Der Rechnungsschock: Hinweispflichten im Bürgerlichen Recht und ihre Grenzen: Rechtsdogmatik, Rechtsvergleichung, Rechtsökonomik. Dissertationsschrift 9783161560545, 9783161560552, 316156054X

Die rasche allgegenwärtige Verfügbarkeit von Mobilfunk und immer schnellerem stationärem wie mobilem Internet begünstigt

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Kapitel: Einführung
§ 1 Hintergrund: Technik, Wirtschaft, Gesellschaft
§ 2 Was ist ein Rechnungsschock?
§ 3 Internationale und sektorübergreifende Bedeutung
§ 4 Zivilrechtliches Instrumentarium
2. Kapitel: Exemplarische Fallgestaltungen
§ 1 Vertragserweiterung mit Systemwechsel
§ 2 Automatische Einwahl ins Internet
I. Vom Kunden beschafftes Gerät
II. Vom Anbieter erhaltenes Gerät
§ 3 Altverträge
§ 4 Roaming
§ 5 Überschneidungen und Abgrenzung
I. Mehrwertdienste & Dialer, Pay-by-Call
II. Fehlgeschlagener Tarifwechsel
3. Kapitel: Zweigleisige Reaktion der Rechtsordnung
§ 1 Regulierungsrecht
I. EU
II. Deutschland
III. Fazit
§ 2 Zivilrecht
I. Konstruktion des BGH
1. Anknüpfungspunkt: anspruchsvolle und dynamische Technik
2. Abstrakter Warnhinweis
3. Konkreter Warnhinweis mit Sperrung
II. Instanzgerichtliche Rechtsprechung
1. Anknüpfungspunkt: erhöhte Schutzpflicht im Dauerschuldverhältnis
2. Vom Anbieter erhaltenes Gerät: keine Entlastung durch Gebrauchshinweise
3. Smartphone-Verkauf: vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflicht?
4. Sonderfall Roaming
5. Strengere Tendenzen
4. Kapitel: Rechtsdogmatik, Rechtsvergleichung und Rechtsökonomik
§ 1 Zivilrechtliche Einordnung
I. Verträge über die Nutzung mobiler Telefonie und des Internets
1. Telefon- bzw. Mobilfunkvertrag
2. Access-Providing-Vertrag
3. Call-by-Call, Mehrwertdienste
II. Hinweis- und Warnpflichten
1. Arten von Informationspflichten
a) Informationsleistungs- und -nebenleistungspflichten
b) Informationsnebenpflichten
2. Auftreten von Informationsnebenpflichten
a) Vorvertragliche Aufklärungspflichten
b) Vertragliche Anzeige-, Warn-, Rücksichts-, Fürsorge- oder Obhutspflichten
§ 2 Einpassung der Rechnungsschock-Fälle?
I. Vorvertragliche oder vertragliche Informationsnebenpflicht
II. Gesetzliche Anhaltspunkte
III. Durchbrechung des Grundsatzes der Eigenverantwortlichkeit
1. Vorangegangenes risikoerhöhendes Verhalten des Schuldners
2. § 618 BGB analog im dienstähnlichen Werkvertrag
3. Besonderes Vertrauensverhältnis, unbewusste Selbstschädigung
4. Relative Leichtigkeit der Gefahrenabwehr
§ 3 Rechtssystematische Erwägungen
I. Datenschutzrechtliche Implikationen und Wertungen
II. Implikationen der UGP-RL
III. Informationsnebenpflicht als Haftungskonstruktion
IV. Informationsnebenpflicht zur Preiskontrolle
§ 4 Rechtsvergleichende Überprüfung
I. Österreich
1. Zivilrecht
a) (Vor-)Vertragliche Hinweispflicht
(1) Rechtsprechung
(2) Schlichtungspraxis und Schrifttum
b) Laesio enormis
2. Regulierungsrecht
II. Frankreich
1. Interneteinwahl
2. Roaming
3. Weitere Fälle und Literatur
III. Schweiz
1. Zivilrecht
a) Einführung
b) Téléphone rose
c) Aufnahme in Literatur und Praxis
2. Regulierungsrecht
a) Regelung
b) Rechtsfolgen
IV. USA
1. Rechtlicher Rahmen
2. Empirische Evidenz zur Rechnungsschock-Problematik
3. Behördlich moderierte Selbstregulierung
V. Fazit
§ 5 Rechtsökonomische Überprüfung
I. Auslöser vor/bei Vertragsschluss
II. Auslöser nach Vertragsschluss
1. Rationaltheoretisches Modell
2. Verhaltensökonomisches Modell (Behavioral Industrial Organization)
a) Overconfidence und projection bias: Unterschätzte Varianz der Nutzung
b) Systematische Über- oder Unterschätzung durchschnittlicher Nutzung
III. Evaluation der Rechnungsschock-Regulierung
1. Rationaltheoretisches Modell
2. Verhaltensökonomisches Modell (Behavioral Industrial Organization)
3. Einschränkungen der Simulationsstudien
a) Zusammensetzung der Stichproben
b) Vorläufigkeit der verhaltensökonomischen Erkenntnisse
c) Lücken in Modellen und Simulationen
(1) Konsequenzen datenschutzrechtlicher Nebenwirkungen?
(2) Kosten der Umsetzung
IV. Zwischenergebnis: Zentrale Erkenntnisse
V. Folgerungen für das Zivilrecht
1. Kosten ausbleibender Lernerfolge
2. Folgenbewertungen von Sozialwahlentscheidungen
a) Keine Pareto-Effizienz
b) Zweifelhafte Effizienz bei Nutzenaggregation
c) Legitimation gesetzgeberischer versus zivilgerichtlicher Intervention
3. Sachgerechter Ansatzpunkt
§ 6 Alternative zivilrechtliche Abhilfe
I. Vertragsauslegung, Dissens, Anfechtung
II. Sperrvertrag
III. AGB-Recht
1. § 305c I BGB
2. § 307 I 1 BGB
3. § 307 I 2 BGB
IV. § 315 BGB
V. Wucher, Sittenwidrigkeit, § 138 I, II BGB
1. Wucher, § 138 II BGB
a) Relevanter Zeitpunkt
b) Auffälliges Missverhältnis
c) Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit
2. Wucherähnliches Geschäft
a) Allgemeines
b) Spezifika des Marktes
5. Kapitel: Ergebnisse
Urteilsverzeichnis
Literatur- und Materialienverzeichnis
Sachverzeichnis
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Der Rechnungsschock: Hinweispflichten im Bürgerlichen Recht und ihre Grenzen: Rechtsdogmatik, Rechtsvergleichung, Rechtsökonomik. Dissertationsschrift
 9783161560545, 9783161560552, 316156054X

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Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 399 Herausgegeben vom

Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren:

Holger Fleischer und Reinhard Zimmermann

Eckart Bueren

Der Rechnungsschock: Hinweispflichten im Bürgerlichen Recht und ihre Grenzen Rechtsdogmatik, Rechtsvergleichung, Rechtsökonomik

Mohr Siebeck

Eckart Bueren, geboren 1979; Studium der Rechtswissenschaft in Münster und Bonn; Studium der Volkswirtschaftslehre in Hagen; 2005 Erstes Staatsexamen; 2007 Zweites Staatsexamen; 2011 Diplom-Volkswirt; 2011 Promotion (Dr. iur. Bonn); seit 2011 Mitarbeiter und Referent für schweizerisches Recht (Betreuung des Länderreferates) am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg; Schwerpunkte der Forschung und Lehre im Bürgerlichen Recht, im deutschen und europäischen Handels- und Gesell­ schaftsrecht, Kartellrecht und Kapitalmarktrecht, in der Rechtsvergleichung sowie in der Rechtsökonomie.

ISBN 978-3-16-156054-5 / eISBN 978-3-16-156055-2 DOI 10.1628/978-3-16-156055-2 ISSN 0720-1141 / eISSN 2568-7441 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Natio­nal­ bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2018  Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwer­tung außer­halb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elek­tronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruck­papier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden. Printed in Germany.

Vorwort Viele besonders interessante Rechtsfragen verdankt die Wissenschaft der Praxis. Die vorliegende Arbeit greift mit dem sogenannten „Rechnungsschock“ (engl.: bill shock) eine solche Fallgruppe auf, die bisher in der Literatur trotz ihrer hohen praktischen Bedeutung nicht näher untersucht worden ist. Dies lohnt indes unter mehreren Gesichtspunkten: Zu der hohen Relevanz in der Praxis treten interessante, bislang wenig beleuchtete dogmatische Fragen, unterschiedliche anregende Lösungsansätze in rechtsvergleichender Perspektive, erhellende Erkenntnisse aus der aktuellen ökonomischen Forschung sowie wichtige rechtspolitische Aspekte im Zusammenhang mit Rechtspaternalismus und Verbraucherleitbild vor dem Hintergrund des Zusammenspiels von öffentlichem Recht und Privatrecht. Schließlich sind die Fälle oft äußerst farbig und bieten sich damit auch für Ausbildung und Prüfung an. Die Häufigkeit von erheblichen Rechnungsschocks im Sinne der vorliegenden Arbeit hat sich in den letzten Jahren durch Regulierungsrecht etwas verringert. Die Untersuchung zeigt aber, dass die Fallgruppe in mehreren wichtigen und häufigen Konstellationen erhalten bleibt, in neuer Einkleidung im Internet der Dinge wiederkehren kann und zudem dogmatisch über den konkreten Kontext des Mobilfunk- und Access-Providing-Vertrags hinaus bedeutsam ist. Der Anstoß zu der vorliegenden Monographie geht auf ein gerichtsseitig eingeholtes und somit unabhängiges Sachverständigengutachten zurück, das ich während meiner Tätigkeit als Referent für Schweizer Recht am MaxPlanck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg zu einem Rechnungsschock-Fall erstellt habe. Die vorliegende Arbeit greift im 4. Kapitel § 4 III in allgemeiner Form auf Erkenntnisse dieses Gutachtens zurück. Sie werden insgesamt substantiell erweitert und ergänzt insbesondere um eine Taxonomie der Fallkonstellation, ausführliche dogmatische Überlegungen zum deutschen Recht sowie eine Untersuchung aus rechtsvergleichender und rechtsökonomischer Perspektive. Die Arbeit hat erheblich von der einzigartigen Bibliothek des Max-PlanckInstituts für ausländisches und internationales Privatrecht profitiert, deren Mitarbeitern mein Dank gilt, insbesondere auch für die kurzfristige Beschaffung einzelner Aufsätze zum österreichischen Recht aus anderen Instituten. Dr. Samuel Fulli-Lemaire danke ich für hilfreiche Gespräche zum französi-

VI

Vorwort

schen Recht. Für die Aufnahme in die Schriftenreihe der Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht danke ich den Herausgebern, insbesondere Professor Dr. Dr. h.c. Holger Fleischer. Hamburg, März 2018

Eckart Bueren

Inhaltsverzeichnis Vorwort ......................................................................................................... V Abkürzungsverzeichnis ............................................................................... XI

1. Kapitel: Einführung ............................................................................ 1 §1 §2 §3 §4

Hintergrund: Technik, Wirtschaft, Gesellschaft ..................................... 1 Was ist ein Rechnungsschock? ............................................................... 2 Internationale und sektorübergreifende Bedeutung ................................ 4 Zivilrechtliches Instrumentarium ........................................................... 5

2. Kapitel: Exemplarische Fallgestaltungen ...................................... 7 § 1 Vertragserweiterung mit Systemwechsel ................................................ 7 § 2 Automatische Einwahl ins Internet ......................................................... 8 I. II.

Vom Kunden beschafftes Gerät.............................................................. 8 Vom Anbieter erhaltenes Gerät .............................................................. 9

§ 3 Altverträge ............................................................................................ 11 § 4 Roaming................................................................................................ 12 § 5 Überschneidungen und Abgrenzung ......................................................14 I. II.

Mehrwertdienste & Dialer, Pay-by-Call ................................................14 Fehlgeschlagener Tarifwechsel ............................................................. 17

3. Kapitel: Zweigleisige Reaktion der Rechtsordnung ..................19 § 1 Regulierungsrecht ................................................................................. 19 I. EU ........................................................................................................ 19 II. Deutschland .......................................................................................... 21 III. Fazit ...................................................................................................... 25 § 2 Zivilrecht .............................................................................................. 27 I.

Konstruktion des BGH .......................................................................... 27

VIII

II.

Inhaltsverzeichnis

1. Anknüpfungspunkt: anspruchsvolle und dynamische Technik ..........28 2. Abstrakter Warnhinweis ................................................................... 28 3. Konkreter Warnhinweis mit Sperrung...............................................30 Instanzgerichtliche Rechtsprechung ......................................................31 1. Anknüpfungspunkt: erhöhte Schutzpflicht im Dauerschuldverhältnis ...................................................................... 32 2. Vom Anbieter erhaltenes Gerät: keine Entlastung durch Gebrauchshinweise ........................................................................... 33 3. Smartphone-Verkauf: vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflicht? .......................................................................... 34 4. Sonderfall Roaming .......................................................................... 35 5. Strengere Tendenzen ........................................................................ 37

4. Kapitel: Rechtsdogmatik, Rechtsvergleichung und Rechtsökonomik ................................................................39 § 1 Zivilrechtliche Einordnung ................................................................... 39 I.

II.

Verträge über die Nutzung mobiler Telefonie und des Internets ............39 1. Telefon- bzw. Mobilfunkvertrag .......................................................39 2. Access-Providing-Vertrag ................................................................ 40 3. Call-by-Call, Mehrwertdienste.......................................................... 44 Hinweis- und Warnpflichten ................................................................. 46 1. Arten von Informationspflichten .......................................................46 a) Informationsleistungs- und -nebenleistungspflichten ..................47 b) Informationsnebenpflichten ........................................................47 2. Auftreten von Informationsnebenpflichten .......................................49 a) Vorvertragliche Aufklärungspflichten.........................................49 b) Vertragliche Anzeige-, Warn-, Rücksichts-, Fürsorge- oder Obhutspflichten .......................................................................... 51

§ 2 Einpassung der Rechnungsschock-Fälle? .............................................53 I. Vorvertragliche oder vertragliche Informationsnebenpflicht .................53 II. Gesetzliche Anhaltspunkte .................................................................... 54 III. Durchbrechung des Grundsatzes der Eigenverantwortlichkeit ...............55 1. Vorangegangenes risikoerhöhendes Verhalten des Schuldners .........56 2. § 618 BGB analog im dienstähnlichen Werkvertrag .........................60 3. Besonderes Vertrauensverhältnis, unbewusste Selbstschädigung .............................................................................. 60 4. Relative Leichtigkeit der Gefahrenabwehr ........................................61 § 3 Rechtssystematische Erwägungen ........................................................64

Inhaltsverzeichnis

I. II. III. IV.

IX

Datenschutzrechtliche Implikationen und Wertungen ...........................64 Implikationen der UGP-RL ................................................................... 68 Informationsnebenpflicht als Haftungskonstruktion ..............................71 Informationsnebenpflicht zur Preiskontrolle .........................................73

§ 4 Rechtsvergleichende Überprüfung ........................................................75 I.

Österreich ............................................................................................. 75 1. Zivilrecht .......................................................................................... 76 a) (Vor-)Vertragliche Hinweispflicht ..............................................76 (1) Rechtsprechung .................................................................... 76 (2) Schlichtungspraxis und Schrifttum .......................................80 b) Laesio enormis ........................................................................... 81 2. Regulierungsrecht ............................................................................. 84 II. Frankreich ............................................................................................. 86 1. Interneteinwahl ................................................................................. 86 2. Roaming ........................................................................................... 87 3. Weitere Fälle und Literatur ............................................................... 89 III. Schweiz ................................................................................................ 90 1. Zivilrecht .......................................................................................... 90 a) Einführung .................................................................................. 90 b) Téléphone rose ........................................................................... 91 c) Aufnahme in Literatur und Praxis ...............................................92 2. Regulierungsrecht ............................................................................. 95 a) Regelung .................................................................................... 95 b) Rechtsfolgen ............................................................................... 97 IV. USA ...................................................................................................... 99 1. Rechtlicher Rahmen ......................................................................... 99 2. Empirische Evidenz zur Rechnungsschock-Problematik ................. 100 3. Behördlich moderierte Selbstregulierung ........................................ 102 V. Fazit .................................................................................................... 103 § 5 Rechtsökonomische Überprüfung ........................................................ 104 I. II.

Auslöser vor/bei Vertragsschluss ........................................................ 105 Auslöser nach Vertragsschluss ............................................................ 106 1. Rationaltheoretisches Modell.......................................................... 106 2. Verhaltensökonomisches Modell (Behavioral Industrial Organization) .................................................................................. 109 a) Overconfidence und projection bias: Unterschätzte Varianz der Nutzung ................................................................. 109 b) Systematische Über- oder Unterschätzung durchschnittlicher Nutzung ....................................................... 113 III. Evaluation der Rechnungsschock-Regulierung ................................... 115

X

Inhaltsverzeichnis

1. Rationaltheoretisches Modell.......................................................... 115 2. Verhaltensökonomisches Modell (Behavioral Industrial Organization) .................................................................................. 117 3. Einschränkungen der Simulationsstudien ........................................ 120 a) Zusammensetzung der Stichproben ........................................... 120 b) Vorläufigkeit der verhaltensökonomischen Erkenntnisse .......... 122 c) Lücken in Modellen und Simulationen ..................................... 124 (1) Konsequenzen datenschutzrechtlicher Nebenwirkungen? .............................................................. 125 (2) Kosten der Umsetzung ....................................................... 125 IV. Zwischenergebnis: Zentrale Erkenntnisse ........................................... 127 V. Folgerungen für das Zivilrecht ............................................................ 127 1. Kosten ausbleibender Lernerfolge .................................................. 128 2. Folgenbewertungen von Sozialwahlentscheidungen ....................... 129 a) Keine Pareto-Effizienz .............................................................. 129 b) Zweifelhafte Effizienz bei Nutzenaggregation .......................... 131 c) Legitimation gesetzgeberischer versus zivilgerichtlicher Intervention .............................................................................. 131 3. Sachgerechter Ansatzpunkt ............................................................. 132 § 6 Alternative zivilrechtliche Abhilfe ....................................................... 134 I. Vertragsauslegung, Dissens, Anfechtung ............................................ 134 II. Sperrvertrag ........................................................................................ 136 III. AGB-Recht ......................................................................................... 137 1. § 305c I BGB.................................................................................. 137 2. § 307 I 1 BGB ................................................................................ 138 3. § 307 I 2 BGB ................................................................................ 140 IV. § 315 BGB .......................................................................................... 141 V. Wucher, Sittenwidrigkeit, § 138 I, II BGB .......................................... 143 1. Wucher, § 138 II BGB .................................................................... 144 a) Relevanter Zeitpunkt ................................................................ 144 b) Auffälliges Missverhältnis ........................................................ 146 c) Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit .............................. 149 2. Wucherähnliches Geschäft .............................................................. 151 a) Allgemeines .............................................................................. 151 b) Spezifika des Marktes ............................................................... 152

5. Kapitel: Ergebnisse .......................................................................... 157 Urteilsverzeichnis ....................................................................................... 161 Literatur- und Materialienverzeichnis ......................................................... 165 Sachverzeichnis .......................................................................................... 179

Abkürzungsverzeichnis a.A. a. a. O. ABGB ABl. Abs. AcP a. F. AG AGB ähnl. AJP allg. Am. Ec. Rev. Anm. Art. Aufl. AUPA

andere(r) Ansicht am angegebenen Ort Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch Amtsblatt Absatz Archiv für die civilistische Praxis alte Fassung Amtsgericht Allgemeine Geschäftsbedingungen ähnlich Aktuelle Juristische Praxis allgemein American Economic Review Anmerkung Artikel Auflage Annali del Seminario giuridico dell’Università di Palermo

BAG BB Beil. Bd. Beschl. v. BDSG Beck OGK BeckOK BfDI

Bundesarbeitsgericht Betriebs-Berater Beilage Band Beschluss vom Bundesdatenschutzgesetz Beck-online.GROSSKOMMENTAR Beck Online-Kommentar Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Drucksachen des Deutschen Bundesrates Beispiel Drucksachen des Deutschen Bundestages bezüglich beziehungsweise

BGE BGB BGBl. BGH BGHZ BKR BR-Drucks Bsp. BT-Drucks. bzgl. bzw.

XII

Abkürzungsverzeichnis

ca. CHF CMLRev comm. Contr. Conc. Consomm. CR

circa Schweizer Franken Common Market Law Review commentaire Contrats Concurrence Consommation Computer und Recht

DB ders. DFÜ d. h. dies. DJT

Der Betrieb derselbe Datenfernübertragung das heißt dieselbe(n) Deutscher Juristentag

Ed. ErfK etc. EU EuGH FAZ

Edition Erfurter Kommentar et cetera Europäische Union Europäischer Gerichtshof Frankfurter Allgemeine Zeitung

f., ff. FCC FDV FMG Fn.

folgende Federal Communications Commission Verordnung über Fernmeldedienste schweizerisches Fernmeldegesetz Fußnote

GAO gem. GesRZ

United States Government Accountability Office gemäß Der Gesellschafter, Zeitschrift für Gesellschafts- und Unternehmensrecht gegebenenfalls Global System for Mobile Communication, franz.: Groupe Spéciale Mobile,

ggf. GSM Harv. J. Law & Technology HK-BGB HKK-BGB Hrsg. HWB EuP

Harvard Journal of Law & Technology Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch Historisch-kritischer Kommentar zum BGB Herausgeber Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts

i. H. v. insb. inkl. Int. J. Communication Int. J. Ind. Organ. i. S. d. i. S. v.

in Höhe von insbesondere inklusive International Journal of Communication International Journal of Industrial Organization im Sinne des/der im Sinne von

Abkürzungsverzeichnis ITRB i. V. m.

Der IT-Rechts-Berater in Verbindung mit

J. Consum. Aff. J. Ec. Lit. J. Ec. Persp. J. Emp. Legal Stud. J. Legal Stud. J. Marketing Research JA JR jurisPR-ITR JuS JZ

Journal of Consumer Affairs Journal of Economic Literature Journal of Economic Perspectives Journal of Empirical Legal Studies The Journal of Legal Studies Journal of Marketing Research Juristische Arbeitsblätter Juristische Rundschau Juris PraxisReport IT-Recht Juristische Schulung Juristenzeitung

KB KG KostbeV K&R krit.

Kilobyte Kammergericht Kostenbeschränkungsverodnung Kommunikation und Recht kritisch

lit. LG

littera Landgericht/Landesgericht

m. MB MDR Mio. MMR MMR-Beil. MünchKomm m. w.  N.

mit Megabyte Monatsschrift für Deutsches Recht Millionen MultiMedia und Recht MultiMedia und Recht Beilage Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen

NJW NJW-Spezial Nr. Nw. U. L. Rev.

Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift Spezial Nummer Northwestern University Law Review

OGH öHGB OLG OR

Oberster Gerichtshof Österreichisches Handelsgesetzbuch Oberlandesgericht Schweizerisches Obligationenrecht

PCK PBV

Post-Control-Kommission Preisbekanntgabeverordnung

QJE

The Quarterly Journal of Economics

RdW

Österreichisches Recht der Wirtschaft

XIII

XIV

Abkürzungsverzeichnis

recht Rev. Ec. and Statistics Rev. Ec. Stud. Rev. Ind. Organ. RG RGZ RL Rn. RTR-GmbH

recht, Zeitschrift für juristische Weiterbildung und Praxis Review of Economics and Statistics The Review of Economic Studies Review of Industrial Organization Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Richtlinie Randnummer Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH

S. s. SAE SMS s. o. sog. Stan. L. Rev. SZ SZW/RSDA

Satz, Seite siehe Sammlung Arbeitsrechtlicher Entscheidungen Short-Message-Service siehe oben Sogenannt(e)/er Stanford Law Review Süddeutsche Zeitung Schweizerische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht; Revue suisse de droit des affaires

taz Theoretical Ec. TKG TKK TKTransparenzV TKV

Die Tageszeitung Theoretical Economics Telekommunikationsgesetz Telekom-Control-Kommission Verordnung zur Förderung der Transparenz auf dem Telekommunikationsmarkt (TK-Transparenzverordnung) Telekommunikations-Kundenschutzverordnung

u.a. U. Chi. L. Rev. Urt. v. usw. UWG

unter anderem, und andere University of Chicago Law Review Urteil vom und so weiter Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

v. Var. vgl. VO VuR

versus Variante vergleiche Verordnung Verbraucher und Recht

WM WRP

Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht Wettbewerb in Recht und Praxis

z. B. ZBJV ZDRL ZGB

zum Beispiel Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins Zahlungsdiensterichtlinie 2007 Zivilgesetzbuch der Schweiz

Abkürzungsverzeichnis ZIP ZSR

Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (früher: Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis) Zeitschrift für Schweizerisches Recht

XV

1. Kapitel

Einführung § 1 Hintergrund: Technik, Wirtschaft, Gesellschaft Bahnbrechende Innovation erfordert oft auch rechtliche Reaktion. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel hierfür liefert eine Technik, die 2017 erst ihr 25-jähriges Jubiläum feiert, aus dem Alltag aber schon längst nicht mehr wegzudenkend ist: Am 30. Juni 1992 begann der Siegeszug des Mobiltelefons in Deutschland, als Mannesmann den Betrieb seines digitalen D2-Netzes aufnahm, dicht gefolgt vom D1-Netz der Telekom am Folgetag.1 Komplettiert wurde die technische Infrastruktur zur Eroberung des Massenmarktes im gleichen Jahr durch den digitalen GSM-Standard2, auf den sich zunächst 26 europäische Telekommunikationsunternehmen einigten und in dessen Netzen man europaweit erreicht werden konnte.3 In den Folgejahren beflügelte der technische Fortschritt die Entwicklung enorm: 1995 erblickte der ShortMessage-Service (SMS) das Licht der Welt, anschließend ermöglichten exponentiell steigende Übertragungskapazitäten zunächst die mobile Massentelefonie und kurz darauf das mobile Internet.4 Starke Preisrückgänge haben 1 Heeg / Knop, FAZ 12.6.2017, 22. Auch zu der vorherigen und nachfolgenden Entwicklung vom Telegrafen- über das Fernmeldewesen, das sog. A-Netz (ab 1958), BNetz (ab 1972) und C-Netz (ab 1985) bis zum E-Netz (ab 1993) und E2-Netz (ab 1997) Köhler, Der Mobilfunkvertrag, 2005, S. 28–34. Die drei erstgenannten Netze waren bereits öffentliche Mobilfunknetze. Das A- und B-Netz setzten aber voraus, dass der ungefähre Standort des Kommunikationspartners bekannt war. Das analoge C-Netz ermöglichte erstmals, Gespräche von Funkzelle zu Funkzelle weiterzuleiten. Das digitale D-Netz war aber deutlich überlegen, sowohl in punkto Übertragungsqualität und Abhörsicherheit als auch mit den technischen Möglichkeiten, Texte und Daten neben der Sprachverbindung zu übermitteln. Das E- und E2-Netz unterscheiden sich von dem GSM-Standard der D-Netze (nur) durch einen anderen Frequenzbereich. 2 Akronym für „Groupe Spéciale Mobile“ bzw. „Global System for Mobile Communication“. 3 Heeg / Knop, FAZ 12.6.2017, 22; Köhler, Der Mobilfunkvertrag, 2005, S. 33. 4 Zunächst startete 2003 die dritte Funkgeneration UMTS, gestützt auf die Entscheidung Nr. 128/1999/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 1998 über die koordinierte Einführung eines Drahtlos- und Mobilkommunikationssystems (UMTS) der dritten Generation in der Gemeinschaft, ABl. EG Nr. L 17 vom 22.1.1999, S. 1–7; näher zu den Merkmalen von UMTS Köhler, Der Mobilfunkvertrag, 2005, S. 36 f.; Faivre, Der Telekommunikationsvertrag, 2005, S. 28, 31 f.

2

1. Kapitel: Einführung

beide rasch ins Alltagsleben katapultiert: Zum einen hat ein gezielt angefachter Wettbewerb im Mobilfunkbereich5 die Kosten für Verbraucher stark sinken lassen. Zum anderen sind die dazugehörigen Geräte durch technischen Fortschritt sowie Skaleneffekte ähnliche rasant von Luxusobjekten zu allgemein erschwinglichen Konsumartikeln mutiert. Während ein Mobiltelefon 1983 stattliche 4.000 DM und 1992 zum Start des GSM-Netzes nicht unter 2.500 DM kostete, kann man heutzutage ein internetfähiges Smartphone ab ca. 50 € erwerben, ein einfaches Mobiltelefon gar ab 10 €.6 Dementsprechend gehören Smartphones mittlerweile zu den meistverkauften Produkten, allein 2016 wurden in Deutschland mehr als 23 Millionen Geräte abgesetzt.7 Die rasche ubiquitäre Verfügbarkeit von Mobilfunk und immer schnellerem stationärem wie mobilem Internet begünstigt indes Situationen, in denen Nutzer Technik oder Tarife nicht wie gedacht beherrschen und in der Folge einen unangenehmen „Rechnungsschock“ erleiden. Hierum, um die Reaktion der Rechtsordnung insbesondere im Zivilrecht sowie um die sachgerechte Zuweisung der Nutzungsrisiken soll es im Folgenden gehen. Zugleich werden die dabei bedeutsamen dogmatischen Fragen zu grundlegenden Problemstellungen des allgemeinen Bürgerlichen Rechts und des Schuldrechts führen, die bisher nur spärlich ausgeleuchtet sind.

§ 2 Was ist ein Rechnungsschock? Der Begriff des Rechnungsschocks ist nicht legal definiert, auch wenn er gelegentlich in Rechtstexten begegnet.8 Er beschreibt zunächst einmal den Umstand, dass ein Kunde eine ungewöhnlich hohe Rechnung erhält, die er so nicht erwartet hat,9 und die er sich dementsprechend im ersten Moment nicht erklären kann.10 Da ein solches subjektives Überraschungsmoment aus ganz

Seit 2010 erlaubt die siebenmal schnellere LTE-Technologie Übertragungsraten von bis zu 100 Megabit je Sekunde, für 2020 verspricht der 5G-Standard einen weiteren Sprung auf Datenraten bis 10 Gigabit je Sekunde. 5 Näher dazu Köhler, Der Mobilfunkvertrag, 2005, S. 37–41. 6 Heeg / Knop, FAZ 12.6.2017, 22. In den Zeiten des A- und B-Netzes (oben Fn. 1) kostete ein mobiles Endgerät gar zwischen 8.000 und 15.000 DM, Köhler, Der Mobilfunkvertrag, 2005, S. 33. 7 Heeg / Knop, FAZ 12.6.2017, 22. 8 So in den Erwägungsgründen 84, 87, 89 der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 des europäischen Parlaments und des Rates vom 13.6.2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union (Neufassung), ABl. EU Nr. L 172 vom 30.6.2012, S. 10; zu dieser noch im 3. Kapitel § 1 I. S. 19 f. 9 In diesem Sinne Erwägungsgrund 84 der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 (Fn. 8): „[…] das Problem unerwartet hoher Rechnungen („Rechnungsschock“) […].“ 10 So Schneider, Die Presse – Recht 2012/5 (20.2.2012), 16.

§ 2 Was ist ein Rechnungsschock?

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unterschiedlichen Gründen entstehen kann, erscheint für juristische Zwecke aber ein etwas engeres Verständnis sinnvoll. Danach bezeichnet der Begriff des Rechnungsschocks eine von zwei Fallgruppen der „atypischen Nutzung“, in denen Rechnungen über Telekommunikationsdienste explodieren. In dieser führen Umstände in der Sphäre des Kunden11 im Zusammenspiel mit der vereinbarten Tarifgestaltung12 zu Gebühren oder Kosten, die in keiner Relation zu dem üblichen Umsatz des Kunden in dem Vertragsverhältnis stehen.13 Die zweite, hiervon abzugrenzende Fallgruppe betrifft eine kriminelle, insbesondere betrügerische Ausnutzung fehlender Schutzmechanismen.14 Ihre Rechtsprobleme liegen deutlich anders als jene der ersten: Im Vordergrund steht die Zurechenbarkeit der Anschlussnutzung (früher § 16 III 3 TKV, jetzt § 45 i IV 1, 45 j I 3 TKG),15 damit verbunden das Ob eines Vertragsschlusses16 bzw. das Risiko des Netzbetreibers, bei seinem Vor- oder Nachlieferanten Zahlungen leisten zu müssen, während die Zahlung des Endkunden ausfällt,17 und schließlich die Frage, ob ein Anbieter von Telekommunikationsdiensten, der eine Forderung etwa aus einem Dialer einzieht, sich entgegenhalten lassen muss, dass dessen Vorgehen sittenwidrig sei.18 Ebenso deutlich anders liegen Fälle, in denen für die befassten Gerichte bereits unklar war, ob der außerordentliche Rechnungsbetrag überhaupt auf einer Nutzung des Kunden, einer Nutzung von dritter krimineller Seite oder auf einem Zählerfehler beruhte.19 Etwa eine Fehlkonfiguration des Routers. Etwa eine Abrechnung nach Datenvolumen oder Roaming-Datentarifen. 13 Schuster / Sassenberg, CR 2011, 15. 14 Dies., CR 2011, 15. 15 Siehe zu einem heimlich installierten Dailer-Programm anlässlich der Internetnutzung durch ein minderjähriges Kind BGHZ 158, 201; zu einer Nutzung von R-Gesprächen durch minderjährige Kinder BGH, CR 2006, 454. Dogmatisch verfehlt dies., CR 2011 15, 16, die die Vorkehrungen, welche der BGH dem Kunden abverlangt, damit eine Anschlussnutzung nicht zurechenbar ist, als Schutzpflicht des Kunden einordnen. Dafür gibt schon das von den Autoren in Bezug genommene Urteil BGH, CR 2006, 454 nichts her, da es nicht von einer Schutzpflicht, sondern von einer Obliegenheit des Kunden spricht, ebenso wie BGHZ 158, 201. Die Einordnung als Obliegenheit überzeugt, weil es um ein Verhalten geht, zu dem der Kunde zwar nicht rechtlich verpflichtet ist, das er aber vornehmen muss, wenn er Nachteile vermeiden will, hier eine höhere Zahlungspflicht. 16 Ggf. mit Duldungsvollmacht oder Anscheinsvollmacht. 17 Schuster / Sassenberg, CR 2011, 15. 18 Dazu BGHZ 158, 201. 19 So etwa in LG Aachen, NJW 1995, 2364 (wiederholte hohe Festnetz-Telefonrechnung im Zeitraum Ende März bis Mitte August 1993 über insgesamt 12.721,27 DM); LG München I, NJW-RR 1996, 893 (Festnetz-Telefonrechnung über 1.780,47 DM für Zeitraum Mitte Juli bis Mitte August 1992 während Abwesenheit des beklagten Kunden); LG München I, NJW-RR 1996, 893 f. (Mobilfunk-Telefonrechnung für den Zeitraum November und Dezember 1993 über 1634,41 DM); LG Berlin, NJW-RR 1996, 895 (Inner11 12

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1. Kapitel: Einführung

Das Augenmerk des vorliegenden Beitrags gilt dem Rechnungsschock im obigen engeren Sinne, also der ersten Konstellation. Wo allerdings Überschneidungen bestehen, werden diese soweit erforderlich mit behandelt.

§ 3 Internationale und sektorübergreifende Bedeutung Rechnungsschocks sind relativ zu allen abgerechneten Telekommunikationsdienstleistungen eine Randerscheinung, absolut betrachtet aber recht verbreitet, und zwar länderübergreifend: In Deutschland finden sich zahlreiche Urteile ab dem Jahr 2003, zunächst vorwiegend zu Mehrwertdiensten, 20 und insbesondere ab 2007 zur Nutzung von Telefonie und Internet.21 In Frankreich finden sich ebenfalls mehrere Zivilurteile zur Rechnungsschock-Problematik.22 Österreich kann neben einzelnen Zivilurteilen auf eine ausgefeilte Schlichtungspraxis der staatlichen RTRGmbH zu „shocking bills“ zurückblicken,23 zudem wird von zahlreichen Beschwerden wegen überhöhter Telekomrechnungen an Arbeiterkammern berichtet.24 Dass die Bedeutung in vielen anderen EU-Mitgliedsstaaten nicht hinter diesen Ländern zurücksteht, belegen die langjährigen Bemühungen der Europäischen Union, Rechnungsschocks regulierungsrechtlich zu unterbinden, besonders prominent auf dem Gebiet des Roaming. 25 Außerhalb der Europäischen Union stößt man etwa in der Schweiz auf zahlreiche einschlägige Schlichtungsvorschläge der neutralen, vom Gesetzgeber eingerichteten Schiedsstelle Ombudscom, 26 und in den Vereinigten Staaten hat die zuständige halb von vier Tagen nach Freischaltung der Mobilfunk-Nummern sollten laut klagendem Diensteanbieter Telefongebühren von 20.601,54 DM aufgelaufen sein); zu den dabei relevanten beweisrechtlichen Fragen MünchKomm ZPO / Prütting, §286 Rn. 76. 20 Etwa LG Heidelberg, NJW 2002, 2960; OLG Hamm, NJW 2003, 760; LG Kiel, MMR 2003, 422. 21 Etwa AG Frankfurt, CR 2008, 225; LG Bonn, CR 2011, 21; LG Münster, K&R 2011, 359; OLG Schleswig, MMR 2011, 836; LG Kleve, Urt. v. 15.6.2011 – 2 O 9/11, juris; BGH, NJW 2012, 2103; BGH, NJW 2012, 2878; LG Saarbrücken, NJW 2012, 2819; LG Potsdam, Urt. v. 21.8.2012, 4 O 55/12, juris; AG Wiesbaden, NJW-RR 2013, 302; LG Flensburg, MMR 2013, 242; AG Bremen, NJW-RR 2013, 428; LG Trier, MMR 2013, 746; AG Soltau, NJW-RR 2014, 1468; OLG Saarbrücken, NJW-RR 2014, 686; AG Düsseldorf, NJW-RR 2015, 570. 22 Etwa Cour d’appel de Bastia, 24 février 2012, Chambre civile B, N° 10/00794, JurisData n° 2012-013310; Cour d’appel d’Orléans, 2 Avril 2012, N° 11/00973, JurisData n° 2012-011397. 23 Dazu 4. Kapitel § 4 I., S. 76 ff. 24 Schneider, Die Presse – Recht 2012/5 (20.2.2012), 16. 25 Dazu 3. Kapitel § 1, S. 19 ff. 26 Etwa Sidler, Folgenschwerer Irrtum, Schlichtungsvorschlag Ombudscom, 19.11.2010; ders., Informations- und Aufklärungspflichten, Schlichtungsvorschlag Ombudscom, 4.8.2011; ders., Vermeintliche WLAN-Verbindungen, Schlichtungsvorschlag

§ 4 Zivilrechtliches Instrumentarium

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Federal Communications Commission (FCC) mit einem „White Paper on Bill Shock“27 den Auftakt zu einer mehrjährigen Gegeninitiative gesetzt.28 Hinzu kommt, dass Rechnungsschocks nicht nur im Bereich von Mobiltelefonie und mobiler Internetnutzung vorkommen. Daher kann es naheliegen, Lösungen aus diesem Bereich auf andere Lebenssachverhalte zu erstrecken. So plädieren Stimmen aus der Literatur dafür, die zivilrechtliche Rechtsprechung zu Rechnungsschocks auf Anbieter von Internetportalen oder Internetdiensten zu übertragen.29 Bei kostenpflichtigen Online-Spielen sind Rechnungsschocks schon vielfach praktisch geworden.30 Überdies sind Beispiele aus ganz anderen Gebieten denkbar. So berichtete Spiegel Online im Juli 2017, dass Flüchtlinge aus arabischen Ländern, die erstmals selbst als Mieter in eine eigene Wohnung ziehen, ständig fließendes warmes Wasser als hohen Luxus empfinden, ohne ein entsprechendes Kostengespür zu haben. In der Folge sehen sie sich, ggf. kombiniert mit hohen Heizkosten, am Jahresende schockartigen Nebenkostennachzahlungen von mehreren tausend Euro gegenüber.31

§ 4 Zivilrechtliches Instrumentarium Das allgemeine und das besondere Schuldrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches kennen in vielfältiger Weise Pflichten zum Schutz der anderen Partei, die ihr Leistungsinteresse ebenso wie ihr Integritätsinteresse abdecken. Gefordert sein können sowohl eigene Vorkehrungen zum Schutz der Gegenseite, insbesondere wenn diese sich in die Sphäre des Vertragspartners begibt,32 als auch eine Information über Umstände, welche das Leistungs- oder Integritätsinteresse des anderen Teils zu torpedieren drohen. Die Wissenschaft hat vor allem Informations- und Aufklärungspflichten vor Vertragsschluss ausgeleuchtet. Zu ihnen existiert eine umfassende, kaum

Ombudscom, 19.9.2011; ders., Datenroaming als Kostenfalle, Schlichtungsvorschlag Ombudscom, 29.3.2012; Ombudscom, Flatrate-Grenzen, Schlichtungsvorschlag, 13.8.2012; Sidler, Zu späte Sperrung – Schlichtungsvorschlag Ombudscom, 19.1.2014; Sidler, Unerklärliche Kosten, Schlichtungsvorschlag Ombudscom, 9.12.2016; Sidler, Unbegrenzte Leistungen, Schlichtungsvorschlag Ombudscom, 16.9.2017. 27 Federal Communications Commission Consumer and Governmental Affairs Bureau (FCC Consumer and Governmental Affairs Bureau), White Paper on Bill Shock, October 13, 2010. 28 Dazu 4. Kapitel § 4 IV. S. 100 f. 29 Engels, ITRB 2012, 220. 30 Soweit es um die Nutzung des Pay-by-Call-Verfahrens durch Minderjährige geht, sind diese Fälle zwar anders zu lösen (dazu unten Text bei Fn. 74–76), ähnliche Konstellationen sind aber auch mit Volljährigen denkbar. 31 Kwasniewski, Spiegel Online 1.8.2017. 32 Paradigmatisch der berühmte Bananenschalenfall, BGH, NJW 1962, 31.

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1. Kapitel: Einführung

überschaubare Literatur,33 wurde doch im vorvertraglichen Bereich angesichts der Existenz des Deliktsrechts lange diskutiert, ob überhaupt eine Obhuts- und Fürsorgepflicht als Schutz- bzw. Rücksichtnahmepflicht besteht. Die Schuldrechtsreform hat das Ob mit §§ 311 II, 241 II BGB mittlerweile geklärt. Die wichtigste und herkömmlich umstrittenste Gruppe betrifft Umstände, die für den Vertragsschluss von wesentlicher Bedeutung sein können. Für darauf bezogene Informationspflichten finden sich heute zahlreiche Anhaltspunkte im BGB.34 Sie schützen primär Vermögen und Willensfreiheit (Entschließungsfreiheit) des anderen Teils.35 Mitunter ist vor Vertragsschluss aufgrund spezieller Vorschriften auch eine Prüfung gefordert, ob ein bestimmter Leistungsumfang für die andere Seite überhaupt sachgerecht ist. Dies gilt namentlich bei der vieldiskutierten Kreditwürdigkeitsprüfung im Verbraucherdarlehensvertrag (§ 505a ff. BGB),36 welche sich von einer Vorschrift zum Schutz des Gläubigers gegenüber sich selbst zu einer Schutzpflicht zugunsten des Verbrauchers gewandelt hat. 37 Für die Zeit nach Vertragsschluss kennt das Bürgerliche Gesetzbuch ebenfalls vielfältige Schutz- und Informationspflichten, die in der Literatur bereits einige Aufmerksamkeit erhalten haben.38 Kaum Beachtung gefunden haben indes bisher – von speziell geregelten Sonderfällen abgesehen – solche Schutzpflichten zugunsten der Gegenseite, die sich gerade darauf beziehen, in welchem Umfang die Gegenseite die vertragliche Leistung (vernünftigerweise) in Anspruch nehmen sollte.

33 Siehe statt vieler die Monographien von Böhme, Die Aufklärungspflicht bei Vertragsverhandlungen, 1964; Klingler, Aufklärungspflichten im Vertragsrecht, 1981; Frost, Vorvertragliche und vertragliche Schutzpflichten, 1981; Breidenbach, Die Voraussetzungen von Informationspflichten beim Vertragsschluß, 1989; Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, 1997; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001; Busch, Informationspflichten im Wettbewerbs- und Vertragsrecht, 2008; Rehm, Aufklärungspflichten im Vertragsrecht, 2003; Lüsing, Die Pflichten aus culpa in contrahendo und positiver Vertragsverletzung, 2010. 34 Z.B. §§ 444, 523 I, 524 I, 536d, 639 BGB (kein Haftungsausschluss bei unterlassener Aufklärung über bekannte Mängel bei Kauf, Schenkung, Miete, Werkvertrag, mit Schadensersatzpflicht auch bzgl. des Integritätsinteresses). 35 Breidenbach, Die Voraussetzungen von Informationspflichten beim Vertragsschluß, 1989, S. 3. 36 Dazu allg. Buck-Heeb, NJW 2016, 2065 ff.; im größeren Kontext Janal, Jura 2017, 367 ff.; zur Frage des Schadensersatzes bei einem Verstoß Harnos, JZ 2017, 552 ff. 37 Dazu etwa Feldhusen, BKR 2016, 441, 442 ff.; König, WM 2017, 269, 270. 38 Siehe insbesondere Winkler von Mohrenfels, Abgeleitete Informationsleistungspflichten im deutschen Zivilrecht, 1986; Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000; Kuhlmann, Leistungspflichten und Schutzpflichten, 2001.

2. Kapitel

Exemplarische Fallgestaltungen Sachverhalte, die zu Rechnungsschocks führen, sind ebenso farbig wie vielfältig. Sie lassen sich aber gut anhand exemplarischer Fallgestaltungen ordnen, die typisch für bestimmte Konstellationen sind. Nachfolgend werden die entsprechenden Originalfälle etwas vereinfacht wiedergegeben. Im Vordergrund des Interesses stehen zwei Urteile des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2012.

§ 1 Vertragserweiterung mit Systemwechsel Der Sachverhalt des ersten BGH-Urteils39 zur Rechnungsschock-Problematik betraf eine eher ungewöhnliche Konstellation, die sich grob als „Vertragserweiterung mit Systemwechsel“ umschreiben lässt: Mitte 2004 schlossen die Parteien einen Mobilfunkvertrag, der seinerzeit noch keine Datenübertragung per Mobiltelefon umfasste.40 Laut AGB ergaben sich die Benutzungsbeträge aus den „veröffentlichten Tarifen in der jeweils gültigen Fassung“. Zudem erlaubten die AGB dem klagenden Anbieter, neue Zugangs- und Sonderdienste einzuführen oder in modifizierter Form anzubieten. Die Preise für deren Nutzung stellte der Kundendienst auf Anfrage zu Verfügung. Auf dieser Grundlage führte der Anbieter später einen Internetzugangstarif „surf by call“ ein, den er primär nach Datenvolumen abrechnete41 anstatt wie die Telefonverbindung nach Nutzungsdauer (Zeit). 2007 erwarb der Beklagte bei einem anderen Unternehmen ein internetfähiges Mobiltelefon. Mit diesem baute er zunächst einige Male Verbindungen zum Internet auf, die sich preislich im unteren Bereich hielten.42 Anfang Januar 2008 rief er indes (u. a.) einen youtube-Film von ca. 45 MB ab. Hierfür berechnete ihm der Kläger im Tarif „surf by call“ einschließlich monatlicher Grundgebühr 929,45 €. Der Beklagte verweigerte die Bezahlung. Einen offenbar ähnlich gelagerten Fall entschied 2013 das AG Bremen.43 BGH, NJW 2012, 2103. Weil es sie noch nicht gab bzw. weil sie jedenfalls unüblich waren. 41 19 Cent pro KB und 2 Cent pro angefangener Stunde und Verbindung, ein laut Vorinstanz damals üblicher Tarif. 42 Dies ist im Sachverhalt des BGH-Urteils (BGH, NJW 2012, 2103) nicht erwähnt, wohl aber im Urteil der Vorinstanz LG Duisburg, Urt. v. 13.7.2011, Az. 11 S 25/11, juris Rn. 26 am Ende, Rn. 27 am Ende. 39 40

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2. Kapitel: Exemplarische Fallgestaltungen

§ 2 Automatische Einwahl ins Internet Der Sachverhalt des zweiten BGH-Urteils44 betraf die automatische Einwahl ins Internet, jene Rechnungsschock-Ursache, welche in der Rechtsprechung wohl am häufigsten vorkommt. Die Fälle lassen sich danach unterscheiden, ob der Kunde ein Gerät nutzte, dass er auf eigene Faust besorgt hatte, oder ein solches, dass vom Telekommunikationsdiensteanbieter erworben oder gemietet war. I.

Vom Kunden beschafftes Gerät

Der zweite Fall des BGH gehörte in die erste Untergruppe, betraf also ein Gerät, das der Kunde unabhängig vom Diensteanbieter beschafft hatte: Die Beklagte stellte als Zugangsprovider dem Kläger einen Anschluss für Internetverbindungen zur Verfügung. Hierfür war eine Pauschalvergütung von 19,79 € für 40 Stunden Internetnutzung im Monat vereinbart, eine darüber hinausgehende Internetnutzung war zusätzlich zeitabhängig zu vergüten. Der Kläger nutzte einen eigenen Router, der nicht von der Beklagten bereitgestellt war. Zunächst zahlte der Kläger jahrelang nur den Pauschaltarif. Für Dezember 2009 berechnete die Beklagte dann aber ca. 290 €, und für Januar bis Juli des Folgejahres jeweils zwischen ca. 545 € und 653 €. Diese Summen zog sie per Lastschrift ein. Im Juli 2010 bemerkte der Kläger die höheren Entgelte und beanstandete sie. Die Ursache für den Gebührenanstieg war streitig. Die Beklagte trug vor, dass sich der Router des Klägers automatisch 24 Stunden ins Internet eingewählt hatte, auch nach der von ihr automatisch einmal täglich veranlassten Verbindungstrennung. Der Kläger argumentierte, dass entweder ein von ihm nicht zu bemerkender Fehler des Routers vorgelegen oder sich ein Dritter seines Internetzugangs bemächtigt haben könnte. Jedenfalls stellte die Beklagte nach den Beanstandungen den Tarif auf einen reinen Pauschaltarif (Flatrate) um. Der Kläger verlangt für die vergangenen Monate Rückzahlung der Gebühren abzüglich dieses Pauschaltarifes. 43 AG Bremen, NJW-RR 2013, 428: Der Beklagte schloss mit einem Telekommunikationsdienste-Anbieter (Kläger) zunächst Mitte 2007 einen Mobilfunkvertrag und sodann Mitte Juni 2009 eine Telefon- und SMS-Flatrate zum Preis von 75 € pro Monat. Jedenfalls bis August 2010 hatte der Beklagte nie Verbindungen zum Internet mit seinem Telefon hergestellt. Im September 2010 erkundigte sich der Beklagte bei dem Anbieter telefonisch nach Möglichkeiten zum Empfang von MMS. Der Anbieter teilte ihm mit, dass er hierzu ein gesondertes Konto freischalten müsse und übermittelte die Zugangsdaten. Der klagende Anbieter verlangte vom Beklagten letztlich 1787,81 €, vor allem für die Internetnutzung. Weitere Einzelheiten lassen sich dem Urteil nicht entnehmen, insbesondere nicht zu den AGB des Anbieters oder dazu, ob der Internettarif bereits bei Vertragsschluss bestanden hatte. 44 BGH, Urt. v. 19.7.2012 – III ZR 71/12, BeckRS 2012, 16830 = NJW 2012, 2878.

§ 2 Automatische Einwahl ins Internet

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Ähnliche Fälle finden sich für internetfähige Mobiltelefone bzw. Smartphones, so etwa in Urteilen des AG Frankfurt von 200745 und des LG Potsdam von 2012.46 Dabei hatten die Kunden jeweils eigenständig Smartphones angeschafft. Noch mehr Eigeninitiative entwickelte der Kunde in einem Fall des LG Trier von 2013.47 Er hatte von seinem Anbieter ein Mobiltelefon erhalten, das nicht internetfähig war. Als bei diesem ein Defekt auftrat, lieh sich der Kunde ein iPhone, in das er seine Sim-Karte einsetzte. Das iPhone wählte sich automatisch ins Internet ein und versetzte dem Kunden, der naturgemäß über keine InternetFlatrate oder einen anderen günstigen Internet-Tarif verfügte, einen Rechnungsschock. Starr vor Schreck verweigerte er anschließend die Bezahlung. II. Vom Anbieter erhaltenes Gerät Während in den vorgenannten Rechnungsschock-Fällen das Übel mit einem Gerät seinen Lauf nahm, das sich der Kunde auf eigene Initiative beschafft hatte, war in anderen Fällen ein Gerät verantwortlich, das der Kunde vom Anbieter erworben hatte. 45 AG Frankfurt a.M., Urt. v. 2.11.2007, 32 C 1949/07 – 48 = CR 2008, 225 =MMR 2008, 496 mit Anmerkung Hecht, ITRB 2008, 127 f., zum permanenten Einwählen eines Mobiltelefons in einen analogen Internetzugang. Im konkreten Fall hatten die Parteien im Oktober 2004 einen Telefondienstvertrag geschlossen. Im November 2011 kam es im Verlaufe eines Tages zu einer Internetverbindung über den gesamten Tag und die Nachtstunden, für die die Klägerin 2.535,34 € in Rechnung stellte. Ursache war möglicherweise eine fehlerhafte Einwahl von Seiten der Beklagten (zwischen den Parteien streitig). 46 LG Potsdam, Urt. v. 21.8.2012, 4 O 55/12, CR 2013, 380–383: Im März 2006 schlossen die Parteien einen Telekommunikationsdienstvertrag für ein Mobilfunkgerät. Nach der vereinbarten Preisliste hatte der beklagte Nutzer einen monatlichen Grundpreis und weitere nutzungsabhängige Gebühren zu zahlen. Die Rechnungen wiesen in der Folgezeit durchgängig Beträge von ca. 30 €/Monat aus. Nach Erwerb eines internetfähigen Smartphones rief der Beklagte am 7.6.2012 bei der Klägerin an, die ihm am selben Tag per E-Mail die Zugangsdaten für die Herstellung einer Internetverbindung mit dem Smartphone übersandte. Ab dem 14.6.2012 berechnete die Klägerin dem Beklagten eine „Handy Internet Flat“ von 10 € pro Monat. Für die Zeit vom 9.6. bis 14.6. hatte die Klägerin aber diverse Internetzugriffe verbrauchsabhängig erfasst, die sie auf der Basis ihrer allgemeinen Preisliste mit insgesamt 5.169,36 € abrechnete. Am 14.6.2010, also am Tag der Einrichtung der Internet-Flatrate, sperrte die Klägerin zudem die Sim-Karte des Beklagten wegen des aufgelaufenen Betrags. An diesem Tag kam es zu einem Telefonat, wobei zwischen Parteien streitig war, ob der Beklagte erst zu diesem Zeitpunkt um die Einrichtung einer Flatrate bat oder dies bereits am 7.6. getan hatte. Die Sperre dauerte bis Ende September 2010. Nachdem der Beklagte die geforderten Beträge auf Mahnung nicht zahlte, kündige die Klägerin den Vertrag am 27.9.2010 fristlos. 47 LG Trier, MMR 2013, 746.

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2. Kapitel: Exemplarische Fallgestaltungen

Einen solchen Fall, der im Übrigen starke Ähnlichkeit mit dem Sachverhalt des BGH-Urteils von 2012 aufwies, entschied bereits 2010 das LG Bonn:48 Die dortige Klägerin war langjährige Kundin der Beklagten. Um Telefonkosten zu sparen, bestellte sie bei der Beklagten ab November 2008 einen Tarif, der nur eine Festnetz-Telefon-Flatrate umfasste, während der Internetzugang – der Klägerin bewusst – mit 2,9 Cent pro Minute abgerechnet wurde. Im Januar 2009 erwarb sie in einem Shop der Beklagten einen DSLRouter, den die Klägerin oder eine von ihr beauftragte Person anschloss. Nach der Installation war der Router so eingestellt, dass eine ständige Internetverbindung bestand, solange das Gerät eingeschaltet war. Die genaue Ursache hierfür war streitig.49 Infolge dieser Einstellung berechnete die Beklagte der Klägerin ab März 2009 für den Nutzungszeitraum ab Februar 2009 monatlich hohe Beträge, die sich bis Juli 2009 auf 5.756,19 € summierten. Zuvor hatte die Klägerin im Schnitt monatlich 42,50 € gezahlt. Die Gebühren wurden jeweils per Lastschrift eingezogen. Im Juli 2009 fiel der Klägerin der starke Anstieg auf. Die Rechnungsbeträge für Juni und Juli 2009 ließ sie zurückbuchen, die verbleibenden 3.454,57 € verlangte sie vor Gericht. Weitere Rechnungsschock-Fälle, in denen sich vom Anbieter gelieferte Geräte automatisch in das Internet einwählten, betrafen Smartphones, wobei mitunter gewisse Besonderheiten vorkommen. In einem 2011 vom OLG Schleswig entschiedenen Fall50 verlängerte der klagende Anbieter mit dem beklagten Kunden einen 2005 abgeschlossenen Mobilfunkvertrag, dem zufolge die Internutzung 19 Cent je 10 KB kostete, zuzüglich eines Stundennutzungspreises von 2 Cent. Zugleich verkaufte der Anbieter ein Smartphone, das über ein besonders beworbenes Navigationsprogramm verfügte. Es startete nach Ingebrauchnahme automatisch ein Kartenupdate mit großem Datenvolumen. Die Aktualisierung war vom Kunden zu bestätigen, das Datenvolumen dabei aber nicht ersichtlich. Die schockartige Folge kann sich der Leser leicht ausmalen.51 Die Update-Problematik war der Klägerin bekannt. Umgekehrt wusste der beklagte Kunde, dass er die abgerufenen Daten nach Volumen bezahlen musste und dass er einen kostengünstigen Tarif hatte, der sich nur bei geringfügiger Internetnutzung (bis 0,5 MB) lohnte, wobei ihm

LG Bonn, Urt. v. 1.6.2010 – 7 O 470/09, CR 2011, 21. Im Raum stand, dass der Router für den Tarif (un-)geeignet war, die Klägerin ihn falsch anschloss oder falsch programmierte oder dass eine Voreinstellung falsch war, LG Bonn, CR 2011, 21. 50 OLG Schleswig, MMR 2011, 836, mit Anmerkung Schmidt, MMR 2011, 838 f. 51 Der Kunde wählte auf den Hinweis der Software, dass nunmehr die Kartenaktualisierung automatisch starte, die Möglichkeit „Fortfahren“, anstatt den Vorgang abzubrechen. Insgesamt traf er in den Einstellungen zwei Entscheidungen, die zu einer kostenpflichtigen Internetnutzung führten. Bei dem Kartenupdate wurden 589 MB abgerufen. Hierfür stellte die Klägerin dem Beklagten 11.498,05 € in Rechnung. 48 49

§ 3 Altverträge

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die vereinbarten Preise bekannt waren. Zudem hatte er bereits Erfahrung mit dem Herunterladen von Daten. In einem Fall des LG Münster52 mietete der Kunde ein Smartphone mit dem gleichen Navigationsprogramm vom Mobilfunkanbieter anstatt es zu kaufen. Insbesondere infolge des automatischen Kartenupdates kam es zu einem „schockartigen“ Rechnungsbetrag. Dieser Fall wies überdies die Eigentümlichkeit auf, dass ein Mitarbeiter des Mobilfunkanbieters dem langjährigen Kunden, der bisher keine Erfahrung mit Smartphones hatte, zunächst dezidiert zu einer volumenabhängigen Abrechnung statt zu einer Flatrate geraten hatte, ohne ihn auf das Update beim Navigationsprogramm des gemieteten Handys hinzuweisen.53 In einem Fall, den das AG Soltau 2014 entschied, erwarb der langjährige Mobilfunkkunde vom Anbieter ein Smartphone, ohne zugleich den Tarif zu wechseln.54 Den nachfolgenden schockartigen Rechnungsbetrag schrieb der Anbieter dem Kunden zwar gut, der Kunde wollte nach dieser Erfahrung aber außerordentlich kündigen, so dass die normalen Gebühren bis zur vereinbarten Mindestvertragslaufzeit in Streit gerieten.

§ 3 Altverträge Weiterhin konnten Rechnungsschock-Fälle angesichts des skizzierten rasanten Fortschritts und Preisverfalls im Mobilfunkmarkt dadurch entstehen, dass ein Altvertrag mit hohen Internetnutzungspreisen viele Jahre durchgeführt wurde, ohne dass eine Anpassung an die technischen Änderungen erfolgte. So lag es etwa in einem Fall des LG Flensburg von Ende 2012:55 Dort schlossen die Parteien Anfang Juli 2005 einen Telekommunikationsdienstvertrag für ein 52 LG Münster, Urt. v. 18.1.2011 – 6 S 93/10, K&R 2011, 358, mit Anmerkungen Schmidt, jurisPR-ITR 16/2011, Anm. 4 und ders., MMR 2011, 838 f. 53 Hierin lag – im Unterschied zu den üblichen Rechnungsschock-Fällen – eine vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzung des Anbieters (§§ 311 II, 241 II, 280 I BGB), der sich das Verhalten seines Angestellten nach § 278 BGB zurechnen lassen musste, zutreffend LG Münster, Urt. v. 18.1.2011 – 6 S 93/10, juris Rn. 14–20. 54 AG Soltau, NJW-RR 2014, 1468: 1998 schlossen die Parteien einen Mobilfunkvertrag mit einem Tarif ohne Datenflatrate. Später erwarb der klagende Kunde ein Smartphone von dem verklagten Mobilfunkanbieter. Die Bedienungsanleitung des Smartphones wies ausdrücklich darauf hin, dass durch die Nutzung erhöhte Kosten entstehen können. Mit dem Smartphone rief der Kläger ohne Tarifwechsel mobil Daten ab. Dafür fielen erhebliche Kosten an, offenbar, weil sich das Smartphone automatisch ins Internet einwählte. Der Kläger zahlte die berechneten Beträge nicht und kündigte den Vertrag fristlos. Die Beklagte richtete eine Internetsperre ein und schrieb nach ihrem Vortrag sämtliche Beträge wieder gut. Gestritten wurde darum, ob die Kündigung des beklagten Kunden rechtmäßig oder dieser noch verpflichtet war, seine monatliche Grundgebühr zu zahlen. Das hing auch davon ab, ob die vorherige Abrechnung ordnungsgemäß gewesen war.

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2. Kapitel: Exemplarische Fallgestaltungen

Mobiltelefon zum Tarif „TD-1-mfifteen-mobile” mit einer Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten. Unter der Überschrift „Zusatzdienste” vereinbarten die Parteien eine Internet-by-Call-Option („GPRS by Call D1”). Ende Januar 2007 und Anfang Februar 2010 verlängerten die Parteien den Vertrag jeweils um 24 Monate. Bei beiden Vertragsverlängerungen wurden unter „Dienste” keine Änderungen eingetragen, insbesondere keine Umstellung auf eine Flatrate („Take-away-Flat-Try & Buy”). Der Kläger erwarb im Rahmen der zweiten Vertragsverlängerung Anfang Februar 2010 ein Smartphone und benutzte dieses in der Folgezeit. Von Mitte bis Ende Februar 2010 stellte er 44 Datenverbindungen zum Internet her, durch welche im Tarif „WEB/WAP Surf-byCall“ Kosten i. H. v. 727,60 € entstanden. Auch in dem oben zitierten Fall des AG Soltau stand ein Altvertrag in Rede.

§ 4 Roaming Eine besonders prominente Fallgruppe des Rechnungsschocks betrifft das sogenannte Roaming, also die Nutzung von Sprachtelefonie oder mobilem Internet in einem ausländischen Netz. Rechnungsschocks können zum einen dadurch auftreten, dass sich der Mobilfunknutzer im Inland nah an der Grenze aufhält, sein Telefon sich in das ausländische Netz einbucht und der Nutzer sodann telefoniert oder das Internet nutzt. So lag es etwa in einem Mitte 2011 entschiedenen Fall des LG Kleve.56 Andere Urteile betrafen „echtes“ Roaming, sowohl innerhalb der EU57 als auch im EU-Ausland.58 LG Flensburg, MMR 2013, 242, mit Anmerkung Petersen, MMR 2013, 243. Der Kläger behauptete in dem Fall zwar auch, es habe sich um ein Handy gehandelt, das sich selbstständig ins Internet einwähle. Dies verwarf das LG Flensburg allerdings als ersichtliche Behauptung „ins Blaue“ (LG Flensburg, MMR 2013, 242), wohl weil diese Behauptung kaum zu den festgestellten 44 separaten Einwahlvorgängen über einen Zeitraum von knapp zwei Wochen passte. 56 LG Kleve, Urt. v. 15.6.2011 – 2 O 9/11 (leicht vereinfacht, im Originalfall Inkassozession), mit Anmerkung Schmidt, jurisPR-ITR 7/2011, Anm. 4: Die Parteien hatten Mitte Februar 2009 einen Mobilfunkvertrag geschlossen und eine Flatrate für innerdeutsche Telefonate zum Preis von 25 € vereinbart. Für den Zeitraum 15.7.2009 bis 14.8.2008 belief sich die Rechnung des Kunden indes auf 5.980,23 €. Nach erfolgter Kündigung machte der Anbieter inklusive Schadensersatz und Inkassokosten sogar 7.000,44 € geltend. Die hohen Gebühren resultierten mutmaßlich daraus, dass der beklagte Nutzer in der fraglichen Zeit an einem Ort wohnte, der nur 8 km von der deutschen Landesgrenze entfernt lag, mit der Folge, dass sich sein internetfähiges Mobiltelefon in das ausländische Netz einwählte. Der Kläger behauptet, dass der beklagte Nutzer über die Einwahl in ein fremdes Netz stets mit einer „Willkommens-SMS“ informiert werde und dass das aktuelle Netz stets auf dem Handy angezeigt wurde. 57 LG Saarbrücken, NJW 2012, 2819 (verkürzt und leicht vereinfacht), mit Anmerkung Kremer / Sander, jurisPR-ITR 08/2012, Anm. 3: Die Parteien schlossen Anfang Juli 2008 online einen Mobilfunkvertrag zu einem Flatrate-Tarif in Höhe von 34,95 € monatlich. Der 55

§ 4 Roaming

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Mitunter finden sich auch hier gewisse Besonderheiten, etwa in einem Fall des AG Düsseldorf von 2014:59 Zwischen Klägerin und Beklagtem bestand ein Mobilfunkvertrag inklusive Bereitstellung eines Smartphones. Die Klägerin hatte den Vertrag für ihren minderjährigen Sohn abgeschlossen. Dieser nutzte das Smartphone während einer Familienreise nach Nordamerika im August 2013 und rief dabei Internetdienstleistungen ab. Am 12.8., bereits nach einem Tag der Nutzung in den USA,60 informierte die Beklagte per SMS auf das Smartphone, dass das Limit von 50 € für Datendienste im Ausland erreicht sei. Bei gewünschter Weiternutzung sei eine SMS mit dem Kundenkennwort zu senden. Diese SMS erhielt die Beklagte. Darauf sandte sie eine weitere SMS: Wenn das Limit beim Surfen im Ausland aufgehoben werden solle, solle mit „JA“ geantwortet werden. Auch das erfolgte. Dieselben SMS wurden am Ende des Erfassungszeitraums am 13.8. und am 19.8. erneut ausgetauscht. Die Beklagte stellte für die Internetnutzung im Ausland für den Zeitraum 13.7. bis 12.9.2013 insgesamt 3.970,47 € in Rechnung. Die Klägerin begehrte Rückzahlung der abgebuchten Roaminggebühren.

Bestellvorgang war so gestaltet, dass er erst nach aktivem Bestätigen der Kenntnisnahme der AGB abzuschließen war. Während eines Spanienaufenthalts 2008 griff der beklagte Kunde mittels der SIM-Karte und des USB-Sticks über seinen Computer auf das Internet zu. Am 25. 12.2008 sperrte die Klägerin den Anschluss wegen Überschreitung der Gebührengrenze von 1000 €. Mit Rechnung vom 31. 12.2008 stellte die Klägerin dem Beklagten den monatlichen Paketpreis von 34,95 € für Januar 2009 sowie Roaminggebühren von 3.366,87 € für Dezember 2008 in Rechnung. Der Beklagte widerrief seine Einzugsermächtigung und erklärte die fristlose Kündigung des Vertrags wegen Nichterbringung der vertraglich vereinbarten Leistungen. Die Klägerin berechnete den Paketpreis bis April 2009 und kündigte anschließend fristlos wegen Zahlungsverzugs. 58 AG Wiesbaden, NJW-RR 2013, 302 (gekürzt und leicht vereinfacht): Die Parteien schlossen im Juli 2007 einen Telekommunikationsdienstleistungsvertrag. Die Beklagte nutzte zunächst nur mobile Telefonie und zahlte dafür jährlich ca. 500 Euro. Im Jahr 2010 wurden ihr in einer Filiale der Klägerin anlässlich einer Vertragsverlängerung ein internetfähiges Handy sowie eine Internet-Flatrate angeboten. Dabei sagte man ihr zu, dass mit dieser Flatrate die gesamte Internetnutzung abgegolten sei. Im Mai 2010 buchte die Beklagte ergänzend die Option „Handy Internet Flat“ für eine zusätzliche monatliche Grundgebühr von 10 Euro. Das Antragsformular besagte, dass der Option die in allen Verkaufsstellen bereitliegenden und über das Internet abrufbaren AGB, Leistungsbeschreibung und Preislisten der Klägerin zu Grunde lagen. Danach galt die gewählte Option nicht im Rahmen des International Roaming, vielmehr seien insoweit die Preise des jeweiligen Roamingpartners maßgeblich. Im Juli 2010 nutzte die Beklagte in der Türkei mit ihrem Handy mobiles Internet. Hierfür berechnete die Klägerin zum Monatsende 1845,86 Euro. Die Beklagte zahlte nur die Grundgebühr von 10 Euro. 59 AG Düsseldorf, NJW-RR 2015, 570. 60 AG Düsseldorf, NJW-RR 2015, 570, 572.

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2. Kapitel: Exemplarische Fallgestaltungen

§ 5 Überschneidungen und Abgrenzung In zwei weiteren Konstellationen kommt es im Ergebnis ebenfalls zu einem Rechnungsschock, allerdings nicht notwendig im Sinne der eingangs formulierten Begriffsbestimmung. Verantwortlich können vielmehr Umstände sein, die schon das Bestehen eines Vertrages bzw. seines Inhalts betreffen. Derartige Fälle sind dann zivilrechtlich typischerweise anders zu behandeln als die bisher skizzierten Situationen. Allerdings entstehen mitunter gewisse Überschneidungen, etwa wenn Gerichte hilfsweise Pflichten unter der Annahme eines ordnungsgemäßen Vertragsschlusses erörtern. Insoweit geht es vor allem um zwei Fallgruppen: I.

Mehrwertdienste & Dialer, Pay-by-Call

Rechnungsschocks im hiesigen Sinne, also eine atypisch hohe Nutzung durch Umstände in der Sphäre des Kunden in Verbindung mit der Tarifgestaltung, sind auch im Zusammenhang mit Mehrwertdiensten denkbar. In einschlägigen Fällen des LG Heidelberg61 sowie des OLG Hamm62 hatten Nutzer, im Fall des LG Heidelberg der minderjährige Sohn, eine 0190Mehrwertdienstnummer (Telefonsex) gewählt, ohne die Verbindung anschließend ordnungsgemäß zu trennen. Hierdurch kam es unbeabsichtigt zu einer überlangen Verbindungsdauer mit exorbitanten, ganz und gar nicht befriedigenden Kosten. Im Fall des LG Heidelberg betrugen sie 17.647,66 € für eine Verbindung von 158 Stunden, 27 Minuten, 53 Sekunden, im Fall des OLG Hamm 12.830,77 DM für eine Verbindung von 68 Stunden, 22 Minuten und 43 Sekunden. Hier haben die Gerichte bereits den gleichen zivilrechtlichen Lösungsansatz gewählt wie in den vorstehend skizzierten, zeitlich aber später entschiedenen Rechnungsschock-Sachverhalten. 63 Insoweit mag man in den vorgenannten Fällen mit Blick auf die in Rede stehenden Beträge sowie die juristische Begründung den Archetypus aller Rechnungsschock-Urteile sehen. Soweit schockierend anmutende Beträge allerdings nicht durch nachlässiges oder technisch unbedarftes Verhalten, sondern bewusste InanspruchnahLG Heidelberg, NJW 2002, 2960. OLG Hamm, NJW 2003, 760. 63 Ähnl. KG, MMR 2003, 399, 402. Dort hatte der minderjährige Sohn Mehrwertdienstkosten von fast 17.000 DM verursacht, wovon 15.770,92 DM auf ein DialerProgramm zurückgingen. Insoweit sah das KG den Mehrwertdiensteanbieter zu einem abstrakten Warnhinweis verpflichtet, der deutlich macht, dass durch die Installation des Dialer-Programms eine neue Standard-DFÜ-Verbindung für alle Einwahlen in das Internet geschaffen wurde. Die Verletzung dieser Aufklärungspflicht rechnete das Gericht über § 278 BGB (Verhandlungsgehilfe) dem klagenden Teilnehmernetzbetreiber zu (a. a. O. S. 400 f.). Abl. zu dieser Konstruktion Spindler, in: Spindler / Bettinger (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004, S. 239, 408, Rn. 268 Fn. 1 („sehr zweifelhaft“). 61 62

§ 5 Überschneidungen und Abgrenzung

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me von Telefonsex-Mehrwertdiensten entstanden sind, haben zwar zunächst einige Gerichte den Kunden mittels § 138 BGB vor teils exorbitanten Zahlungspflichten bewahrt,64 andere Gerichte aber selbst Rechnungsbeträge mit erheblichem Schreckpotential akzeptiert.65 Mit der zunehmenden Liberalisierung der moralischen Anschauungen und ihrer gesetzgeberischen Anerkennung66 ist auch der BGH auf diese Linie eingeschwenkt.67 In anderen Konstellationen war hingegen nur das Ergebnis – eine schockierende Rechnung – identisch, die zugrunde liegende Ursache aber anders gelagert, weil schon ein Vertragsschluss im Zweifel stand. Dies betrifft vor allem den Fall, dass eine Internetverbindung automatisch oder in ungewollter Weise durch einen Dialer aufgebaut wird, der sich selbst installiert und/oder selbsttätig Standardeinstellungen ändert, so dass vom Nutzer veranlasste Verbindungen plötzlich unbemerkt über andere Anbieter mit Mehrwertdiens64 So OLG Stuttgart, NJW-RR 1999, 1430 [Forderung von ca. 26.000 DM nur i. H. v. 1406,50 DM begründet]; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1999, 1431 [Forderung von 16.070,12 DM abgewiesen]; OLG Stuttgart, MMR 2001, 697 [Forderung von 108.283,87 DM abgewiesen]; OLG Düsseldorf, MMR 2001, 699 [Forderung von 21.336,54 DM] weitgehend auch OLG Celle, MMR 2001, 704 [Forderung von 21.944,38 DM i. H. v. 5.755,77 DM begründet]; zu dieser und verwandter zeitgenössischer Rechtsprechung samt ihren problematischen wirtschaftlichen Folgen Piepenbrock / Müller, MMR-Beil. 1999, 1, 1, 3–6, mit nachfolgend eingehender kritischer Analyse a. a. O. S. 6 ff. Anders die Rechtsprechung mit Blick auf Ansprüche aus sog. Party-Lines, etwa LG Saarbrücken, NJW-RR 1996, 894; wohl auch OLG Hamm, MMR 2000, 371 [Forderung von 31.758,23 DM, aufgelaufen über ca. 6 Monate]. 65 AG Bottrop, MMR 2000, 296 [offener Forderungsteil von 1.931,53 DM über zwei Monate]; OLG Saarbrücken, OLGR Saarbrücken 2001, 463 [Forderung von 13.957,92 DM für den Zeitraum 28.4. bis 28.5.1999]; OLG Brandenburg, OLGR Brandenburg 2002, 26 [ohne Angabe der Forderungshöhe]; zudem die Nachweise zur unterinstanzlichen Rechtsprechung in Fn. 67 sowie zur um die Jahrtausendwende divergierenden Rechtsprechung Eckert, MMR 2000, 222, 223 f.; Struck, MMR 2000, 297 f. 66 Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten (ProstG), BGBl I 2001 Nr. 74 vom 27.12.2001, S. 3983. Das ProstG wurde am 20.12.2001 beschlossen, also kurz nach dem Versäumnisurteil BGH, NJW 2002, 361 vom 22.11.2001. Der BGH hatte a. a. O. S. 361/362 bereits vorhergesagt, dass sich die Frage der rechtlichen Bewertung von Telefonsex-Verträgen „völlig neu“ stellen werde, wenn der Entwurf Gesetzeskraft erlangen sollte. 67 Im Ergebnis schon ab BGH, NJW 2002, 361, wo ein Rechnungsbetrag von 21.944,38 DM in Rede stand und der BGH die Klippe der Sittenwidrigkeit hinsichtlich der Inanspruchnahme des Kunden durch den Teilnehmernetzbetreiber noch juristisch fragwürdig dadurch umschiffte, dass er wertneutrales Hilfsgeschäft annahm, dem der Kunde keine Einwendungen entgegensetzen könne; ebenso etwa schon LG Bielefeld, NJW-RR 1999, 1512, 1513 [Forderung: 6.014,49 DM]; AG Witten, MMR 2000, 221 [Forderung: 2.162,36 DM]; Argumentation nach vielfältiger Kritik aufgegeben mit BGHZ 158, 201, 204 f., dazu etwa Mankowski, MMR 2004, 312, 314 f. Zu einer Verneinung von § 138 BGB mit Blick auf Telefonsexverträge konnte sich der BGH erst Ende 2007 durchringen, BGH, NJW 2008, 140.

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2. Kapitel: Exemplarische Fallgestaltungen

ten laufen.68 Zwar finden sich mitunter auch in dazu ergangenen Urteilen Erwägungen wie in jenen zu Rechnungsschocks im Sinne der hiesigen Begriffsbestimmung, allerdings zu Recht nur hilfsweise. So lag es etwa in einem Fall des LG Kiel von Anfang 2003:69 Dort lag eine ungewollte automatische Änderung im DFÜ-Register durch einen Dialer nahe, der sich selbsttätig eingewählt hatte. Es fehlte also am Vertragsschluss. Dessen ungeachtet äußerte sich das Landgericht auch zu Pflichten des Netzbetreibers in Fällen atypischer Nutzung und folgte dabei der geschilderten Begründungslinie zu Rechnungsschock-Fällen.70 Soweit Kosten von Mehrwertdiensten durch täuschende Nummern gezielt verborgen wurden, hat die Rechtsprechung die Verträge ohne Umschweife als nichtig klassifiziert,71 bzw. bei Dialern, die ohne Wissen und Wollen des Nutzers Verbindungen zu Mehrwertdiensten herstellten, auch § 826 BGB entgegengehalten.72 Im Übrigen muss der Anschlussinhaber für die Kosten einer missbräuchlichen Nutzung durch Dritte nur einstehen, wenn er diese zu vertreten hat.73 In jüngerer Zeit ist mit dem sog. Pay-by-Call eine weitere Gestaltung hinzugekommen, in denen das Ergebnis – eine schockierende Rechnung74 – identisch, die Ursache aber zumeist anders gelagert ist, weil schon ein Vertragsschluss fehlt. Pay-by-Call bezeichnet Zahlungsdienste, bei denen die Zahlung über eine Premiumdienstnummer veranlasst und – typischerweise optional – eine Abrechnung über die Telefonrechnung angeboten wird. Vor Gericht landen regelmäßig Fälle, in denen Minderjährige auf (Telefon-)Rech68 Ebenso aus schweizerischer Sicht Sidler, Jusletter 8.11.2004, Rn. 7; eingehend zu dieser Problematik im deutschen Recht Koos, K & R 2002, 617, 617. 69 LG Kiel, Urt. v. 9.1.2003, 11 O 433/02 = MMR 2003, 422 = CR 2003, 686. 70 LG Kiel, Urt. v. 9.1.2003, 11 O 433/02 juris Rn. 25. 71 Siehe etwa LG München I, MMR 2003, 195, in einem Fall, in dem durch eine Callby-Call-Vorwahl verschleiert wurde, dass der Nutzer nach Afrika telefonierte, während eine günstige Verbindung vorgetäuscht wurde. 72 So im Verhältnis zum Anspruch des Mehrwertdiensteanbieters BGHZ 158, 201, 211 f.; mit Blick auf einen Anspruch des Teilnehmernetzbetreibers aus eigenem Recht verneinte der BGH a. a. O. S. 205–210 die Zurechenbarkeit der Nutzung, wobei er die Risikosphären der Parteien des Telefonvertrages im Wege ergänzender Vertragsauslegung unter Rückgriff auf den telekommunikationsrechtlichen Zurechnungsmaßstab abgrenzte (dazu auch noch Text bei Fn. 134). 73 Spindler, CR 2004, 203, 210 f.; ders., in: Spindler / Bettinger (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004, S. 239, 399–402, Rn. 256–260, mit Ausnahme allenfalls für Selbstbehalt in geringer Höhe, speziell mit Blick auf Dialer S. 407 Rn. 267. 74 BGH, JZ 2017, 733 m. Anmerkung Mankowski, JZ 2017, 735 ff. = MDR 2017, 632 = MMR 2017, 470 m. Anmerkung Zimmermann, MMR 2017, 470 ff. betraf einen Betrag von 1.253,93 €. In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung finden sich zu dieser Konstellation aber auch deutlich höhere Beträge, bis zu Extremfällen im fünfstelligen Bereich, so LG Saarbrücken, CR 2010, 173 (14.782,95 €) und LG Bochum, Urt. v. 29.4.2009, 4 O 408/08, I-4 O 408/08 – juris (18.688,79 €); zudem aus der Schweiz Sidler, Minderjähriger bezahlt per Telefon, Schlichtungsvorschlag Ombudscom, 15.1.2014 (840.90 CHF).

§ 5 Überschneidungen und Abgrenzung

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nung ihrer Eltern virtuelle Ausrüstung (sog. features) für Online-Spiele kaufen.75 Der BGH hat hierbei jüngst zutreffend entgegen einer bis dato verbreiteten instanzgerichtlichen Rechtsprechung eine Anwendbarkeit von § 45i IV 1 TKG verneint, so dass der minderjährige Sohn der Beklagten keinen gültigen Zahlungsdienstvertrag i. S. v. § 675c I BGB schließen und mithin auch kein Aufwendungsersatzanspruch des Zahlungsdienstleisters entstehen konnte.76 II. Fehlgeschlagener Tarifwechsel Ebenfalls nur mit Blick auf das Resultat einer schockartigen Rechnung, nicht notwendig aber auch mit Blick auf die Ursache, sind die recht häufigen77 Fälle fehlgeschlagener Tarifwechsel mit Rechnungsschock-Konstellationen im hiesigen Sinne verwandt. Fehlgeschlagene Tarifwechsel können ganz unterschiedliche Ursachen haben. Einige liegen in der Sphäre des Kunden und können einen Rechnungsschock im hiesigen Sinn nach sich ziehen, etwa wenn Kunden der grundlegende Unterschied zwischen technischem Breitbrandabschluss und Zugangspauschale des Providers (Flatrate) nicht bekannt ist.78 Andere Umstände liegen hingegen in der Sphäre des Betreibers bzw. Providers. Dies gilt etwa für Fehler des Telefonnetzbetreibers bei der Weiterleitung eines Flatrate-AnNäher, auch zur wirtschaftlichen Bedeutung des dahinter stehenden Marktes Mankowski, JZ 2017, 735 ff. 76 BGH, JZ 2017, 733–735 = CR 2017, 470–472 = MDR 2017, 632, 633; zustimmend Zimmermann, MMR 2017, 470, 472 und im Ergebnis sowie für Teile der Begründung Mankowski, JZ 2017, 735 ff. Zur gegenläufigen Ansicht der Instanzgerichte, die in den Vorjahren § 45i IV TKG verbreitet bejaht hatten, offenbar aufgrund vorschneller irriger Kategorisierung der Sachverhaltensgestaltungen als normaler Mehrwertdienst, siehe krit. Zimmermann, MMR 2017, 470 ff. m. w. N. sowie in breiterem Zusammenhang Mankowski, MMR 2009, 808 ff. Soweit man mit der instanzgerichtlichen Rechtsprechung einen wirksamen Vertrag bejaht(e), lag bzw. liegt allerdings der Vorwurf der Sittenwidrigkeit (§ 138 I BGB) nahe, wenn Betreiber von Online-Spielen, die offensichtlich auch und gerade auf Minderjährige ausgerichtet sind, Bezahlmöglichkeiten für kostenpflichtige Features so gestalten, dass minderjährige Nutzer „infolge ihrer fehlenden Urteilskraft und eines unbeherrschten Spieltriebs animiert werden, die Unachtsamkeit oder das Vertrauen ihrer Eltern […] zu missbrauchen, um die Eltern als Anschlussinhaber zur Zahlung namhafter Beträge für eine […] Gegenleistung zu verpflichten.“, so mit guten Gründen, wenngleich teils etwas überschießender Formulierung [insoweit hier nicht wiedergegeben] LG Saarbrücken, MMR 2012, 261, 263; LG Saarbrücken, CR 2012, 93, 95; krit. dazu aber Paterna, jurisPR-ITR 2012, Anm. 5. 77 2005 sollen beim AG Darmstadt als örtlich zuständigem Gericht für alle Klagen bis zu einem Streitwert von 5000 € gegen die T-Online International AG, damals Europas größter Internet-Provider, pro Jahr mehrere hundert Verfahren eingegangen sein, die regelmäßig die Rückforderung zu viel gezahlter Tarife zum Gegenstand hatten. Dabei standen die unterschiedlichsten Konstellationen im Streit, näher Kirchhoff, NJW 2005, 2951. 78 Dazu siehe ders., NJW 2005, 2951, 2952: keine Hinweispflicht der DeutschenTelekom-AG. 75

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2. Kapitel: Exemplarische Fallgestaltungen

trages, wenn der Betreiber den bestellten DSL-Anschluss eröffnet, bevor er die ebenfalls bestellte Flatrate einrichtet, oder wenn in der Filiale des Betreibers ein falsches Formular ausgefüllt wird.79 Gleiches gilt, wenn der Betreiber bei Einwahlschwierigkeiten einen anderen Anwahlknoten empfiehlt, ohne darauf hinzuweisen, dass dieser mit Zusatzkosten verbunden ist, oder einen gekündigten alten Zugang auch nach Bestätigung der Kündigung nicht sperrt.80

79 80

Zu alledem ders., NJW 2005, 2951, 2952. Dazu ders., NJW 2005, 2951, 2954.

3. Kapitel

Zweigleisige Reaktion der Rechtsordnung Die Rechtsordnung hat auf das vielgestaltige Problem der Rechnungsschocks zweigleisig reagiert: Zum einen haben der europäische und deutsche Gesetzgeber regulierungsrechtliche Gegenmaßnahmen ergriffen, zum anderen haben die Zivilgerichte Fürsorgepflichten der Mobilfunkanbieter bzw. AccessProvider zugunsten der Kunden begründet. Der vorliegende Beitrag widmet sich primär der zivilrechtlichen Seite. Dessen ungeachtet ist es hilfreich, vorab einen Blick auf die regulierungsrechtliche Seite zu werfen. Das trägt nicht nur zum Verständnis und zur juristischen Einordnung bei, sondern ist auch und gerade im Vorausblick auf die später zu erörternde Frage nötig, ob die Antwort der Zivilgerichte dogmatisch stimmig oder gefährlich nah an der Grenze zu Preisregulierung im unpassenden Gewand ist.

§ 1 Regulierungsrecht I.

EU

Die Europäische Union hat zunächst im Jahr 2002 mit der Universaldienstrichtlinie sichergestellt, dass Verbraucher bei Vertragsschluss bestimmte Angaben über Preise und Tarife erhalten, bei Änderungen informiert werden und sich vom Vertrag lösen dürfen, sowie dass Preise und Tarife öffentlich einsehbar und damit vergleichbar sind.81 Diese Pflichten wurden später ausgebaut und auf Nummern und Dienste mit besonderer Preisgestaltung erstreckt. Außerdem fördert die Richtlinie den Wettbewerb mit Vorgaben zum Anbieterwechsel.82 81 Art. 20 II S. 1 und 2 lit. d) (Informationen über Preise und Tarife im Vertrag), Art. 20 IV (Information über Änderungen und Lösungsrecht), Art. 21 I (Transparenz und Veröffentlichung von Preisen und Tarifen) Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie), ABl. EG Nr. L 108 vom 24.4.2002, S. 51. 82 Art. 21 I, II, III lit. a), Art. 30 Universaldienstrichtlinie nach Änderung durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten, der Richtlinie 2002/58/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektro-

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3. Kapitel: Zweigleisige Reaktion der Rechtsordnung

Deutlich entschiedenere Schritte hat die Europäische Union öffentlichkeitswirksam mit der sog. Roamingverordnung ergriffen, 83 die u. a. bezweckt, Schockrechnungen zu verhindern.84 Ihr Regulierungszugriff ist dabei sukzessive fester geworden.85 Zu den wichtigsten Maßnahmen gehören klare Information über die Roamingkosten,86 Preisobergrenzen für Anrufe, SMS und Datenverkehr (Retail und Wholesale),87 Vorgaben zur Genauigkeit der Abrechnung,88 eine Verpflichtung zum separaten Verkauf von Roamingdienstleistungen (seit Juli 2014),89 eine Zugangspflicht zu allen Netzen (seit Juli 2014)90 sowie Mechanismen zur Kostenbegrenzung in Form von Warn- und nischen Kommunikation und der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz, ABl. EU Nr. L 337 vom 18.12.2009, S. 11–36. Die jüngste Änderung der Universaldienstrichtlinie erfolgte durch die Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet und zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten sowie der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union, ABl. EU Nr. L 310 vom 26.11.2015, S. 1–18. 83 Verordnung (EG) Nr. 717/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2007 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 2002/21/EG, ABl. EU L 171 vom 29.6.2007, S. 32–40. 84 So dezidiert Erwägungsgründe 84, 87, 89 der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 des europäischen Parlaments und des Rates vom 13.6.2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union (Neufassung), ABl. EU Nr. L 172 vom 30.6.2012, S. 10, zuletzt geändert durch die VO (EU) 2015/2120 (oben Fn. 82), sowie ergänzend Europäische Kommission, MEMO/12/227 – Digitale Agenda: EU erzielt erste Einigung über zukunftssichere Roamingregelung für Mobilfunknutzer, 28. März 2012, S. 3 („‚Rechnungsschock‘: bessere Informationen bei Reisen außerhalb der EU“). 85 Zunächst erfolgt eine Erweiterung durch die Verordnung (EG) Nr. 544/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 717/2007 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Gemeinschaft und der Richtlinie 2002/21/EG über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und –dienste, ABl. EU Nr. L 167 vom 29.6.2009, S. 12–23. Bei der nächsten Änderung wurde die Roaming-Verordnung neu gefasst durch die Roaming-VO (EU) 531/2012 (oben Fn. 84). 86 Art. 14 I-III, Art. 15 I, II, VI UA 1 VO 531/2012. 87 Art. 7, 9, 12 (Großkundenentgelte), Art. 6e I UA 1, 2 (Endkundenentgelte), zudem Art. 2 lit. a), Art. 4, Art. 4b VO 717/2007 in der Fassung nach Änderung durch die VO 544/2009 (oben Fn. 85). 88 Sekundengenaue Abrechnung ab der 30. Sekunde bei ausgehenden Anrufen, sekundengenaue Abrechnung bei eingehenden Anrufen und kilobytegenaue Abrechnung beim Datenverkehr, Art. 6a I UA 3 und 4 VO 531/2012. 89 Art. 4, 5 VO 531/2012. 90 Die Betreiber von virtuellen Mobilfunknetzen und die Anbieter ohne eigenes Netz können die Netze anderer Anbieter zu reglementierten Vorleistungspreisen nutzen, um ihren Kunden neben der nationalen Telefonie auch Roamingdienste anzubieten, Art. 3 VO 531/2012.

§ 1 Regulierungsrecht

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Hinweispflichten samt einer Kostendeckelung durch automatische Sperrung bei Überschreiten bestimmter Gebührenschwellen.91 Jüngst ist zum 15. Juni 2017 die politisch lange angestrebte Abschaffung der Roaming-Gebühren (nur) innerhalb der Europäischen Union hinzugekommen,92 allerdings mit gewissen Ausnahmen. Schon von den vorherigen Regulierungsmaßnahmen hätte man auf den ersten Blick denken können, sie würden das Rechnungsschock-Problem beheben. Tatsächlich gelang das aber nicht. Vielmehr waren die Preisobergrenzen für Roaming jedenfalls bisher so hoch, dass Rechnungsschocks zumindest im oberen dreistelligen bis unteren vierstelligen Bereich weiter auftraten.93 Auch in Zukunft dürfte das jedenfalls in den Bereichen möglich bleiben, die von der Abschaffung der Roaming-Gebühren nicht erfasst sind, namentlich Anrufe aus dem Heimatland in das EU-Ausland, Roaming in Nicht-EU-Ländern94 sowie Roaming über Satellit, etwa auf Kreuzfahrtschiffen. II. Deutschland Der deutsche Gesetzgeber führte zunächst mit dem „Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs von 0190er-/0900er-Mehrwertdiensterufnummern“95 im Telekommunikationsgesetz (TKG) Verpflichtungen zur Preisansage ein und versagte bei ihrer Nichtbeachtung einen Entgeltanspruch. Hiermit trat er ins-

Art. 14 I, II, III UA 2, IV, Art. 15 II, III VO 531/2012. Durchführungsverordnung (EU) 2016/2286 der Kommission vom 15. Dezember 2016 zur Festlegung detaillierter Vorschriften über die Anwendung der Regelung der angemessenen Nutzung und über die Methode zur Prüfung der Tragfähigkeit der Abschaffung der Endkundenroamingaufschläge sowie über den von Roaminganbietern für diese Prüfung zu stellenden Antrag, ABl. EU Nr. L 344 vom 17.12.2016, S. 46–62. 93 Siehe den im 2. Kapitel § 4 (Text bei Fn. 59–60) wiedergegebenen Fall des AG Düsseldorf, NJW-RR 2015, 570 aus der zweiten Jahreshälfte 2013. Zudem Kremer / Sander, jurisPR-ITR 08/2012, Anm. 3: „Da diese [die Roaminggebühren] erfahrungsgemäß deutlich über den Gebühren im Inland liegen, hat der europäische Normgeber in der Vergangenheit wiederholt Preisobergrenzen für das Roaming festgelegt […]. Trotz dieser […] kommt es regelmäßig zu Auseinandersetzungen zwischen Mobilfunkanbietern und deren Kunden über den Ausgleich der über die Roaming-Gebühren gestellten Rechnungen. Diese belaufen sich oftmals auf vier- oder fünfstellige Beträge, werden doch außerhalb der „Flatrates“ insbesondere für die Inanspruchnahme von Datendiensten prohibitiv hohe Gebühren verlangt.“ Aus österreichischer Sicht RTR-GmbH, Tätigkeitsbericht der Schlichtungsstelle, 2008, S. 37: „Diese Entwicklung [Anstieg von Beschwerden wegen Nutzung mobiler Datendienste im Ausland] scheint überraschend, insbesondere angesichts der nunmehr seit beinahe zwei Jahren in Kraft stehenden EU-Roaming-Verordnung […]“. 94 Für Roaming im EU-Ausland gelten aber immerhin Warn- und Hinweispflichten, es sei denn, der ausländische Roaming-Partner lässt keine Echtzeitkontrolle zu, siehe Art. 15 VI VO 531/2012. 95 BGBl. 2003 I S. 1590–1592. 91 92

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3. Kapitel: Zweigleisige Reaktion der Rechtsordnung

besondere dem Unwesen von Dialern96 entgegen, die sich allzu häufig unbemerkt auf den PC aufschalteten.97 Dazu traten Preishöchstgrenzen und eine zwingende Verbindungstrennung nach 60 Minuten (§ 43b TKG a. F.). Das „Gesetz zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Vorschriften“ vom 18.2.200798 schrieb die entsprechenden Reglungen in §§ 66a bis 66f TKG fort.99 Zugleich hat es sichergestellt, dass Teilnehmer die Möglichkeit haben, auf Vorauszahlungsbasis Zugang zum öffentlichen Telekommunikationsnetz zu erhalten; so wird er in die Lage versetzt, seine Ausgaben effektiv zu kontrollieren und das Risiko überhöhter Rechnungen zu minimieren.100 2012 folgte der nächste Schritt, als der Gesetzgeber mit einem neuen „Gesetz zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Regelungen“ (TKG-ÄnderungsG 2012)101 Art. 21 Universaldienstleistungs-RL102 umsetzte und in § 45n TKG das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie bzw. die Bundesnetzagentur (§ 45n VII TKG) ermächtigte, im Einvernehmen mit mehreren Ministerien103 Vorgaben zu Transparenz, Veröffentlichung von Informationen und zusätzliche Dienstemerkmale zur Kostenkontrolle vorzuschreiben. § 45n TKG soll den Kundenschutz und den Wettbewerb auf dem Telekommunikationsmarkt durch ein ausreichendes Maß an Informationen fördern, um die Angebote vergleichbar zu machen, so dass Kunden in voller Sachkenntnis eine Kaufentscheidung treffen können.104

Heute Legaldefinition in § 66f I 1 TKG: „Anwählprogramme, die Verbindungen zu einer Nummer herstellen, bei denen neben der Telekommunikationsdienstleistung Inhalte abgerechnet werden (Dialer) […].“ 97 Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drucks. 248/03, 11.4.2003, S. 1, 6. 98 BGBL I 2007, S. 106. 99 Siehe im Einzelnen § 66a TKG (Preisangabe, mit Hinweis auf Abschluss eines Dauerschuldverhältnisses, § 66a S. 3 TKG), § 66b TKG (Preisansage, § 66c TKG (Preisanzeige), § 66d TKG (Preishöchstgrenzen) und § 66e TKG (Verbindungstrennung nach 60 Min.); zu alledem Hoeren, in: Tamm / Tonner / Bergmann (Hrsg.), Verbraucherrecht, 2. Aufl. 2016, § 15 C. Rn. 109–116. Zur Anknüpfung der Normen an § 43b TKG a. F. siehe den Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/2581, 14.9.2006, S. 30 f. 100 Die ursprüngliche Fassung der Norm betraf nur das Telefonnetz, während die heutige Fassung allgemein auf das Telekommunikationsnetz abstellt; zu ihr Hoeren, in: Tamm /  Tonner / Bergmann (Hrsg.), Verbraucherrecht, 2. Aufl. 2016, § 15 C. Rn. 92. 101 Gesetz zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Regelungen vom 3. Mai 2012, BGBL I, S. 958–997; dazu Holznagel, NJW 2012, 1622 ff., 1623. 102 Siehe Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 17/5707, 4.5.2011, S. 67; Kiparski, in: Gersdorf / Paal / Bornemann (Hrsg.), BeckOK Informations- und Medienrecht, 17. Aufl. 2017, § 45n TKG Rn. 1. 103 Zu Einzelheiten Sodtalbers, in: Spindler / Schuster / Döpkens (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 45n TKG Rn. 5–6. 104 Kiparski, in: Gersdorf / Paal / Bornemann (Hrsg.), BeckOK Informations- und Medienrecht, 17. Aufl. 2017, § 45n TKG Rn. 2; ähnlich Sodtalbers, in: Spindler / Schuster /  Döpkens (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 45n TKG Rn. 2: „Ziel 96

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§ 45n VI TKG macht dazu eingehende Vorgaben, welche die Schutzmechanismen der EU-Roamingverordnung 717/2007 in der Fassung durch die ÄnderungsVO 544/2009 auf rein innerdeutsche Sachverhalte übertragen. In der Rechtsverordnung dürfen laut § 45n I TKG zwar nur Rahmenvorschriften erlassen werden. Für solche bleibt indes kaum Raum, weil die Absätze zwei bis sechs die zu erlassenden Regelungen detailliert beschreiben.105 Insbesondere ermächtigt § 45n VI Nr. 5 TKG dazu, Anbietern öffentlich zugänglicher Telefondienste106 und Anbieter öffentlicher Telekommunikationsnetze107 per Rechtsverordnung zu verpflichten, eine geeignete Einrichtung zur Kostenkontrolle anzubieten, einschließlich unentgeltlicher Warnhinweise (nur) gegenüber Verbrauchern108 bei anormalem oder übermäßigem Verbraucherverhalten. Der Wortlaut legt nahe, „anormal“ subjektiv zu bestimmen, also in Relation zu dem durchschnittlichen Verhalten des konkreten Nutzers oder hilfsweise in Relation zum Verhalten des Durchschnittsnutzers des Tarifs, „übermäßig“ hingegen objektiv in Relation dazu, wie sich ein verständiger Verbraucher verhalten würde.109 Ein streng subjektives Verständnis der ersten Alternative würde allerdings einen hohen Umsetzungsaufwand bedeuten und bei extremen Wenignutzern Warnhinweise schon bei Kleinbeträgen fordern. Dies spricht dafür, in beide Alternativen ein objektivierendes Element hineinzulesen, „anormales“ Verbraucherverhalten also zumindest mit Blick auf den Durchschnittsnutzer zu bestimmen. Bestärkt wird dieses Verständnis durch die vorgeschriebene Orientierung an der Roamingverordnung. Diese sieht Warnhinweise in zwei verschiedenen Varianten vor,110 nämlich (1) als autoist es, ein noch höheres Ausmaß an Markttransparenz zu schaffen. Interessenten können sich mithilfe dieser Informationen bereits vor dem Vertragsabschluss informieren.) 105 So treffend Sodtalbers, in: Spindler / Schuster / Döpkens (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 45n TKG Rn. 3. 106 Siehe dazu die Legaldefinition in § 3 Nr. 17 TKG. Danach geht es nur um Merkmale solcher Dienste, die im Zusammenhang mit der Führung von Gesprächen stehen, insbesondere um Festnetz- und Mobilfunktelefondienste, unabhängig davon, auf welcher technischen Grundlage (analog oder IP), ders., in: Spindler / Schuster / Döpkens (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 45n TKG Rn. 14. 107 Siehe dazu die Legaldefinition in § 3 Nr. 16 TKG. 108 Ebenso die unionsrechtliche Grundlage, Art. 29 Abs. 1 i. V. m. Anhang I Teil A lit. g Universaldienstrichtlinie. 109 Den subjektiven Ansatz betont Sodtalbers, in: Spindler / Schuster / Döpkens (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 45n TKG Rn. 22, demzufolge ein anormales oder übermäßiges Verbraucherverhalten „insbesondere dann vor[liegt], wenn die aktuelle Nutzung besonders auffällig von dem bisherigen Nutzungsverhalten abweicht und hieraus ein im Vergleich zu den vorherigen Abrechnungsperioden drastisch höherer Rechnungsbetrag resultieren wird.“ 110 Ders., in: Spindler / Schuster / Döpkens (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 45n TKG Rn. 22.

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matische ex-ante Tarifinformation zu Beginn der Nutzung, und (2) als ex-post Hinweis über die erfolgte Nutzung im Verhältnis zu einem standardmäßigen (50 €) oder selbstgewählten Höchstbetrag. Erreicht der Verbraucher ihn zu 80 %, wird er gewarnt. Überschreitet er ihn, muss der Anbieter den Dienst sperren und zugleich mitteilen, wie und zu welchen Bedingungen der Verbraucher den Dienst wieder aufnehmen kann.111 Daneben kommen weitere Einrichtungen zur Kostenkontrolle in Betracht, die anders als Warnhinweise nicht auf den Einsatz gegenüber Verbrauchern beschränkt sind. Hierzu gehört, jederzeit den bislang in der laufenden Abrechnungsperiode angefallenen Rechnungsbetrag einsehen oder abfragen zu können.112 Die von § 45n TKG vorgesehene Rechtsverordnung hat einige Jahre auf sich warten lassen,113 ist aber am 1. Juni 2017 in Gestalt der TK-Transparenzverordnung vom 19.12.2016114 in Kraft getreten. Sie ersetzt gemäß Art. 5 II 2 TKG-ÄnderungsG 2012 die §§ 66a-c TKG, auch insoweit, als der Regelungsgehalt der Rechtsverordnung hinter diesen Normen zurückbleibt.115 § 11 I TK-Transparenzverordnung orientiert sich wie zu erwarten eng an § 45n VI Nr. 5 TKG und der aktuellen Fassung der Roamingverordnung.116 Dementsprechend verpflichtet er zu unentgeltlichen Warnhinweisen allein gegenüber Verbrauchern,117 und eröffnet die gleichen Instrumente (nur) auf 111 Zu Einzelheiten Art. 6a II und III VO 717/2007 in der Fassung durch die VO 544/2009, jetzt Art. 15 II und III VO 531/2012 und aus der Literatur ders., in: Spindler / Schuster /  Döpkens (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 45n TKG Rn. 22. 112 Ders., in: Spindler / Schuster / Döpkens (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 45n TKG Rn. 23. 113 Dazu, warum es so lange bis zum Erlass der Rechtsverordnung gedauert hat, siehe Holznagel, NJW 2012, 1622, 1627: „Die Schlacht um die Neuregelungen im TKG ist geschlagen. In den nächsten Monaten wird es darum gehen, die gefundenen (Kompromiss)Lösungen in die Praxis umzusetzen. Dies ist eine schwierige Aufgabe. Die Vorgaben für Warteschleifen erfordern zum Teil mühsame Umstellungen bei den Billingsystemen. Die Bundesnetzagentur muss zahlreiche technische und rechtliche Festlegungen treffen (vgl. nur §§ 41 a II, 43 a III, 45 n VII TKG 2012), die noch detailliert ausgearbeitet werden müssen. Hieran sind regelmäßig die betroffenen Unternehmen, europäischen Stellen oder gar der Bundestag oder weitere Ministerien zu beteiligen. Besondere Herausforderungen ergeben sich, wenn sich die Bundesregierung entschließen sollte, eine Rahmenregelung für die Netzneutralität zu erstellen.“ 114 Verordnung zur Förderung der Transparenz auf dem Telekommunikationsmarkt (TK-Transparenzverordnung – TKTransparenzV) vom 19. Dezember 2016, BGBl. 2016 Teil I Nr. 62, vom 22. Dezember 2016, S. 2977–2982. 115 Kiparski, in: Gersdorf / Paal / Bornemann (Hrsg.), BeckOK Informations- und Medienrecht, 17. Aufl. 2017, § 45n TKG Rn. 9. 116 Dazu die Begründung zum Verordnungsentwurf der Bundesnetzagentur, TKTransparenzV mit Begründung, BT-Drucks. 18/8804, 15.6.2016, S. 24. 117 Kiparski, in: Gersdorf / Paal / Bornemann (Hrsg.), BeckOK Informations- und Medienrecht, 17. Aufl. 2017, § 45n TKG Rn. 12.

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Verlangen auch anderen Endnutzern. Dies gilt, wie § 11 der TK-Transparenzverordnung generell, jedoch nur für inländische Datentarife.118 Gem. § 11 II TK-Transparenzverordnung entfällt die Pflicht des Absatzes eins, wenn Anbieter der Bundesnetzagentur anzeigen, dass dem Verbraucher oder Endnutzer bei erstmalig auftretenden anormalen oder übermäßig hohen Kosten ausschließlich verhältnismäßige Kosten in Rechnung gestellt werden. Die Bundesnetzagentur bejaht das bei nicht mehr als 100 € für eine monatliche Abrechnung.119 Verstoßen Anbieter gegen ihre Pflichten, können die Betroffenen Unterlassung und bei mindestens fahrlässigem Verhalten Schadensersatz beanspruchen, der ab Schadenseintritt zu verzinsen ist, § 44 I TKG.120 III. Fazit Zusammengenommen werden die regulierungsrechtlichen Gegenmaßnahmen die „klassische“ Rechnungsschock-Problematik erheblich eindämmen, allerdings nicht vollständig beheben. Erstens erfasst die Abschaffung von Roaming-Gebühren in der EU nicht Anrufe vom Inland ins Ausland, kein extraterrestrisches Roaming über Satellit etwa auf Kreuzfahrtschiffen und generell nicht Gebiete außerhalb der EU. Zweitens sind unentgeltliche (ex-post) Warnhinweise und Sperren als zuverlässigste Gegenmaßnahmen nur gegenüber Verbrauchern vorgesehen, nicht gegenüber Unternehmen. Das ist durchaus bedeutsam. Zum einen unterscheiden sich Klein- und Kleinstunternehmer nur wenig von Verbrauchern.121 Zum anderen zeigen Erfahrung und Fallrecht, dass auch professionelle Akteure nicht vor Rechnungsschocks gefeit sind. So wurde im Sommer 2010 vom Bild-Chefredakteur Kai Diekmann berichtet, dass er für das Bloggen aus dem Urlaub eine Rechnung von 42.000 € präsentiert bekam, die letztlich der Verlag beglich.122 Kunden, die in Deutschland mit einem ausländischen Tarif telefonieren, sind also nicht erfasst. Weniger ins Gewicht fällt, dass auch Tarife ausgenommen sind, die ein beschränktes Datenvolumen mit einer Geschwindigkeitsreduzierung oder ein unbeschränktes Datenvolumen beinhalten. Bei solchen Tarifstrukturen sieht der Gesetzgeber keine nennenswerte Gefahr schockartiger Rechnungen. 119 Bundesnetzagentur, TKTransparenzV mit Begründung, BT-Drucks. 18/8804, 15.6.2016, S. 24; zum Verordnungsentwurf Sodtalbers, in: Spindler / Schuster / Döpkens (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 45n TKG Rn. 29. 120 Sodtalbers, in: Spindler / Schuster / Döpkens (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 45n TKG Rn. 33; Hoeren, in: Tamm / Tonner / Bergmann (Hrsg.), Verbraucherrecht, 2. Aufl. 2016, § 15 C. Rn. 117 f. 121 Diese Beobachtung hat zu der Forderung geführt, den Verbraucherbegriff entsprechend zu erweitern, siehe prominent Micklitz, Verhandlungen 69. DJT-Gutachten, 2012, Bd. 1, S. A 118, 120. 122 Zu diesem Fall Höhne, jurisPR-ITR 2012, Anm. 4 zu BGH, Urt. v. 15.3.2012 – II ZR 190/11; Forster, SZ 21.6.2017; Niemann, taz 20.6.2010. 118

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Ein Fall des OLG Saarbrücken von 2010123 liefert ein weiteres Beispiel für einen Rechnungsschock eines Unternehmens, im konkreten Fall eines Entsorgungsverbands. Dessen Fernwartungssoftware wählte sich aufgrund einer Fehlfunktion im Minutentakt automatisch jeweils für sehr kurze Zeit ins Internet ein und verursachte einen Rechnungsschock von 83.000 €, als der Anbieter des gewählten „Internet by Call-Tarifs“ das Minutenentgelt deutlich erhöhte und zudem ein beachtliches Entgelt pro Einwahlvorgang einführte. Drittens zeigt Fallmaterial aus Österreich, dass Warnhinweise von Verbrauchern offenbar nicht bei jeder Nutzungsart zuverlässig wahrgenommen werden, etwa wenn eine Sim-Karte mit einem Laptop oder Router genutzt wird.124 Viertens nimmt Art. 15 IV VO 531/2012 Geräte, bei denen eine mobile Datenübertragung von Maschine zu Maschine erfolgt, von den Vorschriften zu Ex-ante-Tarifinformation über Roamingkosten sowie zu Ex-post-Information und Sperre bei Annäherung an (80 %) bzw. Überschreiten des Höchstbetrages aus. Damit liegen Rechnungsschocks im aufkommenden Internet der Dinge nahe. Man denke etwa daran, dass ein Verbraucher ein vernetztes Gerät mit Mobilfunkmodul auf eine Urlaubsreise in das EU-Ausland mitnimmt, oder an den skizzierten Fall der fehlprogrammierten Fernwartungssoftware zwischen Unternehmen. Im Übrigen plädieren Stimmen aus der Literatur dafür, die zivilrechtliche Rechtsprechung zu Rechnungsschocks auf andere Bereiche zu übertragen, namentlich auf Anbieter von Internetportalen oder Internetdiensten.125 Schon deshalb lohnt es, sich auch dann der zivilrechtlichen Seite zuzuwenden, wenn man davon ausgeht, dass es dem Regulierungsrecht nun gelungen sei, das Schreckbild des Rechnungsschocks in seiner bisher dominierenden Spielart so fest ins Auge zu fassen, dass es verschwindet.126 OLG Saarbrücken, NJW-RR 2014, 686. Siehe RTR-GmbH, Tätigkeitsbericht der Schlichtungsstelle, 2010, S. 71 („Die mittlerweile unterschiedlichsten Verwendungen von SIM-Karten in verschiedensten Endgeräten bringen mit sich, dass viele Betroffene diese Informationen [SMS, dass inkludiertes Datenvolumen erreicht ist] gar nicht erhalten, beispielsweise weil SIM-Karten in Routern verwendet werden.“); Goldbacher / Dama, Medien und Recht 2014, 113, 115 („Bei [Warn]SMS-Nachrichten besteht ein besonders hohes Risiko, nicht vom Nutzer des jeweiligen Endgerätes wahrgenommen zu werden. Die Ursachen hierfür können mannigfaltig sein. Sie reichen vom schlichten Übersehenwerden auf Grund der Vielzahl eingehender Nachrichten, unabsichtlichem Löschen, weil sie für eine Werbe-SMS gehalten werden, bis hin zur technischen Unmöglichkeit der Anzeige; Beispiele für den letzteren Fall sind z. B. die Verwendung der SIM-Karte in einem Router oder einer Verbindungssoftware, die die Anzeige eingehender SMS nicht unterstützt.“); siehe auch aus schweizerischer Sicht Sidler, Folgenschwerer Irrtum, Schlichtungsvorschlag Ombudscom, 19.11.2010 (Internetzugriff über einen Laptop mittels SIM-Karte oder Internetstick). 125 Engels, ITRB 2012, 220. 126 Angelehnt an den Ausspruch Gottlieb Fichtes, dass jedes Schreckbild verschwindet, wenn man es fest ins Auge fasst. 123 124

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§ 2 Zivilrecht Das im 2. Kapitel entfaltete Panoptikum von Rechnungsschock-Fällen legt nahe, dass die Gerichte in den dazugehörigen Urteilen nicht völlig deckungsgleiche Lösungswege beschritten haben. Dessen ungeachtet liegt nahezu stets der gleiche Ansatz zugrunde. Der folgende Abschnitt stellt ihn unter besonderer Berücksichtigung der Argumentationsweise des Bundesgerichtshofs vor. Die juristischen Begründungen der unterinstanzlichen Urteile sind eng verwandt und Nuancierungen oft eher terminologisch. Allerdings gibt es interessante Akzente, die anschließend im Überblick gewürdigt werden. I.

Konstruktion des BGH

Ausgangspunkt der höchstrichterlichen Antwort des BGH auf die Rechnungsschock-Fälle war und ist der in ständiger Rechtsprechung bekräftigte Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit, demzufolge jede Partei im Rahmen vertraglicher Beziehungen auf Grund der im Zivilrecht herrschenden Privatautonomie ihre Belange selbst wahrzunehmen hat. Insbesondere obliegt es einem Vertragspartner, selbst darauf bedacht zu sein, die Leistungen seiner Gegenseite nicht in einem Umfang in Anspruch zu nehmen, der zu unerwünscht hohen Entgeltforderungen führt. Ebenso ist jede Partei grundsätzlich selbst dafür verantwortlich, sich die für sie relevanten Informationen zu beschaffen.127 Indes gilt hier wie auch sonst: kein Grundsatz ohne Ausnahmen. Zu diesen ging der BGH ohne Umschweife über. So können nach ebenfalls gefestigter Rechtsprechung in Fallgestaltungen, in denen der Vertragsgegner über eine überlegene Sachkunde verfügt, ihn gem. § 241 II BGB Hinweis- und Aufklärungspflichten zur Wahrung des Leistungs- oder Integritätsinteresses seines Partners treffen, wenn dieser mangels eigener Kenntnisse der Gefährdung seiner Belange nicht selbst ausreichend entgegenwirken kann.128 Auf diese Weise lassen sich privatrechtliche Hinweispflichten begründen, deren Verletzung zu einem Schadensersatzanspruch führt. Dieser kann einem unerwartet hohen Vergütungsanspruch den Schrecken nehmen. Der BGH leitet dabei ausgehend von einer einheitlichen Grundvoraussetzung (I.1.) aus einer Fürsorgepflicht des Diensteanbieters eine abstrakte und eine konkrete Hinweispflicht her (I.2. und I.3.), wobei mit Blick auf letzteres im Sinne eines impossibilium nulla obligatio est 129 der Vorbehalt technischer Machbarkeit hinzutritt.130 127 BGH, NJW 2012, 2103, 2104 Rn. 14; BGH, NJW 2012, 2878, 2879 Rn. 21; aus der Literatur etwa Weiler, in: Tamm / Tonner / Bergmann (Hrsg.), Verbraucherrecht, 2. Aufl. 2016, § 13 Rn. 17. 128 BGH, NJW 2012, 2103, 2104 Rn. 14; BGH, NJW 2012, 2878, 2879 Rn. 22; zuvor etwa BGHZ 64, 46, 49 (kaufvertragsrechtliche Nebenpflicht des Herstellers und Händlers eines Erzeugnisses, von dem spezifische Gefahren ausgehen können, den Vertragspartner aufzuklären und zu warnen).

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1. Anknüpfungspunkt: anspruchsvolle und dynamische Technik Als allgemeine Grundvoraussetzung einer abstrakten und konkreten Warnpflicht formuliert der BGH in beiden Fällen,131 dass nicht spezifisch vorgebildeten Verbrauchern anspruchsvolle Technik angeboten wird, wobei nur die Betreiber über den notwendigen Sachverstand verfügen. Für den Telekommunikationssektor verweist der BGH konkret darauf, dass komplizierte Technik mit vielen, schwer überschaubaren Anwendungsmöglichkeiten und Tarifen zum Einsatz kommt und im Verbund mit der Computertechnologie eine besonders dynamische Fortentwicklung besteht, die der Durchschnittsverbraucher nicht ständig nachverfolgt.132 Das zweite Urteil ergänzt, dass für Nutzer Manipulationsmöglichkeiten Dritter und potenzielle technische Fehler bei der Nutzung schwer zu überschauen sind, die zu einer unerwünscht andauernden Inanspruchnahme von Telekommunikationsangeboten führen. Vor diesem Hintergrund sieht der BGH die zivilrechtliche Hinweis- und Warnpflicht des Anbieters nicht dadurch begrenzt, dass dem Teilnehmer die Nutzung der Leistungen telekommunikationsrechtlich zuzurechnen ist (Maßstab des § 45 i IV 1 TKG).133 Implizit nimmt der BGH damit Abstand von seiner vorherigen Rechtsprechung, in der er den telekommunikationsrechtlichen Zurechnungsmaßstab im Wege ergänzender Vertragsauslegung herangezogen hat, um die Risikobereiche der Parteien eines Telefondienstvertrages abzugrenzen. 134 2. Abstrakter Warnhinweis Auf der geschilderten Grundlage lösen bestimmte Umstände eine abstrakte sowie eine konkrete Hinweispflicht aus. Erstere bejaht der BGH in der Konstellation der „Vertragserweiterung mit Systemwechsel“, die in seinem ersten Rechnungsschock-Urteil vorlag. Der BGH begründete dort mit zwei Aspekten ein Informationsgefälle, das den Anbieter zu einem allgemeinen Warnhinweis verpflichtete: Erstens stellte der BGH darauf ab, dass der Anbieter bei der Einführung eines neuen Dienstes einen Systemwechsel vollzog, indem sich das Entgelt für den Internetzugang nach Datenvolumen anstatt, wie vom Telefonverkehr gewohnt, nach Nutzungsdauer bestimmte, ohne dass der Kunde damit habe rechEs gibt keine Verpflichtung zu Unmöglichem, Dig. 50, 70, 185 (Celsus); zum Streit um die Bedeutung des Satzes etwa Schermaier, AUPA 2006, 241–268. 130 BGH, NJW 2012, 2103, 2104 f. Rn. 14, 19 f., ganz ähnlich BGH, NJW 2012, 2878, 2879 f. Rn. 22 f. 131 BGH, NJW 2012, 2103: Vertragserweiterung mit Systemwechsel; BGH, NJW 2012, 2878: automatisierte Interneteinwahl mit Gerät, das der Kunde auf eigene Faust beschafft hatte. 132 BGH, NJW 2012, 2103, 2104 Rn. 14; BGH, NJW 2012, 2878, 2879 Rn. 22. 133 BGH, NJW 2012, 2878, 2880 Rn. 22. 134 BGHZ 158, 201, 206–208 (noch zu § 16 III 3 TKV). 129

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nen müssen. In der Sache ging es also um ein Informationsgefälle aus einem Überraschungsmoment. Zweitens und damit verbunden erzeugte die schwere Überschaubarkeit des Datenvolumens ein Informationsgefälle hinsichtlich der Folgen der ungewohnten Abrechnung. Beides determinierte sodann den Pflichtinhalt: Hinzuweisen war laut BGH zum einen auf die Abrechnung nach einem anderen Parameter als im Telefonverkehr, zum anderen darauf, dass auch bei Nutzung nicht außergewöhnlich erscheinender Internetangebote sehr große Datenmengen anfallen können. 135 Erfüllen könne der Anbieter diese Pflicht durch Angaben auf Rechnungen oder durch eine SMS.136 Beide Anknüpfungspunkte waren im zeitlichen Kontext – der Fall trug sich zwischen 2004 (Vertragsschluss) und 2007 (Smartphonekauf und -nutzung) zu – überzeugend. Indes hätte ein abstrakter Warnhinweis bei Einführung des neuen Tarifs dem Kunden im konkreten Fall nur geholfen, wenn der Pflichtverstoß auch kausal für den Schaden gewesen wäre, die abstrakte Warnung den Kunden also davon abgehalten hätte, sein Mobilfunkgerät wie geschehen zu nutzen (haftungsausfüllende Kausalität).137 Der BGH vermisste entsprechende Feststellungen der Berufungsinstanz und verwies zurück. Es erscheint indes fraglich, ob der abstrakte Warnhinweis den Rechnungsschrecken beseitigt hätte. Zwar geht die Unaufklärbarkeit, wie der andere Teil bei pflichtgemäßer Information gehandelt hätte, zu Lasten des Aufklärungspflichtigen.138 Allerdings liegt nahe, dass eine abstrakte Vorab-Information in einer späteren Nutzungssituation oft nicht erinnert würde, zumal wenn Kunden sich erwiesenermaßen nicht um „technische Details“ der Nutzung kümmern. Zudem und vor allem waren dem Kunden im konkreten Fall bereits Verbindungen zum Internet mit geringen Beträgen berechnet worden. Die Vorinstanz hatte argumentiert, dass die Entgelte dem Beklagten hierdurch bekannt waren.139 Es steht zu vermuten, dass damit Gleiches für die Abrechnungsmodalitäten galt, wenn sich diese aus den Rechnungen ergaben.140 Von den Rechnungen BGH, NJW 2012, 2103, 2104 Rn. 16. BGH, NJW 2012, 2103, 2104 Rn. 16. 137 BGH, NJW 2012, 2103, 2104 Rn. 17; deutlich in anderem Zusammenhang BGHZ 64, 46, 51 („Allerdings wäre die Verletzung einer Hinweispflicht für den eingetretenen Schaden nur dann ursächlich, wenn pflichtgemäßes Verhalten den Schaden mit Sicherheit verhindert hätte; eine bloße Möglichkeit oder gewisse Wahrscheinlichkeit genügen nicht.“). 138 BGHZ 64, 46, 51. 139 LG Duisburg, Urt. v. 13.7.2011, 11 S 25/11, juris Rn. 24 (diese Aussage findet sich im nachfolgenden BGH-Urteil nicht mehr). 140 Aus dem Vortrag des Beklagten ergab sich zwar auch, dass er wohl nicht überschaut hatte, dass ein Film in hoher Auflösung ein überproportionales Datenvolumen verbraucht, denn er beanstandete die unterschiedlichen Summen für seine zwei Verbindungen (LG Duisburg, Urt. v. 13.7.2011, 11 S 25/11, juris Rn. 26 am Ende). Aber auch insoweit hätte der abstrakte Warnhinweis vermutlich nicht geholfen. Der Beklagte hatte bisher gute Erfahrungen mit dem Internetzugang im neuen Tarif gemacht, die bisherigen Rechnungen 135 136

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keine Kenntnis zu nehmen, wäre wiederum grob fahrlässig gewesen und hätte einen Schadensersatzanspruch gem. § 254 I BGB entfallen lassen.141 Außerdem hat der BGH mit Blick darauf, dass ein Warnhinweis unbeachtet geblieben wäre, einen Beweis des ersten Anscheins für möglich erachtet.142 3. Konkreter Warnhinweis mit Sperrung Der BGH ergänzte indes eine Pflicht zu einem konkreten Warnhinweis. Ein solcher sei zu erteilen, wenn die Kosten der jeweiligen Inanspruchnahme des Internetdienstes den üblicherweise von einem durchschnittlichen Nutzer ausgeschöpften Rahmen signifikant übersteigen, so dass die Gefahr unbewusster Selbstschädigung naheliegt.143 Diese Hinweispflicht knüpft der BGH an zwei weitere Voraussetzungen: Erstens darf der Nutzer im Gegensatz zum Anbieter keine zureichende Möglichkeit haben, das Entgeltaufkommen für Internetverbindungen zu verfolgen. Das ist laut BGH der Fall, wenn es dem Durchschnittskunden unmöglich oder unzumutbar ist, eine Warnanzeige zu installieren und wahrzunehmen, während der Anbieter die Datenmengen ohnehin zur Entgeltermittlung und Abrechnung erfasst.144 Zweitens muss der Anbieter technisch und wirtschaftlich zumutbar in der Lage sein, das übliche Entgeltaufkommen des Kunden festzustellen, mit dem aktuellen Gebührenanfall abzugleichen und während des laufenden Datenverkehrs eine Warnung zu versenden. Lässt sich das übliche Entgeltaufkommen des Kunden nicht individuell erfassen, ist auf den Durchschnittsnutzer abzustellen.145 Unter diesen Umständen ist der Telekommunikationsanbieter bei ungewöhnlichem Nutzungsverhalten mit einer Kostenexplosion zur Schadensbegrenzung gehalten, den Kunden zu warnen und den Internetzugang ggf. kurzhatten sich stets auf geringe Beträge belaufen. Vor diesem Hintergrund erscheint es zumindest fraglich, dass er einen Hinweis auf schwer überschaubare Datenvolumina zum Anlass genommen hätte, seine Internetnutzung im Volumentarif einzustellen. 141 In diesem Sinne zur konkreten Warnpflicht (dazu sogleich) das zweite Rechnungsschock-Urteil BGH, NJW 2012, 2878, 2880 Rn. 29. 142 BGHZ 64, 46, 52; allg. zur streitigen Frage, ob ein Anscheinsbeweis für ein bestimmtes individuelles menschliches Verhalten sprechen kann Foerste, in: Musielak / Voit /  Ball u. a. (Hrsg.), Zivilprozessordnung, 14. Aufl. 2017, § 286 Rn. 30; Saenger, in: Musielak / Voit / Ball u. a. (Hrsg.), Zivilprozessordnung, 14. Aufl. 2017, § 286 Rn. 43. 143 BGH, NJW 2012, 2103, 2104 Rn. 18. 144 BGH, NJW 2012, 2103, 2104 f. Rn. 19. 145 BGH, NJW 2012, 2103, 2105 Rn. 20. Hierfür ist grundsätzlich der Nutzer darlegungs- und beweispflichtig. Allerdings dürfen laut BGH an die Substantiierung keine hohen Anforderungen gestellt werden. Vielmehr trifft den Anbieter eine sekundäre Darlegungslast, weil der Nutzer keinen Einblick in die technischen Möglichkeiten haben kann, welche den Diensteanbietern im maßgeblichen Zeitraum zur Verfügung standen, der Anbieter hingegen die wesentlichen Tatsachen kennt und ihm nähere Angaben möglich und zumutbar sind (a. a. O. Rn. 21).

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fristig zu sperren. Bei automatisierter Abrechnung muss der Anbieter hierzu, sofern technisch möglich, entsprechende Computerprogramme nutzen, die ein abweichendes Verhalten erkennen. Wird der Diensteanbieter diesen Vorgaben nicht gerecht, macht er sich laut BGH schadensersatzpflichtig, sofern er die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Mit Blick auf letzteres verlangt der BGH keine Pionierleistungen, aber einen proaktiv kundenfreundlichen Standard: Der Anbieter handelt trotz unterlassener und technisch machbarer Warnhinweise (nur) dann nicht fahrlässig, wenn die praktische Anwendung der technischen Möglichkeiten noch völlig unüblich war.146 Hieraus folgt zugleich, dass regulierungsrechtliche Vorgaben den zivilrechtlichen Sorgfaltsstandard anheben, sobald sie – ggf. schon vor Inkrafttreten – teilweise am Markt umgesetzt werden.147 Wenn und soweit eine unterbliebene konkrete Warnung einen Schadensersatzanspruch des Nutzers aus §§ 280 I, 241 II BGB begründete,148 kann dieser dem Vergütungsanspruch entgegengehalten werden, wozu der BGH auf den Grundsatz des dolo agit, qui petit quod statim redditurus est verweist. 149 Somit kam es im ersten Urteil (Konstellation: Vertragserweiterung mit Systemwechsel) nicht mehr auf den Einwand fehlender haftungsausfüllender Kausalität der Verletzung der abstrakten Warnpflicht an. Im zweiten RechnungsschockUrteil (automatisierte Interneteinwahl mit vom Kunden beschafftem Gerät) stand ohnehin nur die Pflicht zu einem konkreten Warnhinweis in Rede. Allerdings entfällt ein Schadenersatzanspruch, soweit den Kunden trotz unterlassener Warnung ein überwiegendes Verschulden gegen sich selbst trifft, § 254 II HS 2 BGB. Sobald der Teilnehmer durch Zugang einer Rechnung konkrete Hinweise auf einen irregulären Kostenanstieg hat, obliegt es ihm, eine in seiner Sphäre liegende Ursache unverzüglich abzustellen. Andernfalls verliert er insoweit seinen Ersatzanspruch.150 II. Instanzgerichtliche Rechtsprechung Der BGH knüpfte mit seinen Urteilen aus dem Jahr 2012 an unterinstanzliche Rechtsprechung aus den Vorjahren an und lag zugleich auf einer Linie mit parallelen unterinstanzlichen Entscheidungen. Die dogmatische Konstruktion der Instanzgerichte ist im Kern deckungsgleich, auch wenn die Aussagen zu BGH, NJW 2012, 2103, 2105 Rn. 22. Dies könnte erklären, warum der BGH ausdrücklich auf die Ermächtigungsgrundlage in § 45 VI 1 Nr. 5 TKG einging, obgleich die zuständige Behörde sie zur Zeit der Entscheidung noch nicht genutzt hatte. Laut BGH schließt das nicht aus, dass eine entsprechende Nebenpflicht aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Mobilfunkvertrag bestand, BGH, NJW 2012, 2103 f. Rn. 12 f. 148 BGH, NJW 2012, 2878 amtlicher Leitsatz Nr. 2 sowie S. 2879 Rn. 18. 149 BGH, NJW 2012, 2103. 150 BGH, NJW 2012, 2878, 2880 f. Rn. 29. 146 147

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den Voraussetzungen für eine Warn- und Hinweispflicht stärker dem Einzelfall verhaftet bleiben und weniger ausziseliert werden. 1. Anknüpfungspunkt: erhöhte Schutzpflicht im Dauerschuldverhältnis Die deutlichste Nähe zur Begründung des BGH weist ein Urteil des Landgerichts Bonn aus dem Jahr 2010 auf. Das LG Bonn entschied im skizzierten Fall des Rechnungsschocks durch einen Router, den die Kundin vom Telekommunikationsdiensteanbieter erworben hatte,151 bereits ganz ähnlich wie später der BGH für den Fall eines vom Kunden angeschafften Routers. Das LG Bonn stellt allerdings nicht entscheidend auf das Angebot anspruchsvoller Technik gegenüber nicht spezifisch vorgebildeten Verbrauchern ab, obgleich das im Fall eines vom Anbieter erhaltenen Routers näher gelegen hätte, als wenn der Kunde ein Gerät von dritter Seite anschafft. Vielmehr verwies das LG auf den Charakter des Telekommunikationsvertrags als Dauerschuldverhältnis. In einem Dauerschuldverhältnis, in dem regelmäßig und kurzfristig Leistungen und Geldzahlungen ausgetauscht werden, bestehe die vertragliche Nebenpflicht beider Partner, für eine möglichst reibungslose und transparente Abwicklung zu sorgen. Dazu gehöre die Fürsorgepflicht, möglichst Schaden von der anderen Seite abzuwenden und deshalb kurzfristig auf ein schadensträchtiges Verhalten der anderen Seite zu reagieren.152 Die weiteren Folgerungen lieferten ersichtlich die Blaupause für die spätere BGH-Linie: Angesichts des ungewöhnlichen Internet-Nutzungsverhaltens der Kundin in krassem Widerspruch zum gewählten Tarif mit der Folge einer Kostenexplosion habe sich eine ungewollte Selbstschädigung aufdrängen müssen153 – einen Topos, den der BGH übernahm. Der Anbieter sei im Massengeschäft mit Telekommunikationsverträgen verpflichtet, auf Ausreißer zu achten und die sicherste Art der Schadensbegrenzung zu wählen, nämlich den Internetzugang kurzfristig zu sperren, und den Kunden auf sein ungewöhnliches Nutzungsverhalten hinzuweisen154 – auch diese Vorgabe hat der BGH nachfolgend übernommen, wenngleich mit umgekehrter Priorität von Sperrung und Warnung. Ebenso lastete bereits das Landgericht der Nutzerin ein Mitverschulden bei der Schadensentstehung an, weil sie Rechnungen und Lastschriften nicht kontrolliert hatte, setzte das allerdings kundenfreundlicher um.155 Oben 2. Kapitel § 2 II. S. 9. LG Bonn, CR 2011, 21, 22. 153 LG Bonn, CR 2011, 21, 22. 154 LG Bonn, CR 2011, 21, 22. 155 Während laut BGH nach Zugang einer Rechnung weitere Ersatzansprüche aufgrund überwiegenden Mitverschuldens entfallen, berücksichtigte das LG Bonn das Mitverschulden nur dergestalt, dass der klagenden Nutzerin unterstellt wurde, sie hätte einen InternetFlatrate-Tarif gewählt, den die Kammer mit monatlich 50 € inkl. MwSt ansetzte. Dabei ist 151 152

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Die dogmatische Anknüpfung an erhöhte Fürsorgepflichten im Dauerschuldverhältnis wählte ebenfalls das LG Potsdam in einem Fall, der zwischen der Konstellation der Vertragserweiterung mit Systemwechsel und jener eines eigenständigen Smartphone-Kaufs durch den Kunden lag. Das LG Potsdam verneinte zwar schon die wirksame Erweiterung des ursprünglich auf Mobiltelefonie beschränkten Vertrages um mobiles Internet zu dem vom Anbieter geforderten Preis.156 Hilfsweise verwies es aber mit der gleichen Formel wie das LG Bonn und andere Gerichte in Rechnungsschock-Fällen auf erhöhte Rücksichtnahmepflichten im Dauerschuldverhältnis mit regelmäßigem kurzfristigen Leistungsaustausch.157 Daher entfalle der geltend gemachte schockartige Zahlungsanspruch jedenfalls auch mit Blick darauf, dass der Telekommunikationsdienstleister anlässlich der Anfrage des Nutzers von Zugangsdaten für das mobile Internet auf die Möglichkeit einer Flatrate hätte zu sprechen kommen und dem Nutzer einen warnenden Hinweis erteilen müssen, dass eine Flatrate von 10 € monatlich die Kostenrisiken einer Internetnutzung wirksam begrenzen konnte.158 2. Vom Anbieter erhaltenes Gerät: keine Entlastung durch Gebrauchshinweise Vor allem wenn der Kunde einen Router oder ein Smartphone vom Anbieter erwirbt, stellt sich die Frage, ob dieser einer konkreten Hinweispflicht mit einer abstrakten Warnung in der Bedienungsanleitung zuvorkommen kann, dass durch die Ingebrauchnahme des Gerätes höhere Kosten entstehen können. Naheliegend und einsichtig ist zunächst, dass der Telekommunikationsdiensteanbieter und Smartphone-Verkäufer den Kunden nicht ohne weiteres auf eine nur im Internet verfügbare Bedienungsanleitung des SmartphoneHerstellers verweisen kann. Eine solche kann Warnhinweise des Vertragspartners, die etwa durch einen Hinweiszettel im Gerätekarton erfolgen könnten, nicht ersetzen.159 Dem Verbraucher obliegt es nicht, eigenständig im Internet zu recherchieren, um dort etwaige verfügbare Anleitungen und Warnhinweise aufzufinden. Die Rechtsprechung hat sich aber auch restriktiv gezeigt, soweit der Telekommunikationsdiensteanbieter und Smartphone-Verkäufer auf eine Warnung in der beigefügten Gebrauchsanleitung verwiesen hat. Das LG Bonn verwarf eine solche Argumentation im skizzierten Fall eines vom Anbieter erworbenen allerdings zu beachten, dass sich die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum in einer schwierigen Schwangerschaft befand und deshalb weniger strengeren Anforderungen unterlag als der Kunde im späteren Fall des BGH. 156 LG Potsdam, Urt. v. 21.8.2012, 4 O 55/12, CR 2013, 380-383, Rn. 22–32. 157 LG Potsdam, Urt. v. 21.8.2012, 4 O 55/12, CR 2013, 380-383, Rn. 34. 158 LG Potsdam, Urt. v. 21.8.2012, 4 O 55/12, CR 2013, 380-383, Rn. 33 f. 159 OLG Schleswig, MMR 2011, 836, 838.

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und sodann vom Kunden installierten Routers.160 Es gestand zwar zu, dass die Installation und Konfiguration eines Routers grundsätzlich in der Risikosphäre des Kunden liegt, der diese Installation und Konfiguration selbst vornimmt. 161 Der Anbieter habe trotzdem auf Ausreißer achten müssen, weil es auf der Hand liege, dass unter den vielen Kunden, die Telekommunikationsgeräte selbst installieren wollen, „zahlreiche technisch ungeschickte, unbeholfene und unbegabte Personen sind, die durch eine Bedienungsanleitung mit 168 Seiten […] eher verwirrt werden, als dass ihnen damit geholfen wird.“162 3. Smartphone-Verkauf: vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflicht? Das OLG Schleswig ging ebenfalls von dem Charakter des Telekommunikationsdienstvertrages als Dauerschuldverhältnis aus, welches als Nebenpflicht i. S. v. § 241 II BGB u. a. die Fürsorgepflicht beinhalte, mögliche Schäden von der anderen Seite abzuwenden.163 Im konkreten Fall ließ sich eine solche Nebenpflichtverletzung damit begründen, dass der klagende Anbieter dem langjährigen Mobilfunkkunden ein Smartphone mit Navigationssoftware ohne nachdrückliche Warnung vor einer Kostenfalle verkaufte, die dem Anbieter bekannt war und sich aus der automatisch startenden Kartenaktualisierung mit hohem Datenvolumen ergab.164 Dass der Kunde bereits Erfahrung mit dem Herunterladen von Daten hatte, ließ das OLG nicht gelten, weil es an der fehlenden Überschaubarkeit des Updatevolumens nichts änderte.165 Dogmatisch wäre es hier allerdings naheliegend, die Warnpflicht als vorvertragliche Pflicht mit Blick auf den sich anbahnenden Kaufvertrag zu konstruieren. In der Literatur wird das Urteil mitunter auch in diesem Sinne verstanden.166 Dies erfasst die Ansicht des OLG allerdings nicht zutreffend.167 Oben 2. Kapitel § 2 II. S. 9 und bereits soeben 3. Kapitel § 2 II.1. S. 32. LG Bonn, CR 2011, 21. 162 LG Bonn, CR 2011, 21, 22; a. A. später das AG Soltau, NJW-RR 201, 1468: Obliegenheit des Kunden, die Bedienungsanleitung sorgfältig zu lesen. 163 OLG Schleswig, MMR 2011, 836. 164 OLG Schleswig, MMR 2011, 836, 837. 165 OLG Schleswig, MMR 2011, 836, 837. Dabei dürfte die – zumindest aus heutiger Sicht nicht ohne weiteres überzeugende – Erwägung des OLG eine Rolle gespielt haben, der Käufer eines Mobiltelefons mit Navigationssoftware gehe davon aus, dass diese auf aktuellem Stand sei. Müsse er sich im Laufe der Installation entscheiden, ob er eine Kartenaktualisierung in Gang setzen will, so werde und dürfe er mangels abweichender Hinweise denken, dass er nur so und ohne weitere Kosten an die ihm nach dem Kaufvertrag zustehende aktuelle Software gelangen kann, OLG Schleswig, MMR 2011, 836, 838. 166 Siehe Kosmides, in: Schneider / Antoine / Backu u. a. (Hrsg.), Handbuch EDV-Recht, 5. Aufl. 2017, Rn. 160. 167 Das OLG stellt wiederholt ausdrücklich auf Fürsorgepflichten aus dem Dauerschuldverhältnis „Mobilfunkvertrag“ ab, siehe OLG Schleswig, MMR 2011, 836, 837 („Jedenfalls hat die Kl. ihre Nebenpflicht aus dem Dauerschuldverhältnis verletzt, das 160 161

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Im Sinne einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht entschied dafür das LG Münster in einem ganz ähnlichen Fall zu demselben Navigationsprogramm, wobei der langjährige Kunde das rechnungsschockaffine Smartphone gemietet hatte.168 Der Sachverhalt war insofern besonders deutlich, als der befasste Mitarbeiter dem Kunden ausdrücklich zu einem Volumentarif geraten hatte, der überdies irreführend bepreist war.169 4. Sonderfall Roaming Bevor eine unionsrechtliche Handhabe zur Verfügung stand, hat die Rechtsprechung Telekommunikationsdiensteanbietern nach dem bekannten Muster wegen überlegener Sachkunde eine Nebenpflicht aus dem Dienstvertrag auferlegt, einen Mobilfunknutzer darauf hinzuweisen, dass er durch die Inanspruchnahme des ausländischen Netzes exorbitant hohe Kosten verursacht.170 Der Anbieter könne von seinen Kunden nicht verlangen, durch Eingriff in die Hardware, zu denen im Zweifel nicht jeder Nutzer in der Lage ist, selbst dafür zu sorgen, dass keine ungewollte Einwahl in ausländische Netze stattfindet. Gleiches gelte mit Blick darauf, dass auf dem Display des Mobiltelefons erkennbar ist, wenn ausländische Netze genutzt werden, da sich hieraus für den durchschnittlichen Benutzer nicht ohne Weiteres exorbitant hohe Durchleitungsgebühren erschlössen.171 Im Übrigen sind Rechnungsschocks durch Roaming insoweit ein Sonderfall, als die fortschreitende unionsrechtliche Regulierung weitere Ansatzpunkte geliefert hat, um Kunden vor der Belastung mit hohen Kosten zu

Vermögen ihres Kunden zu schützen, indem sie ihm i.R.d. Dauerschuldverhältnisses Mobilfunkvertrag durch gesonderten Vertrag ein Mobiltelefon mit einer Navigationssoftware verkaufte, ohne nachdrücklich darauf hinzuweisen, dass die automatisch startende Kartenaktualisierung bei seinem Vertrag, der sich nach ihrer Nutzungsempfehlung nur bis 0,5 MB rechnete, wegen sonst entstehender besonders hoher Kosten unbedingt abgebrochen werden müsse.“), S. 838 („Aus den dargelegten Umständen ergab sich im Dauerschuldverhältnis die Pflicht der Kl., den Bekl. nachdrücklich darauf hinzuweisen, dass bei einem bestimmten Installationsschritt wegen sonst drohender hoher Kosten die automatisch startende Kartenaktualisierung abzubrechen ist.“). 168 LG Münster, Urt. v. 18.1.2011 – 6 S 93/10, K&R 2011, 358, Rn. 15 f.: „Aufklärungspflicht gemäß § 242 BGB […], wenn der Vertragspartner nach Treu und Glauben und den im Verkehr herrschenden Anschauungen redlicherweise Aufklärung erwarten darf – beispielsweise im Hinblick auf die Umstände, die für den Vertragsschluss von wesentlicher Bedeutung sind […].“; dazu die Anmerkungen Schmidt, jurisPR-ITR 7/2011, Anm. 4 und ders., MMR 2011, 838 f. 169 LG Münster, Urt. v. 18.1.2011 – 6 S 93/10, K&R 2011, 358, Rn. 19: Mit der vereinbarten Abrechnungseinheit von 0,006 € / Kilobyte für Internet-Verbindungen bzw. 0,02 € /  Kilobyte für WAP-Verbindungen wurde ein besonders niedriger Preis suggeriert. 170 LG Kleve, Urt. v. 15.6.2011 – 2 O 9/11. 171 LG Kleve, Urt. v. 15.6.2011 – 2 O 9/11.

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schützen. Dies illustriert der oben skizzierte Fall des AG Düsseldorf.172 Das Gericht wiederholte zwar die mit dem Segen des BGH ausgestattete Rechtsprechung zu Schutzpflichten des Mobilfunkanbieters gegenüber Kunden, um unerwartet hohe Rechnungen durch Warnmitteilungen sowie Cut-Off-Mechanismen zu vermeiden.173 Es konnte aber zudem die Hinweis- und Aufklärungspflichten der Roaming-VO 531/2012 in Stellung bringen.174 Im konkreten Fall hatte der Anbieter diese nicht vollständig erfüllt: Zwar hatte er gem. Art. 15 III UA 2 und 3 der VO 531/2012 das Überschreiten des monatlich abzurechnenden Höchstbetrags gemeldet und den Kunden informiert, wie er eine weitere Nutzung veranlassen konnte. Unterblieben war aber die in Art. 15 III UA 7 VO 531/2012 geforderte Information darüber, welche Kosten für jede weitere Nutzungseinheit anfallen. Die Entschuldigung des Anbieters, ihm seien die Kosten der örtlichen Netzbetreiberin nicht bekannt gewesen, verwarf das Gericht, da er nicht einmal über seine eigenen Kosten informiert habe.175 Den Schadensersatzanspruch leitete das Gericht aus §§ 280 I, 241 II BGB i. V. m. Art. 15 III, VI VO 531/2012 wegen Verletzung einer Warn- und Fürsorgepflicht her.176 Dabei musste sich der Kunde gem. § 254 BGB eine Anspruchskürzung gefallen lassen, weil er die Nutzung trotz mehrfacher Warnhinweise fortgesetzt hatte, ohne sich über die Kosten zu informieren. Dogmatisch legte das AG die vertragliche Warn- und Fürsorgepflicht also offenbar dergestalt unionsrechtskonform aus, dass die Vorgaben der Roaming-VO in den Vertrag „inkorporiert“ werden. Einfacher und naheliegender wäre gewesen, die Roaming-VO als Schutzgesetz im Sinne von § 823 II BGB anzusehen.177 AG Düsseldorf, NJW-RR 2015, 570. AG Düsseldorf, NJW-RR 2015, 570, 571. 174 Dabei formuliert das AG Düsseldorf, NJW-RR 2015, 570, 571 etwas unglücklich, in der Roaming-VO 531/2012 seien die Hinweis- und Aufklärungspflichten des Mobilfunkanbieters kodifiziert worden, welche das AG zuvor als etablierte deutsche Rechtsprechung dargestellt hat. 175 AG Düsseldorf, NJW-RR 2015, 570, 571. Im Übrigen war der Anbieter den Pflichten aus der Roaming-VO gerecht geworden, obwohl im Fall der Sohn der Klägerin die Warnmeldungen erhalten und beantwortet hatte. Die Roaming-VO stellt zwar bei den Schutzvorschriften des Art. 15 III VO 531/2012 auf den „Roamingkunden“ ab, der in Art. 2 II lit. g) VO 531/2012 als Vertragspartner des Roaminganbieters, nicht als der Geräteinhaber, definiert ist. Dies spricht dafür, dass Sperren, die sich durch eine einfache SMS mit „JA“ außer Kraft setzen lassen, der Roaming-VO nicht genügen, sondern zusätzlich die Eingabe des Kundenkennwortes zu verlangen ist (in diesem Sinne mit sorgfältiger Argumentation der österreichische VwGH, Erkenntnis vom 26.6.2013, Geschäftszahl 2013/ 03/0065). Dies hatte der Anbieter im Streitfall aber getan. Mehr kann von ihm nicht verlangt werden. 176 AG Düsseldorf, NJW-RR 2015, 570. 177 Zu dieser Möglichkeit statt vieler MünchKomm BGB / Wagner, 7. Aufl. 2017, § 823 Rn. 481. Dies ist auch unionsrechtlich geboten: Die Roaming.VO 531/2012 hat ausdrück172 173

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5. Strengere Tendenzen Alles in allem zeigen sich Instanzgerichte und BGH außerordentlich verbraucherfreundlich: Internetnutzer konnten sich sogar dann, wenn sie auf eigene Faust Smartphones oder Router von Dritten erworben und in Betrieb genommen haben, darauf verlassen, dass ihr Telekommunikationsdiensteanbieter sie bei einem etwaigen unsachgerechten Umgang mit dem Drittgerät warnte. Es gereichte den Verbrauchern in den dargestellten Urteilen dabei weder zum Nachteil, wenn sie eine längere Gebrauchsanleitung nicht studiert hatten, noch wenn sie die Einbuchung in ein ausländisches Mobilfunknetz nicht zum Anlass für vorsichtige Internetnutzung genommen hatten, noch der Umstand, dass sie bereits Erfahrungen mit dem Herunterladen von Daten gesammelt hatten. In jüngerer Zeit zeigt sich die Rechtsprechung allerdings mitunter auch strenger: So grenzte das LG Trier178 den skizzierten Fall des geliehenen Smartphones ab. Hier habe der verklagte Nutzer nicht erwarten dürfen, dass der klagende Anbieter ihn auf die spezifischen Risiken hinweist, die mit der Nutzung des Smartphones im gewählten Tarif verbunden sind. Denn der Nutzer habe das Smartphone von einer dritten Person leihweise erhalten, ohne dass der Anbieter in die Vermittlung einbezogen war. Diese Erwägung ist gut nachvollziehbar, hätte allerdings ebenso in den zitierten Fällen der Interneteinwahl mit einem durch den Kunden beschafften Gerät dazu führen können, eine Warnpflicht zu verneinen. Das AG Soltau179 hat sich sogar in einem Fall des Smartphonekaufs beim Telekommunikationsdiensteanbieter dezidiert gegen die herkömmliche Rechtsprechung gestellt, wobei zu beachten ist, dass der Anbieter hier sämtliche Beträge wieder gutgeschrieben und eine Internetsperre eingerichtet hatte, so dass es nur (noch) darum ging, ob der Kunde außerordentlich und fristlos kündigen durfte.180 Der in Rede stehende Mobilfunkvertrag war bereits 1998 geschlossen worden. Jahre später erwarb der Kunde vom Mobilfunkanbieter ein Smartphone. Dessen Bedienungsanleitung wies zwar darauf hin, dass durch die Nutzung erhöhte Kosten entstehen können. Nach der oben dargestellten Rechtsprechung hätte das den Anbieter aber nicht von einem abstrakten und konkreten Warnhinweis entbunden. Demgegenüber bezog das AG Soltau den Standpunkt, der Kunde habe davon ausgehen müssen, dass der Anbieter Datenvolumen vergütet haben will, wenn inzwischen Internetnutzung mit einem Mobilfunkgerät möglich ist. Eine Pflicht, den Kunden im Vorfeld gesondert vor zusätzlichen Kosten zu warnen, lehnte das Gericht lich einen kundenschützenden Zweck (siehe etwa Erwägungsgründe 17, 20, 23, 75, 84, 86– 89, 95) und verlangt zudem gem. Art. 18 S. 2 wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen. 178 LG Trier, MMR 2013, 746. 179 AG Soltau, NJW-RR 2014, 1468; dazu bereits oben Fn. 54. 180 AG Soltau, NJW-RR 2014, 1468 f. Rn. 15 f.

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3. Kapitel: Zweigleisige Reaktion der Rechtsordnung

ausdrücklich ab. Dass der Kunde ein Smartphone beim Anbieter bestellt habe, ohne seinen Tarif anzupassen, liege in seiner Eigenverantwortung. Zudem hielt das Gericht dem Nutzer den Hinweis auf erhöhte Kosten in der Gebrauchsanleitung entgegen – angesichts dessen wäre es ihm zuzumuten gewesen, sich über Kosten der Internetnutzung zu informieren. Ähnlich strikt urteilte schon 2012 das LG Flensburg in einem Fall aus dem Jahr 2010. Der verklagte Anbieter sei aufgrund des ausdrücklich vereinbarten „by-Call”-Tarifs im 2005 geschlossenen und 2007 verlängerten Vertrag nicht gem. §§ 631, 280 I, 241 II BGB zu einer Information verpflichtet gewesen. Denn der klagende Nutzer habe die Vereinbarung einer Abrechnung von Internetverbindungen „by-Call” gekannt. 181 Die – technisch naheliegende – Behauptung, es handele sich um ein Handy, das sich selbstständig ins Internet einwähle, wischte das Gericht als ersichtlich „ins Blaue” beiseite.

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LG Flensburg, MMR 2013, 242, 243.

4. Kapitel

Rechtsdogmatik, Rechtsvergleichung und Rechtsökonomik Auf den ersten Blick liegt es nahe, in den strengeren Tendenzen einzelner neuerer Urteile einen Hinweis darauf zu sehen, dass die Gerichte ihre Anforderungen an sorgfältiges Verbraucherverhalten daran anpassen, dass Mobilfunk und mobiles Internet zunehmend alltäglich geworden sind. Indes ging es mitunter um sehr langlaufende Verträge und somit um Kunden, die kaum zu jenen „digital natives“ gehört haben dürften, die bereits wie selbstverständlich mit Mobiltelefonie und mobilem Internet aufgewachsen sind. Überdies haben der deutsche und europäische Gesetzgeber im Regulierungsrecht trotz oder gerade wegen der zunehmenden Alltäglichkeit mobiler Datennutzung den Schutz vor Rechnungsschocks stark ausgebaut. Diese Wertung spricht dagegen, die Anforderungen an Verbraucher im Zivilrecht gleichsam nach Ablauf einer Schonfrist zur Eingewöhnung strenger zu fassen. Vor diesem Hintergrund liegt es näher, dass die uneinheitlichen Bewertungen, welche Umsicht einem Nutzer abzuverlangen ist, auf mangelnde dogmatische Tragfähigkeit und Konsistenz der herkömmlichen zivilrechtlichen Lösung hindeuten. Um sich dem zu nähern, ordne ich im Folgenden zunächst die in Rede stehenden Verträge und Pflichten ein (§ 1), untersuche sodann die dogmatische Grundlage der Rechtsprechungslösung (§ 2) und zeige ihre sachlichen Probleme auf (§ 3). Meine Kritik überprüfe ich mit rechtsvergleichenden Seitenblicken (§ 4) und rechtsökonomischen Überlegungen (§ 5), bevor ich abschließend alternative zivilrechtliche Lösungsansätze prüfe und aufzeige, wie sich hiermit sachgerechte und stimmige Ergebnisse erzielen lassen (§ 6).

§ 1 Zivilrechtliche Einordnung I.

Verträge über die Nutzung mobiler Telefonie und des Internets

1. Telefon- bzw. Mobilfunkvertrag Wenn Kunden das Telefonfestnetz, Mobiltelefonie und/oder Internet bei einem bestimmten Anbieter nutzen, stehen mehrere vertragliche Leistungen in Rede.

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4. Kapitel: Rechtsdogmatik, Rechtsvergleichung und Rechtsökonomik

Vereinbart der Anschlussinhaber mit einem Teilnehmernetzbetreiber, dass dieser eine Leitung freischaltet, über welche der Anschlussinhaber Sprache und Daten austauschen kann, handelt es sich laut herrschender Ansicht in der Regel um einen Dienstvertrag in Form eines Dauerschuldverhältnisses.182 Dieser sogenannte „Telefondienstvertrag“ verpflichtet den Teilnehmernetzbetreiber, den Zugang zu dem öffentlichen Telekommunikationsnetz zu eröffnen und zu ermöglichen, unter Aufbau abgehender und Entgegennahme ankommender Telefonverbindungen mit anderen Teilnehmern eines Telefonfest- oder Mobilfunknetzes Sprache und sonstige Daten auszutauschen.183 Die Qualifikation als Dienstvertrag ist nicht unumstritten. Eingewandt wird, dass der Kunde nicht nur ein Bemühen des Anbieters, sondern eine funktionsfähige Verbindung erwartet und – abseits pauschaler Grundgebühren oder Flatrates – auch nur erfolgreiche Verbindungen zu bezahlen sind. Ein Teil der Literatur und vereinzelt die unterinstanzliche Rechtsprechung nehmen daher statt eines Dienstvertrages einen Werkvertrag an184 oder befürworten differenzierende Lösungen.185 Auch eine mietrechtliche Einordnung ist verschiedentlich vertreten worden, vor allem, aber nicht nur, für das Festnetz.186 2. Access-Providing-Vertrag In vielen neueren Rechnungsschock-Fällen erwiesen sich nicht Telefon- sondern Internetverbindungen als Kostentreiber. Für die Verschaffung eines Internetzugangs hat sich der Anglizismus „Access-Providing“187 eingebürEtwa BGH, CR 2006, 454; BGHZ 158, 201, 203 = NJW 2004, 1590, 1591; BGH, NJW 2002, 361, 362; Palandt / Sprau, 76. Aufl. 2017, vor § 631 Rn. 28; Schuster /  Sassenberg, CR 2011, 15, 16; krit. und a. A. Schuster, CR 2006, 444 ff. 183 BGH, NJW 2007, 438; BGH, CR 2006, 454; BGHZ 158, 201, 203 = BGH, NJW 2004, 1590, 1591; BGH, NJW 1998, 3188, 3191; zum Mobilfunkvertrag BGH, NJW 2002, 361, 362; LG Heidelberg, NJW 2002, 2960, 2961 (bzgl. Vertrag über ISDN-Basisanschluss mit mehreren Rufnummern); zur Bezeichnung ferner OLG Hamm, NJW 2003, 760 (bzgl. Telefon- und Faxverbindungen aus dem Festnetz); aus der Literatur Graf von Westphalen /  Grote / Pohle, Der Telefondienstvertrag, 2001, 21, 25. 184 Aus der Rechtsprechung z. B. AG Duisburg, Urt. v. 4.1.2011, 2 C 2984/10, juris Rn. 13: Zahlungsanspruch aus gem. § 631 I BGB in Verbindung mit dem geschlossenen Mobilfunkvertrag; zur Literatur siehe die Nachweise bei Schuster, CR 2006, 444, 449. 185 Etwa Köhler, Der Mobilfunkvertrag, 2005, S. 86–102 (Laufzeitmobilfunkvertrag), 104–108 (Prepaid-Vertrag): Erstmalige Überlassung des Mobilfunkanschlusses unterfällt §§ 631 ff. BGB, Zeitraum der dauerhaften Bereitstellung des funktionsfähigen Anschlusses §§ 611 ff. BGB. 186 Siehe die Nachweise bei Spindler, in: Spindler / Bettinger (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004, S. 239, 289 Rn. 84. 187 Kosmides, in: Schneider / Antoine / Backu u. a. (Hrsg.), Handbuch EDV-Recht, 5. Aufl. 2017, Rn. 88; Hoeren, in: Tamm / Tonner / Bergmann (Hrsg.), Verbraucherrecht, 2. Aufl. 2016, § 15 C. Rn. 4; Wischmann, MMR 2000, 461 ff.; alternative Bezeichnungen 182

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gert, der dazugehörige Vertrag firmiert dementsprechend als „AccessProvider-Vertrag“.188 Die Hauptleistungspflicht des Access-Providers besteht darin, den Kunden einen Zugang zum Internet zu verschaffen. 189 Soweit die Vereinbarung – wie heute häufig – Festnetz und Internet umfasst, spricht man auch von einem Telekommunikationsvertrag,190 anstatt von einer Kombination von Telefondienst- und Access-Providing-Vertrag. Der BGH musste über die vertragsrechtliche Einordnung des AccessProvider-Vertrages bisher nicht definitiv entscheiden. Er neigt aber in ständiger Rechtsprechung dazu, ihn im Schwerpunkt als Dienstvertrag einzustufen,191 also ebenso wie alle anderen wesentlichen TelekommunikationsEndkundenverträge (Mobilfunk und Festnetz).192 Die Rechtsprechung ist dem wohl einhellig gefolgt. In der Literatur ist die Frage hingegen seit langem umstritten. Namhafte Stimmen teilen die Ansicht des BGH.193 Das gemeinsame Kernargument geht dahin, dass der Anbieter nicht in der Lage ist, eine konstante und gleichbleibende Verbindung sicherzustellen, die er somit nicht versprechen und die der Kunde auch nicht erwarten könne. Ursächlich hierfür ist, abgesehen von etwaigen nötigen Vorleistungen, der Umstand, dass der Provider nicht alle Störungsquellen im Internet kontrollieren kann. Hinzu kommt, dass er nur über begrenzte Kapazitäten verfügt, die er aus wirtschaftlichen Gründen an der durchschnittlichen Nachfrage ausrichten muss, so dass die Übertragungsgeschwindigkeit je nach Netzauslastung schwankt.194 In der Literatur finden sich verschiedene abweichende Auffassungen: Nicht durchgesetzt hat sich der Vorschlag einer mietvertraglichen Einordsind „Internet Service Provider“ oder auch seltener Netzzugangsprovider, Cichon, Internetverträge, 2000, S. 11 f. mit Fn. 3. 188 Härting, CR 2001, 37 ff.; Schuster, CR 2006, 444, 447; Härting, in: ders. (Hrsg.), Internetrecht, 6. Aufl. 2017, Rn. 970; Hoeren, in: Tamm / Tonner / Bergmann (Hrsg.), Verbraucherrecht, 2. Aufl. 2016, § 15 C. Rn. 4. 189 Kosmides, in: Schneider / Antoine / Backu u. a. (Hrsg.), Handbuch EDV-Recht, 5. Aufl. 2017, Rn. 130; Härting, in: ders. (Hrsg.), Internetrecht, 6. Aufl. 2017, Rn. 970, 975. 190 LG Bonn, CR 2011, 21: bzgl. Vertrag über Festnetz-Telefon-Flatrate mit zeitabhängigem Preis für Internetnutzung. 191 Eingehende Argumentation mit Ablehnung einer Einordnung als Mietvertrag oder Werkvertrag ohne definitive Festlegung auf eine dienstvertragliche Einordnung BGH, NJW 2005, 2076 mit zustimmender Anm. Schuppert, CR 2005, 817 sowie die teils krit. Anmerkung von Bischof / Schneider, ITRB 2005, 214 ff.; mit Blick auf einen DSL-Vertrag wiederum ohne definitive Entscheidung BGH, NJW-RR 2011, 916 Rn. 8. 192 Dazu Schuster, CR 2006, 444, 447 f. 193 Aus der Literatur für diesen Vertragstyp Härting, CR 2001, 37 ff.; Petri / Göckel, CR 2002, 329, 331; Härting, in: ders. (Hrsg.), Internetrecht, 6. Aufl. 2017, Rn. 975; Hoeren, in: Tamm / Tonner / Bergmann (Hrsg.), Verbraucherrecht, 2. Aufl. 2016, § 15 C. Rn. 10 f.; für Flatrate und Grundgebühr mit zeitabhängiger Vergütung auch Spindler, in: Spindler / Bettinger (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004, S. 239, 295 f. Rn. 93; ders., CR 2004, 203, 207 f.

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nung,195 auch wenn einige ablehnende Stimmen zugestehen, dass sich ggf. zumindest einzelne Leistungselemente dem mietvertraglichen Bereich zuordnen lassen196 oder stellenweise mietvertragliche Normen analog anwenden.197 Mehrere Autoren plädieren für eine Qualifizierung als Werkvertrag bzw. als werkvertragliches Dauerschuldverhältnis. Sie können sich darauf berufen, dass der Transport von Datenpaketen in Rede steht und die Verkehrsanschauung in Verbraucherkreisen eine erfolgreiche Verbindung erwartet.198 Probleme bereitet indes, dass es an einer individuellen Werkschöpfung des Unternehmers zugunsten des Bestellers fehlt199 und, damit verbunden, das werkvertragliche Gewährleistungsrecht bei Verbindungsstörungen nicht recht passt.200 194 Zum Ganzen BGH, NJW 2005, 2076; Spindler, CR 2004, 203, 207; Petri / Göckel, CR 2002, 329, 332; Härting, CR 2001, 37, 38; ders., in: ders. (Hrsg.), Internetrecht, 6. Aufl. 2017, Rn. 972, 974; Wischmann, MMR 2000, 461, 464 f. 195 Dafür etwa Cichon, Internetverträge, 2000, S. 19 ff., die argumentiert, dass die mietrechtlichen Kündigungsvorschriften (a. a. O. s. 21 f.) und die Gefahrzuweisung im Mietvertrag (heute §§ 536 I, 537 I BGB) besser passen (S. 22 f.); wohl auch Müller-Hengstenberg, NJW 1996, 1777, 1780; mit Ausnahme leistungs- oder volumenabhängiger Vergütung Bischof / Schneider, ITRB 2005, 214, 215, die auf die Gebrauchsgewährung, die periodische bzw. nutzungsabhängige Vergütung sowie die nötige ständige Verfügbarkeit eines rechnergestützten Gateways verweisen und das mietvertragliche Leistungsstörungsrecht für sachgerecht erachten. 196 Siehe Köhler, Der Mobilfunkvertrag, 2005, S. 91 f.: Überlassung einer SIM-Karte; insoweit aufgeschlossen Schuster, CR 2006, 444, 449. Heute sehen allerdings nicht mehr die AGB aller Anbieter eine Rückgabe der SIM-Karte vor, vgl. T-Mobile, AGB Xtra (geprüft am 11.8.2017), die unter Ziff. 3.1. nur bestimmen, dass die auf der Karte befindliche Software im Eigentum von T-Mobile bleibt und keine Rückgabe der Karte selbst vorsehen; anders noch die Aldi Talk, AGB (geprüft am 11.8.2017) unter Ziff. 7.7.; dezidiert gegen mietvertragliche Einordnung Härting, in: ders. (Hrsg.), Internetrecht, 6. Aufl. 2017, Rn. 972 f. 197 Siehe Hoeren, in: Tamm / Tonner / Bergmann (Hrsg.), Verbraucherrecht, 2. Aufl. 2016, § 15 C. Rn. 48 zu § 543 II Nr. 3b BGB. 198 Heun, in: Bartsch / Lutterbeck (Hrsg.), Neues Recht für neue Medien, 1998, S. 249, S. 253 f; ähnlich Roth, in: Loewenheim / Koch (Hrsg.), Praxis des Online-Rechts, 1998, S. 57, S. 66, die mit etwas uneinheitlicher Formulierung die Zugangsmöglichkeit als geschuldeten Erfolg nennt, aber zugleich argumentiert, dass insofern ein individueller Erfolg geschuldet sei, als dem Kunden tatsächlich der Zugang verschafft werden soll; teilweise auch Wischmann, MMR 2000, 461, 465; zu diesem Aspekt ferner Cichon, Internetverträge, 2000, S. 19 f. Im Übrigen sehen auch die Befürworter einer dienstvertraglichen Einordnung die Bereitstellung eines ungestörten Internetzugangs als geschuldet an, siehe Hoeren, in: Tamm / Tonner / Bergmann (Hrsg.), Verbraucherrecht, 2. Aufl. 2016, § 15 C. Rn. 52. 199 Schuster, CR 2006, 444, 449; dagegen Roth, in: Loewenheim / Koch (Hrsg.), Praxis des Online-Rechts, 1998, S. 57, S. 66. 200 Spindler, CR 2004, 203, 207; ders., in: Spindler / Bettinger (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004, S. 239, 292 f. Rn. 89; Schuster, CR 2006, 444, 449; Härting, in: ders. (Hrsg.), Internetrecht, 6. Aufl. 2017, Rn. 974; a. A. Roth, in: Loewen-

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Vor diesem Hintergrund wird vereinzelt ein Vertrag sui generis bzw. eine Typenverschmelzung angenommen.201 Schließlich haben namhafte Stimmen eine differenzierende Lösung erarbeitet, welche die vertragsrechtliche Einordnung als Dienst- oder Werkvertrag oder Typenverschmelzung vom Vergütungsmodell abhängig macht.202 Bedeutsam kann die rechtliche Einordnung der Leistungen bzw. des Vertrages vor allem dafür sein, welche Rechte bei Leistungsstörungen,203 welche Pflichten im Zuge der Vertragsbeendigung204 und welche Schranken bei der AGB-Kontrolle bestehen.205 Für Rechnungsschock-Fälle ist die vertragsrechtliche Einordnung indes, zumindest wenn man von der Lösung der Rechtsprechung ausgeht, nicht unmittelbar bedeutsam.206 Das gilt für die Begründung der Instanzgerichte ebenso wie für jene des BGH: Die Instanzgerichte stellen auf den Charakter der vertraglichen Beziehung als Dauerschuldverhältnis ab. Ihn erkennen alle Auffassungen zur vertragsrechtlichen Einordnung an,207 insbesondere auch die Befürworter eines Werkvertrages.208 Der BGH sieht den entscheidenden Aspekt hingegen darin, dass bei Verträgen mit Internetnutzung nicht speziheim / Koch (Hrsg.), Praxis des Online-Rechts, 1998, S. 57, S. 66 f.,ausgehend von der Ansicht, dass die Zugangsmöglichkeit bzw. der tatsächlich verschaffte Zugang (zu dieser Unklarheit Fn. 198) zum Kommunikationsnetz der geschuldete Erfolg ist. 201 So Schuster, CR 2006, 444, 450–452. 202 Grundlegend Spindler, CR 2004, 203, 207 f.; ders., in: Spindler / Bettinger (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004, S. 239, 289–296, Rn. 85–93 (Call-byCall: Werkvertrag; Grundgebühr mit zeitabhängiger Vergütung: Dienstvertrag; Grundgebühr mit volumenabhängiger Vergütung: Werkvertrag; zudem Kauf- oder Mietvertragsrecht mit Blick auf gleichzeitige Überlassung von Software [a. a. O. Rn. 125]); knapper Überblick bei Kosmides, in: Schneider / Antoine / Backu u. a. (Hrsg.), Handbuch EDVRecht, 5. Aufl. 2017, Rn. 98 f. (Call-by-Call = Werkvertrag; Grundgebühr mit zeitabhängiger Vergütung = Dienstvertragsrecht; Grundgebühr mit volumenabhängiger Vergütung = Dienst- oder Werkvertragsrecht mit Typenverschmelzung aus [atypischem] Dienst- und [atypischem] Werkvertrag; Pauschaltarif [Flatrate] = Dienstvertragsrecht; Prepaid = Dienstvertragsrecht; unentgeltlich = Auftragsrecht), eingehend dann a. a. O. Rn. 130–137 m. w. N. zur Literatur. Gegen diesen Ansatz Schuster, CR 2006, 444, 448 f. 203 Dazu Kosmides, in: Schneider / Antoine / Backu u. a. (Hrsg.), Handbuch EDV-Recht, 5. Aufl. 2017, Rn. 225–232. 204 Dazu ders., in: Schneider / Antoine / Backu u. a. (Hrsg.), Handbuch EDV-Recht, 5. Aufl. 2017, Rn. 282–284. 205 Spindler, in: Spindler / Bettinger (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004, S. 239, 288 f., Rn. 83; ders., CR 2004, 203, 204, 206, Bischof / Schneider, ITRB 2005, 214 ff. 206 Ebenso aus schweizerischer Sicht Wiegand, ZBJV 129 (2004), 828, 856 f. 207 Hoeren, in: Tamm / Tonner / Bergmann (Hrsg.), Verbraucherrecht, 2. Aufl. 2016, § 15 C. Rn. 7. 208 Wobei dann mitunter der Access-Provider-Vertrag als Rahmenvertrag aufgefasst wird, krit. dazu Härting, CR 2001, 37, 38 („sehr gekünstelt“).

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fisch vorgebildeten Verbrauchern anspruchsvolle Technik zur Verfügung gestellt wird. Auch diesen Befund kann man unabhängig von der vertragsrechtlichen Einordnung teilen.209 Im Übrigen dürften sich in der Praxis bei Verträgen mit Access-Providing zumeist Elemente mehrerer Vertragstypen ausmachen lassen, neben dem dienstvertraglichen der Hauptleistungspflicht insbesondere werkvertragliche, ggf. auch miet- und auftragsrechtliche.210 Für die vertragsrechtliche Einordnung der kombinierten Leistungen ist dann entscheidend, ob man dem Kombinationsprinzip, dem Absorptionsprinzip oder dem flexiblen Ansatz der Rechtsprechung zuneigt, der den mutmaßlichen Parteiwillen zur Geltung bringen möchte.211 Vor allem in den letzten beiden Varianten wäre dann ggf. weiter zu entscheiden, wo im Einzelfall der Schwerpunkt der vereinbarten Leistung liegt.212 3. Call-by-Call, Mehrwertdienste Vor allem in älteren Rechnungsschock-Fällen erwiesen sich Mehrwertdienste als verhängnisvoll. Ihre Einordnung hängt von dem konkreten Inhalt ab. Der Rechtsprechung zufolge ist auch dieser Vertrag meist Dienstvertrag, insbesondere bei einer durch den Nutzer angestoßenen Übermittlung von Zeichen in digitalisierter Form. Der BGH spricht dementsprechend von einem Telekommunikationsdienstleistungsvertrag.213 Unter Umständen kann er auch 209 Eine andere Frage ist, ob er als Begründung für das aufgestellte Programm an Hinweispflichten überzeugt. 210 Petri / Göckel, CR 2002, 329, 331. In der Praxis stehen weniger „reine“ AccessProviding-Verträge im Vordergrund, als solche mit einem Bündel verschiedener InternetLeistungen. So tritt oft die Bereitstellung eines E-Mail-Accounts hinzu (E-Mail und Speicherplatz), zudem ggf. einer Website (Webhosting, Webdesign, Website-Wartung), im Einzelnen Härting, CR 2001, 37 ff.; knapper Spindler, CR 2004, 203 ff.; Bischof /  Schneider, ITRB 2005, 214 ff.; Schuppert, CR 2005, 817; Hoeren, in: Tamm / Tonner /  Bergmann (Hrsg.), Verbraucherrecht, 2. Aufl. 2016, § 15 C. Rn. 4. 211 Redeker, in: Holznagel / Altenhain / Hoeren u. a. (Hrsg.), Handbuch MultimediaRecht, 2017, Rn. 475. 212 Siehe Bischof / Schneider, ITRB 2005, 214 und Petri / Göckel, CR 2002, 329, 331: Immer auf den betroffenen Vertragsteil bzw. den Schwerpunkt der jeweiligen vertraglichen Leistung abzustellen, nicht auf den Schwerpunkt des (Gesamt-)Vertrages. 213 BGH, CR 2006, 454. Die Terminologie ist allerdings in der Rechtsprechung nicht ganz einheitlich und teils zwar konsistent, aber gleichwohl anfällig für Verwechslungen. So spricht der BGH bei „normalen“ Verträgen über Festnetz- oder Mobiltelefonie von „Telefondienstverträgen“ und bei Mehrwertdiensten von „Telekommunikationsdienstleistungsverträgen“. Unter die letztgenannte Kategorie fallen allerdings nicht nur Mehrwertdienste, sondern z. B. auch Call-by-Call-Internetverbindungen, wie sie vor dem Aufkommen von Flatrates viele Kunden standardmäßig nutzten (vgl. AG Frankfurt, Urteil vom 2.11.2007 – 32 C 1949/07 – 48, juris Rn. 5, 7: analoge Interneteinwahl vom Mobiltelefon aus als Telekommunikationsdienstleistungen). Zudem werden auch „normale“ Mobilfunk-

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miet- und werkvertragliche Elemente enthalten.214 Bei anderen Inhalten stehen hingegen Elemente anderer Vertragstypen im Vordergrund,215 die entsprechenden Konstellationen haben für Rechnungsschocks aber bislang keine Rolle gespielt. Zu beachten ist, dass ein Zusatzvertrag über Mehrwertdienste zwar regelmäßig neben dem Telefondienstvertrag steht, die Zahlung aber oft über den Teilnehmernetzbetreiber abgewickelt wird: Der Vertrag über die Nutzung eines Mehrwertdienstes kommt zwar mit dessen Anbieter zustande, wenn erkennbar Leistungen eines Mehrwertdienstes in Anspruch genommen werden. In diesem Fall entsteht also (mindestens216) ein zweites Rechtsverhältnis neben dem Telefondienst- bzw. Access-Providing-Vertrag.217 Allerdings werden der Anbieter der Telekommunikationsdienstleistung und der Teilnehmernetzbetreiber der Rechtsprechung zufolge Gesamtgläubiger der Entgeltforderung (§ 428 BGB), wenn die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Telefondienstvertrages vorsehen, dass der Teilnehmernetzbetreiber geschuldete Vergütungen für die Nutzung von Mehrwertdiensten über den Telefonanschluss als eigene Forderung geltend machen kann.218

anbieter als Telekommunikationsdienstleistungsunternehmen (anstatt: Telefondienstleister) bezeichnet und ihre Leistungen als Telekommunikationsdienstleistungen (anstatt Telefondienstleistungen) (etwa LG Trier, Beschluss vom 17. Juli 2013 – 1 S 99/13, juris Orientierungssatz 1 und Rn. 3, insoweit nicht abgedruckt in MMR 2013, 746). 214 Palandt / Sprau, 76. Aufl. 2017, vor § 631 Rn. 28. 215 So etwa mietrechtliche beim Cloud-Computing oder geschäftsbesorgungsrechtliche bei einem Antrag zur Registrierung einer Domain. Zudem kann im Einzelfall ein Werkvertrag vorliegen, etwa wenn es um Download oder Web-Hosting geht, oder ein Kaufvertrag, etwa bei einer entgeltlichen Informationsansage. Zum Ganzen Palandt / ders., 76. Aufl. 2017, vor § 631 Rn. 28; Graf von Westphalen / Grote / Pohle, Der Telefondienstvertrag, 2001, S. 35 (Dienst- oder Werkvertrag, Informationsabruf als Werkvertrag); zudem Hoeren / Welp, JuS 2006, 389, 390: „Der Typus dieses Vertrages hängt von der Art der erbrachten Leistung ab und wird in der Regel ein Dienstvertrag, ein Werkvertrag oder ein gemischt-typischer Vertrag aus beiden Elementen sein.“ 216 Dazu knapp BGH, NJW 2002, 361, 362 f. sowie im einzelnen Piepenbrock / Müller, MMR-Beil. 1999, 1, 2 die bis zu vier beteiligte Unternehmen nennen, die durch selbständige Vertragsverhältnisse verbunden sind; zu ihren Rechtsverhältnissen dann im Einzelnen a. a. O. S. 19–24 mit Blick auf die früher vieldiskutierte Frage der Sittenwidrigkeit von Telefonsex. 217 Statt vieler BGH, NJW 2002, 361, 362; Hoeren / Welp, JuS 2006, 389, 390. 218 Eine solche Regelung ist in AGB möglich, weil der Telefondiensteanbieter gem. § 45h TKG (siehe zudem § 45p TKG) berechtigt und verpflichtet ist, Forderungen Dritter zu berechnen (fakturieren). Der Teilnehmernetzbetreiber muss sich dann allerdings dem BGH zufolge entsprechend der Wertung des § 45h III TKG die Einwendungen entgegenhalten lassen, die im Verhältnis des Kunden zu dem Drittanbieter bestehen, BGH, NJW 2007, 438 f. (noch zu § 15 I, III TKV; berechtigte Kritik an der Konstruktion bei dies., JuS 2006, 389, 390 f.).

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II. Hinweis- und Warnpflichten 1. Arten von Informationspflichten Vertragliche Beziehungen können in ganz unterschiedlicher Hinsicht Pflichten zur Information der Gegenseite auslösen. Die Terminologie ist entsprechend vielgestaltig und uneinheitlich.219 So listet die Literatur Auskunfts-, Informations-, Informationsschutzpflichten220 und Informationsschutzansprüche,221 Aufklärungs-, Hinweis-, Anzeige-, Offenbarungs-, Warn-, Mitteilungs-,222 Korrektur- und Belegpflichten223 auf, meist ohne sie voneinander abzugrenzen. Hinzu treten verschiedene Systematisierungen.224 Nicht selten spricht man der terminologischen Vielfalt jeden inhaltlich ordnenden Nutzen ab.225 Zumindest im Groben lässt sich die unübersichtliche Begriffslandschaft Kuhlmann, Leistungspflichten und Schutzpflichten, 2001, S. 113 („denkbar uneinheitlich“); Breidenbach, Die Voraussetzungen von Informationspflichten beim Vertragsschluß, 1989, S. 4 („mit den unterschiedlichsten Bezeichnungen belegt.“). 220 So Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S. 508–510. 221 So Pohlmann, Die Haftung wegen Verletzung von Aufklärungspflichten, 2002, S. 30. 222 Vgl. HK-BGB / Schulze, § 241 Rn. 7; Soergel / Siebert / Teichmann, 12. Aufl. 1990, § 242 BGB Rn. 133, 135, 162; Breidenbach, Die Voraussetzungen von Informationspflichten beim Vertragsschluß, 1989, S. 4; Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, 1997, S. 5; Klingler, Aufklärungspflichten im Vertragsrecht, 1981, S. 1, 20–23; Pohlmann, Die Haftung wegen Verletzung von Aufklärungspflichten, 2002, S. 35; Rehm, Aufklärungspflichten im Vertragsrecht, 2003, S. 3; Winkler von Mohrenfels, Abgeleitete Informationsleistungspflichten im deutschen Zivilrecht, 1986, S. 23 f.; Thamm / Pilger, BB 1994, 729, 730; Thiele, JZ 1967, 649, 650. 223 BeckOGK / Kähler, 15.4.07, § 242 BGB Rn. 644 ff., 648 ff., 669. 224 Vgl. etwa BeckOGK / ders., 15.4.07, § 242 BGB 570 ff. (Informationsansprüche und -obliegenheiten); Krebs, in: Dauner-Lieb / Langen (Hrsg.), Schuldrecht, 3. Aufl. 2016, § 241 BGB Rn. 44 ff. (Schutzpflichten); Staudinger / Olzen, (Updatestand 19.4.2017), § 241 BGB Rn. 447 ff. (Informationspflichten), 487 ff. (Obhuts- und Fürsorgepflichten); Winkler von Mohrenfels, Abgeleitete Informationsleistungspflichten im deutschen Zivilrecht, 1986, S. 19, 30 ff., (nach Zweck); Thiele, JZ 1967, 649, 650 sowie Teichmann, JA 1984, 709, 710 ff. (beide systematisierend nach Bezug auf das Leistungs- oder Erhaltungsinteresse mit fließendem Übergang, bei letzterem Differenzierung nach betroffenen Rechtsgütern). Für die hier interessierenden Rechnungsschock-Fälle erweist sich mit Blick auf die Systematisierung der Voraussetzungen im Detail der Ansatz von Olzen als besonders fruchtbar. Er liegt daher den weiteren Ausführungen zugrunde. 225 Teichmann, JA 1984, 709, 711: „[…] ohne daß sich freilich wiederum für das „Ob“ und „Wie“ daraus etwas gewinnen ließe.“; in der Sache ebenso Soergel / Siebert / ders., 12. Aufl. 1990, § 242 BGB Rn. 133, 135, 162; Breidenbach, Die Voraussetzungen von Informationspflichten beim Vertragsschluß, 1989, S. 4: „Dabei handelt es sich jedoch mehr um ein Problem sprachlicher Kreativität, als um eine operable Präzisierung des Pflichteninhalts.“; Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, 1997, S. 5: „[…] ein sachlich sinnvoller Gehalt der Differenzierungsversuche [konnte] bisher nicht aufgezeigt werden […] und […] die maßgeblichen Fragen nach den Voraussetzungen von vorvertraglichen Informationspflichten und insbesondere nach den hier im Vordergrund stehenden Rechts219

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aber gut danach kartographieren, um welchen Grundtyp vertraglicher Pflichten es geht. a) Informationsleistungs- und -nebenleistungspflichten Auf der einen Seite stehen (autonome) Informationsleistungspflichten und Informationsnebenleistungspflichten. Erstere sind Teil des vereinbarten do ut des, gehören also dezidiert zum erstrebten Leistungsaustausch. Typischerweise geht es um Beratungspflichten, bei denen der Schuldner dem Gläubiger eine umfassende Information und Entscheidungshilfe unabhängig von speziellen Auslösern verspricht. Eine solche „autonome Informationsleistungspflicht“ ist dementsprechend selbständig klagbar. Informationsnebenleistungspflichten oder Auskunftspflichten fungieren gleichsam als nötiger Unterstützer einer vereinbarten Hauptleistungspflicht. Sie gehören nicht unmittelbar zu den Leistungen, auf deren Austausch es den Parteien ankommt. Vielmehr bezeichnen sie eine von der Hauptschuld abhängige Nebenverpflichtung, die typischerweise erforderlich ist, um die Hauptschuld sachgerecht um- bzw. durchzusetzen. Neben dieser entsteht daher die Informationsnebenleistungspflicht, ohne ausdrücklich vereinbart werden zu müssen. 226 Informationsnebenleistungspflichten sind insofern unselbständig, aber gleichwohl selbständig klagbar.227 Beide, Informationsleistungspflichten wie Informationsnebenleistungspflichten, fallen unter § 241 I BGB. b) Informationsnebenpflichten Demgegenüber führen Informationsnebenpflichten als Schutz-, Rücksichts-, Obhuts- oder Fürsorgepflichten228 in die Gefilde des § 241 II BGB. Sie dienen dem Erhaltungsinteresse des Partners, bei Vorbereitung und Abwicklung folgen ihrer Verletzung [sind] ganz unabhängig von einer derartigen Kategorisierung zu entscheiden […].“; Kuhlmann, Leistungspflichten und Schutzpflichten, 2001, S. 112–114 (prägnant S. 113: „Frage der gliedernden Inhaltsbestimmung […], nicht aber der Systemstruktur“); Pohlmann, Die Haftung wegen Verletzung von Aufklärungspflichten, 2002, S. 35: „Mehr als die Vermeidung eines allzu eintönigen Sprachstils bezwecken diese Umschreibungsversuche jedoch nicht.“; weitgehend auch Thiele, JZ 1967, 649, 650: Die Unterscheidung von Leistungs- und Schutzpflichten laufe quer durch all jene inhaltlich beschriebenen Pflichten hindurch. 226 Winkler von Mohrenfels, Abgeleitete Informationsleistungspflichten im deutschen Zivilrecht, 1986, S. 19. 227 Ders., Abgeleitete Informationsleistungspflichten im deutschen Zivilrecht, 1986, S. 22. 228 Etwas unklar in der Einordnung Staudinger / Olzen, (Updatestand 19.4.2017), § 241 BGB Rn. 441 (Informationspflichten als eigene Kategorie der Rücksichtspflichten), Rn. 487 ff., 512 (Hinweispflichten auch als Element von Obhuts- und Fürsorgepflichten, dabei Pflichten des Netzbetreibers zur Vermeidung von Rechnungsschocks durch Mehrwertdienstnummern als Obhutspflicht).

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des Vertrages nicht in vorhandenen Rechtsgütern geschädigt zu werden.229 Der Unterschied zu Nebenleistungspflichten liegt dabei nicht eigentlich im Inhalt, sondern im Ziel und Zweck der Pflicht (Schutz des Erfüllungs- bzw. des Erhaltungsinteresses), mit der Folge, dass fließende Übergänge und Überschneidungen möglich sind.230 Konkret geht es bei Informationsnebenpflichten um einen aufklärenden Hinweis auf besondere Umstände, wobei die Hinweispflicht erst durch bestimmte konkrete Gegebenheiten ausgelöst wird. Dem anderen Teil bleibt dabei neben dem informationspflichtigen Umstand schon sein Recht verborgen, über diesen informiert zu werden. Dementsprechend kann von ihm nicht erwartet werden, die Information bei Bedarf aktiv einzufordern. Informationsnebenpflichten (Warn- / Aufklärungspflichten) sind deshalb vom Schuldner spontan zu erfüllen, ohne dass es einer Aufforderung bedarf.231 Umgekehrt sind sie nach herrschender Ansicht zumindest praktisch nicht als solche klagbar.232 Zu einer Auseinandersetzung kommt es in aller Regel erst, wenn die spontane Erfüllung ausbleibt und ein Schadensersatzanspruch aufgrund dieses Unterlassens in Rede steht. Damit sind Informationsnebenpflichten insofern retrospektiv, als sich die Frage ihres Bestehens und Umfangs typischerweise erst nachträglich stellt, und zwar mit Blick auf Informationen, an denen der andere Teil sein Verhalten hätte ausrichten und so eingetretene Schäden ver229 Wie man den Zweck im Einzelnen bestimmt, hängt auch davon ab, wie man außerdeliktische Schutzpflichten dogmatisch rechtfertigt. Hierzu sind verschiedene Ansätze vorgeschlagen worden, ohne dass eine einheitliche Rechtfertigung nachgewiesen werden konnte, zumal sich die Rechtsprechung zu diesem Aspekt kaum äußert, zum Ganzen näher Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S. 33–42; Kuhlmann, Leistungspflichten und Schutzpflichten, 2001, S. 70 ff. 230 Dazu Thiele, JZ 1967, 649, 650; Teichmann, JA 1984, 709, 711, 712 unten. 231 Siehe MünchKomm BGB / Bachmann, 7. Aufl. 2017, § 241 BGB Rn. 62; Breidenbach, Die Voraussetzungen von Informationspflichten beim Vertragsschluß, 1989, S. 2; Winkler von Mohrenfels, Abgeleitete Informationsleistungspflichten im deutschen Zivilrecht, 1986, S. 22. 232 Schon für mangelnde rechtliche Klagbarkeit Winkler von Mohrenfels, Abgeleitete Informationsleistungspflichten im deutschen Zivilrecht, 1986, S. 2 (nicht klagbar, aber mit Ausnahmen); Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts – Allgemeiner Teil, 14. Aufl. 1987, S. 105 (im allgemeinen nicht klagbar); Soergel / Siebert / Teichmann, 12. Aufl. 1990, § 242 BGB Rn. 153 (klagbarer Erfüllungsanspruch nicht denkbar, weil in Form eines vollstreckungsfähigen Klageantrags nichts formuliert werden könnte); für fehlende Klarbarkeit aus faktischen Gründen Schünemann, BB 1987, 2243, 2245 ff. (Erfüllungsanspruch bei spontan zu erfüllender Informationspflicht sinnlos, aber nicht begrifflich ausgeschlossen); Rehm, Aufklärungspflichten im Vertragsrecht, 2003, S. 4 („eher aus faktischen als aus rechtlichen Gründen unklagbar“); MünchKomm BGB / Bachmann, 7. Aufl. 2017, § 241 BGB Rn. 62 („Praktisch ausgeschlossen“); differenzierend Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S. 547–552, der teilweise einen Unterlassungsanspruch bejaht; die geringen Abweichungen im Ergebnis bei den verschiedenen Ansätzen betont Kuhlmann, Leistungspflichten und Schutzpflichten, 2001, S. 127–134.

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meiden können, wenn sein Vertragspartner ihn hingewiesen hätte. Ob eine entsprechende Pflicht bestand, beurteilt sich dessen ungeachtet aus einer Exante-Perspektive.233 2. Auftreten von Informationsnebenpflichten Rechnungsschock-Fälle betreffen die Kategorie der Informationsnebenpflichten. Aus einem rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnis ergeben sich solche Pflichten kraft ausdrücklicher Vereinbarung oder ergänzender Vertragsauslegung.234 Dabei kann man begrifflich und mit Blick auf die Voraussetzungen weiter nach dem Zeitpunkt unterscheiden, in dem die Informationsnebenpflicht greift. a) Vorvertragliche Aufklärungspflichten Im vorvertraglichen Bereich spricht man verbreitet von Aufklärungspflichten. Zu ihnen liegt eine reichhaltige Literatur vor, wurde doch lange diskutiert, ob im vorvertraglichen Bereich angesichts der Existenz des Deliktsrechts überhaupt weitere Pflichten zum Schutz der Gegenseite bestehen. Der Gesetzgeber hat dies mittlerweile mit §§ 311 II, 241 II BGB geklärt. Im Übrigen bleibt es der Rechtsprechung überlassen, die Voraussetzungen solcher Pflichten herauszuarbeiten. Nach ihrer „goldenen Regel“,235 deren Formulierung leicht variiert, ist über sämtliche Umstände aufzuklären, die für den Vertragsschluss der anderen Partei erkennbar von wesentlicher Bedeutung sind und deren Mitteilung nach Treu und Glauben erwartet werden kann.236 Aus der dazugehörigen Entscheidungspraxis und dem begleitenden 233 Mit Blick auf vorvertragliche Pflichten Breidenbach, Die Voraussetzungen von Informationspflichten beim Vertragsschluß, 1989, S. 2 f.; Rehm, Aufklärungspflichten im Vertragsrecht, 2003, S. 4 f. 234 Staudinger / Olzen, (Updatestand 19.4.2017), § 241 BGB Rn. 446. 235 Pohlmann, Die Haftung wegen Verletzung von Aufklärungspflichten, 2002, S. 103. 236 RGZ 120, 249, 252 (Offenbarung solcher Tatsachen, die für die Entschließung des anderen Teils erkennbar von Bedeutung sein können); 111, 233, 234 f. (Mitteilung der besonderen Umstände, die hinsichtlich des bestimmten Kaufgegenstandes und seiner Wertschätzung erkennbar für Entschließung des Käufers erheblich sind); 103, 47, 50 (Umstände, die für den Willensentschluss des anderen Teiles von wesentlicher Bedeutung sind); RGZ 62, 149, 150 f. (Offenbaren aller Umstände, die für die Entscheidungsfindung erheblich sein können); BGHZ 96, 302, 311 (Offenbarungspflicht nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung von Treu und Glauben); BGHZ 72, 92, 101 (Umstände, die für die Entschließung des anderen Teils erkennbar von Bedeutung sein können); BGHZ 71, 386, 396 (Umstände, die den Vertragszweck gefährden und für die Entschließung des Partners von wesentlicher Bedeutung sein können); BGHZ 47, 207, 211 (Umstände, die für die Entschließung des anderen Teils erkennbar von Bedeutung sein können); BGH, NJW 2003, 1811, 1812 (selbst bei Vertragsverhandlungen, bei denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, besteht die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände

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Schrifttum hat man in der Literatur sechs pflichtbegründende Faktoren im Sinne von Konkretisierungselementen herausdestilliert.237 Erstens muss ein Informationsgefälle zwischen den Parteien bestehen,238 sei es wegen besonderer Sachkunde einer Partei oder umgekehrt besonderen Einschränkungen der anderen.239 Zweitens muss sich das Informationsbedürfnis der anderen Seite bei verständiger Betrachtung aufdrängen, der Verpflichtete dieses also leicht erkennen können.240 Drittens muss die offenzulegende Information für die andere Seite entscheidungserheblich sein, weil sie für Vertragsschluss oder -durchführung wichtig ist. Viertens muss das Interesse der nichtwissenden Partei an der Information nach einer Interessenabwägung schutzwürdig241 und fünftens die Informationsweitergabe der wissenden Partei zumutbar sein. Bei letzterem sind das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit auf der einen und die Zumutbarkeit der Haftung als Folge einer Pflichtverlet-

aufzuklären, die den von ihm verfolgten Vertragszweck vereiteln können und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten durfte); ganz ähnlich BGH, NJW 2002, 1042, 1043; BGH, NJW 1991, 1819; in der Sache übereinstimmend zum Beratungsvertrag BGHZ 123, 126, 129 (Beratungspflicht mit Blick auf Eigenschaften und Risiken, die für die Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können). 237 Zum Folgenden Staudinger / Olzen, (Updatestand 19.4.2017), § 241 BGB Rn. 447 ff.; Soergel / Siebert / Teichmann, 12. Aufl. 1990, § 242 BGB Rn. 139–143; Weiler, in: Tamm /  Tonner / Bergmann (Hrsg.), Verbraucherrecht, 2. Aufl. 2016, § 13 Rn. 23 ff.; weitgehend auch Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1994, S. 143 ff., der sich aber zugleich a. a. O. S. 142 f. sehr einschränkend zur Leistungsfähigkeit einer solchen Systematisierung äußert; ihm ist zuzugeben, dass die nachfolgend aufgeführten Faktoren weniger als starre Kriterien mit festem Rang, sondern eher als Teil eines beweglichen und zugleich prinzipiell offenen Systems zu verstehen sind. Dessen ungeachtet ist es mit ihnen gelungen, die maßgeblichen Voraussetzungen und Wertungen in dichter Weise zu erfassen und so Konkretisierungselemente zusammenzustellen, die bei der Entscheidung Hilfestellung bieten. 238 Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1994, S. 144. Das Gefälle ergibt sich regelmäßig aus den aktuell verfügbaren Informationen der Parteien. Überdies können aber auch die jeweiligen Möglichkeiten der Informationsbeschaffung bedeutsam sein. Unter Umständen kann eine Seite nämlich verpflichtet sein, bestimmte Informationen erst zu beschaffen, wenn die Beziehung durch ein besonderes Fürsorge- oder Beratungselement geprägt ist oder wenn die Kosten der Beschaffung für eine Seite erheblich niedriger sind als für die andere. Insoweit kann man analog zur Figur des cheapest cost avoider im Schadensersatzrecht von einem cheapest information provider sprechen, dazu noch unten S. 126. 239 Soergel / Siebert / Teichmann, 12. Aufl. 1990, § 242 BGB Rn. 140; besondere Einschränkungen können etwa durch schichtenspezifische Unerfahrenheit, persönliche Behinderung, strukturelle Unterlegenheit oder mangelnde Rechts- bzw. Sprachkenntnis entstehen. 240 Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1994, S. 145. 241 Dies ist zu verneinen, wenn die in Rede stehende Information vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht der wissenden Partei erfasst ist oder wenn sie ein von Art. 12, 14 GG geschütztes Betriebsgeheimnis darstellt.

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zung auf der anderen Seite abzuwägen.242 Schließlich ist ein Mitverschulden des Berechtigten zu prüfen (§ 254 BGB),243 während umstritten ist, ob dem Informationspflichtigen Vorsatz zu Last fallen muss.244 Aufklärungspflichten in Bezug auf Umstände, die für den Vertragsschluss von wesentlicher Bedeutung sein können, schützen primär die Entschließungsfreiheit und über diese das Vermögen des anderen Teils. Ihre Zielrichtung ist insofern negativ, als ihr wesentlicher Inhalt darin besteht, den potentiellen Vertragspartner notfalls vom Vertragsschluss abzuhalten.245 Für solche Pflichten werden zahlreiche mittelbare Anhaltspunkte im BGB angeführt, insbesondere die zwingende Haftung für bekannte Mängel bei Kauf (§ 444 Alt. 1 BGB), Schenkung (§§ 523 I, 524 I BGB), Miete (§ 536d BGB) und Werkvertrag (§ 639 BGB) mit einer daran anknüpfenden Schadensersatzpflicht auch hinsichtlich des Integritätsinteresses.246 b) Vertragliche Anzeige-, Warn-, Rücksichts-, Fürsorge- oder Obhutspflichten Nach Vertragsschluss spricht man mit Blick auf Informationspflichten oft allgemein von Schutzpflichten (Erhaltungspflichten)247 oder auch spezieller von Anzeigepflichten, Warnpflichten, Rücksichtspflichten bzw. Obhuts- oder Fürsorgepflichten. Fürsorge meint Rücksichtnahme auf eine Person, während sich Obhutspflichten auf einen Gegenstand beziehen, dem Schädigung drohen oder von dem Schadpotential ausgehen könnte.248 242 Dabei spielen wiederum die Bedeutung der Information für eine bestimmte Partei und das Ausmaß des Informationsgefälles eine Rolle. Außerdem spricht ein besonderes Näheverhältnis für eine Aufklärungspflicht. Insoweit soll bei Dauerrechtsverhältnissen der Interessengegensatz von vorneherein geringer sein als bei einfachen Schuldverhältnissen. Über übliche Geschäftsrisiken ist aber in keinem Fall aufzuklären. 243 Die Details sind hierbei insofern umstritten, als dieselben Umstände, mit denen sich ein Mitverschulden der belasteten Partei begründen lässt, meist ebenso geeignet sind, schon ein schutzwürdiges Informationsinteresse dieser Partei zu verneinen, näher Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1994, S. 161–163. 244 Zu dem Streit um das sog. „informationelle Vorsatzdogma“ Canaris, AcP 200 (2000), 273, 305 ff. 245 Teichmann, JA 1984, 709 ff.; Soergel / Siebert / ders., 12. Aufl. 1990, § 242 BGB Rn. 138; Weiler, in: Tamm / Tonner / Bergmann (Hrsg.), Verbraucherrecht, 2. Aufl. 2016, § 13 Rn. 25. 246 Staudinger / Olzen, (Updatestand 19.4.2017), § 241 BGB Rn. 445; zu einigen auch Kuhlmann, Leistungspflichten und Schutzpflichten, 2001, S. 62 ff. 247 Beide Begriffe werden oft synonym gebraucht, siehe Thiele, JZ 1967, 649, 650; „Erhaltung“ zielt dabei etwas spezifischer auf das Integritätsinteresse, vgl. Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts – Allgemeiner Teil, 14. Aufl. 1987, S. 110, 112. 248 In diesem Sinne Staudinger / Olzen, (Updatestand 19.4.2017), § 241 BGB Rn. 488: „Obhuts- und Fürsorgepflichten können sowohl den Leistungsgegenstand als auch die übrigen Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Gegenübers betreffen.“ Die Terminologie

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Ausdrücklich normierte Fürsorgepflichten finden sich im BGB allein in §§ 617, 618 BGB.249 Im Übrigen lassen sich dem BGB nur indirekte Hinweise auf Fürsorgepflichten entnehmen, soweit man Schadensersatzpflichten als Ausdruck einer dahinter stehenden Fürsorgepflicht begreift, etwa bei § 694 BGB in dem Sinne, dass der Hinterleger eine Fürsorgepflicht gegenüber dem Verwahrer in Bezug auf verdeckte Gefahren der hinterlegten Sache hat. In ähnlicher Weise kann man aus §§ 437 Nr. 3, 280 I, 241 II BGB eine Fürsorgepflicht folgern, soweit der Verkäufer dem Käufer für Mangelfolgeschäden haftet, die an dessen Eigentum oder Gesundheit eintreten.250 Obhutspflichten begründet das Gesetz häufiger. Sie finden sich insbesondere im Mietrecht, wenngleich die Einzelheiten umstritten sind, 251 wiederum indirekt im Anspruch auf Ersatz von Mängeln bzw. Mangelfolgeschäden,252 jedenfalls in der Gastwirtshaftung (§ 701 BGB gegenüber eingebrachten Sachen der Gäste), ferner in der Rückgabepflicht des § 732 BGB sowie bei Grunddienstbarkeit und Nießbrauch in der Pflicht zur schonenden Ausübung bzw. zur Erhaltung gem. §§ 1020, 1041 BGB. Darüber hinaus nimmt die Rechtsprechung Rücksichtspflichten im Wege der Auslegung an, wenn Vertragszweck, Verkehrssitte oder Anforderungen des redlichen Geschäftsverkehrs dies erfordern.253 Auch hier hat die Literatur nähere Voraussetzungen für Informationsnebenpflichten herausdestilliert. Inhaltlich überschneiden sie sich augenfällig mit jenen vorvertraglicher Inist insoweit aber uneinheitlich. Andere beziehen Obhutspflichten allein auf die Integrität des Leistungsgegenstands, in diesem Sinne MünchKomm BGB / Bachmann, 7. Aufl. 2017, § 241 BGB Rn. 86; BeckOK BGB / Sutschet, 43. Ed. 15.6.2017, § 241 BGB Rn. 47. 249 Sie verpflichten den Dienstherrn zu Krankenfürsorge und Schutzmaßnahmen für Leben und Gesundheit des Dienstverpflichteten, wenn dieser in die häusliche Gemeinschaft aufgenommen ist bzw. soweit er Mittel für die Dienstverrichtung vom Dienstherrn erhält. 250 Staudinger / Olzen, (Updatestand 19.4.2017), § 241 BGB Rn. 492, 512; Thiele, JZ 1967, 649, 651 (Schutzpflicht). 251 Dazu Staudinger / Olzen, (Updatestand 19.4.2017), § 241 BGB Rn. 493: Für den Vermieter aus § 535 I 2 BGB, § 536c BGB (Schadensersatzanspruch für Mangelfolgeschäden als Ausdruck einer Obhutspflicht des Vermieters, das Integritätsinteresse des Mieter zu schützen) (jeweils str.); für den Mieter aus § 541 BGB (Unterlassungsklage des Vermieters bei vertragswidrigem Gebrauch durch den Mieter als Ausdruck einer Obhutspflicht des Mieters, die das Interesse des Vermieters an der Integrität der Mietsache schützt). 252 Dogmatisch differenzierend Teichmann, JA 1984, 709, 711 (Obhutspflicht des Verkäufers vom Vertragsschluss bis zum Gefahrübergang), S. 713 (Schutzpflicht des Verkäufers, dass von der gelieferten Sache keine Schädigungen ausgehen und der Käufer durch die Benutzung nicht gefährdet wird); Staudinger / Olzen, (Updatestand 19.4.2017), § 241 BGB Rn. 493 (Schadensersatzpflicht für Mangelfolgeschäden aus §§ 437 Nr. 3, 280 I, 241 II BGB als Ausdruck einer Obhutspflicht des Verkäufers gegenüber dem Käufer hinsichtlich der Kaufsache). 253 Staudinger / Olzen, (Updatestand 19.4.2017), § 241 BGB Rn. 495–499.

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formationsnebenpflichten, fallen aber im Vergleich deutlich knapper und entsprechend weniger trennscharf aus: Erstens setzen nach Vertragsschluss bestehende Informationsnebenpflichten (Rücksichtspflichten) – ähnlich wie bei Aufklärungspflichten – ein Gefälle in Bezug auf Informationen oder Einflussmöglichkeiten voraus.254 Zweitens verlangt die Rechtsprechung eine besondere Schutzbedürftigkeit der Gegenpartei, die sich aus sonderverbindungsspezifischen Einwirkungsmöglichkeiten der einen Seite bei reduzierten Abwehrmöglichkeiten der anderen ergibt.255 Drittens muss die Gefährdung der Rechtsgüter einer Partei den Risikobeseitigungsaufwand der anderen Partei bei umfassender Güterabwägung überwiegen.256 Hier spielen insbesondere die betroffenen Rechtsgüter (Gesundheitsschutz oder übriger Rechtsgüterschutz), der Grad der Fremdnützigkeit einer vertraglichen Verpflichtung, 257 sowie Zumutbarkeit und Kalkulierbarkeit der auferlegten Pflicht eine Rolle. Außerdem bestehen bei Schuldverhältnissen mit längerer zeitlicher Bindung (Dauerschuldverhältnissen) intensivere Verhaltenspflichten,258 so dass gestützt auf die Sonderverbindung eher eine gesteigerte Rücksichtnahmepflicht bejaht wird. Zugleich bedürften aber Pflichten zum aktiven Schutz der Gegenseite vor Gefahren durch Dritte oder Naturgefahren ebenso wie sonstige Erhaltungspflichten stets einer besonderen Rechtfertigung, weil der Schutzpflichtige die Gefahr nicht selbst begründet hat und der Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit durchbrochen wird.259

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Vorvertragliche oder vertragliche Informationsnebenpflicht

In den Rechnungsschock-Konstellationen stehen überwiegend Pflichten des Anbieters nach Vertragsschluss in Rede. Die Fallgruppe des vom Anbieter zur Verfügung gestellten Gerätes ist dessen ungeachtet mitunter über vorvertragliche Aufklärungspflichten gelöst worden. Angesichts dieser ÜberschneiGesetzlich lässt sich diese Voraussetzung auf §§ 617, 618 BGB stützten (umfassende Einwirkungsmöglichkeit des Dienstherrn bzgl. Ort der Tätigkeit des Dienstverpflichteten) sowie auf § 701 BGB (Grundlage der Obhutspflicht ist tatsächliche Herrschaft des Gastwirtes über seine Räume). 255 BeckOK BGB / Sutschet, 43. Ed. 15.6.2017, § 241 BGB Rn. 90; Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S. 508 f.; zur Ableitung dieses Kriteriums aus gesetzlich normierten Schutzpflichten Kuhlmann, Leistungspflichten und Schutzpflichten, 2001, S. 66 f. 256 Siehe für Schutzpflichten insgesamt Teichmann, JA 1984, 709, 713 f. 257 Ders., JA 1984, 709, 713 f. 258 Siehe Jauernig / Mansel, 16. Aufl. 2015, § 241 BGB Rn. 10. 259 Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S. 505 f., 508. 254

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dung und der teilweise parallelen Voraussetzungen vorvertraglicher und vertraglicher Informationsnebenpflichten können einige Erkenntnisse der reichhaltigen Literatur zu ersteren auf Rechnungsschocks übertragen werden. Dessen ungeachtet ist die Interessenlage nach Vertragsschluss in wichtigen Punkten eine andere: Eine vorvertragliche Aufklärungspflicht bezieht sich auf Umstände, die für den Vertragsschluss von Bedeutung sein können und schützt damit primär die rechtsgeschäftliche Entschließungsfreiheit mit negativer Zielrichtung, sowie – erst bzw. nur – damit verbunden das Vermögen. Nach Vertragsschluss steht hingegen eine gesteigerte Rücksichtnahme im Vordergrund, welche die Rechtsprechung in Rechnungsschock-Fällen als Schutz vor unbewusster Selbstschädigung begreift. Um deren systematische Stimmigkeit und Rechtfertigung zu prüfen, liegt es nahe, zunächst nach Anhaltspunkten für vergleichbare Pflichten im Bürgerlichen Recht Ausschau zu halten und dann zu prüfen, inwieweit sich das aufgestellte Pflichtenprogramm mit den etablierten Voraussetzungen begründen lässt. II. Gesetzliche Anhaltspunkte Im Schuldrecht normierte Aufklärungs- bzw. Warnpflichten weisen nur vereinzelt eine gewisse Nähe zu Rechnungsschock-Fällen auf. Zu nennen ist vor allem der Ende 2009 zur Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie 2007260 in das BGB eingefügte § 675x I 1 BGB, der mit gewisser sprachlicher Straffung eine Vorgabe aus Art. 62 I 1, 2 ZDRL 2007 nahezu wörtlich umsetzt.261 Gem. § 675x I 1 BGB hat der Zahler gegen seinen Zahlungsdienstleister einen Anspruch auf Erstattung eines belasteten Zahlungsbetrags, der auf einem autorisierten, vom oder über den Zahlungsempfänger ausgelösten Zahlungsvorgang beruht, wenn 1. bei der Autorisierung der genaue Betrag nicht angegeben wurde und 2. der Zahlungsbetrag den Betrag übersteigt, den der Zahler entsprechend seinem bisherigen Ausgabeverhalten, den Bedingungen des Zahlungsdiensterahmenvertrags und den jeweiligen Umständen des Einzelfalls hätte erwarten können. § 675x I 2 BGB verpflichtet den Zahler, auf Verlangen seines Zahlungsdienstleisters die Sachumstände darzulegen, aus denen er sein Erstattungsverlangen herleitet. § 675x I BGB enthält mit dem Maßstab des bisher üblichen oder nach den Umständen zu erwartenden Ausgabenverhaltens eine gewisse Parallele zur Rechnungsschock-Konstellation. Sie sollte allerdings den Blick auf die erheblichen übrigen Unterschiede nicht verstellen. Allen voran geht es bei § 675x I 1 BGB um Zahlungen, die der Zahlungsempfänger, also eine andere Person, Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG, ABl. EU Nr. L 319 vom 5.12.2009, S. 1–36. 261 Näher BeckOGK / v. Olshausen, 1.8.2017, § 675x BGB Rn. 2. 260

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zu Lasten des Zahlers auslöst, etwa bei Lastschriften (dazu auch speziell § 675x II BGB), während in Rechnungsschock-Fällen der Kunde selbst handelt.262 Zudem muss die Autorisierung betragsunspezifisch erfolgt sein. Der gesetzliche Erstattungsanspruch dient dazu, vor den Gefahren solcher Autorisierungen zu schützen und das Risiko überraschend hoher Zahlungsbeträge auszugleichen.263 Aus dem Kreis gesetzlich normierter vorvertraglicher Aufklärungspflichten weist vor allem § 630c III BGB eine gewisse Nähe zu RechnungsschockFällen auf. Er regelt eine wirtschaftliche Aufklärungspflicht des Behandelnden, wenn er weiß oder wesentliche Anhaltspunkte dafür hat, dass eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten nicht gesichert ist. Die Parallelen sind allerdings begrenzt: Erstens muss der Behandelnde keine selbständige Überprüfung vornehmen, während die Rechtsprechung genau das in den geschilderten Rechnungsschockfällen fordert. Zudem geht es nicht um erhöhte Kosten durch eine atypisch intensive Nutzung, sondern eine Fehlvorstellung darüber, wer für die Kosten einer patientenspezifischen Behandlung aufzukommen hat. III. Durchbrechung des Grundsatzes der Eigenverantwortlichkeit Nach Vertragsschluss erfordern Warn- und Hinweispflichten (Rücksichtspflichten) wie ausgeführt eine besondere Rechtfertigung, soweit der Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit des Kunden durchbrochen wird, der Schutzpflichtige die Gefahr also nicht verursacht hat. Bei Rechnungsschocks trifft das zu, soweit die Ursache der atypischen Nutzung nicht vom Netzbetreiber bzw. Access-Provider ausgeht. In den skizzierten exemplarischen Fallgestaltungen ist das oft der Fall, insbesondere wenn Kunden auf eigene Faust ein Gerät (Smartphone oder Router) erwerben, das sie nicht hinreichend beherrschen, mit ihrem Gerät eine Auslandsreise antreten und dort mobiles Internet nutzen, Geräte fehlerhaft installieren oder kostenträchtige Mehrwertdienste in Anspruch nehmen. Eine Pflicht zum aktiven Schutz der Gegenseite ist jedenfalls dann besonders begründungsbedürftig. In anderen Konstellationen wirken Beiträge beider Seiten zusammen. Ein besonders deutliches Beispiel liefert der Sachverhalt des OLG Schleswig, in dem das vom Anbieter erworbene Smartphone bei Inbetriebnahme ein kostspieliges Software-Update starMitunter auch ein minderjähriges Familienmitglied, dem der Kunde ein Mobiltelefon überlassen hat. Insoweit greift dann allerdings die spezielle Zurechnungsnorm des § 45i IV TKG, die Ex-post-Opportunismus und Trittbrettfahrerverhalten des Vertragspartners vermeiden soll, instruktiv dazu Mankowski, JZ 2017, 735, 737; vertiefend, insb. auch zur Reichweite ders., MMR 2009, 808 ff. 263 MünchKomm BGB / Zetzsche, § 675x Rn. 1, BeckOGK / v. Olshausen, 1.8.2017, § 675x BGB Rn. 4; die Festlegung eines Höchstbetrages oder einer Betragsspanne steht dem nicht entgegen, a. a. O. Rn. 11. 262

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tete, welches der Kunde bestätigte, obgleich er die Kosten für Datenübertragung in seinem Wenignutzer-Tarif kannte und bereits Erfahrung mit dem Herunterladen von Daten hatte. Rechtsprechung und Literatur haben mehrere Begründungsmuster herausgearbeitet, mit denen sich der Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit durchbrechen lässt. Dabei liegt es nahe, als Anhaltspunkte für eine mögliche Rechtfertigung normierte Rücksichts- bzw. Fürsorge- und Obhutspflichten in den Blick zu nehmen. Sie können gesetzgeberische Wertentscheidungen verkörpern, die sich für Obhuts- und Fürsorgepflichten auf vertraglicher Grundlage fruchtbar machen lassen.264 Das führt zu der Frage, inwieweit sich die Rechnungsschock-Rechtsprechung unter diese Begründungsmuster sowie Wertentscheidungen subsumieren und damit systematisch stimmig begründen lässt. 1. Vorangegangenes risikoerhöhendes Verhalten des Schuldners Erstens kann sich eine aktive Schutzpflicht aus vorangegangenem risikoerhöhendem Verhalten des Schuldners rechtfertigen.265 In RechnungsschockFällen geht allerdings ein risikoerhöhendes Verhalten wie dargelegt oft vom Schutzbedürftigen aus (Kauf eines Smartphones/Routers von dritter Seite, dem er technisch nicht gewachsen ist, und Inbetriebnahme, ohne sich mit dem Gerät eingehend vertraut zu machen; Reise mit dem Smartphone ins Ausland; Nutzung von typischerweise kostspieligen Mehrwertdiensten (Telefonsex)). Demgegenüber birgt ein normales Telefondienst- bzw. Internetangebot im Inwie Ausland auch bei normativer Betrachtung kein besonderes Risiko. Vielmehr liegt es im Interesse des Kunden, für den die ständige Verfügbarkeit von Telefon und Internetzugang von zentraler Bedeutung für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung ist.266 Telefon und Internetzugang stellen gerade Staudinger / Olzen, (Updatestand 19.4.2017), § 241 BGB Rn. 491. Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S. 507, 509; Erman / Westermann, 15. Aufl. 2017, § 241 BGB Rn. 14; Staudinger / Olzen, (Updatestand 19.4.2017), § 241 BGB Rn. 498; Soergel / Siebert / Teichmann, 12. Aufl. 1990, § 242 BGB Rn. 183. 266 BGH, NJW 2013, 1072, 1073 f.; Palandt / Grüneberg, 76. Aufl. 2017, § 249 BGB Rn. 49; in der Sache auch Hoeren, in: Tamm / Tonner / Bergmann (Hrsg.), Verbraucherrecht, 2. Aufl. 2016, § 15 C. Rn. 17 (Telekommunikation über Festnetz und Mobilfunk zählen zur „elementaren Grundversorgung, wenn nicht sogar zur Daseinsvorsorge“). Dies betrifft nicht nur die Gebrauchsmöglichkeit nötiger Geräte durch den Eigentümer, sondern auch vertragliche Gebrauchsmöglichkeiten, soweit sie Lebensgüter des notwendigen Bedarfs betreffen, BGH, NJW 1988, 251, 252 f.; Frankfurt NJW-RR 1998, 415 f.; Palandt /  Grüneberg, 76. Aufl. 2017, § 249 BGB Rn. 50. Anders kann man mit Blick auf Mehrwertdienste argumentieren, die indes außerhalb der hier interessierenden Rechnungsschock-Konstellationen liegen. Diesbezüglich hat der BGH in einem Dailer-Fall ausgeführt, dass die Teilnehmernetzbetreiberin mit der Eröffnung des Zugangs zu erfahrungsgemäß missbrauchsanfälligen Mehrwertdiensten für den geschäftlichen Verkehr ein Risiko veranlasst habe. Da sie wirtschaftlichen Nutzen aus einem von ihr 264 265

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die Hauptleistungspflicht dar, welche sich der Kunde von seinem Vertragspartner versprechen lässt. Soweit, wie häufig, Kunden selbst die maßgebliche Ursache für den Rechnungsschock gesetzt haben, lässt sich also mit dem Risikoerhöhungstopos keine besondere Informationsnebenpflicht (Warnpflicht, Rücksichtspflicht) des Anbieters begründen. Anders liegt es, wenn der Kunde zusätzlich ein Gerät (insb. Smartphone oder Router) vom Telefonnetzbetreiber bzw. Access-Provider kauft oder mietet. Insoweit kann man die Wertung nutzbar machen, welche in kauf- und mietrechtlichen Fürsorge-, Beratungs- und Obhutspflichten zum Ausdruck kommt (s. o.), unabhängig davon, ob zwei getrennte Verträge vorliegen oder eine einheitliche Vereinbarung. 267 Danach hat derjenige, der einen Gegenstand zum vertragsgemäßen Gebrauch zur Verfügung stellt, darauf zu achten, mitveranlassten, missbrauchsanfälligen System ziehe, sei es angemessen, sie die Risiken solchen Missbrauchs tragen zu lassen, den ihre Kunden nicht zu vertreten haben (BGHZ 158, 201, 208). Diese Wertung überzeugt, ist aber nicht auf normale Telefon- und Internetangebote übertragbar, bei denen keine ähnliche Problematik mit Dialern besteht. 267 Angesichts unterschiedlicher rechtlicher und tatsächlicher Rahmenbedingungen spricht viel dafür, dass der Parteiwille in der Regel nicht dahin geht, ein einheitliches Vertragsverhältnis für die Erbringung der Mobilfunkdienste und die Überlassung des Endgeräts zu begründen. In diesem Fall tritt zum Telefondienst- bzw. Access-ProvidingVertrag ein separater Kauf- oder Mietvertrag hinzu (Köhler, Der Mobilfunkvertrag, 2005, S. 75 f.; Spindler, in: Spindler / Bettinger (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004, S. 239, 324 Rn. 136). Die wohl überwiegende Meinung nimmt auch dann einen separaten Kaufvertrag an, wenn der Kunde für die Überlassung eines Gerätes kein oder nur ein geringes Entgelt zahlt und im Übrigen eine Amortisation aus Anbietersicht durch die Gebühren für den zugleich abgeschlossenen Mobilfunkvertrag erfolgt (so ohne nähere Begründung AG Dortmund, MMR 2011, 67 mit Anmerkung Neumann, MMR 2011, 67 ff.; wohl auch OLG Celle, GRUR-RR 2015, 152; Marbina, MMR 2014, 503, 505; Spindler, in: Spindler / Bettinger (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004, S. 239, 324 Rn. 136; a. A. Köhler, Der Mobilfunkvertrag, 2005, S. 76: Vertrag eigener Art). Selbst bei dergestalt getrennten Vertragsverhältnissen ist ihr enger wirtschaftlicher Zusammenhang nicht nur ggf. verbraucherrechtlich (dazu Limbach, NJW 2011, 3770 m. w. N. zum Streitstand; Erman / Nietsch, § 506 BGB Rn. 13), sondern auch bei der Auslegung und damit den Pflichten der Parteien zu berücksichtigen. Das gleiche gilt, wenn ein Händler ein Mobiltelefon subventioniert abgibt, nachdem er dafür eine Provision vom Netzbetreiber als Vertragspartner des Mobilfunkvertrages erhalten hat, die er an den Kunden weiterreicht (zum Ganzen Köhler, Der Mobilfunkvertrag, 2005, S. 77–81; zur Möglichkeit ergänzender Auslegung derartiger subventionierter Verträge im Ansatz auch AG München, MMR 2017, 62). Sind (ausnahmsweise) alle Leistungen in einem Vertrag verbunden, enthält der Telefondienst- oder Access-Providing-Vertrag ein kauf- bzw. mietrechtliches Element, wobei das Gerät bzw. seine Nutzung in die monatlichen Raten eingepreist ist und mit diesen abgegolten wird. Das anwendbare Recht beurteilt sich dann danach, ob man der Absorptions- oder Kombinationstheorie folgt oder auf ergänzende Vertragsauslegung zurückgreift (dazu oben 4. Kapitel § 1 I.2., Text bei Fn. 211). Insbesondere die beiden letztgenannten Ansätze lassen ohne weiteres einen Rückgriff auf kauf- bzw. mietrechtliche Wertungen zu.

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dass dieser keine ungewollten Einbußen beim Vertragspartner verursacht: Ein Vermieter muss für eine sichere Benutzung der Mietsache sorgen und (nur) bei nahliegenden Gefahren unabhängig von einem konkreten Mangel Überprüfungen vornehmen.268 Zudem muss er den Mieter bei nicht problemlosem Gebrauch in die Benutzung der Mietsache einweisen.269 Ebenso ist im Kaufrecht anerkannt, dass der (Fach-)Verkäufer, wenn mit keinem hinreichenden Sachverstand des Käufers zu rechnen ist, diesen so über die Bedienung informieren muss, dass er mit dem Gegenstand sinnvoll vertragsgemäß umgehen kann und keine Schäden beim Benutzer eintreten.270 Dabei muss der Verkäufer bedenken, dass der Vertragspartner mit einem neuen Gerät typischerweise noch nicht vertraut ist und daher eher zu Bedienungsfehlern neigen wird, vor denen er sich mit Blick auf Eigentümlichkeiten des konkreten Modells ohne Hilfestellung kaum schützen kann.271 Dementsprechend überzeugt die Rechtsprechung zu abstrakten Warnpflichten in dem Fall des zur Verfügung gestellten Smartphones mit Kartenupdate auch gegenüber Kunden, die bereits Erfahrungen mit Downloads gesammelt hatten, weil die gesetzgeberische Wertung die Risikobeiträge des Anbieters gewichtiger erscheinen lässt. Die abstrakte Warnpflicht versichert den Kunden gegen Nachteile aus einem Fehlgebrauch, den das ungewohnte Gerät begünstigt. In ähnlicher Weise folgt aus dem mietvertraglichen Element eine erhöhte Obhutsund Fürsorgepflicht, wenn ein Access-Provider dem Kunden einen Router überlässt, der so eingestellt ist, dass er sich ständig ins Internet einwählt.272 Insoweit führt ergänzende Vertragsauslegung oder die Kombinationstheorie

268 Dazu BGH, NJW 2009, 143, 144, m. w. N. zum Meinungsstand; dazu Staudinger /  Olzen, (Updatestand 19.4.2017), § 241 BGB Rn. 504. 269 BGH, NJW 1957, 826: Aufklärung über gefährlichen Zustand in der Wohnung (Notdach mit beschränkter Lebensdauer). 270 BGHZ 47, 312 = NJW 1967, 1805 f.; Teichmann, JA 1984, 709, 711, 712 unten; Soergel / Siebert / ders., 12. Aufl. 1990, § 242 BGB Rn. 166. 271 Allg. zum Aspekt der Erkennbarkeit der Gefahr für den Vertragspartner bei der Begründung von Schutzpflichten Teichmann, JA 1984, 709, 713; zum Kaufvertrag Thiele, JZ 1967, 649, 656. Den Gedanken hat auch die Rechtsprechung anerkannt. So ist ein KfzHändler unter Umständen verpflichtet, eine Kaskoversicherung für Probefahrten abzuschließen, um seiner Schutzpflicht für das Vermögen des Kaufinteressenten nachzukommen. Unterlässt er dies, ohne den Kunden auf das damit einhergehende Haftungsrisiko hinzuweisen, ist ein stillschweigender Haftungsausschluss zugunsten des Kunden für einfache Fahrlässigkeit anzunehmen, BGH, NJW 1972, 1363 f. (Probefahrt mit Händlerwagen); BGH, NJW 1986, 1099 f. (Probefahrt mit Gebrauchtwagen des Kunden, den der Händler an Interessenten vermittelt); BeckOK BGB / Sutschet, 43. Ed. 15.6.2017, § 241 BGB Rn. 98. Die Zumutbarkeit wird dabei damit begründet, dass ein Kaufinteressent mit dem Modell regelmäßig noch nicht vertraut ist und daher ein erhöhtes Unfallrisiko besteht, gegen das sich der Interessent selbst kaum versichern kann, siehe BGH, NJW 1972, 1363 f. 272 Siehe Staudinger / Olzen, (Updatestand 19.4.2017), § 241 BGB Rn. 504.

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auch dann zu einer Berücksichtigung mietrechtlicher Wertungen, wenn man den Access-Providing-Vertrag nicht als Mietvertrag einordnet. Schließlich überzeugt mit Blick auf den Risikoerhöhungstopos eine aktive Schutzpflicht in der Rechnungsschock-Konstellation der Vertragserweiterung mit Systemwechsel per AGB.273 Hier ergibt sich das risikoerhöhende Verhalten des Anbieters aus dem Überraschungsmoment. Begründen lässt sich damit wiederum eine abstrakte Warnpflicht, über die Änderung zu informieren. Davon abzugrenzen ist eine übliche, schon anfänglich vereinbarte Gebührenstruktur, etwa aus einem bestimmten Inklusivvolumen und Preisen für Zusatzeinheiten. Diese begründet an und für sich keine Gefahr, wenn der Kunde seine Internetnutzung per Router oder Smartphone beherrscht. Ausnahmen sind bei einer unübersichtlichen oder mit sonstigen „Fußangeln“ versehenen Gebührenstruktur denkbar. Zugleich ist es wichtig, sich die Grenzen und Überdehnungsgefahr des Risikoerhöhungs-Topos als Begründung für aktive Schutzpflichten vor Augen zu führen. Telefondienst- und Access-Providing-Verträge sind Massenverträge. Selbst wenn solche Austauschverhältnisse sorgfältig und verbrauchergeeignet gestaltet sind, wird, solange auch nur die kleinste Restgefahr atypischer Nutzung für besonders sorglose Anwender verbleibt, bei hinreichend hoher Kundenzahl früher oder später ein solcher Fehlgebrauch mit der Folge von Rechnungsschocks auftreten. Angesichts millionenfacher Verträge über Telefon- und Internetnutzung kann dann selbst eine vierstellige Zahl solcher Fälle einen verschwindend geringen Anteil im Vergleich zu der überwältigenden Mehrheit darstellen, die Vertrag und Gerät sachgerecht ohne Probleme nutzt. Vor diesem Hintergrund kann man aus dem Auftreten mehrerer Fälle nicht ohne weiteres auf ein risikoerhöhendes Verhalten schließen, das normativ aktive Schutzpflichten rechtfertigt. Vielmehr gilt es hier ganz besonders, der Versuchung des hindsight-bias274 zu widerstehen. Das liegt letztlich im verständigen Interesse beider Parteien, weil der Anbieter bei Massenverträgen das Niveau an Schutz und Information des Kunden ganz weitgehend einheitlich gestalten muss, sofern der Kunde nicht von sich aus individuelle Beratung nachfragt. Verlangt man einen Standard, der noch den sorglosesten und unbedarftesten Kunden schützt, geht dies daher letztlich auf Kosten aller Kunden, die für sie unnütze Vorkehrungen erhalten und mitbezahlen müssen. Darauf ist zurückzukommen.275

Siehe Erman / Westermann, 15. Aufl. 2017, § 241 BGB Rn. 14. Dazu instruktiv statt vieler Schweizer, Kognitive Täuschungen vor Gericht, 29.6.2005, S. 209 ff.; knappe Erläuterung bei Schäfer / Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 5. Aufl. 2012, S. 106 f.; Camerer / Talley, in: Polinsky / Shavell (Hrsg.), Handbook of law and economics, 2007, S. 1619, 1638 f. 275 4. Kapitel, § 5 III., S. 116 ff. 273 274

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2. § 618 BGB analog im dienstähnlichen Werkvertrag Zweitens wird § 618 BGB, eine der beiden ausdrücklich geregelten Fürsorgepflichten im BGB, analog auf Fürsorgepflichten bei einem „dienstähnlichen Werkvertrag“ angewandt, aber auch bei anderen Verträgen mit dienst- oder werkvertraglichem Einschlag.276 Tatsächlich qualifiziert die Rechtsprechung den Telefondienstvertrag und den Access-Providing-Vertrag als Dienstvertrag. Soweit die Literatur einen Werkvertrag annimmt, liegt zumindest ein „dienstähnlicher Werkvertrag“ vor. Dessen ungeachtet passt eine analoge Anwendung von § 618 I BGB mangels vergleichbarer Interessenlage ersichtlich nicht, da es an einer auch nur entfernt ähnlich intensiven Nähebeziehung fehlt. Anders als bei § 618 BGB wird die Leistung nicht in der räumlichen Sphäre des Schutzpflichtigen erbracht, und der Schutzberechtigte beherrscht die Mittel der Inanspruchnahme (Smartphone) und davon ausgehende Risiken selbst. 3. Besonderes Vertrauensverhältnis, unbewusste Selbstschädigung Drittens kann im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen ein zwischen den Parteien bestehendes Vertrauensverhältnis eine aktive Schutzpflicht rechtfertigen.277 Ähnliches gilt mit zunehmendem Grad der Fremdnützigkeit der vertraglichen Verpflichtung.278 In Rechnungsschock-Fällen führen diese Ansatzpunkte allerdings ebenfalls nicht weiter, da Telefondienstverträge ebenso wie Access-Provider-Verträge Massenverträge sind, bei denen kein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien besteht, und die regelmäßig keinen fremdnützigen Charakter aufweisen. Die unterinstanzliche Rechtsprechung beruft sich dementsprechend nur auf den allgemeineren Satz, dass bei Schuldverhältnissen mit längerer zeitlicher Bindung intensivere Verhaltenspflichten bestehen. Er ist im Grundsatz auch in der Literatur anerkannt,279 geht in dieser allgemeinen Form aber kaum über eine petitio principii hinaus.

276 BGH, NJW 1971, 1931 f.; Staudinger / Olzen, (Updatestand 19.4.2017), § 241 BGB Rn. 499, 510; MünchKomm BGB / Ernst, 7. Aufl. 2016, § 280 BGB Rn 109; BeckOK BGB / Sutschet, 43. Ed. 15.6.2017, § 241 BGB Rn. 96; BeckOK BGB / Fuchs, 43. Ed. 15.6.2017, § 618 BGB Rn. 4. 277 Siehe MünchKomm BGB / Ernst, 7. Aufl. 2016, § 280 BGB Rn 106; Staudinger /  Olzen, (Updatestand 19.4.2017), § 241 BGB Rn. 498; Weiler, in: Tamm / Tonner / Bergmann (Hrsg.), Verbraucherrecht, 2. Aufl. 2016, § 13 Rn. 30; etwas allgemeiner Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1994, S. 143 f., („besonderer Vertrauenstatbestand als konstituierendes Element jeder Schutzpflicht“). 278 Teichmann, JA 1984, 709, 714. 279 Siehe oben Fn. 258.

§ 2 Einpassung der Rechnungsschock-Fälle?

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Daneben heben BGH und Instanzgerichte in Rechnungsschock-Fällen darauf ab, dass atypisches Nutzungsverhalten eine hohe Gefahr unbewusster Selbstschädigung nahelegt, die der Vertragspartner nicht unberücksichtigt lassen darf. Indes ist auch diese Erwägung bei näherem Hinsehen problematisch. Denn Rechnungsschock-Fälle weisen die Besonderheit auf, dass sich die Warnpflicht auf die Inanspruchnahme der Hauptleistung selbst bezieht.280 Es geht daher abseits der Konstellationen eines Missbrauchs durch Dritte gar nicht um eine – effiziente – Vermeidung von Schäden, sondern darum, ob dem Berechtigten eine weitere Inanspruchnahme wirtschaftlich gut tut, also um die Verteilung der Vertragsgewinne und damit ein Nullsummenspiel. Ob eine Selbstschädigung dadurch droht, dass der Kunde eine vertragliche Hauptleistung nutzt, die er durchaus gebrauchen kann, deren Kosten-NutzenVerhältnis aber interessenwidrig erscheint, setzt eine Vorstellung davon voraus, wo der angemessene („gerechte“) Preis liegt, über dem die Inanspruchnahme der Leistung zu einer Selbstschädigung wird. Der Rechtsanwender muss sich also über die privatautonome Festlegung von Mengen, Preisen und Konditionen der Parteien hinwegsetzen. Damit impliziert das Eingreifkriterium der Selbstschädigung in Rechnungsschock-Fällen im Ergebnis eine Preiskontrolle, d. h. auf Selbstschädigung lässt sich nur schließen, wenn ein Missverhältnis von Preis und Leistung vorliegt, von dem ein verständiger Verbraucher Abstand nehmen würde. Dies ist anders zu verorten:281 Nicht vertragliche Schutzpflichten, sondern § 138 BGB und die AGB-Kontrolle sind hier die systematisch richtigen Instrumente. 4. Relative Leichtigkeit der Gefahrenabwehr Schließlich lässt sich die Durchbrechung des Grundsatzes der Eigenverantwortlichkeit Literatur und Rechtsprechung zufolge begründen, wenn der Schutzpflichtige die Gefahren für die andere Partei leichter und billiger bewältigen kann als diese, weil seine eigenen berechtigten Interessen nicht erheblich sind.282 Der BGH stützt sich wohl entscheidend auf dieses Kriterium. Indes ist es in Rechnungsschock-Fällen aus mehreren Gründen ungeeig280 Dies erkennt auch Weiler, in: Tamm / Tonner / Bergmann (Hrsg.), Verbraucherrecht, 2. Aufl. 2016, § 13 Rn. 75, der aber ohne nähere Diskussion dem BGH folgt und dessen Argumentation referiert. 281 Ebenso überzeugend im anders gelagerten Kontext der Aufklärung über den Charakter als Unfallersatztarif Rehm, JZ 2007, 786, 788 f. 282 Vgl. BGH, NJW 1972, 1363 f. (Händler ist gehalten, eine Kaskoversicherung gegen das Risiko eines Unfalls mit einem Vorführwagen bei einer Probefahrt abzuschließen, da sich der Kunde kaum gegen die besonderen Risiken einer Probefahrt versichern kann); Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S. 506 f., 509; Staudinger / Olzen, (Updatestand 19.4.2017), § 241 BGB Rn. 498; die Güterabwägung betonend Soergel / Siebert / Teichmann, 12. Aufl. 1990, § 242 BGB Rn. 185, 187.

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4. Kapitel: Rechtsdogmatik, Rechtsvergleichung und Rechtsökonomik

net, um Fälle abzugrenzen, die eine Durchbrechung des Eigenverantwortlichkeitsgrundsatzes rechtfertigen: Zunächst ist der Umstand, dass zwischen Anbieter und Kunde ein Informationsgefälle mit einer überlegenen Sachkunde des Anbieters besteht, in einer arbeitsteiligen Wirtschaft mit zunehmend technisierten Produkten weit verbreitet. Das Kriterium ist daher kaum rechtssicher eingrenzbar283 und hat einen entsprechend geringen, fassbaren Wertungsgehalt. In Rechnungsschock-Fällen führt es überdies zu einer potentiell nahezu uferlosen (Produkt-)Beobachtungspflicht, wenn die Rechtsprechung dem Telekommunikationsanbieter auferlegt, die Nutzung der vertraglichen Dienstleistung auch mit Blick auf ihm unbekannte und erst nach Vertragsschluss angeschaffte Fremdgeräte zu überwachen.284 Betrifft das bislang „nur“ Smartphones und Router, wird im aufkommenden Internet der Dinge eine kaum absehbare Gerätevielfalt von vernetzten Autos bis zu Kühlschränken hinzutreten. Soweit der Kunde solche Geräte auf eigene Faust bei einem Dritten erwirbt, gehört es zu den vertraglichen Pflichten des überlegen sachkundigen Verkäufers, dem Käufer geeignete Gebrauchshinweise an die Hand zu geben. Die RechnungsschockRechtsprechung lastet die Folgen eines solchen Unterlassens im Verhältnis Verkäufer-Käufer indes schlicht deswegen dem Telekommunikationsdiensteanbieter an, weil (auch) dieser einen Informationsvorteil gegenüber dem Kunden hat. Dies erscheint fragwürdig und kaum konsistent durchzuhalten, wenn man den Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse in einer arbeitsteiligen Hochtechnologiewirtschaft nicht aushöhlen will. Darüber hinaus ist das Kriterium, dass der Verpflichtete die Gefahren für Gegenstand oder Person der anderen Partei leichter und billiger bewältigen kann als diese, immer erfüllt, wenn eine leistungsbezogene Schutzpflicht285 in Rede steht, bei der es um den Umfang der Inanspruchnahme der Hauptleistung des anderen Teils und damit um das Äquivalenzinteresse gehen soll. Naturgemäß kann der Anbieter immer unschwer den Preis reduzieren bzw. die Leistungserbringung einstellen. Damit fehlt auch diesem Begründungstopos bei (dienst-)leistungsbezogenen Informationsnebenpflichten jede Trennschärfe. Andernorts wird er denn auch nicht angewandt. So muss ein Fitnessstudio-Betreiber seinen Vertragspartner nach einer Probemitgliedschaft nicht belehren, dass die meisten Kunden die angebotene Verlängerung auf 24 Monate kaum noch nutzen, nachdem die Anfangsmotivation verflogen ist,286 ja er Ähnlich aus schweizerischer Sicht Mion, Jusletter 10.11.2003, Rn. 5. Sehr krit. dazu Schaal, MMR 2013, 747, 748. 285 Zu dieser Art der Schutzpflicht allgemein Kuhlmann, Leistungspflichten und Schutzpflichten, 2001, S. 117–119, sowie S. 121 zu der Überschneidung mit erfüllungssichernden Schutzpflichten. 286 Bekanntermaßen überschätzen viele Nutzer die spätere Häufigkeit ihrer Fitnessstudio-Besuche und geben dadurch bei weitem zu viel Geld für langlaufende Verträge aus, DellaVigna / Malmendier, Am. Ec. Rev. 96 (2006), 694, 711 ff.; siehe auch zur Lage bei 283 284

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kann seine Kunden dem BGH zufolge selbst bei einer dienstlichen Versetzung an einer nicht unerheblichen Entgeltpflicht über den vollen Zeitraum festhalten.287 Ähnliches gilt zivilrechtlich für den DSL-Vertrag.288 Ein Anbieter, der Tiefkühlprodukte an Verbraucher nach Hause liefert, muss diese ebenfalls nicht warnen, wenn die regelmäßig bestellte Menge Torten selbstschädigende Ausmaße nahelegt, und ein Online-Lebensmittelhändler einen Stammkunden, der 20 statt wie üblich 10 Joghurtbecher kauft, nicht darauf hinweisen, dass er es womöglich nicht schaffe, alle Töpfchen vor Ablauf des Haltbarkeitsdatums zu verspeisen. Abgesehen von fehlender Trennschärfe birgt das Kriterium bei leistungsbezogenen Schutzpflichten gerade mit Blick auf Telekommunikationsleistungen zudem spezifische Gefahren. Nahezu jeder, der mit erfreulichen oder unerfreulichen Ausnahmeereignissen zu tun hatte (Geburt, Hochzeit, Todesfall, Unfälle, sonstige Krisensituationen), wird, soweit er keine Flatrate nutzt, eine schlagartige Steigerung seiner Telefonrechnung bemerken. In ähnlicher Weise können Telefonrechnungen kleiner und mittlerer Unternehmen je nach Geschäftsgang und besonderen Vorkommnissen stark schwanken.289 Indem BGH und Instanzgerichte bei atypischem Nutzungsverhalten neben einer Warnung eine Sperrung verlangen, kann das folglich gerade dann zum Ausbleiben der versprochenen Hauptleistung führen, wenn diese am nötigsten gebraucht wird.290 Vor der Annahme einer Sperrpflicht wäre daher zumindest eine entsprechende Ankündigung vorzuschalten.291 Die Auferlegung einer Sperrpflicht überzeugt schließlich umso weniger, als die Rechtsprechung sogar in der viel gefährlicheren Konstellation von Spielbanken grundsätzlich keine einseitigen Sperren verlangt und erst nach deutschen Nutzern Statista, Umfrage zu den Vertragslaufzeiten von Fitnessstudios in Deutschland 2016, August 2016 (geprüft am 27.11.2017) (überwiegend zwischen 7 und 24 Monaten), Statista / IfD Allensbach, Umfrage in Deutschland zur Häufigkeit des Besuchs von Fitnessstudios bis 2017, Juli 2017 (geprüft am 27.11.2017) (Anteil der Nutzer, die nach eigener Angabe nur ab und zu ins Studio gehen, überwiegt häufige Nutzer um über 70 %). 287 BGH, NJW 2016, 3718, mit geschuldetem Restbetrag von 719,90 €, a. a. O. S. 3720 vom BGH als „relativ gering“ bezeichnet, in der Höhe aber schon mit manchen Rechnungsschock-Fällen vergleichbar; zu der Problematik auch Diekmann / Lube, MDR 2016, 69. 288 BGH, NJW-RR 2011, 916, mittlerweile vom Gesetzgeber telekommunikationsrechtlich korrigiert durch das Sonderkündigungsrecht des § 46 VIII 3 TKG, siehe dazu Hoeren, in: Tamm / Tonner / Bergmann (Hrsg.), Verbraucherrecht, 2. Aufl. 2016, § 15 C. Rn. 68. 289 Bsp.: ausgiebige Inanspruchnahme kostenpflichtiger Computersupport-Hotline nach Systemabsturz oder Virenbefall. 290 Zum Ganzen aus schweizerischer Sicht Mion, Jusletter 10.11.2003, Rn. 6 f. 291 Siehe aus österreichischer Sicht Goldbacher / Dama, Medien und Recht 2014, 113, 115.

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4. Kapitel: Rechtsdogmatik, Rechtsvergleichung und Rechtsökonomik

einem vom Spieler veranlassten Sperrvertrag von vertraglichen Kontroll(schutz-)pflichten des Betreibers ausgeht.292

§ 3 Rechtssystematische Erwägungen Abgesehen von der Frage, inwieweit sich die Rechnungsschock-Rechtsprechung in die Begründungsmuster für Informationsnebenpflichten zum Schutz der anderen Partei einpassen lässt, ist die Lösung mit einer konkreten Warnpflicht bei atypischem Nutzungsverhalten auch sachlich problematisch, und zwar in vierfacher Hinsicht. I.

Datenschutzrechtliche Implikationen und Wertungen

Die Anforderungen des BGH verlangen von Telefondiensteanbietern und Access-Providern, das Nutzungsverhalten ihrer Kunden eingehend zu überwachen: Die Anbieter müssen das durchschnittliche Nutzungsverhalten jedes einzelnen Kunden bzw. hilfsweise das Verhalten eines Durchschnittsnutzers – wohl kontinuierlich – ermitteln, und das aktuelle Nutzungsverhalten des Kunden laufend mit diesem Maßstab abgleichen. Hierzu muss der Betreiber die entsprechenden Kundendatenbestände speichern, zusammenzuführen und fortlaufend statistisch individuell und im Aggregat auswerten. Das hat erhebliche datenschutzrechtliche Rückwirkungen im Spannungsverhältnis zur Zielvorgabe der Datensparsamkeit gem. § 3a BDSG: Diese verlangt, die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten und die Auswahl und Gestaltung von Datenverarbeitungssystemen an dem Ziel auszurichten, so wenig personenbezogene Daten wie möglich zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen. 293 Dazu ist die Anzahl der verarbeiteten Daten ebenso wie jene der Datennutzungen möglichst gering zu halten.294 Zugleich folgen die datenschutzrechtlichen Erhebungs- und Verarbeitungsbefugnisse weitgehend der schuldrechtlichen Pflichtenlage. Infolgedessen erGrundlegend BGH, NJW 2006, 362 und BGH, NJW 2008, 840: generelle Kontrollpflicht vor der Teilnahme, unter Aufgabe von BGHZ 131, 136 = NJW 1996, 248; flankierend BGH, NJW 2012, 48: Prüfpflicht vor Aufhebung einer Eigensperre qua Auslegung des Sperrvertrages. Aus der Literatur zu dieser Fallgruppe Peters, JR 2002, 177 ff.; Wagner von Papp, AcP 2005, 342, 364 ff.; Schimmel, NJW 2006, 958 ff.; ferner die Anmerkung von Klöhn, NJW 2008, 840, 842 f. 293 Zukünftig auch Art. 5 I lit b), c) und e) VO (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. EU Nr. L 119 vom 4.5.2016, S. 1– 88: Grundsätze der Zweckbindung, Datenminimierung und Speicherbegrenzung. 294 Gola / Klug / Körffer, in: Gola / Klug / Körffer u. a. (Hrsg.), Bundesdatenschutzgesetz, 12. Aufl. 2015, § 3 a Rn. 1b. 292

§ 3 Rechtssystematische Erwägungen

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weitert die Rechnungsschock-Rechtsprechung in erheblichem Maße die Datenverarbeitungsbefugnisse von Telefondienst- und Access-Providern. Gleiches gilt für sonstige Anbieter, soweit man die Vorgaben der Rechnungsschock-Rechtsprechung auf diese erstreckt.295 Komplikationen sind damit trotzdem nicht ausgeschlossen, wie ein Blick auf die RechnungsschockRechtsprechung belegt: Allgemein regelt § 28 I 1 Nr. 1 BDSG, dass das Speichern personenbezogener Daten oder ihre Nutzung als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke zulässig ist, wenn es für die Durchführung eines Schuldverhältnisses mit dem Betroffenen erforderlich ist.296 Für Telekommunikationsdiensteanbieter gelten gem. § 1 III 1 BDSG zwar die spezielleren Vorgaben des TKG. § 95 I 1 TKG i. V. m. § 3 Nr. 3 TKG enthält aber eine parallele Regelung, die es erlaubt, Bestandsdaten297 auch ohne Einwilligung (dazu § 95 II 1 TKG) zu erheben und zu verwenden, soweit es für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsdienste erforderlich ist. Die Erforderlichkeit der Daten ist dabei verobjektiviert festzustellen und Teilen der Literatur zufolge weit auszulegen.298 Grundsätzlich nicht mehr erfasst sind hingegen Nutzungen wie eine personenbezogene Kundensegmentierung nach Jahresumsatz.299 Da Bestandsdaten aber genutzt werden dürfen, damit der Diensteanbieter seine Rechte und Pflichten aus dem Vertragsverhältnis wahrnehmen kann,300 erweitert eine richterrechtlich hergeleitete Informationsnebenpflicht (Fürsorgebzw. Rücksichtspflicht), die vom Anbieter eine Auswertung des üblichen und eine Kontrolle des aktuellen Nutzungsumfangs verlangt, unmittelbar und erheblich die Möglichkeiten des Anbieters, nach § 95 I 1 TKG Bestandsdaten zu erheben und zu verarbeiten.301 Dazu oben Text bei Fn. 29. Zukünftig Art. 6 I lit. b) Datenschutz-Grundverordnung. 297 Legal definiert in § 3 Nr. 3 TKG: „Daten eines Teilnehmers, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsdienste erhoben werden“. 298 Eckhardt, in: Spindler / Schuster / Döpkens (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 95 TKG Rn. 3. 299 Büttgen, in: Geppert / Schütz / Attendorn (Hrsg.), Beck’scher TKG-Kommentar, 4. Aufl. 2013, § 95 TKG Rn. 6: nicht erforderliche Marketingmaßnahmen; ganz ähnl. Spindler, in: Spindler / Bettinger (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004, S. 239, 493 f. Rn. 403: Nutzerprofile nur in engen Grenzen oder mit Einwilligung. 300 Siehe Büttgen, in: Geppert / Schütz / Attendorn (Hrsg.), Beck’scher TKG-Kommentar, 4. Aufl. 2013, § 95 TKG Rn. 5. 301 Schmidt, jurisPR-ITR 7/2011, Anm. 4 zu LG Münster, Urt. v. 18.1.2011 – 6 S 93/10; implizit wohl auch Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Tätigkeitsbericht 2009–2010, 2011, S. 80; zudem aus schweizerischer Sicht Mion, Jusletter 10.11.2003, Rn. 9. Im Ergebnis ändert sich das auch nicht, wenn man die Erforderlichkeit der Bestandsdatenverarbeitung bereits dann bejaht, wenn sie der rei295 296

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Gleichwohl war lange unklar und umstritten, inwieweit Telekommunikationsdiensteanbieter das von der Rechtsprechung aufgestellte Pflichtenprogramm erfüllen können, weil Bestandsdaten dazu nicht genügen. Stellungnahmen des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) vom 1.6.2010,302 vom 29.11.2010303 sowie im Tätigkeitsbericht für die Jahre 2009–2010304 zum Urteil des LG Bonn, welches die Blaupause für die spätere BGH-Entscheidung lieferte, meldeten erhebliche Bedenken mit Blick auf das fortlaufende Monitoring von Verkehrsdaten,305 um atypisches Nutzerverhalten zu erkennen. Der BfDI war der Auffassung, dass die Überwachung von Verkehrsdaten gem. § 100 I, III TKG nur erlaubt sei, um Störungen oder Fehler an Telekommunikationsanlagen (Abs. 1) oder missbräuchliches Verhalten (Abs. 3) festzustellen. Ersteres scheide in Fällen atypischer Nutzung durch Kunden aus, weil die Telefonanlage oder der Router eines Teilnehmers nicht unter die Legaldefinition der Telekommunikationsanlage (§ 3 Nr. 23 TKG) falle,306 letzteres, weil sich der Kunde auch bei atypischer Nutzung vertragskonform verhält.307 Um eine solche zu erkennen, müsse es bei einem Rückgriff auf Bestandsdaten bleiben, also auf die – in der Regel monatlichen – Rechnungsdaten. Diese erlauben indes keine Eruierung der Ursachen308 und wohl auch keine kurzfristige Sperrung. Überdies liefe auf

bungslosen Abwicklung eines geschlossenen Telekommunikationsvertrages förderlich ist und dies annimmt, wenn atypische Nutzungen erkannt werden sollen, bei denen es später typischerweise zum Streit über die Entgeltpflicht kommt (so Schuster / Sassenberg, CR 2011, 17). Denn solche Streitigkeiten wären ohne eine einschlägige Nebenpflicht des Anbieters rechtlich unbeachtlich und jedenfalls auf Dauer keine besondere Belastung, da unter Verweis auf bestätigende Urteile leicht abzuwehren. 302 Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Telekommunikationsanbieter müssen Kunden bei atypischer Nutzung auf drohende Vermögensschäden hinweisen (LG Bonn), 1.6.2010 (geprüft am 27.11.2017). 303 Ders., Datenschutzrechtliche Prüfung des Urteils LG Bonn 7 O 470/09, 2010 (unveröffentlicht; liegt dem Verfasser nach einer Anfrage an den BfDI vor). 304 Ders., Tätigkeitsbericht 2009–2010, 2011, S. 80. 305 Legal definiert in § 3 Nr. 30 TKG: „Daten, die bei der Erbringung eines Telekommunikationsdienstes erhoben, verarbeitet oder genutzt werden“. 306 Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Datenschutzrechtliche Prüfung des Urteils LG Bonn 7 O 470/09, 2010, S. 1: § 100 I TKG erfasse nur Telefonanlagen, die in der faktischen Verfügungsgewalt des Diensteanbieters liegen, also nicht einen Router, der dem alleinigen Zugriff des Kunden unterliegt. 307 Ders., Datenschutzrechtliche Prüfung des Urteils LG Bonn 7 O 470/09, 2010, S. 1 f.; ders., Tätigkeitsbericht 2009–2010, 2011, S. 80; insoweit zustimmend Schuster /  Sassenberg, CR 2011, 15, 18. 308 Zum Ganzen BfDI, TB 2009–2010, S. 80; ebenso Schmidt, jurisPR-ITR 7/2011, Anm. 4 zu LG Münster, Urt. v. 18.1.2011 – 6 S 93/10, der aber anders als der BfDI die

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ihrer Basis die Schutzpflicht weitgehend leer, weil der Zugang einer hohen Rechnung ohne Anpassung des eigenen Nutzungsverhaltens laut BGH einen Schadensersatzanspruch analog § 254 BGB entfallen lässt. Verkehrsdaten konnten gem. der Ansicht des BfDI nur mit einer Einwilligung des Kunden genutzt werden,309 die in der Praxis indes als impraktikable Grundlage gilt, schon weil sie jederzeit widerrufen werden kann.310 Dementsprechend sah der BfDI Telekommunikationsanbieter in der „missliche[n] Lage, unter dem Damoklesschwert solcher Urteile leben zu müssen, die kaum datenschutzkonform umzusetzen sind.“311 Nachfolgende Stimmen aus der Literatur haben versucht, dieser Kalamität mit einer erweiterten Auslegung von Kompetenzen zur Verarbeitung von Verkehrsdaten abzuhelfen.312 Unabhängig davon, wie man hier entscheidet bleibt der Befund, dass die Rechnungsschock-Rechtsprechung zu Informationsnebenpflichten bei atypischem Nutzungsverhalten die Datenverarbeitungskompetenzen der Anbieter nach dem TKG erheblich erweitert hat, obgleich sich der deutsche und europäische Gesetzgeber mit dem Datenschutzrecht ersichtlich bemühen, auf sparsame Datenerhebung und -verwendung hinzuwirken. Mittlerweile ist dieser Effekt zwar durch § 45n TKG i. V. m. der TK-TransparenzVO überholt worden, die in Verbindung mit §§ 95 I 1, 96 I 1 Var. 2 TKG die nötige Datenverarbeitung erlauben, um die regulatorischen Warn- und Sperrvorgaben zu erfüllen. Daran anknüpfend spricht § 44 I TKG dem Betroffenen einen Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz bei Verstößen des Anbieters gegen die TKTransparenzV zu.313 Diese späteren gesetzgeberischen EntBestandsdaten für ausreichend hielt, um dem Pflichtenprogramm der Rechtsprechung nachzukommen. 309 Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Datenschutzrechtliche Prüfung des Urteils LG Bonn 7 O 470/09, 2010, S. 2 f. Die Zulässigkeit der Erhebung von Verkehrsdaten richtet sich allgemein nach § 96 I 1 TKG, die Zulässigkeit der Verwendung der erhobenen Verkehrsdaten nach § 96 I 2 TKG, der die möglichen Verwendungszwecke abschließend beschreibt, Braun, in: Geppert / Schütz / Attendorn (Hrsg.), Beck’scher TKG-Kommentar, 4. Aufl. 2013, § 96 TKG Rn. 13. 310 Piltz / Reusch, BB 2017, 841, 843. 311 Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Tätigkeitsbericht 2009–2010, 2011, S. 80. 312 So wollen Schuster / Sassenberg, CR 2011, 15, 18 den Begriff der Telekommunikationsanlage i. S. v. § 100 I TKG erweitert auslegen und auch einen nicht ordnungsgemäßen Verbindungsaufbau erfassen, der teilweise durch eine andere Anlage initiiert wird. Hierzu berufen sie sich auf ein allgemeines Interesse an der Beseitigung von Fehlern und Störungen. Das Tatbestandsmerkmal des Fehlers im Sinne von § 100 I 1 TKG ist demgegenüber weniger problematisch, da hierunter jede nicht ordnungsgemäße Funktion gefasst wird, gleich ob sie durch einen Programmier- oder Gerätefehler oder durch eine falsche Bedienung verursacht wird. 313 Sodtalbers, in: Spindler / Schuster / Döpkens (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 45n TKG Rn. 33.

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scheidungen zeigen indes gerade, wie problematisch das weitreichende Vorpreschen der Rechnungsschock-Rechtsprechung war. Für die Dogmatik der Informationsnebenpflichten bzgl. des Umfangs der Inanspruchnahme von Leistungen bleibt das von zeitloser Bedeutung. II. Implikationen der UGP-RL Weiterhin steht die Rechnungsschock-Rechtsprechung in einem latenten Widerspruch zu Vorgaben des europäischen Lauterkeitsrechts, deren Folgen für das mitgliedstaatliche Vertragsrecht noch weitgehend unerforscht sind. Die Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt (UGP-RL)314 hat das Lauterkeitsrecht im Verhältnis von Unternehmern zu Verbrauchern (B2C) grundsätzlich vollständig harmonisiert. Die Richtlinie erfasst unlautere Geschäftspraktiken vor, während und nach Abschluss eines auf ein Produkt bezogenen Handelsgeschäfts (Art. 3 I UGP-RL).315 Der Begriff des „Produkts“ schließt hier Dienstleistungen ein (Art. 1 lit. c) UGP-RL). Insgesamt soll jede Form des werblichen Handelns unter den Anwendungsbereich der UGP-Richtlinie gebracht werden.316 Mit Blick auf die Rechnungsschock-Rechtsprechung scheinen Kollisionen auf den ersten Blick gleichwohl ausgeschlossen, besagt doch Art. 3 II UGPRL, dass die Richtlinie das Vertragsrecht unberührt lässt, wozu beispielhaft die Bestimmungen über die Wirksamkeit, das Zustandekommen oder die Wirkungen eines Vertrags herausgehoben werden. Ob die formale Trennung so klar besteht, beurteilt die Literatur indes verbreitet skeptisch.317 Eine pro314 Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, ABl. Nr. L 149 vom 11.5.2005, S. 22. 315 Das generelle Verbot für unlautere Geschäftspraktiken gilt also sowohl außerhalb der vertraglichen Beziehungen als auch nach Abschluss eines Vertrages und während dessen Ausführung, MünchKomm Lauterkeitsrecht / Micklitz, Art. 3 UGP-RL Rn. 19. Dass auch After-Sales-Maßnahmen durch den Begriff der Geschäftspraktiken erfasst werden, bringen neben der Legaldefinition (Art. 1 lit. d) UGP-RL) außerdem Art. 6 I lit. b) – Kundendienst – und lit. e) – Ersatzteile und Reparatur – sowie Nr. 27 Anh. I UGP-RL zum Ausdruck, Glöckner, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig / Ahrens (Hrsg.), Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), 4. Aufl. 2016, Einl. B Rn. 259. 316 MünchKomm Lauterkeitsrecht / Micklitz, Art. 3 UGP-RL Rn. 20. 317 Stuyck / Terryn / van Dyck, CMLRev 43 (2006), 107, 130: „In any event, we expect an enduring discussion on this subject – a discussion that makes it clear that the apparent straightforward line between regulation of marketing practices and general contract law does not exist. The UCPD may have an impact, even a major and shaping impact, on general private law.“; zudem Glöckner, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig / Ahrens

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minente Stimme sieht in der Formulierung gar nur eine „Beruhigungspille“, die verschleiert, dass die Richtlinie tatsächlich tief in das Vertragsrecht interveniert und langfristig die Grenzen zwischen Lauterkeits- und Vertragsrecht verwischt.318 Näheres hierzu ist wenig ausgeleuchtet.319 Mit Blick auf die Warn- und Hinweispflichten der RechnungsschockRechtsprechung geraten die Verbote der Irreführung und der Irreführung durch Unterlassen in den Blick, die in Art. 6 und 7 der UGP-RL vorgegeben und in §§ 5, 5a UWG umgesetzt sind. Maßstab ist dabei gem. der UGP-RL320 grundsätzlich ein Durchschnittsverbraucher, der angemessen gut unterrichtet und angemessen aufmerksam und kritisch ist.321 Dieses Konzept fußt auf dem normativen Verbraucherleitbild des EuGH322 und steht im Gegensatz zu dem früheren, stärker empirisch akzentuierten Leitbild der deutschen Rechtsprechung, das, wie eine Literaturstimme scharfzüngig bemerkt hat, dazu neigte, „noch kleinste Minderheiten selbst gegen fernliegende Irreführungsgefahren (Hrsg.), Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), 4. Aufl. 2016, Einl. B Rn. 260: „Der EuGH entnimmt weder der Formulierung der Begriffe ‚Geschäftspraxis‘, ‚commercial practice‘, ‚pratique commerciale‘, die auf das Erfordernis einer wettbewerblichen Breitenwirkung des Verhaltens hindeuten, noch dem Hinweis in EGr. 9 S. 2, dass die UGP-RL nicht in das Vertragsrecht eingreifen möchte, und der Umsetzung in Art. 3 Abs. 2 UGPRL, dass singuläres, sich im Individualrechtsverhältnis erschöpfendes Verhalten aus dem Anwendungsbereich der UGP-RL auszuschließen ist (in diesem Sinne vgl. die Ausführungen in der Vorauflage).“ 318 MünchKomm Lauterkeitsrecht / Micklitz, Art. 3 UGP-RL Rn. 29; eingehend zum Verhältnis von UGP-RL und nationalem Vertragsrecht ders., in: Twigg-Flesner (Hrsg.), The Cambridge companion to European Union private law, 2010, 229–242; weniger weitgehend zum Entwurf der UGP-RL Köhler / Lettl, WRP 2003, 1019, 1049, die eher von einem zweckmäßigen Nebeneinander ausgehen und dabei das Lauterkeitsrecht bzw. den Richtlinienvorschlag als generell-abstrakten Schutz der Verbraucher und das Vertragsrecht als individuell-konkreten Schutz der Verbraucher vor einer Beeinträchtigung ihrer Entscheidungsfreiheit einordnen. Indes lässt sich beides bei Massenverträgen kaum trennen. 319 Vgl. mit Blick auf vorvertragliche Aufklärungspflichten Stuyck / Terryn / van Dyck, CMLRev 43 (2006), 107, 129 f. 320 Erwägungsgrund 18 S. 2, 3 UGP-RL: „Dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechend und um die wirksame Anwendung der vorgesehenen Schutzmaßnahmen zu ermöglichen, nimmt diese Richtlinie den Durchschnittsverbraucher, der angemessen gut unterrichtet und angemessen aufmerksam und kritisch ist, unter Berücksichtigung sozialer, kultureller und sprachlicher Faktoren in der Auslegung des Gerichtshofs als Maßstab, enthält aber auch Bestimmungen zur Vermeidung der Ausnutzung von Verbrauchern, deren Eigenschaften sie für unlautere Geschäftspraktiken besonders anfällig machen. Richtet sich eine Geschäftspraxis speziell an eine besondere Verbrauchergruppe wie z. B. Kinder, so sollte die Auswirkung der Geschäftspraxis aus der Sicht eines Durchschnittsmitglieds dieser Gruppe beurteilt werden.“ 321 Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, 10. Aufl. 2016, § 14 Rn. 4, S. 181. 322 Zu diesem etwa Dreher, JZ 1997, 167, 171 f.; zur Instrumentalisierung des unionsrechtlichen Verbraucherbegriffs und -leitbildes zur Realisierung des Binnenmarktkonzepts etwa MünchKomm BGB / Micklitz / Purnhagen, 7. Aufl. 2015, Vorbemerkung zu §§ 13, 14 Rn. 63; Tamm, Verbraucherschutzrecht, 2011, S. 285–287.

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zu schützen“.323 Die UGP-RL betont zwar in den Erwägungsgründen 18 und 19 außerdem die Notwendigkeit, auf die Befindlichkeiten besonders schutzbedürftiger Verbrauchergruppen Rücksicht zu nehmen, allerdings vor allem, wenn diese gezielt angesprochen werden.324 Die damit verbundenen Fragen – etwa ob (noch) eine empirische „Irreführungsquote“ nötig ist, die meist zwischen 10 % und 20 % angesetzt wird – sind derzeit in der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt und in der Literatur kontrovers.325 Der Streit zeigt aber jedenfalls, dass die unionsrechtlichen Vorgaben unterlaufen zu werden drohen, wenn man extensive Warn- und Hinweispflichten von Unternehmern annimmt, die sich auf den Umfang der Inanspruchnahme einer Dienstleistung beziehen. Insbesondere sind Rechnungsschocks zwar keine Einzelfälle, aber im Verhältnis zur Zahl der Personen, die solche Verträge nutzt, deutlich seltener als 10 % bis 20 %. Vielfach geht es dabei um Verbraucherverhalten, das hinter dem Maßstab eines verständigen Durchschnittsverbrauchers zurückbleibt. So wird ein solcher Verbraucher heutzutage nicht erwarten, dass seine Handy-Internetflatrate auch im Ausland gilt.326 Die „Kostenfalle“ des Auslandsroamings ist aus der regelmäßigen Presseberichterstattung bekannt. Daher ist der Literaturauffassung beizupflichten, dass aus wettbewerbsrechtlicher Sicht aufgrund der berechtigten Verbrauchererwartung das Angebot einer „Internet-Flatrate“ von Mobilfunkleistungen nicht irreführend i. S. d. §§ 5 I 2 Nr. 1, 5a UWG ist, weil sie nur im Inland ohne zusätzliche Nutzungskosten in Anspruch genommen werden kann.327 Indem 323 Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, 10. Aufl. 2016, § 14 Rn. 24 f., S. 188; in der Sache ähnlich Rüping, Der mündige Bürger, 2017, S. 87 („pessimistischen Bild des Verbrauchers […], das diesen als ‚unkritisch‘ und ‚flüchtig‘ erscheinen ließ.“), mit Gegenüberstellung des Leitbildes des verständigen Durchschnittsverbrauchers a. a. O. S. 88–90; Tonner /  Reich, in: Tamm / Tonner / Bergmann (Hrsg.), Verbraucherrecht, 2. Aufl. 2016, § 6 Rn. 12. Allerdings hat dieser Leitbildwechsel auch starken Widerspruch erfahren, siehe etwa Micklitz, in: Twigg-Flesner (Hrsg.), The Cambridge companion to European Union private law, 2010, 229, 236, der umgekehrt den normativen Ansatz der UGP-Richtlinie als weit entfernt von der empirischen Forschung über tatsächliches Verbraucherverhalten kritisiert; auf gleicher Linie Tamm, Verbraucherschutzrecht, 2011, S. 157 ff.; ähnlich krit. zum Leitbild des aufgeklärten Verbrauchers Micklitz, Verhandlungen 69. DJT-Gutachten, 2012, Bd. 1, S. A 16 f. 324 Siehe oben Fn. 320; näher zum etablierten Verbraucherleitbild des Unionsrechts und der neueren Tendenz, neben dem mündigen Verbraucher auch differenzierend vom verletzlichen Verbraucher zu sprechen Tonner, in: Tamm / Tonner / Bergmann (Hrsg.), Verbraucherrecht, 2. Aufl. 2016, § 3 Rn. 8–11; Micklitz, Verhandlungen 69. DJT-Gutachten, 2012, Bd. 1, S. A 40–43. 325 Siehe nur Emmerich, Unlauterer Wettbewerb, 10. Aufl. 2016, § 14 Rn. 26, S. 189; Podszun, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig / Ahrens (Hrsg.), Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), 4. Aufl. 2016, § 1 UWG § 1 UWG Rn. 54 ff.; mit Blick auf die ältere Rechtsprechung Rüping, Der mündige Bürger, 2017, S. 88. 326 Böse, VuR 2014, 43, 46. 327 Zutreffend ders., VuR 2014, 43, 46.

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die Rechtsprechung gleichwohl einen Kostenhinweis des Anbieters als vertragsrechtliche Informationsnebenpflicht verlangt hat, wird diese zu einem Instrument, mit dem sich die Grenzen des Irreführungsverbots beliebig verschieben lassen. Die Nebenplicht entsteht zwar nur einzelfallgebunden, das Pflichtenprogramm, dass die Rechtsprechung aufstellt – Warnhinweis bei atypischem Verbrauchsverhalten – können die Unternehmen aber nur mit universellen Vorkehrungen für alle Vertragsverhältnisse erfüllen, so dass die Wirkung marktweiter Regulierung gleichkommt. Dies wiederum droht das Vollharmonisierungsziel der UGP-RL zu untergraben. Der genaue Verlauf der Demarkationslinie liegt indes im Dunklen. Zwar wurde die Problematik in Bezug auf Roaming mittlerweile dadurch aufgehoben, dass die verschärfte EU-Roaming-VO im Ergebnis die Hinweispflicht-Rechtsprechung der deutschen Gerichte „überholt“ hat. Das gilt aber nur, soweit die Roaming-VO reicht328 und nicht für Rechnungsschock-Fälle mit anders gelagerten Ursachen. Ebenso wenig schafft es Abhilfe, dass viele Teilbereiche auch des europäischen Verbraucherprivatrechts nach verbreiteter Wahrnehmung nicht vom Leitbild des verständigen Verbrauchers, sondern von einer Abkehr vom Mündigkeitsprinzip geprägt sind.329 Denn dabei geht es um spezielle Situationen (etwa Haustürgeschäfte, Fernabsatzgeschäfte), abseits derer die dazugehörigen Regelungen nicht ohne weiteres gegen das allgemeine lauterkeitsrechtliche Leitbild in Stellung gebracht werden können.330 III. Informationsnebenpflicht als Haftungskonstruktion Hinzu treten Bedenken gegen die Rechnungsschock-Rechtsprechung mit Blick auf Zweck und Leistungsfähigkeit von Informationspflichten. Die Literatur hat sie vor allem zu vorvertraglichen Aufklärungspflichten herausgearbeitet, die Erwägungen gelten aber ebenso für vertragliche Informationsnebenpflichten, die sich auf die Inanspruchnahme der Hauptleistung des anderen Teils beziehen. Vertraglichen Aufklärungspflichten kommt seit vielen Jahren eine hohe Bedeutung zu.331 Die besondere Gefahr oder Chance liegt gerade in der potentiell „unbegrenzten Anzahl des definierbaren Pflichtenkanons“332 im ZusamZu den Lücken oben 3. Kapitel § 1 III. S. 25 f. Dazu Rüping, Der mündige Bürger, 2017, S. 91 f. m. w. N.; Graf von Westphalen, ZIP 2002, 1327; Dreher, JZ 1997, 167, 172 ff.; allg. dazu, dass die europäische und deutsche Gesetzgebung abwechselnd unterschiedliche Verbraucherleitbilder zugrunde legen, teils auch vermischt und kombiniert, Tamm, in: Tamm / Tonner / Bergmann (Hrsg.), Verbraucherrecht, 2. Aufl. 2016, § 1 Rn. 27. 330 Was nicht ausschließt, die verschiedenen Verbraucherleitbilder systematisierend gegenüberzustellen und zu diskutieren, siehe Glöckner, in: Harte-Bavendamm / HenningBodewig / Ahrens (Hrsg.), Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), 4. Aufl. 2016, Einl. B Rn. 433 ff. 331 Siehe Schünemann, BB 1987, 2243, 2249. 332 Thamm / Pilger, BB 1994, 729. 328 329

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menspiel mit recht allgemeinen Aussagen der Rechtsprechung dazu, wann genau solche Pflichten bestehen.333 Liegt der angestrebte Zweck indes vorrangig darin, eine Vertragsentscheidung bzw. ihre Folgen zu missbilligen, wird das Schutzinstrument Informationspflicht überdehnt und der eigentlich präventive Charakter lediglich als (Fehl-)Etikettierung für eine an Restitution orientierte Wertung benutzt. 334 Hierdurch droht nicht nur eine gewisse Beliebigkeit, sondern für die weitere Praxis auch ein erheblicher Verlust an Rechtsschutz.335 Diese Gefahr zeigt sich, wenn die Adressaten in künftigen Fällen den vorgeschobenen Aufklärungspflichten nachkommen und es unter Umständen bei einem rechtspolitisch untragbaren Ergebnis bleibt.336 Zudem können potentielle Kläger durch Hinweis auf Erfüllung der von den Gerichten gesetzten Maßstäbe davon abgehalten werden, vor selbigen Rechtsschutz zu suchen. Diese Gefahr aktualisiert sich gerade im Bereich von Telekommunikationsdienstleistungen rasch, weil sie in Windeseile alltäglich geworden sind. Es dürfte den Verbrauchern daher zunehmend schwerer fallen, sich erfolgreich auf Unkenntnis vermeidbarer Risiken bei der Nutzung eines Smartphones zu berufen, da diese Problematik mittlerweile allgemein bekannt ist.337 Hiervon ausgehend müssten entsprechende Beratungs- und Warnpflichten der Mobilfunkunternehmen entfallen,338 zumal ein Kunde sich leicht über Funktionsweise und Bedienung von Smartphones informieren kann.339 Ebenso kann ein Verbraucher heutzutage kaum davon ausgehen, dass seine Handy-Internetflatrate stets im Ausland gelte.340 Wenn Nutzer Smartphones Minderjährigen Sehr krit. dazu dies., BB 1994, 729, 730, 732; Dreher, JZ 1997, 167, 174 Fn. 88. Breidenbach, Die Voraussetzungen von Informationspflichten beim Vertragsschluß, 1989, S. 14; in der Sache ebenso Dreher, JZ 1997, 167, 174. 335 Breidenbach, Die Voraussetzungen von Informationspflichten beim Vertragsschluß, 1989, S. 14. 336 Gleiches gilt im Ergebnis für Schutzpflichten nach Vertragsschluss. Auch hier muss der Vertragspartner das erkannte und auf sich genommene Risiko entweder ganz (Gefahrenübernahme) oder teilweise (§ 254 BGB) tragen, Thiele, JZ 1967, 649, 657. 337 Entsprechend argumentieren die Mobilfunkanbieter bzw. ihre anwaltlichen Vertreter seit Jahren, siehe bereits Schaal, MMR 2013, 747 f.; Petersen, MMR 2013, 243. 338 So denn auch Schaal, MMR 2013, 747 f. 339 Petersen, MMR 2013, 243. 340 Böse, VuR 2014, 43, 46; AG Düsseldorf, NJW-RR 2015, 570, 572: „Es ist allgemein bekannt, dass bei Datennutzung im Ausland erhebliche Mehrkosten entstehen können. Das gilt umso mehr, wenn es – wie im vorliegenden Fall – um Datennutzung außerhalb der Europäischen Union geht.“; aus schweizerischer Sicht Sidler, Informations- und Aufklärungspflichten, Schlichtungsvorschlag Ombudscom, 4.8.2011: „Es darf heutzutage als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, dass Mobilfunkkunden im Bezug auf die Nutzung im Ausland (Roaming) sensibilisiert und aufgeklärt sind. Das Thema wurde auch vonseiten der Medien immer wieder aufgegriffen. Kunden wurden dabei über die Kostenfallen informiert und auf Massnahmen hingewiesen, mit welchen unliebsame Überraschungen vermieden werden können.“; wortgleich ders., Datenroaming als Kostenfalle, Schlichtungsvorschlag Ombudscom, 29.3.2012. 333 334

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überlassen, kommt es im Übrigen vor, dass diese deutliche Warnhinweise schlicht beiseiteschieben. In der Rechtsprechung deutet sich eine strengere Tendenz bereits verschiedentlich an. So hat das AG Düsseldorf in einem jüngeren Urteil bei fortgesetzter Smartphonenutzung nach Überschreiten der Kostenschwelle und entsprechenden Warnungen ein Mitverschulden von 1/3 bejaht,341 und das LG Flensburg bereits vor längerem ausgesprochen, dass einen Telekommunikationsdiensteanbieter auf Grund der ausdrücklichen Vereinbarung eines „by-Call”-Tarifs keine Informationsnebenpflicht traf, weil dem Kunden die Vereinbarung dieser Abrechnungsform bekannt war.342 Dessen ungeachtet bleibt das Ergebnis, dass Kunden in manchen Rechnungsschock-Fällen exorbitante Summen zahlen sollen, die in keiner annährend marktnahen Relation zu der erbrachten Leistung zu stehen scheinen. Hierin, nicht im (vorübergehenden) atypischen Nutzungsverhalten, liegt der unübersehbare Kern der Problematik.343 IV. Informationsnebenpflicht zur Preiskontrolle Aufklärungspflichten dienen der Zuweisung von Informationsrisiken und können (nur) vor Vertragsschluss außerdem eingesetzt werden, um die prozeduralen Voraussetzungen für ein faires Austauschgeschäft zu schaffen.344 Soweit ein Akteur eine besondere Schwäche oder punktuelle Nachlässigkeit des (potentiellen) Vertragspartners ausnutzt, um eine überzogene und damit unbillige Gegenleistung durchzusetzen, geht es hingegen um Marktpreiskontrolle. Dogmatisch wird sie in Extremfällen durch das Verdikt der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB)345 und in breiterer Form durch das Lauterkeitsrecht und das Kartellrecht geleistet. Diese Funktionen sollten nicht unnötig verwechselt werden.346 Die Literatur hat indes bei der Rechtsprechung gerade eine solche Neigung moniert, etwa bei der Aufklärungspflicht über Unfallersatztarife.347 Im dortigen Zusammenhang ist allerdings vorvertraglich aufzuklären, so dass die Angabe, das es sich um einen solchen Tarif handelt, die materiale und formale Vertragsgerechtigkeit fördern kann.348 Dabei lässt sich immerhin an die mangelnde Erstattung durch die Kaskoversicherung als Orientierungspunkt aus dem Markt anknüpfen. In Rechnungsschock-Fällen geht es hingegen um eine Pflicht nach Vertragsschluss, bei der ein solcher Referenzpunkt AG Düsseldorf, NJW-RR 2015, 570, 572. LG Flensburg, MMR 2013, 242, 243. 343 Siehe zu Rechnungen für Mehrwertdienste Ogorek, in: Bucher / Bohny (Hrsg.), Norm und Wirkung, 2005, S. 573, 603 Fn. 101. 344 Zu letzterem Canaris, AcP 200 (2000), 273, 303. 345 BGH, NJW 2003, 1811, 1812: „Bis zu den Grenzen der Sittenwidrigkeit und des Wuchers bleibt es vielmehr den Vertragsparteien überlassen, welchen Preis sie vereinbaren.“ 346 So treffend Rehm, JZ 2007, 786, 788. 347 Dazu BGH, JZ 2007, 783 mit sehr kritischer Anmerkung von ders., JZ 2007, 786 ff. 348 Vgl. dazu Canaris, AcP 200 (2000), 273, 303. 341 342

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im Ansatz der Rechtsprechung fehlt. Vielmehr muss diese selbst festlegen, ab wann anfallende Kosten so hoch bzw. so atypisch sind, dass sich eine „Selbstschädigung“ des Verbrauchers aufdrängt. Bei § 138 BGB gibt es dogmatisch etablierte Maßstäbe, um die vertragliche Austauschgerechtigkeit (iustitia commutativa) anhand der Parameter eines fairen Tauschverfahrens am Markt zu überprüfen.349 Demgegenüber liefert der Verweis auf das übliche Nutzungsverhalten keinen klaren Maßstab, wie die Probleme mit dem erwähnten § 675x I 1 BGB illustrieren.350 Sie bestehen in ähnlicher Weise bei Telefondienstverträgen, wobei weitere Schwierigkeiten hinzukommen:351 Zum Ersten versagt der Maßstab des üblichen Nutzungsverhaltens und damit der Schutz bei Neukunden. Gleiches gilt zweitens in allen Fällen, in denen Verbraucher bestimmte Telekommunikationsdienstleistungen erstmalig oder – wie beim Auslandsroaming – nur selten und in größeren Zeitabständen nutzen. Drittens sind individuelle Ausreißer im Nutzungsverhalten wie dargelegt kein per se anormaler Vorgang, sondern oft Ausdruck eines hohen Bedarfs an Telekommunikation in besonderen Situationen.352 Illustrativ für die problematische Zweckentfremdung der Informationsnebenpflicht ist schließlich eine Zusammenschau von Rechtsprechung und Regulierung zu Rechnungsschocks durch Auslandsroaming. Die schrittweise verschärfte EU-Roaming-VO knüpft explizit daran an, dass es im RoamingBereich keinen funktionierenden Wettbewerb gibt, weshalb der Unionsgesetzgeber Maßnahmen zur Ankurbelung des Wettbewerbs (inkl. Zugangsregulierung), zur Preisregulierung sowie besondere Kundenschutzvorschriften für erforderlich erachtet hat.353 Die Preisregulierung auf Ebene der Groß- und Endkunden354 erfolgt dabei kostenorientiert.355 Um ihre Effektivität zu erhöhen, wird der Grundsatz des „pacta sunt servanda“ außer Kraft gesetzt.356 Auch die Vorgaben zur Information der Kunden sollen – zusammen mit der Möglichkeit des separaten Bezugs von Roaming-Diensten – den Wettbewerb Vgl. zu dieser Bedeutung des Wettbewerbs im Rahmen von § 138 II BGB ders., AcP 200 (2000), 273, 294. 350 Dazu BeckOGK / v. Olshausen, 1.8.2017, § 675x BGB Rn. 14–19: „Besondere Schwierigkeiten stellt die Berücksichtigung des bisherigen Ausgabeverhaltens dar. [Rn. 15] […] Die Erwähnung der Umstände des Einzelfalles im Gesetzestext ist letztlich das Eingeständnis, dass geeignete Abgrenzungskriterien nicht existieren. Auch die Gesetzesbegründung verweist lediglich hilflos auf die zugrundeliegende ZDRL 2007.“ [Rn. 19]; gleichsinnig MünchKomm BGB / Zetzsche, § 675x Rn. 16: „Mit S. 1 Nr. 2 führt die Richtlinie mit dem Übersteigen des erwarteten Zahlungsbetrags eine äußerst unsichere und wenig praktikable Schwelle ein.“ 351 Dazu Mion, Jusletter 10.11.2003, Rn. 6 f. 352 Hierzu bereits oben Text bei Fn. 290. 353 Siehe Erwägungsgrund 17, 18, 20, 22 f. 354 Erwägungsgrund 40. 355 Erwägungsgrund 45, 75. 356 Erwägungsgrunde 34, 76. 349

§ 4 Rechtsvergleichende Überprüfung

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ankurbeln.357 In ihrem Zugriff gleichen sie indes genau den Vorgaben, welche die deutsche Rechnungsschock-Rechtsprechung über vertragliche Informationsnebenpflichten aufgestellt hat. Dies geht so weit, dass das AG Düsseldorf, den Einfluss der deutschen Rechtsprechung auf Brüssel wohl leicht überschätzend, meinte, die EU-Roaming-VO 531/2012 habe die Hinweisund Aufklärungspflichten der Mobilfunkanbieter kodifiziert, welche die deutsche Rechtsprechung zum Schutz der Verbraucher vor Selbstschädigung angenommen hat.358

§ 4 Rechtsvergleichende Überprüfung Wie eingangs skizziert sind Rechnungsschocks bei Telefon- und Internetdienstleistungen länderübergreifend bekannt. Daher verspricht es weitere Einsichten, die bisher geäußerte Kritik rechtsvergleichend zu überprüfen. Dazu werden im Folgenden das österreichische, französische, schweizerische und US-amerikanische Recht herausgegriffen. Soweit die dort gefundenen zivilrechtlichen Antworten von derjenigen der deutschen Rechtsprechung abweichen, liefert dies einen weiteren Fingerzeig, letztere zu überdenken. I.

Österreich

Es liegt nahe, die Rechtsvergleichung mit einem Blick auf Österreich zu beginnen, hat sich doch der BGH selbst auf ein Urteil des Landesgerichts Feldkirch in Österreich aus dem Jahr 2010 berufen, um seine Ansicht zu untermauern.359 Tatsächlich ist die Problematik hoher Telekomrechnungen auch in Österreich wohlbekannt. Vor allem die Schlichtungsstelle der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH), eine gemeinsame Geschäftsstelle der zuständigen österreichischen Regulierungsbehörden,360 erhielt mit der Verbreitung des mobilen Internets eine Vielzahl von Verbraucherbeschwerden über shocking bills, verursacht vor allem durch Überschreitung inkludierter Nutzungsvolumina und durch Roaming. 361 Die Literatur berichtet zudem Erwägungsgrund 30, 82. AG Düsseldorf, NJW-RR 2015, 570, 571. 359 LG Feldkirch, Urt. v. 7. 9.2010 – 2 R 284/10w, , unterstützend zitiert in den Rechnungsschock-Urteilen BGH, NJW 2012, 2103, 2104 Rn. 15; BGH, NJW 2012, 2878, 2879 Rn. 18. 360 Die RTR-GmbH wurde am 1.4.2001 per Gesetz gegründet. Sie besteht aus den zwei Fachbereichen Medien sowie Telekommunikation und Post und unterstützt als Geschäftsstelle die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria), die Telekom-Control-Kommission (TKK) und die Post-Control-Kommission (PCK). 361 Siehe RTR-GmbH, Tätigkeitsbericht der Schlichtungsstelle, 2006, S. 44–47; dies., Tätigkeitsbericht der Schlichtungsstelle, 2008, S. 11, 37 f.; dies., Tätigkeitsbericht der Schlich357 358

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von zahlreichen Beschwerden wegen überhöhter Telekomrechnungen an die Voralberger Arbeiterkammer.362 Österreichische Judikatur betreffend Schutz- und Sorgfaltspflichten beim Telekommunikationsdienstevertrag liegt dessen ungeachtet nur spärlich vor363 (näher I.1.a)). Rechnungsschock-Fälle sind zumeist im Schlichtungswege behandelt und dabei zivilrechtlich in den hier vorrangig interessierenden Konstellationen anders gelöst worden (näher I.1.b)). Entscheidende Schritte zur Eindämmung der Beschwerden erfolgten dessen ungeachtet regulierungsrechtlich (näher I.2.). 1. Zivilrecht a) (Vor-)Vertragliche Hinweispflicht (1) Rechtsprechung Das vom BGH herangezogene Urteil des Landesgerichts Feldkirch ist eine der wenigen österreichischen Entscheidungen, die sich mit Schutz- und Sorgfaltspflichten des Telekommunikationsanbieters in einem RechnungsschockFall im Sinne der hiesigen Begriffsbestimmung befasst. Die Konstruktion des BGH stützt die Entscheidung indes nicht. Der zugrunde liegende Fall betraf einen Rechnungsschock durch unbeabsichtigtes Roaming im Grenzgebiet: Die klagende Mobilfunkgesellschaft machte gegen die Beklagte (Kundin) 1.159,29 € aus einem Mobilfunkvertrag geltend, davon 606 € für Roaminggebühren im September 2008.364 Die Kundin wandte ein, sie habe den Anschluss ausschließlich in ihrer Wohnung in Feldkirch genutzt, nie Roaming in Anspruch nehmen wollen und davon ausgehen dürfen, dass im Inland Verbindungen nur mit dem Mobilfunknetz der Klägerin hergestellt würden. Das Landesgericht Feldkirch gab ihr Recht und entschied, dass die Klägerin vorvertragliche Schutz- und Sorgfaltspflichten verletzt hatte.365 Das Gericht betonte die besondere Gefahrenlage, die aus der grenznahen Anschrift der tungsstelle, 2010, S. 23 („shocking bills“ häufigster Beschwerdegegenstand) und näher S. 69, 71; dies., Tätigkeitsbericht der Schlichtungsstelle, 2011, S. 69 („shocking bills“). 362 Schneider, Die Presse – Recht 2012/5 (20.2.2012), 16 (2009: 478 Anfragen; 2010: 921 Anfragen; 2011: 2310 Anfragen). 363 Goldbacher / Forizs, in: Deixler-Hübner / Kolba (Hrsg.), Handbuch Verbraucherrecht, 2015, 341; Goldbacher / Dama, Medien und Recht 2014, 113, 115. 364 LG Feldkirch, Urt. v. 7. 9.2010 – 2 R 284/10w, , S. 2. Nachdem die Beklagte die Bezahlung verweigert hatte, hatte die Klägerin den Anschluss gesperrt. Mit Blick darauf war auch streitig, ob nach der Sperrung noch weitere Grundgebühren zu entrichten waren, a. a. O. S. 4 oben. 365 Damit stellte sich das LG Feldkirch implizit gegen die zuvor in der österreichischen Rechtsprechung vertretenen Ansicht, bei unbeabsichtigtem Roaming im Grenzgebiet vom Inland aus bereits eine wirksame Vereinbarung zu verneinen (so noch das Bezirksgericht

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Beklagten ersichtlich war. Der Verkaufsberater der Klägerin habe deshalb davon ausgehen müssen, dass unbeabsichtigtes Roaming in Grenznähe erfolgen konnte. Er wäre „grundsätzlich und insbesondere aufgrund der Wohnanschrift der Beklagten verpflichtet gewesen, das Problem […] anzusprechen und die Beklagte auf die technischen Möglichkeiten, dies zu verhindern, hinzuweisen.“366 Das gelte unabhängig davon, ob er deren Wissensstand kannte. Das Landesgericht Feldkirch nahm also, anders als der BGH, lediglich eine abstrakte vorvertragliche Warnpflicht an. Hingegen legte das Landgericht dem Betreiber keine vertragliche Nebenpflicht auf, das Nutzungsverhalten eines Kunden laufend zu überwachen, auf selbstschädigende Ausmaße zu prüfen und ggf. eine Benachrichtigung zu versenden. Wie gezeigt sind genau dies die problematischen Aspekte der deutschen Entscheidungspraxis. Hinzu kommt, dass der Fall des Landesgerichts Feldkirch eine für deutsche Verhältnisse recht spezielle Rechnungsschock-Konstellation betraf.367 Etwas mehr entgegen kommt dem BGH allerdings ein jüngeres Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) aus dem Sommer 2016, der nun seinerseits vorsichtig die Rechtsprechungslinie des BGH rezipiert.368 Allerdings handelt es sich bei dem zugrunde liegenden Fall in mehrfacher Hinsicht um keine „klassische“ Rechnungsschock-Konstellation im Sinne der vorliegenden Arbeit369. Beklagte war eine österreichische GmbH, die eine Telefonanlage verwendete, welche ein Drittunternehmen installiert hatte. Die Basiseinstellungen konnte die Beklagte nicht selbst ändern. Die Klägerin stellte der Beklagten seit 2012 Festnetz- und Internetverbindungen bereit. Außerhalb eines InklusivMinutenkontingentes rechnete sie nach Standard-Tarifen ab. Die AGB regelten, dass die Klägerin bei der Leistungserbringung „mit größter Sorgfalt vorzugehen“ habe.370 Bis Anfang 2014 zahlte die Beklagte im Schnitt 210 € pro Monat, einschließlich vereinzelter Mehrwertdienste und Gespräche nach Deutschland. Ab dem 2.1.2014 hackte ein unbekannter Täter über eine ägyptische IPAdresse die Telefonanlage der Beklagten. Gemäß den gerichtlichen Festellungen wäre dieser Angriff weder von der Klägerin371 noch durch eigene Vorkehrungen der Beklagten abzuwenden gewesen.372 In der Folgezeit wurDonaustadt, Urt. v. 27.5.2008 – 33 C 579/07, ). 366 LG Feldkirch, Urt. v. 7. 9.2010 – 2 R 284/10w, , S. 5. 367 Sie dürfte freilich in Österreich aufgrund der Geografie relativ gesehen erheblich bedeutsamer sein als in Deutschland. 368 OGH, Urt. v. 15.6.2016 – 4 Ob 30/16i; für eine Kurzdarstellung des Urteils siehe Kriwanek / Tuma, RdW 2016, 819. 369 Zur Begriffsbestimmung oben 1. Kapitel § 2, S. 2. 370 Zum Ganzen OGH, Urt. v. 15.6.2016 – 4 Ob 30/16i, (unter „Entscheidungsgründe“). 371 Zum Ganzen OGH, Urt. v. 15.6.2016 – 4 Ob 30/16i, (unter „Entscheidungsgründe“). 372 OGH, Urt. v. 15.6.2016 – 4 Ob 30/16i, (unter „Rechtliche Beurteilung“, Rn. 8).

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den v. a. während der Nacht- und Morgenstunden zahlreiche Verbindungen in das EU-Ausland aufgebaut, darunter in viele exotische Länder, die der Klägerin als „gefährdete Destinationen“ bekannt waren, welche auf einen Hackerangriff hindeuteten. Die Klägerin verfügte spätestens am 6.1.2014 gegen Mittag in ihrem System über Verrechnungsdaten der Beklagten, anhand derer sie den Hackerangriff hätte erkennen können. Zu diesem Zeitpunkt führte sie aber noch kein laufendes Gebührenmonitoring durch – dies geschah erst ab dem zweiten Halbjahr 2014. Die Geschäftsführerin der Beklagten bemerkte hingegen erst am 20.1.2014 Probleme mit der Anlage, als alle Leitungen besetzt waren. Daraufhin kontaktierte sie das Installations-Unternehmen sowie die Klägerin, welche die Verbindung sperrte. Indes waren für Januar 2014 bereits Kosten von insgesamt 10.160,14 € angefallen, welche die Klägerin der Beklagten in Rechnung stellte. Diese verweigerte die Bezahlung. Der OGH verwies zunächst allgemein darauf, dass der Abschluss eines Vertrags neben den Hauptpflichten Nebenpflichten in Form von Schutz- und Sorgfaltspflichten erzeugt, weil mit dem rechtsgeschäftlichen Kontakt und dem Vertragsschluss die Einflussmöglichkeit jedes Teils auf die Sphäre des anderen zunimmt. Für die Berücksichtigung solcher Schutzpflichten spreche auch das allgemeine Interesse an möglichst reibungsloser Vertragsabwicklung.373 Zudem erwähnte der OGH seine Rechtsprechung zu nebenvertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten des Telefoniebetreibers zu der Frage, nach welcher Dauer Mehrwert-Sprachverbindungen automatisch getrennt werden müssen374,375 sowie Stimmen aus dem österreichischen Schrifttum376 und die Rechnungsschock-Rechtsprechung des BGH.377 Mit Blick auf den konkreten Fall argumentierte der OGH, dass die verwirklichte Gefahr eines Hackerangriffs für die Klägerin insofern beherrschbar OGH, Urt. v. 15.6.2016 – 4 Ob 30/16i, (unter „Rechtliche Beurteilung“, Rn. 4). OGH, Urt. v. 12.3.2003 – 2 Ob 23/03a. In diesem Urteil entschied der OGH, dass die per AGB in einem Vertrag zwischen Telefongesellschaft (Teilnehmernetzbetreiber) und Telefonsexanbieter (Mehrwertdiensteanbieter) vereinbarte Pflicht, die Telefonverbindung mit dem Endkunden nach 30 Minuten zu trennen, zu Gunsten des Kunden vereinbart wurde, also einen Vertrag zugunsten Dritter begründet. Infolgedessen konnte sich der Kunde gem. § 881 II ABGB unmittelbar auf diese Pflicht berufen. Dabei kann laut OGH auch eine Unterlassung – hier die Führung eines mehr als 30-minütigen Gespräches – Gegenstand eines Vertrages zugunsten Dritter sein. Als Sanktion bei der Verletzung dieser Pflicht entfällt laut OGH das Entgelt, soweit es sich auf den 30 Minuten übersteigenden Teil des Telefonates bezieht, wobei das Gericht offenließ, ob dies mit Schadenersatz oder ergänzender Vertragsauslegung zu begründen ist. Etwas anderes gilt laut OGH nur beim Gegenbeweis, dass die Gesamtgesprächszeit auch bei bedingungsgemäßer Trennung des einzelnen Telefonates gleichgeblieben wäre. 375 OGH, Urt. v. 15.6.2016 – 4 Ob 30/16i, (unter „Rechtliche Beurteilung“, Rn. 5). 376 OGH, Urt. v. 15.6.2016 – 4 Ob 30/16i, (unter „Rechtliche Beurteilung“, Rn. 7); die den einschlägigen Beiträgen noch sogleich im Text (bei Fn. 386, 387). 377 OGH, Urt. v. 15.6.2016 – 4 Ob 30/16i, (unter „Rechtliche Beurteilung“, Rn. 6). 373 374

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gewesen wäre, als es ihr personell wie technisch leicht möglich gewesen wäre, das Wirksamwerden dieser Gefahr durch ein Gebührenmonitoring und eine Warnung der Beklagten zu verhindern. Entsprechende Schutzmaßnahmen hätten vollautomatisiert erfolgen können. Überdies hatte die Klägerin im zweiten Halbjahr 2014 ohnehin ein Gebührenmonitoring auf Basis der Verrechnungsdaten eingeführt. Demgegenüber hatte die Beklagte selbst, betonte der OGH, keine Möglichkeit, die Gefahr eines Hackerangriffs durch eigene Vorkehrungen abzuwenden.378 Die Schutz- und Sorgfaltspflichten der Betreiberin von Kommunikationsdiensten umfassten es daher, ihr leicht mögliche Abwehrmaßnahmen zu ergreifen. 379 Andernfalls mache sie sich im Verschuldensfalle schadenersatzpflichtig gem. § 1295 ABGB. Im konkreten Fall wären bei Einhaltung der gebotenen Sorgfalt der Klägerin die durch den Hackerangriff verursachten Leistungen ab dem 7.1.2014 nicht mehr angefallen, denn ihre Existenz war entsprechend früher in den Wahrnehmungsbereich der Klägerin gelangt als in jenen der Beklagten.380 Die Beklagte berief sich zwar nicht auf Schadensersatz, sondern darauf, dass die Klägerin gem. den AGB nur berechtigt sei, von der Beklagten veranlasste Telefonate zu berechnen.381 Aber auch dem pflichtete der OGH im Ergebnis bei: Gemäß den AGB der Klägerin erfolgte die Verrechnung grundsätzlich nach Leistungserbringung bzw. Leistungsbereitstellung. Eine solche fehle hier jedoch, denn eine ergänzende Vertragsauslegung ergebe, dass Leistungen, die unter Verletzung von Schutz- und Sorgfaltspflichten durch die Klägerin entstanden, nicht zu vergüten sind. Nach alledem kommt die Entscheidung der Linie des BGH deutlich näher als das Urteil des Landesgerichts Feldkirch, ist aber immer noch in mehrfacher Hinsicht enger: Erstens ging es, anders als in den „klassischen“ Rechnungsschock-Fällen wie jenen aus der Rechtsprechung des BGH, um einen Auslöser, den der betroffene Nutzer nicht hätte verhindern können. Zweitens verfügte die Klägerin bereits über die nötigen Informationen, um die Beklagte zu warnen. In Frage stand damit nur, ob ohnehin vorhandenes Wissen382 insoweit zum Schutz des Vertragspartners genutzt werden muss, wie dieser selbst technisch nicht zur Gefahrenabwehr in der Lage ist. Dabei stellte der OGH auf den Zeitpunkt ab, ab dem das Wissen bei der Klägerin im System entsprechend organisiert war. Hingegen begründet das Urteil keine Schutzpflicht, nötiges Wissen etwa durch eine Echtzeitabrechnung zu erwerben OGH, Urt. v. 15.6.2016 – 4 Ob 30/16i, (unter „Rechtliche Beurteilung“, Rn. 8). OGH, Urt. v. 15.6.2016 – 4 Ob 30/16i, (unter „Rechtliche Beurteilung“, Rn. 9). 380 OGH, Urt. v. 15.6.2016 – 4 Ob 30/16i, (unter „Rechtliche Beurteilung“, Rn. 11). 381 OGH, Urt. v. 15.6.2016 – 4 Ob 30/16i, (unter „Rechtliche Beurteilung“, Rn. 10). 382 Vorgelagert könnte man noch fragen, ob der Klägerin – etwa aufgrund einer Informationsorganisationspflicht – Informationen mit der Einspielung in ihr Verrechnungssystem unmittelbar schutzpflichtbegründend zugerechnet werden. Der OGH hat dies nicht geprüft, aber vorausgesetzt. 378 379

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bzw. möglichst zeitnah zu organisieren. Drittens und vor allem verlangt der OGH keine allgemeine Prüfung auf ein „selbstschädigendes“ Nutzungsverhalten. Gefordert war vielmehr allein eine Kontrolle auf Muster, die einen Missbrauch durch Dritte nahelegen. (2) Schlichtungspraxis und Schrifttum Das oben wiedergegebene Urteil des OGH übernimmt in der Sache in restriktiver Weise eine Schlichtungspraxis der RTR-GmbH. Ihr zufolge ist ein Telekommunkationsanbieter aus nebenvertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten gehalten, seinen Vertragspartner zeitnah, höchstens innerhalb von zwei Tagen, von einer missbräuchlichen Anschlussnutzung durch einen Dritten infolge eines Hackerangriffs zu warnen. Nach Ablauf dieser Zeit sieht die Schlichtungspraxis keine Vergütung mehr vor.383 Die RTR-GmbH hat dies – weitergehender als der OGH – auch dann vertreten, wenn ein Unternehmenskunde den Hackerangriff durch nachlässiges Verhalten deutlich erleichtert hatte.384 In der Literatur wird zudem von weitergehenden Entscheidungen der RTRGmbH berichtet, die in zwei Schlichtungsvorschlägen Warnpflichten innerhalb einer zweitätigen Reaktionszeit nach Überschreiten eines Schwellenwertes von 700 € in Fällen verlangt hat, in denen infolge einer fehlerhaften Verwendung einer Calling-Card zwecks Herstellung von Auslandsverbindungen sowie über ein USB-Modem anfielen.385 Inwieweit diese Vorschläge Ausdruck einer verallgemeinerungsfähigen Praxis sind, ist allerdings unklar. Auf der Homepage der RTR-GmbH sind sie – im Gegensatz zu anderen ausgewählten Vorschlägen – trotz einer häufigen Befassung der RTR-GmbH mit Rechnungsschocks nicht veröffentlicht. Das österreichische Schrifttum hat sich mit Warnpflichten bei Rechnungsschocks soweit ersichtlich nur selten befasst. Zwei neuere Stimmen bejahen sie im Grundsatz, gehen dabei aber unterschiedlich weit: Eine restriktive Sicht sieht in den Grenzen regulierungsrechtlicher Schutzmaßnahmen (dazu noch § 4 I.2, S. 84) eine entsprechende Wertungsentschei383 RTR-GmbH, Lösungsvorschlag Tele2 – Warnpflichtverletzung (Telefonanlagenhacking), 2010, S. 5 f. 384 Siehe dies., Lösungsvorschlag Tele2 – Warnpflichtverletzung (Telefonanlagenhacking), 2010, S, 2, 5: Dort hatte die betroffene Unternehmens-Kundin keinen Wartungsvertrag für die genutzte Tk-Anlage abgeschlossen und es offenbar versäumt, das werksseitig bei jeder Neuauslieferung durch den Hersteller eingestellte Passwort „1234“ zu ändern, obgleich der Hersteller seine Kunden auf die Notwendigkeit dieser Änderung hingewiesen hatte. Ebenso wenig hatte die Kundin den Hinweis des Herstellers beherzigt, dass die Leitungen von „Vollamt“ auf „Halbamt“ umgestellt werden müssen, um Angriffe von Hackerrı zu verhindern. 385 Goldbacher / Dama, Medien und Recht 2014, 113, unter Verweis auf die Schlichtungsentscheidungen RSTR 1076/13 und RSTR 1984/13.

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dung auch für das Zivilrecht und betont das Recht des Kunden auf Privatsphäre sowie auf ungestörte Inanspruchnahme der bestellten Leistung. Sie bejaht daher nur eine Warnpflicht bei „extrem hohen und insofern ungewöhnlichen Verbindungsentgelten“, lehnt aber eine Sperrpflicht ab.386 Eine großzügige Auffassung möchte in Weiterführung der oben skizzierten Schlichtungsvorschläge der RTR-GmbH Warn- und Sperrpflichten als zivilrechtliche Neben- und Schutzpflichten recht großzügig bejahen. Sie befürwortet Schwellenwerte, die sich an in AGB festgelegten Werten orientieren und im Bereich zwischen 60 und 70 € liegen, sowie eine Reaktionsspanne unter 48 Stunden.387 Das oben besprochene Urteil des OGH hat diese Literaturstimmen erwähnt, sich allerdings einer Stellungnahme enthalten. b) Laesio enormis Offenbar deutlich häufiger als vor den Zivilgerichten sind RechnungsschockFälle Gegenstand im Verfahren der Schlichtungsstelle der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH)388 gewesen.389 Die RTR-GmbH hat dabei wie geschildert zumindest zeitweilig in einzelnen Fällen relativ großzügig Warn- und Sperrpflichten als zivilrechtliche Schutz- und Nebenpflichten angenommen. Die offizielle, und auf der Homepage mit Schlichtungsvorschlägen präsentierte Linie hat aber für „klassische“ exemplarische Rechnungsschock-Fälle eine andere Lösung gewählt und wendet die in § 934 ABGB geregelte laesio enormis an. Hasberger / Wagner, Medien und Recht 2013, 346, 347–349. Goldbacher / Dama, Medien und Recht 2014, 113, 114–116. 388 Rechtsgrundlage für die Schlichtungsstelle ist § 122 I TKG 2003, der seinerseits eine Vorgabe von Art. 34 der Universaldienstrichtlinie 2002/22/EG umsetzt. Gem. § 122 I TKG 2003 können Nutzer, Betreiber von Kommunikationsnetzen oder -diensten und Interessenvertretungen unbeschadet der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte Streit- oder Beschwerdefälle der Regulierungsbehörde vorlegen, insbesondere bei Zahlungsstreitigkeiten, die zwischen einem Kunden und einem Betreiber nicht befriedigend gelöst worden sind. Die Betreiber sind verpflichtet, an einem solchen Verfahren mitzuwirken und alle zur Beurteilung der Sachlage erforderlichen Auskünfte zu erteilen sowie erforderliche Unterlagen vorzulegen. Die Regulierungsbehörde hat eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen oder den Parteien ihre Ansicht zum herangetragenen Fall mitzuteilen. Das Verfahren richtet sich nach dem Bundesgesetz über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (AStG), vgl. § 4 I Nr. 2 AStG, zudem kann die Regulierungsbehörde gem. § 122 II TKG 2003 Richtlinien für die Durchführung festlegen, wobei insbesondere Fristen für die Verfahrensbeendigung zu bestimmen sind. Näher zum Ablauf RTR-GmbH, Tätigkeitsbericht der Schlichtungsstelle, 2006, S. 5–7 sowie dies., Tätigkeitsbericht der Schlichtungsstelle, 2008, S. 7–9. 389 Zur Häufigkeit dieses Beschwerdegegenstandes siehe bereits die Nachweise in Fn. 361. 386 387

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Die laesio enormis ist als Rechtsbehelf zum Schutz vor schweren und objektiven Äquivalenzstörungen konzipiert und steht diesbezüglich dem Wucherverbot nahe. Im österreichischen Recht ist sie – in der Tradition der Lehre vom iustum pretium, anders als nach römischem Recht und preußischem ALR390,391 – unabhängig vom Vorliegen eines Kaufvertrages beiden Seiten eingeräumt.392 Vertraglich kann sie nur zulasten eines Unternehmers ausgeschlossen werden (§ 935 HS 1 ABGB i. V. m. § 351 UGB).393 Im Übrigen gelangt die laesio enormis lediglich in den besonderen Fällen des § 935 ABGB nicht zur Anwendung, also bei Liebhaberkäufen, wenn dem Käufer der wahre Wert bekannt war, bei (teilweise) unentgeltlichen Geschäften, fehlender Erhebbarkeit des Wertes und gerichtlicher Versteigerung.394 Zwei Lösungsvorschläge der RTR-GmbH, die die laesio enormis anwenden, und offenbar als Leitfälle fungieren,395 sind auf der Homepage der Regulierungsstelle abrufbar.396 Im ersten Leitfall aus dem Jahr 2010397 hatte der Beschwerdeführer (Kunde) 2006 einen Geschäftskundentarif vereinbart, der vorwiegend Sprachverbindungen beinhaltete. Für Datenverbindungen war – in den AGB nur schwer zu finden398 – ein „Standardtarif“ mit zwei Tarifprofilen für „Wap“- und „Web“-Verbindungen vorgesehen, die technisch annährend identisch, aber sehr unterschiedlich bepreist waren.399 Parallel bot der Anbieter für Web- und Wap-Verbindungen identische günstige Datenpakete ALR I, 11, §§ 58 ff. (Irrtumsvermutung). Vgl. zu alledem mit Blick auf die Geschichte der laesio enormis Finkenauer, in: Aderhold / Grunewald / Klingberg u. a. (Hrsg.), Festschrift für Harm Peter Westermann, 2008, S. 183, 185–187; ders., HWB EuP 2009. 392 Klicka, Medien und Recht 2010, 239, 239. 393 Die frühere Regelung in § 351a öHGB a. F., welche eine Anfechtung wegen laesio enormis pauschal demjenigen versagte, für den der Vertrag ein Handelsgeschäft war, ist Anfang 2007 entfallen. 394 Krit. Mayer-Maly, in: Canaris / Diederichsen (Hrsg.), Festschrift für Karl Larenz zum 80. Geburtstag am 23. April 1983, 1983, S. 395, 399. 395 Die RTR-GmbH hat zur Zeit der Abfassung dieses Beitrags (Stand 1.9.2017) auf ihrer Homepage nur 16 Lösungsvorschläge zu Schlichtungsverfahren aus unterschiedlichen Jahren zum Abruf bereitgestellt . Insofern ist davon auszugehen, dass diese Fälle und Lösungsvorschläge nach Ansicht der RTR-GmbH über die konkreten Fälle hinaus bedeutsam und übertragbar sind. 396 RTR-GmbH, Lösungsvorschlag Orange, 5.3.2010; dies., Lösungsvorschlag T-Mobile, 30.8.2013. 397 RTR-GmbH, Lösungsvorschlag Orange, 5.3.2010; dazu Klicka, Medien und Recht 2010, 239, 240–243. In der Literatur wird zudem ein Lösungsvorschlag von 2007 erwähnt, der die laesio enormis angewandt haben soll, allerdings soweit ersichtlich nicht veröffentlicht ist (Schneider, Die Presse – Recht 2012/5 (20.2.2012), 16, unter Verweis auf einen Lösungsvorschlag vom 5.3.2007, RSTR 3190/07). 398 RTR-GmbH, Lösungsvorschlag Orange, 5.3.2010, S. 3. 399 Web-Verbindungen: 1 € bis 2,50 € je MB; Wap-Verbindungen: 0,20 € je KB, umgerechnet somit ca. 20,48 € je MB, Klicka, Medien und Recht 2010, 239, 240. 390 391

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an.400 Dem Beschwerdeführer wurden 611,13 € für Wap-Verbindungen über 27,96 MB berechnet. Die RTR-GmbH verglich den Tarif des Anbieters mit anderen reinen Sprachtarifen, die mit Standard-Datentarifen ohne Zusatzpakete hinterlegt waren und aus der Zeit des Vertragsschlusses datierten. Danach belief sich der im Streitfall verrechnete Betrag auf mehr als das Doppelte des Durchschnittsbetrages dieser Vergleichswerte, den die RTR-GmbH als Marktpreis heranzog (gemeiner Wert der Dienstleistung i. S. v. § 305 ABGB).401 Auf dieser Grundlage bejahte die RTR-GmbH den Tatbestand der laesio enormis i. S. v. § 934 ABGB und schlug eine Reduzierung der Rechnung auf 293,33 € vor.402 Den Wuchertatbestand des § 879 II Nr. 4 ABGB musste sie vor diesem Hintergrund nicht mehr prüfen.403 Im zweiten, 2013 unterbreiteten Lösungsvorschlag verfeinerte die RTRGmbH ihr Verfahren zu Ermittlung des Marktpreises (gemeiner Wert im Sinne von § 305 ABGB), möglicherweise als Reaktion auf Kritik an der alten Berechnungsweise in der Literatur.404 Zugleich veranschaulicht der Fall in Zusammenschau mit dem ersten eindrucksvoll die dynamische Preisentwicklung bei mobilem Internet. Er betraf erneut einen Smartphone-Nutzer, der einen Tarif nutzte, RTR-GmbH, Lösungsvorschlag Orange, 5.3.2010, S. 3 f. Dies., Lösungsvorschlag Orange, 5.3.2010, S. 4 f. 402 Dies., Lösungsvorschlag Orange, 5.3.2010, S. 6 f. Der Anbieter lehnte den Vorschlag zunächst ab, der Fall wurde aber letztlich doch gütlich „im Kulanzwege“ beigelegt, Klicka, Medien und Recht 2010, 239, 243. 403 Für den Regelfall verneinend allerdings Klicka, Medien und Recht 2010, 239, 241 (Mitarbeiter der Rechtsabteilung der RTR-GmbH), da es in der Regel an einer vorausgesetzten „unwirtschaftlichen Eigenschaft“ des Bewucherten fehlen werde. § 879 II Nr. 4 ABGB nennt insoweit in nicht abschließender Aufzählung Leichtsinn, Zwangslage, Verstandesschwäche, Unerfahrenheit oder Gemütsaufregung. Der Lösungsvorschlag der RTRGmbH führte allerdings aus, dass dem durchschnittlichen Nutzer der Unterschied von „Web“ und „Wap“-Verbindungen „keineswegs“ bewusst sei, so dass ihm ohne Aufklärung die Nutzung des letzteren statt des ersteren Profils nicht zurechenbar sei (RTR-GmbH, Lösungsvorschlag Orange, 5.3.2010, S. 5 f. Ausdrücklich verneinte die RTR-GmbH hingegen zwei andere denkbare Ansatzpunkte: Eine überraschende Bestimmung im Sinne von § 864a ABGB liege trotz der versteckten Preisangabe in den AGB nicht vor, da die Preisangabe keine Klausel im Sinne von § 864a ABGB sei (so die sehr zweifelhafte Begründung in dies., Lösungsvorschlag Orange, 5.3.2010, S. 6) bzw. weil eine Preisangabe unabhängig von ihrer Höhe generell keinen überraschenden Charakter habe (so Klicka, Medien und Recht 2010, 239, 241; mit Blick auf die Umstände des Falles ebenfalls keinesfalls zweifelsfrei). Außerdem scheide Nichtigkeit als gröblich benachteiligende AGB gem. § 879 III ABGB aus, weil das ABGB kein Gebot der Äquivalenz (iustum pretium) kenne. Überzeugender wäre hier das Argument der Literatur gewesen, §§ 879 II Nr. 4, 934 ABGB insoweit als abschließende Regelungen zu begreifen (dafür Kalss, GesRZ 2013, 244, 246 m. w. N.). 404 Siehe Schneider, Die Presse – Recht 2012/5 (20.2.2012), 16, der eine Berechnung des gemeinen Wertes anhand durchschnittlicher tatsächlicher Gestehungskosten zuzüglich eines durchschnittlichen Gewinnanteils forderte. 400 401

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welcher auf Sprachtelefonie ausgerichtet war. Für die Abrechnung von Datenübertragung war ein Standardtarif voreingestellt, der 5 € pro MB und Verbindung kostete. Obgleich der Kunde das Gerät nur zu Hause im WLAN verwenden wollte, fiel so über drei Monate bis Anfang Februar 2012 ein Datenvolumen von ca. 170 MB an, für das der Anbieter rund 850 € berechnete.405 Die RTR-GmbH wandte wiederum § 934 ABGB an.406 Sie ermittelte zunächst den Verkehrswert durch einen Vergleich entsprechender mobiler Datentarife der letzten drei bis vier Jahre. Dabei zeigten sich indes große Preisspannen, weshalb die RTR-GmbH zu einer Mischpreisberechnung überging,407 welche sich aus dem Verkehrswert (nach dem von Angebot und Nachfrage abhängigen Preis), Ertragswert (durch Kapitalisierung des Ertrags der Sache) und Kostenwert/Herstellungswert (Vorleistungsentgelte) zusammensetzt.408 Da der Kostenwert nur extrem aufwendig anhand tatsächlicher Gestehungskosten zu ermitteln wäre,409 näherte die RTR-GmbH die Vorleistungsentgelte mit zwei leicht verfügbaren Werten an: Als untere Grenze diente ihr der teuerste Tarif für Großkunden (Wholesale Access), den das marktführende Unternehmen H3G als Bedingung für einen Zusammenschluss öffentlich anbieten muss. Als obere Grenze verwendete sie die Preisobergrenzen für Datenroaming nach der EU-Roaming-VO, welche laut Unionsgesetzgeber bereits eine angemessene Gewinnspanne enthalten.410 Weiterhin ging sie davon aus, dass die Kosten eines etwaigen inkludierten Endgerätes nicht durch variable Nutzungsentgelte, sondern durch Grundgebühr, Anzahlung und Vertragsdauer abgedeckt werden.411 Nach alledem erschien ein Entgelt von über 0,70 € pro MB netto bedenklich, weswegen die RTR-GmbH vorschlug, den berechneten Betrag von 850 € auf ca. 72 € zu reduzieren. 2. Regulierungsrecht Insbesondere die zahlreichen Beschwerden an die RTR-GmbH412 rückten die Rechnungsschock-Problematik in den Blickpunkt von Behörden und Gesetz-

RTR-GmbH, Lösungsvorschlag T-Mobile, 30.8.2013, S. 4 f. Dies., Lösungsvorschlag T-Mobile, 30.8.2013, S. 10 ff. 407 Dies., Lösungsvorschlag T-Mobile, 30.8.2013, S. 5–7. Allg. zur Möglichkeit einer Mischkalkulation im österreichischen Recht Kodek, in: Schwimann (Hrsg.), ABGB, 3. Aufl. 2015, § 305 ABGB Rn. 2; Eccher, in: Koziol / Bydlinski / Bollenberger (Hrsg.), Kurzkommentar zum ABGB, 5. Aufl. 2017, § 305 Rn. 3 f. 408 RTR-GmbH, Lösungsvorschlag T-Mobile, 30.8.2013, S. 10 f. 409 Dies., Lösungsvorschlag T-Mobile, 30.8.2013, S. 11. Als Anhaltspunkt kann der Hinweis von Klicka, Medien und Recht 2012, 306, 309 Fn. 29 dienen, dass ein Bottom-UpKostenrechnungsmodell für Mobilnetze der RTR-GmbH im Rahmen von Marktanalyseverfahren ein Auftragsvolumen von ca. 150.000 € hatte. 410 RTR-GmbH, Lösungsvorschlag T-Mobile, 30.8.2013, S. 11–13. 411 Dies., Lösungsvorschlag T-Mobile, 30.8.2013, S. 13. 405 406

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geber. Ungeachtet der vorstehenden Schlichtungspraxis ist das Rechnungsschock-Problem auch in Österreich letztlich vor allem regulierungsrechtlich eingedämmt worden. Zuvor hatte man – offenbar weitgehend erfolglos – versucht, den „shocking bills“ mit einem Branchenkodex Herr zu werden, der eine freiwillige Selbstverpflichtung österreichischer Mobilfunkanbieter zu frühzeitiger Warninformation vorsah.413 Der österreichische Gesetzgeber reagierte ähnlich wie der deutsche in zwei Schritten: Zunächst ging er gegen Missbräuche und intransparente Preise bei Mehrwertdiensten vor, indem er die RTR-GmbH in § 24 TKG 2003 unter dem Leitmotiv der Tariftransparenz ermächtigte, per Verordnung nähere Bestimmungen über bestimmte Aspekte der Erbringung von Mehrwertdiensten festzulegen, einschließlich Zeitbeschränkungen, Preisobergrenzen und Regelungen über Dialer (§ 24 II 2 TKG 2003). Hiervon machte die RTR-GmbH 2009 im Rahmen der sog. KEM-V 2009 Gebrauch.414 Ende 2011 schritt der österreichische Gesetzgeber dann im Rahmen einer Novelle des TKG 2003 und in Umsetzung von Art. 10 und 29 der Universaldienstrichtlinie allgemein gegen Rechnungsschocks zur Tat.415 Seitdem ermächtigt ein neuer § 25a TKG 2003 die RTR-GmbH, eine Verordnung zu erlassen, mit der sie unter anderem Kostenlimits für die Verrechnung von Entgelten für Kommunikationsdienste setzen kann. Auf dieser Grundlage hat die RTR-GmbH Anfang Februar 2012 nach einer kontroversen Konsultation die Kostenbeschränkungsverordnung (KostbeV) erlassen, die am 1.5.2012 in Kraft getreten ist.416 Sie schreibt vor, dass der Betreiber pro Abrechnungszeitraum nicht mehr als 60 € an verbrauchsabhängigen Entgelten für inländische417 mobile Datendienste berechnen darf (§§ 4 Nr. 2, 5 I 3 KostbeV). Aus der Beschränkung auf mobile Datendienste folgt, dass die KostbeV nicht auf Zur Häufigkeit dieses Beschwerdegegenstandes siehe bereits die Nachweise in Fn. 361. Dazu RTR-GmbH, Tätigkeitsbericht der Schlichtungsstelle, 2010, S. 71; Klicka, Medien und Recht 2012, 306, 306 f., auch – verneinend – zu der streitigen Frage, ob der Kodex verbindliche Rechtswirkungen gegenüber dem Endkunden haben konnte, wenn er nicht als Bestandteil des Endkundenvertrages implementiert worden war. 414 Verordnung der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, mit der Bestimmungen für Kommunikationsparameter, Entgelte und Mehrwertdienste festgelegt werden (Kommunikationsparameter-, Entgelt- und Mehrwertdiensteverordnung 2009 – KEM-V 2009), BGBl. II Nr. 212/2009; eine konsolidierte Fassung ist abrufbar unter . Die Verordnung regelt zum einen den österreichischen Rufnummernbereich und zum anderen bestimmte Aspekte der Erbringung von Mehrwertdiensten. Für einen Überblick Goldbacher / Forizs, in: Deixler-Hübner / Kolba (Hrsg.), Handbuch Verbraucherrecht, 2015, 337–339; knappe Einordnung in den Rechtsrahmen bei Hasberger / Wagner, Medien und Recht 2013, 346. 415 Klicka, Medien und Recht 2012, 306. 416 Zu ihren Regelungen im Einzelnen ders., Medien und Recht 2012, 306, 307 f. 412 413

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Sprachetelefonie, SMS-Dienste und den gesamten Festnetzbereich anwendbar ist.418 Ebenfalls ausgenommen sind Prepaid-Tarife.419 Zudem sind nur Verbraucher automatisch von der Regelung erfasst, Unternehmer haben die Möglichkeit eines opt-in (§ 2 III KostbeV).420 Erst infolge dieser Maßnahmen gingen die Beschwerden zu Entgeltstreitigkeiten, insbesondere „shocking bills“ kontinuierlich und erheblich zurück.421 II. Frankreich Die französischen Gerichte haben sich ebenfalls wiederholt mit Rechnungsschock-Fällen bei Telekommunikationsdienstleistungen beschäftigt, wenngleich weniger häufig als ihre deutschen Kollegen. Eine zivilrechtliche Warnpflicht oder Unterbrechungspflicht haben sie dezidiert abgelehnt, obgleich die Sachverhalte den aus Deutschland bekannten Mustern stark ähneln. 1. Interneteinwahl In einem Fall, den die Cour d’appel de Bastia Anfang 2012 entschied,422 hatten der klagende Kunde und der Telekommunikationsanbieter Ende März 2006 417 Roaming ist ausgenommen, um Normkollisionen mit der Roaming-VO zu vermeiden, ders., Medien und Recht 2012, 306, 307. 418 In der Entwurfsfassung war zunächst noch geplant gewesen, diesen Bereich einzubeziehen, letztlich sah die RTR-GmbH hierfür aber kein erwiesenes Bedürfnis. Dahinter steht der Gedanke, dass der aktuelle Verbrauch aufgrund der minütlichen (oder noch kürzeren) Taktung und der aktiven Nutzung bei Sprachdiensten leichter einschätzbar ist, siehe Hasberger / Wagner, Medien und Recht 2013, 346, 348. Sehr krit. dazu Schneider, Die Presse – Recht 2012/23 (5.3.2012), 16, dessen etwas polemisch vorgetragene Befürchtung („Kaum Schutz bei Schockrechnungen“, „nicht viel übrig geblieben“) sich aber offenbar nicht bewahrheitet hat (siehe zum Rückgang der Beschwerden Fn. 421). 419 Zu beidem Goldbacher / Forizs, in: Deixler-Hübner / Kolba (Hrsg.), Handbuch Verbraucherrecht, 2015, 336. 420 Zum Ganzen RTR-GmbH, Tätigkeitsbericht der Schlichtungsstelle, 2011, S. 69 f.; Hasberger / Wagner, Medien und Recht 2013, 346, 347 f.; Goldbacher / Forizs, in: DeixlerHübner / Kolba (Hrsg.), Handbuch Verbraucherrecht, 2015, 336. 421 Näher, u. a. mit grafischer Veranschaulichung, RTR-GmbH, Tätigkeitsbericht der Schlichtungsstelle, 2012, S. 75, 77, 79; knapper Klicka, Medien und Recht 2012, 306, 308; zudem RTR-GmbH, Tätigkeitsbericht der Schlichtungsstelle, 2015, S. 12, 15 („Das Problem von „bill shocks“, das einige Jahre die Verfahrenszahl in die Höhe schnellen ließ, scheint es immer seltener zu geben. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Neben regulatorischen Eingriffen, wie die Kostenbeschränkungsverordnung bei mobilen Datendiensten, muss man auch die Bemühungen der Betreiber in dieser Frage anerkennen.“), S. 24 („Zuletzt sei angemerkt, dass Fälle mit derart hohem Streitwert in der Praxis kaum mehr vorkommen. Die österreichischen Betreiber haben eine Reihe von Maßnahmen gesetzt, derartige „bill shocks“ zu unterbinden.“). Siehe aber auch Schneider, Die Presse – Recht 2014/180 (2014), 15 zu einem fortbestehenden Problem von Rechnungsschocks nach einem Diebstahl des Handys im Ausland, mit gehäuften Fällen in Barcelona.

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Verträge über eine Festnetz- und Mobilfunk-Telefonflatrate sowie 40 FreiSMS abgeschlossen. Für Internetverbindungen galt laut Vertragsbedingungen ein gesonderter Tarif („forfait Data“). Im August 2008 berechnete der Anbieter dem Kunden 7.211 € für Internetverbindungen. Der Kunde trug zum einen vor, dass diese Summe durch vertraglich nicht vorgesehene Internetverbindungen entstanden sei, die ein 13jähriges Kind veranlasst habe. Zum anderen argumentierte er, ganz ähnlich wie die deutschen Gerichte, der Anbieter sei verpflichtet gewesen, die Leitung zu sperren oder zumindest den Nutzer zu informieren, um ihm zu ermöglichen, eine offensichtlich anormale Situation zu beenden, die zu einer exorbitanten Rechnung geführt habe. Außerdem habe der Anbieter den Kunden bei Vertragsschluss über die zusätzlichen Kosten von Internetverbindungen abseits der Telefonflatrate informieren müssen. Die Cour d’appel hielt den Kunden indes an seiner Eigenverantwortung fest: Die inkludierten Dienstleistungen seien in den unterschriebenen Dokumenten hinreichend ausdrücklich und deutlich bezeichnet. Es sei zudem klar angegeben, dass der Dienst ‚forfait Data‘ nicht inbegriffen war. Damit hatte der Anbieter seine Informationspflicht aus Art. L 111-1 code de la consommation erfüllt, weitere vertragsrechtliche Informationspflichten sah das Gericht nicht.423 Ebenso wenig hielt es den Anbieter für verpflichtet, zur Sicherung seiner Dienste den Zugang zu beschränken. Der Anschlussinhaber sei allein dafür verantwortlich, wie er das zur Verfügung gestellte Gerät verwende. Daher sei der Kunde ein Risiko eingegangen, dessen Folgen er selbst tragen müsse, als er den Apparat für einen offensichtlich nicht abgedeckten Dienst genutzt oder eine solche Nutzung durch ein vom ihm zu beaufsichtigendes Kind zugelassen habe. Schließlich erachtete das Gericht den Vorwurf, der Anbieter habe bei der Überschreitung wichtiger Gebührenschwellen nicht informiert, dadurch entkräftet, dass der Anbieter zumindest beim Kostenstand von 1.759,84 € eine Sprachnachricht versandt und per E-Mail an deren Inhalt erinnert hatte. 2. Roaming Ähnlich anbieterfreundlich hat die Cour d’appel de Colmar im Herbst 2013 in einem Roaming-Fall entschieden.424 Der klagende Kunde, ein Soldat, hatte Ende 2010 einen Vertrag über Mobiltelefonie und mobiles Internet mit einer Laufzeit von 2 Jahren und einer monatlichen Zahlung von circa 50 € inkl. 422 Cour d’appel de Bastia, Chambre civile B, 22 fév. 2012, N° 10/00794, JurisData n° 2012-013310 mit Anmerkung Raymond, Contr. Conc. Consomm. 2012, comm. 240. 423 Ders., Contr. Conc. Consomm. 2012, comm. 240 verweist neben der vom Gericht ausdrücklich angesprochenen Informationspflicht aus Art. L. 111-1 Code de la consommation noch auf jene des Art. L. 121-83 ff. Code de la consommation a. F. (am 1.7.2016 aufgehoben). 424 Cour d’appel de Colmar, Ch. Civile 03 Sect. A, 14 octobre 2013, N° 13/00663.

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MwSt. geschlossen. Dabei hatte er ein Exemplar der allgemeinen Vertragsbedingungen sowie der anwendbaren Tarife erhalten. Diesen zufolge kosteten SMS aus dem Ausland je 50 Cent, aus Afrika getätigte Anrufe 2,90 € pro Minute und aus Afrika angenommene Anrufe 1,40 € pro Minute. Von November 2011 bis März 2012 wurde der Kläger nach Djibouti in Afrika versetzt, von wo er sein Mobiltelefon in hohem Umfang für SMS und Anrufe nutzte, bis der Anbieter die Rufnummer Anfang Februar 2012 gem. der AGB auf die Annahme von Anrufen beschränkte. Hierdurch fielen im Zeitraum Anfang Dezember 2011 bis Anfang Februar 2012 ca. 7.700 € für Auslandsroaming an. Der Anbieter fakturierte diese allerdings erst verzögert nach den üblichen Monatsrechnungen: Eine erste Abschlagsrechnung erfolgte Anfang Februar zeitgleich mit der Beschränkung der Rufnummer, eine weitere Mitte Februar und eine letzte Anfang März.425 Der Kunde bestritt diese Summen und hatte in der ersten Instanz noch Erfolg, bevor die Cour d’appel de Colmar auf das Rechtsmittel der Gesellschaft in deren Sinne entschied. Das Gericht folgte der Behauptung des Anbieters, dass sich der Zeitabstand zwischen Sprach- und Textkommunikation sowie dem Datum ihrer Berechnung mit dem Einsatz eines lokalen afrikanischen Betreibers erklärte, der als Intermediär die Verbindungen hergestellt hatte. Der Anbieter habe diese, so das Gericht, berechnet, sobald er von dem Dritten 425 Zunächst stellte der Anbieter Anfang Dezember und Anfang Januar Rechnungen für die Zeiträume Anfang Dezember bis Anfang Januar und Anfang Januar bis Anfang Februar über Beträge von 67,84 € und 47,84 €. Beide Rechnungen umfassten keine im Ausland genutzten Kommunikationsleistungen (Im Sachverhalt heißt es „ne comprend de même pas de facturation hors forfait“; damit können allerdings ersichtlich nicht inländische Gespräche über die standardmäßige Grundgebühr von 50,90 € gemeint sein, weil diese offenbar schon die Rechnungen über 67,84 € und 47,84 € begründeten). Erst am 7.2. stellte der Anbieter eine Rechnung über 1800 € als Vorauszahlung auf die nächste Rechnung. Am gleichen Tag informierte er den Kunden per Brief, dass die Nutzung seines Anschlusses auf die Entgegennahme von Anrufen beschränkt worden war. Der Kunde hatte dem Anbieter lediglich die Adresse mitgeteilt, an die der Anbieter den Brief versandte, weshalb das Gericht einen Zugang dieses Schreibens im Rechtssinne annahm. Am 13.2.2012 berechnete der Anbieter dem Kunden weitere 5.730,44. Darin waren 1.077,48 € für aus dem Ausland versandte SMS, 4.542,58 € für aus Afrika getätigte Anrufe und 53,31 € für aus Afrika erhaltene Anrufe enthalten, die zwischen Anfang Dezember 2011 und Anfang Februar 2012 zustande gekommen waren. Am 13.3. stellte der Anbieter eine weitere Rechnung über 2.024,92 €. Diese umfasste neben dem Standardbetrag für den Zeitraum Anfang März bis Anfang April 2012 vor allem ca. 341 € für 679 Textnachrichten, 1.611 € für aus Afrika getätigte Anrufe und knapp 26 € für in Afrika erhaltene Anrufe. Die letzte berechnete Kommunikationsleistung fand am 7.2.2012 statt, die Daten betrafen aber andere als in der Rechnung vom 13.2.2012. Insgesamt ging aus den Rechnungen hervor, dass nach Beschränkung des Anschlusses am 7.2.2012 keine weiteren Verbindungen berechnet worden waren. Zum ganzen Cour d’appel de Colmar, Ch. Civile 03 Sect. A, 14 octobre 2013, n° 13/00663.

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in Kenntnis gesetzt wurde. Das Gericht hatte keine Zweifel, dass die detailliert aufgelisteten Verbindungen tatsächlich vom Kunden veranlasst und vertragsgemäß abgerechnet worden waren. 3. Weitere Fälle und Literatur Die obigen Beispiele ließen sich noch durch einzelne weitere Urteile zu schockartigen Rechnungen ergänzen, bei denen gewisse Besonderheiten eine Rolle spielten. So betonte die Cour d’appel d’Orléans ebenfalls die Verantwortung des Kunden in einem Fall, bei dem der Kunde nachvollziehbar, aber nicht völlig gesichert, einen Diebstahl des Smartphones behauptete, nach dem es, abweichend von den bisher stets stabilen Rechnungsbeträgen, zu erheblichen Roaming-Kosten von über 5.000 € durch Anrufe ins Ausland gekommen war.426 Ein führender Autor hat in Kommentaren zu den vorgenannten Entscheidungen die Linie der Rechtsprechung akzeptiert.427 Mit Blick darauf, dass der Cour d’appel de Bastia 2012 auf die Information durch den Anbieter verwies, dass eine Gebührenschwelle von rund 1.700 € überschritten wurde, hatte er zunächst die Frage aufgeworfen, ob das Gericht eine Pflicht des Anbieters annahm, den 426 Cour d’appel d’Orléans, 2 Avril 2012, N° 11/00973, Numéro JurisData: 2012011397 mit Anmerkung Raymond, Contr. Conc. Consomm. 2012, comm. 241. Die Kundin hatte Ende Juni 2007 einen Mobilfunkvertrag geschlossen und eine Pauschale von 20 € mit einer Option „avantage 24 mois“ vereinbart. Zwischen Juni und Juli 2009 wurden die gewählte Pauschale, die Optionen und die Adresse mehrfach geändert. Ab August 2009 wurden die Rechnungen nicht mehr bezahlt, so dass der Anbieter die Nummer ab Anfang Oktober sperrte und den Vertrag Anfang November auflöste. Nach erfolgloser Mahnung forderte er Gebühren von 5.102,52 € gerichtlich ein. Die Kundin behauptete, dass das Telefon im Juni 2009 ihrem minderjährigen Sohn gestohlen worden sei, wovon sie den Anbieter informiert habe, drang damit aber in der ersten Instanz nicht durch. Die Cour d’appel d’Orléans bestätigte diese Entscheidung. Die Kundin sei laut Vertrag verpflichtet gewesen, einen Verlust des Telefons umgehend zu melden und dies mit eingeschriebenem Brief samt einer Kopie der Diebstahlsanzeige bei der Polizei zu bestätigen. Dem sei die Kundin nicht nachgekommen. Zudem habe sie weder den Diebstahl selbst nachweisen können, noch den Umstand, dass sie den Anbieter davon informiert habe. Zwar passe der behauptete Diebstahl zu den Rechnungen, die ab Vertragsschluss bis Juli 2009 stabil waren, danach aber buchstäblich explodierten, mit vielen Anrufen in das Ausland. Dessen ungeachtet sei die Kundin mangels einer Diebstahlsanzeige in der vertraglich vorgeschriebenen Form weiterhin für die Nutzung des Telefons bis zum Vertragsende verantwortlich gewesen. Die Kundin könne dem Anbieter auch kein fehlerhaftes Verhalten mit Blick darauf vorwerfen, dass der Anbieter die Rechnungsadresse ohne Überprüfung geändert habe. Denn zum einen seien diese Änderungen nicht ohne Kenntnis der Kundendaten möglich gewesen (Identität, Nummer, Passwort), zum anderen gehe aus den Kontoauszügen der Kundin hervor, dass sie ab August 2009 davon informiert war, dass Abbuchungsversuche des Anbieters über 3.413,77 € und 1.237,76 € zurückgewiesen wurden, ohne dass sie deswegen in irgendeiner Weise gegenüber dem Anbieter reagiert habe. 427 Siehe ders., Contr. Conc. Consomm. 2012, comm. 240; ders., Contr. Conc. Consomm. 2012, comm. 241.

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Kunden zu informieren, wenn die gewöhnlich bezahlten Beträge in erheblicher Weise überschritten werden. Im Ergebnis erachtete er einen solchen Schluss aber für verfrüht. 428 Nachdem die weitere Rechtsprechung keine dahingehenden Anhaltspunkte gebracht hat, zieht die aktuelle Auflage seines Lehrbuches zum Verbraucherrecht eine solche Pflicht nicht mehr in Erwägung.429 III. Schweiz 1. Zivilrecht a) Einführung Das schweizerische Schrifttum hat sich insbesondere anlässlich einer berühmten Leitentscheidung des Bundesgerichts eingehend mit Rechnungsschocks auseinandergesetzt, weshalb hier eine nähere Betrachtung lohnt. Festnetz- und Mobilfunkverträge werden in der Schweiz den Telekommunikationsverträgen zugeordnet.430 Sie sind sog. Innominatkontrakte, d. h. gesetzlich nicht geregelte, gemischte Verträge, bei denen Tatbestandselemente verschiedener Vertragstypen zusammengefügt werden.431 Stellen sich im Rahmen eines solchen Vertrages Rechtsprobleme, ist in erster Linie der Vertragswortlaut ausschlaggebend. Soweit dieser lückenhaft ist, sind andere Rechtsgrundlagen ergänzend anzuwenden. Diese können sich bei Telekommunikationsverträgen erstens – vereinzelt – aus dem Fernmelderecht ergeben, wo namentlich allfällige Aufklärungspflichten der Anbieter sukzessive geregelt worden sind,432 und zweitens ergänzend aus dem gesetzlichen Vertragstypenrecht. Inwieweit es Anwendung finden kann, ist im Einzelfall zu prüfen. Bezüglich des Festnetzvertrages hat das Bundesgericht eine analoge Anwendung von Bestimmungen des Werkvertrags (Art. 363 ff. OR) oder Mietvertrags (Art. 253 ff. OR) für möglich gehalten.433 In der Literatur hat das mit ausführlicher Begründung für Telekommunikationsverträge allgemein Zustimmung gefunden.434 Raymond, Contr. Conc. Consomm. 2012, comm. 240. Ders., Droit de la consommation, 3. Aufl. 2014, S. 295. 430 Faivre, AJP 2005, 1239, 1243 f.; ders., Der Telekommunikationsvertrag, 2005, S. 57 f. 431 Faivre, AJP 2005, 1239, 1245 f.; ders., Der Telekommunikationsvertrag, 2005, S. 88 f., (Festnetzvertrag), S. 129, S. 133 (Mobilfunkvertrag); zum Festnetzvertrag BGE 129 III 604, 608 f. E 2.2.; Kreisgericht Wergenberg-Sagans, Urt. v. 14.6.2004, Jusletter 14.6.2004, Ziff. 6; AG Willisau LU, Urt. v. 12.6.2004, Jusletter 8.11.2004, Ziff. 3. 432 Näher Faivre, AJP 2005, 1239, 1245 inkl. Fn. 51; ders., Der Telekommunikationsvertrag, 2005, S. 129 f. i. V. m. S. 81, 72 f,. sowie zu den normierten Aufklärungspflichten bei Mobilfunkverträgen aaO. S. 137 (Möglichkeit, Sperrset zu Mehrwertdiensten zu installieren; Möglichkeit, Inhaber von Mehrwertdienstnummern einzusehen; Aufklärung, dass Rufnummer kostenlos unterdrückt werden kann). 433 BGE 129 III 604, 608 f. E 2.2. 434 Faivre, AJP 2005, 1239, 1245 f. mit eingehenderer Begründung; speziell zum Mobilfunkvertrag ders., Der Telekommunikationsvertrag, 2005, S. 133; dem BGE folgend, 428 429

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b) Téléphone rose In der Schweiz war lange Zeit umstritten, ob die Anbieterin von Telekommunikationsdienstleistungen eine Warnpflicht trifft, wenn beim Teilnehmer ein unüblich hoher Rechnungsbetrag anfällt. Entsprechende Forderungen wurden vor allem im Zusammenhang mit hohen Rechnungen aufgrund in Anspruch genommener Mehrwertdienste laut. Das Bundesgericht hat ihnen allerdings 2003 in der Grundsatzentscheidung téléphone rose435 eine Absage erteilt und klargestellt, dass die Anbieterin weder nach damaligem Fernmelderecht noch aus dem Vertragsverhältnis verpflichtet war bzw. ist, den Teilnehmer zu warnen.436 Vielmehr betont das Bundesgericht die Eigenverantwortung des Kunden, bestehende Möglichkeiten zur Vermeidung ungewollt hoher Kosten auch zu nutzen. Téléphone rose betraf einen Festnetzvertrag („Telefonabonnementvertrag“), den der Beklagte mir der Swisscom AG abgeschlossen hatte. Vom Anschluss des Beklagten waren 376 Gespräche mit Rufnummern getätigt worden, unter denen Mehrwertdienste in Form erotischer oder pornografischer Dienste angeboten wurden. Hierfür war ein Rechnungsbetrag von über 15.995,95 CHF entstanden. Der Beklagte verweigerte die Bezahlung. Die Gerichte erster und zweiter Instanz nahmen beide anknüpfend an werkvertragliche Grundsätze (Sorgfaltspflicht des Unternehmers sowie daraus folgende Auskunfts- und Beratungspflicht)437 an, dass die Klägerin den Beklagten auf die stark ansteigenden Gesprächsgebühren hätte aufmerksam machen müssen und sprachen daher nur 29,45 CHF bzw. in zweiter Instanz 5.500 CHF (10-facher Betrag der höchsten vorangegangenen Rechnung) zu.438 Das Bundesgericht hob dies auf und verurteilte den Beklagten zur Zahlung. Die Treuepflicht gemäß einem Telefonabonnementsvertrag sei nicht mit der Treuepflicht des Werkvertrags vergleichbar und die Auslegung des Telefonabonnementsvertrags begründe ebenfalls keine Warnpflicht.439 Dass die klagende Anbieterin im Bereich der Telefonkommunikation spezialisiert sei, versetze sie nicht in die Lage, selbst über die angemessene Verwendung eines Telefonanschlusses durch einen Benützer zu urteilen. Eine Nebenpflicht im aber unter Einordnung als werkvertragsähnlicher Innominatkontrakt Zindel / Pulver, in: Honsell / Wiegand / Vogt (Hrsg.), Basler Kommentar, 6. Aufl. 2015, Vor Art. 363–379 OR Rn. 19. 435 BGE 129 III 604. Mit dem Urteil bestätigte das Bundesgericht zugleich knapp die Wirksamkeit von Telefonsexverträgen. Zu beiden Aspekten des Urteils siehe die kritische Besprechung von Ogorek, in: Bucher / Bohny (Hrsg.), Norm und Wirkung, 2005, S. 573, 575–582. 436 Faivre, Der Telekommunikationsvertrag, 2005, S. 101. 437 Zu deren Inhalten Zindel / Pulver, in: Honsell / Wiegand / Vogt (Hrsg.), Basler Kommentar, 6. Aufl. 2015, Art. 346 OR Rn. 12 ff. 438 BGE 129 III 604, 606. 439 BGE 129 III 604, 610–613, E 4.1, 4.2.1–4.2.2.

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Sinne einer Schutzpflicht aus Art. 2 I ZGB bestehe im Wesentlichen dann, wenn Leben oder Gesundheit des Vertragspartners gefährdet sein könnten, nicht aber, wenn es nur um finanzielle Interessen gehe. Die weitergehende Rechtsprechung aus dem Auftragsrecht sei in Anbetracht des personenbezogenen Charakters des Auftrags nicht auf Telefonabonnementverträge übertragbar. Zwar könne die Telefonrechnung mit der Einführung von Mehrwertdiensten schnell größere Beträge erreichen. Eine gefährliche Situation, welche eine Aufsichts- und Warnpflicht rechtfertige, sei jedoch nicht geschaffen worden. Hierzu verwies das Bundesgericht darauf, dass die Preisbekanntgabeverordnung (PBV) für Mehrwertdienste der streitgegenständlichen Art klare Preisangaben zu Gesprächsbeginn vorschreibt. Zwar war diese Schutzvorschrift erst nach der streitgegenständlichen Benutzung in Kraft getreten. Aber bereits davor seien die Gebühren für Erotiknummern stets in der Werbung anzugeben gewesen. Das Bundesgericht sah den Abonnent dadurch in der Lage, die Kosten seiner Telefongespräche zu kontrollieren, einschließlich solcher mit Mehrwertdiensten.440 Im Übrigen sei er durch die periodische Rechnungsstellung geschützt. Schließlich könne aus der gesetzlichen Pflicht des Anbieters von Fernmeldediensten, bei der Fakturierung der Leistungen auf Verlangen Auskunft über die für die Rechnungsstellung verwendeten Daten zu geben, keine Nebenpflicht im Sinne einer Kontrolle der Anzahl und der Preise der Gespräche selbst abgeleitet werden.441 Ergänzend verwies das Bundesgericht darauf, dass auch nach damaligem Unionsrecht keine vergleichbare Verpflichtung bestand. Die Universaldienstrichtlinie442 verwende den Begriff der preiswerten Grundversorgung, der auch im schweizerischen Recht vorhanden sei. Nach der Richtlinie obliege es dem Gesetzgeber, sofern er es für nötig erachte, zu entscheiden, welche gesetzlichen Vorschriften sich eignen, das Risiko eines unverhältnismäßigen Telefonverkehrs durch den Abonnenten einzuschränken. Ein solcher Eingriff in die Privatsphäre der Kunden setzte eine klare gesetzliche Grundlage voraus, wobei verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten denkbar seien. c) Aufnahme in Literatur und Praxis Die Literatur hat die Entscheidung gemischt aufgenommen: Mehrere Stimmen haben die Verneinung einer Informationsnebenpflicht heftig kritisiert,443 Allerdings vermisst man dann in dem Urteil Feststellungen dazu, wie der Kunde von der besagten Nummer erfahren hatte, siehe insoweit mit Recht Schöbi, Jusletter 6.10.2003, Rn. 9. 441 BGE 129 III 604, 614 f., E. 4.2.3. 442 Die Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten. 443 Kritisch zum Bundesgerichtsentscheid mit Blick auf die Verneinung einer Warn- und Hinweispflicht, die fehlende Prüfung einer Übervorteilung (Art. 21 OR) sowie die Zurück440

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andere hingegen zugestimmt.444 Für die Praxis hat der Entscheid dessen ungeachtet die Rechtslage über Mehrwertdienste hinaus dahingehend geklärt, dass auf zivilrechtlicher Grundlage keine Warnpflicht besteht, sofern dem Kunden eine eigenverantwortliche Kostenkontrolle möglich ist. Dementsprechend geht die neutrale, vom schweizerischen Gesetzgeber eingerichtete Schlichtungsstelle Ombudscom, die zahlreiche Beschwerden im Zusammenhang mit Rechnungsschocks beschieden hat,445 davon aus, dass eine Anbieterin nach schweizerischem Recht nicht verpflichtet ist, den Kunden über erhöhte aufgelaufene Kosten infolge Roaming zu informieren,446 sofern der Kunde selbst über Mittel verfügt, die Gesprächskosten in Grenzen zu halten. Die Linie des Bundesgerichts, die Tätigkeit der Schlichtungsstelle Ombudscom, die leicht anziehende Regulierung sowie hohe Prozesskosten447 weisung des Einwands, der Kunde habe die Telefonate nicht selbst getätigt, Schöbi, Jusletter 6.10.2003, Rn. 14–21; scharf ablehnend zur Verneinung einer Warn- und Hinweispflicht Wiegand, ZBJV 129 (2004), 828, 856–859, der – Schöbis Argumente vertiefend – dem Bundesgericht vorwirft, sich in einen offenkundigen Wertungswiderspruch zu seiner sonstigen Rechtsprechung zu Schutzmechanismen mittels vertraglicher Nebenpflichten gesetzt zu haben, diese Rechtsprechung zudem fehlinterpretiert zu haben und damit überdies zu einer unhaltbaren Risikoverteilung zwischen Telekommunikationsanbieter und Konsument gelangt zu sein; sehr krit. zu den Argumenten des Bundesgerichts gegen eine Warn- und Hinweispflicht zudem Ogorek, in: Bucher / Bohny (Hrsg.), Norm und Wirkung, 2005, S. 573, 578 f., die zwar a. a. O. S. 601–604 auch positive Elemente des Urteils ausmacht, dem Bundesgericht aber vorwirft, die Komplexität der Thematik nicht hinreichend beachtet zu haben. 444 Befürwortend mit fundierten Argumenten Mion, Jusletter 10.11.2003, der betont, dass der von den Kritikern zitierte Entscheid eine Falschinformation betraf, die Bejahung einer Warnpflicht ein rechtspolitisches Novum mit weitreichenden Konsequenzen auch für andere Branchen gewesen wäre und schwierige Umsetzungsfragen aufgeworfen hätte, dass sich eine Übervorteilung mangels objektiver Bewertbarkeit von Erotikdienstleistungen kaum sinnvoll prüfen lasse und dass Kunden durch diverse Möglichkeiten zur Kontrolle ihrer Verbindungen hinreichend geschützt seien; Faivre, Der Telekommunikationsvertrag, 2005, S. 101 Fn. 363, der argumentiert, dass im Fernmelderecht keine Anhaltspunkte für eine derartige Verhaltenspflicht bestünden, während andere Pflichten sehr wohl direkt vom Gesetzgeber statuiert worden seien. Dieses Argument ist allerdings insofern überholt, als sich die Rechtslage im Regulierungsrecht mittlerweile anders darstellt (dazu sogleich im Text). Abgesehen davon bedürfte es näherer Begründung, warum eine erfolgte oder fehlende Regelung im Regulierungsrecht etwas über den Umfang vertragsrechtlicher Pflichten aussagen soll. 445 Die Rechtsgrundlage für das Schlichtungsverfahren ergibt sich aus Art. 12c Fernmeldegesetz (FMG, SR 784.10), i. V. m. Art. 43–47 der Verordnung über Fernmeldedienste (FDV, SR 787.101.1). 446 Diese Auffassung hat Ombudscom im Ergebnis wiederholt in mehreren Fällen vertreten, etwa Sidler, Datenroaming als Kostenfalle, Schlichtungsvorschlag Ombudscom, 29.3.2012; ders., Informations- und Aufklärungspflichten, Schlichtungsvorschlag Ombudscom, 4.8.2011; ders., Unerklärliche Kosten, Schlichtungsvorschlag Ombudscom, 9.12.2016 unter 3.1. 447 Im Téléphone-rose-Fall BGE 129 III 604 musste der Kunde nicht nur die enorme Rechnung von 15.955,95 CHF bezahlen, sondern außerdem für die Kosten des Verfahrens

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dürften erklären, warum in der Schweiz nach téléphone rose soweit ersichtlich abseits der besonders gelagerten448 Dialer-Problematik449 keine (veröffentlichten450) Rechnungsschock-Fälle mehr vor Gericht gegangen sind, in denen Warnpflichten hinsichtlich ungewöhnlich hoher Kosten im Streit standen. Einige Details sind dadurch weiter unklar. So lässt sich der Rechtsprechung nicht entnehmen, ob eine abstrakte Information über (Gesprächs-/ Surf-)Kosten zu Beginn der Verbindung ein unverzichtbarer Bestandteil der Mittel des Kunden zur Kostenbegrenzung im vorstehenden Sinne ist, die eine konkrete vertragliche Aufklärungspflicht ausschließen, oder ob auch eine schriftliche Information über (Gesprächs-/Surf-)Kosten bei Vertragsschluss genügt. Zumindest im Roaming-Bereich haben Mobilfunkverträge schweizerischer Anbieter – spiegelbildlich zu entsprechender Regulierung – allerdings bereits vor einigen Jahren Klauseln enthalten, die den Kunden darauf hinweisen, Benachrichtigungen bei Benutzung eines ausländischen Mobilfunknetzes vor dem Bundesgericht von 2.000 CHF und für eine Parteientschädigung der Gegenseite von 2.500 CHF aufkommen (Schöbi, Jusletter 6.10.2003, Rn. 5), zu der noch erhebliche eigene Verfahrenskosten hinzugekommen sein dürften. 448 Dazu bereits oben 2. Kapitel § 5 I. S. 14. 449 Dazu einerseits AG Willisau LU, Urt. v. 12.6.2004, Jusletter 8.11.2004 (Anspruch bejaht: Der Kunde müsse beweisen, dass er für die aus den Verbindungsnachweisen ersichtlichen Mehrwertdienst-Verbindungen nicht verantwortlich sei, habe das aber nicht einmal versucht. Zudem sei der Kunde laut Vertrag auch für die Benutzung seines Anschlusses durch Dritte verantwortlich. Der Computer- bzw. Internetnutzer habe allein dafür Sorge zu tragen, dass sich Dialerprogramme nicht installieren, bzw. habe seinen Computer so zu konfigurieren, dass eine selbständige Einwahl nicht möglich ist. Der Netzbetreiber sei nicht dafür verantwortlich zu machen, wenn es – etwa durch einen Webdialer – zu unbeabsichtigten Einwahlen kommt, weil er hierauf keinen Einfluss habe.); andererseits Kreisgericht Werdenberg-Sargans, Urt. v. 14.6.2004, Jusletter 8.11.2004 (Anspruch der mit dem Forderungseinzug befassten Telefongesellschaft verneint: Das Gericht verneinte im speziellen Fall schon die Aktivlegitimation der Klägerin, da der geschlossene Vertrag im Anschluss an eine interne Umstrukturierung der Anbieterin nicht wirksam auf den klagenden Rechtsträger übergeleitet worden sei. Zudem habe sich der Dialer höchstwahrscheinlich heimlich installiert, so dass kein Vertrag zustande gekommen sei. Mangels vertraglicher Regelung nahm das Gericht insoweit eine Vertragsergänzung zwecks Risikoverteilung vor. Da die Anbieterin den Zugang zu missbrauchsanfälligen und daher risikoreichen Mehrwertdiensten ermöglicht habe, Vorteile aus ihrer entgeltlichen Dienstleistung ziehe und der Kunde den Missbrauch im konkreten Fall nicht zu vertreten hatte, wies das Gericht dem Telekom-Anbieter das Risiko zu.). Zu beiden Urteilen siehe die Anmerkung von Sidler, Jusletter 8.11.2004, der dem Amtsgericht Willisau zustimmt und die Auffassung des Kreisgerichts Werdenberg-Sargans für nicht stichhaltig erachtet, sowie die Replik von Schlegel / Lendfers, Jusletter 22.11.2004; allg. eingehend zur Dailer-Problematik im schweizerischen Recht Arter, recht 2004, 41 ff. 450 Anders als deutsche unterinstanzliche Gerichte pflegen viele Schweizer Kantone eine ausgesprochen restriktive Veröffentlichungspraxis, Ogorek, in: Bucher / Bohny (Hrsg.), Norm und Wirkung, 2005, S. 573, 583 Fn. 26.

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deaktivieren und reaktivieren zu können.451 AGB sind nach schweizerischem Recht wie individuell verfasste Verträge auszulegen,452 wobei im Zweifelsfall die Unklarheitenregel in dubio contra stipulatorem gilt, also die für den Urheber ungünstigere Auslegung maßgebend ist.453 Vor diesem Hintergrund kann man Klauseln der genannten Art über einen schlichten Hinweis hinaus als Vereinbarung eines vertraglichen Bestimmungsrechts des Kunden auslegen, ob eine Benachrichtigung erfolgt.454 In ähnlicher Weise sind bei Inlandsnutzung seit vielen Jahren Warnmitteilungen bei Überschreiten gebührenrelevanter Schwellen anzutreffen.455 Die neuere Schlichtungspraxis von Ombudscom trägt dem Standard guter Branchenpraxis zudem dadurch Rechnung, dass sie – ungeachtet der Betonung der Eigenverantwortung des Kunden – unterbliebene Sperren bei Überschreiten hoher Beträge zum Anlass für eine gewisse Kostenteilung nimmt.456 2. Regulierungsrecht a) Regelung Nachdem das schweizerische Zivilrecht gemäß höchstrichterlicher Rechtsprechung den Telefonkunden grundsätzlich selbst in die Verantwortung nimmt, Dies ist dem Verfasser aus einer Gutachtenanfrage im Länderreferat Schweiz des MPI Hamburg bekannt. 452 Die in Deutschland mögliche einheitliche Auslegung von AGB ohne Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und der Vorstellungen der Parteien findet sich im schweizerischen Recht also nicht, BGE 135 III 1, 6 E 2; BGE 126 III 388, 391 E 9.d); Wiegand, in: Honsell / Wiegand / Vogt (Hrsg.), Basler Kommentar, 6. Aufl. 2015, Art. 18 OR Rn. 55; Kut, in: Furrer / Schnyder (Hrsg.), Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 3. Aufl. 2016, Art. 18 OR Rn. 20. Nach Art. 18 OR hat bei der Beurteilung eines Vertrages der übereinstimmende wirkliche Wille der Parteien Vorrang. In erster Linie ist also der wirkliche Wille und das Verständnis der Parteien bei Vertragsschluss zu erforschen, wobei auch Ort und Umstände des Vertragsschlusses, der Vertragszweck sowie die Interessenlage der Parteien heranzuziehen sind. 453 BGE 132 III 264, 267 E 2.2 m. w. N. zur Rechtsprechung; Kut, in: Furrer / Schnyder (Hrsg.), Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 3. Aufl. 2016, Art. 18 OR Rn. 17 m. w. N. zur Rechtsprechung; Huguenin / Arnold, Obligationenrecht, 2. Aufl. 2014, § 6 Rn. 629; Wiegand, in: Honsell / Wiegand / Vogt (Hrsg.), Basler Kommentar, 6. Aufl. 2015, Art. 18 OR Rn. 40. 454 In diesem Sinne auch Sidler, Kunden dürfen beim Wort nehmen – Schlichtungsvorschlag Ombudscom, 24.4.2014, der ohne formalrechtliche Begründung argumentiert, dass Kunden sich auf zugesagte Warnmitteilungen in Bezug auf Roamingkkosten verlassen können, und einen Erlass von Gebühren vorschlägt, die nach einer gleichwohl unterbliebenen Warnung entstanden sind. 455 Dies schließt Verträge für Kleinunternehmer ein, siehe Ombudscom, FlatrateGrenzen, Schlichtungsvorschlag, 13.8.2012. 456 Siehe Sidler, Mobile Datennutzung durch minderjährigen Sohn, Schlichtungsvorschlag Ombudscom, 22.6.2016. 451

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Rechnungsschocks zu vermeiden, hat der Gesetzgeber gewisse regulierungsrechtliche Schutzmaßnahmen ergriffen. Dabei hat sich die Schweiz, obgleich kein EU-Mitglied, sichtlich an dem Standard ihrer EU-Nachbarländer orientiert. Zunächst hat man, ähnlich wie in Deutschland, versucht, dem Missbrauch bei überteuerten Mehrwertdiensten457 Herr zu werden. So verlangt die Preisbekanntgabeverordnung (PBV)458 seit 1999459 bzw. weiteren Verschärfungen von 2004460 und 2014 bei verschiedenen Arten von Mehrwertdiensten über Telefon und Internet Preise zu Beginn der Dienstleistung in bestimmter, prominenter Weise bekanntzugeben und versagt andernfalls eine Vergütung (Art. 11a I, II, Art. 11abis II, Art. 11b I, II PBV). Wird eine bestimmte Grenze für fixe bzw. variable Gebühren überschritten, oder werden Dienstleistungen über Internet mit Vorbezahlung angeboten, muss der Kunde die Angebotsannahme ausdrücklich bestätigen (Art. 11a VI, Art. 11abis III PBV). Zudem ermächtigt das Fernmeldegesetz (FMG)461 seit 2007 den Bundesrat, Preisobergrenzen für Mehrwertdienste zu regeln (Art. 12b FMG). Ergänzend haben wichtige schweizerische Anbieter eine Branchenvereinbarung geschlossen, Inkasso-Dienste nur noch für solche Unternehmen zu erbringen, die eine Vereinbarung mit dem Telefonanbieter gegen Missbrauch bei Mehrwertdiensten unterzeichnet haben.462 In jüngerer Zeit hat die Schweiz außerdem im Wege des „autonomen Nachvollzugs“ Maßnahmen der EU zum Schutz vor hohen Roamingkosten adaptiert. Die Neuregelung ist Teil von Anpassungen der Verordnung über Fernmeldedienste (FDV)463 an Regelungen, welche die EU 2008 und 2009 getroffen hat.464 So bestimmt Art. 10a FDV seit 2010,465 dass Mobilfunkanbieterinnen ihren Kundinnen und Kunden beim Vertragsabschluss schriftlich und leicht verständlich mitteilen, wie und wo diese die aktuell geltenden Tarife sowie die Tarifoptionen für Preisreduktionen abfragen können. Beim Wechsel auf ein ausländisches Mobilfunknetz müssen sie ihre Kundinnen und Kunden ohne Verzögerung, unentgeltlich und leicht verständlich über die maximal anfallenden Kosten bestimmter internationaler Roamingdienste 457 Zum Auftreten dieser Problematik in der Schweiz siehe die Interpellation Nr. 01.3756 Pfister, Missbräuche im Bereich kommerzieller Telefonmehrwertdienste, 13.12.2001; Arter, recht 2004, 41, 43. 458 AS 1978 2081, SR 942.211. 459 Dazu BGE 129 III 604 ff. unter 4.2.2. 460 Zu den Neuerungen des Jahres 2004 im Vergleich zur vorherigen Rechtslage Arter, recht 2004, 41, 43–45. 461 AS 1997 2187, SR 784.10. 462 Arter, recht 2004, 41, 45. 463 AS 2007 945, aktuelle Fassung: Systematische Rechtssammlung (SR) 784.101.1. 464 Hettich / Keller / Rechsteiner u. a., Telekommunikationsrecht, Recht der audiovisuellen Medien, Stromversorgungsrecht, Entwicklungen 2009, 2010, S. 10. 465 Eingefügt wurde die Bestimmung mit der Änderung der Verordnung über Fernmeldedienste vom 4. November 2009, AS 2009, 5821.

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informieren. Die Kundinnen und Kunden können diese Benachrichtigung deaktivieren und reaktivieren. Im Übrigen sind aber keine Warnungen bei Überschreiten bestimmter Gebührenschwellen gefordert.466 Die Transparenzmaßnahmen sollen es den Schweizer Kunden erleichtern, Mobilfunkdienste im Ausland im vollen Bewusstsein über die finanziellen Folgen zu nutzen und vermeiden, dass Kunden von unerwartet hohen Rechnungen überrascht werden.467 Sie gelten auch für Altverträge.468 b) Rechtsfolgen Die Rechtsfolgen, wenn der Mobilfunkbetreiber gegen eine Hinweispflicht verstößt, sind getrennt nach der Rechtsquelle der Hinweispflicht zu beurteilen. Soweit man mit den ablehnenden Literaturstimmen zu téléphone rose entgegen dem Bundesgericht (auch) eine vertragliche Hinweispflicht bejaht, steht dem Kunden bei Nichterfüllung dieser Pflicht ein vertraglicher Schadensersatzanspruch aus Art. 97 I OR zu.469 466 Sidler, Zu späte Sperrung – Schlichtungsvorschlag Ombudscom, 19.1.2014 unter E.b.: Kein Anspruch auf weitergehende Warnhinweise, werden solche Hinweise freiwillig erteilt, müssen sie aber richtig sein. 467 Siehe die Begründung zu Art. 10a FDV in Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK, Änderung der Verordnungen zum Fernmeldegesetz, Erläuternder Bericht, 8.4.2009, S. 2; Bundesamt für Kommunikation BAKOM, Internationales Roaming, Juni 2010, S. 6; Hettich / Keller / Rechsteiner u. a., Telekommunikationsrecht, Recht der audiovisuellen Medien, Stromversorgungsrecht, Entwicklungen 2009, 2010, S. 10. 468 So jedenfalls wohl Hettich / Keller / Rechsteiner u. a., Telekommunikationsrecht, Recht der audiovisuellen Medien, Stromversorgungsrecht, Entwicklungen 2009, 2010, S. 10; dies., Telekommunikationsrecht, Recht der audiovisuellen Medien, Stromversorgungsrecht, Entwicklungen 2010, 2011, S. 9 f. dies., Telekommunikationsrecht, Recht der audiovisuellen Medien, Stromversorgungsrecht, Entwicklungen 2009, 2010, S. 9 f.; Bundesamt für Kommunikation BAKOM, Internationales Roaming, Juni 2010, S. 6; dass., Roaming: Tarife für das mobile Telefonieren in fremden Netzen, Februar 2010, S. 1. In der Sache dürfte das aus Art. 3 SchlT ZGH folgen. Diese Regelung geht auf die gemeinrechtliche Unterscheidung zwischen der Entstehung des Rechtsverhältnisses einerseits und ihrem Inhalt oder ihren Wirkungen andererseits zurück. Für die Entstehung gilt der Grundsatz der Nichtrückwirkung. Bezüglich des Inhalts, also der Wirkungen, ist wie folgt zu unterscheiden: Sind die Wirkungen durch Vertrag (Parteiwillkür) frei bestimmbar, so bleiben sie unter dem neuen Recht unverändert bestehen, da sie zu wohlerworbenen Rechten geführt haben. Sind sie dagegen unabhängig von dem Willen der Beteiligten durch die objektive Rechtsordnung selbst festgesetzt, dann folgen sie dem Wandel der Gesetzgebung. Zum Ganzen Tuor / Schnyder / Schmid / Rumo-Jungo, in: Das Schweizerische Zivilgesetzbuch, 14. Aufl. 2015, § 120 IIIc, Rn. 13 m. w. N.; siehe beispielhaft BGE 117 II 359, S. 363 f. E 4a (zur Scheidungsrente: Höhe nach neuem Recht, selbst wenn Scheidung nach altem Recht erfolgt). 469 Diese Vorschrift erfasst auch die Nichterfüllung von Nebenpflichten, Huguenin /  Arnold, Obligationenrecht, 2. Aufl. 2014, § 8 Rn. 806; vgl. etwa zur Verletzung der Sorg-

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Soweit man mit der herrschenden Ansicht (nur) eine gesetzliche Hinweispflicht aus Art. 10a II, III FDV annimmt, kann sich eine Haftung aus Art. 41 I OR ergeben. Die Vorschrift regelt eine Ersatzpflicht desjenigen, der einem anderen widerrechtlich absichtlich oder fahrlässig Schaden zufügt. Bei reinen Vermögensschäden (ohne Eingriff in ein absolutes Recht) kann sich eine Haftung daraus ergeben, dass das schädigende Verhalten gegen eine Schutznorm verstößt.470 Widerrechtlich ist insoweit nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung der Verstoß gegen eine Norm des geschriebenen oder ungeschriebenen Rechts, deren Zweck darin besteht, die Geschädigten vor Schaden von der Art des eingetretenen zu schützen (Schutzzwecklehre).471 Ob einer Vorschrift Schutznormcharakter zukommt, ist mittels teleologischer Auslegung zu ermitteln.472 Die schweizerische Lehre umschreibt die Voraussetzungen für eine Schutznorm damit außerordentlich weit und vage.473 Die Literatur diskutiert in neuerer Zeit, inwieweit die in Deutschland herausgearbeiteten Kriterien zur Bestimmung des Schutznormcharakters auch für das schweizerische Recht angewandt werden sollten.474 Dazu, ob Art. 10a FDV als Schutznorm im Sinne von Art. 41 OR zu qualifizieren ist, haben bislang soweit ersichtlich weder die schweizerische Rechtsprechung noch die Literatur Stellung genommen. Dafür spricht der Zweck der Vorschrift, Kunden zu ermöglichen, unerwartet hohe Rechnungen infolge von Roaming zu vermeiden und sie zu diesem Zweck besser zu informieren. Gegen einen Schutznormcharakter ließe sich anführen, dass das schweizerische Fernmeldegesetz (FMG),475 von dem die FDV abgeleitet ist, bereits umfassende Sanktions- und Durchsetzungsmechanismen vorsieht.476 In der faltspflicht des Unternehmers beim Werkvertrag Zindel / Pulver, in: Honsell / Wiegand / Vogt (Hrsg.), Basler Kommentar, 6. Aufl. 2015, Art. 346 OR Rn. 46. Zur Anwendung im Kontext eines Mobilfunkvertrages bei der Verletzung von Geheimhaltungs-, Aufklärungs- und Auskunftspflichten knapp feststellend Faivre, Der Telekommunikationsvertrag, 2005, S. 142. 470 Huguenin / Arnold, Obligationenrecht, 2. Aufl. 2014, § 24 Rn. 1950; Müller-Chen, in: Furrer / Schnyder (Hrsg.), Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 3. Aufl. 2016, Art. 41 OR Rn. 45. 471 BGE 126 III 521 E 2a; Huguenin / Arnold, Obligationenrecht, 2. Aufl. 2014, § 24 Rn. 1951 m. w. N.; Müller-Chen, in: Furrer / Schnyder (Hrsg.), Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 3. Aufl. 2016, Art. 41 OR Rn. 45 m. w. N. 472 Huguenin / Arnold, Obligationenrecht, 2. Aufl. 2014, § 24 Rn. 1952. 473 So ausdrücklich Roberto / Rickenbach, ZSR 131 (2012), 185, 198. 474 Eingehend dazu dies., ZSR 131 (2012), 185–200. 475 AS 1997 2187, Systematische Rechtssammlung (SR) 784.10 476 So ist der vorsätzliche oder fahrlässige Verstoß gegen eine Bestimmung des Fernmelderechts gem. Art. 53 FMG mit Buße bis zu 5000 Franken bewehrt. Des Weiteren kann das Bundesamt, wenn es eine Rechtsverletzung feststellt, die Abstellung, konkrete Abstellungsmaßnahmen sowie die Ablieferung der bei Rechtsverletzung erzielten Einnahmen an den Bund anordnen, Art. 58 II lit. a. und b. FMG. Schließlich kann ein Unternehmen gem. Art. 60 FMG dann, wenn es gegen anwendbares Recht verstößt, mit einem Betrag von bis

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Schweiz wird in Anlehnung an die Diskussion in Deutschland vorgebracht, dass, wenn ein Gesetz mit den Mitteln seines Rechtsgebietes schützt, etwa eine verwaltungsrechtliche Norm mit den Mitteln des Verwaltungsrechts, ein zusätzlicher privatrechtlicher Schadensersatzanspruch nicht einsichtig sei. Anders soll es dieser Ansicht zufolge liegen, wenn die Norm „dem Einzelnen selbst die Rechtsmacht in die Hand [gibt], diesen Bereich unmittelbar mit den Mitteln des Privatrechts gegen den Störer zu schützen“.477 Bejaht man einen Verstoß gegen Art. 10a FDV sowie den Schutznormcharakter dieser Vorschrift, ist weiterhin die Kausalität für den eingetretenen Schaden zu prüfen. Dabei kann die hypothetische Kausalität (wäre der Schaden vermieden worden wenn die Hinweispflicht erfüllt worden wäre?) bei einem Aufklärungspflichtverstoß im schweizerischen Recht ähnlich wie im deutschen Recht mit der allgemeinen Lebenserfahrung begründet werden.478 IV. USA 1. Rechtlicher Rahmen In den USA haben Mobiltelefoniedienste einen ähnlich rasanten Siegeszug angetreten wie in Deutschland und Europa.479 Damit einhergehend hat die Problematik von Rechnungsschocks stark zugenommen. Um den Umgang mit ihr zu verstehen, ist es hilfreich, sich kurz den US-amerikanischen Regulierungsrahmen zu vergegenwärtigen, der unter einer gewissen Zersplitterung leidet. So hat die Federal Communications Commission (FCC) die ausschließliche Kompetenz, Tarife und Marktzugang von Mobilfunkanbietern zu regulieren, während die Bundesstaaten andere Bedingungen von Mobilfunkdienstleistungen regulieren dürfen.480 Die FCC ist allerdings wiederum gehalten dafür zu zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren durchschnittlich in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet werden. 477 Roberto / Rickenbach, ZSR 131 (2012), 185, 190. 478 Siehe Steininger / Crone, SZW/RSDA 2009, 140, 142. Vgl. dazu auch im Kontext von Art. 10 FDV die Ausführungen im Fallbericht Sidler, Folgenschwerer Irrtum, Schlichtungsvorschlag Ombudscom, 19.11.2010. 479 Eindrucksvoll United States Government Accountability Office (GAO), FCC Needs to Improve Oversight of Wireless Phone Service, GAO-10-34, November 2009, S. 5: Während Ende 2005 54 % der erwachsenen US-Amerikaner in Haushalten lebten, die Mobiltelefonie nutzten, waren es Ende 2008 bereits 82 %. Zugleich nahm der individuelle Umfang der Nutzung von Mobiltelefonen für Sprachkommunikation und vor allem für andere Zwecke stark zu. So stiegen von 2004 bis 2007 die von einem Abonnenten im Durchschnitt pro Monat genutzten Minuten von 584 auf 769 und die Zahl der Textmeldungen um mehr als das zehnfache. 480 47 U.S.C. § 332(c)(3)(A), dazu dass., FCC Needs to Improve Oversight of Wireless Phone Service, GAO-10-34, November 2009, S. 6 mit Fn. 14; ferner die Zusammenstellung der verschiedenen Regulierungskompetenzen auf bundes- und einzelstaatlicher Ebene bei Bar-Gill / Stone, 23 Harv. J. Law & Technology 49, 105 f. (2009).

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sorgen, dass Mobilfunkanbieter ihre Dienste auf zumutbare Anfragen ohne unbillige Behinderung anbieten und sich an Verfahren für die Bearbeitung von Beschwerden an die FCC halten.481 Insoweit sehen die FCC rules zwei Beschwerdeverfahren vor: ein gebührenpflichtiges formelles Verfahren, das gerichtsähnlich ausgestaltet ist, sowie ein kostenloses informelles Verfahren, bei dem die FCC Kundenbeschwerden prüft, an die Anbieter weiterleitet und ggf. auf eine aus ihrer Sicht hinreichende Reaktion hinwirkt.482 Während Verbraucher das formelle Beschwerdeverfahren kaum nutzen, machen sie von der informellen Variante regen Gebrauch.483 Dabei ist zu bedenken, dass Telefonverträge in den USA üblicherweise Schiedsvereinbarungen enthalten, die auch Sammelklagen ausschließen. Diese kontroverse Praxis stieß zwar zunächst auf Wiederstand mehrerer bundesstaatlicher Gerichte,484 der Supreme Court billigte sie aber 2011 in einer knappen Fünf-zu-vier-Entscheidung bezogen auf eine als relativ kundenfreundlich geltende Schiedsklausel.485 2. Empirische Evidenz zur Rechnungsschock-Problematik Die regulatorische Zersplitterung im Verein mit der Beschränkung der Kunden auf informelle Beschwerden und Schiedsverfahren dürfte erklären, warum die Rechnungsschock-Problematik in den USA erst vergleichsweise spät angegangen wurde. Den wohl entscheidenden Impuls lieferte im Frühjahr 2009 ein Bericht des Government Accountability Office (GAO), der von der FCC eine verbesserte Aufsicht über die Mobilfunkdienste forderte.486 Das GAO berichtete unter anderem von einer Erhebung aus dem Vorjahr, der 47 U.S.C. § § 201, 202, und 208. Diese regulatorische Aufteilung zwischen FCC und einzelstaatlichen Gesetzgebern birgt viele Unklarheiten und hat bereits zu zahlreichen Gerichtsverfahren geführt, siehe United States Government Accountability Office (GAO), FCC Needs to Improve Oversight of Wireless Phone Service, GAO-10-34, November 2009, S. 54–58. 482 Dass., FCC Needs to Improve Oversight of Wireless Phone Service, GAO-10-34, November 2009, S. 7 sowie näher S. 16 f. 483 Von 2004 bis 2008 erhielt die FCC über 125.000 informelle Beschwerden von Verbrauchern allein im Zusammenhang mit Mobilfunkdienstleistungen. Dazu traten allein 2008 42.000 Beschwerden über unerwünschtes Telemarketing. Das formelle Beschwerdeverfahren nutzen typischerweise nur Unternehmen. Zu beidem dass., FCC Needs to Improve Oversight of Wireless Phone Service, GAO-10-34, November 2009, S. 12, 15 Fn. 31. 484 Dazu AT & T Mobility LLC v. Vincent and Liza Concepcion, Brief for Respondents, No. 09-893, Sept. 29, 2010, S. 1–2 i. V. m. mit den umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung im Appendix; mit Blick auf Kalifornien auch AT & T Mobility LLC v. Conception, 131 S. Ct. 1740, 1746. 485 AT & T Mobility LLC v. Conception, 131 S. Ct. 1740 = 563 U.S. 333. 486 United States Government Accountability Office (GAO), FCC Needs to Improve Oversight of Wireless Phone Service, GAO-10-34, November 2009. Mit Blick auf die Rechnungsschock-Problematik waren zuvor ebenso wie danach auch Verbraucherschutzorganisationen aktiv. 481

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zufolge immerhin 12 % der Kunden mit ihrer Abrechnung und 14 % mit den Vertragsbedingungen unzufrieden waren.487 Überdies hatten zwischen 2008 und Frühjahr 2009 circa 34 % der Mobilfunkkunden unerwartete Gebühren erhalten und 31 % zumindest gelegentlich Schwierigkeiten, ihre Rechnung zu verstehen. Dementsprechend bezog sich fast ein Drittel der Kundendienstanfragen im genannten Zeitraum auf Probleme bei der Abrechnung. 488 Parallel dazu betraf die mit Abstand größte Gruppe der informellen FCC-Beschwerden zwischen 2004 und 2008, nominell ca. 55.000 Stück, die Themen Abrechnung und Tarife.489 Dabei stellte das GAO der FCC kein gutes Zeugnis bei der Behandlung der Beschwerden aus.490 Die FCC bemühte sich im Anschluss, ihre bisherige light touch-Regulierung zu intensivieren und ihre rechtspolitische Durchsetzungskraft gegenüber der Industrie zu stärken. Dazu legte sie im Mai 2010 eine Umfragestudie über „Americans’ Perspectives on early termination fees and bill shock“ vor.491 Ihr zufolge hatten 17 % der Amerikaner mit einem eigenen Mobiltelefon, also rund jeder sechste mobile Nutzer oder 30 Millionen Menschen angegeben, dass ihre Telefonrechnung bereits einmal plötzlich von einem Monat auf den anderen angestiegen war.492 Zwar fiel der Anstieg bei gut der Hälfte (51 %) mit bis zu 49 US-Dollar ($) moderat aus, bei immerhin 23 % belief er sich allerdings auf über 100 $.493 487 Dass., FCC Needs to Improve Oversight of Wireless Phone Service, GAO-10-34, November 2009, S. 9–11. Umgekehrt waren zwar 84 % der Kunden mit der Mobilfunkqualität und immerhin zwischen 70 und 76 % auch mit Abrechnung, Vertragsbedingungen, Erklärungen und Kundenservice ihres Mobilfunkanbieters zufrieden. Zu der Erhebung siehe auch bereits dass., Preliminary Observations about Wireless Phone Service and FCC’s Efforts, GAO-09-800T, June 17, 2009. 488 United States Government Accountability Office (GAO), FCC Needs to Improve Oversight of Wireless Phone Service, GAO-10-34, November 2009, S. 11. 489 Dass., FCC Needs to Improve Oversight of Wireless Phone Service, GAO-10-34, November 2009, S. 12–13. Eine Umfrage bei state utility commissions bestätigte diesen Befund, a. a. O. S. 13 f. 490 Die Behörde analysiere das Beschwerdeaufkommen unzureichend auf Missstände und könne nicht belegen, inwieweit sie ein Ergebnis erreicht, dass den Kunden zufrieden stellt sowie Ziele und Aufgaben der FCC erfüllt (dass., FCC Needs to Improve Oversight of Wireless Phone Service, GAO-10-34, November 2009, S. 15, 19–21). Weiterhin vermisste das GAO Vollzugsmaßnahmen, um die FCC rules über klare und nicht irreführende Abrechnungen durchzusetzen.490 Die Tätigkeit der state utility commissions konnte diese Lücken nicht füllen (a. a. O. S. 26 ff.). 491 Horrigan / Satterwhite, Americans’ perspectives on early termination fees and bill shock, 2010. 492 Dies., Americans’ perspectives on early termination fees and bill shock, 2010, S. 1 f. Betroffen waren alle Nutzergruppen, mit leicht höherer Häufigkeit bei Nutzern im Alter von 18–29 und 30–49 (20 % bzw. 21 %), während ältere Nutzer vergleichsweise selten betroffen waren (50–64 Jahre: 15 %; 65+: 7 %).

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Hierauf folgte im Oktober 2010 ein FCC White Paper on Bill Shock,494 in dem die Behörde Rechnungsschock-Beschwerden aus dem ersten Halbjahr 2010 analysierte, insgesamt 764 Stück. Gut zwei Drittel betrafen mindestens 100 $, ein Fünftel über 1000 $ und acht mindestens 10.000 $, mit einem Maximalbetrag von 68.505 $. Verantwortlich hierfür waren insbesondere Roaminggebühren, Gebühren bei Überschreitung eines vertraglich inkludierten Volumens, unerwartete Gebühren bei WiFi-Nutzung im Flugmodus sowie unerwartete Kosten oder Gebühren etwa im Zusammenhang mit dem Kauf eines neuen Smartphones oder Sonderangeboten.495 3. Behördlich moderierte Selbstregulierung Parallel zu der Umfragestudie und dem White Paper on Bill Shock begann die FCC, Gegenmaßnahmen in den Blick zu nehmen. Inspirieren ließ sie sich von der Regulierung in der EU. In den USA stellten erst einige Anbieter automatische Benachrichtigungen bei Überschreiten von Volumengrenzen oder dem Auslösen von Roaming-Gebühren bereit.496 Konkret forderte die FCC zusammen mit Verbrauchervereinigungen von den Anbietern (1) Konsumenten kostenlos automatisch bei Erreichen des Inklusiv-Nutzungsvolumens und (2) vor dem Anfallen von Roaminggebühren zu benachrichtigen sowie (3) Instrumente klar offenzulegen, mit denen Verbraucher Nutzungsgrenzen festlegen und ihre Gebühren überwachen können. 497 Die Industrie wehrte sich zunächst,498 gab aber schnell nach, als sich die FCC anschickte, ihre Forderungen notfalls mit einer „bill shock rule“ zu erzwingen.499 Vor diesem Hintergrund einigten sich die führenden US-Mobilfunkunternehmen im Herbst 2011 darauf, die geforderten Maßnahmen in den freiwilligen Verhaltenskodex des Branchenverbandes CTIA – The Wireless Association aufzunehmen und bis zum 17.4.2013 umzusetzen.500 Deren Pressemitteilung konnte sogar mit einem eigenen Statement des damaligen USDies., Americans’ perspectives on early termination fees and bill shock, 2010, S. 2 f. Federal Communications Commission Consumer and Governmental Affairs Bureau (FCC Consumer and Governmental Affairs Bureau), White Paper on Bill Shock, October 13, 2010. 495 Dass., White Paper on Bill Shock, October 13, 2010, S. 2–3; siehe zudem die graphische Gegenüberstellung mit den Ergebnissen der vorangegangenen Umfrage a. a. O. S. 4. 496 Dass., White Paper on Bill Shock, October 13, 2010, S. 5. 497 Dazu Kang, The Washington Post October 4, 2011; Genachowski, FCC Chairman Julius Genachowski, Bill Shock Event, The Brookings Institution, Washington, DC, October 17, 2011, S. 2. 498 Siehe Gurin / Horrigan, Denying Bill Shock by Distorting the Facts, July 15, 2010

(geprüft am 27.11.2017). 499 Genachowski, Statement of Chairman Julius Genachowski, 2012 (geprüft am 27.11.2017). 493 494

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Präsidenten Barack Obama aufwarten.501 Die FCC stoppte im Gegenzug ihren Rechtssetzungsprozess („trust, but verify“).502 Nach fristgerechter Erfüllung der Selbstverpflichtung soll laut FCC die ganz große Mehrheit der amerikanischen Konsumenten abgedeckt sein.503 Forderungen nach zusätzlichen Schritten gegen Rechnungsschocks finden sich dessen ungeachtet weiterhin.504 V. Fazit Die rechtsvergleichende Umschau bestärkt insgesamt die hier geäußerte Kritik: Sie zeigt, dass keine der betrachteten Rechtsordnungen nach dem Vorbild der deutschen von Telekommunikationsanbietern zivilrechtlich verlangt, laufend zu überwachen, inwieweit ein Kunde die vertragliche Hauptleistung in Anspruch nimmt, das Volumen auf ein atypisches, „selbstschädigendes“ Ausmaß zu kontrollieren und bei Bedarf eine entsprechende Benachrichtigung zu versenden. Eine zivilrechtliche Preiskontrolle hat man in Österreich systematisch stimmig mit der laesio enormis anstatt mittelbar über Informationspflichten vorgenommen und laufende Überwachungspflichten nur bezogen auf einen Missbrauch durch Dritte bejaht, den der Kunde technisch weder erkennen noch abwenden kann. Darüber hinausgehende verbraucherschützende Regelungen sind in den betrachteten Rechtsordnungen regulierungsrechtlich umgesetzt worden. Dabei besteht in den USA die Besonderheit, dass die Telekommunikationsanbieter behördlich angedrohter Regulierung durch eine Selbstregulierung qua Verhaltenskodex zuvorgekommen sind.

500 Ders., Statement of Chairman Julius Genachowski, 2012 (geprüft am 27.11.2017); Ziffer 11 des CTIA – The Wireless Association, Consumer Code for Wireless Service (geprüft am 27.11.2017). 501 Wiedergegeben bei Grubb / Osborne, Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234; Grubb, Rev. Ec. Stud. 82 (2015), 219, 220 f.; ders., Int. J. Ind. Organ. 30 (2012), 287, 289. 502 Genachowski, FCC Chairman Julius Genachowski, Bill Shock Event, The Brookings Institution, Washington, DC, October 17, 2011, S. 2. Hierzu richtete sie unter anderem eine neue Webseite zum Thema bill shock ein, Federal Communications Commission (FCC), Statement of Commissioner Mignon L. Clyburn Regarding Launch of FCC’s new “Bill Shock” Website, April 20, 2012. 503 Federal Communications Commission (FCC), FCC Marks Milestone in Effort to Eliminate ‘Bill Shock’, April 18, 2013: 97 %; McDowell, Statement of Commissioner M. McDowell, Wireless Carrier Usage Alerts to Prevent Bill Shock, October 17, 2012 (geprüft am 28.11.2017): 96 %. 504 Siehe jüngst den offenen Brief eines Zusammenschlusses mehrerer Organisationen an FCC Commissioner Mignon Clyburn, Leadership Conference on Civil and Human Rights, Re: Solutions 2020 Call to Action Plan, January 11, 2017 .

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4. Kapitel: Rechtsdogmatik, Rechtsvergleichung und Rechtsökonomik

§ 5 Rechtsökonomische Überprüfung Informationsnebenpflichten betrachtet die Literatur durchaus häufig rechtsökonomisch. Dabei konzentriert sie sich herkömmlich aber auf Pflichten im Vorfeld eines Vertragsschlusses, insbesondere mit Blick auf Geschäfte, die einen einmaligen Güteraustausch anstreben.505 Einschlägige Untersuchungen beleuchten namentlich das sog. Informationsdilemma zwischen Innovationsanreizen und effizienter Ressourcenverteilung,506 Aufklärungspflichten als Maßnahme, um Marktversagen insbesondere in Form adverser Selektion (sog. Zitronenproblem) zu verhindern,507 sowie eine informationsökonomische Güterklassifizierung nach Such-, Erfahrungs- und Vertrauensgütern als Hilfe bei der Ausformung von Informationspflichten.508 Die spezielle Konstellation des Rechnungsschocks hat demgegenüber erst in jüngerer Zeit Aufmerksamkeit erhalten. Die führenden ökonomischen Beiträge knüpfen an die Regulierungsbemühungen in den USA an.509 Dementsprechend legen sie die – im Detail unscharfe, aber vergleichsweise weite – Begrifflichkeit der US-amerikanischen Behörden (FCC, GAO) zugrunde, die unter das Schlagwort bill shock jeden aus Sicht des Betroffenen unerwar505 Damit unmittelbar verknüpft ist die spiegelbildliche Frage, ob Verträge, die ohne Offenlegung der in Rede stehenden Information geschlossen wurden, rechtlich durchsetzbar sein sollten, siehe unter diesem Gesichtspunkt Cooter / Ulen, Law & economics, 6. Aufl. 2012, S. 356–359. 506 Hierbei geht es um die Frage, wie man Anreize ausgestalten sollte, um einerseits die Normadressaten zu motivieren, volkswirtschaftlich erwünschtes Wissen zu erwerben, und andererseits darauf hinzuwirken, dass die verfügbaren Informationen zu einer effizienten Ressourcenverteilung beitragen. Das erste Ziel spricht gegen eine Verpflichtung, private wertvolle Informationen zu teilen, das zweite spricht hingegen tendenziell für eine Pflicht, die Gegenseite über bestimmte Umstände aufzuklären. Das „Informationsdilemma“ ergibt sich, wenn und soweit diese Aspekte gegenläufig sind. Siehe dazu Rehm, Aufklärungspflichten im Vertragsrecht, 2003, S. 44–47, sowie mit Blick auf Aufklärungspflichten S. 60 ff., 75 ff.; ders., JZ 2007, 786 ff.; näher differenzierend Shavell, Foundations of economic analysis of law, 2004, S. 331–335; grundlegend zum Aspekt effizienter Anreize zur Informationsproduktion Kronman, 7 J. Legal Stud. 1, 9 ff. (1978) 507 Dazu siehe nur Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 121– 123; Busch, Informationspflichten im Wettbewerbs- und Vertragsrecht, 2008, 42 f. (prägnant S. 43: „Das geschilderte „Zitronen-Problem“ ist innerhalb der vertragsrechtlichen Literatur mittlerweile ein fester Bestandteil des argumentativen Arsenals bei der ökonomischen Begründung von Informationspflichten.“). 508 Dazu Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 118–120; Busch, Informationspflichten im Wettbewerbs- und Vertragsrecht, 2008, S. 44–46. 509 Siehe Grubb, Am. Ec. Rev. 99 (2009), 1770 ff.; ders., Int. J. Ind. Organ. 30 (2012), 287; Lunn, J. Consum. Aff. 47 (2013), 167; Jiang, An Empirical Modell of the Effect of “Bill Shock” Regulation in Mobile Telecommunication Markets, February 2014; Grubb /  Osborne, Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234; Grubb, Rev. Ind. Organ. 47 (2015), 303; ders., Rev. Ec. Stud. 82 (2015), 219; ders., J. Ec. Persp. 29 (2015), 9, 9.

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teten Gebührenanstieg fassen, sobald er eine gewisse Bagatellgrenze überschreitet. Die FCC setzt diese Schwelle, wie ihre Erhebungen zeigen, wohl zwischen 50 und 100 US-Dollar an. Das trifft sich mit den Vorkehrungen auf Unionsebene,510 liegt aber deutlich unter den Summen, welche typischerweise deutsche Gerichte beschäftigt haben. Zudem geht die neue ökonomische Forschung zu Rechnungsschocks im Telekommunikationssektor von bestimmten zwei- und dreigliedrigen Tarifstrukturen (two- bzw. three-part tariffs) aus: Zweigliedrige Tarife setzten sich aus einer periodischen Grundgebühr sowie einem nutzungsabhängigen Preis für Telefonie (und/oder Daten) zusammen; dreigliedrige Tarife bestehen aus einer Grundgebühr, einem inkludierten („Frei-“)Volumen für Telefonie (und/oder Daten) sowie Preisen für darüber hinaus genutzte Einheiten, die jeweils einzeln berechnet werden (je Minute, Dateneinheit). In Deutschland sind solche dreigliedrigen Tarife im Bereich der Telefonie weiterhin häufig. Ein Europa waren sie jedenfalls 2006 auch für den Internetzugang verbreitet,511 während heutzutage in Deutschland bei Internettarifen nach Erreichen eines Inklusivvolumens wohl üblicherweise die Geschwindigkeit gedrosselt wird, anstatt weitere Daten verbrauchsabhängig abzurechnen. Letzteres findet sich in jüngerer Zeit noch bei Roamingtarifen. Aus diesem – einerseits eher allgemeinen, andererseits recht speziellen – Fundus lässt sich schöpfen, um die Rechnungsschock-Rechtsprechung rechtsökonomischen Kontrollüberlegungen zu unterziehen. Dabei ist danach zu differenzieren, wann im Verhältnis zwischen dem Telekommunikationsanbieter und dem Kunden die maßgebliche Ursache für einen Rechnungsschock gesetzt wird. I.

Auslöser vor/bei Vertragsschluss

Das deutsche und österreichische Fallmaterial verdeutlicht, dass die konkrete Ursache eines späteren Rechnungsschocks schon bei Vertragsbeginn gesetzt werden kann, nämlich dann, wenn der Telekommunikationsdiensteanbieter den Kunden nicht über bekannte spezifische „Nutzungsfallen“ im vereinbarten Leistungspaket aufklärt. So liegt es etwa, wenn die Komponenten des Leistungspakets nicht zueinander passen, weil der vereinbarte Tarif nur ein relativ geringes Inklusivvolumen enthält, während sich das vertraglich zur Verfügung gestellte Gerät selbsttätig ins Internet einwählt oder automatisch ein großes Update startet. Eine weitere Schlinge kann sich aus dem vereinbarten Tarif (und ggf. Gerät) im Zusammenspiel mit einem grenznahen Wohnort des Kunden ergeben. Einige dieser Fälle haben die Gerichte demenentsprechend mit einer vorvertraglichen statt einer vertraglichen Informationsnebenpflicht gelöst. 510 Siehe Art. 15 III UA 3, 4 VO 531/2012: Vorgeschriebene Schwelle für Warnmitteilungen bzw. Obergrenzen bei 50 €. 511 Lambrecht / Skiera, J. Marketing Research 43 (2006), 212, 214 f.

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4. Kapitel: Rechtsdogmatik, Rechtsvergleichung und Rechtsökonomik

In der (rechts-)ökonomischen Literatur zu Rechnungsschocks ebenso wie in der umfangreichen (rechts-)ökonomischen Literatur zum Verbraucherverhalten auf Telekommunikationsmärkten finden derartige Konstellationen kaum Beachtung. Die allgemeine ökonomische Analyse von Informationspflichten spricht aber dafür, den Kunden hier von der Haftung und damit dem Rechnungsschock zu entlasten: Stellt der Telefondienstanbieter dem Kunden ein Gerät und/oder – bei grenznahmen Wohnort – einen Tarif mit bekannten spezifischen „Nutzungsfallen“ zur Verfügung, ohne den Kunden darüber zu informieren, führt der Vertrag zu einer ineffizienten Trennung von Information und Kontrolle. Um eine solche zu vermeiden, sollten Informationen über den sicheren Gebrauch aus rechtsökonomischer Perspektive offenzulegen sein. 512 Dogmatisch stützen dieses Ergebnis in der Konstellation des vom Anbieter gelieferten Gerätes wie gezeigt miet- bzw. kaufrechtliche Wertungen. II. Auslöser nach Vertragsschluss In vielen anderen „klassischen“ Rechnungsschock-Konstellationen treten die auslösenden Umstände erst nach Vertragsschluss ein, etwa wenn der Kunde auf eigene Faust ein Smartphone kauft oder bei einer Auslandsreise Roaming nutzt. Die jüngere ökonomische Forschung im Zuge der (Selbst-)Regulierung von Bill-Shocks widmet sich in der Sache allein dieser Gestaltung, ohne im Einzelnen nach Auslösern zu differenzieren. Rechnungsschocks werden dabei mit unterschiedlichen Ansätzen erklärt, die teils grundverschieden, teils eng verwandt sind. Sie lassen sich grob danach klassifizieren, ob sie den Konsumenten rationales Verhalten – wenngleich unter widrigen Bedingungen – zuschreiben, oder ob sie Rechnungsschocks auf verhaltenspsychologische Entscheidungsfehler der Konsumenten zurückführen. Hypothesen der einen oder anderen Art schließen sich nicht gegenseitig aus. 513 Da es um eine Betrachtung im Aggregat geht, unterscheiden sie sich vielmehr vorrangig danach, wo sie den Schwerpunkt des Konsumentenverhaltens bei der Nutzung von Telekommunikationsleistungen bzw. konkret bei dem Auftreten von Rechnungsschocks verorten. 1. Rationaltheoretisches Modell Rationaltheoretische Modelle gehen davon aus, dass die Konsumenten im Grundsatz verständig handeln. Insbesondere aufgrund des rasanten Fortschritts bei erschwinglichen Telekommunikationsangeboten für die breite Cooter / Ulen, Law & economics, 6. Aufl. 2012, S. 360. Ausdrücklich Bar-Gill / Stone, 9 J. Emp. Legal Stud. 430, 433 (2012): „Based on these findings, we conjecture that some consumers are systematic overestimators, as we assume, some consumers are systematic underestimators, again as we assume, some consumers are overconfident, and some consumers form rational predictions about their usage (even if this last group is not the reason for the three-part tariff structure).“ 512 513

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Bevölkerung kann es aber auch rationalen Verbrauchern (zunächst) an Kenntnissen und Erfahrung mit Blick auf Mobilfunk oder mobilem Internet fehlen. Solchen Konsumenten stünde es zwar theoretisch offen, sich zu informieren, um ihr Nutzungsvolumen von Beginn an hinreichend abzuschätzen oder laufend zu kontrollieren. Allerdings können sie mangels Kenntnis der Materie und angesichts beschränkter kognitiver Ressourcen den Nutzen einer sorgfältigen Tarifauswahl und Kostenkontrolle unterschätzen (rational inattention).514 Anbieter können diese Problematik überdies zum eigenen Vorteil vergrößern, indem sie die Such- und Vergleichskosten der Verbraucher erhöhen, beispielsweise dadurch, dass sie ihre Preise und Tarifmodelle gezielt unübersichtlich gestalten.515 Rechnungsschocks lassen sich vor diesem Hintergrund modelltheoretisch dadurch beschreiben, dass Konsumenten ihr Nutzungsvolumen zwar im Schnitt richtig einschätzen, allerdings nicht exakt nachverfolgen können und mit gewisser Wahrscheinlichkeit fehlerhaft erinVgl. allgemein Grubb, Rev. Ind. Organ. 47 (2015), 303, 306, 314 f. Grupp spricht dabei a. a. O. S. 306 von beschränkt rationalen Konsumenten, das Adjektiv „beschränkt“ beschreibt in diesem Kontext zunächst aber nur, dass Konsumenten über keine unbegrenzten Kapazitäten der Informationsaufnahme und -verarbeitung verfügen. Im Übrigen muss an dieser Stelle noch nicht notwendig irrationales Verhalten unterstellt, sondern es kann angenommen werden, dass Konsumenten sich rational in dem Sinne verhalten, dass sie aus ihren begrenzten Möglichkeiten das Beste machen (deutlich Grubb, a. a. O. S. 314: „rational inattention“). Diese terminologische Einordnung ist allerdings umstritten (dazu instruktiv Korobkin, 70 U. Chi. L. Rev. 1203, 1292 f. (2003), der die Qualifikation letztlich als nicht entscheidende philosophische Frage bezeichnet). In der Praxis spielt eine begrenzte Kapazität der Informationsaufnahme und -verarbeitung dessen ungeachtet oft mit weiteren Aspekten beschränkt rationalen Verhaltens zusammen, die sich nicht mehr als rational einordnen lassen, allerdings mit Blick auf Rechnungsschocks keine Rolle spielen (siehe beispielhaft Grubb, Rev. Ind. Organ. 47 (2015), 303, 311–313 zur parallelen Angabe von drei Tarifvarianten durch einen Mobilfunkbetreiber, wobei Variante 2 Variante 3 dominiert). 515 Allg. Grubb, Rev. Ind. Organ. 47 (2015), 303, 306–308, ferner 315 ff.; Bar-Gill /  Stone, 23 Harv. J. Law & Technology 49, 95 (2009). In Rechnungsschock-Fällen begegnet das etwa in Form von Preisangaben für Datenvolumina in unterschiedlichen Einheiten, die ohne technisches Hintergrundwissen zu Fehlinterpretationen verleiten, dazu noch unten S. 141 (Text bei und in Fn. 669). Bemerkenswert ist auch der Hinweis von Wu, Int. J. of Communication 2007, 389 ff., 401, demzufolge Telefonnetzbetreiber Entwickler von Mobiltelefonen bzw. Smartphones oft unter Druck gesetzt haben, sog. call timer aus ihren Telefonen zu entfernen oder sie zu begrenzen. Call timer ermöglichen es, die Länge von Telefongesprächen nachzuhalten, individuell und bezogen auf einen Monat, ein Jahr oder die Gesamtzeit. Im Übrigen ist aber nicht geklärt, wie weit ein solcher Anreiz zur Behinderung der Konsumenten reicht bzw. wirklich besteht. So ermitteln Iyengar / Ansari / Gupta, J. Marketing Research 44 (2007), 529, 530, 543 in ihrer Studie gestützt auf Daten zur Telefonnutzung US-amerikanischer Konsumenten aus dem Zeitraum September 2001 bis Mai 2003, dass Lerneffekte der Verbraucher Unternehmen nutzen, dergestalt dass Anbieter, die Konsumenten das Lernen erleichtern, z. B. durch Instrumente zur Nachverfolgung der Nutzung, dadurch die Dauer der Kundenbeziehung und damit den Gewinn steigern können. 514

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nern, wobei der Fehler überwiegend eher klein, mitunter aber auch recht groß ausfällt516 und den Konsumenten die Fehlerhaftigkeit bekannt ist.517 Dies lässt sich als begrenzte Aufmerksamkeit der Konsumenten bei der Nachverfolgung ihrer Nutzung interpretieren.518 Eine einschlägige Studie stützt diese Modellbeschreibung auf eine kleine, wenngleich wenig ausgefeilte Umfrage bei US-Studenten, die ergab, dass die Befragten ihr gegenwärtig verbrauchtes Nutzungsvolumen im Schnitt nahezu richtig einschätzten.519 Vor allem aber lässt sich eine solche Charakterisierung der Konsumenten mit Untersuchungen eines Tarifexperiments untermauern, das Mitte der 1980er Jahre in zwei Städten des US-Bundesstaates Kentucky durchgeführt wurde.520 Die Auswertung ergab, dass die Verbraucher im Schnitt für sie sachgerechte Tarife wählten und diese schon bei geringen Kostendifferenzen anpassten, um ihre Rechnungen zu minimieren.521 Soweit Kunden verstärkt zu Fehlern neigten, wenn sie eine neue Tarifoption wählten, korrigierten sie diese rasch.522 Nur drei Prozent entschieden sich permanent falsch, indem sie während des Untersuchungszeitraums bei einem nutzungsabhängigen Tarif blieben, dessen Freivolumen sie überschritten.523 Zudem zeigte sich, dass Konsumenten in Abhängigkeit von der Schwierigkeit ihrer Auswahlentscheidung weniger wechselten, womit rationale Unaufmerksamkeit nahe lag.524 Aus neuerer Zeit lässt sich eine Studie zum Verhalten chinesischer Mobilfunkkunden aus dem Zeitraum September 2004 bis Januar 2005 ergänzen. Sie zeigte, dass die Nutzer ihr Telefonverhalten strategisch daran anpassten, wie viele Freiminuten ihnen im betreffenden Monat noch zur Verfügung standen, woraus sich schließen lässt, dass die Nutzer ihren Verbrauch aufmerksam 516 So Jiang, An Empirical Modell of the Effect of "Bill Shock" Regulation in Mobile Telecommunication Markets, February 2014, S. 2, 4, 6, 12. Der Wahrnehmungsfehler misst das Verhältnis der tatsächlichen zu der wahrgenommenen Nutzung, beträgt im Schnitt eins (im Schnitt stimmen also tatsächliche und wahrgenommene Nutzung überein) und folgt einer logarithmischen (glockenförmigen) Normalverteilung. 517 Dies., An Empirical Modell of the Effect of "Bill Shock" Regulation in Mobile Telecommunication Markets, February 2014, S. 18. 518 Dies., An Empirical Modell of the Effect of "Bill Shock" Regulation in Mobile Telecommunication Markets, February 2014, S. 6. 519 Dies., An Empirical Modell of the Effect of "Bill Shock" Regulation in Mobile Telecommunication Markets, February 2014, S. 30, 36. 520 Näher zu diesem Experiment Miravete, Am. Ec. Rev. 93 (2003), 297, 299 f.; Miravete / Palacios-Huerta, Rev. Ec. and Statistics 96 (2014), 524, 525 f. Die Daten des Experiments wurden soweit ersichtlich in fünf veröffentlichten Studien ausgewertet (siehe dazu die Nachweise bei dies., Rev. Ec. and Statistics 96 (2014), 524, 526 f.), hinzu kommt ein unveröffentlichtes Arbeitspapier (zu diesem Miravete, Am. Ec. Rev. 93 (2003), 297, 299). 521 Miravete, Am. Ec. Rev. 93 (2003), 297, 297 f. 522 Ders., Am. Ec. Rev. 93 (2003), 297, 304, 307 f. 523 Ders., Am. Ec. Rev. 93 (2003), 297, 307. 524 Miravete / Palacios-Huerta, Rev. Ec. and Statistics 96 (2014), 524, 524 f., 535.

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nachverfolgten.525 Gleiches ergab eine Studie mit Daten südasiatischer Mobilfunkkunden aus dem Zeitraum Mai 2006 bis April 2007.526 Untersuchungen mit Daten US-amerikanischer Konsumenten aus dem Zeitraum 2000–2001 und Februar 2002 bis Juni 2005 ermittelten allerdings einen gegenteiligen Befund.527 2. Verhaltensökonomisches Modell (Behavioral Industrial Organization) Wohl überwiegend erklärt die aktuelle Forschung die Tarifstruktur bei Telekommunikationsdiensten und, damit verbunden, die RechnungsschockProblematik aus der Warte der Behavioral Industrial Organization.528 Dieses Teilgebiet der Industrieökonomik untersucht die Interaktion von rationalen, gewinnmaximierenden Firmen mit beschränkt rationalen Konsumenten.529 Ursächlich für Rechnungsschocks sind demnach verhaltenspsychologisch begründete biases, also ein systematisch verzerrtes Entscheidungsverhalten unter den Verbrauchern, das die annahmegemäß (vollständig) rationalen Unternehmen bei ihrer Preissetzung im Wettbewerb berücksichtigen und ausnutzen. Welche biases bei den Konsumenten genau bestehen, beurteilt das Schrifttum allerdings uneinheitlich. a) Overconfidence und projection bias: Unterschätzte Varianz der Nutzung Eine hochkarätig veröffentlichte Artikelserie530 führt Rechnungsschocks im Ausgangspunkt auf einen sog. projection bias und overconfidence der betroffenen Konsumenten zurück, wobei letzteres deutlich im Vordergrund steht.531 Personen mit einem projection bias schreiben ihre gegenwärtigen Yao / Mela / Chiang u. a., J. Marketing Research 49 (2012), 822, 826–828. Ascarza / Lambrecht / Vilcassim, J. Marketing Research 49 (2012), 882, 887. 527 Sie ermitteln keine „Häufung“ monatlicher Nutzungsvolumina knapp unter dem Inklusivvolumen, die zu erwarten wäre, wenn Verbraucher ihr Nutzungsvolumen nachverfolgen und strategisch anpassen, Jiang, An Empirical Modell of the Effect of "Bill Shock" Regulation in Mobile Telecommunication Markets, February 2014, S. 2 f., 15; Grubb /  Osborne, Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234 ff. 528 Grubb, Rev. Ind. Organ. 47 (2015), 247 ff. 529 Siehe hierzu allgemein DellaVigna, J. Ec. Lit. 47 (2009), 315, 361 f. m. w. N. und einigen Beispielen; aktueller Überblick über das Forschungsfeld bei Grubb, Rev. Ind. Organ. 47 (2015), 247, 247. 530 Grubb, Am. Ec. Rev. 99 (2009), 1770; ders., Rev. Ec. Stud. 82 (2015), 219; Grubb /  Osborne, Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234; erläuternd zum Verhältnis der vorgenannten Aufsätze, teils auf Basis der Arbeitspapier-Fassungen, Grubb, Int. J. Ind. Organ. 30 (2012), 287; zudem partiell referierend im größeren Kontext ders., Rev. Ind. Organ. 47 (2015), 247, 249 f., 252–254; ders., Rev. Ind. Organ. 47 (2015), 303, 324, 326, 331, 334 f.; ders., J. Ec. Persp. 29 (2015), 9, 10–14, 18–20, 22, 30–32. 531 Grubb, Am. Ec. Rev. 99 (2009), 1770, 1773 stützt sich zur Erklärung auf beide der genannten biases; ders., Int. J. Ind. Organ. 30 (2012), 287 erläutert den theoretischen 525 526

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Präferenzen voreilig in die Zukunft fort, überschätzen also, inwieweit ihre gegenwärtigen Vorlieben mit ihren zukünftigen Vorlieben übereinstimmen, bzw. unterschätzen, wie sich ihr Befinden an zukünftige Bedingungen anpasst.532 Verbraucher, die overconfidence (Selbstüberschätzung) unterliegen, beurteilen zu optimistisch, wie gut sie bei Aufgaben abschneiden, die eine bestimmte Fähigkeit erfordern, namentlich, wie genau sie schwierige Vorhersagen treffen können (forecasting overconfidence oder overprecision).533 Im Telekommunikationsmarkt bewirke overconfidence, dass ein Verbraucher die (persönliche) Unsicherheit über seinen durchschnittlichen monatlichen Verbrauch unterschätzt, während der projection bias bewirke, dass der Verbraucher die Schwankungen seiner eigenen Nachfrage im Zeitablauf unterschätzt.534 Wohl aus – nicht klar offengelegten – konzeptionellen Schwierigkeiten535 rekurrieren spätere Artikel aus der Serie allerdings nur noch auf overconfidence. Diese veranlasse Verbraucher, die Genauigkeit zu überschätzen, mit der sie ihr eigenes Nutzungsverhalten vorhersagen können, mathematisch Unterschied, und argumentiert, dass im Rechnungsschock-Kontext beide biases zusammenfallen; die nachfolgenden Publikationen (siehe Fn. 530) rekurrieren dann in Bezug auf Rechnungsschocks bzw. das Verhalten von Telekommunikationskunden nur noch auf overconfidence, ohne die Abweichung zu erläutern. 532 Grundlegend zur Modellierung Loewenstein / O’Donoghue / Rabin, QJE 118 (2003), 1209; instruktiver Überblick über Theorie und Empirie bei DellaVigna, J. Ec. Lit. 47 (2009), 315, 341, 346 f.; allg. aus dem deutschen Schrifttum Schmolke, Grenzen der Selbstbindung im Privatrecht, 2014, S. 185; mit Blick auf Rechnungsschocks Grubb, Am. Ec. Rev. 99 (2009), 1770, 1773. 533 Instruktiver Überblick bei DellaVigna, J. Ec. Lit. 47 (2009), 315, 341–344; allg. aus dem deutschen Schrifttum Schmolke, Grenzen der Selbstbindung im Privatrecht, 2014, S. 185–187; mit Blick auf Rechnungsschocks Grubb, Am. Ec. Rev. 99 (2009), 1770, 1773. 534 Grubb, Int. J. Ind. Organ. 30 (2012), 287, 288. 535 Ders., Int. J. Ind. Organ. 30 (2012), 287, 290 räumt ein, in seinem ersten Aufsatz zu der Thematik (ders., Am. Ec. Rev. 99 (2009), 1770) terminologisch nicht immer klar zwischen overconfidence und projection bias differenziert zu haben, wobei im dortigen Kontext beide biases ohnehin zusammenfielen (ders., Int. J. Ind. Organ. 30 (2012), 287, 288: „isomorphic“; andeutend auch ders., Am. Ec. Rev. 99 (2009), 1770, 1775: „This is either because they [consumers] are overconfident about the accuracy of their forecasts of θ [future demand], or because they are subject to projection bias.“). Dafür wollten Grupp /  Osborne in einer früheren, unveröffentlichten Fassung ihrer Studie zur Evaluation der US(Selbst-)Regulierung von Rechnungsschocks klar zwischen overconfidence und projection bias unterscheiden, indem sie für beide jeweils gesondert schätzten, wie sie sich verzerrend auf die Wahrnehmung der Verbraucher auswirkten (dazu referierend ders., Int. J. Ind. Organ. 30 (2012), 287, 290). In der später veröffentlichten Fassung (Grubb / Osborne, Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234) ist diese Differenzierung indes entfallen und nur noch von overconfidence die Rede, obgleich auch der Erstartikel der Serie in derselben Zeitschrift (Grubb, Am. Ec. Rev. 99 (2009), 1770) theoretisch zwischen beidem unterschieden hatte. Der Grund für die Änderung wird nicht erläutert; soweit lediglich die verwendete Datenbasis begrenzte Schätzungen ermöglicht, wird das üblicherweise klargestellt.

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gesprochen also dazu, tendenziell zu enge Konfidenzintervalle relativ zu ihrem Grad an Gewissheit zu setzten.536 Infolgedessen wählten Verbraucher systematisch zu riskante Tarife,537 in dem Sinne, dass sie Gefahr laufen, ihr Inklusivvolumen zu überschreiten und hohe Gebühren für zusätzliche Einheiten zu bezahlen.538 Dessen ungeachtet erkennt auch dieser Ansatz an, dass Verbraucher ihre Vorlieben mit der Zeit besser kennenlernen und den Tarif entsprechend wechseln.539 Auf dieser Grundlage entstehen Rechnungsschocks unter der weiteren Annahme, dass (mindestens einige) Konsumenten naiv540 (nicht aus rationalen Kosten-Nutzen-Erwägungen) unaufmerksam sind, also ihr Nutzungsvolumen nicht nachverfolgen, um es bei Bedarf strategisch einzuschränken. Die Artikelserie stützt diese Annahme auf einen Datensatz zur MobiltelefonieNutzung US-amerikanischer Studenten aus dem Zeitraum Februar 2002 bis Juni 2005.541 Unaufmerksame Konsumenten sind bei der Nutzung weiterer Einheiten unsicher über deren marginalen Preis – innerhalb des Inklusivvolumens beträgt dieser Null, während nach Überschreitung hohe Gebühren (engl.: overage fee) anfallen.542 Infolgedessen kann es geschehen, dass (einige) Konsumenten bis zum Sättigungspunkt ihrer – in der Varianz unterschätzten – Nachfrage konsumieren, selbst wenn diese das Inklusivvolumen deutlich übersteigt.543 Der besondere Charme dieser Hypothese liegt darin, dass sie alle Merkmale des Marktes erklärt, die zu Rechnungsschocks führen. Erstens erklärt der Ansatz, warum dreistufige Tarifangebote verbreitet sind:544 Verbraucher, die überschätzen, wie genau sie ihren Konsum vorhersagen, und dabei zugleich die Schwankungen ihres Konsums unterschätzen, 536 Grubb / Osborne, Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234, 236, 239; Grubb, Rev. Ec. Stud. 82 (2015), 219, 231 („[…] penalty fees lead naively inattentive consumers to endogenously exhibit overconfidence in the sense that they overestimate the precision of their forecasts of total consumption (Q = q1 + q2) and underestimate the variability in their total consumption.”). 537 Grubb / Osborne, Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234, 236, 242 (mit Risikodefinition), 246, 252. 538 Grubb, Int. J. Ind. Organ. 30 (2012), 287, 288. 539 Grubb / Osborne, Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234, 237; noch ohne Berücksichtigung dieses Aspektes Grubb, Am. Ec. Rev. 99 (2009), 1770, dazu a. a. O. S. 1800. 540 Zum Begriffsverständnis in der Verhaltensökonomie siehe allg. Camerer /  Loewenstein, in: Camerer / Loewenstein / Rabin (Hrsg.), Advances in behavioral economics, 2004, S. 3, 24: „An important question in modelling self-control is whether agents are aware of their self-control problem (‘sophisticated’) or not (‘naïve’) […]“. 541 Grubb / Osborne, Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234, 242–245; Grubb, Rev. Ec. Stud. 82 (2015), 219, 223. 542 Grubb, Int. J. Ind. Organ. 30 (2012), 287, 289; Grubb / Osborne, Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234, 242 f. 543 Vgl. auch schon das Beispiel bei Grubb, Am. Ec. Rev. 99 (2009), 1770, 1775 sowie S. 1798 (noch ohne ausdrückliche Annahme der Unaufmerksamkeit).

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sind eher bereit, eine feste Gebühr für ein Inklusivvolumen zu zahlen, das ihrem persönlich prognostizierten Konsumniveau entspricht. Der Anbieter profitiert so aus seiner Sicht bestmöglich von Verbrauchern, die ihren Konsum überschätzten, indem diese (objektiv ex-ante) zu viel zahlen. Zugleich kann er den wahren „Wert“ eines Verbrauchers, der seinen Konsum ex ante unterschätzt, und daher bei Vertragsschluss wenig für Inklusivvolumen zu zahlen bereit ist, nachträglich durch hohe Gebühren für zusätzliche Einheiten abschöpfen, zumal ein solcher Verbraucher bei Vertragsschluss relativ hohe Zusatzgebühren akzeptieren wird, weil er übermäßig auf seine Konsumprognose vertraut und daher die Zusatzgebühren für unwichtig erachtet.545 Begrenzt werden sie erst dadurch, dass die Konsumenten bei zunehmend exorbitanten Gebühren doch vermehrt aufmerksam werden und ihre Nutzung einschränken.546 Eng damit verbunden ist ein zweiter bemerkenswerter Befund: Unverständige Verbraucher, die aufgrund overconfidence die Genauigkeit ihrer Konsumvorhersage über- und die Schwankungen ihres Konsums unterschätzen sowie ein entsprechendes Inklusivvolumen vereinbaren, bewerten Verträge in verzerrter Weise: Volumeneinheiten bis zum vorhergesagten Konsum bewerten sie zu hoch, weil ihnen eine volle Ausnutzung übermäßig wahrscheinlich erscheint. Darüber hinausgehende Einheiten bewerten sie hingegen zu gering, weil sie es für zu unwahrscheinlich erachten, dass sie diese benötigen. Anbieter haben dadurch einen Anreiz, Inklusiveinheiten „zu günstig“ (unter Kosten) und Zusatzeinheiten „zu teuer“ (über Kosten) anzubieten, weil unverständige Verbraucher diese Verschiebung fälschlich als Preissenkung wahrnehmen, wodurch ihnen das Angebot attraktiver erscheint.547 Verständige Verbraucher profitieren hiervon allerdings tatsächlich, weil sie teure ZusatzDiese Erkenntnis wurde in der ökonomischen Literatur schon zuvor allgemeiner herausgearbeitet, grundlegend zu dreigliedrigen Tarifen Eliaz / Spiegler, Rev. Ec. Stud. 73 (2006), 689, 691, 702, 705; 545 Grubb, Rev. Ec. Stud. 82 (2015), 219, 220: naiv unaufmerksame Konsumenten überschätzen den Wert des angebotenen Vertrages, weil sie die Wahrscheinlichkeit unterschätzen, mit der sie hohe Zusatzgebühr zahlen, wobei sich letzteres aus der overconfidence bzgl. des eigenen zukünftigen Nutzungsverhaltens ergibt. 546 Ders., Am. Ec. Rev. 99 (2009), 1770, 1782–1786; zur Begrenzung des Preises zusätzlicher Einheiten ders., J. Ec. Persp. 29 (2015), 9, 13 f. 547 Dahinter steht eine Erkenntnis, welche die rechtsökonomische Literatur zuvor bereits allgemeiner formuliert hat: Wenn Verbraucher bestimmten Vertragsbedingungen bei der Auswahl besondere Aufmerksamkeit schenken („salient“ attribute), während sie andere vernachlässigen („non salient“ attribute), dann werden rationale Unternehmen im Wettbewerb gezwungenermaßen die vernachlässigten Bedingungen in geringer(er) Qualität anbieten, um Kosten zu sparen, die an die Verbraucher in Form günstiger gestalteter beachteter Bedingungen (insb. der Preis), weitergegeben werden, dazu Korobkin, 70 U. Chi. L. Rev. 1203, 1206, 1234–1244 (2003), im Einzelnen differenzierend nach Intensität des Wettbewerbs sowie nach Heterogenität der Konsumenten bzw. ihrer Wahrnehmung; mit 544

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einheiten (weitgehend) vermeiden. In der Sache bedeutet das, dass unverständige Verbraucher für ihren Bedarf zu teuer einkaufen, und damit den günstigen Konsum verständiger Verbraucher quersubventionieren (negative ripoff externality).548 Drittens erklärt diese Theorie, warum Warnmitteilungen, wie sie die deutsche Rechtsprechung und die Rechnungsschock-Regulierung verlangen, sich nicht von selbst am Markt in hinreichender Form549 herausgebildet haben: Naiv unaufmerksame Verbraucher, die in der beschriebenen Weise übermäßig darauf vertrauen, ihren Konsum zielgenau vorhersagen zu können, schätzen solche Warnungen gering, weil sie erwarten, dass sie ohnehin im gebuchten Inklusivvolumen bleiben und hohe Zusatzgebühren vermeiden. Dementsprechend sind solche Verbraucher nicht bereit, für Gebührenwarnungen einen höheren Festpreis zu zahlen, mit dem der Anbieter den Einnahmerückgang durch entfallende Zusatzgebühren ausgleichen könnte. Deshalb setzten sich dahingehende Angebote einzelner Unternehmen im Wettbewerb nicht durch.550 b) Systematische Über- oder Unterschätzung durchschnittlicher Nutzung Anknüpfend an die vorgenannte Artikelserie vertreten andere Autoren eine leicht modifizierte verhaltensökonmische Erklärung: Ihnen zufolge unterschätzen die Verbraucher nicht die Varianz ihres eigenen Konsums, sondern sie sagen den Durchschnittswert ihrer jeweiligen monatlichen Nutzung verzerrt vorher, dergestalt, dass einige Verbraucher ihren durchschnittlichen monatlichen Konsum systematisch überschätzen, während andere ihn beständig unterschätzen.551 Die Gestaltung dreistufiger Tarife lässt sich damit ebenso erklären: Blick auf den Telekommunikationsmarkt Bar-Gill / Stone, 23 Harv. J. Law & Technology 49, 95 (2009). 548 Allg. Grubb, J. Ec. Persp. 29 (2015), 9, 29; ders., Rev. Ind. Organ. 47 (2015), 247, 249, 252; mit Bezug auf Rechnungsschocks ders., Rev. Ec. Stud. 82 (2015), 219, 221 f., 229. 549 Gewisse Ansätze zu solchen Regelungen sind allerdings durchaus vorhanden, wie die Rechtsvergleichung gezeigt hat. So berichtete die US-amerikanische FCC, dass zumindest einige US-amerikanische Anbieter bereits vor der Initiative der FCC freiwillig Warnmitteilungen bei Überschreiten von Volumengrenzen versandten (4. Kapitel § 4 IV.3., S. 103, Text bei Fn. 496). In ähnlicher Weise berichten Goldbacher / Dama, Medien und Recht 2014, 113, 115 f., dass in Österreich Stand 2014 die AGB der drei größten Mobilfunkbetreiber Klauseln enthielten, die Sicherheitssperren regeln, und dass die Vertragsbedingungen der Telekom Austria bereits seit 15 Jahren eine Selbstverpflichtung zu einer Sperre bei einem Überschreiten eines bestimmten Schwellenwertes vorsahen. 550 Grubb / Osborne, Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234, 236. 551 Bar-Gill / Stone, 9 J. Emp. Legal Stud. 430, 431 (2012); dies., 23 Harv. J. Law & Technology 49, 80 f. (2009). Auch dieser Gedanke und die damit verbundenen Folgen für die Preissetzung finden sich bereits zuvor in allgemeinerer Form in der ökonomischen Literatur, siehe Eliaz / Spiegler, Theoretical Ec. 3 (2008), 459.

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Das feste Inklusivvolumen zielt dann auf die systematischen Überschätzer, der hohe Preis für Zusatzeinheiten auf die beständigen Unterschätzer.552 Die Vertreter dieser Ansicht untermauern ihre Konzeption mit einem Datensatz aus dem Zeitraum September 2001 bis Mai 2003.553 Diesen untersuchen sie ökonometrisch-statistisch nach dem Vorbild des ersten Beitrags der vorgenannten Artikelserie554 und interpretieren die Ergebnisse dahingehend, dass einige Konsumenten ihren mittleren Konsum systematisch überschätzen, andere ihn beständig unterschätzen, wieder andere overconfidence unterliegen und wieder andere rationale Erwartungen bilden.555 Insofern lässt sich diese Auffassung auch als Kompromiss interpretieren, bzw. als besonders deutlicher Hinweis darauf, dass sich die verschiedenen Erklärungen vorrangig danach unterschieden, wo sie den relevanten Schwerpunkt des Verbraucherverhaltens verorten. Zugleich zeigt sich hier ein gewisser Ad-hoc-Charakter der alternativen verhaltensökonomischen Konzeption, weil sie – im Gegensatz zu den konkurrierenden Ansätzen – keine theoretische Fundierung anbietet und nur in einer knappen Fußnote über denkbare Ursachen der mutmaßlichen systematischen Mittelwertfehlschätzungen spekuliert.556 Im Übrigen ist der Unterschied zu der vorgenannten prominenten Artikelserie in zweierlei Hinsicht gering: Erstens laufen beide Ansätze theoretisch unter bestimmten Bedingungen auf das gleiche Ergebnis hinaus.557 Zweitens sind die Abweichungen auch im empirischen Befund weitgehend zusammenBar-Gill / Stone, 9 J. Emp. Legal Stud. 430, 431, 437 f. (2012). Der Datensatz umfasst monatliche Rechnungs- und Nutzungsinformationen von 3730 Kunden eines US-Mobilfunkanbieters aus dem Zeitraum September 2001 bis Mai 2003; dabei verließen 27 % der Kunden das Unternehmen während dieses Zeitraums, dies., 9 J. Emp. Legal Stud. 430, 440 (2012); knappere Beschreibung noch dies., 23 Harv. J. Law & Technology 49, 82 (2009). 554 Die Autoren wenden also den Ansatz von Grubb, Am. Ec. Rev. 99 (2009), 1770 auf ihre Daten an, dazu Bar-Gill / Stone, 9 J. Emp. Legal Stud. 430, 435 (2012). 555 Bar-Gill / Stone, 9 J. Emp. Legal Stud. 430, 433, 440–453 (2012); zuvor schon weitgehend identisch dies., 23 Harv. J. Law & Technology 49, 82–87 (2009). 556 Bar-Gill / Stone, 9 J. Emp. Legal Stud. 430, 431, 437 Fn. 6 (2012) verweisen abstrakt darauf, dass durchschnittsbezogene Verzerrungen in der psychologischen Literatur dokumentiert sind, und führen dazu aus, dass übermäßiger Optimismus (overoptimism) über den Nutzen eines Mobiltelefons zur Überschätzung des persönlichen Konsums führen könne, während eine Unterschätzung von Selbstkontrollproblemen zur Unterschätzung der Nutzung führen könnte. Beides ist denkbar, allerdings auch nicht zweifelsfrei. Insbesondere tritt overconfidence vor allem bei schweren Aufgaben auf, die nur mit seltenem und unklarem Feedback verbunden sind (Malmendier / Taylor, J. Ec. Persp. 29 (2015), 3, 5). Bei dem Umstand, wie hoch der persönliche Nutzen aus einem Mobiltelefon ist, und dabei, wie gut der Verbraucher sich bei der Nutzung im Griff hat, handelt es sich aber um Fragen bzw. Aufgaben, über die zeitnah und regelmäßig Feedback anfällt – über den Nutzen beständig ab der Gewöhnung an das Gerät, über die Selbstkontrolle mit jeder monatlichen Rechnung. Dies spricht gegen eine dauerhafte erhebliche Fehlkalibrierung. 557 Dazu Bar-Gill / Stone, 9 J. Emp. Legal Stud. 430, 438 f., 452 (2012). 552 553

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geschmolzen, nachdem der jüngste Beitrag der Artikelserie mit seinem USDatensatz ebenfalls eine systematische Unterschätzung der eigenen Nutzung auf Verbraucherseite ermittelt. Er interpretiert dieses Resultat allerdings nicht als Widerlegung seiner Hypothese, sondern ordnet es als separaten negative aggregate mean bias ein, der rasch durch Lerneffekte zurückgeht.558 III. Evaluation der Rechnungsschock-Regulierung 1. Rationaltheoretisches Modell Ausgehend von der rationaltheoretischen Erklärung sind Rechnungsschocks insofern ein vorübergehendes Phänomen, als die einzelnen Verbraucher Erfahrung sammeln und daraus schnell lernen. Da beständig neue Verbrauchergenerationen in den Markt eintreten und aktive Verbrauchergenerationen in den letzten Jahrzehnten beständig neue, technisch innovative Angebote erhalten haben, steht dies gleichwohl einem längerwährenden Auftreten von Rechnungsschocks nicht entgegen. Eine Verpflichtung zu Warnhinweisen sollte rational unaufmerksamen Verbrauchern jedenfalls zunächst zugutekommen: Solche Konsumenten werden entsprechende Informationen umgehend berücksichtigen und Rechnungsschocks so in aller Regel vermeiden. Allerdings ist auch zu erwarten, dass die Unternehmen auf damit einhergehende Einnahmeverluste reagieren und ggf. ihre Preise anheben. Inwieweit Verbraucher danach noch profitieren, ist letztlich eine empirische Frage. Vor diesem Hintergrund hat es eine unveröffentlichte Studie unternommen, mit einem Datensatz zur Mobiltelefonie-Nutzung US-amerikanischer Verbraucher aus den Jahren 2000 bis 2001 zu simulieren, wie sich die zwischen 2011 und 2013 auf Druck der FCC umgesetzte Selbstregulierung aus558 Grubb / Osborne, Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234, 237, 259, 268. Die Autoren unterscheiden insgesamt drei biases (zusammenfassend a. a. O. S. 268): overconfidence: Unterschätzung der [zufälligen] Varianz in der eigenen Vorhersage; einen conditional mean bias: er veranlasst Konsumenten, auf ihre private Information über ihr Nutzungsverhalten zu stark zu reagieren, also zu extreme Vorhersagen zu treffen (a. a. O. S. 254), und einen negative aggregate mean bias: ein aggregate mean bias veranlasst Konsumenten, ihre Nutzung zu gering oder zu hoch vorherzusagen und einen entsprechenden Tarif zu wählen (Definition a. a. O. S. 253); die Schätzung ergibt dann einen negative aggregate mean bias (a. a. O. S. 261). Die beiden mean biases nehmen mit der Zeit durch Lerneffekte stark ab, gemäß der Simulation innerhalb eines Jahres um 40 % (aggregate mean bias) bzw. 33 % (conditional mean bias) (a. a. O. S. 261). Ferner nehmen die Autoren in der Simulation (nur) zwecks Vereinfachung myopische Entscheidungen der Verbraucher an, definiert dergestalt, dass Konsumenten den Tarif (oder die outside option) wählen, der ihren erwarteten Nutzen in der laufenden Periode maximiert, ohne zukünftige Effekte zu berücksichtigen (a. a. O. S. 250 mit Fn. 20).

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gewirkt hätte, wenn sie bereits 2002 bestanden hätte. Dies erfolgt auf Basis der Annahme, dass die Warnhinweise die Wahrnehmungsfehler der (im Übrigen rationalen) Konsumenten beseitigen.559 Wie ausgeführt lehnen sich die Maßnahmen in den USA an die Regulierung in der Europäischen Union an, die sich ihrerseits in Bezug auf die geforderten Warnhinweise substantiell mit den vom BGH zivilrechtlich begründeten Hinweispflichten deckt. Laut den Ergebnissen der Simulationsrechnung würden die Warnhinweise den Verbrauchern zwar erheblich nützen, wenn man – realitätsfern – davon ausginge, dass die Unternehmen nicht mit Preisänderungen reagieren.560 Sobald man – naheliegende – endogene Preisänderungen in Betracht zieht, relativiert sich das Bild hingegen: In diesem Fall erhöhen alle Anbieter in der Simulation ihre Festgebühren (zwischen 39 % und 45 %) und senken ihre Zusatzgebühren (zwischen 57 % und 63 %). Die Gewinne der Unternehmen bleiben dadurch unverändert: Zum einen werden die – nun billigeren – Zusatzeinheiten mehr in Anspruch genommen, zum anderen werden die Tarife aufgrund der geringeren Zusatzgebühren für die Konsumenten attraktiver, so dass die Unternehmen einen höheren Festpreis verlangen können.561 Die Wohlfahrtswirkungen sind gemischt: Einerseits steigt mit dem Anstieg der Fixpreise der Abstand zwischen diesen und den monatlichen Kosten pro Verbraucher. Dieser Preisanstieg führt in der Simulation dazu, dass einige Verbraucher ihren Mobilfunkkonsum einstellen, wodurch die Wohlfahrt sinkt.562 Andererseits schrumpft mit den Zusatzgebühren der Abstand zwischen diesen und den marginalen Kosten pro Minute. Das veranlasst jene Haushalte, die Mobilfunk nutzen, mehr Minuten zu verbrauchen, wodurch die Wohlfahrt zunimmt. Dieser zweite Effekt überwiegt in der Simulation den erstgenannten, so dass die Wohlfahrt netto steigt.563 Der Zuwachs ist bei den Verbrauchern allerdings ungleich verteilt: Während für Wenignutzer sowohl die Kon559 Jiang, An Empirical Modell of the Effect of “Bill Shock” Regulation in Mobile Telecommunication Markets, February 2014, S. 15. 560 Dies., An Empirical Modell of the Effect of “Bill Shock” Regulation in Mobile Telecommunication Markets, February 2014, S. 16 (Rückgang der Gewinne der Industrie um 642 Mio. $ pro Monat, zum einen aufgrund eines Rückgangs monatlicher Zusatzgebühren um 335 Mio. $, zum anderen, weil die Konsumenten nun das erworbene Inklusivvolumen passgenauer auf ihren Bedarf abstimmen und so kleinere Volumina kaufen; die Wahrscheinlichkeit, dass Zusatzgebühren bei einem Konsumenten anfallen, sinkt von 21 % auf 5 %). 561 Dies., An Empirical Modell of the Effect of “Bill Shock” Regulation in Mobile Telecommunication Markets, February 2014, S. 16. 562 Dahinter steht die Annahme, dass für diese Verbraucher der Nutzen aus der Inanspruchnahme von Mobiltelefonie entfällt. Zwar können sie das ersparte Geld anderweitig verwenden. Nimmt man rationale Verbraucher an, wird die nächstbeste Konsumalternative aber weniger Nutzen einbringen als die bislang vorrangig genutzte, welche durch die Preiserhöhung unattraktiv geworden ist. Siehe auch allgemein zur Nutzeneinbuße von Konsumenten, die infolge einer Preiserhöhung nicht mehr kaufen Craswell, 43 Stan. L. Rev. 361, 375 (1991).

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sumentenrente (Wohlfahrt) als auch die Gewinne der Industrie sinken, nehmen beide Werte für Vielnutzer zu.564 2. Verhaltensökonomisches Modell (Behavioral Industrial Organization) Aus Sicht der verhaltensökonomischen Erklärung der erörterten Artikelserie stellt sich die Lage im Ergebnis düsterer, vor allem aber auch deutlich komplizierter dar. Die Folgen hängen hier im theoretischen Modell entscheidend davon ab, (1) inwieweit die Konsumenten verständig sind, d. h. (a) aufmerksam ihre Nutzung nachverfolgen oder zumindest (b) rational unaufmerksam, d. h. im Bewusstsein ihrer Unaufmerksamkeit handeln,565 im Gegensatz zu naiv unaufmerksamen (unverständigen) Konsumenten, die sich ihrer eigenen Unaufmerksamkeit (zunächst) nicht bewusst sind,566 (2) wie stark sich die Konsumenten in der Höhe ihrer Nachfrage unterscheiden, und damit, welcher Spielraum für volumenbasierte Preisdifferenzierung besteht, sowie (3) ob die Anbieter über Marktmacht verfügen oder in starkem Wettbewerb stehen.567 Die Rechnungsschock-Regulierung ersetzt bei naiven Konsumenten die fehlende Aufmerksamkeit durch automatische Hinweise. Auf diese Weise stellt sie den Anreiz der Unternehmen wieder her, zusätzliche Einheiten zu den Grenzkosten anstatt zu einem höheren Preis anzubieten.568 Wenn die Konsumenten homogen sind, wird sich für sie im Ergebnis gleichwohl kaum etwas ändern,569 weil die Anbieter ggf. entfallende Zusatzgebühren auf den Inklusivpreis aufschlagen werden. Jiang, An Empirical Modell of the Effect of "Bill Shock" Regulation in Mobile Telecommunication Markets, February 2014, S. 17. 564 Dies., An Empirical Modell of the Effect of "Bill Shock" Regulation in Mobile Telecommunication Markets, February 2014, S. 17. 565 Grubb, Rev. Ec. Stud. 82 (2015), 219, 228 f. modelliert hierzu rationale Unaufmerksamkeit als Abwägung zwischen Kosten und Nutzen, unter der Annahme, dass aufmerksames Handeln für den Konsumenten Aufwand bedeutet, der kostspielig ist. Verständige Konsumenten antizipieren ihre eigenen Aufmerksamkeitskosten und planen, ob sie zu einem bestimmten Zeitpunkt aufmerksam sein wollen. 566 Ders., Rev. Ec. Stud. 82 (2015), 219, 229 f. modelliert hierzu naive Unaufmerksamkeit dergestalt, dass Konsumenten im Vorhinein den Aufwand bzw. die Kosten ihrer Aufmerksamkeit unterschätzen und daher davon ausgehen, dass sie immer aufmerksam sein werden. Wenn sie später die tatsächlichen, höheren Aufmerksamkeitskosten erfahren, setzten sie diese Erwartung aber nicht um und sind ggf. doch unaufmerksam. 567 Ders., Rev. Ec. Stud. 82 (2015), 219, 221. 568 Ders., Rev. Ec. Stud. 82 (2015), 219, 223. 563

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Wenn die Konsumenten heterogen sind, kann die RechnungsschockRegulierung im Modell die Wohlfahrt erhöhen oder senken, je nach Art der Heterogenität: Wenn die Konsumenten zum Teil aufmerksam, überwiegend aber naiv unaufmerksam sind, erhöht die Rechnungsschock-Regulierung im Modell die soziale Wohlfahrt, kommt den naiven Konsumenten zugute, indem sie ihre Quersubventionierung aufmerksamer Konsumenten beendet und kann allen Konsumenten durch intensivierten Wettbewerb nutzen, wenn die aufmerksamen Konsumenten preissensibler sind als die naiv unaufmerksamen.570 Wenn es hingegen rational aufmerksame Konsumenten mit unterschiedlich hoher erwarteter Nachfrage gibt und die Unternehmen Vertragsvarianten und Zusatzgebühren als Instrument der Preisdiskriminierung zwischen diesen einsetzen, dann kann die Rechnungsschock-Regulierung die soziale Wohlfahrt im Modell etwas verringern und den Konsumenten mit geringer Nachfrage schaden, vor allem auf Märkten mit starkem, aber nicht perfekten Wettbewerb.571 Die theoretische Literatur bejaht eine solche Preisdiskriminierungsfunktion hoher Zusatzgebühren der Telekommunikationsanbieter, allerdings auch erhebliche Marktmacht der Anbieter und naiv unaufmerksame Verbraucher. Eine eindeutige Bewertung ist deshalb im theoretischen Modell nicht möglich.572 Vor diesem Hintergrund hat es die Aufsatzserie unternommen, mit ihrem oben erwähnten Datensatz zur Mobiltelefonie-Nutzung US-amerikanischer Studenten einer unbenannten Universität aus dem Zeitraum Februar 2002 bis Juni 2005 zu simulieren, wie sich die zwischen 2011 und 2013 auf Druck der FCC umgesetzte Selbstregulierung ausgewirkt hätte, wenn sie bereits 2002 bestanden hätte.573 Ausgehend von der Datenbasis geht diese Simulationsrechnung davon aus, dass die Konsumenten zwar preissensibel, aber naiv unaufmerksam sind. Demnach sind die Warnmitteilungen informativ und veranlassen die Verbraucher zu geringerer Telefonnutzung. 574 Außerdem berücksichtigt die Simulation Lerneffekte.575 Laut den Ergebnissen würde das Bill-Shock-Agreement den Verbrauchern zwar wiederum erheblich nützen, wenn man – eher realitätsfern – davon ausginge, dass die Unternehmen nicht mit Preisänderungen reagieren.576 Sobald Ders., Rev. Ec. Stud. 82 (2015), 219, 243. Ders., Rev. Ec. Stud. 82 (2015), 219, 221 f., 229 ff., 243. 571 Ders., Rev. Ec. Stud. 82 (2015), 219, 221–223, 243. 572 Ders., Rev. Ec. Stud. 82 (2015), 219, 222. 573 Grubb / Osborne, Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234. 574 Dies., Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234, 235. 575 Dies., Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234, 237, 240, 245 f., 251 f., 261. 576 Dies., Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234, 235, 264 (Wohlfahrtszuwachs pro Verbraucher von 103 $/Jahr, jährliche Gewinneinbuße der Industrie von 196 $ je Verbraucher), 268 („large effect“). 569 570

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man aber – naheliegende – endogene Preisänderungen in Betracht zieht, errechnet die Studie, dass die Vereinbarung im Ergebnis die Wohlfahrt der Konsumenten vermindert: Erneut ergibt sich, dass die Unternehmen zwar ihre Preise für zusätzliche Einheiten senken, dafür aber das Inklusivvolumen reduzieren sowie die Festpreise anheben.577 Diese Preisänderungen sind für die Unternehmen nahezu gewinnneutral, den Konsumenten, die overconfidence unterliegen, erscheinen sie allerdings als Preiserhöhung, weil sie den Nutzen von Bill-Shock-Warnungen unterbewerten. Dadurch wechseln diese Konsumenten verstärkt zu ihrer jeweiligen nächstbesten Alternative (outside option), wodurch die soziale Wohlfahrt sinkt.578 In der Simulation stellen zwei Prozent der Verbraucher ihren Konsum ein, und mehr als ein Viertel wechselt zu einem volumenstärkeren und damit teureren Tarif.579 Insgesamt bleibt die Telefonienutzung zwar im Mittel unverändert, aber der durchschnittliche Wert pro Anruf sinkt.580 Alles in allem halten die Unternehmen ihre Gewinne pro Verbraucher und Jahr etwa konstant (plus 7 $), während die Gesamtwohlfahrt pro Person leicht fällt (um 26 $) und die jährliche Konsumentenrente leicht sinkt (um 33 $ pro Person).581 Hierbei handelt es sich allerdings nur um einen Durchschnittswert. Der Simulation zufolge profitiert ein kleiner Teil von Konsumenten – jene mit Zusatzgebühren von über 50 $ – erheblich, während Verbraucher mit Zusatzgebühren unter 50 $ mehr zahlen.582 Bemerkenswert ist schließlich eine ergänzende Simulation zu den Folgen, wenn es gelänge, Konsumenten ihre overconfidence zu nehmen (debiasing): In diesem Fall würden die Unternehmen ihr Angebot an dreigliedrigen Tarifen einstellen und nur noch zweigliedrige Tarife anbieten (Fixgebühr und konstanter Preis pro Einheit), mit der Folge, dass die RechnungsschockWarnhinweise keinen Effekt mehr hätten. Die soziale Wohlfahrt würde allerdings sinken.583 Relevant könnte dieses Szenario sein, wenn man – theoretisch denkbar – davon ausgeht, dass overconfidence (nur) durch die naive Dies., Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234, 235. Dies., Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234, 236, 265. 579 Dies., Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234, 235, 265. 580 Das erklären dies., Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234, 236, 265 f. mit zwei Punkten: Die Konsumenten, die in ihrem angestammten Tarif bleiben, verringern ihre TelefonieNutzung als Reaktion auf sinkende Inklusivvolumina und Bill-Shock-Warnungen um relativ wertvolle (nutzensteigernde) Anrufe. Diejenigen, die ihren Tarif wechseln, telefonieren anschließend mehr, weil der marginale Preis für sie gesunken ist. Damit kommen aber nur Anrufe mit relativ geringem (Nutzen-)Wert hinzu. 581 Dies., Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234, 235, 265 f. 582 Dies., Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234, 235, 266. 583 Dies., Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234, 235, 266 f.: Eliminierung von overconfidence allein verringert in der Simulation die soziale Wohlfahrt, weil sich die relevanten marginalen Preise weiter von den Grenzkosten entfernen; demgegenüber steigt die soziale Wohlfahrt, wenn alle biases der Konsumenten beseitigt werden, die in der Studie auftreten. 577 578

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Unaufmerksamkeit der Konsumenten entsteht. In diesem Fall wäre anzunehmen, dass Rechnungsschock-Mitteilungen die Selbstüberschätzung der Konsumenten verringert bzw. beseitigt.584 3. Einschränkungen der Simulationsstudien Die Simulationsrechnungen zu Informationspflichten als Maßnahme gegen Rechnungsschocks bieten interessante Einsichten, sind dessen ungeachtet aber aus mehreren Gründen mit Vorsicht zu sehen. a) Zusammensetzung der Stichproben Erstens nutzen beide Studien Daten aus den USA – insoweit ist denkbar, dass sich die dortigen Konsumenten in bestimmter Hinsicht anders verhalten als jene aus anderen Ländern. Wie angedeutet gibt es dafür gewisse empirische Indizien.585 Bestärkt werden diese durch verhaltensökonomische Forschung, die kulturelle Unterschiede bei overconfidence nachgewiesen hat.586 Zweitens verwenden beide Studien relativ alte Daten (Zeitraum 2000– 2001587 bzw. 08/2002–07/2004588) aus einer Zeit, in der Mobiltelefonie und SMS noch recht neu waren,589 am Massenmarkt noch kein mobiles Internet einschließlich Daten-Roaming angeboten wurde und Smartphones als Produktkategorie noch nicht existierten, so dass Mobiltelefone homogener waren als heutzutage.590 Folglich erfassen die Studien weder Rechnungsschocks durch automatische Interneteinwahl noch die Wirkung von Informationspflichten mit Blick auf Kosten für mobiles Internet und Datenroaming. Außerdem ist zu bedenken, dass die heutige Tarifstruktur von der damaligen abweicht: Angesichts zusätzlicher Dienste ist sie komplizierter als früher,591 zudem waren die Kapazitäten der Anbieter in der Anfangszeit der Mobilfunkindustrie eng begrenzt, weshalb unlimitierte Tarifangebote ungewöhnlich und Dies., Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234, 269. Siehe oben Fn. 525, 527 und den begleitenden Text. 586 Überblick über diese Studien bei Schweizer, Kognitive Täuschungen vor Gericht, 29.6.2005, S. 267 Rn. 798 m. w. N. 587 Jiang, An Empirical Modell of the Effect of “Bill Shock” Regulation in Mobile Telecommunication Markets, February 2014, S. 8. 588 Grubb / Osborne, Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234, 241; ihre Stichprobe reicht zeitlich etwas weiter, die Autoren nutzen für ihre Untersuchung aber nur diesen Zeitraum. 589 Siehe dazu dies., Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234, 240: Verhältnis von Mobiltelefonanschlüssen zur Gesamtbevölkerung (penetration rate) lag in den USA 2002 bei 49 %, 2010 bei 98 %; Jiang, An Empirical Modell of the Effect of "Bill Shock" Regulation in Mobile Telecommunication Markets, February 2014, S. 8. 590 Jiang, An Empirical Modell of the Effect of “Bill Shock” Regulation in Mobile Telecommunication Markets, February 2014, S. 8. 591 Bar-Gill / Stone, 9 J. Emp. Legal Stud. 430, 433 (2012). 584 585

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wenn es sie gab anders ausgestaltet waren als heutzutage.592 Andererseits könnten sich Verbraucher möglicherweise inzwischen an die neuen Dienste gewöhnt und zunehmend ein recht gutes Verständnis ihrer Nutzungsmuster entwickelt haben.593 Ebenso ist es denkbar, dass Verbraucher das eigene Nutzungsverhalten in den Bereichen Telefonie und Internet unterschiedlich gut vorhersagen und nachverfolgen können. Mit ähnlichen Einschränkungen ist der Erkenntniswert des erwähnten Tarifexperiments aus Kentucky behaftet, das weitgehend rationales Verbraucherverhalten zeigte. Auch dort stand nur Telefonie in Rede, und die damaligen Konsumenten konnten nur aus zwei Tarifen wählen (davon eine Flatrate),594 wobei sie überdies die quasiexperimentelle Situation zu einer besonders sorgfältigen Entscheidung angehalten haben könnte.595 Drittens weisen die Stichproben neben der zeitlichen und nationalen Dimension weitere Spezifika auf, die ihre Verallgemeinerungsfähigkeit einschränken: Die erste Studie verwendet nationale Querschnittsdaten (crosssectional data), und muss deshalb Lerneffekte außen vor lassen,596 obgleich viele Konsumenten jedenfalls bei einfachen Tarifwahlentscheidungen nachgewiesenermaßen schnell Lernfortschritte erzielen. Zudem stellte im Rahmen der Erhebung der Daten nur ein relativ kleiner Teil der befragten Haushalte mit Mobiltelefon ihre Rechnung zur Verfügung, so dass Auswahleffekte denkbar sind (selection bias).597 Jiang, An Empirical Modell of the Effect of "Bill Shock" Regulation in Mobile Telecommunication Markets, February 2014, S. 15. Zur fehlenden Verfügbarkeit von Flatrates siehe auch Bar-Gill / Stone, 9 J. Emp. Legal Stud. 430, 440 (2012), in deren Datensatz aus dem Zeitraum September 2001 bis Mai 2003 die Kunden aus mehreren Tarifen des in Rede stehenden Anbieters wählen konnten, von denen keiner als Flatrate ausgestaltet war. 593 Bar-Gill / Stone, 9 J. Emp. Legal Stud. 430, 433 (2012). 594 Damit lagen Such- und Bewertungskosten fern, Miravete, Am. Ec. Rev. 93 (2003), 297, 298; Miravete / Palacios-Huerta, Rev. Ec. and Statistics 96 (2014), 524, 527. 595 Lambrecht / Skiera, J. Marketing Research 43 (2006), 212, 214. 596 Dazu Grubb / Osborne, Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234, 239. Dieser Mangel betrifft abgeschwächt auch die Untersuchung von Bar-Gill / Stone, 9 J. Emp. Legal Stud. 430, 440 f. (2012), deren Daten nicht ersichtlich machen, welche Verbraucher durch längere Mindestvertragsdauern gebunden waren und die Lerneffekte durch Tarifwechsel ohnehin explizit außen vor lassen. Stattdessen konzentrieren sich Bar-Gill / Stone auf jene Konsumenten, die langsam lernten (a. a. O. S. 441). 597 Jiang, An Empirical Modell of the Effect of "Bill Shock" Regulation in Mobile Telecommunication Markets, February 2014, S. 8 f.: 262.826 befragte Haushalte, von denen 130.259 über mindestens ein Mobiltelefon verfügten. Von diesen gaben 16.914 ihre Telefonrechnung an, also rund 13 % (Jiang spricht a. a. O. S. 9 etwas beschönigend von „around 16 percent“). Denkbar ist namentlich, dass Konsumenten mit bestimmten Eigenschaften ihre Rechnungen nicht aufheben und dadurch aus der Erhebung herausfallen (etwa: besonders sorglose Konsumenten; Konsumenten mit besonders hohen Rechnungen, die sich für ihre Rechnung schämen; Selbständige, bei denen sich private und berufliche Anschlussnutzung vermischt). Allerdings ist die Stichprobe jedenfalls insoweit repräsenta592

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4. Kapitel: Rechtsdogmatik, Rechtsvergleichung und Rechtsökonomik

Die zweite, verhaltensökonomische Studie verwendet Daten von Studenten einer großen („major“) Universität, die Telefontarife nutzten, welche von einem nationalen Teilnehmernetzbetreiber in Verbindung mit der Universität angeboten wurden. Indes sind schon Studenten als solche in ihrem Nutzungsverhalten wahrscheinlich nicht repräsentativ, zumal die Studenten dieser Stichprobe aus anderen Tarifen wählen konnten als die breite Bevölkerung.598 Studenten könnten auch vergleichsweise unerfahrene und damit stärker von overconfidence betroffene Nutzer sein.599 Hinzu kommt, dass es sich um Studenten einer einzigen (unbenannten, ggf. elitären) Universität handelte, die bestimmte Milieus mit spezifischen Konsumgewohnheiten und einer spezifischen Zahlungsbereitschaft anziehen könnte.600 Aus all diesen Gründen ist fraglich, ob sich die Ergebnisse unbesehen extrapolieren lassen. b) Vorläufigkeit der verhaltensökonomischen Erkenntnisse Die Erkenntnisse der Behavioral Industrial Organization sind bemerkenswert, allerdings ebenfalls in verschiedener Hinsicht noch unter Vorbehalt zu sehen. Erstens besteht wie gezeigt selbst unter Verhaltensökonomen keine Einigkeit darüber, welche biases genau am Werk sind, bzw. in welchem Verhältnis mehrere, in den Stichproben ermittelte Verzerrungen zueinander stehen. Zudem finden sich in den Stichproben gewisse Indizien dafür, dass noch weitere, bisher nicht näher beleuchtete biases im Spiel sein könnten.601 tiv, als sie die damaligen Marktanteile der etablierten Anbieter auf dem Mobilfunkmarkt korrekt widerspiegelte. 598 Grubb / Osborne, Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234, 240 f. 599 Dies., Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234, 241 verweisen insoweit lediglich auf einen Kommentar eines anonymen Preismanagers eines führenden US-Teilnehmernetzbetreibers, demzufolge die von Grubb, Am. Ec. Rev. 99 (2009), 1770 mit einer Analyse derselben Stichprobe herausgearbeiteten Muster weitgehend mit internen Untersuchungen auf Basis größerer Kundengruppen übereinstimmten. 600 Beispielsweise könnten sich die Studenten verschiedener Universitäten nach dem Einkommen ihrer Eltern unterscheiden. Sofern eine Universität tendenziell von Studenten aus überdurchschnittlich vermögenden Elternhäusern besucht wird, wäre zu vermuten, dass diese Studenten über ein relativ hohes Budget zur Lebenshaltung verfügen, deshalb weniger preissensibel sind und ggf. auch infolgedessen ihren Nutzungsstand nicht aufmerksam zur Vermeidung von Zusatzgebühren nachverfolgen, wie es in der Stichprobe von Grubb /  Osborne, Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234 der Fall war. Tatsächlich weisen die Autoren am Rande darauf hin, dass die betrachteten Studenten weniger preissensibel waren, dies., Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234, 241 Fn. 13. Ergänzende Tests im Online-Appendix zu diesem Punkt ergeben immerhin zumindest insoweit qualitativ weitgehend ähnliche Ergebnisse, siehe dies., Cellular Service Demand: Biased Beliefs, Learning, and Bill Shock, Online Appendix, May 2014 , S. 37–40 (geprüft am 28.11.2017). 601 Siehe Bar-Gill / Stone, 9 J. Emp. Legal Stud. 430, 447 (2012).

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Zweitens hat die Forschung zu Rechnungsschocks im Kontext dreigliedriger Tarife naheliegende Zusammenhänge mit weiterer verhaltenswissenschaftlicher Forschung zu solchen Tarifen noch nicht einbezogen. So zeigen Studien zur Mobilfunknutzung, dass sich das Nachfrageverhalten der Konsumenten allein durch den Wechsel von einem zwei- zu einem dreigliedrigen Tarif verändert. Das liegt darin begründet, dass ein zweigliedriger Tarif aus Verbrauchersicht insofern keinen besonders genussvollen Konsum bereitet, als beständig weitere Gebühren anfallen (taximeter effect).602 Demgegenüber führt das Inklusivvolumen („Freivolumen“) eines dreigliedrigen Tarifs zu einer positiven affektiven Reaktion, welche die Nachfrage der Verbraucher steigen lässt und sogar den Konsum jenseits des Inklusivvolumens erfasst. 603 Dahinter steht das aus anderen Zusammenhängen bekannte Phänomen des prospective accounting.604 Dreigliedrige Tarife können so die Nutzung der Kunden und die Firmengewinne auch ohne overconfidence erhöhen und womöglich Rechnungsschocks begünstigen. Andererseits haben empirische Studien auch anders gelagerte biases der Konsumenten aufgezeigt (insb. den sog. flat-rate bias), die Rechnungsschocks tendenziell entgegenwirken könnten.605

602 603

897.

Lambrecht / Skiera, J. Marketing Research 43 (2006), 212, 213 f., 215–217, 221 f. Ascarza / Lambrecht / Vilcassim, J. Marketing Research 49 (2012), 882, 883, 885 f.,

Näher dazu Beck, Behavioral Economics, 2014, S. 184–187: Dieses Konzept geht von einer doppelten mentalen Kontenführung aus, bei der dem Nutzen aus dem Konsum eines Gutes ein unmittelbarer Zahlungsschmerz gegenübersteht, der die Befriedigung aus dem Konsumakt schmälert. Durch prospective accounting soll aber Konsum, der bereits im Voraus bezahlt worden ist, so genossen werden können, als wäre er kostenlos, und zwar umso mehr, je weiter der Bezahlvorgang zeitlich vor dem Konsumakt liegt, da vergangene Zahlungen gleichsam mental abgeschrieben werden. 605 So ermitteln Lambrecht / Skiera, J. Marketing Research 43 (2006), 212, 217, 221 mit einem repräsentativen Datensatz von 10.882 Kunden eines europäischen Internetanbieters und einer Umfrage bei einigen dieser Kunden, dass die Kunden ihr Nutzungsvolumen deutlich häufiger überschätzen als unterschätzen, und unter anderem deshalb eine Flatrate wählen, obgleich ein volumenabhängiger Tarif für sie günstiger wäre (flat-rate bias). Soweit Kunden ihr Nutzungsverhalten unterschätzen und deswegen einen volumenabhängigen Tarif wählen (pay-per-use bias), wechseln sie diesen anschließend überproportional häufig, während die Kunden mit flat-rate bias bei ihrer Entscheidung bleiben. Generell beobachtet die Literatur namentlich bei Telekommunikationsleistungen häufiger einen flatrate bias und nur selten einen pay-per-use bias, dazu dies., J. Marketing Research 43 (2006), 212, 212 f. m. w. N. Ein flat-rate-bias ist zwar an sich durchaus mit overconfidence der Konsumenten vereinbar, insbesondere als Erklärung für die verbreiteten dreigliedrigen Tarife (Grubb, Am. Ec. Rev. 99 (2009), 1770, 1793). Erklärt man einen flat-rate-bias gerade mit einer Überschätzung des zukünftigen Konsums, dürfte das aber nicht mehr ohne weiteres gelten, siehe Bar-Gill / Stone, 23 Harv. J. Law & Technology 49, 80 Fn. 139 (2009). 604

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4. Kapitel: Rechtsdogmatik, Rechtsvergleichung und Rechtsökonomik

Angesichts dieser Unklarheiten, vor dem Hintergrund, dass verhaltensökonomische Effekte stark kontextabhängig sind sowie mit Blick auf Alter und Einschränkungen der untersuchten Stichproben müssen die Befunde als vorläufig betrachtet werden. Drittens ist daran zu erinnern, dass sich die beschriebenen dreigliedrigen Tarifstrukturen in einem Modell mit rationalen Erwartungen auch durch Preisdiskriminierung zwischen Konsumenten mit stark schwankendem Bedarf und solchen mit relativ moderatem, stabilem Bedarf erklären lassen.606 Die vorstehenden US-amerikanischen Studien haben diese Hypothese zwar verworfen,607 angesichts der dargelegten Einschränkungen der Stichproben dürfte man diesen Befund aber ebenfalls kaum unbesehen verallgemeinern können. Viertens deutet etwas neuere empirische Forschung zu China und Südasien darauf hin, dass sich Konsumenten sehr wohl aufmerksam verhalten, und offenbar keiner Spielart von overconfidence erliegen, wenn sie die Möglichkeit haben, ihren Minutenstand nachzuverfolgen.608 Insofern könnte die vermeintliche Selbstüberschätzung US-amerikanischer Nutzer in der Zeit nach der Jahrtausendwende tatsächlich häufig Ausdruck mangelnder Information und geringer Erfahrung (gewesen) sein, in dem Sinne, dass sie über Versuch und Irrtum einschließlich etwaiger Rechnungsschocks lernen mussten. Auch hier gilt wieder der Vorbehalt möglicher kultureller Unterschiede bei der Ausprägung von overconfidence.609 c) Lücken in Modellen und Simulationen Die behandelten Modelle und Simulationsrechnungen kommen naturgemäß nicht ohne vereinfachende Annahmen aus.610 Die dadurch erreichte Komplexitätsreduktion ist gerade Sinn und Zweck des ökonomischen Modells und oft nicht nur eine analytische Notwendigkeit, sondern eine wesentliche Stärke. Dessen ungeachtet ist stets zu beachten, inwieweit vereinfachende Annahmen den Blick auf potentiell wesentliche Aspekte verstellen. Insoweit fallen zwei weitere grundsätzliche Punkte auf.

Allgemein am Beispiel von Preisen für Flugzeugtickets Courty / Hao, Rev. Ec. Stud. 67 (2000), 697–717; darauf aufbauend im Kontext des Mobilfunkmarktes Grubb, Am. Ec. Rev. 99 (2009), 1770, 1794–1796; Bar-Gill / Stone, 9 J. Emp. Legal Stud. 430, 435 f. (2012); ferner knapp Grubb, J. Ec. Persp. 29 (2015), 9, 18 f. 607 Grubb, Am. Ec. Rev. 99 (2009), 1770, 1796 ff.; Bar-Gill / Stone, 23 Harv. J. Law & Technology 49, 87–90 (2009); dies., 9 J. Emp. Legal Stud. 430, 442–444 (2012). 608 Siehe oben Fn. 525, 526 und den begleitenden Text; dazu Grubb / Osborne, Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234, 245. 609 Dazu oben Fn. 586 und den begleitenden Text. 610 Zum Ganzen Grubb / Osborne, Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234, 238. 606

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(1) Konsequenzen datenschutzrechtlicher Nebenwirkungen? Zum einen liegt die Frage nahe, inwieweit sich datenschutzrechtliche Implikationen auf das Verhalten der Anbieter auswirken. Wie gezeigt erweitert die Rechtsprechung zu Rechnungsschocks die Datenverarbeitungskompetenzen der Anbieter. Gleiches gilt für die getroffenen regulatorischen Maßnahmen. Es liegt nicht fern, dass das hierdurch gewonnene Wissen auch zur gewinnmaximierenden Optimierung der eigenen Strategie genutzt wird. (2) Kosten der Umsetzung Weiterhin nehmen die vorliegenden Studien implizit an, dass die Bereitstellung von Warnmitteilungen kostenlos erfolgt und als solche keinen Einfluss auf das Verhalten der Telekommunikationsanbieter hat. Das ist insofern gerechtfertigt, als die Kosten der erstmaligen Einrichtung geeigneter Warnsysteme aus Sicht der Anbieter versunken und daher, soweit man rationales Verhalten unterstellt, bei der weiteren Strategie nicht zu berücksichtigen sind. Etwas anderes gilt aber jedenfalls mit Blick auf Kosten für laufende Anpassung, Betrieb und Pflege der Echtzeit-Warnsysteme. Naheliegend ist, dass sie an die Kunden weitergegeben werden, also auf die Preise durchschlagen, da sie bei allen Anbietern in gleicher Weise anfallen. Je erheblicher diese Kosten sind, umso eher können sie überdies als Markteintrittsbarriere wirken und auch dadurch zu steigenden Preisen beitragen. Steigende Preise bedeuten grundsätzlich Wohlfahrtsverluste, da die Kontraktzone für wohlfahrtsförderliche Austauschgeschäfte schrumpft. Rechtsökonomisch wäre das nur unter zwei Voraussetzungen sinnvoll: Erstens müsste die Information, welche durch die Warnsysteme bereitgestellt wird, wohlfahrtsförderlich sein, und zweitens müsste sie effizient, d. h. möglichst kostengünstig erhoben werden. An beidem bestehen Zweifel. Mit Blick auf den ersten Punkt zeigt die vorliegende verhaltensökonomische Forschung keine (eindeutigen) Wohlfahrtsgewinne der Warnhinweise auf. Mit Blick auf den zweiten Aspekt wäre zu fragen, wer am besten geeignet ist, die nötige Information zur Vermeidung von Rechnungsschocks zu erheben, wer also der cheapest information provider ist, analog zum cheapest cost avoider bei der ökonomischen Analyse des Haftungsrechts.611 Wenn der 611 Aus der Literatur zu Informationspflichten Busch, Informationspflichten im Wettbewerbs- und Vertragsrecht, 2008, S. 43 f.; Lehmann, NJW 1981, 1233, 1240; Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, 1998, S. 464; mit Einschränkungen Breidenbach, Die Voraussetzungen von Informationspflichten beim Vertragsschluß, 1989, S. 44 (Bedarf einer weiteren, juristischen Wertung), 46 f. (nur für präsente Informationen). Zum Konzept des cheapest cost avoider siehe aus der deutschen rechtsökonomischen Literatur Schäfer / Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 5. Aufl. 2012, S. 252–254; ideengeschichtlich Söllner, Die Geschichte des ökonomischen Denkens, 3. Aufl. 2012, S. 132 f.; grundlegend Calabresi, The Costs of Accidents, 1970, S. 136 ff.

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4. Kapitel: Rechtsdogmatik, Rechtsvergleichung und Rechtsökonomik

Kunde auf eigene Faust ein Smartphone oder einen Router von einem Dritten erwirbt und dieser anschließend zu Problemen führt, liegt als cheapest information provider der Hersteller bzw. Verkäufer612 des technischen Geräts nahe, insb. mit Blick auf die Gefahr, dass sich das Gerät automatisch ins Internet einwählt. Eine entsprechende Warnung kann der Hersteller und/oder Verkäufer ohne besonderen Aufwand beim Kauf des Geräts geben oder der Packung beilegen.613 Auch das Risiko unzulänglicher Gerätebeherrschung kann am besten der Hersteller/Verkäufer durch eine geeignete Menüführung, Gebrauchshinweise sowie angemessene Beratung vermeiden.614 Diese alternativen Vermeidungsmöglichkeiten und ihre – möglicherweise geringeren – Kosten bleiben in den vorliegenden Studien bisher außen vor. Demgegenüber muss der Telekommunikationsdiensteanbieter erheblichen Überwachungsaufwand im Verhältnis zu allen Nutzern betreiben, um eine atypische Nutzung einer Minderheit zeitnah erkennen und reagieren zu können. In der Sache erlegt die Rechtsprechung dem Telekommunikationsdiensteanbieter hier eine Art Produktbeobachtungspflicht für Fremdgeräte mit entsprechenden Kosten auf.615

612 Zur Haftungszuweisung an Hersteller oder Händler vgl. Lehmann, NJW 1981, 1233, 1240 f. 613 Zutreffend daher OLG Schleswig, MMR 2011, 836, 838. Versteckte Hinweise genügen hingegen nicht. Dies ergibt sich jedenfalls aus den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen zu Informationsnebenpflichten, zudem kann bei versteckten Warnungen in Gebrauchshinweisen ggf. § 305c I BGB eingreifen, Schünemann, BB 1987, 2243, 2249. 614 Umgekehrt ist damit nicht gesagt, dass der Verkäufer den Kunden stets umfassend in den Gebrauch eines Smartphones einweisen müsste. Sofern das Gerät keine spezifischen Fallstricke birgt und der Verkäufer nicht ausnahmsweise von einer besonderen Schutzwürdigkeit des Kunden ausgehen muss, kann von diesem durchaus verlangt werden, sich anhand einer beigefügten Gebrauchsanweisung zu informieren, in diesem Sinne in einem Rechnungsschock-Fall AG Lichtenberg, MMR 2012, 232, 233 mit zustimmender Anmerkung Börner, MMR 2012, 232 f. 615 Scharf ablehnend Schaal, MMR 2013, 747, 748: „Der Mobilfunkanbieter müsste bei Vertragsschluss über hellseherische Fähigkeiten verfügen und antizipieren, dass der Verbraucher in naher Zukunft vielleicht die Nutzung eines Smartphones in Betracht zieht. Dies würde jedoch eine globale Aufklärungspflicht über sämtliche vorstellbaren Lebenssachverhalte bedeuten, was von den Mobilfunkanbietern nicht geleistet werden kann. […] Daher dürfen sich nebenvertragliche Schutzpflichten nur auf den konkreten Vertragsinhalt beziehen […]. Hieraus folgt, dass derartige Nebenpflichten nicht bestehen, wenn die Übergabe eines Smartphones nicht vertraglich vereinbart war. Aus einem nicht im Vertrag geregelten Umstand können nämlich keine Nebenpflichten resultieren. Diesen Umstand hat der BGH in seinem Urt. v. 19.7.2012 (MMR 2012, 700) gänzlich vernachlässigt und führt sogar noch aus, dass dem Verbraucher „die Nutzung anspruchsvoller Technik angeboten wird“, obwohl im dortigen Verfahren die Hardware unstreitig nicht vom Anbieter zur Verfügung gestellt wurde. In diesem Fall ist es aber unbillig, den Anbieter in eine Art Störerhaftung nehmen zu wollen.“

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IV. Zwischenergebnis: Zentrale Erkenntnisse Nimmt man zusammenfassend den Stand der Forschung zu Rechnungsschocks – verstanden im weiten Sinne der US FCC – auf dem Telekommunikationsmarkt und dagegen gerichtete verpflichtende Warnhinweise in den Blick, fällt das Fazit zu den gesicherten Erkenntnissen recht ernüchternd aus: Über die möglichen Ursachen von Rechnungsschocks besteht zwar im Grundsatz weitgehend Einigkeit: In Betracht kommen erstens (beschränkt) rationale Unaufmerksamkeit bzw. Lerneffekte angesichts neuer Techniken und hoher Suchkosten sowie zweitens verhaltenspsychologische biases. Die jüngere Literatur stellt letztere in den Vordergrund, während ältere Beiträge schnelle Lernerfolge von Telefonkunden betont haben. Bei alledem ist aber vieles ungeklärt: So wird unterschiedlich beurteilt, welche verhaltenspsychologischen Mechanismen genau am Werk sind und welcher Anteil der Kunden ihnen unterliegt. Zudem ist offen, inwieweit hierbei Unterschiede zwischen verschiedenen Ländern und damit Rechtsordnungen bestehen und inwieweit Studien mit speziellen Datensätzen aus den ersten Jahren nach der Jahrtausendwende verallgemeinerungsfähige, für die heutige Zeit valide Erkenntnisse liefern. Dementsprechend sind auch die Folgen (selbst-)verpflichtender Warnhinweise vor Rechnungsschocks – wiederum im weiten Sinne der US FCC – in vieler Hinsicht ungeklärt. Als weithin robust lässt sich lediglich die Grundaussage festhalten, dass die Unternehmen als Reaktion auf verpflichtende Rechnungsschock-Warnungen ihre Zusatzgebühren verringern, aber ihre monatlichen Gebühren erhöhen werden, wodurch die Gewinne der Firmen – bei gleichbleibender Wettbewerbsintensität – unverändert bleiben und die Vorteile für die Konsumenten untergraben werden sollten.616 Zudem ist gemäß den vorliegenden Untersuchungen eine Umverteilungswirkung zwischen verschiedenen Konsumentengruppen sehr naheliegend, wenngleich nicht abschließend gesichert: Ausgehend vom Modell unaufmerksamer, aber rationaler Konsumenten profitieren Vielnutzer zulasten von Wenignutzern. Auf Grundlage des verhaltensökonomischen Modells spricht – abhängig vom genauen Szenario – einiges dafür, dass vor allem ein eher kleiner Teil von Konsumenten profitiert, deren Entscheidungen (relativ stark) verzerrt sind bzw. die vergleichsweise viel Zusatzgebühren zahlen, während verständige (rationale) Verbraucher bzw. solche, die wenig Zusatzgebühren zahlen, schlechter stehen. V. Folgerungen für das Zivilrecht Die Frage, ob und wie Warnhinweise mit diesem ambivalenten Befund rechtsökonomisch gerechtfertigt werden können, führt tief in die Debatte um 616

Grubb / Osborne, Am. Ec. Rev. 105 (2015), 234, 269.

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Rechtspaternalismus durch Verbraucherschutzrecht. Sie ist im deutschsprachigen Schrifttum bereits mehrfach eingehend untersucht worden,617 und braucht deshalb hier nicht umfassend entfaltet zu werden. Vielmehr genügt es, die im vorliegenden Kontext maßgeblichen Punkte zu skizzieren. 1. Kosten ausbleibender Lernerfolge Erstens zeigen die Studien, dass der weit überwiegende Teil der Konsumenten auch ohne Warnhinweise und ohne schockartige Rechnungen rasch aus Fehlern lernt und seine Tarifwahl bzw. seinen Konsum entsprechend anpasst.618 Zwar bestehen Anreize der Unternehmen, rationale Verbraucherentscheidungen zu erschweren. Simulationsstudien zeigen allerdings, dass Lerneffekte der Verbraucher durchaus zu einer Win-win-Situation führen können, indem Unternehmen, die Konsumenten das Lernen erleichtern, z. B. durch Instrumente zur Nachverfolgung der Nutzung, die Dauer ihrer Kundenbeziehungen und damit ihren Gewinn steigern. 619 Allgemein kann man umso eher auf Lernerfolge setzen, je häufiger eine Entscheidung stattfindet, wenn die Folgen einer Fehlentscheidung nicht gravierend sind und wenn Fehlentscheidungen auf einem behebbaren Rationalitätsdefizit anstatt auf resistenten Verhaltensverzerrungen beruhen.620 Bei monatlichen Telefonabrechnungen ist das im Ausgangspunkt ganz weitgehend der Fall. Soweit man demnach davon ausgehen kann, dass Verbraucher lernen und der Markt auf die Nachfrage dieser zunehmend kundigen Verbraucher eingeht, spricht dies gegen tiefgreifende und breitflächig wirkende Eingriffe. 621 Denn ein präferenzgerechteres Entscheidungsverhalten durch Lernen hat für das einzelne Rechtssubjekt ebenso wie für den Rechtsverkehr langfristig einen eigenständigen Nutzen:622 Individuell sind Lerneffekte ein Motor perJüngst eingehend Schmolke, Grenzen der Selbstbindung im Privatrecht, 2014 mit umfassenden Nachweisen; aus dem etwas weiter zurückliegenden Schrifttum etwa Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, 1998; in größerem Kontext Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 1995. 618 So auch Bar-Gill / Stone, 9 J. Emp. Legal Stud. 430, 454 (2012), viele Beispiele zu Marktreaktionen auf Lernerfolge von Konsumenten im Telekommunikationsmarkt bei dies., 23 Harv. J. Law & Technology 49, 99–104 (2009). 619 Iyengar / Ansari / Gupta, J. Marketing Research 44 (2007), 529, 530, 543; Ähnliches könnte für Unternehmen gelten, die mit neuen Vertragsgestaltungen Verbrauchern Abhilfe bei der (Un-)Sicherheit über die Prognose ihres Konsums bieten, vgl. Bar-Gill / Stone, 23 Harv. J. Law & Technology 49, 101 f. (2009) zu AT&Ts „Rollover Minutes“. 620 Rachlinski, 97 Nw. U. L. Rev. 1165, 1168 f., 1219–1225 (2002–2003); Eidenmüller, AcP 210 (2010), 67, 73; Schmolke, Grenzen der Selbstbindung im Privatrecht, 2014, S. 31 (knapp), 164 f. (Kosten ausbleibender Lernerfolge), 224 f. (zur Argumentation Rachlinskis), 244 (Stellungnahme). 621 Ebenso Bar-Gill / Stone, 9 J. Emp. Legal Stud. 430, 454 (2012). 622 Schmolke, Grenzen der Selbstbindung im Privatrecht, 2014, S. 164 f.; Rüping, Der mündige Bürger, 2017, S. 209. 617

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sönlicher und wirtschaftlicher Weiterentwicklung, kollektiv entfaltet sich die ökonomische Macht der Verbraucher nur vollständig, wenn schwache Produkte durch reflektiertes Entscheidungsverhalten im Wettbewerb unterliegen.623 Soweit man Verbraucher ohne Not von einer eigenverantwortlichen Prüfung „entwöhnt“, droht zudem ein circulus vitiosus mit weiterem hoheitlichen Interventionsbedarf.624 Vorliegend lassen sich danach Eingriffe in erster Linie bei extremen Rechnungsschocks begründen, deren Kosten man als zu hohen Preis für etwaige Lernerfolge erachtet. Solche Fälle begegnen wie gezeigt in der Rechtsprechung, relativ betrachtet sind sie gleichwohl sehr selten. In Betracht kommen damit vorrangig Instrumente, die keine regulierungsgleiche Breitenwirkung entfalten. 2. Folgenbewertungen von Sozialwahlentscheidungen Paternalistische Eingriffe werden aus (rechts-)ökonomischer Perspektive nur befürwortet, wenn ihr Nutzen die Kosten übersteigt, wenn sie also die Wohlfahrt (Effizienz) in einer Gesamtbetrachtung (in ökonomischer Terminologie: im Aggregat) erhöhen.625 Bei Unsicherheit sind Wahrscheinlichkeitsbewertungen möglich und erforderlich. Je unsicherer aber die Grundlage und damit das Ergebnis des Wahrscheinlichkeitsurteils, desto größere Zurückhaltung ist bei Interventionen angezeigt. Im Zweifel hat aus verfassungsrechtlichen Gründen in dubio pro libertate zu gelten, d. h. eine Intervention zu unterbleiben.626 Ob allgemeine verpflichtende Warnhinweise gegen – weit verstandene – Rechnungsschocks wohlfahrtsförderlich sind, ist nach gegenwärtigem Forschungsstand sehr zweifelhaft. a) Keine Pareto-Effizienz Von den diskutierten Kriterien, um eine Wohlfahrtssteigerung festzustellen, gilt das sog. Pareto-Kriterium als besonders weit zustimmungsfähig. Es verlangt, dass keine Person schlechter, aber mindestens eine besser gestellt wird – auf diese Weise vermeidet es einen interpersonellen Nutzenvergleich.627 So treffend Rüping, Der mündige Bürger, 2017, S. 209. Ders., Der mündige Bürger, 2017, S. 209 f. 625 Eingehend Schmolke, Grenzen der Selbstbindung im Privatrecht, 2014, S. 138 ff., insb. S. 150 f., 171; zu Widerrufsrechten Eidenmüller, AcP 210 (2010), 67, 71. 626 Zum Ganzen Schmolke, Grenzen der Selbstbindung im Privatrecht, 2014, S. 249. 627 Eingehend zu diesem Kriterium Schäfer / Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 5. Aufl. 2012, S. 13–19; zur weiten Zustimmungsfähigkeit dieses Kriterium siehe statt vieler Schmolke, Grenzen der Selbstbindung im Privatrecht, 2014, S. 92. Pareto-effizient wäre die Einführung von Warnhinweisen nur unter zwei Bedingungen: Erstens müssten die Unternehmen die höheren Kosten durch Warnhinweise und Erlöseinbußen vollständig auf die Preise überwälzen können, und zweitens müssten alle Verbrau623 624

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4. Kapitel: Rechtsdogmatik, Rechtsvergleichung und Rechtsökonomik

Jedenfalls hiernach kann die Einführung von Warnhinweisen nicht als wohlfahrtsförderlich angesehen werden. Vielmehr legen die theoretische und empirische Forschung Verteilungswirkungen einer Verpflichtung zu Warnhinweisen nahe: Zwar ist den Studien zufolge im Aggregat mit keiner (wesentlichen) Umverteilung zwischen der Gruppe der Anbieter und jener der Kunden zu rechnen, wenn und weil die Anbieter mit Preisänderungen reagieren und bei konstanten Wettbewerbsverhältnissen ihr Gewinnniveau halten. Erhebliche Umverteilungen liegen allerdings innerhalb der Gruppe der Telekommunikationskunden nahe. Ausmaß und Richtung sind nicht abschließend geklärt und in hohem Maße kontextabhängig. Als Profiteure kommen aber vor allem Vielnutzer und wenig verständige Konsumenten in Betracht, während sich Wenignutzer und (relativ) verständige Verbraucher tendenziell auf der Verliererseite wiederfinden. In der Folge reduzieren einige Verbraucher ihren Konsum bzw. geben ihn auf, weil die Schutzmaßnahmen für sie nicht den erhöhten Preis wert sind.628 Die Einführung verpflichtender Warnhinweise stellt also eine zu weitgehende (überinklusive) Regelung dar, die eine Umverteilung bewirkt zwischen verständigen Adressaten, für welche die Hilfestellung lediglich ein Kostenfaktor ist, und solchen Adressaten, denen die Regelung nutzt. Die damit angesprochene Problematik ist in der ökonomischen Literatur seit längerem bekannt629 und in jüngerer Zeit vor allem mit Blick auf paternalistische Eingriffe intensiv diskutiert worden.630 Soweit eine passgenaue Typisierung ausscheidet, versucht man ihr mit asymmetrischen Regelungen beizukommen, aus denen der Schutzadressat zu geringen Kosten herausoptieren kann.631 Als ein Mittel der Wahl hierfür wird im Zusammenhang mit Widerrufsrechten eine zwingende Optionsregelung vorgeschlagen.632 Im vorliegenden Zusammenhang ist dergleichen soweit ersichtlich zivilrechtlich nicht versucht worden. Regulierungsrechtlich vorgeschriebene Warnungen kann ein Verbraucher zwar abbestellen. Da diese Warnhinweise kostenlos sein müscher bereit sein, für eine Warnung vor „Rechnungsschocks“ einen höheren Preis zu zahlen, vgl. dazu das Beispiel von Schäfer / Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 5. Aufl. 2012, S. 13 f. 628 Das kann sowohl für rationale Konsumenten als auch für solche mit overconfidence gelten – erstere benötigen tatsächlich keine Warnmitteilungen, letztere unterschätzen deren persönlichen Nutzen. 629 Siehe allg. zu vorgeschriebenen Produktmerkmalen, dargestellt am Beispiel von gesetzlich vorgeschriebener Gewährleistung (warranty) Craswell, 43 Stan. L. Rev. 361, 372 ff. (1991) 630 Siehe Schmolke, Grenzen der Selbstbindung im Privatrecht, 2014, S. 167 f., 221– 224, 225, 234, 250–253. 631 Dazu ders., Grenzen der Selbstbindung im Privatrecht, 2014, S. 168, 221–224, auch zu Problemen und Grenzen rechtlicher Umsetzung S. 251–253. 632 Bsp.: Vertrag mit und ohne Widerrufsrecht, Eidenmüller, AcP 210 (2010), 67, 77 ff.

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sen, darf hieran aber keine Entgeltdifferenzierung geknüpft werden,633 weshalb dies nicht einer Optionsregelung gleichkommt. b) Zweifelhafte Effizienz bei Nutzenaggregation Soweit man eine Aggregation von Wohlfahrtseffekten über verschiedene Konsumenten und Unternehm(seigner) zulässt,634 kann man eine Effizienzsteigerung selbst dann bejahen, wenn das Pareto-Kriterium nicht erfüllt ist. Ob Warnhinweise einen solchen Netto-Wohlfahrtsgewinn oder -verlust erreichen, hängt indes nach gegenwärtigem Forschungsstand in mannigfacher Weise von den Umständen ab. Die vorliegenden Studien deuten darauf hin, dass ernsthaft mit negativen Folgen für die Wohlfahrt zu rechnen ist. Verfehlt wäre es jedenfalls, allein von der Höhe der Zusatzgebühren ohne Warnhinweise auf einen Wohlfahrtszuwachs für die Verbraucher zu schließen, der durch solche Hinweise einträte,635 denn dies ließe wettbewerbliche Anpassungen der Unternehmen außer Acht. c) Legitimation gesetzgeberischer versus zivilgerichtlicher Intervention Wie man diesen Befund bewertet, hängt insbesondere von zwei Umständen ab: Erstens hängt die Bewertung davon ab, für wie wahrscheinlich und wie hoch man Effizienzverluste im Aggregat im Lichte der vorliegenden Studien erachtet. Zweitens wird eine Rolle spielen, inwieweit die Merkmale, welche bestimmen, ob ein Konsument profitiert oder verliert, zufällig unter den Verbrauchern verteilt sind oder sich auf bestimmte Untergruppen konzentrieren.636 633 Ohnehin würde das wohl wenig weiterhelfen, weil die Kosten für technische Implementierung und Betrieb eines Echtzeit-Hinweissystems nur wenig davon abhängen, wie viele Kunden letztlich daran teilnehmen. Soweit die Kosten fix anfallen und die Verträge im Massengeschäft einheitlich geführt werden, weil die Kunden ihre Optionsentscheidung jederzeit ändern können, wird ein Anbieter die Kosten im Zweifel auf alle Kunden umlegen. 634 Hierfür greift man oft auf das sog. Kaldor-Hicks-Kriterium zurück, siehe etwa Schmolke, Grenzen der Selbstbindung im Privatrecht, 2014, S. 150 f., 171; allg. zu Inhalt, Begründung und Kritik dieses Kriteriums Schäfer / Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 5. Aufl. 2012, S. 19–25, ferner S. 26 zur Abgrenzung zum Utilitarismus; Mathis, Effizienz statt Gerechtigkeit?, 3. Aufl. 2009, S. 56–68. Im neueren deutschen Schrifttum wird zudem eine Art Kaldor-Hicks-Kriterium mit normativ bestimmten Gewichtungskoeffizienten vorgeschlagen, die sich an rechtlichen Wertungen ausrichten, letztlich aber einzelfallgebunden im demokratischen Prozess auf gesellschaftlicher Ebene bestimmt werden sollen (Hacker, Verhaltensökonomik und Normativität, 2017, S. 917–925). 635 In diese Richtung aber Bar-Gill / Stone, 9 J. Emp. Legal Stud. 430, 453 f. (2012), die argumentieren, dass die Einbuße an Konsumentenrente durch Zusatzgebühren wohlfahrtsschädlich sei, wenn Aktionäre tendenziell reicher als Konsumenten sind. Dies ist zwar ceteris paribus richtig, verkennt aber, dass ein Wegfall der Zusatzgebühren keine entsprechende Umverteilung bewirken wird, wenn die rationalen Unternehmen ihre Preissetzung anpassen. 636 Craswell, 43 Stan. L. Rev. 361, 376 f. (1991)

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Begreift man einen im vorstehenden Sinne „effizienten“ Paternalismus als Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsgebots und erkennt zugleich an, dass die Effizienz von Warnhinweisen bei erheblichen Zweifeln nicht feststeht, ist dem Gesetzgeber eine gewisse Einschätzungsprärogative zuzubilligen, trotzdem zu regulatorischen Maßnahmen zu greifen. Zudem darf sich der Gesetzgeber aus normativen, politischen Wertungen zumindest in gewissen Grenzen auch bewusst für eine ineffiziente Umverteilung zum Schutz bestimmter Personengruppen entscheiden. Die Gerichte müssen im Zivilrecht insoweit aber größere Zurückhaltung üben. Dass Vorteile für eine Minderheit der Verbraucher mit Nachteilen für die übrigen und mutmaßlich mit NettoWohlfahrtseinbußen erkauft werden, zeigt einen besonderen Rechtfertigungsbedarf einer breitflächigen Implementierung von Warnhinweisen über zivilrechtliche Warn- und Hinweispflichten.637 Die vorstehenden Überlegungen zur Einpassung der Rechnungsschock-Fälle in herkömmliche Begründungstopoi für Warn- und Hinweispflichten, zum lauterkeitsrechtlichen Leitbild des verständigen Verbrauchers und die vergleichende Betrachtung der Haltung einiger Nachbarrechtsordnungen zeigen, dass eine solche Rechtfertigung nicht originär zivilrechtlich durch Richterrecht geleistet werden kann. Die besseren Gründe streiten vielmehr dafür, diesen Schritt dem Gesetzgeber zu überlassen,638 der nachfolgend im Regulierungsrecht in Deutschland und auf Unionsebene auch entsprechend gehandelt hat. Die Gerichte sollten sich über das Zivilrecht hingegen auf Interventionsinstrumente beschränken, die keine regulierungsgleiche Breitenwirkung entfalten, wie es bei der Warnhinweisrechtsprechung der Fall ist. 3. Sachgerechter Ansatzpunkt Nach dem Vorstehenden bestätigt die ökonomische Analyse die juristischdogmatische Erkenntnis, dass Preiskontrolle mit Mitteln des Zivilrechts auf 637 Teilweise a. A. wohl Hacker, Verhaltensökonomik und Normativität, 2017, 190, 924, demzufolge dann, wenn sich auf beiden Seiten der (bei Hacker schon normativ gewichteten!) Ungleichung Kosten und Nutzen einer Intervention die Waage halten, im Zweifel die Interessen der Gruppe der beschränkt rationalen Individuen den Ausschlag geben sollte. 638 Ebenso allg. Tamm, Verbraucherschutzrecht, 2011, S. 177: „Die Schwierigkeiten einer präzisen und justitiablen Grenzziehung im Spannungsverhältnis zwischen formaler Vertragsfreiheit und materieller Vertragsgerechtigkeit legen es – so die m. E. richtige Ansicht – nahe, die Entscheidungskompetenz primär dem Gesetzgeber zu überantworten.“; insoweit im Ergebnis wohl auch Hacker, Verhaltensökonomik und Normativität, 2017, S. 917–925 mit seinem Konzept eines normativen interpersonellen Nutzenvergleichs, wobei die Frage nach der Gewichtung verschiedener Interessen in einem demokratischen Prozess auf gesellschaftlicher Ebene gelöst werden soll. Hacker verweist auf unterschiedliche deliberative Verfahren im Parlament oder per Volksabstimmug (siehe zu seinem Konzept auch soeben Fn. 634, 637).

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besonders anstößige Fälle beschränkt bleiben sollte. Dementsprechend ist in Rechnungsschock-Fällen auf zivilrechtlicher Ebene in Österreich die laesio enormis angewandt, in den USA eine Modifikation der Doktrin der unconscionability639 und in der Schweiz eine Anwendung des Übervorteilungstatbestandes erwogen worden. In ähnlicher Weise haben Verhaltensökonomen unter anderem vorgeschlagen, das Ausmaß zu begrenzen, in dem für Zusatzeinheiten ein Preis über den durchschnittlichen Kosten verlangt werden darf.640 Im deutschen Recht kommt dafür insbesondere § 138 BGB in Betracht. Tatsächlich dürfte die Erklärung dafür, warum die Rechtsprechung eine Umverteilung durch Rechnungsschocks – oft durchaus verständlich – vermeiden will, darin liegen, dass, wie Ogorek zu der verwandten Konstellation der Mehrwertdienste treffend bemerkt hat, der unübersehbare Kern der Problematik in der exorbitanten Höhe der Rechnungen liegt, die vor Gericht kommen.641 Sieht man den Schwerpunkt des Vorwurfs in den hohen Kosten, dann ist der Mobilfunkbetreiber, wenngleich nicht der cheapest, so doch der „surest“ information provider bzw. cost avoider, weil der Rechnungsschock des Kunden zu seinen Gunsten geht. Liegt der Schwerpunkt des Vorwurfs in den hohen Gebühren, steht in der Sache aber eine Preis- und Konditionenkontrolle in Rede, die zivilrechtlich in § 138 BGB, in das AGB-Recht642 und bei Vertragserweiterungen in § 315 BGB gehört, bei irreführenden Preisangaben zudem in das Lauterkeitsrecht und bei Marktbeherrschern in das GWB. Dieser Weg ist, soweit man die Notwendigkeit eines Eingreifens bejaht, auch rechtsökonomisch vorzugswürdig, weil eine direkte Preisregulierung ineffizienten Aufwand für die Bereitstellung von redustribute information 643 ver639 Sympathisierend als Maßnahme gegen ausbeuterische Verbraucherverträge Kőszegi, J. Ec. Lit. 52 (2014), 1075, 1108 mit Fn. 30 („interesting legal perspective“), anknüpfend an Korobkin, 70 U. Chi. L. Rev. 1203, 1255 ff. (2003) (Handhabung der Doktrin durch die Gerichte), 1278 ff. (Reformvorschlag, um mittels dieser Doktrin die Beurteilung von Standardklauseln in Verbraucherverträgen am Maßstab ökonomischer Effizienz auszurichten, wenn Verbraucher beschränkt rational und in ihren Entscheidungen von overconfidence sowie der Verfügbarkeitsheuristik beeinflusst sind); abseits verhaltensökonomischer Erwägungen ist der Ansatz, im Rahmen der unconscionability-Doktrin eine Effizienzanalyse einzusetzen, im rechtsökonomischen Schrifttum bereits deutlich früher entwickelt worden, siehe etwa Craswell, 43 Stan. L. Rev. 361, 363 (1991). 640 So der irische Verhaltensökonom Lunn, J. Consum. Aff. 47 (2013), 167, 186. 641 Ogorek, in: Bucher / Bohny (Hrsg.), Norm und Wirkung, 2005, S. 573, 603 Fn. 101. 642 Bemerkenswert zur ähnlichen Grundstruktur von § 138 II BGB und der AGBKontrolle Canaris, AcP 200 (2000), 273, 326. 643 Zu der Unterscheidung zwischen productive und redustributive information Cooter /  Ulen, Law & economics, 6. Aufl. 2012, S. 357–359; siehe auch Schäfer, in: Ott (Hrsg.), Ökonomische Probleme des Zivilrechts, 1991, S. 117, 123 („unproduktives Nullsummenspiel“). Hiergegen könnte man auf den ersten Blick einwenden, dass ein Kunde bei Rechnungsschocks für die Inanspruchnahme bestimmter Dienste mehr aufwenden muss, als es seiner Zahlungsbereitschaft entspricht, also eine Wohlfahrtseinbuße entsteht. Diese wird aller-

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meidet. Dies gilt insbesondere mit Blick darauf, dass diese Information vorsorglich für alle Kunden erhoben werden muss bzw. müsste, während sich mit den zivilrechtlichen Preiskontroll-Möglichkeiten gezielt nur die problematischen Fälle aufgreifen lassen. Das führt unmittelbar zu der Frage, ob diese Ansatzpunkte wirklich eine überzeugendere Lösung der Rechnungsschock-Konstellationen abseits der Fälle bieten, in denen die verhängnisvollen Geräte vom Anbieter zur Verfügung gestellt worden sind. Dem ist nun abschließend nachzugehen.

§ 6 Alternative zivilrechtliche Abhilfe Wer den herrschenden Lösungsweg der deutschen Rechtsprechung kritisiert, und zugleich anerkennt, dass in einigen Rechnungsschock-Fallgruppen Kunden in problematischer Weise marktferne Beträge zahlen sollen, muss stimmigere zivilrechtliche Abhilfemöglichkeiten anbieten. Bedeutsam sind sie vor allem für verbleibende Lücken der Regulierung644 sowie mögliche neue Anwendungsfelder von Rechnungsschocks. Daneben illustriert die Fallgruppe des Rechnungsschocks, dass die Rechtsprechung allzu schnell dazu neigt, mittels ergänzender Vertragsauslegung den vermeintlich bequemen Ausweg vertraglicher Informations(schutz-)nebenpflichten einzuschlagen, während andere sachnähere Lösungswege aus dem Blick geraten. Auch dem sollen die folgenden Betrachtungen entgegenwirken. I.

Vertragsauslegung, Dissens, Anfechtung

Zunächst kann es schon helfen, nach Inhalt und Reichweite der vertraglichen Vereinbarung zu fragen. Dies illustrieren Fälle, in denen langjährige Verträge später im Einvernehmen mit dem Kunden für neue Leistungen geöffnet wurden. Wenn der Kunde dabei aktuelle niedrige Internetnutzungspreise vereinbaren will, während der Anbieter eine Preisliste mit hohen alten Preisen zugrunde legen möchte, kann je nach den Umständen des Einzelfalls ein Disdings durch einen entsprechenden Zuwachs beim Anbieter (mindestens) aufgewogen, weil die Bereitstellung der genutzten Kapazität bei bestehendem Netz typischerweise keine Grenzkosten verursachen dürfte (siehe Grubb, Am. Ec. Rev. 99 (2009), 1770, 1782: „It is reasonable to assume that the marginal cost of providing and extra minute of call time to a cellular phone customer is small.“). Für ein sozial nachteiliges Geschäft müsste der Zugewinn beim Anbieter indes niedriger ausfallen als der Verlust des Kunden, die Zahlungsbereitschaft des informierten Kunden also niedriger sein als die Grenzkosten der Bereitstellung (siehe das Beispiel bei Schäfer, in: Ott (Hrsg.), Ökonomische Probleme des Zivilrechts, 1991, S. 117, 123–125). 644 Das öffentliche Recht legt nur einen Mindeststandard fest, so dass das Zivilrecht im Einzelfall weitergehende Abhilfe bieten kann, Klöhn, NJW 2008, 840, 842; zudem BGH, NJW 2008, 840, 841 Rn. 14.

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sens vorliegen oder es können nach objektivem Empfängerhorizont aktuelle günstige Preise – so das LG Potsdam in einem Rechnungsschock-Fall – 645 oder hohe alte Preise vereinbart sein, mit der Folge, dass eine Seite einem Inhaltsirrtum646 unterliegt. Sofern die Preisvereinbarung per AGB erfolgt, streiten dabei §§ 305c II, 307 I 2 BGB für eine kundengünstige Auslegung. Soweit eine Anfechtung in Betracht kommt647 – bei Datenoptionen ggf. eine Teilanfechtung – bleibt der Kunde zum Schadensersatz auf das negative Interesse verpflichtet, § 122 I BGB. 645 In diesem Sinne LG Potsdam, Urt. v. 21.8.2012, Rn. 23–27: Der Gegenstand des Ausgangsvertrages von 2006 beschränkte sich laut Landgericht selbst nach dem Klägervortrag darauf, mit dem Mobilfunkgerät im Mobilfunknetz zu telefonieren. Auch wenn die Beklagte bei Vertragsschluss eine Preisliste mit Internettarifen erhalten habe, hätten die Parteien damit keinen Vertrag über die Erbringung von GPRS/UMTS Internet-MobilDiensten geschlossen und dementsprechend auch keine Vergütung dafür vereinbart. Die Beklagte hatte zwischen 2006 und Juni 2010 keine Internetnutzung in Anspruch genommen. Sie war dazu auch erst nach Freischaltung durch die Klägerin in der Lage, die Anfang Juni 2010 nach einem Telefonat und zeitgleich versandten Verbindungsdaten erfolgte. Anlässlich dieses Vertragsschlusses habe die Beklagte keinerlei Anlass gehabt davon auszugehen, dass eine vor viereinhalb Jahren übersandte Preisliste herangezogen werden sollte. Dazu wäre, so das Gericht, jedenfalls ein entsprechender Hinweis klar und unmissverständlich erforderlich gewesen, der aber nicht erfolgt sei. Die von der Klägerin angesetzten Preise seien auch nicht als „übliche Vergütung“ im Sinne von § 612 II BGB anzusehen (Rn. 28). Vielmehr hätten sich am Markt als „üblich“ schnell buchbare Flatrates entwickelt, wie sie die Beklagte auch ab dem 14.6. eingerichtet habe. Für die Klägerin stehe daher im Ausgangspunkt unabweisbar zu vermuten, dass die Beklagte keine anderen Konditionen als die „für jedermann“ sofort verfügbare Internet-Flatrate vereinbaren wollte. Alles andere hätte die Klägerin, so das Gericht, zum Gegenstand klarstellender Ausführungen machen müssen, um der Beklagten eine eigenverantwortliche Entscheidung zu ermöglichen (wird ausgeführt bis Rn. 31). 646 Die Fallgruppe der veralteten Preisliste ist daneben vom Kalkulationsirrtum bekannt. In Rechnungsschock-Fällen ist sie nicht undenkbar, dürfte in der Regel aber ausscheiden. Unter dem Stichwort des Kalkulationsirrtums wird etwa der Fall diskutiert, dass eine Seite einen Preis einer veralteten Preisliste entnimmt (LG Bremen, NJW 1992, 915: fehlerfreie Erklärung, keine Anfechtung; zum Ganzen auch MünchKomm BGB /  Armbrüster, 7. Aufl. 2015, § 119 BGB Rn. 85 ff.). Das dürfte in Rechnungsschock-Fällen aber kaum vorkommen. Vielmehr werden beide Seiten von unterschiedlichen Preisen ausgehen. Sofern aber ein Partner seinen Willen korrekt ausgedrückt hat und die Erklärung der Gegenseite als mit der eigenen übereinstimmend verstehen durfte, folgt aus dem Grundsatz objektiver Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) i. V. m. § 119 I BGB, dass gleichwohl normativer Konsens vorliegt, auflösend bedingt durch die Möglichkeit der Irrtumsanfechtung der Gegenseite. Ein versteckter Dissens i. S. v. § 155 BGB liegt (nur) vor, wenn keiner der beiden Vertragspartner darauf vertrauen durfte, dass der Vertrag in dem von ihm verstandenen Sinn zustande komme, wenn also beide der verobjektivierte Vorwurf mehrdeutiger Erklärungen oder unaufmerksamer Auslegung trifft, MünchKomm BGB / ders., 7. Aufl. 2015, § 119 BGB Rn. 63. 647 Im schweizerischen Schrifttum ist für ähnliche Sachverhalte eine Anfechtung erwogen worden. So hält Arter, recht 2004, 41, 52 nach schweizerischem Recht eine Anfech-

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Dass dürfte ihn aber wenig belasten, da die Gegenseite keine besonderen Aufwendungen im Vertrauen auf die Gültigkeit des Geschäftes getätigt haben wird und auf keinen entgangenen Gewinn durch alternative Geschäfte wird verweisen können.648 II. Sperrvertrag Eher am Rande zu notieren, aber gleichwohl nicht unwichtig ist die Möglichkeit, mit einem Anbieter bestimmter Telekommunikations-, Mehrwert- oder sonstiger internetgestützter Dienste eine Sperre zu vereinbaren. Insbesondere mit Blick auf Mehrwertdienst-Rufnummern ist seit längerem telekommunikationsrechtlich vorgeschrieben, dass der Teilnehmer vom Anbieter öffentlich zugänglicher Telefondienste und von dem Anbieter des Anschlusses an das öffentliche Telekommunikationsnetz verlangen kann, seinen Zugang für bestimmte Rufnummernbereiche unentgeltlich netzseitig zu sperren, soweit dies technisch möglich ist (§ 45d II 1 TKG).649 Über diesen Anspruch ist der Verbraucher im Vertrag zu informieren, § 43a I 1 Nr. 13 TKG. Ähnliche Vorschriften bestehen in der Schweiz. 650 Im Übrigen ist – auch darüber hinaus – ein privatrechtlicher Sperrvertrag möglich, etwa mit dem Anbieter eines Mehrwertdienstes oder sonstigen Internetangebotes. Relevant kann das insbesondere für Fälle von Sucht werden, wie man sie in neuerer Zeit mit Blick auf bestimmte Computer-Spiele, aber auch Internetnutzung allgemein als Problem erkannt hat.651 Für die Rechte und (Schutz-)Pflichten der Beteiligten aus solchen Sperrverträgen kann dann auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zu Sperrverträgen mit Spielbanken zurücktung wegen Erklärungsirrtums für möglich, es sei denn, der Erklärende hat sich im Bewusstsein der Unkenntnis des Inhaltes des Erklärten allem, was der künftige Vertragspartner will, unterworfen. Nach deutschem Recht wäre ein Inhaltsirrtum anzudenken. 648 Bei aus Erfahrung bekannten „Kundenfallen“ liegt zudem eine zumindest fahrlässige Unkenntnis vom Anfechtungstatbestand (§ 122 II BGB) oder eine schuldlose (Mit-) Herbeiführung des Irrtums vor, auf die § 254 I BGB entsprechend angewandt wird (BGH, NJW 1969, 1380; BeckOK BGB / Wendtland, 43. Ed. 15.06.2017, § 122 BGB Rn. 6). 649 Unionsrechtlich abgesichert, siehe Art. 10 II i. V. m. Anhang I Teil A lit b) und Erwägungsgrund 15 S. 4 Universaldienstrichtlinie (Fn. 82): Selektive Sperre abgehender Verbindungen oder von Premium-SMS oder -MMS oder, soweit technisch möglich, anderer Arten ähnlicher Anwendungen, ohne Entgelt; zudem Art. 15 I UA 2 S. 2 VO 531/2012: Roaminganbieter müssen ihren Kunden kostenlos und eindeutig und in leicht verständlicher Weise mitteilen, wie sie automatische Datenroaming-Verbindungen abschalten können, um Datenroamingdienste nicht unkontrolliert in Anspruch zu nehmen. 650 Art. 40 Verordnung über Fernmeldedienste (FDV). 651 Hellsichtig Schimmel, NJW 2006, 958, 960. Zur wachsenden Bedeutung von Internetsucht und Computerspielsucht siehe nur Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Drogen- und Suchtbericht, Juli 2017, S. 61–66; Orth, Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland 2015, Teilband Computerspiele und Internet, Februar 2017.

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gegriffen werden. Sie legt dem Anbieter eine generelle Kontrollpflicht vor der Teilnahme652 und eine Prüfpflicht vor Aufhebung einer Eigensperre auf.653 III. AGB-Recht In mehreren Rechnungsschock-Fallgruppen liegt eine Lösung über das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nahe. 1. § 305c I BGB Eine erste Verteidigungslinie bietet schon die Nichteinbeziehung überraschender Klauseln gem. § 305c I BGB. Im BGH-Fall der Vertragserweiterung mit Systemwechsel könnte das – in den AGB enthaltene – Recht des Verwenders zur Vertragserweiterung, also zur Einführung neuer entgeltlicher Leistungen, überraschend sein. Der BGH hat dies im konkreten Kontext eines Telekommunikationsvertrags nicht geprüft und somit implizit verneint. Allerdings liegt es nicht fern, dass gerade dann, wenn, wie der BGH argumentiert, technisch eher unbedarften Nutzern anspruchsvolle Technik angeboten wird, die Kunden bei Vertragsschluss nur die konkret bezogene Leistung im Sinn haben und nicht damit rechnen, dass der Anbieter den Vertrag später um ganz andere Dienste erweitern kann. Der BGH dürfte vor diesem Schluss wohl auch aus folgenorientierten Erwägungen zurückgeschreckt sein, die bei seiner Prüfung von § 307 BGB durchscheinen und daher dort thematisiert werden sollen. Verneint man einen überraschenden Charakter des Erweiterungsrechts, könnte man fragen, ob sich mit § 305c I BGB noch dagegen vorgehen lässt, dass der Verwender mit Hilfe dieses Rechts später eine neue Leistung mit einer überraschenden Art der Abrechnung einführt (Systemwechsel bei der Abrechnungseinheit, im BGH-Fall Volumen statt Zeit). Dem Wortlaut nach lässt sich das unter § 305c I BGB fassen, weil die Norm allein auf den überraschenden Charakter der Klausel abstellt, nicht darauf, wann sie eingefügt wird. Allerdings spricht der Sinn und Zweck von § 305c I BGB, den Vertragspartner des Verwenders in seinem typisierten Vertrauen darauf zu schützen, „daß sich die einzelnen Regelungen im großen und ganzen im Rahmen dessen halten, was nach den Umständen bei Abschluß des Vertrages erwartet werden kann“, 654 dafür, die Vorschrift allein bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses anzuwenden. Die spätere Ausübung eines wirksam vereinbarten Änderungsrechts unterliegt demnach nicht mehr § 305c I BGB. BGH, NJW 2006, 362; BGH, NJW 2008, 840. BGH, NJW 2012, 48. Aus der Literatur zu dieser Fallgruppe Peters, JR 2002, 177 ff.; Wagner von Papp, AcP 2005, 342, 364 ff.; Schimmel, NJW 2006, 958 ff.; ferner die Anmerkung von Klöhn, NJW 2008, 840, 842 f. 654 Gesetzentwurf der Bundesregierung, AGB-Gesetz, BT-Drucks. 7/3919, 6.8.1975, S. 19 zu § 3 I AGBG; BeckOGK / Bonin, 1.8.2017, § 305c BGB Rn. 2; MünchKomm BGB / Basedow, 7. Aufl. 2016, § 305c BGB Rn. 1. 652 653

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Schließlich ist an § 305c I BGB zu denken, wenn abstrakte Warnhinweise bzw. Aufklärungsmaßnahmen in Produktbeschreibungen bzw. Gebrauchsanleitungen versteckt werden.655 Gleiches gilt, wenn ein Tarif, der primär auf günstige Sprachtelefonie ausgelegt ist und insgesamt als besonders preiswertes Angebot vermarktet wird, hinterrücks per AGB mit einem teuren standardmäßigen Datentarif verbunden ist.656 2. § 307 I 1 BGB Als zweite Verteidigungslinie kommt sodann § 307 I 1 BGB in Betracht. Nicht kontrollfähig sind zwar Bestimmungen, die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht regeln, wohl aber sog. Preisnebenabreden, die sich nur mittelbar auf den Preis auswirken und an deren Stelle bei Unwirksamkeit dispositives Gesetzesrecht treten kann.657 Die instanzgerichtliche Rechtsprechung hat etwa eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucher bei einer dynamischen Preisänderungsklausel in einem Mobilfunkvertrag bejaht,658 ebenso wie bei einer Preisänderungsmöglichkeit in einem Prepaid-Vertrag, sofern diese nicht konkretisiert ist, oder, falls das ausscheidet, der Kunden ein jederzeitiges Lösungsrecht erhält.659 Gleiches hat der BGH für eine Preisänderungsklausel im Bezahlfernsehen angenommen,660 ähnlich wie die Literatur zum Access-Providing-Vertrag.661

655 Schünemann, BB 1987, 2243, 2248 f.; allg. zur fließenden und daher oft schwierigen Abgrenzung von Vertragsbedingungen und unverbindlichen Hinweisen BeckOK BGB / Becker, 43. Ed. 1.5.2016, § 305 BGB Rn. 15; MünchKomm BGB / Basedow, 7. Aufl. 2016, § 305 BGB Rn. 12. 656 Für einen solchen Fall siehe beispielhaft aus österreichischer Sicht RTR-GmbH, Lösungsvorschlag Orange, 5.3.2010, S. 3. A. A. zum österreichischen Recht Klicka, Medien und Recht 2010, 239, 241 der argumentiert, dass ein Kunde immer mit hohen Entgeltbestimmungen rechnen muss. 657 Spindler, in: Spindler / Bettinger (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004, S. 239, 246 Rn. 12 f.; Palandt / Grüneberg, 76. Aufl. 2017, § 307 BGB Rn. 47; allg. zu der Unterscheidung zwischen Bestimmungen, die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht regeln, und Preisnebenabreden, die sich zwar mittelbar auf Preis und Leistung auswirken, diese aber nicht ausschließlich festlegen und bestehende Rechtsvorschriften ergänzen oder von diesen abweichen BGH, NJW 2015, 152 und Mäsch, JuS 2015, 837, 837 f. 658 OLG Schleswig, Beschl. v. 14.5.2009 – 6 U 41/08 – juris = MMR 2010, 211 (red. Leitsatz). 659 OLG Schleswig, CR 2012, 371, 373 f., Rn. 79–85. Zu beidem Höhne, jurisPR-ITR 2012, Anm. 4; zur Problematik bei Providing-Verträgen mit Endkunden eingehend Spindler, in: Spindler / Bettinger (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004, S. 239, 279–283, Rn. 66–73 (Änderungsklauseln allg.), S. 394–397, Rn. 250–253 (Preisänderungsklauseln); knapper Hoeren, in: Tamm / Tonner / Bergmann (Hrsg.), Verbraucherrecht, 2. Aufl. 2016, § 15 C. Rn. 37–40. 660 BGH, NJW 2008, 360, 363 Rn. 33 f.

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In dem Rechnungsschock-Fall einer Vertragserweiterung mit Systemwechsel hat der BGH allerdings angesichts der ständigen Fortentwicklung der Kommunikationstechnik keine unangemessene Benachteiligung darin gesehen, dass der Vertrag dem Anbieter gestattet, zusätzliche Leistungen nach dem jeweils gültigen Preisverzeichnis anzubieten, solange es dem Kunden freisteht, ob er diese in Anspruch nimmt.662 Folgt man dem, kann (auch) die Höhe des Entgelts nicht nach § 307 I BGB kontrolliert werden, da § 307 I BGB Preisvereinbarungen für die Hauptleistung nicht erfasst, soweit sie Art und Umfang der Vergütung unmittelbar regeln.663 Ebenso unterliegen Klauseln über Entgelte für (echte) Neben- oder Zusatzleistungen grundsätzlich keiner AGB-Inhaltskontrolle.664 Mich persönlich überzeugt die Wertung des BGH nicht ohne weiteres. Der Rechnungsschock-Fall zeigt, dass eine spätere Einführung zusätzlicher Leistungen für Kunden auch erhebliche Gefahren birgt. Der Grund liegt, was der BGH übersieht, nicht nur und wohl nicht einmal vorrangig darin, dass die Kunden mit der neu eingeführten Leistung wenig vertraut sind, sondern darin, dass sie den Vertrag nicht bewusst mit Blick auf diese Leistung ausgewählt und folglich insoweit nicht das Äquivalenzverhältnis auf seine Angemessenheit geprüft haben. Genau diese Gefahr realisiert sich in RechnungsschockFällen, wenn Kunden – wie im Fall des BGH – erhebliche Summen für einen volumenabhängigen Tarif zahlen, während die verbrauchte Datenmenge in einer Flatrate einen geringen Pauschalbetrag gekostet hätte. Die ratio legis der AGB-Kontrolle beruht gerade auf der Beeinträchtigung der Möglichkeit des Kunden zur Einflussnahme und dem Fehlen eines effizienten Konditionenwettbewerbs.665 Dass sich hier ggf. gewisse Kautelen einziehen lassen (dazu sogleich), ändert nichts an dem grundsätzlich benachteiligenden Effekt entsprechender AGB. Er wird außerdem daran deutlich, dass sich eine für den Kunden (und den Anbieter!) vorteilhafte Vereinbarung zusätzlicher Leistungen auch ohne einseitiges Änderungsrecht leicht bewerkstelligen lässt, indem der Anbieter einen entsprechenden optionalen Zusatztarif anbietet, den der Kunde nachträglich hinzubuchen (annehmen) kann. Ein solcher gesonderter Willensakt hielte den Kunden an, das Preis-Leistungs-Verhältnis zu prüfen.666 661 Kosmides, in: Schneider / Antoine / Backu u. a. (Hrsg.), Handbuch EDV-Recht, 5. Aufl. 2017, Rn. 194–196. 662 BGH, NJW 2012, 2103; eingehend zu Vorbehalten zur Änderung der Leistung Spindler, in: Spindler / Bettinger (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004, S. 239, 338–342, Rn. 159–170. 663 Palandt / Grüneberg, 76. Aufl. 2017, § 307 BGB Rn. 46. 664 Palandt / ders., 76. Aufl. 2017, § 307 BGB Rn. 48. 665 Canaris, AcP 200 (2000), 273, 324. 666 Möglicherweise ist der BGH vor dieser Beurteilung zurückgeschreckt, um keine breiteren wirtschaftlichen Rückwirkungen auf die Mobilfunkbranche auch in Fällen zu erzeugen, in denen eingeführte Leistungen ordnungsgemäß genutzt wurden. Im Sinne eines

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Zudem würde er Kunden schützen, die sich gezielt für eine simple Tarifstruktur entschieden haben, um Zusatzkosten durch spontane Nutzung weiterer Dienste zu vermeiden – durch eine einseitige Hinzufügung würde ihnen dieser Selbstbindungsmechanismus aus der Hand geschlagen.667 3. § 307 I 2 BGB Soweit es um die Preisangabe geht, kann zudem § 307 I 2 BGB einen probaten Ausweg bei Rechnungsschocks bieten. Im Fall des BGH war die für den Rechnungsschock verantwortliche Klausel an sich wohl klar und verständlich. In anderen Fällen ist das aber zweifelhaft. Insbesondere wird die Abrechnungseinheit für das Surfvolumen nicht selten irreführend niedrig angegeben (z. B. 0,006 €/Kilobyte für Internet-Verbindungen und 0,02 €/Kilobyte für WAP-Verbindungen und/oder wahlweise ein Datenpaket von monatlich 150 MB zum Preis von 10 € oder ein unbegrenztes Datenvolumen zum Preis von monatlich 25 €)668, und dadurch bei teuren Tarifen ein günstiger Preis suggeriert.669 Da das Transparenzgebot des § 307 I 2 BGB gem. § 307 III 2 folgenorientierten Arguments kann man dies nachvollziehen und den gebotenen Schutz über andere Ansatzpunkte erreichen. 667 Dass Unternehmen dies sogar gezielt anstreben können, ist in der ökonomischen Forschung seit längerem bekannt. So argumentiert der bekannte Aufsatz von Laibson, QJE 112 (1997), 443, 445 f., 449 Fn. 6, 460–469, dass finanzielle Innovation, insbesondere die Ausbreitung von Konsumentenkrediten in den USA ab den 1980er Jahren, Konsumenten wichtige Selbstbindungsinstrumente entzogen und dadurch einen Rückgang der Sparquote bewirkt habe. Laibsons Modell geht davon aus, dass Konsumenten zwar hyperbolisch diskontieren und damit zu kurzsichtigem Handeln und Präferenzumkehr neigen, aber sich dieser Neigung bewusst sind und daher Selbstbindungsmechanismen nutzen, um negative Folgen zu verhindern. In Betracht kommen dazu etwa illiquide Anlagen wie Lebensversicherungen oder Immobilien. Die Unternehmen entziehen den Konsumenten durch finanzielle Innovation auf dem Kreditmarkt (z. B. umgekehrte Hypotheken, die Möglichkeit, eine Lebensversicherung zu verkaufen oder zu beleihen) diese Selbstbindungsmöglichkeit, so dass die Sparquote sinkt. Bei Telefontarifen mit Optionsstrukturen erscheint eine nachträglich eingeführte Zusatzleistung in ähnlicher Weise geeignet, einen gewählten Selbstbindungsmechanismus des Konsumenten zu zerstören, der beispielsweise mobiles Internet vorausschauend meiden möchte. Dies spricht tendenziell ebenfalls für eine unangemessene Benachteiligung i. S. v. § 307 BGB. 668 Beispiel nach LG Münster, Urt. v. 18.1.2011 – 6 S 93/10 – juris = K&R 2011, 359360, Rn. 1. 669 LG Münster, Urt. v. 18.1.2011 – 6 S 93/10 – juris = K&R 2011, 359-360, Rn. 19; etwas zurückhaltender Schmidt, jurisPR-ITR 7/2011, Anm. 4 zu LG Münster, Urt. v. 18.1.2011 – 6 S 93/10: „Zusätzlich sollte überdacht werden, ob weiter mit irreführenden Preisangaben wie 0,006 Euro pro KB geworben werden sollte, oder ob man nicht stattdessen zu einer Preisangabe pro MB übergeht, welche für Kunden wohl einfacher nachzuvollziehen wäre.“ Der Kunde wird womöglich den voraussichtlichen effektiven Nutzungspreis falsch berechnen, wenn und weil er mit den Maßeinheiten Kilobyte, Megabyte, Gigabyte etc. nicht vertraut ist. In diesem Fall unterliegt er allerdings allenfalls einem grundsätzlich unbeacht-

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BGB auch für preisbestimmende Klauseln gilt, um Verbrauchern eine informierte Auswahl zu ermöglichen,670 greift hier die AGB-Kontrolle, im Übrigen zudem das Lauterkeitsrecht.671 In ähnlicher Weise kann § 307 I 2 BGB zu erwägen sein, wenn der Anbieter in Preislisten eines als günstig vermarkteten Tarifs Kosten versteckt, welche in atypischen Situationen einen Rechnungsschock auslösen können.672 IV. § 315 BGB Soweit man dem Anbieter mit dem BGH zubilligt, per AGB ein Recht zur Erweiterung des vertraglichen Leistungsspektrums zu vereinbaren, muss und wird der Anbieter für diese neuen Leistungen Preise festsetzen. Da die Kunden bei nachträglich eingeführten Leistungen nicht bewusst zwischen verlichen verdeckten Kalkulationsirrtum. Ein solcher führt nur ausnahmsweise zum Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB), wenn der Erklärungsempfänger vom Irrtum weiß oder sich treuwidrig der Kenntnis entzieht, obwohl er bereits bei Vertragsschluss erkannt hat, dass die Durchführung dem Erklärenden schlechthin unzumutbar ist. 670 Spindler, in: Spindler / Bettinger (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004, S. 239, 251 Rn. 19; Hoeren, in: Tamm / Tonner / Bergmann (Hrsg.), Verbraucherrecht, 2. Aufl. 2016, § 15 C. Rn. 25. 671 Gem. § 5 I 2 Nr. 2 UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend und damit unlauter, wenn sie unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Dienstleistung erbracht wird, enthält. Mitbewerber sowie bestimmte Verbände und Einrichtungen können dann Beseitigung und Unterlassung verlangen (§ 8 I, III UWG), Mitbewerber zudem Schadensersatz, § 9 S. 1 UWG. 672 Nahegelegen hätte das etwa im Rechnungsschock-Fall AG Wiesbaden, NJW-RR 2013, 302 (dazu oben Fn. 58), in dem das Gericht den Regelungsgehalt der streitgegenständlichen AGB hinsichtlich der Kosten von Internetnutzung im Ausland für unklar erachtete. Dann wäre, soweit sich die Unklarheit nicht mit § 305c II BGB hätte auflösen lassen und aus der Unklarheit unangemessene Nachteile für die Kundin drohten, § 307 I 2 BGB die probate Lösung gewesen. Ferner war der Kundin in der Filiale zugesagt worden, dass die gebuchte Flatrate alle Kosten abdecke, womit hinsichtlich weiterer Roaming-Kosten überdies § 305c I BGB nahe lag, siehe allg. zur Relevanz konkreter Begleitumstände des Vertragsschlusses im Rahmen von § 305c I BGB statt vieler BeckOGK / Bonin, 1.8.2017, § 305c BGB Rn. 32–38. Allg. zur Frage des Auseinanderfallens von (berechtigter) Kundenerwartung und Angebotsumfang bei Flatrates Kremer / Sander, jurisPR-ITR 08/2012, Anm. 3 (Anmerkung zu LG Saarbrücken, NJW 2012, 2819), mit Blick auf Roaming; eingehend und differenzierend Böse, VuR 2014, 43 der quantitative Beschränkungen bei Flatrates stets, qualitative Beschränkungen hingegen nur im Festnetzbereich für irreführend erachtet (S. 45), und keine Irreführung bei Beschränkung einer SMS-Flatrate auf nationale SMS sowie bei Zusatzkosten für Roaming sieht (S. 46); ganz ähnlich aus schweizerischer Sicht zu einem Angebot als „unlimitiert“ mit Nutzungsobergrenze in AGB Sidler, Unbegrenzte Leistungen, Schlichtungsvorschlag Ombudscom, 16.9.2017; großzügiger aber noch zu einer sog. „Fair Use Policy“ in den AGB eines als „unlimitiert“ angepriesenen Mobilfunkvertrages für einen Einzelunternehmer Ombudscom, Flatrate-Grenzen, Schlichtungsvorschlag, 13.8.2012.

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schiedenen Anbietern wählen und diese vergleichen (können), geschieht die Preisbestimmung außerhalb der wettbewerblichen Zwänge, denen der Anbieter bei der Anwerbung von Neukunden unterliegt. Soweit die Erweiterungsklausel keine Richtschnur für die Bepreisung enthält, gilt nach allgemeinem Dienst- und Werkvertragsrecht (§§ 612 II, 632 II BGB) – soweit vorhanden – die übliche Vergütung. Ist eine Preisliste des Anbieters vereinbart,673 wird das als Preisbestimmungsrecht des Anbieters auszulegen sein. Dieses hat er gem. § 315 I BGB im Zweifel nach billigem Ermessen auszuüben. Die Norm erlaubt zwar laut Rechtsprechung keine Inhaltskontrolle regulierungsbehördlich genehmigter Tarife der Telekom,674 solche stehen bei Mobilfunkverträgen aber gerade nicht in Rede.675 Ist ein Entgelt festzusetzen, kommt es bei der Unbilligkeit auf den Wert der zu vergütenden Leistung an bzw. bei Dienstleistungen auf Schwierigkeit, Ungewöhnlichkeit, Zeitaufwand und wirtschaftliche Bedeutung.676 Eine danach unbillige Bestimmung ist unverbindlich (eigene Kategorie der Unwirksamkeit). Ob der Berechtigte dann ein zweites Mal bestimmen darf oder das Bestimmungsrecht auf den anderen Teil übergeht, ist Auslegungsfrage. All dies bietet in der Rechnungsschock-Fallgruppe der Vertragserweiterung mit Systemwechsel einen Ausweg, soweit, wie wohl im Fall des BGH, der Anbieter seinen besonderen Spielraum bei der Bepreisung nachträglich eingeführter Leistungen dazu nutzt, den Standard-Minutentarif sehr teuer anzusetzen, um unbedachte Kunden auszubeuten, die keine neue bewusste Auswahlentscheidung treffen bzw. ihren Konsum in der Varianz oder in der mittleren Höhe falsch einschätzen. Zwar können die Parteien von § 315 I BGB abweichen und die Bestimmung in das freie Ermessen oder in das freie Belieben stellen. Aber selbst dann ist die Bestimmung bei offenbarer Unbilligkeit bzw. Willkür unverbindlich.677

In der Praxis finden sich in AGB Verweise auf die jeweils gültigen Tarife. Ob dies AGB-rechtlich zulässig ist, ist allerdings fraglich; Spindler, in: Spindler / Bettinger (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004, S. 239, 397 Rn. 253 bejaht das nur, wenn Änderungen dem Kunden jeweils mitgeteilt werden und sich der Kunde dann in angemessener Frist vom Vertrag lösen kann. 674 BGH, NJW 1998, 3188, 3191 f.; sehr krit. ders., in: Spindler / Bettinger (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004, S. 239, 256 oben, Rn. 27. 675 Im Mobilfunkbereich erfolgt eine Regulierung lediglich bezüglich der Terminierungsentgelte. Eine weitergehende Entgeltregulierung wird mangels Marktbeherrschung auf dem Mobilfunkmarkt nicht vorgenommen, siehe Kirchner, MMR-Beil. 2002, 1, Rn. 9; Schuster / Müller, MMR-Beil. 2002, 35, 40 f.; Jüngling / Fleischmann / Hug, MMR 2004, 375, Rn. 376. 676 BGH, NJW 1966, 539, 540; BGH, NJW-RR 2003, 1355; BGH, NJW 2006, 2472, 2474; Palandt / Grüneberg, 76. Aufl. 2017, § 315 BGB Rn. 10. 677 Näher BeckOGK / Netzer, 1.6.2017, § 315 BGB Rn. 77 f.; MünchKomm BGB /  Würdinger, 7. Aufl. 2016, § 315 BGB Rn. 32 f. 673

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V. Wucher, Sittenwidrigkeit, § 138 I, II BGB Es klang bereits mehrfach an, dass der unübersehbare Kern der Rechnungsschock-Problematik nach hier vertretener Ansicht in der exorbitanten Höhe der meisten streitigen Rechnungen liegt.678 Von daher drängt sich der Tatbestand des Wuchers gem. § 138 II BGB oder des wucherähnlichen Geschäfts gem. § 138 I BGB auf. Gleichwohl wird dieser Gesichtspunkt von der Judikatur in Deutschland ebenso wie in der Schweiz weitgehend ausgeblendet.679 Soweit er geprüft wird, fällt das Ergebnis zumeist negativ aus. So urteilte das LG Flensburg Ende 2012, ein Anfang 2010 vereinbarter „Surf-by-Call“-Tarif mit der Taktung 0,09 € je 10 KB plus 0,09 € Tagesnutzungspreis sei noch nicht sittenwidrig überhöht gewesen.680 Einen vorsichtigen Fingerzeig, dass je nach Sachlage durchaus eine andere Einschätzung denkbar ist, hatte der BGH wenige Monate zuvor selbst gegeben: Er formulierte etwas distanziert, „die weitgehend dem Tatrichter vorbehaltene Würdigung des BerGer., der Preis von 0,19 Euro für je zehn KB sei zumindest 2008 nicht sittenwidrig überhöht gewesen“, sei rechtlich nicht zu beanstanden, stellte dem aber einen Nachweis zu einer entgegengesetzten Literaturstimme aus dem Jahr 2011 gegenüber.681 Diese erachtete bezogen auf das gleiche Jahr und den gleichen Datenpreis zuzüglich eines Stundennutzungspreises von 0,02 Cent Wucher deshalb für naheliegend, weil danach die bei Flatrates üblichen 5 GB mit  19 € pro MB oder  95.000 € zu bezahlen gewesen wären. 682 In ähnlicher Weise hat in der Schweiz ein vielzitierter Literaturbeitrag zum Leiturteil téléphone rose den Tatbestand der Übervorteilung (Art. 21 OR) erwogen, dessen Voraussetzungen in etwa § 138 II BGB entsprechen.683 Bei der Prüfung ist allerdings eine behutsame Einstellung vonnöten, weil Telefondienstverträge nach ihrem Leistungsbild diverse Dienste umfassen.684 Deren Bepreisung in einem bestimmten Tarif kann eine MischkalkulaSiehe zu Rechnungen für Mehrwertdienste Ogorek, in: Bucher / Bohny (Hrsg.), Norm und Wirkung, 2005, S. 573, 603 Fn. 101. 679 Mit Blick auf Rechnungen für Mehrwertdienste dies., in: Bucher / Bohny (Hrsg.), Norm und Wirkung, 2005, S. 573, 603 Fn. 101; siehe aber auch oben Fn. 76 zur Judikatur des LG Saarbrücken, das Sittenwidrigkeit (§ 138 I BGB) bejaht, wenn Online-Spiele, die auch und gerade auf minderjährige Nutzer zielen, Bezahlmöglichkeiten anbieten, welche Minderjährige dazu verleiten, auf Rechnung ihrer Eltern für erhebliche Beträge kostenpflichtige Features zu erwerben. 680 LG Flensburg, MMR 2013, 242, 243. 681 BGH, NJW 2012, 2103. 682 Schmidt, MMR 2011, 838 f. zu OLG Schleswig, MMR 2011, 836. 683 Schöbi, Jusletter 6.10.2003, Rn. 16 f. („Hier hätte sich der Leser einige weiter führende Überlegungen seitens des Bundesgerichts nicht nur vorstellen können, sondern gewünscht.“). 684 Orts- und Ferngespräche, Gespräche ins Ausland, beim Mobilfunk zudem Gespräche sowie SMS im Ausland innerhalb und außerhalb der EU (Roaming); bei einer Kombi678

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tion zugrunde liegen, die vergleichsweise teure und günstige Einzelpreise in unterschiedlichen Kombinationen verbindet, um ein differenziertes Angebot für bestimmte Nutzergruppen zu schaffen. Eine Prüfung auf Sittenwidrigkeit muss daher das Gesamtgefüge des Tarifs einbeziehen und tendenziell vorsichtig ausfallen.685 Selbst extremen Einzelpreisen jegliches Indikationspotential abzusprechen, wäre dessen ungeachtet aber verfehlt686 und würde, wie die Rechnungsschock-Fälle veranschaulichen, erhebliches Missbrauchspotential eröffnen. 1. Wucher, § 138 II BGB Mit der vorstehenden Maßgabe kann die Prüfung des Wuchertatbestandes je nach Rechnungsschock-Konstellation unproblematisch sein oder einige Probleme aufwerfen. a) Relevanter Zeitpunkt Bei Altverträgen ist zunächst der maßgebliche Zeitpunkt für die Prüfung eines auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung zu klären. Die im allgemeinen Zivilrecht ganz herrschende Ansicht stellt auf die Verhältnisse bei Vertragsschluss ab. Ein Vertrag wird also grundsätzlich nicht dadurch sittenwidrig, dass nachträglich ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung entsteht,687 es sei denn, dies beruht auf einem Zusatzgeschäft.688 Das dient der Rechtssicherheit, entspricht der allgemeinen nation mit Internetzugang (Access-Providing) außerdem stationäres (Festnetz) bzw. mobiles Internet im In- und ggf. Ausland, innerhalb und außerhalb der EU, sowie MMS. All diese Leistungen können überdies jeweils mit einem bestimmten Inklusivvolumen gegen eine feste, nutzungsunabhängige Grundgebühr enthalten oder insgesamt nutzungsabhängig zu entgelten sein. Schließlich werden mitunter gewisse Leistungen wie insbesondere Voice over IP (Internettelefonie) in Mobilfunktarifen mit Datenverbindung ausgeschlossen. 685 Insbesondere können in einem Tarif relativ teure Preise für einen Dienst durch relativ günstige für einen anderen ausgeglichen werden, ebenso wie günstige Inklusivvolumina (Volumen-Flatrates) durch relativ ungünstige Preise bei Volumenüberschreitung. 686 In der Formulierung etwas zu weitgehend daher – allerdings in anderem Zusammenhang, bezogen auf die Tarifreform 1996 der Telekom – BGH, NJW 1998, 3188, 3191 f. 687 BGH, NJW 2012, 1570 Rn. 13; BGHZ 123, 281, 284 = NJW 1993, 3193 (gesellschaftsvertragliche Abfindungsklausel); BeckOK BGB / Wendtland, 43. Ed., 15.06.2017, § 138 BGB Rn. 26; MünchKomm BGB / Armbrüster, 7. Aufl. 2015, § 138 BGB Rn. 136: Bei einer Änderung, die allein die tatsächlichen Verhältnisse (z. B. die Wertrelationen) betrifft, ist auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts abzustellen; Staudinger /  Sack / Fischinger, 2017, § 138 BGB Rn. 131; eingehend zu der Problematik Schmoeckel, AcP 197 (1997), 1 ff. 688 BGH, NJW 2012, 1570 Rn. 14 (nachträgliche Änderung); Palandt / Ellenberger, 76. Aufl. 2017, § 138 BGB Rn. 9, 66; Staudinger / Sack / Fischinger, 2017, § 138 BGB Rn. 134.

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Handhabung, dass die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften im Zeitpunkt ihrer Vornahme zu bewerten ist689 und wird in systematischer Auslegung darauf gestützt, dass andernfalls § 313 BGB unplausibel wäre.690 Außerdem lässt sich diese Ansicht mit dem Argument untermauern, dass nur ein Rechtsgeschäft, nicht aber seine Nichtvornahme, also das Unterlassen einer Anpassungsabrede, gegen § 138 BGB verstoßen kann.691 Allerdings hält die im allgemeinen Zivilrecht herrschende Meinung ihre Linie in zweierlei Hinsicht nicht strikt durch: Erstens kann § 138 BGB dem BGH und einem Teil der Literatur zufolge anwendbar sein, wenn eine sicher zu erwartende und der begünstigten Partei bekannte Werterhöhung unberücksichtigt bleibt692 bzw. soweit zum Abschlusszeitpunkt schon vorgezeichnete Entwicklungen der tatsächlichen Verhältnisse in Rede stehen.693 Zweitens verweist die herrschende Ansicht bei noch nicht vollständig abgewickelten (erfüllten) Verträgen ersatzweise auf § 242 BGB: Danach kann bei einem solchen Vertrag der Geltendmachung von Rechten der Einwand unzulässiger Rechtsausübung gem. § 242 BGB entgegenstehen, wenn das Geschäft wegen zwischenzeitlich geänderter Umstände für den Fall seines späteren Abschlusses als sittenwidrig anzusehen wäre694 und nicht mittels ergänzender Auslegung oder wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage angepasst werden kann.695 Deutlich weiter geht konstruktiv, wenngleich weniger im praktischen Ergebnis, die im Arbeitsrecht wohl herrschende, vom BAG geteilte Auffassung: Ihr zufolge kann ein arbeitsvertragliches Entgelt, selbst wenn es bei Abschluss der Vereinbarung unbedenklich war, im Laufe der Zeit dem Verdikt der Sittenwidrigkeit anheimfallen, wenn es nicht an die allgemeine Entwicklung angepasst wird.696 Das BAG beruft sich hierzu erstens auf den Wortlaut von § 138 II BGB, der neben dem „sich versprechen lassen“ auch das „sich Staudinger / Sack / Fischinger, 2017, § 138 BGB Rn. 131. So Joussen, SAE 2010, 95, 96. 691 MünchKomm BGB / Armbrüster, 7. Aufl. 2015, § 138 BGB Rn. 136. 692 BGH, MDR 1996, 575; BGH, NJW 1996, 990, 991; Palandt / Ellenberger, 76. Aufl. 2017, § 138 BGB Rn. 9; eingehend und im Ergebnis ähnlich zur ökonomischen Bewertung einer vertraglichen Risikoübernahme im Rahmen der Äquivalenzprüfung Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1994, S. 227 ff., mit Zusammenfassung S. 252 f. 693 Staudinger / Sack / Fischinger, 2017, § 138 BGB Rn. 132. 694 BGHZ 131, 209, 213 f. = NJW 1996, 990, 991 („allenfalls“); BGH, NJW 1983, 2692 f.; BGH, MDR 1996, 575; Staudinger / dies., 2017, § 138 BGB Rn. 135 f. mit umfangreichen Nachweisen; Medicus, NJW 1995, 2577, 2578 f. 695 BGHZ 126, 226, 241 ff. = NJW 1994, 2536, 2539 f.; BGHZ 123, 281, 288 f. = NJW 1993, 3193 f. (jeweils zu gesellschaftsvertraglichen Vorkaufs- bzw. Abfindungsregelungen: ergänzende Auslegung); BGH, NJW 1996, 990, 991 f. (Grundstückskauf: Wegfall der Geschäftsgrundlage); BeckOK BGB / Wendtland, 43. Ed., 15.06.2017, § 138 BGB Rn. 26; MünchKomm BGB / Armbrüster, 7. Aufl. 2015, § 138 BGB Rn. 136, der dann beim Arbeitsvertrag §§ 242, 612 II BGB analog anwenden will. 689 690

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gewähren lassen“ erfasst. Letzteres betreffe nicht allein das Erfüllungsgeschäft und geschehe auch nach Vertragsschluss durch Rechtsgeschäft. Zweitens betont das BAG den Charakter des Arbeitsvertrages als Dauerschuldverhältnis und die damit verbundene Interessenlage.697 Wie sich die Rechtsprechung in Rechnungsschock-Fällen verhält, ist nicht ganz eindeutig. Der BGH überprüft und verneint § 138 BGB im Fall der Vertragserweiterung mit Systemwechsel mit der Vorinstanz bezogen auf das Jahr 2008, also den Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Leistung. Dies lässt sich nach dem oben Gesagten in mehrfacher Weise begründen: Erstens könnte der BGH an den Zeitpunkt der Einführung des Internettarifs als Zusatzgeschäft (Vertragserweiterung) gedacht haben. Zweitens könnte er auf den Nutzungszeitraum abgestellt haben, weil die Verbilligung der Internetpreise und -kosten bei Vertragsschluss absehbar war. Denn wenn eine als sicher zu erwartende Werterhöhung nicht unberücksichtigt bleiben darf, muss Gleiches für eine als sicher zu erwartende Wertsenkung gelten. Drittens lag ein nicht (vollständig) erfüllter Vertrag vor, so dass bei einer sittenwidrigen Preisrelation nach BGH und herrschender Lehre zumindest § 242 BGB eingreift. Schließlich entspricht eine Prüfung von § 138 BGB der Ansicht des BAG zum Arbeitsvertrag (§ 611a BGB), passend dazu, dass die Rechtsprechung den Telefondienstvertrag als Dienstvertrag (§ 611 BGB) in Form eines Dauerschuldverhältnisses einordnet. Jedenfalls ist somit nach allen Ansichten eine sittenwidrige Wertrelation zu prüfen. b) Auffälliges Missverhältnis Mit Blick auf das auffällige Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung ist wie dargelegt eine behutsame Einstellung vonnöten, die das Gesamtgefüge des Tarifs im Blick behält, extremen Einzelpreisen aber nicht jegliches Indikationspotential abspricht. Um solche Preise auszumachen, ist ein Vergleichsmaßstab erforderlich. Der Gesetzgeber hat in § 138 II BGB bewusst auf eine feste Wertrelation verzichtet, wie sie das österreichische Recht mit der laesio enormis kennt.698 Stattdessen nutzt die Rechtsprechung heutzutage 696 BAG, NZA 2006, 1354, 1356; BAG, NZA 2009, 837, 838; Schmidt, NJW-Spezial 2006, 561; ErfK / Preis, 17. Aufl. 2017, § 612 BGB Rn. 3; MünchKomm BGB / MüllerGlöge, 7. Aufl. 2016, § 612 BGB Rn. 32; mit abweichender Begründung Joussen, SAE 2010, 95, 97 f.; ablehnend Staudinger / Sack / Fischinger, 2017, § 138 BGB Rn. 144, 558– 563; Fischinger, JZ 2012, 546, 548 ff.; LAG Hamburg, Urt. v. 17.4.2008 – 1 SA 10/07 –, juris Rn. 35. 697 BAG, NZA 2009, 837, 838. 698 Entschieden o.A., Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Bd. II, Recht der Schuldverhältnisse, 1888, S. 321 („Es fehlt für dieses [Rücktrittsrecht vom Kaufvertrage aus dem Grunde der sog. laesio enormis] in der heutigen Verkehrsanschauung nicht mehr begründete, für die Rechts- und Verkehrssicherheit gefährliche, kontroverse, bzw., wo es gesetzlich noch anerkannt ist, verschiedenartig ge-

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möglichst einen Marktvergleich, um das verkehrsübliche und wirtschaftlich noch tragbare Entgelt zu ermitteln.699 Auf dieser Grundlage bejaht sie ein auffälliges Missverhältnis zumeist, wenn der Preis des in Rede stehenden Austauschvertrages 100 % oder mehr über diesem Marktniveau liegt.700 In Rechnungsschock-Fällen stellt sich hierbei das Problem, welcher Vergleichswert für den Marktpreis bzw. den Wert der Leistung heranzuziehen ist. Eine probate Lösung hat die Rechtsvergleichung aufgezeigt: Die Praxis der österreichischen RTR-GmbH belegt, dass sich in Rechnungsschock-Fällen sogar anhand eines Vergleichs mit dem Durchschnittspreis ähnlicher, typischerweise relativ teurer Standardtarife anderer Anbieter bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses Marktpreisüberschreitungen von über 100 % ergeben. Im Rahmen eines verfeinerten Ansatzes können zudem ergänzend Großkunden-Tarife sowie Obergrenzen für Roaming-Gebühren einbezogen werden. Eine einfache Alternative könnte darin bestehen, das auffällige Missverhältnis in Relation zu Datenpreisen für Flatrates festzulegen, insbesondere solchen, die der in Rede stehende Anbieter selbst offeriert. In diesem Sinne hat das AG Bremen 2012 einen Mobilfunkvertrag hinsichtlich der Entgeltvereinbarung für einen Internet-by-Call-Tarif für sittenwidrig erachtet, weil das durch einzelne Einwahlen entstandene Entgelt die vom Vertragspartner ansonsten angebotenen flexibel zu- und abbuchbaren Flatrates um das 24-fache und das 100-fache überstieg.701 Der gleiche Ansatz findet sich in der Literatur, wenn ein volumenabhängiger Preis als wucherisch eingestuft wird, der umgerechnet eine nahezu sechsstellige Summe für ein Flatrate-Volumen ergibt, das der Anbieter für einen geringen Pauschalbetrag vertreibt.702 In ähnlicher Weise hätte sich in einem Rechnungsschock-Fall des LG Münster argumentieren lassen: Dort hätte der verklagte Kunde „mit der volumenabhängigen Abrechnung für 150 MB – die die Mobilfunkanbieterin zu einem Paketpreis von 10 Euro anbietet – insgesamt 912,60 Euro zu zahlen, was mehr als das Neunzigfache des Paketpreises ausmacht[e].“ Der verlangte Betrag lag mit anderen Worten mehr als 9.000 % über dem Wert, den die Anbieterin der Datenmenge staltete Rechtsmittel, wie an der Grundlage in den allgemeinen Grundsätzen des Entwurfes (§§ 98, 102), so am Bedürfnisse.“); Canaris, AcP 200 (2000), 273, 287; Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1994, S. 203 f. 699 BGHZ 80, 153, 162 = NJW 1981, 1206, 1208; BGH, NJW 1998, 3188, 3191; instruktiv zu dem dabei bestehenden Zusammenhang von Wettbewerb und Vertragsgerechtigkeit Canaris, AcP 200 (2000), 273, 294 f. 700 BGH, NJW-RR 1989, 1068 (Kreditzinsen); BGHZ 128, 155, 259 ff. = NJW 1995, 1019, 1020 f. (Leasingvertrag); Palandt / Ellenberger, 76. Aufl. 2017, § 138 BGB Rn. 67; weitergehend bejaht die Rechtsprechung bei einem Mietverhältnis ein auffälliges Missverhältnis bereits, wenn die vereinbarte Miete die angemessene um mehr als 50 % übersteigt, BGHZ 135, 269, 277 = NJW 1997, 1845, 1846. 701 AG Bremen, NJW-RR 2013, 428 f. 702 Schmidt, MMR 2011, 838 f. zu OLG Schleswig, MMR 2011, 836.

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mit dem Preis ihres Volumenpaketes selbst zugemessen hatte.703 Solche und noch extremere Relationen begegnen in Rechnungsschock-Sachverhalten häufig.704 Auch die schweizerische Schlichtungsstelle Ombudscom, die allgemein die Eigenverantwortung des Kunden hoch hält, hat sich hierdurch zu einem Reduzierungsvorschlag veranlasst gesehen.705 Dieser Ansatz ist intuitiv naheliegend, überzeugt aber nur bei extremen Relationen. Ein „simples Umrechnen“ des Pauschalentgeltes auf ein Entgelt je Einheit könnte hingegen leicht zu einem falschen Ergebnis führen, etwa wenn und weil günstige Entgelte im Pauschalbereich durch kalkulatorisch höhere Entgelte außerhalb einer Pauschale quersubventioniert werden.706 Richtig ist aber auch, dass der Wuchertatbestand sachwidrig beschnitten werden könnte, wenn es Anbieter auf einem dynamischen Markt bei ihrer Tarifgestaltung verbreitet darauf anlegen, unerfahrene Verbraucher auszubeuten, die sich unbedacht für Internetnutzung entscheiden, und man ausschließlich solche exzessiven Tarife für spontane Ad-hoc-Nutzung beim Marktvergleich heranzieht. Eine solche Selbstbeschneidung von § 138 BGB lässt sich indes durch sachgerechte Vergleichsgruppenbildung sowie mit einer Mischkalkulation nach österreichischem Vorbild vermeiden.707 In der Sache kommt § 138 BGB und den guten Sitten hiermit eine wirtschaftliche Steuerungsfunktion zu.708 Sie wird zwar in der Literatur seit längerem angefeindet,709 war Ders., jurisPR-ITR 7/2011, Anm. 4 zu LG Münster, Urt. v. 18.1.2011 – 6 S 93/10. Siehe LG Potsdam, Urt. v. 21.8.2012, 4 O 55/12, Rn. 30: „Wenn einerseits nach diesem „allgemeinen Tarif“ ein Kunde durch zwei isolierte Nutzungen eine Vergütung von 4.780,00 € auslösen kann, während er andererseits für einen kompletten Monat mit einer beliebigen Anzahl vergleichbarer Nutzungen einen Festbetrag von 10,00 € entrichtet, stellt sich die Wahl zwischen diesen Optionen nicht als eine für die Klägerin „offene Frage“ dar. […].“ 705 Sidler, Unerklärliche Kosten, Schlichtungsvorschlag Ombudscom, 9.12.2016 unter 3.4, im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung. 706 Siehe Klicka, Medien und Recht 2010, 239, 242. 707 Allg. für die Möglichkeit einer Mischkalkulation bei § 138 BGB Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1994, S. 216, zudem S. 221–224; teilweise a. A. im Ergebnis Finkenauer, in: Aderhold / Grunewald / Klingberg u. a. (Hrsg.), Festschrift für Harm Peter Westermann, 2008, S. 183, 196 f., der es ablehnt, Preise verschiedener Marktstufen in Beziehung zu setzen. Pauschalisierend darf dies sicher nicht erfolgen. Dessen ungeachtet lassen sich Preise der vorgelagerten Marktstufe durchaus als ein Element heranziehen, um, wie es die österreichische RTR-GmbH praktiziert, die Kosten der Leistungserbringung zu kalkulieren, die sodann zuzüglich einer branchenüblichen Gewinnspanne Rückschlüsse auf ein marktgerechtes Entgelt ermöglichen. 708 Siehe nur Rüping, Der mündige Bürger, 2017, S. 123: „Wucherschutz als paradigmatische „wirtschaftspolitsche“ Einflussnahme in die privatrechtliche Vertragsgestaltung […] Ausgleich von wirtschaftlicher Unterlegenheit eines Vertragsteils [ist] das zentrale Regelungsmotiv des modernen Sittenwidrigkeitsbegriffs geworden“. 709 Siehe etwa krit. in größerem Zusammenhang Teubner, Standards und Direktiven in Generalklauseln, 1971, S. 57 m. w. N.: „Mangels geeigneter Instrumente werden die Guten 703 704

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aber schon unter den Gesetzesverfassern anerkannt,710 und sollte auch heute nicht völlig aus der Hand gegeben werden, wenngleich es triftige Gründe gibt, von ihr nur sehr behutsam Gebrauch zu machen.711 c) Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit Zum Wuchertatbestand gehört weiterhin, dass der Wucherer eine bei dem anderen Teil bestehende Schwächesituation ausgenutzt hat, die das Gesetz als Zwangslage, Unerfahrenheit, Mangel an Urteilsvermögen oder erhebliche Willensschwäche beschreibt. Beim Tatbestand der Unerfahrenheit ist in Rechnungsschock-Sachverhalten die umstrittene Frage relevant, ob Unerfahrenheit in einem bestimmten Lebens- oder Wirtschaftsgebiet ausreichen kann. Eine verbreitete Ansicht in Rechtsprechung und Literatur verneint das,712 ebenso wie ein Urteil des OLG Saarbrücken zu einem Rechnungsschock-Fall zwischen Unternehmen.713 Die Gegenmeinung will sie ausreichen lassen, betont aber, dass Unerfahrenheit nicht nur im Hinblick auf ein bestimmtes Geschäft oder eine bestimmte Art von Geschäften geprüft werden kann.714 Danach wird dieser Tatbestand in Sitten, die nun ihres moralischen Charakters weithin entkleidet sind, „überdehnt“ zu Mitteln staatlicher Wirtschaftspolitik, mit der die Gerichte versuchen, soziale Macht zu kontrollieren und eine „Rahmenordnung“ wenigstens in Ansätzen aufzurichten.“ 710 Siehe HKK-BGB / Haferkamp, § 138 BGB Rn. 10. Die Rechtsprechung hat von der durch § 138 BGB eröffneten Möglichkeit der Preiskontrolle allerdings mit schwankender Intensität Gebrauch gemacht, siehe Finkenauer, in: Aderhold / Grunewald / Klingberg u. a. (Hrsg.), Festschrift für Harm Peter Westermann, 2008, S. 183, 188 f. 711 Siehe die beachtlichen Argumente von Finkenauer, in: Aderhold / Grunewald /  Klingberg u. a. (Hrsg.), Festschrift für Harm Peter Westermann, 2008, S. 183, 203–207, der für eine entmaterialisierte Vertragsethik plädiert. 712 BGH, NJW 1979, 758 (Unerfahrenheit „nicht schon dann gegeben, wenn der betroffene Vertragsteil lediglich auf einem bestimmten Lebens- oder Wirtschaftsgebiet keine Erfahrungen und Geschäftskenntnisse hat.“); BGH, WM 1982, 849 (für Unerfahrenheit komme es „auf den Mangel an Erfahrung und Kenntnis geschäftlicher Dinge überhaupt“ an und genüge nicht, „daß die Beklagte lediglich auf einem bestimmten Gebiet – über die Zusammensetzung der von der Klägerin gelieferten Chemikalien und über den dafür gerechtfertigten Preis – keine Erfahrungen und Kenntnisse hatte.“ Dann könne aber § 138 I BGB eingreifen.); OLG Hamm, NJW-RR 1993, 629, 630; Neuner / Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 11. Aufl. 2016, § 46 Rn. 56; Staudinger / Sack / Fischinger, 2017, § 138 BGB Rn. 281, die aber Fälle partieller Unerfahrenheit unter „mangelndes Urteilsvermögen“ subsumieren wollen, mit der Folge, dass dem Meinungsstreit keine praktische Bedeutung zukomme. 713 OLG Saarbrücken, NJW-RR 2014, 686, 687. 714 MünchKomm BGB / Armbrüster, 7. Aufl. 2015, § 138 BGB Rn. 150; ähnl. Palandt /  Ellenberger, 76. Aufl. 2017, § 138 BGB Rn. 71: Unerfahrenheit in bestimmtem Lebensoder Wirtschaftsgebiet ist unter Umständen ausreichend, nicht aber mangelnde Fachkenntnisse für Sondergebiete; aus der Rechtsprechung LG Trier, NJW 1974, 151, 152 (Kaffeefahrt), mit insoweit zustimmender Anm. Sack, NJW 1974, 564; RG BeckRS 1926, 00002

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Rechnungsschock-Fällen wohl zumeist ausscheiden. In Betracht kommen kann er allerdings, wenn sich Internetdienstleistungen gezielt (auch und gerade) an Jugendliche richten, bei denen ein Mangel an Lebens- und Geschäftserfahrung eher bejaht wird.715 Dies ist bei Rechnungsschocks durch Pay-byCall-Bezahlsysteme für Online-Spiele relevant geworden.716 Mangelndes Urteilsvermögen liegt vor, wenn dem Betroffenen in erheblichem Maße die Fähigkeit fehlt, sich durch vernünftige Beweggründe leiten zu lassen. Dazu zählt insbesondere die Unfähigkeit, die für und gegen ein konkretes Rechtsgeschäft sprechenden Gründe zu erkennen und die beiderseitigen Leistungen vor diesem Hintergrund sachgerecht zu bewerten,717 d. h. Lage, Inhalt und Folgen des Geschäfts und die daraus resultierenden wirtschaftlichen Vor- und Nachteile.718 Entscheidend und ausreichend ist, dass der Betroffene das konkrete Rechtsgeschäft nicht ausreichend beurteilen konnte und dieser Mangel für den Vertragsabschluss ausgenutzt worden ist.719 Hieran ist immer dann zu denken, wenn Geschäfte schwierig oder unklar ausgestaltet sind.720 Das ist bei einem Angebot anspruchsvoller Technik an Verbraucher ohne besondere Vorkenntnisse, wie es die Rechtsprechung in Rechnungsschock-Fällen bejaht, durchaus naheliegend.721 Begründen lässt sich mangelndes Urteilsvermögen insbesondere mit der technischen Undurchschaubarkeit der Vorgänge im Rahmen der Internetnutzung, nicht aktuell mitgeteilten Übersichten über die Kosten der Internetnutzung, der Unkenntnis des ansonsten geltenden Preisgefüges (insb. in einer Flatrate)722 sowie den dargelegten verhaltensökonomischen Erschwerungen, das eigene Konsumverhalten verlässlich vorherzusagen. Hinzu kommt die Funktionsweise moderner Smartphones, die auf Flatrates ausgelegt sind und Datentransfer verursachen, ohne dass der Kunde ihn bewusst wahrnimmt und ohne dass in der Regel Datenvolumen und Gesamtkosten direkt erkennbar sind. Vor diesem (Unerfahrenheit als „eine dem Menschen anhaftende Eigenschaft, die auf einem Mangel an Geschäftskenntnis u. Lebenserfahrung im allgemeinen oder auf begrenzten Gebieten des menschlichen Wirkens beruht u. ihrem Wesen nach eine Einschränkung der Fähigkeit mit sich bringt, Zustände u. Ereignisse irgendwelcher Art richtig zu beurteilen.“). 715 BGH, NJW 966, 1451; Palandt / Ellenberger, 76. Aufl. 2017, § 138 BGB Rn. 71. 716 Dazu oben Fn. 76. 717 BGH, NJW 2006, 3054, 3056; OLG Köln, OLGZ 1993, 193, 195; Staudinger / Sack /  Fischinger, 2017, § 138 BGB Rn. 282; Erman / Schmidt-Räntsch, 15. Aufl. 2017, § 138 BGB Rn. 53. 718 Staudinger / Sack / Fischinger, 2017, § 138 BGB Rn. 282. 719 Staudinger / dies., 2017, § 138 BGB Rn. 282; Erman / Schmidt-Räntsch, 15. Aufl. 2017, § 138 BGB Rn. 53. 720 Vgl. Palandt / Ellenberger, 76. Aufl. 2017, § 138 BGB Rn. 72. 721 Ein anschauliches Beispiel hierfür bietet ein Rechnungsschock-Sachverhalt aus dem Jahr 2010, den das AG Bremen 2012 entschieden hat, AG Bremen, NJW-RR 2013, 428, näher oben Fn. 43. 722 AG Bremen, NJW-RR 2013, 428 f.

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Hintergrund kann ein argloser Kunde Leistung und Gegenleistung erst mit der Rechnung am Ende der Abrechnungsperiode beurteilen, wenn es bereits zu spät ist. Schließlich liegt nahe, dass sich unerfahrene Internetnutzer an der Flatrate-Preisgestaltung des Vertragspartners orientieren und davon ausgehen, dass im Rahmen „normaler Nutzung“ nicht exorbitant höhere Entgelte anfallen. Diese Schwelle wird bei Rechnungsschocks indes meist überschritten.723 2. Wucherähnliches Geschäft a) Allgemeines Soweit man den Tatbestand des § 138 II BGB verneint, kommt in Rechnungsschock-Fällen im Rahmen von § 138 I BGB der Tatbestand des wucherähnlichen Geschäfts in Betracht. Er setzt ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung voraus, zu dem mindestens ein weiterer Umstand hinzutritt, der den Vertrag bei Zusammenfassung der subjektiven und der objektiven Merkmale als sittenwidrig erscheinen lässt. Die Rechtsprechung bejaht das bei einer verwerflichen Gesinnung des Begünstigten,724 vor allem dann, wenn er eine besondere Schwäche des anderen Teils bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt oder sich zumindest leichtfertig der Einsicht verschließt.725 Eine verwerfliche Gesinnung wiederum vermutet die Rechtsprechung in tatsächlicher Hinsicht bei einem besonders groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung.726 Der Maßstab für ein auffälliges bzw. besonders grobes Missverhältnis ist dabei in § 138 I und II BGB im Wesentlichen identisch,727 d. h. ein besonders grobes Missverhältnis wird grundsätzlich angenommen, wenn der Wert der Leistung rund doppelt so hoch liegt wie der Wert der Gegenleistung.728 Im Schrifttum hat das dem BGH den Vorwurf eingetragen, entgegen Gesetzeswortlaut und Absicht des Gesetzgebers das subjektive Konzept des BGB de facto aufgegeben und sich dem Modell der laesio enormis stark an723 AG Bremen, NJW-RR 2013, 428, 429. Ergänzend argumentierte das AG Bremen a. a. O., der Anbieter könne ein ausreichendes Urteilsvermögen des Vertragspartners herstellen, indem er ihn sachgerecht informiert, z. B. durch Benachrichtigung per SMS, wenn er bestimmte Abrechnungsgrenzen überschreitet. Dies trifft sich im praktischen Ergebnis mit der Lösung des BGH, unterscheidet sich aber in der dogmatischen Konstruktion. 724 BGH, NJW 2014, 1652, 1653 Rn. 10; Palandt / Ellenberger, 76. Aufl. 2017, § 138 BGB Rn. 34. 725 BGHZ 80, 153, 160 f. zum Darlehensvertrag. 726 BGH, NJW 2014, 1652 f. Rn. 8; OLG Saarbrücken, NJW-RR 2014, 686, 687; Neuner / Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 11. Aufl. 2016, § 46 Rn. 52 S. 564. Die tatsächliche Vermutung befreit die benachteiligte Partei nicht von der Behauptungslast für das subjektive Merkmal, insoweit bestehen aber keine hohen Anforderungen. 727 Siehe MünchKomm BGB / Armbrüster, 7. Aufl. 2015, § 138 BGB Rn. 144; Bork, JZ 2001, 1138. 728 BGH, NJW-RR 2008, 1436, 1438 Rn. 31.

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genähert zu haben.729 In die gleiche Richtung geht der Einwand, die Rechtsprechung verleite zu einem unbefriedigenden fiktiven Schließen.730 Die Kritik trifft durchaus einen wunden Punkt, auch wenn der BGH eine Anlehnung an die laesio enormis schon früh abgelehnt731 und sich gegen den entsprechenden Vorwurf später schlüssig mit dem Hinweis verwahrt hat, die angegriffene Rechtsprechung befasse sich im Gegenteil gerade mit der Frage, welche objektiven Umstände den Schluss auf das subjektive Merkmal der verwerflichen Gesinnung zulassen.732 Hier liegt in der Tat ein diffiziler Punkt bei dem man es sich nicht zu einfach machen darf und die Spezifika des betrachteten Wirtschaftsbereichs in den Blick nehmen muss. b) Spezifika des Marktes Im österreichischen Schrifttum hat man mit Blick auf RechnungsschockKonstellationen gegen das Pendant zum Wuchertatbestand eingewandt, es fehle zumindest an einer Ausnutzung der Schwächesituation, weil die angebotenen Tarife von jedermann zu den gleichen Bedingungen abgeschlossen

729 Mayer-Maly, in: Canaris / Diederichsen (Hrsg.), Festschrift für Karl Larenz zum 80. Geburtstag am 23. April 1983, 1983, S. 395, 399 f., moderater dann aber S. 403 ff.; entschieden Flume, ZIP 2001, 1621, 1621 f. („Die Entscheidung ist somit nichts anderes als die Anwendung der im Codex Justinians (C. 4,44,2) Diokletian zugeschriebenen Regelung der laesio enormis, die aber in das BGB nicht übernommen worden ist.“); eingehend Finkenauer, in: Aderhold / Grunewald / Klingberg u. a. (Hrsg.), Festschrift für Harm Peter Westermann, 2008, S. 183, 191–203; ders., HWB EuP 2009; mit Einschränkungen Canaris, AcP 200 (2000), 273, 301–303 (tendenziell anders noch S. 297). Eine weitere beachtliche, aber oft übersehene Parallele liegt darin, dass der BGH die tatsächliche Vermutung für eine verwerfliche Gesinnung gegenüber Vollkaufleuten umkehrt (BGH, NJW 1995, 1019, 1022; BGH, NJW 2003, 2230, 2231). Dies entspricht § 351a öHGB a. F., der eine Anfechtung wegen laesio enormis pauschal demjenigen versagte, für den der Vertrag ein Handelsgeschäft war. Diese Regelung hat der österreichische Gesetzgeber allerdings Anfang 2007 ersatzlos entfallen lassen. 730 Mayer-Maly, in: Canaris / Diederichsen (Hrsg.), Festschrift für Karl Larenz zum 80. Geburtstag am 23. April 1983, 1983, S. 395, 400; ähnlich Bork, JZ 2001, 1138, 1139 („[…] bei der Feststellung der Sittenwidrigkeit regelmäßig der subjektive aus dem objektiven Tatbestand abgeleitet wird.“); Hackl, BB 1977, 1412, 1414 („Die Präsumtion einer verwerflichen Einstellung führt zur Fiktion, eine subjektive Voraussetzung werde verlangt und geprüft.“). 731 BGHZ 80, 153 = NJW 1981, 1206 f., gegen OLG Stuttgart, NJW 1979, 2409, 2410. 732 BGH, NJW 2002, 3165, 3166, mit ausdrücklicher Zurückweisung von Flume, ZIP 2001, 1621, 1621 f.; im Sinne des BGH grundsätzlich auch Canaris, AcP 200 (2000), 273, 297: „Da diese [Vermutung] ihrer Natur nach widerleglich ist, liegt darin nicht etwa ein partieller Verzicht auf das Erfordernis einer Beeinträchtigung der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit, sondern im Gegenteil ein probates Mittel zum Schutz in Situationen, in denen diese Voraussetzung typischerweise erfüllt, aber schwer zu beweisen ist.“; anders aber die Kritik an der Bürgschaftsrechtsprechung bei Canaris, a. a. O. S. 301–303.

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werden können.733 Dieses Argument verkennt indes, dass Telekommunikationsanbieter aufbauend auf Marktforschung und Erfahrungswerten (Daten) über das Nutzungsverhalten der Kunden ein hochdifferenziertes Spektrum von Tarifen mit unterschiedlichen Einzelpreisen und Optionen anbieten. Dies eröffnet eine systematische und in der Masse kalkulierbare Wahrscheinlichkeit, dass unbedarfte Nutzer bei einem unpassenden Standard-Tarif mit kostspieligen Folgen „hängen bleiben“. Wenn Unternehmen, wie namentlich im Telekommunikationsbereich, massenhaft Verträge mit Verbrauchern schließen, zugleich ihr Angebot durch eine Vielzahl von Tarifen und Optionen hochdifferenziert ausgestalten, sich dabei große Erfahrungswerte über das Nutzungsverhalten zunutze machen und heutzutage sogar über Big Data immer zielgenauer Konsumenten mit ganz bestimmten Gewohnheiten ansprechen können, ist keine Kenntnis der konkreten Umstände des Einzelfalls mehr erforderlich, um eine besonders schwache Untergruppe der Verbraucher auszubeuten.734 Vielmehr lässt sich dies über das Gesetz der großen Zahl einkalkulieren.735 Das Ausnutzen erfolgt zwar nicht (mehr) zielgerichtet im Einzelfall, kann aber sehr wohl organisatorisch vorgelagert bei der Festlegung der Preisstrategie zu verorten sein. Angesichts zunehmender Möglichkeiten, im Onlinevertrieb Konsumentengruppen mit bestimmten Merkmalen mit spezifischen Angeboten anzusprechen, dürfte die Bedeutung dieses Aspekts weiter steigen. Mit Blick auf § 138 I BGB sollte es aber keinen Unterschied machen, wenn sich das „leichtfertige Verschließen“ letztlich nur auf eine höhere, abstraktere organisatorische Ebene verlagert. Auf weitergehende Versuche, subjektive Umstände im Rahmen einer Gesamtwürdigung bei besonders deutlicher Erfüllung objektiver Umstände für verzichtbar zu erachten („Sandhaufentheorem“)736 kommt es dabei nicht an.737 So aber aus österreichischer Sicht Klicka, Medien und Recht 2010, 239, 241. Siehe allg. zu der darin liegenden Kräfteverschiebung zwischen Anbieter und Verbraucher durch algorithmisch individualisierte Preissetzung Ernst, JZ 2017, 1026, 1034, sowie a. a. O. S. 1034 f. zu der umstrittenen Frage, inwieweit sich dabei Grenzen aus Art. 22 DatenschutzgrundVO (EU) 2016/679 (ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016, S. 1–88), § 6a BDSG, Art. 15 Datenschutzrichtlinie 95/46/EG (ABl. Nr. L 281 vom 23.11.1995, S. 31– 50) ergeben. 735 Der Aspekt, dass bzw. ob einer Seite das Gesetz der großen Zahl zugutekommt, ist im Rahmen von § 138 I BGB allgemein bedeutsam, dazu Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1994, S. 245–248, ferner S. 412 (zum Leibrentenvertrag); Finkenauer, in: Aderhold / Grunewald / Klingberg u. a. (Hrsg.), Festschrift für Harm Peter Westermann, 2008, S. 183, 200. 736 Dafür Hackl, BB 1977, 1412 ff.; insbesondere de lege ferenda Bender, NJW 1980, 1129, 1133 f.; Mayer-Maly, in: Canaris / Diederichsen (Hrsg.), Festschrift für Karl Larenz zum 80. Geburtstag am 23. April 1983, 1983, S. 395, 404–408; Hackl, DB 1985, 1327, 1328 f.; Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1994, S. 209 f., 219; Bork, JZ 2001, 1138, 1139; differenzierend MünchKomm BGB / Armbrüster, 7. Aufl. 2015, § 138 BGB 733 734

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Gelegentlich hat die Rechtsprechung in Rechnungsschock-Fällen diesen Weg gewählt. Ein anschauliches Beispiel bietet ein Urteil des OLG Saarbrücken aus dem Jahr 2014, in dem ein Unternehmen bedingt durch eine Fernwartungssoftware Opfer eines Rechnungsschocks geworden war.738 Dabei überstieg das im streitgegenständlichen Zeitraum verlangte Entgelt für einen Internet-by-Call-Tarif nach einer Preiserhöhung das marktübliche Niveau um das 50- bis 100-Fache. Eine verwerfliche Gesinnung sah das OLG erwiesen, weil es dem klagenden Telekommunikationsunternehmen gerade darauf angekommen sei, „horrende Forderungen zu generieren, um die ihr nicht persönlich bekannten Nutzer, die ein ähnliches Einwahlverhalten praktizierten wie der Bekl, zu sanktionieren.“ Dabei sei der Klägerin bewusst gewesen, dass die Preiserhöhungen erst nach der nächsten Rechnungslegung auffallen würden. Sie hätten daher darauf abgezielt, den Nutzer zunächst mit der krass überhöhten Forderung zu konfrontieren, bevor dieser sein Nutzungsverhalten anpasst.739 Dass der verklagte Kunde durch nachlässiges Verhalten auch selbst zur Kostenexplosion beigetragen habe, ändere nichts an der Wertung, dass es die Rechtsordnung nicht zulassen dürfe, dass ein Vertragspartner, der zumindest die objektiven Umstände, die eine Nachlässigkeit nicht fernliegend erscheinen lassen, kennt, diese unter Missachtung der vertraglichen Treuepflichten zum eigenen Vorteil ausnutzt, indem er dem Vertragspartner eine ruinöse Kostenfalle stellt.740 Diese Erwägungen müssen a fortiori im Verhältnis zwischen Unternehmen und Verbrauchern gelten, zumal die Unternehmen das Verhalten verschiedener Nutzergruppen einschließlich des Anteils sorgloser Kunden durch Kunden- und Rechnungsdaten abschätzen können und dadurch in der Lage sind, gezielte Kostenfallen in Situationen zu legen, die aus Verbrauchersicht eine atypische Nutzung, aus Unternehmenssicht aber eine wiederkehrende und im Voraus kalkulierbare Situation darstellen. Soweit keiner dieser Ansatzpunkte greift, ist der Kunde hingegen auch an einer hohen Gebührenforderung festzuhalten. Außerhalb des Mobilfunkbereichs hat die Rechtsprechung durchaus auch schon in diesem Sinne entschieRn. 117, 129 f.; dagegen etwa BGHZ 80, 153, 159 f.; BeckOK BGB / Wendtland, 43. Ed., 15.6.2017, § 138 BGB Rn. 56 f. 737 Eine andere Frage ist, inwieweit es de lege ferenda sinnvoll sein könnte, für algorithmenbasierte Entscheidungsverfahren eine Begründungs- und Protokollierungspflicht vorzuschreiben, welche die Gründe der getroffenen Entscheidung für Außenstehende nachvollziehbar macht, um zu verhindern, dass der fehlende Einblick in die Softwareanwendung den Verbraucher entwaffnet. Dies wird in jüngerer Zeit vielfach mit bedenkenswerten Argumenten befürwortet, siehe etwa Martini, JZ 2017, 1017, 1018, 1020, 1022; unter dem Gesichtspunkt unzulässiger Diskriminierung Ernst, JZ 2017, 1026, 1032 f. 738 OLG Saarbrücken, NJW-RR 2014, 686, 687. 739 OLG Saarbrücken, NJW-RR 2014, 686, 687. 740 OLG Saarbrücken, NJW-RR 2014, 686, 688.

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den, obgleich die hinter der Festnetztelefonie stehende Technik aus Verbrauchersicht kaum weniger komplex ist als der Mobilfunk.741 Dies entspricht der am mündigen Bürger orientierten Grundkonzeption des BGB, die unbeschadet der oft berechtigten Bemühungen des Verbraucherschutzes742 mit der Folge einer spürbaren Materialisierung des Vertragsrechts743 nicht weiter als nötig eingeschränkt werden sollte.

LG Saarbrücken, NJW-RR 1996, 894 (Telefonrechnung über 17.444,67 DM verursacht durch zahlreiche Anrufe bei sogenannten Partylines, die nur unter Nummern in Übersee zu erreichen sind, sowie zahlreiche Verbindungen zu mehrfach wiederkehrenden Telefonnummern im gesamten Bundesgebiet). 742 Dazu jüngst die Bestandsaufnahme von Micklitz, Verhandlungen 69. DJT-Gutachten, 2012, Bd. 1, Teil A. 743 Dazu bereits Canaris, AcP 200 (2000), 273 ff., insb. S. 280, 292; umfassend Tamm, Verbraucherschutzrecht, 2011, mit dem programmatischen Untertitel „Europäisierung und Materialisierung des deutschen Zivilrechts und die Herausbildung eines Verbraucherschutzprinzips“; jüngst Rüping, Der mündige Bürger, 2017, S. 57 ff., 75 ff. 741

5. Kapitel

5. Kapitel: Ergebnisse 5. Kapitel: Ergebnisse

Ergebnisse

1. Die revolutionäre Entwicklung von allgemein erschwinglichem Mobilfunk und stationärem wie mobilem Internet mit immer höheren Übertragungsraten hat Situationen begünstigt, in denen Nutzer Technik oder Tarife nicht wie gedacht beherrschen und in der Folge einen unangenehmen „Rechnungsschock“ erleiden. Dieses Phänomen hat länderübergreifend eine hohe praktische Bedeutung erlangt. 2. Rechnungsschock-Konstellationen sind ebenso farbig wie facettenreich, lassen sich aber anhand exemplarischer Fälle ordnen. Sie umfassen eine Vertragserweiterung mit Systemwechsel bei der Abrechnung, die automatisierte Einwahl in das Internet mit einem eigenständig vom Kunden beschafften oder vom Anbieter erhaltenen Gerät, Altverträge und Roaming. Überschneidungen bestehen mit Mehrwertdiensten und Dialern, Payby-Call sowie fehlgeschlagenen Tarifwechseln, die zivilrechtlich aber zumeist anders als Rechnungsschocks im Sinne der vorstehenden Fallgruppen zu beurteilen sind. 3. Die Rechtsordnung hat auf das Problem des Rechnungsschocks zweigleisig reagiert, im Regulierungsrecht und im Zivilrecht. 4. Regulierungsrechtlich hat die Europäische Union mit der Universaldienstrichtlinie und der Roaming-Verordnung diverse Maßnahmen zur Kostentransparenz, zur Stärkung des Wettbewerbs, zur Kostenbegrenzung und zur Preisregulierung ergriffen, wobei der Zugriff schrittweise fester geworden ist. Der deutsche Gesetzgeber ist im TKG zunächst gegen Missbräuche von Mehrwertdienstnummern vorgegangen, später hat er die Schutzinstrumente der Roaming-Verordnung auf inländische Sachverhalte übertragen. Zusammengenommen werden die regulierungsrechtlichen Gegenmaßnahmen die „klassische“ Rechnungsschock-Problematik erheblich eindämmen, allerdings nicht vollständig beheben. In Zukunft könnte sie unter anderem verstärkt im Internet der Dinge drohen. 5. Zivilrechtlich arbeitet die deutsche Rechtsprechung zumeist mit einer konkreten Hinweis- und Sperrpflicht bei atypischem, „selbstschädigendem“ Nutzungsverhalten. Im Fall der Vertragserweiterung tritt vorgelagert eine abstrakte Hinweispflicht hinzu. Der BGH knüpft hierbei vor allem an die Bereitstellung anspruchsvoller und dynamischer Technik an, während sich die Instanzgerichte auf erhöhte Schutzpflichten im Dauer-

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schuldverhältnis berufen haben. Bei Geräten, die der Diensteanbieter zur Verfügung gestellt hat, haben die Gerichte Warnhinweise in Gebrauchsanweisungen zumeist nicht genügen lassen und die Hinweispflicht als vertragliche, nicht als vorvertragliche Nebenpflicht konstruiert. Die in Rede stehenden Verträge ordnet die herrschende Ansicht als Dienstverträge über Telefon- bzw- Mobilfunkdienstleistungen bzw. Access-Providing ein, bei Mehrwertdiensten tritt ein separater Telekommunikationsdienstleistungsvertrag hinzu. Die von der Rechtsprechung angenommene konkrete Informationsnebenpflicht zur Warnung bei atypischem, „selbstschädigendem“ Nutzungsverhalten durchbricht den Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit, soweit die Ursache der atypischen Nutzung nicht vom Netzbetreiber bzw. AccessProvider ausgeht. In den skizzierten Fallgruppen ist das oft der Fall. Literatur und Rechtsprechung haben mehrere Begründungsmuster herausgearbeitet, mit denen sich eine solche Durchbrechung rechtfertigen lässt. In Rechnungsschock-Fällen sind sie einschlägig, wenn der Kunde zusätzlich ein Gerät (insb. Smartphone oder Router) vom Telefonnetzbetreiber bzw. Access-Provider kauft oder mietet und die Rechnungsschock-Ursache hiervon ausgeht. Insoweit kann man die Wertung nutzbar machen, welche in kauf- und mietrechtlichen Fürsorge-, Beratungs- und Obhutspflichten zum Ausdruck kommt, unabhängig davon, ob zwei getrennte Verträge vorliegen oder eine einheitliche Vereinbarung. In den übrigen Fällen ist die Lösung der Rechtsprechung problematisch. In der Sache überträgt sie dem Telekommunikationsanbieter Beobachtungspflichten für die Nutzung von Fremdgeräten, die der Verbraucher von dritter Seite mit ungeeigneten Voreinstellungen oder ohne geeignete Anleitung erworben hat. Zudem läuft sie datenschutzrechtlichen Wertungen zuwider, steht in einem latenten Konflikt mit dem Verbraucherleitbild der UGP-RL und zweckentfremdet eine Informationsnebenpflicht als Instrument der Preiskontrolle. Eine rechtsvergleichende Umschau zeigt, dass weder Österreich, noch Frankreich, noch die Schweiz oder die USA nach dem Vorbild der deutschen Rechtsprechung von Telekommunikationsanbietern zivilrechtlich verlangen, laufend zu überwachen, inwieweit ein Kunde die vertragliche Hauptleistung in Anspruch nimmt, das Volumen auf ein atypisches, „selbstschädigendes“ Ausmaß zu kontrollieren und bei Bedarf eine entsprechende Benachrichtigung zu versenden. Die Rechtsprechung in der Schweiz und Frankreich pocht zivilrechtlich auf die Eigenverantwortung des Kunden. Die österreichische Rechtsprechung hat laufende Überwachungspflichten nur bezogen auf einen Missbrauch durch Dritte bejaht, den der Kunde technisch weder erkennen noch abwenden konnte. Die zuständige regulierungsbehördliche Schlichtungsstelle stellt aktuell eine zi-

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vilrechtliche Preiskontrolle mit der laesio enormis anstatt mittelbar über Informationsnebenpflichten in den Vordergrund. Darüber hinausgehende verbraucherschützende Regelungen sind in den betrachteten Rechtsordnungen regulierungsrechtlich umgesetzt worden, wobei in den USA die Besonderheit besteht, dass die Telekommunikationsanbieter behördlich angedrohter Regulierung durch eine Selbstregulierung qua Verhaltenskodex zuvorgekommen sind. Rechtsökonomische Überlegungen sprechen zunächst dafür, den Kunden von der Haftung für schockartige Rechnungen zu entlasten, wenn ein Gerät einen Rechnungsschock auslöst, das der Diensteanbieter selbst ohne hinreichende Gebrauchsanleitung zur Verfügung gestellt hat – auf diese Weise wird eine ineffiziente Trennung von Information und Kontrolle vermieden. Dies stimmt mit kauf- und mietrechtlichen Wertungen überein. Im Vordergrund der ökonomischen Forschung zu Rechnungsschocks stehen pauschal Konstellationen, in denen das auslösende Moment nach Vertragsschluss liegt. Rechnungsschocks sind zum einen als Folge rationaler Unaufmerksamkeit von Kunden denkbar, die mit neuen Angeboten wenig vertraut sind und durch Versuch und Irrtum lernen. Zum anderen lassen sich Rechnungsschocks mit verhaltensökonomischen biases erklären. Die neuere Forschung stellt diesen Ansatz in den Vordergrund. Besonders prominent ist die Hypothese, dass Konsumenten infolge von overconfidence die Genauigkeit überschätzen, mit der sie ihren Verbrauch vorhersagen können, und daher Tarife wählen, die mit einem zu hohen Risiko von Zusatzgebühren einhergehen. Die Folgen von Warnhinweisen zur Vermeidung von Rechnungsschocks sind bislang bezogen auf die USA im theoretischen Modell sowie in zwei Simulationsstudien untersucht worden, von denen die erste auf einem rationaltheoretischen und die zweite auf einem verhaltensökonomischen Modell fußt. Beide ermitteln, dass die Anbieter ihre Gewinnne durch ausgleichende Preiserhöhungen in etwa konstant halten und dass es zu Umverteilungseffekten zwischen verschiedenen Verbrauchergruppen kommt. Zugleich errechnet die erste, unveröffentlichte Studie im Aggregat einen positiven Wohlfahrtseffekt, während die zweite, hochkarätig veröffentlichte Studie insgesamt eine Wohlfahrtseinbuße feststellt. Beide Studien sind allerdings aus mehreren gewichtigen Gründen mit Vorbehalten zu sehen. Insgesamt spricht der derzeitige Stand der ökonomischen Forschung im Lichte der Debatte um Rechtspaternalismus dafür, dass ein Eingriff dem Gesetzgeber vorzubehalten ist, während das Zivilrecht nur in Extremfällen und nur mit Instrumenten eingreifen sollte, die keine regulierungsgleiche Breitenwirkung entfalten. Dies spricht gegen eine Lösung über Warn- und Hinweispflichten. Empfehlenswerter scheint eine Lösung über

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zivilrechtliche Instrumente einer auf Extremfälle beschränkten Preis- und Konditionenkontrolle. 15. Alternative zivilrechtliche Abhilfe kann im deutschen Recht dogmatisch und systematisch überzeugender vor allem mit Hilfe des AGB-Rechts und der Kontrolle auf Wucher und Sittenwidrigkeit geschaffen werden. Das österreichische Fallmaterial zeigt, wie eine solche Preiskontrolle sachgerecht durchgeführt werden kann. In der Sache kommt § 138 BGB und den guten Sitten hier eine wirtschaftliche Steuerungsfunktion zu. Sie wird zwar in der Literatur angefeindet, war aber schon unter den Gesetzesverfassern anerkannt, und sollte auch heute nicht völlig aus der Hand gegeben, allerdings sehr behutsam gehandhabt werden. 16. Soweit keiner der behandelten Ansatzpunkte im Vertrags- und AGBRecht greift, ist der Kunde auch an einer hohen Gebührenforderung festzuhalten anstatt mit einer Informationsnebenpflicht freizustellen, soweit die Forderung in seinem Verantwortungsbereich liegt. Dies entspricht der am mündigen Bürger orientierten Grundkonzeption des BGB, die unbeschadet der oft berechtigten Bemühungen des Verbraucherschutzes mit der Folge einer spürbaren Materialisierung des Vertragsrechts nicht weiter als nötig eingeschränkt werden sollte.

Urteilsverzeichnis Urteilsverzeichnis Deutschland

Urteilsverzeichnis

RG, Urt. v. 27.3.1906 = RGZ 62, 149, 150....................................................................... 49 RG, Urt. v. 19.10.1921 = RGZ 103, 47, 50....................................................................... 49 RG, Urt. v. 7.7.1925 = RGZ 111, 233, 234....................................................................... 49 RG, Urt. v. 1.3.1928 = RGZ 120, 249, 252....................................................................... 49 BGH, Urt. v. 26.2.1957 – VIII ZR 41/56 = NJW 1957, 826.............................................. 58 BGH, Urt. v. 26.9.1961- VI ZR 92/61= NJW 1962, 31....................................................... 5 BGH, Urt. v. 29.11.1965 – VII ZR 265/63 = NJW 1966, 539 ......................................... 142 BGH, Urt. v. 16.1.1967 –AnwSt (R) 10/66 = BGHZ 47, 207, 211 .................................... 49 BGH, Urt. v. 5.4.1967 – VIII ZR 32/65 = BGHZ 47, 312 = NJW 1967, 1805 ................... 58 BGH, Urt. v. 15.6.1971 – VI ZR 262/69 = NJW 1971, 1931 ............................................ 60 BGH, Urt. v. 7.6.1972 – VIII ZR 35/71 = NJW 1972, 1363......................................... 58,61 BGH, Urt. v. 19.2.1975 – VIII ZR 144/73 = BGHZ 64, 46 .................................. 27, 29, 30 BGH, Urt. v. 8.6.1978 – III ZR 48/76= BGHZ 71, 386, 396 ............................................. 49 BGH, Urt. v. 8.6.1978 – III ZR 136/76 = BGHZ 72, 92, 101 ............................................ 49 BGH, Urt. v. 24.1.1979 – VIII ZR 16/78 = NJW 1979, 758............................................ 149 BGH, Urt. v. 12.3.1981 – III ZR 92/79 = BGHZ 80, 153 = NJW 1981, 1206 .................................................................................... 147, 151 f., 154 BGH, Urt. v. 26.5.1982 – VIII ZR 123/81 = WM 1982, 849 .......................................... 149 BGH, Urt. v. 30.6.1983 – III ZR 114/82 = NJW 1983, 2692 .......................................... 145 BGH, Urt. v. 27.11.1985 – VIII ZR 316/84 = BGHZ 96, 302, 311 ................................... 49 BGH, Urt. v. 8.1.1986 – VIII ZR 8/85 = NJW 1986, 1099 ............................................... 58 BGH, Urt. v 16.9.1987 – IVb ZR 27/86 = NJW 1988, 251 ............................................... 56 BGH, Urt. v. 13.7.1989 – III ZR 201/88 = NJW-RR 1989, 1068 .................................... 147 BGH, Urt. v. 14.3.1991 – VII ZR 342/89 = NJW 1991, 1819 ........................................... 50 BGH, Urt. v. 20.9.1993 – II ZR 104/92 = BGHZ 123, 281 = NJW 1993, 3193 .................................................................................................... 144 f. BGH, Urt. v. 13.6.1994 – II ZR 38/93 = BGHZ 126, 226 = NJW 1994, 2536 ......................................................................................................................... 145 BGH, Urt. v. 11.1.1995 – VIII ZR 82/94 = BGHZ 128, 155 = NJW 1995, 1019 ............................................................................................... 147, 152 BGH, Urt. v. 31.10.1995 – XI ZR 6/95 = BGHZ 131, 136 = NJW 1996, 248 ................... 64 BGH, Urt. v. 3.11.1995 – V ZR 102/94 = MDR 1996, 575 ............................................. 145 BGH, Urt. v. 24.11.1995 – V ZR 164/94 = BGHZ 131, 209 = NJW 1996, 990 ......................................................................................................... 145 BGH, Urt. v. 23.4.1997 – VIII ZR 212/96 = BGHZ 135, 269 = NJW 1997, 1845 ....................................................................................................... 147 BGH, Urt. v. 2.7.1998 – III ZR 287/97 = NJW 1998, 3188 ....................... 40, 142, 144, 147

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BGH, Urt. v. 22.11.2001 – III ZR 5/01 = NJW 2002, 361 .................................... 15, 40, 45 BGH, Urt. v. 28.11.2001 – VIII ZR 37/01 = NJW 2002, 1042 .......................................... 50 BGH, Urt. v. 19.7.2002 – V ZR 240/01 = NJW 2002, 3165............................................ 152 BGH, Urt. v. 14.3.2003 – V ZR 308/02 = NJW 2003, 1811........................................ 49, 73 BGH, Urt. v. 6.5.2003 – XI ZR 226/02 = NJW 2003, 2230 ............................................ 152 BGH, Urt. v. 30.5.2003 – V ZR 216/02 = NJW-RR 2003, 1355 ..................................... 142 BGH, Urt. v. 4.3.2004 – III ZR 96/03 = BGHZ 158, 201, 203 = NJW 2004, 1590, 1591 .......................................................................3, 15 f., 28, 40, 57 BGH, Urt. v. 23.3.2005 – III ZR 338/04 = NJW 2005, 2076 ......................................... 41 f. BGH, Urt. v. 15.12.2005 – III ZR 65/05 = NJW 2006, 362 ...................................... 64, 137 BGH, Urt. v. 16.3.2006 –III ZR 152/05 = CR 2006, 454 ........................................ 3, 40, 44 BGH, Urt. v. 4.4.2006 – X ZR 122/05 = NJW 2006, 2472 ............................................. 142 BGH, Urt. v. 23.6.2006 – V ZR 147/05 = NJW 2006, 3054............................................ 150 BGH, Urt. v. 28.6.2006 – XII ZR 50/04 = JZ 2007, 783 ................................................... 73 BGH, Urt. v. 16.11.2006 – III ZR 58/06 = NJW 2007, 438 ........................................ 40, 45 BGH, Urt. v. 8.11.2007 – III ZR 102/07 = NJW 2008, 140 .............................................. 15 BGH, Urt. v. 15.11.2007 –III ZR 247/06 = NJW 2008, 360 ........................................... 138 BGH, Urt. v. 22.11.2007 – III ZR 9/07 = NJW 2008, 840 .................................64, 134, 137 BGH, Urt. v. 18.12.2007 – XI ZR 324/06 = NJW-RR 2008, 1436 .................................. 151 BGH, Urt. v. 15.10.2008 –VIII ZR 321/07 = NJW 2009, 143 ........................................... 58 BGH, Urt. v. 11.11.2010 – III ZR 57/10 = NJW-RR 2011, 916 .................................. 41, 63 BGH, Urt. v. 20.10.2011 – III ZR 251/10 = NJW 2012, 48 ...................................... 64, 137 BGH, Urt. v. 10.2.2012 – V ZR 51/11 = NJW 2012, 1570 ............................................. 144 BGH, Urt. v. 15.3.2012 –III ZR 190/11 = NJW 2012, 2103 .......... 4, 7, 27–31, 75, 139, 143 BGH, Urt. v. 19.7.2012 – III ZR 71/12, BeckRS 2012, 16830 = NJW 2012, 2878 ............................................................................... 4, 8, 27 f., 30 f., 75 BGH, Urt. v. 19.7.2012 – III ZR 71/12 = MMR 2012, 700 ............................................. 126 BGH, Urt. v. 24.1.2013 – III ZR 98/12 = NJW 2013, 1072 .............................................. 56 BGH, Urt. v. 24.1.2014 – V ZR 249/12 = NJW 2014, 1652............................................ 151 BGH, Urt. v. 9.10.2014 – III ZR 33/14 = NJW 2015, 152 .............................................. 138 BGH, Urt. v. 4.5.2016 – XII ZR 62/15 = NJW 2016, 3718 ............................................... 63 BGH, Urt. v. 6.4.2017 – III ZR 368/16 = JZ 2017, 733 = CR 2017, 470 = MDR 2017, 632 .......................................................................................................16 f. BAG, Urt. v. 26.4.2006 – 5 AZR 549/05 = NZA 2006, 1354 .......................................... 146 BAG, Urt. v. 22.4.2009 – 5 AZR 436/08 = NZA 2009, 837............................................ 146 OLG Stuttgart, Urt. v. 24.4.1979 – 6 U 169/78 = NJW 1979, 2409................................. 152 OLG Köln, Urt. v. 27.11.1991 – 2 U 23/91 = OLGZ 1993, 193 ...................................... 150 OLG Hamm, Urt. v. 18.9.1992 – 29 U 65/92 = NJW-RR 1993, 629 ............................... 149 OLG Frankfurt, Urt. v. 24.7.1997 – 15 U 211-96 = NJW-RR 1998, 415 ........................... 56 OLG Stuttgart, Urt. v. 21.4.1999 – 9 U 252-98 = NJW-RR 1999, 1430 ............................ 15 OLG Düsseldorf, Urt. v. 8.6.1999 – 20 U 100/98 = NJW-RR 1999, 1431......................... 15 OLG Hamm, Urt. v. 23.11.1999 – 26 U 139/99 = MMR 2000, 371 .................................. 15 OLG Celle, Urt. v. 29.11.2000 – 21 U 36/00 = MMR 2001, 704 ...................................... 15 OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.4.2001 – 20 U 127/00 = MMR 2001, 699 ............................. 15 OLG Stuttgart, Urt. v. 9.5.2001 – 9 U 18/01 = MMR 2001, 697 ....................................... 15 OLG Saarbrücken, Urt. v. 9.5.2001 – 5 U 553/00-65 = OLGR Saarbrücken 2001, 463 ............................................................................................... 15

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OLG Brandenburg, Urt. v. 13.9.2001 – 5 U 4/01 = OLGR Brandenburg 2002, 26 ..................................................................................... 15 OLG Hamm, Urt. v. 5.11.2002 – 19 U 41/02 = NJW 2003, 760 ............................. 4, 14, 40 OLG Schleswig, Beschl. v. 14.5.2009 – 6 U 41/08 = MMR 2010, 211 ........................... 138 OLG Schleswig, Urt. v. 15.9.2011 – 16 U 140/10 = MMR 2011, 836….................................................................. 4, 10, 33 f., 126, 143, 147 OLG Schleswig, Urt. v. 27.3.2012 – 2 U 2/11 = CR 2012, 371 ...................................... 138 OLG Saarbrücken, Urt. v. 20.2.2014 – 4 U 442/12 = NJW-RR 2014, 686 ......................................................................... 4, 26, 149, 151, 154 OLG Celle, Urt. v. 27.11.2014 – 13 U 89/14 = GRUR-RR 2015, 152.............................. 57 KG, Urt. v. 27.1.2003 – 26 U 205/01 = MMR 2003, 399.................................................. 14 LG Aachen, Urt. v. 14.12.1994 – 11 O 284/94 = NJW 1995, 2364 ..................................... 3 LG Bremen, Urt. v. 24.5.1991 – 9 S 63/1991 a = NJW 1992, 915 .................................. 135 LG München I, Urt. v. 10.11.1995 – 20 S 13900/95 = NJW-RR 1996, 893 ........................ 3 LG Saarbrücken, Urt. v. 8.12.1995 – 4 O 138/94 = NJW-RR 1996, 894 ................... 15, 155 LG Berlin, Urt. 16.2.1996 – 5 O 68/95 = NJW-RR 1996, 895 ............................................ 3 LG Bielefeld, Urt. v. 17.12.1998 – 20 S 130-98 = NJW-RR 1999, 1512 ........................... 15 LG Heidelberg, Urt. v. 17.5.2002 – 5 O 19/02 = NJW 2002, 2960 ......................... 4, 14, 40 LG Kiel, Urt. v. 9.1.2003, 11 O 433/02 = MMR 2003, 422 = CR 2003, 686 ................. 4, 16 LG München I, Urt. v. 10.1.2003 – 5 KH O 19188/01 = MMR 2003, 195 ........................ 16 LG Saarbrücken, Urt. v. 28.4.2009 – 9 O 312/08 = CR 2010, 173 .................................... 16 LG Bochum, Urt. v. 29.4.2009 – 4 O 408/08, I-4 O 408/08 – juris ................................... 16 LG Bonn, Urt. v. 1.6.2010 – 7 O 470/09 = CR 2011, 21 .............................. 4, 10, 32, 34, 41 LG Münster, Urt. v. 18.1.2011 – 6 S 93/10 = K&R 2011, 358 .................................... 11, 35 LG Kleve, Urt. v. 15.6.2011 – 2 O 9/11, juris .................................................................... 4 LG Saarbrücken, Urt. v. 22.6.2011 – 10 S 99/10 = CR 2012, 93....................................... 17 LG Duisburg, Urt. v. 13.7.2011 – 11 S 25/11, juris ...................................................... 7, 29 LG Saarbrücken, Urt. v. 27.1.2012 – 10 S 80/11 = MMR 2012, 261 ................................ 17 LG Saarbrücken, Urt. v. 9.3.2012 – 10 S 12/12 = NJW 2012, 2819 ...................... 4, 12, 141 LG Potsdam, Urt. v. 21.8.2012, 4 O 55/12 = CR 2013, 380 .......................................... 9, 33 LG Flensburg, Urt. v. 11.12.2012 – 1 S 96/12 = MMR 2013, 242 ............. 4, 12, 38, 73, 143 LG Trier, Beschl. v. 17.7.2013 – 1 S 99/13 = MMR 2013, 746 .......................... 4, 9, 37, 45 LG Trier, Beschl. v. 17.7.2013 – 1 S 99/13, juris ............................................................. 45 LAG Hamburg, Urt. v. 17.4.2008 – 1 SA 10/07 –, juris ................................................. 146 AG Witten, Urt. v. 15.11.1999 – 3 C 452/99 = MMR 2000, 221 ...................................... 15 AG Bottrop, Urt. v. 21.1.2000 – 8 C 475/99 = MMR 2000, 296 ....................................... 15 AG Frankfurt a.M., Urt. v. 2.11.2007 – 32 C 1949/07 – 48 = CR 2008, 225 = MMR 2008, 496 ....................................................................................................... 4, 9 AG Dortmund, Urt. v. 13.10.2010 – 417 C 3787/10 = MMR 2011, 67 ............................. 57 AG Duisburg, Urt. v. 4.1.2011 – 2 C 2984/10, juris ......................................................... 40 AG Lichtenberg, Urt. v. 24.11.2011 – 110 C 239/11 = MMR 2012, 232 ........................ 126 AG Wiesbaden, Urt. v. 3.7.2012 – 91 C 1526/12 = NJW-RR 2013, 302 ............... 4, 13, 141 AG Bremen, Urt. v. 13.7.2012 – 4 C 529/11 = NJW-RR 2013, 428 ............. 4, 8, 147, 150 f. AG Soltau, Urt. v. 23.6.2014 – 4 C 44/14 = NJW-RR 2014, 1468 .......................... 4, 11, 37

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Urteilsverzeichnis

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Literatur- und Materialienverzeichnis

–: Zu späte Anschlusssperrung, Bern 19.1.2014 (zit. Sidler, Zu späte Sperrung – Schlichtungsvorschlag Ombudscom). –: Kunden dürfen den Anbieter beim Wort nehmen 24.4.2014 (zit. Sidler, Kunden dürfen beim Wort nehmen – Schlichtungsvorschlag Ombudscom). –: Gebrauch mobiler Daten durch minderjährigen Sohn führt zu hohen Gebühren, Bern 22.6.2016 (zit. Sidler, Mobile Datennutzung durch minderjährigen Sohn, Schlichtungsvorschlag Ombudscom). –: Unerklärliche Kosten für inländischen Datenverbrauch, Bern 9.12.2016 (zit. Sidler, Unerklärliche Kosten, Schlichtungsvorschlag Ombudscom). –: Unbegrenzte Leistungen – ein zu hohes Versprechen, Bern 16.9.2017 (zit. Sidler, Unbegrenzte Leistungen, Schlichtungsvorschlag Ombudscom). Soergel, Theodor (Begr.), Bürgerliches Gesetzbuch Band 2 (§§ 241–432), hrsg. von Mertens, Hans-Joachim, 12. Aufl., Stuttgart 1990 (zit. Soergel / Siebert / Bearbeiter). Söllner, Fritz: Die Geschichte des ökonomischen Denkens, 3. Aufl., Berlin 2012. Spindler, Gerald: IV. Vertrag mit dem Endkunden, in: Spindler, Gerald / Bettinger, Torsten (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl., Köln 2004, S. 239–512. –: Neues im Vertragsrecht der Internet-Provider, CR 2004, S. 203–213. Spindler, Gerald / Schuster, Fabian / Döpkens, Harm-Randolf (Hrsg.): Recht der elektronischen Medien – Kommentar, 3. Aufl., München/München 2015. Statista: Umfrage zu den Vertragslaufzeiten von Fitnessstudios in Deutschland 2016 – Wie lange ist/war die Vertragslaufzeit Ihrer Mitgliedschaft in Ihrem Fitnessstudio? Sport & Wellness, August 2016, (geprüft am 27.11.2017). Statista / IfD Allensbach: Umfrage in Deutschland zur Häufigkeit des Besuchs von Fitnessstudios bis 2017 – Anzahl der Personen in Deutschland, die in der Freizeit ins Fitnessstudio gehen, nach Häufigkeit von 2013 bis 2017 (in Millionen). Sport & Wellness, Juli 2017, (geprüft am 27.11.2017). J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch – Mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, hrsg. von Looschelders, Dirk / Olzen, Dirk / Schiemann, Gottfried u.a., Berlin/Saarbrücken 2015 (zit. Staudinger / Bearbeiter). Steininger, Thomas / Crone, Hans Caspar von der: Beratungsauftrag und Aufklärungspflichten, SZW/RSDA 2009, S. 140–151. Struck, Volker: Zur Sittenwidrigkeit von Telefonsex, MMR 2000, S. 297–298. Stuyck, Jules / Terryn, Evelyne / van Dyck, Tom: Confidence through fairness? The new Directive on unfair business-to-consumer commercial practices in the internal market, CMLRev 43 (2006), S. 107–152. Tamm, Marina: Verbraucherschutzrecht – Europäisierung und Materialisierung des deutschen Zivilrechts und die Herausbildung eines Verbraucherschutzprinzips, Tübingen 2011. –: § 1 Verbraucherschutz und Privatautonomie, in: Tamm, Marina / Tonner, Klaus / Bergmann, Stefanie (Hrsg.), Verbraucherrecht – Rechtliches Umfeld, Vertragstypen, Rechtsdurchsetzung: Beratungshandbuch, 2. Aufl., Baden-Baden 2016. Teichmann, Arndt: Nebenpflichten aus Treu und Glauben, JA 1984, S. 709–714. Teubner, Gunther: Standards und Direktiven in Generalklauseln – Möglichkeiten und Grenzen der empir. Sozialforschung bei der Präzisierung der Gute-Sitten-Klauseln im Privatrecht, Frankfurt a.M. 1971.

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Sachverzeichnis

Sachverzeichnis Sachverzeichnis Access-Providing-Vertrag – Begriff 40–41 – dynamische Preisänderungsklausel 138 – Verhältnis zu Geräteüberlassung 57 Fn. 267 – Verhältnis zu Mehrwertdiensten 45 – Vertragsrechtliche Einordnung 41–44, 58–59, 60, 143 f. Fn. 684, 158 AGB, AGB-Recht 7, 13 Fn. 57 und 58, 42 Fn. 196, 45 Fn. 218, 59, 61, 77, 133, 135, 137–144, 160 – Frankreich 88 – Österreich 77 Fn. 374, 79, 81, 82, 113 Fn. 549 – Preisnebenabreden 138 – Schweiz 95 mit Fn. 452 – überraschende Klausel 83 Fn. 403, 137– 138 – unangemessene Benachteiligung – Deutschland 138–140 – Österreich 83 Fn. 403 Altvertrag 11–12 – siehe auch Vertragserweiterung Anfechtung 134–136, 152 Fn. 729 auffälliges Missverhältnis – Bestimmung 146–149, 151 – Durchschnittspreisberechnung 83, 147 – Mischpreisberechnung 84, 147 – Zeitpunkt 144–146 Aufklärungspflichten 5–6, 27–30, 46–47, 48, 71–73, 73–75, 104, 126 Fn. 615 – Roamingverordnung 36 – Smartphone-Verkauf 34–35 – Schweiz 90, 94, 98 Fn. 469, 99 – vertragliche 34–35, 51–55 – vorvertragliche 11 Fn. 53, 14 Fn. 63, 34–35, 49–51, 53–54 – wirtschaftliche 55

automatische Interneteinwahl – Deutschland 8–11, 26 – Dialer 15–16 – ökonomische Analyse 105, 120, 126 – USA 120 – vom Anbieter gestelltes Gerät 8–9 – vom Kunden beschafftes Gerät 9–11 – Wandel der Anforderungen 37–38 Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit – Abgrenzung Lauterkeitsrecht und Vertragsrecht 69 Fn. 318 – Wucher 149–151 – wucherähnliches Geschäft 151–152 mit Fn. 732, 152–155 Behavioral Industrial Organization 109, 117, 122 Call-by-Call 16 Fn. 71, 43 Fn. 202, 44–45 cheapest information provider 50 Fn. 238, 125–126 Datenschutzrecht – ökonomische Nebenwirkungen von Aufklärungspflichten 125, 153 Fn. 734 – Wertungen 64–68, 125, 158 Dauerschuldverhältnis – aktive Schutzpflicht – besonderes Vertrauensverhältnis Dialer 3, 14 Fn. 63, 15–16, 56 f. Fn. 266, 94 mit Fn. 449, 157 – Regulierungsrecht 21 f., 85, Dissens 134–136 Eigenverantwortlichkeit, Grundsatz der 27, 50–51, 53, 55–56, 61–64, 158 Entscheidungsfreiheit, Beeinträchtigung der 69 Fn. 318, 149–151, 151–152 mit Fn. 732

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Sachverzeichnis

Federal Communications Commission 4–5, 99–103 flat-rate bias 123 mit Fn. 605 Folgenbewertung, ökonomische 129–132 – Kaldor-Hicks-Kriterium 131 Fn. 634 – Lernerfolge siehe dort – Pareto-Kriterium siehe Pareto-Effizienz Frankreich 4, 86–90, 158 – Roaming 87–89 Fürsorgepflicht 6, 19, 27, 32–34, 36, 46– 47, 50–52, 56–57, 58, 65, 158 – dienstähnlicher Werkvertrag 60 – siehe auch Hinweispflicht, Warnpflicht Gebrauchshinweise 33–34, 62, 126 mit Fn. 613 Gefahrenabwehr, relative Leichtigkeit 27, 30–31, 57–59, 61–64, 78–79, 125–126 Hackerangriff 77–80 Hinweispflicht 17 Fn. 78, 27, 47 Fn. 228, 47–49, 55, 69–71, 132, 157–159 – abstrakte 27, 28–30, 33–34 – konkrete 27, 30–31 – Österreich 76 – Roaming 20–21 – Schweiz 92–93 Fn. 443, 97–99 Informationsnebenpflichten 27–32, 34– 35, 47–53 – Datenverarbeitungskompetenz 64–68, 158 – Haftungskonstruktion 71–73, 126 mit Fn. 615 – Informationsrisiken, Zuweisung von 33, 37, 50 Fn. 236, 51 Fn. 242, 73 – leistungsbezogene 62–64, 91–92 – Preiskontrolle 73–75, 158 – risikoerhöhendes Verhalten 56–59 – vertragliche 51–53, 53–54, 60–61, 158 – Österreich 78–79, 80–81 – Rechtsökonomie 106–115 – Schweiz 91–93, 97 – vorvertragliche 49–51, 53–54, 158 – Österreich 77 – Rechtsökonomie 105–106 Informationspflichten, Arten – Leistungspflichten 47 – Nebenleistungspflichten 47

– Nebenpflichten siehe Informationsnebenpflichten laesio enormis 81–84, 103, 133, 146, 151–152, 158 Lernerfolge 107 Fn. 515, 111, 115, 118, 121, 124, 127–129, 159 Mehrwertdienste 4, 14–17, 44–45, 47 Fn. 228, 55–56, 73 Fn. 343, 133, 136, 157–158 – Österreich 77–78 mit Fn. 374 – Regulierung 21, 90, 136 – Österreich 85 – Schweiz 90, 96 – Schweiz 90–94 – Wucher 143 Fn. 678 und 679 Mobilfunkvertrag – und Fallgestaltungen von Rechnungsschocks 7–13 – zivilrechtliche Einordnung 39–40 Nutzung, atypische (Telekommunikationsleistungen) – kriminelle 3, 16 – Rechnungsschock 3–4, 14, 16, 55, 59, 6, 63–64, 6–67, 71, 73–74, 103, 126, 141, 154, 157–158 Obhutspflicht 5–6, 47–48, 51–53, 56–58, 158 – mietrechtliche Wertung 57–59, 158–159 – siehe auch Hinweispflicht, Warnpflicht Österreich 4, 21 Fn. 93, 36 Fn. 175, 75– 86, 103, 105, 113 Fn. 549, 133, 146– 148, 152–153, 158, 160 – laesio enormis  siehe dort – (vor)vertragliche Hinweispflicht siehe Informationsnebenpflichten overage fee – siehe Überschreitungsgebühr overconfidence 106 Fn. 513, 109–115, 119–120, 122–124, 130 Fn. 628, 133 Fn. 639, 159 overprecision 110 Pareto-Effizienz 129–131 Paternalismus 127–128 – effizienter 131–132

Sachverzeichnis Pay-by-Call 5 Fn. 30, 16–17, 150, 157 Preiskontrolle 61, 73–75, 103, 132–134, 149 Fn. 710, 158, 160 – Durchschnittspreisberechnung siehe auffälliges Missverhältnis – Informationsnebenpflichten zur siehe dort – Mischpreisberechnung siehe auffälliges Missverhältnis – siehe auch laesio enormis, Wucher projection bias 109–110, rational inattention – siehe Unaufmerksamkeit, rationale rationaltheoretisches Modell 106–109, 115–117, 159 Rechnungsschock – Begriff 2–4 – Empirie 100–102, 115–126 – Fallgestaltungen 7–18 – Hintergrund, wirtschaftlicher 1–2 Rechnungsschock, Auslöser – bei/vor Vertragsschluss 53–54, 57–59, 105, 159 – nach Vertragsschluss 53–54, 59, 62, 73– 74, 106–115, 125–126, 139–140, 159 Rechnungsschock, Rechtstatsachen – Deutschland 4–5, 17 Fn. 77 – USA 100–102 Rechnungsschock, Regulierung – Deutschland 21–25 – EU 19–21 – Evaluationsstudien (USA) 115–127 – Kosten 64–68, 125–127 – Lücken 25–26 – Österreich 84–86 – Schweiz 95–99 – USA 99–100, 102–103 risikoerhöhendes Verhalten des Schuldners 56–59, 94 Fn. 449 Roaming und Rechnungsschock – Deutschland 12–13, 35–36, 141 Fn. 672, 157 – Frankreich 87–89 – ökonomische Analyse 106, 120 – Österreich 75–77, 84 – Schweiz 93–99 – Unionsrecht 4, 20–21, 25–26, 74–75, 136 Fn. 649, 157

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– USA 102 – Verbraucherleitbild siehe dort Roamingverordnung – Auswirkung auf vertragliche Warn- und Hinweispflichten 31, 35–36 – Schutzgesetz 36 Router 8, 10, 26, 32–34, 37, 55–59, 66, 125–126, 158 Rücksichtspflicht – allgemeine Voraussetzungen 52–53 – Begriff 47 Fn. 228, 51 – Durchbrechung des Grundsatzes der Eigenverantwortlichkeit 55–64 Sachkunde, überlegene 27, 35, 50, 62 Schlichtungspraxis (Rechnungsschock) – Österreich 4, 75, 80–84, 147, 148 Fn. 707 – Schweiz 4–5 mit Fn. 26, 93–95, 97 Fn. 466, 141 Fn. 672, 148 – USA 99–100, 102 Schutzpflicht 6, 36, 46, 48 Fn. 229, 51– 53, 55–64, 157–158 – erhöhte im Dauerschuldverhältnis 32– 33, 157 – Österreich 78–81 – Schweiz 91–95 – siehe auch Hinweispflicht, Informationsnebenpflichten, Warnpflicht Schweiz, autonomer Nachvollzug, 96–97 Selbstregulierung (Rechnungsschocks) – Österreich 85 – USA 102–103 Selbstschädigung, unbewusste – Problematik des Kriteriums 73–75 – Warnpflicht 30–32, 54, 60–61 Selbstüberschätzung – siehe overconfidence Sittenwidrigkeit Sperrvertrag 63–64, 136–137 Tarif – dreistufiger 105, 111–114 – zweistufiger 105 Tarifwechsel, fehlgeschlagener 17–18, 157 taximeter effect 123 Telefondienstvertrag 9 Fn. 45, 28, 40, 60, 146 – Verhältnis zu Mehrwertdiensten 45

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Sachverzeichnis

Telekommunikationsvertrag 32, 41, 137 téléphone rose 91–95, 143 TKG-Änderungsgesetz 2012 22, 24 TK-Transparenzverordnung 24–25 Überschreitungsgebühr 75–76, 102, 111, 144 Fn. 685 UGP-RL – Irreführung – Verbraucherleitbild, normatives siehe dort Unaufmerksamkeit (Verbraucher) – naive 111–113, 117–120 – negative ripoff externality 112–113 – rationale 106–109, 114, 115–118, 127– 128, 130 Fn. 628, 159 Universaldienstrichtlinie 19–20, 23 Fn. 108, 81 Fn. 388, 85, 136 Fn. 649, 158 – Rezeption in der Schweiz 92 USA – Rechnungsschock, Empirie 100–102 – regulierungsrechtlicher Rahmen 99–100 – Selbstregulierung, Evaluationsstudien 115–127 – siehe auch Selbstregulierung Verbraucherleitbild, normatives – Unionsrecht 69–71 – siehe auch Unaufmerksamkeit, Behavioral Industrial Organization Verbraucherverhalten in Mobilfunkverträgen – Empirie 72 mit Fn. 340 – rationaltheoretisches Modell 106–109, 115–117

– verhaltensökonomisches Modell 109– 115, 117–120 – siehe auch Behavioral Industrial Organization, Unaufmerksamkeit Vertrauensverhältnis 60–61 – siehe auch Dauerschuldverhältnis Vertragsauslegung 52, 57 Fn. 267, 58–59, 64 Fn. 292, 134–136 – AGB – Deutschland 135 – Schweiz 95 mit Fn. 452 – ergänzende – Deutschland 16 Fn. 72, 28, 49, 57 Fn. 267 – Österreich 78 Fn. 374, 79 – Schweiz 91–92 Vertragserweiterung 8, 28–31, 59, 133, 137–140, 142, 146, 157 Warnpflicht – abstrakter Warnhinweis 28–30 – konkreter Warnhinweis 30–31 – Zahlungsdiensterahmenvertrag 54–55 Wucher – auffälliges Missverhältnis siehe dort – Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit siehe dort – Schwächesituation, Ausnutzung der 149–151, 152–155 wucherähnliches Geschäft – auffälliges Missverhältnis siehe dort – Besonderheiten des Mobilfunkmarktes 152–155 – verwerfliche Gesinnung 151–152, 154 Zahlungsdiensterahmenvertrag 54 – siehe auch Warnpflicht