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German Pages 334 Year 2013
Thomas Marksteiner DIE BEFESTIGTE SIEDLUNG VON LIMYRA
INSTITUT FU ¨ R KLASSISCHE ARCHA¨OLOGIE DER UNIVERSITA¨T WIEN
Forschungen in Limyra Band 1 Herausgegeben von
Ju¤rgen Borchhardt
Thomas Marksteiner DIE BEFESTIGTE SIEDLUNG VON LIMYRA Studien zur vorro¨mischen Wehrarchitektur und Siedlungsentwicklung in Lykien unter besonderer Beru¨cksichtigung der klassischen Periode
Phoibos Verlag, Wien 2013
BibliograWsche Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen NationalbibliograWe; detaillierte bibliograWsche Daten sind im Internet u¨ber http://dnb.ddb.de abrufbar. Bibliographic information published by Die Deutsche Bibliothek Die Deutsche Bibliothek lists this publication in the Deutsche NationalbibliograWe; detailed bibliographic data is available in the Internet at http://dnb.ddb.de.
Umschlagabbildung: Zeichnung Iris Borchhardt, 1989 Erstauflage: Gedruckt mit Unterstu¨tzung durch den Fonds zur Fo¨rderung der wissenschaftlichen Forschung Copyright # 1997 by Phoibos Verlag, Roman Jacobek, Wien Printed in Austria: E. Becvar, A-1150 Wien ISBN-10: 3-901232-09-5; ISBN-13: 978-3-901232-09-1 Digitale Ausgabe (PDF): Copyright # 2013 by Phoibos Verlag, Roman Jacobek, Wien ISBN 978-3-85161-110-6; DOI http://dx.doi. org/10.7337/3851611106
Vorwort des Herausgebers Die Ausgrabungen in Limyra begannen im Jahre 1969 und ko¨nnen somit bald auf 30 Jahre, d. h. auf die Dauer einer Generation zuru¨ckblicken. Die Aufdeckung bedeutender Einzelfunde fu¨hrte in den 80er Jahren zur Konzeption einer Stadtgrabung, die dank der Genehmigung durch die Generaldirektion der Antiken und Museen im Kultusministerium der Republik Tu¨rkei dazu beitragen kann, an der Erforschung der Kulturgeschichte der Lykier mitzuwirken, die wie etwa jene der Phryger, Lyder oder Karer auf kleinasiatischem Boden durch eine strategisch bedeutende Lage im o¨stlichen Mittelmeerraum zum Objekt gro¨ßerer Weltma¨chte wurde, aber durch eine eigene Sprache, eigene Scho¨pfungen auf dem Gebiet der Architektur sowie eigenwillige eklektische Kunstleistungen auch eigene Beitra¨ge zu gesellschaftlichen Vera¨nderungen auf dem Gebiet der antiken Verfassungen erzielte und die Ho¨he einer eigenen Kultur erreichte. Dank der großzu¨gigen Unterstu¨tzung durch das Bundesministerium fu¨r Wissenschaft und Ver¨ sterkehr, den Fonds zur Fo¨rderung der wissenschaftlichen Forschung, die Universita¨t Wien und die O reichische Akademie der Wissenschaften hat die Grabung Limyra heute am Institut fu¨r Klassische Archa¨ologie der Universita¨t Wien mit seinem Lykien-Archiv eine bleibende Heimstatt gefunden. Forschungsgeschichtlich betrachtet wurde mit diesem wissenschaftlichen Schwerpunkt die Nachfolge von Otto Benndorf angetreten, der seinerseits in Wien das Kapitel der Entdeckungen in Lykien im 19. Jahrhundert mit Forschungen, die sich nicht nur auf Trysa beschra¨nkten, sondern den wechselnden Epochen der lykischen Halbinsel galten, abschloß. Die Reihe ‘Forschungen in Limyra’ kann auf zwei vorangegangene monographische Publikationen verweisen, die dem Heroon des Perikles (J. Borchhardt, Die Bauskulptur des Heroons von Limyra, IstForsch 32 [1976]) und dem Kenotaph fu¨r Gaius Caesar (J. Ganzert, Das Kenotaph fu¨r Gaius Caesar in Limyra. Architektur und Bauornamentik, IstForsch 35 [1984]) galten. Die jeweils erga¨nzenden Forschungen zur Baugeschichte bzw. zur Bauskulptur sollen in dieser Reihe die Erinnerung an die Anfa¨nge wachhalten. In Zukunft sollen in dieser Reihe gro¨ßere Komplexe zu den unterschiedlichen Epochen und Befunden vorgelegt werden, die in enger Kooperation mit anderen internationalen Grabungen und Forschungen in Lykien zur Erhellung der Residenzstadt Ze˜muri zur Dynastenzeit, der Metropolis Limyra der ro¨mischen Kaiserzeit und der Bischofsstadt im byzantinischen Reich beitragen ko¨nnen. Der Herausgeber betrachtet es als ein gutes Omen, daß die Reihe mit Forschungsergebnissen zu den Siedlungsphasen Limyras und Lykiens ero¨ffnet werden kann, standen doch Fragen der Sepulkralund Wehrarchitektur stets im Vordergrund des Interesses des Projektes Limyra. Als Mitarbeiter seit dem Jahre 1985 galt das Interesse von Herrn Thomas Marksteiner von Anbeginn an der archa¨ologischen Einordnung, der bauhistorischen Typologie sowie einer siedlungstopographischen, historischen und gesellschaftsspezifischen Analyse des architektonischen Bestandes, zuerst beim Grabungsunternehmen am Su¨dtor in der Weststadt, spa¨ter bei der Bearbeitung der Burganlage des klassischen und hellenistischen Limyra. Mit der nun vorliegenden umfangreichen Monographie ist ein wichtiger Schritt getan, unser Versta¨ndnis von Wehrarchitektur und befestigten Siedlungen im antiken Lykien auf einer neuen, umfassenden Grundlage besser verstehen zu lernen. Herzlicher Dank fu¨r die praktischen Seiten der Realisierung der vorliegenden Reihe ‘Forschungen in Limyra’ sowie fu¨r die Aufnahme dieser Reihe in das Verlagsprogramm gebu¨hrt dem Verleger, Herrn Roman Jacobek. Mo¨ge den ‘Forschungen in Limyra’ in Anlehnung an das homerische Bla¨ttergleichnis eine angemessene Zeitspanne beschieden sein.
Wien, 3. Ma¨rz 1997
Ju¨rgen Borchhardt
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Vorwort des Autors Die vorliegende Arbeit basiert auf der im Herbst 1992 an der Geisteswissenschaftlichen Fakulta¨t ¨ berarbeitung wurden der Universita¨t Wien vorgelegten Dissertation des Verfassers. Im Zuge der U jedoch einige Abschnitte der urspru¨nglichen Fassung, die inzwischen anderweitig in Druck gegangen waren, zusammengefaßt oder ga¨nzlich weggelassen, sowie der Katalogteil erweitert und vervollsta¨ndigt. Die Kapitel zu historischen und soziologischen Fragestellungen sowie die Abschnitte zur Siedlungsstruktur sind im wesentlichen im Winter 1993/94 in Tu¨bingen entstanden, wo ich auf Einladung von Prof. F. Kolb und mit Unterstu¨tzung eines Erwin Schro¨dinger-Stipendiums des o¨sterreichischen Fonds zur Fo¨rderung der wissenschaftlichen Forschung arbeiten durfte. Ausgehend von den zwei Ausbauphasen der vorro¨mischen Befestigungen Limyras befaßt sich die vorliegende Arbeit vorrangig mit den in klassischer Zeit errichteten FortiWkationen befestigter Siedlungen Lykiens. Auch einzelstehende Burgen und kleinere, als Herrensitze bezeichnete Anlagen, die wohl einst als repra¨sentative und verteidigbare Wohnsitze bedeutender Grundbesitzer dienten, wurden in die Untersuchung mit einbezogen. Das hier vorgestellte Material stammt zumeist aus Ost- und Zentrallykien, Siedlungen im Xanthostal und Westlykien konnten jedoch ebenfalls aufgenommen werden, sodaß der Anspruch der Arbeit, einen Beitrag zur Erforschung der gesamtlykischen Wehrarchitektur und Siedlungsstruktur klassischer Zeit zu stellen, nicht allzu verwegen sein mag. Um eine zeitliche und typologische Abgrenzung des klassischen Formenkomplexes zu ermo¨glichen, war es unerla¨ßlich, auch die hellenistische Periode in die Untersuchung mit einzubeziehen. Neben den milita¨rarchitektonischen Gesichtspunkten kommen auch Fragen der Siedlungsentwicklung, der Siedlungsstruktur und des Siedlungsbildes sowie deren Vera¨nderungen im Laufe der den Rahmen dieser Untersuchung bildenden Perioden zur Sprache. Den allerherzlichsten Dank schulde ich dem Betreuer meiner Dissertation, Herrn Prof. J. Borchhardt, der mich vielfach unterstu¨tzte und mir auch in fru¨heren Fieldsurvey-Kampagnen gewonnenes Material u¨berließ. Ferner fu¨hle ich mich Herrn Dr.-Ing. W. Wurster zutiefst verpXichtet, der mir seine a¨lteren Rechte an den Befestigungen Limyras abtrat und mir auch Einsicht in wa¨hrend seiner lykischen Surveyjahre in der Region erarbeitete Unterlagen sowie die Genehmigung zur Umzeichnung und allfa¨lligen Verwendung von Planskizzen und Zeichnungen gewa¨hrte. Vielen Dank schulde ich Herrn Prof. F. Kolb (Tu¨bingen), der mir in großzu¨giger Weise Gelegenheit gab, im Zuge des Kyaneaisurveys gewonnenes Material zu publizieren. Prof. Chr. Le Roy (Paris) gilt mein aufrichtigster Dank fu¨r die Erlaubnis, die Befestigungen von Xanthos in diese Arbeit mit einzubeziehen. Auch dem Zweitbetreuer meiner Dissertation, Herrn Professor Fritz Krinzinger, mo¨chte ich herzlichen Dank fu¨r seine Unterstu¨tzung aussprechen. Besonderen Dank schulde ich natu¨rlich der Generaldirektion fu¨r Museen und Altertu¨mer der Tu¨rkei fu¨r die Gewa¨hrung der Arbeitsgenehmigungen. Fu¨r das Zustandekommen dieser Untersuchung war die Zusammenarbeit mit meinem Freund und Kollegen Andreas Konecny (Wien) von großer Wichtigkeit, der seine Vermessungskenntnisse einbrachte und mir auch als Diskussionspartner zur Verfu¨gung stand. Gespra¨che mit Martin Zimmermann (Tu¨bingen) verhalfen mir dazu, einen kritischen Abstand zu den rein archa¨ologischen Fragestellungen zu bewahren und den „historischen Kontext“ nicht aus den Augen zu verlieren.
Wien, im Fru¨hjahr 1995
Thomas Marksteiner
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Inhaltsverzeichnis Vorwort des Herausgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Vorwort des Autors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Bibliographische Abku¨rzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Der lykische Naturraum und seine Nutzung durch den Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
Die Siedlungen Ostlykien: Die befestigte Siedlung von Limyra/Ze˜muri Zur Lage der Siedlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Zur Forschungsgeschichte Limyras und seiner Befestigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Zur Topographie des Burgberges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Oberburg, Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die topographische Situation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Nordbastion und deren o¨stlicher Anbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1) Die Maße des Kernbaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2) Das Mauerwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3) Die Einschu¨ttung im Kernbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4) Zum Aufgehenden der Bastion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5) Der Bauko¨rper im Osten der Nordbastion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6) Die gebo¨schten Mauern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Su¨dbastion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1) Das Mauerwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2) Der Su¨deingang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3) Der Nordeingang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4) Die Binnengliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5) Spa¨tere Einbauten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Das Haupttor zur Oberburg und der su¨dseitige Mauerzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1) Die Su¨dmauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2) Das Su¨dwesttor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Der nordwestliche Eckturm und die Nordkurtine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1) Der Eckturm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2) Die Kurtine an der Nordseite der Oberburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3) Die Kasematten am Eckturm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Die Befestigungen an der WestXanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Die Befestigungslinie an der OstXanke und die Anbauten im Burginneren . . . . . . . . . 1) Die Wehrmauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2) Die Anbauten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . H. Weitere Baureste auf dem Gela¨nde der Oberburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1) Die große Zisterne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2) Die kleine Zisterne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis
3) Die Felsalta¨re . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 4) Die Bebauung im Nordwestbereich der Oberburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 5) Weitere Verbauung im Zentrum der Oberburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 J. Die Zinnen und Epalxisabdeckplatten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 II. Die Befestigungen der Mittelburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 A. Die Befestigungen an der OstXanke der Mittelburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 1) Die Kurtine zwischen der Su¨dbastion und Ostturm 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 2) Der Ostturm 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 3) Die Kurtine zwischen Ostturm 1 und 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 4) Der Ostturm 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 5) Die Kurtine zwischen Ostturm 2 und 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 6) Der Ostturm 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 B. Die Befestigungen an der WestXanke der Mittelburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 1) Die Kurtine zwischen Oberburg und Westturm 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 2) Der Westturm 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 3) Die Kurtine zwischen Turm 1 und 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 4) Westturm 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 5) Die Kurtine zwischen Ostturm 2 und dem Anschluß an die Unterburg . . . . . . . . . 54 C. Ein Mauerzug im Vorfeld der Ostkurtinen von Mittel- und Oberburg: Ein Proteichisma ? . . . . . . . . . . . 54 D. Ein Diateichisma an der Unterkante der Mittelburg? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 III. Die Befestigungen der Unterburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 A. Die Befestigungen an der OstXanke der Unterburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 1) Die Kurtine zwischen Ostturm 3 und 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 2) Der Ostturm 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 3) Die Kurtine der OstXanke su¨dlich von Ostturm 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 B. Die Befestigungen an der WestXanke der Unterburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 1) Die Befestigungen der Unterburg zwischen dem Anschluß an die Mittelburg und den Westturm 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 2) Der Westturm 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 3) Der Westturm 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 4) Die Kurtine zwischen Westturm 4 und 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 5) Der Westturm 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 6) Die Verbindung von Westturm 5 und dem Su¨dtor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 C. Die Befestigungen an der Su¨dXanke der Unterburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 1) Das Su¨dtor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 2) Die Sondage 9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 3) Der Befestigungsverlauf o¨stlich Sondage 9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 4) Der Befestigungsverlauf im Su¨dostbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 IV. Die Bauphasen der vorro¨mischen Befestigungen Limyras . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 A. Die klassische „trapezoidale“ Bauphase der Befestigungen Limyras . . . . . . . . . . . . . . . 63 1) Die Oberburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 2) Die Befestigungen von Mittel- und Unterburg in klassischer Zeit . . . . . . . . . . . . . . 67 B. Die hellenistische Bauphase der Befestigungen Limyras . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 1) Die Oberburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 2) Die Befestigungen von Mittel- und Unterburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Zentrallykien I. Zum Siedlungsbild Myras in klassischer Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 II. Die befestigte Siedlung von Muskar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
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III. Die IV. Die V. Die VI. Die VII. Die VIII. Die IX. Die X. Die XI. Die XII. Die XIII. Die XIV. Die XV. Die XVI. Die XVII. Die XVIII. Die XIX. Die XX. Die
Burg von Gu¨rses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . befestigte Siedlung von Trysa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . befestigte Siedlung von Hoyran . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . befestigte Siedlung von Tyberissos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Burg von Teimiusa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Burg von Korba . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . befestigte Siedlung von Tu¨se . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . befestigte Siedlung von Bu¨yu¨k Avs¸ar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Siedlung vom Avs¸ar Tepesi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Burg von Apollonia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Burg von Dereag˘zı . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . befestigte Siedlung von Phellos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . befestigte Siedlung von Arneai . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . befestigte Siedlung von Kandyba . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . befestigte Siedlung von Isinda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . befestigte Siedlung von Bayındır Limanı . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . befestigte Siedlung von Seyret . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Burg von Ko¨ybas¸ı . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
75 76 78 80 80 81 81 82 84 85 86 87 88 89 89 90 91 96
Westlykien I. Zu Befestigung und Siedlungsbild von Xanthos in klassischer Zeit . . . . . . . . . . . . . . . 99 II. Zu den Befestigungen und dem Siedlungsbild von Pinara in klassischer Zeit . . . . . . 105 III. Zum Siedlungsbild von Tlos in klassischer Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 IV. Sidyma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 V. Telmessos/Fethiye und Hızırlık, ein Siedlungsgebiet bei Telmessos . . . . . . . . . . . . . 107 VI. Kadyanda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
Die klassische Wehrarchitektur Lykiens Mauertechnik und Mauerbau I. Zur Struktur der Mauern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Das Baumaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Fundamente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Der Mauerko¨rper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zu den Mauerstilen lykischer Befestigungen klassischer Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Vorhellenistisches Polygonalmauerwerk in lykischen Befestigungen . . . . . . . . . . . . . . B. Der trapezoidale Mauerstil in Lykien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. ‘Kyklopisches’ Mauerwerk und Bruchsteinmauerwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Quadermauerwerk in lykischen Befestigungen klassischer Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . .
109 109 110 112 116 116 122 129 129
Lage und Anlage lykischer Siedlungen in klassischer Zeit I. Die Lage befestigter lykischer Siedlungen klassischer Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Anlage befestigter lykischer Siedlungen klassischer Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Burgen: Gipfelbefestigungen lykischer Siedlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1) Die Befestigungskerne lykischer Burganlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2) Die Befestigungsmauern und Tore der Burganlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Ringmauern: Die Befestigung der Wohnsiedlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Wasserversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Freistehende Burganlagen und kleine Herrensitze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
131 132 133 134 136 137 139 140
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Inhaltsverzeichnis
Einzelbauformen I. Kurtinen und Wehrgangsaufbauten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Tu¨rme, Bastionen und Xankierende Mauerabschnitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Tore . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Grundriß und Aufbau der Tore: Zur Typologie lykischer Mauerdurchla¨sse . . . . . . . . B. Die Konstruktion der Torverschlu¨ße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
143 144 147 147 152
Stadtdarstellungen und befestigte Siedlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155
Hellenistische Befestigungen in Lykien Zum Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Mauertechnik und Mauerstil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Mauertechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Zweischalenmauern und Mauerbreite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Das Vorkommen von Binderblo¨cken als Datierungskriterium . . . . . . . . . . . . . . . II. Mauerstile an hellenistischen Befestigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Der pseudoisodome Stil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Der polygonale Stil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zwischenformen und Bruchsteinmauerwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Die Verwendung verschiedenfarbigen Steinmaterials an einem Bau . . . . . . . . . . .
160 160 160 160 162 162 163 163 164
Zu Lage und Anlage befestigter Siedlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 Einzelformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
Schlußfolgerungen Siedlungsbild und Siedlungsaufbau in klassischer Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Zur Sozial- und Siedlungsgeschichte Lykiens in klassischer Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 A. Zur politischen Verfassung und der Sozialstruktur Lykiens in klassischer Zeit: Der Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 B. Archa¨ologische Evidenz und gesellschaftliche Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Die Hellenisierung der Architektur Lykiens und Vera¨nderungen der Siedlungsstruktur in hellenistischer Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 ¨ berlegungen bezu¨glich einer Situierung der klassisch-lykischen Wehrarchitektur . . . . . . . . . 180 U A. Die lykischen Befestigungen und das anatolische Umfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 B. Der EinXuß griechischer Wehrarchitektur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 Abschließende Bemerkungen zu den Befestigungen und dem Siedlungsbild Limyras . . . . . . . 187 Abbildungsnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Tafelteil Faltpla¨ne
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Bibliographische Abku¨rzungen Es fanden die Abku¨rzungen nach den Richtlinien des Deutschen Archa¨ologischen Instituts (AA 1992, 743 ff.) Verwendung. Griechische und lateinische Quellen sind nach den Abku¨rzungen in Der Kleine Pauly (1979) S. XXI V. zitiert. Zusa¨tzlich wurden folgende Siglen eingefu¨hrt. Actes Actes Istanbul
Adam, Architecture AST Bean, Lykien Beaufort, Karamania Benndorf, Bericht Borchhardt, Heroon ¨ zgan, Grabreliefs Bruns-O Bryce, Lycians Childs, City Fellows, Travels Fouilles 1 Fouilles 2 Jacobs, Grabkunst Kienast, Samos Konecny, Turmgeho¨fte Krischen, Herakleia KST Lawrence, Aims Les piliers Lykiensymposion I
Lykiensymposion II
Lykische Studien 1 Lykische Studien 2
Actes du Colloque sur la Lycie Antique, Istanbul 1977 (1980). Les grands ateliers d’architecture dans le monde Ege´en du VIe sie`cle av. J. C., Actes du colloque d’Istanbul, 23–25 Mai 1991, J. des Courtils – J. Moretti (Hrsg.), Varia Anatolica 3 (1993) 35–46 Taf. 6 –8. J. P. Adam, L’architecture militaire gre`que (1982). Aras¸tırma Sonuc¸ları Toplantısı G. E. Bean, Kleinasien 4, Lykien (1980). F. R. Beaufort, Karamania, or a brief Description of the South Coast of Asia Minor (1817). O. Benndorf, Vorla¨uWger Bericht u¨ber zwei o¨sterreichische Expeditionen nach Kleinasien, AEM 6, 1882, 182–230. J. Borchhardt, Die Bauskulptur des Heroons von Limyra, IstForsch 32 (1976). ¨ zgan, Lykische Grabreliefs des 5. und 4. Jhs. v. Chr. Chr. Bruns-O (1987). T. R. Bryce, The Lycians 1 (1986). W. A. P. Childs, The City-Reliefs of Lycia (1978). Ch. Fellows, Travels and Researches in Asia Minor, more particulary in the Province of Lycia (1852). P. Demargne, Les Piliers Fune´raires, Fouilles de Xanthos 1 (1958). H. Metzger – P. Coupel, L’Acropole Lycienne, Fouilles de Xanthos 2 (1963). B. Jacobs, Griechische und persische Elemente in der in der Grabkunst Lykiens zur Zeit der Acha¨menidenherrschaft, SIMA 78 (1987). H. Kienast, Die Stadtmauern von Samos, Samos XV (1978). A. Konecny, Hellenistische Turmgeho¨fte in Ost- und Zentrallykien (1996). F. Krischen, Die Befestigungen von Herakleia am Latmos (1912). Kazı Sonuc¸ları Toplantısı A. W. Lawrence, Greek Aims in FortiWcation (1979). C. Deltour-Levie, Les piliers fune´raires de Lycie (1980). J. Borchhardt – G. Dobesch (Hrsg.), Akten des 2. Internationalen Lykiensymposions in Wien 1990, Bd. I, TAM Ergh. 17, DenkschrWien 231 (1993). J. Borchhardt – G. Dobesch (Hrsg.) Akten des 2. Internationalen Lykiensymposions in Wien 1990, Bd. II, TAM Ergh. 18, DenkschrWien 235 (1993). Lykische Studien 1. Die Siedlungskammer von Kyaneai in Lykien, F. Kolb (Hrsg.), Asia Minor Studienreihe Band 9 (1993). Lykische Studien 2. Die Siedlungskammer von Kyaneai in Lykien, F. Kolb (Hrsg.), Asia Minor Studienreihe 18 (1995).
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Bibliographische Abku¨rzungen
Maier I, II Marsden Martin, Manuel Myra
F. G. Maier, Griechische Mauerbauinschriften I (1959), II (1961). E. W. Marsden, Greek and Roman Artillery (1969). Martin, Manuel de l’architecture gre`que (1965). J. Borchhardt u. a., Myra. Eine lykische Metropole in antiker und byzantinischer Zeit, IstForsch 30 (1975). Ober, Fortress J. Ober, Fortress Attica (1985). Orlandos, Mate´riaux A. Orlandos, Les mate´riaux de construction I, II (1966). Reisen I O. Benndorf – G. Niemann, Reisen im su¨dwestlichen Kleinasien I. Reisen in Lykien und Karien (1884). Reisen II E. Petersen – F. von Luschan, Reisen im su¨dwestlichen Kleinasien II. Reisen in Lykien, Milyas und Kibyratis (1889). Ritter, Erdkunde C. Ritter, Die Erdkunde im Verha¨ltnis zur Natur und zur Geschichte des Menschen oder allgemeine vergleichende Geographie, Bd. 9/2 (1859). Scranton, Walls R. L. Scranton, Greek Walls (1941). Travels I, II T. A. B. Spratt – E. Forbes, Travels in Lycia, Milyas and Cibyratis I, II (1847). Treuber O. Treuber, Geschichte der Lykier (1887). Troxell H. A. Troxell, The Coinage of the Lycian League (1982). Verf., Siedlungen Th. Marksteiner, Siedlungsstrukturen in Lykien in: Go¨tter, Heroen, Herrscher in Lykien. Katalog zur Ausstellung auf der Schallaburg in Niedero¨sterreich (1990) 23–28. ¨ Jh 59, 1989 Beibl. 39–110 Verf., Su¨dtor Th. Marksteiner, Das Su¨dtor von Limyra, O Abb. 1–38. Winter, FortiWcations F. E. Winter, Greek FortiWcations (1971). Wokalek A. Wokalek, Griechische Stadtbefestigungen (1973). Wrede, Mauern W. Wrede, Attische Mauern (1930). Wurster, Stadt W. Wurster, Stadtdarstellungen auf lykischen Reliefs, architectura 1977, 117–152 Abb. 1–43. Zahle, Monumentet J. Zahle, Monumentet i Xanthos – En lykiske pillegrav (1975). Zimmermann, Landeskunde: M. Zimmermann, Untersuchungen zur historischen Landeskunde Zentrallykiens, Antiquitas Reihe 1, Bd. 42 (1992).
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Einleitung Den Anstoß zu vorliegender Arbeit u¨ber die befestigte Siedlung von Limyra und die vorro¨mische Befestigungsarchitektur Lykiens gab die Grabungsta¨tigkeit des Verfassers im Bereich des Su¨dtores von Limyra: Um diese Toranlage topographisch innerhalb der Gesamtsiedlung zu situieren und ihr Verha¨ltnis zu deren Entwicklungsphasen zu bestimmen, war es unerla¨ßlich, sich im Zuge der Aufarbeitung na¨her mit den Befestigungen der Niederlassung auseinanderzusetzen. Diese FortiWkationen waren zwar schon von W. Wurster in einem die Struktur der Anlage in pra¨gnanter Weise darstellenden Vorbericht publiziert worden, der jedoch einer umfangreichen zeichnerischen und photographischen Dokumentation sowie der Besprechung von Detailfragen keinen Raum bieten konnte1. Im Zuge einer weiterfu¨hrenden Untersuchung der Befestigungen Limyras schien es geboten, nicht nur den vor Ort erhaltenen Befund mo¨glichst genau zu dokumentieren, sondern auch das wenig erforschte lykische ¨ berlegungen einzubeziehen. Mit Stipendienunterstu¨tzung durch das o¨sterreichische Umfeld in die U Ministerium fu¨r Wissenschaft und Forschung unternommene Reisen ermo¨glichten es dem Verfasser, die meisten bekannten lykischen Siedlungen aufzusuchen und deren FortiWkationen in Autopsie kennenzulernen. Angesichts der großen Zahl gut erhaltener und weitgehend unpublizierter Befestigungsanlagen und deren augenfa¨lliger Verhaftung an ein – auch in Limyra festzustellendes – Grundmuster, reifte der Gedanke, sich mit der Untersuchung dieser Denkma¨ler im Rahmen einer Dissertation auseinanderzusetzen. Dank der Ermutigung und der Unterstu¨tzung meines Lehrers J. Borchhardt und des großzu¨gigen Verzichtes W. Wursters auf seine wohlerworbenen Rechte an einer Publikation der Anlage konnte 1988 mit der Vermessung und Dokumentation der FortiWkationen Limyras begonnen werden. Die vermessungstechnischen Kenntnisse und modernes Vermessungsgera¨t brachte der Wiener Archa¨ologe A. Konecny in das Unternehmen ein, wa¨hrend die Rahmenbedingungen von J. Borchhardt und der Limyragrabung gestellt wurden2. Im Sommer 1989, kurz vor Abschluß der geoda¨tischen Aufnahme in Limyra, ergab sich die Gelegenheit zu einem Gespra¨ch mit Prof. F. Kolb, dem Leiter einer im Umland Kyaneais (Zentrallykien) durchgefu¨hrten OberXa¨chenbegehung. Seinen Vorschlag, an dem Kyaneaiprojekt mitzuarbeiten und dabei im speziellen einige der befestigten Siedlungen des Surveygebietes zu bearbeiten, konnte ich nur dankend annehmen, da mir dadurch der Zugang zu dem reichen, fu¨r die Fragestellung vorliegender Arbeit bedeutenden Material Zentrallykiens ermo¨glicht wurde. Zuletzt erteilte Chr. Le Roy, der Leiter der franzo¨sischen Expedition in Xanthos, dem Verfasser dankenswerter Weise die Genehmigung, die Befestigungen der lykischen Metropole abzugehen, photographische ¨ berlegungen einzubeziehen3. Aufnahmen zu machen und die Anlage in die vorliegenden U Aufgrund dieser großzu¨gigen Kooperationsangebote und der toleranten Haltung der in Lykien ta¨tigen Kollegen bot sich die Gelegenheit, die Untersuchungen zur lykischen Wehrarchitektur auf breiter Basis fortzufu¨hren und repra¨sentatives Material aus Ost-, Zentral- und Westlykien zu sammeln und zu verwerten. Die vorliegende Arbeit hat zum Ziel, auf der Basis einer breiten Materialvorlage, die außer Limyra zahlreiche andere lykische Siedlungen mit vorhellenistischer Bausubstanz einschließt, ein Bild klassisch-lykischer Befestigungsanlagen zu erarbeiten, diese von spa¨teren Umbauten zu diVerenzie-
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s. W. Wurster, AA 1974, 259–273. Wurster plante die Befestigungen Limyras und weiterer lykischer Siedlungen monographisch zu bearbeiten, wurde aber durch andere Aufgaben bis heute davon abgehalten. 2 Besonderen Dank gilt es Herrn Peter Glass von der Firma Geodimeter (Wien) auszusprechen, der uns die Vermessungsmittel leihweise zur Verfu¨gung stellte. 3 Aus diesen ersten Ansa¨tzen entwickelte sich mit
großzu¨giger Stu¨tzung von Prof. Christian Le Roy ein von J. des Courtils und dem Verfasser gemeinsam in Xanthos durchgefu¨hrtes Stadtmauerprojekt, das im Sommer 1992 mit Reinigungs-, Zeichnungs- und Vermessungsarbeiten sowie einer Sondage im Bereich eines Turmes an der Su¨dostXanke der Siedlung einen bescheidenen Anfang nahm und wa¨hrend der Kampagnen 1993 bis 1995 fortgefu¨hrt werden konnte.
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Einleitung
ren sowie ihre Lage im Gela¨nde, ihren Aufbau, befestigungstechnische Details und Mauerstile zu untersuchen und typologisch einzuordnen. Eine Eingrenzung des Arbeitsbereiches auf das Kerngebiet lykischer Kultur der klassischen Zeit, welches in der Forschung auf der Basis eines geha¨uften Vorkommens typisch lykischer Grabformen, wie Pfeilergra¨ber und Fassadenkammergra¨ber, sowie von Inschriften in lykischer Sprache und Schrift deW‡ niert wird, war schon durch die Themenstellung vorgegeben4. Diese Kultur- und Sprachlandschaft erstreckte sich zwischen Kadyanda und Telmessos im Westen und Limyra im Osten, wa¨hrend als Nordgrenze die hochaufragenden Gebirgszu¨ge des Akdag˘ und des Susuzdag˘ sowie die dahinterliegenden Hochebenen Nordlykiens gelten mo¨gen (Fig. 1). Dieses Gebiet wird in der Forschung traditionellerweise in drei Regionen gegliedert, Westlykien mit dem Xanthostal, Mittellykien und Ostlykien, das in klassischer Zeit bis an das Tal des Alakır C¸ay gereicht haben du¨rfte5. Diese einigermaßen willku¨rliche Einteilung, die zu keiner Zeit politischen Grenzen entsprochen haben du¨rfte, beruht wohl in erster Linie auf geographischen Faktoren6. Der unterschiedliche Landschaftscharakter der Regionen hat schon in der Antike zu siedlungstypologischen Eigenentwicklungen gefu¨hrt. Das Kerngebiet Westlykiens, welches das fruchtbare Xanthostal und die Ha¨nge der dieses begrenzenden Gebirgssto¨cke umfaßte, stand von alters her in enger Beziehung zu dem Ku¨stenbereich im Westen und den Siedlungen der o¨stlich anschließenden Gebirgslandschaft7. Dieser Bereich mit seinen bedeutenden Siedlungen scheint sowohl historisch als auch im Bewußtsein der antiken Bevo¨lkerung die Wiege und das eigentliche Zentrum lykischer Kultur gewesen zu sein8. In Zentrallykien Wndet sich neben der fruchtbaren Ku¨stenebene Myras vor allem eine vielfach gegliederte Berglandschaft, welche die Ausbildung einer kleinra¨umigen Siedlungsstruktur begu¨nstigte9. Dieses Gebiet du¨rfte traditionell im EinXußbereich des Xanthostales gelegen haben, geriet aber wahrscheinlich in hochklassischer Zeit in ein Spannungsfeld zwischen den Dynasten West- und Ostlykiens10. Die o¨stlichen Randgebiete nahmen sicher eine Sonderstellung in Lykien ein, waren sie doch einerseits vom eigentlichen kulturellen Zentrum, dem Xanthostal, durch gebirgige Landschaften getrennt und andererseits vielleicht den EinXu¨ssen griechischer und pisidischer Nachbarn ausgesetzt11. Aus ¨ Jh 3, 1900 Beibl. 37 V. Eine s. E. Kalinka, O Trennung in ein ‘politisches’, den von der xanthischen Dynastie beherrschten Gebieten entsprechendes Kernland und ein ‘kulturelles’ Lykien schla¨gt Bryce, Lycians 100, vor. Vgl. auch den Versuch J. Zahles, mit Hilfe der Grabanlagen, Inschriften, historischen Quellen und nicht zuletzt der Mu¨nzpra¨gung, die relative Bedeutung lykischer Siedlungen der klassischen Zeit zu erfassen. J. Zahle in: Actes 38 –49 bes. 41 mit Siedlungskarte. 5 Die Siedlungen im Osten des Flusses galten als griechisches Kolonisationsgebiet, wurden aber spa¨testens in hochklassischer Zeit Lykien angegliedert. Quellenangaben s. Treuber 90. Zur Gru¨ndungslegende von Gagai Steph. Byz. s. v. Gagai. Zahle za¨hlt Rhodiapolis, Korydalla und Gagai zu den Siedlungen des klassisch-lykischen Kulturraumes. s. Zahle in: Actes 46 Anm. 4. Zu einer im Hinterland von Olympos neuentdeckten Niederlassung, nahe welcher ein Grab mit klassischem Reliefschmuck gefunden wurde s. G. Isin, Lykia 1, 1994, 68 –78. 6 Die Dreiteilung ist in der Literatur allgemein gebra¨uchlich, bezu¨glich der Grenzen zwischen den Regionen gibt es jedoch divergierende Auffassungen. So betrachtet Bryce Limyra als zentrallykische Stadt und versteht unter Ostlykien das Gebiet jenseits des Limyros. Dazu s. T. R. Bryce, Historia 29, 1980, 377. Zur Landschaftsgliederung Lykiens aufgrund geographischer und politisch-historischer Faktoren s. zuletzt M. Zimmermann, Landeskunde 4 V. 4
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Als in grenznahem Gebiet beWndliche Niederlassung hatte das westlykische Telmessos auch enge Beziehung zum karischen Raum, sodaß verschiedentlich die Zugeho¨rigkeit zu Lykien in Frage gestellt wurde. Literaturhinweise s. W. A. P. Childs, AnatSt 31, 1981, 56 Anm. 11–13. 8 Dies belegen z. B. die Gru¨ndungsmythen der Sta¨dte des Xanthostales ebenso, wie die Wahl des Letoons als Bundesheiligtum noch in hellenistischer Zeit. Zu einer Besiedlung von Pinara von Xanthos aus s. Steph. Byz. s. v. Artymnesos nach Menekrates. 9 s. nur M. Zimmermann in: Stuttgarter Kolloquium zur historischen Geographie des Altertums 4, 1990 (1994) 189 mit Anm. 3. 10 Die Zugeho¨rigkeit der o¨stlichen Gebirgslandschaften zu den Sta¨dten des Xanthostales in Hellenismus und Kaiserzeit erschließt M. Zimmermann aus dem epigraphischen Material. s. M. Zimmermann, Landeskunde 57 Anm. 18 –21. Zu einer in klassischer Zeit durch Zentrallykien laufenden Grenze zwischen der EinXußzone der xanthischen Dynastie und ostlykischen Anspru¨chen s. ebenda 27 V. 11 Eine Teilung Lykiens in einen westlichen und einen o¨stlichen Wirtschaftsraum la¨ßt sich vielleicht aufgrund der schon fu¨r das 5. Jh. v. Chr. nachweisbaren unterschiedlichen Mu¨nzstandards erfassen. Im fru¨hen 4. Jh. v. Chr. scheint dieser Antagonismus zur Herausbildung von konkurrierenden Machtblo¨cken gefu¨hrt zu haben. Inwieweit es
Einleitung
dieser Gegend sind bis heute keine Zeugnisse fru¨hen lykischen KulturschaVens bekannt geworden, in hochklassischer Zeit wird jedoch mit Ze˜muri/Limyra eine wichtige, aufwendig ausgebaute lykische Siedlung faßbar12. Den Eigenheiten lykischer Kultur, die sich aufgrund einseitiger Ausrichtung der Forschungsinteressen von Archa¨ologen und Altertumsforschern vor allem in eigentu¨mlichen Grabformen, einer eigenen Schrift und den zahlreichen, epichorische Inhalte mit griechischen Stilmitteln wiedergebenden Kunstwerken erschloßen, entsprach auch die eigensta¨ndige politische und gesellschaftliche Entwicklung der Region13. In klassischer Zeit dominierten Dynastenherrschaften die politischen Strukturen Lykiens, ¨ berlieferung noch u¨ber deren Aufbau jedoch aufgrund der spa¨rlichen literarischen und epigraphischen U 14 weitgehend Unklarheit besteht . Siedlungsgeschichtlich relevante Fragen, wie das Verha¨ltnis der Mu¨nzen pra¨genden und institutionell eine gewisse Unabha¨ngigkeit bewahrenden ‘poleis’ zu den Dynasten wurden erst vor kurzem gestellt und sind noch vo¨llig oVen15. Im Hellenismus war Lykien in die ostmittelmeerische Koine´ integriert und u¨bernahm zunehmend im griechischen Raum entwickelte Siedlungsmuster, die jedoch den lokalen Gegebenheiten angepaßt werden mußten. Im zweiten Jahrhundert v. Chr. trat mit dem lykischen Bund eine einzigartige politische Institution in den Vordergrund, deren Wurzeln mo¨glicherweise bis in die Dynastenzeit reichten und die sich mit Einschra¨nkungen bis in die Kaiserzeit behaupten konnte16. Diese speziWsche kulturelle und politische Entwicklung schlug sich auch in der regionalen Siedlungsstruktur und dem architektonischen Aufbau der Niederlassungen nieder. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung klassischer Befestigungen und deren Einzelformen sollen auch Vera¨nderungen des Siedlungsaufbaus und der Siedlungsstrukturen nachgezeichnet und in einen weiteren historischen Rahmen gestellt werden.
auch eine Teilung Lykiens innerhalb der acha¨menidischen Verwaltung gegeben hat, ist nicht bekannt, fu¨r die „karische Herrschaft“ sind jedenfalls zwei Amtstra¨ger und fu¨r das ptolema¨ische Lykien zwei Verwalter bezeugt. Auch im lykischen Koinon lebt diese Zweiteilung mit der Einrichtung von Verwaltungsbezirken weiter. Zu den Mu¨nzstandards s. u. Anm. 15. Zu einer politischen Grenze im dynastischen Lykien s. Zimmermann, Landeskunde 27 V. mit Literaturhinweisen. Zu den karischen Amtstra¨gern s. H. Metzger, CRAI 1974 passim. Zu einer Inschrift aus Limyra und den ptolema¨ischen Verwaltern s. M. Wo¨rrle, Chiron 7, 1977, 59 V. 12 Zur Bedeutung Limyras in der Dynastenzeit s. zuletzt J. Borchhardt, IstMitt 40, 1990, 120 V. mit Literaturangaben. s. auch eine Zusammenfassung der Grabungsergebnisse der letzten Jahre: J. Borchhardt und Mitarbeiter, ¨ Jh 61, 1991/92 Beibl. 125 V. O 13 Vom Widerstand gegen die u¨berlegenen Truppen der Perser (Hdt. I 176), u¨ber die Zuru¨ckschlagung einer athenischen Strafexpedition unter Melisander (Thuk. II 69) und der bei Diodor (Diodorus Siculus XV 90, 3–4) u¨berlieferten jedoch nicht vo¨llig gesicherten Teilnahme am Satrapenaufstand, bis zur Verweigerung, rhodische Oberhoheit anzuerkennen, machte sich immer wieder ein Wille zu einer eigensta¨ndigen Politik bemerkbar. Einen Abriß der politischen Eigenentwicklung Lykiens unter besonderer Hervorhebung der ‘politischen Begabung’ mit Quellenangaben in den Anmerkungen s. A. H. M. Jones, The Cities of the Eastern Roman Provinces2 (1971) 95–109. Zur rhodischen Herrschaft s. zuletzt M. Zimmermann, Klio 75, 1993, 110–130 mit Quellen- und Literaturhin-
weisen.
14 Dazu s. zuletzt W. A. P. Childs, AnatSt 31, 1981, 55 V.; Bryce, Lycians passim; ders., JNES 42, 1983, 31 V.; ders. in: Proc. in Honour of A. D. Trendall (1990) 531 V.; M. Wo¨rrle in: Actes 64; J. Zahle in: Proc. of the Groningen 1988 Achaemenid History Workshop (1991) 145– 160; Eine Diskussion dieser Fragen s. M. Zimmermann, Landeskunde 20 V.; s. auch unten S. 172 ff. 15 An die Stelle der in der Forschungsliteratur ha¨uWg postulierten Gleichsetzung der klassische Bausubstanz aufweisenden befestigten Siedlungen mit Herrensitzen oder Dynastenburgen tritt in der Forschung die Forderung nach einer Interpretation, die auch Unterschiede im Siedlungsaufbau und den Siedlungsstrukturen beru¨cksichtigt. Dazu s. zuletzt Zimmermann, Landeskunde 15 V. 26. 50. Die in den letzten Jahrzehnten intensivierte Untersuchung der beim jetzigen Forschungsstand wichtigsten historischen Quelle – der dynastenzeitlichen Mu¨nzpra¨gung – zwingt dazu, eine diVerenzierte Sicht der Gesellschaftsordnung zu entwickeln. Zu diesen Fragen s. vor allem O. Mørkholm – J. Zahle, ActaArch 47, 1972, 71. 109 f. 112; dies., ActaArch 1976, 59 f.; O. Mørkholm – G. Neumann, Die lykischen Mu¨nzlegenden, AbhGo¨ttingen 1, 1978, 29 V. Eine Diskussion dieser gesellschaftspolitischen Fragen unter Einbeziehung des historischen und epigraphischen Materials bietet M. Zimmermann, Landeskunde 20 V. bes. 24 V. 16 Literaturangaben zur Diskussion um den lykischen Bund und dessen mo¨glicher Entstehung in klassischer Zeit s. Zimmermann, Landeskunde 12 Anm. 36.
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Einleitung
1) Zum Forschungsstand und der Notwendigkeit, Kriterien zur Datierung lykischer Befestigungen zu erarbeiten Die meisten der zahlreichen und teilweise in ausgezeichnetem Erhaltungszustand beWndlichen befestigten Siedlungen Lykiens blieben bis in allerletzte Zeit vo¨llig unerforscht, da sich das Interesse der Forschung in erster Linie auf die ha¨uWg skulpturengeschmu¨ckte Sepulchralarchitektur und epigraphische Untersuchungen konzentrierte. In den a¨lteren Reiseberichten fanden die Befestigungen und Wohnbereiche der Siedlungen zwar immer wieder kursorisch Erwa¨hnung, wurden bisweilen auch mit viel Versta¨ndnis fu¨r die Siedlungszusammenha¨nge beschrieben, bildeten aber letztlich nur den Rahmen einer Forschungsta¨tigkeit, deren Schwergewicht in anderen Gebieten lag17. Die seit den 50 er Jahren dieses Jahrhunderts unternommenen archa¨ologischen Ausgrabungen brachten zwar reichen Erkenntnisgewinn, betrafen aber nur einige wenige der zahlreichen lykischen Ruinensta¨tten18. Einen ersten, leider zu fru¨h abgebrochenen Versuch, sich mit Fragen der Siedlungsstruktur und Siedlungsentwicklung Lykiens auseinanderzusetzen, unternahm W. Wurster in den 70 er Jahren19. Angesichts des du¨rftigen Forschungsstandes und der Masse des erhaltenen Baubestandes schien ihm die Erfassung von gro¨ßeren Ruinenkomplexen durch Surveyta¨tigkeit die eYzienteste Methode zu sein, in verha¨ltnisma¨ßig kurzer Zeit eine breite, fu¨r weitergehende Forschungen notwendige typologische Basis zu erarbeiten20. Sein Ziel war es, von mo¨glichst vielen der von Zersto¨rung bedrohten lykischen Siedlungen vorla¨uWge Planaufnahmen zu machen. Dieser umfassende Anspruch bedingte, daß Gesamtpla¨ne zahlreicher Siedlungen entstanden, die zeitliche Einordnung von Einzelbauten und Geba¨udekomplexen Wurster jedoch immer wieder vor Schwierigkeiten stellte21. Leider hat W. Wurster einen Großteil seiner Ergebnisse und zahlreiche Pla¨ne noch nicht zusammenfassend publiziert22. Der Verfasser stand bei Beginn seiner Untersuchungen vor einer a¨hnlichen Situation wie W. Wurster fast zwei Jahrzehnte vorher. Am Forschungsstand hatte sich wenig gea¨ndert – wohl aber die Forschungsbedingungen – und die Problematik war dieselbe: Um Phasenpla¨ne von Siedlungen erstellen zu ko¨nnen, war es notwendig, Datierungskriterien aufzustellen, mit Hilfe derer sich Mauerabschnitte und Geba¨ude zeitlich einordnen lassen. Fu¨r die Fragestellung dieser Arbeit waren die Ta¨tigkeit der franzo¨sischen Expedition in Xanthos, im Zuge derer die polygonalen Befestigungen der
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Die wichtigsten Forschungsreisen in Lykien wurden im vorigen Jahrhundert unternommen. Genannt seien hier die Unternehmungen von Ch. Texier (1836), Ch. Fellows (1838 –1842), J. A. Scho¨nborn (1841), T. A. B. Spratt und E. Forbes (1842), L. Ross (1844) und die ¨ sterreicher O. Benndorf, G. Niemann, Reisen der O E. Petersen und F. von Luschan, die in den Jahren nach 1881 stattfanden. Das im Gegensatz zur ‘modernen’ Forschungspraxis stehende, geringe Interesse an der Bausubstanz der Siedlungen erscheint aus heutiger Sicht, angesichts der fortschreitenden Zersto¨rung des antiken Denkmalbestandes, als bedauerliches Versa¨umnis. Eine Bibliographie zu den Forschungsreisen des 19. Jhs. s. Lykiensymposion II 308. 18 Im Kerngebiet Lykiens wurden la¨ngerfristige Grabungen nur in Xanthos und dem Letoon, in Limyra sowie in Arykanda durchgefu¨hrt, wa¨hrend Unternehmen in Patara und Antiphellos nach kurzer Zeit wieder abgebrochen und nicht erscho¨pfend publiziert wurden. Grabungsberichte zu diesen Unternehmen Wnden sich in den Tu¨rkAD der Jahre nach 1956 und in den KST. Zu Patara s. G. K. Sams, Archaeology 28, 1975, 202 und S. Buluc¸ in: I. AST (1984) 139–144. Eine topographisch gegliederte Bibliographie s. Lykiensymposion II 300 V. 19 Allgemeines zum Aufbau der Siedlungen und Vera¨nderungen der Siedlungsstruktur s. W. Wurster in: Actes
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29 V.; Vero¨Ventlichungen zu einzelnen Siedlungen s. ders., AA 1974, 259 V.; AA 1976, 23–49; ders; M. Wo¨rrle, AA 1978, 74 –101. 20 Zu Methodik und den Problemen seiner Surveyta¨tigkeit s. W. Wurster, AA 1976, 24 V.; ders. in: Actes 29. 21 Ebenda 25. Die von Wurster intensiver bearbeiteten und auch publizierten Siedlungen Limyra, Pinara, Tlos, Kadyanda, Fethiye, Apollonia und Kandyba waren durchgehend, von klassischer bis in spa¨tantik-byzantinische Zeit bedeutend. Die aus der Siedlungskontinuita¨t resultierende Zersto¨rung a¨lterer Bausubstanz erschwert naturgema¨ß die Rekonstruktion des Aufbaus fru¨herer Siedlungsphasen. Aufgrund von Vera¨nderungen der regionalen Siedlungsstruktur, die in Zusammenhang mit der Konstitution von Polisterritorien in hellenistischer Zeit stehen du¨rften, verloren jedoch einige der klassischen Niederlassungen Zentrallykiens ihre Bedeutung. Diese Orte, an denen sich die klassische Bausubstanz erheblich besser erhalten konnte und sich der dynastenzeitliche Siedlungsaufbau klarer erkennen la¨ßt, bieten sich daher als idealer Ausgangspunkt einer Untersuchung zu Siedlungsstruktur und Siedlungsaufbau in klassischer Zeit an. 22 Zahlreiche bis dahin unvero¨Ventlichte Pla¨ne stellte Wurster anla¨ßlich des Lykienkongresses 1990 in Wien vor. W. Wurster in: Lykiensymposion II 7 V. Abb. 6 –25.
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lykischen Akropolis grabungsarcha¨ologisch datiert wurden, sowie die Arbeiten im Umfeld des aus trapezoidalen Mauerwerk errichteten Su¨dtores von Limyra von besonderer Bedeutung23. Im Zuge einiger Lykienreisen konnte der Verfasser feststellen, daß sich in Varianten dieser Mauerstile gebaute Befestigungen an zahlreichen Ruinensta¨tten Lykiens wiederWnden lassen. Gleichzeitig zeigte sich, daß datierte hellenistische Befestigungen, ungeachtet des jeweiligen Mauerstiles, in regelma¨ßigen Absta¨nden versetzte Binderblo¨cke aufweisen, wie sie sich an klassischen Anlagen nicht Wnden24. Die chronologischen Eckpfeiler Xanthos und Limyra und die oben erwa¨hnten Beobachtungen boten die Basis zur Erstellung eines hypothetischen, am Ruinenbestand zu erprobenden Datierungsgeru¨stes fu¨r lykische Befestigungsmauern. 2) Zur Problematik der Datierung von Befestigungen des griechischen Raumes25 Obwohl sich an zahlreichen antiken Sta¨tten Befestigungen erhalten haben und diese damit vielleicht die an Baumasse umfangreichste Gruppe antiker Baudenkma¨ler darstellen, wirft ihre zeitliche Einordnung bedeutende Schwierigkeiten auf 26. Diese sind sicherlich in der speziWschen Problematik des Themenbereiches vorgegeben, mu¨ssen jedoch auch auf den Forschungsstand zuru¨ckgefu¨hrt werden. Die geringe Auseinandersetzung mit diesem Themenkreis spiegelt sich am besten in der kleinen Zahl eingehend publizierter Befestigungsanlagen wider, wa¨hrend von den meisten FortiWkationen keine oder ¨ bermittlung von Information nur kursorische Beschreibungen zur Verfu¨gung stehen. Zudem wird die U u¨ber die Fachliteratur und die Arbeit mit Vergleichsmaterial durch das Fehlen einer einigermaßen einheitlichen, relevante technische und stilistische Merkmale einbeziehenden Methode zur Beschreibung der Bauten behindert. Derartige Schwa¨chen in der Materialvorlage machen sich in der Folge auch in den Monographien zur griechischen Wehrarchitektur bemerkbar. Die Anwendung der meist zur Datierung von Befestigungen herangezogenen Kriterien Mauerstil, Befestigungstechnik und historischer Kontext unterliegt großen Unscha¨rfen. Die Entscheidung, die einen oder anderen Kriterien anzulegen oder vorrangig zu gewichten, du¨rfte ha¨uWg von der Ausbildung und den perso¨nlichen Vorlieben der Bearbeiter abha¨ngen27. Inschriften, die sich mit Sicherheit einem bestimmten Kurtinenabschnitt zuweisen lassen, stehen leider nur selten zur Verfu¨gung und geho¨ren in relativ spa¨te Zeit28. Nur wenige Befestigungen wurden gezielt, im Zuge stratigraphischer Grabungen untersucht und datiert, was wohl auf die mangelnde Attraktivita¨t dieser Ta¨tigkeit zuru¨ckzufu¨hren sein ko¨nnte. Daru¨ber hinaus schra¨nken aber auch dem Forschungsgegenstand immanente, speziWsche Schwierigkeiten die Erwartungshaltung bezu¨glich der Ergebnisse von Grabungsta¨tigkeit ein29. Einige
23 Die Befestigungen der Akropolis von Xanthos waren in der spa¨ten ersten Ha¨lfte des 5. Jhs. v. Chr. in polygonalem Mauerstil errichtet worden, wa¨hrend die mehr als fu¨nf Jahrzehnte spa¨ter erbauten FortiWkationen Limyras einer Variante des trapezoidalen Stiles angeho¨ren. In beiden Fa¨llen verzichteten die Bauleute vo¨llig auf die Verwendung von Binderblo¨cken. Die Schauseiten des trapezoidalen Mauerwerks der limyra¨ischen Befestigungen wurden in charakteristischer Weise mit Bossen und Randschlag gestaltet. Zu den Befestigungen der Akropolis von Xanthos s. Fouilles 2, 1 V. Zu den Grabungen in Limyra s. Verf., ¨ Jh 62, 1992, 133–140 Abb. 3–5. Su¨dtor passim; ders., O 24 Dazu s. Verf., Su¨dtor, 89 f. 25 Eine eingehende Besprechung der im Zusammenhang mit der Datierung von Befestigungen auftretenden Probleme s. Maier II 93–112. 26 Dies erla¨utert am besten das Beispiel der akarnanischen Feste Oiniadai, deren vorzu¨glich erhaltener Mauerring bzw. Abschnitte desselben vo¨llig unterschiedlich
datiert werden. Scranton und Winter halten eine Datierung in das 5. Jh. v. Chr. fu¨r plausibel, wa¨hrend sich Adam, Boyd und Murray fu¨r eine Erbauung zumindest einzelner Abschnitte im Hochhellenismus aussprechen. s. Scranton, Walls 59 V.; Winter, FortiWcations 96 V.; Adam, Architecture 99 V.; T. D. Boyd, AJA 82, 1978, 163 V.; W. M. Murray, The Coastal Sites of Western Akarnania: A Topographical-Historical Survey (Diss. Pensylvania University 1982) 31 V. 27 s. auch Maier II 97 f. 28 Dazu s. Maier I 285; Maier II 93; ders. in: FortiWcations dans l’histoire de l’antiquite´ (1989) 304. 29 Da Wehrmauern ha¨uWg auf dem gewachsenen Felsen fußen, erlauben Freilegungsarbeiten nicht zwangsla¨uWg eine genauere Datierung. Zudem fu¨hrten die immer wieder an Befestigungen feststellbaren, sekunda¨ren Umbauten und Sanierungsarbeiten im Regelfall zu erheblichen Sto¨rungen des stratigraphischen Befundes am Mauerfuß. Dazu s. auch Maier II 93 Anm. 139.
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bedeutende Befestigungsanlagen konnten allerdings in vorbildlichen Arbeiten aufgrund mauer- und befestigungstechnischer Kriterien sowie historischer Argumente zeitlich eingeordnet werden30. a) Der Mauerstil als Datierungskriterium Seit den Untersuchungen R. L. Scrantons steht der Forschung eine Typologie griechischer Mauerstile zur Verfu¨gung, die in spa¨teren Arbeiten, wie etwa F. E. Winters Werk zu den griechischen Befestigungen, noch verfeinert wurde, grundsa¨tzlich aber bis heute ihre Gu¨ltigkeit bewahrt hat31. Scranton unternahm zugleich auch den Versuch, die Mauerstile relativchronologisch einzuordnen und anhand einzelner datierter Beispiele eine Anna¨herung an eine absolute Chronologie zu erreichen. Dieser Ansatz wurde verschiedentlich kritisiert und immer wieder auf die Unzuverla¨ssigkeit des Mauerstils als Datierungskriterium hingewiesen32. Der Denkmalbestand suggeriert jedoch, daß sich im Mauerbau Stilformen ungefa¨hr gleichzeitig in verschiedenen, teils ra¨umlich weit voneinander entfernten Regionen eines Kulturraumes verbreiten konnten. In diesem modehaften Wechsel der a¨ußeren Erscheinungsform von Mauerwerk dru¨ckte sich wohl jenseits aller bautechnischen Belange auch der Zeitgeschmack aus33. Bei einer genu¨genden Kenntnis dieser Abla¨ufe ko¨nnte vielleicht der Mauerstil – in Verbindung mit bau- und befestigungstechnischen Kriterien – einigermaßen verla¨ßliche Datierungshinweise liefern. b) Die Befestigungstechnik als Datierungskriterium Vera¨nderungen im Kriegswesen wirkten sich auch auf die Befestigungstechnik aus. Sowohl die Gesamtanlage der FortiWkationen, als auch Einzelformen wie Tore, Tu¨rme usw. und nicht zuletzt auch Bautechniken unterlagen einem – zumeist in Schu¨ben stattWndenden – Wandel. Dieser Prozeß la¨ßt sich aus heutiger Sicht als einigermaßen kontinuierliche Entwicklung darstellen, aus deren Kenntnis sich ein Datierungsansatz ergeben ko¨nnte, welcher jedoch einer soliden Materialsammlung als Basis bedu¨rfte, um praktikabel zu sein34. Einschra¨nkungen ergeben sich nicht nur aus regionalen Partikularismen sondern auch aus den unterschiedlichen wirtschaftlichen Mo¨glichkeiten der Bauherren, welche die Anwendung moderner und d. h. zumeist auch kostenaufwendiger Entwicklungen verzo¨gern oder verhindern konnten. c) Historische Quellen als Datierungsmittel Zur Datierung von antiken Befestigungsanlagen stehen nur wenige, aber umso wertvollere, direkt auf Monumente bezugnehmende historische Quellen zur Verfu¨gung. Indirekte, aus historischen Ab30
s. Maier II 99 Anm. 156. Nach 1960 erschienene Arbeiten – wie z. B. die Publikation der FortiWkationen von Samos durch H. Kienast, Die Stadtmauern von Samos, Samos XV (1978) – fehlen in dieser Liste. 31 s. Scranton, Walls passim; Winter, FortiWcations 69 V. 32 Dazu s. vor allem Maier II 93 V.; ders. in: FortiWcations dans l’histoire de l’antiquite´ (1989) 304. Eine Diskussion dieser Problematik s. Wokalek 2. 33 Monokausale Denkbilder, welche das Entstehen und die Verbreitung von Mauerstilen auf rein technischer Ebene zu erkla¨ren versuchen, vernachla¨ssigen m. E. die a¨sthetisch-semantische Komponente. Als Beispiel fu¨r den technischen Ansatz sei der wertvolle Artikel von E. Hansen aufgefu¨hrt, in dem Delphi betreVend, Aspekte des Baus ¨ bergang zum Quadermaupolygonaler Mauern und der U erwerk dargestellt wird. Der Architekt sieht in der Steinbruchsta¨tigkeit den Anstoß zur Quaderverwendung, weist
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aber auch auf die Mo¨glichkeit der Weiterentwicklung urspru¨nglich bautechnisch bedingter Arbeitsprozesse zur Schmuckform hin. s. E. Hansen in: Me´langes helle´niques oVerts a` G. Daux (1974) 159–179 bes. 173 f. Zu diesen Fragen s. auch Winter, FortiWcations 84 –85. Zur Bedeutung, welche dem a¨ußeren Erscheinungsbild einer Befestigungsmauer beigemessen werden konnte s. Scranton, Walls 10 f. 14. 34 Zu den Problemen der Datierbarkeit von Gesamtanlage und Einzelformen von Befestigungen s. Maier II 99–105. Seither erschienene Detailuntersuchungen haben jedoch neue Grundlagen erbracht. Genannt seinen hier nur die Arbeit J. Obers zu Artillerietu¨rmen sowie die Untersuchungen L. Haselbergers zur Dachkonstruktion im Turmbau und zur Verwendung von Keilsteinbo¨gen. s. J. Ober, AJA 91, 1987, 569 V.; L. Haselberger, AM 1979, 93 V.; ders., AA 1978, 345 V.
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¨ berlieferung la¨ufen deduzierbare Datierungsansa¨tze erweisen sich aufgrund einer oft ausschnitthaften U 35 als bedeutende Fehlerquelle , in Verbindung mit anderen Kriterien ko¨nnen sie aber zum Aufbau eines tragfa¨higen Datierungsgeru¨stes beitragen36. Zum Versta¨ndnis der generellen Entwicklung der griechischen Befestigungstechnik waren aus antiken Quellen, insbesondere auch den poliorketischen Schriften deduzierbare Informationen unerla¨ßlich, deren theoretischer Charakter jedoch betont werden muß37. 3) Zu regionalen Eigenentwicklungen Die wichtigen monographischen Arbeiten u¨ber griechische Befestigungen tragen lokalen Partikularismen nur wenig Rechnung und betrachten den gesamten abgedeckten, meist das Mutterland, Ostund Westgriechenland sowie Randgebiete umfassenden Raum als Koine´38. Aufgrund des im Verha¨ltnis zu anderen archa¨ologischen Forschungsgebieten ausschnitthaften Wissensstandes und der noch viel zu geringen Vorarbeit seitens der Feldforschung war dies die einzig erfolgversprechende Methode, Resultate zu erzielen. Die dabei entstandenen Materialsammlungen und entwicklungstheoretischen Ansa¨tze sind von großem Wert, dem in der Praxis arbeitenden Forscher bieten sie aber ha¨uWg nur geringe Unterstu¨tzung bei der Lo¨sung von aus der Feldarbeit resultierenden chronologischen Fragestellungen. Die Notwendigkeit regionaler Forschungsta¨tigkeit erkannte W. Wrede, dessen Pionierarbeit zu den „Attischen Mauern“ leider nur geringe Vorbildwirkung hatte39. Am Beispiel Attikas wird jedenfalls die Bedeutung regionaler Studien deutlich: Aufgrund seiner Wirtschaftskraft konnte sich dieser Staat auch bei der Gestaltung von Zweckbauten allerho¨chste Qualita¨t in der Ausfu¨hrung leisten, wie sie sich sonst an Festungsbauten kaum jemals Wndet40. Die fu¨r verschiedene Landschaften des griechischen Kulturraumes nachweisbaren, unterschiedlichen Entwicklungen in Mauerstil und Technik stehen letztlich vor dem Hintergrund der das Grundmuster stellenden, allgemeinen festungstechnischen Neuerungen41. Die im Einzelnen wohl auf sehr
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So erwies sich z. B. das Heranziehen von aus der antiken Literatur bekanntgewordenen, jedoch in ihrem Ablauf nicht genau rekonstruierbaren historischen Ereignissen zur Datierung von Befestigungen immer wieder als irrefu¨h¨ berlegungen Winters bezu¨glich rend. Dazu s. u. a. die U der Datierung der Befestigungen von Oiniadai und Samikon in das 5. Jh. v. Chr.: Winter, FortiWcations 96 V. 236 f. Anm. 9; s. o. Anm. 26. 36 s. dazu Maier II 97 Anm. 148. Zuletzt sprach sich ¨ berlieferung zur VeP. Leriche dafu¨r aus, die historische U riWzierung von mit archa¨ologischen Mitteln gewonnenen Datierungsansa¨tzen heranzuziehen, jedoch eine zeitliche Einordnung archa¨ologischer Befunde aufgrund indirekter ¨ berlieferung mo¨glichst zu vermeiden. s. P. historischer U Leriche, REA 96, 1994, 9 V. 37 Zum theoretischen Charakter der Schriften Philons s. M. Ja¨hns, Geschichte der Kriegswissenschaften (1889) 38 V. 38 A. Wokalek machte den Versuch, ihre Untersuchungen zu regionalisieren, und teilte das zur Verfu¨gung stehende Material in drei Gruppen (Ionisches Kleinasien und die Inseln, Festland und Westgriechenland), konnte ¨ berlieferung aus aber aufgrund der spa¨rlichen materiellen U den fru¨hen Perioden griechischer Geschichte bezu¨glich einzelner Regionen keine diVerenzierten Ergebnisse erzielen. Dazu s. Wokalek 133. 39 Wrede, Mauern passim. Die Bedeutung regionaler Studien betonte auch F. G. Maier. s. Maier II 98 f. Anm. 154 –156.
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So haben zum Beispiel die aus durchgeschichteten und exakt geschnittenen Quadern hochgezogenen Wehrmauern der Stadt im griechischen Festungsbau kaum Parallelen. Dazu s. Winter, FortiWcations 134 Anm. 31. 135. s. auch die Bemerkungen Scrantons bezu¨glich der bemerkenswert aufwendigen handwerklichen Ausfu¨hrung einer Treppe im Pira¨us (Scranton, Walls 14 f. Abb. 1). 41 Als Beispiel fu¨r Eigenentwicklungen in benachbarten Regionen seien Karien und Lykien herangezogen. Beim Bau der Befestigungen von Herakleia am Latmos fand Mauerwerk Verwendung, das unter Verwendung von hochkant gestellten Binderblo¨cken hochgezogen wurde. Ein verwandter Mauertyp Wndet sich auch schon in der Vorga¨ngersiedlung Latmos, die wohl in die erste Ha¨lfte des 4. Jhs. v. Chr. zu datieren ist. In a¨hnlicher Technik wurde im 4. Jh. beim Bau der Befestigungen von Labraunda gearbeitet (Mauerwerk der Akropolis unpubliziert, einen Grundriß s. A. Westholm, Labraunda I 2, ActaAth 4, V 1:2 [1963] 15 V. Abb. 8). Zu hekatomnidischen La¨uferBindermauerwerk s. L. Karlson, FortiWcation Towers and Masonry Techniques in the Hegemony of Syrakuse (1992) ActaAth 4, 49, 79 mit Anm. 322–325. Aus dem Kerngebiet der Nachbarlandschaft Lykien wurde kein einziges in klassischer Zeit in vergleichbarer Technik errichtetes Geba¨ude bekannt, vielmehr scheint mindestens bis in die zweite Ha¨lfte des 4. Jhs. auf die Verwendung von Bindern – nicht nur im Befestigungsbau – vo¨llig verzichtet worden zu sein. Zum Mauerwerk von Herakleia s. Krischen, Herakleia 20; zu Latmos A. Peschlow-Bindokat in:
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verschiedene Faktoren zuru¨ckzufu¨hrenden Regionalismen mu¨ßten aber notwendigerweise in die Forschung einbezogen werden, um ein halbwegs koha¨rentes Bild des Festungsbaus im griechischen Raum und in dessen Randgebieten zu gewinnen. 4) Zur Methode der Erforschung von Befestigungsanlagen in der Kulturlandschaft Lykien Die Kulturlandschaft Lykien bietet aufgrund ihrer zahlreichen und außergewo¨hnlich gut erhaltenen antiken Monumente ideale Bedingungen fu¨r die Erforschung von architektonischen Einzelbefunden, von Siedlungstypen und von Vera¨nderungen der Siedlungsstruktur. Zu diesen gu¨nstigen materiellen Voraussetzungen kommt noch die speziWsche historische Entwicklung Lykiens, die eine Za¨sur zwischen der vorgriechischen Dynastenzeit und der Periode nach der Eroberung durch Alexander aufweist42. Die Eingliederung Lykiens in die hellenistische Staatenwelt war mit einem zunehmenden Verlust der politischen und kulturellen Eigensta¨ndigkeit verbunden, welche sich unter anderem in der ¨ bernahme eines allgemein mittelmeerischen architektonischen Formengutes ausdru¨ckte43. U Eine Grundbedingung fu¨r die vorliegende Untersuchung war es, genu¨gend Vergleichsmaterial zu erarbeiten, um eine Argumentation auf komparativer Ebene zu erlauben. Die meisten bekannten Siedlungen Ost- und Zentrallykiens sowie die westlykische Metropole Xanthos wurden in diese Arbeit einbezogen. Das stetige Wiederkehren bestimmter Siedlungstypen in Verbindung mit Einzelformen der Verteidigungsarchitektur und Mauerstilen ermo¨glichte es, die Befunde in Gruppen einzuteilen. Diese konnten anhand der Datierungskriterien Mauerstil, Mauertechnik, Befestigungstechnik und aufgrund siedlungstypologischer Erwa¨gungen relativchronologisch geordnet werden. Einzelbeobachtungen im Feld, wie das am Befund ablesbare zeitliche Verha¨ltnis einzelner Mauerzu¨ge zueinander, datierbare Grabbauten im Umfeld, Inschriften usw. erlaubten weitere Informationen zur Geschichte der jeweiligen Siedlung zu gewinnen44. Der im Folgenden auszufu¨hrende Entwurf wurde also in induktiver Weise unter Einbeziehung aller verfu¨gbaren Informationen zu den untersuchten lykischen Siedlungen erstellt. Er bietet einen relativchronologischen Ansatz, der durch einige Eckdaten abgesichert ist, aber letztlich nur durch intensive Grabungsta¨tigkeit veriWziert oder falsiWziert werden kann. Ein zentrales Anliegen dieser Untersuchung ist es, anhand des umfangreichen zur Verfu¨gung stehenden Materials den charakteristischen Aufbau der lykischen Befestigungsarchitektur klassischer und hellenistischer Zeit herauszuarbeiten. Ein Studium von Anlage und Einzelformen, Beobachtungen zur Lage der Tore, Zahl der Tu¨rme usw. erlauben es den Versuch zu unternehmen, die lykischen FortiWkationen innerhalb der zeitgeno¨ssischen kleinasiatischen und griechischen Wehrarchitektur zu situieren. Zugleich bietet eine verbesserte Kenntnis von Siedlungsform und Siedlungsaufbau im dynastenzeitlichen Lykien die Mo¨glichkeit, neue Ansa¨tze zum Versta¨ndnis der Gesellschaftsordnung dieser Region zu erarbeiten. Daru¨ber hinaus soll auch der Versuch gemacht werden, Vera¨nderungen des Siedlungsbildes und der Siedlungsstrukturen der Kulturlandschaft Lykien im Laufe der den Rahmen dieser Untersuchung bildenden Perioden nachzuzeichnen.
T. Linders – P. Hellstro¨m (Hrsg.), Architecture and Society in Hecatomnid Caria, Proc. of the Uppsala Symposion, 1987, Boreas 17, 1989, 69–76. 42 Eine starke Hellenisierung machte sich schon in der Dynastenzeit bemerkbar und versta¨rkte sich wohl in der zweiten Ha¨lfte des 4. Jhs. v. Chr. Grundlegende Vera¨nderungen im Sozial- und Wirtschaftsgefu¨ge brachte aber wahrscheinlich erst die Einbindung Lykiens in die hellenistische Staatenwelt mit sich. Zum Prozeß der Hellenisie-
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rung s. nur K. Kjeldsen – J. Zahle, AA 1975, 348; P. Demargne, Fouilles 1, 122 Anm. 2; Chr. Le Roy in: Festschrift fu¨r E. Akurgal (1989) 222; T. R. Bryce in: Proc. in Honour of A. D. Trendall (1990) 531 V. 43 s. Verf., Su¨dtor 85; Verf., Siedlungen 24. 44 Zu dem Beitrag, welchen Grabbauten, Inschriften oder aus der Numismatik beziehbare Informationen zum Versta¨ndnis der Entwicklung einer Siedlung leisten s. Wurster in: Actes 29.
Der lykische Naturraum und seine Nutzung durch den Menschen Das in diesem einfu¨hrenden Kapitel zu zeichnende Bild des lykischen Naturraumes und seiner Nutzung durch den Menschen kann nur skizzenhaften Charakter haben. Dies erkla¨rt sich zum einen durch den beschra¨nkten Raum, der zur Behandlung dieses den Rahmen der vorliegenden Arbeit und die Zusta¨ndigkeit des Verfassers sprengenden Fragenkomplexes verfu¨gbar ist, la¨ßt sich zum anderen aber auch auf die schlechte Quellenlage und die auf vielen Gebieten nur geringe Vorarbeit seitens der ¨ berlegungen zur SiedlungslandForschung zuru¨ckfu¨hren1. Die kurze Darstellung soll den folgenden U schaft Lykien als Hintergrund dienen und einen Einblick in die Lebensgrundlagen und die Lebenswelt der Bewohner dieser von starken Gegensa¨tzen gepra¨gten Ku¨stenregion bieten. Das Relief der im Su¨dwesten Kleinasiens gelegenen lykischen Halbinsel pra¨gen die NO–SW streichenden und von den Ku¨sten zum Landesinneren hin stufenartig ansteigenden Ketten des Taurusgebirges. Diese Ho¨henzu¨ge alpinen Charakters werden durch tektonische Senken getrennt, deren urspru¨ngliche Gestalt jedoch ha¨uWg sekunda¨re Vera¨nderungen durch Karsteinbru¨che erfahren hat. Zwischen die dominierenden Bergketten haben sich Flußla¨ufe eingebettet, von denen nur einige ganzja¨hrig Wasser fu¨hren; insgesamt ist das Flußnetz nur wenig ausgebildet, was sich auf die Verkarstung und eine extreme Kompartimentierung zuru¨ckfu¨hren la¨ßt. Gebietsweise geha¨uft auftretenden Springquellen speisen die permanenten Flu¨sse und sind fu¨r den Wasserhaushalt der Region von einiger Bedeutung. Die treppenartig von der See her ansteigende zentrallykische Gebirgslandschaft wird durch felsige Ho¨henru¨cken (Abb. 76. 211. 212), Gebirgssto¨cke sowie dazwischen gelegene, oft kleinXa¨chige Karstbecken und La¨ngsta¨ler (Abb. 128. 135) gepra¨gt. Die meist felsige und teils sehr steile Ku¨ste ist relativ wenig gegliedert, so daß auf la¨ngeren Abschnitten gute natu¨rliche Ha¨fen fehlen. Mehrere ausgedehnte, durch sedimenta¨re Aufschu¨ttung an den Flußmu¨ndungen entstandene Ku¨stenebenen liegen jedoch zwischen die zum Meer hin steil abfallenden Gebirgssto¨cke eingebettet (Abb. 2)2. In diesen natu¨rlichen Fruchtra¨umen entwickelten sich bedeutende Binnensiedlungen und Hafenorte. Das semiaride mediterrane Klima der Region wird heutzutage reichliche Winterregen sowie heiße und trockene Sommermonate gepra¨gt, wa¨hrend derer, von seltenen Gewittern abgesehen, kaum jemals Regen fa¨llt. Die natu¨rliche Vegetation wird daher von PXanzen bestimmt, die auch lange Monate ohne Wasser auszukommen vermo¨gen. In ho¨heren Lagen Wnden sich Trockenwa¨lder, die bestimmende Vegetation, besonders der stark verkarsteten Landesteile bildet jedoch eine dichte Macchia, bestehend aus Eichen, wilden Oliven, Stechginster usw. In diesen Gebieten unternimmt die tu¨rkische Regierung beachtliche Anstrengungen zur Wiederaufforstung. Insgesamt nimmt fruchtbares Nutzland nur einen kleinen Teil der GesamtXa¨che dieser Gebirgslandschaft ein, wa¨hrend in weiten Bereichen der nackte, ha¨uWg zu bizarren Formationen erodierte Fels ansteht. Die fruchtbaren Ku¨stenebenen und Teile des Xanthostales werden heute zu einer intensiven Agrumenproduktion in Glasha¨usern bzw. zur Anlage von Zitrusfru¨chteplantagen genutzt3. Ku¨nstliche Bewa¨sserung und der Einsatz von Du¨ngemitteln begu¨nstigen diese Entwicklung. Im Ku¨stenbereich bietet zudem der Tourismus eine stetig wachsende, jedoch von einer launischen Konjunktur abha¨ngige Einkommensquelle. In diesen Gegenden konzentriert sich die Bevo¨lkerung, wa¨hrend das karge Hinter1
Die wichtigsten geographischen, geomorphologischen und naturkundlichen Untersuchungen zu Lykien Wnden sich in der Lykien-Bibliographie aufgefu¨hrt: Lykiensymposion II 313. Zur Geologie s. auch G. Jahn, Die Beydag˘ları, Gießener Geographische Studien 18 (1970) passim; H. Bremer in: A. S. Campbell (Hrsg.), Geology and History of Turkey (1971) 261 V.; O. Eril, Die naturra¨umliche Gliederung der Tu¨rkei, TAVO Beih. Reihe A Nr. 13 (1983) 89 f. Zu neueren geographischen Untersuchungen des Bereiches um Kyaneai in Zentrallykien unter besonderer Beru¨cksichtigung der Siedlungslagen s. V.
Ho¨hfeld, IstMitt 41, 1991, 247 V.; ders. in: Lykische Studien 1, 151 V.; ders. in: Lykische Studien 2, 109–118. Allgemein zum Natur- und Lebensraum des Mittelmeeres s. F. Braudel, La Mediterrane´e et le monde mediterrane´en a` l’e´poque de Phillippe II, Bd. 1 (1949) 9 passim. 2 Eine geologische Untersuchung der Ku¨stenebene von Myra s. G. Wiegand in: Myra 431 V. 3 Paradiesische Zitronen- und Orangenhaine bei der Tekke von Limyra beschrieb schon Evliya C ¸ elebi im Jahre 1671. s. E. C ¸ elebi, Seyahatnamesi 9 (1935) 276.
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Der lykische Naturraum und seine Nutzung durch den Menschen
land zunehmend von einer Bewohnerschaft verlassen wird, die sich oft erst in den letzten hundert Jahren angesiedelt hatte4. In den gebirgigen Landstrichen ist aufgrund der zumeist du¨rftigen Bodenqualita¨t, der schlechten hydrologischen Situation und der fehlenden Infrastruktur nur mehr ba¨uerliche Subsistenzwirtschaft mo¨glich5. Auf den kargen, ha¨uWg stark skeletthaltigen Bo¨den wird zumeist Wintergetreide bei einja¨hriger Brache angebaut. In einigen Gegenden gedeiht vorzu¨glicher Tabak. Viehhaltung und Weidewirtschaft sind von besonderer Bedeutung, wobei vor allem die großen Ziegenherden bedeutenden Schaden in den großangelegten Aufforstungsgebieten anrichten ko¨nnen, durch deren Einrichtung die Regierung eine weitere Degradation der Bo¨den zu verhindern sucht. Die vergleichsweise fruchtbaren Sedimentbo¨den einiger Binnenebenen werden, soweit die Wasserversorgung dies zula¨ßt, zum Anbau von Agrumen, Mais und Obst genutzt. In den letzten Jahren pXanzt man auch im Hochland zunehmend Weintrauben an, deren Bewa¨sserung in einigen Fa¨llen noch ha¨ndisch aus großen Sickerbrunnen bzw. Zisternen erfolgt. In der Antike du¨rften sich die landschaftlichen Verha¨ltnisse nicht grundlegend von den heutigen unterschieden haben. Das Pha¨nomen der Verkarstung ist, wie sich aufgrund der Einbeziehung von Karstnadeln in gebaute Architektur schlu¨ssig nachweisen la¨ßt (Abb. 95), bedeutend a¨lter als die archa¨ologisch faßbare Besiedlung der Region. Menschliche Ansiedlung und ihre Folgen, wie der Kahlschlag von Wa¨ldern, einfache Anbaumethoden sowie die im Mittelalter und der Neuzeit u¨berwiegende Weidewirtschaft, haben aber wohl das Ihre zur Degradation der Kulturbo¨den und der daraus resultierenden Vero¨dung beigetragen. Auf der Basis von Forschungen der letzten Jahre zeichnet sich fu¨r die Antike das Bild einer dichtbesiedelten und intensiv genutzten Kulturlandschaft ab. Insbesondere die ku¨stennahen Landstriche und die gro¨ßeren Binnenebenen konnten eine relativ zahlreiche Bevo¨lkerung erna¨hren, aber auch fu¨r die gebirgigen Gebiete im Landesinneren la¨ßt sich eine große Siedlungsdichte nachweisen6. Diese Bevo¨lkerungsballung scheint angesichts der heutigen hydrographischen Situation nicht vorstellbar, so daß mo¨glicher Weise mit klimatischen Vera¨nderungen, insbesondere einer zunehmenden Aridisierung zu rechnen sein mag, diesbezu¨gliche Untersuchungen stehen jedoch noch aus. Spa¨testens seit klassischer Zeit scheint ein Anwachsen der Einwohnerzahl dazu gezwungen zu haben, auch in vergleichsweise ungu¨nstigen Gegenden und Lagen nutzbaren Boden zu gewinnen. In diesem Kontext stehen ausgedehnte Hangterrassierungen, welche die Bodenerosion einzuschra¨nken erlaubten und zusa¨tzliche AnbauXa¨chen boten7. Inwieweit Abholzung bei der Urbarmachung eine Rolle spielte, ist nicht bekannt, auf die Bedeutung des Holzhandels fu¨r die lykische Wirtschaft in antiker Zeit wurde jedoch verschiedentlich hingewiesen8. Auf den am Hang gelegenen Feldterrassen verband man wohl Getreideanbau mit Baumkulturen. Zahlreiche aus dem Fels geschlagene Pressanlagen, die sich allenthalben in Lykien Wnden, und deren immer wieder feststellbare Verbindung mit Mu¨hlen belegen ¨ lproduktion. Dieser Wirtschaftszweig du¨rfte spa¨testens ab der hellenistidie zentrale Bedeutung der O
4 V. Ho¨hfeld, IstMitt 41, 1991, 254; ders. in: Lykische Studien 2, 112 f. 5 Die modernen, zumeist am Ende des vorigen Jahrhunderts entstandenen Weiler beziehen sich in zahlreichen Fa¨llen auf noch bestehende antike Einrichtungen, wobei allem voran Zisternen zu nennen wa¨ren. Erhaltungsintensive Installationen, wie z. B. Feldterrassen, verWelen jedoch im Zuge der Jahrhunderte wa¨hrenden Nutzung der gebirgigen Teile Lykiens durch halbnomadische Gruppen und werden von den Do¨rXern nur noch notdu¨rftig instand gesetzt. s. Ho¨hfeld in: Lykische Studien 1, 156. 6 s. nur die Besiedlungsdichte auf dem Territorium der zentrallykischen Polis Kyaneai oder im Umland von Limyra. Vorberichte des Kyaneaisurveys der Jahre 1989– 91: F. Kolb u. a., Archa¨ologie in Deutschland 1990/2, 14 V.; dies. in: Arche´ologie et e´spaces. Xe Rencontres In-
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ternationales d’Arche´ologie et d’Histoire d’Antibes 1989 (1990) 47 V.; dies., IstMitt 41, 1991, 187 V.; dies., Lykische Studien 1 und 2, passim. Zu Limyra s. R. Jacobek, ¨ Byz 42, 1992, 287–92; Verf., O ¨ Jh 63 1994 Beibl. JbO 95 V. 7 Die Vero¨Ventlichung von Gutsho¨fen mit dazugeho¨rigen, großXa¨chigen Terrassenanlagen auf dem Gebiet von Kyaneai ist in Vorbereitung. 8 Zu lykischen Zedern: Plin. nat. 16. 59. 137; Theophrastos, h. plant. 3.12.3. Zu Zypressenholz: Theophr. h. plant. 4. 5. 2. s. auch L. Robert, BCH 106, 1982, 312 mit Anm. 14; R. Meiggs, Trees and Timber in the Ancient Mediterranean World (1982) 46. 394. 414. Der weitgehende Kahlschlag du¨rfte im letzten Jahrhundert seinen Ho¨hepunkt erreicht haben. s. die Beschreibungen in Travels I 86 f.
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schen Zeit u¨ber den lokalen Verbrauch hinaus auf Export orientiert gewesen sein9. In gu¨nstigen Lagen wurde auch Wein angebaut und einige Gegenden waren fu¨r Safrananbau beru¨hmt10. Weiters boten die lykischen Wa¨lder ideale Bedingungen fu¨r die Honigerzeugung11. Ausgesuchte landwirtschaftliche Produkte aus Lykien fanden weite Verbreitung12. Die Mehrzahl der Geho¨fte bezogen sich jedoch auf die verfu¨gbaren AckerXa¨chen und scheinen vorrangig auf Getreideanbau ausgerichtet gewesen sein13. Die Bedeutung von Viehhaltung in der Antike la¨ßt sich heute nicht abscha¨tzen, man wird aber allgemein im landwirtschaftlichen Bereich mit gro¨ßtmo¨glicher DiversiWzierung zu rechnen haben14. Trotz aller menschlicher Anstrengungen kann jedoch die karge und dichtbesiedelte Gebirgslandschaft keine be¨ berschu¨sse geliefert haben, so daß wahrscheinlich Selbstversorgung und Austausch von tra¨chtlichen U Produkten auf lokalen Ma¨rkten die Regel waren15. Daru¨ber hinaus gab es wohl aber auch einen beschra¨nkten Export landwirtschaftlicher Erzeugnisse, dessen Volumen nach Zeit und Ort durchaus unterschiedlich gewesen sein du¨rfte16. In klassischer Zeit teilten sich mo¨glicherweise aristokratische Grundbesitzer einen Großteil des verfu¨gbaren Nutzlandes. Jedenfalls werden in der Forschung zumeist die zahlreichen, u¨ber das Land verstreuten Burganlagen als Wohnsitze einer landbesitzenden Aristokratie interpretiert17. Weiters konnte zuletzt auch das Bestehen gro¨ßerer Geho¨ftanlagen und do¨rXicher Siedlungen nachgewiesen werden18. Die oben erwa¨hnten, teils großXa¨chigen landwirtschaftlichen Terrassierungsmaßnahmen im Umfeld von Geho¨ften sind Hinweis auf eine erhebliche Konzentration von Produktionsmitteln. Zu den Besitzverha¨ltnissen, der rechtlichen Grundlage des Landerwerbs und dem Verha¨ltnis der Landherren zu dem Teil der Bevo¨lkerung, der im agrarischen Sektor ta¨tig war, konnte die Forschung bis dato aufgrund des Fehlens prima¨rer Quellen keinerlei gesicherte Aussagen machen. Auch in hellenistischer Zeit scheint der Großgrundbesitz dominiert zu haben. Zahlreiche der u¨ber das ganze Land verstreuten und oft einigermaßen aufwendigen Turmgeho¨fte ko¨nnten, wie das immer wieder festzustellende Fehlen entsprechender Grabbauten in ihrem Umfeld anzunehmen erlaubt, im Besitz einer stadtsa¨ßigen Bu¨rgerschicht gewesen sein19. Daneben gab es aber ausweislich der Siedlungsfunde auch eine einigermaßen zahlreiche do¨rXiche Bevo¨lkerung20. In der Kaiserzeit scheint sich diese Tendenz zur Konzentration des Landbesitzes in den Ha¨nden einiger weniger bedeutender Familien akzentuiert zu haben21. Protagonisten dieser Entwicklung waren Perso¨nlichkeiten wie Opramoas von Rhodiapolis und Iason von Kyaneai, deren u¨ber ganz Lykien verstreuter Grundbesitz es ihnen erlaubte, sich in der Provinzial- und der Reichspolitik zu proWlieren und deren fu¨rstliche Spenden an lykische Gemeinden inschriftlich festgehalten wurden. 9
s. Konecny, Turmgeho¨fte 100. Zum Wein von Telmessos: Plin. nat. 14. 9. 74; zum lykischen Safran: Plin. nat. 21. 17. 31/33. Auch in den Nikolaus Viten (G. Anrich, Agios Nikolaos I, II [1913–1917]; I. Sˇevcˇenko – N. Patterson Sˇevcˇenko, The Life of Saint Nicholas of Sion [1984]) Wndet mehrfach lokaler Wein Erwa¨hnung. 11 Papyrus Rylands IV 554. s. auch O. Benndorf in: Festschrift Th. Gomperz (1902) 404 –408. Auch heute noch wird in Lykien in großem Maßstab Honig produziert, wobei die Bienensto¨cke im Fru¨hjahr vor allem in Tallagen aufgestellt und im Sommer ins Gebirge verbracht werden. In diesem Wirtschaftszweig wirkt folglich die immer noch verbreitete Tendenz zu einem modernen TranshumanceNomadismus produktionsfo¨rdernd. 12 So z. B. der Knoblauch aus Tlos. s. D. Crawford, Chronique d’Egypte 48, 1973, 356 mit Quellenangaben. Weiters werden in der antiken Literatur Heilmittel lykischer Herkunft genannt. 13 Konecny, Turmgeho¨fte 97. 14 Zur Ziegenschur und Seilen aus Ziegenwolle: Arist. hist. an. 8. 28; Kall. FGrH 124 F 41. Zu qualita¨tvollem lykischen Schinken: Athen. 14. 675 E – F. Noch in osmanischer Zeit wurde Finike als Ausfuhrhafen fu¨r Rinder erwa¨hnt. 10
¨ berschußproduktion im landDie bezu¨glich einer U wirtschaftlichen Sektor relevante Frage, ob die Granarien der Ha¨fen Andriake und Patara als Sammelsta¨tten lokalen Getreides, welches fu¨r den Export bestimmt war, oder als Zwischenlager auf dem Transportweg von A¨gypten nach den Großsta¨dten des Reiches gedient haben, bleibt weiterhin umstritten. Dazu s. zuletzt M. Zimmermann, ZPE 92, 1992, 215 f. mit weiterfu¨hrender Literatur in den Anm. 75–76. 16 In der fru¨hen Neuzeit konnte das Tekke von Elmalı, welches bedeutenden Grundbesitz in der Milyas aber ¨ berschu¨sse nach den ionischen auch in Lykien besaß, U Inseln exportieren. s. S. Faroqui, Wiener Zeitschrift fu¨r die Kunde des Morgenlandes, Sonderband II (1981) 48 V. 17 Zu diesen Fragen s. u. 140 f. 18 s. o. Anm. 6 zu Kyaneai und Beobachtungen des Verfassers. 19 s. Konecny, Turmgeho¨fte, passim; B. Yener, Lykische Studien 1, 95 V.; dies. in: Lykische Studien 2, 93– 102. 20 s. o. Anm. 6 zu Kyaneai. 21 Einblicke in den Landverkehr bieten die Inschriften vom sog. Alkimos-Hof nahe Kyaneai. s. F. Kolb, IstMitt 41, 1991, 245 f. 15
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An der Ku¨ste hatte wohl der Fischfang betra¨chtlichen Anteil an der Versorgung und scheinen das Schwammtauchen sowie vielleicht auch die Purpurgewinnung Einkommensquellen geboten zu haben22. Da der Holzreichtum die Grundlage zum SchiVsbau bot, du¨rfte insgesamt dem nautischen Bereich einige wirtschaftliche Bedeutung zugekommen sein. Nur verstreute und zumeist spa¨te Quellen unterrichten uns u¨ber den Außenhandel der Region, sie beziehen sich jedoch ha¨ufig auf ausgefallene Produkte, welche bezu¨glich der Exportkapazita¨t Lykiens nur wenig aussagekra¨ftig sind. Aufgrund des Landschaftscharakters und des Fehlens an RohstoVen darf man wohl davon ausgehen, daß die lykische Wirtschaft weitgehend auf den Binnenmarkt orientiert gewesen sein du¨rfte. Zugleich bot die geostrategische Lage der Halbinsel sicherlich mannigfaltige Mo¨glichkeiten, am ‘internationalen’ Handel mitzuproWtieren. Diese Handelskontakte spiegeln sich im archa¨ologisch nachweisbaren Import keramischer Produkte und auf kulturellem Gebiet wider. Bei der Erstellung einer Liste exportfa¨higer Gu¨ter wa¨re sicher Holz an erste Stelle zu setzen. ¨ ber den Abbau von Bodenscha¨tzen, von denen die Kalksteinformationen Lykiens keinerlei U nennenswerte Vorkommen bieten, sind aus der Antike nur spa¨rliche Nachrichten u¨berliefert. Wenig ergiebige Lagersta¨tten einiger Metalle ko¨nnten zwar die Eigenversorgung sichergestellt haben, hatten aber keinerlei u¨berregionale Bedeutung. So du¨rfte Eisen verschiedentlich verhu¨ttet und vielleicht auch abgebaut geworden sein23. Obwohl Silbervorkommen nicht bekannt sind, wurde in Zusammenhang mit der Mu¨nzpra¨gung u¨ber mo¨gliche Lagersta¨tten des edlen Metalles spekuliert24. Vorkommen seltener Materialien wie Gagat oder Kreide wurden ausgebeutet25. Verkehrsgeographisch waren wohl bis in die Neuzeit zwei Faktoren bestimmend: Die schlechte Anbindung an die großen Verbindungswege Zentralanatoliens und die Ku¨stenlage. Hohe Gebirgszu¨ge mit wenigen, teils schwer passierbaren Pa¨ssen trennen das lykische Kerngebiet von der zentralanatolischen Hochebene26. Wie dem phrygischen Kulturkreis nahestehende Grabfunde aus der Milyas belegen, waren jedoch diese natu¨rlichen Hindernisse durchaus nicht unu¨berwindlich27. Etwas besser beschaVen war die Anbindung an die westlich anschließende Landschaft Karien und an die Pamphylische Ebene auch auf dem Landweg. Fu¨r Bewohner der Ku¨stenlandschaft Lykien bot sich aber die See als bevorzugter Verbindungsweg an28. Die mehrere gu¨nstige natu¨rliche Ha¨fen aufweisende Halbinsel lag an einer der wichtigsten Wasserstraßen des o¨stlichen Mittelmeeres und damit an der Kreuzung von Orient und Okzident. Ihre u¨berregionale Bedeutung wurde durch den Umstand gesichert, daß die fru¨he Ku¨stenschiVahrt weitgehend von Landestellen abha¨ngig war. Aber auch fu¨r die ab dem Hellenismus immer zahlreicheren SchiVe, welche die durch gu¨nstige Winde ermo¨glichte, direkte Seepassage zwischen Alexandria und Kleinasien nutzten, waren die lykischen Ha¨fen wichtige Anlaufstationen. Obwohl sich am Denkmalbestand ein systematischer Ausbau großer Ha¨fen sowie ein Aufschwung einiger Ku¨stensta¨dte erst ab der Spa¨tklassik bzw. dem Hellenismus abzeichnet, du¨rften Lykiens Ku¨sten schon sehr fru¨h vom Fernhandel beru¨hrt worden sein29. In diesem Zusammenhang mag auch die Piraterie als Ein-
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Zum harten Leben der Fischer: Eur. fr. 670. Zu den lykischen Schwa¨mmen: Aristot. hist. an. 5. 16; Plin. nat. 9. 69. 149; zu den Schwa¨mmen von Antiphellos: Plin. nat. 31. 47. 131; Zur Purpurproduktion s. Papyrus PTebt 8; R. S. Carter, IntJNautA 7, 1978, 183. 23 s. S. S¸is¸manog˘lu – G. Sperl in: 8. Arkeometri Sonuc¸ları Toplantısı 1992 (1993) 400 V. 24 Zu Silber aus Lykien s. M. RostovtzeV, Die hellenistische Welt, Gesellschaft und Wirtschaft (1956) 298 ohne Quellenangabe. Zahle zieht die Mo¨glichkeit lokaler Vorkommen in Betracht, nimmt aber an, daß daru¨ber hinaus persisches Silber eine bedeutende Rolle gespielt haben du¨rfte. s. J. Zahle, REA 41, 1989, 171 f. mit Anm. 6. Die geologische BeschaVenheit (mesozoischer Kalk) der Region macht jedoch das Vorkommen von Silber wenig wahrscheinlich. Als Ausnahme ko¨nnte das Gebiet um Fethiye und die Ho¨henzu¨ge o¨stlich des Alakır C ¸ ay gelten.
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Zu Gagat: Plin. nat. 36. 34. 141; Kreidevorkommen bei Bubon: Plin. nat. 35. 57. 197. 26 Zum Straßenverlauf im su¨dwestlichen Kleinasien s. nur W. M. Calder – G. E. Bean, A Classical Map of Asia Minor (1958). 27 M. Mellink, RA 1976, 22; K. Do¨rtlu¨k in: X. KST 1 (1988) 171–176. 28 Zur Bedeutung der Ha¨fen und SchiVahrtsrouten s. zuletzt M. Zimmermann, Landeskunde, 168 V.; ders., ZPE 92, 1992, 201 V.; A. Keen in: Lykiensymposion I 71–78; ders., JHS 103, 1993, 152 V. 29 s. Bryce, Lycians 204 V.; s. auch die bronzezeitlichen SchiVswracks von Kap Gelidonia und Ulu Burun. Literaturhinweise Wnden sich in der Lykienbibliographie: Lykiensymposion II 301. 305 f., s. v. Kap Gelidonia, s. v. Ulu Burun.
Der lykische Naturraum und seine Nutzung durch den Menschen
kommensquelle eine Rolle gespielt haben30. Aufgrund des gebirgigen Landschaftscharakters der Region du¨rfte auch ein erheblicher Teil des Binnenhandels den Seeweg genutzt haben. Das terrestrische Wegenetz war zwar dicht ausgebaut, der gebirgige Landschaftscharakter verhinderte jedoch in vielen Gebieten die Anlage von breiten Trassen mit einigermaßen gleichma¨ßiger Steigung31. Das verbreiteste Transportmittel stellten darum wohl auch trittsichere Mulis oder Esel, die auch schwierige Wegbedingungen zu bewa¨ltigen vermochten. Die Trassen waren stellenweise aus dem Fels geschlagen, oft mußten talseitig hohe Stu¨tzmauern errichtet werden und auch PXasterung konnte verschiedentlich festgestellt werden32. Zisternen scheinen die Wasserversorgung der Reisenden und ihrer Tiere sichergestellt zu haben. Die fu¨r eine Rekonstruktion des lykischen Naturraumes der Antike und seiner Nutzung durch den Menschen unabdingbare Grundlagenforschung steht leider noch am Anfang. Im Rahmen des Kyaneai-Surveys begonnene Arbeiten des Geographen V. Ho¨hfeld und in Limyra ju¨ngst aufgenommene pala¨ozoologische Untersuchungen mo¨gen aber als erste Schritte in Richtung einer systematischen wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den fu¨r diesen Fragenkreis relevanten Bereichen gelten, welche nur in Form interdisziplina¨rer Zusammenarbeit HoVnung auf Erfolg haben kann.
30 Die fu¨r das hellenistische Ostlykien (Strabo, XIV 5. 7) literarisch u¨berlieferte Bedeutung der Kaperschiffahrt war kein o¨rtlich und zeitlich begrenztes Pha¨nomen und la¨ßt sich bis in fru¨he Zeit zuru¨ckverfolgen. s. Treuber 90 Anm. 4 mit Quellenangabe 187 V. 31 Eingehende Untersuchungen des Wegenetzes stehen noch aus. Zusammenfassend s. nur W. Ruge, RE XIII/2 (1927) 2272 s. v. Lykia; Zu Meilensteinen aus Lykien s. D. H. French, Roman Roads and Milestones of
Asia Minor II/1, 2 (1988) passim und Karte 5 S. 535. Zu einem lokalen Wegenetz im Hinterland von Myra s. ders. in: J. Morganstern (Hrsg.), The Fort at Dereagzi and Other Material Remains in Its Vicinity: From Antiquity to the Middle Ages, IstForsch 40 (1993) 87 V. Zu einem neuentdeckten Stadiasmos aus Patara s. S. S¸ahin, Lykia 1, 1994, 130–139. 32 s. Verf., Siedlungen 26; French a. O.
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Die Siedlungen Ostlykien: Die befestigte Siedlung von Limyra
Zur Lage der Siedlung Die verschiedentlich in antiken Quellen erwa¨hnte ostlykische Stadt Limyra konnte aufgrund von Angaben antiker Topographen und zahlreicher vor Ort gemachter Inschriftenfunde mit einer am Nordrand der Ku¨stenebene von Finike gelegenen Ruinensta¨tte identiWziert werden (Fig. 1). Die Siedlung und ihre Nekropolen erstrecken sich am Fuß des Toc¸ak Dag˘ı, eines Ausla¨ufers der zum Taurusgebirge geho¨rigen Beydag˘ları-Kette, im Bereich eines reichen Quellhorizontes, dem sie wohl ihr Entstehen verdankte (Abb. 1. 2)1. Die Niederlassung war auf die Anbaugebiete der fruchtbaren Ebene hin orientiert und hatte mit dem Fluß Limyros eine schiVbare Flußverbindung zur nahen Ku¨ste2. Die geographisch einigermaßen isoliert gelegene Ebene von Finike wird im Su¨den von der See, sonst aber an allen Seiten von teils hoch aufragenden Gebirgszu¨gen begrenzt. Zwei Flußla¨ufe verbinden ¨ ber das an ihrem Westrand in die Ebene mu¨ndende sie jedoch mit dem no¨rdlichen Hinterland. U Arykandrostal konnte man auf die Hochebene von Elmalı, der antiken Landschaft Milyas, und weiter ¨ berquerung eines nach Westen abzweigenden Paßtales – in die in die Kibyratis oder – nach der U Kassabaebene gelangen3. Der Oberlauf des im Osten Limyras in das Meer mu¨ndenden Alakır C¸ay wurde vielleicht als Verbindung mit den Gebieten im Norden und auch mit der Pamphylischen Ebene genutzt. Eine direkte Wegverbindung mit der pamphylischen Ebene fu¨hrte jedoch u¨ber die Ho¨henzu¨ge im Osten und folgte dem weiteren Verlauf der Ku¨ste4. Vom lykischen Kerngebiet im Westen und der Nachbarstadt Myra trennt Limyra der Ho¨henzug des Gu¨lmezdag˘, den man bis zum Bau der modernen Ku¨stenstraße auf einem beschwerlichen Maultierpfad zu u¨berqueren gezwungen war5. In der Ku¨stenlandschaft Lykien bot sich jedoch vor allem die See als Transportweg an6. Limyra war, wie antike Autoren u¨berliefern, durch einen schiVbaren Flußlauf mit der Ku¨ste verbunden und verfu¨gte dort wohl von alters her auch u¨ber einen Landeplatz, der sich spa¨ter zum Hafen entwickelte7. 1 Zu den ihre Lage vera¨ndernden Quellen des Limyros und einem Fischorakel in Limyra s. Plin. nat. 31. 18. 22. 2 Wichtige antike Quellen zur Lage Limyras und der Flußverbindung bei Strabo, Geogr. XIV 3, 7; Stadiasmus Maris Magni 236 f.; Plin. nat. 5. 28. 100; Eine Auflistung der Quellen s. B. Pace, ASAtene 6/7, 1923/ 1924, 429 Anm. 2. 3 Ein im Arykandostal gefundener, kurz nach 199 n. Chr. datierter Meilenstein belegt eine Straßenfu¨hrung. s. Reisen II 74 f. Zu den antiken Wegverbindungen s. nur W. M. Calder – G. E. Bean, A Classical Map of Asia Minor (1958). 4 s. Strabo, Geogr. XIV 3. 9. Etwa 20 km westlich von Antalya haben sich oberhalb der modernen Straße verlaufende Reste der alten Trasse erhalten. 5 ¨ berqueEine Beschreibung der beschwerlichen U rung s. Fellows, Travels 362. Die schon von Fellows beobachteten Turmbauten, die sich nahe antiken Wegtrassen auf dem Ho¨henzug zwischen Myra und Finike erhalten haben, interpretierte Borchhardt als Wachttu¨rme. Dazu s. J. Borchhardt in: Myra 91. Die Teilnehmer an einem Survey, der 1993 im Bonda-Gebiet durchgefu¨hrt wurde,
neigen zu einer Interpretation dieser Bauten als Turmgeho¨fte. In diesem Gebiet haben sich zahlreiche antike Wegtrassen erhalten. Eine 1995 im Bonda-Gebiet entdeckte Inschrift steht mit einem Ausbau des Wegenetzes im 2. Jh. n. Chr. in Zusammenhang. 6 Eine inschriftliche Quelle bezu¨glich der Pacht einer Fa¨hrverbindung von Limyra/Phoinikous nach Myra s. OGIS 572. s. auch L. Robert, Noms indige`nes dans l’Asie Mineure gre`co-romaine (1963) 35 V. mit photographischer Abbildung. 7 Oberhalb des modernen Hafens Finike liegen Reste einer ausgedehnten Befestigung aus Quadermauerwerk, die wohl hellenistisch sein du¨rfte, deren Mauern jedoch in der Spa¨tantike u¨berbaut wurden. Eine photographische Aufnahme eines heute zersto¨rten Turmes s. B. Pace, ASAtene 6/7, 1923/24, 431. J. Borchhardt vermutet, daß an dieser Stelle schon in der Antike ein Hafen gelegen haben ko¨nnte. Dazu s. J. Borchhardt in: Tu¨rkAD 18, 1970, 66; ders., IstMitt 40, 1990, 124 f.; in diesem Sinne auch B. Pace, ¨ Jh 61, 1991/92 Beibl. 175 V. Eine a. O. 423; E. Akalın, O Lokalisierung des in antiken Quellen (Thukydides II 9, 4) erwa¨hnten Landstriches oder Hafens Phoinike in Lykien wurde verschiedentlich vorgeschlagen. A. W. Dickenson,
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Die Siedlungen
Trotz ihrer geographischen Abgeschiedenheit du¨rfte sich die Ku¨stenebene zu einem lokalen Verkehrsknotenpunkt mit Verteilerfunktion entwickelt haben. Dieser Prozeß, von dem noch eine Reihe vergleichsweise spa¨ter Denkma¨ler zeugt, kann nicht ohne EinXuß auf die politische und urbanistische Entwicklung Limyras geblieben sein8. Kulturgeographisch war die Ku¨stenebene Grenzgebiet: Im 4. Jh. v. Chr. geho¨rte Limyra ausweislich zahlreicher Gra¨ber und Inschriften zum lykischen Kernland, nahe dessen o¨stlicher, wohl im Bereich des heutigen Verlaufes des Alakır C¸ay gelegener Grenze es lag. Fu¨r die archaische und fru¨hklassische Zeit typische Zeugnisse lykischen KulturschaVens, wie z. B. Grabpfeiler, wurden in diesem Bereich noch nicht entdeckt, in Limyra konnte aber anhand von Keramikfunden Besiedlung seit dem 7. Jh. v. Chr. nachgewiesen werden9. Die Region jenseits des Flußlaufes im Osten war der antiken ¨ berlieferung gema¨ß von Griechen aus Rhodos kolonisiert worden10. Vereinzelte Felsgra¨ber, Inschriften U und antike Quellen belegen jedoch schon fu¨r die klassische Zeit eine zumindestens zeitweilige politische und wohl auch kulturelle Angliederung des Gebietes an Lykien, eine Entwicklung, die sich letztlich im Hellenismus mit der Institution des lykischen Bundes zementierte11. Zur Forschungsgeschichte Limyras und seiner Befestigungen Die fru¨hen Forschungsreisenden zeigten nur ma¨ßiges Interesse an der Ruinensta¨tte. Dies mag sich auf das ungesunde, sumpWge Gela¨nde und den schlechten Erhaltungszustand der an der OberXa¨che anstehenden und zudem meist spa¨ten Denkma¨ler zuru¨ckfu¨hren lassen. Nur die ausgedehnten Nekropolen, in denen sich zahlreiche Grabinschriften und auch Reliefs fanden, vermochten ihren Forschungsdrang zu fesseln. Eine kurze Beschreibung der Ruinensta¨tte von C. R. Cockerell publizierte R. Walpole in seinem 1820 erschienenen Reisebericht12. Kurz darauf vero¨Ventlichte W. M. Leake eine weitere Beschreibung Limyras und einige der Inschriften13. Ch. Fellows begnu¨gte sich in einem ersten Bericht mit einer Erwa¨hnung des Ortes, zeichnete aber an anderer Stelle eine etwas genaueres Bild14. T. A. B. Spratt und E. Forbes verbrachten 1842 zwei aufeinander folgende Tage in Limyra. Am 26. Ma¨rz notierten sie das Vorhandensein einer „large fortress“, wobei sie sich wohl auf die Mauerringe in der Ebene bezogen, da sie am na¨chsten Tag eine „hellenistic acropolis“ mit „tolerably perfect walls“ erwa¨hnten, bei der es sich wohl um die vom Fuß des Burghu¨gels nicht sichtbare Gipfelbefestigung handeln du¨rfte15. Weitere Beschreibungen und Inschriftenpublikationen erfolgten durch E. Petersen und F. von Luschan sowie E. Heberdey und R. Kalinka in der zweiten Jahrhundertha¨lfte16.
Classical Quaterly 29, 1979, ha¨lt eine Lokalisierung bei dem modernen Hafen Finike fu¨r wahrscheinlich, der sich A. Keen anzuschließen scheint (JHS 103, 1993, 151 f.); K. Buschmann zieht einen – noch nicht identiWzierten – Hafenplatz bei Kalkan vor. s. K. Buschmann, Epigraphica Anatolica 12, 1988, 213 V. M. Zimmermann sprach sich zuletzt fu¨r die alte Deutung von Phoinike als Ku¨stengebiet im o¨stlichen Mittelmeer aus. Dazu s. M. Zimmermann, Hermes 121, 1993, 266 –275. Die erste eindeutige Nennung von Phoinix-Finike Wndet sich in den Nikolaus-Viten des 6. Jhs. s. G. Anrich, Hagios Nikolaos I (1914), Vita Nikolai Sionitae c. 37. Hinweise auf eine monumentale Gestaltung des Hafens in der Antike, wie sie sich etwa in Andriake, dem Hafen Myras, oder in Patara Wnden, konnten in Finike bis jetzt nicht festgestellt werden. Dieser Umstand erlaubt wohl Schlu¨sse auf die besondere Bedeutung der beiden Ha¨fen fu¨r den Fernhandel in der Kaiserzeit. Zur Bedeutung des Hafens von Finike im spa¨ten Mittelalter und der Neuzeit s. W. Bauer, IstMitt 38, 1988, 353 mit weiterfu¨hrender Literatur. 8 Zu einer ro¨mischen Bru¨cke u¨ber den Alakır C¸ay
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siehe W. Wurster – J. Ganzert, AA 1978, 288 –307. Abb. 1–20. 9 s. Verf. in: X. KST 2 (1988) 113 V. 10 s. o. Einleitung S. 16 Anm. 5. 11 Eine lykische Inschrift aus Korydalla s. TAM I, 149 f. Mehrere lykische Felsgra¨ber haben sich in Rhodiapolis erhalten. Dazu s. Bean, Lykien 148. 12 R. Walpole (Hrsg.), Travels in various Countries of the East (1820) 324 f.; S. P. Cockerell, Travels in Southern Europe and the Levant, 1810–1817 (1903) 168. 13 W. M. Leake, Journal of a Travel in Asia Minor: With Comparative Remarks on the Ancient and Modern Geography of that Country (1824) 187. 14 Ch. Fellows, A Journal written during an Excursion in Asia Minor (1839) 214 f.; ders., An Account of Discoveries in Lycia, being a Journal kept during a Second Excursion in Asia Minor (1840) 219; ders., Travels and Researches in Asia Minor (1852) 363 V. 15 Travels I 144 V. bes. 147–148. 152. 16 Reisen II 65–73; R. Heberdey – E. Kalinka, Bericht u¨ber zwei Reisen im su¨dwestlichen Kleinasien (1896) 13.
Ostlykien: Die befestigte Siedlung von Limyra
Erst mit der Entdeckung eines klassischen Heroons durch J. Borchhardt in den 60 er Jahren dieses Jahrhunderts und der daraufhin aufgenommenen Grabungsta¨tigkeit wurde die Bedeutung der Ruinensta¨tte deutlich17. Eine genauere Beschreibung der Siedlung, unter Einschluß der Oberburg und ihrer gebo¨schten Mauern, publizierte Borchhardt im Jahre 1967 18. W. Wurster legte 1971 im Burgbereich einige Sondagen an und begann mit der Anfertigung einer Planaufnahme der Befestigungen19. Weitere bedeutende Relieffunde in der Ebene unterhalb des Burgberges bewirkten eine Verlagerung der Grabungsta¨tigkeit: In den 70 er Jahren wurde unter schwierigen Bedingungen das fru¨hkaiserzeitliche Kenotaph erforscht20. In der Folge dehnte sich die Grabungsta¨tigkeit auf die Hangsiedlung und die Unterstadt aus. Die Entdeckung eines hellenistischen Prunkbaus mit reichem Skulpturenschmuck, des sogenannten Ptolemaions, im Bereich der Weststadt und zahlreicher klassischer Reliefplatten in Zweitverwendung in der Oststadt waren nur die Ho¨hepunkte dieser Arbeiten. Wa¨hrend der Kampagne 1983 im Bereich der Weststadt begonnene Grabungsarbeiten fu¨hrten zur Freilegung einer vorkaiserzeitlichen Toranlage und zur Wiederaufnahme der Untersuchung der Befestigungen. Zur Topographie des Burgberges Als Burgberg Limyras bot sich ein Ausla¨ufer des Toc¸ak Dag˘ı an, der direkt hinter der am Rand der Ebene entstandenen Siedlung, von teils schluchtartigen Trockenta¨lern begrenzt, bis an einen Gela¨ndesattel ansteigt, durch welchen er sich gegen das Hauptmassiv absetzt (Abb. 1–4). Im Grundriß hat er die Form eines spitzwinkeligen Dreieckes, dessen Schenkel zumeist steil abbrechende Gela¨ndekanten bilden, die an vielen Stellen eine vorteilhafte Fu¨hrung von Befestigungsmauern determinieren. Das Gela¨nde des ummauerten Areals der Siedlung la¨ßt sich in drei unterschiedlich beschaVene und klar voneinander abgesetzte Bereiche unterteilen, fu¨r die sich die Bezeichnungen Unterburg (Wohnsiedlung), Mittelburg und Oberburg eingebu¨rgert haben (Faltplan 2)21. Im Bereich der Unterburg, also vom Rand der Ebene bis an eine Gela¨ndestufe, auf der das Heroon liegt, ist der Hang meist sehr steil und felsig, so daß er nur stellenweise, vor allem im unteren Teil, wo die meisten Hauseinheiten in Form von Felsterrassen erhalten sind, als Siedlungsraum nutzbar war (Fig. 3). Die Mittelburg ist als ansteigendes Plateau ausgeformt, das, im oberen Stu¨ck immer schma¨ler und steiler werdend, an eine weitere, felsige Gela¨ndekante reicht (Faltplan 1). Letztere bildet die Grenze eines kleinen, sich trapezfo¨rmig erweiternden Felsplateaus, das vom no¨rdlich ansteigenden Massiv des Toc¸ak Dag˘ı durch einen schmalen Gela¨ndesattel getrennt ist und sich zur Anlage einer in sich geschlossenen, zitadellenartigen Gipfelbefestigung, der Oberburg, anbot (Abb. 5. 6). Das in Stufen ausgebildete und von Felsba¨ndern zerfurchte Gela¨nde der Mittelburg weist einen Ho¨henunterschied von knapp 100 m auf. Neben den ausgedehnten Resten einer Kirche und mo¨glicherweise zu einem Kloster geho¨rigen Nebenbauten Wnden sich zwischen den Felsklippen verstreute Geba¨udereste und einige Zisternen22. Aufgrund des felsigen Gela¨ndecharakters bietet die Mittelburg einer geschlossenen Verbauung keinen Raum. 17 Die ja¨hrlichen in Tu¨rkAD und KST erschienenen Grabungsberichte werden hier nicht einzeln aufgefu¨hrt. Eine Zusammenstellung Wndet sich in der Lykienbibliographie, Lykiensymposion II 302 f. Zum Skulpturenschmuck des Heroons s. J. Borchhardt, Heroon passim. 18 J. Borchhardt, IstMitt 17, 1967, 151 V. 19 Einen Vorbericht zu diesen Ta¨tigkeiten s. W. Wurster, AA 1974, 259–273. 20 s. J. Ganzert, Das Kenotaph fu¨r Gaius Caesar in Limyra, IstForsch 35 (1984). 21 W. Wurster, AA 1974, 259–265, unterscheidet Ober- und Unterburg, wobei er von der Existenz eines Diateichismas an der Heroonkante ausgehend, das daru¨bergelegene ummauerte Gela¨nde als Unterburg und die Gipfelbefestigung als Oberburg versteht. Das befestigte Gebiet am Su¨dhang unterhalb des Heroons za¨hlt er zum – wohl ebenfalls befestigten – Wohnbereich. Da sich
jedoch m. E. im Denkmalbestand kein Diateichisma nachweisen la¨ßt (s. u. S. 55) und man aufgrund der im Verha¨ltnis zu a¨lteren Pla¨nen vera¨nderten Kurtinenfu¨hrung an der WestXanke ein einstiges Vorhandensein in Frage stellen muß, wird die von Wurster vorgenommene Einteilung hinfa¨llig. Diese Terminologie ist jedoch schon in zahlreiche Pla¨ne und Publikationen eingeXossen. Sie wird daher im Folgenden – um die Bezeichnung Mittelburg bereichert – u¨bernommen und deckt in dieser Form das gesamte ummauerte Gela¨nde der Siedlung Limyra ab. Die Trennung der Teilbereiche erfolgt jedoch nicht mehr auf Basis befestigungstechnischer Aspekte, sondern beruht auf topographischen Faktoren. 22 Eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Grabung im Bereich der Kirche und ihrer Nebenbauten und ¨ Jh 61, 1991/92 Beibl. Literaturhinweise s. R. Jacobek, O 171 V.
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Das im Su¨den von einer klaren Gela¨ndekante und im Norden von einer sattelartigen Mulde begrenzte, nur rund 12 Ho¨henmeter ansteigende Gela¨nde der Oberburg wird in La¨ngsrichtung von einem felsigen Gela¨ndegrat durchzogen, wa¨hrend an Ost- und Westseite klare natu¨rliche Grenzen zu den Ha¨ngen fehlen. I. Die Oberburg, Beschreibung Die an ho¨chster Stelle des ummauerten Areals angelegte, im Grundriß trapezfo¨rmige Oberburg Limyras schu¨tzte eine eminente, aus der topographischen Lage der Siedlung resultierende Schwachstelle der Befestigungen, an der sich der Burgberg, nur durch einen schmalen, sattelartigen Einschnitt getrennt, von dem steil ansteigenden Hauptmassiv des Gebirgszuges absetzt (Abb. 5. 6. 8). Die BeschaVenheit des Gela¨ndes gab die etwas mehr als 100 m betragende La¨ngserstreckung der Zitadelle vor (Faltplan 3). Im Su¨den steht eine felsige, die Mittelburg u¨berragende Gela¨ndestufe an, auf der ein langrechteckiger, u¨ber zwei axiale Pforten betretbarer Bauko¨rper, die Su¨dbastion, angelegt wurde, wa¨hrend im Norden, am felsigen Rand des Sattels, die große, anna¨hernd rechteckige Nordbastion Schutz bot. Eine westlich an die Su¨dbastion angesetzte Mauer wird von dem Haupttor der Burg durchbrochen. An der OstXanke verla¨uft eine Kurtine aus großen Bruchsteinen mit Anbauten im Burginneren etwa geradlinig zwischen den Bastionen. Westlich der Nordbastion, durch eine Mauer mit dieser verbunden, liegt ein großer, vorgeschobener Eckturm. Da die Kurtinen der WestXanke heute weitgehend ausgerissen sind und das Gela¨nde eine zwingende Mauerfu¨hrung nicht vorzeichnet, la¨ßt sich der einstige Mauerverlauf nur schwer nachvollziehen. Die GesamtXa¨che der etwas u¨ber 100 m langen und bis zu 70 m breiten Anlage lag bei 4.500 m2. Im Burginneren sind zwei Zisternen, eine Gruppe Felsalta¨re, sowie verschiedene unspeziWsche Verbauungsreste erhalten (Abb. 7). A) Die topographische Situation Im Norden steigt in Verla¨ngerung des Burgberges ein stegartiger, sich nach oben zu verbreitender, felsiger Gela¨ndegrat bergan. Das Gela¨nde direkt außerhalb der Befestigung ist als Xacher, muldenfo¨rmiger Sattel ausgebildet. Etwa 40 m von der Nordbastion entfernt steht bis knapp an deren Fundamentho¨he eine aus verstellten Kalksteinplatten bestehende Felsrippe an, hinter der das Gela¨nde sanft ansteigt, um nach weiteren 40 m in eine akzentuierte Steigung u¨berzugehen (Abb. 5. 8). Westlich der Bastion, unterhalb der Nordkurtine, fa¨llt das Gela¨nde nach Nordwesten hin einigermaßen steil ab (Abb. 6). Der große westliche Eckturm der Oberburg liegt am Ausla¨ufer einer Gela¨ndestufe, die das westliche Burgareal nach Norden hin abschließt. Der Westhang unterhalb der Oberburg ist steil, aber gangbar, wa¨hrend im Osten unterhalb einer ku¨nstlichen Terrasse ebenfalls fallendes, stark verkarstetes Gela¨nde ansteht. B) Die Nordbastion und deren o¨stlicher Anbau Die Nordbastion, ein am Nordrand des Oberburgareals, an dessen ho¨chster Stelle beWndlicher, turmartiger Bauko¨rper, bietet heute dem von Su¨den kommenden Besucher ein Bild der Zersto¨rung: ein gewaltiger, unstrukturierter Schutt- und Tru¨mmerberg. Umso u¨berraschender wirkt darum der gute Erhaltungszustand des Nordostbereiches der Anlage, wo die Bastion und ein an diese ostseitig angesetzter, la¨nglicher Bauko¨rper mit einer gebo¨schten Mauer verblendet wurden (Abb. 8. 9). 1) Die Maße des Kernbaus Der heutige Zustand erlaubt es nicht, u¨ber die urspru¨nglichen Seitenla¨ngen der großen Nordbastion vo¨llige Klarheit zu erlangen, da das Su¨dwesteck zur Ga¨nze verstu¨rzt ist und das Mauerwerk
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teilweise vom Erddruck verschoben wurde (Fig. 6). Folgende Maße, die sich wohl von den Baumaßen nicht wesentlich unterscheiden, sind heute meß- oder deduzierbar: a) Auf der Nordseite ist die Mauer in voller La¨nge einschließlich der Ecken erhalten, jedoch durch den Erddruck nach Außen verdru¨ckt. L.: 23, 50 m; b) Die Su¨dseite ist fast vo¨llig verstu¨rzt, so daß nur dislozierte Blo¨cke des Su¨dostecks und ein im westlichen Teil der Anlage drei Scharen hoch anstehendes, 2, 20 m langes Mauerstu¨ck, dessen Blo¨cke jedoch stark nach außen verschoben sind, die MauerXucht zu rekonstruieren erlauben. L.: 22, 50 m; c) An der Westseite blieben nur das no¨rdliche Eck und einige stark verschobene Blo¨cke im su¨dlichen Mauerbereich erhalten. L.: 14, 50 m; d) Die Ostseite ist, bis auf eine durch Raubgrabungen bedingte Ausrißstelle, gut erhalten. Vom Su¨dosteck zeugen zwei Scharen nahezu verschu¨tteter Quader. L.: 16, 00 m. Man darf annehmen, daß die geringfu¨gigen Abweichungen vom Rechteck schon in der prima¨ren Anlage gegeben waren. Die Ursache fu¨r diese unregelma¨ßige Grundrißform wa¨re am wahrscheinlichsten im Baugrund zu suchen, bezu¨glich dessen jedoch wegen der starken Verschu¨ttung ausschließlich am Nordwesteck Informationen zuga¨nglich sind. Dort ruht das Mauerwerk der Bastion auf Felsen, die wohl zu einer nach Norden steil abfallenden Klippe geho¨rig sind. 2) Das Mauerwerk des Kernbaus Von der gebo¨schten Mauer abgesehen, lassen sich an der Nordbastion zwei Mauerstile unterscheiden. Der Großteil des erhaltenen Mauerwerks weist das fu¨r den trapezoidalen Stil typische, ha¨uWge Vorkommen schra¨ger Stoßfugen auf. Diese 1, 20 m starken Zweischalenmauern haben eine BruchsteinLehmfu¨llung und sind ohne Binderblo¨cke gebaut. Die Außenschale wurde aus regelma¨ßigem, großformatigem Quaderwerk mit vereinzelten Scharverspru¨ngen hochgezogen, wa¨hrend man in der Innenschale kleinformatigere und unregelma¨ßigere Blo¨cke versetzte. An der Sichtseite sind die Blo¨cke der Außenschale bisweilen leicht bossiert und haben schra¨g zur Kante gefu¨hrten Randschlag, meist sind sie durch lange Spitzeisenschla¨ge begradigt. Im Gegensatz zu diesem hochwertigen Mauerwerk steht ein Teilstu¨ck an der Ostseite, das aus wenig bearbeitetem Steinmaterial mit schlechtem Fugenschluß errichtet wurde und in baulichem Zusammenhang mit der gebo¨schten Mauer stehen du¨rfte. a) Die Nordseite (Fig. 4 Abb. 10) Nordseitig verbaute man im Bereich des Ostecks große, an der Schauseite begradigte und zumeist quaderfo¨rmige Blo¨cke, die in Scharen von 0, 40 – 0, 55 m Ho¨he versetzt wurden. Im Mauerverlauf sind die ho¨her am Bau beWndlichen, dort einzig erkennbaren Scharen aus regelma¨ßigem, anna¨hernd pseudoisodomem Mauerwerk mit vereinzelten Scharverspru¨ngen (Einklinkungen) errichtet. Die Scharho¨hen liegen zwischen 0, 42 und 0, 60 m, wobei die Mittelwerte u¨berwiegen. Schra¨ge Stoßfugen, Randschlag und rudimenta¨re Bossierung, die man besser als aufgerauhten Spiegel bezeichnen sollte, kommen vor. Am Nordwesteck sind in den unteren Lagen auffallend große Blo¨cke verbaut, wa¨hrend daru¨ber die Scharho¨hen wieder zwischen 0, 50 und 0, 55 m liegen. Randschlag und Bossierung sind an einigen Blo¨cken erkennbar, andere wurden zur Ga¨nze mit langen Spitzeisenschla¨gen begradigt. Die Innenschale ist im West- und Mittelteil aus plattenhaften, mittelformatigen Blo¨cken hochgezogen, wa¨hrend im o¨stlichen Teil wenig bearbeitetes, tendenziell quer zur Streichrichtung der Mauer versetztes Steinmaterial mit kaum begradigtem Oberlager vorkommt. b) Die Westseite Der Befund am Nordwesteck entspricht dem des Anschlusses der Nordseite, am großen Fundamentblock kann man Bossierung, an anderen Blo¨cken Randschlag und klare Meißelschla¨ge erkennen; schra¨ge Stoßfugen kommen vor.
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Die Siedlungen
c) Die Su¨dseite An der Su¨dseite ist an der OberXa¨che nur ein kurzes, verschobenes Mauerstu¨ck erhalten, dessen teils trapezoidale Blo¨cke an der Schauseite stark abgewittert sind. Die meßbaren Scharho¨hen betragen 0, 42 und 0, 54 m. Die Innenschale ist nur ansatzweise erkennbar, eine zum Aussteifen und zur Festigung des Fu¨llmaterials im Inneren der Bastion dienende Bruchsteinsetzung (s. u.) du¨rfte aber in sie eingebunden haben. d) Die Ostseite (Fig. 5. 7) Komplexer stellt sich der Befund an der Ostseite dar. In dem von der gebo¨schten Mauer verdeckten, no¨rdlichen Teil kann man in einem im Zuge von Raubgrabungen entstandenen Mauerschnitt erkennen, daß dort unregelma¨ßiges, grob behauenes und an der Vorderkante mit Bruchbosse belassenes Steinmaterial in zwei Schalen versetzt wurde (Abb. 12. 14). Daru¨ber liegt eine die gebo¨schte Mauer mit dem Kernbau verbindende Plattenbinderschar, auf welcher Blo¨cke des hier 1,10 m starken Mauerwerks der Aufbauten der Bastion aufsitzen. Dieses war noch in den fru¨hen 70 er Jahren, wie photographische Aufnahmen und Handskizzen W. Wursters belegen, in maximal vier Scharen Ho¨he erhalten. Soweit dies heute den Aufzeichnungen und dem erhaltenen Befund zu entnehmen ist, du¨rften die nach außen leicht konvexen Quader vertikale Stoßfugen aufgewiesen haben und in pseudoisodomen Scharen versetzt worden sein. Auch Bossierung la¨ßt sich auf alten Aufnahmen ausnehmen. Su¨dlich der Raubgrube Wndet sich ein kurzes Mauerstu¨ck, das dem nordseitig, unterhalb der Plattenbinderschar anstehenden und Großteils von der gebo¨schten Mauer verdeckten Gefu¨ge a¨hnlich zu sein scheint (Fig. 7 Abb. 14). Rund 7, 5 m von der Nordostecke des Baus entfernt liegen mehrere Stoßfugen knapp u¨bereinander, wobei es sich mo¨glicherweise um eine Baunaht, wahrscheinlicher aber einfach um sorglose Schichtung handelt, wie sie in diesem, ehemals durch die gebo¨schte Mauer verdeckten Bauabschnitt des o¨fteren zu bemerken ist. Im Anschluß an das beschriebene Mauerwerk verdeckt ein Anbau den Großteil der OstXanke der Bastion. Nur einige hochgelegene Scharen aus an den Lagern einigermaßen gut verfugten, an den Schauseiten jedoch nur grob zurechtgeschlagenen Blo¨cken sind erkennbar. Su¨dlich des Anbaus verfugen die wenigen einsehbaren Blo¨cke der dort nahezu vo¨llig verschu¨tteten Mauer besser, die Schauseiten sind jedoch zu stark verwittert, um die einstige OberXa¨chenbearbeitung beurteilen zu ko¨nnen. Die Bauqualita¨t entspricht jedoch keinesfalls der an Nord-, West-, oder Su¨dseite feststellbaren, feinen Ausfu¨hrung, so daß man die gesamte OstXanke dem hellenistischen Umbau zuschreiben darf. Ein an der Mauerkrone etwas verschoben anstehender, in gebrochenem Zustand immer noch auffa¨llig großer Block tra¨gt an der Oberkante eine la¨nglich-rechteckige Einlassung (0, 2060, 07 m). Er wurde im hinteren Teil derart abgearbeitet, daß eine la¨ngliche und leicht geschwungene Abtreppung entstand, in der sich eine weitere, kleine la¨nglich-rechteckige Vertiefung beWndet. Die Form la¨ßt an einen Schwell- oder Deckstein denken, die Rahmenbreite von 0, 50 m wa¨re jedoch, wie auch die insgesamt wenig sorgfa¨ltige Arbeit, fu¨r ein derartiges Werkstu¨ck ungewo¨hnlich. Die urspru¨ngliche Lage des Blockes am Bau muß ebenso oVen bleiben wie seine Zweckbestimmung. 3) Die Einschu¨ttung im Kernbau (Fig. 6 Abb. 8. 12) Im Inneren des Kernbaus steht auf Einschu¨ttung zuru¨ckzufu¨hrendes, heterogenes Erdmaterial an, welches mittels Bruchsteinmauern ausgefa¨chert wurde. Im tief ausgewaschenen Su¨dwestbereich Wndet sich ro¨tliche Fu¨llerde mit Steinsplitt, in die kleine Stu¨cke von SchwarzWrnisware eingebettet waren. Diese Schu¨ttung du¨rfte zu der urspru¨nglichen Bauausfu¨hrung der Bastion geho¨rig sein. Im Nordteil, an ho¨chster Stelle, steht grau-bra¨unlicher, humoser Lehm an, aus dem kaiserzeitliche Keramik geborgen wurde. An der Ostseite schneidet die Raubgrabung gra¨ulich-ockerfarbenen, von kalksplitthaltigen Straten durchzogenen und bis auf vereinzelte Dachziegelfragmente weitgehend sterilen Lehm an (Abb. 11). Diese Einschu¨ttung du¨rfte mit der Erneuerung der Ostmauer der Bastion in Zusammenhang stehen.
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In La¨ngs- und Querrichtung Xuchtende Bruchsteinmauern bilden kastenartige Felder und dienten zur Festigung der Einfu¨llung. Diese Mauerungen liegen in verschiedener Ho¨he im Bau, sind ungleichma¨ßig stark und mit unterschiedlicher Sorgfalt ausgefu¨hrt. Eine im su¨dwestlichen Viertel der Bastion erhaltene, nord-su¨d streichende und rund 0, 80 m breite Steinsetzung aus kleinen bis mittelgroßen Bruchsteinen liegt sehr tief, auf der Ho¨he der ro¨tlichen Fu¨llschicht im Bau. Sie scheint urspru¨nglich mit der Innenschale der su¨dlichen Außenmauer verzahnt zu haben und du¨rfte in die gleiche, d. h. klassische Bauphase geho¨ren. Ein no¨rdlich davon erhaltenes, kurzes Teilstu¨ck einer ost-west streichenden Bruchsteinsetzung von etwa 0, 70 m Breite liegt etwa auf gleicher Ebene. Dazu anna¨hernd parallel, jedoch mehr als 1 m ho¨her liegend, verla¨uft rund 1 m no¨rdlich eine weitere, wenig sorgfa¨ltig versetzte Bruchsteinreihe. Etwa auf deren Ho¨he zeichnen sich noch einige schwa¨chere und nachla¨ssig ausgefu¨hrte Mauern sowie eine weitere, im o¨stlichen Drittel der Anlage beWndliche, nord-su¨d streichende Mauer von etwa 0, 80 m Breite ab. Diese teils nur als Kanten ablesbaren Steinsetzungen ko¨nnten mit Sanierungsarbeiten an der Bastion und/oder mit spa¨teren Einbauten in Zusammenhang stehen. 4) Zum Aufgehenden der Bastion Die im Nordwestbereich in der Ho¨he der Einfu¨llung erkennbaren, sorgfa¨ltig ausgefu¨hrten Innenschalen ko¨nnen als Hinweis auf das Vorhandensein einer Turmkammer in der prima¨ren Bauausfu¨hrung gewertet werden23, die jedoch auch etwas ho¨her am Bau gelegenen haben mag. Vom oberhalb von Einfu¨llung und Binderplattenschar gelegenen Aufbau der Bastion blieb nur die an der Ostseite, in einer Schar Ho¨he anstehende, 1 m breite, pseudoisodome Mauer mit kleinsteiniger Innenschale in situ erhalten, die in eine Umbauphase geho¨rig sein du¨rfte (Fig. 5. 6. 7 Abb. 9. 12). Ein an der Nordostseite in Schutt und Versturz liegender Block, eine Fensterbank oder ein Deckstein, ko¨nnte ausweislich seiner Fundlage mo¨glicherweise zu dem Bau geho¨rt haben. Die Breite der Mauero¨Vnung, zu der das Werkstu¨ck geho¨rte, lag bei 0, 70 m, die Gewa¨ndetiefe bei 0, 30 m und die Rahmenbreite bei 0,16 m. Zwei kleine Pfannenlo¨cher mit einem Durchmesser von 4, 5 cm belegen einen zweiXu¨geligen Verschluß. An der Westseite der Ostbastion, ungefa¨hr 15 m hangabwa¨rts, liegt in einer dichten, zu dem Bau geho¨rigen Versturzzone ein zu einem Durchgang oder einem Fenster mit 0, 20 m breitem Rahmen geho¨riger Laibungsblock. Abgesehen von den gewaltigen Versturzfeldern am Fuß der Bastion und der in einer Schar Ho¨he erhaltenen, auf den Plattenbindern beWndlichen, zweischaligen Steinsetzung, bieten diese zwei von Fenstern bzw. Tu¨ren stammende Werkstu¨cke die einzigen konkreten Hinweise zur Rekonstruktion eines turmartigen, begehbaren Bauko¨rpers oberhalb der Sockelzone mit Einschu¨ttung. 5) Der Anbau im Osten der Nordbastion (Fig. 6. 7. 10) Die Verbindung von der Nordbastion zur Ostmauer des Burgareals stellte ein an die OstXanke der Nordbastion in stumpfem Winkel angesetzter, knapp 10 m langer und mehr als 4 m breiter Bauko¨rper her. Dieser versta¨rkte Kurtinenabschnitt vermittelt wegen seines komplizierten Aufbaus den Eindruck, das Ergebnis mehrfacher Umbauten zu sein, eine Auflo¨sung in einzelne Bauphasen scheitert jedoch ebenso, wie eine Rekonstruktion (Abb. 9. 17). Auch an diesen Anbau wurde nordseitig eine gebo¨schte Mauer angeschoben24. Diese gebo¨schte Mauer verblendet eine fast durchgehend pseudoisodome Schalmauer mit Bruchsteinhinterfu¨llung, die auch u¨ber Eck an der Ostseite des Bauko¨rpers anstand, dort jedoch heute weitgehend verstu¨rzt ist. Ein Anschluß an die su¨dliche Außenschale des Anbaus und die Ostmauer der 23 Im Bereich von Turmunterbauten mit Einfu¨llung verzichteten die lykischen Baumeister ha¨uWg auf die Errichtung einer Innenschale, sondern verwendeten – wie auch an der Su¨dbastion der Burg – großformatiges, tief einbindendes Steinmaterial, auf welchem in ho¨heren Zo-
nen zweischalige Mauern hochgezogen werden konnten. 24 Ein u¨ber Eck versetzter Block belegt, daß man diese Baumaßnahme an der Ostseite der Nordbastion und an dem Bauko¨rper in einem Arbeitsgang durchfu¨hrte.
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Oberburg blieb nicht erhalten. Die Ho¨hen der Scharen, von denen jede zweite tief in die Bruchsteinhinterfu¨llung reicht und damit wohl Binderfunktion u¨bernehmen sollte, liegen zwischen 0, 60 und 0, 45 m. Die Mauer wurde aus polsterartigen Quadern mit konvexer, nur grob begradigter Schauseite errichtet und am Eck zu einer Art stumpfen Ecklehre abgearbeitet. In unteren Lagen versetzte man große, oft plattenartige Blo¨cke, vereinzelt kommen auch hochkant gestellte, schma¨lere Steine vor. In den ho¨her gelegenen, auch heute noch Großteils von der Bo¨schung verdeckten Mauerpartien scheinen unregelma¨ßigere Mauersteine kleineren Formats verbaut zu sein. Im Inneren des Bauko¨rpers, etwa 1, 80 m von der no¨rdlichen Schale entfernt und parallel zu dieser verla¨uft eine Baunaht. In den tieferen Lagen des sta¨rker verstu¨rzten o¨stlichen Teiles des Bauko¨rpers wird sie von einer Steinsetzung aus klein- bis mittelformatigen Bruchsteinen gebildet, welche die Hinterfu¨llung der nordseitigen Schalmauer des Bauko¨rpers abfa¨ngt. Im westlichen, ho¨her erhaltenen Bereich verla¨uft ein im Verha¨ltnis zu dieser Bruchsteinsetzung um Mauerbreite nach Su¨den versetzter Mauerzug von 2, 5 m erhaltener La¨nge. Dessen pseudoisodomes Quaderwerk steht noch, soweit es zu erkennen ist, in fu¨nf Scharen Ho¨he an und blickt mit gut abgearbeiteter und daher vielleicht urspru¨nglich auf Ansicht berechneten Schauseite nach Norden. Diese Mauer streicht mit der su¨dlichen Außenschale des Bauko¨rpers parallel, wa¨hrend sich zu den MauerXuchten im Norden eine leichte Abweichung ergibt. Die ostseitig vo¨llig verstu¨rzte und im gesamten Verlauf weitgehend verschu¨ttete Su¨dschale des Anbaus wird in mittlerer Ho¨he von einem etwa 0, 20 m breiten Ru¨cksprung in zwei Zonen gegliedert. Die Scharho¨hen des an der Basis beWndlichen, ungefa¨hr 1, 00 m starken, pseudosidomen Mauerwerks liegen zwischen 0, 45 und 0, 30 m. Eine parallele Bruchsteinschlichtung im Geba¨udeinneren dient als Innenschale. Zwei rund 0, 70 m tief einbindende Binderblo¨cke waren feststellbar. Oberhalb des Ru¨cksprunges wurden kleinere Mauersteine versetzt, Schareinklinkungen kommen vor. Zwischen der su¨dlichen, a¨ußeren Schalmauer und der im Inneren des Anbaus als Baunaht anstehenden Schale Wndet sich im westlichen, ho¨her erhaltenen Bereich eine Hinterfu¨llung aus gut durchgeschichteten, regelma¨ßigen Bruchsteinen. Im stark verstu¨rzten o¨stlichen Teil liegt zwischen der su¨dlichen Außenschale und der parallel verlaufenden Bruchsteinsetzung im Zentrum des Bauko¨rpers eine wohl einst mit Bruchsteinmaterial aufgefu¨llte Kammer. Diese wird westseitig von einer achtlos hochgezogenen Quermauer aus Bruchsteinen heterogenen Formates abgeschlossen. 6) Die gebo¨schten Mauern (Fig. 5–7) An die Nordbastion wurden nord- und ostseitig gebo¨schte Mauern angeschoben, wa¨hrend an der Westseite keinerlei Hinweise auf eine solche Baumaßnahme feststellbar sind25. Wahrscheinlich in der gleichen Bauphase erneuerte man auch den no¨rdlichen Teil der Ostmauer der Bastion in schlecht verfugtem, quaderhaftem Bruchsteinmauerwerk. In diesem Bereich ist die gebo¨schte Mauer bis an eine Schar Plattenbinder erhalten, die sie mit dem Kernbau verbindet. Im selben Bauvorgang wurde auch an den Anbau im Osten eine Bo¨schung angeschoben. Nordseitig ist die gebo¨schte Mauer in sehr schlechtem Zustand: Es liegen nur mehr acht Scharen stark verschobener Blo¨cke in situ (Abb. 8). An einer Stelle wird dort die sonst durchgehend eingehaltene Pseudoisodomie von einer Schareinklinkung gesto¨rt. Das Mauerwerk legt sich hier als du¨nne Schale u¨ber die mehrere Meter breite Hinterfu¨llung aus durchgeschichteten Bruchsteinen und den wohl darunter beWndlichen, gewachsenen Fels. Die gebo¨schte Mauer war nordseitig in dem steilen Gela¨nde tiefer fundamentiert und reichte ho¨her an den Bau als das ostseitige Teilstu¨ck, von dem sie darum getrennt aufgefu¨hrt werden mußte. Der Baubestand erlaubt es, eine einstige Mindestho¨he von mehr als zehn Metern zu erschließen. An die Nordseite der Bastion wurde in Verla¨ngerung deren OstXanke eine lotrechte Mauer angeschoben, die den o¨stlichen Abschluß der nordseitigen Bo¨schung bildete (Abb. 13. 16). Von dieser blieben nur mehr drei u¨bereinanderliegende und an der Schauseite gro¨ßernteils von der ostseitigen Bo¨schung verdeckte Blo¨cke erhalten. Die Schauseite des ho¨chstgelegenen dieser Quader war am fertiggestellten Bau sichtbar und wurde sauber begradigt, um dem OberXa¨chencharakter der 25
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Auf W. Wursters Planskizze (AA 1974 Abb. 7) ist auch an der Westseite der Bastion eine Bo¨schung angegeben.
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gebo¨schten Mauer zu entsprechen. Die darunter versetzten, nicht einsehbaren Steine weisen Bossierung auf und ko¨nnten in Wiederverwendung stehen. An der Ostseite der Bastion blieb die bis zu zwo¨lf Scharen hoch anstehende und auch nordseitig u¨ber Eck gebo¨schte Mauer am besten erhalten (Abb. 9. 12). Eine Schar bossierter Binderplatten ¨ ber Eck versetzte Blo¨cke belegen, daß an der Ostseite der Bastion verbindet sie mit dem Kernbau. U und am Anbau im Osten in einem Bauvorgang angebo¨scht wurde. In diesem Bauabschnitt betra¨gt der Bo¨schungswinkel bis zu 70˚ 26. An dem ostseitig an die Nordbastion angesetzten Bauko¨rper blieb die gebo¨schte Mauer in elf Scharen oder 6, 50 m Ho¨he erhalten (Abb. 9). Der an dem etwas verschobenen Mauerwerk nicht ganz deutlich ablesbare Bo¨schungswinkel (62–65˚) erlaubt es, eine Gesamtho¨he von rund 7, 50 m zu rekonstruieren. Im Ostbereich des Anbaus hat sich auch eine mindestens 2, 00 m hohe, lotrechte Sockelzone mit schwach ausgepra¨gter Ecklehre erhalten. Diese geho¨rt zweifelsfrei derselben Bauphase wie die gebo¨schten Bauabschnitte an und diente wohl dazu, im nach Osten zu stark fallenden Gela¨nde Ho¨henunterschiede zu kompensieren. Im Sockelbereich liegen die Scharho¨hen zwischen 0, 40 und 0, 65 m, Einklinkungen kommen vor, die Blo¨cke sind von unregelma¨ßigem Format und an den Schauseiten bisweilen leicht bossiert. Die LagerXa¨chen des pseudoisodomen Quaderwerks der gebo¨schten Mauer sind dem Bo¨schungswinkel von rund 65–70˚ entsprechend nach innen geneigt27. Die Scharho¨hen liegen zwischen 0, 37 m und 0, 60 m. In regelma¨ßigen Absta¨nden Wnden sich hochkant versetzte, schmale und la¨ngliche Binderblo¨cke. Sie verbinden die Schale mit der Bruchsteinhinterfu¨llung. An der Sichtseite wurden die Quader begradigt (Abb. 15). Die Blo¨cke der Plattenbinderschar an der Ostseite der Bastion sind bossiert und weisen Randschlag auf, den relativ weit auseinanderliegende, meist im rechten Winkel zu den Kanten gefu¨hrte Spitzeisenrillen betonen (Fig. 5). Auch die oberhalb der Plattenbinder versetzten Blo¨cke der Bastion waren bossiert. Aufgrund seiner Pseudoisodomie, der Gestaltung der Schauseiten – inklusive des Randschlags an der Binderplattenschar – sowie vor allem wegen des regelma¨ßigen Vorkommens von Binderblo¨cken unterscheidet sich dieses Mauerwerk auf stilistischer und bautechnischer Ebene grundlegend von dem des trapezoidalen Baukernes der Bastion. C) Die Su¨dbastion (Fig. 10 Abb. 18) An der Su¨dseite der Oberburg liegen auf einer felsigen, die Mittelburg u¨berragenden Gela¨ndestufe die Ruinen eines langrechteckigen Kernbaus, der Su¨dbastion, welcher u¨ber an den zwei La¨ngsseiten beWndliche axiale Zuga¨nge betretbar war (Fig. 10). Trotz des mittelma¨ßigen Erhaltungszustandes – die Mauern stehen im zentralen Teil meist nur mehr in ein bis zwei Scharen Ho¨he an und sind im Westbereich durch spa¨tere Umbauten gesto¨rt – la¨ßt sich der Grundriß des Baus mit einiger Sicherheit erschließen. Die La¨nge des Bauko¨rpers liegt bei 26, 50 m und seine Breite bei 6, 30 m; die Pforten beWnden sich an den Langseiten und sind um rund 1, 00 m aus der Mittelachse nach Westen verschoben. Den o¨stlichen Teil des Innenraumes gliedert eine Quermauer mit Tu¨re, ein Befund, der sich mo¨glicherweise auch fu¨r den Westteil analog rekonstruieren la¨ßt. Die Bastion wurde auf einer sich nach Westen und Osten senkenden Felsklippe angelegt, daraus resultierende Ho¨henunterschiede des Baugrundes mußten durch einen sockelartigen Unterbau mit Erdeinfu¨llung ausgeglichen werden. So liegt zwischen dem von der Schwellho¨he der Su¨dpforte ungefa¨hr angegebenen Bodenniveau des Erdgeschosses des Bauwerks und den Felsfundamenten an der Ostseite ein Ho¨henunterschied von rund 5, 50 m. Ein a¨hnlicher, wenn auch nicht so ausgepra¨gter Befund ist an der Westseite festzustellen. 26 An der Ostseite betra¨gt die Bo¨schung durchschnittlich rund 70˚. Diese scheint in den ho¨heren Lagen am Bau noch etwas ausgepra¨gter zu sein. Es wa¨re denkbar, daß die heute meßbaren, unterschiedlichen Bo¨schungswinkel zumindestens teilweise auf Verschiebungen und Setzungen
des Mauerwerkes zuru¨ckgefu¨hrt werden mu¨ssen. 27 Die gebo¨schten Mauern im Ostbereich der Bastion hatten wohl urspru¨nglich einen einheitlichen Bo¨schungswinkel, da ein solcher den Bauvorgang, vor allem die Ecklo¨sungen betreVend, erleichtert ha¨tte.
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Die Siedlungen
Die Einfu¨llung im Unterbau besteht aus dem lokalen ro¨tlichen Erosionsmaterial mit zahlreichen Steinsplittern und teils sehr großen Bruchsteinen. Trotz des an der verstu¨rzten Ostseite gegebenen Einblickes in die Schu¨ttungen im Fundamentbereich konnte im Geba¨udeinneren weder ein klarer Fußboden noch ein anderer Hinweis auf ein Gehniveau ausgemacht werden. 1) Das Mauerwerk Im Aufgehenden ist die Su¨dbastion aus 1, 20 m starkem Zweischalenmauerwerk mit Lehm- und Bruchsteinfu¨llung errichtet. Die Blo¨cke der Außenschale sind bedeutend großformatiger als die der Innenschale; Binder waren nicht festzustellen. An der gro¨ßernteils verstu¨rzten Ostseite des Baus ist ein Einblick in die Fundamente gegeben, wo statt einer Innenschale besonders großformatige, kaum behauene Bruchsteinblo¨cke versetzt wurden, die tief in die lehmige Fu¨llmasse einbinden. Etwa 1, 50 m unter dem auf Schwellho¨he anzunehmenden Bodenniveau des Eingangsraumes sitzen im Ostteil der Anlage die Quader der Innenschale auf derartigen Fundamentblo¨cken auf. a) Außenschalen Die schlecht erhaltene su¨dseitige Außenschale der Bastion ist aus anna¨hernd pseudoisodomem Quadermauerwerk von feiner Ausfu¨hrung errichtet (Abb. 22). Hervorzuheben sind die besonders großen Blockformate, das ha¨uWge Vorkommen schra¨ger Stoßfugen, die ausgepra¨gte Bossierung und der mit schra¨g zur Blockkante gefu¨hrten Spitzeisenschla¨gen betonte Randschlag. Soweit es der stark verstu¨rzte und auch verschu¨ttete Mauerzug festzustellen erlaubte, verlaufen die Lagerfugen sehr regelma¨ßig. Die meßbaren Scharho¨hen liegen zwischen 0, 50 und 0, 80 m. Am vorderen Rand wurden die Lager der Blo¨cke gegla¨ttet, wa¨hrend man sich damit begnu¨gte, sie im Mauerinneren nur grob zu begradigen. Die Außenschale der Nordmauer weist ha¨uWge Schareinklinkungen und schra¨gen Stoßfugenschnitt auf, Bossierung und Randschlag sind nicht so ausgepra¨gt und die Steinformate etwas kleiner wie an der Su¨dseite (Abb. 20. 23). An der oberhalb des Haupttores der Oberburg gelegenen Westseite der Bastion wurden besonders großformatige Blo¨cke verbaut. Die Scharho¨hen liegen dort zwischen 0, 90 und 1, 00 m, die Blockla¨ngen zwischen 1, 50 und 2, 50. Schra¨ge Stoßfugen kommen ha¨uWg vor, klarer Randschlag und Bossierung waren nicht festzustellen. Am Nordosteck wurden im Fundamentbereich großformatige und kaum behauene Blo¨cke versetzt, die in Gestalt sowie Ausfu¨hrung dem Mauerwerk der anschließenden Ostkurtine der Oberburg entsprechen und als deren Verla¨ngerung zu bezeichnen sind (Fig. 9 Abb. 19–21). In den tieferen, nicht auf Ansichtigkeit berechneten Fundamentscharen der Ostseite sind Blockformate und Schauseitenbearbeitung uneinheitlich. b) Innenschalen Die an der Su¨dseite, westlich des Einganges auf einige Meter La¨nge und bis zu 3 Scharen Ho¨he erhaltenen Innenschalen des Baus wurden aus mittelformatigen, la¨nglich-plattenartigen Blo¨cken errichtet (La¨ngen zwischen 0, 60 und 1, 20 m), die an der Schauseite mit schra¨g gefu¨hrten Spitzeisenschla¨gen betonten Randschlag oder la¨ngere Spitzeisenschla¨ge, jedoch keine Bossierung aufweisen (Abb. 24. 28). Die Ho¨hen der regelma¨ßigen Scharen betra¨gt 0, 30 – 0, 36 – 0, 34 m. Auch o¨stlich des Nordeinganges blieben Teile der Innenschale erhalten, deren Blo¨cke Randschlag aufweisen. Die im Ostbereich erheblich tiefer – unterhalb des Bodenniveaus und damit nicht einsehbar ? – gelegenen, auf den Fundamentblo¨cken aufsitzenden Scharen der Innenschale sind a¨hnlich gestaltet (Abb. 25 26). Die Ho¨hen dieser untersten Scharen der Innenschale liegen zwischen 0, 40 – 0, 44 m. Einer sorgfa¨ltigen Verfugung wurde im allgemeinen nicht derselbe Wert wie an den Außenschalen beigemessen.
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2) Der Su¨deingang (Fig. 11 Abb. 22. 29. 30) Trotz des anstehenden Versturzes la¨ßt sich feststellen, daß der su¨dliche Eingang in mindestens zwei Scharen, also mehr als 1, 00 m Ho¨he am Bau gelegen war. Seine Schwelle wurde in den siebziger Jahren durch eine Sondage von Versturz und Erdmaterial gereinigt. Die beiden Laibungssteine liegen in geringer Entfernung su¨dlich vor dem Tor im Schutt, ein Deckstein wurde nicht gefunden. Bei der Errichtung des Eingangs wurden die beiderseits an die Schwelle anschließenden Blo¨cke in der unteren Breite der Laibungssteine abgearbeitet. Letztere konnten in die derart geschaVene, 8 cm tiefe Nut eingelassen werden. Nur ihre dem Tu¨rrahmen entsprechenden, unterschnitten gearbeiteten Teile kragten u¨ber die Tu¨rstaVel vor. Ein einzelner Block bildete die Schwelle und trug, gemeinsam mit den beiderseits anschließenden Steinen, das Gewicht der Tu¨rkonstruktion. Ein rundes Pfannenlager, welches auf nach der Freilegung in den 70 er Jahren angefertigten photographischen Aufnahmen erkennbar ist, belegt das einstige Vorhandensein eines einXu¨geligen Tu¨rverschlußes. Am Boden der Pfanneneinlassung kann man eine quadratische Vertiefung mit Metallresten ausnehmen, wohl Teile einer metallenen Pfanne. Die ungleich breiten, monolithen Laibungssteine sind an der Vorderseite leicht bossiert und haben Randschlag, sie entsprechen also in ihrer Schauseitengestaltung dem anschließenden Mauerwerk. Das obere Drittel des inneren Gewa¨ndes bestand aber aus getrennt versetzten, vielleicht mit der Innenschale verzahnenden Blo¨cken. Die Falze sind im rechten Winkel geschnitten, jedoch mit 0, 09 m im Osten und 0,15 m im Westen ungleich breit. In den Riegello¨chern, die in die Gewa¨nde eingearbeitet sind, konnte ein Riegelbalken einha¨ngt werden. Die lichte Weite dieser Pforte lag bei 0, 70 m. Der westliche Laibungsstein ist 1, 50 m hoch erhalten und an der Oberkante, im Unterschied zu seinem Pendant, nicht gebrochen, weshalb mit diesem Maß die einstige Ho¨he des Durchgangs gegeben sein du¨rfte. 3) Der Nordeingang (Fig. 12) Vom nordseitigen Zugang in die Su¨dbastion steht nur die o¨stliche Laibung in situ, wa¨hrend die andere spa¨testens im Zuge des sekunda¨ren Einbaus eines Geba¨udes in den westlichen Bereich der Anlage ¨ berbauung. entfernt wurde (Abb. 27. 28). Die Schwelle liegt unter Schutt und der spa¨teren U Die Laibung ist an der Schauseite monolith, im hinteren Teil jedoch stuWg geschnitten und im Bausteinprinzip mit Blo¨cken der inneren Schalung verbunden. Auf der Vorderseite weist sie mittels Spitzeisenrillen akzentuierten Randschlag und leichte, mit dem Spitzeisen grob u¨berarbeitete Bossierung auf. Die Falz ist schra¨g hinterschnitten und eine gro¨ßere Zahl Balkenlo¨cher haben sich am inneren und a¨ußeren Gewa¨nde erhalten. 4) Die Binnengliederung Die in den o¨stlichen Bereich der Bastion eingezogene Quermauer mit Tu¨ro¨Vnung verzahnt nicht mit den Außenmauern, zu denen sie im rechten Winkel liegt (Abb. 26). Sie ist etwa einen Meter breit und aus gut verfugtem, mittelformatigem Steinmaterial hochgezogen, das im Bereich des Tu¨rgewa¨ndes abwechselnd als La¨ufer und Binder verlegt und an der Schauseite grob begradigt wurde. Die orthogonale Lage im Bau und die Art der Bearbeitung und Versetzung der Blo¨cke machen eine Zugeho¨rigkeit zur prima¨ren Anlage wahrscheinlich. Der westseitige Gewa¨ndeblock des Su¨deinganges ragt etwas aus der Flucht der Innenschale in das Geba¨udeinnere und bildete mo¨glicherweise einen Maueransatz. Die spa¨teren Umbauten in diesem Bereich der Anlage erschweren jedoch eine Bewertung des Befundes. 5) Spa¨tere Einbauten Eine 3 m o¨stlich der Einga¨nge etwas schra¨g im Bau liegende Quermauer ist aus wenig homogenem Steinmaterial aufgefu¨hrt und wohl spa¨ter eingezogen worden.
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Die Siedlungen
In der westlichen Ha¨lfte der Bastion steht anstelle der no¨rdlichen Außenmauer eine Spolien- und Bruchsteinsetzung von etwa 0, 70 m Sta¨rke an. Diese bildet im Eingangsbereich der a¨lteren Anlage ein Eck und la¨uft in das Geba¨udeinnere. Reste einer Quermauer im westlichen Teil der Anlage sind von a¨hnlich schlechter Ausfu¨hrung und ko¨nnten zum gleichen Geba¨ude geho¨ren, das zu einem unbekannten, wohl sehr spa¨ten Zeitpunkt unter Benutzung von Spolienblo¨cken in die schon stark zersto¨rte Bastion eingezogen worden ist. D) Das Haupttor zur Oberburg und der su¨dseitige Mauerzug 1) Die Su¨dmauer (Abb. 31) An das Nordwesteck der Su¨dbastion setzt ein 10 m langes, von einem Tor durchbrochenes Mauerstu¨ck an. Es liegt, durch eine Baufuge getrennt, in der Verla¨ngerung der NordXanke der Bastion und erstreckt sich nach Westen in fallendem Gela¨nde bis an das Su¨dwesteck der Oberburg. Diese Tormauer wird durch eine Baufuge von der im Mauerstil unterschiedlichen Westmauer der Zitadelle getrennt28. Das zweischalige, rund 1, 30 m starke anna¨hernd pseudoisodome Mauerwerk weist keine Binderblo¨cke auf. Im Fundament kommen kleinere Steine vor, die den sich unregelma¨ßig senkenden Felsgrund ausgleichen, wa¨hrend im Aufgehenden mittelgroße, gegen das Westeck hin auch sehr große Blo¨cke versetzt wurden. Diese sind im Eckbereich eher quaderhaft oder trapezoidal geschnitten und tendieren im Mauerverlauf zum Polygonalen. An den Schauseiten weisen die Mauersteine, wie auch die monolithen Laibungen des Tores, Randschlag und Bossierung auf. Am westlichen Abschluß der Mauer verzahnen die Blo¨cke reißverschlußartig als La¨ufer und Binder. Dort setzt nordseitig die Westmauer der Oberburg an, wobei sie im Bereich der Baufuge zumindest einen bossierten und folglich im Mauerverband u¨berarbeiteten Block der Su¨dkurtine verdeckt (Abb. 33). In die mit der westlichen Torlaibung verzahnende Innenschale wurden meist klein- bis mittelformatige, bossierte Blo¨cke verbaut. 2) Das Su¨dwesttor (Fig. 8 Abb. 31. 32) Das Vorfeld des Haupteinganges zur Oberburg, des Su¨dwesttores, befand sich siedlungsseitig innerhalb des ummauerten Areals der Mittelburg. Dieser Eingang stellte damit die wichtigste Verbindung zwischen dem ummauerten Siedlungsareal und der Gipfelbefestigung dar, wa¨hrend die schmalen Einga¨nge in die Su¨dbastion wohl nur zum Betreten und Verlassen derselben dienen sollten. Es handelt sich um ein Axialtor mit rechtem Flankenschutz, welchen die in knapp 4 m Entfernung hoch aufragende Su¨dbastion bot. Das Ho¨henverha¨ltnis der Bastion zum Tor verdeutlicht am besten der Umstand, daß die Schwelle des Burgtores etwa 3, 00 m unterhalb derer des Su¨deinganges der Bastion gelegen ist. Das Su¨dwesttor hat eine lichte Weite von 1, 20 m und eine lichte Ho¨he von 2, 50 m. Seine monolithen Laibungssteine sind an der Außenseite zu leichter Bossierung u¨berarbeitet. Das westliche Gewa¨nde ist jedoch im Torinneren teilweise aus Quadern hochgezogen, die mit der Innenschale des anschließenden Mauerzuges verzahnen. Die Falze sind im rechten Winkel geschnitten. An den Gewa¨nden Wnden sich mehrere Eintiefungen, die wohl Riegelbalken aufnehmen sollten: Westseitig wurden sechs, ostseitig jedoch nur zwei, allerdings bedeutend gro¨ßere Balkenlo¨cher eingetieft. Der monolithe Schwellstein liegt westseitig auf Fundamentblo¨cken, ostseitig wahrscheinlich auf dem Felsen auf. Er weist zwei quadratische Pfanneneinlassungen (0,1960,19 m) und eine dazwischen gelegene, kleinformatige Vertiefung auf, die als Riegelloch zur Fixierung des westlichen Tu¨rXu¨gels zu interpretieren sein du¨rfte. Er hat keine als Anschlag gearbeitete Tu¨rstaVel. Am vorderen Rand Wndet sich eine zum AbXuß des vom Gela¨nde der Burg andringenden Regenwassers dienende Rinne. Aufgrund seiner Maße paßt der heute aufliegende, monolithe Tu¨rsturz nicht genau auf das Tor. Es kontrastiert auch sein einzelnes rundes Pfannenloch mit den zwei Einlassungen an der Schwelle. 28
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Die Su¨dmauer ist folglich als geradlinig verlaufender, in sich geschlossener Bauko¨rper gestaltet.
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Westlich unterhalb des Tores liegt am Hang ein Sturz von passender Gro¨ße. Er hat eine Gesamtla¨nge von 3, 50 m; seine Ho¨he war wegen der Verschu¨ttung nicht feststellbar. Er weist zwei quadratische Pfanneneinlassungen auf. Es handelt sich wohl um den zum Tor geho¨rigen Deckstein, der vielleicht bei einem Erdbeben verstu¨rzt ist. Bei einer Wiederherstellung des Tores scheint man es vorgezogen zu haben, einen bedeutend leichteren Block zu verwenden. Sollte diese Annahme zutreVen, u¨berrascht das Vorhandensein zweier auf dem sekunda¨ren Deckstein in situ beWndlicher Mauersteine, die aufgrund des schra¨gen Stoßfugenschnittes, ihres Randschlages und der Bossierung mit dem Mauerwerk der Kurtine stilistisch eng verwandt sind. Bei der Durchfu¨hrung der oben angesprochenen Wiederherstellungsarbeiten mu¨ßten auch diese verstu¨rzten Blo¨cke gemeinsam mit dem kleineren Deckstein von neuem versetzt worden sein. E) Der nordwestliche Eckturm und die Nordkurtine (Fig. 13 Abb. 36 –39) Der Nordwestturm der Oberburg liegt am Rand einer schmalen Gela¨ndestufe, die sich unterhalb der Nordbastion sowie des im Mittelteil der Oberburg in deren La¨ngsrichtung streichenden Gela¨ndegrates, oberhalb sich nach Nord und West senkenden Gela¨ndes erstreckt. An diesem empWndlichen Punkt wurden die Befestigungen durch einem großen, rund 5 m aus der Flucht der Kurtinen in fallendes Gela¨nde vorspringenden Eckturm versta¨rkt. Ein den Turm mit der Nordbastion verbindender und mit ihm im Verband gemauerter Mauerzug folgt einer nach Osten steil ansteigenden Gela¨ndekante. Im Anschluß an den Eckturm liegen im Burginneren zwei an diese Kurtine angeschobene Kasemattenra¨ume. Ein direkter Anschluß der Westmauer der Oberburg an den Turm hat sich nicht erhalten. 1) Der Eckturm Da nur die o¨stliche Flanke des Turmes in voller La¨nge erhalten blieb und im direkten Anschluß an Nord- und Su¨dseite auf einigen Metern gerade noch Mauerkanten erfaßbar sind, wa¨hrend sich der gesamte westliche Teil des Baus als Tru¨mmerfeld darbietet, in dem sich keinerlei Steinsetzungen ausmachen lassen, kann ohne Grabungsta¨tigkeit keine gesicherte Rekonstruktion des Grundrisses erfolgen. Angesichts der Ecklage und des einigermaßen neutralen Baugrundes erscheint die Erga¨nzung von regelma¨ßigen Seitenla¨ngen am wahrscheinlichsten. a) Das Mauerwerk Die Mauersta¨rke auf der Ho¨he des Erdgeschosses liegt bei 1, 60 m, auf der Ho¨he der daru¨berliegenden Turmkammer verringert sie sich auf 1, 20 m. Teils wegen des schlechten Erhaltungszustandes, vor allem aber auch wegen der starken Verschu¨ttung kann man zum Stil des an der OstXanke bis in die Ho¨he des ersten Obergeschosses erhaltenen Mauerwerkes des Turmes nur ungefa¨hre Angaben machen. Die 0, 50 bis 0, 60 m langen Blo¨cke der wahrscheinlich pseudoisodomen Außenschalen sind an den Schauseiten, a¨hnlich denen der gebo¨schten Mauer, begradigt (Abb. 36 –39). Sie sind mittel- bis großformatig und tendenziell quer zum Mauerverlauf, d. h. in das Mauerinnere hin weisend, versetzt. Die meßbaren Scharho¨hen liegen zwischen 0, 40 m und 0, 50 m. An der Nordseite bindet ein Block 1, 05 m tief in die Mauer. Die an der Schauseite vergleichbar gestalteten Blo¨cke der Innenschale liegen in Ho¨he des Obergeschosses la¨ngs, in Erdgeschoßho¨he bisweilen auch quer zum Mauerverlauf. Die Scharho¨hen korrespondieren mit denen der Außenschale. b) Die OstXanke des Turms und seine Einga¨nge An die rund 9, 00 m lange OstXanke des Turmes setzt die im Verband gebaute Nordkurtine der Oberburg in etwas stumpfem Winkel derartig an, daß ungefa¨hr fu¨nf Meter der TurmXanke feindseitig aus der KurtinenXucht vorspringen. Im Burginneren fu¨hrt ein Durchgang von den an die Kurtine gesetzten Kasematten in die untere Turmkammer (Abb. 36). Die oberhalb der die Schwelle u¨ber-
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Die Siedlungen
deckenden Verschu¨ttung meßbare Mindestho¨he dieses von monolithen Laibungsblo¨cken Xankierten, rund einen Meter tiefen Einganges liegt bei zwei Metern, seine lichte Weite bei einem Meter. Die Rahmenbreite mißt 0, 34 m, die im rechten Winkel geschnittenen Falze sind nordseitig 0,10 m, su¨dseitig 0,15 m breit und von zwei bzw. drei quadratischen Riegello¨chern Xankiert, welche das Fixieren eines Einha¨ngriegels erlaubten. Am Deckstein sind ein Anschlag von 0, 08 m Ho¨he sowie zwei runde Pfannenlo¨cher feststellbar, wa¨hrend zu der vo¨llig verschu¨tteten Schwelle keine Angaben gemacht werden ko¨nnen. Im Turminneren und im Tu¨rbereich sind die Gewa¨nde und die Blo¨cke der Innenschale mit dem Spitzeisen grob gepickt (Abb. 37–38). Knapp hinter der su¨dlichen Laibung, in der Flucht der ostseitigen Innenschale, springt die Mauer um 0, 25 m in das Turminnere vor und verengt den Durchgang. Auf der Ho¨he der Unterkante des Decksteines springt die Innenschale der Ostmauer um 0, 40 m zuru¨ck. Die derart gewonnene Fla¨che ko¨nnte als Balkenauflager fu¨r eine Zwischendecke gedient haben. Unklar bleibt in diesem Fall jedoch, wie und ob ein im Tu¨rbereich durch die geringere Breite des Decksteines entstandener Ru¨cksprung u¨berbru¨ckt wurde, da dort keine AuflagerXa¨che verfu¨gbar war. Am wahrscheinlichsten ist es, daß die durch die Verringerung der Mauersta¨rken des Obergeschosses entstandenen LagerXa¨chen an allen Seiten der Turmkammer zur Verfu¨gung standen und die tragenden Balken der Zwischendecke nord-su¨d streichend verlegt worden waren29. Da der in situ liegende Deckstein an der Oberseite als Schwelle gearbeitet ist und nordseitig ein Laibungsblock in situ ansteht, kann mit Sicherheit ein zweiter, in Ho¨he des Obergeschosses gelegener Zugang in das Turminnere belegt werden, der vielleicht die Verbindung mit den Wehrga¨ngen ermo¨glichte (Abb. 39). Die Gewa¨nde dieses 1, 20 m breiten Durchganges waren aus sorgfa¨ltig u¨berarbeiteten Quadern hochgezogen worden. Die Rahmentiefe betra¨gt 0, 30 m, der im rechten Winkel geschnittene nordseitige Falz hat eine Breite von 0, 08 m. In der Schwelle sind zwei breitrechteckige Pfanneneinlassungen und ein zur Fixierung des su¨dlichen Tu¨rXu¨gels dienendes Riegelloch erhalten. b) Nordseite Die auf etwa 4 m La¨nge erkennbare, talseitige NordXanke des Turmes Xuchtet mit der Ostseite nicht im rechten Winkel. Dies impliziert nicht unbedingt ein Abgehen von einem orthogonalen Grundriß, sondern la¨ßt sich durch ein Verrutschen der obersten, einzig an der OberXa¨che sicht- und daher meßbaren Schar ausreichend erkla¨ren. c) Su¨dseite Die Su¨dXanke ist noch bedeutend schlechter erhalten, es la¨ßt sich nur ein kurzes Stu¨ck der Außenkante ausnehmen, das mit der Ostmauer einen rechten Winkel bildet. d) Verstu¨rzte Werkstu¨cke Mehrere im Turminneren liegende Werkstu¨cke stammen mit gro¨ßter Wahrscheinlichkeit von den verstu¨rzten Mauern des Aufbaus: * Zwei Gewa¨ndeblo¨cke, von denen einer ein halbes Riegelloch von 0, 20 m Tiefe aufweist, geho¨ren wohl zur oberen Turmtu¨r.
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Ein sukzessives Verringern der Mauerbreiten an Geschoßu¨berga¨ngen Wndet sich an zahlreichen Turmbauten des griechischen Raumes. Dazu s. nur Winter, FortiW‡ cations 173; Krischen, Herakleia 23; A. M. Mansell, Die Ruinen von Side (1963) 34 V. Im Unterschied zu dieser einfachen Lo¨sung wurden an zahlreichen lykischen Befestigungen und Turmgeho¨ften des Hellenismus – zusa¨tzlich zur Verschma¨lerung der Mauer – von vorkragenden Bin-
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derplatten gebildete, durchgehende Konsolen versetzt, auf denen die Balken der Zwischendecken aufliegen konnten (Oinoanda: Abb. 194). Eine vergleichbare Lo¨sung wurde auch beim Bau der Tortu¨rme von Perge gewa¨hlt (Abb. 202). Es scheint sich dabei um eine weitgehend auf das su¨dliche Kleinasien beschra¨nkte Erscheinung zu handeln. s. Adam, Architecture 115 V.; A. V. McNicoll – T. WinnikoV, AJA 87, 1983, 311 V.; Konecny, Turmgeho¨fte 72 f.
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* Ein Deckstein mit einer Rahmenbreite von 0, 32 m geho¨rt zu einem Durchgang von rund 1,15 m lichter Weite zwischen den Gewa¨nden. In den Deckstein sind zwei la¨nglich rechteckige Pfanneneinlassungen eingearbeitet. Die Maße des Werkstu¨ckes entsprechen nicht vo¨llig der anhand der Einarbeitungen an der Schwelle erschließbaren Breite der oberen Turmtu¨re. Die Abweichungen sind jedoch nicht so auffa¨llig, daß ein Versatz an diesem Durchgang auszuschließen wa¨re. Die Tiefe des ¨ bergang vom Erdgeschoß zum ersten OberBlocks, 0, 50 m, erlaubt mo¨glicherweise in Analogie zum U stock einen Schluß auf eine weitere Verringerung der Mauersta¨rke im Bereich eines zweiten, allerdings nicht mit Sicherheit nachweisbaren Obergeschosses. * Ein Zinnenfragment mit la¨nglich rechteckigem Zapfen an der Unterkante. Ein Parallelexemplar liegt einige Meter o¨stlich des Turmes im Bereich der Kasematten. Sollten sie zum Turm geho¨rig sein, wa¨re auf diesem mo¨glicherweise eine oVene Kampfplattform zu rekonstruieren. 2) Die Kurtine an der Nordseite der Oberburg (Abb. 37) Die in die Ostseite des Turmes einbindende und geradlinig entlang einer den Sattel u¨berragenden Gela¨ndekante bis an das Su¨dwesteck der Nordbastion verlaufende Kurtine u¨berwindet in steilem Gela¨nde rund neun Ho¨henmeter. Obwohl der Anschluß an die Bastion verstu¨rzt ist, kann aus dem erhaltenen Befund mit Sicherheit erschlossen werden, daß das Mauerwerk der Nordkurtine nicht mit dem der Bastion verzahnte, sondern an dieses mit Baufuge angesetzt war. Im oberen Verlauf, nahe der Nordbastion betra¨gt die Sta¨rke der Zweischalenmauer mit Bruchsteinfu¨llung 1, 80 m. Der schlechte Erhaltungszustand und die Verschu¨ttung erschweren es, Informationen zu Mauertechnik und Stil zu gewinnen, der Eindruck eines anisodomen Mauerwerks u¨berwiegt jedoch. Als Baumaterial dienten wenig bearbeitete Blo¨cke, die an der Außenschale in La¨ngsrichtung, an der Innenschale auch quer zum Mauerverlauf liegend versetzt wurden. Im unteren Verlauf, nahe dem Eckturm, mit dem sie im Verband gemauert ist, verringert sich die Mauersta¨rke der Kurtine auf etwa 1, 60 m. In der Außenschale sind hier große, bisweilen tief einbindende Blo¨cke versetzt, in der Innenschale Wndet sich kleinformatiges, schlecht verfugendes Steinmaterial. Plattenbinder und schmale hochkant stehende Blo¨cke, die tief in die Mauer einbinden, kommen vereinzelt vor. 3) Die Kasematten am Eckturm Direkt vor dem Eingang in den großen Eckturm liegen zwei stark verstu¨rzte Ra¨ume, deren Nordmauer von der Kurtine gebildet wird (Abb. 36). Der westliche Raum schließt an die su¨dliche Laibung an und ist als 5, 00 m langer und 1, 60 m breiter Korridor gestaltet, den ostseitig eine Zwischenmauer von einem quadratischen Raum von 2, 80 m Seitenla¨nge trennt. Die besser erhaltene su¨dliche Korridormauer weist eine Plattenbinderlage und la¨ngliche Binderblo¨cke von Mauerbreite auf. Die ostseitig abschließende Mauer sowie die Mauern des quadratischen Raumes wurden aus kleinteiligem, kaum bearbeitetem und schlecht verfugtem Steinmaterial errichtet. Ein Zugang vom Burginneren in die Kasemattenra¨ume la¨ßt sich am Baubestand nicht ablesen. Das Verju¨ngen der Kurtine in diesem Bereich und die Verwandtschaft von deren Innenschale mit dem wahrscheinlich im Verband errichteten Mauerwerk der Ra¨ume sprechen dafu¨r, beide Befunde der selben Bauphase zuzuweisen. Der Eckturm wa¨re vielleicht vom Burgareal aus u¨ber die obere, erheblich breitere Turmtu¨re zuga¨nglich gewesen30, wa¨hrend der untere, schma¨lere und im Turminneren durch die vorspringende Su¨dmauer verju¨ngte Durchgang die Verbindung mit den Kasemattenra¨umen herstellte. ¨ berarbeitung der Werkstu¨cke des unteren Zuganges mit dem Spitzeisen, die Die ungewo¨hnlich grobe U 30 Es wa¨re denkbar, daß dieser Zugang von der Epalxis in das Turminnere fu¨hrte und ein entsprechendes Pendant an der Su¨dseite des Baus hatte. Derart von Laufga¨ngen durchquerte Tu¨rme wurden jedenfalls seit spa¨tklassischer Zeit gebaut und waren im Hellenismus auch in Lykien sehr
ha¨uWg (Pydna: Abb. 179). Das fu¨r einen Wehrgang gegenu¨ber dem angriVsseitigen Vorfeld geringe Ho¨henverha¨ltnis wa¨re jedoch an dieser empWndlichen Stelle der Befestigungen ungewo¨hnlich.
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mit der fein gegla¨tteten Textur der Laibungsblo¨cke der oberen Turmtu¨r im Kontrast steht, spricht wohl dafu¨r, daß ersterer untergeordneten Charakter hatte. Die Anbringung zweier Tu¨rbla¨tter und die Riegello¨cher an den Gewa¨nden mu¨ssen aber als Hinweis dafu¨r gelten, daß man sich auch hier vor einem Eindringen von Außen zu schu¨tzen suchte31. Etwa 15, 00 m o¨stlich des Eckturmes hat sich im Burginneren ein an die Kurtine angeschobener Mauerstumpf von 1, 20 m La¨nge erhalten, in dessen Mauerwerk ein la¨nglicher, tief einbindender Binderblock festzustellen ist. F) Die Befestigungen an der WestXanke (Faltplan 3) Am Fuß des im zentralen Teil der Oberburg gelegenen, ungefa¨hr nord-su¨d streichenden Felsgrates fa¨llt das Gela¨nde der WestXanke der Oberburg erst ma¨ßig und dann stetig steiler werdend nach Westen hin ab. Mehrere schlecht erhaltene Terrassierungsma¨uerchen zeugen wohl von landwirtschaftlicher Nutzung des Hanges, zu einem Zeitpunkt an dem die Burganlage ihre milita¨rische Funktion la¨ngst verloren hatte. Die Befestigungen, die diese Flanke einst schu¨tzten, sind gro¨ßernteils vo¨llig verstu¨rzt. Im Anschluß an die vom Burgtor durchbrochene Su¨dkurtine steht auf etwa sieben Meter La¨nge eine großblo¨ckige, auf einem Felsband sitzende Mauerung von u¨ber drei Meter erhaltener Ho¨he an, deren weiterer Verlauf jedoch im Gela¨nde keine Spuren hinterlassen hat. Sie wurde aus mittel- bis großformatigem, bisweilen zum Quaderhaften tendierendem, schlecht verfugendem Steinmaterial hochgezogen und mit Baufuge an das bossierte Quaderwerk der Su¨dkurtine angeschoben (Abb. 33). Eine Innenschale war nicht mit Sicherheit festzustellen. Mo¨glicherweise la¨ßt sich eine im Burginneren, in mehr als einem Meter Entfernung ungefa¨hr parallel verlaufende, jedoch nur schwach erkennbare Steinsetzung in diesem Sinne interpretieren. Die Westkurtine war wohl – wie dies auch an der Ostseite der Oberburg der Fall ist – im Fundament als Terrassierung gestaltet, hinter der im Burginneren aufgeschu¨ttet wurde, um ein einigermaßen einheitliches Gehniveau zu schaVen. Ein direkter Anschluß der Westkurtine an den im relevanten Bereich stark zersto¨rten Nordwestturm hat sich nicht erhalten. Es Wnden sich jedoch Teilstu¨cke eines sehr schlecht erhaltenen Mauerzuges, der sich, eine weit nach Westen vorspringende Felsnase einbeziehend, u¨ber eine la¨ngere Strecke an der WestXanke verfolgen la¨ßt. Die Breite dieser Trockenmauer du¨rfte wenig unter 1, 00 m betragen haben, eine klare Kante blieb jedoch hangseitig nicht erhalten. Von der Außenschale liegen nur kleinformatige Fundamentblo¨cke und vereinzelte Quader mit begradigter Schauseite in situ. Dieser Befund erlaubt es nicht, den Mauerstil zu bestimmen. Die Kurtine war teilweise in Felsbettungen fundamentiert: Im Bereich verstu¨rzter Abschnitte liegen Felsabarbeitungen in ihrer Flucht. Eine Verbindung mit dem im Su¨den, im Anschluß an das Tor erhaltenen Teilstu¨ck der Westkurtine fehlt. Die beiden sich im Mauerstil erheblich unterscheidenden Mauerzu¨ge scheinen nicht aufeinander zu Xuchten und du¨rften zwei verschiedenen Bauphasen angeho¨ren. G) Die Befestigungslinie an der OstXanke und die Anbauten im Burginneren (Fig. 14. 15 Abb. 34) Die ostseitige Befestigungsmauer der Oberburg steht im su¨dlichen Teil noch mehrere Meter hoch als Terrassierung an, ist aber im Norden stellenweise vo¨llig hangabwa¨rts verstu¨rzt. Sie u¨berragt ein mittelsteiles, stellenweise stark verkarstetes Vorfeld, in dem sich verschiedentlich Reste einer hangparallelen Steinsetzung aus Bruchsteinen sowie eine Terrassierungsmauer erhalten haben32. Die anstehende, geradlinig durchgeXuchtete Außenschale der Ostkurtine wurde einheitlich aus großen Blo¨cken hochgezogen, wa¨hrend der Grundriß einen komplizierten architektonischen Befund mit siedlungsseitig
31
Ein vergleichbarer Befund hat sich in am Ostturm 2 der Mittelburg erhalten, wo ebenfalls an die Ru¨ckseite des Turmes siedlungsseitig ein Raum angeschoben wurde. s. u. S. 52 f.
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Der als Terrassierung anstehende Mauerzug erstreckte sich entlang der OstXanke der Mittel- und der Oberburg. Eine Beschreibung s. u. S. 54 f.
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angesetzten rechteckigen Einbauten, die vielleicht als Tu¨rme oder Bastionen zu deuten sind, und einige Umbauten abzulesen erlaubt. 1) Die Wehrmauer Die etwa 95 m lange, anna¨hernd geradlinig verlaufende Befestigungsmauer an der OstXanke der Oberburg verband das Nordosteck der Su¨dbastion mit dem Su¨dosteck des Anbaus der Nordbastion. Dieser Verlauf la¨ßt sich trotz einiger Fehlstellen in den mittleren und no¨rdlichen Abschnitten mit ausreichender Sicherheit rekonstruieren. Ihre Außenschale wurde im Anschluß an die Su¨dbastion aus sehr großformatigen und relativ gut verfugten ‘kyklopischen’ Blo¨cken sowie kleinen, dreieckigen Zwickelsteinen, im weiteren Verlauf aber aus wenig bearbeitetem Steinmaterial heterogenen Formats errichtet, das klaVende Fugen und an der Schauseite kaum u¨berarbeitete Bruchbosse aufweist (Abb. 35). Zwischen sehr große Blo¨cke und solche von gewaltigen Ausmaßen – ein im mittleren Verlauf verbauter Stein mißt an der Schauseite 1, 6061, 40 m – sind mittelformatige Bruchsteine und kleine Fu¨llsteine eingepaßt. In ho¨heren Lagen nehmen die Steinformate erheblich ab. In der Struktur scheint dieses Mauerwerk mit dem an der Westseite, im Anschluß an das Su¨dwesteck der Oberburg erhaltenen Mauerstu¨ck nahe verwandt zu sein. Der direkte Anschluß der Kurtine an die Su¨dbastion ist im Aufgehenden auf rund einen Meter La¨nge stark verstu¨rzt, jedoch als Mauerkante in Bodenho¨he erhalten (Fig. 9 Abb. 21). Der auffallend große Fundamentblock des Nordostecks der Bastion sowie der su¨dlich direkt anschließend versetzte Stein entsprechen in Format und Schauseitentextur dem Steinmaterial der Ostkurtine, als deren Verla¨ngerung sie zu verstehen sind. Auf ihrer als AuXager zurechtgeschlagenen Oberseite wurden die Quader der Bastion versetzt. Dieser engen Verwobenheit von Kurtine und Bastion im Fundament stand wohl eine klare Baufuge im Aufgehenden gegenu¨ber, wo die heute verstu¨rzten Blo¨cke der Ostmauer an das bossierte Quaderwerk des Kernbaus angeschoben gewesen waren33. Diese Verzahnung im Unterbau kann dahingehend interpretiert werden, daß die Bauabschnitte Ostkurtine und Su¨dbastion einer Planungsphase angeho¨ren und etwa gleichzeitig zur Ausfu¨hrung gekommen sein du¨rften. Ein Anschluß der o¨stlichen Befestigungsmauer an den ostseitigen Anbau der Nordbastion hat sich nicht erhalten, weshalb sich auch ein zeitliches Verha¨ltnis aus dem Baubefund nicht ablesen la¨ßt. Die großblo¨ckige Mauer Xuchtet zwar genau auf die OstXanke des Anbaus, auf den letzten Laufmetern ist sie jedoch vo¨llig verstu¨rzt. Die Ostkurtine bildet heute zwischen dem Niveau der Oberburg und dem fallenden Gela¨nde des Vorfeldes eine Gela¨ndestufe von mehreren Metern Ho¨he. Der ku¨nstliche Ho¨henunterschied zwischen Burginnerem und Vorfeld betra¨gt trotz der Verschu¨ttung am Mauerfuß noch bis zu 3, 50 m. Verschiedene Anbauten im Burginneren, auf die im Folgenden na¨her eingegangen werden soll, belegen, daß dies dem antiken Zustand entsprechen du¨rfte: Im unteren Teil war diese Befestigungsmauer als Terrassierung konzipiert, hinter der durch Aufschu¨ttung im Inneren der Oberburg eine relativ einheitliche LaufXa¨che gewonnen worden war. Im Aufgehenden du¨rfte, wie Stu¨cke einer kleinsteinigen Innenschale belegen, die Kurtinenbreite bei etwa 1, 20 m gelegen haben. 2) Die Anbauten (Fig. 14. 15) Im Oberburginneren sind an die Kurtine drei ungefa¨hr rechteckige Einbauten und dazwischen verschiedentlich Mauerschalen und auch zweischalige Mauerabschnitte angeschoben worden. a) Der im Grundriß leicht trapezfo¨rmige, nur mehr anhand von Mauerkanten erfaßbare Einbau A beWndet sich an der Innenseite der Ostkurtine, etwas mehr als 19 m von dem Nordosteck der Su¨dbastion entfernt. Seine Seitenla¨ngen messen etwa 4, 40 m an den Schmal- und 7, 40 m respektive 6, 80 m an den 33 Eine a¨hnliche Situation war am Su¨dwesteck des Oberburgareals gegeben, wo die oben beschriebene, groß-
blo¨ckige Kurtine an die su¨dseitige Quadermauer geschoben ist (Abb. 33).
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Langseiten. Die etwa 0, 80 m starken, zweischaligen Mauern wurden, soweit es ihr heutiger Zustand zu erkennen erlaubt, aus kleinformatigen Bruchsteinen errichtet. Sie stehen mit der ebenfalls kleinsteinigen Innenschale der Ostkurtine im Verband. Ein Eingang la¨ßt sich nicht festzustellen. b) Einbau B beWndet sich etwa 5 m weiter no¨rdlich, in einem Bereich, in dem die Ostkurtine stark verstu¨rzt ist. Der im Grundriß rechteckige Bauko¨rper hat Seitenla¨ngen von etwa 9, 0064, 50 m und wird im Inneren von einer in La¨ngsrichtung Xuchtenden Bruchsteinsetzung geteilt. Seine stark zersto¨rten Mauern sind zwischen 1, 00 und 1, 40 m stark und an der OberXa¨che nur als Mauerkanten erfaßbar. In die Außenschale wurde mittel- und teilweise auch gro¨ßerformatiges, rudimenta¨r zurechtgeschlagenes Steinmaterial versetzt, wa¨hrend man die Innenschale aus kleinformatigen Bruchsteinen hochzog. Im Inneren des Baus steht die Vorderkante einer der Aussteifung dienlichen Mauerung aus großen Bruchsteinen und eine Einfu¨llung aus ro¨tlichem Erosionsmaterial an. Diese Konstruktionstechnik bietet gemeinsam mit dem Fehlen eines Zuganges einen Hinweis darauf, daß entweder nur die Fundamente oder aber wahrscheinlicher der erdverfu¨llte Unterbau eines wohl als Bastion oder Turm zu deutenden Bauko¨rpers erhalten sind. Das bauliche Verha¨ltnis des Einbaus zu der Ostkurtine, an die er sich anlehnt, ist nicht eindeutig bestimmbar, da sich deren Innenschale im Bereich des su¨dlichen Anschlusses nicht klar ausmachen la¨ßt und die Mauer im Nordbereich des Einbaus vo¨llig verstu¨rzt ist. c) Einbau C liegt weitere 7 m no¨rdlich und bildet im heutigen, stark gesto¨rten Zustand im Grundriß ein leicht verzogenes Rechteck. Da in diesem Bereich die Ostkurtine mit Teilstu¨cken des Baus fast zur Ga¨nze hangabwa¨rts verstu¨rzt ist und die bestehenden Mauerstu¨cke stark verschoben sind, ko¨nnen Maße nur deduziert werden. Die Seitenla¨ngen du¨rften bei 8, 0065, 80 m gelegen haben, ein Eingang lag in Erdgeschoßho¨he dezentriert an der dem Burginneren zugewandten Langseite. Das rund 0, 90 m starke, zweischalige Mauerwerk des Einbaus wurde aus an der Schauseite begradigten Quadern hochgezogen und tendiert zur Pseudoisodomie. Die Scharho¨hen liegen zwischen 0, 40 und 0, 50 m. An der Schauseite hochkant gestellte, schmale Binderblo¨cke von Mauerbreite kommen verschiedentlich vor. Der Eingang hat eine lichte Weite von etwa 1, 00 m; seine Laibungen sind aus Quadern von Scharho¨he errichtet. d) Die verschiedentlich erhaltene Innenschale der Ostkurtine sowie an diese angeschobene Mauerzu¨ge lassen sich nur im Grundriß als schwach erkennbare Mauerkanten ablesen: Ohne Sa¨uberungsbzw. Grabungsarbeiten la¨ßt sich ihr Verha¨ltnis zueinander nicht bestimmen. Eine kleinsteinige, heute verblendete und daher im Mauerinneren beWndliche Mauerschale, die mit Einbau A im Verband steht, du¨rfte zur ersten Phase des Mauerbaus geho¨ren. Nahe der Su¨dbastion, jedoch in der selben Flucht, verwendete man zum Bau dieser Innenschale vergleichsweise großformatiges Steinmaterial. Su¨dlich von Einbau A wurde zu einem spa¨teren Zeitpunkt eine knapp einen Meter starke Zweischalenmauer aus mittelformatigem, gut gearbeitetem Steinmaterial an die Innenschale der Befestigungsmauer angeschoben. Innerhalb von Einbau A steht eine a¨hnliche Schale an, die jedoch im Vergleich zur Vorigen etwas zuru¨ckversetzt liegt. No¨rdlich außerhalb des Einbaus Wndet sich in ihrer Flucht kleinsteiniges Mauerwerk. Deutung und Datierung Die an die im Oberburginnen an die Befestigungsmauer angeschobenen Einbauten von rechteckig-trapezoidalem Grundriß du¨rften als Bastionen bzw. Tu¨rme zu deuten sein. Einbau A geho¨rt wohl in die Phase der Anlage von Su¨dbastion und Ostkurtine, mit deren Innenschale er im Verband gebaut wurde. Seine relativ schwachen und kleinsteinigen, vielleicht auch nur in Fundamentho¨he erhaltenen Mauern du¨rften kaum u¨ber Epalxisho¨he angestanden sein. Der bauliche Befund erlaubt es nicht, das zeitliche Verha¨ltnis von Einbau B zu der großblo¨ckigen Befestigungsmauer abzulesen, Bautechnik und Mauerstil sind jedoch verwandt. Die große Mauersta¨rke und die verfu¨llte Substruktion machen eine Rekonstruktion als Turmbau denkbar. Einbau C unterscheidet sich in Mauertechnik und Stil von der Befestigungsmauer und den Bastionen A und B. Aufgrund seines La¨ufer-Bindermauerwerkes und dessen pseudoisodomen Mauer-
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stiles kann eine Zuweisung an die hellenistische Bauphase als gesichert gelten. Eine Rekonstruktion als u¨ber Epalxisho¨he aufragender Turmbau ist wahrscheinlich. Die su¨dlich von Einbau A im Burginneren an die großblo¨ckige Befestigungsmauer angeschobene und wohl in die hinter dieser beWndlichen Aufschu¨ttungen fundamentierte Zweischalenmauer du¨rfte zu den hellenistischen Instandsetzungsarbeiten der FortiWkationen geho¨ren. H) Weitere Baureste auf dem Gela¨nde der Oberburg (Faltplan 3 Abb. 5. 7) Auf dem Gela¨nde der Oberburg Wnden sich zahlreiche verstreute Baureste. Hervorzuheben sind zwei teils aus dem Felsen geschlagene und teils aufgemauerte Zisternen von anna¨hernd rechteckigem Grundriß, die einst die Wasserversorgung der Zitadelle sicherstellen sollten. Auf dem zentralen Gela¨ndegrat liegen mehrere aus dem Felsen geschlagene kubische Ko¨rper mit beckenartigen Eintiefungen an der Oberseite, bei welchen es sich wohl um Alta¨re handeln du¨rfte. Im Bereich o¨stlich des Grates blieben spa¨rliche Reste einer Verbauung aus Bruchsteinen erhalten, wa¨hrend im nordwestlichen Teil der Oberburg, im Anschluß an die kleinere Zisterne, verschiedentlich Mauerstu¨cke und Felsabarbeitungen anstehen. Diese du¨rften von einem an der Basis verfu¨llten Bauko¨rper bzw. der klassischen Westkurtine stammen. 1) Die große Zisterne Die große Zisterne liegt im Nordostbereich der Oberburg, in relativ Xachem Gela¨nde nahe der Ostkurtine (Abb. 5. 7). Ihr unregelma¨ßiger Grundriß na¨hert sich einen Rechteck von 12610 m Seitenla¨nge an. Da sich in ihrem Inneren große Mengen Schuttes angesammelt haben, la¨ßt sich ohne Grabung die urspru¨ngliche Tiefe und die BeschaVenheit des Bodens nicht mit Sicherheit feststellen. Im heutigen, teilweise verfu¨lltem Zustand haben ihre Wa¨nde noch eine maximale Ho¨he von rund 4 m. Der Wasserspeicher konnte folglich ein Volumen von mindestens 400 m3 Wasser aufnehmen. Bei seiner Anlage nu¨tzte man eine nach Osten hin einige Meter steil abfallende Felsklippe, einen Ausla¨ufer des zentralen Gela¨ndegrates. Deren abgearbeiteter Felsen bildete den Westrand und wohl auch den Grund der Zisterne; eine ungefa¨hr parallel Xuchtende Mo¨rtelbruchsteinmauer verla¨uft jedoch in geringem Abstand in ihrem Innerem. Die dreifach zuru¨ckspringende Schalung der Su¨dwand wurde, bis auf das aus dem Felsen geschlagene Su¨dwesteck, aus Bruchsteinen aufgemauert und mit hydraulischem Mo¨rtel verputzt. Das Osteck der stark verschu¨tteten Nordseite ist ebenfalls aus dem Felsen geschlagen, im Anschluß steht nordseitig eine Mauerkante an. An der Ostwand springen die Mauerschalen aus klein- bis mittelformatigen Bruchsteinen zweifach treppenartig zuru¨ck. Die Ostwand du¨rfte von der Ostkurtine der Burg gebildet worden sein, der Befund ist jedoch in diesem Bereich, in dem sich auch kurze Abschnitte einer weiteren, schmalen und vielleicht spa¨ten Steinsetzung erhalten haben, einigermaßen unklar und ohne aufwendige Grabungsta¨tigkeit nicht zufriedenstellend zu deuten. Der hydraulische Verputz aus stark ziegelha¨ltigem Mo¨rtel Wndet sich ebenso an den Mauern wie am Felsen. Am Ostrand der Zisterne liegen in ungefa¨hr regelma¨ßigen Absta¨nden drei Xach verlegte Steinplatten mit quadratischen Einlassungen an der Oberseite (Abb. 44). Diese mo¨glicherweise sekunda¨re Einrichtung ko¨nnte vielleicht zur Aufnahme von Balken gedient haben, mit Hilfe derer ein Sonnensegel gespannt wurde34. 2) Die kleine Zisterne (Faltplan 3 Abb. 40. 41) Am stufenartig ausgebildeten Westrand des Gela¨ndegrates liegt eine weitere, im unteren Teil weitgehend aus dem Felsen gehauene, im Aufgehenden aber gro¨ßernteils aufgemauerte Zisterne von 34
In zahlreichen lykischen Theatern Wnden sich vergleichbare Balkenschuhe, die als Teil eines Sonnenschutzes interpretiert werden. Fu¨r eine großXa¨chige, ungedeckte Zisterne wa¨re mo¨glicherweise eine derartige Vorrichtung
zweckma¨ßig, da sie vielleicht die Wasserverdunstung und Algenbildung geringfu¨gig reduzieren wu¨rde. Einer Verunreinigung des gespeicherten Wassers erlaubte diese Lo¨sung nicht vorzubeugen. Zu Zisternen s. u. 139 ff.
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anna¨hernd rechteckigem Grundriß und einer inneren Seitenla¨nge von etwa 7, 0065, 50 m. Wa¨hrend der abgearbeitete Felsen ihre Ostwand bildet, wurden nord- su¨d- und westseitig auf dem felsigen Untergrund Mauern errichtet. Trotz der Schuttauffu¨llung im Inneren hat sie noch eine meßbare Tiefe von rund 3, 50 m. Der Wasserspeicher hatte folglich eine Kapazita¨t von mindestens 120 m3. In die Außenschalen der auf Felsbettungen sitzenden west- und nordseitigen Mauern wurden in Mo¨rtelbett versetzte Quader verbaut, die in Zweitverwendung stehen du¨rften. Im Unterbau der Nordwestecke scheint sich jedoch a¨lteres Mauerwerk in situ zu beWnden, so daß sich mit einiger Sicherheit zwei Bauphasen ablesen lassen. An der Su¨dseite verla¨uft in etwa 2, 50 m Entfernung von der Innenschale des Wasserspeichers eine zweischalige, wohl klassische Mauer, an die das aufgehende Mauerwerk der Zisterne angeschoben ist. Die Innenschalen sind gro¨ßernteils aus kleinteiligem Mo¨rtelbruchsteinmauerwerk hochgezogen, nur die Westmauer entspricht im su¨dlichen Teil der Außenschale. Diese Mauern wurden verschiedentlich mit einer Schalung aus mo¨rtelgebundenen Bruchsteinen versehen. Die Sta¨rke der westseitigen, mo¨rtelbruchsteinverfu¨llten Zweischalenmauer liegt bei 1, 20 m. Im tiefer gelegenen und ga¨nzlich aus dem Felsen geschlagenen Zisterneninneren Wndet sich an allen Seiten eine ungleich hohe, bankartige Abstufung. 3) Die Felsalta¨re (Abb. 7. 47) Zwei aus den anstehenden Felsklippen geschlagene kubische Ko¨rper mit ungefa¨hr rechteckigen, von einem erho¨hten Steg gerahmten Eintiefungen an der Oberseite liegen auf dem zentralen Gela¨ndegrat. Zu einer dieser Anlagen fu¨hren treppenartige Felsabarbeitungen. Die beckenartigen Eintiefungen erweitern sich nach unten hin, so daß sie einen konischen Querschnitt aufweisen35. Aufgrund der Form scheint eine Deutung dieser Einrichtungen als Felsalta¨re mo¨glich36. Ein weiteres, kleines Felsbecken Wndet sich in geringer Entfernung. 4) Die Bebauung im Nordwestbereich der Oberburg a) Ein starker Mauerzug nahe der kleinen Zisterne Ein an der Su¨dseite der kleinen Zisterne gelegener, Ost-West streichender Mauerzug sto¨ßt ostseitig an den Felsgrat und knickt westseitig in rechtem Winkel nach Norden um. Im Anschluß an dieses Eck hat sich seine Außenschale auf rund 9 m La¨nge in einigen Scharen Ho¨he erhalten. Auf fu¨nf weiteren Laufmetern la¨ßt sich die Steinsetzung nur mehr als Kante leicht verschobener Blo¨cke verfolgen, die sich zuletzt ohne klaren Abschluß verliert. Die Mauersta¨rken liegen, soweit sie meßbar waren, zwischen 1, 20 und 1, 40 m. Die Außenschale ist aus großformatigem, wenig zurechtgeschlagenem und kaum verfugtem Steinmaterial in Felsbettungen hochgezogen (Abb. 42), wa¨hrend dahinter kleinere Bruchsteine anstehen. In der Ausfu¨hrung hat dieser Mauerzug Verwandtschaft mit der Ostkurtine und dem kurzen Stu¨ck der Westmauer, das im Anschluß an das Haupttor erhalten geblieben ist (Abb. 33). b) Ein Bauko¨rper am Nordrand der Oberburg (Abb. 43) Etwa mittig zwischen kleiner Zisterne und Nordkurtine beWndet sich ein weiterer ost-west streichender, jedoch stellenweise vo¨llig ausgerissener Mauerzug. Westseitig endet er ohne klaren Abschluß in sich stark senkendem, schuttu¨berzogenem Gela¨nde, wa¨hrend er im Osten bis an ein Felsband reicht. Dieses wurde auf ein kurzes Stu¨ck als Bettung abgearbeitet, so daß man annehmen darf, die Mauer ko¨nnte u¨ber Eck nach Norden geknickt haben. 35
Da Kalkstein stark wasserlo¨slich ist, ko¨nnen auch natu¨rliche, urspru¨nglich Xache Vertiefungen im Fels aufgrund des darin stehenden Regenwassers im Laufe der Jahr-
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hunderte konische Form annehmen. 36 s. Wurster, AA 1974, 261.
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Die nach Su¨den gerichtete Außenschale des erhaltenen Mauerzuges wurde aus großformatigem, gut verfugtem und zum polygonalem tendierendem Steinmaterial errichtet, das an der Schauseite Bossierung und Randschlag aufweist. Eine klare Innenschale der mindestens 1, 00 m starken Steinsetzung la¨ßt sich nicht ausmachen. Rund 3 m no¨rdlich blieben jedoch einige Laufmeter einer parallel streichenden Steinsetzung aus großen Bruchsteinen erhalten. Die Schalmauer und die wohl zur Aussteifung eingeschu¨tten Erdmaterials dienende Bruchsteinmauerung du¨rften in baulichem Zusammenhang stehen und sich zu einem an der Basis verfu¨llten, großXa¨chigen Bauko¨rper rekonstruieren lassen. Dieses wohl in klassischer Zeit errichtete Geba¨ude erstreckte sich am Nordrand des Burgareals und scheint zu einem spa¨teren Zeitpunkt, wahrscheinlich beim Bau der Nordkurtine, abgerissen worden zu sein. 5) Weitere Verbauung im Zentrum der Oberburg (Faltplan 3) Neben den schon beschriebenen Befunden Wnden sich u¨ber das zentrale Burgareal verstreute Spuren von Bebauung, die im Folgenden, bis auf einzelne, in keinerlei erkennbarem Zusammenhang stehende und daher aus der Betrachtung ausgeklammerte Mauerkanten oder Bettungsspuren kurz vorgestellt werden sollen. ¨ stlich des felsigen Gela¨ndegrates haben sich Reste einer einheitlichen, kleinteiligen Verbauung *O agglutinierenden Charakters erhalten, die sich jedoch nicht zu zusammenha¨ngenden Grundrissen erga¨nzen la¨ßt. Es Wnden sich zumeist nur als in Erde und Schutt gebettete Mauerkanten erfaßbare Bruchsteinsetzungen ohne Mo¨rtelbindung von im Durchschnitt rund 0, 50 m Sta¨rke sowie zu Bettungen und Bo¨den geho¨rigen Felsabarbeitungen. Su¨dlich der kleinen Zisterne, unterhalb des kleinsten Felsaltares hat sich die Ru¨ckwand eines kleinXa¨chigen Felsraumes erhalten. Balkenlo¨cher zeugen von dessen einstiger Abdeckung. * Su¨dlich der großen Zisterne liegt eine halbrunde Steinsetzung aus heterogenem Spolienmaterial, wohl die Reste einer Hirtenunterkunft. * Auf den Nordeingang der Su¨dbastion Xuchtet ein Mauerzug aus wiederverwendetem Steinmaterial, an den nordostseitig eine gebogen verlaufende, wenig qualita¨tvolle Steinsetzung anschließt, die rezent sein du¨rfte. J) Die Zinnen und Epalxisabdeckplatten (Abb. 45. 46) W. Wurster fand im Bereich der Oberburg und auf den Ha¨ngen unterhalb derselben eine gro¨ßere Zahl zu Wehrgangsaufbauten geho¨riger Werkstu¨cke. Er diVerenzierte Epalxisabdeckplatten, zwei monolithe Zinnen mit spitzbogig ausgebildeter Oberseite und mehr als ein Dutzend Zinnenabdeckplatten. Der Verfasser konnte mehrere dieser Artefakte aufWnden, andere du¨rfte der fortschreitenden Zersto¨rung des antiken Baubestandes zum Opfer gefallen oder verschleppt worden sein. Der eingehenden Beschreibung und der zeichnerischen Wiedergabe ausgewa¨hlter Stu¨cke durch Wurster la¨ßt sich also nichts Neues hinzufu¨gen37. Auffallend ist das Nebeneinander monolither spitzbogiger Zinnen und von Zinnenabdeckplatten mit leicht u¨berho¨hter Firstlinie. Die u¨beraus seltene Variante monolither Zinnen ist bis heute nur in wenigen Beispielen aus dem westlichen Mittelmeerraum bekannt geworden38. Spitzbogig oder rund abgeschlossene Zinnen Wnden sich vor allem in der altorientalischen Bildkunst und sind auch auf einigen 37
s. Wurster, AA 1974, 266 –268 mit Anm. 5–14. Literaturhinweise s. Wurster, AA 1974, 267 Anm. 8. Zu monolithen Zinnen s. auch Lawrence, Aims 358 und zuletzt H. Tre´zini, E´tudes Massalie`tes 3, 1992, 342 V. 39 Literaturhinweise zu orientalischen Darstellungen spitzbogiger Zinnen s. Wurster, AA 1974, 267 Anm. 14. Gerundete Zinnen Wndet sich nur auf einigen der lykischen Stadtdarstellungen, in Pinara und Trysa, wa¨hrend andere 38
auf die Wiedergabe derartiger Details verzichten. Literatur zu den Stadtdarstellungen s. u. S. 155 ff. Ein EinXuß der altorientalischen Zinnenform auf die lykischen Zinnen la¨ßt sich ebensowenig nachweisen wie ausschließen. Es mag sich durchaus auch um eine lokale Entwicklung handeln. In diesem Sinn sprachen sich schon A. von Gerkan, Milet I (1925) 8, 37 und R. V. Nicholls, BSA 53/54, 1958/1959, 110, aus.
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lykischen Stadtdarstellungen abgebildet39. In der griechischen Wehrarchitektur la¨ßt sich diese Form nicht nachweisen, dort dominiert der rechteckige, gemauerte Typus40. Auf die Bedeutung dieses Fundes spitzbogig abgeschlossener Zinnen in Lykien, jener Region aus deren bildender Kunst diese Variante la¨ngst bekannt geworden ist, wies schon Wurster hin. Die Realita¨tsna¨he der lykischen Stadtdarstellungen ko¨nnte kaum wirksamer unterstrichen werden, als durch den Nachweis einer fu¨r diese Epoche bis dahin nur aus der Reliefkunst bekannten Bauform im Denkmalbestand. So lag auch der Schluß nahe, diese Zinnen der klassischen – also den Stadtdarstellungen zeitgeno¨ssischen – Phase der Burg zuzuweisen41. In dieser Frage la¨ßt sich aber keine Sicherheit gewinnen. Allein der Nachweis großXa¨chiger hellenistischer Umbauarbeiten im Bereich der Oberburg zwingt dazu, eine Datierung der Zinnen in die a¨ltere, klassische Phase nochmals zu u¨berpru¨fen, zumal es wenig Wahrscheinlichkeit hat, daß aus a¨lterem Baubestand stammende und die freie Bewegung behindernde Werkstu¨cke ungenu¨tzt im Burgareal herumlagen42. Die Fundlage einer Zinne in dem im Inneren des Nordwestturmes anstehenden Versturzmaterial erlaubt es, das Werkstu¨ck mit einiger Wahrscheinlichkeit der Turmausstattung oder aber der anschließenden Kurtine zuzuweisen43. A¨hnlich verha¨lt es sich mit einem weiteren Zinnenfragment, welches nahe dem Turm im Bereich der Nordkurtine aufgefunden wurde. Eine Dislokation der Werkstu¨cke ¨ berlegungen durch Menschenhand la¨ßt sich in keinem Fall nachweisen und muß daher aus diesen U ausgeklammert werden. Ausweislich der Fundlage du¨rften die Zinnen von dem in die hellenistische Ausbauphase der Oberburg geho¨rigen Turm, oder aber von der mit diesem im Verband errichteten Nordkurtine stammen. Die Datierung der Werkstu¨cke in klassische Zeit la¨ßt sich folglich nur unter der Bedingung aufrecht erhalten, daß man Zweitverwendung oder sekunda¨re Verschleppung postulieren mo¨chte. Eine Spa¨tdatierung in den Hellenismus wiederum wu¨rde ein Festhalten an aus klassischer Zeit tradierten Bauformen belegen, wie es in Lykien auch aus anderen Bereichen des KulturschaVens bekannt geworden ist. II. Die Befestigungen der Mittelburg A) Die Befestigungen an der OstXanke der Mittelburg (Faltplan 1) Das steile und zerklu¨ftete Gela¨nde des Plateaus der Mittelburg, mit seinen stufenartigen natu¨rlichen Terrassen und den zahlreichen Felsrippen geht als klare, meist von niederen Felsba¨ndern gebildete Kante in den Osthang u¨ber. Dessen nach Su¨den zu immer steiler werdenden, aber durchaus gangbaren Abhang u¨berziehen verkarstete Felsen und Gero¨llfelder. Im Vorfeld verla¨uft eine Bruchsteinterrassierung parallel zur Befestigungslinie, die sich, wenngleich gro¨ßernteils verstu¨rzt, auch an der Ostseite der Oberburg beobachten ließ (s. u. S. 54). An der Su¨dseite schließt die felsige, zumeist als steile Klippe ausgebildete Hangkante, an der auch das Heroon gelegen ist, das Gela¨nde der Mittelburg ab. Ein direkter Anschluß der Ostkurtinen an die Oberburg blieb nicht erhalten, ihre Flucht la¨ßt jedoch keinen Zweifel daran, daß sie einst nahe dem Su¨dosteck an die Su¨dbastion stieß. In ihrem Verlauf liegen zwei vorspringende Tu¨rme, wa¨hrend ein an der Heroonkante beWndlicher, bastionsartiger Bau¨ bergang zu den Kurtinen der Unterburg bildete. ko¨rper mit Gelenkfunktion den U
40 Zu Zinnenformen s. Winter, FortiWkations 127 Anm. 9. und 138 V.; Lawrence, Aims 357 V.; Adam, FortiWcations 37. Beispiele von Zinnen aus dem griechischen Kulturraum s. nur W. Wrede, AM 49, 1924, 193 V. Abb. 6 –7 (Phyle, Attika); Kienast, Samos 46 f.; L. Haselberger, AM 94, 1979, 101 Abb. 5 (Messene). 41 Eine Zuweisung der Zinnen an die klassische Phase ¨ berlegungen Wursters zu Datierungsfragen wird aus den U deutlich. s. Wurster, AA 1974, 271 f.
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42 Zu einer hellenistischen Bauphase der Befestigungen Limyras s. u. S. 68 V. und S. 199 V. 43 Da der Versturz im Turminneren erheblich ho¨her als das Gela¨nde der Umgebung ansteht, kann mit einiger Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, daß die Zinne auf natu¨rlichem Wege von einem anderen Versatzort – die anschließenden, jedoch mit dem Turm im Verband errichteten und daher gleichzeitigen Kurtinen ausgenommen – in die Fundlage gelangt sein ko¨nnte.
Ostlykien: Die befestigte Siedlung von Limyra
1) Die Kurtine zwischen der Su¨dbastion und Ostturm 1 (Abb. 48) Im Anschluß an die Su¨dbastion liegt die Kurtine auf rund 5 m La¨nge unter Schutt und Versturz begraben. Sodann steht, eine Bresche von etwa drei Laufmeter ausgenommen, auf rund 10 m La¨nge ein Mauerzug an, dessen ungewo¨hnlich großformatige Steinblo¨cke bis zu 1, 60 m tief in das Erdmaterial im Burginneren einbinden (Abb. 49–51). Diese Mauersteine sind an der Schauseite etwas nach außen gewo¨lbt und haben gegla¨ttete Lager. Die Verwandtschaft dieses Mauerwerkes mit dem der Ostkurtine der Oberburg wird durch das Vorkommen gut eingepaßter, dreieckiger Zwickelsteine unterstrichen. Eine Innenschale war in diesem Bereich nicht auszumachen. In der Bresche dieser Blockmauer und sie auch teilweise u¨berlagernd, Wndet sich eine 0, 90 m starke, meist jedoch nur als talseitige Kante erfaßbare Zweischalenmauer (Abb. 50). Nach einer Fehlstelle von rund 10 m La¨nge steht wiederum die großblo¨ckige Mauer an (Abb. 49). Sie wurde im Fundament aus großen, kaum verfugten Bruchsteinen, in ho¨heren Lagen aus besonders großen und wenig sorgfa¨ltig verfugten, am Oberlager bisweilen nach hinten zu stuWg geschnittenen Blo¨cken errichtet. Der gro¨ßte dieser Steine mißt an der Schauseite 1, 9061, 40 m und hat eine erkennbare Tiefe von 1, 30 m. Auch hier war keine Innenschale auszumachen. Im Burginneren setzt eine schlecht erhaltene, nach 4, 00 m nordwa¨rts knickende Bruchsteinsetzung an, die in baulichem Zusammenhang mit der großblo¨ckigen Befestigungsmauer stehen ko¨nnte. Kurz vor Turm 1, an den jedoch kein Anschluß erhalten ist, a¨ndert sich das Mauerwerk der Wehrmauer, die nunmehr eine Sta¨rke von 0, 90 m hat: Auf im Fundament verbautem, kleinerem Steinmaterial liegen an den Schauseiten gegla¨ttete Quader, die auch bisweilen als schmale und la¨ngliche, die Mauer durchquerende und innen vorkragende Binder versetzt wurden (Abb. 57. 60. 61). Die Scharho¨hen betragen zwischen 0, 50 und 0, 60 m, im Gesamteindruck u¨berwiegt die Pseudoisodomie. Dieses Mauerwerk u¨berlagert auch auf ein kurzes Stu¨ck, wo es als zuru¨ckversetzte Kante ansteht, die großblo¨ckige Steinsetzung und du¨rfte folglich ju¨nger sein (Abb. 49). 2) Der Ostturm 1 (Abb. 52. 53) Von dem auf einer Felsklippe ruhenden, rund 6, 00 m breiten und 4, 50 m aus der MauerXucht vorspringenden Turm blieb nur der Unterbau erhalten. Die bis zu 2, 50 m hoch anstehende OstXanke besteht aus nach oben hin leicht zuru¨ckspringenden Scharen von an den Lagern begradigten Bruchsteinen. Die Nordseite wird gro¨ßernteils von einem Felsen eingenommen, wa¨hrend im Su¨den große, kaum verfugte Bruchsteine versetzt wurden. Nur im Eckbereich Wnden sich etwas besser bearbeitete Blo¨cke. Soweit sie meßbar waren, liegen die Mauersta¨rken um 1,10 m; das Fundament scheint mit Bruchgestein verfu¨llt zu sein. Die Kurtine verschma¨lert sich im Bereich des an sie angeschobenen Turmes auf 0, 80 m Mauersta¨rke in dem sie an der talseitigen Vorderkante leicht zuru¨ckspringt und auch das zu ihrer Errichtung verwendete Baumaterial wird erheblich kleinformatiger. Su¨dseitig scheint in der untersten Schar das Turmfundament mit der Kurtine zu verzahnen, wa¨hrend in den daru¨ber liegenden Lagen eine Baufuge die Bauko¨rper trennt. Der stark zersto¨rte Befund der Nordseite erlaubt keinerlei Beobachtungen zum baulichen Verha¨ltnis von Turm und Kurtine. Verschiedene Indizien, darunter die Verschma¨lerung der Kurtine und das Verzahnen derselben mit dem Turmfundament, weisen auf ein gleichzeitiges Entstehen von Wehrmauer und Turm. 3) Die Kurtine zwischen Ostturm 1 und 2 Im no¨rdlichen Abschnitt steht die einigermaßen gut erhaltene, 0, 90 m starke Kurtine bis in drei ¨ ber dem kleinsteinigen Fundament liegen bisweilen horizontal versetzte, plattenScharen Ho¨he an. U ¨ bergang zum tendenziell pseudoisodomen Mauerwerk des Aufgehenden vorbehafte Blo¨cke, die den U reiten. An der Schauseite begradigte, mittelformatige Quader wurden in Scharen von 0, 40 bis 0, 55 m Ho¨he verbaut, in denen auch schmale und hochkant stehende Blo¨cke vorkommen, die jedoch nicht
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eindeutig als Binder zu identiWzieren sind. Der Raum zwischen den Schalen ist mit Lehm und Bruchsteinen verfu¨llt. Im su¨dlichen Teilstu¨ck haben sich von der einer Felsrippe folgenden Kurtine nur hin und wieder anstehende Mauerkanten erhalten. Auch in diesem Bereich sind Mauerbreiten unter einem Meter meßbar. 4) Der Ostturm 2 (Fig. 19 Abb. 54–56) Der einst rund 5, 00 m aus der KurtinenXucht vorspringende, etwas u¨ber 6, 00 m breite Ostturm 2 steht im Aufgehenden in mehreren Scharen Ho¨he an und bietet damit den mit Abstand besterhaltenen baulichen Befund des Befestigungsverlaufes im Bereich der Mittelburg. Er wurde als selbststa¨ndiger, in das Burginnere reichender Bauko¨rper konzipiert, an den die heute verstu¨rzten Kurtinen scheinbar ohne Verzahnung seitlich anschlossen. Ostseitig hat sich nur der auf Felsengrund sitzende Bruchsteinunterbau erhalten, bestehend aus mittelformatigen, am Lager begradigten, teils la¨nglich-plattenhaften, teils mehr quaderhaften Blo¨cken. An der Su¨dseite wurde im Fundament mittelgroßes, quaderhaftes Steinmaterial mit gegla¨tteten Lagern versetzt, das zu Scharbildung tendiert. Auf diesem Unterbau sitzen die Mauern des nahezu 6, 50 m breiten – sich jedoch im heutigen, stark gesto¨rten Zustand nach vorne zu verschma¨lernden – und u¨ber 7, 00 m tiefen Turmes. Dieser bestand aus einer vorfeldseitigen Turmkammer, die von einer Zwischenwand mit Tu¨re ru¨ckseitig beschlossen wird, sowie zwei mit diesen in Verband gemauerten, antenartigen Mauerstu¨cken in Verla¨ngerung der Seitenwa¨nde, welche gemeinsam mit daran anschließenden, schlecht erhaltenen Bruchsteinmauern im Burginneren einen weiteren Raum bildeten. Der Turm, die Binnenmauer mit der Tu¨re und die Anten sind einheitlich aus zwischen 0, 80 und 0, 90 m starkem, zweischaligem, pseudoisodomem Mauerwerk mit vereinzelt vorkommenden Schareinklinkungen errichtet. Die Schauseite der gut verfugten Blo¨cke sind mit dem Spitzeisen begradigt, senkrechte Stoßfugen die Regel. Binder lassen sich nicht mit Sicherheit nachweisen, im Gefu¨ge der Schauseite der Su¨dmauer hat jedoch ein schmaler, aufrecht versetzter Quader die optische Wirkung eines fu¨r die hellenistische Architektur der Region typischen, hochkant stehenden Binderblockes. Die Turmtu¨re, deren Gewa¨nde aus quaderhaften Blo¨cken von Scharho¨he hochgezogen sind, hat eine lichte Breite von 0, 75 m. Wegen der Verschu¨ttung der Schwelle la¨ßt sich ihre lichte Ho¨he nicht eruieren. Die im rechten Winkel geschnittenen Falze und der Anschlag am fragmentiert im Versturz liegenden Deckstein haben eine Breite von 0,10 m. Das Fragment weist zudem ein kreisfo¨rmiges Pfannenloch von 0,10 m Durchmesser und 0, 08 m Tiefe auf. Die im Burginneren an die antenartigen Mauerzungen des Turmes angesetzten Bruchsteinmauern haben eine Breite von 0, 80 m. Obwohl sie sehr schlecht erhalten und nur stellenweise als Mauerkanten im Boden erkennbar geblieben sind, lassen sie sich in Verbindung mit dem ru¨ckseitigen Gema¨uer des Turmes zu einem rechteckigen Raum erga¨nzen. Ein Zugang vom Gela¨nde der Burg la¨ßt sich im Grundriß nicht ausmachen, wofu¨r der schlechte Erhaltungszustand verantwortlich sein mag, da nur Teilstu¨cke des Mauerverlaufes und diese teils wohl nur in Fundamentho¨he erkennbar sind. 5) Die Kurtine zwischen Ostturm 2 und 3 (Abb. 58) Ein Anschluß der Kurtine an Ostturm 2 hat sich nicht erhalten. Das felsige Gela¨nde fa¨llt in diesem Bereich nach Osten hin einigermaßen steil ab. Im su¨dlichen Teil des Mauerverlaufes fehlt die Verbindung mit dem Ostturm 3, im Mittelstu¨ck zwischen den Tu¨rmen blieben vereinzelt die Kanten der 0, 90 m breiten Kurtine im Boden erkennbar. Diese du¨rfte etwa geradlinig verlaufen sein, folgte dabei aber keiner ausgepra¨gten Gela¨ndeformation.
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6) Der Ostturm 3 (Abb. 58. 62) Der Ostturm 3 genannte, aber wohl als Bastion zu rekonstruierende Bauko¨rper beWndet sich ostseitig an der das Areal Mittelburg beschließenden Hangkante. Die im Bereich des Turmes das Heroon u¨berragenden Felsklippen fallen nach Su¨den hin mehrere Ho¨henmeter steil ab. Ostseitig anschließend sind die letzten Ausla¨ufer einer der OstXanke der Mittelburg folgenden Bruchsteinsetzung erhalten, jenseits derer ebenfalls stark fallendes, teils sogar in einen Steilhang u¨bergehendes Gela¨nde liegt. Der schlecht erhaltene Bauko¨rper hat in dem Befestigungssystem Gelenkfunktion: Er ist als hakenfo¨rmiger Ausla¨ufer der Ostkurtine konzipiert, an dessen rund 9, 5 m langer Su¨dXanke die Kurtinen der Unterburg anschlossen. In dem rund 1, 30 m starken Mauerwerk der Su¨dseite sind Bruchsteine heterogenen Formats, an den Ecken jedoch ausschließlich große oder sehr große Blo¨cke verbaut. Trotz eines weitgehenden Verzichtes auf Fugenschluß wurden teilweise die Oberlager begradigt und die Blo¨cke derart ausgewa¨hlt, daß sich eine kompakte MauerXucht ergab. An der Ostseite steht in den unteren Lagen Mauerwerk aus la¨nglichen Bruchsteinen, daru¨ber aber eine Schar sta¨rker quaderartiger Blo¨cke an. Auch an der WestXanke Wndet sich verwandtes Mauerwerk, dort steigt jedoch das felsige Gela¨nde steiler an, so daß der no¨rdlichste erhaltene Block rund einen Meter ho¨her liegt als die oberste Steinlage an der Su¨dseite. Eine Nordmauer hat sich an der OberXa¨che nicht erhalten, im Bastionsinneren verla¨uft jedoch eine ost-west streichende Steinsetzung aus groben Bruchsteinen. Rezente Raubgrabungen brachten im Inneren eine Auffu¨llung von Steinsplitt und nordseitig gro¨ßere Bruchsteine zu Tage, die vielleicht zur hangseitigen Mauer geho¨ren. Es scheinen nur mehr der Unterbau und Teile der erdverfu¨llten und mittels einer Bruchsteinmauerung versteiften Basis der Bastion erhalten zu sein. Hinweise auf eine turmartige Ausbildung des Bauko¨rpers lassen sich im Denkmalbestand nicht fassen. B) Die Befestigungen an der WestXanke der Mittelburg (Faltplan 1) Der Verlauf der sehr schlecht erhaltenen Kurtinen an der WestXanke der Mittelburg la¨ßt sich zumeist nur an Felsbettungen, bisweilen aber auch anhand von zum Fundament geho¨rigen, talseitigen Mauerkanten nachvollziehen. Die Befestigungen folgten ha¨uWg der Oberkante steiler, oft 10 bis 20 m hoher Felsklippen, also zur Verteidigung sehr gu¨nstigen natu¨rlichen Gegebenheiten (Abb. 3). Die im Gela¨nde nicht eindeutig vorgezeichnete, westseitige Grenze der Mittelburg zum Areal der Unterburg wird im Bereich einer markanten Gela¨ndestufe angenommen, die no¨rdlich und etwas oberhalb der Heroonkante gelegen ist. Im Kurtinenverlauf la¨ßt sich ein Turm mit Sicherheit und ein weiterer mit großer Wahrscheinlichkeit nachweisen. 1) Die Kurtine zwischen Oberburg und Westturm 1 Ein eindeutiger Anschluß der Kurtine an die Oberburg blieb nicht erhalten, muß aber im Bereich westlich des Haupttores gelegen haben, wo jedoch das Gela¨nde den Mauerverlauf nicht zwingend vorschreibt. Eine nahe dem Tor anstehende, einige Meter lange talseitige Mauerkante hat im jetzigen Zustand keine Verbindung zu den eindeutig einer Gela¨ndemauer zuweisbaren Bauresten im Su¨den, mit welchen sie aber durchaus in Zusammenhang gestanden sein mag. Diese bestehen gro¨ßernteils aus treppenartigen Felsbettungen oder kurzen Mauerstu¨cken, die jedoch nur im Fundament anstehen. Im mittleren Teil der WestXanke sind die 0, 90 m breiten Kurtinen in etwas besserem Zustand, aber auch hier nur als Fundamentscharen bzw. feldseitige Mauerkanten erhalten. In diesem Bereich sind auch Reste von innen an die Mauer angeschobenen Einbauten aus Bruchsteinen zu erkennen. 2) Der Westturm 1 Etwa 130 m su¨dlich der Oberburg wechselt die Kurtine von der von Norden kommenden Klippe auf ein wenige Meter westlich gelegenes Felsband u¨ber, wo auf einige Meter La¨nge nur Felsbettungen,
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dann aber eine kurze, ostwest Xuchtende und etwa 1, 00 m starke Mauer erhalten sind. Talseitig scheint die Kurtine an das Su¨dwesteck dieses Befundes angeschlossen zu haben, der wohl als an der Frontseite rund 5 m breiter Turm zu deuten sein du¨rfte. 3) Die Kurtine zwischen Turm 1 und 2 Die im Su¨den an Turm 1 anschließende, 0, 90 m starke Kurtine verla¨uft auf einer nach Westen hin steil abbrechenden Felsrippe, springt aber nach rund 20 m auf eine tiefer gelegene Felsnase u¨ber, auf der Turm 2 gelegen ist. 4) Westturm 2 Der Westturm 2 liegt auf einer nach Westen, Norden und Su¨den steil abbrechenden Felsnase. Die Verbindung mit der no¨rdlichen Kurtine, als deren Verla¨ngerung er konzipiert wurde, ist erhalten, ebenso eine Schale der burgseitigen und ein Stu¨ck su¨dseitiger Mauer, wa¨hrend feldseitig nur Bettungen von der rund 5, 50 m breiten Turmfront zeugen. Der talseitige Anschluß der Kurtinen an den Turm ist vo¨llig verstu¨rzt, einige Meter su¨dlich folgen wieder Mauerstu¨cke den Klippen. 5) Die Kurtine zwischen Westturm 2 und dem Anschluß an die Unterburg Knappe 20 m su¨dlich von Turm 2 knickt die steile Gela¨ndekante, auf der die Westkurtine verla¨uft, nach Osten in das Burginnere um und schließt, sich stetig senkend, an die steil nach Su¨den abfallende Heroonkante an. Auf a¨lteren Pla¨nen der Niederlassung folgen die Befestigungen dieser Linie bis an ein Diateichisma. Da jedoch direkt unterhalb dieses Richtungswechsels der Gela¨ndekante die als Schalmauer an die steile Felswand gesetzte Wehrmauer erhalten blieb und sie sich dann, gu¨nstigen Gela¨ndeformationen folgend, an der WestXanke der Unterburg weiter verfolgen la¨ßt, muß zwar an ¨ bergang zur Unterburg anzusetzen sein, ein Anschluß der Befestigungslinie an die dieser Stelle der U Heroonkante la¨ßt sich aber nicht nachweisen. Diese Feststellungen implizieren einen im Verha¨ltnis zu Wursters Pla¨nen etwas vera¨nderten Verlauf der Befestigungen in diesem Bereich der Siedlung. C) Ein Mauerzug im Vorfeld der Ostkurtinen von Mittel- und Oberburg: Ein Proteichisma? (Faltplan 1 Fig. 2 Abb. 53. 54) Eine in einem Abstand von rund 7–12 m im Vorfeld der Ostkurtinen von Ober- und Mittelburg verlaufende Bruchsteinsetzung bildet eine ku¨nstliche Gela¨ndestufe. Sie ist nahezu an der gesamten OstXanke der Mittelburg und stellenweise auch im Vorfeld der Oberburg erhalten. Im Bereich von Ostturm 3 verliert sie sich im steiler werdenden Gela¨nde und du¨rfte an die Kurtinen angeschlossen haben. Die bis zu 2 m hoch anstehende, talseitig aus grobem, kaum zurechtgeschlagenem, mittelformatigem Bruchsteinmaterial hochgezogene Mauer hat an der Basis ha¨uWg Terrassierungscharakter, weist aber in den oberen erhaltenen Lagen bisweilen eine Art Innenschale aus kleineren Blo¨cken auf. Die Breite der Steinsetzung variiert zwischen 1, 00 m und 2, 20 m, stellenweise zeichnen sich auch hangseitig Mauerzu¨ge ab. Aufgrund der A¨hnlichkeit der baulichen Ausfu¨hrung dieses Mauerzuges mit dem im Siedlungsinneren erhaltenen Aufweg interpretierte W. Wurster den Befund als Wegtrasse und rekonstruierte an der OstXanke, auf der Ho¨he der Heroonkante ein weiteres Tor44. Auf ein solches hat sich jedoch in der anstehenden Bausubstanz kein Hinweis erhalten. G. Stanzl brachte eine alternative Interpretation des Mauerzuges als eine der Kurtine vorgesetzte Befestigungslinie in die Diskussion ein45. Die antike Befestigungsarchitektur kannte derartige Protei44
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Wurster, AA 1974, 265. 268.
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Perso¨nliche Mitteilung.
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chismata, entlang der Hauptbefestigungslinie verlaufende, vorgeschobene Mauerzu¨ge46. Sie geho¨rten zu einem Konzept Xexibler Außenverteidigung, das auf Poternen und Pforten zuru¨ckgreifen mußte, um funktionsfa¨hig zu sein. Solche haben sich in Limyra nicht erhalten, was jedoch auf den schlechten Erhaltungszustand der betreVenden Befestigungsabschnitte zuru¨ckzufu¨hren sein ko¨nnte. Da in der Forschung derartige Maßnahmen als relativ spa¨te Erscheinung innerhalb des griechischen Festungsbaus gelten, mag – die Interpretation als Vorwerk vorausgesetzt – eine Zuweisung des Mauerzuges an die hellenistische Ausbauphase plausibel erscheinen. Vergleichsbeispiele sind aus Lykien nicht bekannt geworden, auf der sehr schlecht erhaltenen Stadtdarstellung vom Izrasamonument in Tlos ko¨nnte allerdings ein im Vorfeld der befestigten Siedlung verlaufender Mauerzug wiedergegeben sein, der geru¨steten Verteidigern Deckung bietet. D) Ein Diateichisma an der Unterkante der Mittelburg? Auf der Mehrzahl der bestehenden Pla¨ne Limyras Wndet sich ein das Heroon aussparender, im allgemeinen jedoch der Oberkante des Steilabhanges folgender und die Mittelburg nach Su¨den hin abschließender Mauerzug (Fig. 2). Die im Ruinenbestand erhaltenen Hinweise fu¨r das einstige Vorhandensein dieses Diateichisma sind jedoch m. E. zu spa¨rlich, um die Rekonstruktion einer durchgehenden Befestigungslinie zu erlauben. Einige Mauerzu¨ge im Westbereich der betreVenden Linie geho¨ren zu gro¨ßeren Bauten, die an der Gela¨ndekante die Gestalt von Terrassierungen annahmen. Eine Verbindung mit den Kurtinen der WestXanke la¨ßt sich jedoch nicht nachweisen und ist aufgrund des ¨ berlegungen zugrundeliegenden, im Verha¨ltnis zu Wursters Pla¨nen vera¨nderten Befestigungsdiesen U ¨ stlich des Heroons fehlt im betreVenden Bereich jegliche Verbauverlaufes auch nicht anzunehmen. O ung, die zu einem durchgehenden Mauerzug geho¨rig sein ko¨nnte. Auch ist ein Anschluß an den Ostturm 3 nicht gegeben. Im Bereich, in dem der Aufweg, von der Unterburg kommend, an gu¨nstigster Stelle die Gela¨ndestufe zur Mittelburg u¨berwindet, mu¨ßte das Diateichisma von einem Tor durchbrochen gewesen sein. Obwohl sich der Verlauf des Weges einigermaßen gut verfolgen la¨ßt, sind im relevanten Bereich keine Felsabarbeitungen oder andere Hinweisen auf das einstige Vorhandensein von Befestigungen zu erkennen. III. Die Befestigungen der Unterburg (Faltplan 2) Das anna¨hernd trapezfo¨rmige Gela¨nde der Unterburg wird im steilen und felsigen ho¨heren Teil ¨ bergang zur Schwemmebene von der Heroonkante begrenzt, wa¨hrend es sich talseitig bis an den U ausdehnt, wo aber beim heutigen Forschungsstand eine genaue Abgrenzung der befestigten Siedlung nicht durchgehend mo¨glich ist. In den tieferen Lagen wird das Gefa¨lle sanfter: Im Bereich stuWger Felsformationen und des schuttu¨berzogenen, erst steilen, dann zunehmend Xacher werdenden Hanges lag das Zentrum der klassischen Wohnsiedlung. A) Die Befestigungen an der OstXanke der Unterburg Ostseitig unterhalb der Heroonkante bilden steile Felswa¨nde die Grenze der Unterburg, wa¨hrend in tieferen Lagen sich leicht nach Osten senkendes und von nord-su¨d streichenden Felsrippen durchfurchtes Gela¨nde ansteht. Im fast durchgehend nachvollziehbaren Verlauf der Befestigungslinie la¨ßt sich ¨ bergang zur Mittelburg gelegener Turm nachweisen. ein einziger, nahe dem U 46
In der poliorketischen Literatur wird immer wieder der Bau vorgeschobener Befestigungslinien empfohlen, im Denkmalbestand lassen sich jedoch derartige, ha¨uWg wohl nur nachla¨ßig ausgefu¨hrte Einrichtungen selten nachweisen. Das einfach ausgefu¨hrte Proteichisma von Demetrias variiert in der Mauerbreite zwischen 1, 00 und knapp
2, 00 m und verla¨uft in unregelma¨ßigem Abstand (1.60 – 10.00 m) vor den Kurtinen, weist also durchaus strukturelle Verwandtschaft mit dem Mauerzug an der OstXanke Limyras auf. s. F. Sta¨hlin – E. Meyer, Pagasai und Demetrias (1934) 91 f.; Winter, FortiWcations 277 mit Literaturangaben; P. MarzolV, architectura 5, 1976, 48 V.
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1) Die Kurtine zwischen Ostturm 3 und 4 In dem steilen und felsigen Gela¨nde unterhalb von Ostturm 3 haben sich großblo¨ckige Fundamentreste einer anna¨hernd 1,15 m starken Wehrmauer erhalten. Diese scheint etwa an das Su¨dwesteck des Turmes angeschlossen zu haben und anna¨hernd 30 m hangabwa¨rts bis an die Kante eines Steilhanges gelaufen zu sein. Dort knickt sie nach Westen um und folgt rund 30 m weit der Gela¨ndekante bis an einen weiteren Turm. Von der 1, 20 m starken Kurtine zeugen teils große, wenig bearbeitete Bruchsteine, teils auch nur mehr Felsbettungen. 2) Der Ostturm 4 (Abb. 59) ¨ bergang der von Osten nach Westen streichenden Gela¨ndekante Wegen seiner hohen Lage am U zu einem steilen, nach Su¨den in mehreren Stufen abbrechenden Gela¨ndegrat gleicht der im Grundriß anna¨hernd quadratische, rund 6, 0066, 50 m messende Ostturm 4 einem Adlerhorst. Seine in Verla¨ngerung der Kurtine beWndliche und nur mehr als Felsbettung erfaßbare Nordmauer liegt etwa 2, 50 m ho¨her als das Mauerwerk der Su¨dseite. Dieses blieb bis zu drei Scharen Ho¨he erhalten und wurde aus Blo¨cken heterogenen Formates mit leicht gewo¨lbter Schauseite und Ecklehre hochgezogen. Randschlag oder Bossierung lassen sich an den stark verwitterten Schauseiten nicht mehr feststellen. West- und su¨dseitig betra¨gt die Mauersta¨rke 0, 90 m, wa¨hrend von der o¨stlichen, oberhalb eines rund 20 m hohen Steilabfalles gelegenen Turmfront nur stark erodierte Felsbettungen zeugen. Die talwa¨rts laufende Kurtine setzt su¨dseitig nahe dem Su¨dosteck an den in Ecklage beWndlichen, jedoch feindseitig nicht aus der MauerXucht vorspringenden Turm an. 3) Die Kurtine der OstXanke su¨dlich von Ostturm 4 (Abb. 63) Im Anschluß an Turm 4 springt die Kurtine in steilstem Gela¨nde von Felsband zu Felsband, bis sie einen ost-west streichenden Abhang erreicht, dessen Oberkante sie ein kurzes Stu¨ck folgt. Tiefer am Hang schwenkt die Wehrmauer dann nach Su¨den um und verla¨uft auf von verstelltem, plattenhaftem Kalkstein gebildeten Felsklippen nahezu geradlinig talwa¨rts. Meist la¨ßt sich der Verlauf der Befestigungslinie nur aus treppenartigen Felsbettungen erschließen; im Mittelteil der Unterburg blieben jedoch bisweilen la¨ngere Mauerstu¨cke von bis zu 2 m Ho¨he erhalten. Die hier 1, 40 bis 1, 60 m starke Wehrmauer besteht aus mittel- bis großformatigem, kaum bearbeitetem und oft plattenhaftem Bruchgestein (Abb. 64. 65). Eine im Siedlungsinneren nahe der Mauer gelegenen, jedoch nur sehr schlecht erhaltenen Steinsetzung ko¨nnte mit den Befestigungen im Zusammenhang stehen. Vielleicht handelt es sich um die Reste eines Turmes oder einer Bastion. Der su¨dliche, untere Abschluß der Ostmauer la¨ßt sich nicht mit Sicherheit lokalisieren, da in dem Xachen, in natu¨rlichen Terrassen gegliederten Gela¨nde Schutt, Erde und Vegetation den Befund verunkla¨ren. Im Vorfeld des letzten klar erkennbaren Mauerabschnittes liegen Felsgra¨ber und Sarkophagreste knapp an der Befestigungslinie. Auch an der Su¨dseite des Burgberges verla¨uft oberhalb der modernen Straße und der hier stark versumpften Ebene eine felsige Gela¨ndestufe, in die zahlreiche, bisweilen auch monumentale Felsgra¨ber geschlagen wurden. Am Kreuzungspunkt dieser beiden Linien, den von Norden talwa¨rts verlaufenden o¨stlichen Befestigungen und dieser Gela¨ndestufe, muß das Su¨dosteck der befestigten Siedlung gelegen haben. B) Die Befestigungen an der WestXanke der Unterburg (Abb. 3) Das im oberen Teil steile und felsige, dann zunehmend Xacher werdende und in Gela¨ndestufen gegliederte, zuletzt aber in einen sich nur ma¨ßig nach Su¨den hin senkenden Hang u¨bergehende Gela¨nde der WestXanke der Unterburg wird im Westen, knapp außerhalb der Mauern, von einem tief ausgewaschenen Trockental begrenzt. Wa¨hrend im Anschluß an die Mittelburg vereinzelte Mauerstu¨cke erhalten blieben, lassen sich auf la¨ngeren Teilstrecken der Kurtinenverlauf sowie die Lage zweier Tu¨rme ¨ bergang des felsigen Terrains zu dem von Eronur aus Felsbettungen erschließen. Knapp vor dem U
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sionsmaterial gebildeten Hang Wnden sich ebenfalls Abschnitte der Befestigungsmauer sowie ein bastions- oder turmartiger Bauko¨rper. Auf dem sich su¨dlich unterhalb erstreckenden, landwirtschaftlich genutzten Hang haben sich keinerlei Hinweise auf den Befestigungsverlauf erhalten. Der Anschluß an die FortiWkationen der Su¨dXanke der Siedlung du¨rfte im Bereich des Su¨dtores gelegen haben. 1) Die Befestigungen der Unterburg zwischen dem Anschluß an die Mittelburg und Westturm 3 Die Grenze zwischen Mittel- und Unterburg wird an der WestXanke im Bereich einer steilen Felsklippe angenommen, die von Norden kommend nach Osten in das Burginnere abknickt. Die Kurtinen der Mittelburg folgen dem Verlauf des westseitigen Steilhanges bis an diesen Knick und Wnden sich dann unterhalb, auf einer tiefer gelegenen natu¨rlichen Terrasse als an den Fels gesetzte Schalmauer wieder. Diese schwingt sodann in einem Bogen an die Vorderkante der Terrasse, entlang derer verlaufend, sie auf etwa 10 m La¨nge erhalten blieb. Die nur in den untersten Scharen anstehende, 0, 90 m starke Zweischalenmauer wurde aus an der Schauseite grob gegla¨ttetem, quaderhaftem Steinmaterial heterogenen Formats erbaut. An den Bogen anschließend lief sie, wie Bettungen belegen, u¨ber einen großen, freistehenden Felsen, der jedoch zur Stabilisierung nordseitig unterfu¨ttert werden mußte. Im anschließenden, sich immer wieder in Stufen senkenden und teilweise schuttbedeckten Gela¨nde sind nur in gro¨ßeren Absta¨nden karge Reste der Befestigung, meist feindseitige Mauerkanten oder Felsbettungen erhalten. 2) Der Westturm 3 ¨ berganges von der Mittelburg und etwa 50 m unterhalb der HeroonRund 100 m su¨dlich des U Gela¨ndekante Wnden sich Felsbettungen, die wohl zu einem etwa 4 m breiten Turm geho¨rig sein du¨rften. Der Bauko¨rper sprang feindseitig etwa 4, 00 m aus der Flucht der von Norden kommenden und auf einem nach Westen zu steil abbrechenden Gela¨ndegrat verlaufenden Kurtine vor. Da sich keine Spuren einer burgseitig abschließenden Mauer erhalten haben, muß man mo¨glicherweise anstatt eines Turmes einen bastionsartigen Mauerversprung rekonstruieren. An der Su¨dseite stieß die in einige Meter tiefer gelegenem Gela¨nde fundamentierte Kurtine an den Fels, auf dem Westturm 3 gestanden hat. 3) Der Westturm 4 Rund 50 m su¨dlich sperrte der ebenfalls nur mehr anhand von Felsabarbeitungen erfaßbare, im Grundriß anna¨hernd quadratische Westturm 4 ein Felsband, welches von Westen her den Zugang an die Oberkante der in diesem Abschnitt der FortiWkationen sehr steilen und 30 bis 40 m hohen Klippen erleichtert. Die im heutigen Zustand auf Felsbettungen reduzierten Kurtinen folgen von Su¨den her kommend der Kante des Steilabhangs, springen sodann als Turmko¨rper von rund 4 Meter Seitenla¨nge ausgebildet auf das von Su¨dwesten ansteigende Felsband u¨ber, um nach einigen Metern wieder zuru¨ckzuspringen und in urspru¨nglicher Breite auf der Klippe weiter bergan zu steigen. Der Typus des aus der KurtinenXucht vorspringenden, Xankierenden Bauko¨rpers, welcher an einem gefa¨hrdetem Punkt der Befestigungen angelegt wurde, an welchem zwei vorfeldseitige Felsba¨nder aufeinandertreVen und sich verbinden, unter topographischen Bedingungen also, die auch fu¨r die Anlage anderer Tu¨rme der westlichen Wehrmauer bestimmend waren, Wndet hier die klarste Auspra¨gung. 4) Die Kurtine zwischen Westturm 4 und 5 (Abb. 66) Unterhalb von Westturm 4 zeugen am Rand der Felsklippe liegende Bettungen vom einstigen Kurtinenverlauf. Rund 50 m su¨dlich Xacht das Gela¨nde leicht ab und a¨ndert seine BeschaVenheit: Anstelle der hier in das Burginnere zuru¨ckspringenden Felsba¨nder liegt ein gero¨llu¨berzogener Hang, an dem sich Teilstu¨cke der Wehrmauer als Mauerkante, aber auch vereinzelte Bettungsspuren erhalten
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haben. In diesem Bereich verla¨uft der steile Rand des tief ausgewaschenen Trockentales knapp 35 m vor der Befestigungslinie. Su¨dlich des schuttu¨berzogenen Gela¨ndes stehen wieder Felsen an, auf denen sich neben Bettungsspuren auch la¨ngere Teilstu¨cke der hier 1, 50 m starken Wehrmauer erhalten haben (Abb. 66). Diese saßen teils am Rand eines Felsbandes, waren teils aber auch als Schale an dieses gesetzt. Das bis zu zwei Scharen hoch anstehende Mauerwerk war aus mittelformatigen (gro¨ßte Blockla¨nge 1, 20 m), kaum zurechtgeschlagenen Bruchsteinen aufgefu¨hrt worden. 5) Der Westturm 5 (Fig. 20 Abb. 67) Die von Norden kommende, etwa geradlinig am Rand eines Felsbandes verlaufende und nur in Teilstu¨cken erhaltene Wehrmauer bricht, ein Eck bildend, nach Osten in das Siedlungsinnere um, wo sie auf knapp 2 m La¨nge erhalten blieb. In ihrer Verla¨ngerung liegt in geringem Abstand eine schlecht erhaltene Bruchsteinsetzung. Etwa 7, 00 m westlich von dieser verla¨uft eine ungefa¨hr parallel Xuchtende, rund 1, 50 m starke Mauer aus mittel- bis großformatigem Steinmaterial mit grob abgearbeiteten Lagern (Abb. 67). Diese schließt nach Su¨den mit Eckbildung ab, wa¨hrend sie im Norden verstu¨rzt zu sein scheint. An das Su¨dwesteck anschließend la¨ßt sich die Mauer u¨ber die Flucht der von Norden kommenden Kurtine hinaus nach Osten verfolgen, wo sie u¨ber Eck umbricht und einige Meter weiter talabwa¨rts erkennbar bleibt. Es du¨rfte sich bei diesem Befund um einen aus der KurtinenXucht vorgeschobenen, rund 9, 00 m breiten bastionsartigen Bauko¨rper in Ecklage handeln. Die an seiner Nordseite in das Siedlungsinnere knickende Befestigungsmauer ko¨nnte auf das Vorhandensein einer Pforte im Schutz der Bastion hinweisen, zu welcher vielleicht einst eine im su¨dwestlichen Vorfeld aus dem Felsen geschlagene Treppe fu¨hrte. 6) Die Verbindung von Westturm 5 und dem Su¨dtor Im su¨dseitigen Anschluß an den als Westturm 5 geza¨hlten Bauko¨rper la¨ßt sich die Wehrmauer nur mehr auf einige Meter La¨nge verfolgen. Auf den unterhalb, im wahrscheinlichen Verlauf der Befestigungen anstehenden Felsba¨ndern Wnden sich vereinzelt nicht zuordenbare Felsabarbeitungen. Sodann geht das Gela¨nde des Burgberges in einen sanften Hang u¨ber, der heute landwirtschaftlich genutzt wird. Unter diesen Bedingungen konnten sich an der OberXa¨che keinerlei Mauerreste erhalten. Der mo¨gliche Verlauf der Befestigung wird jedoch westseitig durch das zunehmend ausfa¨chernde Trockental begrenzt. Der Anschluß des westlichen Mauerschenkels der FortiWkationen Limyras an die su¨dliche Hauptseite der Siedlung la¨ßt sich mit einiger Wahrscheinlichkeit an der WestXanke der Bastion rekonstruieren, die einst das sogenannte Su¨dtor Xankierte. C) Die Befestigungen an der Su¨dXanke der Unterburg (Faltplan 2) Die am Rand der Fruchtebene beWndlichen Gela¨ndestufen und Terrassierungen, im Bereich dener wohl einst die su¨dseitigen Befestigungen verliefen, liegen innerhalb des modernen Dorfes Saklısu Mahallesi und sind heute gro¨ßernteils von dessen Ha¨usern u¨berbaut oder werden landwirtschaftlich genutzt. Zu diesen der Erhaltung und Untersuchung von Altertu¨mern ungu¨nstigen Bedingungen kommt erschwerend der Umstand, daß sich in diesem Bereich das Zentrum der hellenistisch-ro¨mischen und auch der spa¨tantiken Stadt befand. Durch die Siedlungskontinuita¨t bedingte, intensive Bauta¨tigkeit fu¨hrte zu mehrfacher Umgestaltung a¨lterer Bausubstanz bzw. zu deren Einbeziehung in sich vera¨ndernde Siedlungsbilder. Bei Begehungen lassen sich heute an der OberXa¨che selten mehr als vereinzelte Mauerkronen und Terrassierungen erfassen, die sich zumeist chronologischer Einordnung entziehen. Im Zuge archa¨ologischer Grabungen wurden jedoch innerhalb der Mauern der sogenannten Weststadt von Limyra an zwei Stellen Abschnitte der klassischen Wehrmauer angeschnitten. Die Ta¨tig-
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keit in den Sondagen 3, 4 und 5 fu¨hrte zur Freilegung eines links Xankierten Tores, wa¨hrend sich in Sondage 9 die Gelegenheit ergab, die Kurtine und dahinter beWndliche Aufschu¨ttungen zu untersuchen und zu datieren. Im Su¨dostbereich der Siedlung bot sich eine ost-west streichende felsige Gela¨ndestufe, in welche auch talseitig zahlreiche klassische Fassadenkammergra¨ber geschlagen wurden, als natu¨rliche Grenze des befestigten Areals an. Dort hat sich ein la¨ngeres Stu¨ck an den Fels gesetzter Schalmauer erhalten, das zu den Befestigungen geho¨ren du¨rfte. 1) Das Su¨dtor (Fig. 21–24 Abb. 68) Auf einer Gela¨ndekante im no¨rdlichen Teil der Weststadt, su¨dlich unterhalb des Burgberges von Limyra und oberhalb der Schwemmebene wurde bei Grabungen eine axiale Toranlage mit links Xankierender Bastion freigelegt47. Im Zuge von oberXa¨chlichen Reinigungsarbeiten konnte außerdem ein la¨ngeres Stu¨ck der o¨stlich anschließenden Kurtine aufgenommen werden. Der knapp 3, 00 m breite Mauerdurchlaß liegt am Ende eines geradlinigen Mauerabschnittes und wird westseitig von einer 11, 50 m vorspringenden und 9, 00 m breiten Bastion Xankiert (Fig. 24. Abb. 70). An deren heute in eine Feldterrassierung einbezogenes Su¨dwesteck du¨rften die Kurtinen des westlichen Mauerschenkels der FortiWkationen angeschlossen haben. Das aufgehende Mauerwerk der Toranlage besteht aus gut verfugtem, großformatigem, quaderhaftem oder trapezoidalem Steinmaterial, das in regelma¨ßigen, nur selten einklinkenden Scharen versetzt wurde. Die Blo¨cke der 1, 50 m breiten, zweischaligen Mauer sind ausschließlich als La¨ufer versetzt (Fig. 22). Eine aus Erde und Bruchsteinen bestehende Fu¨llmasse verbindet die Schalen. An der Schauseite weisen die Blo¨cke ausgepra¨gte Bossierung und Randschlag auf, den schra¨g zu den Kanten gefu¨hrte und dicht gesetzte Spitzeisenschla¨ge betonen. Der vordere Rand von Ober- und Unterlager ist mit dem Spitzeisen gegla¨ttet und geht Xießend in die gro¨ber zugehauene Fla¨che u¨ber. An den Seiten verschma¨lern sich die Steine nach hinten, so daß Stoßfugenschluß nur an den Vorderkanten gegeben ist. Der 5, 40 m lange Schwellstein des Tores tra¨gt auf der sorgfa¨ltig gegla¨tteten Vorderseite zwei blattartige Zeichen in Hochrelief, zu denen aus der lykischen Numismatik keine Parallelen bekannt sind und die beim heutigen Forschungsstand weder als Heraldika noch als Wappenmonogramme gedeutet werden ko¨nnen (Fig. 23). Auch du¨rfte die Anbringung derartiger Zeichen an einem Schwellstein in der Wehrarchitektur des ‘griechischen’ Raumes einmalig sein. Da in der Antike PXanzen ha¨uWg u¨belabwehrende Eigenschaften zugeschrieben wurden, lassen sich die blattartigen Zeichen mo¨glicherweise apotropa¨isch interpretieren48. Der ostseitig den Durchgang Xankierende monolithe Laibungsstein hat eine Ho¨he von 3, 85 m und weist einen schra¨g hinterschnittenen Tu¨rfalz auf, wa¨hrend westseitig das Blockmauerwerk der Bastion als Laibung und Auflager fu¨r den Deckstein gedient haben du¨rfte. Da das Tor zu einem spa¨teren Zeitpunkt zugestellt wurde, lassen sich an den Gewa¨nden keine Riegello¨cher feststellen. Der Laibungsstein weist an der Ostseite zwei in die grob gearbeitete Fla¨che eingetiefte Ausnehmungen auf, die wohl dazu dienten, eine Art Verzapfung mit den Blo¨cken der anschließenden Kurtine zu bewirken (Abb. 71). An der Oberseite ist der Monolith getreppt gearbeitet, womit vielleicht Verzahnung mit dem Sturz erreicht werden sollte. Wegen der zahlreichen spa¨teren Umbauten im Bereich des Tores waren, bis auf einen schmalen Streifen an den ostseitigen Fundamenten der Bastion und in den untersten Abhu¨ben im Bereich Raum 3, im Zuge der Ausgrabung nur ju¨ngeren Horizonten zugeho¨rige stratigraphische Befunde zu gewinnen. Die an den Fundamenten angefallene Keramik macht eine Datierung der Toranlage in die vorhellenistische Periode, wohl in die 1. Ha¨lfte des 4. Jhs. v. Chr. wahrscheinlich. Da sich jedoch nur wenige
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Vorberichte zu diesen Grabungen s. J. Borchhardt u. a. in: VII. KST ( 1985) 443–447 Abb. 1–31; Verf. in: VIII. KST 2 (1986) 110–112 Abb. 8; Verf. in: IX. KST 2
(1987) 2–4 Abb. 1. 2; Eine architektonische Beschreibung der Toranlage s. Verf., Su¨dtor 55 V. 48 s. Verf., Su¨dtor 103–105.
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Fragmente zeitlich na¨her einordnen lassen, reicht das Fundmaterial nicht aus, um ausreichende Sicherheit in dieser Frage zu gewinnen. Vor dem Tor wurde verschiedentlich eine starke Schotter- und Kieselschu¨ttung angeschnitten, die wohl zur Drainage eines von Su¨den hangaufwa¨rts in den Torbereich fu¨hrenden Weges diente49. Die o¨stlich an das Tor anschließende, etwa geradlinig verlaufende und heute als Gela¨ndekante anstehende Befestigungsmauer konnte im Anschluß an die Durchfu¨hrung oberXa¨chlicher Reinigungsarbeiten auf rund 20 m La¨nge erfaßt werden (Fig. 22 Abb. 69. 72). Sie entspricht in Mauertechnik und Stil der Xankierenden Bastion. Wenige Meter außerhalb des gereinigten Bereichs vor der MauerXucht liegende Blo¨cke und gewisse Unregelma¨ßigkeiten in der Bauweise der Kurtine bieten einen Hinweis darauf, daß in diesem Bereich eine Bastion oder ein Turm gelegen haben ko¨nnte. Ohne Grabung la¨ßt sich jedoch diesbezu¨glich keine Gewißheit gewinnen. In ihrem weiteren Verlauf entwickelt sich die Gela¨ndekante zu einer modernen Feldterrassierung aus Lesesteinen, in der die Außenschale der Befestigung auf ein kurzes Stu¨ck ansteht. Die Ausfu¨hrung der Mauer scheint an Qualita¨t eingebu¨ßt zu haben: Die zum quaderhaften tendierenden Blo¨cke sind nur wenig sorgfa¨ltig zurechtgeschlagenen und verfugen schlecht. Etwa 50 m o¨stlich des Su¨dtores a¨ndert die von hoch anstehenden, rezenten Terrassierungsmauern verblendete Gela¨ndestufe ihre Streichrichtung und schwingt leicht nach Norden um. 2) Die Sondage 9 (Fig. 25–27 Abb. 73. 74) Die zentral im Nordteil der Weststadt Limyras gelegene, nord-su¨d orientierte Sondage 9 schneidet die dem Befestigungsverlauf entsprechende, zumeist talseitig von Terrassierungsmauern gestu¨tzte Gela¨ndestufe etwa 70 m o¨stlich des Su¨dtores50. Im Zuge der Grabungsta¨tigkeit konnte die durch das rezent erfolgte Eintiefen einer Grube stark in Mitleidenschaft gezogene Wehrmauer (M 5), wahrscheinlich mit dieser in Zusammenhang stehende Einbauten (M 19. 20) und hangseitig angeschu¨ttete Straten untersucht werden. Zudem zeigte es sich, daß in diesem Bereich das Fundament der FortiWkationen in a¨ltere Bauhorizonte und Schichtungen eingetieft worden war. Die zahlreiche und sehr qualita¨tvolle Keramik, die bei der Grabung anWel, erlaubt eine Datierung der Befestigungsmauer in klassische Zeit, wobei sich eine Pra¨zisierung der zeitlichen Einordnung an den Beginn des 4 Jhs. v. Chr. abzeichnet51. Eine rund 1, 20 m starke, zweischalige Quadermauer (M 9) mit Binderblo¨cken von Mauerbreite wurde in einer Entfernung von 1, 50 m vor die klassische Kurtine geblendet. Da sie nur im Bereich eines zwei Meter breiten Suchgrabens angeschnitten wurde und sich an der OberXa¨che nicht abzeichnet, ko¨nnen bezu¨glich ihrer Erstreckung und ihrer Zugeho¨rigkeit zu einem gro¨ßeren baulichen Verband keine Aussagen gemacht werden. Aufgrund der Bauweise scheint eine Datierung in den Hellenismus wahrscheinlich, die beachtliche Mauersta¨rke wu¨rde einer Interpretation als Wehrmauer zumindestens nicht entgegenstehen. Im Bereich der Sondage 9 war die klassische Kurtine (M 5) in zwei Teilstu¨cken an den Ost- und Westgrenzen des Grabungsbereichs erhalten, wa¨hrend dazwischen nur mehr das Fundament ergraben werden konnte, da das Aufgehende beim Ausheben einer großen, anna¨hernd kreisfo¨rmigen Grube zersto¨rt worden war (Fig. 26 Abb. 74). Die Außenschalen der beiden erhaltenen Mauerstu¨cke unterscheiden sich im Stil: Westseitig wurden mehr quaderhafte, jedoch schlecht verfugte Blo¨cke, ostseitig sehr große, kaum bearbeitete Bruchsteine verbaut. Auf eine mit Sorgfalt errichtete Innenschale konnte beim Bau in den unteren Scharen verzichtet werden, da die Mauer als Terrassierung mit ru¨ckseitiger 49
Der Ho¨henunterschied zwischen dem Tor und dem ebenen Gela¨nde im Vorfeld war, wie sich im Zuge der Kenotaphgrabung feststellen ließ, in der Antike bedeutend ausgepra¨gter als heute: Das Su¨dtor und die Kurtinen lagen an der Oberkante eines die Ebene dominierenden Hanges. 50 Vorberichte zu diesen Grabungen s. Verf. in: X. KST 2 (1988) 113 V. Abb. 1.2.20; Verf. in: XII. KST 2
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¨ Jh 62, 1992, 133–140 (1990) 324 f. Abb. 2 f.; Verf., O Abb. 3–5. 51 Die Bearbeitung der Keramik Limyras hat I. Mader u¨bernommen, auf deren Ergebnissen die hier angegebenen Datierungen basieren. Das Material aus Sondage 9 ist noch nicht publiziert, wurde aber gezeichnet und vorla¨uWg ausgewertet.
Ostlykien: Die befestigte Siedlung von Limyra
Anschu¨ttung konzipiert wurde. An deren Stelle tritt eine nach unten hin zuru¨ckspringende Steinsetzung ohne klare Kante, die aus Bruchsteinen heterogenen Formats hochgezogen wurde. Der Mauerfuß sitzt in einem in a¨ltere Horizonte eingetieften Fundamentgraben, bei dessen Ausschachtung schon bestehende Mauerzu¨ge abgerissen werden mußten. In den oberen erhaltenen Scharen variiert die Mauerbreite zwischen 1, 40 und 1, 80 m, wa¨hrend sie sich im Fundamentbereich erheblich vermindert. Trotz des Stilunterschiedes geho¨ren die ost- und westseitig anstehenden Mauerstu¨cke in die gleiche Bauphase. Dies belegt zum einen der a¨hnliche Aufbau der hangseitigen Stratigraphie, wo sich beiderseits im ProWl a¨ltere Horizonte, der Fundamentgraben und Anschu¨ttungen erkennen lassen, zum anderen auch das durchgehende Fundament der Mauer und nicht zuletzt der keramologische Befund (Fig. 27). Daraus ergibt sich, daß im durch den Grubenbau gesto¨rten Bereich eine die stilistisch unterschiedlichen Mauerstu¨cke trennende Baufuge gelegen haben muß, die sich jedoch nicht bis in das Fundament fortsetzte. No¨rdlich im Anschluß an die rezente Grube und ebenfalls von dieser gesto¨rt, fanden sich die Fundamente einer nord-su¨d streichenden, aus Bruchsteinen und Gero¨ll errichteten Mauer (M 19) sowie eine an diese angesetzte ost-west Xuchtende Steinsetzung (M 20) gleicher Bauweise. Beide Mauerzu¨ge konnten nicht in voller La¨nge aufgedeckt werden; sie Xiehen im Norden bzw. Westen in das ProWl. M 19 sitzt in einem schottergefu¨llten Fundamentgraben, der vielleicht zur Drainage von Regenwasser in Richtung der als Terrassierung gestalteten Kurtine (M 5) diente. Obwohl der direkte Anschluß an M 5 bei der Ausschachtung der rezenten Grube zersto¨rt wurde, erscheint es aufgrund des stratigraphischen Befundes mo¨glich, daß die Kurtine und die nur im Fundament erhaltenen Mauern M 19 und 20 einer Bauphase angeho¨ren. Oberhalb dieses Horizontes lagen wohl einst bis an die Befestigungslinie reichende Schu¨ttstraten, die sich allerdings nur im Nordbereich der Grabung erhalten haben, wa¨hrend sie im Su¨den bei rezenten Terrassierungsarbeiten abgetragen worden waren. Sie enthielten Siedlungsschutt sowie zahlreiche, ausschließlich vorhellenistische Keramik. Der in Sondage 9 untersuchte stratigraphische Befund erlaubt dank sehr zahlreicher und u¨berdurchschnittlich qualita¨tsvoller Keramikfunde eine zeitliche Eingrenzung des Befestigungsbaus. Ein Großteil der im Bereich des Fundamentgrabens von M 5 und den Aufschu¨ttungen hinter deren Innenschale geborgenen Keramik geho¨rt in die spa¨tere 2. Ha¨lfte des 5. Jhs. v. Chr.52 Auch in dem Schu¨ttpaket oberhalb von M 19 und M 20, das einem mo¨glicherweise im Verha¨ltnis zur Wehrmauer spa¨teren Horizont zuzuschreiben ist, Wel ausschließlich vorhellenistisches Material an. Eine Datierung der Kurtine in die klassische Zeit wird durch diesen Befund abgesichert und eine zeitliche Eingrenzung des Mauerbaus an den Beginn des 4. Jhs. v. Chr. wahrscheinlich. Da sich die Wehrmauer ostseitig im Anschluß an das Su¨dtor auf u¨ber 20 m La¨nge verfolgen la¨ßt, sie im weiteren Verlauf der Gela¨ndekante auf ein kurzes Stu¨ck an der OberXa¨che ansteht und zuletzt noch einmal bei der Grabung in Sondage 9 angeschnitten werden konnte, darf es als gerechtfertigt gelten, den Datierungsansatz in klassische Zeit, der bei der Untersuchung im Bereich von Sondage 9 ¨ berlegung wird durch gewonnen werden konnte, auch auf den Bau der Toranlage zu projizieren. Diese U den Umstand abgesichert, daß schon bei der Untersuchung des Su¨dtores aufgrund des architektonischen ¨ berlegungen ein a¨hnlicher zeitlicher Ansatz und des keramologischen Befundes sowie historischer U gewonnen werden konnte. Auch die Qualita¨tsunterschiede im Mauerwerk widersprechen dieser These nicht, da es, wie verschiedentlich an den Befestigungen Limyras und an anderen SiedlungsfortiWkationen festzustellen ist, in klassischer Zeit in Lykien durchaus u¨blich war, Konstruktionsweise und Repra¨sentationswert eines Befestigungsabschnittes aufeinander abzustimmen. Insofern verwundert es nicht, daß die Wehrmauer im Bereich der Toranlage besonders gut ausgefu¨hrt wurde. Die ostseitig an das Tor anschließende, auf ein la¨ngeres Stu¨ck einsichtige Befestigungsmauer weist im Stil verwandtes, jedoch zunehmend schlechter verfugtes Mauerwerk auf, wa¨hrend in gro¨ßerer Entfernung, an einem Punkt wo sich ihre Streichrichtung derart a¨ndert, daß die Sichtbarkeit vom Tor aus stark beeintra¨chtigt war, reines Bruchsteinmauerwerk ansteht. 52
Ein mo¨glicherweise dem Westabhangformenkreis ¨ berlegunzuordenbares Fragment kann aus statistischen U gen aus der Menge des Fundmaterials als Irrla¨ufer ausgesondert werden, da die zahlreichen antiken und rezenten
Sto¨rungen im Bereich SO 9 wa¨hrend der Grabung nicht immer mit wu¨nschenswerter Eindeutigkeit erkannt werden konnten.
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3) Der Befestigungsverlauf o¨stlich Sondage 9 Im Anschluß an das Su¨dtor zeichnet sich der Befestigungsverlauf als terrassierte Gela¨ndestufe ab, welche sich, wie bei den Grabungsarbeiten festzustellen war, aus einigen Meter hohen Ablagerungen ¨ stlich aufbaut, die im Laufe von nahezu drei Jahrtausenden sukzessiver Besiedlung entstanden sind. O von Sondage 9 verliert sich die durch die Terrassierung betonte klare Kante, das markante Gefa¨lle bleibt jedoch erhalten. In dem o¨stlich der Weststadt liegenden, agrarisch genutzten Gela¨nde ist jedoch die Gela¨ndestufe vo¨llig verschliVen, so daß sich auch ein mo¨glicher Verlauf der Kurtine im Gela¨nde nicht mehr nachvollziehen la¨ßt. Ein nahe dem Osttor in die spa¨tantik-byzantinische Weststadtmauer verbauter Laibungsstein, der dem des Su¨dtores fast vo¨llig gleicht, belegt, daß in diesem Bereich ein weiteres Tor gelegen haben muß53. Nimmt man einen vergleichbaren konstruktiven Aufbau desselben an, so erlaubt die Tatsache, daß auch dieser Block als die vom Vorfeld aus rechte Laibung gedient haben muß, einen links Xankierten Mauerdurchlaß zu rekonstruieren. 4) Der Befestigungsverlauf im Su¨dostbereich Im Su¨dostbereich Limyras bildet eine markante, stellenweise bis zu 10 Ho¨henmeter steil abbre¨ bergang vom felsigen Abhang des Burgberges zu der in diesem chende natu¨rliche Gela¨ndestufe den U Bereich heute stark versumpften Ebene. Da der o¨stliche Mauerschenkel der FortiWkation von der Oberburg bis knapp an dieses Felsband verfolgt werden konnte, scheint es legitim, am Kreuzungspunkt der beiden Linien das Su¨dosteck der befestigten Siedlung zu rekonstruieren. Im Bereich dieser Gela¨ndekante hat sich ein teils an den Felsen geschobener, teils als Terrassierung anstehender, etwa 15, 00 m langer Mauerabschnitt erhalten, der aus tendenziell quaderhaft zurechtgeschlagenem, jedoch schlecht verfugtem Steinmaterial errichtet ist (Abb. 75). Die schon von Wurster den Befestigungen zugeordnete Steinsetzung weist in der Ausfu¨hrung A¨hnlichkeit mit der Kurtine im Westbereich von Sondage 9 auf (Fig. 26). Abgesehen von diesem kurzen erhaltenen Mauerstu¨ck und der verteidigungstechnisch gu¨nstigen natu¨rlichen Lage bieten die zahlreichen in das Felsband geschlagenen Fassadenkammergra¨ber einen Hinweis darauf, daß hier die Grenze der befestigten Siedlung gelegen haben du¨rfte. Schon am su¨dlichen Ende des Ostschenkels der FortiWkationen Wnden sich einige Grabbauten nachweislich direkt außerhalb der Mauern. Im lykischen Kulturraum klassischer Zeit erlaubt ein derartiger Befund jedoch nicht mit vo¨lliger Eindeutigkeit Schlu¨sse auf Grenzen des Wohngebietes zu ziehen, da sich ha¨uWg Grabbauten innerhalb von Siedlungen Wnden und auch in derartiger Lage auf den Stadtdarstellungen wiedergegeben sind54. Im Bereich westlich des Mauerstu¨ckes a¨ndert die Gela¨ndestufe ihre Streichrichtung, schwingt leicht nach Norden um und nimmt zusehends an Deutlichkeit ab, bis sie sich im Bereich des Theaters endgu¨ltig verliert. 53 Es ist wahrscheinlich, daß ein Block dieser Gro¨ße mo¨glichst nahe seines urspru¨nglichen Aufstellungsortes wiederverwendet worden war. Dieser ko¨nnte sich an der Oberkante der Gela¨ndestufe no¨rdlich des Ptolemaions be¨ berlegung funden haben, ein positiver Beweis fu¨r diese U la¨ßt sich jedoch nicht erbringen. 54 Es scheint jedoch, als wa¨re die große Mehrzahl klassischer Fassadengra¨ber Lykiens außerhalb der befestigten Siedlungen angelegt worden, wa¨hrend zumeist nur besonders aufwendig gestaltete Gra¨ber – die wohl zur Bestattung hochstehender Perso¨nlichkeiten dienten – intra muros errichtet wurden. Verschiedentlich wurden jedoch auch relativ einfache Gra¨ber in innerhalb des Mauerringes beWndliche, steile und schwer erreichbare Felswa¨nde geschlagen. Diese bis heute in der Forschung nicht ausreichend thematisierte Problematik kann hier im Rahmen der
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Argumentation nur gestreift werden. Eine mit der Su¨dostXanke Limyras vergleichbare Situation Wndet sich beispielsweise an der Nordseite von Xanthos, wo die Kurtinen entlang der Oberkante eines felsigen Abhanges verlaufen, in den vorfeldseitig zahlreiche Fassadenkammergra¨ber geschlagen wurden. Auch im Xacheren Gela¨nde des Vorfeldes legte man freistehende Grabha¨user und Sarkophaggra¨ber an. Innerhalb der Mauern liegen ebenfalls einige Grabbauten, die jedoch gro¨ßernteils durch die Anbringung von Reliefs oder zumindest besonders qualita¨tvolle Ausfu¨hrung hervorstechen. In Limyra beWnden sich, nebst dem Heroon und dem Tumulus auf der Mittelburg, das reliefgeschmu¨ckte Grab des cn˜tabura und sowie ein einfaches Fassadenkammergrab innerhalb des hier rekonstruierten Verlaufes der Ringmauer.
Ostlykien: Die befestigte Siedlung von Limyra
IV. Die Bauphasen der vorro¨mischen Befestigungen Limyras Obwohl die Anlage der Oberburg sowie die Befestigungen der Mittel- und Unterburg Limyras im Konzept einheitlich wirken, zeigt sich bei na¨herer Betrachtung, daß sich im Ruinenbestand zwei große Bauphasen trennen lassen55. Dies wird an einigen Mauerabschnitten an der Ostseite der Mittelburg, wo ¨ berbauung festzustellen ist, besonders deutlich. An vielen Stellen la¨ßt sich eine Zuweisung an direkte U Bauphasen jedoch nur aufgrund sekunda¨rer Indizien, wie Mauerstil oder Verblendung a¨lterer Mauerzu¨ge bewerkstelligen. Eine Anzahl stilistisch neutraler oder besonders schlecht erhaltener Befunde entzieht sich der Beurteilung. Insbesondere die Zuweisung einzelner Tu¨rme im Befestigungsverlauf an die eine oder andere Bauphase erweist sich wegen des schlechten Erhaltungszustandes und der mo¨glichen Weiterbenutzung eines a¨lteren Unterbaus als problematisch. Vereinzelte, mo¨glicherweise in archaische Zeit geho¨rige Keramikfragmente von der OstXanke der Oberburg bieten den einzigen Hinweis auf eine fru¨he Besiedlung der Akropolis, welcher jedoch keine Baureste zugeordnet werden ko¨nnen. Diese wurden wohl bei der Anlage der klassischen Gipfelbefestigung weitgehend zersto¨rt, deren gewaltiges Bauvolumen mit seinen Terrassierungen und Anschu¨ttungen die natu¨rlichen Gela¨ndebedingungen drastisch vera¨ndert haben du¨rfte. In der vornehmlich aufgrund des trapezoidalen Mauerstiles und dem Fehlen von Binderblo¨cken im Mauerwerk datierbaren klassischen Bauphase wurden Konzept und Ausdehnung der Befestigungen weitgehend festgelegt. Nord- und Su¨dbastion, die Ostmauer der Oberburg und der Kurtinenverlauf an West- und OstXanke von Mittel- und Unterburg sollten in spa¨tere Anlagen einbezogen werden. Die zweite große Bauphase der Befestigungen fa¨llt in den Hellenismus. Diese zu datieren erlauben vor allem der pseudoisodome Mauerstil, das regelma¨ßige Vorkommen von Binderblo¨cken und auch die vergleichsweise geringe Sta¨rke der Wehrmauern. In diese Phase geho¨ren vornehmlich Wiederherstellungsarbeiten an den Mauerschenkeln und auf der Oberburg, die mo¨glicherweise nach Westen zu etwas erweitert wurde, Bauunternehmungen, die jedoch ha¨uWg einem Neubau gleichkamen, da zu diesem Zeitpunkt die bestehende Anlage in sehr schlechtem Zustand gewesen sein du¨rfte. Bis heute ließ sich die siedlungsgeschichtlich bedeutsame Frage, wo im Hellenismus die su¨dliche Befestigungslinie verlief, nicht kla¨ren. Kaiserzeitliche Keramikfunde aus den oberen Straten der Fu¨llmasse der Nordbastion belegen eine spa¨te Nutzung des Baus, der auch vereinzelte, an der OberXa¨che anstehende Mauerzu¨ge zuzuweisen sein ko¨nnten. Das Mauerwerk der kleinen Zisterne wurde in Mo¨rtelbruchsteintechnik bei Wiederverwendung alter Quadersteine erneuert, wodurch eine spa¨te Nutzung des Wasserreservoirs gesichert ist. Es handelt sich um den einzigen in dieser Bautechnik errichteten Befund auf der Oberburg, ein eindeutiger Beleg, daß diese in spa¨ter Zeit nicht mehr der Verteidigung diente und sich die FortiWkationen der spa¨tantik-byzantinischen Stadt auf die beiden Mauerringe in der Ebene, die sogenannte Ost- und Weststadt, beschra¨nkte. Steinsetzungen aus Spolienmaterial, die sich hier und da auf dem Gela¨nde der Burg Wnden, du¨rften bis in die Neuzeit hinauf reichen. Am Westhang und auch innerhalb des Oberburgareals hangparallel verlaufende Terrassierungen weisen auf eine landwirtschaftliche Nutzung des Areals, mit der mo¨glicherweise die Reparatur der kleinen Zisterne in Zusammenhang stehen ko¨nnte. A) Die klassische, ‘trapezoidale’ Bauphase der Befestigungen Limyras 1) Die Oberburg (Faltplan 3) Die Su¨dbastion, der Kernbau der Nordbastion und die su¨dseitige Kurtine mit dem Haupttor der Anlage wurden in binderlosem trapezoidalem Mauerwerk hochgezogen und sind damit eindeutig dieser Phase zuzuordnen. Aufgrund der engen Verwobenheit im Fundamentbereich du¨rfte die ‘kyklopische’ 55 Die im folgenden angewendeten Kriterien, die eine Zuweisung bestimmter Mauertypen an Bauphasen und daru¨ber hinaus einen Versuch deren chronologischer Zuordnung erlauben sollen, basieren auf weiterfu¨hrenden ¨ berlegungen zu Mauerstil und Mauertechnik an lykiU
schen Befestigungen. Dieser Themenkomplex sowie Fragen der Datierung werden in eigenen Abschnitten (s. u. S. 111 V. und S. 165 V.) besprochen. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird hier darauf verzichtet, auf diese Problematik na¨her einzugehen.
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Ostkurtine mit der Su¨dbastion zeitgleich sein. Der mauertechnisch mit der Ostmauer verwandte, an die su¨dseitige Wehrmauer anschließende Mauerabschnitt im Westen geho¨rt wohl auch in diese Periode, wie auch der Mauerzug westlich der kleinen Zisterne und ein Bauko¨rper am Nordrand der Oberburg. a) Die Nordbastion (Fig. 4. 6 Abb. 8. 10) Der Kernbau der angriVsseitig an ho¨chster Stelle der Befestigungen Limyras, an verteidigungstechnisch empWndlicher Stelle gelegenen Nordbastion wurde in Mauerwerk trapezoidalen Stils errichtet. Der an der Basis erdverfu¨llte und mittels Bruchsteinmauern ausgesteifte Bauko¨rper hatte eine GrundXa¨che von rund 350 m2, von denen abzu¨glich der Mauerbreiten, etwa 270 m2 im Geba¨udeinneren als GeschoßXa¨che zur Verfu¨gung standen. Vom oberhalb der Einschu¨ttung gelegenen Aufbau der ersten, trapezoidalen Phase hat sich jedoch im Baubestand nichts erhalten, da dieser Bereich des wohl schon stark verfallenen Bauwerkes im Zuge spa¨terer Wiederherstellungsarbeiten, bei denen die Ostwand erneuert und gebo¨schte Mauern an die Nord- und Ostseite angeschoben wurde, abgetragen werden mußte. ¨ berlegungen erlauben es, die Rekonstruktion eines u¨berdachten, turmartigen Verschiedene U Geba¨udes ins Auge zu fassen (Fig. 16. 18). Zum einen sind die zahlreichen vergleichbaren Kernbauten lykischer Burgen zu nennen – darunter auch die Su¨dbastion von Limyra – deren Denkmalbestand ¨ beraufgrund des Erhaltungszustandes einen begehbaren Raum abzulesen erlaubt56. Eine ga¨nzliche U dachung du¨rfte auch aus bautechnischen Erwa¨gungen gewa¨hlt worden sein, um die gewaltige Fu¨llmasse an der Basis vor einsickerndem Regenwasser zu schu¨tzen57. Weiters konnten auch zahlreiche Dachziegelfragmente, die sich im dem wahrscheinlich sekunda¨r eingefu¨llten Lehmmaterial im Ostbereich des ¨ berdachung des klassischen Baus gewertet werden. Kernbaus Wnden, als Hinweis auf eine U Der Aufbau der Nordbastion du¨rfte u¨ber dem erdverfu¨llten Unterbau also aus mindestens einem u¨berdachten Geschoß bestanden haben, welches aufgrund seiner Breite und den daraus resultierenden ¨ berspannung durch eine Dachkonstruktion in mehrere Ra¨ume unterteilt Schwierigkeiten bei der U gewesen sein muß. Eine solche Raumaufteilung ko¨nnte sich in der Gliederung der Fu¨llmasse durch versteifende Steinsetzungen widerspiegeln, da diese aufgehendem Mauerwerk stabile Fundamente geboten ha¨tten. Nur eine einzige, im Su¨dwestbereich des Baus beWndliche, nord-su¨d streichende Bruchsteinmauerung la¨ßt sich mit einiger Sicherheit in die erste Phase des Baus datieren: Nimmt man eine regelma¨ßige Struktur des Unterbaus an, wu¨rde ihre Lage die Rekonstruktion einer Dreiteilung in Querrichtung und einer Zweiteilung in La¨ngsrichtung, also von sechs ungefa¨hr quadratischen, erdverfu¨llten Kammern implizieren. Sollte diese Gliederung im Bereich des Geschosses u¨bernommen worden sein, ha¨tten dort sechs Ra¨ume gelegen. Ein hochgelegener Eingang muß das Betreten des Bauwerkes ermo¨glicht haben, u¨ber seine Lage la¨ßt sich jedoch nichts Gesichertes aussagen. Die hochaufragenden, turmartigen Bauko¨rper, die auf den lykischen Stadtdarstellungen an ho¨chster Stelle der Burganlagen liegen und auch der kompakte Grundriß des Geba¨udes sprechen fu¨r die Rekonstruktion eines mindestens zweigeschossigen Aufbaus der Nordbastion (Fig. 16. 17). Als Dachlo¨sung ließe sich, wieder in Analogie zu den Tu¨rmen auf den Reliefdarstellungen, ein Flachdach vorstellen, das vielleicht, wie der große Turm auf der Stadtdarstellung aus Limyra, von einem kubischen Aufbau bekro¨nt war58. Die in der Umgebung des Turmbaus an der OberXa¨che aufgefundenen Werkstu¨cke lassen sich nicht genau datieren, sie geho¨ren aber wahrscheinlich zum hellenistischen Umbau. In der GrundXa¨che u¨bertriVt die klassische Nordbastion von Limyra alle anderen bis heute bekannt geworden, als Kernbau in eine Gipfelbefestigung einbezogenen Turmanlagen Lykiens und unterstreicht damit die Bedeutung der Niederlassung in klassischer Zeit. 56
Dazu s. u. S. 134 ff. Zum Einsickern von Wasser in Turmfu¨llungen s. Winter, FortiWcations 172. Um eine Gefa¨hrdung der Stabilita¨t des Bauwerkes durch den bei Gewichtszunahme aufgrund einer Anreicherung mit Wasser entstehenden lateralen Druck im Fundamentbereich zu verhindern, ha¨tte grundsa¨tzlich auch eine wasserabweisende Lehmpackung 57
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genu¨gt und Vorsorge fu¨r die Drainage des Regenwassers getroVen werden mu¨ssen. 58 Zu der Stadtdarstellung aus Limyra s. W. Wurster, Stadt 141 f.; Verf. in: Lykiensymposion II 35 f. Abb. 2. Ein Artikel J. Borchhardts u¨ber das Monument, von dem der Block stammen du¨rfte, ist in Druck. Zu den Stadtdarstellungen s. auch unten S. 159 V.
Ostlykien: Die befestigte Siedlung von Limyra
b) Die Su¨dbastion (Fig. 9–12 Abb. 18–30) Die am su¨dlichen Abschluß der Oberburg gelegene, in qualita¨tvollem trapezoidalem Mauerwerk hochgezogene Bastion bildete das siedlungsseitige Pendant zur Nordbastion. Im Gegensatz zu dieser blieb der in der GrundXa¨che mit rund 170 m2 erheblich kleinere und betont langgestreckte Bauko¨rper, fu¨r den sich eine GeschoßXa¨che von knapp 100 m2 errechnen la¨ßt, bis in Eingangsho¨he erhalten. Auch die Su¨dbastion war an der Basis mit Erde und großen Bruchsteinen verfu¨llt, eine Gliederung des Fu¨llmaterials durch Bruchsteinsetzungen ließ sich jedoch aufgrund des guten Erhaltungszustandes nicht nachweisen, ist aber, wie ein Vergleich mit einer a¨hnlich proportionierten Anlage vom Koruca-Tepe o¨stlich Limyras nahelegt, anzunehmen59. Wie feine Unterschiede in der Qualita¨t der Ausfu¨hrung zeigen, wurde die der Siedlung zugewandte Su¨dseite als Fassade empfunden. Der Bau war u¨ber zwei axiale, etwas dezentriert gelegene Pforten betretbar. Der siedlungs- und gleichzeitig feindseitige Su¨deingang lag in einiger Ho¨he am Bau (mindestens 1, 00 m) und war mit Maßen von 1, 5060, 70 m ungewo¨hnlich nieder und schmal. Ob sein Gegenstu¨ck ebenso gestaltet war, la¨ßt sich ohne Freilegung der Schwelle nicht nachweisen, erscheint jedoch aufgrund der konstruktiven Verwandtschaft der Zuga¨nge wahrscheinlich. Der la¨ngliche Innenraum der Bastion war wohl durch Quermauern geteilt. Eine das o¨stliche Viertel abtrennende Zwischenmauer mit mittigem Durchgang geho¨rt wahrscheinlich noch in die erste Bauphase und hatte vielleicht ein Gegenstu¨ck an der Westseite. Wegen des kompakten Grundrisses und aufgrund der von einem Wehrbau zu erwartenden Mindestho¨he kann u¨ber dem erhaltenen Geschoß der Su¨dbastion mindestens ein Oberstock rekonstruiert werden. Daru¨ber hinaus wa¨re ein weiteres, analog zu den Turmbauten auf den Stadtdarstellungen mit Flachdach gedecktes Geschoß durchaus denkbar. Der am Ort erhaltene Befund gibt uns u¨ber das Aufgehende des Turmbaus leider keinen weiteren Aufschluß. c) Die su¨dseitige Wehrmauer und das Su¨dwesttor (Fig. 8 Abb. 31–33) Die aus stellenweise zum Polygonalen tendierendem, binderlosem Trapezoidalmauerwerk errichtete Su¨dkurtine war als eigensta¨ndiger, an die Su¨dbastion angeschobener Bauko¨rper konzipiert worden. In ihrem o¨stlichen Drittel, im Schutz der hoch aufragenden Bastion, lag der Haupteingang der Oberburg. Der heute aufliegende Deckstein des Tores geho¨rt nicht zu dessen originaler Ausstattung, sondern du¨rfte im Zuge von Wiederherstellungsarbeiten versetzt worden sein. In diesem Fall mu¨ßten die zwei bossierten trapezoidalen Blo¨cke, die auf dem Deckstein auXiegen, ebenfalls in Zweitverwendung stehen. d) Die klassische Westkurtine (Abb. 33. 42) Eine großblo¨ckige ‘kyklopische’ Mauer wurde nordseitig an den westlichen Abschluß der Su¨dkurtine angeschoben und verdeckt dort deren bossierte Blo¨cke. Sie ist nur mehr auf rund 7, 00 m La¨nge erhalten und im Anschluß derart verstu¨rzt, daß sich im Gela¨nde keine Hinweise auf ihren weiteren Verlauf erhalten haben. Der als Terrassierung genutzte Mauerzug weist bautechnisch und stilistisch ausreichend A¨hnlichkeit mit der zur trapezoidalen Phase geho¨rigen Ostmauer der Oberburg auf, daß Gleichzeitigkeit mit dieser vorausgesetzt werden kann. Im no¨rdlichen Drittel der Oberburg, nahe der kleinen Zisterne Wndet sich ein Mauerzug a¨hnlicher Bauart (Abb. 42), der von dem Felsband im Zentrum der Burg nach Westen Xuchtet und dann u¨ber Eck nach Norden umbricht, wo er sich nach rund 17, 00 m im Gela¨nde verliert. Es du¨rfte sich um ein weiteres Teilstu¨ck der klassischen Westkurtine handeln.
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Zu dem Terrassenbau am o¨stlich Limyras gelege¨ Jh 63, 1994, 109 V. Auch im nen Koruca-Tepe s. Verf., O Bereich der Gipfelbefestigung von Gagai Wndet sich ein
vergleichbarer Bau, dessen Unterbau von Bruchsteinsetzungen ausgefa¨chert wird.
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Die Siedlungen
e) Ein Bauko¨rper im Bereich des Nordwestecks der Oberburg (Faltplan 3 Abb. 43) Im Westen, nahe der nordseitig die Oberburg begrenzenden Kurtine verla¨uft ein ost-west streichender Mauerzug aus zum Polygonalen tendierendem bossiertem Quaderwerk mit Randschlag, der sich gemeinsam mit einer parallelen Steinsetzung aus Bruchsteinen zu einem großen, an der Basis erdverfu¨llten Bauko¨rper rekonstruieren la¨ßt. Ein westlicher Abschluß dieses Geba¨udes hat sich nicht erhalten, ko¨nnte aber in der Verla¨ngerung der als Wehrmauer angesprochenen, westlich der kleinen Zisterne nord-su¨d Xuchtenden Steinsetzung gelegen haben. f) Die Befestigungslinie an der OstXanke und die Anbauten im Burginneren (Fig. 14. 15 Abb. 21. 34. 35) ¨ berganges von Ostmauer und Su¨dbastion erlaubt es Der architektonische Befund im Bereich des U mit großer Wahrscheinlichkeit, die beiden im Mauerstil ga¨nzlich unterschiedlichen Bauko¨rper einer Bauphase zuzuweisen. Wa¨hrend die Su¨dbastion im no¨rdlichen Teil auf den fu¨r die Ostmauer typischen großen Blo¨cken aufsitzt, du¨rften die Blo¨cke der Kurtine im – allerdings verstu¨rzten – Aufgehenden an das Quaderwerk der Bastion angeschoben gewesen sein60. Die an der Basis als Terrassierung gestaltete Wehrmauer zog sich in gerader Linie an der ganzen OstXanke der Oberburg hin. Bis auf den no¨rdlichsten Abschnitt, wo sie ga¨nzlich verstu¨rzt ist, la¨ßt sich ihr Verlauf trotz einiger Fehlstellen aus dem Denkmalbestand erschließen. Die Steinsetzung Xuchtet geradlinig auf die OstXanke des an die Nordbastion ostseitig angeschobenen Bauko¨rpers. Dieser scheint jedoch im heutigen Zustand, trotz seines komplizierten, vielleicht mehrere Bauphasen implizierenden Aufbaus, keine klassischen Elemente aufzuweisen. Der Anschluß der klassischen Ostmauer an die Nordbastion hat sich nicht erhalten, du¨rfte aber wohl den im Denkmalbestand fu¨r den Hellenismus u¨berlieferten Verlauf vorweggenommen haben. Im Burginneren Wnden sich zwei an die ostseitige Wehrmauer angeschobene Einbauten – vielleicht Bastionen oder Tu¨rme – die wohl der klassischen Phase zuzuordnen sind. g) Bauten im Inneren der Oberburg (Abb. 7. 40. 41. 43. 44) Die beiden großen Zisternen in der Oberburg sind wohl der klassischen Bauphase zuzuordnen, wurden aber in spa¨terer Zeit immer wieder repariert und genutzt. Derartig großXa¨chige Wasserspeicher Wnden sich auch auf klassisch-lykischen Gipfelbefestigungen, die keine hellenistischen Ausbauphasen aufweisen61. Sie geho¨ren folglich nachweisbar zum Repertoire klassischer Befestigungsarchitektur Lykiens. Auch in gebaute Architektur integrierte Zisternen Wnden sich immer wieder in lykischen FortiWkationen62. Die kubischen, aus dem Felsen geschlagenen „Alta¨re“ im Zentrum der Burg lassen sich nicht datieren, Vergleichsbeispiele aus Tu¨se, aus der Umgebung Kyaneais und aus Bayındır Limanı Wnden sich aber ebenfalls in klassischem Kontext63. Die Tempel und Heroa auf der Akropolis von Xanthos, ein Opferrelief auf der Burg von Trysa und einige aus dem Felsen geschlagene, proWlierte Ko¨rper daselbst 60
Diese Annahme la¨ßt sich an der Westseite der Oberburg veriWzieren, wo der im Mauerstil vergleichbare Mauerzug das bossierte Quaderwerk der su¨dseitigen Befestigungslinie verdeckt. 61 Zu einer rechteckigen Zisterne auf der Burg von Gu¨rses s. J. Borchhardt in: Myra 82–83 Abb. 17; s. auch unten 75. Zu einer großen Zisterne auf der Burg von Trysa s. Verf. in: Lykische Studien 1, 105. Zu Fragen der Wasserversorgung und der im Bereich lykischer Burgen gelegenen Zisternen s. u. S. 139 f. 62 Raum 1 der Burg von Tu¨se diente als Zisterne, eine derartige Einrichtung Wndet sich in den Befestigungskern der Burg von Bu¨yu¨k Avs¸ar integriert. Ein Rundturm un-
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terhalb der Burg von Trysa und ein solcher vor dem Eingang in die Burg von Isinda beherbergten ebenfalls Wasserspeicher. Zu Zisternen s. auch unten S. 139 f. 63 Zu einem Temenos mit Altar am Nordrand des Plateaus von Tu¨se s. I. Akyel in: Lykische Studien 2, 145. Ein a¨hnlicher, aus dem Fels geschlagener Ko¨rper im Bereich no¨rdlich Kyaneais wurde ebenfalls einem Heiligtum zugeschrieben. Dazu s. M. Miller in: Lykische Studien 2, 37 V. Auch im Bereich der Westnekropole Trysa fand sich eine vergleichbare, noch nicht vero¨Ventlichte Einrichtung. Der unterhalb der Burg, nahe dem Reliefgrab gelegene, noch unpublizierte ‘Altar’ von Bayındır Limanı wurde zuletzt von Vandalen vo¨llig zerschlagen.
Ostlykien: Die befestigte Siedlung von Limyra
belegen, daß in klassischer Zeit Gipfelbefestigungen lykischer Siedlungen Raum fu¨r kultische Einrichtungen bieten konnten64. Die Reste einer kleinteiligen Verbauung o¨stlich des felsigen Gela¨ndegrates, wie auch andere u¨ber das Oberburgareal verstreuten Felsabarbeitungen und Mauerstu¨cke entziehen sich der Interpretation und Datierung. 2) Die Befestigungen von Mittel- und Unterburg in klassischer Zeit Die Zuweisung der erhaltenen Befestigungsabschnitte und Tu¨rme an Bauphasen bringt aufgrund des schlechten Erhaltungszustandes weiter Teile der FortiWkationen große Schwierigkeiten mit sich. Da die hellenistischen Wehrmauern den in klassischer Zeit vorgegebenen Verlauf im großen und ganzen respektiert zu haben scheinen, la¨ßt sich jedoch auch in Abschnitten, in denen sich keine eindeutig der klassischen Phase zuweisbaren Baureste erhalten haben, der a¨ltere Befestigungsverlauf rekonstruieren. a) Die Kurtinen an der OstXanke (Abb. 48–51. 62. 64. 65) An der Ostseite der Mittelburg hat sich nahe der Su¨dbastion ein la¨ngeres Stu¨ck einer sehr starken und großblo¨ckigen, ‘kyklopischen’ Mauer erhalten, die in der Ausfu¨hrung, bis hin zur Verwendung dreieckiger Zwickelsteine, mit der Ostmauer der Oberburg eng verwandt ist. Ein sehr schlecht erhaltener, nur anhand von Mauerkanten ablesbarer Einbau – vielleicht ein Turm oder eine Bastion – ko¨nnte mit diesem Mauerzug in Verbindung stehen. Diese klassische Wehrmauer wird stellenweise von einer erheblich schwa¨cheren Zweischalenmauer als Fundament genutzt. Weiter hangabwa¨rts erlaubt es die bessere Erhaltung des Mauerwerks diese ju¨ngere Mauer einem hellenistischen Ausbau der FortiWkationen zuzuweisen. Im weiteren Verlauf blieben an der OstXanke der Mittelburg keine der klassischen Bauphase zuweisbaren Befunde erhalten. Die Tu¨rme 1 und 2 du¨rften aufgrund einer Verzahnung mit der Kurtine bzw. der Mauertechnik ihres Aufbaus der hellenistischen Ausbauphase der FortiWkationen zuzurechnen sein. Der im Grundriß ungewo¨hnliche, vielleicht als Bastion zu interpretierende Ostturm 3 du¨rfte Anbetracht seiner Bautechnik – seine mit Bruchsteinen und Erdmaterial aufgefu¨llte Basis wird von einer Bruchsteinmauerung versteift – des großformatigen Baumaterials und der Gelenksfunktion im Kurtinensystem dem additiven klassischen Baukonzept zuzuordnen sein (Abb. 62). Die su¨dlich an diese Bastion anlaufende Wehrmauer und die großblo¨ckigen Mauerreste am Klippenrand unterhalb derselben geho¨ren – wie Bauweise und Mauersta¨rke anzunehmen erlauben – auch in diese Periode. Nach einer la¨ngeren Fehlstelle unterhalb von Ostturm 4, in der nur Felsabarbeitungen erhalten sind, Wndet sich die klassische Wehrmauer weit unterhalb am Hang wieder, wo sie aus großem, plattenhaftem Steinmaterial hochgezogen wurde (Abb. 64.65). Auch in diesem Bereich haben sich dislozierte Reste eines mo¨glicherweise als Turm oder Bastion anzusprechenden Einbaus erhalten. b) Die Befestigungen an der WestXanke (Faltplan 2 Fig. 20 Abb. 66. 67) Die Befestigungen der WestXanke sind in derart schlechtem Erhaltungszustand, daß ihr Verlauf meist nur anhand von Felsabarbeitungen oder feldseitigen Fundamentschalen nachvollziehbar ist (Abb. 66). Von diesem du¨rftigen Baubestand lassen sich nur der aus großblo¨ckigem Mauerwerk hochgezogene, wohl eher als Bastion zu rekonstruierende Westturm 5 und ein kurzes Teilstu¨ck der no¨rdlich daran 64
Zu dem Stieropferrelief von Trysa s. Reisen II 17 ¨ zgan Abb. 12; J. Zahle, JdI 94, 1979, 339; Bruns-O (Grabreliefs 222–228. 274.) versteht das Relief als zu einem Grab geho¨rig. Zu kubischen, am Fuß proWlierten Alta¨ren auf der Burg von Trysa s. Verf. in: Lykische Studien 1, 105. Eine eingehende Publikation mit zeichneri-
scher Dokumentation ist in Vorbereitung. Im Bereich der ebenfalls befestigten, aber in ihrem konzeptuellen Verha¨ltnis zur Siedlung nicht direkt mit den Burgen von Limyra oder Trysa vergleichbaren Akropolis von Xanthos befanden sich mehrere Heroa und Kultbauten. Dazu s. Fouilles 2, 29–34.
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Die Siedlungen
anschließenden, knapp 1, 50 m starken Mauer der klassischen Bauphase zuordnen. An diesem schlecht erhaltenen Befund ko¨nnte sich mo¨glicherweise das einstige Bestehen einer axialen, von der aus der KurtinenXucht vorspringenden Bastion rechts Xankierten Poterne ablesen lassen. c) Die Befestigungen an der Su¨dXanke (Faltplan 1 Fig. 21–26 Abb. 68–75) Die Befestigungsabschnitte im Bereich des Su¨dtores und von Sondage 9 konnten aufgrund ¨ bergang vom 5. zum 4. Jh. v. Chr. datiert werden. Es handelt stratigraphischer Grabungen an den U sich um die bislang einzigen in trapezoidalem Stil errichteten FortiWkationen Lykiens, deren Entstehungszeit durch zahlreiche Keramikfunde grabungsarcha¨ologisch gesichert ist. Das Su¨dtor und seine Xankierende Bastion liegen am westlichen Rand der befestigten Siedlung in Ecksituation, auf einer die Schwemmebene dominierenden Gela¨ndestufe, deren Verlauf die o¨stlich anschließende Befestigungslinie folgt65. Im Mittelteil der Su¨dXanke Limyras haben sich an der OberXa¨che keinerlei Hinweise auf den Verlauf der FortiWkationen erhalten. Die Rekonstruktion eines weiteren, im Aufbau dem Su¨dtor vergleichbaren Zuganges in diesem Teil der Siedlung wird durch einen in der byzantinischen Weststadtmauer wiederverwendeten Laibungsstein ermo¨glicht. Ein Stu¨ck an den Felsen gesetzter Schalmauer, das wahrscheinlich zu der klassischen Befestigung geho¨rte, hat sich su¨dseitig, nahe dem Su¨dosteck der Befestigungen erhalten. An der OberXa¨che lassen sich keine Hinweise auf den Verlauf der Befestigungen zwischen Sondage 9 und der Schalmauer im Su¨dostbereich feststellen. Da jedoch diese beiden Befestigungsabschnitte nahezu aufeinander Xuchten, la¨ßt sich der Verlauf der FortiWkationen in dem Fehlstu¨ck mit einiger Wahrscheinlichkeit rekonstruieren, indem man die bekannten Punkte verbindet. B) Die hellenistische Bauphase der Befestigungen Limyras 1) Die Oberburg a) Die Sanierungsarbeiten an der Nordbastion und der Anbau im Osten (Fig. 5–7 Abb. 8. 9. 12–17) An der in klassischer Zeit errichteten turmartigen Nordbastion wurden bereits in hellenistischer Zeit aufwendige Sanierungsarbeiten notwendig, die im Ostbereich des Kernbaus einem vo¨lligen Neubau gleich kamen. Schwache, hochgelegene Mauerzu¨ge und lehmiges, zahlreiche Dachziegelfragmente enthaltendes Erdmaterial im Bereich der Einschu¨ttung du¨rften in diese Phase geho¨ren. Nord- und ostseitig versta¨rkte man die Anlage durch das Anschieben gebo¨schter Mauern, welche mittels einer Binderplattenschar mit dem Baukern verbunden wurde. Der oberhalb dieser gelegene Aufbau des Bollwerkes mußte vo¨llig neu gestaltet werden. Von diesem Teil der wohl ehemals hochaufragenden Anlage haben sich nur wenige, zu einer rund 1,10 m starken, auf den Binderplatten aufsitzenden Zweischalenmauer geho¨rige Quader an der Ostseite in situ erhalten. In den gewaltigen Versturzfeldern, die sich am Fuß des Baus hangabwa¨rts erstrecken, fanden sich ein zu einer 0, 70 m breiten Fenstero¨Vnung geho¨riges Werkstu¨ck sowie ein Block einer Fenster- oder Tu¨rrahmung66, die aufgrund ihrer Lage zu den Aufbauten der Bastion geho¨rt haben ko¨nnten. Das Fenster besaß, wie zwei kreisfo¨rmige Pfannenlo¨cher belegen, zweiXu¨gelige, nach innen zu o¨Vnende Fensterla¨den; an einem Bauwerk des milita¨rarchitektonischen Formenkreises ein ungewo¨hnlicher Befund67. 65
Der Ho¨henunterschied zwischen der Oberkante des Schwellsteines am Su¨dtor und dem Gehniveau im Bereich der Ebene im Vorfeld war in der Antike, wie die Grabungen am Kenotaph zu erschließen erlauben, bedeutend akzentuierter als heute. 66 Die Breite von 0, 70 m liegt im unteren Bereich der im griechischen Festungsbau u¨blichen Fensterbreiten. Dazu s. Konecny, Turmgeho¨fte 55 Anm. 27, mit zahlreichen Beispielen aus der griechischen Wehrarchitektur. 67 Fenstero¨Vnungen Wnden sich seit klassischer Zeit
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an oberen Turmgeschoßen in Befestigungen ha¨uWg, waren aber in der Regel durch an den Außenmauern angebrachte und nach außen zu o¨Vnende La¨den gesichert. Die im dritten Geschoß erhaltenen Fenster des Forts bei Yukarı Beymelek in Zentrallykien, das die Bearbeiter als milita¨rische Anlage interpretieren, hatten jedoch nach innen zu o¨Vnende Fensterla¨den. s. A. V. McNicoll – T. WinikoV, AJA 87, 1983, 318 und Anm. 19 Abb. 10. Auch innerhalb der Festung von Teimiusa liegen Fensterblo¨cke dieses Typs im Versturz. Sie du¨rften mit hellenistischen Umbauarbei-
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Auch ein an die Ostseite der Nordbastion angeschobener, im Grundriß rund 4, 00610, 00 m messender Bauko¨rper, eine Art versta¨rkter Kurtine, wurde nordseitig durch die gebo¨schte Mauer verblendet. Die Struktur dieses komplizierten, je nach Erhaltungszustand nur auf verschiedenen Ebenen erfaßbaren, aus aufgefu¨llten Kammern, Bruchsteinmauern und Baufugen bestehenden Gefu¨ges la¨ßt sich kaum mehr nachvollziehen. Der isodome Mauerstil und das Vorkommen von Binderblo¨cken an allen Bereichen des Baus gewa¨hrleisten eine Datierung in den Hellenismus. Es scheint kein der a¨lteren, trapezoidalen Anlage zuweisbarer Mauerzug in die bestehende Anlage einbezogen zu sein. Die – im Unterschied zu dem erneuerten Teil der Ostmauer der Nordbastion – einigermaßen qualita¨tvolle Nordschale des Anbaus ko¨nnte auf Sicht gearbeitet und erst zu einem spa¨teren Zeitpunkt durch die gebo¨schte Mauer verblendet worden sein, ihr bauliches Verha¨ltnis zum Kernbau spricht jedoch gegen diese Interpretation. Einen mo¨glichen Hinweis auf Bauphasen bietet auch die leicht gea¨nderte Streichrichtung der Steinsetzungen in der no¨rdlichen und su¨dlichen Ha¨lfte des Bauko¨rpers. Der bauliche Befund im Bereich der Ostmauer der Nordbastion, des Anbaus und der gebo¨schten Mauern erkla¨rt sich m. E. am Besten als einheitliche, in einem Zug durchgefu¨hrte Sanierung, genau genommen erlaubt er es jedoch weder, gesicherte Aussagen u¨ber mo¨gliche spa¨tere Umbauten zu treVen, noch den Aufbau zu rekonstruieren. Mauern mit ausgepra¨gter Bo¨schung Wnden sich in der griechischen Milita¨rarchitektur des Festlandes und Kleinasiens ausgesprochen selten und du¨rften in der Regel mit Wiederherstellungsarbeiten an bestehenden Bauten in Zusammenhang stehen; die wenigen bekannten Beispiele datieren – soweit der Forschungsstand eine Beurteilung erlaubt – in die spa¨te Klassik und den Hellenismus68. Eine im ostlykischen Gagai, im Bereich der noch unpublizierten Gipfelbefestigungen erhaltene gebo¨schte Mauer wurde ebenfalls an einen in trapezoidalem Stil errichteten Kernbau angeschoben und bietet damit die na¨chste Parallele zu dem Befund von Limyra. Die in der hellenistischen Bauphase erfolgten Arbeiten im Bereich der Nordbastion sollten den damals schon in desolatem Zustand beWndlichen klassischen Baubestand sanieren. Zugleich galt es wohl auch, einem gea¨nderten Stand der Poliorketik gerecht zu werden. Die Wahl des Sattels als natu¨rliche Grenze des befestigten Areals mag den Verteidigungskonzepten klassischer Zeit entsprochen haben, das ten in Zusammenhang zu sehen sein. Vielleicht haben wir es bei diesen zweiXu¨geligen Turmfenstern mit einer lykischen Eigenentwicklung zu tun. Allgemein zu dem Vorkommen von Turmfenstern s. Winter, FortiWcations 189 f.; Lawrence, Aims 402. Zu den Verschlußsystemen Lawrence, Aims 402 V.; E. L. Schwandtner, AA 1977, 519 V.; J. Ober, AJA 91, 1987, 569 V. Ein Turmbau bei Myra, dessen Fenster Pfannenlo¨cher aufweisen, du¨rfte dem zivilen Bereich angeho¨ren s. Lawrence, Aims 410. Zur Problematik nach innen zu o¨Vnender La¨den: L. Haselberger, AM 1979, 100. Auch die Fensterla¨den lykischer Turmgeho¨fte waren in der Regel nach innen zu o¨Vnen; dazu s. Konecny, Turmgeho¨fte 56. Zu Fenstern mit Rahmen und Anschlag, die auf nach innen zu o¨Vnende Fensterla¨den schließen lassen, aus dem Bereich der Befestigungen von Ephesos s. Lawrence, Aims 409. Der Verfasser konnte derartige Einrichtungen im Bereich der lysimachischen Mauern nicht feststellen und sie werden auch in der a¨lteren ¨ Jh 15, 1912 Beibl. Literatur nicht erwa¨hnt. s. nur J. Keil, O 183–196. 68 Die wenigen Beispiele dieser Bauform sind u¨ber ein weites Gebiet verstreut und betreVen Teilabschnitte der FortiWkationen von Chaironea, Samikon, Limyra und Gagai. In diesen Fa¨llen handelt es sich um sekunda¨re Umbauten bestehender, a¨lterer Bausubstanz, welche gefestigt und versta¨rkt werden sollte. Es Wnden sich aber auch gebo¨schte Mauern im dem in das Nahfeld des reinen Festungsbaus geho¨rigen Bereich turmartiger, wohl als Geho¨fte zu inter-
pretierender Bauten. Deren Vorkommen beschra¨nkt sich, abgesehen von einem Turm auf Siphnos, auf die o¨stliche Peloponnes und die Krim. Zu den Befestigungen der Akropolis von Chaironea s. J. M. Fossey – G. Gauvin in: Actes du 3 e`me Congre`s International sur la Be´otie Antique 1979 (1985) 41–69 Abb. 4. 1–22. Zur gebo¨schten Mauer ebenda 48. 56. 65. Zu einem Turm mit gebo¨schter Basis in Samikon s. H. L. Bisbee, Hesperia 6, 1937, 535 Abb. 17. Zu den ‘pyramidalen’ Bauten auf der Peloponnes mit Forschungsgeschichte und Literaturangaben s. L. E. Lord, Hesperia 7, 1938, 521; ders., AJA 43, 1939, 78 –84; H. M. Fracchia, AJA 89, 1985, 683–685 Anm. 3. Zu den pyramidalen Anlagen im Umland von Chersonesos s. M. Dufkova – J. Pecirka, Eirene 8, 1970, 123–174. Weitere Literaturangaben s. auch H. M. Fracchia, AJA 89, 1985, 688 Anm. 19. Die freistehenden Turmbauten wurden, soweit sich dies Vero¨Ventlichungen entnehmen la¨ßt, in mehreren Fa¨llen mit Bo¨schung geplant und ausgefu¨hrt. Die geringe Zahl und die weite Streuung der im reinen Festungsbau auftretenden gebo¨schten Mauern erlauben den Schluß, daß es sich jeweils um lokale, auf eine bestimmte Bausituation zugeschnittene Lo¨sungen handeln ko¨nnte und daß man sich von dieser Bauform keinen besonderen verteidigungstechnischen Nutzen erwartete. Alle genannten Beispiele dieses Mauertyps geho¨ren in spa¨tklassische oder hellenistische Zeit. Eine analytische Untersuchung des Pha¨nomens s. Verf., IstMitt 44, 1994, 39–54.
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Die Siedlungen
starke Ansteigen des bergseitigen Gela¨ndes wurde aber mit der Entwicklung der Artillerie zum Risikofaktor. Ob die gebo¨schten Mauern nur der Festigung des alten Baubestandes oder auch als Schutz der gefa¨hrdeten Unterbauten der Bastion vor Beschuß und Rammen dienen sollten, kann heute nicht mehr festgestellt werden69. Eine Rekonstruktion der hellenistischen Nordbastion mit einem als Geschu¨tzplattform dienenden, turmartigen Aufbau ließe sich angesichts allgemeiner Tendenzen des Festungsbaus dieser Periode vertreten70. Der starke Anbau im Osten du¨rfte ebenfalls einem gea¨nderten Sicherheitsbedu¨rfnis Rechnung getragen haben. Eine Interpretation dieses Bauko¨rpers als eine das no¨rdliche, angriVsseitige und daher besonders gefa¨hrdete Vorfeld bestreichende Batterie wa¨re denkbar, kann aber aufgrund des ma¨ßigen Erhaltungszustandes, des unklaren Befundes und dessen geringer Breite nicht als gesichert gelten71. Auch eine Deutung als Schildmauer wa¨re zu bedenken. b) Der große Eckturm und die Kurtinen an der NordXanke (Fig. 13 Abb. 36–39) Der im Nordwestbereich der Oberburg gelegene Eckturm, die diesen mit der Nordbastion verbindende Kurtine und wohl auch die Kasematten im Burginneren wurden in einem Zug erbaut. Das in der Konstruktionsweise im lykischen Umfeld etwas ungewo¨hnliche Mauerwerk des stark verschu¨tteten Turmes geho¨rt wohl auch der pseudoisodomen Phase an72. Die auf der Ebene des Gehhorizontes im Burginneren gelegene Turmkammer und der zweite Zugang im Stock sind als relativ spa¨te Entwicklungen im Turmbau zu werten73. Der Eckturm ko¨nnte mo¨glicherweise dreigeschossig zu rekonstruieren sein74 und, wie seine GrundXa¨che anzunehmen erlaubt, Pfeilgeschu¨tze beherbergt haben. Sollten sowohl die im Schutt des Turminneren beWndliche als auch eine zweite im Bereich der Kasematten liegende Zinne zum Eckturm geho¨rig sein – was aufgrund der Fundlage anzunehmen ist – muß man auf diesem entweder eine fu¨r den Hellenismus ungewo¨hnliche, oVene Kampfplattform rekonstruieren oder aber die Werkstu¨cke als Zierzinnen interpretieren75. Die abgerundete Zinnenform Wndet sich schon auf den klassischen Stadtdarstellungen und du¨rfte eine lykische Sonderentwicklung darstellen76. 69 Wahrscheinlich war an der ebenfalls dem Vorfeld zugewandten Westseite der Bastion, die oberhalb stark fallenden Gela¨ndes liegt, keine Bo¨schung angeschoben worden. Dies ko¨nnte als Hinweis darauf gewertet werden, daß diese Baumaßnahme an den gefa¨hrdeten Nord- und Ostseiten zum Schutz des empWndlichen, da nicht allzu starken Mauerwerks der Basis des Bauko¨rpers vor mechanisiertem AngriV und Beschuß dienen sollte. 70 Eine solche Interpretation scheint auch Lawrence, Aims 396, ins Auge gefaßt zu haben. 71 Zur Interpretation von besonders breiten und ausgesteiften Mauerabschnitten mit Schutteinfu¨llung als Artillerieplattformen s. F. E. Winter in: FortiWcations dans l’histoire du monde gre`c, Actes du colloque international (1982) 27; Winter, FortiWcations 180 V.; Lawrence, Aims 395 f. Ein Verweis auf Limyra ebenda 389. 396. Zum ‘langen Haus’ von Selinunt und dessen zweiter Phase als Geschu¨tzplattform s. D. Mertens, RM 96, 1989, 117. Die vorgeschobene Nordbastion ha¨tte jedoch das Schußfeld von auf dem Anbau beWndlichen Geschu¨tzen erheblich eingeschra¨nkt. 72 Die Mauertextur mit ausschließlich als Binder quer zur MauerXucht versetzten Blo¨cken an Außen- und Innenschale ist atypisch. Sie Wndet sich in Limyra nur noch an der gleichzeitigen Nordkurtine. Vergleichbare Tendenzen lassen sich vielleicht auch an der in eine Ausbesserungsphase geho¨rigen und von der gebo¨schten Mauer verdeckten Ostmauer der Nordbastion feststellen. 73 Neben den Tu¨rmen mit eingefu¨lltem Untergeschoß wurden ab dem 5. Jh. v. Chr. vereinzelt im Erd-
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geschoß gelegene Turmkammern errichtet. Solche treten in der zweiten Ha¨lfte des 4. Jhs. o¨fter auf, ihr Vorkommen ha¨uft sich jedoch in der Spa¨tklassik und im Hellenismus. Dazu s. nur W. Wrede, AM 49, 220 f.; Winter, FortiWcations 162 Anm. 44 165; Lawrence, Aims 223. 391. 74 Die Technik, Zwischenbo¨den auf der zuru¨ckspringenden Innenschale aufzulegen, la¨ßt sich in Lykien in Pydna, Beymelek und an Turmgeho¨ften nachweisen, wobei die Balken noch zusa¨tzlich durch vorkragende Konsolen gestu¨tzt wurden. s. Adam, Architecture 115 V.; A. V. McNicolls, AJA 87, 1983, 311 V.; Konecny, Turmgeho¨fte 58 V. Aufgrund sich verringernder Mauersta¨rken mit jedem Geschoß zuru¨ckspringende Innenschalen sind im griechischen Befestigungsbau die Regel. Am Nordwestturm der Oberburg ko¨nnte ein schmaler, im Versturz liegender Deckstein auf der oberen Turmtu¨re aufgelegen haben ¨ berganges vom und – in Analogie zur Konstruktion des U ersten zum zweiten Geschoß – die schwa¨cheren, vielleicht einschaligen Mauern eines weiteren Geschosses getragen haben. 75 Tu¨rme bzw. Bastionen mit oVener Kampfplattform sind entwicklungstypologisch als Fru¨hform zu werten. Mit der Verbreitung der Artillerie wurde es notwendig, zum Schutz der Bemannung das oberste Turmgeschoß zu decken, wobei zumeist Pult- oder Sattelda¨cher errichtet wurden. Dazu s. Winter, FortiWcations 165, 230; Lawrence, Aims 230; L. Haselberger, AM 94, 1979, 93 V. bes. 113 V. Letzterer bestreitet generell das Vorkommen oVener Kampfplattformen oberhalb der Turmkammern in der griechischen Wehrarchitektur des Hellenismus und inter-
Ostlykien: Die befestigte Siedlung von Limyra
Die fu¨r lokale Verha¨ltnisse sehr starke (bis zu 1, 80 m), jedoch aus relativ schlecht ausgefu¨hrtem und daher stark verstu¨rztem, tendenziell anisodomem Mauerwerk hochgezogene Nordkurtine la¨ßt sich aufgrund ihres baulichen Verha¨ltnisses zum Eckturm als mit diesem zeitgleich bestimmen. Auch die zwei sehr schlecht erhaltenen Kasemattenra¨ume du¨rften in diese Bauphase geho¨ren. b) Die Westmauer der Oberburg (Faltplan 3) Im Su¨den, im Anschluß an die Su¨dmauer, steht ein Stu¨ck der klassischen Befestigungen an, das sich dann aber nach weniger als zehn Laufmetern im Gela¨nde verliert. Ein direkter Anschluß der Westmauer an den nordwestlichen Eckturm hat sich nicht erhalten. Ein la¨ngerer, nur aus Felsbettungen und vereinzelten Mauerkanten erschließbarer Mauerabschnitt Xuchtet jedoch auf die Su¨dXanke des Turmes. Aufgrund der geringen Breite und des – soweit erschließbar – isodomen Mauerstiles la¨ßt sich dieser Mauerzug der hellenistischen Phase zuweisen. Ein Turm ließ sich im schlecht erhaltenen Baubestand nicht ablesen. c) Die Ostmauer der Oberburg (Fig. 14. 15) Wie ein nahe der Su¨dbastion an die Innenschale der klassischen Ostkurtine angeschobener, zweischaliger Mauerzug und der als Einbau C bezeichnete Turm belegen, nu¨tzte man fu¨r die Instandsetzungsarbeiten der zweiten Phase die an der OstXanke der Oberburg anstehende, großblo¨ckige Wehrmauer als Fundament. Der aus pseudoisodomem Zweischalenmauerwerk errichtete und im Erdgeschoß u¨ber eine Tu¨re zuga¨ngliche Turm schiebt sich nicht als Flankenschutz in das Vorfeld, sondern erstreckt sich in das Burginnere77. Die Erbauer scheinen den Aufwand gescheut haben, vor die bestehende Kurtine einen Turmunterbau zu setzen. 2) Die Befestigungen der Mittel- und Unterburg 1) Die WestXanke (Faltplan 1. 2) Aufgrund des schlechtem Erhaltungszustandes sind von den Befestigungen der WestXanke von Mittel- und Unterburg meist nur Felsbettungen und feldseitige Fundamente, nur selten aber auch einige Scharen des Aufgehenden der Untersuchung zuga¨nglich. Im Bereich der Mittelburg und in den felsigen, ho¨hergelegenen Teilen der Unterburg ließen sich Mauerbreiten unter einem Meter ermitteln. Die geringe Breite und der zum isodomen tendierende Mauerstil erlauben es die erhaltenen Kurtinenabschnitte sowie wahrscheinlich auch die im Grundriß gedrungenen und auffa¨llig kleinen Tu¨rme 1–4 der
pretiert aufgrund der Lage von Einlassungen fu¨r die Dachsparren Zinnen, die sich auf einigen eingeschoßigen Tu¨rmen Messenes erhalten haben, als Zier. s. ebenda 109. Schwandner wiederum rekonstruiert Tu¨rme des Befestigungsringes von Siphai, den er in die zweite Ha¨lfte des 4. Jhs. datiert, mit oVener Kampfplattform. s. E. L. Schwandner, AA 1977, 544. Zu u¨berdachten Tu¨rmen in Athen s. Maier II 75 f. 76 Zu der im griechischen Raum u¨blichen rechteckigen Zinnenform und den Zinnenabdeckplatten s. Adam, Architecture 36 V.; Lawrence, Aims 357. Wenngleich im spa¨teren 4. Jh. v. Chr. durchgehende, u¨bermannshohe und ha¨uWg auch gedeckte Bru¨stungen mit Schießscharten oder Fenstero¨Vnungen die von Zinnen bekro¨nten Epalxiden verdra¨ngten, ist diese Bauform auch noch fu¨r den Hellenismus u¨berliefert. Dazu s. Maier II 176 f. Anm. 177; Winter, FortiWcations 140–141. Kulturgeschichtlich von Bedeutung ist der Umstand, daß sich scheinbar die auf
klassischen Stadtdarstellungen u¨berlieferte Zinnenform, dem gerade in hellenistischer Zeit im Festungsbau besonders starken EinXuß griechischer Architekturformen zum Trotz auch in dieser Periode weiterhin verbreitet war. 77 Nach dem Befestigungsinneren zuru¨ckspringende ‘Tu¨rme’ – es ko¨nnte sich ebenso um Kampfplattformen handeln – Wnden sich bisweilen an fru¨hen Mauern, kommen aber ab dem 5. Jh. v. Chr. nur mehr selten vor. Zu einigen Beispielen dieser Variante s. Lawrence, Aims 380; Kienast, Samos 36. 72 Abb. 17. Im Bereich der hellenistischen FortiWkationen von Assos Wndet sich ein nach innen springendes Mauergeviert in Ecklage nahe dem Hafentor. s. den Plan in: J. T. Clarke, Report on the Investigation at Assos (1882); Auf den Pla¨nen Prienes verzeichnete, von der talseitigen Befestigungslinie ins Siedlungsinnere zuru¨ckspringende Mauerrechtecke wurden nachtra¨glich, wohl in spa¨tantiker Zeit, errichtet.
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Die Siedlungen
hellenistischen Phase zuzuweisen, wa¨hrend der bastionshafte Westturm 5 wohl schon in der Klassik angelegt worden sein du¨rfte. 2) Die OstXanke (Faltplan 1. 2 Abb. 48. 53–57. 60. 61) An der OstXanke haben sich im Bereich der Mittelburg substantielle Reste der hellenistischen Kurtinen erhalten. Im oberen Drittel der OstXanke nu¨tzt die 0, 90 m starke Befestigung eine a¨ltere Wehrmauer als Fundament. Weiter su¨dlich wurde sie auf dem anstehenden Felsen fundamentiert. Dort erlaubt der relativ gute Erhaltungszustand auch Beobachtungen zu Mauertechnik und Stil. Die Tendenz zur Pseudoisodomie des an den Schauseiten nur leicht nach außen gewo¨lbten Quaderwerks wird hier deutlich; auch beWnden sich die ganze Mauerbreite durchlaufende, hochkant stehende Binder verschiedentlich in situ. Die an der OstXanke aus der KurtinenXucht vorspringenden, im Grundriß eher gedrungenen Tu¨rme 1 und 2 geho¨ren wohl in diese Bauphase. Ersterer du¨rfte im Fundament mit der Kurtine verzahnen, ist jedoch im Aufgehenden vo¨llig verstu¨rzt. Der in pseudoisodemem Mauerstil hochgezogene Ostturm 2 wurde im Aufgehenden als geschlossener Bauko¨rper angelegt, an den die Kurtinen mit Baufuge angelaufen sein du¨rften78. Im Burginneren wurde an den Turm ein weiterer, in Bruchsteintechnik aufgefu¨hrter Raum angeschoben. Ein Zugang in den Turm lag im Erdgeschoß, wie es auch schon beim großen Eckturm und dem hellenistischen Einbau an der OstXanke der Oberburg zu beobachten war. Vom hochgelegenen, im Grundriß gedrungenen Ostturm 4 blieben einige stark verwitterte Scharen des Su¨dwestecks, sonst aber nur Felsabarbeitungen erhalten. Die Mauertechnik du¨rfte eine Zuweisung an die hellenistische Phase der Kurtinen rechtfertigen. 3) Die Su¨dXanke (Fig. 2) Die siedlungsgeschichtlich bedeutsame Frage nach dem Verlauf der hellenistischen Befestigungen an der Su¨dXanke Limyras muß leider ungekla¨rt bleiben. Die im Bereich Sondage 9 su¨dseitig vor die klassische Befestigungslinie geblendete, aufgrund der Mauertechnik wohl hellenistische Zweischalenmauer konnte nur auf einige Laufmeter La¨nge angeschnitten werden (Fig. 25: M 9). Darum sind Schlu¨sse bezu¨glich ihrer Zweckbestimmung zum jetzigen Zeitpunkt voreilig, eine Errichtung im Zusammenhang mit der Neubefestigung Limyras im Hellenismus la¨ßt sich jedenfalls nicht ausschließen. Obwohl es bis heute keinerlei bauliche Hinweise auf eine in hellenistischer Zeit erfolgte Erweiterung des klassischen Mauerringes nach Su¨den gibt, muß auch diese Mo¨glichkeit ins Auge gefaßt werden. Die Lage des großen hellenistischen Podiumbaus – des sogenannten Ptolemaions – in der Ebene ko¨nnte fu¨r eine Verlagerung des Siedlungsschwerpunktes innerhalb des Stadtgebietes von Limyra sprechen. An zahlreichen lykischen Siedlungen der Dynastenzeit la¨ßt sich eine im Hellenismus beginnende Urbanisierung feststellen, die in einer Verbesserung der Bauausstattung und wohl auch in einem Anwachsen der Bevo¨lkerung Niederschlag fand79. Diese Entwicklung hat wohl nicht nur zu einer erheblichen Vergro¨ßerung des verbauten Areals sondern auch fallweise zu einer Erweiterung des Mauerringes gefu¨hrt80.
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Als geschlossene Kernbauten errichtete Mauertu¨rme mit seitlich anlaufenden Kurtinen lassen sich in Lykien sonst nur an der klassischen Nordmauer von Xanthos und am hellenistischen Mauerring von Andriake nachweisen. Philon 84. 18 V., empWehlt Tu¨rme und Mauern nicht im Quaderverband aufzumauern, sondern durch Baufugen zu trennen. Der Denkmalbestand des griechischen Rau-
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mes belegt, daß die von Philon empfohlene Maßnahme keine regelma¨ßige Anwendung fand, sondern ha¨uWg Kurtinen und Tu¨rme in einem Guß errichtet wurden. Dazu s. Lawrence, Aims 221 und Winter, FortiWcations 167, mit Literaturangaben. 79 s. Verf., Siedlungen 27. 80 Dazu s. W. Wurster in: Actes 36.
Zentrallykien I. Zum Siedlungsbild Myras in klassischer Zeit Die zentrallykische Stadt Myra1 liegt rund 3, 5 km vom Meer entfernt, in einer großen alluvialen Ku¨stenebene, am Ausla¨ufer eines sich in das Flachland schiebenden, nach Su¨den und Osten abrupt abfallenden Bergru¨ckens (Abb. 76. 77). In klassischer Zeit du¨rfte sich die befestigte Siedlung auf den Su¨dhang des Burgberges beschra¨nkt haben, in spa¨teren Phasen der Siedlungsentwicklung dehnte sich die Stadt aber, wie noch unausgegrabene Ruinen großer Baukomplexe belegen, auch u¨ber das ebene Gela¨nde am Fuß des Berges aus2. In einer etwas mehr als 4 km von der Stadt entfernt gelegenen, gut geschu¨tzten Bucht entwickelte sich der Hafen Myras, Andriake, der im Hellenismus und vor allem in der Kaiserzeit großzu¨gig ausgebaut werden sollte (Abb. 197). Die große Bedeutung Myras in klassischer Zeit verdeutlichen die zahlreichen, teils mit hervorragenden Reliefs geschmu¨ckten und mit lykischen Inschriften versehenen Felsgra¨ber, die in zwei Nekropolen gegliedert am Fuß des Burghu¨gels in den Felsen geschlagen wurden3. Neben diesen Gra¨bern zeugen nur mehr zahlreiche Felsra¨ume und getreppte Aufwege von der Siedlung am Burgberg, von deren Befestigungen sich nur karge, durch zahlreiche Umbauten verunkla¨rte Spuren am Gipfel erhalten haben. Der schlechte Zustand der fru¨hen Bausubstanz ist wohl auf Siedlungskontinuita¨t zuru¨ckzufu¨hren: Steinraub in Folge der bis in fru¨hmittelalterliche Zeit nachweisbaren Bauaktivita¨ten in der Metropolitenstadt und die Na¨he der modernen Kreisstadt Demre begu¨nstigten die Zersto¨rung a¨lteren Baubestandes. Ein nach Nordosten zum Myrostal und nach Su¨dwesten in die Ebene nahezu senkrecht abfallender, sich jedoch nach Su¨den zum Flachland hin in terrassierten Stufen senkender Ausla¨ufer des Ho¨henru¨ckens wurde zum Burgberg Myras ausgebaut4. An ho¨chster Stelle, diesseits eines Sattels, der das Siedlungsgebiet vom westseitig weiter ansteigenden Gela¨nde des Gebirgszuges trennt, legte man eine Gipfelfestung an (Fig. 111). Ein den Sattel u¨berragender Felsklotz, eine den o¨stlichen Abschluß bildende felsige Kuppe, ein diese verbindender Felsgrat und sich senkendes Gela¨nde am Su¨dhang sind in die Gipfelbefestigung einbezogen. Die Reste großblo¨ckiger, polygonaler Mauerzu¨ge mit abgearbeiteter Schauseite zeugen noch von den nord- und su¨dseitigen Burgmauern (Abb. 78. 81)5. An dem nordwestlichen, den Sattel u¨berragenden Felsen stand ein massiver, aus großformatigem Quaderwerk errichteter Turm mit etwas unregelma¨ßigen Seitenla¨ngen (11, 60613, 0066, 2065, 80 m)6. Obwohl seine zum Burginneren hin 1
Eine Monographie zu Forschungsgeschichte, Topographie und Ruinenbestand von Myra und Umgebung s. J. Borchhardt u. a., Myra passim. 2 Zur Lage der Agora s. zuletzt J. Borchhardt in: Myra 56 V. Die Hangsiedlung du¨rfte jedoch noch bis in die Kaiserzeit dicht bewohnt gewesen und von Zeitgenossen mit der Stadt Myra gleichgesetzt worden sein. Dies ko¨nnte sich jedenfalls aus der Beschreibung Strabos (Geogr. XIV 666) herauslesen lassen. 3 Zu der an den Gra¨bern ablesbaren Bedeutung Myras s. J. Zahle in: Actes 45. 4 Eine Beschreibung der Gipfelbefestigung einschließlich der spa¨ten Umbauten s. R. M. Harrison, AnatSt 13, 1963, 140; Borchhardt in: Myra 45–47. 5 Die Nordmauer verla¨uft auf einem schmalen und steil abfallenden Felsgrat, wa¨hrend an der Su¨dseite, durch den ausschnitthaften Erhaltungszustand der Kurtinen bedingt, der Mauerverlauf nicht zur Ga¨nze nachzuvollziehen
ist. Das Polygonalmauerwerk mit geradem Fugenschnitt der Kurtinen datierte J. Borchhardt aufgrund komparativer Studien in das 5. Jh. v. Chr. 6 Im Fundamentbereich ist der polygonale Charakter des Mauerwerks eindeutig. Die in den ho¨heren Zonen des Baus verwendeten Quader sind besonders großformatig, anna¨hernd pseudoisodom versetzt und exakt verfugt; schra¨ge Stoßfugen kommen nur selten vor. Die AußenXa¨chen der Blo¨cke wurden mittels langer Spitzeisenschla¨ge abgespitzt, vereinzelt Wndet sich Randschlag, Ecklehren waren nicht mit Sicherheit auszumachen. Der Fundamentblock am Nordwesteck weist eine viertelspha¨rische Hebebosse auf, wie sie an klassischem Mauerwerk ha¨uWg auftritt. Der Turm und die polygonalen Abschnitte der Burgmauern du¨rften in die gleiche, wohl fru¨hklassische Bauphase geho¨ren, die hohe Qualita¨t des zur Isodomie tendierenden Mauerwerks des bergfriedartigen Kernbaus unterstreicht den repra¨sentativen Charakter des Turmes.
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gelegene Flanke im Zuge von Umbauten abgerissen wurde, la¨ßt sich sein Grundriß anhand der in spa¨teres Mauerwerk einbezogenen Ecken einwandfrei nachvollziehen (Abb. 79. 80). Auch die o¨stliche Kuppe scheint geschlossen befestigt gewesen zu sein, zahlreiche, teils mit wiederverwendetem Steinmaterial ausgefu¨hrte Umbauten erschweren jedoch die Beurteilung des Befundes. Eine nordseitig an die Burgmauern angeschobene, großXa¨chige Zisterne von anna¨hernd rechteckigem Grundriß wurde teils aus dem Felsen geschlagen, teils aufgemauert. Sie du¨rfte ebenfalls dem klassischen Baubestand zuzurechnen sein. In allen Teilen der Burg anstehende, jedoch teils in Wiederverwendung stehende Abschnitte pseudoisodomen Quadermauerwerkes mit bossierter Schauseite, das wahrscheinlich unter Verwendung von Bindern hochgezogen wurde, belegen eine hellenistische Bauphase (Abb. 82)7. Große, stark bossierte Blo¨cke mit Randschlag, wie sich einige im Bereich des Su¨dwestecks der Burg erhalten haben, ko¨nnten vielleicht in spa¨tklassische Zeit geho¨ren, Sicherheit la¨ßt sich diesbezu¨glich aber nicht gewinnen. Von den das Siedlungsgela¨nde seitlich umfassenden, wohl einst an der Oberkante der Steilha¨nge verlaufenden Befestigungsmauern hat sich nur wenig erhalten8. Mo¨glicherweise zu einem Tor geho¨rige Abschnitte in polygonalem Stil errichteter Stadtmauern Wnden sich jedoch su¨do¨stlich unterhalb des Burgberges in leichter Hanglage oberhalb der Schwemmebene9. Das klassische Siedlungsbild Myras weist aufgrund der verwandten topographischen Gegebenheiten und bezu¨glich des vergleichbaren Aufbaus große A¨hnlichkeiten mit dem Limyras auf. Der am Rand einer Schwemmebene beWndliche Burgberg wurde bis an einen Sattel befestigt, durch den er sich vom Hauptmassiv des Ho¨henzuges absetzt. Ein am Rand des Sattels gelegener, hochaufragender Bauko¨rper dominierte die an ho¨chster Stelle der Siedlung angelegte Gipfelbefestigung. Gela¨ndemauern verbanden diese mit einem etwas erho¨ht oberhalb der Schwemmebene verlaufenden Mauerzug, welcher die Siedlung nach Su¨den hin abschloß und wohl von einem in Ecklage beWndlichem Tor durchbrochen war. Der polygonale Mauerstil, der sich an wichtigen Teilabschnitten der Gesamtanlage Wndet, weist auf eine Errichtung im 5. Jh. v. Chr. hin. II. Die befestigte Siedlung von Muskar Die im Hochland no¨rdlich von Myra gelegene befestigte Siedlung von Muskar wurde zwar verschiedentlich von Reisenden aufgesucht, eine systematische Untersuchung ihrer teils ausgezeichnet erhaltenen Ruinen ist jedoch noch aussta¨ndig10. Ein Felsgrab mit der Darstellung einer Ba¨renjagd im Relief wurde jedoch vero¨Ventlicht und belegt die relative Bedeutung der Niederlassung in klassischer Zeit11. An ho¨chster Stelle des Siedlungshu¨gels beWndet sich ein orthogonaler Kernbau, der in eine unregelma¨ßige Burganlage einbezogen ist. Spa¨tere Um- und Einbauten, darunter wahrscheinlich ein im dorischen Stil errichteter Kultbau, verunkla¨ren stellenweise den Befund im Burgbereich. Das zum Polygonalen tendierende Trapezoidalmauerwerk des Kernbaus besteht aus großen bossierten Blo¨cken, die Randschlag aufweisen, den dicht gesetzte und langgezogene Spitzeisenschla¨ge betonen (Abb. 83). Die Burgmauern sind zwar kleinsteiniger und weniger sorgfa¨ltig ausgefu¨hrt, aber bautechnisch und stilistisch vergleichbar und geho¨ren wohl in die selbe Bauphase wie der Kernbau. Eine Datierung der Burganlage in klassische Zeit erscheint aufgrund typologischer und bauhistorischer Erwa¨gungen gerechtfertigt.
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Vor allem im Anschluß an den Nordwestturm der Burg haben sich substantielle Reste hellenistischen Mauerwerks in situ erhalten. Zu Resten der hellenistischen Stadtmauern am Rand der Ebene s. J. Borchhardt in: Myra 43. 8 An der Su¨dwestXanke Wnden sich an mehreren Stellen kurze Abschnitte einer der Hangkante folgenden Befestigungsmauer aus großen, kaum verfugten Bruchsteinen.
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Borchhardt deutet ein kurzes polygonales Kurtinenstu¨ck, welches an beiden Enden klar als Kante abschließt, als Tor. Die Mauer wurde in ein tu¨rkisches Wohnhaus einbezogen und la¨ßt sich heute nicht mehr untersuchen. 10 Zu Muskar s. Reisen II 40 f.; R. M. Harrison, AnatSt 13, 1963, 131 Anm. 95; Bean, Lykien 135. 11 J. Zahle, JdI 94, 1979, 306 V. Abb. 35.
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III. Die Burg von Gu¨rses Schon die Teilnehmer der o¨sterreichischen Expedition entdeckten bei dem im o¨stlichen Zentrallykien in der Na¨he Myras beWndlichen Dorf Gu¨rses eine Akropolissiedlung und publizierten eine knappe Beschreibung der Sta¨tte12. In den Sechzigerjahren dieses Jahrhunderts wurden die Untersuchungen des Ruinenbestandes wieder aufgenommen: Im Zuge des Myrasurveys verfertigte J. Borchhardt eine Skizze der Burg und begann mit der Erforschung der Nekropolen13. Auch J. Zahle und C. Deltour-Levie besuchten den Ort, ihr Interesse konzentrierte sich auf den reliefgeschmu¨ckten Grabpfeiler14. W. Wurster vero¨Ventlichte zuletzt eine in den 70 er Jahren entstandene Planskizze des Siedlungsgebietes (Fig. 28)15. Die Ruinensta¨tte liegt nahe der Stelle, an welcher einst eine antike Wegverbindung, von Myra kommend, den tiefen Einschnitt des Suratales verließ, um westwa¨rts Hochta¨lern folgend das YavuHochland zu durchlaufen16. Die Siedlung erstreckt sich u¨ber den su¨dseitigen Hang eines ungefa¨hr Ost-West streichenden, kammartig ausgebildeten Ho¨henzuges (Fig. 28). An ho¨chster Stelle, in Grat¨ ber das daruntergelegene, selbst fu¨r lage, beWndet sich ein geschlossen befestigter Bereich, die Burg17. U lykische Verha¨ltnisse ungewo¨hnlich steile Gela¨nde erstreckt sich die Wohnsiedlung, welche, bis auf einige nahe der Akropolis errichtete Ha¨user, weitgehend verstu¨rzt ist. Auf einer knapp unterhalb der Wohnsiedlung gelegenen, natu¨rlichen Gela¨ndeterrasse beWnden sich zahlreiche Grabbauten, darunter auch ein umgestu¨rzter, reliefgeschmu¨ckter Grabpfeiler18. In ho¨herer Lage, su¨do¨stlich und etwas unterhalb der Gipfelbefestigung wurde ein Fassadenkammergrab klassischen Typs in den anstehenden Felsen geschlagen19. J. Borchhardt vero¨Ventlichte eine nicht maßsta¨bliche Handskizze der Burg und einige Grabbauten der Siedlung, verzichtete jedoch darauf, sich mit den schlecht erhaltenen Ruinen der Wohnsiedlung na¨her auseinanderzusetzen. W. Wurster fertigte im Zuge seiner Surveys eine Planskizze der Ruinensta¨tte an, aus der sich die Ausdehnung und Struktur der Siedlung ablesen lassen, nahm aber nur einzelne, besser erhaltene Raumkomplexe auf, so daß eine genaue topographische und baugeschichtliche Untersuchung weiterhin aussta¨ndig ist. Die Ruinen der Burg20 Die an ho¨chster Stelle der Siedlung, am Grat des Felskammes gelegene Burganlage ist etwa 60 m lang und bis zu 15 m breit, hatte also eine GrundXa¨che von rund 800 m2 (Fig. 29). Ihre La¨ngsausdehnung war durch das Gela¨nde vorgegeben, da westseitig ein Sattel den Burgberg von etwas ho¨hergelegenen Abschnitten des Gebirgskammes trennt und im Osten das Gela¨nde erst steil in Stufen abfa¨llt, um letztlich als Felsgrat weiter zu laufen. Der steile Nordhang weist keine Besiedlungsspuren auf. Die Gipfelbefestigung besteht aus zwei an den Schmalseiten gelegenen, turmartigen Bauko¨rpern und diese verbindenden Mauern auf. Im heutigen Zustand stellt sie sich gro¨ßernteils als das Ergebnis von Umbauten in schlechtem Mauerwerk dar. Einige Teile einer a¨lteren Anlage haben sich jedoch erhalten. Der auf einen Felsstock gesetzte Westturm war urspru¨nglich rund 12 m lang und 7 m breit (Fig. 29). Sein ostseitiges Gegenstu¨ck war mit 10 m La¨nge und 7 m Breite etwas kleiner. Beide Bauko¨rper und ein an den Ostturm su¨dseitig anschließender Mauerzug, der bis an das Su¨dosteck der Burg erhalten blieb, wurden in trapezoidalem Mauerwerk errichtet (Fig. 30. 31 Abb. 84. 85). Die in das Burginnere 12
Reisen II 9 f. s. J. Borchhardt in: Myra 81–85. 14 Zahle, Monumentet 35 f.; Les piliers 175–176. 15 W. Wurster, Lykiensymposion II 26 Abb. 22. 16 Zu dieser Wegverbindung, von der sich im Suratal substantielle Reste erhalten haben, s. J. Borchhardt in: Myra 81 f.; Verf., Siedlungen 26. 17 s. J. Borchhardt in: Myra Abb. 17: Planskizze der Siedlung mit der Akropolisbefestigung. 13
18 Zu diesem spa¨tarchaischen Pfeiler s. J. Borchhardt in: Myra 82 Abb. 19. Taf. 54 A – C; J. Zahle, Monumentet ¨ Jh 61, 1991, 73 Abb. 7. 35 f.; Les piliers 175–176; Verf., O 19 s. J. Borchhardt in: Myra 82. Es handelt sich um ein einfach ausgefu¨hrtes, relativ kleines Grab. 20 Vielen Dank schulde ich Herrn J. Borchhardt fu¨r ¨ berlassung der im Zug des Myrasurveys erarbeiteten die U ¨ berlegungen als Grundlage geUnterlagen, die meinen U dient haben.
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gerichteten Flanken der Tu¨rme riß man jedoch im Zuge spa¨terer Umbauten ab21. Wa¨hrend beim Bau der Tu¨rme großformatige Blo¨cke versetzt wurden, zog man die Burgmauer aus mittelformatigem Steinmaterial hoch (Fig. 31 Abb. 85). Stilistisch sind diese binderlosen Mauern jedoch nahe verwandt: Schra¨ge Stoßfugen, Bossen und Randschlag, den schra¨g zur Blockkante gefu¨hrte Spitzeisenschla¨ge betonen, pra¨gen das Bild der Schauseiten. Die Mauern des Ostturmes sind durchgehend etwa 1, 40 m stark. Vom Westturm sind meist nur an den Fels gesetzte Schalen erhalten, an der Nordseite la¨ßt sich jedoch eine Mauerbreite von 1,10 m messen. Die Nord- und Su¨dmauern der Burg bestehen aus schlecht verfugtem Bruchsteinmaterial in welches auch bossierte Spolienblo¨cke der trapezoidalen Phase verbaut wurden (Abb. 86. 87). An der Su¨dseite liegt nahe dem Westturm ein Eingang, welcher ebenfalls aus schlecht verfugtem, teils in Wiederverwendung stehendem Steinmaterial errichtet wurde. Ein unterhalb der Su¨dXanke der Burg in Teilstu¨cken erhaltener Aufweg fu¨hrte wohl einst an das Burgtor. Im Burginneren anstehendes, nachla¨ßig ausgefu¨hrtes Mauerwerk geho¨rt sicherlich einer spa¨ten Phase an. Einzig eine etwa 5, 0064, 00 m im Grundriß messende, aus dem anstehenden Felsen geschlagene Zisterne muß man wohl dem urspru¨nglichen Baukonzept zuweisen. An den Burgbefestigungen lassen sich mindestens zwei Bauphasen klar ablesen. Die zwei Tu¨rme, die Ostkurtine der Burg und wohl auch die Zisterne geho¨ren in klassische Zeit. Diese Bauten wurden zu einem spa¨teren Zeitpunkt teilweise abgerissen und das dabei gewonnenen Steinmaterial in Zweitverwendung in die heute anstehenden Burgmauern verbaut. Diese spa¨te Bauphase ist von besonders nachla¨ssiger Ausfu¨hrung: Bruchsteine und Spolienblo¨cke wurden mit klaVenden Fugen aufeinander gesetzt. Spuren von Mo¨rtelbindung ließen sich nicht feststellen, das Bindemittel mag aber sparsam verwendet und spa¨ter ausgewaschen worden sein. Das Siedlungsbild in klassischer Zeit Der Grabpfeiler im Nekropolenbereich weist darauf hin, daß der Siedlung schon in der spa¨tarchaischen Periode einige Bedeutung zukam. In hochklassischer Zeit wurde wohl die an ho¨chster Stelle der Hangsiedlung beWndliche und von zwei turmartigen Bauko¨rpern in Randlage u¨berragte Burg angelegt. Mit einer GesamtXa¨che von etwa 800 m2, von welcher etwa 160 m2 von den beiden Kernbauten eingenommen wurden, war sie im Vergleich mit anderen Gipfelbefestigungen dieser Epoche relativ klein. In einem etwas tiefer gelegenen, in der Ausfu¨hrung jedoch sehr einfachen Fassadenkammergrab du¨rften die Burgherren bestattet gewesen sein. An dem außergewo¨hnlich steilen Su¨dhang blieben meist nur spa¨rliche Baureste erhalten, so daß sich eine ehemals die Wohnsiedlung schu¨tzende Befestigungslinie nicht nachweisen la¨ßt. In dieser Frage ko¨nnten weitere Untersuchungen und Vermessungsarbeiten noch Klarheit bringen. Im unteren Bereich der Siedlung anstehendes qualita¨tvolles Polygonalmauerwerk du¨rfte einer fru¨hen Bauphase angeho¨ren. IV. Die befestigte Siedlung von Trysa (Faltplan 4 Fig. 32. 33)22 Die unter dem tu¨rkischen Toponym Go¨lbas¸ı bekannt gewordene antike Ho¨hensiedlung Trysa liegt rund 5 km Luftlinie von der Ku¨ste entfernt im o¨stlichen Teil des mittellykischen Yavu-Berglandes. Die besondere Bedeutung von Trysa fu¨r die archa¨ologische Forschung liegt in der Entdeckung des Heroons und seiner Friesplatten begru¨ndet, auf deren kunstgeschichtliche Auswertung sie sich konzentrierte, wa¨hrend die Siedlung, abgesehen von einer Planskizze der o¨sterreichischen Expeditionen des 19. Jhs. und einem von W. Wurster erst unla¨ngst in Wien vorgestellten Plan, nur wenig Beachtung gefunden hat23. 21 Auch der zentrale Turm der Burg von Hoyran wurde bei der Erneuerung in spa¨tantik-byzantinischer Zeit als obsolet erachtet und teilweise abgerissen. Dazu s. Verf. in: Lykische Studien 2, 222. 22 Eine eingehende Beschreibung der archa¨ologischen
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Hinterlassenschaft im Bereich der befestigten Siedlung von ¨ berlegungen zur Siedlungsgeschichte s. Verf. Trysa und U in: Lykische Studien 1, 97–125. 23 Eine Planskizze s. Reisen II, Abb. 6; Wursters Plan s. Lykiensymposion II 19 f. Abb. 9–11. Wichtige Beschrei-
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Die stark befestigte Burg erstreckt sich auf einem schmalen Gela¨ndegrat, der sich nach Osten, zum Heroon hin, etwas senkt und im Westen in Stufen abbricht (Abb. 89). Am verha¨ltnisma¨ßig steilen, jedoch nicht allzu hohen Su¨dhang liegt die Wohnsiedlung. Diese reicht bis an Xacheres, teils in einem Sattel beWndliches und von einem parallel streichenden Ho¨henzug begrenztes, teils nach Su¨den hin oVenes Gela¨nde, welches heute terrassiert und landwirtschaftlich genutzt ist. Im Norden fa¨llt der Ho¨henzug sehr steil bis in ein langgestrecktes Fruchttal ab. Archaische und Fru¨hklassische Zeit Das a¨lteste aus Trysa bekannte Artefakt ist ein Randfragment einer Hydria, welches 1990 im unteren Teil des Stadtgebietes aufgesammelt wurde und in das spa¨te 7. Jh. v. Chr. datieren du¨rfte. Ein Grabpfeiler, der schon im 19. Jh. entdeckt und aufgenommen wurde, geho¨rt zu einer Gruppe typisch lykischer spa¨tarchaischer Denkma¨ler24. Eine nahe dem Pfeiler anstehende polygonale Mauer du¨rfte die Kuppe, auf welcher das Grabmonument stand, architektonisch gefaßt haben und ko¨nnte mo¨glicherweise gleichzeitig angelegt worden sein. Nahe dem Su¨dosttor der Siedlung ist ein la¨ngeres Stu¨ck einer großblo¨ckigen Polygonalmauer mit geradem Fugenschnitt und einer vorkragenden Schar von Quaderplatten in die klassische Stadtmauer einbezogen und auch im Stadtgebiet Wndet sich vereinzelt derartiges Mauerwerk. Diese Befunde erlauben es jedoch nicht, ein zusammenha¨ngendes Bild der archaisch-fru¨hklassischen Siedlung zu gewinnen25. Die klassische Siedlung Die rund 2, 5 ha große befestigte Siedlung klassischer Zeit bietet ein einigermaßen geschlossenes Bild und du¨rfte einem Baukonzept entsprechen, dem auch das Heroon zuzuweisen ist (Fig. 41). Eine Datierung der Gesamtanlage in das fru¨he 4. Jh. v. Chr. scheint folglich gesichert zu sein. Die FortiWkationen und alle weiteren dieser Phase zuweisbaren Bauten wurden zur Ga¨nze oder zumindest teilweise aus binderlosem, bossiertem Trapezoidalmauerwerk errichtet. An schlecht einsichtigen Befestigungsabschnitten, vor allem an der Nordseite, steht grobes Bruchsteinmauerwerk an (Abb. 95). Am Felsgrat erstreckt sich die in drei unterschiedlich hoch gelegene befestigte Bereiche geteilte Burg (Fig. 37). Zuoberst liegt der im Grundriß unregelma¨ßige turmartige Kernbau der Oberburg (Abb. 91), welcher eine GrundXa¨che von rund 600 m2 einnimmt und in die langgestreckte Anlage der Burg einbezogen ist. Diese war u¨ber ein in einem sackartig zuru¨ckgenommenen Hof beWndliches Tor zuga¨nglich (Fig. 34. 36 Abb. 88. 90). Eine o¨stlich davon etwas tiefer anstehende Gela¨ndestufe, die sogenannte Ostbastion, wurde ebenfalls befestigt, war jedoch nur gemeinsam mit der Burg zu verteidigen. Ein als Zisterne genutzter, halbrunder Turm von mehr als 10, 00 m Durchmesser deckte sowohl den Zugang zur Bastion als auch den Torhof der Burg (Fig. 34. 35 Abb. 92). Am Su¨dhang unterhalb der Gipfelbefestigungen erstreckt sich die in Terrassen angelegte Wohnsiedlung, welche von einer Wehrmauer (Abb. 98) geschu¨tzt und u¨ber zwei Tore zuga¨nglich war. Das im Su¨dwesten in Ecklage beWndliche Haupttor der Siedlung ist als Korridor mit zuru¨ckgenommenem Torverschluß gestaltet und wird von einem bastionsartigen Mauergeviert gedeckt (Fig.
bungen der Ruinen Trysas s. Ritter, Erdkunde 1136 – 1141; Reisen I 32; Reisen II 10 V.; O. Benndorf, AEM 6, 1882, 182 V.; O. Benndorf – G. Niemann, Das Heroon von Trysa (1889) 22 V.; W. Wurster, Tu¨rkAD 24-1, 1977, 195 Abb. 4. 24 Bezu¨glich des Pfeilergrabes von Trysa s. Benndorf, Bericht 182–230; Reisen II 13 Abb. 9; O. Benndorf – G. Niemann, Das Heroon von Trysa (1889) 23; PerrotChipiez V (1890) 391 V.; E. Akurgal, Griechische Reliefs
des 6. Jhs. aus Lykien (1941) 98 f.; Les piliers 87 V.; Ein ¨ Jh Bericht u¨ber den Neufund eines Fragmentes s. Verf., O 61, 1991, 69–74 Abb. 1–7. 25 Das im Westen der Oberburg gelegene, vom Verfasser an anderer Stelle (Lykische Studien 1, 101) einer Vorga¨ngeranlage zugeschriebene polygonale Fundament du¨rfte mit dem aufgehenden Trapezoidalmauerwerk der Anlage gleichzeitig sein.
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38. 40 Abb. 93. 94). Das einfach gestaltete Su¨dosttor der Siedlung liegt ohne Flankenschutz an exponierter Stelle (Fig. 39). Eine Gruppe von großen, unterhalb der Burg errichteten Terrassenbauten, die wohl zu einem Palastkomplex geho¨ren du¨rften, dominiert das Siedlungsbild der Wohnsiedlung. Der ho¨chstgelegene und gro¨ßte dieser Bauten war mo¨glicherweise mit kultischen Einrichtungen verbunden und ko¨nnte als dynastischer Wohnbereich gedient haben. KleinerXa¨chige Terrassenanlagen und Felsbauten liegen tiefer am Hang sowie im Westbereich der Niederlassung. Im Osten der Siedlung, direkt unterhalb der Mauern, standen das Heroon sowie eine Gruppe von Grabha¨usern und Sarkophagen (Abb. 96. 97). Ein weiteres Grabhaus liegt im Su¨dwesten der Niederlassung, nahe der Hundestele. Das einzige Fassadenkammergrab Trysa beWndet sich oberhalb einer Felsraumgruppe im Westen des Wohnbereichs. Trysa im Hellenismus Im Denkmalbestand scheint sich ein Nachlassen der Siedlungsdynamik in hellenistischer Zeit abzuzeichen. Der Neubau eines kleinen Tempels und anderer Geba¨ude im Vorfeld der Befestigung sind zwar eindeutige Zeichen einer Hellenisierung26. Diese ko¨nnen aber nicht u¨ber die geringe Bedeutung des Ortes hinwegta¨uschen, die in der Nennung des ‘Demos’ unter Auslassung der ‘Boule´’ auch in einer Ehreninschrift epigraphisch dokumentiert ist27. Trysa scheint in politische Abha¨ngigkeit von Kyaneai geraten zu sein, einer Polis, welche im Hellenismus in Mittellykien Zentralortfunktion fu¨r ein weiteres Umland an sich gezogen zu haben scheint28. Es gibt auch Hinweise darauf, daß von den Befestigungen Trysas stammendes Steinmaterial in hellenistischer Zeit bei der Errichtung des Kultbaus wiederverwendet wurde, die Siedlung ko¨nnte zu diesem Zeitpunkt ihren wehrhaften Charakter verloren haben. In nachantiker Zeit wurden die schon stark verfallenen Befestigungen der Burg erneuert. V. Die befestigte Siedlung von Hoyran (Faltplan 5 Fig. 42. 43)29 Rund 4 km von der Ku¨ste entfernt, in etwa 500 m Seeho¨he liegt im su¨do¨stlichen Teil des mittellykischen Berglandes nahe dem tu¨rkischen Dorf Hoyran eine Ruinensta¨tte, deren antiker Name nicht bekannt ist30. Auf einer als felsiges Plateau ausgebildeten Gela¨ndestufe, an deren steil abbrechendem Su¨drand sich die Siedlung beWndet, erstrecken sich einige noch heute landwirtschaftlich genutzte Fruchtebenen (Abb. 100). Diese boten wohl einst die wirtschaftliche Grundlage fu¨r das Entstehen der Niederlassung. Die Reliefs eines am Nordhang des Burghu¨gels beWndlichen klassischen Fassadenkammergrabes erlauben es, die Geschichte der Siedlung bis an den Anfang des 4. Jhs. v. Chr. zuru¨ckzuverfolgen, wa¨hrend sich datierbare a¨ltere Befunde im Ruinenbestand nicht erhalten haben (Abb. 101)31. Die befestigte Siedlung erstreckt sich auf einem Ost-West streichenden Gela¨ndekamm, von welchem sie zwei Kuppen und die dazwischen liegende Senke einbezieht, sowie u¨ber einen Teil des 26
Der Bau derartiger kleiner Antentempel in dorischem Stil la¨ßt sich auch fu¨r andere, im Hinterlandes gelegene zentrallykische Siedlungen mit klassischer Vergangenheit nachweisen. In Tyberissos liegt auf einem Hu¨gel su¨dlich außerhalb der klassischen Befestigung und oberhalb eines mo¨glicherweise als Platz gestalteten Sattels ein solches mit Ehrendekreten beschriftetes Heiligtum (s. u. S. 80). In Muskar (s. o. S. 74), oberhalb Myras, Wnden sich im Bereich der klassischen Burg noch unpublizierte Reste eines dorischen Tempels. Dazu s. R. M. Harrison, AnatSt 13, 1963, 131 Anm. 95. 27 Zu dieser Ehreninschrift s. Reisen II 8 f. Nr. 14. 28 Schon E. Petersen (Reisen II 9 Nr. 16) schloß von einem Sarkophag mit Nennung Kyaneais, welcher am Fuß
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des Trysaberges gelegen war, auf politische Zusammengeho¨rigkeit der Sta¨tten. Dazu s. zuletzt Zimmermann, Landeskunde 91. 29 Eine eingehende Beschreibung der archa¨ologischen Hinterlassenschaft im Bereich der befestigten Siedlung von ¨ berlegungen zur Siedlungsgeschichte s. Verf. Hoyran und U in: Lykische Studien 2, 205–228. 30 Eine Zusammenfassung der Forschungsgeschichte s. Verf. a. O. 205 f.; Die wichtigsten Beschreibungen und Planskizzen: Reisen I 39 V.; Reisen II 23–26; W. Wurster in: Lykiensymposion II 10. 24 Abb. 18 –19; Les piliers 13 V. 31 s. u. Anm. 35.
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su¨dseitigen Abhanges. Ihre maximale La¨ngserstreckung liegt bei 250 m, wa¨hrend sich die Breite des befestigten Areals nicht genau bestimmen la¨ßt, aber kaum u¨ber 40 m betragen haben kann, wodurch sich eine befestigte GesamtXa¨che von ho¨chstens 1 ha ergibt (Fig. 43. 49). Der trapezoidale Mauerstil und das binderlose Mauerwerk der Befestigungen erlauben eine Datierung der wohl in einem Zug errichteten Anlage in klassische Zeit. Die auf der westlichen Kuppe, an ho¨chster Stelle der Siedlung beWndliche Gipfelbefestigung besteht aus einem anna¨hernd quadratischen, turmartigen Kernbau [a] und den daban angesetzten Mauern der anna¨hernd trapezfo¨rmigen Burganlage [b] (Fig. 44 –46 Abb. 102)32. In diese gelangte man u¨ber einen siedlungsseitig gelegenen axialen Zugang. Die Befestigungen an der NordXanke des Burghu¨gels folgen einem stark vebkarsteten Gela¨ndekamm bis an einen bastionsartigen Bau [d], der den Sattel u¨berragt, in dem sich das Haupttor der Siedlung beWndet (Fig. 47. 48 Abb. 99. 104. 105). Da der Zugang [e] an der natu¨rlichen Schwachstelle der Befestigungen gelegen war, mußte er mit erheblichem Aufwand geschu¨tzt werden: Neben dem aus der KurtinenXucht zuru¨ckgenommenen Axialtor Wnden sich in diesem Bereich Xankierende Bastionen [g, f] (Abb. 103), Mauerzu¨ge im Vorfeld und mo¨glicherweise ein erho¨ht gelegener Turm. Von der Befestigung des o¨stlichen Hu¨gels blieben nur vereinzelte Felsbettungen, ka¨rgliche Mauerreste sowie einige bossierte Quader einer Eckbastion [i] erhalten. Das topographische Verha¨ltnis dieser Erhebung zu dem in der Senke gelegenen Haupttor machte es jedenfalls unumga¨nglich notwendig, sie in das Befestigungskonzept der Siedlung einzubeziehen33. Von den klassischen Befestigungen an der Su¨dseite der Siedlung hat sich so gut wie nichts erhalten. Ein wohl zum Su¨dwesteck der Anlage geho¨riger, bossierter Quader und Felsabarbeitungen stehen auf einem kleinen Felsstock su¨dlich unterhalb der Burg an [j]. Im Su¨dwestteil der Siedlung du¨rfte die spa¨tantik-byzantinische Befestigung den Verlauf der a¨lteren Mauer wiedergeben, wa¨hrend sich im Ostbereich von den klassischen Kurtinen nichts erhalten hat. Die Wohnsiedlung erstreckt sich su¨dseitig u¨ber den felsigen Hang des Burghu¨gels, das Gela¨nde in der Senke sowie den Grat des o¨stlichen Hu¨gels und zieht sich in Form von Terrassen hangabwa¨rts34. Aufgrund des sehr schlechten Erhaltungszustandes Wnden sich in erster Linie ausgedehnte Felsraumkomplexe, Felsra¨ume und Felsabarbeitungen, Befunde, die nicht mit Sicherheit zu datieren sind, deren Entstehen sich aber mit einiger Wahrscheinlichkeit der klassischen Phase zuordnen la¨ßt. Im Norden direkt unterhalb der Mauern und am jenseitigen Rand der kleinen Senke liegen insgesamt sechs klassische Fassadenkammergra¨ber, von denen eines Reliefschmuck aufweist, sowie ein Pfeilermonument35. Die zahlreichen Sarkophage im Vorfeld der Siedlung geho¨ren gro¨ßernteils in die hellenistischro¨mische Epoche und belegen das Weiterbestehen eines blu¨henden, jedoch politisch wahrscheinlich nicht sonderlich bedeutenden Gemeinwesens, welches dem Territorium von Kyaneai eingemeindet worden war36. In die Spa¨tzeit der Siedlung geho¨ren im Bereich des Burgberges beWndliche Befestigungen in Mo¨rtelbruchsteintechnik, die zumeist auf den Fundamenten und Felsabarbeitungen der a¨lteren Kurtinen fußen. Die Burg wurde auf dem in der klassischen Phase vorgegeben Grundriß erneuert, wobei
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GrundXa¨che des Kernbaus: ca. 55 m2; der Burg: ca. 350 m2. 33 Dazu s. Reisen II 23. 34 s. Reisen II 23 f. 35 Eine Beschreibung dieser Gra¨ber s. Les piliers 18 – 26; Zu den Reliefs s. Reisen I 32 Abb. 24; Reisen II 23 f. Abb. 15–16; Les piliers 21–26 Abb. 6 –10; Bezu¨glich der Datierung der Reliefs bestehen unterschiedliche Auffassungen: Teilnehmer der o¨sterreichischen Expedition (Reisen II 23) schlugen eine Datierung in das spa¨te 5. oder ¨ zgan in die erste Ha¨lfte des 4. Jhs. v. Chr. vor, Bruns-O
(Grabreliefs 131) zieht eine Zuweisung an die Mitte des 4. Jhs. vor. J. Zahle datiert das Relief in die Zeit um 380 v. Chr. s. J. Zahle, JdI 94, 1979, 320. Deltour-Levie (Les piliers 49) spricht sich fu¨r eine sehr fru¨he Datierung in die Mitte des 5. Jhs. v. Chr. aus. 36 Zwei der Inschriften, die von Teilnehmern der o¨sterreichischen Expedition aufgenommen wurden, du¨rften in fru¨hhellenistische Zeit datieren. Dazu s. Reisen I 31 Nr. 8; Reisen II 24 Nr. 28. Zu den inschriftlich verfu¨gten Grabbußen an Kyaneai s. Zimmermann, Landeskunde 94 f.
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man auf den zentralen turmartigen Befestigungskern verzichtete. Das ummauerte Siedlungsareal wurde im Vergleich zur klassischen Anlage erheblich verkleinert. VI. Die befestigte Siedlung von Tyberissos37 Siedlung und Burg von Tyberissos liegen in Ku¨stenna¨he im mittellykischen Bergland, hoch oberhalb einer agrarisch genutzten Binnenebene, die heute die wirtschaftliche Basis des Dorfes Tirmisin bildet (Abb. 106). Die Ruinen der in klassischer Zeit entstandenen, wohl einst etwas u¨ber 1 ha großen befestigten Siedlung von Tyberissos (Fig. 50) erstrecken sich u¨ber eine die Burg mit ihrem turmartigen Befestigungskern (17615 m Seitenla¨nge = ca. 250 m2 GrundXa¨che) tragende Kuppe (Abb. 107. 108), den die Ebene u¨berragenden Felsgrat und das im Westen stufenweise abfallende Gela¨nde, auf dem die Wohnsiedlung und ein Großteil der Gra¨ber angelegt wurden. Ein schmaler Sattel, an dessen Ha¨ngen sich mehrere klassische Fassadenkammergra¨ber Wnden, trennt im Osten die Siedlung von dem weiter ansteigenden Ho¨henzug. In die aus trapezoidalem Mauerwerk errichtete und eine GrundXa¨che von ca. 1.000 m2 einnehmende Burg fu¨hrten drei Einga¨nge (Fig. 51–54 Abb. 109. 110). Das repra¨sentative Westtor wird rechts von einem 2 m langen, sa¨gezahnartig versetzten Mauerstu¨ck Xankiert (Fig. 52). Das no¨rdliche Burgtor beWndet sich in Ecklage links Xankiert, an einigermaßen leicht zuga¨nglicher Stelle oberhalb der von einer Mauer gesperrten Senke, in welcher die Wohnsiedlung lag, wa¨hrend ein dritter, axialer Zugang im Su¨den hoch oberhalb einer Terrasse liegt. Von den Befestigungen der Wohnsiedlung haben sich nur ein vorspringender rechteckiger Bauko¨rper an der Su¨dXanke des Burgberges, wohl eine Bastion, sowie Teilstu¨cke einer großblo¨ckigen Bruchsteinmauer an der Nord- und OstXanke erhalten (Abb. 111). An der Su¨dXanke des Burghu¨gels, oberhalb des anzunehmenden Befestigungsverlaufes, ist eine der Streichrichtung des Hanges folgende Gruppe agglutinierender Felsra¨ume erhalten, die klassischen Ursprungs sein du¨rften und aufgrund der prominenten Lage eine a¨hnliche Funktion wie die großen Terrassen von Trysa gehabt haben ko¨nnten. Das Zentrum der hellenistisch-ro¨mischen Wohnsiedlung lag im Bereich nordwestlich des Burghu¨gels. Diese oVene Siedlung sprengte die Grenzen der klassischen Anlage und wuchs u¨ber deren Befestigungsmauer hinweg bis auf den Gela¨ndegrat im Westen. Ein kleiner Tempel und ein Turmbau entstanden auf einer Anho¨he im Su¨den38. An das Ende der Siedlungsentwicklung geho¨ren wohl die in Mo¨rtelbruchsteintechnik ausgefu¨hrten Wiederherstellungsarbeiten auf der Burg und eine kleine, auf dem im Su¨den der Siedlung gelegenen Hu¨gel beWndliche Kirche. VII. Die Burg von Teimiusa39 ¨ c¸ Ag˘ız, welche in Portolanen ha¨uWg unter Die Ku¨stensiedlung Teimiusa liegt in der Bucht von U dem Namen Tristomo aufscheint und als einer der sichersten Ankerpla¨tze Mittellykiens galt. Nahe der modernen Ku¨stenlinie, auf einer felsigen, am Ostrand der Siedlung gelegenen Kuppe, sind die Ruinen einer in trapezoidalem Mauerstil errichteten, im Grundriß orthogonalen Festung von knapp 20 m La¨nge 37
Lokalisierung und Beschreibungen von Tyberissos s. Benndorf, Bericht 18; Reisen II 53; Bean, Lykien 118 V.; Verf., Su¨dtor 70 V.; Eine Beschreibung der archa¨ologischen Hinterlassenschaft im Bereich der befestigten Siedlung von ¨ berlegungen zur Siedlungsgeschichte s. Tyberissos und U Verf. in: Lykische Studien 1, 129 V. 38 Zu den Architekturteilen des Tempels und den Inschriften s. Reisen II 53 Abb. 43. 44; Einen Grundriß der Kirche ebenda Abb. 42.
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A¨ltere Reiseberichte und Beschreibungen s. Benndorf, Bericht 58, wo auch eine Inschrift mit dem Namen der Siedlung aufgefu¨hrt ist (Nr.114); Reisen II 5 V.; Bean, Lykien 115 V. Teimiusa konnte im Zuge des Kyaneai-Surveys kurz besucht und dabei die Festung sowie einige Felsra¨ume skizzenhaft aufgenommen werden. Eine Beschreibung der Burg von Teimiusa s. Verf. in: Lykische Studien 1, 136 V. 39
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und bis zu 14 m Breite erhalten (Fig. 55 Abb. 112–114. 117). Die Schießscharten der Ostmauer wurden sekunda¨r angebracht (Abb. 115. 116), wie wahrscheinlich auch die Fenster, von denen sich Werkstu¨cke mit kreisfo¨rmigen Wolfslo¨chern im Versturz im Inneren des Bauwerks fanden40. Die in klassischer Zeit entstandene und im Hellenismus umgebaute Anlage diente wohl nicht zum direkten Schutz eines Landeplatzes, sondern ko¨nnte, wie auch darunter gelegene Felsra¨ume und Fassadenkammergra¨ber, zu einem kleinen Herrensitz geho¨rt haben. VIII. Die Burg von Korba41 Siedlung und Burg von Korba liegen rund 5 km no¨rdlich Kyaneais oberhalb eines landwirtschaftlich nutzbaren La¨ngstales, das wahrscheinlich die o¨konomische Grundlage fu¨r die Niederlassung bot (Fig. 56. 57 Abb. 118). Trotz der teilweise sehr schlechten Erhaltung des Befundes la¨ßt sich die Struktur der in binderlosem Polygonalmauerwerk mit abgearbeiteter Schauseite errichtete Burganlage mit einiger Wahrscheinlichkeit rekonstruieren: Auf einem Felsstock, der ho¨chsten Stelle des Burgareals, liegt ein zentraler Bauko¨rper, der vielleicht als herrschaftlicher Wohnbereich diente und in einen von einem einfachen Tangentialtor durchbrochenen Mauerring einbezogen ist (Fig. 58 Abb. 119–121. 123). Der architektonische Befund der kompakten Burganlage von Korba spricht fu¨r ein einheitliches Baukonzept. Ein klassisches Felsgrab mit Inschrift bietet einen Hinweis auf die Nutzung des Platzes als dynastenzeitlicher Herrensitz. Die GesamtXa¨che der Anlage betra¨gt etwa 2.400 m2, die des Kernbereiches gescha¨tzte 600 m2. Reparaturarbeiten an den Befestigungen und Siedlungsreste, die im Nordbereich der Burg erhalten sind, aber auch die zahlreichen Sarkophage in der Umgebung, sowie die Ruinen einer Kirche im Tal sprechen fu¨r eine Siedlungskontinuita¨t bis in spa¨te Zeit. IX. Die befestigte Siedlung von Tu¨se Die am Westrand der Ebene von Sarılar, knapp 10 km westlich von Kyaneai im zentrallykischen Bergland gelegenen Ruinen von Tu¨se sind seit der Mitte des 19 Jhs. bekannt42. Sie wurden immer wieder von Reisenden aufgesucht, die sich jedoch vor allem mit den Grabbauten bescha¨ftigten43. Eine sorgfa¨ltige Untersuchung der Siedlung und eine tachymetrische Aufnahme erfolgten in den Jahren 1991–1993 im Zuge des Kyaneai-Surveys44. Die befestigte Siedlung besteht aus einer am ho¨chsten Punkt des kegelfo¨rmigen Siedlungshu¨gels beWndlichen orthogonalen Burganlage mit zwei turmartigen Kernbauten und einem die Wohnsiedlung und Grabbauten umfassenden, doppelten Mauerring (Faltplan 6 Fig. 59 Abb. 124). Weitere Gra¨ber liegen außerhalb der Befestigungen im Nahbereich der Siedlung. Zwischen den beiden an der Basis verfu¨llten und einst hoch aufragenden Kernbauten der Burg liegen zwei Ra¨ume, deren westlicher als Zisterne Nutzung fand (Fig. 59). Im Norden anschließend Wndet sich eine als Hof zu interpretierende ummauerte Fla¨che, in die wohl einst der Eingang der Anlage fu¨hrte. Deren in Lykien einzigartiges Mauerwerk verbindet Elemente klassisch-polygonaler Mauern mit den schra¨gen Stoßfugen des trapezoidalen Stils: Es Wnden sich Eckorthostaten, vorkragende bandartige Scharen, polygonal geschnittene Blo¨cke und eine Gliederung der Mauern in horizontale Zonen neben 40 An der Su¨dseite Wnden sich in der obersten erhaltenen Schar zwei sich zum Geba¨udeinneren verbreiternde und nach unten zu abgeschra¨gte Abarbeitungen, die ebenfalls mit Fenstern oder Schießscharten in Verbindung gebracht werden mu¨ssen. 41 Reiseberichte zu Korba s. Travels I 119–121; Benndorf, Bericht 240; Reisen II 26; Bean, Lykien 105. Eine eingehende Beschreibung der Burg von Korba s. Verf. in: Lykische Studien 1, 125 V. 42 Eine erste Beschreibung der Siedlung erfolgte durch T. A. B. Spratt und E. Forbes (Travels I 110). Auch die
o¨sterreichischen Reisenden gelangten an den Ort. Dazu s. O. Benndorf, AEM 6, 1882, 234 f.; Reisen II 27. 43 Zahle, Monumentet 30; ders., JdI 94, 1979, 333; ¨ zgan, Grabreliefs, 274. Les piliers 182; Bruns-O 44 Einen Vorbericht s. I. Akyel in: X. AST (1992) 401–408; Eine eingehende Beschreibung der befestigten ¨ berlegungen zur SiedlungsgeSiedlung von Tu¨se und U schichte s. I. Akyel – F. Kolb in: Lykische Studien 2, 119–150; Verf. in: Lykische Studien 2, 151–166; F. Kolb in: Lykische Studien 2, 193–204.
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ha¨uWg auftretenden schra¨gen Stoßfugen und von Randschlag gerahmten, stark vorkragenden Bossen (Fig. 60. 62. 63 Abb. 122. 125–127). Die streng orthogonale Anlage der Burg spiegelt ein geschlossenes, jedoch stark additives Baukonzept wider und du¨rfte in klassischer Zeit, vielleicht in der zweiten Ha¨lfte des 5. Jhs. v. Chr., errichtet worden sein45. Einzig eine an die WestXanke des Hofes angeschobene Bastion scheint ausweislich ihres pseudoisodomen Quaderwerkes spa¨ter, wohl in hellenistischer Zeit entstanden zu sein (Fig. 64). In schlechtem kleinsteinigem Mauerwerk durchgefu¨hrte Instandsetzungsarbeiten geho¨ren wahrscheinlich einer spa¨teren Epoche an. Der Innere, einst an die Burg anschließende und wohl mit dieser gleichzeitige Mauerring (Akropolismauer) verband mehrere turmartige Baukerne. Diese im gleichen Mauerstil wie die Burganlage hochgezogenen, im Grundriß meist la¨nglich rechteckigen Bauten waren teils u¨ber im Siedlungsinneren in Erdgeschoßho¨he gelegene Zuga¨nge betretbar, du¨rften teils aber auch an der Basis verfu¨llt gewesen sein. Die aus heterogenem Bruchsteinmaterial hochgezogene Kurtine la¨ßt sich nur mehr in Teilstu¨cken verfolgen. An der Su¨d- und der Westseite u¨berlagern immer wieder spa¨tere Bauten den einer Gela¨ndekante folgenden Mauerverlauf, wa¨hrend im o¨stlichen Teil der Su¨dseite die Mauerfu¨hrung nicht mehr nachzuvollziehen ist. Ein Eingang in die Anlage war nicht festzustellen, mag aber an der Westseite im Schutz einer in Ecklage vorspringenden Bastion gelegen haben. Im Inneren des Mauerringes Wnden sich verschiedene, teils auch spa¨te Einbauten, von denen die an der Su¨dseite unterhalb der Burg gelegenen herrschaftlichen Grabbauten besonders hervorzuheben sind46. An diesen inneren Mauerring schloß einst im Bereich des Nordwestecks eine die SiedlungsXa¨che erweiternde Befestigungslinie an. Diese wird von einer aus Bruchsteinmaterial hochgezogenen turmlosen Gela¨ndemauer gebildet, die an der Su¨dseite von einem einfachen Axialtor durchbrochen ist. Ein ostseitiger Anschluß an den inneren Mauerring hat sich nicht erhalten. Im Gela¨nde innerhalb dieser Mauer Wnden sich, neben verschiedenen Geba¨uderesten, die teils in spa¨te Zeit geho¨ren du¨rften, mehrere Tumulus- und Kammergra¨ber. Die Tatsache, daß die bis heute in Lykien entdeckten Tumulusgra¨ber, mit einer einzigen Ausnahme, außerhalb des ummauerten Siedlungsareals liegen, kann als Hinweis dafu¨r gewertet werden, daß in Tu¨se diese Gra¨ber sekunda¨r, bei einer Vergro¨ßerung des Siedlungsgela¨ndes einbezogen worden sein ko¨nnten47. Dies wu¨rde bedeuten, daß die untere Befestigungslinie erst spa¨ter an die schon bestehende, ummauerte Siedlung angeschoben wurde. Dieser Vorgang du¨rfte aber in jedem Fall noch in die klassische Periode einzugrenzen sein, da die Lage eines vor dem Su¨dtor stehenden klassischen Grabhauses wohl auf den schon bestehenden Zugang Bezug nimmt48. Außerhalb der befestigten Siedlung liegen mehrere Tumulus- und Kammergra¨ber, das frei stehende Grabhaus sowie Fassadenkammergra¨ber. Eines der letzteren wird von einem in das 4. Jh. v. Chr. geho¨rigen Relief mit der Darstellung eines Zweikampfes u¨ber einem Gefallenen geschmu¨ckt49. X. Die befestigte Siedlung von Bu¨yu¨k Avs¸ar50 Die erstmals im spa¨ten 19 Jh. von o¨sterreichischen Forschungsreisenden entdeckte und unter dem Toponym Bu¨yu¨k Avs¸ar beschriebene Ruinensta¨tte liegt am o¨stlichen Rand einer verha¨ltnisma¨ßig ausgedehnten und landwirtschaftlich nutzbaren Binnenebene, rund vier Kilometer su¨dlich von Kyaneai im Yavuhochland (Abb. 128)51. Sie wurde seit ihrer Entdeckung nur noch sporadisch aufgesucht; einzig 45
Die GrundXa¨che der Burg betra¨gt rund 475 m2, die der Kernbauten 125 m2 im Fall des Hauptturms und gescha¨tzte 60 m2 im Fall des kleinen Turm 2. 46 In der kleinen ‘Fu¨rstennekropole’ im Su¨den Burg standen zwei Grabpfeiler und ein zweisto¨ckiges Grabhaus. Von einem der Grabpfeiler stammende Reliefs datieren in spa¨tarchaische Zeit. Dazu s. K. Geppert in: Lykische Studien 2, 173–178. 47 Die Tumulusgra¨ber von Phellos, von Seyret, von der neuentdeckten Siedlung oberhalb von Telmessos und von Ku¨c¸u¨k C¸erler liegen außerhalb der Siedlungen. Ein im
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Bereich der Mittelburg von Limyra gelegener Tumulus liegt im – vielleicht auch erst nach dessen Errichtung – ummauerten Areal. s. Verf., Lykia 1, 1994, 80–84. 48 Zu diesem Grab s. M. Miller in: Lykische Studien 2, 167–172. 49 Eine Abbildung s. Reisen II 64 Abb. 45. 50 Eine eingehende Beschreibung der Ruinen von Bu¨yu¨k Avs¸ar durch A. Algu¨l und den Verfasser ist in Vorbereitung und soll im Band 3 der Lykischen Studien erscheinen. 51 Reisen II 59; R. Heberdey – E. Kalinka, Bericht
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G. Bean publizierte in seinem Reisefu¨hrer eine kurze Beschreibung des Turmes und anderer Bauten auf dem Burghu¨gel und erwa¨hnte auch einige Sarkophage mit griechischen Inschriften, fu¨gte aber damit den Angaben Kalinkas und Heberdeys nichts Nennenswertes hinzu52. Die „Zitadelle“ mit dem turmartigen Befestigungskern, welcher die Aufmerksamkeit der Reisenden auf sich gezogen hatte, erstreckt sich auf einem die Ebene rund 60 Ho¨henmeter u¨berragenden felsigen Gela¨ndekamm, den eine schmale Senke vom Hauptmassiv des Kesmele Tepesi trennt (Fig. 65. 66). In der Senke su¨dlich unterhalb der „Zitadelle“ und im Gela¨nde westlich davon liegen die Ruinen einer oVenen Siedlung. Am Westrand der Niederlassung und am nordo¨stlichen Ausgang der Senke, einen antiken Aufweg sa¨umend, Wnden sich zahlreiche Sarkophage und ein auf einer Terrasse gelegener, wahrscheinlich klassischer Grabbau. Die am Westende des Gela¨ndegrates auf einer felsigen Kuppe beWndliche Burganlage besteht aus einem turmartigen Kernbau und den an diesen angeschobenen Burgmauern (Fig. 67. 68 Abb. 129. 130). Der Eingang in die Burganlage lag siedlungsseitig an der Su¨dseite des Turmes; dieser wiederum war u¨ber einen Zugang an der westlichen, im Burginneren gelegenen Hauptseite betretbar. Der an ho¨chster Stelle der Anlage (+ 605 m) auf einem Felsstock errichtete, querrechteckige Kernbau der Burg hat Seitenla¨ngen von rund 17, 20610, 00 m. Der Erhaltungszustand des Geba¨udes ist bemerkenswert: An der Westseite stehen die Mauern und die Laibungen des Eingangs mit dem in situ liegenden, jedoch gebrochenen Deckstein bis in maximal 4 m Ho¨he an (Fig. 68). Das binderlose Zweischalenmauerwerk des Kernbaus wurde aus Blo¨cken lokalen Kalksteines errichtet und zwischen die Schalen Lehm und kleinere Steine eingefu¨llt. Die unterschiedlichen Mauersta¨rken an verschiedenen Seiten des Baus sind auffa¨llig: An der innerhalb der schu¨tzenden Burgmauern beWndlichen Westseite betra¨gt die Mauerbreite 1, 30 m und an den anderen, feindseitigen Flanken des Baus im Mittelwert 1, 60 m. Die Außenschalen wurden in einer zum Polygonalen tendierenden anna¨hernd pseudoisodomen Variante des trapezoidalen Stiles errichtet. An der Schauseite weisen sie zumeist ausgepra¨gte Bossierung und Randschlag mit schra¨g zur Blockkante gefu¨hrten, eng gesetzten Spitzmeißelschla¨gen auf (Abb. 129). Nur im Eingangsbereich entfernte man die Bossen mit dem Spitzeisen. Ein in mindestens zwei Meter Ho¨he mittig an der westlichen Hauptseite des Kernbaus beWndlicher Eingang erlaubte es, den Bau zu betreten. Seine Laibungen wurden aus jeweils drei Scharen von teils als La¨ufer, teils als Binder versetzten Blo¨cken errichtet. Ein 0, 25 m breiter Rahmen bildete den Anschlag fu¨r eine zweiXu¨gelige Tu¨re, von der noch zwei rechteckige Pfanneneinlassungen am Schwellstein und zwei kreisfo¨rmige Angello¨cher am Deckstein zeugen. Den rechten Tu¨rXu¨gel erlaubte zudem ein senkrechter, in ein Stoßloch an der Schwelle gefu¨hrter Riegel zu Wxieren. Ein Riegelbalken ließ sich in Stoßlo¨chern an den Laibungen verankern: Das der Nordlaibung war mehr als doppelt so tief als das Pendant und erlaubte es den Balken einzuha¨ngen. Der Innenraum des Kernbaus war wohl von einem Eingangskorridor in zwei Flu¨gel mit jeweils zwei Ra¨umen unterteilt. Der schlechte Zustand und die einfache Bauweise der Binnenmauern erlauben jedoch keine zeitliche Zuweisung dieser Raumaufteilung. Da die NutzXa¨che des Innenraumes des Turmbaus bei 100 m2 liegt, kann jedoch angenommen werden, daß schon im prima¨ren Konzept eine vergleichbare Teilung vorgesehen war. Eine integrierte kammerartige Zisterne weist jedenfalls eine in klassischen Befestigungen u¨bliche rechteckige Form auf. Die Mauern der Burg schließen am Nordwesteck des Kernbaus an und bilden westseitig eine diesem vorgesetzte Terrasse mit einem bastionsartigen Vorsprung. An der Su¨dseite sind diese Kurtinen heute weitgehend verstu¨rzt und zumeist nur anhand von Felsabarbeitungen ablesbar, ein Verlauf parallel und in geringem Abstand zur Su¨dXanke des Kernbaus la¨ßt sich aber mit Sicherheit rekonstruieren. Am Ende dieses ungedeckten Korridors lag der Eingang in die Burganlage.
u¨ber zwei Reisen im su¨dwestlichen Kleinasien, DenkschrWien 45 (1896) 30. Bu¨yu¨k Avs¸ar liegt etwa halbwegs zwischen Kyaneai und Apollonia und la¨ßt sich von beiden
Siedlungszentren etwa gleichermaßen leicht erreichen. 52 Bean, Lykien 106.
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Das zweischalige binderlose Mauerwerk der Burg ist bedeutend kleinsteiniger und unregelma¨ßiger als das des Kernbaus, diesem aber in der Struktur verwandt (Abb. 130). Im Mauerverlauf wurden meist kleinere Blo¨cke mit schlechtem Fugenschluß verbaut, wa¨hrend sich gro¨ßerformatige quaderhafte Blo¨cke mit spitzen Bossen und Randschlag vor allem an Ecken und im Bereich des sa¨gezahnartigen Mauerversprunges Wnden. ¨ stlich der Burgmauern senkt sich das felsige Gela¨nde des Burghu¨gels bis an eine kleine sattelO artige Senke, jenseits derer sich eine nur wenig ausgepra¨gte Kuppe erhebt. Auf dem Gela¨ndekamm Wnden sich allerorts Siedlungsreste, darunter auch Teilstu¨cke einer Ringmauer, von welcher vereinzelte Blo¨cke und Felsabarbeitungen zeugen. Nur im Fundamentbereich von Kapelle 2 haben sich substantielle Reste dieser Befestigungslinie aus großformatigen und gut verfugten Bruchsteinen mit abstehender Bruchbosse erhalten (Abb. 132). Das Mauerwerk des Kernbaus und des a¨ußeren Mauerringes der Burg sind tektonisch und stilistisch eng verwandt: Der trapezoidale Stil der Mauern, die Behandlung der Schauseiten mit Bosse und Randschlag, den dicht gesetzte, schra¨ge Spitzeisenschla¨ge betonen, und nicht zuletzt das Fehlen von Binderblo¨cken machen eine Datierung in hochklassische Zeit wahrscheinlich. Dieser Befund erlaubt es, fu¨r die klassische Phase von Bu¨yu¨k Avs¸ar eine befestigte Siedlung bestehend aus einer Burg mit turmartigem Kernbau und angeschlossenem ummauerten Wohnbereich zu rekonstruieren, also eine Anlage, wie sie fu¨r lykische Akropolissiedlungen dieser Zeit typisch ist. Mit 0, 25 ha GesamtXa¨che, von denen rund 450 m2 von der Burg und 170 m2 vom Kernbau eingenommen werden, handelt es sich um eine der kleinsten bis jetzt bekannt gewordenen Anlagen dieses Typs. Die anspruchsvolle Ausfu¨hrung der Burganlage bietet einen Hinweis auf den relativen Wohlstand und vielleicht auch auf einen hohen Rang der Bauherren innerhalb der lokalen politischen Hierarchie. Aufgrund der vo¨lligen Zersto¨rung der Wohnsiedlung kann u¨ber deren Struktur nichts ausgesagt werden, die zahlreichen Felsra¨ume mo¨gen jedoch Großteils schon in klassischer Zeit angelegt worden sein. Ein im Su¨den unterhalb der Burg, auf einer aus großformatigen Bruchsteinen errichteten Hangterrasse beWndliches Grab, von dem das Fundament und Teile des aus polygonalen Blo¨cken errichteten Aufbaus erhalten sind, ko¨nnte in klassischer Zeit entstanden und mit der Burg in Zusammenhang zu sehen sein. ¨ ber den Besiedlungscharakter des Areals der „befestigten Siedlung“ im Hellenismus und in der U Kaiserzeit la¨ßt sich aus dem kargen Ruinenbestand kaum etwas ablesen, der gute Erhaltungszustand der Burg mag aber einen Hinweis dafu¨r bieten, daß ihre Mauern la¨ngere Zeit in Stand gehalten wurden. Die Wohnsiedlung im Vorfeld ko¨nnte sich mo¨glicherweise schon in hellenistischer Zeit bis an die Ringmauer geschoben haben, wodurch ein Hinweis auf den Verlust von deren defensiver Funktion gegeben wa¨re. Die in der Senke gelegenen, teils noch hoch anstehenden Ruinen belegen jedenfalls die dynamische Entwicklung und den Wohlstand des auf dem Territorium von Kyaneai gelegenen kleinen Gemeinwesens in diesen Perioden. XI. Die Siedlung vom Avs¸ar Tepesi53 Rund 4 km Luftlinie su¨dwestlich von Kyaneai konnte 1992 im Zuge des Tu¨binger Surveyunternehmens auf dem Avs¸ar Tepesi eine bis dahin unbekannte klassische Ho¨hensiedlung entdeckt werden (Fig. 69). Die Untersuchung der von einer großXa¨chigen Burganlage u¨berragten Niederlassung dauert noch an, erste Ergebnisse wurden jedoch schon vorgelegt54. 53
Die Untersuchung der erst 1992 im Zuge des Kyaneaisurveys entdeckten befestigten Siedlung am Avs¸ar Tepesi steht noch am Anfang. Einen Vorbericht s. F. Kolb in: XII. AST (1995) 87 f. Abb. 9. Mit einer Publikation durch A. Thomsen kann in den na¨chsten Jahren gerechnet werden. 54 s. o Anm. 53. Die besondere Bedeutung dieser Entdeckung liegt in dem Umstand begru¨ndet, daß die Siedlung ho¨chstwahrscheinlich fru¨h, vielleicht noch in klassischer Zeit aufgegeben worden sein du¨rfte. Trotz des
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teils ausgezeichneten Erhaltungszustandes der Ruinen lassen sich jedenfalls keine der hellenistischen Periode zuweisbare Mauerzu¨ge ausmachen. Von den Bauten im Umfeld der Burg seien hier drei Grabpfeiler, mehrere Fassadenkammergra¨ber und eine Reihe von polygonalen Terrassengra¨bern hervorgehoben, die allesamt in klassische Zeit datieren du¨rften. Das Fehlen von Sarkophagen unterstreicht den vorhellenistischen Charakter der Siedlung. Auch in der Streukeramik u¨berwiegt fru¨hes Material.
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Im Zentrum der ausgedehnten Burganlage beWndet sich ein orthogonaler Befestigungskern, der u¨ber einen an seiner Su¨dseite beWndlichen Eingang betreten werden konnte (Abb. 134). Dieser fu¨hrte in einen im Bereich der mo¨glicherweise verfu¨llten Basis des Kernbaus gelegenen Korridor, von welchem man u¨ber eine Treppe oder Leitern in die ho¨hergelegene Turmkammer gelangt sein muß. Das Mauerwerk des Kernbaus tendiert stellenweise zum Isodomen, aufgrund der schlechten Qualita¨t des lokalen Kalksteines sind die Blo¨cke jedoch so stark ausgewaschen, daß ein bruchsteinhafter Charakter u¨berwiegt. Verschiedene Anbauten haben sich im Umfeld des Befestigungskernes erhalten, darunter auch eine im Norden anschließende, halbkreisfo¨rmig verlaufende Steinsetzung, die vielleicht als Zisterne zu interpretieren sein du¨rfte. In das sich su¨dwestlich des Kernbaus erstreckende Burgareal fu¨hrten zwei u¨ber Eck gelegene, jedoch dicht nebeneinander beWndliche axiale Zuga¨nge (Abb. 133). An deren Laibungen hat sich kein Anschlag erhalten, nur sich stufenartig ins Torinnere verschma¨lernde, an der Unterkante des Decksteines beWndliche Einlassungen zeugen vom einstigen Verschlußsystem. Die Burgmauern sind an der Su¨dwestseite aus großformatigem, heute stark verwittertem Bruchsteinmaterial errichtet und stehen stellenweise noch bis zu 5 m hoch an. Am su¨dlichsten Punkt der Burganlage bilden die Kurtinen einen bastionsartigen Vorsprung, der es erlaubte die Langseite zu bestreichen. Ein als Kernbau gestalteter, jedoch aus der KurtinenXucht vorspringender Turm beWndet sich an der NordXanke der Burg. Sein zum Polygonalen tendierendes Trapezoidalmauerwerk sticht von der weiter o¨stlich gelegenen Kurtine ab; es ko¨nnte sich um einen spa¨teren Einbau handeln (Abb. 131). Die unterhalb der Burg beWndliche Wohnsiedlung du¨rfte nicht eigens befestigt gewesen sein, im Westen gelegene Terrasseneinheiten schliessen jedoch talseitig derart aneinander an, daß sich durchgehende MauerXuchten ergeben, die durchaus fortiWkatorischen Charakter gehabt haben ko¨nnen. XII. Die Burg von Apollonia Die im o¨stlichen Zentrallykien gelegene Siedlung Apollonia (Abb. 135) wurde von W. Wurster in einem Vorbericht publiziert, in dem auch ein Gesamtplan und Gela¨ndeschnitte abgebildet sind (Fig. 70)55. Hinweise auf fru¨here Forschungsunternehmen, im Zuge derer der Ort aufgesucht wurde, sowie eine Bibliographie Wnden sich ebenfalls in diesem Artikel. ¨ berbauung la¨ßt sich die Bedeutung der Siedlung in klassischer Zeit aufgrund der Trotz starker U zahlreichen und teils aufwendigen Grabbauten erschließen, die in diese Periode geho¨ren du¨rften56. Das an der NordXanke des Stadthu¨gels gelegene Heroon in polygonalem Stil mit eingesetzter Grabhausfassade wurde sowohl von W. Wurster als auch von J. Zahle in das 5. Jh. v. Chr. datiert und einem Stadtherrn zugeschrieben57. Mehrere Pfeiler- und Fassadengra¨ber sowie die typologisch interessante Verbindung beider Formen Wnden sich im Umfeld der Siedlung. Die Befestigungen und die Burg Einige Kurtinenabschnitte und Terrassierungsmauern weist W. Wurster dem klassischen Befestigungssystem zu, die Gesamtanlage und deren Verteidigungskonzept la¨ßt sich jedoch aufgrund der spa¨teren Vera¨nderungen des Siedlungsbildes nicht mehr rekonstruieren58. Einen auf der ho¨chsten Kuppe im Osten der Siedlung beWndlichen Befestigungskern, der spa¨ter in eine byzantinische Befestigungsanlage integriert wurde, datiert Wurster in hellenistische Zeit (Abb. 135. 213)59. Dieser im Grundriß anna¨hernd rechteckige Bau mit Seitenla¨ngen von rund 16614 m ist aus gut verfugtem, schargebundenem Trapezoidalmauerwerk errichtet (Abb. 214). Der su¨dseitige Eingang liegt etwas aus der Mitte verschoben am Bau. Einem auf dem obersten Block der Westlaibung stehenbelassenen, Xach gearbeiteten Steinzapfen entsprach urspru¨nglich ein in die Unterkante des heute ver-
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s. W. Wurster, AA 1976, 37 V. Abb. 17–18. Ebenda 39–40. Ebenda 40; J. Zahle, ActaArch 47, 1976, 29–46.
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s. Wurster a. O. 40. Ebenda 40–41.
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stu¨rzten, monolithen Decksteines eingearbeitetes Zapfenloch. Durch diese rudimenta¨re Verbindung sollte einem Verschieben des Deckblockes vorgebeugt werden. Die auffallend großformatigen Blo¨cke des Kernbaus haben teils ausgepra¨gte Bossen. Diese rahmt Randschlag, welcher von dicht gesetzten und schra¨g zum Blockrand gefu¨hrten Spitzeisenschla¨gen betont wird. Eine derartige Schauseitengestaltung spricht ebenso wie der ha¨uWg schra¨ge Stoßfugenschnitt und die in Stein ausgefu¨hrte Verzapfung fu¨r eine Datierung des Bauwerkes in klassische Zeit. Im Inneren des turmartigen Baus steht heute nur mehr spa¨te Mo¨rtelbruchsteinarchitektur an. Im Osten des Kernbaus Wndet sich Mauerwerk, das in die gleiche Zeit geho¨ren und als Teilstu¨ck einer Burgmauer zu interpretieren sein du¨rfte. Reste eines die Burg mit dem Siedlungsareal verbindenden Mauerzuges lassen sich mo¨glicherweise aus Felsabarbeitungen ablesen. Apollonia verfu¨gte also in klassischer Zeit – wie die meisten befestigten Siedlungen Lykiens – u¨ber eine Burganlage mit turmartigem Kernbau. Letzterer war von hervorragender Ausfu¨hrung und entsprach damit der durch den Gra¨berreichtum schon angedeuteten Bedeutung der Siedlung, die wohl ein Dynastensitz gewesen sein mag60. XIII. Die Burg von Dereag˘zı61 Die Burg von Dereag˘zı liegt in strategisch wichtiger Position, am steil aufragenden Ostrand der Kassaba-Ebene, im Mu¨ndungsbereich eines tief ausgewaschenen und schluchtartigen Abschnittes des Myrostales. Der Burghu¨gel, ein am ZusammenXuß zweier Wasserla¨ufe beWndlicher, an der Basis etwa dreieckiger Felssporn, dessen an zwei Seiten steil und felsig ausgeformte Ha¨nge kaum zu erklimmen sind, bot sich aufgrund seiner verteidigungstechnisch hervorragenden Lage zum Bau einer Gipfelbefestigung an (Fig. 71). Ein Aufweg fu¨hrte u¨ber den der Ebene zugewandten, stark geneigten Westhang bis an die Hauptseite der Burg. Diese bestand aus mindestens zwei quer zum Westhang verlaufenden Mauerzu¨gen und einem hochgelegenen Kernbereich mit vorgelagerter Terrasse. Von der a¨lteren Phase der am Hang gelegenen a¨ußeren Umfassungsmauer haben sich zahlreiche polygonale Mauerabschnitte erhalten. Vom axialen Haupttor der Anlage zeugt noch ein wahrscheinlich in situ beWndlicher monolither Laibungsstein. Nach ¨ berbauung verunkla¨rten Befundes war der Zugang nicht Ansicht der Bearbeiter des durch sekunda¨re U Xankiert62. In die großformatigen Mauersteine des Eingangsbereiches eingetiefte Reliefs sind innerhalb des lykischen Kulturraumes als Unikat anzusprechen63. Weite Abschnitte eines zweiten Mauerringes sind ebenfalls in klassische Zeit geho¨rig und teils aus qualita¨tvollem Polygonalmauerwerk, teils auch aus grob bearbeitetem Bruchsteinmaterial errichtet. Die polygonalen Mauern des Befestigungskernes stehen besonders hoch an und sind qualita¨tvoll ausgefu¨hrt. In den ho¨heren Lagen tendieren die sta¨rker quaderhaften Blo¨cke zu Scharbildung. Im Inneren des befestigten Kernareals Wnden sich Reste von Felsra¨umen und Zisternen, die teils noch in klassische Zeit geho¨ren ko¨nnten, es jedoch nicht erlauben, das Verbauungsschema dieser Periode zu rekonstruieren. W. Wurster interpretiert die Anlage als Residenz eines Mitglieds der landbesitzenden Feudalaristokratie und schla¨gt eine Datierung in das spa¨te 5. oder fru¨he 4. Jh. v. Chr. vor64. Er betont auch
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s. Wurster a. O. 40; Zahle a. O. passim. Zur Burg von Dereag˘zı s. J. Morganstern in: Lykiensymposion II 71 V.; J. Morganstern (Hrsg.), The Fort at Dereagzi and Other Material Remains in Its Vicinity: From Antiquity to the Middle Ages, IstForsch 40 (1993) mit Beitra¨gen von W. Wurster, J. Borchhardt und G. Neumann zur klassischen Phase. 62 Ebenda 35. 55. 63 s. den Beitrag von J. Borchhardt, IstForsch 40 (1993) 65 V. 64 IstForsch 40 (1993) 56 f. In seiner Synopse (eben61
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da 162) schla¨gt J. Morganstern den Argumenten J. Borchhardts folgend das fru¨he 4. Jh. v. Chr. als Bauzeit der klassischen Anlage vor. Das Argument fu¨r diese Spa¨tdatierung des polygonalen Mauerwerks, na¨mlich die zeitliche Zusammengeho¨rigkeit von Mauerbau und dem Relief im Bereich des unteren Mauerrings, welche sich auf die Gro¨ße der verbauten Blo¨cke stu¨tzt, ist m. E. nicht zwingend, da in der Regel gerade im Torbereich (nicht nur) lykischer Befestigungen besonders großformatiges Steinmaterial versetzt wurde, ohne daß andernorts die Anbringung von Reliefs geplant gewesen sein du¨rfte. So
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die eminente strategische Lage der eine wichtige Wegverbindung u¨berragenden Burg, welche wohl auch erheblichen EinXuß auf die Wahl des Bauplatzes gehabt haben du¨rfte. XIV. Die befestigte Siedlung von Phellos Die auf dem Felen-Dag˘, im gebirgigen Hinterland von Kas¸/Antiphellos in Zentrallykien gelegene befestigte Siedlung von Phellos war von klassischer Zeit bis in die Spa¨tantike von einiger Bedeutung65. Der Ort wurde seit dem 19. Jahrhundert verschiedentlich von Reisenden aufgesucht und ist darum vergleichsweise gut bekannt66. Aufgrund der Siedlungskontinuita¨t und der Na¨he mehrerer Do¨rfer ist heute die Zersto¨rung der Ruinen weit fortgeschritten, es haben sich jedoch einige bedeutende Einzelmonumente erhalten, unter welchen das Heroon und ein relieWerter Sarkophag hervorstechen. Die Niederlassung erstreckt sich auf einem langgezogenen, als Ost-West streichender Kamm ausgebildeten Ho¨henru¨cken und u¨berragt die Binnenebene von C ¸ ukurbag˘ (Fig. 72 Abb. 136). Nach Norden und Su¨den bieten steile Ha¨nge natu¨rlichen Schutz, wa¨hrend sich westseitig der Gela¨ndekamm in Stufen senkt und nach Osten zu ein nur schwach ausgepra¨gter Sattel das Areal der befestigten Siedlung begrenzt. Das Zentrum von Phellos liegt in einem Bereich, in dem der Gela¨ndekamm als kleinXa¨chiges, nach Su¨den hin leicht abfallendes Hochplateau ausgebildet ist, das von einer felsigen Kuppe u¨berragt wird. Obwohl die fru¨hen Abschnitte der Stadtbefestigungen weitgehend zersto¨rt sind, la¨ßt sich der Aufbau der Niederlassung mit einiger Wahrscheinlichkeit rekonstruieren. Die hochgelegene Kuppe im zentralen Bereich war wohl schon in klassischer Zeit eigens befestigt und muß, in Analogie zu vergleichbaren Anlagen, als Burg angesprochen werden. Es haben sich jedoch nur an der NordXanke Abschnitte fru¨her FortiWkationen erhalten, wa¨hrend sonst zumeist spa¨tes, mo¨rtelgebundenes Mauerwerk ansteht. Auf dem su¨dlich, westlich und o¨stlich anschließenden Plateau liegt der Kernbereich der Wohnsiedlung, die sich jedoch auch u¨ber stufenartig nach Su¨den und Westen zu fallendes Gela¨nde erstreckt. Dieser Kernbereich ko¨nnte schon in klassischer Zeit von einem Mauerring umgeben gewesen sein, die heute anstehende Mauer gibt jedoch, bis auf einen Abschnitt im Norden, einen spa¨ten Zustand wieder. Die ostseitig anschließenden Gela¨ndestufen tragen ebenfalls Spuren von fru¨her Befestigung, die der no¨rdlichen Gela¨ndekante folgend, bis an den Sattel reichen. Im Westen wird die klassische Siedlung von dem Mauergeviert des Heroons beschlossen. Die erhaltenen Abschnitte der klassischen FortiWkationen beschra¨nken sich weitgehend auf die NordXanke der Siedlung. Im Nordostbereich Wnden sich polygonale Mauerzu¨ge mit gegla¨tteter Schauseite, die verschiedentlich zuru¨ckspringen (Abb. 138)67. In diesem Bereich la¨ßt sich vielleicht ein Tor erga¨nzen68. Im zentralen Teil folgt ein Abschnitt aus großblo¨ckigem Bruchsteinmauerwerk, das man als kyklopisch bezeichnen ko¨nnte (Abb. 139). Unterhalb der Burg Wndet sich eine la¨ngliche Bastion aus stark bossiertem Trapezoidalmauerwerk (Abb. 137). Im Bereich des westlichen Abschlusses der befestigten Siedlung, den Sattel u¨berragend, liegen dislozierte Blo¨cke eines Bauwerks, das vielleicht als Bastion
ko¨nnte der Bildschmuck m. E. durchaus auch sekunda¨r sein. Zu der Datierung s. auch unten S. 123 und Anm. 15 und S. 125 Anm. 34. 65 In klassischer Zeit war Phellos unter dem Namen Wehn˜ti/Wehn˜tezi Pra¨gesta¨tte, im Hellenismus und der Kaiserzeit hatte die Niederlassung eine Polisverfassung und verfu¨gte u¨ber ein verha¨ltnisma¨ßig ausgedehntes Territorium, fu¨r die spa¨tantike Zeit ist sie als Bischofssitz u¨berliefert. Zusammenfassend zu Topographie und Siedlungsgeschichte: J. Zahle, ActaArch 46, 1975, 77 f. Zum Polisterritorium von Phellos s. Zimmermann, Landeskunde 61 V. 66 Travels I 73–77; Reisen I 130 f.; Les piliers 132–
146; Zahle, Monumentet 26 f.; ders., JdI 94, 1979, 267– 280. 317–319. 329 f.; ders., ActaArch 46, 1975, 78 V.; K. Kjeldsen – J. Zahle, ActaArch 47, 1976, 43 V.; Bean, Ly¨ zgan, Grabreliefs 280; J. Borchhardt kien 95–97; Bruns-O u. a., IstMitt 39, 1989, 94 f.; In der Literatur fanden drei Pfeilergra¨ber, das Heroon, zahlreiche Felsgra¨ber, ein Reliefsarkophag und mehrere, in der Umgebung der Niederlassung beWndliche Tumulusgra¨ber Erwa¨hnung. Weiters wurden die lykischen Inschriften TL 54 und TL 72 bekannt. 67 Dazu s. K. Kjeldsen – J. Zahle, ActaArch 47, 1976, 43 f. Abb. 15. 68 s. Verf., Su¨dtor 75 Abb. 24.
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zu rekonstruieren sein ko¨nnte69. An der Su¨dXanke der Siedlung haben sich keine Mauern erhalten, die mit ausreichender Wahrscheinlichkeit einer fru¨hen Befestigungslinie zuweisbar wa¨ren. Die La¨ngserstreckung der befestigten Siedlung klassischer Zeit du¨rfte bei rund 400 m gelegen haben; die maximale Breite mag 80–100 m betragen haben. Die Fla¨che der Burg berechnete Wurster mit 1.800 m2, die des ummauerten Areals mit 12.000 m2. Letztere Zahl scheint um die Ha¨lfte zu nieder gegriVen zu sein, was sich wohl darauf zuru¨ckfu¨hren la¨ßt, daß nur der Kernbereich der Wohnsiedlung einbezogen wurde, die o¨stlichen Teile der Siedlung jedoch ausgeklammert blieben. Der Großteil der an der NordXanke von Phellos erhaltenen klassischen Befestigungen besteht aus polygonalem Mauerwerk mit abgearbeiteter Schauseite und aus ‘kyklopischem’ Gema¨uer. Einzelne Bauten, so eine langgestreckte Bastion im Nordosten der Burg und die im Osten das Siedlungsgebiet begrenzende Anlage sind in trapezoidalem Stil gehalten und ko¨nnten als spa¨tere Einbauten erkla¨rt werden. Der schlechte Erhaltungszustand macht jedoch detaillierte Beobachtungen so schwierig, daß keine weiterfu¨hrenden Schlu¨sse u¨ber den Siedlungsaufbau in klassischer Zeit und etwaige Phasen gezogen werden ko¨nnen. XV. Die befestigte Siedlung von Arneai Die am Nordhang der Kassaba-Ebene in Zentrallykien beWndliche befestigte Siedlung von Arneai wurde seit ihrer Entdeckung im vorigen Jahrhundert nur mehr sporadisch von Reisenden aufgesucht70. ¨ sterreichischen Expedition gibt zwar den Verlauf der Befestigungen wieder, die Eine Planskizze der O Verbauung des im Inneren des Mauerringes beWndlichen und heute zumeist zum Ackerbau genutzten Areals du¨rfte jedoch schon damals in derart schlechtem Erhaltungszustand gewesen sein, daß nur wenige Ruinen eingezeichnet werden konnten (Fig. 73)71. Zwei Felsgra¨ber, von denen eines eine lykische Inschrift tra¨gt, belegen Besiedlung in klassischer Zeit72. Ab der fru¨hen Kaiserzeit konstituierte sich eine Sympolitie um Arneai, die auch inschriftlich u¨berliefert ist, die Niederlassung du¨rfte aber schon in hellenistischer Zeit Zentralortfunktion fu¨r ein weiteres Umland gehabt haben73. Insbesondere der große Mauerring weist zwar zahlreiche spa¨te Ausbesserungen auf, du¨rfte aber in vorro¨mischer Zeit angelegt worden sein. Die Aufmerksamkeit der Forschung galt vor allem den Kirchenbauten, eine systematische Untersuchung des Ruinenbestandes ist noch aussta¨ndig. Die Siedlung liegt in großer Ho¨he, auf einem weit ins Kassaba-Becken vorspringenden und nach drei Seiten steil abfallenden Felsru¨cken, den ein schmaler und leicht zu sperrender Felsgrat mit dem ¨ berganges vom Grat zu dem eigentlichen SiedHauptmassiv verbindet (Abb. 140). Im Bereich des U lungsgebiet beWnden sich die klassischen Felsgra¨ber und die auf einer felsigen Kuppe errichtete Burganlage. Diese besteht aus mehreren Kernbauten und verbindenden Mauern. Ihr regelma¨ßiges Mauerwerk ist in trapezoidalem Stil mit Bosse und Randschlag gehalten (Abb. 141). Auf letzterem Wnden sich dicht gesetzte la¨ngliche Spitzeisenschla¨ge. Ein orthostatenartiger Eckblock hat sich im Fundamentbereich erhalten. Aufgrund des Aufbaus der Anlage sowie mauertechnischer und stilistischer Erwa¨gungen erscheint eine Datierung der Burg in klassische Zeit plausibel. Im Anschluß an die Burg Wndet sich abschnittsweise im Bereich der Ringmauern pseudoisodomes Bossenquaderwerk, dessen Randschlag weit gesetzte und im rechten Winkel zur Blockkante gefu¨hrte Spitzeisenschla¨ge betonen (Abb. 142). Eine Datierung des Mauerringes in hellenistische Zeit bietet sich an, eine genaue Untersuchung der weitla¨uWgen, in der Spa¨tantike ausgebesserten Befestigungen wa¨re jedoch Desiderat.
69 Es handelt sich um Bossenquader mit Randschlag, die von einem Bau mit verfu¨llter Basis und aussteifenden Bruchsteinsetzungen stammen du¨rften. 70 Die wichtigsten Beschreibungen s. Travels I 101; Ritter, Erdkunde 1134 f.; TAM I (1901) 67; Bean, Lykien
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135 V.; R. M. Harrison, AnatSt 13, 1963, 138. – P. Grossmann – H. G. Severin, Tu¨rkAD 25-2, 1981, 107 f. 71 TAM II 288. 72 Inschrift TL 83. 73 Zur Sympolitie s. die Inschriften TAM II 765–767.
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XVI. Die befestigte Siedlung von Kandyba74 Die befestigte Siedlung von Kandyba liegt auf einem Ausla¨ufer des die Kassaba-Ebene westseitig begrenzenden Ho¨henzuges. Sie nimmt einen ungefa¨hr von Su¨dwesten nach Nordosten streichenden Gela¨ndekamm und dessen als natu¨rliche Terrassen ausgebildeten Nordhang ein (Fig. 74). Von der klassischen Siedlungsanlage zeugen heute nur mehr einige Felsgra¨ber und eine Gruppe von Felsra¨umen auf der su¨dlichen Kuppe, die Wurster einer palastartigen Wohnanlage zuweist75. Reste fru¨her Befestigungen haben sich stellenweise erhalten, der Verlauf der Ringmauer, welcher im Gela¨nde vorgegeben ist, la¨ßt sich erschließen76. Das ummauerte Gela¨nde umfaßte wohl schon in klassischer Zeit rund 1, 5 ha. XVII. Die befestigte Siedlung von Isinda Die befestigte Siedlung von Isinda liegt rund 5 km o¨stlich von Kas¸/Antiphellos im zentrallykischen Hochland. Die ummauerte Niederlassung erstreckt sich auf einer als Plateau ausgebildeten Hu¨gelkuppe, welche eine ausgedehnte Binnenebene mit dem Dorf Belenli u¨berragt (Abb. 143). Der Fund eines reliefgeschmu¨ckten archaischen Grabpfeilers und einiger Inschriften lenkte die Aufmerksamkeit der Fachwelt fu¨r kurze Zeit auf die Ruinensta¨tte, welche jedoch bald wieder in Vergessenheit geriet77. In der zweiten Ha¨lfte dieses Jahrhunderts besuchten einige Forscher den Ort; sie interessierten sich jedoch vorrangig fu¨r die zahlreichen Grabbauten78. W. Wurster stellte 1990 in Wien eine in den 70 er Jahren entstandene Planskizze der befestigten Siedlung vor, eine detaillierte Beschreibung der vor Ort erhaltenen Bausubstanz ist jedoch noch aussta¨ndig79. Die zahlreichen klassischen Grabbauten sowie die lykischen Inschriften belegen die Bedeutung der Niederlassung in fru¨her Zeit. Isinda konnte innerhalb einer Sympolitie, die neben dem Hauptort Aperlai auch Apollonia und Simena einschloß, bis in die Kaiserzeit eine gewisse politische Eigensta¨ndigkeit bewahren80. Der Umstand, daß sich im Bereich der Ruinensta¨tte keine nennenswerte nachklassische Bausubstanz Wndet, mag jedoch als Beleg fu¨r die geringe Wirtschaftskraft und den Bedeutungsverlust des kleinen Staatswesens in den spa¨teren Siedlungsphasen gelten. Ein nord-su¨d streichender felsiger Ho¨hengrat, die Kuppe und ein Abschnitt des Westabhanges des konischen Burghu¨gels waren in die FortiWkationen einbezogen (Fig. 75). Wa¨hrend sich diese im Norden und Osten mit ausreichender Klarheit verfolgen lassen, bricht die westseitige Ummauerung der Hangsiedlung nahe des Haupttores der Siedlung ab. Ihr weiterer Verlauf la¨ßt sich nur anhand von Felsabarbeitungen und einzelnen Mauerkanten nachvollziehen. Das derart befestigte Areal hatte einen etwa dreieckigen Grundriß bei einer maximalen La¨ngserstreckung von ca. 200 m und einer maximalen Breite von ca. 140 m, also eine GesamtXa¨che von weniger als 1, 5 ha. Die Befestigungen von Isinda lassen sich in zwei Teilbereiche untergliedern: Eine im Nordostbereich des Areals beWndliche Burganlage und die Befestigung der Wohnsiedlung. Die als Ringmauer konzipierte Burganlage liegt auf einem den Kamm nur wenig u¨berragenden Felsstock. Ihre Gela¨ndegratlinien folgenden Befestigungsmauern umfassen ein Areal von etwa 50650 m Seitenla¨nge und sind aus wenig bearbeiteten, plattenhaften Blo¨cken lokalen Kalksteines errichtet. Im Bereich des Nordostecks Wndet sich ein orthostatenartiger Eckblock (Abb. 145)81. Auf diesem Eckorthostaten liegt ein auffa¨llig 74
Travels I 90–94; Reisen I 132 f.; W. Wurster, AA 1976, 44 –48; Bean, Lykien 107 f. Zehn Felsgra¨ber und zwei lykische Inschriften (TL 81. 82) sind bekannt geworden. Kandyba war wohl Pra¨gesta¨tte. 75 s. W. Wurster, AA 1976, 47 f. 76 Wurster a. O. 48. 77 Die AufWndung von Isinda und die Entdeckung des Grabpfeilers erfolgte durch Heberdey und Kalinka, spa¨ter Aufstellung der Reliefs im Antikenmuseum in Istanbul. s. R. Heberdey – E. Kalinka, DenkschrWien 45, 1896, 30–32.
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In Isinda konnten drei Grabpfeiler sowie mehrere Felsgra¨ber und Grabha¨user mit lykischen Inschriften (TL 62–65) lokalisiert werden. Zu einer Bilinguen Inschrift aus ¨ Jh 1, 1898, 38 V.; U. Ko¨hler, O ¨ Jh Isinda s. R. Heberdey, O 1, 1898, 212–214; Zimmermann, Landeskunde 32 V. Zu den Gra¨bern s. Zahle, Monumentet 28 –30; ders., JdI 94, 1979, 287 f. 346; Les piliers 171 V. 79 s. W. Wurster in Lykiensymposion II 25 Abb. 20. 80 IGR III 692. 81 s. Verf. in: Actes Istanbul 41 Taf. VIII 2.
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langer Block, der weit u¨ber das Eck hinaus in die Ostmauer der Anlage einbindet. Ein einfaches, aus anschlaglosen monolithen Laibungssteinen errichtetes Axialtor fu¨hrte von Su¨den in die Anlage (Fig. 76 Abb. 217). Dieses war von einer ovalen Zisterne Xankiert, welche talseitig von starken trapezoidalen Mauern gefaßt war und vielleicht auch als Torturm gedient haben ko¨nnte. An den Mauerring der Burg setzen im Su¨dosten und im Nordwesten die Kurtinen der a¨ußeren Siedlungsmauer an. Die Baufuge des su¨do¨stlichen Anschlusses wird von einem im Grundriß trapezfo¨rmigen, als Bastion oder Turm zu rekonstruierender Bauko¨rper verdeckt. Das Mauerwerk der Siedlungsmauer weist an den sorgfa¨ltiger ausgefu¨hrten Abschnitten im Bereich des Haupttores Bossierung und Randschlag auf (Abb. 146). Im Eckbereich verzahnen die quaderhaften Blo¨cke als La¨ufer und Binder. In weiten Teilen der Nord- und Ostmauern sind wenig u¨berarbeitete und schlecht verfugte Bruchsteine verbaut. Das Haupttor der Siedlung liegt am Westhang im Schutz eines hofartigen Mauerru¨cksprunges (Fig. 77 Abb. 144)82. Die su¨dlich im Anschluß beWndlichen Kurtinen gliedern sich in Xankierende Vor- und Ru¨ckspru¨nge. Unterschiede in der Bauausfu¨hrung von Burg- und a¨ußerer Ringmauer erlauben es vielleicht, eine unterschiedliche Entstehungszeit zu postulieren: Wa¨hrend das einfache Mauerwerk der Burg und deren orthostatenartiger Eckblock, aber auch die einfache Konstruktion des Burgtores fu¨r eine fru¨he Datierung, vielleicht noch in spa¨tarchaische Zeit, sprechen, weist der große Mauerring fortschrittlichere Zu¨ge auf. Die gemauerte Fassung der das Burgtor Xankierenden Zisterne wurde aus gut verfugten bossierten Blo¨cken errichtet und du¨rfte als sekunda¨rer Anbau zu interpretieren sein83. Es lassen sich jedoch an der Gesamtanlage keinerlei nachklassische Baumerkmale feststellen. XVIII. Die befestigte Siedlung von Bayındır Limanı84 Die befestigte Siedlung von Bayındır Limanı beWndet sich im o¨stlichen Zentrallykien, knapp drei Kilometer su¨dlich von Kas¸/Antiphellos (Abb. 148). Die Lage der Niederlassung in Sichtweite von Antiphellos oberhalb einer nach Norden hin oVenen Bucht fu¨hrte zur fa¨lschlichen und inzwischen fallengelassenen IdentiWzierung mit Phellos85. Das topographische Verha¨ltnis der auf einer ku¨stenseitig steil abbrechenden Erhebung beWndlichen Siedlung zum Meer sowie die schlechte Anbindung an das Hinterland machen eine Gru¨ndung als Hafenort wenig wahrscheinlich86. Trotzdem la¨ßt sich die verkehrstopographische Bedeutung der Bucht fu¨r die Niederlassung und damit eine gewisse Ausrichtung derselben auf die See aus der Lokalisisierung mehrerer klassischer Felsgra¨ber erschließen. Diese waren in die steile und knapp 100 m hohe, den Burgberg seeseitig begrenzende Felswand geschlagenen worden und entfalten ihre von einer hohen Lage unterstrichene repra¨sentative Wirkung besonders fu¨r die u¨ber den Seeweg Ankommenden. Ein noch heute aus den Resten steiler, teils aus dem Fels geschlagener, teils gebauter Treppen erschließbarer Aufweg fu¨hrte an den Grabsta¨tten vorbei bis an die Siedlung87.
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Verf., Su¨dtor 72 V. Abb. 22, 23. Die A¨hnlichkeit mit dem als Wasserspeicher genutzten Rundturm von Trysa ist augenfa¨llig. 84 Der antike Name ist nicht gesichert (Akroterion, Sebeda ?), als Bayındır Limanı, Porto Sevedo, Piandry und Limanag˘zı Iskelesi bekannt. Beaufort, Karamania (1818) 12 f.; Travels I 79–81; O. Benndorf, AnzWien 29, 1892, 67; TAM I (1901) 58; Les Piliers 123–131; Zahle, Monumentet 28; ders., JdI 94, 1979, 281–302. 318. 333; Bean, Lykien 98; ders., AnzWien 95, 1958, 84 V.; Bruns¨ zgan, Grabreliefs 276. In der Umgebung beWndet sich O ein Grabpfeiler, im Bereich der seeseitigen Felswand mehrere Fassadenkammergra¨ber (TL 61, Nennung des Autophradates) und innerhalb der befestigten Siedlung ein reliefgeschmu¨cktes Grabhaus (1/4 4. Jh. v. Chr. nach J. Zahle). Zu einer hellenistischen Grabinschrift aus 83
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Bayındır s. A. S. Diamantaras, BCH 18, 1894, 326 Nr. 9. 85 Zur IdentiWzierung der Ruinen von Bayındır mit Antiphellos s. O. Benndorf, AnzWien 29, 1892, 65. Zur Lokalisierung von Phellos und Antiphellos und der Rolle von Bayındır in dieser Diskussion s. zuletzt E. Kirsten in: Festschrift H. Vetters (1985) 26; M. Zimmermann, Landeskunde 189 V. 86 M. Zimmermann, Landeskunde 190 Anm. 66 67. 87 Bean (Lykien 98) betont die Gefa¨hrlichkeit des Aufstiegs und auch Zimmermann (Landeskunde 190 Anm. 66) besta¨tigt diese Beobachtung. Die antike Wegfu¨hrung mit ihren Felstreppen und den heute allerdings nahezu vo¨llig verstu¨rzten, talseitigen Terrassenmauern entscha¨rften wohl den Anstieg auf ein fu¨r das gebirgige Zentrallykien normales Maß.
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Die befestigte Siedlung von Bayındır Limanı liegt auf einer im allgemeinen ma¨ßig, nach Su¨den hin jedoch sta¨rker abfallenden Hu¨gelkuppe am a¨ußersten Rand einer stufenartig ausgebildeten und langgestreckten Gela¨ndeformation, die nach Westen zu abrupt zum Meer hin abbricht, wa¨hrend sie ostseitig von einem steilen Ho¨henzug begrenzt wird. Auf dieser in der Antike dicht besiedelten HochXa¨che haben sich zahlreiche verstreute Siedlungsreste erhalten88. Die im Grundriß dreischenkelige Niederlassung besteht aus einem die Wohnsiedlung umfassenden Mauerring und einer an ho¨chster Stelle beWndlichen kompakten Burganlage (Fig. 78)89. Die GesamtXa¨che der relativ kleinen befestigten Siedlung errechnete Wurster mit 5.400 m2, die der Zitadelle mit 234 m2.90 Wa¨hrend westseitig die Klippen ausreichend natu¨rlichen Schutz vor AngriVen boten, so daß keine besonderen Anstrengungen zu ihrer Befestigung unternommen werden mußten, sind die Kurtinen der anderen Teile des Mauerverlaufs mit in regelma¨ßigen Absta¨nden errichteten Tu¨rmen versta¨rkt. Das schlecht erhaltene Tor liegt im Nordwestbereich der Siedlung, im Schutz einer links Xankierenden, aus zum Isodomen tendierenden Bruchsteinmauerwerk errichteten Bastion und des Gela¨ndeabbruchs. Die erhaltene Laibung bildet ein mo¨glicher Weise aus dem anstehenden Felsen grob zurechtgeschlagener Block, an dem sich ein einfaches Riegelloch (?) erhalten hat. Innerhalb der Mauern Wnden sich stark verstu¨rzte Hausgrundrisse, wohl Reste der Wohnsiedlung, mehrere Zisternen, ein reliefgeschmu¨ckter Hyposorionsarkophag und ein aus dem Felsen geschlagener, kubischer Ko¨rper mit einer beckenartigen Eintiefung an der Oberseite91. Die Burg besteht aus mehreren, um einen Innenhof gruppierten, an der Basis verfu¨llten und mittels Bruchsteinsetzungen versteiften Kernbauten sowie einer diese verbindenden Mauer und war u¨ber einen an der Westseite etwas erho¨ht gelegenen Eingang zuga¨nglich92. Das großblo¨ckige binderlose Trapezoidalmauerwerk der Anlage ist stark bossiert und weist mit langgezogenen Spitzeisenschla¨gen betonten Randschlag auf (Abb. 149). Die ostseitig an die Burg anschließende, als Terrassierung an den Hang gesetzte Kurtine sowie die zwei gedrungenen bastionsartigen Vorspru¨nge dieses Bereichs sind aus teils sehr großformatigen Bruchsteinen errichtet. Im Nordteil der Anlage a¨ndert sich der Charakter der Befestigungen: Die Tu¨rme springen weiter aus der Flucht der relativ schmalen Kurtinen vor und auch der Mauerstil ist unterschiedlich. In diesem Bereich Wndet sich ma¨ßig bis gut verfugtes, zur Scharbildung tendierendes Polygonalmauerwerk mit Bindern, dessen Blo¨cke in leicht nach außen gewo¨lbter Bruchbosse belassen sind (Abb. 147. 150). An den Tu¨rmen kommen Ecklehren vor. Die vielleicht als dynastischer Wohnbereich interpretierbare und mit dem Reliefsarkophag ein bauliches Ensemble bildende Burg sowie der anschließende, durch zwei bastionsartige Vorspru¨nge versta¨rkte Kurtinenabschnitt du¨rften in klassische Zeit geho¨ren. Bautechnische Kriterien erlauben trotz des schlechten Erhaltungszustandes auch das Haupttor der Siedlung und dessen Xankierende Bastion dieser Bauphase zuzuweisen. Der Mauerring der Niederlassung scheint also schon in klassischer Zeit dem heute ablesbaren Verlauf entsprochen haben. An der Nord- und der OstXanke der Befestigungen lassen sich jedoch Umbauten nachweisen, deren Ausfu¨hrung in hellenistischer Zeit stattgefunden haben du¨rfte: Die Kurtinen wurden stellenweise erneuert und mit großen, weit vorspringenden Tu¨rmen versehen. Die in hellenistischer Zeit dem Territorium von Phellos eingemeindete Siedlung ko¨nnte als Phrourion gedient haben93. XIX. Die befestigte Siedlung von Seyret Die im westlichen Zentrallykien beWndliche Ho¨hensiedlung von Seyret entdeckten englische Reisende in der ersten Ha¨lfte des 19. Jhs.94 Auch die o¨sterreichische Expedition gelangte auf ihrem 88
Von diesen sind ein Grabpfeiler (Les piliers 123 V.) und mehrere Sarkophage besonders hervorzuheben. Die Ruinen einzelnstehender Baukomplexe bemerkte M. Zimmermann, Landeskunde 18 Anm. 28. 64. 89 Eine Planskizze s. W. Wurster in: Lykiensymposion 22 Abb. 14,15. 90 Wurster a. O. 10.
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Es handelt sich wahrscheinlich um einen Felsaltar, wie sie auch aus Limyra und dem Gebiet um Kyaneai bekannt geworden sind. 92 Eine Sa¨ulenstellung im Westbereich der Burg am ¨ bergang zum Hof du¨rfte wohl sekunda¨r sein. U 93 Zimmermann, Landeskunde 65. 94 s. Travels I 65 V.
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Weg von Xanthos nach Ostlykien an den Ort95. Ein Gesamtplan der Siedlung wurde noch nicht vero¨Ventlicht, in der zweiten Ha¨lfte dieses Jahrhunderts untersuchten jedoch verschiedentlich Forscher Einzelmonumente. So setzten sich J. Borchhardt und W. Wurster mit den eigentu¨mlichen Grabbauten der Siedlung auseinander und J. Zahle sowie C. Deltour-Levie nahmen die Grabpfeiler in ihre Kataloge auf 96. Die Ruinensta¨tte u¨berragt westseitig ein ungefa¨hr Nord-Su¨d streichendes, fruchtbares Trogtal, an dessen Osthang ein Seyretko¨yu¨ oder Go¨kc¸eo¨ren benanntes Dorf gelegen ist (Abb. 151). Die gu¨nstige hydrographische Situation – die Niederlassung verfu¨gt u¨ber ganzja¨hrig Xießende Quellen – und das landwirtschaftlich nutzbare Gela¨nde am Talgrund du¨rften in relativ fru¨her Zeit zur Besiedlung angeregt haben97. Zudem hatte das Hochtal im Su¨den eine gut begehbare Verbindung zur nahen Ku¨ste, wa¨hrend wohl eine Ost- und Westlykien verbindende Wegtrasse, welcher auch die Reisenden des vorigen Jahrhundert folgten, den Gela¨ndeeinschnitt durchquerte und im Bereich des unterhalb der Akropolissiedlung gelegenen Quertales wieder verließ98. Die topographische Lage der Siedlung Die Siedlung erstreckt sich u¨ber ein felsiges und verkarstetes, aus stark verstellten Kalksteinplatten bestehendes Gela¨nde, das im Osten von dem zum Haupttal abfallenden, schuttu¨berzogenen und einigermaßen steilen Hang begrenzt wird, wa¨hrend an der Nordseite schroVe Felsha¨nge das ungefa¨hr ost-west streichende Seitental u¨berragen, in dem die Mehrzahl der Gra¨ber angelegt wurde (Abb. 152)99. Westseitig trennt eine schmale und langgestreckte, sattelartig ausgebildete Mulde, welche heute landwirtschaftlich genutzt wird, das verbaute Areal vom weiter ansteigenden Gela¨nde des Hochlandes. Im Su¨den ist in dem sich nur ma¨ßig senkenden und unu¨bersichtlichen Felsgrund keine klare natu¨rliche Grenze der Niederlassung auszumachen. Der Aufbau der Siedlung Das Gela¨nde der Siedlung wird von mehreren, jeweils eine turmartige Befestigung tragenden Felssto¨cken gepra¨gt, die tiefer gelegenes felsiges Terrain und eine trogartige Senke Xankieren (Fig. 79). Diese an der Peripherie gelegenen Turmbauten verband eine zwar nur stellenweise erhaltene großblo¨kkige Bruchsteinmauer, das verbaute Areal du¨rfte jedoch urspru¨nglich zur Ga¨nze befestigt gewesen sein (Abb. 155)100. In dem zwischen den Felssto¨cken gelegenen Bereich und in der zentralen Senke erstreckte sich die Wohnsiedlung. Ein Zugang in die befestigte Siedlung konnte nicht mit Sicherheit festgestellt werden, eine kleine, feldseitig von einem Felsgrab Xankierte Pforte du¨rfte sich jedoch an der WestXanke unterhalb von Turm A erhalten haben. Das Haupttor lag wohl an der relativ leicht zuga¨nglichen Ostseite der Siedlung, wo sich auch Hinweise auf das einstige Bestehen eines Aufweges erhalten haben, la¨ßt sich aber im Denkmalbestand nicht mit Sicherheit nachweisen.
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Reisen I 129 f. s. J. Borchhardt – W. Wurster, AA 1974, 516 – 538; J. Zahle, Monumentet 25; Les piliers 133; W. Wurster fertigte eine Planaufnahme des Siedlungsgebietes an, die der hier vorgelegten Planskizze als Grundlage diente. ¨ berW. Wurster und J. Borchhardt schulde ich fu¨r die U lassung ihrer Unterlagen herzlichen Dank. 97 M. Mellink fand mo¨glicherweise in vorgeschichtliche Zeit geho¨rige Keramik. Dazu s. M. Mellink in: Yearbook of the American Philosophical Society (1974) 326 f. Borchhardt – Wurster a. O. 536 f. schlagen eine Datierung einiger Grabbauten in das zweite Jahrtausend vor. 98 Die Konzentration der Grabbauten im Bereich dieses Quertales bieten wohl einen deutlichen Hinweis 96
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auf das Vorhandensein einer Wegverbindung. Eine Skizze zu den Wegverbindungen s. Borchhardt – Wurster a. O. 515 Abb. 1. 99 Zu diesen Gra¨bern s. Borchhardt – Wurster a. O. passim; J. Zahle, Harpyie Monumentet 25; Les piliers 148 V. 100 Dazu s. eine Beschreibung der o¨sterreichischen Forscher: „Aus einem Wirrsal von Steinen und Felsbrocken und wuchernden Gedo¨rn ragten fu¨nf Erho¨hungen hervor, welche die Knotenpunkte der urspru¨nglichen Befestigung gebildet zu haben scheinen und mit Benutzung der Felsbildung thurmartig ausgebaut waren, wa¨hrend kyklopische Mauern die Verbindung herstellen.“
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Die großen Turmbauten Drei auffallend große, wohl turmartig zu rekonstruierende Bauko¨rper (Turm A – C) und ihre Nebenbauten wurden im Norden und Nordosten der Akropolissiedlung auf hohen Felssto¨cken errichtet und bestimmen noch heute das Siedlungsbild. Zumindest ein weiterer, jedoch etwas kleinerer, auf einem felsigen Hu¨gel gelegener Bau von gedrungen-turmartigem Grundriß Wndet sich im Su¨dostbereich der Siedlung (Turm D). Der am besten erhaltene Turm A ist von gela¨ndebedingt unregelma¨ßigem, erheblich vom Rechteck abweichendem Grundriß und hat Seitenla¨ngen von rund 19613611616, 5 m. Den relativ guten Erhaltungszustand verdankt er wohl dem Umstand, daß in spa¨ter Zeit in Mo¨rtelbruchsteintechnik ausgefu¨hrte Ausbesserungsarbeiten vorgenommen worden waren. Seine Anbauten lassen sich jedoch zumeist nur mehr an Felsbettungen ablesen. Das auf einem Bruchsteinfundament ruhende großblo¨ckige Polygonalmauerwerk des Kernbaus hat sich an der Nord- und der Ostseite am besten erhalten (Abb. 154). Im Bereich des Nordostecks wurde ein Eckorthostat versetzt. Am Fuß der Nordmauer in den Felsen geschlagene Balkenschuhe ko¨nnten ein Baugeru¨st aufgenommen haben. Ein etwas erho¨ht gelegener Eingang in den Turm o¨Vnet sich an der OstXanke, dessen Schwellstein wahrscheinlich noch in situ liegt, jedoch bei sekunda¨ren Umbauarbeiten mit Mo¨rtel unterfu¨ttert wurde. Auch eine im Turminneren beWndliche, einst von einem Tonnengewo¨lbe u¨berspannte Zisterne geho¨rt in diese Erneuerungsphase. Der 1, 35 m breite Zugang des Turmbaus war mittels einer zweiXu¨geligen Tu¨re verschließbar, von der noch zwei runde Pfannenlo¨cher zeugen. Ein Nebeneingang ko¨nnte an der schlecht erhaltenen Westseite gelegen haben. Die polygonalen Mauersteine einer an der Ostseite dem Turm vorgesetzten Mauer wurden an der Schauseite mit dem Spitzeisen derartig gegla¨ttet, daß die Werkzeugspuren ein Rautenmuster bilden. Der sich im Grundriß einem Rechteck anna¨hernde Bauko¨rper B stellt mit Seitenla¨ngen von rund 20617 m den gro¨ßten Befestigungskern der Siedlung. Sein Mauerwerk blieb nur an der Ostseite einigermaßen gut erhalten, wo große, an der Schauseite mit dem Spitzeisen gegla¨ttete und gut verfugte polygonale Blo¨cke auf einem Fundament aus großen Bruchsteinen sitzen, wa¨hrend sich sonst der Mauerverlauf zumeist nur mehr an Felsabarbeitungen ablesen la¨ßt (Abb. 153). Ein su¨dseitig vorgeschobener, etwas tiefer liegender Mauerzug wurde im Bereich des Su¨dwestecks aus sehr großen und plattenhaften, als La¨ufer und Binder verzahnenden Blo¨cken mit Bossierung und Randschlag hochgezogen, die westseitig mit schra¨ger Stoßfuge aneinandergepaßt wurden (Abb. 157). Im Bereich des Su¨dostecks und im Mauerverlauf kommen jedoch in dieser Mauer auch polygonale Mauersteine vor (Abb. 156). Ob dies auf eine Umbauphase in trapezoidalem Stil zu schließen erlaubt, oder ob es sich einfach ein Nebeneinander von Varianten des polygonalen Stils handelt, muß auf Grund des ausschnitthaften Erhaltungszustandes oVen gelassen werden. Aufgrund des schlechten Erhaltungszustandes la¨ßt sich der ungefa¨hr rechteckige Grundriß des rund 14618 m Seitenla¨nge messenden Bauko¨rpers C nur aus Felsabarbeitungen rekonstruieren. In den ostseitig in tieferem Gela¨nde vorgesetzten Mauerzug wurden polygonale Blo¨cke von teils gewaltigen Ausmaßen und ein Eckorthostat verbaut101. Der im Su¨dwesten der Siedlung auf einer kleinen Felskuppe gelegene, ungefa¨hr rechteckige Turm D hat Seitenla¨ngen von rund 1269 m. Ein nordseitig situierter, rund 1, 30 m weiter Eingang erlaubte es, den Bau zu betreten. Ein direkt unterhalb des Zuganges aus dem Felsen geschlagenes Kammergrab ko¨nnte zu dem Turmbau geho¨rig sein. Reste eines weiteren, vergleichbaren Baus (Turm E) liegen an der WestXanke der Siedlung auf einem Felsstock. Die Befestigungsmauer der Siedlung Teilabschnitte einer aus sehr großformatigen Bruchsteinen errichteten Wehrmauer haben sich an der Nord- und der WestXanke der Siedlung erhalten (Abb. 155). Diese Befestigungslinie du¨rfte die 101
Blockla¨ngen von mehr als drei Metern konnten gemessen werden.
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turmartigen Befestigungskerne miteinander verbunden haben. In den an der Ostseite der Siedlung – su¨dlich im Anschluß an Turm C – auf einer Felskante verlaufenden Felsabarbeitungen ko¨nnte ebenfalls die Befestigungsmauer gefußt haben. Weiter su¨dlich Wnden sich an der OstXanke in Hanglage eine großblo¨ckige Terrassierung und wahrscheinlich auch Reste eines Aufweges. An der Su¨dXanke der Siedlung haben sich keine Befestigungsabschnitte erhalten. In dem stark verkarsteten und u¨berwachsenen Gela¨nde la¨ßt sich, in Ermangelung einer klaren natu¨rlichen Grenze, ein mo¨glicher Mauerverlauf nur ungefa¨hr rekonstruieren. Man kann aber wohl davon ausgehen, daß die Befestigungslinie die Siedlung ringmauerartig umschloß. Die Wohnsiedlung Die innerhalb des ummauerten Areals gelegene Wohnsiedlung ist heute derart von Macchia u¨berwuchert, daß sich in weiten Teilen der dicht verbauten Anlage ohne Rodungsta¨tigkeit keinerlei versta¨ndliche bauliche Zusammenha¨nge ablesen lassen. Im su¨dlichen Teil der Siedlung haben sich jedoch einige gro¨ßere Geba¨ude in gutem Zustand erhalten. Einige von diesen sind in polygonalem Mauerstil gehalten und weisen Eckverbindungen auf, die ein fru¨hes Entstehungsdatum wahrscheinlich machen. Andere du¨rften jedoch ausweislich der Mauertechnik ju¨nger als die festen Bauten auf den Felssto¨cken sein und in die hellenistische und ro¨mische Zeit geho¨ren. Die in Mo¨rtelbruchsteintechnik durchgefu¨hrten Instandsetzungsarbeiten im Bereich des Turmes A belegen auch Siedlungsta¨tigkeit in spa¨ter Zeit. Die Nekropolen Die bedeutendsten Gra¨ber der Siedlung liegen am Grund sowie am Nordhang des no¨rdlichen Quertales. Darunter Wnden sich ein großblo¨ckiger Tumulus, ein aus „kyklopischen“ Blo¨cken aufgebautes Terrassengrab mit zwei kragsteinu¨berdeckten Ga¨ngen im Unterbau, zu dem auch ein nahebei gelegener Grabpfeiler geho¨ren ko¨nnte, Fassadenkammergra¨ber und ein Sarkophag102. Ein kleines Fassadenkammergrab liegt westseitig knapp außerhalb der Mauern direkt vor einem wahrscheinlich als Pforte zu interpretierenden Befund. An der OstXanke beWnden sich unterhalb der Kurtinen mehrere einfache Felsgra¨ber sowie ein großes Kammergrab. Im Siedlungsinneren wurden im Bereich der zentralen Senke ein Fassadenkammergrab und unterhalb von Turm D ein Grabhaus aus dem Fels geschlagen. Einige Sarkophage liegen im Gela¨nde „intra und extra muros“ verstreut103. Die Fassadenkammergra¨ber geho¨ren zweifelsfrei in klassische Zeit, wa¨hrend die Sarkophage wohl spa¨ter, also hellenistisch oder kaiserzeitlich sein du¨rften. Die Tumulusgra¨ber und die Grabterrasse wurden von J. Borchhardt in vorgeschichtliche Zeit datiert, ko¨nnten jedoch mo¨glicherweise in die archaisch-fru¨hklassische Periode geho¨ren104. 102
siehe Borchhardt – Wurster a. O. 533–534; Les piliers 149. 103 Dies ko¨nnte als Hinweis darauf interpretiert werden, daß in hellenistisch-ro¨mischer Zeit die Ringmauer verfallen war und eine oVene Siedlung bestand. 104 J. Borchhardt waren damals in Lykien nur die etwa zur gleichen Zeit von J. Zahle in der Umgebung von Phellos entdeckten Tumulusgra¨ber bekannt. Auf der Basis vergleichender Untersuchungen schlug Zahle eine Datierung in die Zeit zwischen 900–500 vor. Dazu s. J. Zahle, ActaArch 46, 1975, 77–94. Zahlreiche, im Zuge des Kyaneaisurveys in klassischem Siedlungszusammenhang entdeckte, in Anlage und Konstruktionsweise mit den Tumuli von Seyeret verwandte Grabbauten du¨rften in fru¨hklassische Zeit geho¨ren. Dazu s. M. Miller in: Lykische Studien 1, 62 V.; I. Akyel in: X. AST (1992) 403 f. Abb. 22; I. Akyel – F. Kolb, Lykische Studien 2, 119–150;
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F. Kolb, Lykische Studien 2, 201–203; Weitere Publikationen sind in Vorbereitung. Die Krepis des Tumulus C von Seyret wurde in einer Variante des vom Verfasser als Plattenpolygonal bezeichneten Mauerwerkes hochgezogen, das in Lykien immer wieder in Verbindung mit spa¨tarchaisch-fru¨hklassischem Polygonalmauerwerk auftritt. Eine Beschreibung des Tumulus s. Borchhardt – Wurster a. O. (Anm. 96) 523–528. Zum Plattenpolygonal s. Verf. in: Actes Istanbul 45. In Nordlykien entdeckte M. Mellink mehrere Tumulusgra¨ber, die aufgrund ihres Freskenschmuckes in spa¨tarchaisch-fru¨hklassische Zeit zu datieren sind. Dazu s. unter anderem M. Mellink, AJA 75, 1971, 246 –255. Daß dieser Grabtyp in der Milyas schon auf la¨ngere Tradition zuru¨ckblicken konnte, belegen in der Na¨he von Karaburun von dem tu¨rkischen Archa¨ologen ¨ zgu¨r entdeckte Tumulusgra¨ber, die ausweislich der E. O reichen Beigaben in die erste Ha¨lfte des ersten Jahrtausends
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Zum Siedlungsbild von Seyret in klassischer Zeit Die das Siedlungsbild bestimmenden, auf hohen Felssto¨cken angelegten, turmartigen Bauko¨rper du¨rften, wie Mauertechnik uns Stil zu schließen erlauben, in vorhellenistischer Zeit entstanden sein105. Die großblo¨ckigen Bruchsteinkurtinen geho¨ren wohl auch in diese fru¨hklassische Ausbauphase. Ein mo¨glicher Weise teilweise in trapezoidalem Mauerstil errichteter Anbau su¨dlich des Turmes B ko¨nnte auf nachtra¨gliche Umbauten in spa¨tklassischer Zeit hinweisen. An der Anlage von Seyret la¨ßt sich mit besonderer Deutlichkeit das fu¨r die Wehrarchitektur des klassischen Lykien typische additive Konzept ablesen. Die großen, wohl einst hoch aufragenden Bauten auf den Felssto¨cken bilden geschlossene Befestigungskerne, die in einem weiteren Bauvorgang durch Kurtinen verbunden wurden, um die in der Senke beWndliche Wohnsiedlung mittels eines ringmauerartigen Befestigungssystems zu schu¨tzen. Die altertu¨mlich wirkenden Grabbauten und der Grabpfeiler im no¨rdlichen Quertal du¨rften mit den in polygonalem Mauerwerk errichteten turmartigen Befestigungskernen ungefa¨hr zeitgleich sein. Die Fassadenkammergra¨ber lassen sich mit einiger Sicherheit der klassischen Periode zuweisen106. Obwohl ein direkter Vergleich der zeitlich und kulturell weit auseinanderliegenden Niederlassungen nicht angestellt werden soll, regt die formale Verwandtschaft des auffa¨lligen, von hohen Turmbauten dominierten Siedlungsbildes mit aristokratisch-mittelalterlichen Siedlungsstrukturen Europas dazu an, die Bausubstanz der klassischen Siedlung von Seyret in Hinsicht auf eine funktionale Interpretation zu untersuchen107. Fu¨r ein solches Vorhaben stehen keinerlei zeitgeno¨ssische Schriftquellen zur Verfu¨gung, da von der – wohl auch relativ unbedeutenden – Siedlung nicht einmal der Name u¨berliefert ist. Aufgrund der großen GrundXa¨chen sind die Turmbauten von Seyret als Wohnbereich durchaus vorstellbar. Von der Raumaufteilung in ihrem Inneren hat sich leider kaum etwas erhalten, Mehr¨ berdachung anzunehmen. Der breite, in Erdra¨umigkeit ist jedoch schon als Voraussetzung einer U geschoßho¨he beWndliche Eingang in Turm A kommt einer Nutzung zu Wohnzwecken ebenso entgegen, wie der Zugang von Turm D. Die auffallend hohe Qualita¨t des Mauerwerks belegt den Repra¨sentationscharakter dieser Kernbauten108. Die bedeutenden Grabanlagen im Vorfeld der Siedlung du¨rften in der gleichen Periode wie die Tu¨rme entstanden sein. Es liegt folglich der Schluß nahe, daß die Bewohner der hervorragendsten Bauten der Wohnsiedlung in diesen aufwendigen Gra¨bern bestattet wurden. Das ra¨umliche Nahverha¨ltnis des im Su¨den der Siedlung gelegenen, Xa¨chenma¨ßig kleinen Turmes D und des knapp unterhalb des Einganges beWndlichen Felsgrabes weist jedenfalls auf einen konzeptuellen Zusammenhang der beiden Bauten und indiziert eine Interpretation des Kernbaus als Wohnbau. Den Bewohnern der zu datieren sind und dem phrygischen Kulturkreis nahestehen du¨rften. Dazu s. K. Do¨rtlu¨k in: X. KST 1 (1988) 171–176. Zur Verbreitung und Datierung von Tumulusgra¨bern in Lykien s. Verf. Lykia 1, 1994, 78 –84. 105 s. auch Borchhardt – Wurster a. O. 532 Abb. 21. 106 Zwei lykische Inschriften (TL 53, N 315 mit Nennung des Dynasten Mithrapata) fanden sich an den Gra¨bern. Die Fassadenkammergra¨ber ko¨nnten im Lykien des 5. Jhs. die – in altanatolischer Tradition stehenden – Tumulusgra¨ber als repra¨sentative Bestattungsform abgelo¨st haben. Die Feldforschungen der letzten Jahre verdeutlichen, daß Tumuli und im Aufbau verwandte Kammergra¨ber in Lykien viel ha¨uWger gebaut worden waren, als man bisher angenommen hatte. Eine auffa¨llige Ha¨ufung von Tumulusgra¨bern von qualita¨tvoller Ausfu¨hrung im Umfeld von Siedlungen mit bedeutender klassisch-polygonaler Bausubstanz ko¨nnten auf Gleichzeitigkeit weisen. Besonders deutlich wird dies an der von K. Buschmann entdeckten, von zahlreichen Tumuli gesa¨umten Siedlung im
Hinterland von Telmessos/Fethiye, die mo¨glicherweise noch in klassischer Zeit – vielleicht in Folge einer Naturkatastrophe – zugunsten einer ku¨stennahen Lage aufgegeben worden war. s. K. Buschmann in: X. AST (1992) 429–438. Zur Grabtypologie s. Verf., Lykia 1, 1994, 78 –84. Ein allerdings atypisches Tumulusgrab aus Limyra du¨rfte in die zweite Ha¨lfte des 4. Jhs. geho¨ren. Dazu s. F. Blakolmer in: Lykiensymposion 159 Abb. 5–6 Taf. 38, 3. 107 Das bekannte Beispiel der Geschlechtertu¨rme von San Giminiagno sei herausgegriVen. Zum Pha¨nomen des Wohnturms s. C. Schuchhardt, Ursprung und Wanderung des Wohnturms, SBBerlin (1929) passim. 108 Auch die Lage der großen Turmbauten im oberhalb der Wegverbindung gelegenen Nordteil der Siedlung, welcher – im Gegensatz zur Su¨dXanke – aufgrund der Gela¨ndebeschaffenheit gut geschu¨tzt ist und daher einer versta¨rkten Verteidigungslinie kaum bedu¨rfte, spricht fu¨r deren Repra¨sentationscharakter.
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aus dem Siedlungsbild hervorgehobenen, in Gro¨ße und Ausfu¨hrung von anderen Bauten der Siedlung abstechenden Tu¨rme kam wohl innerhalb des Gemeinwesens eine hervorragende Rolle zu. XX. Die Burg von Ko¨ybas¸ı109 Die Burganlage von Ko¨ybas¸ı beWndet sich nahe dem Xanthostal im westlichen Zentrallykien, oberhalb einer großen, agrarisch genutzten Binnenebene mit ganzja¨hrigen Quellen. Ihre Ruinen erstrecken sich u¨ber einen Gela¨ndegrat, welcher den o¨stlichen Rand einer felsigen HochXa¨che bildet. Auf dem Gebirgsstock im Su¨den der Burg haben sich zahlreiche, zu einer dichten Streusiedlung geho¨rige bauliche Befunde erhalten, die jedoch noch nicht untersucht wurden110. In die steile Felswand, die den Burgberg ostseitig begrenzt und in die Felsen im Bereich eines no¨rdlich gelegenen Paßtales wurden zahlreiche, zumeist einfache Kammergra¨ber geschlagen. In der Na¨he der Burg fand C. Deltour-Levie Stu¨cke eines Grabpfeilers und einen stark zersto¨rten Tumulus111. Am Ostrand der Ebene, tief unterhalb der Burganlage wurde ein Fassadenkammergrab in einen vom Gebirgsmassiv hinab gestu¨rzten Felsen geschlagen, das an den Seitenwa¨nden und am Architrav der Vorhalle Reliefschmuck aufweist112. Stu¨cke eines Sarkophagkastens mit dem Relief eines stehenden Ju¨nglings, das noch im 4. Jh. v. Chr. entstanden sein du¨rfte, liegen westlich nahe der Burg auf einer Gela¨ndestufe113. Die zahlreichen vorhellenistischen Grabbauten belegen die Bedeutung der Niederlassung in der Dynastenzeit114. Die Burg liegt auf einem nach Osten zu fast senkrecht abfallenden Felskamm, der im Norden von einem ausgepra¨gten, eine Paßverbindung mit dem Xanthos-Tal bildenden Einschnitt begrenzt wird, durch welchen heute eine Erdstraße fu¨hrt. An der Su¨dseite trennt ein schmaler Sattel das Burgareal vom weiter ansteigenden Hauptmassiv (Abb. 158). Das Gela¨nde im Westen senkt sich mit ma¨ßigem Gefa¨lle und geht Xießend in ein agrarisch genutztes Trogtal u¨ber. Die Burganlage besteht aus einem kompakten Hauptbau, der u¨ber ein an der Westseite gelegenes Tangentialtor zuga¨nglich war sowie einem angeschobenen Vorwerk im Westen. Eine tiefer gelegene Gela¨ndestufe im Norden war vielleicht ebenfalls ummauert (Fig. 80). Der kompakte und nahezu orthogonale Hauptbau wird an drei Seiten von geradlinig verlaufenden Außenmauern begrenzt. An der ru¨ckseitigen NordXanke folgen jedoch im Anschluß an das Nordwesteck die heute fast vo¨llig verstu¨rzten Befestigungsmauern einer bastionsartig ausgebauten, vorspringenden Felsnase und im weiteren Verlauf einer nach Su¨dosten streichenden Gela¨ndekante. Dieser regelma¨ßige Grundriß la¨ßt sich in ein Rechteck mit Seitenla¨ngen von rund 35625 m einzeichnen, woraus sich eine GrundXa¨che von etwa 800 m2 ergibt. Das Haupttor lag an der westlichen Langseite, nahe dem Nordwesteck. Es handelt sich um eine komplizierte Variante des Tangentialtores, das mo¨glicherweise als Zwinger gestaltet war, jedenfalls aber einen Torhof bildete (Abb. 159. 160). Die stark verbreiterte a¨ußere Kurtine konnte zahlreiche Verteidiger aufnehmen, wa¨hrend ein vor das Tor gesetzter bastionsartiger Mauerversprung der inneren Kurtine den Zugang zusa¨tzlich verengte115. Das Mauerwerk der westlichen ‘Fassade’ der Burg und des Tores ist von besonderer Qualita¨t: Große plattenhafte Blo¨cke mit tendenziell horizontalen Lagerfugen und begradigter Schauseite bestimmen das Bild, der polygonale Charakter des Gefu¨ges ist jedoch eindeutig. 109
Bei dem kyklopischen Mauerring von Ko¨ybas¸ı, den Benndorf und Niemann beschreiben (Reisen I 134 –137 s. auch E. Petersen, AEM 6, 1882, 229), kann es sich nicht um die kleine Burganlage handeln, die im Folgenden besprochen werden soll. Zu dieser „vorgelagerten lykischen Festung“ s. Wurster, Tu¨rkAD 24-1 (1977) 193. Eine zuletzt vero¨Ventlichte Planskizze s. W. Wurster in: Lykiensymposion II 10. 23 Abb. 16 –17. 110 Rund 200 m hangaufwa¨rts beWndet sich auf einer Hangterrasse ein mo¨glicherweise als Kultbau zu interpretierender Befund. Etwas weiter su¨dlich, im Bereich einer trogfo¨rmigen Mulde, in der ein kleiner See gelegen ist,
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haben sich zahlreiche antike Baureste erhalten. 111 s. J. Zahle, Monumentet 25; Les piliers 77. 112 ¨ zgan, Grabs. J. Zahle, JdI 94, 1979, 274; Bruns-O reliefs 263 f. 113 ¨ zgan, Grabreliefs 275. Bruns-O 114 Zahle mo¨chte die Mu¨nzsta¨tte Tuminehi in Ko¨ybas¸ı lokalisieren. s. J. Zahle, Nordisk Numismatik Unions Medlemsblad 5, 1988, 98 V. 115 Eine kurze Beschreibung und eine Skizze des Torgrundrisses s. Wurster, Tu¨rkAD 24-1 (1977) 195. 199 Abb. 5.
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Die Binnengliederung des Hauptbaus la¨ßt sich nicht mehr nachvollziehen, da die allerorts anstehenden Mauerreste durch moderne Raubgrabungen stark in Mitleidenschaft gezogen sind. An der Su¨dseite lag eine heute weitgehend verstu¨rzte Terrasse, die u¨ber einen einfachen axialen Zugang mit dem Hauptbau verbunden war. An der Westseite ist der Burg eine tiefer gelegene Terrassierung vorgesetzt, an die ein starker, im unteren Teil als Bastion ausgebildeter Mauerschenkel anschließt, welcher eine Art Vorwerk bildet. Dessen bossiertes großblo¨ckiges Mauerwerk weist Randschlag auf. Auf der im Norden unterhalb des Hauptbaus gelegenen Gela¨ndestufe verla¨uft entlang des o¨stlichen Gela¨ndeabbruches ein Mauerzug aus grobem Bruchsteinmaterial, der mo¨glicherweise von einem einfachen axialen Durchgang unterbrochen ist. Eine vorgesetzte Terrassierung ließe sich als Aufweg erkla¨ren. Diese dem Hauptbau untergeordnete Gela¨ndestufe ko¨nnte rundum befestigt gewesen sein. In diesem Fall wu¨rde die GesamtXa¨che des ummauerten Areals im Bereich der Burg knapp 3.000 m2 betragen haben. Aufgrund mauertypologischer und stilistischer Erwa¨gungen bietet sich eine Datierung des Hauptbaus der Burg von Ko¨ybas¸ı in fru¨hklassische Zeit an. Auch das tangentiale Burgtor stu¨tzt diesen Ansatz, da das Vorkommen dieses Tortyps in der lykischen Wehrarchitektur auf fru¨he Anlagen beschra¨nkt zu sein scheint. Die Terrassierung im Westen des Hauptbaus kann aufgrund ihres baulichen Verha¨ltnisses zu diesem nur anna¨hernd gleichzeitig oder ju¨nger sein; bei dem Mauerschenkel im Westen scheint es sich um einen spa¨teren Anbau zu handeln, der aber ebenfalls noch in vorhellenistischer Zeit errichtet worden sein du¨rfte. Die Mauerzu¨ge im Norden der Burg lassen sich aufgrund ihrer einfachen Bauweise zeitlich nicht einordnen, sie ko¨nnten jedoch durchaus zum klassischen Konzept geho¨rig sein.
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Westlykien I. Zu Befestigung und Siedlungsbild von Xanthos in klassischer Zeit Die zentrale Rolle von Xanthos innerhalb der lykischen Siedlungshierarchie spiegelt sich nicht nur ¨ berlieferung zur Stadt, sondern in der vergleichsweise umfangreichen literarischen und historischen U auch in deren Reichtum an skulpturengeschmu¨ckten Denkma¨lern wider, von denen zahlreiche im vorigen Jahrhundert ins British Museum gelangten, wa¨hrend andere noch an Ort und Stelle besichtigt werden ko¨nnen1. Entsprechend groß war auch das Interesse der fru¨hen Reisenden an der ausgedehnten Ruinensta¨tte, welche sie aufsuchten, um Skulpturen und Inschriften zu entdecken oder freizulegen. Regula¨re Grabungen wurden jedoch erst in den 50 er Jahren von franzo¨sischen Forschern begonnen und mit Unterbrechungen bis heute fortgesetzt2. Die Ruinensta¨tte liegt auf einer aus der Flußebene des Xanthostales aufsteigenden Erhebung, von welcher sie die Kuppe und einen su¨dseitigen Ausla¨ufer einnimmt (Fig. 81 Abb. 161)3. Im Westen bildet der zum Flußtal hin steil abbrechende Hang die Siedlungsgrenze, wa¨hrend die ostseitigen Mauern oberhalb eines schmalen und seichten Trockentales verlaufen. Im Norden und Nordwesten folgen die Befestigungen der Oberkante eines nicht sehr hohen, felsigen Abhanges, unterhalb dessen Xaches, wohl aus sedimenta¨ren Ablagerungen bestehendes Gela¨nde ansteht. Nach Su¨den senkt sich der Siedlungshu¨gel mit ma¨ßigem Gefa¨lle zur Schwemmebene hinab. A. Die lykische Akropolis Auf einem su¨dlichen Ausla¨ufer des Haupthu¨gels, von diesem durch einen Sattel getrennt, in den die Agora eingebettet war, legten die franzo¨sischen Ausgra¨ber einen als lykische Akropolis bekannt gewordenen befestigten Komplex frei (Fig. 82). Die Anlage zeichnet im Grundriß ein rund 100 m Seitenla¨nge messendes Quadrat, das im Westen jedoch eine unregelma¨ßige Erweiterung aufweist. Wa¨hrend die Ost- und Nordkurtinen der Akropolis anna¨hernd geradlinig verlaufen, verspringen die Mauern der Su¨dXanke mehrfach. An der Westseite folgen Gela¨ndemauern den Kanten des Steilabfalles. An den Nordost-, Nordwest- und Su¨dostecken der Anlage befanden sich eingezogene turmartige Versta¨rkungen, von denen jedoch nur die letztgenannte von spa¨teren Umbauten verschont blieb und im Grundriß klar nachzuvollziehen ist, wa¨hrend von den anderen im Burginneren gelegene Teilstu¨cke festgestellt werden konnten4. Die Außenschale des etwa 8, 50 m im Quadrat messenden Su¨dostturmes war an der OstXanke in einem Zug mit dem polygonalen Mauerwerk der Kurtinen erbaut worden (Abb. 163), wa¨hrend sich sein su¨dseitiges Quaderwerk von der westlich anschließenden, ebenfalls polygonalen Kurtine durch eine Baufuge absetzt (Fig. 83. 84 Abb. 162). Die im Burginneren erhaltenen, 1, 40 m starken Mauern des Bauko¨rpers sind aus Bruchsteinen errichtet und an der Basis mit Schutt verfu¨llt. Die Ausgra¨ber scheinen, wie sich aus einem Phasenplan erschließen la¨ßt, in Bereich des Nordwestecks eine a¨hnliche Lo¨sung zu rekonstruieren. Diese turmartigen Eckversta¨rkungen springen nicht aus der KurtinenXucht vor, wodurch ihr verteidigungstechnischer Nutzen erheblich geschma¨lert wurde, da sie keinerlei Flankenschutz zu bieten vermochten5. So mag diesen Tu¨rmen 1
Zu der Stellung von Xanthos in der Siedlungshierarchie Lykiens, soweit sie sich aus den Denkma¨lern ablesen la¨ßt, s. J. Zahle in: Actes 40. 42 Anm. 4. 2 Zur Geschichte der Erforschung von Xanthos von deren Anfa¨ngen bis zum Erscheinungsjahr s. Fouilles 1, 15–21. Zu den Arbeiten der franzo¨sischen Ausgra¨ber s. die Ba¨nde Fouilles de Xanthos 1–7 und verschiedene Vorberichte in Tu¨rkAD, KST sowie anderen Zeitschriften, welche in der Lykienbibliographie (Lykiensymposion II 306 f.) aufgefu¨hrt sind. 3 Zur Lage der Ruinensta¨tte und deren Topographie
s. Fouilles 1, 22. Angaben zu a¨lteren Stadtpla¨nen Wnden sich ebenda 27; s. auch den Beitrag P. Demargne – H. Metzger in: RE IX A 2 (1967) 1375 V. s. v. Xanthos in Lykien. 4 s. Fouilles 2, 28. 5 Die an der NordXanke von Xanthos beWndlichen, aus der KurtinenXucht vorspringenden Tu¨rme du¨rften etwa in die gleiche Zeit geho¨ren und belegen somit, daß in Lykien in klassischer Zeit das Konzept Xankierender Turmbauten bekannt war.
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vielleicht gleichermaßen repra¨sentativer als auch defensiver Charakter zukommen6. Eine zumindest formale Verwandtschaft dieser Lo¨sung mit dem Bautyp des Tetrapyrgion la¨ßt sich nicht von der Hand weisen, so daß die Mo¨glichkeit in Betracht gezogen werden muß, daß es sich bei der Akropolis von Xanthos durchaus um einen typologischen Vorla¨ufer spa¨terer, durch Ecktu¨rme versta¨rkter Palast- und Wohnbauten handeln ko¨nnte7. An der Su¨dXanke der Akropolis springt ein bastionsartiger Bau aus der KurtinenXucht vor, dessen Errichtung in besonders aufwendiger polygonaler Mauertechnik begonnen, jedoch mo¨glicherweise in einfacherem Polygonalmauerwerk abgeschlossen wurde8 (Abb. 209). Innerhalb des Mauergevierts der lykischen Akropolis wurden die erheblichen Ho¨henunterschiede des Felsgrundes durch Aufschu¨ttung ausgeglichen, um einen einheitlichen Horizont zu schaVen. Dadurch erhielt sich vor allem im su¨do¨stlichen Bereich a¨ltere, von den Befestigungen ummantelte Bausubstanz9. Zu dieser za¨hlt ein im Nordbereich der Akropolis gelegener Mauerzug, dessen polygonale Blo¨cke eher kurvigen Fugenverlauf aufweisen und den die Ausgra¨ber in das 6. Jh. v. Chr. datierten sowie einem a¨lteren nord- und ostseitigen Mauerring zuwiesen10. Im Zuge der Ausgrabungen konnte der Bau der Akropolisbefestigungen in das zweite Viertel des 5. Jhs. v. Chr. datiert werden. Im Inneren der Anlage liegen die Ruinen zahlreicher Geba¨ude dieser Epoche, darunter ein Tempel und skulpturengeschmu¨ckte Heroa11. Ein Großteil der Verbauung Wel jedoch spa¨teren Bauaktivita¨ten zum Opfer. Das Vorhandensein eines dynastischen Wohnbereiches innerhalb der Akropolismauern wa¨hrend der klassischen Periode kann daher nur vermutet werden12. Die klassischen Befestigungsmauern der lykischen Akropolis von Xanthos sind von einem beabsichtigten Nebeneinander von Stilformen gekennzeichnet. Am augenfa¨lligsten ist dieses am turmartigen SO-Eck der Anlage, wo auf der o¨stlichen Flanke großblo¨ckiges Polygonalmauerwerk mit geradem Fugenschnitt und gegla¨tteter Schauseite ansteht13, wa¨hrend im Su¨den, in Turmla¨nge, sehr regelma¨ßiges Quaderwerk versetzt ist14. Ein bastionsartiger Vorsprung an der Su¨dseite der Anlage wurde zumindest teilweise aus besonders großen, polygonal geschnittenen Platten mit tendenziell horizontalen Lagerfugen errichtet. An der den Fluß u¨berragenden und nur vom anderen Ufer aus einsehbaren Westseite kommt vergleichsweise kleinformatiges, weniger genau verfugtes Polygonalmauerwerk vor15. Nur das Eck eines sa¨gezahnartigen Versprunges ist aus etwas feinerem Mauerwerk unter Verwendung von Eckquadern hochgezogen, welches an der Westseite auf 2 m La¨nge ansteht, wa¨hrend es auf der kaum zuga¨nglichen Nordseite nicht u¨ber die Eckverbindung hinausreicht16. Die Qualita¨t der Ausfu¨hrung eines Mauerabschnittes scheint folglich in Verha¨ltnis zu dessen Einsichtigkeit zu stehen. Auch die Verwendung von Eckquadern anstelle eines Orthostaten du¨rfte mit der Abgeschiedenheit des westlichen Mauerabschnittes in Zusammenhang stehen.
6 Die augenfa¨llige Verwandtschaft dieser Ecktu¨rme mit den anderenorts lykische Gipfelbefestigungen u¨berragenden Turmbauten, die auch auf den Stadtdarstellungen einen zentralen Platz einnehmen, darf wohl als Hinweis auf eine vergleichbare Funktion gewertet werden. 7 Zu dem Bautyp des Tetrapyrgion s. u. S. 183 Anm. 90. 8 Die o¨stliche Flanke der Bastion wurde im unteren Teil aus auffallend großen, polygonal geschnittenen Platten mit tendenziell horizontalen Lagerfugen hochgezogen, die an den Fugen Fasen sowie an der mit dem Spitzeisen grob begradigten Schauseite Randschlag aufweisen. s. Fouilles 2 Taf. 5. Nahe verwandtes Mauerwerk Wndet sich am Heroon von Apollonia. s. J. Zahle, ActaArch 47, 1976, 26 –49; zur OberXa¨chenbehandlung ebenda 41. Oberhalb dieses Plattenpolygonals und an der Su¨dXanke der Bastion hat
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sich bedeutend kleinformatigeres Polygonalmauerwerk erhalten. 9 Zwei große Bebauungsphasen ließen sich feststellen: Vorpersisches, einfaches Mauerwerk und ein Horizont, der in die Zeit nach der Eroberung durch Harpagos geho¨ren du¨rfte. s. Fouilles 2, 78 f. 10 s. Fouilles 2, 11. 14. Taf. VI Abb. 3. 4. 11 a. O. passim. 12 s. u. Anm. 34. 13 An der durchgehend polygonalen Außenschale setzt sich der Eckturm von dem Mauerschenkel weder durch eine Baufuge, noch sonst in irgendeiner Weise ab. 14 s. Fouilles 2 Taf. II. X. 15 s. Fouilles 2 Taf. VIII. 16 s. Fouilles 2 Taf. VIII 4. IX 1.
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Von der NordXanke, an der wohl einst der Eingang in die Anlage gelegen war, haben sich nur spa¨rliche Reste erhalten, darunter eine Reihe großer, an der Schauseite ga¨nzlich gegla¨tteter Orthostatenblo¨cke im Anschluß an das Nordosteck. An den meisten Abschnitten der Befestigung der Akropolis und auch an zivilen Monumenten treten im Eckbereich Orthostaten auf (Abb. 162). Diese auf einer ihrer Schmalseiten hochkant stehenden, oft mehr als 2 m hohen Blo¨cke oder Platten sind, bis auf stark vorkragende halbrunde Hebebossen, an den Schauseiten gegla¨ttet, wobei bisweilen auftretende, geschwungene oder wellenartig gefu¨hrte Spitzeisenschla¨ge dekorative Wirkung haben. Nordseitig am Nordwesteck der Akropolis liegt u¨ber dem Eckorthostaten ein auffallend großer, waagrecht versetzter Block, der u¨ber das Eck hinaus in die Nordmauer einbindet17. Ein a¨hnlicher Befund la¨ßt sich fu¨r das SO-Eck der Anlage rekonstruieren. Su¨d- und nordseitig sind an die lykische Akropolis großXa¨chige Terrassierungen angeschoben, die aufgrund der Textur ihres polygonalen Mauerwerks mit Bossierung und Randschlag in hellenistische Zeit datieren du¨rften18. Im gleichen Mauerstil sind auch Ausbesserungsarbeiten an der Su¨dXanke der Akropolis gehalten. B. Die Ringmauer von Xanthos19 1) Das große, tangentiale Stadttor (Fig. 85 Abb. 164) Am Su¨drand der Stadt unterhalb des Nereidenmonumentes beWndet sich in Hanglage ein tangentiales Stadttor, in welches unter der Regierung des Vespasian ein monumentaler Torbogen eingezogen wurde. Es fand mehrfach in der Literatur Erwa¨hnung und Aufnahme in verschiedene Stadtpla¨ne. Hellenistische Inschriften bieten einen gesicherten terminus ante quem fu¨r die Errichtung dieser in der Literatur immer wieder als hellenistisch angesprochenen Anlage20. Der polygonale Mauerstil, die Mauertechnik einschließlich der Verwendung von Eckorthostaten und bautypologische Erwa¨gungen sprechen jedoch dafu¨r, eine gleichzeitige Entstehung mit den Befestigungen der lykischen Akropolis anzunehmen21. 2) Die Nordkurtine (Fig. 86. 87 Abb. 165) Die Nordseite der Stadt schu¨tzte eine Befestigungsmauer, die der felsigen Kante des hier einigermaßen steil abbrechenden Stadthu¨gels folgt. In ihrem o¨stlichen Abschnitt sind zwei Tu¨rme und die spa¨ter mit Spolienmauerwerk verblendeten Kurtinen aus binderlosem Polygonalmauerwerk klassischen Typs erhaltenen. Die relativ kleinen, nur wenig vorspringenden Tu¨rme sind als eigensta¨ndige Bauko¨rper konzipiert, an welche die Kurtinen mit Baunaht angesetzt sind. Eine derartige Konzeption wird von der
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s. Fouilles 2 Taf. IX 2. 3. Zu der su¨dlichen Bastion s. Fouilles 2, 9 Taf. 12 1. 2. Die nordseitige Anlage ist im gleichen Mauerstil ausgefu¨hrt, wurde aber noch nicht publiziert. Eine Datierung in das 2. Jh. v. Chr. legt die große A¨hnlichkeit dieses Mauerwerks mit dem des U-fo¨rmigen Turmes an der OstXanke des Mauerringes von Xanthos nahe (s. u.). 19 Besonderen Dank schulde ich Herrn Prof. Chr. Le Roy, dem Leiter der franzo¨sischen Grabungen von Xanthos, fu¨r die großzu¨gige Erlaubnis, im Bereich der Stadtmauern von Xanthos zu arbeiten und die Ergebnisse in ¨ berlegungen einzubeziehen. Eine detailliertere Bediese U schreibung der wichtigsten Punkte der Ringmauer s. Verf. in: Actes Istanbul 37–40. Zu den Befestigungen von Xanthos s. zuletzt J. des Courtils, REA 96, 1984, 285–298. Die im Folgenden vertretene Datierung des großen Mauerringes von Xanthos in die klassische Periode konnte im Zuge der Kampagne 1995 grabungsarcha¨ologisch veriW‡ 18
ziert, die Ergebnisse jedoch nicht mehr in das Manuskript eingearbeitet werden. 20 s. O. Benndorf in: Festschrift O. Hirschfeld (1903) 75 V. Eine der Inschriften steht mit einem Feldzug Antiochos d. Gr. in Zusammenhang, der ihn im Jahre 197 v. Chr. an die Ku¨ste Kleinasiens brachte und zu einer wohl einvernehmlichen Besetzung von Xanthos fu¨hrte. Die zwei anderen Inschriften beziehen sich auf den Sieg eines lykischen Strategen und die Stiftung von Weihgeschenken, die am Tor angebracht wurden. P. Demargne, Fouilles 1, 24, datiert das Tor in die Zeit der Ptolema¨erherrschaft im fru¨hen Hellenismus. Adam, Architecture 241, sieht es in Zusammenhang mit der Anlage einer Ringmauer, die er, mit vager Begru¨ndung, in die Regierungsjahre des zweiten Ptolema¨ers ansetzt. Einen Grundriß des Tores s. Adam, Architecture Abb. 47. 21 s. Verf. in: Actes Istanbul 38; J. des Courtils, REA 96, 1994, 285–298.
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hellenistischen Poliorketik empfohlen, das additive Aneinanderschieben von Mauerabschnitten und der Kernbaucharakter von Turmbauten ist aber auch fu¨r die klassische Wehrarchitektur Lykiens typisch22. Das unter Verwendung von Eckquadern errichtete und an der Schauseite abgearbeitete Polygonalmauerwerk indiziert eine Datierung in klassische Zeit. Die Kurtine zwischen Turm 1 und 2 wurde in anna¨hernd pseudoisodomem Mauerwerk geXickt, dessen teils trapezoidale Blo¨cke Bossierung und Randschlag aufweisen. 3) Der Bereich des Nordosttores (Fig. 88 Abb. 166) Das im nordo¨stlichen Bereich des Stadtgebietes gelegene, nach Norden gerichtete axiale Stadttor beWndet sich in Ecklage und wird von einem mit einem Rundturm abgeschlossenen Mauerschenkel rechts Xankiert. Es wurde verschiedentlich in Stadtpla¨ne aufgenommen und auch in der Forschungsliteratur erwa¨hnt23. Seine gewaltigen monolithen Laibungsblo¨cke sind an der Außenseite gegla¨ttet und haben im rechten Winkel hinterschnittene Falze; in das o¨stliche Gewa¨nde wurde ein hakenfo¨rmiges Riegelloch gearbeitet. Die monolithen Laibungen und der Riegeltypus bieten Anhaltspunkte fu¨r eine Datierung in klassische Zeit. Das an beiden Seiten des Tores anschließende, besonders qualita¨tvolle Mauerwerk ist pseudoisodom und weist die gleiche OberXa¨chenbearbeitung wie die Laibungssteine auf. Die exakt verfugten Quader waren horizontal verklammert und vertikal verdu¨belt, in der lykischen Wehrarchitektur eine unikale Lo¨sung. Dieses Mauerwerk reicht bis an den Rundturm, der die westliche Flankierungsmauer des Tores abschließt und dessen Fu¨llmasse von Steinsetzungen gefestigt wird. Der Turm du¨rfte, wie in Analogie zu einem halbrunden Turm an der Ostseite des Stadtgebietes zu schließen ist, in der heute verschu¨tteten Sockelzone aus geboßten Kalksteinblo¨cken errichtet worden sein, worauf das heute noch anstehende Aufgehende des Turmko¨rpers aus Konglomeratgestein versetzt wurde24. ¨ stlich des Tores wird die Mauer von einem bastionsartigen, im Siedlungsinneren jedoch weitO gehend durch spa¨tere Umbauten gesto¨rten, bzw. u¨berhaupt abgerissenen Bauko¨rper gedoppelt, dessen Verha¨ltnis zur pseudoisodomen Phase ohne Reinigungsarbeiten nicht eindeutig festzustellen ist25. In den tieferen Lagen tendiert das binderlose Mauerwerk dieses Baus zum Polygonalen, in den gro¨ßernteils verstu¨rzten ho¨heren Zonen waren sta¨rker quaderhafte Blo¨cke versetzt. Diese weisen Bossen und Randschlag auf. 4) Die Ostkurtine und der U-fo¨rmige Turm (Fig. 89. 90 Abb. 168) Im Bereich der Ostkurtinen Wndet sich neben langen Abschnitten spa¨ten Spolienmauerwerks verschiedentlich auch polygonales Mauerwerk. Dieses wurde im Bereich eines rund 12 m aus der KurtinenXucht vorspringenden und knapp 10 m breiten, U-fo¨rmigen Turmes untersucht26. Der Turm ist in der Sockelzone aus polygonalen und an der Schauseite bossierten Kalksteinblo¨cken errichtet.
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Zum Ansetzen der Kurtinen an Tu¨rme s. Lawrence, Aims 221 und Winter, FortiWcations 167, mit Quellenhinweisen. Philon 84. 18 V. 23 Erwa¨hnungen s. Fouilles 1, 24; Adam, Architecture 241 und Verf., Su¨dtor 78. 24 Zu diesem Turm s. u. Abschnitt 4. Das Mauerwerk dieses Turmsockels datiert Adam, Architecture 165 Abb. 203, zeitgleich mit Pydna in den Hellenismus. Er geht aber mit keinem Wort auf die darauf beWndlichen, stark erodierten Konglomeratblo¨cke ein. Weder der halbrunde Grundriß noch die Verwendung unterschiedlichen Steinmaterials bieten einen Datierungsansatz. Im griechischen Festungsbau ist die Anlage von Rundtu¨rmen ab der Archaik nachgewiesen, sie kommen ha¨uWg in Torna¨he vor, bleiben aber in allen Epochen im Verha¨ltnis zum rechteckigen
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Typ selten. Dazu s. Winter, FortiWcations 192; Adam, Architecture 62 V. Variationen im Baumaterial sind relativ selten, Wnden sich jedoch zu allen Zeiten. Dazu s. Winter, FortiWcations 79. 25 Es du¨rfte sich um eine spa¨tere Hinzufu¨gung handeln, da m. E. die alternative Interpretation der Bausituation, daß bei der mit großem Aufwand durchgefu¨hrten Errichtung des Tores und des anschließenden Mauerabschnittes auf einen schon bestehenden, die Bauarbeiten behindernden, jedoch in das Planungskonzept nicht direkt eingebundenen Kernbau Ru¨cksicht genommen worden wa¨re, wenig Wahrscheinlichkeit hat. 26 Zu den Grabungen im Turm s. J. des Courtils, REA 96, 1994, 285 V.
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Entlang des unteren Randes der Steine Wnden sich ha¨uWg relativ weit gesetzte und im rechten Winkel zur ¨ ber diesem Kalksteinsockel erhob sich ein U ¨ berbau aus teils Blockkante verlaufende Spitzeisenrillen. U radial als Binder, teils als La¨ufer versetzten Konglomeratblo¨cken. Die untere Turmkammer war u¨ber einen im Siedlungsinneren beWndlichen Eingang zuga¨nglich. Das aus der Einfu¨llung im Turminneren geborgene keramische Material erlaubte eine Datierung des Kurtinenabschnittes in die Zeit nach der Mitte des 2. Jhs. v. Chr. In das Fundament des Turmes wurde ein a¨lterer, auf dem gewachsenen Fels fundamentierter und durchgeschichteter Bauko¨rper einbezogen, der mo¨glicherweise als Unterbau eines a¨lteren Grabbaus zu interpretieren ist27. 5) Die Bauphasen der Befestigung Diese hier nur verku¨rzt dargestellten Beobachtungen erlauben es mit einiger Sicherheit, die Errichtung des großen Mauerringes aufgrund der bautechnischen und stilistischen Verwandtschaft wichtiger Mauerabschnitte mit den Befestigungen der lykischen Akropolis in die erste Ha¨lfte des 5. Jhs. v. Chr. zu datieren. Es ist folglich anzunehmen, daß die lykische Akropolis und die Ringmauer einem Baukonzept angeho¨ren. Ausbesserungsarbeiten im Bereich der Nordkurtine und der Bau der Bastion am Nordosttor datieren wohl ebenfalls in klassische Zeit, du¨rften aber etwas ju¨nger sein. Im Hellenismus scheinen substantielle Umbauten bzw. Instandsetzungsarbeiten stattgefunden zu haben, im Zuge derer nicht nur die Befestigungen am Nordosttor modernisiert und Teile der Westmauern erneuert wurden, sondern mo¨glicherweise der Verlauf der ostseitigen Kurtinen Vera¨nderungen erfuhr. Zwei großXa¨chige bastionsartige Strukturen aus polygonalem Mauerwerk, die an die Nord- und die Su¨dXanke der lykischen Akropolis angeschoben sind, du¨rften ebenfalls der hellenistische Ausbauphase zuzuschreiben sein (Abb. 169). Ein bedeutender Teil der heute an der OberXa¨che erhaltenen Bausubstanz geho¨rt jedoch in spa¨te Zeit und ist in Spolienmauerwerk ausgefu¨hrt, welches ha¨uWg vor die a¨lteren Mauerzu¨ge geblendet wurde. Diese Phase der Wiederbefestigung der Niederlassung muß man wohl – wie auch in anderen Siedlungen der Region – in die Spa¨tantike datieren28. Die Befestigung der NordXanke der Akropolis mit ihren dicht gesetzten dreieckigen Tu¨rmen, du¨rfte in Analogie zu vergleichbaren Bauten in Lykien in mittelalterliche Zeit geho¨ren29. C. Zu Ausdehnung und Siedlungsbild von Xanthos in klassischer Zeit Die oben gemachten Beobachtungen verdeutlichen, daß sich der klassische Befestigungsring von Xanthos an der topographischen Situation orientierte. Diese Gela¨ndemauer, deren Verlauf im einzelnen zu bestimmen es einer detaillierten Untersuchung bedu¨rfte, scheint damit den Umfang der Mauerbauten spa¨terer Jahrhunderte vorweggenommen zu haben30; das Stadtgebiet erreichte in dieser Periode eine Ausdehnung, die nicht mehr wesentlich u¨bertroVen werden sollte. Dieser Befund widerspricht den ga¨ngigen Konzepten zur Stadtentwicklung von Xanthos, in welchen die Anlage der großen Ringmauer in den fru¨hen Hellenismus datiert und damit die klassische Siedlung auf die burgartige lykische Akropolis, deren Vorfeld und die ausgedehnten Nekropolen reduziert wird31. Als Bauherr der neugestalteten 27
Durchgeschichtete Mauern sind in der Wehrarchitektur des griechischen Raumes die Ausnahme: Ihr Auftreten beschra¨nkt sich vor allem auf die klassische Periode in Attika. s. Wrede, Mauern (1933) 12 V. 43 V.; Winter, FortiWcations 134 Anm. 31. 135; R. A. Tomlinson – J. H. Fossey, BSA 65, 1970, 243 V. 28 U. Peschlow in: Lykiensymposion II 65, zu einer Datierung des Mauerringes der Oststadt von Limyra in das 5./6. Jh. 29 U. Peschlow in: Lykiensymposion II 65, zu einer Datierung der Akropolis von Xanthos und der no¨rdlichen Weststadtmauer von Limyra in fru¨hmittelalterliche Zeit.
J. Morganstern datiert die letzte Phase der Festung von Dereag˘zı mit den drei- und fu¨nfeckigen Tu¨rmen in die mittelbyzantinische Periode: J. Morganstern in: Lykiensymposion II 75 f. 30 Demargne bewunderte den unter Beru¨cksichtigung der topographischen Lage taktisch klug gewa¨hlten Verlauf des großen Mauerringes, den er allerdings in den Hellenismus datiert. s. Fouilles 1, 24. 31 Demargnes Argumentation fu¨r eine Datierung der Ringmauer in den fru¨hen Hellenismus basiert auf dem terminus ante quem der Inschriften am großen Tor einerseits und der gra¨cozentrischen Annahme, daß Nekropolen
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Siedlung ka¨me Kuprlli in Frage, ein hervorragender Vertreter der xanthischen Dynastie, dessen Mu¨nzpra¨gung den gesamten lykischen Kulturraum der ersten Ha¨lfte des 5. Jhs. v. Chr. abdeckt32. Die lykische Akropolis, Siedlungszentrum und wahrscheinlich auch Dynastensitz, lag auf einem leicht zu verteidigenden, da im Westen und Su¨den von steilen Ha¨ngen geschu¨tzten Ausla¨ufer des ho¨her aufragenden Haupthu¨gels, von welchem er sich durch einen Gela¨ndesattel absetzt33. Ein Anschluß der großen klassischen Ringmauer an die Akropolis la¨ßt sich, wohl aufgrund der zahlreichen spa¨teren Umbauten in diesem Bereich, nicht mit Sicherheit ausmachen. Ein Mauerschenkel du¨rfte aber im Bereich des Su¨dostecks und ein anderer an das Nordwesteck angeschlossen haben. Das Haupttor der Siedlung befand sich in Hanglage in einer unterhalb der Akropolis gelegenen Senke an der Su¨dseite der Wohnsiedlung. Die Hauptzugangswege verliefen wohl im Bereich der unterhalb gelegenen Schwemmebene und fu¨hrten durch das Tor – einem talartigen Einschnitt folgend – bis an die Agora34. Aus der Perspektive des Anko¨mmlings dominierte der hochaufragende Akropolishu¨gel das Siedlungsbild. Die Tu¨rme, die mit einiger Sicherheit fu¨r die Su¨dost- und Nordostecken der Anlage zu rekonstruieren sind, waren wohl auch schon von ferne zu sehen und bestimmten die ‘skyline’ der Akropolis. Auch die su¨dseitige, in besonders aufwendigem Plattenpolygonalmauerwerk hochgezogene Bastion schob sich wuchtig aus der Befestigungslinie vor. Das Heroon G im Su¨dwesten und wohl auch noch andere, im Inneren der Anlage beWndliche Bauten u¨berragten die Kurtinen. Dem Bereich des Sattels unterhalb der – wohl einst von einem Tor durchbrochenen35 – Nordmauer der lykischen Akropolis, in dem sich in hellenistisch-ro¨mischer Zeit eine Agora griechischen Musters entwickeln sollte, kam schon in fru¨hklassischer Zeit zentrale Bedeutung zu: Einige wichtige Gra¨ber und wohl auch Kultbauten wurden dort angelegt36. Auf dem ansteigenden Hang gegenu¨ber der Akropolis, das Haupttor und den Aufweg u¨berragend, errichtete man den Prunkbau des Nereidenmonumentes. Die klassische Wohnsiedlung du¨rfte sich im Anschluß an den Sattel nach Norden und Osten erstreckt haben. Zu ihrem Schutz mußte die große Ringmauer den ho¨hergelegenen Haupthu¨gel mit einbeziehen. Der Befestigungsverlauf folgte Gela¨ndegratlinien und war daher in der Topographie weitgehend vorgegeben. Ob jemals das gesamte ummauerte Areal verbaut gewesen ist, scheint zweifelhaft. Dichter Ruinenbestand Wndet sich vor allem in den su¨dlichen und o¨stlichen Bereichen, wa¨hrend der
außerhalb der Mauern liegen sollten, andererseits. Dazu s. Fouilles 1, 24. Die in Xanthos innerhalb der Mauern gelegenen klassischen Grabsta¨tten sind zumeist von hervorragender Qualita¨t, ha¨uWg skulpturengeschmu¨ckt und wohl einer Elite zuzuweisen, wa¨hrend zahlreiche einfachere Gra¨ber in den Nordhang im Vorfeld der Stadt geschlagen wurden. Evidenz fu¨r die Anlage von Gra¨bern innerhalb des ummauerten Areals Wndet sich in Lykien nicht nur im Denkma¨lerbestand (s. o. S. 62 Anm. 54, bezu¨glich Limyra), sondern auch in der Reliefkunst (Stadtdarstellungen von Pinara). H. Metzger denkt an eine Datierung der Ringmauer in das spa¨te 3. Jh. v. Chr. s. Fouilles 2, 14. In seiner Rezension des Bandes Fouilles 2 a¨ußert sich R. Naumann diesem Postulat eines auf die Akropolis beschra¨nkten Stadtgebietes gegenu¨ber skeptisch, s. R. Naumann, Gnomon 37, 1965, 405; Adam, Architecture 241, postuliert eine Datierung des Mauerringes in die Regierungszeit des Ptolemaios Philadelphos. 32 Kuprlli pra¨gte in Xanthos, Phellos sowie Limyra und du¨rfte in der Zeit zwischen 485 und 440 v. Chr. geherrscht haben. Dazu s. O. Mørkholm – J. Zahle, ActaArch 43, 1972, 73 f. 33 Die zahlreichen kultischen und funera¨ren Großbauten im Bereich der Akropolis und in derem na¨heren Umfeld belegen die Bedeutung des Platzes. Als dynasti-
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scher Wohnbereich zu deutende Architektur konnte jedoch nicht erfaßt werden, was allerdings auf die fast vo¨llige Zersto¨rung weiter Teile der klassischen Anlage in spa¨terer Zeit zuru¨ckzufu¨hren sein du¨rfte. Metzger nimmt jedenfalls das Vorhandensein einer Residenz auf der Akropolis an. s. Fouilles 2, 20–23; P. Demargne – H. Metzger in: RE IX A 2 (1967) 1383 s. v. Xanthos in Lykien. 34 Nahe der su¨dwestlich der Akropolis gelegenen modernen Bru¨cke Wnden sich auch Fundamente eines mo¨glicherweise antiken Vorga¨ngerbaus. In diesem Bereich scheint von alters her eine Wegverbindung verlaufen zu sein. 35 Die – wie eine Reihe orthostatenartiger Blo¨cke nahe dem NO-Eck der Anlage belegen – besonders aufwendig gestaltete Fassade der lykischen Akropolis du¨rfte an der Nordseite gelegen haben. Auch der Zugang in die spa¨tantik-byzantinische Festung lag in diesem Bereich. 36 Eine auf dem Inschriftenpfeiler erhaltene Weihung des Monumentes an die Zwo¨lfgo¨tter der Agora erlaubt keine Schlu¨sse auf die architektonische Gestaltung des Versammlungsplatzes in klassischer Zeit. Zu dieser Inschrift s. zuletzt J. Bousquet, CRAI 1975, 144 –146; Bryce, Lycians 97 f. In diesem Bereich liegen zudem mehrere vorhellenistische Grabpfeiler, Heroa und Grabha¨user.
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Haupthu¨gel scheinbar nur verstreute Reste spa¨ter Verbauung tra¨gt. Die Mehrzahl der skulpturengeschmu¨ckten Gra¨ber befand sich innerhalb der Mauern. Ein zweites, von einem wohl erst in hellenistischer Zeit errichteten Rundturm Xankiertes Tor in Ecklage hat sich am Nordosteck der Siedlung erhalten. Die große Gra¨bergruppe mit dem ungeschmu¨ckten Grabpfeiler, zu welcher auch der Payavasarkophag geho¨rte, u¨berragt diesen Zugang und die turmversta¨rkte NordXanke der Siedlung. Zahlreiche weitere klassische Grabbauten liegen knapp außerhalb der Mauern im no¨rdlichen Vorfeld. Die zahlreichen funera¨ren Bauten in diesem Bereich sind wohl in Zusammenhang mit dem Tor zu sehen und unterstreichen die Bedeutung des von Norden kommenden Verbindungsweges. II. Zu den Befestigungen und dem Siedlungsbild von Pinara in klassischer Zeit (Abb. 170) Die am Westhang des Xanthostales beWndliche westlykische Siedlung Pinara wurde seit dem fru¨hen 19. Jh. von zahlreichen Forschungsexpeditionen aufgesucht37. Planskizzen und Ansichten der Niederlassung, die im Lauf der Zeit entstanden, trugen jedoch wenig zum Versta¨ndnis der lykischen – d. h. vorhellenistischen – Stadtanlage bei 38. Erst W. Wurster setzte sich mit den Phasen der Siedlungs¨ berbauung gelang es ihm, das lykische Siedlungsentwicklung auseinander (Fig. 92). Trotz der starken U bild na¨her zu deWnieren39. Diese Erkenntnisse zu Aufbau und Gro¨ße der Niederlassung sind umso bedeutender, als Pinara in klassischer Zeit eine der wichtigsten Niederlassungen des Xanthostales und damit Lykiens gewesen du¨rfte und auch mehrfach in zeitgeno¨ssischen historischen Inschriften Erwa¨hnung fand40. Auf dem Gipfel des von schroVen Ha¨ngen begrenzten und an der Oberkante als stark fallende HochXa¨che ausgeformten Stadtberges, der hinter der Wohnsiedlung aufragt, beWnden sich Reste einer Befestigung. Diese nahm nur den ho¨chsten Teil der verfu¨gbaren BauXa¨che ein, du¨rfte aber aufgrund ihrer Lage nahe dem einzigen natu¨rlichen Zugang als ausreichend erachtet worden sein, die zur Verteidigung der Niederlassung wichtige HochXa¨che zu schu¨tzen41. Die Wohnsiedlung lag in einer Senke zwischen einer sich am Fuß dieses Tafelberges erstreckenden Gela¨ndeterrasse und einem zur Unterburg ausgebauten Felsstock. Dieser bricht nach Osten und Su¨den steil ab und du¨rfte auf einer felsigen Kuppe den Palast des Stadtherren getragen haben42. Ausgedehnte, die Bedeutung der Siedlung in fru¨her Zeit widerspiegelnde Nekropolen erstreckten sich im Bereich o¨stlich und su¨dlich der Unterburg. Zahlreiche Grabbauten wurden aber auch in den Felsen des Burgberges geschlagen43. Die Befestigungen der Siedlung schlossen den Felsstock der Unterburg, die Senke und die ausgedehnte, nur teilweise verbaute Gela¨ndeterrasse ein und reichten bis an die Steilha¨nge des Burgberges. Das aus monolithen Blo¨cken errichtete monumentale Haupttor der Niederlassung hatte schon Ch. Fellows bemerkt und gezeichnet (Fig. 91 Abb. 171). Der am Nordrand der Senke gelegene axiale Zugang wurde von den stark befestigten und wohl zur Bastion ausgebauten Felsen der Unterburg Xankiert44. Ein weiteres, tangentiales Tor fu¨hrte von dem Gießtal im Su¨den im Bereich der Senke in 37
Eine Bibliographie zur Forschungsgeschichte von Pinara s. W. Wurster – M. Wo¨rrle, AA 1978, 75 f. 38 Planskizzen von Spratt und Krickl s. Travels I, Plan 1 und TAM II 186. 39 W. Wurster, AA 1978, 80 V. Einen Kurzbericht s. ders. in: Actes 30 f. 40 s. W. Wurster, AA 1978, 87 mit Quellenangaben Anm. 32–39. Zur Bedeutung Pinaras und inschriftlichen Nennungen s. auch J. Zahle in: Actes 40. 42 Anm. 4. 48. 41 Diese wahrscheinlich schon in klassischer Zeit errichtete Gipfelbefestigung ist su¨dseitig von dem fallenden Gela¨nde des Hochplateaus durch einen Graben getrennt, u¨ber dessen BeschaVenheit (natu¨rlich oder ku¨nstlich ?) sich Wurster jedoch nicht a¨ußert. s. W. Wurster, AA 1978, 86 Abb. 6. Dies wa¨re das einzige bis heute bekannt gewordene Beispiel eines ku¨nstlichen, als Anna¨herungshindernis ge-
planten Grabens in der lykischen Wehrarchitektur. Auch aus der griechischen Befestigungsarchitektur sind – im Gegensatz zur Bedeutung, welche die Poliorketen ihnen zumessen – bisher nur wenige als Anna¨herungshindernisse errichtete Gra¨ben nachweisbar. s. Lawrence, Aims 276. 279 V.; Winter, FortiWcations 269 V.; ders., AJA 67 (1963) 379–80 Anm. 68 –69. Eine Empfehlung zur Anlage von mehreren, hintereinander gestaffelten Gra¨ben s. Philon I 69. Zum Festungsgraben von Samos s. Kienast, Samos 91 V.; zu Megalopolis: Maier I 153 Nr. 35; zu Athen: E. Vanderpool, AJA 60, 1956, 267; G. Gruben AA 79, 1964, 414 f. 417 V. 42 s. W. Wurster, AA 1978, 85. 43 Ebenda 87 V. 44 Ebenda 85.
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die Siedlung. Es lag hoch am Hang und war als Nebentor einfach, aus sich u¨berlappenden polygonalen Kurtinen gestaltet45. Die am Fuß des Burgberges gelegene Gela¨ndeterrasse mußte aus fortiWkatorischen Gru¨nden zur Ga¨nze in die Befestigungen einbezogen werden, war aber scheinbar nur auf einem schmalen, den Rand der Senke sa¨umenden Streifen als Baugrund genutzt worden. Das in klassischer Zeit ummauerte Areal am Fuß des Burgberges hatte eine Fla¨che von rund 5, 5 ha, wa¨hrend das bebaute Gela¨nde nur etwa 4 ha groß gewesen sein du¨rfte46. In hellenistischer Zeit scheint daru¨ber hinaus eine ostseitig vorgeschobene Gela¨ndeterrasse in die Befestigung einbezogen worden zu sein (Abb. 174)47. An der NordostXanke, knapp bevor sie an die steil aufragenden Felsen des Berges anschließen, haben sich die polygonalen Befestigungsmauern am besten erhalten (Abb. 173). Mit einer Breite von 1, 50 m stehen sie noch in einer Ho¨he von rund 5, 00 m an48. Dort Wndet sich auch in einer Ho¨he von rund 4, 00 m ein schnabelartiger Wasserspeier in situ, der das vom ho¨heren Gela¨nde an die als Terrassierung gestaltete Kurtine andringende Regenwasser ableiten sollte. An der OstXanke nahe dem Nordosteck steht ein Mauerabschnitt an, dessen großformatige polygonale Blo¨cke an der Sichtseite Randschlag und Bossierung aufweisen (Abb. 172). III. Zum Siedlungsbild von Tlos in klassischer Zeit Die am Osthang des Xanthostales beWndliche Niederlassung geho¨rte seit klassischer Zeit zu den bedeutendsten Siedlungen des lykischen Kerngebietes49. Von dieser fru¨hen Blu¨te zeugen nur mehr zahlreiche, teils reliefgeschmu¨ckte Grabbauten, wa¨hrend die Wohnsiedlung und die Befestigungen durch spa¨te Umbauten weitgehend zersto¨rt wurden. Die Niederlassung entwickelte sich auf einem als ausgedehntes Plateau ausgebildeten, die Ebene des Xanthostales u¨berragenden Felssporn, den eine in Sattellage beWndliche Ebene von den ansteigenden Ha¨ngen im Osten trennt (Abb. 215). Der an drei Seiten von steilen Ha¨ngen begrenzte Burgberg war wohl in klassischer Zeit von Ringmauern umgeben, deren Verlauf von Wurster weitgehend rekonstruiert werden konnte (Fig. 95)50. An der OstXanke haben sich auch Teilstu¨cke der fru¨hen FortiWkationen erhalten, die Wurster als „polygonale Mauer ohne Randschlag und Bossierung“ beschreibt, die „vergleichbaren fru¨hen Mauern in anderen lykischen Befestigungen“ entspricht51. Ein Felsstock im Zentrum der befestigten Siedlung wurde vielleicht zur Burg ausgebaut. Spa¨testens in ro¨mischer Zeit verschob sich das Zentrum der Stadt in das Gebiet im Osten der Burg, wo monumentale o¨Ventliche Bauten, darunter ein Theater, Thermen und ein Gymnasium entstanden. In spa¨tantiker Zeit mußte jedoch der Burgberg von Neuem befestigt werden. IV. Sidyma52 Von der klassischen Phase dieser im Hochland des Kragos nahe des Xanthostales gelegenen Niederlassung hat sich im Ruinenbestand außer einigen Grabbauten nur wenig erhalten53. Die fru¨he Siedlung lag auf einem sehr steilen Felssporn, auf welchem sich heute nur mehr verstreute Felsabarbeitungen und Reste einer mittelalterlichen Befestigung Wnden (Fig. 93 Abb. 176). Spa¨testens in hellenistischer Zeit wurde ein o¨stlich am Fuße des Burgberges beWndliches Plateau ummauert. Von diesen teils pseudoisodomen, teils aus Bruchsteinmaterial aufgeschichteten Befestigun-
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Dieses Tor scheint in den Publikationen nicht auf. Ebenda 85. 47 Ebenda, passim. 48 Ebenda 83. 49 Eine eingehende Beschreibung und Analyse der Bausubstanz von Tlos sowie Angaben zur Forschungsgeschichte siehe W. Wurster, AA 1976, 27 V.; ders. in: Actes 32 f. 50 Wurster, AA 1976, 30 f. 46
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Ebenda 31. Zur Forschungsgeschichte, der Topographie und dem Ruinenbestand siehe S. Dardaigne – Ed. Fre´zouls, Kte`ma 10, 1985, 211 V.; Zu den Inschriften: Ed. Fre´zouls – M. J. Morand, Kte`ma 10, 1985, 233 V. 53 Zu den Grabbauten, darunter klassische Fassadenkammergra¨ber und ein Grabpfeiler: S. Dardaigne – D. Longepierre, Kte`ma 10, 1985, 219–233. 52
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gen stehen noch lange Abschnitte an54. Insbesondere ein von einem schra¨g vorspringenden Turm Xankiertes, leicht zuru¨ckgenommenes Axialtor ist in gutem Erhaltungszustand (Fig. 94 Abb. 177). V. Telmessos/Fethiye und Hızırlık, ein Siedlungsgebiet bei Telmessos Obwohl im Bereich von Fethiye/Telmessos zahlreiche Felsgra¨ber das Bestehen einer bedeutenden Siedlung in hochklassischer Zeit dokumentieren, haben sich im Ruinenbestand keine Spuren fru¨her Befestigungen erhalten55. Ein bei der Wu¨stung Hızırlık, wenige Kilometer nordo¨stlich Fethiyes gelegenes ausgedehntes Ruinengebiet wurde von K. Buschmann entdeckt, der 1991 eine Planaufnahme und eine Beschreibung der Sta¨tte verfertigte56. Eine drei Hu¨gelkuppen einbeziehende, stellenweise mehr als 2, 50 m starke und in weiten Teilen polygonale Ringmauer umschloß die mo¨glicherweise als fru¨hklassische Vorga¨ngersiedlung von Telmessos/Fethiye zu deutende Niederlassung. Sie wurde an der Ostseite, wo die alte Wegverbindung mit dem Xanthostal vorbeifu¨hrte, mittels la¨nglichen und weit aus der MauerXucht vorspringenden Tu¨rmen versta¨rkt. Der su¨dlichste derselben, nahe dem die Wegtrasse vorbeifu¨hrte, weist einen großen Eckorthostaten auf. Im Nordwestbereich der Siedlung haben sich in einem Ru¨cksprung der verbreiterten Wehrmauer zwei gegenla¨uWge Treppen erhalten, die wohl einst auf einen Wehrgang fu¨hrten. Zahlreiche Tumuli sa¨umen vorfeldseitig die Befestigungen. Weiters fanden sich zwei Grabpfeiler und einige Fassadenkammergra¨ber im Weichbild der Niederlassung. Verschiedene ¨ berlegungen sprechen dafu¨r, daß die Siedlung noch in vorhellenistischer Zeit weitgehend verlassen U worden war. VI. Kadyanda Im Bereich der auf einem ausgedehnten Tafelberg im Hinterland no¨rdlich von Fethiye/Telmessos beWndlichen westlykischen Niederlassung Kadyanda haben sich außer Grabbauten keine nennenswerten ¨ berreste aus der klassischen Periode erhalten57. Spa¨rliche Reste der in polygonalem Stil gehaltenen U hellenistischen Befestigungen, darunter von pfeilerartigen Streben, die vielleicht den Laufgang tragen sollten, versta¨rkte Kurtinen, wurden verschiedentlich beschrieben58.
54 Zu den Befestigungen s. Reisen I 60; S. Dardaigne – Ed. Fre´zouls, Kte`ma 10, 1985, 213 Abb. 2 Taf. 1, 3. 4; Bean, Lykien 78 Taf. 37. 55 Zum Ruinenbestand und der Siedlungsentwicklung s. W. Wurster in: Actes 34 f. 56 Vielen Dank schulde ich Herrn K. Buschmann (Tu¨bingen) fu¨r die Erlaubnis, dieses Material hier zu besprechen. s. den Vorbericht von K. Buschmann in: X. AST (1992) 429–438.
57 Aus der Planskizze la¨ßt sich entnehmen, daß Wurster verschiedentlich lykische, d. h. klassische Mauerabschnitte ausnehmen konnte. siehe Wurster in: Actes 31 Abb. 2. 58 Zur Forschungsgeschichte, der Topographie und dem Ruinenbestand s. Ed. Fre´zouls u. a., Kte`ma 11, 1986, 225 V. Zu den Befestigungen: ebenda 226; A. V. McNicoll, Hellenistic FortiWcations from the Aegean to the Euphrates, Diss. Oxford (1971) 247.
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Die klassische Wehrarchitektur Lykiens Mauertechnik und Mauerbau ¨ berlieferung zufolge kamen die Kyklopen, welche als Erbauer von Mykenai und Einer antiken U Tiryns galten, aus Lykien (Strabo VIII 373). Inwieweit eine meist unter Verwendung gewaltiger Steinblo¨cke errichtete, monumentale architektonische Hinterlassenschaft, welche in lykischen Siedlungen großen Respekt genoß und vielerorts bis in die Kaiserzeit in sich a¨ndernde Stadtanlagen integriert wurde, derartigen MystiWkationen Nahrung bot, kann nur vermutet werden1. Jedenfalls erweckt auch heute noch die urtu¨mliche Scho¨nheit der zahlreichen in Lykien erhaltenen Befestigungen und Grabbauten die Bewunderung von Reisenden und Forschern. I. Zur Struktur der Mauern A. Das Baumaterial Beim Bau lykischer Befestigungen fand nahezu ausschließlich lokaler Kalkstein Verwendung2. Dieser unterscheidet sich von Ort zu Ort in Reinheit, Festigkeit und Dichte erheblich. OberXa¨chengestein ist oft stark verkarstet und aufgrund der Korrosion als Baumaterial schlecht verwendbar, im Zuge ¨ bervon Steinbruchsta¨tigkeit gewonnene Blo¨cke weisen aber bisweilen vorzu¨gliche, auch fu¨r feine U arbeitung ausreichende Qualita¨t auf. Obwohl das Steinmaterial fu¨r die Befestigungen wohl nahe des Versatzortes gebrochen wurde, ließen sich nirgendwo Bruchspuren mit dem Mauerbau in Verbindung bringen3. Dies mag wohl zumeist mit der starken Korrosionsanfa¨lligkeit des OberXa¨chengesteines zusammenha¨ngen, aufgrund derer Steinbruchspuren bis zur Unkenntlichkeit verschliVen worden sein ko¨nnten, in anderen Fa¨llen mo¨gen die durch den Steinabbau gewonnenen Fla¨chen zum Bau von Geba¨uden genutzt worden sein. Zwei der im Fundament des Su¨dtores von Limyra versetzten Blo¨cke sind als Quader mit Vorbereitung zur Bossierung zurechtgeschlagen. Dies ko¨nnte darauf weisen, daß schon fu¨r den Versatz vorbereitete Blo¨cke von der Bruchstelle angeliefert wurden und am Bauplatz den letzten SchliV bekamen4. In Einzelfa¨llen konnte die Textur des anstehenden Gesteins zur Ausbildung lokaler Mauerstilvarianten fu¨hren5. So bewirkten beispielsweise in Tu¨se die an der OberXa¨che anstehenden, sehr großen, verstellten Kalksteinplatten eine Tendenz, die Mauern horizontal zu gliedern (Fig. 63 Abb. 127)6. An Orten, an denen vorwiegend stark bru¨chiges, plattenhaftes Baumaterial zur Verfu¨gung stand, verzichtete man beim Mauerbau bisweilen auf guten Fugenschluß, legte aber zumeist dennoch bei hervorragenden, auf Ansicht berechneten Abschnitten der Befestigungen großen Wert auf das Erscheinungsbild der 1 Bezu¨glich Alter und mo¨glichen Interpretationsebe¨ berlieferung s. O. Treuber, Geschichte der nen dieser U Lykier (1887) 51 V. 2 Die Verwendung anstehenden Steinmaterials zum Mauerbau ist im klassischen Festungsbau die Regel. Bei zu geringer Qualita¨t des am Ort verfu¨gbaren Steines oder vo¨lligem Fehlen von Felsen in der Umgebung einer Siedlung mußten la¨ngere Transportwege in Anspruch genommen werden. In solchen Fa¨llen begnu¨gte man sich jedoch ha¨uWg damit, die Fundamente bzw. Mauersockel aus Stein, das Aufgehende aber aus Lehmziegeln zu errichten. s. Lawrence, Aims 233; Winter, FortiWcations 77; Maier I 46. 239.
3 Nahe eines in Zentrallykien, am Weg nach Gu¨rses beWndlichen Turmgeho¨ftes haben sich Steinbruchspuren erhalten, die mit dessen Bau in Verbindung stehen du¨rften. s. Konecny, Turmgeho¨fte 62. 4 s. Verf., Su¨dtor 54 f. 5 Zu diesem Pha¨nomen im griechischen Festungsbau s. nur J.-C. Bessac – P. Leriche in: DossAParis 172, 1992, 74 V.; J.-C. Bessac in: FortiWcations dans l’histoire du monde gre`c (1982) 276. 6 zu Tu¨se s. o. im Katalogteil S. 81 f.
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Die klassische Wehrarchitektur Lykiens
Mauer. Daraus ergab sich bisweilen ein starker Kontrast zwischen dem hochwertigen Mauerwerk der Kernbauten und den aus klaVenden Bruchsteinen geschlichteten Verbindungsmauern (Abb. 33)7. Aus stark verwitterungsanfa¨lligem Stein errichtete Mauerabschnitte lassen ha¨uWg die urspru¨ngliche Bauqualita¨t sowie Schauseitengestaltung nur mehr erahnen und sind daher nur schwer einer Stilgruppe zuzuordnen. Eine bewußt auf Kontrastwirkung ausgelegte Verwendung verschiedenen Steinmaterials am selben Bau la¨ßt sich in der lykischen Wehrarchitektur nur an einem halbrunden, an der OstXanke von Xanthos beWndlichen Turm nachweisen, der jedoch in die hellenistische Zeit datiert8. Die Basis des Bauko¨rpers wurde aus harten Kalksteinblo¨cken mit Bosse und Randschlag hochgezogen, auf denen man quaderhaft geschnittene gelbliche Konglomeratblo¨cke versetzte9. Trotz des guten Erhaltungszustandes zahlreicher Denkma¨ler, deren Mauern bisweilen noch mehrere Meter hoch anstehen, la¨ßt sich in Lykien bisher die Verwendung von Lehmziegeln im Befestigungsbau nicht nachweisen. Auch Steinsetzungen mit der fu¨r Steinsockel mit Lehmziegeloberbau typischen waagrechten Oberkante haben sich im Denkmalbestand nicht erhalten10. Aufgrund des gebirgigen und felsigen Landschaftscharakters stand Stein als Baumaterial in genu¨gender Menge zur Verfu¨gung, so daß es durchaus mo¨glich wa¨re, daß wa¨hrend der diese Untersuchung betreffenden Perioden beim Bau von Befestigungen auf Lehmziegel vo¨llig verzichtet werden konnte. B. Die Fundamente a) Felsbettungen Die Mauerfu¨hrung klassischer Befestigungen Lykiens folgte – sofern die topographischen Verha¨ltnisse dies erlaubten – felsigen Gela¨ndegratlinien. Derartige Gela¨ndemauern fußten auf dem zur Aufnahme der Blo¨cke vorbereiteten gewachsenen Felsen. In ebenem Gela¨nde bestanden diese Felsbettungen in einfacher Gla¨ttung des Felsgrundes oder konnten die Form von leicht eingetieften Rinnen von Mauerbreite annehmen. In steilem Gela¨nde stellen sie sich als Abtreppungen dar. Einen zwischen Vorder- und Hinterkante einer Bettung bestehenden Ho¨henunterschied glich man mit einer Stufung aus (Abb. 66). Im Eckbereich auch nachla¨ssig gebauter Mauern wurde einer sorgfa¨ltigen Vorbereitung des Untergrundes großer Wert beigemessen, wa¨hrend im Mauerverlauf zwischen einzelnen Bettungsabschnitten oft große Lu¨cken bestehen blieben. Auch zog man ha¨uWg anstehende Felssto¨cke, nachdem man sie zur Aufnahme der Mauern vorbereitet hatte, in die Kurtinen mit ein (Abb. 95). Bisweilen wurde vorfeldseitig der Felsen unterhalb der Mauern gegla¨ttet11. Fehlstellen im Felsgrund und leichte Einbuchtungen des Felsens, denen sich der Mauerverlauf nicht anpassen sollte, mußten ausgeglichen oder u¨berbru¨ckt werden. In solchen Fa¨llen setzte man 7
So z. B. in Tu¨se oder Seyret. In Isinda bricht der lokale Kalkstein in Platten, die dann auch das Baumaterial fu¨r die wenig qualita¨tvollen Mauern der Burg boten. 8 Zur Verwendung verschiedenfarbigen Steinmaterials im griechischen Festungsbau s. nur Winter, FortiWcations 79 Abb. 56. In Larisa am Hermos wird der m. E. intendierte Farbkontrast an den spa¨tarchaischen Mauern besonders deutlich. s. auch K. Schefold, Larisa am Hermos I (1940) 46. Eine Gliederung der Mauern durch horizontale Ba¨nder ro¨tlichen Steines Wndet sich in Eretria. s. N. Bas¸gelen, The Wall in Anatolia through the Ages (1993) Abb. S. 44. 9 Dazu s. o. im Katalog S. 102 f. Ein Rundturm am Nordosteck der Befestigungen nahe dem Tor und Kurtinenabschnitte an der OstXanke weisen ebenfalls die gleichen Konstruktionsmerkmale auf. Da sich vergleichbares Mauerwerk auch an der Kurtine westlich des Su¨dtores wiederzuWnden scheint, ko¨nnten wir hier Hinweise auf eine
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großangelegte Umbauphase der Befestigungen haben. Auch beim nachkaiserzeitlichen Wiederaufbau der Befestigungen von Xanthos, bei dem vorwiegend Spolienmaterial verwendet wurde, versetzte man immer wieder Hartgestein an der Basis der Kurtinen, Konglomeratgestein aber in ho¨heren Lagen. 10 An der Oberkante horizontal abschließende Mauersockel ko¨nnen auch den Unterbau von Steinmauern bilden. Dazu s. u. S.111. Einen Hinweis auf die Verwendung von Lehmziegeln in der Sakralarchitektur Lykiens bietet der horizontal abschließende polygonale Unterbau des klassischen Vorga¨ngerbaus des Letotempels im Letoon bei Xanthos. Einen Vorbericht s. Chr. Le Roy – E. Hansen, RA 1976 326 V.; E. Hansen, RA 1991, 323. 11 So am Su¨dosteck der Burg von Trysa, wo eine unterhalb der heute verstu¨rzten Mauern anstehende, mehrere Meter hohe Felswand als Eck gearbeitet und gegla¨ttet wurde.
Mauertechnik und Mauerbau
zumeist Bruchsteinmauern in die Lu¨cke oder schob Schalmauern an den Fels, die der aufgehenden Mauer als Fundament dienen konnten (Abb. 108). Diese im lykischen Befestigungsbau angewendeten Bettungstechniken waren im ganzen griechischen Raum u¨blich und lassen sich auch nicht zeitlich genauer eingrenzen12. b) Fundamentierung in erdigem Untergrund Wo kein gu¨nstiger Felsgrund zum Kurtinenbau anstand, mußte in erdigem Untergrund fundamentiert werden. Um Ausku¨nfte u¨ber Art und Tiefe eines Mauerfundamentes zu gewinnen, ist man in der Regel auf Grabungsta¨tigkeit angewiesen. Da jedoch im Rahmen der Publikation der FortiWkationen der Akropolis von Xanthos, die in weiten Abschnitten auf gewachsenem Fels fußen, auf solche Fragen nicht eingegangen wurde, stehen diesbezu¨gliche Informationen nur von der Grabung in der Su¨dstadt von Limyra zur Verfu¨gung. Das Fundament der Kurtinen am Su¨dtor besteht aus zwei Scharen von insgesamt rund 1, 00 m Ho¨he, am Su¨dosteck der Xankierenden Bastion Wndet sich jedoch nur ein einzelner, besonders großer Block13. In die untere Schar sind gro¨ßere, grob zurechtgeschlagene Blo¨cke mit gegla¨ttetem Oberlager versetzt, wa¨hrend die obere Schar zumeist von kleineren, Xach versetzten Quadern mit gegla¨ttetem Ober- und Unterlager gebildet wird (Fig. 23. 24 Abb. 68). Der stark gesto¨rte Befund am Tor la¨ßt sich dahingehend interpretieren, daß die Mauer hangseitig in schon bestehende Kulturschichten eingeta¨uft wurde, wa¨hrend man vorfeldseitig aber Schotter und Lehmpackungen anschu¨ttete, die zur Drainage des an das Tor fu¨hrenden Weges dienten. Etwa 70 m o¨stlich des Tores, im Bereich von Sondage 9, hat sich am Kurtinenfundament ein deutlicher Befund erhalten14. Beim Bau der im unteren Teil als Terrassierung gestalteten Wehrmauer wurden bestehende Mauerzu¨ge abgerissen und ein stufenartiger Fundamentgraben in den Hang getieft. In diesen versetzte man die Fundamentblo¨cke der nach unten zu zuru¨ckspringenden Innenschale. Die Fundamentierungstiefe der lotrechten Außenschale ließ sich aufgrund spa¨terer Kanaleinbauten in diesem Bereich nicht mehr kla¨ren. Hinter der Kurtine wurde aufgeschu¨ttet, so daß diese im unteren Teil als Terrassierung gestaltet war. Diese im Gegensatz zu den Empfehlungen des Poliorketen Philo stehende, wenig aufwendige Fundamentierung bot zwar keinen Schutz vor Minen, du¨rfte jedoch auch der im griechischen Raum dieser Zeit ga¨ngigen Praxis entsprochen haben15. c) Mauersockel In der lykischen Steinarchitektur bildeten ha¨uWg Unebenheiten ausgleichende, bisweilen aufwendig gebaute Sockel einen Unterbau fu¨r – zumeist im Verha¨ltnis zum Sockel zuru¨ckspringendes – aufgehendes Mauerwerk (Fig. 58). Diese Technik fand auch in die Befestigungsarchitektur Eingang, beschra¨nkte sich dort aber vor allem auf Befestigungskerne und Kurtinenabschnitte von herausragender
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Zur Technik der Felsbettungen s. nur Lawrence, Aims 201 f.; Winter, FortiWcations 130 Anm. 22; Adam, Architecture 16 V. 13 s. Verf., Su¨dtor 40. 14 s. Verf. in: X. KST 2 (1988) 113–116 Abb. 1. 2. ¨ Jh 61, 20–25; Verf. in: XII. KST 2 (1990) 324 f.; Verf., O 1991/92 Beibl. 133–140 Abb. 3–5. 15 Philon I 1 empWehlt auf dem Felsgrund zu bauen oder bis an das Grundwasser reichende Fundamente zu legen. Zu diesen Empfehlungen und deren nur selten erfolgter Umsetzung s. Lawrence, Aims 202 f.; Winter, For-
tiWcations 133 f. Anm. 27–31; Adam, Architecture 16 V. In Pergamon beispielsweise wurden bisweilen die Fundamentgra¨ben der Stadtmauern tief in den gewachsenen Felsen – einen weichen TuV – geschlagen und in diesen dann die Mauersteine aus hartem Trachyt versetzt. Dazu s. nur W. Do¨rpfeld, Das su¨dliche Stadttor von Pergamon (1901) 8. Ebenfalls zum Schutz des Mauerfußes vor Minen scheint eine gebo¨schte HangpXasterung gedient zu haben, die zuletzt in Pergamon festgestellt werden konnte. Einen Vorbericht s. W. Radt, AA 1990, 411 V.
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Die klassische Wehrarchitektur Lykiens
Qualita¨t16. Derartige Sockel sind auch in der griechischen Befestigungsarchitektur verbreitet, wo sie ha¨uWg an Tu¨rmen vorkommen17. C. Der Mauerko¨rper a) Zweischalenmauern Ein Großteil der lykischen Wehranlagen wurde in Zweischalentechnik mit Bruchstein- und Lehmfu¨llung gebaut. Bei den a¨lteren in polygonalem Stil gehaltenen Anlagen la¨ßt sich bisweilen eine auffa¨llige strukturelle Disproportion der Mauerschalen feststellen, die der Außenschale nahezu die gesamte Last des Tragens zuweist, wa¨hrend die Innenschale vo¨llig verku¨mmert wirkt (Abb. 123). Auch in der Struktur der spa¨teren trapezoidalen Mauern bleibt ein gewisses Ungleichgewicht erhalten, das aber auf ein konstruktiv vertretbares Maß verringert wurde (Abb. 117)18. Die Mauerbreite der Zweischalenmauern klassischer Befestigungen variiert zwischen den Extremwerten 1,10 m und 2, 20 m, wobei die im Bereich 1, 30–1, 60 m gelegenen Mittelwerte dominieren19. Die Schalen verbindende oder tief in die Fu¨llmasse reichende, systematisch verwendete Binderblo¨cke konnten in klassischem Mauerwerk – mit einer einzigen mo¨glichen Ausnahme20 – nicht nachgewiesen werden; die Konstruktion von La¨ufer-Bindermauerwerk war im lykischen FortiWkationswesen klassischer Zeit unbekannt. Die Blockgro¨ßen des in Außenschalen versetzten Steinmateriales sind sehr unterschiedlich. Am selben Bau ko¨nnen, entsprechend der Ansichtigkeit eines Mauerabschnittes, mittelgroße, sehr große oder auch ‘kyklopische’ Formate vorkommen. In der Regel wurden in Befestigungsanlagen mittelgroße Formate bevorzugt, auffa¨llig große Blo¨cke Wnden sich vor allem in Mauerabschnitten, die sich auch durch besonders hochwertige Ausfu¨hrung abheben. Der Blo¨cke der Innenschalen sind zumeist erheblich kleinformatiger als die der Außenschalen (Abb. 111. 123). Mauersteine wurden in der Regel als La¨ufer versetzt, nur Bruchsteine kamen aufgrund ihrer unregelma¨ßigen Form und der kleineren LagerXa¨chen ha¨uWg auch quer zum Mauerverlauf zu liegen, ohne daß sich jedoch systematische Verwendung und damit intendierte Binderfunktion feststellen ließe. Im allgemeinen begradigte man die Blo¨cke der Außenschalen an Ober- und Unterlager mit dem Spitzeisen, wobei an der Vorderkante feiner gearbeitet wurde, um guten Fugenschluß zu erreichen, wa¨hrend man sie in das Mauerinnere hin gro¨ber zurechtschlug. An den Seiten verschma¨lern sich die Steine nach hinten, so daß Stoßfugenschluß nur an den Vorderkanten gewonnen werden mußte. Besonders große, tiefer in die Mauer einbindende Blo¨cke sind ha¨uWg derart geschnitten, daß sie benachbarte Steine hinten umfassen, wobei eine Bearbeitung erst am Bau stattWnden konnte. Die Blo¨cke von Innenschalen wurden den gleichen Prinzipien entsprechend, jedoch ha¨uWg etwas nachla¨ssiger bearbeitet.
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Dazu s. H. Metzger in: Anadolu Aras¸tırmaları X – Jahrbuch fu¨r kleinasiatische Forschungen 10 (1986) 429– 433. Lawrence sieht Sockelbau als ein allgemein u¨bliches Verfahren an, Unregelma¨ßigkeiten des Baugrundes auszugleichen. s. Lawrence, Aims 205. 17 Zum Vorkommen von Sockeln in der griechischen Architektur im Allgemeinen s. Martin, Manuel 360 V.; zur Wehrarchitektur im besonderen s. Lawrence, Aims 205; Konecny, Turmgeho¨fte 68 Anm. 43, mit vielen Beispielen. 18 Die aus statischen Gru¨nden in jedem Fall konstruktiv wichtigere Außenschale war zudem feindseitig an Gela¨ndekanten gelegen und sta¨rker gefa¨hrdet. Der Nachteil einer einseitigen Versta¨rkung der Außenschalen lag wohl vor allem in der gro¨ßeren Rigidita¨t, wa¨hrend sich in genuin
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zweischaligem Mauerwerk Spannungen besser verteilen und sich folglich auch die Einsturzgefahr verringert. 19 Fu¨r Befestigungsanlagen sind Mauersta¨rken unter 1, 50 m eher gering einzuscha¨tzen, die ga¨ngigen Mittelwerte liegen zwischen 2, 50 und 3, 50 m. s. Martin, Manuel 375 Anm. 11; Lawrence, Aims 344 f.; Winter, FortiWcations 147 Anm. 72. 148; Vgl. auch die Maßangaben von Wokalek 108 f. 20 Ein in einer kleinen, an der Nordseite der Insel Kekova – nahe derem Westende – gelegenen Bucht beWndlicher Terrassenbau wurde aus stark zum polygonalen tendierendem Trapezoidalmauerwerk gebaut, in dem durchgreifende, jedoch nicht systematisch verwendete Binderblo¨cke vorkommen. Die noch unpublizierte Anlage ko¨nnte in spa¨tklassische Zeit geho¨rig sein.
Mauertechnik und Mauerbau
Zwischen den Blo¨cken der beiden Schalen verblieb zumeist nur ein spaltartiger Zwischenraum, in den eine aus Bruchsteinen mit Lehmbindung bestehende Fu¨llmasse eingeschu¨ttet wurde (Abb. 117)21. b) Einfache Schalmauern Neben den zweischaligen Mauern, denen sie auch in der Ausfu¨hrung entsprechen, Wnden sich auch als Schalen an den Fels gesetzte Mauerabschnitte (Abb. 75. 108). Diese entwickelten sich im oberen Teil ha¨uWg zu Terrassierungen, hinter denen aufgeschu¨ttet wurde und konnten auch als Unterbau fu¨r zweischalige Kurtinen dienen22. c) Terrassierungen und an der Basis verfu¨llte Bauko¨rper Im Bereich klassisch-lykischer Befestigungen wurde sehr ha¨uWg terrassiert. Diese Lo¨sung scheint vor allem dann gewa¨hlt worden zu sein, wenn keine ausgepra¨gte Gela¨ndeformation den Kurtinenverlauf determinierte und nicht auf Fels gebaut werden konnte. Mit ungewo¨hnlicher Ha¨uWgkeit treten im lykischen Befestigungswesen an der Basis mittels Bruchsteinsetzungen ausgefa¨cherte und mit Erdmaterial verfu¨llte Bauko¨rper auf 23. Bei breitrechteckigen Bauten Xuchten die versteifenden Bruchsteinmauern in der Regel parallel zu den Außenmauern der La¨ngsseiten; bei gro¨ßeren Bauko¨rpern ko¨nnen sie sich auch gitterartig u¨berschneiden (Fig. 6), wa¨hrend sie bei den in Ostlykien ha¨uWgen la¨nglichen Bastionen quer zum Bau liegen (Fig. 10. 107). Sie wurden zumeist aus wenig bearbeiteten gro¨ßeren Bruchsteinen gebaut, bisweilen Wnden sich aber auch solche, die aus eher kleinformatigem Steinmaterial bestehen. In manchen Fa¨llen waren sie mit den Innenschalen des Baus im Verband versetzt, meistens jedoch nicht. Kurtinenabschnitte, hinter denen aufgeschu¨ttet werden sollte und an der Basis mit Erde und Bruchsteinen verfu¨llte Bauko¨rper baute man ha¨uWg bis knapp an die Schu¨ttungsoberkante einschalig, verwendete aber besonders große, tief in die Fu¨llung reichende Blo¨cke, auf denen im Bedarfsfall zweischalig aufgehendes Mauerwerk versetzt werden konnte (Fig. 10 Abb. 25). Im Zusammenhang mit Terrassierungsmauern kommen im Mauerverband bisweilen Traufnasen vor, die zur Drainage des im Siedlungsinneren anstro¨menden Regenwassers dienten24. d) Das Additive im lykischen Mauerbau Als Eigenheit des klassisch-lykischen Mauerbaus kann man die Tendenz bezeichnen, Befestigungsanlagen aus einzelnen, als geschlossene Bauko¨rper errichteten und voneinander durch durchgehende Baufugen getrennten Mauerabschnitten aufzubauen (Abb. 33)25. Das Entstehen einer solchen Baukonzeption erkla¨rt sich vielleicht einerseits durch den ha¨uWgen Wechsel der Mauerstile im Verlauf 21
Bei Zweischalenmauern ist eine Fu¨llmasse aus Lehm und Bruchsteinen die Regel. s. nur Lawrence, Aims 214; Winter, FortiWcations 135 f. 22 s. nur den im Ostbereich der Su¨dfront von Limyra erhaltenen Kurtinenabschnitt. 23 Das Aussteifen schuttverfu¨llter Fundamente war auch im griechischen Raum verbreitet. Zu Wehrbauten s. nur R. Carpenter – A. Bon, The Defense of Akrocorinth and the Lower Town, Corinth III 2 (1936) 68 V. Abb. 48 – 50; Kienast, Samos 73. s. auch die spa¨tarchaischen Tu¨rme und Kurtinen von Larisa/H: J. Bo¨hlau – K. Schefold, Die Bauten, Larisa I (1940) 47 V. Zu Sizilien mit einer Zusammenstellung der kompartimentierten Turmunterbauten des griechischen Raums s. L. Karlson, FortiWcation Towers and Masonry Techniques in the Hegemony of Syrakuse (1992) ActaAth 4, 49, 21 V. 24 Eine solche Traufnase hat sich in Pinara an der N-
Seite der Siedlung in situ erhalten (Abb. 173), eine weitere Wndet sich in Apollonia an einer polygonalen Mauer (s. o. im Katalog), die Wurster ebenfalls der klassischen Ausbauphase zuschreiben du¨rfte. Zu Traufnasen und anderen Entwa¨sserungsausla¨ssen in der Wehrarchitektur des griechischen Raumes s. nur Lawrence, Aims 270 V.; Adam, Architecture 45 mit Abb. 68 –71. 25 Dieses Pha¨nomen la¨ßt sich nicht auf rein technischer Ebene, z. B. durch die fu¨r die Antike vielfach belegte Teilung eines Bauprojektes in Baulose oder durch nebeneinander ta¨tige Werkgruppen erkla¨ren, welche einzelne Abschnitte u¨bernommen ha¨tten, sondern du¨rfte auf eine speziWsche Konzeption des Mauerbaus zuru¨ckzufu¨hren sein. Allgemein zur Organisation des Bauwesens, Baulosen und Werkgruppen in der Architektur des griechischen Raumes s. nur H. Lauter, Die Architektur des Hellenismus (1986) 17 V. bes. 23; zum Festungsbau, Maier I 17. 51 f.
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Die klassische Wehrarchitektur Lykiens
der Wehrmauern oder an einem Kernbau, denen jeweils ein speziWsches Mauergefu¨ge entsprach. Es wurden aber bisweilen auch stilistisch und tektonisch verwandte Mauern mit Baufuge aneinandergesetzt. Dieser Stilwechsel und das Aneinanderreihen einzelner Bauteile entspricht aber wohl einer kon¨ bertragung von additiven Tendenzen, die sich auch im Gesamtaufbau der Befestigungssequenten U anlagen bemerkbar machen. Grundsa¨tzlich stellte man die in fein ausgefu¨hrtem Mauerwerk hochgezogenen Bauabschnitte zuerst fertig und u¨berarbeitete sie bisweilen auch an den Schauseiten, bevor man weitere, „untergeordnete“ Mauerstu¨cke anfu¨gte. So konnte es sich ergeben, daß bossierte und mit Randschlag versehene, also mit einigem Aufwand fertiggestellte Mauerabschnitte von angeschobenen, aber dem gleichen Baukonzept angeho¨rigen und bisweilen gemeinsam fundamentierten Bruchsteinmauern teilweise verdeckt wurden (Abb. 33)26. Diese „archaisch“ anmutende Konzeption des Mauerbaus gefa¨hrdete wahrscheinlich aufgrund der zahlreichen die Mauern in ihrer ganzen Tiefe und Ho¨he durchquerenden Baufugen und dem Nebeneinander verschiedenartiger Mauertypen die Stabilita¨t des Mauerwerks betra¨chtlich, mag aber in einer erdbebengefa¨hrdeten Region auch statische Vorzu¨ge gehabt haben. Derartig zahlreiche Schwachstellen im Befestigungsverlauf widersprechen jedenfalls den hellenistischen, auf die Verwendung von Belagerungsmaschinen ausgelegten Konzepten des Mauerbaus und bieten einen Hinweis auf die fru¨he Entstehung und milita¨rtechnische Ru¨cksta¨ndigkeit der klassisch-lykischen Befestigungen27. e) Eckverbindungen Die sogenannten Eckorthostaten, eine lykische Variante der Eckverbindungen, lassen sich bisher fast ausschließlich in Verbindung mit dem polygonalen Stil nachweisen (Fig. 62. 83. 85 Abb. 125. 162. 164)28. Eine derartige Eckkonstruktion bezieht ihre statischen Qualita¨ten aus der Gro¨ße und dem Gewicht der verbauten Blo¨cke, verzahnt aber die aufeinander Xuchtenden Mauerschenkel nicht. Gleichzeitig und an den selben Befestigungsanlagen wurden in Lykien auch Eckquader verbaut (Abb. 120)29. An trapezoidalen Mauern Wndet sich zumeist eine konstruktiv vorteilhaftere Lo¨sung: Ein reißverschlußartiges Verzahnen der aneinanderXuchtenden Mauern, das eine gute Eckverbindung bewirkt und in Lykien auch im Hellenismus die bevorzugte Technik bleibt30 (Abb. 33. 90. 131. 146). f) Zapfen, Du¨bel, Setzdu¨bel, Verklammerungen und verzahnende Blo¨cke Im lykischen Steinbau Wnden sich immer wieder Beispiele vertikaler Verzapfung, wobei in das Oberlager eines Blockes eine Vertiefung gearbeitet wurde, dem ein Xacher, quadratischer oder rechteckiger Zapfen auf der LagerXa¨che eines darauf zu versetzenden Steines entsprach (Abb. 167)31. Aber auch die umgekehrte Variante ist an Beispielen belegt, schließt aber Bleiverguß aus. Ob einem Verrutschen der Blo¨cke vorgebeugt werden sollte oder ob es sich dabei bisweilen auch um Setzhilfen gehandelt 26
Beispiele dafu¨r Wnden sich im Bereich der Su¨dwestecke der Oberburg Limyras oder am Haupttor von Trysa, aber auch an zahlreichen anderen lykischen Befestigungen. 27 So wird in einer Baubeschlußinschrift aus Kolophon gefordert, bei einem Neubau „eine mo¨glichst gesicherte Konstruktion der Nahtstellen mit dem alten Bau anzustreben“. s. Maier I 224 V. Nr 69A; Maier II 70. 28 Die Eckorthostaten der in trapezoidalem Stil gebauten Mauern der Burg von Tu¨se sind die einzige bis heute bekannt gewordene Ausnahme (Fig. 60 Abb. 125). 29 Als Eckquader (oder Winkelquader) werden hier u¨bereinander versetzte, große und quaderhafte Blo¨cke bezeichnet, die u¨bereinander im Eckbereich verbaut sind, ohne stabile Verbindung der anXuchtenden Mauern zu
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bewirken. 30 Diese Technik ist in der Wehrarchitektur des griechischen Raumes seit der spa¨teren Archaik bezeugt und Wndet sich in Ionien beispielsweise in Larisa am Hermos. s. K. Schefold, Larisa am Hermos I (1940) 44 –57 Taf. 3/b. 31 Mit dieser Technik wurde vor allem besonders große und exakt geschnittene Blo¨cke verbunden. Beispiele Wnden sich in der gebauten Sepulchralarchitektur Lykiens ha¨uWg. s. nur W. Wurster, AA 1976, 33; K. Schulz, IstMitt 19/20, 1969/70, 209 Abb. 10. Wie mir aus einem Vortrag H. Bu¨sings in Wien bekannt wurde, du¨rften derartige Verbindungen auch am Geba¨lk des Mausoleums von Halikarnassos vorkommen.
Mauertechnik und Mauerbau
hat, la¨ßt sich im Einzelfall nicht immer mit Sicherheit feststellen32. In der Befestigungsarchitektur sind solche Maßnahmen nur selten zur Anwendung gekommen33. Horizontale Verbindung mittels eines stehengelassenen Steinzapfens ist auf der Burg von Tu¨se nachgewiesen (Abb. 122). Das auffallende Mißverha¨ltnis von der Sta¨rke des Zapfens zu der Gro¨ße der Blo¨cke schließt eine Maßnahme gegen Verschiebung aus. Zwei relativ große Vertiefungen am Laibungsstein des Su¨dtores von Limyra ko¨nnten zur Verzapfung mit den Blo¨cken der anschließenden Kurtine gedient haben (Abb. 71)34. Vertikale Verbindung mittels am Oberlager stehengelassener Steinzapfen, eine in der Grabarchitektur ha¨uWge Technik, fand am Eingang in den turmartigen Kernbau der Burg von Apollonia Anwendung, wo der Deckstein derartig vor Verschiebung geschu¨tzt werden sollte. Am Oberlager zweier Eckblo¨cke des Hauptturmes der Burg von Tu¨se Wnden sich stark verwitterte Einlassungen, die vielleicht Du¨bel aus Fremdmaterial aufnehmen sollten (Fig. 59). Auch an einigen Blo¨cken der an das Nordosttor von Xanthos anschließenden Quadermauer haben sich derartige Einlassungen erhalten (Fig. 88). Das einzige Beispiel horizontaler Verklammerung mit Fremdmaterial, welches aus der lykischen Wehrarchitektur bekannt geworden ist, Wndet sich an der besonders sorgfa¨ltig gebauten Quadermauer am Nordosttor von Xanthos; da nur mehr die Einlassungen erhalten sind, kann u¨ber das Material der Klammern nur spekuliert werden, Eisen war aber ab klassischer Zeit das ga¨ngigste Metall (Fig. 88)35. Ein Verzahnen von Blo¨cken Wndet sich in der lykischen Steinarchitektur ha¨uWg und du¨rfte wohl als ein Versuch der Stabilisierung des Mauerwerkes zu verstehen sein36. Die lykische Befestigungsarchitektur kam weitgehend ohne Zapfen, Du¨bel oder Verklammerungen aus. Die ha¨uWgere Verzahnung von Blo¨cken sollte wohl zumeist einem Verschieben vorbeugen. Klammern oder Du¨bel aus Fremdmaterial sind nur an einem nicht mit vo¨lliger Sicherheit in klassische Zeit datierbaren Befund u¨berliefert. Dieser weitgehende Verzicht auf zusa¨tzliche, aufwendige und teure Verbindungshilfen war auch in der Wehrarchitektur des griechischen Raumes die Regel37. g) Baugeru¨ste Bei der Errichtung monumentaler Steinbauten fanden zumeist Hilfskonstruktionen Anwendung. Dazu geho¨ren vor allem ho¨lzerne Baugeru¨ste, die, sofern das Gela¨nde es irgend gestattete, wohl auch beim Bau von Befestigungen aufgestellt wurden. Am Fuß des Turmes A von Seyret in den anstehenden Felsen geschlagene Balkenlo¨cher ko¨nnten zur Aufnahme eines Baugeru¨stes gedient haben. Die Verwendung derartiger Geru¨ste und vergleichbarer Baubehelfe war wohl auch in Lykien die Regel, es haben sich jedoch nur in Seyret Hinweise auf sie erhalten38. 32
J. des Courtils wies mich darauf hin, daß im Unterbau des sogenannten Ta¨nzerinnensarkophages und an anderen Grabbauten in Xanthos mo¨glicherweise Gußkana¨le zu derartigen Zapfenlo¨chern fu¨hren, womit ein eindeutiger Hinweis darauf gegeben wa¨re, daß es sich um Maßnahmen zur Festigung des fertigen Baus handelt. Diese Beobachtung konnte in Trysa an Grabha¨usern besta¨tigt werden, bei denen der Befund zweifelsfrei die Verwendung von Bleiverguß belegt. 33 Am Oberlager der Eckorthostaten des Hauptturmes der Burg von Tu¨se Wnden sich relativ kleine, jedoch stark verwaschene Einlassungen, bei denen es sich um Du¨bello¨cher handeln ko¨nnte. Blo¨cke der Quadermauer am Nordosttor von Xanthos weisen am Unterlager kleine quadratische Vertiefungen – wohl Du¨bello¨cher – auf. 34 s. Verf., Su¨dtor 47 Anm. 5. Parallelen zu derartiger Verzapfung Wnden sich an Laibungssteinen in Persepolis, wo allerdings eine Lehmziegelmauer angeschoben wurde. s. E. F. Schmidt, Persepolis 1, 2 (1953/57) passim. 35 Zu Klammern aus Eisen s. Orlandos 1, 112 V.; Orlandos 2, 106 V.; R. Martin, Manuel 238 f.
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So wurde z. B. die Oberkante des Laibungsteines am Su¨dtor von Limyra getreppt geschnitten, auch die monolithen Laibungen des Burgtores und die Wangen der Einga¨nge in die Su¨dbastion von Limyra sind mit der Innenschale verzahnt. 37 s. Winter, FortiWcations 136; Lawrence, Aims 216. 231; Kienast, Samos 15. 84 f. Abb. 46. Die meisten der bekannten Fa¨lle von Verklammerung sind relativ spa¨t oder beziehen sich auf besondere Mauerabschnitte, beispielsweise im Torbereich. In Larisa/H weisen die horizontalen Ba¨nder im Polygonalmauerwerk Klammern auf. s. K. Schefold, Larisa am Hermos I (1940) 46. 48. Zum Ju¨ngeren Heiligen Tor und dem Lo¨wentor von Milet s. A. v. Gerkan, Milet II 3 (1935) 20. 48. Eine Verbindung der Eckblo¨cke mittels Klammern und Du¨beln Wndet sich im Bereich der Befestigungen von Pergamon: W. Do¨rpfeld, Das su¨dliche Stadttor von Pergamon (1901) 8. 38 Zur Verwendung von Baugeru¨sten in der antiken Architektur s. J. Durm, Die Baukunst der Griechen (1910) 98 Abb. 67.
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II. Zu den Mauerstilen lykischer Befestigungen in vorhellenistischer Zeit1 A. Vorhellenistisches Polygonalmauerwerk in lykischen Befestigungen2 a) Bautechnik und Stil Polygonales Mauerwerk vorhellenistischer Zeit ist zumeist zweischalig, wurde aber oft in unteren Scharen als Terrassierung gestaltet und setzt sich auf technischer Ebene vor allem durch das Fehlen von Binderblo¨cken von spa¨teren, stilistisch verwandten Konstruktionen ab3. Mit der Ausnahme einer auf der lykischen Akropolis von Xanthos aufgedeckten, heute jedoch nicht mehr zuga¨nglichen Mauer mit kurvigem Fugenverlauf weisen die bis zum jetzigen Zeitpunkt bekannt gewordenen lykischen Polygonalmauern spa¨tarchaischer und klassischer Zeit geraden Fugenschnitt auf. Die Blo¨cke sind zumeist derart zugeschnitten, daß extreme Winkel der Kanten sowie im Allgemeinen auch hakenartige Verbindungen mit anderen Baugliedern vermieden werden und der massive Charakter der Mauersteine erhalten bleibt. In klassischer Zeit wurden in polygonale Mauern bisweilen ungewo¨hnlich große Blo¨cke verbaut (Abb. 154. 163). Diese Wnden sich vor allem im Eckbereich oder in tieferen Lagen am Bau. Die in einem Bauabschnitt verwendeten Blockformate sind zumeist mo¨glichst einheitlich gehalten, d. h. man suchte es zu vermeiden, allzu unterschiedlich dimensionierte Blo¨cke nebeneinander zu verbauen. Die Steinformate nehmen jedoch in der Regel nach oben am Bau hin ab. Diese Faktoren und die in fru¨hklassischer Zeit beliebte gegla¨ttete Schauseite bewirken eine relativ kompakte und ruhige Mauertextur, die sich von dem zumeist sehr bewegt wirkenden hellenistischen Polygonalmauerwerk unterscheidet4. Die Ausfu¨hrung klassischen Polygonalmauerwerks kann je nach der Ansichtigkeit eines Kurtinen¨ bergang zu Bruchsteinabschnittes und dessen Repra¨sentationswert sehr unterschiedlich sein. Der U mauerwerk mit polygonaler Tendenz ist daher bisweilen Xießend. Qualita¨tvolle, gut verfugte Mauern wurden bis ins Detail mit gro¨ßter Sorgfalt ausgefu¨hrt. So wird immer wieder der Stoßpunkt mehrerer Blo¨cke von u¨berlappenden Kanten oder schmalen, zungenartig geschnittenen Fortsa¨tzen des untersten Bausteines verdeckt (Fig. 85). Eine solche individuelle Behandlung des Steinmateriales la¨ßt sich an hellenistischen Polygonalmauern nicht mehr feststellen. Eine typisch lykische, gleichermaßen eindrucksvolle wie eigenwillige architektonische Lo¨sung des Problems der Eckbildung bei polygonalen Mauern bieten Orthostatenblo¨cke, die an Befestigungen und auch an anderen Monumenten im Eckbereich auftreten (Fig. 83. 85 Abb. 125. 145. 162. 164). Schon H. Metzger stellte fest, daß es sich bei diesen Eckorthostaten um eine lokale Tradition zu handeln scheint, zu der außerhalb Lykiens keine direkten Parallelen bekannt sind5. Einen Hinweis auf eine a¨sthetisch-repra¨sentative Intention der Baumeister bei der Verwendung von Eckorthostaten bietet der Umstand, daß sie vor allem auf hervorragend ausgefu¨hrte Mauerabschnitte beschra¨nkt blieben, wa¨hrend an nicht einsichtigen Stellen zumeist die Wahl auf die konventionelle Lo¨sung in Form von Eckquadern Wel6. 1 Der Verfasser ist sich der betra¨chtlichen Schwierigkeiten einer chronologischen Einordnung von Mauerwerk aufgrund stilistischer Kriterien bewußt, wie sie im Folgenden fu¨r die Wehrarchitektur der Kulturlandschaft Lykien erarbeitet werden sollen. Solange jedoch keine oder jedenfalls nur wenige grabungsarcha¨ologisch abgesicherte Datierungen von Einzelmonumenten zur Verfu¨gung stehen, darf es in Zusammenhang mit OberXa¨chenbegehungen als methodisch sinnvoll erachtet werden, nach gangbaren Wegen zur Erarbeitung chronologischer Ansa¨tze zu suchen. Zur Problematik der Datierung von Mauerwerk s. o. in der Einleitung S. 19 V
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2 Bei den folgenden Ausfu¨hrungen handelt es sich um die erweiterte Fassung eines Kongreßbeitrages, den der Verf. 1991 in Istanbul vorzutragen die Gelegenheit hatte. s. Verf. in: Actes Istanbul 35–46 Taf. 6 –8. 3 Zu dem Datierungskriterium Binderblo¨cke s. u. S. 161; zur klassischen Mauertechnik s. o. 111 V 4 Zu hellenistischem Polygonalmauerwerk in Lykien s. u. S. 163. 5 s. Fouilles 2, 13, 24. In Xanthos la¨ßt sich im Bereich der lykischen Akropolis die Verwendung aufrecht versetzter, kleinteiliges Mauerwerk rahmender Eckblo¨cke seit dem 6. Jh. v. Chr. nachweisen (Abb. 208).
II. Zu den Mauerstilen lykischer Befestigungen in vorhellenistischer Zeit
a) A¨ltere Forschungen Schon englischen Reisenden des vorigen Jahrhunderts Wel im Ruinengebiet von Xanthos anspruchsvolles Polygonalmauerwerk auf, welches sie auch zeichnerisch festhielten7. Den zu ihrer Zeit vorherrschenden vagen Vorstellungen von Mauerstilen entsprechend, beschrieben sie es entweder als kyklopisch oder als archaisch, wobei Gro¨ße der Steinformate und urtu¨mliche Gestaltung als Garanten hohen Alters gegolten haben mo¨gen8. Der Grabungsta¨tigkeit der franzo¨sischen Expedition im Bereich der sogenannten „Acropole Lycienne“ ist es zu verdanken, daß wir heute deren polygonale Befestigung einigermaßen genau in das zweite Viertel des 5. Jhs. v. Chr. datieren ko¨nnen, wobei neben dem rein grabungsarcha¨ologischen auch ein kunsthistorischer Ansatz zur Verfu¨gung steht9. J. Borchhardt datierte in Myra am Fuß des Burgberges und auf der Akropolis anstehendes Polygonalmauerwerk mit geradem Fugenschnitt und gespitzter AußenXa¨che in das 5. Jh. v. Chr. (Abb. 81), wobei er sich auf von Scranton fu¨r den griechischen Raum aufgestellte Kriterien und die Grabung von Xanthos stu¨tzte10. Im Rahmen seiner Studie des zentrallykischen Heroons von Apollonia bescha¨ftigte sich J. Zahle eingehend mit dem polygonalen Mauerstil, welcher in zwei Varianten an dem Bau Verwendung fand11. Wenngleich bestimmte bautechnische Charakteristika, wie die Ecklehre am Osteck, sich Zahles Anschauung entsprechend fu¨r den griechischen Kulturraum dieser Zeit nicht nachweisen lassen, datierte er das Bauwerk in das 5. Jh. v. Chr.12 Im Zuge seiner Argumentation stellte Zahle weitere Beispiele großblo¨ckigen Polygonalmauerwerks mit geradem Fugenschnitt aus Phellos und Pinara vor und wies auf eine sich abzeichnende gro¨ßere Verbreitungsdichte dieses Mauerstils in Lykien hin. 3) Siedlungen mit vorhellenistischem Polygonalmauerwerk und Eckorthostaten in Lykien unter besonderer Beru¨cksichtigung der Befestigungen Die folgende Liste lykischer Siedlungen mit polygonaler Bausubstanz basiert auf Autopsie des Verfassers und erhebt keinen Anspruch auf Vollsta¨ndigkeit. Kleinere Ruinensta¨tten und Komplexe ¨ bersichtlichkeit zu bewahren. Eine kursorische Beschreibung des wurden bewußt ausgelassen, um U jeweiligen polygonalen Baubestandes soll zur Orientierung dienen, detaillierte Untersuchungen der meisten hier aufscheinenden Ruinensta¨tten bzw. auch bibliographische Hinweise Wnden sich im Katalogteil. Die Reihung erfolgte nach geographischen Gesichtspunkten, wobei Ostlykien den Ausgangspunkt bildet und ku¨stennahe Orte vor Binnensiedlungen gestellt wurden. 1) Myra (Abb. 81) In Myra haben sich substantielle Reste polygonalen Mauerwerks an den Nord- und Su¨dXanken ¨ bergang des Siedlungshu¨gels zur Schwemmebene erhalten. In die Mauern des der Burg und am U turmartigen Kernbaus, welcher die Burg nach Westen hin abschließt, sind im Fundament ebenfalls polygonale Blo¨cke, im Aufgehenden jedoch Quader verbaut.
6 Bei der Errichtung polygonaler Mauern bereitet die Eckbildung Schwierigkeiten: Es mu¨ssen folglich Lo¨sungen gefunden werden, die ein Verrutschen der Steine verhindern. Dazu bietet sich die Versetzung quaderartiger Blo¨cke mit horizontalen Lagerfugen an, sogenannter Winkel- oder Eckquader, die aber keine besondere Verbindung der aufeinander Xuchtenden Mauern bewirken. Zu dieser Problematik s. Lawrence, Aims 236; Adam, Architecture 24 f. 7 Ein Skizzenheft mit Zeichnungen von G. Scharf, der in Begleitung Fellows nach Xanthos gelangte, wird im British Museum aufbewahrt. Eine Wiedergabe s. Fouilles 2 Taf. LVI 2.
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s. Fellows, Travels 167. 495. Zur Grabung s. Metzger, Fouilles 2 passim. Zu Datierungsfragen s. ebenda 11–14. Zu dem in die Befestigung einbezogenen Heroon G s. ebenda 5. 49 V. und J. Zahle, ActaArch 47, 1976, 40. 10 s. J. Borchhardt in: Myra 45 Anm. 5. 6. 11 s. J. Zahle, ActaArch 47, 1976, 29–46. 12 ebenda 44; Zum Vorkommen von Ecklehren am spa¨tarchaischen Mauerring von Samos s. Kienast, Samos XV, Abb. Taf 15, 3; Lawrence, Aims 241 mit anderen fru¨hen Beispielen. 9
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Die klassische Wehrarchitektur Lykiens
2) Trysa Eine nahe dem Grabpfeiler anstehende polygonale Mauer du¨rfte die Kuppe, auf welcher das Grabmonument stand, architektonisch gefaßt haben. Eine gleichzeitige Entstehung erscheint daher mo¨glich. Nahe dem Su¨dosttor der Siedlung wurde eine Polygonalmauer mit einer vorkragenden Schar von Quaderplatten in den in trapezoidalem Stil errichteten Mauerring einbezogen. Im Stadtgebiet Wnden sich vereinzelt weitere polygonale Terrassenmauern. 3) Dereag˘zı Die Ringmauern und der Kernbau der Burg von Dereag˘zı sind aus polygonalen Blo¨cken mit geradem Fugenschnitt und abgearbeiteter Schauseite errichtet, wobei ho¨her am Bau versetzte Blo¨cke bisweilen zum Quaderhaften tendieren. 4) Avs¸ar Tepesi Die NordXanke der Burg wurde abschnittsweise aus großen und plattenhaften Blo¨cken polygonalen Charakters errichtet, welche jedoch schlecht verfugen. Unterhalb der Burg beWndet sich eine aus Polygonalmauerwerk mit Eckorthostaten errichtete Terrasse und auch in den Nekropolen steht Polygonalmauerwerk an. 5) Korba Im Bereich der Oberburg und des tangentialen Tores Wnden sich substantielle Reste von Polygonalmauerwerk, wobei das Vorkommen der plattenhaften Variante auf die a¨ußere Tormauer beschra¨nkt blieb (Fig. 58 Abb. 119. 120). Die ru¨ckseitig gelegenen Mauerpartien der Burganlage wurden aus großblo¨ckigem Bruchgestein errichtet. 6) Isinda Beim Bau des inneren Mauerringes der Burg von Isinda fand spro¨der lokaler Kalkstein Verwendung, welcher Tendenz aufweist, in quaderartig wirkende Platten zu brechen. Diese wurden zumeist ¨ berarbeitung verbaut. Am Nordosteck der Anlage steht jedoch ein orthostatenartiger ohne weitere U Block mit begradigten Sichtseiten versetzt, auf dem ein auffa¨llig langer und plattenhafter Block gelegen ist, der in die Ostseite der Anlage einbindet (Abb. 145). Die Verwandtschaft dieser Konstruktion mit der auf der Akropolis von Xanthos angewendeten Ecklo¨sung erlaubt es, die Burganlage von Isinda an die Gruppe polygonaler Mauern anzuschließen. 7) Phellos An der NordXanke von Phellos haben sich in polygonalem Mauerstil errichtete Befestigungsmauern und mo¨glicherweise ein mit diesen im Verband gebautes axiales Tor erhalten (Abb. 138). 8) Seyret Im Siedlungsareal von Seyret liegen mehrere turmartige Kernbauten, die aus großformatigen, polygonalen Blo¨cken mit geradem Fugenschnitt und gegla¨tteter Schauseite errichtet wurden (Abb. 154. 156). Auch Eckorthostaten Wnden sich an einigen der Bauten. An einem Mauerstu¨ck des no¨rdlichsten dieser Tu¨rme ist bei gu¨nstigem Licht ein bei der Gla¨ttung mit dem Spitzeisen entstandenes Rautenmuster zu erkennen. Die diese Turmbauten verbindende Ringmauer wurde aus großen Bruchsteinen hochgezogen.
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II. Zu den Mauerstilen lykischer Befestigungen in vorhellenistischer Zeit
9) Ko¨ybas¸ı Der zentrale Teil der Burganlage von Ko¨ybas¸ı wurde in einer qualita¨tvollen Variante des Plattenpolygonalmauerwerkes errichtet (Abb. 159). 10) Xanthos Neben den Befestigungen der lykischen Akropolis wurden auch das tangentiale Haupttor und Abschnitte der Kurtinen an der Nordseite der Niederlassung in polygonalem Mauerwerk klassischen Typs errichtet (Fig. 84. 85. 87 Abb. 163–165). 11) Pinara Die Befestigungen von Pinara sind weitgehend in polygonalem Stil gehalten. Eine polygonale Mauer, deren Blo¨cke Randschlag und Bossierung aufweisen, ist nahe dem Nordosteck der klassischen Niederlassung erhalten (Abb. 172), beim Haupttor Wndet sich mehr quaderhaftes Mauerwerk, wa¨hrend ein su¨dseitiges Tangentialtor aus relativ kleinformatigen polygonalen Blo¨cken errichtet ist. 12) Hızırlık/Telmessos Die stellenweise polygonale, zumeist aber zum bruchsteinhaften tendierende Ringmauer der Siedlung wurde an der Ostseite mit Tu¨rmen versta¨rkt, deren su¨dlichster einen großen Eckorthostaten aufweist. Die gleiche Ecklo¨sung wa¨hlte man beim Bau eines im Siedlungsgebiet beWndlichen, in polygonalem Stil errichteten Geba¨udes. c) Schlußfolgerungen In vorhellenistischer Zeit war der polygonale Mauerstil in West- und Zentrallykien weit verbreitet, wobei sich im Zuge der Erforschung des Polisgebietes von Kyaneai eine erstaunliche Dichte von in diesem Stil errichteten Monumenten verschiedener Gro¨ße und Struktur abzeichnet. Aus dem Bereich o¨stlich von Myra wurden bis jetzt keine der klassischen Zeit zuweisbaren polygonalen Monumentalbauten bekannt. Das Vorkommen von Mauern dieses Stils beschra¨nkte sich nicht nur auf Bauten des milita¨rarchitektonischen Formenkreises, sondern erstreckte sich vielmehr auch auf Sakral-, Grab- und Wohnbauten13. Der Zeitpunkt des Auftretens polygonalen Mauerwerks in Lykien konnte noch nicht zufriedenstellend gekla¨rt werden. H. Metzger beschrieb einen Mauerabschnitt mit kurvigem Fugenverlauf auf der lykischen Akropolis von Xanthos und schlug eine Datierung in das 6. Jh. v. Chr. vor. Das Nebeneinander des spa¨tarchaischen Grabpfeilers von Trysa und einer polygonalen Mauer mit geradem Fugenschnitt ko¨nnte als Indiz fu¨r eine fru¨he Datierung letzterer gewertet werden14. Der Ausbau der Akropolis von Xanthos im zweiten Viertel des 5. Jhs. v. Chr. markiert jedenfalls den Ho¨hepunkt dieses Stils in vorhellenistischer Zeit, nicht nur im Umfang der Baumasse sondern auch in der Qualita¨t und im Abwechslungsreichtum der Ausfu¨hrung. In der zweiten Jahrhundertha¨lfte, spa¨testens aber im fru¨hen 13
Der Vorga¨ngerbau des hellenistischen Haupttempels im Letoon bei Xanthos und auch zahlreiche u¨ber Lykien verstreute Grabbauten, wovon das Heroon von Apollonia nur das am ausfu¨hrlichsten publizierte Beispiel stellt, wurden in diesem Stil aufgefu¨hrt. Zum a¨lteren Letotempel s. Chr. Le Roy – E. Hansen, RA 1976 326 V.; E. Hansen, RA 1991, 323. Polygonale Terrassierungen, die wohl als Substruktionen fu¨r Wohnbauten gedient haben mo¨gen, Wnden sich im Siedlungsbereich von Pinara und Trysa. Dazu s. W. Wurster, AA 1978, 85; Verf. in:
Lykische Studien 1, 99 V. 14 Die spa¨tarchaischen Reliefs des Grabpfeilers geho¨ren jedenfalls noch in das 6. Jh. v. Chr. Es la¨ßt sich folglich nicht ausschließen, daß in Lykien schon in vorklassischer Zeit in polygonalem Stil mit geradem Fugenschnitt gebaut wurde. Solange es jedoch an gesicherten Beispielen fehlt, sollte schon allein im Hinblick auf die im griechischen Raum erstellte Chronologie ein allzu fru¨hes Auftreten nicht postuliert werden. s. u. Anm. 20.
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Die klassische Wehrarchitektur Lykiens
4. Jh. v. Chr. verdra¨ngt in Ost- und Zentrallykien eine Spielart des trapezoidalen Mauerstils den Polygonalen aus dem Bereich der Repra¨sentationsbauten, wobei u¨ber die Dauer und die Dynamik ¨ bergangszeit ko¨nnten die Mauern von Tu¨se dieses Prozesses noch wenig bekannt ist15. In diese U geho¨ren, die ein regelma¨ßiges Vorkommen schra¨ger Stoßfugen mit Eckorthostaten und anderen, dem polygonalen Stil nahestehenden Charakteristika verbinden. In Westlykien zeichnet sich das Weiterleben eines stark dem Polygonalen verhafteten, jedoch in Gefu¨ge und Schauseitengestaltung klassischem Trapezoidalmauerwerk nahe verwandten Baustiles im Denkmalbestand ab16. Fu¨r die hellenistische Zeit la¨ßt sich ein WiederauXeben des polygonalen Stiles in ganz Lykien feststellen, welches insbesondere auch den Festungsbau betraf 17. Bis in die hohe Kaiserzeit blieben polygonale Mauern ausgesprochen beliebt, wobei sie teils auch mit Mo¨rtel als Bindemittel errichtet wurden (Abb. 196. 199. 218). Es du¨rfte sich beim polygonalen Mauerstil der Klassik in Lykien nicht um eine epichorische Entwicklung handeln, da vergleichbares, auch in der Schauseitenbehandlung verwandtes Mauerwerk etwa zur gleichen Zeit in weiten Teilen Griechenlands und der a¨ga¨ischen Randgebiete verbreitet war18. Auch das Auftreten von Zierba¨ndern in Form vorkragender, waagerecht versetzter Platten in Lykien, das sowohl fu¨r das griechische Festland als auch fu¨r Kleinasien in Verbindung mit dem lesbischen Poly¨ bernahme erkla¨ren19. gonalmauerwerk der spa¨ten Archaik nachgewiesen ist, la¨ßt sich vielleicht als U In der Literatur wird gern auf einen mo¨glichen Ursprung des polygonalen Stiles mit geradem Fugenschnitt im fru¨hen 5. Jh. v. Chr. auf dem griechischen Festland hingewiesen, von wo er sich nach Osten verbreitet habe20. Auf welchem Weg er letztlich nach Lykien gelangt ist, muß beim heutigen Wissensstand oVen bleiben21. Es lassen sich in Lykien Varianten des polygonalen Stils der Klassik unterscheiden. Mauerwerk aus polygonalen Blo¨cken mit geraden, exakt geschnittenen Fugen und gespitzter AußenXa¨che bildet jedoch – auch außerhalb Lykiens – das Leitmotiv. Es kann auch etwas unsauber unter Verwendung nicht exakt verfugten Steinmaterials ausgefu¨hrt werden.
15 Folgt man der Argumentation Borchhardts und Morgansterns bezu¨glich einer Spa¨tdatierung der polygonalen Phase der Burg von Dereag˘zı, so wurden in Zentrallykien bis in das 4. Jh. v. Chr. wichtige Befestigungsanlagen aus dem fu¨r die fru¨hklassische Zeit typischen Polygonalmauerwerk mit abgearbeiteter Schauseite und geradem Fugenschnitt errichtet. Wie oben ausgefu¨hrt (s. Katalog s. v. Dereag˘zı), sind m. E. die fu¨r eine Spa¨tdatierung beigebrachten Argumente nicht zwingend. s. u. S. 125 Anm. 34. 16 s. u. S. 127 Anm. 40. 17 s. u. S. 163. 18 Zu archaischem Polygonalmauerwerk mit geradem und geschwungenem Fugenverlauf s. nur Scranton, Walls 25 V.; ders., AJA 43, 1939, 301 f.; Lawrence, Aims 235 V.; Winter, FortiWcations 108; Maier I 201. 216 V.; Maier II 93 V.; G. Kleiner, Die Ruinen von Milet (1968) 23 V.; C. Krause, Das Westtor, Eretria IV (1972) 30 V. 60 V.; K. Schefold, AA 1933, 142 V.; Wrede, Mauern 40 V.; Adam, Architecture 23 V. 19 Eine von schmalen, vorkragenden Platten gebildete Schar gliedert die a¨ußere Kurtine des Tangentialtores von Xanthos (Abb. 164). Ein polygonales Mauerstu¨ck in Trysa blieb bis in die Ho¨he einer solchen vorkragenden Plattenschar erhalten, oberhalb derer der Mauerko¨rper etwas zuru¨ckgesprungen sein du¨rfte. Gewaltige, bisweilen auch vorkragende Platten gliedern das trapezoidale Mauerwerk der Burg von Tu¨se (Fig. 63). Bandartige Scharen vorkragender Platten gliedern auch die Mauern ziviler Monumente im spa¨tarchaischen Griechenland (das lesbische
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Mauerwerk der großen Terrasse in Delphi) Wnden sich aber auch in der gleichzeitigen Wehrarchitektur Ioniens (Larisa am Hermos). Zu den Befestigungen Larisas s. K. Schefold, Larisa am Hermos I (1940) 44 –57. An den Mauern von Larisa wird eine a¨sthetische Intention der Bauherren besonders deutlich: Ein gesuchter Farbkontrast bei der Wahl des Steinmateriales und die Tatsache, daß an einigen Stellen hoch anstehende MauerXa¨chen nicht gegliedert wurden, die große Bastion nahe dem Tor aber gleich mehrere horizontale Ba¨nder aufweist, belegen wohl die Zierfunktion dieser Plattenscharen (s. ebenda 46). Ein Beispiel von polygonalem Mauerwerk mit geradem Fugenschnitt aus Oiniadai (Akarnanien), welches von einer bandartigen Quaderschicht gegliedert wird, erwa¨hnt Scranton und bildet es auch ab. s. Scranton, Walls 47 Abb. 8. Derartige Plattenscharen kommen auch noch in hellenistischer Zeit an lykischen Turmbauten vor, wo sie einen Stockwerkwechsel angeben. Dazu s. Konecny, Turmgeho¨fte 69 f. Zu einer ro¨mischen Polygonalmauer mit Plattenschar aus Lykien s. Bean, Lykien 177 Taf. 95. 20 Scranton, Walls 51; Martin, Manuel 380; Orlandos, Mate´riaux 2, 133. Solange nicht die Grundlage fu¨r eine Synthese in Form detaillierter regionaler Studien zur Ver¨ berlegungen zu Entwicklung und fu¨gung steht, bleiben U Verbreitung von Mauerstilen problematisch. 21 Als Beispiel fu¨r eine spa¨tarchaisch-fru¨hklassische Polygonalmauer mit geradem Fugenschnitt von der Westku¨ste Kleinasiens s. J. T. Clarke, Report on the Investigation at Assos (1882) Abb. 26.
II. Zu den Mauerstilen lykischer Befestigungen in vorhellenistischer Zeit
Eine Spielart von hohem a¨sthetischen Wert ist das auffallend großblo¨ckige Plattenpolygonal mit tendenziell horizontalen Lagerfugen, das, wie im Fall des Heroons von Apollonia, gerne an Fassaden von Einzelbauten oder aber im Eingangsbereich gro¨ßerer Anlagen in Torna¨he vorkommt22 (Abb. 119. 159. 209). Es Wndet sich mit der gela¨uWgen Variante vergesellschaftet, wobei es dann eindeutig auf hervorragende Abschnitte beschra¨nkt ist23. ¨ bergang von polygonalem zu trapezoidalem Mauerwerk Xießend: So kommt Bisweilen ist der U ersteres bisweilen im Fundamentbereich von Bauten vor, in derem Aufgehenden regelma¨ßige Lagerfugen und schra¨ge Stoßfugen dominieren. Es Wnden sich auch Mauerabschnitte, die im Eckbereich zum Trapezoidalen tendieren, im Mauerverlauf aber deutlich polygonalen Charakter annehmen. Die Blo¨cke dieses vor allem in Westlykien ha¨uWgen Mauertyps sind zumeist an der Schauseite bossiert und haben Randschlag. Entwicklungstypologisch steht derartiges Gefu¨ge aufgrund der gewa¨hlten Ecklo¨sung und anderen technischen Kriterien dem reinen Trapezoidalmauerwerk nahe, mit dem es auch ungefa¨hr zeitgleich sein du¨rfte. In lykischen Befestigungen klassischer Zeit ko¨nnen, wie das Su¨dosteck der Akropolis in Xanthos belegt, gleichzeitig neben Polygonal- auch Quadermauern vorkommen (Abb. 162). An abgelegenen Seiten von Mauerringen oder anderen befestigten Anlagen, deren ansichtige Abschnitte in polygonalem Stil gehalten waren, errichtete man ha¨uWg großblo¨ckiges Bruchsteinmauerwerk. Ebenso la¨ßt sich eine gewisse Vielfalt in der Schauseitengestaltung feststellen24. Die gespitzte oder mittels langer Spitzeisenschla¨ge gegla¨ttete AußenXa¨che stellt das Grundmuster, wobei verschiedentlich Werkzeugspuren dekorativer Wert beigemessen wurde25. Im Ausnahmefall wurde die Schauseite der Blo¨cke mit dem Zahneisen u¨berarbeitet26. Ecklehren und mit Spitzeisenschla¨gen betonte Eckgrate kommen vor27. Fasungen und mit Spitzeisenrillen betonter Randschlag Wnden sich an einigen hervorragend ausgefu¨hrten Mauerabschnitten28. Ha¨uWg ließ man relativ kleine halbrunde Bossen an den Schauseiten der Blo¨cke stehen (Fig. 83. 85 Abb. 162). In einem Fall konnte an einer aufgrund ihrer Struktur wohl fru¨hklassisch zu datierenden Mauer Randschlag und starke Bossierung polygonaler Blo¨cke festgestellt werden (Fig. 172)29. Bei dieser Technik einer u¨ppigen, fu¨r die klassische Zeit in dieser Form nur aus Lykien bekannt gewordenen dekorativen OberXa¨chengestaltung – vor allem die eng aneinandergesetzten und leicht geschwungenen Spitzeisenrillen entlang der Fugen und im Eckbereich sind hier hervorzuheben – scheint es sich um eine epichorische Entwicklung zu handeln. Sie ku¨ndigt das massive Auftreten von Bossierung und gespitztem Randschlag im trapezoidalen Stil an. Um eine autochthon lykische Entwicklung scheint es sich jedenfalls bei den Eckorthostaten zu handeln, welche auf konstruktiver Ebene nicht unbedingt als fortschrittlich zu werten ist, aufgrund ihres monumentalen Charakters aber hohen Repra¨sentationswert gehabt haben du¨rfte. Derartige hochkant versetzte Eckblo¨cke Wnden sich, meist in Verbindung mit polygonalen Mauern, nicht nur in Xanthos gleichzeitig mit konventionelleren Ecklo¨sungen, sondern u¨ber West- und Zentrallykien verstreut sowohl 22
Die große Bastion an der Su¨dseite der lykischen Akropolis von Xanthos und die a¨ußere Kurtine der Tangentialtore von Ko¨ybas¸ı und Korba geho¨ren in diese Stilgruppe. 23 Zu einem Nebeneinander der beiden Stilvarianten am Heroon von Apollonia und der bautechnisch einheitlichen Ausfu¨hrung des Mauerwerkes s. Zahle, ActaArch 47, 1976, 35. 24 Technisch gesehen handelt es sich bei den im folgenden beschriebenen Gestaltungsmo¨glichkeiten von Schauseiten um Zwischenstufen des Arbeitsprozesses bei der Begradigung einer Mauersichtseite. Da diesen Stadien unterschiedliche Ausdrucksmo¨glichkeiten immanent sind, konnten sie sich zum Stilmittel entwickeln. Zur A¨sthetik des Unfertigen in der griechischen Architektur s. T. E. Kalpaxis, Hemiteles (1986) 19 f. 25 Dicht aneinander gesetzte, lange und geschwungene Spitzeisenrillen Wnden sich vor allem in Xanthos aus-
gesprochen ha¨uWg. Besonders auffa¨llig ist die dekorative Intension der Rautenmuster auf Blo¨cken in Seyret. s. auch die „kunstvolle Oberfla¨chengestaltung“ am W-Tor von Kaunos: B. Schmaltz in: F. Blakolmer u. a. (Hrsg.), Fremde Zeiten. Festschrift fu¨r J. Borchhardt, Bd. 1 (1996) 300 Abb. 1 26 Dies ist am Haupttor von Xanthos der Fall. Es ko¨nnten auch die wenigen erhaltenen Quader im Bereich des Nordostecks der lykischen Akropolis von Xanthos in diese Kategorie geho¨ren. 27 So z. B. am Haupttor von Korba. 28 Fasungen haben sich im Bereich der Su¨dbastion der lykischen Akropolis in Xanthos erhalten, Randschlag am Haupttor von Korba und in Pinara. 29 Abschnitte der polygonalen Befestigungen von Pinara sind bossiert. Zu Bossierung und Randschlag s. auch unten S. 127 Anm. 43. 44.
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Die klassische Wehrarchitektur Lykiens
in dynastischen Zentren, als auch in kleinen, wohl als lokale Fu¨rstensitze zu interpretierenden Niederlassungen. B. Der trapezoidale Mauerstil in Lykien a) Zum zeitlichen Verha¨ltnis von polygonalem und trapezoidalem Stil Beim zeitlichen Verha¨ltnis von polygonalem und trapezoidalem Stil im lykischen Befestigungsbau scheint es sich in der klassischen Periode, jedenfalls was den Zeitpunkt des Auftretens betriVt, grund¨ berschneidung der beiden Stilformen darf aber sa¨tzlich um ein Nacheinander zu handeln, eine zeitliche U nicht ausgeschlossen werden. Da in der Schauseitenbearbeitung und der Struktur trapezoidalem Mauerwerk nahestehende Steinsetzungen verschieden ausgepra¨gte Tendenz zum Polygonalen aufweisen ko¨n¨ bergang zwischen diesen Stilgruppen30. nen, verXießt der U Der einzige stratigraphisch datierte trapezoidale Befestigungsabschnitt Lykiens, das Su¨dtor von Limyra, du¨rfte ausweislich der Grabungsergebnisse um mehr als ein halbes Jahrhundert ju¨nger als die polygonalen Mauern der Akropolis von Xanthos sein. An allen Bauanlagen, an denen die beiden Stile nebeneinander vorkommen und sich ein zeitliches Verha¨ltnis ablesen la¨ßt, wurden die trapezoidalen Abschnitte an schon bestehende polygonale Strukturen angefu¨gt31. Die in Trapezoidalmauerwerk errichteten Befestigungen Lykiens sind zumeist sta¨rker formalisiert und typologisch ausgereifter als die im vorigen Abschnitt beschriebenen polygonalen Anlagen klassischer Zeit und darum wohl auch zeitlich spa¨ter anzusetzen. Ein a¨hnliches Verha¨ltnis la¨ßt sich auch aus der Mauerstruktur ablesen, die im trapezoidalen Stil technisch fortschrittlichere Zu¨ge aufweist32. b) Die wichtigsten Siedlungen mit trapezoidaler Bausubstanz in Lykien Die folgende Liste lykischer Siedlungen mit trapezoidaler Bausubstanz basiert auf Autopsie des Verfassers und erhebt keinen Anspruch auf Vollsta¨ndigkeit. Kleinere Ruinensta¨tten und Komplexe ¨ bersichtlichkeit zu bewahren. Eine kursorische Beschreibung des wurden bewußt ausgelassen, um U jeweiligen trapezoidalen Baubestandes soll zur Orientierung dienen, detaillierte Untersuchungen der meisten hier aufscheinenden Ruinensta¨tten Wnden sich im Katalogteil. Die Reihung erfolgte nach geographischen Gesichtspunkten, wobei die ostlykische Stadt Limyra den Ausgangspunkt bildet und ku¨stennahe Orte vor Binnensiedlungen gestellt wurden. 1) Limyra (Fig. 4. 24 Abb. 22. 23) An den Befestigungen Limyras bleibt trapezoidales Mauerwerk auf Kernbauten der Oberburg und wichtige Mauerabschnitte – wie am Su¨dtor – beschra¨nkt, du¨rfte aber im Zuge einer die gesamten FortiWkationen betreVenden Ausbauphase der Siedlung errichtet worden sein. Sowohl Nord- und Su¨dbastion als auch das Su¨dtor sind in einer anna¨hernd pseudoisodomen Variante gebaut, die Su¨dkurtine der Oberburg tendiert zum Polygonalen. Die Qualita¨t des Mauerwerks und die Schauseitengestaltung kann entsprechend der Ansichtigkeit diVerieren: Die als Fassade zu verstehende Su¨dfront der Su¨dbastion hat z. B. regelma¨ßigeres Mauerwerk und weist ausgepra¨gtere Bossierung auf, als die ¨ bergang von polygonalem zu traZum Xießenden U pezoidalem Mauerwerk s. Scranton, Walls 50. Es ko¨nnte sich als notwendig erweisen, die vor allem in Westlykien geha¨uft auftretenden polygonalen Mauern, die in Schauseitengestaltung und auch auf bautechnischer Ebene trapezoidalen Mauern nahestehen, in einer eigenen Kategorie zu sammeln. 31 Deutlich wird dies vor allem in Trysa, wo eine polygonale Terrassierung in die trapezoidalen Befestigungen am Su¨dosttor einbezogenen wurde. An den polygonalen Kern30
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bau der Burg von Ko¨ybas¸ı wurde ein trapezoidaler Mauerschenkel angesetzt. Die polygonalen Nordkurtinen von Xanthos weisen im Bereich zwischen Turm 1 und 2 Ausbesserungen in bossiertem Trapezoidalmauerwerk auf. Die su¨dlich Turm B in Seyret vorgesetzte Anbau ko¨nnte mo¨glicherweise ebenfalls in trapezoidalem Stil ausgebessert worden sein. 32 Dies betriVt vor allem die Eckbildung und das Verha¨ltnis von Außen- und Innenschale.
II. Zu den Mauerstilen lykischer Befestigungen in vorhellenistischer Zeit
Nordseite. Wenig Bedeutung wurde der Gestaltung des Mauergesichts der feindseitigen NordXanke der Nordbastion beigemessen. An unterschiedlichen Teilen der Anlage kragen die Bossen verschieden stark vor, sie sind aber zumeist von breitem, mit langgezogenen schra¨gen Spitzmeißelschla¨gen betontem Randschlag gerahmt. 2) Myra Im Bereich der Oberburg Myras Wnden sich kurze Mauerabschnitte mit vereinzelten schra¨gen Stoßfugen, die sich jedoch zu keinem baulichen Zusammenhang erga¨nzen lassen und deren Blo¨cke in Wiederverwendung stehen ko¨nnten. 3) Muskar (Abb. 83) Die Gipfelbefestigung der no¨rdlich Myras gelegenen Akropolissiedlung Muskar wurde aus stark bossiertem, zum polygonalen tendierendem Trapezoidalmauerwerk errichtet, dessen Randschlag langgezogene und schra¨g zu den Blockkanten gesetzte Spitzeisenrillen betonen. Das Mauerwerk des Kernbaus ist großformatiger und regelma¨ßiger als das der Burg. 4) Gu¨rses (Fig. 30. 31 Abb. 84. 85) Die zwei turmartigen Bauko¨rper und das erhaltene Su¨dosteck der Burg von Gu¨rses wurden aus bossiertem Trapezoidalmauerwerk mit breitem, mittels schra¨gen Spitzeisenschla¨gen betontem Randschlag errichtet. In die Tu¨rme wurde bedeutend gro¨ßerformatiges Steinmaterial verbaut als in die Burgmauer. 5) Trysa (Fig. 35. 40 Abb. 90–94. 96) Im Bereich der Befestigungen Trysas blieb trapezoidales Mauerwerk auf die Oberburg, auf die Su¨dfront von Burg und Ostbastion sowie auf wichtige Mauerabschnitte an der Su¨dseite der Siedlung im Umfeld der Tore beschra¨nkt, du¨rfte aber im Zuge einer die gesamte Siedlung betreVenden Ausbauphase errichtet worden sein. Auch die großen innerhalb des Mauerringes beWndlichen Terrassenbauten, wie auch die Temenosmauern des Heroons sind in diesem Stil gehalten. An der Ru¨ckseite der Siedlung errichtete man die Befestigungen aus Bruchsteinen. An den FortiWkationen dominiert die anna¨hernd pseudoisodome Variante, im Bereich der zweifellos gleichzeitig errichteten Su¨dkurtine kann aber abseits der Tore auch eine ausgepra¨gte Tendenz zum Polygonalen festgestellt werden (Abb. 98). Starke Bossierung und ausgepra¨gter Randschlag sind die Regel. An den großen Terrassenha¨usern wie auch am Heroon fehlen Bossierung und Randschlag fast vo¨llig, statt dessen Wndet sich an der Schauseite der Blo¨cke ein gerauhter Spiegel. 6) Hoyran (Fig. 45. 46 Abb. 102. 103) Die Burg mit dem turmartigen Kernbau, eine Bastion an der NordXanke, das Haupttor der Siedlung und die im Osten und Su¨dwesten die Siedlung begrenzenden Wehrmauern wurden in regelma¨ßigem trapezoidalem Mauerwerk errichtet und du¨rften zu einer die gesamten FortiWkationen betreVenden Ausbauphase der Niederlassung geho¨ren. Die gro¨ßten Blockformate und besonders stark abstehende Bossen Wnden sich am Kernbau der Burg. Die Bossen der das Haupttor Xankierenden Bastion wurden mittels langer Spitzeisenschla¨ge begradigt. An der Laibung und am Deckstein des Tores blieben kleine, rechteckige und stark abstehende Bossen stehen.
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Die klassische Wehrarchitektur Lykiens
7) Tyberissos (Fig. 51. 54 Abb. 110) Die Burg mit dem turmartigen Kernbau und ein bastionsartiger Bauko¨rper an der Su¨dXanke der Siedlung wurden in schichtgebundenem, trapezoidalem Mauerwerk errichtet, das wohl auch zu einer die gesamten FortiWkationen betreVenden Ausbauphase der Siedlung geho¨ren du¨rfte. Auffallend sind die gleichsam spitz abstehenden Bossen im Bereich des Westtores der Burg und die auf dem Deckstein stehenbelassenen rechteckigen Bossen. Die Ringmauer im Nordosten der Niederlassung wurde aus großen Bruchsteinen hochgezogen. 8) Teimiusa (Abb. 114) Die am Ostrand der Siedlung gelegene, im Grundriß orthogonale Burganlage wurde zur Ga¨nze in anna¨hernd pseudoisodomem, Trapezoidalemauerwerk mit Bossen und Randschlag errichtet. Ein hellenistischer Umbau an der OstXanke setzt sich durch den quaderhaften Charakter des Mauerwerks von den a¨lteren Phasen ab. 9) Kyaneai Im Bereich der Burg und an der WestXanke der Siedlung nahe dem Tore haben sich Kurtinenabschnitte in trapezoidalem Stil mit Bosse und Randschlag erhalten, deren Steinmaterial jedoch teilweise in Wiederverwendung stehen ko¨nnte. 10) Apollonia Der an ho¨chster Stelle der Siedlung beWndliche Befestigungskern der Burg wurde in großblo¨ckigem anna¨hernd pseudoisodomen Trapezoidalmauerwerk mit teils ausgepra¨gten Bossen und Randschlag errichtet. 11) Bu¨yu¨k Avs¸ar (Fig. 68 Abb. 129. 130) Am su¨dlichen Ende der kleinen Akropolissiedlung, an deren ho¨chster Stelle, steht ein turmartiger, in stark bossiertem Trapezoidalmauerwerk errichteter Kernbau, der noch in Tu¨rsturzho¨he erhalten ist. Die an diesen angesetzten Burgmauern geho¨ren in das gleiche Baukonzept, sind jedoch etwas nachla¨ssiger ausgefu¨hrt und tendieren zum Polygonalen. Der im Norden erhaltene, kurze Abschnitt der Ringmauer wurde aus großen, einigermaßen gut verfugten Bruchsteinen errichtet. 12) Avs¸ar Tepesi (Abb. 131) Teile der Befestigungen der Burg – insbesondere ein nordseitig gelegener Turmbau – wurden in bossiertem Trapezoidalmauerwerk errichtet. 13) Tu¨se (Fig. 60. 62. 63 Abb. 125–27) Die Burg und einzelne turmartige Bauten im Bereich der Akropolisbefestigungen wurden in einer Variante des trapezoidalen Stils hochgezogen, die noch starke Verwandtschaft zum klassisch polygonalen Stil aufweist. Manche Mauerabschnitte sind durchgehend pseudoisodom, andere tendieren zum Polygonalen. Starke Bossierung und Randschlag sind die Regel, Scharen horizontaler Platten gliedern die MauerXa¨chen in Zonen und ko¨nnen auch vorkragen. Ein am Su¨dwesteck des Hauptturms versetzter Eckorthostat bietet das einzige bekannt gewordene Beispiel der Verbindung von einer solchen Ecklo¨sung mit trapezoidalem Mauerwerk.
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II. Zu den Mauerstilen lykischer Befestigungen in vorhellenistischer Zeit
Die Seitenwa¨nde eines am Su¨dtor des a¨ußeren Mauerringes gelegenen Hausgrabes wurden teils aus trapezoidal geschnittenen Blo¨cken aufgefu¨hrt33. 14) Arap Yurdu An einem in der Dereag˘zı-Publikation vorgestellten, in der weiteren Umgebung der lykischen Festung am Eingang des Myrostales beWndlichen Ruinenplatz (Arap Yurdu) hat sich trapezoidales Mauerwerk mit Bossierung und Randschlag erhalten, das W. Wurster in den Hellenismus oder die ro¨mische Kaiserzeit datiert34. 15) Isinda (Abb. 146) Vor dem Zugang in die Burg liegt eine große, teils aus dem Felsen geschlagene, talseitig aber durch eine Mauer aus trapezoidalem Mauerwerk mit Bossen und Randschlag gebildete Zisterne. Nahe dieses Wasserspeichers Wndet sich ein zweira¨umiger in verwandtem Mauerstil hochgezogener Bau. Der große, a¨ußere Mauerring der Niederlassung du¨rfte, trotz der wenig sorgfa¨ltigen Ausfu¨hrung, der trapezoidalen Phase zuzuweisen sein, wie unter anderen die reißverschlußartige Eckverbindung der bossierten Quader im Bereich des sa¨gezahnartigen Versprunges an der WestXanke andeutet35. 16) Arneai (Abb. 141) In Arneai Wnden sich im Bereich der Burg substantielle Bauten im trapezoidalen Stil, mit Bossierung und Randschlag, darunter mindestens ein turmartiger Kernbau. 17) Bayındır Limanı (Abb. 149) Die Befestigungen der oberhalb der Bucht von Bayındır Limanı gelegenen Siedlung wurden in weiten Teilen aus unregelma¨ßig-trapezoidalem Mauerwerk mit Bossen und Randschlag errichtet. Besonders qualita¨tvolles Mauerwerk Wndet sich im Bereich der Burg. 18) Phellos (Abb. 137) Neben polygonalen Kurtinenabschnitten Wnden sich vor allem im Bereich der zentralen Befestigung von Phellos auch in trapezoidalem Stil errichtete Mauerabschnitte, die zu einem la¨nglichen bastionartigen Kernbau zu rekonstruieren sein du¨rften. 18) Seyret (Abb. 157) In die su¨dseitig Turm B vorgesetzte Mauer wurde im Eckverband ein Block mit schra¨gem Stoßfugenschnitt und Bossierung versetzt. Der schlecht erhaltene Befund erlaubt keine eindeutige Interpretation, ko¨nnte aber auf ein Nebeneinander von Varianten des polygonalen Stils oder auf eine Umbauphase in trapezoidalem Stil schließen lassen.
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s. M. Miller in: Lykische Studien 2, 167–172. s. W. Wurster in: J. Morganstern (Hrsg.), IstForsch 40 (1993) 167 Taf. 27, 5.6. Soweit eine photographische Aufnahme dies zu beurteilen erlaubt, wa¨re m. E. eine Datierung in die spa¨tklassische Zeit (4. Jh. v. Chr.) vorzuziehen. Eine Mu¨nze des Perikles, die von Arap Yurdu stammen du¨rfte, belegt immerhin eine spa¨tklassische Nut34
zung des Platzes. Das Vorhandensein einer in klassischem Trapezoidalmauerwerk errichteten befestigten Anlage in der na¨heren Umgebung hat m. E. auch Implikationen auf die Beurteilung der Zeitstellung der polygonalen Mauern von Dereag˘zı, deren Spa¨tdatierung dem Verf. problematisch zu sein scheint. Dazu s. o S. 123 Anm. 15. 35 s. Verf., Su¨dtor 72 f. Abb. 22. 23.
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Die klassische Wehrarchitektur Lykiens
19) Ko¨ybas¸ı An der Westseite der Burg Wnden sich in trapezoidalem Mauerstil gebaute Mauerzu¨ge, die zu einer Erweiterung der urspru¨nglichen Anlage geho¨ren du¨rften. 20) Xanthos Ausbesserungen an den Kurtinen der NordXanke weisen ein ha¨uWges Vorkommen schra¨ger Stoßfugen auf. Das Mauerwerk eines im Bereich des Osttores gelegenen Bauko¨rpers tendiert stark zum Polygonalen, weist jedoch in der Schauseitenbehandlung und der Ecklo¨sung A¨hnlichkeit mit trapezoidalen Strukturen auf. Zahlreiche quaderhafte bzw. trapeziodale Blo¨cke im Versturz waren urspru¨nglich ho¨her am Bau versetzt. In der na¨heren Umgebung von Xanthos haben sich mehrere befestigte Anlagen erhalten, deren trapezoidales Mauerwerk mit Bossen und Randschlag stark zum Polygonalen tendiert. Die kleine dynastenzeitliche Anlage von Bu¨kcez baut sich aus zwei turmartigen Bauko¨rpern und einer diese verbindenden Bruchsteinmauer auf 36. Ein im Osten der Stadt auf einem Hu¨gel gelegenes, turmartiges Bauwerk mit einer von einem Eingang durchbrochenen Fassade aus besonders hochwertigem Mauerwerk mit starker Bossierung und Randschlag wurde noch nicht vero¨Ventlicht. Auf einem das Xanthostal westseitig u¨berragenden Kuppe haben sich die Ruinen eines befestigten Herrensitzes erhalten, an denen sich zwei Bauphasen ablesen lassen: Bruchsteinmauern werden von unregelma¨ßigem und stark bossiertem Trapezoidalmauerwerk verblendet. 21) Araxa Ein in trapezoidalem, jedoch stark zum Polygonalen tendierendem Stil ausgefu¨hrter bastionsartiger Bauko¨rper hat sich auf dem Hu¨gel oberhalb Araxas erhalten und wurde von G. Bean photographisch festgehalten37. Zur ra¨umlichen Verteilung von Niederlassungen mit trapezoidaler Bausubstanz Es la¨ßt sich eine auffa¨llige Ha¨ufung von Siedlungen mit klassisch-trapezoidaler Bausubstanz in Ostlykien und im o¨stlichen Zentrallykien feststellen. Vor allem ga¨nzliche Neubauten der Befestigungen du¨rften sich in spa¨tklassischer Zeit auf diesen Bereich beschra¨nkt haben, es fehlen aber auch in einigen der betreVenden Niederlassungen jegliche Hinweise auf a¨ltere Großbauten. Es Wnden sich jedoch in Westlykien einige Bauten, deren Mauerwerk im Mauerverlauf polygonalen Charakter annimmt, jedoch aufgrund der OberXa¨chengestaltung, der gewa¨hlten Ecklo¨sung sowie anderen bautechnischen Kriterien dem reinen Trapezoidalmauerwerk nahesteht. Bei diesen Befunden handelt es sich in der Regel um Erweiterungen bestehender polygonaler Burganlagen oder um Neubauten kleinerer befestigter Herrensitze. c) Schlußbemerkungen Gegen Ende des 5. Jhs. v. Chr. wird in der lykischen Befestigungsarchitektur eine Variante des trapezoidalen Stils bestimmend und lo¨st das Polygonalmauerwerk als repra¨sentativen Mauerstil ab38. 36
J.-P. Adam datiert die Anlage an den Beginn des 4. Jhs. s. Adam, Architecture 120 Abb. 81. 37 s. Bean, Lykien 69 Abb. 28. 38 Eine a¨hnliche Entwicklung konnte im griechischen Raum beobachtet werden. s. Scranton, Walls, 69. 138. 140. Auch in Attika wurde im 4. Jh. die Mehrzahl der Mauersockel und Stu¨tzmauern sowie nahe zu alle Festungsbauten aus Blo¨cken mit schra¨g geschnittenen Stoßfugen
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errichtet, sodaß von einer Akme´ des trapezoidalen Stiles gesprochen wurde. s. Wrede, Mauern 55–57. In Lykien wird der repra¨sentative Charakter dieses Stiles durch den Umstand betont, daß bisweilen Sockel oder Fundamente eines Baus in polygonalem Mauerwerk ausgefu¨hrt sind, im Aufgehenden aber quaderhafte Blo¨cke mit schra¨gen Stoßfugen versetzt sind. Darin a¨ußern sich wohl auch arbeitso¨konomische Gegebenheiten: Die Errichtung isodomen
II. Zu den Mauerstilen lykischer Befestigungen in vorhellenistischer Zeit
Trapezoidalmauerwerk blieb jedoch nicht nur dem Befestigungsbau vorbehalten, sondern la¨ßt sich auch fu¨r Haus- und Grabbauten nachweisen39. Der zweischalige trapezoidale Mauertyp kann meist als anna¨hernd pseudoisodom charakterisiert werden, da zwar immer wieder ha¨uWg polygonale Blo¨cke sowie Scharverspru¨nge (Einklinkungen) vorkommen, jedoch – vor allem im Eckbereich – der Eindruck eines regelma¨ßigen Quadermauerwerks dominiert. Bisweilen machen sich jedoch starke Tendenzen zum Polygonalen bemerkbar40. Es Wnden sich im Mauerverlauf keine Binderblo¨cke41, nur zur Eckbildung verzahnen die Mauern meist reißverschlußartig als La¨ufer und Binder. Eckquader ko¨nnen jedoch ebenfalls vorkommen42. Fu¨r das Erscheinungsbild ist das ha¨uWge Vorkommen schra¨ger Stoßfugen charakteristisch. An der Sichtseite der Blo¨cke wird der meist breite Randschlag mit schra¨g zur Blockkante gefu¨hrten und dicht gesetzten Spitzeisenrillen betont. Der Randschlag rahmt zumeist weit u¨berstehende Bossen oder grob begradigte Spiegel43, die ha¨uWg Werkzeugspuren, vor allem langgezogene Spitzeisenschla¨ge, aufweisen44. Ausgepra¨gte Ecklehren sind an derartigem Mauerwerk die Regel. Stark abstehende Bossen Wnden sich vor allem im Bereich der turmartigen Kernbauten der Burgen und im Torbereich der Befestigungen und scheinen Trutzhaftigkeit und Wehrwillen symbolisiert zu haben. Eine su¨dlich zur Ebene hin das klassische Stadtgebiet von Limyra begrenzende, in anna¨hernd pseudoisodomem Trapezoidalstil errichtete Wehrmauer mit links Xankiertem Tor konnte im Zuge der Ausgrabung an den Anfang des 4. Jh. v. Chr. datiert werden45. Mit dem Auftreten des Stils ist jedoch vielleicht noch in der zweiten Ha¨lfte des 5. Jhs. zu rechnen. Fu¨r die in der Struktur noch stark dem Mauerwerkes du¨rfte aufwendiger gewesen sein und blieb daher wohl auf wichtige Bauten oder Bauabschnitte beschra¨nkt. 39 Dies wird vor allem in Trysa deutlich. Die Seitenwa¨nde eines Kammergrabes in Tu¨se wurden aus langen Blo¨cken gebaut, die ebenfalls schra¨ge Stoßfugen, Bossen und Randschlag aufweisen. Dazu s. M. Miller in: Lykische Studien 2, 167–172. 40 Das Mauerwerk einer Gruppe westlykischer Bauten weist zwar die fu¨r den klassisch-trapezoidalen Stil typische Schauseitengestaltung auf und du¨rfte aufgrund technischer Merkmale in die gleiche Periode zu datieren sein, ist aber in der Blocktextur mit Polygonalmauern verwandt. 41 Dem Verfasser bekannte Ausnahmen sind ausgesprochen selten. In diesen Fa¨llen wurden die Binderblo¨cke nicht systematisch am Bau verwendet. Ob aus dem Vorkommen von Binderblo¨cken an trapezoidalem Mauerwerk ein chronologischer Ansatz gewonnen werden kann, muß noch oVen bleiben, la¨ßt sich aber nicht ausschließen. 42 So z. B. am Heroon von Trysa. 43 Bruchbossen bzw. eine von Randschlag umfaßte bruchrauhe Fla¨che treten bei der Errichtung von Quadermauern an der Schauseite der Blo¨cke als Zwischenstadium des Arbeitsprozesses auf und sollten in der Regel im Zuge ¨ berarbeitung der fertiggestellten Mauer entfernt werder U den. Zu den technischen Aspekten dieses Prozesses und der Weiterentwicklung des Randschlages zum fein u¨berarbeiteten dekorativen Element s. E. Hansen in: Me´langes helle´niques oVerts a` G. Daux (1974) 171 V. 175. Abb. 21. Auch in der Gestaltung der Bossen war ein gewisser Spielraum gegeben, der es erlaubte u¨ber das technische Prinzip hinausgehend auf a¨sthetisch-semantischer Ebene wirksam zu werden. Zur Bossierung als Stilmittel s. T. E. Kalpaxis, Hemiteles (1986) 19 f. In der klassisch-lykischen Architektur waren stark vorkragende und roh belassene bzw. mit langen Spitzeisenrillen u¨berarbeitete Bossen in der Regel Bauten des milita¨rarchitektonischen Formenkreises vorbe-
halten, wa¨hrend die Schauseiten der Mauern an zivilen und funa¨reren Bauten abgearbeitet wurden oder leicht aufgerauhten Spiegel aufweisen. 44 Zu dieser Mauertechnik s. Verf., Su¨dtor 84 V.; Verf. in: Lykiensymposion II 34; Verf. in: Actes Istanbul 43 V. Mit markanten Spitzeisenschla¨gen versehene und ha¨uWg bossierte BlockaußenXa¨chen bezeichnet Scranton als ‘broached’ und nimmt an, daß diese Gestaltungstechnik fu¨r die Mitte des 4. Jhs. v. Chr. typisch sein du¨rfte (Scranton, Walls 50). Stark vorkragenden Bossen werden in der archa¨ologischen Literatur bisweilen – in Anlehnung an poliorketische Schriften (Philon I 29) – als Schutz gegen Artilleriebeschuß oder Rammen erkla¨rt. s. nur Lawrence, Aims 240. Die Zweckma¨ßigkeit solchen Vorgehens scheint fraglich, es mag sich um einen Versuch des antiken Autors handeln, eine rationale Erka¨rung fu¨r die weit verbreitete Technik der Bossierung zu bieten. s. auch die ¨ berlegungen von O. Piper, Burgenkunde3 kritischen U (1912) 144 f., zum Auftreten von Bossenquadern in der mittelalterlichen Wehrarchitektur. Im Fall der klassisch-lykischen Befestigungen kann die oben genannte Funktion jedenfalls ausgeschlossen werden, da im lykischen Raum dieser Zeit mit der Verwendung von Artillerie und wohl auch mit mechanisierter Belagerung nicht gerechnet werden mußte. Zur Verbreitung der Artillerie und deren Auswirkung auf das Befestigungswesen s. nur Marsden 65 V.; Winter, FortiWcations 316 V.; Ober, Fortress 44; Y. Garlan, Recherches de poliorce´tique gre`que (1974) 155 V.; A. V. McNicoll in: Les fortiWcations dans l’histoire du monde gre`c (1982) 309. Starke Bossierung war im griechischen Raum des 5. und 4. Jhs. v. Chr. weit verbreitet. s. nur D. Mertens, RM 96, 1989, 109 f.; L. Karlson, FortiWcation Towers and Masonry Techniques in the Hegemony of Syrakuse (1992) ActaAth 4, 49, 7. 45 Verf., Su¨dtor, passim; Verf. in: X. KST 2 (1988) 113–116 Abb. 1. 2. 20–25; Verf. in: XII. KST 2 (1990) ¨ Jh 61, 1991/92 Beibl. 135 V. 324 f.; Verf., O
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Die klassische Wehrarchitektur Lykiens
Polygonalen verhaftete Variante trapezoidalen Mauerwerks, welche sich im Bereich der befestigten Siedlung von Tu¨se erhalten hat, bietet sich eine Fru¨hdatierung an, es mag sich aber auch um eine etwas ru¨cksta¨ndige Baukonzeption bzw. um eine Sonderentwicklung handeln. Trapezoidales Mauerwerk Wndet sich in der Bausubstanz mittel- und ostlykischer Siedlungen sehr ha¨uWg und du¨rfte in mehreren Fa¨llen mit einer ga¨nzlichen Neugestaltung der Niederlassungen in Zusammenhang stehen. Die Vergesellschaftung mit den an allen diesen Orten anzutreVenden, teils reliefgeschmu¨ckten und inschrifttragenden Fassadenkammergra¨bern oder Heroa erha¨rtet den Datierungsansatz in die Zeit zwischen spa¨tem 5. Jh. und erster Ha¨lfte des 4. Jhs. v. Chr. Die Temenosmauer des aus kunsthistorischen Erwa¨gungen in das erste Viertel des 4. Jhs. zu datierenden Heroon von Trysa errichtete man ebenfalls in diesem Stil und die schra¨gen Stoßfugen wurden mo¨glicherweise sogar als Stilmittel in die Frieszone u¨bernommen46. Die diesem Stil verpXichteten hochklassischen Burganlagen sind miteinander im Aufbau nahe verwandt und bilden innerhalb des lykischen Denkma¨lerbestandes eine eigene Gruppe, die sich von spa¨teren hellenistischen Baukonzepten klar absetzt. Ein Weiterleben des trapezoidalen Stils u¨ber die Mitte des 4. Jhs. hinaus la¨ßt sich im Denkmalbestand nicht nachweisen, darf aber nicht ausgeschlossen werden. A¨hnliches Mauerwerk ist vom griechischen Festland bekannt und wird in der Literatur unter der Bezeichnung ‘irregular trapezoidal’ gefu¨hrt47. Dieser Stil du¨rfte eine Vorform des ab dem 4. Jh. v. Chr. beliebten schichtengebundenen ‘coursed trapezoidal’ darstellen, sein Auftreten wird in die Zeit zwischen der zweiten Ha¨lfte des 5. Jhs. v. Chr. und dem fru¨hen 4. Jh. datiert48. ¨ bernahme des trapezoidalen Mauerstils ist beim heuDie im folgenden fu¨r Lykien postulierte U tigen Forschungsstand nicht schlu¨ssig zu beweisen, einige Argumente lassen sich jedoch in diesem Sinn vorbringen: Das Auftreten des sehr charakteristischen Elements der schra¨gen Stoßfugen, dem in Lykien zu dieser Zeit ein starkes Gewicht in der A¨sthetik der Mauergestaltung zuzufallen scheint, la¨ßt sich m. E. nicht oder nicht ausschließlich auf konstruktiver Ebene erkla¨ren, auf welcher sich Trapezoidalmauerwerk von reiner Quaderarchitektur nur geringfu¨gig unterscheidet49. Bei den schra¨gen Stoßfugen du¨rfte es sich unter anderem um ein Stilmittel handeln, dessen gleichzeitige Anwendung in weiten Teilen der griechischen Welt und in der zu dieser Zeit stark von griechischem ku¨nstlerischen Formengut abha¨ngigen Kulturprovinz Lykien sich wohl nicht einfach auf eine parallele Entwicklung zuru¨ckfu¨hren la¨ßt. ¨ bernahme aus dem griechischen Raum gewinnt um so mehr an Wahrscheinlichkeit, als die Eine U bauliche Anlage und der Mauerstil der befestigten Siedlungen, wie auch die Stadtdarstellungen nahelegen, in der im allgemeinen stark auf griechischen Formen fußenden Selbstdarstellung der Dynasten eine große Rolle gespielt haben du¨rften. Das massive Auftreten von Trapezoidalmauerwerk in Lykien – allerdings in Verbindung mit einer schon in Ansa¨tzen im lykischen Polygonalstil entwickelten Behandlung der Schauseiten50 – darf vielleicht auf EinXu¨sse aus dem festlandgriechischen Raum, mo¨glicher46 s. Verf. in: Lykische Studien 1, 118 Anm. 21. Zu den Stoßfugen im Fries des Heroons und Implikationen auf das Gesamtkonzept der Anlage s. K. Gschwantler in: Lykiensymposion II 77 V. bes. 82 V. 47 s. Winter, Architecture 81. 87; Wrede, Mauern Abb. 90. 93. 48 s. Wrede, Mauern 53 V. Abb. 80–85; Scranton, Walls 70 V. List C 67 f.; Maier II passim; Winter, Architecture 81 V. bes. 86; Martin, Manuel 382 f.; R. Carpenter, The Defense of Akrocorinth and the Lower Town, Corinth III 2 (1936) 10 V. Abb. 3–9; J. M. Fossey – G. Gavin in: Actes du IIIe`me congre`s international sur la Boetie antique 1979 (1985) 41 V.; Adam, Architecture 24 V.; J. Pouilloux, La Forteresse de Ramnonthe (1954) 48; J. Ober, Fortress 131 f. 137. 146. 154. 49 ¨ berlegungen Has. in diesem Zusammenhang die U selbergers zur o¨konomischen Nutzung von Steinmaterial: L. Haselberger, Befestigte Turmgeho¨fte im Hellenismus auf den Kykladeninseln Naxos, Andros und Keos, Diss.
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TU Mu¨nchen (1978) 13 V. Das ha¨uWge Vorkommen schra¨ger Stoßfugen an zahlreichen, oft aufwendig gestalteten lykischen Monumenten der klassischen Epoche la¨ßt sich auf technischer Ebene nicht ausreichend erkla¨ren. Im antiken Steinmauerbau du¨rfte eine ‘Hierarchie und eine Semantik der Stile’ bestanden haben, an deren Spitze das reine Quaderwerk isodomer Struktur zu Stellen wa¨re. Der fu¨r die Herstellung eines Mauertyps notwendige Arbeitsaufwand scheint in proportionalem Verha¨ltnis zur Wertscha¨tzung gestanden haben. Als Beispiel fu¨r die Wertigkeit der Mauerstile sei ein langrechteckiger Bau in Istlada genannt, an dessen Eingangs- und Schmalseiten sich reines Quaderwerk Wndet, dessen Ru¨ckseite in qualita¨tvollem Polygonalmauerwerk errichtet wurde, wa¨hrend die polygonalen Innenschalen nur sehr nachla¨ssig ausgefu¨hrt sind. s. Verf., Su¨dtor 89 Abb. 30; Konecny, Turmgeho¨fte 39. 50 Die starke Bossierung und der mit eng gesetzten Spitzeisenrillen betonte Randschlag Wndet sich schon vereinzelt an fru¨hem lykischen Polygonalmauerwerk, tritt aber
II. Zu den Mauerstilen lykischer Befestigungen in vorhellenistischer Zeit
weise aus Attika, zuru¨ckgefu¨hrt werden51. Auffa¨llig ist das Fehlen von Binderblo¨cken in den lykischen Mauern, wa¨hrend diese Technik in Griechenland schon la¨ngst bekannt war und im Mauerwerk von Festungsbauten des fru¨hen 4. Jhs. v. Chr. ha¨uWg Anwendung fand52. C. ‘Kyklopisches’ Mauerwerk und Bruchsteinmauerwerk Der polygonale und der trapezoidale Stil blieb in klassischen Befestigungen zumeist auf einzelne Bauko¨rper und ansichtige Mauerabschnitte beschra¨nkt, wa¨hrend abseits gelegene Mauerzu¨ge in der Regel in weniger aufwendiger Technik errichtet wurden. Als ‘kyklopisch’ wird hier aus besonders großformatigen, an den Lagern etwas zurechtgeschlagenen, jedoch nicht genau verfugten Blo¨cken hochgezogenes Mauerwerk bezeichnet (Abb. 35. 51). Im Unterschied zum reinen Bruchsteinmauerwerk sollte nebst der Großformatigkeit des Baumaterials auch ¨ berarbeitung der Schauein gewisses Bemu¨hen um Gestaltung erkennbar sein, das sich etwa in der U seiten und in der Verwendung genau eingepaßter Zwickelsteine dokumentieren mag. ‘Kyklopisches’ Mauerwerk Wndet sich in Lykien relativ selten und la¨ßt sich als eine Art Zwitterlo¨sung zwischen den stilistisch durchbildeten, daher meist dem Polygonalen oder Trapezoidalen verhafteten Mauerabschnit¨ bergang zu letzterem allerdings ten und dem reinen Bruchsteinmauerwerk bezeichnen, wobei der U Xießend ist53. Unter der Bezeichnung Bruchsteinmauerwerk lassen sich alle stilistisch neutralen Steinsetzungen subsumieren, die aus nicht oder nur an den Lagern grob zurechtgeschlagenem Steinmaterial errichtet wurden (Abb. 139. 155). Bruchsteinmauern Wnden sich u¨blicherweise an schlecht einsehbaren Abschnitten lykischer Befestigungsanlagen. Es wurden aber auch gro¨ßere Burganlagen zur Ga¨nze aus Bruchsteinen oder zumindest schlecht verfugtem Mauerwerk hochgezogen54. Da Bruchsteinmauern aufgrund der klaVenden Fugen und der rauhen Schauseite leicht zu erklettern gewesen sein du¨rften – wodurch der Sicherheit einer Befestigung erheblicher Abbruch getan worden wa¨re – darf man annehmen, daß sie mit Verputz versehen waren55. Die Fundamente und Sockel stilistisch hochwertiger Mauerabschnitte wurden bisweilen ebenfalls aus Bruchsteinen errichtet (Fig. 58). D. Quadermauerwerk in lykischen Befestigungen klassischer Zeit Das pseudoisodome Mauerwerk der Su¨dfront des su¨do¨stlichen Turmes der Akropolis von Xanthos geho¨rt in die polygonale Bauphase der Anlage (Fig. 83). Das Quaderwerk bleibt auf die knappen 10 Laufmeter der Turmfront, also nur auf einen Bruchteil der Gesamtanlage beschra¨nkt. Auch an der mo¨glicherweise erstmals massiv in Tu¨se auf. Im griechischen Raum Wndet sich vor dem Hellenismus der mit Spitzeisenrillen versehene Saumschlag nur selten. Ein Beispiel von Mauerwerk mit Xachen Einklinkungen, leicht schra¨g gesetzten Stoßfugen und mittels Spitzeisenschla¨gen betonter unterer Blockkante ist in Sunion u¨berliefert. Dazu s. Wrede, Mauern, Abb. 64. 51 In trapezoidalem Stil gebaute Mauersockel Wnden sich in Attika ab dem spa¨ten 6. Jh., die Verbindung von Trapezoidalmauerwerk und rustizierter Schauseite wird im 5. Jh. ausgebildet. s. Wrede, Mauern 55 f. Zahlungen an den delischen Seebund belegen jedenfalls zeitweilige engere Verbindungen des lykischen Raumes und Athens. Die Zugeho¨rigkeit zum attischen Seebund ist in den Tributlisten ATL II/III 1, 29 f. und II/IV 5, 32 f. inschriftlich u¨berliefert. 52 An der Wende vom 6. zum 5. Jh. v. Chr. werden in Attika die ersten isodomen Quadermauern mit La¨uferund Binderwechsel gebaut. Der Verband als technisches Prinzip war im Fundament la¨ngst angewendet worden. s.
Wrede, Mauern 45. Am Teichos in Sunion (Ende 5. Jh.) Wnden sich in die Fu¨llung greifende Querriegel. Dazu s. Wrede, Mauern 50; H. Lauter in: MWPr 1988 (1989) 13 Taf. 5 b. Zum Auftreten von Binderblo¨cken s. auch Martin, Manuel 376; Winter, FortiWcations 135. Im sizilischen Raum sind fu¨r das spa¨te 5. und das 4. Jh. v. Chr. Binder im Festungsbau belegt. s. D. Mertens, RM 96, 1989, 109 V. Eine Zusammenstellung klassisch-griechischer Wehrbauten mit Bindern s. L. Karlson, FortiWcation Towers and Masonry Techniques in the Hegemony of Syrakuse (1992) ActaAth 4, 49, 70 V. 53 Als hervorragendes Beispiel fu¨r ‘kyklopisches’ Mauerwerk ko¨nnen Abschnitte der Ostkurtine der Oberburg Limyras herangezogen werden. 54 So wurde z. B. die im Aufbau kanonische Burganlage von Bu¨yu¨k C¸erler aus sehr grobem Mauerwerk errichtet. s. M. Miller, Lykische Studien 1, 59 V. Abb. 25–27. 55 Zum Vorkommen von Verputz auf groben Steinmauern s. Maier II 73 Anm 20. Zu Lehm als Bindemittel fu¨r Bruchgestein s. Lawrence, Aims 209.
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Die klassische Wehrarchitektur Lykiens
Nordseite der Akropolis, an der auch der Zugang gelegen haben muß, hat sich nahe dem Osteck eine Reihe auffa¨llig großer, an der Schauseite ga¨nzlich abgearbeiteter quaderfo¨rmiger Orthostaten erhalten. Ein bis an einen runden Eckturm reichender Mauerabschnitt im Bereich des Nordosttores von Xanthos wurde in vorzu¨glicher Quaderbauweise hochgezogen (Abb. 166). Die Schauseite des exakt verfugten pseudoisodomen Mauerwerkes begradigte man sa¨uberlich mit dem Spitzeisen. Die gleiche OberXa¨chenbehandlung Wndet sich an den gewaltigen monolithen Laibungssteinen des Tores, die in klassische Zeit geho¨ren du¨rften. Auch ein Turmbau im Bereich der Burg von Myra, der im Fundament dem polygonalen Stil verpXichtet ist, tendiert im Aufgehenden zu reinem Quaderwerk (Abb. 79). Ein kurzes Stu¨ck Quadermauer beWndet sich auf der Burg von Trysa am Ende des Torhofes, seitlich im Anschluß an das Burgtor, also an prominenter Stelle (Abb. 88). Auch die Blo¨cke dieser Mauer wurde an der Schauseite gegla¨ttet. Die Mauern lykischer Befestigungen wurden in klassischer Zeit nur a¨ußerst selten in reiner Quadertechnik hochgezogen, obwohl diese Bauweise, wie zahlreiche Grabbauten belegen, nicht nur durchaus bekannt, sondern auch ausgesprochen beliebt war. Insbesondere in Verbindung mit polygonalen Befestigungen la¨ßt sie sich jedoch nur selten nachweisen. In der Auswahl des Mauerstils fu¨r bestimmte Bauten bzw. Bauabschnitte und auch in der Gestaltung der Schauseiten scheinen sich folglich a¨sthetische Gestaltungsprinzipien und teils auch semantische Intentionen widerzuspiegeln.
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Lage und Anlage lykischer Siedlungen in klassischer Zeit I. Die Lage befestigter lykischer Siedlungen klassischer Zeit Wa¨hrend sich ein Großteil der befestigten lykischen Siedlungen klassischer Zeit im Landesinneren entwickelte und auf als Becken oder Ta¨ler ausgebildete Fruchtkammern orientiert war, lagen nur wenige der bedeutenderen Niederlassungen dieser Periode direkt an der Ku¨ste. Selbst in Ku¨stenebenen beWndliche Orte wie Myra oder Limyra erstreckten sich am bergseitigen Rand des Fruchtlandes, in einiger Entfernung von gu¨nstigen Landepla¨tzen (Abb. 2. 76). Ku¨stensiedlungen mit klassischer Bausubstanz sind wenig zahlreich: Simena, das kleine Teimiusa, Bayındır Limanı, Antiphellos, Patara und Telmessos/ Fethiye1. Eine erst ku¨rzlich im Landesinneren entdeckte, wahrscheinlich als Vorga¨ngersiedlung von Telmessos/Fethiye zu interpretierende Ruinensta¨tte (Hızırlık), nahm wohl auf die no¨rdliche Fruchtebene Bezug, wurde aber noch in klassischer Zeit, wahrscheinlich in der Folge einer Naturkatastrophe, aufgelassen2. Darin, daß man beim Neubau einem nahegelegenen und wohl schon die la¨ngste Zeit genutzten Hafenplatz den Vorzug gab, du¨rfte sich ein Wandel der Siedlungsstruktur andeuten3. Dieser akzentuierte sich in spa¨tklassisch-hellenistischer Zeit, in der Ku¨stenorte ausgebaut wurden, bedeutende Binnenorte Ha¨fen anlegten und Neugru¨ndungen im Ku¨stengebiet stattfanden4. Die wichtigsten klassischen Niederlassungen des Landesinneren, Xanthos (Abb. 161), Pinara, Tlos, Hızırlık/Telmessos, Myra (Abb. 77) sowie Limyra (Abb. 1. 2) entwickelten sich an den Ha¨ngen der großen und fruchtbaren Flußta¨ler oder an den Ra¨ndern ausgedehnter Ku¨stenebenen. Im gebirgigen und stark kompartimentierten Hochland nahmen befestigte Siedlungen immer auf kleine Binnenebenen oder La¨ngsta¨ler Bezug, die AckerXa¨chen boten (Abb. 89. 100. 106. 135. 143. 151). Eine Korrelation zwischen verfu¨gbarer AnbauXa¨che, Gro¨ße sowie vor allem Bedeutung und Reichtum einer Siedlung zeichnet sich ab5. Im Umland der befestigten Siedlungen bestanden kleinere, ebenfalls ummauerte Anlagen, Herrensitze, oVene Siedlungen und Einzelgeho¨fte6. Diese Siedlungsmuster weisen auf einen ausgepra¨gt agrarisch-la¨ndlichen Charakter der lykischen Wirtschaft und Gesellschaft in klassischer Zeit7. 1
Die vorhellenistische Bausubstanz dieser Siedlungen datiert in die spa¨tere Klassik, fru¨hklassisch-polygonales Mauerwerk hat sich nicht erhalten. In Patara, wo sich ein bedeutendes Heiligtum befand und wohl auch Mu¨nzen gepra¨gt wurden, sind im Denkmalbestand nur einige kleinere Felsgra¨ber aus klassischer Zeit erhalten, sonst fehlt es aber an baulichen Hinweisen fu¨r eine gro¨ßere Niederlassung. Die seit ku¨rzerem durchgefu¨hrten Grabungen von F. Is¸ık und seinem Team ko¨nnten dieses Bild rasch a¨ndern. 2 Der Entdecker der Siedlung, K. Buschmann (Tu¨bingen), schließt anhand verstu¨rzter Felsgra¨ber auf ein Erdbeben. Die Gro¨ße der Anlage – rund 20 ha – spricht dafu¨r, hier den Vorga¨nger der Hafenstadt zu sehen, da ein Nebeneinander zweier derart ausgedehnter Siedlungsgebiete in klassischer Zeit wenig Wahrscheinlichkeit hat. Dazu s. K. Buschmann in: AST (1992) 433 f. 3 Arbinas der Dynast von Xanthos bezeichnet Telmessos in einer Inschrift als „eulimenos“. s. J. Bousquet, CRAI 1975, 138 –150. Zur Geschichte der Siedlung s. M. Wo¨rrle in: Actes 63 V. 4 Patara und Antiphellos erlebten in der Spa¨tklassik und im Hellenismus einen gewaltigen Aufschwung; auch der Hafen Andriake scheint in dieser Zeit ausgebaut und mit Befestigungen versehen worden zu sein, wa¨hrend es
sich bei Aperlai um eine Neugru¨ndung anstelle einer unbedeutenden Anlegestelle handeln du¨rfte. Zu dieser Bedeutungsverschiebung s. Wurster in: Actes 36; Verf., Siedlungen passim. Zu den Ha¨fen Mittellykiens und einer unterschiedlichen Einscha¨tzung der Bedeutung Aperlais in klassischer Zeit s. M. Zimmermann, Landeskunde 168 V. Zu Geschichte und den Befestigungen Aperlais s. E. Kirsten in: Festschrift fu¨r H. Vetters (1985) 28 V.; Verf., Su¨dtor 86 f. 5 Die Siedlungen wuchsen jedoch nicht proportional zur verfu¨gbaren AnbauXa¨che, sondern blieben – bis auf wenige Ausnahmen, darunter Xanthos und Limyra – im Verha¨ltnis zu griechischen Zentralorten relativ klein. 6 Herrensitze im Sinne zumindestens beschra¨nkt verteidigbarer Wohnsitze grundbesitzender Aristokraten wur¨ Jh 63, den in der Umgebung Limyras entdeckt. s. Verf., O 1994, 95 V. Im Zuge eines im Umland von Kyaneai durchgefu¨hrten Surveys konnte eine extreme Siedlungsdichte und Formenvielfalt der la¨ndlichen Architektur nachgewiesen werden. Dazu s. M. Miller, IstMitt 41, 1991 219 V.; A. Thomsen in: Lykische Studien 1, 39 V.; M. Miller in: Lykische Studien 1, 57 V. s. auch unten S. 140. 7 Zur Ho¨henlage und natu¨rlicher Festigkeit fru¨her Siedlungslagen auch des griechischen Raumes s. nur
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Lage und Anlage lykischer Siedlungen in klassischer Zeit
In den einigermaßen wasserarmen Landschaften Lykiens spielten beim Entstehen von Siedlungen die jeweiligen hydrologischen Gegebenheiten sicherlich eine bedeutende Rolle. So la¨ßt sich im Falle Limyras die Wahl des Siedlungsplatzes am besten durch den reichen Quellhorizont erkla¨ren, der wohl schon in der Antike eine mehr als reichliche Wasserversorgung sicherstellte8. Auch das direkt am EsenC¸ay gelegene Xanthos hatte keine Schwierigkeiten bei der Wasserversorgung. In Pinara entspringt noch heute am Fuß des Burgberges eine allerdings wenig ergiebige Quelle und auch das Gebiet um Tlos la¨ßt sich als ausgesprochen wasserreich beschreiben. Im allgemeinen ist auch die hydrologische Situation der Becken und Ta¨ler des westlichen Zentrallykien gu¨nstig, da sich ha¨uWg ganzja¨hrige Quellen Wnden, die eine beschra¨nkte Bewa¨sserungswirtschaft erlauben. Im Gegensatz dazu Wnden sich im o¨stlichen Mittellykien nur wenige permanente Quellen, weswegen die Bewohner vieler Siedlungen wa¨hrend der Trockenperiode ga¨nzlich ohne Frischwasser ausgekommen sein du¨rften und eine ausgereifte Zisternenwirtschaft entwickelt haben9. Die Lage der klassischen Siedlungen reXektiert ein ausgepra¨gtes Sicherheitsbedu¨rfnis, aufgrund dessen bei der Wahl des Siedlungsplatzes, neben den wirtschaftlichen Gesichtspunkten, vor allem fortiWkatorische Erwa¨gungen im Vordergrund gestanden sein du¨rften. Fu¨r kleinere Burgen und Niederlassungen sind Sporn-, Kamm- und Kuppenlagen typisch (Abb. 89. 106. 118. 128. 135). Ha¨uWg erstreckt sich dann das ummauerte Areal der Wohnsiedlung u¨ber einen unterhalb der befestigten Anho¨he gelegenen Hang10. Die Wohnsiedlung kann aber auch in einem Becken zwischen den Kuppen zu liegen kommen (Fig. 50. 79)11. Die wohl schon in fru¨her Zeit am Rand der großen Ebenen entstandenen Siedlungen waren bisweilen gezwungen, zum Schutz des Wohnbereiches Gela¨ndemauern anzulegen und die Erhebungen oder Gebirgsausla¨ufer, an deren Ha¨ngen sie lagen, zumindestens teil¨ berdehnung des befestigten weise in die Befestigungen mit einzubeziehen12. Daraus konnte sich eine U Areals ergeben, welches in keinem Verha¨ltnis zur beno¨tigten SiedlungsXa¨che stand13. II. Die Anlage befestigter lykischer Siedlungen klassischer Zeit Die Anlage befestigter lykischer Siedlungen erfolgte in der klassischen Periode zumeist nach einem Grundmuster, das aus zwei Komponenten, einer hochgelegenen, in sich geschlossenen Befestigung mit turmartigen Kernbauten, fu¨r die sich die Bezeichnung Burg eingebu¨rgert hat, die aber in der Literatur bisweilen auch als Akropolis oder Oberburg bezeichnet wird, und der darunter beWndlichen, ebenfalls E. Kirsten, Die griechische Polis als historisch-geographisches Problem des Mittelmeerraumes (1956) 45 V.; R. Martin, L’urbanisme dans la gre`ce antique (1974) 36. – Wokalek 87. Zum agrarischen Charakter antiker Gesellschaften s. Xen. oik. 4, 4 f. 5,1 f.; Arist. oec. 1, 2; M. I. Finley, The Ancient Economy (1973) passim, bes. 131 f.; S. Isager – J. E. Skydsgaard, Ancient Greek Agriculture (1992) passim; Zur Bedeutung der Landwirtschaft fu¨r die fru¨he griechische Gesellschaft s. A. Snodgrass, Archaik Greece (1980) 35 V. 129 f.; H.-J. Gehrke, Jenseits von Athen und Sparta (1986) passim. Zur Lage befestigter Niederlassungen in vorwiegend agrarisch determinierten Landschaften Griechenlands ab der Eisenzeit s. Winter, Fortifications 5 V. Der Beitrag von Handel und handwerklicher Produktion zur Entwicklung der Gemeinwesen des griechischen Raumes variierte nach Zeit und Ort: Zu ihrer Rolle bei der Ausformung urbaner Siedlungen des griechischen Raumes s. F. Kolb, Die Stadt im Altertum (1984) 73. 92 V. 8 s. o. S. 29 Anm. 1. 9 Zur hydrographischen Situation im o¨stlichen Zentrallykien s. V. Ho¨hfeld, IstMitt 41, 1991, 252; ders., Lykische Studien 1, 154 V. Zur Zisternenwirtschaft s. u. S. 139 f.
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Typisch fu¨r Kammsiedlungen mit Wohngebiet am Hang sind Phellos, Trysa, Gu¨rses und Hoyran. Als Beispiele fu¨r Kuppensiedlungen mit Hangverbauung mo¨gen Tyberissos, Tu¨se, Korba, Apollonia und Isinda genannt sein. 11 Dieser Typus Wndet in Seyret die sta¨rkste Auspra¨gung, Tyberissos ko¨nnte in klassischer Zeit ebenfalls in diese Kategorie gefallen sein. 12 ¨ ber fru¨he lykische Niederlassungen ist noch wenig U bekannt: In Limyra bestand im fru¨hen 7. Jh. v. Chr. am Rand der Ebene eine Siedlung, u¨ber deren Ausdehnung und Struktur noch nichts ausgesagt werden kann. s. Verf. in: X. KST 2 (1988) 113; Verf. in: XII. KST 2 (1990) ¨ Jh 61, 1991/92 Beibl. 135 V. In Xanthos 324 f.; Verf., O konnten bei den Grabungen im Bereich der lykischen Akropolis Bauten aus dem 7. Jh. freigelegt werden. s. Fouilles 2 passim. 13 Dies war in Limyra, Pinara und wohl auch in Xanthos der Fall. Die befestigte Siedlung von Myra weist zwar in Lage und Aufbau große A¨hnlichkeit mit Limyra auf, kam aber, da der bergseitig begrenzende Sattel viel niederer lag, mit einem vergleichsweise kleinXa¨chigen, fast vo¨llig von Terrassen, Felsabarbeitungen und anderen Hinweisen auf eine dichte Verbauung u¨bersa¨ten Areal aus.
Lage und Anlage lykischer Siedlungen in klassischer Zeit
ummauerten Wohnsiedlung besteht14. Trotz gewisser Konstanten im Aufbau – so liegt etwa die Burg immer an der Peripherie des verbauten Gela¨ndes – kommen ha¨uWg aus topographischen Notwendigkeiten oder strukturellen Besonderheiten resultierende Variationen dieses Grundthemas vor. So wurde die von weiten Teilen des ummauerten Areals u¨berragte Akropolis von Xanthos auf einem tiefer gelegenen Ausla¨ufer des Siedlungshu¨gels angelegt, der sich aufgrund der steilen Ha¨nge und einer dominanten Lage viel besser als die weitla¨uWge Kuppe fu¨r den Bau einer geschlossenen Gipfelbefestigung eignete (Fig. 81). In Pinara mußte aus fortiWkatorischen Erwa¨gungen der hinter der Siedlung steil aufragende „Burgberg“ in die Befestigungen einbezogen werden, ein das Wohngebiet talseitig beschließender Felsstock wurde jedoch gesondert ummauert und du¨rfte im Siedlungsgefu¨ge und im Siedlungsbild die Rolle der Burg u¨bernommen haben (Fig. 92). Eine Aufsplitterung der Gipfelbefestigung in mehrere auf Felssto¨cken fußende und das Wohngebiet dominierende Turmbauten Wndet sich in Seyret (Fig. 79). Bisweilen wurden zwischen die Gipfelbefestigung und die Kurtinen der Wohnsiedlung intermedia¨re FortiWkationen eingeschoben, oder ein zweiter a¨ußerer Mauerring an die Siedlung angefu¨gt, worin sich der additive Grundcharakter lykischen Befestigungswesens a¨ußert15. Wenn das Siedlungsgela¨nde keine besonderen Ho¨henunterschiede aufzuweisen hatte, begnu¨gte man sich damit, einen prominenten, an der Peripherie gelegenen Punkt desselben – mo¨glichst eine Kuppe – zur Burg auszubauen. Es kommen auch immer wieder Burganlagen ohne ummauerte Wohnsiedlung und von sehr unterschiedlicher Ausdehnung vor16. A. Die Burgen: Gipfelbefestigungen lykischer Siedlungen Ungeachtet ihres Formenreichtumes bestehen die lykischen Gipfelbefestigungen in der Regel aus zwei Komponenten: einem oder mehreren turmartigen Kernbauten und dem von Wehrmauern begrenzten Burgareal. Im Gesamtaufbau mehrerer Burgen la¨ßt sich zudem eine starke Tendenz zur Geometrisierung des Grundrisses feststellen, die sich einerseits in den meist rechteckigen oder quadratischen Kernbauten, ha¨uWg aber auch in einer geradlinigen Fu¨hrung der Burgmauern a¨ußert (Fig. 55. 59. 78. 80. 82)17. Da jedoch zumeist die Gela¨ndebedingungen den Verlauf der Kurtinen determinieren, 14
Unterschiedliche BegriVe haben sich in der Literatur zu den Burgen der Siedlungen Limyra (Oberburg) und Xanthos (Akropolis) eingebu¨rgert und werden im Folgenden beibehalten. 15 Bei der Anlage der Ostbastion von Trysa wurde eine unterhalb der Burg beWndliche Gela¨ndestufe derart ummauert, daß ein geschlossen befestigter Bereich entstand, der jedoch nur in Verbindung mit der Burg zu verteidigen war. In Tu¨se Wndet sich jenseits der Akropolismauer ein weiterer Mauerring, bei dem es sich allerdings um eine spa¨tere Erweiterung handeln ko¨nnte. 16 Es wa¨re denkbar, freistehende Burganlagen unterschiedlicher Ausdehnung in einer eigenen Gruppe zu sammeln. Da aber zwischen gro¨ßeren, alleinstehenden Burganlagen und kleinen befestigten Siedlungen in der verbauten Fla¨che nur ein marginaler Unterschied besteht, und es sich, wie noch auszufu¨hren sein wird, bei letzteren um eine typologische Weiterentwicklung ersterer handeln ko¨nnte, erscheint eine Aufteilung in Gruppen schwer praktikabel. Das Fehlen einer ummauerten Wohnsiedlung unterscheidet die Anlagen von Ko¨ybas¸ı (Fig. 85), Korba (Fig. 60) und vielleicht die erste Phase von Isinda von den anderen hier besprochenen Niederlassungen. Solange jedoch die Binnengliederung der Burg von Ko¨ybas¸ı und damit deren Struktur noch vo¨llig unklar sind, da durch Raubgrabungen bedingte Zersto¨rungen die oberta¨-
gige Bausubstanz verunkla¨ren, kann eine typologische Zuweisung der Anlage nicht mit ausreichender Sicherheit erfolgen. In Korba ist im Burginneren nur wenig aufgehendes Mauerwerk erhalten. Die im Katalog vorgenommene Gliederung der Anlage in Kernbau und Burgmauer erschien vor allem im Hinblick auf die relativ kleine GesamtXa¨che sinnvoll. Die zentrale Baugruppe war aber mo¨glicherweise im Aufbau diVerenzierter gestaltet, als es die spa¨rlichen Baureste abzulesen erlauben und ko¨nnte innerhalb der Gesamtanlage die Aufgabe der Burg u¨bernommen haben. Die großXa¨chigen und qualita¨tvollen ‘Burganlagen’ von Korba, Ko¨ybas¸ı und Isinda werden da¨ bersichtlichkeit halber in dieses Kapitel einbeher der U zogen. Zu dieser Problematik s. auch unten 140 f. 17 Von orthogonalem Aufbau sind die Burgen von Tu¨se, Bayındır Limanı, Teimiusa. Aber auch die Akropolis von Xanthos na¨hert sich im Grundriß einem Quadrat an und wird – zumindest – an der Ostseite von einem geradlinig verlaufenden Mauerschenkel begrenzt. An der OstXanke der Oberburg von Limyra verbindet eine durchgeXuchtete Mauer bastionsartige, rechteckige Bauko¨rper. In diesen Fa¨llen erlaubte ein Baugrund, welcher die Mauerfu¨hrung nicht determinierte, Spielraum bei der Grundrißgestaltung, wa¨hrend die Mehrzahl der Gipfelbefestigungen auf die vorgegebenen Gela¨ndebedingungen hin ausgelegt werden mußte.
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Lage und Anlage lykischer Siedlungen in klassischer Zeit
kommt es zu starken Verzerrungen der Grundmuster. Insgesamt la¨ßt sich ein ausgepra¨gt additiver Charakter der Anlagen feststellen. Die aus polygonalem Mauerwerk errichteten lykischen Burgen weisen eine Vielfalt des Aufbaus auf, wobei das Auftreten der turmartigen Kernbauten eine die meisten Anlagen verbindende Konstante bildet. Neben der großXa¨chigen Akropolis von Xanthos mit ihrem tendenziell rechtwinkligem Grundriß, die Raum fu¨r zahlreiche und teils sehr qualita¨tvolle Einbauten bot (Fig. 82), Wnden sich gedrungene Anlagen, wie die Burg von Ko¨ybas¸ı (Fig. 80), einfache Mauerringe, wie in Isinda (Fig. 75), oder mehrere freistehende und in die Ringmauer der Siedlung einbezogene Befestigungskerne, wie im Siedlungsbereich von Seyret (Fig. 79). Dieser Formenvielfalt steht eine sta¨rkere Formalisierung der im trapezoidalen Stil errichteten Burganlagen gegenu¨ber. Diese bauen sich aus einem oder mehreren, zumeist am ho¨chsten Punkt der Anlage beWndlichen turmartigen Kernbauten oder Binnenforts und dem von der Burgmauer begrenzten Gela¨nde auf. Es lassen sich mehrere, nach der Form der Kernbauten klassiWzierbare Varianten dieses Konzeptes unterscheiden: 1. la¨nglich-rechteckige Kernbauten mit Querausfachung und Erdfu¨llung an der Basis. Diese Wnden sich einzeln (Gagai) oder gedoppelt und die Schmalseiten der Anlage (Limyra) bildend (Faltplan 1). Dieser Bautyp kann auch frei stehend auftreten (Herrensitz am Koruca-Tepe nahe dem Ausgang des Alakır-C¸ay-Tales, Fig. 107)18. Die stark gela¨ngte Form la¨ßt sich bis jetzt nur fu¨r Ostlykien nachweisen. 2. anna¨hernd quadratische oder gedrungen rechteckige turmartige Kernbauten, die in zentraler Lage (Hoyran: Fig. 44; Tyberissos: Fig. 52; Apollonia: Fig. 70; Bu¨yu¨k Avs¸ar: Fig. 67; Avs¸ar Tepesi: Fig. 69; Bu¨yu¨k C¸erler: Fig. 101), gedoppelt und an den Schmalseiten liegend (Gu¨rses, Fig. 29) und in orthogonalen Anlagen (Tu¨se: Fig. 59; Bayındır Limanı: Fig. 78) vorkommen. 3. zentral gelegene Binnenforts von unregelma¨ßigem Grundriß (Trysa: Fig. 33. 37). Eine solche Einteilung kann natu¨rlich der Vielfalt der Einzello¨sungen, Zwischenformen und Kombinationen nicht gerecht werden und soll vorrangig dazu dienen, Formalisierungstendenzen zu unterstreichen. Im Innenhof der gedrungenen und im Grundriß ausgepra¨gt orthogonalen Burg von Bayındır Limanı beWndliche Sa¨ulentrommeln bieten den einzigen Hinweis auf das Eindringen von aus der Zivilarchitektur entnommenen Baugliedern in einen in trapezoidalem Stil errichteten Wehrbau; diese ko¨nnten aber auch einem spa¨teren Umbau der Anlage zuzuschreiben sein19. 1) Die Befestigungskerne lykischer Burganlagen Im Grundriß anna¨hernd quadratische bis la¨nglich-rechteckige Bauko¨rper bilden die ‘nuclei’ der lykischen Gipfelbefestigungen und bestimmen deren Aufbau und die Fu¨hrung der Befestigungsmauer. Diese Kernbauten kommen einzeln oder gedoppelt vor, in Ausnahmefa¨llen kann ihre Anzahl auch gro¨ßer sein20. Wie ihre Form kann auch ihre GrundXa¨che stark variieren21. In der Regel steht die von den Kernbauten genutzte Fla¨che in einem proportionalen Verha¨ltnis von etwa 1 : 3–6 zur GrundXa¨che der Burganlagen, in Einzelfa¨llen kann sich dieses Verha¨ltnis aber auch in die eine oder andere Richtung verschieben22. In jedem Fall ist der turmartige Befestigungskern derart in die Burg einbezogen, daß eine seiner Seiten oder zumindestens eine seiner Ecken feindseitig ansteht. Darin a¨ußert sich jedoch kein Bemu¨hen ¨ Jh 63, 1994, 107. s. Verf., O Ein im Inneren der Festung von Teimiusa im Versturz beWndliches Werkstu¨ck, ein quaderhafter Block mit halbsa¨ulenartiger Verkro¨pfung, kann nicht mit Sicherheit einer fru¨hen Bauphase zugeordnet werden. 20 So zum Beispiel in Seyret, wo sich anstatt einer geschlossenen Burganlage mindestens fu¨nf turmartige Bauko¨rper Wnden. 21 Der zentrale Turm der Burg von Hoyran liegt mit 18 19
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knapp 60 m2 am unteren Ende der Skala. Sein Pendant in Tyberissos hat rund 250 m2 und die gro¨ßte derartige Anlage, die Nordbastion von Limyra rund 350 m2. Der im Grundriß unregelma¨ßige Befestigungskern der Burg von Trysa hat eine GrundXa¨che von etwas mehr als 600 m2. 22 Mit knapp 80 m2 GrundXa¨che stehen die Ecktu¨rme von Xanthos dem fast einem Hektar großen Akropolisareal gegenu¨ber. In Seyret wurden nur mehrere große Turmbauten, aber kein geschlossenes Burgareal angelegt.
Lage und Anlage lykischer Siedlungen in klassischer Zeit
um Flankierung, da die Burgmauern oft derart an diese Bauko¨rper anschließen, daß sich feindseitig eine nahezu durchgehende Flucht ergibt23. Wenn die topographische Situation dies erforderte und man die Verteidigbarkeit der Burganlage dadurch verbessern konnte, wurden die Befestigungskerne an der AngriVsseite angelegt, so daß sie eine willkommene Versta¨rkung der FortiWkationen bewirkten (Limyra, Myra). Ha¨uWg kamen sie jedoch oberhalb steilen Gela¨ndes, an der ho¨chsten und damit sichersten Stelle der Burg zu liegen (Trysa, Hoyran, Apollonia, Tu¨se, Bu¨yu¨k Avs¸ar, Avs¸ar Tepesi, Seyret). Der Verzicht auf Flankierung und die hohe, zuru¨ckgenommene Lage sind Hinweise darauf, daß diese Anlagen nicht vorrangig einer aktiven Verteidigung dienen sollten. Das Mauerwerk der Befestigungskerne ist in jedem Fall von hervorragender Qualita¨t, wie sie sich sonst bestenfalls noch nahe der Haupttore und an wenigen anderen, bevorzugten Bereichen der Befestigungen Wndet. Auffa¨llig große Steinformate, guter Fugenschluß und aufwendige Schauseitenbearbeitung unterstreichen die große Bedeutung, die diesen Bauten innerhalb des Siedlungsbildes zukam. Die immer wieder feststellbaren Unterschiede in der Ausfu¨hrung der verschiedenen Seiten eines Bauko¨rpers stehen im Verha¨ltnis zur Ansichtigkeit des jeweiligen Mauerabschnittes, wobei sich die sorgfa¨ltiger gearbeiteten Teile dem Blick eines im Inneren der Siedlung oder am Burggela¨nde beWndlichen Betrachters ero¨Vneten. Die qualita¨tvolle Ausfu¨hrung und deren Gerichtetheit erlauben es, in diesen turmartigen Bauten von fortiWkatorischem Charakter auch Elemente der Repra¨sentation zu sehen, die mehr nach dem Siedlungsinneren als nach Außen wirken sollten. ¨ ber das Aufgehende der Befestigungskerne ist nur wenig bekannt, da sich aus dem DenkmalbeU stand selten mehr als der Grundriß ablesen la¨ßt. Mehrere dieser Bauten sind an der Basis mit von Bruchsteinsetzungen ausgefa¨chertem Erdmaterial verfu¨llt (Limyra, Tu¨se ?, Gagai, Koruca-Tepe: Fig. 6. 59. 107), wa¨hrend andere direkt auf dem Felsen sitzen und wohl in Erdgeschoßho¨he Innenra¨ume hatten. Ihre Mauersta¨rken sind ha¨uWg etwas gro¨ßer als die der a¨ußeren Befestigungsmauern der sie einbeziehenden Burganlagen. Dies und der gedrungene Grundriß ko¨nnen als Indizien fu¨r eine Rekonstruktion als Turmbauten gewertet werden. Die Anlagen mit Erdfu¨llung an der Basis mußten wohl ¨ berdachung vor eindringender Feuchtigkeit und Regen geschu¨tzt werden und hatten in einigen durch U Fa¨llen nachweisbar ho¨hergelegene Kammern24. Der Aufbau der ‘Oberburg’ von Trysa (Fig. 33. 37), einem großXa¨chigen Befestigungskern von unregelma¨ßigem Grundriß, muß ungekla¨rt bleiben25. Die ¨ berdachung ohne tragende Zwischenmauern wenig wahrscheingroße Breite des Bauwerks macht eine U lich, von solchen haben sich jedoch, mo¨glicherweise aufgrund spa¨terer Einbauten, keine Reste erhalten. Es kann folglich nicht ausgeschlossen werden, daß im Inneren der Mauern nebst Einbauten auch eine hofartige oVene Fla¨che bestand26. A¨hnliche Fragen wirft die Dachlo¨sung des Befestigungskernes von Tyberissos auf (Fig. 52), wo sich ebenfalls – bis auf unklare Felsabarbeitungen – keine Binnenstrukturen erhalten haben. Nur im Inneren des Turmes von Bu¨yu¨k Avs¸ar fanden sich nennenswerte Hinweise auf eine Raumaufteilung, die unter anderem den Einbau einer rechteckigen Zisterne erlaubte (Fig. 67). Deren zeitliches Verha¨ltnis zum prima¨ren Baukonzept la¨ßt sich jedoch ohne Grabungsta¨tigkeit nicht mit Sicherheit beurteilen. Einga¨nge haben sich an der Su¨dbastion von Limyra (Fig. 10), am Kernbau von Apollonia (Fig. 70), an den Tu¨rmen A und D von Seyret (Fig. 79) und am Turm von Bu¨yu¨k Avs¸ar (Fig. 67) erhalten,
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Dies ist in Trysa, Gu¨rses und in Hoyran der Fall. Die Innenschale im Bereich des Nordwestecks der Nordbastion von Limyra ko¨nnte noch in die klassische Bauphase geho¨ren und wa¨re damit ein Beleg fu¨r das Vorhandensein einer Turmkammer. Gleiches gilt fu¨r die relativ sorgfa¨ltig ausgefu¨hrte Innenschale des großen Turmes in Tu¨se. Das Prinzip der mit Erde verfu¨llten Befestigungskerne ko¨nnte in Limyra an die Grenzen des statisch sinnvollen ausgereizt worden sein, da die Mauern der Nordbastion mo¨glicherweise dem Druck der Erdmassen nicht mehr standzuhalten vermochten. Ob dies allerdings auf Vernachla¨ssigung der Anlage oder konstruktionsbe24
dingte Schwa¨chen zuru¨ckzufu¨hren ist, wofu¨r Wurster sich auszusprechen scheint, muß dahingestellt bleiben. s. W. Wurster, AA 1974, 260 f. 25 Die Oberburg von Trysa hatte eine GrundXa¨che von etwa 600 m2. Zusa¨tzlich zu dem unregelma¨ßigen Grundriß des Hauptko¨rpers weist sie an zwei Seiten bastionsartige Vorspru¨nge auf. 26 Fu¨r die Rekonstruktion einer FreiXa¨che spricht vielleicht das Vorhandensein einer relativ großXa¨chigen, wohl unter Ausnutzung eines bestehenden Felsspaltes angelegten Zisterne auf dem Gela¨nde der Oberburg.
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Lage und Anlage lykischer Siedlungen in klassischer Zeit
wo sie, wenngleich ha¨uWg etwas erho¨ht, in Erdgeschoßho¨he liegen27. Der ebenerdige Eingang in den stark verstu¨rzten Befestigungskern der Burg von Avs¸ar Tepesi (Fig. 69) fu¨hrte mo¨glicherweise in einen im Bereich der verfu¨llten Basis des Turmbaus gelegenen Korridor, von welchem man u¨ber Treppen in die ho¨hergelegene Turmkammer gelangt sein du¨rfte. Die erhaltenen Zuga¨nge sind meist von durchschnittlicher Ho¨he und Breite und liegen durchwegs axial am Bau28. Die Dimensionen der Su¨dpforte der Su¨dbastion von Limyra sind jedoch derart gering bemessen, daß die Benutzung erschwert wurde29. An mehreren Befestigungskernen blieb genu¨gend Mauerwerk und Fu¨llmasse erhalten, um die Feststellung zu erlauben, daß ein Eingang nur in einiger Ho¨he am Bau gelegen haben kann. Dies wird an der Nordbastion von Limyra (Fig. 6) und am großen Turm von Tu¨se (Fig. 59. 61) besonders deutlich. Eine wertvolle Informationsquelle zu Gestalt und Aufbau lykischer Burgen und ihrer Befestigungskerne in klassischer Zeit bieten die bekannten Stadtdarstellungen dieser Periode. Auf den Reliefs von Tlos, Pinara und Limyra, die uns wohl am verla¨ßlichsten u¨ber die zeitgeno¨ssische Architektur und den Siedlungsaufbau informieren, dominieren hochaufragende Turmbauten die Gipfelbefestigungen30. Besonders deutlich wird dies am Relief von Limyra (Fig. 17) und an der unteren Darstellung an der NSeite der Vorhalle eines Grabes von Pinara (Abb. 175). An letzterer und dem an der linken Seite des Bildfeldes aus Tlos (Fig. 110) beWndlichen Turmbau lassen sich hochgelegene Einga¨nge in die Tu¨rme ablesen. Auf den Pinarareliefs tragen die Turmbauten Zinnen, wa¨hrend auf dem Flachdach des großen Turmes der limyra¨ischen Darstellung ein rechteckiger Aufsatz zu erkennen ist. Fenster oder Stockwerkeinteilungen sind in keinem Fall angegeben. Unterhalb eines turmartigen, in der Ausfu¨hrung den Kernbauten der Gipfelbefestigungen a¨hnlichen Bauwerkes, welches oberhalb der Nekropole 2 nahe Limyras gelegen ist, fand sich ein Werkstu¨ck, wahrscheinlich eine Zinnenabdeckplatte, ein mo¨glicher Hinweis fu¨r die Rekonstruktion einer oVenen Turmplattform31. Inwieweit dieser Befund Ru¨ckschlu¨sse auf in Burgen integrierte Turmbauten erlaubt, muß dahingestellt bleiben. 2) Die Befestigungsmauern und Tore der Burganlagen Die Außenmauern von Burganlagen, deren Baugrund einen orthogonalen Aufbau erlaubt, verlaufen mo¨glichst geradlinig, bilden rechte Winkel und sind ha¨uWg an der Basis als Terrassierung gestaltet. In den meisten Fa¨llen wurden die Burgmauern aber als Gela¨ndemauern konzipiert und folgen den optimale Verteidigbarkeit garantierenden Gratlinien. In der Regel trennen Baufugen die turmartigen Kernbauten von den an sie angesetzten, ha¨uWg in weniger qualita¨tvollem Mauerwerk ausgefu¨hrten Burgmauern. Die Wahl des Mauerstils und die Qualita¨t der Ausfu¨hrung ha¨ngt von der Ansichtigkeit eines Kurtinenabschnittes ab. An den der Siedlung abgewendeten Seiten einer Burg Wndet sich zumeist Bruchsteinmauerwerk, im Torbereich oder an anderen gut einsehbaren Stellen baute man besonders sorgfa¨ltig ausgefu¨hrte, stilistisch den Kernbauten verwandte Mauern. Aus der KurtinenXucht vorspringende Tu¨rme oder Bastionen lassen sich an den lykischen Burgen klassischer Zeit nur selten nachweisen. Bisweilen Wnden sich aber Mauerverspru¨nge, die wohl Flankenschutz bieten oder die Anna¨herung an die Befestigungslinie erleichternde Felsba¨nder sperren sollten32. 27 Ein Laibungsstein an der sonst zersto¨rten Westwand des o¨stlichen Turmes in Gu¨rses ko¨nnte zur Originalausstattung geho¨ren. Auch ein Schwellstein an der Ostseite von Turm A in Seyret du¨rfte in situ liegen. 28 Die durchschnittliche Ho¨he von Turmpforten im griechischen Festungsbau lag etwa bei 2, 00 – 2, 20 m, ihre Breite bei 0, 95 – 1,10 m, wodurch ein unkompliziertes Benu¨tzen der Mauerdurchla¨sse auch durch BewaVnete gewa¨hrleistet war. Dazu s. Lawrence, Aims 386. Zahlreiche Maße von Turmtu¨ren Wnden sich bei Konecny zusammengestellt: Konecny, Turmgeho¨fte 52 Anm. 1. 29 Die Pforte lag in mehr als einem Meter Ho¨he am Bau, war 1, 50 m hoch und 0, 70 m breit. Diese geringen
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Dimensionen sind wohl als Sicherheitsmaßnahme zu interpretieren, durch die ein Eindringen erschwert werden sollte. 30 Zu den Stadtdarstellungen und deren Informationswert bezu¨glich der Fragestellungen dieser Arbeit s. u. S. 155 ff. 31 Zu der Anlage oberhalb von Nekropole 2 s. Verf., ¨ OJh 63, 1994, 100 V. 32 So diente z. B. ein rechteckiger, bastionsartiger Vorsprung an der Su¨dXanke von Korba wahrscheinlich dazu, ein den Zugang an die Mauern erleichterndes Felsband zu sperren.
Lage und Anlage lykischer Siedlungen in klassischer Zeit
In Limyra im Oberburginneren an die Kurtinen geschobene Bauten du¨rften sich vielleicht als Bastionen oder Tu¨rme interpretieren lassen (Fig. 14. 15). Der Denkmalbestand bietet nur spa¨rliche Informationen zu Maueraufbau und Wehrga¨ngen, da sich keine Wehrmauer bis in entsprechende Ho¨he erhalten hat. Die Zinnen, Zinnenabdeckplatten und Epalxisabdeckplatten, die Wurster auf der Burg von Limyra auffand, ko¨nnen m. E. nicht mit Sicherheit der klassischen Phase zugeordnet werden (Abb. 45. 46)33. Von keiner anderen lykischen Ruinensta¨tte mit nachweisbar klassischen Befestigungen wurden zum Wehrgangsaufbau geho¨rige Werkstu¨cke bekannt34. Auch u¨ber die Mauerho¨hen la¨ßt sich keine Gewißheit erlangen, Burgmauern von u¨ber 6 m Ho¨he haben sich jedoch im Denkmalbestand erhalten. Tangentialtore fu¨hren vom Vorfeld in die in polygonalem Mauerwerk hochgezogenen Burganlagen von Korba (Fig. 56. 58) und Ko¨ybas¸ı (Fig. 80), denen keine befestigte Wohnsiedlung angeschlossen ist und die daher typologisch eine Zwischenform darstellen35. Wa¨hrend ersteres von einfachster Konzeption mit nur kurz u¨berlappenden Kurtinen und kaum zuru¨ckversetztem Torverschluß ist, weist das andere mit seinem mo¨glicher Weise als Zwinger gestalteten Torhof und einem vorgesetzten bastionsartigen Versprung der Kurtine einen komplexen Aufbau auf. Der axiale Zugang in die ebenfalls dem polygonalen Stil verpXichteten, als einfacher Mauerring konzipierten Burg von Isinda wies urspru¨nglich keinerlei Flankenschutz und eine sehr einfache Konstruktion auf, du¨rfte aber noch in klassischer Zeit durch einen Turm mit integrierter Zisterne versta¨rkt worden sein (Fig. 75. 76). Mo¨glicherweise verband eine an der Westseite der Akropolis von Xanthos in Ecklage beWndliche Poterne das Burgareal mit dem Vorfeld36. Zahlreiche Burgtore haben sich an den im trapezoidalen Mauerstil errichteten Anlagen erhalten. Sie liegen immer siedlungsseitig, so daß keine der Gipfelbefestigungen mit dem Vorfeld Verbindung gehabt haben du¨rfte. Zuga¨nge in kleinere Burgen sind in der Regel als einfache axiale Mauerdurchla¨sse ohne Flankenschutz angelegt, die ha¨uWg an relativ schwer zuga¨nglicher Stelle liegen37. Den westseitigen Zugang in die Burg von Tyberissos Xankiert ein sa¨gezahnartiger Mauerversprung (Fig. 52 Abb. 110). Bei der Konzeption der in gro¨ßere Burganlagen fu¨hrenden Tore, die bisweilen einen vergleichsweise komplizierten Aufbau aufweisen, wurde auf Flankenschutz geachtet. So beWndet sich das axiale Haupttor der Oberburg von Limyra im Schutz der hochaufragenden Su¨dbastion (Fig. 10. 18), wa¨hrend das Burgtor von Trysa an der Ru¨ckseite eines sackartigen Torhofes gelegen ist (Fig. 34), dessen Zugang ein halbrunder Turm Xankierte. In Anlagen trapezoidalen Stils fu¨hrende tangentiale Burgtore sind nicht bekannt geworden38. B. Die Ringmauern: Die Befestigung der Wohnsiedlung Die in Hanglage unterhalb der Burgen beWndlichen Wohnsiedlungen waren in der Regel von Befestigungsmauern geschu¨tzt. Diese an die hochgelegenen Burganlagen anschließenden Mauerzu¨ge waren in ihrem Verlauf so gut wie mo¨glich den topographischen Bedingungen angepaßt und umschlos-
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s. o. S. 49. Zu einer Epalxisabdeckplatte aus der Umgebung Limyras s. o. Anm. 31. 35 s. o. S. 133 Anm. 16. 36 Aus dem Grabungsbericht la¨ßt sich nicht mit Sicherheit entnehmen, ob diese Poterne der klassischen, polygonalen Phase oder den spa¨tantiken Umbauten zuzurechnen ist. Der Verfasser mo¨chte sich jedoch fu¨r eine spa¨te Entstehungszeit aussprechen und ha¨lt eine Interpretation des – heute stark verschu¨tteten und verwachsenen – Befundes als Entwa¨sserungskanal fu¨r denkbar. 37 Solche einfachen, in klassische Zeit datierbaren Mauerdurchla¨sse Wnden sich in Hoyran, Tyberissos und vielleicht in Gu¨rses, sind aber meistens im Zuge spa¨terer 34
Umbauten vera¨ndert worden, sodaß sich nur mehr Felsabarbeitungen von der a¨lteren Bausubstanz erhalten haben. Zahlreiche lykische Burgtore liegen an schwer zuga¨nglicher Stelle. Am ausgepra¨gtesten ist dies im Falle des Westtores der Burg von Tyberissos, das einen mehr als fu¨nf Meter hohen Steilabbruch u¨berragt und ohne Leiter oder andere Hilfskonstruktionen nicht benutzbar gewesen sein du¨rfte. Aber auch die anderen Zuga¨nge in Tyberissos oder das kleine Burgtor von Hoyran lassen sich nur u¨ber felsiges, steiles Gela¨nde erreichen. 38 Eines der drei Tore der Burg von Tyberissos liegt in einem sa¨gezahnartigen Versprung der Kurtinen und tangential zum Mauerverlauf, es du¨rfte sich aber konzeptuell um ein Tor in Ecklage handeln.
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Lage und Anlage lykischer Siedlungen in klassischer Zeit
sen bisweilen auch unbebautes Areal. Wenn im Gela¨nde klare Vorgaben zur Mauerfu¨hrung fehlten, legte man bisweilen Terrassierungsmauern an. Der Mauerstil der Ringmauern und die Qualita¨t der Ausfu¨hrung eines Mauerabschnittes a¨ndern sich der Ansichtigkeit entsprechend. An der Ru¨ckseite der Siedlungen und in einiger Entfernung von Zugangswegen und Toren Wndet sich in der Regel Bruchsteinmauerwerk (Abb. 95. 111. 121. 155). An der in den meisten Fa¨llen talseitig liegenden Hauptfront der Siedlungen, vor allem im Torbereich und an anderen fu¨r die Repra¨sentation wichtigen Teilabschnitten wurden qualita¨tvolle, stilgebundene Mauern hochgezogen. Ha¨uWg schließt stilverwandtes, aber nachla¨ssiger ausgefu¨hrtes Mauerwerk an solche Ab¨ bergang zu reinem Bruchsteingefu¨ge. schnitte an und ermo¨glicht einen gleitenden U Die Mauerringe sind in vielen Fa¨llen aus einzelnen, getrennt aufgefu¨hrten Abschnitten aufgebaut. So bilden an der Oberkante von Gela¨ndestufen hakenartig in das Burginnere knickende Mauerzu¨ge bisweilen bastionsartige Bauko¨rper, an die talseitig ein weiterer Befestigungsabschnitt ansetzt39. Der additive Charakter klassisch lykischer Befestigungsarchitektur la¨ßt sich folglich auch an der strukturellen Konzeption der Mauerringe ablesen. Zuga¨nge in Hangsiedlungen, deren Hauptseite in regelma¨ßigem, keine akzentuierten Ho¨henunterschiede aufweisendem Gela¨nde beWndlich ist, wurden ha¨uWg am a¨ußersten Ende der Kurtinen in Ecklage angelegt40. In bewegtem und felsigem Gela¨nde Wnden sich Tore gerne in Sattellage (Fig. 47)41. Das tangentiale Haupttor von Xanthos beWndet sich etwa mittig an der Su¨dfront in Hanglage (Fig. 81); ein zweites, nur aufgrund eines wiederverwendeten Laibungssteines rekonstruierbares Tor in Limyra du¨rfte etwa mittig an der Hauptseite der Siedlung gelegen haben. Auf dem Xachen Hu¨gelru¨cken von Isinda beWndet sich das in einen hofartigen Mauerru¨cksprung zuru¨ckgenommene Haupttor in Hanglage (Fig. 75). Es haben sich nur wenige mit einiger Sicherheit einem klassischen Baukonzept zuweisbare Nebentore oder Poternen im Denkmalbestand erhalten. In Limyra ko¨nnte ein Zugang im Schutz von Westturm 5 gelegen haben (Fig. 20); ein weiterer mag an der OstXanke nahe dem Su¨dosteck zu rekonstruieren sein, der unklare Befund erlaubt jedoch keine Sicherheit in dieser Frage zu gewinnen. Ein in Hoyran nahe der Burg beWndliches Nebentor ist in Mo¨rtelbruchsteinbauweise errichtet und du¨rfte in klassischer Zeit noch nicht bestanden haben. In Seyret ko¨nnte, wie der Mauerbefund und ein vorfeldseitiges Felsgrab anzunehmen erlauben, unterhalb von Turm A ein Nebeneingang bestanden haben (Fig. 79). In Xanthos konnte wa¨hrend der Kampagne 1995 ein im Westbereich der Niederlassung beWndliches Nebentor grabungsarcha¨ologisch nachgewiesen und in die klassische Periode datiert werden. Aus der KurtinenXucht vorspringende Tu¨rme oder Bastionen Wnden sich an klassischen Mauerringen nur selten. Mehrere langrechteckige, die Befestigungslinie versta¨rkende Bauko¨rper liegen an der Hauptseite der fru¨hklassischen Vorga¨ngersiedlung von Telmesssos (Hızırlık). An der NordXanke von Xanthos, nahe dem Nordosttor, springen zwei kleine rechteckige Tu¨rme aus der KurtinenXucht vor (Fig. 81. 86. 87 Abb. 165). In Xanthos Wnden sich in diesem Kurtinenbereich auch ein Rundturm und ein U-fo¨rmiger Turm, die jedoch in hellenistischer Zeit entstanden sein du¨rften (Fig. 89). Tore werden ha¨uWg von Bastionen oder Tu¨rmen Xankiert (Fig. 21. 38. 78). Bisweilen weist die Mauerfu¨hrung aber auch nur einfache Verspru¨nge auf, in deren Schutz Zuga¨nge liegen ko¨nnen. Immer wieder Wnden sich lange, den Gela¨ndegegebenheiten angepaßte Mauerabschnitte, bei deren Errichtung auf besondere Flankierungsmaßnahmen verzichtet wurde. In Limyra an der Innenseite der Kurtinen der Ringmauer gelegene rechteckige Bauko¨rper ko¨nnten als bastionsartige Kampfplattformen gedient haben. 39
Dieses Pha¨nomen la¨ßt sich an der OstXanke Li¨ bergang von Mittel- zu Unterburg, in Hoymyras am U ran im Bereich des oberhalb der Torsenke gelegenen Mauerru¨cksprunges, in Korba an der WestXanke und in Trysa – in gro¨ßerem Maßstab – im Bereich der Ostbastion beobachten. 40 Diese Lo¨sung Wndet sich in Limyra am Su¨dtor,
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mo¨glicherweise in Myra, in Trysa am Haupt- und dem Su¨dosttor, in Bayındır Limanı und am Nordosttor von Xanthos. Die Ecklage von Toren war auch in der griechischen Wehrarchitektur weit verbreitet. s. Lawrence, Aims 304. 41 Das Haupttor von Hoyran und beide Tore von Pinara liegen in einem Sattel.
Lage und Anlage lykischer Siedlungen in klassischer Zeit
C. Die Wasserversorgung Wa¨hrend manche Regionen Lykiens, vor allem das Xanthostal und das o¨stlich anschließende Bergland, einigermaßen wasserreich sind, weisen andere Gebiete, darunter das o¨stliche Zentrallykien und die Gebirgslandschaften Ostlykiens eine schwierigere hydrographische Situation auf 42. Das Entstehen zahlreicher Siedlungen du¨rfte naturgema¨ß auf das Vorhandensein von Quellen zuru¨ckzufu¨hren sein, in benachteiligten Gebieten mußte man jedoch auf natu¨rliche Fließwasservorkommen verzichten und sich auf eine entwickelte Brunnen- und Zisternenwirtschaft stu¨tzen43. Da die befestigten Siedlungen Lykiens aufgrund ihrer topographischen Lage auf Kuppen und Gela¨ndegraten zumeist keine Quellen in das ummauerte Areal einbeziehen konnten und auch die Einrichtung von Brunnenanlagen im Siedlungsinneren in den wenigsten Fa¨llen mo¨glich gewesen sein du¨rfte, war man in Krisenzeiten ungeachtet des speziWschen Wasserreichtumes der Umgebung bezu¨glich der Wasserversorgung auf die Anlage von Speichern angewiesen. Vor allem innerhalb der vorrangig auf verteidigungstechnische Belange orientierten Burganlagen war es unabdingbar, fu¨r Trinkwasserreserven Vorsorge zu treVen, um einer Belagerung standhalten zu ko¨nnen. Man sah sich also zur Errichtung von Zisternen von großem Fassungsvermo¨gen gezwungen. Die Zisternen Es lassen sich grundsa¨tzlich zwei Zisternentypen unterscheiden: In den Felsen geschlagene und aufgemauerte Wasserspeicher. Beide Varianten sowie Mischformen sind in Lykien mit zahlreichen Beispielen belegt. Im Wohnbereich der Siedlungen Wnden sich zumeist in den Felsen geschlagene, birnen- bzw. Xaschenfo¨rmige Zisternen, die in der Regel zwecks Abdichtens verputzt werden mußten44. Die a¨lteste datierte lykische Zisterne diesen Typs war vom Geba¨udeinneren des wohl im fru¨hen 4. Jh. v. Chr. errichteten Terrassenhauses A in Trysa zu bedienen45. Weiters Wnden sich insbesondere im Bereich der Burganlagen ha¨uWg großXa¨chige, im Grundriß einem Rechteck angena¨herte Zisternen, an denen sich ¨ berdachung erhalten hat. In spa¨tere Phasen der lykischen Siedlungsgeschichte, kein Hinweis auf U zumeist wahrscheinlich in die Kaiserzeit, geho¨ren Xach gedeckte oder u¨berwo¨lbte Wasserspeicher, wie sie sich innerhalb gro¨ßerer Siedlungen ha¨uWg Wnden. Diese waren bisweilen derart großXa¨chig, daß ihre ¨ berdachung von Stu¨tzenreihen getragen werden mußte und sie zur Substruktion o¨Ventlicher Geba¨ude U oder von Platzanlagen genutzt werden konnten46. Daru¨ber hinaus darf man annehmen, daß zur Versorgung einzelner Wohneinheiten auch Regenwasser in entsprechenden Gefa¨ßen gesammelt wurde47. Im Bereich zahlreicher lykischer Burgen Wnden sich großXa¨chige, aufgemauerte Zisternen. Diese ko¨nnen auf unverbautem Gela¨nde innerhalb der Burgmauern liegen, außen an die Burganlagen angeschoben oder in gebaute Befestigungsarchitektur integriert sein. Im ersten Fall sind die Wasserspeicher im Grundriß zumeist ungefa¨hr rechteckig oder oval (Faltplan 3 Fig. 29. 37. 82). Der Boden und die hangseitigen Wa¨nde bildet der anstehende Fels, 42
Zur hydrographischen Situation im o¨stlichen Zentrallykien und der Wiederverwendung antiker Wasserspeicher durch die moderne Bevo¨lkerung s. V. Ho¨hfeld, IstMitt 41, 1991, 252; ders., Lykische Studien 1, 154 V. 43 Man geht wohl in der Annahme nicht Fehl, daß das fu¨r landwirtschaftliche Zwecke beno¨tigte Nutzwasser, wie es auch heute noch geschieht, schon in der Antike durch die Einrichtung großXa¨chiger, oVener Sickerbrunnen und Zisternen in den Ebenen gesammelt wurde. Nahe der Niederlassung am Avs¸ar Tepesi hat sich ein Mauerzug erhalten, der mo¨glicherweise als Talsperre zu interpretieren sein ko¨nnte. Im Bereich von antiken Siedlungen Wnden sich ha¨uWg aus dem Felsen geschlagene oder gebaute Zisternen, welche die Trinkwasserversorgung der Einwohnerschaft sicherstellen konnten.
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H. J. Kienast in: Diskussionen zur archa¨ologischen Bauforschung 3, 1978, 114 f.; R. To¨lle-Kastenbein, Antike Wasserkultur (1990) 109 f. 45 Der birnen- oder Xaschenfo¨rmige Zisternentyp la¨ßt sich seit dem fru¨hen 2. Jahrtausend nachweisen. S. W. Brinker, Leichtweiss-Institut fu¨r Wasserbau der Technischen Universita¨t Braunschweig, Mitteilungen 103, 1989, 253. 46 Beispiele aus Lykien s. Borchhardt in: Myra 66 Abb. 13. Taf. 34. Allgemein zum griechischen Raum s. To¨lle-Kastenbein a. O. 111 f. 47 To¨lle-Kastenbein a. O. 107. Beispiele aus Olynth: W. Ho¨pfner – E. L. Schwandner, Haus und Stadt im klassischen Griechenland, Wohnen in klassischer Polis I (1986) 57 Abb. 44.
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wa¨hrend talseitig in vielen Fa¨llen aufgemauert werden mußte. Fels und Mauerwerk sind mit mehreren Schichten meist stark ziegelhaltigen hydraulischen Mo¨rtels abgedichtet. Bisweilen wurden auch mehrere Schalen aus Mo¨rtelbruchsteinmauerwerk an die Innenwa¨nde angeschoben. Varianten diesen Typs konnten außerhalb der eigentlichen Burgbefestigung, an diese angeschoben zu liegen kommen48: Aufgrund der großen Mauersta¨rke waren solche Bauten dann wohl in das Verteidigungssystem integriert und konnten als Bastion genutzt werden (Fig. 34. 75). Der Inhalt solch großXa¨chiger Zisternen mußte vor Verschmutzen durch Staub und vor Sonneneinstrahlung geschu¨tzt werden. Wie dies bewerkstelligt wurde, ist jedoch nicht bekannt49. Man mo¨chte am ehesten an eine Abdeckung aus verga¨nglichem Material, vielleicht Holz, denken50. Bei den bisweilen bedeutenden zu u¨berbru¨ckenden Spannweiten bedurfte es wohl eines Stu¨tzensystems. Auf das einstige Vorhandensein eines solchen haben sich jedoch in keinem Fall Hinweise erhalten. Diese großXa¨chigen oVenen Zisternen lassen sich nur schlecht datieren51. Zumeist spricht jedoch ihr architektonisches Verha¨ltnis zur klassischen Gesamtanlage fu¨r Gleichzeitigkeit. Da zudem schon im prima¨ren Konzept der Burganlagen Zisternen vorgesehen gewesen sein du¨rften, mag der Schluß legitim sein, die Ausfu¨hrung der oben besprochenen Wasserspeicher in die erste Phase der Gipfelbefestigungen zu datieren. Es Wnden sich auch in die Befestigungsarchitektur integrierte Zisternen im klassischen Baubestand lykischer Burganlagen. Diese ko¨nnen im turmartigen Kernbau (Bu¨yu¨k Avs¸ar, Fig. 67) oder in Nebenra¨umen (Tu¨se, Fig. 59) eingerichtet sein, es wurden aber auch Rundtu¨rme (Trysa: Fig. 34; Isinda: Fig. 75) zu Wasserspeichern ausgebaut52. III. Freistehende Burganlagen, kleine Herrensitze und la¨ndliche Siedlungsformen Neben den befestigten und von GipfelfortiWkationen u¨berragten Siedlungen Wnden sich in Lykien freistehende Burganlagen und im folgenden als Herrensitze bezeichnete, kleinere verteidigbare Baukomplexe, die ha¨uWg ebenfalls einen turmartigen Kernbau als Grundform aufweisen und wohl Mitgliedern einer landbesitzenden Lokalaristokratie als Wohnsitz dienten53. Zwischen diesen Kategorien ¨ berga¨nge Xießend, so daß jegliche Zuweisung an die eine oder andere Gruppe einigermaßen sind die U willku¨rlich sein muß. Bei allen diesen Anlagen du¨rfte es sich um ein verwandtes Pha¨nomen handeln, um den baulichen Ausdruck eines sozialen Gefu¨ges, dessen Aufbau uns jedoch beim heutigen Forschungsstand nur andeutungsweise nachvollziehbar ist54. Eine Aufteilung in Gruppen erscheint insofern sinnvoll, als sich in der unterschiedlichen Gro¨ße und Qualita¨t dieser Anlagen eine soziale und politische Hierarchie widerzuspiegeln scheint. Die in diesem Kontext naheliegende Frage nach dem Vorkommen und der Form von klassischlykischen Festungsbauten von vorwiegend milita¨rischem Charakter, muß beim heutigen Forschungsstand unbeantwortet bleiben55. In diese Kategorie geho¨rten etwa Grenzfestungen oder Phrouria, die 48
Zu diesem Typ geho¨ren die rechteckige Zisterne an der Nordseite der Burg von Myra und vielleicht auch eine im Bogen verlaufende Steinsetzung an der NordwestXanke der Burg von Avs¸ar Tepesi. 49 Brinker a. O. 257. Sonneneinstrahlung fo¨rdert die Algenbildung und die Verdunstung. 50 Brinker a. O. 258, bezweifelt die Verwendbarkeit ho¨lzerner Abdeckung im Zisternenbau. Ob jene die große Zisterne auf der Oberburg von Limyra Xankierenden Blo¨kke mit ihren rechteckigen Balkeneinlassungen auf das Vorhandensein eines Sonnensegels schließen lassen, und ob eine solche Lo¨sung u¨berhaupt praktikabel gewesen sein ko¨nnte, muß oVen bleiben. 51 Das Mauerwerk, welches die Zisterne auf der Burg von Trysa talseitig beschließt, wurde aus auf einem Mo¨rtelbruchsteinfundament versetzten, trapezoidal geschnittenen Blo¨cken errichtet, wie sie auch sonst die klassische Anlage
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bestimmen. 52 Als Zisternen genutzte Rundtu¨rme haben sich in Trysa, Isinda und vielleicht auch in Hoyran erhalten. 53 Es schien erwa¨genswert, die Bezeichnung ‘Herrensitze’, durch welche Vorstellungen einer wage bestimmten Gesellschaftsordnung wachgerufen werden, vorla¨uWg auszuklammern und stattdessen von kleinen Burgen zu sprechen. Die betreVenden, aus repra¨sentativen Wohn- und Nutzbauten zusammengesetzten Anlagen waren zwar beschra¨nkt verteidigbar und ko¨nnen auch auf formaler Ebene eine nahe Verwandtschaft mit zeitgeno¨ssischen Gipfelbefestigungen nicht verleugnen, der dem BegriV ‘Burg’ innewohnenden Vorstellung einer bestimmten Gro¨ßenordnung entsprechen sie jedoch zumeist nicht. 54 Zur Gesellschaftsordnung s. u. S. 171 f. 55 Einige der im Umland von Kyaneai entdeckten Anlagen wurden vorla¨uWg als Festungen interpretiert,
Lage und Anlage lykischer Siedlungen in klassischer Zeit
einer Garnison Raum bieten konnten und deren Anlage auf strategische Konzepte im Sinne einer zentral organisierten Landesverteidigung zuru¨ckzufu¨hren wa¨re. Die bis heute bekannt gewordenen, befestigten Anlagen klassischer Zeit du¨rften jedoch m. E. wohnbauliche Funktion gehabt und vorrangig der Eigensicherung gedient haben56. Derartige Schutz- und Trutzbauten symbolisierten wohl die Macht- und Besitzanspru¨che ihrer Bauherren und waren insofern auch Herrschaftsmittel. Die im polygonalen Stil erbauten, kompakten Anlagen von Korba (Fig. 56) und Ko¨ybas¸ı (Fig. 80) waren schon in die Betrachtungen zu den Gipfelbefestigungen ummauerter Siedlungen einbezogen worden, geho¨ren aber wahrscheinlich in die Kategorie freistehender Burgen57. Das Fehlen eines eigens ummauerten Wohnareals la¨ßt den Schluß zu, daß diese mit repra¨sentativen Gra¨bern vergesellschafteten Anlagen fu¨hrenden Perso¨nlichkeiten als Wohnsitz dienten. Es du¨rfte sich um eine entwicklungstypologische Seitenlinie der befestigten Siedlung handeln, denen sie in Ausdehnung und Qualita¨t des Mauerwerks na¨her stehen als kleinen, freistehenden Herrensitzen. Die typische, aus orthogonalem Befestigungskern sowie a¨ußerem Mauerring bestehende Grundform der in trapezoidalem Mauerstil errichteten und befestigte Siedlungen u¨berragenden Burgen wurde auch freistehend, in kleinerem Maßstab und in wenig qualita¨tvollem Mauerwerk ausgefu¨hrt58. Die Zuweisung solcher Anlagen ohne einer ummauerten Wohnsiedlung an die Kategorie Burg oder Herrensitz bleibt letztlich dem Bearbeiter u¨berlassen. Bei geringer Gro¨ße und/oder geringer Qualita¨t der Ausfu¨hrung wa¨re es m. E. legitim, vorla¨uWg von Herrensitzen zu sprechen59. Herrensitze sind aus der Umgebung Limyras bekannt geworden, wobei die am Ausgang des Alakır-C¸ay-Tales nahe Limyras gelegene Anlage vom Koruca-Tepe diesen Typus mit seinen Nebenbauten am klarsten widerspiegelt60. Sie besteht aus einem typologisch der Nordbastion von Limyra verwandten, la¨nglich-rechteckigen und als Terrasse konzipierten Hauptbau (Fig. 107. 108), der wohl Turmcharakter hatte, einer nahegelegenen Bruchsteinterrasse, landwirtschaftlichen Nebenbauten sowie einem vielleicht dazugeho¨rigen Felsgrab. Ein im Aufbau a¨hnlicher, jedoch sta¨rker befestigter, aus einem turmartigen Kernbau, einer großen Bruchsteinterrasse, Umfassungsmauer und Nutzbauten bestehender Komplex liegt oberhalb von Nekropole 2 nahe Limyras (Fig. 105. 106). Die von Wurster publizierte befestigte Anlage von Sura mit ihrem regelma¨ßigen Grundriß, ¨ berwelcher sich aus symmetrisch auf einen Korridor mu¨ndenden Ra¨umen aufbaut, muß aus diesen U legungen ausgeklammert werden, da sie m. E. aufgrund ihres Mauerstiles in hellenistische Zeit zu datieren sein du¨rfte (Fig. 109 Abb. 186. 187)61. Aus der Umgebung Kyaneais sei neben der im Aufbau kanonischen Burg von Bu¨yu¨k C¸erler eine 1993 auf dem Kale-Tepesi im Westen des Zentralortes entdeckte befestigte Anlage hervorgehoben.
die mo¨glicherweise Territorialgrenzen verteidigen sollten. Diese Interpretation der Befunde wird von F. Kolb vertreten. s. F. Kolb, AW Sondernummer (1989) 60 V. Hier gilt es wohl den Abschluß des Surveyprogramms und eine monographische Bearbeitung abzuwarten. Zur ¨ Jh 63, 1994, Problematik der Kleinstfestungen s. Verf., O 95 V. bes. 113 f. 56 Zu Eigensicherung und Landessicherung s. H. Lohmann in: MWPr 1988, 63 V. Die Plazierung befestigter ¨ berAnlagen mag auch von u¨bergeordneten strategischen U legungen bestimmt worden sein, ihre zumeist augenfa¨llige Ausrichtung auf Fruchtkammern spricht jedoch gegen eine große Gewichtung des milita¨rischen Standpunktes bei der Wahl des Baugela¨ndes. 57 s. o. S. 133 Anm. 16 und S. 140 Anm. 53. 58 Als beispielhaft mag die Burg von Bu¨yu¨k C¸erler angefu¨hrt werden (Fig. 101). s. M. Miller, Lykische Studien 1, 59 V. 59 Auch die hier als befestigte Siedlung angesprochene
Anlage von Bu¨yu¨k Avs¸ar mit ihrer Gesamterstreckung von etwa 100 m und ihrer kleinen, fast nur auf einen Turmbau reduzierten Burg kann von der GesamtXa¨che her als Grenzfall zum Herrensitz verstanden werden (Fig. 65). 60 ¨ Jh 63, 1994, 107 V. Verf., O 61 s. W. Wurster in: Bericht u¨ber die 29. Tagung fu¨r Ausgrabungswissenschaft und Bauforschung (1976) 22. Die Zweckbestimmung dieses in Lykien typologisch einzigartigen Baus bedu¨rfte noch der Kla¨rung, die bautechnische und stilistische Verwandschaft des Mauerwerks mit hellenistischen Turmgeho¨ften der Region erlaubt es vielleicht, an einen Schutzbau jener do¨rXichen Gemeinde zu denken, deren bauliche Reste sich in der na¨heren Umgebung erhalten haben. Der wohl einst auf derselben Kuppe beWndliche Vorga¨ngerbau, von dessen einstiger Existenz noch qualita¨tvolle, klassische Grabbauten zeugen, wurde wahrscheinlich bei umfangreichen Nivellierungsarbeiten zur Ga¨nze zersto¨rt. Zu einem nahegelegenen Turmgeho¨ft s. Konecny, Turmgeho¨fte 26 V.
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Diese besteht aus einem an ho¨chster Stelle errichteten, la¨nglich-rechteckigen Kernbau, mehreren agglutinierend um Ho¨fe gruppierten Nebenbauten und diese verbindenden Mauern62. Die von J.-P. Adam beschriebene, bei Pydna, nahe Xanthos gelegene Anlage von Bu¨kcez besteht aus zwei in qualita¨tvollem trapezoidalen Mauerwerk errichteten, wohl als Tu¨rme zu rekonstruierenden Kernbauten, die an den Schmalseiten einer Bruchsteinterrasse gelegen sind (Fig. 102)63. Aufgrund ihrer Lage auf einem Xachen, nur wenig aus der Schwemmebene ragenden Felsru¨cken im Mu¨ndungsgebiet des Esenc¸ay sind wohl mo¨gliche Nebenbauten unter Ablagerungen begraben. Die typologische Verwandtschaft dieser doppeltu¨rmigen Anlage mit zeitgeno¨ssischen Burganlagen, wie beispielsweise Gu¨rses (Fig. 29), la¨ßt sich nicht von der Hand weisen. Auf einer den Westhang des Xanthostales u¨berragenden Kuppe beWndet sich ein wohl ebenfalls in die Kategorie Herrensitz geho¨riger Baukomplex (Fig. 103. 104). Die im Grundriß kompakte, wohl als Wohnturm unregelma¨ßigen Grundrisses mit Nebenbauten zu deWnierende Anlage weist zwei gesicherte vorhellenistische Bauphasen auf. Ausweislich qualita¨tvoller Keramik, die vor Ort aufgesammelt werden konnte, du¨rfte sie von spa¨tarchaischer bis mindestens in hellenistische Zeit genutzt worden sein64. Weitere, im Aufbau mit den oben beschriebenen Herrensitzen entfernt verwandte, jedoch kleinerXa¨chige Anlagen wurden im Zuge des Kyaneaisurveys entdeckt65. Ebenfalls in klassische Zeit du¨rften aus Bruchsteinen hochgezogene, als Terrassen an den Hang gesetzte Bauten datieren, die sich in Zentrallykien allenthalben Wnden66. Vom Kyaneaisurvey wurden auch klassische Geho¨fte und agglutinierende la¨ndliche Siedlungen bekannt, deren Aufbau und Typologie jedoch noch nicht ausreichend ¨ berlegungen einbezogen zu werden. untersucht wurden, um in diese U Die hier als Herrensitze bezeichneten Anlagen weisen eine auffa¨llige Verwandtschaft mit den Burganlagen klassischer Zeit auf. Die Befestigungskerne der Burgen Wnden sich an diesen kleineren Bauten wieder und sind ha¨uWg in vergleichbar hochwertigem Mauerwerk hochgezogen. Auch ein komplexer Aufbau, z. B. die Verdoppelung der an die Schmalseiten gesetzten Turmbauten, Wndet sich an Anlagen beider Kategorien. Außerdem scheint sich – parallel zu der Entwicklung der Burganlagen befestigter Siedlungen – auch bei den Herrensitzen eine Formalisierung abzuzeichnen, durch die sich die agglutinierenden, dem polygonalen Stil verpXichteten Bauten von den konsequenter aufgebauten, in trapezoidalem Mauerwerk errichteten und daher wohl spa¨teren Anlagen absetzen. Diese sich in Entwicklung, Aufbau und Ausfu¨hrung ausdru¨ckende Verwandtschaft zwischen den befestigte Siedlungen u¨berragenden Burganlagen sowie den freistehenden Burgen und Herrensitzen reduziert die architektonischen Unterschiede zwischen diesen Kategorien vornehmlich auf eine Frage der Gro¨ßenordnung.
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Zur Burg von B. C¸erler s. o. Anm. 58. Mit der Untersuchung der Anlage am Kale Tepesi wurde 1994 begonnen, einen Vorbericht s. F. Kolb in: XIII. AST (im Druck). 63 s. Adam, Architecture 120 Abb. 81. 64 Eine Publikation durch J. des Courtils (Bordeaux) und den Verf. ist in Vorbereitung. 65 Es handelt sich zumeist um agglutinierende, bis-
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weilen um einen wahrscheinlich turmartigen Baukern aufgebaute Anlagen. Dazu s. M. Miller, IstMitt 41, 1991, 221 V. 66 Keiner dieser Hangbauten wurde bis jetzt publiziert. Zwei derartige Anlagen wurden jedoch im Sommer 1991 nahe Tu¨se von Tu¨binger Forschern entdeckt und aufgenommen, mit ihrer Vero¨Ventlichung im Rahmen eines Vorberichtes kann in na¨chster Zeit gerechnet werden.
Einzelbauformen I. Wehrmauern, Kurtinen und Wehrgangsaufbauten Ungeachtet des guten Erhaltungszustandes zahlreicher lykischer Befestigungen der klassischen Zeit steht kein Befestigungsabschnitt bis an die Mauerkrone an. Aus diesem Grund ist es nicht mo¨glich, gesicherte Angaben u¨ber die einstige Ho¨he der FortiWkationen zu machen. Ga¨nzlich in Stein ausgefu¨hrte Mauern von bis zu sechs Meter Ho¨he haben sich jedoch an einigen Orten erhalten67. Bedeutend gro¨ßere Werte sind fu¨r diese fru¨he Zeit auch nicht zu erwarten68. Aufga¨nge zu den Wehrga¨ngen haben sich nur an einer einzigen klassischen Anlage Lykiens erhalten: An der NordwestXanke der Vorga¨ngersiedlung von Telmessos (Hızırlık) springt die fu¨r klassisch-lykische Verha¨ltnisse ungewo¨hnlich starke Kurtine an der Innenseite auf einige Meter La¨nge zuru¨ck69. Die Schmalseiten dieses Ru¨cksprunges sind als gegenla¨uWge, enge Treppen gestaltet, die wohl einst auf den Wehrgang fu¨hrten. Das seltene Vorkommen solcher Aufga¨nge im Denkmalbestand la¨ßt sich wohl nicht nur auf die Zufa¨lligkeit der Erhaltung zuru¨ckfu¨hren, sondern du¨rfte ein Indiz fu¨r die verbreitete Verwendung von Holztreppen bieten70. Es haben sich an klassisch-lykischen Befestigungen keine Wehrgangsaufbauten in situ erhalten. Es u¨berrascht aber, daß sich auch am Fuß von mit Sicherheit der klassischen Zeit zuordenbaren Mauern keine zu diesen geho¨rige Werkstu¨cke gefunden haben71. Neben den von Wurster in Limyra entdeckten, monolith-spitzbogigen Zinnen, den Zinnenabdeckplatten sowie Epalxisabdeckplatten, deren zeitliche Zuweisung – wie oben ausgefu¨hrt – problematisch ist, wurde nur eine Abdeckplatte vom Herrensitz oberhalb der Nekropole 2 von Limyra bekannt (Abb. 45. 46)72. Das Vorkommen von Zinnen wird durch die klassischen Stadtdarstellungen u¨berliefert. Da die dort dargestellte, spitzbogige Zinnenform, soweit dies sich heute beurteilen la¨ßt, im griechischen Raum nicht verbreitet war, kann sie auch nicht als ReXex griechischer Musterbu¨cher oder Vorlagen, sondern wohl nur als Wiedergabe zeitgeno¨ssischlykischer Architektur verstanden werden. Dies erlaubt den Schluß, daß entweder die Werkstu¨cke der Wehrgangsaufbauten lykischer Burgen, welche nicht Steinra¨ubern in die Ha¨nde Welen, im steilen und stark u¨berwachsenen Gela¨nde verschollen sind oder daß – was angesichts der hochentwickelten lykischen Steinarchitektur weniger Wahrscheinlichkeit hat – die Aufbauten aus verga¨nglichem Material, also wohl Lehmziegeln, errichtet worden waren73.
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Die Kurtinen des Torhofes der Burg von Trysa haben sich in einer Ho¨he von 6 m, ein Mauerabschnitt in Pinara in einer Ho¨he von 5 m erhalten. Auch die Kurtinen der 1992 entdeckten Siedlung auf dem Avs¸ar Tepesi stehen in mehr als 5 m Ho¨he an. 68 Einige der erhaltenen klassischen Kurtinenabschnitte in Griechenland weisen – inklusive Bru¨stung und Zinnen – Ho¨hen von 7, 00 bis 9, 00 m auf. s. Winter, 134 Anm. 32. Zu Mauerho¨hen auch Lawrence, Aims 345. 69 Diese Anlage ist noch nicht publiziert. Ich bin K. Buschmann fu¨r die Erlaubnis, diesen Befund hier zu erwa¨hnen zu Dank verpXichtet. Einen Vorbericht s. K. Buschmann in: X. AST (1992) 429–437 bes. Abb. 1. 70 Ho¨lzerne Leitern du¨rften die urspru¨ngliche Einrichtung zum Erreichen der Wehrga¨nge gewesen sein. Steinerne Treppen verbreiten sich im vierten Jahrhundert, aber auch in hellenistischer Zeit werden noch Leitern gebraucht. Dazu s. Winter, FortiWcations 149. Lawrence geht davon aus, daß die Zuga¨nge von Steinkurtinen aus dem gleichen WerkstoV errichtet worden sein du¨rften, wa¨hrend Holztreppen nur in Verbindung mit Lehmziegelmauern gebaut
worden wa¨ren. s. Lawrence, Aims 346. 71 In diesem Sinn auch W. Wurster, AA 1976, 26. 72 Zu den Werkstu¨cken aus Limyra s. o. S. 49 mit Anm. 37. Die Anlage oberhalb von Nekropole 2 du¨rfte aufgrund der Steintechnik und des Gesamtaufbaus in klassische Zeit zu datieren sein. Da sich keine positiven Hinweise auf spa¨tere Umbauten feststellen ließen, kann man davon ausgehen, daß die Deckplatte der prima¨ren Anlage zugeho¨rig war. 73 Wehrgangsaufbauten aus Lehmziegeln wurden im griechischen Raum vielenorts bis in das spa¨te 4. Jh. v. Chr. gebaut, in fru¨heren Zeiten du¨rften sie teilweise auch aus Holz oder aus mit Lehm verfestigtem RutengeXecht bestanden haben. s. Winter, FortiWcations 138 Anm. 42. 43; Lawrence, Aims 345 f. Lawrence schla¨gt vor, die lykische Zinnenform von ho¨lzernen Vorbildern abzuleiten. s. Lawrence, Aims 358. Zu den Langen Mauern in Athen s. Maier I 48 V.; Maier II 77 V.; L. D. Caskey, AJA 14, 1910, 298 V. Zu Zinnen in der klassischen Wehrarchitektur des griechischen Raumes s. o. S. 50 mit Anm. 40.
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Lage und Anlage lykischer Siedlungen in klassischer Zeit
In Torna¨he kommen bisweilen stark verbreiterte Mauerabschnitte vor, die eine Massierung von Verteidigern an diesen gefa¨hrdeten Stellen erlauben sollten74. Von dieser Maßnahme sind vor allem die außen liegenden Mauerschenkel von Tangentialtoren betroVen. Beispiele haben sich in Xanthos (Fig. 85), Korba (Fig. 56) und Ko¨ybas¸ı (Fig. 80 Abb. 160) erhalten. Aber auch die feldseitig gelegene Kurtine des in Ecklage beWndlichen Su¨dosttores von Trysa ko¨nnte verbreitert gewesen sein (Fig. 39). II. Tu¨rme, Bastionen und Xankierende Mauerabschnitte Ebenso wie sich kein Mauerabschnitt einer klassisch-lykischen Befestigung bis an die Mauerkrone erhalten hat, steht auch kein aus der MauerXucht vorspringender, einer Kurtine zugeordneter, turmartiger Bauko¨rper in voller Ho¨he an75. Dementsprechend lassen sich im Denkmalbestand die Kurtinen u¨berragende, „richtige“ Tu¨rme nicht nachweisen76. Hinweise auf deren Vorkommen Wnden sich jedoch auf den lykischen Stadtdarstellungen. Einige dieser Reliefs geben den Aufbau zeitgeno¨ssisch-lykischer Siedlungen in ra¨umlichem Kontext wieder, wa¨hrend andere in mehr oder weniger plakativer Weise das Siedlungsbild auf eine Abfolge von Tu¨rmen und Kurtinenabschnitten reduzieren77. Bei der Bewertung letzterer als Zeugnis fu¨r zeitgeno¨ssische Bauformen der Region sollte aufgrund ihres piktogrammartigen Charakters mit Zuru¨ckhaltung vorgegangen werden. Unsere Fragestellung betreVend wird die bezu¨glich der Realita¨tsna¨he und Detailtreue dieser Reliefs bestehende Skepsis noch durch den Umstand gena¨hrt, daß zwar auf den genannten Stadtdarstellungen dichtgestellte Tu¨rme die Befestigungslinie versta¨rken, im Denkmalbestand Lykiens jedoch derartige Maßnahmen nur ausnahmsweise nachweisbar sind78. Die Frage, ob es sich bei den aus der KurtinenXucht vorspringenden und an der Basis verfu¨llten Bauko¨rpern klassisch-lykischer Befestigungen um ‘richtige’ Tu¨rme oder vielmehr um Bastionen gehandelt haben mag, la¨ßt sich aus dem Denkmalbestand nicht beantworten79. Da jedoch zum Zeitpunkt ihrer Errichtung der Bau von Tu¨rmen in der orientalischen wie auch in der griechischen Befestigungsarchitektur auf eine lange Tradition zuru¨ckblicken konnte, erscheint eine Rekonstruktion dieser Bauko¨rper als die Kurtinen u¨berragende Tu¨rme durchaus plausibel80. In diesem Fall du¨rfte sich eine Turmkammer in Laufgangho¨he befunden haben, u¨ber welcher vielleicht noch eine oVene Kampfplattform gelegen haben ko¨nnte81. 74
Allgemeine Bemerkungen zur Verbreiterung von Kurtinen s. Lawrence, Aims 362 V. Den im Torbereich verbreiterten lykischen Kurtinen sind die am archaischen Mauerring von Samos nachweisbaren Lo¨sungen nahe verwandt. Dazu s. Kienast, Samos 41. Ein Abwinkeln und Verbreitern der Kurtinen Wndet sich an einem su¨dseitigen Nebentor von Neandria. s. R. Koldewey, Neandria, BWPr 1891, 9 Abb. 8. Auch ein in das 5. Jh. v. Chr. datiertes Tangentialtor, welches ku¨rzlich im Bereich der Hangstadt von Pergamon, nahe dem Demeter-Heiligtum aufgedeckt werden konnte, endet an der su¨dlichen, a¨ußeren Kurtine als bastionsartige Verbreiterung. s. W. Radt, IstMitt 42, 1992, 177 und Beilage 2. 75 Die turmartigen Befestigungskerne lykischer Burgen sind als autarke Defensivbauten konzipiert, die zwar durch Kurtinen verbunden oder in Mauerringe einbezogen sein ko¨nnen, diesen aber u¨bergeordnet sind. Im Folgenden sollen den Kurtinen zugeordnete, deren Verteidigbarkeit durch zusa¨tzliche Flankierung erho¨hende Maßnahmen besprochen werden. 76 Tu¨rme im eigentlichen Sinn des Wortes mu¨ßten die Kurtinen deutlich u¨berragen. Da viele Mauervorspru¨nge antiker Befestigungen, obwohl ihr Erhaltungszustand keine genaue Beurteilung der urspru¨nglichen Bauho¨he erlaubt, in der Literatur als Tu¨rme bezeichnet werden, ergibt sich eine gewisse Verwa¨sserung des BegriVes. Die antike
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Wehrarchitektur betreVend bezeichnet der BegriV Bastion eine ra¨umlich begrenzte Verbreiterung der Wehrmauer, die zumeist eine Konzentration von Verteidigern, ab dem Hellenismus aber auch fallweise die Aufstellung von Geschu¨tzen ermo¨glichen sollte. Dazu s. C. Krause, Das Westtor, Eretria IV (1972) 76. 77 Zu diesen Fragen s. u. S. 156. 78 Mauertu¨rme Wnden sich insbesondere auf der großen Stadtdarstellung vom Heroon von Trysa und den Reliefs vom Nereidenmonument, wobei drei der letzteren in Torna¨he gelegene Kurtinenabschnitte wiedergeben. Am Bildfeld Pinara Su¨dseite, oben, Wnden sich zwei turmartige aneinandergeschobene Bauko¨rper in Torna¨he, wa¨hrend am Mauerring keine weiteren Tu¨rme dargestellt sind. 79 Zu dieser Problematik s. auch Wokalek 122. 80 Zu dem Vorkommen von Tu¨rmen in der fru¨hen griechischen Befestigungsarchitektur s. Winter, FortiWcations 152 V.; Lawrence, Aims 376; Wokalek 121 f. 81 Auf den Stadtdarstellungen wurden immer wieder auf den die Kurtinen nur wenig u¨berragenden Tu¨rmen als Kampfplattformen genutzte Flachda¨cher dargestellt. Dazu s. W. Wurster, Stadt 117 V. Wurster (ebenda 151) wies auch auf die konservative Form der auf den Reliefs wiedergegebenen Kriegsfu¨hrung hin. Zu Fragen der Dachlo¨sungen klassischer Wehrtu¨rme s. L. Haselberger, AM 1979, 93 V. Haselberger geht auch auf die auf den Stadtdarstel-
Einzelbauformen
Die im lykischen Denkmalbestand u¨berlieferten, an die Kurtinen vorfeldseitig angeschobenen und an der Basis erdverfu¨llten Unterbauten sind wohl ebenso als „richtige“ Tu¨rme anzusprechen, wie die als geschlossene Baukerne konzipierten und an der Basis erdverfu¨llten Bauko¨rper, an welche die Kurtinen solcherart seitlich anlaufen, daß die Tu¨rme feindseitig stark vorspringen82. Die Befestigungsmauern lykischer Niederlassungen klassischer Zeit bilden auch immer wieder orthogonale Vorspru¨nge, die in einigen Fa¨llen zum Siedlungsinneren in Verla¨ngerung der KurtinenXucht von schwa¨cheren Bruchsteinmauern begrenzt werden (Fig. 20), bisweilen aber auch siedlungsseitig oVen gewesen sein du¨rften. Erstere waren ha¨uWg an der Basis verfu¨llt und sind folglich als Bastionen oder Tu¨rme zu rekonstruieren83. Auch einige an der Oberkante von Gela¨ndestufen errichtete, hakenartig in das Siedlungsinnere umbrechende Mauerabschnitte, an die talseitig die Befestigungslinie anla¨uft, geho¨ren in diese Kategorie84. In vielen Fa¨llen la¨ßt sich jedoch im Denkmalbestand die Verfu¨llung nicht mehr nachweisen, da nur vorgezogene Mauerpartien erhalten sind. Deren zumeist rechteckiger Grundriß, die in mehreren Fa¨llen in ihrem Schutz angelegten Tore, ihr ha¨uWges Vorkommen in Ecklage und nicht zuletzt ihr bisweilen auffallend qualita¨tvolles Mauerwerk spricht gegen eine Rekonstruktion als einfache, Xankierende Befestigungsabschnitte. Es ko¨nnte sich vielmehr um Bastionen handeln, deren Mauern in Laufgangho¨he eine Kampfplatte trugen, wodurch eine Massierung von Verteidigern ermo¨glicht worden wa¨re. Eine Rekonstruktion dieser Xankierenden Mauerrechtecke mit Flachdach, also beispielsweise einer horizontalen Balkendecke mit Lehmschlag, la¨ge im Bereich des Denkbaren. An keiner der in Frage kommenden Anlagen blieb jedoch das Mauerwerk in eine Ho¨he erhalten, die es erlauben wu¨rde, den hier vorgebrachten Rekonstruktionsvorschlag zu veriWzieren. Die das Su¨dtor von Limyra Xankierende Bastion (Fig. 21. 22) und zwei das Haupttor von Hoyran deckende bastionsartige Bauko¨rper (Fig. 47) geho¨ren in diese Kategorie. Auch das in Ecklage beWndliche, an das Haupttor von Trysa anschließende und nur geringfu¨gig aus der MauerXucht vorspringende bastionsartige Mauergeviert Xankiert den Torkorridor auf seiner vollen La¨nge und kann als Variante dieses Pha¨nomens gelten (Fig. 38). Im Siedlungsinneren an die Wehrmauern angesetzte, bisweilen an der Basis verfu¨llte rechteckige Einbauten ko¨nnten, je nach Mauersta¨rke, als Kampfplattformen oder mo¨glicherweise auch als Tu¨rme zu rekonstruieren sein. Ein an der OstXanke der Oberburg von Limyra im Burginneren an die als Terrassierung gestaltete Kurtine angesetzter Einbau (B) war an der Basis erdverfu¨llt und hatte derart starke Mauern, daß er wohl u¨ber Wehrgangsho¨he aufgeragt sein du¨rfte (Fig. 14. 15). Die schwachen Mauern eines einige Meter weiter su¨dlich beWndlichen Einbaus (A) machen wiederum eine große Bauho¨he unwahrscheinlich85. Abfolgen relativ dichtgestellter, turmartig aus der MauerXucht vorspringender Bauko¨rper haben sich nur an zwei Kurtinenabschnitten klassisch lykischer Befestigungen erhalten. An der NordXanke von Xanthos wurden an der Oberkante des Felshanges mindestens zwei rechteckige, in polygonalem Mauerstil errichtete Bauko¨rper solcherart in die Kurtinen einbezogen, daß sie sowohl vorfeld- als auch siedlungsseitig aus der MauerXucht vorspringen (Fig. 81. 86 Abb. 165). Der im Vorfeld anstehende Teil der an der Basis verfu¨llten und als Tu¨rme zu rekonstruierenden Bauten ist relativ schmal und von gedrungen
lungen u¨berlieferten Flachda¨cher lykischer Tu¨rme na¨her ein, bezweifelt aber, daß die Reliefs zeitgeno¨ssische Kampftechniken widerspiegeln. Er ha¨lt das Vorkommen solcher Flachda¨cher bis in das fortgeschrittene 4. Jh. v. Chr. fu¨r wahrscheinlich. s. ebenda 112 V. 82 In die erste Gruppe geho¨ren die Tu¨rme der neuentdeckten Siedlung bei Telmessos/Fethiye, wa¨hrend zur zweiten die Tu¨rme an der Nordkurtine von Xanthos zu za¨hlen sind. siehe K. Buschmann in: X. AST (1992) 429–438. 83 Ein Beispiel dafu¨r bietet Westturm 5 von Limyra. 84 Ein Beispiel dafu¨r Wndet sich an der OstXanke Li-
¨ bergang von der Mittel- zur Unterburg (Faltmyras, am U plan 1 Abb. 62). Der von der hakenfo¨rmig in das Siedlungsinnere umbrechenden Befestigungsmauer gebildete Bereich war an der Basis mit Erosionserde und Bruchsteinen verfu¨llt und wurde wohl hangseitig von einer Mauerung begrenzt. Dazu s. auch oben S. 52. 85 Auch der im Bereich Sondage 9 an der Su¨dXanke Limyras angeschnittene, wahrscheinlich mit der als Terrassierung gestalteten Wehrmauer in Verband errichtete zweira¨umige Einbau ko¨nnte Teil des Verteidigungskonzeptes gewesen sein.
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Lage und Anlage lykischer Siedlungen in klassischer Zeit
rechteckigem Grundriß. Ein am nahegelegen Nordosteck von Xanthos vorspringender Rundturm geho¨rt nicht in die gleiche Bauphase, sondern wurde in hellenistischer Zeit errichtet. An den anderen Abschnitten der Befestigungen von Xanthos, die der klassischen Bauphase zuweisbar sind, Wnden sich keine weiteren Xankierenden Tu¨rme. An der OstXanke der Vorga¨ngersiedlung von Telmessos/Fethiye, Hızırlık, liegen drei la¨nglich rechteckige, an die durchlaufenden Kurtinen angeschobene und an der Basis verfu¨llte Bauko¨rper. Sie sind, wie auch die wahrscheinlich gleichzeitigen Kurtinen, in polygonalem Stil errichtet und wohl als richtige Mauertu¨rme zu rekonstruieren. In Xanthos und in Hızırlık/Termessos beWnden sich die betreVenden Kurtinenabschnitte in der Na¨he eines Haupttores, wobei in Hızırlık/Telmessos der Hauptzugangsweg entlang der Tu¨rme verlaufen sein du¨rfte86. Die hohe Qualita¨t des Mauerwerks dieser Turmbauten und der Umstand, daß der einzige Eckorthostat im su¨dlichsten, dem Weg am na¨chsten gelegenen Turm verbaut wurde, belegen deren repra¨sentativen Charakter. Obwohl sich die turmbewehrten Kurtinen an der OstXanke von Hızırlık/Telmessos oberhalb eines muldenartigen Sattels mit ansteigendem Gegenhang, also an einer AngriVsseite in relativ gefa¨hrdeter Lage beWnden, la¨ßt sich die Massierung von Tu¨rmen an diesem Abschnitt nicht ausschließlich mit verteidigungstechnischer Notwendigkeit erkla¨ren, da trotz schwacher natu¨rlicher Lage an anderen Stellen des Befestigungsverlaufes auf Xankierende Mauerpartien oder Tu¨rme weitgehend verzichtet worden war87. Auch der in Xanthos erhaltene Befund spricht fu¨r einen Zusammenhang von Torna¨he und der Errichtung von Tu¨rmen an der NordXanke, welche jedoch dem Zugang keinen direkten Flankenschutz zu bieten vermochten88. Die aus der KurtinenXucht vorspringenden und in besonders qualita¨tvollem Mauerwerk errichteten Bauko¨rper, die in den inneren Mauerring von Tu¨se einbezogen sind, kann man mo¨glicherweise ebenfalls als Tu¨rme rekonstruieren (Faltplan 6). Einige dieser Bauten hatten Kammern im Erdgeschoß, in die, wie an einem Beispiel belegt ist, Einga¨nge fu¨hrten, wa¨hrend andere, wie die vielleicht den Zugang Xankierende Bastion am Su¨dwesteck, an der Basis erdverfu¨llt waren. Die in einigermaßen regelma¨ßigen Absta¨nden gelegenen Tu¨rme des Mauerringes von Bayındır Limanı sind m. E. zum hellenistischen Umbau der bestehenden klassischen Anlage geho¨rig, von welcher sie sich im Mauerstil absetzen (Fig. 78 Abb. 150). Ein bastionsartiger, das Tor Xankierender Mauerversprung in Ecklage und zwei bastionsartige Mauervorspru¨nge an der Su¨dXanke wurden jedoch schon in der klassischen Phase angelegt. Ein an die Befestigungen angeschobener, als Turm oder Bastion anzusprechender, rechteckiger Bau mit erdverfu¨llter Basis Wndet sich an der Ostseite von Isinda und verblendet die durch das Anfu¨gen eines Mauerringes an die Burgmauer entstandene Baufuge (Fig. 75). Die beiden nahe dem Nordosttor von Xanthos erhaltenen, im Grundriß kreis- bzw. U-fo¨rmigen Tu¨rme ko¨nnen aufgrund von 1992 und 1994 durchgefu¨hrten Grabungsarbeiten einem hellenistischen Ausbau der Befestigungen zugewiesen werden (Fig. 89. 90). Ein innerhalb des Gesamtkonzeptes der Befestigungen eigentu¨mlich additiv wirkender Rundturm mit integrierter Zisterne, der den Zugang in den Burgtorhof und zum Tor der Ostbastion von Trysa sperrte, geho¨rt dem trapezoidalen Baukonzept der Siedlung an und darf folglich in die klassische Periode datiert werden (Fig. 34 Abb. 92). Ein mo¨glicher Weise nachtra¨glich vor das Burgtor von Isinda gesetzter Rundturm mit integrierter Zisterne wurde ebenfalls in trapezoidalem Mauerwerk errichtet (Fig. 75). Sa¨gezahnartig vorspringende Xankierende Mauerabschnitte Wnden sich immer wieder an lykischen Befestigungen, sie treten jedoch zumeist vereinzelt an qualita¨tvoll ausgefu¨hrten und auf Ansicht berech-
86 Von dem von K. Buschmann in diesem Bereich angenommenen Tor hat sich kaum Baumasse erhalten, die Wegtrasse la¨ßt sich jedoch verfolgen. 87 Zwei weitere Tu¨rme haben sich mo¨glicherweise an der NordXanke der Siedlung erhalten.
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88 Die Kurtine verla¨uft an der Oberkante eines felsigen Abhanges, welcher ausreichend natu¨rlichen Schutz bietet, sodaß die Versta¨rkung mit Tu¨rmen nicht unbedingt notwendig gewesen wa¨re.
Einzelbauformen
neten Mauerabschnitten auf. In ihrem Schutz wurden auch Tore angelegt89. Diese Flankierungsmaßnahme wurde aber niemals mit der Konsequenz durchgefu¨hrt, die sich an einigen griechischen Befestigungen feststellen la¨ßt90. Eine dichtere Reihung von Tu¨rmen la¨ßt sich folglich nur an zwei in Torna¨he gelegenen Mauerabschnitten von Xanthos und Hızırlık/Telmessos feststellen. Vor allem in letzterem Fall gewinnt man den Eindruck, daß die aufwendig gestalteten und ungewo¨hnlich weit aus der MauerXucht vorspringenden Bauko¨rper vielleicht ebensosehr der Repra¨sentation wie einer aktiven Verteidigung verpXichtet waren. Die ungewo¨hnlichen Tu¨rme des inneren Mauerringes von Tu¨se lassen sich vielleicht als Variante der fu¨r die lykischen Burgen typischen repra¨sentativen Kernbauten erkla¨ren. Eine lykische Sonderentwicklung stellen auf Gela¨ndekanten gelegene, hakenartig in das Siedlungsinnere zuru¨ckspringende und wohl zu Bastionen ausgebaute Abschnitte der Wehrmauern dar. An diese schlossen talseitig die weiterlaufenden Befestigungsmauern an, so daß ihnen im Gesamtaufbau Gelenkfunktion zukam. An dieser Lo¨sung wird der additive Charakter des klassisch-lykischen Befestigungswesens besonders deutlich. Zusammenfassend la¨ßt sich feststellen, daß bei der Konzeption lykischer Befestigungen klassischer Zeit weitgehend auf Flankenschutz verzichtet wurde. Gemessen an der Gesamtla¨nge untersuchter Mauerabschnitte ist die Zahl der aus der KurtinenXucht vorspringenden Tu¨rme, Bastionen oder Xankierenden Mauerverspru¨nge auffallend gering. Bei dem Bau langer, Gela¨ndegratlinien folgender Mauerabschnitte du¨rfte man sich vorrangig auf den Schutz der hohen Lage verlassen haben. Aber auch tal- und folglich in der Regel auch angriVsseitig gelegene Befestigungsmauern wurden zumeist ohne Tu¨rme oder Bastionen konzipiert. Bei der Errichtung mehrerer der untersuchten Befestigungsanlagen verzichtete man vo¨llig auf aus der MauerXucht vorspringende Tu¨rme und begnu¨gte sich mit in Torna¨he gelegenen Bastionen. Dieser weitgehende Verzicht auf Flankenschutz in der lykischen Befestigungsarchitektur hochklassischer Zeit steht im Gegensatz zu den im zeitgeno¨ssischen Griechenland u¨blichen FortiWkationstechniken91. Darin und in dem Verzicht auf Poternen spiegelt sich wohl eine Kriegsfu¨hrung, in der la¨ngere Belagerungen und vor allem der Einsatz mauerbrechender Maschinen sowie anderer mechanischer Belagerungsmittel nicht u¨blich gewesen sein du¨rfte92. III. Tore93 A. Grundriß und Aufbau der Tore: Zur Typologie lykischer Mauerdurchla¨sse Im Folgenden sollen zwei hauptsa¨chlich durch ihre Lage innerhalb der Befestigungssysteme diVerenzierbare Gruppen von Mauerdurchla¨ssen besprochen werden: direkt vom Vorfeld in die Niederlassung fu¨hrende Tore und im Siedlungsinneren gelegene Zuga¨nge in befestigte Teilbereiche. Die 89
Ein mo¨glicherweise als Nordtor von Phellos zu rekonstruierender Befund wird von einem rechtwinkligem Mauerstu¨ck Xankiert, ebenso eines der Burgtore von Tyberissos (Fig. 51). 90 Zu sa¨gezahnartigen Mauerverspru¨ngen s. nur Winter, FortiWcations 237–238 und Index s. v. indented trace S. 364; Lawrence, Aims 255; Adam, Architecture 66 Abb. 30–32. 91 Zum regelma¨ßigen Auftreten von Bastionen, Tu¨rmen und anderen Flankierungsmaßnahmen im Mauerverlauf griechischer Befestigungen s. Winter, FortiWcations 154. Lawrence nimmt an, daß die im griechischen Raum ab dem spa¨ten 6. Jh faßbare, methodische Plazierung von Tu¨rmen im westlichen Kleinasien ihren Ursprung ha¨tte. In diesem Sinne auch L. Haselberger, AM 94, 1977, 115. s. Lawrence, Aims 35. Als Beispiel s. nur Larisa/H: J. Bo¨hlau – K. Schefold, Die Bauten, Larisa I (1940) 45 V. Abb. 4. ¨ bernahme aus dem anatolischen Raum s. WoZu einer U
kalek 120. Zu der Lage und Zahl von Tu¨rmen an fru¨hen griechischen Mauerringen s. Wokalek 121 f. Zum Auftreten von in regelma¨ßigen Absta¨nden plazierten Tu¨rmen in der griechischen Befestigungsarchitektur klassischer Zeit s. nur die Beispiele Messene und die attischen Grenzfestungen: J. Ober, Fortress 160 V.; ders., AJA 91, 1987, 569 V. ¨ bergang von einem turmlosen zu In Velia ließ sich der U einem turmversta¨rkten Mauerring, der im fru¨hen 5. Jh. stattgefunden zu haben scheint, im Denkmalbestand nachweisen: F. Krinzinger in: FortiWcations dans l’histoire du monde gre`c, Actes du colloque international (1982) 123. 92 Zur Entwicklung der Belagerungstechnik und deren EinXuß auf die Befestigungsarchitektur unter besonderer Beru¨cksichtigung von Xankierenden Tu¨rmen s. nur Winter, FortiWkation 155; Marsden, Artillery 18 V. 138 V.; J. Ober, AJA 91, 1987, 509 V. 93 Ein Artikel des Verfassers (Verf., Su¨dtor, passim) bietet eine Zusammenstellung der bis 1987 bekannt ge-
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durchwegs axial angelegten Einga¨nge in geschlossene Bauko¨rper, wie etwa Kernbauten der Burgen oder Mauertu¨rme, unterliegen nicht den formalen Zwa¨ngen der Wehrarchitektur und werden darum ausgeklammert. In klassischer Zeit errichtete Haupt- und Nebentore haben sich in den lykischen Siedlungen Limyra, Myra (?), Trysa, Hoyran, Korba, Tu¨se, Avs¸ar Tepesi, Isinda, Bayındır Limanı, Phellos (?), Seyret (?), Ko¨ybas¸ı, Xanthos und Pinara erhalten. Die Tore der typologisch schwer klassiWzierbaren Anlagen von Ko¨ybas¸ı und Korba werden der Gruppe der Haupttore zugewiesen, da sie sich direkt auf das Vorfeld o¨Vnen. Burgtore wurden aus Limyra, Trysa, Hoyran, Tyberissos, Isinda und Bayındır Limanı bekannt. Weiters fu¨hrt ein Tor in das geschlossen befestigte Areal der Ostbastion von Trysa. Limyra An der talseitigen HauptXanke der Siedlung, am Ende eines geradlinig verlaufenden Kurtinenabschnittes, beWndet sich das links von einer weit vorspringenden Bastion Xankierte, in seinem Verha¨ltnis zur Verteidigungslinie axiale Su¨dtor in Ecklage (Fig. 21. 22). Ausweislich eines als Spolie verbauten Laibungssteines du¨rfte etwa mittig an der Su¨dXanke der Niederlassung ein weiteres, im Aufbau a¨hnliches Tor gelegen haben. Dem axialen Burgtor von Limyra bot die rechts aufragende Su¨dbastion Flankenschutz (Fig. 10 Abb. 31. 32). Myra J. Borchhardt interpretiert ein talseitig am Su¨dosteck der Siedlung erhaltenes, nach wenigen Metern in das Siedlungsinnere umknickendes polygonales Mauerstu¨ck als zu einem Tor geho¨rig. Trysa Am su¨dwestlichen Abschluß der talseitigen Hauptseite beWndet sich in leicht zuru¨ckgenommener Lage das axiale Haupttor der Siedlung (Fig. 38. 40 Abb. 93. 94). Es wird von den auf etwa 10 m La¨nge korridorartig in das Siedlungsinnere umknickenden Befestigungsmauern gebildet. Der Torverschluß liegt rund 3, 50 m hinter den Eingang des Torkorridors zuru¨ckversetzt, so daß sich ein verku¨mmerter Torhof ergibt. Die westliche Korridormauer geho¨rt zu einem bastionsartigen, jedoch vorfeldseitig nur geringfu¨gig vorspringenden Bauko¨rper, der das su¨dwestliche Eck der Niederlassung bildet. Das typologisch nicht eindeutig zuweisbare Su¨dosttor von Trysa beWndet sich ebenfalls in Ecklage an der su¨dlichen Hauptseite der Siedlung, o¨Vnete sich jedoch nach Osten (Fig. 39). Der Verschluß lag etwas mehr als einen Meter zuru¨ckversetzt, so daß sich ein sehr rudimenta¨rer Torhof ergab. Die a¨ußere Kurtine war wahrscheinlich versta¨rkt, wa¨hrend im Siedlungsinneren, im Anschluß an den Zugang, eine Ha¨userzeile lag, so daß sich eingedrungene Gegner in einer Art Korridor befanden94. Das Burgtor von Trysa liegt an der Ru¨ckseite eines sackartigen Torhofes, dessen Zugang ein halbrunder Turm Xankiert (Fig. 34. 36. 37 Abb. 88). Den Zugang zu dem axialen Tor der Ostbastion verengt der oben erwa¨hnte Rundturm derartig, daß ein kleiner Torhof entsteht und der Gebrauch von Rammen verhindert werden konnte (Fig. 34. 35).
wordenen klassisch-lykischen Toranlagen. Die Ergebnisse der intensiven Feldforschungen der letzten Jahre und eine Umdatierung des Haupttores von Xanthos rechtfertigen jedoch eine Neuerstellung des Kataloges und erlauben es auch, ein diVerenzierteres Bild zu zeichnen, als es noch vor
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kurzem mo¨glich war. 94 Es wa¨re denkbar, daß im Fall eines Eindringens die Angreifer von zwei Seiten, von der Epalxis und den Hausda¨chern bedra¨ngt werden sollten.
Einzelbauformen
Hoyran Das axiale Haupttor von Hoyran liegt in einem Sattel und ist rechts von einer Abfolge zweier nur wenig vorspringender, bastionsartiger (?) Mauerzu¨ge Xankiert, wa¨hrend an der anderen Seite des Durchganges auf einem Felsstock gelegene Befestigungen ebenfalls Flankenschutz boten (Fig. 47. 48 Abb. 99. 105). Eine quer vor den Zugang laufende Mauer ko¨nnte zur Bildung eines Torhofes oder Zwingers gedient haben. Das axiale Burgtor beWndet sich oberhalb von steilem, felsigem Gela¨nde und hat keinen Flankenschutz. Tyberissos Das in großer Ho¨he gelegene Westtor der Burg beWndet sich in Ecklage: Ein kurzer, sa¨gezahnartiger Mauerversprung Xankiert den axialen Zugang (Fig. 51. 52 Abb. 109. 110). Ein weiteres axiales Burgtor an der Su¨dseite hat keinen Flankenschutz. Ein drittes Tor beWndet sich ebenfalls in Ecklage und nimmt den Großteil eines sa¨gezahnartigen Versprunges der Kurtine ein. Korba Das aus polygonalem Mauerwerk errichtete tangentiale Haupttor der Burg von Korba liegt nahe dem Su¨dosteck der Anlage, am Ende eines la¨ngeren, geradlinig verlaufenden Mauerstu¨ckes (Fig. 56. 58 Abb. 119). Die Kurtinen des Tores u¨berlappen nur wenig und der Torverschluß, von dem eine Einlassung fu¨r einen ho¨lzernen Schwellbalken zeugt, lag nur geringfu¨gig zuru¨ckversetzt95. Bu¨yu¨k Avs¸ar Das Burgtor von Bu¨yu¨k Avs¸ar lag direkt am Xankierenden Kernbau und fu¨hrte in einen wohl ungedeckten Gang, der es mit der eigentlichen Burgterrasse verband (Fig. 67). Avs¸ar Tepesi Nur knapp 20 m trennen die zwei u¨ber Eck gelegenen, als einfache axiale Mauerdurchla¨sse gestalteten Burgtore (Fig. 69 Abb. 36). Tu¨se An der Su¨dseite der Siedlung durchbricht ein einfaches axiales Tor den a¨ußeren Mauerring96. Isinda Das Haupttor der Siedlung beWndet sich in Ecklage am hinteren Ende eines dreieckigen Torhofes, dessen Mauern in spitzem Winkel aufeinanderstoßenden und frontalen Zugang verhindern (Fig. 75. 77 Abb. 144)97. Das sehr einfach gestaltete axiale Burgtor wurde wohl sekunda¨r durch einen vorgesetzten Rundturm mit integrierter Zisterne versta¨rkt (Fig. 76 Abb. 217). Bayındır Limanı Das am Nordwesteck der Siedlung gelegene Haupttor Wndet sich auf Wursters Planskizze, eine Beschreibung steht jedoch noch aus (Fig. 78). Den schlecht erhaltenen axialen Durchgang du¨rfte ein 95
Da keine Anschla¨ge fu¨r die Tu¨rXu¨gel feststellbar waren, du¨rften auch die Rahmen aus Holz konstruiert gewesen sein.
96 97
s. I. Akyel – F. Kolb, Lykische Studien 2 197. s. Verf., Su¨dtor 72 f. Abb. 22. 23.
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Lage und Anlage lykischer Siedlungen in klassischer Zeit
bastionsartiger Mauervorsprung links Xankieren. Von dem axialen Burgtor zeugt nur mehr die in situ beWndliche Schwelle. Phellos Ein axiales, von einem Mauerversprung rechts Xankiertes Tor du¨rfte sich an einem polygonalen Kurtinenabschnitt der Nordseite von Phellos befunden haben98. Seyret Ein unterhalb von Turm A gelegenes axiales Nebentor erlaubte es mo¨glicherweise, die Wohnsiedlung von Seyret von Westen her zu betreten (Fig. 79). Soweit der schlechte Erhaltungszustand des Befundes eine Beurteilung erlaubt, war der Zugang als einfacher axialer Mauerdurchlaß in der aus Bruchsteinmaterial errichteten Kurtine gestaltet. Ko¨ybas¸ı (Fig. 80 Abb. 159. 160) Die aus hervorragendem polygonalem Mauerwerk errichtete a¨ußere Kurtine des etwa mittig an der Westseite gelegenen tangentialen Burgtores verbreitert sich – wohl um mehr Verteidigern Platz zu bieten – auffallend (auf 2, 40 m). Den Zugang in den Torkorridor verengt ein vorgesetzter bastionsartiger Vorsprung der inneren Kurtine, wa¨hrend der Korridor mo¨glicherweise als Zwinger, sicherlich aber als Torhof ausgebildet war. Ein weiterer, su¨dseitiger Nebeneingang in die Burg ist als einfache axiale Pforte gestaltet99. Xanthos Das tangentiale, in Hanglage beWndliche Haupttor von Xanthos weist eine erheblich versta¨rkte a¨ußere und eine schra¨g in den Torhof laufende und dadurch wohl ebenfalls teilweise versta¨rkte innere Kurtine auf (Fig. 85 Abb. 164). Der Torverschluß liegt um rund 5 m zuru¨ckversetzt, am Eingang des Torhofes beWndet sich jedoch eine weitere Engstelle, an der die innere Kurtine einen rahmenartigen Vorsprung aufweist, dessen praktischer Wert dem Verfasser nicht nachvollziehbar ist100. Mit 2, 35 m lichter Weite war der Durchgang nicht allzu breit, du¨rfte aber, wie der Einbau eines Bogens belegt, noch in der Kaiserzeit als ausreichend empfunden worden sein. Im Bereich des Nordostecks der Siedlung beWndet sich ein wahrscheinlich in klassischer Zeit errichtetes axiales Tor in Ecklage (Fig. 81. 88 Abb. 166), welches eine qualita¨tvoll ausgefu¨hrte Mauer rechts Xankiert. Diese reicht bis an einen hellenistischen Rundturm, welcher m. E. der bestehenden Toranlage hinzugefu¨gt worden sien du¨rfte. Sicherheit in dieser Frage und bezu¨glich der Datierungen ließe sich jedoch nur im Zuge von Grabungsta¨tigkeit im betreVenden Bereich gewinnen. Im Zuge von 1995 im Westabschnitt des Mauerringes von Xanthos durchgefu¨hrten Untersuchungen konnte das einstige Vorhandensein eines axialen Zuganges nachgewiesen werden, den ein 98
Dazu s. Verf., Su¨dtor 75 V. Abb. 24. Deren monolithe Laibungssteine sind heute verstu¨rzt und die Schwelle verschu¨ttet, weswegen sich die Breite des Durchganges nicht eruieren la¨ßt. Die Ho¨he der Pforte du¨rfte bei 1, 55 m gelegen haben, der Rahmen ist 0, 50 m breit, schra¨g hinterschnittene Falze und mehrere Riegello¨cher haben sich an den Laibungen erhalten. 100 Appian (civ. 4, 78 –79) u¨berliefert ein Portcoullis, durch welches in Xanthos eingedrungenen ro¨mischen Soldaten der Ru¨ckweg abgeschnitten wurde. Dazu s. auch Lawrence, Aims 265 f. Es la¨ge nahe, dieses Fallgatter mit dem anschlagartigen Versprung der inneren Kurtine am 99
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Beginn des Torhofes in Zusammenhang zu bringen, umso mehr, als daß das zweite, im Denkmalbestand erhaltene Tor von Xanthos keinen Raum fu¨r eine solche Einrichtung bietet. Da sich jedoch an der gegenu¨berliegenden Wand des Torkorridors keine Rinne oder Schiene feststellen la¨ßt, die mit einem Fallgatter in Zusammenhang zu bringen wa¨re, muß die technische Ausfu¨hrung eines zweiten Verschlusses, falls ein solcher am Su¨dtor jemals vorhanden gewesen sein sollte, ungekla¨rt bleiben. Die Textstelle ko¨nnte sich durchaus auf eine andere, nicht erhaltene Toranlage beziehen.
Einzelbauformen
im Inneren der Befestigungslinie beWndliches bastionsartiges Mauergeviert Xankiert haben du¨rfte. Der grabungsarcha¨ologische Befund erlaubte den schlu¨ssigen Nachweis, daß Zugang und Einbau in einem Bauvorgang errichtet wurden. Eine Datierung der Anlage in vorhellenistische Zeit darf als gesichert gelten. Pinara Das Haupttor der klassischen Siedlung fu¨hrt von Norden in das in einer Senke gelegene Wohngebiet (Fig. 91. 92 Abb. 171). Das Axialtor mit seinen monolithen Laibungen lag an der Ru¨ckseite eines im Gela¨nde vorgegebenen ‘natu¨rlichen’ Torhofes. Diesen Xankierte rechts die auf einer Gela¨ndestufe verlaufende Befestigungslinie, wa¨hrend auf einem Felsen links knapp oberhalb des Durchganges beWndliche Felsbettungen von dem einstigen Bestehen einer Bastion zeugen101. Ein noch unpubliziertes Tangentialtor lag oberhalb eines Gießtales an der Su¨dseite von Pinara und fu¨hrte im Bereich der Senke in die Wohnstadt. Es geho¨rt, wie auch das axiale Haupttor in die polygonale Phase der Siedlung. Zusammenschau Beide Grundformen des Tores, na¨mlich im Verha¨ltnis zur Streichrichtung der Kurtinen tangential und axial gelegene Mauerdurchla¨sse lassen sich fu¨r die lykische Befestigungsarchitektur klassischer Zeit nachweisen102. Die ha¨uWgere, fu¨r kleinere und wenig aufwendige Durchga¨nge, aber auch fu¨r relativ monumentale Toranlagen gewa¨hlte Form stellt das Axialtor. Demgegenu¨ber Wnden sich nur relativ wenige, aber zumeist aufwendig gebaute Tangentialtore, die sich ausschließlich an aus polygonalem Mauerwerk errichteten Befestigungsanlagen erhalten haben, wa¨hrend derartige, von u¨berlappenden Mauerabschnitten gebildete Tore im Denkmalbestand trapezoidaler Anlagen nicht nachweisbar sind103. In dem zahlenma¨ßigen Verha¨ltnis – vier der sechs an polygonalen Befestigungsanlagen gelegenen Haupttore sind tangential, wa¨hrend kein an trapezoidalen Mauerabschnitten gelegener Durchgang diesem Schema entspricht – spiegelt sich wahrscheinlich eine Entwicklung wider: Das in der Fru¨hklassik beliebte Tangentialtor scheint in der Hoch- und Spa¨tklassik aus dem Repertoire der lykischen Baumeister gestrichen worden zu sein104. Neben den Tangentialtoren kommen in der fru¨heren Phase auch axiale Zuga¨nge vor, die von Mauerpartien oder ho¨her gelegenen Befestigungen Xankiert werden ko¨nnen. Die erhaltenen Tangentialtore sind nicht durch zusa¨tzliche Tu¨rme geschu¨tzt, in Ko¨ybas¸ı verengt jedoch ein an der inneren Kurtine gelegener bastionsartiger Mauerversprung den Zugang. Das verschiedentlich feststellbare Verbreitern der a¨ußeren Kurtine erlaubte jedoch die Massierung von Verteidigern In der spa¨teren, ‘trapezoidalen’ Phase wurden unterschiedliche, bisweilen schwer zuordenbare, da in ihrem Verha¨ltnis zur Kurtine nicht eindeutige Varianten des Axialtores errichtet. In dessen einfachster Form wird der Durchgang von einem bastionsartigen Versprung der Kurtinen oder einem turmartigen Kernbau Xankiert, der auch schra¨g vor das Tor gesetzt sein kann um frontalen Zugang zu verhindern. Es lassen sich beide Varianten, na¨mlich rechte und linke Flankierung nachweisen, wobei die Lage des Tores innerhalb des Befestigungssystems und topographische Bedingungen fu¨r die Wahl der Seite der Flankierung ausschlaggebend gewesen sein du¨rfte105. In dieser Periode baute man auch einfache Varianten des 101
s. W. Wurster – M. Wo¨rrle, AA 1978, 85. Eine von K. Krause vorgeschlagene, an der Grundrißschematik orientierte Typologie der Tore an griechischen Stadtmauern ermo¨glicht es in der Theorie, alle Toranlagen auf zwei Grundformen zuru¨ckzufu¨hren. Dazu s. K. Krause, Das Westtor, Eretria IV (1972) 63 V. Fu¨r Winter handelt es sich bei den Axial- und Tangentialtoren um die ‘main types’ der griechischen Festungsarchitektur, neben denen jedoch schwer zuordenbare Varianten vorkommen. s. Winter, FortiWcations 208 f. Im Einzelfall ko¨nnen letztlich immer wieder Zweifel an der Zugeho¨rigkeit eines Tores zu der einen oder anderen Gruppe be102
stehen bleiben. 103 Zum Auftreten des Tangentialtores in der griechischen Wehrarchitektur und altanatolischen Beispielen des Bautyps s. Wokalek 111. 115 f. 104 Eine vergleichbare Entwicklung betreVs der abnehmenden Beliebtheit des Tangentialtores scheint auch fu¨r die griechische Befestigungsarchitektur nachweisbar zu ¨ bergangsphase von der sein, sie du¨rfte aber erst in der U Klassik zum Hellenismus eingesetzt haben. s. Winter, 223. 105 Tore liegen z. B. ha¨uWg an den Ecken der Siedlungen, die dann von den Xankierenden Bastionen gebildet werden.
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Lage und Anlage lykischer Siedlungen in klassischer Zeit
Hoftores, wobei der Ru¨cksprung sackartig, dreieckig oder als Korridor gestaltet wurde. Zusa¨tzliche, allerdings vielleicht sekunda¨re Maßnahmen, wie die in Hoyran erhaltene, vor das Axialtor gesetzte Quermauer konnten den Zugang erschweren und eine Zwingersituation herbeifu¨hren. Das an exponierter Stelle in Ecklage beWndliche Su¨dosttor von Trysa kam ga¨nzlich ohne Flankenschutz aus, hatte aber einen etwa 1, 50 m in den Torhof zuru¨ckversetzten Torverschluß und war vielleicht von einer bastionsartig versta¨rkten Kurtine geschu¨tzt. Auf einigen Stadtdarstellungen sind Verteidiger auf oberhalb der Tore ohne Unterbrechung weiterlaufenden Wehrga¨ngen wiedergegeben106. Fu¨r die meisten Axialtore kann man wohl diese Lo¨sung ebenso rekonstruieren, wie mo¨glicherweise auch fu¨r die Tangentialtore mit versta¨rkten a¨ußeren Kurtinen. B. Die Konstruktion der Torverschlu¨ße Beim Durchschreiten zahlreicher lykischer Tore war eine stufenartig ausgebildete Schwelle zu u¨berwinden. Diese war entweder aus dem Fels geschlagen oder aus Mauersteinen versetzt und konnte bisweilen eine beachtliche Ho¨he aufweisen107. In einige dieser Schwellen wurden querverlaufende Rinnen eingetieft, die wohl den AbXuß von aus dem Siedlungsinneren andringendem Regenwasser ermo¨glichen sollten. Da das Gela¨nde im Vorfeld der meisten Siedlungen und die erhaltenen Wegtrassen Lykiens Wagenverkehr ohnehin nicht zugelassen ha¨tten, ergab sich aus diesen Schwellen kein nennenswertes Hindernis. Auch die Breite der meisten klassischen Tore spiegelt diesen Verzicht auf Wagen als Transportmittel wieder: Die gro¨ßte Breite eines Haupttores einer Siedlung klassischer Zeit liegt bei knapp 3 m, wa¨hrend die anderen, heute bekannten Maße zwischen 2, 35 und 1, 20 m gestaVelt sind108. Die lichte Ho¨he der Tore liegt zwischen den Extremwerten 2, 20 m und 3, 90 m. Die u¨berwiegende Mehrzahl der Laibungen und alle Decksteine werden von monolithen Blo¨cken gebildet, die bisweilen im Torinneren mit den Innenschalen verzahnen109. Verschiedentlich kommen aber auch aus Quadern hochgezogene oder aus dem Felsen geschlagene Laibungen vor. Kombinationen dieser Bautechniken sind ebenfalls mo¨glich110. Bisweilen verbreitern sich Tore trichterfo¨rmig zum 106
Ganz eindeutig ist dies auf den Darstellungen von der Ostseite des Nereidenmonumentes und auf der großen Stadtdarstellung von Trysa. 107 s. Verf., Su¨dtor 104. 108 Lawrence schla¨gt fu¨r auf Wagenverkehr ausgelegte Toranlagen eine Mindestbreite von 2, 70 – 3, 50 m an. s. Lawrence, Aims 303. Im griechischen und kleinasiatischen Denkmalbestand sind auch bedeutend breitere Toranlagen u¨berliefert. s. nur die Tore D und G von Mantineia (Adam, Architecture Abb. 45. 46), das Arkadische Tor von Messene (Adam, Architecture Abb. 58) und ein Haupttor von Perge (Adam, Architecture Abb. 56). Die Haupttore kleinerer lykischer Siedlungen sind mit lichten Weiten von 1–2 m und lichten Ho¨hen um 2, 20 m jedenfalls außergewo¨hnlich schmal. 109 In der griechischen Wehrarchitektur sind wahrscheinlich monolithe Laibungssteine die fru¨here Form, welche sukzessive von aus Blo¨cken hochgezogenen Laibungen verdra¨ngt wird. Dazu s. Lawrence, Aims 259. Diese Feststellung betriVt aber nur allgemeine Tendenzen, und muß daher im Einzelfall nicht unbedingt zutreVen. Spitzbogig u¨berwo¨lbte Zuga¨nge, wie sie etwa auf der großen Stadtdarstellung von Trysa wiedergegeben sind und in der griechischen Wehrarchitektur als Rund- oder Spitzbogen ausgeformt bisweilen vorkommen (zu Samos: Kie¨ Jh 2, nast, Samos 56 f. 83; zu Ephesos: O. Benndorf, O 1899 Beibl. 24 V.; zu Assos: J. T. Clarke, Report on the Investigation at Assos (1882) Abb. 27; zu Messene: Adam,
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Architecture 122; zu Stratos: Adam, Architecture Abb. 124), sind aus Lykien nicht bekannt geworden. In diesem Zusammenhang bleibt auch die Frage, ob es sich bei den Spitzbo¨gen des Reliefs um verku¨rzt dargestellte Rundbo¨gen handeln ko¨nnte (wie zuletzt von F. Eichler, Die Reliefs des Heroons von Gjo¨lbaschi-Trysa [1950] 61, vorgeschlagen) gegenstandslos, da sich auch letztere Form in Lykien nicht nachweisen la¨ßt. In klassischer Zeit wa¨re nur mit Kragsteinbo¨gen zu rechnen, da die Keilsteintechnik im griechischen Raum wohl erst im spa¨ten 4. Jh. v. Chr. Verbreitung fand. s. J.-P. Adam, DossAParis 25, 1977, 86 V.; T. D. Boyd, AJA 82, 1978, 163 V.; L. Haselberger, AA 1978, 345 V.; Kienast, Samos 87; B. Wesenberg in: Bautechnik der Antike, Internationales Kolloqium in Berlin 1990 (1991) 252 V. 110 Eine Laibung des Burgtores von Trysa ist aus dem Felsen geschlagen, die andere aus Quadern versetzt. Der Rahmen des Haupttores dieser Siedlung wird von u¨bereinandergestellten Platten von erheblicher Ho¨he gebildet, die in die Mauern des Torkorridores eingelassenen sind. Das erhaltene Gewa¨nde des Su¨dosttores wurde aus Schra¨gschnittquadern aufgemauert. In Hoyran ist eine Laibung des Haupttores as dem Felsen geschlagen, die andere monolith, wa¨hrend in Isinda beide Laibungen aus Mauersteinen errichtet sind. Dies ist auch in Tyberissos der Fall, wo allerdings, da sich das Tor in Ecklage beWndet, der Sturz in den rechts Xankierenden Mauerschenkel einbindet.
Einzelbauformen
Siedlungsinneren, sie sind aber in jedem Fall horizontal u¨berdeckt. Am Tor von Korba haben sich Einlassungen fu¨r eine ho¨lzerne Schwelle erhalten; dazu mag ein ho¨lzerner Rahmen zu rekonstruieren sein. Das westliche Burgtor von Tyberissos und Tore im Bereich der Burg von Avs¸ar Tepesi weisen ebenfalls keine Anschla¨ge auf: Getreppte, unterhalb des Decksteines beWndliche Einarbeitungen bieten, da keine Falze vorhanden sind, die einzigen Hinweise auf das Vorhandensein eines Tu¨rverschlusses und dessen Konstruktion. Diese Eintiefungen haben Parallelen in der klassischen Zivilarchitektur Lykiens und ko¨nnten einen als Anschlag dienenden Balken und Pfannenlager aufgenommen haben. Aufgrund der sicheren hohen Lage des Burgtores von Tyberissos du¨rfte diese Disposition als ausreichend empfunden worden sein. Im Falle der relativ leicht zuga¨nglichen Burgtore am Avs¸ar Tepesi verwundert jedoch eine solche, wenig stabile Lo¨sung. Ungewo¨hnlich sind die an klassischen Toren immer wieder feststellbaren, schra¨g hinterschnittenen Falze, die am gleichen Bauwerk gemeinsam mit zu den Laibungen im rechten Winkel liegenden ¨ berarbeitung von den Tu¨rrahmen bildenden Platten zu Anschla¨gen vorkommen ko¨nnen111. Eine U leichter Schra¨ge hat sich auch am Haupttor von Trysa erhalten. Pfanneneinlassungen an der Schwelle sind, soweit dies u¨berhaupt ohne Grabungsta¨tigkeit feststellbar ist, an gro¨ßeren Toren quadratisch, an Pforten ko¨nnen sie aber auch kreisfo¨rmig sein. Vereinzelt kommen auch an Decksteinen quadratische Eintiefungen vor, zumeist sind sie jedoch kreisfo¨rmig. Die in Lykien im Hellenismus verbreiteten, la¨nglichen und weit in das Mauerwerk reichenden Pfanneneinlassungen der Decksteine lassen sich an keinem klassischem Bau nachweisen112. An keinem der untersuchten Tore haben sich Reste metallener Pfannen gefunden, in den quadratischen Einlassungen an den Schwellen ko¨nnten jedoch in Holz oder Blei eingelassene kreisfo¨rmige Metallplatten gesessen haben113. In den kreisfo¨rmigen Wolfslo¨chern an den Decksteinen du¨rften keine Pfannen eingelassen gewesen sein, sondern die vielleicht metallversta¨rkten Angelko¨pfe direkt gedreht haben. Alle untersuchten Tore waren zweiXu¨gelig, nur die in die Kernbauten bzw. Tu¨rme fu¨hrenden Zuga¨nge konnten im Einzelfall auch mit einem einzelnen Tu¨rblatt verschlossen werden. Die Verriegelung der Tore erfolgte mittels Riegelbalken, von denen noch Einlassungen an den Laibungen zeugen. Diese Balkenlo¨cher ko¨nnen relativ zahlreich sein, was wohl auf sekunda¨re Vera¨nderungen zuru¨ckzufu¨hren sein du¨rfte. Die im Querschnitt quadratisch bis leicht rechteckigen Riegelbalken waren im Durchschnitt rund 0,15 m stark. Die paarweise angeordneten, quadratischen bis gedrungen rechteckigen Riegello¨cher liegen sich ha¨uWg in der oberen Ha¨lfte des Durchganges, etwa in Brustho¨he, gegenu¨ber (Fig. 11. 12. 51. 68 Abb. 27). Bisweilen war dann eines der Lo¨cher von entsprechender Tiefe, um den Spielraum, der zum Einha¨ngen des Balkens notwendig war, zu gewa¨hrleisten, in anderen Fa¨llen mag der Riegelbalken auch zweiteilig gewesen sein114. Eine weitere Variante verbindet eine horizontal liegende, jedoch im Tu¨rinneren hakenfo¨rmig nach unten erweiterte Riegeleinlassung mit einem einfachen Stoßloch, wodurch es ermo¨glicht wurde, den Riegelbalken horizontal einzusetzen und durch Einklinken zu Wxieren115. Diese Hakenriegel ko¨nnen aufwendig und durchdacht 111
An der Su¨dbastion von Limyra sind die Falze der Su¨dpforte im rechten Winkel, die Falz des erhaltenen Laibungssteines des Nordeinganges jedoch schra¨g hinterschnitten. Schra¨g hinterschnittene Falze Wnden sich zudem am Haupttor von Limyra und am Haupttor von Pinara, aber auch an Nebeneinga¨ngen, wie der Su¨dpforte der Burg von Ko¨ybas¸ı. Die zahlenma¨ßig dominierende Variante bilden die rechtwinkligen Falze. 112 Zu den la¨nglichen Pfanneneinlassungen hellenistischer Turmgeho¨fte in Lykien s. Konecny, Turmgeho¨fte 53 f. Ein im Bereich der Burg von Tu¨se aufgefundener, jedoch nicht mit Sicherheit der klassischen Anlage zuweisbarer Deckstein weist zwei la¨nglich-rechteckige Einlassungen auf, in die zusa¨tzlich kreisfo¨rmige Angello¨cher eingetieft sind. s. Verf. in: Lykische Studien 2, 153 und Abb. 50. 113 Einen Hinweis auf das einstige Vorhandensein ei-
ner Metallpfanne la¨ßt sich jedoch auf alten Aufnahmen der Schwelle der Su¨dpforte der Su¨dbastion von Limyra ablesen, wo sich wohl vom Bleiverguß und einem Eisenstift stammende Metallreste erhalten haben (Abb. 29). 114 Zur Rekonstruktion eines solchen zweiteiligen Riegelbalkens, dessen Teile allerdings in Schublo¨chern untergebracht werden konnten, siehe Winter, FortiWcations Abb. 304. 115 Hakenfo¨rmige Riegello¨cher Wnden sich am Haupttor von Hoyran (Verf. in: Lykische Studien 2, 215 Taf. 57, 2), am Nordosttor von Xanthos und an einem Geho¨ft am Ostrand der Ebene von Sarılar (Einen Vorbericht s. M. Miller, IstMitt 41, 1991, 222 Abb. 8). Bei einem unterhalb der Burg von Teimiusa gelegenen Wohnhaus diente eine solche Einrichtung als Fensterverschluß: Verf. in: Lykische Studien 1, 138. Hakenfo¨rmige Riegello¨cher wurden an hellenistischen Befestigungen und Turmgeho¨f-
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Lage und Anlage lykischer Siedlungen in klassischer Zeit
gearbeitet sein: In Hoyran vertieft sich das hakenfo¨rmige Riegelloch gleichma¨ßig in das Torinnere, wo der im Stoßloch Wxierte Balken in rechtem Winkel zur Laibung zu liegen kam und in der vollen La¨nge aufgenommen werden mußte (Abb. 104). Alle diese Verschlußsysteme sind im Konzept relativ einfach, jedoch aufwendig zu bedienen, zwingen sie doch dazu, die Riegelbalken vo¨llig zu entfernen. Die in Lykien im Hellenismus ga¨ngige fortschrittliche Lo¨sung der im Mauerinneren untergebrachten Schubriegel war in klassischer Zeit in dieser Region scheinbar noch nicht bekannt116. In die Schwelle eingetiefte kleine Stoßlo¨cher, die sich am Burgtor von Limyra und dem Turmtor von Bu¨yu¨k Avs¸ar feststellen ließen, dienten wohl dazu, einen senkrechten, zur Fixierung eines einzelnen Tu¨rblattes dienenden Riegel aufzunehmen. Bezu¨glich der Gestaltung der Tu¨rbla¨tter sind wir auf Informationen aus der Reliefkunst angewiesen: Auf der Stadtdarstellung Pinara, Nordseite, unteres Bildfeld lassen sich am Haupttor der wiedergegebenen Niederlassung zwei kassettierte Tu¨rXu¨gel ausnehmen (Abb. 175). Eine verwandte Darstellung Wndet sich auf einer Stadtdarstellung vom Nereidenmonument (Block 871 b). Diese Tu¨rbla¨tter bestanden wohl aus massivem Holz und hatten, wie der an erhaltenen Toren ablesbare Abstand von Anschlag zu den Riegelbalkeneinlassungen an den Laibungen bzw. den Stoßlo¨chern an der Schwelle zu erschließen erlaubt, eine Rahmenbreite von durchschnittlich etwa 0,12 m. Die ho¨lzernen Tu¨rbla¨tter waren mit großer Wahrscheinlichkeit zumindestens teilweise mit Eisen- oder Bronzeblech beschlagen117. Der Umstand, daß Tu¨rbeschla¨ge bis heute im lykischen Denkmalbestand nicht nachweisbar sind, la¨ßt sich durch die geringe Grabungsta¨tigkeit und intensiven Metallraub wa¨hrend der Spa¨tphasen der Niederlassungen ausreichend erkla¨ren. Die auf einigen lykischen Felsgra¨bern dargestellten Tu¨rbla¨tter mit Beschla¨gen und Zierna¨geln erlauben es immerhin, eine bildhafte Vorstellung des Tu¨rschmuckes der Epoche zu gewinnen.
ten nur sekunda¨r – in der Spa¨tantike ? – angebracht. Ein Beispiel Wndet sich am Turmgeho¨ft von Kilise. s. B. Yener in: Lykische Studien 2, 94. 116 Schubriegel aus Pydna und zahlreichen Turmge-
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ho¨ften wurden publiziert. s. Adam, Architecture 133 Abb. 86. 87; Konecny, Turmgeho¨fte 54. 117 Zu Tu¨rblechen und Na¨geln s. Lawrence, Aims 249; Winter, FortiWcations, 257 f.; Maier II 76.
Stadtdarstellungen und befestigte Siedlungen Zur Fragestellung118 ¨ ber das Auftreten und die mo¨glichen Interpretationsebenen des innerhalb des zeitgeno¨ssischen U griechisch-anatolischen Kunstraumes weitgehend isoliert stehenden Motives der Stadtdarstellungen in der lykischen Kunst der Hochklassik wurde bis zuletzt diskutiert, ohne daß sich in der Forschung ein Konsens etabliert ha¨tte119. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit erscheint es daher zweckma¨ßig, sich vorrangig auf die Frage der Vergleichbarkeit der im Relief wiedergegebenen Bauformen mit der in Lykien erhaltenen Bausubstanz klassischer Siedlungen zu beschra¨nken120. Wenngleich diese Fragestellung ebenfalls nicht vo¨llig neu sein mag, so rechtfertigen doch die in den letzten Jahren durchgefu¨hrten Untersuchungen des lykischen Denkmalbestandes und die daraus resultierende verbesserte Kenntnis des ¨ berlegungen. Siedlungsbildes in klassischer Zeit eine Wiederaufnahme diesbezu¨glicher U Bei der inhaltlichen Deutung der Stadtdarstellungen stand seit ihrer Entdeckung die Frage nach einer mo¨glichen IdentiWzierbarkeit der dargestellten ‘Sta¨dte’ mit bestimmten lykischen Siedlungen im Vordergrund. So empfanden Reisende die vier Bildtafeln des Grabes mit Vorhalle als vier Ansichten der Stadt Pinara121, ließen aber oVen, wie eine derartige Vervierfachung zu interpretieren sein sollte, da eine Erza¨hlung in kontinuierendem Stil wohl auszuschließen ist122. Auch die Stadtdarstellung auf dem Izrazamonument wurde von ihren Entdeckern fu¨r eine Ansicht der Stadt Tlos gehalten, ein Gedanke, der immer neue Verfechter gefunden hat123. Schon O. Benndorf zweifelte die Legitimita¨t solcher IdentiWzierungen an und wies darauf hin, daß Argumente, die in diesem Sinn angefu¨hrt worden waren, zu allgemein gehalten und damit auf beliebige lykische Orte passend wa¨ren124. Einen neuen Ansatz brachte W. Wurster in die Diskussion ein, der im Rahmen seiner Surveys reiche Erfahrung mit dem antiken architektonischen Denkma¨lerbestand Lykiens gesammelt hatte. Er interpretierte die Stadtdarstellungen als piktogrammartige Ku¨rzel, die allgemeine Charakteristika lykischer Sta¨dte zu einer Art Idealbild zusammenziehen, schloß aber nicht aus, daß historische Sta¨tten gemeint sein ko¨nnten, die anhand einzelner identiWzierbarer Monumente dem antiken Betrachter erschließbar gewesen wa¨ren125. Seine analytischen Betrachtungen blieben in erster Linie auf siedlungstopographischer Ebene und beschra¨nkten sich auf ein induktives Erfassen des im Relief wiedergegebenen architektonischen Formengutes126. Einen Versuch, im Denkmalbestand u¨berlieferte Siedlungsformen mit den im Relief dargestellten Niederlassungen zu verbinden, unternahm er nur im Ansatz. ¨ berbauung der von ihm unterDies erkla¨rt sich, worauf Wurster selbst hinwies, durch die vielfache U suchten Siedlungen, die einem fu¨r eine vergleichende Untersuchung unabdingbaren Erfassen der klassischen Siedlungssubstanz im Wege stand.
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Das Kapitel zu den Stadtdarstellungen entspricht in geku¨rzter und etwas u¨berarbeiteter Form einem Vortrag, den zu halten der Verf. anla¨ßlich des 2. Internationalen Lykienkongresses 1990 in Wien Gelegenheit hatte und der in den Symposionsakten erschienen ist. s. Verf. in: Lykiensymposion II 31–38 Abb. 1–2. 119 Neuere Literatur zu dem Thema s. nur Wurster, Stadt passim; Childs, City passim; J. Borchhardt, RA ¨ zgan, 1976, 78 –82; Jacobs, Grabkunst 61–64; Bruns-O Grabreliefs 202–204; Verf., Su¨dtor 92–103. 120 Zur Forschungsgeschichte und der Problematik der Stadtdarstellungen s. auch Verf. in: Lykiensymposion II 31–33. 121 s. Fellows, Travels 321 f.; Im gleichen Sinn W. H.
Schuchhardt, AM 52, 142 und zuletzt auch Borchhardt, Lykia 1, 1994, 16 f. bes. 22 und im perso¨nlichen Gespra¨ch. 122 Anders die Situation beim kleinen Sockelfries des Nereidenmonumentes, wo die Mo¨glichkeit besteht, daß viermal die selbe Stadt in verschiedenen Stadien der Belagerung wiedergegeben ist. s. Schuchhardt, a. O. 108 V.; Childs, City 89. 91. 123 s. Fellows, Travels 35; Borchhardt, RA 1976, 1976, 79. 124 Reisen I 54. 125 Wurster, Stadt 147 f. 126 Wurster, Stadt 149 f.
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Lage und Anlage lykischer Siedlungen in klassischer Zeit
Befestigte Siedlungen und Stadtdarstellungen im Vergleich Die Heterogenita¨t der Stadtdarstellungen legt eine Einteilung in Gruppen nahe, wie sie auch schon verschiedentlich vorgenommen wurde127. Im Folgenden soll die typologische Dreiteilung von Childs u¨bernommen werden: 1) symbolhaft verku¨rzte Stadtdarstellungen; 2) Darstellungen, in denen das Siedlungsbild auf Befestigungslinien bzw. eine Abfolge von Tu¨rmen reduziert ist, wobei die Kurtinen bisweilen von Innenverbauung u¨berragt werden, wodurch ein Eindruck ra¨umlicher Tiefe entsteht; 3) stark ra¨umlich empfundene Darstellungen, die dem landschaftlichen Kontext sowie dem topographischen und architektonischen Gesamtaufbau der Siedlungen große Bedeutung einra¨umen. Fu¨r unsere Fragestellung bieten die kompakten und stark verku¨rzten Darstellungen der ersten Gruppe keine weiterfu¨hrenden Informationen, da sie weder den Aufbau der Siedlungen abzulesen erlauben, noch sich in Einzelformen und Details auXo¨sen lassen. Die detailreichen Reliefs der zweiten Gruppe ermo¨glichen es zwar, Lage und Typologie von Toren, Tu¨rmen sowie das Vorhandensein und die Gestaltung von Wehrga¨ngen abzulesen, aufgrund ihres stark fassaden- bzw. kulissenhaften Charakters kommen jedoch erhebliche Zweifel an einer Interpretation als getreue Wiedergabe zeitgeno¨ssischer Bauformen der Region auf 128. Diese skeptische Haltung wird durch den Umstand gerechtfertigt, daß sich bisher sowohl die dicht gestellten Tu¨rme im Mauerverlauf, als auch bestimmte bauliche Details, wie z. B. die – nur aufgrund perspektivischer Verku¨rzung ? – spitzbogig abgeschlossenen Pforten der großen Stadtdarstellung von Trysa, im lykischen Denkmalbestand nicht nachweisen lassen. Bei diesen Reliefs ist m. E. die formale Verwandtschaft mit dem zum Bildhintergrund reduzierten Stadtmotiv der zeitgeno¨ssisch-griechischen Kunst am ausgepra¨gtesten: Da wie dort Wndet sich eine Verku¨rzung auf die linear empfundene und durch ihre Wehrgangsaufbauten charakterisierte Befestigungslinie sowie eine ausschnitthafte Wiedergabe einzelner Tore und Tu¨rme, wa¨hrend das Siedlungsinnere bestenfalls durch einzelne, die Mauern u¨berragende Monumente angedeutet wird129. Angesichts dieser Beobachtungen ¨ berlegungen zur Rekonbleibt es wohl vorzuziehen, die entsprechenden Darstellungen aus unseren U struktion lykischer Siedlungsbilder auszuklammern. Im Sinne der angestrebten Vergleichbarkeit von lykischen Siedlungen und den Stadtbildern bieten sich fu¨r die vorliegende Untersuchung die Darstellungen mit dem ausgepra¨gtesten Raumempfinden und der sta¨rksten Beachtung des landschaftlichen Kontexts an. Diese entsprechen der Gruppe III von Childs und Borchhardt, zu der die Reliefs von Pinara, Tlos und Limyra za¨hlen130. Da sie in geschlossenen Bildfeldern angelegt sind, ohne in direktem Bezug zu einem Fries zu stehen, unterscheiden sie sich auch in ihrem formalen Verha¨ltnis zum Reliefprogramm von anderen Stadtdarstellungen131. ¨ bereinstimmung der topographischen Charakteristika der im Relief wiederAuf die generelle U gegebenen Siedlungen und der lykischen Niederlassungen im allgemeinen ist zuletzt Wurster eingegangen132. Seinen diesbezu¨glichen Bemerkungen la¨ßt sich nichts Neues hinzufu¨gen.
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s. Childs, City 17. 106; J. Borchhardt, RA 76, 1976, 82. 128 ¨ bereinstimmungen mit im DenkmalAllgemeine U bestand u¨berlieferten Formen erlauben keinen sicheren Schluß darauf, daß hier zeitgeno¨ssisch lykische Architektur einigermaßen getreu wiedergegeben werden sollte. Bezu¨g¨ bereinstimmung der Tortypen in Relief lich allgemeiner U und Denkmalbestand s. Verf., Su¨dtor 102 f. 129 Zu den Beispielen der griechischen und etruskischen Kunst, insbesondere aus Vasenmalerei und Reliefkunst s. Childs, City 58 V. Anhand der Reliefs dieser Gruppe wird die immer wieder postulierte Anlehnung der Stadtdarstellungen an die griechische Skenographie bzw. an Werke der großen Malerei nachvollziehbar. Zu Vorbildern in der großen Malerei s. W. H. Schuchhardt,
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¨ zgan, Grabreliefs 204. Zu griechiAM 52, 143; Bruns-O schen literarischen Quellen s. Childs, City 71–73. Literaturangaben s. Wurster, Stadt 144 Anm. 58. 130 Die vier an den Seitenwa¨nden der Vorhalle eines Fassadenkammergrabes angebrachten Reliefs von Pinara weisen erhebliche Unterschiede in der ra¨umlichen Konzeption auf. 131 ¨ zgan (Grabreliefs 202) unterstreicht Auch Bruns-O die Bedeutung des Bildformats fu¨r eine Analyse der Reliefs der dritten Gruppe, ihrem Schluß auf eine durch die verfu¨gbare ReliefXa¨che determinierte Entwicklung der Bildtypen vermag man sich jedoch nur schwerlich anzuschließen. 132 Wurster, Stadt 149 f.
Stadtdarstellungen und befestigte Siedlungen
Da die Mehrzahl der Reliefs der Gruppe III, die uns im Folgenden bescha¨ftigen werden, bezu¨glich Details und Einzelformen nur beschra¨nkt aussagekra¨ftig sind, was zum einen auf die fernsichtige Betrachtungsweise, zum anderen wohl auch auf den Erhaltungszustand zuru¨ckzufu¨hren ist, sollen vor allem die Gesamtanlage der im Relief wiedergegebenen Siedlungen mit den aus dem Denkmalbestand ablesbaren Informationen zum Aufbau lykischer Niederlassungen verglichen werden. Wie die erhaltenen Grundrisse und die Stadtdarstellungen belegen, beherrschten turmartige Kernbauten die lykischen Gipfelfestungen. Daß diesen Tu¨rmen, jenseits ihres festungstechnischen Nutzens, repra¨sentative Bedeutung zukam, macht nicht nur die vorzu¨gliche Gestaltung ihres Mauerwerks, sondern auch die ihnen im Stadtbild eingera¨umte Stellung deutlich. Verschiedene Burgtypen lassen sich auch im Relief unterscheiden: In Pinara sind z. B. Einzel- und Doppelturmanlagen sowie eine kompakte Burganlage ablesbar. An die Gipfelbefestigungen schließen im Relief und im Denkmalbestand Mauerringe an, die eine Wohnsiedlung in Hanglage bzw. auch Grabbauten umfassen. Auf die verblu¨Vende strukturelle Verwandtschaft der auf dem Bildfeld Pinara Nordseite, unten, abgebildeten Anlage mit der befestigten Siedlung von Hoyran muß hier nochmals nachhaltig hingewiesen werden (Fig. 49 Abb. 175)133. Das zentrale Element der im Relief auf einer felsigen Kuppe dargestellten Burg bildet ein die Mauern u¨berragender Turm mit hochgelegenem Eingang, dessen Ru¨ckseite oberhalb leicht fallenden Gela¨ndes angriVsseitig ansteht. Die im Vordergrund beWndlichen, den Turm verdeckenden Kurtinen verlaufen auf einer Hangkante mehrfach verspringend bergabwa¨rts, bis sie an einen das Haupttor der Siedlung u¨berragenden Turm gelangen. Das axiale Tor liegt direkt an den Burgfelsen gesetzt in einem Sattel und wird am linken Bildabschluß von ho¨hergelegenen, wohl die Wohnsiedlung umfassenden, jedoch in der Darstellung verku¨rzten Befestigungsmauern Xankiert. Die Stadtdarstellung von Tlos schildert eine aus massiven Turmbauten, Bastionen und verbindenden Mauern aufgebaute Burganlage, die jedoch im Detail schwer zu erfassen ist (Fig. 110). Ein links im Bild, nahe dem Burgtor gelegener und eine Tu¨ro¨Vnung aufweisender, wohl als Kernbau gestalteter Turm scheint in die Burgmauer einbezogen zu sein. Etwas links unterhalb ko¨nnte am Gipsabguß das Stadttor und ein Stu¨ck getreppt verlaufendes Mauerwerk ablesbar sein. Nach rechts hin schließt die Burgmauer an einen unregelma¨ßigen, bis an einen Steilabfall reichenden turmartigen Bauko¨rper an. Den erhaltenen Teil des Reliefs aus Limyra dominiert ein sehr genau wiedergegebener Turmbau, der an ho¨chster Stelle der Anlage an eine abfallende Gela¨ndestufe gesetzt ist, wa¨hrend das Gela¨nde der Burg sich nach rechts hin langsam senkt (Fig. 17). Der Turm wird von einem etwas unterhalb gelegenen Bauko¨rper teilweise verdeckt, den eine Kurtine mit einem weiteren Bau verbindet. Dies entspricht einigermaßen dem archa¨ologischen und topographischen Befund des Bereichs der N-Bastion auf der Oberburg, so daß, Blick von Westen vorausgesetzt, eine IdentiWkation der dargestellten Anlage mit der Oberburg von Limyra/Ze˜muri in den Bereich des Vorstellbaren ru¨ckt (Fig. 16). Aufgrund des bruchstu¨ckhaften Erhaltungszustandes des Reliefs einerseits und der auf spa¨tere Umbauten zuru¨ckfu¨hrbaren Zersto¨rung des klassischen Baubestandes der Oberburg andererseits kann jedoch diesbezu¨glich eine schlu¨ssige Beweisfu¨hrung nicht erbracht werden. Die strukturelle Verwandtschaft zwischen dem aus dem Ruinenbestand ablesbaren Befund und der im Relief wiedergegebenen Burganlage ist jedenfalls auffallend. Die Pinara-Reliefs geben, wenn auch in etwas ungeschickter und additiver Weise, Siedlungs- und Befestigungstypen wieder, die in Lykien auch archa¨ologisch fu¨r diese Epoche nachweisbar sind. Es ¨ rtlichkeiten erkennbar sein sollten, wobei einzelne scheint, daß fu¨r einen Betrachter bestimmte O Aspekte, wie Verteidigungssysteme, Pala¨ste (?) und Grabbauten hervorgehoben und aneinandergereiht wurden. Wie wenig es hier um realistische Abbildung ging, belegt am besten das Bildfeld Pinara Nord-, unten, wo neben einer sehr ra¨umlich empfundenen und ausgewogenen Stadtdarstellung ein im Verha¨ltnis zu groß dimensioniertes Grabhaus wiedergegeben wurde. Dieses geho¨rte in den Augen der Auftraggeber sicherlich zu den hervorragenden Elementen der Siedlung und diente wohl auch zu ihrer Charakterisierung. Wenn man annimmt, daß in Pinara vier bestimmte Siedlungen wiedergegeben sind, wofu¨r vor allem der unterschiedliche Aufbau des jeweiligen Siedlungsbildes spricht, liegt es nahe, die 133
Zur befestigten Siedlung von Hoyran s. Verf. in: Lykische Studien 2, 205–228 bes. 225 f. und oben S. 78.
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Lage und Anlage lykischer Siedlungen in klassischer Zeit
Reliefs von Tlos und Limyra ebenfalls als Darstellungen speziWscher Niederlassungen zu interpretieren. Erstere vermittelt in gelungener Weise, bei Vermeidung des additiven Moments, die ‘Skyline’ einer aus der Ferne gesehenen lykischen Stadt, deren Tu¨rme und Mauerwerk durchaus realistisch anmuten. Das Relief von Limyra wirkt weniger geschlossen, ist aber detailreich, sowie um Abstufung der Bildebenen bemu¨ht und erweckt damit den Eindruck eines Versuches exakter Wiedergabe. Beim Vergleich zwischen den auf den Reliefs der Gruppe III wiedergegebenen sowie den aus dem Denkmalbestand ablesbaren und mit den Bildwerken anna¨hernd zeitgeno¨ssischen Siedlungsformen ¨ bereinstimmungen. Diese ergeben sich auffa¨llige, u¨ber allgemeine Charakteristika hinausgehende U betreVen nicht nur die topographische Lage und die Struktur der Niederlassungen, sondern auch die bautypologische Ebene: Hier wa¨re insbesondere die im Zentrum der Burganlagen stehenden Turmbauten hervorzuheben. Es bietet sich der Schluß an, die Reliefdarstellungen aus Pinara, Tlos und Limyra als den Versuch zu deuten, unter Ausscho¨pfung der formalen Mo¨glichkeiten der griechischen Kunst dieser Zeit, ein mehr oder weniger detailgetreues Abbild bestimmter Siedlungen zu gestalten. Besonders u¨berrascht hierbei die entwickelte Auffassung von ra¨umlicher Tiefe und perspektivischer Darstellung. Das auffa¨llige Hervorheben bestimmter Architektur, wie der Burgen mit ihren Kernbauten, der Siedlungsmauern und Tore, sowie der Pala¨ste und der Grabanlagen, welches sicherlich dynastischer Repra¨sentation diente, legt eine Interpretation der Reliefs in einem politischen Sinn nahe. Inwiefern dahinter auch jenseitige Bezu¨ge stehen, muß dahingestellt bleiben134. Die Monumente, deren sehr ra¨umlich und landschaftsbezogen empfundene Stadtdarstellungen in geschlossenen Bildfeldern liegen, datieren innerhalb der klassisch-lykischen Kunst relativ spa¨t135. Die oben erwa¨hnten Unterschiede zwischen den Darstellungen der zweiten und der dritten Gruppe du¨rften sich vielleicht auf eine Weiterentwicklung des Motives auf formaler und inhaltlicher Ebene zuru¨ckfu¨hren lassen136. Man kann folglich annehmen, jedenfalls solange keine direkten ikonographischen Vorbilder nachweisbar sind, daß in den Reliefs aus Tlos, Pinara und Limyra eine genuin lykische Scho¨pfung vorliegt137, die speziWschen propagandistischen Anforderungen der dynastenzeitlichen Fu¨hrungsschicht diente138.
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Zu einer Interpretation von Stadtdarstellungen als ‘Himmlisches Jerusalem’ s. Childs, City 105. 135 Childs, City 12, datiert das Grab mit Vorhalle von Pinara in die Zeit zwischen 370/350, wa¨hrend Wurster, Stadt 133, eine Zuweisung an die Mitte der 1. Ha¨lfte des 4. Jhs. oder die Folgejahre vorziehen du¨rfte. Das Izrazamonument datiert Borchhardt, RA 76, 1976, 90 Anm. 3, zwischen 370/360. Dieser Datierung scheint sich Wurster, Stadt 139, anzuschließen. Childs, City 16, denkt an das 2. Viertel des 4. Jhs. Die Datierung des Monuments von Limyra erweist sich aufgrund der Schwierigkeiten bei der stilistischen Einordnung von Stadtdarstellungen und dem fragmentarischen Erhaltungszustand der Kriegerdarstellung auf der Langseite als problematisch. Eine Zuweisung anderer Spolienblo¨cke an das gleiche Monument wurde zuletzt von Borchhardt unternommen, das Ergebnis dieser Arbeiten ist im Druck. Wurster, Stadt 141, spricht sich fu¨r eine vorla¨uWge Datierung in das 1. Viertel des 4.
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Jhs. aus, wa¨hrend Borchhardt im Gespra¨ch eine etwas spa¨tere Datierung vorschla¨gt. 136 Fu¨r eine Entwicklungsreihe spricht sich Childs (City 46 –47. 107) aus. Dagegen argumentiert Wurster, Stadt 144 f., mit der unterschiedlichen ra¨umlichen Artiku¨ zgan lation der Meister vom Nereidenmonument. Bruns-O schließt sich bezu¨glich einer Entwicklung Wurster an (Grabreliefs 203 Anm. 802). 137 Jacobs, Grabkunst 64, spricht von einer lokalen Errungenschaft. 138 So spricht sich Borchhardt, RA 76, 1976, 81, dafu¨r aus, die „Erkla¨rung fu¨r die relativ zahlreichen Burgdarstellungen in der aristokratischen Gesellschaftsordnung zu suchen“. Auch Jacobs, Grabkunst 64, erkla¨rt das Entstehen des lykischen Historienbildes, zu dessen Pha¨nomenologie die Stadtdarstellungen zu za¨hlen sind, mit dem Repra¨sentationswillen lykischer Herrscher.
Hellenistische Befestigungen in Lykien Zum Forschungsstand Die geringe Aufmerksamkeit, die bis heute der Erforschung lykischer Siedlungen und Befestigungen gewidmet wurde, wirkt sich grundsa¨tzlich auch auf unsere Kenntnis hellenistischer Befunde aus. Es ergibt sich jedoch, daß die eingehend untersuchten und entsprechend publizierten Wehranlagen von Pydna und Beymelek der hellenistischen Periode zugewiesen werden konnten, und folglich in diesem Forschungsbereich erste Grundlagen zur Verfu¨gung stehen. Trotzdem kann im Folgenden nur eine u¨berblicksartige und wenig diVerenzierte Darstellung geboten werden, die im Detail sicherlich zahlreicher Korrekturen bedu¨rfte. Die auf dem Gebiet von Xanthos beWndliche Festung von Kydna oder Pydna wurde von J.-P. Adam in vorbildlicher Weise dokumentiert und die Ergebnisse im Rahmen einer Monographie zu griechischer Milita¨rarchitektur publiziert1. Die dreischenkelige Befestigungsanlage war u¨ber ein Haupttor und mehrere Nebentore (Poternen) zuga¨nglich, die alle im Schutz von Mauertu¨rmen lagen (Fig. 99 Abb. 178 –180). Es Wnden sich neben den Tu¨rmen auch aus der KurtinenXucht im rechten Winkel vorspringende Xankierende Mauerabschnitte. Adam interpretiert die in den fru¨hen Hellenismus datierende Anlage als Bestandteil der Territorialverteidigung von Xanthos und weist sie einem Bauprogramm zu, dem auch Befestigungen im Zentralort angeho¨rten2. Eine beim Dorf Beymelek in der Ebene von Myra gelegene, aus zwei Tu¨rmen, einem Hof und Kurtinen aufgebaute Anlage wurde von A. V. McNicoll und T. WinikoV eingehend untersucht und als hellenistisches Fort interpretiert, welches die fruchtbare Ku¨stenebene vor Einfa¨llen aus den Bergen schu¨tzen sollte (Abb. 181. 182)3. Im Zuge des Myrasurveys bezogen J. Borchhardt und seine Mitarbeiter erstmals auch das Umland einer lykischen Stadt in eine archa¨ologische Untersuchung ein. Dabei wurden im Bereich der DemreKu¨stenebene und dem gebirgigen Umland eine gro¨ßere Anzahl von Befestigungen und Turmbauten entdeckt und beschrieben. Die Tu¨rme schrieb J. Borchhardt einer Kette von Wacht- und Signalposten aus hellenistischer Zeit zu (Abb. 183. 184), wa¨hrend die befestigten Siedlungen mit vorro¨mischer Bausubstanz als Herrensitze oder Garnisonsposten interpretiert wurden4. Im Rahmen eines Surveys wurden die erhaltenen Abschnitte der hellenistischen Befestigungen von Sidyma untersucht (Fig. 93 Abb. 176. 177. 216)5. Von besonderem Interesse ist das Haupttor der Siedlung, das in einem breitrechteckigen, hinter die Befestigungslinie zuru¨ckgenommenen Torhof liegt und von einem schra¨g vorspringenden Turm Xankiert wird. Planskizzen und kurze Beschreibungen der Befestigung oberhalb Andriakes und der Ringmauer von Aperlai wurden vero¨Ventlicht6. Beide, zahlreiche Tu¨rme und Mauerverspru¨nge aufweisende Anlagen du¨rften in den Hellenismus datieren (Fig. 97. 100 Abb. 189–191. 197–201). Die große, in den
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s. Adam, Architecture 123–165. Zur strategischen Lage der Festung s. Adam, Architecture 120. Zur Datierung und der Verbindung mit einem Ausbau von Xanthos s. ebenda 165. Zuletzt im Bereich der Befestigungen von Xanthos durchgefu¨hrte Grabungsarbeiten haben jedoch Hinweise auf eine Datierung der hellenistischen Bauabschnitte in das spa¨tere 2. Jh. v. Chr. ergeben s. o. S. 103. 3 s. A. V. McNicoll – T. WinikoV, AJA 87, 1983, 311 V. 4 J. Borchhardt, Myra 49. 2
5
s. S. Dardaigne – Ed. Fre´zouls, Kte`ma 10, 1985 213 V.; Wurster in: Actes 32; Verf., Su¨dtor 83 f. Abb. 27. 6 Zu den Befestigungen Andriakes s. W. Wurster in: Myra 52 V. Abb. 8 Taf 15. Eine Planskizze von Aperlai von E. Peters und R. Dzwillo s. Verf., Su¨dtor 87 Abb. 28. In Aperlai wa¨ren genauere Untersuchungen notwendig, um die hellenistische Bausubstanz von ju¨ngeren Umbauten zu diVerenzieren. Im Ostteil des Mauerringes, nahe dem Tor, Wnden sich wahrscheinlich auch Teile einer kleinen klassischen Anlage.
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Hellenistische Befestigungen in Lykien
Hellenismus geho¨rige Ringmauer von Kyaneai wird zur Zeit genauer untersucht (Abb. 211)7. Auch in Kadyanda scheinen sich Abschnitte hellenistischer Befestigungen erhalten zu haben (Abb. 192)8. Die nordlykischen Niederlassungen Oinoanda und Balboura wurden in den letzten Jahrzehnten erforscht; dabei fanden auch die im Hellenismus entstandenen Befestigungen Aufmerksamkeit9. Nicht publiziert, aber m. E. zumindestens abschnittsweise ebenfalls in den Hellenismus geho¨rig sind die Befestigungen von Finike, Arneai (Ringmauer: Fig. 73 Abb. 140. 142), Antiphellos/Kas¸ (Abb. 203. 204) und Patara (Abb. 205. 206), um nur einige zu nennen10. Dank der Forschungen A. Konecnys und des Kyaneaisurveys wurden zuletzt auch zahlreiche Turmgeho¨fte bekannt, welche bautechnisch der reinen Befestigungsarchitektur nahe stehen und folglich eine bedeutende Informationsquelle zu unserem Fragenkreis bieten (Abb. 183). Konecny konnte diesen Bautyp mit seinen Nebenbauten herausarbeiten und seine vornehmlich zivile Nutzung klarstellen11. Auch die Tu¨rme um Myra, die J. Borchhardt einem System von Wacht- und Signaltu¨rmen zuschrieb, wurden mit u¨berzeugenden Argumenten als landwirtschaftliche Einrichtungen gedeutet12. Die von Wurster in klassische Zeit datierte befestigte Anlage von Sura mit ihrem regelma¨ßigen, la¨nglich-rechteckigen Grundriß, welcher aus symmetrisch auf einen Korridor mu¨ndenden Ra¨umen besteht, du¨rfte m. E. ebenfalls in hellenistischer Zeit errichtet worden sein und vielleicht zum Schutz der unterhalb gelegenen agrarischen Niederlassung gedient haben (Fig. 109 Abb. 186. 187)13. Mauertechnik und Mauerstil I. Mauertechnik A) Zweischalenmauern und Mauerbreite Hellenistische Befestigungsmauern in Lykien sind zumeist zweischalig konzipiert. Diese Regel gilt – soweit sich dies feststellen la¨ßt – auch fu¨r Turmunterbauten mit Einschu¨ttung und ha¨uWg auch fu¨r Terrassierungen14. Insgesamt kamen, soweit der Denkmalbestand dies zu beurteilen erlaubt, in hellenistischer Zeit als Terrassierung gestalteten Mauerabschnitten und Unterbauten mit Einschu¨ttung nicht die gleiche Bedeutung zu, wie im klassischen FortiWkationswesen.
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s. B. Kupke, IstMitt 41, 1991, 204 V. bes. 208; F. Kolb in: VIII. AST (1990) 359; ders. in: X. AST (1992) 396 und Abb. 5. 8 s. A. V. McNicoll, Hellenistic FortiWcations from the Aegean to the Euphrates, Diss. Oxford (1971) 247. Polygonales Mauerwerk mit Bossierung und Randschlag. 9 Zur Topographie Oinoandas s. A. S. Hall, AnatSt 26, 1976, 191–197; ders., AnatSt 28, 1978, 5 f.; Die teils quaderhaften, teils polygonalen Befestigungen Oinoandas ko¨nnten pergamenischen EinXuß widerspiegeln: J. J. Coulton, AnatSt 32, 1982, 121; McNicoll a. O. 203 V. 247; Zu Balboura s. J. J. Coulton in: IV. AST (1986) 172 Abb. 22; ders., REA 96, 1994, 327–336. 10 Zu einer als Aqua¨dukt verwendeten polygonalen Mauer in Patara, die urspru¨nglich zu einer Befestigungslinie mit Poternen geho¨rt haben ko¨nnte s. K. Sams, Archaeology 28, 1975, 202 V. Beaufort, Karamania 3 f., beschreibt wohl die ju¨ngeren Mauern im Hafenbereich. Die seit einigen Jahren in Patara laufenden Arbeiten der tu¨rkischen Archa¨ologen unter der Leitung von F. Is¸ık werden wahrscheinlich bald neue Erkenntnisse zu dem Befestigungssystem bringen. Eine Planskizze von Antiphellos s. Ch. Texier, Description de l’Asie Mineure III (1849) 191. Die isodome Seemauer scheint auch Beaufort (Karamania 14) zu erwa¨hnen, bezeichnet sie aber als Terrassierung. In
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Finike haben sich stark zersto¨rte Ruinen einer turmbewehrten Ringmauer aus pseudoisodomem Quaderwerk mit Bosse und Randschlag erhalten. Die mittelalterliche Anlage ist in besserem Zustand. B. Pace, ASAtene 6/7, 1923/ 1924, 430 f. 11 Ein Großteil der Turmbauten, die A. Konecny in seiner Arbeit vorstellt, sind nicht nur auf Fruchtra¨ume orientiert, sondern weisen auch Nebengeba¨ude auf, in denen sich bisweilen landwirtschaftliche Installationen erhalten haben. s. A. Konecny, Lykische Studien 1, 87 V.; ders. in: Lykiensymposion II 47–54; ders., REA 96, 1994, 315–326. Im Zuge des Kyaneai-Surveys wurden zahlreiche, um solche turmartige Kernbauten gruppierte Anlagen entdeckt, die oft so nahe beisammen liegen, daß eine milita¨rische Nutzung auszuschließen ist. Dazu s. M. Miller, IstMitt 41, 1991, 220 V.; ders. in: Lykische Studien 1, 57 V.; B. Yener, Lykische Studien 1, 95 f.; dies. ¨ Jh 63, 1994, in: Lykische Studien 2, 93–102; Verf., O 114 Anm. 51. 12 s. Konecny, Turmgeho¨fte passim. 13 s. oben S. 141 Anm. 61. 14 Der zweischalige Unterbau des Turmes mit U-fo¨rmigem Grundriß an der OstXanke von Xanthos hatte beispielsweise eine Einschu¨ttung von mehreren Metern Ho¨he.
Hellenistische Befestigungen in Lykien
Die Mauerbreiten an lykischen Befestigungen hellenistischer Zeit sind im Durchschnitt auffallend gering, wobei Werte zwischen 0, 90 m und 1, 20 m u¨berwiegen15. An bastionsartigen Gipfelbefestigungen kommen auch gro¨ßere Mauersta¨rken vor, die jedoch kaum jemals Werte von u¨ber 2, 00 m erreichen. Ob sich in dem ha¨uWgen Vorkommen von derartigen, fu¨r hellenistische Stadtbefestigungen ungewo¨hnlich schwachen Kurtinen an lykischen Mauerringen eine gesetzliche Regelung widerspiegeln ko¨nnte, kann hier nur zur Diskussion gestellt werden16. B) Das Vorkommen von Binderblo¨cken als Datierungskriterium Das Zweischalenmauerwerk der aus Lykien bekannt gewordenen hellenistischen Wehrbauten zeichnet sich durch die systematische Anwendung von Binderblo¨cken aus (Fig. 96. 98 Abb. 60. 61. 200. 204. 216)17. Es kommen sowohl horizontale bandartige Plattenbinderscharen als auch einzelne, in regelma¨ßigen Absta¨nden versetzte Binderblo¨cke vor. Letztere sind oft auffallend lang und schmal; sie binden daher meist durch die gesamte Mauer und ko¨nnen auch an der Innenseite vorkragen (Abb. 204)18. Beide Varianten fanden bisweilen nebeneinander am selben Bau Anwendung. Die konstruktiven Qualita¨ten einer solchen La¨ufer-Binderbauweise lassen sich am Denkmalbestand ablesen: In dieser Technik errichtete mehrsto¨ckige Turmbauten konnten sich u¨ber die Jahrtausende hinweg bis in Firstgiebelho¨he erhalten (Abb. 181–183)19. In klassischer Zeit fand diese Bautechnik in Lykien keine Anwendung, lassen sich doch weder im Polygonal- noch im Trapezoidalmauerwerk dieser Periode Binderblo¨cke nachweisen20. Da innerhalb einer geschlossenen Kulturlandschaft die gleichzeitige Anwendung zweier konstruktiv ungleichwertiger Mauertechniken an Bauten des fu¨r Neuerungen zumeist oVenen milita¨rarchitektonischen Formenkreises wenig Wahrscheinlichkeit hat, darf man annehmen, daß die technisch ho¨her entwickelte und
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Die in Lykien zahlreichen, freistehenden Tu¨rme, die als Kernbauten von Turmgeho¨ften zu interpretieren sein du¨rften, haben im Erdgeschoß Mauersta¨rken zwischen 0, 70 m und 1,10 wobei Mittelwerte dominieren. Dazu s. Konecny, Turmgeho¨fte 62. Die Mauersta¨rken des Mauerringes von Kydna liegen an der Basis zwischen 0, 95 und 1, 20 m, wobei die Bossen in diesen Maßen eingerechnet sein du¨rften, und verringern sich geringfu¨gig nach oben zu. Dazu s. Adam, Architecture 123. Die Befestigung der mittellykischen Stadt Aperlai sind ebenfalls rund 0, 90 m stark. Dazu s. Verf., Su¨dtor 86 Abb. 28 –29. Auch die in hellenistischer Zeit errichteten Abschnitte der Befestigungen von Bayındır Limanı (s. o. im Katalog S. 90 f.) und die Kammbefestigung von Andriake (1, 20 m) sind auffallend schmal. 16 F. G. Maier schließt aus einer fragmentarischen Inschrift (IG II/III 2 404, 7. 16), die einen attischen Volksbeschluß bezu¨glich des Wiederaufbaus von FortiWkationen auf Keos betriVt, und der geringen Breite der nach der Schleifung durch die Athener erneuerten Stadtmauern der Poleis der Insel auf eine gesetzliche Beschra¨nkung der Mauersta¨rken: Die neuzubauenden FortiWkationen sollten dazu ausreichen, einen PiratenangriV zuru¨ckzuschlagen, durften aber einer Belagerung mit Maschinen nicht standhalten. Dazu s. F. G. Maier, AM 73, 1958, 16. Zur betreVenden Inschrift s. auch Maier 1 Nr. 35. 17 Zur plan- und regelma¨ßigen Verwendung von Bindern im Mauerwerk hellenistischer Turmgeho¨fte in Lykien s. Konecny, Turmgeho¨fte 63. 73. Zum Mauerwerk des Forts bei Yukarı Beymelek mit Bindern von Mauerbreite s. A. V. McNicoll – T. WinikoV, AJA 87, 1983, 313 f.
Zum Vorkommen von Hochkantbindern im Mauerwerk der Befestigungen von Sidyma s. S. Dardaigne – Ed. Fre´zouls, Kte`ma 10, 1985, 213 f. Taf. 1 Abb. 3. 4. Zu Bindern in den hellenistischen Befestigungsmauern der Lykien benachbarten Niederlassung Phaselis s. J. Scha¨fer, Phaselis, IstMitt Beih. 24 (1981) 52. 54. Taf. 11–15. 61–63. 18 Diese Hochkantbinder ko¨nnten aus dem hellenistischen Festungsbau des Ostens stammen. Dazu s. Wrede, Mauern 58 f. Anm. 6; Maier II 108 Anm. 194; Martin, Manuel 406 V. Wenngleich diese Bautechnik mo¨glicherweise schon in der zweiten Ha¨lfte des 4. Jhs. aufgetreten sein mag, la¨ßt sich eine regelma¨ßige Anwendung jedenfalls erst fu¨r den Hellenismus nachweisen. Zum regelma¨ßigen Vorkommen von Bindern im Mauerwerk hellenistischer Wehrbauten s. W. Wrede, AM 54, 1929, 79; Wrede, Mauern 57. 61; R. A. Tomlinson, JHS 81, 1961, 133 V.; Lawrence, Aims 237; Kienast, Samos 28 V. 94 V.; Maier II 93 V.; Konecny, Turmgeho¨fte 76 f.; L. Karlson, FortiWcation Towers and Masonry Techniques in the Hegemony of Syrakuse (1992) ActaAth 4, 49, 83 V. (mit zahlreichen Abbildungen); zur philetairischen Stadtmauer von Pergamon: K. Rheidt, IstMitt 42, 1992, 242. 19 Zu einem Turm bei Myra s. J. Borchhardt in: Myra 50 f. Abb. 5; Konecny, Turmgeho¨fte 19 V. Zu den zwei viergeschoßigen Tu¨rmen des Forts von Beymelek s. A. V. McNicoll – T. WinikoV, AJA 87, 1983, 314. 20 Die einzige dem Verfasser bekannt gewordene Ausnahme bietet ein noch unpublizierter Terrassenbau auf der Insel Kekova, dessen stilistisch dem trapezoidalen Formenkreis zuordenbare Zweischalenmauern unsystematisch verwendete Binderblo¨cke aufweisen.
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bedeutend stabilere Variante spa¨ter aufgetreten sein du¨rfte21. Ein regelma¨ßiges Vorkommen von Binderblo¨cken kann folglich beim heutigen Forschungsstand als Datierungskriterium fu¨r das Entstehen einer Mauer in nachklassischer Zeit gewertet werden. II. Mauerstile an hellenistischen Befestigungen22 Ein regelma¨ßiges Vorkommen von Binderblo¨cken ist in Lykien charakteristisch fu¨r hellenistisches Mauerwerk welches sich aber auch stilistisch von der a¨lteren, anna¨hernd pseudoisodomen und trapezoidalen Gestaltung absetzt; dabei gilt es neben dem massiven Auftreten pseudoisodomen Quaderwerks eine Renaissance des polygonalen Stiles hervorzuheben23. Auffallend ist das vo¨llige Fehlen trapezoidalen Mauerwerks in dieser Periode24. A. Der pseudoisodome Stil (Fig. 96. 98 Abb. 9. 177. 181. 187. 191. 193) Der pseudoisodome Stil Wndet sich ha¨uWg an lykischen Befestigungen und Turmgeho¨ften des Hellenismus, seine Anwendung bleibt aber meist auf die Außenschalen beschra¨nkt25. Die Schauseiten der Quader sind oft in Bruchbosse belassen oder zu leichter Wo¨lbung u¨berarbeitet, ko¨nnen aber auch abstehende Bossen und Randschlag aufweisen26. Ungeachtet der jeweiligen Gestaltung des Mauergesichts Wnden sich regelma¨ßig Ecklehren. Im pseudoisodomen Verband kommt den Binderblo¨cken besondere optische Bedeutung zu: Als niedrigere Plattenbinderscharen teilen sie die Mauer in horizontale Zonen auf, wa¨hrend die schmalen Binderblo¨cke an der MaueraußenXa¨che hochkant gestellt erscheinen und die Mauern rhythmisch gliedern27. Der Randschlag von im hellenistischen Mauerverband auftretenden bossierten Quadern wird ha¨uWg durch breit gesetzte und zumeist im rechten Winkel zur Blockkante gefu¨hrte Spitzmeißelschla¨ge betont (Fig. 5 Abb. 142. 185).
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73.
s. auch die Argumentation Konecnys, Turmgeho¨fte
22 Eine eingehende Besprechung der an hellenistischen Turmgeho¨ften Lykiens auftretenden Mauerstile s. Konecny, Turmgeho¨fte 64 V. 23 Zur Popularita¨t des polygonalen Stiles in hellenistischer Zeit s. Scranton, Walls 52; Wrede, Mauern 57; A. V. McNicoll, Hellenistic FortiWcations from the Aegean to the Euphrates, Diss. Oxford (1971) 248; J.-P. Adam, DossAParis 25, 1977, 88. Das lykische Polygonal des Hellenismus weist in der Textur große A¨hnlichkeit mit hellenistischem Mauerwerk der Peloponnes auf. Genannt seien hier nur das Mauerwerk der Festung von Kasarmi (s. Adam, Architecture 191 f. Abb. 225), der Mauerring von Hermione (ebenda 193 Abb. 230), die Innenschale an der WestXanke von Samikon (H. L. Bisbee, Hesperia 6, 1937, 531 Abb. 7, mit Vergleichsmaterial 530 V. und Abb. 4 –10. Bisbee datiert allerdings den Mauerring von Samikon in das 5. Jh. s. ebenda 537), welcher wohl in das spa¨tere 4. Jh. v. Chr. geho¨ren du¨rfte (Winter, FortiWcations 237–238) und Mauerwerk auf der Akropolis von Argos (Adam, Architecture 186 Abb. 220). Eine Datierung dieser Mauern in das spa¨te 4. Jh. schla¨gt auch Martin, Manuel 382, vor. Auch in Westgriechenland (Kassopi: W. Ho¨pfner – E. L. Schwandner, Haus und Stadt im klassischen Griechenland, Wohnen in klassischer Polis I (1986) Abb. 65–66. 72; Oiniadai: Winter, FortiWcations Abb. 73) wurde in hellenistischer Zeit vergleichbares Mauerwerk gebaut. 24 Im hellenistischen Mauerwerk Lykiens kommen
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natu¨rlich ebenfalls immer wieder schra¨ge Stoßfugen vor, sie sind aber nicht stilbestimmend. Dazu s. auch Konecny, Turmgeho¨fte 64. In anderen Regionen Kleinasiens und wohl auch des griechischen Festlandes erfreute sich in hellenistischer Zeit der trapezoidale Mauerstil einiger Beliebtheit. Dazu s. z. B. weite Abschnitte der lysimachischen ¨ Jh 15, 1912 Beibl. Befestigungen von Ephesos (J. Keil, O 185 V.; Adam, Architecture Abb. 268), die wohl in fru¨hhellenistische Zeit datieren du¨rften und Pleuron in Akarnanien (Adam, Architecture Abb. 223). 25 Pseudoisodome Außenschalen Wnden sich an den Befestigungen von Aperlai, Sidyma, Andriake, Antiphellos, am Fort von Beymelek und an zahlreichen Turmgeho¨ften. Auch das Mauerwerk der hellenistischen Phase der Befestigungen Limyras, insbesondere die gebo¨schten Mauern wurden in diesem Stil errichtet. 26 Bossen und Randschlag Wnden sich auf der Plattenbinderschar, welche die gebo¨schte Mauer mit dem Kernbau der Nordbastion Limyras verbindet sowie an den Außenschalen zahlreicher Turmgeho¨fte. An der Seemauer von Antiphellos Wndet sich Randschlag in Verbindung mit einer Zwischenform von Bossierung und gewo¨lbter Schauseite (‘hammer faced’). 27 Die Breite der Binder ist an der Maueraußenseite zumeist geringer als die Scharho¨hen. Das regelma¨ßige Auftreten solcher hochkant stehender, schmaler Blo¨cke im Mauerverband kann, auch wenn diese nicht einwandfrei als Binder zu identiWzieren sind, als Kriterium fu¨r eine Datierung in nachklassische Zeit gelten.
Hellenistische Befestigungen in Lykien
Im Fundamentbereich und an nachla¨ssiger ausgefu¨hrten Mauerabschnitten oder Bauten kann die Pseudoisodomie durch Einklinkungen gesto¨rt werden, die bisweilen derart zahlreich auftreten, daß eine stilistische Zuweisung des Mauerwerks erschwert wird (Abb. 57. 187). B. Der polygonale Stil (Abb. 168. 169. 180. 192. 195) Die Außen- und Innenschalen zahlreicher hellenistischer Befestigungsanlagen und Turmgeho¨fte Lykiens sind im polygonalen Stil errichtet28. Dieses Mauerwerk unterscheidet sich von den qualita¨tvollen Beispielen der klassischen Varianten des Stils durch kleinere Blockformate und eine unruhigere Mauertextur, die auf die Verwendung verschiedenformatiger Mauersteine unterschiedlichster Form und zahlreicher Zwickelsteine zuru¨ckzufu¨hren ist. Weiters sind zumeist schlechterer Fugenschluß und eine andere OberXa¨chenbearbeitung als beim klassischen Polygonale festzustellen. Wa¨hrend letzteres ha¨uWg mit dem Spitzeisen gegla¨ttet wurde, weisen die Außenschalen hellenistischer Mauern in der Regel gewo¨lbte Bruchbosse oder leicht abstehende Bossierung und Randschlag auf 29. Letzteren ko¨nnen weit gesetzte, tendenziell im rechten Winkel zur Blockkante gefu¨hrte Spitzeisenschla¨ge betonen (Fig. 95)30. Im Unterschied zum klassischen Polygonalmauerwerk mit seinen zum Teil vo¨llig verku¨mmerten Innenschalen, sind hellenistische Zweischalenmauern konstruktiv ausgewogener gebaut. Die im polygonalen Stil gehaltenen Innenschalen lykischer Befestigungen sind kleinsteiniger und schlechter verfugt als die Außenschalen und an der Schauseite gegla¨ttet oder in Bruchbosse belassen (Fig. 96 Abb. 188. 194. 195)31. Polygonales Zweischalenmauerwerk erfreute sich in Lykien bis in die Kaiserzeit einiger Beliebtheit und wurde bisweilen auch mit Mo¨rtelbindung errichtet (Abb. 196. 199). Da bis heute eine systematische Ausarbeitung von Kriterien zur Unterscheidung von hellenistischem und nachhellenistischem Polygonalmauerwerk der Region aussteht, mu¨ssen zur Datierung von in diesem Stil errichteten Objekten entweder bautypologische Erwa¨gungen oder sekunda¨re Indizien herangezogen werden. Den Festungsbau betreVend kommt allerdings dieser Problematik bestenfalls marginale Bedeutung zu, da wa¨hrend der fru¨hen und mittleren Kaiserzeit in den befriedeten Provinzen Kleinasiens auf die Durchfu¨hrung großangelegter FortiWkationsprojekte und auch auf die Erhaltung bestehender Befestigungsanlagen verzichtet werden konnte. C. Zwischenformen und Bruchsteinmauerwerk32 In helleneistischer Zeit wurden neben stilistisch eindeutig zuweisbaren auch nachla¨ssiger ausgefu¨hrte Mauerabschnitte errichtet, deren Mauerwerk zumeist als Variante des polygonalen Stils zu ¨ bergang zum Bruchsteinmauerwerk ist jedoch Xießend33. Die Verwendung reinen verstehen ist. Der U Bruchsteinmauerwerks neben stilistisch hochwertigeren Mauertypen an derselben Anlage la¨ßt sich fu¨r den Hellenismus an den Befestigungen von Andriake (Abb. 201) und Sidyma nachweisen34.
28 Das Mauerwerk der Festung von Pydna wurde zur Ga¨nze in diesem Stil hochgezogen. Die Innenschalen der Befestigungen von Sidyma und Aperlai wurden im Gegensatz zu den pseudoisodomen Außenschalen aus vergleichsweise kleinformatigen, polygonal geschnittenen Mauersteinen errichtet. s. S. Dardaigne – Ed. Fre´zouls, Kte`ma 10, Taf. 1, 4; Verf., Su¨dtor 83 Abb. 27; 87 Abb. 29. 29 Bosse und Randschlag Wndet sich an den Mauern von Pydna. 30 Zum Randschlag der polygonalen Quader von Pydna s. Adam, Architecture 123. 31 Zur Gla¨ttung der Schauseiten der Innenschalen in
Pydna s. Adam, Architecture 123. 32 Zum Vorkommen solcher Zwischenformen am Mauerwerk von Turmgeho¨ften siehe Konecny, Turmgeho¨fte 66 f. 33 Als Beispiel fu¨r derartiges, noch dem polygonalen nahestehendes Mauerwerk hellenistischer Zeit kann der Turm bei Aperlai herangezogen werden, wa¨hrend ein weiterer, an der Straße nach Belo¨ren gelegener Turmbau aus Bruchsteinmauerwerk errichtet wurde. Dazu s. Konecny, Turmgeho¨fte 33. 41 f. 34 s. W. Wurster in: Myra 51 V. Im Falle Sidymas muß sich der Autor auf Autopsie berufen.
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D. Die Verwendung verschiedenfarbigen Steinmaterials an einem Bau (Fig. 90) Eine bewußt auf Kontrastwirkung ausgelegte Verwendung verschiedenfarbigen Steinmaterials am selben Bau la¨ßt sich an einem U-fo¨rmigen, an der OstXanke von Xanthos beWndlichen Turm nachweisen, der im Zuge einer 1992 durchgefu¨hrten Grabung in hellenistische Zeit datiert werden konnte35. Die Basis des Bauko¨rpers errichtete man aus harten Kalksteinblo¨cken mit Bosse und Randschlag in polygonalem Stil, auf denen quaderhaft geschnittene und an der Schauseite gegla¨ttete gelbliche Konglomeratblo¨cke versetzt wurden36. Selbst wenn heute der Kontrast durch die starke Erosionsanfa¨lligkeit des Konglomerats versta¨rkt sein mag, du¨rfte beim Bau der Gegensatz von bossiertem Unterbau aus hartem Kalk und dem aufgehenden Quaderwerk aus gelblichem Konglomerat gesucht worden sein. Diese außergewo¨hnliche Lo¨sung mag auf die schlechte Qualita¨t des in Xanthos anstehenden Steinmaterials zuru¨ckzufu¨hren sein, aufgrund derer es wohl notwendig war, fu¨r die durch natu¨rliche Feuchtigkeit, Minen oder Rammen gefa¨hrdeten tieferen Zonen am Bau ha¨rteren Kalkstein heranzubringen. Zu Lage und Anlage befestigter Siedlungen Eine sich schon in klassischer Zeit anbahnende Verlagerung des Schwerpunktes der Siedlungsta¨tigkeit vom Binnenland an die Ku¨sten akzentuierte sich im Hellenismus und fu¨hrte zu einem versta¨rktem Ausbau von Landepla¨tzen und Ha¨fen sowie zur Neugru¨ndung von Hafensta¨dten37. Dabei determinierten vera¨nderte Kriterien die Wahl der Siedlungspla¨tze: Anstatt der hohen und sicheren, in klassischer Zeit vorrangig gesuchten Lage bestimmten neue Faktoren, wie das Vorhandensein eines geschu¨tzten, zum Hafen ausbaubaren Landeplatzes und ein verkehrstopographisch gu¨nstiges Verha¨ltnis zum Hinterland das Entstehen und die Prosperita¨t der Niederlassungen (Abb. 189. 197). Die nicht nur bei Neugru¨ndungen feststellbare, sondern in einigen Fa¨llen auch durch eine Xa¨chenma¨ßige Erweiterung bestehender Siedlungen bedingte Tallage vera¨nderte die Anspru¨che an die FortiWkationen, bei deren Konzeption keine Ru¨cksicht auf vorhandene Bausubstanz genommen werden mußte und man nicht immer auf gu¨nstige Gela¨ndevoraussetzungen zuru¨ckgreifen konnte38. Dies zwang zu einem vermehrten Einbeziehen von Gegenha¨ngen, Gela¨ndegraten und Kuppen, also von baulich nicht nutzbaren ho¨hergelegenen Fla¨chen in die Befestigungen39. Leider sind die FortiWkationen der ku¨stennahen Ruinensta¨tten zumeist fast vo¨llig zersto¨rt oder aber noch nicht genu¨gend erforscht40. Die Befestigungen der schon seit klassischer Zeit bedeutenden Siedlungen des Xanthostales und der großen Ku¨stenebenen modernisierte man im Zuge hellenistischer Instandsetzungsarbeiten und 35
s. oben S. 103. Dieses weiche und stark erodierende Gestein wurde auch zum Bau eines an der Basis verschu¨tteten Rundturms am Nordosteck der Befestigungen und anderer Kurtinenabschnitte im Bereich des Nordosttores verwendet. Da es sich mo¨glicherweise auch an der Kurtine westlich des Su¨dtores wiederWndet, ko¨nnte es zu einer großen Ausbauphase geho¨ren. 37 Wurster in: Actes 28 V.; Verf. in: Go¨tter, Heroen, Herrscher in Lykien – Ausstellungskatalog Schallaburg (1990) 23–28. 38 Dies la¨ßt sich durch die Kessellage von Andriake oder Patara verdeutlichen. 39 Die am Kamm des Andriake u¨berragenden Steilhanges verlaufende, talseitig jedoch vo¨llig zersto¨rte Befestigungsmauer verdeutlicht derartige Entwicklungen. Diese etwas abseits des ro¨mischen Siedlungszentrums nahe der Mu¨ndung des Flußlaufes beWndlichen FortiWkationen du¨rften vorrangig taktischen Erwa¨gungen entsprechend errichtet worden sein und sollten wohl den Zugang zum Landeplatz sichern. Da bezu¨glich der genauen Lage, der Bauausstattung und dem Siedlungscharakter Andriakes in 36
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hellenistischer Zeit keine gesicherten Fakten bekannt sind, kann allerdings das ra¨umliche und strukturelle Verha¨ltnis der Befestigungen zur Hafenniederlassung nicht rekonstruiert werden. 40 In Antiphellos Wnden sich Reste der FortiWkationen am Meer, in Telmessos haben sie sich nicht erhalten. Von den Befestigungen Andriakes zeugt noch ein Mauerabschnitt auf der su¨dlichen Ho¨he. Die auf einem Hu¨gel im Su¨dosten des Hafens gelegenen FortiWkationen Pataras sind in gutem Erhaltungszustand, sie wurden aber noch nicht untersucht. Zu einer spa¨ter als Aqua¨dukt verwendeten polygonalen Wehrmauer (?) mit Poternen in Patara s. K. Sams, Archaeology 28, 1975, 202 V. Bei einem 1986 durchgefu¨hrten Besuch gelangte der Verfasser zu der Ansicht, daß wahrscheinlich einst eine mit mehreren Tu¨rmen versta¨rkte Befestigungslinie die an ho¨chster Stelle des befestigten Areals beWndliche, spitzwinkelig-dreieckige Bastion mit dem Bereich des ro¨mischen Bogens verband, der wohl – wie auch in Xanthos – sekunda¨r in das Haupttor der Stadt eingebaut worden sein ko¨nnte. Die Untersuchungen der tu¨rkischen Kollegen unter der Leitung von F. Is¸ık werden in diesen Fragen bald Klarheit erbringen.
erweiterte sie wohl auch teilweise, blieb aber zumeist der vorgegebenen Kurtinenfu¨hrung treu41. Zahlreiche kleinere befestigte Siedlungen des Hinterlandes, die in der Dynastenzeit Xoriert hatten, verloren ihre politische Bedeutung und ließen ihre Mauern verfallen42. Einige von diesen Binnenorten entwickelten sich jedoch zu Zentren mit sta¨dtischer Bauausstattung und Zentralortfunktion. Dies fu¨hrte zwangsla¨uWg zu einer Vergro¨ßerung des Siedlungsareals und zu einem Neubau der Befestigungen, bei dem fallweise die alte Burg integriert wurde43. Die kleinen Herrensitze und Geho¨fte klassischer Zeit du¨rften sukzessive aufgegeben worden sein. An ihre Stelle traten zahlreiche, auf ackerbaulich nutzbare Fla¨chen bezogene hellenistische Turmgeho¨fte44. Bei der Anlage der hellenistischen FortiWkationen verzichtete man fallweise ga¨nzlich auf Gipfelbefestigungen oder konzipierte diese ohne die fu¨r die klassische Periode so typischen Befestigungskerne (Fig. 97)45. Die Kurtinenfu¨hrung der Mauerringe folgte so weit als mo¨glich Gela¨ndegratlinien, aufgrund der Tallage der Niederlassungen mußten die Mauern aber bisweilen auf weiten Strecken neutrales Gela¨nde durchqueren. Die ungu¨nstigen natu¨rlichen Voraussetzungen suchte man befestigungstechnisch zu kompensieren: In regelma¨ßigen Absta¨nden gelegene Tu¨rme, Bastionen oder sa¨gezahnartige Mauerverspru¨nge erlaubten es, das Vorfeld bis an den Fuß der Kurtinen wirkungsvoll zu bestreichen46. In diesen Kontext geho¨rt auch die Anlage von Batterien im Bereich von Gipfelbefestigungen, wie sie in Limyra und Patara feststellbar ist47. Einer aktiven Verteidigung dienliche Poternen oder Nebentore ko¨nnen in Aperlai und Pydna nachgewiesen werden48. Bei den Befestigungsarbeiten, die an den im Hinterland gelegenen, sich Xa¨chenma¨ßig ausdehnenden Siedlungen durchgefu¨hrt werden mußten, verzichtete man jedoch immer wieder auf systematische Flankierung durch Tu¨rme49. Einzelformen An den Mauerringen vorspringende Tu¨rme konzipierte man bisweilen als geschlossene, in die seitlich anlaufenden Kurtinen integrierte Bauko¨rper (s. Limyra, Ostturm 2 Fig. 19, Andriake)50. Bisweilen waren sie auch mit Baufuge feldseitig an die ohne Unterbrechung weiterlaufenden Kurtinen angeschoben, wa¨hrend sie in anderen Fa¨llen mit der Wehrmauer in Verband errichtet wurden (Abb. 41
Zu einer Erweiterung des ummauerten Areals von Pinara um ein Drittel der Fla¨che s. W. Wurster in: Actes, 30. In Limyra und Myra lassen sich hellenistische Umbauten der Befestigungen nachweisen, die jedoch im Hangbereich den in der Topographie vorgegebenen, schon in klassischer Zeit gewa¨hlten Verlauf beru¨cksichtigen. 42 Diese Entwicklung konnte in Trysa, Tyberissos und Tu¨se (s. F. Kolb, Lykische Studien 2, 196. 198) im Denkmalbestand nachgezeichnet werden. 43 Die Entwicklung kleiner Dynastensitze zu Poleis la¨ßt sich in Kyaneai (Abb. 211) und Arneai auch an der Bausubstanz ablesen. In Arneai wurden die in trapezoidalem Stil hochgezogenen Kernbauten der klassischen Burganlage in den hellenistischen Mauerring einbezogen. Zu diesen Fragen s. Wurster in: Actes 31 f. 44 Bisweilen scheinen Turmgeho¨fte a¨ltere, nahebei gelegene Anlagen ersetzt zu haben. Zur Lage der Turmbauten in der Landschaft s. Konecny, Turmgeho¨fte 86 V. 45 Die Festung von Pydna ist nur als Mauerring konzipiert. In Aperlai Wndet sich am ho¨chsten Punkt der Siedlung ein geschlossen befestigter Bereich. 46 Die in 20–60 m Absta¨nden gelegenen Tu¨rme und Bastionen von Pydna verdeutlichen dieses Bemu¨hen um Flankenschutz (Fig. 104). Auch die Befestigungslinie am Su¨dhang von Andriake ist mit dicht stehenden Tu¨rmen
und Mauerverspru¨ngen gesichert. s. W. Wurster in: Myra 52 V. Abb. 8 (Fig. 105). Zahlreiche Tu¨rme und Mauerverspru¨nge weist auch die Befestigung von Aperlai auf (Fig. 101). Einige dieser noch nicht untersuchten Mauertu¨rme ko¨nnten jedoch in der Spa¨tantike errichtet worden sein. 47 In Limyra scheint die Nordbastion und ein o¨stlich an diese angeschobener Anbau der Aufstellung von Artillerie gedient zu haben. Dazu s. auch Lawrence, Aims 396. Zu Patara s. o Anm. 40. 48 Einer aktiven Verteidigung dienliche Poternen treten in der griechischen Befestigungsarchitektur geha¨uft in der zweiten Ha¨lfte des 4. Jhs. v. Chr. auf. Dazu s. A. V. McNicoll in: Les fortiWcations dans l’histoire du monde gre`c (1982) 309. 49 Dies wird an den Befestigungen von Kyaneai, Arneai und Sidyma deutlich. s. S. Dardaigne – Ed. Fre´zouls, Kte`ma 10, 1985, 213 V. 50 Besonders eigentu¨mlich erscheint die beim Bau der Kammbefestigungen von Andriake gewa¨hlte Lo¨sung: An einen als Kernbau konzipierten Turm aus Quaderwerk wurde die im betreVendem Bereich aus schichtengebundenen Bruchsteinen errichtete Kurtine derart angesetzt, daß sie auch dessen Ru¨ckseite unter Aussparung des Einganges ummantelt.
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Hellenistische Befestigungen in Lykien
179. 180. 182. 193). Es hatten sich scheinbar in Lykien auch in hellenistischer Zeit bezu¨glich des Verha¨ltnisses der Tu¨rme zu den Kurtinen keine allgemein gu¨ltigen Planungsprinzipien durchgesetzt. Neben den auch in klassischer Zeit u¨blichen rechteckigen Tu¨rmen wurden im Hellenismus in Lykien auch vermehrt Rund- und U-Tu¨rme sowie auch pentagonale Tu¨rme errichtet (Fig. 89 Abb. 193)51. Die Mehrzahl der an hellenistischen Befestigungen erhaltenen, aus der MauerXucht vorspringenden Tu¨rme hatten begehbare Turmkammern im Erdgeschoß (Abb. 38. 56. 179. 194)52. Einige der z.T. ausgezeichnet erhaltenen Tu¨rme des Mauerringes von Pydna rekonstruierte J.-P. Adam dreigeschossig mit Giebel und Satteldach, andere wiederum gibt er zweigeschossig und mit oVener Kampfplattform wieder53. Die zwei Tu¨rme des hellenistischen Forts bei Yukarı Beymelek waren viergeschossig (Abb. 181. 182)54. Einige Turmgeho¨fte sind ebenfalls bis in das dritte Geschoß, in einem Fall sogar bis an den Giebelansatz erhalten (Abb. 183). Die Kurtinen von Pydna trugen eine u¨bermannshohe, durchgehende und von Schießscharten durchbrochene Epalxis, von der noch Abdeckplatten zeugen55. An der Mauerinnenseite vorkragende Steinplatten u¨berdeckten den Mauerko¨rper und verbreiterten den Laufgang, auf welchen mehrere in Turmna¨he beWndliche Treppen fu¨hrten (Abb. 179; Oinoanda: Abb. 195). Von den Parodoi gelangte man direkt in die Turmkammern des ersten Obergeschosses. Auch die von W. Wurster auf der Burg von Limyra aufgefundenen monolithen Zinnen und Zinnenabdeckplatten ko¨nnten ausweislich der Fundsituation in hellenistische Zeit geho¨ren (s. o. S. 50) und belegen vielleicht das Weiterbestehen a¨lterer Bautraditionen. Es haben sich in Lykien nur wenige in hellenistische Zeit datierbare Haupttore in gutem Zustand erhalten, von denen jene von Sidyma und Pydna publiziert wurden (Fig. 94 Abb. 177). Ersteres liegt an der Ru¨ckseite eines seichten Torhofes und wird von einem schra¨g vorspringenden Turm Xankiert56. Auch den Haupteingang in die Festung Pydna schu¨tzt ein Xankierender Torturm (Fig. 99). Das Haupttor von Aperlai liegt axial am Ende eines tiefen Torhofes (Fig. 97)57. Poternen oder nachgeordnete Zuga¨nge haben sich in Pydna, Aperlai und Oinoanda erhalten (Abb. 195). Die Durchga¨nge – auch die Einga¨nge der Turmgeho¨fte – haben monolithe horizontale Abdeckungen, monolithe oder aus dem Fels geschlagene Laibungen kommen aber kaum jemals vor58. In Pydna entlasten schlußsteinartig versetzte, den vertikalen Druck lateral ableitende Blo¨cke die Decksteine59. Die Laibungen sind in der Regel aus quaderhaften Werkstu¨cken von Scharho¨he aufgemauert und haben im rechten Winkel geschnittene Falze (Abb. 179. 195). In die Unterkante des Decksteines eingearbeitete, la¨nglich-rechteckige und tief in das Mauerwerk reichende Einlassungen nahmen wohl Pfannenho¨lzer auf 60. Runde Wolfslo¨cher oder quadratische Pfanneneinlassungen kommen an Decksteinen nur selten vor, letztere Wnden sich jedoch
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Ein Rundturm und ein U-fo¨rmiger Turm Wnden sich in Xanthos im Bereich des Nordosttores, ein weiterer Rundturm hat sich in Oinoanda erhalten. 52 Dies ist an den Tu¨rmen von Pydna und an den drei in Limyra in entsprechender Ho¨he anstehenden Tu¨rmen feststellbar. Auch der das Tor von Sidyma Xankierende Turm und ein großer, U-fo¨rmiger Turm an der OFlanke von Xanthos (Publikation in Vorbereitung) hatten eine Kammer im Erdgeschoß. Zu Sidyma s. S. Dardaigne – Ed. Fre´zouls, Kte`ma 10, 1985 213 f. Taf. 1, 4. Zu dem Turm in Xanthos s. J. des Courtils, REA 96, 1994, 290 Fig. 4. 5. 53 Zu einer zeichnerischen Rekonstruktion der Festung s. Adam, Architecture Abb. 89. Eine Rekonstruktion eines Turmes von Pydna mit geneigten DachXa¨chen bietet auch Y. Garlan, Recherches de la poliorce´tique gre`que (1974) 381 Abb. 66. 54 siehe A. V. McNicoll – T. WinikoV, AJA 87, 1983, 314. 55 s. Adam, Architecture 123 V. Vergleichsbeispiele s.
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nur Krischen, Herakleia 15; Kienast, Samos 47 V. 56 s. Dardaigne – Fre´zouls a. O. 213 V. 57 s. Verf., Su¨dtor 87 Abb. 28. Trotz starker byzanti¨ berbauung im Bereich der Befestigungen Aperlais nischer U du¨rfte sich im Torgrundriß die hellenistische Phase widerspiegeln. 58 Details der Tore und Poternen von Pydna s. Adam, Architecture 129 V. Zu einem Durchgang, der die Gipfelbefestigung von Aperlai mit dem Vorfeld verbindet s. Verf., Su¨dtor 87 Abb. 28 –29. Monolithe Laibungen Wnden sich an der unteren Turmtu¨r des Nordwestturmes der Oberburg von Limyra. Der daru¨berliegende Zugang wurde aus Blo¨cken errichtet. Auch der O-Turm 2 in Limyra hatte einen von monolithen Laibungen gerahmten Zugang. Zu den Einga¨ngen der Turmgeho¨fte s. Konecny, Turmgeho¨fte 52 V. 59 s. Adam, Architecture 129. 60 Diese Wnden sich in Lykien an Turmpforten, an Poternen und an zahlreichen Turmgeho¨ften. s. Konecny, Turmgeho¨fte 53 Anm. 10. 11.
Hellenistische Befestigungen in Lykien
ha¨uWg an der Schwelle61. Die Tu¨rXu¨gel konnten mittels zumeist rechtsla¨uWger Schubriegel gesichert werden62. Fenster waren an den feindseitigen Flanken der Tu¨rme von Pydna nicht nachweisbar, haben sich aber am Fort von Beymelek und an einigen Turmgeho¨ften in situ erhalten. Diese hatten einen Rahmen und nach innen zu o¨Vnende Fensterla¨den, eine im Festungsbau ungewo¨hnliche Lo¨sung63. Schießscharten, die am klassischen Denkmalbestand Lykiens bisher nicht nachweisbar sind, haben sich im Bereich des Mauerringes von Aperlai (Abb. 191), in Pydna, an den hellenistischen Umbauten des Forts von Teimiusa (Abb. 115) und an der Gipfelbatterie von Patara erhalten (Abb. 206)64. Schlußfolgerungen Den hellenistischen Anlagen Lykiens fehlte im Idealfall der additive Charakter der klassischen Befestigungen. Sie waren bedeutend klarer und funktionaler im Aufbau und schlossen damit an im griechischen Raum entwickelte Techniken und Konzepte des Festungsbaus an65. Anstatt der auf Schutz und Trutz ausgelegten FortiWkationen der Dynastenzeit errichtete man einer aktiven Verteidigung dienliche, von Poternen durchbrochene und mit Tu¨rmen versta¨rkte Kurtinensysteme. Insbesondere die von Grund auf neu gebauten FortiWkationen der im Ku¨stenbereich aufblu¨henden Siedlungen konnten ohne Vorgaben geplant werden und entsprachen befestigungstechnisch dem Stand ihrer Zeit. Im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Mo¨glichkeiten suchten auch die Bewohner der befestigten Siedlungen des gebirgigen Hinterlandes schon bestehende Befestigungen zu modernisieren, sie spekulierten jedoch zumeist, wie schon in klassischer Zeit, mit dem von einer hohen Lage und gu¨nstigen Gela¨ndevoraussetzungen gebotenen Schutz und verzichteten darum auf u¨ber den reinen Mauerbau hinausgehende, komplizierte und aufwendige Sicherungsmaßnahmen.
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Decksteine mit runden Wolfslo¨chern haben sich an zwei Tu¨rmen der Befestigungen Limyras erhalten, im Falle des NW-Turms der Oberburg handelt es sich jedoch um einen untergeordneten und vergleichsweise nachla¨ssig gearbeiteten Durchgang, der in Kasemattenra¨ume gefu¨hrt haben du¨rfte. Ein weiterer, im Schutt gelegener Deckstein, der wohl auf die obere Turmtu¨re geho¨rig ist, weist die u¨blichen, la¨nglichen Einlassungen auf. Auch der erhaltene Eingang in den Ostturm 2 fu¨hrte in einen Nebenbau. 62 s. Konecny, Turmgeho¨fte 54; B. Yener in: Lykische Studien 2, 93–102. Solche Schubriegel Wnden sich auch an Befestigungstoren hellenistischer Zeit (zu Herakleia: Krischen, Herakleia 20 f.; Zu Milet: A. v. Gerkan, Milet II 3 (1935) 23 f. 48 Abb. 26. 27. 61; Zu Pleuron F. Noack, AA 1916, 127 V.).
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s. A. V. McNicoll – T. WinnikoV, AJA 87, 1983, 311 V.; Adam, Architecture 140 V.; Konecny, Turmgeho¨fte 56 Anm. 29. 32. Dazu s. o. S. 68 Anm. 67. 64 Adam, Architecture 141 V.; Verf., Lykische Studien 1, 137 f. Im griechischen Raum treten Schießscharten spa¨testens am Anfang des 4. Jhs. auf und Wnden sich vor allem im Bereich von Turmbauten ha¨uWg. s. Lawrence, Aims 401 V.; Adam, Architecture 105 f.; J. Ober, AJA 91, 1987, 509 V.; Winter, FortiWcations 172 V. 65 Allgemein zur Ausbreitung griechischer Befestigungstechniken im Osten in hellenistischer Zeit s. P. Leriche, DossAParis 172, 1992, 8 V.; ders. in: E. Fre´zouls (Hrsg.), Socie´te´s urbaines, socie´te´s rurales en Asie Mineure et la Syrie helle´nistique et romaine, colloque Strasbourg 1985 (1987) 59 V.
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Schlußfolgerungen
Siedlungsbild und Siedlungsaufbau in klassischer Zeit Da nur die an zahlreichen Orten West- und Zentrallykiens erhaltenen Pfeilergra¨ber mit archaischem Reliefschmuck von fru¨her und dichter Siedlungsta¨tigkeit zeugen, bleibt uns der Aufbau vorklassischer Siedlungen Lykiens weitgehend unbekannt. Im Zuge der Grabungen auf der Akropolis von Xanthos konnten zwar bis in das 7. Jh. v. Chr. zuru¨ckgehende Geba¨ude ausschnittweise aufgedeckt werden, die jedoch keinem gro¨ßeren baulichen Zusammenhang zuzuweisen waren1. Der Bericht Herodots (I, 176) u¨ber die Einnahme von Xanthos durch die Perser in der Mitte des 6. Jhs. v. Chr. geht vom Bestehen einer verteidigbaren Siedlung aus, in der Wohnbereich und Akropolis unterschieden wurden, bietet aber keine na¨heren Details. In Limyra im Zuge der Grabungen in der Weststadt (Sondage 9) ausschnittweise freigelegte Architektur belegt ebenfalls eine fru¨he Besiedlung des Platzes, erlaubt aber keinerlei Schlu¨sse u¨ber die Struktur und Ausdehnung dieser Niederlassung in vorklassischer Zeit. Von den in der fru¨hen Perserzeit auf der Akropolis von Xanthos errichteten Bauten blieben nur Fundamente erhalten: Sie geho¨ren zu einem unterkellerten Großbau, vielleicht einer Residenz, und angeschlossenen Nebenbauten (Fig. 82 Abb. 208). Die Ausgra¨ber nehmen an, daß die Anlage auf der Akropolis in dieser Zeit befestigt gewesen sein du¨rfte; mo¨glicherweise geho¨rt eine in lesbischem Polygonalmauerwerk ausgefu¨hrte Mauer zu diesen FortiWkationen2. Die a¨lteste grabungsarcha¨ologisch datierte Befestigung Lykiens hat sich in Xanthos erhalten. Die geschlossene, als Lykische Akropolis bekannt gewordene Burganlage wurde in der ersten Ha¨lfte des 5. Jhs. v. Chr. im polygonalen Stil errichtet. Der an diese angeschlossene, die Wohnbereiche schu¨tzende Mauerring du¨rfte wahrscheinlich ungefa¨hr zur gleichen Zeit entstanden sein. Diese bezu¨glich des Bauvolumens, der Qualita¨t der Einzelbauten und der ummauerten Fla¨che bedeutendste lykische Niederlassung der klassischen Periode la¨ßt sich in der Ausdehnung durchaus mit den Siedlungszentren mittelgroßer Poleis des griechischen Raumes dieser Zeit vergleichen; in der Gliederung ihres Aufbaus in dynastische Burganlage und Wohnstadt spiegeln sich jedoch lokale politische Verha¨ltnisse (Fig. 81). Ruinen bedeutender Siedlungen dieser Periode haben sich zudem in Pinara, Hızırlık/Fethiye und Myra erhalten. Die zeitgeno¨ssischen, in verwandter Mauertechnik und in polygonalem Stil errichteten lykischen Niederlassungen waren jedoch ha¨uWg im Umfang bedeutend kleiner als Xanthos und von vielfa¨ltigem Aufbau, verfu¨gten aber jedenfalls u¨ber eine hochgelegene Burg oder an deren Statt u¨ber mehrere Befestigungskerne. Es haben sich im lykischen Denkmalbestand zudem auch kompakte Burganlagen dieser Periode erhalten, denen keine mauergeschu¨tzte Wohnsiedlung angeschlossen war. Die Burgen und turmartigen Kernbauten du¨rften, wie die Akropolis von Xanthos, das eigentliche Zentrum der Niederlassungen gebildet und – der Bedeutung der jeweiligen Siedlung entsprechend – als Wohnbereich von Dynasten oder lokalen Aristokraten gedient haben. Der repra¨sentative Charakter der Gipfelbefestigungen und ihrer weithin sichtbaren, turmartigen Kernbauten, deren Funktion als Herrschaftssymbol wohl außer Zweifel steht, spiegelte sich in der Qualita¨t ihres Mauerwerks und in ihrer dominierenden Lage innerhalb des Siedlungsbildes wider3. Das Mauerwerk der gegen Ende des 5. Jhs. v. Chr. entstandenen lykischen FortiWkationen weist strukturell fortschrittlichere Zu¨ge als das a¨lterer Anlagen auf. Zugleich setzte sich beim Bau der Befestigungen vor allem Zentral- und Ostlykiens der trapezoidale Mauerstil durch: Schra¨ge Stoßfugen und starke Bossierung bestimmten das Mauergesicht. In dieser Periode trat wahrscheinlich eine Formalisie1
Fouilles 2 passim; P. Demargne – H. Metzger in: RE IX A 2 (1967) 1375 V. s. v. Xanthos in Lykien. 2 Fouilles 2, 24. 3 Die semantische Bedeutung von Turmbauten als Rangabzeichen la¨ßt sich fu¨r die unterschiedlichsten Kultu-
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ren belegen: Zu den Ecktu¨rmen makedonischer Pala¨ste s. u. S. 183 mit Anm. 90. Zur Rolle von Turmbauten als Rangabzeichen in der Siedlungsarchitektur Afghanistans s. M. Klinkott, architectura 6, 1976, 111 V.
Schlußfolgerungen
rung der aus hochgelegener Burganlage und ummauerter Wohnsiedlung bestehenden Siedlungsanlagen an Stelle der fru¨heren Vielfalt. Vor allem der Aufbau der Burgen wurde stark schematisch: Eine Ringmauer verband einen oder mehrere, quadratisch bis la¨nglich-rechteckige Befestigungskerne. Einige dieser Burgen du¨rften nicht mehr als Wohnbereich konzipiert gewesen sein, da sie keinerlei Komfort zu bieten vermochten. Dies wird in Hoyran besonders deutlich, wo der kleine Kernbau der Burg mit GeschoßnutzXa¨chen von ho¨chstens 20 m2 wohl keinen besonders attraktiven Wohnsitz darstellte. Auch in Trysa weist der Gegensatz zwischen den großXa¨chigen, in vorzu¨glicher Bauweise errichteten Terrassenbauten am Hang, die als einheitlich geplanter Palastkomplex zu deuten sein du¨rften, und der wenig einladenden Oberburg darauf, daß letztere nur schwerlich einer hochgestellten Perso¨nlichkeit als Wohnbereich gedient haben kann. Auch sind die bisweilen schmalen und wenig repra¨sentativen Zuga¨nge der Gipfelbefestigungen immer wieder in steilem, schwer gangbarem Gela¨nde gelegen, so daß trotz aus dem Felsen geschlagener Stufen der Anstieg einigermaßen beschwerlich gewesen sein du¨rfte. Die Kernbauten der Burgen ko¨nnten in solchen Fa¨llen nebst ihrer Funktion als Herrschaftssymbol vor allem auch als bergfriedartige Fluchttu¨rme gedient haben, wofu¨r unter anderem ihr zu einer aktiven Verteidigung wenig dienliches, neutrales Verha¨ltnis zur Befestigungslinie spra¨che. Sie sind aber weiterhin in der Ausfu¨hrung von ausgepra¨gt repra¨sentativem Charakter und nehmen in den zeitgeno¨ssischen Stadtdarstellungen einen hervorragenden Platz ein4. Einige Burganlagen dieser Periode ko¨nnten jedoch als Wohnbereich konzipiert gewesen sein. Im Falle der an ho¨chster Stelle des sanft ansteigenden Siedlungsgela¨ndes beWndlichen Burg von Bayındır Limanı, mit dem zentralen Hof und einer – mo¨glicherweise sekunda¨ren – Sa¨ulenstellung im Eingangsbereich wa¨re beispielshalber eine Nutzung als repra¨sentative Wohnanlage durchaus vorstellbar. Eine derartige Interpretation wird vielleicht auch von einem knapp unterhalb der Burgmauern beWndlichen reliefgeschmu¨ckten Grab gestu¨tzt. Im Bereich der lykischen Burganlagen Wnden sich immer wieder Hinweise auf Kulte, wie Alta¨re oder eine Opferdarstellung. In Xanthos waren in die Akropolis neben den Heroa wohl auch Tempel einbezogen5. Das den Aufbau der Burgen und Mauerringe bestimmende Schema Wndet sich an Anlagen sehr verschiedener Gro¨ßenordnung, so daß große, befestigte Dynastensitze mit reich geschmu¨ckten Grabanlagen und kleine, vergleichsweise unbedeutende Niederlassungen im Aufbau enge Verwandtschaft aufweisen. Auch freistehende Herrensitze ohne befestigte Wohnsiedlung unterscheiden sich von einigen der ma¨chtigen Burganlagen nur in der Gro¨ßenordnung. Fu¨r keine der dynastenzeitlichen Niederlassungen la¨ßt sich eine sta¨dtische, griechischen Vorbildern entsprechende Bauaustattung nachweisen. Die am Inschriftenpfeiler u¨berlieferte Weihung des Monumentes an die Zwo¨lfgo¨tter der Agora bietet zwar einen Hinweis auf das Vorhandensein eines Versammlungsplatzes in klassischer Zeit, erlaubt jedoch keinerlei Schlu¨sse bezu¨glich dessen architektonischer Gestaltung6. Wa¨hrend die archa¨ologische Evidenz bisher Hinweise auf eine diVerenzierte architektonische Ausstattung der lykischen Siedlungen klassischer Zeit vermissen la¨ßt, vermitteln Inschriften – vor allem aus Xanthos und Limyra – das Bild einer komplizierten ho¨Wschen Gesellschaft mit einem ausgepra¨gten Repra¨sentationsbedu¨rfnis und belegen das Vorhandensein einer Verwaltung, die wohl u¨ber entsprechende Amtslokale verfu¨gte7. Auch die zahlreichen inschriftlich erwa¨hnten Kulte und die mit dem Bestattungswesen verbundenen Einrichtungen bedurften wohl eines baulichen Rahmens8. Das Ensemble relativ klein dimensionierter und teils vielleicht in verga¨nglichen Materialien ausgefu¨hrter klassischer Vorga¨ngertempel im Kultbezirk des Letoons gibt uns vielleicht Einblick in die Gro¨ßenordnungen, mit denen wir allenfalls zu rechnen haben.
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s. Verf. in: Lykiensymposion II 35 V. Fouilles 2, 29 V.; Demargne – Metzger a. O. 1382 f. 1387 f. 6 Zu dieser Inschrift s. zuletzt J. Bousquet, CRAI 1975, 144 –146; Bryce, Lycians 97 f. 7 Zu inschriftlich u¨berlieferten A¨mtern s. Bryce, Lycians 129 V.; Borchhardt, IstMitt 40, 1990, 128 V. Strafandrohungen bei Grabscha¨ndung weisen auf die Existenz 5
von Institutionen, die den Schutz der Nekropolen gewa¨hrleisten sollten. Dazu s. Zimmermann, Landeskunde 24 – 25 mit Anm. 49 S. 52. 146 V. 8 Derartige sekunda¨re Hinweise auf die bauliche Ausstattung lykischer Siedlungen bilden die Grundlage der von J. Borchhardt vorgelegten Rekonstruktion des Stadtaufbaus von Limyra in klassischer Zeit. s. J. Borchhardt, IstMitt 40, 1990, 109 V.
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Schlußfolgerungen
Im Bereich der Wohnsiedlungen stellen der Streichrichtung des Hanges und gu¨nstigen natu¨rlichen Gegebenheiten entsprechend angelegte Felsra¨ume die ha¨uWgste Bebauungsform9. Der agglutinierende Charakter dieser lockeren Felsbebauung und ausgepra¨gte Ho¨henunterschiede erschweren dem Archa¨ologen zumeist das Erfassen zusammenha¨ngender Geba¨udekomplexe. Ha¨uWg Wnden sich in steilem Gela¨nde auch talseitig vorgeschobene Stu¨tzmauern: Die derart gewonnenen Terrassen erlaubten es, die verfu¨gbare BauXa¨che zu vergro¨ßern, und dienten bisweilen auch der Erschließung von Geba¨udeeinheiten. Die teils aus dem Fels geschlagenen, teils aufgemauerten und talseitig auf Terrassierungen sitzenden Hauseinheiten von Trysa, der am besten erforschten und aufgrund des Erhaltungszustandes der fru¨hen Bausubstanz aussagekra¨ftigsten Niederlassung, sind in Grundriß und Anlage uneinheitlich: La¨nglich rechteckige, sta¨rker quadratische sowie agglutinierende Grundrisse konnten festgestellt werden10. Die ho¨chstgelegene Terrassenanlage A war frontal zuga¨nglich, bei den meisten anderen Terrassenbauten befanden sich die Zuga¨nge lateral. Die Einga¨nge gro¨ßerer Einheiten mu¨ndeten wohl in Korridore, von denen Tu¨ren in die verschiedenen Ra¨ume abgingen. Innerhalb der Siedlungen befanden sich in der Bauweise der großen, im freien Land verlaufenden Wegverbindungen errichtete, aus Stu¨tzmauern und dahinterliegender Schu¨ttung bestehende Aufwege, die in Serpentinen hangaufwa¨rts fu¨hrten. Zu den einzelnen Hauseinheiten gelangte man meist u¨ber aus dem Felsen geschlagene Treppen. Die von J. Borchhardt vorgeschlagene Rekonstruktion einer regelma¨ßigen, an hippodamischen Stadtanlagen orientierten Anordnung der Handsiedlung von Limyra und einer damit verbundenen Ausstattung der Niederlassung mit einem rechtwinkligen Straßensystem blieb nicht unwidersprochen11. Grabbauten Wnden sich sowohl innerhalb der Siedlungen als auch in deren Vorfeld, ohne daß sich eine strikte Regel ablesen ließe12. In mehreren Fa¨llen du¨rften repra¨sentative Grabbauten auch an besonders geeigneter Stelle in einiger Entfernung der Niederlassung angelegt worden sein. In der Ausdehnung der klassischen Siedlungen, in deren Grabbauten und in der Gro¨ße der aus hervorragendem Mauerwerk errichteten Burgen mit ihren Kernbauten du¨rfte sich wohl das Prestige der Bauherren und die Bedeutung der Niederlassung innerhalb einer Siedlungshierarchie widerspiegeln, u¨ber deren Aufbau jedoch noch wenig bekannt ist. Zur Sozial- und Siedlungsgeschichte Lykiens in klassischer Zeit Sofern sie klassische Bausubstanz aufweisen, werden die hochgelegenen befestigten Siedlungen Lykiens in der archa¨ologischen und historischen Fachliteratur zumeist als Dynastensitze, Herrensitze oder A¨hnliches bezeichnet. Die betreVenden Autoren postulieren fu¨r die lykische Klassik eine „feudale“ bzw. aristokratische, vorgriechische Gesellschaftsordnung, deren Exponenten, trotz weitgehender Autonomie, in einem in seiner Wirkungsweise nicht gekla¨rten Abha¨ngigkeitsverha¨ltnis zu ihren persischen ¨ berlegungen zugrundeliegenden Oberherren standen. Sie verzichten jedoch zumeist darauf, die ihren U Gesellschaftsmodelle na¨her zu erla¨utern und sie quellenma¨ßig abzustu¨tzen13. Wie M. Zimmermann zuletzt herausarbeiten konnte, schwingt in derartigen Interpretationen der Siedlungszusammenha¨nge
9 Zu Wohnbereichen lykischer Siedlungen s. W. Wurster in: Bericht u¨ber die 29. Tagung fu¨r Ausgrabungswissenschaft und Bauforschung (1976) 21 V. 10 Dazu s. Verf. in: Lykische Studien 1, 110 V. 11 Zu einem fu¨r Limyra/Ze˜muri postulierten Insulasystem und der Rekonstruktion der Wohnanlagen A und B als Pastasha¨user s. J. Borchhardt, IstMitt 40, 1990, 120; Der Ausgra¨ber der Hangha¨user vermag aus dem ergrabenen Befund kein Ordnungsprinzip abzulesen. Dazu s. M. Seyer in: Lykiensymposion II 171 V. bes. 181. Die Vermessung des an der OberXa¨che erhaltenen Ruinenbestandes im Bereich der Hangsiedlung spricht m. E. fu¨r die
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Rekonstruktion einer agglutinierenden, an natu¨rlichen Gegebenheiten orientierten Verbauung. 12 s. o. S. 62 Anm. 54. 13 Diese Fragen wurden noch zu wenig thematisiert, die jeweiligen Standpunkte der Autoren Xießen aber in die Interpretation von architektonischen Befunden, Kunstwerken usw. ein. Zu gentilizisch-feudalen Vorstellungen s. P. Frei in: Go¨tter, Heroen, Herrscher in Lykien (1990) 9. Zu einer Adelsschicht neben den Dynasten s. Treuber 116. Zu den politischen Strukturen s. zuletzt W. A. P. Childs, AnatSt 31, 1981, 55 V.; Bryce, Lycians passim. – M. Wo¨rrle in: Actes 64.
Schlußfolgerungen
zumeist implizit, bisweilen aber auch explizit der aristotelische Gegensatz (Pol. VII 111, 1330b) zwischen hochgelegenen Tyrannenburgen und demokratischen Talsiedlungen mit14. Am lykischen Denkmalbestand lassen sich fu¨r die klassische und die hellenistische Zeit Vera¨nderungen der Siedlungsstrukturen ablesen, die auf den ersten Blick das aristotelische Konzept zu besta¨tigen scheinen. Diese Aussage betriVt naturgema¨ß allgemeine Tendenzen der Siedlungsentwicklung, die im Einzelfalle nicht immer veriWziert werden ko¨nnen. Die relativ zahlreichen, hochgelegenen Binnensiedlungen der Dynastenzeit und ihre wahrscheinlich wenig diVerenzierte Bauausstattung standen jedenfalls in eklatantem Gegensatz zu den urbanen Zentren spa¨terer, ‘demokratischer’ Perioden, die sich schwerpunktma¨ßig im Ku¨stenbereich entwickelten. Bei einem Versuch, die aristotelischen Thesen auf lykische Verha¨ltnisse zu u¨bertragen, ergeben sich jedoch bei na¨herem Hinsehen einige Widerspru¨che: Die ha¨uWg in ihrem Aufbau einander sehr a¨hnlichen befestigten Siedlungen klassischer Zeit sind nicht in jedem Fall mit ausreichender Sicherheit als Dynastensitze zu bestimmen15, und die historischen Quellen lassen erhebliche Zweifel an einer allzu einheitlichen, modulhaften Struktur der Siedlungslandschaft dieser Zeit aufkommen16. Auch bedingte die im lykischen Raum feststellbare Tendenz zu Siedlungskontinuita¨t in Verbindung mit einer Verlagerung des wirtschaftlichen Schwergewichtes zuungunsten des Hochlandes, daß besonders im gebirgigen Hinterland die traditionellen Siedlungslagen sowie bis zu einem gewissen Grad auch Siedlungsmuster von klassischer bis in hellenistische und wohl auch ro¨mische Zeit beibehalten wurden. Im Folgenden soll der Versuch einer Interpretation des archa¨ologischen Materiales und der Rekonstruktion der lykischen Siedlungslandschaft in klassischer und hellenistischer Zeit unter Einbeziehung des historischen Quellenmaterials unternommen werden, dessen vorla¨uWger und hypothetischer Charakter jedoch nachhaltig unterstrichen werden muß. A. Zur politischen Verfassung und der Sozialstruktur Lykiens in klassischer Zeit: Der Forschungsstand Die Autoren der in ju¨ngster Zeit entstandenen Forschungsbeitra¨ge zur politischen Verfassung ¨ berlegungen auf eine sich verbessernde Quellenlage auf der Lykiens in klassischer Zeit konnten ihre U Basis rezenter Inschriftenfunde und der wachsenden Kenntnis der dynastenzeitlichen Mu¨nzpra¨gung stu¨tzen17. Nicht nur in der Lo¨sung von Detailfragen, so z. B. bezu¨glich einer Genealogie der xanthischen Dynastie, wurden nennenswerte Fortschritte erzielt, sondern es stehen heute auch erstmals 14 s. dazu W. Wurster, AA 1974, 273 Anm. 28; ders. in: Actes 36; M. Zimmermann, Landeskunde 16 f. Anm. 22. Dieses verfassungstheoretisch begru¨ndete, idealtypische Entwicklungsmuster, das einst zur Erkla¨rung der Siedlungsgeschichte Griechenlands entworfen wurde, fand in der neuzeitlichen Forschung begeisterte Aufnahme. Dazu s. nur A. von Gerkan, Griechische Sta¨dteanlagen (1924) 7 V. In ju¨ngster Zeit werden jedoch erhebliche Zweifel an der historischen Relevanz dieser These angemeldet, da differenzierte Untersuchungen einzelner Niederlassungen des griechischen Raumes zu Ergebnissen gelangen, die einem linearen Entwicklungsmuster widersprechen. Dazu s. vor allem Wokalek 13 V. mit Literaturangaben zur Rezeption der These; F. Kolb, Die Stadt im Altertum (1984) 71 f. 15 In der Forschung Wndet sich ein weitgehender Konsens bezu¨glich der Verbindung bestimmter Grabformen mit der dynastischen Herrschaftsform. Insbesondere Grabpfeiler und Heroa, aber auch aufwendige Grabha¨user bzw. Fassadengra¨ber werden einer politischen Fu¨hrungsschicht zugeschrieben. In den verschiedenen Grabtypen spiegelt sich mo¨glicherweise eine politische Hierarchie wider. Zu diesen Fragen s. M. Zimmermann, 17–19 Anm. 27. 29 mit Literaturhinweisen. Unter diesen Pra¨missen versuchte
A. G. Keen (AnatSt 62, 1992, 53 V.), den namentlich bekannt gewordenen xanthischen Dynasten Grabsta¨tten zuzuweisen. Im Idealfall und die Kenntnis aller Monumente vorausgesetzt, wu¨rde vielleicht eine genaue Datierung der Grabbauten den Versuch einer Rekonstruktion der politischen Siedlungslandschaft Lykiens und deren Evolution erlauben, beim heutigen Forschungsstand scheint jedoch Zuru¨ckhaltung geboten. J. Zahles (Actes 37 V.) Versuch, die relative Bedeutung lykischer Siedlungen anhand der Zahl und einer Typologie der Grabbauten, den Inschriften und anderer Indizien zu eruieren, hat als Grundlage fu¨r weitere Arbeiten noch heute Bestand. 16 Fu¨r eine diVerenzierte Betrachtung des Siedlungsbildes spricht sich M. Zimmermann aus: Untersuchungen, 23 V. Aus Inschriften la¨ßt sich eine gewisse institutionelle Unabha¨ngigkeit einiger lykischer Gemeinwesen ablesen, die mit dem numismatischen Befund bezu¨glich der Pra¨gehoheit der Siedlungen u¨bereinstimmt. 17 Insbesondere die numismatischen Arbeiten von Mørkholm, Zahle, Spier u. a. fu¨hrten dazu, daß die lykische Mu¨nzpra¨gung beim heutigen Forschungsstand die bedeutendste Quelle zur Geschichte der Dynastenzeit darstellt.
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Schlußfolgerungen
¨ berlegungen zu Gesellschaftsmodellen zur Verfu¨gung. Diese Fortschritte quellenma¨ßig abgestu¨tzte U in der Forschung du¨rfen jedoch nicht daru¨ber hinwegta¨uschen, daß die preka¨re Quellenlage nur vorsichtige Schlu¨sse zula¨ßt18. Ab dem spa¨teren 6. Jh. v. Chr. du¨rften in Lykien ein ausgepra¨gtes ethnisch-kulturelles Selbstbewußtsein und eine entwickelte politische Organisation bestanden haben19. Letztere la¨ßt sich wohl auf eine von den persischen Oberherren gestu¨tzte Vorherrschaft der xanthischen Dynastie zuru¨ckfu¨hren20. Auch die Athener scheinen sich in ihrer – vielleicht mehr nominellen – Herrschaftsausu¨bung auf das bestehende dynastische System gestu¨tzt zu haben21. Inwieweit in dieser fru¨hen Zeit schon mit einer Vorform des Lykischen Bundes zu rechnen ist, muß oVen bleiben22. Große Schwierigkeiten bereitet es, die Machtspha¨re der xanthischen Dynastie von den Herrschaftsgebieten der zahlreichen anderen, aus der Mu¨nzpra¨gung bekannten Dynasten abzugrenzen und das Verha¨ltnis der verschiedenen Machthaber zueinander und zu den ebenfalls Mu¨nzen emittierenden Gemeinwesen zu deWnieren23. M. Zimmermann konnte in plausibler Weise eine Grenze des direkten Herrschaftsgebietes der xanthischen Dynastie im o¨stlichen Zentrallykien erschließen, die Frage nach den Rechtstiteln, unter denen z. B. der xanthische Dynast Kuprlli in der ersten Ha¨lfte des 5. Jhs. in Ostlykien Mu¨nzen pra¨gte, bleibt allerdings unbeantwortet24. Es bietet sich jedenfalls an, ungeachtet der
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So spricht Wo¨rrle (Chiron 21, 1991, 213) in Zusammenhang mit der Ereignisgeschichte der ersten Ha¨lfte des 4. Jhs. von einem „hypothetischen Szenario, in das sich die wenigen Festpunkte, die wir haben, gut einfu¨gen, dem man sich aber trotzdem nur mit Vorsicht u¨berlassen sollte“. 19 T. R. Bryce, JNES 42, 1983, 33. 40. Zu einem lykischen Nationalbewußtsein, das bis zur persischen Eroberung der Region die Unabha¨ngigkeit bewahrt haben soll s. A. H. M. Jones, The Cities of the Eastern Roman Provinces (1937) 96 f. Als Argument fu¨r eine territoriale Geschlossenheit wird die Nennung eines Anfu¨hrers des lykischen Kontingentes unter Xerxes – eines xanthischen Dynasten ? – bei Herodot (VII 98) herangezogen. Die Ausdehnung eines verschiedentlich in der Forschung postulierten kernlykischen Bereiches la¨ßt sich nicht mit Sicherheit bestimmen, es mag sich um das direkt zu Xanthos geho¨rige Territorium oder um von dort aus administrierte, vielleicht auch die spa¨tere Erstreckung Lykiens vorwegnehmende Gebiete handeln. Dazu s. Bryce, Lycians 100 f.; W. A. P. Childs, AnatSt 61, 1981, 55 f. 20 Die große ra¨umliche Distanz Lykiens zu den fu¨r das su¨dliche Kleinasien zusta¨ndigen Satrapensitzen (Daskyleion, Sardeis: bezu¨glich der Probleme der Zuweisung Lykiens an die 1. oder die 2. Satrapie s. zuletzt B. Jacobs in Lykiensymposion I 63 V. bes. 66 f.) stand wohl einer direkten persischen Herrschaftsausu¨bung im Wege. Dazu s. Childs a. O. 55. Zum Fu¨hrungsanspruch der xanthischen Dynastie s. T. R. Bryce, Historia 29, 1980, 378; ders., JNES 42, 1983, 32 V.; ders. in: Proc. in Honour of A. D. Trendall (1990) 531; ders., Lycians, 101; W. A. P. Childs, AnatSt 61, 1981, 59; Jacobs, Grabkunst, passim; In diesen Kontext geho¨rt auch die These, daß die dynastische Herrschaftsform in Lykien durch die Perser eingefu¨hrt worden sei. Dazu s. T. R. Bryce, JNES 42, 1983, 33; ders., Lycians, 101. Obwohl es diesbezu¨glich keine direkten Belege gibt, u¨berrascht es jedenfalls, daß Herodots Schilderung der Eroberung von Xanthos keine fu¨hrende Perso¨nlichkeit auf Seiten der Lykier nennt. J. Zahle denkt an eine Entwicklung, die erst im fru¨hen 5. Jh. zu einer Machtkonzen-
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tration in Xanthos gefu¨hrt ha¨tte. s. J. Zahle in: Proc. of the Groningen 1988 Achaemenid History Workshop (1991) 145. 153. 21 W. A. P. Childs, AnatSt 61, 1981, 61 Anm. 29; T. R. Bryce, JNES 42, 1983, 35; Zimmermann, Landeskunde 21. Es wurde verschiedentlich darauf hingewiesen, daß in Kunst und Numismatik der xanthischen Dynastie der betreffenden Periode trotz des athenischen Herrschaftsanspruches außergewo¨hnlich starke acha¨menidische EinXu¨sse festzustellen sind: Childs a. O. 61; J. Zahle a. O. 153. 22 W. A. P. Childs, AnatSt 61, 1981, 59; dagegen: Bryce, Lycians 101 f. An eine fo¨derative Organisationsform denkt Wo¨rrle a. O. 214. 23 Mehr als vierzig Orts- und Personennamen (‘Dynasten’) scheinen auf lykischen Mu¨nzen auf. Dazu s. O. Mørkholm – G. Neumann, NachrAkGo¨tt 1978, 3 V.; J. Zahle in: Proc. in Honour of A. D. Trendall (1990) 146. Zu den noch ungelo¨sten Fragen und alternativen Interpretationsmo¨glichkeiten der auf Mu¨nzen aufscheinenden Namen (z. B. als lokale Amtsinhaber) s. O. Carruba in: Lykiensymposion I 11–20. 24 Zu der Grenze des direkten Herrschaftsgebietes der xanthischen Dynastie in Zentrallykien s. Zimmermann, Landeskunde 27 V. Ob die seit dem mittleren 5. Jh. v. Chr. faßbaren unterschiedlichen Mu¨nzstandards in Westund Ostlykien auch auf politische Teilung hinweisen, muß oVen bleiben, da einige Dynasten in beiden Standards pra¨gen. s. W. A. P. Childs, AnatSt 31, 1981, 58 Anm. 20– 22. Es sollte mo¨glicherweise zwischen direktem, auf lokalem Grundbesitz basierenden Herrschaftsanspru¨chen und politisch-administrativem Fu¨hrungsanspruch unterschieden werden. Dazu s. auch die Diskussion um die Bedeutung des BegriVes ‘synteleis’ der attischen Tributlisten: Childs, a. O. 56 f. Zu den Pra¨gesta¨tten Kuprllis, die in West-, Zentral- und Ostlykien lokalisiert wurden und die auch andere Dynasten mit Mu¨nzen versorgten, s. O. Mørkholm – J. Zahle, ActaArch 43, 1972, 73 f.; J. Spier in: I. Carradice (Hrsg.), The 9th Oxford Symposion on Coinage and Monetary History (1987) 36.
Schlußfolgerungen
Existenz zahlreicher dynastischer Herrschaftsgebiete auf eine politische und verwaltungstechnische Einigung von West- und Ostlykien in dieser Zeit zu schließen25. Spa¨testens fu¨r den Anfang des 4. Jhs. v. Chr. la¨ßt sich jedoch eine Spaltung Lykiens in zwei konkurrierende Machtblo¨cke im Westen und Osten der Halbinsel nachweisen26. Diese Entwicklung ko¨nnte von einer AuXo¨sung der politischen Ordnung im Herrschaftsbereich der xanthischen Dynastie und daraus entstehenden Rivalita¨ten initiiert oder akzentuiert worden sein und in den kriegerischen Auseinandersetzungen mit dem ostlykischen Dynasten Perikles ihren Ho¨hepunkt erreicht haben27. Der ostlykische Machtblock wird in der Forschung ha¨uWg mit einer anti-persischen Haltung in Verbindung gebracht, die letztlich zur Einbindung Lykiens in den Satrapenaufstand gefu¨hrt ha¨tte28. Auch scheint in dieser letzten Phase der Dynastenzeit ein versta¨rkter persischer EinXuß in der Tagespolitik feststellbar zu sein; die komplizierten Machtverha¨ltnisse verlangten wohl das direkte Eingreifen der Satrapen29. Fu¨r unser Versta¨ndnis der Herrschaftsstrukturen im Bereich der xanthischen Dynastie und insbesondere bezu¨glich der Herrschaftsfestigung nach Regierungsantritt hat die in der Inschrift TL 44 u¨berlieferte Belehnung von Verwandten des Dynasten mit ‘Sta¨dten’ besondere Bedeutung, da sie uns Einblick in eine stark von Familienbanden gepra¨gte Machtpyramide erlaubt30. Die inschriftlich erwa¨hnte, bei Machtantritt notwendige Eroberung mehrerer Siedlungen fu¨hrt uns die dieser Herrschaftsform immanenten, zentrifugalen Kra¨fte vor Augen31. In dieser von Machtka¨mpfen gepra¨gten Zeit tritt uns auch erstmals in den Inschriften fu¨hrender Dynasten der wohl programmatische Titel ‘Basileus’ entgegen32. ¨ ber den Status der Gemeinwesen, deren Namen bisweilen auf Pra¨gungen in Verbindung mit U Dynastennamen aufscheinen, die aber auch unter dem eigenen Namen Mu¨nzen emittieren, ist noch wenig bekannt33. Auch aus dem epigraphischen Material lassen sich Hinweise auf eine gewisse Selbsta¨n25
Eine derartige Interpretation schla¨gt Childs vor (… „suggests that there was a hierarchy under a principal ruler“) s. W. A. P. Childs, AnatSt 31, 1981, 58 f. Anm. 22–23. s. auch T. R. Bryce, Klio 64, 1982, 336. Verschiedentlich wird auch auf die Notwendigkeit einer zentralen Organisation zur Eintreibung der Tribute an den Seebund hingewiesen. s. A. H. M. Jones, The Cities of the Eastern Roman Provinces (1937) 97; T. R. Bryce, JNES 42, 1983, 35. 26 Unklar ist weiterhin, ob der auf der Basis von Inschriften rekonstruierbare zentrallykische Machtbereich des ostlykischen Dynasten Perikles durch kriegerische Expansion unter dessen Fu¨hrung entstanden ist, wie gemeinhin angenommen wurde, oder ob diese Gebiete nicht schon la¨nger von einer ostlykischen Dynastie beherrscht gewesen sein ko¨nnten. Zimmermann, Landeskunde 29. 27 Die inschriftlich u¨berlieferte (TL 44 c-20; CEG II 888 f.), sich beim Herrschaftsantritt eines xanthischen Dynasten ergebende Notwendigkeit zur Eroberung von Siedlungen, die wohl von alters her zum xanthischen Machtbereich geho¨rten, dokumentiert vielleicht eine Auflo¨sung der politischen Strukturen im Westen der Halbinsel. Das Schwergewicht der Herrschaft dieser Dynastie mag sich sogar zeitweise nach Westen verlagert und Xanthos an Bedeutung verloren haben. s. Bryce, Lycians 111; ders., Klio 64, 1982, 336; ders., JNES 42, 1983, 37; ders. in: Proc. in Honour of A. D. Trendall (1990) 532. In diesem Sinne auch J. Zahle in: Proc. of the Groningen 1988 Achaemenid History Workshop (1991) 145. Bezu¨glich eines Bedeutungsverlustes von Xanthos ist Wo¨rrle skeptisch: M. Wo¨rrle, Chiron 21, 1991, 213 Anm. 54. Zu dem Dynasten Perikles s. T. R. Bryce, Historia 29, 1982, 377–381 und zuletzt Zimmermann, Landeskunde 29 V. 38 bes.
41 V. mit Literaturangaben. 28 Treuber 102; T. R. Bryce, JNES 42, 1983, 39; ¨ berliefert bei Diod. Sic. Jacobs, Grabkunst 66. 67. 70. U XV 90.3. Verschiedentlich sind Zweifel an der Historizita¨t ¨ berlieferung aufgekommen, in der sich vielleicht dieser U nur eine allgemeine innenpolitische Instabilita¨t des lykischen Raumes widerspiegeln ko¨nnte: M. Weiskopf, The so called „Great Satraps Revolt“ 366 –360 B. C., Historia Einzelschr. 63 (1989) 68; M. Wo¨rrle, Chiron 21, 1991, 215; M. Zimmermann, Landeskunde 32 Anm. 117. 29 s. P. H. J. Houwink ten Cate, The Louwian Population Groups of Lycia during the Hellenistic Period ¨ Jh 58, 1988 Beibl. 121. – (1961) 10 f.; G. Neumann, O W. A. P. Childs, AnatSt 31, 1981, 66. 72 V.; Jacobs, Grabkunst 28. Zuru¨ckhaltend ist M. Wo¨rrle a. O. 212 Anm. 51. 30 Zu dieser Machtpyramide s. T. R. Bryce, Historia 29, 1980, 378. 31 TL 44 c-20 und CEG II 888 f. 32 Ab dem spa¨teren 5. Jh. Wndet sich die Formel „unter der Regierung des x“ auf Grabbauten. W. A. P. Childs, AnatSt 31, 1981, 58 Anm. 22. In zwei Inschriften des Perikles aus Limyra Wndet sich die Nennung des Titels ‘Basileus’. s. auch die Textstelle FGrHist 115 F 103, 17, in der Perikles als ‘Lykion basileus’ bezeichnet wird. Auch in Westlykien sind a¨hnliche Formulierungen u¨berliefert. Zu den Inschriften und ihrem propagandistischen Hintergrund s. M. Wo¨rrle, Chiron 21, 1991, 203 V. bes. 215; Zimmermann, Landeskunde 46. Auch die Errichtung besonders prunkvoller Heroa, die in diese Zeit fa¨llt, wurde mit dem Bemu¨hen um Repra¨sentation und Herrschaftslegitimierung in Zusammenhang gebracht. 33 Dazu siehe zuletzt Zimmermann, Landeskunde 23 f. 26 f.
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Schlußfolgerungen
digkeit der Siedlungen in kultischen und rechtlichen Belangen entnehmen34. In diesen Kontext geho¨rt auch der mehrfach inschriftlich u¨berlieferte BegriV ‘teteri’, der, ungeachtet der vorgeschlagenen Lesungen als ‘polis’ oder ‘politai’, auf eine rechtliche Eigensta¨ndigkeit der betreVenden Niederlassungen und deren Eliten hinweisen ko¨nnte35. Aus diesen Stellen la¨ßt sich jedoch keineswegs ein zwingender Schluß auf das Vorhandensein einer Polisverfassung im griechischen Sinn ableiten36. Die relative politische Unabha¨ngigkeit sekunda¨rer Niederlassungen und vielleicht auch der landbesitzenden Aristokratie von den dynastischen Zentren tradierte sich vielleicht bis in hellenistische Zeit37. Die in der modernen Forschung skizzierten, das klassische Lykien betreVenden Gesellschaftsmodelle bewegen sich entweder in Richtung einer feudalistischen, auf perso¨nliche Bindung und Grundbesitz basierenden Herrschaftsform oder betonen vermehrt die administrative Rolle der Dynasten und deren Einbindung in die acha¨menidische Verwaltung38. Die Bedeutung der ansatzweise erkennbaren, rechtlichen Eigensta¨ndigkeit einiger Gemeinwesen fu¨r die Evaluierung der Gesamtgesellschaft la¨ßt sich noch nicht abscha¨tzen. B. Archa¨ologische Evidenz und gesellschaftliche Entwicklung Fu¨r die Zeit vor dem Feldzug des Harpagos verfu¨gen wir nur u¨ber wenige archa¨ologische Daten. Die Grabungen in Xanthos und Limyra belegen die Existenz einfacher Siedlungsformen im fru¨hen 7. Jh. v. Chr.39 Ab der Jahrhundertmitte la¨ßt sich ein reger kultureller Austausch mit den na¨hergelegenen Zentren des o¨stlichen Mittelmeeres aus den Keramikfunden ablesen, Lykien bewahrt jedoch seine politische Eigensta¨ndigkeit40. Soweit dies durch die beschra¨nkte Grabungsta¨tigkeit nachweisbar ist, bleibt die bauliche Ausstattung der Siedlungen bis in die fru¨he Perserzeit einfach. Der Bericht Herodots (I 176) u¨ber die Eroberung von Xanthos erlaubt es immerhin, auf das Vorhandensein einer verteidigbaren Wohnsiedlung und einer Zitadelle zu schließen. Die Datierung einiger Tumulusgra¨ber in diese fru¨he Zeit ist problematisch und sollte durch Grabungsta¨tigkeit u¨berpru¨ft werden, bevor sie fu¨r weiterreichende Schlu¨sse herangezogen werden kann41. Bezu¨glich der politischen Verfassung dieser Periode haben wir nur ein Argument ex silentio zur Verfu¨gung: Herodot nennt keine fu¨hrende Perso¨nlichkeit des kleinen xanthischen Kontingents, welches den ungleichen Kampf mit der persischen Invasionsarmee aufnimmt. Die im Anschluß an die katastrophale Niederlage geschilderte Wiederbesiedlung der zersto¨rten Niederlassung durch Mitglieder jener 80 Herde, die sich zum Zeitpunkt der Katastrophe in den Bergen aufgehalten hatten, erlaubt vielleicht auf eine auf Familieneinheiten basierte (gentilizische ?) Gesellschaftsordnung zu schließen. Der auffa¨llige, durch die Zufa¨lligkeit der Erhaltung und Entdeckung nicht ausreichend erkla¨rbare Umstand, daß uns der lykische Boden bis heute keine bedeutenden epichorischen Kunstdenkma¨ler geschenkt hat, die in die Periode vor der persischen Eroberung datierbar wa¨ren, in der Zeit danach jedoch geha¨uft reliefgeschmu¨ckte Monumente auftreten, ist wohl symptomatisch fu¨r die Synergiee34
Ebenda 24. TL 65 Isinda; Trilingue vom Letoon (N 320). 36 D. Asheri, Fra Ellenismo e Iranismo (1983) 114 f. – Zimmermann, Landeskunde 25. 37 Zur inschriftlichen Nennung von Perio¨ken, die an Entscheidungen der sta¨dtischen Versammlungen maßgeblich beteiligt waren, in Inschriften aus Xanthos, Termessos und Limyra. s. nur M. Wo¨rrle, Chiron 8, 1978, 236 V. 38 Mørkholm und Zahle stehen dem aufgrund eines Nebeneinanders von Dynasten- und Sta¨dtenamen auf einigen Mu¨nzen erfolgten Schluß auf eine direkte Herrschaft ersterer kritisch gegenu¨ber und rekonstruieren ein Gesellschaftssystem, in dem verschiedene Machttra¨ger nebenund miteinander politisch wirksam sein ko¨nnen, schließen aber das Vorhandensein einer u¨bergeordneten Organisation nicht aus. O. Mørkholm – J. Zahle, ActaArch 43, 1972, 112. Bryce weist auf die Mo¨glichkeit hin, daß die 35
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lykischen Dynasten in ein administratives Netzwerk eingebunden gewesen sein ko¨nnten, in dessen Gefu¨ge die xanthische Dynastie die Mittlerstelle zwischen den Satrapen und den von ihr eingesetzten lokalen Dynasten u¨bernommen haben du¨rfte. T. R. Bryce, JNES 42, 1983, 41 f. 39 ¨ Jh 61, 1991/92 Beibl. Fouilles 2, 78 f.; Verf., O 133 V. 40 Zusammenfassend zu den aus dem Keramikmaterial ablesbaren Stro¨mungen: H. Metzger, Les ce´ramiques archaiques et classiques de l’acropole lycienne, Fouilles de Xanthos IV (1972) 179 V. Die Masse des importierten Materials schreibt Metzger Rhodos und Samos zu. Das Material aus Limyra beinhaltet viel lokale Produktion, die sich jedoch in den ostmittelmeerischen Kulturraum gut einfu¨gen la¨ßt (mu¨ndliche Mitteilung I. Mader). 41 J. Zahle, ActaArch 46, 1975, 312–350. Zu diesen Fragen s. auch Verf., Lykia 1, 1994, 81 V.
Schlußfolgerungen
Vekte, welche die Einbeziehung dieser relativ abgeschiedenen Region in das acha¨menidische Großreich freizusetzen vermochte42. Die archa¨ologisch vor allem u¨ber das Auftreten skulpturengeschmu¨ckter Grabbauten faßbaren Vera¨nderungen der lykischen Gesellschaft du¨rften wohl ebenso andere Lebensbereiche betroVen haben. Auch die Ausbildung eines wahrscheinlich mit der dynastischen Herrschaftsform verbundenen Grabtypus, dem Pfeilergrab, fa¨llt etwa in diese Periode43. Insofern gewinnen Thesen an Gewicht, welche die Fo¨rderung eines ansatzweise bestehenden dynastischen Herrschaftssystems bzw. dessen Institution mit der von Persien unterstu¨tzten SchaVung von Verwaltungsstrukturen in Lykien in Verbindung bringen44. Sowohl der Motivschatz der xanthischen Denkma¨ler als auch das u¨berlieferte Namenmaterial erlauben eine gewisse Abha¨ngigkeit der Oberschicht von iranischem Kulturgut nachzuzeichnen45. Daraus auf eine medische Provenienz der xanthischen Dynastenfamilie zu folgern, ist zum jetzigen Zeitpunkt wohl noch voreilig46. Fu¨r die spa¨tarchaische Periode la¨ßt sich auch außerhalb von Xanthos eine Siedlungsta¨tigkeit nachweisen: Zahlreiche, vor allem in Zentrallykien entdeckte Grabpfeiler kann man aufgrund ihres Reliefschmuckes in das spa¨tere 6. Jh. v. Chr. datieren. Die relative Seltenheit solcher zumeist als Bildtra¨ger gestalteter Denkma¨ler weist sie als Grabsta¨tten bedeutender Perso¨nlichkeiten aus. Die betreVenden Niederlassungen, u¨ber deren Aufbau wir keine Informationen haben, waren wohl Sitze lokaler Machthaber47. Im 2. Viertel des 5. Jhs. v. Chr., in den Regierungsjahren des Dynasten Kuprlli, wurde Xanthos zu einer Niederlassung ausgebaut, die dem historisch faßbaren Machtanspruch der am Ort residierenden Dynastie entsprach48. Innerhalb der Mauern und im Vorfeld dieser im Umfang bedeutendsten Siedlung Lykiens entstand im Laufe der Zeit neben den Dynastengra¨bern49 auch eine große Zahl teils sehr aufwendiger Grabbauten, die wohl den Mitgliedern einer aristokratischen Fu¨hrungsschicht zuzuschreiben sind. Etwa in die gleiche Periode Wel der Ausbau großer Siedlungen im Xanthostal und in Westlykien, die dem xanthischen Schema von befestigter Burg und ummauerter Wohnsiedlung entsprechen. Zahlreiche, teils aufwendige Grabbauten Wnden sich in ihrem Weichbild. Aus der Umgebung von Xanthos wurden in den letzten Jahren einige befestigte Anlagen bekannt, die wohl als Wohnsitze einer la¨ndlichen Aristokratie zu deuten sind50. Auch in Zentrallykien wurde in fru¨hklassischer Zeit rege gebaut, die Gro¨ße und der Charakter der durch das Vorhandensein aufwendiger Grabanlagen als Wohnsta¨tten bedeutender Perso¨nlichkeiten gekennzeichneten Siedlungen sind jedoch unterschiedlich. Es Wnden sich relativ kleinXa¨chige, frei stehende Burganlagen, solche mit angeschlossener, jedoch unbefestigter Wohnsiedlung, sowie von Zitadellen u¨berragte, befestigte Siedlungen mit bedeutenden Grabbauten im Bereich der Burgen. Von besonderer Eigenart ist die Gesamtanlage der befestigten Siedlung von Seyret mit ihren zahlreichen, im Aufbau eng verwandten Turmbauten: Das Nebeneinander dieser Wohntu¨rme von hohem Repra¨sentationswert innerhalb einer Niederlassung – das sich jedoch nach außen durch die verbindende 42
Der Wohlstand der lykischen Dynasten wurde zuletzt mit persischem Silber in Zusammenhang gebracht. s. J. Zahle, REA 41, 1989, 171 f. mit Anm. 6. 43 Der a¨lteste, aufgrund seines Reliefschmuckes datierbare Grabpfeiler ist das sogenannte Lo¨wengrab von Xanthos, welches zwischen 540 und 530 v. Chr. entstanden sein du¨rfte. 44 s. o. S. 172 Anm. 20. 45 s. Jacobs, Grabkunst passim. Jacobs denkt an die Installation einer iranisch-sta¨mmigen Familie in Xanthos (ebenda 29). 46 In diesem Sinne s. zuletzt Jacobs, Grabkunst 27 f. 69; Dagegen J. Zahle in: Proc. of the Groningen 1988 Achaemenid History Workshop (1991) 152 f. 47 Zahle a. O. 145 nimmt fu¨r die fru¨he Perserzeit mehrere unabha¨ngige (?) dynastische Zentren an. 48 Aufgrund seiner Mu¨nzpra¨gung wird die Herrschaft des Kuprlli in die Zeit zwischen 485 und 440 datiert.
O. Mørkholm – J. Zahle, ActaArch 43, 1972, 57–113. 49 Ausweislich des Denkmalbestandes bleiben in der Zeit des Kuprlli reliefgeschmu¨ckte Monumente auf Xanthos beschra¨nkt. 50 Zu einer kleinen Doppelturmanlage bei Bu¨kcez s. Adam, Architecture 120 Abb. 81. Auf dem westseitig das Xanthostal beschließenden Ho¨henzug liegt eine befestigte Anlage, die 1993 von Mitgliedern des franzo¨sischen Grabungsteams untersucht wurde. Keramik von außergewo¨hnlich guter Qualita¨t, die vor Ort aufgesammelt werden konnte, geho¨rt vor allem in spa¨tarchaische und klassische Zeit, womit ein Datierungsrahmen fu¨r die zwei am architektonischen Befund ablesbaren Bauphasen der Anlage gegeben wa¨re. Die Publikation der Anlage ist in Vorbereitung. Dem Verfasser ist ein weiterer, auf einem Hu¨gel o¨stlich von Xanthos gelegener Bau bekannt, der in die gleiche Gruppe geho¨ren du¨rfte. Zu diesen Fragen s. oben S. 140 ff.
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Schlußfolgerungen
Ringmauer als ein Miteinander darstellt – kann vielleicht als Hinweis auf eine dezentrale Fu¨hrungsstruktur des Gemeinwesens, zumindest aber auf dessen oligarchischen Charakter gewertet werden. Man mo¨chte das Siedlungsbild von Seyret als das Ergebnis des Zusammenschlusses mehrerer aristokratischer Familien verstehen, die sich innerhalb der Siedlung architektonisch streng voneinander abzusetzen suchten, aber nach außen hin gemeinsame Interessen zu verteidigen hatten. Die Niederlassung steht damit im Gegensatz zu den als geschlossene Burganlagen konzipierten Herrensitzen, wie sie sich in Ko¨ybas¸ı oder Korba erhalten haben. In der Phase des Aufstiegs eines mit der ‘perserfreundlichen’ xanthischen Dynastie rivalisierenden ¨ bergang vom 5. zum 4. Jh. v. Chr., Machtblocks in Ostlykien, also wohl in der Periode nach dem U entwickelte sich Limyra/Ze˜muri zu einem dynastischen Zentrum, dessen Ausbau mit einigem Aufwand betrieben wurde. Neben dem Heroon entstanden mehrere, durch reichen Skulpturenschmuck hervorgehobene Grabbauten. Die das Siedlungsbild Limyras pra¨gende, auffa¨llig große Zahl zumeist relativ einfacher Fassadenkammergra¨ber und die fu¨r lykische Verha¨ltnisse inXationa¨re Verwendung der lykischen Schrift an denselben ku¨ndete vielleicht von einer vera¨nderten Gesellschaftspolitik: Zogen die um Legitimation besorgten ostlykischen Dynasten ergebene Aristokraten in die Residenzstadt und verpXichteten sie sich durch die Verleihung neuer Privilegien51 ? In einem programmatischen, legitimistischen und propagandistischen Kontext wa¨re auch die von der Forschung angesprochene, in dem KunstschaVen dieses Bereiches feststellbare ausgepra¨gte Anbindung an griechische Vorbilder zu sehen52. Diese ließe sich letztlich als Teilpha¨nomen innerhalb der Suche nach einem eigenen, ein wenig von westlykischen Mustern abweichenden53, jedoch durchaus im Rahmen traditionell-lykischen KulturschaVens angesiedelten Weg politischer Selbstdarstellung erkla¨ren54. Etwa in diese Periode Wel auch die Neugestaltung bzw. vielleicht auch die Neugru¨ndung zahlreicher befestigter Siedlungen im o¨stlichen Zentrallykien. Die besonders gut erhaltenen Ruinen Trysas erlauben es, den Aufbau eines wohl einheitlich geplanten Dynastensitzes abzulesen, der in der Bauqualita¨t von den vergleichbaren Niederlassungen dieses Gebietes in auffa¨lliger Weise absticht. Nicht nur das Heroon, sondern auch die das Siedlungsbild beherrschenden, als zusammenha¨ngender Palastkomplex zu deutenden Terrassenbauten im Zentrum der Wohnsiedlung belegen die Auslegung und Nutzung der Gesamtanlage als Residenz55. Es handelt sich folglich nicht um ein Nebeneinander von dynastischem Wohnsitz und Siedlung, sondern das Gesamtkonzept stand im Dienst der Repra¨sentation des Machthabers. Das vergleichsweise kleinXa¨chige Hinterland vermochte wohl die Finanzierung eines derart großzu¨gigen Bauprogrammes nicht zu tragen. Es mu¨ssen also entweder Fremdmittel zur Verfu¨gung gestanden haben oder der Dynast von Trysa eine zentrale politische Rolle in Form regionaler Vorherrschaft innegehabt haben. Dem widerspricht auch nicht der Umstand, daß sich aus dem Baubestand anderer, in SiedlungsXa¨che und Bauqualita¨t mit Trysa nicht vergleichbarer Niederlassungen des o¨stlichen Zentrallykien ein verwandter Aufbau erschließen la¨ßt: Es zeichnet sich wohl eine hierarchische Gliederung der Siedlungen ab56. 51
Zu den Gra¨bern Limyras, deren Inschriften und Schlu¨ssen auf die Zahl der Einwohner sowie soziologische Strukturen s. J. Borchhardt, IstMitt 40, 1990, 127. 52 s. T. R. Bryce, Historia 29, 1980, 377 V.; ders., JNES 42, 1983, 38 f.; W. A. P. Childs, AnatSt 31, 1981, 77; Jacobs, Grabkunst 66. 67. 70; M. Wo¨rrle, Chiron 21, 1991, 215 f. Verschiedentlich wurde auf eine politische Anlehnung des ostlykischen Herrschaftsbereiches an Athen geschlossen. Dazu s. T. R. Bryce, Historia 29, 1980, 379; ders., JNES 42, 1983, 31–42; Jacobs, Grabkunst 70. Jacobs geht aber wohl etwas zu weit, wenn er aus dem verfu¨gbaren Quellenmaterial auf eine epichorisch-lykische Separationsbewegung schließen will. 53 Griechisches spielte auch in der Selbstdarstellung der xanthischen Dynastie des spa¨teren 5. Jhs eine wichtige Rolle. s. Wo¨rrle a. O. 208 V. 215. 54 Wo¨rrle versteht die Verwendung des Griechischen
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als Repra¨sentationsmittel, das an eine griechisch gebildete, ho¨Wsche Gesellschaft gerichtet ist und damit innenpolitisch zu wirken vermochte: M. Wo¨rrle a. O. 215 V. Anm. 67. Im Gegensatz dazu steht fu¨r D. Asheri, Fra Ellenismo e Iranismo (1983) 104 f., bei der Verwendung des Griechischen eine Wirkung nach Außen im Vordergrund, „rivolti al turista straniero“, wie auch die griechischen KultureinXu¨sse nur an der OberXa¨che, „sulla vasta superWcie del corpo organico licio-iranico locale“, verblieben wa¨ren. 55 Eine Publikation des dynastischen Wohnbereiches durch den Verfasser ist in Vorbereitung. 56 Im Bereich um Kyaneai la¨ßt sich in klassischer Zeit mo¨glicherweise eine Verschiebung der relativen Bedeutung einzelner Siedlungen ablesen. Man kann davon ausgehen, daß mit derartigen Entwicklungen auch im gesamtlykischen Rahmen gerechnet werden muß. Der Denkmalbestand, vor allem die dank der auf ihnen angebrachten
Schlußfolgerungen
Ein Zusammenhang zwischen der regen Bauta¨tigkeit im o¨stlichen Zentrallykien und der Konstituierung des ostlykischen Machtblockes wa¨re denkbar, da dessen Ausdehnung in die betreVenden Gebiete auch inschriftlich nachgewiesen ist57. Bei einigen bedeutenden Siedlungen dieser Region mag es sich aber auch um unabha¨ngige Dynastensitze gehandelt haben58. Auffa¨llig ist jedenfalls auch das Fehlen vergleichbarer Baumaßnahmen im Bereich der wohl weiterhin von der – allerdings mo¨glicherweise geschwa¨chten – xanthischen Dynastie kontrollierten Siedlungen des westlichen Berglandes Zentrallykiens. Neben den in der Fla¨chenausdehnung heterogenen (0, 3–4 ha) und in Bauqualita¨t und Ausstattung disparaten befestigten Siedlungen Zentrallykiens, die zumindest teilweise als Dynastenniederlassungen gedeutet werden mu¨ssen, bestanden auch zahlreiche, im Aufbau mit diesen verwandte, jedoch erheblich kleinere, freistehende Anlagen, die als befestigte Wohnsitze einer lokalen grundbesitzenden Aristokratie gedient haben ko¨nnten. Dieser Typus geht nahtlos in die Gruppe der als Hangterrassen gestalteten oder um einen turmartigen Baukern gruppierten, wohl als Geho¨fte interpretierbaren Anlagen u¨ber59. Weiters Wnden sich meist am Rand von Fruchtebenen gelegene, agglutinierende Haufensiedlungen, die vielleicht beschra¨nkt verteidigbar gewesen sein ko¨nnten60. Der Typus der Fluchtburg, der sich durch das Fehlen einer festen Bebauung innerhalb des Mauerringes charakterisiert, ist bis jetzt im Denkma¨lerbestand nicht oder nur in sehr rudimenta¨rer Form nachweisbar61. Zusammenfassend ergibt sich aus den historischen Quellen und der Interpretation der architektonischen Befunde das Bild einer auf Grundbesitz basierenden, aristokratischen Gesellschaftsform, die durch eine ausgepra¨gte hierarchische Gliederung gekennzeichnet war. Aus dem Baubestand la¨ßt sich, trotz der stetigen Wiederholung verwandter architektonischer Muster, bei denen hochgelegene Turmbauten eine zentrale Rolle spielen, und der geringen DiVerenzierung der Bauausstattung, eine gewisse Variationsbreite im Aufbau der Siedlungen ablesen. Insgesamt dominiert jedoch der Eindruck einer nur begrenzt spezialisierten, vertikal strukturierten und durch Wiederholung verwandter architektonischer und wohl auch sozio-struktureller Muster auf verschiedenen Ebenen gekennzeichneten Gesamtgesellschaft. Die Hellenisierung der Architektur Lykiens und Vera¨nderungen der Siedlungsstruktur in hellenistischer Zeit ¨ ber den Prozeß der Hellenisierung der Architektur Lykiens ist im Detail noch wenig bekannt62. U Schon fu¨r die Dynastenzeit la¨ßt sich ein sukzessives Eindringen dem griechischen Repertoire entnom-
Reliefs und Inschriften einigermaßen genau datierbaren Grabbauten, belegt jedoch, daß nahezu alle im o¨stlichen Zentrallykien bekannten Siedlungen im fru¨hen 4. Jh. v. Chr. nicht nur bewohnt, sondern auch Sitz bedeutender Perso¨nlichkeiten gewesen sein du¨rften. 57 Einige Inschriften geben an, daß die Gra¨ber, auf denen sie angebracht sind, unter der Regierung des Perikles angelegt worden seien. TL 67 und 103 aus Teimiusa und Arneai in Zentrallykien entsprechen der westlichen Grenze des derart erschließbaren Territoriums. 58 s. J. Zahle in: Proc. of the Groningen 1988 Achaemenid History Workshop (1991) 145. 59 Zu derartigen Anlagen in der Umgebung Limyras s. ¨ Jh 63, 1994, 95–120. Verf., O 60 A. Thomsen in: Lykische Studien 1, 39 V. 61 Dazu s. Zimmermann, Landeskunde 17 Anm. 25. Es la¨ßt sich natu¨rlich keineswegs ausschließen, daß befestigte Siedlungen nach Maßgabe der ra¨umlichen Mo¨glichkeiten im Krisenfall der Landbevo¨lkerung Schutz bieten konnten, das Einbeziehen unbebauter Fla¨chen in die Befestigungen wird jedoch in der Regel von topographischen
Notwendigkeiten diktiert. Zu la¨ndlichen Fluchtburgen auf dem Gebiet von Kyaneai s. F. Kolb, AW Sondernummer (1989) 63. Zu lelegischen Fluchtburgen in Karien s. Radt, 104 V. Eine im Sommer 1994 durch Mitglieder der franzo¨sischen Grabung unter Fu¨hrung von M. Arslan im Gebirge westlich von Xanthos entdeckte Niederlassung, deren Bedeutung in klassischer Zeit durch das Vorhandensein zweier Grabpfeiler unterstrichen wird, besteht aus zwei Teilbereichen: Einer aufgrund der speziWschen topographischen Verha¨ltnisse nicht verteidigbaren Hangsiedlung und einer nahegelegenen Ringmauer, die einen stark verkarsteten, kaum Siedlungsspuren aufweisenden Gela¨ndekamm befestigt. Letztere, nahe deren Tor auch die Grabpfeiler standen, du¨rfte als Fluchtburg gedient haben. 62 Allgemein zu griechischem EinXuß in Lykien: D. Asheri, Fra Ellenismo e Iranismo (1983) 104 f.; W. A. P. Childs, AnatSt 31, 1981, 55–80; T. R. Bryce in: Proc. in Honour of A. D. Trendall (1990) 531 V.; Chr. Le Roy in: in: E. Fre´zouls (Hrsg.), Socie´te´s urbaines, socie´te´s rurales en Asie Mineure et la Syrie helle´nistique
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Schlußfolgerungen
mener architektonischer Bau- und Zierformen feststellen, das zum Entstehen eines eigentu¨mlichen Mischstiles fu¨hrte, der jedoch bautypologisch tief in der lokalen Tradition verwurzelt blieb63. Dieser zunehmende griechische EinXuß beschra¨nkte sich natu¨rlich nicht nur auf die Architektur, sondern wirkte auch in vielfa¨ltiger Weise auf andere Bereiche des politischen und kulturellen Lebens64. In dem in die Jahre nach dem Satrapenaufstand fallenden Ende der dynastischen Mu¨nzpra¨gung du¨rfte sich der Verlust der politischen Eigensta¨ndigkeit der von den persischen Oberherren der hekatomnidischen Verwaltung unterstellten Region widerspiegeln65. Diese Bindung an Karien ko¨nnte jedenfalls dem Prozeß der Gra¨zisierung und einer gewissen ‘Demokratisierung’ Vorschub geleistet haben66. Derartige Vera¨nderungen gingen wohl auf Kosten des EinXusses und der Wirtschaftskraft der dynastisch/aristokratischen Fu¨hrungsschicht, die mit aller Wahrscheinlichkeit in der ersten Jahrhundertha¨lfte die Bauherren gestellt hatte67. In der Folge dieser Entwicklungen ko¨nnte in der zweiten Ha¨lfte des 4. Jhs. v. Chr. die Bauta¨tigkeit erheblich zuru¨ckgegangen zu sein. Neubauten von Befestigungen lassen sich jedenfalls fu¨r diese Zeit nicht nachweisen, und an manchen Orten du¨rften die bestehenden FortiWkationen verfallen sein68. Auch die Reihe skulpturengeschmu¨ckter Großbauten scheint in dieser Periode abzubrechen. Die Einbeziehung Lykiens in die hellenistische Staatenwelt fu¨hrte zu einer tiefgreifenden Vera¨nderung der politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten und in der Folge auch zu einem weitgehenden Wandel der Siedlungsstruktur. Inschriften lassen auf eine sukzessive Konstituierung von Polisgebieten durch Verschmelzung bevorzugter sta¨dtischer Zentren mit dem Umland und seiner Bevo¨lkerung schließen69. Dieser Prozeß du¨rfte im Falle von Limyra, Xanthos und Telmessos in der Mitte des 3. Jhs. v. Chr. abgeschlossen gewesen sein. et romaine, colloque Strasbourg 1985 (1987) 41 V.; ders. in: Festschrift fu¨r E. Akurgal (1989) 222 V. Zum griechischen EinXuß im Lykien der Klassik unter besonderer Beru¨cksichtigung der Ergebnisse des Kyaneai-Surveys und dessen architektonischer Befunde s. F. Kolb, Lykia 1, 1994, 12–14. 63 Zum Eindringen von griechischem architektonischen Formengut in die lykische Grabarchitektur s. K. Kjeldsen – J. Zahle, AA 1975, 348; P. Demargne vermutete, daß dieser Prozeß durch den Bau des Nereidenmonumentes ausgelo¨st worden sei. Dazu s. P. Demargne, Fouilles 1, 122 Anm. 2; P. Coupel – P. Demargne, Le Monument des Ne´re´ides, Fouilles 3 (1969) 88. 159; P. Demargne – E. Laroche, Tombes maison, tombes rupestres et sarcophages, Fouilles de Xanthos 5 (1974) 118; P. Demargne, AA 1966, 544; Childs, City 12, zieht diesen Ansatz zur Datierung des Grabes mit Vorhalle in Pinara heran. Der Sarkophag wird als Grabtypus erst im spa¨teren 5. Jh. v. Chr. faßbar und mag aus dem griechischen Raum u¨bernommen worden sein, wird aber in Verbindung mit dem Hyposorion (bzw. in einigen Fa¨llen auch einem Grabhaus) zu einem typisch lykischen Monument umgestaltet. s. Reisen I 20; J. Zahle, JdI 94, 1979, 281 V. 64 s. W. A. P. Childs, AnatSt 31, 1981, 69 V. 80; T. R. Bryce in: Proc. in Honour of A. D. Trendall (1990) 531 V.; Im 4. Jh. v. Chr. la¨ßt sich ein Zunehmen der Zahl griechischer Inschriften feststellen. Zur Vielsprachigkeit im antiken Lykien und der Rolle des Griechischen in der Selbstdarstellung der dynastenzeitlichen Fu¨hrungsschicht s. Chr. Le Roy in: Festschrift fu¨r E. Akurgal (1989) 222. – M. Wo¨rrle, Chiron 21, 1991, 215 V. Anm. 67. Im Falle zweier Bilinguen des fru¨hen 4. Jhs. v. Chr. scheinen die Inschriften in lykischer Sprache die griechische Fassung vorauszusetzen. Dazu s. M. Zimmermann in: Lykische Studien 1, 143 V.
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Die dynastische Mu¨nzpra¨gung ho¨rt um 360 v. Chr. auf. s. H. Metzger, L’inscription gre`cque, Fouilles de Xanthos 6 (1979) 32 V.; W. A. P. Childs, AnatSt 31, 1981, 77 f.; J. Zahle in: Proc. of the Groningen 1988 Achaemenid History Workshop (1991) 146. Vor allem in den gebirgigen Gebieten Nordlykiens ist jedoch bis in hochhellenistische Zeit das Weiterbestehen von Dynastenherrschaften u¨berliefert. s. Zimmermann, Landeskunde 53 V. mit weiterfu¨hrender Literatur. 66 In diesem Sinn spricht sich jedenfalls P. Frei aus. s. P. Frei in: Go¨tter, Heroen, Herrscher in Lykien (1990) 12. 67 Von einer „bewußten Fo¨rderung staatlicher Elemente, wie sie auch in Karien im Kampf gegen den noch gentilen Traditionen verhafteten karischen Bund“ durch die karischen Herren Lykiens spricht G. Bokisch, Klio 60, 1978, 129. Auf eine Vera¨nderung der Sprachlandschaft in dieser Zeit weist Chr. Le Roy in: Festschrift fu¨r E. Akurgal (1989) 223, hin. Die von Aristoteles (Oikonomikos II 2, 14 = II 1348 a, Pseudoaristoteles) in anekdotischer Form u¨berlieferte Besteuerung der langhaarigen Lykier bietet vielleicht einen Hinweis auf erhebliche Steuerbelastung und wirtschaftliche Einbußen, welche die gea¨nderte Lage fu¨r die lykische Oberschicht mit sich brachte. 68 Aufgrund des mo¨glicherweise auf ein Erdbeben oder gewaltsame Zersto¨rung zuru¨ckzufu¨hrenden, schlechten Zustandes der Bauten kam in Limyra die hellenistische Sanierung der Befestigung in weiten Teilen einem Neubau gleich. Im Verzicht auf die Instandhaltung der Befestigungen in spa¨tklassischer Zeit ko¨nnte sich mo¨glicherweise eine gesetzliche Regelung der neuen Machthaber widerspiegeln. 69 Die aus einer spa¨tklassischen (N 320, Trilingue vom Letoon, Datierung umstritten) und den fru¨hhellenistischen Inschriften von Telmessos und Limyra bekanntgewordene Bevo¨lkerungsgruppe der Perioikoi scheint gegenu¨ber sta¨dtischen Institutionen eine gewisse Autono-
Schlußfolgerungen
Die von M. Zimmermann aufgrund einer Analyse des epigraphischen Materials fu¨r den Hellenismus erschlossene Herausbildung von Polisterritorien in Zentrallykien war mit dem Aufschwung einiger Zentralorte und mit der Eingemeindung von in klassischer Zeit bedeutenden Niederlassungen verbunden, welche jedoch bisweilen eine eingeschra¨nkte Eigensta¨ndigkeit bewahren konnten70. Dieser bis in die Kaiserzeit andauernde Prozeß la¨ßt sich in einigen der untersuchten zentrallykischen Siedlungen am archa¨ologischen Befund nachvollziehen. So dokumentiert der Bau kleiner Tempel im Vorfeld von Trysa und Tyberissos sowie auf der Burg von Muskar eine Hellenisierung des architektonischen Formengutes, kann jedoch u¨ber das Nachlassen der Siedlungsdynamik, bzw. u¨ber die Vera¨nderung der Struktur der Niederlassungen und den – unter anderem durch den Verfall der klassischen Mauerringe angedeuteten – politischen Bedeutungsschwund nicht hinwegta¨uschen. Dieser wird bei einem Vergleich mit dem Zentralort Kyaneai besonders deutlich, dessen Aufschwung nicht nur zu einer Monumentalisierung des Stadtbildes aufgrund hellenistischer Bauplanung und Bauausstattung, sondern auch zu einer nennenswerten Vergro¨ßerung des Siedlungsareals und einem Neubau der Befestigungen fu¨hrte71. Neben dem ummauerten Poliszentrum befanden sich auf dem Territorium Kyaneais also zahlreiche oVene, wohl hauptsa¨chlich agrarische Siedlungen, die sich ha¨uWg aus den befestigten Herrensitzen klassischer Zeit entwickelt hatten. Inwieweit deren Gipfelbefestigungen in hellenistischer Zeit instand gehalten wurden, konnte noch nicht gekla¨rt werden, da nur im Bereich der Burg von Tu¨se ein bastionsartiger Anbau erhalten blieb, den seine Mauertechnik in nachklassische Zeit zu datieren erlaubt, sonst aber Hinweise auf in hellenistischer Zeit ausgefu¨hrte Baumaßnahmen fehlen. Es wa¨re jedenfalls denkbar, daß einige dieser eingemeindeten Niederlassungen als Phrouria weiter bestanden und damit zur milita¨rischen Sicherung des betreVenden Polisterritoriums beitrugen72. Auch die Felsbebauung von schon in klassischer Zeit am Rand gro¨ßerer Ebenen entstandenen, oVenen Siedlungen blieb zumindest in einigen Fa¨llen in spa¨terer Zeit bewohnt73. Die Hellenisierung der Siedlungsstruktur fand nicht zuletzt im Bau von Turmgeho¨ften griechischen Typs Niederschlag, die, wie neue Forschungen belegen, in Zentral- und Ostlykien allenthalben auftraten und die klassischen, fallweise allerdings auch um turmartige Kernbauten aufgebauten Geho¨fte ersetzten74. mie bewahrt zu haben. Dazu s. vor allem W. Wo¨rrle, Chiron 7, 1977, 43 V.; ders., Chiron 8, 1978, 201 f. bes. 236 V. mit Literaturangaben 239 f. An eine unterdru¨ckte Bevo¨lkerungsschicht denkt I. Hahn, Klio 63, 1981, 51 V. Diese fu¨r die hellenistische Zeit ungewo¨hnliche rechtliche DiVerenzierung von Zentralort und Umland ko¨nnte auf dynastenzeitliche Verha¨ltnisse zuru¨ckzufu¨hren sein. Ab der Mitte des 3. Jhs. v. Chr. werden jedenfalls in lykischen Inschriften keine Perio¨ken mehr genannt, diese scheinen folglich in der Bu¨rgerschaft der Poleis aufgegegangen zu sein. 70 s. F. Kolb – M. Zimmermann, IstMitt 41, 1991, 198 V.; Zimmermann, Landeskunde, passim, bes. 99 V.; ders. in: Stuttgarter Kolloquium zur historischen Geographie des Altertums 4, 1990 (1994) 189 V. Dieser Vorgang ko¨nnte mit der bei Plin. nat. 5. 101 u¨berlieferten Verringerung der Zahl der lykischen Sta¨dte zusammenha¨ngen. In diesem Kontext sind auch die lykischen Sympolitien von Bedeutung, welche einerseits die politische Eigensta¨ndigkeit vergleichsweise unbedeutender Gemeinwesen garantieren konnten, andererseits aber auch als Mittel der schrittweisen Integration untergeordneter Siedlungen in Polisterritorien dienten. Dazu s. M. Wo¨rrle, Chiron 8, 1978, 242 V.; M. Zimmermann, Landeskunde 123 V. Fu¨r die hellenistische Zeit steht der Forschung anhand der Bußgeldverfu¨gungen auf Gra¨bern eine – wenn auch nicht vo¨llig unanfechtbare – Quelle zur Abgrenzung des jeweiligen Polisgebietes zur Verfu¨gung. Zu den Bußgeldverfu¨gungen s. zuletzt M. Zimmermann, Landeskunde,
passim; ders. in: Stuttgarter Kolloquium zur historischen Geographie des Altertums 4, 1990 (1994) 191 V. In dieser Frage scheint Wo¨rrle skeptisch zu sein: M. Wo¨rrle, Chiron 8, 1978, 242 Anm. 211. 71 Zu den Befestigungen Kyaneais und der wohl schon in hellenistische Zeit zuru¨ckgehenden regelma¨ßigen Bebauung s. B. Kupke, IstMitt 41, 1991, 204 V. 211 f. Die klassischen Siedlungsreste Kyaneais, vor allem die Gra¨ber und Reste der Befestigungen, bieten keinerlei Hinweis auf eine besondere Bedeutung der sich wahrscheinlich auf die su¨dliche Kuppe beschra¨nkenden Niederlassung in dieser Periode. Dazu s. Kupke, ebenda 211. Eine Zusammenfassung der Siedlungsgeschichte bieten Kolb – Zimmermann a. O. 200 V. 72 s. L. und J. Robert, JSav 1976, 196 V.; Zimmermann, Landeskunde 80 V. Bezu¨glich einer mo¨glichen Nutzung der befestigten Siedlung von Bayındır Limanı als Phrourion von Phellos s. oben S. 91. 73 Zu agglutinierenden Siedlungen am Rand der Fruchtebenen im Westen Kyaneais s. A. Thomsen in: Lykische Studien 1, 39 V.; ders. in: Lykische Studien 2, 57–68. 74 Zu hellenistischen Turmgeho¨ften in Lykien, deren Zweckbestimmung, Lage usw. s. Konecny, Turmgeho¨fte passim; ders. in: Lykiensymposion II 47 V.; M. Miller, IstMitt 41, 1991, 219 V.; B. Yener in: Lykische Studien 1, 95 f.; dies. in: Lykische Studien 2, 93–102. In klassischer Zeit – bisweilen auch um einen turmartigen Kernbau – angelegte Geho¨fte haben ha¨uWg agglutinierenden Charak-
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Schlußfolgerungen
Die Siedlungstypen und der im Verha¨ltnis zur klassischen Periode erweiterte architektonische Formenschatz des lykischen Hellenismus orientierten sich an griechischen bzw. hellenistischen Vorbildern. Dieser sicher langwierige, wohl schon in der zweiten Ha¨lfte des 4. Jhs. v. Chr. beginnende, sich jedoch am Anfang des folgenden Jahrhunderts beschleunigende Prozeß der Hellenisierung erscheint im ¨ berga¨nge Denkmalbestand, jedenfalls solange die Feldforschung nicht die Mittel entwickelt, Xießende U nachzuvollziehen, als vo¨lliger Schnitt. ¨ berlegungen bezu¨glich einer Situierung der klassisch-lykischen Wehrarchitektur innerhalb des U anatolischen Kulturraumes und ihres Verha¨ltnisses zum griechischen Fortifikationswesen Die lykische Befestigungsarchitektur tritt uns als ausgereifte, charakteristische Steinarchitektur entgegen, die nur als das Ergebnis einer la¨ngeren Entwicklung versta¨ndlich wird. Eine solche la¨ßt sich fu¨r Lykien beim heutigen Forschungsstand nicht rekonstruieren, da aus vorklassischer Zeit, abgesehen von Pfeilergra¨bern, deren ha¨uWg monolithe Scha¨fte und getreppt geschnittene Deckplatten von einiger Kenntnis der Steinbearbeitung und des Steintransports ku¨nden, und vereinzelten, jedoch nicht mit Sicherheit datierten Tumuli keine monumentale Architektur bekannt geworden ist75. Dieses aus heutiger Sicht plo¨tzliche Auftreten gebauter Großarchitektur in Lykien ließe sich entweder auf unsere aufgrund der geringen Grabungsta¨tigkeit nur sehr ausschnitthafte Kenntnis des vorklassischen Denkmalbestandes zuru¨ckfu¨hren, ko¨nnte aber auch als Hinweis auf Anregungen von außen und den Import von fremden Techniken gewertet werden. Fu¨r eine lokale Entwicklung von Bautechniken spricht jedenfalls der Umstand, daß die Versta¨rkung von Mauerecken durch auffa¨llig große, tendenziell hochkant gestellte Blo¨cke, welche folgerichtig zur Entwicklung der klassischen Eckorthostaten gefu¨hrt haben du¨rfte, in Xanthos schon an Bauten des mittleren 6. Jhs. v. Chr. festgestellt werden kann (Abb. 208)76. A. Die lykischen Befestigungen und das anatolische Umfeld Eine Ableitung der klassisch lykischen Wehrarchitektur von den im zweiten vorchristlichen Jahrtausend in Anatolien faßbaren und bis in das erste Jahrtausend unter orientalischem EinXuß weiterentwickelten FortiWkationstechniken wa¨re schon aufgrund der großen zeitlichen Distanz problematisch. Zudem haben die lykischen Befestigungen sowohl in der Anlage, als auch im Bereich der Einzelformen und in der Konstruktionstechnik mit hethitischen oder spa¨thethitischen FortiWkationen ebenso geringe und kaum u¨ber Allgemeines hinausgehende Gemeinsamkeiten wie mit den bis heute bekannt gewordenen phrygischen oder lydischen Wehranlagen77. So Wndet beispielsweise die große Vorliebe der Erbauer der lykischen Befestigungen fu¨r Erdeinfu¨llung und versteifende Bruchsteinsetzungen an der Basis von Bauko¨rpern zwar in der Architektur des zweiten Jahrtausends Entsprechung und ko¨nnte auf
ter und weisen nicht die starke Formalisierung der spa¨teren Anlagen auf. Dazu s. M. Miller, IstMitt 41, 1991, 221 V.; A. Thomsen in: Lykische Studien 1, 39 V. 75 Das einfache, archaische Mauerwerk, auf das man bei Grabungen auf der Akropolis von Xanthos und in Limyra gestoßen ist, geho¨rt wohl zu Zweckbauten. Bezu¨glich der Tumuli s. oben S. 94 Anm. 104 und S. 95 Anm. 106. 76 s. o. S. 116 Anm. 5. 77 Allgemeines zu den kleinasiatischen Befestigungen vorgriechischer Zeit s. R. Naumann, Architektur Kleinasiens (1955) 222 V. Aufgrund der Vorliebe der Erbauer fu¨r eine gerade Mauerfu¨hrung, der außergewo¨hnlichen Sta¨rke der Kurtinen, der zahlreichen Xankierenden Tu¨rme und der komplizierten, zumeist axialen und von beidseitig vorspringenden Tu¨rmen oder Bastionen geschu¨tzten Tore stehen hethitische, spa¨thethitische und auch phrygische Befestigungen altorientalischen Bautraditionen bedeutend
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na¨her als fru¨hen griechischen oder den lykischen FortiWkationen. Zu der in altanatolischer Tradition stehenden phrygischen Toranlage von Gordion, deren von bastionsartigen Ho¨fen gerahmter Torkorridor sich in vereinfachter Form auch in Lykien Wndet, s. R. S. Young, AJA 59, 1955, 12 f. Abb. 26. 27; ders., AJA 60, 1956, 257 V.; ders., AJA 64, 1960, 233 f. Zu den phrygischen Befestigungen auf Bu¨yu¨kkale s. P. Neve, MDOG 97, 1966, 49 V. Abb. 2. Zu den lydischen FortiWkationen von Sardeis s. G. M. A. Hanfmann, Sardis (1983) 44 V.; Die unpublizierten Neufunde der letzten Jahre – darunter eine Toranlage – resu¨miert M. Mellink, AJA 91, 1987, 25; dies., AJA 94, 1990, 145 f.; dies., AJA 96, 1992, 143; s. auch G. M. A. Hanfmann in: Festschrift fu¨r E. Akurgal (1989) 244. Neben extrem starken, aus Ziegeln aufgefu¨hrten Befestigungsmauern altanatolischen Stiles scheinen im lydischen Sardeis auch quaderverschalte Kurtinen errichtet worden zu sein.
Schlußfolgerungen
anatolische Traditionen zuru¨ckzufu¨hren sein, das Aussteifen von Turmunterbauten war aber auch im griechischen Raum weit verbreitet78. Die mit den klassisch-lykischen Anlagen zeitgeno¨ssische anatolisch-persische Architektur wurde noch zu wenig untersucht, um Vergleiche anstellen zu ko¨nnen. Als einzige Ausnahme sei die erst vor kurzem archa¨ologisch erforschte und daher noch nicht ausreichend publizierte Ho¨hensiedlung von Meydancık Kale in Kilikien angesprochen. Franzo¨sische Ausgra¨ber legten auf der no¨rdlichen Kuppe des Siedlungshu¨gels eine befestigte, monumentale Anlage frei79. Wenngleich bezu¨glich der Datierung einzelner Bauphasen noch Unklarheit bestehen mag, du¨rften jedenfalls wichtige Bauabschnitte dieser Zitadelle in acha¨menidischer Zeit entstanden sein80. Zwei monumentale Tore verbinden sie mit dem Vorfeld einerseits und dem Siedlungsareal andererseits (Abb. 207). Der Aufbau der kompakten Anlage la¨ßt sich am besten als Abfolge von turmartigen Kernbauten und von verbindenden Mauerzu¨gen beschreiben. Insofern scheint sich eine strukturelle Verwandtschaft mit den lykischen Burgen abzuzeichnen, das Erscheinen einer Endpublikation muß jedoch abgewartet werden. Ein von Xenophon (Anabasis VII 8, 13 f.) geschilderter Handstreich, welcher auf die Gefangennahme des Persers Asidates und dessen Familie sowie die Erbeutung seines Besitzes abzielte, scheiterte an der Festigkeit eines nahe Pergamon gelegenen Turmbaus, der vielleicht zeitweise dem aristokratischen Grundbesitzer als Wohnstatt diente. Aus der Schilderung der Ereignisse kann man entnehmen, daß es sich bei dem Turm um den festen Kernbau eines Geho¨ftes gehandelt haben du¨rfte, in dessen Umgebung sich zahlreiche Sklaven aufhielten und Nutztiere gehalten wurden. Eine strukturelle Verwandtschaft dieser Anlage mit kleinen lykischen Herrensitzen ist wahrscheinlich, leider erlaubt Xenophons knappe Schilderung keine weiterfu¨hrenden Vergleiche. Die Bedeutung von Turmbauten in der acha¨menidenzeitlichen Palastarchitektur der Mossynoiken, einer einheimisch-anatolischen Vo¨lkerschaft des Schwarzmeergebietes, la¨ßt sich aus Xenophons (Anabasis V 5, 26) Schilderung der Eroberung einer Niederlassung durch die Griechen entnehmen. Der Ko¨nig der Mossynoiken lebte in einem ho¨lzernen Turm, in dem er von der Gemeinschaft erna¨hrt wurde und den er auch nicht verlassen wollte, als im Zug der Kampfhandlungen Feuer ausbrach, so daß er in den Flammen umkam. ¨ ber die archaische und klassische Wehrarchitektur des su¨dwest-anatolischen Umfelds Lykiens ist U noch wenig bekannt. Dies la¨ßt sich wohl unter anderem darauf zuru¨ckfu¨hren, daß im Hellenismus aufgrund der strategischen Bedeutung Kleinasiens die gro¨ßeren, in fruchtbaren Landschaften, an der Ku¨ste oder an den wichtigen Verbindungswegen des Binnenlandes gelegenen Siedlungen mit modernen FortiWkationen versehen worden waren. So ging beispielshalber die von Reichtum und einer beachtlichen Siedlungsdynamik zeugende Vergro¨ßerung der Sta¨dte Pamphyliens und Pisidiens sowie deren Ausstattung mit zeitgema¨ßer Architektur naturgema¨ß auf Kosten a¨lterer Bausubstanz vonstatten, so daß a¨ltere Siedlungsanlagen bestenfalls durch aufwendige Grabungsta¨tigkeit erfaßt werden ko¨nnten. Kleineren, in Ru¨ckzugsgebieten gelegenen Siedlungen, an denen sich vielleicht der klassische Baubestand besser ablesen ließe, widmete die Feldforschung wiederum nur wenig Aufmerksamkeit. Die Bauformen der lelegischen Siedlungen, der einzigen zusammengeho¨rigen Gruppe nichtgriechischer, vorhellenistischer Niederlassungen, die bis heute im su¨dwestlichen Kleinasien untersucht wurde, waren im 5. Jh. v. Chr. wohl auch innerhalb ihres karischen Umfeldes ru¨cksta¨ndig81. Insofern 78 Bei dem Typus der mittels Querriegeln ausgesteiften Kastenmauer du¨rfte es sich um eine speziWsch zentralanatolische Tradition handeln, die jedoch am Ende des ersten Jahrtausends abgerissen sein ko¨nnte. s. Naumann a. O. 234 V. bes. 249. 252 f. 256; Lawrence, Aims 215. Zu einem Eindringen dieser Technik in den griechischen Kulturraum der Bronzezeit s. S. Iakovides, Vormykenische und mykenische Wehrbauten, ArchHom E (1977) 168 f. und Anm. 1124. In Lykien werden jedoch nicht die – viel zu schmalen – Kurtinen, sondern vielmehr die turmartigen Befestigungskerne und Bastionen im Mauerverlauf im Bereich der Einfu¨llungen an der Basis durch Bruchsteinsset-
zungen ausgesteift. Zu Parallelen aus dem griechischen Raum s. S. 113 Anm. 23. 79 s. E. Laroche – A. Davesne, CRAI 1981, 356 V.; Einen zusammenfassenden Bericht zu der Architektur der Niederlassung mit Pla¨nen und Zeichnungen s. LarocheTraunecker in: Actes Istanbul 13–28 Abb. 4 –6. 80 ebenda 21 V. 81 Die lelegischen Siedlungsformen der BodrumHalbinsel konnte A. Peschlow-Bindokat in der Umgebung des Bafasees wiederWnden und u¨berlegt, ob es sich nicht um ein allgemein karisches Stratum handeln ko¨nnte. Dieses unterscheidet sich strukturell grundsa¨tzlich von dem
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Schlußfolgerungen
verwundert es nicht, daß die schon auf eine lange Tradition zuru¨ckblickende Architektur der Leleger mit klassisch-lykischen Formen nur begrenzt vergleichbar ist82. Eine gewisse Verwandtschaft in der Wahl der Siedlungspla¨tze auf Anho¨hen und Kuppen la¨ßt sich feststellen; diese Siedlungslagen du¨rften aber fu¨r agrarische Gesellschaften dieser Zeit die Norm darstellen. Das in den lelegischen Niederlassungen vorherrschende, agglutinierende Bauprinzip Wndet im klassischen Lykien zwar Parallelen, doch ist dort im Allgemeinen eine bedeutend sta¨rkere Formalisierung der Einzelgrundrisse und Siedlungskonzepte feststellbar83. Insbesondere die orthogonalen Planungsschemata entsprechend entworfenen Burganlagen, aber auch die Hangsiedlungen umfassenden Mauerringe lykischer Siedlungen sind im Vergleich zu den lelegischen Anlagen fortschrittlich zu nennen. Im Gegensatz zu diesen allgemeinen Tendenzen weisen jedoch einige der wahrscheinlich einer a¨lteren Gruppe zuweisbaren befestigten Siedlungen Lykiens verwandte Zu¨ge mit lelegischen Niederlassungen auf. Die allerdings durch spa¨tere Umbauten stark verunkla¨rte Akropolisbefestigung von Tu¨se kann man vielleicht aufgrund ihres agglutinierenden Charakters strukturell mit der Ringmauer des Dynastensitzes von Alazeytin Kalesi vergleichen84. Durch das Aneinanderschieben heterogener Bauglieder entstehende Befestigungslinien lassen sich in Lykien auch anderenorts rekonstruieren. So du¨rfte die Hangsiedlung am Avs¸ar Tepe vorfeldseitig durch eine Reihung von Terrassenanlagen eine Verteidigungslinie gebildet haben. Wahrscheinlich hatte der agglutinierende Charakter lykischer la¨ndlicher Siedlungen klassischer Zeit auch defensive Funktionen zu erfu¨llen85. Ein die Zitadelle des Dynastensitzes Alazeytin Kalesi u¨berragender, bergfriedartiger Turmbau la¨ßt sich in seinem Verha¨ltnis zur Gesamtanlage durchaus mit den Kernbauten lykischer Burgen vergleichen, steht jedoch innerhalb der bis heute untersuchten lelegischen Anlagen vereinzelt da86. Dies la¨ßt sich vielleicht auf die besondere Bedeutung der Niederlassung innerhalb der lokalen Siedlungshierarchie zuru¨ckfu¨hren. Interessante Parallelen zu den in Lykien in klassischer Zeit verbreiteten Siedlungsanlagen Wnden sich im dynastischen Karien87. Leider ist auch dieses Forschungsgebiet bis heute vernachla¨ssigt worden, so daß wenig publiziertes Material und keine weiterfu¨hrenden Untersuchungen zur Verfu¨gung stehen88. Die zuletzt von A. Peschlow-Bindokat in Vorberichten publizierte Vorga¨ngersiedlung von Herakleia am Latmos weist im Aufbau bemerkenswerte Verwandtschaft mit den gleichzeitigen lykischen Siedlungen auf 89. Ihre geschlossenen, in langgestreckte Gela¨ndemauern einbezogenen Gipfelbefestigungen, deren untere als Palast gedient haben du¨rfte, stehen strukturell den lykischen Burgen nahe. Wie diese bestehen sie aus mehreren, an der Basis schuttverfu¨llten und mittels Bruchsteinsetzungen ausgesteiften Bauko¨rpern und verbindenden Kurtinen. Die obere Gipfelbefestigung von Latmos wird, wie auch zahlreiche lykische Burgen, von einem an ho¨chster Stelle angelegten, auffallend großen, turmartigen Kernbau u¨berragt. Die Grundform des Tetrapyrgions ist hier zwar schon angedeutet, es fehlt jedoch
Typus der dynastischen Niederlassung Latmos (s. u.), sodaß sich zwei „grundverschiedene Siedlungsstrukturen archa¨ologisch fassen lassen“. s. A. Peschlow-Bindokat in: Festschrift fu¨r E. Akurgal (1989) 82. 82 Zu den lelegischen Siedlungsformen s. W. Radt, Siedlungen und Bauten auf der Halbinsel von Halikarnassos, IstMitt Beih. 3 (1970) passim; Untersuchungen zum Verha¨ltnis der lelegischen Befestigungen zu den gleichzeitigen griechischen, lykischen, lydischen und phrygischen FortiWkationen s. ebenda 133 V.; s. auch A. Peschlow-Bindokat a. O. 79 V. 83 Zum agglutinierenden Charakter lelegischer Siedlungen s. Radt a. O. 119. 84 Zu Alazeytin Kalesi s. Radt a. O. 17 Beilage 1. 85 s. A. Thomsen, Lykische Studien 2, 57. 64 V. 86 Radt a. O. 25 und Taf. 11, 3 Beilage 1. 87 Zu Geschichte und Sozialstruktur Kariens in vorhellenistischer Zeit s. G. Bokisch, Klio 51, 1969, 117 V.;
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dies., Klio 60, 1978, 125 V.; S. Hornblower, Mausollos (1981) 10 V. 55 V. Zu den Dynastien des westlichen Karien s. G. E. Bean – J. M. Cook, BSA 52, 1957, 143 V. 88 Surveyberichte s. G. E. Bean – J. M. Cook, BSA 50, 1955, 85–171; dies., BSA 52, 1957, 89 V. Zusammenfassend zu hekatomnidischen Befestigungen mit Angaben zum Forschungsstand s. A. V. McNicoll, Hellenistic FortiWcations from the Aegean to the Euphrates, Diss. Oxford (1971) 32 V. Man muß in Karien mit einer unterschiedlichen Entwicklung des FortiWkationswesens im Bereich griechischer Ku¨stensta¨dte und lokaler Niederlassungen des Binnenlandes rechnen. 89 s. A. Peschlow-Bindokat in: T. Linders – P. Hellstro¨m (Hrsg.), Architecture and Society in Hecatomnid Caria, Proceedings of the Uppsala Symposion, 1987, Boreas 17, 1989, 69–76; dies., REA 96, 1994, 155–172 Abb. 5. 10.
Schlußfolgerungen
noch die symmetrische Konzeption spa¨terer Anlagen90. Ein vergleichbarer Aufbau Wndet sich auch an der sogenannten „Inneren Zitadelle“ von Latmos, die mo¨glicherweise als Wohnsitz des Stadtherrn gedient haben ko¨nnte. Das pseudoisodome La¨ufer- und Bindermauerwerk der Zitadellen entspricht in der Bauweise und Ausfu¨hrung den Kurtinen91. Die Befestigungen von Latmos du¨rften im fru¨hen 4. Jh. v. Chr. angelegt, die Siedlung jedoch im Fru¨hhellenismus, als man ein wenig no¨rdlich die „Neustadt“ anlegte, als Steinbruch und Nekropole genutzt und dem Verfall preisgegeben worden sein. Eine vergleichbare, als Tetrapyrgion aufgebaute Gipfelbefestigung Wndet sich auch am Su¨dwesteck der Befestigungen von Theangela92. Auch hier sind die an den Ecken beWndlichen und aus der KurtinenXucht vorspringenden Turmbauten an der ausgefa¨cherten Basis mit Bruchsteinen aufgefu¨llt. Das schlecht verfugte Mauerwerk der wohl rein milita¨rischen Anlage wurde aus dem lokalen, in Platten brechenden Kalk errichtet. Die Tendenz zur Symmetrie des Grundrisses ist bedeutend ausgepra¨gter als in Latmos. Die Erbauung der Befestigungen von Theangela la¨ßt sich mo¨glicherweise durch ein historisches Ereignis eingrenzen: Die dynastische Niederlassung wurde von Mausollos erobert und die Bevo¨lkerung der Umgebung im Zuge der synoikistischen Bestrebungen des Herrschers in den neuen Zentralort verpXanzt93. Ein sukzessives Entstehen der ausgedehnten, aus mehreren Teilbereichen bestehenden Befestigungsanlage erscheint jedoch wahrscheinlich94. Aufgrund seiner Lage am a¨ußersten Rand der FortiWkationen, in einiger Entfernung vom Siedlungszentrum ko¨nnte das Gipfelfort durchaus einem großangelegten, die neue Bedeutung der Niederlassung unterstreichenden Ausbau unter Mausollos zuzuschreiben sein. Solange eine eingehende Untersuchung der Ruinen von Theangela noch aussta¨ndig ist, wird jedoch Gewißheit in dieser Frage nicht zu gewinnen sein. KleinXa¨chige, ebenfalls aus turmartigem Kernbau und Mauerring bestehende befestigte Anlagen wurden im Zuge eines von der Universita¨t Bordeaux in Zusammenarbeit mit tu¨rkischen Kollegen im o¨stlichen Karien durchgefu¨hrten Surveys entdeckt. Erste Grundrißzeichnungen fanden Vero¨Ventlichung, eine genauere Bauaufnahme steht jedoch noch aus; eine Datierung dieser Komplexe in vorhellenistische Zeit scheint aus bautechnischen Erwa¨gungen gesichert zu sein95. Diese in der karischen Dynastenzeit entstandenen Siedlungen mit ihren geschlossen befestigten und – sollte die Interpretation A. Peschlow-Bindekats zutreVen – gleichermaßen milita¨rische als auch wohnbauliche Funktionen wahrnehmenden Burganlagen sind wohl pha¨nomenologisch mit den gleichzeitigen lykischen Niederlassungen nahe verwandt. Wie auch die lykischen du¨rften die karischen Siedlungen mit den hochgelegenen Burgen und ihren turmartigen Kernbauten mit einer speziWschen ‘vorgriechischen’ Gesellschaftsordnung verbunden gewesen sein96. Bei der im Geiste des Fru¨hhellenismus stehenden Neugru¨ndung von Herakleia am Latmos (Pleistarcheia), deren ausgedehnte Befestigun90
Zu dem Bautyp des Tetrapyrgion und seiner Rolle in der ostmittelmeerischen und insbesondere der kleinasiatischen Architektur s. P. MarzolV, Demetrias I (1976) 40 f. – ders. in: Diskussionen zur archa¨ologischen Bauforschung 3, 1978, 142 f. mit weiterfu¨hrender Literatur in den Anmerkungen. 91 Das Mauerwerk von Latmos (und auch das einiger klassischer Anlagen der Mausolloszeit wie z. B. der Gipfelbefestigung und des Andron A von Labraunda) unterscheidet sich nur geringfu¨gig von dem der hellenistischen Stadtanlage von Herakleia am Latmos. Die Verwendung von Bindern war im Karien des 4. Jhs. weit verbreitet. Dazu s. auch R. Marchese, AnatSt 62, 1992, 49. 92 Zur Geschichte der befestigten Siedlung von Theangela s. Der kleine Pauly V (1975) 658 s. v. Theangela (Olshausen); G. E. Bean – J. M. Cook, BSA 50, 1955, 112 V. Eine Beschreibung des Tetrapyrgions s. P. MarzolV, Demetrias I (1976) 41. 93 Plin. nat. 5. 107. Bean und Cook sprechen sich dafu¨r aus, die Befestigungen von Theangela in die Zeit von Mausollos zu datieren. s. Bean – Cook a. O. 146 f. bes. Anm. 242. 243; dies., BSA 55, 1957, 94. Zu einem
Plan der Niederlassung und des Forts s. dies., BSA 52, 1957 Abb. 6 –7. Insgesamt scheinen die historischen Fragen zum Zeitpunkt der Gru¨ndung der Stadt bzw. deren Rolle im Synoikismos noch ungelo¨st zu sein. Zu dieser Problematik s. nur S. Hornblower, Mausollos (1981) 96 V.; P. R. Franke, Chiron 14, 1984, 197–200. 94 Zuletzt legte F. Is¸ık zahlreiche, bis in fru¨hgeometrische Zeit reichende Funde aus dem Bereich der Nekropolen von Theangela vor, die das hohe Alter der Siedlung ausreichend dokumentieren. Auch im architektonischen Befund vor Ort Wnden sich neben dem sogenannten ‘gallery-tomb’ auch in ‘lelegischer’ Technik errichtete Mauerzu¨ge. s. F. Is¸ık, IstMitt 40, 1990, 17 V. bes. 34. 95 s. R. Descat, REA 96, 1994, 205–214 Abb. 2. 3. 96 Auch die hekatomnidenzeitliche Akropolisbefestigung von Labraunda ko¨nnte von einem an ho¨chster Stelle angelegten, turmartigen Kernbau u¨berragt worden sein, die einzig verfu¨gbare Planskizze ist jedoch nicht ausfu¨hrlich genug, um Sicherheit in dieser Frage zu gewinnen. s. A. Westholm, Labraunda I 2 (1963) ActaAth 4, V, 1 : 2, 15 V. Abb. 8, 9.
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Schlußfolgerungen
gen mauertechnisch denen der Vorga¨ngersiedlung sehr nahe stehen, verzichtete man, soweit dies aus dem Denkmalbestand ablesbar ist, auf derartige Gipfelbefestigungen97. Den karischen Tetrapyrgia im Aufbau verwandte Bauformen Wnden sich jedoch u. a. in der Palastarchitektur der hellenistischen Residenz von Demetrias in Makedonien wieder, wo den Ecktu¨rmen mo¨glicherweise eine Funktion als Rangzeichen zukam98. B. Der EinXuß griechischer Wehrarchitektur Die engen kulturellen Beziehungen des dynastenzeitlichen Lykien mit dem griechischen Raum werden durch die zahlreichen, in griechischem Stil gehaltenen plastischen Kunstwerke, die in der Mu¨nzpra¨gung ta¨tigen griechischen Stempelschneider, den hohen Anteil schwarz- und rotWguriger Importware an den Keramikfunden der Siedlungsgrabungen, das sukzessive Eindringen griechischer Formen in die lokale Architektur und nicht zuletzt die zunehmende Verwendung der griechischen Sprache bei der Abfassung von Inschriften in eindrucksvoller Weise dokumentiert99. Angesicht dieses massiven EinXusses stellt sich natu¨rlich die Frage nach dem Verha¨ltnis der lykischen Befestigungsarchitektur zu den Entwicklungen in der griechischen FortiWkationstechnik der klassischen Periode. Im Zuge der den Mauerstil betreVenden Ausfu¨hrungen konnte eine gewisse Abha¨ngigkeit der lykischen Befestigungsarchitektur von den Entwicklungen im griechischen Raum nachgewiesen werden. Die große Beliebtheit des polygonalen Stiles in Lykien, zu einem Zeitpunkt, wo dieser auch auf dem griechischen Festland und im westlichen Kleinasien weit verbreitet war, la¨ßt sich wohl nicht auf zufa¨llige ¨ bernahme durch Lykien denEntwicklungsparallelismen zuru¨ckfu¨hren. Man kann vielmehr an eine U ken, wobei Einzelheiten des Vermittlungsprozesses nicht bekannt sind. Zwischen dem Auftreten des trapezoidalen Stiles in der festlandgriechischen und in der lykischen Wehrarchitektur der zweiten Ha¨lfte des 5. Jhs. v. Chr. besteht wohl ebenfalls ein Zusammenhang: Bei den stilbildenden schra¨gen Stoßfugen handelt es sich wohl nicht nur um eine technische Neuerung, sondern auch um den Ausdruck eines a¨sthetischen EmpWndens, das sich nicht gleichzeitig und unabha¨ngig in zwei verschiedenen, jedoch in Kontakt stehenden Kulturgebieten herausgebildet haben du¨rfte. Im Mauerbau brachte die klassischlykische Wehrarchitektur Eigenentwicklungen hervor, wozu vor allem die Eckorthostaten, aber auch eine dekorative Bearbeitung der Schauseiten der Mauersteine zu za¨hlen sind. Fu¨r den konservativen Charakter des lykischen Festungsbaus ist es jedoch bezeichnend, daß sich eine im griechischen Raum und auch in den westlichem Nachbargebieten Lykiens verbreitete konstruktive Neuerung, die Binderblo¨cke, erst im Hellenismus durchsetzen konnte. Trotz des Vorkommens verwandter Einzelformen sind die klassisch-lykischen und die zeitgeno¨ssisch-griechischen Befestigungen in Aufbau und Konzept unterschiedlich. So verliert in der griechischen Wehrarchitektur des 5. und 4. Jhs. v. Chr. die Akropolis, ein hochgelegener, geschlossen befestigter Bereich, immer mehr an Bedeutung100. Zahlreiche sta¨dtische Mauerringe und Festungen kommen ohne oder nur mit einer verku¨mmerten, vorrangig als Garnison dienlichen Gipfelbefestigung aus, wa¨hrend sich Burgen mit Kernbauten nach lykischem Muster im griechischen Denkmalbestand dieser Zeit u¨berhaupt nicht Wnden. Dem fu¨r die lykische Wehrarchitektur typischen additiven Konzept und der Betonung bestimmter Kurtinenabschnitte oder turmartiger Kernbauten steht ein systematischer, an fortiWkatorischen Notwendigkeiten orientierter Aufbau der Befestigungen des griechischen Raumes gegenu¨ber. Wa¨hrend im 5. Jh. v. Chr. in der griechischen Wehrarchitektur aus der KurtinenXucht vorspringende Tu¨rme immer
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Zu den Befestigungen Herakleias s. Krischen, Herakleia passim. Zu den drei Bauphasen und deren Datierung ebenda 53 V. Die Zitadelle du¨rfte von Pleistarchos in einer zweiten Phase angelegt und spa¨ter wieder abgerissen worden sein. 98 s. nur P. MarzolV, architectura 5, 1976, 50 f.; ders. in: Diskussionen zur archa¨ologischen Bauforschung 3,
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1978, 136 V.; ders. in: 33. Tagung der Koldewey-Gesellschaft 1984, 25 f. 99 s. W. A. P. Childs, AnatSt 31, 1981, 70 f. Zur Bedeutung griechischen Kulturgutes fu¨r die Selbstdarstellung lykischer Dynasten s. o S. 177 Anm. 62. 63. 100 s. F. Tritsch, Klio 22, 1929, 72 f.; Winter, FortiW‡ cations 58.
Schlußfolgerungen
zahlreicher werden101, verzichten die lykischen Bauherren auch noch im 4. Jh. auf systematische Flankierung102. Die Konzepte und Einzelformen der klassisch lykischen Wehrarchitektur stehen in manchem archaischen Mauerringen na¨her als zeitgeno¨ssisch-griechischen Anlagen103. Einzelformen, wie Xankierte Axialtore in Ecklage oder von in das Befestigungsinnere gezogenen Mauerschenkeln gebildete Korridor- bzw. Hoftore Wnden sich in Lykien ebenso wie im griechischen Raum104. Tore werden in der lykischen wie auch in der griechischen Wehrarchitektur ha¨uWg im Eckbereich der Siedlungen, am a¨ußersten Ende von Kurtinenabschnitten angelegt105. Der in der lykischen Wehrarchitektur des 5. Jhs. v. Chr. verbreitete Typus des Tangentialtores, dem innerhalb des fru¨hen griechischen FortiWkationswesens einige Bedeutung zukam, war in der anatolischen Architektur des 1. vorchristlichen Jahrtausends wenig verbreitet, so daß griechischer EinXuß auf Lykien nicht auszuschließen ist106. Auf fortiWkatorischer und bautechnischer Ebene sind die lykischen Befestigungen der klassischen Periode ru¨cksta¨ndig. Sie scheinen den im 5. Jh. v. Chr. im griechischen Raum feststellbaren innovatorischen Schub nicht nachvollzogen zu haben. Der EinXuß der griechischen Wehrarchitektur klassischer Zeit beschra¨nkte sich vor allem auf den Bereich der Mauerstile, wa¨hrend die bestehende Verwandtschaft ¨ bernahme bestimmter, wenig charakteristischer Einzelformen der Tore nicht mit Bestimmtheit auf U zuru¨ckzufu¨hren ist107. Wie auch die in griechischem Stil gehaltenen plastischen Kunstwerke Lykiens wohl letztlich ‘epichorisches’ Gedankengut verbildlichten108, so ‘gra¨zisierte’ man vielleicht auch die a¨ußere Erscheinung der Befestigungen, in deren Anlage sich jedoch lokale politische Verha¨ltnisse und entsprechende Konzepte der Kriegsfu¨hrung widerspiegeln109.
101 s. Winter, FortiWcations 154. Lawrence nimmt an, daß die im griechischen Raum ab dem spa¨ten 6. Jh. v. Chr. faßbare, methodische Plazierung von Tu¨rmen im westlichen Kleinasien ihren Ursprung gehabt habe. s. Lawrence, Aims 35. s. o S. 147 Anm. 91. 102 s. o. S. 147. Die vorgeschlagene Fru¨hdatierung der betreVenden Befestigungen wird durch diese Beobachtungen gestu¨tzt. Die Verbreitung moderner Belagerungsmethoden im Osten ist im Zusammenhang mit den Eroberungszu¨gen Alexanders zu sehen, der Torsionsartillerie etwa bei der Belagerung Sides einsetzte. Die Diadochenkriege waren durch eine intensive Nutzung und Weiterentwicklung moderner Belagerungstechniken gekennzeichnet. Zur ErWndung der Artillerie s. Diod. Sic XIV 41. 4; 42.1; Marsden 48 V. Die bedeutend wirkungsvollere Torsionsartillerie wurde wahrscheinlich in makedonischem Auftrag entwickelt s. Marsden, 58 f. Zum massiven Auftreten von Artillerie erst bei der Belagerung von Perinth (340), wo sie erstmals auch fu¨r die Stadtverteidigung bezeugt ist. Dazu s. Marsden 60. Zur Verbreitung der Artillerie s. Marsden 65 V.; Ober, Fortress 44. Zu den neuen Belagerungstechniken in der ersten Ha¨lfte des 4. Jhs. und deren Auswirkungen auf den Festungsbau s. nur Y. Garlan, Recherches de Poliorcetique gre`cque (1974) 162 V.; ders., DossAParis 172, 1992, 28 V.; A. V. McNicoll in: La fortiWcation dans l’histoire du monde grec (1982) 306 V. 103 An der Innenseite an die Kurtinen angeschobene Tu¨rme, an ausgesuchten Stellen – besonders im Bereich der a¨ußeren Kurtinen turmloser Tangentialtore oder axialer Pforten – verbreiterte Wehrmauern und der weitgehende Verzicht auf Flankierung sind beispielsweise fu¨r das Konzept der archaischen Ringmauer von Samos bestimmend. s. Kienast, Samos passim. Diese Merkmale halten sich in
Lykien bis in das 4. Jh. v. Chr. 104 Das in themistokleischer Zeit errichtete Heilige Tor in Athen wird von zwei nach innen gezogenen Mauerschenkeln gebildet, an deren Ende der Torverschluß lag. Dazu s. zuletzt G. Gruben, ArchAnz 1964, 385–419 Abb. S. 416. Das Tor des inneren Mauerringes von Rhamnous geho¨rt ebenfalls in diese Kategorie. s. J. Pouilloux, La forteresse de Rhamnonthe (1954) 40. Auch die Tore von Gortys in Arkadien mit den verbreiterten und in das Siedlungsinnere verla¨ngerten Kurtinen sind lykischen Lo¨sungen nahe verwandt. s. R. Martin, BCH 71/72, 1947/48, 63 V. 105 So lag schon das axiale Nordosttor von Alt-Smyrna nahe einer Ecke der Siedlung. s. R. V. Nicholls, BSA 53/ 54, 1958/59, 69 Abb. 18. In der griechischen Befestigungsarchitektur ist die Ecklage eine der beliebtesten Plazierungen von Toren. Dazu s. Lawrence, Aims 304. 106 Zur Tradition des Tangentialtores s. Wokalek 115. 107 Von befestigungstechnischen Notwendigkeiten ¨ bereinstimmungen allgemeiner Art erlauben es diktierte U in der Regel nicht, auf Abha¨ngigkeitsverha¨ltnisse zu schließen. s. W. Radt, Siedlungen und Bauten auf der Halbinsel von Halikarnassos, IstMitt Beih. 3 (1970) 140 f. 108 Der ‘epichorisch’ dient zur Charakterisierung des regional vera¨nderlichen, lokalen Elements in der kleinasiatischen Kunst der Perserzeit. s. J. Borchhardt, IstMitt 18, 1968, 161 V.; Borchhardt, Heroon 24; Jacobs, Grabkunst 18. 109 Zu dem Pha¨nomen einer aus den Inschriften historischen Inhalts von Xanthos und dem Letoon ablesbaren, oberXa¨chlichen Gra¨zisierung der Herrenschicht der Dynastenzeit, welches in dem kulturellen Ambiente des acha¨menidischen Kleinasien weit verbreitet war, s. D. Asheri, Fra Ellenismo e Iranismo (1983) 104.
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Schlußfolgerungen
Wie bedeutend der im Einzelnen nicht genau faßbare Anteil an FremdeinXu¨ssen auch sein mag, muß man letztlich die lykische Befestigungsarchitektur als eigensta¨ndige, tief in ihrem anatolischen Umfeld verwurzelte und den speziWschen Anforderungen einer aristokratischen Gesellschaft entsprechende Eigenentwicklung begreifen. Die strukturelle Verwandtschaft zu den karischen Befestigungen und auch zu anderen zeitgeno¨ssischen Burganlagen Anatoliens, die uns vor allem in der Anlage von Zitadellen mit turmartigen Kernbauten faßbar wird, scheint wohl nicht eng genug zu sein, um auf einen gemeinsamen Ursprung zu weisen, sondern du¨rfte in dem bis heute noch ungenu¨gend erforschten anatolischen Milieu der Acha¨menidenzeit gewachsen sein. Die Mo¨glichkeit eines Weiterwirkens derartiger, durch repra¨sentative Turmbauten gekennzeichneter Architekturkonzepte in der hellenistischen Palast- und Wohnarchitektur sollte erwogen werden.
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Abschließende Bemerkungen zu den Befestigungen und dem Siedlungsbild Limyras in klassischer und hellenistischer Zeit1 Die bis in das 7. Jh. v. Chr. zuru¨ckverfolgbare Siedlung entwickelte sich am bergseitigen Rand der ausgedehnten Ku¨stenebene, im Bereich eines reichen Quellhorizontes. Der Forschungsstand erlaubt es uns aber nicht, u¨ber die Struktur und Ausdehnung der fru¨hen, nur ausschnittweise ergrabenen Niederlassung Aussagen zu machen. Spa¨testens ab der ersten Ha¨lfte des 5. Jhs. v. Chr. muß Limyra/Ze˜muri jedenfalls von einiger Bedeutung gewesen sein, da der Ort als Mu¨nzpra¨gesta¨tte des xanthischen Dynasten Kuprlli identiWziert werden konnte2. Man darf daher vermuten, daß die Niederlassung spa¨testens in fru¨hklassischer Zeit mit Befestigungen versehen worden war, die sich jedoch bis jetzt archa¨ologisch nicht nachweisen lassen. ¨ bergang vom 5. zum 4. Jh. v. Chr. oder in den ersten In hochklassischer Zeit, wohl am U Jahrzehnten des letzteren wurde in Limyra ein großangelegtes, die Errichtung eines ausgedehnten Mauerringes und einer geschlossenen Gipfelbefestigung beinhaltendes FortiWkationsprojekt in AngriV genommen. Die Gro¨ßenordnung dieser Arbeiten wird wohl am besten von der Tatsache verdeutlicht, daß an der Su¨dXanke im Siedlungsbereich bestehende Geba¨ude geschleift werden mußten und durch Aufschu¨ttung hinter den Wehrmauern das Gela¨ndeproWl Vera¨nderungen erfuhr. Der Verlauf der Befestigungen war aufgrund der topographischen Lage der Siedlung, die sich am Hang oberhalb der Schwemmebene entwickelt hatte, zwingend vorgezeichnet, da jede zeitgema¨ße FortiWkation den Burgberg miteinbeziehen mußte. Als natu¨rliche, bergseitige Grenze des zu befestigenden Areals bot sich ein relativ hoch gelegener Gela¨ndesattel an, wo sich der Burgberg vom weiter ansteigenden Hauptmassiv absetzt. Aufgrund der natu¨rlichen Voraussetzungen mußte also ein rund 800 m langer und bis zu 650 m breiter, einen Ho¨henunterschied von mehr als 300 m aufweisender Gela¨ndestreifen in die Befestigungen einbezogen werden. Dieses mit ca. 25 ha ummauerter Fla¨che fu¨r lykische Siedlungen klassischer Zeit ungewo¨hnlich ausgedehnte und stellenweise sehr steile und felsige Areal war nur stellenweise als Baugrund nutzbar. In der Ausdehnung der befestigten SiedlungsXa¨che spiegelt sich also nicht unbedingt eine zahlreiche Einwohnerschaft wider, sondern sie du¨rfte vielmehr durch die topographischen Bedingungen und fortiWkatorische Gesetzlichkeiten diktiert worden sein. Der Xache, von einem Felsgrat durchzogene Gela¨nderu¨cken vor dem hochgelegenen Sattel eignete sich hervorragend zur Anlage einer Gipfelbefestigung, deren La¨ngserstreckung durch eine steil nach Su¨den abbrechende Felsrippe einerseits und einen den Sattel dominierenden Felsstock andererseits vorgegeben war. Ost- und westseitig senkte sich jedoch das Gela¨nde ohne besondere Akzente, so daß natu¨rliche, den Kurtinenverlauf bestimmende Grenzen fehlten. Das fu¨r den Bau der Gipfelbefestigung ausersehene Gela¨nde du¨rfte, ausweislich einiger fru¨her Keramikscherben, die im Bereich der Oberburg gefunden wurden, a¨ltere Bebauung aufgewiesen haben, u¨ber deren Natur wir jedoch keine Informationen haben. Auf den Felsstock oberhalb des Sattels, also an die ho¨chste Stelle der befestigten Siedlung, setzte man einen rechteckigen, turmartigen Kernbau von gewaltigen Ausmaßen, der die Verbindung zum ansteigenden Gela¨nde des Hauptmassivs, von dem aus AngriVe zu befu¨rchten waren, sperren konnte. Aufgrund ihrer prominenten Lage war diese sogenannte Nordbastion wohl schon von weitem sichtbar: Von den von Westen und Osten an die Siedlung heranfu¨hrenden Wegverbindungen gesehen, hebt sich 1 Im Mittelpunkt dieser „abschließenden Bemerkungen“ steht die Wiederaufnahme der Analyse der Befestigungen Limyras und der Versuch einer Rekonstruktion des Siedlungsbildes der Niederlassung in klassischer und hellenistischer Zeit, wobei die in den analytischen Abschnitten vorgestellten, die Siedlungslandschaft Lykien im
¨ berlegungen Allgemeinen betreVenden Ergebnisse in die U einbezogen werden. Bezu¨glich der sich aus dem synoptischen Charakter dieses Kapitels ergebenden Redundanz bittet der Verfasser um Nachsicht. 2 Dazu s. O. Mørkholm – J. Zahle, ActaArch 43, 1972, 73 f.
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Abschließende Bemerkungen zu den Befestigungen und dem Siedlungsbild Limyras
das ProWl des Burgberges klar vom Hauptmassiv ab (Abb. 3. 4); von der Ebene aus bedarf es einer gewissen Distanz, um freien Blick auf die Spitze des Burgberges zu gewinnen. Man darf wohl annehmen, daß dieser trutzige Turmbau von Macht und Bedeutung seiner Bauherren ku¨nden sollte3. Westlich der Nordbastion scheint ein weiteres, langgestrecktes Bauwerk mit erdverfu¨llter Basis gelegen zu haben, u¨ber dessen Erstreckung und Aufbau sich jedoch aufgrund fortgeschrittener Zersto¨rung keine Aussagen treVen lassen. An der Su¨dseite begrenzte eine weitere, auffallend schmale und langgestreckte, ebenfalls als Turmbau zu rekonstruierende Bastion und eine an diese angeschobene, von einem Tor durchbrochene Befestigungsmauer die Burganlage. An Ost- und WestXanke der Oberburg wurden großblo¨ckige Wehrmauern angelegt, hinter denen man genu¨gend Erdmaterial aufschu¨ttete, um im Burginneren einen relativ einheitlichen Gehhorizont zu gewinnen. Kleinere Tu¨rme oder Bastionen scheinen an der Innenseite der Kurtinen gelegen zu haben. Die Gipfelbefestigung wurde durch großblo¨ckige und sehr starke Mauerzu¨ge mit der Hangsiedlung verbunden. Von diesen haben sich substantielle Reste nur im Bereich unterhalb der Su¨dbastion und an der Ostseite der Unterburg erhalten. Außer einer aus dem Mauerverlauf vorspringenden, vielleicht einen Zugang Xankierenden Bastion im Su¨dwestbereich der Unterburg und einer Bastion mit ¨ bergang von Mittel- zu Unterburg lassen sich m. E. keine an den Wehrmauern Gelenkfunktion am U durchgefu¨hrten Versta¨rkungsmaßnahmen der klassischen Periode zuweisen. Die einzigen mo¨glichen Ausnahmen bilden zwei im Siedlungsinneren an die Befestigungslinie geschobene Einbauten, die vielleicht als Bastionen zu deuten sein ko¨nnten und sich in ruino¨sem Zustand an der OstXanke unterhalb der Su¨dbastion und im mittleren Bereich der Unterburg erhalten haben. Jenseits der an der Su¨dXanke der Siedlung gelegenen, das tiefere Gela¨nde der Schwemmebene dominierenden und von den Haupttoren durchbrochenen Befestigungslinie lagen Nekropolen. Es haben sich im Denkmalbestand keinerlei Hinweise darauf erhalten, daß die FortiWkationen in klassischer Zeit weiter nach Su¨den in die Ebene gefu¨hrt worden wa¨ren4. Wie ein Vergleich mit dem Aufbau anderer lykischer Siedlungen dieser Periode belegt, paßt sich das hier gezeichnete Bild der klassischen Befestigungen von Limyra/Ze˜muri hervorragend in die lykische Siedlungslandschaft ein. Insbesondere auf die nahe Verwandtschaft der klassischen Siedlungsanlage von Limyra mit dem Siedlungsaufbau von Myra wurde schon hingewiesen. Die hochgelegene Gipfelbefestigung mit den turmartigen Kernbauten war ein fester Bestandteil des dynastenzeitlichen Siedlungsbildes und hatte neben der fortiWkatorischen wohl auch repra¨sentative Bedeutung. Wa¨hrend die meisten fru¨hklassischen und auch einige der in trapezoidalem Stil errichteten hochklassischen Burganlagen als herrschaftlicher Wohnbereich gedient haben du¨rften, scheint dies in Limyra/Ze˜muri nicht allzu wahrscheinlich zu sein. Die auffallend geringe Dimensionierung der Zuga¨nge in die Su¨dbastion bietet wohl einen schlu¨ssigen Hinweis auf den vorrangig milita¨rischen Charakter des Bauwerks, wa¨hrend sich von einem – jedenfalls hoch am Bau gelegenen und folglich schwer erreichbaren – Zugang in die Nordbastion nichts erhalten hat. Außer den beiden Bastionen und einem nur in Fundamentho¨he erhaltenen Bauko¨rper im Nordwestbereich Wnden sich auf dem Areal der Oberburg vor allem die Reste einer einfachen, nicht datierbaren Innenverbauung, die bestenfalls einer Garnison als Unterkunft dienen konnte. Die im Verha¨ltnis zur Wohnsiedlung hochgelegene und daher nur unter Mu¨hen erreichbare, vorwiegend milita¨rischen Aspekten entsprechend geplante Anlage kann also schwerlich ein attraktiver Wohnsitz gewesen sein. 3
Die hervorragende Lage des Heroons von Limyra oder zahlreicher Felsgra¨ber der Region belegt, daß man im klassischen Lykien durchaus die Fernwirkung von Architektur einzusetzen wußte. 4 J. Borchhardt rekonstruiert im Vorfeld der Su¨dmauer einen weiteren, dicht verbautes Gela¨nde umfassenden Mauerzug. Das sogenannte Su¨dtor interpretiert er als Eingang zu einem großen Palastbau, den er als Tetrapyrgion rekonstruieren mo¨chte. Diese Vorschla¨ge stu¨tzen sich auf theoretische Erwa¨gungen, lassen sich aber m. E. bis jetzt im Denkmalbestand nicht veriWzieren. Dazu s. J. Borch-
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hardt, IstMitt 40, 1990, 109 V. Abb. 5. Im Jahr 1992 ¨ ner durchgefu¨hrte Tiefbohrundurch den Geologen E. O gen weisen darauf hin, daß sich im Bereich der Oststadt bis in spa¨tantike Zeit sumpWges und nicht bebautes Gela¨nde befunden ha¨tte. Die von Borchhardt erschlossene Ausdehnung der klassischen Siedlung in die Ebene wird sich grabungsarcha¨ologisch schwerlich nachweisen lassen, da schon die Kenotaphgrabungen aufgrund des starken Grundwasserandranges unter extrem schwierigen Bedingungen durchzufu¨hren waren, klassische Straten aber wohl noch erheblich tiefer liegen mu¨ßten.
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Der an der Su¨dseite oberhalb der Ebene bei Grabungen festgestellte, von mindestens zwei Toren durchbrochene Mauerzug bildete wohl die untere Siedlungsgrenze. Ein derartiger, etwas erho¨ht verlaufender Mauerzug beschließt auch zahlreiche andere lykische Niederlassungen an der Talseite. Das an der Su¨dwestecke der Su¨dXanke beWndliche und von einer Bastion Xankierte Axialtor hat in Lage und Aufbau Parallelen in der zeitgeno¨ssischen Wehrarchitektur Lykiens. Die Tendenz, Wehrmauern in Xacherem Gela¨nde als Terrassierungsmauern zu konzipieren sowie der weitgehende Verzicht auf Xankierende Tu¨rme oder Mauervorspru¨nge sind fu¨r die vorhellenistische Wehrarchitektur Lykiens typisch. Aus dem oben Gesagten darf geschlossen werden, daß ein dynastischer Wohnbereich, dessen Vorhandensein aufgrund der Bedeutung von Limyra/Ze˜muri zu erwarten ist, nicht im Bereich der Oberburg zu suchen sein du¨rfte. Auch die IdentiWkation des Su¨dtores als Eckversta¨rkung eines befestigten Palastareals (Tetrapyrgion) vermag nicht zu befriedigen5, wurden doch m. E. im Zuge der Grabungen in dem betreVenden Bereich keine ausreichenden Hinweise auf eine derartige Interpretation des Befundes aufgedeckt6. In Analogie zum dynastischen Terrassenkomplex von Trysa wa¨re es beispielsweise ebenso vorstellbar, daß auch in Limyra der herrschaftliche Wohnbereich an hervorragender Stelle im Bereich der leider sehr zersto¨rten Hangverbauung gelegen war. Von der Wohnsiedlung zeugen heute nur mehr zahlreiche aus dem Fels geschlagene Terrassen¨ bergang zu dem von Schuttmaterial gebildeten anlagen, die sich vor allem am Fuß des Burgberges, am U Schwemmfa¨cher an der OberXa¨che erhalten haben. In dieser Zone lassen sich die Reste einer dichten, der leichten Kru¨mmung des Hanges folgenden Verbauung ablesen. Grabungen brachten großzu¨gig angelegte agglutinierende Terrassenanlagen zu Tage, die hangseitig durch ein kompliziertes Netzwerk von Kana¨len vor andringendem Regenwasser geschu¨tzt worden waren. Der schlechte Erhaltungszustand – es Wndet sich kaum gebaute Architektur in situ – erschwert das Erfassen zusammenha¨ngender Befundgruppen und damit auch eine Rekonstruktion. Wa¨hrend J. Borchhardt schon fu¨r die klassische Periode eine Stadtanlage nach hippodamischem System mit sich rechtwinkelig kreuzenden Straßen erschließt, a¨ußert sich M. Seyer, der Projektleiter und Bearbeiter, diesbezu¨glich zuru¨ckhaltend7. Die su¨dlich dieser Zone beWndliche Verbauung liegt heute unter dem vom Burgberg herabgeschwemmten Schutt begraben. Weite Teile des ummauerten Areals waren jedoch aufgrund der ungu¨nstigen Gela¨ndegegebenheiten nicht oder nur locker bebaut worden. Insbesondere der obere Teil der Unterburg blieb von Verbauung weitgehend frei, wa¨hrend sich im Bereich der Mittelburg verstreute, jedoch gro¨ßernteils undatierte Geba¨udereste erhalten haben. Die erfaßbare Verbauungsdichte bedingt, daß – die oben postulierten Grenzen der befestigten Siedlung Limyra vorausgesetzt – die von Borchhardt fu¨r die Zeit des Perikles errechnete Einwohnerzahl der befestigten Siedlung von mehr als 4.000 Seelen nur schwerlich aufrecht erhalten werden kann8. Die sehr zahlreichen, teils qualita¨tvollen Grabbauten klassischer Zeit, darunter auch der Prunkbau des Heroons, dem in Lykien Vergleichbares nur aus Xanthos und – unter Einschra¨nkungen – aus Trysa zur Seite zu stellen ist, waren schon von J. Borchhardt als Hinweise auf die hervorragende Bedeutung der dynastenzeitlichen Siedlung gewertet worden. Auch die ungewo¨hnlich zahlreichen Inschriften in lykischer Sprache und Schrift heben Limyra unter anderen lykischen Niederlassungen der Dynastenzeit hervor9. Der architektonische Befund unterstreicht diese Bedeutung nachhaltig. Die Oberburg mit ihren gewaltigen Kernbauten (Fig. 21) wird in der GesamtXa¨che nur von der Akropolis von Xanthos u¨bertroVen, die aufgrund ihrer Struktur, ihres topographischen Verha¨ltnisses zu Gesamtsiedlung und der Mannigfaltigkeit ihrer Bauausstattung innerhalb der Gruppe lykischer Gipfelbefestigungen eine Sonderstellung einnimmt. Beim Bau der Nordbastion von Limyra ging man wohl an die Grenzen des statisch Sinnvollen, indem man den gewaltigen, auf einem Felsstock sitzenden Bau an der Basis 5
s. nur J. Borchhardt in: VII. KST (1985) 448; ders., IstMitt 40, 1990, 119; ders., Die Steine von Ze˜muri (1993) 43. 6 s. Verf., Su¨dtor 110. 7 s. J. Borchhardt, IstMitt 40, 1990, 120 f. und die Rekonstruktion S. 179 Abb. 5; M. Seyer in: Lykiensymposion II 171 V. bes. 181.
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s. J. Borchhardt, IstMitt 40, 1990, 140 f. Bei J. Zahles Versuch einer Anna¨herung an die lykische Siedlungshierarchie aufgrund der Zahl der Gra¨ber, Inschriften, Mu¨nzpra¨gungen und anderer Kriterien wurde die hervorragende Stellung Limyras deutlich. s. J. Zahle in: Actes 45. 9
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verfu¨llte10. Sowohl die lichte Weite als auch die lichte Ho¨he des Su¨dtores, das wahrscheinlich ein im Aufbau verwandtes Gegenstu¨ck an der Su¨dXanke hatte, waren im klassischen Lykien unu¨bertroVen. Auch die durch die topographischen Gegebenheiten determinierte GesamtXa¨che der Siedlung darf gleichzeitig als Hinweis fu¨r deren Bedeutung gewertet werden. J. Borchhardt vermutete im Heroon von Limyra das Grab des Dynasten Perikles und brachte auch den Ausbau der klassischen Siedlung mit dessen Regierung in Zusammenhang11. Dieser Dynast, der sich in Inschriften als ‘basileus’ bezeichnete und auch in antiken Quellen mit diesem Titel genannt wurde12, dessen Regierungszeit jedoch noch immer diskutiert ist, hatte, wie Grabinschriften belegen, sein Herrschaftsgebiet in Ost- und Zentrallykien13 und du¨rfte eine expansive, wohl in den Belagerungen von Telmessos und Phaselis kulminierende Politik betrieben haben14. Wenngleich es zunehmend dichter werdende Indizien dafu¨r gibt, daß Perikles in Limyra/Ze˜muri residiert haben du¨rfte, fehlen jedoch weiterhin unumsto¨ßliche Beweise fu¨r diese Annahme15. Ein a¨lterer Zeitgenosse des Perikles, der Dynast Trbbe˜nimi, der im fru¨hen 4. Jh. v. Chr. in Limyra/Ze˜muri Mu¨nzen pra¨gte, ka¨me ebenfalls als Bauherr der Befestigungen, schwerlich aber des Heroons in Frage16. Ungeachtet dieser ungelo¨sten Fragen la¨ßt sich aus dem verfu¨gbaren historischen Material ablesen, daß sich spa¨testens im fru¨hen 4. Jh. v. Chr. in Ostlykien – neben der West- und große Teile Zentrallykiens beherrschenden xanthischen Dynastie – ein weiterer, auch Teile des o¨stlichen Zentrallykien umfassender Herrschaftsbereich konsolidierte17. In diesem Gebiet lagen nur zwei aufgrund ihrer Gro¨ße und Bedeutung als Residenz in Frage kommende Siedlungen, na¨mlich Limyra und Myra18. Wa¨hrend in Myra ein Großteil der im Bereich der Befestigungen erhaltenen klassischen Bausubstanz in die Zeit vor dem Ende des 5. Jh. v. Chr. datieren du¨rfte, scheint der großangelegte Ausbau Limyras in die Phase der Festigung des ostlykischen Herrschaftsbereiches gefallen zu sein19. Angesichts der Fla¨che der Siedlung, der Gro¨ße der Burg mit ihren gewaltigen turmartigen Kernbauten, des Heroons sowie der zahlreichen 10
Wegen der Gro¨ße des Bauwerks gewann der Architekt W. Wurster den Eindruck, daß die gebo¨schten Mauern „als Versta¨rkung fu¨r die unter dem Druck der hohen inneren Gero¨llfu¨llung ausweichende vertikale Außenschale der Bastion angefu¨gt worden sein muß“. s. Wurster, AA 1974, 260 f. An anderer Stelle betont er, daß „diese Umbauphase zeitlich auch sehr kurz nach dem Bau der Bastion datiert werden ko¨nnte“. s. ebenda 271 Anm. 18. Die gebo¨schten Mauern ko¨nnten aber auch dazu gedient haben, die Basis der Bastion vor Beschuß und Mauerbrechern zu schu¨tzen. Die Tatsache, daß sie nur an der feindseitig unterhalb ansteigenden Gela¨ndes beWndlichen Flanke errichtet wurden, kann als Argument fu¨r die These einer „Modernisierung“ der Bastion ins Feld gefu¨hrt werden. 11 s. J. Borchhardt, AA 1970, 386 V.; Borchhardt, Heroon 100. Dieser Auffassung schließt sich auch W. Wurster an: Wurster, AA 1974, 272. 12 Zu diesen Neufunden aus Limyra s. J. Borchhardt, Gnomon 1989, 557; M. Wo¨rrle, Chiron 21, 1991, 203 V.; s. auch oben S. 173. 13 Zu einer Darstellung der Geschichte Lykiens dieser Zeit mit Literaturhinweisen sowie einem Vorschlag zur Fru¨hdatierung des Perikles s. Zimmermann, Landeskunde 16 V. Aus den Inschriften TL 67 aus Teimiusa, TL 83 aus Arneai, TL 103 und TL 132 aus Limyra sowie dem Neufund N 314 aus Kızılca geht hervor, daß die Gra¨ber, auf denen sie angebracht sind, unter der Herrschaft des Perikles angelegt wurden. 14 s. Polyaen. Strateg V 42; Theopomp FGrHist 115 F 103. Zu diesen Fragen s. zuletzt Zimmermann, Landeskunde 18, 29 V. 15 So sind bis jetzt keine in Limyra gepra¨gten Mu¨nzen
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des Perikles, dessen Hauptpra¨gesta¨tte in Phellos lag, bekannt geworden. 16 Zur Mu¨nzpra¨gung des Trbbe˜nimi und Stempelkopplungen mit Perikles s. N. Olc¸ay – O. Mørkholm, NumChron 11, 1971, 7 V.; O. Mørkholm – G. Neumann, AbhGo¨ttingen 1, 1978, 18 f. M 140–144 a. Zu Fragen der Regierungszeit und Biographie des Trbbe˜nimi s. Zimmermann, Landeskunde 28 f. 38 –41. 17 Wa¨hrend im 5. Jh. mehrere Dynasten im leichten und im schweren Standard pra¨gen, la¨ßt sich am Beginn des 4. Jhs. eine Polarisierung feststellen. Zu den Zweigen der Dynastie von Xanthos und einer sich in den Mu¨nzstandards niederschlagenden Grenze zwischen den Herrschaftsbereichen s. Zimmermann, Landeskunde 16 V. 18 Das Verha¨ltnis der Dynasten zu den lykischen Siedlungen ist noch nicht gekla¨rt. Es besteht durchaus die Mo¨glichkeit, daß einige Gemeinwesen vis a` vis dynastischer Herrschaftsanspru¨che eine gewisse politische und institutionelle Autonomie zu behaupten verstanden. Dazu s. Zimmermann, Landeskunde 12 V. Welche der Siedlungen nun als Residenz dienten und ob diese auch eine beschra¨nkte Selbstverwaltung bewahren konnten, muß oVen bleiben. In einigen Fa¨llen, so z. B. in Trysa, gewinnt man jedoch aus der erhaltenen Baumasse den Eindruck, daß sich im Aufbau der Siedlung ein einheitliches, programmatisches Konzept widerspiegelt. Diese „Neugru¨ndungen“ du¨rften in jedem Fall als dynastische Niederlassungen, als Residenzen anzusprechen sein. Die trapezoidale Phase Limyras ko¨nnte in diese Kategorie geho¨ren. 19 Die zahlreichen reliefgeschmu¨ckten Felsgra¨ber der Nekropolen von Myra belegen immerhin ein blu¨hendes Gemeinwesen auch in hoch- und spa¨tklassischer Zeit.
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Gra¨ber und Inschriften gewinnt man den Eindruck, daß in Limyra/Ze˜muri ein den Machtanspruch der ostlykischen Dynasten wirkungsvoll unterstreichendes Gegenstu¨ck zu Xanthos entstehen sollte20. Nach der Niederschlagung des Satrapenaufstandes, an welchem die Lykier einer antiken Quelle entsprechend teilgenommen ha¨tten, verlor Lykien die politische Eigensta¨ndigkeit und wurde karischer Verwaltung unterstellt21. Wo die Residenzen der zwei in der Trilingue aus Xanthos fu¨r die Periode der karischen Herrschaft u¨berlieferten persischen Amtstra¨ger in Lykien gelegen haben, ist nicht u¨berliefert, eine Doppelaxtstele und ein Tumulusgrab auf der Mittelburg von Limyra wurden jedoch mit diesen in Verbindung gebracht22. Fu¨r die dem Satrapenaufstand folgende Periode la¨ßt sich jedenfalls in Limyra keine nennenswerte Bauta¨tigkeit nachweisen. In dieser Zeit ko¨nnten die Befestigungen dem Verfall preisgegeben worden sein, wodurch sich vielleicht ihr schlechter Zustand zum Zeitpunkt der hellenistischen Instandsetzungsarbeiten erkla¨ren ließe23. Der desolate Zustand der FortiWkationen bei Beginn der hellenistischen Sanierungsarbeiten konnte sowohl an der Nordbastion als auch im Bereich der Kurtinen von Ober- und Mittelburg beobachtet werden, wo vielfach klassische Bausubstanz als Fundament weiterverwendet wurde. Den von der a¨lteren Anlage vorgegebenen Befestigungsverlauf respektierte man bei diesen Arbeiten zumeist, nur die Westmauer der Oberburg scheint in hellenistischer Zeit nach Westen verlegt worden zu sein. Da jedoch Lage und Aufbau der a¨lteren Verteidigungslinie aufgrund des schlechten Erhaltungszustandes der klassischen Bauten im Westbereich der Oberburg nur erschlossen werden ko¨nnen, la¨ßt sich diese Vergro¨ßerung des Oberburgareals nicht mit Sicherheit nachweisen. Der einigermaßen einheitlich wirkende hellenistische Ausbau der Befestigungen Limyras ko¨nnte in einem Zug erfolgt sein. Nur die FortiWkationen an der NordXanke der Oberburg fallen etwas aus dem Rahmen. So fanden sich am ostseitigen Anbau der Nordbastion – jedoch keineswegs schlu¨ssige – Hinweise darauf, daß der Bau in mehreren Etappen durchgefu¨hrt worden sein ko¨nnte; die im Vergleich zu anderen Abschnitten des Mauerringes ungewo¨hnliche Sta¨rke der nordseitigen Kurtine ließe sich durch deren gefa¨hrdete Lage hinreichend erkla¨ren. Die hellenistische Instandsetzung der Befestigungen Limyras wurde mit geringem Aufwand durchgefu¨hrt. Einzig die versta¨rkten FortiWkationen am angriVsseitigen und daher besonders gefa¨hrdeten Nordrand der Oberburg weisen fu¨r Stadtbefestigungen hellenistischer Zeit u¨bliche Mauersta¨rken auf und du¨rften von einer Modernisierung des Verteidigungskonzeptes zeugen. Die Nordbastion wurde im Zuge dieser Arbeiten an der Basis erheblich versta¨rkt und ko¨nnte Artillerie beherbergt haben. Auch der eigentu¨mliche Anbau im Osten la¨ßt sich mo¨glicherweise als Batterie oder aber als Schildmauer erkla¨ren. Die nordseitige Kurtine und der große Eckturm wurden jedoch in Mauerwerk von auffallend geringer Qualita¨t errichtet. Die im Gegensatz dazu sorgfa¨ltig ausgefu¨hrten, in pseudoisodomem Stil 20
An einen gro¨ßeren Kontext propagandistischer Selbstdarstellung des Perikles denkt M. Wo¨rrle bei seiner Deutung einer Inschrift aus Limyra. Dazu s. M. Wo¨rrle, Chiron 21, 1991, 213. 21 Es wurde verschiedentlich vermutet, daß sich in dieser bei Diodor (15.90.3) u¨berlieferten Teilnahme am Aufstand vielmehr Auseinandersetzungen zwischen den west- und den ostlykischen Herrschaftsgebieten – die gleichzeitig zu pro- und antipersischen Machtblo¨cken stilisiert werden – Niederschlag fanden. Dazu s. zuletzt Zimmermann, Landeskunde 32 Anm. 117 mit Literaturhinweisen. Zur politischen Situation vor dem Satrapenaufstand s. M. Wo¨rrle, Chiron 7, 1977, 60 Anm. 97 mit Literaturhinweisen. s. auch oben S. 173 Anm. 28. 22 Zur Trilingue s. H. Metzger – E. Laroche, CRAI 1974, 82–93. 115–125. Limyra als administrative „Hauptstadt“ in Ostlykien s. D. Asheri, Fra Ellenismo e Iranismo (1983) 111. Eine Doppelaxtstele in Limyra s. J. Borchhardt in: S. S¸ahin u. a. (Hrsg.), Studien zur Religion und Kultur Kleinasiens. Festschrift F. K. Do¨rner
(1978) 183–191. 23 Die Scha¨den an den Befestigungen ko¨nnten aber auch mit einem Erdbeben in Zusammenhang stehen: Im Bereich der Grabung in Sondage 9 konnte oberhalb der die Kurtine betreVenden Einschu¨ttung ein weiterer Schu¨tthorizont festgestellt werden, in dem sich große Mengen Baumaterials fanden. Aufgrund durch rezente Terrassierungsarbeiten bedingter Sto¨rungen konnte das Verha¨ltnis dieses vielleicht in das mittlere 4. Jh. geho¨rigen Planierungshorizontes zu der – mo¨glicherweise nicht mehr funktionsfa¨higen – Kurtine nicht festgestellt werden. Auch die Vermauerung des Su¨dtores ko¨nnte betreVs der Mauertechnik noch in vorhellenistischer Zeit stattgefunden haben. s. Verf., Su¨dtor 47. Der eigentu¨mliche Befund am Su¨dwesttor der Burg, mit dem im Sturzlage beWndlichen originalen Deckstein, der durch einen kleinerformatigen Block ersetzt wurde, auf dem trapezoidale Blo¨cke in situ liegen, ließe sich durch in Folge eines Erdbebens notwendig gewordene Reparaturarbeiten in befriedigender Weise erkla¨ren.
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gehaltenen, gebo¨schten Mauern sind als sekunda¨re Baumaßnahme zu interpretieren, durch die ein aufwendiger Neubau des klassischen Kernbaus vermieden werden sollte. Die Unterschiede in der Ausfu¨hrung der hellenistischen Mauern ko¨nnen allerdings zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausreichend erkla¨rt werden24. Der in hellenistischer Zeit im Burginneren an die Ostkurtine der Oberburg geschobene Turm (C) zeichnet sich, da er keinen Flankenschutz zu geben vermochte, vor allem durch unzeitgema¨ße IneVektivita¨t aus. Auch die im Vergleich zu der Gesamtla¨nge der Befestigungen wenig zahlreichen und relativ kleinen Tu¨rme vervollsta¨ndigen das Bild eines mit geringem Kostenaufwand wiederhergestellten Mauerringes25. Die im Bereich von Ober-, Mittel- und Unterburg an den Kurtinen dieser Phase meßbaren Mauersta¨rken von rund 0, 90 m sind fu¨r eine Stadtbefestigung sehr schwach, entsprechen aber den an einigen anderen hellenistischen Mauerringen Lykiens meßbaren Werten26. Die Baumaßnahmen der zweiten, hellenistischen Phase der Befestigungen Limyras vermitteln den Eindruck, mit ungenu¨genden Mitteln und vielleicht auch unter Zeitdruck durchgefu¨hrt worden zu sein. Zu einer genaueren Datierung kann heute von archa¨ologischer Seite nur wenig beigetragen werden, da die Grabungsta¨tigkeit in Limyra die hellenistischen Abschnitte der FortiWkationen nicht beru¨hrt hat und deren schlechte Erhaltung und geringe bauliche Qualita¨t eine weiterfu¨hrende stilistische und befestigungstechnische Beurteilung nicht zula¨ßt. Auch historische Argumente ko¨nnen keine Sicherheit in dieser Frage bringen, werden aber im Folgenden herangezogen, um wenigstens eine ungefa¨hre zeitliche Situierung zu versuchen. Die strategische Bedeutung Lykiens und seiner Ha¨fen fu¨r die ptolema¨ische Mittelmeerpolitik wurde zuletzt von A. Keen und M. Zimmermann herausgearbeitet27. Ein Beschluß aus der Regierungszeit Ptolemaios I. und ein noch nicht vero¨Ventlichter ptolema¨ischer Gesetzestext – ein Neufund – ko¨nnen als Hinweis auf die Bedeutung Limyras im Rahmen der ptolema¨ischen Verwaltung gewertet werden28. Einen aufgrund seiner Bauornamentik in das 3. Jh. v. Chr. datierenden, skulpturengeschmu¨ckten hellenistischen Podiumbau, der seit einigen Jahren in der Ebene knapp unterhalb der klassischen Su¨dmauer ausgegraben wird, interpretiert J. Borchhardt als Ptolemaion, d. h. als Einrichtung zur Ausu¨bung des Kultes eines vergo¨ttlichten hellenistischen Monarchen29. Sollte sich dieser Ansatz bewahrheiten, belegte dieser Kult eine enge Bindung Limyras an das Haus der Lagiden. Angesichts der sich abzeichnenden Bedeutung Limyras unter der ptolema¨ischen Herrschaft wa¨re es durchaus plausibel, die Erneuerung der Befestigungen in diese Periode zu datieren. Zu u¨berlegen wa¨re auch, ob nicht der Umstand, daß Limyra im 2. Jh. v. Chr. fu¨r Gagai Mu¨nzen emittierte, auf eine engere 24 Die am Nordwestturm und der Nordkurtine angewendete Technik, zahlreiche Blo¨cke der Außen- und/oder Innenschalen tendenziell quer zum Mauerverlauf zu versetzen, Wndet sich sonst an den hellenistischen Kurtinen Limyras (und Lykiens) nicht. Als einzige Ausnahme ka¨men die Reparaturarbeiten an der allerdings nicht auf Ansicht berechneten Ostmauer der Nordbastion in Frage. Die begradigten, leicht nach außen gewo¨lbten Schauseiten (‘hammer faced’) und die angestrebte Pseudoisodomie des Mauerwerks wird in der hellenistischen Phase Limyras durchgehend eingehalten. 25 Vor allem die westseitigen Tu¨rme haben eine relativ kleine GrundXa¨che und springen nur wenig aus der KurtinenXucht vor. Sie beWnden sich allerdings in gut geschu¨tzter Lage und du¨rften vorrangig dazu gedient haben, Felsba¨nder zu sperren, welche eine Anna¨herung an die Kurtinen erleichtern ha¨tten ko¨nnen. Die Tu¨rme der OstXanke sind gro¨ßer und springen gleichma¨ßig vor. Im griechischen Befestigungswesen haben Tu¨rme des fru¨hen 4. Jhs. eine mit denen von Limyra vergleichbare GrundXa¨che, im Hellenismus Wnden sich jedoch ha¨uWg bedeutend gro¨ßere Tu¨rme, die wohl Artillerie aufnehmen konnten. s. J. Ober, AJA 91, 598; Lawrence, Aims 389;
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Winter, FortiWcations 152 V.; E. L. Schwandner, AA 1977, 537 V.; Zu Samos s. Kienast, Samos 73 V. 83 V.; Zu Herakleia: Krischen, Herakleia 27 V. 26 s. o. S. 161 und Anm. 15. 27 Zur Geschichte Lykiens im Fru¨hhellenismus und zur ptolema¨ischen Herrschaft s. M. Wo¨rrle, Chiron 7, 1977, 46 V.; Zur Bedeutung der lykischen Ha¨fen und den SchiVahrtsrouten s. M. Zimmermann, ZPE 92, 1992, 201 V.; A. Keen in: Lykiensymposion I 71–78. Keen macht auch auf die strategische Bedeutung aufmerksam, welche die lykische Ku¨ste schon in klassischer Zeit gehabt haben du¨rfte und mit der auch die athenischen Flottenexpeditionen wa¨hrend des peloponnesischen Krieges in Zusammenhang stehen ko¨nnten. s. A. Keen, JHS 103, 1993, 152 V. 28 Zu einer in den 70 er Jahren entdeckten, ptolema¨ischen Inschrift aus Limyra s. M. Wo¨rrle, Chiron 7, 1977, 43 V. Es wa¨re nicht auszuschließen, daß einer der beiden genannten Verwalter in Limyra residierte. 29 Dazu s. nur J. Borchhardt, RA 1991, 309 V.; ders., Die Steine von Ze˜muri (1993) 79 V.; ders; G. Stanzl in: Go¨tter, Heroen und Herrscher in Lykien (1990) 79 V.
Abschließende Bemerkungen zu den Befestigungen und dem Siedlungsbild Limyras
politische VerXechtung der beiden Gemeinwesen schließen ließe, die sich in einem gemeinsamen Ausbau bzw. einer Wiederherstellung der schon bestehenden klassischen Befestigungen niedergeschlagen haben ko¨nnte30. Da diese Verbindung der beiden Sta¨dte aber auch schon im 3. Jh. v. Chr. bestanden haben und uns vielleicht erst durch die Mu¨nzpra¨gung des folgenden Jahrhunderts faßbar geworden sein ko¨nnte, erlauben diese Beobachtungen keinen sicheren Schluß auf die Datierung des Umbaus der Befestigungen. Im Gegensatz zur einstigen Gro¨ße steht jedenfalls der sich aus dem Stimmrecht der Versammlung des Lykischen Bundes abzeichnende politische Bedeutungsverfall Limyras im 2. Jh. v. Chr.: Die Stadt za¨hlt nicht zu den Poleis mit drei Stimmen und wird von ihrer ostlykischen Rivalin Myra in den Schatten gestellt31. In der Kaiserzeit du¨rften die FortiWkationen Limyras, wie die vieler anderer lykischer Sta¨dte, dem Verfall preisgegeben worden sein. Bei der mit einer Verkleinerung des Stadtareals verbundenen Neubefestigung in spa¨tantik-byzantinischer Zeit bezog man die Oberburg nicht mehr mit ein, sondern errichtete zwei getrennte Mauerringe in der Ebene am Fuße des Burgberges32.
30
In Gagai wurde wie in Limyra im Bereich der Gipfelbefestigungen eine gebo¨schte Mauer an einen klassischen Kernbau angeschoben. Angesichts der Seltenheit gebo¨schter Mauern und der engen Verwandschaft der Lo¨sungen, die bei der Wiederinstandsetzung der Befestigungen von Limyra und Gagai gewa¨hlt wurden, ko¨nnte man an ein gemeinsames Bauprogramm denken. Dazu s. Verf., IstMitt 44, 1994, 51. Zu den betreVenden Pra¨gungen s. H. A. Troxell, The Coinage of the Lycian League (1982) 227 Nr. 36 –38 Gagai 39. 31 Die von Strabo (Geogr. XIV 3. 3p) in Anlehnung an Artemidoros u¨berlieferten Sta¨dte mit drei Stimmen: Xanthos, Patara, Pinara, Olympos, Myra und Tlos. Die Poleis mit zwei bzw. einer Stimme sind nicht u¨berliefert,
Limyra mag zwar zu ersteren geho¨rt haben, wird aber von Strabo (Geogr. XIV 3. 7p) als kleine Stadt bezeichnet. 32 Zu diesen Befestigungen s. U. Peschlow – J. Ganzert in: V. KST (1983) 258. Hinweise auf eine Datierung der ersten Phase der Weststadtmauern in die Zeit zwischen dem beginnenden 5. und dem spa¨teren 6. Jh. n. Chr. fanden sich im Zuge der Grabungen in den Sondagen 3 und 5. Bezu¨glich einer genaueren Datierung muß die Auswertung des Keramikmaterials abgewartet werden. Dazu s. ¨ Jh 62, 1992, 133–140 Abb. 3–5. Zu einer DatieVerf., O rung der Oststadt in das 5.–6. Jh. und der Nordmauer der Weststadt in mittelalterliche Zeit s. U. Peschlow in: Lykiensymposion II 65.
193
Abbildungsnachweis: 1. Li 70 (W. Schiele) 2. Li 74/184 (W. Schiele) 3. Ist R 720 (W. Schiele) 4. Ist R 3153 (W. Schiele) 5. Ist R 7827 (W. Schiele) 6. Li 74/268 (W. Schiele) 7. Ist R 1687 (W. Schiele) 8. Ist R 488 (W. Schiele) 10. Li 88/557 (W. Reiter) 11. Li 71/80 (W. Schiele) 13. Ist R 1688 (W. Schiele) 15. Li 89/735 (W. Reiter) 17. Li 71/126 (W. Schiele) 18. Li 71/26 (W. Schiele) 19. Li 89/728 (W. Reiter) 20. Li 89/729 (W. Reiter) 21. Li 89/730 (W. Reiter) 23. Li 88/540 (W. Reiter) 24. Li 88/544 (W. Reiter) 27. Li 71/51 (W. Schiele) 28. Li 88/543 (W. Reiter) 29. Li 71/89 (W. Schiele) 31. Ist R 909 (W. Schiele) 32. Li 88/554 (W. Reiter) 33. Li 69/515 (W. Schiele) 34. Li 71/66 (W. Schiele) 35. Li 89/732 (W. Reiter) 36. Li 89/747 (W. Reiter) 37. Li 71/65 (W. Schiele) 40. Li 89/749 (W. Reiter) 41. Li 71/78 (W. Schiele) 43. Li 71/4843 (W. Schiele) 44. Li 71/15 (W. Schiele) 45. Li 71/43 (W. Schiele) 46. Li 71/45 (W. Schiele)
47. Li 71/38 (W. Schiele) 48. Li 89/712 (W. Reiter) 49. Li 89/723 (W. Reiter) 52. Li 89/722 (W. Reiter) 53. Li 89/72 (W. Reiter) 55. Li 89/713 (W. Reiter) 57. Li 89/725 (W. Reiter) 58. Li 69/510 (W. Schiele) 60. Li 89/724 (W. Reiter) 62. Li 71/21 (W. Schiele) 68. Li 86/ (R. Schiele) 69. Li 86/ (R. Schiele) 71. Li 86/ (R. Schiele) 72. Li 86/ (R. Schiele) 73. Li 89/69 (W. Reiter) 74. Li 89/474 (R. Schiele) 75. Ist R 890 (W. Schiele) 77. Ist 67/77 (W. Schiele) 78. Ist KB 3454 (D. Johannes) 80. Ist KB 3455 (D. Johannes) 81. Ist R 665/6 (W. Schiele) 82. Ist R 671 (W. Schiele) 88. Tu¨b 90/684 90. Tu¨b 93/1699 d 91. Tu¨b 93/1699 e 95. Ist R 1395 (W. Schiele) 96. Ist R 1388 (W. Schiele) 98. Tu¨b 93/1876 118. Tu¨b 91/297 125. Tu¨b 93/155 126. Tu¨b 93/178 127. Tu¨b 93/182 128. Tu¨b 92/872 129. Tu¨b 93/435 131. Tu¨b 93/1168
132. Tu¨b 92/936 140. Ist R 3626 (W. Schiele) 141. Tu¨b 91/18 142. Tu¨b 91/13 148. Ist R 1362 (W. Schiele) 151. Ist R 3556 (W. Schiele) 152. Ist R 3566. 3567 (W. Schiele) 164. Xanthos 8440 (J. des Courtils) 165. Xanthos 8587 (J. des Courtils) 167. Ist R 4548 (W. Schiele) 170. Ist KB 16161 (R. Schiele) 174. Ist KB 16162 (R. Schiele) 175. Ist R 3683 (W. Schiele) 176. Ist KB 16132 (R. Schiele) 179. Ist R 1324 (J. Borchhardt) 180. Ist R 1322 (J. Borchhardt) 181. Ist 67/155 (W. Schiele) 182. Ist 67/173 (W. Schiele) 183. Ist KB 3605 (W. Schiele) 184. Ist R 876 (W. Schiele) 185. Ist R 874 (W. Schiele) 186. Ist 67/182 (W. Schiele) 187. Ist R 1651 (W. Schiele) 189. Ist R 3572 (W. Schiele) 192. Ist R 623 (R. Schiele) 193. Ist R 1633 (J. Borchhardt) 194. Ist R 1323 (J. Borchhardt) 195. Ist R 1638 (J. Borchhardt) 196. Ist R 11617 (J. Borchhardt) 197. Ist R 882 (W. Schiele) 199. Ist R 870 (W. Schiele) 202. Ist R 817 (J. Borchhardt) 205–206. Patara 215. Ist R 4527/4528 (W. Schiele) 218. Tu¨b 90/321
Alle anderen Aufnahmen vom Verfasser. Erkla¨rung der verwendeten Sigel: Li: Lykienarchiv, Institut fu¨r Klassische Archa¨ologie der Universita¨t Wien Ist: Photothek des Deutschen Archa¨ologischen Institutes, Abt. Istanbul Patara: Aufnahme der Patara-Grabung. Tu¨b: Lykienarchiv der Historischen Seminars der Universita¨t Tu¨bingen Xanthos: Grabungs-Photothek der franzo¨sischen Expedition Xanthos/Letoon Besondereren Dank schulde ich den Direktoren und den Photographen des Deutschen Archa¨ologischen Instituts, Abt. Istanbul, fu¨r ihre großzu¨gige Hilfestellung.
194
Tafelteil
Tafel 1
Abb. 1: Limyra, Burgberg und Unterstadt, Luftaufnahme
Tafel 2
Abb. 2: Limyra, Der Burgberg von Su¨den und die Ebene von Finike
Abb. 3: Limyra, Der Burgberg von Westen
Tafel 3
Abb. 4: Limyra, Der Burgberg von Osten
Abb. 5: Limyra, Oberburg – Luftaufnahme
Tafel 4
Abb. 6: Limyra, Oberburg – Blick von Westen
Abb. 7: Limyra, Oberburg – Blick von der Nordbastion nach Su¨den
Tafel 5
Abb. 8: Limyra, Oberburg – Nordbastion von Norden
Abb. 9: Limyra, Oberburg – Nordbastion und gebo¨schte Mauer von Osten
Tafel 6
Abb. 10: Limyra, Oberburg – Nordbastion, Nordflanke
Abb. 12: Limyra, Oberburg – Nordbastion, Mauerschnitt an der Ostflanke
Abb. 11: Limyra, Oberburg – Nordbastion, Ziegelfragmente
Abb. 13: Limyra, Oberburg – Nordostecke der Nordbastion mit gebo¨schter Mauer
Tafel 7
Abb. 14: Limyra, Oberburg – Nordbastion, Mauerschnitt an der OstXanke mit Anbau
Abb. 15: Limyra, Oberburg – Gebo¨schte Mauer, Detail
Abb. 16: Limyra, Oberburg – Nordostecke der Nordbastion mit gebo¨schter Mauer
Tafel 8
Abb. 17: Limyra, Oberburg – Anbau im Osten der Nordbastion, Blick von Osten
Abb. 18: Limyra, Oberburg – Su¨dbastion, Haupttor und Burggela¨nde
Tafel 9
Abb. 19: Limyra, Oberburg – Su¨dbastion, Ostseite
Abb. 20: Limyra, Oberburg – Su¨dbastion, Nordostecke und NordXanke
Abb. 21: Limyra, Oberburg – Su¨dbastion, Nordostecke und Ostkurtine
Tafel 10
Abb. 22: Limyra, Oberburg – Su¨dbastion, Mauerdetail der Su¨dseite mit Schwelle
Abb. 23: Limyra, Oberburg – Su¨dbastion, Mauerdetail der Nordseite
Abb. 24: Limyra, Oberburg – Su¨dbastion, Innenschale
Abb. 25: Limyra, Oberburg – Su¨dbastion, Fundamente im Inneren des Bauko¨rpers
Abb. 26: Limyra, Oberburg – Su¨dbastion, Quermauer in der Bastion und Innenschale
Abb. 27: Limyra, Oberburg – Su¨dbastion, Laibung des Nordeingangs
Tafel 11
Abb. 28: Limyra, Oberburg – Su¨dbastion, Nordeingang und Inneres
Abb. 29: Limyra, Oberburg – Su¨dbastion, Detail der Schwellkonstruktion an der Su¨dseite
Abb. 30: Limyra, Oberburg – Su¨dbastion, Laibungsstein des Su¨deingangs
Tafel 12
Abb. 31: Limyra, Oberburg – Su¨dtor von Su¨den
Abb. 32: Limyra, Oberburg – Su¨dtor vom Zitadelleninneren
Tafel 13
Abb. 33: Limyra, Oberburg – Su¨dwestecke der Zitadelle
Abb. 34: Limyra, Oberburg – Ostkurtine und Su¨dbastion
Abb. 35: Limyra, Oberburg – Ostkurtine, Mauerausschnitt
Tafel 14
Abb. 36: Limyra, Oberburg – Nordwestturm und Kasematten von Osten
Abb. 37: Limyra, Oberburg – Nordwestturm, Eingang von Innen und Nordkurtine
Abb. 38: Limyra, Oberburg – Nordwestturm, Eingang von Innen
Tafel 15
Abb. 39: Limyra, Oberburg – Zugang in den Nordwestturm
Abb. 40: Limyra, Oberburg – Kleine Zisterne von Nordosten
Abb. 41: Limyra, Oberburg – Kleine Zisterne von Westen
Tafel 16
Abb. 42: Limyra, Oberburg – Mauerzug im Westen
Abb. 43: Limyra, Oberburg – Nordwestbereich, Mauerzug
Abb. 46: Limyra, Oberburg – Deckplatte
Abb. 44: Limyra, Oberburg – Große Zisterne
Abb. 45: Limyra, Oberburg – Zinne
Tafel 17
Abb. 47: Limyra, Oberburg – Feueralta¨re?
Abb. 48: Limyra, Mittelburg – Blick vom Ostturm 1 auf Oberburg
Tafel 18
Abb. 49: Limyra, Mittelburg – klassische Kurtine mit hellenistischer U¨berbauung
Abb. 51: Limyra, Mittelburg – klassische Kurtine, Detail
Abb. 50: Limyra, Mittelburg – klassische Kurtine und U¨berbauung
Abb. 52: Limyra, Mittelburg – Ostturm 1, Su¨dXanke
Tafel 19
Abb. 53: Limyra, Mittelburg – Ostturm 1, Kurtine und Proteichisma?
Abb. 54: Limyra, Mittelburg – Ostturm 2 und Proteichisma?
Tafel 20
Abb. 55: Limyra, Mittelburg – Ostturm 2, Su¨dXanke
Abb. 56: Limyra, Mittelburg – Ostturm 2 Innen
Abb. 57: Limyra, Mittelburg – hellenistische Kurtine, Außenschale und Binder
Tafel 21
Abb. 58: Limyra, Mittelburg – Ostkurtine, Proteichisma? und Ostturm 3
Abb. 59: Limyra, Unterburg – Ostturm 4 von Nordwesten
Abb. 60: Limyra, Mittelburg – hellenistische Kurtine, Mauerschnitt
Tafel 22
Abb. 61: Limyra, Mittelburg – hellenistische Kurtine, Innenschale und Binder
Abb. 62: Limyra, Mittelburg – Ostturm 3, OstXanke
Abb. 63: Limyra, Unterburg – Ostflanke von Ostturm 4 aus gesehen
Tafel 23
Abb. 64: Limyra, Unterburg – Ostflanke, Kurtinenansicht
Abb. 65: Limyra, Unterburg – OstXanke Mauerdetail
Abb. 66: Limyra, Unterburg – Kurtine und Felsbettung an der WestXanke
Tafel 24
Abb. 67: Limyra, Unterburg – Westturm 5 von Westen
Abb. 68: Limyra, Unterburg – Su¨dtor, Ansicht
Abb. 69: Limyra, Unterburg – Su¨dtor und Kurtine, Blick von Osten
Tafel 25
Abb. 70: Limyra, Unterburg – Su¨dtor, Su¨dwestecke der Bastion
Abb. 71: Limyra, Unterburg – Su¨dtor, Blick von Osten
Abb. 72: Limyra, Unterburg – Kurtine beim Su¨dtor
Tafel 26
Abb. 73: Limyra, Unterburg – So 9, Luftaufnahme
Abb. 74: Limyra, Unterburg – So 9 mit Mauer 1
Abb. 75: Limyra, Unterburg – Su¨dXanke, Kurtine im Ostbereich
Tafel 27
Abb. 76: Ebene von Myra und das zentrallykische Bergland
Abb. 77: Myra, Burgberg von Su¨den
Tafel 28
Abb. 78: Myra, NordXanke der Burg
Abb. 79: Myra, Burg – Fundament des Kernbaus
Tafel 29
Abb. 80: Myra, Burg – NordXanke des Kernbaus
Abb. 81: Myra, Polygonale Burgmauer
Abb. 82: Myra, hellenistische Siedlungsmauer
Tafel 30
Abb. 83: Muskar, Mauerwerk des Kernbaus der Burg
Abb. 84: Gu¨rses, West-Bastion, Nordostecke
Abb. 85: Gu¨rses, Su¨dostecke der Burg
Tafel 31
Abb. 86: Gu¨rses, Nordmauer der Burg
Abb. 87: Gu¨rses, Su¨dmauer der Burg
Abb. 88: Trysa, Burgtor
Tafel 32
Abb. 89: Trysa, Burgberg von Westen
Abb. 90: Trysa, Torhof der Burg, Mauerdetail
Abb. 91: Trysa, Oberburg, Mauerdetail
Tafel 33
Abb. 92: Trysa, Ostbastion, Rundturm und Eingang
Abb. 93: Trysa, Haupttor, Ansicht
Abb. 94: Trysa, Haupttor, Detail
Tafel 34
Abb. 95: Trysa, Burgmauer
Abb. 96: Trysa, Innenschale des Heroons
Abb. 97: Trysa, o¨stliche Außenschale des Heroons
Tafel 35
Abb. 98: Trysa, Siedlungsmauer im Westen
Abb. 100: Hoyran, Blick von Trysa
Abb. 99: Hoyran, Torsenke und o¨stlicher Hu¨gel
Tafel 36
Abb. 101: Hoyran, Burgberg von Norden
Abb. 102: Hoyran, Burg, Befestigungskern, Mauerdetail
Abb. 103: Hoyran, Bastion am Tor, Mauerdetail
Abb. 104: Hoyran, Riegellager am Tor
Tafel 37
Abb. 105: Hoyran, Das Haupttor von Nordosten
Abb. 106: Tyberissos, Blick von Hoyran
Tafel 38
Abb. 107: Tyberissos, Burgberg von Su¨dwesten
Abb. 108: Tyberissos, Befestigungskern der Burg – Fundamente
Abb. 109: Tyberissos, Burgtor
Tafel 39
Abb. 110: Tyberissos, Westtor und Mauerwerk
Abb. 111: Tyberissos, Wehrmauer in der Senke no¨rdlich der Burg
Tafel 40
Abb. 112: Teimiusa, Die Burg von Su¨den
Abb. 113: Teimiusa, Su¨dXanke der Burg
Abb. 114: Teimiusa, Außenschale – Westseite
Tafel 41
Abb. 115: Teimiusa, Außenschale – Ostseite (hellenistisch)
Abb. 116: Teimiusa, Innenschale, Ostseite
Abb. 117: Teimiusa, Maueraufsicht, Westseite
Tafel 42
Abb. 118: Korba, Lage
Abb. 119: Korba, Burgtor
Abb. 120: Korba, Befestigungsmauer im Osten – Ansicht
Tafel 43
Abb. 121: Korba, Nordwestecke der Anlage
Abb. 122: Tu¨se, Burg – Hauptturm: Steinzapfen an der Su¨dwestecke
Abb. 124: Tu¨se, Du¨zkale Tepesi
Abb. 123: Korba, Befestigungsmauer im Osten – Aufsicht
Tafel 44
Abb. 125: Tu¨se, Burg – Hauptturm: Su¨dflanke
Abb. 126: Tu¨se, Burg – Westmauer des Hofes
Abb. 127: Tu¨se, Burg – NordXanke
Tafel 45
Abb. 128: Bu¨yu¨k Avs¸ar, Blick von Westen
Abb. 129: Bu¨yu¨k Avs¸ar, Hauptseite des Kernbaus der Burg
Abb. 130: Bu¨yu¨k Avs¸ar, Burgmauer
Abb. 131: Avs¸ar Tepesi, Mauerdetail des Turms an der Su¨dwestecke
Tafel 46
Abb. 132: Bu¨yu¨k Avs¸ar, Ringmauer
Abb. 133: Avs¸ar Tepesi, Burgtor
Abb. 134: Avs¸ar Tepesi, Eingang des Kernbaus der Burg
Tafel 47
Abb. 135: Apollonia, Blick von Norden
Abb. 136: Phellos, Blick von Nordwesten
Tafel 48
Abb. 137: Phellos, Trapezoidales Mauerwerk der Bastion
Abb. 139: Phellos, Bruchsteinmauerwerk im Norden
Abb. 138: Phellos, Polygonales Mauerwerk im Norden
Tafel 49
Abb. 140: Arneai, Lage
Abb. 141: Arneai, Mauerwerk der Burg
Abb. 142: Arneai, Hellenistisches Mauerwerk
Tafel 50
Abb. 143: Isinda, Lage
Abb. 144: Isinda, Haupttor
Abb. 145: Isinda, Nordostecke der Burg
Tafel 51
Abb. 146: Isinda, Befestigung im Westen
Abb. 148: Bayındır Limanı, Blick von Kas¸/Antiphellos
Abb. 147: Bayındır Limanı, Kurtine im Norden – Aufsicht
Tafel 52
Abb. 149: Bayındır Limanı, Mauerwerk der Burg
Abb. 150: Bayındır Limanı, Mauerturm im Norden
Abb. 151: Seyret, Blick von Osten
Abb. 152: Seyret, Blick von Norden
Tafel 53
Tafel 54
Abb. 153: Seyret, Turm B von Su¨den
Abb. 154: Seyret, Mauerwerk von Turm A
Abb. 155: Seyret, Ringmauer im Westen
Tafel 55
Abb. 156: Seyret, Turm B – Mauerdetail des Vorbaus
Abb. 158: Ko¨ybas¸ı, Blick von Su¨dwesten
Abb. 157: Seyret, Turm B – Mauerecke des Vorbaus
Abb. 161: Xanthos, Blick von Su¨dwesten und Xanthostal
Abb. 159: Ko¨ybas¸ı, A¨ußere Torkurtine Abb. 160: Ko¨ybas¸ı, Torraum
Tafel 56
Tafel 57
Abb. 162: Xanthos, Su¨dostecke der Akropolis – Su¨dseite des Turmes
Abb. 163: Xanthos, Su¨dostecke der Akropolis – Ostseite des Turmes
Tafel 58
Abb. 164: Xanthos, Ansicht des Su¨dtores
Abb. 165: Xanthos, Nordkurtine mit Turm 1
Tafel 59
Abb. 166: Xanthos, Nordosttor
Abb. 167: Xanthos, Grab mit Lo¨wenreliefs, Steinzapfen
Abb. 168: Xanthos, OstXanke, Mauerwerk des hellenistischen Turmes
Tafel 60
Abb. 169: Xanthos, Hellenistisches Mauerwerk su¨dlich der Akropolis
Abb. 170: Pinara, Blick von Osten
Tafel 61
Abb. 171: Pinara, Haupttor
Abb. 172: Pinara, Mauerwerk im Nordosten
Abb. 173: Pinara, Mauerwerk im Norden
Tafel 62
Abb. 174: Pinara, Mauer mit Pfeilervorlage: hellenistische Befestigungslinie?
Abb. 175: Pinara, Stadtdarstellung
Tafel 63
Abb. 176: Sidyma, Lage
Abb. 177: Sidyma, Tor und Xankierender Turm
Tafel 64
Abb. 178: Pydna, Blick von Osten
Abb. 179: Pydna, Turm und Wehrgang
Tafel 65
Abb. 180: Pydna, Außenschale
Abb. 181: Beymelek, Ansicht von Su¨den
Tafel 66
Abb. 182: Beymelek, Innenhof und Turm
Abb. 183: Turmgeho¨ft bei Myra
Abb. 184: Turm bei Andriake von Su¨den
Abb. 185: Turm bei Andriake, Mauerdetail
Tafel 67
Abb. 186: Sura, Blick von Osten
Abb. 187: Sura, Mauerdetail
Abb. 188: Aperlai, Poterne und Innenschale
Tafel 68
Abb. 189: Aperlai, Blick von Su¨dwesten
Abb. 190: Aperlai, Turm im Su¨dwesten
Abb. 191: Aperlai, Mauerwerk: Außenschale und Schießscharten
Tafel 69
Abb. 192: Kadyanda, Mauerwerk
Abb. 193: Oinoanda, Außenschale eines Turmes
Abb. 194: Oinoanda, Innenschale eines Turmes
Abb. 195: Oinoanda, Innenschale der Kurtine mit u¨berbogter Turmtu¨re, Poterne und Wehrgang
Tafel 70
Abb. 196: Oinoanda, kaiserzeitliches (?) Mauerwerk im Bereich der Agora
Abb. 197: Andriake, Blick von Westen
Tafel 71
Abb. 198: Andriake, Lage der Kammbefestigung
Abb. 199: Andriake, Innenschale des Granariums
Abb. 200: Andriake, Kammbefestigung – Aufsicht
Tafel 72
Abb. 201: Andriake, Kammbefestigung – Außenschale
Abb. 202: Perge, Torturm mit Konsolblo¨cken fu¨r Zwischendecke
Tafel 73
Abb. 203: Antiphellos, Ansicht der Seemauer
Abb. 204: Antiphellos, Schnitt durch die Seemauer
Abb. 205: Patara, Gipfelbefestigung
Tafel 74
Abb. 206: Patara, Gipfelbefestigung – Schießscharten
Abb. 207: Meydancik Kale, Zugang in die Zitadelle
Tafel 75
Abb. 208: Xanthos, Lykische Akropolis: eckversta¨rkte Mauer des 6. Jhs. v. Chr.
Abb. 209: Xanthos, Lykische Akropolis, Su¨dbastion: Plattenpolygonal
Abb. 210: Xanthos, Vorhellenistische Bruchsteinmauer im Osten
Tafel 76
Abb. 211: Kyaneai, Blick von Su¨dwesten
Abb. 212: Blick auf Kyaneai und Trysa
Tafel 77
Abb. 213: Apollonia, Ansicht der Burg
Abb. 214: Apollonia, Mauerwerk der Burg
Abb. 215: Tlos, Blick von Norden
Tafel 78
Tafel 79
Abb. 216: Sidyma, Befestigungsmauer mit Bindern
Abb. 218: Kyaneai, sog. Iason-Hof
Abb. 217: Isinda, Burgtor
Fig. 1: Lykienkarte mit den im Text erwa¨hnten Orten
Fig. 2: Limyra, Gesamtplan (G. Stanzl)
Tafel 82
Fig. 3: Limyra, Gela¨ndeschnitt
Fig. 4: Limyra, Oberburg, Nordbastion, Maueransichten
Fig. 5: Limyra, Oberburg, Gebo¨schte Mauer, Schnitt
Fig. 6: Limyra, Oberburg, Nordbastion, Steinplan
Tafel 83
Tafel 84
Fig. 7: Limyra, Oberburg, Anbau und Bastion von Osten (C. Hansen)
Fig. 8: Limyra, Oberburg, Su¨dkurtine, Haupteingang
Fig. 9: Limyra, Oberburg, Su¨dbastion, Maueransicht der Ostseite mit Ostkurtine
Fig. 10: Limyra, Oberburg, Su¨dbastion, Steinplan
Tafel 85
Tafel 86
Fig. 11: Limyra, Oberburg, Su¨dbastion, Su¨deingang
Fig. 12: Limyra, Oberburg, Su¨dbastion, Nordeingang
Fig. 13: Limyra, Oberburg, Nordwestturm, Steinplan
Fig. 15: Limyra, Oberburg, Ostkurtine, Steinplan 2
Fig. 14: Limyra, Oberburg, Ostkurtine, Steinplan 1
Tafel 87
Tafel 88
Fig. 16: Limyra, Oberburg, rekonstruierte Ansicht von Westen
Fig. 17: Limyra, Stadtdarstellung
Fig. 18: Limyra, Oberburg, axionometrische Rekonstruktion
Tafel 89
Fig. 19: Limyra, Mittelburg, Ostturm 2, Steinplan
Fig. 21: Limyra, Unterburg, no¨rdliche Weststadt
Fig. 20: Limyra, Unterburg, Westturm 5, Steinplan
Fig. 22: Limyra, Unterburg, So 5, Su¨dtor, Steinplan
Tafel 90
Tafel 91
Fig. 23: Limyra, Unterburg, So 5, Su¨dtor, Ansicht
Fig. 24: Limyra, Unterburg, flankierende Bastion, Ansicht
Tafel 92
Fig. 25: Limyra, Unterburg, So 9B, Steinplan
Fig. 26: Limyra, Unterburg, So 9, Mauer 5, Ansicht
Tafel 93
Fig. 27: Limyra, Unterburg, So 9, OstproWl
Fig. 28: Gu¨rses, Planskizze der Siedlung
Fig. 29: Gu¨rses, Grundriß der Burg
Tafel 94
Fig. 30: Gu¨rses, Ostbastion
Fig. 32: Trysa, Gela¨ndeschnitte
Fig. 31: Gu¨rses, Su¨dostecke der Burg
Tafel 95
Fig. 33: Trysa, U¨bersichtsskizze
Fig. 34: Trysa, Burgtor und Ostbastion
Tafel 96
Fig. 35: Trysa, Ostbastion, Eingang
Fig. 37: Trysa, Planaufnahme der Oberburg
Fig. 36: Trysa, Burg, Burgtor, Ansicht
Tafel 97
Fig. 38: Trysa, Haupttor, Steinplan
Fig. 40: Trysa, Haupttor, Ansicht
Fig. 39: Trysa, Su¨dosttor, Grundriß
Fig. 41: Trysa, Rekonstruktionsvorschlag
Tafel 98
Tafel 99
Fig. 42: Hoyran, Gela¨ndeschnitte
Fig. 43: Hoyran, U¨bersichtsskizze
Tafel 100
Fig. 44: Hoyran, Burg, Grundriß
Fig. 45: Hoyran, Kernbau der Burg, Nordwestecke
Fig. 46: Hoyran, Burg, Westmauer
Tafel 101
Fig. 47: Hoyran, Torbereich, Skizze
Fig. 48: Hoyran, Haupttor, Ansicht
Fig. 49: Hoyran, Rekonstruierte Stadtdarstellung
Tafel 102
Fig. 50: Tyberissos, Planskizze
Fig. 51: Tyberissos, Burg, Westtor
Tafel 103
Fig. 52: Tyberissos, Burg, Grundriß
Fig. 53: Tyberissos, Burg, Gela¨ndeschnitt
Fig. 55: Teimiusa, Burg, Grundriß
Fig. 54: Tyberissos, Burg, Mauerwerk des Kernbaus
Tafel 104
Fig. 56: Korba, Burg, Grundriß
Fig. 57: Korba, Gela¨ndeproWle
Tafel 105
Fig. 58: Korba, Burgtor, Maueransichten
Fig. 59: Tu¨se, Burg, Grundriß
Tafel 106
Fig. 60: Tu¨se, Burg, Hauptturm, Su¨dwestecke
Fig. 62: Tu¨se, Burg, Hauptturm, Nordseite
Fig. 61: Tu¨se, Burg, Rekonstruktionsvorschlag
Tafel 107
Fig. 63: Tu¨se, Burg, Kleiner Turm, Nordseite
Fig. 64: Tu¨se, Hellenistischer Anbau
Fig. 66: Bu¨yu¨k Avs¸ar, Gela¨ndeproWl
Fig. 65: Bu¨yu¨k Avs¸ar, Gesamtplan der befestigten Siedlung
Tafel 108
Tafel 109
Fig. 67: Bu¨yu¨k Avs¸ar, Steinplan der Burg
Fig. 68: Bu¨yu¨k Avs¸ar, Kernbau der Burg – Fassade
Fig. 69: Avs¸ar Tepesi, Plan der Burg und der Siedlung (Stand 1993)
Tafel 110
Tafel 111
Fig. 70: Apollonia, Gesamtplan (W. Wurster)
Fig. 71: Dereag˘zı, Gesamtplan (W. Wurster)
Fig. 72: Phellos, Gesamtplan (W. Wurster)
Tafel 112
Tafel 113
Fig. 73: Arneai, Gesamtplan (TAM II – A. Krickl)
Fig. 74: Kandyba, Gesamtplan (W. Wurster)
Tafel 114
Fig. 75: Isinda, Gesamtplan (nach Vorlage W. Wurster)
Fig. 76: Isinda, Burgtor
Tafel 115
Fig. 77: Isinda, Haupttor
Fig. 78: Bayındır Limanı, Gesamtplan
Tafel 116
Fig. 79: Seyret, Planskizze (nach Vorlage W. Wurster)
Fig. 80: Ko¨ybas¸ı, Planskizze (nach Vorlage W. Wurster)
Tafel 117
Fig. 81: Xanthos, Gesamtplan (Fouilles 1)
Tafel 118
Fig. 82: Xanthos, Lykische Akropolis (Fouilles 2)
Fig. 84: Xanthos, Ostmauer der Akropolis – Polygonalmauerwerk
Fig. 83: Xanthos, Su¨dostecke der Akropolis
Tafel 119
Fig. 85: Xanthos, Haupttor
Tafel 120
Tafel 121
Fig. 87: Xanthos, Nordturm 1 und Kurtinen – Ansicht
Fig. 86: Xanthos, Nordturm 1 und Kurtinen – Grundriß
Tafel 122
Fig. 89: Xanthos, Ostturm 1, Grundriß
Fig. 88: Xanthos, Nordost-Tor – Grundrißskizze
Tafel 123
Fig. 90: Xanthos, Ostturm 1, Abrollung der Außenschale
Fig. 92: Pinara, Plan (W. Wurster)
Fig. 91: Pinara, Haupttor (Fellows)
Tafel 124
Fig. 93: Sidyma, Gesamtplan
Fig. 94: Sidyma, Stadttor (Fre´zouls/Longepierre)
Tafel 125
Fig. 95: Tlos, Gesamtplan (W. Wurster)
Fig. 96: Aperlai, Mauertechnik am Fort
Tafel 126
Fig. 97: Aperlai, Planskizze der Stadtmauern (E. Peters und R. Dzwillo)
Fig. 98: Hayıtlı, Mauertechnik am hellenistischen Turmgeho¨ft
Tafel 127
Fig. 99: Pydna, Gesamtplan (J.-P. Adam)
Fig. 100: Andriake, Plan der Sperrmauer (W. Wurster)
Tafel 128
Fig. 101: Bu¨yu¨k C¸erler, Plan der Burg (M. Miller)
Fig. 102: Bu¨ksez, Grundriß (J.-P. Adam)
Tafel 129
Fig. 103: Anlage westlich von Xanthos, Plan
Fig. 104: Anlage westlich von Xanthos, Maueransicht
Fig. 105: Limyra, Anlage oberhalb von Nekropole 2, Grundriß
Tafel 130
Fig. 106: Limyra, Anlage oberhalb von Nekropole 2, Mauerdetails
Fig. 107: Limyra, Koruca Tepe, Grundriß der Terrassen
Fig. 108: Limyra, Koruca Tepe, Mauerdetails
Tafel 131
Tafel 132
Fig. 109: Sura, Plan der Festung (W. Wurster)
Fig. 110: Izrasa-Monument von Tlos, Stadtdarstellung (Umzeichnung W. Wurster)
Fig. 111: Myra, Plan der Burg (U. Peschlow)
Faltplan 1: Limyra, Oberburg und Mittelburg
Faltplan 2: Limyra, Befestigungsverlauf in klassischer Zeit
Faltplan 3: Limyra, Oberburg, Mauerplan
Faltplan 4: Trysa, Gesamtplan
Faltplan 5: Hoyran, Gesamtplan
Faltplan 6: Tu¨se, Gesamtplan der Siedlung (Tu¨bingen)