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German Pages 367 Year 2019
DER KORAN Arabisch-Deutsch
DER KORAN Arabisch-Deutsch Übersetzung und wissenschaftlicher Kommentar von Adel Theodor Khoury
Band 1 Gütersloher Verlagshaus
DER KORAN Arabisch-Deutsch Übersetzung und wissenschaftlicher Kommentar von Adel Theodor Khoury
Band 1 Muḥammad Der Koran Sure 1,1-2,74
1990 Gütersloher Verlagshaus
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://portal.dnb.de abrufbar.
Copyright © 1990 Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen. Umschlaggestaltung: Dieter Rehder, B-Kelmis Gesamtherstellung: ICS Communikations-Service GmbH, Bergisch Gladbach ISBN 978-3-641-24748-5 www.gtvh.de
Allen in der Welt, die sich für Versöhnung, Verständigung, Frieden, Dialog und Zusammenarbeit zwischen Christen und Muslimen einsetzen, sei dieses Werk gewidmet.
Inhalt
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Umschrift und Lautwerte arabischer Buchstaben. Abkürzungen. Der Koran . Die Bibel . . Arabische Kommentare. Koranübersetzungen . . Allgemeine Literatur . . Jüdische und christliche Literatur . Altes Testament 17 - Rabbinische Texte 18 - Neues Testament 19 Allgemeine Abkürzungen
15
16 17 18
Zeitschriften, Lexika Die Suren des Korans .
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Hinweise für den Leser
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Mubammad, der Verkünder des Korans Arabien zur Zeit Mubammads 1 . Soziale Struktur. . . . 2 . Religiöse Verhältnisse . .
25 25 27
Kurze Biographie Mubammads 1. Vor dem prophetischen Auftrag . 2. Berufung Mubammads .. 3· Auftreten und erste Predigt . . . 4· Widerstand der Mekkaner . . . . 5· Auswanderung (Hidjra) und Leben in Medina 6. Kampf gegen die Mekkaner 7· Triumph des Islam .
30 30
Mubammad, der Prophet . 1. Die Offenbarung . . 2. Erwählungsbewußtsein 3. Prophetischer Anspruch .
31 33 34 35 38 39 40 40 43 44
8
Inhalt
Mul;lammad und die Polytheisten . 1. Das Auftreten Mul;lammads. 2. Der Koran ist nicht Menschenwort. 3· Mul;lammad ist ein gewöhnlicher Mensch und der Prophet Gottes zugleich . . . . . . . . . . . . . . 4· Die Beglaubigung der prophetischen Sendung Mul;lammads 5· Weitere Einwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ausweis der prophetischen Sendung Mul;lammads . . . 7· Die Haltung Mul;lammads den Ungläubigen gegenüber. Die Auseinandersetzung mit Juden und Christen 1. Mul;lammads Argumente . . . . . 2. Der Widerstand der Schriftbesitzer 3· Die Reaktion Mul;lammads
50 50 53 54
55 57 57 58 6o
Literaturhinweise. . . . . . . .
Der Koran Name und verschiedene Bezeichnungen . 1. Koran . . . . . . . . . . 2. Weitere Bezeichnungen . . . . . . Entstehung und Aufzeichnung des Korans. Erstellung der kanonischen Ausgabe. . . . 1. Sammlung und erste Fassung des Korans. 2. Die kanonische Ausgabe des Korans . . . 3· Varianten und andere Versionen des Korans . 4· Festlegung des kanonischen Textes und der Lesarten . 5· Authentizität und Vollständigkeit des Korans Struktur des Korans. Die Suren . . . Die Verse . . . 3. Die geheimnisvollen Buchstaben. 1. 2.
Chronologische Ordnung des Korantextes . 1. Islamische Chronologie des Korans . 2. Versuche westlicher Islamwissenschaftler Literarische Merkmale des Korantextes , 1. Die Sprache des Korans 2. Der Stil des Korans . . . . . . .
97 97
98
Inhalt 30
Literarische Formen 0
9
0 0 0 0 0
98
Autorität und Bedeutung des Korans 10 Autorität des Korans 0 0 0 0 0 20 Bedeutung des Korans 0 0 0 0 0 30 Rolle des Korans im Leben der Muslime Auslegung des Korans
100 101
0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
Anhang I: Die Suren des Korans und ihre Bezeichnungen Anhang II: Koranübersetzungen Literaturhinweise 0
99 99
102 0
0
0 0 0 0 0 0 0 0
Wissenschaftlicher Kommentar Sure 1 : Die Eröffnung (al-Fätiba)
127
0
128 128
Allgemeine Fragen 0 0 0 0 0 Bezeichnungen der Sure 1 Datierung 0 0 0 0 0 0 0 0 Gehört die Fätiba zum Koran? Struktur der Fätiba Vorzüge der Fätibao Wunderkraft der Fätiba Rechtsfragen 0 0 0 0 0 Deutsch-arabischer Text Varianten Kommentar 0 0 0 0 0 0
130 132
0
0
133
0
0
134 138 140 144 146
0
1 47
Sure 2: Die Kuh (al-Baqara)
1
Allgemeine Fragen Bezeichnung Datierung 0 0 0 0 Str!lktur 0 0 0 0 0 Grundsätze und Rechtsnormen Theologische Aussagen Vorzüge der Sure 2
159
0
1 59
0
0
59
159 160 0
161 163 164
Kommentar
168
2,1-7
168
0
2,8-20
0
0
184
2,21-29 0
198
Inhalt
10
2,JO-J4.
218
2 ,35-39.
230
2Ao-46. 2 ,47-59. 2,6o-66. 2 ,67-74.
246
Bibliographie . Register . . . Koranstellen . Bibelstellen. Personen . . .
258 274
298
Vorwort
Dies ist der erste Band eines auf mehrere Bände angelegten Korankommentars, der für Religionswissenschaftler und Theologen sowie für alle bestimmt ist, die den Islam nicht in erster Linie als ein gesellschaftliches Gebilde und ein politisches System betrachten und die an den Koran nicht vor allem als ein philologisch zu erschließendes Material herangehen. Der Autor richtet sein Augenmerk, über das Philologische, das Gesellschaftliche und das Politische hinaus, auf das Religiöse im heiligen Buch des Islam. Das Religiöse, zumal im Islam, umfaßt zwar nicht nur die Aussagen des Glaubens, die Formen der Frömmigkeit und die Normen des sittlichen Handelns, sondern auch die Regeln des gesellschaftlichen Lebens und die Grundlagen der politischen Staatsführung. Es begründet aber all dies und sanktioniert es durch die Berufung auf die Autorität einer unmittelbaren Offenbarung Gottes. Gerade diese Dimension des Islam als Ergebung in den Willen Gottes und Stehen unter dem Wort des Herrn der Welten erlaubt es, nach der Möglichkeit zu fragen, Verbindungslinien zwischen dem Inhalt des Korans und ähnlichen Aussagen anderer Offenbarungen aufzuzeigen. Gedacht ist hier vornehmlich an die Offenbarungen Gottes im Alten und Neuen Testament. Dies um so mehr, als der Koran selbst sich nicht als ein einmaliges Ereignis in der Geschichte der Menschheit versteht, sondern sich in eine Kontinuität mit der Tora und dem Evangelium und zugleich in ein Spannungsverhältnis zu ihnen stellt. Daher wird in diesem Kommentar nicht ausschließlich das Material rezipiert, das die muslimischen Kommentatoren mit Eifer und Scharfsinn gesammelt haben, sondern es werden, wo es möglich ist und sich anzeigt, die Parallelen aus den heiligen Schriften der Juden und der Christen sowie aus der jüdischen und der christlichen Literatur zitiert oder wenigstens angegeben. Aber der Koran ist das heilige Buch der Muslime. So ist der Autor vorrangig bemüht, das Verständnis der muslimischen Gelehrten von der Hauptquelle ihrer eigenen Religion zu berücksichtigen. Zunächst werden also die großen islamischen Kommentare herangezogen, und zwar die der klassischen Zeit sowie ausgewählte moderne Werke. Da jedoch bei vielen Stellen die islamische Tradition keine einheitliche Deutung der betreffenden Verse enthält, wird auf die wichtigsten vertretenen Meinungen hingewiesen. Es gibt auch bei der Erklärung mancher Verse bzw. Kleinabschnitte Meinungsverschiedenheiten zwischen der Auslegung, die von Muslimen vertreten wird, und der Deutung, die Islamwissenschaftler ausarbeiten. Auch hier werden die Forschungsergebnisse bzw. Thesen und Hypothesen der westlichen Islamwissenschaft wiedergegeben, insofern sie zu einem besseren Verständnis der Stelle beitragen.
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Vorwort
Viele Abschnitte des Korans beinhalten theologische Aussagen über Gott, die Schöpfung, den Menschen in seinem Leben und seinem jenseitigen Los, über die Normen des religiösen Vollzugs und über die Rechtsbestimmungen, die die verschiedenen Bereiche in Familie und Gesellschaft regeln. Was die Gelehrten des Islam aus diesen Stellen an theologischen Lehren und konkreten Gesetzen ausgearbeitet haben, wird durch Hinweise erwähnt oder näher dargestellt. Es gibt auch Verse des Korans, die die geistlichen Bemühungen der Asketen und Mystiker angeregt, ja gefördert haben und diese Gottsucher zu besonders prägnanten und lehrreichen Äußerungen veranlaßt haben. Solche Äußerungen werden in diesem Kommentar wiedergegeben, wie auch die Stellen erwähnt werden, die die religiöse Auseinandersetzung zwischen Christen und Muslimen im Lauf der Jahrhunderte bis in unsere Tage hinein genährt haben. Bei der Behandlung dieser Koranstellen werden die wichtigsten Positionen der beiden Protagonisten angegeben bzw. in der gebotenen Kürze dargelegt. Dies und alles andere geschieht mit Maß. Denn der vorliegende Kommentar will nicht eine Kompilation aller geäußerten Meinungen und vertretenen Deutungen sein, sondern vor allem ein Gefährte und Wegweiser für Theologen, Religionswissenschaftler und Islamwissenschaftler sowie für die gebildeten Leser, der ihnen allen zu einem genaueren und besseren Verstehen des Korantextes helfen will. Damit soll eine Doppelbewegung der Öffnung in Gang gesetzt und gefördert werden: Öffnung der Christen, der Juden und der anderen Gläubigen auf den Islam und Öffnung der Muslime auf das Christentum und die biblische Tradition allgemein. Die deutsche Übersetzung, die hier wiederaufgenommen wird, ist die des Autors, die er unter der Mitwirkung von Muhammad Salim Abdullah angefertigt hat und die bereits im Jahr 1987 im Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn erschienen ist, versehen mit einem Geleitwort des Generalsekretärs des Islamischen Weltkongresses, Dr. Jnamullah Khan, der das Unternehmen ausdrücklich gutheißt. Es werden hier nur die Druckfehler, die sich eingeschlichen haben, korrigiert. Nur an sehr wenigen Stellen wird die Übersetzung selbst verbessert, und dies, damit die Treue zum arabischen Original noch größer wird. Gerade weil jede Übersetzung nur eine mögliche Deutung übernimmt, wird hier das arabische Original des Korantextes der Übersetzung gegenübergestellt. Somit haben Muslime, die des Arabischen mächtig sind, sowie Islamwissenschaftler und andere Leser die Möglichkeit, die Qualität und die Richtigkeit der Übersetzung zu überprüfen. Außerdem wird im Kommentar zu jedem Vers angegeben, ob der Text grammatikalisch und sprachlich, sowie aufgrund der islamischen Auslegungstradition selbst, andere Deutungs- und Übersetzungsmöglichkeiten zuläßt und welches diese Möglichkeiten konkret sind. Der unbeschwerteren Benutzung des Werkes dienen die Hinweise für den Leser (siehe unten) . Es sei mir erlaubt, noch ein Dankeswort zu richten an alle, die mir bei der Arbeit
Vorwort
13
behilflich waren und weiterhin beistehen: meinem früheren Assistenten Georg Girschek, der unermüdlich bereit war, mit mir den Satz der Übersetzung durchzusehen und zu korrigieren, die früheren und jetzigen Mitarbeiter Karin Oierkes, Dorothea Eulering, Marianne Hachmann und Michael Wehling. Zum Schluß - und dies gilt für die vergangeneo wie für die kommenden Jahre - möchte ich dem Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn, Hansjürgen Meurer, Dr. Manfred Baumotte und Hans-Joachim Grießbach, danken für das Wagnis, das sie mit mir bei dem gesamten Koran-Projekt eingegangen sind, und für die vorzügliche Betreuung dieses Werkes.
Adel Theodor Khoury
Umschrift und Lautwerte arabischer Buchstaben
th dj djj
l.t kh dh z sh
gh w
y ä, 1, ü
= Explosionslaut - vor jedem anlautenden Vokal gesprochen = stimmloses englisches th (thing) = stimmhaftes dsch =Doppel dj = scharfes, ganz hinten in der Kehle gesprochenes h = eh (wie in: ach) = stimmhaftes englisches th (the) = französisches z = sch = dumpfes stimmloses s = dumpfes stimmloses d = dumpfes stimmloses t = dumpfes englisches th (the) = gepreßter, in der Kehle gebildeter, stimmhafter Reibelaut = Gaumen-r = englisches w = englisches y; deutsches j = lange Vokale
..r'
r.
b t th dj ( ~,.; djj)
(.
l.t
(.
kh d dh r z s sh
'-:" ..;..,
..!..>
.)
~ .)
j
.
..r ..r
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Q
.1 j;
~
t
t
.....;
gh f
'"'
k
.!l J
r
.J ...A
J
'-?
q
1 m n h w y
Abkürzungen
Der Koran Die arabische Standardausgabe: al-Mu~Q.af al-sharif, oder: al-Qur'än al-karirn, Kairo 1344 Hl1923. Es gibt auch verschiedene Ausgaben, deren Text allgernein dieser Standardausgabe entspricht, mit Ausnahme der Hinweise für die Rezitation, welche von einer Ausgabe zur anderen variieren können.
Die Bibel Sie wird hier nach der Einheitsübersetzung zitiert.
Arabische Kommentare Bayqäwi': Anwär al-tanzil wa asrär al-ta'wil, 2 Bde., lstanbul1296 Hl1889; auch Ausgabe Fleischer, Leipzig 1846-1848. Manär: Tafsir al-Qur'än al-Q.akirn (Tafsir al-Manär) von MuQ.arnrnad 'Abduh/ Mubarnrnad Rashid Riqä, 11 Bde. , Kairo 1325-1353 Hh9o7-1934; Neudruck in 12 Bänden, Kairo 1367-1375 Hl1948-1956; erneuter Neudruck in 12 Bänden, Beirut o.J. Räzi': Fakhr al-Din al-Räzi, Mafätib al-ghayb, 8 Bde., Kairo 1308 Hl1891. Tabari': Djärni' al-bayän fi tafsir al-Qur'än, 30 Teile in 10 Bänden, Kairo 1323-1329 H/ 1900-1911; neuere Ausgabe unter dem Titel: Djärni' al-bayän 'an ta'wil al-Qur'än, hrsg. von Mabrnüd Shäkir/Abrnad Shäkir, 15 Bde. (bis Sure 16), Kairo ab 1374 Hh954. Tabätabä'i: al-Mizän fi tafsir al-Qur'än, 20 Bde., )· Auf!. , Beirut 1393 Hh 973 (Shi'it).
Koranübersetzungen Bell: Richard Bell. The Qur'än. Translated, with a critical re-arrangernent of the Surahs, 2 Bde., Edinburgh 1937l1939.
Blachere: Regis Blachere, Le Coran. Traduction selon un essai de reclassernent des Sourates, 2 Bde., Paris 1949l1951. Paret: Rudi Paret, Der Koran. Übersetzung, Taschenbuchausgabe, 3· Auf!., Stuttgart 1986. Paret: Rudi Paret, Der Koran. Kommentar und Konkordanz, Taschenbuchausgabe, 3· Auf!., Stuttgart 1~86. Yusuf Ali: Abdallah Yusuf Ali, The glorious Qur'än. Translation and cornrnentary, 2 Bde., Lahore 1935; Neudruck nach der 3· Auf!. von 1938: Beirut o.J.
1.6
Abkürzungen
In den Bänden des vorliegenden Werkes wird meine Übersetzung gegenüber dem arabischen Original abgedruckt: Der Koran. Übersetzung von Adel Theodor Khoury. Unter Mitwirkung von Muhammad Salim Abdullah, Gütersicher Taschenbücher, Siebenstern 783, Gütersich 1987.
Allgemeine Literatur Buhl: Frants Buhl, Das Leben Muhammeds (deutsch von B.B. Schaeder), Leipzig 1930; 3· Auf!.: Beideiberg 1961.
Eis': The Encyclopaedia of Islam, neue Ausgabe, Leiden/ London ab 1960. Geschichte des Qoräns (= GdQ): Th. Nöldeke/F. Schwally, I. Teil: Ober den Ursprung des Qoräns, 2. Auf!., Leipzig 1909; II. Teil: Die Sammlung des Qoräns, 2. Auf!., Leipzig 1919. Th. Nöldeke/G. Bergsträsser/0. Pretzl, III. Teil: Die Geschichte des Korantexts, 2. Auf!., Leipzig 1938. Neudruck der drei Teile in einem Band: Bildesheim 1961. Hirschfeld: B. Birschfeld, New Researches into the composition and the exegesis of the Qoran, London 1902. ]. Horovitz: Koranische Untersuchungen, Berlin 1926. ]efferey, Foreign vocabulary: A. Jeffery, The foreign vocabulary of the Qur'än, Baroda 1938. ]effery, Materials: A. Jeffery, Materials for the history of the text of the Qur'än, Leiden 1937·
Masson: Denise Masson, Le Coran et Ia revelation judeo-chretienne, 2 Bde., Paris 1958. Speyer: B. Speyer, Die biblischen Erzählungen im Qoran, Gräfenhainichen 1931; Neudruck: Bildesheim 1961.
Stieg/ecker: B. Stieglecker, Die Glaubenslehren des Islam, 2. Auf!., Paderborn 1983. Watt/Bell: W.M. Watt, Bell's introduction to the Qur'än, completely revised and enlarged, Edinburgh 1970.
Watt/Welch: W. M. Watt/A. T. Welch, Der Islam I, Stuttgart 1980.
17
Abkürzungen
Jüdische und christliche Literatur Altes Testament Gen Ex Lev Num Dtn Jos Ri Rut 1 Sam 2 Sam 1 Kön 2 Kön 1 Chr 2 Chr Esra Neh Tob Jdt Est 1 Makk 2 Makk Jona Mi
Genesis Exodus Levitikus Numeri Deuteronomium Josua Richter Rut 1 Samuel 2 Samuel 1 Könige 2 Könige 1 Chronik 2 Chronik Esra Nehemia Tobit Judit Ester 1 Makkabäer 2 Makkabäer Jona Micha
Ijob Ps Spr Koh Hld Weis Sir Jes Jer Klgl Bar Ez Dan Hos Joel Am Obd Nah Hab Zef Hag Sach Mal
Ijob Psalmen Sprichwörter Kohelet Hoheslied Weisheit Jesus Sirach Jesaja Jeremia Klagelieder Baruch Ezechiel Daniel Hosea Joel Amos Obadja Nah um Habakuk Zefanja Haggai Sacharja Maleachi
18
Abkürzungen
Rabbinische Texte Babylonischer Talmud Palästinischer Talmud
Mischna Tosefta
(Die Traktate dieser Werke sind folgende:) Abot Arakhin Aboda Zara Baba Batra Bekhorot Berakhot Betsa Bikkurim Baba Metsia Baba Qamma Chagiga Challa Chullin Demai Edujot Erubin Gittin Horajot Jadajim Jebamot
Pea Pesachim Quidduschin Quinnim Rasch ha-Schana Sanhedrin Schabbat Schebiit Schebuot Scheqalim Sota Subka Taanit Tamid Tebul Jom Temurot Terumot Uqtsin Zabim Zebachim
Joma Kelim Ketubbot Kilajim Masserot Makkot Makhschirin Maaser Scheni Megilla Meila Menachot Middot Miqwaot Moed Qatan Nazir Nedarim Negaim Ohalot Orla Para
Neues Testament Mt Mk Lk Joh Apg Röm 1 Kor 2 Kor Ga! Eph Phi! Kol 1 Thess 2 Thess
Matthäus Markus Lukas Johannes Apostelgeschichte Brief an die Römer 1 Korinther 2 Korinther Galater Epheser Philipper Kolosser 1 Thessalonicher 2 Thessalonischer
Tim Tim Tit Phlm Hehr Jak 1 Petr 2 Petr 1 Joh 2 Joh 3 Joh Jud Offb 1
2
Timotheus Timotheus Titus Philemon Hebräer Jakobus 1 Petrus 2 Petrus 1 Johannes 2 Johannes 3 Johannes Judas Offenbarung des Johannes 1
2
Abkürzungen
19
Allgemeine Abkürzungen a.a.O. Anm. arab. Art. Bd. Bde. bzgl. bzw. ca. ders. d.h. dt. ebd. ed. etc. f.
ff. GdQ geb.
am angegebenen Ort Anmerkung arabisch Artikel Band Bände bezüglich beziehungsweise circa derselbe das heißt deutsch ebenda editiert et cetera = und so weiter folgend folgende Geschichte des Qoräns: siehe Nöldeke geboren
gest. Hidjra hrsg. Hrsg. Jg. Jh. Nr. N.S. o.J. p. S. s.o. sog. s.u. u .a. u.ö. usw. vgl. vol. z.B.
gestorben (islamische Zeitrechnung) herausgegeben Herausgeber Jahrgang Jahrhundert/Jhs. Nummer Neue Serie ohne Jahr pagina = Seite Seite siehe oben sogenannt siehe unten unter anderem; und andere und öfter und so weiter vergleiche volumen = Band zum Beispiel
Zeitschriften, Lexika Eis' MW PG PL ShEis ZDMG
The Encyclopaedia of Islam, neue Ausgabe, Leiden/ London ab 1960. The Muslim World, Hartford ab 1911 (bis 1947= The Moslem World). Patrologia Graeca, ed. J. P. Migne, 161 Bde., Paris 1857-1866. Patrologia Latina, ed. J.P. Migne, 217 Bde., 4 Registerbde., Paris 1878-1890. Shorter Encydopaedia of Islam, hrsg. von H.A.R. Gibb/J.H. Kramers, Leiden 1953 ; Neudruck : Leiden/ London 1961 . Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, Leipzig ab 1847.
Die Suren des Korans
Im Anhang des Kapitels über den Koran befindet sich eine komplette Liste der in der islamischen Literatur gebräuchlichen Bezeichnungen der Suren des Korans. Hier werden nur die üblichen Surennamen wiedergegeben. Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure
1: 2: 3: 4: 5: 6: 7: 8: 9: 10: 11: 12:
13: 14: 1Y 16 : 17 : 18: 19: 20: 21:
22: 23:
24: zy 26: 2J=
28: 29 : 30: 31: 32: 33= }4: }5 :
}6:
Die Eröffnung (al-Fätiba), zu Mekka, 7 Verse Die Kuh (al-Baqara), zu Medina, 286 Verse Die Sippe 'Imräns (Äl 'Imrän), zu Medina, zoo Verse Die Frauen (al-Nisä'), zu Medina, 176 Verse Der Tisch (al-Mä'ida), zu Medina, 120 Verse Das Vieh (al-An'äm) , zu Mekka, 165 Verse Der Bergkamm (al-A'räf), zu Mekka, zo6 Verse Die Beute (al-Anfäl), zu Medina, 75 Verse Die Umkehr (al-Tauba), zu Medina, 129 Verse Jonas (Yunus), zu Mekka, 109 Verse Hud, zu Mekka, 123 Verse Josef (Yusuf), zu Mekka, 111 Verse Der Donner (al-Ra'd), zu Medina, 43 Verse Abraham (Ibrähim), zu Mekka, 52 Verse I;Iidjr (al-I;Iidjr), zu Mekka, 99 Verse Die Bienen (al-Nabl), zu Mekka, 128 Verse Die Nachtreise (al-Isrä') - oder: Die Kinder Israels (Bani Isrä'il), zu Mekka, 111 Verse Die Höhle (al-Kahf), zu Mekka, 110 Verse Maria (Maryam), zu Mekka, 98 Verse Tä Hä, zu Mekka, 135 Verse Die Propheten (al-Anbiyä'), zu Mekka, 112 Verse Die Wallfahrt (al-I;Iadjj), zu Medina, 78 Verse Die Gläubigen (al-Mu'minun), zu Mekka, 118 Verse Das Licht (al-Nur), zu Medina, 64 Verse Die Unterscheidungsnorm (al-Furqän), zu Mekka, 77 Verse Die Dichter (al-Shu'arä'), zu Mekka, 227 Verse Die Ameisen (al-Naml), zu Mekka, 93 Verse Die Geschichte (al-Qa~a~), zu Mekka, 88 Verse Die Spinne (al-'Ankabut), zu Mekka, 69 Verse Die Byzantiner (al-Rum), zu Mekka, 6o Verse Luqmän, zu Mekka, 34 Verse Die Anbetung (al-Sadjda), zu Mekka, 30 Verse Die Parteien (al-Abzäb) , zu Medina, 73 Verse Saba', zu Mekka, 54 Verse Schöpfer (Fätir), zu Mekka, 45 Verse Yä Sin, zu Mekka, 83 Verse
Die Suren des Korans Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure
21
3T Die sich reihen (al-Säffät), zu Mekka, 182 Verse 38: 39: 40: 41: 42: 43: 44: 45: 46:
4T 48: 49: so: 51: 52: 53: 54:
ss: s6:
5T s8: 59 : 6o: 61: 62: 63: 64: 6s: 66: 67: 68: 69: 70: 71: 72 :
n: 74: 7S: 76:
Sure n: Sure 78 : Sure 79:
Säd, zu Mekka, 88 Verse Die Scharen (al-Zumar), zu Mekka, 75 Verse Der vergibt (Ghäfir) - oder: Der Gläubige (al-Mu'min), zu Mekka, 85 Verse Im einzelnen dargelegt (Fu~~ilat) - oder: l:lä Mim Sich niederwerfen (l:lä Mim al-Sadjda), zu Mekka, 54 Verse Die Beratung (al-Shürä) zu Mekka, 53 Verse Der Prunk (al-Zukhruf), zu Mekka, 89 Verse Der Rauch (al-Dukhän), zu Mekka, 59 Verse Die auf den Knien sitzt (al-Djäthiya), zu Mekka, 37 Verse Die Dünen (al-Abqäf), zu Mekka, 34 Verse Mubammad, zu Medina, 38 Verse Der Erfolg (al-Fatb), zu Medina, 29 Verse Die Gemächer (al-I:Iudjurät), zu Medina, 18 Verse Qäf, zu Mekka, 45 Verse Die aufwirbeln (al-Dhäriyät), zu Mekka, 6o Verse Der Berg (al Tür), zu Mekka, 49 Verse Der Stern (al-Nadjm), zu Mekka, 62 Verse Der Mond (al-Qamar), zu Mekka, 55 Verse Der Erbarmer (al-Rabmän), zu Medina, 78 Verse Die eintreffen wird (al-Wäqi'a), zu Mekka, 96 Verse Das Eisen (al-I:Iadid), zu Medina, 29 Verse Der Streit (al-Mudjädala), zu Medina, 22 Verse Die Versammlung (al-I:Iashr), zu Medina, 24 Verse Die Prüfung (al-Mumtabina), zu Medina, 13 Verse Die Reihe (al-Saff), zu Medina, 14 Verse Der Freitag (al-Djumu'a), zu Medina, 11 Verse Die Heuchler (al-Munäfiqün), zu Medina, 11 Verse Die Übervorteilung (al-Taghäbun), zu Medina, 18 Verse Die Entlassung (al-Taläq), zu Medina, 12 Verse Das Verbot (al-Tabrim), zu Medina, 12 Verse Die Königsherrschaft (al-Mulk), zu Mekka, 30 Verse Das Schreibrohr (al-Qalam), zu Mekka, 52 Verse Die fällig wird (al-l:läqqa), zu Mekka, 52 Verse Die Himmelsleiter (al-Ma'äridj), zu Mekka, 44 Verse Noach (Nüb), zu Mekka, 28 Verse Die Djinn (ai-Djinn), zu Mekka, 28 Verse Der sich eingehüllt hat (ai-Muzzammil), zu Mekka, 20 Verse Der sich zugedeckt hat (al-Muddaththir), zu Mekka, 56 Verse Die Auferstehung (ai-Qiyäma), zu Mekka, 40 Verse Der Mensch (ai-Insän) oder: die Zeit (ai-Dahr), zu Medina oder zu Mekka, 31 Verse Pie gesandt werden (al-Mursalät), zu Mekka, 50 Verse Der Bericht (ai-Naba'), zu Mekka, 40 Verse Die entreißen (ai-Näzi'ät), zu Mekka, 46 Verse
Die Suren des Korans
22
Sure Sure Sure Sure
So: 81: 82: 83:
Sure 84: Sure 85: Sure 86: Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure Sure
87: 88: 89: 90: 91: 92: 93: 94:
Sure 95: Sure 96: Sure 97= Sure 98: Sure 99: Sure 100: Sure 101: Sure 102: Sure 103: Sure 104: Sure 105: Sure 106 : Sure 107= Sure 108: Sure 109: Sure 110: Sure111: Sure 112: Sure 113: Sure 114:
Er runzelte die Stirn ('Abasa), zu Mekka, 42 Verse Umwinden (al-Takwir), zu Mekka, 29 Verse Zerbrechen (al-Infitär), zu Mekka, 19 Verse Die das Maß verkürzen (al-Mutaffifin), oder: Das Maß verkürzen (al-Tatfif), zu Mekka, 36 Verse Sie spalten (al-Inshiqäq), zu Mekka, 25 Verse Die Sternzeichen (ai-Buriidj), zu Mekka, 22 Verse Der Nachtstern - oder: Was in der Nacht erscheint (al-Täriq), zu Mekka, 17 Verse Der Allerhöchste (ai-A'Iä), zu Mekka, 19 Verse Die bedecken wird (ai-Ghäshiya) , zu Mekka, 26 Verse Die Morgenröte (ai-Fadjr), zu Mekka, 30 Verse Das Gebiet (ai-Balad), zu Mekka, 20 Verse Die Sonne (ai-Shams), zu Mekka, 15 Verse · Die Nacht (ai-Layl), zu Mekka, 21 Verse Der Morgen (ai-Qubä), zu Mekka, 11 Verse Das Weiten (al-Sharb), - oder: Sich weiten (ai-Inshiräb), zu Mekka, 8 Verse Der Feigenbaum (ai-Tin), zu Mekka, 8 Verse Der Embryo (ai-'Aiaq), zu Mekka, 19 Verse Die Bestimmung (ai-Qadr), zu Mekka, 5 Verse Das deutliche Zeichen (ai-Bayyina), zu Medina oder zu Mekka, 8 Verse Das Beben (ai-Zalzala, oder: ai-Zilzäl), zu Medina oder zu Mekka, 8 Verse Die laufen (ai-'Ädiyät), zu Mekka, 11 Verse Die Katastrophe (ai-Qäri'a), zu Mekka, 11 Verse Wettstreit um noch mehr (al-Takäthur), zu Mekka, 8 Verse Der Nachmittag (ai-'A~r), zu Mekka, 3 Verse Der Stichler (ai-Humaza), zu Mekka, 9 Verse Der Elefant (ai-Fil) , zu Mekka, 5 Verse Quraysh, zu Mekka, 4 Verse Die Hilfeleistung (ai-Mä'iin), zu Mekka, 7 Verse Die Fülle (ai-Kauthar), zu Mekka, 3 Verse Die Ungläubigen (al-Käfiriin) , zu Mekka, 6 Verse Die Unterstützung (ai-Na~r) , zu Medina, 3 Verse Die Palmenfaser (ai-Masad), - oder: Lodern (ai-Lahab), zu Mekka, 5 Verse Der aufrichtige Glaube (al-Ikhlä~), zu Mekka, 4 Verse Das Frühlicht (ai-Falaq), zu Mekka, 5 Verse Die Menschen (al-Näs), zu Mekka, 6 Verse
Hinweise für den Leser
Dieser Kommentar in mehreren Lieferungen gibt neben einer deutschen Übersetzung den arabischen Originaltext der offiziellen Ausgabe des Korans in der schönen osmanischen Handschrift wieder. Dieser Text fand die Zustimmung einer Kontrollkommission der Kairoer Universität Azhar. Die Übersetzung ist die des Autors. Sie ist bereits veröffentlicht worden in: Der Koran. Übersetzung von Adel Theodor Khoury. Unter Mitwirkung von Muhammad Salim Abdullah. Mit einem Geleitwort von Inamullah Khan, Generalsekretär des Islamischen Weltkongresses, Gütersloher Taschenbücher/ Siebernstern 783, GütersIober Verlagshaus Gerd Mohn, Gütersloh 1987. Diese Übersetzung ist um größtmögliche Treue zum arabischen Original bemüht. Notwendige Zusätze werden in Klammern ( ) gesetzt. Wo Abweichungen vom genauen Wortlaut des Originals unumgänglich sind, um Verwechslungen und Mißdeutungen vorzubeugen, wird die wörtliche Wiedergabe des Originals im Kommentar zu dieser Stelle angegeben. Zur Gestaltung der Rezitation und des frommen Gebrauchs des koranischen Textes gliedert sich dieser Text in 30 Teile, welche wiederum in je zwei Abschnitte aufgeteilt sind. Insgesamt sind es also 6o Abschnitte. Teile, Abschnitte und deren Untergliederungen (Y., Y, und Y.) werden durch ein fettes Sternchen(") vor dem jeweiligen Vers angezeigt. Wenn der Beginn dieser Gliederung mit dem Anfang einer Sure zusammenfällt, wird auf das Sternchen verzichtet. Der Kommentar des Korantextes befaßt sich zunächst einmal mit allgemeinen Fragen, die die jeweilige Sure betreffen, wie Name der Sure, Datierung, Struktur, besondere Inhalte, Aussagen über die Vorzüge der Sure. Dann folgt der Kommentar, wobei der Text der Sure, insofern diese eine gewisse Länge besitzt, in übersichtlichen und zusammenhängenden Abschnitten behandelt wird. Bei jedem Abschnitt werden bekannte Varianten zum offiziellen Text hinter dem arabischen Original angegeben. Diese Varianten sind die, die bei den muslimischen Kommentaren sowie bei Jeffery, Materials ... , erwähnt werden. Die Angabe hinter der Klammer lautet bei, wenn die Variante in einem Codex enthalten ist; sie lautet nach, wenn es sich um die Tradition der Rezitatoren handelt. Wenn eine Variante eine andere Bedeutung hat als die offizielle Version, wird sie übersetzt. Die zu kommentierenden Verse werden halbfett angegeben, dahinter in Klammern eventuell abweichende Verszahlen der Ausgabe von Gustav Flügel!Gustav Redslob aus dem Jahr 1834. Beispiel: 2,35(33). Der Kommentar ist bemüht, eine breitangelegte Konkordanz der Begriffe und Wörter innerhalb des Korans zu erstellen. Dies erfolgt meistens dort, wo im Koran eine Vokabel zum ersten Mal vorkommt. Wenn die gleiche Vokabel später nochmals erscheint, wird auf die erste Stelle mit einem~ verwiesen. Dort findet dann der Leser
Hinweis für den Leser
die weiteren Koranstellen und auch eventuell eine Liste der Verse aus der Bibel, die einen ähnlichen Inhalt aufweisen oder gleiche Ausdrücke gebrauchen. Die Wörter, Halbsätze bzw. Sätze, die Gegenstand der Kommentierung sind, werden halbfett gesetzt. Kursiv erscheinen die arabischen Termini, nicht jedoch die arabischen Personennamen. Oben ist eine Liste häufig zitierter arabischer Kommentare und wissenschaftlicher Bücher aufgestellt. Der Leser möge sich deren bedienen, vor allem bei der Bearbeitung der Anmerkungen.
Mubammad, der Verkünder des Korans
Mu!:tammad, der Verkünder des Islam, zählt zu den bedeutendsten Menschenführern in der Geschichte. Die Nichtmuslime bestreiten seine religiöse und politische Größe nicht, sie vertreten aber in der Würdigung seiner Persönlichkeit, der Gründe seiner religiösen Intuitionen und der Formen seiner Menschenführung unterschiedliche Auffassungen. Früher sahen die Orientalisten in ihm einen Kranken oder gar einen gerissenen Betrüger, heute bescheinigt ihm die wissenschaftliche Forschung durchaus Aufrichtigkeit und ein tiefes religiöses Bewußtsein. In den Augen der Muslime ist Mul:tammad der große Prophet, gesandt, um den Menschen die endgültige Offenbarung Gottes und die endgültigen Verordnungen seines souveränen Willens kundzutun. Den Gläubigen gilt Mu!:tammad zudem als Vorbild des vollkommenen Glaubensgehorsams, wie ihn der Koran von den Menschen fordert. Zum besseren Verständnis der Gestalt dieses Propheten und der Formen seiner Botschaft sei ein Überblick über die sozialen und religiösen Verhältnisse in Arabien zur Zeit seines Auftretens vorangestellt. So werden die Gründe seiner Reaktion gegen die Irrwege in Glauben und Leben seiner Stammesgenossen sowie die Beziehungen seiner Botschaft zu den anderen in Arabien vorhandenen religiösen Strömungen deutlicher, und dadurch kann seine Originalität den anderen gegenüber schärfer erkannt werden.
Arabien zur Zeit Mubammads 1.
Soziale Struktur
In der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts lebten die Menschen auf der arabischen Halbinsel als verstreute Stämme in der Wüste oder als seßhafte Großfamilien in wenigen Städten und Handelszentren.
Arabien zur Zeit Mui:tammads
Das Leben der Stämme Die gesellschaftliche Einheit bei den Nomaden war der Stamm. Der Stamm war nicht einfach die Summe verschiedener Großfamilien, die unabhängig voneinander ihr Leben führten. Die Großfamilien waren durch ihre Blutsverwandtschaft miteinander sehr stark verbunden, und das Bewußtsein dieser Zusammengehörigkeit ließ ein jedes Mitglied des Stammes seine allseitigen Verpflichtungen den anderen Mitgliedern gegenüber sehr ernst nehmen. Denn der Stamm war die Heimat, die einem jeden nicht nur Verpflichtungen auferlegte, sondern ihm auch Schutz und Förderung gewährte. Verbindung zu einem Stamm konnte aber auch aufgrund einer Eidgenossenschaft entstehen. Die Verbündeten übernahmen verschiedene Verpflichtungen, unter denen die wichtigste die gegenseitige Unterstützung gegen die Feinde von außen war. Die Organisation des Stammes sah in der Stellung des Häuptlings das Symbol der Einheit des Stammes. Außer dem Häuptling besaß jeder Stamm seinen Dichter, seinen Redner, seinen Wahrsager. Neben dem Häuptling sind die Männer die Verteidiger des Stammes und die Beschützer seines Eigentums und seiner Rechte. Sie haben das Recht, miteinander und mit dem Häuptling über die verschiedenen Angelegenheiten des Stammes zu beraten und auch die nötigen Entscheidungen zu treffen. Somit wird deutlich, daß die Autorität im Stamm nicht Sache des Häuptlings allein war, sondern in der Zuständigkeit der beratenden Versammlung aller Männer des Stammes lag. Was die Stellung des Häuptlings anbelangt, so brachte sie mehr Pflichten als Rechte. Der Häuptling hatte den Stamm zu vertreten, indem er unter anderem die Gäste empfing und bewirtete und die Armen unterstützte.
Beziehungen zwischen den verschiedenen Stämm en Die Beziehungen der Stämme zueinander waren durch ihre Verwandtschaft und durch ihre wirtschaftliche Not bedingt. Die Araber bestritten ihr Leben durch Viehzucht. So mußten sie in den verschiedenen Jahreszeiten auch ihren Aufenthaltsort wechseln, um die Herden zu neuen Weiden zu treiben. In den Städten hatten sich jedoch Märkte und Handelszentren gebildet. Das berühmteste dieser Zentren war Mekka, Umschlagplatz zwischen Syrien im Norden und dem Jemen im Süden. Außer in den Oasen im Norden und im Süden fanden die Stämme nicht ausreichend Nahrung für sich und für ihre Herden. So waren sie ständig in Gefahr, Opfer der Dürre zu werden und samt ihren Herden zu verhungern. Diese Not verleitete manchmal arme Familien dazu, neugeborene Mädchen auszusetzen und lebendig zu begraben. Um die eigenen Vorräte an Fleisch und Milchprodukten zu
Religiöse Verhältnisse
vermehren oder wenigstens zu sichern, unternahmen die Krieger der Stämme immer wieder Raubzüge gegen die Karawanen oder die nicht verwandten Nachbarstämme. Das war die Form des Kampfes ums Leben, bei dem die einen, wenn sie Erfolg hatten, der Gefahr des Verhungerns entrinnen konnten, dafür aber andere gerade dieser Gefahr aussetzten. Dieser Umstand machte das Leben in der Wüste voller Gefahren. Außerhalb der gut bewachten Gegend des eigenen Stammes war der Araber in der Wüste eine freie Beute für Räuber und Plünderer. Er konnte sogar mit seinem Leben die Blutschuld seines Stammes gegen einen anderen Stamm zahlen. Gegen diese Gefahren boten einige Institutionen einen gewissen Schutz. Das Asylrecht in einem von allen respektierten Heiligtum, dessen Umgebung tabu war, sicherte dem Flüchtenden Unantastbarkeit, solange er sich im heiligen Bezirk aufhielt. Nicht nur heilige Orte garantierten Schutz und Unantastbarkeit, sondern auch heilige Zeiten. In den heiligen Monaten durfte nicht gekämpft oder Blutrache genommen werden. Diese Institution ermöglichte den Mitgliedern der verschiedenen, auch verfeindeten Stämme, zu den jährlichen Märkten zu gehen, und den Städtern, ihre Handelskarawanen in den Norden oder den Süden zu schicken, ohne Überfälle und Ausplünderungen befürchten zu müssen. Die Gastfreiheit (amiin) sicherte dem Gast bei einem Stamm bzw. bei einer Familie nicht nur gute Aufnahme, Nahrung und Obdach. Gastfreiheit bedeutete auch Schutz des Gastes, solange er sich im Lande des Stammes befand. »Vom zufälligen und flüchtigen Besuch erweiterte sich dies Verhältnis zu dauernden Verbindungen. Einzelne Personen oder ganze Familien, die sich aus dem einen oder anderen Grunde nicht selber helfen konnten, hatten die Möglichkeit, sich unter den Schutz eines einzelnen Mannes oder eines Geschlechtes zu stellen, falls diese dazu bereit waren, und waren von diesem Augenblick an vor Belästigung sicher. Dieses Verhältnis wurde mit einer feierlichen Zusage von seiten des Beschützers eingeleitet. Und erst dann gelöst, wenn der Beschützte ausdrücklich darauf verzichtete, wodurch der andere schuldlos wurde. «1 Schutz oder Freiheit konnte endlich auch das gegebene Wort, vor allem in Form des Eides bzw. der Verwünschung, gewähren.
2.
Religiöse Verhältnisse
Der altarabische Polytheismus Die Altaraber zur Zeit Mul;ammads verehrten das Göttliche in den Dingen und Gegenständen der Natur, vor allem in den in ihrer Form außergewöhnlichen Steinen, von denen einige ja Züge einer Menschengestalt trugen oder zu Statuen 1.
F. Buhl: Das Leben Muhammeds, 3· Auf!. , Heidelberg 1961, S. 37·
Arabien zur Zeit Mui)ammads
behauen wurden. Unter den verschiedenen kleinen und großen Heiligtümern der Araber nahm die Ka'ba zu Mekka eine besondere Stellung ein. In einer Ecke des Heiligtums befindet sich der berühmte schwarze Stein, den die Muslime auch heute noch verehren. Wie die übrigen Heiligtümer war die Ka'ba in besonderer Weise Zufluchtsstätte und Asyl für Schutzsuchende. Ihr Bezirk war tabu und unantastbar. Zu dieser Stätte pilgerten die Araber alljährlich, und dies um so eifriger, als dort jährliche Märkte und Ausstellungen stattfanden. Die Hüter der mekkanischen heiligen Stätten hatten im Pilgerwesen ein einträgliches Geschäft, das immer mehr die Sorge und Bemühungen des eigenen Stammes Mul;tammads beanspruchte und der tiefen Religion immer weniger Raum ließ. In der Ka'ba wurden verschiedene Gottheiten verehrt, vor allem drei im Koran erwähnte Göttinnen: die Schicksalsgottheit Manät, die Gewaltige: al-'Uzzä, und die Göttin schlechthin: al-Lät (vgl. 53,19-20). An der Spitze des arabischen Pantheons stand der Höchste Gott, dessen Bezeichnung Gott schlechthin bedeutet, Alläh. Er galt als Schöpfer der Welt und des Menschen (vgl. 29,61), Herr über Leben und Tod, der als Vorsehung seine Geschöpfe versorgt (vgl. 23,84- 90i 10,31). Aber wie die Hochgötter anderer Religionen war Alläh in weite Ferne entrückt und spielte immer weniger eine Rolle im alltäglichen Leben der Araber. Nur in großer Not wurde er direkt angerufen, so z.B. in Seenot (vgl. 29,65; }1,.32; 17,67), zur Bekräftigung besonders wichtiger Eide (35A2i 16Ao), bei Beachtung bestimmter Tabu-Vorschriften (vgl. 6,136-139) und bei Erstlingsopfern (vgl. 6,136). Seine Souveränität und absolute Herrschaft kommt im Titel zum Ausdruck, den die Araber ihm gaben: Herr der Ka'ba (vgl. 106,}). Eine interessante Gestalt dieses Polytheismus war die des Sehers, Kähin genannt. Der Seher besitzt die Fähigkeit, dank enger Verbindung mit seinem Schutzgeist verborgene bzw. zukünftige Ereignisse vorauszusehen und vorherzusagen. Der Schutzgeist ist der Begleiter des Sehers, er spricht durch ihn und läßt auf verschiedene Weisen seine Nähe spüren. Was der Kähin sieht, verkündet er in kurzen rhythmischen Sätzen, die oft sogar einen Reim haben. Oder er gebraucht ein geheimnisvolles Summen, um die Wirkung seines Schutzgeistes bekanntzumachen. Die Sprüche des Sehers sind nicht immer eindeutig, denn die Geheimnisse der Zukunft werden ihm nicht immer deutlich enthüllt, deswegen gebraucht er auch eine mehrdeutige Symbolsprache. Er bekräftigt seine Sprüche mit ungewöhnlichen Schwüren. Ähnliche Schwüre finden sich im Koran selbst, z.B. zu Beginn folgender Suren: 77, 79, 85, 86, 89, 91, 92, 93, 951 100. Der Seher hat eine wichtige Rolle im Leben des Stammes zu spielen. Er wird vor wichtigen Unternehmungen befragt und soll geheimnisvolle Vorgänge und Träume zu deuten suchen. Auch in Privatangelegenheiten wird er angegangen. Er fungiert als Schiedsrichter und gibt sein Urteil bei Streitfragen. Sein Urteil wird als eine göttliche Entscheidung hingenommen.
Religiöse Verhältnisse
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Die I:fanlfen Die l:fanifen sind selbständige Gottsucher, die mit dem Polytheismus Altarabiens nicht mehr zufrieden waren, sich vom Götzendienst abwandten, um den einen, einzigen Gott zu suchen. Obwohl sie dem Judentum und dem Christentum Achtung und Hochschätzung zollten, fühlten sie sich nicht genötigt, zu einer dieser beiden Religionen überzutreten. Gleich den christlichen Mönchen suchten diese l:fanifen Gott in der Einsamkeit der Wüste und durch verschiedene religiöse Übungen. Mubammad selbst erscheint in seinem Auftreten und in manchen Punkten seiner Botschaft wie einer dieser Gottsucher, dieser selbständigen Monotheisten. Seine Kontakte zu den Juden und zu den Christen sind im Koran deutlich bezeugt, aber er fand zum Judentum und zum Christentum nie den richtigen Zugang, um sich zu einer der beiden monotheistischen Religionen zu bekennen. Er blieb ein selbständiger Monotheist, der seine Sympathien für die beiden anderen Religionen, trotz aller Auseinandersetzungen mit deren jeweiligen Anhängern, nicht zu verbergen suchte, sondern offen zugab. Denn er bekannte sich zum Vater aller Gläubigen, zu Abraham, den der Koran den ersten l:fanifen nennt (u.a. 3,67; 16, 120).
Monotheistische Religionen Es gab in der arabischen Halbinsel jüdische Kolonien, die dank ihrer wirtschaftlichen Stärke eine immer größere politische Bedeutung besaßen. Sie befanden sich vor allem im Jemen, in Yathrib (der späteren Stadt Medina) und in Khaybar. Was die ehrlichen Gottsucher im Judentum beeindruckte, war sein strenger Monotheismus, seine ernste Moral, sein nüchterner Gottesdienst. Mubammad selbst erkannte diese Vorteile des Judentums und versuchte, sie in seine Botschaft aufzunehmen. Der Koran erkennt die Tora als das Gesetz, das Gott den Juden durch Mose offenbart und verkündet hat, an. Ebenso eindrucksvoll wirkte das Christentum auf die Araber. Man weiß nicht mit Sicherheit, ob organisierte christliche Gemeinden in Mekka lebten. Aber die Existenz christlicher Sklaven, Handwerker und Geschäftsleute in Mekka ist sicher. Es bestanden auch Beziehungen zu den organisierten Gemeinden des Jemen im Süden, zu den christlichen Stämmen des Nordens und zum christlichen Abessinien. Die Kenntnis der Araber vom Christentum blieb jedoch oberflächlich, vermittelt durch Christen, die in der Lehre wenig bewandert waren, und durch flüchtige Kontakte mit den christlichen Gemeinden im Norden und im Süden Arabiens.
Kurze Biographie Mubammads Es ist sehr schwierig, aus den Angaben der islamischen Tradition über Mul)ammad, sein Leben und seine Verkündigung die historischen Fakten von den legendären Darstellungen auseinanderzuhalten. Denn der Koran, den man als authentische Quelle über Mul)ammad und seine Botschaft betrachten kann, ist über die Lebensumstände des Propheten, vor allem über die Periode vor seinem ersten öffentlichen Auftreten, eher verschwiegen. Es sollen hier aus den islamischen biographischen Quellen, von denen die erste die Sira von Ibn Hishäm ist, und aus den übrigen Überlieferungen über seine Handlungen, Sprüche und Verhalten die Angaben zusammengestellt werden, die als eine einigermaßen gesicherte Kurzbiographie Mul)ammads gelten können.
1.
Vor dem prophetischen Auftrag
Mul)ammad ist ungefähr um das Jahr 570 unserer christlichen Zeitrechnung in Mekka (Westteil Zentralarabiens) geboren. Sein Vater hieß 'Abd-Alläh und stammte aus der Sippe der Häshimiten, einem Zweig des Stammes Quraysh. Kurz vor oder nach der Geburt Mul)ammads starb sein Vater, so daß seine Mutter Ämina nun für ihn zu sorgen hatte. Nach der damaligen Sitte wurde der Knabe der Fürsorge einer Beduinenfrau anvertraut, damit er die Sitten und Bräuche sowie die richtige und schöne arabische Sprache der Beduinen lernen konnte. Mit sechs Jahren wurde er zu seiner Mutter zurückgebracht. Amina verließ dann Mekka und ging zu ihren Verwandten nach Yathrib (der späteren Stadt Medina). Auf dem Rückweg starb Ämina, und der Junge wurde von seinem Großvater übernommen. Als auch dieser starb, kümmerte sich der Onkel Abü Tälib um seinen achtjährigen Neffen. Laut der Überlieferung umsorgte ihn dieser Onkel wie sein eigenes Kind. Mit den anderen Kindern der Familie wurde der junge Mul)ammad damit beauftragt, die Herden in der Wüste zu hüten 2 • Als Mul)ammad etwa 25 Jahre alt geworden war, bot er auf Anraten seines Onkels der reichen Witwe Khadidja seine Dienste als Karawanenführer an. Von 2. Außer den ungewöhnlichen legendären Ereignissen, die die islamische Überlieferung als Begleiterscheinungen bei der Empfängnis, der Geburt und der Kindheit Mul,lammads erzählt, kann folgender Bericht erwähnt werden. Mul,lammad soll als zwölfjähriger junge seinen Onkel Abü Tälib auf einer Karawanenreise nach Syrien begleitet haben. In Bu~rä habe man einen christlichen Mönch Babirä getroffen, und dieser habe dem jungen vorausgesagt, er werde später eine hohe Stellung einnehmen. Das ist das Gegenstück zum evangelischen Bericht über den zwölfjährigen )esus im Tempel, und darüber hinaus soll damit die prophetische Sendung Mubammads durch die Weissagung eines christlichen Mönchs bestätigt werden, also eines Menschen, der das tiefe religiöse Wissen besitzt und die Zeichen außerordentlicher Dinge deuten kann.
Berufung Mubammads
Jl
seinen Reisen nach Syrien brachte der junge Geschäftsmann nicht nur reiche Erträge, sondern auch einige Kenntnisse über das Judentum und das Christentum mit, die er durch seine flüchtigen Kontakte mit den verschiedenen religiösen Gemeinden dort und unterwegs erworben hatte. Angetan von den Erfolgen ihres Karawanenführers, ließ Khadidja dem Mubammad mitteilen, sie würde ihm einen Heiratsantrag nicht abschlägig bescheiden. Die Witwe war zwar fünfzehn Jahre älter als er, aber die beiden verstanden sich so gut und liebten einander so innig, daß sie eine glückliche Ehe führten. Solange Khadidja lebte, heiratete Mubammad keine weitere Frau. Von den Kindern, die Khadidja ihm schenkte, ragt Fätima hervor, die 'All, den späteren Khalifen, heiratete und damit zur Stammutter aller Nachkommen des Propheten wurde. Die Heirat mit Khadidja bedeutete zudem für Mu}:tammad einen großen sozialen Aufstieg und eine besonders wirksame Förderung. Der Koran erinnert den Propheten an diese Wende in seinem Leben: »Hat Er (dein Herr) dich nicht als Waise gefunden und dir Unterkunft besorgt ... und bedürftig gefunden und reich gemacht?« (93,6.8). Sein soziales Ansehen wuchs sogar so weit, daß er bei Streitigkeiten angegangen und um eine Schlichtung oder einen Schiedsspruch gebeten wurde.
2.
Berufung Mubammads
Nach der islamischen Tradition war Mubammad etwa vierzig Jahre alt, als er die Erlebnisse hatte, die seine prophetische Sendung einleiteten. Mubammad war ein tief religiöser Mensch. Die Eindrücke und Kenntnisse, die er von seinen Kontakten mit Juden, Christen und sonstigen Gottsuchern in Mekka und in den anderen Gegenden mitbrachte, sowie der Verfall des traditionellen Polytheismus veranlaßten ihn, immer häufiger nach dem religiösen Wert und dem Sinn des Lebens der mekkanischen Gesellschaft zu fragen . Es trieb ihn in die Einsamkeit. Er widmete sich nach dem Vorbild christlicher Mönche religiösen Übungen in der Umgebung von Mekka, vor allem in der Höhle l:firä' am Lichtberg. Eines Tages widerfuhr ihm das, was der Koran und die islamische Tradition als seine Berufung zum Propheten bezeichnen. Die Angaben der Tradition unterscheiden sich in manchen Einzelheiten, aber sie betonen die Tatsache dieses Erlebnisses und den tiefen Einfluß, den es auf Mu}:tammad sein Leben lang ausübte. Was dieses Erlebnis eigentlich war, schildert Ibn Is}:täq in der Biographie des Propheten (Sira), indem er überlieferte Elemente und Koranverse gleichermaßen berücksichtigt: »Der Prophet erzählt darüber: Während ich schlief, kam er (Gabriel) mit einer Decke aus Seidenbrokat, in welcher sich ein Buch befand, zu mir. Er sprach : Lies! Ich sagte: Ich lese nicht! Da würgte er mich mit dem Buch, so daß ich vermeinte, sterben zu müssen. Dann ließ er mich los und sagte wieder: Lies ! Wieder sagte ich: Ich lese nicht! Und abermals würgte er mich, daß ich vermeinte, sterben zu müssen.
32
Biographie Mul;tammads
Dann ließ er mich los und sagte wieder: Lies! Wieder sagte ich: Ich lese nicht! Und abermals würgte er mich, daß ich vermeinte, sterben zu müssen. Er ließ mich los und sagte wieder: Lies! Ich sagte darauf: Was soll ich denn lesen? So sagte ich nur, um zu verhüten, daß er mir wieder das antue, was er mir bisher angetan hatte.« Auf die Frage: Was soll ich denn lesen, antwortete Gabriel: »Lies im Namen deines Herrn, der erschaffen hat, den Menschen erschaffen hat aus einem Embryo. Lies! Dein Herr ist der Edelmütigste, der durch das Schreibrohr gelehrt hat, den Menschen gelehrt hat, was er nicht wußte« (96,1-5). Muhammed fährt in seinem Bericht über die erste Offenbarung fort: »Und so las ich diese (Worte). Dann ließ Gabriel von mir ab und entfernte sich. Ich aber erwachte von meinem Schlaf, und es war mir, als wäre in mein Herz eine Schrift eingeschrieben worden. Ich machte mich auf den Weg, und da ich die Mitte des Berghanges erreicht hatte, hörteich vom Himmel her eine Stimme : Muhammed, du bist der Prophet Gottes, und ich bin Gabriel! Da blickte ich zum Himmel empor und siehe da: Gabriel stand in der Gestalt eines Mannesam Firmament und sagte: Muhammed, du bist der Prophet Gottes, und ich bin Gabriel. Ich blieb stehen, ohne mich von der Stelle zu rühren, und sah zu ihm hin, und wenn ich auch den Blick von ihm abwendete, so sah ich ihn trotzdem überall, nach welcher Richtung des Firmaments ich auch schauen mochte. Und so blieb ich stehen, ohne meinen Platz zu verlassen. «3 Mu}:lammad war durch dieses Erlebnis niedergeschlagen, weil er nicht wußte, was das alles zu bedeuten habe, und unter wessen Einwirkung er eigentlich stehe. Denn er befürchtete, Spielzeug böser Mächte zu sein. Nach Hause zurückgekehrt, hätte er sich vor seiner Frau über das Gesehene folgendermaßen geäußert: »Khadidja, bei Gott, ich habe nie etwas mehr gehaßt als die Götzen und die heidnischen Wahrsager, aber jetzt fürchte ich selber, ein solcher Wahrsager (kiihin) zu sein, denn ich sehe Lichter und höre Stimmen. « Khadidja beruhigte ihn und spendete ihm Trost, sie suchte jedoch den Rat eines Familienfreundes, Waraqa ibn Naufal4. Und der gab vom Ganzen folgende Deutung: »Wenn das wahr ist, ... dann ist er der Prophet unseres Volkes.« Mu}:lammad blieb jedoch unruhig; er suchte eine Bestätigung seines Erlebnisses bzw. eine göttlich autorisierte Deutung der Ereignisse. Eine Zeitlang litt er Angst und Qual im Warten auf ein neues Zeichen. Diese Zeit nach dem ersten Erlebnis bis zur Bestätigung seiner Sendung heißt in der islamischen Überlieferung die Zeit der Unterbrechung (fatra). In dieser Zeit der inneren, qualvollen Unsicherheit irrte Mu}:lammad umher und war in seinen Gedanken und seinen Gefühlen so versunken, daß ihm schwerste Versuchungen bis hin zu Selbstmordgedanken nicht erspart blieben. Dann aber hatte er folgendes Erlebnis: »Während ich auf dem Wege war, 3· Zitiert bei H. Stieg/ecker: Die Glaubenslehren des Islam, 2. Auf!. , Paderborn 1983, S. 357, 358. 4· Er war ein Gottsucher wie die l:lanifen oder gar ein Christ.
Auftreten und erste Predigt
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hörte ich plötzlich vom Himmel her eine Stimme; ich schaute empor, und da war wieder der Enget der damals am l:Iirä' zu mir gekommen war. Er saß auf einem Thron zwischen Himmel und Erde. Erschrocken eilte ich heim und rief: Deckt mich zu! (weil ihn nämlich infolge des Schreckens das Fieber befallen hatte). Da offenbarte Gott die Worte: »Der du dich zugedeckt hast, steh auf und warne, und preise die Größe deines Herrn, und reinige deine Kleider, und entferne dich von der Unreinheit (des Götzendienstes)« (74,1- 5). Auch die Sure 93 wird mit der Unterbrechung der Offenbarung in Verbindung gebracht: Die ungläubigen Qurayshiten verhöhnten schadenfroh den Propheten, er sei von »seinem Herrn « verlassen worden. Da offenbarte Gott die Sure 93, um dieses Spottwort der Qurayshiten zu widerlegen: »Beim Morgen und der Nacht, wenn sie still ist! Dein Herr hat dir nicht den Abschied gegeben und haßt (dich) nicht. Wahrlich, das Jenseits ist besser für dich als das Diesseits. Und wahrlich, dein Herr wird dir geben, und du wirst zufrieden sein« (93 ,1- 5 )5. Die Dauer der Zeit bis zur Wiederaufnahme der Offenbarung wird in der islamischen Überlieferung mit sechs Monaten oder mit drei Jahren angegeben. Nach der Bestätigung seiner Berufung erhielt Mu}:Iammad regelmäßig die Offenbarungen, die er den Menschen verkündete. Die ersten Gläubigen der frühislamischen Gemeinde waren Khadidja, Waraqa ibn Naufat der von Mu}:Iammad adoptierte frühere Sklave Zayd, Mu}:Iammads Vetter und Adaptivsohn 'All (erst 13 Jahre alt) und vor allem ein einflußreicher Tuchhändlernamens Abü Bakr, der nach dem Tod Mubammads erster Khalif wurde.
3. Auftreten und erste Predigt Bestärkt in seiner Überzeugung, nun wirklich von Gott gesandt zu sein, um den Menschen eine göttliche Botschaft zu bringen, trat Mu}:Iammad öffentlich in Mekka auf (im Jahre 610). In leidenschaftlichen Mahnungen versuchte er, die Menschen auf das nahe Gericht des einen, allmächtigen Gottes aufmerksam zu machen. Die Schrecken der Stunde, die ihm nahe schien, lassen ihn seine Landsleute beschwören, sie sollen von ihrer Gleichgültigkeit und ihrem blinden Verhalten ablassen und sich dem Gott zuwenden, der allein Macht über Leben und Tod hat und der allein das endgültige Urteil fällen wird. An jenem Tag wird keiner die Möglichkeit haben, sich zu entschuldigen oder die Fürsprache irgendeines Freundes zu erhoffen. Die Menschen sollen sich bemühen, Gott zu gefallen, ihr verkehrtes Verhalten ablegen und sich nicht mehr auf ihren Besitz und ihren Reichtum verlassen, sondern das Antlitz Gottes, des Schöpfers und Richters, suchen. Unehrlichkeit und Gier, Betrug und Rücksichtslosigkeit sollen nicht mehr das Geschäftsleben beherrschen. Die Armen sollen nicht mehr unterdrückt und ausgebeutet werden. Diebstahl und 5· Vgl. Stieglecker, S. 360.
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Biographie Mul:tammads
Mord, Trunkenheit und vielerlei andere Laster sollen nicht mehr die Gesellschaft verseuchen. Denn diese Welt ist ja nur eine Etappe, nicht die endgültige Wohnstatt des Menschen. Alles ist vergänglich und dem Gericht verfallen. Die einzige wahre Realität ist die der kommenden Welt6 . Aber die blinden Menschen ziehen das Diesseits vor. Und gerade diese Blindheit für das Wesentliche und das Dauerhafte, für das eigentlich Wirkliche ist der Ausdruck der religiösen Gleichgültigkeit der Menschen, einfach der Ausdruck ihres Unglaubens. Denn solange sie so leben, als wären Gott und sein Gericht weit weg von ihrem Alltag, kümmern sie sich nicht um ihn und suchen nicht, seinen Willen zu kennen und seine Gebote zu halten. Mul;lammad war aber in seiner prophetischen Botschaft nicht nur der Prediger, der auf das nahe Gericht aufmerksam macht und gegen die Laster der Gesellschaft im Stil eines Sozialreformators kämpft, er war auch der Prophet des einen Gottes und der Prediger des Monotheismus. Seine Erfahrung der unbegrenzten Allmacht Gottes und seine Überzeugung von seiner Transzendenz veranlaßten ihn, den Iaschen Polytheismus der Mekkaner immer deutlicher zu verwerfen und zu verurteilen. Der einzige Herr der Ka'ba sollte von nun an nur Gott allein sein, alle anderen Gottheiten und Götzen besitzen keine Bedeutung und überhaupt keine Macht und keine Wirklichkeit. Sein Monotheismus wurde immer kompromißloser, und zwar in späteren Phasen seiner Predigt nicht nur den Polytheisten gegenüber, sondern auch gegen jede Glaubensform und jede Redensart, die in irgendeiner Weise dem strengen Monotheismus abträglich sein könnte. Auch gegen nach seiner Auffassung übertriebene Formen der christlichen Frömmigkeit und gegen gewagte Formulierungen von Juden und Christen wird er sich aussprechen. Und der Koran wird als die schwerste Sünde, die Gott nicht vergibt, die Sünde der Beigesellung (shirk) betrachten: daß man dem einen, einzigen Gott andere Götter beigesellt: »Gott vergibt nicht, daß Ihm beigesellt wird, und Er vergibt, was darunter liegt, wem Er will« (4t48; 4,116).
4· Widerstand der Mekkaner Die beschwörenden Appelle Mul;lammads, seine geißelnden Warnungen, sein eindeutiges Bekenntnis zu einem Monotheismus, der die Götter des Ka'ba-Heiligtums vernichten könnte, rief bei den auf diese Weise angesprochenen Mekkanern heftigen Widerstand hervor. Der Widerstand nahm Verfolgungsform an, als die Mekkaner feststellten, daß mit der neuen Predigt nicht nur ihr Lebensstil in Frage gestellt wurde, sondern auch ihre einnahmeträchtigen Geschäfte um die Ka'ba bedroht waren. Die Mekkaner versuchten zunächst, Mubammad durch Zureden 6. Durch diese asketisch inspirierte Weitabgewandtheit seiner ersten Predigt ist Mul;lammad mit den christlichen Mönchen und Predigern verwandt.
Auswanderung (Hidjra) und Leben in Medina
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vonseitenseines Onkels Abü Tälib von seiner Haltung abzubringen: Er solle davon ablassen, gegen die Götter der Ka'ba zu predigen und die Vornehmen der Stadt zu diffamieren und zu beschimpfen. Mul;lammad aber blieb seiner religiösen Überzeugung und seiner Sendung treu. Harte Maßnahmen wurden gegen ihn und seine Anhänger getroffen. Sie wurden in ein Tal außerhalb der Stadt verbannt und als Ausgestoßene behandelt: Man durfte mit ihnen keinen Kontakt aufnehmen. Einige fanden sogar den Tod. Elf Familien schickte Mul;lammad in das christliche Abessinien (im Jahre 615). Er gab ihnen eine Botschaft an den Kaiser von Abessinien mit auf den Weg: Es war ein Teil der 19. Sure des Korans, in dem die Geschichte Marias, der Mutter Jesu Christi, erzählt wird. Das war eine Art Bekundung einer irgendwie gearteten Verwandtschaft zwischen der Botschaft des neuen Propheten und dem Christentum. So wurden die Auswanderer in Abessinien freundlich aufgenommen. Sie scheinen jedoch nur einige Monate dort geblieben zu sein. Im Jahre darauf, 616, wanderten erneut etwa hundert Anhänger des Islam nach Abessinien und blieben dort bis nach der großen Auswanderung nach Medina im Jahre 622. Für diejenigen, die in Mekka weiterlebten, verbesserte sich die Lage inzwischen keineswegs. Die strenge Behandlung der Ausgestoßenen wurde zwar ein wenig gelockert, aber die Beziehungen zwischen der islamischen Gemeinde und der mekkanischen Bevölkerung wurden nicht besser. Es bestand keine Hoffnung, daß die einen oder die anderen einlenkten, um ein friedliches Zusammenleben zu ermöglichen: Mul;lammad konnte nicht aufhören zu predigen, und die Mekkaner waren nicht bereit, seine Predigt, die sie in ihrer Person, in ihrem Leben und in ihren Geschäftsinteressen traf, zu dulden. Die einzige Zukunftsperspektive war die des offenen Kampfes. Nur, in Mekka waren die Positionen der Gegner ungleich. Es galt also zunächst einmal, die Gemeinde zu retten und in Sicherheit zu bringen, die Zahl der Gläubigen zu vermehren und ihre Stärke zu vervielfältigen. Erst dann hatte ein offener Kampf gegen die Mekkaner einige Aussichten auf Erfolg.
5· Auswanderung (Hidjra) und Leben in Medina So wanderte Mul;lammad mit der gesamten islamischen Frühgemeinde von Mekka nach Yathrib (das dann später Medina, die Stadt= die Stadt des Propheten, genannt wurde) aus, und zwar im Jahre 622. Dieses Jahr ist auch das erste der islamischen Zeitrechnung (die dem Mondkalender folgt) geworden. Diese Auswanderung der islamischen Gemeinde nach Medina bildet einen tiefen Einschnitt im Leben Mul;lammads. Von nun an hatte er viel stärker für seine Gemeinschaft zu sorgen. Die Tatsache, daß die Zahl der Muslime immer weiter wuchs, bereitete ihm die Sorgen des sozialen und politischen Führers. Er konnte sich nicht mehr damit begnügen, eine von Askese inspirierte, auf das Jenseits gerichtete Botschaft zu predigen, er mußte sich mit dem Alltag der Muslime beschäftigen, eine soziale
Biographie Mu}:lammads
Ordnung auf die Beine stellen, die Fundamente der solidarischen islamischen Gemeinschaft legen, deren Solidarität nicht mehr auf der Blutsverwandtschaft, sondern auf dem gemeinsamen Glauben gründete. Endlich mußte Mubammad den politischen und militärischen Kampf gegen die Feinde des Islams nach außen und auch innerhalb der Gemeinde selbst führen. Dafür brauchte er mehr als nur prophetischen Mut und leidenschaftliche Appelle. Er brauchte und entwickelte auch den Sinn für die alltäglichen Realitäten, für die komplexen Vorgänge einer Gesellschaft, für die psychologischen Widerstände, die die Reform der lebensnotwendigen Tradition bei primitiven Stämmen hervorrief. Mul;ammad blieb also in Medina nicht nur der inspirierte Prophet und der weitabgewandte Asket, er wurde zunehmend zum klugen, abwägenden Staatsmann, zum weisen Gesetzgeber, zum politischen Führer und zum Feldherrn, kurz: zur Zentralfigur der frühislamischen Gemeinde. Der »Gesandte Gottes« sah seine Autorität durch die Erfolge seiner Politik und seiner Führung wie auch durch die Unterstützung der göttlichen Offenbarung immer größer und fester werden. In Medina wurde Mubammad samt seiner Gemeinde mit Wohlwollen aufgenommen. Er verstand es, sich in den Streitfragen zwischen den verschiedenen Parteien neutral zu verhalten, und konnte somit mit der Zeit so viel an Ansehen gewinnen, daß er sogar zum Schiedsrichter genommen wurde. Was nun das Leben seiner Gemeinde anbelangt, so versuchte er, sie in die Gesamtbevölkerung der Stadt zu integrieren. Um die verschiedenen Gruppen miteinander zu verbinden, aus den Auswanderern (Muhädjirün) und den neuen Anhängern aus Medina (An:;rir) eine einigermaßen geeinte Gemeinschaft zu machen und dabei die Versorgung der Auswanderer durch ihre neuen Glaubensbrüder zu sichern, ließ Mubammad zwischen jedem Auswanderer und einer Familie aus Medina einen Bruderschaftsbund mit Beerbungsrecht schließen. Im darauffolgenden Jahr, 623, erließ Mubammad die erste Gemeindeordnung, in der feierlich proklamiert wurde, daß alle Muslime miteinander verbunden seien und nun aufgrundihres gemeinsamen Glaubens eine Gemeinschaft (umma) bildeten. Diese Statuten werden in der islamischen Tradition als Vorbild für jede Gesetzgebung in den islamischen Staaten und als Modell für das echte islamische Leben innerhalb der solidarischen Gemeinschaft betrachtet. Was die Beziehungen der islamischen Gemeinde zu den Nichtmuslimen, vor allem zu den Juden in Medina, anbelangt, so versuchte Mubammad, die Unterstützung der Juden für seine Predigt und für seine politischen Ziele zu gewinnen. Zunächst hat Mubammad geglaubt, daß dies leicht sein werde. Denn er predigte denselben Monotheismus, wie ihn die Juden hatten, er berief sich auf Abraham, erkannte die Tora des Mose und die Propheten des Alten Testaments an. Um ein Zeichen seiner Zugehörigkeit zur biblischen Tradition zu setzen, hatte er den Muslimen vorgeschrieben, sich beim Gebet nach Jerusalem zu richten. Die Juden wollten jedoch die Echtheit seiner prophetischen Sendung nicht anerkennen. Sie hielten ihm vor, er würde die Geschichten der Propheten nicht fehlerlos wiederge-
Auswanderung (Hidjra) und Leben in Medina
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ben, seine Predigt würde nicht in allen Punkten mit dem jüdischen Glauben und seine Gesetzgebung nicht in allen Punkten mit der Tora übereinstimmen. Außerdem wußten die Juden ihm zu entgegnen, daß die bloße Berufung auf Abraham und Mose die Echtheit seiner Sendung noch lange nicht bestätigte. Im übrigen waren die Interessen der Juden durch die Allianz mit den reichen und mächtigen Mekkanern eher gewahrt als durch die Freundschaft mit Mu!:tammad. Nach vergeblichen Versuchen, sich die Unterstützung der Juden zu sichern, wandte sich Mui:tammad von ihnen ab. Er vollzog zwei bestimmende Schritte, die ihm und dem Islam die Selbständigkeit sicherten. Der erste Schritt war theologischer Natur. Jenseits der Ansprüche von Juden und Christen, jeweils die einzige heilsrelevante Religion zu haben, berief er sich endgültig auf die Religion Abrahams, des Vaters aller Gläubigen. Diese reine Religion, die noch von keiner Gesetzgebung und keinen Zusätzen verdeckt und vor allem von keiner Religionsgemeinschaft aufgenommen und allmählich verfälscht wurde, die Religion Abrahams, des ersten l:fanlfen, ist die wahre Religion, und sie bestand schon vor dem Christentum (Jesus) und vor dem Judentum (Mose): »Und sie sagen : >Werdet Juden oder Christen, so folgt ihr der Rechtleitung.< Sprich: Nein, (wir folgen) der Glaubensrichtung Abrahams, als Anhänger des reinen Glaubens; und er gehörte nicht zu den Polytheisten« (2,135). - »Ü ihr Leute des Buches, warum streitet ihr über Abraham, wo doch die Tora und das Evangelium erst nach ihm herabgesandt wurden? Habt ihr denn keinen Verstand? ... Abraham war weder Jude noch Christ, sondern er war Anhänger des reinen Glaubens, ein Gottergebener, und er gehörte nicht zu den Polytheisten« (3,65.67). Somit hatte Mui:tammad den biblischen Charakter seiner Botschaft bekräftigt, ohne sich an das Judentum oder das Christentum zu binden. Der zweite Schritt der Verselbständigung des Islam war religiöser und politischer Natur zugleich. Es sollte nun der arabische Charakter der koranischen Botschaft bekräftigt und gleichzeitig ihre direkte Verbindung mit Abraham verdeutlicht werden. So erklärte Mul:tammad, daß das Hauptheiligtum Arabiens, die Ka'ba zu Mekka, auf die Tätigkeit Abrahams zurückgehe. Die Ka'ba sei gar kein heidnisches Heiligtum, denn sie sei von Abraham und seinem Sohn Ismael als Heiligtum für die Araber und die Muslime gebaut worden (siehe 2,124-134). Infolge dieserneuen Version der Herkunft der Ka'ba konnte Mui:tammad seiner Gemeinde vorschreiben, von nun an sich beim Gebet nicht mehr nach Jerusalem, sondern vielmehr nach der Ka'ba zu richten (2,142-150). Mit diesem zweiten Schritt hatte Mui:tammad die Selbständigkeit des Islam endgültig besiegelt und zugleich die Ka' ba zum Versammlungsort aller arabischer Stämme und zum Symbol ihrer religiösen und politischen Einheit erklärt. Die Beziehungen der islamischen Gemeinde zu den Juden wurden mit der Zeit so gespannt, daß Mui:tammad diese hartnäckigen und gefährlichen Verbündeten der feindlichen Mekkaner zu beseitigen suchte. Er schlug sie im Laufe der Zeit in drei Feldzügen.
Biographie Mul;tammads
Aber die Schwierigkeiten der Gemeinde in Medina kamen nicht nur von den Juden. In den Reihen der Muslime selbst befanden sich Leute, die aufgrund ihrer Verwandtschaft mit den Mekkanern nicht gerne gegen diese kämpften, andere, die zauderten und die Richtigkeit der Maßnahmen Mubammads nicht immer einzusehen vermochten, endlich auch solche, die heuchelten, d. h. nach außen hin so taten, als hätten sie den Glauben, in ihrem Herzen aber dem Islam keinen Glauben schenkten, und deren Verhalten Verwirrung in den Reihen der islamischen Kämpfer stiftete. Mit diesen Zauderern und Heuchlern hat Mubammad und nach ihm die Gemeinde lange Zeit zu tun gehabt. Gefährlich waren sie besonders in der Zeit, in der der Kampf gegen die Mekkaner noch nicht zugunsten der Muslime entschieden war.
6. Kampf gegen die Mekkaner Der Kampf gegen die Mekkaner vollzog sich in verschiedenen Etappen, in denen die islamische Gemeinschaft nicht immer den Sieg errang. Ursache der Feindseligkeiten waren nicht nur die alten Ressentiments der Mekkaner gegen Mubammad und seine Anhänger und der Wunsch der Muslime, ihre früheren Verfolger nun endlich zu bestrafen. Es ging auch um handfeste wirtschaftliche Interessen. Die islamischen Kämpfer versuchten, ihren Lebensunterhalt unter anderem mit dem Überfall auf die Karawanen der reichen Mekkaner zu sichern. Das aber konnten die Mekkaner nicht zulassen. Da es dabei nicht um eine vorübergehende Erscheinung ging, suchten die Mekkaner ihre Karawanen zu schützen. So schickten sie eine starke Armee gegen Mubammad. Diese erreichte das Tal Badr in der Nähe Medinas. Mubammad erläuterte seinen Leuten die Bedeutung dieser Konfrontation mit den Mekkanern so: Es gehe um die Botschaft Gottes und um das Leben der Gemeinde. Im übrigen, so erklärte er, wer im Krieg falle, gehe ins Paradies als Märtyrer ein, wo ihn unsagbare Wonnen erwarteten. Die Muslime gewannen die Schlacht, was dem Propheten und der Gemeinde eine Festigung ihrer Stellung in der Stadt Medina und eine Steigerung ihrer Autorität brachte (im Jahre 624). Ein Jahr später, 625, rückten die Mekkaner wieder heran und bereiteten den islamischen Truppen am Berg Ubud eine offensichtliche Niederlage. Der Prophet selbst wurde verwundet. Die Mekkaner wußten jedoch ihren Sieg nicht voll auszunutzen, sie meinten, damit der islamischen Gemeinde eine endgültige und schwer auszugleichende Schlappe zugefügt zu haben. Die Muslime waren ihrerseits verwirrt und fingen an, Zweifel an der Unterstützung und am Beistand Gottes zu hegen. Mubammad hatte es schwer, das Vertrauen der Gläubigen wiederherzustellen. Erst ein Sieg gegen einen jüdischen Stamm in Medina, der sich mit den Mekkanern gegen die Muslime verbündet hatte, rettete die Lage und stellte das Vertrauen wieder her. Im Jahre 627 kamen die Mekkaner zahlreich und belagerten Medina. Auf
Triumph des Islam
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Anraten eines Persers ließ Mul;tammad einen Graben um die Stadt ziehen. Im Schutz der Stadtmauern und des Grabens konnten die Muslime lange Zeit Medina verteidigen. Die Mekkaner und ihre Verbündeten waren von der neuen Methode so überrascht, daß sie nicht lange die Belagerung fortsetzen mochten. Zudem verbreiteten sich Unzufriedenheit und Streit in den Reihen der Verbündeten. So zogen sich die Belagerer zurück. Diese Schlacht erhielt in der islamischen Tradition den Namen »Grabenkrieg« (Khandaq). Im Jahre 628 versuchte Mul;tammad, mit seiner Gefolgschaft eine Wallfahrt nach der Ka'ba zu Mekka zu unternehmen. Es gelang ihm aber nicht, in die Stadt einzudringen. Die Mekkaner, deren Wirtschaft wegen der Beherrschung der Karawanenrouten im Norden durch die Muslime bedroht war, ließen Mul;tammad wissen, daß sie zu einem Friedensabkommen mit ihm bereit wären. Ein zehnjähriger Waffenstillstand wurde abgeschlossen: Das ist das Abkommen von J:Iudaybiya. Mul;tammad benutzte diese Waffenruhe, um sich der Ausbreitung des Islam noch intensiver zu widmen. Nach der islamischen Überlieferung soll er Briefe an den Großkönig von Persien, den Kaiser von Konstantinopel, den Statthalter von Alexandrien, den Kaiser von Abessinien und an Herrscher weiterer Staaten und Provinzen geschickt haben, um sie zu bewegen, zum Islam überzutreten. Es scheint aber so, daß die Mekkaner das mit Mul;tammad abgeschlossene Abkommen nicht einhielten. So faßte der Prophet den Entschluß, sich der Ka'ba endgültig zu bemächtigen. Er zog mit einer sehr starken Armee gegen Mekka, im Jahre 630. Überzeugt, daß diesmal jeder Widerstand sinnlos sei, ließen die Mekkaner die Muslime in ihre Stadt einziehen, nachdem sie die Zusicherung erhalten hatten, daß die Bevölkerung geschont würde. Mul;tammad hielt auch sein Versprechen. Nur in der Ka'ba beseitigte er die Götzen, die heidnischen Kultsymbole und die Wandmalereien.
7· Triumph des Islam Im Jahre 631 erklärte Mul;tammad in feierlicher Form die Trennung der Gemeinschaft der Gläubigen von den Polytheisten. Der Zugang zur Ka'ba, die nunmehr zum Heiligtum des Islam geworden war, wurde jedem Nichtmuslim verwehrt. Die Muslime erhielten den Auftrag, sich um die Sache Gottes und seiner Religion zu bemühen, den Islam notfalls mit dem Kampf gegen die Feinde auszubreiten. Zu diesen Anordnungen siehe die gesamte Sure 9· In den Jahren 630 und 631 verstärkten sich dann die Bekundungen der Treue und des Übertrittes zum Islam von seiten der arabischen Stämme in der Wüste. Die Tradition berichtet auch von einer christlichen Gesandtschaft aus Nadjrän im Jemen. Die Christen ließen sich zwar nicht vom Islam so weit überzeugen, daß sie ihn annahmen, sie kamen jedoch mit Mul;tammad überein, daß jeder seine eigene religiöse Überzeugung beibehalten dürfe, daß sie aber nicht als Feinde auseinander-
Mu~ammad, der Prophet
gehen sollten7. Die christlichen und die jüdischen Enklaven im Norden der arabischen Halbinsel nahmen das Schutzangebot der Muslime an. Im März 632 unternahm Mul;ammad die erste reformierte Wallfahrt nach der neuen heiligen Stadt Mekka. Diese »Abschiedswallfahrt« oder» Wallfahrtdes Islam«, wie sie die islamische Überlieferung bezeichnete, bleibt das Vorbild und das verpflichtende Muster aller islamischen Wallfahrten. So hatte der Islam endlich seine endgültige Gestalt gefunden, er hatte einen Mittelpunkt, ein geistliches Zentrum, das das arabische und das biblische Erbe in sich vereinigte. Bevor Mul;ammad von der Ka'ba Abschied nahm, rief er: »0 Gott! Habe ich meine Sendung nicht erfüllt?« Das ganze Volk beteuerte mit heller Begeisterung: »Ja, o Gott!« Nach Medina zurückgekehrt, war Mul;ammad damit beschäftigt, Pläne zur Eroberung des Nordens durch Feldzüge gegen Persien und das Byzantinische Reich auszuarbeiten, als er überraschend krank wurde. Er starb in Medina am 8. Juni 632.
Mul)ammad, der Prophet 1.
Die Offenbarung
Das prophetische Sendungsbewußtsein Mul;ammads hängt mit seinem Berufungserlebnis zusammen. Dieses Berufungserlebnis leitete den Empfang der göttlichen Offenbarung, die Sendung des neuen Propheten und die Verkündigung der koranischen Botschaft ein.
Wann kam die Offenbarung herab? Der Koran enthält einige Angaben über die Zeit der Herabsendung der Offenbarung auf den Propheten Mul;ammad: »Wir haben ihn(= den Koran) in der Nacht der Bestimmung herabgesandt« (97,1; vgl. 44,2-5). Später wird präzisiert, daß der Koran im Monat Ramaqän offenbart wurde: »Der Monat Ramaqän ist es, in dem der Koran herabgesandt wurde als Rechtleitung für die Menschen und als deutliche Zeichen der Rechtleitung und der Unterscheidungsnorm« (2,185)7· Über die Auseinandersetzung zwischen Mu~amrnad und den Christen aus Nadjrän siehe Koran J,JJ - 64; W. Schmucker: Die christliche Minderheit von Nagrän und die Problematik ihrer Beziehungen zum frühen Islam, in: Studien zum Minderheitsproblern im Islam, Bd. 1, Bonn 1973, S. 183 - 247 (der gesamte Beitrag: S. 183-281).
Die Offenbarung
Wie geschah die Offenbarung? Der Koran erwähnt eine Erscheinung, bei der ein himmlischer Bote dem Propheten die Botschaft Gottes brachte. Mul;ammad ist dessen sicher; denn es ging nicht um eine innere Vision, sondern um eine sinnenfällige Erscheinung: Er hat ihn gesehen, betont der Koran: »Beim Stern, wenn er fällt! Euer Gefährte geht nicht irre und ist nicht einem Irrtum erlegen, und er redet nicht aus eigener Neigung. Es ist nichts anderes als eine Offenbarung, die offenbart wird. Belehrt hat ihn einer, der starke Kräfte hat, der Macht besitzt. Er stand aufrecht da, am obersten Horizont. Dann kam er näher und stieg nach unten, so daß er (nur) zwei Bogenlängen entfernt war oder noch näher. Da offenbarte Er seinem Diener, was Er offenbarte. Sein Herz hat nicht gelogen, was er sah. Wollt ihr denn mit ihm streiten über das, was er sieht?« (53,1-12; siehe auch 81,19.22-23). Die Wirkung dieser Erscheinung auf Mul;ammad war erschütternd. Er erlitt ekstaseähnliche Anfälle mit Schweißausbrüchen, so daß er sich in sein Gewand hüllen ließ (74,1). Auch später im Laufe seiner Verkündigung hatte Mubammad beim Eintreffen der Offenbarung psychische Erlebnisse, die ihn schwer belasteten. Man überliefert die Mitteilung seiner Lieblingsfrau 'Ä'isha: »Ich sah einmal, wie die Offenbarung an einem sehr kalten Tage über den Gesandten Gottes kam. Als sie vorüber war, triefte seine Stirn von Schweiß.« MuQ.ammad selbst habe sich dazu geäußert: »Ich höre ein Getöse, und bei diesem Getöse werde ich vom Schlage getroffen. Niemals kommt die Offenbarung zu mir, ohne daß ich glaube, meine Seele würde von mir genommen. «8 »Wir lesen auch bei Ibn Sa'd: Wenn er eine Offenbarung empfing, empfand er Schmerzen und sein Gesicht verfärbte sich. Es wird auch erzählt, daß er durch diese geheimnisvolle Macht zu Boden geworfen wurde und eine Zeitlang wie ein Betrunkener dalag. Einmal empfing er eine Offenbarung, während er auf einem Kamel ritt; das Tier schrie dabei und spreizte die Vorderbeine so weit auseinander, daß es schien, sie müßten brechen. Einmal kniete es nieder, dann stand es wieder auf und stand mit steifen Beinen, bis das schwere Gewicht der Offenbarung vom Propheten wieder weg war, und der Schweiß tropfte von der Stirn Muhammeds. Aber nicht bloß während eines Rittes, sondern auch beim Essen oder auf der Kanzel überraschte ihn die göttliche Eingebung. Sie stellte sich auch nicht selten ein, wenn jemand den Propheten um einen Entscheid in einer religiösen Frage anging. Da versank er dann anscheinend in schweigendes Nachdenken, und dabei kam die Offenbarung mit den eben geschilderten Begleiterscheinungen über ihn. Nachdem
8. Zitiert bei Tor Andrae: Mohammed, sein Leben und sein Glauben, Göttingen 1932, S. 3940.
Mui)arnrnad, der Prophet
er sich von diesem Zustand erholt hatte, gab er dem Fragesteller der empfangenen Offenbarung gemäß die erbetene Auskunft. «9 Die Wirkung der Offenbarung auf Mul;arnrnad wird auch in folgendem Koranvers angedeutet: »Hätten Wir diesen Koran auf einen Berg hinabgesandt, du hättest gesehen, wie er aus Furcht vor Gott demütig innehält und sich spaltet« (59,21). Es scheint, daß Mul;arnrnad im Laufe der Zeit die Offenbarung weniger in Form von Visionen als von Auditionen erhielt, die ihm den Inhalt der Botschaft diktierten, so daß seine Zunge sich entsprechend bewegte. Davon gibt vielleicht folgende Koranstelle Zeugnis: »Bewege deine Zunge nicht damit, um dich damit zu übereilen. Uns obliegt es, ihn zusammenzustellen und ihn vorzulesen. Und (erst) wenn Wir ihn vorgelesen haben, dann folge du der Art, ihn vorzulesen« (75,16-18). Nach Ibn Sa'd hätte der Prophet Mul;arnrnad selbst folgende Mitteilung gemacht: »Die Offenbarung kommt in zweierlei Weise zu mir: Gabriel besucht mich und teilt sie mir mit, wie ein Mann zum anderen redet, aber was er redet, verschwindet mir dann. Oder es kommt zu mir mit einem Getöse wie von einer Glocke, so daß mein Herz verwirrt wird. Was mir so offenbart wird, verschwindet mir nicht. «10 Gott sagt zum Propheten: »Wir werden dich lesen lassen, und du wirst nichts vergessen, außer dem, was Gott will. Er weiß, was offenliegt und was verborgen bleibt« (87,6-7). Die islamische Tradition will, daß Mul;arnrnad außer der vorher beschriebenen Weise, die Offenbarung zu erhalten, noch ein außerordentliches Erlebnis hatte, in dem er mit Gott direkt sprechen konnte, und zwar im Laufe einer Hirnrnelsreise. Diese Himmelsreise (mi'rädj), so die islamische Überlieferung, schloß sich an die Nachtreise (isrä') an, die den Propheten nach Jerusalern führte, wie der Koran bestätigt: »Preis sei dem, der seinen Diener bei Nacht von der heiligen Moschee zur fernsten Moschee, die Wir ringsum gesegnet haben, reisen ließ, damit Wir ihm etwas von unseren Zeichen zeigen. Er ist der, der alles hört und sieht« (17,1). Einen Hinweis auf die Himmelsreise finden die islamischen Kornmentatoren im Koran (5J,1J-18). Was der Prophet da erlebte, hat er selbst erzählt, wie es Ibn Isl;äq überliefert: Im unteren Himmel sieht er, wie Adam die guten von den bösen Seelen scheidet. Dann sieht er die Qualen der Verdammten. »Dann wird er von Gabriel durch die sieben Himmel geführt und mit ihren Bewohnern bekannt gemacht. Ganz zuletzt geleitet ihn der Engel zu Gott selber. Der Herr trägt ihm fünfzig tägliche Pflichtgebete auf. >Da ich zurückkehrtetraf ich Moses, den Sohn des 'Irnrän. Er fragte mich: Wieviel Gebete wurden dir befohlen? Ich antwortete: Jeden Tag fünfzig! Moses sagte: Das Gebet ist eine schwierige Sache, und dein Volk ist schwach! Geh daher zu deinem Herrn zurück 9· Zitiert bei H. Stieg/ecker: Glaubenslehren des Islam, 5. J61. 10. Vgl. Tor Andrae, Mohammed, 5. 39-40.
2.
Auf!. , Paderborn 1983, Nr. 643,
Erwählungsbewußtsein
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und bitte ihn, es dir und deinem Volk zu erleichtern. Ich tat es und bat ihn um Erleichterung. Da ließ mir der Herr zehn Gebete nach. Ich kehrte um und traf wieder mit Moses zusammen. Er bewog mich abermals, um Erleichterung zu bitten. Und wieder ging ich zu meinem Herrn, und er ließ mir wieder zehn Gebete nach, und so wiederholte ich meinen Bittgang zu meinem Herrn so oft, bis schließlich nur fünf Pflichtgebete übrigblieben. Moses wollte mich dahinbringen, noch einmal um Erleichterung zu bitten, ich aber sagte: Nachdem ich meinen Herrn schon so oft um Nachlaß angegangen habe, schäme ich mich jetzt, es noch einmal zu tun, und so blieb es bei den fünf.«< 11
2.
Erwählungsbewußtsein
Aus diesem Berufungserlebnis und aus der ständigen Rechtleitung durch Gott erwuchs in Mubammad ein ausgeprägtes Erwählungsbewußtsein, das sich an vielen Stellen im Koran ausdrückt. Die ursprüngliche Forderung, die Gott an ihn stellt, enthält bereits die Verpflichtung zu einer besonderen Haltung und einer besonderen Bindung an Gott. Denn er soll Gott preisen, den Götzendienst meiden und so mit der polytheistischen Tradition seiner Landsleute brechen; erst dann ist er rein, und erst dann kann er freigebig sein und selbstlos bleiben. Endlich muß er sich in Geduld üben, um den Entscheidungen seines Herrn entgegenzusehen und Gott ständig zur Verfügung zu stehen (74,3-7). Der Gnadenerweis Gottes zeigt sich auch darin, daß Gott ihn aus seiner Armut und Verlassenheit errettet und ihm seine Schuld vergeben hat: »Und wahrlich, dein Herr wird dir geben, und du wirst zufrieden sein. Hat Er dich nicht als Waise gefunden und dir Unterkunft besorgt, und dich abgeirrt gefunden und rechtgeleitet« (93,5-7; vgl. 94,1-4.7-8). Mubammad war sich sein Leben lang seiner menschlichen Schwachheit bewußt; und er wird im Koran oft aufgefordert, für seine Sünde um Vergebung zu bitten: »Wisse nun, daß es keinen Gott gibt außer Gott. Und bitte um Vergebung für deine Sünde und für die gläubigen Männer und die gläubigen Frauen. Gott weiß, wo ihr umherzieht und wo ihr bleibt« (47,19; vgl. 40,55; 48,1-2; 9t43 .117; 5t49). Mubammad weiß aber auch, daß Gott ihn rechtleitet: »Und ohne die Huld Gottes gegen dich und seine Barmherzigkeit wäre eine Gruppe von ihnen im Begriff gewesen, dich irrezuführen; aber sie führen nur sich selbst in die Irre, und sie schaden dir nichts. Und Gott hat auf dich das Buch und die Weisheit herabgesandt 11. Zitiert bei H. Stieglecker, Nr. 648-650, S. 364-366. - Eine Zusammenfassung der Angaben der islamischen Tradition über die Himmelsreise Mul;tammads befindet sich bei Tor Andrae: Die Person Muhammeds in Lehre und Glauben seiner Gemeinde, Stockholm 1918, S. 39 - 46, 68-85.
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Mubammad, der Prophet
und dich gelehrt, was du nicht wußtest. Und die Huld Gottes gegen dich ist gewaltig« (4,113; vgl. 93,7; 48,2). Der Prophet steht somit unter dem besonderen Schutz Gottes: Gott ist sein Freund und Sachwalter (7,196), er ist ihm Zuflucht gegen die Nachstellungen und Verführungen des Teufels (7,200), er leitet ihn recht trotz der Bemühungen der Menschen, ihn vom rechten Weg abzubringen (4,113). Im Jenseits ist Mu~ammad für das Paradies bestimmt (68,); 28,85), so wie alle anderen frommen Gläubigen. Gott wird ihnen allen ihren Lohn geben, »am Tag, da Gott den Propheten und diejenigen, die mit ihm gläubig sind, nicht zuschanden macht« (66,8).
3. Prophetischer Anspruch Bereits in seinem Berufungserlebnis hatte Mu~ammad vernommen, wozu ihn Gott bestellt hatte: »Lies im Namen deines Herrn, der erschaffen hat« (96,1). »Steh auf und warne!« (74,2). Daß Mul;tammad ein Gesandter Gottes und ein Prediger und Warner im Auftrage Gottes ist, verkündet der Koran in unzähligen Versen.
Sendung Muhammads Mu~ammad wurde zu seinen Landsleuten gesandt, um ihnen die Grundoffenbarung in ihrer eigenen Sprache zu bringen und zu verkünden: >>Beim deutlichen Buch! Wir haben es zu einem arabischen Koran gemacht, auf daß ihr verständig werdet. Er ist aufgezeichnet in der Urnorm des Buches bei Uns, erhaben und weise« (43,2-4; vgl. 41,2-4; 16,103; 12,2; 39,28; 42,7; 46,12; 13,37). Dieser arabische Koran ist eine Abschrift der im Himmel aufbewahrten Urschrift: >>Das ist wahrlich ein trefflicher Koran in einem wohlverwahrten Buch, das nur die berühren dürfen, die rein gemacht worden sind; Herabsendung vom Herrn der Welten« (56,77-80; vgl. 85,21-22; 43r4). Die Botschaft des Korans stimmt mit den früheren Offenbarungen überein, und die Rolle des Propheten Mu~ammad und sein Schicksal sind denen der früheren Propheten ähnlich: >>Er hat auf dich das Buch mit der Wahrheit herabgesandt als Bestätigung dessen, was vor ihm vorhanden war. Und Er hat die Tora und das Evangelium herabgesandt zuvor als Rechtleitung für die Menschen ... « (3r3- 4; vgl. 35r31; 10,37; 46,12; 5r48). Diese Übereinstimmung mit den früheren Schriften ist übrigens den ungläubigen Arabern aufgefallen; sie machten dem Propheten Mu~ammad daraus einen Vorwurf (vgl. 68,15; 16,24). Auch die Juden, betont der Koran, erkennen diese Übereinstimmung (6,20; vgl. 6,114), auch wenn sie sich weigern, die Echtheit der prophetischen Sendung Mu~ammads anzuerkennen. Für Mu~ammad selbst ist
Prophetischer Anspruch
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diese Übereinstimmung des Korans mit der Tora und dem Evangelium ein Zeichen der Wahrheit seiner Botschaft (vgl. 10,94). Der Koran meint sogar, dieses Zeichen sollte eigentlich alle Menschen überzeugen (26,195-197).
Rolle der koranischen Botschaft Wie vor ihm die Tora und das Evangelium ist der Koran ein Licht und eine Rechtleitung. Er ist ein Gnadenerweis von Gott, ein Zeichen seiner Barmherzigkeit: »Und Wir haben auf dich das Buch nur deswegen hinabgesandt, damit du ihnen das deutlich machst, worüber sie uneins waren, und als Rechtleitung und Barmherzigkeit für Leute, die glauben« (16,64) . So sind der Prophet und seine Botschaft Zeugen für Gott vor den Menschen und auch Zeugen Gottes gegen die Menschen, wenn diese seiner Offenbarung den Glauben verweigern (73,15). Der Koran, als letzte Kundgebung des göttlichen Gesetzes, setzt die Linie, die von der Tora zum Evangelium ging, fort. Er bringt die endgültige Klarheit über strittige Fragen, soweit es Gott will (16,64; vgl. 27,7677). Er bringt auch die endgültige Erleichterung des göttlichen Gesetzes : »Und Gott will sich euch zuwenden ... Gott will euch Erleichterung gewähren. Der Mensch ist ja schwach erschaffen worden« (4,27-28) . -»Er hat euch erwählt. Und Er hat euch in der Religion keine Bedrängnis auferlegt« (22,78; vgl. 5,6 : Waschungen und Gebet; 7,157: Die den Juden auferlegten Erschwernisse sollen beseitigt werden ... ).
Das »Siegel der Propheten « Der Islam, der von Mu}:tammad verkündet wird, steht zwar in Kontinuität mit den früheren prophetischen Sendungen und Botschaften, er stellt jedoch die endgültige Gestalt der von Gott gewollten Religion dar. Er hebt somit alle anderen und früheren Formen der Religion in ihrer universalen Geltung auf und setzt sie entsprechend außer Kraft. Denn Mu}:tammad ist als Prophet über die Grenzen Arabiens hinaus zu allen Menschen gesandt : »Sprich: 0 Menschen, ich bin an euch alle der Gesandte Gottes « (7,158). - »Und Wir haben dich für die Menschen allesamt nur als Freudenboten und Warner gesandt. Aber die meisten Menschen wissen nicht Bescheid« (34,28; vgl. 21,107). Es gilt also folgende ausdrückliche Aussage: »Die Religion bei Gott ist der Islam ... « (3,19; vgl. 48,28). - »Heute habe Ich eure Religion vervollkommnet und meine Gnade an euch vollendet, und Ich habe daran Gefallen, daß der Islam eure Religion sei« (5, 3; vgl. 5 ,6) . Die islamische Gemeinschaft, die sich vom Koran leiten läßt, ist auch das Vorbild aller anderen Religionsgemeinschaften. Sie ist das Zeugnis Gottes vor den Men-
Mubammad und die Polytheisten
sehen und gegen alle Menschen : »Und so haben Wir euch zu einer in der Mitte stehenden Gemeinschaft gemacht, auf daß ihr Zeugen seid über die Menschen und daß der Gesandte Zeuge sei über euch« (2,143). So hat mit Mubammad nach islamischem Glauben die Prophetengeschichte ihren letzten Höhepunkt und ihre endgültige Etappe erreicht: Mubammad wird bezeichnet als »das Siegel der Propheten« (33t40).
Mu}:lammad und die Polytheisten Der prophetische Anspruch Mubammads blieb nicht unwidersprochen. Die Polytheisten seiner Umgebung sowie die Juden und Christen erhoben allerlei Einwände, sie bezweifelten die Echtheit seiner prophetischen Sendung und die göttliche Autorität seiner Botschaft. In den folgenden Ausführungen sollen die Einwände der Polytheisten und die jeweiligen Antworten des Korans dargelegt werden.
1.
Das Auftreten Mubarnrnads
Die Gegner Mubammads nahmen zuerst Anstoß an seinem Auftreten: Er verhalte sich wie ein Zauberer, seine Anfälle erinnerten an die Trancen der inspirierten, d. h. besessenen, Dichter und Wahrsager. Obwohl die äußeren Zeichen gegen ihn sprachen, klammerte sich Mubammad an seine innere Gewißheit, daß es Gott ist, der ihm die Botschaft übermittelt und den Auftrag erteilt hat, den Koran zu verkünden. • Er ist kein Wahrsager (kähin): »Ermahne nun; du bist dank der Gnade deines Herrn weder ein Wahrsager noch ein Besessener« (52,29; vgl. 69t40-42-43). • Er ist kein Dichter, der unter der Inspiration seines Schutzgeistes steht, wie es die Ungläubigen behaupten (52,30; 69,41; 21,5). Die Ungläubigen mögen ihre Götter nicht verlassen, um einem besessenen Dichter zu folgen (37t36). Der Koran erwidert: »Aber nein, er ist mit der Wahrheit gekommen und hat die Gesandten bestätigt« (37,37). »Und Wir haben ihn nicht das Dichten gelehrt, und es ziemt ihm nicht. Das ist doch nur eine Ermahnung und ein deutlicher Koran, damit er diejenigen warne, die (da) leben, und der Spruch fällig werde gegen die Ungläubigen« (36,69-70). • Mubammad ist kein Zauberer. Die Ungläubigen glauben an kein Zeichen der göttlichen Bestätigung der Sendung Mubammads. Sie wiederholen : »Dies ist ein Zauberer, der lügt« (38t4; vgl. 10,2; 51,52), »eine ständige Zauberei « (54,2; vgl.
Das Auftreten Mui)ammads
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52,15; 74,24; 43r30). »Und wenn sie ein Zeichen sehen, verhöhnen sie es miteinander. Und sie sagen: Das ist nur eine offenkundige Zauberei« (37,14 -15; vgl. 21,2-3; 11,7; 46,7; .34r43; 6,7). Diese Haltung der Ungläubigen, so reagiert der Koran, ist nur ein Ausdruck ihres Hochmuts (74,2.3- 24) oder ihrer persönlichen Neigungen (54r3). So haben auch die Zeitgenossen Moses ihren Propheten behandelt (28,48; vgl. 7,109; 20,63 ... ). Im übrigen, warum soll es verwunderlich sein, daß Gott einen gewöhnlichen Menschen auserwählt, um den Menschen seine Mahnung zukommen zu lassen? (10,2). Die Ungläubigen werden dereinst ihre Strafe für die Verstocktheit ihres Herzens erfahren (52,13-15 ; 74,26; 11,8; 34r45). Und dieser Unglaube hat keine Berechtigung, denn die Offenbarung des Korans kommt von Gott: »Dann bringt ein Buch von Gott bei, das eine bessere Rechtleitung enthält als diese beiden, so will ich ihm folgen, wenn ihr die Wahrheit sagt« (28,49). • Mubammad ist auch kein Mensch, der »einem Zauber verfallen ist«, wie die ungerechten Polytheisten behaupten (25,8; 17r47). Er steht nicht unter dem Einfluß und nicht im Besitz der Djinn, er ist kein Besessener, er ist also nicht wahnsinnig in seinem Anspruch und in seinem Auftreten (81,22; 52,29; 68,2.51; 37,.36; 23,70; 34,8). »Und sie sagen: 0 du, auf den die Ermahnung herabgesandt worden sein soll, du bist ja besessen« (15,6; vgl. 44,14). Der Koran betont hiergegen die Echtheit der Berufungsvision Mubammads, er hat den himmlischen Boten gesehen (81,23; 53,2-J.ll-12.17-18). Der Koran ist nicht Werk irgendwelcher Geister, sondern die Botschaft Gottes an die Menschen (15,9; 68,52; .34r46; 7,184). »Oder sagen sie: Er leidet an Besessenheit? Nein, er kam zu ihnen mit der Wahrheit, aber die meisten von ihnen verabscheuen die Wahrheit. Würde die Wahrheit ihren Neigungen folgen, verderben würden die Himmel und die Erde, und wer in ihnen ist. Nein, Wir kamen zu ihnen mit ihrer Ermahnung, sie aber wenden sich von ihrer Ermahnung ab« (23,70-71). Aber dieser Widerstand und dieser Vorwurf sind nicht neu. Jeder Prophet wurde damit konfrontiert, die Menschen haben mit ihm ihren Spott getrieben (15,11; 51,52). So weist der Koran den Vorwurf entschieden zurück, indem er dem Mul;ammad beteuert: »Du bist dank der Gnade deines Herrn kein Besessener« (68,2; vgl. 52,29). • Mubammad steht endlich nicht unter der Einwirkung des Teufels, und was er vorträgt, »das ist nicht die Rede eines gesteinigten Satans« (81,25). Denn der Satan gibt den Lügnern seine Eingebungen (26,222) . Gott ist die Zuflucht seines Gesandten gegen die Verführungen des Teufels (7,200). So kann der Satan nicht der Ursprung und nicht der Träger der koranischen Offenbarung sein: »Nicht die
Mubammad und die Polytheisten
Satane sind mit ihm herabgestiegen; es ziemt ihnen nicht, und sie vermögen es nicht. Sie sind vom Hören ausgeschlossen« (26,210-212). Der Koran schließt diese ganze Auseinandersetzung mit der Bemerkung: »Und wahrlich, es ist ein Grund zum Bedauern für die Ungläubigen. Und wahrlich, es ist die Wahrheit, die gewiß ist. So preise den Namen deines Herrn, des Majestätischen« (69,50-52). 2.
Der Koran ist nicht Menschenwort
Die Ungläubigen wenden nach dem Zeugnis des Korans immer wieder und unter verschiedenen Formen ein, daß die koranisehe Offenbarung nicht Gotteswort, sondern nur Menschenwort sei (vgl. 74,25). Der Koran stellt in einem Text diese verschiedenen Einzeleinwände zusammen: »Und diejenigen, die ungläubig sind, sagen: Das ist ja nichts als Lüge, die er errichtet hat und bei der andere Leute ihm geholfen haben. Sie begehen da Ungerechtigkeit und Falschaussage. Und sie sagen: Es sind die Fabeln der Früheren, die er sich aufgeschrieben hat. Sie werden ihm doch morgens und abends diktiert. Sprich: Herabgesandt hat ihn der, der weiß, was in den Himmeln und auf der Erde geheim ist. Er ist voller Vergebung und barmherzig« (25A -6). Im folgenden werden diese Einwände im einzelnen erörtert. • Mu}:tammad hat die koranisehe Offenbarung nicht selbst erdichtet. Gegen die Verdächtigung der Ungläubigen verteidigt sich Mu}:tammad, indem er sie direkt fragt, woher sie das alles wissen wollen und ob sie Zugang zu den göttlichen Geheimnissen haben (52,)).)8.41). Sie haben auch sonst keinen P,.nhaltspunkt für die Verdächtigung und keine Bücher, die sie als Kriterium nehmen könnten (34,44). Zudem sind ein solcher Einwand und ein solcher Unglaube von der Prophetengeschichte her bekannt; denn Mu}:tammad ist nicht der erste Prophet, der mit einer Offenbarung kommt (21,6-7; 38,14). Aber die Unwissenheit der Ungläubigen in bezug auf Offenbarung und prophetische Verkündigung (vgl. 38,7) erklärt, warum sie nicht begreifen, daß der Koran nicht erdichtet werden kann; denn nur Gott kann ihn offenbaren (10,37), Gott ist ja der souveräne Herr seiner Offenbarung (vgl. 16,101; 42,24). Nicht nur ihre Unwissenheit ist an ihren Verdächtigungen schuld, sondern auch ihr Hochmut und ihre Selbstzufriedenheit, die eigentlich nur ihren engen Horizont verraten: »Und diejenigen, die ungläubig sind, sagen von denen, die glauben: Wäre er etwas Gutes, hätten sie ihn nicht vor uns erlangt. Und da sie sich nicht durch ihn rechtleiten lassen, werden sie ja sagen: >Das ist eine alte Lüge«< (46,11). Schließlich fordert Mu}:tammad die Ungläubigen heraus, selbst einen ähnlichen Koran zu erdichten. Man kann in dieser Herausforderung eine gewisse Steigerung erkennen. Zunächst einmal fordert der Koran, die Gegner des Propheten sollen eine
Der Koran ist nicht Menschenwort
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ähnliche Botschaft beibringen (52,34) und eine ähnliche Schrift (17,88) . Dann verlangt er von ihnen die Beibringung von nur zehn Suren wie die Suren des Korans (11,13-14). Endlich wird nur noch eine dem Korantext ähnliche Sure verlangt (10,J8; 2,23). Und der Koran schließt die Diskussion mit der entschiedenen Feststellung: »Dieser Koran kann unmöglich ohne Gott erdichtet werden. Er ist vielmehr die Bestätigung dessen, was vor ihm vorhanden war, und die ins einzelne gehende Darlegung des Buches. Kein Zweifel an ihm ist möglich; er ist vom Herrn der Welten« (10,)7). Im übrigen wäre es eine ungeheure Anmaßung, ohne göttlichen Auftrag einen prophetischen Anspruch zu erheben (6,93). Eine solche Anmaßung würde den falschen Propheten der harten Strafe Gottes aussetzen (vgl. 69t44-47) . • Der Koran wiederholt nicht die Legenden der früheren Generationen. Nicht nur die Unwissenheit der Ungläubigen in Sachen Religion und Offenbarung (vgl. 38,7), sondern auch, diesmal umgekehrt, das Scheinwissen einiger von ihnen kann schuld an der Verstocktheit ihrer Herzen sein. Denn diese meinen, im Koran das wiederzuerkennen, was sie von der Tradition der früheren Generationen her wissen. Sie wenden immer wieder ein, der Koran sei nichts anderes als eben die Legenden dieser früheren Zeiten und der früheren Generationen (8J,1J; 68,15; 25,5; 16,24; 6,25; vgl. 46,11). Sie spotten und halten der koranischen Lehre von der Auferstehung und dem Gericht entgegen: »Dies ist uns und zuvor unseren Vätern versprochen worden. Das sind nichts als die Fabeln der Früheren« (2J,8J; 27,68; 46,17). Deswegen maßen sie sich an, ähnliche Geschichten und Legenden aufsagen zu können (8,31). Nach den Anschuldigungen der Ungläubigen hat Mubammad durch verschiedene Informanten Kenntnis von diesen Geschichten und Offenbarungen erhalten : »Und diejenigen, die ungläubig sind, sagen : Das ist ja nichts als eine Lüge, die er erdichtet hat und bei der andere Leute ihm geholfen haben. Sie begehen da Ungerechtigkeit und Falschaussage. Und sie sagen: Es sind die Fabeln der Früheren, die er sich aufgeschrieben hat. Sie werden ihm doch morgens und abends diktiert« (25t4- 5). Der Vorwurf wird auch an anderen Stellen ausgesprochen: »Es lehrt ihn gewiß ein Mensch« (16,1o)), »du hast danach geforscht« (6,105) . Mubammad wehrt sich entschieden gegen diesen Vorwurf (25t4.6) und antwortet auf die einzelnen Behauptungen seiner Gegner. Der angebliche Informant, auf den sie Andeutungen machen, spricht kein Arabisch, und der Koran ist ja eine Offenbarung in arabischer Sprache (16,1o3). Im übrigen steht fest, daß Mubammad vor dem Empfang der koranischen Offenbarung kein Buch verlesen und es auch nicht mit seiner rechten Hand geschrieben hat (29t48). Noch mehr: »... Du wußtest nicht (vorher), was das Buch und was der Glaube ist« (42,52). Mubammad soll sich also nicht um diesen Einwand kümmern. Ihm wird befohlen: »Folge dem, was dir
Mubammad und die Polytheisten
von deinem Herrn offenbart worden ist. Es gibt keinen Gott außer Ihm. Und wende dich von den Polytheisten ab« (6,106).
3· Mvhammad ist ein gewöhnlicher Mensch und der Prophet Gottes zugleich In der Vorstellung der Polytheisten muß der Prophet Gottes ein besonderer Mensch sein oder wenigstens eine besondere Stellung in der Gesellschaft einnehmen. Sie wenden gegen Mul;ammad ein, er sei nur ein gewöhnlicher Mensch, nichts deute auf eine besondere göttliche Auszeichnung hin. Er ist doch ein gewöhnlicher Mensch, einer von uns, sagen sie: »Sie wundern sich darüber, daß ein Warner aus ihrer Mitte zu ihnen gekommen ist... Ist die Ermahnung wirklich gerade auf ihn aus unserer Mitte herabgesandt worden? ... « (38+8; vgl. so,z; 10,2). »Ist dieser etwas anderes als ein Mensch wie ihr?« (21,)) . »Was ist mit diesem Gesandten, daß er Speise ißt und auf den Märkten umhergeht?« (25,7). Die Ungläubigen können es nicht annehmen, daß »Gott einen Menschen als Gesandten erstehen« läßt (17,94). Mul;ammad nimmt nur eine bescheidene Stellung in der Gesellschaft ein. Dies ist wohl keine besondere Auszeichnung von seiten Gottes und kein besonderer Hinweis auf eine göttliche Sendung (43 ,31). Mul;ammad ist außerdem arm und übt daher keinen Einfluß in der Gesellschaft aus (25,8; 11,12). Mul;ammad gibt gerne zu, daß seine Stellung in der Gesellschaft bescheiden ist, daß er arm ist; dennoch hält er am göttlichen Ursprung seiner Botschaft fest: »Sprich: Ich sage euch nicht, ich hätte die Vorratskammern Gottes, und ich kenne auch nicht das Unsichtbare. Und ich sage euch nicht, ich sei ein Engel. Ich folge nur dem, was mir offenbart wird« (6,50; vgl. 11,12; 25,10). Mul;ammad gibt auch zu, daß er nur ein Mensch ist. Aber das ist doch kein Grund, an seiner prophetischen Sendung zu zweifeln (18,110) , denn die Prophetengeschichte gibt ein deutliches Zeugnis in dieser Hinsicht, z.B. Mose (6,91).
4 · Die Beglaubigung der prophetischen Sendung Mubammads Um an die prophetische Sendung Mul;ammads zu glauben, verlangen die Ungläubigen ein außerordentliches Zeichen. Der Koran gibt die ungeheure Forderung der Ungläubigen wieder: Sie verlangen, Gott selber zu sehen. Das sei das überzeugendste Zeugnis für seine eigene göttliche Botschaft, ohne daß er dafür einfache Menschen zu entsenden brauche (25,21). Sie fordern sogar, der Prophet solle Gott herbeizitieren: »Und sie sagen: Wir werden
Die Beglaubigung der prophetischen Sendung Mul;lammads
dir nicht glauben, bis du uns nicht .. . Gott und die Engel vor unsere Augen bringst« (17,90.92). Auf diese ungeheure Anmaßung weiß Mubammad keine passende Antwort. Ihre Verstockung scheint ihm kein Einzelfall zu sein (2,118). Die Geschichte der Juden verdeutlicht ihm und den Ungläubigen, welche Strafe solche Frevler treffen wird: »... Sie haben von Mose etwas noch Größeres als dieses gefordert und gesagt: Laß uns Gott offen sehen. Da ergriff sie der Donnerschlag wegen ihrer Ungerechtigkeit« (4, 1 5J). Wenn nicht Gott kommt, dann wenigstens ein Engel. Es scheint so, daß in der Vorstellung der Ungläubigen nur ein übermenschliches Wesen als geeigneter Bote Gottes gelten kann. Schon sehr früh in Mekka haben die Polytheisten verlangt: »Würdest du uns doch die Engel bringen, so du zu denen gehörst, die die Wahrheit sagen!« (15,7; vgl. 25,21; 41,14; 17,92). Oder es soll der Engel zu Mubammad herabgesandt werden, um seine Botschaft zu bestätigen (6,8). Wenigstens muß er ihn begleiten, sonst ist der Glaube an seine prophetische Sendung nicht möglich (43,53; 25,7; 11,12). Die Sendung der Engel, so erwidert der Koran, erfolgt nicht, solange Gott den Menschen eine Schonfrist gewährt. Die Engel kommen nämlich, um den Tag des Gerichts und der Abrechnung einzuleiten (15,8; 16,33 ; 6,8.158; 2,210). Da Gott seinen Gesandten aber zu den Menschen während der festgesetzten Frist schickt, sendet er ihnen nicht einen Engel, sondern einen Menschen wie sie (17,95). Auch wenn der Gesandte ein Engel wäre, würde er dann Menschengestalt annehmen, seine Identität würde dadurch nicht deutlicher werden (6,9). Im übrigen ist es nicht sicher, daß die Ungläubigen durch die Erscheinung des Engels zum Glauben finden würden (6,111). Zum Schluß sagt es Mubammad unumwunden: Ich bin zwar kein reicher Mann, ich bin kein Engel, und dennoch habe ich eine göttliche Offenbarung erhalten; »sind etwa der Blinde und der Sehende gleich?« (6,50). Mubammad und die Gläubigen sind »Sehende«, die Ungläubigen sind nur verstockte Blinde.
Beglaubigungswunder Die Ungläubigen verlangen von Mul;tammad ein besonderes Zeichen zur Beglaubigung seiner prophetischen Sendung: »Und sie sagen: Wenn er doch ein Zeichen von seinem Herrn bringen würde! « (20,133; vgl. 29,50; 10,20; 13,7.27; 2,118). »... Er soll uns doch ein Zeichen bringen, so wie die Früheren gesandt worden sind« (21,5). »Und sie sagen: Wir werden dir nicht glauben, bis du uns aus der Erde eine Quelle hervorbrechen läßt, oder bis du einen Garten von Palmen und Weinstöcken hast und durch ihn Bäche ausgiebig hervorbrechen läßt, oder bis du den Himmel auf uns in Stücken herabfallen läßt, wie du behauptet hast, oder Gott und die Engel vor unsere Augen bringst, oder bis du ein Haus aus Gold besitzt oder in den Himmel
Mul;tammad und die Polytheisten
hochsteigst. Und wir werden nicht glauben, daß du hochgestiegen bist, bis du auf uns ein Buch herabsendest, das wir lesen können« (17,90-93). Auf diese Forderung hat Mubammad in vielfältiger und nuancierter Weise reagiert. • Das Wirken von Wunderzeichen steht allein in der Macht Gottes : »Und sie sagen: Wenn doch Zeichen von seinem Herrn auf ihn herabgesandt würden! Sprich: Über die Zeichen verfügt Gott. Ich aber bin nur ein deutlicher Warner« (29,50; vgl. 26t4; 6,37.109). • Die Propheten sind keine Wundertäter auf Bestellung. Sie sind gewöhnliche Menschen, Warner, die von Gott mit einer Botschaft an die Menschen gesandt worden sind. Sie können zwar mit der Erlaubnis Gottes Wunder wirken (40,78; 13,)8); es ist aber nicht ihre erste und vornehmste Aufgabe, den Wunderglauben der Menschen zu befriedigen (17,93; 29,50; 13,7). • Die Forderung nach Wundern und Zeichen ist übrigens nur ein Vorwand. Die Menschen glauben doch nicht, ob nun der Prophet Wunder wirkt oder nicht. Sie haben immer wieder eigene Deutungen und besondere Ausflüchte, um den Glauben an die prophetische Botschaft zu verweigern (10,96-97; vgl. 7,146; 6,25.109). Beispiele von eigenen Deutungen und besonderen Ausflüchten werden im Koran gegeben: »Hätten Wir auf dich ein Buch auf Papyrus hinabgesandt und würden sie es mit ihren Händen berühren, würden diejenigen, die ungläubig sind, dennoch sagen : Dies ist nichts als offenkundige Zauberei« (6,7; vgl. 54,2; 37,14-15; 7,132). »Wenn ein Zeichen zu ihnen kommt, sagen sie : Wir werden nicht glauben, bis uns das gleiche zukommt, was den Gesandten Gottes zugekommen ist ... « (6,124; vgl. 28t48). So antwortet der Koran auf alle diese Vorwände mit der nüchternen Bemerkung: »Nie hat vor ihnen eine Stadt, die Wir verderben ließen, geglaubt. Werden gerade sie nun glauben? « (21,6; vgl. 6,111). • Aus diesen Gründen hat Mubammad keinen Auftrag von Gott, Wunder zu vollbringen: »Und nichts anderes hinderte Uns daran, (Propheten) mit den Zeichen zu senden, als daß die Früheren sie für Lüge erklärten. Und wir ließen den Thamüd die Kamelstute als sichtbares Zeichen zukommen. Sie aber handelten an ihr ungerecht. Und Wir senden (die Propheten) mit den Zeichen nur zur Abschreckung. Und als Wir zu dir sprachen : >Dein Herr umfängt die Menschen.< Und Wir haben das Traumgesicht, das Wir dich sehen ließen, nur zu einer Versuchung für die Menschen gemacht, ebenso den verfluchten Baum im Koran. Wir machen ihnen angst, aber es steigert bei ihnen nur um so mehr das Übermaß ihres Frevels« (17,59-60; vgl. 17,93; 29,50; 10,20; 13,7; 2,118-119). • Letzten Endes hängt ja die Bekehrung der Verstockten zum Glauben von der Rechtleitung und der Gnade Gottes ab: »Würden Wir auch zu ihnen die Engel hinabsenden, würden die Toten zu ihnen sprechen und Wir alle Dinge vor ihren
Weitere Einwände
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Augen versammeln, sie würden unmöglich glauben, es sei denn, Gott will es. Aber die meisten von ihnen sind töricht« (6,111; vgl. 17,97; 10,96-97; 6,25). »Auch wenn ein Koran käme, mit dem die Berge versetzt oder die Erde zerstückelt oder zu den Toten gesprochen werden könnte ... Nein, bei der ganzen Angelegenheit hat Gott allein zu entscheiden. Wissen denn diejenigen, die glauben, nicht, daß Gott, wenn Er wollte, die Menschen alle rechtleiten würde?« (1),)1). • Auch wenn Muttammad keinen göttlichen Auftrag hatte, Wunder und Zeichen zu wirken, so bedeutet das keineswegs, daß er seine prophetische Sendung nicht ausweisen kann. Die Natur dieses Ausweises wird weiter unten erläutert. Hier soll nur noch darauf hingewiesen werden, daß die Muslime gleichwohl Koranstellen heranziehen, um Wunderwerke im Leben Muttammads zu bestätigen: »Nahegerückt ist die Stunde und gespalten hat sich der Mond« (54,1). Auch die Nachtreise und die Himmelsreise Muttammads sowie die wunderbare Unterstützung der Muslime durch unsichtbare Engel im Kampf gegen ihre Feinde (33,9; vgl. 8,9.12; 3,124-125) werden als Wunder betrachtet.
5· Weitere Einwände Man liest im Koran Stellen, die weitere Einwände der Ungläubigen wiedergeben. Einer davon ist formaler Natur und ohne einsichtige Grundlage: »Und diejenigen, die ungläubig sind, sagen: Wäre doch der Koran auf ihn als Ganzes herabgesandt worden! So (geschieht es aber), damit Wir dein Herz mit ihm festigen. Und Wir haben ihn Abschnitt für Abschnitt vorgetragen« (25,32) . Die Tatsache, daß die Offenbarung Abschnitt für Abschnitt herabgesandt worden ist, hat nach dem Koran einen weiteren Vorteil: Sie soll den Menschen in aller Ruhe vorgetragen werden (17,106). Viel ernster ist der Einwand gegen die Art und Weise der Verkündigung einzelner Vorschriften und ihre Rücknahme oder ihre Ersetzung durch andere (Aufhebung, Abrogation). Denn der Koran behauptet immer wieder, daß die Worte Gottes, sein Verhalten und sein Weg unabänderlich sind: »Und verlies, was dir vom Buch deines Herrn offenbart worden ist. Niemand wird seine Worte abändern können. Und du wirst außer Ihm keine Zuflucht finden« (18,27; vgl. 6,34.115; 50,29; 17,77; 35r43; }},62). Der Prophet bekräftigt sogar folgenden Grundsatz zur Beurteilung der Echtheit einer Botschaft: »Betrachten Sie denn nicht sorgfältig den Koran? Wenn er von einem anderen als Gott wäre, würden sie in ihm viel Widerspruch finden « (4,82). Aber der Koran erwähnt die Möglichkeit, daß der Prophet die ihm offenbarte Botschaft vergißt oder daß Gott seine eigenen Vorschriften aufhebt bzw. ändert (87,6.7; 17,86). Dies veranlaßt die Ungläubigen, Zweifel an der Echtheit solcher Verlautbarungen anzumelden: »Und wenn Wir ein Zeichen anstelle eines (anderen)
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Mubammad und die Polytheisten
Zeichens eintauschen - und Gott weiß besser, was Er herabsendet - , sagen sie: (Das) erdichtest du nur« (16,101). Der Koran weist den Einwand zurück, indem er auf das bessere Wissen Gottes um seine eigene Offenbarung (87,7; 16,101), auf seine freie Verfügungsgewalt über die Offenbarung und den Ausdruck seines souveränen Willens hinweist (17,86). Im übrigen zielt die Aufhebung bestimmter Verse darauf, sie durch ähnliche oder gar bessere zu ersetzen (2,106). Der Prophet selbst besitzt jedoch keine Vollmacht zur Abänderung dessen, was ihm von Gott zur Verkündigung mitgeteilt wird (10,15).
6. Ausweis der prophetischen Sendung Mu}:lammads Der Koran begnügt sich nicht damit, die Einwände und Vorwürfe der Ungläubigen zurückzuweisen, er versucht, durch positive Hinweise die Echtheit der prophetischen Sendung Mul)ammads zu bestätigen. Der erste Hinweis beruft sich auf die Prophetengeschichte. Das Zeugnis der anderen Völker, vor allem der Juden und Christen, bestätigt den Polytheisten, daß vor Mul;ammad andere Propheten im Auftrage Gottes aufgetreten sind und eine Botschaft vorgetragen haben (53,56; 21,7; 16A3). Wie diejenigen, die an die Botschaft ihrer Propheten nicht geglaubt haben und dafür bestraft worden sind (vgl. 53,50-55), so werden auch die Ungläubigen, die den Koran ablehnen, die Strafe Gottes erfahren (52,11-13 ; 68A4- 48; 37,J8; 18,29; 12,107; 58,5). Gott kann und wird seinem Propheten die Verwirklichung seiner Bemühungen gegen die Ungläubigen zeigen (23, 93-95; 43,41-42; 40, 77; 10A6). Der zweite Hinweis auf die Echtheit der prophetischen Sendung Mul)ammads gründet auf der Übereinstimmung seiner Botschaft mit der der früheren, anerkannten Propheten (37,37) . Der Koran stimmt mit den Büchern Abrahams und Moses überein (87,18-19; 53,36-37), er bestätigt die heilige Schrift, die vor ihm da war (20,133; 35,31), vornehmlich die Torades Mose: »Und ihm ging das Buch des Mose als Vorbild und Barmherzigkeit voraus. Und dies ist ein Buch zur Bestätigung in arabischer Sprache, um diejenigen, die Unrecht tun, zu warnen, und als Botschaft für die Rechtschaffenen « (46,12). Die Juden können diese Übereinstimmung bescheinigen, denn sie haben sie ja festgestellt (17,107-109; 46,10). Und das ist doch ein klares Zeichen für die Echtheit des göttlichen Ursprungs des Korans (26,196-197). Dieses Argument wird im Koran in der Auseinandersetzung mit den Juden und den Christen wieder verwendet. Die Reaktion der Juden und der Christen darauf wird im nächsten Abschnitt erörtert.
Die Haltung Mubammads den Ungläubigen gegenüber
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7· Die Haltung Mul;tammads den Ungläubigen gegenüber Bestürzung und Betroffenheit Mu~ammad ist von den Einwänden und der Verstocktheit der Ungläubigen tief betroffen und bedrückt (15,97; vgl. 26,3; 18,6). Gott weiß, daß der Prophet unter dem Unglauben seiner Landsleute leidet, daß er in Traurigkeit zergeht (6,JJ). Er soll jedoch sich dieser Traurigkeit nicht hingeben (36,76; 16,127; 27,70; 31,23; 35,8; 10,65; ),176). Das Los Mu~ammads ist in dieser Hinsicht nicht anders als das der ihm vorausgegangenen Propheten, denn jeder von ihnen hatte seine Feinde (25,31). So soll er sich in Geduld üben: »Ertrage mit Geduld, was sie sagen« (50,39; 20,1}0), nach dem Beispiel Davids (38,17) und der entschlossenen Gesandten (46,35). »Sei geduldig. Deine Geduld ist nur durch Gott möglich. Sei nicht betrübt über sie, und sei nicht in Bedrängnis wegen der Ränke, die sie schmieden« (16,127). Mu~ammad soll auf Gott vertrauen (4,81), denn Gott genügt ihm als Schutz vor den Spöttern (15,95). »Und gehorche nicht den Ungläubigen und den Heuchlern, Kümmere dich nicht um das Leid, das sie dir zufügen, und vertrau auf Gott. Und Gott genügt als Sachwalter« (33-48) .
Muhammad muß seiner Sendung treu bleiben Mu~ammad
ist der Verführungsgefahr ausgesetzt: »Fast hätten sie dich verführt (und) von dem (abgebracht), was Wir dir offenbart haben, damit du gegen Uns etwas anderes erdichtest. Dann hätten sie dich zum Vertrauten genommen. Hätten Wir dich nicht gefestigt, du hättest wohl bei ihnen ein wenig Stütze gesucht. Dann hätten Wir dich doppeltes Leben und doppelten Tod erleiden lassen, und dann würdest du für dich keinen Helfer gegen Uns finden« (17,73-75; vgl. 6,116). Gegen diese Verführungsgefahr mußte Gott energisch eingreifen, um seinen Propheten zu schützen und in der Treue zu seiner Sendung zu festigen (4,113). So mahnt Gott Mu~ammad: »Gehorche nicht denen, die (die Botschaft) für Lüge erklären« (68,8; vgl. 76,24; 25,52; 18,28; 33,1-2.48). Er soll seiner Sendungtreu bleiben, Gott wird ihn schützen (5,67). Mu~ammad bestätigt wiederholt, daß er seiner Sendung treu folgen will (vgl. u.a. 6,5o); denn Gott ist der Herr seiner Offenbarung, er sendet sie herab, wann er will, und der Prophet hat nur die eine Pflicht, das Offenbarte weiterzugeben (10,15-16; 7,203 ; 46-9). Für diese Treue zu seiner Sendung, über die er nicht Herr ist, und für die Verkündigung einer Botschaft, die in der freien Verfügung Gottes steht, verlangt der Prophet keinen Lohn (68-46; 38,86; 23,72; 25,57; 12,104; 42,23; 34-47; 6-90).
Mul;ammad und die Polytheisten
Umgang mit den Ungläubigen Mul;ammad soll warnen und mit den Ungläubigen so gut wie möglich diskutieren, um sie doch noch zum Glauben zu führen. Der Prophet hat keine Gewalt über die Ungläubigen, er kann sie nicht zum Glauben zwingen (88,22; 50t45). Solange die Verstocktheit der Ungläubigen sich nicht als unüberwindbar erweist, soll er mit ihnen auf die richtige Art und Weise diskutieren: »Ruf zum Weg deines Herrn mit Weisheit und schöner Ermahnung, und streite mit ihnen auf die beste Art. Dein Herr weiß besser, wer von seinem Weg abirrt, und Er weiß besser, wer die sind, die der Rechtleitung folgen« (16,125). Sollen aber Leute da sein, die nur um der Auseinandersetzung willen mit dem Propheten und den Gläubigen diskutieren und mit den Versen Gottes ihren Spott treiben wollen, so soll man vermeiden, mit ihnen zu streiten, »bis sie auf ein anderes Gespräch eingehen« (6,68; 4,140), oder man soll sie einfach sitzenlassen (6,7o). Denn der Prophet hat nur die eine Verpflichtung, die ihm eingegebene Botschaft und die an ihn ergangene Ermahnung den Menschen vorzutragen, ohne zu meinen, er würde sie auf jeden Fall zum Glauben führen oder ihren inneren und äußeren Widerstand brechen (vgl. 27t91-92; 16,82; 29,18; 42,48 ... ).Die Macht, die Menschen von ihrer Blindheit zu befreien und sie zum Glauben zu führen, liegt bei Gott allein: »Du kannst nicht rechtleiten, wen du gern möchtest. Gott ist es, der rechtleitet, wen Er will. Er weiß besser, wer der Rechtleitung folgt« (28,56; vgl. 16,)7; 30,52-53; 2,272; 4,88; - 43t40; 27,80-81 ; 10t42-43; 6,39)-
Muhammad wendet sich von den Ungläubigen ab »Wende dich nun ab von dem, der sich von unserer Ermahnung abkehrt und nur das diesseitige Leben will« (53,29; vgl. 37,174.178; 15,94; 32t30). Der Prophet verdient keinen Tadel, wenn er sich von den verstockten Ungläubigen abwendet (51,54). Er trägt auch nicht die Verantwortung für ihren Unglauben, ihren Ungehorsam und ihre Handlungen (26,216; 10t41; vgl. 34,25; 28,55; 42,15). Wenn der Prophet seine Botschaft ausgerichtet hat, hat er seinen Auftrag erfüllt, er ist darüber hinaus nicht der Sachwalter der Ungläubigen (42,6; 10,108; 6,66). Er ist auch nicht ihr Hüter (42t48; 6,107; 4,8o). Der Prophet soll sich auch nicht zum Anwalt der Verräter machen, die durch ihren Unglauben ihre eigene Sache verraten haben (4,105.107), und er soll ihnen bei Gott keinen Beistand leisten (28,86). Denn er kann und darf nicht für sie um Vergebung bitten, sie sind ja »Gefährten der Hölle« (9,113). Er soll sie lieber ihrem von Gott für sie bestimmten Schicksal überlassen (43,8.3). Als Schlußwort der Auseinandersetzung Mul;ammads mit den hartnäckigen Ungläubigen kann folgender Koranvers gelten: »Sei nun geduldig, wie diejenigen unter den Gesandten, die Entschlossenheit besaßen, geduldig waren. Und wünsche
Mubarnrnads Argumente
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nichts gegen sie zu beschleunigen. Am Tag, da sie sehen, was ihnen angedroht wird, wird ihnen sein, als hätten sie nur eine Stunde vom Tag verweilt. Hiermit wird die Botschaft ausgerichtet. Wird denn jemand anderes ins Verderben gestürzt als die frevlerischen Leute?« (46,35) .
Die Auseinandersetzung mit Juden und Christen Mul;lammad erhebt den Anspruch, von Gott mit einer Botschaft an die Menschen gesandt zu sein. Diesen Anspruch bekräftigt er nicht nur vor den Polytheisten, sondern auch vor den Schriftbesitzern, den Juden und den Christen, die in ihrem Glauben das Phänomen der prophetischen Sendung kennen und bejahen. Immer wieder stellt der Koran die Sendung Mul;lammads mit den prophetischen Sendungen vor ihm in eine Reihe. Wie die früheren Propheten hat auch er eine Botschaft von Gott erhalten: »Wir gaben dir eine Offenbarung, wie Wir Noach und den Propheten nach ihm offenbart haben ... « (4,163). Und wie die Botschaft der früheren Gesandten ist der Koran eine Offenbarungsschrift (vgl. unter vielen anderen Stellen: 6,114.155-157; 3,3; 5t48). Die Versuche Mul;lammads, Juden und Christen von der Echtheit seiner prophetischen Sendung zu überzeugen, können in drei Etappen aufgeteilt werden.
1.
Mul)ammads Argumente
Der Koran steht in Kontinuität mit den früheren Offenbarungen und stimmt mit der Tora und dem Evangelium überein. Diese Übereinstimmung war schon den Polytheisten aufgefallen (siehe oben S. 49). Der Koran bekräftigt sie und sieht darin gerade ein Argument für die göttliche Sendung Mul;lammads und die Echtheit seiner Botschaft (6,92; 12,111; 46,Jo; 2,97.101; 3,3 .81; 5t48). So gilt der karanisehe Aufruf: »0 ihr, denen das Buch zugekommen ist, glaubt an das, was Wir hinabgesandt haben zur Bestätigung dessen, was bei euch ist ... « (4,47; vgl. 2,41.89·91). Gerade wegen dieser angenommenen Übereinstimmung zwischen dem Koran und der Bibel beruft sich Mul;lammad darauf, daß die Juden seine Botschaft von ihrer Tora her wohl kennen (26,197; 2,89; 6,114); sie kennen sie, »wie sie ihre Söhne kennen« (6,20). Er wird selbst auf die Schriftgelehrten verwiesen, um sich über die göttliche Botschaft Gewißheit und Klarheit zu verschaffen (10,94). Aufgrund dieser Übereinstimmung aller prophetischen Botschaften proklamiert der Koran die Einheit aller Offenbarungen und aller heiligen Bücher : »Sprich: Wir
Die Auseinandersetzung mit Juden und Christen
glauben an Gott und an das, was auf uns herabgesandt wurde, und an das, was herabgesandt wurde auf Abraham, Ismael, Isaak, Jakob und die Stämme, und an das, was Mose und Jesus und den Propheten von ihrem Herrn zugekommen ist. Wir machen bei keinem von ihnen einen Unterschied. Und wir sind Ihm ergeben« (3,84; vgl. 2A.136; 4,150.163; 5,59). Da die Offenbarung grundsätzlich immer denselben Inhalt aufweist, ist die Religion in all ihren verschiedenen Gestalten im Grunde auch nur eine, und die Menschen werden angehalten, diese Einheit zu wahren und jede Spaltung zu meiden (42,13). Wenn man diese Grundeinheit der verschiedenen Wege in der einen Religion erkennt, kann man leidenschaftliche Streitereien und unnütze Polemiken vermeiden, denn »Gott ist unser Herr und euer Herr« (42,15; 2,139). »Unser Gott und euer Gott ist einer« (29A6). Diese Einheit der Offenbarung und die Kontinuität zwischen den vorherigen Schriften und dem Koran wird dadurch bestätigt, daß man Mu}:lammad, so die koranisehe Aussage, »in der Tora und im Evangelium verzeichnet finden« kann (7,157). Gerade diese Hinweise der Bibel auf das Auftreten Mu}:lammads ließen diejenigen unter den Schriftbesitzern, denen das Wissen gegeben wurde, in der Botschaft des Korans die Erfüllung der Verheißungen Gottes erkennen (17,107108; vgl. 34,6; 6,114; 2,121; 5,83-84). Die Hinweise, die der Koran hier angibt, sind ausdrücklich folgende : • Abraham habe um die Sendung eines arabischen Propheten gebetet: »Unser Herr, laß unter ihnen einen Gesandten aus ihrer Mitte erstehen, der ihnen deine Zeichen verliest und sie das Buch und die Weisheit lehrt und sie läutert. Du bist der Mächtige, der Weise« (2,129). • Noch deutlicher habe Jesus die Sendung Mu}:lammads vorausgesagt: »Und als Jesus, der Sohn Marias, sagte: 0 Kinder Israels, ich bin der Gesandte Gottes an euch, um zu bestätigen, was von der Tora vor mir vorhanden war, und einen Gesandten zu verkünden, der nach mir kommt: sein Name ist A}:lmad« (61,6).
2.
Der Widerstand der Schriftbesitzer
Die logische Konsequenz, die man aus den Argumenten Mu}:lammads ziehen müßte, ist, an seine Sendung und seine Botschaft zu glauben: »Und glaubt an das, was Ich hinabgesandt habe zur Bestätigung dessen, was bei euch ist. Und seid nicht die ersten, die es verleugnen« (2A1; vgl. 4A7). Aber Juden und Christen blieben zurückhaltend. Vor allem die Juden mochten nicht an Mubammad glauben: »... warf ein Teil derer, denen das Buch zugekommen war, das Buch Gottes hinter seinen Rücken, als ob sie von nichts wüßten« (2,101) . Ihre grundsätzliche Haltung beschreibt der Koran im folgenden Vers: »Und wenn zu ihnen gesagt wird : Glaubt an das, was Gott herabgesandt hat, sagen
Der Widerstand der Schriftbesitzer
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sie: Wir glauben an das, was auf uns herabgesandt wurde. Sie verleugnen aber, was nachher kam, obwohl das die Wahrheit ist, das bestätigt, was bei ihnen ist ... « (2,91). Bei den Christen meint der Koran Anzeichen einer positiveren Haltung feststellen zu können. Einige von ihnen hätten an die koranisehe Botschaft geglaubt (28,53; 17,107-109), sie sind der bessere Teil der Schriftbesitzer (J,11J-115)· Die freundlichsten Worte, die der Koran für die Christen findet, sind folgende: »Du wirst sicher finden, daß unter den Menschen diejenigen, die den Gläubigen am stärksten Feindschaft zeigen, die Juden und die Polytheisten sind. Und du wirst sicher finden, daß unter ihnen diejenigen, die den Gläubigen in Liebe am nächsten stehen, die sind, welche sagen: >Wir sind Christen.< Dies deshalb, weil es unter ihnen Priester und Mönche gibt und weil sie nicht hochmütig sind. Wenn sie hören, was zu dem Gesandten herabgesandt wurde, siehst du ihre Augen von Tränen überfließen wegen dessen, was sie nun von der Wahrheit kennen. Sie sagen: >Unser Herr, wir glauben. Verzeichne uns unter den Zeugen. Warum sollten wir nicht an Gott glauben und an das, was von der Wahrheit zu uns gekommen ist, und nicht erhoffen, daß unser Herr uns Eingang gewährt mit den rechtschaffenen Leuten?< Nun belohnt sie Gott für das, was sie gesagt haben mit Gärten, unter denen Bäche fließen; darin werden sie ewig weilen. Dies ist die Entlohnung der Rechtschaffenen« (5,82-85). Die Haupteinwände der Schriftbesitzer, vor allem der Juden, gegen die Echtheit der göttlichen Sendung Mul;tammads können nach dem Koran folgendermaßen zusammengefaßt werden : Sie streiten mit Mul;tammad über die Verse, die er als Offenbarung Gottes angibt, »ohne daß sie eine Ermächtigung erhalten hätten« (40,35·56); sie »haben in ihrer Brust nichts als Überheblichkeit« (40,56); sie »erregen damit großen Abscheu bei Gott und bei denen, die gläubig sind« (40,35), und beweisen damit nur ihren hartnäckigen Unglauben (vgl. 40r4). Die Schriftbesitzer selbst meinen jedoch, daß sie triftige Einwände vortragen können. Sie vermissen beim Propheten Mul;tammad die nötigen bzw. hilfreichen Beglaubigungswunder (vgl. 98,1). Sie fordern, daß der Prophet »auf sie ein Buch vom Himmel herabsenden läßt« (4,153), oder sie behaupten: »Gott hat uns auferlegt an keinen Gesandten zu glauben, bis er uns ein Opfer bringt, das das Feuer verzehrt« (),183) 12 • Auf diese Forderung antwortet der Koran, daß Gott zur Zeit Moses solche Ansprüche bestraft hat (4,153), daß die Vorfahren der Juden auch bei Feuerwundern den Glauben an die Propheten doch nicht gefunden haben, sondern die Gesandten Gottes töteten (J,18J). Im übrigen gilt folgende Feststellung: »Du magst zu denen, denen das Buch zugekommen ist, mit jedem Zeichen kommen, sie werden deiner Gebetsrichtung nicht folgen ... « (2,145). 12. Vgl. Brandopfer des Propheten Elija : 1 Könige 18 ; Brandopfer des Aaron : Levitikus 9 ,24.
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Die Auseinandersetzung mit Juden und Christen
Der zweite Einwand der Schriftbesitzer beruht auf ihrer Treue zur eigenen Tradition. Sie machen einen Unterschied zwischen den verschiedenen prophetischen Botschaften, klagt der Koran, und sagen: »Wir glauben an die einen, verleugnen aber die anderen« (4,150; vgl. 2,91). Wenn Mubammad das gleiche vorbringt, was sie schon von ihrer Tradition und ihrer Schrift her kennen, dann ist er ihnen willkommen; wenn nicht, dann hüten sie sich vor ihm und warnen auch die anderen vor seiner Botschaft (5 ,{1). Für sie steht fest: »Sie sagen : Es werden das Paradies nur die betreten, die Juden oder Christen sind« (2,111). »Und sie sagen: Werdet Juden oder Christen, so folgt ihr der Rechtleitung« (2,135) . Denn sie wollen nur denen glauben, die ihrer eigenen Religion folgen (J,7J). Endlich erheben sie den Anspruch: »Wir sind die Söhne Gottes und seine Lieblinge« (5,18).
3. Die Reaktion Mu}:tammads Kritik Muhammads an den Juden Der Koran wirft den Juden ihren Unglauben und ihre Verspottung der göttlichen Botschaft vor. Das ist, so stellt der Koran fest, eine immer wiederkehrende Haltung der Juden gegenüber jeder Offenbarung und jeder prophetischen Sendung (vgl. 2,61.91; ),112; 4,155). Der Unglaube der Juden gründet auf ihrem Hochmut (2,87), ihrem Egoismus (2,87; 5,70) und ihrem Vertrauen in ihre Macht und ihren Reichtum (3,181). Die Juden suchen die Gläubigen zu verführen und vom Glauben abzubringen, und dies aus Neid gegen die Barmherzigkeit, die Gott anderen Menschen erwiesen hat: »Viele von den Leuten des Buches möchten gerne euch, nachdem ihr gläubig geworden seid, wieder zu Ungläubigen machen, da sie von sich aus Neid empfinden ... « (2,109; vgl. 11,18-19; 14,2-3; 7t44-45; J,69·99·1oo; 9,34). Die Juden haben zwar ein heiliges Buch erhalten, sie vernachlässigen aber das Studium der Schrift oder genauer: sie kümmern sich wenig um sie und ihren Inhalt, »sie vergessen, womit sie gemahnt worden waren« (7,165), oder einen Teil davon (5,13). Noch mehr: sie handeln gegen die von ihnen übernommene Verpflichtung, den Menschen diese Schrift in ihrem authentischen Wortlaut bekanntzugeben (),187). Die Menschen sollten somit die Übereinstimmung zwischen dem Koran und der früheren Schrift Gottes nicht erkennen (vgl. 2,146.159). Über diese Haltung der Juden spricht der Koran an mehreren Stellen (2t41.174; 3,71; 5,15). In anderen Versen macht er jedoch Einschränkungen: Nur einige unter den Juden verheimlichen den Inhalt der ihnen anvertrauten Schrift (2,146), oder sie halten nur einen Teil davon verborgen (»vieles «: 6,91) . Noch mehr: die Juden manipulieren und verfälschen die Schrift. Eine solche Haltung ist schon in der Geschichte ihrer früheren Generationen bekannt (7,162).
Die Reaktion Mul;lammads
Und so verhalten sie sich nach dem Koran zur Zeit Mu}:lammads: »Unter denen, die Juden sind, gibt es welche, die auf Lügen hören und auf andere Leute, die nicht zu dir gekommen sind, hören. Sie entstellen den Sinn der Worte« (5t41; vgl. 4t46; 5,13)Was soll man von solchen Leuten erwarten, fragt sich der Koran? Man kann doch nicht von ihnen verlangen, daß sie den Gläubigen folgen, »wo doch ein Teil von ihnen das Wort Gottes hörte, es aber dann wissentlich entstellte, nachdem er es verstanden hatte?« (2,75). Noch schlimmer: einige unter den Juden erdichten sogar Texte, die sie als die Schrift Gottes ausgeben. Sie schreiben ihre eigenen Worte »mit ihren Händen und sagen dann: Dies ist von Gott her, um es für einen geringen Preis zu verkaufen« (2,79). Sie haben eine raffinierte Art entwickelt, um ihre eigenen Worte an die Stelle der Worte Gottes zu schieben (3,78). Vor einer solchen Hartnäckigkeit im Unglauben (vgl. 4t46) ist Mu}:lammad ratlos. Er kann sich nur noch zu Gott, seinem einzigen Sachwalter, wenden und offen feststellen: »Siehe, ihr liebt sie, sie aber lieben euch nicht. Ihr glaubt an das gesamte Buch ... Wenn euch Gutes widerfährt, tut es ihnen Leid, und wenn euch Schlimmes trifft, freuen sie sich darüber. Wenn ihr euch geduldig und gottesfürchtig zeigt, wird ihre List euch nichts schaden. Gott umgreift was sie tun (3,119120). »Du wirst sicher finden, daß unter den Menschen diejenigen, die dem Gläubigen am stärksten Feindschaft zeigen, die Juden und die Polytheisten sind« (5,82).
Kritik
Mu~arnrnads
an den Christen
Mu}:lammad übt Kritik an einigen Glaubenssätzen der christlichen Lehre, vor allem in bezug auf die Gottheit Jesu Christi und die Dreifaltigkeit. Um den strengen Monotheismus des Islam zu wahren, greift Mu}:lammad das, was er die Übertreibung der Christen nennt, an. Jesus ist zwar ein großer Prophet, ein besonders begnadeter Diener Gottes, er bleibt aber ein Mensch und kann die Gottheit für sich nicht beanspruchen. Die Christen haben zwar recht, indem sie für Jesus gegen die Juden Partei ergreifen, aber sie befinden sich im Unrecht, wenn sie die Grenzen der Mäßigung überschreiten und Jesus für den Sohn Gottes oder gar für Gott halten (4,171). Wenn sie nicht davon ablassen, Gott in dieser Form zu beleidigen, dann laufen sie Gefahr, irrezugehen und andere zu verführen: »Sprich: 0 ihr Leute des Buches, übertreibt nicht in eurer Religion über die Wahrheit hinaus und folgt nicht den Neigungen von Leuten, die früher irregegangen sind und viele irregeführt haben und vom rechten Weg abgeirrt sind« (5,77). Diese Mahnung enthält eine verschleierte Drohung. Die Christen dürfen sich nicht durch die gefährliche Lehre der Ungläubigen verwirren lassen. Sie wissen wohl, wie Mu}:lammad die Juden militärisch angegriffen und bestraft hat, weil sie
Die Auseinandersetzung mit Juden und Christen
in ihrem Irrtum beharrten und andere in die Irre geführt haben. So wird es auch den Christen ergehen, wenn sie nicht aufhören, Lehren zu verkünden, die gegen die Wahrheit Gottes gerichtet sind (vgl. 5,73). Mit der Lehre von der Gottheit Jesu Christi haben die Christen die Lehre ihres Propheten verfälscht (vgl. 5,116-117). Sie haben außerdem »einen Teil von dem, womit sie ermahnt worden waren« vergessen und somit die von ihnen eingegangene Verpflichtung gebrochen (5,14).
Zurückweisung der Ansprüche der Juden und der Christen Juden und Christen beanspruchen die ausschließliche Zugehörigkeit zu Abraham. Mul)ammad weist dies zurück und nimmt für sich selbst und die Muslime das Recht in Anspruch, leiblich und geistig von Abraham abzustammen. Denn Abraham war da und wurde von Gott rechtgeleitet, bevor die Torader Juden und das Evangelium der Christen herabgesandt wurden (3,65.67; vgl. 2,133.140). Da die Muslime der Religion Abrahams folgen, stehen sie ihm am nächsten von allen (3 ,68). Und der Islam ist auch die endgültige Gestalt der wahren Religion, die sich auf den Glauben und die religiöse Praxis Abrahams berufen darf (3t95; 4,125; 6,161; 16,123). So ist der Islam, nicht das Judentum oder das Christentum, als Maßstab jedes Glaubens anzusehen: »Wenn sie an das gleiche glauben, woran ihr glaubt, so folgen sie der Rechtleitung. Wenn sie sich abkehren, so befinden sie sich in Widerstreit. Gott wird euch vor ihnen schützen« (2,137). Mul)ammad dreht also das Blatt um. Absolutheitsanspruch haben nicht Judentum und Christentum, sondern eben der Islam; und nicht er muß seine Beweise für die Echtheit seiner Sendung und die Richtigkeit seines Glaubens beibringen, sondern seine Gegner: »Bringt her euren Beweis, so ihr die Wahrheit sagt« (2,111). Da ja nur die wahren Gläubigen das Paradies erreichen, wird die selbstzufriedene Behauptung der Juden und der Christen zurückgewiesen, daß nur Juden und Christen ins Paradies eingehen werden. »Das sind ihre Wünsche«, für die sie keine Beweise haben (2,111). Sie sagen weiter: »Wir sind die Söhne Gottes und seine Lieblinge.« Der Koran erwidert: »Warum peinigt Er euch dann für eure Sünden?« (5,18). So haben die Juden und die Christen keinerlei Privilegien und können keine Ansprüche erheben. Die Juden und die Christen lassen sich jedoch nicht überzeugen. So sollen die Muslime den engeren Kontakt mit ihnen vermeiden, sie sollen sich die Juden und die Christen nicht zu Freunden nehmen (5,51). Denn diese hören nicht auf, Gott zu beleidigen, indem sie behaupten: »'Uzayr ist Gottes Sohn« (Juden) - »Christus ist Gottes Sohn« (Christen). Das ist doch die Haltung und die Behauptung von Polytheisten, nicht von Anhängern einer Offenbarungsreligion (9,30) . Jüdische Gelehrte und chr!stliche Mönche verlangen von ihren Gläubigen, sie
Literaturhinweise selbst neben Gott als Herren anzuerkennen (9,)1). Das ist der Ausdruck moralischer Verderbtheit. Denn sie lieben den Reichtum, »sie verzehren das Vermögen der Menschen durch Betrug«, denken aber nicht daran, etwas davon für die Sache Gottes auszugeben (9,34). Solche verschrobene und frevelhafte Widersacher sind eine Gefahr für den Islam, für die Religion Gottes: Sie trachten danach, das Licht Gottes auszulöschen (9,32) und die Menschen vom Wege Gottes abzuweisen (9t34). Wegen ihres schlechten Lebenswandels, ihres Unglaubens und ihrer Verstockung im Irrtum sollen sie bekämpft und unterworfen werden, »bis sie von dem, was ihre Hand besitzt, Tribut entrichten als Erniedrigte« (9,29).
Literaturhinweise Kar/ Ahrens: Mubammad als Religionsstifter, Leipzig 1935· Tor Andrae: Mohammed, sein Leben und sein Glauben, Göttingen 1932. - Die Person Muhammeds in Lehre und Glauben seiner Gemeinde, Stockholm 1918. Roger Arnaldez: Mahomet ou Ia predication prophetique, Paris 1970. Regis Blachere: Le problerne de Mahomet, Paris 1952. Frants Buhl: Das Leben Muhammeds (deutsch von H. H. Schaeder), 3· Auf!. , Heidelberg 1961.
Leone Caetani: Annali dell'Islam, 1-11, Mailand 1905, 1907. Emile Demerghem: La vie de Mahomet, 2. Auf!., Paris 1950. - Mahomet et Ia tradition islamique, Paris 1957· Maurice Gaudefroy-Demombynes: Mahomet, Paris 1957; überarbeitete Auflage: Paris 1969.
Hubert Grimme : Mobammed, 2 Bde., Münster 1892-1895. Ludwig Hagemann: Propheten - Zeugen des Glaubens. Koranische und biblische Deutungen, Graz/Wien/ Köln 1985, 5. 159-199. Muhammad Hamidullah: Le Prophete de l'Islam, 2 Bde., Paris 1959· Ibn Hishäm: Sirat Mubammad, hrsg. von F. Wüstenfeld, Göttingen 1858-1860; deutsche Übersetzung von Gustav Weil, Stuttgart 1864; englische Übersetzung von Alfred Guillaume, The life of Mubammad, London/ New York 1955. Adel Theodor Khoury: Einführung in die Grundlagen des Islams, 2. Auf!., Graz/Wien/Köln 1981, 5. 20-41, 70-112 (hier mit einigen Veränderungen übernommen). - Wer war Mubammad? Lebensgeschichte und prophetischer Anspruch, Freiburg 1990. William Muir : Life of Mahomet, 4 Bde., London 1958-1861. Rudi Paret: Mohammed und der Koran, 5. Auf!., Stuttgart 1985. Maxime Rodinson: Mahomet, 3· Auf!., Paris 1974· Alois Sprenger: Das Leben und die Lehre des Mobammed, 3 Bde., 2. Auf!., Berlin 1869.
Literaturhinweise W. Montgornery Watt: Muhammad at Mecca, Oxford 1953. - Muhammad at Medina, Oxford 1956. - Muhammad, Prophet and statesman, London 1961. Gustav Weil: Mobammed der Prophet, sein Leben und seine Lehre, Stuttgart 1843 .
Der Koran
Für die gläubigen Muslime ist der Koran das heilige Buch, in dem die Offenbarungen niedergeschrieben sind, die Gott durch den Propheten Mubammad den Menschen kundgetan hat. Er ist somit die erste Quelle und der Maßstab des rechten Glaubens sowie die Grundlage und die Norm des richtigen Handelns. Er ist die Rechtleitung, die Gott den Menschen geschenkt hat, damit sie darin immer wieder Belehrung und Ermahnung finden. Damit ist gesagt, daß der Koran die Mitte des Islam ist, daß ihm höchste und absolute Autorität zukommt und daß die Gläubigen ihm mit Ehrfurcht und Hingabe begegnen.
Name und verschiedene Bezeichnungen 1.
Koran
Das Wort Koran ist die verdeutschte Form des arabischen Wortes Qur'än , es stammt vom Verb qara'a: lesen, vortragen. Qur'än ist also die Rezitation oder das zu Rezitierende, das Vorlesen oder das Lesebuch bzw. Lektionar. Im Sinne von Rezitation, Vortrag, Vorlesen kommt es in folgenden Versen vor: 75,17-18 : »Uns obliegt es, ihn zusammenzustellen und ihn vorzulesen (qur'änuhu). Und (erst) wenn Wir ihn vorgelesen haben, dann folge du der Art, ihn vorzulesen (qur'iinahu).« - 17,78: »Verrichte das Gebet ... , und (auch) die Koranlesung bei Tagesanbruch (qur'än al-fadjr). Der Koranlesung bei Tagesanbruch soll man beiwohnen.« In anderen Versen bezieht sich diese Rezitation, dieser Vortrag auf eine Stelle der Offenbarung (wie bei den Djinn: 72,1-2; vgl. 10,61; 13,31; auch 10,15). In den meisten Fällen bezeichnet das Wort die Offenbarungen, die Gott auf Mubammad herabgesandt hat (spätere Mekka-Periode und Beginn der MedinaPeriode): 20,2-4; 76,23; 17,106; 25,32. Diese Offenbarung sei als Teil eines umfassenderen Korans bei Gott (17,82) aufzufassen. Der Koran ist also die Sammlung der Offenbarungen, aus der immer wieder vorgetragen wird und werden kann, zumal fürs Gebet und zu gottesdienstlichen Zwecken: »So verlest aus dem Koran, was leicht (zu bewältigen) ist .. . « (73,20; vgl. 7,204; 84,20-21). Als Lektionar und Urkunde der Mitteilungen Gottes wird der Koran immer
66
Name und verschiedene Bezeichnungen
wieder Buch genannt (siehe gleich unten) und an manchen Stellen in Verbindung mit den Büchern der Juden und der Christen - Tora und Evangelium - und als Gegenstück zu ihnen gesetzt (vgl. 9,111).
2.
Weitere Bezeichnungen
Im Koran sowie in späteren Werken über den Koran werden Begriffe wie Zeichen
(iiya) und Sure (süra) gebraucht, um Teile bzw. Abschnitte der Offenbarung oder der Niederschrift dieser Offenbarung zu bezeichnen. Siehe dazu unten: Struktur des Korans. Häufig kommt die Bezeichnung des Korans als Buch (kitiib) vor. Kitiib ist das Dokument göttlicher Offenbarung: Mose erhielt ein Buch (die Tora: vgl. u. a. 2ch weiß, was ihr nicht wißt.« 31 Und Er lehrte Adam alle Dinge samt ihren Namen. Dann führte Er sie den Engeln vor und sprach: »Tut mir die Namen dieser kund, so ihr die Wahrheit sagt.« .32 Sie sagten: »Preis sei Dir! Wir haben kein Wissen außer dem, was Du uns gelehrt hast. Du bist der, der alles weiß und weise ist.« .3.3 Er sprach: »0 Adam, tu ihnen ihre Namen kund. « Als er ihre Namen kundgetan hatte, sprach Er : »Habe Ich euch nicht gesagt: Ich weiß das Unsichtbare der Himmel und der Erde, und Ich weiß, was ihr offenlegt und was ihr verschweigt?« .34 Und als Wir zu den Engeln sprachen: »Werft euch vor Adam nieder. « Da warfen sie sich nieder, außer Iblis. Der weigerte sich und verhielt sich hochmütig, und er war einer der Ungläubigen.
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220
Varianten: 2,3o-34
Varianten: 2,JO-J4 2,30: khallfa (Nachfolger): khaliqa: Geschöpf. 2,31: 'aragahum: 'aragahunna (bei Ibn Mas'üd) - 'aragahä (bei Ubayy). 2,32: 'allamtanä: a'lamtanä (bei Ibn Mas'üd und Ubayy). 2,JJ: anbi'hum: anbihim (bei 'All, Abü Dja'far und Dja'far al-Sädiq).
Kommentar 2,30(28): Und als: Dieser verkürzte Zeitsatz begegnet sehr oft im Koran. Einige meinen, als sei einfach eine grammatikalisch überflüssige Redensart, die eine Äußerung einleiten soll. Die Mehrheit der Autoren setzt ein Verb voraus: Gedenke, erwähne ...
dein Herr zu den Engeln sprach: Die Unterredung zwischen Gott und den Engeln soll nicht als eine Art Beratschlagung mit den Engeln, sondern als eine Mitteilung Gottes aufgefaßt werden. Und die Antwort der Engel soll nicht als Auseinandersetzung mit den Plänen Gottes, sondern als Ausdruck ihres Staunens und ihrer Suche nach sicherer Auskunft über die tiefe Weisheit Gottes in seiner Schöpfung verstanden werden1 • Über die Engel sprechen auch folgende Verse: 2,)1 ·34·98.161.177·210.248.285; J,18.J9·42·45.8o.87.124.125 ; 4,97·136.166.172; 6,9,3 .111.158; 7,11; 8,9.12.50; 1J,1.3.2.3; 15,7.8.28.Jo; 16,2.28.J2 ..3.3·49; 17t4o.61.92.95; 18,5o; 20,116; 21,10.3; 22,75; 2.3,24; 25,21.22.25; 33,43·56; .34t40; .35,1; .37,150; )8,71.7.3; .39,75; 41,14.JO; 42,5; 4J,19·5J.6o; 47,27; 5J,27; 66A.6; 69,17; 70A; 74,J1; 78,J8; 89,22; 97A· - Zweizahl: 2,102; 7,20. -Einzahl: 6,8.9.50; 11,12.,31; 12,,31; 17,95; 25,7; )2,11; 5),26. Weist der Koran hier Ähnlichkeiten mit der Art auf, wie jüdische Texte den Vers Gen 1,28 (»Dann sprach Gott: Laßt uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich«) ausgeschmückt haben 2 ? Nach Midr. Beresch. r. Par. 8-14 berät sich Gott mit den verschiedensten Wesen und Gegenständen über die geplante Erschaffung des Menschen. Einige dieser Legenden erzählen, daß Gott mit den Engeln Beratung hielt. Eine gewisse Ähnlichkeit mit der Koranerzählung enthält folgende Legende: Die Dienstengel teilten sich bei der Erschaffung Adams in verschiedene Parteien. Die einen sagten, er solle nicht, die anderen dagegen, er solle erschaffen werden. Die Gnade sprach: Er werde erschaffen, denn er wird menschenfreundlich (mildtätig) sein; die Wahrheit sprach: Er soll nicht erschaffen werden, denn er wird sich der Lüge hingeben; die Gerechtigkeit sprach : Er werde erschaffen, denn er wird Gerechtigkeit üben; der Friede endlich sprach: Er soll nicht erschaffen werden, denn es wird nur Streit und Zank entstehen. Da nahm Gott die Wahrheit und warf sie zur Erde. Während die Dienstengel noch so miteinander stritten und Rat hielten, erfolgte die Erschaffung des Menschen, und Gott sprach zu ihnen: Was streitet ihr euch noch, der Mensch ist bereits erschaffen3. 1. Vgl. Manärl, S. 251-252, 254, 256, 257, 261 . 2. Vgl. August Wünsche, Schöpfung und Sündenfall des ersten Menschenpaares im jüdischen und moslemischen Sagenkreise, Leipzig 1906, S. 3-6. 3· Wünsche, a. a. 0., S. 5·
222
Sure
2:
Die Kuh (al-Baqara)
Mehrere Kirchenväter weisen diese Interpretation zurück, als hätte Gott mit äußeren Wesen beraten: vgl. Basilius, HomiliaiX in Hexaemeron: PG29, 205B; Epiphanius, Adversus Haereses I, II: Haeresis XXIII: PG 41, 300 A; Johannes Chrysostomos, Homiliae in Genesin: Cap. I: PG 53, 71; Theodoretus, Quaestiones in Genesin I, XIX: PG So, 100 D; auch Ambrosius, Hexaemeron VI, VII, 40: PL 14, 272 c.
Ich werde auf der Erde einen Nachfolger einsetzen: Über den Begriff »Nachfolger auf der Erde« bzw. einfach »Nachfolger« (khal!fa) sprechen folgende Koranverse: 38,26 (David); 6,165; 10,14.73; 35,39; - 7,69.74; 27,62; - 7,169; 19,59; - 57,7; Verb: 6,133; 7,129.142.150.169; 11,57; 24,55. Siehe auch 43,60, wo diesmal die Engel als mögliche Nachfolger der Menschen in Betracht gezogen werden. Zur Frage, wer dieser Nachfolger sei, gibt es mehrere Meinungen und verschiedene Erläuterungen. Eine erste Meinung bezieht dies auf die Menschen allgemein und beruft sich u. a. auf den Koranvers 6,165: »Er ist es, der euch zu aufeinanderfolgenden Generationen (wörtlich: zu Nachfolgern) auf der Erde gemacht ... «Ein anderer Vers sagt nach der Erwähnung der Generationen, die vorher untergegangen sind: »Dann haben Wir euch nach ihnen zu Nachfolgern auf der Erde eingesetzt ... « (10,14). Wessen Nachfolger sind also Adam und seine Nachkommen? Muslimische Kommentatoren erwähnen die Existenz einer vorherigen Menschenart bzw. der Djinn, die auf der Erde lebten, Unheil stifteten und Blut vergossen. Daher habe Gott nun beschlossen, Adam zu ihrem Nachfolger einzusetzen4. Eine andere Meinung besagt, daß Adam und nach ihm die Menschen die Nachfolger Gottes auf Erden sein werden, damit sie die Schöpfung Gottes nach dem Gesetz Gottes verwalten (vgl. in diesem Sinn die Einsetzung Davids, damit er »zwischen den Menschen nach der Wahrheit urteile«: 38,26). Der Mensch wäre damit der Stellvertreter Gottes auf Erden. Eine Version will das Wort nicht khal!fa: Nachfolger, sondern khal!qa: Schöpfung, lesen5. Auch die Bibel spricht davon, daß Gott dem Menschen seine Schöpfung übergeben hat: Gen 1,26-29; Ps 8,6-8. - Das Neue Testament übernimmt die Verse von Psalm 8 und bezieht sie auf Jesus Christus: 1 Kor15,27; Eph 1,22; Hebn,6-8. Eine ausdrucksvolle Stelle findet sich in Weish9,2-3: »Den Menschen hast du durch deine Weisheit erschaffen, damit er über deine Geschöpfe herrscht. Er soll die Welt in Heiligkeit und Gerechtigkeit leiten und Gericht halten in gerechter Gesinnung. «
4· Vgl. Räzil, S. 265; Manärl, S. 257-260. 5· Räzil, S. 265.
Kommentar:
2,30
22}
Philo von Alexandrien schreibt, daß der Mensch Macht hatte über alle irdischen Dinge ... , da Gott ihn zu seinem Stellvertreter und zum Führer der anderen eingesetzt hat. Der Mensch, mit Freiheit begabt, erhielt die Verwaltungsmacht über die irdischen Dinge als Stellvertreter Gottes (vgl. De opificio mundi, 84 und 88) 6 . Irenäus betont auch die Herrschaft des Menschen über die Erde und alles, was sie umfaßt (Demonstration de la Predication apostolique, 12: P012, S. 762). Desgleichen betont Johannes Chrysostomos, daß der Mensch Macht über alle Dinge erhielt (Homilia VIII in Genesin 1, 26: PG 53, 72 B).
Unheil stiften:
~
2,11.
Blut vergießt: einzige Parallele: 2,84. Die Bibel enthält viele Stellen, die das Blutvergießen verurteilen: Gen4,10; 9,5.6; 37,22; Dtn21,7-9; 1Sam19,5; 25,31; 1Kön2,5; 2Kön9,7; 21,16; 1 Chr 22,8; 1 Makkt,37; Ps 79,10; 106,38; Spr1,11.16; Sirz8,11; 34,27; }es 59,7; Jer7,6; 19r4; 22,17; 26,15; 48,10; Klgl4,13; Ez22r4; 24,7; 35,6; Dan13,62; Hab2,8;- Mt23,35. Vgl. auch Gen42,22; 1 Makkt,24; 2Makk5,13; Ps139,19; Spr1,18; Sir11,32; Jes1,15; 59,3 ; Ez23,37·45; 26,15; Hos4,2; Mi3,10; 7,2; Hab 2,17; - Mt 27r4; Apg 22,20. wir dein Lob singen: Außer den zahlreichen Stellen, die allgemein den Lobpreis Gottes erwähnen, finden sich Stellen, die den gleichen Ausdruck »das Lob Gottes singen« (sabba~a bi ~amdi lläh), und zwar bezogen auf die Engel: 13,13; 39,75; 40,7; 42,5; - die ganze Schöpfung: 17r44; - die Gläubigen: 32,15; - Mubammad: 15,98; 20,130; 25,58; 40,55; 50,39; 52r48; 110,3. Vgl. die Bibel: Ps 1üJ,2ü; 148,2; - Lkz,13. deine Heiligkeit rühmen: Es gibt im Koran keine direkten Parallelen zu diesem Ausdruck. Der Begriff heilig kommt in folgenden Versen vor: bezogen auf Gott: 59,23; 62,1; - ein Tal: 20,12; 79,16; - das Land: 5,21. - Vom »Geist der Heiligkeit« sprechen folgende Stellen: 2,87.253; 5,110. Die Heiligkeit Gottes wird in der Bibel in unzähligen Versen betont : Lev1or3; 11r44-45; 19,2.8; 20,26; 1 Sam 2,2; 6,20; 2 Kön 19,22; Tob 12,12.15; Ijob6,1o; Ps 22,4; 71,22; 78r41; 89,19.36; 99,9; Spr9,10; JO,}; Weish5,19; Sir 39r35; 50,17; Jes 1r4; 5,16.19.24; 6,3; 10,17.20; 12,6; 29,19.23; 30,11.12.15; 31,1; 37,23; 40,25; 41,14.16.20; 43,3.14.15; 47r4; 48,2. 7; 49,7; 54,5; 55,5; 60,9.19; Jer 50,29; 51,5; Ez20r41; 28,22.25; 38,16.23; 39,27; Hos11,9; 12,1; Am4,2; Hab1,12; 3,3; - Joh 17,11; Hehr 12,10; 1 Joh 2,20; 3,3; Offb 3,7; 4,8. Andere Stellen sprechen vom heiligen Namen Gottes: 1 Chn6,10.35 ; 29,16; 6. Les Oeuvres de Phiion d' Alexandrie, Bd. I, hrsg. von Roger Arnaldez, Paris 1961, S. 196 und 200.
224
Sure
2:
Die Kuh (al-Baqara)
Tob 3,11; Ps 30,5; 33,21; 99,3; 103,1; 105,J; 106A7; 111,9; 145,21; Weish 10,20; Sio7,10; Ez20,J9; 36,20-23; 39,7.25; 43,7; Am2,7; - LktA9·
Ich weiß, was ihr nicht wißt: Vgl. 2,216.232; 3,66; 16,74; 24,19; - 48,27.
2,31(29): alle Dinge samt ihren Namen: wörtlich: alle Namen. Gemeint sind jedoch die Dinge und die Wesen selbst, die mit den Namen bezeichnet werden, wie der nachfolgende Satz deutlich macht: Er führte sie. Hier ist das arabische Wort für sie ein Personalpronomen, das eher auf Personen bezogen wird; es wird gebraucht, um klarzustellen, daß es sich hierbei um die bezeichneten Wesen und Gegenstände handelt. Eine andere Version allerdings bei Ubayy, und Ibn Mas'üd liest statt 'aradahum 'aradahä oder auch 'aradahunna, was dem üblichen Gebrauch des Pronomens entsprechen würde.
So ihr die Wahrheit
sagt:~
2,23.
2,32(30): Preis sei Dir! Diese Formel und die Ausdrücke, in denen das Wort Preis gebraucht werden, werden durchweg Gott vorbehalten: 3,191; 5,116; 7,143; 10,10; 21,87; 24,16; 25,18; 34A1. Preis sei Gott : ähnliche Ausdrücke: 12,108; 17,1.93.108; 21,22; 23,91; 27,8; 28,68; 30,17; 36,36.83; 37,159.180; 43,13.82; 52A3; 59,23; 68,29. Preis sei Ihm: 2,116; 4,171; 6,100; 9,J1; 10,18.68; 16,1.57; 17,43; 19,}5; 21,26; 30Ao; 39A·67. - Weitere Stellen, in denen vom Lobpreis Gottes die Rede ist: 17A4; 24A1; 37,143.166. Der gleiche Ausdruck findet sich in der Bibel: Gen9,26; 14,20; Dtn33,20; Ruq,14; 2Sam22A; 1Kön1A8; 5,21; 8,15.56; 1Cho6a6; Tob3,11; 4,19; 8,5.15.16.17; 13,2.16; Jdt13,17; 14,7; 1Makk4,30; Ps16,7; 57,10; 68,20.36; 75,2; 119,12; 135,21; Dan 2,2o; 3,26; - Mt11,25; Lk 1A6.68; 2 Kooa; Eph 1,3; 1Petr1,3. Aufforderung, Gott zu preisen: Dtn32,3; Ri5,2.9; 2Sam22A7; 1Chrz9,20; Neh9,5; Tob12,6; Ps22,27; 33,2; 66,2.8; 68,27.35; 96,2; 108A; 1o9ao; 113,2; 117,1; 135,19; Sir39,14.35; 51,1; Jes12,5; 24,15; - Eph5,19; Offb19,5.
Wir haben kein Wissen . . . gelehrt hast: Andere Koranstellen sprechen in ähnlicher Weise von Menschen, die von Gott ein Wissen erhalten haben, das andere nicht besitzen: 2,151.239; 7,62; 12,86.96, oder daß sie vorher nicht besaßen: 4,113; 6,91.
Kommentar: 2,32- JJ
225
der alles weiß und weise ist: wörtlich: der Vielwissende, der Weise. Die gleiche Verbindung dieser zwei Eigenschaften Gottes findet sich an vielen Stellen im Koran, und zwar entweder in der gleichen Reihenfolge: 4,11.17.24.26.92.104. 111.170; 8,71; 9,15.28.60.97·106.110; 12,6.83.100; 22,52; 24,18.58.59; 33,1; 48,4; 49,8; 60,10; 66,2; 76,30, oder in umgekehrter Reihenfolge: 6,83 .128.139; 15,25; 27,6; 43,84; 51,30. Auch in der Bibel wird Gott als der bezeichnet, der alles weiß: 2 Sam 14,20; ljob22,12-2o; PS13,9; Sprz4,12.14; Weish8r4; 19,1; Sir18,12; Jer15,15; - 2Kor11,11; 12,2-4. Er ist auch der weise Gott: 1Kön3,28; ljob36,5; Ps104,24; 136,5; 147,5; Spr3,19; Weish9,2.9; 14,5; Sir1,1; 15,18; 33,8; Jes10,13; 11,2; - Lk11r49; Röm 11,33; 16,27; 1 Kor 1,24; 2,7.8; Eph3,10; Offb 7,12. Gott schenkt Weisheit: 1 Kön3,12; 5,26; 10,24; Ijob 11,6; Ps 51,8; Weish 7,7.15; 9r4·9; Sir6,37; 38,2; 45,26; Dan 2,21; - Lk 2r4o; 1 Kor1,3o; Eph 1,8.17; Koh,9; 2,3; Jak3,15.17; 2 Petr 3,15.
2,33(31): Ich weiß das Unsichtbare ... Erde: Auch in 11,123; 16,77; 18,26; 35,38; 49,18. Gott weiß das Unsichtbare: 3r44· 179; 5,109.116; 6,59; 9,78; 10,20; 27,65; 34r3·48; 72,26; ~ 2,3. Ähnliche Aussage in der Bibel: Weish7,21; Jer17,16; Ez11,5; - Mt6,6. 8.18.32; Lk 12,30; 1 Kor 3,20.
Ich weiß, was ihr offenlegt ... verschweigt: Auch in folgenden Versen: 2,77; 3,29; 5,99; 9,78; 11,5; 14,)8; 16,19.23; 20,7; 21,110; 24,29; 27,25.74; 28,69; 36,76; 64r4; 87,7; vgl. 13,33. -Gott weiß über das Unsichtbare und das Offenbare Bescheid: 6,73; 9,94.105 ; 13,9; 23,92; 32,6; 39r46; 59,22; 62,8; 64,18. verschweigen: 2,72.140.146.159·174·228.283; 3,71.167.187; 4,37.42 ; 5,61.99. 106; 21,110; 24,29; 40,28. An die Angaben des Korans in den Versen 2,J0-33 erinnern folgende Texte aus der jüdischen und christlichen Literatur7: Speyer verweist auf Tanl).. l).uqqat; Qoh r. Ill, 23; Gen. r. 8r4; 17,5; Sanh. 38b. Er zitiert nach Num. r. 19,3 8 den Text, den Wünsche im Midr. zu den Psalmen (s. Ps 8 vgl. Midr. Beresch. r. Par 17 r4) m ähnlicher Fassung gelesen hat. Wir geben hier das Zitat nach Speyer wieder : »Worin bestand seine (Adams) Weisheit? Du findest, daß, als Gott den Menschen schaffen wollte, er sich mit den Dienstengeln beriet. Er sagte zu ihnen: Wir wollen einen Menschen in unserem Bilde machen (Gen.t,z6)! Da sagten sie zu ihm: Was ist der Mensch, daß du sein gedenkst? 7· Vgl. Wünsche, a. a. 0., S. 5; Speyer: Biblische Erzählungen im Qoran, S. 51-54· 8. In Obereinstimmung mit Abraham Geiger: Judaism and Islam (1898), Neudruck : New York 1970, s. 76-n.
226
Sure
2:
Die Kuh (al-Baqara)
(Ps. 8,5). Da sagte er: Der Mensch, den ich schaffen will, ist klüger als ihr. Was tat er (Gott)? Er versammelte alles Vieh, Wild und Geflügel und brachte es vor sie (die Engel) und sprach: Welches sind die Namen von diesen? Da wußten sie es nicht. Als er den Menschen erschaffen hatte, brachte er es (das Vieh) vor ihn und fragte ihn: Wie hießen diese? Da sagte er: Dieses nennt man Ochse, dieses Löwe, dieses Pferd, dieses Esel. dieses Kamel und dieses Adler. Denn so heißt es: Er nannte mit Namen (Gen. 2,20). Da sagte er (Gott) zu ihm: Und wie ist dein Name? Er sprach: Adam! Und warum? Weil ich vorn Erdboden geschaffen bin. Da sprach Gott zu ihm: Und wie soll mein Name sein? Er (Adam) sagte: Ewiger. Und weshalb? Du bist der Herr aller Geschöpfe. >Er sagt also, daß Gott alle Tiere zu Adam hinführte, da er sehen wollte, welchen Namen er jedem beilegen würde, nicht, weil er in Zweifel darüber war - denn nichts ist Gott unbekannt -, sondern weil er wußte, daß er die Denkkraft im Menschen mit selbständiger Bewegung ausgestattet hatte, um nicht selbst Anteil arn Bösen zu haben. Er prüfte ihn wie ein Lehrer den Schüler, in dem er die in der Seele ruhende Tätigkeit erweckte und sie zu einem der ihr obliegenden Geschäfte berief, damit er aus eigener Kraft die Namen gebe, nicht ungehörige und unpassende, sondern solche, die die Eigenschaften der Dinge sehr gut zum Ausdruck bringen>Und Gott weiß besser, wie in Wirklichkeit die Dinge geschahen.« 7· Einige Autoren deuten wie folgt: Die Feindschaft herrscht zwischen den Menschen, die als Nachkommen Adams und Evas auf der Erde leben werden. Räzi {1, 5. 325) findet diese Deutung zu Recht schwach; Manär (1, 5. 278) weist sie eindeutig zurück. - Hier schieben manche Autoren Ausführungen über die islamische Lehre von der Sündenfreiheit Adams (im Rahmen der Lehre von der Sündenfreiheit der Propheten) ein: Räzi I, S. 318-323; Manärl, 5. 279-280. - Vgl. auch H. Stieglecker, Die Glaubenslehren des Islam, S. 193-195.
Kommentar: 2,36-37
2 37
2,36; 7,24; 10,98; 16,8o; 21,111; 36-44; 37,148; 51-43; ein wenig genießen: 2,126; 3,197; 4,77; 9,38; 16,117; 31,24; 33,16; 39,8; 77-46; - drei Tage lang: 11,65; - auf Jahre: 26,205; - bis ins hohe Alter: 21-44; schöne Nutznießung: 11,3; - betörende Nutznießung: 3,185; 57,20. Gegenstand des Genießens, der Nutznießung: Frauen: 4,24; 15,88; 20,131; - einander: 6,128; - der eigene Anteil: 9,69; -die köstlichen Dinge: 46,20; Tiere des Meeres: 5,96; das Vieh: Wolle, Fellhärchen, Haar: 16,8o; Früchte: 80,32. Die Aussagen des Korans über das diesseitige Leben werden trefflich von Paret zusammengefaßt: »Das diesseitige Leben wird auch an anderen Stellen des Korans als vorübergehende >Nutznießung< bezeichnet. Es ist >im Hinblick auf das Jenseits nur eine Nutznießung< (13,26; vgl. 43,J5; 40,39) und von kurzer Dauer (9,38), auch wenn es sich noch über Jahre hinzieht (26,2o5f.). Man sollte sich nicht dadurch betören lassen (3,185/57,20). Aber die Gottlosen geben sich dem kurzen Genuß gedankenlos hin (47,12; 15,3; 46,20; 9,69), >wie Vieh< (47,12). Wenn sie schließlich zur Einsicht kommen, ist es zu spät (16,55/30,34; 29,66; 15,3): Sie verfallen dem Gericht und landen in der Hölle (10,23.70; 3,197; 16,117; 2,126; 31,24; 11,{8; 39,8; 14,30; 47,12; 46,20) .«8 In der Bibel spricht Gen3,1-13 vom Fall des Menschen und Gen3,23-24 von der Vertreibung aus dem Paradies. Ähnliche Aussagen und weitere Ausschmückungen sind auch dort zu finden, wo in der jüdischen und in der christlichen Literatur diese Stellen der Bibel kommentiert werden. Das gleiche gilt für die Rolle Satans und der Schlange bei der Verführung des Menschen und seinem Fall: Gen 3,1-13 und entsprechende Texte in der jüdischen und christlichen Literatur9. Vgl. auch Weish 2,24. Daß der Satan der Feind der Menschen ist, belegen folgende Stellen aus der Bibel: Gen3,15; 1Chr21,1;- Mt13,19.39; Mk4,15; Lk8,12; 13,16; 22,3.31; Joh8-44; 13,2.27; Apg5,3; 10,38; 26,18; vgl. 13,10; 1 Kor 5,5; 7,5; 2 Koo,11; 12,7; Eph 6,11; 1 Tim 3,7; 2 Tim 2,26; Hebr2,14; 1 Petr 5,8; Offb 2,10; 12,9.12; 20,3.10.
2,37(35): Worte: Diese Worte sind Worte der Umkehr und der Buße, wie die Kommentatoren präzisieren, in Anlehnung an den Koran 7,23 und an die Aussagen sowohl jüdischer als auch christlicher Texte, die über die Buße Adams und Evas nach ihrer Vertreibung aus dem Paradies sprechen1 0 • 8. R. Paret: Der Koran. Kommentar und Konkordanz (Taschenbuchausgabe), 3· Auf!. , Stuttgart 1986, S. 17. 9· Vgl. August Wünsche: Schöpfung und Sündenfall des ersten Menschenpaares im jüdischen und moslemischen Sagenkreis, Leipzig 1906, S. 31-44; Speyer, S. 68-72. 10. Vgl. Weish10,1-2; August Wünsche, S.44-48; Speyer, S.n-n; Massonl, S. 336: Josephus, Ant. I, 1-4; Num.r. 13,5; Gen.r. 21,6; Pes.d.R.K. Siiba (vgl. dazu Gen.r. 22 Ende; Lev.r. 10): Tanl;tiima tazri'a : >>Gott begann, Adam im Gespräch zuzureden, ob er vielleicht Buße tun wolle>Ibn Kathir erwähnt in seinem Kommentar die Meinung von Mudjähid, die Verwandlung sei eine moralische gewesen, und auch die Meinung der anderen, sie sei eine Verwandlung ihrer Gestalten gewesen. Dann sagt er: Das Richtige ist, daß sie moralisch physisch war. Aber was will er denn damit sagen?