormundes und die persönlichen Eigenschaften desselben, welche die Eltern zu der Anordnung der Befreiungen bestimmt hätten, weit seltener im Laufe der Zeit sich änderten, als diejenigen Verhältnisse, welche f ü r die Anordnungen der Eltern über die Erziehung des Kindes und die Verwaltung des 886
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
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demselben zustehenden Vermögens maßgebend gewesen seien und deren Fortdauer die Eltern bei ihren Anordnungen vorausgesetzt hätten. Dazu komme, daß die Befreiungen dem Vormunde keine Fesseln anlegten und ihn in seinem freien Ermessen nicht beengten. Gegen den Standpunkt der Anträge unter I, 1 und V, 1 falle ferner | ins Gewicht, daß derselbe dem in großen Rechtsgebieten geltenden Rechte |Prot I 8222 gegenüber, namentlich gegenüber der preuß. V.O., eine erhebliche Neuerung enthalte. Die Berathung wandte sich darauf den Anträgen unter I, 2, IV, 1 und V, 2 zu, welche die Frage betreffen, inwieweit derjenige, welcher dem Mündel Vermögen letztwillig hinterlassen oder unter Lebenden etwas zugewendet hat, über die Verwaltung der dem Mündel hinterlassenen oder zugewendeten Gegenstände bindende Anordnungen f ü r den Vormund treffen kann. Die Mehrheit entschied sich, unter Ablehnung des Antrags unter V, 2 für das Prinzip der Anträge unter I, 2 und IV, 1. Die Gründe waren: Inwieweit derjenige, welcher dem Mündel Vermögen hinterlasse oder unter Lebenden etwas zuwende, Anordnungen über die Verwaltung der hinterlassenen oder zugewendeten Gegenstände in der Form der Bedingung oder der Auflage wirksam treffen könne, richte sich nach den Grundsätzen des Erbrechts und des Obligationenrechts (vergl. §§ 146—148 des Erbrechtsentwurfs; § 445 K.E.; Prot. S. 1784, 1824). Diese Grundsätze würden durch die hier in Rede stehenden Bestimmungen überall nicht berührt. Die letzteren bezögen sich vielmehr auf solche Fälle, in welchen die betreffende Anordnung nicht den Charakter einer der Vermögenszuwendung beigefügten Bedingung oder Auflage habe. Anlangend insbesondere den modus, so bestehe das Wesen desselben darin, daß dem Bedachten eine obligatorische Verpflichtung auferlegt werde. In den hier in Rede stehenden Fällen handele es sich dagegen um Anordnungen, welche nicht den Bedachten, den Mündel, belasteten, sondern für den Vormund bei Führung der Vormundschaft in Ansehung der dem Mündel zugewendeten Ver- | mögensgegenstände eine Pflicht gegenüber dem Mün- | Prot I 8223 del begründen sollten. Solche Anordnungen würden, da sie nicht den Charakter einer Auflage hätten, sondern die Regelung der dem Vormunde als solchem obliegende vormundschaftliche Verwaltung beträfen, mithin in die dem öffentlichen Rechte angehörenden Bestimmungen des Vormundschaftsrechts beschränkend eingriffen, in Ermangelung einer besonderen Bestimmung ohne rechtliche Wirkung sein. Der Ausgangspunkt des Antrags unter V, 2, daß mit den allgemeinen Grundsätzen über den modus auszukommen sei und kein Bedürfniß vorliege, darüber hinaus bindende Anordnungen der hier fraglichen Art f ü r den Vormund zuzulassen, zumal der Dritte, welcher dem Mündel Vermögen zuwende, durch die Anordnungen einer Pflegschaft und die Benennung eines Pflegers, in welchen er das Vertrauen setze, daß derselbe seine Anordnungen über die Verwaltung der zugewendeten Vermögensgegenstände thatsächlich befolgen werde, seinen Zweck in ausreichender Weise erreichen könne (vergl. §§ 498, 568, 573 des Entw.), verdiene keine Billigung. Die Zulassung der hier fraglichen Anordnungen sei durch die Rücksicht auf das eigene Interesse des Kindes geboten. Lasse man es lediglich bei den Grundsätzen über den modus bewenden, so sei das Kind der Gefahr ausgesetzt, die mit einem wahren modus belastete Zuwendung zu verlieren, wenn der Vormund die Auflage nicht befolge, und könne der Vormund von einer in Form einer Auflage getroffenen Anordnung auch nicht mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts abweichen. Es sei zu besorgen, daß, wenn man Anordnungen der hier fraglichen Art, welche lediglich die Regelung der vormundschaftlichen Verwaltung im Interesse des Mün887
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3. Abschnitt: Vormundschaft
dels bezielten, bindende Kraft f ü r den Vormund nicht beilege, Zuwendungen an das Kind in manchen Fällen vielleicht gänzlich unterbleiben könnten. Das Bedenken, das die Unterscheidung zwischen den hier fraglichen Anordnungen und den eigentlichen | Prot I 8224 Auflagen praktisch zu Schwierigkeiten und Zweifeln Veranlassung zu ge- | ben drohe, könne als begründet nicht anerkannt werden. Das Bedürfniß, Anordnungen der hier fraglichen Art bindende Kraft f ü r den Vormund beizulegen, mache sich namentlich in solchen Fällen fühlbar, in welchen ein großes Vermögen hinterlassen werde. In solchen Fällen sei es sehr gebräuchlich, daß der Erblasser in seinem Testamente f ü r die Zeit der Vormundschaft ausführliche Anordnungen über die Verwaltung des hinterlassenen Vermögens treffe, und sei es für die Führung der Vormundschaft eine große Erleichterung, wenn derartige Anordnungen f ü r die Verwaltung als maßgebend zu betrachten seien, wenn und soweit aus der Befolgung derselben eine Gefährdung des Vermögens des Mündels nicht zu besorgen sei. Zudem komme in Betracht, daß der Standpunkt der Anträge unter I, 2 und IV, 1 überwiegend dem geltenden Rechte, insbesondere auch der preuß. V.O. § 36, entspreche. Im Einzelnen wurden sodann zu den Anträgen unter I, 2 und IV, 1 noch folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Absatz 1 Satz 1 des Antrags unter IV, 1 fand die Zustimmung der Kommission, jedoch mit der Abweichung, daß der Eingang, Redaktion vorbehalten, lauten soll: H a t Jemand dem Mündel eine Erbschaft, einen Pflichttheil oder ein Vermächtniß hinterlassen, so u.s.w. Man war der Ansicht, daß, da die hier fraglichen Anordnungen sich nicht als eine Belastung des Kindes charakterisirten, sondern nur eine Pflicht f ü r den Vormund begründeten, es vom erbrechtlichen Standpunkte aus (§ 253 des Erbrechtsentwurfs) | Prot I 8225 unbedenklich und namentlich im Hin- | blick auf solche Fälle, in welchen das dem pflichttheilsberechtigten Mündel Hinterlassene an sich den vollen Geldreinwerth des Pflichttheils übersteige (§ 354 des Erbrechtsentw.), angemessen sei, den hier in Rede stehenden Anordnungen auch in Ansehung des Pflichttheils bindende K r a f t beizulegen, ohne Präjudiz für die Bestimmungen des Erbrechts für solche Fälle, in welchen die Anordnung sich im konkreten Falle als Beschwerung des Pflichttheils im Sinne der erbrechtlichen Vorschriften (§ 253 des Erbrechtsentw.) darstellen sollte. Mit Rücksicht darauf, daß der Pflichttheil nach der den Bestimmungen des Erbrechtsentwurfs (§§ 246 ff.) zum Grunde liegenden Konstruktion formell weder den Charakter einer Erbschaft noch den eines Vermächtnisses hat, hielt man es aber für nöthig, ähnlich wie in dem Falle des § 1280 Ziffer 1 der Zusst., den Pflichttheil neben der Erbschaft und dem Vermächtnisse hier ausdrücklich zu erwähnen (vergl. Prot. S. 6 4 2 0 - 6 4 2 2 ) . Einvernehmen bestand, daß der Ausdruck „Verwaltung" im Abs. 1 Satz 1 des Antrags unter IV, 1 auch die Veräußerung umfasse und unter den hinterlassenen Gegenständen auch die Surrogate derselben zu verstehen seien. 2. Auch Abs. 1 Satz 2 des Antrags unter IV, 1 wurde sachlich nicht beanstandet. | Prot I 8226 Insbesondere verständigte man sich dahin, daß dem | Vormunde mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts eine Abweichung von den Anordnungen schon dann gestattet sein solle, wenn und soweit aus der Befolgung derselben eine Gefährdung des Vermögens des Mündels zu besorgen ist. Dagegen dürfe das bloße Entziehen eines Gewinnes für den Mündel durch Befolgung der Anordnung die Abweichung von der letzteren nicht rechtfertigen. Anlangend die Fassung, so wurde beschlossen, 888
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773 — 1895
im Anschlüsse an die Fassung des Antrags unter I, 2 den Eingang des zweiten Satzes des Abs. 1 des Antrags unte IV, 1 dahin zu fassen: Der Vormund kann mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts von den Anordnungen abweichen, wenn und soweit u.s.w. (wie in dem Antrage unter IV, 1). Man gab dieser Fassung den Vorzug, weil dieselbe klarer stelle, einestheils, daß es dem pflichtmäßigen Ermessen des Vormundes überlassen bleibe, ob Veranlassung vorliege, die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zu einer Abweichung einzuholen, und daß er geeignetenfalls dem Vormundschaftsgericht zu diesem Zwecke Anzeige zu machen verpflichtet sei, andererseits, daß auch für einen einzelnen Fall, unter sonstiger Aufrechterhaltung der Anordnung, von der letzteren abgewichen werden könne. 3. Absatz 2 des Antrags unter IV, 1 fand sachlich keinen Widerspruch (vergl. Prot. S. 7626, 7627). 4. Die Stellung der beschlossenen Bestimmungen und die Prüfung der Frage, ob in Fol- | g e der gefaßten Beschlüsse die oben S. 8218 ff. erwähnte, an Stelle der | Prot 1 8227 §§ 320, 321 des Entw. tretende Vorschrift eine Aenderung in der Fassung zu erleiden habe, blieb der Erwägung bei der Redaktion vorbehalten. Uebergegangen wurde darauf zur Berathung des oben S. 8214 mitgetheilten Antrags unter II, die Berathung über den § 479 a (Prot. S. 8151 ff.) wieder aufzunehmen. Die Mehrheit entschied sich für die Wiederaufnahme der Berathung und demnächst f ü r die Annahme des prinzipalen Vorschlags jenes Antrags unter II, 1. Man überzeugte sich, daß der frühere Beschluß, nach welchem die Wirksamkeit der von dem Vater oder von der Mutter ausgegangenen Benennung des Vormundes prinzipiell davon abhängig sei, daß dem betreffenden Elterntheile zur Zeit seines Todes die elterliche Gewalt zugestanden habe, gleichwohl das Ruhen der elterlichen Gewalt auf die Wirksamkeit der Verfügung ohne Einfluß sein solle, mit dem Grundgedanken und der ratio des den Eltern als Ausfluß der elterlichen Gewalt eingeräumten Benennungsrechts, daß sie am besten zu beurtheilen im Stande seien, welche Person als Vormund f ü r ihr Kind mit Rücksicht auf die persönlichen und Vermögensverhältnisse des letzteren vorzugsweise sich eigene, jedenfalls in solchen Fällen nicht im Einklänge stehe, in welchen dem betreffenden Elterntheile die Sorge für die Person und das Vermögen des Kindes niemals, weder zur Zeit der Verfügung, noch auch später, zugestanden habe, z. B. wenn die minderjährige Mutter, welche letztwillig einen Vormund benannt habe, während ihrer Minderjährigkeit gestorben sei. Auch insofern sei der frühere Beschluß | nicht zu halten, als derselbe dem Verlust der | Prot I 8228 elterlichen Gewalt zwar den Fall gleichstelle, wenn das Vormundschaftsgericht dem Elterntheil auf Grund der §§ 1511, 1514 der Red.Vorl. die Vermögensverwaltung entzogen, nicht aber auch den Fall, in welchem der Inhaber der elterlichen Gewalt in Folge der Eröffnung des Konkurses über sein Vermögen die Vermögensverwaltung verloren habe, obwohl nach den §§1511, 1514 der Red.Vorl. die Entziehung der Vermögensverwaltung durch das Vormundschaftsgericht wegen Vermögensverfalls des Inhabers der elterlichen Gewalt auch dann erfolgen könne, wenn den letzteren in dieser Beziehung kein Verschulden treffe. Auch aus dem Grunde empfehle es sich, den Konkursfall ebenso zu beurtheilen, wie den Fall der Entziehung der | V e r m ö - | Prot 1 8229 gensverwaltung durch das Vormundschaftsgericht, weil die Verhältnisse auch so liegen könnten, daß, wenn nicht der Inhaber der elterlichen Gewalt die Vermögensverwaltung bereits in Folge der Konkurseröffnung verloren hätte, das Vormundschaftsgericht ihm dieselbe aus einem anderen Grunde entzogen haben würde. Ferner komme in Betracht, daß der frühere Beschluß auch f ü r den Fall der Entmündigung des Inhabers der elterlichen Gewalt wegen Verschwendung nicht ohne Beden889
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3. Abschnitt: Vormundschaft
ken sei. Auch nach dem preuß. Rechte sei in diesem Falle, wie in dem Konkursfalle, die von dem Vater ausgegangene Benennung des Vormundes unwirksam (vgl. § 17 Ziff. 2 der preuß. V.O. verb. mit A.L.R. II, 2 §§ 256, 268). Zweifelhaft könne es allerdings sein, ob nicht der frühere Beschluß aus den Prot. S. 8151 bis 8153 dafür angeführten Gründen f ü r solche Fälle aufrechtzuerhalten sei, in welchen die elterliche Gewalt des Inhabers wegen Geschäftsunfähigkeit oder thatsächlicher Behinderung desselben an der Ausübung der elterlichen Gewalt ruhe, dem betreffenden Elterntheile aber zur Zeit der Verfügung oder nachher die Sorge für die Person oder das Vermögen des Kindes zugestanden habe. Indessen stelle auch in diesen Fällen die Anerkennung der Wirksamkeit der Verfügung sich als eine Abweichung von dem Prinzipe dar, welche durch dringende Gründe praktischer Zweckmäßigkeit nicht geboten sei. Im Interesse der Einfachheit des Gesetzbuchs und zur Vermeidung kasuistischer Bestimmungen empfehle es sich daher, auch insoweit dem neuen Antrage beizutreten. TE-FamR §494 | Prot I 8230
Planck (Nr 279,6)
Die Berathung wandte sich sodann dem § 494 des Entwurfs zu. Derselben lautet: „Mehrere V o r m ü n d e r verwalten ge-1 meinschaftlich. Bei Meinungsverschiedenheiten entscheidet das Vormundschaftsgericht, sofern bei der Bestellung nicht etwas Anderes festgesetzt ist. Das Vormundschaftsgericht kann die Theilung der Verwaltung unter mehrere Vormünder anordnen. In diesem Falle führt jeder V o r m u n d die ihm zugewiesenen Geschäfte selbständig. Anordnungen, welche die Eltern über die Vertheilung der Geschäfte und Schlichtung von Meinungsverschiedenheiten unter mehreren von ihnen ernannten Vormündern nach Maßgabe der im § 320 Absatz 1, 2 und 3 gegebenen Vorschriften getroffen haben, sind vom Vormundschaftsgerichte zu befolgen; doch findet die im vierten Absätze des § 320 enthaltene Bestimmung entsprechende Anwendung." Dazu lagen folgende Anträge vor: 1. von Seiten des Referenten: Den Abs. 4 des § 494 dahin zu fassen: „Anordnungen, welche der Vater oder die Mutter über die Vertheilung der Geschäfte und über die Entscheidung von Meinungsverschiedenheiten unter mehreren von ihnen ernannten Vormündern nach Maßgabe des § 479 a getroffen haben, sind von dem Vormundschaftsgerichte zu befolgen. Die Vorschrift des § 493 a Abs. 2 findet jedoch entsprechende Anwendung."
| Prot 1 8231 | 2. § 494 Abs. 4 (Antrag unter 1) den Schlußsatz im Anschluß an den ersten Satz Kurlbaum zu fassen: (Nr 285, 3) „sofern nicht aus deren Befolgung eine erhebliche Gefährdung des Interesses des
Mündels zu besorgen ist." Der § 494 wurde absatzweise berathen. 1. Absatz 1 wurde aus den Gründen der Motive S. 2061 ff. sachlich gebilligt. Einvernehmen herrschte, daß wenn ein Mitvormund wegfalle, die übrigbleibenden Vormünder bis zur etwaigen Bestellung eines neuen Mitvormundes die Vormundschaft allein fortzuführen haben. Anlangend die Fassung, so einigte man sich dahin, das W o r t „verwalten" durch die Worte „führen die Vormundschaft" zu ersetzen, da dieser letztere Ausdruck im Hinblick darauf korrekter sei, daß derselbe nicht, wie der Ausdruck „verwalten", lediglich auf die Vermögensverwaltung hindeute. 2. Absatz 2 fand mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 2061 keinen Widerspruch. Insbesondere wurde auch die Abweichung von der preuß. V.O. 890
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§ 30, daß bei Meinungsverschiedenheiten unter den Mitvormündern nicht zunächst die Mehrheit, sondern ohne Rücksicht auf eine solche das Vormundschaftsgericht entscheiden soll, namentlich in der Erwägung gebilligt, daß die Bestimmung der preuß. V.O. zu Zweifeln wegen der Stellung der Vormünder nach außen Veranlassung gebe. Einverstanden war man mit den Motiven S. 2061 ferner, daß das Vormundschaftsgericht nur befugt sei, dem einen oder anderen Theile der Vormünder beizutreten, nicht aber, eine neue Ansicht aufzustellen und die | Vormünder anzuhal- | Prot I 8232 ten, danach zu handeln, es sei denn, daß im konkreten Falle ein solches Eingreifen durch das Aufsichtsrecht begründet sein sollte. 3. Absatz 3 erfuhr mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 2062 keine Anfechtung. 4. Auch Absatz 4 fand in der Fassung des Antrags unter 1 mit der dazu in dem Antrage unter 2 vorgeschlagenen Modifikation die Zustimmung der Kommission (vergl. Motive S. 2061, 2062). TE-FamR Der § 495 des Entwurfs, dessen Wortlaut dahin geht: Der Gegenvormund hat darauf zu achten, daß der Vormund die ihm obliegenden «495 Geschäfte pflichtmäßig führt, und Fälle, welche zu einem Einschreiten des Vormundschaftsgerichts Veranlassung geben, insbesondere Pflichtwidrigkeiten des Vormundes, sowie eintretende Unfähigkeit und Tod desselben beim Vormundschaftsgerichte anzuzeigen. Er hat daneben in den durch dieses Gesetz bestimmten Fällen bei der Führung der Vormundschaft mitzuwirken.
wurde mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 1964, 1965 nicht bekämpft, insbesondere auch nicht insoweit, als er in Abweichung von der preuß. V.O. § 31 die Aufsichtspflicht des Gegenvormundes nicht auf das Gebiet der Vermögensverwaltung beschränkt. Vorbehalten blieb, bei der Berathung des § 573 des Entwurfs darauf zurückzukommen, ob, entgegen dem Standpunkte des Entwurfs | (vergl. Motive S. 2063, 2251), aber in Uebereinstimmung mit der preuß. V.O. § 31, dem Gegenvormunde ohne Weiteres auch die Beachtung eines an Stelle des verhinderten Vormundes eintretenden Pflegers zur Pflicht zu machen sei.
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Der § 496 des Entwurfs lautet: „Auf die dem Vormunde in Betreff der Sorge für die Person des Mündels zuste- TE-FamR henden Pflichten und Rechte finden die Vorschriften der §§ 323 und 324 entspre- U 9 6 chende Anwendung. In Ansehung verheiratheter Mündel beschränkt sich jedoch die Pflicht und das Recht der Sorge für die Person auf die Pflicht und das Recht, den Mündel bei Rechtshandlungen, welche die persönlichen Angelegenheiten betreffen, zu vertreten und die Genehmigung dazu zu ertheilen." In den gedruckten Abänderungsanträgen des Referenten ist beantragt: Dem Absatz 2 des § 496 folgende Fassung zu geben: „In Ansehung verheiratheter Mündel beschränkt sich jedoch die Pflicht und das Recht der Sorge f ü r die Person auf die Pflicht und das Recht, den Mündel bei solchen Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten, welche die persönlichen Angelegenheiten betreffen, zu vertreten und die Einwilligung oder Genehmigung zu solchen Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten zu ertheilen." Außerdem lag folgender Antrag vor: § 496 dahin zu fassen:
Kurlbaum (Nr 285, 4) 891
§§ 1773-1895 I Prot I 8234
3. Abschnitt: Vormundschaft
| „Die Pflicht und das Recht des V o r m u n d e s , f ü r die Person des Mündels zu sorgen, besteht nur unbeschadet der Pflicht u n d des Rechtes der Mutter. Die §§ 1471, 1472, 1468 (der Red.Vorl.) finden entsprechende Anwendung." D e r § 496 w u r d e nach Maßgabe des sachlich von dem E n t w ü r f e nicht abweichenden, vorstehenden Antrags dahin angenommen, daß auf die Pflicht und das Recht des V o r m u n d e s , f ü r die Person des Kindes zu sorgen, die §§ 1471, 1472, 1468 der Red.Vorl. entsprechende A n w e n d u n g finden sollen (vgl. Motive S. 2063 ff.). Z u gleich w u r d e nach dem Vorschlage des bezeichneten Antrags der Zusatz beschlossen: Die Pflicht und das Recht der Sorge f ü r die Person besteht nur unbeschadet der der Mutter zustehenden Rechte.
| Prot I 8235
| Man erachtete diesen Zusatz im Interesse der Durchsichtigkeit des Gesetzes als angemessen, u m f ü r die auch nach dem Gesetzbuche nicht selten v o r k o m m e n d e n Fälle, in welchen der M u t t e r in Ansehung ihres bevormundeten Kindes unter der Aufsicht des V o r m u n d e s als Beistandes die Sorge f ü r die Person des Kindes unter Ausschluß der gesetzlichen Vertretung zusteht (vgl. insbesondere die §§ 1522, 1534 der Red.Vorl.), auf die Stellung der Mutter gegenüber dem V o r m u n d e hinzuweisen und das Mißverständniß auszuschließen, als ob sowohl der V o r m u n d als auch die Mutter die Pflicht und das Recht der Sorge f ü r die Person des Kindes in der bezeichneten Richtung habe.
Zu dem § 497 des Entwurfs, welcher lautet: TE-FamR „Solange bei einem Mündel, insbesondere bei Findelkindern, diejenigen Verhält§497 nisse nicht ermittelt sind, von denen nach Maßgabe der über die religiöse Erziehung der Kinder gegebenen besonderen Vorschriften die Bestimmung der religiösen Erziehung des Mündels abhängig ist, entscheidet über die letztere der V o r m u n d . | Prot I 8236 Ist der Mündel nach Maßgabe der über | die religiöse Erziehung der Kinder gegebenen besonderen Vorschriften nicht in dem religiösen Bekenntnisse des V o r mundes zu erziehen, so kann dem letzteren insoweit die Sorge f ü r die Person des Mündels vom Vormundschaftsgericht entzogen werden." lagen folgende Anträge vor: 1. von Seiten des R e f e r e n t e n : D e n § 497 Abs. 1 zu streichen und den Abs. 2 im Eingange dahin zu fassen: „Ist der Mündel nach Maßgabe der landesgesetzlichen Vorschriften über die religiöse Erziehung der Kinder in einem anderen religiösen Bekenntnisse, als demjenigen zu erziehen, welchem der V o r m u n d angehört, so u.s.w." (wie im Entw.). Kurlbaum 2. Auch den Abs. 2 zu streichen. (Nr 285, 5) D e r Antrag auf Streichung des Abs. 1 des § 497 des Entw. fand in Konsequenz des zu den §§ 325 bis 328 des Entwurfs gefaßten Beschlusses, daß sich nach den Landesgesetzen bestimmen soll, in welchem religiösen Bekenntnisse das Kind zu erziehen ist (Prot. S. 762 ff.; § 1474 der Red.Vorl.), keinen Widerspruch. Man w a r aber einverstanden, daß wegen der religiösen Erziehung des Mündels hier ein entsprechender Vorbehalt f ü r die Landesgesetze aufzunehmen sei, vorbehaltlich der demnächstigen V e r s e t z u n g in das Einführungsgesetz. Abs. 2 des § 497 w u r d e nach Maßgabe des Antrags unter 2 ebenfalls gestrichen. | Prot I 8237 Die Mehrheit w a r der Ansicht, daß die A u f n a h m e der im Abs. 2 | vorgeschlagenen, einen kasuistischen C h a r a k t e r an sich tragenden und zudem dem geltenden Rechte unbekannten Bestimmung w e d e r vom Standpunkte des Interesses des Mündels noch auch vom Standpunkte des Interesses des V o r m u n d e s aus durch ein Bedürfniß Planck (Nr 279, 7)
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1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
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geboten sei und durch die in den Motiven S. 2067 dafür angeführten Gründe nicht gerechtfertigt werde. Um so mehr sei es angezeigt, jene Bestimmung nicht aufzunehmen, nachdem auch die Aufnahme der zu § 481 des Entw. beantragten Bestimmung abgelehnt worden sei, daß das Vormundschaftsgericht bei der Auswahl des Vormundes auf das religiöse Bekenntniß des Mündels Rücksicht nehmen solle (vgl. Prot. S. 8165). Die Gründe, welche zur Ablehnung der Aufnahme jener Bestimmung in das Gesetz geführt hätten, träfen, wenigstens zum Theil, auch hier zu. Der §498 lautet: „Die im § 329 enthaltenen Vorschriften über den Ausschluß des Inhabers der TE-FamR elterlichen Gewalt von der Verwaltung des dem Kinde von einem Dritten mit dieser § Bestimmung zugewandten Vermögens finden auf den Vormund entsprechende Anwendung." Dazu lag folgender Antrag vor: v. Mandry den Paragraphen zu streichen; (Nr 286, 2) (Vorbehalten wird, zu dem 3. Titel eine Vorschrift zu beantragen, welche das Vormundschaftsgericht anweist, eine Pflegschaft anzuordnen, wenn dem Minderjährigen Gegenstände von einem Dritten mit der Bestimmung zugewendet werden, daß die Vermögensverwaltung dem Vormunde nicht zustehen solle und eine | erheb- | Prot I 8238 liehe Gefährdung des Interesses des Mündels in Folge des Ausschlusses der Verwaltung des Vormundes nicht zu besorgen ist.) Die Mehrheit entschied sich f ü r die Streichung des § 498, vorbehaltlich der Beschlußfassung darüber, ob und inwieweit in den Titel über die Pflegschaft eine Bestimmung des Inhalts aufzunehmen sei, daß das Vormundschaftsgericht auf Anordnung desjenigen, welcher dem Mündel Vermögen zugewendet habe, für die Verwaltung der zugewendeten Gegenstände eine Pflegschaft anordnen solle. Man war der Ansicht, daß es in Fällen der hier fraglichen Art regelmäßig mehr im Interesse des Mündels liege und auch der Intention des Dritten mehr entsprechen werde, wenn die Fürsorgepflicht des Vormundes in Ansehung der zugewendeten Gegenstände erst mit der Bestellung des Pflegers wegfalle, da der Ausschluß des Vormundes von der Verwaltung schon vor diesem Zeitpunkte unter Umständen mit großen Nachtheilen für den Mündel verbunden sein könne. Ein Bedürfniß, dem Dritten im Hinblick auf solche Fälle, in welchen er dem Vormunde mißtraue und jede Einmischung des letzteren in die Verwaltung des zugewendeten Vermögens, namentlich auch die Einsicht desselben in die auf dieses Vermögen sich beziehenden Papiere, verhüten wolle, dem Dritten auch die Möglichkeit zu geben, den Vormund von vornherein von der Verwaltung gänzlich auszuschließen, sei auch vom Standpunkte des Interesses des Mündels aus nicht anzuerkennen. Zwar sei für die elterliche Gewalt eine dem § 498 entsprechende Vorschrift beschlossen (vgl. § 329 des Entw.; Prot. S. 7625 ff.). Indessen | sei die Sachlage bei der elterlichen Gewalt und der | Prot 1 8239 Vormundschaft nicht durchweg die gleiche. Die Fälle, in welchen ein Dritter dem Inhaber der elterlichen Gewalt mißtraue, seien häufiger. Andererseits komme in Betracht, daß der, wenngleich von der Verwaltung ausgeschlossene Elterntheil, von dem Interesse seines Kindes geleitet, sich weit eher dazu verstehen werde, sich, wenn Gefahr im Verzuge sei, als Geschäftsführer ohne Auftrag der Verwaltung des betreffenden Vermögens zu unterziehen, als der dem Mündel ferner stehende Vormund. Auf demselben Boden, wie der Beschluß, stehe zudem auch, wenigstens dem Wortlaute nach, die preuß. V.O. § 87 Abs. 1 und § 27 (vergl. ferner preuß. A.L.R. II, 18, § 175; sächs. G.B. § 1889). 893
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
Der § 499 des Entwurfs lautet: TE-FamR „Von dem bei Anordnung der Vormundschaft vorhandenen oder später dem § 499 Mündel zugefallenen Vermögen hat der Vormund unter Zuziehung des etwa vorhandenen Gegenvormundes ein genaues und vollständiges Verzeichniß aufzunehmen und dem Vormundschaftsgerichte unter der von ihm und dem Gegenvormunde abzugebenden pflichtmäßigen Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit einzureichen. Der V o r m u n d kann sich bei Aufnahme dieses Verzeichnisses der Hülfe eines öffentlichen Beamten bedienen." v. Mandry (Nr 286, 3) | Prot 18240
Dazu lag folgender Antrag vor: als Abs. 2 folgende Bestimmung aufzunehmen: „Erachtet das Vormundschaftsgericht | das eingereichte Verzeichniß f ü r ungenügend, so kann dasselbe Einreichung eines Verzeichnisses verlangen, das von einem öffentlichen Beamten aufgenommen ist." Die Berathung des § 499 führte zu folgenden Ergebnissen: 1. Abs. 1 des § 499 wurde aus den Gründen der Motive S. 2068 ff. und zwar in dem Sinne gebilligt, daß die Pflicht des Vormundes, das Inventar aufzunehmen, lediglich als eine publizistische Pflicht, nicht zugleich als eine privatrechtliche Pflicht dem Mündel gegenüber anzusehen und deshalb der Vormund nach Aufnahme des Inventars nicht etwa auf Grund des § 768 K.E. zur Ableistung des Offenbarungseides angehalten werden kann. Dagegen war man einverstanden, daß der Vormund nach Beendigung seines vormundschaftlichen Amtes in Verbindung mit der Verpflichtung, die Schlußrechnung zu legen und das von ihm verwaltete Vermögen herauszugeben, auf Verlangen des Mündels bezw. des gesetzlichen Vertreters desselben den Offenbarungseid nach Maßgabe des § 768 K.E. abzuleisten verpflichtet sei (vergl. die Bemerkungen in den gedr. Abänderungsantr. S. 169, 130 ff.).
2. Der zu Abs. 2 gestellte Antrag wurde von der Mehrheit abgelehnt. Man erachtete es als selbstverständlich, daß das Vormundschaftsgericht, wenn das eingereichte Verzeichniß ungenügend sei und nach Lage der Sache die Aufnahme des Verzeichnisses durch einen öffentlichen Beamten erforderlich erscheine, im Aufsichtswege die | Prot I 8241 Einreichung eines von einem öffentlichen Beamten aufgenommenen Ver- | zeichnisses verlangen könne, hielt es aber f ü r bedenklich, im Gesetze nach Maßgabe des Antrags besonders darauf hinzuweisen, da zu besorgen sei, daß die Vormundschaftsgerichte dann zu strenge Anforderungen an die Vormünder in Ansehung des aufzunehmenden Verzeichnisses stellen und von der Befugniß, die Einreichung eines von einem öffentlichen Beamten aufgenommenen Verzeichnisses zu verlangen, ohne N o t h in zu großem Umfange Gebrauch machen würden, was wegen der mit einer solchen Inventaraufnahme für den Mündel verbundenen Kosten und auch im Interesse des öffentlichen Dienstes nicht wünschenswerth sei. In vielen Fällen könne der Zweck in ausreichender Weise und mit geringeren Kosten durch Zuziehung einer anderen sachverständigen Person als eines öffentlichen Beamten erreicht werden. 3. Abs. 2 des § 499 wurde dagegen angenommen. Sachlich wurde die Bestimmung von keiner Seite bekämpft. N u r darüber gingen die Ansichten auseinander, ob die Aufnahme der Bestimmung überhaupt nöthig und angemessen sei, zumal die Frage, ob die Kosten der Aufnahme des Verzeichnisses dem Mündel zur Last fielen, sich auch dann erhebe, wenn der Vormund bei der Aufnahme des Verzeichnisses sich nicht der Hülfe eines öffentlichen Beamten, sondern einer anderen sachverständigen Person bedient habe. Die Mehrheit verkannte nicht, daß die Bestimmung als selbst894
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§ § 1773—1895
verständlich erachtet werden könne, hielt jedoch bei der praktischen Bedeutung der Frage die A u f n a h m e der Bestimmung f ü r rathsam. Einvernehmen bestand, daß, w e n n der V o r m u n d auf Kosten des Mündels sich bei A u f n a h m e des Verzeichnisses der H ü l f e eines öffentlichen Beamten bedienen könne, um so mehr die mit geringeren Kosten verbundene | Zuziehung eines anderen Sachverständigen als zulässig zu | Prot I 8242 erachten sei. 532. Sitzung vom 19. 3. 1886, Schriftführer:
Struckmann.
| Die Berathung des Entwurfs des Familienrechts Abschnitt III „Das V o r m u n d - I Prot I 8243 schaftsrecht" w u r d e fortgesetzt. D e r § 500 des Entwurfs lautet: „Der V o r m u n d kann Schenkungen f ü r den Mündel nicht vornehmen. Ausgenommen sind solche Schenkungen, welche nach den Verhältnissen des Mündels durch sittliche Pflichten o d e r Anstandsrücksichten gerechtfertigt erscheinen." D a z u lag der Antrag vor: Im § 500 Satz 2 die Schlußworte dahin zu fassen: „. . . . welche durch eine sittliche Pflicht des Mündels oder die auf den Anstand zu n e h m e n d e Rücksicht gerechtfertigt werden."
TE-FamR § 500 Kurlbaum (Nr 287, 1)
D e r § 500 w u r d e aus den G r ü n d e n der Motive S. 2071 in der sachlich nicht abweichenden, der Fassung des § 1325 Abs. 2 der Zusst. sich anschließenden Fassung des Antrags | gebilligt. Einvernehmen bestand insbesondere, daß die Bestimmungen | Prot 18244 des § 500 auf Schenkungen im engeren, juristischen Sinne (vergl. §§ 434 bis 436 K.E.) zu beziehen seien und daß aus den in den Bemerkungen zu den gedruckten Abänderungsanträgen S. 165, 166 dargelegten G r ü n d e n kein Bedürfniß vorliege, das Verbot des § 500 auf sonstige Liberalitäten, welche nicht Schenkungen in dem bezeichneten Sinne sind, zu erstrecken, andererseits es bedenklich sei, nach dem Vorbilde des z u d e m an einer gewissen Dunkelheit leidenden § 38 der preuß. V . O . dem V o r m u n d e außer den im § 500 Satz 2 bezeichneten Schenkungen auch die V o r n a h m e solcher Schenkungen zu gestatten, welche durch die Vermögensverwaltung begründet werden (vergl. die Bemerkungen zu den gedr. Abänderungsanträgen S. 166,167). Uebergegangen w u r d e darauf zur Berathung des § 501 des Entw. Derselbe lautet: TE-FamR „Gelder, welche zu laufenden oder zu anderen durch die Vermögensverwaltung §501 begründeten Ausgaben nicht erforderlich sind, hat der V o r m u n d , und zwar, wenn ein G e g e n v o r m u n d bestellt ist, im Einverständnisse mit demselben, zinsbar zu belegen. Die Belegung darf nur erfolgen, entweder 1. auf sichere H y p o t h e k e n an inländischen Grundstücken, oder 2. in Schuldverschreibungen, welche von dem deutschen Reiche o d e r einem deutschen Bundesstaate mit gesetzlicher Ermächtigung ausgestellt sind, oder 3. in Schuldverschreibungen, deren Verzinsung von dem deutschen Reiche oder einem deutschen Bundesstaate gesetz-1 lieh garantirt ist, oder | Prot I 8245 4. in Schuldverschreibungen, welche von k o m m u n a l e n Korporationen (Provinzen, Kreisen, Gemeinden u.s.w.) oder von deren Kreditanstalten ausgestellt und entweder seitens der Inhaber k ü n d b a r sind o d e r einer regelmäßigen Amortisation unterliegen, o d e r 5. in sonstigen Werthpapieren, welche laut darüber zu erlassender Bekanntmachung des Bundesraths als zur Anlage von Mündelgeldern geeignet erscheinen. D u r c h die Landesgesetzgebung kann bestimmt werden, unter welchen Voraussetzungen H y p o t h e k e n als sicher betrachtet werden sollen. 895
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
Gelder, welche in dieser Weise nach den obwaltenden Umständen nicht angelegt werden können, sind bei der Reichsbank oder bei öffentlichen, obrigkeitlich bestätigten Sparkassen zu belegen. Eine anderweite sichere zinsbare Belegung kann das Vormundschaftsgericht dem Vormunde aus besonderen Gründen gestatten." Dazu lagen folgende Anträge vor: Kurlbaum (Nr 287,2)
1. a) Abs. 1 statt „zu belegen" zu setzen „anzulegen", (zu vergl. Abs. 4) b) Abs. 2 „Die Anlegung darf nur erfolgen 1. auf sichere Hypotheken oder Grundschulden an inländischen Grundstücken, 2. 3. unverändert. | Prot I 8246 | 4. in Schuldverschreibungen, welche von inländischen pp." 5. zu streichen (zu vergl. Abs. 3). c) Abs. 3 „Durch Beschluß des Bundesraths kann bestimmt werden, daß eine Hypothek oder Grundschuld nur unter gewissen Voraussetzungen als sicher betrachtet werden soll, und daß die Anlegung auch in gewissen anderen Werthpapieren außer den im zweiten Absatz No. 2 bis 4 bezeichneten erfolgen kann." Kurlbaum d) Abs. 4 „Anzulegende Gelder, welche in der angegebenen Weise nach den (Nr 292,1) obwaltenden Umständen nicht angelegt werden können, sind bei der Reichsbank oder bei einer öffentlichen obrigkeitlich bestätigten Sparkasse in der Art zu belegen, daß sie nur mit Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts erhoben werden können." e) Abs. 5 zu streichen. v. Weber (Nr 288)
2. a) Abs. 2 No. 1 zu fassen: „gegen sichere Hypothek oder als Grundschuld an (auf) inländischen Grundstükken". b) Die No. 5 des Entw. zu streichen und statt derselben als No. 5 aufzunehmen: „durch Einlegung in eine öffentliche, obrigkeitlich bestätigte Sparkasse." c) Als Abs. 3 einzuschalten: | Prot I 8247 „Eine Hypothek oder Grundschuld ist als | sicher zu betrachten, wenn sie bei einem landwirtschaftlichen Grundstücke innerhalb der ersten zwei Drittheile, bei einem anderen Grundstücke innerhalb der ersten Hälfte des Werthes des Grundstükkes zu stehen kommt." d) den Abs. 3 des Entw., als Abs. 4, so zu fassen: „Durch die Landesgesetzgebung kann bestimmt werden, in welcher Weise in dem Falle des zweiten Absatzes No. 1 der Werth eines Grundstückes festzustellen sei und in welchen sonstigen Werthpapieren außer den im zweiten Absätze No. 2 bis 4 bezeichneten Mündelgelder angelegt werden dürfen." e) den Abs. 4 des Enttf. als Abs. 5 zu fassen: „Gelder, welche in der im zweiten bis vierten Absätze bezeichneten Weise nach den obwaltenden Umständen nicht angelegt werden können, sind bei der Reichsbank oder bei einer anderen öffentlichen Bank anzulegen. Durch die Landesgesetzgebung kann bestimmt werden, bei welchen Banken außer der Reichsbank, die Anlegung erfolgen darf oder daß sie bei einer durch die Landesgesetze bezeichneten öffentlichen Hinterlegungsstelle hinterlegt werden dürfen." | Prot I 8248
Eventuell, wenn die Bestimmung unter c abgelehnt werden sollte, wird beantragt: | § 202 K.E. dahin zu ändern: 896
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
„Eine Hypothek oder Grundschuld ist zur Sicherheitsleistung nur geeignet, wenn sie bei einem landwirtschaftlichen Grundstücke innerhalb der ersten zwei Dritttheile, bei einem anderen Grundstücke innerhalb der ersten Hälfte des Werthes des Grundstückes zu stehen kommt." (zu vergl. Prot. S. 458). 3. ;a) In § 501 Abs. 2 No. 5 statt „des Bundesraths" zu setzen „der Landesregie- v. Schmitt " (Nr 289)
rung
b) In § 501 Abs. 4 nach dem Worte „Reichsbank" einzuschalten „oder bei anderen von der Landesregierung bezeichneten Banken." (Vorbehalten bleibt zum Einführungsgesetze eine Bestimmung zu beantragen, durch welche Vorsehung für die in Bayern noch bestehenden Ewiggeldkapitalien auch in Beziehung auf § 501 Fam.R.Entw. getroffen wird.) 4. a) Den Abs. 2 Ziff. 5 zu streichen, statt dessen dem Abs. 2 die Worte beizufügen: „und in welchen sonstigen Werthpapieren Mündelgelder angelegt werden dürfen." b) Als § 5 a die Bestimmung aufzunehmen: „Inhaberpapiere hat der Vormund entweder außer Kurs setzen zu lassen oder zu hinterlegen; es sei denn, daß das Vormundschaftsgericht dem Vor-1 munde gestattet, die Papiere ohne Außerkurssetzung bei sich zu behalten. Die Hinterlegung hat nach Maßgabe der Bestimmungen des § 532 (der zu § 532 des Familienrechtsentwurfes zu beschließenden Bestimmungen) zu erfolgen. Auf Zinsscheine, Rentenkupons oder Gewinnantheilscheine sowie auf Talons bezieht sich die im ersten Absätze enthaltene Vorschrift nicht." (Die Bestimmung wäre, wenn sie beschlossen werden sollte, wohl hier einzufügen und wird deshalb jetzt beantragt; anheimgegeben wird, dieselbe erst bei § 532 zur Berathung und Beschlußfassung zu bringen.)
v. Mandry (Nr 286, 4)
v. Mandry (Nr 291, 1) | Prot I 8249
Die Berathung des §501 und der dazu gestellten Anträge führte zu folgenden Ergebnissen: I. Abs. 1 des § 501, welche sich im Wesentlichen an den § 39 Abs. 1 der preuß. V.O. anschließt, wurde aus den Gründen der Motive S. 2072, 2073, 2077 unter Ziff. 6 genehmigt, jedoch mit folgenden Fassungsänderungen: 1. In Gemäßheit des Antrags unter 1 a soll im Anschluß an § 39 Abs. 1 der preuß. V.O. und an die bisher bei der Redaktion des Gesetzbuchs befolgte Ausdrucksweise (vergl. §§ 200, 202, 1009 K.E.) statt des Wortes „belegen" das W o r t „anlegen" im Sinne einer dauernden Anlegung gebraucht werden. 2. Um deutlicher hervortreten zu lassen, daß der Abs. 1 nur Ordnungsvorschriften enthält, und zwar so-1 wohl insoweit, als er die zinsbare Anlegung der bezeichne- I Prot I 8250 ten Gelder, als auch insoweit, als er vorschreibt, daß die Anlegung, wenn ein Gegenvormund bestellt ist, im Einverständnisse mit dem letzteren erfolgen soll, einigte man sich dahin, im Anschlüsse an den bisherigen Sprachgebrauch des Gesetzbuchs in den beiden hervorgehobenen Beziehungen auf „soll" abzustellen. Der Prüfung bei der Redaktion wurde ferner anheimgegeben, ob es nicht angemessen sein werde, die Worte „wenn ein Gegenvormund bestellt ist" durch die Worte „wenn ein Gegenvormund bestellt worden ist" zu ersetzen, um durch diese Ausdrucksweise schärfer darauf hinzuweisen, daß, wenn einmal nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ein Gegenvormund bestellt worden, derselbe aber später, z. B. in Folge Todes, weggefallen und ein neuer noch nicht bestellt, der Grund der Bestellung eines solchen auch nicht weggefallen sei, die zinsbare Anlegung von Seiten des Vormundes 897
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
nicht eher erfolgen solle, als bis ein anderer Gegenvormund bestellt sei und dieser sein Einverständniß erklärt habe. Bei Gelegenheit der Berathung des Abs. 1 kam zur Sprache, ob es nicht im Interesse des Mündels rathsamer sei zu bestimmen, daß die Wirksamkeit der durch den Vormund erfolgten zinsbaren Anlegung der Gelder von der Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts oder stets auch von der Genehmigung des letzteren abhängen solle, um namentlich zu verhindern, daß nicht bei der Anlegung durch den Vormund die Kündigung zu weit hinausgeschoben und dadurch das Kapitalvermögen des Mündels festgelegt werde. Man überzeugte sich jedoch, |Prot 1 8251 daß die mit einer solchen Bestimmung f ü r den Mündel (verbundenen Gefahren größer seien, als die von derselben zu erwartenden Vortheile. Werde die Genehmigung zu der erfolgten Anlegung nachträglich verweigert, so könne zwar der Mündel das Geleistete sofort im Wege der Kondiktion zurückfordern, andererseits komme aber in Betracht, daß dieser Kondiktionsanspruch der dinglichen Sicherung durch die bestellte Hypothek entbehre. Unter diesen Umständen verdiene es den Vorzug, es in dieser Beziehung bei dem geltenden Rechte zu belassen, insbesondere der preuß. V . O . §§ 39, 46 zu folgen. Das vorgeschriebene Zusammenwirken des Vormundes und des Gegenvormundes und die Verantwortlichkeit beider biete in der großen Mehrzahl der Fälle f ü r den Mündel ausreichende Garantien, daß die Anlegung nicht in einer die Interessen des letzteren gefährdenden Weise erfolgen werde. II. In Konsequenz der zum Abs. 1 gefaßten Beschlüsse soll der Eingang des Abs. 2 des § 501 lauten „Die Anlegung soll nur erfolgen." Man war einverstanden, daß, wie das W o r t „nur" deutlich erkennen lasse, eine nach Maßgabe des Abs. 2 erfolgende Anlegung den Vormund und den Gegenvormund nicht schlechthin von der Verantwortlichkeit befreie, sondern dieselben in jedem einzelnen Falle nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze des Vormundschaftsrechts für ein sie treffendes Verschulden verhaftet blieben (vergl. Motive S. 2072). Zu den einzelnen Ziffern des Abs. 2 wurden sodann folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Ziff. 1 fand in folgender Fassung die Zustimmung der Kommission „in sicheren Hypotheken oder Grundschulden an inländischen Grundstücken". Der Ausdruck „in | Prot I 8252 . . . Hypotheken oder Grundschulden" entspricht dem § 202 | K.E., der Ausdruck „an . . . Grundstücken" dem in dem Gesetzbuche zur Bezeichnung dinglicher Rechte befolgten Sprachgebrauche (vergl. §§ 179, 368, 815, 816 K.E.). 2. Die an die Bestimmungen des § 2 des Reichsgesetzes, betreffend die Gründung und Verwaltung des Reichsinvalidenfonds vom 23. Mai 1873, des § 3 9 Abs. 1 der preuß. V.O. und des § 40 Abs. 4 des Reichsgesetzes, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter vom 15. Juni 1883 sich anschließende Ziff. 2 des § 501 wurde unter Streichung der Worte „mit gesetzlicher Ermächtigung" sachlich genehmigt. Man erachtete die H i n z u f ü g u n g dieser aus den bezeichneten Gesetzen übernommenen Worte nicht allein als überflüssig, da der V o r m u n d die Gelder selbstverständlich nur in gültigen Schuldverschreibungen der hier fraglichen Art anlegen dürfe und in jedem einzelnen Falle die Gültigkeit derselben, mithin auch die Gesetzmäßigkeit der Emission, zu prüfen habe, sondern auch nicht als völlig korrekt, da durch jene Worte nur ein einzelnes Erforderniß der Rechtsmäßigkeit hervorgehoben werde und dieselben zudem zu dem Mißverständnisse verleiten könnten, als ob eine spezielle gesetzliche Ermächtigung erforderlich sei. In dem § 40 Abs. 4 des Reichsgesetzes, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter, werden neben den von dem Deutschen Reiche oder von einem Deutschen Bundesstaate ausgestellten Schuldverschreibungen noch die von dem Reichslande 898
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§
1773—1895
Elsaß-Lothringen ausgestellten Schuldverschreibungen besonders erwähnt. Man war der Ansicht, daß es der Prüfung bei Berathung des Einführungsgesetzes vorzubehalten sei, ob in diesem eine allgemeine Bestimmung des Inhalts aufzunehmen sein werde, daß der Ausdruck „Bundesstaat" im Sinne des bürgerlichen Gesetzbuchs auch das Reichsland | Elsaß-Lothringen mit umfasse (vergl. § 695 Abs. 1 K.E.; Gesetz, | Prot 1 8253 betreffend die Einführung des St.G.B. für das Deutsche Reich in Elsaß-Lothringen vom 30. August 1871). 3. Ziff. 3 des § 501, welche mit den unter 2 angeführten Gesetzen übereinstimmt, fand sachlich keinen Widerspruch; doch wurde in Konsequenz des zu Ziff. 2 gefaßten Beschlusses das Wort „gesetzlich" gestrichen. Einvernehmen herrschte, daß unter der in Ziff. 3 vorausgesetzten Garantie eine unbedingte und dauernde zu verstehen sei. 4. Ziff. 4 des § 501 (vgl. die oben unter 2 angeführten Gesetze) wurde mit der Abweichung angenommen, daß die Worte „von kommunalen Korporationen" durch die Worte „von inländischen kommunalen Körperschaften", ersetzt werden sollen, jedoch vorbehaltlich der Prüfung bei der Redaktion, ob es sich nicht empfehle, im Anschluß an § 15 Ziff. 4 des Einf.Ges. zur C.P.O. von „inländischen Gemeinden und anderen Kommunalverbänden" zu reden (vergl. die Motive zu dem Entw. des allg. Theils Absch. II Tit. 1 II. Jurist. Personen S. 55). Außerdem wurde beschlossen, in der Ziff. 4 die eingeklammerten Worte als entbehrlich zu streichen, zumal die Parenthese doch nicht alle hier in Betracht kommenden Kommunalverbände in den einzelnen Bundesstaaten, z. B. die Amtsverbände, umfasse. 5. Ziff. 5 des § 501 wurde unter Ablehnung der Anträge unter 2 b und d, unter 3 a und 4 a , soweit dieselben den Landesgesetzgebungen bezw. den Landesregierungen die Bestimmung darüber vorzubehalten bezwecken, in welchen sonstigen Werthpapieren Mündelgelder angelegt werden dürfen, von der Mehrzahl sachlich gebilligt. Der Prüfung bei der Redaktion blieb vorbehalten, ob nicht nach dem Vorschlage des Antrags unter 1 c der Ausdruck „Bekanntmachung des Bundesraths" richtiger durch den Ausdruck „Beschluß des Bundesraths" zu ersetzen sei. | Erwogen war:
| Prot 1 8254
Dem Entwurf sei aus den in den Motiven S. 2076 dargelegten Gründen darin beizupflichten, daß es namentlich auch vom Standpunkte des Mündels aus, nicht angemessen sein werde, die Anlegung von Mündelgeldern in anderen als den unter den Ziff. 2 bis 4 bezeichneten Werthpapieren unbedingt auszuschließen. Insbesondere kämen hier in Betracht die Pfandbriefe der verschiedenen Kreditinstitute, welche, wenn sie oft auch rechtlich nur ein persönliches Forderungsrecht gegenüber dem Kreditinstitute begründeten, in vielen Fällen doch thatsächlich eine ähnliche Sicherheit wie Spezialhypotheken gewährten und sich zur Anlegung von Mündelgeldern durchaus eigneten. Die Voraussetzungen, unter welchen diese und andere, nicht unter die Ziffern 2 bis 4 des § 501 fallende Werthpapiere als zur Anlegung von Mündelgeldern geeignet anzusehen seien, ließen sich jedoch durch eine allgemeine gesetzliche Bestimmung nicht bezeichnen, vielmehr müsse die Frage, ob ein nicht unter die Ziffern 2 bis 4 fallendes Werthpapier sich zur Anlage von Mündelgeldern eigne, konkret geprüft und bestimmt werden. D a die einzelnen Bundesstaaten den maßgebenden Verhältnissen am nächsten ständen und dieselben am besten zu beurtheilen in der Lage seien, so liege es nahe, jene Bestimmung, wenngleich es sich dabei nicht um einen Gegenstand der Justizverwaltung, sondern um einen grundsätzlich zur Kompetenz des Reichs gehörenden Gegenstand des Vormundschaftsrechts handele, den Landesgesetzgebungen oder den Landesregierungen zu überlassen. Dafür 899
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
lasse sich ferner geltend machen, daß die einzelnen Bundesstaaten ein beachtensw e r t e s Interesse daran hätten, daß gewissen in ihren Gebieten bestehenden, gemein| Prot 18255 nützigen Zwecken dienenden, aber nicht | unter die Ziffer 4 des §501 fallenden Instituten, sofern nach ihrem — voraussichtlich unparteiischen — Ermessen dieselben ausreichende Sicherheit böten, die Mündelgelder nicht entzogen würden. Allein diesen Gesichtspunkten könne entscheidendes Gewicht nicht beigelegt werden gegenüber der Erwägung, daß, wenn man die Bestimmung darüber, in welchen anderen Werthpapieren, als in den unter Ziffer 2 bis 4 des § 501 bezeichneten die Anlegung der Mündelgelder solle erfolgen können, den einzelnen Bundesstaaten überlasse, man damit in einer praktisch hervorragend wichtigen Materie des Vormundschaftsrechts auf eine einheitliche Regelung verzichte und der große Uebelstand entstehe, daß die Frage, in welchen sonstigen Werthpapieren die Anlegung der Mündelgelder erfolgen dürfe, je nachdem eine Vormundschaft in dem einen oder anderen Bundesstaate anhängig sei, nach verschiedenem Rechte zu beurtheilen sein würde, ein Uebelstand, der ganz besonders hervortrete, wenn die örtliche Zuständigkeit der Vormundschaftsgerichte ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit des Mündels zu dem betreffenden Bundesstaate, welchem das Vormundschaftsgericht angehöre, geregelt werden sollte. Dazu komme, daß an verschiedenen anderen Stellen des Gesetzbuchs, namentlich bei der Bestimmung, welche Werthpapiere zur Sicherheitsleistung geeignet seien (S. 200 K.E.), sowie bei der Bestimmung, in welcher Art die Anlegung eines dem Nießbrauche oder der ehelichen Nutznießung und Verwaltung unterliegenden, eingezogenen Kapitals solle verlangt werden können | Prot I 8256 (vergl. § 1009 K.E.; §§ 1265, 1295 der Zusst.), auf die Vorschriften über | die Anlegung von Mündelgeldern verwiesen werden, in jenen Beziehungen aber auf eine einheitliche Regelung keinesfalls verzichtet werden dürfe (vergl. auch § 40 Abs. 3 des Reichsgesetzes, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter, vom 15. Juni 1883). Zwar lasse sich auf dem von den Anträgen vorgeschlagenen Wege eine einheitliche Regelung durch die Bestimmung erreichen, daß die in der hier fraglichen Hinsicht von einem einzelnen Bundesstaate erlassenen Vorschriften nicht nur für die in diesem, sondern auch für die in anderen Bundesstaaten anhängigen Vormundschaften bei Entscheidung der Frage, in welchen Werthpapieren die Anlegung der Mündelgelder erfolgen dürfe, als maßgebend zu betrachten seien. Allein eine solche Bestimmung würde, abgesehen von der Anomalie, welche darin liege, daß die Landesgesetze des einen Bundesstaats auch für die in einem anderen Bundesstaate anhängigen Vormundschaften maßgebend sein sollen, vom wirthschaftlichen Standpunkte aus in hohem Maße bedenklich sein. Könne es aus den angeführten Gründen als angemessen und rathsam nicht erachtet werden, den von den Anträgen vorgeschlagenen Weg zu betreten, so bleibe nur übrig, die hier fragliche Bestimmung, in welchen anderen Werthpapieren als in den unter Ziff. 2 bis 4 bezeichneten die Anlegung von Mündelgeldern solle erfolgen können, entweder der Reichsspezialgesetzgebung oder dem Bundesrathe zu überlassen. Für den ersteren Weg spreche, daß es sich um eine praktisch sehr wichtige, zudem in die allgemeinen Kreditverhältnisse eingreifenden Bestimmungen des Vormundschaftsrechts handele, welche an sich nicht Gegenstand des Verordnungsrechts, sondern der Gesetzgebung sei und insbesondere auch in Preußen bisher einen Gegenstand der Gesetzgebung gebildet habe. | Prot I 8257 Auf der anderen Seite komme jedoch in Betracht, daß die hier | fraglichen Vorschriften, weil die f ü r dieselben maßgebenden Verhältnisse ihrer Natur nach wandelbar seien, häufiger einer Aenderung bedürfen würden und es aus diesem Grunde nicht zweckmäßig sei, wenn jedes Mal der schwerfälligere und weitläufigere Weg der Gesetzgebung betreten werden müßte. Auch sei es sachlich unbedenklich, den Erlaß 900
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773—1895
der fraglichen Vorschriften dem Bundesrathe vorzubehalten. Derselbe werde bei der Auswahl der Werthpapiere auf die Verhältnisse in den einzelnen Bundesstaaten und auf die beachtenswerthen W ü n s c h e und Interessen der letztere die gebührende Rücksicht nehmen und werde der Zweck, welchen die Anträge verfolgen, indirekt auch auf diesem W e g e erreicht w e r d e n . 6. In Gemäßheit des Antrags unter 2 b soll als Ziff. 4 a im Abs. 2 des § 501 die Bestimmung hinzugefügt werden, daß die Anlegung von Mündelgeldern nach Maßgabe des Abs. 1 auch durch Einlegung in eine inländische öffentliche, obrigkeitlich bestätigte Sparkasse soll erfolgen können, mithin diese Art der Anlegung nicht von der beschränkenden Voraussetzung des Abs. 4 des § 501 abhängig sein soll, d a ß die Anlegung in der im Abs. 2 unter Ziff. 1 bis 5 bezeichneten Art nach den obwaltenden Umständen angemessen nicht erfolgen kann. Man war der Ansicht, daß die Anlegung der Mündelgelder durch Einlegung in eine öffentliche, obrigkeitlich bestätigte Sparkasse in vielen Fällen, namentlich wenn das Kapitalvermögen des Mündels nicht erheblich sei und voraussichtlich im Laufe der V o r m u n d s c h a f t z u m Zwecke des Unterhalts des Mündels nach und nach aufgebracht werden müsse, die einfachste und bequemste Art der Anlegung sei und erhebliche Vortheile biete, ohne andererseits die Sicherheit der Mündelgelder zu gefährden. Sie überhebe den V o r m u n d der, namentlich auf dem Lande und in den klei- | neren Städten, mit dem A n k a u f e und | Prot I 8258 dem nicht selten nothwendig w e r d e n d e n U m s ä t z e der Werthpapiere verbundenen Weiterungen und der Nothwendigkeit, die Auslosung der Papiere fortlaufend zu kontroliren, w o z u der V o r m u n d häufig gar nicht im Stande und in der Lage sei, sie vermindere ferner die mit dem Besitz von Werthpapieren verbundenen G e f a h r e n des Verlustes derselben und gewähre dem V o r m u n d die Möglichkeit, die Gelder zu jeder Zeit in beliebigen Raten zu erheben. Diesen Vortheilen gegenüber k ö n n e darauf, daß die Anlegung der Gelder bei einer Sparkasse in der Regel etwas geringere Zinsen gewähre, als die Anlegung in Werthpapieren, erhebliches Gewicht nicht gelegt werden. Die A u f n a h m e der beschlossenen Bestimmung könne auch nicht etwa im H i n blick auf die Ziff. 4 des § 501 als entbehrlich erachtet werden, da die Sparkassen, auch w e n n dieselben von Gemeinden oder anderen Kommunalverbänden gehalten w ü r d e n , im Hinblick auf den Zweck, den sie verfolgten, nicht o d e r doch nicht durchgängig den C h a r a k t e r von Kreditinstituten der Gemeinden oder der anderen Kommunalverbände hätten und jedenfalls die selbständigen, von den kommunalen Körperschaften nur garantirten Sparkassen nicht unter die Ziff. 4 fielen. D e r im Laufe der Berathung gestellte Antrag, die von d e m Antrage unter 2 b vorgeschlagene Fassung dahin zu ändern, „durch Einlegung in eine Sparkasse, welche von einer Gemeinde oder einem anderen Kommunalverbande gehalten oder gewährleistet wird," w u r d e von der Mehrheit abgelehnt. Dieselbe theilte nicht das Bedenken, daß durch die Fassung des Antrags unter 2b der Kreis derjenigen Sparkassen, bei welchen die Anlegung der Mündelgelder solle erfolgen können, nicht genügend scharf abgegrenzt und daß andererseits zweifelhaft sei, ob die öffentlichen, obrigkeitlich bestätigten Sparkassen durchge-1 hends in Deutschland eine ausrei- | Prot I 8259 chende Sicherheit böten. Die Frage, welche Sparkasse als öffentliche, obrigkeitlich bestätigte Sparkasse anzusehen seien, entscheide sich nach Landesrecht. Es k ö n n e darauf vertraut werden, daß die obrigkeitliche Bestätigung einer Sparkasse nur dann erfolgen werde, w e n n die Sicherheit derselben außer Zweifel stehe (vergl. § 40 Abs. 3 des Reichsgesetzes, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter.) III. An Stelle des Abs. 3 des § 501 des Entw. wurde, unter Ablehnung des Antrags unter l c , soweit derselbe die Frage betrifft, unter welchen Voraussetzungen eine 901
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3. Abschnitt: Vormundschaft
Hypothek oder eine Grundschuld als sicher betrachtet werden soll, sowie unter Ablehnung eines im Laufe der Berathung gestellten Antrags, f ü r den Fall der einheitlichen reichsgesetzlichen Regelung jener Frage zu bestimmen, daß eine Hypothek oder Grundschuld nur als sicher zu betrachten sei, wenn sie innerhalb der ersten Hälfte des Werths des Grundstücks zu stehen komme, der Antrag unter 2C nebst dem Antrage unter 2 d , soweit der letztere der Landesgesetzgebung Raum läßt, zu bestimmen, in welcher Weise in dem Falle des zweiten Absatzes Ziff. 1 des § 501 der Werth eines Grundstücks festzustellen sei, von der Mehrheit angenommen. Die Annahme des Antrags unter 2C erfolgte in dem Sinne, daß eine Hypothek oder Grundschuld nur unter den in dem Antrage bezeichneten Voraussetzungen als sicher zu betrachten, nicht in dem Sinne, daß der Vormund, wenn er die Mündelgelder innerhalb der bestimmten Beleihungsgrenze in Hypotheken oder Grundschulden anlege, unbedingt von aller Verantwortlichkeit frei sei. Der Prüfung bei der Redaktion wurde anheimgegeben, ob nicht, um jenen Sinn deutlicher zum Ausdruck zu bringen, es sich empfehlen werde, vor den Worten des Antrags „als sicher zu betrachten" das | P r o t I 8260 Wort | „ n u r " einzuschalten. Anlangend den Antrag unter 2 d , so wurde der Zusatz, daß die Landesgesetzgebung bestimmen könne, in welcher Weise in dem Falle des Abs. 2 Ziff. 1 des § 501 der Werth des Grundstücks festzustellen sei, in dem Sinne gebilligt, daß eine derartige landesgesetzliche Bestimmung zwar nur in Ansehung der in dem betreffenden Bundesstaate belegenen Grundstücke, aber, soweit es sich um die Anlegung von Mündelgeldern in Hypotheken oder Grundschulden an diesen Grundstücken handele, f ü r alle, auch die in anderen Bundesstaaten anhängigen Vormundschaften maßgebend sein solle. O b es nöthig sei, dies besonders zum Ausdruck zu bringen, blieb der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten. Im Uebrigen wurde die Mehrheit bei den vorbezeichneten Beschlüssen von folgenden Erwägungen geleitet: Nach dem Vorgange des gemeinen und französischen Rechts von näheren Bestimmungen über die pupillarische Sicherheit ganz abzusehen und es lediglich bei der Vorschrift bewenden zu lassen, daß die Anlegung der Mündelgelder nur in sicheren Hypotheken oder Grundstücken erfolgen solle, könne vom Standpunkte des Interesse des Mündels und, hingesehen auf die Verantwortlichkeit des Vormundes, auch vom Standpunkte des letzteren aus nicht als angemessen und rathsam erachtet werden. Dazu komme, daß nähere Bestimmungen über die pupillarische Sicherheit auch um deswillen nicht wohl entbehrt werden könnten, weil dieselben vielfach in anderen gesetzlichen Bestimmungen vorausgesetzt würden, welche ohne jene Bestimmungen der Ergänzung bedürften (vgl. insbesondere die §§ 202, 1009 K.E.; § 1295 der Zusst.; § 40 Abs. 3 des Reichsgesetzes, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter). Auch das geltende Recht habe überwiegend die Aufstellung näherer Grundsätze über die pupillarische Sicherheit für erforderlich erachtet (vgl. insb. preuß. V.O. $ 39; | Prot I 8261 sächs. G.B. $ 1935). | Die nähere Bestimmung dieser Grundsätze allgemein der Landesgesetzgebung zu überlassen, empfehle sich nicht, theils weil es dahin stehe, ob die Landesgesetzgebung überall in der hier fraglichen Beziehung eingreifen werde, theils weil die einheitliche Regelung einer praktisch so wichtigen Frage des Vormundschaftsrechts in hohem Grade wünschenswerth, theils weil diese Regelung im Hinblick auf die Vorschriften des Gesetzbuchs über die Sicherheitsleistung (§ 202 K.E.), über den Nießbrauch an Forderungen (§ 1009 K.E.) und über die eheliche Nutznießung und Verwaltung (§§ 1265, 1295 der Zusst.) ohne eine sonst nothwendig werdende Ergänzung jener Vorschriften nicht wohl zu entbehren sei (vgl. Prot. S. 458). Die in den Motiven S. 2073 bis 2075 gegen eine einheitliche reichsgesetzliche Regelung hervorgehobenen Bedenken könnten als begründet nicht anerkannt werden. 902
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
Die Verhältnisse in den einzelnen Theilen Deutschlands seien nicht so verschieden, daß die Beleihungsgrenze einheitlich nicht festgestellt werden könne. In dem größten Theile Deutschlands, namentlich in Preußen und in Sachsen, sei die Beleihungsgrenze im Wesentlichen in derselben Art festgestellt, wie der Antrag unter 2° vorschlage. Sei eine einheitliche Regelung der Art ohne die Gefährdung der Interessen des Mündels in der ganzen preuß. Monarchie möglich gewesen trotz der sehr verschiedenen wirthschaftlichen Verhältnisse in den einzelnen Provinzen, so brauche man auch nicht von einer einheitlichen Regelung der Art für das ganze Deutsche Reich zurückzuschrecken. Die Beleihungsgrenze entgegen dem in dem größten Theile Deutschlands geltenden Rechte auf die erste Hälfte des Werths auch bei landwirthschaftlichen Grundstücken herabzusetzen, sei einerseits mit Rücksicht auf die Sicherheit der Mündelgelder trotz der Schwankungen in dem Werthe der Grundstücke nicht als | geboten, andererseits mit Rücksicht auf die landwirthschaftlichen | Prot I 8262 Kreditverhältnisse als bedenklich zu erachten. D a in Ansehung der Beleihungsgrenze sich eine allgemeine, für die Dauer bestimmte Vorschrift geben lasse, so fehle es an einem genügenden Grunde, insoweit die hier fragliche Bestimmung ausnahmsweise dem Bundesrathe zu überlassen. Anders, als in Ansehung der Bestimmungen über die Beleihungsgrenze verhalte es sich in Ansehung der Grundsätze über die Werthsermittelung. In dieser Beziehung sei es unthunlich, reichsgesetzlich einheitliche Grundsätze aufzustellen, da die hierbei in Betracht kommenden Verhältnisse und Einrichtungen in den einzelnen Theilen Deutschlands zu verschieden seien. Es könne zweifelhaft sein, ob es derartiger Grundsätze überhaupt bedürfe und ob es nicht dem Vormunde zu überlassen sei, in welcher Art er sich über den Werth des betreffenden Grundstücks Gewißheit verschaffen und sich den Beweis, daß er die Mündelgelder innerhalb der ersten zwei Drittheile bezw. innerhalb der ersten Hälfte des Werths des betreffenden Grundstücks angelegt habe, sichern wolle. Auch ohne derartige Grundsätze habe die beschlossene Bestimmung vom Standpunkt des Interesse des Mündels und des Vormundes aus immer noch praktischen Werth, weil sie dem Vormunde objektive Anhaltspunkte für die Anlegung an die H a n d gebe und ihn in den Stand setze, seine Verantwortlichkeit einigermaßen zu übersehen. Im Hinblick auf das geltende Recht und um dem Vormunde die Werthsermittelung zu erleichtern und seine Verantwortlichkeit zu mindern, sei es jedoch rathsam, in der hier fraglichen Hinsicht der Landesgesetzgebung Raum zu geben. Derselben werde dadurch zugleich ein Mittel an die H a n d gegeben, indirekt durch Vorschriften über die Art der Werthsermittelung die festgesetzte Beleihungsgrenze zu beschränken, wenn sie dies etwa mit Rücksicht auf die Schwankungen des Werths | der Grundstücke in dem betreffenden | Prot I 8263 Bundesstaate oder in Theilen des letzteren für angemessen erachten sollte. D a ß die Landesgesetzgebung von dem ihr eingeräumten Rechte zu dem Zwecke Gebrauch machen könne, um indirekt die Beleihungsgrenze zu erhöhen und auf diese Weise im Interesse des landwirthschaftlichen Kredits auf Kosten der Sicherheit des Mündels die Mündelgelder an sich zu ziehen, sei nicht zu besorgen. Einvernehmen bestand, daß der Vormund, auch wenn er ohne Vorlegung einer Taxe Mündelgelder in Hypotheken oder Grundschulden angelegt habe, sich von seiner Verantwortlichkeit doch durch den späteren Nachweis befreien könne, daß die Anlegung innerhalb der ersten zwei Drittheile bezw. der ersten Hälfte des wirklichen oder, falls landesgesetzliche Vorschriften über die Werthsermittelung vorhanden seien, nach diesen zu ermittelnden Werths des Grundstücks erfolgt sei, vorausgesetzt, daß ihn im Uebrigen ein Verschulden bei der Anlegung nicht treffe. 903
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
IV. Abs. 4 des § 501, dessen Bedeutung die ist, dem Vormunde die Pflicht aufzuerlegen, anzulegende Gelder, d. h. solche Gelder, welche zu laufenden oder anderen durch die Vermögensverwaltung begründeten Ausgaben nicht erforderlich sind (Abs. 1 des § 501), wenigstens vorübergehend zu belegen, wenn eine dauernde Anlage in der im Abs. 2 bestimmten Art nach den obwaltenden Umständen, insbesondere auch deshalb nicht erfolgen kann, weil ein Einverständniß zwischen dem V o r munde und dem Gegenvormunde nicht zu erzielen ist, wurde aus den Gründen der Motive S. 2076, 2077 gebilligt, jedoch in Veranlassung der Anträge unter 2 e und 3 b mit der Erweiterung, daß die Belegung nicht nur bei der Reichsbank und öffentlichen, obrigkeitlich bestätigten Sparkassen, sondern allgemein bei Staatsbanken und | Prot I 8264 bei anderen öffentlichen, von der | Landesgesetzgebung bestimmten Banken, ferner bei den öffentlichen Hinterlegungsstellen (§ 278 K.E.), sofern die Landesgesetzgebung den letzteren die Annahme der Mündelgelder gestattet, zulässig sein soll. Man erachtete diese Erweiterung einerseits vom Standpunkte des Interesses des Mündels aus als unbedenklich, andererseits mit Rücksicht auf die in den einzelnen Bundesstaaten bestehenden, dem hier fraglichen Zwecke dienenden Einrichtungen als angemessen. Zum Zwecke der Verdeutlichung, daß die Bestimmung des Abs. 4 sich nur auf anzulegende Gelder in dem oben bezeichneten Sinne bezieht, wurde ferner beschlossen, nach dem Vorschlage des Antrags unter l d den Eingang des Abs. 4 dahin zu fassen „Anzulegende Gelder, welche . . . zu belegen", oder den fraglichen Sinn in einer ähnlichen, bei der Redaktion zu ermittelnden Fassung auszudrücken. Auch soll im Interesse der Deutlichkeit des Gesetzes besonders zum Ausdruck gebracht werden, daß zu einer Belegung nach Maßgabe des Abs. 4 das Einverständniß des Gegenvormundes nicht erforderlich ist. Einvernehmen bestand, daß in Ansehung nicht anzulegender Gelder, d. h. solcher Gelder, welche zu laufenden oder zu anderen durch die Vermögensverwaltung begründeten Ausgaben erforderlich sind, die Bestimmung darüber, in welcher Art für die sichere Bewahrung derselben zu sorgen sei und ob und in welcher Art etwa auch eine vorübergehende Belegung dieser Gelder, z. B. in der Form eines Kontokorrentverkehrs mit einem zuverlässigen Bankier, erfolgen solle, dem pflichtmäßigen Ermessen des Vormundes überlassen bleibe und dessen Verantwortlichkeit in dieser Beziehung sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die Verantwortlichkeit des Vormundes richte. Die Berathung über den Antrag unter l d , soweit derselbe zu bestimmen vor| Prot I 8265 schlägt, daß in dem Falle des Abs. | 4 die Belegung in der Art erfolgen solle, daß die Gelder nur mit Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts erhoben werden könnten, wurde wegen des Zusammenhangs der Bestimmungen mit den Bestimmungen des § 517 des Entw. über die Befugniß des Vormundes, Forderungen des Mündels zu erheben, bis zur Berathung des § 517 bezw. des § 532 ausgesetzt. V. Die von der preuß. V.O. § 39 abweichende, aber dem in verschiedenen anderen Rechtsgebieten geltenden Rechte entsprechende Bestimmung des Abs. 5 des § 501 wurde aus den Gründen der Motive S. 2077 von der Mehrheit gebilligt. Man ging davon aus, daß die Bestimmung namentlich für solche Fälle von Werth sein könne, in welchen der Mündel, z. B. in Folge einer Erbschaft, Kapitalvermögen in ausländischen Werthen besitze und im Zusammenhange mit diesem Besitze zum Zwecke der Vermeidung sonst drohender großer Verluste die weitere Anlegung von Mündelgeldern in solchen Werthen, sei es durch Ausübung eines Bezugsrechts, sei es durch 904
1. Titel: Vormundschaft über Minderj ährige
§ § 1773— 1895
N a c h z a h l u n g e n , erforderlich werde, o d e r in welchen es sich darum handele, dem Vater oder der Mutter des Mündels durch die H i n g a b e eines Darlehns gegen H y p o thek den Besitz eines im Auslande belegenen Grundstücks zu erhalten, wenn durch die Erhaltung dieses Besitzes die Subsistenz der Familie und des Mündels selbst bedingt sei. D a auch in den Fällen des Abs. 5 immer eine sichere Anlegung der Mündelgelder vorausgesetzt werde und das Vormundschaftsgericht wegen seiner Genehmigung verantwortlich sei, so stehe der Vorschrift des Abs. 5 auch vom Standpunkte der Sicherheit des Mündels aus ein begründetes Bedenken nicht entgegen. Insbesondere k ö n n e der Einwand als gerechtfertigt nicht anerkannt werden, daß man durch die Zulassung der im Absatz 5 bezeichneten Ausnahme die | im Uebrigen | Prot I 8266 im Interesse der Sicherheit des Mündels aufgestellten G r u n d s ä t z e über die Anlegung der Mündelgelder im Wesentlichen wieder aufgebe. VI. Die Berathung über den Antrag unter 4 b w u r d e wegen des Zusammenhangs der vorgeschlagenen Bestimmung mit den Vorschriften über die Vertretungsmacht des V o r m u n d e s in Ansehung der V e r f ü g u n g über die dem Mündel zustehenden Forderungen bis z u r Berathung des § 517 bezw. des § 532 des Entw. ausgesetzt. VII. Einvernehmen bestand, daß durch die zu § 501 beschlossenen Bestimmungen dem dem Antrage unter 3 beigefügten Vorbehalte (oben S. 8248) nicht präjudizirt sein solle. 533. Sitzung vom 23. 3. 1886, Schriftführer: von Liebe. |Prot I8267
| Die Berathung des Entwurfes des Familienrechtes w u r d e fortgesetzt.
D e r § 502 des Entwurfs lautet: „ D e r V o r m u n d darf Vermögensgegenstände seines Mündels nicht in seinem N u t - TE-FamR §502 zen verwenden." V o n einer Seite war beantragt, die Vorschrift als entbehrlich zu streichen. W e n n - v. Mandry gleich allgemein a n e r k a n n t w u r d e , daß, auch wenn das Gesetz schweige, die V o r - (Nr 291,2) schrift aus den allgemeinen Grundsätzen sich ergeben würde, so beschloß die K o m mission doch mit Rücksicht auf die in den Motiven S. 2079 angegebenen G r ü n d e die A u f n a h m e der Vorschrift. Man hielt insbesondere die A u f n a h m e der Vorschrift aus der praktischen E r w ä g u n g f ü r wünschenswerth, daß dieselbe eine klare und unzweideutige M a h n u n g an den V o r m u n d enthalte, dieser habe sein V e r m ö g e n und das V e r m ö g e n des Mündels in allen | Beziehungen getrennt zu halten. | Prot I 8268 D e r § 503 des Entw. lautet: „Eine H y p o t h e k , welche auf einem Grundstücke des V o r m u n d e s haftet, darf TE-FamR §503 derselbe f ü r den Mündel nicht durch lästigen Vertrag erwerben." Es w a r beantragt, 1. die Eingangsworte zu fassen: „Eine H y p o t h e k oder Grundschuld, welche . . .". Kurlbaum 2. den §. als § 522 a in der Fassung a u f z u n e h m e n : „ O h n e die Genehmigung des (Nr 292, 2) Vormundschaftsgerichtes soll der V o r m u n d eine H y p o t h e k oder Grundschuld, welche auf einem Grundstücke des V o r m u n d e s haftet, nicht f ü r den Mündel durch entgeltlichen Vertrag erwerben." D a n e b e n lag der Streichungsantrag vor. Die Kommission beschloß mit 5 gegen 5 v. Mandry Stimmen, unter Stichentscheid des Vorsitzenden, die Streichung der Vorschrift. (Nr 291, 3) Erwogen war: Absolut lautend bei strenger Wortauslegung und, w e n n man auch die Bestellung eines Pflegers f ü r ausgeschlossen hielte, w ü r d e die Vorschrift jedenfalls zu weit 905
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
gehen, da es Fälle geben könne, in denen die Erwerbung der Hypothek oder Grundschuld an dem Grundstücke des Vormundes dem Mündel nur vortheilhaft sei. Dagegen sei nicht zu leugnen, daß im Falle einer solchen Erwerbung eine gewisse Kollision der Interessen herbeigeführt werde, welche nicht wünschenswerth sei. Dieser Umstand spreche für die im Antrage 2 vorgeschlagene Erschwerung der Erwerbung. | Prot I 8269 Doch komme auch gegen die Aufnahme der | im Antrage 2 vorgeschlagenen Vorschrift der Umstand in Betracht, daß dieselbe eine kasuistische sei und daß man für alle Fälle, in denen ähnliche Kollisionen der Interessen einträten, doch nicht in gleicher Weise den V o r m u n d beschränken könne. Sei die Besorgniß begründet, daß aus dem Widerstreit der Interessen dem Mündel ein Nachtheil erwachse, so bleibe immer die Abhülfe, daß das Vormundschaftsgericht dem Vormunde in der betreffenden Angelegenheit die Sorge für das Vermögen des Mündels entziehe und einen Pfleger bestelle, welcher eine der Sicherheit des Mündels entsprechende Regelung der Rechtsbeziehungen zwischen Vormund und Mündel herbeiführe. Die Berathung wandte sich zu den unter der Ueberschrift „4. Die aus der Vormundschaft zwischen dem Vormunde und dem Mündel entstehenden Verbindlichkeiten" stehenden Vorschriften des Entwurfes. Der § 504 des Entw. lautet: TE-FamR „Der Vormund wie der Gegenvormund haftet nur f ü r Anwendung derjenigen § 5 0 4 Aufmerksamkeit, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
I Prot I 8 2 7 0
Kurlbaum (Nr 292, 3) Kurlbaum (Nr 290, 1)
Mehrere Verhaftete haften als Gesammtschuldner. Soweit der Gegenvormund oder einer von mehreren Vormündern einen gegen ihn wegen Verletzung seiner Aufsichtspflicht begründeten Anspruch erfüllt hat, kann er, vorausgesetzt, daß er nicht wegen Arglist haftet, von dem Vormunde, welcher durch schuldvolle Führung der Geschäfte den Schaden veranlaßt hat, Ersatz fordern. H a t der letztere erfüllt, so steht ihm ein Ersatzanspruch gegen | den wegen Verletzung seiner Aufsichtspflicht verhafteten Gegenvormund oder Mitvormund nicht zu. H a t von mehreren, die Vormundschaft gemeinschaftlich führenden, als Gesammtschuldner haftenden Vormündern der eine erfüllt, so steht ihm ein Ersatzanspruch gegen die übrigen nicht zu, wenn er wegen Arglist haftete." Es war beantragt: in den gedruckten Aenderungsvorschlägen des Referenten, 1. in Abs. 3 die Worte „vorausgesetzt, daß er nicht wegen Arglist haftete" durch die Worte zu ersetzen „unbeschadet der Bestimmung des § 336 K.E.". und den Abs. 4 zu streichen. 2. a) den Absatz 1 zu fassen: „Der Vormund wie der Gegenvormund haftet für Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters." b) den Abs. 3 zu fassen: „Haften der Vormund und der Gegenvormund als Gesammtschuldner, so gilt im Verhältnisse der Beiden zu einander der Vormund als allein verpflichtet, es sei denn, daß der Gegenvormund vorsätzlich gehandelt hat."
I. Der Entw. bestimmt in dem ersten Absätze eine Ausnahme von der Regel des § 222 Abs. 1 K.E., nach welcher Vormund wie Gegenvormund nicht bloß wegen I Prot 18271 vorsätzlicher, sondern auch wegen fahr- | lässiger Nichterfüllung der ihnen in Folge der obligatio tutelae obliegenden Verbindlichkeiten haften würden. Der Antrag 2 a will diese aus dem römischen Rechte sich ableitende und in viele neuere Gesetzgebungen übergegangene Ausnahme beseitigen und im Gesetze zum Ausdruck bringen, daß es bei der regelmäßigen Haftung verbleibe. 906
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773 — 1895
Die Kommission nahm mit 5 gegen 5 Stimmen, durch Stichentscheid des Vorsitzenden, den Antrag 2 a an. Erwogen war: Den in den Motiven S. 2080—2083 f ü r die Bestimmung des Entwurfs angeführten Gründen ständen überwiegende Gegengründe gegenüber. In der neueren Zeit werde wegen Ausdehnung der Selbstverwaltung der Einzelne zur Uebernahme von Funktionen im öffentlichen Interesse häufiger als früher herangezogen und hierbei trotz des gegen den Herangezogenen geübten Zwanges die Regel festgehalten, daß der Herangezogene bei Erfüllung seiner Obliegenheiten schlechthin für Fahrlässigkeit einzustehen habe. Bei dem Vormunde von dieser Regel abzuweichen, liege ein zureichender Grund nicht vor. Im Gebiete des preußischen Rechtes habe die regelmäßige H a f t u n g des Vormundes zu Unzuträglichkeiten nicht geführt, eine Verschärfung der H a f t u n g des Vormundes gegenüber der im gemeinen Rechte abgeschwächten H a f t u n g entspreche der größeren Verfügungsfreiheit, welche der Entw. dem Vormunde einräume, und sei erforderlich, um den aus der Erweiterung der Machtbefugnisse des Vormundes f ü r den Mündel sich ergebenden Gefahren entgegenzutreten. Die Bestellung einer in ihren eigenen Angelegenheiten nachlässigen | Person würde bei Annahme des Entw. zu Benachtheiligungen der Mündel führen, | Prot I 8272 für welche weder der Vormund noch das bestellende Vormundschaftsgericht aufzukommen habe. II. Die Vorschrift des zweiten Absatzes des § 504 daß, wenn mehrere Vormünder oder Gegenvormünder haften, H a f t u n g derselben als Gesammtschuldner eintritt, entspricht dem geltenden Rechte und war von keiner Seite in sachlicher Richtung beanstandet. Die Fassung blieb der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten. III. Die Vorschriften des dritten Absatzes des § 504 beziehen sich auf den Fall, wenn die H a f t u n g eines tutor gerens mit der H a f t u n g einer anderen Person wegen bloßer Verletzung der Aufsichtspflicht konkurrirt. Die Abänderungen des Antrages 1 sind wesentlich redaktioneller Natur, während zwischen dem Antrag 2 b und dem Entw. sachliche Unterschiede stattfinden. a) Die Voraussetzung der zu bestimmenden Rechtsnormen wird von dem Entwurf dahin gegeben, daß die H a f t u n g eines Gegenvormundes oder eines Mitvormundes, welche lediglich aus einer Verletzung der Aufsichtspflicht entspringt, mit der H a f t u n g des Vormundes, welcher seine Pflichten als gestor nicht erfüllt hat, konkurrirt. Der Antrag 2 b geht davon aus, daß eine H a f t u n g wegen bloßer Verletzung der Aufsichtspflicht bei einem Mitvormunde nicht eintreten könne, da dieser, wenn er dem anderen Vormunde die Führung eines Geschäftes überlassen habe, stets so zu beurtheilen sei, als wenn er durch und mit dem Anderen selbst gehandelt hätte. Es wird deshalb die Voraussetzung der Rechtsnorm lediglich in | der Konkurrenz einer | Prot I 8273 H a f t u n g des Vormundes und des Gegenvormundes gefunden, soll in diesen Fällen aber immer stattfinden, selbst wenn der Gegenvormund durch Einwilligung selbst thätig geworden ist. Die Kommission entschied sich in Ansehung des bezeichneten Unterschiedes für den Entwurf und gegen den Antrag 2 b . Die Fassung der für den Eintritt der Rechtsnorm zu bestimmenden Voraussetzung blieb der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten. Man war, in Uebereinstimmung mit den Motiven S. 2084, der Ansicht, daß die Pflicht eines Mitvormundes im einzelnen Falle auf einer Verpflichtung zur Beaufsichtigung sich beschränken könne, falls die Ueberlassung der gestio in Ansehung gewisser Geschäfte an den anderen Vormund, z. B. der körperlichen Inhabung einer Sache des Mündels, dem Vorwurfe einer fahrlässigen oder dolosen Handlungsweise entzogen sei, daß aber andererseits kein Grund gegeben sei, eine Ausnahme von der 907
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
nach allgemeinen Grundsätzen zu beurtheilenden H a f t u n g als Gesammtschuldner zu bestimmen, wenn ein Gegenvormund zu handeln berufen sei und gehandelt habe. b) Was den Inhalt der zu bestimmenden Rechtsnorm betrifft, so will der Entwurf dem Aufsichtspflichtigen, welcher erfüllt hat, einen Regreßanspruch gegen den aus eigener fehlerhafter gestio Verpflichteten geben, in umgekehrter Richtung aber versagen. Der Antrag 2 b will lediglich bestimmen, daß, während der Aufsichtspflichtige und der gerens nach Außen solidarisch haften, nach Innen der gerens als der allein Verpflichtete zu gelten habe. Dieser Vorschlag des Antrags 2 b erhielt die sachliche Billigung der Kommission. Die Fassung blieb der P r ü f u n g bei der Redaktion vorbehalten. Erwogen war: | Es handele sich darum, die im § 335 Abs. 1 aufgestellte Regel, daß die Gesammtschuldner im Verhältniß zu einander als zu gleichen Antheilen verpflichtet gelten, entsprechend der Lage des hier in Betracht kommenden Falles eine Ausnahme erleiden zu lassen. Die Ausnahme sei dahin zu bestimmen, daß an die Stelle der Haftung zu gleichen Antheilen die Alleinhaftung des einen Gesammtschuldners trete. Welche rechtliche Folgen die Bestimmung, daß nach Innen eine gewisse Art der H a f t u n g zu gleichen Antheilen, zu ungleichen Antheilen, des Einen zu keinem Antheile und des Anderen zum Ganzen, gelten solle, unter den Betheiligten habe, sei im § 335 Abs. 1 nicht näher bestimmt und habe auch nach der bei der Berathung des Paragraphen festgehaltenen Auffassung der Kommission nicht näher bestimmt zu werden brauchen. Jedenfalls sei hier in dieser Richtung ein Besonderes nicht zu bestimmen und insbesondere eine Entscheidung der Frage nicht zu geben, ob der in dem Verhältnisse zum mithaftenden Gesammtschuldner zu Entlastende, auch bevor er von dem Gläubiger in Anspruch genommen worden sei und erfüllt habe, von dem ihm gegenüber antheilig oder allein Verpflichtete sofortige Liberation verlangen könne oder nur einen Ersatzanspruch habe, wenn er ein Mehreres als seinen Antheil geleistet habe. c) Der Antrag 2 b bestimmt eine Ausnahme von der den blos Aufsichtspflichtigen gegenüber der Regel des § 335 Abs. 1 begünstigenden Rechtsnorm f ü r den Fall, daß derselbe vorsätzlich gehandelt habe. Die Kommission lehnte die Bestimmung einer solchen Ausnahme ab. Erwogen war: Seien der Aufsichtspflichtige und der Handelnde Mitdelinquenten und habe der | Prot I 8275 Aufsichtspflichtige vorsätzlich gehandelt, z. B. im Fall einer gemeinschaftlich | begangenen Untreue, § 266 Str.G.B., so finde die Vorschrift des § 336 K.E. Anwendung, welche auch der Antrag nicht ausschließe. Fehle es an einem gemeinschaftlich begangenen Delikte, so komme darauf, ob der Aufsichtspflichtige sich bewußter und vorsätzlicher Weise, womit ein arglistiges Verfahren noch nicht nothwendig verbunden zu sein brauche, der Erfüllung seiner Pflicht entschlagen habe, dem gerens gegenüber nichts an, denn der letztere stehe keineswegs zu dem Aufsichtspflichtigen in einem Rechtsverhältnisse, auf Grund dessen er ein Recht hätte, zu verlangen, daß dieser ihn nach besten Kräften von der Stiftung eines Schadens abzuhalten suche. Möglich bleibe nur, daß der Aufsichtspflichtige gegen den gerens ein Delikt begangen habe und aus diesem hafte. d) Man war einverstanden, daß eine besondere Ausnahme, welche nicht schon aus den allgemeinen Vorschriften sich ergebe, hier nicht zu bestimmen sei, und daß deshalb die Worte in Abs. 2 „vorausgesetzt . . . haftete" wegfallen müßten. Der im Antrag vorgeschlagene Ersatz dieser Worte durch eine Hinweisung auf die Anwendbarkeit der Vorschrift des § 336 K.E. wurde gebilligt. Man nahm an, daß im § 336 mit | Prot I 8274
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der Versagung des Regreßanspruches auch verneint sei, daß derjenige, welcher vorsätzlich gehandelt habe, gegen den Anderen den Anspruch auf Liberation von der nach Außen ihn über seinen Antheil treffenden Haftung insoweit erheben könne, als derartige Ansprüche auf Liberation aus § 335 Abs. 1 K.E. hergleitet werden könnten. IV. Der vierte Absatz des Entw. galt als durch den vorstehend unter III d gefaßten Beschluß erledigt. — Im Anschlüsse an den Antrag 2 b zu § 504 war von dem Urheber des Antrags zugleich beantragt, den § 707 | K.E. vom Semikolon an zu fassen: „im Verhältnisse beider zu einander gilt der Andere, welcher den Schaden zugefügt hat, als allein verpflichtet, es sei denn, daß der Mitverpflichtete vorsätzlich gehandelt habe." l a Die Kommission billigte diese Aenderung unter Weglassung der Schlußworte „es sei denn . . .". Die Gründe dieser Billigung ergeben sich aus den zu § 504 unter III b, c vorstehend mitgetheilten Erwägungen. Die Berathung des ferneren Antrags in § 730 K.E. als Abs. 2 einzuschalten: „Ist ein Beamter, welcher (die Geschäftsführung eines Anderen zu beaufsichtigen oder) an der Geschäftsführung eines Anderen durch Ertheilung oder Versagung der Genehmigung zu Rechtsgeschäften Theil zu nehmen hat, wegen Verletzung der ihm hierbei obliegenden Pflichten neben dem Anderen für den von diesem zugefügten Schaden verantwortlich, so finden die Vorschriften des § 707 (K.E.) entsprechende Anwendung." und die Berathung des zu diesem Antrage gestellten Verbesserungsantrags, den Eingang der vorgeschlagenen Bestimmung zu fassen: „Ist ein Beamter, welcher einen Anderen zur Geschäftsführung für einen Dritten zu bestellen, oder die Geschäftsführung desselben zu beaufsichtigen, oder zu dieser Geschäftsführung durch Ertheilung oder Versorgung der Genehmigung zu Rechtsgeschäften mitzuwirken hat, wegen Verletzung pp." wurde bis zu der Berathung des in den Aenderungsvorschlägen des Referenten vorgeschlagenen § 533 a ausgesetzt. 2
Kurlbaum (Nr 290, 3) | Prot 1 8 2 7 6
Kurlbaum (Nr 290, 2)
v. Weber (Nr 296)
| Prot I 8277 | Der § 505 des Entw. lautet: „Versäumt oder verzögert der Vormund die durch § 501 vorgeschriebene Anle- TE-FamR gung von Geldern des Mündels, so muß er die anzulegenden Summen mit sechs vom $ 5 0 5 Hundert jährlich verzinsen. Verwendet der Vormund entgegen der Bestimmung des § 502 Vermögensgegenstände des Mündels in seinen Nutzen, so trifft ihn in Ansehung des Werthes des Verwandten, unbeschadet etwaiger höherer Ersatzansprüche des Mündels, die gleiche Verzinsungspflicht."
Es war beantragt: im ersten Absätze die Worte „mit sechs vom Hundert" und den zweiten Absatz zu streichen. I. Der erste Absatz des § 505 wurde unter Streichung der Worte „mit sechs vom Hundert jährlich" angenommen. Die Annahme erfolgte aus den in den Motiven S. 2085, 2086 angegebenen Gründen, doch hielt man ein Hinausgehen über den in Ermangelung einer besonderen Bestimmung zur Anwendung gelangenden gesetzlichen Zinsfuß von 5 % (§ 216 des K.E.) nicht für genügend gerechtfertigt. la 2
Vgl. Jakobs/Schubert, Beratung, Recht der Schuldverhältnisse III, S. 939. Vgl. die Beratungen bei Jakobs/Schubert, Beratung, Recht der Schuldverhältnisse III, S. 1004 ff. (Prot. I, S. 8442 ff.).
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Kurlbaum (Nr 287, 3)
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
II. Der zweite Absatz des § 505 wurde gleichfalls mit Rücksicht auf die in den Motiven für die Aufnahme desselben angegebenen Gründe gebilligt. Die Vorschrift des Abs. 2 geht über die ähnliche Vorschrift des § 586 K.E. f ü r den Mandatsfall hinaus, indem der Beweis der Größe des Schadens nicht nur bei der Verwendung von Geldern des Mündels in eigenen Nutzen, sondern auch bei der Verwendung von anderen Gegenständen erleichtert wird. Man nahm an, daß das Bedürfniß einer | Prot I 8278 solchen Erleichterung | im vorliegenden Falle ein besonderes dringendes sei, während dasselbe im Mandatsfalle nicht in demselben Umfange bestehe. Der § 506 des Entw. lautet: TE-FamR „Der Ehemann einer Vormünderin, welcher nicht Vater des Mündels ist und die § 506 Uebernahme der Vormundschaft durch die Frau genehmigt oder die letztere, bevor sie als Vormünderin entlassen ist, geheirathet hat, haftet f ü r die aus der vormundschaftlichen Verwaltung entspringenden Verbindlichkeiten seiner Frau als Bürge, ohne Unterschied, ob dieselben vor oder nach Eingehung der Ehe entstanden sind." Es war beantragt: Planck
1. in den gedruckten Aenderungsvorschlägen des Referenten: dem § 506 folgende Sätze hinzuzufügen: „Durch die rechtskräftige Ungültigkeitserklärung der Ehe wird die Haftung des Ehemannes f ü r die Vergangenheit nicht ausgeschlossen. Dasselbe gilt, wenn die ungültige Ehe vor rechtskräftiger Ungültigkeitserklärung durch T o d oder Scheidung aufgelöst gilt." Kurlbaum 2. den § 506 zu fassen: (Nr 292, 4) „Der Ehemann einer zum Vormund bestellten Frau haftet für die Verbindlichkeiten, soweit sie aus der während der Ehe geführten Vormundschaft entstehen, als Bürge, es sei denn, daß er der Vater des Mündels ist oder der Bestellung seiner | Prot 18279 Ehefrau zum Vormunde widersprochen hat. Die H a f t u n g | des Ehemannes erstreckt sich nicht auf die Führung der Vormundschaft nach dem Zeitpunkte, in welchem er beantragt hat, seine Ehefrau als Vormund zu entlassen. Ist eine Ehe aus einem anderen Grunde als wegen Formmangels nichtig oder anfechtbar, so finden in Ansehung der Zeit vor der Ungültigkeitserklärung der Ehe die Vorschriften des ersten Absatzes Anwendung." Die Kommission lehnte den § 506 ab, womit auch die Anträge zu demselben als erledigt galten. Erwogen war: Sofern der Entwurf den Ehemann, welcher die Uebernahme der Vormundschaft durch die Frau genehmigt (wie solches nach der zu § 483 des Entw., Prot. 10. März 1886 S. 8172—8177 beschlossenen Vorschrift erforderlich ist), als Bürgen haften lassen wolle, behalte die Vorschrift immer noch einen dispositiven Charakter, nur werde dem wirklichen Willen des Genehmigenden ein nicht geringer Zwang durch die Auslegung als Bürgschaftswillen angethan. Ein noch größerer Zwang werde aber dem Ehemanne angethan, welcher der Bürgenhaftung vom Gesetze um deswillen unterworfen werde, weil er eine Vormünderin geheirathet habe. Die Aufdrängung einer solchen Bürgenhaftung werde durch den Einfluß, welchen der Ehemann regelmäßig auf die Ehefrau habe, nicht gerechtfertigt, zumal ein solcher Einfluß thatsächlich durchaus nicht in allen Fällen bestehe und wo er bestehe, ein Mißbrauch desselben dahin, daß die Ehefrau zu Pflichtverletzungen gegen ihren Mündel veranlaßt werde, nicht zu vermuthen sei. Mit der Ablehnung des Entw. habe auch der noch weiter gehende Antrag 2 als abgelehnt zu gelten und erledige sich der im Antrage 1 vorgeschlagene Zusatz. 910
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
Der § 507 des Entw. lautet: | „Der Vormund, wie der Gegenvormund hat gegen den Mündel Anspruch auf | Prot I 8280 Ersatz der für denselben gemachten Auslagen, sowie auf Vergütung f ü r solche dem TE-FamR Mündel geleisteten Dienste, zu welchen er nicht verpflichtet war, vorausgesetzt, daß §507 die Auslagen bezw. die Dienste nach Maßgabe des § 504 Abs. 1 gerechtfertigt waren. Ueber den Anspruch auf Verzinsung der Auslagen entscheiden die Grundsätze vom Auftrage." Es war beantragt: 1. in den gedruckten Abänderungsvorschlägen des Referenten, den § 507 durch folgende Bestimmungen zu ersetzen: „Auf Aufwendungen, welche der Vormund oder Gegenvormund f ü r den Mündel gemacht hat, finden die §§ 587, 588 K.E. entsprechende Anwendung. H a t der Vormund oder Gegenvormund dem Mündel solche Dienste geleistet, zu welchen er nicht verpflichtet war, so steht ihm gegen den Mündel ein Anspruch auf Vergütung für dieselben insoweit zu, als sie nach Maßgabe des § 504 Abs. 1 gerechtfertigt waren." 2. in einem weiteren vom Referenten gestellten Antrage, dem § 507 Abs. 1 in der Planck (Nr 279, 8) Fassung des Antrags 1 die Worte hinzuzufügen: „mit der Maßgabe, daß auch bei Anwendung des § 588 K.E. nur die Sorgfalt in Betracht kommt, welche der Vormund in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt." 3. den Abs. 2 des Antrags 1 zu fassen: „Hat der Vormund oder Gegenvormund Dienste geleistet, welche seinem Erwerbe oder Berufe angehören, so gelten dieselben als zu vergütende Aufwendungen." Der Antrag 2 galt durch den zu § 504 Abs. 1 gefaß- | ten Beschluß (S. 8271) als | Prot 1 8281 erledigt. Die im Antrag 1 vorgeschlagenen Aenderungen sind überwiegend redaktioneller Natur. Eine sachliche Abweichung besteht nur darin, daß auch der § 587 K.E., sowie die Bestimmungen in § 588 Abs. 3 K.E. f ü r entsprechend anwendbar erklärt sind. Der Antrag 3 bestimmt den Begriff der Dienste, für welche Vergütung verlangt werden kann, im Anschlüsse an das preußische Recht — V.O. § 33 Abs. 3 — etwas enger und korrekter. Der durch den Antrag 1 verbesserte Entwurf hatte im Allgemeinen keine Anfechtung erfahren. Die Allegate der Vorschriften der §§ 587, 588 wurden mit Rücksicht auf die Analogie zwischen Mandat und Vormundschaft gebilligt. Was die nähere Bezeichnung der zu vergütenden Dienste anbelangt, so war man der Ansicht, daß eine Vergütung aller über die strikte Verpflichtung hinaus geleisteten Dienste zu weit gehe, da die Regel der Unentgeltlichkeit festzuhalten sei und eine Ausnahme nur in solchen Fällen Platz greifen dürfe, in welchen der Vormund eine Vergütung für die geleisteten Dienste auch von einer jeden anderen Person zu fordern berechtigt sein würde. Aus diesen Gründen wurde der Antrag 3 angenommen. Der § 508 des Entwurfs lautet: „Die Vormundschaft wird in der Regel unentgeltlich geführt. Das Vormund- TE-FamR schaftsgericht kann jedoch, wenn dies nach der Art oder dem Umfange der Vermö- §508 gensverwaltung billig erscheint, dem Vormunde und unter besonderen Umständen auch dem Gegenvormunde ein mäßiges H o n o r a r zubilligen. Das Vormundschaftsgericht ist, wenn es dies mit Rücksicht auf Aenderungen in der Art oder dem Umfange der Vermögensverwaltung für angemessen erachtet, für 911
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
| Prot I 8282 die Z u k u n f t das zugebilligte Honorar zu mindern | oder auch ganz zu entziehen befugt. Vor Festsetzung, Minderung oder Entziehung des Honorars sind der Vormund und etwaige Gegenvormund zu hören." v. Mandry (Nr 291, 4)
Es war beantragt: im § 508 a) den Abs. 1 zu streichen, b) im Abs. 2 statt des Zwischensatzes „wenn dies . . . billig erscheint" zu setzen „wenn es dies f ü r angemessen erachtet". c) im Absatz 3 die Worte „mit Rücksicht auf Aenderungen in der Art oder dem Umfange der Vermögensverwaltung" zu streichen und die Schlußworte dahin zu fassen „zu ändern oder zu entziehen befugt." d) den Abs. 4 dahin zu fassen: „Der Vormund und, wenn ein solcher bestellt ist, der Gegenvormund sind vor der Beschlußfassung zu hören." I. Der erste Absatz will klarstellen, daß der Vormund kraft Rechtens niemals H o n o r a r fordern könne. Die Kommission beschloß die Aufnahme der an sich selbstverständlichen Vorschrift wegen der praktischen Wichtigkeit derselben.
II. Der zweite Absatz war sachlich im allgemeinen gebilligt, nur wurde die Erinnerung erhoben, daß ein zureichender Grund für die Bewilligung eines Honorars nicht lediglich in dem Umfange der Vermögensverwaltung zu finden sei, sondern auch durch den Umfang der sonstigen die Person des Mündels betreffenden Geschäfte gegeben sein könne. Auch der Antrag b beabsichtigt eine solche Erweiterung. Die Kommission erachtete die Erinnerung für begründet. Die Zulässigkeit der H o | Prot 18283 norarbewilligung bei dem Gegenvormunde auszuschließen, erachtete man nicht | für gerechtfertigt, wenngleich thatsächlich die Veranlassung zu einer solchen Bewilligung seltener sein werde. Endlich war man der Ansicht, daß die Beschränkung der zulässigen Bewilligung auf ein „mäßiges" H o n o r a r unter Umständen nicht zweckdienlich sein könne, da eine Schmälerung des Honorars auf die Güte der für dasselbe zu leistenden Dienste von Einfluß sei und somit dem Mündel zum Nachtheil gereichen könne. Der Abs. 2 wurde hiernach in folgender der Redaktion übrigens noch zur weiteren Prüfung überlassenen Fassung angenommen: „Das Vormundschaftsgericht kann jedoch, wenn die Bewilligung nach den Vermögensverhältnissen des Mündels und nach den dem Vormunde abliegenden vormundschaftlichen Geschäften sich rechtfertigt, dem Vormunde und unter besonderen Umständen dem Gegenvormunde ein H o n o r a r bewilligen." III. Der Abs. 3 wurde in folgender vereinfachten und an die Fassung der zu § 369 des Entw., Prot. 3. Februar 1886 S. 7784, 7785, beschlossenen Vorschrift sich anschließenden Fassung angenommen: „Das Vormundschaftsgericht kann zu jeder Zeit für die Zukunft die Bewilligung aufheben oder ändern." IV. Der Abs. 4 war sachlich unbeanstandet geblieben. Der Prüfung bei der Redaktion wurde vorbehalten, ob — zu vergl. Antrag d — die Eingangsworte bis „Honorars" durch die Worte „Vor der Entscheidung" und die Worte „und etwaige | Prot 18284 Gegenvormund" durch die Worte „und, wenn ein | Gegenvormund bestellt ist, auch dieser" zu ersetzen seien. 912
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
Der § 509 des Entw. lautet: „Der Vormund hat nach Beendigung seines Amtes dem bisherigen Mündel bezw. TE-FamR dessen gesetzlichem Vertreter oder Rechtsnachfolger das verwaltete Vermögen her- S 509 auszugeben und Schlußrechnung abzulegen. Soweit der Vormund in Gemäßheit der §§ 531 und 532 dem Vormundschaftsgerichte Rechnung abgelegt hat und dieselbe von dem letzteren als ordnungsmäßig anerkannt ist, genügt die Bezugnahme darauf in der Schlußrechnung. Die Schlußrechnung ist, bevor sie abgelegt wird, dem etwa bestellten Gegenvormunde zur Prüfung vorzulegen. Er hat sie mit seinen Bemerkungen zu versehen und über die von ihm geführte Gegenvormundschaft, sowie über das von dem Vormunde verwaltete Vermögen jede erforderte Auskunft zu geben. Ist die Vormundschaft selbst nicht beendigt, so ist die Schlußrechnung bei dem Vormundschaftsgerichte einzureichen und von diesem nach vorgängiger Prüfung dem neuen Vormunde mitzutheilen." Es war beantragt: 1. in den gedruckten Anderungsvorschlägen des Referenten, dem Absatz 1 folgende Bestimmung hinzuzufügen: | „Die Schlußrechnung ist von dem Vormunde nach Maßgabe des § 91 Abs. 1 K.E. |Prot I 8285 zu unterschreiben oder zu unterzeichnen." im Abs. 2 anstatt: „§§ 531 und 532" zu setzen: „§§ 530 und 531". 2. a) im Abs. 1 die Worte „bezw.. . . Rechtsnachfolger" zu streichen, b) Abs. 3 Satz 1 zu streichen mit entsprechender Aenderung des Satzes 2, c) Abs. 4 zu streichen.
Kurlbaum (Nr 292, 5)
I. Der Abs. 1 des § 509 wurde aus den Gründen der Motive gebilligt. Der im Antrage 1 beantragte Zusatz wurde abgelehnt. Man war der Meinung: Der Zusatz wolle dem Mündel bezüglich des für den Mündel sich ergebenden Saldos oder sonstiger von dem Vormunde ohne spezielle Angabe des Verpflichtungsgrundes anerkannter Verbindlichkeiten ein nach § 677 des K.E. gültiges abstraktes Schuldversprechen verschaffen. Ein Zwang zur Abgabe eines solchen Versprechens sei nicht gerechtfertigt und noch weniger rechtfertige sich die Tendenz der Vorschrift, durch die verlangte Unterschrift gegen den Vormund den Schein einer abstrakten Obligation hervorzurufen, deren Uebernahme vielleicht gar nicht beabsichtigt sei. Gebilligt wurde, daß der Entw. Fristen für die Rechnungslegung nicht bestimme, zu vergi. Motive S. 2097 unter Ziff. 3. Bezüglich der Manifestation bleibt es hier wie im Verhältnisse des Kindes zu dem Inhaber der elterlichen Gewalt bei den | allgemei- | Prot I 8286 nen aus § 768 K.E. sich ergebenden Grundsätzen, zu vergi. Motive S. 2100 Ziff. 6, S. 1522. Die in dem nur auf die Fassung sich beziehenden Antrage 2 1 bezeichneten Worte „bezw. . . . Rechtsnachfolger" sollen als selbstverständlich und deshalb entbehrlich weggelassen werden. II. Der Abs. 2 wurde aus den Gründen der Motive angenommen. In demselben tritt der Standpunkt des Entwurfs hervor, daß zwar das Ablegen der Jahresrechnungen gegenüber dem Gericht auch ein Ablegen derselben gegenüber dem Mündel ist, aber eine eigentliche Abnahme mit materieller Erledigung durch das Gericht nicht stattfinden kann, da dasselbe keine Vertretungsmacht für den Mündel besitzt. Es fand dieser Standpunkt vorläufig die Billigung der Kommission; es wurde aber vorbehalten, bei Berathung der §§ 530 u. 531 des Entw. auf die Prüfung dieser Frage zurückzukommen. 913
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
III. Der Abs. 3 wurde aus den Gründen der Motive sachlich gebilligt. Der Antrag 2 b, den ersten Satz als entbehrlich wegzulassen, fand nicht die Zustimmung der Kommission. Dagegen wurde beschlossen, die Worte „bevor sie abgelegt wird" zu streichen. Der P r ü f u n g bei der Redaktion wurde vorbehalten, ob hinter „Bemerkungen" der verdeutlichende Zusatz einzuschalten sei „zu welchen die P r ü f u n g ihm Anlaß gegeben hat." IV. In Ansehung des Absatz 4 kam zur Sprache: Der Entw. betrachte die Ver| Prot I 8287 pflichtung des Vormundes zur Ablegung der Schlußrechnung als eine rein | privatrechtliche und außergerichtlich zu erfüllende. Dies werde im § 511 Abs. 1 des Entw. dadurch zum Ausdruck gebracht, daß zwar beiden Betheiligten das Recht gegeben werde, bei dem Vormundschaftsgerichte die Anberaumung einer Verhandlung zur gütlichen Abnahme der Schlußrechnung zu beantragen, und daß dem Vormundschaftsgerichte nur, wenn ein desfallsiger Antrag gestellt worden, auferlegt würde, dabei die Vermittlung zu übernehmen. Dieser Standpunkt des Entw. entspreche dem praktischen Bedürfnisse nicht völlig, vielmehr erfordere dasselbe, daß das Vormundschaftsgericht ex officio thätig werde, um die Abnahme der Schlußrechnung zu veranlassen. Daß sich in Folge hiervon die Thätigkeit des Gerichtes in die Zeit erstrecke, in welcher die Vormundschaft bereits beendigt sei und der frühere Mündel keines Schutzes mehr bedürfe, könne keine Bedenken erregen, denn f ü r den soeben der Vormundschaft entwachsenen und in der eigenen Geschäftsführung noch nicht geübten Mündel ergebe sich aus der bezeichneten Ausdehnung der obervormundschaftlichen Thätigkeit ein nicht zu unterschätzender Vortheil. Die Kommission trat diesen Erwägungen bei und beschloß, den § 511 des Entw. sofort mit in die Berathung zu ziehen. Der § 511 des Entw. lautet: „Auf Antrag eines Betheiligten hat das Vormundschaftsgericht eine Verhandlung z u r gütlichen Abnahme der Schlußrechnung anzuberaumen und dazu die Betheiligten und den etwa bestellten Gegenvormund zu laden. | Prot 1 8288 | Das Vormundschaftsgericht kann das persönliche Erscheinen der gedachten Personen anordnen. Gegen die nichterschienenden Personen ist nach Maßgabe des § 579 Abs. 3 der deutschen Civilprozeßordnung zu verfahren. Die Kosten der Verhandlung treffen den Mündel. Ist jedoch eine gütliche Abnahme der Schlußrechnung nicht erfolgt, so werden die erwachsenen Kosten als Theil der Kosten des künftigen Rechtsstreites behandelt." TE-FamR §511
Es war beantragt: 1. den § 511 zu fassen: „Die Schlußrechnung ist dem Vormundschaftsgerichte einzureichen. Dieses hat die Betheiligten mit Einschluß des Gegenvormundes zur Verhandlung über die Abnahme der Rechnung zu laden und, soweit die Rechnung als richtig anerkannt wird, dies zu beurkunden." v. Mandry 2. den zweiten Satz der im Antrage 1 vorgeschlagenen Vorschrift beginnen zu (Nr 293) lassen: „Das Vormundschaftsgericht hat dieselbe nach Maßgabe des § 531 (oder: rechnungsmäßig und sachlich) zu prüfen, die Betheiligten mit Einschluß . . . " Die Kommission nahm den Antrag 1, welcher dem vorstehend näher begründeten von der Kommission eingenommenen Standpunkte entspricht, im Prinzip an. Die
Kurlbaum (Nr 292,6)
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1. Titel: Vormundschaft über Minderj ährige
§ § 1773—1895
weitere Beschlußfassung über die Einzelheiten und die Fassung w u r d e vorbehalten. D e r Abs. 4 des § 509 galt damit als entbehrlich geworden und erledigt.
534. Sitzung vom 25. 3. 1886, Schriftführern.
Liebe.
| Die Berathung des Familienrechts wurde fortgesetzt.
| Prot I 8291
D e r § 510 des Entw. lautet: „Auf die Verpflichtung der Erben eines V o r m u n d e s finden die Bestimmungen über die den Erben eines Beauftragten obliegenden Pflichten entsprechende Anwendung. Ist über das V e r m ö g e n des V o r m u n d e s Konkurs eröffnet, so liegt während der D a u e r des Konkursverfahrens dem Verwalter die Verpflichtung zur Ablehnung der Schlußrechnung ob. D e r Gemeinschuldner ist nach Maßgabe der in den §§ 92 und 93 der deutschen K o n k u r s o r d n u n g gegebenen Vorschriften dem Verwalter jede erforderte Auskunft über die vormundschaftliche Verwaltung zu geben verpflichtet." Es w a r beantragt: 1. in den gedruckten Aenderungsvorschlägen des Referenten, | d e n Absatz 1 zu streichen. 2. den § 510 zu fassen: „Stirbt der V o r m u n d , so haben dessen Erben f ü r die Erhaltung und Sicherstellung der in dem Nachlasse befindlichen Vermögensstücke des Mündels bis z u r Uebergabe zu sorgen. Die Verpflichtung zur Ablegung der Schlußrechnung geht auf die Erben des V o r m u n d e s über." 1. In dem Antrage 2 sind Vorschriften in Vorschlag gebracht, welche die in dem ersten Absätze des § § 5 1 0 enthaltene Verweisung zu ersetzen bestimmt sind. Die Kommission beschloß w e d e r den Absatz 1 des § 510 noch die in Ersatz desselben vorgeschlagenen Vorschriften a u f z u n e h m e n . Erwogen w a r : Aus den G r ü n d e n , welche in den Bemerkungen zu den gedr. Abänderungsanträgen des Referenten S. 169, 170 angegeben seien, ergebe sich, d a ß die verweisende Vorschrift des Entwurfs nicht mehr passe. D e r A n t r a g 2 bringe nicht besondere in der Person der Erben neu entstehende Verbindlichkeiten in Vorschlag, sondern bestimme nur gewisse aus der allgemeinen Vererblichkeit der Passiva sich ergebende Konsequenzen. Diese brauchten aber hier ebensowenig bestimmt zu werden, wie dergleichen in dem Abschnitte über das Mandat bestimmt sei. 2. Den zweiten Absatz des § 510 beschloß die Kommission zu streichen. Erwogen war: Die V o r s c h r i f t des Absatz 2 habe einen positiven C h a r a k t e r und sei nicht etwa, wie die Motive der preußischen V o r m u n d s c h a f t s o r d n u n g , aus welcher die | V o r schrift entnommen sei (Motive des Reg.Entw. S. 56) a n z u n e h m e n schienen, aus allgemeinen G r u n d s ä t z e n abzuleiten. Dabei bringe die V o r s c h r i f t mancherlei Zweifel mit sich, namentlich ob die Verbindlichkeit dem K o n k u r s k u r a t o r als solchem obliege u n d wie dieselbe sich zu der konkurrirenden Verbindlichkeit des Kridars verhalte. D a ß ein dringendes praktisches Bedürfniß — zu vergl. Motive S. 2099 unter Ziff. 5 — die A u f n a h m e einer derartigen V o r s c h r i f t verlange, sei auch nicht anzuerkennen, da die dem Mündel unter Umständen bei der Geltendmachung seiner Ansprüche im Konkurse erwachsenden Schwierigkeiten doch nicht gehoben würden. Endlich w ü r d e die V o r s c h r i f t dem V o r w u r f e zu großer Beschränktheit nicht entge915
TE-FamR S 510
| Prot 1 8292
| Prot 18293
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
hen, da sie, wenn ein Bedürfniß derselben bestände, für alle Vermögensverwaltungen gegeben werden müßte. Der § 511 des Entw. und die zu demselben gestellten Anträge sind in dem Protokolle über die vorige Sitzung (S. 8287, 8288) mitgetheilt. Der § 511 ist dort nur zum Theil erledigt, indem die Kommission das dem Antrage 1 zum Grunde liegende Prinzip, daß das Vormundschaftsgericht seine vermittelnde Thätigkeit von Amtswegen und nicht erst auf Antrag eintreten zu lassen habe, angenommen ist. Folgende weiteren Beschlüsse wurden gefaßt: 1. In Ersatz des ersten Absatzes des Entwurfs soll die im Antrag 1 vorgeschlagene Vorschrift mit der im Antrag 2 vorgeschlagenen Verbesserung dahin, daß die Eingangsworte zu lauten haben „Das Vormundschaftsgericht hat dieselbe rechnungsmäßig und sachlich zu prüfen, die Betheiligten mit Einschluß pp", aufgenommen werden. Erwogen war: | Prot 18294 | Wenn auch die Aufsichtspflicht des Vormundschaftsgerichtes und dessen Befugniß, dem Vormund zur Erfüllung seiner Obliegenheiten durch die gesetzlich für zulässig erklärten Zwangsmittel anzuhalten, mit der Beendigung der Vormundschaft definitiv weggefallen seien und nicht in Ansehung der Behandlung der Schlußrechnung um deswillen als noch fortdauernd behandelt werden könnten, weil die Schlußrechnung die vor die Beendigung der Vormundschaft fallende Verwaltung betreffe, so sei es doch durch praktische Rücksichten geboten, daß das Vormundschaftsgericht durch eine kalkulatorische und sachliche Prüfung und durch Mittheilung der Resultate dieser P r ü f u n g dem Rechnungsnehmer, namentlich dem oft unerfahrenen und nicht gehörig instruirten bisherigen Mündel zu Hülfe komme, ohne daß indessen die weiter gehenden Vorschriften des § 531 des Entw., über welche noch zu beschließen sei, f ü r auch hier maßgebend erklärt werden könnten. 2. Der zweite Absatz des § 511 wurde von der Kommission abgelehnt, weil ein Zwang zum persönlichen Erscheinen ohne wesentlichen Nutzen sei. 3. In Folge der Ablehnung des zweiten Absatzes hat der dritte Absatz seine Bedeutung verloren und galt derselbe deshalb als erledigt. 4. Den vierten Absatz lehnte die Kommission ab, weil man annahm, es liege kein genügender Grund vor, dem Vormunde ausnahmsweise den Ersatz von Kosten aufzuerlegen, soweit eine solche Verpflichtung nicht aus den allgemeinen Grundsätzen sich rechtfertige. 5. Einverständniß bestand darüber, daß es einer besonderen Vorschrift über die Zulässigkeit und die Folgen des Verzichtes des zur Volljährigkeit gelangten Mündels | Prot 18295 auf Abnahme der Schlußrechnung nicht be-1 dürfe und insbesondere spezielle positive Bestimmungen, um den Mündel vor übereilten Erklärungen zu schützen (zu vergl. Motive S. 2097), entbehrlich seien. Der § 512 des Entw. lautet: TE-FamR „Nach ordnungsmäßiger Ablegung der Schlußrechnung hat der bisherige Vor§ 5 1 2 mund gegen seinen bisherigen Mündel einen Anspruch auf Anerkennung der Richtigkeit seiner Rechnung. Wegen einzelner Ausstellungen kann die Anerkennung nicht verweigert werden. Im Falle schriftlicher Beurkundung muß der Vorbehalt, um wirksam zu sein, in die U r k u n d e aufgenommen werden. Ueber die erfolgte Herausgabe des Vermögens ist Quittung zu ertheilen. Sobald die Schlußrechnung ohne Vorbehalt anerkannt und das Vermögen herausgegeben ist, kann die Aufhebung bezw. Zurückgabe der bestellten Sicherheit 916
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
verlangt werden. Ist die A n e r k e n n u n g der Rechnung verweigert oder bei der Anerkennung ein Vorbehalt gemacht, so hat das Vormundschaftsgericht zu entscheiden, ob und wieviel von der Sicherheit bestehen bleiben soll." Es w a r beantragt: 1. den § 512 zu streichen, eventuell zu fassen: Kurlbaum „Wird die Richtigkeit der gelegten Rechnung nicht anerkannt, so hat das V o r - (Nr 292, 7) mundschaftsgericht auf Antrag des bisherigen V o r m u n d e s zu entscheiden, ob die von demselben bestellte Sicherheit g a n z o d e r theilweise zurückzugeben sei." | 2. seitens des Referenten in den gedruckten Abänderungsanträgen desselben, | Prot I 8296 den § 512 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: „Wenn nach ordnungsmäßiger Schlußrechnung der bisherige Mündel die Anerkennung der Richtigkeit der R e c h n u n g verweigert oder bei der Anerkennung einen Vorbehalt gemacht hat, so hat das Vormundschaftsgericht zu entscheiden, ob und wieviel von der durch den V o r m u n d bestellten Sicherheit bestehen bleiben soll. Verlangt der bisherige Mündel von dem V o r m u n d e auf G r u n d des § 768 K.E. die Leistung des Offenbarungseides, so ist jene Entscheidung erst zulässig, wenn der V o r m u n d den Offenbarungseid geleistet hat." 3. den § 512 zu fassen: „ N a c h ordnungsmäßiger Ablegung der Schlußrechnung und Ausantwortung des Vermögens des Mündels hat der V o r m u n d gegen den Mündel den Anspruch auf eine in gerichtlicher oder notarieller Form auf Kosten des Mündels auszustellende Quittung und Entlastung und auf A u f h e b u n g und R ü c k g e w ä h r u n g der bestellten Sicherheit." 1. In den ersten drei Absätzen des § 512 ist nur insofern eine positive Bestimmung enthalten, als dem V o r m u n d e , welcher Rechnung gelegt und das V e r m ö g e n herausgegeben hat, gegen den Mündel ein Anspruch auf Abschließung eines negativen Anerkennungsvertrages, § 288 K.E., insoweit gegeben wird, als der Mündel nicht bestimmte weiter ihm zustehende Ansprüche behauptet. Die Kommission hielt die G e w ä h r u n g eines sol- | chen Anspruches an den V o r - | Prot I 8297 mund nicht f ü r genügend gerechtfertigt und beschloß, die Absätze 1, 2, 3 des § 512, welche daneben noch eine entbehrliche und selbstverständliche Vorschrift über die Quittungspflicht des Mündels enthalten, zu streichen. Für die Streichung waren die in den Bemerkungen zu den Abänderungsanträgen des Referenten S. 170 bis 172 angegebenen G r ü n d e maßgebend. Insbesondere w a r erwogen, daß dem Mündel ein nicht gerechtfertigter Z w a n g angethan werde, wenn man von ihm verlange, d a ß er im W e g e des Rechtsgeschäftes einer ihm günstigen Rechtsposition sich begebe, ohne d a ß er vielleicht zur Zeit über alle Punkte der Verwaltung des V o r m u n d e s genügend instruirt sei. 2. D e r letzte Absatz des Entwurfs enthält insofern eine Vorschrift anomalen Inhalts, als das Vormundschaftsgericht zwar w ä h r e n d der D a u e r der V o r m u n d s c h a f t die von ihm auf Kautionsleistung des V o r m u n d e s gehende und realisirte V e r f ü g u n g theilweise oder ganz z u r ü c k n e h m e n kann, bei einem Kautionserlaß nach Beendigung der V o r m u n d s c h a f t aber in wohlerworbene Rechte des Mündels eingreifen würde. Die Kommission lehnte den Absatz 4 mit den zu denselben gestellten Anträgen ab. Erwogen w a r : Es sei nicht genügend durch Rücksichten praktischer Art gerechtfertigt, dem Vormundschaftsgerichte einen Eingriff in die Rechte des Mündels, wie die V o r schrift des Abs. 4 solchen gestatte, freizugeben. D e r V o r m u n d , welcher allen seinen Verbindlichkeiten genügt habe, k ö n n e im Prozeßwege die Liberation seiner Kaution 917
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
| Prot 18298 erlangen und, im Falle eines Ver- | zuges des Mündels, auch Schadensansprüche geltend machen. Der § 513 des Entw. lautet: TE-FamR „Die Vorschriften des § 54 No. 5 der deutschen Konkursordnung finden auf die § 513 Fälle, in denen außerhalb des Konkursverfahrens eine Befriedigung persönlicher Gläubiger nach dem Range ihrer Forderung stattzufinden hat, entsprechende Anwendung." Man stimmte dem Entwürfe darin bei, daß eine Ausdehnung des durch den § 54 No. 5 der Konkursordnung dem Mündel gegebenen Vorzugsrechtes auf die Fälle, in denen außerhalb des Konkursverfahrens eine Befriedigung persönlicher Gläubiger nach dem Range der Forderungen stattzufinden hat, nur konsequent sei. Man verständigte sich indessen dahin, daß die Vorschrift des § 513, welche nur in gewissen erbrechtlichen Fällen von Bedeutung sei, nicht an dieser Stelle Aufnahme finden 3 , sondern, daß vorbehalten werden solle, in den das Erbrecht behandelnden Theil des Gesetzbuchs oder nach Befinden in das Einführungsgesetz eine Vorschrift dieses Inhalts aufzunehmen, v. Weber Es war beantragt: (Nr 295) in den Unterabschnitt von der Sorge für das Vermögen, einen Paragraphen folgenden Inhalts aufzunehmen: § 498 a „In Ansehung einer bevormundeten Ehefrau hat der Vormund die Pflicht und das Recht, f ü r das Vermögen derselben zu sorgen, nur unbeschadet des dem | Prot I 8299 Ehemanne | gesetzlich zustehenden ehelichen Nutznießungs- und Verwaltungsrechtes oder der sonstigen nach dem zwischen den Ehegatten bestehenden Güterstande dem Ehemanne an dem Vermögen der Ehefrau zustehenden Rechte." Der Antrag geht von der Meinung aus, daß, wenn das Gesetz sowohl den Ehemann als den Vormund einer Ehefrau zur Verwaltung des Vermögens derselben berufe, eine Aufklärung über das gegenseitige Verhältniß dieser beiden Berufungen zu geben sei. Die Mehrheit der Kommission theilte jene Meinung nicht und lehnte die Aufnahme der vorgeschlagenen Vorschrift ab. Man war der Ansicht: Das Recht und die Pflicht des Vormundes, an Stelle einer bevormundeten Ehefrau deren Vermögen zu verwalten, könne naturgemäß nicht weiter reichen, als die geschäftsfähige Ehefrau selbst zur Verfügung über ihr Vermögen befugt sein würde. Das Recht des Ehemannes, das Vermögen seiner Ehefrau zu verwalten, unterscheide sich wesentlich von dem Rechte des Vormundes, denn das Recht des Ehemannes sei demselben vom Gesetze als ein eigenes, vorzugsweise seinen Interessen dienendes verliehen, während die Vertretungsrechte des Vormundes demselben lediglich im Interesse des Mündels verliehen seien. Hieraus ergebe sich das gegenseitige Verhältniß der Rechte des Vormundes und des Ehemannes mit einer solchen Klarheit, daß die Aufnahme einer verdeutlichenden Bestimmung nicht erforderlich erscheine. Auch über das Verhältniß des elterlichen Rechts der Sorge für das Vermögen einer verheiratheten minderjährigen Tochter zu dem Verwaltungsrecht des Ehemannes sei | Prot 1 8300 eine ähnliche Bestimmung nicht aufgenom- | men und deren Aufnahme in gleicher Weise entbehrlich. Die Berathung wandte sich zu den unter der Ueberschrift „III. Mitwirkung und Aufsicht des Vormundschaftsgerichts" stehenden Vorschriften des Entwurfs. Die weitere Prüfung der Ueberschrift und der Eintheilung blieb der Redaktion vorbehalten. Von Kurlbaum lag ein Streichungsantrag vor (Nr. 292, 8). 918
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
Der § 514 des Entw. lautet: TE-FamR „Der Antrag auf Entlassung des Mündels aus dem Staatsverbande kann von dem S 514 Vormunde nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes gestellt werden. Der Vormund darf dem Mündel einen dauernden Aufenthalt außerhalb Deutschlands gegen das Verbot des Vormundschaftsgerichtes nicht gestatten. Vor Ertheilung oder Versagung der in Absatz 1 gedachten Genehmigung hat das Vormundschaftsgericht nach Maßgabe des § 528 zu verfahren." Es war beantragt: Planck 1. seitens des Referenten in den gedruckten Abänderungsanträgen desselben, im Absatz 2 den Ausdruck „außerhalb Deutschlands" durch die Worte „im Auslande" zu ersetzen. v. Mandry 2. a) den ersten Absatz dahin zu fassen: „Zu dem Antrage des Vormundes auf Entlassung des Mündels aus dem Staatsver- (Nr 294,2) bande ist die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich." b) den zweiten Absatz zu streichen. 4 11. Die Vorschrift des ersten Absatzes war sachlich nicht beanstandet. In Anse- iProt 1 8301 hung der Fassung gab man der im Antrage 2 a vorgeschlagenen Fassung den Vorzug. 2. Der zweite Absatz wurde gestrichen. Erwogen war: Im zweiten Absätze werde nur eine Pflicht des Vormundes bestimmt, nicht aber die Vertretungsmacht desselben beschränkt. Die dort vorgeschriebene Beachtung eines Verbotes des Vormundschaftsgerichtes, wenn man sie auch nach der Erläuterung des Referenten als Anordnung zur Einholung der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts verstehen wolle, habe deshalb eine wesentlich verschiedene und praktisch untergeordnete Bedeutung. Die Pflicht des Vormundes, den Mündel vor einem aus einem längeren Aufenthalt im Auslande erwachsenden Nachtheile zu behüten, verstehe sich von selbst. Dieser Nachtheil sei zudem nach dem Reichsgesetze über den Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit vom 1. Juli 1870 nur unter besonderen Umständen zu befürchten und leicht zu heben, so daß es um so weniger einer besonderen Vorschrift bedürfe, wie solche der Entwurf vorschlage. 3. Der dritte Absatz war sachlich nicht beanstandet. Man hielt indessen eine Ergänzung der Vorschrift dahin, daß das Vormundschaftsgericht auch den Mündel selbst, sofern dieser das achtzehnte Lebensjahr zurückgelegt habe, vor seiner Entscheidung hören solle, für angemessen. Die Bedeutung der Vorschrift wurde dahin gefunden, daß durch dieselbe die Entlassung des Mündels aus dem Staatsverbande in jedem Falle f ü r eine wichtige Angelegenheit im Sinne des § 528 erklärt wird. Die Fassung der aufzunehmenden Vorschrift blieb der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten, wo auch entschieden werden soll, ob die Vorschrift zu den | zu §§ 528, 529 zu | Prot I 8302 beschließenden Vorschriften zu stellen ist.
4
Unter Nr. 299, 2 war von Planck beantragt worden: in den §§ 514, 517, 518, 521, 522 statt: „Genehmigung des Vormundschaftsgerichts" und „Genehmigung des Gegenvormundes" zu setzen: „Einwilligung des Vormundschaftsgerichts" und „Einwilligung des Gegenvormundes" (Für den Fall der Annahme des Antrags werden auch die früheren Paragraphen des Entwurfs, in welchen die „Genehmigung des Vormundschaftsgerichts" erfordert wird, eine entsprechende Aenderung erfahren müssen und bleibt ein hierauf zu richtender Antrag vorbehalten).
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§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
Der § 515 des Entw. lautet: TE-FamR „Ohne die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes kann der Vormund eines S 515 Ehegatten weder die in § 43 gedachte Nichtigkeitsklage erheben, noch die Ehe des Mündels als ungültig anfechten." Planck Es war seitens des Referenten beantragt, den § 515 dahin zu fassen: (Nr 279, 9) „Ohne die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes kann der Vormund eines Ehegatten die in dem § 1225 der Zusst. bezeichnete Nichtigkeitsklage nicht erheben." v. Mandry Der gestellte Antrag auf Streichung des § 515 wurde angenommen, weil man der (Nr 292, 9) Ansicht war, daß diese Vorschrift neben der Bestimmung, daß der Staatsanwalt von Amtswegen die Nichtigkeitsklage erheben könne, ohne erhebliche praktische Bedeutung sei und die das Verfahren beherrschende Offizialmaxime einen genügenden Schutz vor den Gefahren biete, welche dem Mündel aus der Erhebung der im § 1225 bezeichneten Nichtigkeitsklage erwachsen könnten. Der sachlich vom Entwurf nicht abweichende Antrag galt damit als erledigt. Der § 516 des Entw. lautet: TE-FamR „Ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes kann der Vormund dem § 516 Mündel die Erlaubniß zur selbständigen Betreibung eines Erwerbsgeschäftes weder ertheilen noch die ertheilte Erlaubniß zurücknehmen." Der § 516 wurde als durch § 66 K.E. 5 entbehrlich geworden von der Kommission gestrichen. Der § 517 des Entw. lautet: | Prot I 8303 | „Der Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts beTE-FamR darf es §517 i z u r Veräußerung von Ansprüchen, soweit solche nicht unter den § 518 N o . 2 fallen, von Hypotheken und Werthpapieren des Mündels, sowie zu den eine Verpflichtung zu solcher Veräußerung begründenden Rechtsgeschäften, 2. zur Annahme von Zahlungen dem Mündel geschuldeter Kapitalien, sofern diese nicht bei der Reichsbank oder einer Sparkasse belegt sind, 3. zur Aufgabe oder Minderung der f ü r einen Anspruch des Mündels bestellten Sicherheit, sowie zu den eine Verpflichtung des Mündels hierzu begründenden Rechtsgeschäften. Der Genehmigung bedarf es nicht, wenn mehrere Vormünder die Vormundschaft gemeinschaftlich führen." Es war beantragt: 1. in den gedruckten Abänderungsvorschlägen des Referenten die N o . 2 zu streichen und der N o . folgende Fassung zu geben: „1. zur Veräußerung und Belastung von Ansprüchen, soweit solche nicht unter § 518 N o . 2 fallen, von Hypotheken, Grundschulden und Werthpapieren des Mündels, sowie zu den eine Verpflichtung zu solcher Veräußerung oder Belastung begründenden Rechtsgeschäften. Zur Annahme von Zahlungen bedarf es jedoch der Genehmigung nur dann, wenn es sich um die Zahlung solcher dem Mündel geschul| Prot I 8304 deten Kapitalien handelt, welche nicht | bei der Reichsbank oder einer Sparkasse belegt sind." v. Mandry 2. a) die einleitenden Worte dahin zu fassen: (Nr 294, 3) „Die Genehmigung des Gegenvormundes ist erforderlich Vgl. § 112 BGB.
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1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773—1895
1. zu einem Rechtsgeschäfte, durch welches . . .". b) als weitere Fälle, in denen die Genehmigung des Gegenvormundes erforderlich ist, aufzuführen: „(4) zu einem gegenseitigen Rechtsgeschäfte, durch welches für den Mündel ein Anspruch auf Uebertragung des Eigenthums an einem Grundstücke oder auf Begründung oder Uebertragung eines Rechts an einem Grundstücke mit Ausnahme von Hypotheken oder Grundschulden begründet wird; (5) zu einem Pachtvertrage über ein landwirthschaftliches Grundstück oder ein Erwerbsgeschäft; (6) zu Vergleichs- oder Schiedsverträgen, es sei denn, daß der Gegenstand des Streites oder der Ungewißheit einen Werth von nicht über 300 M. hat." c) als zweiten Absatz hinzuzufügen: „Die Genehmigung des Gegenvormundes wird durch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ersetzt. Das Vormundschaftsgericht soll den Gegenvormund, wenn ein solcher bestellt ist, vor der Genehmigung des Geschäftes hören." Kurlbaum
3. a) den § 517 zu fassen: (Nr 297, 1) „Soweit nicht nach den Vorschriften des | § 518 die Genehmigung des Vormund- | Prot 18305 schaftsgerichts erforderlich ist, ist die Genehmigung des Gegenvormundes erforderlich zu einem Rechtsgeschäfte, durch welches ein Anspruch, eine Hypothek oder Grundschuld oder ein Werthpapier veräußert oder die Verpflichtung zu einer solchen Veräußerung begründet wird. Zur Annahme einer Leistung ist die Genehmigung des Gegenvormundes nicht erforderlich, wenn der Gegenstand des Anspruchs nicht in Geld- oder Werthpapieren besteht, oder wenn eine zu den Nutzungen des Mündelvermögens gehörende Forderung erfüllt wird. Hat das Vormundschaftsgericht die Hinterlegung der Werthpapiere angeordnet, so soll der Gegenvormund die Genehmigung zur Annahme derselben nur ertheilen, wenn die Hinterlegung gesichert wird. Sind Gelder anzunehmen, welche nach der Vorschrift des § 501 (Entw.) Abs. 1 angelegt werden sollen, so soll der Gegenvormund die Genehmigung zur Annahme nur ertheilen, wenn die Anlegung gesichert wird. In Ermangelung der erforderlichen Genehmigung des Gegenvormundes zur Annahme von Geld- oder Werthpapieren kann der Vormund von dem Schuldner verlangen, daß dieser den zu leistenden Gegenstand für den Mündel öffentlich hinterlegt. Die Genehmigung des Gegenvormundes wird durch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ersetzt." b) der zu § 489 Abs. 2 beschlossenen Vorschrift (Prot. S. 8195) zuzusetzen: | „Ein Gegenvormund soll in allen Fällen bestellt werden, wenn ein Rechtsgeschäft vorgenommen werden soll, zu welchem die Genehmigung des Gegenvormundes oder die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes erforderlich ist." c) dem §501 Abs. 4 zuzusetzen: „in der Art, daß sie nur mit Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichtes erhoben werden können."
Kurlbaum (Nr 297, 2) | Prot I 8306 Kurlbaum (Nr 297, 3)
4. a) zu den im § 517 aufzuführenden Rechtsgeschäften hinzuzufügen: v. Weber „zur Veräußerung von Kostbarkeiten, Gold- und Silbersachen des Mündels und (Nr 298) zu dem eine Verpflichtung zu der Veräußerung solcher Sachen begründenden Rechtsgeschäfte." 921
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
eventuell in einem besonderen Paragraphen zu bestimmen: 5 517 a. „Der Vormund soll nicht ohne Genehmigung des Gegenvormundes Kostbarkeiten, Gold- und Silbersachen des Mündels veräußern oder ein zu der Veräußerung solcher Sachen verpflichtetes Rechtsgeschäft schließen. Die Vorschrift des §517 Abs. 2 ( d . h . die in dem Antrage 2C vorgeschlagene Vorschrift) findet entsprechende Anwendung." b) dem § 517 den Zusatz hinzuzufügen: „Die Genehmigung des Gegenvormundes (oder des Vormundschaftsgerichts) ist nicht erforderlich zu der Veräußerung eines Gegenstandes der unter Nr. 1 bezeichneten Art im Wege einer gegen das Kind gerichteten Zwangsvollstreckung." | Prot I 8307
11. Zunächst wurde über die dem § 517 zu Grunde liegenden Prinzipien berathen. Der § 517 bezieht sich auf relativ — im Vergleich mit den im § 518 des Entw. aufgeführten Rechtsgeschäften — minder wichtige und insbesondere solche Rechtsgeschäfte, welche bei einer Vermögensverwaltung häufiger vorzukommen pflegen. Die unbeschränkte und selbständige Vertretungsmacht des Vormundes, welche die Regel bildet, wird in Ansehung der in den §§517, 518 des Entw. bezeichneten Rechtsgeschäfte Beschränkungen unterworfen und zwar im § 517 der praktisch weniger beengenden Beschränkung, daß die Genehmigung des Gegenvormundes genügen und die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes, soweit ein Gegenvormund bestellt ist, nicht erforderlich sein soll. In Ansehung der Verfügung über Aktiva und insbesondere deren Einziehung ist der U m f a n g der Vertretungsmacht des Vormundes für den Verkehr von besonders großer Bedeutung und findet hier die Besonderheit statt, daß die einschlagenden Bestimmungen auf die Rechtsstellung des Schuldners, unabhängig von dem Willen desselben, einwirken und bei dem Streben nach Sicherung des Mündels den Schuldner zu gefährden geeignet sind. Die Kommission verständigte sich dahin, daß die befreiende Wirkung von Leistungen irgend welcher Art, welche durch die Schuldner des Mündels zu bewirken seien, weder daran zu knüpfen sei, daß die Leistung an eine öffentliche Hinterlegungsstelle geschehe, noch daß die befreiende Wirkung einer solchen Leistung an den Vormund, von einer vorausgegangenen Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes abhängig sein solle. Es soll vielmehr an der Regel festgehalten werden, daß dem Vormunde ohne Weiteres rechtsgültig geleistet werden kann, diese Regel ist | Prot I 8308 aller- | dings weitgreifenden Ausnahmen zu unterwerfen, aber als beschränkendes Erforderniß soll, wenn ein Gegenvormund bestellt ist, nur die Genehmigung des Gegenvormundes bestimmt werden. Für diese Beschlüsse der Kommission waren die in den Motiven S. 2107 bis 2115 angeführten Gründe, und insbesondere die Erwägung maßgebend: die neueren Gesetzgebungen hätten fast durchgängig für eine freiere Stellung des Vormundes sich entschieden; es seien zwar nach Einführung der preußischen Vormundschaftsordnung durch die zunächst gemachten Erfahrungen manche Bedenken erregt, jedoch die gehegten Befürchtungen, welche man an die Einräumung der freieren Stellung des Vormundes geknüpft habe, hätten weder in Preußen noch in anderen Staaten sich in einem solchen Umfange verwirklicht, daß man dem Zuge des neueren Rechtes zu folgen Bedenken tragen müßte. In Preußen hätten die Fälle der Untreue der Vormünder seit einer Reihe von Jahren jährlich abgenommen und in Süd-Deutschland habe der freiere Standpunkt, welchen auch der Entwurf einnehme, sich in einer Weise bewährt, daß man nach den vorliegenden Nachrichten dessen Beibehaltung lebhaft wünsche. Endlich komme in Betracht, daß die mit einer Beschränkung der 922
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Rechte des V o r m u n d e s verbundenen Vortheile durch die mit derselben verbundenen Nachtheile bei Weitem überwogen würden. II. In Ansehung der Bestimmung des beschränkenden Erfordernisses, welchem genügt sein muß, damit die von dem Vormunde vorgenommenen im § 517 bezeichneten Rechtsgeschäfte wirksam seien, stimmen Entwurf und Anträge mit der nachher zu erwähnenden in dem Antrage 3 a Abs. 1 und 3 b enthaltenen Einschränkung, im Wesentlichen sachlich überein. Er- | fordert wird die Genehmigung des Gegenvor- | Prot I 8309 mundes, wenn ein solcher bestellt ist. Ist ein solcher nicht bestellt — mag nun die Nichtbestellung ordnungsmäßig sein oder nicht — so ist die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich und genügend. Dieselbe soll aber auch dann genügend sein und die mangelnde Genehmigung des Gegenvormundes ersetzen, wenn ein solcher bestellt ist. Dafür, daß der Gegenvormund, welcher von dem Vormunde übergangen werden soll, vorher zu Gehör gelangt, wird in dem später zu berathenden § 529 des Entw. Sorge getragen. D e r A n t r a g 3 a, b unterscheidet sich nur in einem einzelnen Punkte vom Entwürfe. Derselbe will d a f ü r Sorge tragen, daß ein Rechtsgeschäft der im § 517 des Entw. bezeichneten Art nicht vorgenommen werde, ohne daß ein Gegenvormund genehmigt habe oder mindestens bestellt und gehört sei. Der Antrag geht von der Meinung aus, daß die Kontrole des Gegenvormundes weit größeren praktischen W e r t h habe als die Sachuntersuchung des vormundschaftlichen Gerichtes, deshalb in keinem der hier fraglichen Fälle gänzlich zu entbehren sei und daß jede Vorschrift zu vermeiden sei, welche den Vormundschaftsrichter veranlassen könnte, von der Bestellung eines Gegenvormundes abzusehen. Die Kommission lehnte den A n t r a g b , welcher in allen Fällen des § 517 dem Vormundschaftsgerichte die Bestellung eines Gegenvormundes zur Pflicht machen will, ab. M a n w a r der Ansicht: Der Antrag passe nicht zu dem Beschlüsse; Prot. S. 8195, daß die Bestellung eines Gegenvormundes mit Rücksicht auf die Erheblichkeit der Vermögensverwaltung, im Ganzen genommen, zu ge-1 schehen habe. Die Ertheilung einer einzelnen Genehmi- | Prot I 8310 gung seitens des Vormundschaftsgerichtes sei immer noch eine einfachere Maßregel als die Bestellung eines — abgesehen von dem einzelnen Akte — unnöthigen Aufsichtsorgans. Die Fassung der über das Erforderniß der Genehmigung des Gegenvormundes oder Vormundschaftsgerichtes bestimmten Vorschrift, also insbesondere der Eingangsworte des § 517 blieb ebenso wie die Stellung der a u f z u n e h m e n d e n Vorschrift der P r ü f u n g bei der Redaktion überlassen. Die Berathung des § 517 gelangte in der heutigen Sitzung nicht z u m Abschluß. 535. Sitzung vom 29. 3. 1886, Schriftführer: von Liebe. | D i e in der vorigen Sitzung nicht beendete Berathung des § 5 1 7 des Familien- | Prot 18311 rechtsentwurfs u n d der zu demselben gestellten Anträge w u r d e fortgesetzt. Es w a r ein fernerer Antrag eingegangen 5. in d e m Antrage 3 a) die Absätze 3 und 4 zu streichen; eventuell die W o r t e in Abs. 3 „wenn die Hinterlegung gesichert wird" dahin zu ä n d e r n : „wenn er (nach Maßgabe der ihm obliegenden Sorgfalt) annehmen darf, daß der V o r m u n d die A n o r d n u n g ausführen wird," die W o r t e in Absatz 4 „wenn die Annahme gesichert wird" dahin: „wenn er (nach Maßgabe der ihm obliegenden Sorgfalt) annehmen darf, daß der V o r m u n d die Gelder vorschriftsmäßig anlegen wird". 923
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3. Abschnitt: Vormundschaft
b) Zu Abs. 5: für den Fall, daß die Bestimmung angenommen werden sollte, die Schlußworte dahin zu beschließen: „mit der Erklärung öffentlich hinterlegt, daß er sich des Rechtes der Zurücknahme begebe." Bei der weiteren Berathung des § 517 wurden folgende Einzelnheiten erörtert: | Prot I 8312
11. Man gelangte mit Rücksicht auf die in den Motiven S. 2107 bis 2115 und in den Bemerkungen zu den gedruckten Aenderungsvorschlägen des Referenten S. 173 vorgetragenen Gründe zu dem Einverständnisse, daß die Genehmigung des Gegenvormundes erforderlich sein solle zur Veräußerung und Belastung von Ansprüchen — soweit nicht nach den zu § 518 des Entw. zu beschließenden Vorschriften das Erforderniß der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts eintritt — von Hypotheken, Grundschulden und Werthpapieren des Mündels, sowie zu den eine Verpflichtung zu solcher Veräußerung oder Belastung begründenden Rechtsgeschäften. Im Antrage 3 a ist zwar neben der Veräußerung der Belastung nicht gedacht, jedoch überzeugte man sich, daß einerseits die Belastung, also in Bezug auf die hier fraglichen Gegenstände die Bestellung von Nießbrauchs- und insbesondere von Pfandrechten auch hier der Veräußerung gleichzustellen sei und daß andererseits bei dem engeren dem Ausdrucke „Veräußerung" bisher beigelegten Sinne — Prot. S. 3787 — auch der Belastung neben der Veräußerung besonders zu erwähnen sei, wie denn auch der Verbesserungsantrag des Referenten den Entw. in dieser Richtung ergänzt.
2. Nach den Beschlüssen der Kommission fällt die Annahme einer geschuldeten Leistung unter den Begriff der Veräußerung — Prot. S. 290, 1403, 1404 — und ist mit Rücksicht hierauf in dem Verbesserungsantrage des Referenten die Fassung des Entw. geändert, dabei jedoch an dem Prinzipe festgehalten, daß auch zu dieser Art der Veräußerung bei „geschuldeten Kapitalien" regelmäßig die Genehmigung des Gegenvormundes erforderlich sei. V o n einer Seite wurde im Laufe der Berathung der Antrag gestellt, dem Vormunde allgemein die Annahme von Leistungen mit befreiender Wirkung f ü r den | Prot I 8313 Schuld- | ner ohne das Erforderniß der Genehmigung des Gegenvormundes zu gestatten und somit eine viel weiter tragende Ausnahme von der vorstehend unter 1 beschlossenen Rechtsregel zu bestimmen. Die Kommission lehnte diesen Antrag ab. Man war der Ansicht: Durch eine solche Ausdehnung der Befugnisse des Vormundes werde der Mündel zu sehr gefährdet und werde von dem in dem größerten Theile des Reiches, insbesondere in Preußen, geltenden Rechte abgewichen. Es sei zwar anzuerkennen, daß in Ansehung einer großen Anzahl von Ansprüchen dem Vormunde die selbständige Annahme der Leistung freigegeben werden müsse und daß die nähere Abgrenzung dieser Ansprüche nicht unbedeutenden Schwierigkeiten begegne. Diese Schwierigkeiten seien indessen nicht unüberwindlich und rechtfertigen deshalb nicht, so weit zu gehen, wie der Antrag vorschlage. 3. Der Entw. beschränkt den Eintritt des Erfordernisses der Genehmigung des Gegenvormundes auf den Fall des Empfanges von Kapitalien. In den Motiven S. 2114 wird zugegeben, daß der Ausdruck „Kapitalien" an einer gewissen Unbestimmtheit leidet. Der Antrag 3 a Abs. 1 versucht deshalb, eine andere Art der Bezeichnung der frei einziehbaren Ansprüche zu finden. Er unterscheidet Ansprüche, deren Gegenstand in Geld oder Werthpapieren besteht, von Ansprüchen, welche auf einen anderen Leistungsgegenstand gehen, und erklärt die Ansprüche letzterer Art allgemein f ü r frei einziehbar, während die Ansprüche ersterer Art nur dann frei einziehbar sein sollen, wenn sie als Nutzungen des Mündelvermögens sich darstellen. 924
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Man war zunächst darüber einverstanden, daß es keinen Unterschied mache, ob eine Forderung im engeren Sinne vorliege oder ob, wie in dem Falle der | Grund- | Prot 18314 schuld, die Leistung nicht in obligatione, sondern nur in solutione ist. Ferner wurde anerkannt, daß es einer bestimmteren Abgrenzung der frei einziehbaren Ansprüche bedürfe, als der Entwurf solche bestimmt, weil diese Abgrenzung nicht lediglich für die persönlichen Rechtsbeziehungen zwischen Vormund und Mündel von Einfluß sein, sondern auch nach außen wirken und über die liberirende Wirkung der von dem Schuldner bewirkten Leistung entscheiden soll. a) Die erste Ausnahmebestimmung des Antrags 3 a Abs. 2, daß der Vormund bei Ansprüchen, welche nicht auf Leistung von Geld oder Werthpapieren gehen, der Genehmigung des Gegenvormundes nicht bedürfen solle, wurde im Allgemeinen gebilligt. Man beschloß indessen in Ansehung der Voraussetzung der Annahme von der Ausdrucksweise des Antrags etwas abzuweichen und die Voraussetzung dahin zu bestimmen, daß weder Geld noch Werthpapiere Gegenstand der Leistung — nicht des Anspruchs — sind. Erwogen war: Die Gefahr, welcher die bestimmte Beschränkung des Vormundes entgegenwirken solle, bestehe darin, daß mit der Erfüllung der Obligation der Gegenstand der Leistung in dem Vermögen des Mündels an die Stelle des aufgehobenen Anspruches trete und daß nach der Natur dieses Gegenstandes eine Schädigung des Mündels durch Verfügungen des Vormundes erleichtert werde. Das Erforderniß der Genehmigung des Gegenvormundes habe vornehmlich die praktische Bedeutung, daß in Folge desselben dem Vormunde die Umsetzung des Anspruchs in ein leichter entziehbares Objekt ohne die Kenntnißnahme des Gegenvormundes verwehrt werde, welcher in Folge der Kenntniß in die Lage komme, über das weitere Verfahren des Vormundes pflichtmäßige Aufsicht zu üben. Eine erhebliche Gefährdung des Mündels, welche die Beibehaltung der in Ansehung | der Veräußerung von Ansprüchen | Prot I 8315 bestimmten Regel auch im Falle der Realisirung der Ansprüche gebiete, bestehe indessen nur, wenn Geld oder Werthpapiere Gegenstand der Leistung seien. Darauf, ob der Anspruch ursprünglich auf einen anderen Gegenstand gegangen sei und erst in Folge der Nichterfüllung in einen Anspruch auf Geld sich umgesetzt habe, könne nichts ankommen, und beruhe hierauf die in der Fassung des Antrags vorgenommene Aenderung. Die beschlossene Ausnahme erscheine nothwendig, weil ohne dieselbe die weitgehende Beschränkung des Vormundes diesem die Vermögensverwaltung erschweren und im Verkehre lästig würde empfunden werden. b) Der Antrag 3 b Abs. 2 will ferner, auch wenn Geld oder Werthpapiere Gegenstand der Leistung sind, dem Vormunde das freie Einziehungsrecht geben, wenn die zu realisirenden Ansprüche unter den Begriff der Nutzungen des Vermögens des Mündels — das heißt der dieses Vermögen bildenden Sachen oder Rechte, §§ 782, 783 K.E. — bilden. Diese weitere Ausnahme, welche auch im Sinne des Entw. liegt, wurde gebilligt, weil die freiere Stellung des Vormundes dem Zwecke der Nutzungen, welche regelmäßig zur Bestreitung der laufenden Ausgaben benutzt werden und bei denen eine Beschränkung des Vormundes zu großen Erschwerungen des Verkehrs führen würde, entspricht. Dabei kam zur Sprache, daß, wenn die Nutzungen nicht in Ansprüchen, z. B. Zinsforderungen, sondern in anderen Objekten beständen, z. B. in Erzeugnissen, der Vormund diese Objekte nicht nur veräußern, sondern auch den Kaufpreis selbständig müsse einkassiren können. Die Kommission billigte diese Ausdehnung der Ausnahme, weil die Eigenschaft eines Vermögensgegenstandes als N u t z u n g die freiere Stellung des Vormundes rechtfertige und zur Vermei925
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d ü n g von Belästigungen erfordere. Die weitere Ausnahme soll mithin f ü r den Fall bestimmt w e r d e n : „wenn ein zu den N u t z u n g e n des Mündelvermögens gehörender o d e r ein in Folge der V e r ä u ß e r u n g solcher N u t z u n g e n entstandener Anspruch erfüllt wird." | Prot 18316
| 4. Der durch den Antrag 1 verbesserte Entwurf will dem Vormunde die freie Erhebung der bei der Reichsbank oder bei einer Sparkasse belegten Kapitalien gestatten. Die zu § 501 des Entw. von der Kommission beschlossenen Vorschriften [§§ 27, 28 Red.Vorl. von Pape] betreffen n u r solche Gelder, welche sich z u r festen Anlegung eignen; über die Anlegung von Geldern, welche erforderlich sind, um die lau| Prot 18317 | fenden und anderen durch die Vermögensverwaltung begründeten Ausgaben zu bestreiten, ist bisher ein Besonderes nicht bestimmt, bleibt es also bei der freien V e r f ü g u n g s b e f u g n i ß des Vormundes. In Ansehung der zur festen Anlegung an sich geeigneten Gelder wird in § 28 der vorl. Zusst. eine Besonderheit f ü r den Fall bestimmt, daß die feste Anlegung aus diesem oder jenem G r u n d e vorläufig auf Hindernisse stößt. Bei der Anlegung soll der V o r m u n d selbstverständlich stets im N a m e n des Mündels handeln. Die besondere Art der Anlegung bringt jedoch U n t e r schiede mit sich, welche auf die Einziehungsbefugniß des V o r m u n d e s von Einfluß sind. Es kann die Gläubigerschaft streng an die Person des Mündels g e k n ü p f t werd e n ; es kann zwar der Mündel zum Gläubiger gemacht, aber dem Schuldner zugleich die Befugniß eingeräumt werden, durch Zahlung an den Inhaber eines Legitimationspapieres sich zu befreien (§ 697 K.E.) und endlich kann die Gläubigerschaft an die I n h a b u n g einer Schuldverschreibung g e k n ü p f t sein (S. 679 K.E.). Die zu § 501 beschlossenen Vorschriften beschränken den V o r m u n d nicht auf eine bestimmte Anlegungsart in dieser Richtung, w e n n nur überhaupt in vorgeschriebener Weise angelegt wird. Gegen die Gefahren f ü r den Mündel, welche aus der Anlegung in Inhaberpapieren o d e r gegen Ausstellung von Legitimationspapieren der oben gedachten Art sich ergeben können, will § 532 Abs. 1 des Entw. Sicherungsmaßregeln des Vormundschaftsgerichtes zulassen. Die mit Rückblick auf die zu § 501 (§§ 27, 28 der vorl. Zusst.) beschlossenen | Prot I 8318 V o r s c h r i f t e n stattfindende E r ö r t e r u n g des Vorschlags des verbesserten Ent- | wurfs, dem V o r m u n d e die freie Erhebung der bei der Reichsbank oder einer Sparkasse belegten Gelder zu gestatten, führte zu folgenden zum Theil die zu § 501 beschlossenen Vorschriften modifizirenden Beschlüssen: a) D e r Vorschlag des verbesserten Entwurfs wurde abgelehnt. Erwogen war: Zunächst sei der Fall hier in Rücksicht zu nehmen, daß in Gemäßheit der §§ 27, 28 der vorl. Zusst. der V o r m u n d so belegt habe, daß die Gläubigerschaft streng an die Person des Mündels g e k n ü p f t sei, denn bei der Belegung gegen V e r a b f o l g u n g von Inhaberpapieren und Legitimationspapieren der im § 697 K.E. gedachten Art bestimme sich die Erhebungsbefugniß des V o r m u n d e s nicht nach den Vorschriften über seine Befugnisse als V o r m u n d , sondern nach den Vorschriften über Inhaberpapiere und Legitimationspapiere. Soweit die §§ 27, 28 der vorl. Zusst. z u r A n w e n d u n g k o m m e n , handele es sich stets um die Anlegung solcher möglicher Weise sehr beträchtlichen Gelder, welche an sich z u r festen Anlegung bestimmt seien, bei solchen Geldern aber dürfe im Interesse des Mündels von dem Erfordernisse der G e n e h m i g u n g des Gegenvormundes nicht abgesehen werden. b) W e n n dem V o r m u n d e gestattet wäre, in den Fällen der §§ 27, 28 der Zusst. bei Sparkassen und Banken gegen Verabfolgung von Inhaberpapieren o d e r Legitima926
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tionspapieren der obbezeichneten Art zu belegen, so würde er die prinzipiell ihm versagte freie Befugniß zur Einziehung durch die Art der Anlegung sich verschaf| fen können. Dieser Inkonsequenz will der Antrag 3 C begegnen. Die Mehrheit war |Prot I 8319 der Ansicht, daß die in dem Antrage vorgeschlagene Ergänzung, der Absicht des Antrags entsprechend, sowohl dem § 27 Abs. 2 Ziff. 5 als dem § 28 der vorl. Zusst. beizufügen sei, letzterem (§ 28) etwa in der Art, daß am Schlüsse des ersten Satzes hinter „Sparkasse" hinzugefügt wird: so zu belegen, daß sie nur mit Genehmigung des Gegenvormundes oder Vormundschaftsgerichts erhoben werden können, unter Streichung des vorausgegangenen Wortes „belegen". c) Bei Meinungsdifferenzen zwischen Vormund und Gegenvormund ergiebt sich leicht der Uebelstand, daß es einstweilen zu einer zinsbringenden definitiven Anlegung — § 27 der Zusst. — nicht kommt und die Gelder vorläufig möglicherweise unverzinslich oder zu unverhältnißmäßig niedrigen Zinsen in Gemäßheit des § 28 der Zusst. belegt werden müssen. Es wird zwar bei solchen Meinungsverschiedenheiten der Vormund den Ersatz der fehlenden Genehmigung des Gegenvormundes durch Nachsuchung der Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes herbeiführen können, jedenfalls liegt aber die Gefahr des Verlustes der Zwischenzinsen nahe. Dieser Uebelstand veranlaßte die Kommission, die Art der Anlegung unter Ziff. 5 des § 27 der Zusst. — bei einer inländischen öffentlichen und obrigkeitlich bestätigten Sparkasse — dem Vormunde allein zu überlassen und einen Zusatz zu Ziff. 5 zu beschließen, daß es der Genehmigung des Gegenvormundes in diesem Falle nicht bedürfe. D a hiernach die Belegung bei der Sparkasse schon nach § 27 der Genehmigung des Gegen- | Vormundes nicht bedarf, so braucht derselben in § 2 8 der Zusst. nicht | Prot 1 8320 gedacht zu werden und sind dort Satz 1 a. E. die Worte „oder bei einer inländischen öffentlichen und obrigkeitlich bestätigten Sparkasse" zu streichen. d) In Ansehung der Gelder, welche erforderlich sind, um die laufenden und andere durch die Vermögensverwaltung begründete Ausgaben zu bestreiten, ist dem Vormund durch die §§ 27, 28 der Zusst. rücksichtlich der etwaigen einstweiligen Belegung freie H a n d gelassen, nur bleibt die allgemeine Pflicht des Vormundes bestehen, die Gelder, wenn er sie bei einem Dritten hinterlegt oder belegt, für den Mündel, d. h. so, anzulegen, daß der Mündel Gläubiger wird. Damit würde der Vormund in Ansehung der Wiedererhebung der regelmäßigen Beschränkung unterworfen bleiben und würde diese Beschränkung wegen des Bedürfnisses wiederholter Erhebungen von kleinen Posten vom Vormund und Schuldner lästig empfunden werden. Ein Ausweg ist dem Vormunde in einer solchen Art der Belegung geboten, bei welcher er nach den Belegungsbedingungen als Ueberbringer des Legitimationsoder Inhaberpapieres zur Erhebung mit Liberationswirkung für den Schuldner befugt ist. Eine solche Anlegung ist dem Vormunde nicht untersagt und würde, auch wenn das Gesetz schwiege, dem Vormunde nicht verwehrt sein. Die Kommission erachtete indessen für zweckmäßig, dem Vormunde die Befugniß ausdrücklich zuzusprechen, durch den Anlegungsvertrag mit dem Schuldner sich die freie Erhebung der angelegten Gelder vorzubehalten. | Die aufzunehmende Bestimmung wird folgenden sachlichen Inhalt haben: | Prot I 8321 „ D e r Vormund darf Gelder, welche erforderlich sind, um die laufenden und andere durch die Vermögensverwaltung begründete Ausgaben zu bestreiten, an geeigneter Stelle so belegen, daß sie an ihn ohne Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts vom Schuldner mit befreiender Wirkung zurückgezahlt werden können." 5. Der Antrag 3 a Abs. 3 , 4 wurde abgelehnt. 927
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Erwogen war: Der Antrag stelle Anforderungen an den Gegenvormund, welchen derselbe nur dann einigermaßen würde nachkommen können, wenn ihm die Stellung eines Mitvormundes eingeräumt würde und er sich demgemäß in die Mitinhabung der Gelder bezw. Werthpapiere setzen könnte. Eine solche Stellung würde aber mit der Eigenschaft des Gegenvormundes als eines Aufsichtsorganes nicht im Einklang stehen. Die Vorschreibung des Erfordernisses der Genehmigung des Gegenvormundes bewirke, daß der Gegenvormund Kenntniß erhalte, wenn dem Vormunde Gelder oder Werthpapiere geleistet würden. Der Gegenvormund werde hierdurch in den Stand gesetzt, auf das weitere ordnungsmäßige Verfahren des Vormundes Acht zu geben und, wenn Bedenken sich ergeben sollten, die nöthigen Schritte zu thun, um eine Gefährdung des Mündels abzuwehren, insbesondere durch Anzeige bei dem Vormundschaftsgerichte. Ob ein Mißtrauen in das künftige redliche Verfahren des Vormundes | Prot 18322 | für den Gegenvormund einen genügenden Grund abgebe, seine Genehmigung zurückzuhalten, könne nur nach den besonderen Umständen des einzelnen Falles beurtheilt werden. Hiernach erledige sich auch der eventuelle Antrag 5 a , da derselbe, soweit er richtig, auch selbstverständlich sei. 6. Der Antrag 3 a Abs. 5 bezieht sich auf den Fall, daß bei Versagung der Genehmigung des Gegenvormundes die Einziehung der Forderung verzögert wird und unter Umständen mora accipiendi eintritt. Der regelmäßige durch die beschlossenen Bestimmungen gebotene Ausweg liegt in der Nachsuchung der Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes durch den Vormund. Der Antrag will eine weitere Aushülfe dadurch bestimmen, daß der Schuldner f ü r verpflichtet erklärt wird, auf Verlangen des Vormundes den Gegenstand der Leistung öffentlich zu hinterlegen. Die Kommission lehnte den Antrag ab, weil ein solcher Hinterlegungszwang gegen den Schuldner sich nicht rechtfertige und, selbst bei einer durch den Beschluß unter 5 gemißbilligten Vergemeinsamung der Erhebungsbefugniß zwischen Vormund und Gegenvormund, aus der Analogie des § 1008 Abs. 5 K.E. sich nicht rechtfertigen lassen würde. 7. In Ansehung der unter Ziff. 3 des § 517 Abs. 1 des Entw. bezeichneten Rechtsgeschäfte — Aufgebung von Sicherheiten — beschloß die Kommission das strengere Erforderniß der Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes zu bestimmen, die Vorschrift deshalb hier zu streichen und unter die zu § 518 des Entw. zu beschließenden Vorschriften zu stellen. Man war der Ansicht, daß die Größe der aus solchen Ge| Prot I 8323 | Schäften zu befürchtenden Nachtheile und die Ungewöhnlichkeit solcher Geschäfte eine solche Strenge erheische und daß aus der Nichtbeschränkung des Inhabers der elterlichen Gewalt in Ansehung solcher Rechtsgeschäfte, bei Verschiedenheit der Stellung des letzteren von der des Vormundes, insbesondere in Beziehung auf das Aufsichtsrecht des Vormundschaftsgerichtes, kein Grund entnommen werden könne, um f ü r den Vormund nur die mindere Beschränkung zu bestimmen. 8. Der Antrag 4 a wurde sowohl in Ansehung seines prinzipalen als in Ansehung seines eventuellen Vorschlags abgelehnt. Erwogen war: Der Begriff der Kostbarkeiten — neben welchen übrigens wie in § 620 K.E., § 716 C.P.O., §§ 395, 608, 674, 725 H.G.B. Gold- und Silbersachen nicht besonders zu erwähnen sein würden — sei ein sehr unbestimmter. Es sei deshalb in hohem Maße bedenklich, den Umstand, daß es sich um Kostbarkeiten handelt, in die Voraussetzung einer Rechtsnorm aufzunehmen, welche nicht bloß die persönlichen Rechtsbeziehungen zwischen Vormund und Mündel betreffe, sondern nach Außen wirke. 928
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773—1895
Man könne deshalb nur an eine instruktionelle Vorschrift denken, wie sie eventuell vorgeschlagen werde. Der praktische Nutzen einer solchen Vorschrift für den Mündel sei indessen ein so geringer, daß ihre Aufnahme mit Rücksicht auf die mit einer solchen Vorschrift verbundenen Erschwerungen und Belästigungen der vormundschaftlichen Verwaltung nicht angemessen erscheinen könne. 9. Der Antrag 2 b will bei einigen Rechtsge-1 Schäften, zu denen der Entwurf § 518 | Prot I 8 324 die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes verlangt, das Erforderniß der Genehmigung des Gegenvormundes genügen lassen. Dabei stimmt indessen der Antrag mit dem § 518 im Einzelnen nicht völlig überein. Insbesondere wird die Pachtung eines einzelnen landwirtschaftlichen Grundstückes, welche nach dem Entwürfe überall nicht beschränkt ist, der Beschränkung des § 517 unterworfen. Der Antrag ist der Absicht entsprungen, das Erforderniß der Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes bei der Vormundschaft in übereinstimmender Weise festzusetzen, wie solches bei der elterlichen Gewalt bestimmt ist, und daneben den Vormund nur in den geeigneten Fällen der geringeren Beschränkung der Gebundenheit an den Konsens des Gegenvormundes zu unterwerfen. Die Kommission erkannte die Tendenz des Antrags als eine berechtigte nicht an und lehnte denselben ab, weil der Umfang, in welchem dem Inhaber der elterlichen Gewalt der Abschluß von Rechtsgeschäften unbeschränkt gelassen werde, durch das gegenseitige Verhältniß zwischen Eltern und Kind sich rechtfertige und keinen Grund abgebe, von dem Vormunde insoweit nicht mehr als die Einholung der Genehmigung des Gegenvormundes zu verlangen, sofern überhaupt eine Beschränkung des Vormundes geboten erscheine. 10. V o n einer Seite war im Laufe der Berathung der Antrag gestellt worden, die Genehmigung des Gegenvormundes auch zu verlangen „zur Kündigung einer auf Zinsen ausstehenden Forderung, Hypothek oder Grundschuld." | Die Kommission lehnte den Antrag ab. Man war der Ansicht: eine besondere | Prot 18325 Gefährdung f ü r den Mündel ergebe sich aus der bloßen Kündigung noch nicht. Gegen einen Mißbrauch der freien Kündigungsbefugniß sei der Mündel durch die persönliche Verantwortlichkeit des Vormundes genügend geschützt. Dagegen könne eine Beschränkung dieser Befugniß f ü r den Mündel unter Umständen nachtheilig wirken, wenn an einer Beschleunigung zur Abwendung von Gefahren gelegen sei. 11. Es lag ferner der im Laufe der Debatte gestellte Antrag vor, folgende Bestimmung an geeigneter Stelle aufzunehmen: „Der Genehmigung des Gegenvormundes zur Annahme einer Leistung bedarf es nicht, wenn der Gegenstand der Leistung den Betrag von 300 M. nicht übersteigt." Der Antrag wurde angenommen: Erwogen war: Der Antrag bringe eine praktisch wünschenswerthe Erweiterung des vormundschaftlichen Einkassirungsrechtes über den Fall, wenn die zu realisirenden Ansprüche als Nutzungen des Vermögens zu betrachten sind, hinaus in Vorschlag. Bei Vormundschaften mit einigermaßen erheblicher Vermögensverwaltung sei eine solche Erweiterung der Befugnisse des Vormundes zur Vermeidung von Belästigungen, sowohl des Vormundes als der Schuldner des Mündels, durch die Verhältnisse gefordert. 12. Den über das Erforderniß der Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes zu Rechtsgeschäften des Inhabers der elterlichen Gewalt beschlossenen Bestimmungen ist folgende Ausnahme hinzugefügt: 929
§§ 1773-1895 | Prot I 8326
3. Abschnitt: Vormundschaft
| „Die G e n e h m i g u n g des Vormundschaftsgerichts ist nicht erforderlich zu dem Antrage, einen gemeinschaftlichen Gegenstand z u m Zwecke der A u f h e b u n g der Gemeinschaft nach Maßgabe des § 762 Abs. 2 K.E. zu verkaufen, sowie zu der V e r ä u ß e r u n g und Belastung eines Gegenstandes im W e g e einer gegen das Kind gerichteten Zwangsvollstreckung." D e r A n t r a g 4 b will die letztere Ausnahme im Falle des § 517 gelten lassen, erwähnt jedoch die erstere nicht. Man überzeugte sich indessen, daß dieselben Gründe, welche f ü r die beiden Ausnahmen bei den Vorschriften über die Beschränkung des Inhabers der elterlichen Gewalt entscheidend gewesen seien, Prot. S. 7733 Ziff. 6, auch in A n s e h u n g der Vorschriften über die Beschränkungen des V o r m u n d e s und z w a r sowohl der geringeren — § 517 des Entw. — als auch der weiter gehenden — § 518 des Entw. — Beschränkungen. M a n beschloß deshalb die beiden Ausnahmen in derselben Weise wie im Falle der elterlichen Verwaltung in einer V o r s c h r i f t zu bestimmen, welche sowohl die Fälle des § 517 als die Fälle des § 518 treffe. 13. D e r Absatz 2 des § 517 des Entwurfs w u r d e mit Rücksicht auf die in den Motiven S. 2109 f ü r die Vorschrift angeführten G r ü n d e sachlich gebilligt. D e r § 5 1 7 des Entwurfs und die zu demselben gestellten Anträge galten als erledigt. Die Fassung der zu § 517 beschlossenen Vorschriften blieb der weiteren P r ü f u n g bei der Redaktion vorbehalten.
536. Sitzung vom 31. 3. 1886, Schriftführer: | Prot I 8327
Struckmann.
| Die Berathung des Entwurfs des Familienrechts Abschnitt III „Das V o r m u n d schaftsrecht" w u r d e fortgesetzt. Im Anschlüsse an die zu § 517 des Entw. beschlossenen Bestimmungen über die N o t h w e n d i g k e i t der Genehmigung des Gegenvormundes zur A n n a h m e einer Leistung durch den V o r m u n d , sowie an die Bestimmungen des § 501 des Entw. über die Verpflichtung des Vormundes, die Mündelgelder zinsbar anzulegen (Prot. S. 8307 ff., 8249 ff.), w a r inzwischen noch folgender Antrag eingebracht: Kurlbaum Als § 517 a folgende Bestimmung a u f z u n e h m e n : (Nr 302,1) „ H a t der Gegenvormund dem V o r m u n d e die erforderliche G e n e h m i g u n g zur A n n a h m e einer Leistung ertheilt, so soll er davon dem Vormundschaftsgerichte unverzüglich Anzeige machen." Die Mehrheit entschied sich f ü r die Ablehnung des Antrags. | Prot I 8328 Sie w a r d e r Ansicht, daß die vorgeschlagene Bestimmung | zu dem System des Entw. nicht passe, durch ein Bedürfniß nicht geboten und überdies, hingesehen auf die damit v e r b u n d e n e erhöhte Verantwortlichkeit des Gegenvormundes und des Vormundschaftsgerichts, sowie auf die d a d u r c h herbeigeführte V e r m e h r u n g der Geschäftslast des Vormundschaftsgerichts bedenklich sei. N a c h dem System des E n t w u r f s sei der Gegenvormund dasjenige O r g a n , welchem die fortlaufende, unmittelbare Aufsicht darüber obliege, daß der V o r m u n d die von demselben eingezogene, nach § 501 des Entw. anzulegenden Mündelgelder ohne V e r z ö g e r u n g und vorschriftsmäßig anlege (vergl. §§ 495, 501 des Entw.). D e m Vormundschaftsgerichte w e r d e durch die Bestimmungen über die Verpflichtung des V o r m u n d e s , jährlich dem V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t e über die Verwaltung des Mündelvermögens R e c h n u n g zu legen, die Möglichkeit gewährt, bei Gelegenheit der P r ü f u n g der R e c h n u n g sich davon zu ü b e r z e u g e n , daß der V o r m u n d auch in Ansehung der Anlegung der M ü n delgelder die ihm obliegenden Pflichten erfüllt habe. Es verstehe sich von selbst, daß das Vormundschaftsgericht die sachliche P r ü f u n g der Rechnung auch nach dieser Richtung hin zu erstrecken habe. Ob es angemessen sein werde, dies z u m besonderen 930
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773—1895
Ausdrucke zu bringen, bleibe der Berathung der §§ 530, 531 des Entw. vorbehalten. Ein Bedürfniß, Vorsorge zu treffen, daß das Vormundschaftsgericht mit Rücksicht auf das demselben zustehende ständige Aufsichtsrecht (§ 526 des Entw.) in der hier fraglichen Beziehung schon vor Einreichung der Jahresrechnung in allen Fällen sofort von dem Stande der Dinge in Kenntniß gesetzt werde, um auch seinerseits die Möglichkeit zu haben, darauf einzuwirken, daß die An-1 legung der Mündelgelder | Prot 18329 ohne Verzögerung vorschriftsmäßig erfolge, sei nicht anzuerkennen. Vielmehr genüge in dieser Hinsicht die allgemeine Vorschrift des § 495 des Entw., nach welcher der Gegenvormund etwaige Pflichtwidrigkeiten des Vormundes dem Vormundschaftsgerichte unverzüglich anzuzeigen habe. Selbstverständlich sei es dem Vormundschaftsgerichte aber unbenommen, auch ohne eine solche Anzeige kraft seines Aufsichtsrechts von dem Vormunde Auskunft zu verlangen und geeignetenfalls gegen denselben einzuschreiten und ihn zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten. Zu erledigen war ferner noch folgender inzwischen eingebrachter Antrag des Referenten zu § 501 des Entw.: Behufs Erledigung des Zweifels, wie in dem Falle des § 501 (§ 27 der vorl. Zusst.) im Falle mangelnden Einverständnisses von Vormund und Gegenvormund zu verfahren sei, dem ersten Absätze des § 5 0 1 (§27 der vorl. Zusst.) folgenden Satz hinzuzufügen: „Bei einer Verschiedenheit der Meinungen des Vormundes und Gegenvormundes entscheidet das Vormundschaftsgericht." Gegen diesen Antrag wurde namentlich geltend gemacht, daß derselbe mit dem Prinzipe der Selbständigkeit des Vormundes und der prinzipiellen Stellung, welche der Entwurf dem Gegenvormunde gegenüber dem Vormunde anweise, nicht im Einklänge stehe, indem er dahin führe, daß der Gegenvormund in der hier fraglichen Beziehung die Stellung eines Mitvormundes erhalte und das Vormundschaftsgericht, wenn dasselbe der Ansicht des Gegenvormundes beitrete, den Vormund anhalten könne, danach gegen seinen | Willen zu verfahren. Auf Grund dieser Erinnerungen zog der Antragsteller den gedachten Antrag zurück und beantragte statt dessen, dem Abs. 1 des § 501 (§ 27 der vorl. Zusst.) folgenden Satz hinzuzufügen: „Das Einverständniß des Gegenvormundes wird durch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ersetzt." In sachlicher Hinsicht wurde dieser neue Antrag von keiner Seite bekämpft. Man war einverstanden, daß, wenn der Vormund nach Maßgabe des § 501 in einer bestimmten Art die Mündelgelder zinsbar anlegen wolle, das erforderliche Einverständniß des Gegenvormundes aber nicht zu erlangen sei, dem Vormunde im Interesse einer angemessenen Vermögensverwaltung ein Mittel zu Gebote stehen müsse, den unbegründeten Widerstand des Gegenvormundes zu brechen. Die Vorschrift, daß der Vormund die Gelder bei einer inländischen öffentlichen, obrigkeitlich bestätigten Sparkasse auch ohne Einverständniß des Gegenvormundes dauernd anlegen könne (vergl. den Beschluß zu § 517 des Entw., Prot. S. 8319), reiche nicht aus, da in vielen Fällen eine dauernde Anlegung bei einer Sparkasse im Hinblick auf den geringeren Zinsgenuß oder aus sonstigen Gründen sich nicht als die geeignetste Anlage erweisen werde. Eine Meinungsverschiedenheit ergab sich nur darüber, ob nicht der vorgeschlagene Satz, daß das Einverständniß des Gegenvormundes durch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ersetzt werden könne, im Hinblick auf die zu § 517 des Entw. beschlossene Bestimmung, nach welcher sogar in den Fällen des § 517 die zur Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts | erforderliche Genehmigung des Gegenvormundes durch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts 931
Planck (Nr 303, 7)
| Prot I 8330
| Prot I 8331
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3. Abschnitt: Vormundschaft
ersetzt werde, sowie im Hinblick darauf, daß das in den Fällen des § 501 erforderliche Einverständnis des Gegenvormundes nur als Ausfluß seines Aufsichtsrechts sich darstelle, als selbstverständlich und deshalb als entbehrlich zu erachten sei. Die Mehrheit hielt jedoch im Interesse der Deutlichkeit des Gesetzes die A u f n a h m e der vorgeschlagenen Bestimmung f ü r rathsam. Einvernehmen herrschte, daß das Vormundschaftsgericht auch in diesem Falle vor seiner Entscheidung den Gegenvormund h ö r e n solle (§ 529 des Entw.). O b es namentlich mit Rücksicht darauf sich empfehle, im § 501 des Entw. statt von „Einverständniß des Gegenvormundes" von „Genehmigung des Gegenvormundes" zu reden, blieb der P r ü f u n g bei der Redaktion vorbehalten. Planck Die Berathung w a n d t e sich sodann folgendem weiteren Antrage des Referenten (Nr 303, 1) z u : Die in der letzten Sitzung beschlossene Bestimmung, nach welcher der V o r m u n d der Genehmigung des Gegenvormundes nicht bedarf, bei der Annahme von Zahlungen deren Betrag dreihundert Mark nicht übersteigt, in folgender Art zu fassen und zu beschränken: „Die Genehmigung des Gegenvormundes ist nicht erforderlich zu der A n n a h m e der Erfüllung eines Anspruchs, dessen Betrag dreihundert M a r k nicht übersteigt, es sei denn, daß es sich um einen Anspruch der in dem § 27 unter N o . 1 bis 6 und in dem I Prot I 8332 § 28 | der vorl. Zusst. bezeichneten Art handelt." Eventuell statt der letzten Worte von „es sei d e n n " an: „es sei denn, daß es sich um einen in dem § 27 N o . 5 und § 28 der vorl. Zusst. bezeichneten Anspruch handelt." Im Laufe der auf G r u n d Mehrheitsbeschlusses wiederaufgenommenen Berathung der im Eingange des Antrages bezeichneten Bestimmung beantragte der Referent, in dem prinzipalen Antrage die Schlußworte „es sei denn, daß . . . handelt" im Anschlüsse an die Vorschriften der §§ 1009, 1009 a K.E. über den Nießbrauch durch die Worte „es sei denn, daß es sich um eine auf Zinsen ausstehende Forderung, H y p o t h e k o d e r Grundschuld handelt." zu ersetzen, um von der Bestimmung, daß die Genehmigung des G e g e n v o r m u n des in der A n n a h m e der Erfüllung eines Anspruchs nicht erforderlich ist, dessen Betrag dreihundert M a r k nicht übersteigt, auch solche dem Mündel zustehende Ansprüche auszunehmen welche zwar den C h a r a k t e r von Kapitalien haben, jedoch nicht unter die Kategorien der §§ 27, 28 der vorl. Zusst. fallen, z. B. weil der Mündel dieselben auf G r u n d einer Erbschaft erworben hat. D e r Antragsteller ging davon aus, d a ß durch die vorgeschlagene Beschränkung der hier fraglichen Bestimmung einerseits der Z w e c k der letzteren, dem V o r m u n d e die Verwaltung des Mündelvermögens nicht zu sehr zu erschweren und ihn in der Freiheit seiner Bewegung nicht in einer | Prot I 8333 mit den Bedürfnissen des | praktischen Lebens nicht im Einklänge stehenden Weise zu beengen, nicht beeinträchtigt, andererseits das gegen jene Bestimmung sprechende Bedenken beseitigt werde, daß dieselbe dem minder begüterten Mündel in Ansehung der demselben zustehenden Kapitalien den Schutz entziehe, welchen die Regel des § 5 1 7 dem reichen Mündel durch das Erforderniß der Genehmigung des Gegenvormundes gewähre. Die Mehrheit hielt jedoch die Gründe, welche in der vorigen Sitzung zu der generellen Bestimmung g e f ü h r t haben, daß die Genehmigung des Gegenvormundes nicht erforderlich sein soll zu der A n n a h m e der Erfüllung eines Anspruchs, dessen Betrag dreihundert M a r k nicht übersteigt (Prot. S. 8325), nicht f ü r widerlegt und lehnte deshalb die beantragte Beschränkung jener Bestimmung ab. 932
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
Anlangend den Sinn und die Tragweite der letzteren, so herrschte aber Einvernehmen, daß bei Anwendung derselben nicht der Betrag der Leistung, sondern des Anspruchs maßgebend sei, der Vormund mithin, wenn der Betrag des Anspruchs dreihundert Mark übersteige, auch Theilleistungen, welche jenen Betrag nicht überstiegen, ohne Genehmigung des Gegenvormundes wirksam nicht annehmen könne, daß aber die Entscheidung der Frage, wann ein einheitlicher Anspruch oder eine Mehrheit von Ansprüchen vorliege, von den konkreten Umständen abhänge und der Jurisprudenz zu überlassen sei. Andererseits war man ebenfalls einverstanden, daß die beschlossene Bestimmung keine Anwendung finde, wenn in Gemäßheit der in der vorigen Sitzung zu § 27 Ziff. 5 der vorl. Zusst. und zu § 28 das. beschlossenen Bestimmungen (mitgetheilt S. 8316) die Anlage bei einer Sparkasse | oder bei einer | Prot I 8334 der im § 28 bezeichneten Banken in der Art erfolgt sei, daß die Gelder nur mit Genehmigung des Gegenvormundes oder Vormundschaftsgerichts erhoben werden könnten, da nach dem Sinne dieser Bestimmungen in einem solchen Falle die Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts objektiv, d. h. zur Wirksamkeit der Annahme der Leistung, erforderlich sein solle. Uebergegangen wurde sodann zur Berathung des § 518 des Entw. Derselbe lautet: „Der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedarf es ferner: TE-FamR 1. zur Veräußerung von unbeweglichen Sachen und den nach dem Sachenrechte S 5 1 8 in Betreff der Uebertragung, Belastung und Zwangsvollstreckung denselben gleichgestellten Berechtigungen, von dinglichen Rechten an unbeweglichen Sachen und den denselben gleichgestellten Berechtigungen mit Ausnahme der Hypotheken, sowie zu den eine Verpflichtung zu solcher Veräußerung begründenden Rechtsgeschäften, 2. zur Veräußerung von Ansprüchen auf die unter Nr. 1 bezeichneten Gegenstände, sowie zu den eine Verpflichtung zu solcher Veräußerung begründenden Rechtsgeschäften, 3. zur Eintragung von Hypotheken an den unter Nr. 1 bezeichneten Gegenständen des Mündels auf den Namen des letzteren, 4. zu Verträgen über die Theilung einer Erbschaft, 5. zu lästigen Verträgen über den Erwerb | von Gegenständen der unter Nr. 1 und | Prot I 8335 2 bezeichneten Art, 6. zur Pacht-, Mieth- und anderen eine dauernde Verpflichtung begründenden Verträgen, sofern die Verpflichtung aus den gedachten Verträgen länger als ein Jahr nach der Volljährigkeit des Mündels fortdauern soll, 7. zu Pachtverträgen über Landgüter oder gewerbliche Betriebe, 8. zu Vergleichen oder Schiedsverträgen, wenn deren Gegenstand unschätzbar ist oder die Summe von dreihundert Mark übersteigt, 9. zur Eingehung von Verbindlichkeiten aus Wechseln oder anderen Urkunden, welche an Order lauten und mit der in Art. 303 des deutschen Handelsgesetzbuchs bezeichneten Wirkung durch Indossament übertragen werden können, 10. zur Aufnahme von Geldern auf Kredit des Mündels, 11. zur Uebernahme fremder Verbindlichkeiten, 12. zur Ertheilung einer Prokura, 13. zu Schenkungen aus dem Stamme des Vermögens." Vergl. außerdem die S S 141, 205, 211, 281, 393, 413 Abs. 2, §§ 423, 431 Abs. 3, § 439 Abs. 2 - 4 , §§ 449 und 473, ferner Buch V SS 312, 124, 287 und 364. In den gedr. Abänderungsantr. des Referenten ist beantragt: 933
§§ 1773-1895 |Prot 18336
3. Abschnitt: Vormundschaft
1. Die Nr. 1 und 2 dahin zu fassen: „1. zur Veräußerung und Belastung von (Grundstücken und von Rechten an solchen mit Ausnahme der Hypotheken und Grundschulden, sowie zu den eine Verpflichtung zu solcher Veräußerung oder Belastung begründenden Rechtsgeschäften; 2. zur Veräußerung und Belastung von Ansprüchen auf die unter Nr. 1 bezeichneten Gegenstände sowie zu den eine Verpflichtung zu solcher Veräußerung oder Belastung begründenden Rechtsgeschäften;" 2. In der Nr. 3 das Wort „Hypotheken" durch das Wort „Grundschulden" zu ersetzen. 3. In der Nr. 6 die Worte „nach der Volljährigkeit des Mündels" durch die Worte zu ersetzen „nach zurückgelegtem einundzwanzigsten Lebensjahre des Mündels." 4. Den letzten Absatz „Vergl. außerdem u.s.w." zu streichen. 5. Hinter dem § 518 folgende Bestimmungen als §§ 518 a und 518 b hinzuzufügen:
§ 518 a „Als Veräußerung im Sinne der §§517 Nr. 1 und 518 Nr. 1 gilt auch das Aufgeben des Besitzes." § 518 b „Vermögensgegenstände, zu deren Veräußerung und Belastung der Vormund der Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts bedarf, kann der Vormund ohne solche Genehmigung dem Mündel zu freier Verfügung oder behufs der Verwendung zu gewissen Zwecken nicht überweisen." | Prot I 8337 | Außerdem lagen folgende Anträge vor: Planck (Nr 279,10)
I. von Seiten des Referenten: 1. Den § 518 dahin zu fassen: „Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ist erforderlich: 1 — 3 (wie im § 1475 Ziff. 1 — 3 der Zusst.); 4. zu einem Vertrage über die Theilung einer Erbschaft; | Prot 18338 | 5. zu einem lästigen Vertrage über den Erwerb von Gegenständen der unter No. 1, 2 bezeichneten Art; 6. (wie Ziff. 4 des § 1475 der Zusst.); 7. zu einem Pachtvertrage über Landgüter oder gewerbliche Betriebe; 8. zu einem Vergleiche oder Schiedsverträge, sofern dessen Gegenstand unschätzbar ist oder die Summe von 300 Mark übersteigt; 9—12. (wie Ziff. 5 —8 der Zusst. Abs. 2 (wie Abs. 2 des § 1475 der Zusst.)." ,„T (Nr 279, 11) Planck (Nr 279,12)
2. Den § 518 a der gedr. Abänderunesanträge zu streichen. 3. Den § 518 b der gedr. Abänderungsantr. dahin zu fassen: „Der Vormund kann Gegenstände, zu deren Veräußerung die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts oder Gegenvormundes erforderlich ist, dem Mündel nicht zur Erfüllung der Verpflichtungen aus einem von demselben geschlossenen Vertrage oder zur freien Verfügung überlassen." (vergl. § 1476 der Zusst.)
v. Mandry II. Den § 518 dahin zu beschließen: (Nr 294, 4) „Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ist (in Ansehung der Rechtsge| Prot 18339 Schäfte, welche auf die Verwaltung des Mündelvermögens | sich beziehen,) nach Maßgabe der in § 1475 der Zusst. enthaltenen Bestimmungen erforderlich. Die Genehmigung des Vormundschaftsgericht ist auch erforderlich zu dem Antrage auf Umwandlung der auf den Namen umgeschriebenen Werthpapiere in Inha934
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§
1773—1895
berpapiere und zur Geltendmachung des Anspruchs auf Rückgabe der nach Maßgabe des § 532 hinterlegten Gegenstände." (Wird der Absatz 1 gebilligt, so w ü r d e es wohl geboten sein, die einzelnen in § 1475 der Zusst. getroffenen Bestimmungen hierher zu übertragen und in § 1475 auf den ersten Absatz des § 518 zu verweisen). Vergl. dazu den Antrag zu § 517 unter 2 b S. 8304. III. Z u § 5 1 8 . Kurlbaum 1. N r . 8 zu fassen: (Nr 297, 4) „zu einem Vergleiche oder Schiedsverträge, dessen Gegenstand unschätzbar ist oder einen W e r t h von mehr als dreihundert M a r k hat, auch dann, w e n n der Gegenstand nicht zu den in N r . 1, 2, 3 bezeichneten Gegenständen gehört." 2. Als weitere N u m m e r n zuzusetzen: „13. z u r Eingehung der Verbindlichkeit, Geld zu leihen oder in Forderungen, H y p o t h e k e n , Grundschulden oder Werthpapieren anzulegen, 14. zu dem Rechtsgeschäfte, durch welches die f ü r einen Anspruch des Mündels bestellte Sicherheit aufgehoben oder gemindert oder die Verpflichtung zu einer solchen A u f h e b u n g o d e r Minderung begründet wird, 115. zu dem Vertrage über den Erwerb oder die V e r ä u ß e r u n g eines Erwerbsge- | Prot I 8340 schäftes, sowie zu der Eingehung einer Gesellschaft, deren Zweck die Betreibung eines Erwerbsgeschäftes ist." 3. Als Absatz 2 zuzusetzen: „Die G e n e h m i g u n g zu den unter N r . 13, 14 bezeichneten Rechtsgeschäften soll nur innerhalb der durch die Vorschriften des § 5 0 1 f ü r die Anlegung von Geldern gegebenen Schranken ertheilt werden." v. Weber IV. Z u § 518 (bezw. § 1475 der Zusst. der Beschlüsse zum Familienrecht). Falls die zu § 518 in dem Antrage unter III, 2 N o . 15 vorgeschlagene Bestimmung (Nr 304, 1) Annahme findet, daß zu dem Vertrage über den Erwerb oder die V e r ä u ß e r u n g eines Erwerbsgeschäftes, sowie zu der Eingehung einer Gesellschaft, deren Zweck die Betreibung eines Erwerbsgeschäftes ist, Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich ist, dieselbe Bestimmung auch f ü r die elterliche Gewalt in § 1475 der Zusst. a u f z u nehmen. Die Berathung des § 518 und der dazu gestellten Anträge f ü h r t e zu folgenden Ergebnissen: 1. Anlangend den Eingang des § 518, so erachtete man einen Hinweis auf solche Rechtsgeschäfte, welche auf die Verwaltung des Mündelvermögens sich beziehen (vergl. A n t r a g unter II, Abs. 1), nicht als angemessen, zumal die Ziff. 8 des § 518 auch nicht vermögensrechtliche Rechtsgeschäfte mitumfasse und auch die Bestimmungen des § 517 nicht auf | vermögensrechtliche Rechtsgeschäfte beschränkt seien. I Prot 1 8341 Z w a r erhalte der Eingang des dem § 518 des Entw. korrespondirenden, f ü r die elterliche Gewalt beschlossenen § 1475 der Zusst. den Hinweis auf solche Rechtsgeschäfte, welche auf das der elterlichen V e r w a l t u n g unterliegende V e r m ö g e n des Kindes sich bezögen; allein die Sachlage sei bei dem § 1475 insofern eine andere, als einestheils der § 1475 eine der Ziff. 8 des § 518 des Entw. entsprechende Bestimmung nicht enthalte, anderentheils im § 1475 z u m Ausdruck habe gebracht werden sollen, daß der § 1475 auf das der elterlichen V e r w a l t u n g entzogene, von einem Pfleger verwaltete V e r m ö g e n keine A n w e n d u n g finde, w ä h r e n d der § 518 ohne Rücksicht
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§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
darauf maßgebend sei, ob das Vermögen des Mündels von dem Vormunde oder von einem Pfleger verwaltet werde (vergl. § 572 des Entw.). Soweit der Antrag unter II im Uebrigen auf die Bestimmungen des § 1475 der Zusst. zu verweisen vorschlägt, hat derselbe bereits durch die Beschlüsse zu § 517 des Entw. seine Erledigung gefunden (vergl. Prot. S. 8323, 8324). 2. Die Ziffern 1 bis 3 des § 518 sollen nach Maßgabe des Antrags unter I, 1 durch die Ziffern 1 bis 3 des § 1475 der Zusst. ersetzt werden, da die Gründe, auf welchen diese letzteren Bestimmungen beruhen, auch hier zutreffen (Prot. S. 7725 ff.). Die Streichung der Ziffer 3 des § 518 insbesondere erfolgte aus denselben Erwägungen, welche zu der Streichung der Ziffer 3 des § 356 des Entw. geführt haben (Prot. S. 7733). | P r o t I 8342
| Einvernehmen bestand, daß aus den Gründen der Motive S. 2117, 2118 die Ertheilung der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zu einer Veräußerung von besonderen Voraussetzungen (der Nothwendigkeit oder Nützlichkeit der Veräußerung) nicht abhängig zu machen, auch über die Art der Veräußerung, insbesondere, daß dieselbe bei Grundstücken regelmäßig im Wege der Subhastation zu erfolgen habe, eine Bestimmung nicht aufzunehmen, sondern in dieser Beziehung Alles dem von dem Interesse des Mündels geleiteten, verständigen Ermessen des Vormundschaftsgerichts überlassen sei (vergl. Prot. S. 3155, 3156, 7788, 7791 ff.).
3. Ziff. 4 des § 518 (vgl. auch § 398 des Erbrechtsentw.) wurde aus den Gründen der Motive S. 2119 sachlich gebilligt, wenngleich die Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung in den § 1475 der Zusst. f ü r die elterliche Gewalt abgelehnt worden ist (Prot. S. 7740 ff.). Man war namentlich der Ansicht, daß die Aufnahme der Bestimmung in das Vormundschaftsrecht sich von dem praktischen Gesichtspunkte aus in hohem Maße empfehle, daß in einer großen Zahl von Fällen die vormundschaftliche Verwaltung mit einer Erbauseinandersetzung beginne und diese die Basis f ü r die weitere Gestaltung der vormundschaftlichen Verwaltung bilde, es aber wünschenswerth sei, wenn das Vormundschaftsgericht in Folge der Nothwendigkeit seiner Mitwirkung bei der Erbauseinandersetzung von den Verhältnissen sofort und nicht erst bei P r ü f u n g der nächsten Jahresrechnung Kenntniß erlange. Der P r ü f u n g bei der Redaktion blieb vorbehalten, ob es nicht den Vorzug verdiene, im Anschlüsse | Prot I 8343 an den bisherigen | Sprachgebrauch des Gesetzbuchs (§ 649 K.E.; §§ 1347, 1512 der Zusst.; vgl. auch § 395 des Erbrechtsentw.) statt von „Verträgen über die Theilung einer Erbschaft" von einem Vertrage über die „Auseinandersetzung in Ansehung der Erbschaft" zu sprechen. Der Antrag unter II Abs. 1, soweit derselbe durch die Bezugnahme auf den § 1475 der Zusst. die Streichung der Ziff. 4 des § 518 bezweckt, da dieselbe im Wesentlichen durch die nach dem Beschlüsse unter 1 auf das Vormundschaftsrecht übertragene Ziff. 3 des § 1475 der Zusst. (mitgetheilt S. 8337, 8338 Anm.) bereits gedeckt werde, war im Laufe der Berathung zurückgezogen worden. Der dem § 43 der preuß. V.O. entsprechende Standpunkt des Entwurfs, daß das Vormundschaftsgericht von dem Vormunde die Herbeiführung der Erbauseinandersetzung regelmäßig nicht verlangen kann, sondern der letztere zu ermessen hat, ob die Auseinandersetzung erfolgen soll, erfuhr keine Anfechtung. 4. Ziff. 5 des § 518 wurde aus den Gründen der Motive, S. 2120 gebilligt, insbesondere auch insoweit, als dieselbe sich nicht lediglich auf Verträge über den Erwerb von Grundstücken beschränkt. Man erwog in letzterer Hinsicht namentlich, daß man auch in anderen ähnlich liegenden Fällen die Rechte an Grundstücken mit Ausnahme der Hypotheken und Grundschulden, ohne im Uebrigen zu unterscheiden, den 936
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773 — 1895
Grundstücken gleichgestellt habe (vgl. § 1397 der Zusst.) und die ratio der hier fraglichen Bestimmung insbesondere für Verträge auf den Erwerb eines Nießbrauchs zutreffe. Anlangend die Fassung, so wurde gegen die Fassung des Entwurfs | erinnert, | Prot I 8344 daß der Ausdruck „lästiger Vertrag" dem Sprachgebrauche des Gesetzbuchs nicht entspreche, gegen die Fassung des zu §517 des Entwurfs bereits gestellten und dort mitgetheilten Antrags unter 2 b , S. 8304, daß der Ausdruck „gegenseitige" Rechtsgeschäfte die Fälle nicht decke, in welchen der Erwerb unter einer Auflage erfolge. Von einer Seite wurde folgende Fassung anheimgegeben: zu einem entgeltlichen Vertrag über den Erwerb eines Grundstückes oder eines Rechts oder Anspruchs, zu dessen Veräußerung nach Ziff. 1, 2 die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich ist. Die Prüfung dieser Fassung, sowie der Fassung des anderen Antrags wurde zur Redaktion verwiesen. 5. Ziff. 6 des § 518 wurde nach Maßgabe des Antrags unter I, 1 in der Fassung der entsprechenden Ziff. 4 des § 1475 der Zusst. genehmigt. Auch die Ziff. 7 des § 518 fand aus den Gründen der Motive S. 2121 die Zustimmung der Kommission, jedoch mit der Erweiterung, daß dem Pachtvertrage über ein Landgut der Pachtvertrag über mehrere zum Betriebe der Landwirthschaft verbundene Grundstücke gleichgestellt werden soll (vergl. § 540 K.E.). Die Mehrheit war der Ansicht, daß die Bestimmung der Ziff. 7 nicht im Hinblick auf die Ziff. 6 und den § 522 des Entw. als entbehrlich anzusehen sei, da Verträge der hier fraglichen Art, auch wenn das Pachtverhältniß nicht über das zurückgelegte 21. Lebensjahr des Mündels fortdauern solle, f ü r die Gesammtwirthschaft des Mündels von einschneidender Bedeutung seien, der § 522 des Entw. aber nur den | Charakter einer Ordnungsvorschrift habe, deren Nichtbe- | Prot I 8345 obachtung die Wirksamkeit des Vertrages nicht beeinträchtige. Die Bestimmung der Ziff. 7 stelle sich insoweit als eine angemessene Ergänzung des § 522 dar, als sie den Vormund auch rechtlich verhindere, ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts durch die Pachtung oder Verpachtung eines Landguts oder eines gewerblichen Betriebes einen landwirthschaftlichen oder gewerblichen Betrieb f ü r den Mündel zu beginnen oder aufzuheben. Zu beachten sei ferner, daß der Abschluß von Pachtverträgen der hier fraglichen Art in der Regel ein schwieriges und kompliziertes Geschäft sei und, wenn das Inventar des Mündels von dem Pächter durch Kauf übernommen werde, der Vormund o f t große Geldbeträge f ü r den Mündel in seine H ä n d e bekomme. Auf der anderen Seite würde es aber zu weit gehen und eine zu große Belästigung des Vormundes und des Vormundschaftsgerichts mit sich bringen, wenn nach dem Vorschlage des zu § 517 unter Nr. 2 b (S. 8304) mitgetheilten Antrags die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts auch zu dem Pachtvertrage über ein einzelnes landwirthschaftliches Grundstück erforderlich sein sollte, namentlich in solchen Gegenden, in welchen es üblich sei, ganze Landgüter in einzelnen Parzellen zu verpachten. Anlangend die Fassung, so wurde der Vorschlag des vorbezeichneten Antrags, den Ausdruck „gewerbliche Betriebe" mit dem Ausdruck „Erwerbsgeschäft" zu vertauschen, nicht als angemessen erachtet, da — abgesehen von dem Zweifel, ob ein Erwerbsgeschäft als solches Gegenstand eines Pachtvertrages sein könne (vgl. Prot. S. 2163; Seuffert XVI, 213; Entsch. des R.O.H.G. X X I , 98) — der Ausdruck „Pachtvertrag über ein Erwerbsgeschäft" diejenigen Fälle nicht treffe, in welchen | ein | Prot I 8346 zu dem Betriebe eines Erwerbsgeschäfts eingerichtetes Grundstück, auf welchem aber zur Zeit des Abschlusses des Vertrages ein Erwerbsgeschäft nicht betrieben werde, Gegenstand des Pachtvertrags sei. Der Prüfung bei der Redaktion blieb vorbehalten, ob es nicht angemessener sein werde, statt von „gewerblichen Betrie937
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3. Abschnitt: Vormundschaft
ben" von „gewerblichen Anlagen" oder „gewerblichen Einrichtungen" zu reden (vergl. § 781 Ziff. 1 K.E.). 6. Die Ziff. 8 des § 518 wurde sachlich nicht beanstandet (vgl. die Motive S. 2122). Die Mehrheit gab jedoch der Fassung des zu § 517 unter 2 b mitgetheilten Antrags (Prot. S. 8304), welcher die Beweislast anders normirt und im Uebrigen sich an die Fassung der §§ 660, 661 K.E. anschließt, als der angemesseneren, Redaktion vorbehalten, den Vorzug. Den Zusatz in dem Antrage unter III, 1. „auch dann, wenn . . . gehört" erachtete man als entbehrlich, da es selbstverständlich sei, daß insoweit, als der Vergleich sich als eine Veräußerung eines der unter die Ziff. 1 bis 3 des § 501 (Ziff. 1 bis 3 des § 1475 der Zusst.) fallenden Gegenstände darstelle, die Ziff. 1 bis 3 ohne Rücksicht darauf Anwendung fänden, ob der Gegenstand den Betrag von 300 Mark übersteige. 7. Die Ziff. 9 bis 12 des § 518 wurden nach Maßgabe des Antrags unter I, 1 in der Fassung der entsprechenden Ziff. 5 bis 8 des § 1475 der Zusst. (vgl. Prot. S. 7734 ff.) angenommen. Die Ziff. 13 des §518 wurde dagegen aus den gleichen Gründen gestrichen, wie diejenigen, welche zur Streichung des § 356 Ziff. 8 des Entw. geführt | Prot 18347 haben (vergl. Prot. S. 7737 ff.). Auch die | Streichung des Schlußsatzes des §518 „Vergl. außerdem u.s.w." fand keinen Widerspruch (vgl. § 356 und Prot. S. 7738, 7739). 8. Der Antrag unter I, 2, dem § 518 als Abs. 2 eine dem Abs. 2 des § 1475 der Zusammenstellung entsprechende Bestimmung beizufügen, hat bereits in der vorigen Sitzung bei Gelegenheit der Berathung des § 517 des Entw. die sachliche Zustimmung der Kommission (vergl. S. 8326) und dadurch seine Erledigung gefunden. 9. Der Antrag unter III, 2, dem § 518 als Ziff. 13 hinzuzufügen, daß die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich sein soll zur Eingehung der Verbindlichkeit, Geld zu leihen (d. h. zu verleihen) oder in Forderungen, Hypotheken, Grundschulden oder Werthpapieren anzulegen, wurde von der Mehrheit abgelehnt. Man war der Ansicht, daß der Antrag, wenngleich derselbe nur die Wirksamkeit des präparatorischen, des obligatorischen Geschäfts, nicht des Anlagegeschäfts selbst von der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts abhängig zu machen bezwecke, doch in den meisten Fällen, namentlich in solchen Fällen, in welchen es sich um den Erwerb von Werthpapieren, sowie bestehender Hypotheken oder Grundschulden handele, im praktischen Resultate dahin führen werde, daß entgegen den zu § 501 des Entw. gefaßten Beschlüssen (vergl. Prot. S. 8250, 8251) auch die Wirksamkeit des Anlagegeschäfts selbst von der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts abhängig gemacht werde, da, wenn auf Grund des unwirksamen obligatorischen Geschäfts und in Erfüllung desselben geleistet sei, in Ermangelung der Genehmigung | Prot 1 8348 des Vormundschaftsgerichts regelmä- |ßig das Anlagegeschäft selbst im Wege der Kondiktion rückgängig gemacht werden könne. Die mit einer solchen Regelung f ü r den Verkehr und f ü r den Mündel selbst verbundenen Gefahren seien höher anzuschlagen, als die Vortheile, welche der Antrag insofern biete, als er die vorschriftsmäßige Anlegung der Mündelgelder nach Maßgabe der zu § 501 des Entw. beschlossenen Bestimmungen in höherem Maße sichere und dem Vormund die Möglichkeit gewähre, von einem dem Mündel nachtheiligen, vielleicht unbesonnen eingegangenen obligatorischen Vertrage sich wieder frei zu machen. In dieser Hinsicht biete das erforderliche Einverständniß des Gegenvormundes ausreichende Garantien. Auch von dem Gesichtspunkte aus, daß die vorgeschlagene Bestimmung dazu beitrage, den Vormund an Spekulationen mit dem Mündelvermögen zu verhindern, sei die Auf938
1. Titel: Vormundschaft über Minder) ährige
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nähme der Bestimmung durch ein Bedürfniß nicht geboten. Die Gefahr, daß der Vormund f ü r Rechnung des Mündels sich auf Spekulationsgeschäfte einlassen werde, liege sehr fern. Gegen bösen Willen des Vormundes vermöge in dieser Hinsicht auch die vorgeschlagene Bestimmung den Mündel nicht zu schützen, da der Vormund, wenn er wolle, es in der Hand habe, auch durch Geschäfte anderer Art zu spekuliren. Zu beachten sei ferner, daß die vorgeschlagene Bestimmung dem geltenden Rechte gegenüber eine Neuerung enthalte. 10. Der Antrag unter III, 2 Ziff. 14 hat bereits in der vorigen Sitzung bei Gelegenheit der Berathung des §517 Ziff. 3 die Zustimmung der Kommission gefunden (Prot. S. 8322, 8323). 11. Die Ziff. 15 des Antrags unter III, 2, wur- | de als eine angemessene Ergän- | Prot 18349 zung des nur den Charakter einer Ordnungsvorschrift an sich tragenden und nur den faktischen Beginn und die faktische Auflösung eines Erwerbsgeschäfts treffenden § 522 des Entw. und aus ähnlichen Gründen, wie diejenigen, welche zu der Bestimmung der Ziff. 7 des §518 geführt haben, daß die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zu den dort bezeichneten Pachtverträgen erforderlich sein soll (oben S. 8344), allseitig genehmigt. Zugleich wurde in Gemäßheit des Antrags unter IV beschlossen, dieselbe Bestimmung auch f ü r die elterliche Gewalt in den § 1475 der Zusst. aufzunehmen (vgl. Prot. S. 7749). 12. Abgelehnt wurde dagegen der in dem Antrage unter III, 3 vorgeschlagene Zusatz. Man erachtete die beantragte Ordnungsvorschrift, welche nach Ablehnung der Ziff. 13 des Antrags unter III, 2 nur noch in Ansehung der angenommenen Ziff. 14 jenes Antrags in Betracht kommt, im Hinblick auf die Vorschriften des § 501 des Entw. als selbstverständlich und deshalb als entbehrlich. 13. Die Beschlußfassung über den Abs. 2 des Antrags unter II wurde wegen des Zusammenhangs der vorgeschlagenen Bestimmung mit dem zu § 501 des Entw. bereit gestellten, aber bis zur Berathung des § 532 des Entw. ausgesetzten Antrage unter 4 b (Prot. S. 8248, 8266) und mit den Vorschriften des § 532 bis zur Berathung des § 532 ausgesetzt. 14. Einvernehmen bestand, daß der § 518 a des gedr. Abänderungsantr., in Konsequenz der zu § 356 des Entw. beschlossenen Ablehnung des entsprechenden § 356 a (Prot. S. 7739 ff.), | nicht aufzunehmen sei. | Prot I 8350 15. Andererseits fand der § 518 b der gedr. Abänderungsantr. in der dem § 1476 der Zusst. entsprechenden Fassung des Antrags unter I, 3 keinen Widerspruch. Der § 519 des Entwurfs, welcher lautet: „Ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts kann der Vormund keine TE-FamR Klage auf Theilung der im § 518 unter 1 und 4 genannten Gegenstände erheben." 5519 und dessen Streichung in den gedr. Abänderungsantr. des Ref. beantragt ist, wurde gestrichen, da derselbe durch den Beschluß, eine dem Abs. 2 des § 1475 der Zusst. entsprechende Bestimmung auch für die Fälle der §§517, 518 des Entw. aufzunehmen (Prot. S. 8326, 8347), seine Erledigung gefunden hat. Der § 520 des Entwurfs lautet: „Zu den in den §§517 und 518 unter 9, 10 und 11 bezeichneten Rechtsgeschäften TE-FamR kann das Vormundschaftsgericht dem Vormunde eine allgemeine Ermächtigung $520 ertheilen. Eine solche allgemeine Ermächtigung soll jedoch, vorbehaltlich der im § 537 Abs. 3 und im § 573 Abs. 4 getroffenen Vorschrift, nur dann ertheilt werden, wenn 939
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3. Abschnitt: Vormundschaft
dies durch die Vermögensverwaltung, insbesondere den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts erforderlich wird. Sie kann nur durch Aufnahme in die Bestallung erfolgen." Dazu lagen folgende Anträge vor: | Prot 1 8351 Planck (Nr 279,13)
11. von Seiten des Referenten: Den § 520 dahin zu fassen: „Zu den im § 517 und im § 518 unter No. 9 bis 11 bezeichneten Rechtsgeschäften u.s.w. (wie im Entw.)."
Kurlbaum (Nr 297, 5)
II. 1. In Absatz 1 die Nr. 11 des $ 518 nicht zu allegiren und 2. Absatz 3 zu streichen. Abs. 1 des § 520 wurde in der Fassung des Antrags unter I, unter Ablehnung des Antrags unter II, 1, aus den Gründen der Motive S. 2129 von der Mehrheit gebilligt. Man war insbesondere der Ansicht, daß die Zulassung einer allgemeinen Ermächtigung auch zu den unter Ziff. 11 des § 518 bezeichneten Rechtsgeschäften (Uebernahme fremder Verbindlichkeiten) unter Umständen, z. B. wenn für den Mündel ein Kommissionsgeschäft fortgesetzt werde (vgl. Art. 370 H.G.B.), nicht zu entbehren sei, weil sonst ein derartiges Erwerbsgeschäft überhaupt nicht betrieben werden könne. v. Mandry Der zu Abs. 1 des § 520 gestellte Antrag: (Nr 301, 2) in Absatz 1: als Geschäfte, f ü r welche eine allgemeine Ermächtigung ertheilt werden kann, anzuführen: f ü r den Fall der Annahme des § 517 unter Ziff. 2 b N o . 25 gestellten Antrages die Pachtverträge über einzelne landwirtschaftliche Grundstücke; für den Fall der Annahme des zu § 518 Ziff. 13 gestellten Antrages unter II, 2 die in dieser Ziff. 13 | Prot I 8352 | bezeichneten Rechtsgeschäfte. hat durch die Ablehnung der in demselben bezeichneten Antrage seine Erledigung gefunden. Absatz 2 des § 520 fand sachlich ebenfalls die Zustimmung der Kommission. Man erachtete die Vorschrift, wenngleich dieselbe an sich f ü r entbehrlich erachtet werden könnte, als angemessen, zumal auch der § 45 der preuß. V.O. einen ähnlichen Hinweis enthalte. Absatz 3 wurde in Konsequenz der zu § 487 Abs. 3 des Entw. und zu dem darauf sich beziehenden gedr. Abänderungsantr. S. 46 gefaßten Beschlüsse, nach welchen — entgegen dem Standpunkte des Entw. — die Bestallung nicht den Charakter einer Vollmacht, sondern lediglich eines gerichtlichen Zeugnisses hat (vgl. Prot. S. 8188 ff.) gestrichen. Ein Bedürfniß, für die fraglichen Fälle der Bestallung ausnahmsweise den Charakter einer Vollmacht beizulegen, wurde nicht anerkannt. Der § 521 des Entwurfs lautet: TE-FamR „Ohne die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts darf der Vormund das § 5 2 1 Stammvermögen des Mündels nicht zu den Kosten des Unterhalts und der Erziehung verwenden." In den gedr. Abänderungsantr. des Ref. ist beantragt: Den § 521 dahin zu fassen: „Ohne die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts darf der Vormund das Stammvermögen des Mündels nicht zu den Kosten des Unterhalts und der Erziehung verwenden oder dem Mündel zu freier Verfügung oder behufs der Verwendung zu | Prot I 8353 | gewissen Zwecken überweisen." 940
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§1773—1895
Außerdem lag der Antrag vor: § 521 streichen (zu vergl. Prot. S. 7752, 7753)
Kurlbaum (Nr 300,1)
Anlangend die in dem gedr. Abänderungsantr. hinzugefügte Bestimmung, „daß . . . nicht überweisen" solle, so entschied sich die Kommission dafür, daß diese Bestimmung aus denselben Gründen, wie diejenigen, welche für die elterliche Gewalt zur Ablehnung des § 357 b der gedr. Abänderungsantr. S. 40 geführt haben (S. 7752, 7753), nicht als angemessen zu betrachten sei. Die Mehrheit (durch Stichentscheid des Vorsitzenden mit 5 gegen 5 Stimmen) trat aber auch rücksichtlich der in dem Entw. enthaltenen Bestimmung, daß der Vormund ohne die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts das Stammvermögen nicht zu den Kosten des Unterhalts und der Erziehung verwenden dürfe, dem Streichungsantrage bei. Erwogen war: Die Vorschrift des § 521 habe praktischen Werth überhaupt nur f ü r solche Fälle, in welchen die Einkünfte des Mündelvermögens allenfalls dazu ausreichten, den Mündel zu unterhalten und zu einem mit geringeren Aufwendungen verbundenen Berufe auszubilden, in welchen es jedoch in Frage komme, ob es nicht im Interesse des Mündels angemessener sei, demselben eine mit größeren Kosten verbundene Erziehung und Ausbildung zu Theil werden zu lassen und zu diesem Zwecke das Stammvermögen des Mündels ganz oder theilweise zu verwenden. Fälle dieser Art seien aber | die selteneren. In der großen Mehrzahl der Fälle reichten die Einkünfte | Prot I 8354 des Mündelvermögens zu dem Unterhalte und zur Erziehung des Mündels nicht aus, so daß es nicht zweifelhaft sein könne, ob das Stammvermögen zu diesem Zwecke verwendet werden solle. Lege das Gesetz dem Vormunde die Pflicht auf, in allen diesen Fällen die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zu der Verwendung von Stammvermögen des Mündels zum Zwecke des Unterhalts und der Erziehung desselben einzuholen, so erwachse daraus nicht allein den Vormündern, sondern auch den Vormundschaftsgerichten eine große Belästigung, welche zu den Vortheilen, welche man sich von der vorgeschlagenen Bestimmung verspreche, in keinem Verhältnisse stehe. Dazu komme, daß die Vormundschaftsgerichte bei Entscheidung der Frage, ob das Stammvermögen angegriffen werden solle, um dadurch eine bessere Erziehung des Mündels und die Ausbildung desselben zu einem höheren Berufe zu ermöglichen, erfahrungsmäßig oft zu ängstlich verführen und zum Schaden des künftigen Fortkommens des Mündels auf die Erhaltung des Stammvermögens zu großes Gewicht legten. D a dem Vormunde die Sorge für die Person des Mündels nach dem Systeme des Entwurfs selbständig obliege, so sei es auch konsequent, sein Ermessen darüber entscheiden zu lassen, ob es im Interesse des Mündels liege, demselben eine Erziehung zu Theil werden zu lassen, welche die Verwendung seines Stammvermögens nöthig mache. Der Standpunkt des römischen und gemeinen Rechts, nach welchen die Obervormundschaft das Maß des Unterhalts- und Erziehungsaufwandes, und zwar ohne Rücksicht darauf, | o b die Einkünfte des | Prot 1 8355 Mündelvermögens ausreichten oder nicht, zu bestimmen habe, ein Standpunkt, welcher mehr oder weniger allerdings auch von verschiedenen neueren Gesetzbüchern festgehalten sei, stehe in engem Zusammenhange mit der Auffassung des römischen Rechts, daß die Erziehungsgewalt nicht dem Vormunde, sondern der Obervormundschaft zustehe. Dagegen habe die preuß. V.O. § 37 jenen Standpunkt bereits aufgegeben, ohne daß sich Uebelstände daraus ergeben hätten. Die Besorgniß, daß die Streichung des § 521 dahin führen könne, daß der Vormund sich weniger Mühe geben werde, f ü r den Mündel die Unterbringung in einer Erziehungsanstalt auszu941
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
wirken, welche mit geringeren Kosten verbunden sei, könne als begründet nicht erachtet werden. Der § 522 des Entwurfs lautet: „Ohne die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts darf der Vormund ein 5 522 Erwerbsgeschäft f ü r den Mündel weder anfangen noch ein bestehendes ändern oder auflösen."
TE-FamR
Planck (Nr 279,14)
| Prot I 8356 Kurlbaum (Nr 297,6)
Dazu lagen folgende Anträge vor: 1. von Seiten des Referenten: Den § 522 dahin zu fassen: „Ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts soll der Vormund weder den Betrieb eines Erwerbsgeschäftes im N a m e n des Mündels beginnen, noch ein bestehendes Erwerbsgeschäfts des Mündels auflösen." (vergl. § 1479 derZusst.). | 2. § 522 nach § 1479 der vorl. Zusst. zu fassen.
Der § 522 des Entw. wurde von der Mehrheit in der Fassung des Antrags unter 1 angenommen. Der Antrag unter 2, wie bei der elterlichen Gewalt, auch hier die Auflösung eines bestehenden Erwerbsgeschäfts nicht an die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zu binden, fand nicht den Beifall der Mehrheit. Man erwog, daß in vielen Fällen die Auflösung eines bestehenden Erwerbsgeschäfts, namentlich wenn dasselbe ein ererbtes sei, in die Verhältnisse des Mündels viel tiefer eingreife, als der Beginn eines Erwerbsgeschäfts, zumal die Liquidation eines Erwerbsgeschäfts erfahrungsmäßig of mit großen Verlusten verbunden sei. Die Sachlage bei der elterlichen Gewalt und bei der Vormundschaft sei in dieser Hinsicht nicht die gleiche. Der Inhaber der elterlichen Gewalt habe wegen der mit derselben regelmäßig verbundenen elterlichen Nutznießung ein eigenes Interesse daran, den vortheilhaften Betrieb eines Erwerbsgeschäfts f ü r das Kind fortzusetzen. Dagegen wurde ein Vormund, welcher zudem dem Mündel meistens ferner stehe, leichter geneigt sein, den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts aufzugeben, um der mit der Ueberwachung desselben verbundenen größeren Mühe und Verantwortlichkeit überhoben zu sein. Auf den Einwand, daß der V o r m u n d vielleicht nicht die nöthigen technischen Kenntnisse besitze und daß es zu einer Einmischung des Vormundschaftsgerichts in die Verwaltung des Vormundes führe, wenn der letztere ohne die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ein Erwerbsgeschäft nicht auflösen dürfe, könne erhebliches Gewicht nicht | Prot I 8357 gelegt werden. Auch | solche Fälle kämen in Betracht, in welchen der Mündel Theilhaber einer Gesellschaft sei und die Geschäftsführung anderen Theilhabern zustehe und obliege. Die Berathung wandte sich darauf dem § 523 des Entwurfs zu. Derselbe lautet: „Rechtshandlungen der in den §§514, 515, 517, 518, 519 bezeichneten Art, 5 523 welche ohne die vorgeschriebene Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bezw. des Gegenvormundes vorgenommen sind, stehen, soweit die Gesetze keine Ausnahme machen, bezüglich ihrer Wirksamkeit den von einem Minderjährigen, welcher sich mit Genehmigung seines gesetzlichen Vertreters verpflichten kann, ohne diese Genehmigung vorgenommenen Rechtshandlungen gleich. Die im Falle des § 516 ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erfolgte Ertheilung oder Zurücknahme der Erlaubniß zur Betreibung eines selbständigen Erwerbsgeschäfts durch den Mündel ist ohne rechtliche Wirkung." In den gedr. Abänderungsanträgen des Referenten ist beantragt: Den § 523 durch folgende Bestimmung zu ersetzen:
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1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773—1895
„Rechtsgeschäfte, welche ohne die erforderliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichts oder Gegenvormundes vorgenommen sind, stehen, soweit das Gesetz keine Ausnahme macht, in Ansehung ihrer Wirksamkeit den von einer in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Person ohne die erforderliche Einwilligung ihres gesetzlichen | Vertreters vorgenommenen Rechtsgeschäften gleich, mit der Maßgabe I Prot I 8358 jedoch, daß bei einem Vertrage, solange die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts oder des Gegenvormundes dem anderen Vertragschließenden gegenüber nach § 34 Nr. 7 des Gesetzes über das Verfahren in Vormundschaftssachen mit Wirksamkeit nicht erfolgt ist, der Vormund einseitig von dem Vertrage zurücktreten kann, und daß es als Verweigerung der Genehmigung gilt, wenn ungeachtet einer von dem anderen Vertragschließenden an den Vormund erlassenen Aufforderung innerhalb einer vom Tage des Empfanges derselben zu berechnenden Frist von zwei Wochen die Genehmigung dem anderen Vertragschließenden gegenüber mit Wirksamkeit nicht erfolgt. Auf die Genehmigung des Gegenvormundes und die Verweigerung der Genehmigung durch denselben findet die Bestimmung im § 34 N r . 7 des Gesetzes über das Verfahren in Vormundschaftssachen entsprechende Anwendung." Außerdem lagen folgende Anträge vor: I. von Seiten des Referenten: Planck 1. Den § 523 dahin zu fassen: (Nr 299) „Rechtsgeschäfte, welche ohne die erforderliche Einwilligung des Vormundschaftsgerichts oder Gegenvormundes vorgenommen sind, stehen (soweit nicht aus dem Gesetze ein Anderes sich ergiebt), in Ansehung ih- | rer Wirksamkeit den von | Prot I 8359 einer in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Person ohne die erforderliche Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters vorgenommenen Rechtsgeschäften gleich, mit der Maßgabe jedoch, daß bei einem Vertrage, solange die (nachträgliche) Genehmigung des Vormundschaftsgerichts oder des Gegenvormundes dem anderen Vertragschließenden von dem Vormunde nicht mitgetheilt ist, der letztere einseitig von dem Vertrage zurücktreten kann und daß die Verweigerung der Genehmigung dem anderen Vertragschließenden gegenüber erst dadurch Wirksamkeit erhält, daß sie demselben von dem Vormunde mitgetheilt wird, daß es aber als Verweigerung der Genehmigung gilt, wenn ungeachtet einer von dem anderen Vertragschließenden an den Vormund erlassenen Aufforderung innerhalb einer vom Tage des Empfanges derselben zu berechnenden Frist von zwei Wochen die Genehmigung dem anderen Vertragschließenden von dem Vormunde nicht mitgetheilt ist." 2. In den §§ 5 1 4 , 5 1 7 , 5 1 8 , 5 2 1 , 5 2 2 statt: „Genehmigung des Vormundschaftsgerichts" und „Genehmigung des Gegenvormundes" zu setzen: | „Einwilligung des Vormundschaftsgerichts" und „Einwilligung des Gegenvor- | Prot I 8360 mundes". (Für den Fall der Annahme des Antrags Nr. 2 werden auch die früheren Paragraphen des Entwurfs, in welchen die „Genehmigung des Vormundschaftsgerichts" erfordert wird, eine entsprechende Aenderung erfahren müssen und bleibt ein hierauf zu richtender Antrag vorbehalten.) II. 1. § 523 dahin zu fassen: Kurlbaum „Ist ein Rechtsgeschäft, zu welchem die Genehmigung des Vormundschaftsge- (Nr 300, richts erforderlich ist, ohne diese Genehmigung vorgenommen, so ist das einseitige 2 — 943
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
Rechtsgeschäft nichtig, der Vertrag zwar gültig, die Wirksamkeit desselben aber von der nachträglichen Genehmigung des Vormundschaftsgerichts abhängig. Die nachträgliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichts wird gegenüber dem anderen Vertragschließenden nur dadurch wirksam, daß sie demselben durch den Vormund mitgetheilt wird. Der Vertrag wird nicht wirksam, wenn der Vormund gegenüber dem anderen Vertragschließenden erklärt, daß der Vertrag nicht wirksam werden solle, oder wenn der Vormund dem anderen Vertragschließenden ungeachtet einer von dem letzteren | Prot 18361 an den Vormund erlasse- | nen Aufforderung innerhalb einer von dem Empfange derselben zu berechnenden Frist von zwei Wochen die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts nicht mittheilt. Solange der Vertrag noch wirksam werden kann, kann der andere Vertragschließende von demselben nicht zurücktreten. Die Vorschrift des § 64 Abs. 6 findet entsprechende Anwendung." 2. Als § 523 a hinzuzufügen: „Ist ein Rechtsgeschäft, zu welchem die Genehmigung des Gegenvormundes erforderlich ist, ohne diese Genehmigung vorgenommen, so finden die Vorschriften des 5 523 entsprechende Anwendung." v. Mandry (Nr 301, 3)
III. Den Paragraphen dahin zu beschließen: „Auf Rechtsgeschäfte, welche ohne die erforderliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes oder des Gegenvormundes vorgenommen sind, finden die Bestimmungen des K.E. § 64 Absatz 3 bis 6 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß die in Abs. 5 erwähnte Aufforderung an den Vormund zu erlassen ist."6
| Prot I 8362
| Die Berathung des § 523 und der dazu gestellten Anträge führte zu folgenden Ergebnissen: 1. Der Standpunkt des Entwurfs des gedr. Abänderungsantr. und der Anträge unter I bis III, daß in Ansehung der Wirksamkeit eines ohne die erforderliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichts geschlossenen Rechtsgeschäfts im Prinzip und im Allgemeinen die Bestimmungen des § 64 Abs. 3 bis 6 K.E. über die Wirksamkeit eines von einem in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters vorgenommenen Rechtsgeschäfts zur N o r m dienen sollen, wurde mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 2131 ff. und in den Bemerkungen zu den gedr. Abänderungsantr. S. 178 ff. von | Prot I 8363 keiner Seite bekämpft. Insbesondere herrschte Einvernehmen, j daß Abs. 3, 5 und 6 des § 64 K.E. zur Uebertragung auf den hier in Rede stehenden Fall geeignet seien, der Abs. 5 des § 64 K.E. jedoch aus den Gründen in den Bemerkungen zu den gedr. Abänderungsantr. S. 179, 180 mit der Maßgabe, daß die im Abs. 5 des §64 K.E. bezeichnete Aufforderung an den Vormund, nicht an das Vormundschaftsgericht, zu erlassen sei. Eine Meinungsverschiedenheit ergab sich nur über folgende Punkte: a) Nach dem gedr. Abänderungsantr. und den Anträgen unter I und II kann der Vormund, solange der Vertrag durch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts noch nicht wirksam geworden ist, von dem Vertrage zurücktreten. Dagegen soll nach dem Antrage unter III, wie im Falle des § 64 Abs. 3 K.E. dem Minderjährigen, so hier dem Vormunde das Rücktrittsrecht versagt sein, da keine überwiegende Gründe praktischer Zweckmäßigkeit vorlägen, in der hier fraglichen Beziehung die aus dem Prinzipe des § 523 des Entw. sich ergebenden Konsequenzen zu durchbrechen, andererseits es unbillig gegen den Dritten sei und mit der Natur gegenseitiger 6
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Das folgende ist bei § 1341 E I (Familienrecht I, S. 747) enthalten.
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773—1895
Verträge nicht im Einklänge stehe, wenn ohne dringende praktische Gründe nur der Dritte, nicht auch der Vormund gebunden sei. Eine solche Regelung könne auch dahin führen, daß zum Nachtheile des Mündels Dritte Bedenken tragen würden, mit dem Mündel bezw. dem Vormunde sich auf Rechtsgeschäfte einzulassen. Die Mehrheit erachtete jedoch diese Erinnerungen nicht f ü r durchschlagend und entschied sich deshalb für den Standpunkt des gedr. Abänderungsantr. und der Anträge unter I und II. Sie ging davon aus, daß, wenngleich die formale Konsequenz des dem § 523 des Entw. zum Grunde liegenden Prinzips dahin führe, dem Vormunde das Recht des Rücktritts nicht zu gestatten, doch der materielle | Grund, auf welchem die | Prot I 8364 Bestimmung im Abs. 3 des § 64 K.E., daß der Minderjährige von dem Vertrage nicht zurücktreten könne, beruhe, für den Vormund in dem hier in Rede stehenden Falle nicht zutreffe und überhaupt die in den Bemerkungen zu den gedr. Abänderungsantr. für den Standpunkt des gedr. Abänderungsantr. und der Anträge unter I und II geltend gemachten Gesichtspunkte als überwiegend anzusehen seien. Namentlich komme in Betracht, daß nach außen hin der Vormund der Vertreter des Mündels sei und deshalb gegen seinen Willen ein Rechtsgeschäft durch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts nicht wirksam werden könne. Auch vom praktischen Standpunkte aus empfehle es sich nicht, dem Antrage unter III in dieser Hinsicht zu folgen, da der letztere den Geschäftsgang ohne N o t h verweitläufige. Erkläre der Vormund dem Vormundschaftsgerichte, daß er die Verweigerung der Genehmigung im Interesse des Mündels beantrage, so werde trotzdem das Vormundschaftsgericht kaum jemals den Vertrag genehmigen. Daß der Vormund, obwohl er das Zustandekommen des Vertrages als im Interesse des Mündels liegend erachte, von dem Vertrage zurücktreten werde, sei nicht zu besorgen. Anlangend aber die angebliche Unbilligkeit gegen den Dritten, so sei dieselbe hier jedenfalls nicht größer, als in den Fällen des § 64 K.E., indem auch in den letzteren Fällen wegen des Rechts des gesetzlichen Vertreters des Minderjährigen, die Genehmigung des Vertrags zu verweigern, im Grunde allein der Dritte gebunden sei. b) Nach dem gedr. Abänderungsantr. und den Anträgen unter I und II soll — abweichend von dem Prinzipe des § 128 K.E. — die Genehmigung oder die Verweigerung der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts dem betheilig- | ten Dritten | Prot I 8365 gegenüber nicht schon dadurch wirksam werden, daß die betreffende Verfügung dem Dritten oder dem Vormunde von Seiten des Vormundschaftsgerichts mitgetheilt wird, sondern erst dadurch, daß sie dem Dritten durch den V o r m u n d mitgetheilt wird bezw. der Vormund im Falle der Verweigerung der Genehmigung gegenüber dem Dritten erklärt, daß der Vertrag nicht wirksam werden solle. Dagegen bezweckt der Antrag unter III, es in dieser Beziehung bei den Bestimmungen des §128 K.E. bewenden zu lassen, davon ausgehend, daß die von den gedr. Abänderungsantr. und den Anträgen unter I und II vorgeschlagene Regelung als eine die Wirksamkeit der Verfügung des Vormundschaftsgerichts bedingende N o r m zu formalistisch sei und dem praktischen Leben nicht gerecht werde. Die Mehrheit entschied sich jedoch aus den Gründen in den Bermerkungen zu den gedr. Abänderungsantr. S. 180, 181, namentlich in der Erwägung f ü r die zuletzt gedachte Regelung, daß dieselbe der prinzipiellen Stellung des Vormundes als des Repräsentanten des Mündels nach außen entspreche und auch vom Standpunkte des Interesse des Mündels aus den Vorzug verdiene, da sie dem Vormunde die Möglichkeit gewähre, die Verfügung des Vormundschaftsgerichts im Wege der Beschwerde mit Erfolg anfechten zu können, wenn dieselbe dem Interesse des Mündels nach seiner Ansicht widerstreite. Das Bedenken, daß die beschlossene Bestimmung namentlich in solchen Fällen als zu 945
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
fomalistisch sich erweise, in welchen von dem Vormunde und dem Dritten über den Abschluß des Rechtsgeschäfts vor dem Vormundschaftsgerichte verhandelt werde, könne als begründet nicht anerkannt werden, da es sich in solchen Fällen regelmäßig nicht um die nachträgliche Genehmigung zu einem bereits formell abgeschlossenen, | Prot I 8366 sondern um die Genehmigung zu | einem erst abzuschließenden Vertrage handele, die beschlossene Bestimmung aber sich nur auf die nachträgliche Genehmigung beziehe, zudem die Mittheilung von Seiten des Vormundes an den Dritten auch durch konkludente Handlungen erfolgen könne. 2. Einvernehmen bestand, daß es mit Rücksicht auf die Wichtigkeit der hier fraglichen Bestimmung im Interesse der Deutlichkeit des Gesetzes angemessener sei, statt auf die betreffenden Bestimmungen des § 64 K.E., soweit dieselben Anwendung finden sollen, zu verweisen, den Inhalt derselben hierher zu übertragen. Die Fassung wurde unter Berücksichtigung der Anträge unter I und II der Prüfung bei der Redaktion überlassen, insbesondere auch die Frage, ob mit dem Antrage unter I, 1 zu bestimmen sei, daß die Verweigerung der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts gegenüber dem anderen Vertragschließenden dadurch Wirksamkeit erlange, daß sie demselben von dem Vormunde mitgetheilt werde, oder ob mit dem Antrage unter II, 1 auf die Erklärung des Vormundes gegenüber dem anderen Vertragschließenden abzustellen sei, daß der Vertrag nicht wirksam werden solle, um das Mißverständniß zu vermeiden, als ob die Mittheilung der Verweigerung der Genehmigung an den Dritten durch den Vormund auch dann relevant sei, wenn der letztere die Mittheilung nicht in der Absicht gemacht habe, die Gebundenheit des Dritten aufzuheben, sondern etwa mit dem Zusätze, daß er gegen die Verfügung des Vormundschaftsgerichts die Beschwerde verfolgen wolle. 3. Die Genehmigung des Gegenvormundes soll nach Maßgabe des gedr. Abänderungsantr. und der Anträge unter I bis III ebenso behandelt werden, wie nach den | Prot I 8367 Beschlüssen unter 1 und 2 die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. | Man war der Ansicht, daß die Vorschriften des § 128 K.E. nicht genügten und die Uebertragung der betreffenden Bestimmungen des § 64 K.E. mit den unter 1 beschlossenen Modifikationen wegen Gleichheit des Grundes auch für die Fälle als angemessen zu erachten sei, in welchen die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts von der Genehmigung des Gegenvormundes abhängig sei. Ob die die Genehmigung des Gegenvormundes betreffenden Bestimmungen nach dem Vorschlage des Antrags unter II, 2 in einen besonderen Paragraphen zu verweisen seien, blieb der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten. 4. Die Berathung über die Anträge unter I, 2 und IV wurde vertagt.
| Prot I 8369
537. Sitzung vom 2. 4. 1886, Schriftführer: Struckmann. | Die Berathung des Entwurfs des Familienrechts Abschn. III „Das Vormundschaftsrecht" wurde fortgesetzt. Zu § 523 des Entw. war noch der Prot. S. 8359, 8360 mitgetheilte, im Anschluß an den § 523 gestellte Antrag unter I, 2 zu erledigen. Derselbe bezweckt, zwischen Einwilligung und Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bezw. des Gegenvormundes terminologisch in derselben Weise zu unterscheiden, wie sonst nach dem Sprachgebrauche des Gesetzbuchs zwischen Einwilligung und Genehmigung, insbesondere zwischen Einwilligung und Genehmigung des gesetzlichen Vertreters in dem analogen Falle des § 64 K.E., unterschieden werde (vgl. auch § 128 K.E.), also in der Weise, daß unter Einwilligung des Vormundschaftsgerichts bezw. des Gegenvormundes die vorgängige oder gleichzeitige, unter Genehmigung die nachträgliche zu 946
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773—1895
dem betreffenden Akte hinzutretende Mitwirkung des Vormundschafts- | gerichts | Prot 1 8370 bezw. des Gegenvormundes verstanden werden soll. Demgemäß soll namentlich in den Fällen, in welchen die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts von der Mitwirkung des Vormundschaftsgerichts oder des Gegenvormundes abhängig gemacht ist, in Uebereinstimmung mit dem analogen Falle des § 64 K.E., nicht der Ausdruck „Genehmigung", sondern der Ausdruck „Einwilligung" gebraucht werden. Der Zusatz „oder Genehmigung" sei nicht erforderlich, da aus den in der vorigen Sitzung zu § 523 des Entw. beschlossenen Bestimmungen (Prot. S. 8362 ff.) sich ergebe, daß ein ohne die erforderliche Einwilligung des Vormundschaftsgerichts oder des Gegenvormundes geschlossener Vertrag durch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bezw. des Gegenvormundes, ebenso wie nach § 64 Abs. 3 K.E. ein ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters geschlossener Vertrag durch die Genehmigung des gesetzlichen Vertreters, wirksam werde, und zwar nach § 128 Abs. 4 K.E. mit rückwirkender Kraft. Der Zusatz „oder Genehmigung" würde zudem im Hinblick auf einseitige Rechtsgeschäfte unrichtig sein, da nach dem § 523 des Entw. (vergl. § 64 Abs. 3 K.E.) ein ohne die erforderliche Einwilligung des Vormundschaftsgerichts oder des Gegenvormundes vorgenommenes einseitiges Rechtsgeschäft nicht genehmigungfähig, sondern nichtig sei. Einvernehmen bestand, daß, auch wenn man an dem bisher regelmäßig befolgten Sprachgebrauch „Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bezw. des Gegenvormundes" festhalte, daraus eine sachliche Unrichtigkeit sich nicht ergeben werde, da es | nicht zweifelhaft sein könne, daß in den Fällen, in welchen das Gesetz von | Prot 1 8371 Genehmigung rede, jedenfalls auch die Einwilligung genüge. Für den Vorschlag des Antrags wurde aber geltend gemacht, daß die beantragte Unterscheidung mit der sonstigen Terminologie des Gesetzbuchs, namentlich in dem analogen Falle des § 64 K.E., im Einklänge stehe und auch im Interesse der Deutlichkeit und der leichteren praktischen Handhabung des Gesetzbuchs sich empfehle, weil sie bei den einzelnen in Betracht kommenden Bestimmungen für die Anwendung derselben eine Untersuchung nach der Richtung hin entbehrlich mache, ob unter der Genehmigung nur die vorgängige oder gleichzeitige oder auch die nachträgliche Genehmigung zu verstehen sei. Die Mehrheit entschied sich jedoch für die Ablehnung des Antrags in der Erwägung, daß für behördliche Akte der hier fraglichen Art, insbesondere auch zur Bezeichnung der Mitwirkung der Vormundschaftsbehörden bei den hier in Rede stehenden Rechtsgeschäften, der Ausdruck „Genehmigung" in der Gesetzgebung und im Rechtsleben allgemein oder doch überwiegend üblich sei, in der großen Mehrzahl der Fälle die Genehmigung überdies als eine nachträgliche zu dem formell bereits geschlossenen Rechtsgeschäfte hinzutreten pflege und das Festhalten an dem bisher üblichen Sprachgebrauche, wie allseitig anerkannt sei, zu einer sachlichen Unrichtigkeit nicht führe. Dem Hinweise darauf, daß der Vorschlag des Antrags sich der sonst von dem Gesetzbuche befolgten Terminologie, insbesondere der Ausdrucksweise in dem analogen Falle des § 64 | K.E. anschließe, könne entscheidendes | Prot I 8372 Gewicht um so weniger beigelegt werden, als es sich in den hier fraglichen Fällen, soviel die Mitwirkung des Vormundschaftsgerichts anlange, um einen behördlichen Akt handeln und mit Rücksicht darauf eine abweichende Terminologie als eine Inkorrektheit nicht angesehen werden könne. Zudem sei die Sachlage in dem Falle des § 64 Abs. 3 K.E. insofern eine andere, als dort neben der Einwilligung sofort auch der Genehmigung gedacht und bestimmt werde, inwieweit ein ohne die erforderliche Einwilligung vorgenommenes Rechtsgeschäft durch Genehmigung wirksam werden könne, während in den hier fraglichen Fällen die Antwort darauf, ob auch die 947
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3. Abschnitt: Vormundschaft
nachträgliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bezw. des Gegenvormundes dem Rechtsgeschäfte Wirksamkeit zu verleihen vermöge, nicht aus den betreffenden, die Einwilligung erfordernden Bestimmungen, sondern erst aus dem § 523 des Entw. entnommen werden könne. Auch aus diesem Grunde empfehle es sich nicht, dem Antrage zu folgen, weil der Gebrauch des Ausdrucks „Einwilligung", wenn man die einzelnen Bestimmungen für sich allein in's Auge fasse, den Anschein erwecke, als ob eine nachträgliche Genehmigung überhaupt ohne rechtliche Wirkung sein solle. 7 | Prot I 8373
| Uebergegangen wurde sodann zur Berathung des § 524 des Entw., dessen W o r t laut dahingeht: TE-FamR „Soweit es bei persönlichen Angelegenheiten des Mündels neben der Mitwirkung § 524 desjenigen, welchem die Sorge für die Person des Mündels obliegt, auch der Mitwirkung desjenigen bedarf, welchem die Sorge für das Vermögen des Mündels obliegt, entscheidet bei Meinungsverschiedenheiten derselben das Vormundschaftsgericht."
| Prot I 8374
| Der § 524, welcher einen dem Falle des § 494 Abs. 2 des Entw. (Prot. S. 8231) analogen Fall betrifft und vorzugsweise für die elterliche Gewalt von Bedeutung ist, auf welcher er f ü r den Fall der Aufnahme in das Vormundschaftsrecht bereits f ü r entsprechend anwendbar erklärt ist (vgl. § 360 des Entw. Prot. S. 7753, 7754), wurde im Wesentlichen aus den Gründen der Motive S. 2133, 1448 von der Mehrheit gebilligt. Sie war insbesondere der Ansicht, daß die Bestimmung nicht durch das nach dem § 526 des Entw. dem Vormundschaftsgerichte zustehende Aufsichtsrecht entbehrlich werde, da, auch wenn demnächst zum § 526 des Entw. im Sinne des Entw. (vgl. Motive S. 2135) beschlossen werden sollte, daß das Vormundschaftsgericht kraft seines Aufsichtsrechts befugt sei, gegen Pflichtwidrigkeiten durch geeignete Gebote oder Verbote einzuschreiten, die Bestimmung des § 526 des Entw. doch f ü r solche Fälle die Vorschrift des § 524 nicht überflüssig mache, in welchen das Verhalten der einen oder der anderen der im § 524 bezeichneten Personen sich nicht als einen Pflichtwidrigkeit darstelle, sondern die Meinungen derselben über Zweckmäßigkeitsfragen auseinander gingen. Die von einer Seite zum Zwecke der Verdeutlichung, auf welchen Falle der § 524 sich beziehe, vorgeschlagenen Fassung des Eingangs des § 524 „Liegt die Sorge f ü r die Person und die Sorge für das Vermögen des Mündels verschiedenen Personen ob, so u.s.w." wurde der P r ü f u n g bei der Redaktion überlassen.
Im Anschlüsse an den § 524 des Entw. war von einer Seite der Antrag gestellt, | Prot I 8375 nach dem Vor- | bilde der preuß. V.O. § 49 als § 524 a folgende Bestimmung aufzunehmen: Kurlbaum „Durch die Genehmigung einer Handlung des Vormundes von Seiten des Gegen(Nr 302, 2) vormundes wird der V o r m u n d , durch die Genehmigung von Seiten des Vormundschaftsgerichtes werden der Vormund und der Gegenvormund von ihrer Haftpflicht gegenüber dem Mündel nicht befreit." Zur Begründung der Bestimmung werde geltend gemacht, daß, wenngleich dieselbe aus allgemeinen Grundsätzen folge, ihre ausdrückliche Hervorhebung im Gesetze doch aus praktischen Gründen in hohem Grade wünschenswerth sei, um den Vormund und den Gegenvormund darauf hinzuweisen, daß die Thatsache der Genehmigung einer H a n d l u n g von Seiten des Vormundschaftsgerichts sie von ihrer 7
Vgl. Fn. 6.
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1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
Haftpflicht gegenüber dem Mündel nicht befreie. Es sei zu besorgen, daß ohne eine solche Bestimmung eine gegentheilige Anschauung bei dem Vormunde und dem Gegenvormunde Eingang finden könne. Die Mehrheit theilte jedoch die Auffassung der Motive S. 2082, 2083, daß die vorgeschlagene Bestimmung, weil dieselbe, richtig verstanden, selbstverständlich sei, entbehrlich erscheine und kein Bedürfniß vorliege, dieselbe im Gesetze besonders hervorzuheben. Vom Standpunkte der preuß. V.O. möge die Aufnahme der Bestimmung zweckmäßig gewesen sein, um die Vormünder auf die Konsequenzen der ihnen nach der preuß. V.O. im Gegensatze zu dem preuß. A.L.R. zugewiesenen selbständigen Stellung auch in der hier fraglichen Beziehung | hinzuweisen. Dieser Grund komme aber für das bürgerliche Gesetzbuch, welches | Prot I 8376 mit den auf den Vorschriften des A.L.R. beruhenden Anschauungen über die Stellung des Vormundes gegenüber dem Vormundschaftsgerichte nicht mehr zu rechnen habe, nicht in Betracht. Auf der anderen Seite sei die Aufnahme der in Rede stehenden Bestimmungen aber auch bedenklich, theils weil sie dahin führen könne, daß der Vormund zum Nachtheile des Mündels allzu ängstlich verfahre, theils weil sie dem Mißverständnisse ausgesetzt sei, als ob die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts den Vormund oder Gegenvormund in keinem Falle zu entschuldigen geeignet sei. Ob die Einholung der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts und die Ertheilung der letzteren das Verschulden des danach handelnden Vormundes ausschließe, sei eine Thatfrage, deren Hntscheidung von der Beurtheilung der Umstände des einzelnen Falles abhänge. Richtig sei nur, daß, wenn dem Vormunde oder dem Gegenvormunde ein Verschulden zur Last falle, er von der H a f t u n g wegen dieses Verschuldens nicht durch die Thatsache befreit sei, daß das Vormundschaftsgericht die Handlung genehmigt habe. Die ergebe sich — abgesehen von den allgemeinen Grundsätzen — f ü r den Fall der Annahme des § 533 a der gedr. Abänderungsantr. zudem aus dem Abs. 2 des § 533 a . Der § 525 des Entw., welcher lautet: „Wenn ein Vormund noch nicht bestellt oder durch Abwesenheit oder sonstige TE-FamR Gründe behindert ist, so hat das Vormundschaftsgericht die zum Schutze der Person § 5 2 5 des Mündels | und zur Sicherstellung seines Vermögens erforderlichen Maßregeln zu | Prot 18377 treffen." wurde mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 2133, 2134 von keiner Seite beanstandet (vgl. auch § 361 des Entw.; Prot. 7754). Vorbehalten blieb für den Fall, daß in einem Anhange zum Vormundschaftsrechte einzelne Verfahrensvorschriften Aufnahme finden sollten (vgl. Prot. 8131, 8132), auch eine die Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts in den Fällen des § 525 des Entw. regelnde Vorschrift dort einzustellen (vgl. § 17 des Entw. eines Gesetzes über das Verfahren in Vormundschaftssachen). Zu dem § 526 des Entw., lautend: „Das Vormundschaftsgericht hat über die gesammte Thätigkeit des Vormundes und des Gegenvormundes die Aufsicht zu führen." lag folgender Antrag vor: Dem § 526 hinzufügen „Dieselben zur Erfüllung ihrer Obliegenheiten anzuhalten und gegen Pflichtwidrigkeiten durch geeignete Gebote oder Verbote einzuschreiten." oder „und dieselben insbesondere durch Gebote oder Verbote 8 zu der Erfüllung ihrer im Gesetze begründeten (der ihnen gesetzlich obliegenden) Pflichten anzuhalten." 8
Im metallographierten Antrag heißt es: „Gebot oder Verbot."
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TE-FamR §
v. Weber (Nr 308)
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
Das im § 526 des Entw. anerkannte ständige Aufsichtsrecht des Vormundschaftsgerichts über die gesammte Thätigkeit des Vormundes und Gegenvormundes wurde im Prinzipe von keiner Seite bekämpft. Dagegen gingen die Ansichten über den Inhalt und die Tragweite dieses Aufsichtsrechts auseinander. Der Entwurf beruht auf | Prot I 8378 der Auffassung, daß das Vormundschafts- | gericht kraft seines Aufsichtsrechts zwar nicht befugt ist, dem Vormunde für die Führung der Vormundschaft leitende, aus Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten hergenommene Anweisungen zu ertheilen und ihn zu deren Befolgung anzuhalten, daß aber jenes Aufsichtsrecht, außer dem Rechte, Kenntniß zu nehmen und Auskunft zu verlangen, die Befugniß in sich schließt, gegen den Vormund und den Gegenvormund durch Verbote und Gebote einzuschreiten, nicht nur dann, wenn dieselben den speziellen, dem Aufsichtsrechte dienenden und dessen D u r c h f ü h r u n g bezweckenden gesetzlichen Bestimmungen zuwiderhandelnden und die ihrem Ermessen durch besondere gesetzliche Vorschriften gezogenen Schranken überschreiten, sondern auch dann, wenn das Verhalten des Vormundes oder Gegenvormundes, bestehe dies nun in einem positiven Handeln oder in einem Unterlassen, sich als eine Pflichtwidrigkeit darstellt. Besteht jedoch die Pflichtwidrigkeit in einem Unterlassen, so kann das Vormundschaftsgericht den Vormund regelmäßig nur zu einem die Pflichtwidrigkeit beseitigenden Handeln überhaupt, zu der Vornahme einer individuell bestimmten Handlung dagegen nur dann anhalten, wenn die Beseitigung der Pflichtwidrigkeit gerade die Vornahme dieser bestimmten H a n d lung erfordert. Kann der Zweck auf verschiedenen Wegen erreicht werden, so hat das Vormundschaftsgericht die Auswahl dem Ermessen des Vormundes zu überlassen. Auf demselben Boden, wie der Entwurf, steht auch der zu dem § 526 des Entw. gestellte Antrag, welcher den Sinn des § 526 nach Maßgabe der Ausführungen in den Motiven S. 2135 nur zu verdeutlichen bezweckt. Der Entw. und der Antrag gehen | Prot I 8379 davon aus, daß die von ihnen vertretene Auffassung | insbesondere auch dem gemeinen Rechte zum Grunde liege. Von anderer Seite wurde dagegen geltend gemacht, daß die nach jener Auffassung mit dem Aufsichtsrechte verbundene Befugniß, allgemein bei Pflichtwidrigkeiten des Vormundes durch Verbote oder Gebote in die vormundschaftliche Verwaltung einzugreifen, auch wenn es sich nicht um die Verletzung einer im Gesetze besonders hervorgehobenen dem Aufsichtsrechte dienenden und der Selbständigkeit des Vormundes in der Führung der Vormundschaft Schranken setzenden Pflicht handele, über den Begriff des Aufsichtsrechts hinausgehe, mit dem Prinzipe der Selbständigkeit des Vormundes nicht im Einklänge stehe und auch aus praktischen Gründen sich nicht empfehle, weil sie die Gefahr mit sich bringe, daß das Vormundschaftsgericht zum Nachtheile der Mündel die Führung der Vormundschaft den H ä n d e n des Vormundes entwinde, in Zweckmäßigkeitsfragen seine Ansicht an die Stelle der Ansicht des Vormundes setze, dem letzteren dadurch Lust und Liebe zur Führung der Vormundschaft benehme und ihn daran gewöhne, statt selbständig zu handeln, die Anweisungen des Vormundschaftsgerichts abzuwarten. Richtiger sei es deshalb, bei Pflichtwidrigkeiten der hier fraglichen Art, wenn der V o r m u n d den Ratschlägen des Vormundschaftsgerichts kein Gehör schenke, die Befugniß des Vormundschaftsgerichts darauf zu beschränken, den Vormund zu entlassen oder durch Bestellung eines Pflegers den Vormund zum Theil von der vormundschaftlichen Verwaltung auszuschließen. Dies sei auch richtiger Ansicht nach der freilich nicht unbestrittene Standpunkt der preuß. V.O. Die Erfahrung habe gezeigt, daß ein | Prot I 8380 in dieser Art gestaltetes Aufsichtsrecht die | Interessen des Mündels in ausreichender Weise schütze und die Vormundschaftsgerichte auch auf diesem, die Selbständigkeit 950
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des Vormundes in höherem Maße schützenden Wege zum Ziele gelangten. Mit Rücksicht darauf, daß der zu den § 526 des Entw. gestellte, oben mitgetheilte Antrag vor der Sitzung nicht zur Vertheilung gelangt war, andererseits ein die zuletzt gedachte Auffassung zum Ausdrucke bringender schriftlicher Antrag in Aussicht gestellt wurde, verständigte man sich dahin, die Beschlußfassung über den zu § 526 gestellten Antrag, überhaupt über den Inhalt und die Tragweite des Aufsichtsrechts bei der Wichtigkeit der Sache auszusetzen. Vorbehalten blieb ferner, über die Zwangsgewalt des Vormundschaftsgerichts, insbesondere über das Recht, gegen den Vormund und den Gegenvormund O r d nungsstrafen zu verhängen (vgl. § 41 des Entw. eines Gesetzes über das Verfahren in Vormundschaftssachen), eventuell in einem Anhange zu dem Vormundschaftsrechte Bestimmungen zu treffen (vgl. Prot. S. 8131, 8132). Der § 527 des Entw. lautet: „Das Vormundschaftsgericht kann behufs Erziehung des Mündels dessen Unter- TE-FamR bringung in einer geeigneten Familie, in einer Erziehungs- oder Besserungsanstalt § 527 beschließen, wenn es dies im Interesse des Mündels für erforderlich erachtet, insbesondere, wenn der Mündel eine strafbare Handlung begangen hat und mit Rücksicht auf die Beschaffenheit der strafbaren Handlung, die Persönlich- | keit des Mündels | Prot I 8381 und dessen sonstige Lebensverhältnisse die Gefahr weiterer sittlicher Verwahrlosung desselben begründet ist." Dazu lagen folgende Anträge vor: 1. von Seiten des Referenten: in § 527 die Worte „insbesondere . . . begründet ist" zu streichen.
Planck (Nr 279,15)
2. den § 527 dahin zu fassen: Kurlbaum „Das Vormundschaftsgericht kann anordnen, daß der Mündel zum Zwecke der (Nr 302, 3) Erziehung in einer geeigneten Familie oder in einer Erziehungs- oder Besserungsanstalt unterzubringen sei. Soweit die Pflicht und das Recht, für die Person des Mündels zu sorgen, der Mutter desselben zusteht, finden jedoch nur die Vorschriften des §1510 Satz 1, 2 derZusst. entsprechende Anwendung." | Der § 527 wurde nach Maßgabe des Antrags unter 1 unter Streichung der Worte | Prot I 8382 „insbesondere . . . begründet ist" aus den Gründen der Motive S. 2136, 2137 sachlich gebilligt, jedoch mit dem in dem zweiten Satze des Antrags unter 2 vorgeschlagenen Zusätze. Man verkannte nicht, daß die Bestimmung des § 527, welche dem Vormundschaftsgerichte das Recht giebt, die dort bezeichnete Maßregel gegen den Willen des Vormundes auch dann zu beschließen, wenn dem letzteren eine Pflichtwidrigkeit in Ansehung der Erziehung des Mündels nicht zur Last falle, sofern nur das Vormundschaftsgericht die Maßregel im Interesse des Mündels für erforderlich erachte, einen Eingriff in die sonst dem Vormunde selbständig zustehende Erziehungsgewalt enthalte. Man hielt jedoch die in den Motiven für die Aufnahme der Bestimmung angeführten Gründe, namentlich den Gesichtspunkt, daß es im öffentlichen Interesse in hohem Grade wünschenswerth sei, dem Vormundschaftsgerichte die Möglichkeit zu gewähren, zur Verhütung weiterer sittlicher Verwahrlosung eines Mündels in der hier fraglichen Art energisch eingreifen zu können, f ü r überwiegend, zumal nicht zu besorgen sei, daß das Vormundschaftsgericht von der ihm eingeräumten Befugniß ohne dringenden Anlaß Gebrauch machen werde, auch das Rechtsmittel der Beschwerde geeignetenfalls den nöthigen Schutz gewähre. Einvernehmen bestand, daß durch die Bestimmung des § 527 die landesgesetzlichen Vorschriften über die öffent951
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
liehe Zwangserziehung verwahrloster Kinder nicht berührt, insbesondere keine Verpflichtung begründet werde, einen nach Maßgabe des § 527 von dem Vormund| Prot I 8383 schaftsgerichte gefaßten Beschluß even- | tuell auf öffentliche Kosten zur Ausführung zu bringen (vgl. Prot. S. 7762). Die Streichung der Worte im § 527 „insbesondere . . . begründet ist" erfolgte aus denselben Gründen, welche die Kommission bestimmt haben, die entsprechenden Worte auch im § 363 des Entw. zu streichen (Prot. S. 7760 ff.). Die Fassung des § 527 blieb der P r ü f u n g bei der Redaktion überlassen, bei welcher insbesondere auch geprüft werden soll, ob es nicht im Interesse der Deutlichkeit des Gesetzes rathsam sei, im § 527 deutlicher zum Ausdrucke zu bringen, daß das Vormundschaftsgericht die hier fragliche Maßregel auch gegen den Willen des Vormundes beschließen könne, ferner, ob es sich empfehle, im 5 527 die W o r t e „wenn es dies im Interesse des Mündels f ü r erforderlich erachtet" nach dem V o r schlage des Antrags unter 2 als entbehrlich zu streichen oder mit dem Entwürfe beizubehalten, um die Verschiedenheit der Voraussetzungen der hier fraglichen Maßregel im § 527 des Entw. einerseits und im § 1510 der Zusst. andererseits im Gesetze schärfer hervortreten zu lassen. Anlangend den in dem zweiten Satze des Antrags unter 2 vorgeschlagenen Zusatz, so steht derselbe mit dem Entw. sachlich im Einklänge (vgl. Motive S. 2137, 1424, 1613). Der Entwurf hat den Zusatz mit Rücksicht darauf als entbehrlich erachtet, daß er die der Mutter zustehende Erziehungsgewalt als ein residuum der elterlichen Gewalt behandelt, woraus sich ergiebt, daß das Vormundschaftsgericht in die Erziehungsgewalt der Mutter nur nach Maßgabe der Vorschriften des §510 Satz 1, 2 der Zusst. einzugreifen berechtigt ist (vgl. Prot. S. 7639, 7822). Man über| Prot I 8384 zeug- | te sich jedoch, daß es bei dem allgemeinen Wortlaute des § 527 im Interesse der Deutlichkeit des Gesetzes den V o r z u g verdiene, jenen Zusatz der Bestimmung des § 527 hinzuzufügen. Bei Gelegenheit der Berathung des § 527 wurde noch zur Sprache gebracht, daß der Entwurf nach dem Vorgange der preuß. V.O. besondere Bestimmungen über s.g. vormundschaftliche Erziehungsberichte nicht aufgenommen habe (vgl. Motive S. 2146). Man war der Ansicht, daß derartige Erziehungsberichte einen erheblichen praktischen Werth nicht hätten und theils im Hinblick auf das Institut des Gemeindewaisenraths (§ 534 des Entw.), theils mit Rücksicht darauf entbehrlich seien, daß das Vormundschaftsgericht kraft seines Aufsichtsrechts befugt und auch verpflichtet sei, sich auch um die persönlichen Verhältnisse des Mündels zu kümmern und in dieser Beziehung nach Bedürfniß von Zeit zu Zeit Auskunft von dem Vormunde zu verlangen. Es bleibe vorbehalten, dies, soweit nöthig, bei Berathung der §§ 530, 531 des Entw. besonders zum Ausdrucke zu bringen. Der § 528 des Entwurfs lautet: TE-FamR „Das Vormundschaftsgericht soll in wichtigen Angelegenheiten des Mündels, § 5 2 8 sowie in allen Fällen, in denen der Vormund oder Gegenvormund es beantragt, Verwandte oder Verschwägerte des Mündels vor seiner Entschließung gutachtlich zu hören, sofern dies ohne erheblichen Verzug und ohne unverhältnißmäßige Kosten geschehen kann. | Prot 1 8385 Die zur gutachtlichen Aeußerung aufgeforderten Verwandten oder Ver-1 schwägerten können aus dem Vermögen des Mündels Ersatz der ihnen dadurch erwachsenen baaren Auslagen beanspruchen. Den Betrag des letzteren setzt das Vormundschaftsgericht fest." 952
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§§ 1773—1895
Dazu lagen folgende Anträge vor: 1. Im Absatz 1 die W o r t e „in wichtigen Angelegenheiten des Mündels, sowie" zu streichen und dafür am Schlüsse des ersten Absatzes zu setzen: „Es steht ihm frei, auch ohne Antrag Verwandte oder Verschwägerte des Mündels gutachtlich zu hören." (zu vergl. § 55 Abs. 1 preuß. V.O., § 1822 sächs. G.B.). 2. An Stelle von Abs. 2 und 3 zu bestimmen: „§ 33 der vorl. Zusst. (§ 507 des Entw.) findet entsprechende Anwendung."
v. Weber (Nr 305,1)
Der § 528 wurde absatzweise berathen. 1. Der einem Vorbeschlusse der Kommission vom 24. September 1877 im Wesentlichen entsprechende Absatz 1 des § 528 wurde unter Ablehnung des Antrags unter 1 aus den Gründen der Motive S. 2137, 2138, 1951 bis 1953 von der Mehrheit gebilligt. Sie theilte nicht die Besorgniß, daß eine Bestimmung, welche dem Vormundschaftsgerichte die Pflicht auferlege, in wichtigen Angelegenheiten des Mündels auch ohne Antrag Verwandte oder Verschwägerte | des Mündels vor seiner Ent- | Prot 1 8386 Schließung gutachtlich zu hören, wegen der mit der Nichtbeobachtung einer solchen Bestimmung verbundenen Verantwortlichkeit des Vormundschaftsgerichts bei der Unbestimmtheit des Begriffs einer wichtigen Angelegenheit dahin führen könne, daß das Vormundschaftsgericht, um sich nicht verantwortlich zu machen, regelmäßig in allen Angelegenheiten des Mündels Verwandte oder Verschwägerte desselben vor seiner Entschließung gutachtlich hören werde, was eine große Erschwerung bei Führung der Vormundschaft zur Folge haben und der Vorschrift des § 528 den Charakter einer Art obligatorischen Familienraths geben würde. Die Gefahr, daß das Vormundschaftsgericht, um der Verantwortlichkeit wegen Nichtbeobachtung des § 528 zu entgehen, von der Vorschrift des § 528 einen unangemessenen Gebrauch machen werde, liege sehr fern, wenn man berücksichtige, daß der Kausalzusammenhang zwischen einem dem Mündel erwachsenen Schaden und der Nichtbeobachtung der Vorschrift des § 528 nur äußerst schwer zu beweisen sein werde. Andererseits komme in Betracht, daß der Zweck des § 528, den Einfluß der Familie bei Führung der Vormundschaft in einer angemessenen Weise zu stärken, verfehlt zu werden drohe, wenn man dem Antrage unter 1 folge. 2. Auch Abs. 2 und 3 des § 528 fanden aus den Gründen der Motive S. 2138 die Zustimmung der Mehrheit. Man besorgte, daß, wenn man, wie im Laufe der Berathung beantragt wurde, den zur gutachtlichen Aueßerung aufgeforderten Verwandten oder Verschwä- | gerten keinen Anspruch auf Ersatz der ihnen dadurch erwach- | Prot I 8387 senen Auslagen aus dem Vermögen des Mündels gebe, der Zweck des § 528 in vielen Fällen verfehlt werden würde, da die Verwandten oder Verschwägerten des Mündels nicht immer in der Lage oder gewillt seien, die baaren Auslagen selbst zu tragen. Daß von der Anhörung solcher Verwandten und Verschwägerten des Mündels, welche ein solches Opfer zu bringen sich scheuten, wegen Mangels eines lebendigen Interesses f ü r den Mündel ein erheblicher Nutzen nicht zu erwarten sei und dadurch dem Mündel überflüssige Kosten erwüchsen, könne in dieser Allgemeinheit als richtig nicht anerkannt werden. Auf der anderen Seite fehle es indessen an einem Bedürfnisse, über die Bestimmung des Entw. hinauszugehen und nach Maßgabe des Antrags unter 2 die für den Vormund und den Gegenvormund gegebenen Vorschriften des § 33 der vorl. Zusst., nach welchen auch ein Anspruch auf Vorschußleistung und auf Vergütung solcher Dienste des Vormundes und des Gegenvormundes begründet sei, welche dem Gewerbe oder dem Berufe derselben angehörten, auf die Verwandten oder Verschwägerten des Mündels im Falle des § 528 für entsprechend anwendbar zu 953
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
erklären. Der Vorschlag des Entwurfs, daß der Anspruch auf Ersatz der baaren Auslagen in Ansehung des Betrages nicht prozeßfähig sein, sondern der Betrag durch das Vormundschaftsgericht festgesetzt werden solle, empfehle sich aus Gründen der Zweckmäßigkeit und im Hinblick auf die Analogie der Festsetzung von Zeugengebühren. TE-FamR §529 | Prot I 8388
Der § 529 des Entwurfs lautet:
| „Das Vormundschaftsgericht soll vor der Entscheidung über die zu einer Handlung des Vormundes erforderliche Genehmigung den bestellten Gegenvormund und vor der Entscheidung über die Veräußerung einer der im § 518 unter Nr. 1 und 2 genannten Gegenstände oder die Auflösung eines Erwerbsgeschäfts auch den Mündel selbst hören, sondern dieser das achtzehnte Lebensjahr zurückgelegt hat." In den gedr. Abänderungsantr. des Ref. ist beantragt: Hinter dem Worte „Veräußerung" noch die Worte „oder Belastung" einzuschalten. Außerdem lag folgender Antrag vor: Den § 529 zu fassen: „Das Vormundschaftsgericht soll vor der Entscheidung über die zu einer Handlung des Vormundes erforderliche Genehmigung den bestellten Gegenvormund hören. Das Vormundschaftsgericht soll außerdem von seiner Entschließung den Mündel selbst, sofern er das achtzehnte Lebensjahr zurückgelegt hat, hören, wenn es sich um die Veräußerung eines Grundstückes oder eines Anspruchs auf Uebertragung des Eigenthums an einem Grundstücke oder um Begründung der Verpflichtung zu einer derartigen Veräußerung, I Prot I 8389 | um einen entgeltlichen Vertrag über den Erwerb eines Grundstückes, um den Beginn oder die Auflösung eines Erwerbsgeschäftes handelt. (Dem Vormundschaftsgerichte steht es frei, auch in anderen Fällen vor seiner Entscheidung den Mündel zu hören.) Anmerkung. Ausgeschieden von der obligatorischen Befragung des Mündels werden nach dem Antrage die im Entwürfe und bezw. dem Abänderungsantrage des Referenten erwähnten Falle der Belastung eines Grundstückes, der Veräußerung und Belastung des Rechtes an einem Grundstücke und der Verpflichtung zu einer derartigen Veräußerung oder Belastung. Ausgedehnt wird die Vorschrift des Entwurfs in dem Antrage dagegen auf entgeltliche Verträge über den Erwerb eines Grundstückes und auf den Beginn eines Erwerbsgeschäftes. Der Schlußsatz ist zur Verdeutlichung beigefügt. Die Berathung des § 529 führte zu folgenden Ergebnissen: 1. Die Bestimmung des § 529, daß das Vormundschaftsgericht vor der Entscheidung über die zu einer Handlung des Vormundes erforderliche Genehmigung den bestellten Gegenvormund hören soll, erfuhr mit Rücksicht auf die Ausführungen in | Prot I 8390 den Motiven S. 2139 keine Anfechtung. Anlangend | die Fassung, so überzeugte man sich, daß hier der Ausdruck „zu einer Handlung des Vormundes" am Platze sei, da der § 529 auch auf solche Fälle Anwendung finden solle, in welchen nicht die Genehmigung zu einem Rechtsgeschäfte, sondern zu einem faktischen Handeln des Vormundes (vgl. z. B. § 522 des Entw.) in Frage stehe. Der Ausdruck „Entscheidung" entspricht dem § 1505 Absatz 2 der Zusst. 2. Einvernehmen bestand ferner, daß das Vormundschaftsgericht vor der Entscheidung über ein Rechtsgeschäft, welches die Veräußerung eines Grundstückes 954
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773—1895
oder eines Anspruchs auf Uebertragung des Eigenthums an einem Grundstücke oder die Begründung einer Verpflichtung zu einer derartigen Veräußerung zum Gegenstande hat, den Mündel selbst hören soll, sofern dieser das achtzehnte Lebensjahr zurückgelegt hat. Dagegen ergab sich eine Meinungsverschiedenheit darüber, ob mit dem Antrage — abweichend von dem Entwürfe und den gedr. Abänderungsantr. — von der obligatorischen Befragung des Mündels die sonstigen in Ziff. 1, 2 des § 518 des Entwurfs (in der Fassung der Ziff. 1, 2 des § 1475 der Zusst.), also namentlich solche Rechtsgeschäfte ausgeschlossen werden sollen, welche die Belastung eines Grundstücks, die Veräußerung und Belastung des Rechts an einem Grundstücke mit Ausnahme der Hypotheken und Grundschulden, oder die Verpflichtung zur einer derartigen Veräußerung oder Belastung zum Gegenstande haben. Der Antrag beruht auf dem Gedanken, daß die Pflicht, den Mündel zu hören, auf solche Fälle zu beschränken sei, in welchen eine Handlung in Frage stehe, welche ihrer Beschaffenheit nach auf die persönlichen | Verhältnisse und die künftige Lebensstellung des | Prot 1 8391 Mündels einwirke, daß aber darüber hinaus eine obligatorische Zuziehung des Mündels zu der Vermögensverwaltung nicht angemessen sei, da insoweit dem Mündel das erforderliche Verständniß fehle und seine Zuziehung die Verwaltung unnöthig erschwere. Dieser Gesichtspunkt führe zu der vorgeschlagenen Beschränkung. Insbesondere empfehle es sich nicht, die Zuziehung des Mündels zu Belastungen der hier fraglichen Gegenstände mit Hypotheken und Grundschulden vorzuschreiben. Die Mehrheit entschied sich jedoch gegen den Standpunkt des Antrags für die Aufnahme der Bestimmung, daß das Vormundschaftsgericht vor der Entscheidung eines der in Ziff. 1, 2 des § 518 (Ziff. 1, 2 des § 1475 der Zusst.) bezeichneten Rechtsgeschäfte ohne Unterschied den Mündel selbst hören solle, sofern derselbe das achtzehnte Lebensjahr zurückgelegt habe. Man ging davon aus, daß, nachdem man in Ziff. 1, 2 des § 518 den Grundstücken die Rechte an Grundstücken mit Ausnahme der Hypotheken und Grundschulden, und der Veräußerung die Belastung gleichgestellt habe, eine gewisse Konsequenz schon dahin führen müsse, hier in gleicher Art zu verfahren, also die Zuziehung des Mündels zu allen Rechtsgeschäften vorzuschreiben, welche das Immobiliarvermögen desselben im Sinne der Ziff. 1, 2 des § 518 betreffen. Es sei zwar zuzugeben, daß die beschlossene Bestimmung auch einzelne Fälle umfasse, auf welche die ratio des § 529 weniger zutreffen möge und für welche, wenn sie allein in Frage ständen, keine genügende Veranlassung vorliegen würde, die Zuziehung des Mündels vorzuschreiben. Auf der anderen Seite gehe aber der Antrag in der Beschränkung zu weit. Nament- | lieh sei es bedenklich, die Belastung eines Grund- | Prot I 8392 stückes, insbesondere mit Grundgerechtigkeiten, ganz auszuscheiden, da derartige Belastungen den Charakter des Grundstücks unter Umständen wesentlich verändern und dem Eigenthümer den Besitz desselben völlig verleiden könnten. Eine kasuistische Unterscheidung sei aber als angemessen nicht zu erachten. 3. D e r Antrag, die Anhörung des Mündels vorzuschreiben, sofern es sich um einen entgeltlichen Vertrag über den Erwerb eines Grundstücks handelt, wurde mit der Erweiterung auf alle Rechtsgeschäfte ausgedehnt, welche in der Ziff. 5 des §518 des Entw. nach Maßgabe der dazu gefaßten Beschlüsse bezeichnet sind, d. h. auf solche Rechtsgeschäfte, welche den entgeltlichen Erwerb von Immobiliarvermögen im Sinne der Ziff. 1, 2 des § 518 (Ziff. 1, 2 des § 1475 der Zusst.) zum Gegenstande haben (Prot. S. 8341, 8342). Man hielt diese Ausdehnung des § 529 des Entw. im Hinblick darauf für angemessen, daß auch Rechtsgeschäfte der hier fraglichen Art in vielen Fällen auf die künftige Lebensstellung des Mündels einwirken. 4. Auch der Antrag, zu bestimmen, daß das Vormundschaftsgerich den Mündel nicht zur dann, wenn es sich um die Auflösung, sondern auch dann, wenn es sich um 955
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
den Beginn eines Erwerbsgeschäfts handelt, hören soll, w u r d e mit Rücksicht auf die Gleichheit des Grundes von keiner Seite bekämpft. 5. Die am Schlüsse des Antrags beigefügte, eingeklammerte Bestimmung hielt man, weil selbstverständlich, f ü r entbehrlich. 538. Sitzung vom | Prot I 8395
Kurlbaum (Nr 311,1)
| Prot I 8396
Kurlbaum (Nr 311, 2)
| Prot I 8397 Kurlbaum (Nr 311,3)
4. 1886, Schriftführer:
Struckmann.
| Die Berathung des Entwurfs des Familienrechts Abschnitt III: „Das V o r m u n d schaftsrecht" w u r d e fortgesetzt. Dieselbe wandte sich der in der vorigen Sitzung bereits zur E r ö r t e r u n g gezogenen, aber noch unerledigt gebliebenen Frage zu, welche Tragweite das nach dem § 526 des Entwurfs dem Vormundschaftsgerichte zustehende Recht der Aufsicht über die gesammte Thätigkeit des V o r m u n d e s und des Gegenvormundes habe. In dieser Beziehung w a r inzwischen noch folgender, den in der vorigen Sitzung gegenüber dem Standpunkte des Entwurfs und dem zu § 526 gestellten P r o t . S. 8377 mitgetheilten Antrage bereits vertretenen, abweichenden Standpunkt (S. 8379, 8380) z u m Ausdruck bringender Antrag eingebracht w o r d e n : 1. N a c h § 532 einzuschalten oder dem § 526 zuzusetzen: „Das Vormundschaftsgericht kann den V o r m u n d und den Gegenvormund anhalten, dasjenige zu thun, was es zum Zwecke der Aufsichtsführung f ü r erforderlich erachtet." | Das Vormundschaftsgericht kann den V o r m u n d anhalten, die durch das Gesetz bestimmten H a n d l u n g e n der vormundschaftlichen Verwaltung v o r z u n e h m e n und die nach der Vorschrift des § 25 (vorl. Zusst.) f ü r die vormundschaftliche Verwaltung maßgebenden A n o r d n u n g e n eines Dritten zu befolgen. Das Gleiche gilt in Ansehung der A n o r d n u n g e n , welche das Vormundschaftsgericht f ü r die vormundschaftliche Verwaltung zu erlassen ermächtigt ist. H a t der V o r m u n d eine H a n d l u n g , welche er nur mit G e n e h m i g u n g des Gegenvormundes o d e r des Vormundschaftsgerichts vornehmen sollte, ohne diese Genehmigung v o r g e n o m m e n , so kann das Gericht ihn anhalten, den f r ü h e r e n Zustand, soweit thunlich, wiederherzustellen. Ein Ersatzanspruch des Mündels gegen den V o r m u n d k a n n nur im Rechtswege geltend gemacht werden. 2. H i n t e r § 501 einzuschalten: j s t e ; n e r jgj. E l t e r n d e s Mündels in Folge der Schließung einer Ehe verpflichtet, die Auseinandersetzung über die ihm und dem Mündel angefallene Erbschaft des anderen Elterntheils herbeizuführen, so soll der V o r m u n d auch seinerseits die Auseinandersetzung betreiben, sofern nicht das Vormundschaftsgericht | genehmigt, daß dieselbe zu einer späteren Zeit erfolge." 3. D e m § 532 zuzusetzen: „Steht das Miteigenthum eines Anderen der A u s f ü h r u n g der bezeichneten (angeordneten) Maßregeln entgegen, so kann das Vormundschaftsgericht anordnen, daß der V o r m u n d die A u f h e b u n g der Gemeinschaft herbeizuführen habe." N a c h einer eingehenden Debatte entschied die Mehrheit sich f ü r den Prot. S. 8377, 8378 näher dargelegten Standpunkt des Entwurfs und des zu § 526 gestellten, Prot. S. 8377 mitgetheilten Antrags und f ü r die A u f n a h m e folgenden, dem § 526 des Entw. anzuschließenden Zusatzes: „und gegen Pflichtwidrigkeiten derselben durch geeignete Gebote oder Verbote einzuschreiten." Erwogen w a r : Die Frage, inwieweit das Vormundschaftsgericht b e f u g t sei, dem V o r m u n d e und dem G e g e n v o r m u n d e leitende Anweisungen zu ertheilen und dieselben zu deren 956
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773—1895
Befolgung durch geeignete Gebote oder Verbote anzuhalten, dürfe bei der Wichtigkeit der Sache und bei den Zweifeln, zu welchen in dieser Richtung die dem § 51 Abs. 1 der preuß. V.O. nachgebildete Bestimmung des § 526 des Entw. in der preuß. Doktrin und Praxis Veranlassung gegeben habe, im Gesetz nicht unentschieden gelassen werden. Der Entwurf und die Anträge stimmen darin überein, daß das Vormundschaftsgericht kraft seines Aufsichtsrechtes grundsätzlich nicht die Befugniß habe, dem Vormunde und dem Gegenvormunde für die Führung der Vormundschaft leitende, aus bloßen Zweckmäßigkeitsrücksichten hergenommene Anweisungen zu er-1 theilen, in Zweckmäßigkeitsfragen seine Ansicht an die Stelle der Ansicht | Prot I 8398 des Vormundes oder des Gegenvormundes zu setzen und die letzteren zu zwingen, nach Maßgabe jener Ansicht zu verfahren. Ein solches Eingreifen des Vormundschaftsgerichts in die vormundschaftliche Verwaltung lasse sich begrifflich aus dem Aufsichtsrecht nicht herleiten und würde mit dem dem Gesetzbuche zum Grunde liegenden Prinzipe der Selbständigkeit des Vormundes, nach welchem der Vormund es sei, welcher das Recht und die Pflicht der Sorge für die Person und das Vermögen des Mündels habe, nicht im Einklänge stehen. Diese Auffassung habe die Kommission auch bereits bei verschiedenen Beschlüssen geleitet (vergl. die Beschlüsse zu § 494 Abs. 2, § 524 und dem zu § 501 des Entw. gefaßten Beschluß, daß das Vormundschaftsgericht das Einverständniß des Gegenvormundes ersetzen könne, nebst den Gründen dieser Beschlüsse Prot. S. 8231, 8329—8331, 8374, 8375). Andererseits bestehe auch darüber allseitiges Einverständniß, daß das Prinzip der Selbständigkeit des Vormundes nicht der Art auf die Spitze getrieben werden dürfe, daß das Aufsichtsrecht des Vormundschaftsgerichts sich lediglich auf das Recht der Kenntnißnahme, auf das Recht, Auskunft zu verlangen und auf wahrgenommene Mängel der vormundschaftlichen Verwaltung aufmerksam zu machen, sowie auf das Recht, den Vormund und den Gegenvormund nöthigenfalls zu entlassen, zu beschränken habe, sondern daß darüber hinaus dem Vormundschaftsgericht auch in gewissem Umfange die Befugniß eingeräumt werden müsse, gegen den Vormund und den Gegenvormund durch geeignete Gebote oder Verbote einzuschreiten. N u r darüber gingen die Ansichten auseinander, in welchem Umfange dem Vormundschaftsgerichte diese letztere Be-1 fugniß beigelegt werden solle. Während der Prot. S. 8377 mitgetheilte | Prot I 8399 Antrag zu § 526, im Anschlüsse an die Ausführungen in den Motiven, S. 2135, in dieser Hinsicht das allgemeine Prinzip aufstelle, daß das Vormundschaftsgericht gegen Pflichtwidrigkeiten des Vormundes oder des Gegenvormundes, d. h. wenn das Verhalten desselben bestehe, dasselbe nun in einem positiven Handeln oder in einem Unterlassen, sich nicht nur objektiv, sondern wegen eines derselben zur Last fallenden Verschuldens auch subjektiv als eine Pflichtwidrigkeit darstelle, durch geeignete Gebote oder Verbote einzuschreiten befugt sei, bezwecke der neue Antrag, die einzelnen Fälle, in welchen dem Vormundschaftsgerichte die Befugniß zustehen solle, den Vormund oder den Gegenvormund durch seine Zwangsgewalt zu einem positiven Handeln oder zu einem Unterlassen anzuhalten, durch Aufstellung bestimmter Kategorien bezw. durch spezielle gesetzliche Bestimmungen speziell und exklusiv zu bezeichnen. Wenngleich das Gewicht der für die Einschlagung dieses letzteren Weges geltend gemachten, im Prot. S. 8379, 8380 bereits angeführten Gründe nicht verkannt werde, so seien doch die gegen diese Art der Regelung und für den Standpunkt des Entwurfs und des anderen Antrags sprechenden Gründe als überwiegend zu erachten. Dieser letztere Standpunkt entspreche nicht allein der geschichtlichen Einwicklung des obervormundschaftlichen Aufsichtsrechts im gemeinen Rechte, sondern schütze auch in höherem Maße die Interessen des Mündels, andererseits das Prinzip der Selbständigkeit des Vormundes und die Erreichung der 957
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
mit diesem Prinzipe erstrebten Vortheile für die vormundschaftliche Verwaltung zu gefährden. Die Besorgniß, das beschlossene Prinzip könne dahin führen, daß das | Prot I 8400 Vor-| mundschaftsgericht die Leitung der vormundschaftlichen Verwaltung den Händen des Vormunds entwinde, indem es leicht geneigt sein werde, ein Verhalten des Vormundes schon dann als pflichtwidrig zu betrachten, wenn nach seiner Ansicht ein anderes Verhalten sich als zweckmäßiger darstelle, könne nicht getheilt werden. Das Gesetz selbst lasse für eine solche Auffassung keinen Raum, wenn dasselbe ausdrücklich bestimme, daß das Vormundschaftsgericht nur gegen Pflichtwidrigkeiten durch geeignete Gebote oder Verbote einzuschreiten befugt sei. Das bürgerliche Gesetzbuch habe nicht mehr, wie die preuß. V.O., mit den auf den Bestimmungen des preuß. A.L.R. über die Stellung des Vormundes gegenüber dem Vormundschaftsgerichte beruhenden Anschauungen zu rechnen und deshalb keinen Anlaß, mit Rücksicht auf hergebrachte, mit dem Prinzipe der Selbständigkeit des Vormundes nicht im Einklänge stehende und die Durchführung dieses Prinzips erschwerende und gefährdende Anschauungen das Aufsichtsrecht des Vormundschaftsgerichts durch spezielle gesetzliche Bestimmungen darüber, in welchen einzelnen Fällen das Vormundschaftsgericht den Vormund und den Gegenvormund zu einem Handeln oder zu einem Unterlassen anhalten könne, zu begrenzen. In den Gebieten des gemeinen Rechts habe das hier fragliche allgemeine Prinzip zu Uebergriffen des Vormundschaftsgerichts in die vormundschaftliche Verwaltung in der besorgten Art nicht geführt, sondern sich als praktisch brauchbar bewährt. Wissenschaft und Praxis würden zudem einem unrichtigen Verständniß des Gesetzes wirksam entgegentreten. Dem gegen den Standpunkt des Entwurfs und des Prot. S. 8377 mitgetheilten | Prot I 8401 Antrags zu § 526 geltend gemachten Haupt- | bedenken, daß derselbe zu einer Verkümmerung des Prinzips der Selbständigkeit des Vormundes zu führen drohe, könne daher entscheidendes Gewicht nicht beigelegt werden. Auf der anderen Seite erhebe sich gegen die Regelung des neuen Antrags — abgesehen von dem kasuistischen Charakter derselben und der daraus sich ergebenden Gefahr der Unvollständigkeit — das schwer wiegende Bedenken, daß sie das Vormundschaftsgericht nöthige, entweder ruhig zuzusehen, wenn der Vormund oder Gegenvormund durch pflichtwidriges Verhalten bei Führung der vormundschaftlichen Verwaltung den Mündel zu gefährden drohe, oder sofort zu dem äußersten Mittel, dem der Entlassung des Vormundes oder Gegenvormundes, zu schreiten. In vielen Fällen werde die Anwendung dieses äußersten Mittels aber zu dem zu erreichenden Zwecke in keinem angemessenen Verhältnisse stehen, sondern ein praktisch unerwünschtes Resultat ergeben. Könne das Vormundschaftsgericht den Vormund oder Gegenvormund wegen seiner Pflichtwidrigkeit entlassen, so sei es unbedenklich, dem Vormundschaftsgerichte auch die Befugniß zu geben, gegen eine solche Pflichtwidrigkeit auch durch geeignete Gebote oder Verbote einzuschreiten. Um so mehr empfehle es sich, dem Vormundschaftsgerichte die Möglichkeit zu einem solchen Einschreiten zu gewähren, als der Mündel durch ein gesetzliches Pfandrecht am Vermögen des Vormundes gegen den ihm durch pflichtwidrige Verwaltung des Vormundes erwachsenden Schaden nicht mehr gesichert sei und eine Sicherheitsleistung, wenn sie auch dem Vormunde nach § 533 des Entw. unter besonderen Umständen angesonnen werden könne, doch, da sie nach den zu § 485 des Entw. gefaßten Beschlüssen den Vormund zur Ablehnung der Vormundschaft berechtige, nicht erzwungen wer| Prot I 8402 den könne und deshalb nur | ausnahmsweise stattfinden werde. Neben dem Prinzipe, daß das Vormundschaftsgericht gegen Pflichtwidrigkeiten des Vormundes oder Gegenvormundes durch geeignete Gebote oder Verbote einzuschreiten habe, im Anschlüsse an den oben S. 8395, 8396 mitgetheilten Antrag noch spezielle Fälle hervor958
1. Titel: Vormundschaft über Minder) ährige
§ § 1773 — 1895
z u h e b e n , in welchen das V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t ohne Rücksicht d a r a u f , o b im k o n k r e t e n Falle das Verhalten des V o r m u n d e s o d e r G e g e n v o r m u n d e s objektiv und subjektiv als eine Pflichtwidrigkeit sich darstelle, z u einem positiven H a n d e l n o d e r zu einem Unterlassen anhalten könne, hielt man nicht f ü r erforderlich, d a in den b e t r e f f e n d e n Fällen wenigstens in der R e g e l , eine unter d a s Prinzip fallende Pflichtwidrigkeit des V o r m u n d e s vorliege, wenn derselbe unthätig bleibe o d e r nicht nach M a ß g a b e der betreffenden Bestimmungen handele. Auf der anderen Seite erachtete m a n es aber auch als bedenklich, mit dem Prot. S . 8377 mitgetheilten A n t r a g e zu § 526 des Entw. die E i n g a n g s w o r t e „dieselben z u r E r f ü l l u n g ihrer Obliegenheiten a n z u h a l t e n " in das G e s e t z a u f z u n e h m e n , d a dieselben das Prinzip zu verdunkeln drohten, und dem Mißverständnisse R a u m g ä b e n , als sei das V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t auch ohne Rücksicht d a r a u f , ob das Verhalten des V o r m u n d e s oder G e g e n v o r m u n des eine Pflichtwidrigkeit enthalte, A n w e i s u n g e n zu ertheilen und deren B e f o l g u n g zu erzwingen befugt. D a ß das V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t in denjenigen Fällen, in welchen dem V o r m u n d e ein bestimmtes H a n d e l n durch b e s o n d e r e gesetzliche V o r schrift, z . B. die Einreichung des V e r m ö g e n s v e r z e i c h n i s s e s , die R e c h n u n g s l e g u n g , o d e r durch besondere gültige A n o r d n u n g e n Dritter o d e r durch A n o r d n u n g e n , welche das V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t z u m Z w e c k e der Aufsicht zu treffen, durch das G e s e t z besonders ermäch- | tigt sei, z. B. die H i n t e r l e g u n g von Werthpapieren, den I Prot I 8403 V o r m u n d zur E r f ü l l u n g seiner V e r p f l i c h t u n g e n anhalten können, sei selbstverständlich und b e d ü r f e deshalb, abgesehen von den über d a s V e r f a h r e n in V o r m u n d s c h a f t s sachen noch zu treffenden B e s t i m m u n g e n , keines besonderen A u s d r u c k s im G e s e t z e . U e b e r g e g a n g e n w u r d e d a r a u f z u r B e r a t h u n g des § 530 des Entw. D e r s e l b e lautet: „ D e r V o r m u n d hat dem V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t e über die V e r w a l t u n g des M ü n - TE-FamR delvermögens jährlich R e c h n u n g abzulegen. § D a s V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t bestimmt d a s R e c h n u n g s j a h r , sowie den Zeitpunkt, in welchem die R e c h n u n g einzureichen. E s k a n n die A b l e g u n g der R e c h n u n g f ü r einen längeren Zeitabschnitt, der j e d o c h drei J a h r e nicht übersteigen darf, gestatten. D i e R e c h n u n g soll eine Uebersicht f ü r den S t a n d des V e r m ö g e n s , insbesondere den A b - und Z u g a n g desselben, und eine übersichtliche Z u s a m m e n s t e l l u n g der Einnahmen und A u s g a b e n enthalten. D i e erforderliche Belege sind ihr b e i z u f ü g e n . Bei E r w e r b s g e s c h ä f t e n mit k a u f m ä n n i s c h e r B u c h f ü h r u n g vertritt die v o m G e s c h ä f t s f ü h r e r aus den Büchern g e z o g e n e Bilanz die Stelle der R e c h n u n g . E i n e m bestellten G e g e n v o r m u n d e ist die R e c h n u n g v o r der Einrichtung unter N a c h w e i s u n g des V e r m ö g e n s b e s t a n d e s z u r P r ü f u n g v o r z u l e g e n und von ihm mit seinen B e m e r k u n g e n z u versehen." Kurlbaum D a z u lag f o l g e n d e r A n t r a g v o r : (Nr 302, 4) D e n § 530 dahin z u f a s s e n : „ D e r V o r m u n d u n d der G e g e n v o r m u n d sind | verpflichtet, dem V o r m u n d s c h a f t s - | Prot 1 8404 gericht auf dessen V e r l a n g e n jederzeit A u s k u n f t über die g e f ü h r t e V o r m u n d s c h a f t zu geben. D a s V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t soll v o n d e m V o r m u n d e jährliche R e c h n u n g s l e g u n g über die V e r m ö g e n s v e r w a l t u n g f o r d e r n . Bei einer V e r w a l t u n g v o n g e r i n g e r e m U m f a n g e k a n n , wenn die R e c h n u n g des ersten J a h r e s gelegt ist, die R e c h n u n g s l e g u n g f ü r einen längeren Z e i t r a u m , der j e d o c h drei J a h r e nicht übersteigen soll, bestimmt werden. D e r R e c h n u n g sind ein V o r b e r i c h t über den A b - und Z u g a n g des V e r m ö g e n s und die B e l e g e b e i z u f ü g e n . Unter der R e c h n u n g hat d e r V o r m u n d z u versichern, d a ß er
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§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
alle Einnahmen verrechnet und alle Aenderungen des Vermögens richtig angegeben habe. Im Falle des Betriebes eines Erwerbsgeschäftes und der Führung übersichtlicher Bücher über den Betrieb genügt als Rechnung über den Betrieb eine aus den Büchern gezogene Bilanz, deren Richtigkeit der Vormund unter derselben zu versichern hat. Das Vormundschaftsgericht kann jedoch auch Vorlegung der Bücher und der sonstigen Belege verlangen. Die Rechnung ist vor der Einreichung dem Gegenvormunde unter Nachweisung des Vermögensbestandes vorzulegen und von diesem mit seinen Bemerkungen zu versehen." Die Berathung des § 530 und des dazu gestellten Antrags führte zu folgenden Ergebnissen: 1. Absatz 1 des Antrags wurde mit der Modifikation gebilligt, daß die Worte | Prot 18405 „über die geführte Vor-1 mundschaft" durch die Worte „über die Führung der Vormundschaft, insbesondere auch in Ansehung der Person des Mündels", ersetzt werden sollen. Man war der Ansicht, daß, wenngleich die Bestimmung schon aus dem Rechte der Aufsicht (§ 526 des Entw.) hergeleitet werden könne, es doch, um Mißverständnissen entgegenzutreten, vom praktischen Standpunkte aus rathsam sei, das Vormundschaftsgericht darauf hinzuweisen, daß es von dem Vormunde und dem Gegenvormunde jederzeit Auskunft über die Führung der Vormundschaft, und zwar insbesondere auch in Ansehung der Person des Mündels, fordern könne. Den Zusatz, daß das Recht, Auskunft zu verlangen, sich insbesondere auch auf die persönlichen Verhältnisse des Mündels erstrecke, erachtete man namentlich mit Rücksicht darauf, als angemessen, daß besondere Vorschriften über sogen. Erziehungsberichte nicht aufgenommen seien (vergl. Prot. S. 8384). 2. Angenommen wurde ferner Absatz 1 des § 530. Der an die preuß. V.O. § 56 Abs. 1 sich anlehnende erste Satz des zweiten Absatzes des Antrags, nach welchem der Vormund bloß auf Erfordern des Vormundschaftsgerichts über die Vermögensverwaltung jährlich Rechnung zu legen verpflichtet sein soll, fand nicht den Beifall der Mehrheit. Man ging davon aus, daß es, namentlich nachdem der Standpunkt des oben S. 8395, 8396 mitgetheilten Antrags, die Fälle, in welchen das Vormundschaftsgericht den Vormund zu einem Handeln oder zu einem Unterlassen anhalten könne, im Gesetze speziell zu bestimmen, keine Billigung gefunden habe, es näher liege, die Verpflichtung des Vormunds zur jährlichen Rechnungslegung direkt vorzuschreiben und die Verantwortlichkeit des Vormundes wegen Verzögerung der Rechnungsle| Prot 18406 gung | nicht von einer vorgängigen Aufforderung des Vormundschaftsgerichts abhängig zu machen. 3. Absatz 2 des § 530 wurde nach Annahme des Absatz 1 mit Rücksicht auf die Gründe der Motive S. 2141, 2142 nicht weiter beanstandet. 4. An Stelle des Absatz 3 des § 530 wurde von der Mehrheit der der preuß. V.O. § 56 Abs. 1 Satz 2 entsprechende zweite Satz des zweiten Absatzes des Antrags in der Erwägung angenommen, daß es vorsichtiger und zweckmäßiger sei, wenn das Vormundschaftsgericht darüber, ob es sich empfehle und unbedenklich erscheine, die Ablegung der Rechnung für einen längeren Zeitabschnitt, als den eines Jahres zu gestatten, erst nach Ablegung der Rechnung des ersten Jahres Beschluß fasse, da es alsdann besser zu beurtheilen im Stande sei, ob die Person des Vormundes und die Art der bisherigen Verwaltung desselben zu Bedenken Anlaß gebe oder nicht. 5. Absatz 4 des § 530 fand, Redaktion vorbehalten, in folgender, an den § 584 Satz 2 K.E. sich anlehnenden Fassung die Zustimmung der Mehrheit: 960
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
„Die Rechnung soll eine Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben und zugleich die Angaben über den Ab- und Zugang des Vermögens enthalten. Der Rechnung sind die Belege beizufügen." Man war der Ansicht, daß es eine zu große Last f ü r den Vormund sei, wenn derselbe verpflichtet sein solle, bei jeder Rechnung eine vollständige Uebersicht über den gegenwärtigen Stand des Vermögens zu geben. Im Hinblick auf das bei Beginn der Vormundschaft zu beschaffende Inventar genüge | es, wenn die Rechnung die | Prot I 8407 Angaben über den Ab- und Zugang des Vermögens enthalte. Es sei zu besorgen, daß, wenn man dem Entwürfe folge, die Vormundschaftsgerichte in Ansehung der Einreichung der Rechnung an die Vormünder ohne Noth zu große Anforderungen stellten. Aus diesem Gesichtspunkte empfehle es sich auch, vor dem Worte „Zusammenstellung" das Wort „übersichtlich" zu streichen. Ferner verdiene es den Vorzug, im Anschlüsse an § 584 Satz 2 K.E. das Wort „erforderlichen" vor „Belege" als entbehrlich zu unterdrücken. Inwieweit die Beschaffung der Belege erforderlich sei, unterliege der verständigen Beurtheilung des Vormundschaftsgerichts unter Berücksichtigung der Umstände des einzelnen Falls (vergl. Prot. S. 2429). 6. Der in dem Antrage Absatz 3 Satz 2, dem § 56 Absatz 3 Satz 2 der preuß. V.O. entlehnte Zusatz wurde von der Mehrheit als entbehrlich abgelehnt, da es selbstverständlich sei, daß die Rechnung vollständig sein müsse, und die Vorlegung einer Rechnung nach dem Zwecke und Begriffe der Rechnung schon von selbst die Erklärung der Vollständigkeit und Richtigkeit derselben in sich schließe. Ein Bedürfniß, dem Vormunde dies noch besonders zum Bewußtsein zu bringen und dadurch sein Gewissen zu schärfen, liege nicht vor. Auf der anderen Seite sei der Zusatz auch bedenklich, da, wenn die Versicherung unter der Rechnung fehle, das Vormundschaftsgericht, um sich nicht verantwortlich zu machen, die Rechnung zurückgeben müsse und dadurch die Prüfung der Rechnung verzögert werde. Zudem habe eine derartige Versicherung erfahrungsmäßig geringen Werth, namentlich wenn sie formularmäßig erfolge: 7. Absatz 5 des § 530 wurde, unter Streichung der Worte „vom Geschäftsführer", und nach Maßgabe des | Antrags Absatz 4 Satz 2 mit dem Zusätze genehmigt, daß | Prot I 8408 das Vormundschaftsgericht auch Vorlegung der Bücher und der sonstigen Belege verlangen kann. Die Mehrheit hielt es für bedenklich, statt mit dem Entwürfe auf „kaufmännische Buchführung" mit dem Antrage auf „die Führung übersichtlicher Bücher über den Betrieb des Erwerbsgeschäfts" abzustellen. Sie theilte nicht die Auffassung, daß im Hinblick auf die weite Verbreitung der Buchführung auch bei nicht kaufmännischen Geschäften und die verschiedene Art der Buchführung je nach der verschiedenen Art des Erwerbsgeschäfts der Ausdruck „kaufmännische Buchführung" zu eng sei und zu dem Mißverständnisse Anlaß geben könne, als ob die Bestimmung des Absatz 5 des § 530 nur bei kaufmännischen Geschäften Anwendung finden solle. Entscheidend sei, ob die Buchführung nach denselben Grundsätzen erfolge, wie bei kaufmännischen Geschäften, so daß eine Bilanz im technischen Sinne aus den Büchern gezogen werden könne. Anlangend die Streichung der Worte „vom Geschäftsführer" im Absatz 5 des § 530 so sei es dem Vormunde zwar unbenommen, sich bei Ziehung der Bilanz aus den Büchern der Hülfe eines Geschäftsführers zu bedienen, doch müsse daran festgehalten werden, daß, da die Bilanz die Stelle der Rechnung vertreten solle, der Vormund die Richtigkeit der Bilanz nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze über die Verantwortlichkeit des Vormundes bei Führung der Verwaltung zu vertreten habe. Grundsätzlich müsse ferner dem Vormundschaftsgerichte das Recht vorbehalten werden, auch Vorlegung der Bücher und sonstigen Belege zu verlangen. Halte das Vormundschaftsgericht dies aus besonde961
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3. Abschnitt: Vormundschaft
ren Gründen für erforderlich, so müsse die Rücksicht auf etwaige Geschäftsgeheim| Prot I 8409 nisse in den Hintergrund treten, soweit | nicht die Vorschriften des § 538 des Entw. über die befreite Vormundschaft Platz griffen. 8. Absatz 6 des § 530, welcher dem § 56 Absatz 4 der preuß. V.O. nachgebildet ist, fand sachlich keinen Widerspruch. Der Prüfung bei der Redaktion blieb vorbehalten, ob nicht die Worte „mit seinen Bemerkungen zu versehen" durch die Worte zu ersetzen seien „mit den Bemerkungen zu versehen, zu welchen die P r ü f u n g ihm Anlaß giebt" (vergl. die Beschlüsse zu § 509 des Entw.; Prot. S. 8286). Kurlbaum (Nr 302, 6)
Im Anschlüsse an § 530 des Entw. war von einer Seite noch der Antrag gestellt: c 509, unter Wiederaufnahme der Berathung a) überall statt „Schlußrechnung" zu setzen „Rechnung". b) im Abs. 2 die Worte „in Gemäßheit der §§ 530, 531" sowie „und dieselbe von dem letzteren als ordnungsmäßig anerkannt ist" und „in der Schlußrechnung" zu streichen. Im
Nach Wiederaufnahme der Berathung entschied die Mehrheit sich für die Annahme des Antrags in der Erwägung, daß der Ausdruck „Schlußrechnung" im § 509 zu dem Mißverständnisse Anlaß geben könne, als ob die im § 509 bestimmte Pflicht des Vormundes, nach Beendigung seines Amtes dem Mündel Rechnung zu legen, sich nur auf die Verwaltung der letzten Rechnungsperiode, nicht auf die Verwaltung während der ganzen Dauer seines vormundschaftlichen Amtes beziehe. Auch die Worte im Abs. 2 des § 509 „in Gemäßheit der §§ 530, 531", sowie die Worte „und dieselbe von dem letzteren als ordnungsmäßig anerkannt ist" seien entbehrlich und insbesondere die letzteren W o r t e dem Mißverständnisse ausgesetzt, als ob dadurch, | Prot I 8410 daß das Vormundschaftsgericht die früheren | Rechnungen als ordnungsmäßig anerkannt habe, dem Rechte des Mündels, gegen die früheren Rechnungen Ausstellungen zu erheben, — entgegen der Absicht des Entw. und der Kommission (vergl. Motive S. 2145; Prot. S. 8286) — präjudizirt sein solle. Es komme nur darauf an, ob dasjenige, was der Vormund nach Maßgabe des § 530 des Entw. dem Vormundschaftsgerichte als Rechnung vorgelegt habe, den Charakter einer Rechnung an sich trage. Soweit dies der Fall, könne der Vormund bei der Rechnungslegung gegenüber dem Mündel nach Beendigung des vormundschaftlichen Amtes darauf Bezug nehmen. V o n selbst verstehe es sich, daß der Mündel berechtigte Ergänzungen und Berichtigungen auch den früheren Rechnungen verlangen könne, da insoweit die früheren Rechnungen nicht den Charakter einer ordnungsmäßigen Rechnung hätten. Der § 531 des Entw. lautet: TE-FamR „Das Vormundschaftsgericht hat die Rechnung rechnungsmäßig und sachlich zu § 5 3 1 prüfen, den Vormund zur Beantwortung der dagegen etwa zu machenden Erinnerungen anzuhalten und ihn zu deren Erledigung aufzufordern. Ueber nicht anerkannte Ansprüche des Vormundes oder Mündels ist im Rechtswege zu entscheiden. Die gerichtliche Geltendmachung derselben kann auch während bestehender Vormundschaft sowohl von Seiten des Vormundes als des Mündels erfolgen." Dazu lagen folgende Anträge vor: Kurlbaum 1. zu bestimmen: „Das Vormundschaftsgericht soll die Rechnung rechnungsmä(Nr 302, 5) ßig und sachlich prüfen und, soweit es erforderlich, deren Ergänzung und Berichtigung herbeiführen." 962
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773 —1895
2. Im ersten Absätze des hinter „sachlich" einzuschalten, ins- | besondere auch in | Prot I 8411 Ansehung der Pflichtmäßigkeit der Anlegung von Geldern." 3. Als Abs. 2 die Bestimmung einzufügen: v. Mandry Behufs Vornahme der P r ü f u n g soll dasselbe (das Vormundschaftsgericht) die (Nr 305, 2) Vorlegung der Schuldurkunde und der Werthpapiere, soweit dieselben nicht öffentlich hinterlegt sind, anordnen. (Dieselben sind, nachdem das Vormundschaftsgericht von ihnen Einsicht genommen hat, dem Vormunde zurückzugeben.) Absatz 1 des § 531 wurde mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven, S. 2143 ff. sachlich nicht bekämpft. Die Prüfung der von dem Entwürfe sachlich nicht abweichenden Fassung des Antrages unter 1 blieb der Redaktion vorbehalten. Der von dem Antrage unter 2 vorgeschlagene Zusatz fand, weil selbstverständlich und deshalb entbehrlich, nicht die Zustimmung der Mehrheit. Abgelehnt wurde ferner der Antrag unter 3. Die Mehrheit war der Ansicht, daß die vorgeschlagene Bestimmung, welche bezwecke, das Vormundschaftsgericht unbedingt zu verpflichten, bei jeder Rechnungslegung sich von dem Vorhandensein der in dem Antrage bezeichneten Papiere zu überzeugen und die vorgelegten Papiere darauf hin zu prüfen, ob die Anlegung der Mündelgelder vorschriftsmäßig erfolgt sei, zu weit gehe und dem Vormunde und dem Vormundschaftsgerichte eine zu große Last aufbürde, auch die Verantwortlichkeit des letzteren in einer bedenklichen Weise vermehre. Die Bestimmung sei auch durch ein Bedürfniß nicht geboten, da nach dem § 530 Abs. 6 der Vormund dem Gegenvormunde den Vermögensstand nachzuweisen habe. Von selbst verstehe es sich, daß das Vormundschaftsgericht geeignetenfalls | die Vörie- | Prot 18412 gung der fraglichen Papiere verlangen könne und, soweit namentlich die Prüfung der Rechnung dazu Anlaß gebe, von dieser Befugniß Gebrauch zu machen auch verpflichtet sei. Absatz 2 des § 531 erfuhr mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 2144, 2079 sachlich keine Anfechtung. Der Prüfung bei der Redaktion wurde überlassen, ob es nicht, um dem bei der Fassung des Entwurfs nicht ausgeschlossenen Mißverständnisse zu begegnen, als ob das Vormundschaftsgericht die Erfüllung anerkannter Ansprüche des Mündels gegen den Vormund von dem letzteren auf Grund der ihm zustehenden Zwangsgewalt erzwingen könne, angemessen sein werde, den Eingang des Absatz 2 dahin zu fassen „Ueber Ansprüche, welche unerledigt bleiben" oder „welche ihre Erledigung nicht finden" oder „welche nicht erledigt werden". Billigung fand es auch, daß der Entwurf die Vorschrift der preuß. V.O. § 58 Abs. 5 über Rückgabe der Belege und Ertheilung einer Abschrift der Rechnung an den Vormund auf dessen Verlangen nicht aufgenommen hat, da dieselbe, was die Rückgabe der Belege anlange, in dieser Allgemeinheit bedenklich sei und besser dem Ermessen des Vormundschaftsgerichtes nach Beschaffenheit des Falles überlassen bleibe, in Ansehung der Abschrift der Rechnung aber selbstverständlich sei und aus allgemeinen Grundsätzen folge. Die Berathung wandte sich darauf dem § 532 des Entw. zu, dessen Wortlaut TE-FamR § 532 dahin geht: „Auf Anordnung des Vormundschaftsgerichts sind Werthpapiere, welche auf den Inhaber lauten oder an den Inhaber gezahlt werden können, und Kostbarkeiten bei der Reichsbank | oder einer anderen von der Landesgesetzgebung zu bezeichnenden |Prot 18413 Stelle in solcher Art in Verwahrung zu geben, daß sie daraus nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zurückgegeben werden können. 963
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3. Abschnitt: Vormundschaft
Auf Antrag des Vormundes muß das Vormundschaftsgericht die Verwahrung in der gedachten Art eintreten lassen. Ist die Verwahrung nach Maßgabe der vorstehenden Bestimmungen erfolgt, so ist eine ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erfolgte Rückgabe nach der Vorschrift des § 523 Abs. 1 zu beurtheilen. Die Kosten, welche durch die Verwahrung erwachsen, sind aus dem Vermögen des Mündels zu entrichten." In den gedr. Abänderungsanträgen des Referenten ist beantragt: Im § 532 Abs. 3 das Allegat „$ 532 Abs. 1" durch das Allegat „§ 523 (in der Fassung des gedr. Abänderungsantrags, S. 49, 50)" zu ersetzen. Außerdem lagen folgende Anträge vor: Planck (Nr 279,16)
I. von Seiten des Referenten: 1. Im Abs. 1 die W o r t e : „Werthpapiere, welche auf den Inhaber lauten oder an den Inhaber gezahlt werden können", durch die Worte zu ersetzen „Werthpapiere mit Einschluß der Hypothekenbriefe und der Grundschuldbriefe." (Vergl. Prot. S. 7771). 2. Abs. 3 dahin zu fassen: „Ist die Verwahrung nach Maßgabe der vorstehenden Bestimmungen erfolgt, so | Prot 18414 bedarf es der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zu | der Zurückgabe der hinterlegten Gegenstände, sowie zu den in dem § 517 No. 1 (in der Fassung der gedr. Abänderungsantr.) bezeichneten Rechtsgeschäften über die hinterlegten Werthpapiere, über die Hypotheken und Grundschulden, in Ansehung deren die Hypotheken- und Grundschuldbriefe hinterlegt sind und über die hinterlegten Kostbarkeiten. (Vergl. Prot. S. 7766). II. neben den bereits zu dem § 501 bezw. dem § 518 des Entw. gestellten, bis zur Berathung des § 532 ausgesetzten Anträgen unter 4 b bezw. II Abs. 2 (mitgetheilt Prot. S. 8248, 8249, 8338, 8339, vergl. S. 8266, 8349) folgenden Anträge: 1. Als Verbesserungsantrag zu dem Prot. 8248, 8249 mitgetheilten Antrage unter 4 b z u § 501: in dem vorgeschlagenen § 501 a die Worte: „entweder außer Kurs setzen zu lassen" in die Worte „entweder auf den Namen umschreiben zu lassen . . . " und die Worte „ohne Außerkurssetzung" in die Worte „ohne Umschreibung auf den Namen" zu ändern.
v. Mandry 2. In Zusammenfassung und Ergänzung der im Eingange unter II bezeichneten (Nr 310,1) Anträge, sowie des Antrags unter II, 1 folgende Bestimmungen zu beschließen: § a. „Der V o r m u n d ist verpflichtet, in Beziehung auf Inhaberpapiere die Umschreibung auf den N a m e n des Mündels zu bewirken oder solche bei der Reichsbank | Prot 18415 oder einer öffentlichen Hin- | terlegungsstelle zu hinterlegen, es sei denn, daß das Vormundschaftsgericht ihm gestattet, die Papiere ohne Umschreibung selbst zu verwahren. Auf Zinsscheine —, Rentenkupons oder Gewinnantheilsscheine — sowie auf Talons bezieht sich diese Verpflichtung nicht." § b. „Hinsichtlich aller (der) Werthpapiere mit Einschluß der Hypothekenbriefe und der Grundschuldbriefe, sowie hinsichtlich von Kostbarkeiten kann das V o r 964
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mundschaftsgericht die Hinterlegung bei der Reichsbank oder einer öffentlichen Hinterlegungsstelle anordnen. Auch ohne Anordnung des Vormundschaftsgerichts ist der Vormund zu solcher Hinterlegung ermächtigt." § c. „Zu der Umschreibung der auf Namen lautenden Papiere in Inhaberpapiere sowie zur Rückgabe der bei der Reichsbank oder einer öffentlichen Hinterlegungsstelle hinterlegten Werthpapiere und Kostbarkeiten ist die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich. Der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedarf es auch zu den im § 517 . . (wie in dem Antrage unter I)". § d. „Die Kosten der Umschreibung und der Hinterlegung sind aus dem Vermögen des Mündels zu entrichten." Es wurden folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Der Vormund soll kraft des Gesetzes verpflichtet sein, nach seiner Wahl die zum Vermögen des Mündels gehörenden Inhaberpapiere entweder bei einer | der | Prot 18416 noch näher zu bestimmenden Stellen in der Art zu hinterlegen, daß die Rückgabe derselben nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erfolgen kann, oder, soweit dies zulässig, in der Art auf den Namen des Mündels umschreiben zu lassen, daß die Umschreibung der auf den Namen des Mündels lautenden Papiere in Inhaberpapiere nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erfolgen könne. Das Vormundschaftsgericht kann jedoch dem Vormunde gestatten, die Papiere ohne Umschreibung selbst zu verwahren. Auf Zinsscheine, Rentenkupons oder Gewinnantheilsscheine, sowie auf Talons soll sich die in dem ersten Satze bestimmte Verpflichtung des Vormundes nicht beziehen. 2. Das Vormundschaftsgericht kann auch hinsichtlich der im zweiten Satze unter 1 bezeichneten Zinsscheine, Rentenkupons, Gewinnantheilscheine und Talons, sowie hinsichtlich anderer als der im ersten Satze unter 1 bezeichneten Werthpapiere mit Einschluß der Hypothekenbriefe und Grundschuldbriefe, ingleichen hinsichtlich der dem Mündel gehörenden Kostbarkeiten anordnen, daß der Vormund die gedachten Gegenstände bei einer der noch näher zu bezeichnenden Stellen in der Art hinterlegen soll, daß die Rückgabe nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erfolgen kann. Erwogen war: Wenngleich nicht verkannt werde, daß die oben unter 1 bestimmte gesetzliche Verpflichtung des Vormundes gegenüber dem in dem größten Theile Deutschlands geltenden Rechte, namentlich gegenüber dem gemeinen Rechte, der preuß. V.O. und dem sächs. G.B., eine Neuerung enthalte, daß dieselbe insofern die Verantwortlichkeit des Vormundes steigere, als derselbe bei schuldvoller Verzögerung der Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung die Gefahr des Verlustes der | hier fraglichen | Prot 18417 Papiere durch Diebstahl, Brandunglück u.s.w. trage, und daß der Hinterlegungszwang bei größerem Vermögen die Verwaltung des Vormundes erschweren könne, die Vormundschaftsgerichte aber im Hinblick auf ihre Verantwortlichkeit nicht geneigt sein würden, den Vormund von der gesetzlichen Verpflichtung zu dispensiren, so seien doch die für die beschlossene Bestimmung sprechenden Gründe als überwiegend zu erachten. Entscheidend falle in's Gewicht, daß dadurch der Mündel gegen die mit der Natur der Inhaberpapiere verbundenen Gefahren besser geschützt werde. Die Gründe, auf welchen die Bestimmungen des § 517 des Entw. beruhten, daß der Vormund über Forderungen des Mündels regelmäßig nicht ohne die Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts solle verfügen können, sprächen dafür, bei Inhaberpapieren die Hinterlegung oder die Umschreibung 965
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3. Abschnitt: Vormundschaft
auf den Namen des Mündels vorzuschreiben, um den Vormund zu verhindern, daß er nicht als Inhaber über jene Papiere ohne die Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts verfüge. Dieser Schutz des Mündels gegen Untreue des Vormundes sei um so mehr angezeigt, als der Vormund nicht mehr zur Kautionsleistung gezwungen werden könne und dem Mündel eine gesetzliche H y pothek an dem Vermögen des Vormundes nicht mehr zustehe. Aber nicht nur von dem Gesichtspunkte des Schutzes gegen den Vormund aus, sondern vornehmlich zum Schutze gegen den Verlust der Papiere durch zufällige Umstände sei die Hinterlegung oder die Umschreibung der Papiere auf den Namen des Mündels als angemessen zu erachten. Von diesem letzteren Gesichtspunkte aus betrachtet, liege die | Prot I 8418 Maßregel auch in dem eigenen Interesse des Vormundes, | welcher auf diese Weise der Verantwortlichkeit in Ansehung der eigenen Verwahrung der Papiere überhoben werde. Das Bedenken, daß bei einer größeren Vermögensverwaltung der Hinterlegungszwang f ü r den Vormund mit vielen Weiterungen und Belästigungen verbunden sei, werde wesentlich durch die Ausnahme gemildert, daß die hier fragliche gesetzliche Verpflichtung des Vormundes auf Zinsscheine, Rentenkupons, Gewinnantheilscheine und Talons sich nicht beziehen solle. Um so unbedenklicher sei die beschlossene Bestimmung, als erfahrungsmäßig auch im Gebiete der preuß. V.O. in der großen Mehrzahl der Fälle die Inhaberpapiere des Mündels hinterlegt, außer Kurs gesetzt oder nach Maßgabe des preuß. Gesetzes vom 20. Juli 1883, betreffend das Staatschuldbuch, auf den Namen des Mündels im Staatschuldbuche umgeschrieben würden. Auch in solchen Rechtsgebieten, in welchen, wie in Bayern, ähnliche Vorschriften schon seit längerer Zeit bestanden hätten, wie die beschlossene, hätten dieselben praktisch sich bewährt, und auch in neuerer Zeit seien in verschiedenen Gebieten ähnliche Bestimmungen erlassen (vergl. bremer V.O. vom 14. Mai 1882 § 60; braunschweigisches Gesetz vom 8. Februar 1883 § 2, betreffend Belegung von Kapitalien der Pupillen u.s.w., vergl. auch Reichsgesetz, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter vom 15. Juni 1883 § 40). Zu beachten sei ferner, daß, wenn man die Hinterlegung bezw. die Umschreibung als Regel vorschreibe, die Maßregel den Charakter einer aus besonderem Mißtrauen hervorgegangenen Maßregel verliere und einer ungleichen Praxis in der hier fraglichen Beziehung entgegengetreten werde. | Prot I 8419 I m Bedürfniß, die Bestimmung unter 1 auf andere | Werthpapiere, insbesondere auf sogen, unvollkommene Inhaberpapiere (§ 697 K.E.), auszudehnen, könne dagegen nicht anerkannt werden. Insoweit reichten die zu § 517 des Entw. beschlossenen Bestimmungen (Prot. S. 8307 ff.) über die Mitwirkung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts zum Schutze des Mündels aus. Anlangend namentlich die Sparkassenbücher, sowie die bei der Reichsbank oder einer anderen öffentlichen Bank nach Maßgabe der Beschlüsse zu §501 des Entw. vorübergehend belegten Gelder, so sei durch die Bestimmung ausreichend Vorsorge getroffen, daß die Mündelgelder bei einer Sparkasse, bei der Reichsbank oder einer anderen öffentlichen Bank nur in der Art angelegt bezw. belegt werden sollten, daß sie nur mit Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts erhoben werden könnten. Gehe man einmal davon aus, daß dem Vormund die dem Mündel gehörenden Inhaberpapiere entweder hinterlegen oder auf den Namen des Mündels umschreiben lassen solle, sofern letzteres statthaft sei, so verdiene es den Vorzug, dem Vormunde diese Verpflichtung kraft des Gesetzes aufzuerlegen und nicht etwa bloß zu bestimmen, daß das Vormundschaftsgericht die Hinterlegung oder Umschreibung anordnen solle, da bei jener Art der Regelung die Hinterlegung bezw. die Umschreibung 966
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773 — 1895
rascher erfolgen w e r d e und das V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t vielleicht erst nach längerer Zeit davon Kenntniß erhalte, daß Inhaberpapiere zu dem V e r m ö g e n des Mündels gehörten. Anlangend die Art und Weise, in welcher der V o r m u n d die H i n t e r l e g u n g oder U m s c h r e i b u n g z u bewirken habe, so sehe der A n t r a g unter II, 2 § c von | einer | Prot I 8420 Bestimmung, daß die H i n t e r l e g u n g o d e r U m s c h r e i b u n g in der Art erfolgen solle, daß die R ü c k g a b e bezw. die U m s c h r e i b u n g der auf den N a m e n des Mündels lautenden Papiere in Inhaberpapiere nur mit G e n e h m i g u n g des V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t s erfolgen könne, ab, davon a u s g e h e n d , daß in allen Fällen die R ü c k g a b e bezw. zu der U m s c h r e i b u n g die G e n e h m i g u n g des V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t s erforderlich sein solle, in welchen der V o r m u n d die Inhaberpapiere des Mündels hinterlegt habe oder auf den N a m e n desselben habe umschreiben lassen. D i e s e r V o r s c h l a g verdiene j e d o c h keine Billigung. E s müsse in solchen Fällen, in welchen der V o r m u n d zu der Hinterlegung bezw. zu der B e w i r k u n g der U m s c h r e i b u n g nicht verpflichtet gewesen sei, aber aus freien S t ü c k e n diese Maßregeln ohne Vermittelung des V o r m u n d s c h a f t s g e richts ergriffen habe, z. B. wenn d a s V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t ihn von der hier fraglichen gesetzlichen Verpflichtung dispensirt habe o d e r er ein befreiter V o r m u n d sei, dem V o r m u n d e die Befugniß g e g e b e n werden, auch ohne G e n e h m i g u n g des V o r mundschaftsgerichts jene Maßregeln wieder aufzuheben. A u s diesem G r u n d e sei es erforderlich, ein U n t e r s c h e i d u n g s m e r k m a l zwischen solchen Fällen, in welchen der V o r m u n d die Maßregeln in E r f ü l l u n g seiner gesetzlichen Verpflichtung, und solchen Fällen, in welchen er dieselben ohne N ö t h i g u n g ergriffen habe, aufzustellen. Z u dem E n d e empfehle es sich, im Anschlüsse an ähnliche, zu § 501 beschlossene Bestimmungen (vergl. Prot. S. 8319) zu bestimmen, daß der V o r m u n d , wenn er z u m Z w e c k e der E r f ü l l u n g seiner gesetzlichen Verpflichtung die Inhaberpapiere hinterlege oder auf den N a m e n des Mündels umschreiben lasse, | die H i n t e r l e g u n g bezw. die U m s c h r e i b u n g mit der gedachten Klausel bewir- | Prot I 8421 ken solle. E s könne in F r a g e k o m m e n , o b nicht v o n der G e n e h m i g u n g des V o r m u n d schaftsgerichts zu der U m s c h r e i b u n g der auf den N a m e n lautenden Papiere in Inhaberpapiere g a n z abzusehen und es insoweit bedinglich bei den Bestimmungen des § 5 1 7 des Entw. über die Mitwirkung des G e g e n v o r m u n d e s o d e r V o r m u n d schaftsgerichts zu belassen sei, da der V o r m u n d mit G e n e h m i g u n g des G e g e n v o r mundes auch eine sonstige auf den N a m e n des Mündels lautende Schuld einziehen und für den e i n g e z o g e n e n B e t r a g mit Einverständniß des G e g e n v o r m u n d e s nach M a ß g a b e des § 5 0 1 des Entw. für den Mündel Inhaberpapiere anschaffen könne. D a j e d o c h die U m s c h r e i b u n g der Inhaberpapiere auf den N a m e n des Mündels die H i n t e r l e g u n g der Werthpapiere vertrete, so sei es konsequent, daß der V o r m u n d , w o er ohne G e n e h m i g u n g des V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t s die H e r a u s g a b e der hinterlegten Papiere nicht verlangen, s o auch durch die U m s c h r e i b u n g der auf den N a m e n lautenden Papiere in Inhaberpapiere ohne G e n e h m i g u n g des V o r m u n d s c h a f t s g e richts sich die Inhabung der letzteren nicht verschaffen könne. D a z u k o m m e , daß die Bestimmungen des § 532 des Entw. nach dem § 1511 der Zusst. auch f ü r die elterliche G e w a l t von wesentlicher B e d e u t u n g seien, die V e r t r e t u n g s m a c h t des Inhabers | der | Prot I 8422 elterlichen G e w a l t aber in den Fällen des § 517 des Entw. nicht beschränkt sei. D i e oben unter 2 beschlossene, im Wesentlichen d e m preuß. R e c h t e und dem sächs. G . B . entsprechende B e s t i m m u n g , daß das V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t nach Maßg a b e derselben auch die H i n t e r l e g u n g anderer W e r t h p a p i e r e und der Kostbarkeiten anordnen könne, f a n d keinen Widerspruch. D i e weitere B e r a t h u n g des § 532 und der d a z u gestellten A n t r ä g e , namentlich in A n s e h u n g der F r a g e , welche W i r k u n g e n sich d a r a n knüpfen, wenn mit der oben 967
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gedachten Klausel die Hinterlegung bezw. die Umschreibung der Inhaberpapiere auf den Namen des Mündels erfolgt ist, wurde bis zur nächsten Sitzung vertagt.
| Prot I 8423
.53 9. Sitzung vom 7. 4. 1886, Schriftführer: Struckmann. | Die in der vorigen Sitzung abgebrochene Berathung des § 532 des Entwurfs des Familienrechts wurde fortgesetzt. Außer den Prot. S. 8413 ff. mitgetheilten Anträgen waren inzwischen noch folgende Anträge eingebracht:
Planck (Nr313,1)
III. von Seiten des Referenten: 1. In dem Antrage unter I, 2 den Eingang dahin zu fassen: „Ist die Verwahrung nach Maßgabe der vorstehenden Bestimmung erfolgt, so ist die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich zu der Zurückgabe der hinterlegten Gegenstände und, so lange die Zurückgabe nicht erfolgt ist, auch zu den in dem § 517 Nr. 1 . . . u.s.w. wie in dem Antrage." Planck 2. Für den Fall, daß in dem § 532 das Erforderniß der Genehmigung des Vor(Nr 313, 2) mundschaftsgerichts nur zu der Zurückgabe der hinterlegten Gegenstände bestimmt | Prot I 8424 werden sollte, | dem § 1511 oder dem § 1475 der Zusst. folgenden Absatz hinzuzufügen: „Ist die von dem Vormundschaftsgerichte angeordnete Hinterlegung von Werthpapieren oder Kostbarkeiten nach Maßgabe des § 532 (F.R.E.) erfolgt, so ist, solange die Zurückgabe der hinterlegten Gegenstände nicht erfolgt ist, die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zu den in dem § 517 Nr. 1 (in der Fassung der gedr. Abänderungsanträge) bezeichneten Rechtsgeschäften über die hinterlegten Werthpapiere, über die Hypotheken und Grundschulden, in Ansehung derer die Hypotheken- und Grundschuldbriefe hinterlegt sind, und über die hinterlegten Kostbarkeiten erforderlich." IV. zu bestimmen, daß der Vormund über die dem Mündel gehörenden Inhaberpapiere, welche er nach Maßgabe der in der vorigen Sitzung beschlossenen Bestimmungen kraft des Gesetzes zu hinterlegen oder auf den Namen des Mündels umschreiben zu lassen verpflichtet ist, nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts soll verfügen können, es sei denn, daß das Vormundschaftsgericht ihn von dieser Verpflichtung entbunden hat. Es wurden folgende weitere Beschlüsse gefaßt: 3. Einvernehmen bestand, daß, wenn eine Hinterlegung oder Umschreibung nach Maßgabe der in der vorigen Sitzung zu § 532 d. E. beschlossenen Bestimmungen unter 1 u. 2 (Prot. S. 8415, 8416) erfolgt ist, die Zurückgabe der hinterlegten Gegenstände oder die Umschreibung der auf den Namen des Mündels lautenden Papiere in | Prot I 8425 Inha- | berpapiere wirksam nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts solle erfolgen können. 4. Dagegen gingen die Ansichten darüber auseinander, ob nach dem Vorschlage des Antrags unter I, 2 u. III, 1 an eine nach Maßgabe der vorstehend unter 3 bezeichneten Bestimmungen erfolgte Hinterlegung oder Umschreibung die weitere Wirkung geknüpft werden solle, daß auch zu einem jeden Rechtsgeschäfte, durch welches über die hinterlegten Gegenstände oder über die aus der Umschreibung auf den Namen des Mündels sich ergebenden Stammforderungen oder über die Hypotheken und Grundschulden, auf welche die hinterlegten Hypothekenbriefe und Grundschuldbriefe sich beziehen, obligatorisch oder dinglich verfügt werde, — abweichend von den allgemeinen Grundsätzen des § 517 des Entw. — die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich sein, mithin die Genehmigung des Gegenvormundes in diesem Falle nicht genügen soll. Gegen den Vorschlag der 968
1. Titel: V o r m u n d s c h a f t über Minderjährige
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Anträge unter I, 2 u. III, 2 wurde namentlich geltend gemacht, daß ein Bedürfniß, in den hier vorausgesetzten Fällen den Grundsatz, daß zu einer obligatorischen oder dinglichen Verfügung über die bezeichneten Gegenstände die Genehmigung des Gegenvormundes genüge, zu durchbrechen, nicht vorliege. Der Zweck, den Mündel gegen die aus der N a t u r der Inhaberpapiere sich ergebenden Gefahren zu sichern, werde in ausreichendem Maße erreicht, wenn die Zurückgabe der hinterlegten Papiere oder die Ersetzung der auf den Namen des Mündels umgeschriebenen Papiere durch neue Inhaberpapiere wirksam ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts nicht erfolgen könne. Durch diese Maßregel werde der Mündel einerseits gegen äußere Gefahren, andererseits gegen die Gefahr geschützt, daß der Vormund, wenn er die Papiere in seinen Händen behalte, in Versuchung gerathe, als In-1 haber | Prot I 8426 über jene Papiere zu verfügen und auf diesem Wege die Vorschriften des § 517 des Entw. über die Nothwendigkeit der Mitwirkung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts zu einer solchen Verfügung illusorisch zu machen. Anlangend aber die von dem Vormunde als solchem vorzunehmenden Verfügungen über die hier fraglichen Papiere, so beruhe der § 517 grundsätzlich auf dem Gedanken, daß es im Interesse der Sicherheit des Mündels genüge, wenn die Wirksamkeit derartiger Verfügungen von der Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts abhängig gemacht werde. Die Gefahr, daß der Gegenvormund im Einverständniß mit dem Vormunde sich einer Untreue schuldig mache, liege sehr fern. Bei bösem Willen hätten dieselben ohnehin die Möglichkeit, den Mündel in anderer Art, als durch Verfügung über die hinterlegten Papiere oder die aus der Umschreibung auf den Namen des Mündels sich ergebenden Stammforderungen, zu schädigen und sich auf dessen Kosten zu bereichern. Etwas anderes sei die Sachlage allerdings dann, wenn das Vormundschaftsgericht von seiner Befugniß Gebrauch gemacht habe, auch hinsichtlich anderer Werthpapiere, sowie der Kostbarkeiten des Mündels die Hinterlegung anzuordnen, da eine solche Anordnung, wenn auch nicht immer, doch in vielen Fällen aus einem Mißtrauen des Vormundschaftsgerichts gegen den Vormund und den Gegenvormund hervorgehen werde, ohne daß ein ausreichender Grund dieselben zu entlassen vorliege. Indessen, auch hingesehen auf solche Fälle, genüge die Bestimmung, daß die Zurückgabe der hinterlegten Gegenstände wirksam nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erfolgen könne. Durch die Hinterlegung werde der Vormund an einer dinglichen Verfügung über die hin- | terlegten Gegenstände faktisch gehindert. Auf obligatorische Rechtsgeschäfte | Prot I 8427 über hinterlegte Gegenstände würden aber Dritte mit dem Vormunde und Gegenvormunde sich nicht leicht einlassen. Dazu komme, daß, wenn in folge eines von dem Vormunde mit Genehmigung des Gegenvormundes mit einem Dritten abgeschlossenen obligatorischen Rechtsgeschäfts die Herausgabe der hinterlegten Gegenstände an den Vormund zum Zwecke der Erfüllung der eingegangenen Verpflichtung erfolgen müsse, das Vormundschaftsgericht, da die Herausgabe nur mit seiner Genehmigung erfolgen könne, von dem Geschäfte Kenntniß erlange und dadurch in der Lage sei, darüber zu wachen, daß der Vormund den als Gegenleistung erhaltenen Geldbetrag für den Mündel vorschriftsmäßig wieder anlege oder sonst verwende. Ein Bedürfniß, dem Antrage unter I, 2 in der hier fraglichen Beziehung zu folgen, könne auch nicht etwa mit Rücksicht auf die Bestimmungen des § 1511 der Zusst. anerkannt werden, nach welchen, wenn der Inhaber der elterlichen Gewalt die in Ansehung der Vermögensverwaltung oder der elterlichen Nutznießung ihm obliegenden Verpflichtungen verletze oder in Vermögensverfall gerathe und in beiden Fällen zugleich eine erhebliche Gefährdung der Rechte des Kindes zu besorgen sei, namentlich auch anordnen könne, daß der Inhaber der elterlichen Gewalt die zu dem 969
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3. Abschnitt: Vormundschaft
Vermögen des Kindes gehörenden Kostbarkeiten und Werthpapiere, mit Einschluß der Hypothekenbriefe und Grundschuldbriefe, nach Maßgabe des § 532 d. E. zu hinterlegen habe. Zwar fänden die Vorschriften des § 5 1 7 d . E . auf die elterliche Gewalt keine Anwendung, so daß, wenn die von dem Antrage unter I, 2 vorgeschlagene, hier fragliche Ergänzung des § 532 d. E. nicht angenommen werde, der Inha| Prot I 8428 ber | der elterlichen Gewalt trotz der angeordneten Hinterlegung über die hinterlegten Gegenstände ohne die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts oder eines Gegenvormundes wirksam obligatorisch und, soweit ihn die Hinterlegung nicht faktisch daran hindere, auch dinglich verfügen könne. Indessen sprächen dieselben Gründe, welche hauptsächlich die Kommission bestimmt hätten, bei der Berathung des dem § 1511 der Zusst. entsprechenden § 365 des Entw. ähnliche, die Vertretungsmacht des Inhabers der elterlichen Gewalt in Ansehung der zum Vermögen des Kindes gehörenden Gegenstände beschränkende Anträge abzulehnen, auch gegen die Uebertragung der hier fraglichen Bestimmung auf die elterliche Gewalt, insbesondere der Gesichtspunkt, daß, wenn die sonstigen dem Vormundschaftsgerichte zu Gebote stehenden Sicherheitsmaßregeln, namentlich die Aufnahme und Einreichung eines Vermögensverzeichnisses der Anordnung der Hinterlegung der Werthpapiere und Kostbarkeiten, sowie die Anordnung einer Sicherheitsleistung, sich zur Abwendung der dem Kinde drohenden Gefahren nicht als ausreichend erwiesen, die Verhältnisse regelmäßig so liegen würden, daß es im Interesse des Kindes am angemessensten sei, wenn dem Inhaber der elterlichen Gewalt die Vermögensverwaltung entzogen werde, zumal wenn man berücksichtige, daß der Inhaber der elterlichen Gewalt wegen seiner im Prinzipe unbeschränkten Vertretungsmacht immer noch in der Lage sei, in anderer Art durch den Mißbrauch seiner Vertretungsmacht das Vermögen des Kindes zu gefährden (vergl. Prot. S. 7773, 7774). Dazu komme der Schutz, welcher nach Obigem schon darin liege, daß die Rückgabe der auf Anordnung des Vormundschaftsgerichts hinterlegten Gegenstände ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts wirksam nicht erfolgen könne. | Prot I 8429 Die Mehrheit erachtete jedoch diese gegen den Vorschlag | des Antrags unter I, 2 vorgebrachten Gründe nicht für durchschlagend, sondern entschied sich für den Standpunkt jenes Antrags. Insbesondere war erwogen: Mache man die Wirksamkeit der Zurückgabe der hinterlegten Gegenstände und die Ersetzung der auf den Namen des Mündels umgeschriebenen Papiere durch neue Inhaberpapiere von der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts abhängig und erachte man sonach in dieser Hinsicht die Genehmigung des Gegenvormundes nicht als ausreichend, so sei es konsequent, dasselbe auch in Ansehung eines jeden Rechtsgeschäfts vorzuschreiben, durch welches über die hinterlegten Gegenstände oder die aus der Umschreibung auf den Namen des Mündels sich ergebenden Stammforderungen, sowie über die Hypotheken und Grundschulden, auf welche die hinterlegten Hypothekenbriefe und Grundschuldbriefe sich bezögen, obligatorisch oder dinglich verfügt werde. Es sei zu besorgen, daß ohne eine solche Bestimmung der Zweck der in der vorigen Sitzung beschlossenen Bestimmungen über die Verpflichtung des Vormundes, die hier fraglichen Gegenstände zu hinterlegen bezw. die Inhaberpapiere auf den Namen des Mündels umschreiben zu lassen, in vielen Fällen, namentlich in solchen Fällen, in welchen das Vormundschaftsgericht die Hinterlegung angeordnet habe, weil es dem Vormunde und dem Gegenvormunde kein volles Vertrauen schenke, ein genügender Grund zur Entlassung derselben aber nicht vorliege, vereitelt werden könne. Von besonderem praktischen Werthe sei die hier fragliche Vorschrift, im Hinblick auf die Bestimmungen des § 1511 der Zusst. für die elterliche Gewalt. Sehe das Vormundschaftsgericht in den Fällen des § 1511 der 970
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
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Zusst. sich veranlaßt, a n z u o r d n e n , daß der Inhaber der elterlichen | Gewalt die zu | Prot I 8430 dem V e r m ö g e n des Kindes gehörenden Werthpapiere und Kostbarkeiten zu hinterlegen habe, um die dem Kinde d r o h e n d e G e f a h r abzuwenden, daß der Inhaber der elterlichen Gewalt jene Gegenstände in seinem N u t z e n verwende, so sei es, um die Erreichung des Zwecks zu sichern, angezeigt, den Inhaber der elterlichen Gewalt auch in der V e r f ü g u n g über die hinterlegten Gegenstände zu beschränken. D a ß das Vormundschaftsgericht, weil die Zurückgabe der letzteren nur mit seiner Genehmigung erfolgen könne, von der V e r f ü g u n g Kenntniß erlange, nütze in solchen Fällen nicht mehr, in welchen der Inhaber der elterlichen Gewalt die Gegenleistung bereits in seinen N u t z e n verwendet habe. D u r c h die bei Gelegenheit der Berathung des dem § 1 5 1 1 der Zusst. entsprechenden § 365 des Entw. gefaßten Beschlüsse sei der hier fraglichen, damals bereits schriftlich angekündigten und f ü r die Berathung des § 532 des Entw. vorbehaltenen Bestimmung (vgl. Prot. S. 7766) nicht präjudizirt. Die damals abgelehnten Anträge hätten bezweckt, dem Vormundschaftsgerichte unter den Voraussetzungen des § 1511 der Zusst. in weiterem U m f a n g e , nicht bloß in Ansehung der auf A n o r d n u n g desselben hinterlegten Gegenstände, die Möglichkeit zu gewähren, die Vertretungsmacht zu beschränken, w ä h r e n d die jetzt in Rede stehende Bestimmung nur darauf abziele, die Erreichung des mit der A n o r d n u n g der Hinterlegung regelmäßig verbundenen Zweckes in h ö h e r e m Maße zu sichern. Die Bestimmung sei f ü r die elterliche Gewalt auch nicht etwa aus dem Gesichtspunkte als entbehrlich anzusehen, weil das Vormundschaftsgericht von dem Inhaber der elterlichen Gewalt in den gedachten Fällen Sicherheitsleistung verlangen und demselben even- | tuell nach dem § 1514 der Zusst. die Vermögensverwaltung entziehen könne, | Prot I 8431 da es sowohl im Interesse des Kindes als des Inhabers der elterlichen Gewalt liege, die Entziehung der Vermögensverwaltung möglichst einzuschränken und die dem Kinde drohenden G e f a h r e n thunlichst auf anderen W e g e n abzuwenden. V e r m ö g e die beschlossene Bestimmung auch nicht zu verhindern, daß der V o r m u n d und Gegenvormund den Mündel bezw. der Inhaber der elterlichen Gewalt das Kind in anderer Art schädigten, so werde doch durch dieselbe die Sicherung des Vermögens des Mündels bezw. des Kindes erheblich gefördert, namentlich in den zahlreichen Fällen, in welchen der Hauptbestandtheil des Mündel- bezw. Kindesvermögens gerade in Werthpapieren bestehe. 5. N a c h Maßgabe des Antrags unter III, 2 soll die mit der Hinterlegung nach dem Beschlüsse unter 4 verbundene besondere W i r k u n g nur eintreten, solange die Z u rückgabe nicht erfolgt ist. Die Mehrheit w a r der Ansicht, daß diese Beschränkung im Interesse der Sicherheit und der Erleichterung des Verkehrs nicht zu entbehren sei, zumal die unter 4 beschlossene Bestimmung nicht den C h a r a k t e r eines V e r ä u ß e rungsverbots (§ 107 K.E.), sondern den einer Beschränkung der Vertretungsmacht des V o r m u n d e s habe, der Dritte mithin, wenn die Z u r ü c k g a b e der hinterlegten Gegenstände ohne die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erfolgt sein sollte, ohne den beschränkenden Zusatz auch nicht durch seinen guten Glauben geschützt sein w ü r d e , wenn er sich mit dem V o r m u n d e als solchem auf Rechtsgeschäfte über die zu Unrecht zurückgegebenen Gegenstände, namentlich über die H y p o t h e k e n und Grundschulden, in Ansehung deren die H y p o t h e k e n b r i e f e und die G r u n d | Schuldbriefe auf A n o r d n u n g des Vormundschaftsgerichts hinterlegt w o r d e n seien, | Prot I 8432 einlasse. D e r Antrag unter IV, welcher mit Rücksicht darauf, d a ß der V o r m u n d die dem Mündel gehörenden Inhaberpapiere zu hinterlegen o d e r auf den N a m e n des M ü n dels umschreiben zu lassen k r a f t des Gesetzes verpflichtet ist, daß Verhältniß in Ansehung der Inhaberpapiere durch die Bestimmung, daß der V o r m u n d über Inha971
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3. Abschnitt: Vormundschaft
berpapiere überhaupt nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts obligatorisch und dinglich verfügen kann, sofern ihn das Vormundschaftsgericht nicht von jener Verpflichtung entbunden hat, zu vereinfachen und den Mündel auch dann gegen Verfügungen des Vormundes über die Inhaberpapiere unter Genehmigung des Gegenvormundes zu sichern bezweckt, wenn der Vormund seiner Verpflichtung, die Inhaberpapiere zu hinterlegen oder auf den Namen des Mündels umschreiben zu lassen, noch nicht nachgekommen oder die Zurückgabe der Papiere ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erfolgt ist, wurde von der Mehrheit abgelehnt. Man ging davon aus, daß diese Art der Regelung namentlich mit Rücksicht auf solche Fälle, in welchen für den Vormund eine Nöthigung zur Hinterlegung nicht bestehe, die Sicherheit des Verkehrs gefährde und den Verkehr zwischen dem Vormunde und Dritten in Ansehung der Inhaberpapiere wegen der dem Dritten danach obliegenden Erkundigungspflicht, ob der Vormund von der Verpflichtung zur Hinterlegung befreit sei, zu sehr erschwere, die vorgeschlagene Bestimmung auch nicht mit den Gründen im Einklang stehe, auf welchen der in der vorigen Sitzung gefaßte Beschluß | Prot I 8433 beruhe, daß die Hinterlegung der Inhaberpapiere in der Art erfolgen solle, daß | die Zurückgabe nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts wirksam solle erfolgen können (vgl. Prot. S. 8416, 8420). Der Zweck aber, den Mündel auch in den Fällen mehr zu sichern, in welchen der Vormund seiner Verpflichtung, die Papiere zu hinterlegen oder auf den Namen des Mündels umschreiben zu lassen, nicht nachgekommen oder die Zurückgabe der Papiere ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erfolgt sei, werde durch die vorgeschlagene Bestimmung doch nur unvollkommen erreicht werden, da der Vormund, wenn er wolle, als Inhaber über die Papiere zu verfügen in der Lage sei und alsdann dem Dritten die Vorschriften der §§ 681, 859, 861 K.E. schützend zur Seite ständen. 6. Anlangend die Bezeichnung der Stellen, bei welchen die Hinterlegung zu erfolgen habe, so verständigte man sich dahin, daß die Hinterlegung bei der Reichsbank oder bei einer anderen nach den Landesgesetzen dazu für geeignet erklärten Stelle erfolgen solle. Die Landesgesetzgebung habe es hiernach in der Hand, zu bestimmen, daß die Hinterlegung auch bei den öffentlichen Hinterlegungsstellen (§ 278 K.E.) erfolgen könne. Eine reichsgesetzliche Bestimmung der Art würde doch nur mit dem Zusätze getroffen werden können, „soweit dies nach den Landesgesetzen zulässig ist." 7. Es kam noch zur Sprache, ob unter den Inhaberpapieren, welche nach dem in der vorigen Sitzung gefaßten Beschlüsse der Vormund zu hinterlegen oder, soweit dies zulässig, auf den Namen des Mündels umschreiben zu lassen verpflichtet sei, auch Blankowechsel und andere Ordre- oder Namenpapiere zu verstehen seien, | Prot I 8434 deren Uebertragung in bianco erfol- | gen könne. Man war einverstanden, daß die gedachte Verpflichtung sich nicht auf solche Papiere, sondern nur auf Schuldverschreibungen auf Inhaber und auf Aktien auf Inhaber (vergi. § 1010 K.E.) beziehe. 8. Einvernehmen herrschte ferner, daß es bei der in der vorigen Sitzung beschlossenen Bestimmung, nach welcher die Hinterlegung oder die Umschreibung der Inhaberpapiere auf den Namen des Mündels mit der Klausel von dem Vormunde bewirkt werden soll, daß eine Herausgabe der Papiere oder eine Umschreibung der auf den Namen des Mündels lautenden Papiere in Inhaberpapiere nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erfolgen könne, bewenden solle, die Klausel selbst also nicht ausdrücklich zu besagen brauche, daß auch jede Verfügung über die Papiere oder über die aus der Umschreibung sich ergebenden Stammforderungen 972
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
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ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts nicht erfolgen könne, vielmehr es genüge, daß durch das Gesetz der Klausel diese Wirkung beigelegt werde. 9. Der Prüfung bei der Redaktion blieb namentlich vorbehalten, ob es, um klar zum Ausdruck zu bringen, daß die Klausel, mit welcher die Hinterlegung bezw. die Umschreibung bewirkt werden solle, einen Bestandtheil des Vertrags bilden müsse, den Vorzug verdiene, zu sagen „in der Art zu hinterlegen oder umschreiben zu lassen" oder „mit der Bestimmung zu hinterlegen oder umschreiben zu lassen", ferner, ob es sich nicht empfehle, soviel die Beschränkung der Verfügung des Vormundes in Ansehung der auf den Namen des Mündels umgeschriebenen Papiere betreffe, von den aus der Umschreibung auf den Namen | des Mündels sich ergeben- | Prot I 8435 den Stammforderungen zu reden, da die Beschränkung sich auf die Zinsenforderungen nicht erstrecke. Auch wurde der Redaktion überlassen, die Fassung der auf die Zinsscheine u.s.w. der Inhaberpapiere sich beziehenden Ausnahme von der Hinterlegungspflicht mit der sonst, im Gesetzbuche in dieser Beziehung befolgten Sprachweise (vgl. §§ 684, 687, 1010 K.E.) in Einklang zu bringen. Weiter wurde anheimgestellt, bei der Redaktion zu erwägen, ob es nicht im Interesse der Deutlichkeit des Gesetzes sich empfehlen werde, im § 517 d. E. auf die aus dem § 532 d. E. in Ansehung der Verfügung über Werthpapiere sich ergebenden Modifikationen hinzuweisen. Das sachliche Ergebniß der unter den Nr. 1—9 zu § 532 d . E . beschlossenen Bestimmungen ist hiernach folgendes: § a. Der Vormund ist verpflichtet, die Inhaberpapiere (des Mündels) mit Ausnahme der Zinsscheine, Rentenkupons, Gewinnantheilsscheine und der zum Empfange solcher Scheine ermächtigenden Urkunden — Talon, Zins-, Renten-, GewinnAntheilsleiste — bei der Reichsbank oder bei einer anderen nach den Landesgesetzen dazu für geeignet erklärten Stelle mit der Bestimmung (in der Art) zu hinterlegen, oder, sofern es zulässig ist, auf den Namen des Mündels mit der Bestimmung (in der Art) umschreiben zu lassen, daß eine Herausgabe der Papiere oder eine Ersetzung der umgeschriebenen Papiere durch Inhaberpapiere | nur mit Genehmigung des Vor- | Prot I 8436 mundschaftsgerichts erfolgen könne. Das Vormundschaftsgericht kann jedoch den Vormund von dieser Verpflichtung entbinden. Das Vormundschaftsgericht kann anordnen, daß von dem Vormunde auch andere Werthpapiere (des Mündels), mit Einschluß der Hypotheken- und Grundschuldbriefe sowie Kostbarkeiten, in der im ersten Absätze bestimmten Weise zu hinterlegen seien. § b. Ist eine Hinterlegung oder eine Umschreibung nach Maßgabe des § a erfolgt, so ist die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich zu der Zurückgabe der hinterlegten Gegenstände oder zu der Ersetzung der auf den Namen des Mündels umgeschriebenen Papiere durch neue Inhaberpapiere, ingleichen zu einem jeden Rechtsgeschäfte, durch welches die hinterlegten Gegenstände und die Hypotheken und Grundschulden, auf welche die hinterlegten Hypothekenbriefe und Grundschuldbriefe sich beziehen, vor der Rückgabe oder die aus der Umschreibung der Inhaberpapiere auf den Namen des Mündels sich ergebenden Stammforderungen veräußert oder belastet werden oder die Verpflichtung zu einer solchen Veräußerung oder Belastung begründet wird. Die Vorschriften des § 44 der vorl. Zusst. finden (entsprechende) Anwendung. Die weitere Berathung des § 532 d. E. führte sodann noch zu folgenden Beschlüssen: 973
§ § 1773—1895 | Prot I 8437
3. Abschnitt: Vormundschaft
110. M a n einigte sich dahin, daß die Vorschrift im zweiten Absatz des § 532 des Entw., nach welcher auf A n t r a g des V o r m u n d e s das Vormundschaftsgericht verpflichtet sein soll, auch insoweit, als eine N ö t h i g u n g z u r H i n t e r l e g u n g f ü r den V o r m u n d nicht besteht, die Hinterlegung in der Art eintreten zu lassen, daß die Zurückgabe nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erfolgen könne, durch ein Bedürfniß nicht geboten und insbesondere im Hinblick auf die zu § 532 gefaßten sonstigen Beschlüsse nicht haltbar sei. Dagegen hielt man es f ü r angemessen, nach Analogie des § 28 a der vorl. Zusst. im Gesetze zum Ausdruck zu bringen, d a ß der V o r m u n d insoweit, als f ü r ihn eine Verpflichtung z u r Hinterlegung nicht bestehe, die hier fraglichen Gegenstände auf der Weise hinterlegen bzw. die Inhaberpapiere des Mündels mit Genehmigung des Gegenvormundes in der Weise auf den N a m e n des Mündels umschreiben lassen könne, daß zu der Z u r ü c k g a b e der hinterlegten Gegenstände bzw. z u r Ersetzung der auf den N a m e n des Mündels umgeschriebenen Papiere in neue Inhaberpapiere, sowie zu einer V e r f ü g u n g über die hinterlegten Gegenstände o d e r über die aus der Umschreibung sich ergebenden S t a m m f o r d e r u n g e n die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts nicht oder doch n u r insoweit erforderlich sei, als sie dazu diene, die nach § 517 (§ 38 der vorl. Zusst.) erforderliche Einwilligung des Gegenvormundes zu ersetzen, und daß in Ansehung der Auswahl der Stelle, bei welcher die Hinterlegung bewirkt werde, den V o r m u n d n u r insofern V e r a n t w o r t u n g treffe, als er die Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters nicht angewendet habe. Allseitig wurde anerkannt, daß es der Landesgesetzgebung u n b e n o m m e n sei, zu bestimmen, daß das Vormundschaftsgericht auf | A n t r a g des
| Prot 1 8438 V o r m u n d e s eine derartige Hinterlegung thatsächlich zu vermitteln verpflichtet sein solle.
Kurlbaum (Nr 312, 1)
11. Absatz 4 des § 532, zu welchem noch folgender Antrag eingebracht w a r : Absatz 4 dahin zu fassen: „Die Kosten der Hinterlegung sind von dem Mündel zu tragen", w u r d e nach Maßgabe dieses Antrags mit der Erweiterung a n g e n o m m e n , daß hinter dem W o r t e „Hinterlegung", Redaktion vorbehalten, noch die W o r t e eingeschaltet werden sollen „sowie der Umschreibung auf den N a m e n des Mündels". Man überzeugte sich, daß die Fassung des Antrags, namentlich u m z u m Ausdruck zu bringen, daß die H a f t u n g des Mündels hier, wie in sonstigen Fällen (vergl. § 1513 der Zusst.), eine unbeschränkte sei, sowie hingesehen auf den privatrechtlichen C h a r a k ter der Vorschrift, korrekter sei. Einvernehmen bestand, daß die Bestimmung auch f ü r die Fälle gelte, in welchen der V o r m u n d , ohne daß er dazu verpflichtet sei, nach Maßgabe der unter 10. beschlossenen Bestimmung die hier fraglichen Gegenstände hinterlege bezw. die Umschreibung der Inhaberpapiere auf den N a m e n des Mündels bewirke.
12. In Veranlassung der zu § 532 des Entw. gefaßten Beschlüsse, verständigte man sich ferner dahin, Redaktion vorbehalten, den §§ 27, 28 der vorl. Zusst. unter Streichung der auf die besondere Anlegungsklausel sich beziehenden W o r t e einen besonderen P a r a g r a p h e n des Inhalts anzufügen: „Ist von dem V o r m u n d e in Gemäßheit der Vorschriften der §§ 27, 28 der vorl. Zusst. eine Anlegung bewirkt und diese mit der Bestimmung erfolgt, d a ß zu einer | Prot I 8439 Einziehung die | G e n e h m i g u n g des Gegenvormundes o d e r des Vormundschaftsgerichtes erforderlich sei, so finden in Ansehung eines Rechtsgeschäftes, durch welches die F o r d e r u n g eingezogen oder sonst veräußert oder belastet wird o d e r die Ver974
1. Titel: Vormundschaft über Minderj ährige
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pflichtung zu einer solchen Veräußerung oder Belastung begründet wird, die Vorschriften der §§ 38, 45 der vorl. Zusst. 9 entsprechende Anwendung. Der Vormund soll eine unter die Bestimmung des § 28 fallende Anlegung und die Anlegung bei einer Sparkasse nach Maßgabe der Vorschrift des § 27 Abs. 2 Ziff. 5 nur unter der im ersten Absätze bezeichneten Bestimmung bewirken." Man hielt die Aufnahme einer solchen, den früher gefaßten Beschlüssen sachlich entsprechenden Vorschrift im Interesse der Deutlichkeit des Gesetzes für angemessen, namentlich um darüber keinen Zweifel zu lassen, daß die Bestimmung im ersten Abs. des § 38 der vorl. Zusst., daß die Genehmigung des Gegenvormundes nicht erforderlich sei, zu der Annahme einer Leistung, wenn der Gegenstand des Anspruchs dreihundert Mark nicht übersteige, in den Fällen keine Anwendung finde, in welchen der Vormund eine unter die Bestimmungen des § 28 der vorl. Zusammenstellung fallende Anlegung oder eine Anlegung bei einer inländischen öffentlichen, obrigkeitlich bestätigten Sparkasse in der Art bewirkt habe, daß zu der Einziehung die Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts erforderlich sei (vgl. Prot. S. 8319). Von einer Seite wurde noch darauf hingewiesen, | daß im § 45 der vorl. Zusst. zu | Prot I 8440 sagen sein werde „ohne die Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts". Uebergegangen wurde darauf zur Berathung des § 533 des Entw. Derselbe lautet: „Das Vormundschaftsgericht kann, wenn und soweit dies den Umständen nach TE-FamR angemessen erscheint, von dem Vormunde Sicherstellung des Mündelvermögens § 533 verlangen. Die Art und der Umfang der Sicherheit wird nach richterlichem Ermessen bestimmt. Sie kann jeder Zeit erhöht, gemindert oder erlassen werden. Die im § 532 Abs. 4 enthaltene Bestimmung findet entsprechende Anwendung." In den gedr. Abänderungsantr. des Ref. ist beantragt: Dem ersten Absatz des § 533 am Schluß folgenden Satz hinzuzufügen: „Die Verfügung des Vormundschaftsgerichts ersetzt die zu der Bestellung, Aenderung oder Aufhebung der Sicherheitsleistung erforderliche Mitwirkung des Mündels." Außerdem lag folgender Antrag vor: Kurlbaum Den § 533 des Entw. dahin zu fassen: (Nr 312, 2) „Das Vormundschaftsgericht kann anordnen, daß der Vormund das Vermögen des Mündels sicher zu stellen habe. Die Art und den Umfang der Sicherheitsleistung bestimmt das Vormundschaftsgericht nach freiem Ermessen. Das Vormundschaftsgericht kann, solan- | g e das Amt des Vormundes nicht | Prot 1 8441 beendigt ist, zu jeder Zeit die Erhöhung, (Verminderung) oder Aufhebung der Sicherheit anordnen. Die Anordnung des Vormundschaftsgerichts ersetzt die zu der Bestellung oder Aufhebung der Sicherheit erforderliche Mitwirkung des Mündels. Die Kosten der Bestellung und der Aufhebung der Sicherheit hat der Mündel zu tragen." Der § 533 wurde nebst dem gedr. Abänderungsantr. in der Fassung des sachlich nicht abweichenden, in redaktioneller Hinsicht an die Bestimmungen der §§ 1511, 1515 der Zusst. und die zu § 532 Abs. 4 des Entw. beschlossene Fassung sich anschließenden Antrags aus den Gründen der Motive S. 1976 ff, 2102, 2145 und der Bemer9
Gemeint sind die Bestimmungen in der Fassung der RedVorl. von Pape (unten S. 1021).
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§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
kungen zu den gedr. Abänderungsantr. S. 183, 184 angenommen, jedoch mit der Modifikation, daß im ersten Abs. des Antrags im Anschluß an § 533 Abs. 1 Satz 1, um deutlicher hervortreten zu lassen, daß die Anordnung der Sicherheitsleistung als eine Ausnahme von der Regel gedacht sei, die Worte „unter besonderen Umständen" hinzugefügt werden sollen und im Abs. 3, in Uebereinstimmung mit § 1515 der Zusst., das eingeklammerte W o r t „Verminderung" stehen bleiben soll. Zur Redaktion wurde insbesondere verwiesen, ob nicht zur Vermeidung von Mißverständnissen | Prot 18442 im ersten Absatz des Antrags — und | vielleicht in entsprechender Weise im § 1511 der Zusst. — die Worte — „das Vermögen des Mündels sicher zu stellen habe" durch die Worte „wegen des Vermögens des Mündels Sicherheit zu leisten habe" zu ersetzen seien. Im Anschlüsse an den § 533 d. E. ist in den gedr. Abänderungsantr. des Referenten beantragt:. . ,10 | Prot I 8447 | Der $ 534 des Entw. lautet: TE-FamR „Der Gemeindewaisenrath hat in Unterstützung des Vormundschaftsgerichts die § 534 Aufsicht über die in seinem Bezirke lebenden Mündel zu führen, insbesondere Mängel und Pflichtwidrigkeiten, welche er bei der körperlichen oder sittlichen Erziehung des Mündels wahrnimmt, dem Vormundschaftsgerichte anzuzeigen, auch auf Erfordern über die Person des Mündels Auskunft zu ertheilen. | Prot I 8448 Er hat diejenigen Personen vorzuschlagen, | welche im einzelnen Falle zur Berufung als Vormund oder Gegenvormund oder als Mitglieder des zu bildenden Familienraths geeignet erscheinen. Das Vormundschaftsgericht hat dem Waisenrath, in dessen Bezirk der Mündel seinen Aufenthalt hat, von Fällen, in denen eine Bevormundung eintritt, und von der Person der bestellten Vormünder Kenntniß zu geben. Wird der Aufenthalt des Mündels in einen anderen Bezirk verlegt, so hat der Vormund dies dem Waisenrathe des bisherigen Bezirks anzuzeigen und letzterer davon seinerseits dem Waisenrathe des neuen Aufenthaltsorts Mittheilung zu machen." In den gedr. Abänderungsantr. des Ref. ist beantragt: 1. Den Eingang des ersten Absatzes des § 534 dahin zu fassen: „Der Gemeindewaisenrath hat in Unterstützung des Vormundschaftsgerichts die Aufsicht über die in seinem Bezirke lebenden Mündel in Ansehung der Sorge für die Person derselben zu führen, insbesondere u.s.w. (wie im Entw.)." 2. Zwischen dem ersten und dem zweiten Absätze folgende Bestimmung als Abs. 2 einzuschalten: „Er hat eine von ihm wahrgenommene Gefährdung der Vermögensinteressen des Mündels dem Vormundschaftsgerichte sofort anzuzeigen." | Prot I 8449 | 3. Dem § 534 folgende Bestimmung als § 534 a folgen zu lassen: „Hat der Gemeindewaisenrath die ihm nach § 534 obliegenden Pflichten verletzt, so ist er für den hieraus dem Mündel entstandenen Schaden nach Maßgabe der Bestimmungen des § 533 a Abs. 1 und 2 verantwortlich." v. Mandry Außerdem lag der Antrag vor: (Nr 310, 2) Für die Berathung des § 74 des Verfahrensgesetzes oder f ü r die Berathung des § 12 des Einführungsgesetzes wird der Antrag vorbehalten: 10
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Das folgende ist bei Jakobs/Schubert,Redit der Schuldverhältnisse III, S. 1004 ff. wiedergegeben. Die auf S. 8442, 8443 abgedruckten Anträge stammen sämtlich von Planck (vgl. Anträge Nr. 290, 3 und 307).
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773—1895
„In Gebieten, in welchen eine Gemeindebehörde Vormundschaftsgericht ist, kann die Landesgesetzgebung von der Einrichtung eines Gemeindewaisenraths absehen und die Obliegenheiten desselben, soweit sie nicht eine vom Vormundschaftsgerichte verschiedene Behörde voraussetzen, dem Vormundschaftsgerichte zuweisen." Die auf einem Vorbeschlusse beruhende Aufnahme des Instituts des Gemeindewaisenraths (Beschluß vom 24. September 1877) wurde mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 1943 ff., 2145 ff. von keiner Seite bekämpft. Man verhehlte sich zwar nicht, daß das Institut nach den im Gebiete der preuß. V.O. gemachten Erfahrungen auf dem Lande allerdings wenig Wurzel geschlagen habe, erwog aber, daß das Institut in den größeren Städten mehr oder weniger in gedeihlicher Entwickelung sich befinde und, wenn geeignete Persönlichkeiten sich der Sache annähmen, wohlthätig und segensreich zu wirken ver-1 möge. | Prot I 8450 Einvernehmen bestand, daß die zur Ausführung der Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuches über den Gemeindewaisenrath erforderlichen Vorschriften, namentlich die Organisation desselben, der Landesgesetzgebung zu überlassen seien (vgl. § 12 des Einf. Ges. zum F. R.), ferner, daß dem für die Berathung des § 74 des Verfahrensgesetzes und des § 12 des Einf. Ges. vorbehaltenen, oben mitgetheilten Antrage nicht präjudizirt sein solle. Im Einzelnen wurden sodann noch folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Abs. 1 wurde nach Maßgabe des gedr. Abänderungsantr. unter 1 nebst dem in den gedr. Abänderungsantr. unter 2 beantragten Zusätze aus den Gründen der Motive S. 2146 ff. in Verbindung mit den Ausführungen in den Bemerkungen zu den gedr. Abänderungsantr. S. 190 ff. sachlich gebilligt. Der Prüfung bei der Redaktion blieb insbesondere vorbehalten, ob nicht zur Vermeidung der Zweifel, zu welchen der Ausdruck „Aufsicht führen" Anlaß geben könne, statt desselben der Ausdruck „überwachen" sich mehr empfehlen möchte, ob nicht nach dem Sprachgebrauche des Gesetzbuchs statt „sofort anzuzeigen" zu setzen sei „unverzüglich anzuzeigen", ferner ob es nicht den Vorzug verdiene, die Worte „die Aufsicht . . . zu führen" in den gedr. Abänderungsantr. unter 1 dahin zu fassen „die Sorge f ü r die Person (oder das persönliche Wohl) der in seinem Bezirke sich aufhaltenden (d. h. gewöhnlich aufhaltenden) Mündel zu beaufsichtigen (oder zu überwachen)". 2. Abs. 2 wurde ebenfalls genehmigt. Daß der Gemeindewaisenrath auch verpflichtet sei, auf Verlan- | gen Erkundigungen über die Verhältnisse eines nach § 479 | Prot I 8451 des Entw. zur Vormundschaft Berufenen einzuziehen, hielt man im Hinblick auf die übrigen Bestimmungen für selbstverständlich und nicht für nöthig, besonders hervorzuheben. Einverstanden war man, daß das Vormundschaftsgericht an den Vorschlag über den zu bestellenden Vormund u.s.w. nicht gebunden sei. 3. Auch Abs. 3 und 4 fanden sachlich keinen Widerspruch. Man verständigte sich dahin, im Abs. 3 auch den Gegenvormund zu erwähnen, da nach dem § 495 des Entw. dessen Thätigkeit sich — abweichend von der preuß. V.O. — nicht bloß auf die Ueberwachung der Vermögensverwaltung beschränkt und andererseits der Gemeindewaisenrath nach dem angenommenen gedr. Abänderungsantr. unter 2 auch eine von ihm wahrgenommene Gefährdung der Vermögensinteressen des Mündels dem Vormundschaftsgerichte anzeigen soll. 4. die in dem gedr. Abänderungsantr. unter 3 als § 534 a beantragte Bestimmung wurde von der Mehrheit abgelehnt. Man war der Ansicht, daß die Bestimmung einerseits ohne erheblichen Werth sei, da aus der Vernachlässigung der Aufsicht über die Sorge f ü r die Person dem Mündel ein Vermögensschaden nur sehr selten erwach977
§§ 1773—1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
sen, zudem der Kausalzusammenhang nur schwer nachzuweisen sein werde, andererseits aber die Bestimmung auch bedenklich sei, da die dem Gemeindewaisenrath obliegenden Pflichten mehr oder weniger unbestimmt seien und die Verantwortlichkeit des Gemeindewaisenraths gegenüber dem Mündel insofern schädlich wirken könne, als sie geeignet sei, das Institut in Mißkredit zu bringen und vor der Uebernahme des Amts zurückzuschrecken. Selbstverständlich verbleibe es im Uebrigen bei | Prot 18452 den allgemeinen Bestimmungen | über H a f t u n g wegen Schadensersatzes aus unerlaubten Handlungen (vgl. §§ 698,699 K.E.). 11
| Prot I 8459
540. Sitzung vom 9. 4. 1886, Schriftführer: Struckmann. | Die Berathung des Entwurfs des Familienrechts Abschnitt III „Das Vormundschaftsrecht" wurde fortgesetzt. Dieselbe wandte sich den §§ 535 bis 538 des Entwurfs zu, welche die Ueberschrift tragen „V. Befreite Vormundschaft".
Der § 535 des Entwurfs lautet: „Neben dem gesetzlichen Vormunde wird ein Gegenvormund nicht bestellt. Auf die vormundschaftliche Verwaltung der Eltern als gesetzliche Vormünder finden statt der §§ 498 bis 503, 514 bis 534 die §§ 329 bis 332, 355 bis 374 entsprechende Anwendung. Der im § 477 gedachte gesetzliche Vormund bedarf in den Fällen des § 517 der | Prot I 8460 Genehmigung des Vormundschaftsgerichts | nicht." TE-FamR § 535
In den gedruckten Abänderungsanträgen des Referenten ist beantragt: Den § 535 dahin zu fassen: „Neben dem im § 477 gedachten gesetzlichen Vormunde wird ein Gegenvormund nicht bestellt. Auch bedarf jener Vormund in den Fällen des § 517 der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts nicht." Planck (Nr 309,1)
Außerdem lag folgender Antrag des Referenten vor: „Den § 535, auch in der Fassung des gedruckten Abänderungsantrages, zu streichen, den zu § 477 beschlossenen Vorbehalt aber dahin zu erweitern, daß die Landesgesetze dem gedruckten Abänderungsantrage entsprechende Bestimmungen treffen können." Der Antrag, den § 535 des Entw., auch in der Fassung des gedruckten Abänderungsantrages, zu streichen, fand mit Rücksicht darauf, daß in Folge der Streichung der §§ 476, 477 des Entw. die Voraussetzungen weggefallen sind, auf welchen die Bestimmungen des § 535 beruhen, keinen Widerspruch. Auch der weitere Antrag, den zu § 477 des Entw. beschlossenen Vorbehalt für die Landesgesetzgebungen (Prot. S. 8139) dahin zu erweitern, daß die Landesgesetze dem gedruckten Abänderungsantrage entsprechende Bestimmungen treffen können, wurde aus den Gründen, welche den Entwurf für die Aufnahme dieser Vorschriften bestimmt haben (vergl. Motive S. 2155), allseitig gebilligt.
TE-FamR Der 5 536 des Entwurfs lautet: § 536 „Sind der Vater, die eheliche Mutter oder der Ehemann des Mündels als Vor| Prot I 8461 mund | bestellt, so wird neben dem Vater oder dem Ehemanne ein Gegenvormund niemals, neben der Mutter aber nur unter denselben Voraussetzungen bestellt, unter denen ihr nach § 371 ein Beistand zuzuordnen ist. 11
In der hier weggelassenen Anlage zum Protokoll vom 7. 4. 1886 sind die §§ 27, 28, 28 a (neuere Fassung), 31, 38, 39, 44, 45 der Vorl. Zust. (RedVorl. von Pape) enthalten (Prot. I, S. 8453 — 8458). Diese Bestimmungen sind unten S. 1018 ff. vollständig und im Zusammenhang wiedergegeben.
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1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773—1895
Die Vorschriften des § 517 finden nur insoweit Anwendung, als neben der Mutter ein Gegenvormund bestellt und dies in der Bestallung vermerkt ist. Die im ersten Absatz bezeichneten Vormünder sind von der Pflicht zur Rechnungsablegung während bestehender Vormundschaft frei; doch haben sie, sofern das Vormundschaftsgericht dies nach vorgängiger Anhörung des Vormundes aus besonderen Gründen anordnet, alle zwei Jahre oder in längeren Zwischenräumen eine Uebersicht des Vermögensbestandes einzureichen, welche, sofern ein Gegenvormund bestellt worden, vorher dem letzteren unter Nachweisung des Bestandes vorzulegen und von diesem mit seinen Bemerkungen zu versehen ist. Zur Sicherheitsbestellung und zur Hinterlegung von Vermögensgegenständen des Mündels sind die gedachten Vormünder nur nach Maßgabe der §§ 365 und 367 Abs. 1 verpflichtet. Werden jedoch der Vater, welcher mit einer Anderen, als der Mutter, oder die eheliche Mutter, welche mit einem Anderen als dem Vater des Mündels in der Ehe lebt, zum Vormunde bestellt, oder gehen dieselben nach ihrer Bestellung zum Vormunde eine Ehe ein, so finden auf sie | auch die Vorschriften des § 366, soweit solche | Prot I 8462 Sicherheitsbestellung und die Hinterlegung von Vermögensgegenständen des Mündels betreffen, entsprechende Anwendung." Dazu lagen folgende Anträge vor: Planck 1. von Seiten des Referenten: „Den § 536 zu streichen, statt dessen aber, unter Streichung des zweiten Satzes (Nr 309, 2) des dritten Absatzes des § 561 („Auf dieselbe . . . " ) und des letzten Absatzes des § 561, hinter dem § 561 oder § 564 folgenden neuen Paragraphen einzuschalten : § .. . „Ist der eheliche Vater oder die eheliche Mutter des Mündels als Vormund desselben bestellt, so wird neben dem Vater ein Gegenvormund niemals, neben der Mutter aber nur unter denselben Voraussetzungen bestellt, unter welchen ihr nach § 1502 Abs. 1 N ° . 2, 3 der Zusst. ein Beistand beizuordnen ist. Die Vorschriften des § 5 1 7 (F.E.) finden nur insoweit Anwendung, als neben der Mutter ein Gegenvormund bestellt ist. Die in dem Abs. 1 bezeichneten Vormünder . . . u.s.w. § 536 Abs. 3. Zur Sicherheitsbestellung und zur | Hinterlegung von Vermögensgegenständen | Prot I 8463 des Mündels sind die gedachten Vormünder nur nach Maßgabe des § 1511 der Zusst. verpflichtet. Die Vorschriften der Absätze 1 bis 4 finden keine Anwendung, wenn dem zum Vormunde des volljährigen Mündels bestellten Elterntheile zur Zeit der Bestellung unter der Voraussetzung der Minderjährigkeit des Mündels die elterliche Gewalt über denselben nicht zugestanden haben würde oder wenn die Mutter nach ihrer Bestellung zum Vormunde eine Ehe schließt." 2. In dem durch den Antrag unter 1 an Stelle des § 536 vorgeschlagenen Paragra- v. Mandry phen den letzten Absatz zu streichen. (Nr 317,1) Der Antrag, den § 536 des Entw. zu streichen, wurde von keiner Seite bekämpft. Die Beschlußfassung, darüber, ob und inwieweit f ü r die Vormundschaft über Volljährige gesetzliche Befreiungen der Eltern oder der Ehegatten des Bevormundeten, wenn dieselben als Vormünder bestellt worden sind, anzuerkennen seien, blieb der Beschlußfassung bei der Berathung der §§ 561 ff., des Entw. vorbehalten. 12 Man überzeugte sich, daß f ü r die Vormundschaft über Minderjährige kein Bedürfniß vorliege, es vielmehr als bedenklich anzusehen sei, gewissen nahen Angehö12
Vgl. Prot. I, S. 8558 ff. (unten S. 1211 ff.). 979
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
rigen derselben für den hier allein in Betracht kommenden Fall, wenn sie als Vor| Prot I 8464 münder derselben bestellt seien, besondere gesetzliche Be- | freiungen einzuräumen. Anlangend insbesondere die Ekern, so komme, da nach den gefaßten Beschlüssen das eheliche minderjährige Kind unter der elterlichen Gewalt des Vaters und nach dessen Tode unter elterlicher Gewalt der Mutter stehe und auch bei Lebzeiten des Vaters im Falle des Ruhens der elterlichen Gewalt des Vaters in der Regel die elterliche Gewalt der Mutter mit Ausnahme der dem Vater verbleibenden elterlichen Nutznießung eintrete, ferner durch die Verheirathung des minderjährigen Kindes die elterliche Gewalt nicht beendigt werde (vergl. die §§ 1465, 1473,1519 der Zusst.), eine Vormundschaft der Eltern über ihr minderjähriges Kind vom Standpunkte des Gesetzbuches aus regelmäßig nicht in Frage. In Ansehung des Vaters verdiene der seltene Fall, in welchem über das leibliche, von einem Anderen an Kindesstatt angenommene Kind, z. B. nach dem Tode des Annehmenden, die Anordnung einer Vormundschaft erforderlich und der leibliche Vater des Kindes zum Vormunde des letzteren bestellt werde, — abgesehen davon, daß es auch an einem genügenden Grunde fehle, in einem solchen Falle dem leiblichen Vater besondere Befreiungen kraft des Gesetzes zu Theil werden zu lassen — keine besondere Berücksichtigung im Gesetze. In anderen Fällen könne aber, wie auch in den Motiven S. 2150 anerkannt werde, von einer Bestellung des Vaters zum Vormunde seines Kindes nicht die Rede sein. Häufiger seien allerdings die Fälle, in welchen auch vom Standpunkte des Gesetzbuchs aus die Bestellung der Mutter zum Vormunde ihres minderjährigen | Prot I 8465 Kindes in Frage kommen könne. Eine Bestellung | der Mutter zum Vormunde ihres minderjährigen Kindes könne vorkommen, wenn die elterliche Gewalt des Vaters in Folge der Entmündigung desselben wegen Verschwendung ruhe, wenn dieselbe aus einem anderen Grunde ruhe, die Ehe der Eltern des Kindes aber durch Scheidung aufgelöst sei, wenn das Vormundschaftsgericht dem Vater die elterliche Gewalt mit Ausnahme der elterlichen Nutznießung entzogen oder der Vater die elterliche Gewalt verwirkt oder — und dies seien praktisch die Hauptfälle —, wenn die Mutter in Folge ihrer Wiederverheirathung die elterliche Gewalt über ihr minderjähriges Kind verloren habe oder wenn es sich um die Vormundschaft über ein minderjähriges uneheliches Kind der Mutter handele (vergl. Motive S. 2150). In allen diesen Fällen sprächen aber dieselben Gründe, welche dahin geführt hätten, in diesen Fällen nicht die elterliche Gewalt der Mutter eintreten zu lassen, mehr oder weniger dagegen, der zum Vormunde ihres Kindes bestellten Mutter besondere gesetzliche Befreiungen einzuräumen. Namentlich gelte dies für die praktisch hauptsächlich in Betracht kommenden Fälle, in welchen die Mutter in Folge ihrer Wiederverheirathung die elterliche Gewalt verloren habe, oder es sich um die Vormundschaft der Mutter über ihr uneheliches Kind handele. Für den letzteren Fall habe bereits der Entwurf aus den in den Motiven S. 2153 angeführten, als überwiegend anzusehenden Gründen Bedenken getragen, der Mutter eine von den allgemeinen Grundsätzen des Vormundschaftsgerichts abweichende, freiere Stellung zu geben. Aehnliche Bedenken erhöben sich aber auch in den übrigen Fällen gegen die Anerkennung gesetzlicher Befreiun| Prot 18466 gen der Mutter. Insbesondere komme der auch in den Mo-|tiven S. 2150, 2151 hervorgehobene Gesichtspunkt in Betracht, daß die Fälle häufig so liegen würden, daß das Vormundschaftsgericht keine Bedenken tragen werde, der Mutter die Vormundschaft in den hier fraglichen Fällen zu übertragen, wenn die Mutter als Vormünderin denselben Beschränkungen und derselben Aufsicht unterliege, wie andere Vormünder, während, wenn man der Mutter eine freiere Stellung einräume, das Vormundschaftsgericht, auch wenn die Bestellung der Mutter zur Vormünderin ihres Kindes an sich wünschenswerth wäre, leicht Anstand nehmen werde, ihr die 980
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
Vormundschaft zu übertragen. Zudem liege ein gewisser Widerspruch darin, den Eltern eine bevorzugte Stellung zu geben, obwohl dieselben nicht kraft des Gesetzes zur Vormundschaft berufen seien, den kraft des Gesetzes berufenen Großeltern aber jede Befreiung zu versagen. Diesen Gründen gegenüber könne dem Hinweise darauf, daß die preuß. V.O. auch in den hier in Rede stehenden Fällen der Mutter als Vormünderin ihres minderjährigen Kindes gewisse gesetzliche Befreiungen zu Theil werden lasse und daß es im Interesse der Einfachheit des Gesetzes wünschenswerth sei, den Eltern, mögen dieselben als Vormünder ihres minderjährigen oder ihres volljährigen Kindes bestellt sein, dieselbe Stellung einzuräumen (vergl. Motive S. 2151), erhebliches Gewicht nicht gelegt werden. Der Standpunkt der preuß. V.O. hänge auf das Engste damit zusammen, daß derselben eine elterliche Gewalt der Mutter unbekannt sei und dieselbe daher vornehmlich mit dem Falle zu rechnen gehabt habe, in welchem nach dem Tode des Vaters die Mutter zum Vormunde über ihr minderjähriges Kind bestellt werde. Anlangend aber die Vormundschaft der Eltern über ihre volljährigen Kinder, | so kämen in dieser Beziehung besondere, für | Prot I 8467 die hier in Rede stehenden Fälle nicht zutreffende Gesichtspunkte in Betracht. Auch f ü r die Fälle, in welchen ein Ehegatte zum V o r m u n d e des anderen noch minderjährigen Ehegatten bestellt werde, k ö n n e es nicht als angemessen erachtet werden, gesetzliche Befreiungen eintreten zu lassen. D e r Fall, daß die Ehefrau z u m V o r m u n d e ihres minderjährigen Ehemannes bestellt werde, sei im Hinblick auf die Bestimmung des § 1206 der Zusst., nach welcher die Ehemündigkeit der M ä n n e r mit dem zurückgelegten zwanzigsten Lebensjahr eintrete, z w a r rechtlich möglich, vom praktischen Standpunkt aus aber nicht besonders zu beachten. Anlangend aber den Fall, w e n n die A n o r d n u n g einer V o r m u n d s c h a f t über eine minderjährige Ehefrau erforderlich werde, so k ö n n e es zwar unter Umständen angemessen sein, den Ehemann trotz der auf G r u n d des ehelichen Güterrechts in manchen Fällen eintretenden Kollision der Interessen z u m V o r m u n d e seiner E h e f r a u zu bestellen, demselben aber in diesem Falle eine bevorzugte Stellung zu geben, erscheine bedenklich und k ö n n e dahin f ü h r e n , daß das Vormundschaftsgericht auch in solchen Fällen, in welchen es an sich angezeigt sei, den Ehemann z u m V o r m u n d e zu bestellen, Anstand nehmen werde, dem E h e m a n n die V o r m u n d s c h a f t zu übertragen. Die f ü r den abweichenden Standpunkt des Entwurfs in den Motiven S. 2154, 2019, 2020 dargelegten G r ü n d e seien nicht überzeugend. D e r Standpunkt des Entwurfs, daß von gesetzlichen Befreiungen der Großeltern abzusehen sei, e r f u h r mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 2154, 2155 keine Anfechtung. | Prot I 8468 | Im Anschluß an § 536 des Entwurfs war noch der Antrag gestellt: Kurlbaum folgende hinter § 537 des Entw. zu setzende Bestimmung zu beschließen: „Ist der V o r m u n d einer E h e f r a u deren E h e m a n n , so ist der Letztere zur Hinterle- (Nr 312, 3) gung und Sicherstellung nach Maßgabe der §§ 532, 533 nur in Ansehung des V o r b e haltsgutes der E h e f r a u oder im Falle der G ü t e r t r e n n u n g verpflichtet. Das dem E h e manne nach Maßgabe des ehelichen Güterstandes zustehende Recht, über das V e r mögen der Ehefrau zu v e r f ü g e n , wird durch die Bestellung des Ehemannes z u m V o r m u n d nicht berührt." D e r Antrag, welcher das Verhältniß der dem zum V o r m u n d e seiner Ehefrau bestellten Ehemanne nach Maßgabe des ehelichen Güterstandes zustehenden Rechte an dem V e r m ö g e n der Ehefrau zu seiner Stellung als V o r m u n d der letzteren, insbesondere auch nach der Richtung hin klarzustellen bezweckt, inwieweit derselbe z u r Hinterlegung und Sicherstellung nach Maßgabe der zu den §§ 532, 533 des Entw. 981
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
beschlossenen Bestimmungen in Ansehung des Vermögens der Ehefrau verpflichtet ist, wurde von der Mehrheit abgelehnt. Sie war der Ansicht, daß es einer solchen Verdeutlichung nicht bedürfe und die Aufnahme der beantragten Bestimmung, namentlich in dieser Beschränkung, eher das Gesetz zu verdunkeln geeignet sei. Das Gesetz ergebe mit genügender Klarheit, daß dem Ehemann die ihm nach Maßgabe des ehelichen Güterstandes zustehenden Rechte als eigene Rechte verliehen seien. Sei dies aber der Fall, so könne es nicht zweifelhaft sein, daß diese Rechte des Eheman| Prot 18469 nes | ebensowenig wie andere ihm an dem Vermögen der Ehefrau, z. B. auf Grund eines durch letztwillige Verfügung ihres Erblassers begründeten Nießbrauchsrechts, zustehende Rechte durch seine Eigenschaft als Vormund der Ehefrau berührt würden, daß er namentlich in Ansehung des auf Grund des ehelichen Güterstandes seinem Verwaltungsrechte unterliegenden Vermögens der Ehefrau zur Hinterlegung und Sicherstellung nach Maßgabe der zu den §§ 532, 533 des Entw. beschlossenen Bestimmungen nicht verpflichtet sei, weil dies sich als eine Beschränkung seiner ehemännlichen Rechte an dem Vermögen der Ehefrau darstellen würde, und daß seine Bestellung zum Vormunde der letzteren ihn nicht hindere, nach Maßgabe des ehelichen Güterstandes über das Vermögen der Ehefrau zu verfügen. Die Stellung des Ehemannes zur Vormundschaft sei in den hier fraglichen Beziehungen in dem Falle, in welchem er selbst der Vormund der Ehefrau sei, keine andere, wie in dem Falle, in welchem ein Dritter die Vormundschaft über die Ehefrau führe. Aus ähnlichen Erwägungen habe die Kommission die als § 498 a beantragte, Prot. S. 8298 ff. mitgetheilte Bestimmung früher abgelehnt (vergl. Prot. S. 8299, 8300). Der Vorgang der preuß. V.O., welche im § 95 Abs. 1 allerdings bestimme: „Die Befugnisse, welche Eltern oder Ehegatten kraft gesetzlicher Nutznießung am Vermögen der Kinder oder kraft ehelichen Güterrechts zustehen, werden von diesem Gesetze nicht berührt." könne zur Unterstützung des Antrags nicht geltend gemacht werden. Vom Standpunkte der preuß. V . O . als eines Spezialgesetzes aus möge die Aufnahme jener Bestimmung angemessen gewesen sein, um in den bezeichneten Richtungen Zweifeln | Prot 18470 über den Umfang der Beseitigung des bisherigen Rechts durch die | V.O. zu begegnen, Zweifeln, welche namentlich mit Rücksicht auf die nach einzelnen Partikularrechten der Mutter zustehenden, als Ausfluß der mütterlichen Gewalt sich darstellenden Nutznießung am Vermögen der Kinder und mit Rücksicht auf die auf dem Boden der ehemännlichen Vormundschaft stehenden ehelichen Güterrechte hätten entstehen können. Zu solchen Zweifeln gebe aber das Gesetzbuch, welches das eheliche Güterrecht selbständig regele, keine Veranlassung. TE-FamR § 537
Die Berathung wandte sich sodann dem § 537 des Entw. zu. Derselbe lautet: „Eltern können nach Maßgabe der im § 320 Abs. 1, 2 und 3 gegebenen Vorschriften anordnen, daß neben dem von ihnen benannten Vormunde ein Gegenvormund nicht bestellt werde, daß der von ihnen benannte Vormund in den Fällen des § 517 der Genehmigung des Gegenvormundes oder Vormundschaftsgerichts nicht bedürfen, sowie von der Pflicht zur Rechnungslegung während bestehender Vormundschaft befreit und zur Hinterlegung von Vermögensgegenständen des Mündels, wie zur Sicherheitsleistung nur nach Maßgabe der §§ 365 und 367 Abs. 1 verpflichtet sein solle. Auf den von der Pflicht zur Rechnungslegung befreiten Vormund finden jedoch die im § 536 Abs. 3 getroffenen Bestimmungen entsprechende Anwendung. Die Untersagung der Bestellung eines Gegenvormundes gilt als Anordnung, daß der benannte Vormund in den Fällen des § 517 der Genehmigung des Gegenvormun| Prot 18471 des oder Vormundschaftsgerichts | nicht bedürfen solle. Eine solche Anordnung hat 982
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773 — 1895
n u r die W i r k u n g , daß das Vormundschaftsgericht verpflichtet und berechtigt ist, dem benannten V o r m u n d e nach Maßgabe des § 520 Abs. 1 und 3 eine allgemeine Ermächtigung zu den im § 517 bezeichneten Rechtsgeschäften zu ertheilen." D a z u lagen folgende Anträge vor: Planck 1. von Seiten des Referenten: (Nr 309, 3) In dem § 537 a) den Eingang dahin zu fassen: „ D e r Vater und die Mutter können nach Maßgabe der Bestimmungen des § 4 vorl. Zusst. anordnen, daß . . . u.s.w. wie im Entwürfe." b) das Allegat der §§ 365 und 367 Abs. 1 am Ende des ersten Absatzes durch das Allegat: § 1511 der Zusst. zu ersetzen. c) den zweiten Absatz durch folgende Bestimmung zu ersetzen: „ D e r von der Pflicht zur Rechnungslegung befreite V o r m u n d hat jedoch, sofern das Vormundschaftsgericht dies nach vorgängiger A n h ö r u n g des V o r m u n d e s aus besonderen G r ü n d e n anordnet, alle zwei Jahre oder in längeren Zwischenräumen eine U e - 1 bersicht des Vermögensbestandes einzureichen, welche, sofern ein Gegen- | Prot I 8472 v o r m u n d bestellt w o r d e n , vorher dem letzteren unter Nachweisung des Bestandes vorzulegen und von diesem mit seinen Bemerkungen zu versehen ist." d) als Absatz 4 folgende Bestimmung h i n z u z u f ü g e n : „Das Vormundschaftsgericht ist Abweichungen von den in dem Abs. 1 bis 3 bezeichneten A n o r d n u n g e n zu bestimmen befugt, wenn und soweit aus der Befolgung derselben eine G e f ä h r d u n g des Interesses des Mündels zu besorgen ist." (vergl. Motive S. 2161 letzter Absatz und S. 2162; § 25 der vorl. Zusst. [der § 25 enthält die zu den §§ 493, 321 des Entw. gefaßten Beschlüsse.]). 2. Z u dem § 537 in der Fassung des Antrags unter 1: v. Mandry a) im ersten Absätze die W o r t e (Nr 317,2) „oder Vormundschaftsgerichts" zu streichen; b) den zweiten Absatz dahin zu beschließen: „Der von der Pflicht zur Rechnungslegung befreite Vormund hat alle zwei Jahre eine Uebersicht des Vermögensstandes einzureichen, welche . . . . zu versehen ist. Das Vormundschaftsgericht kann anordnen, daß die Einreichung der Ueber- | sieht | Prot I 8473 in längeren Zeiträumen zu erfolgen hat [eventuell hinzuzufügen: und unter besonderen Umständen bestimmen, daß der Vormund eine Vermögensübersicht nicht einzureichen hat]." c) den dritten Absatz dahin zu fassen: „Ist angeordnet, daß ein Gegenvormund nicht bestellt werde, so finden die V o r schriften des § 517 keine Anwendung." D e r Standpunkt des Entwurfs, den Eltern als solchen als Ausfluß der elterlichen Gewalt im Anschlüsse an das ihnen nach dem § 479 des Entw. (§ 4 der vorl. Zusst.) beigelegte Recht, durch letztwillige V e r f ü g u n g einen V o r m u n d f ü r ihre minderjährigen Kinder zu benennen und in näherer Ausgestaltung dieses Rechts das weitere Recht einzuräumen, zu Gunsten des von ihnen benannten V o r m u n d e s nach Maßgabe der Bestimmungen des § 4 der vorl. Zusst. gewisse Befreiungen von den sonst maßgebenden allgemeinen Bestimmungen des V o r m u n d s c h a f t s r e c h t vorzuschreiben, f a n d mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 2155 ff. im Prinzipe und im Allgemeinen keinen Widerspruch. Im Einzelnen w u r d e n sodann folgende Beschlüsse gefaßt: 983
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
1. Der Eingang des § 537 Abs. 1 wurde nach Maßgabe des von dem Entwürfe sachlich nicht abweichenden aber den bisherigen Beschlüssen zu den §§ 320 und 479 des Entw. sich anschließenden Antrags unter 1 a aus den Gründen der Motive S. 215 5, 2156 allseitig genehmigt. | Prot I 8474
| 2. Ebensowenig wurde die Bestimmung im Abs. 1 des § 537 beanstandet, welche den Eltern das Recht beilegt, anzuordnen, daß neben dem von ihnen benannten Vormunde ein Gegenvormund nicht bestellt werde oder daß der von ihnen benannte Vormund in den Fällen des § 517 der Genehmigung des Gegenvormundes oder Vormundschaftsgerichts nicht bedürfen solle (vergl. Motive S. 2158). Die Prüfung des sachlich nicht abweichenden Antrags unter 2 a , welcher sich an die Fassung des dem § 5 1 7 des Entw. entsprechenden § 3 8 der vorl. Zusst. anschließt, blieb der Redaktion vorbehalten. Man war einverstanden, daß die Fassung des Abs. 1 des § 537 in der hier fraglichen Hinsicht von der definitiven Fassung, welche der § 38 der vorl. Zusst. erhalten werde, abhängig sei.
3. Die weitere Bestimmung im Abs. 1 des § 537 nach welcher die Eltern als solche auch befugt sein sollen, den von ihnen benannten Vormund von der Pflicht der Rechnungslegung während bestehender Vormundschaft zu befreien, wurde von verschiedenen Seiten von dem Gesichtspunkte aus bekämpft, daß die periodische Rechnungslegung nicht allein ein angemessenes Mittel der Selbstkontrole des V o r mundes und die Grundlage für die ihm nach Beendigung des vormundschaftlichen Amts gegenüber dem Mündel obliegenden Pflicht zur Rechnungslegung, sondern auch die wirksamste Handhabe der Beaufsichtigung des Vormundes sei und es deshalb vom Standpunkte des Interesses des Mündels aus bedenklich erscheine, in | Prot I 8475 der hier fraglichen Beziehung der Privatwillkür | Raum zu geben. Die Mehrheit entschied sich jedoch, im Anschlüsse an die preuß. V.O. § 57, f ü r den Standpunkt des Entwurfs. Sie war der Ansicht, daß die unbedingte Durchführung des dem Vormund zur periodischen Rechnungslegung verpflichtenden Grundsatzes zu weit gehe und es durch ein praktisches Bedürfniß geboten sei, Vorsorge zu treffen, daß unter Umständen von jenem Grundsatze abgewichen werden könne. Am nächsten liege es, die Entscheidung der Frage, ob eine solche Abweichung stattfinden solle, in Verbindung mit dem Rechte, einen V o r m u n d zu benennen, in die H a n d der Eltern zu legen, da darauf vertraut werden könne, daß dieselben den von ihnen benannten Vormund von der hier fraglichen Verpflichtung nur dann befreien würden, wenn dies mit Rücksicht auf die ihnen bekannte Persönlichkeit des benannten Vormundes unbedenklich sei und zum Besten des Kindes gereiche. Es sei zu besorgen, daß ohne die Zulässigkeit einer solchen Befreiung dritte von den Eltern als Vormünder benannte Personen, deren Bestellung zum Vormunde im Interesse des Mündels liege, aus Scheu vor den mit einer periodischen Rechnungslegung für den Vormund verbundenen Belästigungen und Weiterungen sich weniger leicht dazu verstehen würden, die ihnen angetragene Vormundschaft zu übernehmen. U m so unbedenklicher sei es, dem Entwürfe zu folgen, als sich im Gebiete der preuß. V.O. aus der Zulässigkeit der hier fraglichen Befreiung Uebelstände nicht ergeben hätten. Um jedoch das Vormundschaftsgericht in den Stand zu setzen, ständig kontroliren zu können, welche Einwirkung auf das Vermögen die Verwaltung des von der Pflicht zur Rechnungslegung befreiten Vormundes habe, hielt die Mehrheit es im | Prot I 8476 Interesse des Mündels | und namentlich im Hinblick darauf, daß die Persönlichkeit des von den Eltern benannten Vormundes und dessen Verhältnisse im Laufe der Zeit sich ändern könnten, für angemessen, abweichend von dem zweiten Absatz des § 537 und dem Antrage unter l c , nach dem Vorschlage des Antrags unter 2 b dem von der 984
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773—1895
Pflicht zur Rechnungslegung befreiten Vormunde gleichwohl die gesetzliche Verpflichtung aufzuerlegen, alle zwei Jahre eine Uebersicht des Vermögensbestandes nach Maßgabe der näheren Bestimmungen des Antrags unter l c einzureichen. Das Vormundschaftsgericht soll jedoch anordnen können, daß die Einreichung der Uebersicht in längeren Zeiträumen zu erfolgen und unter besonderen Umständen, daß der Vormund die Uebersicht bis auf Weiteres überhaupt nicht einzureichen habe. Man besorgte, daß, wenn man dem Entwürfe und dem Antrage unter l c folge, die Sache praktisch sich so gestalten werde, daß die Einreichung einer Vermögensübersicht regelmäßig überhaupt nicht erfolge. Die beschlossene Regelung stelle sich als eine angemessene Ausgleichung der verschiedenen Rücksichten und der verschiedenen im geltenden Rechte vertretenen Auffassungen dar. 4. Die Vorschrift, daß die Eltern den von ihnen benannten Vormund von der Verpflichtung zur Hinterlegung und zur Sicherheitsleistung nach Maßgabe der zu den §§ 532, 533 des Entw. beschlossenen Bestimmungen sollen befreien können (§ 537 Abs. 1 des Entw.), erfuhr keine Anfechtung (vergl. Motive S. 2159). Die Beschlußfassung darüber, ob dem Vormundschaftsgerichte nach dem Vorschlage des Entwurfs und des Antrags unter l b gleichwohl die Befugniß einzuräumen sei, nach Maßgabe des § 1511 der Zusst. gegen den | Vormund die Hinterlegung von Vermö- | Prot I 8477 gensgegenständen des Mündels, sowie die Bestellung einer Sicherheit wegen des Vermögens des letzteren auszuordnen, wurde bis zur Berathung der in dem Antrage unter l d vorgeschlagenen Bestimmung ausgesetzt. Man überzeugte sich, daß die Einräumung jener Befugniß im Falle der Annahme der bezeichneten Bestimmung jedenfalls entbehrlich sei, da nach der letzteren, wenn aus der hier in Rede stehenden Befreiung eine Gefährdung des Interesses des Mündels zu besorgen sei, das V o r mundschaftsgericht es in der Hand habe, von der die Befreiung bestimmenden Anordnung abzuweichen und die zu den §§ 532, 533 des Entw. beschlossenen Bestimmungen zur Anwendung zu bringen. 5. Satz 1 Abs. 3 des § 537 wurde aus den Gründen der Motive S. 2158 sachlich genehmigt. Die Fassung des Antrags unter 2C blieb der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten. 6. Anlangend den zweiten Satz im Abs. 3 des § 537 des Entw., so hat die Bestimmung insoweit, als dieselbe mit der dem § 487 Abs. 3 des Entw. zum Grunde liegenden Auffassung des Entwurfs über das juristische Wesen der Bestallung zusammenhängt (vergl. Motive S. 2110 oben), durch die Ablehnung des § 487 Abs. 3 (vergl. Prot. S. 8188 ff.) ihre Erledigung gefunden. Dieselbe hat jedoch daneben noch insofern eine selbständige Bedeutung, als nach derselben in Uebereinstimmung mit der preuß. V . O . § 47 Abs. 2 einerseits die hier fragliche Befreiung nicht unmit-1 telbar auf | Prot I 8478 Grund der letztwilligen Anordnung, sondern erst dann eintritt, wenn das V o r m u n d schaftsgericht auf Grund derselben dem Vormunde eine allgemeine Ermächtigung zu den im § 517 des Entw. bezeichneten Rechtsgeschäften ertheilt hat; andererseits aber, wenn einmal eine solche Ermächtigung ertheilt ist, die Unwirksamkeit der von dem Vormunde ohne Genehmigung des Gegenvormundes bezw. des Vormundschaftsgerichts vorgenommenen, unter die Bestimmungen des § 517 des Entw. fallenden Rechtsgeschäfte auf die Ungültigkeit der die Befreiung anordnenden letztwilligen Verfügung nicht gestützt werden kann. Erkennt das Vormundschaftsgericht die letztwillige Anordnung als gültig an, so soll dasselbe auf Grund dieser Anordnung dem Vormunde die allgemeine Ermächtigung ertheilen. Der Zweck der Bestimmung ist, in Ansehung der hier fraglichen Rechtsgeschäfte die Sicherheit des Verkehrs zu fördern, Prozesse über die Gültigkeit der letztwilligen Anordnung abzuschneiden 985
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
und Konflikte zwischen dem Vormunde und dem Vormundschaftsgerichte zu vermeiden, auch dem Vormundschaftsgerichte, wenn dasselbe der Ansicht ist, daß aus der Befreiung eine Gefährdung des Interesses des Mündels zu besorgen sei (vergl. Antrag unter l d ) die Möglichkeit zu gewähren, von vornherein durch Verweigerung der Ertheilung der allgemeinen Ermächtigung der letztwillig angeordneten Befreiung jede Wirksamkeit zu entziehen, so daß der Vormund in keinem Augenblicke die Macht gehabt hat, die im § 517 bezeichneten Rechtsgeschäfte ohne Genehmigung | Prot I 8479 des Gegenvormundes bezw. des Vormundschaftsgerichts wirk- | sam vorzunehmen (vergl. Motive S. 2158,2119,2120). Die Mehrheit (durch Stichentscheid des Vorsitzenden mit 5 gegen 5 Stimmen) entschied sich jedoch für die Ablehnung des zweiten Satzes im Abs. 3 des § 537. Sie war der Ansicht, daß die vorgeschlagene, einen positiven Charakter an sich tragende Bestimmung, welche den Sinn der letztwilligen Verfügung in einer dem Willen des Verfügenden nicht entsprechenden Weise umdeute und die Entscheidung der an sich prozeßfähigen Frage, ob die letztwillige Verfügung und die auf Grund derselben von dem Vormunde ohne die Genehmigung des Gegenvormundes bezw. des Vormundschaftsgerichts vorgenommenen Rechtsgeschäfte gültig seien oder nicht, dem Prozeßrichter entziehe, bedenklich und durch ein praktisches Bedürfniß nicht geboten sei. Insbesondere könne die Besorgniß, daß ohne die Aufnahme der fraglichen Bestimmung die Sicherheit des Verkehrs gefährdet werde, nicht getheilt werden, um so weniger, als es nicht ausgeschlossen sei, daß das Vormundschaftsgericht über das Bestehen der hier fraglichen Befreiung ein besonderes gerichtliches Zeugniß ertheile oder dieselbe in die Bestallung erwähnt werde. Im Verkehre werde man sich mit einem solchen gerichtlichen Zeugnisse regelmäßig begnügen und kein Bedenken tragen, auf Grund desselben sich mit dem Vormunde auf Rechtsgeschäfte einzulassen. 7. Der Antrag unter l d wurde mit der Modifikation angenommen, daß, im An| Prot I 8480 schlusse an den § 5 der vorl. Zusst., vor dem Worte „Gefährdung" | das W o r t „erhebliche" eingeschaltet werden soll. Man überzeugte sich, daß die vorgeschlagene Bestimmung eine Konsequenz der zu § 480 des Entw. beschlossenen Bestimmung sei, daß das Vormundschaftsgericht eine von den Eltern als Vormund benannte Person ohne deren Zustimmung auch ganz übergehen könne, wenn aus der Bestellung zum Vormunde eine erhebliche Gefährdung des Interesses des Mündels zu besorgen sei, und daß, auch abgesehen davon, die Bestimmung sich aus den Gründen der Motive S. 2161, 2162 rechtfertige. Man war einverstanden, daß nach Annahme des Antrags unter l a die oben S. 8477 unter 4 g. E. einstweilen ausgesetzte Frage, ob dem V o r mundschaftsgerichte die besondere Befugniß eingeräumt werden solle, gegen den von der Verpflichtung zur Hinterlegung oder Sicherheitsleistung befreiten Vormund gleichwohl nach Maßgabe des § 1511 der Zusst. Hinterlegung oder Sicherheitsleistung anzuordnen, in verneinendem Sinne zu entscheiden sei. Uebergegangen wurde darauf zur Berathung des § 538 des Entw. Derselbe lautet: TE-FamR „Dritte, welche dem Mündel Vermögen zuwenden, können nach Maßgabe der im § 538 § 321 gegebenen Vorschriften in Ansehung des zugewandten Vermögens die O f f e n legung des Vermögensverzeichnisses verbieten. Im Falle eines solchen Verbots ist das Vermögensverzeichniß von dem Vormunde | Prot I 8481 nach | Maßgabe des § 499 Abs. 1 dem Vormundschaftsgerichte einzureichen und von diesem einzusiegeln, auf Verlangen des Vormundes in dessen Gegenwart. Das Vormundschaftsgericht darf nur aus besonderen Gründen, über welche der Vormund zu hören ist, von dem Inhalte dieses Verzeichnisses Kenntniß nehmen; im 986
1. Titel: V o r m u n d s c h a f t über Minderjährige
§§
1773—1895
Uebrigen ist das Vormundschaftsgericht von dem Verbote der Offenlegung des Vermögensverzeichnisses abzuweichen nicht befugt. Das Verbot der Offenlegung des Vermögensverzeichnisses hat rücksichtlich des davon betroffenen Vermögens die Befreiung von der Rechnungslegung und der Einreichung von Uebersichten des Vermögensbestandes zur Folge." Dazu lag folgender, sich an die Fassung des § 25 der vorl. Zusst. anschließender Antrag des Referenten vor: Planck In dem § 538 (Nr 309, 4) a) die Absätze 1 und 2 dahin zu fassen: „Ist in Ansehung der dem Mün-1 del durch Erbschaft, Pflichttheil oder Vermächt- | Prot 1 8482 niß zugefallenen Vermögensgegenstände von dem Erblasser durch letztwillige Verfügung die Offenlegung des Vermögensverzeichnisses verboten, so ist das Vermögensverzeichniß von dem Vormunde nach Maßgabe des § 24 Abs. 1 der vorl. Zusst. dem Vormundschaftsgerichte . . . u.s.w. wie im Abs. 2 des Entwurfs." b) folgenden Absatz 5 hinzuzufügen: „Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 finden entsprechende Anwendung, wenn ein Dritter dem Mündel einen Vermögensgegenstand durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zugewendet und bei der Zuwendung die Offenlegung des Vermögensverzeichnisses in Ansehung des Zugewendeten verboten hat. Zu einer Abweichung von dem Verbote der Offenlegung ist jedoch, solange der Dritte lebt, dessen Zustimmung erforderlich und genügend." Es wurden folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Abs. 1 und 2 des § 538 fanden in der Fassung des Antrags unter a im Wesentlichen aus den Gründen der Motive S. 2159, 2160 die Zustim- | mung der Mehrheit. | Prot 1 8483 Insbesondere war erwogen, daß die vorgeschlagene Bestimmung im Wesentlichen der aus dem preuß. A.L.R. II, 18 §§ 399 ff. stammenden Vorschrift im § 35 Abs. 3 der preuß. V.O. entspreche und im Gebiete des preußischen Rechts von der hier fraglichen Befugniß, die Offenlegung des Nachlaßverzeichnisses zu verbieten, vielfach Gebrauch gemacht werde (vergl. auch sächs. G.B. § 1907). Das Bedenken, daß ein solches Verbot das Interesse des Mündels gefährde, weil dasselbe auf die Verpflichtung des Vormundes zur Rechnungslegung und zur Einreichung von Vermögensübersichten, auch wenn Abs. 4 des § 538 keine Annahme finde, doch thatsächlich mehr oder weniger hemmend zurückwirke, hielt man den für die Bestimmung sprechenden Gründen gegenüber nicht für durchschlagend. 2. Auch der erste Satz des dritten Absatzes des § 538 wurde genehmigt, dagegen wurde der zweite Satz, beginnend mit den Worten „im Uebrigen u.s.w.", weil der Inhalt desselben sich schon aus den übrigen Bestimmungen, insbesondere aus dem angenommenen ersten Satze des dritten Absatzes, ergebe, als entbehrlich gestrichen. 3. Abs. 4 des § 538, welcher dem § 57 Abs. 3 der preuß. V.O. nachgebildet ist, fand ebenfalls die Zustimmung der Mehrheit mit der Maßgabe, daß zur Verdeutlichung die Worte „während des Bestehens der Vormundschaft" eingeschaltet werden sollen. Man ging davon aus, daß die Verpflichtung zur Rechnungslegung oder zur Einreichung von Uebersichten des Vermögensbestandes mit dem Zwecke des Verbots der Offenlegung des Vermögensverzeich-1 nisses nicht im Einklänge stehe. | Prot 1 8484 4. Der Antrag unter b wurde von der Mehrheit (durch Stichentscheid des Vorsitzenden mit 5 gegen 5 Stimmen) in der Erwägung angenommen, daß, wenngleich die fragliche Bestimmung praktisch einen erheblichen Werth nicht habe, weil es sich um seltene Fälle handele, und wenngleich dieselbe über die preuß. V.O. § 35, nach welcher nur dem Erblasser das Recht beigelegt sei, die Offenlegung des Verzeichnis987
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
ses seines Nachlasses zu verbieten, hinausgehe, doch die Analogie und die Konsequenz früherer Beschlüsse, nach welchen in ähnlich liegenden Fällen den letztwilligen Zuwendungen die Zuwendungen durch Rechtsgeschäft unter Lebenden gleichgestellt seien (vergl. §§ 1260,1319,1474,1481 der Zusst. ;§ 25 der vorl. Zusst.), dahin führen müsse, auch dem Dritten, welcher dem Mündel durch Rechtsgeschäft unter Lebenden einen Vermögensgegenstand zuwende, das Recht einzuräumen, bei der Zuwendung die Offenlegung des Vermögensverzeichnisses in Ansehung des Zugewendeten zu verbieten. Der zweite Satz des Antrags unter b entspricht dem zweiten Satze des einen analogen Fall betreffenden § 25 Abs. 2 der vorl. Zusst. Einvernehmen bestand, daß durch die Bestimmungen des § 38 den erbrechtlichen Bestimmungen über das Inventarrecht nicht präjudizirt werde. Die Ausführungen in den Motiven S. 2161, daß dem Erblasser oder sonstigen Vermögenszuwender, vorbehaltlich der Bestimmungen des § 573 des Entw., welche | Prot I 8485 den Fall betreffen, wenn diesel- | ben für die Verwaltung des zugewendeten Vermögens einen Pfleger benannt haben, über die Vorschriften des § 538 des Entw. hinaus ein Einfluß auf die allgemeine Stellung des Vormundes nicht zu gestatten sei, wurden gebilligt. Die Berathung wandte sich darauf den §§ 539 bis 547 des Entw. zu, welche von der Beendigung der Vormundschaft handeln.
TE-FamR § 539
Der § 539 des Entw. lautet: „Die Vormundschaft wird beendigt: i. durch den T o d des Mündels, 2. durch Eintritt der Volljährigkeit des Mündels, 3. durch Volljährigkeitserklärung des Mündels, 4. wenn der Mündel der elterlichen Gewalt unterworfen wird oder das Ruhen derselben aufhört oder die Anordnung, wodurch dem Inhaber der elterlichen Gewalt die letztere mit Ausnahme der elterlichen Nutznießung entzogen war, zurückgenommen wird." In den gedruckten Abänderungsanträgen des Referenten ist beantragt: 1. Die N ° 1 dahin zu fassen: „ 1. durch den T o d oder die Todeserklärung des Mündels" 2. Die N ° 3 zu streichen. Außerdem lagen folgende Anträge vor:
Planck (Nr 279, 20) | Prot I 8486
1. von Seiten des Referenten: D e r Ziff. 4 des § 539 folgende Bestimmung hinzuzufügen: „Im Falle der Legitimation durch | nachfolgende Ehe wird jedoch die Vormundschaft über den legitimirten Mündel erst mit dem Zeitpunkte beendigt, in welchem in einem Rechtsstreite zwischen dem Mündel und dem Ehemanne der Mutter des Mündels die Vaterschaft (die elterliche Gewalt) des Ehemannes in Ansehung des Mündels rechtskräftig festgestellt ist oder in welchem das Vormundschaftsgericht die Vormundschaft aufgehoben hat. Das Vormundschaftsgericht soll die Vormundschaft aufheben, wenn es die Voraussetzungen der Legitimation durch nachfolgende Ehe als gegeben anerkennt." (vergl. Prot. S. 7934 ff.)
Kurlbaum (Nr 312,4)
2. Den § 539 dahin zu fassen: „Die Vormundschaft wird außer durch den T o d und den Eintritt der Volljährigkeit des Mündels beendigt: 988
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
1. wenn der Mündel unter elterliche Gewalt kommt, es sei denn, daß die letztere auf die elterliche Nutznießung beschränkt ist, 2. wenn die Beschränkung der elterlichen Gewalt auf die elterliche Nutznießung aufhört." Der Eingang des § 539 und die Ziff. 1, 2 wurden nach Maßgabe des Eingangs des Antrages unter 2, welcher sich an die Fassung des § 1521 der Zusst. (vergl. Prot. S. 7820 ff.) anschließt, gebilligt; doch verständigte man sich dahin, nach dem Vorschlage des gedruckten Abänderungsantrages unter 1 | aus den Gründen in den | Prot 1 8487 Bemerkungen zu den gedruckten Abänderungsanträgen S. 192 ff. dem Tode des Mündels die Todeserklärung desselben gleichzustellen und demgemäß im Anschlüsse an den § 1299 Ziff. 4 der Zusst. als Ziff. 1 im § 539 die Bestimmung aufzunehmen „mit der Erlassung des Unheiles, durch welches der Mündel für todt erklärt ist;". Die Ziff. 3 des § 539 wurde aus den Gründen in den Bemerkungen zu den gedruckten Abänderungsanträgen S. 193, 194 als in der Ziff. 2 des § 539 schon mit begriffen, gestrichen. Ziffer 4 fand in der an die Fassung der §§ 1 und 4 der vorl. Zusst. (vergl. auch § 28 Abs. 2 K.E.) sich anschließenden und zugleich korrekten Fassung der Ziff. 1, 2 des Antrags unter 2 die Zustimmung der Kommission. Der Antrag unter 1 wurde aus den Prot. S. 7934 ff. ersichtlichen Gründen mit der Modifikation gebilligt, daß die Schlußworte des zweiten Satzes „wenn es . . . anerkennt" dahin lauten sollen „wenn es die Voraussetzungen der Legitimation durch nachfolgende Ehe im Einverständnisse mit dem Ehemanne (Vater) als gegeben anerkennt." Man überzeugte sich, daß es sich bei dem hier fraglichen Anerkenntnisse von Seiten des Vormundschaftsgerichts nicht um eine den Rechten des Kindes präjudizirende Feststellung der Kindschaft, sondern nur um die Entscheidung der Frage handele, ob die Vormundschaft aufzuheben sei, eine solche Aufhebung der Vormundschaft aber nur dann erfolgen könne, wenn auch der Ehemann | die Vorausset- | Prot I 8488 zungen der Legitimation durch nachfolgende Ehe gegenüber dem Vormundschaftsgerichte als gegeben anerkenne, da, solange dies nicht geschehe, das Kind schutzbedürftig bleibe. Der § 540 des Entw. lautet: „Die gesetzliche Vormundschaft eines Elterntheils wird durch den Eintritt solcher TE-FamR Umstände beendigt, welche, wenn die elterliche Gewalt desselben nicht durch die § 540 Heirath des Mündels beendigt wäre, in der Person des gedachten Elterntheils das Ruhen oder die Beendigung der elterlichen Gewalt zur Folge haben würde. Dieselbe wird ferner beendigt, wenn sie nach Maßgabe der §§ 363 und 565 Abs. 2 durch das Vormundschaftsgericht gänzlich entzogen ist. Das nach § 477 mit dem Amte eines Anstaltsvorstandes verbundene Amt eines gesetzlichen Vormundes hört auf, wenn jenes Amt aufhört oder das Vormundschaftsgericht einen anderen Vormund bestellt." In den gedruckten Abänderungsanträgen des Referenten ist beantragt: „Abs. 1 und 2 des § 540 zu streichen."
Planck
In Gemäßheit des gedruckten Abänderungsantrages und eines von Seiten des Planck Referenten auch auf Streichung des Abs. 3 des § 540 gerichteten Antrags wurde in (Nr 313, 3) Konsequenz der früher beschlossenen Streichung der §§ 476, 477 des Entw. auch der § 540 gestrichen.
TE-FamR §541 | Prot 1 8489
Zu dem § 541 des Entw., dessen Wortlaut dahin geht: „Das Amt des bestellten Vormundes h ö r t | auf: 989
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
1. durch den T o d des Vormundes, 2. durch den Eintritt der Geschäftsunfähigkeit desselben, 3. durch den Eintritt des Mündels in die gesetzliche Vormundschaft eines Elterntheils, 4. durch Entlassung." ist in den gedruckten Abänderungsanträgen des Referenten beantragt: 1. Die N ° 1 des § 541 dahin zu fassen: „1. durch den T o d oder die Todeserklärung des Vormundes;" 2. Die N ° 3 zu streichen. v. Mandry (Nr 317,3)
Außerdem lag der Antrag vor: d e n Paragraphen dahin zu fassen: „Das Amt des Vormundes wird außer durch den Tod desselben beendigt: 1. durch den Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Vormundes, 2. durch Entlassung des Vormundes Seitens des Vormundschaftsgerichts."
Der §541 des Entw. wurde mit den in dem gedruckten Abänderungsantrage vorgeschlagenen Modifikationen aus den Gründen der Motive S. 2164 ff. und der Bemerkungen in den gedruckten Abänderungsanträgen S. 193 sachlich gebilligt. Die Fassung des von dem § 541 sachlich nicht abweichenden Antrags, welcher namentlich im Eingange des § 541 das Wort „bestellten" wegzuschaffen bezweckt, da nach den gefaßten Beschlüssen eine gesetzliche Vormundschaft nicht mehr in Frage komme, außerdem in Ansehung der Beendigung des vormundschaftlichen Amts durch den | Prot 18490 T o d des Vormundes sich an die Fassung des § 1521 der Zusst. | und die zum § 539 beschlossene Fassung anschließt und zum Ausdruck bringen will, daß die Entlassung durch Verfügung des Vormundschaftsgerichts erfolgt, wurde der Prüfung bei der Redaktion überlassen. Derselben blieb ferner vorbehalten, die Fassung des Beendigungsgrundes durch Todeserklärung mit der zu § 539 des Entw. beschlossenen Fassung in Einklang zu bringen. Die Ausführungen in den Motiven S. 2164, daß es einer ausdrücklichen Bestimmung nicht bedürfe, daß das Amt des Vormundes durch völlig vorübergehende Zustände eintretender Geschäftsunfähigkeit, z. B. durch eine Ohnmacht, durch Trunkenheit, nicht beendigt werde, sowie daß im Hinblick auf den § 483 Ziff. 2 und den § 48 8 Abs. 2 des Entw. der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte (§ 34 Ziff. 6 des St.G.B.) als ein ipso jure wirkender Beendigungsgrund nicht in Betracht komme, wurden gebilligt, nicht minder die Ausführungen der Motive S. 2165, daß zwischen Entlassung und Entsetzung des Vormundes nicht zu unterscheiden sei.
TE-FamR § 542
I Prot I 8491
Der § 542 des Entw. lautet: „Das Vormundschaftsgericht hat den bestellten Vormund zu entlassen: 1. wenn das Interesse des Mündels durch pflichtwidriges Verhalten des Vormundes gefährdet wird, 2. wenn ein gesetzlicher Unfähigkeitsgrund eintritt oder hervortritt, 3. wenn die nach § 484 erforderliche Genehmigung der vorgesetzten Behörde versagt oder zurückgenommen wird, 4. wenn der Ehemann einer zum Vormunde bestellten Frau die nach § 483 N ° 5 erforderliche Genehmigung versagt oder zurücknimmt, | 5. wenn der Zeitpunkt oder das Ereigniß eintritt, bis zu welchem die Bestellung des Vormundes nach § 480 Abs. 2 und §481 Abs. 3 erfolgt war. Die unter N ° 3 gedachte Vorschrift findet auch dann Anwendung, wenn den im § 484 bezeichneten Personen durch Reichs- oder Landesgesetze die Fortführung 990
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
einer vor dem Eintritt in die Dienststellung übernommenen Vormundschaft ohne Genehmigung der vorgesetzten Behörde untersagt ist." Dazu lagen folgende Anträge vor: I. von Seiten des Referenten Planck 1. Die N ° 1 des § 542 dahin zu fassen: (Nr 313, 4) (1) „wenn aus der Fortführung der Vormundschaft durch den Vormund, (insbesondere in Folge pflichtwidrigen Verhaltens desselben) eine (erhebliche) Gefährdung des Interesses des Mündels zu besorgen ist." 2. Die N° 5 des § 542 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: (5) „wenn der nach § 3 der vorl. Zusst. | als Vormund Berufene auf Grund des § 5 | Prot I 8492 Satz 2 der vorl. Zusst. verlangt, daß er an Stelle des bisherigen Vormundes zum Vormunde bestellt werde." II. D e m § 542 als Ziff. l a beizufügen: Gebhard „Wenn aus der Belassung des Vormundes mit Rücksicht auf seine persönlichen (Nr 315) oder Vermögensverhältnisse eine erhebliche Gefährdung des Interesses des Mündels zu besorgen ist." III. § 542 N ° 5 zu streichen. Es wurden folgende Beschlüsse gefaßt: Kurlbaum 1. D e r Eingang des § 542 fand sachlich keinen Widerspruch. (Nr 312, 5) 2. Die Ziff. 1 des § 542 wurde nach Maßgabe des von dem Antrage unter II sachlich nicht abweichenden Antrags unter I, 1 ohne die Klammern, aber mit den eingeklammerten Worten angenommen. Man überzeugte sich, daß, nachdem die Ziff. 7 des § 483 des Entw. gestrichen worden sei und deshalb als Entlassungsgrund durch die Ziff. 2 des § 542 nicht mehr gedeckt werde, nachdem andererseits zum § 480 des Entw. (§ 5 der vorl. Zusst.) beschlossen worden sei, daß ein nach § 479 als Vormund Berufener ohne seine Zustimmung übergegangen werden könne, wenn aus seiner Bestellung zum Vormunde eine erhebliche Gefährdung des Interesses des Mündels zu besorgen sei, in Konsequenz des letzteren Beschlusses auch in der Ziff. 1 ganz allgemein auf eine erhebliche Gefährdung des Interesses des Mündels abzustellen | und erhebliche Gefährdung durch pflichtwidriges Verhalten des Vormundes nur | Prot I 8493 als ein besonderer wichtiger Fall ausdrücklich hervorzuheben sei. Einvernehmen bestand, daß der Fall, wenn der Vormund offenkundig einen unsittlichen Lebenswandel führe, durch die Ziff. 1 in der beschlossenen Fassung gedeckt werde und daher trotz der Streichung der Ziff. 4 des § 483 (vergl. Ziff. 2 des § 542) nicht besonders berücksichtigt zu werden brauche (vergl. auch Prot. S. 8176 ff.). 3. Die Ziff. 2, 3, 4 des § 542 (vergl. Motive S. 2166) erfuhren sachlich keine Anfechtung. 4. Ziff. 5 wurde in Konsequenz der zu § 480 Abs. 2 und § 481 Abs. 3 gefaßten Beschlüsse gestrichen; auch die an Stelle der Ziff. 5 von dem Antrage unter I, 2 vorgeschlagene Bestimmung wurde, weil dieselbe im Hinblick auf die Vorschrift des § 5 Satz 2 der vorl. Zusst. als selbstverständlich zu erachten sei und eine Wiederholung bloß zu dem Zwecke, um alle einzelnen Entlassungsgründe an dieser Stelle aufzuzählen, sich nicht empfehle, von der Mehrheit abgelehnt. 5. Abs. 2 des § 542 fand aus den Gründen der Motive S. 2166 die Billigung der Kommission. Der § 543 des Entw. lautet: „Das Vormundschaftsgericht hat den bestellten Vormund ferner zu entlassen, TE-FamR wenn derselbe aus erheblichen Gründen seine Entlassung beantragt. § 543 991
§§ 1 7 7 3 - 1 8 9 5
3. Abschnitt: Vormundschaft
Als erhebliche G r ü n d e sind insbesondere die im § 485 N ° 2 bis 8 angeführten U m s t ä n d e anzusehen, wenn sie im Laufe der Vormundschaft eintreten." | Prot I 8494
| D a z u lagen folgende Anträge vor:
Planck (Nr 313, 6)
1. von Seiten des Referenten: In dem § 543 Abs. 2 statt „ N ° 2 bis 8" zu setzen „ N ° 3 bis 8".
v. Mandry 2. im Absatz 2 die Anführung der Ziff. 2 des § 485 (§ 10 Ziff. 8 der vorl. Zusst.) zu (Nr 317, 4) streichen. D e r § 543 wurde aus den Gründen der Motive S. 2167, 2168 sachlich genehmigt jedoch mit der Abweichung, daß nach Maßgabe der Anträge unter 1 und 2 im Abs. 2 die Anführung der Ziff. 2 des § 485 des Entw. gestrichen werden soll. Man erwog, daß, wenn ein V o r m u n d von dem ihm nach der Ziff. 2 des § 485 des Entw. zustehenden Ablehnungsrechte keinen Gebrauch gemacht habe, kein Grund vorliege, ihm trotzdem das unbedingte Recht zu geben, als Vormund einer anderen V o r m u n d schaft seine Entlassung fordern zu können, die Anerkennung eines solchen Rechts auch dazu mißbraucht werden könnte, sich einer anderen unbequemen V o r m u n d schaft zu entledigen. Für besondere Fälle werde dem Bedürfnisse durch die allgemeine Bestimmung im Abs. 1 des § 543 genügt. D e r § 544 des Entw. lautet: „ D a s Vormundschaftsgericht kann den bestellten V o r m u n d entlassen: 1. wenn ein Mündel in eine der im § 477 erwähnten Anstalten aufgenommen wird, 2. wenn eine z u m V o r m u n d e bestellte Frau sich verheirathet. | Prot I 8495 In dem letzteren Falle sind vorher Verwandte und Verschwägerte des Mün- | dels nach Maßgabe des § 528 zu hören." TE-FamR §544
D a z u lagen folgende Anträge vor: Planck (Nr 313, 7)
1. von Seiten des Referenten: i n d e m § 544 Ziff. 1 zu streichen und an deren Stelle folgende Bestimmung aufzunehmen: „wenn die Entlassung des Vormundes nach Maßgabe des § 6 Abs. 3 der vorl. Zusst. für den Fall des Eintritts eines gewissen Ereignisses vorbehalten und dieses Ereigniß eingetreten ist."
Kurlbaum (Nr 312, 6)
2. § 544 dahin zu fassen: „ D a s Vormundschaftsgericht kann den Vormund entlassen, wenn die als V o r mund bestellte Frau sich verheirathet." oder „Verheirathet sich die als V o r m u n d bestellte Frau, so kann sie von dem Vormundschaftsgericht auch gegen ihren Willen entlassen werden."
Man war einverstanden, daß die Ziff. 1 des § 544 in Konsequenz der Streichung des § 477 des Entw. zu streichen sei. Der Antrag unter 1 wurde ebenfalls abgelehnt, da der Inhalt desselben sich aus § 6 Abs. 3 der vorl. Zusst. von selbst ergebe. Die Ziff. 2 des § 544 fand sachlich keinen Widerspruch. Die Fassungen des Antrags unter 2 wurden zur Prüfung bei der Redaktion verwiesen. | Prot I 8496 Abs. 2 des § 544 wurde gestrichen. Man erach-1 tete die Bestimmung im Hinblick auf die allgemeine Vorschrift des § 528 des Entw. als entbehrlich, zumal für das bürgerliche Gesetzbuch — im Gegensatze zurpreuß. V . O . , welche allerdings im § 64 eine dem Abs. 2 des § 544 entsprechende Bestimmung enthalte — in Folge der Anerkennung der elterlichen Gewalt der Mutter der Hauptfall, wenn eine zum V o r m u n d e ihrer minderjährigen ehelichen Kinder bestellte Mutter sich wieder verheirathet, nicht in Betracht komme. 992
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773—1895
Zu § 545 des Entw., dessen Wortlaut dahin geht: „Vormünder sind verpflichtet, den T o d eines Mitvormundes oder Gegenvormun- TE-FamR des, die Erben eines Vormundes den T o d ihres Erblassers dem Vormundschaftsge- § 5 4 5 richte anzuzeigen." ist in den gedruckten Abänderungsanträgen des Referenten beantragt: 1. Die Worte „dem Vormundschaftsgerichte anzuzeigen" durch die W o r t e „dem Vormundschaftsgerichte unverzüglich anzuzeigen" zu ersetzen. 2. Hinter § 545 folgende Bestimmung als § 545 a einzuschalten: „Auf die Beendigung der Vormundschaft oder des vormundschaftlichen Amtes findet in Ansehung der dem Vormunde zustehenden Rechte der § 596 des K.E. entsprechende Anwendung." Der § 545 in der Fassung des gedruckten Abänderungsantrages, sowie die in dem letzteren unter 2 als § 545 a vorgeschlagenen Bestimmung | wurden aus den Gründen | Prot I 8497 der Motive S. 2169 und der Bemerkungen zu den gedruckten Abänderungsanträgen S. 193 genehmigt. Die Beschlußfassung über die von einer Seite im Laufe der Berathung angeregte Frage, ob nicht in dem § 545 a auch der § 592 Abs. 2 K.E. f ü r entsprechend anwendbar zu erklären sei, wurde mit Rücksicht auf einen in Aussicht gestellten schriftlichen Antrag bis zur nächsten Sitzung vertagt. Der § 546 lautet: „Die Vorschriften der §§ 541 bis 545 finden auf den Gegenvormund entspre- TE-FamR chende Anwendung." § In den gedruckten Abänderungsanträgen des Referenten ist beantragt: Den Eingang dahin zu fassen: „Die Vorschriften der §§ 541 bis 545 a u.s.w. (wie im Entw.)."
Planck
Der § 546 in der Fassung des gedruckten Abänderungsantrags erfuhr keinen Widerspruch. Auch der § 547 des Entw., welcher lautet: „Der Vormund, sowie der Gegenvormund hat nach Beendigung seines Amts die TE-FamR Bestallung an das Vormundschaftsgericht zurückzugeben." § 547 wurde von keiner Seite beanstandet. 541. Sitzung vom 12. 4. 1886, Schriftführer:
Struckmann.
| Die Berathung des Entwurfs des Familienrechts Abschnitt III „das Vormundschaftsrecht" wurde fortgesetzt. Zu dem in der vorigen Sitzung im Uebrigen erledigten § 545 a der gedr. Abänderungsantr. war noch die bis zur heutigen Sitzung ausgesetzte Frage zu entscheiden, ob in dem § 545 a neben dem § 596 K. E. auch der § 592 Abs. 2 das. für entsprechend anwendbar erklärt werden solle (vgl. Prot. S. 8496, 8497). In dieser Beziehung war inzwischen folgender Antrag eingebracht: den § 545 a dahin zu beschließen: „Auf die Beendigung der Vormundschaft oder des vormundschaftlichen Amtes finden die Vorschriften des § 592 Abs. 2 und des § 596 K. E. entsprechende Anwendung." Die Mehrheit entschied sich gegen den Antrag, soweit derselbe auch den § 592 Abs. 2 K. E. f ü r entsprechend anwendbar zu erklären bezweckt. Sie war der Ansicht, daß, wenngleich zugegeben werden müsse, daß unter Umständen ein angefangenes Geschäft ohne | erhebliche Mehrheit nicht abgebrochen werden könne, es doch bedenklich sei, in Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen die Verpflichtun993
| Prot I 8499
v. Weber (Nr 318)
| Prot 1 8500
§§ 1773-1895
| Prot I 8501
TE-FamR § 548 | Prot I 8502
3. Abschnitt: Vormundschaft
gen des Vormundes über die Dauer der Vormundschaft oder seines vormundschaftlichen Amtes hinaus nach Maßgabe des § 592 Abs. 2 K. E. auszudehnen. Die Analogie der für den Auftrag gegeben Vorschrift des § 592 Abs. 2 K. E. könne nicht als zutreffend erachtet werden, da die Uebernahme der Vormundschaft nicht wie der Auftrag auf freiem Willen beruhe. Auch bei der ehelichen Verwaltung des Eheguts, auf welche nach dem § 1299 Abs. 2 der Zusst. neben dem § 596 K. E. auch der § 592 Abs. 2 das. entsprechende Anwendung finde, sei die Sachlage insofern eine andere, als einerseits die mit der ehelichen Verwaltung verbundenen Pflichten des Ehemannes durch die mit seinem Willen geschlossene Ehe begründet, andererseits auch mit erheblichen Vortheilen für den Ehemann verbunden seien, während letzteres bei der Vormundschaft nicht der Fall sei. Die Rücksicht darauf, daß das vormundschaftliche Amt ohnehin mit vielen Mühen und Opfern verbunden sei, lasse es billig erscheinen, den § 596 K. E. für entsprechend anwendbar zu erklären, damit nicht der Vormund durch seine entschuldbare Unkenntniß von der das Erlöschen der Vormundschaft oder des vormundschaftlichen Amtes bewirkenden Thatsache in Nachtheil gerathe, spreche aber umgekehrt dagegen, die Pflichten und die Verantwortlichkeit des V o r mundes durch die Anwendung des § 592 Abs. 2 K. E. ohne dringende Gründe noch zu vermehren. Dem Bedürfnisse werde aber durch die Grundsätze über die Geschäftsführung ohne Auftrag und das Institut der Abwesenheitspflegschaft in ausreichendem Maße genügt. D a ß der Vormund auch nach der Been-1 digung der Vormundschaft oder des vormundschaftlichen Amtes bis zur erfolgten Herausgabe des Vermögens auf die Erhaltung und Sicherung desselben die ihm nach § 504 des Entw. (in der beschlossenen Fassung) obliegende Sorgfalt anzuwenden verpflichtet sei, verstehe sich nach den allgemeinen Grundsätzen von selbst. Uebergegangen wurde darauf zur Berathung der §§ 548 — 557 des Entw., welche von dem Familienrathe handeln. Die auf einem Vorbeschlusse der Kommission vom 24. September 1877 beruhende Aufnahme des Instituts des Familienraths in das Vormundschaftsrecht wurde mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 1953 ff., namentliche im Hinblick auf den Vorgang der preuß. V.O., von keiner Seite bekämpft. Es kam zur Sprache, daß, wenn auch im Gebiete der preuß. V.O. die Zahl der jährlich anhängigen Vormundschaften mit Familienrath verhältnißmäßig eine erhebliche nicht sei, doch die Thatsache Berathung verdiene, daß die Anwendung des Instituts des Familienraths sich keineswegs auf das Gebiet des französischen Rechts beschränke, sondern dasselbe sich auch in den übrigen Gebieten der preuß. Monarchie, namentlich in Gegenden mit ausgedehntem Fabrikbetriebe, Eingang verschafft und man ungünstige Erfahrungen in Ansehung des hier in Rede stehenden Instituts nicht gemacht habe. Man trat sodann in die Berathung der einzelnen Bestimmungen des Entwurfs ein. Der § 548 des Entw. lautet: „Ein Familienrath ist zu bilden, wenn der Inhaber der elterlichen Gewalt nach Maßgabe der im § 479 Nr. 1 und 2 über die Berufung eines Vormundes gegebenen Vorschriften die Bildung eines Familienraths angeordnet hat. | Der Inhaber der elterlichen Gewalt kann die Bildung eines Familienraths oder dessen Fortdauer von dem Eintritte oder dem Nichteintritte eines gewissen Ereignisses abhängig machen. Die von dem Inhaber der elterlichen Gewalt angeordnete Bildung eines Familienraths unterbleibt, wenn es an der erforderlichen Anzahl geeigneter Personen zur Bildung des Familienraths fehlt, oder wenn nach dem Tode des Inhabers der elterlichen Gewalt Umstände eintreten, welche dieselbe im Interesse des Mündels als 994
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773 — 1895
offenbar nachtheilig erscheinen lassen. Das Vormundschaftsgericht hat in einem solchen Falle vor seiner Entschließung Verwandte oder Verschwägerte des Mündels nach Maßgabe des § 528 zu hören. Ein Familienrath kann gebildet werden, wenn Verwandte oder Verschwägerte des Mündels oder der Vormund oder der Gegenvormund die Bildung beantragen und das Vormundschaftsgericht dieselbe den obwaltenden Umständen nach im Interesse des Mündels für angemessen erachtet. Sie unterbleibt jedoch, wenn sie von dem Inhaber der elterlichen Gewalt nach Maßgabe der im § 483 Nr. 6 über die Ausschließung von der Vormundschaft gegebenen Vorschriften untersagt ist. Bei der gesetzlichen Vormundschaft der Eltern findet die Bildung eines Familienraths nicht statt." Dazu lagen folgende Anträge vor: 11. 1. Absatz 1. Für den Fall, daß bei der jetzigen Fassung des Abs. 1 die Bestimmung des Abs. 3, wonach bei einer nach dem Tode des Inhabers der elterlichen Gewalt eintretenden Aenderung der Verhältnisse die Bildung des Familienraths unterbleiben kann, als nothwendig erachtet werden sollte, den Abs. 1 durch folgende Vorschrift zu ersetzen: „Ein Familienrath ist zu bilden, wenn der überlebende Elterntheil als Inhaber der elterlichen Gewalt nach Maßgabe der Vorschriften des § 3 Nr. 1 und 2 und des § 4 der vorl. Zusst. die Bildung angeordnet hat." 2. Absatz 3 zu streichen. 3. Absatz 4. Statt desselben zu bestimmen: „Ein Familienrath ist zu bilden, wenn drei Personen, welche mit dem Mündel bis zum dritten Grade verwandt oder verschwägert sind, oder wenn der Vormund oder der Gegenvormund die Bildung beantragen." 4. Absatz 5 dahin zu fassen: „Die Bildung des Familienraths unterbleibt, wenn es an der erforderlichen Anzahl von geeigneten Personen zur Bildung desselben fehlt, oder wenn im Fall des Abs. 4 der Inhaber der elterlichen Gewalt (eventuell der überlebende Elterntheil als Inhaber der elterlichen Gewalt) nach Maßgabe der Vorschriften des § 8 Nr. 51 der vorl. Zusst. die Bildung eines Familienraths untersagt hat."
| Prot 1 8503 Derscheid (Nr 306)
| Prot I 8504
II. 1. Abs. 1. „Ein Familienrath soll gebildet werden, wenn der Vater oder die Kurlbaum Mutter des Mündels die Bildung desselben nach Maßgabe des § 4 (vorl. Zusst.) (Nr 316,1) angeordnet hat." 2. Abs. 2 „Die Anordnung kann für den Fall des Eintrittes eines gewissen Ereignisses gegeben, in gleicher Weise auch die Auflösung des Familienrathes angeordnet werden." 3. Abs. 3 zu streichen. 4. Abs. 5. „Ein Familienrath soll nicht gebildet werden, wenn der Vater oder die Mutter des Mündels die Bildung nach Maßgabe des § 4 (vorl. Zusst.) untersagt hat. Die Anordnungen des Vaters gehen denjenigen der Mutter vor". Der § 548 des Entw. wurde absatzweise berathen. Es wurden folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Abs. 1 wurde in der Fassung des von dem Entwürfe sachlich nicht abweichenden, an die zu § 479 Ziff. 1, 2 des | E n t w . gefaßten Beschlüsse sich anschließenden | Prot 1 8505 Antrags unter II, 1 aus den Gründen der Motive S. 1955, 2170, 2171 gebilligt, jedoch wurde der P r ü f u n g bei der Redaktion überlassen, ob es nicht den Vorzug verdiene, das W o r t „gebildet" durch „eingesetzt" zu ersetzen. Einvernehmen bestand insbeson995
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
dere, daß entsprechend dem sonstigen Sprachgebrauche des Gesetzbuchs auf „soll" abzustellen sei, um klarer zum Ausdruck zu bringen, daß es sich nur um eine von dem Vormundschaftsgerichte zu befolgende Ordnungsvorschrift handelt, deren Nichtbeachtung mithin keine Nichtigkeit der Verfügungen des Vormundschaftsgerichts zur Folge habe. Vorbehalten blieb, auf den eventuellen Antrag unter I, 1 bei der Berathung des Abs. 3 des § 548 zurückzukommen. 2. Abs. 2 des § 548 fand ebenfalls aus den Gründen der Motive S. 2172, 2173 sachlich die Zustimmung der Kommission. Anlangend die Fassung, so entschied die Mehrheit sich mit Rücksicht auf die Fassung des 5 736 K. E. und zur Vermeidung von Mißverständnissen dafür, mit dem Entwürfe auch den Fall des Nichteintritts eines gewissen Ereignisses hervorzuheben (vgl. §§ 142, 143 K. E.) und auch den Fall der Auflösung des Familienraths schon an dieser Stelle mitzuberücksichtigen (vgl. § 557 Ziff. 1 des Entw.). Im Uebrigen blieb die Fassung der Prüfung bei der Redaktion überlassen. Von einer Seite wurde namentlich folgende Fassung anheimgestellt: „Der Anordnende kann bestimmen, daß der Familienrath nur f ü r den Fall des Eintritt oder des Nichteintritts eines gewissen Ereignisses einzusetzen oder das er f ü r den • «Fall des Eintritts oder des Nichteintritts eines gewissen Ereignisses aufzulösen sei. | Prot I 8506 | Einvernehmen herrschte, daß in Folge des Beschlusses, nach welchem im Abs. 2 auch der Fall des Nichteintritts eines gewissen Ereignisses hervorgehoben werden soll, dieser Fall auch im § 6 Abs. 3 der vorl. Zusst. zu berücksichtigen sein werde. 3. Die Bestimmung im Abs. 5 des § 548, daß die von dem Inhaber der elterlichen Gewalt angeordnete Bildung eines Familienraths unterbleibt, wenn es an der erforderlichen Anzahl geeigneter Personen zur Bildung des Familienraths fehlt, wurde, Fassung und Stellung vorbehalten (vgl. einerseits den Antrag unter I 4, andererseits den unter S. 8513 zu § 549 mitgetheilten Antrag unter 2 Abs. 5), sachlich nicht beanstandet (vgl. Motive S. 2172). 4. Abgelehnt wurde dagegen in Gemäßheit der Anträge unter I, 2 und II, 3 die weitere Bestimmung im Abs. 3 des § 548, daß die von dem Inhaber der elterlichen Gewalt angeordnete Bildung eines Familienraths auch dann unterbleibt, wenn nach dem T o d e des Inhabers der elterlichen Gewalt Umstände eintreten, welche dieselbe im Interesse des Mündels als offenbar nachtheilig erscheinen lassen. Die Mehrheit erachtete die in den Motiven S. 2171, 2172 f ü r die hier in Rede stehende Bestimmung dargelegten Gründen nicht als durchschlagend, theilte namentlich nicht die Auffassung des Entwurfs, daß die Bildung des Familienraths, auch wenn es an der erforderlichen Anzahl geeigneter Personen nicht fehle, unter Umständen als eine dem Mündel offenbar nachtheilige Maßregel sich erweisen könne. Anlangend den in den Motiven hervorgehobenen Fall; wenn die Verwandten oder Verschwägerten des Mündels | Prot I 8507 nach dem T o d e des Vaters in entfernte Gegenden | verzogen seien und deshalb die Bildung des Familienraths im Hinblick auf den Anspruch der Mitglieder des Familienraths auf Ersatz der baaren Auslagen (§ 553 Abs. 2 des Entw.) mit unverhältnißmäßig hohen Kosten verbunden sein würde, so könne derselbe f ü r den Entwurf nicht geltend gemacht werden, da es in einem solchen Falle in Ermangelung anderer geeigneter Personen an geeigneten Personen zur Bildung des Familienraths fehle und die letztere aus diesem Grunde zu unterbleiben habe. Der Familienrath als obervormundschaftliches Organ sei an sich dem Vormundschaftsgerichte als gleichwertig anzusehen und zu behandeln, zumal der Vormundschaftsrichter der Vorsitzende des Familienraths sei und als solcher thatsächlich einen großen Einfluß ausübe. Es sei zu besorgen, daß, wenn man dem Entwürfe folge, die Lebensfähigkeit des ganzen 996
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§
1773—1895
Instituts untergraben und der Gedanke, auf welchem dasselbe beruhe, und der Zweck desselben vereitelt werde. Weiter komme in Betracht, daß der Vorschlag des Entwurfs gegenüber der in dieser Beziehung auf einem Kompromisse beruhenden preuß. V.O. eine Neuerung enthalte, es aber in hohem Grade mißlich sei, in einer so wichtigen Frage ohne N o t h von dem geltenden Rechte sich zu entfernen, um so mehr, als der Standpunkt der preuß. V.O. in der hier fraglichen Beziehung zu Uebelständen nicht geführt habe. T r o t z der Streichung des Abs. 3 des § 548, soweit derselbe den zweiten dort vorgesehenen Fall betrifft, hielt man es auch nicht für erforderlich, im Hinblick darauf, daß nach dem Tode des Vaters regelmäßig der überlebenden Mutter die elterliche Gewalt zusteht, | die Anordnung des Vaters daher in vielen Fällen erst | Prot 1 8508 längere Zeit nach seinem Tode praktisch werden wird, in Abweichung von dem sonst von dem Gesetzbuche befolgten Grundsatze, daß in erster Linie die Anordnungen des Vaters maßgebend sind, hier ausnahmsweise zu bestimmen, daß f ü r die Bildung des Familienraths die Anordnungen des überlebenden Elterntheils entscheiden sein solle (vgl. Motive S. 2171 und den Antrag unter I, 1), zumal Abs. 2 den § 548 dem Vater die Möglichkeit gebe, bei seiner Anordnung auch auf eine später etwa eintretende Aenderung der Umstände gebührende Rücksicht zu nehmen. 5. Nach Ablehnung der unter 4 gedachten Bestimmung verständigte man sich dahin, auch den zweiten Satz des Abs. 3 des § 548 zu streichen, da derselbe durch die Ablehnung jener Bestimmung seine Hauptbedeutung verloren habe und kein Bedürfniß vorliege, denselben mit Rücksicht auf den ersten im Abs. 3 vorgesehenen Fall, daß die Bildung des Familienraths unterbleiben solle, wenn es an der erforderlichen Anzahl geeigneter Personen zur Bildung des Familienraths fehle, beizubehalten. 6. Abs. 4 des § 548 wurde von der Mehrheit unter Ablehnung des Antrags unter I, 3 angenommen. Man hielt das Bedenken, daß der Entwurf sich in einer wichtigen, prinzipiellen Frage auch hier von der preuß. V . O . entferne, obwohl die mit dem Antrage unter I, 3 übereinstimmenden Vorschriften derselben in der hier fraglichen Hinsicht, soviel bekannt, zu Klagen keine Veranlassung gegeben hätten, und daß auch diese Abweichung von dem geltenden Rechte mehr oder weniger von der Auffassung beeinflußt sei, daß der Familienrath dem Vormundschaftsgerichte | nicht | Prot 18509 gleichwerthig zur Seite stehe, gegenüber den in den Motiven S. 1954, 1955, 2173 für den auf einem Vorbeschlusse der Kommission vom 24. September 1877 beruhenden Standpunkte des Entwurfs dargelegten Gründen nicht f ü r durchschlagend. Um klar zu stellen, daß im Falle des Abs. 4 der Antrag eines Verwandten oder Verschwägerten genüge, wurde beschlossen, statt des Plurals den Singular zu gebrauchen. Eine gesetzliche Entscheidung der Frage, ob, wenn mehrere Vormünder vorhanden sind, der Antrag auch dann von sämmtlichen Vormündern ausgehen muß, wenn die Verwaltung unter die mehreren Vormündern getheilt ist (§ 494 des Entw.), hielt man nicht f ü r erforderlich. 7. Abs. 5 des § 548 erfuhr mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 2173, 2174 keine Anfechtung. Die Fassung blieb unter Berücksichtigung der sachlich nicht abweichenden Anträge unter I, 4 und II, 4 der Prüfung bei der Redaktion überlassen. 8. Abs. 6 wurde in Konsequenz der Streichung des § 476 des Entw. nach Maßgabe des zu § 548 gestellten gedr. Abänderungsantr. des Referenten gestrichen. Die Berathung wandte sich darauf den §§ 549 und 550 des Entw. zu. Dieselben lauten: 997
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
TE-FamR § 549. „Der Familienrath wird aus dem Vormundschaftsrichter als Vorsitzenden § 549 und der nach Maßgabe des § 550 zu bestimmenden Zahl von Mitgliedern gebildet. Unfähig, Mitglieder eines Familienraths zu werden, sind: | Prot 18510 1. Personen, welche mit dem Mündel nicht verwandt oder verschwägert | sind, sofern sie nicht entweder durch den Inhaber der elterlichen Gewalt nach Maßgabe der im § 479 Nr. 1 und 2 über die Berufung eines Vormundes gegebenen Vorschriften beannt oder durch Beschluß eines bestehenden Familienraths oder in dem durch § 550 Abs. 10 bezeichneten Fall durch den Vormundschaftsrichter berufen sind; 2. Personen, welche zur Uebernahme der Vormundschaft gesetzlich unfähig oder nach Maßgabe der im § 483 Nr. 6 über die Ausschließung von der Vormundschaft gegebenen Vorschriften durch den Inhaber der elterlichen Gewalt von der Theilnahme am Familienrathe ausgeschlossen sind; 3. der Vormund und Gegenvormund des Mündels." TE-FamR § 550. „Die Zahl der Mitglieder des Familienraths soll mindestens zwei und § 550 höchstens vier betragen. Zum Eintritte in den Familienrath kann Niemand gezwungen werden. Als Mitglieder des Familienraths sind in nachstehender Reihenfolge kraft Gesetzes berufen: 1. wer durch den Vater, wer durch die Mutter nach Maßgabe der im § 479 Nr. 1 und 2 über die Berufung eines Vormundes gegebenen Vorschriften benannt ist. | Prot 18511 Auf die kraft Gesetzes berufenen Mitglieder | des Familienraths finden die Vorschriften des § 480 entsprechende Anwendung. Sind durch den Vater bezw. die Mutter mehr als vier Mitglieder ohne Bestimmung der Reihenfolge benannt, so gelten diejenigen unter ihnen, welche das Vormundschaftsgericht auswählt, als zunächst berufen. Soweit die Mitglieder des Familienraths nicht kraft Gesetzes berufenen sind oder die kraft Gesetzes Berufenen nicht eintreten, erfolgt die Berufung geeigneter Mitglieder bis zur Herstellung der Beschlußfähigkeit durch das Vormundschaftsgericht. Dasselbe hat vorher nach Maßgabe des § 528 Verwandte und Verschwägerte des Mündels zu hören. O b und welche Personen neben den kraft Gesetzes bezw. durch das Vormundschaftsgericht Berufenen innerhalb der gesetzlich zulässigen Zahl als Mitglieder des Familienraths berufen werden sollen, beschließt der Familienrath. Nach Bedürfniß kann das Vormundschaftsgericht bezw. der Familienrath ein Mitglied des Familienraths auch auf eine gewisse Zeit oder bis zum Eintritt eines gewissen Ereignisses berufen. Sind außer dem Vorsitzenden nur zwei Mitglieder vorhanden, so hat der Familienrath, soweit dies nicht durch den Inhaber der elterlichen Gewalt schon geschehen sein sollte, ein oder zwei Ersatzmitglieder zu berufen und die Reihenfolge zu bestimmen, in welcher dieselben bei etwaiger Beschlußunfähigkeit einzutreten haben. | Prot 18512 | Sind Mitglieder des Familienraths bezw. die Ersatzmitglieder vorübergehend behindert, so kann im Falle des Bedürfnisses das Vormundschaftsgericht, soweit dies zur Herstellung der Beschlußfähigkeit des Familienraths erforderlich ist, f ü r die Dauer der Behinderung andere geeignete Personen als Ersatzmitglieder berufen." Dazu lag folgender Antrag vor. 998
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
I. § 549. Kurlbaum „Der Familienrath wird aus dem Vormundschaftsrichter als Vorsitzenden und (Nr 316, 2) (mindestens zwei), höchstens vier Mitgliedern gebildet. Bei der Bildung des Familienraths finden in Ansehung der Mitglieder die Vorschriften des § 3 Abs. 1 Nr. 1, 2 der §§ 4, 5, des § 6 Abs. 1, 3 und des § 12 Abs. 1 (vorl. Zusst.) entsprechende Anwendung. Die Auswahl der Mitglieder des Familienraths durch das Vormundschaftsgericht erfolgt nur bis zur Herstellung der Beschlußfähigkeit des Familienrathes. Darüber, ob und welche Personen außerdem auszuwählen sind, beschließt der Familienrath. Sind außer pp. (wie 5 550 Abs. 9 des Entw.)." | 2. § 549a. „In Ansehung der Fähigkeit, Mitglied des Familienraths zu sein, finden | Prot 18513 die Vorschriften der §§ 8,9, 13 (vorl. Zusst.) entsprechende Anwendung. Kurlbaum Frauen sind unfähig Mitglieder des Familienraths zu sein. (Nr 316, 3) Personen, welche nicht zu den Verwandten oder Verschwägerten des Mündels gehören, sind nur dann fähig, Mitglieder des Familienraths zu sein, wenn sie von dem Vater oder der Mutter des Mündels nach Maßgabe des § 4 der vorl. Zusst. benannt oder von dem bestehenden Familienrathe ausgewählt sind. Der Vormund des Mündels kann nicht Mitglied des Familienrathes sein. Fehlt es an der erforderlichen Zahl geeigneter Personen, so unterbleibt die Bildung des Familienrathes." 3. § 550. Abs. 1. 3 —10 zu streichen (zu vergl. §§ 548, 549). Kurlbaum Die Berathung der §§ 549, 550 und des dazu gestellten Antrags führte zu folgen- (Nr 316, 4) den Ergebnissen: II. Zu § 549. |Prot 18514 1. Abs. 1 des § 549 wurde aus den Gründen der Motive S. 2175, 2176 sachlich genehmigt. Die Fassung des Antrags unter 1 Abs. 1 wurde zur Prüfung bei der Redaktion verwiesen, namentlich auch nach der Richtung hin, ob es sich empfehle, die Zahl der Mitglieder des Familienraths nach Maßgabe der demnächst zum § 550 Abs. 1 zu beschließenden Bestimmung schon im Abs. 1 des § 549 ersichtlich zu machen. Der Prüfung bei der Redaktion blieb ferner insbesondere vorbehalten, ob es nicht einfacher und richtiger sei, den Eingang dahin zu fassen „Der Familienrath besteht aus u.s.w.". 2. Ziff. 1 Abs. 2 des § 549 fand, Fassung und Stellung vorbehalten (vergl. Antrag unter 2 Abs. 3), ebenfalls aus den Gründen der Motive S. 2176, 2177 sachlich die Zustimmung der Kommission. Eine Meinungsverschiedenheit ergab sich nur darüber, ob nach Maßgabe des § 550 Abs. 10 das Vormundschaftsgericht, wenn Mitglieder des Familienraths bezw. die Ersatzmitglieder vorübergehend behindert sind, berechtigt sein soll, im Falle des Bedürfnisses, soweit dies zur Herstellung der Beschlußfähigkeit des Familienraths erforderlich ist, für die Dauer der Behinderung anderer geeigneter Personen als Ersatzmitglieder zu berufen, und daß f ü r diesen Fall auch Personen, welche nicht zu den Verwandten oder Verschwägerten des Mündels gehören, fähig sein sollen, Mitglieder des Familienraths zu sein. Die Anträge unter 2 und 3 gehen davon aus, daß die der preuß. V.O. unbekannte Bestimmung im Abs. 10 des § 550 im Hinblick auf die Vorschrift im dritten Abs. des § 552 des Entw. durch ein Bedürfniß nicht geboten | und es insbesondere bedenklich sei, dem Vormundschafts- | Prot I 8515 richter zu gestatten, in dem Falle des § 550 Abs. 10 auf solche Personen, welche nicht zu den Verwandten oder Verschwägerten des Mündels gehörten, als Ersatzmitglieder in den Familienrath zu berufen. Mit einer solchen Bestimmung verlasse man den Boden des Instituts, da in dem hier fraglichen Falle eine Beziehung des Berufenen zur 999
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3. Abschnitt: Vormundschaft
Familie des Mündels auch nicht einmal durch die Eigenschaft des Berufenden als eines Familienangehörigen vermitteln werde. Um so bedenklicher sei die Bestimmung, als mit Hülfe der von dem Vormundschaftsrichter berufenen Ersatzmitglieder durch Kooptation des Familienraths andere fremde Personen in den Familienrath als dauernde Mitglieder in denselben berufen werden könnten. Die Mehrheit war jedoch der Ansicht, daß diesen Bedenken entscheidendes Gewicht nicht beizulegen sei. Sie erachtete vielmehr die in den Motiven S. 2184, 2185 für den Vorschlag des Entwurfs angeführten Gründe praktischer Zweckmäßigkeit, namentlich den Gesichtspunkt für überwiegend, daß es dem Sinne des Instituts mehr entspreche, wenn das Gesetz thunlichst Vorsorge treffe, daß die Thätigkeit des Familienraths nicht vielleicht auf lange Zeit lahm gelegt werde und durch das Einschreiten des Vormundschaftsrichters nach Maßgabe des § 552 Abs. 3 ersetzt, bezw. in Ermangelung geeigneter Verwandten oder Verschwägerten des Mündels im Fall des gänzlichen Ausscheidens der behinderten Mitglieder der Familienrath aufgelöst werden müsse. 3. Ziff. 2 des Abs. 2 des § 549 wurde aus den Gründen der Motive S. 2178 sachlich | Prot I 8516 gebilligt, je- | doch nach Maßgabe des Antrags unter 2 Abs. 2 mit der Abweichung, daß in Uebereinstimmung mit dem § 72 Abs. 2 der preuß. V.O. Frauen allgemein unfähig sein sollen, Mitglieder des Familienrathes zu sein. Die Mehrheit war der Ansicht, daß es im Hinblick auf den Charakter des Familienrathes als einer mit Zwangsgewalt ausgestatteten Behörde nicht als angemessen erachtet werden könne und es auch die Geschäftsführung zu erschweren drohe, wenn Frauen als Mitglieder des Familienrathes zugelassen würden. Die Fähigkeit einer Frau, Vormund oder Gegenvormund zu sein, nöthige nicht dazu, ihr auch die Fähigkeit beizulegen, Mitglied eines Familienrathes zu sein, da das Amt des Vormundes oder Gegenvormundes keinen behördlichen Charakter habe. Der Entwurf gehe auch über das französische Recht erheblich hinaus, da nach dem Entwürfe nicht nur die Mutter und die Großmutter, sondern jede Frau fähig sein solle, welche der Vater oder die Mutter nach Maßgabe des § 479 Ziff. 1, 2 (§ 3 Ziff. 1, 2 und § 4 der vorl. Zusst.) als Mitglied des Familienraths berufen habe (vergl. § 549 Ziff. 2, § 483 Ziff. 5 des Entw.). In der Praxis des französischen Rechts werde zudem von der Befugniß, die Mutter oder sonstige weibliche Aszendenten in den Familienrath zu berufen, wenig oder gar kein Gebrauch gemacht. Die Fassung und Stellung der Ziff. 2 wurde der Prüfung bei der Redaktion überlassen, bei welcher insbesondere die Vorschläge des Antrags unter 2 berücksichtigt werden sollen. Von einer Seite wurde darauf hingewiesen, daß die Allegation des | Prot I 8517 § 8 der vorl. Zusst. in dem ersten Absatz des An- | trags unter 2 in dieser Allgemeinheit im Hinblick auf die Ziff. 5 des § 8 zu Mißverständnissen Anlaß geben könne und es sich jedenfalls empfehlen möchte, zur Vermeidung derselben in dem zweiten Abs. des Antrags hinter den Worten „Frauen sind" die Worte „in allen Fällen" einzuschalten. 4. Der Vorschlag des Antrags unter 2, in Ansehung der Fähigkeit, Mitglied des Familienraths zu sein, auch den § 9 der vorl. Zusst. für entsprechend anwendbar zu erklären, fand mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 2179 unter 5 nicht den Beifall der Kommission. 5. Die Bestimmung in Ziff. 3 des § 549, daß der Vormund des Mündels nicht Mitglied des Familienraths sein kann, wurde sachlich von keiner Seite bekämpft (vergl. Motive S. 2178, 2179). Dagegen wurde die weitere Bestimmung der Ziff. 3 des § 549, daß auch der Gegenvormund nicht Mitglied des Familienraths sein könnte, durch Stichentscheid des Vorsitzenden mit 5 gegen 5 Stimmen abgelehnt. Man erachtete die in den Motiven S. 2179 angeführten Gründe nicht f ü r durchschlagend, 1000
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
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um in dieser Beziehung eine Abweichung von der preuß. V.O. zu rechtfertigen, glaubte auch dem Gesichtspunkte entscheidendes Gewicht nicht beilegen zu können, daß die Zugehörigkeit des Gegenvormundes zum Familienrathe namentlich auch im Hinblick auf solche Fälle nicht als angemessen erscheine, in welchen es sich darum handele, die verweigerte Genehmigung des Gegenvormundes durch den Familienrath zu ersetzen. Da der Gegenvormund zu den Aufsichtsorganen gehöre, so sei es unbedenklich und in manchen Fällen im Interesse einer wirksamen | Handhabung des | Prot 18518 dem Familienrathe zustehenden Aufsichtsrechts umgekehrt zweckmäßig, wenn der Gegenvormund Mitglied des Familienraths sei und gewissermaßen die Stellung eines Delegirten des Familienraths einnehme. Zu beachten sei ferner, daß, wenn außer dem Vormunde auch der Gegenvormunde Mitglied des Familienraths nicht sein könne, die geeignetsten Kräfte dem Familienrathe leicht entzogen werden könnten. Die Fassung und Stellung der Ziff. 3 (vergl. Antrag unter 2 Abs. 4) blieb auch hier der P r ü f u n g bei der Redaktion vorbehalten. 6. Die Beschlußfassung darüber, ob in Ansehung der Fähigkeit, Mitglied des Familienraths zu sein, auch der § 13 der vorl. Zusst. f ü r entsprechend anwendbar erklärt werden solle (vergl. Antrag unter 2 Abs. 1), wurde bis zur Berathung des § 551 Abs. 2 des Entw. ausgesetzt. II. Z u § 550. 1. Abs. 1 des § 550 wurde mit der Modifikation angenommen, daß nach dem Vorgange der preuß. V.O. § 72 Abs. 4 das Maximum der Zahl der Mitglieder des Familienraths auf sechs erhöht werden soll. Man hielt die in den Motiven S. 2179, 2180 angeführten Gründe nicht für ausreichend, um sich von dem in den meisten deutschen Staaten, welche bisher schon das Institut des Familienraths kannten, und insonderheit dem in Preußen geltenden Rechte zu entfernen, ging vielmehr davon aus, daß es in manchen Fällen, namentlich in solchen Fällen, in welchen eine größere Anzahl gleich naher und gleich befähigter Verwandten vorhanden sei, erwünscht | sein könne, wenn mehr als vier Personen Mitglieder des Familienraths sein könnten. | Prot 18519 2. Abs. 2 des § 550 fand sachlich keinen Widerspruch (vergl. Motive S. 2180). Man war einverstanden, daß der bei Gelegenheit der Berathung des § 556 des Entw. zu prüfenden Frage, ob auch zur Fortführung des einmal übernommenen Amts ein Zwang nicht stattfinden solle, nicht vorgegriffen sein solle. 3. Auch Abs. 3 und 4 des § 550 wurden, Fassung und Stellung vorbehalten (vergl. Antrag unter 1 Abs. 2), mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 2180, 2181 sachlich nicht beanstandet. 4. Abs. 5 des § 550 wurde dagegen gestrichen. Man hielt eine gesetzliche Entscheidung dieser speziellen Frage nicht f ü r erforderlich, um so weniger, wenn ein Beschluß des Familienraths wegen Nichtbeobachtung der für die Art der Zusammensetzung des Familienraths gegebenen Vorschriften nicht solle angefochten werden können (vergl. §§ 555 Abs. 6 des Entw.; Motive S. 2197; § 4 4 des Entw. eines Gesetzes über das Verfahren in Vormundschaftssachen). V o n einer Seite wurde insbesondere hervorgehoben, daß, wenn die Reihenfolge der Berufung im Wege der Auslegung der letztwilligen Anordnung nicht zu ermitteln sei, die Bestimmungen im Abs. 6 und 7 des § 550 dahin führen würden, daß bis zur Herstellung der Beschlußfähigkeit das Vormundschaftsgericht, darüber hinaus der Familienrath die Auswahl zu treffen habe. 5. Abs. 6 wurde aus den Gründen der Motive S. 2181, 2182, Fassung und Stellung vorbehalten (vergl. Antrag unter 1 Abs. 3), sachlich genehmigt. Insbe- | sondere fand | Prot I 8520 auch der zweite Satz — entgegen dem Antrage unter 1, welcher denselben als 1001
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3. Abschnitt: Vormundschaft
entbehrlich zu streichen bezweckt, — im Anschlüsse an die preuß. V.O. § 73 Abs. 1 aus den Gründen der Motive S. 2182 die Zustimmung der Mehrheit. Nach dem Antrage unter 1 Abs. 2 (vergl. das Allegat des § 6 Abs. 1 der vorl. Zusst.) soll das Vormundschaftsgericht im Fall des Abs. 6 des § 550 vor der Auswahl der Mitglieder des Familienraths auch den Waisenrath hören. Die Mehrheit trat dem Antrage bei in der Erwägung, daß die Anhörung des Waisenraths ein angemessener W e g sei, um von dem Vorhandensein der Verwandten oder Verschwägerten des Mündels Kenntniß zu verlangen (vergl. auch § 534 Abs. 4 des Entw.). Anlangend die Fassung, so wurde von einer Seite darauf hingewiesen, daß, wenn man dem von dem Antrage unter 1 Abs. 2 vorgeschlagenen Wege der Allegation folgen wolle, zur Vermeidung von Mißverständnissen nicht der ganze erste Abs. des § 6 der vorl. Zusst., sondern nur der erste Satz des Absatzes 1 zu allegiren sein werde. 6. Abs. 8 des § 550 erfuhr, Fassung und Stellung vorbehalten (vergl. Antrag unter 1 Abs. 2 verbunden mit § 6 Abs. 3 der vorl. Zusst.) keine Anfechtung. 7. Auch Abs. 9 des § 550 wurde mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 2184 sachlich nicht bekämpft. Die Fassung und Stellung (vergl. den Antrag unter 1 Abs. 3 Satz 2) blieb der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten, bei welcher insbesondere auch erwogen werden soll, ob es nicht rathsam sei, zu verdeut| Prot 1 8521 liehen, daß die Berufung zum Ersatzmitgliede sich nicht nur auf den Fall | der Behinderung, sondern auch auf den das Ausscheidens eines Mitgliedes beziehe. 8. Abs. 10 des § 550 wurde aus den oben S. 8514 ff. unter I, 2 angeführten Gründen in Konsequenz des zu § 549 Ziff. 1 gefaßten Beschlusses, Fassung und Stellung vorbehalten, angenommen. 9. Die Beschlußfassung darüber, ob auch der § 12 Abs. 1 der vorl. Zusst. bei der Bildung des Familienraths entsprechende Anwendung finden soll (vergl. den Antrag unter 1 Abs. 2), blieb der Berathung des § 551 Abs. 1 des Entw. vorbehalten. Uebergegangen wurde darauf zur Berathung des § 551 des Entw. Derselbe lautet: TE-FaraR „Die Mitglieder des Familienraths, desgleichen die Ersatzmitglieder werden von § 551 dem Vormundschaftsgerichte durch Verpflichtung auf treue und gewissenhafte Führung ihres Amts bestellt. Die Verpflichtung erfolgt mittels Handschlags an Eidesstatt. Die Gültigkeit der Bestellung gesetzlich unfähiger Mitglieder ist nach den Vorschriften des § 488 zu beurtheilen." Kurlbaum Dazu lag im Anschlüsse an den zu den §§ 549, 550 gestellten Antrag unter 1 Abs. 1 (Nr 316,5) und unter 2 Abs. 1 (vergl. das Allegat des § 12 Abs. 1 und des § 13 der vorl. Zusst.) der Antrag vor, den § 551 zu streichen. Abs. 1 und 2 des § 551 fanden aus den Gründen der Motive S. 2185, 2186 sachlich die Zustimmung der Kommission. Das von einer Seite hervorgehobene Bedenken, es [ Prot I 8522 sei nicht nöthig und nicht | rathsam, besonders darauf hinzuweisen, daß die Bestellung eines Geschäftsunfähigen zum Mitgliede des Familienraths nichtig sei, da die Sache hier nicht anders liege, wie in dem Falle, wenn ein Geschäftsunfähiger als Richter angestellt werde, wurde von der Mehrheit nicht als erheblich erachtet. Die Fassung und Stellung der zu §551 beschlossenen Bestimmung blieb unter Berücksichtigung der bezeichneten Anträge der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten. TE-FamR § 552
Der § 552 des Entw. lautet: „Der Familienrath hat, soweit das Gesetz nicht etwas Anderes bestimmt, die Rechte und Pflichten des Vormundschaftsgerichts. Die Geschäftsleitung, sowie die Ausführung der Beschlüsse des Familienraths liegt dem Vormundschaftsrichter ob. 1002
1. Titel: Vormundschaft über Minderj ährige
§ § 1773 — 1895
Wird ein sofortiges Einschreiten erforderlich, so hat der Vormundschaftsrichter die nöthigen Anordnungen zu treffen und unverzüglich den Familienrath zu berufen, um diesen von der getroffenen Verfügung in Kenntniß zu setzen und über die weiter zu ergreifenden Maßregeln einen Beschluß herbeizuführen." Dazu lag der Antrag vor: Dem Abs. 3 folgenden Zusatz hinzuzufügen: „Die Bestellung eines Vormundes oder Gegenvormundes soll in diesem Falle nur mit Vorbehalt der Entlassung desselben für den Fall der Wahl eines anderen Vormundes oder Gegenvor- | mundes durch den Familienrath erfolgen." | Prot I 8523 Abs. 1 des § 552, welcher im Prinzipe einem Vorbeschlusse der Kommission vom 24. September 1877 entspricht und mit dem § 75 derpreuß. V.O. im Einklänge steht, wurde von keiner Seite bekämpft (vergl. Motive S. 2186, 1953 ff.). Auch Abs. 2 fand insoweit, als er bestimmt, daß die Geschäftsleitung dem Vormundschaftsrichter obliege, keine Widerspruch (vergl. Motive S. 2186). Dagegen wurden die W o r t e „sowie die Ausführung der Beschlüsse des Familienraths" theils als entbehrlich, theils als nicht völlig korrekt gestrichen, da regelmäßig der Vormund es sei, welcher die Beschlüsse des Familienraths, soweit die letzteren sich nicht gegen ihn selbst richteten, auszuführen habe. Abs. 3 des § 552 wurde, unter Ablehnung des Antrags, aus den Gründen der Motive S. 2186, 2187 im Anschluß an den § 7 8 der preuß. V.O. ebenfalls gebilligt. Den Inhalt des Antrags erachtete die Mehrheit als selbstverständlich, da die Fassung des Abs. 3, insbesondere die Bestimmung, daß der Vormundschaftsrichter die nöthigen Anordnungen zu treffen und über die weiter zu ergreifenden Maßregeln einen Beschluß des Familienraths herbeizuführen habe, mit genügender Deutlichkeit ergebe, daß der Vormundschaftsrichter, soweit dies nach Lage der Sache und nach der Art der vorzunehmenden Handlung möglich sei, nur provisorisch n ö t i g e n f a l l s rückgängig zu machende Maßregeln treffen solle. Man war einverstanden, daß der Vormundschaftsrichter in derselben Weise | auch dann zu verfahren haben werde, | Prot 1 8524 wenn ein auf Grund letztwilliger Anordnung des Vaters oder der Mutter nach Maßgabe des § 548 Abs. 1 des Entw. einzusetzender Familienrath noch nicht eingesetzt sei und ein sofortiges Einschreiten erforderlich werde, da ein solches Verfahren auch in diesem Falle dem Geiste der Bestimmungen des § 548 Abs. 1 und des § 552 Abs. 1 des Entw. und der Analogie des Abs. 3 des § 552 entspreche. Es kam noch zur Sprache, ob es nicht angemessener sein würde, die erste Bestellung des Vormundes und des Gegenvormundes auch in dem Falle, in welchem der Vater oder die Mutter die Einsetzung eines Familienraths letztwillig angeordnet habe, die letztere mithin, vorausgesetzt, daß es nicht an der erforderlichen Anzahl geeigneter Personen zur Bildung des Familienraths fehle, erfolgen solle, unbedingt in die H a n d des Vormundschaftsgerichts zu legen, insoweit also das Prinzip im ersten Abs. des § 552 zu modifiziren, um dadurch namentlich zu verhindern, daß die Verwandten und Verschwägerten des Mündels als Mitglieder des Familienraths in der Lage seien, die Last der Vormundschaft und der Gegenvormundschaft durch die Bestellung dritter Personen zum Vormunde und Gegenvormunde von sich abzuwälzen. Man hielt es jedoch für bedenklich, dem Familienrathe die wichtige Entscheidung, wer als Vormund bezw. Gegenvormund zu bestellen sei, im Widerspruch mit dem Prinzipe zu entziehen, zumal die Gefahr eines Mißbrauchs in der bezeichneten Richtung sehr fern liege und das Bedürfniß einer Aenderung des geltenden Rechts insoweit nicht hervorgetreten sei. 1003
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
| Prot I 8525 | Zu dem § 553 des Entw., dessen Wortlaut dahin geht: TE-FamR „Auf die Haftpflicht des Familienraths finden die Grundsätze über die Haftpflicht § 5 5 3 von Richterkollegien entsprechende Anwendung.
Die Mitglieder des Familienraths können Ersatz der ihnen in Veranlassung der Ausübung ihres Amtes erwachsenden baaren Auslagen aus dem Vermögen des Mündels beanspruchen. Der Vormundschaftsrichter setzt den Betrag der Auslagen fest." ist in den gedr. Abänderungsantr. des Ref. beantragt: Abs. 1 des 5 553 zu streichen. Kurlbaum (Nr 316, 6)
Außerdem lag der Antrag vor: l m Abs. 2 statt „aus dem Vermögen des Mündels" zu setzen „von dem Mündel". Abs. 1 wurde aus den Gründen der Bemerkungen zu den gedr. Abänderungsantr. S. 194 gestrichen. Der P r ü f u n g bei der Redaktion blieb jedoch vorbehalten, ob es nicht rathsam sei, die aus dem Prinzipe des Abs. 1 des § 552 des Entw. sich ergebende Konsequenz, daß die Haftpflicht der Mitglieder des Familienraths dieselbe sei, wie die des Vormundschaftsrichters, im Interesse der Deutlichkeit des Gesetzes besonders hervorzuheben. Dagegen wurde Abs. 2 in der Fassung des dazu gestellten Antrags aus den Gründen der Motive S. 2189, 2190 und nach Analogie des § 528 Abs. 2 und 3 des Entwurfs von der MehrheiOangenommen (vergl. Prot. S. 8386, 8387).
| Prot I 8526 | Der § 554 des Entw. lautet: TE-FamR „Der Familienrath wird durch den Vormundschaftsrichter auf den Antrag zweier § 554 Mitglieder, des Vormundes oder Gegenvormundes oder von Amtswegen zusammen-
berufen. Der Antrag soll den Gegenstand der Berathung bezeichnen. Alle Mitglieder, welche nicht nach Maßgabe des § 555 Abs. 3 von der Theilnahme an der Beschlußfassung über die zur Berathung stehenden Gegenstände ausgeschlossen sind, sind mündlich oder schriftlich unter Bezeichnung der Berathungsgegenstände durch den Vormundschaftsrichter einzuladen. An die Stelle behinderter Mitglieder erfolgt, soweit dies zur Herstellung der Beschlußfähigkeit des Familienraths erforderlich ist, die Ladung der Ersatzmitglieder. Mitglieder des Familienraths, welche auf ergangene Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleiben oder die rechtzeitige Anzeige ihrer Behinderung unterlassen oder welche sich ohne Erlaubniß vorzeitig wieder entfernen oder der Theilnahme an der Beschlußfassung enthalten, sind durch den Vormundschaftsrichter in die dadurch veranlaßten Kosten zu verurtheilen. Außerdem kann der Vormundschaftsrichter gegen dieselben eine Ordnungstrafe bis zu hundert Mark verhängen. | Prot I8527 Erfolgt nachträglich genügende Entschuldigung, so sind die erlassenen Ver- | fügungen zurückzunehmen." Derscheid (Nr 314)
Dazu lag der Antrag vor: 1. Absatz 2 zu streichen. 2. Absatz 2 Satz 1 Die W o r t e „unter Bezeichnung der Berathungsgegenstände" zu streichen. 3. Absatz 4 Den Eingang zu fassen: „Mitglieder des Familienraths, welche ohne genügende Entschuldigung ausbleiben oder die Theilnahme an der Beschlußfassung verweigern, sind durch den Vormundschaftsrichter u.s.w." Es wurden zum § 554 folgende Beschlüsse gefaßt: 1004
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
1. Abs. 1 wurde mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 2 1 9 0 nicht beanstandet. 2. Dagegen wurde Abs. 2 in Gemäßheit des Antrags unter 1 von der Mehrheit abgelehnt. Man hielt eine formelle Vorschrift der Art durch ein Bedürfniß nicht für geboten, da man in der Praxis bisher ohne eine solche Bestimmung ausgekommen sei, überdies hingesehen auf solche Fälle für bedenklich, in welchen, ohne daß es um die Berathung spezieller Gegenstände handele, der Wunsch bestehe und das Bedürfniß sich fühlbar mache, dann und wann zusammenzukommen und sich über die vormundschaftlichen Angelegenheiten überhaupt zu besprechen. 3. Abs. 3 S a t z 1 wurde unter Streichung der | W o r t e , „welche . . . sind", sowie der | Prot 18528 W o r t e „unter Bezeichnung der Berathungsgegenstände" in Anlehnung an § 77 Abs. 2 der preuß. V . O . angenommen. Man hielt die erstgedachten W o r t e für entbehrlich, da der Inhalt derselben insoweit, als die betreffenden Mitglieder nach Maßgabe des § 555 Abs. 3 von der Theilnahme an der Beschlußfassung ausgeschlossen seien, selbstverständlich, insoweit aber, als noch Gegenstände anderer Art zur Berathung gelangen sollten, unrichtig sei. Die Streichung der W o r t e „unter Bezeichnung der Berathungsgegenstände" erfolgte auf Grund Mehrheitsbeschlusses aus ähnlichen Gründen, wie diejenigen, welche zur Ablehnung des Abs. 2 geführt haben. Den Einwand, daß man die Mitglieder des Familienraths nicht zwingen könne, an der Beschlußfassung Theil zu nehmen, wenn ihnen nicht vorher von den Beratungsgegenständen Kenntniß gegeben sei, erachtete man nicht als erheblich, da bei dieser Voraussetzung je nach den Umständen ein genügender Grund, sich der Theilnahme an der Beschlußfassung zu enthalten und Vertagung zu beantragen, vorliegen würde. D e r zweite Satz des Abs. 3 wurde, weil derselbe selbstverständlich sei und sich zur Aufnahme in das Gesetzbuch nicht eigene, gestrichen. 4. Abs. 4 des § 554 fand aus den Gründen der Motive S. 2192 und im Hinblick auf die Bestimmung im Abs. 2 des § 553 des Entw. sachlich keinen Widerspruch. Dagegen wurden die W o r t e „auf ergangene Ladung", sowie die W o r t e „oder welche sich ohne Erlaubniß vorzeitig wieder entfernen" als entbehrlich bezw., weil durch | die | Prot I 8529 W o r t e „oder der Theilnahme an der Beschlußfassung sich enthalten" gedeckt, gestrichen. U m zu verdeutlichen, daß die W o r t e „ohne genügende Entschuldigung" sich auch auf die W o r t e „oder der Theilnahme an der Beschlußfassung sich enthalten" beziehen, verständigte man sich dahin, hinter den Worten „ohne genügende Entschuldigung" das W o r t „entweder" einzuschalten. 5. Abs. 5 wurde sachlich nicht beanstandet. D e r Prüfung bei der Redaktion blieb vorbehalten, ob nicht Abs. 5 an den Abs. 4 anzuschließen sei, da derselbe sich nur auf den letzteren beziehe. 542. Sitzung vom 14. 4. 1886, Schriftführer:
Struckmann.
| Die Berathung des Entwurfs des Familienrechts Abschnitt III „das Vormundschaftsrecht" wurde fortgesetzt.
| Prot 18531
D e r § 555 des Entw. lautet: „Der Familienrath ist nur bei Anwesenheit des Vormundschaftsrichters und min- TE-FamR destens zweier Mitglieder beschlußfähig. § 555 Eine Stellvertretung durch Bevollmächtigte ist unzulässig. Mitglieder des Familienraths, deren Interesse mit dem des Mündels in erheblichem Widerstreite steht, sind insoweit von der Theilnahme an der Beschlußfassung ausgeschlossen. U e b e r die Ausschließung entscheidet der Vormundschaftsrichter. 1005
§§ 1773—1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
Der Familienrath faßt seine Beschlüsse nach der Mehrheit der Stimmen der Anwesenden. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vormundschaftsrichters den Ausschlag. Die Beschlüsse des Familienraths müssen, um nach außen hin rechtliche Wirk| Prot I 8532 samkeit zu haben, schriftlich abgefaßt und mit der Unterschrift des | Vormundschaftsrichters versehen sein. Beschlüsse des Familienraths, welche in vorgedachter Form abgefaßt sind, können nur nach Maßgabe der Bestimmungen des Gesetzes über das Verfahren mittels der Beschwerde wider das Gericht angefochten werden." Kurlbaum (Nr 316, 7)
Dazu lag folgender Antrag vor: 1. Abs. 2 zu streichen. 2. Abs. 6 im Anschluß an Abs. 5 zu fassen: „Die in dieser Form abgefaßten Beschlüsse gelten mit Vorbehalt des zulässigen Rechtsmittels als Beschlüsse des Familienraths." Es wurden zu § 555 des Entw. folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Abs. 1 fand mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 2192 keinen Widerspruch. 2. Auch die Bestimmung im Absatz 2 des § 555 wurde aus den Gründen der Motive S. 2193 sachlich allseitig gebilligt. Eine Meinungsverschiedenheit ergab sich nur darüber, ob es sich empfehle, dieselbe im Gesetze besonders auszusprechen. Der Antrag unter 1 geht davon aus, daß die Bestimmung im Hinblick auf die persönliche N a t u r des hier fraglichen Amts und den Charakter des Familienraths als einer Behörde selbstverständlich und deshalb entbehrlich, die Unterdrückung derselben auch umsomehr angezeigt sei, als das Gesetz auch darüber keine besondere Bestimmung enthalte, inwieweit der Vormund sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen könne. Die Mehrheit erachtete es jedoch, namentlich mit Rücksicht auf die Verschiedenheit des geltenden Rechts in dem hier fraglichen Punkte, zur Vermeidung von Zweifeln als rathsamer, die Unzulässigkeit der Vertretung ausdrücklich | Prot I 8533 auszu- | sprechen und entschied sich deshalb f ü r die Annahme des Absatz 2. 3. Absatz 3 wurde mit Rücksicht auf die Ausführungen in den Motiven S. 2193 nicht beanstandet. 4. Auch Absatz 4 fand aus den Gründen der Motive S. 2194 (vergl. dazu die Motive zu dem Entwürfe eines Gesetzes über das Verfahren in Vormundschaftssachen S. 66) die Zustimmung der Kommission. Eine Verdeutlichung der Bestimmung in der Richtung, daß die absolute Mehrheit entscheidend sei (vergl. § 198 des G.V.G.; § 864 der C.P.O.), hielt man nicht f ü r erforderlich, da sich dies aus der Fassung des Abs. 4 „nach der Mehrheit der Stimmen der Anwesenden" in Ermangelung einer entsprechenden Bestimmung mit genügender Klarheit ergebe und auch an anderen Stellen des Gesetzbuchs eine solche Verdeutlichung nicht als nöthig erachtet sei (vergl. § 48 Abs. 2, § 758 Abs. 3 K.E.). 5. Abs. 5 und der im Laufe der Berathung gestellte Antrag, den Absatz 5 dahin zu fassen: „Ein Schluß des Familienraths soll schriftlich abgefaßt und von dem Vormundschaftsrichter unterschrieben werden." wurden von der Mehrheit abgelehnt. Man war der Ansicht, daß es bedenklich sei, in Ansehung des Familienraths besondere Vorschriften über die Form der von dem Familienrath ausgehenden Verfügungen zu geben, namentlich die Gültigkeit der letzteren mit dem Entwürfe unbedingt von der schriftlichen Form abhängig zu machen, auch wenn die Verfügung des Vormundschaftsgerichts an eine solche Form nicht gebunden sein sollte. Da das Gesetzbuch Bestimmungen über die Form der 1006
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§ § 1773 — 1895
Verfügungen des Vormundschaftsgerichts nicht aufgenommen habe, so verdiene es den Vorzug, auch in Ansehung der Form der von dem Familienrathe ausgehenden Verfü-1 gungen zu schweigen und es bei den aus dem Prinzipe des § 552 Abs. 2 des | Prot I 8534 Entw. sich ergebenden Konsequenzen bewenden zu lassen, zumal, wenn man in dieser Beziehung f ü r den Familienrath besondere Bestimmungen gebe, daraus ein unrichtiges argumentum e contrario in Ansehung der Verfügungen des Vormundschaftsgerichts entnommen werden könnte. Für den Fall, daß ein Gesetz über das Verfahren in Vormundschaftssachen zur Berathung gelangen würde und in demselben auch Bestimmungen über die Form der Verfügungen des Vormundschaftsgerichts Aufnahme finden würden (vergl. §§ 32 ff. des Entwurfs eines Gesetzes in Vormundschaftssachen nebst Motiven S. 72 ff.), bleibe es vorbehalten, darauf zurückzukommen, ob es nöthig oder angemessen sein, in dieser Hinsicht für die Beschlüsse des Familienraths besondere reichsgesetzliche Bestimmungen zu geben. 6. Auch Absatz 6 des § 555 und der im Laufe der Berathung gestellte Antrag, den Absatz 6, Redaktion vorbehalten, dahin zu fassen: „Eine von dem Vormundschaftsrichter als Beschluß des Familienraths ausgefertigte und unterschriebene Verfügung gilt mit Vorbehalt der Anfechtung durch die zulässigen Rechtsmittel als Beschluß des Familienraths." wurden von der Mehrheit abgelehnt. Man ging davon aus, daß eine positive Bestimmung der Art durch die in den Motiven S. 2197 dafür angeführten Gründe praktischer Zweckmäßigkeit nicht gerechtfertigt und namentlich im Interesse der Verkehrssicherheit durch ein Bedürfniß nicht geboten sei, da die Fälle, in welchen eine von dem Vormundschaftsrichter als Beschluß des Familienraths ausgefertigte und unterschriebene Verfügung in Wirklichkeit nicht auf einem Beschlüsse des | Familienraths oder nicht auf einem gültig zu Stande gekommenen Beschlüsse des | Prot I 8535 letzteren beruhe, selten sein würden und zudem derjenige, welcher sich darauf berufe, gegenüber dem amtlichen Zeugnisse des Vormundschaftsrichters den Gegenbeweis führen müsse. Sollte aber einmal ein derartiger Fall wirklich vorkommen und der Beweis geführt werden können, so sei es in hohem Grade bedenklich, in Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen das materielle Recht, insbesondere des Mündels, unter der Rücksicht auf die Sicherheit des Verkehrs leiden zu lassen. Das Bedenkliche der vorgeschlagenen Bestimmung trete namentlich in solchen Fällen hervor, in welchen die Wirkung der Verfügung, z. B. der Genehmigung zu einem Rechtsgeschäfte, im Wege der Beschwerde, wenn dieselbe in solchen Fällen nicht ex tunc wirke, nicht mehr rückgängig gemacht werden könne (vergl. § 54 Abs. 2, § 55 des Entwurfs eines Gesetzes über das Verfahren in Vormundschaftssachen nebst Motiven S. 127 ff.). Es verdiene deshalb den Vorzug, in Ansehung der Frage, wann ein gültiger Beschluß des Familienraths vorliege, es lediglich bei den allgemeinen Grundsätzen bewenden zu lassen, sofern nicht etwa in einem Gesetze über das Verfahren in Vormundschaftssachen in dieser Richtung besondere Vorschriften getroffen werden sollten (vergl. § 39 des Entwurfes eines Gesetzes über das Verfahren in Vormundschaftssachen nebst Motiven S. 85). Einvernehmen bestand, daß, wenn es sich nicht um eine als Beschluß des Familienraths sich kundgebende Verfügung, sondern um eine solche Verfügung des Vormundschaftsrichters handele, welche derselbe in selbständiger Kompetenz erlasse, die Gültigkeit derselben nicht aus dem Grunde angefochten werden könne, weil zu einem Einschreiten des Vormundschaftsrichters ohne | die Mitwirkung der | Prot I 8536 Mitglieder des Familienraths nach Maßgabe des § 552 Abs. 3 des Entw. keine Veranlassung vorgelegen habe (vergl. Motive zu dem Entwurf des Familienrechts S. 2187; 1007
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3. Abschnitt: Vormundschaft
Motive zu dem Entwurf eines Gesetzes über das V e r f a h r e n in V o r m u n d s c h a f t s sachen S. 85 ff.). TE-FamR § 556
D e r § 556 des Entw. lautet: „Das Amt eines Mitgliedes des Familienraths h ö r t auf: 1. durch den T o d desselben, 2. durch den Eintritt der Geschäftsunfähigkeit desselben, 3. durch Entlassung. Das Beschwerdegericht hat ein Mitglied des Familienraths zu entlassen: 1. w e n n durch pflichtwidriges Verhalten desselben das Interesse des Mündels g e f ä h r d e t wird, 2. w e n n ein gesetzlicher Unfähigkeitsgrund eintritt oder hervortritt, 3. w e n n dasselbe aus erheblichen G r ü n d e n seine Entlassung beantragt, 4. w e n n der Zeitpunkt oder das Ereigniß eintritt, bis zu welchem die Bestellung desselben nach § 550 Abs. 4 und 8 erfolgt war. Auf die B e r u f u n g eines an die Stelle eines ausgeschiedenen Mitgliedes eintretenden neuen Mitgliedes finden die Vorschriften des § 550 entsprechende Anwendung." In den gedruckten Abänderungsanträgen des Referenten ist beantragt: Die N r . 1 des § 556 dahin zu fassen:
„1. d u r c h den T o d o d e r die Todeserklärung desselben;" | Prot I 8537 | A u ß e r d e m lag der A n t r a g vor, den § 5 5 6 dahin zu fassen: Kurlbaum „In Ansehung der Beendigung des Amtes eines Mitgliedes des Familienraths (Nr 316, 8) finden die Vorschriften des §§ 541, 542 entsprechende Anwendung. Gegen den Willen eines Mitgliedes erfolgt dessen Entlassung n u r durch das dem Vormundschaftsgerichte im Instanzenzuge vorgesetzte Gericht." Absatz 1 und 2 des § 556 wurden aus den G r ü n d e n S. 2197, 2198 unter Berücksichtigung der zu den §§ 541, 542 des Entw. gefaßten Beschlüsse (Prot. S. 8489 ff.) in der Fassung des Antrags, jedoch mit der Modifikation angenommen, daß neben dem § 541 des Entw. (§ 70 der vorl. Zusst.) der § 542 Abs. 1 Ziff. 1, 2 des Entw. (§ 71 Abs. 1 Ziff. 1, 2 der vorl. Zusst.) und außerdem, entsprechend dem Abs. 2 Ziff. 3 des § 556 der § 543 Abs. 1 (§ 72 Abs. 1 der vorl. Zusst.) in dem ersten Absätze des Antrages allegirt werden sollen. Man überzeugte sich, daß, nachdem der Antrag, auch den § 9 der vorl. Zusst. in Ansehung der Fähigkeit, Mitglied des Familienraths I Prot 1 8538 zu | sein, f ü r entsprechend anwendbar zu erklären (vergl. den Antrag unter 2 Abs. 1 zu 549, 550 des Entw.; Prot. S. 8513) abgelehnt sei (Prot. S. 8517), die Ziff. 3 des § 542, sowie der Abs. 2 des § 542 nicht in Betracht komme, auch die Ziff. 4 des § 542 f ü r den Familienrath gegenstandslos sei, da nach dem zu § 549 Ziff. 2 gefaßten Beschlüsse Frauen in allen Fällen unfähig seien, Mitglied eines Familienraths zu sein (Prot. S. 8516). Anlangend aber die Ziff. 4 des § 5 5 6 Abs. 2, so sei dieselbe im Hinblick auf die a n g e n o m m e n e Bestimmung im § 550 Abs. 8 aus denselben G r ü n d e n entbehrlich, wie diejenigen, welche zu der Streichung des § 542 Ziff. 5 bezw. des zu demselben gestellten Antrags unter I, 2 g e f ü h r t hätten (vergl. Prot. S. 8520, 8493). D a s Allegat des § 543 Abs. 1 (§ 556 Abs. 2 Ziff. 3) hielt man f ü r räthlich, weil sonst der Zweifel entstehen w ü r d e , ob das Gericht ein Mitglied des Familienraths auf A n t r a g aus erheblichen G r ü n d e n überhaupt entlassen dürfe. Absatz 2 des Antrags, welcher von dem E n t w ü r f e insofern abweicht, als er f ü r den Fall, daß das betreffende Mitglied mit seiner Entlassung aus einem der im Absatz 2 des § 556 a n g e f ü h r t e n G r ü n d e sich einverstanden erklärt, dem Vormundschaftsrichter das Recht, die Entlassung zu verfügen, beilegt, fand keinen Widerspruch. 1008
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773—1895
Einvernehmen bestand ferner, daß Absatz 3 des § 556, weil selbstverständlich, entbehrlich und deshalb zu streichen sei. Der § 557 des Entw. lautet: „Der Familienrath hört auf, wenn der Mündel der gesetzlichen Vormundschaft TE-FamR eines Elterntheils unterworfen wird. § 557 Der Familienrath ist aufzulösen: 1. wenn das Ereigniß eingetreten ist, bis zu | dessen Eintritt die Bildung des | Prot 1 8539 Familienraths erfolgt war, sofern nicht der Vormundschaftsrichter nach Maßgabe der im § 548 Abs. 4 gegebenen Vorschriften die Fortdauer beschließt, 2. wenn es an der erforderlichen Anzahl von geeigneten Personen zur Beschlußfähigkeit des Familienraths fehlt. Der Familienrath kann aufgelöst werden, wenn nach der Bildung desselben Umstände eintreten, welche die Fortdauer desselben im Interesse des Mündels als offenbar nachtheilig erscheinen lassen. Ueber die Auflösung des Familienraths entscheidet in den im zweiten Absätze gedachten Fällen der Vormundschaftsrichter, in dem im dritten Absätze gedachten Falle auf Antrag des Familienraths das Beschwerdegericht. Von der Auflösung des Familienraths sind die bisherigen Mitglieder, der Vormund und der Gegenvormund durch das Vormundschaftsgericht in Kenntniß zu setzen. Dem Vormunde und dem Gegenvormunde ist eine neue Bestallung zu ertheilen, die frühere aber zurückzunehmen. Nach erfolgter Auflösung des Familienraths ist die Vormundschaft nach den Vorschriften dieses Abschnitts, Titel 1 Nr. I bis VI zu behandeln." In den gedruckten Abänderungsanträgen des Referenten ist beantragt: den Absatz 1 zu streichen. Außerdem lagen folgende Anträge vor: 1. 1. Abs. 2 Nr. 1 zu fassen: Kurlbaum „wenn das Ereigniß eingetreten ist, für dessen Eintritt die Auflösung von dem (Nr 316, 7) Vater oder der Mutter des Mündels angeordnet ist." | 2. Abs. 3, 4, 7 zu streichen. | Prot I 8540 II. 1. Abs. 2 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: Derscheid „Ist das Ereigniß eingetreten, bis zu dessen Eintritt die Bildung des Familienraths (Nr 314) erfolgt war, oder fehlt es an der erforderlichen Anzahl von geeigneten Personen zur Beschlußfähigkeit des Familienraths, so ist der Familienrath durch den Vormundschaftsrichter aufzulösen." 2. Abs. 3 und 4 zu streichen. Die Berathung des § 557 und der dazu gestellten Anträge führte zu folgenden Ergebnissen: 1. Absatz 1 des § 557 wurde, weil in Folge der Streichung des § 476 des Entw. gegenstandslos geworden, gestrichen. 2. Absatz 2 fand, Redaktion vorbehalten, in der Fassung der Anträge unter I, 1 und II, 1 die Zustimmung der Kommission. Insbesondere erfuhren die Anträge insoweit, als sie die Schlußworte im Abs. 2 Ziff. 1 des § 557 „sofern nicht . . . beschließt" zu streichen bezwecken, keinen Widerspruch. Man überzeugte sich, daß, sofern nicht die letztwillige Anordnung des Vaters oder der Mutter, daß der Familienrath mit dem Eintritte oder dem Nichteintritte eines gewissen Ereignisses aufgelöst werden solle, als ein Verbot der Einsetzung eines neuen Familienraths (§ 548 Abs. 5 des Entw.) auszulegen sei, der Vormundschaftsrichter nach Maßgabe des 1009
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
§ 548 Abs. 4 des Entw. selbstverständlich die Bildung eines neuen Familienraths beschließen könne, daß es aber namentlich im Hinblick auf solche Fälle, in welchen | Prot 18541 der Vater oder die Mutter Personen, wel-1 che nicht zu den Verwandten oder Verschwägerten des Mündels gehörten, als Mitglieder des Familienraths berufen habe (§ 549, Ziff. 1 des Entw.), bedenklich sein würde, dem Vormundschaftsrichter das Recht beizulegen, unter den Voraussetzungen des § 548 Abs. 4 des Entw. die Fortdauer des alten Familienraths zu beschließen. Der Prüfung bei der Redaktion bleibt insbesondere vorbehalten, ob es nicht vorzuziehen sei, statt von „Auflösung" von „Aufhebung des Familienraths" zu reden. 3. Absatz 3 des § 557 wurde, in Gemäßheit der Anträge unter I, 2 und II, 2 in Konsequenz der Gründe gestrichen, welche zur Ablehnung der Bestimmung im § 548 Abs. 3 des Entw. geführt haben, daß die von dem Inhaber der elterlichen Gewalt angeordnete Bildung eines Familienraths unterbleiben solle, wenn nach dem T o d e des Anordnenden Umstände einträten, welche dieselbe im Interesse des Mündels als offenbar nachtheilig erscheinen ließen, ebenso Abs. 4 des § 557, soweit derselbe sich auf den Abs. 3 bezieht. Man war einverstanden, daß die weiter im Abs. 4 enthaltene Bestimmung, daß in den Fällen des Abs. 2 der Vormundschaftsrichter über die Auflösung des Familienraths zu entscheiden habe, mit dem Abs. 2 zu verbinden sein werde (vergl. den Antrag unter II, 1). 4. Abs. 5 und 6 wurden nicht beanstandet. Andererseits war man einverstanden, daß Abs. 7, weil selbstverständlich, zu streichen sei.
Fassung der Regelung in der RedVorl: a) RedVorl. von Pape: Erster Titel. Vormundschaft über Minderjährige. 1. Anordnung der Vormundschaft. § 1 (§475). Ein Minderjähriger erhält einen Vormund, wenn er nicht unter elterlicher Gewalt steht oder wenn die letztere auf die elterliche Nutznießung beschränkt ist. (N.B. 1. Zu vergleichen § 28 Abs. 2 K.E. 2. Wenn die elterliche Gewalt ruht, so ist sie während der betreffenden Zeit auf die elterliche Nutznießung beschränkt, so daß der fragliche Fall gedeckt erscheint. Will man ganz genau reden, so müßte es heißen: „oder wenn die letztere in Folge Anordnung des Vormundschaftsgerichts auf die elterliche Nutznießung beschränkt ist oder wenn sie ruht und nicht in Gemäßheit der Bestimmungen des § 1520 auf die Mutter übergegangen ist." Die einschlagenden Bestimmungen sind die §§ 1510 (letzter Satz), 1518, 1519, 1520. Die Genauigkeit führte zu einer Disparität mit § 28 K.E.) N.B. Note für die Zusammenstellung bezw. f ü r den Entwurf: In das Einführungsgesetz wird die Bestimmung aufgenommen werden: „Die Landesgesetze können bestimmen, daß der Vorstand einer unter Verwaltung des Staats oder einer Gemeindebehörde stehenden Verpflegungsanstalt, in welcher ein Minderjähriger aufgenommen ist, die Pflichten und Rechte eines V o r mundes dieses Minderjährigen bis zu dessen Volljährigkeit hat, unbeschadet der Befugniß des Vormundschaftsgerichts zur Bestellung eines besonderen Vormundes." 1010
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
7. Die Anmerkung zu § 1597 erhält folgenden Zusatz: „daß ferner in dem Falle einer solchen kraft des Gesetzes stattfindenden Bevormundung durch den Anstaltsvorstand ein Gegenvormund nicht zu bestellen und dem Anstaltsvormunde die Befreiungen zustehen, welche nach den Vorschriften des § 1652 angeordnet werden können." §2 (§478). Die Vormundschaft wird von dem Vormundschaftsgerichte von Amtswegen angeordnet. § 3 (§ 479). Als Vormünder sind in nachstehender Reihenfolge berufen: 1. wer von dem Vater des Mündels (nach Maßgabe der Bestimmungen des § 4) als Vormund benannt ist; 2. wer von der Mutter des Mündels (nach Maßgabe jener Bestimmungen) als Vormund benannt ist; 3. der Großvater des Mündels väterlicher Seits; 4. der Großvater des Mündels mütterlicher Seits. Die unter N r . 3 und 4 bezeichneten (leiblichen) Großväter sind jedoch als Vormünder nicht berufen, wenn der zu bevormundende Enkel oder dessen Vater oder Mutter von einem Dritten an Kindesstatt angenommen ist und in den letzteren Fällen die Wirkungen der Annahme auf den Enkel sich erstreckt haben. 13 Ist einer Ehefrau ein Vormund zu bestellen, so darf vor den unter Nr. 1 bis 4 bezeichneten Personen der Ehemann, ist einem unehelichen Kinde ein Vormund zu bestellen, so darf vor dem mütterlichen Großvater die Mutter zum Vormund bestellt werden. (N.B. 1. Im Eingang „kraft des Gesetzes" hinzuzufügen wird nicht nöthig sein. Die Worte sind etwas störend wegen des tutor denominatus. 2. Unter „Enkel" sind nach dem Sprachgebrauch auch die Enkelinnen begriffen; das W o r t „Enkelkind" ist doppelsinnig; 3. Der letzte Satz wird nicht zum § 5 gehören, denn er enthält eine Ausnahme von dem ersten Satze; bei „Großvater" ist nur hinzuzudenken „leibliche"; 4. Ziff. 1 und 2 werden die eingeklammerten Worte wegen des unmittelbar folgenden § 4 entbehrlich sein.) § 4. Die Benennung des Vormundes durch den Vater oder die Mutter des Mündels kann nur durch letztwillige Verfügung erfolgen. Zu ihrer Wirksamkeit ist erforderlich, daß zur Zeit des Todes desjenigen, welcher die Verfügung getroffen hat, diesem die elterliche Gewalt über den Mündel zustand oder bei der Voraussetzung der bereits erfolgten Geburt desselben zugestanden haben würde, auch die elterliche Gewalt des Benennenden nicht auf die elterliche Nutznießung beschränkt war und derselbe weder die Sorge f ü r die Person noch die Sorge für das Vermögen des Mündels verloren hatte. (N.B. Indem der § 4 eine letztwillige Verfügung erfordert, entscheidet er einmal über die Form, die im Erbr. Entw. näher bestimmt ist, bringt aber zugleich zum Ausdruck, daß der Inhalt einer solchen letztwilligen Verfügung von dem Gesetze, obschon sie eine einseitige ist, als wirksam anerkannt wird und daß sie auch in Beziehung auf Widerruflichkeit den allgemeinen Regeln über letztwillige Verfügungen unterliegt. Sollte es nöthig sein, am Schluß den Satz anzuschließen? „Im Uebrigen finden auf die Benennung die Vorschriften über die letztwilligen Verfügungen Anwendung.") 13
Späterer Zusatz: „es sei denn, daß der Annehmende der .Ehegatte des Vaters oder der Mutter des Angenommenen war." 1011
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
§ 5 (§ 480). W e r in Gemäßheit der Vorschriften des § 3 als Vormund berufen ist, darf ohne seine Zustimmung nicht übergangen werden, es sei denn, daß er nach dem Gesetze (gesetzlich) unfähig ist (Vormund zu sein), oder daß er die Vormundschaft zu übernehmen verhindert oder aus seiner Bestellung zum Vormund eine erhebliche Gefährdung des Interesses des Mündels zu besorgen ist. W a r der Berufene nur vorübergehend verhindert, so kann er nach Beseitigung der Verhinderung verlangen, daß er an Stelle des bisherigen Vormundes zum Vormunde bestellt werde. Neben dem Berufenen darf ohne dessen Zustimmung ein Mitvormund nicht bestellt werden. § 6 (§481). Ist die Vormundschaft nicht einer Person zu übertragen, welche in Gemäßheit der Vorschriften des § 3 als Vormund berufen ist, so hat das Vormundschaftsgericht nach Anhörung des Waisenraths 1 4 eine nach den Umständen des Falls geeignete Person als Vormund auszuwählen. Bei der Auswahl sind Verwandte oder Verschwägerte des Mündels zunächst zu berücksichtigen. In der Regel soll f ü r den Mündel und, wenn mehrere Geschwister zu bevormunden sind, f ü r alle Mündel nur Ein Vormund bestellt werden. Bei der Bestellung des Vormundes kann dessen Entlassung für den Fall des Eintritts 15 eines gewissen Ereignisses vorbehalten werden. § 7 (§ 482). Jeder Inländer ist verpflichtet, die Vormundschaft, zu welcher er von dem Vormundschaftsgerichte in Gemäßheit der Bestimmungen des § 6 ausgewählt ist, zu übernehmen, es sei denn, daß er nach dem Gesetze (gesetzlich) unfähig (ist) (Vormund zu sein), oder zur Ablehnung berechtigt ist. Im Falle der Verletzung dieser Verpflichtung hat er dem Mündel Schadensersatz zu leisten. Er kann von dem Vormundschaftsgerichte durch Ordnungsstrafen bis zum Betrage von je Dreihundert Mark zur Uebernahme der Vormundschaft angehalten werden. Mehrere Strafen sind nur in Zwischenräumen von mindestens einer Woche zu verhängen; ist dreimal eine Strafe ohne Erfolg verhängt, so ist eine andere Person als Vormund auszuwählen. § 8 (§ 483). Unfähig, Vormund zu sein, sind: 1. Geschäftsunfähige und in der Geschäftsfähigkeit Beschränkte; 2. Gemeinschuldner während der Dauer des Konkursverfahrens; 3. Frauen mit Ausnahme der Mutter und Großmutter des Mündels sowie 15 a derjenigen, welche nach den Bestimmungen des § 3 zur Vormundschaft berufen sind, und mit der Beschränkung (oder Ausnahme), daß eine Ehefrau, welche mit einem Anderen als dem Vater des Mündels verheirathet ist, nur mit Zustimmung ihres Ehemannes zum Vormunde bestellt werden kann; 4. wer der bürgerlichen Ehrenrechte verlustig erklärt ist nach Maßgabe der Bestimmungen des Strafgesetzbuchs; 5. wer durch eine letztwillige Verfügung des Vaters oder der Mutter nach Maßgabe der Bestimmungen des § 4 von der Vormundschaft ausgeschlossen ist; der in Gemäßheit der Vorschriften der §§ 3 und 4 von dem Vater als Vormund Benannte kann jedoch durch eine letztwillige Verfügung der Mutter von der Vormundschaft nicht ausgeschlossen werden. (N.B. Eingang zu vergl. Str. G.B. § 34).
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Später in: „Gemeindewaisenraths" geändert.
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Später wurde noch hinzugefügt: „oder Nichteintritts". 15 a Später wurde noch hinzugefügt: „mit Ausnahme". 1012
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773 — 1895
§9 (§484). Beamte und Religionsdiener, welche nach den Landesgesetzen eine besondere Erlaubniß zu der Uebernahme einer Vormundschaft nöthig haben, dürfen nicht ohne die vorgeschriebene Erlaubniß zu Vormündern bestellt werden. (N.B. Zuvergl.S 1215.) § 9 wurde später dahin geändert: „Bedarf ein Beamter oder Religionsdiener nach den Landesgesetzen einer besonderen Erlaubniß zu der Uebernahme einer Vormundschaft, so darf er nicht ohne die vorgeschriebene Erlaubniß zum Vormund bestellt werden." § 10 (§ 485). Die Uebernahme einer Vormundschaft können ablehnen: 1. Frauen; 2. wer das sechszigste Lebensjahr zurückgelegt hat; 3. wer fünf oder mehrere minderjährige nicht von einem Anderen an Kindesstatt angenommene eheliche Kinder hat; 4. wer an einer Krankheit oder an einem Gebrechen leidet, durch welche er verhindert wird, die Vormundschaft ordnungsmäßig zu führen; 5. wer nicht in dem Bezirke des Vormundschaftsgerichts seinen Wohnsitz hat; 6. wer in Gemäßheit der Bestimmungen des § . .. (533) zur Sicherheitsleistung angehalten wird; 7. wer mit einem Andern zur gemeinschaftlichen Führung der Vormundschaft bestellt werden soll; 8. wer bereits mehr als eine Vormundschaft oder Pflegschaft führt; die Vormundschaft oder Pflegschaft über mehrere Geschwister gilt nur als Eine, die Führung einer Gegenvormundschaft kommt nicht in Betracht. §11 (§486). Das Ablehnungsrecht geht verloren, wenn es nicht bei dem Vormundschaftsgericht vor der Verpflichtung geltend gemacht wird. Ist die Ablehnung von dem Vormundschaftsgerichte für unbegründet erklärt, so hat der Ablehnende die Vormundschaft ungeachtet der gegen die Verfügung des Vormundschaftsgerichts zulässigen Rechtsmittel vorläufig zu übernehmen. § 12 (§487). Der Vormund wird von dem Vormundschaftsgerichte durch Verpflichtung auf (zur) treue(n) und gewissenhafte(n) Führung der Vormundschaft bestellt. Die Verpflichtung erfolgt mittels Handschlags an Eidesstatt. Der Vormund erhält eine Bestallung, aus welcher der Namen des Mündels, der Namen des Vormundes, des Gegenvormundes und der Mitvormünder so wie die Art der etwaigen Theilung der (Führung der) Vormundschaft ersichtlich sein sollen. Ist ein Familienrath bestellt (gebildet), 16 so ist auch dies in der Bestallung anzugeben. (N.B. 1. Die zum § 1 für das Einführungsgesetz vorgeschlagene Bestimmung ist so weit gefaßt, daß die Landesgesetzgebung zugleich befugt ist, zu bestimmen, daß der Vorsteher der Anstalt weder verpflichtet wird, noch eine Bestallung erhält. 2. O b es am Schluß „gebildet" oder „bestellt" heißen müsse, wird von der Fassung der zum § 548 zu beschließenden Vorschrift abhängen.) § 13 (§ 488). Wird ein Geschäftsunfähiger zum Vormund bestellt, so ist die Bestellung nichtig. Ein anderer der im § 8 bezeichneten Unfähigkeitsgründe sowie der Mangel der in Gemäßheit der Bestimmung des § 9 erforderlichen Erlaubniß ist auf die Gültigkeit der Bestellung ohne Einfluß; der Bestellte hat die Vormundschaft so lange zu führen, bis er entlassen ist.
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Später geändert in: „eingesetzt". 1013
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
§ 14 (§489). N e b e n dem V o r m u n d e kann ein Gegenvormund bestellt werden. Ein Gegenvormund soll bestellt werden, w e n n mit der V o r m u n d s c h a f t eine V e r mögensverwaltung verbunden ist, es sei denn, daß die Verwaltung eine nicht erhebliche ist (von nur geringer Erheblichkeit ist). W i r d die V o r m u n d s c h a f t von mehreren V o r m ü n d e r n nicht gemeinschaftlich (nach Geschäftszweigen getrennt) geführt, so kann der eine V o r m u n d z u m Gegenv o r m u n d e des andern bestellt werden. Auf die Berufung und Bestellung des Gegenvormundes finden die f ü r die Beruf u n g und Bestellung des Vormundes geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung. (N.B. Z u m Absatz 3. N a c h § 494 wird die Fassung richtig sein: „wird die — nicht gemeinschaftlich geführt".) Spätere Ä n d e r u n g : Im § 14 Absatz 2 werden am Schluß die aus Versehen ausgefallenen W o r t e eingeschaltet: „oder daß die V o r m u n d s c h a f t von mehreren V o r m ü n dern gemeinschaftlich g e f ü h r t wird." — ferner ist Absatz 2 f ü r „Geschäftszweigen" in Rücksicht auf die §§ 1503 und 1504 zu setzen „Wirkungskreisen" s. § 19. II. Pflichten und Rechte des Vormundes. 1. Allgemeine
Bestimmungen.
§ 15 (§ 490). D e r V o r m u n d hat die Pflicht und das Recht, f ü r die Person und das V e r m ö g e n des Mündels zu sorgen. Pflicht und Recht beginnen mit der Bestellung. (N.B. Die Fassung m u ß der des $ 1466 unter N o . 1 sich anschließen.) § 16 (§ 491). D e r V o r m u n d ist der gesetzliche Vertreter des Mündels. (N.B. Es ist davon ausgegangen, nach §§ 37, 44, 64 K.E. in V e r b i n d u n g mit § 50 der Civilprozeßordnung sei klar, daß unter „gesetzlicher Vertreter" im Gegensatze zu „gewillkürter V e r t r e t e r " die Person zu verstehen sei, deren Vertretungsmacht auf d e m Gesetze beruhe und auf den gesammten Rechtsverkehr sich beziehe, wenn nicht aus einem Zusätze oder aus dem Inhalte der einschlagenden Vorschrift sich eine Beschränkung ergebe, d a ß auch die dem gesetzlichen Vertreter zustehende V e r t r e tungsmacht das Recht in sich schließe, zu Rechtshandlungen des Vertretenen Einwilligung u n d Genehmigung zu ertheilen, wie zudem aus § 64 K.E. erhelle. Zu vergl. noch Wortregister sub voce „Vertreter".) §17 (§493). Die Pflicht und das Recht des V o r m u n d e s , f ü r die Person und das V e r m ö g e n des Mündels zu sorgen, sowie die Vertretungsmacht des V o r m u n d e s erstrecken sich nicht auf solche Angelegenheiten des Mündels, f ü r welche eine Pflegschaft besteht (bestellt ist). (N.B. Das Wichtigste ist, daß die Sorge und damit die Verantwortlichkeit zessiren. D i e Frage ist: von welcher Zeit an? D a § 498 abgelehnt ist, wird der Zeitpunkt der Einleitung der Pflegschaft maßgebend und sub fine „besteht" oder „bestellt ist" richtig sein.) § 18 (§ 493). Die Vertretungsmacht des V o r m u n d e s ist ausgeschlossen: 1. bei Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten zwischen dem V o r m u n d selbst oder seinem Ehegatten o d e r einem seiner V e r w a n d t e n in gerader Linie einerseits und dem Mündel andererseits, 1 7 mit Ausnahme solcher Rechtsgeschäfte, durch welche nur eine Verbindlichkeit erfüllt wird; 2. bei Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Mündel und einer anderen von dem V o r m u n d e vertretenen P e r s o n ; 17
Später geändert in: „anderseits".
1014
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
3. bei Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten, welche die Uebertragung oder Belastung einer dem Mündel gegen dem Vormund zustehenden durch Pfand oder Bürgschaft gesicherten Forderung oder die Aufhebung oder Minderung dieser Sicherheit oder die Begründung der Verpflichtung des Mündels zu einer solchen Uebertragung oder Belastung, Aufhebung oder Minderung zum Gegenstande haben; 4. in Angelegenheiten, f ü r welche das Vormundschaftsgericht dem Vormunde die Vertretungsmacht deshalb entzogen hat, weil das Interesse des Mündels dem Interesse des Vormundes oder einer anderen von dem Vormunde vertretenen oder einer mit diesem in gerader Linie verwandten Person oder dessen Ehefrau entgegensteht. (N.B. 1. Eingang „Vertretungsmacht" wird der richtige Ausdruck sein; zu vergl. insbesondere K.E. §§ 44,116,124,125. 2. Eingang. Die Beseitigung des Worts „behindert" wird nöthigen, das W o r t auch im § 1205 Abs. 2 zu beseitigen und im Einklänge mit § 45 des K.E. zu ersetzen durch „nicht berechtigt". Im § 1298 Abs. 2 wird das W o r t „behindert" bleiben können. 3. Eingang. Fehlt die Vertretungsmacht, so ist auch die Macht, Einwilligung und Genehmigung zu ertheilen, ausgeschlossen, weil diese letztere Macht nach §§ 64 und ff. K.E. nur eine Folge der Vertretungsmacht ist. 4. Zu Nr. 1. Die Ausnahme bezieht sich auf Verbindlichkeiten sowohl des Mündels als des Vormundes; zu vergl. ferner § 45 K.E. wegen des Worts „zwischen". 5. Zu Nr. 4. Die Entziehung ist nur in dem unterstellten Falle zulässig und wirksam; dies erhellt aus der Fassung. Die Vorschrift wird in den Fällen bedeutungsvoll, in welchen das Vormundschaftsgericht zur Einleitung einer Pflegschaft keinen Anlaß findet; ob und inwiefern der V o r m u n d verpflichtet ist, den Kollisionsfall zur Anzeige zu bringen, beurtheilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen über seine Sorgepflicht und Verantwortlichkeit.) § 19 (§ 494). Mehrere Vormünder führen die Vormundschaft gemeinschaftlich. Im Falle der Verschiedenheit der Meinungen entscheidet das Vormundschaftsgericht, sofern bei der Bestellung der Vormünder nicht ein Anderes bestimmt ist. Das Vormundschaftsgericht kann anordnen, daß die Vormundschaft von mehreren Vormündern nach bestimmten Wirkungskreisen getheilt geführt werde. Im Falle einer solchen Theilung wird die Vormundschaft von jedem Vormunde für den ihm überwiesenen Wirkungskreis selbständig geführt. H a t der Vater oder die Mutter mehrere Vormünder benannt, so sind die von dem Benennenden über die Theilung der (Führung der) Vormundschaft und über die Entscheidung im Falle einer Meinungsverschiedenheit getroffenen Anordnungen zu befolgen. Es kann jedoch mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts von den Anordnungen abgewichen werden, wenn und soweit aus der Befolgung der Anordnungen eine erhebliche Gefährdung des Interesses des Mündels zu besorgen ist. (N.B. 1. Man kann zweifeln, ob nicht der letzte Absatz ähnlich wie die Bestimmung des § 8 N r . 4 zu den §§ 3 und 4 über das Denominationsrecht gehöre, auf welches er sich offenbar bezieht. Indessen wird er auch in seiner jetzigen Stellung und nach seiner Fassung genügend ergeben, daß die Bestimmungen des § 4 auf die fraglichen Anordnungen anwendbar sind. Das W o r t „erhebliche" ist beschlossen; es fehlt beschlußmäßig im § 25. 2. zu vergleichen wegen „Wirkungskreis" § 1503 i.f.) § 20 (§ 495). Der Gegenvormund hat darauf zu achten, daß der Vormund bei der ihm obliegenden Führung der Vormundschaft pflichtmäßig handelt (verfährt); er hat Pflichtwidrigkeiten des Vormundes und alle Fälle, in welchen das Vormundschafts1015
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
gericht zu einem Einschreiten berufen ist, insbesondere (sowie) den T o d des V o r mundes oder eine eintretende Unfähigkeit desselben dem Yormundschaftsgerichte unverzüglich anzuzeigen. Der Gegenvormund hat außerdem bei der Führung der Vormundschaft in den durch das Gesetz (besonders) bezeichneten Fällen mitzuwirken. (N.B. Zu vergl. § 1516.) 2. Sorge für die Person. §21 (§496). Durch die Pflicht und das Recht des Vormundes, für die Person des Kindes zu sorgen, werden die der Mutter in Ansehung dieser Sorge zustehenden Rechte nicht berührt. § 22 (§ 496). Auf die Pflicht und das Recht des Vormundes, f ü r die Person des Kindes zu sorgen, finden die Vorschriften der §§ 1468, 1471, 147218 entsprechende Anwendung. § 23 ( i 497). In welchem religiösen Bekenntniß der Mündel zu erziehen ist, bestimmt sich nach den Landesgesetzen. (N.B. Zu vergl. § 1474 (1472)) Note: „Es bleibt vorbehalten, den Paragraphen in das Einführungsgesetz zu übernehmen." 3. Sorge für das Vermögen. §24 (§499). Der Vormund hat von dem gesammten Vermögen des Mündels, sowohl demjenigen, welches bei der Anordnung der Vormundschaft vorhanden ist, als demjenigen, welches dem Mündel später zugefallen ist, ein genaues und vollständiges Verzeichniß unter Zuziehung des etwa vorhandenen Gegenvormundes aufzunehmen und dem Vormundschaftsgerichte unter der von ihm und dem Gegenvormunde abzugebenden pflichtmäßigen Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit einzureichen. Der Vormund kann sich bei der Aufnahme des Verzeichnisses der Hülfe eines öffentlichen Beamten bedienen. § 25 (§ 321, § 493). Sind über die Verwaltung der dem Mündel durch Erbschaft, Pflichttheil oder Vermächtniß zugefallenen Vermögensgegenstände von dem Erblasser durch letztwillige Verfügung Anordnungen getroffen, so ist der Vormund verpflichtet, diese Anordnungen zu befolgen. Es kann jedoch mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts von den Anordnungen abgewichen werden, wenn und soweit aus der Befolgung derselben eine Gefährdung des Interesses (des Vermögens) des Mündels zu besorgen ist. Die Vorschriften des ersten Absatzes finden entsprechende Anwendung, wenn ein Dritter dem Mündel einen Vermögensgegenstand durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zugewendet und bei der Zuwendung Anordnungen über die Verwaltung desselben getroffen hat. Zu einer Abweichung von diesen Anordnungen ist jedoch, so lange der Dritte lebt, dessen Zustimmung erforderlich und genügend. § 26 (§ 500). Der V o r m u n d darf eine Schenkung für den Mündel nicht vornehmen. Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf Schenkungen, welche durch eine sittliche Pflicht oder die auf den Anstand zu nehmende Rücksicht gerechtfertigt werden. (N.B. Zu vergl. § 1325.) 18
Später geändert in: §§ 1468, 1469, 1473.
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1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773—1895
§ 27 (§ 501). Gelder, welche nicht erforderlich sind, um die laufenden und andere durch die Vermögensverwaltung begründeten Ausgaben zu bestreiten, soll der Vormund zinsbar anlegen und die Anlegung, wenn ein Gegenvormund bestellt worden ist, mit dessen Einverständniß bewirken. Die Anlegung des Geldes soll nur erfolgen: 1. in sicheren Hypotheken oder Grundschulden an inländischen Grundstücken; 2. in Schuldverschreibungen des Reichs oder eines deutschen Bundesstaats; 3. in Schuldverschreibungen, deren Verzinsung von dem Reiche oder einem deutschen Bundesstaate garantirt (gewährleistet) ist; 4. in Schuldverschreibungen, welche von inländischen Gemeinden und (oder) anderen Kommunalverbänden (von kommunalen Körperschaften) oder von den Kreditanstalten solcher Verbände (Körperschaften) ausgestellt und entweder von Seiten der Inhaber kündbar sind oder einer regelmäßigen Amortisation (Tilgung) unterliegen; 5. bei einer inländischen öffentlichen und obrigkeitlich bestätigten Sparkasse; 6. in Werthpapieren, in Ansehung deren durch Beschluß des Bundesraths bestimmt ist, daß Mündelgelder in denselben angelegt werden dürfen. Eine Hypothek oder eine Grundschuld ist nur dann als sicher anzusehen, wenn sie bei einem landw i r t s c h a f t l i c h e n Grundstücke innerhalb der ersten Zweidrittel des Werths, bei einem anderen Grundstücke innerhalb der ersten Hälfte des Werths des Grundstückes zu stehen kommt (für welche bei einem landwirtschaftlichen Grundstücke Zweidrittel, bei einem anderen Grundstücke die Hälfte des Werths des Grundstückes als Sicherheit bleibt (sich ergiebt)). Die Landesgesetze können (für die innerhalb ihres Geltungsbereichs belegenen Grundstücke) die Grundsätze bestimmen, nach welchen der Werth derselben festzustellen ist. (N.B. 1. Abs. 2 Z. 2 u. 3; zu vergl. Reichs-Invalidengesetz 15.6. 1873 (R.G.B. S. 117$ 2). 2. Abs. 2 Z. 4; zu vergl. Einführungsgesetz zur C.P.O. § 15 Nr. 4; fraglich bleibt, ob nicht die eingeklammerte Fassung besser sei. 3. Abs. 3. Die Fassung „innerhalb der Werths zu stehen kommt" findet sich im § 29 der preuß. Vorm.O. Ihre Korrektheit ist anfechtbar. 4. Sollten in der Schlußbestimmung die eingeklammerten Worte sich nicht von selbst verstehen? 5. Die deutschen Worte „gewährleistet" für „garantirt" und „Tilgung" f ü r „Amortisation" möchten den Vorzug verdienen.) § 28 (§ 501). Können die im ersten Absätze des § 27 bezeichneten Gelder nach den obwaltenden Umständen nicht in der im § 27 bestimmten Weise angelegt werden, so sind sie von dem Vormunde, ohne daß es des Einverständnisses des Gegenvormundes bedarf, zu belegen bei der Reichsbank oder bei einer inländischen Staatsbank oder bei einer inländischen öffentlichen und obrigkeitlich bestätigten Sparkasse. Die Belegung kann auch erfolgen bei einer anderen inländischen Bank, sofern diese durch die Gesetze des Bundesstaates, in welchem sie ihren Sitz hat, dazu für geeignet erklärt ist, oder bei einer öffentlichen Hinterlegungsstelle, sofern dieser die Annahme solcher Gelder landesgesetzlich gestattet ist. (N.B. 1. Beschlußgemäß soll der § 28 nur solche Gelder treffen, welche an sich zur festen Anlegung geeignet sind, deren feste Anlegung aber aus diesem oder jenem Grunde auf Hindernisse stößt. Der Vormund soll alsdann verpflichtet sein, solche Gelder vorläufig, wenn auch zinslos bei gewissen Geldinstituten unterzubringen. Gelder, die zu laufenden Ausgaben nöthig sind, kann der Vormund behalten. 1017
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
2. Das W o r t „belegen" ist in diesem Paragraphen gebraucht, weil von sachkundiger Seite behauptet ist, es drücke im Gegensatze zu „anlegen" besser aus, daß ein dauernder Zustand nicht bezweckt werde. 3. Die Schlußbestimmung erklärt sich daraus, daß landesgesetzlich die öffentlichen Hinterlegungsstellen zur Annahme von Mündelgeldern mitunter nicht befugt sind.) Die §§27 und 28 wurden später durch folgende drei §§ ersetzt: § 27 (§501). Gelder, welche nicht erforderlich sind, um die laufenden und andere durch die Vermögensverwaltung begründete Ausgaben zu bestreiten, soll der Vormund zinsbar (gegen Zinsen) anlegen. Die Anlegung der Gelder soll nur erfolgen: 1. in sicheren Hypotheken oder Grundschulden an inländischen Grundstücken; 2. in Schuldverschreibungen des Reichs oder eines Deutschen Bundesstaats; 3. in Schuldverschreibungen, deren Verzinsung von dem Reiche oder einem Deutschen Bundesstaate garantirt (gewährleistet) ist; 4. in Schuldverschreibungen, welche von inländischen Gemeinden und (oder) anderen Kommunalverbänden (von kommunalen Körperschaften) oder von den Kreditanstalten solcher Verbände (Körperschaften) ausgestellt und entweder von Seiten der Inhaber kündbar sind oder einer regelmäßigen Amortisation (Tilgung) unterliegen; 5. bei einer inländischen öffentlichen und obrigkeitlich bestätigten Sparkasse; 6. in sonstigen Werthpapieren, in Ansehung deren durch Beschluß des Bundesraths bestimmt ist, daß Mündelgelder in denselben angelegt werden dürfen. Der V o r m u n d soll die Anlegung mit Ausnahme der unter N ° 5 bezeichneten Anlegung bei einer Sparkasse, nur mit Genehmigung des Gegenvormundes, wenn ein solcher bestellt worden ist, bewirken. Das Einverständniß (die Zustimmung) 1 9 des Gegenvormundes wird durch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ersetzt. Die Anlegung bei einer Sparkasse soll in der Art bewirkt werden, daß eine Erhebung nur mit Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts erfolgen kann. Eine Hypothek oder eine Grundschuld ist nur dann als sicher anzusehen, wenn sie bei einem landwirthschaftlichen Grundstücke innerhalb der ersten Zweidrittel des Werths, bei einem anderen Grundstücke innerhalb der ersten Hälfte des Werths des Grundstücks zu stehen kommt (für welche bei einem landwirthschaftlichen Grundstücke Zweidrittel, bei einem anderen Grundstücke die Hälfte des Werths des Grundstücks als Sicherheit bleibt (sich ergiebt)). Die Landesgesetze können (für die innerhalb ihres Geltungsbereichs belegenen Grundstücke) die Grundsätze bestimmen, nach welchen der Werth derselben (der Grundstücke) festzustellen ist. (N.B. 1. Zu vergl. die früheren Notizen. 2. Es ist für selbstverständlich erachtet, daß stets im Namen des Mündels angelegt werden muß, zumal in der Anlegung auf den N a m e n des Vormundes eine widerrechtliche Verwendung der Mündelgelder liegen würde. Bei Anlegung in Inhaberpapieren ist nun freilich eine Anlegung auf den Namen des Mündels in vollem Sinne des Worths nicht möglich. Anlangend die Schuldverschreibung unter N° 2, 3, 4, so können diese auf Namen oder auf Inhaber lauten; im ersteren Falle sind die Verschreibungen auf den N a m e n des Mündels zu stellen, was im zweiten Falle von selbst ausgeschlossen ist, ohne daß die Anlegung unstatthaft wäre. Eine Verdeutlichung ist 19
Später geändert in: „Genehmigung". Der folgende Satz ist später weggelassen worden.
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1. Titel . Vormundschaft über Minderjährige
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nicht f ü r nöthig und für genügend erachtet, unter N° 6 bei „Werthpapieren" einzuschalten „sonstige". 3. Was bedeutet „öffentliche" sc. Sparkasse unter N° 5?) § 28 (§ 501). Können die im ersten Absätze des § 27 bezeichneten Gelder nicht in der im § 27 bestimmten Weise angelegt werden, so sind sie vom Vormunde, ohne daß es der Genehmigung des Gegenvormundes bedarf, zu belegen bei der Reichsbank oder bei einer inländischen Staatsbank, oder bei einer anderen inländischen Bank, sofern diese durch die Gesetze des Bundesstaats, in welchem sie ihren Sitz hat, dazu für geeignet erklärt ist, oder bei einer öffentlichen Hinterlegungsstelle, sofern dieser die Annahme solcher Gelder landesgesetzlich gestattet ist. Die Belegung soll in der Weise bewirkt werden, daß eine Erhebung nur mit Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts erfolgen kann. 20 . (N.B. Zu vergl. die früheren Notizen.) § 28a.11 Gelder, welche wegen Unentbehrlichkeit zur Bestreitung der laufenden und andern Ausgaben zur dauernden Anlegung nicht geeignet sind, kann der Vormund in der Weise belegen, daß zu einer Erhebung die Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts nicht erforderlich ist. In Ansehung der Auswahl des Dritten, bei welchem die Belegung bewirkt wird, ist der Vormund nur insofern verantwortlich, als er die Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters nicht angewendet hat. (N.B. Zu beachten ist, daß der Vormund nicht auf eigenen Namen anlegen darf. Die Beschränkung ist wichtig f ü r den Fall einer Insolvenz des Vormunds. Den Gläubigern des Vormundes darf nicht die Möglichkeit gewährt werden, die Gelder in Anspruch zu nehmen.) 3. Hinter § 28 wird ein neuer Paragraph als 28a eingeschaltet, folgenden Inhalts: „Ist in Gemäßheit der Vorschriften der §§ 27 und 28 von dem Vormunde eine Anlegung bewirkt und diese mit der Bestimmung erfolgt, daß zu einer Einziehung die Genehmigung des Gegenvormundes oder Vormundschaftsgerichtes erforderlich sei, so finden in Ansehung eines Rechtsgeschäftes, durch welches die Forderung eingezogen oder sonst veräußert oder belastet oder die Verpflichtung zu einer solchen Veräußerung oder Belastung begründet wird, die Vorschriften der §§ 38 und 45 (entsprechende) Anwendung. Der Vormund soll eine unter die Bestimmungen des § 28 fallende Anlegung und eine Anlegung bei einer Sparkasse nach Maßgabe der Vorschrift des § 27 Abs. 2 N r . 5 nur unter der im ersten Absätze bezeichneten Bestimmung bewirken." 4. Der bisherige § 28 a erhält die Bezeichnung § 28 b . (N.B. zum neuen § 28 b . 1. Das W o r t „sonst" am Schluß des ersten Absatzes wird bleiben müssen. Aber wird nicht das in Parenthese stehende W o r t „entsprechende" zu streichen sein? 2. der § 28 a würde wegen des § 38, welcher auf alle Ansprüche oder Aktiva sich bezieht, entbehrlich sein, wenn nicht zu beachten wäre, daß der § 38 eine Ausnahme wegen der Aktiva bis zu 300 Mark enthält. Wird dies erkannt werden? Sollte es sich nicht empfehlen, im ersten Satze im Nachsatze hinter „finden" einzuschalten „auch wenn der angelegte Betrag Dreihundert Mark nicht übersteigt"?)
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Dieser Abs. ist später gestrichen worden. Später § 28 b (vgl. im Anschluß an die vorliegende Bestimmung).
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3. Abschnitt: Vormundschaft
§29 (§501). Das Vormundschaftsgericht kann dem Vormunde aus besonderen Gründen eine andere als die in den §§ 27 und 28 bestimmte Anlegung der Gelder gestatten. §30 (§502). Der Vormund darf Vermögensgegenstände des Mündels nicht in eigenem Nutzen verwenden. (N.B. Zu vergi. K.E. §§ 586, 612.) 4. Gegenseitige Verbindlichkeitendes
Vormundes und des Mündels.
§31 (§504). Der Vormund sowie der Gegenvormund haftet (wegen Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtungen) für die Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters. Sind Mehrere verantwortlich, so haften sie als Gemeinschuldner. Ist der Gegenvormund für den von dem Vormunde oder ein Mitvormund f ü r den von einem Mitvormunde zugefügten Schaden (nur) wegen Verletzung der Aufsichtspflicht verantwortlich, so gilt im Verhältniß der beiden Verpflichteten zu einander^ unbeschadet der Vorschrift des § 336, derjenige, welcher den Schaden zugefügt hat, als allein verpflichtet. (N.B. 1. Abs. 1. H a f t e n „wegen u.s.w." zu vergi. K.E. §§ 222, 439, 543, 990, 1160. 2. Abs. 2 „Verantwortlich" zu vergi. K.E. §§ 704, 707, 724, 728, 729, 730. 3. Abs. 3. Zu vergi. K.E. § 335, aber auch SS 704,705,707.) § 32 (§ 505). Verzögert (versäumt oder verzögert) der Vormund die ihm nach den Bestimmungen des § 27 obliegende Anlegung von Geldern des Mündels, so muß er den anzulegenden Betrag (vom Zeitpunkte der Verzögerung an) verzinsen; verwendet er einen Vermögensgegenstand des Mündels in eigenem Nutzen, so muß er den Werth, welchen der Gegenstand zur Zeit der Verwendung hatte, von diesem Zeitpunkt an verzinsen. Der Anspruch des Mündels auf Ersatz eines weitergehenden Schadens bleibt unberührt. (N.B. 1. zum ersten Theil der ersten Absatzes : a) „Verzögert" deckt auch den Fall der Versäumung. Wird „versäumt und verzögert" nebeneinandergestellt, so bedeutet „versäumt" den Fall der „Nichtanlegung", dagegen „verzögert" den Fall der nur verspäteten Anlegung. Soll nur der Zeitpunkt des Beginnes der Verzinsung bestimmt werden, so paßt für beide Fälle nur der Zeitpunkt, w o die Verzögerung begann. V o n „Verzug" wird nicht zu reden sein; ein Verzug im Sinne der §§ 243 u. f. des K.E. kommt nicht in Betracht (zu vergi, insbesondere § 243 Abs. 2). Ob Verzögerung vorliege, bestimmt sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die Verantwortlichkeit des Vormundes, so daß culpa feststehen muß. b) N u r der § 27 wird anzuziehen sein, der § 28 möchte nicht passen, weil die Anlegung nach § 28 zinslos geschehen kann. Die Nichtbefolgung des § 27 kann übrigens auch einen weiteren Schaden verursachen, wenn z. B. die baare Geldsumme durch Feuersbrunst oder Diebstahl verloren geht. Hieraus rechtfertigt sich der zweite Absatz, dessen Bestimmung auf den zweiten Theil des ersten Absatzes nicht wird beschränkt werden dürfen und genügend andeutet, daß auch eine Nichtbefolgung des § 28 zum Schadensersatz verpflichten kann, ebenso wie die des § 29. 2. Zum zweiten Theile; zu vergi. K.E. § 965, 1337. — 3. Zum zweiten Absätze zu vergi. K.E. §§ 518,676.) §33 (§ 507). In Ansehung des Anspruchs des Vormundes oder Gegenvormundes auf Ersatz von Aufwendungen finden die Vorschriften der §§ 587 und 588 entspre1020
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
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1773—1895
chende Anwendung. Als Aufwendungen gelten auch solche von dem Vormunde oder Gegenvormunde geleisteten Dienste, welche dem Gewerbe oder Berufe desselben angehören. §34 (§ 508). Die Vormundschaft wird (in der Regel) unentgeltlich geführt. Das Vormundschaftsgericht kann jedoch dem Vormunde und unter besonderen Umständen auch dem Gegenvormunde ein angemessenes H o n o r a r bewilligen, sofern das Vermögen des Mündels so wie Umfang und Bedeutung der vormundschaftlichen Geschäfte eine solche Bewilligung rechtfertigen. Die Bewilligung kann von dem Vormundschaftsgerichte zu jeder Zeit für die Zukunft aufgehoben oder geändert werden. Das Vormundschaftsgericht soll vor der Bewilligung, Aenderung oder Aufhebung den Vormund und den Gegenvormund, wenn ein solcher bestellt worden ist, hören. (N.B. Zu vergl. §§ 1515, 1505.) §35 (§ 509). Der Vormund ist verpflichtet, nach Beendigung seines Amtes dem Mündel das von ihm verwaltete Vermögen herauszugeben so wie über die Verwaltung Schlußrechnung zu legen. Soweit der Vormund dem Vormundschaftsgerichte in Gemäßheit der Bestimmungen der § § . . . . eine Rechnung gelegt hat und diese von dem Vormundschaftsgerichte f ü r ordnungsmäßig erachtet ist, genügt bei der Schlußrechnung die Bezugnahme auf die frühere Rechnung. Die Schlußrechnung ist dem Gegenvormunde, wenn ein solcher bestellt worden ist, zur Prüfung vorzulegen. Der Gegenvormund hat die Schlußrechnung mit den Bemerkungen zu versehen, zu welchen die Prüfung ihm Anlaß giebt; er hat zugleich über die Führung der Gegenvormundschaft und, so weit er dazu im Stande ist, über das von dem Vormunde verwaltete Vermögen jede erforderte Auskunft zu ertheilen. Die Schlußrechnung ist dem Vormundschaftsgerichte einzureichen. 22 (N.B. Bisher ist „Rechnung legen" nicht „Rechnung ablegen" gesagt, §§ 584, 1127.) Spätere Änderungen des § 35: 1. Absatz 1 „Schlußrechnung" wird geändert in „Rechnung". 2. Absatz 2. Die Worte „und diese — genügt bei der Schlußrechnung" werden gestrichen. 3. Absatz 2. Das Allegat wird vervollständigt „§§ 54 und 55". 4. Absatz 3. a) Im Eingange wird für „Schlußrechnung" gesetzt „Die im ersten Absätze bezeichnete Rechnung" — b) Zeile 4 wird „Schlußrechnung" ersetzt durch „Rechnung". 5. Absatz 4 „Schlußrechnung" wird ersetzt durch „Rechnung". §36 (§ 511). Die von dem Gegenvormunde mit den erforderlichen Bemerkungen versehene Rechnung ist dem Vormundschaftsgerichte einzureichen. Das Vormundschaftsgericht hat die Rechnung rechnungsmäßig und sachlich zu prüfen, die Betheiligten mit Einschluß des Gegenvormundes sodann zum Zweck der Verhandlung über die Abnahme der Rechnung zu laden und soweit dabei die Rechnung zu richtig anerkannt wird, das Anerkenntniß zu beurkunden. (N.B. In diesem Paragraphen wird bei „Gegenvormunde" der Zusatz „wenn ein solcher bestellt worden ist" zu entbehren sein.)
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Dieser Absatz ist später gestrichen worden.
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§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
III. Fürsorge und Aufsicht des Vormundschaftsgerichts; Beschränkungen der Vertretungsmacht des Vormundes. (N.B. zu III. Ueberschrift. — Die Ueberschrift „Mitwirkung des Vormundschaftsgerichts" erscheint nicht ganz richtig; in allen Abschnitten ist von der Mitwirkung des Vormundschaftsgerichts die Rede. Die Disposition in dem Titel über pat. pot. kann nicht zum Vorbild dienen, gerade weil bei der Vormundschaft das Vormundschaftsgericht eine ganz andere Stellung einnimmt wie bei der elterlichen Gewalt. Der vorliegende Abschnitt handelt, näher betrachtet, von den Ausflüssen der ständigen Aufsicht des Gerichts und von den Beschränkungen der gesetzlichen Vertretungsmacht des Vormundes. Zu vergl. Ueberschrift von § 1508.) §37 (§ 514). Zu dem Antrage des Vormundes auf Entlassung des Mündels aus dem Staatsverbande ist die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich. Ein solcher Antrag gilt als eine wichtige Angelegenheit im Sinne des § 528 (F. E.). Auch soll das Vormundschaftsgericht den Mündel, sofern er das achtzehnte Lebensjahr zurückgelegt hat, vor der Entscheidung hören. (N.B. Man kann die Sätze 2 und 3 mit den §§ 528, 529 (F. E.) verbinden, viel gewonnen wird durch eine solche Verbindung nicht. Zu vergl. übrigens § 1471.) § 38 (§ 517). Der Vormund kann nur mir Genehmigung des Gegenvormundes ein Rechtsgeschäft vornehmen, durch welches ein Anspruch oder eine Hypothek oder Grundschuld veräußert oder belastet oder die Verpflichtung zu einer derartigen Veräußerung oder Belastung begründet wird. Die Genehmigung des Gegenvormundes ist (jedoch) nicht erforderlich zu der Annahme einer Leistung, wenn deren Gegenstand nicht in Geld oder in Werthpapieren besteht oder wenn der Gegenstand des Anspruchs den Betrag oder Werth von Dreihundert Mark nicht übersteigt oder wenn durch die Leistung ein zu den Nutzungen des Vermögens des Mündels gehörender oder durch die Veräußerung solcher Nutzungen begründeter Anspruch erfüllt wird. Die Genehmigung des Gegenvormundes wird durch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ersetzt. (Ist ein Gegenvormund bestellt worden, so soll das Vormundschaftsgericht seine Genehmigung nicht vor Anhörung des Gegenvormundes ertheilen.) Die Ersetzung der Genehmigung des Gegenvormundes durch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ist nicht erforderlich, wenn mehrere Vormünder die Vormundschaft gemeinschaftlich führen. (N.B. 1. Wegen des ersten Satzes zu vergl. § 1475 Z. 1, wo auch das Wort „derartig" sich findet. 2. Das Wort „Werthpapiere" hat im vorliegenden § wegen der Rechtsstellung Dritter eine erhebliche Bedeutung. Daß es auch die sog. unvollkommenen Inhaberpapiere begreife, wird kaum einem Zweifel unterliegen (zu vergl. Wortregister). Ob es auch die Hypotheken- und Grundschuldbriefe umfasse (zu vergl. § 1511), wird auf sich beruhen können, da die Frage ohne praktischen Werth ist. 3. Für die Fassung des Schlußsatzes ist von Belang, daß, wenn mehrere Tutoren gemeinschaftlich fungiren, ein Gegenvormund nicht vorhanden sein kann. Hier zeigt sich die Nichtigkeit des leitenden Prinzips, welches ist: der Vormund kann über ein Aktivum nur mit Genehmigung des Gegenvormundes verfügen; aber diese Genehmigung wird ersetzt, mag ein Gegenvormund vorhanden sein oder nicht und mag er im letzteren Falle cum jure oder contra jus fehlen, durch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. 1022
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773—1895
4. Es kann in Frage kommen, ob im Eingang auf den folgenden § hinzuweisen sei. Man wird verneinen dürfen, da der scharfe Gegensatz zwischen beiden §§ und daß in den Fällen des folgenden § die Genehmigung unerläßlich ist, genügend hervortritt. 5. Die richtige, der Logik am meisten entsprechende Disposition wäre eigentlich die, von der Beschränkung der Vertretungsmacht des Vormundes auszugehen und von diesem Standpunkte aus: zunächst alle Fälle zusammen zu stellen, in welchen jene Macht beschränkt ist, also die Fälle beider §§ zusammen zu fassen, und sodann anzuschließen, in dem einen Falle sei die Genehmigung des Gegenvormundes nöthig, in dem andern die des Vormundschaftsgerichts. Indessen übersichtlicher wird das Gesetz, wenn die beiden Gruppen getrennt behandelt werden. Bei dieser Behandlungsweise erscheint es aber um so natürlicher, den § 38 voranzustellen, weil das Erforderniß der Genehmigung des Gegenvormundes die geringere Beschränkung der Vertretungsmacht des Vormundes ergiebt. 6. Die Worte „Anspruch" und „Leistung" sind richtig, auch wenn die Obligation, wie bei der Berichtigung von Reallasten und Grundschuldzinsen fehlt. Zu vergl. SS 1025, 1026, 1028% 1114. 7. Der eingeklammerte Satz wird entbehrlich sein wegen §51.) § 39 (§ 518). Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ist erforderlich: 1. zu einem Rechtsgeschäft, durch welches ein Grundstück oder ein Recht an einem Grundstücke veräußert oder belastet oder die Verpflichtung zu einer derartigen Veräußerung oder Belastung begründet wird, es sei denn, daß der Gegenstand der Veräußerung oder Belastung eine Hypothek oder Grundschuld ist; 2. zu einem Rechtsgeschäfte durch welches ein Anspruch auf Uebertragung des Eigenthums an einem Grundstücke oder auf Begründung oder Uebertragung des Rechtes an einem Grundstücke, mit Ausnahme von Hypotheken oder Grundschulden, veräußert oder belastet oder die Verpflichtung zu einer derartigen Veräußerung oder Belastung begründet wird; 3. zu einem Rechtsgeschäfte, durch welches das Vermögen des Mündels im Ganzen oder ein Bruchtheil dieses Vermögens oder eine Erbschaft oder ein Bruchtheil der letzteren veräußert oder belastet oder die Verpflichtung zu einer solchen Veräußerung oder Belastung begründet wird; 4. zu einem Vertrage über die Auseinandersetzung in Ansehung einer Erbschaft; 5. zu einem entgeltlichen Vertrage über den Erwerb eines Grundstückes, Rechts oder Anspruchs, zu deren Veräußerung nach den Bestimmungen unter N° 1 und 2 die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich ist; 6. zu einem Mietverträge oder Pachtvertrage oder einem anderen, die Verpflichtung zu wiederkehrenden Leistungen begründenden Vertrage, sofern das Vertragsverhältniß über das einundzwanzigste Lebensjahr des Mündels hinaus fortdauern soll; 7. zu einem Pachtvertrage über ein Landgut oder mehrere zum Betriebe der Landwirthschaft verbundenen Grundstücke oder über einen gewerblichen Betrieb; 8. zu einem Vergleiche oder Schiedsverträge, es sei denn, daß der Gegenstand des Streits oder der Ungewißheit den Werth von dreihundert Mark nicht übersteigt; 9. zu der Eingehung der Verbindlichkeit aus einer Schuldverschreibung auf Inhaber oder aus einem Wechsel oder einer anderen Urkunde, welche durch Indossament übertragen werden kann; 10. zu der Aufnahme von Geld auf den Kredit des Mündels; 11. zu der Uebernahme einer fremden Verbindlichkeit; 12. zu der Ertheilung einer Prokura; 1023
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3. Abschnitt: Vormundschaft
13. zu einem Rechtsgeschäfte, durch welches die f ü r einen Anspruch des Mündels bestehende Sicherheit aufgehoben oder gemindert oder die Verpflichtung zu einer solchen Aufhebung oder Minderung begründet wird; 14. zu einem Vertrage über den Erwerb oder die Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts so wie zu der Eingehung eines Gesellschaftsverhältnisses zum Zwecke der Betreibung eines Erwerbsgeschäfts (eines solchen Geschäfts). (N.B. Zu vergl. § 1475. — Zu N° 4. Zu vergl. § 1512. Zu N ° 5. Zu vergl. §§ 488, 496, 542, 551,. - Zu N° 7. Zu vergl. § 540. - Zu N ° 8. Zu vergl. § 660, aber auch Gerichtsverfass. Ges. $ 23 N ° 1. - Zu N° 13. Zu vergl. § 18, § 3. - Zu N° 14. Zu vergl. wegen Eingehung etc. §§ 67,648 K.E.). § 40 (§ 518). Die in dem § 38 vorgeschriebene Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts und die im § 39 vorgeschriebene Genehmigung des Vormundschaftsgerichts sind nicht erforderlich zu dem Antrage, einen gemeinschaftlichen Gegenstand zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft nach Maßgabe des § 762 Absatz 2 zu verkaufen so wie zu der Veräußerung oder Belastung eines Gegenstandes im Wege einer gegen den Mündel gerichteten Zwangsvollstrekkung. (N.B. Zu vergl. § 1475 letzter Absatz.) § 41 (§ 518). D e r Vormund kann Gegenstände, zu deren Veräußerung nach den Bestimmungen der §§38 und 39 die Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts oder die Genehmigung des letzteren erforderlich ist, dem Mündel nicht zur Erfüllung der Verpflichtungen aus einem von demselben geschlossenen Vertrage oder zur freien Verfügung überlassen. (N.B. Zu vergl. § 1476.) S 42 (§ 520). Zu der Vornahme der im § 517 und § 518 unter N° 9 bis 11 bezeichneten Rechtsgeschäfte kann das Vormundschaftsgericht dem Vormunde eine allgemeine Ermächtigung ertheilen. Eine solche Ermächtigung soll jedoch nur dann ertheilt werden, wenn sie zum Zwecke der Vermögensverwaltung, insbesondere wegen des Betriebes eines Erwerbsgeschäfts, sich als erforderlich ergiebt. (N.B. Im 2. Absätze wird der Vorbehalt wegen der §§ 537, 573 F. E. entbehrlich sein; er erscheint nur störend.) § 43 (§ 522). Der Vormund soll ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts weder den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts im N a m e n des Mündels beginnen noch ein solches Geschäft des Mündels auflösen. (N.B. 1. Zu vergl. § 1479. — 2. Am Schluß wird: solches Geschäft richtig sein, damit erhelle, daß ein im N a m e n des Mündels betriebenes Geschäft in Frage stehe.) § 44 (§ 523). Ist ein Rechtsgeschäft, zu welchem die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich ist, ohne diese Genehmigung vorgenommen, so ist das einseitige Rechtsgeschäft nichtig, der Vertrag zwar gültig, die Wirksamkeit desselben aber von der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts abhängig. Die (nachträgliche?) Genehmigung des Vormundschaftsgerichts wird gegenüber dem anderen Vertragschließenden nur dadurch wirksam, daß sie demselben durch den Vormund mitgetheilt wird. Der Vertrag wird nicht wirksam, wenn der Vormund gegenüber dem anderen Vertragschließenden erklärt, daß der Vertrag unwirksam sein solle, oder wenn der Vormund dem anderen Vertragschließenden ungeachtet einer von dem letzteren an den Vormund erlassenen Aufforderung innerhalb einer 1024
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von dem Empfange derselben zu berechnenden Frist von zwei Wochen die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts nicht mittheilt. Solange der Vertrag noch wirksam werden kann, ist der andere Vertragschließende nicht berechtigt, von dem ersteren zurückzutreten. H a t der Mündel die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit erlangt, so tritt seine Genehmigung an die Stelle der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts; die Vorschriften Absatz 2, 3 und 4 finden hierbei entsprechende Anwendung. (N.B. 1. Zu vergl. § 64 Komm. Entw. — 2. Die Eigenthümlichkeit des Inhalts des zum Vorbild zu nehmenden § 64 K.E. schafft nicht geringe Schwierigkeiten. Der Vertrag soll gültig, seine Wirksamkeit aber von der fraglichen Genehmigung abhängig sein. Dabei ist der Gedanke keineswegs der: der Vertrag habe bis zu der fraglichen Genehmigung keine rechtliche Wirkung, — sondern der: die gewollte Wirksamkeit bleibe bis zu der Genehmigung in suspenso und stehe unter einer conditio juris. Hiernach möchte es aber doch richtiger sein: a) den zweiten Satz so zu fassen: „Der Vertrag wird erst dadurch wirksam, daß die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts dem anderen Vertragschließenden von dem Vormunde mitgetheilt wird." b) dem dritten Satze die Fassung zu geben: „Der Vertrag ist unwirksam, wenn der Vormund vor jener Mittheilung gegenüber dem anderen Vertragschließenden erklärt, daß der Vertrag pp." Da das Verständniß des schwierigen § 64 in Frage steht und es bedenklich ist, an dieser zu rühren, so hat sich die seitwältige Fassung vorläufig an den bei der Berathung nicht besonders beanstandeten Kurlbaum'schen Antrag gehalten. 3. Der letzte Absatz löst durch die Hinweisung auf die nur entsprechende Anwendbarkeit der vorhergehenden Absätze wohl genügend alle Zweifel, indem er insbesondere ausreichend klarstellt, daß der gewesene Vormund von jeder aktiven oder passiven Mitwirkung ausgeschlossen bleibt. § 45 (§ 523). Ist ein Rechtsgeschäft, zu welchem die Genehmigung des Gegenvormundes erforderlich ist, ohne dessen Genehmigung 2 3 vorgenommen, so finden die Vorschriften des § 44 entsprechende Anwendung. § 46 (§ 524). Wenn die Sorge f ü r die Person und die Sorge f ü r das Vermögen des Mündels verschiedenen Vormündern obliegt, so steht bei einer Verschiedenheit der Meinungen dieser Vormünder über die Vornahme eines sowohl in den Bereich der Sorge f ü r die Person als in den Bereich der Sorge f ü r das Vermögen fallenden Rechtsgeschäfts (einer — Handlung) die Entscheidung dem Vormundschaftsgerichte zu. (N.B. Die Fassung des § 524 des E. möchte doch den Sinn nicht klar erkennen lassen und die vorgeschlagene Fassung deutlicher erkennen lassen, was nach den Motiven S. 2133 in Verbindung mit S. 1448, 1449 zu bestimmen bezweckt scheint. Zu vergl. übrigens § 19.) § 47 (§ 525). Ist ein Vormund noch nicht bestellt oder der bestellte Vormund für die Person oder das Vermögen des Mündels zu sorgen behindert, so hat das Vormundschaftsgericht die im Interesse des Mündels erforderlichen Maßregeln zu treffen. (N.B. Zu vergl. § 1508, der zum Vorbild wird dienen müssen.)
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Später geändert in: „ohne die Genehmigung des letzteren oder des Vormundschaftsgerichtes".
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§ 48 (§ 526). Das Vormundschaftsgericht hat über die gesammte Thätigkeit des Vormundes und des Gegenvormundes die Aufsicht zu führen. D e r § 48 erhielt später den Zusatz: „und gegen Pflichtwidrigkeiten derselben durch geeignete Gebote und Verbote einzuschreiten". § 49 (§ 527). Das Vormundschaftsgericht kann, auch gegen den Willen des Vormundes, anordnen, daß der Mündel zum Zweck der Erziehung in einer geeigneten Familie oder in einer Erziehungs- oder Besserungsanstalt unterzubringen sei. Soweit jedoch die Mutter die Pflicht und das Recht hat, f ü r die Person des Kindes zu sorgen, finden in Ansehung der Zulässigkeit einer solchen Anordnung (nur) die Bestimmungen des § 1510 entsprechende Anwendung. (N.B. 1. Die Anwendbarkeit des § 1468 erhellt aus § 2 2 ; der § 2 1 deckt die Schlußbestimmung des § 49 schon deshalb nicht, weil er nur von den Rechten redet; wollte man „und Pflichten" einschieben, so würde die Anwendbarkeit des § 1510 immer noch nicht zweifellos sein, weil der § 1510 die elterliche Gewalt voraussetzt. 2. Zu vergl. wegen der Fassung den § 1510.) § 50 (§ 528). Das Vormundschaftsgericht soll von einer ihm zustehenden Entscheidung auf Antrag des Vormundes oder Gegenvormundes sowie in allen wichtigen Angelegenheiten Verwandte oder Verschwägerte des Mündels gutachtlich hören, sofern dies ohne erhebliche Verzögerung und ohne unverhältnißmäßige Kosten geschehen kann. Die gutachtlich gehörten Verwandten und Verschwägerten können von dem Mündel (aus dem Vermögen des Mündels) Ersatz der dadurch ihnen entstandenen baaren Auslagen fordern. Der Betrag der letzteren wird von dem Vormundschaftsgerichte festgesetzt. (N.B. Abs. 2. Es möchte doch ein Unterschied sein, ob gesagt wird „von dem Mündel" oder „aus dem Vermögen des Mündels".) § 51 (§ 529). Das Vormundschaftsgericht soll vor der Entscheidung über die zu einer Handlung des Vormundes erforderliche Genehmigung den Gegenvormund, wenn ein solcher bestellt worden ist, hören. §52 (§ 529). Das Vormundschaftsgericht soll vor der Entscheidung über die Genehmigung eines der im § 39 unter N° 1, 2 und 5 bezeichneten Rechtsgeschäfte sowie vor der Entscheidung über die Genehmigung des Beginns eines Erwerbsgeschäfts in dem N a m e n des Mündels und der Auflösung eines solchen Geschäfts den Mündel, sofern dieser das achtzehnte Lebensjahr zurückgelegt hat, hören. (N.B. Zu vergl. §43.) § 53 (§ 530). Der Vormund und der Gegenvormund sind verpflichtet, dem Vormundschaftsgerichte auf dessen Verlangen zu jeder Zeit über die Führung der V o r mundschaft insbesondere auch in Ansehung der Person des Mündels Auskunft zu ertheilen. § 54 (§ 530). Der Vormund ist verpflichtet, dem Vormundschaftsgerichte über die Verwaltung des Vermögens des Mündels jährlich Rechnung zu legen. Das Rechnungsjahr so wie der Zeitpunkt der Einreichung der Rechnung wird von dem Vormundschaftsgerichte bestimmt. Das Vormundschaftsgericht kann (bei einer Verwaltung von geringem Umfange), wenn die Rechnung für das erste Jahr gelegt ist, die Rechnungslegung f ü r einen längeren als einjährigen Zeitraum bestimmen; der längere Zeitraum darf drei Jahre nicht übersteigen. 1026
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
Die Rechnung soll eine Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthalten, über den Abgang und Zugang des Vermögens Auskunft geben und mit Belegen versehen sein. Im Falle des Betriebes eines Erwerbsgeschäftes mit kaufmännischer Buchführung genügt als Rechnung eine aus den Büchern gezogene Bilanz. Das Vormundschaftsgericht kann jedoch die Vorlegung der Bücher und sonstigen Belege verlangen. Die Rechnung ist vor der Einreichung dem Gegenvormunde, wenn ein solcher bestellt worden ist, unter Nachweisung des Vermögensbestandes zur Prüfung vorzulegen und von dem Gegenvormunde mit den Bemerkungen zu versehen, zu welchen die Prüfung ihm Anlaß giebt. (N. B. Zu vergl. ohne § 35; zu vergl. ferner K. E. § 584.) § 55 (§ 531). Das Vormundschaftsgericht soll die Rechnung rechnungsmäßig und sachlich prüfen, auch die erforderlichen Berichtigungen und Ergänzungen derselben herbeiführen. Ueber die unerledigt bleibenden Ansprüche des Vormundes oder Mündels ist im Rechtswege zu entscheiden. Dieselben können sowohl von dem Mündel als von dem Vormunde noch während des Bestehens der Vormundschaft gerichtlich geltend gemacht werden. § 56 (§ 532). Der Vormund ist verpflichtet, die auf Inhaber lautenden Schuldverschreibungen und Aktien des Mündels, mit Ausnahme der Zinsscheine, Rentenkupons, Gewinnantheilsscheine und der zum Empfange solcher Scheine ermächtigenden Urkunden — Talon, Zins-, Renten-, Gewinnantheilsleisten — bei der Reichsbank oder bei einer anderen dazu durch die Landesgesetze f ü r geeignet erklärten Stellen mit der Bestimmung zu hinterlegen oder, sofern es zulässig ist, auf den Namen des Mündels mit der Bestimmung umschreiben zu lassen, daß eine Herausgabe der hinterlegten Papiere oder eine Ersetzung der umgeschriebenen Papiere durch Inhaberpapiere nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes erfolgen könne. Das Vormundschaftsgericht kann den Vormund von der im ersten Absätze bezeichneten Verpflichtung entbinden. Das Vormundschaftsgericht kann anordnen, daß auch andere Werthpapiere mit Einschluß der Hypothekenbriefe und Grundschuldbriefe sowie Kostbarkeiten des Mündels in der im ersten Absätze bestimmten Weise zu hinterlegen seien. (N. B. Zum Eingang zu vergleichen § 1011, ferner §§ 684, 685, 686, 692 K. E. und vorl. Zusst. Die Klausel gehört zu dem Inhalte des Hinterlegungs- oder Umschreibungsvertrages; sie wirkt nach dem folgenden Paragraphen oder ihrem Wortlaut kraft des Gesetzes hinaus. Durch diese Art der Regelung wird eine Vereinfachung der Verträge ermöglicht. Zum 2. Absatz zu vergl. § 1511.) 5 57 (§ 532). Ist eine Hinterlegung oder Umschreibung nach Maßgabe der Bestimmungen des § 56 erfolgt, so ist die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes erforderlich zu der Zurückgabe der hinterlegten Gegenstände oder zu der Ersetzung der umgeschriebenen Papiere durch Inhaberpapiere, ingleichen zu jedem Rechtsgeschäfte, durch welches die hinterlegten Gegenstände und die Hypotheken oder Grundschulden, auf welchen die hinterlegten Hypothekenbriefe oder Grundschuldbriefe sich beziehen, vor der Rückgabe, oder die aus der Umschreibung der Inhaberpapiere auf den Namen des Mündels sich ergebenden Stammforderungen veräußert oder belastet werden oder die Verpflichtung zu einer solchen Veräußerung oder Belastung begründet wird. 1027
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
Die Vorschriften des § 44 finden Anwendung. (N. B. 1. Der letzte Absatz löst jeden Zweifel, daß das Verzeichniß des § 39 über die Geschäfte, welche der Genehmigung des Gerichtes bedürfen, gleichsam eine Vervollständigung erfährt; der 5 44 findet keine entsprechende, sondern er findet direkte Anwendung. D a der § 44 sich nicht bloß auf die im § 39 aufgeführten Geschäfte bezieht, wie seine Fassung ergiebt, und da der § 39 überhaupt keineswegs alle genehmigungsbedürftigen Geschäfte aufzählt, so könnte der letzte Absatz des § 57 bemängelt und geltend gemacht werden, er verdunkele die Tragweite des § 44, weshalb die Unterdrückung vorzuziehen sei. Dagegen ist aber zu erwägen, daß es sich vorliegend um den ausnahmsweisen Fall handelt, daß die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes nicht unmittelbar aus dem Gesetze sich ergiebt, sondern zunächst einen Vertrag mit einem besonderen Inhalte voraussetzt. 2. Am Schluß des ersten Absatzes soll das Wort „Stammforderungen" ausdrükken, daß es sich nur um das Kapital, nicht auch um die Zinsen handelt.) § 58 (§ 532). Der Vormund kann Werthpapiere und Kostbarkeiten des Mündels bei einem Dritten auch dann hinterlegen und die in Inhaberpapieren bestehenden Werthpapiere auf den N a m e n des Mündels auch dann umschreiben lassen, wenn er dazu nicht verpflichtet ist. Auf eine solche Hinterlegung oder Umschreibung finden die Vorschriften der §§ 56 und 57 keine Anwendung. Eine Hinterlegung, zu welcher der Vormund nicht verpflichtet ist, braucht nicht bei den in dem § 56 bezeichneten Stellen zu erfolgen. In Ansehung der Auswahl des Dritten, bei welchem die Hinterlegung bewirkt wird, ist der Vormund nur insofern verantwortlich, als er die Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters verletzt hat. (N. B. Zu vergl. § 28 b .) § 59 (§ 532). Die Kosten, welche in den Fällen der §§ 56 und 58 aus einer Hinterlegung oder Umschreibung entstehen, sind von dem Mündel zu tragen. § 60 (§ 533). Das Vormundschaftsgericht kann unter besonderen Umständen anordnen, daß der Vormund wegen des seiner Verwaltung unterliegenden Vermögens des Mündels diesem Sicherheit zu leisten habe. Die Art und den Umfang der Sicherheitsleistung bestimmt das Vormundschaftsgericht nach freiem Ermessen. Das Vormundschaftsgericht kann, solange das Amt des Vormundes nicht beendigt ist (besteht), zu jeder Zeit die Erhöhung, Verminderung oder Aufhebung der Sicherheit anordnen. Die Anordnung des Vormundschaftsgerichtes ersetzt die zu der Bestellung, Aenderung oder Aufhebung der Sicherheit erforderliche Mitwirkung des Mündels. Die Kosten der Sicherheitsleistung und deren Aenderung oder Aufhebung sind von dem Mündel zu tragen. (N. B. Zu vergl. §§1511,1515.) § 61. Der Vormundschaftsrichter, welcher die ihm in Ansehung der Anordnung oder Führung der Vormundschaft obliegenden Amtspflichten verletzt, haftet dem Mündel nach Maßgabe des § 730 Abs. 1 f ü r den aus der Verletzung einer solchen Amtspflicht dem Mündel entstandenen Schaden. (N. B. „Mündel" bezeichnet doch wohl zur Genüge nicht allein denjenigen, über welchen eine Vormundschaft besteht, sondern auch den, welcher zu bevormunden ist.) N . B. Dem § 730 K. E. ist folgende Bestimmung als Absatz 2 hinzuzufügen: „Ist ein Beamter, welcher verpflichtet ist, einen Anderen zur Geschäftsführung für einen Dritten zu bestellen, oder die einem Anderen für einen Dritten obliegende 1028
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
Geschäftsführung zu beaufsichtigen, oder bei einer solchen Geschäftsführung durch Ertheilung oder Verweigerung der Genehmigung zu Rechtsgeschäften mitzuwirken, wegen Verletzung dieser ihm obliegenden Pflichten neben dem Anderen für den von dem letzteren zugefügten Schaden verantwortlich, so finden die Vorschriften des § 707 entsprechende Anwendung". IV. Mitwirkung des
Gemeindewaisenraths.
§62 (§534). D e r Gemeindewaisenrath hat in Unterstützung des Vormundschaftsgerichtes die Sorge für die Person der in seinem Bezirke sich aufhaltenden Mündel zu überwachen, Fehler und Mängel, welche er in Ansehung der bürgerlichen Pflege und der Erziehung eines Mündels wahrnimmt, bei dem Vormundschaftsgerichte zur Anzeige zu bringen und auf Erfordern über das persönliche W o h l eines Mündels dem Vormundschaftsgerichte Auskunft zu ertheilen. D e r Waisenrath hat dem Vormundschaftsgerichte Anzeige zu erstatten, wenn er von einer Gefährdung des Vermöges eines Mündels Kenntniß erhält. D e r Waisenrath hat dem Vormundschaftsgerichte die Person vorzuschlagen, welche er in den einzelnen Fällen zur Bestellung als Vormund oder Gegenvormund (oder als Mitglieder eines Familienrathes) für geeignet erachtet. Das Vormundschaftsgericht hat den Waisenrath in jedem Falle, in welchem ein in dem Bezirke desselben sich aufhaltender Mündel bevormundet wird, von der Bevormundung unter Bezeichnung der Vormünder und Gegenvormünder in Kenntniß zu setzen, auch von einer Aenderung der Person der Vormünder und Gegenvormünder zu benachrichtigen. Wird der Aufenthalt eines Mündels in den Bezirk eines anderen Waisenrathes verlegt, so hat der Vormund die Verlegung dem Waisenrathe, in dessen Bezirke der Mündel bisher sich aufgehalten hat, anzuzeigen; dieser Waisenrath hat dem Waisenrathe des Bezirkes, in welchem der Aufenthalt des Mündels verlegt ist, die Verlegung mitzutheilen. (N. B. D e r erste Absatz befaßt sich mit der Sorge für die Person, der zweite mit der Sorge für das Vermögen. D e r erste Absatz greift viel weiter wie der zweite (zu vergl. § 1516.) V. Befreite
Vormundschaft.
N. B. Die in der N o t e zum § 1 der vorl. Zusst. für das Einführungs-Gesetz vorbehaltene Vorschrift wird durch den am Schlüsse aufzunehmenden Zusatz ergänzt: „daß ferner im Falle einer solchen kraft des Gesetzes stattfindenden Bevormundung durch den Anstaltsvorstand ein Gegenvormund nicht zu bestellen und zu den im § 38 (v. Z.) bezeichneten Rechtsgeschäften die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes nicht erforderlich ist." § 63 (§ 537). D e r V a t e r und die Mutter des Mündels können anordnen, daß neben dem von ihnen benannten Vormunde ein Gegenvormund nicht zu bestellen ist. Sie können anordnen, daß zu der V o r n a h m e der im § 38 (v. Z.) bezeichneten Rechtsgeschäfte die Genehmigung weder des Gegenvormundes noch des Vormundschaftsgerichtes erforderlich ist. Diese Anordnung ist in der Anordnung, daß ein Gegenvormund nicht zu bestellen ist, als enthalten anzusehen. (N. B. 1. Es wird sich empfehlen, die zulässigen einzelnen Befreiungen thunlichst getrennt zu behandeln. Die Trennung dient zur Erleichterung der Uebersicht in einer überaus praktischen Materie. 1029
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
2. Die Anordnung „kein Gegenvormund" enthält de jure auch die „keine Genehmigung" zu den Geschäften des § 3 8 (v. Z.); nicht auch enthält umgekehrt die letztere Anordnung auch die erste; der Fall ist möglich, daß nur angeordnet ist „keine Genehmigung" zu den Geschäften des § 38; es muß alsdann ein Gegenvormund nach Maßgabe der allgemeinen Regeln bestellt werden. Es handelt sich also genau genommen um zwei verschiedene Befreiungen. Es hat dies erheblichen Einfluß auf die Fassung.) Spätere Änderung des § 63 Satz 2: „Sie können anordnen, daß zu der Vornahme der im 5 38 bezeichneten Rechtsgeschäfte sowie zu der Anlegung von Geldern des Mündels weder die Genehmigung des Gegenvormundes noch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich ist und daß Gelder des Mündels nicht in der im § 25 Abs. 2 bezeichneten Weise anzulegen sind. Diese Anordnungen sind in der Anordnung, daß ein Gegenvormund nicht zu bestellen ist, als enthalten anzusehen. §64 (§ 537). Der Vater und die Mutter des Mündels können anordnen, daß der von ihnen benannte Vormund nicht verpflichtet ist, während des Bestehens aus der Vormundschaft Rechnung zu legen. Ist der Vormund durch eine solche Anordnung von der Verpflichtung zur Rechnungslegung befreit, so hat er je nach Verlauf von zwei Jahren eine, den dermaligen Bestand des Vermögens des Mündels ergebende Uebersicht dem Vormundschaftsgerichte einzureichen. Die Uebersicht ist vor der Einreichung dem Gegenvormunde, wenn ein solcher bestellt worden ist, unter Nachweisung des Vermögensbestandes zur Prüfung vorzulegen und von dem Gegenvormunde mit den Bemerken zu versehen, zu welchen die P r ü f u n g ihm Anlaß giebt. Das Vormundschaftsgericht kann anordnen, daß der Vormund die Uebersicht in einem längeren als zweijährigen Zwischenräume einzureichen hat; es kann unter besonderen Umständen auch anordnen, daß der Vormund die Uebersicht bis auf weitere Bestimmung überhaupt nicht einzureichen hat. (N. B. Zu vergl. wegen der Fassung § 54.) § 65 (§ 537). Der Vater und die Mutter des Mündels können anordnen, daß der von ihnen benannte Vormund nicht verpflichtet ist, in Gemäßheit der Vorschriften des § 56 (v. Z.) die Werthpapiere und Kostbarkeiten zu hinterlegen oder die Inhaberpapiere auf den Namen des Mündels einschreiben zu lassen und in Gemäßheit der Vorschriften des § 60 (v. Z.) Sicherheit zu leisten. § 66 (§ 537). Auf die in den §§ 63 bis 65 bezeichneten Anordnungen des Vaters oder der Mutter finden die Vorschriften des § 4 (entsprechende) Anwendung. Die Anordnungen des Vaters gehen den Anordnungen der Mutter vor. (N. B. Der zweite Satz ist nöthig, weil die fragliche Bestimmung nicht im § 4, sondern im § 3 verbis „in nachstehender Reihenfolge" enthalten ist; zu vergl. § 8 unten Z. 5.) § 67 (§ 537). Das Vormundschaftsgericht kann die in den §§ 63 bis 65 bezeichneten Anordnungen des Vaters oder der Mutter außer Kraft setzen (aufheben), wenn und soweit aus der Befolgung eine erhebliche Gefährdung des Interesses des Mündels zu besorgen ist. (N. B. Durch die Zulassung der Anordnungen erhält das Benennungsrecht der §§ 3 und 4 eine Erweiterung. Hieraus rechtfertigt sich der Anschluß an den § 5, nicht an den § 25; zu vergl. § 19 sub fine.) § 68 (§ 538). Ist in Ansehung der dem Mündel durch Erbschaft, Pflichttheil oder Vermächtniß zugefallenen Vermögensgegenstände von dem Erblasser die Offenlegung des Vermögensverzeichnisses verboten, so ist das von dem Vormunde nach 1030
I. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
Maßgabe der Vorschriften des § 24 (v. Z.) anzufertigende und einzureichende Verzeichniß von dem Vormundschaftsgerichte mit Siegeln zu verschließen; die Verschließung erfolgt auf Verlangen des V o r m u n d e s in dessen Gegenwart. Das Vormundschaftsgericht darf nur aus besonderen G r ü n d e n von dem Inhalte Kenntniß n e h m e n ; über die G r ü n d e ist der V o r m u n d vorher zu hören. Das V e r b o t der O f f e n l e g u n g des Vermögensverzeichnisses befreit zugleich den V o r m u n d in Ansehung der Gegenstände, auf welche das V e r b o t sich bezieht, von der Verpflichtung, w ä h r e n d des Bestehens der V o r m u n d s c h a f t R e c h n u n g zu legen und Uebersichten des Vermögensbestandes einzureichen. Die Vorschriften Absatz 1 bis 3 finden entsprechende Anwendung, wenn ein Drittel dem Mündel Vermögensgegenstände durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zugewendet und bei der Z u w e n d u n g die O f f e n l e g u n g des Verzeichnisses der zugewendeten Gegenstände verboten hat. Z u r Kenntnißnahme von dem Inhalte des Verzeichnisses ist jedoch, solange der Dritte lebt, dessen Zustimmung erforderlich und genügend. (N. B. 1. Zu vergl. § 25. 2. der § 68 ist sichtbar verwandt mit dem § 25; er bezieht sich wie der § 25 im Gegensatze zu den §§ 63 bis 67 keineswegs auf die benannten V o r m ü n d e r . Man kann in dem § 68 auch eine den V o r m u n d bindende A n o r d n u n g erblicken, wonach die Vorschrift zum § 25 gehören würde. Allein die A n o r d n u n g des § 68 wirkt doch überwiegend zugleich als befreiend. Die Stellung des § 68 wird sich also nicht bemängeln lassen.)
VI. Beendigung der Vormundschaft. § 69 (§ 539). Die V o r m u n d s c h a f t wird außer durch den T o d und die Volljährigkeit des Mündels beendigt: 1. w e n n der Mündel unter elterliche Gewalt gelangt, es sei denn, daß die letztere auf die elterliche N u t z n i e ß u n g beschränkt ist; 2. w e n n die V o r m u n d s c h a f t über den Mündel wegen Beschränkung der elterlichen Gewalt auf die elterliche N u t z n i e ß u n g angeordnet w a r und diese Beschränkung aufhört; 3. w e n n der Mündel f ü r todt erklärt ist. Im Falle der Legitimation des Mündels durch nachfolgende Ehe wird jedoch die V o r m u n d s c h a f t über den Mündel erst mit dem Zeitpunkte beendigt, in welchem in einem Rechtsstreite zwischen dem Mündel und dem E h e m a n n e der Mutter des Mündels die V a t e r s c h a f t des Ehemannes rechtskräftig festgestellt ist, oder in welchem das Vormundschaftsgericht die A u f h e b u n g der V o r m u n d s c h a f t anordnet. Das Vormundschaftsgericht soll die A u f h e b u n g anordnen, w e n n der Ehemann der M u t ter des Mündels die Vaterschaft anerkennt und das Vormundschaftsgericht die Voraussetzungen der Legitimation f ü r vorhanden erachtet. (N. B. 1. Wird mit „ w e n n " konstruirt, so kann zu Ziffer 3 die Fassung des § 1521 etc. nicht zum Vorbilde dienen. Die Fassung des § 69 schließt jedes Mißverständniß aus. 2. Z u Ziffer 2 zu vergl. § 1 sub fine.) § 70 (§ 541). Das Amt 1. w e n n der V o r m u n d 2. w e n n der V o r m u n d 3. w e n n der V o r m u n d
des V o r m u n d e s wird außer durch dessen T o d beendigt: geschäftsunfähig wird; von dem Vormundschaftsgericht entlassen wird; f ü r todt erklärt ist. 1031
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
(N. B. W i r d im § 69 mit „wenn" konstruirt, so wird die Konstruktion in § 70 beizubehalten sein § 71 (§ 542). Das Vormundschaftsgericht hat den V o r m u n d zu entlasten: 1. wenn aus der F o r t f ü h r u n g der V o r m u n d s c h a f t durch denselben eine erhebliche G e f ä h r d u n g des Interesses des Mündels zu besorgen ist, w e n n insbesondere eine solche Besorgniß durch ein pflichtwidriges Verhalten des V o r m u n d e s begründet wird; 2. w e n n ein anderer, als der auf Geschäftsunfähigkeit beruhender gesetzlicher G r u n d der Unfähigkeit des V o r m u n d e s eintritt oder sich ergiebt (bekannt wird); 3. w e n n die im § 9 (v. Z.) bezeichnete Erlaubniß (versagt oder) z u r ü c k g e n o m m e n wird; 4. w e n n der E h e m a n n einer zum V o r m u n d e bestellten E h e f r a u die im § 8 N r . 3 (v. Z.) bezeichnete 2 u s t i m m u n g (versagt oder) zurücknimmt. Die vorstehende Bestimmung unter N r . 3 findet auch dann A n w e n d u n g , wenn die landesgesetzlich z u r F o r t f ü h r u n g einer vor den Eintritt in das Amtsverhältniß oder Dienstverhältniß ü b e r n o m m e n e n V o r m u n d s c h a f t erforderliche Erlaubniß versagt oder z u r ü c k g e n o m m e n wird. (N. B. Zu Ziff. 3 und 4. N a c h den §§ 8 und 9 muß die Erlaubniß oder Zustimmung der Bestellung vorausgehen. D a s W o r t „versagt" paßt also nur bei Unterstellung des Falles, daß bei der Bestellung das Gesetz nicht beachtet ist, was allerdings leicht v o r k o m m e n kann.) § 72 (§ 543). Das Vormundschaftsgericht hat den V o r m u n d zu entlassen, wenn dieser aus einem erheblichen Grunde die Entlassung beantragt. Als ein erheblicher G r u n d ist es insbesondere anzusehen, wenn w ä h r e n d der Führung der V o r m u n d s c h a f t ein Umstand eintritt, welcher nach den Bestimmungen des § 10 N r . 2 bis 7 (v. Z.) zur Ablehnung einer V o r m u n d s c h a f t berechtigt. § 73 (§ 544). Schließt die z u m V o r m u n d e bestellte Frau eine Ehe, so kann sie von dem Vormundschaftsgerichte (auch gegen ihren Willen) entlassen werden. (N. B. z u m § 73. Sind die eingeklammerten W o r t e nöthig oder auch nur passend? — K ö n n e n sie nicht den § 71 verdunkeln?) § 74 (§ 545). D e r V o r m u n d ist verpflichtet, den T o d eines Mitvormundes o d e r Gegenvormundes, die Erben eines V o r m u n d e s sind verpflichtet, den T o d des Erblassers dem Vormundschaftsgerichte anzuzeigen. § 75. Im Falle der Beendigung der V o r m u n d s c h a f t oder des vormundschaftlichen Amtes finden in Ansehung der dem V o r m u n d zustehenden Rechte die Bestimmungen des § 596 entsprechende Anwendung. § 76 (§546). Die Vorschriften der §§ 70 bis 75 finden auf den Gegenvormund entsprechende A n w e n d u n g . § 77 (§ 547). D e r V o r m u n d sowie der Gegenvormund hat nach Beendigung seines Amtes die Bestellung dem Vormundschaftsgerichte zurückzugeben.
VII. Familienrath. § 78 (§ 548). Ein Familienrath soll eingesetzt werden, w e n n der V a t e r oder die Mutter des Mündels die Einsetzung angeordnet hat. D e r A n o r d n e n d e kann bestimmen, d a ß der Familienrath nur f ü r den Fall des Eintritts oder Nichteintritts eines gewissen (künftigen) Ereignisses einzusetzen oder daß er in einem solchen Falle aufzulösen (aufzuheben) ist (sei). 1032
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773—1895
Die Einsetzung des Familienrathes unterbleibt, wenn es an der zur Einsetzung erforderlichen Zahl geeigneter Personen fehlt. (N. B. Zu den §§ 78 bis 84.) 1. Der Anordnung, welche den Bestimmungen unter I „Anordnung der Vormundschaft" zum Grunde liegt, würde es entsprechen, die Vorschriften über die sogenannte Berufung voranzustellen, sodann die über die Unfähigkeit folgen zu lassen und mit den Vorschriften über die Zusammensetzung und Einsetzung des Familienrathes zu schließen. Allein eine solche Anordnung ist deshalb nicht angemessen, weil bei dem Familienrathe die Vorschriften über dessen Formirung und Zusammensetzung sichtbar im Vordergrunde stehen; denn ohne dieselben bleiben alle andern unklar. 2. Die Bestimmungen des § 4, aber auch die Bestimmung des § 3, nach welcher die Anordnung des Vaters der Anordnung der Mutter vorgeht (verbis) „in nachstehender Reihenfolge", beherrschen alle Anordnungen des Vaters oder der Mutter. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird es daher angemessen sein, den Grundsatz in einem besonderen Paragraphen auszudrücken (§ 84). (N. B. zum § 578. Zu vergl. § 736 K. E.) §79 (§548). Ein Familienrath kann eingesetzt werden, wenn ein Verwandter oder Verschwägerter des Mündels oder dessen V o r m u n d oder Gegenvormund die Einsetzung beantragt und diese von dem Vormundschaftsrichter f ü r angemessen im Interesse des Mündels erachtet wird. Die Einsetzung unterbleibt, wenn sie von dem Vater oder der Mutter des Mündels untersagt ist. § 80 (§§ 549, 550, 551). Der Familienrath besteht aus dem Vormundschaftsrichter und aus mindestens zwei und höchstens sechs Mitgliedern. Die Mitglieder werden von dem Vormundschaftsrichter bestellt und zur treuen und gewissenhaften Führung des Amtes mittels Handschlags an Eidesstatt verpflichtet. Oder f ü r Absatz zwei: Die Mitglieder werden von dem Vormundschaftsrichter durch Verpflichtung auf (zur) treue(n) und gewissenhafte(n) Führung des Amts bestellt. Die Verpflichtung erfolgt mittels Handschlags an Eidesstatt. (N. B. 1. Im ersten Absätze macht „und aus — Mitgliedern" klar, daß der Richter nicht zu den Mitgliedern im technischen Sinne gehört. 2. zum zweiten Absätze: Nach § 12 würde zusammenzuziehen sein „werden — bestellt". Die Trennung dürfte jedoch im vorliegenden Falle nicht unzweckmäßig sein, da die Einberufung in den Rath oder die Bestellung von der Verpflichtung sich schärfer abhebt. Zu beachten ist Folgendes: Formirt wird der Familienrath stets durch den Vormundschaftsrichter. Dieser allein hat zunächst darüber zu kognosziren, ob der Fall der Einsetzung gegeben sei; er allein ist es ferner, welcher den Familienrath einsetzt, indem er die Mitglieder beruft und mittels Verpflichtung in das Amt einführt. Bei der Berufung ist er freilich, abgesehen von der Unzulässigkeit der Berufung eines Unfähigen, in doppelter Weise gebunden. Er darf die Benannten nicht übergehen, er darf weiter nicht mehrere Personen berufen, als erforderlich sind, um ein Kollegium zu formiren, d. h. nicht mehr als zwei Mitglieder. Sowie die Beschlußfähigkeit erreicht ist, ist der Familienrath konstituirt und alle weiteren Berufungen gehören zur Zuständigkeit des konstituirten Familienraths.) 1033
§§ 1773—1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
§81 (§§548, 550, 551). Z u Mitgliedern des Familienraths sind diejenigen zu b e r u f e n , w e l c h e v o n dem V a t e r oder d e r M u t t e r des Mündels als Mitglieder b e n a n n t sind. Die V o r s c h r i f t e n des § 5 finden entsprechende A n w e n d u n g . W e n n u n d soweit als Mitglieder b e n a n n t e P e r s o n e n nicht v o r h a n d e n sind o d e r das A m t ablehnen, w e r d e n die zur Beschlußfähigkeit des Familienrathes erforderlichen (ein o d e r zwei) Mitglieder von dem V o r m u n d s c h a f t s r i c h t e r b e r u f e n . V o r d e r B e r u f u n g sind V e r w a n d t e u n d V e r s c h w ä g e r t e des Mündels nach M a ß g a b e des § 50 sowie der G e m e i n d e w a i s e n r a t h zu h ö r e n . Im U e b r i g e n erfolgt die B e r u f u n g d e r Mitglieder d u r c h Beschluß des Familienrathes. D e r Familienrath k a n n soviele Mitglieder b e r u f e n , als die V o r s c h r i f t über die höchste statthafte Zahl zuläßt. D i e B e r u f u n g eines Mitgliedes k a n n in der Weise erfolgen, d a ß das A m t mit dem Eintritte o d e r Nichteintritte eines gewissen (künftigen) Ereignisses beendigt w e r d e . Sind n e b e n d e m V o r s i t z e n d e n n u r zwei Mitglieder v o r h a n d e n , so h a t d e r Familienrath, soweit es nicht von dem V a t e r o d e r der M u t t e r des Mündels bereits geschehen ist, ein o d e r zwei Ersatzmitglieder zu b e r u f e n . Die v o n dem V o r m u n d s c h a f t s richter s o f o r t n a c h der B e r u f u n g zu verpflichtenden Ersatzmitglieder treten in den Familienrath als Mitglieder ein, w e n n der letztere d u r c h V e r h i n d e r u n g o d e r d u r c h W e g f a l l eines Mitgliedes beschlußunfähig wird. W e r d e n m e h r e r e Ersatzmitglieder b e r u f e n , so ist zugleich die Reihenfolge des Eintretens zu bestimmen. Ist der Familienrath d u r c h die n u r v o r ü b e r g e h e n d e V e r h i n d e r u n g eines Mitgliedes b e s c h l u ß u n f ä h i g g e w o r d e n , so h a t der V o r m u n d s c h a f t s r i c h t e r in E r m a n g e l u n g eines Ersatzmitgliedes f ü r die D a u e r der V e r h i n d e r u n g eine geeignete Person als Ersatzmitglied zu berufen. ( N . B . 1. D a s W o r t „ b e r u f e n " bedeutet, den B e n a n n t e n o d e r G e w ä h l t e n z u m Eintritt a u f f o r d e r n . Es ist kein Bedürfniß, v o n B e r u f e n e n in dem Sinne z u reden, d a ß sie nicht ü b e r g a n g e n w e r d e n dürfen (§ 3). D e n n d u r c h das Gesetz B e r u f e n e giebt es nicht; n u r die B e n a n n t e n d ü r f e n nicht ü b e r g a n g e n w e r d e n , was d e r erste Absatz mit g e n ü g e n d e r Deutlichkeit ergiebt. Die A n l e h n u n g an die §§ 3 u n d 5 k ö n n t e leicht verwirren. 2. Z u m Absätze 3. N a c h dem gefaßten Beschlüsse w e r d e n die B e n a n n t e n o d e r v o m Familienrathe gewählten Ersatzmitglieder s o f o r t zu verpflichten sein. Es w i r d nicht n ö t h i g sein, in A n s e h u n g der B e r u f u n g eines Ersatzmitgliedes d u r c h den V o r m u n d s c h a f t s r i c h t e r h i n z u z u f ü g e n „im Falle eines Bedürfnisses". D e r Z u s a t z m ö c h t e selbstverständlich sein.) §82 (§ 549). U n f ä h i g , Mitglied des Familienrathes zu sein, ist J e d e r , welcher u n f ä h i g ist, V o r m u n d des Mündels zu sein. U n f ä h i g , Mitglied des Familienrathes zu sein, ist f e r n e r : 1. der V o r m u n d des M ü n d e l s ; 2. eine F r a u ; 3. w e r mit dem M ü n d e l w e d e r v e r w a n d t noch verschwägert ist, es sei d e n n , daß er v o n dem V a t e r o d e r der M u t t e r des Mündels als Mitglied b e n a n n t ist o d e r daß er d u r c h Beschluß des Familienrathes als Mitglied b e r u f e n wird o d e r d a ß er im Falle des § 8 1 Abs. 4 v o n dem V o r m u n d s c h a f t s r i c h t e r als Ersatzmitglied b e r u f e n w i r d ; 4. w e r d u r c h eine A n o r d n u n g des V a t e r s o d e r der M u t t e r ausgeschlossen ist. Die V o r s c h r i f t e n des § 13 finden e n t s p r e c h e n d e A n w e n d u n g . § 83 (§ 550). N i e m a n d ist verpflichtet, das A m t eines Mitgliedes des Familienrathes zu ü b e r n e h m e n . § 84 (§ 548 f f . ) . Auf die A n o r d n u n g e n des V a t e r s und der M u t t e r , d u r c h welche die E i n s e t z u n g o d e r A u f l ö s u n g eines Familienrathes bestimmt o d e r die Einsetzung 1034
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eines solchen untersagt wird, und durch welche Personen als Mitglieder oder Ersatzmitglieder des Familienrathes benannt oder ausgeschlossen werden, finden die V o r schriften des § 4 entsprechende Anwendung. Die Anordnungen des Vaters gehen den Anordnungen der Mutter vor. § 85 (§ 552). D e r Familienrath hat (soweit nicht das Gesetz ein Anderes bestimmt) die R e c h t e und Pflichten des Vormundschaftsgerichts. (Dies gilt insbesondere auch in Ansehung der Verantwortlichkeit der Mitglieder.) Die Leitung der Geschäfte liegt dem Vormundschaftsrichter ob. Wird ein sofortiges Einschreiten nöthig, so hat der Vormundschaftsrichter die erforderlichen Anordnungen zu treffen, sodann unverzüglich den Familienrath einzuberufen, diesen von den Anordnungen in Kenntniß zu setzen und den Beschluß desselben über die etwa weiter erforderlichen Maßregeln herbeizuführen. § 86 (§ 553). Ein Mitglied des Familienrathes kann von dem Mündel den Ersatz der baaren Auslagen fordern, welche (ihm) aus der Wahrnehmung des Amtes entstanden sind. D e r Betrag der Auslagen wird von dem Vormundschaftsrichter festgesetzt. (N. B. Zu vergl. § 50.) §87 (§554). D e r Familienrath wird von dem Vormundschaftsrichter auf den Antrag zweier Mitglieder oder des Vormundes oder des Gegenvormundes oder von Amtswegen einberufen. Die Einladung der Mitglieder kann mündlich oder schriftlich erfolgen. Ein Mitglied, welches ohne genügende Entschuldigung (entweder) ausbleibt oder die rechtzeitige Anzeige seiner Verhinderung unterläßt oder der Theilnahme an der Beschlußfassung sich enthält, ist von dem Vormundschaftsrichter in die dadurch veranlaßten Kosten zu verurtheilen. Auch kann der Vormundschaftsrichter gegen ein solches Mitglied eine Ordnungsstrafe bis zu Hundert Mark verhängen. Erfolgt nachträglich eine genügende Entschuldigung, so ist die Verfügung, durch welche in die Kosten verurtheilt oder eine Strafe verhängt ist, wieder aufzuheben. § 88 (§ 555) D e r Familienrath ist (nur) bei Anwesenheit des Vormundschaftsrichters und mindstens zweier Mitglieder beschlußfähig. Besteht in einer Angelegenheit zwischen dem Interesse des Mündels und dem Interesse eines Mitgliedes ein erheblicher Widerspruch, so ist dieses Mitglied von der Beschlußfassung ausgeschlossen. Ueber die Ausschließung wird von dem Vormundschaftsrichter entschieden. Bei der Beschlußfassung entscheidet die Mehrheit der Stimmen der Anwesenden; im Falle der Stimmengleichheit giebt die Stimme des Vormundschaftsrichters den Ausschlag. (N. B. 1. Wird das W o r t „nur" im ersten Absätze beseitigt, so wird der Sinn nicht geändert, aber nur um so deutlicher, daß, wenn mehr als zwei Mitglieder dem Familienrathe angehören, zur Beschlußfähigkeit die Gegenwart von zwei Mitgliedern genügend ist. 2. Wegen des letzten Absatzes zu vergl. § 48 K . E.). § 89 (§ 556). In Ansehung der Beendigung des Amtes eines Mitgliedes des Familienrathes finden die Vorschriften des § 70, des § 71 Abs. 1 N o . 1 und 2 und des § 72 Abs. 1 entsprechende Anwendung. Die Entlassung eines Mitgliedes gegen dessen Willen kann nur von dem, dem Vormundschaftsgerichte im Instanzenzuge vorgeordneten Gericht erfolgen. 1035
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3. Abschnitt: Vormundschaft
§ 90 (§ 557). Der Familienrath ist von dem Vormundschaftsrichter aufzuheben: 1. wenn die zur Beschlußfähigkeit erforderliche Zahl von Mitgliedern nicht meh vorhanden ist; 2. wenn die Bedingung eingetreten ist, von welcher in Gemäßheit der Vorschrif des § 75 Absatz 2 die Aufhebung durch Anordnung des Vaters oder der Mutte abhängig gemacht war. V o n der Aufhebung des Familienraths sind die bisherigen Mitglieder, der V o r mund und der Gegenvormund in Kenntniß zu setzen. Der Vormund und der Gegen Vormund erhalten neue Bestallungen; die früheren Bestallungen sind dem Vormund schaftsgerichte zurückzugeben. (N. B. 1. Die Fassung Nr. 1 Abs. 1 deckt alle Fälle. 2. Zum 2. Absätze; zu vergl. § 77. 3. Zum ersten Absätze Nr. 2; auf „Ereigniß" kann nicht abgehoben werden ohne eine anstößige Breite, weil nach Inhalt des § 75 auf Eintreten und Nichteintreten Rücksicht zu nehmen wäre.) b)RedVorl.
von Planck
Dritter Abschnitt.
Vormundschaft.
Erster Titel. Vormundschaft über Minderjährige. I. Anordnung der Vormundschaft. §1596. (Vorl. Zusst. § 1). Ein Minderjähriger erhält einen Vormund, wenn er nicht unter elterlicher Gewalt steht oder wenn die letztere auf die elterliche Nutznießung beschränkt ist. § 1597 (Vorl. Zusst. § 2). Die Vormundschaft wird von dem Vormundschaftsgerichte von Amtswegen angeordnet. (N. B. In das Einführungsgesetz wird die Bestimmung aufgenommen werden: Die Landesgesetze können bestimmen, daß der Vorstand einer unter Verwaltung des Staates oder einer Gemeindebehörde stehenden Verpflegungsanstalt, in welcher ein Minderjähriger aufgenommen ist, die Pflichten und Rechte eines Vormundes dieses Minderjährigen bis zu dessen Volljährigkeit hat, unbeschadet der Befugniß des Vormundschaftsgerichtes, statt des Vorstandes einen Anderen zum Vormunde zu bestellen.) § 1598 (Vorl. Zusst. § 3). Als Vormünder sind in nachstehender Reihenfolge berufen: 1. wer von dem Vater des Mündels als Vormund benannt ist; 2. wer von der Mutter des Mündels als Vormund benannt ist; 3. der Großvater des Mündels väterlicher Seits; 4. der Großvater des Mündels mütterlicher Seits. Die unter Nr. 3, 4 bezeichneten Großväter sind jedoch als Vormünder nicht berufen, wenn der zu bevormundende Enkel oder dessen Vater oder Mutter von einem Dritten an Kindesstatt angenommen ist und in den letzteren Fällen die Wirkungen der Annahme auf den Enkel sich erstreckt haben. Ist einer Ehefrau ein Vormund zu bestellen, so darf vor den unter N r . 1 bis 4 bezeichneten Personen der Ehemann, ist einem unehelichen Kinde ein Vormund zu bestellen, so darf vor dem mütterlichen Großvater die Mutter zum Vormunde bestellt werden. § 1599 (Vorl. Zusst. § 4). Die Benennung des Vormundes durch den Vater oder die Mutter des Mündels kann nur durch letztwillige Verfügung erfolgen. Zu ihrer 1036
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
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Wirksamkeit ist erforderlich, daß zur Zeit des Todes desjenigen, welcher die Verfügung getroffen hat, diesem die elterliche Gewalt über den Mündel zustand oder bei der Voraussetzung der bereits erfolgten Geburt desselben zugestanden haben würde, auch die elterliche Gewalt des Benennenden nicht auf die elterliche Nutznießung beschränkt war und derselbe weder die Sorge f ü r die Person noch die Sorge für das Vermögen des Mündels verloren hatte. 5 1600 (Vorl. Zusst. § 5). W e r in Gemäßheit der Vorschriften des § 1598 als Vormund berufen ist, darf ohne seine Zustimmung nicht übergangen werden, es sei denn, daß er nach dem Gesetze unfähig ist, Vormund zu sein, oder daß er die Vormundschaft zu übernehmen verhindert oder aus seiner Bestellung zum V o r munde eine erhebliche Gefährdung des Interesses des Mündels zu besorgen ist. W a r der Berufene nur vorübergehend behindert, so kann er nach Beseitigung der Verhinderung verlangen, daß er an Stelle des bisherigen Vormundes zum Vormunde bestellt werde. Neben dem Berufenen darf ohne dessen Zustimmung ein Mitvormund nicht bestellt werden. § 1601 (Vorl. Zusst. § 6 nebst Berichtigung I). Ist die Vormundschaft nicht einer Person zu übertragen, welche in Gemäßheit der Vorschriften des § 1598 als Vormund berufen ist, so hat das Vormundschaftsgericht nach Anhörung des Gemeindewaisenrathes eine nach den persönlichen und Vermögensverhältnissen sowie den sonstigen Umständen des Falles geeignete Person als Vormund auszuwählen. Bei der Auswahl sind Verwandte oder Verschwägerte des Mündels zunächst zu berücksichtigen. In der Regel soll f ü r den Mündel und, wenn mehrere Geschwister zu bevormunden sind, f ü r alle Mündel nur ein Vormund bestellt werden. Bei der Bestellung des Vormundes kann dessen Entlassung für den Fall des Eintritts eines gewissen Ereignisses vorbehalten werden. § 1602 (Vorl. Zusst. § 7). Jeder Inländer ist verpflichtet, die Vormundschaft, zu welcher er von dem Vormundschaftsgerichte in Gemäßheit der Bestimmungen des § 1601 ausgewählt ist, zu übernehmen, es sei denn, daß er nach dem Gesetze unfähig ist, V o r m u n d zu sein, oder zu der Ablehnung berechtigt ist. In dem Falle der Verletzung dieser Verpflichtung ist er den dem Mündel dadurch erwachsenen Schaden demselben zu ersetzen verpflichtet. — Er kann von dem Vormundschaftsgerichte durch Ordnungsstrafen bis zum Betrage von je dreihundert Mark zu der Uebernahme der Vormundschaft angehalten werden. Mehrere Strafen sind nur in Zwischenräumen von mindestens einer Woche zu verhängen; ist dreimal eine Strafe ohne Erfolg verhängt, so ist eine andere Person als Vormund auszuwählen. § 1603 (Vorl. Zusst. § 8 nebst Berichtigung II). Unfähig, V o r m u n d zu sein, ist: 1. wer geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist; 2. ein Gemeinschuldner während der Dauer des Konkursverfahrens; 3. wer der bürgerlichen Ehrenrechte für verlustig erklärt ist nach Maßgabe der Bestimmungen des Strafgesetzbuches; 4. eine Frau mit Ausnahme der Mutter und Großmutter des Mündels, sowie mit Ausnahme derjenigen, welche nach den Bestimmungen des § 1598 zur Vormundschaft berufen sind; eine Ehefrau, welche mit einem Anderen als dem Vater des Mündels verheirathet ist, darf jedoch nur mit Zustimmung ihres Ehemannes zum Vormunde bestellt werden; 5. wer durch eine letztwillige Verfügung des Vaters oder der Mutter nach Maßgabe der Bestimmungen des § 1599 von der Vormundschaft ausgeschlossen ist; der in 1037
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3. Abschnitt: Vormundschaft
Gemäßheit der Vorschriften der §§ 1598, 1599 von dem Vater als Vormund Benannte kann jedoch von der Mutter nicht ausgeschlossen werden. § 1604 (Vorl. Zusst. § 9 nebst Berichtigung III). Bedarf ein Beamter oder Religionsdiener nach den Landesgestzen einer besonderen Erlaubniß zu der Uebernahme einer Vormundschaft, so darf er nicht ohne die vorgeschriebene Erlaubniß zum Vormund bestellt werden. § 1605 (Vorl. Zusst. § 10). Die Uebernahme einer Vormundschaft kann ablehnen: 1. eine Frau; 2. wer das sechszigste Lebensjahr zurückgelegt hat; 3. wer fünf oder mehrere minderjährige, nicht von einem Anderen an Kindesstatt angenommene eheliche Kinder hat; 4. wer an einer Krankheit oder an einem Gebrechen leidet, durch welches er verhindert wird, die Vormundschaft ordnungsmäßig zu führen; 5. wer nicht in dem Bezirke des Vormundschaftsgerichtes seinen Wohnsitz hat; 6. wer in Gemäßheit der Bestimmungen des § 533 des Entwurfes des Familienrechtes zur Sicherheitsleistung angehalten wird; 7. wer mit einem Anderen zu der gemeinschaftlichen Führung der V o r m u n d schaft bestellt wird; 8. wer bereits mehr als eine Vormundschaft oder Pflegschaft führt; die Vormundschaft oder Pflegschaft über mehrere Geschwister gilt nur als Eine, die Führung einer Gegenvormundschaft kommt nicht in Betracht. § 1606 (Vorl. Zusst. § 11). Das Ablehnungsrecht geht verloren, wenn es nicht bei dem Vormundschaftsgerichte vor der Verpflichtung geltend gemacht wird. Ist die Ablehnung von dem Vormundschaftsgerichte für unbegründet erklärt, so hat der Ablehnende die Vormundschaft ungeachtet der gegen die Verfügung des Vormundschaftsgerichtes zulässigen Rechtsmittel auf Erfordern des Vormundschaftsgerichtes vorläufig zu übernehmen. § 1607 (Vorl. Zusst. § 12). Der Vormund wird von dem Vormundschaftsgerichte durch Verpflichtung auf treue und gewissenhafte Führung der Vormundschaft bestellt. Die Verpflichtung erfolgt mittels Handschlages an Eidesstatt. Der V o r m u n d erhält eine Bestallung, aus welcher der N a m e und die Geburtszeit des Mündels, der N a m e des Vormundes, des Gegenvormundes und der Mitvormünder sowie die Art der etwaigen Theilung der Vormundschaft ersichtlich sein sollen. Ist ein Familienrath bestellt (gebildet), so ist auch dies in der Bestallung anzugeben. § 1608 (Vorl. Zusst. § 13). Wird ein Geschäftsunfähiger zum Vormunde bestellt, so ist die Bestellung nichtig. Ein anderer der im § 1603 bezeichneten Unfähigkeitsgründe sowie der Mangel der in Gemäßheit der Bestimmung des § 1604 erforderlichen Erlaubniß ist auf die Gültigkeit der Bestellung ohne Einfluß; der Bestellte hat die Vormundschaft so lange zu führen, bis er entlassen ist. § 1609 (Vorl. Zusst. § 14 nebst Berichtigung IV.). Neben dem Vormunde kann ein Gegenvormund bestellt werden. Ein Gegenvormund soll bestellt werden, wenn mit der Vormundschaft eine Vermögensverwaltung verbunden ist, es sei denn, daß die Verwaltung eine nicht erhebliche ist oder daß die Vormundschaft von mehreren Vormündern gemeinschaftlich geführt wird. Wird die Vormundschaft von mehreren Vormündern nach bestimmten Wirkungskreisen getheilt geführt, so kann der eine Vormund zum Gegenvormunde des anderen bestellt werden. 1038
1. Titel: Vormundschaft über Minder) ährige
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Auf die Berufung und Bestellung des Gegenvormundes finden die für die Berufung und Bestellung des Vormundes geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung. Bemerkungen. Zu der Note zu §1597. Die Aenderung des Schlusses der Note bezweckt eine Verdeutlichung des beabsichtigten Sinnes. Die Worte „einen besonderen Vormund zu bestellen" könnten das Mißverständniß erwecken, als werde an einen Spezialkurator gedacht. Eventl. würde ich vorschlagen „einen anderen Vormund" oder „einen Anderen zum Vormunde". Zu § 1601. Die W o r t e „nach den persönlichen und Vermögensverhältnissen" in dem ersten Satze glaubte ich mit Rücksicht auf den Beschluß der Kommission (Prot. S. 8163) nicht weglassen zu dürfen. Zu § 1603. Die Vorlage versucht, den Paragraphen mit dem Singularis „Unfähig .. . ist" zu konstruiren theils, weil der Entwurf regelmäßig seine Bestimmungen im Singular ausdrückt, theils weil bei dem Gebrauche des Pluralis „Unfähig . . . sind" die Fassung „wer der bürgerlichen Ehrenrecht verlustig erklärt ist" und „wer . . . ausgeschlossen ist" (No. 4, 5), wie mir scheint, nicht recht paßt. Müßte es bei diesen Bestimmungen denn nicht heißen, „diejenigen . . . welche"? Das würde dann aber doch auch wieder nicht ansprechend sein. Bei dem Vorschlage der Vorlage klingt allerdings die Nr. 4 „eine Frau" eigenthümlich; aber doch scheint mir der Ausdruck „eine Frau ist unfähig, Vormund zu sein" nicht inkorrekt zu sein. 2. Die Bestimmung unter Nr. 4 (Nr. 3 der vorl. Zusst.), daß eine Ehefrau immer nur mit Einwilligung ihres Ehemannes zum Vormunde bestellt werden darf, enthält nicht eine Modifikation der Regel, daß Frauen unfähig sind, sondern eine Modifikation der von dieser Regel in Betreff der Mutter u. s. w. gemachten Ausnahme und müßten deshalb m. E., wenn man der vorl. Zusst. folgt, die eingeklammerten Worte „der Ausnahme" neben den Worten „der Beschränkung" stehen bleiben, weil anderenfalls die letzteren Worte dem Wortsinne nach auf die Regel zu beziehen sein würden. Die H i n z u f ü g u n g der Worte „der Ausnahme" macht, wie mir scheint, den Satz aber doch recht schwerfällig. Die Vorlage schlägt deshalb im Anschlüsse an den Entwurf die Bildung eines besonderen Satzes vor, was zwar auch, weil mit der Konstruktion des Paragraphen nicht ganz harmonirend, nicht einwandsfrei ist, aber doch das geringere Uebel sein dürfte. Zu § 1605. Wegen der Fassung im Singualris vergl. die Bemerkung zu § 1603. Zu § 1606. Die Einschaltung der Worte „auf Erfordern des Vormundschaftsgerichts" entspricht dem Beschlüsse der Kommission. Zu § 1607. Die in dem zweiten Absätze eingeschalteten Worte „und die Geburtszeit" sind durch die Annahme des zweiten Absatzes des § 487 des Entw. mit beschlossen. Zu § 1609. Die Fassung des Eingangs des dritten Absatzes schließt sich der Fassung des dritten Absatzes des § 19 der vorl. Zusst. an. 1039
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3. Abschnitt: Vormundschaft
II. Führung der Vormundschaft. 1. Allgemeine
Bestimmungen.
§ 1610 (Vorl. Zusst. § 15). Der Vormund hat die Pflicht und das Recht, f ü r die Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen. Pflicht und Recht beginnen mit der Bestellung. §1611 (Vorl. Zusst. §16). Die Pflicht und das Recht des Vormundes, f ü r die Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen, umfaßt auch die gesetzliche Vertretung des Mündels. §1612 (Vorl. Zusst. §17). Die Pflicht und das Recht des Vormundes, für die Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen, erstreckt sich nicht auf solche Angelegenheiten des Mündels, für welche eine Pflegschaft besteht. § 1613 (Vorl. Zusst. § 18). Der Vormund ist von der gesetzlichen Vertretung des Mündels ausgeschlossen: 1. bei Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Vormund selbst oder seinem Ehegatten oder einem seiner Verwandten in gerader Linie einerseits und dem Mündel andererseits mit Ausnahme solcher Rechtsgeschäfte, durch welche nur eine Verbindlichkeit erfüllt wird; 2. bei Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Mündel und einer anderen von dem Vormunde vertretenen Person; 3. bei Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten, welche die Uebertragung oder Belastung einer dem Mündel gegen den Vormund zustehenden durch Pfand oder Bürgschaft gesicherten Forderung oder die Aufhebung oder Minderung dieser Sicherheit oder die Begründung der Verpflichtung des Mündels zu einer solchen Uebertragung oder Belastung, Aufhebung oder Minderung zum Gegenstande haben; 4. in Angelegenheiten, für welche das Vormundschaftsgericht dem Vormunde die Vertretung deshalb entzogen hat, weil das Interesse des Mündels mit dem Interesse des Vormundes oder einer anderen von dem Vormunde vertretenen Person in erheblichem Widerstreite steht. §1614 (Vorl. Zusst. §19). Mehrere Vormünder führen die Vormundschaft gemeinschaftlich. Im Falle der Verschiedenheit der Meinungen entscheidet das Vormundschaftsgericht, sofern von demselben nicht ein Anderes bestimmt ist. Das Vormundschaftsgericht kann anordnen, daß die Vormundschaft von mehreren Vormündern nach bestimmten Wirkungskreisen getheilt geführt werde. Im Falle einer solchen Theilung wird die Vormundschaft von jedem Vormunde f ü r den ihm überwiesenen Wirkungskreis selbständig geführt. H a t der Vater oder die Mutter mehrere Vormünder benannt, so sind die von dem Benennenden über die Entscheidung im Falle einer Meinungsverschiedenheit unter den benannten Vormündern oder über die Vertheilung der Geschäfte unter denselben nach Maßgabe der Bestimmungen des § 1599 getroffenen Anordnungen von dem Vormundschaftsgerichte zu befolgen, sofern nicht aus deren Befolgung eine erhebliche Gefährdung des Interesses des Mündels zu besorgen ist. § 1615 (Vorl. Zusst. § 46J.Wenn die Sorge für die Person und die Sorge für das Vermögen des Mündels verschiedenen Vormündern obliegt, so steht bei einer Verschiedenheit der Meinungen dieser Vormünder über die Vornahme einer sowohl in den Bereich der Sorge für die Person als in den Bereich der Sorge für das Vermögen fallenden Handlung die Entscheidung dem Vormundschaftsgerichte zu. 1040
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
§ 1616 (Vorl. Zusst. § 20). Der Gegenvormund hat darauf zu achten, daß der Vormund bei der ihm obliegenden Führung der Vormundschaft pflichtmäßig handelt; er hat Pflichtwidrigkeiten des Vormundes und alle Fälle, in welchen das Vormundschaftsgericht zu einem Einschreiten berufen ist, insbesondere den Tod des Vormundes oder eine eintretende Unfähigkeit desselben, dem Vormundschaftsgerichte unverzüglich anzuzeigen. Der Gegenvormund hat außerdem bei der Führung der Vormundschaft in den durch das Gesetz bezeichneten Fällen mitzuwirken. § 1617 (Vorl. Zusst. §44). Ist ein Rechtsgeschäft, zu welchem die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes erforderlich ist, ohne diese Genehmigung vorgenommen, so ist das einseitige Rechtsgeschäft nichtig, der Vertrag zwar gültig, die Wirksamkeit desselben aber von der nachträglichen Genehmigung des Vormundschaftsgerichts abhängig. Die nachträgliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes wird gegenüber dem anderen Vertragschließenden nur dadurch wirksam, daß sie demselben durch den Vormund mitgetheilt wird. Der Vertrag wird nicht wirksam, wenn der Vormund gegenüber dem anderen Vertragschließenden erklärt, daß der Vertrag unwirksam sein solle, oder wenn der Vormund dem anderen Vertragschließenden ungeachtet einer von dem letzteren an den Vormund erlassenen Aufforderung innerhalb einer von dem Empfange derselben zu berechnenden Frist von zwei Wochen die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes nicht mittheilt. Solange der Vertrag noch wirksam werden kann, ist der andere Vertragschließende nicht berechtigt, von dem Vertrage zurückzutreten. Hat der Mündel die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit erlangt, so tritt seine Genehmigung an die Stelle der Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes; die Vorschriften des zweiten und dritten Absatzes finden hierbei entsprechende Anwendung. § 1618 (Vorl. Zusst. §45 nebst Berichtigung). Ist ein Rechtsgeschäft, zu welchem die Genehmigung des Gegenvormundes erforderlich ist, ohne die Genehmigung des letzteren oder des Vormundschaftsgerichtes vorgenommen, so finden die Vorschriften des § 1617 entsprechende Anwendung. 2. Sorge für die Person und das Vermögen. § 1619 (Vorl. Zusst. § 21). Durch die Pflicht und das Recht des Vormundes, für die Person des Kindes zu sorgen, werden die der Mutter in Ansehung dieser Sorge zustehenden Rechte nicht berührt. § 1620 (Vorl. Zusst. § 22). Auf die Pflicht und das Recht des Vormundes, für die Person des Kindes zu sorgen, finden die Vorschriften der §§ 1468, 1469, 1473 entsprechende Anwendung. §1621 (Vorl. Zusst. §37). Zu dem Antrage des Vormundes auf Entlassung des Mündels aus dem Staatsverbande ist die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich. Vor der Entscheidung über die Genehmigung soll das Vormundschaftsgericht nach Maßgabe des § (50 der vorl. Zusst.) Verwandte und Verschwägerte des Mündels hören. § 1622 (Vorl. Zusst. § 23). In welchem religiösen Bekenntniß der Mündel zu erziehen ist, bestimmt sich nach den Landesgesetzen. (Es bleibt vorbehalten, den Paragraphen in das Einführungsgesetz zu übernehmen.) § 1623 (Vorl. Zusst. § 24). Der Vormund hat von dem gesammten Vermögen des Mündels, sowohl demjenigen, welches bei der Anordnung der Vormundschaft vor1041
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
handen ist, als demjenigen, welches dem Mündel später zugefallen ist, ein genaues u n d vollständiges Verzeichniß unter Zuziehung des etwa vorhandenen Gegenvormundes aufzunehmen und dem Vormundschaftsgerichte unter der von ihm und dem Gegenvormunde abzugebenden pflichtmäßigen Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit einzureichen. Der Vormund kann sich bei der Aufnahme der Verzeichnisses der Hülfe eines öffentlichen Beamten bedienen. § 1624 (Vorl. Zusst. § 25). Sind über die Verwaltung der dem Mündel durch Erbschaft, Pflichttheil oder Vermächtniß zugefallenen Vermögensgegenstände von dem Erblasser durch letztwillige Verfügung Anordnungen getroffen, so ist der V o r mund verpflichtet, diese Anordnungen zu befolgen. Es kann jedoch mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes von den Anordnungen abgewichen werden, wenn und soweit aus der Befolgung derselben eine Gefährdung des Interesses des Mündels zu besorgen ist. Die Vorschriften des ersten Absatzes finden entsprechende Anwendung, wenn ein Dritter dem Mündel einen Vermögensgegenstand durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zugewendet und bei der Zuwendung Anordnungen über die Verwaltung desselben getroffen hat. Zu einer Abweichung von diesen Anordnungen ist jedoch, so lange der Dritte lebt, dessen Zustimmung erforderlich und genügend. § 1625 (Vorl. Zusst. § 26). Der Vormund kann eine Schenkung für den Mündel nicht vornehmen. Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf Schenkungen, welche durch eine sittliche Pflicht oder die auf den Anstand zu nehmende Rücksicht gerechtfertigt werden. § 1626 (Vorl. Zusst. § 30). Der Vormund darf Vermögensgegenstände des Mündels nicht in eigenem Nutzen verwenden. § 1627 (Vorl. Zusst. § 43). Der Vormund soll ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes weder den Betrieb eines Erwerbsgeschäftes im Namen des Mündels beginnen noch ein solches Geschäft des Mündels auflösen. §1628 (Vorl. Zusst. § 27 Abs. 1, 2, 4 nebst Berichtigungen). Gelder, welche nicht erforderlich sind, um die laufenden und andere durch die Vermögensverwaltung begründete Ausgaben zu bestreiten, soll der Vormund zinsbar anlegen. Die Anlegung der Gelder soll nur erfolgen: 1. in sicheren Hypotheken oder Grundschulden an inländischen Grundstücken; 2. in Schuldverschreibungen des deutschen Reiches oder eines deutschen Bundesstaates; 3. in Schuldverschreibungen, deren Verzinsung von dem deutschen Reiche oder einem deutschen Bundesstaate garantirt ist; 4. in Schuldverschreibungen, welche von inländischen kommunalen Körperschaften oder von den Kreditanstalten solcher Körperschaften ausgestellt und entweder von Seiten der Inhaber kündbar sind oder einer regelmäßigen Amortisation unterliegen; 5. bei einer inländischen öffentlichen und obrigkeitlich bestätigten Sparkasse; 6. in sonstigen Werthpapieren, in Ansehung deren durch Beschluß des Bundesrat e s bestimmt ist, daß Mündelgelder in denselben angelegt werden dürfen. Eine Hypothek oder eine Grundschuld ist nur dann als sicher anzusehen, wenn sie bei einem landwirthschaftlichen Grundstücke innerhalb der ersten Zweidrittel des Werthes, bei einem anderen Grundstücke innerhalb der ersten Hälfte des Werthes des Grundstückes zu stehen kommt. Die Landesgesetze können (für die innerhalb 1042
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ihres Geltungsbereiches belegenen Grundstücke) die Grundsätze bestimmen, nach welchen der W e r t h der Grundstücke festzustellen ist. § 1629 (Vorl. Zusst. § 28 nebst Berichtigung). K ö n n e n die in dem ersten Absätze des § 1628 bezeichneten Gelder nach den obwaltenden Umständen nicht in der in dem § 1628 bestimmten Weise angelegt werden, so sind sie vom V o r m u n d e zu belegen bei der Reichsbank o d e r bei einer inländischen Staatsbank o d e r bei einer anderen inländischen Bank, sofern diese durch die Gesetze des Bundesstaates, in welchem sie ihren Sitz hat, dazu f ü r geeignet erklärt ist, o d e r bei einer öffentlichen Hinterlegungsstelle, sofern dieser die Annahme solcher Gelder landesgesetzlich gestattet ist. 5 1630 (Vorl. Zusst. § 27 Abs. 3 und § 28*Abs. 2 nebst Berichtigungen). D e r V o r m u n d soll die in dem § 1628 Abs. 2 N r . l bis 4, 6 bestimmten Anlegung, w e n n ein Gegenvormund bestellt worden ist, nur mit Genehmigung desselben bewirken. Die Genehmigung des Gegenvormundes wird durch die G e n e h m i g u n g des V o r m u n d schaftsgerichtes ersetzt. Zu einer unter die Bestimmung des § 1628 Abs. 2 N r . 5 oder des § 1629 fallenden Anlegung bedarf der V o r m u n d der G e n e h m i g u n g des Gegenvormundes nicht; er soll eine solche Anlegung aber nur unter der Bestimmung bewirken, daß zu der Einzieh u n g die G e n e h m i g u n g des Gegenvormundes o d e r des Vormundschaftsgerichtes erforderlich sei. § 1631 (Vorl. Zusst. § 29). Das Vormundschaftsgericht kann dem V o r m u n d e aus besonderen G r ü n d e n eine andere als die in den §§ 1628, 1629 bestimmte Anlegung der Gelder gestatten. S 1632 (Vorl. Zusst. § 2t nebst Berichtigung S. 28, 29, 49). Gelder, welche zu der Bestreitung der laufenden oder anderer durch die Vermögensverwaltung begründeter Ausgaben erforderlich sind, darf der V o r m u n d in der Art belegen, daß zu einer E r h e b u n g die G e n e h m i g u n g des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichtes nicht erforderlich ist. In Ansehung der Auswahl des Dritten, bei welchem die Belegung bewirkt wird, ist der V o r m u n d nur insofern verantwortlich, als er die Sorge eines ordentlichen Hausvaters nicht angewendet hat. § 1633 [Vorl. Zusst. § 38; § 28* Abs. 1; (S. 48).] Zu einem Rechtsgeschäfte, durch welches ein Anspruch oder eine H y p o t h e k oder Grundschuld veräußert o d e r belastet o d e r die Verpflichtung zu einer derartigen V e r ä u ß e r u n g o d e r Belastung begründet wird, ist, soweit dazu nicht die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes erforderlich ist, die G e n e h m i g u n g des Gegenvormundes erforderlich. Die Genehmigung des Gegenvormundes ist jedoch nicht erforderlich zu der A n n a h m e einer Leistung, w e n n deren Gegenstand nicht in Geld o d e r in W e r t h p a p i e r e n besteht o d e r wenn durch die Leistung ein zu den N u t z u n g e n des V e r m ö g e n s des Mündels gehörender o d e r durch die V e r ä u ß e r u n g solcher N u t z u n g e n begründeter Anspruch o d e r ein Anspruch auf Rückzahlungen von Geldern, welche nach Maßgabe der Bestimmung des § 1632 belegt sind, erfüllt wird. Auch zu der A n n a h m e der Erfüllung anderer Ansprüche ist die G e n e h m i g u n g des Gegenvormundes nicht erforderlich, w e n n der Gegenstand des Anspruches den Betrag von dreihundert M a r k t nicht übersteigt, es sei denn, daß es sich um einen Anspruch auf die Rückzahlung von Geldern handelt, welche nach M a ß g a b e der Bestimmung des § 1630 Abs. 2 angelegt sind. Die G e n e h m i g u n g des Gegenvormundes wird durch die G e n e h m i g u n g des V o r mundschaftsgerichtes ersetzt. Die letztere ist auch dann erforderlich, w e n n ein Ge1043
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3. Abschnitt: Vormundschaft
genvormund nicht bestellt ist, es sei denn, daß mehrere Vormünder die Vormundschaft gemeinschaftlich führen. § 1634 (Vorl. Zusst. § 56). Der Vormund soll die auf Inhaber lautenden Schuldverschreibungen und Aktien des Mündels, mit Ausnahme der Zinsscheine, Rentenkupons, Gewinnantheilsscheine und der zu dem Empfange solcher Scheine ermächtigenden Urkunden — Talon, Zins-, Renten-, Gewinnantheilsleisten — bei der Reichsbank oder bei einer anderen dazu durch die Landesgesetze für geeignet erklärten Stelle mit der Bestimmung hinterlegen oder, sofern es zulässig ist, auf den Namen des Mündels mit der Bestimmung umschreiben lassen, daß eine Herausgabe der hinterlegten Papiere oder eine Ersetzung der umgeschriebenen Papiere durch Inhaberpapiere nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes erfolgen könne. Das Vormundschaftsgericht kann den Vormund von der in dem ersten Absätze bezeichneten Verpflichtung entbinden. Das Vormundschaftsgericht kann anordnen, daß auch andere Werthpapiere mit Einschluß der Hypothekenbriefe und Grundschuldbriefe, sowie Kostbarkeiten des Mündels in der in dem ersten Absätze bestimmten Weise zu hinterlegen seien. § 1635 (Vorl. Zusst. § 57). Ist eine Hinterlegung nach Maßgabe der Bestimmungen des § 1634 erfolgt, so ist die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes erforderlich zu der Zurückgabe der hinterlegten Gegenstände und, so lange die Rückgabe nicht erfolgt ist, zu jedem Rechtsgeschäfte, durch welches die hinterlegten Gegenstände und die Hypotheken oder Grundschulden, auf welche die hinterlegten Hypothekenbriefe oder Grundschuldbriefe sich beziehen, veräußert oder belastet werden oder die Verpflichtung zu einer solchen Veräußerung oder Belastung begründet wird. Ist eine Umschreibung nach Maßgabe der Bestimmmungen des § 1634 erfolgt, so ist die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes erforderlich zu der Ersetzung der umgeschriebenen Papiere durch Inhaberpapiere sowie zu den in dem ersten Absätze bezeichneten Rechtsgeschäften über die aus der Umschreibung der Inhaberpapiere auf den Namen des Mündels sich ergebenden Stammforderungen. § 1636 (Vorl. Zusst. § 58). Soweit der Vormund zu der Hinterlegung von Werthpapieren und Kostbarkeiten oder zu der Umschreibung von Inhaberpapieren auf den Namen des Mündels nicht verpflichtet ist, darf er die Hinterlegung oder Umschreibung ohne Hinzufügung der im § 1634 Abs. 1 bezeichneten Bestimmung bewirken und finden in solchem Falle die Vorschriften des § 1635 keine Anwendung. In Ansehung der Auswahl des Dritten, bei welchem die Hinterlegung bewirkt wird, ist der Vormund nur insofern verantwortlich, als er die Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters verletzt hat. § 1637 (Vorl. Zusst. § 59). Die Kosten, welche in den Fällen der §§ 1634, 1636 aus einer Hinterlegung oder Umschreibung entstehen, sind von dem Mündel zu tragen. §1638 (Vorl. Zusst. §39). Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes ist erforderlich: 1. zu einem Rechtsgeschäft, durch welches ein Grundstück oder ein Recht an einem Grundstücke veräußert oder belastet oder die Verpflichtung zu einer derartigen Veräußerung oder Belastung begründet wird, es sei denn, daß der Gegenstand der Veräußerung oder Belastung eine Hypothek oder Grundschuld ist; 2. zu einem Rechtsgeschäfte, durch welches ein Anspruch auf Uebertragung des Eigenthumes an einem Grundstücke oder auf Begründung oder Uebertragung des Rechtes an einen Grundstücke, mit Ausnahme von Hypotheken oder Grundschul1044
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
den, veräußert oder belastet oder die Verpflichtung zu einer derartigen Veräußerung oder Belastung begründet wird; 3. zu einem Rechtsgeschäfte, durch welches das Vermögen des Mündels im Ganzen oder ein Bruchtheil dieses Vermögens oder eine Erbschaft oder ein Bruchtheil der letzteren veräußert oder belastet oder die Verpflichtung zu einer solchen Veräußerung oder Belastung begründet wird; 4. zu einem Vertrage über die Auseinandersetzung in Ansehung einer Erbschaft; 5. zu einem entgeltlichen Vertrage über den Erwerb eines Grundstückes, Rechtes oder Anspruches, zu deren Veräußerung nach den Bestimmungen unter Nr. 1, 2 die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes erforderlich ist; 6. zu einem Miethvertrage oder Pachtvertrage oder einem anderen, die Verpflichtung zu wiederkehrenden Leistungen begründenden Vertrage, sofern das Vertragsverhältniß über das einundzwanzigste Lebensjahr des Mündels hinaus fortdauern soll; 7. zu einem Pachtvertrage über ein Landgut oder mehrere zu dem Betriebe der Landwirthschaft verbundenen Grundstücke oder über einen gewerblichen Betrieb; 8. zu einem Vergleiche oder Schiedsverträge, es sei denn, daß der Gegenstand des Streites oder der Ungewißheit den Werth von dreihundert Mark nicht übersteigt; 9. zu der Eingehung der Verbindlichkeit aus einer Schuldverschreibung auf Inhaber oder aus einem Wechsel oder einer anderen Urkunde, welche durch Indossament übertragen werden kann; 10. zu der Aufnahme von Geld auf den Kredit des Mündels; 11. zu der Uebernahme einer fremden Verbindlichkeit; 12. zu der Ertheilung einer Prokura; 13. zu einem Rechtsgeschäfte, durch welches die f ü r einen Anspruch des Mündels bestehende Sicherheit aufgehoben oder gemindert oder die Verpflichtung zu einer solchen Aufhebung oder Minderung begründet wird; 14. zu einem Vertrage über den Erwerb oder die Veräußerung eines Erwerbsgeschäftes, sowie zu der Eingehung eines Gesellschaftsverhältnisses zum Zwecke der Betreibung eines Erwerbsgeschäftes. § 1639 (Vorl. Zusst. § 42). Zu der Vornahme der im § 1633 und im § 1638 unter Nr. 9 bis 11 bezeichneten Rechtsgeschäfte kann das Vormundschaftsgericht dem Vormunde eine allgemeine Ermächtigung ertheilen. Eine solche Ermächtigung soll jedoch nur dann ertheilt werden, wenn sie zum Zwecke der Vermögensverwaltung, insbesondere wegen des Betriebes eines Erwerbsgeschäftes, sich als erforderlich ergiebt. §1640 (Vorl. Zusst. §40). Die in den §§ 1633, 1635, 1638 vorgeschriebene Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichtes ist nicht erforderlich zu dem Antrage, einen gemeinschaftlichen Gegenstand zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft nach Maßgabe des § 762 Abs. 2 zu verkaufen sowie zu der Veräußerung oder Belastung eines Gegenstandes im Wege einer gegen den Mündel gerichteten Zwangsvollstreckung. § 1641 (Vorl. Zusst. §41). Der Vormund kann Gegenstände, zu deren Veräußerung nach den Bestimmungen der §§ 1633, 1635, 1638 die Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichtes erforderlich ist, dem Mündel nicht zu der Erfüllung der Verpflichtung aus einem von demselben geschlossenen Vertrage oder zur freien Verfügung überlassen. § 1642 (Vorl. Zusst. § 50). Das Vormundschaftsgericht soll vor einer ihm zustehenden Entscheidung auf Antrag des Vormundes oder Gegenvormundes sowie in 1045
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
allen wichtigen Angelegenheiten Verwandte oder Verschwägerte des Mündels gutachtlich hören, sofern dies ohne erhebliche Verzögerung und ohne unverhältnißmäßige Kosten geschehen kann. Die gutachtlich gehörten Verwandten und Verschwägerten können von dem Mündel Ersatz der dadurch ihnen entstandenen baaren Auslagen fordern. Der Betrag der letzteren wird von dem Vormundschaftsgerichte festgesetzt. § 1643 (Vorl. Zusst. § 51). Das Vormundschaftsgericht soll vor der Entscheidung über die zu einer Handlung des Vormundes erforderliche Genehmigung den Gegenvormund, wenn ein solcher bestellt worden ist, hören. § 1644 (Vorl. Zusst. § 52). Das Vormundschaftsgericht soll vor der Entscheidung über die Genehmigung des im § 1621 bezeichneten Antrags und der im § 1638 unter N r . 1, 2, 5 bezeichneten Rechtsgeschäfte sowie vor der Entscheidung über die Genehmigung des Beginnens eines Erwerbsgeschäftes in dem Namen des Mündels und der Auflösung eines solchen Geschäftes den Mündel, sofern dieser das achtzehnte Lebensjahr zurückgelegt hat, hören. 3. Fürsorge und Aufsicht des
Vormundschaftsgerichts.
§ 1645 (Vorl. Zusst. §47). Ist ein Vormund noch nicht bestellt oder der bestellte V o r m u n d f ü r die Person oder das Vermögen des Mündels zu sorgen behindert, so hat das Vormundschaftsgericht die im Interesse des Mündels erforderlichen Maßregeln zu treffen. § 1646 (Vorl. Zusst. § 48 nebst Berichtigung S. 43). Das Vormundschaftsgericht hat über die gesammte Thätigkeit des Vormundes und des Gegenvormundes die Aufsicht zu führen und gegen Pflichtwidrigkeiten derselben durch geeignete Gebote und Verbote einzuschreiten. §1647 (Vorl. Zusst. §49). Das Vormundschaftsgericht kann, auch gegen den Willen des Vormundes anordnen, daß der Mündel zu dem Zwecke der Erziehung in einer geeigneten Familie oder in einer Erziehungs- oder Besserungsanstalt unterzubringen sei. Soweit jedoch die Mutter die Pflicht und das Recht hat, f ü r die Person des Kindes zu sorgen, finden in Ansehung der Zulässigkeit einer solchen Anordnung die Bestimmungen des § 1510 entsprechende Anwendung. § 1648 (Vorl. Zusst. § 53). Der V o r m u n d und der Gegenvormund sind verpflichtet, dem Vormundschaftsgericht auf dessen Verlangen zu jeder Zeit über die Führung der Vormundschaft, insbesondere auch in Ansehung der Person des Mündels, Auskunft zu ertheilen. § 1649 (Vorl. Zusst. § 54). Der Vormund ist verpflichtet, dem Vormundschaftsgerichte über die Verwaltung des Vermögens des Mündels jährlich Rechnung zu legen. Das Rechnungsjahr sowie der Zeitpunkt der Einreichung der Rechnung wird von dem Vormundschaftsgericht bestimmt. Das Vormundschaftsgericht kann bei einer Verwaltung von geringem Umfange, wenn die Rechnung für das erste Jahr gelegt ist, die Rechnungslegung für einen längeren als einjährigen Zeitraum bestimmen, der längere Zeitraum darf drei Jahre nicht übersteigen. Die Rechnung soll eine Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthalten, über den Abgang und Zugang des Vermögens Auskunft geben und mit Belegen versehen sein. In dem Falle des Betriebes eines Erwerbsgeschäftes mit kaufmännischer Buchführung genügt als Rechnung eine aus den Büchern gezogene Bilanz. Das Vormund1046
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773—1895
schaftsgericht kann jedoch die Vorlegung der Bücher und sonstigen Belege verlangen. Die Rechnung ist vor der Einreichung dem Gegenvormunde, wenn ein solcher bestellt worden ist, unter Nachweisung des Vermögensbestandes zur Prüfung vorzulegen und von dem Gegenvormunde mit den Bemerkungen zu versehen, zu welcher die Prüfung ihm Anlaß giebt. $ 1650 (Vorl. Zusst. § 55). Das Vormundschaftsgericht soll die Rechnung rechnungsmäßig und sachlich prüfen und, soweit es erforderlich ist, deren erforderliche Berichtigung und Ergänzung herbeiführen. Ueber die unerledigt bleibenden Ansprüche des Vormundes oder Mündels ist in dem Rechtswege zu entscheiden. Dieselben können sowohl von dem Mündel als von dem Vormunde noch während des Bestehens der Vormundschaft gerichtlich geltend gemacht werden. §1651 (Vorl. Zusst. §60). Das Vormundschaftsgericht kann unter besonderen Umständen anordnen, daß der Vormund wegen des seiner Verwaltung unterliegenden Vermögens des Mündels diesem Sicherheit zu leisten habe. Die Art und den U m f a n g der Sicherheitsleistung bestimmt das Vormundschaftsgericht nach freiem Ermessen. Das Vormundschaftsgericht kann, solange das Amt des Vormundes nicht beendigt ist, zu jeder Zeit die Erhöhung, Verminderung oder Aufhebung der Sicherheit anordnen. Die Anordnung des Vormundschaftsgerichtes ersetzt die zu der Bestellung, Aenderung oder Aufhebung der Sicherheit erforderliche Mitwirkung des Mündels. Die Kosten der Sicherheitsleistung und deren Aenderung oder Aufhebung sind von dem Mündel zu tragen. 4. Befreite
Vormundschaft.
§ 1652 (Vorl. Zusst. § 63 nebst Berichtigung). D e r Vater und die Mutter des Mündels können anordnen, daß neben dem von ihnen benannten Vormunde ein Gegenvormund nicht zu bestellen ist. Sie können anordnen, daß zu der Vornahme der in dem § 1633 bezeichneten Rechtsgeschäfte sowie zu der Anlegung von Geldern des Mündels weder die Genehmigung des Gegenvormundes noch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich ist und daß Gelder des Mündels nicht in der in dem § 1630 bezeichneten Weise angelegt zu werden brauchen. Diese Anordnungen sind in der Anordnung, daß ein Gegenvormund nicht zu bestellen ist, als enthalten anzusetzen. § 1653 (Vorl. Zusst. § 64). Der Vater und die Mutter des Mündels können anordnen, daß der von ihnen benannte Vormund nicht verpflichtet ist, während des Bestehens der Vormundschaft Rechnung zu legen. Ist der Vormund durch eine solche Anordnung von der Verpflichtung zu der Rechnungslegung befreit, so hat er je nach Verlauf von zwei Jahren eine den dermaligen Bestand des Vermögens des Mündels ergebende Uebersicht dem Vormundschaftsgerichte einzureichen. Die Uebersicht ist vor der Einreichung dem Gegenvormunde, wenn ein solcher bestellt worden ist, unter Nachweisung des Vermögensbestandes zur Prüfung vorzulegen und von dem Gegenvormunde mit den Bemerkungen zu versehen, zu welchen die P r ü f u n g ihm Anlaß giebt. Das Vormundschaftsgericht kann anordnen, daß der Vormund die Uebersicht nach einem längeren als zweijährigen Zeiträume einzureichen hat; es kann unter besonderen Umständen auch anordnen, daß der Vormund die Uebersicht bis auf weitere Bestimmung überhaupt nicht einzureichen hat. 1047
§§ 1773—1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
§ 1654 (Vorl. Zusst. § 65). Der Vater und die Mutter des Mündels können anordnen, daß der von ihnen benannte Vormund nicht verpflichtet ist, in Gemäßheit der Vorschriften des § 1634 die Werthpapiere und Kostbarkeiten zu hinterlegen oder die Inhaberpapiere auf den Namen des Mündels umschreiben zu lassen oder in Gemäßheit der Vorschriften des §1651 Sicherheit zu leisten. § 1655 (Vorl. Zusst. §66). Auf die in den §§ 1652 bis 1654 bezeichneten Anordnungen des Vaters und der Mutter finden die Vorschriften des § 1599 entsprechende Anwendung. Die Anordnungen des Vaters gehen den Anordnungen der Mutter vor. § 1656 (Vorl. Zusst. § 67). Das Vormundschaftsgericht kann die in den §§ 1652 bis 1654 bezeichneten Anordnungen des Vaters und der Mutter außer Kraft setzen, wenn und soweit aus der Befolgung eine erhebliche Gefährdung des Interesses des Mündels zu besorgen ist. §1657 (Vorl. Zusst. §68). Ist in Ansehung der dem Mündel durch Erbschaft, Pflichttheil oder Vermächtniß zugefallenen Vermögensgegenstände von dem Erblasser durch letztwillige Verfügung die Offenlegung des Vermögensverzeichnisses verboten, so ist das von dem Vormunde nach Maßgabe der Vorschriften des § 1623 anzufertigende und einzureichende Verzeichniß von dem Vormundschaftsgerichte mit Siegeln zu verschließen; die Verschließung erfolgt auf Verlangen des Vormundes in dessen Gegenwart. Das Vormundschaftsgericht darf nur aus besonderen Gründen von dem Inhalte des Verzeichnisses Kenntniß nehmen; über die Gründe ist der V o r m u n d vorher zu hören. Das Verbot der Offenlegung des Vermögensverzeichnisses befreit den Vormund in Ansehung der Gegenstände, auf welche das Verbot sich bezieht, von der Verpflichtung, während des Bestehens der Vormundschaft Rechnung zu legen und Uebersichten des Vermögensbestandes einzureichen. Die Vorschriften des ersten bis dritten Absatzes finden entsprechende Anwendung, wenn ein Dritter dem Mündel Vermögensgegenstände durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zugewendet und bei der Zuwendung die Offenlegung des Verzeichnisses der zugewendeten Gegenstände verboten hat. Zur Kenntnißnahme von dem Inhalte des Verzeichnisses ist jedoch, so lange der Dritte lebt, dessen Zustimmung erforderlich und genügend. 4. Verbindlichkeiten gerichtes.
zwischen Vormund und Mündel. Haftung des
Vormundschafts-
§ 1658 (Vorl. Zusst. §31). Der Vormund sowie der Gegenvormund haftet wegen Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtungen für die Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters. Sind Mehrere verantwortlich, so haften sie als Gesammtschuldner. Ist der Gegenvormund f ü r den von dem Vormunde oder ein Mitvormund f ü r den von einem Mitvormunde zugefügten Schaden nur wegen Verletzung der Aufsichtspflicht verantwortlich, so gilt in dem Verhältnisse der beiden Verpflichteten zu einander, unbeschadet der Vorschrift des § 336 (K. E.), derjenige, welcher den Schaden zugefügt hat, als allein verpflichtet. § 1659 (Vorl. Zust. §32). V e r z ö g e n der Vormund die ihm nach den Bestimmungen des § 1628 obliegende Anlegung von Geldern des Mündels so muß er den anzulegenden Betrag vom Zeitpunkte der Verzögerung an verzinsen; verwendet er einen Vermögensgegenstand des Mündels in eigenen Nutzen, so muß er den Werth, welchen der Gegenstand zur Zeit der Verwendung hatte, von diesem Zeitpunkte an 1048
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773—1895
verzinsen. Der Anspruch des Mündels auf Ersatz eines weitergehenden Schadens bleibt unberührt. § 1660 (Vorl. Zust. §33). In Ansehung des Anspruches des Vormundes oder Gegenvormundes auf Ersatz von Aufwendungen finden die Vorschriften der §§ 587, 588 (K. E.) entsprechende Anwendung. Als Aufwendungen gelten auch solche von dem Vormunde oder Gegenvormunde geleisteten Dienste, welche dem Gewerbe oder Berufe desselben angehören. §1661 (Vorl. Zusst. §34). Die Vormundschaft wird in der Regel unentgeltlich geführt. Das Vormundschaftsgericht kann jedoch dem Vormunde und unter besonderen Umständen auch dem Gegenvormunde ein angemessenes H o n o r a r bewilligen, sofern das Vermögen des Mündels so wie Umfang und Bedeutung der vormundschaftlichen Geschäfte eine solche Bewilligung rechtfertigen. Die Bewilligung kann von dem Vormundschaftsgerichte zu jeder Zeit f ü r die Zukunft aufgehoben oder geändert werden. Das Vormundschaftsgericht soll vor der Bewilligung, Aenderung oder Aufhebung den Vormund und den Gegenvormund, wenn ein solcher bestellt worden ist, hören. § 1662 (Vorl. Zusst. § 35 nebst Berichtigungen). Der Vormund ist verpflichtet, nach Beendigung seines Amtes dem Mündel das von ihm verwaltete Vermögen herauszugeben und über die Verwaltung Rechnung zu legen. Soweit der Vormund dem Vormundschaftsgerichte eine Rechnung gelegt hat, genügt die Bezugnahme auf die frühere Rechnung. Die in dem ersten Absätze bezeichnete Rechnung ist dem Gegenvormunde, wenn ein solcher bestellt worden ist, zur Prüfung vorzulegen. Der Gegenvormund hat die Rechnung mit den Bemerkungen zu versehen, zu welchen die Prüfung ihm Anlaß giebt; er hat zugleich über die Führung der Gegenvormundschaft und, soweit er dazu im Stande ist, über das von dem Vormunde verwaltete Vermögen jede erforderliche Auskunft zu ertheilen. § 1663 (Vorl. Zusst. §36). Die von dem Gegenvormunde mit den erforderlichen Bemerkungen versehene Rechnung ist dem Vormundschaftsgerichte einzureichen. Das Vormundschaftsgericht hat die Rechnung rechnungsmäßig und sachlich zu prüfen, die Betheiligten mit Einschluß des Gegenvormundes sodann zum Zweck der Verhandlung über die Abnahme der Rechnung zu laden und, soweit dabei die Rechnung als richtig anerkannt wird, das Anerkenntniß zu beurkunden. § 1664 (Vorl. Zusst. § 61). Der Vormundschaftsrichter, welcher die ihm in Ansehung der Anordnung oder Führung der Vormundschaft obliegenden Amtspflichten verletzt, haftet dem Mündel nach Maßgabe des § 730 Abs. 1, 2 (K. E.) f ü r den aus der Verletzung einer solchen Amtspflicht dem Mündel entstandenen Schaden.
III. Beendigung der
Vormundschaft.
§ 1665 (Vorl. Zusst. § 69). Die Vormundschaft wird, außer durch den T o d und die Volljährigkeit des Mündels, beendigt: 1. mit der Erlassung des Unheiles, durch welches der Mündel f ü r todt erklärt wird; 2. wenn der Mündel unter elterliche Gewalt gelangt, es sei denn, daß die letztere auf die elterliche Nutznießung beschränkt ist; 3. wenn die Beschränkung der elterlichen Gewalt auf die elterliche Nutznießung, wegen deren die Vormundschaft angeordnet war, wegfällt. 1049
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
In dem Falle der Legitimation des Mündels durch nachfolgende Ehe wird jedoch die Vormundschaft über den Mündel erst mit dem Zeitpunkte beendigt, in welchem in einem Rechtsstreite zwischen dem Mündel und dem Ehemanne der Mutter des Mündels die Vaterschaft des Ehemannes rechtskräftig festgestellt ist, oder in welchem das Vormundschaftsgericht die Aufhebung der Vormundschaft anordnet. Das Vormundschaftsgericht soll die Aufhebung anordnen, wenn der Ehemann der Mutter des Mündels die Vaterschaft anerkennt und das Vormundschaftsgericht die Voraussetzungen der Legitimation f ü r vorhanden erachtet. § 1666 (Vorl. Zusst. § 70). Das Amt des Vormundes wird, außer durch dessen T o d , beendigt: 1. mit der Erlassung des Unheils, durch welches der Vormund für todt erklärt wird; 2. durch den Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Vormundes; 3. durch Entlassung des Vormundes von Seiten des Vormundschaftsgerichtes. § 1667 (Vorl. Zusst. § 71). Das Vormundschaftsgericht hat den Vormund zu entlassen: 1. wenn aus der Fortführung der Vormundschaft durch denselben eine erhebliche Gefährdung des Interesses des Mündels zu besorgen ist, wenn insbesondere eine solche Besorgniß durch ein pflichtwidriges Verhalten des Vormundes begründet wird; 2. wenn ein anderer gesetzlicher Unfähigkeitsgrund als der der Geschäftsunfähigkeit eintritt oder bekannt wird; 3. wenn die im § 1604 bezeichnete Erlaubniß versagt oder zurückgenommen wird; 4. wenn der Ehemann einer zum Vormunde bestellten Ehefrau die im § 1603 Nr. 4 bezeichnete Zustimmung versagt oder zurücknimmt. Die Bestimmung unter N r . 3 findet auch dann Anwendung, wenn die landesgesetzlich zu der Fortführung einer vor dem Eintritte in das Amtsverhältniß oder Dienstverhältniß übernommenen Vormundschaft erforderliche Erlaubniß versagt oder zurückgenommen wird. § 1668 (Vorl. Zusst. § 72). Das Vormundschaftsgericht hat den Vormund zu entlassen, wenn dieser aus einem erheblichen Grunde die Entlassung beantragt. Als ein erheblicher Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn während der Führung der Vormundschaft ein Umstand eintritt, welcher nach den Bestimmungen des § 1605 Nr. 2 bis 7 zu der Ablehnung einer Vormundschaft berechtigt. § 1669 (Vorl. Zusst. § 73). Das Vormundschaftsgericht kann eine zum Vormunde bestellte Frau entlassen, wenn dieselbe eine Ehe schließt. § 1670 (Vorl. Zusst. § 74). Der Vormund ist verpflichtet, den T o d eines Mitvormundes oder Gegenvormundes, die Erben eines Vormundes sind verpflichtet, den T o d des Erblassers dem Vormundschaftsgerichte unverzüglich anzuzeigen. §1671 (Vorl. Zusst. § 75). In dem Falle der Beendigung der Vormundschaft oder des vormundschaftlichen Amtes finden in Ansehung der dem Vormunde zustehenden Rechte die Bestimmungen des § 596 (K. E) entsprechende Anwendung. §1672 (Vorl. Zusst. § 76). Die Vorschriften der §§ 1666 bis 1671 finden auf den Gegenvormund entsprechende Anwendung. 1050
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773—1895
§ 1673 (Vorl. Zusst. § 77). Der V o r m u n d sowie der Gegenvormund hat nach Beendigung seines Amtes die Bestallung dem Vormundschaftsgerichte zurückzugeben. IV. Familienrath. § 1674 (Vorl. Zusst. § 78). Ein Familienrath soll eingesetzt werden, wenn der Vater oder die Mutter des Mündels die Einsetzung angeordnet hat. Der Anordnende kann bestimmen, daß der Familienrath nur für den Fall des Eintrittes oder Nichteintrittes eines gewissen Ereignisses einzusetzen oder daß er in einem solchen Falle aufzuheben ist. Die Einsetzung des Familienrathes unterbleibt, wenn es an der zu der Einsetzung erforderlichen Zahl geeigneter Personen fehlt. § 1675 (Vorl. Zusst. § 79). Ein Familienrath kann eingesetzt werden, wenn ein Verwandter oder Verschwägerter des Mündels oder dessen Vormund oder Gegenvormund die Einsetzung beantragen und diese von dem Vormundschaftsgerichte im Interesse des Mündels für angemessen erachtet wird. Die Einsetzung unterbleibt, wenn sie von dem Vater oder der Mutter des Mündels untersagt ist. § 1676 (Vorl. Zusst. § 80). Der Familienrath besteht aus dem Vormundschaftsrichter und aus mindestens zwei und höchstens sechs Mitgliedern. Die Mitglieder werden von dem Vormundschaftsrichter durch Verpflichtung auf treue und gewissenhafte Führung des Amtes bestellt. Die Verpflichtung erfolgt mittels Handschlages an Eidesstatt. § 1677 (Vorl. Zusst. § 81). Als Mitglieder des Familienrathes sind diejenigen berufen, welche von dem Vater oder der Mutter des Mündels als Mitglieder benannt sind. Die Vorschriften des § 1600 Satz 1, 2 finden entsprechend Anwendung. Wenn und soweit als Mitglieder nach Maßgabe des ersten Absatzes berufene Personen nicht vorhanden sind oder das Amt ablehnen, werden die zu der Beschlußfähigkeit des Familienrathes erforderlichen Mitglieder von dem Vormundschaftsrichter ausgewählt. V o r der Auswahl sind Verwandte und Verschwägerte des Mündels nach Maßgabe des § 1642 sowie der Gemeindewaisenrath zu hören. Im Uebrigen erfolgt die Auswahl der Mitglieder durch Beschluß des Familienrathes. Der Familienrath kann so viele Mitglieder auswählen, als die Vorschrift über die höchste statthafte Zahl zuläßt. Bei der Auswahl eines Mitgliedes kann dessen Entlassung f ü r den Fall des Eintrittes oder Nichteintrittes eines gewissen Ereignisses vorbehalten werden. Sind neben dem Vorsitzenden nur zwei Mitglieder vorhanden, so sind ein oder zwei Ersatzmitglieder, soweit solche nicht bereits nach Maßgabe des ersten Absatzes berufen sind, von dem Familienrathe auszuwählen. Die von dem Vormundschaftsrichter sofort nach der Berufung oder Auswahl zu bestellenden Ersatzmitglieder treten in den Familienrath als Mitglieder ein, wenn der letztere durch Verhinderung oder durch Wegfall eines Mitgliedes beschlußunfähig wird. Werden mehrere Ersatzmitglieder berufen, so ist zugleich die Reihenfolge des Eintretens zu bestimmen. Ist der Familienrath durch die nur vorübergehende Verhinderung eines Mitgliedes beschlußunfähig geworden, so hat der Vormundschaftsrichter in Ermangelung eines Ersatzmitgliedes f ü r die Dauer der Verhinderung eine geeignete Person als Ersatzmitglied auszuwählen und zu bestellen. 1051
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
§ 1678 (Vorl. Zusst. § 82). Unfähig, Mitglied des Familienrathes zu sein, ist Jeder, welcher unfähig ist, V o r m u n d des Mündels zu sein. Unfähig, Mitglied des Familienrathes zu sein, ist ferner: 1. der Vormund des Mündels; 2. eine Frau; 3. wer mit dem Mündel weder verwandt noch verschwägert ist, es sei denn, daß er von dem Vater oder der Mutter des Mündels als Mitglied benannt ist oder daß er durch Beschluß des Familienrathes als Mitglied ausgewählt wird, oder daß er in dem Falle des § 1677 Abs. 4 von dem Vormundschaftsrichter als Ersatzmitglied ausgewählt wird; 4. wer durch eine Anordnung des Vaters oder der Mutter ausgeschlossen ist. In dem Falle der Bestellung einer Person zum Mitgliede des Familienrathes, welche dazu nach den Vorschriften des ersten Absatzes unfähig ist, finden die Vorschriften des § 1608 entsprechende Anwendung. § 1679 (Vorl. Zusst. § 83). Niemand ist verpflichtet, das Amt eines Mitgliedes des Familienrathes zu übernehmen. § 1680 (Vorl. Zusst. § 84). Auf die Anordnungen des Vaters und der Mutter, durch welche die Einsetzung oder Auflösung eines Familienrathes bestimmt, oder die Einsetzung eines solchen untersagt wird, und durch welche Personen als Mitglieder oder Ersatzmitglieder des Familienrathes benannt oder ausgeschlossen werden, finden die Vorschriften des § 1599 entsprechende Anwendung. Die Anordnungen des Vaters gehen den Anordnungen der Mutter vor. § 1681 (Vorl. Zust. § 85). Der Familienrath hat, soweit nicht das Gesetz ein Anderes bestimmt, die Rechte und Pflichten des Vormundschaftsgerichtes. Dies gilt insbesondere auch in Ansehung der Verantwortlichkeit der Mitglieder. Die Leitung der Geschäfte liegt dem Vormundschaftsrichter ob. Wird ein sofortiges Einschreiten nöthig, so hat der Vormundschaftsrichter die erforderlichen Anordnungen zu treffen, sodann unverzüglich den Familienrath einzuberufen, diesen von den Anordnungen in Kenntniß zu setzen und den Beschluß desselben über die etwa weiter erforderlichen Maßregeln herbeizuführen. § 1682 (Vorl. Zusst. § 86). Die Mitglieder des Familienrathes können von dem Mündel den Ersatz der baaren Auslagen fordern, welche aus der Wahrnehmung des Amtes entstanden sind. Der Betrag der Auslagen wird von dem Vormundschaftsrichter festgesetzt. § 1683 (Vorl. Zusst. § 87). Der Familienrath wird von dem Vormundschaftsrichter auf den Antrag zweier Mitglieder oder des Vormundes oder des Gegenvormundes oder von Amtswegen einberufen. Die Einladung der Mitglieder kann mündlich oder schriftlich erfolgen. Ein Mitglied, welches ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder die rechtzeitige Anzeige seiner Verhinderung unterläßt oder der Theilnahme an der Beschlußfassung sich enthält, ist von dem Vormundschaftsrichter in die dadurch veranlaßten Kosten zu verurtheilen. Auch kann der Vormundschaftsrichter gegen ein solches Mitglied eine Ordnungsstrafe bis zu hundert Mark verhängen. Erfolgt nachträglich eine genügende Entschuldigung, so ist die Verfügung, durch welche eine Verurtheilung in die Kosten erfolgt oder eine Strafe verhängt ist, wieder aufzuheben. § 1684. Der Familienrath ist bei Anwesenheit des Vormundschaftsrichters und mindestens zweier Mitglieder beschlußfähig. Eine Stellvertretung durch Bevollmächtigte ist unzulässig. 1052
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§
1773—1895
Besteht in einer Angelegenheit zwischen dem Interesse des Mündels und dem Interesse eines Mitgliedes ein erheblicher Widerstreit, so ist dieses Mitglied von der Beschlußfassung ausgeschlossen. Ueber die Ausschließung wird von dem Vormundschaftsrichter entschieden. Bei der Beschlußfassung entscheidet die Mehrheit der Stimmen der Anwesenden; im Falle der Stimmengleichheit giebt die Stimme des Vormundschaftsrichters den Ausschlag. § 1685 (Vorl. Zusst. § 89). In Ansehung der Beendigung des Amtes eines Mitgliedes des Familienrathes finden die Vorschriften des § 1666, des § 1667 Abs. 1, Nr. 1, 2 und des § 1668 Abs. 1 entsprechende Anwendung. Die Entlassung eines Mitgliedes gegen dessen Willen kann nur von dem, dem Vormundschaftsgerichte im Instanzenzuge vorgeordneten Gerichte erfolgen. § 1686 (Vorl. Zusst. § 90). Der Familienrath ist von dem Vormundschaftsrichter aufzuheben: 1. wenn die zu der Beschlußfähigkeit erforderliche Zahl von Mitgliedern nicht mehr vorhanden und eine Ergänzung durch den Vormundschaftsrichter wegen Mangels geeigneter Personen nicht möglich ist; 2. wenn der Fall eingetreten ist, f ü r welchen die Aufhebung nach Maßgabe des § 1674 Abs. 2 von dem Vater oder der Mutter angeordnet war. Von der Aufhebung des Familienrathes sind die bisherigen Mitglieder, der Vormund und der Gegenvormund in Kenntniß zu setzen. Der Vormund und der Gegenvormund erhalten neue Bestallungen; die früheren Bestallungen sind dem Vormundschaftsgerichte zurückzugeben. V. Mitwirkung
des
Gemeindewaisenrathes.
§1687 (Vorl. Zusst. §62). Der Gemeindewaisenrath hat in Unterstützung des Vormundschaftsgerichts darüber zu wachen, daß für die Person der in seinem Bezirke sich aufhaltenden Mündel gehörig gesorgt wird; er hat Fehler und Mängel, welche er in Ansehung der körperlichen Pflege und der Erziehung eines Mündels wahrnimmt, bei dem Vormundschaftsgerichte zur Anzeige zu bringen und auf Erfordern über das persönliche Ergehen eines Mündels dem Vormundschaftsgerichte Auskunft zu ertheilen. Der Waisenrath hat dem Vormundschaftsgerichte Anzeige zu erstatten, wenn er von einer Gefährdung des Vermögens eines Mündels Kenntniß erhält. Der Waisenrath hat dem Vormundschaftsgerichte die Personen vorzuschlagen, welche er in den einzelnen Fällen zur Bestellung als Vormund oder Gegenvormund oder als Mitglieder eines Familienrathes für geeignet erachtet. Das Vormundschaftsgericht hat den Gemeindewaisenrath in jedem Falle, in welchem ein in dem Bezirke desselben sich aufhaltender Mündel bevormundet wird, von der Bevormundung unter Bezeichnung der Vormünder und Gegenvormünder in Kenntniß zu setzen, auch von einer Aenderung der Person der Vormünder und Gegenvormünder zu benachrichtigen. Wird der Aufenthalt eines Mündels in den Bezirk eines anderen Waisenrathes verlegt, so hat der Vormund die Verlegung dem Waisenrathe, in dessen Bezirk der Mündel bisher sich aufgehalten hat, anzuzeigen; dieser Waisenrath hat dem Waisenrathe des Bezirks, in welchen der Aufenthalt des Mündels verlegt ist, die Verlegung mitzutheilen. Vorbemerkung zu der Anordnung der folgenden Abschnitte. Die vorläufige Zusammenstellung hat im Wesentlichen die Anordnung des Entwurfes beibehalten. Ich bin aber zweifelhaft geworden, ob nicht in mehrfacher 1053
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3. Abschnitt: Vormundschaft
Beziehung eine Aenderung dieser Anordnung zweckmäßig ist. D a f ü r spricht zunächst, daß f ü r die elterliche Gewalt, f ü r welche der Entwurf im Wesentlichen dieselbe Anordnung wie f ü r das Vormundschaftsrecht vorgeschlagen hatte, eine davon abweichende Anordnung beschlossen ist. Insbesondere sind bei jener die Bestimmungen über das Erforderniß der Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes von den Bestimmungen über die Fürsorge und Aufsicht getrennt und die ersten unmittelbar an die Vorschriften angeschlossen, welche die dem Vormund in Betreff der Sorge f ü r die Person und das Vermögen zustehenden Rechte betreffen. Bei dem Vormundschaftsrechte spielt zwar die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts eine größere Rolle wie bei der elterlichen Gewalt, es ist dies aber nur ein quantitativer Unterschied; die prinzipielle Bedeutung der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ist in beiden Fällen dieselbe. Es läßt sich auch wohl nicht verkennen, daß die Bestimmungen übersichtlicher werden und das Verständniß erleichtert wird, wenn alle Bestimmungen der gedachten Art zusammengestellt werden. Bei dem Vormundschaftsrechte tritt zu der Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes noch die Genehmigung des Gegenvormundes hinzu und wird ebenso wie jene zu behandeln sein. Hier tritt das Störende der Trennung der betreffenden Bestimmungen besonders scharf hervor. Die §§ 27 bis 29 der vorl. Zusst. enthalten sehr wesentliche Bestimmungen über die Mitwirkung des Gegenvormundes und eventuell des Vormundschaftsgerichts. Bestimmungen über dieselbe Frage enthält der § 38 der vorl. Zusst. und doch steht derselbe in einem anderen Abschnitt und ist von den erstgedachten Bestimmungen durch den ganzen Unterabschnitt über das obligatorische Verhältniß zwischen Vormund und Mündel getrennt. Der § 38 läßt sich aber wieder andererseits von den folgenden Bestimmungen über die Fälle, in welchen die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erfordert wird, nicht trennen. Hiernach glaubt die Vorlage zunächst den Unterabschnitt über das obligatorische Verhältniß zwischen Mündel und V o r mund §§31 bis 36 der vorl. Zusst. ausscheiden, den § 30 vor die §§ 27 bis 29, den § 37 an die Bestimmungen über die Sorge f ü r die Person anschließen zu sollen, und erreicht dadurch, daß die §§38 ff. unmittelbar an die §§ 27 bis 29 angeschlossen werden. Im weiteren Verfolg des dieser Anordnung zu Grunde liegenden Gedankens schaltet die Vorlage dann die §§ 56 bis 59 der vorl. Zusst., welche die Bestimmungen über die gesetzliche Verpflichtung des Vormundes zur Hinterlegung und Umschreibung von Werthpapieren und das sich daran knüpfende Erforderniß der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zu Rechtsgeschäften über die hinterlegten und umgeschriebenen Werthpapiere enthalten, ein und läßt dem § 39 alle Bestimmungen, welche sich auf die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes beziehen, folgen. Im Einzelnen wird in dieser Beziehung auf die Bemerkung zu den betreffenden Paragraphen verwiesen. Darauf folgen dann die speziell die Fürsorge und Aufsicht des Vormundschaftsgerichts betreffenden Bestimmungen der §§ 47 bis 49, §§ 53 bis 55 und § 60 der vorl. Zusst. Die Vorlage schlägt dann ferner vor, hiervon die Bestimmungen über die befreite Vormundschaft (§§ 63 bis 68 der vorl. Zusst.) anzuschließen und dann erst die Vorschriften über das obligatorische Rechtsverhältniß zwischen Vormund und Mündel folgen zu lassen und mit diesen die Vorschrift des § 61 über die H a f t u n g des Vprmundschaftsgerichts zu verbinden. In dem Abschnitte über die elterliche Gewalt sind die Vorschriften über das obligatorische Verhältniß zwischen Vormund und Mündel in den Abschnitt über die Sorge f ü r die Person und das Vermögen mitaufgenommen. Es ist dies aber nur deshalb geschehen, weil bei der elterlichen Gewalt 1054
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
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überhaupt keine besonderen B e s t i m m u n g e n in dieser B e z i e h u n g z u geben w a r e n und lediglich auf die V o r s c h r i f t e n des V o r m u n d s c h a f t s r e c h t s verwiesen wird. In dem § 1467 w e r d e n aber d o c h ausdrücklich die V o r s c h r i f t e n über die Pflicht und das R e c h t der S o r g e f ü r die P e r s o n und das V e r m ö g e n des Mündels v o n denen über das obligatorische Verhältniß zwischen V o r m u n d und Mündel unterschieden. W a s die Eintheilung der bisher erwähnten B e s t i m m u n g e n in Unterabschnitte und die Ueberschriften anlangt, so schlägt die V o r l a g e z u n ä c h s t vor, den g a n z e n hier fraglichen Abschnitt im Anschlüsse einerseits an die preuß. V o r m u n d s c h a f t s o r d n u n g und andererseits an die Ueberschrift des ersten Abschnitts „ A n o r d n u n g der V o r m u n d s c h a f t " mit d e r Ueberschrift „II. F ü h r u n g der V o r m u n d s c h a f t " zu versehen. Als Unterabschnitte werden dann v o r g e s c h l a g e n : 1. Allgemeine B e s t i m m u n g e n : § § 1 5 bis 20, §§ 44 bis 46 der vorl. Zusst. ( W e g e n der letzteren P a r a g r a p h e n vergl. die B e m e r k u n g e n z u denselben). 2. S o r g e f ü r die P e r s o n und das V e r m ö g e n : SS 21 bis 23, 37 Abs. 1, 2, §§ 24 bis 26, 30, 43, 27 bis 29, 38, 56 bis 59, 39 bis 42, 50 bis 52 der vorl. Zusst. ( W e g e n der Stellung der einzelnen P a r a g r a p h e n vergl. die B e m e r k u n g e n zu denselben. D i e B e s t i m m u n g e n über die S o r g e f ü r die P e r s o n und das V e r m ö g e n sind z u s a m m e n g e f a ß t , theils weil die Bestimmungen des § 39 N r . 8 sich nicht ausschließlich auf das V e r m ö g e n beziehen, theils weil die allgemeinen B e s t i m m u n g e n über G e n e h m i g u n g des V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t e s sich sowohl auf die R e c h t s g e s c h ä f t e , welche die P e r s o n als diejenigen, welche das V e r m ö g e n betreffen, beziehen). 3. F ü r s o r g e und Aufsicht des V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t s : §§ 47 bis 49, 53 bis 55, 60 der vorl. Zusst. 4. Befreite V o r m u n d s c h a f t : §5 63 bis 68 der vorl. Zusst. 5. G e g e n s e i t i g e Verbindlichkeiten des V o r m u n d e s und des Mündels und H a f t u n g des V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t e s : § 31 bis 36, 61 d e r vorl. Zusst. U n t e r III f o l g t dann der Abschnitt über die B e e n d i g u n g der V o r m u n d s c h a f t (§5 69 bis 77 der vorl. Zusst.), unter I V der Abschnitt über den Familienrath (§§ 78 bis 90 der vorl. Zusst.) und endlich unter V der Abschnitt über die Mitwirkung des G e m e i n d e w a i s e n r a t h s (§ 62 der vorl. Zusst.). D e n letztgedachten Abschnitt ans E n d e zu setzen, wird deshalb v o r g e s c h l a g e n , weil die B e s t i m m u n g e n desselben sich auf die B e s t i m m u n g e n aller früheren Abschnitte einschließlich der B e s t i m m u n g e n über den Familienrath beziehen. Zu § 1611. Beschlossen ist die k ü r z e r e F a s s u n g der vorläufigen Z u s a m m e n s t e l lung. Ich habe d a g e g e n aber d a s B e d e n k e n , daß d a d u r c h der Schein entsteht, als sei die gesetzliche V e r t r e t u n g ein dem V o r m u n d e neben der Pflicht und d e m Recht, f ü r die P e r s o n u n d das V e r m ö g e n des K i n d e s z u s o r g e n , zustehendes b e s o n d e r e s Recht, w ä h r e n d d o c h nach der Absicht des G e s e t z e s die gesetzliche V e r t r e t u n g nur ein Ausfluß o d e r ein Bestandtheil der Pflicht u n d des Rechts der S o r g e f ü r die P e r s o n und d a s V e r m ö g e n ist. D a ß dies klar z u m A u s d r u c k gebracht werde, ist deshalb von Wichtigkeit, damit kein Zweifel darüber entsteht, daß in allen Fällen, in welchen ohne weiteren Z u s a t z die Pflicht und das Recht, f ü r die P e r s o n und das V e r m ö g e n zu sorgen erwähnt wird, zugleich die gesetzliche V e r t r e t u n g in diesen Angelegenheiten mitgetroffen wird. V e r g l . z. B. §§ 1466, 1467, 1470, 1473, 1474 der Zusst. Ich g e b e 1055
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3. Abschnitt: Vormundschaft
deshalb anheim, ob dieser Auffassung nicht in der von der Vorlage vorgeschlagenen Weise ein klarer Ausdruck zu geben ist. Zu § 1612. Die Weglassung der Worte „sowie die Vertretungsmacht des Vormundes" ist eine Konsequenz der in der Bemerkung zu § 1611 dargelegten Auffassung. Ich würde die fraglichen Worte aber auch dann weglassen, wenn für den § 1611 die Fassung der vorläufigen Zusammenstellung beschlossen werden sollte, damit dann wenigstens indirekt aus der Fassung des § 1612 entnommen werden kann, daß die gesetzliche Vertretung einen Bestandtheil der Sorge für die Person und das Vermögen bildet. Zu §1613. 1. Das Wort „Vertretungsmacht" bezeichnet streng genommen nur das Recht, Namens des Vertretenen zu handeln. In diesem Sinne allein ist es auch in den in der vorläufigen Zusammenstellung allegirten §§ 44, 116, 124, 125 gebraucht. Das Recht des gesetzlichen Vertreters einer in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Person, die Einwilligung und Genehmigung zu Rechtsgeschäften derselben zu ertheilen oder zu versagen, ist meines Erachtens nicht eigentlich ein Ausfluß seiner Vertretungsmacht, sondern ein ihm zwar mit Rücksicht auf dieselbe beigelegtes, prinzipiell aber doch neben derselben bestehendes Recht. In dem § 64 K. E. wird daher auch nur von dem gesetzlichen Vertreter gesprochen. Da in dem § 1613 der gesammten Inhalt der gesetzlichen Vertretung betroffen werden soll, so scheint mir die allgemeinere Ausdrucksweise der Vorlage den Vorzug zu verdienen. Dem entspricht auch die Fassung der §§ 1470, 1473. Der vorgeschlagenen Fassung wäre vielleicht noch folgende leichtere vorzuziehen: „Die gesetzliche Vertretung des Mündels steht dem Vormunde nicht zu pp." 2. Die Ausdehnung der Nr. 4 auf die Fälle eines Widerstreits des Interesses des Mündels mit dem Interesse der Ehefrau und Verwandten des Vormundes in gerader Linie ist nicht beschlossen. Vergl. Protokoll S. 8209 Nr. 3 und S. 8211. „In erheblichem Widerstreite steht" statt „entgegensteht" entspricht dem Beschlüsse. Zu §1614. 1. In dem zweiten Absätze sind die Worte „bei der Bestellung" weggelassen. Dieselben stehen zwar auch in dem angenommenen Absätze des Entwurfes, sind aber meines Erachtens entweder überflüssig oder, wenn man sie scharf betont, unrichtig, indem das Vormundschaftsgericht berechtigt sein muß, Bestimmungen der hier fraglichen Art auch noch nach der Bestellung der Vormünder zu treffen oder früher gegebene Bestimmungen der fraglichen Art zu ändern. Das letztere kann insbesondere auch dann nothwendig werden, wenn erst nach der Bestellung der Vormünder Anordnungen der Eltern bekannt werden, welche nach Maßgabe der Bestimmungen des Absatz 4 über das Verfahren bei Entscheidung von Meinungsverschiedenheiten bestimmen. 2. In dem angenommenen, sachlich mit dem Entwürfe übereinstimmenden Antrage heißt es, daß die fraglichen Anordnungen von dem Vormundschaftsgerichte zu befolgen seien. Es ist dabei also davon ausgegangen, daß solche Anordnungen nicht ipso jure für die Vormünder maßgebend sind, sondern daß ebenso wie die Benennung der Vormünder selbst nur die Wirkung hat, daß das Vormundschaftsgericht den Benannten zum Vormunde zu bestellen hat, so auch die hier fraglichen Anordnungen nur die Wirkung haben, daß das Vormundschaftsgericht in Gemäßheit derselben die Geschäfte unter den mehreren Vormündern zu vertheilen und das im Falle einer Meinungsverschiedenheit einzuhaltende Verfahren zu bestimmen hat. Von praktischer Bedeutung ist dies insbesondere deshalb, weil das Vormundschafts1056
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gericht dadurch von vornherein zu der Prüfung der Frage veranlaßt wird, ob durch die Befolgung der Anordnungen nicht das Interesse des Mündels gefährdet wird und die Vormünder niemals in die Lage kommen, die Gültigkeit und den Sinn der getroffenen Anordnungen selbst prüfen zu müssen, sich vielmehr immer nur an die Anordnungen des Vormundschaftsgerichts bezw. die gesetzlichen Bestimmungen der ersten drei Absätze zu halten haben. Diese Auffassung des Beschlusses der Kommission nöthigte zu der Aenderung der Fassung des vierten Absatzes. Zugleich schien es mir zweckmäßig, durch Bezugnahme auf den § 1599 ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß die Anordnungen der hier fraglichen Art unter der Herrschaft jenes Paragraphen stehen. „Vertheilung der Geschäfte" statt „Theilung der Führung der Vormundschaft" dürfte, obwohl die letztere Ausdrucksweise sich mehr an den dritten Absatz anschließt, doch wohl zulässig sein und scheint mir natürlicher und anschaulicher. Zu § 1615. 1. Die Vorlage schaltet hier den § 46 der vorläufigen Zusammenstellung ein, weil die Bestimmung desselben ebenfalls allgemeiner Natur ist und sich ihrem Inhalte nach unmittelbar an die Vorschrift des § 1614 anschließt, indem in diesem über die Entscheidung von Meinungsverschiedenheiten zwischen mehreren verwaltenden Vormündern in dem § 1615 über dieselbe Frage im Falle einer Meinungsverschiedenheit zwischen mehreren getrennt verwaltenden Vormündern, welche ausnahmsweise zusammenwirken müssen, bestimmt wird. 2. Die Vorlage zieht das in der vorläufigen Zusammenstellung eingeklammerte "Wort „Handlungen" dem prinzipaliter vorgeschlagenen Ausdruck „Rechtsgeschäfte" vor, weil neben den Rechtsgeschäften, sowohl Rechtsstreitigkeiten als auch Handlungen anderer Art in Frage kommen können. Zu §§ 1617, 1618. Die Vorlage schlägt vor, die §§ 44, 45 der vorläufigen Zusammenstellung an dieser Stelle einzuschalten, weil ihr Inhalt durchaus allgemeiner Natur ist und sich nicht bloß auf die in dem folgenden Abschnitte befindlichen Bestimmungen über das Erforderniß der Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes, sondern auch auf alle in den früheren und späteren Abschnitten vorkommenden Bestimmungen dieses Inhalts bezieht. Mit der vorläufige Zusammenstellung glaube ich, daß die Fassung sich möglichst an den § 64 K. E. anschließen muß, das Wort „nachträgliche" vor „Genehmigung" in dem ersten und zweiten Absätze des § 1617 halte ich für nothwendig, weil die hier getroffenen Bestimmungen sich auf die vorherige Genehmigung nicht beziehen sollen (Vergi. § 33 Nr. 7 des Entwurfs eines Gesetzes über das Verfahren pp.). Zu § 1621.1. Wenn nach dem Vorschlage der Vorlage die Bestimmungen über die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes in dem Abschnitt über die Sorge für die Person und das Vermögen mit aufgenommen werden, so wird der § 37 der vorläufigen Zusammenstellung ebenso wie bei der entsprechenden Anordnung der Bestimmungen über die elterliche Gewalt geschehen ist (vgl. § 1471), an dieser Stelle einzuschalten sein. 2. Die Vorlage schlägt vor, den dritten Satz des § 37 mit dem § (51 der vorl. Zusst.) zu verbinden, weil in diesem die übrigen Fälle, in welchen der Mündel selbst gehört werden soll, aufgezählt werden. Ob es zweckmäßig ist, den zweiten Satz mit dem § (50 der vorl. Zusst.) zu verbinden, ist zweifelhaft. Die Vorlage sieht davon ab, weil in dem § 50 einzelne Fälle, welche als wichtige Angelegenheiten im Sinne dieses Paragraphen angesehen werden sollen, überhaupt nicht aufgeführt werden. Die vorgeschlagene Fassung des zweiten Satzes scheint mir deshalb den Vorzug vor der vorläufigen Zusammenstellung zu verdienen, weil durch dieselbe 1057
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3. Abschnitt: Vormundschaft
sofort anschaulicher hervortritt, um was es sich handelt. Durch die Verweisung auf den § (50 der vorl. Zusst.) dürfte genügend ausgedrückt werden, daß inbetreff der Voraussetzungen und der Art der Anhörung der Verwandten pp. die Bestimmungen jenes Paragraphen Anwendung finden. Zu § 1625. Statt „darf" wird „kann" vorgeschlagen, um die beabsichtigte Nichtigkeit der Schenkung außer Zweifel zu stellen. Zu §§ 1626, 1627. Die Vorlage schlägt vor, die §§ 30, 43 der vorläufigen Zusammenstellung an dieser Stelle einzuschalten, weil sie allgemeinerer Art sind und sich nicht, wie die späteren Paragraphen, auf einzelne bestimmte Rechtsgeschäfte und die Voraussetzungen der Gültigkeit derselben beziehen. In dem § 1627 wird zwar schon von der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts gesprochen; es steht dies jedoch, da nach der Anordnung der Vorlage alle Bestimmungen über die Genehmigung in diesen Unterabschnitt gehören, dem Vorschlage nicht entgegen. Zu §§ 1628 bis 1632. 1. Die Vorlage schlägt eine von der vorläufigen Zusammenstellung etwas abweichende Anordnung der hier fraglichen Bestimmung vor. In den §§ 1628, 1629 werden zunächst ausschließlich die materiellen Bestimmungen über die Art, in welcher die entbehrlichen Mündelgelder zu belegen sind, zusammengestellt und werden daher der dritte Absatz des § 27 der vorläufigen Zusammenstellung und aus dem § 28 die Worte „ohne daß der Genehmigung pp" weggelassen. In dem § 1630 werden dann die formellen Bestimmungen über die Art der Belegung, nämlich in dem ersten Absätze die Bestimmungen der Fälle, in welchen die Genehmigung des Gegenvormundes erforderlich ist, in dem zweiten Absätze die Bestimmung über die Art, in welcher der Vormund in denjenigen Fällen, in welchen die Genehmigung des Gegenvormundes nicht erforderlich ist, zusammengefaßt. Daran schließt sich dann in dem § 1631 die auch noch auf die entbehrlichen Gelder bezügliche Vorschrift über die Befugniß des Vormundschaftsgerichts, Ausnahmen von den Vorschriften der vorhergehenden Paragraphen zu gestatten. Der § 1632 enthält dann schließlich die Bestimmung über die für die laufende Verwaltung erforderlichen Gelder. Diese Anordnung scheint mir übersichtlicher und das Verständniß zu erleichtern, geeignet. 2. Aus dem neuen § 28a der vorläufigen Zusammenstellung ist nur der Inhalt des zweiten Absatzes in den zweiten Absatz des § 1630 übernommen, während der erste Absatz hier ganz weggelassen ist. Der Inhalt dieses ersten Absatzes enthält, abgesehen von einem Punkte, nur eine Wiederholung oder Consequenz der Bestimmungen des § 1633 (§ 38 der vorl. Zusst.). Nur insofern enthält er etwas Besonderes, als er auch für die Einziehung von Forderungen, welche den Betrag von dreihundert Mark nicht übersteigen, wenn dieselben durch eine in Gemäßheit des § 1630 Abs. 2 (§ 28 Abs. 2 der vorl. Zusst.) bewirkte Anlegung von Mündelgeldern entstanden sind, die Genehmigung des Gegenvormundes oder Vormundschaftsgerichtes erfordert. Diese Besonderheit scheint mir aber, wie bereits bei der Berathung angeregt worden, zweckmäßiger mit dem § 1633 (§ 38 vorl. Zusst.) verbunden zu werden, indem dadurch schärfer und verständlicher hervortritt, um was es sich eigentlich handelt. Diese Umstellung dürfte um so unbedenklicher sein, als nach der von der Vorlage vorgeschlagenen Anordnung der § 38 der vorläufigen Zusammenstellung sich als § 1633 unmittelbar an die hier fraglichen Bestimmungen anschließt. 3. Der Eingang des § 1632 (§ 28b der vorl. Zusst.) muß sich meines Erachtens an die Fassung des Eingangs des § 28 anschließen und scheint mir der Zusatz, daß die fraglichen Gelder sich zur dauernden Anlegung nicht eignen, entbehrlich. Statt 1058
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„kann" wird „darf" vorgeschlagen, weil das erste W o r t die rechtliche Möglichkeit bezeichnet, es sich hier aber um das Correlat das „soll" in dem § 1628 handelt. 2 « § 1633. 1. Wegen der Stellung dieses Paragraphen vergl. die obigen allgemeinen Bemerkungen über die Anordnung dieses Abschnitts. 2. Es scheint mir räthlich, in dem ersten Absätze dieses Paragraphen darauf hinzuweisen, daß die Bestimmungen desselben nur insoweit zur Anwendung kommen, als zu den betreffenden Rechtsgeschäften die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes nicht erforderlich ist. Es empfiehlt sich dies meines Erachtens insbesondere deshalb, weil nicht blos der § 39, sondern auch der § 57 der vorl. Zusst. Bestimmungen enthält, welche sich als eine Ausnahme von den Bestimmungen dieses Paragraphen darstellen, indem dadurch für Geschäfte der in diesem Paragraphen bezeichneten Art statt der Genehmigung des Gegenvormundes die des Vormundschaftsgerichtes erfordert wird. 3. Die Genehmigung „ist erforderlich" statt der Vormund „kann nur mit Genehmigung", wird vorgeschlagen, um in allen rechtlich gleich zu behandelnden Fällen auch dieselbe Ausdrucksweise zu gebrauchen. 4. Der zweite Satz der vorläufigen Zusammenstellung mußte mit Rücksicht auf die in den Bemerkungen zu den §§ 1628 bis 1632 unter Nr. 2 gerechtfertigte Weglassung des § 28 a Abs. 1 in zwei Sätze zerlegt werden. In dem zweiten dieser Sätze ist der Inhalt des § 28 a Abs. 1, soweit er nicht schon aus den übrigen Bestimmungen des § 1633 folgt, durch die der Regel, daß zu der Einziehung von Ansprüchen unter dreihundert Mark die Genehmigung des Gegenvormundes nicht erforderlich sei, hinzugefügte Ausnahme zum Ausdrucke gelangt. Vergleiche Protokoll S. 8332. In dem ersten jener Sätze ist neben den von der vorläufigen Zusammenstellung aufgeführten Fällen auch der Fall des § 1632 miterwähnt. Es dürfte zweckmäßig sein, auf die sich aus der Bestimmung dieses Paragraphen sich ergebende Ausnahme ausdrücklich zu verweisen, weil sie sonst leicht übersehen werden könnte. Vergl. Protokoll S. 8320. 5. Um die möglichen Zweifel abzuschneiden, schien es mir zweckmäßig, in dem zweiten Absätze ausdrücklich hervorzuheben, daß die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes auch dann erforderlich sei, wenn kein Gegenvormund bestellt worden. Daran ließe sich dann der dritte Absatz der vorläufigen Zusammenstellung als Ausnahme von dieser Regel zwanglos anknüpfen. Zu §§1634 bis 1637. Für die Einschaltung der §§56 bis 59 der vorläufigen Zusammenstellung an dieser Stelle sind folgende Gründe maßgebend gewesen: Die fraglichen Bestimmungen haben dadurch, daß der Vormund kraft des Gesetzes verpflichtet worden ist, Inhaberpapiere des Mündels in der in dem § 1634 (§ 56 der vorl. Zusst.) bestimmten Art zu hinterlegen oder umschreiben zu lassen, einen ganz anderen Charakter erhalten, als sie nach dem Entwürfe hatten. Es handelt sich in dieser Beziehung nicht mehr um eine Aufsichtsmaßregel des Vormundschaftsgerichts, sondern um eine dem Vormunde durch das Gesetz gegebene N o r m über die Art, wie er die hier fraglichen Vermögenstheile verwalten solle, eine N o r m , welche denselben Charakter hat und denselben Zweck verfolgt, wie die in den §§ 1628, 1629 gegebenen Vorschriften über die Anlegung der entbehrlichen Mündelgelder. Diese N o r m gehört daher an dieselbe Stelle, wie jene Vorschriften und müssen ebenso wie in den §§ 1630 bis 1632 jenen Vorschriften die Bestimmungen über die rechtlichen Folgen einer vorschriftsmäßig erfolgten Anlegung und über die dem Vormunde in Betreff solcher Gelder, auf welche sich die Vorschriften der §§ 1628, 1629 nicht beziehen, zustehenden Befugnisse angeschlossen sind, so auch hier der Vorschrift 1059
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des § 1634 die entsprechenden Vorschriften der §§ 1635 bis 1637 sich anschließen. Nun wird zwar in dem zweiten Absätze des § 1634 auch noch die Befugniß des Vormundschaftsgerichtes bestimmt, die Hinterlegung in Ansehung anderer Werthpapiere als derjenigen, auf welche sich die gesetzliche Verpflichtung des Vormundes zur Hinterlegung bezieht, anzuordnen. Trennen läßt sich diese Bestimmung von der des ersten Absatzes des § 1632 nicht. Die letztere erscheint aber als die Hauptbestimmung und muß daher m. E. die Vorschrift des zweiten Absatzes an derselben Stelle aufgenommen werden, an welche jene prinzipale Bestimmung gehört. In ähnlicher Weise ist ja auch in dem § 1631 eine Bestimmung über die Befugniß des Vormundschaftsgerichts, eine Abweichung von den gesetzlichen Bestimmungen zu gestatten, jenen Bestimmungen angeschlossen. Zweifelhaft erscheint, ob es nicht richtiger wäre, die Vorschriften der §§ 1634 bis 1637 noch vor den § 1633 zu setzen. Dafür spricht, daß jene Bestimmung ihrem Inhalte und Zwecke nach den Vorschriften der §§ 1628 bis 1632 an nächsten stehen. Für die von der Vorlage vorläufig vorgeschlagene Anordnung spricht dagegen, daß es sich sowohl in den Vorschriften der §§ 1628 bis 1632 wie in den § 1633 um das Erforderniß der Genehmigung des Gegenvormundes handelt, während in den Vorschriften der §§ 1634 ff das Erforderniß der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts aufgestellt wird, und daß in dem § 1633 auf die Vorschriften der §§ 1630, 1632 verwiesen wird. Zu § 1634. Statt „ist verpflichtet" wird „soll" vorgeschlagen, um mit der Ausdrucksweise des § 1628 im Einklänge zu bleiben. Zu § 1635. Die Trennung dieses Paragraphen in zwei Sätze wird vorgeschlagen, um die Härte, welche in der sonst unvermeidlichen Einschaltung der Worte „vor der Rückgabe" in der Mitte des Satzes liegt, und die sich hieraus ergebende Erschwerung des richtigen Verständnisses zu vermeiden. Zu § 1636. Die vorgeschlagene Fassung schließt sich thunlichst der des § 1632 an. Der Zweck der Bestimmung ist nicht sowohl zu bestimmen, daß der Vormund, auch ohne gesetzlich verpflichtet zu sein, hinterlegen und umschreiben lassen darf (denn dies versteht sich von selbst), sondern besteht darin, darauf hinzuweisen, daß der Vormund in Fällen dieser Art nicht in der durch den § 1632 bestimmten Art zu hinterlegen verpflichtet ist. Daß er in Fällen dieser Art auch nicht bei den in dem § 1632 bestimmten Hinterlegungsstellen zu hinterlegen verpflichtet ist, sondern freie Wahl hat, ergiebt sich wohl zur Genüge aus dem von der Vorlage allein aufgenommenen zweiten Satze des zweiten Absatzes des § 58 der vorl. Zusst. Auch in dem entsprechenden 5 1632 findet sich eine dem ersten Satze des zweiten Absatzes des § 58 entsprechende Bestimmung nicht. Wegen Ersetzung des Wortes „kann" in „darf" vergl. die Bemerkung zu Nr. 3 zu §§ 1628 bis 1632. Die Vorschrift des § 1636 unterscheidet sich übrigens von der des § 1632 dadurch, daß nach dem letzteren Paragraphen der Vormund die Gelder in der Art belegen kann, daß er sie für sich allein und ohne Genehmigung des Gegenvormundes zu erheben berechtigt ist, daß dagegen in den Fällen des § 1636 nur das besondere Erforderniß der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts für die Rückgabe und Umschreibung wegfällt, die allgemeinen Vorschriften des § 1633 über das Erforderniß der Genehmigung des Gegenvormundes und eventuell des Vormundschaftsgerichtes zu den in jenen Paragraphen bezeichneten Rechtsgeschäften aber zur Anwendung kommen. Vergl. Prot. S. 8432, 8437, 8420. 1060
1. Titel: Vormundschaft über Minder) ährige
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Zu § 1639. Da der § 42 der vorl. Zusst. über die Art und Weise, in welcher in den durch den Paragraphen bezeichneten Fällen die in dem § 1638 vorgeschriebene Genehmigung ertheilt werden kann, bestimmt, so scheint es mir zweckmäßig, ihn unmittelbar an den § 1638 anzuschließen. Zu § 1640. Die nicht ausdrücklich beschlossene Ausdehnung der Bestimmung dieses Paragraphen auf die Fälle des § 1635 scheint mir durch die Consequenz geboten und dem Sinne des Beschlusses zu entsprechen. Eine Hinterlegung gemeinschaftlicher Werthpapiere nach Maßgabe des § 1634 kann zwar nur ausnahmsweise mit Einwilligung des anderen Theilhabers vorkommen. Praktisch richtig ist dagegen der Fall der Zwangsvollstreckung. Die Zusammenziehung des Eingangs und die dadurch herbeigeführte Kürzung scheint mir zulässig und unbedenklich. Zu §§ 1642 bis 1644. Diese Paragraphen enthalten Bestimmungen über die Art und Weise, in welcher das Vormundschaftsgericht in denjenigen Fällen, in welchen seine Genehmigung erforderlich ist, zu verfahren hat. Der § 1642 spricht zwar generell von Entscheidungen des Vormundschaftsgerichts in wichtigen Fällen. Gedacht ist hierbei indessen, wenigstens hauptsächlich, doch auch nur an die Entscheidung über Ertheilung oder Verweigerung einer Genehmigung. Ausdrücklich hierauf beschränken sich die §§ 1643, 1644. Die fraglichen Paragraphen müssen daher m. E. unmittelbar an diejenigen Bestimmungen angeschlossen werden, in welchen die Vorschriften über das Erforderniß der Genehmigung des Vormundschaftsrichters enthalten sind. In der Stellung, welche sie nach der dem Entwürfe folgenden Zusammenstellung haben, schieben sie sich zwischen die auf die eigentliche Aufsicht des Vormundschaftsgerichtes bezüglichen Bestimmungen ohne genügenden Grund ein und zerreißen den Zusammenhang derselben. Zu § 1649. Die in der vorl. Zusst. eingeklammerten Worte: „bei einer Verwaltung von geringem Umfange" im dritten Absätze habe ich, obwohl ich die darin liegende Beschränkung nicht für nöthig halte, beibehalten zu müssen geglaubt, weil sie in dem angenommenen Antrage stehen. Vergl. Prot. S. 8406 No. 4. Zu § 1653. In dem zweiten Absätze scheint es mir statt „in einem längeren als zweijährigen Zwischenräume" heißen zu müssen: „nach einem längeren pp" oder: „in längeren als zweijährigen Zwischenräumen". Zu § 1654. Am Schlüsse wird statt „und" vorgeschlagen „oder". Zu §§ 1655, 1656. Statt: „des Vaters oder der Mutter" wird in beiden Paragraphen vorgeschlagen: „des Vaters und der Mutter". Zu §1657. Die Worte: „durch letztwillige Verfügung" hinter: „Erblasser" in dem ersten Absätze werden hier ebenso wie in dem § 1624 nicht entbehrt werden können. Die Weglassung des Wortes „zugleich" in dem dritten Absätze scheint mir unbedenklich. Zu § 1662. Das Allegat der §§ 54, 55 in dem zweiten Absätze ist mit Rücksicht auf den Beschluß Protokoll S. 8409 weggelassen. Zu § 1664. Die Vorlage schlägt vor, auch den § 730 Abs. 2 mit zu allegieren. Die Anwendbarkeit desselben ist unzweifelhaft und könnte, wenn man nur den Abs. 1 allegirte, das Mißverständniß entstehen, daß der Abs. 2 keine Anwendung finden soll. Zu § 1665. Die Vorlage setzt die N o . 3 der vorl. Zusst. voran, theils weil ihr Inhalt sich an dem im Eingange erwähnten Fall des Todes anschließt, theils weil der letzte Absatz des Paragraphen eine Modifikation der in den anderen beiden Nummern 1061
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3. Abschnitt: Vormundschaft
enthaltenen Bestimmung über die Beendigung der Vormundschaft durch Unterwerf u n g des Mündels unter die elterliche Gewalt enthält. Wird die No. 3 der vorl. Zusst. als N o . 1 vorangestellt, so scheint es mir auch zulässig, die Fassung derselben an §1521 anzuschließen, indem die Verschiedenheit der Konstruktion in den verschiedenen Nummern, wenn auch nicht gerade erwünscht, doch auch wohl nichts Anstößiges hat. Die Aenderung der Fassung der No. 3 wird deshalb vorgeschlagen, weil von den beiden in der Fassung der vorl. Zusst. durch „und" verbundenen Sätzen nur der letzteren derselben den Grund der Beendigung der Vormundschaft enthält, während der erstere nur den Zweck hat, die in dem zweiten Satze gedachte Beschränkung, deren Wegfall die Beendigung bewirken soll, näher zu bezeichnen; die Nebeneinanderstellung beider Sätze unter der Herrschaft des „wenn" aber den Schein erweckt, als wenn auch der erste Satz eine selbständige Voraussetzung der Beendigung der Vormundschaft enthielte. Zu §1666. Wegen Voranstellung der No. 3 vergl. die Bemerkung zu § 1665. Sollte in dem § 1665 der Wechsel der Konstruktion f ü r anstößig gehalten und die N o . 1 nach dem Vorschlage der vorl. Zusst. gefaßt werden, so würde auch f ü r den § 1665 die Fassung der vorl. Zusst. vorzuziehen sein; jedoch möchte ich auch dann die No. 3 voranstellen. Zu § 1667. Die von der Vorlage vorgeschlagene Fassung der No. 2 scheint mir weniger hart als die der vorl. Zusst. Auch ist es doch wohl richtiger zu sagen: „Geschäftsunfähigkeit ist ein gesetzlicher Unfähigkeitsgrund" als „auf der Geschäftsunfähigkeit beruht ein gesetzlicher Unfähigkeitsgrund". Wäre es nicht zulässig, die Ausnahme als selbstverständlich ganz wegzulassen und mit dem Entwürfe einfach zu sagen: „wenn ein gesetzlicher Unfähigkeitsgrund eintritt oder bekannt wird."? Zu § 1669. Die W o r t e : „auch wider ihren Willen" scheinen mir mit der Bemerkung zu der vorl. Zusst. überflüssig und nicht unbedenklich. Die Umkehrung des Satzes ist erfolgt, um mit der Fassung der vorhergehenden Paragraphen im Einklang zu bleiben und zugleich den Gegensatz des „hat" und „kann" sofort hervortreten zu lassen. Zu § 1670. Die Einschaltung des Wortes: „unverzüglich" ist nach Maßgabe des gedruckten Abänderungsantrages beschlossen. Vorbemerkung zu den §§ 1674 f f . Die vorläufige Zusammenstellung braucht in diesem Abschnitte statt des Ausdruckes „Vormundschaftsgericht" regelmäßig den Ausdruck „Vormundschaftsrichter". N u r in dem § 85 Abs. 1, § 89 und in dem letzten Absätze des § 90 wird von dem „Vormundschaftsgerichte" gesprochen. Der Entwurf hat theils den Ausdruck „Vormundschaftsrichter" theils den Ausdruck „Vormundschaftsgericht" gebraucht und war für den Gebrauch des einen oder anderen Ausdruckes der Gedanke maßgebend gewesen, daß von dem Vormundschaftsrichter gesprochen wird, wo der Vorsitzende des Familienrathes als solcher in Frage steht, daß aber das Vormundschaftsgericht genannt wird, wo es sich erst um die Bildung des Familienrathes oder überhaupt um eine vor dieser Bildung oder nach der Auflösung stattfindende Thätigkeit handelt. Bei der Berathung ist, soweit ich mich entsinne, diese Unterscheidung nicht zur Sprache gekommen. Prinzipiell dürfte sie richtig sein. Von praktischer Bedeutung kann sie dann werden, wenn in dem Einführungsgesetze für die Landesgesetzgebung ein Vorbehalt gemacht wird, nach welchem dieselbe die Funktionen des Vormundschaftsgerichtes einer Kollegialbehörde z. B. einem kollegialen Gemeindeorgane 1062
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
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übertragen kann. Für diesen Fall würde in dem Einführungsgesetze zugleich zu bestimmen sein, daß das Vormundschaftsgericht den Vormundschaftsrichter, welcher den Vorsitz im Familienrathe zu führen hat, zu ernennen habe und würde es unter dieser Voraussetzung von Wichtigkeit sein, daß das Gesetz ergäbe, welche Funktionen dem Vormundschaftsgerichte als solchem und welche dem Vormundschaftsrichter als Vorsitzenden des Familienrathes zukommen. V o n diesem Gesichtspunkte ausgehend, hat die Vorlage in dem ersten Absätze des § 1675 statt „Vormundschaftsrichter" gesetzt „Vormundschaftsgericht", weil es sich hier erst um die Einsetzung des Familienrathes handelt und diese nur dem gewöhnlichen Vormundschaftsgerichte zustehen kann, in dem ein Vormundschaftsrichter als Vorsitzender des Familienraths noch garnicht vorhanden ist. Ebenso im Entwürfe § 548 Abs. 4. Der Entwurf braucht den Ausdruck „Vormundschaftsgericht" aber noch an verschiedenen anderen Stellen, nämlich in dem § 550 Abs. 1, 5, 6, 7, 8, 10 und § 551 und müßte ihn konsequenter Weise auch in dem § 549 Abs. 2 gebrauchen, wo aber „Vormundschaftsrichter" steht. Es handelt sich hier um die Auswahl und die Bestellung der Mitglieder des Familienraths. O b hier von „Vormundschaftsgerichte" oder „Vormundschaftsrichter" zu sprechen ist, kann zweifelhaft sein. Für das erstere spricht, daß der Familienrath in den hier fraglichen Fällen mit Ausnahme etwa des Falles des 5 550 Abs. 10 noch nicht gebildet ist, es sich vielmehr um die zum Zwecke der Bildung des Familienrathes erforderlichen Maßregeln handelt. Für den Ausdruck „Vormundschaftsrichter" läßt sich aber geltend machen, daß, wenn das Vormundschaftsgericht die Einsetzung des Familienrathes verfügt hat, darin zugleich, sei es ausdrücklich oder stillschweigend, die Bestimmung des Vormundschaftsrichters zum Vorsitzenden des Familienrathes enthalten sei, (ausdrücklich, wenn „Vormundschaftsgericht" und „Vormundschaftsrichter" nicht dieselben Personen sind, stillschweigen in dem Regelfalle, in welchem beides zusammenfällt) und daß nunmehr die weiteren Maßregeln zur Bildung des Familienraths dem Vormundschaftsrichter als Vorsitzenden desselben überwiesen seien. Die Vorlage entscheidet sich für die letztgedachte Auffassung, weil sie prinzipiell zulässig und praktisch zweckmäßiger sein dürfte. Das letztere tritt insbesondere in dem Falle des § 550 Abs. 10 des Entw. hervor. Daß in den Fällen des § 85 Abs. 1, § 89 und § 90 Abs. 2 der vorl. Zusst., in welchen die Redaktionsvorlage in Uebereinstimmung mit der vorl. Zusst. den Ausdruck „Vormundschaftsgericht" gebraucht, dieser bleiben muß, ergiebt sich von selbst aus dem Gehalte der hier fraglichen Bestimmungen. Bemerkungen. Z.u § 1674. Die Vorlage läßt das W o r t „künftigen" vor „Ereignisses" fort, weil die Einsetzung des Familienrathes doch auch wohl davon abhängig gemacht werden kann, daß ein gewisses Ereigniß bereits eingetreten oder nicht eingetreten ist. Zu § 1676. Die Vorlage folgt in Betreff der Anordnung der vorl. Zusst. und stimmt mit dieser auch darin überein, daß es, um die praktische Handhabung des Gesetzes zu erleichtern, den V o r z u g verdient, die Hauptbestimmungen selbständig auszusprechen und nicht blos die f ü r den Vormund gegebenen Bestimmungen für entsprechend anwendbar zu erklären. Für den zweiten Absatz des § 1676 wird indessen die dem § 1607 entsprechende zweite Fassung der vorläufigen Zusammenstellung vorgeschlagen. Die wirkliche Bestellung zum Mitgliede des Familienrathes erfolgt, wie bei dem Vormunde, erst durch die Verpflichtung. Die vorhergehende Einberufung ist noch nicht Bestellung, sondern nur ein dieselbe vorbereitender Akt, indem die betreffende Person dadurch von ihrer Berufung oder Auswahl benachrich1063
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3. Abschnitt: Vormundschaft
tigt und f ü r den Fall, daß sie das Amt anzunehmen bereit ist, zu einem Termin behufs ihrer wirklichen Bestellung vorgeladen wird. Zu § 1677. 1. Die Vorlage glaubt die in Betreff des Vormundes von der Kommission beschlossene Unterscheidung zwischen gesetzlicher Berufung und Auswahl von Seiten des Vormundschaftsrichters auch f ü r die Mitglieder des Familienraths beibehalten zu müssen. Die Berufung erfolgt in dem einen wie in dem anderen Falle durch das Gesetz; die Benennung durch den Vater oder die Mutter bildet nur die thatsächliche Voraussetzung, an welche das Gesetz die Berufung knüpft. Praktisch hat die Verschiedenheit dieser Auffassung von der der vorl. Zusst. kaum eine Bedeutung, aber eine verschiedene Konstruktion des Verhältnisses bei den Vormündern und den Mitgliedern des Familienraths könnte doch leicht zu mancherlei Mißverständnissen führen. Aus der Beibehaltung der gedachten Unterscheidung ergab sich die Nothwendigkeit, die Fassung der verschiedenen Absätze dieses Paragraphen in der Art, wie geschehen, zu ändern. 2. In dem ersten Absätze ist nur § 1600 Satz 1, 2 allegirt, weil der dritte Satz für die Mitglieder des Familienrathes nicht paßt. 3. Zweifelhaft ist mir, ob nicht in dem ersten Satze des zweiten Absatzes ebenso wie in dem entsprechenden ersten Absätze des § 1601 zum Ausdruck zu bringen ist, daß der Vormundschaftsrichter solche Personen als Mitglieder auszuwählen hat, welche sich dazu nach ihren persönlichen und Vermögensverhältnissen sowie den sonstigen Umständen des Falles eignen. In dem Entwürfe war dies durch den Ausdruck: „geeignete Personen" in dem K. Antrage durch die Allegation des § 1601 Abs. 1 geschehen. Man kann dies indessen vielleicht als selbstverständlich betrachten, insbesondere weil durch den dritten Absatz des § 1674 bereits darauf hingewiesen ist, daß der Familienrath nur bei dem Vorhandensein einer genügenden Anzahl geeigneter Personen zu bilden ist. 4. Bei der Fassung des dritten Absatzes glaubt sich die Vorlage an die Fassung des § 1601 Abs. 3 anschließen zu müssen. In dieser heißt es freilich „bei der Bestellung", während die Vorlage „bei der Auswahl" zu setzen vorschlägt. Diese Verschiedenheit hängt damit zusammen, daß bei dem Vormunde Auswahl und Bestellung von dem Vormundschaftsrichter erfolgt, während bei den Mitgliedern des Familienraths die Auswahl dem Familienrathe zustehen kann und nur die Bestellung immer von dem Vormundschaftsrichter erfolgt. Der Vorbehalt wird aber in einem solchen Falle von dem Familienrathe zu machen sein und der Vormundschaftsrichter muß dann nach Maßgabe dieses Vorbehaltes bestellen, wie er andererseits den Vorbehalt bei der Bestellung nicht machen darf, wenn derselbe von dem Familienrathe bei der Auswahl nicht beschlossen war. Zu § 1681. Die in der vorl. Zusst. eingeklammerte Bestimmung über die Verantwortlichkeit der Mitglieder des Familienraths möchte ich nicht gern entbehren, Ueber die sachliche Richtigkeit derselben war in der Kommission kein Zweifel. Sie ausdrücklich auszusprechen, ist zwar nicht beschlossen; doch ist ihre Aufnahme der P r ü f u n g bei der Redaktion überlassen (Prot. S. 8525). Da gerade in dieser Richtung leicht Zweifel entstehen könnten, halte ich die Aufnahme für wünschenswerth. Zu § 1682. Die Vorlage schlägt f ü r diesen Paragraphen den Gebrauch des Pluralis vor („die Mitglieder") statt („ein Mitglied"), weil der Singularis mir bei dieser Bestimmung etwas gezwungen klingt. Zu § 1684. Der eingeschaltete zweite Satz des ersten Absatzes ist beschlossen (vergl. Protokoll S. 8532 No. 2). „Widerstreit" statt „Widerspruch" im zweiten Absätze entspricht der Ausdrucksweise in dem § 1613 No. 4. 1064
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Zu § 1686. Die Fassung der No. 1 der vorläufigen Zusammenstellung läßt nach ihrem Wortlaute die Deutung zu, daß der Familienrath, nachdem er einmal eingesetzt worden, immer sofort aufgehoben werden muß, wenn die Zahl seiner Mitglieder sich soweit mindert, daß er beschlußunfähig ist. Dies ist aber doch nicht beabsichtigt; vielmehr wird auch in diesem Falle zunächst die Vorschrift des § 1677 Abs. 2 Satz 1 zur Anwendung kommen, also der Vormundschaftsrichter, soweit geeignete Personen vorhanden sind, aus diesen soviel Mitglieder auswählen und bestellen müssen, als zur Herstellung der Beschlußfähigkeit nöthig sind. Denkbar wäre es auch, daß der Vater oder die Mutter Personen nicht als Ersatzmitglieder, sondern nur f ü r den hier vorausgesetzten Fall als Mitglieder benannt hätten. Diese Auffassung wird durch den vorgeschlagenen Zusatz zum Ausdruck gebracht. Die von der Vorlage vorgeschlagene Fassung der No. 2 schließt sich der Fassung des Abs. 2 des § 1674 an. Zu §1687. Die Fassung des ersten Satzes scheint mir sowohl nach dem Entwurf als nach der vorläufigen Zusammenstellung etwas gezwungen und hart. Die Vorlage hat deshalb versucht, eine freiere, der Ausdrucksweise des gewöhnlichen Lebens sich mehr anschließende Fassung zu finden. § 1596 KE/§ 1633 E I Fassung der Regelung in der ZustFamR/im KE und EI: ZustFamR § 1596. Ein Minderjähriger erhält einen Vormund, wenn er nicht unter elterlicher j j ^ 5 ^ ^ Gewalt steht oder wenn die elterliche Gewalt auf die elterliche Nutznießung be- g j §1633 schränkt ist. § 1597 KE/§ 1534 E I Fassung der Regelung in der ZustFamR/im
KE und EI:
§ 1597.*) Die Vormundschaft wird von dem Vormundschaftsgerichte von Amts- ZustFamR wegen angeordnet. §1597 KE § 1597 *) N. B. In das Einführungsgesetz wird die Bestimmung aufgenommen werden: „Die Lan- g j ^ 1534 desgesetze können bestimmen, daß der Vorstand einer unter Verwaltung des Staates oder einer Gemeindebehörde stehenden Verpflegungsanstalt, in welcher ein Minderjähriger aufgenommen ist, die Pflichten und Rechte eines Vormundes dieses Minderjährigen bis zu dessen Volljährigkeit hat, unbeschadet der Befugniß des Vormundschaftsgerichtes, statt des Vorstandes einen anderen zum Vormunde zu bestellen."24 § 1598 KE/§ 1635 E I II. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR: § 1598. Als Vormünder sind in nachstehender Reihenfolge berufen: 1. wer von dem Vater des Mündels als Vormund benannt ist; 2. wer von der Mutter des Mündels als Vormund benannt ist; 3. der Großvater des Mündels väterlicher Seits; 4. der Großvater des Mündels mütterlicher Seits.
24
ZustFamR § 1598
Später erweitert hinter „bestellen": „, daß ferner in dem Falle einer solchen kraft des Gesetzes stattfindenden Bevormundung durch den Anstaltsvorstand ein Gegenvormund zu bestellen ist und dem Anstaltsvorstande die Befreiungen zustehen, welche nach den Vorschriften des § 1652 angeordnet werden können" (vgl. Prot. I, S. 8459, 8460). 1065
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3. Abschnitt: Vormundschaft
Der Großvater väterlicher Seits und der Großvater mütterlicher Seits sind jedoch nicht berufen, wenn der Mündel von einem Anderen an Kindesstatt angenommen ist oder wenn das Kind, von welchem der Mündel abstammt, von einem Anderen an Kindesstatt angenommen ist und die Wirkungen dieser Annahme auf den Mündel sich erstreckt haben, es sei denn, daß der Annehmende der Ehegatte des Vaters oder der Mutter des Angenommenen war. 2. Prot. I, S. 8633, 8651 im Band: „Familienrecht I", S. 1099, 1206 f. 3. Antrag N r . 351 von Kurlbaum: 118. § 1598 Abs. (2): § 1691 Abs. 1 (2): statt „Großvater väterlicher Seits" resp. „mütterlicher Seits" zu setzen „väterliche" resp. „mütterliche Großvater" (zu vergl. § 1600 Abs. 3), eventuell statt „Seits" zu setzen „Seite". 118. Zu § 1598 Abs. 2, § 1691 Abs. 2 (Anträge unter I, 118). Die Anträge unter 1,118 fanden nicht die Zustimmung der Mehrheit, ebensowenig die im Laufe der Berathung gestellten Anträge, die Worte „väterlicher Seits" und „mütterlicher Seits" durch die Worte „von väterlicher Seite" und „von mütterlicher Seite" oder durch die Worte „väterlicherseits" und „mütterlicherseits" zu ersetzen (Prot. I, S. 8753, 8763). 4. Antrag N r . 360, 61 von v. Mandry: Zu § 1598. Abs. 2 zu streichen: in Zeile 2 „jedoch", in Zeile 2 und 3 „von einem Anderen", in Zeile 4 „von einem Anderen". 61. Zu § 1598 Abs. 2 (Antrag unter I, 61). Der Antrag unter I, 61, soweit derselbe auf die Streichung des Wortes „von einem Anderen" in Zeile 4 des Abs. 2 des § 1598 gerichtet ist, war zurückgezogen; im Uebrigen wurde der Antrag abgelehnt. Man verkannte zwar nicht, daß, wenn in Zeile 2, 3 die Worte „von einem Anderen" stehen blieben, daraus argumento e contrario sich ergebe, daß der leibliche Großvater, welcher seine Enkel an Kindesstatt angenommen habe, nach § 1598 Abs. 1 als Vormund berufen sei, und daß dieses Resultat an sich als ein befriedigendes und korrektes nicht angesehen werden könne, da, wenn dem Großvater als Adoptivvater aus besonderen Gründen die elterliche Gewalt über den von ihm an Kindesstatt angenommenen Enkel nicht zustehe, diese Gründe auch seiner Bestellung als Vormund f ü r den letzteren entgegenständen. Man war jedoch der Ansicht, daß dieser seltene Fall im Gesetz nicht besonders berücksichtigt zu werden brauche, da in den hier fraglichen Fällen die Verhältnisse immer so lägen, daß das Vormundschaftsgericht den in seiner Eigenschaft als Großvater als Vormund berufenen Adoptivvater nach Maßgabe des § 1600 Abs. 1 auch ohne dessen Zustimmung übergehen könne. Auf der andere Seite sei es bedenklich, die W o r t e „von einem anderen" zu streichen, weil dadurch das Mißverständniß entstehen könnte, als ob derjenige, welcher auf Grund einer Annahme an Kindesstatt gegenüber dem Mündel die rechtliche Stellung eines Großvaters erlangt habe, als Vormund nicht berufen sei (vgl. §§ 1565, 1584). (Prot. I, S. 8804,8816,8817) III, IV. Fassung der Regelung im KE/EI § 1598. Als Vormünder sind in nachstehender Reihenfolge berufen: i. wer von dem Vater des Mündels als Vormund benannt ist; 2. wer von der ehelichen Mutter des Mündels als Vormund benannt ist; 3. der Großvater des Mündels väterlicher Seits; 24 a 4. der Großvater des Mündels mütterlicher Seits.
KE § 1598 E I § 1635
24a
Im E I heißt es: „von mütterlicher Seite", „von väterlicher Seite".
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D e r Großvater väterlicher Seits und der Großvater mütterlicher Seits sind jedoch nicht berufen, w e n n der Mündel von einem Anderen an Kindesstatt angenommen ist oder w e n n das Kind, von welchem der Mündel abstammt, von einem Anderen an Kindesstatt angenommen ist und die W i r k u n g e n dieser A n n a h m e auf den Mündel sich erstreckt haben, es sei denn, daß der A n n e h m e n d e der Ehegatte des Vaters oder der Mutter des Angenommenen war. § 1599 KE/§ 1636 E I II. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR: § 1599. Die Benennung des V o r m u n d e s durch den V a t e r oder die Mutter des ZustFamR Mündels kann nur durch letztwillige V e r f ü g u n g erfolgen. Z u ihrer Wirksamkeit ist § 1599 erforderlich, daß zur Zeit des T o d e s desjenigen, welcher die V e r f ü g u n g getroffen hat, diesem die elterliche Gewalt über den Mündel zustand oder bei der Voraussetz u n g der bereits erfolgten Geburt des letzteren zugestanden haben würde, auch die elterliche Gewalt des Benennenden nicht auf die elterliche N u t z n i e ß u n g beschränkt w a r und derselbe weder die Sorge f ü r die Person noch die Sorge f ü r das V e r m ö g e n des Mündels verloren hatte. 2. Antrag N r . 351 von Kurlbaum: 119. § 1598 Abs. 2, § 1691 Abs. 2 S. 2. „Ein Großvater ist (jedoch) nicht berufen, wenn pp.", eventuell: „ D e r väterliche Großvater sowie der mütterliche Großvater sind jedoch nicht berufen, wenn — oder wenn das Kind des Großvaters, von welchem pp." (wie bisher). ( N . B. „jedoch" fällt im § 1691 fort.) 119. Z u § 1598 Abs. 2, § 1691 Abs. 2 Satz 2 (Anträge unter I, 119). Die Anträge unter I, 119 wurden abgelehnt, der eventuelle Antrag, auch nachdem derselbe dahin verbessert war, die W o r t e „das Kind des Großvaters" zu ersetzen. (Prot. I, S. 8753, 8764) 3. Antrag N r . 360 von v. Mandry: 62. Zu §1599. Den P a r a g r a p h e n zu beginnen: „Die Benennung des V o r m u n d e s kann nur durch letztwillige V e r f ü g u n g erfolgen. Z u r Wirksamkeit derselben ist erforderlich, d a ß der v e r f ü g e n d e Elterntheil z u r Zeit seines T o d e s die elterliche . . ." A n t r a g N r . 339, 59, in den Protokollen unter II, 6, von Gebhard, in § 1599 Satz 2 statt „Zu ihrer Wirksamkeit": „ Z u r Wirksamkeit der Benennung." 62. Z u § 1599 (Antrag unter I, 62 und II, 6). Im § 1599 Satz 1 sollen die W o r t e „durch den V a t e r oder die Mutter" durch die W o r t e „von Seiten des Vaters o d e r der Mutter" und im Eingange des zweiten Satzes die W o r t e „Zu ihrer Wirksamkeit" durch die W o r t e „ Z u r Wirksamkeit der Benennung" ersetzt werden. (Prot. I, S. 8804, 8807, 8817) 25 4. Ferner lag vor der Antrag N r . 351, 120 von Kurlbaum, in § 1599 die W o r t e „auch — w a r " Zeile 7, 8 zu streichen. 120. Z u § 1599 (Antrag unter 1, 120). Die Mehrheit entschied sich im Interesse der Deutlichkeit des Gesetzes und im Hinblick darauf, daß auch solche Fälle zu berücksichtigen seien, in welchen die elterliche Gewalt des betreffenden Elterntheils von vornherein auf die elterliche N u t z n i e ß u n g beschränkt sei, derselbe Sorge f ü r die Person und das V e r m ö g e n des Mündels nie gehabt und deshalb auch nicht verloren habe, f ü r die Ablehnung des Antrags unter I, 120. (Prot. I, S. 8853, 8864) 25
Ferner wurde auf Antrag Nr. 558, 1 von Gebhard beschlossen, in § 1599 S. 2 zu sagen: „... bei Voraussetzung" (Prot. I, S. 8833, 8849). 1067
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3. Abschnitt: Vormundschaft
III., IV. Fassung der Regelung im K E u n d E I KE § 1599 § 1599. Die Benennung des Vormundes von Seiten des Vaters oder der Mutter des E I § 1636 Mündels kann nur durch letztwillige Verfügung erfolgen. Zur Wirksamkeit der Benennung ist erforderlich, daß zur Zeit des Todes desjenigen, welcher die Verfügung getroffen hat, diesem die elterliche Gewalt über den Mündel zustand oder bei Voraussetzung der bereits erfolgten Geburt des letzteren zugestanden haben würde, auch die elterliche Gewalt des Benennenden nicht auf die elterliche Nutznießung beschränkt war und derselbe weder die Sorge für die Person noch die Sorge f ü r das Vermögen des Mündels verloren hatte. § 1600 KE/§ 1637 E I II. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR: ZustFamR § 1600. W e r in Gemäßheit der Vorschriften des $ 1598 als Vormund berufen ist, § 1600 darf ohne seine Zustimmung nicht übergangen werden, es sei denn, daß er nach dem Gesetze unfähig ist, Vormund zu sein, oder daß er die Vormundschaft zu übernehmen verhindert oder aus seiner Bestellung zum Vormunde eine erhebliche Gefährdung des Interesses des Mündels zu besorgen ist. W a r der Berufene nur vorübergehend verhindert, so kann er nach Beseitigung der Verhinderung verlangen, daß er an Stelle des bisherigen Vormundes zum Vormunde bestellt werde. Ist einer Ehefrau ein Vormund zu bestellen, so darf von den im § 1598 Abs. 1 unter Nr. 1 bis 4 bezeichneten Personen der Ehemann, ist einem unehelichen Kinde ein Vormund zu bestellen, so darf vor dem mütterlichen Großvater die Mutter zum Vormunde bestellt werden. Neben dem Berufenen darf ohne dessen Zustimmung ein Mitvormund nicht bestellt werden. 2. Antrag Nr. 351, 121 von Kurlbaum, in § 1600 Zeile 5 zu setzen: „verhindert ist, oder daß aus . . . pp.". Der Antrag fand keinen Widerspruch (Prot. I, S. 8753, 8764). 3. Antrag Nr. 351, 76 von Gebhardz\x% 1600 Abs. 1: „Wer als Vormund berufen und Vormund zu sein fähig ist, darf ohne seine Zustimmung nicht übergangen werden, es sei denn, daß er die Vormundschaft zu übernehmen verhindert oder daß aus seiner Bestellung eine erhebliche Gefährdung a
pp. 76. Zu § 1600 Abs. 1 (Antrag unter I, 76). Im § 1600 Abs. 1 sollen Zeile 3 die Worte „nach dem Gesetze" und in Zeile 5 die Worte „zum Vormunde" gestrichen werden. Im Uebrigen wurde der Antrag unter I, 76 abgelehnt. (Prot. I, S. 8733, 8749) 4. Antrag Nr. 356, 9 von Johow, in Abs. 3 Zeile 2 des § 1600 das Wort „unter" zu streichen. (Vergi. § 1395 Abs. 3, 5; § 1477; § 1628 Abs. 1) 9. Zu § 1600 Abs. 3 (Antrag unter I, 9). Im § 1600 Abs. 3 Zeile 2 soll in Gemäßheit des in der Sitzung vom 21. Mai 1886 unter Nr. 158 gefaßten allgemeinen Beschlusses 26 (Prot. S. 8789) das W o r t „unter" gestrichen werden. (Prot. I, S. 8859, 8862) III., IV. Fassung der Regelung im KE/EI: KE§ 1600 § 1600. W e r in Gemäßheit der Vorschriften des § 15 9 8 27 als Vormund berufen ist, EI§ 1637 d a r f ohne seine Zustimmung nicht übergangen werden, es sei denn, daß er unfähig " Vgl. Quellen zu § 1636 KE. 27
Im E I ist auf S. 1535 verwiesen. Die Worte „die Vorschriften" sind im E I entfallen; In Abs. 3 heißt es: „Großvater von mütterlicher Seite".
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1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773—1895
ist, Vormund zu sein, oder daß er die Vormundschaft zu übernehmen verhindert ist, oder daß aus seiner Bestellung eine erhebliche Gefährdung des Interesses des Mündels zu besorgen ist. W a r der Berufene nur vorübergehend verhindert, so kann er nach Beseitigung der Verhinderung verlangen, daß er an Stelle des bisherigen Vormundes zum Vormunde bestellt werde. Ist einer Ehefrau ein Vormund zu bestellen, so darf vor den im § 1598 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 bezeichneten Personen der Ehemann, ist einem unehelichen Kinde ein Vormund zu bestellen, so darf vor dem mütterlichen Großvater die Mutter zum Vormunde bestellt werden. Neben dem Berufenen darf ohne dessen Zustimmung ein Mitvormund nicht bestellt werden. § 1601 KE/§ 1638 E I II. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR: § 1601. Ist die Vormundschaft nicht einer Person zu übertragen, welche in Ge- ZustFamR mäßheit der Vorschriften des § 1598 als Vormund berufen ist, so hat das Vormund- § 1601 schaftsgericht nach Anhörung des Gemeindewaisenrathes eine Person als Vormund auszuwählen, welche nach ihren persönlichen Verhältnissen und nach ihren Vermögensverhältnissen sowie nach den sonstigen Umständen des Falles zur Führung der Vormundschaft geeignet ist. Bei der Auswahl sind Verwandte oder Verschwägerte des Mündels zunächst zu berücksichtigen. In der Regel soll für den Mündel und, wenn mehrere Geschwister zu bevormunden sind, für alle Mündel nur ein Vormund bestellt werden. Bei der Bestellung des Vormundes kann dessen Entlassung f ü r den Fall des Eintrittes oder des Nichteintrittes eines bestimmten Ereignisses vorbehalten werden. 2. Antrag Nr. 351, 122 von Kurlbaum zu § 1601: „Ist die Vormundschaft nicht in Gemäßheit der Vorschriften des § 1598 zu übertragen, so pp." (wie bisher). — Ferner lag der Antrag Nr. 358, 4 von Gebhard\or, die Bestimmung zu beginnen: „Ist die Vormundschaft nicht auf Grund der Berufung zu übertragen, so hat das Vormundschaftsgericht pp." Der Antrag von Kurlbaum wurde unter Ablehnung des weiteren Antrags angenommen (Prot. I, S. 8753, 8754, 8758, 8764). III., IV. 1. Fassung der Regelung im KE/EI: § 1601. Ist die Vormundschaft nicht in Gemäßheit der Vorschriften des § 15 9 828 KE § 1601 zu übertragen, so hat das Vormundschaftsgericht nach Anhörung des Gemeindewai- E I § 1638 senrathes eine Person als Vormund auszuwählen, welche nach ihren persönlichen Verhältnissen und nach ihren Vermögensverhältnissen sowie nach den sonstigen Umständen des Falles zur Führung der Vormundschaft geeignet ist. Bei der Auswahl sind Verwandte oder Verschwägerte des Mündels zunächst zu berücksichtigen. In der Regel soll f ü r den Mündel und, wenn mehrere Geschwister zu bevormunden sind, f ü r alle Mündel nur ein Vormund bestellt werden. Bei der Bestellung des Vormundes kann dessen Entlassung f ü r den Fall des Eintrittes oder des Nichteintrittes eines bestimmten Ereignisses vorbehalten werden.
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Im E I ist auf § 1635 verwiesen. — Zu einer Änderung in Abs. 3 vgl. unter 2. Die Worte „der Vorschriften" sind im E I entfallen. In Abs. 3 heißt es: „künftigen Ereignisses."
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§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
2. Folgender Antrag Nr. 394, 1 von Gebhard wurde bei der Revision des KE angenommen: 24 c) § 1601 Abs. 3, § 1674 Abs. 2, § 1677 Abs. 3 stau „des Eintrittes oder des Nichteintrittes eines bestimmten Ereignisses" zu setzen: „des Eintrittes oder des Nichteintrittes eines künftigen Ereignisses". (Bemerk. § 736 „Wer unter der . . . Voraussetzung des Eintrittes oder des Nichteintrittes eines künftigen Ereignisses;" . . . § 1738 „wenn der Erblasser zu der Verfügung durch die Voraussetzung eines künftigen Ereignisses..." In § 736 ist die Beifügung „künftigen" für räthlich erachtet worden, obwohl bemerkt ist, daß die Worte „Eintritt oder Nichteintritt" genügend auf die Zukunft hinweisen — Prot. S. 1541 oben. „Bestimmt" im Sinne von „seiner Beschaffenheit nach bestimmt" muß das Ereigniß auch in den Fällen der §§ 736 und 738 sein. Vergl. auch § 142.) (Prot. I, S. 12154, 12155) § 1602 KE/§ 1639 E I II. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR: ZustFamR § 1602. Jeder Inländer 2 9 ist verpflichtet, die Vormundschaft, zu welcher er von § 1602 dem Vormundschaftsgerichte in Gemäßheit der Bestimmungen des § 1601 ausgewählt ist, zu übernehmen, es sein denn, daß er nach dem Gesetze unfähig ist, Vormund zu sein, oder zu der Ablehnung berechtigt ist. In dem Falle der Verletzung dieser Verpflichtung haftet er dem Mündel für Schadensersatz. Er kann von dem Vormundschaftsgerichte durch Ordnungsstrafen bis zum Betrage von je dreihundert Mark zu der Uebernahme der Vormundschaft angehalten werden. Mehrere Strafen sind nur in Zwischenräumen von mindestens einer Woche zu verhängen; ist dreimal eine Strafe ohne Erfolg verhängt, so ist eine andere Person als Vormund auszuwählen. 2. Antrag Nr. 360, 63 von v. Mandry, in Zeile 4 „ist" zu streichen und „zur" (statt: „zu der") zu setzen. Antrag Nr. 358 von Gebhard, in der Protokollen unter II. 7: § 1602. a) in Zeile 2 Strich der Worte: „von dem Vormundschaftsgerichte", b) in Zeile 4 Strich der W o r t e : „nach dem Gesetze" c) Statt „oder zu der Ablehnung berechtigt ist": „oder daß er zur Ablehnung berechtigt ist." 63. Zu § 1602 (Anträge unter I, 63 und II, 7). Die Anträge unter II, 7 b und c wurden angenommen, die Beschlußfassung über den Antrag unter II, 7 a wurde vorbehalten. Im § 1602 Satz 3 Zeile 8 sollen die Worte „zu der Uebernahme" durch die Worte „zur Uebernahme" ersetzt werden. (Prot. I, S. 8804, 8807, 8817) Der Antrag N r . 358, erneut von Gebhard gestellt unter Nr. 364, ist in Prot. I, S. 8850 behandelt worden: Im § 1602 Zeile 2, 3 sollen die Worte „in Gemäßheit der Bestimmungen des § 1601" gestrichen werden. Dagegen wurde der Antrag unter I, 78 a abgelehnt. Die Anträge unter I, 78 b und c sind durch Beschluß vom 24. Mai 1886 unter N r . 63 (Prot. S. 8817) erledigt.
29
Vgl. hierzu unter 2.
1070
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
III., IV. 1. Fassung der Regelung im KE/EI: § 1602. Jeder Inländer 29 ist verpflichtet, die Vormundschaft, zu welcher er von KE§ 1602 dem Vormundschaftsgerichte ausgewählt ist, zu übernehmen, es sei denn, daß er EI§1639 unfähig ist, Vormund zu sein, oder daß er zur Ablehnung berechtigt ist. In dem [im E I: „Im"] Falle der Verletzung dieser Verpflichtung haftet er dem Mündel für Schadensersatz. Er kann von dem Vormundschaftsgerichte durch Ordnungsstrafen bis zum Betrage von je dreihundert Mark zur Uebernahme der Vormundschaft angehalten werden. Mehrere Strafen sind nur in Zwischenräumen von mindestens einer Woche zu verhängen; ist dreimal eine Strafe ohne Erfolg verhängt, so ist eine andere Person als Vormund auszuwählen. 2. Bei der Revision des KE wurde auf Antrag Nr. 394, 2 von Gebhard beschlossen, in § 1602 statt „jeder Inländer" zu setzen: „jeder Deutsche" (Prot. I, S. 12155). § 1603 K E / § 1640 E I II. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR: § 1603. Unfähig, Vormund zu sein, ist: ZustRedKom 1. wer geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist; § 1603 2. ein Gemeinschuldner während der Dauer des Konkursverfahrens; 3. wer der bürgerlichen Ehrenrechte für verlustig erklärt ist 30 , nach Maßgabe der Bestimmungen des Strafgesetzbuches; 4. eine Frau mit Ausnahme der Mutter und der Großmutter des Mündels, sowie mit Ausnahme derjenigen, welche nach den Bestimmungen der §§ 1598, 1599 zur Vormundschaft berufen ist; eine Ehefrau, welche mit einem Anderen als dem Vater des Mündels verheirathet ist, darf jedoch immer nur mit Zustimmung ihres Ehemannes zum Vormunde bestellt werden; 5. wer durch eine letztwillige Verfügung des Vaters oder der Mutter nach Maßgabe der Bestimmungen des § 1599 von der Vormundschaft ausgeschlossen ist; der in Gemäßheit der Vorschriften der §§ 1598, 1599 von dem Vater als Vormund Benannte kann jedoch von der Mutter nicht ausgeschlossen werden. 2. Prot. I, S. 8633, 8651 im Band : Familienrecht I, S. 1199, 1206 f. 3. Antrag Nr. 351, 123 von Kurlbaum: 123. a) § 1603. Nr. 4 den zweiten Satz „eine Ehefrau u. s. w." zu streichen. b) § 1603 a . „Eine Ehefrau, welche mit einem Anderen als dem Vater des Mündels verheirathet ist, darf nur mit Zustimmung ihres Ehemannes zum Vormunde bestellt werden." 123. Zu § 1603 (Anträge unter I, 123). Die Anträge unter I, 123 wurden in der Erwägung gebilligt, daß der Mangel der Zustimmung des Ehemannes nach den übrigen Bestimmungen des Gesetzbuchs (vergi. § 1608 Abs. 2, § 1667 Nr. 3) nicht als ein Unfähigkeitsgrund sich darstelle, sondern dem Falle des § 1604 entspreche. Zugleich wurde beschlossen, das Allegat des § 1603 Nr. 4 im § 1608 Abs. 2 durch das Allegat des § 1603 a zu ersetzen. Unter § 1603a ist zu allegiren: „Entw. § 483 Nr. 5, Prot. 10. und 21. Mai 1886 S. 8173 bis 8175. Vergi. S. 8278, 8279; 8490, 8493", unter dem § 1603 „ V e r g i " sind zu streichen die Zahlen „8278, 8279." (Prot. I, S. 8754, 8764, 8765)
30
Auf Antrag Nr. 364, 79 von Gebhardvturdt
hier ein Komma gesetzt (Prot. I , S . 8833, 8850).
1071
§ § 1773 — 1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
4. Antrag Nr. 364, 97 von Gebhard, in § 1603 Nr. 2 statt „während der Dauer des Konkursverfahrens" zu sagen „bis zur Beendigung des Konkurses" (oder: „während der Dauer des Konkurses") (vergl. § 175) 97. Zu § 1603 N r . 2 (Antrag unter I, 97). Im § 1603 Nr. 2 sollen die Worte „während der Dauer des Konkursverfahrens" durch die Worte „während der Dauer des Konkurses" ersetzt werden (vergl. Prot. S. 3288). (Prot. I, S. 8835, 8836, 8852)
KE § 1603 E I § 1640
III., IV. 1. Fassung der Regelung im KE/EI: § 1603. Unfähig, Vormund zu sein, ist: i. wer geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist; 2. ein Gemeinschuldner während der Dauer des Konkurses; 3. wer der bürgerlichen Ehrenrechte für verlustig erklärt ist, nach Maßgabe der Bestimmungen des Strafgesetzbuches; 4. eine Frau mit Ausnahme der Mutter und der Großmutter des Mündels, sowie mit Ausnahme derjenigen, welche nach den Bestimmungen der §5 1598, 159931 zur Vormundschaft berufen ist; 5. wer durch eine letztwillige Verfügung des Vaters oder der ehelichen Mutter nach Maßgabe der Bestimmungen des § 1599 von der Vormundschaft ausgeschlossen ist; der in Gemäßheit der Vorschriften der §§ 1598, 1599 von dem Vater als Vormund Benannte kann jedoch von der Mutter nicht ausgeschlossen werden. 2. Bei der Revision des KE wurde folgender Antrag Nr. 395, 2 von v. Mandry angenommen: Nr. 4 des § 1603 zu fassen: „4. eine Frau; nicht unfähig ist die Mutter und die Großmutter des Mündels, sowie diejenige Frau, welche nach den Vorschriften der §§ 1598,1599 zur Vormundschaft berufen ist;" (Prot. I, 12155). § 1603 aKE/§ 1641 E I
Fassung der Regelung im KE/E I: KE§ 1603 a § 1603 a. Eine Ehefrau, welche mit einem Anderen als dem Vater des Mündels E I § 1641 verheirathet ist, darf nur mit Zustimmung ihres Ehemannes zum Vormunde bestellt werden. 32 § 1604 KE/§ 1642 E I Fassung der Regelung in der ZustFamRJim KE und £ I:
ZustFamR
§ 1604 § 1604. Bedarf ein Beamter oder Religionsdiener nach den Landesgesetzen einer KE § 1604 besonderen Erlaubniß zu der [E I: „zur"] Uebernahme einer Vormundschaft, so darf E I § 1642 er nicht ohne die vorgeschriebene Erlaubniß zum Vormunde bestellt werden. § 1605 KE/§ 1643 E I Fassung der Regelung in der ZustFamRJ im Äi: und EI:
ZustFamR
§ 1605 KE § 1605 EIS 1643
§ 1605. Die Uebernahme einer Vormundschaft kann ablehnen: l.eine Frau; 2. wer das sechszigste Lebensjahr zurückgelegt hat; • 31
32
Zu einer Änderung vgl. unter 2.: im E I ist auf die §§ 1635, 1636 verwiesen. In Ziff. 3heißtes „Vorschriften". In Ziff. 5 sind die Worte „der Bestimmungen" und „der Vorschriften" entfallen. Materialien zu § 1603 a KE vgl. oben bei §§ 1603 KE/1640 E I unter II. 3.
1072
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§ 1773—1895
3. wer fünf oder mehrere 33 minderjährige, nicht von einem Anderen an Kindesstatt angenommene eheliche Kinder hat; 4. wer an einer Krankheit oder an einem Gebrechen leidet, durch welche er verhindert wird, die Vormundschaft ordnungmäßig zu führen; 5. wer nicht in dem [im E I: „im"] Bezirke des Vormundschaftsgerichtes seinen Wohnsitz hat; 6. wer in Gemäßheit der Bestimmungen des § 53334 des Entwurfes des Familienrechtes zur Sicherheitsleistung angehalten wird; 7. wer mit einem Anderen zu der gemeinschaftlichen Führung der Vormundschaft bestellt werden soll; 8. wer bereits mehr als eine Vormundschaft oder Pflegschaft führt; die Vormundschaft oder Pflegschaft über mehrere Geschwister gilt nur als Eine, die Führung einer Gegenvormundschaft kommt nicht in Betracht. § 1606 KE/§ 1644 E I II., III., IV. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR/im KEund EI: § 1606. Das Ablehnungsrecht geht verloren, wenn es nicht bei dem Vormund- ZustFamR schaftsgerichte vor der Verpflichtung geltend gemacht wird. § Ist die Ablehnung von dem Vormundschaftsgerichte für unbegründet erklärt, so KE 5 1^06 hat der Ablehnende die Vormundschaft, ungeachtet der gegen die Verfügung des ^ ^ Vormundschaftsgerichtes zulässigen Rechtsmittel, auf Erfordern des Vormundschaftsgerichtes vorläufig zu übernehmen. 2. Antrag Nr. 364, 97 von Gebhard: in § 1606 Abs. 1 statt „vor der Verpflichtung" zu sagen „vor der Bestellung". Der Antrag wurde abgelehnt (Prot. I, S. 8833, 8834, 8850). § 1607 KE/§ 1645 E I II. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR: § 1607. Der Vormund wird von dem Vormundschaftsgerichte durch Verpflich- ZustFamR tung zu treuer und gewissenhafter Führung der Vormundschaft bestellt. Die Ver- § 1 6 0 7 pflichtung erfolgt mittels Handschlages an Eidesstatt. Der Vormund erhält eine Bestallung, aus welcher der Name und die Zeit der Geburt des Mündels, der Name des Vormundes, des Gegenvormundes und der Mitvormünder sowie die Art der etwaigen Theilung der Vormundschaft ersichtlich sein sollen. Ist ein Familienrath eingesetzt, so ist auch dies in der Bestallung anzugeben. 2. Folgender Antrag Nr. 351, 124 von Kurlbaum zu § 1607 Abs. 2 wurde angenommen : statt „die Art der etwaigen Theilung der Vormundschaft" zu setzen „sowie im Falle der Theilung der Vormundschaft die Art der Theilung." (Prot. I, S. 8754, 8765) III., IV. Fassung der Regelung im KE/EI: § 1607. Der Vormund wird von dem Vormundschaftsgerichte durch Verpflich- KE§ 1607 tung zu treuer und gewissenhafter Führung der Vormundschaft bestellt. Die Ver- EI§ 1 6 4 5 pflichtung erfolgt mittels Handschlages an Eidesstatt. 33 34
Im K E / E I heißt es: „mehr" (Antrag Nr. 340, 80 von Gebhard; Prot. I, S. 8833, 8850). Im KE ist auf § 1651, im E I auf § 1689 verwiesen. 1073
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
Der V o r m u n d erhält eine Bestallung, aus welcher der Name und die Zeit der Geburt des Mündels, der Name des Vormundes, des Gegenvormundes und der Mitvormünder sowie im Falle der Theilung der Vormundschaft die Art der Theilung ersichtlich sein sollen. Ist ein Familienrath eingesetzt, so ist auch dies in der Bestallung anzugeben.
§ 1608 KE/§ 1646 E I II. 1, Fassung der Regelung in der ZustFamR: ZustFamR § 1608. Wird ein Geschäftsunfähiger zum Vormunde bestellt, so ist die Bestellung S 1608 nichtig. Ein anderer der im § 1603 bezeichneten Unfähigkeitsgründe sowie der Mangel der nach der Vorschrift des § 1603 N r . 4 erforderlichen Zustimmung des Ehemannes oder der in Gemäßheit der Bestimmung des § 1604 erforderlichen Erlaubniß ist auf die Gültigkeit der Bestellung ohne Einfluß; der Bestellte hat die Vormundschaft so lange zu führen, bis er entlassen ist. 2. Antrag N r . 362, 82 von Gebhard: in § 1608 Abs. 2 zu sagen: „Die übrigen im § 1603 . . . Erlaubniß, sind auf die pp." — Der Antrag wurde angenommen (Prot. I, S. 8834,8850). III., IV. Fassung der Regelung im KEJEI: KE § 1608 § 1608. Wird ein Geschäftsunfähiger zum Vormunde bestellt, so ist die Bestellung EI § 1646 nichtig. Die übrigen im § 1603 bezeichneten Unfähigkeitsgründe sowie der Mangel der nach der Vorschrift des § 1603 a erforderlichen Zustimmung des Ehemannes oder der in Gemäßheit der Bestimmung des § 1604 erforderlichen Erlaubniß sind auf die Gültigkeit der Bestellung ohne Einfluß; der Bestellte hat die Vormundschaft so lange zu führen, bis er entlassen ist.35
§ 1609 KE/§ 1647 E I Fassung der Regelung in der ZustFamR/im KE und EI: ZustFamR § 1609. Neben dem Vormunde kann ein Gegenvormund bestellt werden. $ 1609 Ei n Gegenvormund soll bestellt werden, wenn mit der Vormundschaft eine VerKE § 1609 mögensverwaltung verbunden ist, es sei denn, daß die Verwaltung eine nicht erhebliEI§ 1647 c j i e j s t 0 ( j e r ^ ß jjg Vormundschaft von mehreren Vormündern gemeinschaftlich geführt wird. Wird die Vormundschaft von mehreren Vormündern nicht gemeinschaftlich geführt, so kann der eine Vormund zum Gegenvormunde des anderen bestellt werden. Auf die Berufung und Bestellung des Gegenvormundes finden die für die Berufung und Bestellung des Vormundes geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.
35
Im E I ist auf die §§ 1640—1642 verwiesen. Hinter „in Gemäßheit" sind die Worte: „der Bestimmung" entfallen.
1074
1. Titel: Vormundschaft über Minderj ährige
§ § 1773—1895
1610,1611,1612 KE/§§ 1648, 1649, 1650 E I ZustFamR § 1610 D e r V o r m u n d hat die Pflicht und das Recht, f ü r die Person und das KE§ 1610 des Mündels zu sorgen. Pflicht und Recht beginnen mit der Bestellung. E I S 1648 Die Pflicht und das Recht des V o r m u n d e s , f ü r die Person und das ZustFamR § 1611 des Mündels zu sorgen, umfaßt die gesetzliche Vertretung des Mündels. KE§ 1611
Fassung der Regelung in der ZustFamR/lm § 1610. Vermögen § 1611. Vermögen
KEund
EI:
§ 1612. Die Pflicht u n d das Recht des V o r m u n d e s , f ü r die Person und das E I § 1649 V e r m ö g e n des Mündels zu sorgen, erstreckt sich nicht auf solche Angelegenheiten ZustFamR § 1612 des Mündels, f ü r welche eine Pflegschaft besteht. KE§ 1612 E I § 1650 § 1613 KE/§ 1651 E I II. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR: § 1613. D e r V o r m u n d ist von der gesetzlichen Vertretung des Mündels ausge- ZustFamR schlössen: § 1613 1. bei Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten zwischen dem V o r m u n d e selbst oder seinem Ehegatten oder einem seiner V e r w a n d t e n in gerader Linie einerseits und dem Mündel andererseits, mit Ausnahme solcher Rechtsgeschäfte, durch welche nur eine Verbindlichkeit erfüllt wird; 2. bei Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Mündel und einer anderen von dem V o r m u n d e vertretenen Person; 3. bei Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten, welche die Uebertragung oder Belastung einer dem Mündel gegen den V o r m u n d zustehenden, durch Pfandrecht oder Bürgschaft gesicherten Forderung oder die A u f h e b u n g oder Minderung dieser Sicherheit oder die Begründung der Verpflichtung des Mündels zu einer solchen U e b e r t r a g u n g o d e r Belastung, A u f h e b u n g o d e r Minderung z u m Gegenstande haben; 4. in Angelegenheiten, f ü r welche das Vormundschaftsgericht dem V o r m u n d e die V e r t r e t u n g entzogen hat; eine solche Entziehung soll n u r dann erfolgen, wenn das Interesse des Mündels zu dem Interesse des V o r m u n d e s oder zu dem Interesse einer anderen von dem V o r m u n d e vertretenen Person o d e r einer mit dem V o r m u n d e in gerader Linie verwandten Person oder des Ehegatten des V o r m u n d e s in erheblichem Gegensatze steht. 2. Antrag N r . 351, 125 von Kurlbaum: 125. § 1613 N r . 1 z u z u s e t z e n : „und mit Ausnahme der Rechtsgeschäfte und Rechtsstreitigkeiten zwischen Abkömmlingen des V o r m u n d e s . " oder eventuell dem § 1467 zuzusetzen: „ D e r Inhaber der elterlichen Gewalt ist von der gesetzlichen V e r t r e t u n g des Kindes bei Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten zwischen dem letzteren und einem anderen Abkömmlinge des Inhabers der elterlichen Gewalt nicht ausgeschlossen, sofern er nicht bei einem Rechtsstreite den anderen Abkömmling vertritt." 125. Z u § 1613 N r . 1, § 1467 (Anträge unter I, 125.) D e r prinzipale, sowie der eventuelle A n t r a g unter I, 125 w u r d e abgelehnt. Die Mehrheit w a r der Ansicht, daß es an einem genügenden G r u n d e fehle, das Prinzip des § 1613 Nr. 3 bezw. den Grundsatz, daß der Inhaber der elterlichen Gewalt dem V o r m u n d e in Ansehung der Vertretungsmacht gleichgestellt werden solle, in Abweichung von den f r ü h e r e n Beschlüssen (vergl. Prot. S. 8211, 8212, 7611 ff.) durch die 1075
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
vorgeschlagenen kasuistischen Vorschriften zu durchbrechen. Zudem könnten die Fälle so liegen, daß der Vormund bezw. der Inhaber der elterlichen Gewalt f ü r einen seiner Abkömmlinge ein besonderes Interesse habe und deshalb das Interesse der anderen Abkömmlinge gefährdet zu werden drohe, wenn man den Vormund bezw. Inhaber der elterlichen Gewalt nicht nach Maßgabe des § 1613 Nr. 1 von der gesetzlichen Vertretung ausschließe. Namentlich kämen solche Fälle in Betracht, in welchen es sich um Rechtsgeschäfte zwischen Abkömmlingen aus verschiedenen Ehen handele. Die Bestimmung im § 1613 Nr. 4 sei nicht als ausreichend zu erachten, da das Vormundschaftsgericht von den betreffenden Verhältnissen o f t gar keine Kenntniß erhalten werde. Diesen Erwägungen gegenüber könne dem Bedenken, daß durch die gegenwärtigen Bestimmungen — in Abweichung von dem in großen Rechtsgebieten, namentlich in dem Gebiete des preuß. A. L. R., geltenden Rechte — zu tief in die Selbständigkeit und die natürliche Stellung der Eltern gegenüber ihren Kindern eingegriffen und eine zu weit gehende Einmischung Dritter in die Familienverhältnisse veranlaßt werde, sowie dem Gesichtspunkte, daß nach den beschlossenen Bestimmungen der Vormund bei Rechtsgeschäften zwischen mehreren seiner Vormundschaft unterworfenen Mündeln, welche nicht seine Abkömmlinge seien, von der gesetzlichen Vertretung derselben und insbesondere dem Rechte, zu solchen Rechtsgeschäften wirksam seine Einwilligung zu ertheilen, nicht ausgeschlossen sein solle (Prot. S. 8208), entscheidendes Gewicht nicht beigelegt werden, zumal das bestehende Recht in der hier fraglichen Hinsicht verschieden sei, insbesondere das gemeine Recht und das französische Recht im Wesentlichen mit den beschlossenen Bestimmungen im Einklänge stehe. (Prot. I, S. 8754, 8765—8767) 3. Antrag Nr. 360, 65 von v. Mandry, in § 1613 in Ziff. 4 den Bedingungssatz zu fassen: „wenn das Interesse des Mündels und das Interesse des Vormundes oder das Interesse einer anderen . . . des Vormundes in erheblichem Maße sich entgegenstehen." 64. Zu § 1603 Nr. 4 (Antrag unter I, 64). Der Antrag unter I, 64 hat durch den in der Sitzung vom 21. Mai 1886 unter Nr. 123 gefaßten Beschluß (Prot. S. 8764, 8765) seine Erledigung gefunden. (Prot. I, S. 8804, 8818) 4. Folgender Antrag von Nr. 384, 83 von Gebhard wurde angenommen: § 1613 N r . 1 zu fassen: „. . . mit Ausnahme solcher Rechtsgeschäfte, welche ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit bestehen;" (Vergi. § 45). (Prot. I, S. 8834, 8850) III., IV. Fassung der Regelung im KE/EI: KE§ 1613 § 1613. Der Vormund ist von der gesetzlichen Vertretung des Mündels ausgeE I S 1651 schlössen: 1. bei Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Vormunde selbst oder seinem Ehegatten oder einem seiner Verwandten in gerader Linie einerseits und dem Mündel andererseits, mit Ausnahme solcher Rechtsgeschäfte, welche ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit bestehen; 2. bei Rechtsstreitigkeiten zwischem dem Mündel und einer anderen von dem Vormunde vertretenen Person; 3. bei Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten, welche die Uebertragung oder Belastung einer dem Mündel gegen den Vormund zustehenden, durch Pfandrecht oder Bürgschaft gesicherten Forderung oder die Aufhebung oder Minderung dieser Sicherheit oder die Begründung der Verpflichtung des Mündels zu einer solchen Uebertragung oder Belastung, Aufhebung oder Minderung zum Gegenstande haben; 1076
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773 — 1895
4. in Angelegenheiten, für welche das Vormundschaftsgericht dem Vormunde die Vertretung entzogen hat; eine solche Entziehung soll nur dann erfolgen, wenn das Interesse des Mündels zu dem Interesse des Vormundes oder zu dem Interesse einer anderen von dem Vormunde vertretenen Person oder einer mit dem Vormunde in gerader Linie verwandten Person oder des Ehegatten des Vormundes in erheblichem Gegensatze steht. § 1614 KE/§ 1652 E I II., III., IV. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamRJim KEund EI: § 1614. Mehrere Vormünder führen die Vormundschaft gemeinschaftlich. Im Falle der Verschiedenheit der Meinungen entscheidet das Vormundschaftsgericht, sofern bei der Bestellung der Vormünder nicht ein Anderes bestimmt worden ist. Das Vormundschaftsgericht kann anordnen, daß die Vormundschaft von mehreren Vormündern nach bestimmten Wirkungskreisen getheilt geführt werde. Im Falle einer solchen Theilung wird die Vormundschaft von jedem Vormunde für den ihm überwiesenen Wirkungskreis selbständig geführt. Hat der Vater oder die Mutter mehrere Vormünder benannt, so sind die von dem Benennenden über die Entscheidung im Falle einer Meinungsverschiedenheit unter den benannten Vormündern oder über die Vertheilung der Geschäfte unter denselben nach Maßgabe der Bestimmungen des § 159 9 36 getroffenen Anordnungen zu befolgen, sofern nicht aus deren Befolgung eine erhebliche Gefährdung des Interesses des Mündels zu besorgen ist.
ZustFamR § 1614 K E § 1614 E I § 1652
2. Antrag Nr. 351, 126 von Kurlbaum, % 1614 Abs. 4 zu fassen: „Anordnungen, welche der Vater oder die Mutter über die Entscheidung im Falle einer Meinungsverschiedenheit unter mehreren von ihnen benannten Vormündern oder über die Vertheilung der Geschäfte unter den letzteren Anordnungen nach Maßgabe des § 1599 getroffen haben, sind zu befolgen pp." (wie bisher). — Der Antrag wurde abgelehnt (Prot. I, S. 8754, 8755, 8767). § 1615 KE/§ 1653 EI Fassung der Regelung in der ZustFamRJ im KE und EI: § 1615. Wenn die Sorge für die Person und die Sorge für das Vermögen des Mündels verschiedenen Vormündern obliegt, so steht bei einer Verschiedenheit der Meinungen dieser Vormünder über die Vornahme einer sowohl in den Bereich der Sorge für die Person als in den Bereich der Sorge für das Vermögen fallenden Handlung die Entscheidung dem Vormundschaftsgerichte zu.
ZustFamR § 1615 K E § 1615 E H 1653
§ 1616 KE/§ 1654 EI Fassung der Regelung in der ZustFamRJ im KE und EI: § 1616. Der Gegenvormund hat darauf zu achten, daß der Vormund bei der ihm ZustFamR obliegenden Führung der Vormundschaft pflichtmäßig verfährt; er hat Pflichtwid- § 1616 rigkeiten des Vormundes und alle Fälle, in welchen das Vormundschaftsgericht zu 1616 einem Einschreiten berufen ist, insbesondere den Tod des Vormundes oder eine EIS 1654 eintretende Unfähigkeit desselben, dem Vormundschaftsgerichte unverzüglich anzuzeigen. 36
Im E I ist auf § 1636 E I verwiesen. 1077
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
Der Gegenvormund hat außerdem bei der Führung der Vormundschaft in den durch das Gesetz bezeichneten Fällen mitzuwirken. § 1617 KE/§ 1655 E I ZustFamR S 1617 KE § 1617 E H 1655
Fassung der Regelung in der ZustFamR/im X £ u n d
EI:
§ 1617. Auf die Pflicht und das Recht des Vormundes, f ü r die Person des Mündels zu sorgen, finden die Vorschriften der §§ 1468, 1469, 1473 37 entsprechende Anwendung.
§ 1618 KE/§ 1656 E I II., III. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamRJim
KE:
ZustFamR § 1618. Durch die Pflicht und das Recht des Vormundes, f ü r die Person des S 1618 Mündels zu sorgen, wird die Pflicht und das Recht der Mutter des Mündels in K E § 1618 Ansehung dieser Sorge nicht berührt.
2. Antrag von Planck zu §§ 1618, 1647: a) den § 1618 zu streichen, eventuell die Worte „der Mutter" durch die W o r t e „eines Elterntheiles" zu ersetzen. b) den § 1647 Satz 2 zu streichen, eventuell die W o r t e „die Mutter" durch die Worte „ein Elterntheil" zu ersetzen. (Bemerk. Zu a. Der § 1618 ist in sich entbehrlich. Das Mißverständnis, als ob in denjenigen Fällen, in welchen dii- Mutter die Pflicht und das Recht der Sorge f ü r die Person hat, sowohl die Mutter als auch der Vormund diese Sorge habe (Prot. S. 8235), ist namentlich um deswillen nicht zu besorgen, weil in den betreffenden Fällen (§1518 Abs. 2, §§ 1522, 1529, 1530, 1534) ausdrücklich bestimmt ist, daß der gesetzliche Vertreter des Kindes in Ansehung der der Mutter zustehenden Sorge die Stellung eines Beistandes habe. Indessen würde der Antrag auf Streichung nicht gestellt sein, wenn nicht der § 1618 unvollständig wäre. Im Falle des § 1518 Abs. 2 bleibt auch die dem minderjährigen Vater zustehende Sorge für die Person des Kindes unberührt. Berücksichtigt man aber diesen Fall — was die Korrektheit erfordert und deshalb eventuell beantragt wird — so geht die Plastik der Bestimmung verloren. Zu b. Der Antrag unter b beruht auf ähnlichen Erwägungen, wie der Antrag unter a. Satz 2 des § 1647 ist an sich entbehrlich. Es versteht sich von selbst, daß, wie in allen anderen Beziehungen, auch in der hier fraglichen Beziehung auf die einem Elterntheile zustehende Sorge für die Person des Kindes die Vorschriften über die Gewalt entsprechende Anwendung finden.) Der eventuelle Antrag wurde zum Beschlüsse erhoben. (Prot. 1,12155,12156) E H 1656
IV. Fassung der Regelung im E I : § 1656. Durch die Pflicht und das Recht des Vormundes, für die Person des Mündels zu sorgen, wird die Pflicht und das Recht eines Elterntheiles des Mündels in Ansehung dieser Sorge nicht berührt.
37
Im E I ist auf die §§ 1504,1505 und 1509 verwiesen.
1078
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773—1895
§ 1619 KE/S 1657 EI Fassung der Regelung in der ZustFamR/im KEund
EI:
§ 1619. Zu dem Antrage des Vormundes auf Entlassung des Mündels aus dem Staatsverbande ist die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes erforderlich. Vor der Entscheidung über die Genehmigung soll das Vormundschaftsgericht nach Maßgabe der Vorschriften des § 164038 Verwandte oder Verschwägerte des Mündels, sowie den Mündel selbst, sofern er das achtzehnte Lebensjahr zurückgelegt hat, hören.
ZustFamR S 1619 KE § 1619 E H 1657
§ 1620 KE/§ 1658 EI Fassung der Regelung in der ZustFamR/im KEund
EI:
ZustFamR
§ 1620."f") In welchem religiösen Bekenntnisse der Mündel zu erziehen ist, be- S 1620 KE§ 1620 stimmt sich nach den Landesgesetzen. E H 1658
*) Es bleibt vorbehalten, den Paragraphen in das Einführungsgesetz zu übernehmen. 39
§ 1621 KE/§ 1659 EI II., III., IV. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR/im KE und EI: § 1621. Der Vormund hat von dem gesammten Vermögen des Mündels, sowohl40 ZustFamR demjenigen, welches bei der Anordnung der Vormundschaft vorhanden ist, als dem- § 1621 jenigen, welches dem Mündel später zugefallen ist, ein genaues und vollständiges KE§ 1621 Verzeichniß unter Zuziehung des Gegenvormundes, wenn ein solcher vorhanden ist, E H 1659 aufzunehmen und dem Vormundschaftsgerichte unter der von ihm und dem Gegenvormunde abzugebenden pflichtmäßigen Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit einzureichen. Der Vormund kann sich bei der Aufnahme des Verzeichnisses der Hülfe eines öffentlichen Beamten bedienen. 2. Folgender Antrag Nr. 364, 84 von Gebhard fand nicht die Zustimmung der Kommission: § 1621. „Der Vormund hat über das gesammte Vermögen des Mündels, sowohl über dasjenige, welches . . . vorhanden ist, als über dasjenige, welches . . . " (Prot. I, 8834, 8850) 3. Angenommen wurde der Antrag Nr. 356, 12 von Jokow: in § 1621 Zeile 2 und 3 vor „demjenigen" einzuschieben „von" (Prot. I, S. 8859, 8862). § 1622 KE/S 1660 EI II. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR: § 1622. Sind über die Verwaltung der dem Mündel durch Erbschaft oder Ver- ZustFamR mächtniß oder auf Grund eines Pflichttheilsanspruches zugefallenen Vermögensge- § 1 6 2 2 genstände von dem Erblasser durch letztwillige Verfügung Anordnungen für den Vormund getroffen, so sind diese zu befolgen. Es kann jedoch mit Genehmigung des
38 39 40
Im E I ist auf § 1678 verwiesen. Die Worte „der Vorschriften" sind im E I entfallen. Diese Fußnote ist im E I nicht mehr enthalten (vgl. Prot. I, S. 12120 ff. oben S. 478). Zur Einfügung des Wortes: „von" im K E / E I vgl. unter 3.
1079
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
Vormundschaftsgerichtes von den Anordnungen abgewichen werden, wenn und soweit aus der Befolgung derselben eine Gefährdung des Interesses des Mündels zu besorgen ist. Die Vorschriften des ersten Absatzes finden entsprechende Anwendung, wenn ein Dritter dem Mündel einen Vermögensgegenstand durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zugewendet und bei der Zuwendung Anordnungen über die vormundschaftliche Verwaltung desselben getroffen hat. Zu einer Abweichung von diesen Anordnungen ist jedoch, solange der Dritte lebt, dessen Zustimmung erforderlich und genügend. 2. Antrag N r . 341, 127 von Kurlbaum zu § 1622: a) Abs. 1 Satz 1: „Sind über die Verwaltung der Gegenstände, welche der Mündel durch Erbfolge oder durch Vermächtniß oder als Pflichttheil erworben hat, von dem Erblasser pp." (wie bisher). b) Abs. 1 Satz 2: „Ist jedoch aus der Befolgung der Anordnungen eine Gefährdung des Interesses des Mündels zu besorgen, so kann eine Abweichung von denselben durch das Vormundschaftsgericht gestattet werden." 127. Zu § 1622 Abs. 1 Satz 1, 2 (Anträge unter I. 127). Abs. 1 Satz 1 des § 1622 soll folgende Fassung erhalten: „Sind über die Verwaltung der Vermögensgegenstände, welche der Mündel durch Erbfolge oder durch Vermächtniß oder als Pflichttheil erwirbt, von dem Erblasser u. s. w." (wie bisher). Die Beschlußfassung über den Antrag unter I, 127 b wurde im Hinblick auf verschiedene neue, von demselben Antragsteller eingebrachte, auf andere ähnliche Bestimmungen bezügliche Anträge ausgesetzt, um dieselben demnächst im Zusammenhange zu prüfen. (Prot. I, S. 8755, 8767). 3. Antrag N r . 357, 156 von Kurlbaum: 156 a) § 1622 Abs. 1 Satz 2: „Es kann — abgewichen werden; die Genehmigung soll nur ertheilt werden, wenn aus der Befolgung der Anordnungen eine Gefährdung des Interesses des Mündels zu besorgen ist." (N. B. Der Antrag unter I, 127b (Prot. S. 8755) bleibt nur eventuell.) b) § 1656: „Die in den §§ 1652 bis 1654 bezeichneten Anordnungen des Vaters und der Mutter können durch das Vormundschaftsgericht außer Kraft gesetzt (aufgehoben) werden. Es soll dies (die Aufhebung soll) nur geschehen, soweit aus der Befolgung pp." (wie bisher). c) § 1695 Abs. 4 (Antrag unter I, 151d) Schluß: „— aufgehoben werden. Die Aufhebung soll nur erfolgen, wenn dieselbe durch das Interesse des Mündels geboten wird." d) § 1587 Abs. 1 Satz 2: „Außerdem können die — Anordnungen durch das Vormundschaftsgericht getroffen werden; es soll dies nur geschehen, soweit die Anordnungen durch das Interesse des Angenommenen geboten werden." 156. Zu § 1662 Abs. 1 Satz 2, § 1656, § 1695 Abs. 4, § 1587 Abs. 1 Satz 2 (Anträge unter 1,156). Die unter I, 156 beantragten Fassungsänderungen bezwecken einerseits, zum klaren Ausdrucke zu bringen, daß die Gültigkeit der hier fraglichen Anordnungen des Vormundschaftsgerichts von dem Vorhandensein der gesetzlichen Voraussetzungen jener Anordnungen nicht abhängig ist, der Mangel dieser Voraussetzungen daher nicht incidenter im Prozeßwege geltend gemacht werden kann, andererseits dem aus den gegenwärtigen Fassungen der hier fraglichen Bestimmungen herzulei1080
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§§
1773—1895
tenden, gegen ähnliche Fassungen der Civilprozeßordnung erhobenen Bedenken entgegenzutreten, daß durch den Gebrauch des Ausdrucks „kann" bei der gegenwärtigen Fassung der in Rede stehenden Bestimmungen der Anschein erweckt werde, es solle dem Vormundschaftsgerichte nur eine Ermächtigung zu den fraglichen Anordnungen beim Vorhandensein der gesetzlichen Voraussetzungen der letzteren ertheilt werden, während doch das Vormundschaftsgericht beim Vorhandensein jener Voraussetzung vermöge ihm obliegenden allgemeinen Fürsorgepflicht die Anordnungen zu treffen verpflichtet sei. Dieser anscheinende Widerspruch werde durch die Anwendung der passiven Form und die Lostrennung der Voraussetzungen von dem „kann" beseitigt, indem bei dieser Fassung durch das Wort „kann" nur die Eigenschaft der Abänderbarkeit bezeichnet werde. Die Mehrheit entschied sich jedoch im Prinzipe gegen die vorgeschlagenen Fassungsänderungen. Sie war der Ansicht, daß das hervorgehobene Bedenken nicht begründet sei und, wenn dasselbe begründet wäre, auch durch die vorgeschlagenen Fassungen nicht beseitigt werde. Auf der anderen Seite erhebe sich gegen die letzteren das Bedenken, daß sie den Anschein erweckten, als betrachte das Gesetz die Abänderbarkeit der hier fraglichen Verfügungen bezw. Bestimmungen als die Regel, während doch das Gesetz auf der entgegengesetzten Auffassung beruhe. Auch zum Zwecke der Vermeidung von Zweifeln, ob die Gültigkeit der Anordnungen des Vormundschaftsgerichts von dem Vorhandensein der gesetzlichen Voraussetzungen dieser Anordnungen abhängig sei, könne eine Aenderung der Fassung der hier fraglichen Bestimmungen nicht als erforderlich erachtet werden. Es handele sich insoweit um eine allgemeinere Frage, deren Entscheidung nach der beschlossenen dem vierten Buche beizufügenden Note dem Verfahrensgesetze bezw. den in das Einf.-Gesetz aufzunehmenden Bestimmungen über das Verfahren in Vormundschaftssachen vorbehalten sei (vergl. § 39 des Entw. eines Gesetzes über das Verfahren in Vormundschaftssachen u. s. w. nebst Motiven S. 85 ff., Prot. S. 8535 ff., 8547, 8621 ff.). In Folge des vorstehend gefaßten Beschlusses galten die Anträge unter I, 156 als erledigt. Die bis zur Berathung der Anträge unter I, 156 ausgesetzten Anträge unter I, 127b (Prot. S. 8767) und unter I, 142a und b (oben S. 8752 Nr. 142) wurden ebenfalls von der Mehrheit abgelehnt, dagegen wurde der in Ansehung der Fassung des Nachsatzes ausgesetzte Antrag unter I, 151d (oben S. 8786 unter Nr. 151) nunmehr nach Maßgabe des Antrags, jedoch unter Weglassung der in Parenthese gestellten, nur zur Motivirung des Antrags beigefügten Worte „zu vergl. 1587", gebilligt. (Prot. I, S. 8777, 8 7 8 7 - 8 7 8 9 ) .
III., IV. Fassung der Regelung im KE/EI: § 1622. Sind über die Verwaltung der Vermögensgegenstände, welche der Mün- KE§ 1622 del durch Erbfolge oder durch Vermächtniß oder als Pflichttheil erwirbt, von dem EIS 166C Erblasser durch letztwillige Verfügung Anordnung für den Vormund getroffen, so sind diese zu befolgen. Es kann jedoch mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes von den Anordnungen abgewichen werden, wenn und soweit aus der Befolgung derselben eine Gefährdung des Interesses des Mündels zu besorgen ist. Die Vorschriften des ersten Absatzes finden entsprechende Anwendung, wenn ein Dritter dem Mündel einen Vermögensgegenstand durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zugewendet und bei der Zuwendung Anordnungen über die vormundschaftliche Verwaltung desselben getroffen hat. Zu einer Abweichung von diesen Anordnungen ist jedoch, solange der Dritte lebt, dessen Zustimmung erforderlich und genügend. 1081
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft § 1623 K E / § 1661 E I
II., III. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR/im KE: ZustFamR § 1623. Der Vormund kann eine Schenkung für den Mündel nicht vornehmen. § 1623 Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf Schenkungen, welche durch eine KE § 1623 sittliche Pflicht oder die auf den Anstand zu nehmende Rücksicht gerechtfertigt werden. 2. Keine Zustimmung fand der Antrag Nr. 364, 88 von Gebhard, in § 1623 a. E. zu sagen: „gerechtfertigt sind." (Prot. I, S. 8834, 8850). 3. Antrag Nr. 388, 8 von Kurlbaum, § 1623 Satz 1 zu fassen: „Eine Schenkung kann von dem Vormunde für den Mündel oder von dem Mündel mit Einwilligung oder Genehmigung des Vormundes nicht vorgenommen werden." eventuell: „Aus dem Vermögen des Mündels kann eine Schenkung nicht vorgenommen werden." (zu vergl. Urtheil des Reichsgerichts in Gruchot, Beiträge Band 30 S. 1046). Der prinzipale Antrag fand die Zustimmung der Kommission. Die Mehrheit hielt Angesichts der Entsch. des Reichsgerichts in Gruchot Beiträge Bd. 30 S. 1046 eine Verdeutlichung des Sinnes des § 1623 Satz 1 für angezeigt. Es wurde zwar die Besorgniß ausgesprochen, durch die Fassung des prinzipalen Antrags könnte das Prinzip des Entwurfs verdunkelt werden, daß die gesetzliche Vertretungsmacht auch das Recht des gesetzlichen Vertreters, zu Rechtsgeschäften des Vertretenen die erforderliche Einwilligung oder Genehmigung zu ertheilen bezw. daß die Ausschließung von der gesetzlichen Vertretung auch die Ausschließung jenes Rechts umfasse (vergl. §§ 1611, 1613, 64 Abs. 3). Die Kommission hielt jedoch diese Besorgniß nicht für begründet. Die eventuelle Fassung sei, hingesehen auf das Schenkungsversprechung, nicht völlig korrekt. (Prot. I, S. 12156,12157). EI § 1661
IV. Fassung der Regelung im E I : § 1661. Eine Schenkung kann von dem Vormunde für den Mündel oder von dem Mündel mit Einwilligung oder Genehmigung des Vormundes nicht vorgenommen werden. Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf Schenkungen, welche durch eine sittliche Pflicht oder die auf den Anstand zu nehmende Rücksicht gerechtfertigt werden.
§ 1624 K E / § 1662 E I
ZustFamR 11624 KE§ 1624
Fassung der Regelung in der ZustFamR/im KE und EI: § 1624. Der Vormund darf Vermögensgegenstände des Mündels nicht in eigenem
E H 1662 Nutzen verwenden.
§ 1625 K E / § 1663 E I
II., III. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR/im KE: ZustFamR § 1625. Der Vormund soll ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes we§ 1625 der e j n Erwerbsgeschäft im Namen des Mündels beginnen noch ein bestehendes KE § 1625 Erwerbsgeschäft des Mündels auflösen. 2.Prot. I,S. 12122 bei § 1511 EI. 1082
1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773—1895
IV. Fassung der Regelung im E I : Der Vormund soll ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes weder ein EI § 1663 neues Erwerbsgeschäft im Namen des Mündels beginnen noch ein bestehendes Erwerbsgeschäft des Mündels auflösen. § 1626 KE/§ 1664 E I II. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR: § 1626. Gelder, welche nicht erforderlich sind, um die laufenden und andere ZustFamR durch die Vermögensverwaltung begründete Ausgaben zu bestreiten, soll der Vor- § 1626 mund zinsbar anlegen. Die Anlegung der Gelder soll nur erfolgen: 1. in sicheren Hypotheken oder Grundschulden an inländischen Grundstücken; 2. in Schuldverschreibungen des Reiches oder eines Bundesstaates; 3. in Schuldverschreibungen, deren Verzinsung von dem Reiche oder einem Bundesstaate gewährleistet ist; 4. in Schuldverschreibungen, welche von inländischen kommunalen Körperschaften oder von den Kreditanstalten solcher Körperschaften ausgestellt und entweder von Seiten der Inhaber kündbar sind oder einer regelmäßigen Tilgung unterliegen; 5. bei einer inländischen öffentlichen und obrigkeitlich bestätigten Sparkasse; 6. in sonstigen Werthpapieren, in Ansehung deren durch Beschluß des Bundesrat e s bestimmt ist, daß Mündelgelder in denselben angelegt werden dürfen. N u r eine solche Hypothek oder Grundschuld ist als sicher anzusehen, f ü r welche bei einem landwirtschaftlichen Grundstücke zwei Drittheile des W e r t e s , bei einem anderen Grundstücke die Hälfte des des Werthes des Grundstückes als Sicherheit bleiben. Die Landesgesetze können f ü r die innerhalb ihres Geltungsbereiches belegenen Grundstücke die Grundsätze bestimmen, nach welchen der Werth der Grundstücke festzustellen ist. 2. Antrag N r . 341, 128 von Kurlbaumzu § 1626 Abs. 3: „Für Hypotheken und Grundschulden darf nur eine solche Sicherheit als genügend erachtet werden, welche mit dem belasteten Grundstücke in H ö h e der Hälfte oder, wenn das Grundstück ein landwirtschaftliches ist, in H ö h e von zwei Drittheilen des Werthes desselben gewährt wird." (zu vergl. § 201). oder eventuell: „Für die Sicherheit einer Hypothek oder Grundschuld darf das belastete Grundstück nur mit der Hälfte oder, wenn das Grundstück ein l a n d w i r t schaftliches ist, mit zwei Drittheilen seines Werthes in Betracht gezogen werden." 128. Zu § 1626 Abs. 3 (Anträge unter I, 128). Unter Ablehnung der Anträge unter I, 128 wurde folgender im Laufe der B e r a t u n g gestellter, der Fassung des § 39 der preuß. V. O. sich anschließender Antrag von der Mehrheit angenommen : Abs. 3 Satz 1 des § 1626 dahin zu fassen: „Eine Hypothek oder eine Grundschuld ist nur dann als sicher anzusehen, wenn sie bei einem landwirtschaftlichen Grundstücke innerhalb der ersten zwei Drittheile, bei einem anderen Grundstücke innerhalb der ersten Hälfte des Werthes des Grundstückes zu stehen kommt." Man war der Ansicht, daß durch diese dem Sprachgebrauche des gewöhnlichen Lebens sich anschließende Fassung der Sinn der Bestimmung am deutlichsten zum Ausdrucke gebracht werde. (Prot. I, S. 8755, 8756, 8767, 8768) 41 .
41
Der Antrag Nr. 356, 13 von Johow, § 1626 Abs. 3 zu fassen: „Als sicher ist nur . . w a r zurückgezogen worden (Prot. I, S. 8859, 8860). 1083
§§ 1773-1895 KE § 1626 E I § 1664
3. Abschnitt: Vormundschaft
III., IV. Fassung der Regelung im KE/EI: Abs. 1 und 2 wie in der ZustFamR. Abs. 3 Eine H y p o t h e k o d e r eine Grundschuld ist nur dann als sicher anzusehen, w e n n sie bei einem l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n Grundstücke innerhalb der ersten zwei Drittheile, bei einem anderen Grundstücke innerhalb der ersten H ä l f t e des Werthes des Grundstückes zu stehen kommt. Die Landesgesetze können f ü r die innerhalb ihres Geltungsbereiches belegenen Grundstücke die Grundsätze bestimmen, nach welchen der W e r t h der Grundstücke festzustellen ist.
§ 1627 KE/§ 1665 E I II., III., IV. 1 Fassung der Regelung in der ZustFamR/lm KE und EI: ZustFamR § 1627. K ö n n e n die in d e m ersten Absätze des § 1626 bezeichneten 4 2 Gelder nach § 1627 d Gegenvormundes die Aufsicht zu führen und gegen Pflichtwidrigkeiten derselben durch geeignete Gebote und Verbote einzuschreiten. 1096
1. Titel: Vormundschaft Uber Minderjährige
§§ 1773-1895
§ 1647 KE/§ 1685 E I Fassung der Regelung in der ZustFamR/im
ZustFamR
KZ: und EI:
§ 1647. Das Vormundschaftsgericht kann, auch gegen den Willen des Vormun- S 1647 K E § 1647 des, anordnen, daß der Mündel zu dem Zwecke der Erziehung in einer geeigneten E H 1685 Familie oder in einer Erziehungs- oder Besserungsanstalt unterzubringen sei. Soweit jedoch die Mutter 5 4 die Pflicht und das Recht hat, f ü r die Person des Kindes zu sorgen, finden in Ansehung der Zulässigkeit einer solchen Anordnung die Bestimmungen des § 1510 entsprechende Anwendung. Zu Prot. I, S. 12155, 12156 vgl. die Quellen zu § 1656 E I (oben S. 1078). § 1648 KE/§ 1686 E I Fassung der Regelung in der ZustFamR/im
KE und EI:
ZustFamR § 1648 § 1648. Der Vormund und der Gegenvormund sind verpflichtet, dem VormundKE § 1648 schaftsgerichte auf dessen Verlangen zu jeder Zeit über die Führung der Vormund- E H 1686
schaft, insbesondere auch in Ansehung der Person des Mündels, Auskunft zu ertheilen. § 1649 KE/§ 1687 E I
II., III., IV. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR/ im KE im EI: § 1649. Der Vormund ist verpflichtet, dem Vormundschaftsgerichte über die Verwaltung des Vermögens des Mündels jährlich Rechnung zu legen. Das Rechnungsjahr sowie der Zeitpunkt der Einreichung der Rechnung wird von dem Vormundschaftsgerichte bestimmt. Das Vormundschaftsgericht kann bei einer Verwaltung von geringem Umfange, wenn die Rechnung für das erste Jahr gelegt ist, bestimmen, daß die Rechnungslegung f ü r einen längeren als einjährigen Zeitraum 5 5 zu erfolgen habe; der Zeitraum darf drei Jahre nicht übersteigen. Die Rechnung soll eine Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthalten, über den Abgang und Zugang des Vermögens Auskunft geben und mit Belegen versehen sein. In dem Falle des Betriebes eines Erwerbsgeschäftes mit kaufmännischer Buchführung genügt als Rechnung eine aus den Büchern gezogene Bilanz. Das Vormundschaftsgericht kann jedoch die Vorlegung der Bücher und sonstigen Belege verlangen. Die Rechnung ist, wenn ein Gegenvormund bestellt worden ist, diesem vor der Einreichung unter Nachweisung des Vermögensbestandes zur Prüfung vorzulegen und von dem Gegenvormunde mit den Bemerkungen zu versehen, zu welchen die P r ü f u n g ihm Anlaß giebt. 2. Bei der Revision des KE § 760 wurde beschlossen, in § 1649 Abs. 3 statt „für einen längeren als einjährigen Zeitraum" zu sagen: „für einen längeren Zeitraum als ein Jahr" (Prot. I, S. 11893).
54
55
Im E I heißt es „ein Elterntheir. — Im folgenden ist im E I auf § 1546 verwiesen. Ferner heißt es im E I : „Erziehungsanstalt o d e r . . . " und statt „Bestimmungen": „Vorschriften". Zu einer Änderung im E I vgl. unter 2.
1097
ZustFamR § 1649 KE § 1649 E H 1687
§§ 1773-1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
§ 1 6 5 0 K E / § 1688 E I II. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR: ZustFamR § 1650. Das Vormundschaftsgericht soll die Rechnung rechnungsmäßig und sach§ 1650 lieh prüfen u n d , soweit es erforderlich ist, deren Berichtigung und E r g ä n z u n g herbeizuführen. Ueber die unerledigt bleibenden Ansprüche des V o r m u n d e s oder Mündels ist in dem Rechtswege zu entscheiden. Dieselben können sowohl von dem Mündel als von dem V o r m u n d e noch w ä h r e n d des Bestehens der V o r m u n d s c h a f t gerichtlich geltend gemacht werden. 2. Folgender A n t r a g N r . 364, 88 von Gebhardwmde a n g e n o m m e n : in § 1650 a) Abs. 1 „Das Vormundschaftsgericht hat die R e c h n u n g . . . zu p r ü f e n und . . . herbeizuführen." (vergi. § 1663). b) Abs. 2 „Ueber unerledigt bleibende pp." (Prot. I, S. 8834, 8851). III., IV. Fassung der Regelung im KE/EI: KE § 1650 § 1650. Das Vormundschaftsgericht hat die R e c h n u n g rechnungsmäßig und sachE I § 1688 [¡eh zu prüfen und, soweit es erforderlich ist, deren Berichtigung und E r g ä n z u n g herbeizuführen. Ueber unerledigt bleibende Ansprüche des V o r m u n d e s o d e r Mündels ist in dem Rechtswege zu entscheiden. Dieselben können sowohl von dem Mündel als von dem V o r m u n d e noch w ä h r e n d des Bestehens der V o r m u n d s c h a f t gerichtlich geltend gemacht werden. § 1651 KE/§ 1689 E I Fassung der Regelung in der ZustFamR/im
KE und
EI:
§ 1651. Das Vormundschaftsgericht kann unter besonderen U m s t ä n d e n anord§ 1651 nen, daß der V o r m u n d wegen des seiner Verwaltung unterliegenden Vermögens des KE < 1651 Mündels diesem Sicherheit zu leisten habe. E l i 1689 Die Art und den U m f a n g der Sicherheitsleistung bestimmt das Vormundschaftsgericht nach freiem Ermessen. Das Vormundschaftsgericht kann, solange das Amt des V o r m u n d e s nicht beendigt ist, zu jeder Zeit die Erhöhung, V e r m i n d e r u n g oder A u f h e b u n g der Sicherheit anordnen. Die A n o r d n u n g des Vormundschaftsgerichtes ersetzt die zu der [ E I : „zur"] Bestellung, A e n d e r u n g o d e r Aufhebung der Sicherheit erforderlichen Mitwirkung des Mündels. Die Kosten der Sicherheitsleistung sowie der Aenderung oder A u f h e b u n g derselben sind von dem Mündel zu tragen.
ZustFamR
§ 1652 KE/§ 1690 E I II. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR : § 1652. D e r Vater sowie die Mutter des Mündels k ö n n e n anordnen, daß neben % 1652 dem von ihnen benannten V o r m u n d e ein Gegenvormund nicht zu bestellen sei. Sie können anordnen, daß zu denjenigen Rechtsgeschäften, zu welchen nach den V o r schriften des § 1631 die Genehmigung des Gegenvormundes oder an Stelle derselben die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes erforderlich ist, weder die Genehmigung des Gegenvormundes noch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes erforderlich sein solle u n d daß der V o r m u n d zu der Anlegung von Geldern des
ZustFamR
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1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige
§ § 1773 —1895
Mündels weder die Genehmigung des Gegenvormundes noch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes einzuholen, auch in den Fällen des § 1626 Abs. 2 Nr. 5 und des § 1627 die Anlegung nicht mit der im § 1628 Abs. 2 bezeichneten Bestimmung zu bewirken brauche; diese Anordnungen sind in der Anordnung, daß ein Gegenvormund nicht zu bestellen sei, als enthalten anzusehen. 2. Prot. I,S. 8633, 8651 im Band: „Familienrecht I", S. 1199, 1206 f. 3. Antrag Nr. 351, 140 von Kurlbaumzu § 1652: statt der Worte „in der Anordnung — als enthalten anzusehen" zu setzen „im Falle der Anordnung — als in derselben enthalten anzusehen." Der Antrag wurde abgelehnt (Prot. I, S. 8774, 8781). 4. Antrag Nr. 360, 69 von v. Mandry: 69. 2.u § 1652: mit 2. Satz (Sie können anordnen) einen zweiten Absatz zu beginnen, und aus dem letzten Halbsatze (diese Anordnungen sind . . .) einen selbständigen Satz (2. Satz des zweiten Absatzes) zu machen. Der Antrag wurde ebenfalls abgelehnt (Prot. I, S. 8805, 8818). III., IV. Fassung der Regelung im KE/EI: § 1652. Der Vater sowie die eheliche Mutter des Mündels können anordnen, daß KE § 1652 neben dem von ihnen benannten Vormunde ein Gegenvormund nicht zu bestellen EI§ 1690 sei. Sie können anordnen, daß zu denjenigen Rechtsgeschäften, zu welchen nach den Vorschriften des § 1631 die Genehmigung des Gegenvormundes oder an Stelle desselben die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes erforderlich ist, weder die Genehmigung des Gegenvormundes noch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes erforderlich sein solle und daß der Vormund zu der [„zur" im E I] Anlegung von Geldern des Mündels weder die Genehmigung des Gegenvormundes noch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes einzuholen, auch in den Fällen des § 1626 Abs. 2 Nr. 5 und des § 1627 die Anlegung nicht mit der im § 1628 Abs. 2 bezeichneten Bestimmung zu bewirken brauche; diese Anordnungen sind in der Anordnung, daß ein Gegenvormund nicht zu bestellen sei, als enthalten anzusehen. 56 § 1653 K E / § 1691 E I II., III., IV. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamRJim K E u n d EI: § 1653. Der Vater sowie die Mutter 5 7 des Mündels können anordnen, daß der von ihnen benannte Vormund nicht verpflichtet sein solle, während des Bestehens der Vormundschaft Rechnung zu legen. Im Falle einer solchen Anordnung hat der Vormund nach Verlauf [im K E / E I: „Ablauf"] von je zwei Jahren eine den dermaligen Bestand des Vermögens des Mündels ergebende Uebersicht dem Vormundschaftgerichte einzureichen. Die Uebersicht ist, wenn ein Gegenvormund bestellt worden ist, diesem vor der Einreichung unter Nachweisung des Vermögensbestandes zur Prüfung vorzulegen und von dem Gegenvormunde mit den Bemerkungen zu versehen, zu welchen die P r ü f u n g ihm Anlaß giebt. Das Vormundschaftsgericht kann anordnen, daß der Vormund die Uebersicht in längeren als zweijährigen Zwischenräumen einzureichen habe; es kann unter besonderen Umständen auch anordnen, daß der Vormund die Uebersicht bis auf weitere Bestimmung überhaupt nicht einzureichen habe.
56 57
Im E I ist auf die §§ 1669, 1664, 1665 und 1666 verwiesen. Im K E / E I heißt es: „eheliche Mutter". Zu einer weiteren Änderung unter 4.
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ZustFamR § 1653 K-E § 1653 E H 1691
§§ 1773—1895
3. Abschnitt: Vormundschaft
2. Prot. I, S. 8633, 8651 im Band „Familienrecht I", S. 1199,1206 f. 3. Antrag Nr. 351, 141 von Kurlbaum, in § 1653 Abs. 1 das Wort: „dermaligen" in Zeile 5 zu streichen. 141. Zu § 1653 Abs. 1 (Antrag unter I, 141). Auch der Antrag unter I, 141, sowie der im Laufe der Berathung gestellte Antrag, das W o r t „dermaligen" durch das Wort „gegenwärtigen" zu ersetzen, wurde abgelehnt. (Prot. I, S. 8774, 8782) 4. Angenommen wurde der Antrag N r . 364, 89 von Gebhard, in § 1653 Abs. 1 statt: „nach Verlauf von je zwei Jahren" zu sagen: „nach Ablauf von je zwei Jahren" (Prot. I, S. 8835, 8851). § 1654 KE/§ 1692 E I II. 1. Fassung der Regelung in der ZustFamR: ZustFamR § 1654. Der Vater sowie die Mutter des Mündels können anordnen, daß der von § 1654 ihnen benannte V o r m u n d nicht verpflichtet sein solle, in Gemäßheit der Vorschriften des § 1632 die Werthpapiere und Kostbarkeiten zu hinterlegen oder die Inhaberpapiere auf den N a m e n des Mündels umschreiben zu lassen, und daß er nicht verpflichtet sein solle, in Gemäßheit der Vorschriften des § 1651 Sicherheit zu leisten. 2. Prot. I, S. 8633, 8651 im Band „Familienrecht I", S. 1199, 1206 f. III., IV. Fassung der Regelung im KE/EI: KE § 1654 § 1654. Der Vater sowie die eheliche Mutter des Mündels können anordnen, daß E I § 1692 der von ihnen benannte Vormund nicht verpflichtet sein solle, in Gemäßheit der Vorschriften des § 1632 die Werthpapiere und Kostbarkeiten zu hinterlegen oder die Inhaberpapiere auf den Namen des Mündels umschreiben zu lassen, und daß er nicht verpflichtet sein solle, in Gemäßheit der Vorschriften des § 1651 Sicherheit zu leisten. 58 § 1655 KE/§ 1693 E I ZustFamR KE§ 1655 E I § 1693
Fassung der Regelung in der ZustFamR/im K E u n d
EI:
^ 1655. Auf die in den §§ 1652 bis 1654 bezeichneten Anordnungen des Vaters ^ d e r Mutter finden die Vorschriften des § 1599 entsprechende Anwendung. Die Anordnungen des Vaters gehen den Anordnungen der Mutter vor. 59
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