130 74 3MB
German Pages 398 Year 2016
Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 95
Das Rechtsprinzip des Verwässerungsschutzes Eine rechtsökonomische Analyse der Verwässerungsschutzklauseln von Wandelschuldverschreibungen
Von
Patrick Reiswich
Duncker & Humblot · Berlin
PATRICK REISWICH
Das Rechtsprinzip des Verwässerungsschutzes
Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen
Band 95
Das Rechtsprinzip des Verwässerungsschutzes Eine rechtsökonomische Analyse der Verwässerungsschutzklauseln von Wandelschuldverschreibungen
Von
Patrick Reiswich
Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristenfakultät der Universität Leipzig hat diese Arbeit im Jahre 2015 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten
© 2016 Duncker & Humblot GmbH, Berlin
Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-14874-5 (Print) ISBN 978-3-428-54874-3 (E-Book) ISBN 978-3-428-84874-4 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Meinen Eltern und Maria
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Juristischen Fakultät der Universität Leipzig im Wintersemester 2014 / 2015 als Dissertationsschrift angenommen. Vorweg erwähnt sei, dass die gewonnenen Thesen und Kenntnisse in dieser Arbeit stets anhand von Beispielen überprüft und dargestellt wurden. Für einen leichteren Lesefluss und ein besseres Verständnis wird daher darauf hingewiesen, dass die Beispielsberechnungen in dieser Arbeit leicht eingerückt und in kleinerer Schrift dargestellt werden. Den zahlreichen Personen, die mich in vielfältiger Art und Weise vor und während der Promotionsphase unterstützt haben, möchte ich an dieser Stelle ganz herzlich danken. Mein besonderer Dank gilt insbesondere meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Tim Drygala, der mir erst die Anregung zu diesem Promotionsthema gegeben hat und mich stets unkompliziert und hervorragend während der gesamten Ausarbeitung betreut und unterstützt hat. Ebenfalls bedanken möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. Harry Schmidt für die freundliche und rasche Übernahme des Zweitgutachtens. Gedankt sei auch meinen Kollegen der Kanzlei Heinichen Laudien, die einen großen Teil des Druckkostenzuschusses zu dieser Arbeit beisteuerten. Weiterhin danke ich von ganzem Herzen meiner langjährigen Freundin und Wegbegleiterin Maria Irini Tarassidis, die mich all die Jahre und insbesondere während der Erstellung dieser Arbeit stets mit großer Geduld sowie mit Rat und Tat unterstützte und mir beistand. Zuletzt danke ich meinen Eltern von Herzen, dass sie mich während meiner Ausbildung und auf meinem bisherigen Lebensweg vorbehaltslos unterstützt und gefördert haben. Berlin, im November 2015
Patrick Reiswich
Inhaltsverzeichnis A. Einleitung, Problemaufriss und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . 23 B. Grundsätzliches zu den Wandelschuldverschreibungen i. w. S. . . . . . . . . 31 I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 II. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 III. Gründe für die Emission von Wandelschuldverschreibungen . . . . . . . . 33 IV. Wertpapierrechtliche Aspekte der Wandelschuldverschreibungen . . . . . 35 V. Ausgestaltung der Wandelschuldverschreibungsbedingungen . . . . . . . . 36 1. Ausgestaltungsmöglichkeiten der Anleihekomponente . . . . . . . . . . . 37 a) Laufzeit bzw. Fälligkeitstermin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 b) Nennbetrag und Stückelung der Schuldverschreibung . . . . . . . . 38 c) Verzinsung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 d) Tilgungsarten einschließlich Rückzahlungsverfahren (Tilgungsbedingungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 e) Sicherung der Pflichten der Gesellschaft aus der Anleihe . . . . . 39 f) Sonstige Ausstattungselemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2. Ausgestaltungsmöglichkeiten der Aktienerwerbskomponente . . . . . 41 a) Wandlungsrecht i. e. S. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 b) Wandlungsberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 c) Wandlungsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 d) Wandlungsfrist bzw. Wandlungstermin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 e) Wandlungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 f) Wandlungspreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 VI. Rechtsnatur der Wandelschuldverschreibung und des Wandlungsrechts . 47 VII. Wirtschaftliche Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 1. Wesentliche Merkmale des Fremdkapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 2. Wesentliche Merkmale des Eigenkapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 3. Wesentliche Merkmale der meisten Mezzanine-Finanzierungs instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 C. Entstehung und Übertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verbriefung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Übertragung und Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Börsenzulassung und Handel mit Wandelschuldverschreibungen . . . . .
52 53 54 55
D. Verbandsinterne aktienrechtliche Erfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 I. Hauptversammlungsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 1. Inhalt des Beschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
10 Inhaltsverzeichnis a) Notwendiger und fakultativer Inhalt des Hauptversammlungsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 aa) Zustimmungsbeschluss gem. § 221 Abs. 1 S. 1 AktG . . . . . 60 bb) Ermächtigungsbeschluss gem. § 221 Abs. 2 S. 1 AktG . . . . 61 b) Zeitliche Begrenzung des Beschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 aa) Ermächtigungsbeschluss gem. § 221 Abs. 2 S. 1 AktG . . . . 61 bb) Zustimmungsbeschluss gem. § 221 Abs. 1 S. 1 AktG . . . . . 62 c) Keine Entscheidung über das Bezugsrecht der Aktionäre und über die Sicherung des Aktienbezugs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 d) Verpflichtung zur Ausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 aa) Ermächtigungsbeschluss gem. § 221 Abs. 2 S. 1 AktG . . . . 63 bb) Zustimmungsbeschluss gem. § 221 Abs. 1 S. 1 AktG . . . . . 64 2. Einberufung der Hauptversammlung und Bekanntmachung . . . . . . 65 3. Mehrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 4. Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 5. Fehlende oder fehlerhafte Zustimmung der Hauptversammlung . . . 67 6. Zustimmung des Aufsichtsrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 II. Bezugsrecht der Aktionäre auf die Wandelschuldverschreibung . . . . . . 68 1. Zweck und Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 2. Schutz (§ 187 AktG analog) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 III. Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 1. Varianten des Bezugsrechtsausschlusses auf Wandelschuld verschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 a) Bezugsrechtsausschluss i. R. d. Zustimmungsbeschlusses . . . . . . 72 b) Bezugsrechtsausschluss i. R. d. Ermächtigungsbeschlusses . . . . . 73 2. Materielle Erfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 a) Entstehung des Erfordernisses der sachlichen Rechtfertigung bei einem Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 b) Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung auf den Bezugsrechtsausschluss von Wandelschuldverschreibungen . . . . . . . . . . . . . . 78 c) Vereinfachter Bezugsrechtsausschluss (§ 186 Abs. 3 S. 4 AktG) . 80 d) Gleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 3. Formelle Erfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 a) Bekanntmachung und Vorstandsbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 b) Inhalt des Berichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 aa) Anforderungen des Berichts beim Zustimmungsbeschluss . 85 bb) Anforderungen des Berichts bei Ermächtigung des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 cc) Anforderungen des Berichts beim erleichterten Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 4. Mehrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 5. Fehlerhafter Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 a) Beschlussanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 b) Schadensersatz gegen Vorstand oder Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . 90
Inhaltsverzeichnis11 IV. Absicherung der Wandlungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 1. Absicherung mittels ordentlicher Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . 93 2. Erwerb eigener Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 3. Absicherung durch Vereinbarungen mit Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . 94 4. Bedingtes Kapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 a) Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 b) Ablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 c) Anwendbarkeit des § 187 AktG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 5. Genehmigtes Kapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 a) Ablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 aa) Absicherung eines Ermächtigungsbeschlusses durch ein genehmigtes Kapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 bb) Absicherung eines Zustimmungsbeschlusses durch ein genehmigtes Kapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 b) Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 c) Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 d) Anwendbarkeit des § 187 AktG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 E. Ausübung der Wandlungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 I. Wandlungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 1. Wesen der Wandlungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 2. Erfordernisse der Wandlungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 3. Auswirkungen der Wandlungserklärung auf die Schuldverschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 II. Einlagen auf die Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 1. Wandelanleihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 a) Bareinlage oder Sacheinlage? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 b) Einlageleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 aa) Volle Einlageleistung bei bedingtem Kapital . . . . . . . . . . . . 110 bb) Einlageleistung bei ordentlicher Kapitalerhöhung oder genehmigtem Kapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 2. Optionsanleihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 F. Schutz der Wandelobligationäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 I. Allgemeiner kapitalmarktrechtlicher Schutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 II. Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen (SchVG) . 114 III. Schutz der Wandelobligationäre durch das AGB-Recht . . . . . . . . . . . . 116 1. Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 2. Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 3. Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 IV. Schutz der Wandelobligationäre vor unmittelbaren Beeinträchtigungen . 121 1. Einseitiger Änderungsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 2. Aufhebung des Rechts, Kündigung und vorzeitige Rückzahlung . . 124 3. Beseitigung des Sicherungskapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
12 Inhaltsverzeichnis V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen . 125 1. Einführung und Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 2. Grundlage und Reichweite des gesetzlichen Verwässerungsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 a) Gesetzliche Ableitung des Verwässerungsschutzes . . . . . . . . . . . 128 b) Umsetzung des allgemeinen Verwässerungsschutzes . . . . . . . . . 132 3. Exkurs: Wichtige Begriffe / Kennzahlen und deren Bestimmung / Berechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 a) Bezugsverhältnis für Wandelschuldverschreibungen . . . . . . . . . . 134 aa) Nominelles Bezugsverhältnis für die Wandelschuld verschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 bb) Stückmäßiges Bezugsverhältnis für die Wandelschuld verschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 b) Wandlungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 aa) Nominelles Wandlungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 bb) Stückmäßiges Wandlungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 c) Börsenkurs und Bilanzkurs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 aa) Börsenkurs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 bb) Bilanzkurs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 d) Bezugsrechtswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 e) Wertbestimmung der Wandelschuldverschreibungen . . . . . . . . . 141 aa) Bewertung einer Schuldverschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 bb) Wandlungswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 cc) Wandlungsrechtswert (Optionswert) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 dd) Einfluss der Komponenten bei Wandelanleihe und Options anleihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 f) Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs (Zeitwert) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 4. Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln (nominelle Kapital erhöhung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 a) Die Verwässerung bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 b) Zulässigkeit einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nach Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung . . . . . . . . . . . . 150 c) Effektivität des Verwässerungsschutzes bei Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 aa) Verwässerungsschutz bei der Absicherung durch ein bedingtes Kapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 (1) Verhältnismäßige Reduzierung einer eventuellen Zuzahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 (2) Teleologische Reduktion von § 218 S. 1 AktG . . . . . . . 161 bb) Verwässerungsschutz bei der Absicherung durch ein genehmigtes Kapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 (1) Nicht ausgenutztes genehmigtes Kapital . . . . . . . . . . . . 163
Inhaltsverzeichnis13 (a) Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 (b) Konstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 (2) Ausgenutztes genehmigtes Kapital . . . . . . . . . . . . . . . . 165 cc) Verwässerungsschutz für den seltenen Fall einer Absicherung mittels ordentlicher Kapitalerhöhung . . . . . . . 167 dd) Sonderfall: Nominelle Kapitalerhöhung bei Stückaktien durch Erhöhung des Grundkapitals gem. § 207 Abs. 2 S. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 d) Empirische Auswertung einzelner Wandelschuldverschreibungsbedingungen bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 5. Kapitalerhöhungen gegen Einlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 a) Die Verwässerung bei der effektiven Kapitalerhöhung . . . . . . . 172 b) Zulässigkeit einer effektiven Kapitalerhöhung nach Ausgabe einer Wandelobligation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 c) Wirksamkeit und Effektivität einzelner Verwässerungsschutzvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 aa) Erhöhung der Anzahl der Bezugsaktien analog §§ 216 Abs. 3, 218 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 bb) Einräumung eines Bezugsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 (1) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 (a) Praktische Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 (b) Vereinbarkeit der vertraglichen Bezugsrechts zusage mit § 187 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 (c) Wirksamkeit des Bezugsrechtsausschlusses (sachliche Rechtfertigung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 (d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 (2) „Als-Ob-Aktionär“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 (a) Antizipiertes Wandlungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 (b) Zuerkennung bestimmter Mitgliedschaftsrechte . . . 193 (c) Ermöglichung des Bezugsrechts mittels Gesetzesänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 cc) Anpassung des Wandlungsverhältnisses / Wandlungspreises . 194 (1) Anpassung mit Hilfe des durchschnittlichen Bezugsrechtswerts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 (2) Formelmäßige Anpassung des Wandlungspreises (veraltet) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 (3) Formelmäßige Anpassung des Wandlungspreises (aktuell) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 (4) Weitere Anpassungsformeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 (a) Ludwigs Formel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 (b) Janssens Lösungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 dd) Sonstige Verwässerungsschutzklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 ee) Lösungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208
14 Inhaltsverzeichnis (1) Vermögensrechtlicher Ausgleich auf erster Ebene . . . . 210 (2) Herrschaftsrechtlicher Ausgleich auf zweiter Ebene (Aufstockung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 (a) Berechnung der Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . 213 (b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 (c) Endlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 d) Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . 220 e) Empirische Aus- und Bewertung der üblichen Verwässerungsschutzklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 aa) Verwässerungsklauseln bei Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 (1) Große Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 (2) Kleine Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 bb) Verwässerungsschutz bei Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 6. Aktiensplit und umgekehrter Aktiensplit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 a) Die Verwässerung bei einem Aktiensplit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 b) Verwässerungsschutz beim (umgekehrten) Aktiensplit . . . . . . . . 227 c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 d) Empirische Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 7. Kapitalherabsetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 a) Zulässigkeit einer Kapitalherabsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 b) Vereinfachte (nominelle) Kapitalherabsetzung . . . . . . . . . . . . . . 232 aa) Vereinfachte Kapitalherabsetzung durch Herabsetzung des Nenn- / Stückwertes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 bb) Vereinfachte Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 (1) Die Verstärkung bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien . . . . . . . . 236 (2) Verstärkungsausgleich bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien . . . . 239 cc) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 dd) Empirische Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 (1) Große Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 (2) Kleine Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 c) Ordentliche Kapitalherabsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 aa) Nominelle ordentliche Kapitalherabsetzung . . . . . . . . . . . . . 246 bb) Effektive ordentliche Kapitalherabsetzung durch Herab setzung des Nenn- / Stückwertes einer Aktie . . . . . . . . . . . . . 248 (1) Die Verwässerung bei der effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung durch Herabsetzung des Nenn- / Stückwertes einer Aktie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 (2) Der Verwässerungsschutz bei der effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung durch Herabsetzung des Nenn- / Stückwertes einer Aktie . . . . . . . . . . . . . . . . 250
Inhaltsverzeichnis
15
(3) Ableitung eines vollkommenen Verwässerungsschutzes . 252 (4) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 (5) Empirische Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 (a) Große Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 (b) Kleine Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 cc) Effektive ordentliche Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 (1) Die Verwässerung bei der effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 (2) Der Verwässerungsschutz bei der effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung durch Zusammen legung von Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 (3) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 (4) Empirische Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 (a) Große Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 (b) Kleine Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 d) Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien (§§ 237 ff. AktG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 aa) Die Verwässerung bei der Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 bb) Der Verwässerungsschutz bei der Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 (1) Anpassung mit Hilfe des Verhältnisses der veränderten Aktienanzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 (2) Übliche formelmäßige Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 (3) Ableitung eines vollkommenen Verwässerungsschutzes bei einer Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 (a) Berechnung der Gegenleistung mit Hilfe des angepassten Wandlungspreises . . . . . . . . . . . . . . . . 285 (b) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 cc) Empirische Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 (1) Große Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 (2) Kleine Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 8. Dividenden und sonstige Ausschüttungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 a) Die Verwässerung bei Dividendenzahlungen und sonstigen Ausschüttungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 b) Der übliche Verwässerungsschutz bei Dividenden und sonstigen Ausschüttungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 c) Ableitung eines vollkommenen Verwässerungsschutzes bei Ausschüttungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 e) Empirische Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308
16 Inhaltsverzeichnis aa) Große Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 bb) Kleine Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 9. Wertpapiere mit Bezugsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 a) Kein zusätzlicher Verwässerungsschutz für die Wandlungs komponente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 aa) Übertragung des Verwässerungsschutzes der effektiven Kapitalerhöhung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 bb) Kein Verwässerungsschutz für die Wandlungsrechts komponente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 b) Verwässerungsschutz für Schuldverschreibungskomponente . . . 318 c) Verwässerungsschutz bei Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . 319 d) Verwässerungsschutz durch Bezugsrechtseinräumung . . . . . . . . 321 e) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 f) Empirische Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 aa) Große Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 bb) Kleine Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 10. Umwandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 a) Formwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 aa) Vermögens- und herrschaftsrechtlicher Verwässerungsschutz beim Formwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 bb) Zusätzlicher vermögens- und herrschaftsrechtlicher Verwässerungsschutz im Falle der Barabfindung einzelner Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 cc) Rechtlicher bzw. qualitativer Verwässerungsschutz beim Formwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 (1) Allgemeines außerordentliches Kündigungsrecht als Verwässerungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 (2) Formwechsel in eine KGaA, SE oder AG . . . . . . . . . . 334 (3) Formwechsel in eine GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 (4) Formwechsel in eine Personengesellschaft . . . . . . . . . . 338 dd) Empirische Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 b) Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 aa) Verwässerung und Verwässerungsschutz der Aktionäre . . . . 341 bb) Verwässerung bei den Wandelschuldverschreibungen . . . . . 343 cc) Vermögens- und herrschaftsrechtlicher Verwässerungsschutz bei der Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 (1) Vermögens- und herrschaftsrechtlicher Verwässerungsschutz durch die Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 (2) Zusätzlicher Verwässerungsschutz im Falle der Bar abfindung einzelner Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 dd) Rechtlicher bzw. qualitativer Verwässerungsschutz bei der Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 (1) Verschmelzung auf eine KGaA, SE oder AG . . . . . . . . 347 (2) Verschmelzung auf eine GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 (3) Verschmelzung auf eine Personengesellschaft . . . . . . . 349
Inhaltsverzeichnis17 ee) Empirische Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 (1) Große Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 (2) Kleine Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 c) Spaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 aa) Aufspaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 (1) Vermögens- und herrschaftsrechtlicher Verwässerungsschutz bei der Aufspaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 (2) Rechtlicher bzw. qualitativer Verwässerungsschutz bei der Aufspaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 bb) Abspaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 cc) Ausgliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 dd) Empirische Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 (1) Große Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 (2) Kleine Aktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 d) Vermögensübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 11. Auflösung, Liquidation und Vollbeendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 a) Empirische Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 b) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 12. Insolvenzeröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 a) Empirische Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 b) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 G. Endergebnis und Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 I. Stellungnahme zur gesetzlichen Ableitung des Verwässerungsschutzes . 373 1. Vorliegen einer Gesetzeslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 2. Schließen der Gesetzeslücke durch Induktion . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 II. Konsequenzen der gewonnenen Erkenntnisse auf die hier unter suchten Wandelschuldverschreibungsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 1. Transparenzgebot § 307 Abs. 1 S. 2 bzw. § 3 SchVG . . . . . . . . . . . 378 2. Unwirksamkeit aufgrund einer Verbotsklausel i. S. d. §§ 307 ff. . . . 380 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 Sachwortregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Vereinfachte Funktionsweise des Wandlungsrechts (1) . . . . . . . . 25 Abbildung 2: Vereinfachte Funktionsweise der Wandelschuldverschreibung (2) . 26 Abbildung 3: Verwässernde Auswirkungen von Kapitalmaßnahmen . . . . . . . . . 27 Abbildung 4: Erforderlichkeit des Verwässerungsschutzes beim Zustimmungsbeschluss gem. § 221 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Abbildung 5: Erforderlichkeit des Verwässerungsschutzes beim Ermächtigungsbeschluss gem. § 221 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
Beispielsverzeichnis Beispiel 1: Einflussfaktoren des Wandlungspreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Beispiel 2: Berechnung des nominellen Bezugsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . 135 Beispiel 3: Berechnung des stückmäßigen Bezugsverhältnisses . . . . . . . . . . . . 135 Beispiel 4: Berechnung des nominellen Wandlungsverhältnisses . . . . . . . . . . . 136 Beispiel 5: Berechnung des stückmäßigen Wandlungsverhältnisses . . . . . . . . . 138 Beispiel 6: Bedeutung des relativen Kursabstandes zwischen Aktienkurs und Wandlungspreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 Beispiel 7: Die Verwässerung bei der nominellen Kapitalerhöhung . . . . . . . . 148 Beispiel 8: Verwässerungsschutz bei nomineller Kapitalerhöhung gem. §§ 216 Abs. 3, 218 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 Beispiel 9: Zusätzlicher Verwässerungsschutz bei vereinbarter Zuzahlung . . . 159 Beispiel 10: Verwässerungsschutz bei nomineller Kapitalerhöhung und genehmigtem Sicherungskapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 Beispiel 11: Keine Verwässerung bei Kapitalerhöhung gem. § 207 Abs. 2 S. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Beispiel 12: Verwässerung bei einer effektiven Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . 173 Beispiel 13: Verwässerungsschutz bei einer effektiven Kapitalerhöhung entsprechend §§ 216 Abs. 3, 218 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Beispiel 14: Verwässerungsschutz bei einer effektiven Kapitalerhöhung durch Einräumung eines Bezugsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Beispiel 15: Verwässerungsschutz durch Ermäßigung des Wandlungspreises i. H. d. Bezugsrechtswerts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 Beispiel 16: Keine Absicherung aller Wandelaktien nach Anpassung der Wandelbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 Beispiel 17: Verwässerungsschutz bei einer effektiven Kapitalerhöhung mit Hilfe der veralteten Formel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 Beispiel 18: Verwässerungsschutz bei einer effektiven Kapitalerhöhung mit Hilfe der aktuellen Formel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 Beispiel 19: Vollkommener vermögensrechtlicher Verwässerungsschutz bei einer effektiven Kapitalerhöhung (1. Ebene) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 Beispiel 20: Erforderliches Wandlungsverhältnis für vollkommenen herrschaftsrechtlichen Verwässerungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 Beispiel 21: Berechnung des Aufstockungsbetrages anhand des angepassten Wandlungspreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213
20 Beispielsverzeichnis Beispiel 22: Berechnung des Aufstockungsbetrages anhand des ursprünglichen Wandlungspreises oder dem Emissionskurs der jungen Aktien . . . 214 Beispiel 23: Berechnung des Aufstockungsbetrages anhand des Aktienkurses nach der effektiven Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 Beispiel 24: Erhöhter Bedarf an Sicherungskapital i. R. e. Aufstockung . . . . . . 219 Beispiel 25: Verwässerung der Wandelschuldverschreibungen beim Aktiensplit . 226 Beispiel 26: Keine Verwässerung bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung durch Herabsetzung des Nenn- / Stückwertes . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 Beispiel 27: Verstärkung bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 Beispiel 28: Reduzierung des Sicherungskapitals nach einer nominellen Kapitalherabsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 Beispiel 29: Effektive ordentliche Kapitalherabsetzung durch Herabsetzung des Nenn- / Stückwertes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 Beispiel 30: Effektive ordentliche Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 Beispiel 31: Verwässerung bei der Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 Beispiel 32: Verwässerung bei Ausschüttungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 Beispiel 33: Funktionsweise des vollkommenen Verwässerungsschutzes bei Ausschüttungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305
Abkürzungsverzeichnis a. A.
andere Ansicht
a. a. O.
am angegebenen Ort
AG
Aktiengesellschaft
AGB
Allgemeine Geschäftsbedingungen
AktG Aktiengesetz Alt. Alternative Anh. Anhang Anm. Anmerkung BB Betriebs-Berater Begr. Begründung BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BGH
Bundesgerichtshof
BKR
Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht
BT-Drucks. Bundestag-Drucksache DB
Der Betrieb
ders. derselbe d. h.
das heißt
DStR
Deutsches Steuerrecht
f.
folgend
ff.
folgende
Fn. Fußnote FS
Festschrift
gem. gemäß GesR
Gesellschaftsrecht
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GmbHG
Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung
Großkomm Großkommentar Hdb. Handbuch HGB Handelsgesetzbuch HK
Heidelberger Kommentar
h. M.
herrschende Meinung
HS Halbsatz
22 Abkürzungsverzeichnis i. H. v. in Höhe von InsO Insolvenzordnung i. R. d. im Rahmen der / des i. S. d. im Sinne des / der i. V. m. in Verbindung mit KölnKomm Kölner Kommentar Mio. Millionen m. M. Mindermeinung MüKo Münchner Kommentar m. w. N. mit weiteren Nachweisen NJW Neue Juristische Wochenschrift Nr. Nummer NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht NZI Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung OLG Oberlandesgericht RegE. Regierungsentwurf Rn. Randnummer SchVG Schuldverschreibungsgesetz sog. sogenannte / er / es u. a. unter anderem UmwG Umwandlungsgesetz u. U. unter Umständen v. a. vor allem vgl. vergleiche Vorb. Vorbemerkung WM Wertpapiermitteilungen – Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht WpHG Wertpapierhandelsgesetz WpPG Wertpapierprospektgesetz z. B. zum Beispiel ZBB Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft ZGR Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht ZHR Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Zif. Ziffer ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zit. zitiert Im Übrigen wird auf Kirchner / Pannier, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache verwiesen.
A. Einleitung, Problemaufriss und Gang der Untersuchung Wandelschuldverschreibungen i. S. v. § 221 AktG sind komplexe Finanzierungsinstrumente. Dies beruht v. a. darauf, dass sie sich aus zwei Komponenten zusammensetzen. So besteht eine Wandelschuldverschreibung zum einen aus einem Schuldverschreibungsbestandteil und zum anderen aus einer Wandlungskomponente, welche zum Bezug von jungen Aktien berechtigt. Letztere stellt die Verbindung zum Aktienrecht her, weswegen ein Teil der aktienrechtlichen Vorschriften Anwendung findet und eine Korrelation zwischen dem Wert der Wandelobligation und dem (Aktien-)Wert der Emittentin hergestellt wird. Trotz ihrer Komplexität haben die Wandelschuldverschreibungen einen großen Vorteil. Sie sind Mezzaninekapital, also eine Kombination aus Eigen- und Fremdkapital. Durch diese wirtschaftliche Mischform können die Vor- und Nachteile der verschiedenen Finanzierungsformen mit Hilfe einer gezielten Ausgestaltung nach den Wünschen und Bedürfnissen der Emittentin eingesetzt werden. Letztlich kann eine Gesellschaft durch diese Instrumente ihren Finanzierungsbedarf optimieren. So wird etwa abgewirtschafteten Unternehmen die Möglichkeit eröffnet mit einer Wandelobligation Fremdkapital mit einem – im Vergleich zu normalen Industrieobligationen – günstigeren Zinssatz aufzunehmen. Weiterhin kann durch eine Wandelschuldverschreibung eine gegenwärtig ungünstige Emissionslage am Kapitalmarkt, beispielsweise eine Finanzkrise, einfacher überbrückt werden. Schließlich kann man unter Zuhilfenahme dieses Finanzinstruments eine künftig günstigere Emissionsbedingung vorwegnehmen.1 Obwohl diese Finanzierungsformen beachtliche Vorteile, Gestaltungs- und Optimierungsmöglichkeiten eröffnen, macht die Praxis relativ selten von ihnen Gebrauch. Ein wesentlicher Grund hierfür ist offensichtlich die latente Verwässerungsgefahr aufgrund verschiedener Kapitalmaßnahmen der Emittentin. Wegen dieser schwer kalkulierbaren Risiken sind Wandelobligationen auf dem Kapitalmarkt aller Wahrscheinlichkeit nach nicht sehr beliebt und treten daher relativ selten in Erscheinung. Zwar gibt es mittlerweile einen gesetzlich anerkannten Verwässerungsschutz und darauf beruhend in 1 Ausführlicher hierzu an späterer Stelle unter dem Punkt: Gründe für die Emission von Wandelschuldverschreibungen auf S. 33 f.
24
A. Einleitung, Problemaufriss und Gang der Untersuchung
den Wandelschuldverschreibungsbedingungen verschiedene Verwässerungsschutzklauseln, die einen Ausgleich sicherstellen sollen, allerdings sind bis heute noch nicht alle Einzelheiten des Verwässerungsschutzes geklärt. In diesem Kontext soll die Arbeit einen Beitrag leisten, um den Verwässerungsschutz weiterzuentwickeln und dadurch idealerweise zu einer größeren Akzeptanz dieser vielfältigen und äußerst nützlichen Finanzierungsinstrumente beizutragen. Im Folgenden wird ein kurzer Problemaufriss aufgezeigt, der anhand einer stark vereinfachten Darstellung vollzogen wird: Wandelschuldverschreibungen setzen sich – wie bereits eingangs erwähnt – aus einer Schuldverschreibungskomponente und einem Wandlungsrecht zusammen. Die Wandlungskomponente kann dabei verschieden ausgestaltet sein. Bei der Unterform als Wandelanleihe kann eine Schuldverschreibung zu im Voraus festgesetzten Bedingungen in eine bestimmte Anzahl an jungen Aktien getauscht werden. Die Folge ist, dass die Wandelschuldverschreibung erlischt. Die Schuldverschreibung und das Aktienbezugsrecht stehen in einem Alternativverhältnis. Bei einer Optionsanleihe hingegen ist das Bezugsrecht zusätzlich ausgestaltet. Sollte der Optionsinhaber von seinem Optionsrecht Gebrauch machen, kann er gleichfalls zu den festgesetzten Bedingungen eine bestimmte Anzahl an jungen Aktien beziehen. Auf die Schuldverschreibung hat die Ausübung des Bezugsrechts einer Optionsanleihe jedoch keine Auswirkungen, weil dieses Recht den Wandelobligationären kumulativ und nicht, wie bei der Wandelanleihe, alternativ eingeräumt wird. Da die Ausübung nicht zum Erlöschen der Schuldverschreibung führt, kann das Bezugsrecht einer Optionsanleihe von der Schuldverschreibung abgetrennt werden. Vereinfacht ausgedrückt: Das Wandlungsrecht ist ein Recht, welches dem Inhaber die Möglichkeit eröffnet, mit einem bestimmten Vermögenseinsatz an einer bestimmten, variablen Vermögensmasse zu partizipieren. Der Vermögenseinsatz wird i. d. R. durch den Nennwert einer Wandelschuldverschreibung bestimmt. Der Vermögenseinsatz ist fix, da er ex ante vertraglich festgesetzt wird. Die Vermögensmasse, an der partizipiert werden kann, ist hingegen der Wert der Emittentengesellschaft. Diese Masse ist variabel, da ihr Wert nicht zum künftigen Zeitpunkt der Wandlung vorhergesehen werden kann. Ihr Wert ist vielmehr überwiegend von einer Vielzahl an äußeren Einflussfaktoren (z. B. konjunkturelle Lage, Angebot und Nachfrage, Leitzins oder etwa politische, außenwirtschaftliche und psychologische Elemente) abhängig. Auf diese Aspekte kann die Gesellschaft nicht einwirken, so dass der Wert nicht im Voraus exakt ermittelt werden kann.
A. Einleitung, Problemaufriss und Gang der Untersuchung
25
Nennwert der Wandelschuldverschreibung 125 Mio. €
Wandlung Vermögensmasse 625 Mio. € Vermögensmasse 500 Mio. € • Grundkapital • Kapitalrücklagen
Abbildung 1: Vereinfachte Funktionsweise des Wandlungsrechts (1)
Bildlich veranschaulicht kann man Wandlungsrechte als vorläufigen Einsatz einer bestimmten Vermögenssumme darstellen, die das Recht beinhaltet, sich an einer anderen variablen Vermögensmasse zu beteiligen.2 Die Wandelobligationäre stellen der Emittentin eine bestimmte Höhe an Kapital zur Verfügung, wobei ihnen das Recht eingeräumt wird, dieses Kapital in Gesellschaftsanteile zu wandeln. Anfangs liegt es dabei i. d. R. so, dass der Vermögenseinsatz größer ist als der Wert der zu wandelnden Mitgliedschaftsanteile. Der Grund hierfür liegt darin, dass der festgesetzte Wandlungspreis je Aktie höher ist als der tatsächliche Aktienkurs. Zum Zeitpunkt der Emission sind die Wandlungsrechte regelmäßig wertlos. Erst im Laufe der Zeit, wenn der Wert der Gesellschaft zunimmt, steigt auch der Wert der Wandlungsrechte. In der Abbildung würde dies durch eine verhältnismäßige Vergrößerung der Blase aufgrund einer Zunahme der Rücklagen in Erscheinung treten. Das eingesetzte Vermögen wäre bei einem 2 Diese Übersicht dient nur der Veranschaulichung und ist deshalb stark vereinfacht. Nicht ersichtlich ist aus dieser Darstellung, dass der eigentliche Wert des Wandlungsrechts aus einer überproportionalen Beteiligung an der variablen Vermögensmasse bewirkt wird. Durch die Wandlung werden neue Gesellschaftsanteile ausgegeben. Der Wandlungspreis, der quasi als Einlage für die neuen Gesellschaftsanteile zu leisten ist, liegt bei einem werthaltigen Wandlungsrecht unter dem tatsächlichen Wert der Mitgliedschaft. Die Wandelobligationäre können in diesem Fall überproportional an der variablen Vermögensmasse partizipieren. Ist das Wandlungsrecht hingegen wertlos, liegt es genau umgekehrt. Diese Zusammenhänge sind zwar aus der Darstellung nicht ersichtlich, jedoch ist dies auch nicht zum Verständnis des Problemaufrisses erforderlich. Einzelheiten hierzu erfolgen an späterer Stelle.
26
A. Einleitung, Problemaufriss und Gang der Untersuchung Nennwert der Wandelschuldverschreibung 125 Mio. €
Wandlung
Vermögensmasse 700 Mio. €
Vermögensmasse 825 Mio. €
• Grundkapital • Kapitalrücklagen
Abbildung 2: Vereinfachte Funktionsweise der Wandelschuldverschreibung (2)
werthaltigen Wandlungsrecht geringer als der Wert der beziehbaren Gesellschaftsanteile. Der Wert der Aktiengesellschaft kann sich aber auch konträr, z. B. durch eine Reduzierung der Kapitalrücklagen, negativ entwickeln. Wandlungsrechte haben folglich einen Spekulationscharakter, da die wesentlichen Wertbestimmungsfaktoren außerhalb der Sphäre der Emittentin liegen. Nur wenn der Wert der wandelbaren Gesellschaftsanteile über den Wert des zur Verfügung gestellten Kapitals steigt, können die Wandlungsrechte einen zusätzlichen Vermögenswert in Form einer überproportionalen Beteiligung an der Vermögensmasse darstellen. Anderenfalls verfallen diese Wandlungsrechte wertlos. Allerdings gibt es auch für die Gesellschaft einige Möglichkeiten auf den Wert der Wandlungsrechte mittelbar einzuwirken. So kann die Emittentin durch verschiedene Kapitalmaßnahmen eine Verwässerung der Wandlungsrechte bewirken. Im Gegensatz zu den äußeren wertbeeinflussenden Faktoren stammen die Kapitalmaßnahmen allein aus der Sphäre der Gesellschaft, da sie von der Hauptversammlung beschlossen und damit im alleinigen Ermessen der Emittentin stehen. Die Auswirkungen derartiger Kapitalmaßnahmen können sich auf verschiedene Art und Weise zeigen. Regelmäßig verändert sich der Wert oder die Anzahl der Gesellschaftsanteile. Da der Wert der Wandlungsrechte im Wesentlichen von dem Wert der Gesellschaftsanteile abhängig ist, schlagen diese Auswirkungen auf die Wandlungsrechte durch. Es treten daher gewöhnlich vermögens- und herrschaftsrechtliche Verwässerungen auf. Desweiteren kann bei bestimmten Kapital-
A. Einleitung, Problemaufriss und Gang der Untersuchung27 Wandelschuldverschreibung
Wandlung
Ausgangsfall
Kapitalherabsetzung
Kapitalerhöhung
Vermögensausschüttung
Formwechsel
Spaltung
• Grund- / Stammkapital • Kapitalrücklagen
Abbildung 3: Verwässernde Auswirkungen von Kapitalmaßnahmen
maßnahmen, insbesondere bei solchen des Umwandlungsrechts, eine qualitative Veränderung der Emittentin auftreten, indem sich ihr rechtliches Gewand und damit einhergehend die zu wandelnden Gesellschaftsanteile verändern. In der folgenden Abbildung sind die Konsequenzen für die Wandelobligationäre wiederum vereinfacht veranschaulicht. Man kann erkennen, dass die Kapitalmaßnahmen zu einer Verzerrung der Wertrelationen des zur Verfügung gestellten Kapitals aus der Wandelschuldverschreibung und der Vermögensmasse, an der möglicherweise durch die Wandlung partizipiert werden kann, führen. Sollte sich darüber hinaus auch noch die Gesellschaftsform der Emittentin durch die verschiedenen Maßnahmen nach dem Umwandlungsgesetz ändern, treten zusätzlich rechtliche Verwässerungen auf. Diverse Kapitalmaßnahmen können somit den Wert oder die Qualität der Wandlungsrechte einseitig zulasten der Wandelobligationäre verändern. Wenn die Gesellschaft diese Maßnahmen gezielt einsetzt, könnte sie die Wandelobligationäre systematisch benachteiligen. Allerdings ist es trotz dieser negativen Auswirkungen weder hinnehmbar, derartige Kapitalmaßnahmen nach einer Emission einer Wandelschuldverschreibung dauerhaft zu unterbinden, noch den Wandelobligationären zuzumuten, diese Benachteiligungen entschädigungslos zu akzeptieren. Daher muss ihnen ein Ausgleich zugutekommen, indem die Wandelschuldverschreibungsbedingungen den auftretenden Veränderungen angepasst werden. Ursprünglich wurde diesbezüglich den Wandelobligationären ein Verwässe-
28
A. Einleitung, Problemaufriss und Gang der Untersuchung
rungsschutz bei sämtlichen Kapitalmaßnahmen mit Ausnahme der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln versagt. Hintergrund war, dass nur im Falle der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln ein Verwässerungsschutz gesetzlich reguliert war. Daher wurde argumentiert, dass nach dem Willen des Gesetzgebers nur für diesen singulären Ausnahmefall den Wandelobligationären ein Verwässerungsschutz helfen soll. Aufgrund verschiedener Gesetzesänderungen wird diese Ansicht in der Literatur mittlerweile kaum mehr vertreten. Einstimmigkeit herrscht heutzutage insoweit, dass den Obligationären ein Verwässerungsschutz für sämtliche Kapitalmaßnahmen zugesprochen werden muss. Unstimmigkeit besteht aber zum einen über die methodische Begründung dieses Verwässerungsschutzes. So wird der Verwässerungsschutz vereinzelt über eine Analogie zu §§ 216 Abs. 3, 218 AktG, teilweise im Wege der Störung der Geschäftsgrundlage oder schließlich mit Hilfe eines allgemeinen Rechtsgedankens aus verschiedenen Vorschriften des AktG und UmwG gesetzlich abgeleitet.3 Zum anderen ist noch nicht aufgeklärt, wie der Verwässerungsschutz bei den verschiedenen Kapitalmaßnahmen am besten zu realisieren ist. In der Literatur werden hierzu verschiedene Lösungsvorschläge gemacht, wobei sie sich überwiegend auf die bedeutendsten Kapitalmaßnahmen beschränken. Hintergrund für diese lückenhaften Abhandlungen ist vor allem die Komplexität dieser Materie, da der Verwässerungsschutz für jede Kapitalmaßnahme unterschiedlich ausgestaltet sein muss und die einzelnen Verwässerungsschutzmodalitäten teilweise finanzmathematische Kenntnisse erfordern. Eine allumfassende einheitliche Lösung, die einen vollkommenen Ausgleich gewährleistet, ist daher nicht möglich. Jede Maßnahme ist differenziert zu betrachten. Genau an diesen bisher noch nicht gelösten Problematiken soll die vorliegende wissenschaftliche Abhandlung anknüpfen. Da der Verwässerungsschutz mittlerweile anerkannt ist, sind die Emittenten dazu übergegangen in den Wandelschuldverschreibungsbedingungen verschiedene Verwässerungsschutzmodalitäten zu normieren. Im Rahmen dieser Arbeit wird der Wirkungsgrad jener Ausgleichsklauseln näher beleuchtet, um Rückschlüsse auf deren Notwendigkeit, Effektivität und Angemessenheit zu ziehen. Ziel dieser Untersuchung soll es sein, zu veranschaulichen, welche Auswirkungen die einzelnen Kapitalmaßnahmen für einen Wandelobligationär mit sich bringen und anhand der Analyse der verschiedenen Verwässerungsschutzklauseln Rückschlüsse auf die Effektivität des bisherigen Verwässerungsschutzes zu ziehen oder eventuelle Lücken und Nachteile aufzudecken. 3 Einzelheiten und Nachweise hierzu erfolgen an späterer Stelle unter dem Punkt: Gesetzliche Ableitung des Verwässerungsschutzes auf S. 128 ff.
A. Einleitung, Problemaufriss und Gang der Untersuchung29
Hinzuweisen ist darauf, dass mit dieser analysierenden Arbeit Aspekte der rechts- und der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung aufgegriffen und erläutert werden. Dieser interdisziplinäre Charakter kann bei den Vertretern aus den ökonomischen Teilbereichen in den jeweiligen Passagen den Eindruck der Weitschweifigkeit, Unvollkommenheit oder Simplifizierung erwecken. Für einen Juristen, der gewöhnlich nicht mit Zahlen und Formeln sondern mit Wörtern und Sätzen arbeitet, kann die Dissertation jedoch einen Erkenntnisgewinn darstellen. Die teilweise Redundanz aus den ökonomischen Bereichen ist vorliegend daher bewusst angewendet worden.4 Der Gang der Untersuchung wird sich zunächst mit den allgemeinen Zwecken und Funktionsweisen sowie Ausgestaltungsmöglichkeiten der Wandelschuldbeschreibung befassen. Im Anschluss wird auf die grundsätzlichen aktienrechtlichen Erfordernisse eingegangen, da sie bei den späteren Untersuchungen teilweise immer wieder relevant werden können. Weiterhin werden einige Ausführungen zu dem allgemeinen Anlegerschutz vollzogen, an denen sich ein kleiner Exkurs zu den wichtigen Kennzahlen und Begrifflichkeiten von Wandelschuldverschreibungen anschließt, damit die folgenden Berechnungen zum Verwässerungsschutz leichter erschlossen werden können. Danach beginnt der eigentliche Schwerpunkt dieser Arbeit. Im Einzelnen erfolgt eine rechtsökonomische Analyse des Verwässerungsschutzes zu den folgenden Kapitalmaßnahmen: • nominelle Kapitalerhöhung • effektive Kapitalerhöhung • nominelle Kapitalherabsetzung durch – Herabsetzung des Nennwertes einer Aktie – Zusammenlegung von Aktien • effektive Kapitalherabsetzung durch – Herabsetzung des Nennwertes einer Aktie – Zusammenlegung von Aktien – Einziehung von Aktien • Aktiensplit und umgekehrter Aktiensplit • Dividenden und sonstige Ausschüttungen • Emission von Wertpapieren mit Bezugsrechten • Umwandlungen (Formwechsel, Verschmelzung, Spaltung und Vermögensübertragung) 4 In
Anlehnung an Erdmann, S. 12.
30
A. Einleitung, Problemaufriss und Gang der Untersuchung
• Auflösung, Liquidation und Vollbeendigung • Insolvenzeröffnung Die Vorgehensweise erfolgt dabei immer durch eine Veranschaulichung anhand von Beispielen. Dabei werden einführend stets die Verwässerungseffekte herausgearbeitet, um im Anschluss den Wirkungsgrad der Ausgleichsklauseln zu bewerten. Soweit erforderlich werden diese Klauseln daraufhin weiter entwickelt. Abschließend erfolgt zu jeder Kapitalmaßnahme eine kleine empirische Auswertung verschiedener Verwässerungsschutzklauseln.5 Im Schlussteil wird unter Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse zur gesetzlichen Ableitung des Verwässerungsschutzes und zu den Auswirkungen dieser Ergebnisse auf die bisherigen Verwässerungsschutzklauseln Stellung bezogen. Zu guter Letzt sei darauf hingewiesen, dass diese Abhandlung nur für die beiden Grundformen der Wandelschuldverschreibungen – Wandel- und Optionsanleihen – unmittelbar gilt. Primär beziehen sich die Ausführungen zum Verwässerungsschutz dabei immer auf die Wandelanleihen. Soweit es jedoch aufgrund diverser Unterschiede der Optionsanleihe erforderlich wird, erfolgen zusätzliche Ausführungen zu den jeweiligen Besonderheiten. Nicht behandelt werden hingegen etwaige Besonderheiten des Verwässerungsschutzes der sonstigen Sonder- oder Mischformen der Wandelschuldverschreibungen, wie z. B. Drittemissionen, Pflichtwandelanleihen, Aktien mit Optionsrechten, Wandelanleihen mit Tilgungswahlrecht oder Umtausch- oder Aktienanleihen, da ansonsten der Rahmen dieser Dissertation gesprengt werden würde. Die vorliegend herausgefunden Erkenntnisse können daher nicht ohne eine zusätzliche Kontrolle auf sämtliche Abwandlungen der Wandelschuldverschreibungen übertragen werden.
5 Bei der empirischen Auswertung wird dabei zwischen größeren und kleineren Aktiengesellschaften differenziert. Im Einzelnen werden die Verwässerungsschutzklauseln von folgenden Gesellschaften ausgewertet: TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/2016); Südzucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wandelanleihe 2009/2016); Solon AG Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012); Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012); Arques Industries AG Wandelschuldverschreibung (9,0 % Wandelanleihe 2010/2012); Pixelpark AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2008/2012); EPG AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2006/2011); Klassik Radio AG Wandelschuldverschreibung (6,5 % Wandelanleihe 2007/2010); S.A.G. Solarstrom AG Wandelschuldverschreibung (6,85 % Wandelanleihe 2007/ 2010).
B. Grundsätzliches zu den Wandelschuldverschreibungen i. w. S. I. Allgemeines Als Wandelschuldverschreibungen bezeichnet § 221 Abs. 1 S. 1 HS. 1 AktG Schuldverschreibungen, bei denen den Gläubigern ein Umtauschoder Bezugsrecht auf Aktien eingeräumt wird. Mit den in § 221 AktG definierten Finanzierungsinstrumenten werden somit Schuldverschreibungen reguliert, die auf einen verzinslichen Rückzahlungsanspruch lauten und bei denen den Schuldverschreibungsinhabern das zusätzliche Recht eingeräumt wird, Aktien einer Gesellschaft zu beziehen. Der Anleihegläubiger erhält also obendrein die Möglichkeit des künftigen Erwerbs von Aktien und zwar entweder im Umtausch gegen die Anleihe (Wandelanleihe oder Wandelschuldverschreibung i. e. S.) oder unabhängig von der Anleihe gegen Zahlung eines Bezugspreises (Optionsanleihe).6 Im Grunde handelt es sich bei Wandelschuldverschreibungen um einen Versuch, die Vorzüge der Aktie und der Obligation miteinander zu verbinden und dabei gleichzeitig deren Nachteile auszuschalten, indem Anreize für die Anleger geschafft, zudem aber auch die Interessen der Gesellschaft berücksichtigt werden.7 Die Wandelschuldverschreibungen sind eine englisch-nordamerikanische Erfindung. Hintergrund für die dortige Entwicklung dieser Finanzinstrumente war zum einen der industrielle Vorsprung und der damit verbundene Finanzbedarf. Zum anderen kam aber auch die damalige Flexibilität des common law system – im Gegensatz zu dem streng kodifizierten formalisierten Kontinentalsystem – der Entstehung dieser damaligen Finanzinnovationen zugute. Historisch ist diese Entwicklung darauf zurückzuführen, dass die Amerikaner Mitte des 19. Jahrhunderts versuchten mit diesem Instrument den immensen Kapitalhunger der Eisenbahngesellschaften zu stillen.8 6 Zu der unscharfen Terminologie des § 221 Abs. 1 S. 1 AktG vgl. statt vieler: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 2, 12; Casper, Optionsvertrag, § 12, S. 324 f.; Janssen, S. 8 f.; vorgebracht wird hiergegen v. a., dass bei den Optionsanleihen keine „Wandlung“ stattfindet. 7 KölnKomm / Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5 / 1, § 221, Rn. 9 f.; Janssen, S. 7; Kuhn, S. 35. 8 Vergleiche zur Geschichte etwa: Rusch, S. 13 ff., insbesondere. S. 15, 17 f., 24 f., 28 ff. (zu den Wandelanleihen); Schumann, S. 6 ff., (zu den Optionsanleihen); Dallwig, S. 2 ff.; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 7 f., 14 ff.
32
B. Grundsätzliches zu den Wandelschuldverschreibungen i.w.S.
Nach dem ersten Weltkrieg und der großen Inflation wurden schließlich die Wandelschuldverschreibungen (damals in erster Linie die Wandelanleihen) aufgrund des enormen Kapitalbedarfs der Industrie und der gleichzeitigen Gefahr einer Inflation in Deutschland als Finanzinstrumente etabliert.9 Es handelt sich letztendlich um eine Kombination von Schuldverschreibungen (§§ 793 ff. BGB) mit dem Recht auf Bezug von Aktien, kurz einer Schuldverschreibung mit Zusatzrechten. Die Schuldverschreibung stellt regelmäßig ein abstraktes Schuldversprechen dar, in welchem Ansprüche auf Verzinsung des eingesetzten Kapitals sowie auf dessen Rückzahlung bei Laufzeitende verbrieft werden.10 Zusätzlich erhalten die Gläubiger einer Wandelschuldverschreibung aber eben auch ein Recht zum Aktienbezug. Dieses Recht kann in zweierlei Weise ausgestaltet sein. Entweder werden die Aktien im „Umtausch“ gegen die Schuldverschreibung erworben, dann handelt es sich um Wandelanleihen, oder aber das Bezugsrecht auf Aktien wird unabhängig vom Schicksal der Schuldverschreibung gegen Zahlung eines Bezugspreises ausgegeben. Im letzteren Fall spricht man von Optionsanleihen. Beide Formen sind durch das Wandlungsrecht mit dem Eigenkapital der Gesellschaft verknüpft (equitiy linked securities, MezzanineFinanzierungsinstrumente).11
II. Begriffsbestimmung Der Oberbegriff, die Wandelschuldverschreibung (i. w. S.), umfasst also die im Folgenden als Wandelanleihe bezeichnete Wandelschuldverschreibung i. e. S. und die Optionsanleihe.12 Die Wandelanleihe und die Optionsanleihe sind damit nur Unterkategorien der Wandelschuldverschreibung i. w. S. Dies ergibt sich auch aus dem Wortlaut des § 221 Abs. 1 AktG, denn dieser differenziert zwischen einem Umtauschrecht und einem Bezugsrecht. Ersteres meint die Wandelanleihen, letzteres die Optionsanleihen. 9 Vgl. hierzu: Dallwig, S. 6 ff.; ein guter Überblick mit empirischer Auswertung und Veranschaulichung durch Diagramme und Tabellen über die Entwicklung und Bedeutung der Wandelschuldverschreibungen in Deutschland innerhalb der Jahre 1951–1979 bei: Janssen, S. 31 ff. 10 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 1; MüKo/Habersack, BGB, Bd. 5, § 793, Rn. 15, 7, § 780, Rn. 25; Gallego Sánchez, S. 19 f.; Sprau, in: Palandt, BGB, § 780, Rn. 5, § 793, Rn. 2. 11 Statt vieler: MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 1. 12 Diese Terminologie ist mittlerweile ganz herrschende Meinung, von der kaum abgewichen wird; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 2; MüKo/ Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 24; MüKo/Habersack, BGB, Bd. 5, § 793, Rn. 15; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 3; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63, Rn. 4; Gallego Sánchez, S. 19; Casper, Optionsvertrag, § 12, S. 324 f.
III. Gründe für die Emission von Wandelschuldverschreibungen 33
Wenn in der folgenden Abhandlung von einer Wandelschuldverschreibung oder Wandelobligation gesprochen wird, ist damit immer der Oberbegriff, also die Wandelschuldverschreibung i. w. S. gemeint. Das Präfix „Wandlungs-“ soll fortan immer als Oberbegriff zu verstehen sein und damit das jeweilige Merkmal von Wandel- und Optionsanleihe erfassen. Die ungenaue Terminologie des Gesetzes wird in dieser Abhandlung der Einheitlichkeit halber beibehalten.13
III. Gründe für die Emission von Wandelschuldverschreibungen Die vielen verschiedenen Gründe einer Emission von Wandelschuldverschreibungen lassen sich im Grunde auf drei Hauptmotive verdichten.14 Zum einen kann der Bedarf weiteren Eigenkapitals emissionsbegründend wirken, wenn zugleich eine direkte Emission von jungen Aktien im selben Moment wenig erfolgversprechend oder ungünstig erscheint. Es kann eine ungünstige Emissionslage überbrückt werden. Umgekehrt ist es aber auch möglich einer zukünftig erwarteten ungünstigen Emissionssituation zuvorzukommen.15 Das In-Umlauf-Bringen von Wandelschuldverschreibungen käme also insbesondere dann in Betracht, wenn die Emission von Aktien zur Deckung des Kapitalbedarfs nicht möglich ist. Die Gründe hierfür können unternehmensspezifisch sein oder auf Störungen des Kapitalmarktes beruhen.16 So kann in bestimmten Situationen die Wandelschuldverschreibungsemission im Vergleich zur Aktienemission eine bessere Ausschöpfung vorhandener Finanzierungsquellen ermöglichen. Notieren beispielsweise die gegenwärtigen Aktienkurse nach Einschätzung der Gesellschaft relativ niedrig und sind bei dieser Betrachtung die abzusehenden Entwicklungschancen 13 A. a. O. (vgl. Fußnote 6); als Beispiel vorweg: Wandlungsrecht (Wandlungsobjekt, Wandlungsfrist, Wandlungsverhältnis, Wandlungspreis usw.) wird künftig als Oberbegriff für das Umtauschrecht (-objekt, -frist, -verhältnis, -preis) der Wandelanleihe und für das Bezugsrecht (-objekt, -frist, -verhältnis, -preis) der Optionsanleihe verstanden. 14 Zu den beiden Hauptemissionsgründen (Eigenkapitalaufnahmen und Fremdkapitalaufnahme) sind bereits verschiedene empirische Untersuchungen in den 50er und 60er Jahren von C. James Pilcher, Eugene F. Brigham und Harold L. Geu erfolgt. Alle kamen zu dem Ergebnis, dass als Emissionsgrund die Eigenkapitalaufnahme immer dominiert. Eine übersichtliche Zusammenfassung dieser Studien ist bei Janssen, S. 18 ff. gegeben. 15 Janssen, S. 12 ff.; Schlitt/Hemeling, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 10, Rn. 5; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 9 f. 16 Als Beispiel seien erwähnt, z. B. eine Finanzkrise, Inflation oder die Situation, dass der Aktienkurs einer AG unter dem Nennbetrag der Aktie notiert. Einer erfolgreichen Emission würde hier § 9 Abs. 1 AktG entgegenstehen.
34
B. Grundsätzliches zu den Wandelschuldverschreibungen i.w.S.
noch nicht ausreichend in den Kurs eingeflossen, könnte die Gesellschaft durch die Platzierung einer Wandelschuldverschreibung die Aktien zu einem höheren Ausgabekurs emittieren. Bei einer direkten Aktienemission könnte die Platzierung nämlich maximal zu dem relativ niedrigen Aktienkurs erfolgen. Bei einer Wandelschuldverschreibung kann dagegen der Wandlungskurs der jungen Aktien über dem aktuellen Aktienkurs festgesetzt werden. Sollte sich die Gesellschaft nach der Kapitalzufuhr positiv entwickeln, wird der Gesellschaft bei einer Wandelobligation mehr Kapital zugeführt, da mit Hilfe des Wandlungsrechts die jungen Aktien zu einem höheren Ausgabekurs an den Mann gebracht werden. Die Anteile könnten somit zu einem späteren Zeitpunkt zu besseren Konditionen ausgegeben werden, wobei das Kapital aber sofort zur Verfügung steht. Die Gesellschaft hätte somit die Möglichkeit durch die Gewährung eines Wandlungsrechts die für die Zukunft erwarteten höheren Aktienkurse zu antizipieren bzw. die ungünstige Emissionslage zu überbrücken. Sind die Störungen noch nicht eingetreten, jedoch für die Zukunft absehbar, kann durch die Emission einer Wandelschuldverschreibung ein für die Zukunft erwarteter Kapitalbedarf zu günstigeren aktuellen Emissionsbedingungen vorweggenommen werden. Erwartet die Gesellschaft etwa in der Zukunft eine Situation auf dem Kapitalmarkt, die eine Platzierung von Aktien nicht zulassen wird, kann sie dieser Situation zuvorkommen, indem sie eine Wandelobligation platziert und für den späteren Eigenkapitalbedarf vorsorgt.17 Ein weiterer wesentlicher Motivationsgrund für die Emission einer Wandelschuldverschreibung ist die Aufnahme langfristigen Fremdkapitals zu besseren Konditionen. Da das Wandlungsrecht eine zusätzliche Vergütung bzw. Gegenleistung für den im Vergleich zu den üblichen Industrieobligationen niedrigeren Nominalzinssatz darstellt, kann dieses neu aufgenommene Fremdkapital zu günstigeren Konditionen erworben werden.18 Das Wandlungsrecht setzt bei den Anlegern einen zusätzlichen Reiz, da es Spekula tionsmöglichkeiten eröffnet und damit einhergehend eine höhere Rendite in Aussicht stellt. Vorteilhaft sind Wandelanleihen v. a. auch in Zeiten hoher Inflation. In solchen Perioden würde der Kapitalmarkt nur unter sehr hohen Kosten reine Industrieobligationen aufnehmen. Aufgrund des Umtauschrechts in Aktien ist das Kapital größtenteils inflationsgesichert, da es in 17 Janssen,
S. 14 f. mit einem erläuternden Beispiel bei einer Wandelanleihe. Janssen, der sich auf empirische Untersuchungen, die sich auf den Zeitraum von 1960–1968 erstrecken und von dem Amerikaner Harold L. Geu stammen, beruft, ist der durchschnittliche Zinsvorteil aus einer Wandelschuldverschreibung gegenüber einer reinen Industrieobligation in 70 % aller Fälle mehr als 1 %. Die gesamte Spanne an Zinsvorteilen erstreckte sich dabei von 0–0,5 % auf 2 % und mehr. Vgl. hierzu die Übersicht 1 bei Janssen, S. 18; Schlitt/Hemeling, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 10, Rn. 5; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 9 f. 18 Laut
IV. Wertpapierrechtliche Aspekte der Wandelschuldverschreibungen
35
Sachwerte gewandelt werden kann. Langfristiges Fremdkapital kann in Zeiten hoher Geldwertentwertung daher leichter mit Hilfe von Wandelschuldverschreibungen auf dem Kapitalmarkt erlangt werden.19 Schließlich kann eine Gesellschaft allgemein durch die Ausgabe von Wandelobligationen ihre Finanzierung je nach Bedarf und Zielen optimieren. Eine Emittentin hat bei der Ausgabe von Mezzaninekapital einen großen vertraglichen Gestaltungsspielraum, indem sie die Merkmale von Eigenkapital und Fremdkapital nach Bedarf miteinander kombinieren kann.
IV. Wertpapierrechtliche Aspekte der Wandelschuldverschreibungen Aus wirtschaftlicher Perspektive dienen Wandelschuldverschreibungen den Aktiengesellschaften vor allem als Quelle zur Finanzierung und für die Akteure des Kapitalmarktes als Anlagemöglichkeit. Es handelt sich um Effekten des Kapitalmarkts (Kapitalmarktpapiere), denn diese Papiere sind so ausgestattet, dass sie sich für den Massenhandel eignen und gleichzeitig besondere Gewinnchancen und Risiken für die Anleger mit sich bringen.20 Das gesamte von der Gesellschaft aufzunehmende Darlehen wird bei der Ausgabe der Wandelschuldverschreibung mittels einer Massenemission in kleinere Nennbeträge gesplittet. Hierdurch wird der Erwerb für eine Vielzahl von Investoren gewährleistet und die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Platzierung aufgrund des breiteren Anlegerspektrums erhöht. Die kleineren Einheiten werden auch als Teilwandelschuldverschreibungen bezeichnet. Jede einzelne Teilwandelobligation verbrieft einen Teilbetrag der Gesamtemission des Unternehmens.21 Die Zulässigkeit der Verbriefung richtet sich nach den allgemeinen Regeln der §§ 793 ff. BGB. Seit Aufhebung des § 795 BGB ist eine staatliche Genehmigung nicht mehr notwendig.22 Die Verzinsung und die Rückzahlungsansprüche aus der verbrieften Forderung und das Recht auf den Erwerb von jungen Aktien ergeben sich aus der Urkunde und können grundsätzlich nur mit dieser geltend gemacht werden. Wandelschuldverschreibungen stellen damit Wertpapiere dar. Sie 19 Janssen,
S. 16 ff.; Bohn, S. 112. den Einteilungskriterien und dem Effekt ausführlicher: MüKo/Ekkenga, HGB, Band 5, Effektengeschäft, Rn. 13; Gallego Sánchez, S. 48 ff.; Marburger, in: Staudinger, BGB, Vor § 793, Rn. 6. 21 Gallego Sánchez, S. 44; Schumann, S. 18. 22 Sprau, in: Palandt, BGB, § 793, Rn. 5–7; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 108; MüKo/Habersack, BGB, Bd. 5, § 793, Rn. 6, § 795 Rn. 1; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 48. 20 Zu
36
B. Grundsätzliches zu den Wandelschuldverschreibungen i.w.S.
müssen nicht zwingend Inhaberschuldverschreibungen sein, sondern können auf verschiedene Art und Weise ausgestaltet sein. Theoretisch kommt auch eine Ausgestaltung als Orderpapier oder Rektapapier in Betracht.23 In der Praxis wird fast ausschließlich eine Ausgestaltung als Inhaberschuldverschreibung gewählt, da hierdurch die Fungibilität erhöht wird. Das Inhaberpapier gestaltet den Effektenverkehr am einfachsten und ist daher für den Kapitalmarkt am geeignetsten. Aufgrund der häufig auftretenden Massenemissionen und aus möglichen Rationalisierungseffekten ist eine Ausgestaltung als Inhaberschuldverschreibung in Kombination mit einer Girosammelverwahrung oder als Sammel- bzw. Globalurkunde (§ 9a DepotG) in der Praxis die Regel.24 Die Verbriefung erstreckt sich grundsätzlich auf die Schuldverschreibung und das Wandlungsrecht. Bei der Optionsanleihe muss aber die Möglichkeit berücksichtigt werden, ob der Emittent den Zahlungsanspruch und das Optionsrecht untrennbar mit der Urkunde oder ob er ein mit der Haupturkunde äußerlich verbundenes, aber abtrennbares und selbstständiges Recht verbrieft. Dieses abgetrennte Optionsrecht stellt dann wiederum ein eigenständiges Wertpapier dar, worauf obige Ausführungen entsprechende Anwendung finden.25
V. Ausgestaltung der Wandelschuldverschreibungsbedingungen Im rechtlich zulässigen Rahmen kann die emittierende Gesellschaft die Wandelobligationen auf unterschiedliche Art und Weise ausgestalten. Die einzelnen Bedingungen werden vorher als gesamter Komplex sorgfältig ausgearbeitet. Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die einzelnen Ausstattungselemente zueinander in Beziehung stehen, sich teilweise 23 Vgl. hierzu: Hüffer, AktG, § 221, Rn. 3, 53; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 132; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 120; Marburger, in: Staudinger, BGB, Vor § 793, Rn. 69, 77; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 87, 9; Gallego Sánchez, S. 61, 65; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 90 (zu den Genussrechten); Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 221, Rn. 75, 127; Schilling, in: Großkomm, AktG, 3. Aufl., § 221, Anm. 14; Kallrath, S. 5. 24 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 203; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 132; Gallego Sánchez, S. 62 f.; wobei heutzutage fast nur noch die Sammel- oder Globalurkunde verwendet wird. Allgemein zu den Sammel- und Globalurkunden sowie neueren Entwicklungen im Effektenwesen: Marburger, in: Staudinger, BGB, Vor § 793, Rn. 4, 32 ff.; Habersack/Mayer, WM 2000, S. 1678 (zur Globalurkunde); MüKo/Habersack, BGB, Bd. 5, Vor § 793, Rn. 7 f., 30 f., 33. 25 Vgl. hierzu Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 133; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 48; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 203.
V. Ausgestaltung der Wandelschuldverschreibungsbedingungen 37
überschneiden und sich gegenseitig beeinflussen. Am Ende sind die Bedingungen aufgrund ihrer Verwobenheit in ihrer Gesamtheit zu betrachten, denn alle Ausgestaltungskomponenten verleihen den Wandelschuldverschreibungen gleichsam Charakter, Wesen und Gepräge. Bezüglich der Ausstattung der einzelnen Wandelschuldverschreibungsbedingungen sind insbesondere der Zweck der Emission, steuerliche Aspekte, das Volumen des Kapitalbedarfs sowie die gesamte Lage am Kapitalmarkt zu berücksichtigen. Vor allem aber müssen die gegenseitigen Interessen von Anleger und Emittent hinreichend austariert werden. Durch die folgenden Ausgestaltungsmöglichkeiten wird es der Gesellschaft ermöglicht, unterschiedliche Zwecke – wie z. B. Einflussnahme auf die Stärkung der Eigen- oder Fremdkapitalbasis – gezielt zu verfolgen. Hierbei gibt es vielfältige Gestaltungs- und Steuerungsmöglichkeiten für die Emittentengesellschaft.26 Durch eine zweckorientierte Ausgestaltung der Wandelbedingungen kann die Gesellschaft Einfluss auf die Anlegerentscheidungen nehmen, so dass das Verhalten der Anleger entsprechend den Wünschen und den verfolgten Zielen der Gesellschaft beeinflusst werden kann. Ihre Grenzen findet diese Gestaltungsfreiheit naturgemäß in der Diskriminierung oder Benachteiligung der Investoren, denn anderweitig könnten diese Effekten nicht erfolgreich platziert werden. Grundsätzlich besteht jedoch eine weitgehende Freiheit in der Ausgestaltung der Bedingungen.27 Im Folgenden soll eine Zusammenfassung über die einzelnen Ausgestaltungsmöglichkeiten jeweils der Anleihe- und der Aktienerwerbskomponente gegeben werden. 1. Ausgestaltungsmöglichkeiten der Anleihekomponente Wandelschuldverschreibungen haben keinen festen Inhalt. Es besteht vielmehr ein breiter Gestaltungsspielraum. Hintergrund ist, dass die gesetzlichen Vorschriften zu diesen Instrumenten keine hohe Dichte aufweisen. Bei den Ausgestaltungsmöglichkeiten der Anleihekomponente handelt es sich grundsätzlich um dieselben Konditionen, mit denen bei einer gewöhnlichen Schuldverschreibung gespielt werden kann. Durch die unterschiedliche Kombination der Ausgestaltungsfaktoren ist das heutige Spektrum diverser 26 Vgl. hierzu insgesamt und allgemein: Rusch, S. 50 ff.; Gallego Sánchez, S. 69 ff., Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63, Rn. 5 f.; Schumann, S. 51 ff.; zur Bedeutung dieser einzelnen Faktoren für die Ausstattung der Wandelschuldverschreibungen: Heubel, S. 88 ff. 27 Loos, DB 1960, S. 515, 515; Schumann, S. 51 f.; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 141; Gallego Sánchez, S. 71 f. Wobei die Wandelschuldverschreibungsbedingungen heute freilich ihre Grenze in § 307 BGB und dem Anlegerschutz finden, vgl. hierzu an späterer Stelle die Ausführungen unter dem Punkt: Schutz der Wandelobligationäre durch das AGB-Recht auf S. 116 ff.
38
B. Grundsätzliches zu den Wandelschuldverschreibungen i.w.S.
Anleiheformen entstanden.28 Diese Formen können genauso i. R. d. Wandelschuldverschreibungen fruchtbar gemacht werden. Zu den Ausgestaltungsfaktoren zählen vor allem:29 a) Laufzeit bzw. Fälligkeitstermin Unter der Laufzeit versteht man den Zeitraum von der Begebung der Wandelschuldverschreibung bis zu ihrer restlosen Tilgung. Prinzipiell ist zwischen längst möglicher und tatsächlicher Laufzeit zu unterscheiden. Die tatsächliche Laufzeit kann unter Umständen kürzer sein, da sie durch Entscheidungen der Gläubiger (z. B. Wandlung) oder der Emittenten (z. B. Kündigung) beeinflusst werden kann. Abhängig ist die Laufzeit vor allem vom Verwendungszweck und von der voraussichtlichen Lage am Kapitalmarkt. Die Laufzeit der meisten Wandelschuldverschreibungen beträgt 5 bis 15 Jahre.30 b) Nennbetrag und Stückelung der Schuldverschreibung Der Gesamtnennbetrag wird in Teilschuldverschreibungen zerlegt, die auf bestimmte, nicht zwingend gleiche Nennbeträge lauten müssen. Die Stückelung korreliert dabei mit dem Wandlungsverhältnis, d. h. der Nennbetrag der Teilwandelschuldverschreibung muss eine sinnvolle Wandlung in Aktien zulassen. Auch der Grad der erwünschten Fungibilität beeinflusst das Wandlungsverhältnis, denn je kleiner die Nennbeträge der Teilschuldverschreibungen sind, umso größer wird der angesprochene Investorenkreis, so dass hierdurch wiederum die Absatz-, Platzierungs- und Umsatzchancen steigen. Die Kosten von Herstellung, Verwaltung und Bedienung der einzelnen Teilstücke hat dagegen heutzutage, aufgrund des Fortschritts von Technik und Recht, kaum noch relevante Auswirkungen.31 c) Verzinsung Der Nominalzinssatz stellt in erster Linie ein Entgelt für das zu Verfügung gestellte Kapital dar. Die Verzinsung kann verschieden, z. B. fest, va28 Zu erwähnen wären etwa folgende Anleihekategorien: Floaters, Nullkuponanleihen, Auslandsanleihen mit Bezug auf EURIBOR oder LIBOR, Indexanleihen, Doppelwährungsanleihen usw. (vgl. hierzu: Gallego Sánchez, S. 73 f.). 29 Vgl. hierzu: Janssen, S. 55 ff.; Gallego Sánchez, S. 72 ff.; Rusch, S. 51 ff.; Schumann, S. 53 ff. 30 Rusch, S. 52 f.; Janssen, S. 55 ff. (zu den Wandelschuldverschreibungen wiederum mit empirischen Untersuchungen für den Zeitraum 1968–1978). 31 Rusch, S. 54 f.; Gallego Sánchez, S. 72; Heubel, S. 20.
V. Ausgestaltung der Wandelschuldverschreibungsbedingungen 39
riabel, unregelmäßig, zu festen Zeitpunkten, gewinnabhängig usw. ausgestaltet sein.32 Anstelle eines Zinssatzes kann auch ein Disagio vereinbart werden, wodurch mittelbar ebenfalls ein Zinsgewinn realisiert wird. Beim Disagio wird i. R. d. Auszahlung ein Abschlag vorgenommen. Der Anleger muss damit nur einen bestimmten Prozentsatz (z. B. 80 %) der Schuldverschreibung bezahlen, bekommt bei Rückzahlung aber den vollen Betrag (100 %) ausbezahlt (sog. Nullkuponanleihen oder Zero-Bonds).33 d) Tilgungsarten einschließlich Rückzahlungsverfahren (Tilgungsbedingungen) Diese Variablen der Anleihekomponente regeln die Rückzahlung. Hierbei sind im Wesentlichen die folgenden Varianten möglich, die auch miteinander kombiniert werden können. Erste Methode wäre eine Gesamttilgung zu einem in den Anleihebedingungen bestimmten Termin oder nach Kündigung. Als zweites wäre eine planmäßige Raten- oder Annuitätentilgung möglich. Schließlich kommt als weitere Ausgestaltungsmöglichkeit eine unregelmäßige (vorzeitige) Tilgung durch Auslosung, Kündigung, Rückkauf oder nach völlig freiem Ermessen des Schuldners in Betracht, wobei die Tilgungen spätestens zu einem fest genannten Termin erfolgt sein müssen. Bei der Kündigung ist zu beachten, dass es sich immer um eine vorzeitige Rückzahlung handelt. Gestaltungsspielraum kann zudem mit fallenden, steigenden oder allgemein variierenden Zahlungsbeträgen geschaffen werden.34 e) Sicherung der Pflichten der Gesellschaft aus der Anleihe Oft werden auch Gewährleistungsverträge zur Sicherung der Pflichten der Gesellschaft aus der Anleihe geregelt. Dies hat zwar keinen direkten Ein32 Rusch, S. 51 f.; Gallego Sánchez, S. 72; Heubel, S. 16; Seiler, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 221, Rn. 145; Schlitt/Hemeling, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 10, Rn. 53. 33 Vgl. hierzu etwa: Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 145; Schlitt/Hemeling, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 10, Rn. 53; allgemein zu den Nullkuponanleihen: Ulmer/Ihrig, ZIP 1985, S. 1169 ff. 34 Vgl. hierzu: Rusch, S. 53 f.; Janssen, S. 60 ff. (zu den Wandelschuldverschreibungen, wiederum mit empirischen Erläuterungen); Gallego Sánchez, S. 72; vgl. auch Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 147 (zu den gängigen Gestaltungen bei der vorzeitigen Rückzahlung); vgl. zu den Rückzahlungsausgestaltungen auch Drygala, Inhaltskontrolle von Wertpapierbedingungen, S. 252 ff.
40
B. Grundsätzliches zu den Wandelschuldverschreibungen i.w.S.
fluss auf die Anleiheart im eigentlichen Sinne, wird aber der Vollständigkeit halber kurz erwähnt. Als Möglichkeiten einer Sicherung kommen z. B. die Eintragung einer Hypothek, die Verpfändung von Sachwerten, eine Bürgschaft Dritter, die Haftung bestimmter sicherer Einnahmen, Bildung eines Tilgungsfonds oder die Einräumung einer Vorzugsstellung in Betracht.35 f) Sonstige Ausstattungselemente Darüber hinaus gibt es noch weitere Ausstattungselemente, durch die ebenfalls eine Schuldverschreibung ausgestaltet werden kann. Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass diese Elemente jedoch mit obigen Ausgestaltungsmöglichkeiten im Zusammenhang stehen und dadurch bereits überwiegend von diesen umfasst sind. Auch sie werden der Vollständigkeit halber kurz aufgezeigt. Ergänzend zu nennen sind demnach:36 • der Ausgabepreis (dieser hängt z. B. eng mit dem Disagio und somit dem Zinssatz zusammen) • der Rückzahlungspreis (auch dieser kann mit dem Disagio und dem Zinssatz korrelieren) • der Beginn der Verzinsung und die Zinstermine (diese hängen mit Fälligkeitsterminen, der Laufzeit und Tilgungsarten zusammen) • das Recht der Gesellschaft vorzeitig unter Einhaltung einer bestimmten Frist zu kündigen • die Ausgestaltung der Wertpapiere als Inhaber-, Order- oder Namenspapiere • die Währung der Wertpapiere • die Fristen für die Verjährung der Ansprüche auf Zinsen und Rückzahlung • die Einsetzung eines Vertreters oder eines Treuhänders der Gesamtheit der Gläubiger • die Nachrangigkeit dieser Wertpapiere gegenüber anderen schon bestehenden oder künftigen Verbindlichkeiten des Emittenten • die Rechtsordnung, nach der diese Wandelschuldverschreibungen ausgegeben werden, das anwendbare Recht, der Gerichtsstand usw. • vertragliche Vorbehaltung einer Anpassung der Anleihebedingungen bei unvorhersehbaren Bewegungen im Wirtschaftsleben 35 Rusch,
S. 56 f.; Gallego Sánchez, S. 72; Heubel, S. 19. hierzu allgemein Drygala, Inhaltskontrolle von Wertpapierbedingungen, S. 251 ff.; Zwyssig, S. 127 ff. 36 Vgl.
V. Ausgestaltung der Wandelschuldverschreibungsbedingungen 41
2. Ausgestaltungsmöglichkeiten der Aktienerwerbskomponente Die Gesellschaft bestimmt nach freiem Ermessen und gemäß ihren Zielen die Konditionen, unter denen die Umtausch- und Optionsrechte ausgeübt werden können. Von größter Bedeutung für das Wandlungsrecht sind dabei v. a. das Wandlungsobjekt, die Wandlungsfrist, das Wandlungsverhältnis und der Wandlungspreis.37 a) Wandlungsrecht i. e. S. Das Wandlungsrecht i. w. S. umfasst als Kernelement einer Wandelschuldverschreibung sämtliche Merkmale, die mit dem Wandlungsrecht zusammenhängen (z. B. Wandlungsobjekt, -berechtigung, -frist, -verhältnis, -preis). Im folgenden Kontext ist mit Wandlungsrecht allerdings nur das Wandlungsrecht i. e. S. zu verstehen, also die Frage unter welchen Bedingungen (und nicht zu (!) welchen Konditionen) die Wandlung überhaupt ausgeführt werden kann und welche Auswirkungen die Ausübung des Wandlungsrechts mit sich bringt. Da das Wandlungsrecht i. S. d. § 221 AktG das grundlegende Merkmal dieser Finanzierungsinstrumente darstellt, kann es bei einer Abwandlung dieses Hauptmerkmals in logischer Konsequenz dazu kommen, dass komplett neue Unterarten von Wandelschuldverschreibungen entstehen. Gesetzlich ist die Ausgestaltungsmöglichkeit des Wandlungsrechts i. e. S. so vorgesehen, dass man zwischen einem Umtauschrecht und einem Bezugsrecht differenzieren kann. Im ersteren Fall würde es sich um eine Wandelanleihe handeln, so dass die Wandlung in Aktien alternativ zur Rückzahlung der Wandelschuldverschreibung besteht. Im zweiten Fall würde dagegen eine Optionsanleihe vorliegen, so dass beide Rechte nebeneinander bestehen bleiben. Doch diese Differenzierungen stellen keineswegs die einzigen Ausgestaltungsvarianten dar. Eine weitere Möglichkeit ist, das Wandlungsrecht an den Eintritt von weiteren Bedingungen zu knüpfen. Als Beispiel ist etwa eine Going-public-Wandelschuldverschreibung zu nennen. Bei dieser wird das Wandlungsrecht vom Börsengang des Emittenten abhängig gemacht.38 Weiterhin sei noch die Wandlungspflicht als weitere Variante des Wandlungs37 Vgl. allgemein zu den möglichen Gestaltungselementen: Gallego Sánchez, S. 74 ff.; Schumann, S. 55 ff.; Heubel, S. 23 ff.; Huppertz, S. 88 ff.; eine knappe Aufzählung von möglichen Ausgestaltungskomponenten in AGBen auch bei MüKo/ Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 254; Schlitt/Hemeling, in: Habersack/Mülbert/ Schlitt, § 10, Rn. 49 ff. 38 Vgl. hierzu etwa: Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 149; Groß, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 51, Rn. 10.
42
B. Grundsätzliches zu den Wandelschuldverschreibungen i.w.S.
rechts erwähnt. Hier besteht am Ende der Laufzeit nicht nur das Recht, sondern vielmehr die Pflicht das Wandlungsrecht auszuüben.39 b) Wandlungsberechtigung Als weitere Ausgestaltungsmöglichkeit der Wandlungskomponente kann man die Wandlungsberechtigung anführen. Sie hängt eng mit dem Wandlungsrecht i. e. S. zusammen. Die Wandlungsberechtigung steht nach dem bisherigen Verständnis des § 221 AktG nur dem Inhaber der Wandelobligation zu. Mit der Aktienrechtsnovelle 2012 bzw. 2014 wird in Zukunft auch eine Wandlungsberechtigung der Gesellschaft ausdrücklich eingeführt.40 Der Gesetzgeber zeichnet damit lediglich eine Entwicklung nach, die in der Finanzierungspraxis schon längst Einzug gehalten hat. So wurden bisher Wandlungsbedingungen konstruiert, bei der der Gesellschaft eine Ersetzungsbefugnis in der Weise eingeräumt wurde, dass die Gesellschaft sich entscheiden kann, statt der Rückzahlung der Anleihe auch Aktien aus dem Sicherungskapital zu liefern. Diese künftig gesetzlich normierte Wandlungsberechtigung der Gesellschaft wird wohl dazu führen, dass die Pflichtwandelanleihe völlig in den Hintergrund gedrängt wird, denn die „umgekehrte“ Wandelschuldverschreibung ermöglicht der Gesellschaft eine größere Flexibilität.41 c) Wandlungsobjekt Darunter versteht man die Art des Beteiligungspapiers, welches der Inhaber bei Ausübung seines Wandlungsrechts erwerben kann. Das Wandlungsobjekt wird auch oft als Basiswert bezeichnet. Bei Wandelobligationen i. S. v. § 221 AktG kommen hierbei freilich nur Aktien in Betracht. Gestaltungspielraum entsteht aber dadurch, dass verschiedene Aktiengattungen (Nennwert-, Stück-, Stamm-, Vorzugs-, Inhaber-, und Namensaktien) existieren, die je nach Bedarf als Wandlungsobjekt eingesetzt werden können. Durch die Bestimmung des Wandlungsobjekts kann der Emittent sich einen gewissen Einfluss auf die künftige mitgliedschaftliche Position und die hieraus entstehenden Rechte vorbehalten.42 hierzu etwa Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 150 f. hierzu BR-DruckS. 852/11, S. 3, 19; Müller-Eising, GWR 2010, S. 591; ders., GWR 2012, S. 77, Sünner, CCZ 2012, S. 107, 110 f.; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 144. Die Aktienrechtnovelle 2012 wurde mehrfach verzögert und wird nach aktuellem Stand nun voraussichtlich im Jahr 2014 verabschiedet werden. 41 Müller-Eising, GWR 2010, S. 591; Schlitt/Hemeling, in: Habersack/Mülbert/ Schlitt, § 10, Rn. 58 ff.; Sünner, CCZ 2012, S. 107, 110 f. 42 Ausführlich: Gallego Sánchez, S. 75 ff.; Heubel, S. 23; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 6; Rusch, S. 60 f.; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 254; Bohn, S. 121 f. 39 Vgl. 40 Vgl.
V. Ausgestaltung der Wandelschuldverschreibungsbedingungen 43
Als Wandlungsobjekte denkbar sind auch völlig andere Wertpapierarten. Möglich wäre zum Beispiel eine Wandlung in andere Wandelschuld verschreibungen, in Schuldverschreibungen und Aktien oder Aktien und Bargeld. Grundsätzlich müsste auch eine Wandlung in andere Gesellschaftsanteile, die keine Aktien sind, zulässig sein, auch wenn es sich dann nicht mehr um Wandelschuldverschreibungen i. S. v. § 221 AktG handelt.43 d) Wandlungsfrist bzw. Wandlungstermin Ist die Wandlung nur zu einem bestimmten Zeitpunkt möglich, handelt es sich um einen Wandlungstermin. Die Wandlungsfrist ist dagegen ein Zeitraum, in welchem das Wandlungsrecht ausgeübt werden kann. Innerhalb dieser Zeitspanne hat die Gesellschaft bei Ausübung des Wandlungsrechts die entsprechende Aktienanzahl zu liefern. Die Wandlungsfrist ist immer eine Ausschlussfrist. Sie hat zudem auch unmittelbaren Einfluss auf den Zeitwert44 der Wandelschuldverschreibung. Die Wandlungsmöglichkeit kann sich von einem bestimmten Zeitpunkt über einen fest umschriebenen Zeitraum bis über die gesamte Laufzeit der Anleihe erstrecken. Üblich sind auch Ausschlusszeiträume,45 z. B. vor einer Hauptversammlung oder dem Geschäftsjahresende.46 Darf das Wandlungsrecht während der gesamten Laufzeit der Anleihe ausgeübt werden, spricht man in diesem Zusammenhang von einer amerikanischen Option, darf das Wandlungsrecht dagegen nur am Ende innerhalb eines engen Zeitraums ausgeübt werden, spricht man von einer europäischen Option. Von einer Bermuda Option – das Bermudadreieck liegt i. d. S. also nicht nur geographisch zwischen Amerika und Europa – spricht man wie43 Dallwig, S. 10 f.; Rusch, S. 60 f. (dieser nennt als Beispiel eine Wandlung in normale Obligationen); Huppertz, S. 88 f. Relevant wird diese Eigenschaft vor allem bei Umwandlungsmaßnahmen, vgl. zu dieser Thematik die Ausführungen zu den rechtlichen Verwässerungen in dem Gliederungspunkt: Umwandlungen auf S. 326 ff. 44 Der Zeitwert hängt von der Restlaufzeit und der implizierten Volatilität des zugrundeliegenden Basiswerts ab. Der Zeitwert ist umso geringer je kürzer die Zeitspanne bis zum Verfall und je geringer die Volatilität der Aktie ist. Am günstigsten ist für den Gläubiger somit eine Wandlungsmöglichkeit während der gesamten Laufzeit, da dies einen größeren Zeitwert zur Folge hat. Vgl. zum Zeitwert auch die Ausführungen bei: Uszczapowski, S. 123 ff. 45 Zu den Ausschlusszeiträumen: Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 143. 46 Vgl. zur Wandlungsfrist die ausführlicheren Behandlungen bei: Rusch, S. 68 ff.; Gallego Sánchez, S. 78 ff.; Heubel, S. 25 ff., 94, 96 ff.; Janssen, S. 70, 97 f.; Schumann, S. 57; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 192, Rn. 25; Huppertz, S. 89 f.; Schlitt/Hemeling, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 10, Rn. 52.
44
B. Grundsätzliches zu den Wandelschuldverschreibungen i.w.S.
derum, wenn nur während eines oder mehrerer festgelegter Zeiträume das Wandlungsrecht ausgeübt werden darf.47 Der Emittent hat hierbei drei Möglichkeiten auf die Wandlungsfrist einzuwirken. Er kann keine Einschränkung, eine Sperrfrist oder eine auflösende Frist festsetzen. Regelt er gar nichts, ist anzunehmen, dass das Wandlungsrecht ständig ausgeübt werden kann. Es würde sich somit zwangs läufig um eine amerikanische Option handeln. Eine Sperrfrist bewirkt dagegen, dass bis zur ersten Möglichkeit der Wandlung eine Wartezeit überstanden werden müsste. Vor Ablauf der Wartezeit kann der Inhaber sein Recht nicht ausüben. Die Sperrfrist kann dementsprechend nur bei europäischen und Bermuda Optionen zur Anwendung kommen. Schließlich kann durch eine auflösende Frist erreicht werden, dass mit einem bestimmten Zeitpunkt oder Ereignis das Wandlungsrecht erlischt, wenn es nicht vorher ausgeübt wurde.48 Durch die territoriale Ausgestaltung der Wandlungsfristen kann der Emittent auf das Ausübungsverhalten der Anleger Einfluss nehmen und es innerhalb bestimmter vorgegebener Grenzen steuern. Die jeweiligen Regelungen werden sich an den Motiven der Emission und dem damit verfolgten Zweck orientieren. Will der Emittent etwa bezwecken, dass das Wandlungsrecht so spät wie möglich ausgeübt wird, kann er eine Sperrfrist einbauen. e) Wandlungsverhältnis Bei der Durchführung der Wandlung wird eine bestimmte, in einen Geldwert bezifferbare Forderung durch ein Anteilsrecht ersetzt. Es findet ein Wertetausch statt. Das Wandlungsverhältnis bestimmt hierbei die Relation des Wertetausches. Aus dem Wandlungsverhältnis wird ersichtlich, in welchem Verhältnis die Teil- / Wandelschuldverschreibung in Aktien / Grundkapital gewandelt werden kann. Man kann zwischen dem nominellen und dem stückmäßigen Wandlungsverhältnis differenzieren, wobei sich jedoch keine Wertunterschiede ergeben. Das nominelle Wandlungsverhältnis drückt aus, in welcher Relation der Nennwert einer Wandelobligation in Grundkapital gewandelt werden kann. Das stückmäßige Wandlungsverhältnis bezeichnet dagegen das Verhältnis, in der die einzelnen Teilwandelschuldverschreibungen in junge Aktien gewandelt werden können.49 47 Vgl. hierzu: Jahn, in: Schimanski/Bunte/Lwowski, BankR Hdb., § 114, Rn. 17; Hull, 7. Aufl., Kap. 24.2, S. 681. 48 Huppertz, S. 94; Dallwig, S. 20. 49 Janssen, S. 75; Schumann, S. 55 ff. Vgl. zur Berechnung und zu weiteren Einzelheiten über das Wandlungsverhältnis die Ausführungen unter dem Punkt: Wandlungsverhältnis auf S. 136 ff.
V. Ausgestaltung der Wandelschuldverschreibungsbedingungen
45
Das Wandlungsverhältnis kann durch die Emittentin fest oder variabel bestimmt werden. Durch eine variable Ausgestaltung kann die Gesellschaft den Mittelzufluss infolge der Wandlungsausübung beeinflussen. So kann etwa durch eine zurückgehende Zahl an zu beziehenden Aktien, die Gesellschaft die Anleger dazu bewegen, möglichst schnell ihr Wandlungsrecht auszuüben.50 Zu beachten ist, dass das Wandlungsverhältnis stets in einer engen Korrelation mit dem Wandlungspreis steht, da sich beide Parameter gegenseitig beeinflussen. f) Wandlungspreis Der Wandlungspreis (Ausübungspreis, Umtauschkurs, Wandlungskurs, Umwandlungskurs, Bezugskurs, Bezugspreis usw.) ist der in den Anleihebedingungen festgelegte Kurs, zu dem die Aktien bei Ausübung der Wandlung bezogen werden können.51 Er ist quasi der festgelegte Emissionskurs, zu dem die jungen nach der Wandlung erworben werden können. Er legt den Betrag fest, den die Inhaber der Wandelobligation als Einlagepflicht erbringen müssten, falls sie von ihrem Wandlungsrecht Gebrauch machen, um die jungen Aktien zu beziehen. Maßgeblich beeinflusst wird der Wandlungspreis vom Wandlungsverhältnis. Diese beiden Faktoren stehen zueinander in einer Wechselwirkung und sind voneinander abhängig. Jedoch können auch noch andere Komponenten die effektive Höhe des Wandlungspreises beeinflussen. Zu nennen wären etwa Zuzahlungen oder ein Barausgleich. Eine Zuzahlung je gewandelter Aktie würde den Wandlungspreis entsprechend erhöhen, ein Barausgleich der Emittentin hingegen reduzieren.52 • Beispiel 1: Einflussfaktoren des Wandlungspreises In den Anleihebedingungen ist ein stückmäßiges Wandlungsverhältnis von 1 : 10 festgesetzt. Eine Teilschuldverschreibung hat einen Nennwert von 500 €. Zusätzlich muss für jede gewandelte Aktie eine Zuzahlung i. H. v. 2,50 € geleistet werden. Der Nennwert einer Aktie liegt bei 5 €. Der Aktienkurs liegt dagegen bei 60 €. Durch das stückmäßige Wandlungsverhältnis von 1 : 10 ergibt sich zunächst, dass der Wandelobligationär eine Teilwandelschuldverschreibung mit einem Nominalbetrag von 500 € in 10 Aktien wandeln kann. Dies bedeutet, dass der Wandelob50 Janssen, S. 98 f.; Gallego Sánchez, S. 82 f.; Heubel, S. 23 ff.; Rusch, S. 71 ff.; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 144. 51 Vgl. hierzu die Ausführungen bei: Gallego Sánchez, S. 83 ff.; Janssen, S. 75 f., 100; Schumann, S. 58 ff.; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 158; Dallwig, S. 12. 52 Vgl. hierzu: Janssen, S. 75 ff., 100; Heubel, S. 25 ff., 94; Gallego Sánchez, S. 83; Schumann, S. 58 ff.
46
B. Grundsätzliches zu den Wandelschuldverschreibungen i.w.S.
ligationär bei diesem Wandlungsverhältnis für jede Aktie zunächst eine Gegenleistung i. H. v. 50 € erbringen müsste. Zusätzlich muss je gewandelter Aktie eine Zuzahlung von 2,50 € geleistet werden. Der effektive Wandlungspreis je Aktie erhöht somit auf 52,50 €. Für eine Wandlung muss der Wandelobligationär also 52,50 € aufbringen, um eine Aktie im Wert von 60 € zu erlangen. Ein Anleger könnte eine Teilwandelobligation daher in 10 Aktien wandeln, wenn er zusätzlich weitere 25 € leistet. Damit würde er letztlich 10 Aktien mit einem Wert von 600 € zum Preis von 525 € erlangen. Die Wandelschuldverschreibung wäre demzufolge werthaltig.
Die Rentabilität eines Wandlungsrechts ist stark abhängig von der Höhe des Wandlungspreises und der zukünftigen Entwicklung des Basiswertes.53 Die Festsetzung des Wandlungspreises ist für die beteiligten Parteien folglich von entscheidender Bedeutung. Bei der Bestimmung des Wandlungspreises muss sich die Emittentin am Aktienkurs zum Zeitpunkt der Emission und dessen erwarteter Entwicklung unter Berücksichtigung der Wandlungsfrist orientieren.54 Der Wandlungspreis wird grundsätzlich höher festgesetzt werden müssen, als der zur Zeit der Emission notierte Aktienkurs. Ansonsten würden die Wandelobligationäre im gegenteiligen Fall, unter der Voraussetzung, dass die Wandlungsfrist nicht beschränkt ist, sofort eine Wandlung vornehmen und hierbei einen Gewinn erzielen. In diesem Zusammenhang muss aber auch die Laufzeit der Wandelschuldverschreibung berücksichtigt werden. Bei einer sehr langen Wandlungsfrist wird die Gesellschaft, aufgrund des im Laufe der Zeit (mit höherer Wahrscheinlichkeit) ansteigenden Aktienkurses, den Wandlungspreis deutlich über dem Aktienkurs festsetzen. Zwar wird die Gesellschaft Zugeständnisse machen müssen, um ein Zeichnungsinteresse zu wecken und einen Erfolg der Emission zu gewährleisten, aber auf der anderen Seite darf das Wandlungsrecht auch nicht zu lukrativ ausgestaltet werden, da ansonsten die Altaktionäre eine umso größere vermögensrechtliche Verwässerung hinnehmen müssten.55 Der Emittent hat demnach eine Vielzahl von Faktoren und Gestaltungsalternativen bei der Festlegung des Wandlungspreises zu berücksichtigen, um eine gerechte und interessante Emission für alle Parteien sicherzustellen. Genau hierin besteht i. R. d. Pri53 Soweit der Wandlungspreis über dem Börsenkurs liegt und sich eine Ausübung zu diesem Zeitpunkt deswegen nicht lohnen würde, sagt man in diesem Kontext, dass das Wandlungsrecht aus dem Geld ist (out of money). Erst wenn im Laufe der Zeit der Börsenkurs über dem Wandlungspreis steigt, lohnt sich die Ausübung. In dieser Konstellation wäre das Wandlungsrecht im Geld (in the money). Der Zeitpunkt, in welchem Wandlungspreis und Börsenkurs identisch sind, bezeichnet man als am Geld (at the money). 54 Gallego Sánchez, S. 83 ff.; Schumann, S. 58 f. 55 Vgl. hierzu ausführlicher: Gallego Sánchez, S. 83 ff.
VI. Rechtsnatur der Wandelschuldverschreibung und des Wandlungsrechts 47
cings die Schwierigkeit, da der Emittent die Interessen seiner Gesellschafter und der Investoren angemessen miteinander in Einklang bringen muss. Vereinfacht ausgedrückt muss der Emittent die voraussichtliche Kursentwicklung abschätzen. Die Höhe des Wandlungspreises sollte so bemessen sein, dass eine gewinnbringende Ausübung nicht von Beginn an völlig unwahrscheinlich ist. Um ein gerechtes Pricing zu gewährleisten, kann die Gesellschaft auch einen veränderlichen Wandlungspreis festsetzen. So ist es z. B. möglich, dass der Wandlungspreis (bzw. Wandlungsverhältnis oder Zuzahlung) im Laufe der Zeit abhängig von der Entwicklung des Börsenkurses angepasst werden kann oder nach zeitlichen Perioden bestimmt wird. Großer Vorteil eines variablen Wandlungspreises ist, dass die Gesellschaft Einfluss auf das Verhalten der Wandelobligationäre nehmen kann und damit auch den Zweck der Emission sicherstellen kann. So können steigende oder fallende Wandlungspreise innerhalb bestimmter Perioden eine schnellere oder verlangsamte Ausübung der Wandlungsrechte nach sich ziehen.56
VI. Rechtsnatur der Wandelschuldverschreibung und des Wandlungsrechts Wandelschuldverschreibungen sind als Schuldverschreibungen ungeachtet ihres Wandlungsrechts zunächst rein schuldrechtlicher Natur. Auch die Wandlungskomponente hat jedoch ausschließlich schuldrechtlichen Charakter.57 Beide Elemente vermitteln bis zur Wandlung keine mitgliedschaftlichen Rechte und sind bis zu diesem Zeitpunkt nicht Teil des Grundkapitals. Schuldverschreibung und Wandlungsrecht vermitteln bis zur Ausübung des Wandlungsrechts vielmehr eigenständige Ansprüche, so dass die Wandelschuldverschreibung auch keine rechtliche Mischform aus Aktie und Schuldverschreibung darstellt. Eine Wandelschuldverschreibung begründet daher weder eine aufschiebend bedingte Mitgliedschaft in der AG58 noch 56 Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker, S. 295 f.; Janssen, S. 76 ff., 100; Gallego Sánchez, S. 84 f.; Schumann, S. 59; zu dem verwandten Problem einer nachträglichen Korrektur von Wandelschuldverschreibungsbedingungen, wie vor allem dem Wandlungspreis vgl. Lutter/Drygala, FS Claussen 1997, S. 261 ff. 57 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 3, 92, 148, § 197, Rn. 5; Hueck, DB 1963, S. 1347; Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 221, Rn. 77; Schilling, in: Großkomm, AktG, 3. Aufl., § 221, Rn. 1; Schumann, S. 26 ff.; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 19, 24, 30; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 7; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 27; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 9; Georgakopoulos ZHR 120 (1957), S. 84, 87; Schlitt/Hemeling, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 10, Rn. 4, 12. 58 So Melicke, BB 1963, S. 500, 501.
48
B. Grundsätzliches zu den Wandelschuldverschreibungen i.w.S.
eine Anwartschaft auf eine mitgliedschaftliche Beteiligung59. Die Folge wäre anderweitig, dass eine Vorwirkung mitgliedschaftlicher Natur bestehen würde. Dies würde jedoch gegen elementare aktienrechtliche Grundsätze verstoßen. Der Wandelschuldverschreibungsinhaber hat damit nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Begründung seiner Mitgliedschaft sowie der übrigen Gläubigerrechte gegenüber der Emittentin. Bis zur Ausübung der Wandlungsrechte bestehen keinerlei Berechtigungen mitgliedschaftlicher Natur.60 Da das Wandlungsrecht, ebenso wie die Schuldverschreibung selbst, rein schuldrechtlicher Natur ist, kann dieses Recht zivilrechtlich konkretisiert werden. Früher herrschte in der Literatur Unstimmigkeit über diese Qualifizierung. Mittlerweile hat sich die Wissenschaft jedoch geeinigt, wobei im Hinblick auf die zivilrechtliche Qualifizierung zwischen der Wandelanleihe und der Optionsanleihe differenziert werden muss. Das Umtauschrecht der Wandelanleihe ist ein Gestaltungsrecht. Der Gläubiger hat die Gestaltungsbefugnis, den Inhalt der Schuldverschreibung derart zu ändern, dass er ex nunc auf Abschluss eines Zeichnungsvertrages ausgerichtet ist und gleichzeitig die Leistung auf die Obligation durch die Gestaltungserklärung in eine Einlage umwandelt wird. Das Umtauschrecht einer Wandelanleihe ist heute nach der absolut überwiegenden Meinung damit eine Ersetzungsbefugnis (facultas alternativa) des Gläubigers.61 Bei der Optionsanleihe ist die Qualifizierung einfacher. Die Optionsanleihe kombiniert zwar ebenfalls eine Schuldverschreibung mit einem Aktien59 So
S. 4.
Holzheimer, WM 1986, S. 1169, 1169; Koch/Vogel, BB 1986, Beilage 10,
60 Heute ganz h. M., vgl. hierzu statt vieler: BGH WM 1959, S. 434, 436; BGH ZIP 1992, S. 1542, 1543; BGHZ 119, 305, 309 = BGH NJW 1993, S. 57, 58 („Klöckner“ – allgemeine Aussage, dass mitgliedschaftliche Beteiligungen an Aktiengesellschaften nur durch Gewährung von Aktien und nicht etwa Genussrechten möglich sind); KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 3, 148; MüKo/ Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 2, 27 f.; Casper, Optionsvertrag, § 12, S. 331 f.; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 5, 56 f.; Schumann, S. 27 f.; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 21; im Übrigen a. a. O. (vgl. Fußnote 57). 61 Vgl. statt vieler: Hueck, DB 1963, S. 1347; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 94 (ex tunc); Schumann, S. 31; Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 221, Rn. 207; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 6 f. (m. w. N.); MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 30, 225 ff.; Casper, Optionsvertrag, § 12, S. 327; Meyer, BB 1955, S. 549, 549; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 10; wohl auch Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 2; ausführlich hierzu auch Prosser, S. 40 ff., 84 ff. Früher wurde u. a. auch die Einordnung als Wahlschuld i. S. d. § 262 BGB oder eines Tauschvertrages i. S. d. § 480 BGB vertreten; vgl. etwa: Rusch, S. 44; Geor gakopoulos, ZHR 120 (1957), S. 85, 131 ff.
VII. Wirtschaftliche Natur49
bezugsrecht, aber diese beiden Rechte sind voneinander völlig unabhängig und beeinflussen sich nicht. Sie stehen nicht in einem Alternativverhältnis, sondern werden kumulativ eingeräumt. Je nach Ausgestaltung kann das Optionsrecht sogar von der Schuldverschreibung abgetrennt werden. Die Ausübung des Bezugsrechts hat damit keinerlei Auswirkungen auf die Schuldverschreibung. Das Bezugsrecht einer Optionsanleihe ist daher ein „einfaches“ Angebot zum Bezug junger Aktien. Durch die Ausübung dieses Rechts kann der Gläubiger – unabhängig vom Bestand der Schuldverschreibung – einen Zeichnungsvertrag herbeiführen.62
VII. Wirtschaftliche Natur Wirtschaftlich betrachtet stellen die Wandelschuldverschreibungen hingegen eine Mischform zwischen Eigen- und Fremdfinanzierung, teilweise auch als Mezzaninefinanzierung bezeichnet, dar. I. S. d. Finanzwirtschaft bezeichnet Mezzanine-Kapital eine Mischform aus Eigenkapital und Fremdkapital. Mezzaninekapital ist in einer Bilanz bildlich zwischen dem Eigenund Fremdkapital einzuordnen.63 Die Betriebswirtschaft hat aber keine eigene Definition für das Mezzaninekapital, da es sich nicht um ein eigenständiges Finanzierungsinstrument handelt. Vielmehr ist die Bezeichnung Mezzanine ein Oberbegriff für eine Reihe von hybriden Finanzierungsinstrumenten.64 Charakteristika für Mezzanine-Kapital ist die Mischform aus Eigen- und Fremdkapital. Durch die Verknüpfung sollen die Vorteile beider Finanzierungsarten je nach Bedarf fruchtbar gemacht werden. Die unterschiedlichen Erscheinungsformen der hybriden Instrumente sind flexibel und können gut an die individuellen Bedürfnisse der Kapitalsuchenden angepasst werden, 62 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 12, 148; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 31 f., 223 f.; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 6; Haberstock/ Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 11; ausführlich hierzu auch Prosser, S. 40 ff. Schumann, S. 21 ff.; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 57, Rn. 38; a. A. Martens, AG 1989, S. 69, 73 (Qualifizierung als Gestaltungsrecht); wohl auch Casper, Optionsvertrag, § 12, S. 327 ff. (330). 63 Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker, S. 170 f.; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 92; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 28; Georgakopoulos, ZHR 120 (1957), S. 84, 87; Schumann, S. 26; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 18 II, S. 520; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 18. 64 Mezzanine-Finanzierungsinstrumente sind vor allem Vorzugsaktien, Gesellschafterdarlehen, atypisch stille Beteiligungen, typisch stille Beteiligungen, partiarische Darlehen, Nachrangdarlehen, Hochzinsanleihe, Schuldscheindarlehen, Genussrechte und schließlich die hier behandelten Wandelschuldverschreibungen, vgl. Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker, S. 173 ff.
50
B. Grundsätzliches zu den Wandelschuldverschreibungen i.w.S.
indem durch eine entsprechende vertragliche Gestaltung Merkmale der Eigenkapital- und der Fremdkapitalfinanzierung kombiniert werden können.65 1. Wesentliche Merkmale des Fremdkapitals • Kreditgeber erwerben durch Kapitalüberlassung keine Gesellschafterstellung. • Kreditgeber haften nicht für Verluste und andere Verbindlichkeiten des Unternehmens. • Kreditgebern stehen keine Verwaltungsrechte zu. • Kreditgeber haben Anspruch auf Zinszahlungen (keine Gewinnbeteiligung). • Kreditlaufzeit ist befristet. Am Ende muss der Nominalbetrag getilgt sein. • Die Ansprüche der Gläubiger werden vor denen der Eigenkapitalgeber befriedigt. 2. Wesentliche Merkmale des Eigenkapitals • Eigenkapitalgeber haben Anspruch auf eine Beteiligung am Gewinn oder werden bei Liquidation abgefunden (Gesellschafterstellung). • Eigenkapitalgeber haben Einfluss auf die Geschäftsleitung. Sie haben Verwaltungsrechte. • Eigenkapitalgeber können für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften. • Eigenkapitalgeber stellen ihr Kapital unbefristet zur Verfügung. • Eigenkapital ist fest gebunden. 3. Wesentliche Merkmale der meisten Mezzanine-Finanzierungsinstrumente • Mezzanine-Kapital ist nachrangig gegenüber Fremdkapital und vorrangig gegenüber Eigenkapital. • Mezzanine-Kapitalgeber besitzen kein Mitsprache- oder Verwaltungsrecht. • Mezzanine-Kapital wird nur befristet zur Verfügung gestellt. 65 Zu den wesentlichen Merkmalen der beiden Finanzierungsformen vgl. Wöhe/ Bilstein/Ernst/Häcker, S. 171 ff.; Zantow/Dinauer, S. 44 ff.; vgl. auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 18 II, S. 515 ff.
VII. Wirtschaftliche Natur
51
• Es wird eine steuerliche Abzugsfähigkeit der Zinszahlungen als Betriebsausgaben angestrebt. • Die Cashflows der Unternehmen werden während der Laufzeit der Mezzanine geschont, da die Tilgung i. d. R. erst am Ende der Laufzeit erfolgt. Der hybride Charakter kann bei den Wandelschuldverschreibungen auf verschiedene Weise in Erscheinung treten: Bei der Wandelanleihe wird das zugeführte Fremdkapital beispielsweise mit der Wandlung in eine Aktionärseinlage, also in Eigenkapital, gewandelt. Besonders deutlich wird der hybride Charakter bei der Pflichtwandelanleihe, wenn der Gläubiger zum Umtausch gegen Aktien nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet ist. Weiterhin kommt der Mischcharakter dadurch zum Vorschein, dass die für das Wandlungsrecht erzielten Erlöse gem. § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB in die gesetzliche Kapitalrücklage einzustellen und damit als Eigenkapital auszuweisen sind.66 Bei der Optionsanleihe ist die Trennung zwischen Eigen- und Fremdkapital strikter. Der Auszahlungsbetrag aus der Schuldverschreibung ist stets den Verbindlichkeiten zuzuordnen. Erst nach der Ausübung des Bezugsrechts wird die zusätzlich geleistete Einlage beim Eigenkapital verbucht. Wie bei der Wandelanleihe muss die eingenommene Wandlungsprämie gem. § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB in die Kapitalrücklagen eingestellt werden.
66 Statt vieler: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 191; MüKo/ Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 28, 327 ff.; Schumann, S. 26.
C. Entstehung und Übertragung Zur Entstehung einer Wandelschuldverschreibung als Wertpapier ist lediglich ein Begebungsvertrag zwischen der Aktiengesellschaft, vertreten durch den Vorstand, und dem Zeichner der Wandelobligation erforderlich. Dem Begebungsvertrag vorangehen muss die Verbriefung der Ansprüche. Mit der Aushändigung des Papiers wird grundsätzlich der Begebungsvertrag geschlossen. Die Rechte und Pflichten der Parteien aus der Wandelschuldverschreibung entstehen erst mit der Ausgabe dieses Wertpapiers und dem damit vereinbarten Begebungsvertrag. Der Begebungsvertrag ist somit die einzig notwendige Voraussetzung für die Entstehung einer Wandelobliga tion.67 Von der Einhaltung der besonderen verbandsinternen, aktienrechtlichen Erfordernisse ist der Erwerb des Rechts dagegen nicht abhängig. Die Anleihe entsteht demnach unabhängig davon, ob die nach § 221 AktG erforderliche Beteiligung der Hauptversammlung vorliegt oder ob eine Absicherung der Bezugsrechte durch eine Kapitalerhöhung eingeräumt wurde. Auch die Missachtung der in § 221 Abs. 2 S. 2 und 3 AktG geregelten Publizitätspflichten steht dem Erwerb des Rechts nicht entgegen. Weiterhin entsteht das Recht auch dann in der Person des Zeichners, wenn bei der Ausgabe das gesetzliche Bezugsrecht der Aktionäre aus § 221 Abs. 4 AktG verletzt wird.68 Demnach sind alle vom Gesetz aufgestellten Erfordernisse keine notwendigen Voraussetzungen für die Entstehung oder die Wirksamkeit einer Wan67 So die heute herrschende Vertragstheorie, die durch die Rechtsscheintheorie ergänzt wird: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 113; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 128 f.; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 48; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 199; MüKo/Habersack, BGB, Vor § 793, Rn. 22; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 43, 120; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 84 f.; zu den einzelnen Wertpapierrechtstheorien: Hueck/Canaris, WPR, § 3, S. 27 ff.; Meyer-Cording/Drygala, Wertpapierrecht, S. 29 ff. 68 Vgl. hierzu: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 114; ders., FS Kastner, S. 257 f.; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 200, 150; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 129; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 43, 42; Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 221, Rn. 133; Schilling, in: Großkomm, AktG, 3. Aufl., § 221, Anm. 16; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 19, 52; ders., ZHR 161 (1997), S. 214, 224 f.; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 57; Gallego Sánchez, S. 55 f.; Groß, AG 1991, S. 201, 205.
I. Verbriefung
53
delschuldverschreibung. Diese Erfordernisse stellen vielmehr reine Obliegenheiten dar, die Vorstand und Aufsichtsrat vor der Ausgabe von Wandelobligationen einhalten sollten, um eine spätere Haftung (vgl. §§ 93, 116 AktG) zu vermeiden.69
I. Verbriefung Die Wandelschuldverschreibung bedarf nach § 793 BGB der Verbriefung und wird i. d. R. als Inhaberschuldpapier emittiert. Die Regelungen des § 221 AktG finden aber auch dann Anwendung, wenn die Gesellschaft anstatt einer Inhaberschuldverschreibung die Verbriefung als Order- oder Namenspapier vornimmt.70 Die Verbriefung erfolgt heute aufgrund der vielen Vorteile sowie zur Rationalisierung des Effektenverkehrs überwiegend durch eine Globalurkunde i. S. d. § 9 a Abs. 1 DepotG.71 Stets stellt der Vorstand die Urkunde als Vertretungsorgan der Aktiengesellschaft aus. Nach § 793 Abs. 2 S. 2 BGB genügt eine im Wege der mechanischen Vervielfältigung hergestellte Namensunterschrift. Die Verbriefung umfasst nicht nur die Schuldverschreibung, sondern auch das Umtausch- oder Optionsrecht. Bei der Wandelanleihe besteht ein notwendiger Zusammenhang zwischen dem Recht aus der Schuldverschreibung und dem Umtauschrecht, es kommt daher nur eine gemeinsame Verbriefung in Betracht. Bei der Optionsanleihe ist es dagegen Sache des Emittenten, ob er Zahlungsanspruch und Optionsrecht untrennbar in einer Urkunde verbrieft oder ob er ein mit der Haupturkunde äußerlich verbundenes, aber abtrennbares und selbstständig übertragbares Optionsrecht ausgibt.72
69 Vgl. zur Haftung etwa: Lutter, in FS Kastner, S. 258 f.; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 114; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 151; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 52; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 57; im Übrigen a. a. O. (vgl. Fußnote 68). 70 Vgl. hierzu bereits die Ausführungen unter dem Punkt: Wertpapierrechtliche Aspekte der Wandelschuldverschreibungen auf S. 35 f. 71 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 203; MüKo/Habersack, BGB, Vor § 793, Rn. 33; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 120; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 90 (zu den Genussrechten); Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 87; Scherer/Martin, in: Scherer, DepotG, § 9a, Rn. 24 ff.; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 132; vgl. allgemein zur Globalurkunde und deren Verfügung: Habersack/Mayer, WM 2000, S. 1678 ff.; Horn, WM 2002, Beilage 2, S. 15 f.; Scherer/Martin, in: Scherer, DepotG, § 9a, Rn. 24 ff. 72 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 203; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 48; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 120; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 133.
54
C. Entstehung und Übertragung
II. Übertragung und Belastung Wandelschuldverschreibungen sind übertragbar und belastbar. Die Übertragung erfolgt nach wertpapierrechtlichen Grundsätzen, also durch Übertragung der Rechte am Papier. Die Übertragung der Rechte am Papier richtet sich wiederum nach der Art der Verbriefung der Wandelobligationen als Inhaber-, Order- oder Namenspapier. Ist der Titel in einem Inhaberpapier verbrieft, so kann eine Übertragung nur nach Maßgabe der §§ 929 ff. BGB erfolgen. Eine Belastung würde sich nach den §§ 1030 ff. i. V. m. § 1081 BGB (Nießbrauch), 1204 ff. i. V. m. § 1293 BGB (Verpfändung) richten. Bei Orderpapieren ist für eine Übertragung zusätzlich zur Übereignung nach den §§ 929 ff. BGB ein Indossament erforderlich. Die Verpfändung richtet sich nach den §§ 1274 ff. i. V. m. 1292 BGB und die Bestellung eines Nießbrauchs nach den §§ 1030 ff. i. V. m. § 1081 BGB. Anstelle der sachenrechtlichen Übertragung wäre auch eine Verfügung des verbrieften Rechts durch Abtretung gem. §§ 398 ff. BGB theoretisch denkbar. Aufgrund des fehlenden Gutglaubensschutzes ist diese Alternative aber nicht praktikabel. Bei Rektapapieren kommen überhaupt nur Verfügungen über das verbriefte Recht in Betracht. Es finden somit immer die Vorschriften über Verfügungen von Rechten Anwendung (§§ 398 ff., 1068 ff., 1273 ff. BGB).73 Bezüglich der Verfügungen kann noch weiter zwischen den Wandelanleihen und Optionsanleihen differenziert werden. Bei Wandelanleihen sowie Optionsanleihen mit nicht abtrennbaren Bezugsrechten kann eine Verfügung nur über die gesamte Wandelobligation vorgenommen werden. Bei abtrennbaren Optionsrechten sind hingegen selbstständige Übertragungen über das abgetrennte Optionsrecht sowie über die Schuldverschreibung möglich. Die Verfügungen über die einzelnen Wertpapiere richten sich auch hier danach, ob es sich um ein Inhaber-, Order- oder Rektapapier handelt.74
73 Vgl. hierzu: Hüffer, AktG, § 221, Rn. 53; MüKo/Habersack, BGB, Bd. 5, Vor § 793, Rn. 15 f.; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 210; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 105; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 116; Marburger, in: Staudinger, BGB, § 793, Rn. 19, Vor § 793, Rn. 6 ff. 69, 77, Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 121; Gallego Sánchez, S. 62; Palandt/Thomas, Vor § 793, Rn. 3, 2 ff.; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 140. 74 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 211; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 105; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 55, 6; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 122, 120; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 91.
III. Börsenzulassung und Handel mit Wandelschuldverschreibungen
55
III. Börsenzulassung und Handel mit Wandelschuldverschreibungen Wandelschuldverschreibungen sind börsenfähig und können unter den Voraussetzungen der §§ 32 ff. BörsG zum Börsenhandel im regulierten Markt oder gem. § 48 BörsG im Freiverkehr zugelassen werden. Das gleiche gilt für abgetrennte Optionsscheine.75 Aufgrund der rapide steigenden Relevanz und der kontinuierlichen Entwicklung der Optionsscheine sind seit Beginn der 90er Jahre einige Streitigkeiten über die Qualifikation der Optionsscheine als Börsentermingeschäfte entfacht. Früher hatte diese Einordnung weitreichende Folgen.76 Viele Gesetzesnovellen, die überwiegend auf europäischen Richtlinien beruhten, führten aber im Laufe der Zeit zu einer fortlaufenden Abschwächung der zur Debatte stehenden Konsequenzen. So existierte bis 1989 für private Anleger fast keine Möglichkeit wirksame Börsentermingeschäfte abzuschließen. Bis dato waren Börsentermingeschäfte, die von privaten Anlegern abgeschlossen wurden, unklagbar und auch unverbindlich, wenn sie darüber hinaus auch noch ein Differenzgeschäft waren. Der Anlegerschutz war zu Beginn als Zwei-Stufen-Modell ausgestaltet (Termin- und Differenzeinwand). Durch die Börsenrechtsnovelle im Jahre 1989 konnte erstmals auch die Börsentermingeschäftsfähigkeit von privaten Anlegern durch eine standardisierte Informationspflicht hergestellt werden, so dass der Anlegerkreis erheblich erweitert wurde.77 Die Folge war, dass sich eine differenzierende Meinungsvielfalt über die Qualifikation von Optionsscheinen als Börsentermin und Differenzgeschäfte entwickelte, wobei die von Optionsanleihen abgetrennten Optionsscheine nicht als Börsentermingeschäfte eingestuft wurden.78 Im Jahre 2002 wurde dann durch das 4. Finanzmarktförderungsgesetz das Modell einer besonderen Termingeschäftsfähigkeit aufgegeben, indem der Termin- und Differenzeinwand fast vollständig abgeschafft und die Regelungen vom BörsG in das WpHG verschoben wurden (vgl. § 37e WpHG). Im Gegenzug wurden umfassendere Informationspflichten geregelt (§§ 31 ff. WpHG), deren Verletzungen anstatt des Termineinwands nun eine Schadensersatzpflicht auslös75 Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 106; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 212; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 55; Kerber, S. 143 ff., 150; Gallego Sánchez, S. 49; Schlitt/Hemeling, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 10, Rn. 75 ff. 76 Zum Überblick: Drygala, ZHR 159 (1995), S. 686, 686 ff. 77 Mülbert/Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., Vor § 37e, Rn. 8; Jung, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 37e und 37g, Rn. 1. 78 BGHZ 114, 177 ff. = BGH WM 1991, S. 982– 984; zum Überblick: Drygala, ZHR 159 (1995), S. 686, 686 ff.; Tilp, DB 1989, S. 2365, 2368 ff.
56
C. Entstehung und Übertragung
ten. Das Anlegerschutzmodell war seit diesem Zeitpunkt nur noch einstufig durch einen Schadensersatzanspruch ausgestaltet. Geprägt war dieses System durch ein paralleles Nebeneinander verschiedener Informationspflichten, welche auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen beruhten und ebenso eine unterschiedliche Reichweite hatten.79 Die allgemeinen Verhaltenspflichten der §§ 31 ff. WpHG finden seitdem auch auf die Finanztermingeschäfte umfassende Anwendung. Zusätzlich bestand weiterhin die standardisierte Risikounterrichtungspflicht des § 37d WpHG, um die Finanztermingeschäftsfähigkeit von Verbrauchern herzustellen. Schließlich wurde mit dem FRUG im Jahre 2007 die standardisierte Informationspflicht wieder aufgehoben, da durch die Finanzmarktrichtlinie den Wertpapierdienstleistungsunternehmen bereits umfassende und erweiterte Informations- und Verhaltenspflichten auferlegt wurden, die eine ordnungsgemäße Beratung und einen angemessenen Schutz der privaten Anleger ausreichend gewährleisten.80 Neu war zudem, dass durch diese Novelle nun die Optionsscheine ausdrücklich unter die allgemeine Definition der sonstigen Wertpapiere gem. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 lit. B WpHG subsumiert werden konnten. Der Gesetzgeber hat dadurch klargestellt, dass neben den selbstständigen, auch abgetrennte Optionsscheine unter dem Begriff des Finanztermingeschäfts fallen (vgl. § 37e S. 2 WpHG). Spätestens seit diesem Zeitpunkt kann damit die differenzierende Rechtsprechung des BGH zwischen selbstständigen und unselbstständigen Optionsscheinen ad acta gelegt werden.81 Der Handel auf dem Sekundärmarkt mit abgetrennten Optionsscheinen ist nunmehr als Finanztermingeschäft zu qualifizieren. Die Wandelschuldverschreibungen selbst stellen aber wie bisher keine Finanztermingeschäfte dar, da sie nicht von der Legaldefinition des § 37e S. 2 WpHG erfasst sind.
79 Mülbert/Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., Vor § 37e, Rn. 13 ff.; zur alten Rechtslage der standardisierten Risikobelehrung: Mülbert, in: Assmann/Schneider, WpHG, 4. Aufl., § 37d, Rn. 46. 80 Mülbert/Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., Vor § 37e, Rn. 31 f. 81 Mülbert/Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, 6. Aufl., § 37e, Rn. 12; Zimmer, in: Schwark/Zimmer, KMRK, WpHG, § 37, Rdnr. 6; Jung, in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 37e und 37g, Rn. 70 ff., Fuchs, in: Fuchs, WpHG, § 2, Rn. 29; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 106.
D. Verbandsinterne aktienrechtliche Erfordernisse Wie oben dargelegt wurde, ist nach der herrschenden Wertpapierrechtstheorie (Vertragstheorie mit Ergänzung der Rechtsscheintheorie) für die Entstehung einer Wandelschuldverschreibung lediglich ein Begebungsvertrag zwischen der Aktiengesellschaft und dem Gläubiger notwendig. Dieser Begebungsvertrag wird meist mit der Ausgabe der Wandelschuldverschreibung geschlossen. Dies allein reicht für die wirksame Entstehung einer Wandelschuldverschreibung samt ihrer Rechte und Pflichten aus.82 Dennoch stellt das Aktiengesetz bestimmte aktienrechtliche Erfordernisse auf, die eingehalten werden sollten, um einen beschränkten Aktionärsschutz sicherzustellen. So soll etwa gem. § 221 AktG die Hauptversammlung durch einen Beschluss beteiligt werden. Zudem sollte eine Absicherung der Bezugsrechte durch eine Kapitalerhöhung, welche von der Hauptversammlung beschlossen wird, erfolgen. Weiterhin werden in § 221 Abs. 2 S. 2 und 3 AktG bestimmte Publizitätspflichten auferlegt und den Aktionären in § 221 Abs. 4 AktG ein gesetzliches Bezugsrecht auf die Wandelschuldverschreibungen eingeräumt. Letztendlich ist es aber so, dass auch ohne die Einhaltung dieser Erfordernisse die Wandelschuldverschreibungen entstehen, da die einzig notwendige Voraussetzung der Begebungsvertrag ist.83 Für diese Auslegung spricht auch der Wortlaut des § 221 Abs. 1 AktG, dem zufolge nur das „Dürfen“, nicht dagegen das „Können“ des Vorstands beschränkt ist.84 Die Anforderungen des § 221 AktG sind daher keine Wirksamkeits- oder Entstehungserfordernisse. Zwar besteht dadurch eine gewaltige Lücke im Aktionärsschutz, aber im Interesse eines funktionierenden Kapitalmarktes muss dieser Nachteil so hingenommen werden. Ein Handel dieser Papiere auf dem Kapitalmarkt könnte nicht funktionieren, wenn interne Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands auf die ausgegebenen Finanztitel durchschlagen würden.85 82 A. a. O. (vgl. Fußnote 67); vgl. hierzu die Ausführungen unter dem Punkt: Entstehung und Übertragung auf S. 52 f. 83 A. a. O. (vgl. Fußnote 82). 84 In dem Aktiengesetz in der Fassung aus dem Jahre 1937 war in § 174 AktG dagegen noch von „Können“ die Rede. Vgl. KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 114; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 150; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 57. 85 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 150.
58
D. Verbandsinterne aktienrechtliche Erfordernisse
Nichtsdestotrotz führen die aktienrechtlichen Erfordernisse aber doch zu einem mittelbaren Aktionärsschutz. Dieser Schutz wird dadurch erreicht, dass der Vorstand und der Aufsichtsrat bei einem Verstoß gegen obige verbandsinterne Regelungen der Gesellschaft gegenüber gem. §§ 93 Abs. 2, 116 AktG zum Schadensersatz verpflichtet sein können. Diese Erfordernisse stellen für Vorstand und Aufsichtsrat damit Obliegenheiten dar, die beide Organe vor der Ausgabe von Wandelobligationen einhalten sollten, um eine spätere Haftung zu vermeiden. Aufgrund der potentiellen Haftungsgefahr werden es Vorstand und Aufsichtsrat daher tunlichst vermeiden, etwa ohne Zustimmung der Hauptversammlung im Namen der Gesellschaft Wandelobligationen zu emittieren. Einzelheiten zu den verbandsinternen Erfordernissen folgen nun im Anschluss:
I. Hauptversammlungsbeschluss Die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen obliegt als Maßnahme der Geschäftsführung dem Vorstand. Weil die Ausgabe dieser Finanzierungsinstrumente aber auch die mitgliedschaftlichen Rechte der Aktionäre berührt, darf sie gem. § 221 AktG nur auf Grund eines Hauptversammlungsbeschlusses erfolgen. Es sind die Verantwortungsbereiche beider Sphären tangiert, so dass durch § 221 AktG indirekt bestimmt ist, dass die Verwaltung und Hauptversammlung zusammenwirken müssen, denn der Vorstand darf die Entscheidung über die Ausgabe nicht ohne Einwilligung oder Zustimmung der Hauptversammlung vollziehen.86 Im Rahmen des § 221 AktG ist zwischen dem Zustimmungsbeschluss (§ 221 Abs. 1 AktG) und dem in § 221 Abs. 2 AktG geregelten Ermächtigungsbeschluss zu differenzieren. Nach letzteren kann die Ausgabe auch auf der Grundlage einer Ermächtigung des Vorstands, die auf max. fünf Jahre befristet ist, durch die Hauptversammlung erfolgen. Der Zustimmungsbeschluss nach § 221 Abs. 1 S. 1 AktG verpflichtet den Vorstand, der Ermächtigungsbeschluss nach § 221 Abs. 2 S. 1 AktG hingegen berechtigt ihn lediglich Wandelschuldverschreibungen auszugeben. Indem § 221 AktG die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen von der Zustimmung der Hauptversammlung abhängig macht, wird dem Umstand Rechnung getragen, dass diese Finanzierungsinstrumente in die mitgliedschaftliche Stellung der Aktionäre eingreifen können, da die Ausübung der Wandlungsrechte eine Verwässerung der Gesellschaftsanteile hervorrufen kann. Weiterhin muss berücksichtigt werden, dass es für das Ausmaß der Verwässerungen 86 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 38; Karollus, in: Geßler/ Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221, Rn. 47; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 130.
I. Hauptversammlungsbeschluss
59
entscheidend auf die konkreten Wandlungsbedingungen ankommt. Man kann in dem Zustimmungserfordernis deshalb auch ein gesetzlich vorgesehenes Mitspracherecht erkennen.87 Dieser Schutzzweck des § 221 Abs. 1 und 2 AktG muss auch bei den Wandelschuldverschreibungen uneingeschränkte Anwendung finden. Zwar können die Aktionäre – anders als bei den Gewinnschuldverschreibungen oder Genussrechten – die Bedienung der Wandel- oder Optionsgläubiger durch Ausgabe neuer Aktien dadurch vereiteln, dass sie die hierfür erforderliche Kapitalerhöhung verweigern. Tatsächlich sind Aktionäre in ihrer Entscheidungsfreiheit aber sehr eingeschränkt, denn bei Nichterfüllung der Bezugszusagen drohen der Emittentin Schadensersatzpflichten, die das Vermögen der Gesellschaft und damit zugleich den Wert der Aktien mindern. Eine Verweigerung der Kapitalerhöhung würde die Aktionäre letztlich nur mehr schädigen, da der Wertverlust der Schadensersatzpflichten mit all den Nebenkosten wohl größer sein wird, als der reine Wertverlust bei der Ausgabe der neuen Aktien. Die Aktionäre haben also nur die Wahl, entweder diese Haftung in Kauf zu nehmen oder aber die Haftung dadurch zu vermeiden, dass sie der bedingten Kapitalerhöhung oder bei Fälligkeit der Wandel- bzw. Optionsanleihe zumindest einer Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss doch zustimmen. Mit Blick auf diesen faktischen Druck auf die Aktionäre bietet das für die anschließende Kapitalerhöhung vorgesehene Zustimmungserfordernis keinen adäquaten Schutz. Der Schutzzweck des § 221 Abs. 1 und 2 AktG greift damit auch bei den Wandelschuldverschreibungen.88 1. Inhalt des Beschlusses Der Beschluss der Hauptversammlung nach § 221 Abs. 1 und 2 AktG beinhaltet keine Satzungsänderung. Er erschöpft sich vielmehr darin, dem Vorstand die Ausgabe des Finanztitels zu gestatten. Eine Änderung der Grundlagen (des Kapitals) der Gesellschaft ist mit ihm nicht verbunden. Der Hauptversammlungsbeschluss bezieht sich allein auf die Ausgabe von Finanztiteln i. S. d. § 221 AktG, so dass er nur die Geschäftsführungsmaßnahme des Vorstands billigt.89 87 Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221, Rn. 47; MüKo/ Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 131 (für den Ermächtigungsbeschluss des § 221 Abs. 2 AktG gilt dies allerdings nur unter Vorbehalt). 88 Vgl. hierzu: Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221, Rn. 47; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 131; Lutter, FS Kastner, S. 257; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 9. 89 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 132; Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221, Rn. 49; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 20;
60
D. Verbandsinterne aktienrechtliche Erfordernisse
a) Notwendiger und fakultativer Inhalt des Hauptversammlungsbeschlusses Das Erfordernis des Hauptversammlungsbeschlusses hat u. a. den Zweck, den Aktionären eine Kontrolle der Anleihebedingungen, insbesondere der Wandlungskonditionen, zu ermöglichen. Da das Gesetz keine konkreten Angaben zum Inhalt des Beschlusses vorschreibt, kann dieser Zweck nur erreicht werden, wenn aus dem Beschluss ein bestimmter Mindestinhalt ersichtlich ist. aa) Zustimmungsbeschluss gem. § 221 Abs. 1 S. 1 AktG Bei einer Zustimmung zu einem konkreten Emissionsvorhaben nach § 221 Abs. 1 AktG können Angaben leichter vollzogen werden. Dem Zustimmungsbeschluss müssen sich zumindest die Art des Finanzinstruments und der Gesamtnennbetrag der auszugebenden Wandelschuldverschreibung entnehmen lassen. Außerdem ist zu verlangen, dass der Inhalt des den Gläubigern einzuräumenden aktionärstypischen Rechts zumindest in den wesentlichen Grundzügen dargelegt und auch zum Beschlussinhalt gemacht wird. Weiterhin muss aus dem Beschluss selbst erkennbar sein, ob es sich um eine Verpflichtung zu einem konkreten Vorhaben handelt (Zustimmungsbe schluss).90 Bei Wandelschuldverschreibungen müssen nach der überwiegenden Ansicht auch der Wandlungspreis der Bezugsaktien oder die Grundlagen, nach denen dieser Betrag errechnet wird, sowie das Wandlungsverhältnis angegeben werden.91 Im Übrigen gehört die Ausgestaltung der Anleihebedingungen zum fakultativen Inhalt des Beschlusses. KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 38, 42; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 9. 90 Vgl. hierzu: MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 139; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 24 ff.; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 10; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 630, Rn. 11; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 59; Haberstock/ Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 52; Groß, in: Happ, Aktienrecht, 12.04, Rn. 6. 91 Für eine Angabepflicht der wesentlichen Bedingungen: MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 139; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 630, Rn. 11; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 52; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 59; Groß, in: Happ, Aktienrecht, 12.04, Rn. 6; Lutter/Drygala, FS Claussen 1997, S. 261, 273; a. A. Hüffer, AktG, § 221, Rn. 10; wohl auch Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 28. Welche Anforderung hierzu im Einzelnen genügen, ist wohl seit dem ARUG vom Gesetzgeber entschieden worden. So ist für diesen Fall § 193 Abs. 2 Nr. 3 entsprechend heranzuziehen. Ein Mindestausgabebetrag genügt insoweit. Vgl. hierzu auch Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 52, 61.
I. Hauptversammlungsbeschluss61
bb) Ermächtigungsbeschluss gem. § 221 Abs. 2 S. 1 AktG In den Fällen des § 221 Abs. 2 AktG steht es der Hauptversammlung frei, die Einzelheiten der in Erwägung gezogenen Emission in den Beschluss fakultativ aufzunehmen und den Vorstand insoweit zu binden. Sie kann dem Vorstand daher auch einen entsprechenden Freiraum einräumen. So kann anders als beim Zustimmungsbeschluss die Festlegung der Bezugskonditionen, insbesondere des Wandlungsverhältnisses, dem Vorstand überlassen werden.92 Davon zu unterscheiden ist wieder die Frage nach dem notwendigen Inhalt des Ermächtigungsbeschlusses. Hierzu zählen neben der in § 221 Abs. 2 S. 1 AktG ausdrücklich genannten Befristung auch die Art des Finanztitels und die Ermächtigung des Vorstands zu Ausgabe. Darüber hinaus muss der Ermächtigungsbeschluss auch den Gesamtnennbetrag der auszugebenden Anleihe oder zumindest einen entsprechenden Höchstbetrag angeben. Fehlt eine der Mindestangaben, so ist der Ermächtigungsbeschluss nach § 241 Nr. 3 AktG nichtig.93 b) Zeitliche Begrenzung des Beschlusses aa) Ermächtigungsbeschluss gem. § 221 Abs. 2 S. 1 AktG Die Hauptversammlung kann nach § 221 Abs. 2 S. 1 AktG eine Ermächtigung für höchstens fünf Jahre erteilen. Mit dieser auf Art. 25 Abs. 2 S. 3 und Abs. 4 der Kapitalrichtlinie zurückgehenden und mit § 202 Abs. 1 AktG übereinstimmenden Vorschrift soll verhindert werden, dass die Mitwirkungskompetenz der Hauptversammlung durch allzu langfristige Vorratsermächtigungen ausgehöhlt wird.94 Dadurch wird sichergestellt, dass die Hauptversammlung die Möglichkeit hat, spätestens nach fünf Jahren neu zu entscheiden, um gegebenenfalls auf geänderte Verhältnisse reagieren zu können. Bei der Fünfjahresfrist des § 221 Abs. 2 S. 1 AktG handelt es sich mithin um eine Höchstfrist. 92 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 155; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63 Rn. 11V; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 28; Seiler, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 221, Rn. 59; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 60 f.; Groß, in: Happ, Aktienrecht, 12.04, Rn. 6 (aus der Sicht der Praxis). 93 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 155; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63, Rn. 10; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 10; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 24 ff.; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 60 f. 94 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 78; Karollus, in: Geßler/ Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221, Rn. 53; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 156; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 62.
62
D. Verbandsinterne aktienrechtliche Erfordernisse
In jedem Fall muss der Ermächtigungsbeschluss die Frist ausdrücklich bestimmen und zwar entweder datumsmäßig oder durch Bezeichnung der Berechnungsgrundlagen. Der Lauf der gesetzlichen Höchstfrist beginnt mit der Beschlussfassung der Hauptversammlung. Zwar fehlt es insoweit an einer ausdrücklichen Regelung. Angesichts des Zwecks der gesetzlichen Höchstfrist kommt aber ein anderer Zeitpunkt nicht ernsthaft in Betracht. Insbesondere kann es nicht auf die Hinterlegung des Beschlusses oder gar auf die Bekanntmachung (§ 221 Abs. 2 S. 2 und 3 AktG) ankommen, denn sonst hätte es der Vorstand in der Hand, durch zögerliche Erfüllung der Publizitätspflichten den Zweck der Befristung zu konterkarieren. Hat der Vorstand bis zum Ablauf der Frist von der Ermächtigung keinen Gebrauch gemacht, muss er entweder eine erneute Ermächtigung einholen oder von dem Emissionsvorhaben Abstand nehmen.95 bb) Zustimmungsbeschluss gem. § 221 Abs. 1 S. 1 AktG Auch der Zustimmungsbeschluss ist zeitlich limitiert. Da die Zustimmung nach § 221 Abs. 1 AktG ein konkretes Vorhaben betrifft und gerade nicht auf Vorrat erfolgen soll, bietet es sich an, die Verpflichtung des Vorstandes ausdrücklich mit einer zügigen Durchführung der Emission zu verknüpfen.96 Führt der Vorstand die Emission nicht rasch nach erfolgter Zustimmung durch, so verletzt er eine Pflicht zur Ausgabe, da die Genehmigungswirkung der Emission nach Ablauf eines längeren Zeitraums nicht mehr wirksam ist. Die Wandelschuldverschreibung darf nicht mehr emittiert werden. Handelt der Vorstand dennoch, so ist die Rechtslage so zu behandeln, als ob gar keine Zustimmung erfolgt wäre. Die ausgegebenen Titel sind wirksam, der Vorstand haftet aber nach Maßgabe des § 93 AktG auf Schadensersatz.97
95 Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221, Rn. 54; MüKo/ Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 157; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 13; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63, Rn. 10; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 62; MüKo/Bayer, AktG, Bd. 4, § 202, Rn. 58 (zur gleichen Rechtslage beim genehmigten Kapital). 96 Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221, Rn. 56; MüKo/ Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 136; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 54. 97 Vgl. hierzu ausführlicher den Punkt: Fehlende oder fehlerhafte Zustimmung der Hauptversammlung auf S. 67; im Übrigen statt vieler: Karollus, in: Geßler/ Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221, Rn. 56; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 136, 69 f.
I. Hauptversammlungsbeschluss63
c) Keine Entscheidung über das Bezugsrecht der Aktionäre und über die Sicherung des Aktienbezugs Mit dem Zustimmungs- / Ermächtigungsbeschluss ist noch keine Entscheidung über das Bezugsrecht der Aktionäre auf die Wandelschuldverschreibungen oder die wirksame Absicherung der aus den Wandelschuldverschreibungen erwachsenden Wandlungsrechte getroffen. Das Bezugsrecht auf die Wandelobligationen besteht vielmehr explizit gemäß § 221 Abs. 4 AktG. Soll es ausgeschlossen werden, so muss dies gesondert beschlossen werden.98 Ebenso muss zur Absicherung der Wandlungsrechte eine Kapitalerhöhung durch einen gesonderten Beschluss nach §§ 192 ff. AktG oder nach §§ 202 ff. AktG durchgeführt werden.99 d) Verpflichtung zur Ausgabe Hinsichtlich der Frage, ob der Vorstand durch den Beschluss der Hauptversammlung zur Ausgabe verpflichtet wird, ist seit der Einführung des § 221 Abs. 2 AktG aufgrund der Kapitalrichtlinie zwischen der Zustimmung zu einem konkreten Vorhaben (§ 221 Abs. 1 AktG) und der „auf Vorrat“ erteilten Ermächtigung (§ 221 Abs. 2 S. 1 AktG) zu unterscheiden.100 aa) Ermächtigungsbeschluss gem. § 221 Abs. 2 S. 1 AktG Beim Ermächtigungsbeschluss scheidet schon seinem Wesen nach eine Verpflichtung des Vorstands aus. Essentiell für die Ermächtigung ist es gerade, dem Vorstand die Entscheidungsbefugnis über die Emission einer Wandelschuldverschreibung einzuräumen. Eine Verpflichtung des Vorstands würde sich mit der Ermächtigung nicht vertragen. Funktional ist die Ermächtigung mit dem genehmigten Kapital verwandt. Bittet der Vorstand also um eine Ermächtigung, so ist es auch der Vorstand, der sodann über die Ausübung der Ermächtigung entscheidet. Der Vorstand ist zwar frei, ob und wann er von der ihm erteilten Ermächtigung Gebrauch macht, entschei98 Für Einzelheiten vergleiche hierzu die Ausführungen unter Punkt: Bezugsrechtausschluss auf S. 72 ff.; Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221, Rn. 57; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 137. 99 Für Einzelheiten vergleiche hierzu die Ausführungen unter Punkt: Absicherung der Wandlungsrechte auf S. 91 ff.; Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221, Rn. 58; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 138; Haberstock/ Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 56. 100 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 39; Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221, Rn. 50; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 133; ohne Differenzierung: Hüffer, AktG, § 221, Rn. 9.
64
D. Verbandsinterne aktienrechtliche Erfordernisse
det er sich aber für die Emission, so ist er an den Inhalt der Ermächtigung gebunden. Dies gilt auch hinsichtlich des fakultativen Inhalts des Ermächtigungsbeschlusses.101 Legt also die Hauptversammlung bereits die Wandlungskonditionen fest, so ist dem Vorstand diesbezüglich jeder Gestaltungsspielraum genommen. Sollte es an entsprechenden Vorgaben der Hauptversammlung fehlen, ist durch Auslegung des Ermächtigungsbeschlusses zu ermitteln, wie weit der Gestaltungsspielraum des Vorstands reicht.102 bb) Zustimmungsbeschluss gem. § 221 Abs. 1 S. 1 AktG Dagegen ist beim Zustimmungsbeschluss zu einem konkreten Vorhaben zumindest im Grundsatz davon auszugehen, dass der Vorstand zur Ausgabe des fraglichen Finanzierungsinstruments verpflichtet ist. Hat also der Vorstand ein konkretes Emissionsvorhaben zur Zustimmung vorgelegt und fasst die Hauptversammlung den Zustimmungsbeschluss nach § 221 Abs. 1 AktG, so ist der Vorstand gebunden. Er hat die Ausgabe des Finanztitels zügig durchzuführen und darf sie nicht einfach unterlassen. Hält der Vorstand die Emission nicht mehr für zweckmäßig oder sinnvoll, so muss er grundsätzlich einen neuen Beschluss der Hauptversammlung einholen, um nicht für die Nichtdurchführung nach § 93 AktG zu haften. Die Entscheidung darüber, ob eine Verpflichtung zur Ausgabe besteht, liegt aber letztlich beim Vorstand, denn dieser ist es auch, der einen Beschluss zur Ermächtigung oder zur Zustimmung beantragt.103 Grenzen dieser Bindung ergeben sich aber neben den allgemein zu § 83 Abs. 2 AktG entwickelten Grundsätzen z. B. dann, wenn sich seit der Beschlussfassung wesentliche Umstände geändert haben oder die Gesellschaft durch die Emission offensichtlich erheblich geschädigt würde. Aus bloßen Zweckmäßigkeitserwägungen darf der Vorstand die Maßnahme allerdings nicht unterlassen.104 101 Zum fakultativen Inhalt vgl. den Punkt: Ermächtigungsbeschluss gem. § 221 Abs. 2 S. 1 AktG auf S. 61. 102 Vgl. hierzu: MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 133, 160; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 9; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63, Rn. 9; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 21; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 39 a. E.; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 55, 64; Schäfer, ZGR Sonderheft 16, S. 68 f.; Kerber, S. 32. 103 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 135; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 39; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63, Rn. 9; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 22; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 54; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 9, 47; Kerber, S. 31. 104 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 135; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 39; allgemein dazu : MüKo/Spindler, AktG, Bd. 2, § 83,
I. Hauptversammlungsbeschluss
65
2. Einberufung der Hauptversammlung und Bekanntmachung Für die Einberufung der Hauptversammlung gelten die §§ 121 ff. AktG. Da die Beschlüsse nach § 221 Abs. 1 oder 2 AktG nicht auf eine Satzungsänderung gerichtet sind, findet auf sie § 124 Abs. 2 S. 3 AktG keine Anwendung. Es genügt deshalb, dass die Bezeichnung des Beschlussgegenstandes in der Bekanntmachung der Tagesordnung den wesentlichen Inhalt des geplanten Beschlusses umreißt.105 3. Mehrheit Die in § 221 Abs. 1 S. 2–4 AktG geregelten Beschlussvoraussetzungen entsprechen im Grundsatz den in § 182 Abs. 1 und 2 AktG für die ordentliche Kapitalerhöhung festgelegten Voraussetzungen und finden auf den Zustimmungs- und Ermächtigungsbeschluss gleichermaßen Anwendung.106 § 221 Abs. 1 S. 2 AktG setzt „eine größere Mehrheit oder weitere Erfordernisse“ i. S. d. § 133 Abs. 1, 2. HS AktG voraus, da er weitergehende Erfordernisse als die einfache Stimmenmehrheit gem. § 133 Abs. 1 AktG für notwendig erachtet. Der Beschluss bedarf demnach einer Dreiviertelmehrheit des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals. Alternativ zu den gesetzlichen Anforderungen kann die Satzung eine andere Kapitalmehrheit sowie weitergehende Erfordernisse festlegen (§ 221 Abs. 1 S. 3 AktG). Existieren mehrere Aktiengattungen, so haben die Aktionäre jeder Gattung nach §§ 221 Abs. 1 S. 4 i. V. m. § 182 Abs. 2 AktG einen Sonderbeschluss zu fassen. Für diesen gelten jeweils die Mehrheitserfordernisse des § 221 Abs. 1 S. 2 und 3 AktG.107 Ein Sonderbeschluss ist auch bei der Begebung von Wandel- oder Optionsanleihen auf den Bezug von Vorzugsaktien notwendig, da in diesem Fall die Sondervorschrift des § 141 Abs. 2 AktG eingreifen würde. Denn auch i. R. d. Beschlussfassung nach § 221 AktG muss § 141 AktG entspreRn. 16 ff. (insbes. 22 f.); Habersack, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 83, Rn. 13; KölnKomm/Mertens, AktG, 2. Aufl., Bd. 2, § 93, Rn. 121. 105 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 142; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 42; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 16; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 40; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 58, 65. 106 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 153; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63, Rn. 8. 107 Vgl. hierzu auch: MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 143 f.; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 40 f.; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 14 f.; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 37, 39; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 51; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 54.
66
D. Verbandsinterne aktienrechtliche Erfordernisse
chende Anwendung finden. Anderweitig wären die Vorzugsaktionäre bei der Beschlussfassung über das bedingte oder genehmigte Kapital letztlich vor vollendete Tatsachen gestellt und damit schutzlos.108 4. Publizität Der Beschluss über die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen wird nicht in das Handelsregister eingetragen. Weder ist er eintragungsbedürftig noch eintragungsfähig.109 Mit Einfügung des § 221 Abs. 2 S. 2 und 3 AktG wurde jedoch auf andere Weise für die Publizität des Beschlusses gesorgt. Danach haben gem. § 221 Abs. 2 S. 2 AktG der Vorstand und der Vorsitzende des Aufsichtsrats den Beschluss über die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen in Ausfertigung oder notariell beglaubigter Abschrift sowie eine schriftliche Erklärung über deren Ausgabe beim Handelsregister zu hinterlegen. Zusätzlich zur Hinterlegung sieht § 221 Abs. 2 S. 3 AktG vor, dass ein Hinweis auf den Beschluss und die Erklärung nach Maßgabe des § 25 AktG in den Gesellschaftsblättern bekannt zu machen ist.110 Die Hinterlegungs- und Kundmachungspflicht gilt sowohl für die Ermächtigung als auch für die Zustimmung zu einem konkreten Vorhaben.111 Zwar könnte man zunächst aufgrund der Systematik des Gesetzes annehmen, dass sich die Publizitätspflichten auch nur auf den Ermächtigungsbeschluss beziehen, denn § 221 Abs. 2 S. 2 und 3 AktG schließt sich unmittelbar nur an die Regelung des Ermächtigungsbeschlusses in § 221 Abs. 2 S. 1 AktG an. Aber der Wortlaut des § 221 Abs. 2 S. 2 AktG, der allgemein von dem „Beschluss“ spricht, bekräftigt die enge systematische Auslegung nicht. Auch der Sinn und Zweck der Vorschrift fordert es, die Publizitätsvorschriften auf den Zustimmungsbeschluss des § 221 Abs. 1 AktG zu er108 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 145; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 41 (diesem genügt jedoch ein Sonderbeschluss der Vorzugsaktionäre bei der Absicherung durch eine Kapitalerhöhung); a. A. Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 37. 109 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 146; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 43; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63, Rn. 12; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 20; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 41; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 55; vgl. hierzu auch Begr. RegE, BT-Drucks. 8/1678 S. 19. 110 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 146; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 20 f.; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63, Rn. 12. 111 H. M. in der Literatur: MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 148; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63, Rn. 12 (ohne Begründung); Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 41; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 55; Haberstock/ Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 80; wohl auch Hüffer, AktG, § 221, Rn. 20; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 84 f.
I. Hauptversammlungsbeschluss67
strecken. Zweck der Vorschrift ist es dem Publizitätsbedürfnis bei Vorgängen nachzukommen, die für einen längeren Zeitraum Geltung beanspruchen. Zudem besteht im Zusammenhang mit der Zustimmung zu einem konkreten Emissionsvorhaben gleichermaßen ein Publizitätsinteresse. In diesem Kontext ist insbesondere relevant, zu welchen Konditionen die Wandelschuldverschreibungen emittiert werden dürfen. Im Übrigen ergibt sich aus Art. 25 Abs. 4 der Kapitalrichtlinie, welcher durch § 221 Abs. 2 S. 2 und 3 AktG in nationales Recht umgesetzt wurde und der die Publizität allgemein für die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen verlangt, die Anwendbarkeit des § 221 Abs. 2 S. 2 und 3 AktG auch auf die Fälle des § 221 Abs. 1 AktG. Allein mit der Begründung einer europarechtskonformen Auslegung müssen sich deshalb die Publizitätsvorschriften der Ermächtigungsbeschlüsse auch auf die Zustimmungsbeschlüsse erstrecken.112 5. Fehlende oder fehlerhafte Zustimmung der Hauptversammlung Nach heute einhelliger Auffassung schränkt § 221 AktG nur die Geschäftsführungs- und nicht die Vertretungsbefugnis des Vorstandes ein, so dass ein fehlender oder fehlerhafter Hauptversammlungsbeschluss keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Wandelschuldverschreibung hat.113 Auch ohne den erforderlichen Beschluss der Hauptversammlung ausgegebene Wandelobligationen begründen damit entsprechende Verpflichtungen der Gesellschaft. Ist der Beschluss fehlerhaft, greifen die allgemeinen Regeln über die Nichtigkeit und Anfechtbarkeit (§§ 241 ff. AktG) ein. Eine Heilung gem. § 242 AktG kommt aber mangels Eintragungsfähigkeit nicht in Frage. Konsequenz eines fehlenden oder fehlerhaften Beschlusses wäre gegebenenfalls eine interne Haftung des Vorstandes sowie unter Umständen des Aufsichtsrat nach Maßgabe der §§ 93 Abs. 2, 116 AktG für den Schaden, den die Gesellschaft hieraus erleidet.114 Eine nachträgliche Enthaftung mittels Genehmigung der Hauptversammlung scheidet wegen § 93 Abs. 4 S. 3 AktG aus.115
112 Vgl.
zu dieser Begründung MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 148. (vgl. Fußnote 68). 114 Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 42; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 150 f.; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 19; 52; Gallego Sánchez, S. 55 f.; wohl auch KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 114; Kerber, S. 30. 115 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 151; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 52; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 115; Lutter, FS Kastner, S. 258 f.; a. A. Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 42. 113 A. a. O.
68
D. Verbandsinterne aktienrechtliche Erfordernisse
6. Zustimmung des Aufsichtsrats Darüber hinaus ist eine Zustimmung des Aufsichtsrats in § 221 AktG gesetzlich nicht vorgesehen. Gem. § 111 Abs. 4 S. 2 AktG kann durch die Satzung oder durch Beschluss des Aufsichtsrats selbst die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen von dessen Zustimmung abhängig gemacht werden. Dies wird von der h. M. vor allem damit begründet, dass ein derartiger Zustimmungsvorbehalt Ausfluss der Kontrollfunktion dieses Organs ist.116 Außerdem kann die Hauptversammlung, z. B. im Rahmen einer Ermächtigung gem. § 221 Abs. 2 S. 1 AktG oder einer allgemein gehal tenen Zustimmung, ein Bewilligungserfordernis des Aufsichtsrates fest legen.117 In bestimmten Fällen drängt sich das Zustimmungserfordernis des Aufsichtsrates sogar auf. Sollte etwa der Vorstand selbst zum Kreis der Bezugsberechtigten gehören (stock options), ergibt sich die Notwendigkeit einer Bewilligung des Aufsichtsrates bereits aus § 87 AktG. Nach dieser Norm hat der Aufsichtsrat bei der Vergütung des Vorstands für ein angemessenes Verhältnis Sorge zu tragen. Dieser kann aber nur für die Angemessenheit der Vorstandsvergütung sorgen, wenn ihm auch eine Einflussmöglichkeit, hier in Form eines Zustimmungsvorbehaltes, offen steht.118
II. Bezugsrecht der Aktionäre auf die Wandelschuldverschreibung Auf Wandelobligationen haben die Aktionäre der emittierenden Gesellschaft ein gesetzliches Bezugsrecht. § 221 Abs. 4 S. 2 AktG ordnet die sinngemäße Geltung des § 186 AktG an, der wiederum Inhalt und Ausschluss des Bezugsrechts auf Aktien regelt. Das Bezugsrecht des § 221 Abs. 4 AktG folgt somit im Wesentlichen den Regeln über das Bezugsrecht der Aktionäre auf Aktien. Jedem Aktionär ist ein seinem Anteil am bisherigen Grundkapital entsprechender Teil der Finanzinstrumente zuzuteilen 116 LG Frankfurt WM 1997, S. 473, 475; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 152; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 31; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 13; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 60; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 53; Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221, Rn. 71. 117 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 2, § 111, Rn. 104; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 13; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 60; wohl auch Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 53. 118 LG Frankfurt WM 1997, S. 473, 475; OLG Stuttgart DB 1998, S. 1757, 1758; OLG München DB 2002, S. 2152, 2153; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 152 (mit weiteren Beispielen); vgl. hierzu auch Lutter, ZIP 1997, S. 1, 7 (allgemein zu den stock options).
II. Bezugsrecht der Aktionäre auf die Wandelschuldverschreibung 69
(§ 186 Abs. 1 S. 1 AktG). Die Höhe des Anteils lässt sich durch das Bezugsverhältnis ausdrücken. Das nominelle Bezugsverhältnis bestimmt die Relation zum Grundkapital, wohingegen das stückmäßige Bezugsverhältnis ausdrückt, wie viele Aktien konkret zum Bezug einer Wandelschuldverschreibung berechtigen.119 Beim Bezugsrecht ist zwischen einem abstrakten (allgemeinen) Bezugsrecht und einem konkreten Bezugsanspruch der Aktionäre zu differenzieren. Ersteres ist unselbstständiger Teil der Mitgliedschaft und existiert unabhängig von einem konkreten Emissionsvorhaben. Es hat den Charakter eines nicht von der Mitgliedschaft abspaltbaren Stammrechts. Der daraus erwachsende, selbstständig übertragbare konkrete Bezugsanspruch bezieht sich dagegen auf ein konkretes Emissionsvorhaben und entsteht mit der Wirksamkeit des Hauptversammlungsbeschlusses.120 Die Entstehung des Bezugsrechts auf Wandelschuldverschreibungen setzt somit nicht voraus, dass bereits über die Kapitalerhöhung, beispielsweise durch ein bedingtes Kapital, Beschluss gefasst worden ist oder gar die Mitgliedschaften durch Eintragung des Beschlusses über die bedingte Kapitalerhöhung zur Verfügung gestellt sind.121 § 221 Abs. 4 AktG spricht das Bezugsrecht nur den Aktionären der Gesellschaft zu. Bezugsberechtigt sind somit die Aktionäre der emittierenden Gesellschaft. In den Fällen der Drittemission steht das Bezugsrecht aber den Aktionären der von den Optionsrechten betroffenen Gesellschaft zu. Bezugsberechtigt sind damit immer nur die Aktionäre und nicht die Wandelobligationäre.122
119 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 161, 165; Merkt, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, § 221, Rn. 94; vgl. zum Bezugsrecht ausführlich die Ausführungen unter Punkt: Bezugsverhältnis für Wandelschuldverschreibungen auf S. 134 ff. 120 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 166 (mit erläuternden Beispiel); Hüffer, AktG, § 221, Rn. 38; MüKo/Peifer, AktG, Bd. 4, § 186, Rn. 20; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 56. 121 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 166; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 186, Rn. 10; a. A. Hüffer, AktG, § 221, Rn. 38; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 96. 122 Allgemeine Ansicht, vgl. statt vieler: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 46; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 164; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 38; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 95; eingehende rechtspolitische Kritik hierzu: Kerber, S. 40 ff., 95 f. Zum französischen und belgischen Recht, das jeweils ein Bezugsrecht der Wandlungs- oder Optionsberechtigten auf neue Wandel- oder Optionsanleihen vorsieht, vgl. Hirte WM 1994, S. 321, 322.
70
D. Verbandsinterne aktienrechtliche Erfordernisse
1. Zweck und Anwendungsbereich Das Gesetz schreibt ein Bezugsrecht der Aktionäre auf Wandelschuldverschreibungen vor, weil diese Finanzierungsinstrumente mittelbar aktionärstypische Rechte begründen können und deshalb mit den mitgliedschaft lichen Rechten der Aktionäre konkurrieren. Wandel- und Optionsanleihen verschaffen dem Gläubiger ein Recht zum Erwerb junger Aktien. Durch die Ausübung der Wandlungsrechte können die bisherigen vermögens- und herrschaftsrechtlichen Beteiligungen der Altaktionäre verwässern, wenn diese Wertpapiere an Dritte ausgegeben werden. Das Bezugsrecht soll für genau diese potentielle Verwässerung einen Ausgleich darstellen. Es setzt deshalb bereits bei der Emission der Wandelschuldverschreibungen an und vermittelt das Bezugsrecht an die bisherigen Aktionäre (§ 221 Abs. 4 AktG). Diese sollen die Möglichkeit haben, die durch die Wandelobligationen verbrieften Bezugsrechte auf Aktien selbst zu erwerben, damit sie ihre Beteiligungsverhältnisse aufrecht erhalten können. Bedeutsam ist dies vor dem Hintergrund, dass zur Absicherung der Wandlungsrechte grundsätzlich eine Kapitalerhöhung erfolgt, bei der das Bezugsrecht der Aktionäre auf die jungen Aktien ausgeschlossen werden muss.123 2. Schutz (§ 187 AktG analog) § 187 AktG enthält für das Bezugsrecht der Aktionäre auf Aktien Schutzvorschriften, die den Vorrang dieses gesetzlichen Bezugsrechts vor vertraglichen anderen Bezugszusagen sicherstellen sollen. Durch diese Vorschrift soll die Entscheidungsbefugnis der Hauptversammlung garantiert und die Gesellschaft vor Schadensersatzansprüchen bewahrt werden.124 Obwohl § 221 Abs. 4 S. 2 AktG nicht auf § 187 AktG verweist, ist diese Schutzvorschrift auf das Bezugsrecht aus § 221 Abs. 4 S. 1 AktG entsprechend anzuwenden. Anderweitig könnte das mittelbare gesetzliche Bezugsrecht auf die jungen Aktien allzu leicht ausgehebelt werden, so dass ebenso der Teleos dieser Norm umgangen werden kann.125 Sollte die Emittentin gegenüber 123 Vgl. hierzu: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 44; MüKo/ Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 162; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 94; Casper, Optionsvertrag, § 12, S. 343. 124 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 187, Rn. 2 ff.; MüKo/Peifer, AktG, Bd. 4, § 187, Rn. 12; v. Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 187, Rn. 1; Wiedemann, in: Großkomm, AktG, § 187, Rn. 3. 125 H. M. in der Literatur: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 111; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 168 f.; MüKo/Peifer AktG, Bd. 6, § 187, Rn. 2; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 46, § 187, Rn. 2; Schumann, S. 217 f.; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63, Rn. 15; Hirte, in: Großkomm, AktG,
II. Bezugsrecht der Aktionäre auf die Wandelschuldverschreibung 71
Dritten Bezugsrechte auf Wandelobligationen zusichern, so findet auf diese Zusicherungen § 187 AktG somit volle Anwendung. Nach der heute herrschenden Literaturansicht sind derartige Bezugsrechtszusicherungen entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut des § 187 Abs. 2 AktG auch vor einem Ausgabebeschluss einer Wandelschuldverschreibung möglich. Diese rechtsgeschäftlichen Zusicherungen sind allerdings nur schwebend unwirksam, weil sie zusätzlich unter dem Vorbehalt stehen, dass der Ausgabebeschluss zustande kommt. Wird die Ausgabe der Wandelobligation dann tatsächlich festgesetzt, so findet der Vorbehalt des § 187 Abs. 1 AktG Anwendung. Die Bezugsrechtszusicherungen bestehen dann wiederum unter dem Vorbehalt des vorrangigen Bezugsrechts der Aktionäre (§ 221 Abs. 4 AktG).126 Sollte die Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung oder im Anschluss der Bezugsrechtsausschluss nicht zustande kommen, ist die Gesellschaft aufgrund des doppelten Vorbehaltes zu keinem Schadensersatz verpflichtet. Dies bedeutet allerdings nicht, dass bei Zeichnung einer Wandelschuldverschreibung unter Verletzung des Bezugsrechts der Aktionäre auf die Wandelschuldverschreibungen gem. § 221 Abs. 4 AktG kein Wandlungsrecht auf die Aktien entsteht und zudem die Anleihe gem. § 139 BGB unwirksam ist. In Frage steht nämlich nicht das Bezugsrecht auf die Aktien, sondern nur das Bezugsrecht auf die Wandelschuldverschreibungen. Der Erwerb der Anleihe und der in ihr verkörperten Rechte ist ungeachtet der Verletzung des Bezugsrechts der Aktionäre wirksam, denn genauso wie bei einer Verletzung des § 186 AktG entsteht die Mitgliedschaft dennoch wirksam in der Person des Zeichners. Die benachteiligten Aktionäre sind daher lediglich auf Schadensersatzansprüche gegen die Gesellschaft sowie gegen deren Organe verwiesen.127 4. Aufl., § 221, Rn. 153; Schilling, in: Großkomm, AktG, 3. Aufl., § 221, Rn. 19; Marsch-Barner, in: HK, AktG, § 187, Rn. 2; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 58; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 9; Merkt, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, § 221, Rn. 94; v. Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 187, Rn. 2; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 187, Rn. 9. 126 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 187, Rn. 16 ff.; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 5; Marsch-Barner, in: HK, AktG, § 187, Rn. 7; Veil, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, § 187, Rn. 9; MüKo/Peifer, AktG, Bd. 4, § 186, Rn. 12 ff.; v. Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 187, Rn. 8. 127 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 112; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 168; MüKo/Peifer, AktG, Bd. 4, § 186, Rn. 53; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 58; wohl auch Hüffer, AktG, § 221, Rn. 46; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 94; ausführlicher hierzu auch Schumann, S. 218 ff.; vgl. hierzu näher die Ausführungen zu dem lex specialis Verhältnis zwischen § 221 und § 187 AktG unter dem Punkt: Anwendbarkeit des § 187 AktG? auf S. 96 f.
72
D. Verbandsinterne aktienrechtliche Erfordernisse
III. Bezugsrechtsausschluss Das Bezugsrecht der Aktionäre auf die Wandelschuldverschreibungen kann nach § 221 Abs. 4 S. 2 AktG i. V. m. § 186 Abs. 3 und 4 AktG ganz oder teilweise ausgeschlossen werden.128 Nach diesen Vorschriften soll die Hauptversammlung grundsätzlich selbst über den Ausschluss des Bezugsrechts entscheiden und zwar entweder im Zusammenhang mit dem Zustimmungsbeschluss nach § 221 Abs. 1 S. 1 AktG oder der Erteilung einer Ermächtigung gem. § 221 Abs. 2 S. 1 AktG. Im Rahmen des Bezugsrechtsausschlusses einer Wandelobligation sind weitestgehend die Erfordernisse und Rechtsprechungsgrundsätze zum Bezugsrechtsausschluss von Aktien übertragbar.129 Ebenfalls anwendbar ist die Regelung über das mittelbare Bezugsrecht gem. § 186 Abs. 5 AktG. Eine Emission von Wandelschuldverschreibungen, die den Aktionären nur ein mittelbares Bezugsrecht einräumt, stellt daher keinen Bezugsrechtsausschluss dar. Dies gilt natürlich nur unter der Prämisse, dass die Voraussetzungen des § 186 Abs. 5 AktG erfüllt sind.130 1. Varianten des Bezugsrechtsausschlusses auf Wandelschuldverschreibungen a) Bezugsrechtsausschluss i. R. d. Zustimmungsbeschlusses Nach § 221 Abs. 4 S. 2 i. V. m. § 186 Abs. 3 S. 1 AktG kann die Hauptversammlung im Zusammenhang mit einem Zustimmungsbeschluss zu einem konkreten Emissionsvorhaben über den Ausschluss des Bezugsrechts entscheiden. Dabei besteht eine Einheit zwischen dem Zustimmungsbeschluss und der Entscheidung über das Bezugsrecht. Der Bezugsrechtsaus128 Der teilweise Ausschluss taucht in der Praxis vor allem in zwei Varianten auf. Zum einen ist es möglich für einen Teil der zu begebenden Anleihen das Bezugsrecht auszuschließen, den restlichen Teil dagegen allen Aktionären zum Bezug anzubieten. Die andere Variante ist, das Bezugsrecht für eine bestimmte Aktionärsgruppe gänzlich auszuschließen (so etwa BGHZ 120, 141 ff. = BGH NJW 1993, S. 400 ff. = „Bremer Bankverein“). Vgl. hierzu: MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 174; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 51; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 95 a. E.; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 59. 129 Für Einzelheiten sei auf die folgenden ausführlichen Erläuterungen verwiesen. 130 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 198; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 45; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 72; Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, S. 254, 260 (in Fußnote 86); MüKo/Peifer, AktG, Bd. 4, § 186, Rn. 106 ff. (ausführlich zu den Erfordernissen des mittelbaren Bezugsrechts).
III. Bezugsrechtsausschluss73
schluss muss in diesem Fall also Bestandteil des Zustimmungsbeschlusses sein (vgl. § 186 Abs. 3 S. 1 AktG).131 Eine Ermächtigung des Vorstands zur Entscheidung über den Bezugsrechtsausschluss wäre in diesem Fall nicht möglich.132 b) Bezugsrechtsausschluss i. R. d. Ermächtigungsbeschlusses Im Rahmen des § 221 Abs. 2 S. 1 AktG, also bei Ermächtigung des Vorstands zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen, kann die Hauptversammlung zwei Wege einschlagen:133 Nach § 221 Abs. 4 S. 2 i. V. m. § 186 Abs. 3 S. 1 AktG kann sie zunächst selbst unmittelbar den Ausschluss des Bezugsrechts beschließen. Der Bezugsrechtsausschluss ist dann ein Bestandteil des Ausgabebeschlusses.134 Die zweite Alternative ist, den Vorstand gem. § 221 Abs. 4 S. 2 i. V. m. § 203 Abs. 2 S. 1 AktG analog zur Entscheidung über den Ausschluss des Bezugsrechts zu ermächtigen. Problematisch ist zwar, dass § 221 Abs. 4 S. 2 AktG nur auf § 186 AktG, nicht dagegen auf § 203 Abs. 2 S. 1 AktG verweist. Gesichtspunkte, die eine unterschiedliche Beurteilung zwischen der Erhöhung des Grundkapitals und der Ausgabe von Finanzierungsinstrumenten nach § 221 AktG rechtfertigen, sind aber nicht ersichtlich. Bei der Nichtberücksichtigung des § 203 Abs. 2 AktG in § 221 Abs. 4 S. 2 AktG dürfte es sich vielmehr um ein Redaktionsversehen im Zusammenhang mit der Umsetzung der Kapitalrichtlinie handeln.135 Die entsprechen131 OLG Schleswig AG 2003, 48, 49 (1. Leitsatz); KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 88; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 40; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 172; MüKo/Peifer, AktG, Bd. 4, § 186, Rn. 60 f.; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 97; Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 221, Rn. 148; Schilling, in: Großkomm, Akt, 3. Aufl., § 221, Rn. 19; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 98 f.; a. A. Gross, AG 1991, S. 201, 204 f. 132 Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 97; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 172; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 98. 133 Vgl. hierzu: MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 173; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 95, 97; Sethe, AG 1994, S. 342, 350 f.; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 98; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 85. 134 A. a. O. (vgl. Fußnote 131); MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 173; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 97; MüKo/Bayer, AktG, Bd. 4, § 203, Rn. 87. 135 Zumindest lässt sich den Materialien nicht entnehmen, dass der deutsche Gesetzgeber bewusst von der durch Art. 29 Abs. 6 i. V. m. Abs. 5 der Kapitalrichtlinie eröffneten Möglichkeit keinen Gebrauch machen wollte (so: MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 173; OLG München, AG 1994, S. 372, 373; a. A Frey/ Hirte, ZIP 1991, S. 697, 704).
74
D. Verbandsinterne aktienrechtliche Erfordernisse
de Anwendung ist daher allgemein anerkannt.136 Konsequenterweise ist entsprechend § 204 Abs. 1 S. 2 AktG für die Entscheidung des Vorstands über den Bezugsrechtsausschluss die Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich.137 Ermächtigt die Hauptversammlung entsprechend § 203 Abs. 2 S. 1 AktG den Vorstand zur Entscheidung über den Bezugsrechtsausschluss, so ist auch diese Ermächtigung ein Bestandteil des Ermächtigungsbeschlusses über die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen gem. § 221 Abs. 2 S. 1 AktG.138 2. Materielle Erfordernisse § 221 Abs. 4 S. 2 AktG verweist bezüglich des Bezugsrechtsausschlusses auf § 186 Abs. 3 AktG. Ebenso ist, wie soeben erläutert, entsprechend § 203 Abs. 2 AktG eine Ermächtigung des Vorstandes zum Bezugsrechtsausschluss möglich. Wenn man diese beiden Normen genauer betrachtet, kann man zunächst denken, dass keinerlei materielle Erfordernisse für einen Bezugsrechtsausschluss erforderlich seien. Anfangs wurde dies von den Gerichten auch so gesehen, bis im Laufe der Zeit hierzu Schritt für Schritt eine fundierte Rechtsprechung entwickelt wurde. Diese legte den Gesellschaften eine materielle Beschlusskontrolle auf. Um zu klären, inwieweit diese sachliche Rechtfertigung eines Bezugsrechtsausschlusses auf Aktien auch i. R. d. § 221 Abs. 4 AktG Anwendung finden muss, wird diese Entwicklung im Folgenden kurz aufgezeigt.139
136 H. M.: BGH AG 2006, S. 246, 247; BGH AG 2007, S. 863, 863; LG München (I) WM 1990, S. 984, 985; OLG München AG 1991, S. 210, 211, AG 1994, S. 372, 373 (Bayrische Handelsbank); MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 173 (m. w. N. in Fußnote 466); Hüffer, AktG, § 221, Rn. 39 (m. w. N.); Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63, Rn. 16; Groß, AG 1991, 201, 202 f.; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 95; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 85; Hofmeister, NZG 2000; S. 713, 719; Sethe, AG 1994, S. 342, 350 (zu den Genussrechten); wohl auch KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 89; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 98, 100; a. A. Frey/ Hirte, ZIP 1991, S. 697, 704. 137 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 173 a. E. 138 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 89; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 173. 139 Vergleiche hierzu auch die Zusammenfassung der Rechtsprechungsentwicklung bei: Azarkan, S. 109 ff.; Lischek, Kapitel D; MüKo/Bayer, AktG, Bd. 4, § 203, Rn. 95 ff., 61.
III. Bezugsrechtsausschluss
75
a) Entstehung des Erfordernisses der sachlichen Rechtfertigung bei einem Bezugsrechtsausschluss Ursprünglich nahm das Reichsgericht tatsächlich an, dass der Ausschluss des Bezugsrechtes mit qualifizierter Mehrheit vollkommen im Ermessen der Hauptversammlung liegt.140 Erst im Victoria-Urteil von 1931 forderte das Reichsgericht als inhaltliche Voraussetzungen für den Bezugsrechtsausschluss, dass die Aktionärsmehrheit auf die Interessen der übrigen Mitglieder angemessen Rücksicht zu nehmen hat.141 25 Jahre später verlangte der BGH in der Minimax I-Entscheidung bereits „sachliche Gründe“ für einen Bezugsrechtsausschluss, damit dieser zu keinem Schaden der Gesellschaft führe. Die Minimax II-Entscheidung aus dem Jahr 1961 verschärfte mit dem Erfordernis des Gleichbehandlungsgrundsatzes nochmals den Kontrollmaßstab.142 Erst mit dem Kali & Salz-Urteil von 1978 erfolgte der große Durchbruch.143 Der BGH prägte hierbei die Formel, dass der Bezugsrechtsausschluss gem. § 186 Abs. 3 AktG zulässig ist, wenn die Aktiengesellschaft „nach vernünftigen kaufmännischen Überlegungen ein dringendes Interesse [an dem Bezugsrechtsausschluss] hat und zu erwarten ist, der damit angestrebte und allen Aktionären zugutekommende Nutzen werde den verhältnismäßigen Beteiligungsverlust und Stimmrechtsverlust der vom Bezugsrecht ausgeschlossenen Aktionäre aufwiegen“.144 In diesem Urteil wurde dem Bezugsrechtsausschluss bei allen Kapitalerhöhungen eine materielle Beschlusskontrolle auferlegt. Begründet wurde dies in erster Linie mit der mitgliedschaftlichen Treuepflicht und dem entsprechenden Eingriff in die Mitgliedschaft der Aktionäre. Seitdem muss der Bezugsrechtsausschluss immer sachlich gerechtfertigt sein. Nach „Kali & Salz“ ist dies der Fall, wenn der Ausschluss einem Zweck dient, der im Interesse der Gesellschaft liegt und zur Erreichung dieses Zwecks geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist.145 In der Holzmann-Entscheidung des BGH wurde die Notwendigkeit einer sachlichen Rechtfertigung zunächst ausdrücklich auf die Entscheidung zum 140 RGZ 68, 235, 243 ff. (Hibernia-Urteil), RGZ 105, 373, 375 f.; RGZ 118, 67, 71 (begrenzt durch die Verbote sittenwidriger Rechtsgeschäfte und Verschaffung von Sondervorteilen). 141 RGZ 132, 149, 163. 142 BGHZ 21, 354, 357 (Minimax I); BGHZ 33, 175, 186 (Minimax II). 143 BGHZ 71, 40 = BGH NJW 1978, S. 1316–1320 = (Kali & Salz). 144 BGHZ 71, 40, 46–47. 145 BGHZ 71, 40, 44 ff; vgl. hierzu auch: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 186, Rn. 61 ff.; MüKo/Peifer, AktG, Bd. 4, § 186, Rn. 72; MüKo/Bayer, AktG, Bd. 4, § 203, Rn. 62; Hüffer, AktG, § 186, Rn. 25 ff.; Schumann, S. 179 ff.
76
D. Verbandsinterne aktienrechtliche Erfordernisse
Bezugsrechtsausschluss bei einem genehmigten Kapital nach §§ 202, 203 Abs. 2 AktG durch den ermächtigten Vorstand übertragen.146 Zusätzlich forderte der BGH in dieser Entscheidung, dass die Hauptversammlung bereits zum Zeitpunkt der Ermächtigung des Vorstands darüber zu entscheiden hat, ob „nach der gegenwärtigen Lage der Gesellschaft und dem Stand der Pläne für ihre Zukunft konkrete Anhaltspunkte dafür gegeben sind, es könnte sich innerhalb der dem Vorstand eingeräumten Frist als notwendig und auch im Hinblick auf die Interessen der betroffenen Aktionäre als vertretbar erweisen, bei der Ausgabe neuer Aktien das Bezugsrecht auszuschließen“.147 Der Hauptversammlung mussten daher bereits beim Ermächtigungsbeschluss konkrete Anhaltspunkte bekannt sein, die den Bezugsrechtsausschluss nach der Kali & Salz-Rechtsprechung sachlich rechtfertigen konnten. Das Neue an der Holzmann-Entscheidung war, dass der BGH nicht nur für den Zeitpunkt der Entscheidung (durch den Vorstand) über den Bezugsrechtsausschluss das Vorliegen der konkreten sachlichen Gründe verlangte, sondern bereits zum Zeitpunkt der Erteilung der Ermächtigung zum zukünftigen Bezugsrechtsausschluss. Hierdurch wurde die genehmigte Kapitalerhöhung erheblich erschwert und eingeschränkt, da letztlich einem Vorratsbeschluss ein Riegel vorgeschoben wurde.148 Diese Pflichten wirkten sich zudem auch auf die Berichtspflichten nach § 186 Abs. 4 S. 2 AktG aus. Der Bericht soll der Hauptversammlung eine sachgerechte Entscheidung ermöglichen und zudem Grundlage der gerichtlichen Prüfung im Anfechtungsprozess sein. Hierfür muss er umfassend und konkret die Tatsachen enthalten, die für die materielle Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses erforderlich sind. Damit bestimmt sich der Inhalt des Berichts nach den materiellen Erfordernissen des Bezugsrechtsausschlusses, so dass dieser einen materiellen Charakter hat.149 Mit dem Siemens / Nold-Urteil aus dem Jahr 1997 gab der BGH ausdrücklich seine Rechtsprechung aus dem Holzmann-Urteil wieder auf.150 Der BGH begründet seine Meinungsänderung damit, dass die Anforderungen, die der Senat i. R. d. genehmigten Kapitals an den Bezugsrechtsaus146 BGHZ
83, 319, 321. 83, 319, 325. 148 BGHZ 83, 319, 325; vgl. hierzu auch MüKo/Bayer, AktG, Bd. 4, § 203, Rn. 97 ff. 149 BGHZ 83, 319, 326; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 203, Rn. 38 f.; Sethe, AG 1994, S. 342, 351; MüKo/Bayer, AktG, Bd. 4, § 203, Rn. 98. 150 BGHZ 136, 133–142 = BGH NJW 1997, S. 2815–2817 (wobei diese Entscheidung nur zu einem genehmigten Kapital erging, bei der das Bezugsrecht der Aktionäre gleich von der Hauptversammlung gem. §§ 202 Abs. 2, 203 Abs. 1, 186 Abs. 3 AktG ausgeschlossen wurde); angedeutet wurde dieser Rechtsprechungswandel bereits im Deutsche Bank-Urteil, BGHZ 125, 239, 248 ff. = BGH ZIP 1994, S. 529 ff. 147 BGHZ
III. Bezugsrechtsausschluss77
schluss stellt, zu streng und nicht praktikabel seien. Durch die HolzmannEntscheidung würde dem Institut des genehmigten Kapitals die Flexibilität, die den Gesellschaften zur Verfügung stehen müsse, um im internationalen Markt konkurrenzfähig zu bleiben, genommen. Durch die Anforderungen der bisherigen Rechtsprechung seien die Unternehmen nicht in der Lage, rasche Entscheidungen zu treffen und schnell und flexibel im erforderlichen Maße des heutigen Wirtschaftslebens zu handeln.151 Damit spricht der BGH im Wesentlichen das Konkretisierungsgebot der bisherigen Rechtsprechung zum Zeitpunkt der Ermächtigung an, verbunden mit den hohen Anforderungen an den Vorstandsbericht. Dieser Rechtswandel muss dabei sowohl hinsichtlich des Bezugsrechtsausschlusses durch die Hauptversammlung selbst als auch hinsichtlich der Ermächtigung des Vorstandes zum Ausschluss des Bezugsrechts Berücksichtigung finden.152 Nach dieser neuen Rechtsprechung muss die Ermächtigung zur Kapitalerhöhung, zu deren Durchführung der Vorstand durch die Einräumung eines genehmigten Kapitals ermächtigt werden soll, nur allgemein und abstrakt umschrieben und in dieser Form der Hauptversammlung bekanntgegeben werden sowie im Interesse der Gesellschaft liegen.153 Für die sachliche Rechtfertigung des Bezugsrechtausschlusses gem. § 203 Abs. 1 i. V. m. § 186 Abs. 3 AktG oder der Ermächtigung des Vorstands zum Bezugsrechtsausschluss gem. § 203 Abs. 2 AktG genügt beim genehmigten Kapital, dass der Hauptversammlung bestimmte Einzelumstände des geplanten Vorhabens bekannt gewesen waren, so dass sie anhand der ihr gegenüber bekanntgemachten Tatsachen die Prüfung, ob der Bezugsrechtsausschluss im Gesellschaftsinteresse gerechtfertigt ist, selbst vornehmen kann. Im Zeitpunkt der Beschlussfassung der Hauptversammlung über den Bezugsrechtsausschluss oder der Ermächtigung des Vorstandes dazu braucht somit noch nicht endgültig aufgrund konkreter Angaben beurteilbar sein, ob der Bezugsrechtsausschluss sachlich gerechtfertigt sein wird. Die Maßnahme muss lediglich allgemein, abstrakt umschrieben und in dieser Form der Hauptversammlung mitgeteilt werden sowie im Interesse der Gesellschaft liegen.154 Damit reduziert der BGH die sachliche Rechtfertigung im Hinblick auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Hauptversammlungsentscheidung. Nach überwiegender Auffassung ist somit eine konkrete Abwägung der Gesellschafts- und Aktionärsinteressen und der Verhältnismäßigkeit von Mittel 151 BGHZ 136, 133, 137; (wobei sich dieses Urteil ausdrücklich nur auf ein genehmigtes Kapital mittels Sacheinlage bezogen hat). 152 BGHZ 136, 133, 138. 153 BGHZ 136, 133, 139; vgl. hierzu auch MüKo/Bayer, AktG, Bd. 4, § 203, Rn. 105. 154 BGHZ 136, 133 (1. Leitsatz).
78
D. Verbandsinterne aktienrechtliche Erfordernisse
und Zweck nicht mehr erforderlich, da abstrakte und allgemeine Umschreibungen der möglichen Maßnahme dem BGH zufolge ausreichen, soweit diese im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liegen.155 Umstritten war nach dieser Entscheidung, ob im Falle des genehmigten Kapitals mit der Ermächtigung des Vorstandes zum Bezugsrechtsausschluss ein Vorstandsbericht i. S. v. § 186 Abs. 4 S. 2 AktG auch vor Ausübung der Ermächtigung durch den Vorstand erforderlich ist. Diese Meinungsverschiedenheit hat sich mit der Mangusta / Commerzbank I-Entscheidung erledigt, in der vom BGH eine solche Pflicht zur Vorabberichtserstattung verneint wurde.156 Ein nachträglicher Vorstandsbericht auf der nächsten Hauptversammlung ist daher ausreichend. Bei der Ausnutzung des genehmigten Kapitals hat der Vorstand jedoch weiterhin die Pflicht im Rahmen seines unternehmerischen Ermessens sorgfältig zu prüfen, ob die Durchführung des Bezugsrechtsausschlusses sachlich gerechtfertigt ist.157 Als Prüfungskriterien für den Vorstand im Rahmen seines unternehmerischen Ermessens nennt der BGH für die Ausübung der Ermächtigung, dass die Maßnahme mit dem Unternehmensgegenstand und mit der Ermächtigung übereinstimmt sowie dass die Maßnahme im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liegt.158 b) Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung auf den Bezugsrechtsausschluss von Wandelschuldverschreibungen Für den Ausschluss des Bezugsrechts auf Wandelschuldverschreibungen können obige von der Rechtsprechung entwickelte Grundsätze voll übertragen werden, da die immanenten Wandlungsrechte ebenso ein Recht zum Erwerb von Mitgliedschaftsrechten vermitteln. Letztlich können sie in glei155 BGHZ 136, 133 (1. Leitsatz); OLG Stuttgart ZIP 1998, S. 1482, 1487; Bungert, NJW 1998, S. 488, 490; Kindler, ZGR 1998, 35, 59 f.; Cahn, ZHR 163 (1999), 554, 574 ff.; Hofmeister, NZG 2000, 713, 714; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, § 203, Rn. 25 (dieser sieht sogar vom dem Erfordernis der Geeignetheit ab); zu den anderen Interpretationen und Ansichten vgl. MüKo/Bayer, AktG, Bd. 4, § 203, Rn. 113 ff. 156 BGHZ 164, 241, 241 ff. = BGH NJW 2006, S. 371–373 (Mangusta/Commerzbank I); zustimmend Busch, NZG 2006, S. 81, 82; Bungert, BB 2005, S. 2757, 2757; Krämer/Kiefner, ZIP 2006, S. 301, 305 f.; Paschos, DB 2005, S. 2731, 2731; kritisch dazu Hirte, EWiR 2006, § 203, S. 36; a. A. MüKo/Bayer, AktG, Bd. 4, § 203, Rn. 157 ff.; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 203 Rn. 31. 157 Ganz h. M.: BGHZ 136, 133, 139; so aber auch schon BGHZ 83, 319, 321 (Holzmann); MüKo/Bayer, AktG, Bd. 4, § 203, Rn. 89, 127 (m. w. N.); Hirte, in: Großkomm, AktG, 3. Aufl., § 221, Rn. 22; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 58, Rn. 44; Hüffer, AktG, § 203, Rn. 35; Wamser, in: Spindler/Stilz, AktG, § 203, Rn. 85. 158 BGHZ 136, 133, 140 (2. Leitsatz).
III. Bezugsrechtsausschluss79
cher Weise – nur mittelbar wie es bei der Emission von jungen Aktien geschieht – in die Aktionärsrechte eingreifen und zu einer vermögens- als auch herrschaftsrechtlichen Verwässerung führen. Der Bezugsrechtsausschluss auf die Wandelschuldverschreibungen kann mithin einen ebenso schwerwiegenden Eingriff in die Mitgliedschaft darstellen, so dass eine sachliche Rechtfertigung erforderlich erscheint.159 Hiergegen lässt sich auch nicht die Entscheidung „Bremer Bankverein“ des BGH aufführen.160 Zwar hat Karlsruhe in diesem Urteil das Erfordernis einer sachlichen Rechtfertigung verneint, doch bezogen sich die Ausführungen nur auf eine Emission von „obligationsähnlichen“ Genussrechten. Bei derart „aktienfremden“ Genussrechten stellt der Ausschluss des Bezugsrechts keinen vergleichbaren Eingriff in die Position der Aktionäre dar. Nach der Begründung des BGH ist die Anwendbarkeit der sachlichen Rechtfertigung immer von einer Einzelfallbetrachtung abhängig.161 Wandelobligationen beinhalten aber Bezugsrechte auf junge Aktien, mit denen eine Veränderung der Beteiligungsstruktur einher gehen kann. Sie können letztlich denselben Eingriff in die herrschaftsrechtliche und vermögensrechtliche Position der Aktionäre bewirken, wie sie eine Kapitalerhöhung verursachen kann. Weil diese Finanzinstrumente folglich sehr „aktiennah“ ausgestaltet sind, ist auch nach dem Bremer Bankverein-Urteil eine materielle Beschlusskontrolle notwendig.162 Welche Gründe nun einen Bezugsrechtausschluss auf die Wandelobliga tionen rechtfertigen können, ist vom Einzelfall abhängig. Im Wesentlichen können die Prinzipien bezüglich Rechtfertigung und Prüfungsdichte bei einer Kapitalerhöhung übertragen werden. Eine sachliche Rechtfertigung ist insbesondere begründet, wenn spezielle Emissionszwecke verfolgt werden, die im Gesellschaftsinteresse liegen, einen zwingenden Ausschluss des Be159 BGH ZIP 2006, S. 368, 369 = BGH AG 2006, S. 246, 247 (1. Leitsatz); BGH ZIP 2007, S. 2122, 2123; OLG München ZIP 2009, S. 718, 720 f.; OLG Schleswig AG 2003, S. 48, 49; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 45, 56; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 185; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63, Rn. 16; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 42; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 86; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 100; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 67, 64 a. E. (zum Ermächtigungsbeschluss); Schumann, S. 192 f., 179 ff. (vor Siemens/Nold); Ekkenga/Maas, § 2, Rdnr. 123; Casper, Optionsvertrag, § 12, S. 344; Vollmer/Lorch DB 1991, S. 1313, 1314, 1316; Fuchs, AG 1995, S. 433, 444; wohl auch Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 100; kritisch: Busch AG 1999, S. 58, 59. 160 BGHZ 120, 141, 145 ff. = BGH NJW 1993, S. 400, 401 ff. (zwar erging diese Entscheidung nur zu den Genussrechten, jedoch ist sie auf die Wandelschuldverschreibung entsprechend übertragbar). 161 BGHZ 120, 141, 146 = BGH NJW 1993, S. 400, 401. 162 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 185.
80
D. Verbandsinterne aktienrechtliche Erfordernisse
zugsrechts erfordern und anderweitig nicht realisierbar wären. Zu nennen sind beispielsweise eine wesentliche Erleichterung der Fremdkapitalaufnahme, die Durchführung einer Auslandsemission oder etwa ein Bezugsrechtausschluss zum Eingehen strategischer Partnerschaften.163 Der Beschluss, durch den die Hauptversammlung gem. § 221 Abs. 4 S. 2 i. V. m. § 186 Abs. 3 S. 1 AktG das Bezugsrecht der Aktionäre auf Wandelschuldverschreibungen ausschließt, bedarf damit immer einer sachlichen Rechtfertigung.164 Wird der Vorstand zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen und gleichzeitig zum Bezugsrechtsausschluss auf die Wandelobligationen gem. § 221 Abs. 4 S. 2 i. V. m. § 203 Abs. 2 AktG ermächtigt oder entscheidet die Hauptversammlung selbst über den Bezugsrechtausschluss (§ 221 Abs. 4 S. 2 i. V. m. § 186 Abs. 3 AktG), so sind die Anforderungen an die sachliche Rechtfertigung mittlerweile nach der Siemens / NoldEntscheidung des BGH gelockert.165 c) Vereinfachter Bezugsrechtsausschluss (§ 186 Abs. 3 S. 4 AktG) Nach § 186 Abs. 3 S. 4 ist der Ausschluss des Bezugsrechts dann gerechtfertigt, wenn es sich um eine Barkapitalerhöhung handelt, die zehn Prozent des Grundkapitals nicht übersteigt und bei welcher der Ausgabebetrag den Börsenkurs nicht wesentlich unterschreitet. § 221 Abs. 4 S. 2 AktG verweist ausdrücklich auch auf § 186 Abs. 3 S. 4 AktG, so dass dieser zunächst grundsätzlich uneingeschränkt Anwendung findet.166 Hauptgrund für diese erleichternde Regelung ist, dass bei einer so geringen Kapitalerhöhung die Nachteile der Aktionäre (Verwässerung) jederzeit durch einen Zukauf von 163 Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 88; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 188 f. (jeweils mit weiteren Beispielen); OLG Stuttgart DB 1998, S. 1757, 1758 (zu den stock options); Hüffer, AktG, § 221, Rn. 44; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 56 ff. (Einzelfälle in den Rn. 62 ff.); Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 69; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 99; ablehnend zum Zwecke des Verwässerungsschutzes Schumann, S. 192 f. 183 ff. (jedoch vor Siemens/Nold). 164 BGHZ 71, 40 = BGH NJW 1978, S. 1316–1320 (Kali & Salz); MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 185; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 39, 42. 165 BGHZ 136, 133–142 = BGH NJW 1997, S. 2815–2817; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 185; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 39, 42; MüKo/Bayer, AktG, Bd. 4, § 203, Rn. 105 ff.; vgl. insoweit zu den Erfordernissen die Ausführungen unter dem Punkt: Entstehung des Erfordernisses der sachlichen Rechtfertigung bei einem Bezugsrechtsausschluss auf S. 75 ff. 166 OLG München ZIP 2006, S. 1440, 1440 f.; OLG Braunschweig AG 1999, S. 84, 85; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 190; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 43a; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, Nachtrag zu § 186, Rn. 39; Marsch-Barner AG 1994, 532, 538; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, S. 254, 259 f.; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 70; Casper, Optionsvertrag, § 12, S. 345.
III. Bezugsrechtsausschluss81
neuen Aktien ausgeglichen werden kann.167 Das Erfordernis eines vorherigen vergleichbaren Börsenkurses, der nicht wesentlich unterschritten werden darf, existiert bei den Wandelschuldverschreibungen aber nicht. Jede Wandelobligation ist aufgrund der vielen wertbeeinflussenden Faktoren einzigartig.168 Damit einhergehend wird die Möglichkeit, jederzeit am Markt zuzukaufen und die potentiellen Verwässerungseffekte auszugleichen, schwer kalkulierbar. Weil die Voraussetzungen nicht einfach auf die Wandelschuldverschreibungen übertragen werden können, ist es umstritten, ob die entsprechende Anwendung des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG i. R. d. Bezugsrechtsausschlusses von Wandelobligationen tatsächlich in Betracht kommt. Eine erste Ansicht verneint die Anwendbarkeit des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG unter Hinweis darauf, dass es in der Praxis einander entsprechende Finanzierungsinstrumente i. S. d. § 221 AktG nicht gebe. § 186 Abs. 3 S. 4 AktG könne nur dann Anwendung finden, wenn die zu begebende Wandelobligation vollumfänglich und damit sowohl hinsichtlich der Anleihekomponente (Zins, Fälligkeit, Laufzeit) als auch hinsichtlich der Aktienerwerbskomponente (Wandlungszeitpunkt, -preis, -verhältnis usw.) einem bereits existierenden Recht entspreche. Andernfalls fehle es an einem Börsenkurs, an dem sich der Ausgabekurs orientieren könne.169 Eine zweite Ansicht will bei Wandelschuldverschreibungen nur auf die für die Erfüllung des Wandlungsrechts erforderliche Kapitalerhöhung, und zwar zum Zeitpunkt der Ausgabe der Wandelschuldverschreibung, abstellen. Sie will hierbei die Anleihekomponente völlig ausblenden und nur auf den aktienrechtlichen Bestandteil abstellen, indem der Wandlungspreis als Ausgabekurs betrachtet wird. Ein erleichterter Bezugsrechtsausschluss soll demnach möglich sein, wenn der Wandlungspreis den Börsenkurs einer Aktie nicht wesentlich unterschreitet und die Emission insgesamt marktgerecht ausgestattet wird sowie das zur Absicherung des Wandlungsrechts vorgesehene Kapital nicht die zehn Prozent Grenze überschreitet.170 Eine vermittelnde, inzwischen wohl herrschende Ansicht verlangt schließlich, dass die Konditionen der gesamten Wandelobligation so ausgestaltet sein müssen, dass der Wert eines hypothetischen Bezugsrechts auf die An167 BT-Drucks. 12/6721 S. 10; OLG München ZIP 2006, S. 1440, 1443; MüKo/ Peifer, AktG, Bd. 4, § 186, Rn. 84; Klawitter, AG 2005, S. 792, 799. 168 Zur Wertbestimmung und deren Einflussfaktoren vgl. die Ausführungen unter dem Punkt: Wertbestimmung der Wandelschuldverschreibungen auf S. 141 f. 169 So KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, Nachtrag zu § 186, Rdnr. 39; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 43a; ders., ZHR 161 (1997), 214, 226 f.; Klawitter, AG 2005, S. 792, 801 f.; erkannt wurden diese Spannungen auch bereits im Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 12/7848, S. 9. 170 OLG Braunschweig AG 1999, S. 84, 85; ff.; Groß, DB 1994, S. 2431, 2437 f.; Marsch-Barner, AG 1994, S. 532, 539 f.
82
D. Verbandsinterne aktienrechtliche Erfordernisse
leihe gegen Null tendiert und die Aktionäre die Möglichkeit haben, durch Zukauf von Aktien oder Anleihen über die Börse ihre Beteiligungsquote aufrecht zu erhalten.171 Gegen die zweite Ansicht ist anzuführen, dass der Wandlungspreis in der Regel immer über dem Börsenkurs liegt, so dass die Ausgabe folglich stets gerechtfertigt wäre.172 Bezüglich der ersten Ansicht ist zwar zunächst zuzugeben, dass bei Wandelschuldverschreibungen ein Vergleich mit gleichwertigen Effekten ausgeschlossen ist und es somit einer Bewertung des Titels und damit letztlich der Schätzung eines fiktiven Marktpreises bedarf. Dies muss aber der in § 221 Abs. 4 S. 2 AktG vorgesehenen „sinngemäßen“ Anwendung des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG nicht entgegenstehen. Nachdem sich für Optionsrechte auf Aktien sowie für entsprechende Anleihen mittlerweile anerkannte Bewertungsverfahren herausgebildet haben,173 sollte jedenfalls insoweit das Fehlen eines Referenzpreises der entsprechenden Anwendung des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG nicht von vornherein zuwiderlaufen. Zudem ist davon auszugehen, dass der Wandlungspreis allein nicht der einzige Faktor ist, der die Kapitalverwässerung zu Lasten der Aktionäre beeinflusst. Vielmehr ist der Gesamtinhalt der Wandelschuldverschreibung maßgeblich. Nur wenn der Ausgabebetrag der Anleihe den rechnerischen Wert der Wandelobligation als solchen nicht oder nicht wesentlich unterschreitet174 und damit der Wert eines hypothetischen Bezugsrechts auf die Anleihe gegen Null 171 Busch, AG 1999, S. 58, 60 ff.; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, S. 254, 259 f.; Volhard, AG 1998, S. 397, 399 (Fußnote 41); Ihrig/Wagner, NZG 2002, 657, 659 f.; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63 Rn 17; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 190 f. (m. w. N. in Fußnote 530); Kiem/Riedel, EWiR, 2006, § 186, S. 545 f.; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 97 f. (hält aber die Zukaufsmöglichkeit für entbehrlich vgl. Rn. 111); Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 70; Casper, Optionsvertrag, § 12, S. 346 f.; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 107; Maier-Reimer, in: FS Bosch, S. 91 ff.; Kerber, S. 48 f.; wohl auch: Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 101; BGH ZIP 2007, S. 2122, 2123. 172 Vgl. hierzu: Busch, AG 1999, S. 58, 60; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 259 f.; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 96. 173 Das bekannteste und etablierteste Verfahren ist mittlerweile das Black/Scholes-Modell (Journal of Political Economy 11, 1973, 637 ff.); Busch, AG 1999, 58, 61; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 259 f.; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 70; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 102; zur Wertbestimmung vgl. die Ausführungen unter dem Punkt: Wertbestimmung der Wandelschuldverschreibungen auf S. 141 f. 174 Welche Abweichung noch tolerabel erscheint, regelt § 186 Abs. 3, S. 4 AktG nicht. Es müssten hier insoweit die gleichen Werte zur Anwendung kommen, die im unmittelbaren Anwendungsbereich von § 186 Abs. 3 S. 4 AktG Geltung beanspruchen. Überwiegend wird eine Grenze von maximal 3–5 % vertreten. Vgl. hierzu etwa: Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 12/7848, S. 9; Hüffer, AktG, § 186, Rn. 39d; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 56, Rn. 77; Wiedemann, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 186, Rn. 152; Schlitt/Schäfer, AG 2005, S. 67, 70; a. A.
III. Bezugsrechtsausschluss83
tendiert, ist nach der Wertung des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG eine Benachteiligung der Aktionäre zu vernachlässigen. Der Emissionskurs der Wandelschuldverschreibung darf den hypothetischen Marktpreis also nicht wesentlich unterschreiten. Die „sinngemäße“ Anwendung des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG muss also nicht zwingend am Fehlen eines Börsenkurses scheitern.175 Weitere Voraussetzung wäre aber, dass die Aktionäre die Möglichkeit haben durch den Zukauf von Aktien, ihre Beteiligungsquote aufrecht zu erhalten.176 Schließlich dürften nur Wandlungsrechte für maximal zehn Prozent des Grundkapitals ausgegeben werden.177 Der letzten überzeugenden Ansicht ist zu folgen, da bei Wandelschuldverschreibungen der Eintritt einer Verwässerung zudem ungewiss ist. Ob ein künftiger Eingriff in die Mitgliedschaft eintritt, ist v. a. von einer werthaltigen Entwicklung des Wandlungsrechts abhängig. Als Ausgleich für diese potentielle Verwässerung zahlen die Wandelobligationäre jedoch ein Entgelt, welches die Emittentin gem. § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB in die Kapitalrücklage einstellen muss. Dieses Entgelt verbleibt damit dauerhaft, selbst bei einem wertlosen Verfall der Wandlungsrechte, in der Gesellschaft. Bei einer Ausübung der Wandlungsrechte gleicht die Wandlungsprämie die eintretenden Verwässerungen bereits teilweise aus, so dass die Eingriffe in die Aktionärsrechte innerhalb der 10 %-Schwelle des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG nicht allzu schwer wiegen, wenn die Wandelschuldverschreibungen zu einem angemessenen Markpreis emittiert wurden.178 Es ist daher lediglich auf den Wert der Wandelobigation abzustellen. Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 107 (dieser ist für eine maximale Abweichung von 1–3 %). 175 Vgl. hierzu: Busch, AG 1999, S. 58, 60 ff.; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 191; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, S. 254, 259 f.; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63, Rn. 17, Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 97 ff., (mit ausführlicher dogmatischer Argumentation und Hinterfragung und m. w. N. in Fußnote 277); Kniehase, AG 2006, S. 180, 183 ff. 176 Hier wird teilweise differenziert. Ein Teil fordert eine Zukaufsmöglichkeit der Wandelschuldverschreibungen selbst, dem anderen überwiegenden und überzeugenden Teil genügt hingegen die Möglichkeit des Erwerbs von Aktien, um den Verwässerungseffekt ausgleichen zu können. Vgl. hierzu: Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 110 ff. (mit ausführlicher und überzeugender Argumentation); Kniehase, AG 2006, S. 180, 187 (ebenfalls mit ausführlicher dogmatischer Begründung auf S. 183 ff.); Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, S. 254, 259; wohl auch MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 191 a. E.; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63, Rn. 17. 177 Vgl. hierzu: Busch, AG 1999, S. 58, 60 ff.; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 191; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 259 f.; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63, Rn. 17, Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 114 ff. 178 Vgl. zu dieser Argumentation die ausführlicheren Erläuterungen unter dem Punkt: Kein Verwässerungsschutz für die Wandlungsrechtskomponente auf S. 314 ff., die hier weitgehend übertragen werden können.
84
D. Verbandsinterne aktienrechtliche Erfordernisse
d) Gleichbehandlung Zudem erfordert ein jeder Bezugsrechtsausschluss neben der sachlichen Rechtfertigung eine Übereinstimmung mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz gem. § 53 a AktG.179 Nach h. M. ist das Bezugsrecht der Aktionäre eine spezielle Ausprägung des in § 53 a AktG enthaltenen Gleichbehandlungsgrundsatzes. In der Regel wird diesem Erfordernis durch die sachliche Rechtfertigung genügt.180 3. Formelle Erfordernisse a) Bekanntmachung und Vorstandsbericht Nach § 221 Abs. 4 S. 2 i. V. m. § 186 Abs. 4 S. 1 AktG darf ein Beschluss, durch den das Bezugsrecht ausgeschlossen wird, nur gefasst werden, wenn der bevorstehende Ausschluss des Bezugsrechts ausdrücklich und ordnungsgemäß gem. § 124 Abs. 1 AktG bekannt gemacht worden ist, denn nur dann wird der erforderlichen Warnfunktion nachgekommen. Der bevorstehende Bezugsrechtsausschluss ist damit ausdrücklich in den Gesellschaftsblättern zu veröffentlichen (vgl. §§ 221 Abs. 4 S. 2, 186 Abs. 4 S. 1, 124 Abs. 1, 121 Abs. 4, 25 AktG).181 Der Vorstandsbericht ist dagegen gem. § 221 Abs. 4 S. 2 i. V. m. § 186 Abs. 4 S. 2 AktG nur zugänglich zu machen. Es ist keine Bekanntmachung i. S. d. § 124 AktG erforderlich, denn nur § 186 Abs. 4 S. 1 nicht aber § 186 Abs. 4 S. 2 AktG verweist auf § 124 AktG. Dennoch wird überwiegend vertreten, der Bericht müsse entsprechend § 124 Abs. 2 S. 2 AktG seinem wesentlichen Inhalt nach bekannt gegeben werden, denn nur so werde dem berechtigten Informationsbedürfnis der Aktionäre Genüge getan.182 Für ein 179 BGHZ 120, 141, 149 ff. = BGH NJW 1993, S. 400, 401 ff. (Bremer Bankverein); OLG Bremen EWiR 1992, § 221 AktG, S. 119 f.; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 193; MüKo/Peifer, AktG, Bd. 4, § 186, Rn. 80; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 43 kritische Anmerkung zu BGHZ 120, 141 ff.: Martens, in: EWiR, 1993, § 221 AktG, 324. 180 MüKo/Peifer, AktG, Bd. 4, § 186, Rn. 80; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 100. 181 BGHZ 120, 141 ff. = BGH NJW 1993, S. 400, 403 f. (Bremer Bankverein); MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 175; MüKo/Peifer, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. § 186, Rn. 64; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 54; 186, Rn. 55; vgl. auch Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 101; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 96, 97; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 87 (Ausführungen nur bezogen auf den Ermächtigungsbeschluss). 182 BGHZ 120, 141, 155 f. = BGH NJW 1993, S. 400, 403 f. (Bremer Bankverein); MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 181, 175; KölnKomm/Lutter, AktG,
III. Bezugsrechtsausschluss
85
Zugänglichmachen ist darüber hinaus erforderlich, dass der Bericht während der Hauptversammlung ausliegen muss. Zudem ist er entsprechend § 175 Abs. 2 S. 1 AktG vom Zeitpunkt der Einberufung der Hauptversammlung an in den Geschäftsräumen der Gesellschaft auszulegen und analog § 175 Abs. 2 S. 2 AktG jedem Aktionär auf Verlangen als Abschrift zu überlassen.183 § 175 Abs. 2 S. 4 AktG findet ebenfalls Anwendung, so dass diese Verpflichtungen entfallen können, soweit der Bericht über die Internetseite der Gesellschaft zugänglich ist.184 Seit dem ARUG müsste insoweit ein Zugänglichmachen mittels E-Mail oder andere elektronische Formen genügen, soweit eine solche Form nicht unerwünscht ist.185 Schließlich wird noch überwiegend gefordert, dass eine Benachrichtigung gem. §§ 125, 128 AktG erforderlich ist.186 b) Inhalt des Berichts In dem Bericht hat der Vorstand den Ausschluss des Bezugsrechtes und den vorgeschlagenen Ausgabebetrag zu begründen. Bezüglich der Anforderungen und des Inhaltes des Vorstandsberichts ist zu differenzieren, ob der Bezugsrechtsausschluss i. R. e. Zustimmungsbeschlusses (§ 221 Abs. 1 AktG) oder Ermächtigungsbeschlusses (§ 221 Abs. 2 AktG) stattgefunden hat oder ob er unter den erleichterten Bedingungen des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG durchgeführt wurde. aa) Anforderungen des Berichts beim Zustimmungsbeschluss Entscheidet die Hauptversammlung durch einen Zustimmungsbeschluss gem. § 221 Abs. 1 AktG zu einem konkreten Vorhaben gleichzeitig auch 2. Aufl., Bd. 5/1, § 186, Rn. 57; Hüffer, AktG, § 186, Rn. 23; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 56, Rn. 95; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 87; a. A. OLG Bremen WM 1991, S. 1920, 1926. 183 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 181; MüKo/Peifer, AktG, Bd. 4, § 186, Rn. 68 f.; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 186, Rn. 57; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 41; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 61; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 87; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 56, Rn. 95; Timm, DB 1982, S. 211, 217 a. E.; wohl auch BGHZ 120, 141 ff. = BGH NJW 1993, S. 400, 403 (Bremer Bankverein); a. A. LG Bremen NJW-RR 1991, S. 615, 615 f.; OLG Bremen WM 1991, S. 1920, 1926. 184 MüKo/Bayer, AktG, Bd. 4, § 203, Rn. 88, 55. 185 Zur Gesetzeslage nach dem ARUG vgl. MüKo/Peifer, AktG, Bd. 4, § 186, Rn. 12, 68. 186 MüKo/Bayer, AktG, Bd. 4, § 203, Rn. 88; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 186, Rn. 57; ders., BB 1981, S. 861, 863; Bosse, ZIP 2001, S. 104, 105; a. A. Hüffer, AktG, § 186, Rn. 23; Sinewe, ZIP 2001, S. 403, 405.
86
D. Verbandsinterne aktienrechtliche Erfordernisse
über den Ausschluss des Bezugsrechts auf die Wandelschuldverschrei bungen, so ist der Beschluss einer am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz der Kali & Salz-Rechtsprechung ausgerichteten Inhaltskontrolle zu unter ziehen.187 Der Vorstandsbericht soll die Hauptversammlung in die Lage versetzen, die Interessen der Gesellschaft an einer Ausgabe der Finanzierungsinstrumente unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre gegenüber anderen Alternativen zu bewerten, die Nachteile für die ausgeschlossenen Aktionäre zu erkennen und beides gegeneinander abzuwägen. Er dient dadurch einer besseren Beurteilung der sachlichen Rechtfertigung durch Aktionäre und Gerichte.188 Nach dem Kali & Salz-Urteil erfordert die sachliche Rechtfertigung, dass der Bezugsrechtausschluss im Interesse der Gesellschaft liegt und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich, geeignet und angemessen ist. Es sind deshalb vor allem die für diese Beurteilung relevanten und im Zusammenhang stehenden Tatsachen anzugeben. Notwendig sind hierfür konkrete Angaben. Da es sich um ein bevorstehendes Emissionsvorhaben mit Bezugsrechtsausschluss handelt, ist es dem Vorstand möglich und zumutbar derartige Tatsachen in dem Bericht anzugeben. Zudem müssen auch die diesbezüglichen Wertungen und Abwägungen des Vorstands bezeichnet werden. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich aus dem Bericht ergeben soll, warum überhaupt eine Emission beabsichtigt werde und weswegen hierfür der Bezugsrechtsausschluss erforderlich ist.189 Schließlich ist nach § 221 Abs. 4 S. 2 i. V. m. § 186 Abs. 4 S. 2 Hs. 2 AktG der vorgeschlagene Ausgabebetrag der Wandelobligationen zu begründen. Hierbei geht es darum, den Aktionären die wirtschaftlichen Folgen des Bezugsrechtsausschlusses und damit insbesondere die Angemessenheit des Emissionskurses darzulegen. Beim Bezugsrechtsausschluss von Wandelschuldverschreibungen gem. § 221 Abs. 4 S. 2 AktG i. V. m. § 186 187 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 56 f.; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 177; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 103; a. A. MüKo/Bayer, AktG, Bd. 4, § 203, Rn. 146, 131; im Übrigen a. a. O. (vgl. Fußnote 159). 188 BGH NJW, 1982, S. 2444, 2445 (Holzmann); OLG Stuttgart DB 1998, S. 1757, 1760; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 178; MüKo/Peifer, AktG, Bd. 4, § 186, Rn. 65; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 75; MüKo/Peifer, AktG, Bd. 4, § 186 Rn. 65; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 41, § 186, Rn. 2. 189 Vgl. hierzu: OLG München NJW-RR 1991, S. 1058, 1058 f.; OLG München AG 1994, S. 372, 374 = ZIP 1993, S. 1471, 1473 f. (zu Genussrechten); LG Memmingen AG 2001, S. 375, 375 f.; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 75 ff.; vgl. hierzu zudem ausführlicher: MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 178; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 103; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 100.
III. Bezugsrechtsausschluss87
Abs. 3 AktG sind zu diesem Zweck die wesentlichen Konditionen, zu denen der Titel ausgegeben wird, und damit auch die Wandlungskonditionen zu erläutern.190 bb) Anforderungen des Berichts bei Ermächtigung des Vorstands Ein Vorstandsbericht ist auch dann erforderlich, wenn die Hauptversammlung den Vorstand zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen gem. § 221 Abs. 2 S. 1 AktG ermächtigt und das Bezugsrecht auf die Wandelschuldverschreibungen ausgeschlossen werden soll. Dies ergibt sich aus der analogen Anwendung des § 203 Abs. 2 S. 2 AktG, der seinerseits auf § 186 Abs. 4 AktG und damit auch auf dessen S. 2 verweist. Allerdings variieren die Anforderungen an den Vorstands-bericht im Rahmen eines Ermächtigungsbeschlusses zu denen bei einem Zustimmungsbeschluss.191 Die zum genehmigten Kapital und damit im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 203 Abs. 2 S. 1 AktG ergangene Siemens / Nold-Entscheidung des BGH hat indes nicht nur die Anforderungen an die dem Vorstand er teilte Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss, sondern zugleich auch die Anforderungen an die Berichtspflicht des Vorstands erheblich abgeschwächt.192 Mittlerweile genügt es daher, dass die Aktionäre dem Bericht entnehmen können, dass und weshalb der Ausschluss des Bezugsrechts auf die Wandelobligationen, zu dem der Vorstand ermächtigt werden soll, im Gesellschaftsinteresse liegt. Dies gilt sowohl für den Bezugsrechtsausschluss durch die Hauptversammlung selbst als auch durch den ermächtigten Vorstand.193 Was den Ausgabebetrag und die Wandlungsbedingungen betrifft, 190 OLG Stuttgart DB 1998, S. 1757, 1760; LG Stuttgart DB 1997, S. 2421, 2424; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 179 ff.; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 41; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 104, Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 63. 191 BGHZ 136, 133, 139 f. = BGH NJW 1997, S. 2815, 2815 f.; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 180 (insbes. Fußnote 485); Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 203, Rn. 21, 66 ff., 72 ff.; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 104; MüKo/Bayer, AktG, Bd. 4, § 203, Rn. 153; Hüffer, AktG, § 203; Rn. 25; a. A. Kindler ZHR 158 (1994), 339, 363 f. 192 A. a. O. (Fußnote 150); vgl. hierzu auch die Ausführungen auf S. 75 ff.; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 180; für Einzelheiten vgl. MüKo/Bayer, AktG, Bd. 4, § 203, Rn. 105 ff. 193 BGHZ 136, 133, 134 = BGH NJW 1997, S. 2815–2817; BGHZ 144, 290, 295 = BGH NJW 2000, S. 2356; OLG Nürnberg AG 1999, S. 381 f.; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 180; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 58, Rn. 18, § 63, Rn. 16; Hüffer, AktG, § 203, Rn. 25; wohl auch Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 203, Rn. 21; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 100 ff. a. A. MüKo/Bayer, AktG, Bd. 4, § 203, Rn. 146, 130 f.
88
D. Verbandsinterne aktienrechtliche Erfordernisse
kann nur in dem Maße von ihnen berichtet werden, wie dazu Festsetzungen im Ermächtigungsbeschluss enthalten sind.194 Die Frage, ob der Vorstand nach Erteilung, aber vor Ausübung der Ermächtigung erneut zu berichten hat, ist für § 221 AktG genauso zu beurteilen wie in der Mangusta / Commerzbank I-Entscheidung. Es genügt ein nachträglicher Vorstandsbericht auf der nächsten Hauptversammlung. Eine Pflicht zur Vorabberichtserstattung ist somit nicht notwendig.195 cc) Anforderungen des Berichts beim erleichterten Bezugsrechtsausschluss Soweit § 186 Abs. 3 S. 4 AktG sinngemäß Anwendung findet, werden die inhaltlichen Anforderungen an den Bericht aus den Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift entsprechend herabgesetzt. Wenn nämlich mit der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen ohnehin kein schwerwiegender Eingriff in Aktionärsrechte einher geht und damit auch die Inhaltskontrolle weniger streng ist, muss dieser Tatsache durch reduzierte Anforderungen an die Berichtsintensität Rechnung getragen werden.196 4. Mehrheit Für den Bezugsrechtsausschluss finden über § 221 Abs. 4 S. 2 AktG die Vorschriften des § 186 Abs. 3 S. 2 und 3 AktG Anwendung. Da der Ausschluss des Bezugsrechts auf die Wandelobligationen bzw. die Ermächtigung hierzu immer Bestandteil des Zustimmungs- oder Ermächtigungsbeschlusses ist,197 richten sich die Mehrheitserfordernisse demzufolge insgesamt nach den strengeren Kriterien der §§ 221 Abs. 4 S. 2 i. V. m. § 186 Abs. 3 AktG. Anders als § 221 Abs. 1 S. 3 AktG erlauben es §§ 221 Abs. 4 S. 2, 186 Abs. 3 S. 3 AktG nicht, auf das Erfordernis einer qualifizierten Kapitalmehrheit zu verzichten. Die Satzung kann vielmehr nur eine höhere Kapitalmehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen. Soweit die Sat194 Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 52; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 99 (im Gegenschluss zu § 100 ff.). 195 Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 64; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 87; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 180; im Übrigen a. a. O. (vgl. Fußnote 156). 196 OLG Bremen WM 1991, S. 1920, 1926; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 177; MüKo/Peifer, AktG, Bd. 4, § 186, Rn. 89; Hüffer, AktG, § 186, Rn. 39a ff. (insbes. 39 f.), § 221, Rn. 41; Marsch-Barner, AG 1994, 532, 538; a. A. Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 119 (dieser plädiert aus praktischen Gründen für eine gründliche Berichtserstattung), Hirte, ZBB 1992, S. 50, 54. 197 A. a. O. (vgl. Fußnoten 131, 134).
III. Bezugsrechtsausschluss89
zung damit weitere Erfordernisse vorsieht, müssen diese zur Anwendung kommen.198 5. Fehlerhafter Bezugsrechtsausschluss Bei einem fehlerhaften Bezugsrechtsausschluss kommt entweder eine Beschlussanfechtung in Betracht oder Schadensersatzansprüche. Die Rechtslage entspricht grundsätzlich derjenigen des unmittelbaren Anwendungsbereichs der §§ 186 Abs. 3, 203 Abs. 2 AktG.199 a) Beschlussanfechtung Ist der Beschluss, durch den die Hauptversammlung den Ausschluss des Bezugsrechts festlegt oder den Vorstand zum Bezugsrechtsausschluss ermächtigt, fehlerhaft, ist jeder Aktionär zur Geltendmachung des Beschlussmangels gem. §§ 241 ff. AktG berechtigt. Entscheidend ist jedoch vielmehr die Frage, ob der Zustimmungs- oder Ermächtigungsbeschluss zur Ausgabe der Finanzierungsinstrumente mit angefochten werden kann oder muss. Dieses Problem kann i. R. d. § 221 Abs. 4 AktG nicht anders gelöst werden als es im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 186 AktG der Fall wäre.200 Wird das Bezugsrecht unmittelbar durch Beschluss der Hauptversammlung zu einem Emissionsvorhaben versagt, sei es im Zusammenhang mit dem Zustimmungsbeschluss nach § 221 Abs. 1 S. 1 AktG oder i. R. d. Ermächtigung nach § 221 Abs. 2 S. 1 AktG, so ist hieraus zu folgern, dass die Hauptversammlung den Bezugsrechtsausschluss als notwendige Voraussetzung des Emissionsvorhabens ansieht. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Beschluss über die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen mit gleichzeitigem Bezugsrechtsausschluss immer nur in einem einheitlichen Vorhaben ergehen kann (§ 221 Abs. 4 i. V. m. § 186 Abs. 3 S. 1 AktG). Eine Teilanfechtung des Bezugsrechtsausschlusses muss daher schon deshalb ausgeschlossen sein, weil eine 198 Vgl. hierzu: MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 183; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 96; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 40; KölnKomm/ Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 53; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 60; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 105; Merkt, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, § 221, Rn. 96, 97. 199 MüKo/Peifer, AktG, Bd. 4, § 186, Rn. 65; Hüffer, AktG, § 186, Rn. 39, § 221, Rn. 44; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 194; a. A. Groß, AG 1991, S. 201, 204 f. 200 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 88; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 44; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 194; a. A. Groß, AG 1991, S. 201, 204 f.
90
D. Verbandsinterne aktienrechtliche Erfordernisse
Zustimmung oder Ermächtigung zu der Emission ohne gleichzeitigen Bezugsrechtsausschluss gegenüber dem von der Hauptversammlung tatsächlich gefassten Beschluss ein Aliud darstellen würde. Somit kommt nur eine Gesamtanfechtung in Betracht.201 Erteilt die Hauptversammlung dem Vorstand im Rahmen eines Ermächtigungsbeschlusses gem. § 221 Abs. 2 AktG zusätzlich entsprechend § 203 Abs. 2 AktG die Ermächtigung, das Bezugsrecht auszuschließen, so kann man hieraus folgern, dass die Hauptversammlung den Bezugsrechtsausschluss gerade nicht als unverzichtbaren Bestandteil des Emissionsvorhabens ansieht. Sie delegiert die Entscheidung über den Bezugsrechtsausschluss gerade auf den Vorstand und stellt es diesem daher frei, die Emission ohne Bezugsrechtsausschluss durchzuführen. Soweit also keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Finanzierungsinstrumente nur mit gleichzeitigem Bezugsrechtsausschluss ausgegeben werden sollten, ist eine Teilanfechtung im Rahmen einer Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss für zulässig zu erachten.202 b) Schadensersatz gegen Vorstand oder Aufsichtsrat Wurde der Vorstand gem. § 221 Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 203 Abs. 2 S. 1 AktG (analog) zur Begebung einer Wandelschuldverschreibung und zum möglichen Ausschluss der Aktionäre ermächtigt, so hat dieser eine Prüfung durchzuführen, ob der Bezugsrechtsausschluss im konkreten Fall und unter 201 LG Braunschweig DB 1992, S. 1398; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 88; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 195; MüKo/Peifer, AktG, Bd. 4, § 186, Rn. 60 (zur ordentlichen Kapitalerhöhung); MüKo/Bayer, AktG, Bd. 4, § 203, Rn. 169 (zum genehmigten Kapital mit unmittelbarem Bezugsrechtsausschluss); Hüffer, AktG, § 221, Rn. 44; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 73; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 111; zum Teil wird auch weiter differenziert vgl. hierzu etwa: OLG Frankfurt ZIP 1993, S. 509, 511 (Einzelfallbetrachtung); MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 194 f. (differenzierend ob weitere Emissionsalternativen bestehen und der Bezugsrechtsausschluss sich nur auf eine Variante bezieht). A. A. Fuchs, EWiR 1993, § 221 AktG, S. 8 (dieser ist für eine isolierte Anfechtbarkeit i. R. v. Ermächtigungsbeschlüssen gem. § 221 Abs. 2 AktG) Groß, AG 1991, S. 201, 204 f. (dieser bejaht eine isolierte Anfechtbarkeit sowohl bei Zustimmungsals auch bei Ermächtigungsbeschlüssen). 202 BGHZ 83, 319, 329 = BGH WM 1982, S. 660, 662 = BGH NJW 1982, S. 2444, 2446 (Holzmann); OLG Frankfurt WM 1990, S. 1745, 1746; KölnKomm/ Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 89; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 196; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 44; Hirte, WM 1994, S. 321, 328; MüKo/Bayer, AktG, Bd. 4, § 203, Rn. 169 (zum genehmigten Kapital); Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 73; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 111; Groß, AG 1991, S. 201, 204 f.
IV. Absicherung der Wandlungsrechte91
Berücksichtigung aller Umstände sachlich gerechtfertigt ist und die Emission überhaupt von der Ermächtigung der Hauptversammlung erfasst ist. Das gleiche gilt, wenn die Verwaltung gem. § 221 Abs. 2 S. 1 AktG nur zur Ausgabe ermächtigt wurde und die Hauptversammlung den Bezugsrechtsausschluss bereits selbst beschlossen hat.203 Kommt es zum Bezugsrechtsausschluss, ohne dass dieser sachlich gerechtfertigt bzw. von der Ermächtigung oder etwa durch § 186 Abs. 3 S. 4 AktG gedeckt ist, so kann der Vorstand zum einen gem. § 93 Abs. 2 AktG gegenüber der Gesellschaft, zum anderen aber auch gegenüber den zu Unrecht ausgeschlossenen Aktionären haften.204 Die Einhaltung dieser Bindungen ist auch Teil der Überwachungspflicht des Aufsichtsrats. Da mit der entsprechenden Anwendung des § 203 Abs. 2 AktG auch § 204 Abs. 1 S. 2 AktG Anwendung finden muss, ist bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen unter Ausschluss des Bezugsrechts durch den Vorstand die Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich. Sollte es daher zu einem Verstoß gegen obige Pflichten kommen, so haftet auch der Aufsichtsrat gem. § 116 AktG.205
IV. Absicherung der Wandlungsrechte Durch Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung wird ein Gläubiger zwar noch nicht Aktionär, dafür gewährt ihm die Anleihe einen Anspruch auf Zuteilung von Aktien und damit mittelbar einen Anspruch auf Mitgliedschaften. Die Gesellschaft muss daher vorsorgen, dass sie ihre Verpflichtungen bei Ausübung des Umtausch- oder Bezugsrechts auch tatsächlich erfüllen kann. Zur Absicherung der Wandlungsrechte wird i. d. R. mit dem Beschluss über die Ausgabe von Wandelobligationen gleichzeitig eine bedingte oder genehmigte Kapitalerhöhung vollzogen. Dies war aber nicht immer so: In den Anfängen der Wandelschuldverschreibung, also bis zum Inkrafttreten des Aktiengesetzes von 1937, wurden zu diesem Zweck bevorzugt Vorratsaktien eingesetzt. Mittlerweile ist die Praxis aufgrund aktienrechtlicher Beschränkungen und Modernisierungen 203 BGHZ 136, 133, 140 f. = BGH NJW 1997, S. 2815. 2816 (Siemens/Nold); MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 197; MüKo/Bayer, AktG, Bd. 4, § 203, Rn. 170; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 112. Beim erleichterten Bezugsrechtsausschluss hat der Vorstand jedoch nur zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG noch bei Inanspruchnahme der Ermächtigung nach § 221 Abs. 2 S. 1 AktG gegeben sind. 204 BGHZ 136, 133, 140 f. = BGH NJW 1997, S. 2815. 2816 (Siemens/Nold); MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 198; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 112; vgl. hierzu auch MüKo/Bayer, AktG, Bd. 4, § 203, Rn. 168 ff. 205 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 197; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 112.
92
D. Verbandsinterne aktienrechtliche Erfordernisse
dazu übergegangen, die Wandlungsrechte durch Kapitalerhöhungen abzusichern.206 Diese Form der Absicherung hat jedoch den Nachteil, dass die Hauptversammlung nicht zu einem Kapitalerhöhungsbeschluss gezwungen werden kann. Die Gesellschafter können nämlich über dem Kapitalerhöhungsbeschluss frei abstimmen und diesen letztlich auch verweigern. Darüber hinaus sind selbst bei Vornahme einer Kapitalerhöhung die Bezugsrechte der Wandelobligationäre keineswegs gesichert, denn auf die jungen Aktien haben grundsätzlich (nicht bei der bedingten Kapitalerhöhung) die Aktionäre ein Bezugsrecht gem. § 186 AktG, welches dem rechtsgeschäftlich begründeten Wandlungsrecht der Obligationäre vorgeht. Die Wandelobligationäre könnten vor diesem Hintergrund nur dann mit Aktien bedient werden, wenn die Aktionäre zusätzlich zum Kapitalerhöhungsbeschluss ihr Bezugsrecht ausschließen oder in ausreichendem Umfang das Bezugsrecht nicht ausüben.207 Verließen sich Gesellschaft oder Obligationäre auf eine ordentliche Kapitalerhöhung zum Zeitpunkt der Wandlung, so besteht die ernsthafte Gefahr, dass die Bedienung der Wandlungsrechte mangels Zustimmung der Aktionäre scheitert. Dies wäre für die Gesellschaft schon auf Grund der Tatsache, dass ihre Reputation am Kapitalmarkt nachhaltig erschüttert wäre, ein ernsthaftes Problem. Es kommt hinzu, dass die Gesellschaft auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung der Wandlungsrechte in Anspruch genommen werden könnte. Zwar scheitert eine solche Inanspruchnahme normalerweise an § 187 AktG, jedoch wird diese Vorschrift von § 221 AktG verdrängt, da Letztere lex specialis zu Ersterer ist.208 Bei einer Nichtbedienung der Wandlungsrechte wäre die Gesellschaft den Obligationären gegenüber schadensersatzpflichtig. Eine ausreichende Absicherung ist daher dringend geboten, um derartige Nachteile zu vermeiden. Für eine effektive Absicherung der Wandlungsrechte und der damit einhergehenden Vermeidung jeglicher Haftung bietet sich vor allem die Schaffung eines bedingten Kapitals nach §§ 192 ff. AktG oder eines genehmigten Kapitals nach §§ 202 ff. AktG an. Bei letzterem gestaltet sich die Abwicklung jedoch umständlicher als bei der Wahl eines bedingten Kapitals.209 Die einzelnen Absicherungsgestaltungen sollen im Folgenden vorgestellt werden: 206 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 97; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 213; ausführlicher hierzu Linnhoff, Optionsanleihen, S. 69 ff., 199. 207 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 214. 208 A. a. O. (vgl. Fußnote 225 f.); vgl. hierzu die näheren Ausführungen unter dem Punkt: Anwendbarkeit des § 187 AktG? auf S. 96 ff. 209 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 215; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 59; vgl. hierzu für Einzelheiten die Ausführungen unter dem Punkt: Genehmigtes Kapital auf S. 99 f.
IV. Absicherung der Wandlungsrechte93
1. Absicherung mittels ordentlicher Kapitalerhöhung Die Durchführung einer ordentlichen Kapitalerhöhung (§§ 182 ff. AktG) zum Zeitpunkt der Wandlung scheidet von vornherein aus Praktikabilitätsgründen aus. Ob die Kapitalerhöhung überhaupt tatsächlich beschlossen werden würde, wäre ungewiss und könnte somit nicht zur erwünschten Absicherung der Bezugsrechte führen. Investoren würden sich hierauf kaum einlassen.210 Als nächste Alternative zur Absicherung kommt eine ordentliche Kapitalerhöhung mit einer Zeichnung eigener Aktien durch die Gesellschaft selbst oder eine Übernahme der Aktien durch ein abhängiges oder in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen in Betracht. Allerdings scheidet diese Möglichkeit schon wegen des Verbots der Selbstzeichnung nach § 56 AktG aus. Auf Grund der Einbeziehung der Tochterunternehmen bietet der Weg über abhängige Unternehmen auch in den meisten Fällen der Drittemission keinen Ausweg.211 Als einzige realisierbare Lösung wäre die Übernahme der neuen Aktien durch einen Treuhänder für Rechnung der Aktiengesellschaft denkbar, falls dieser nicht unter den in § 56 Abs. 2 AktG genannten Personenkreis fällt. Dieser Weg ist zwar möglich, führt aber nach § 56 Abs. 3 AktG zur Haftung des Übernehmers auf die volle Einlage. Die Übernahme durch einen Treuhänder ist daher nur für die Fälle vorstellbar, in denen bedingtes Kapital nicht zulässig ist oder nach Ablauf der 5-Jahresfrist eines genehmigten Kapitals, ohne dass eine Verlängerung durch die Hauptversammlung zu erwarten ist.212 2. Erwerb eigener Aktien Eine weitere begrenzte Möglichkeit zur Absicherung der Wandlungsrechte ist der Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft. Diese darf eigene Ak tien gem. § 71 AktG nur zu wenigen, vom Gesetz aufgezählten Zwecken erauch Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 70. AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 97; § 56 Rn. 3 ff.; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 220; MüKo/Bungeroth, AktG, Bd. 1, § 56, Rn. 87 f.; wohl auch Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 70. 212 Vgl. hierzu: MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 221; KölnKomm/ Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 97; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 59; Gallego Sánchez, S. 32; Rusch, S. 61 f.; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 52; vgl. hierzu auch das Beispiel aus der Realität (Siemens) bei Lutter, FS Kastner, S. 246 in Fußnote 8; Casper, Optionsvertrag, § 12, S. 348; a. A. Kerber, S. 34 f. (dieser sagt, dass in der Emissionspraxis diese Variante aus Gründen der Einfachheit sogar üblich geworden sei). 210 So
211 KölnKomm/Lutter,
94
D. Verbandsinterne aktienrechtliche Erfordernisse
werben. Dies ist aber mit Blick auf § 56 AktG nur in Bezug auf bereits bestehende Aktien denkbar. Die Bedienung von Wandlungsrechten wird in § 71 AktG nicht ausdrücklich erwähnt. Ein Ausnahmetatbestand nach § 71 AktG wäre nur i. R. d. § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG denkbar.213 Nachteil des Erwerbs eigener Aktien wäre allerdings wiederum, dass die Ermächtigung zum Erwerb von eigenen Aktien auf fünf Jahre befristet ist. Die Erlaubnis müsste während der Laufzeit der Wandelschuldverschreibung eventuell erneuert werden. Würden die Aktien aber unter Verstoß von § 71 AktG erworben werden, wäre eine längerfristige Vorratshaltung wegen des Veräußerungsgebots des § 71 c AktG nicht möglich. Außerdem existiert keine zu § 192 Abs. 4 AktG vergleichbare Schutzvorschrift, so dass keine Sicherheit besteht, ob die Gesellschaft zum Wandlungszeitpunkt tatsächlich ausreichend Aktien halten wird. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass eine Absicherung mittels Erwerbs eigener Aktien wegen der Höchstgrenzen des § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 1, Abs. 2 S. 1 AktG nur für ein begrenztes Kontingent in Betracht kommt. Eine Kenntnis des Marktes hinsichtlich der Erwerbsnotwendigkeit der Gesellschaft könnte den Rückkauf zudem nur verteuern. Eine Absicherung der Wandlungsrechte durch die Bedienung mit eigenen alten Aktien kommt folglich nur theoretisch und in begrenztem Maße in Betracht.214 3. Absicherung durch Vereinbarungen mit Dritten Theoretisch könnte man eine Absicherung weiterhin noch dadurch herbeiführen, dass man eine die Mehrheit von Aktionären repräsentierende Gruppe dazu verpflichtet, eine Kapitalerhöhung zur Bedienung der Wandlungsrechte durchzusetzen. Fraglich erscheint jedoch, warum die Hauptversammlung eine Verpflichtung zu einer Handlung eingehen soll, die sie bereits in Form eines bedingten Kapitals vorwegnehmen kann.215 Weiterhin denkbar wäre es, den Umtausch dadurch zu sichern, dass ein Großaktionär die zum Umtausch benötigten Stücke zur Verfügung stellt. Die notwendigen Aktien müssten dann bei einer Bank zugunsten der Wandelobli213 KölnKomm/Lutter/Drygala, AktG, 3. Aufl., Bd. 1, § 71, Rn. 151; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 79; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 59; Wiechers, DB 2003 595, 597 ff.; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 54; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 222; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63, Rn. 18; Schlitt/ Seiler/Singhof, AG 2003, S. 254, 256. 214 Vgl. allgemein zu Absicherung mittels Erwerbs eigener Aktien: Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 79 ff.; Gallego Sánchez, S. 30 ff.; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 222; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 97; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 59 ( m. w. N.), § 71, Rn. 19c ff.; Schumann, S. 170; Linnhoff, Optionsanleihen, S. 198; Rusch, S. 62; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, S. 254, 256 f.; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 54; Kerber, S. 32 f. 215 Rusch, S. 62.
IV. Absicherung der Wandlungsrechte
95
gationäre hinterlegt werden. Dieser Weg wäre auch heute noch begehbar. Da sich das Wandlungsrecht dann aber nicht mehr auf junge Aktien bezieht, handelt es sich nicht mehr um typische Wandelobligationen i. S. v. § 221 AktG.216 Weil es sich bei diesen bisherigen Varianten um theoretische Ausnahmefälle handelt, die aufgrund ihrer Unsicherheit kaum praktiziert werden, findet die Absicherung meist durch ein bedingtes oder genehmigtes Kapital statt. 4. Bedingtes Kapital Der beste und einfachste Weg zur Absicherung der Wandlungsrechte ist jener über das bedingte Kapital nach §§ 192 ff. AktG. Die bedingte Kapitalerhöhung ist nur für die in § 192 Abs. 2 AktG vorgesehenen Zwecke zulässig. § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG lässt eine bedingte Kapitalerhöhung explizit für die Gewährung von Wandlungsrechten an Gläubiger von Wandelschuldverschreibungen zu. Sie ist, wie der Name schon sagt, bedingt durch die tatsächliche Inanspruchnahme der neuen Aktien seitens der Wandlungsberechtigten. In welcher Höhe eine Kapitalerhöhung dann tatsächlich stattfindet, ist daher von vorneherein nicht absehbar. a) Vorteile Bei § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG steht den Altaktionären kein Bezugsrecht zu, denn nur so kann der gesetzlichen Intention – eine rechtssichere Existenz von Wandlungsrechten – der Weg geebnet werden.217 Ein weiterer Vorteil des bedingten Kapitals ist der Schutz des § 192 Abs. 4 AktG. Durch diesen Paragraphen wird der Hauptversammlung die Möglichkeit genommen, eine einmal beschlossene bedingte Kapitalerhöhung rückgängig zu machen, solange noch Wandlungsrechte bestehen. Die Rechte der Wandelobligationäre bleiben somit dauerhaft gewährt.218 216 Rusch, S. 62; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 82; Groß, in: MarschBarner/Schäfer, § 51, Rn. 16. 217 Ganz h. M. vgl. hierzu etwa: BGH AG 2006, S. 246, 247 = BGH ZIP 2006, S. 368; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 192, Rn. 21; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 60, § 192 Rn. 3; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 192, Rn. 5; Schumann, S. 171; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 57, Rn. 1a; Marsch-Barner, in: HK, AktG, § 192, Rn. 4; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 17; v. Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 192, Rn. 10; Schilling, in: Großkomm, AktG, 3. Aufl., § 192, Rn. 4; Schäfer, ZGR Sonderheft 16, S. 68. 218 MüKo/Fuchs AktG, Bd. 4, § 192, Rn. 216 ff.; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 60; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 66; Gallego Sánchez, S. 32 f.; Schumann, S. 171.
96
D. Verbandsinterne aktienrechtliche Erfordernisse
b) Ablauf Eine bedingte Kapitalerhöhung kann dazu dienen, die Wandlungsrechte sowohl aus einem Zustimmungsbeschluss (§ 221 Abs. 1 AktG) als auch aus einem Ermächtigungsbeschluss (§ 221 Abs. 2 AktG) abzusichern. Wird der Schutz durch bedingtes Kapital angestrebt, so sind von der Hauptversammlung immer zwei separate Beschlüsse durchzuführen.219 Die Hauptversammlung muss zum einen den Zustimmungs- (§ 221 Abs. 1 AktG) oder Ermächtigungsbeschluss (§ 221 Abs. 2 S. 1 AktG) fassen. Mit der Entscheidung über die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen ist ebenfalls eventuell über den Ausschluss der Bezugsrechte der Altaktionäre auf diese Wandelschuldverschreibungen zu entscheiden, denn sie sind Bestandteile eines einheitlichen Vorgangs (vgl. § 221 Abs. 4 i. V. m. § 186 Abs. 3 S. 1 AktG).220 Zum anderen ist der satzungsändernde Beschluss über eine bedingte Kapitalerhöhung (§§ 192 ff. AktG) durchzuführen, um für die künftige Bedienung der Wandlungsrechte mit jungen Aktien vorzusorgen. Ein Bezugsrechtsausschluss der Altaktionäre über den Erwerb dieser neuen Aktien erübrigt sich beim bedingten Kapital, da diesem ja bereits ein Bezugsrechtsausschluss immanent ist. c) Anwendbarkeit des § 187 AktG? Regelmäßig werden diese Beschlüsse zweckmäßigerweise gleichzeitig gefasst werden, so dass sich diesbezüglich keine Spannungen mit § 187 Abs. 2 AktG ergeben. Die Einräumung der in den Wandlungsrechten enthaltenen rechtsgeschäftlichen Bezugsrechte erfolgt erst „mit“ – nicht „vor“ – dem Kapitalerhöhungsbeschluss. § 187 Abs. 2 AktG würde damit keine Probleme bereiten. Ein Vorbehalt i. S. v. § 187 Abs. 1 AktG wäre widersinnig, da beim bedingten Kapital sowieso kein Bezugsrecht der Aktionäre besteht und deswegen § 187 Abs. 1 AktG keine Anwendung findet (vgl. § 193 Abs. 1 S. 3 AktG).221 219 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 98; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 51; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 217; Busch, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 41, Rn. 35. 220 OLG Schleswig AG 2003, S. 48, 49 (zudem 2. Leitsatz); KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 88; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 40; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 173; MüKo/Peifer, AktG, Bd. 4, § 186, Rn. 60 f.; Schilling, in: Großkomm, AktG, 3. Aufl., § 221, Rn. 19; a. A. Groß, AG 1991, S. 201, 204 f. vgl. hierzu auch die Ausführungen unter dem Punkt: Varianten des Bezugsrechtsausschlusses auf Wandelschuldverschreibungen auf S. 72 f. (m. w. N.).
IV. Absicherung der Wandlungsrechte97
Die Beschlüsse21 müssen aber nicht gleichzeitig, sondern können auch sukzessiv erfolgen. Wird zuerst der Kapitalerhöhungsbeschluss und im Anschluss der Zustimmungsbeschluss ausgeführt, bereitet § 187 AktG wiederum keine Bedenken. Zum einen ist dem bedingten Kapital ein Bezugsrechtausschluss immanent, zum anderen finden bei dieser Reihenfolge zwangsläufig keine Zusicherungen über Bezugsrechte vor dem Kapitalerhöhungsbeschluss, sondern danach statt (vgl. § 187 Abs. 1 und 2 AktG). Problematisch kann es aber dann werden, wenn zuerst eine Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen beschlossen wird, ohne zumindest gleichzeitig oder vorher eine entsprechende Absicherung der Wandlungsrechte durch ein bedingtes Kapital zu beschließen. Gem. § 187 Abs. 2 AktG sind rechtsgeschäftlich zugesicherte Bezugsrechte auf junge Aktien der Gesellschaft gegenüber unwirksam, wenn sie vor dem Beschluss über die Erhöhung des Grundkapitals erfolgen. Wandelobligationen beinhalten solche Zusicherungen über vertragliche Bezugsrechte. Sollten demnach Wandelschuldverschreibungen vor der Festsetzung der bedingten Kapitalerhöhung beschlossen und damit zugesichert werden, wären die Wandlungszusagen nach dem Wortlaut von § 187 Abs. 2 AktG der Gesellschaft gegenüber unwirksam. Ein Teil der Literatur orientiert sich tatsächlich streng am Wortlaut und ist der Ansicht das vorzeitige Zusicherungen auf jeden Fall nichtig sind.222 Das würde bedeuten, dass der Emittent nicht nachträglich ein Sicherungskapital beschließen könnte. Er müsste demnach immer zuerst die Kapitalerhöhung beschließen, bevor er Wandlungsrechte zusichern kann, anderweitig wären die Wandlungsrechte nichtig. Konsequenz dieser Ansicht wäre, dass die Wandelobligationäre aufgrund des nichtigen Rechtsverhältnisses weder Erfüllung noch Schadensersatz verlangen könnten. Die heute herrschende Literaturmeinung hält Bezugsrechtszusicherungen auch vor dem Kapitalerhöhungsbeschluss für möglich. Derartige Rechte sind allerdings schwebend unwirksam, weil sie zusätzlich unter dem Vorbehalt stehen, dass der Kapitalerhöhungsbeschluss zustande kommt. Nach dem Kapitalerhöhungsbeschluss würde wiederum der Vorbehalt des § 187 Abs. 1 AktG zur Anwendung kommen. Die Bezugsrechtszusagen bestehen dann unter dem Vorbehalt des Bezugsrechts der Aktionäre.223 Sollte die Kapital221 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 217, § 199; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 60; Gallego Sánchez, S. 33; Schumann, S. 171; vgl. auch KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 187, Rn. 9. 222 Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 187, Rn. 11; Schlegelberger/Quassowski, AktG 1937 § 154 Rn. 3; v. Godin/Wilhelmi, AktG, § 187, Anm. 2; Wiedemann, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 187, Rn. 8. 223 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 187, Rn. 16 ff.; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 5; Marsch-Barner, in: HK, AktG, § 187, Rn. 7; Veil, in: K. Schmidt/
98
D. Verbandsinterne aktienrechtliche Erfordernisse
erhöhung oder im Anschluss der Bezugsrechtsausschluss nicht zustande kommen, so könnten die Wandelobligationäre aufgrund des doppelten Vorbehaltes wiederum keinen Schadensersatzanspruch geltend machen. Die Wandelobligationäre müssten damit erhebliche Risiken in Kauf nehmen. Alles in allem würde die Anwendung des § 187 neben § 221 AktG einer Aktiengesellschaft das Anzapfen des Kapitalmarktes erheblich erschweren. Sinn und Zweck des § 221 AktG wären konterkariert, denn dieser sollte gerade die Emission von Wandelobligationen auf ein festes Fundament stellen.224 Nach obigem Verständnis könnten die Wandelschuldverschreibungen nur unter gleichzeitiger oder vorheriger Absicherung durch eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss wirksam emittiert werden. Man könnte daher meinen, dass § 187 Abs. 2 AktG einer Emission mit erst nachfolgender Kapitalerhöhung entgegensteht. Dem ist aber nicht so! Denn es besteht nahezu Einstimmigkeit, dass § 221 AktG lex specialis zu § 187 AktG ist, so dass letzterer i. R. d. § 221 AktG keine Anwendung findet.225 Teleologisch betrachtet will § 187 AktG in erster Linie die Entscheidungsbefugnis der Hauptversammlung absichern und die Gesellschaft vor Schadensersatzansprüchen bewahren, indem er Zusicherungen über Bezugsrechte auf junge Aktien von Beginn an den Boden entzieht.226 Um diesen Erfordernissen des § 187 AktG gerecht zu werden, muss bei rechtsgeschäftlichen Zusicherungen von Bezugsrechten immer ein Hauptversammlungsbeschluss herbeigeführt werden. Da aber auch bereits § 221 AktG einen Gesellschafterbeschluss voraussetzt, ist dieser Zweck bereits ausreichend gesichert. Vervollständigt wird dieser Aktionärsschutz durch § 221 Abs. 4 AktG, indem dieser den Gesellschaftern ein vorrangiges Bezugsrecht auf die Wandelschuldverschreibungen einräumt. § 221 AktG gewährleistet damit bereits hinreichend den Schutz der Altaktionäre, den § 187 AktG ebenfalls sicherstellen will. Wenn demnach § 187 AktG neben § 221 AktG Anwendung finden würde, könnte § 187 AktG gar keinen Sinn mehr erfüllen, da Lutter, AktG, § 187, Rn. 9; MüKo/Peifer, AktG, Bd. 4, § 186, Rn. 12 ff.; v. Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 187, Rn. 8. 224 Zur Entstehungsgeschichte Schumann, S. 173. 225 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 192, Rn. 10, § 221, Rn. 96 ff., § 187, Rn. 16 ff., 21; ders., FS Kastner; S. 245, 255 ff.; Hüffer, AktG, § 187, Rn. 2, 1, § 193 Rn. 3; MüKo/Peifer AktG, Bd. 4, § 187, Rn. 3; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 37, 117, 214; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 84; Schumann, S. 170 ff.; Gallego Sánchez, S. 39; a. A. Wiedemann, in: Großkomm, AktG, § 187, Rn. 8 f; Georgakopoulos ZHR 120 (1957), 84, 150, 155; Busch, in: MarschBarner/Schäfer, § 41, Rn. 35. 226 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 187, Rn. 2 ff.; MüKo/Peifer, AktG, Bd. 4, § 187, Rn. 12; v. Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 187, Rn. 1; Wiedemann, in: Großkomm, AktG, § 187, Rn. 3.
IV. Absicherung der Wandlungsrechte99
er einen Hauptversammlungsbeschluss als Voraussetzung normiert, dieser aber bereits nach § 221 AktG erforderlich ist. § 187 AktG würde in diesem Fall leerlaufen. Um diese beiden Vorschriften in Einklang zu bringen, darf § 187 AktG im Anwendungsbereich des § 221 AktG keine Berücksichtigung finden, da letzterer spezieller ist. Die Gesellschaft kann damit wirksam rechtsgeschäftliche Bezugsrechte an Dritte im Rahmen einer Wandelschuldverschreibung begründen, auch wenn erst im Anschluss und nicht gleichzeitig eine Absicherung durch eine Kapitalerhöhung erfolgt.227 5. Genehmigtes Kapital Als weitere gängige Variante zur Absicherung von Wandlungsrechten kommt das genehmigte Kapital gem. §§ 202 ff. AktG in Betracht. a) Ablauf Auch das genehmigte Kapital kann theoretisch Wandlungsrechte sowohl aus einem Zustimmungsbeschluss (§ 221 Abs. 1 AktG) als auch aus einem Ermächtigungsbeschluss (§ 221 Abs. 2 AktG) absichern. Wie bei der Absicherung über ein bedingtes Kapital sind auch beim genehmigten Kapital von der Hauptversammlung immer zwei separate Beschlüsse durchzuführen. Allerdings ist die Abwicklung beim genehmigten Kapital ein wenig umständlicher. aa) Absicherung eines Ermächtigungsbeschlusses durch ein genehmigtes Kapital Neben dem Ermächtigungsbeschluss zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen (§ 221 Abs. 2 AktG) einschließlich dem eventuellen Bezugsrechtsausschluss auf den Erwerb der emittierten Wandelschuldverschreibungen (§ 221 Abs. 4 i. V. m. § 186 Abs. 3 oder § 203 Abs. 2 AktG) ist der Kapitalerhöhungsbeschluss nach § 202 Abs. 1 AktG notwendig. Die beiden Ermächtigungsbeschlüsse gem. § 221 Abs. 2 und § 202 Abs. 1 AktG können 227 Vgl. hierzu: Schumann, S. 170 ff. (mit ausführlicher Begründung und weiteren Argumenten); Gallego Sánchez, S. 39; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 192, Rn. 10, § 221, Rn. 96, 98., § 187, Rn. 16 ff., 21.; Casper, Optionsvertrag, § 12, S. 348; wohl auch Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 84; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 51; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 51; MarschBarner, in: HK, AktG, § 187, Rn. 2; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 84; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 218.
100
D. Verbandsinterne aktienrechtliche Erfordernisse
ebenfalls sukzessiv oder gleichzeitig erfolgen. Allerdings ist beim genehmigten Kapital noch eine zusätzliche Entscheidung der Hauptversammlung über den Ausschluss der Aktionärsbezugsrechte auf den Erwerb der zur Absicherung benötigten jungen Aktien (§ 203 Abs. 1, 2 AktG) notwendig. Die beiden Entscheidungen über den Bezugsrechtausschluss können nur einheitlich mit dem Kapitalerhöhungsbeschluss oder dem Beschluss über die Ausgabe von Wandelobligationen gefasst werden können, da der Bezugsrechtsausschluss immer untrennbarer Bestandteil eines einheitlichen Vorgangs ist (vgl. §§ 186 Abs. 3 S. 1, 221 Abs. 4 AktG). Es sind damit zwei Beschlüsse zu fassen, die bis zu vier Entscheidungen beinhalten.228 Schließlich ist darauf zu achten, dass die Ermächtigungsbeschlüsse durch eine Entscheidung des Vorstands erst ausgenutzt werden müssen. Hierbei muss auch wieder strikt zwischen der Ausnutzung des Ermächtigungsbeschlusses gem. § 221 Abs. 2 und § 202 Abs. 1 AktG differenziert werden. bb) Absicherung eines Zustimmungsbeschlusses durch ein genehmigtes Kapital Wird von der Hauptversammlung ein Zustimmungsbeschluss zur Ausgabe einer Wandelobligation gefasst, kann die Absicherung auch durch ein genehmigtes Kapital erfolgen. Es sind wiederum zwei Beschlüsse – der Zustimmungsbeschluss gem. § 221 Abs. 1 AktG und der Ermächtigungsbeschluss gem. § 202 Abs. 1 AktG – von der Hautversammlung zu fassen. Bei genehmigtem Kapital ist darauf zu achten, dass das Bezugsrecht gem. § 203 AktG ausgeschlossen wird, damit die Wandlungsrechte gesichert sind. Der Bezugsrechtausschluss auf die Wandelobligationen gem. § 221 Abs. 4 AktG ist dagegen fakultativ. Auch beim Zustimmungsbeschluss sind folglich zwei Beschlüsse zu fassen, die bis zu vier Entscheidungen beinhalten können.229 Eine Entscheidung des Vorstands ist nur bezüglich der Ausnutzung des genehmigten Kapitals notwendig. Die Ausnutzung des genehmigten Kapitals erfolgt jedoch spätestens mit der Ausgabe dieser Finanzinstrumente. b) Vorteile Das Gesetz sieht für das genehmigte Kapital keine dem § 192 Abs. 2 AktG vergleichbare Zweckbeschränkung vor. Ein Vorteil bei diesem Verfahren besteht folglich darin, dass das genehmigte Kapital besonders bei sol228 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 186, Rn. 60 f.; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 98; im Übrigen a. a. O. (vgl. Fußnote 220). 229 A. a. O. (vgl. Fußnote 228).
IV. Absicherung der Wandlungsrechte101
chen Finanzierungsinstrumenten in Betracht zu ziehen ist, bei denen strittig ist, ob sie in den Anwendungsbereich der §§ 221 Abs. 1, 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG fallen. In diesen Fällen wird wohl das genehmigte Kapital zur Absicherung dominieren. Zudem können Einzelfälle in Erscheinung treten, bei denen ein bedingtes Kapital für eine Absicherung der Wandlungsrechte nicht geeignet ist.230 Neutral ist es zu werten, dass beim genehmigten Kapital keine Regelung existiert, die § 194 Abs. 1 S. 2 AktG entspricht. Letztere Norm findet nur beim bedingten Kapital Anwendung, hat jedoch eine rein deklaratorische Wirkung. Sie legt fest, dass die Hingabe von Schuldverschreibungen im Umtausch gegen Bezugsaktien nicht als Sacheinlage gilt. Doch wenn man berücksichtigt, dass Wandelanleihen dem Gläubiger eine Ersetzungsbefugnis (facultas alternativa) gewähren,231 kommt man auch ohne diese Vorschrift zu demselben Ergebnis. Mit der Ausübung seines Wandlungsrechts ändert der Gläubiger den Charakter seiner früheren Leistung auf die Wandelanleihe, indem er bestimmt, dass seine frühere Zahlung auf die Schuldverschreibung nun als Bareinlage auf die gewandelte Aktie erfolgt ist. In der Literatur werden hierzu zwei verschiedene Ansichten vertreten: Die einen sprechen sich für eine analoge Anwendung des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG beim genehmigten Kapital aus,232 der andere überwiegende Teil ist gegen die analoge Anwendung dieser Norm, da die Analogie aufgrund der rein deklaratorischen Natur schlichtweg überflüssig erscheint.233 Die frühere Zahlung gilt damit generell nach beiden Ansichten als Bareinlage und nicht als Sacheinlage auf die i. R. d. Wandlung an den Anleihegläubiger auszugebenden neuen Aktien. Zwar ist es so, dass sich die Schutzbedürftigkeit der Gesellschaft und der Gläubiger bei einem genehmigten Kapital nicht von der Situation bei einem bedingten Kapital unterscheidet, als dass eine abweichende Beurteilung gerechtfertigt sein könnte. Da aber aufgrund des 230 Denkbar ist der Fall, dass die Wandelobligationen (i. R. e. Vorstandsvergütung) zu einem Zeitpunkt begeben werden, in dem das Grundkapital der Gesellschaft noch verhältnismäßig gering ist, so dass die Grenze des § 192 Abs. 3 AktG überschritten würde (vgl. hierzu mit weiteren Beispielen Holland/Goslar, NZG 2006, S. 892, 892 f.). 231 A. a. O. (vgl. Fußnote 61). 232 Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 205, Rn. 9; Schumann, S. 79 ff.; Karollus, ZIP 1994, 589, 594 (in Fußnote 43); Holland/Goslar, NZG 2006, S. 892, 895; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 77; Groß, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 51, Rn. 60; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 53. 233 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 138, § 194, Rn. 3; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 230; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 216, Rn. 5; MüKo/Fuchs, AktG, Bd. 4, § 194, Rn. 7; Hirte, WM 1994, S. 321, 329 heute aber andere Ansicht vgl. a. a. O. (vgl. Fußnote 232).
102
D. Verbandsinterne aktienrechtliche Erfordernisse
deklaratorischen Charakters von § 194 Abs. 1 S. 2 AktG keine unterschiedliche Behandlung stattfindet ist mangels Regelungslücke eine Analogie abzulehnen.234 c) Nachteile Allerdings bringt das genehmigte Kapital auch einige Nachteile mit sich: So fehlt es etwa an einer dem § 192 Abs. 4 AktG vergleichbaren Vorschrift. Ein genehmigtes Kapital kann somit von der Hauptversammlung jederzeit wieder aufgehoben werden.235 Vorstand und Aufsichtsrat müssen für jede ausgenutzte Tranche des genehmigten Kapitals gesonderte Beschlüsse fassen (vgl. § 204 Abs. 1 AktG). Zudem ist die Ermächtigung des Vorstands auf maximal fünf Jahre befristet, so dass sich die Notwendigkeit ergeben kann, das genehmigte Kapital mehrere Male zu erneuern. Außerdem entstehen die gewandelten Aktien gem. §§ 203 Abs. 1 S. 1, 189 AktG erst mit der Eintragung der Durchführung der genehmigten Erhöhung des Grundkapitals. Schließlich ist dem genehmigten Kapital ein Bezugsrechtsausschluss nicht immanent, so dass es immer eines zusätzlichen Ausschlusses über das Bezugsrecht bedarf.236 Das Erfordernis eines zusätzlichen Bezugsrechtsausschlusses ist aber kein schwerwiegender Nachteil, denn materiell wäre er immer zulässig. Es bedarf in diesen Fällen daher niemals einer besonderen Feststellung der Verhältnismäßigkeit zwischen Mittel und Zweck. Die materielle Zulässigkeit des Bezugsrechtsausschlusses ergibt sich zwangsläufig aus der gesetzlichen Anerkennung der Wandelschuldverschreibungen als Finanzierungsinstrument. Denn wenn das Gesetz schon Wandelschuldverschreibungen reguliert, muss es auch den notwendigen Bezugsrechtsausschluss der Altaktionäre auf die jungen Aktien tolerieren. Durch § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG wird dies bestätigt, denn auch dieser sieht kein Bezugs234 Vgl. hierzu: Holland/Goslar, NZG 2006, S. 892, 895; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 194, Rn. 3 f.; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 230; Hirte, WM 1994, S. 321, 328; Rusch, S. 67 f.; vgl. zudem die Ausführungen unter dem Punkt Bareinlage oder Sacheinlage? auf S. 108 f. 235 Ein genehmigtes Kapital kann von der Hauptversammlung aber jederzeit wieder aufgehoben werden. Als Ausgleich kann den Anlegern aber etwa bei der Aufhebung des genehmigten Kapitals durch die Hauptversammlung ein vertragliches Kündigungsrecht mit einem zuzüglichen Strafaufschlag eingeräumt werden. Vgl. hierzu: Holland/Goslar, NZG 2006, S. 892, 895; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 74. 236 Vgl. zu den Nachteilen und Problemen beim genehmigten Kapital: MüKo/ Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 219; Holland/Goslar, NZG 2006, S. 892, 893 f.; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 99; Gallego Sánchez, S. 37 ff.; Schumann, S. 174 ff.; Silcher, FS Geßler, S. 196 f.; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 71 ff.; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 69.
IV. Absicherung der Wandlungsrechte103
recht der Aktionäre vor. Diese Wertentscheidung muss auch beachtet werden, falls einmal zur Bedienung von Wandlungsrechten die erforderlichen Aktien nicht durch ein bedingtes, sondern durch ein genehmigtes Kapital bereit gestellt werden. Außerdem erhalten die Altaktionäre als Ausgleich ein Bezugsrecht auf die Wandelschuldverschreibungen (§ 221 Abs. 4 AktG). Bei Ausschluss des Bezugsrechts auf die Wandelobligationen findet bereits eine sachliche Rechtfertigung statt.237 d) Anwendbarkeit des § 187 AktG? Bezüglich der zeitlichen Abfolge der beiden Beschlüsse bestehen dieselben Spannungen über das Verhältnis von § 221 AktG und § 187 AktG, wie sie bereits beim bedingten Kapital erläutert wurden.238 Alle Beschlüsse können wiederum simultan oder sukzessiv erfolgen. Wird der Ausgabe beschluss gem. § 221 AktG und der Kapitalerhöhungsbeschluss (§ 202 ff. AktG) gleichzeitig gefasst oder wird zuerst das genehmigte Kapital und erst danach der Ermächtigungsbeschluss gefasst, stünden die Wandlungsrechte theoretisch unter dem Vorbehalt des § 187 Abs. 1 AktG. Die Wirksamkeit der Wandelobligationen wäre davon abhängig, dass das Bezugsrecht der Aktionäre auf den Erwerb der zur Absicherung benötigten jungen Aktien ausgeschlossen wird. Sollte jedoch zuerst eine Ausgabe von Wandelobligationen gem. § 221 AktG und danach das genehmigte Kapital beschlossen werden, bereitet § 187 Abs. 2 und Abs. 1 AktG Probleme. Nach § 187 Abs. 2 AktG wären diese Wandlungsrechte schwebend unwirksam und gem. § 187 Abs. 1 AktG stünden sie zusätzlich unter dem Vorbehalt der Bezugsrechte der Altaktionäre. Diese Spannungen sind entsprechend den Ausführungen zum bedingten Kapital zu lösen, indem § 221 AktG als lex specialis zu § 187 AktG angesehen wird.239
237 H. M.: LG Frankfurt AG 1984, S. 296, 299 a. E.; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 186, Rn. 84; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 59; § 186, Rn. 30; MüKo/ Peifer, AktG, Bd. 4, § 186, Rn. 95; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 56, Rn. 80; Schumann, S. 175; Holland/Goslar, NZG 2006, S. 892, 894; Seiler, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 221, Rn. 76; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 53. Zur Rechtsprechungsentwicklung über die sachliche Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses und den Erfordernissen vgl. den Punkt: Entstehung des Erfordernisses der sachlichen Rechtfertigung bei einem Bezugsrechtsausschluss auf S. 75 ff. 238 Vgl. die Ausführungen unter dem Punkt: Anwendbarkeit des § 187 AktG? auf S. 96 ff. 239 Vgl. die näheren Ausführungen und Begründungen unter dem Punkt: Anwendbarkeit des § 187 AktG? auf S. 96 f., die hier weitgehend übertragen werden können.
104
D. Verbandsinterne aktienrechtliche Erfordernisse
6. Zusammenfassung Eine Absicherung durch eine ordentliche Kapitalerhöhung ist inakzeptabel. Sie kommt daher in der Praxis kaum mehr vor. Eine Absicherung mittels genehmigten Kapitals ist ausführbar, wobei die Wandelobligationäre bei einer Absicherung durch ein genehmigtes nicht so umfassend geschützt sind wie beim bedingten Kapital. Letzteres beinhaltet nämlich immer einen Bezugsrechtsausschluss, beim genehmigten Kapital muss er dagegen zusätzlich beschlossen werden. Zudem existiert beim genehmigten Kapital nicht eine dem § 192 Abs. 4 AktG entsprechende Vorschrift. In der Praxis ist die Absicherung durch ein bedingtes Kapital daher die Regel. Lediglich in einigen Ausnahmesituationen kann das genehmigte Kapital vorteilhafter sein.240
240 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 99; Holland/Goslar, NZG 2006, S. 892, 892; Schäfer, ZGR Sonderheft 16, S. 68, 71; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 223; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 68, 78; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 66; Casper, Optionsvertrag, § 12, 348; Fuchs, AG 1995, S. 433, 445; a. A. Kerber, S. 34 f., 55, 95.
E. Ausübung der Wandlungsrechte I. Wandlungserklärung Das Wandlungsrecht einer Wandelobligation wird durch eine Wandlungserklärung des Berechtigten ausgeübt. Bei der Optionsanleihe würde es sich genau genommen um eine Bezugserklärung handeln, bei der Wandelanleihe hingegen um eine Umtauscherklärung. Beide Willenserklärungen haben einen anderen Inhalt. Die Bezugserklärung ist auf die Geltendmachung einer dem Berechtigten eingeräumten Option zum Aktienerwerb gegen Zahlung eines Bezugspreises gerichtet. Auf die Schuldverschreibung hat die Bezugserklärung keine Auswirkungen. Die Umtauscherklärung zielt dagegen auf die Ausübung eines Wahlrechts mit dem Inhalt ab, dass der Wandelgläubiger statt Rückzahlung des Kapitals den Bezug von Aktien begehrt. In diesem Fall bewirkt die Erklärung also auch den Untergang der Anleiheforderung. 1. Wesen der Wandlungserklärung Das Wandlungsrecht ist ein Anspruch auf Mitwirkung beim Abschluss eines Zeichnungsvertrages. Umtauscherklärung und Bezugserklärung zielen auf Abschluss eines Zeichnungsvertrags ab und sind gleich zu behandeln (vgl. § 192 Abs. 5 AktG).241 Die Wandlungserklärungen sind insofern empfangsbedürftige Willenserklärungen, die sich auf den Abschluss eines Zeichnungsvertrags zwischen der Emittentin und dem Berechtigten beziehen.242 Hieraus folgt, dass die Geltendmachung des Wandlungsrechts und die auf den Zeichnungsvertrag abzielende Willenserklärung – als die beiden Bestandteile der Wandlungserklärung – in einer einheitlichen Erklärung enthalten sein können.243 241 Vgl. hierzu: MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 223, 225; KölnKomm/ Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 137, § 198 Rn. 2 ff.; Merkt, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, § 221, Rn. 25, 31; vgl. auch MüKo/Fuchs, AktG, Bd. 4, § 198, Rn. 1 ff. (insbes. Rn. 4). 242 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 198, Rn. 4; MüKo/Fuchs, AktG, Bd. 4, § 198, Rn. 4; Hüffer, AktG, § 198, Rn. 2; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 57, Rn. 39; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 25, 31. 243 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 198, Rn. 2 f.; § 221, Rn. 137; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 223; MüKo/Fuchs, AktG, Bd. 4, § 198
106
E. Ausübung der Wandlungsrechte
Soweit – wie es bei den Wandelschuldverschreibungen der Regelfall ist – die notwendigen Einzelheiten bereits hinreichend in den Vertragsbedingungen festgelegt sind, ist die Wandlungserklärung die Annahme eines einseitig verpflichtenden Vertragsangebotes des Emittenten auf Abschluss eines Zeichnungsvertrags. Sind die Wandelschuldverschreibungsbedingungen hingegen noch nicht hinreichend konkretisiert, stellt die Wandlungserklärung lediglich ein Vertragsangebot dar, welches noch der Annahme durch die Aktiengesellschaft bedarf. Letztlich ist diese aber zur Vertragsannahme aufgrund des Wandlungsrechts verpflichtet.244 2. Erfordernisse der Wandlungserklärung Bei den formellen Voraussetzungen der Wandlungserklärung und ihrer Wirkung ist zu differenzieren, mit welcher Kapitalerhöhung die Wandlungsrechte abgesichert wurden: Im Regelfall, also bei der Absicherung mit einem bedingten Kapital, gilt für die Wandlungserklärung § 198 AktG. Die Geltendmachung dieses Rechts muss daher den förmlichen Anforderungen des § 198 Abs. 1 AktG (z. B. Schriftform, doppelte Ausfertigung, Anzahl der Aktien, Aktiengattungen, Beschlussdatum usw.) genügen. Da die Wandlungserklärung in dieser Konstellation die Bezugs- / Umtausch- und die Zeichnungserklärung gleichermaßen beinhaltet (vgl. § 198 Abs. 2 S. 1 AktG), kann der Berechtigte unmittelbar nach der Wandlungserklärung die jungen Aktien beziehen.245 Denn mit dem Wirksamwerden des Zeichnungsvertrages erlangt der Wandlungsberechtigte das Recht auf Aushändigung der Aktien und mit deren Aushändigung entsteht die Mitgliedschaft (vgl. § 200 AktG).246 Erfolgt die Absicherung dagegen mit einem genehmigten Kapital, gelten die §§ 203 Abs. 1, 185 AktG. Zusätzlich zu dem Erfordernis der ZeichRn. 4; Hüffer, AktG, § 198, Rn. 2; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 92; ausführlich hierzu: Casper Optionsvertrag § 12, S. 327 ff.; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 31, 25; a. A. Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 45 (dieser sieht obige Konstruktion als gekünstelt an und behandelt sie als einheitlichen Vorgang). 244 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 223; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 137, § 198, Rn. 3 f., 9; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 25, 31; MüKo/Fuchs, AktG, Bd. 4, § 198, Rn. 4; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 25, 31; vgl. auch Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 45. 245 A. a. O. (vgl. Fußnote 244). 246 Vgl. hierzu: MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 223, 227; KölnKomm/ Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 198, Rn. 2, 9; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 92.
I. Wandlungserklärung107
nungserklärung mit all seinen förmlichen Voraussetzungen gem. § 185 Abs. 1 AktG (z. B. Schriftform, doppelte Ausfertigung, Anzahl der Aktien, Aktiengattungen, Beschlussdatum usw.) kommt die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Wandlungserklärung hinzu.247 Eine einheitliche Erklärung der beiden Komponenten, wie es beim bedingten Kapital der Fall ist,248 scheidet beim einem genehmigten Sicherungskapital aus, da es keine dem § 198 Abs. 2 S. 1 AktG entsprechende Vorschrift gibt. Das Recht auf die Aktien entsteht ebenso erst mit Abschluss des Zeichnungsvertrags. Die Mitgliedschaft entsteht aber anders als beim bedingten Kapital (vgl. § 200 AktG) gem. § 189 AktG erst mit Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister.249 Sollte einmal eine Absicherung ausnahmsweise durch eine ordentliche Kapitalerhöhung erfolgt sein, so gilt dasselbe wie zum genehmigten Kapital Gesagte, da hier §§ 185 ff. AktG unmittelbare Anwendung finden. 3. Auswirkungen der Wandlungserklärung auf die Schuldverschreibung Bei der klassischen Optionsanleihe bestehen Schuldverschreibung und Bezugsrecht unabhängig voneinander, so dass die Ausübung des Bezugsrechtes und damit die Erlangung der Mitgliedschaft keinerlei Einfluss auf die Obligation hat. Die Schuldverschreibung besteht daher ohne Veränderungen weiter.250 Bei der Wandelanleihe stehen dem Wandelgläubiger Anleihe und Bezugsrecht dagegen nur alternativ zu. Nach Ausübung des Wandlungsrechts erhält der Wandelgläubiger die Mitgliedschaft anstelle seines Rechts aus der Schuldverschreibung. Die Gesellschaft erlangt allerdings schon mit Wirksamwerden der Wandlungserklärung eine endgültige Einwendung i. S. d. § 796 BGB gegen den Rückzahlungsanspruch des Gläubigers aus der Anleihe. Dieser hat mit der Umtauscherklärung sein Wahlrecht verbraucht und kann die Wandlung somit nicht mehr rückgängig machen.251 247 MüKo/Habersack,
AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 224. (vgl. Fußnote 244). 249 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 219, 224, 227; Seiler, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 221, Rn. 73; Holland/Goslar, NZG 2006, S. 892, 894. 250 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 228; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 93; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 31. 251 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 228; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 141; a. A. wohl Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 93; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 25, (diese sind für ein Erlöschen der Schuldverschreibung). 248 A. a. O.
108
E. Ausübung der Wandlungsrechte
II. Einlagen auf die Aktien Wer Aktien zeichnet, muss auch die Einlage erbringen. Gleiches gilt natürlich auch dann, wenn nach Ausübung des Wandlungsrechts ein Anspruch auf Zuteilung von Aktien entsteht. Mit der Ausübung des Wandlungsrechts und Abschluss des Zeichnungsvertrags finden deshalb grundsätzlich die allgemeinen Vorschriften über die Aufbringung der geschuldeten Einlagen Anwendung.252 1. Wandelanleihen a) Bareinlage oder Sacheinlage? Zu der Einlage bei Wandelanleihen normiert § 194 Abs. 1 S. 2 AktG ausdrücklich, dass die Hingabe von Schuldverschreibungen im Umtausch gegen Aktien keine Sacheinlage darstellt. Bei der Wandelanleihe führt die Wandlung zu einer Umgestaltung des Rechtsverhältnisses. Der zunächst auf die Obligation geleistete Geldbetrag wird durch die Umtauscherklärung zu einer Bareinlage umgewandelt. Durch diese Umstellung wird der Rechtsgrund einer bereits erbrachten Leistung verändert (Causa-Änderung), so dass § 194 Abs. 1 S. 2 AktG rein deklaratorische Bedeutung erlangt.253 Die frühere Leistung (Bargeld) auf die Schuldverschreibung ist nach der Ausübung des Gestaltungsrechts (Ersetzungsbefugnis / facultas alternativa) nunmehr als Bareinlage auf die begehrten Aktien zu betrachten. Ob die Hingabe der Schuldverschreibung im Umtausch gegen die Aktien nun als Sacheinlage oder Bareinlage zu qualifizieren ist, bedarf somit keiner Entscheidung, da durch das Gesetz positiv bestimmt wird, dass sie keine Sacheinlage darstellt, sondern vielmehr als Bareinlage zu behandeln ist. 252 MüKo/Habersack,
AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 229. die h. M.: OLG Stuttgart AG 1995, S. 329, 330; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 138, § 194 Rn. 3; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 4; MüKo/ Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 226; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 10, 92; MüKo/Fuchs, AktG, Bd. 4, § 194 Rn. 5, 7; Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 221, Rn. 215; Frey, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl, § 194, Rn. 47 ff.; Rusch, Wandelschuldverschreibung, S. 67; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 47; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 24, 26; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 4; im Übrigen vgl. hierzu die Ausführungen unter dem Punkt: Vorteile auf S. 100 f. Eine ältere Ansicht im Schrifttum sah in § 194 Abs. 1 S. 2 AktG dagegen eine gesetzliche Fiktion, da sie auch die Hingabe von Schuldverschreibungen als Sacheinlage ansahen, vgl. hierzu: Baumbach/Hueck, AktG (13. Auflage), § 194, Rn. 2; v. Godin/Wilhelmi, AktG (3. Auflage), § 194, Anm. 3; Schilling, in: Großkomm, AktG, 3. Aufl., § 194, Anm. 2. 253 So
II. Einlagen auf die Aktien109
§ 194 Abs. 1 S. 2 AktG kommt allerdings nur zur Anwendung, wenn die Anleihe selbst gegen Geld und nicht etwa gegen Sachleistungen erworben wurde. Ansonsten wäre es ein Leichtes, die strengeren Vorschriften für Sacheinlagen durch eine kurzfristige Wandelanleihe zu umgehen, da bei der Begebung von Schuldverschreibungen gegen Sacheinlagen keine Werthaltigkeitsprüfungen vorgeschrieben sind. Sollte also ausnahmsweise die Anleihe gegen Erbringung einer anderen Leistung als Geld erworben worden sein, so gelten die folgenden Besonderheiten. Es müssen bei Begebung einer Wandelanleihe die Vorschriften über Sacheinlagen (vgl. §§ 183 f., 194, 205 AktG) eingreifen, so dass insbesondere eine Werthaltigkeitsprüfung zu erfolgen hat und der Vorstand bei Ausgabe der Wertpapiere § 199 AktG berücksichtigen muss. War bei Begebung der Anleihe die Werthaltigkeitsprüfung positiv, ist eine nochmalige, auf den Zeitpunkt des Aktienbezugs bezogene Wertprüfung entbehrlich, denn aus den §§ 199 Abs. 2, 218 S. 2 AktG folgt, dass es bei der erforderlichen Deckung des Ausgabebetrages auf die ursprüngliche Leistung ankommt. Folglich stellt § 194 Abs. 1 S. 2 AktG nur klar, dass die Schuldverschreibung als solche nicht als Sacheinlage anzusehen ist. Als Einlage ist vielmehr immer jener Vermögenswert zu betrachten, der ursprünglich auf die Anleihe geleistet und seinerzeit für werthaltig befunden wurde.254 Nach dem Umtausch der Schuldverschreibung in Aktien ist bezüglich der Einlage demnach zu differenzieren, ob die Obligation selbst gegen Bargeld oder durch eine Sachleistung erworben worden ist. Im ersteren Fall stellt der Umtausch der Obligation in Wandlungsaktien keine Sacheinlage dar. Im zweiten Fall ist dagegen die ursprüngliche Sachleistung auf die Obligation nach der Umwandlung und der darauf folgenden Causa-Änderung auch als Sachleistung auf die Bezugsaktien zu werten. Zum Zeitpunkt der Leistung musste die Sacheinlage auf die Obligation werthaltig sein. Da es sich bei § 194 Abs. 1 S. 2 AktG um eine Vorschrift von rein deklaratorischem Cha254 Vgl. hierzu: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 140, § 194 Rn. 4; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 231; MüKo/Fuchs, AktG, Bd. 4, § 194 Rn. 8; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 26; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 57, Rn. 24; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 47; Marsch-Barner, in: HK, AktG, § 194, Rn. 4; v. Godin/Wilhelmi, AktG, § 194, Anm. 3; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 194, Rn. 7; Kerber, S. 15 f.; Rusch, Wandelschuldverschreibung, S. 67 f.; vgl. hierzu auch: Meilicke, DB 1995, S. 1061 f. und die Antwort hierauf von Marsch-Barner, DB 1995, S. 1497. Divergenzen bestehen aber hinsichtlich des Zeitpunktes der Sacheinlagenprüfung: Frey, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 194 Rn. 105 (dieser ist der Ansicht, dass die Werthaltigkeitsprüfung zum Zeitpunkt der Ausgabe der Bezugsaktien erfolgen muss); v. Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 194, Rn. 15 (diese differenzieren nach der Reichweite des Kapitalerhöhungsbeschlusses, insbesondere inwieweit alle bewertungserheblichen Parameter festgesetzt und eingetragen wurden).
110
E. Ausübung der Wandlungsrechte
rakter handelt,255 gelten diese Grundsätze sowohl bei einer bedingten als auch einer genehmigten Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen.256 b) Einlageleistung aa) Volle Einlageleistung bei bedingtem Kapital Bei einem bedingten Kapital muss die Einlage vor der Ausgabe der jeweiligen Bezugsaktien voll erbracht sein (vgl. § 199 Abs. 1 AktG). Gemeint ist aber nur die Einlage auf das Kapital und nicht sonstige Nebenleistungspflichten i. S. d. § 55 AktG. So wird teilweise in den Wandelbedingungen festgesetzt, dass obendrein eine Zuzahlung oder ein Aufgeld geschuldet ist. Diese stellen dann einen Teilbetrag der Einlage dar und müssen voll aufgebracht werden. Es ist somit nicht zwingend, dass durch den Umtausch sofort die ganze Einlage geleistet ist. Für Optionsanleihen ist dies überhaupt nicht denkbar. Muss demgemäß noch eine Zuzahlung erbracht werden, müssen die aktienrechtlichen Vorschriften, welche die tatsächliche Erbringung der Einlage gewährleisten sollen, Anwendung finden. So kann § 199 Abs. 1 AktG bei Wandelanleihen ebenso herangezogen werden, wenn etwa noch Zuzahlungen ausstehen.257 Bei wandelbaren Wertpapieren besteht die Besonderheit, dass die Einlage in Form des Anleihenbetrags bereits an die Gesellschaft abgeführt wurde. In Extremfällen kann dies dazu führen, dass die geleistete Einlage unter dem Nenn- bzw. Stückwert (vgl. zum geringsten Ausgabebetrag § 9 Abs. 1 AktG) der zu beziehenden Aktien zurückbleibt. Eine Sondervorschrift für Wandelanleihen, in der ein Verbot der Unter-Pari-Emission geregelt ist, stellt § 199 Abs. 2 AktG dar. Diese Norm untersagt es Wandlungsaktien auszugeben, falls der Wandlungspreis einer Aktie den geringsten Ausgabebetrag der Bezugsaktien unterschreitet. Sollten also nach einer Umrechnung des Umtauschverhältnisses Aktien zu einem Preis bezogen werden können, der tatsächlich unter dem Nenn- / Stückwert der Aktien liegt, muss der Vorstand gem. § 199 Abs. 2 AktG sicherstellen, dass die Aktien entweder gar nicht ausgegeben werden oder der Differenzbetrag durch eine Zuzahlung oder sonstige Gewinnrücklagen ausgeglichen wird. Sinn und Zweck dieser Norm 255 A. a. O.
(vgl. Fußnote 233). hierzu die Ausführungen unter dem Punkt: Vorteile auf Seite 100 f. 257 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 199, Rn. 12 f.; MüKo/Winner/ Fuchs, AktG, Bd. 4, § 199, Rn. 8 ff.; Hüffer, AktG, § 199, Rn. 7; Veil, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, § 199, Rn. 7; v. Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 199, Rn. 1, 8 f.; Marsch-Barner, in: HK, AktG, § 199, Rn. 1, 5; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 199, Rn. 1; vgl. auch Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 57, Rn. 46. 256 Vgl.
II. Einlagen auf die Aktien111
ist es zum einen etwaige Umgehungsversuche zu § 9 Abs. 1 AktG (Verbot der Unter-Pari-Emission) zu unterbinden. Zum anderen greift die Norm den Gedanken des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG auf, wonach die Hingabe der Obligation im Umtausch gegen Aktien nicht als Sacheinlage gilt und damit auch nicht die für Sacheinlagen geltenden Vorschriften über die verdeckte Sacheinlage (§ 27 AktG) zur Anwendung kommen. Sie ist vielmehr als Bareinlage zu begreifen. Nach dem Verständnis des § 194 Abs. 1 S. 2 AktG wird nicht die Schuldverschreibung als Sacheinlage für die Aktie hingegeben, sondern der auf die Anleihe geleistete Betrag wird kraft der Gestaltungsbefugnis des Gläubigers zur Einlage. Diese Erkenntnis wird zudem durch § 199 Abs. 2 AktG bestätigt.258 bb) Einlageleistung bei ordentlicher Kapitalerhöhung oder genehmigtem Kapital Bei einer ordentlichen Kapitalerhöhung findet bezüglich der Einlageleistung § 188 Abs. 2 S. 1 AktG Anwendung. Gleiches gilt für das genehmigte Kapital, da § 203 Abs. 1 S. 1 AktG wiederum eine sinngemäße Anwendung dieser Norm anordnet. § 188 Abs. 2 S. 1 AktG verweist seinerseits auf die lockernden Vorschriften der §§ 36 Abs. 2, 36a und 37 Abs. 1 AktG. Die Rechtslage weicht somit von derjenigen beim bedingten Kapital ab. Die Aktien dürfen bereits dann ausgegeben werden, wenn der eingeforderte Betrag ordnungsgemäß eingezahlt wurde (§ 36 Abs. 2 AktG). Gem. § 36a genügt für Bareinlagen als eingeforderter Betrag die Einlage von einem Viertel des geringsten Ausgabebetrages und bei Ausgabe zu einem höheren Betrag auch dieser Mehrbetrag. Die Umtauschaktien können somit auch ausgegeben werden, wenn drei Viertel des Nenn- / Stückwertes je Aktie in Form von nicht geleisteten Zuzahlungen ausstehen. Eine volle Einlageleistung ist bei Bareinlagen nicht notwendig. Sacheinlagen sind dagegen immer vollständig zu leisten (vgl. § 36a Abs. 2 AktG).259
258 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 199, Rn. 16 f. (ausführlicher mit Beispielen); Hüffer, AktG, § 221, Rn. 10 ff.; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 199, Rn. 13 ff; MüKo/Fuchs, AktG, Bd. 4, § 199, Rn. 15 ff., 18 ff.; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 230; Marsch-Barner, in: HK, AktG, § 199, Rn. 7 ff.; v. Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 199, Rn. 15 ff.; Merkt, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, § 221, Rn. 26; vgl. hierzu auch Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 199, Rn. 10 ff. 259 Vgl. hierzu: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 199, Rn. 12; MüKo/ Fuchs, AktG, Bd. 4, § 199, Rn. 9; v. Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 199, Rn. 8; Hüffer, AktG, § 199, Rn. 7; Marsch-Barner, in: HK, AktG, § 199, Rn. 5; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 199, Rn. 8.
112
E. Ausübung der Wandlungsrechte
2. Optionsanleihen Bei den klassischen Optionsanleihen ist entsprechend den Optionsbedingungen eine Geldzahlung als Einlage zu erbringen. Dieser Betrag stellt in diesem Fall eine Bareinlage dar. Theoretisch denkbar – etwa bei Großak tionären, die ein Unternehmen einbringen – ist, dass ausnahmsweise eine Sacheinlage geschuldet sein kann. Ist dies der Fall, so kommt bei einer bedingten Kapitalerhöhung § 194 AktG und bei einer Absicherung durch ein genehmigtes Kapital § 205 AktG zur Anwendung. In der Regel begründen Optionsanleihen aber keine Verpflichtungen zu Sacheinlagen, so dass die Schutzvorschriften grundsätzlich nicht zur Anwendung kommen.260 Bei einer Absicherung durch ein bedingtes Kapital darf der Vorstand gem. § 199 Abs. 1 AktG die Aktien nicht vor der vollen Leistung der Einlage ausgegeben. § 199 Abs. 2 AktG findet bei Optionsanleihen nach dem Wortlaut keine Anwendung, jedoch kommt bei den Optionsanleihen das Verbot der Unter-Pari-Emission über § 9 Abs. 1 AktG unmittelbar zur Anwendung.261
260 Vgl. hierzu: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 140; § 194, Rn. 3; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 194, Rn. 5; Frey, in: Großkomm, AktG, § 194 Rn. 28 f.; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 229; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 34 f.; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 48. Bei atypischen Optionsanleihen (z. B. bei Möglichkeit der Einbringung der Obligation als Einlage) kann in bestimmen Fällen gleichwohl eine analoge Anwendung angebracht sein, vgl. hierzu: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 194, Rn. 5; v Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 194, Rn. 7; MüKo/Fuchs, AktG, Bd. 4, § 194, Rn. 14. 261 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 229; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 34 f.; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 48.
F. Schutz der Wandelobligationäre Mit § 221 AktG hat der Gesetzgeber nur dem Schutzbedürfnis der Aktionäre Rechnung getragen. Die Frage eines Schutzes der Wandelobligationäre ist dagegen in § 221 AktG überhaupt nicht und im Übrigen Aktienrecht nur rudimentär (z. B. §§ 192 Abs. 4, 216 Abs. 3 AktG) geregelt. Ferner existieren allgemeine Vorschriften außerhalb des Aktiengesetzes, die zum Schutz der Wandelobligationäre beitragen. Allerdings sind dies keine speziellen Schutzvorschriften zugunsten der Wandlungsberechtigten. Es handelt sich hier vielmehr um allgemeine Rechtsinstitute. Zu nennen wären hier etwa das AGB-Recht, das Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen (SchVG) oder allgemeine kapitalmarktrechtliche Vorschriften, die v. a. bestimmte Informationspflichten auferlegen. Zu diesen allgemeinen Schutzfunktionen soll im Folgenden zunächst ein kurzer Überblick gegeben werden, um im Anschluss den aktienrechtlichen Schutz der Wandelobligationäre, insbesondere in Bezug auf die Verwässerungsproblematik, näher zu untersuchen.
I. Allgemeiner kapitalmarktrechtlicher Schutz Das Kapitalmarktrecht bezweckt u. a. eine durchsichtige, kontinuierliche, faire und gleiche Information aller Beteiligten, um einen Informationsvorsprung oder einen sonstigen Vorteil einzelner Anleger zu vermeiden, eine Marktmanipulation zu verhindern oder schließlich gar vor Falschinforma tionen zu schützen. Die kapitalmarktrechtlichen Anlegerschutzvorschriften sollen kurzum eine Gleichbehandlung aller Marktteilnehmer gewährleisten. Hierfür werden bestimmte Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten normiert, welche für eine hinreichende Information beim Erwerb des Titels und bei börsennotierten Papieren zudem für die fortlaufende Veröffentlichung wesentlicher Tatsachen sorgen.262 Der kapitalmarktrechtliche Anlegerschutz beginnt mit den §§ 32 ff. BörsG. Dort müssen verschiedene Zulassungspflichten für den regulierten Markt, wie vor allem die Prospekt- und Zwischenberichtspflichten, die ganz allgemein bei einem öffentlichen Angebot von Wertpapieren bestehen, erfüllt werden.263 Wandelobligationen sind nach dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG) unter die 262 MüKo/Habersack,
BGB, Bd. 5, § 793, Rn. 39.
114
F. Schutz der Wandelobligationäre
Begrifflichkeit Dividendenwerte263 gem. § 2 Nr. 2 WpPG zu subsumieren.264 Ergänzt wird die Prospektpflicht außerdem durch die Prospekthaftung (§§ 21 ff. WpPG).265 Als anzuwendende Anlegerschutzvorschriften sind insbesondere die Informationspflichten (§§ 30a ff. WpHG) sowie die allgemeinen Verhaltenspflichten (§§ 31 ff. WpHG) aus dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) zu nennen. Das WpHG findet umfassend Anwendung, da sowohl die Wandelschuldverschreibungen als auch die abtrennbaren Optionsrechte Wertpapiere i. S. d. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 lit. a) oder lit. b) WpHG sind, soweit sie an einem Markt gehandelt werden und damit fungibel sind.266 Folglich werden die Wandelobligationäre auch durch die weiteren Vorschriften im WpHG, wie etwa die Insiderhandelsverbote (§§ 12 ff. WpHG), die Ad-hoc-Publizitätspflichten (§ 37 b und c WpHG) und das Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation (§§ 20a f. WpHG) geschützt.267 Den Wandelobligationären kommen somit die allgemeinen kapitalmarktrechtlichen Schutzvorschriften zugute.
II. Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen (SchVG) Das neue Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen (SchVG) fasst die Inhaber von Schuldverschreibungen angesichts der Tatsache, dass eine Änderung der Anleihebedingungen einen Änderungsvertrag 263 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 246; MüKo/Habersack, BGB, Bd. 5, § 793, Rn. 39; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 106; Gallego Sánchez, S. 50; Schlitt/Hemeling, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 10, Rn. 77. Jedoch ist ein öffentliches Angebot eher die Ausnahme, da sich das Angebot in der Regel nur an institutionelle Investoren richtet, die Stückelung über 50.000 € beträgt oder sich nur an Aktionäre richtet. 264 Ritz/Zeising, in: J/V/R/Z, WpPG, § 2, Rn. 77; Foelsch, in: Holzborn, WpPG, § 2, Rn. 8; Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, KMRK, WpPG, § 2, Rdnr. 12 f.; Gallego Sánchez, S. 49 f. (noch zur alten Rechtslage VerkProsG); Kerber, S. 147 ff. (ebenfalls noch zum VerkProsG). 265 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 246; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 49; Gallego Sánchez, S. 50; für Bezugsrechtsemissionen, die sich ausschließlich an Aktionäre richten, bedarf es aber keines Prospekts, da es sich dann um kein öffentliches Angebot handelt. 266 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 246; MüKo/Habersack, BGB, Bd. 5, § 793, Rn. 39; Fuchs, in: Fuchs, WpHG, § 2, Rn. 11 f., 28; Kumpan, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpHG, Rn. 6 ff., 24 ff.; Assmann, in: Assmann/ Schneider, WpHG, § 2, Rn. 9, 25, 30; vgl. hierzu näher die Ausführungen unter dem Punkt: Börsenzulassung und Handel mit Wandelschuldverschreibungen auf S. 55 ff. 267 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 246; MüKo/Habersack, BGB, Bd. 5, § 793, Rn. 39; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 106.
II. Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen (SchVG) 115
zwischen dem Schuldner und allen Gläubigern bedarf, zu einer gesetzlich verfassten Interessengemeinschaft, der Gläubigerversammlung, zusammen (vgl. § 4 SchVG). Anderweitig würde das Mitwirkungserfordernis aller Obligationäre aufgrund des breiten Anlegerpublikums und divergierenden Interessenlagen eine unüberwindbare Hürde zur Vertragsänderung darstellen.268 Wandelschuldverschreibungen unterliegen dem SchVG, soweit auf sie gem. § 1 Abs. 1 SchVG deutsches Recht Anwendung findet.269 Der Umstand, dass sie zusätzlich ein Recht auf Aktien verbriefen, steht dem nicht entgegen, denn Wandelobligationen besitzen wie reine Schuldverschreibungen ein Fremdkapitalelement.270 Nach dem heutigen SchVG kann eine Änderung der Bedingungen aufgrund der kollektiven Bindung (vgl. § 4 SchVG) grundsätzlich nur mit Zustimmung aller Gläubiger erfolgen. Will der Emittent dagegen eine Änderung der Bedingungen durch eine Mehrheitsentscheidung der Gläubigerversammlung ermöglichen, muss gem. § 5 Abs. 1 SchVG in den künftigen Anleihebedingungen ausdrücklich bestimmt werden, ob die §§ 5 ff. SchVG Anwendung finden sollen und bei Bedarf in welchem Umfang die Möglichkeit bestehen soll, die Anleihebedingungen durch Mehrheitsbeschluss zu ändern. Es wird grundsätzlich mit einfacher Mehrheit entschieden. Soweit ein wesentlicher Inhalt der Anleihebedingungen betroffen ist, muss eine qualifizierte Mehrheit in der Gläubigerversammlung erreicht werden (vgl. § 5 Abs. 4 S. 2 SchVG). In den Anleihebedingungen können für bestimmte Maßnahmen auch größere Mehrheiten als Erfordernis festgelegt werden. Die Mehrheitsbeschlüsse der Gläubigerversammlung sind dann gem. § 5 Abs. 2 S. 1 SchVG für alle Gläubiger verbindlich.271 Die Gläubigergemeinschaft trifft die Entscheidungen entweder durch die Gläubigerversammlung oder im Wege einer Abstimmung ohne Versammlung (§ 5 Abs. 6 S. 1 SchVG). Zusätzlich kann für die Gläubigergesamtheit ein gemeinsamer Vertreter bestellt werden (§ 7 SchVG). Die Funktion der 268 Leuring, NZI 2009, S. 639, 639; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 249; MüKo/Habersack, BGB, Bd. 5, § 793, Rn. 40; Hopt, FS Steindorff, S. 341, 342 ff. 269 Zum engeren Anwendungsbereich des alten SchuldVG vgl. Leuring, NZI 2009, S. 638, 639; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 250 (2. Auflage); Horn, BKR 2009, S. 446, 446 f., 449; Podewils, DStR 2009, S. 1914, 1914. 270 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 250 f.; Leuring, NZI 2009, S. 638, 639; Horn, BKR 2009, S. 446, 447 f.; Podewils, DStR 2009, S. 1914, 1914; Lutter/ Drygala sind der Ansicht, dass das SchVG auch auf die abgetrennten Optionsrechte anwendbar ist, vgl. hierzu: Lutter/Drygala, FS Claussen, S. 261, 268; a. A. MüKo/ Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 251. 271 Horn, BKR 2009, S. 446, 449; Leuring, NZI 2009, S. 638, 639 Podewils, DStR 2009, S. 1914, 1917.
116
F. Schutz der Wandelobligationäre
Gläubigerversammlung oder Abstimmung ist der einer Hauptversammlung ähnlich. Es sollen die Interessen der Anleger gebündelt werden, damit diese durch eine große Masse eine Gegenkraft zu den Emittenten entwickeln können. Darüber hinaus wird insgesamt eine Erleichterung und Ökonomisierung möglicher Vertragsänderungen erreicht, da nicht mit jedem Gläubiger eine separate Lösung ausgehandelt werden kann. Einzelheiten zum Verfahrensrecht der Gläubigerversammlung wie z. B. Einberufung, Bekanntmachung, Ablauf, Frist, Abstimmung usw. sind in den §§ 9 ff. SchVG geregelt und sehr dem Hauptversammlungsrecht einer Aktiengesellschaft nachgeahmt. So wird wie in einer Hauptversammlung grundsätzlich mit einfacher Mehrheit entschieden. Beschlüsse, die dagegen in die Rechte der Gläubiger eingreifen, indem sie etwa Stundung gewähren oder eine Ermäßigung des Zinses vorsehen, bedürfen wie in einer Aktionärsversammlung der qualifizierten Mehrheit.272
III. Schutz der Wandelobligationäre durch das AGB-Recht Die Ausgabe von Finanzinstrumenten i. S. d. § 221 AktG erfolgt typischer Weise unter vom Emittenten festgelegten Bedingungen. Zurückzuführen ist dies darauf, dass die Vorschriften über Schuldverschreibungen (§§ 793 ff. BGB) lückenhaft sind und auf die Besonderheiten von Wandelobligationen keine Rücksicht nehmen. Vor allem die Wandelschuldverschreibungen unterliegen einer sehr geringen Regelungsdichte.273 Aufgabe der Anleihebedingungen ist es deshalb zunächst, Art und Inhalt der in Frage stehenden Wandelobligation zu konkretisieren. Je nach Bedarf kann die Emittentin dadurch die Emission nach ihren Wünschen optimieren. Mithilfe der Anleihebedingungen kann die Wandelschuldverschreibung unterschiedlich ausgestaltet werden. Man kann hierbei zwischen den Ausgestaltungsmöglichkeiten der Anleihen- und der Aktienerwerbskomponente differenzieren.274 Daneben können auch allgemeine, z. B. wertpapierrechtliche Aspekte wie etwa die Art der Verbriefung (Inhaber-, Order- oder Rektapapier), die Frage der Börsennotierung oder des Gerichtsstandes bestimmt werden. Für alle Finanzierungsinstrumente des § 221 AktG bietet es sich außerdem an, die Problematik des Verwässerungsschutzes zu regeln. Im Folgenden soll kurz dargelegt 272 Leuring, NZI 2009, S. 638, 640; Horn, BKR 2009, S. 446, 450 ff.; Podewils, DStR 2009, S. 1914, 1917. 273 Vgl. Schumann Optionsanleihen S. 51 ff. (mit einem Beispiel von Optionsanleihebedingungen auf S. 259 ff.); MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 254. 274 Zu den verschiedenen Ausgestaltungsmöglichkeiten der Komponenten vgl. bereits die Ausführungen unter Punkt: Ausgestaltung der Wandelschuldverschreibungsbedingungen auf S. 36 ff.
III. Schutz der Wandelobligationäre durch das AGB-Recht117
werden, inwieweit die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen i. R. d. Wandelschuldverschreibungsbedingungen Anwendung finden. 1. Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB Nach der h. M. erfüllen die Wandelschuldverschreibungsbedingungen grundsätzlich die Voraussetzungen des § 305 BGB und sind somit als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren.275 So sind die Wandelschuldverschreibungsbedingungen zwar nicht zwingend wohl aber typischerweise für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert i. S. v. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB. Hintergrund ist, dass die §§ 793 ff. BGB und 275 H. M. ist für die Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB sowohl bei der Selbst- als auch bei der Fremdemission: BGHZ 163, 311, 314 (zu Inhaberschuldverschreibungen); BGHZ 119, 305, 312 (zu Genussrechten); auch der Gesetzgeber geht mittlerweile vom AGB-Charakter der Wertpapierbedingungen aus, vgl. hierzu: RegE, BTDrucks. 16/12814, S. 13 f. und RegE, BT-Drucks. 7/3919, S. 18; Drygala, Inhaltskontrolle von Wertpapierbedingungen, S. 24 ff.; (insbes. S. 101 zur Selbstemission; S. 136 zur Fremdemission); MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 255 (unklar: dieser lässt eine neue Tendenz in Richtung einer analogen Anwendung erkennen); KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 91, 221; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 35; Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 221, Rn. 131; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305, Rn. 70; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/ Pfeiffer, AGB-Recht, § 305, Rn. 64; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 16; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 168; Masuch, S. 58, 61; Lutter, DB 1993, S. 2441, 2442 (für Genussrechte); Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 74; (für Genussrechte); Groß, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 52, Rn. 7; Hartwig-Jacob, in: Friedl/Hartwig-Jacob, § 3, Rn. 50 ff. A. A. keine AGBen für den Fall der Fremdemission: Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Kap. 17, § 3, Rn. 26 ff., 36; Kallrath, S. 60 ff.; Joussen, WM 1995, S. 1861, 1869; Bungert, DZWiR, 1996, S. 185, 191 (diese sehen bei einer Fremdemission die Einbeziehungsvoraussetzungen als nicht gegeben an und wollen stattdessen eine Inhaltskontrolle anhand des § 242 BGB mit demselben Kontrollmaßstab wie bei § 307 BGB vornehmen, da sie inhaltsgleiche Vorschriften darstellen.); v. Randow, ZBB 1994, S. 23, 27 ff.; (auch dieser sieht bei der Fremdemission die Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 BGB als nicht gegeben an und will stattdessen eine Inhaltskontrolle nur anhand des § 242 BGB mit einem abgeschwächten Kontrollmaßstab im Gegensatz zu den §§ 307 ff. BGB vornehmen.); eine kritische Zusammenfassung dieser abweichenden Meinungen zu finden bei: Drygala, Inhaltskontrolle von Wertpapierbedingungen, S. 109 ff. (m. w. N.). A. A. wonach generell Wandelschuldverschreibungsbedingungen sowohl bei der Selbst- als auch bei der Fremdemission keine AGBen darstellen: Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 96; (dieser sieht die Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 BGB als gegeben, so dass sowohl bei der Selbst- als auch bei der Fremdemission keine AGBen vorliegen); Ekkenga, ZHR 160 (1996), S. 59 ff. (insbesondere S. 69 ff., dieser ist generell ablehnend zur Inhaltskontrolle von Wertpapierbedingungen und verneint sowohl bei der Selbst- als auch bei der Fremdemission das Vorliegen von AGBen).
118
F. Schutz der Wandelobligationäre
§ 221 AktG eine geringe Regelungsdichte aufweisen und teilweise sogar lückenhaft sind. Durch die Ausgestaltung der Bedingungen kann der Emittent daher großen Einfluss nehmen. Außerdem ist das Bedingungswerk im Regelfall vom Emittenten gestellt, auch wenn dies nicht immer so sein muss.276 Normalerweise erfordert die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gem. § 305 Abs. 2 BGB bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher die Notwendigkeit, dass ausdrücklich auf die Bedingungen hingewiesen wird und eine Kenntnisnahme des Inhalts der AGBen möglich sein muss. Beim heutzutage typischen stückelosen Effektenverkehr bereiten diese Einbeziehungsvoraussetzungen Probleme. Mit der h. M. ist jedoch davon auszugehen, dass § 305 Abs. 2 BGB die vom Gesetzgeber anerkannten Funktionsvoraussetzungen moderner Kapitalmärkte nicht in Frage stellen wollte. Das Kapitalmarktrecht sorgt bereits durch eine Reihe spezieller Vorschriften – wie z. B. das BörsG, das WpPG oder das WpHG – für eine hinreichende Transparenz der Wertpapierbedingungen. Es ist daher davon auszugehen, dass für die Einbeziehung von Anleihebedingungen auch im Rechtsverkehr mit Verbrauchern ausschließlich die §§ 145 ff. BGB Anwendung finden.277 Die Frage der Einbeziehung von AGBen stellt sich nur für den Primärmarkt, d. h. für die Zeichnung des Papiers durch den Ersterwerber gegenüber dem Emittenten. Liegen einmal die Einbeziehungsvoraussetzungen vor, so sind die Bedingungen Inhaltsbestandteil des Wertpapiers geworden und gelangen als solche auch gegenüber jedem Folgeerwerber zur Anwendung, ohne dass es insoweit überhaupt auf das Einverständnis des Erwerbers mit der Geltung der Bedingungen ankäme.278
276 So etwa bei den Fällen einer mittelbaren Platzierung (Fremdplatzierung), bei der die Bedingungen normalerweise zwischen der Emissionsbank und dem Emittenten ausgehandelt werden (vgl. hierzu die Zusammenfassung bei Groß, in: MarschBarner/Schäfer, § 52, Rn. 1 ff.). Gleichwohl ist sich die h. M. einig, dass es sich auch in diesem Fall um AGBen handelt. Die Voraussetzungen des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB liegen damit sowohl bei einer unmittelbaren als auch mittelbaren Platzierung vor; zu den abweichenden Ansichten vgl. a. a. O. (Fußnote 275). 277 H. M.: BGHZ 163, 311, 315 ff. (zu Inhaberschuldverschreibungen); Drygala, Inhaltskontrolle von Wertpapierbedingungen, S. 203 ff. (214); MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 256 (m. w. N.); Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 Rn. 114a; Masuch, S. 61 ff., 75; Hartwig-Jacob, in: Friedl/ Hartwig-Jacob, § 3, Rn. 54.; vgl. hierzu auch Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/ Bliesener/Spindler, Kap. 17, § 3, Rn. 32. 278 BGHZ 163, 311, 316; Drygala, Inhaltskontrolle von Wertpapierbedingungen, S. 98, 150 ff., 203 ff. (214); Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht, § 305, Rn. 114 (m. w. N.); RegE, BT-Drucks. 7/3919, S. 18; MüKo/Habersack,
III. Schutz der Wandelobligationäre durch das AGB-Recht119
2. Auslegung Anleihebedingungen sind schon auf Grund ihrer Eigenschaft als AGBen im Falle ihrer Verbriefung aber auch aus Gründen des Wertpapierrechts objektiv auszulegen. Es gelten demnach grundsätzlich die allgemeinen Auslegungsregeln von AGBen. Umstände, die sich aus der Person und dem Verständnis eines bestimmten Erstzeichners ergeben, haben deshalb für die Auslegung außer Betracht zu bleiben. Nur so ist die Umlauffähigkeit des Papiers und mit ihr die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes gewährleistet. Dabei war bis zur Einführung des neuen SchVG im Jahre 2009 in Fällen, in denen der allgemeine Kapitalmarkt in Anspruch genommen wird, nicht auf den Verständnishorizont professioneller Investoren, sondern auf den des typischen Privatanlegers abzustellen.279 Seit Einführung des neuen SchVG ist bei Wandelobligationen aber auch § 3 SchVG zu berücksichtigen. Danach müssen die Anleihebedingungen von einem Anleger, der hinsichtlich der jeweiligen Art von Schuldverschreibungen sachkundig ist, ermittelt werden können. Der Auslegungsmaßstab wird sich daher künftig an § 3 SchVG orientieren müssen und daher künftig nicht mehr allzu streng sein.280 Nach heute überwiegender Ansicht können neben dem Sinn und Zweck der Bedingungen auch außerhalb der Urkunde liegende Umstände, z. B. Inhalte des Emissionsprospektes oder Presseerklärungen des Emittenten, berücksichtigt werden, soweit diese Umstände dem typischen Zeichner bekannt sind oder bekannt sein müssten.281
AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 256; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 305, Rn. 64; Hopt, FS Steindorff, S. 341, 366; Masuch, S. 66 ff. 279 Vgl. BGHZ 119, 305, 313 = BGH NJW 1993, S. 57 („Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durchschnittskunden“); Drygala, Inhaltskontrolle von Wertpapierbedingungen, S. 214, wobei dieser eine Präzisierung zum transaktionsverständigen Privatanlegers befürwortet (mit einem Überblick zu den verschiedenen Meinungen auf S. 158 f.); Ulmer/ Habersack, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Teil 4, Kap. 11, Rn. 2 § 305 Rn. 114; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 258; Hopt, FS Steindorff, S. 341, 369. 280 Hartwig-Jacob, in: Friedl/Hartwig-Jacob, § 3, Rn. 45 f.; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Kap. 17, § 3, Rn. 10; Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 221, Rn. 132. 281 BGHZ 28, 259, 263 f. (Harpen Bonds) = BGH WM 1958, S. 1541; MüKo/ Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 258; MüKo/Habersack, BGB, Bd. 5, § 793 Rn 8; Masuch, S. 88 f. (m. w. N.); Hartwig-Jacob, in: Friedl/Hartwig-Jacob, § 3, Rn. 47.
120
F. Schutz der Wandelobligationäre
3. Inhaltskontrolle Nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB sind solche Klauseln, die lediglich die gesetzlichen Regelungen, also die Hauptleistungspflichten wiedergeben (deklaratorische Klauseln), der Inhaltskontrolle nach §§ 307 Abs. 1 und 2, 308 und 309 BGB entzogen. Auch hinsichtlich der Wandelobligationsbedingungen gilt daher, dass nur die so genannten Hauptleistungsabreden der AGBrechtlichen Inhaltskontrolle entzogen sind.282 Nur das in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB geregelte Transparenzgebot gilt gem. § 307 Abs. 3 S. 2 BGB auch für deklaratorische Klauseln. Zu den Hauptleistungspflichten der Schuldverschreibungskomponente zählen Klauseln, die die Anleihe als Finanzprodukt charakterisieren. Hierzu gehören z. B. Zinsbestimmungen, Kündigungsregeln oder Bestimmungen welche die Höhe und den Zeitpunkt des Rückzahlungsbetrags festlegen. Bei der Aktienerwerbskomponente wären hingegen die Festlegung des Wandlungsgegenstands, des Wandlungsverhältnisses sowie des Wandlungspreises als essentialia anzusehen und damit einer Inhaltskontrolle entzogen.283 Klauseln und Nebenleistungsabreden, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden, unterliegen hingegen gem. § 307 Abs. 3 BGB der vollständigen Inhaltskontrolle nach den §§ 309, 308 und 307 BGB. Einer Inhaltskontrolle nach AGBRecht bedarf es nur, soweit Klauseln vom dispositiven Recht abweichen. Klauseln in Anleihebedingungen, die gegen zwingendes Recht verstoßen, sind hingegen ohnehin unwirksam. Im Einzelnen hat die Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB zwei verschiedene Anforderungen. Zum einen müssen die Anleihebedingungen dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB entsprechen. Seit der Einführung des neuen § 3 SchVG wird jedoch der Maßstab des Transparenzgebots aus § 307 Abs. 1 S. 2 BGB von § 3 SchVG als lex specialis verdrängt. Das Transparenzgebot 282 BGHZ 119, 305, 315; Drygala, Inhaltskontrolle von Wertpapierbedingungen, S. 214 ff., 241, 292 ff.; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 259 (m. w. N.); KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 91, 222; MüKo/Habersack, BGB, Bd. 5, § 793 Rn. 48; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Brandner/Hensen § 305 Rn. 70; Kallrath, Inhaltskontrolle S. 69 ff.; Masuch, S. 96 f.; Sethe, AG 1993, S. 351, 368 f. (zu Genussrechten); Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 169; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 75 (für Genussrechte); Hartwig-Jacob, in: Friedl/Hartwig-Jacob, § 3, Rn. 55 ff., 67; vgl. auch hierzu Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Kap. 17, § 3, Rn. 34. 283 Vgl. hierzu ausführlich: Drygala, Inhaltskontrolle von Wertpapierbedingungen, S. 251 ff. (zur Anleihekomponente) und S. 266 f. (zur Erwerbsrechtkomponente); MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 259; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Kap. 17, § 3, Rn. 34; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 169; Kallrath, S. 72.
IV. Schutz der Wandelobligationäre vor unmittelbaren Beeinträchtigungen 121
unterliegt seitdem einem milderen Maßstab. Dies bedeutet in erster Linie, dass die Rechte und Pflichten aus dem Papier nicht mehr für den durchschnittlichen Erwerber hinreichend überschaubar und klar dargestellt sein müssen. Nach dem Wortlaut des § 3 SchVG ist nunmehr der Blickwinkel eines Anlegers, der hinsichtlich der jeweiligen Art von Schuldverschreibungen sachkundig ist, maßgeblich.284 Zum anderen ist zu prüfen, ob die einzelne Klausel den Erwerber entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB). Dabei sind zunächst die Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit (§ 309 BGB) zu beachten, danach die Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit (§ 308 BGB) und zuletzt wird eine Inhaltskontrolle anhand des unbestimmten Rechtsbegriffs „unangemessene Benachteiligung“ gem. § 307 Abs. 2 BGB vorgenommen.285 Auf Bedenken stoßen z. B. Klauseln, die dem Emittenten weitgehende Befugnisse zur einseitigen Änderung der Bedingungen einräumen, die den Verwässerungsschutz einschränken oder die Einführung sehr kurzer Verjährungsfristen für den Zins- und Kapitalrückzahlungsanspruch.286
IV. Schutz der Wandelobligationäre vor unmittelbaren Beeinträchtigungen Eine einseitige Änderung oder Beeinträchtigung der Rechte des Gläubigers aus der Wandelobligation kommt im Hinblick auf die vertragliche Natur des Rechtsverhältnisses und des Konsensprinzips grundsätzlich nicht in Betracht. Hierzu bedürfte es vielmehr eines zusätzlichen Änderungsvertrags zwischen dem Emittenten und allen Wandelschuldverschreibungsgläubigern.287 Im Anwendungsbereich des SchVG können die Wandelschuldverschreibungsbedingungen dagegen schon durch Zustimmung der (qualifizier284 Begr. RegE SchVG, BT-Drucks. 16/12814, S. 13; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Kap. 17, § 3, Rn. 17; Hartwig-Jacob, in: Friedl/ Hartwig-Jacob, § 3, Rn. 18 ff; Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 221, Rn. 132. 285 Bei den Anleihen des § 221 AktG ist hierbei unmittelbar auf §§ 793 ff. BGB und mittelbar auf §§ 488 ff. BGB abzustellen, vgl. MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 260; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 170; Hartwig-Jacob, in: Friedl/Hartwig-Jacob, § 3, Rn. 55 ff.; im Übrigen vgl. a. a. O. (vgl. Fußnote 282). 286 Vgl. zu einzelnen möglichen unangemessenen Klauseln: Drygala, Inhaltskontrolle von Wertpapierbedingungen, S. 252 ff. (zur Anleihekomponente) und S. 267 ff. (zur Erwerbsrechtkomponente); MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 261; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 91, 223; Seiler, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 221, Rn. 171 ff.; Casper, Optionsvertrag, § 12, S. 341; Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 221, Rn. 132. 287 RGZ 117, 379, 384 f.; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 263; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 37.
122
F. Schutz der Wandelobligationäre
ten) Mehrheit aller Wandelobligationäre geändert werden.288 Die emittierende Gesellschaft kann sich in den Wandelobligationsbedingungen aber auch ein einseitiges Recht zur Änderung vorbehalten. Eine solche nachträgliche Änderungsbefugnis des Bedingungswerks kann bei Wandelschuldverschreibungen in bestimmten Situationen durchaus sinnvoll sein. Die Emittentengesellschaft kann hieran vor allem im Hinblick auf eine gewünschte Kapitalerhöhung durch die Wandlung interessiert sein. Speziell bei der Wandelanleihe kommt hinzu, dass sie durch den Umtausch von einer Verbindlichkeit befreit wird. Als einseitige Änderung kommt in diesem Zusammenhang z. B. die Verlängerung der Umtauschfrist in Betracht. Vorteilhaft kann in bestimmten Konstellationen auch eine Reduzierung des Wandlungspreises sein, damit der Gesellschaft neues Eigenkapital zufließt. Die meisten Änderungen stellen daher keine Beeinträchtigung, sondern eine Bevorzugung der Wandelobligationäre dar. Vorstellbar ist aber auch, dass der Änderungsvorbehalt eine Änderung zulasten der Wandelobligationäre eröffnet. Zwar sind hier der Emittentin bereits aus Akzeptanzgründen am Kapitalmarkt natürliche Grenzen gesetzt, aber dennoch können einzelne Klauseln auch eine Belastung der Obligationäre eröffnen. Aus diesen Gründen existieren allgemeine gesetzliche Schutzmechanismen, welche einseitigen Änderungsvorbehalten Grenzen setzen und dadurch die Wandelobligationäre schützen.289 Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass auch die Verwässerungsschutzklauseln im Grunde nichts anderes als Änderungsvorbehalte darstellen. Die Verwässerungsschutzklauseln sollen im Idealfall nur zu einer Wiederherstellung der ursprünglichen Verhältnisse führen, da sie nur die negativen Folgen einer Kapitalmaßnahme ausgleichen sollen. Genau genommen liegt daher keine Veränderung sondern eine Wiederherstellung vor.290 Das Ausmaß und die Wirkung der in diesem Unterpunkt behandelten unmittelbaren Beeinträchtigungen sind je nach Ausgestaltung der Änderungs- oder Kündigungsklauseln immer vom Einzelfall abhängig. Da der Schwerpunkt dieser Arbeit aber in der Effektivität der Verwässerungsschutzklauseln bei mittelbaren Beeinträchtigungen aufgrund von verwässernden Maßnahmen der Gesellschaft liegt, werden im Folgenden die unmittelbaren Beeinträchtigungen in dieser Abhandlung nur rudimentär und allgemein gestreift.291 288 Vgl. hierzu die Ausführungen oben unter dem Punkt: Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen (SchVG) auf S. 114 ff. 289 Vgl. hierzu MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 268; Lutter/Drygala, FS Claussen 1997, S. 261, 262 ff. 290 Drygala, Inhaltskontrolle von Wertpapierbedingungen, S. 325 f. m. w. N. 291 Für ausführlichere Abhandlungen sei verwiesen auf: Lutter/Drygala, FS Claussen 1997, S. 261, 261 ff.; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 263 ff.
IV. Schutz der Wandelobligationäre vor unmittelbaren Beeinträchtigungen 123
1. Einseitiger Änderungsvorbehalt Will sich die Emittentin das Recht zur einseitigen Änderung des Anleiheverhältnisses einräumen, so muss sie dies ausdrücklich i. R. e. Änderungsvorbehaltsklausel vereinbaren. Aus privatautonomen Gründen ist gegen eine solche Vereinbarung grundsätzlich nichts einzuwenden, soweit die allgemeinen gesetzlichen Grenzen eingehalten werden. Eine solche Änderung der Wandelschuldverschreibungsbedingungen stellt die zulässige Ausübung einer vertraglich eingeräumten Gestaltungsbefugnis dar und ist nicht als einseitige Disposition des Emittenten über die Rechte des Gläubigers zu werten.292 Eine gesetzliche Schranke eines Änderungsvorbehaltes bilden die §§ 305 ff. BGB. Zum Schutz der unterlegenen Vertragspartei findet eine AGB-rechtliche Inhaltskontrolle Anwendung. Als Maßstab für die Inhaltskontrolle eines Änderungsvorbehalts würden die §§ 308 Nr. 4 sowie 307 Abs. 1 und 2 BGB eingreifen.293 Unzulässig ist daher ein allgemeiner und unbestimmter Änderungsvorbehalt. Einseitige Änderungsvorbehalte können vielmehr nur hingenommen werden, „soweit sie bei unsicherer Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig sind und den Anlass, aus dem das Bestimmungsrecht entsteht, sowie die Richtlinien und Grenzen seiner Ausübung möglichst konkret angeben.“294 Eine Klausel, die diesen Anforderungen nicht genügt, ist intransparent und somit nach § 307 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 2 BGB selbst dann unwirksam, wenn sie leistungsbeschreibender Natur ist. Auf inhaltliche Bedenken stoßen v. a. asymmetrische Regelungen, die einseitige Änderungen nur zu Lasten der Wandelobligationäre vorsehen.295 Da der Änderungsvorbehalt ein Recht des Emittenten zur einseitigen Änderung der Wandelschuldverschreibungsbedingungen begründet, handelt es sich um ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht i. S. d. § 315 BGB. Die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB wird daher zu292 Lutter/Drygala, FS Claussen 1997, S. 261, 267; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 264. 293 Lutter/Drygala, FS Claussen 1997, S. 261, 267 f.; Drygala, Inhaltskontrolle von Wertpapierbedingungen, S. 325 ff.; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 351 (zu den Genussrechten); MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 266; Casper, Optionsvertrag, § 12, S. 341 f. 294 So BGH WM 1999, S. 2545, 2547 (zu Entgeltklauseln in Banken-AGB); BGH ZIP 2004, S. 798, 800 f.; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 266; ders., WM 2001, S. 753, 756 ff. (zu Zinsänderungsklauseln in Banken-AGB). 295 BGHZ 97, 212, 217 (für Zinsanpassungsklauseln); Drygala, Inhaltskontrolle von Wertpapierbedingungen, S. 326; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 266; ders., WM 2001, S. 753, 759.
124
F. Schutz der Wandelobligationäre
sätzlich – sozusagen auf zweiter Ebene – durch die Ausübungskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB ergänzt. Danach ist die Ausübung des Änderungsrechts für den Anleger nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht.296 Ist dies nicht der Fall, kann die Ausübung gem. § 315 Abs. 3 BGB richterlich überprüft werden. 2. Aufhebung des Rechts, Kündigung und vorzeitige Rückzahlung Mit dem Änderungsvorbehalt verwandt sind Klauseln, die dem Emittenten das Recht zur Kündigung des Anleiheverhältnisses gewähren und ihm dadurch die Möglichkeit eröffnen, eine von ihm begehrte vorzeitige Beendigung des Rechtsverhältnisses durchzusetzen. Auch diese Kündigungsklauseln unterliegen grundsätzlich der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle. Insoweit gelten die zu Änderungsvorbehalten getroffenen Feststellungen entsprechend. Zu unterscheiden ist also wiederum zwischen der Einräumung eines entsprechenden Gestaltungsrechts und der nachfolgenden Ausübung.297 So wird teilweise in den Wandelobligationsbedingungen der emittierenden Gesellschaft das Recht zur vorzeitigen Rückzahlung eingeräumt.298 Diese vorzeitige Rückzahlung kommt einer außerordentlichen Kündigung gleich. Derartige Kündigungsklauseln sind i. d. R. an das Überschreiten eines bestimmten Aktienkurses gekoppelt. Sollte der Aktienkurs z. B. 150 % des Wandlungspreises überschreiten, kann die Emittentin das Risiko begrenzen, dass die Wandelaktien zu billig bezogen werden können. Gegen solche Klauseln bestehen grundsätzlich keine Bedenken, wenn die Spekulationsbegrenzung (Cap) hinreichend erkenntlich ist. Im Idealfall sollte diese Begrenzung schon aus der Bezeichnung der Wandelschuldverschreibung – z. B. 150 % Cap-Wandelanleihe – ableitbar sein. Durch die vorzeitige Rückzahlung darf den Aktionären aber nicht ihr Wandlungsrecht genommen werden, andernfalls würde es sich um eine unangemessene Benachteiligung i. S. d. 296 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 351 (zu den Genussrechten); Drygala, Inhaltskontrolle von Wertpapierbedingungen, S. 327; MüKo/ Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 267; ders., WM 2001, S. 753, 761 f.; Casper, Optionsvertrag, § 12, S. 342. 297 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 270. 298 TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/2016), § 3 Abs. 3 (Cap bei 130 %); Südzucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wan delanleihe 2009/2016), § 3, Abs. 3 (Cap bei 130 %); Solon AG Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 5, b (Cap bei 135 %); Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 5, b (Cap bei 130 %).
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 125
§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB handeln. Sollten die Wandelobligationäre daher zum Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung noch nicht von ihrem Wandlungsrecht Gebrauch machen können, muss ihnen zumindest ein außerordentliches Wandlungsrecht eingeräumt werden.299 3. Beseitigung des Sicherungskapitals Sollten die Wandlungsrechte mit einem bedingten Kapital abgesichert worden sein, schützt § 192 Abs. 4 AktG die Wandelobligationäre, indem dieser jeden entgegenstehenden Hauptversammlungsbeschluss für nichtig erklärt. Eine rückwirkende Beseitigung des bedingten Sicherungskapitals ist somit nicht möglich.300 Dieser Schutz gilt aber nur bei Beschlüssen, welche die Wandlungsrechte oder das bedingte Sicherungskapital unmittelbar betreffen, nicht dagegen bei solchen Maßnahmen, die diese Rechtsverhältnisse unberührt lassen und nur mittelbar deren Wert verringern (z. B. Kapital maßnahmen).301 Bei einem genehmigten Kapital gibt es dagegen keine entsprechende Vorschrift. Die Wandelobligationäre müssten sich bei einer Beseitigung des genehmigten Kapitals mit einem Schadensersatzanspruch begnügen.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 1. Einführung und Problemaufriss Die Rechte eines Wandelobligationärs können nicht nur durch unmittelbare Veränderungen des Rechtsverhältnisses zur Gesellschaft oder Entziehung seiner Position, sondern auch auf mittelbare Art und Weise beeinträchtigt werden. Mit der Begebung einer Wandelschuldverschreibung bleiben diese Effekten mehrere Jahre im Umlauf. Nach Abschluss des Begebungsvertrags kann die Gesellschaft die Rechtsposition des Wandelschuldverschreibungsinhabers grundsätzlich nicht mehr einseitig ändern. Eine Wan299 Kallrath,
S. 147 ff.; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 270. hierzu etwa: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 120, 192, Rn. 32; MüKo/Fuchs, AktG, Bd. 4, § 192, Rn. 158; Gallego Sánchez, S. 87 f.; Hueck, DB 1963, S. 1347, 1347. 301 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 192, Rn. 34 f.; MüKo/Fuchs, AktG, Bd. 4, § 192, Rn. 159; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 27; Hueck, DB 1963, S. 1347, 1347 (zum Aktiengesetz von 1937); Frey, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 192, Rn. 160; Kerber, S. 54; vgl. zur Zulässigkeit der einzelnen Maßnahmen jeweils die Ausführungen auf den Seiten 147 ff. 300 Vgl.
126
F. Schutz der Wandelobligationäre
delschuldverschreibung kann, soweit kein Änderungsvorbehalt vereinbart wurde oder das SchVG anwendbar ist,302 nur mit Hilfe eines Änderungsvertrages umgestaltet werden. Die Position des Anlegers kann folglich nicht mehr einseitig ohne Beteiligung der Wandelobligationäre durch Änderung des Rechtsverhältnisses zur Gesellschaft beeinträchtigt werden. Wie im Folgenden aufgezeigt wird, besteht für die Wandelobligationäre aber trotzdem eine Gefahr, dass ihre Wandlungsrechte auf mittelbare Art und Weise einseitig verändert und beeinträchtigt werden können. Aus der Sicht eines Wandelobligationärs ist es nicht nur entscheidend, ob er überhaupt Aktien erhalten kann, sondern v. a. welchen Wert diese Aktien haben. Wenn der Kurswert der Aktien höher ist als der Wandlungspreis, kann sich die Ausübung des Wandlungsrechts lohnen. Der Wert einer Wandelschuldverschreibung hängt im Gegensatz zu reinen Obligationen nicht nur von dem Zins oder etwa der Bonität des Emittenten ab, sondern vor allem von dem Wert der zu wandelnden Aktie.303 Der Aktienkurs beeinflusst folglich ständig den Wert des Wandlungsrechts. Diese Abhängigkeit der Wandelschuldverschreibung von der Entwicklung des Aktienkurses führt naturgemäß dazu, dass die wirtschaftliche Position des Wandelobligationärs entscheidend von dem Gedeihen des Aktienkurses mitbestimmt wird.304 Jede Steigerung des Aktienkurses begünstigt dabei den Wert der Wandelschuldverschreibung und jede Senkung führt zwangsläufig zu einer Beeinträchtigung. Die Betroffenheit des Berechtigten ist dabei freilich umso größer, je stärker der Wert der Wandelobligation vom Wandlungsrecht abhängt.305 Der Kurs einer Aktie hängt wiederum von vielen Faktoren ab, wie Angebot und Nachfrage, allgemeines Marktinteresse, Leitzins, aktuelle gesellschaftsrelevante Ereignisse wie Katastrophen, Gesetzgebung, politische 302 Vgl. hierzu die Ausführungen unter den Punkten: Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen (SchVG) auf S. 114 f. und Einseitiger Änderungsvorbehalt auf S. 123 f. 303 Vgl. hierzu im Einzelnen die Veranschaulichung in den Beispielen und allgemein die Ausführungen im Exkurs insbesondere unter den Punkten: Wertbestimmung der Wandelschuldverschreibungen und Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs (Zeitwert) auf S. 141 ff. 304 Vgl. hierzu: Loos, DB 1960, S. 515, 515; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 6, § 221, Rn. 271; Gallego Sánchez, S. 88. 305 Eine solche gesteigerte Abhängigkeit liegt etwa bei abgetrennten Optionsrechten vor, denn deren Wert wird besonders stark durch den Kurs des Basiswerts mitbestimmt. Eine weitere Möglichkeit wäre z. B., dass die Konditionen der Schuldverschreibung weit hinter denen einer reinen Industrieobligation zurückbleiben und dies durch ein besonders günstiges Wandlungsrecht ausgeglichen wird. Vgl. hierzu: MüKo/Habersack, AktG, Bd. 6, § 221, Rn. 271; Gallego Sánchez, S. 88; Loos, DB 1960, S. 515, 515.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 127
Entscheidungen usw.306 Auf solche Geschehnisse hat die Gesellschaft keinen Einfluss. Folglich scheidet auch ein Wertausgleich zugunsten der Wandelobligationäre aus, da die Ursachen und Verantwortung dieser Ereignisse nicht in der Sphäre der Gesellschaft liegen. Dagegen beruhen Kapitalmaßnahmen nur auf internen Unternehmensentscheidungen. Sie entspringen der Gesellschaftssphäre und sind der Emittentin daher auch voll zuzurechnen. Solche rein gesellschaftsintern gesteuerte Maßnahmen können sich aber gleichfalls auf den Wert einer Aktie auswirken und damit auch mittelbar Einfluss auf den Wert der Wandelobligationen haben. So kann eine Gesellschaft beispielsweise eine Kapitalerhöhung beschließen, die sich i. d. R. negativ auf den Kurs der Aktie auswirkt. Die Folge wäre, dass die Verwässerung des Aktienkurses auf den Wert der Wandelschuldverschreibungen durchschlägt. Obwohl sich das Wandlungsrecht auf dieselbe Anzahl von Aktien bezieht, wird der Anleger geringerwertige Aktien erhalten. Das Wandlungsrecht und damit auch der Wert der Wandelobligation verwässert. Hinzukommen würde bei dieser Kapitalmaßnahme, dass sich auch der künftige herrschaftsrechtliche Einfluss der Wandelaktien durch die steigende Anzahl der Mitgliedschaften verringert. Während die Aktionäre durch das Bezugsrecht (§ 186 AktG) und ihrer Mitentscheidungsbefugnis vor den eintretenden Verwässerungen weitgehend geschützt sind, müssen die Wandelobligationäre diese Maßnahmen einfach hinnehmen. Die Konsequenz solcher gesellschaftsinterner Maßnahmen wäre ein Vermögensverlust des Anlegers und daraus resultierend eine Reduzierung seiner Gewinnchancen. Würde man den Wandelobligationären keinen gesetzlichen Schutz einräumen, könnte die Emittentin durch die verschiedenen Grundlagenentscheidungen theoretisch das Wandlungsrecht der Anleger aushöhlen.307 Im schlimmsten Fall kann der Aktienkurs als Folge einer Kapitalmaßnahme sogar unter dem Wandlungspreis fallen. Die Wandelobligationäre würden dann keinesfalls von ihrem Wandlungsrecht Gebrauch machen, so dass die Altaktionäre mangels Wandlung auch keine vermögens- oder herrschaftsrechtlichen Verwässerungen in Kauf nehmen müssten. Zusätzlich hätten die Aktionäre den Vorteil, dass sie von den Wandelobligationären sehr zinsgünstiges Fremdkapital aufnehmen konnten. Als Ausgleich für den im Verhältnis zu normalen Schuldverschreibungen geringen Zinssatz wurde den 306 Vgl. hierzu bereits die Ausführungen oben unter dem Punkt: Börsenkurs auf S. 139 f. 307 Vgl. zum Überblick: MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 271 ff.; Gallego Sánchez, S. 89; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 61; Groß, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 52, Rn. 3, 12 ff.; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 71; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 127; Loos, DB 1960, S. 515, 515 f.; Kallrath, 164 f.
128
F. Schutz der Wandelobligationäre
Wandelschuldverschreibungsinhabern aber das Wandlungsrecht eingeräumt. Die Gesellschaft hätte es somit theoretisch in der Hand, aus einer Wandelobligation eine einfache Schuldverschreibung zu kreieren, indem sie durch gezielte Kapitalmaßnahmen das Wandlungsrecht konterkariert. Nach diesen Ausführungen sollten keine Zweifel mehr bestehen, dass die Wandelobligationäre in Bezug auf die eintretenden Verwässerungen durch die Kapitalmaßnahmen schutzbedürftig sind. Ob bzw. inwieweit den Wandelobligationären nach dem Gesetz auch ein Verwässerungsschutz zugebilligt werden kann, wird im Folgenden näher beleuchtet. 2. Grundlage und Reichweite des gesetzlichen Verwässerungsschutzes a) Gesetzliche Ableitung des Verwässerungsschutzes Das AktG sieht einen ausdrücklichen Verwässerungsschutz der Wandlungsrechte nur bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln vor.308 So ordnet § 216 Abs. 3 S. 1 AktG an, dass Rechte Dritter, die von den bisherigen Kapital- oder Gewinnverhältnissen abhängen, durch die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nicht berührt werden dürfen. Zu diesen Rechten Dritter gehören auch die Wandelobligationen aus § 221 AktG.309 Die Wandelbedingungen werden deshalb mit Eintragung der nominellen Kapitalerhöhung kraft Gesetzes den eingetretenen Veränderungen angepasst, indem sich etwa gem. § 218 S. 1 AktG zugleich das für die Bedienung der Rechte vorgesehene bedingte Sicherungskapital linear erhöht.310 Für alle übrigen Kapitalmaßnahmen fehlt es dagegen an einer entsprechenden Schutzregelung. Aus diesem Grund – nämlich dass es sich bei §§ 216 Abs. 3, 218 S. 1 AktG um einen absoluten Einzelfall handele – wurde früher 308 Diese gesetzgeberische Zurückhaltung ist v. a. darauf zurückzuführen, dass Wandelschuldverschreibungen keine Wertpapiere sind, die Mitgliedschaftsrechte verkörpern. Sie sind schuldrechtrechtliche Obligationen, weswegen eine ausführliche Regelung im Aktienrecht systemfremd wäre. Vgl. hierzu: Groß, in: Marsch-Barner/ Schäfer, § 52, Rn. 2. 309 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 216, Rn. 25; MüKo/Arnold, AktG, Bd. 4, § 216, Rn. 58 ff.; Hüffer, AktG, § 216, Rn. 14; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 216, Rn. 15; Stadler, in: HK, AktG, § 216, Rn. 18, 28; Simons, in: Hölters, AktG, § 216, Rn. 13 ff., 18; Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 216, Rn. 77; Fock/Wüsthoff, in: Spindler/Stilz, AktG, § 216, Rn. 25 ff.; Würdinger, Aktienrecht, S. 187. 310 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 289; MüKo/Fuchs, AktG, Bd. 4, § 216, Rn. 41 ff., § 218, Rn. 3 ff.; Schlitt/Hemeling, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 10, Rn. 64; Loos, DB 1960, S. 543, 544 (zur veralteten Rechtslage des KapErhG); vgl. für Einzelheiten die Ausführungen unter dem Punkt: Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln (nominelle Kapitalerhöhung) auf S. 147 ff.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 129
überwiegend eine analoge Anwendung abgelehnt und somit vertreten, dass bei einer Kapitalerhöhung gegen Einlagen und erst Recht allen sonstigen Kapitalmaßnahmen kein gesetzlicher Verwässerungsschutz bestehe.311 Mittlerweile hat sich jedoch eine starke Gegenauffassung etabliert, so dass heute auch bei effektiven Kapitalerhöhungen, Kapitalherabsetzungen oder sonstigen benachteiligenden Kapitalmaßnahmen zugunsten der Wandelobligationäre überwiegend ein gesetzlicher Verwässerungsschutz befürwortet wird.312 Nach dieser mittlerweile in der Literatur herrschenden Ansicht ergibt sich der gesetzliche Schutz jedoch nicht aus einer Einzelanalogie 311 BGHZ 28, 259, 276 f. (Harpen Bonds), im Harpen-Bond Urteil äußerte sich der BHG noch gegen einen Verwässerungsschutz für Genussrechte. Die Begründung hierfür war allerdings, dass der Gesetzgeber in früheren Zeiten bewusst keinen Verwässerungsschutz für aktienähnliche Gläubigerrechte reguliert hatte. Spätestens mit der Einführung des neuen UmwG und dessen Verwässerungsschutzregelungen in § 23 UmwG samt Verweisungen hat sich diese Argumentation jedoch erübrigt; Hueck, DB 1963, 1347, 1348 ff.; KölnKomm/Lutter, AktG, § 221, Rn. 39 ff. (1. Aufl. 1971, heute andere Ansicht); Schumann, S. 177 f.; Loos, DB 1960, S. 543, 544 (zur veralteten Rechtslage des KapErhG); Georgakopoulos, ZHR 120 (1957), S. 84, 172; auch heute noch: Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 128; a. A. bereits damals Meilicke BB 1963, S. 500, 501 (jedoch zur Kapitalherabsetzung). 312 Koppensteiner, ZHR 139 (1975), S. 191, 197; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 289 f.; MüKo/Peifer, AktG, Bd. 4, § 189 Rn. 10; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 124, § 216, Rn. 29; Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 221, Rn. 174 f., 181, 185; Groß, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 52, Rn. 18; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63, Rn. 22; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 158; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 192, Rn. 81; Frey, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 192, Rn. 160; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 63, § 216, Rn. 19; Drygala, Inhaltskontrolle von Wertpapierbedingungen, S. 353; Zöllner, ZGR 1986, S. 288, 304 (für dividendenabhängige Verpflichtungen); Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 73, 74 ff. (insbes. 79); Raiser/Veil, § 17, Rn. 17; Kallrath, S. 164 ff.; Casper, Optionsvertrag, § 12, S. 350 ff.; Schlitt/Hemeling, in: Habersack/ Mülbert/Schlitt, § 10, Rn. 62 ff.; Schlitt/Kammelohr, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 11, Rn. 27 f. (zu den Umtauschanleihen). Zur Entwicklung des gesetzlichen Anpassungsschutzes mit einer ausführlichen Darstellung: Gallego Sánchez, S. 171 ff. (dieser begründet den Verwässerungsschutz jedoch mit einer positiven Vertragsverletzung). Innerhalb dieser Ansicht besteht insoweit Einigkeit, dass sich alle für die Notwendigkeit des Verwässerungsschutzes aussprechen. Nuancen bestehen jedoch in der rechtsdogmatischen Ableitung. So wird vereinzelt vertreten, den Verwässerungsschutz im Wege einer Analogie oder mit Hilfe des Rechtsinstituts der Störung der Geschäftsgrundlage zu begründen. Der absolut überwiegende Teil dieser Literatur meinung will den Verwässerungsschutz jedoch richtigerweise über ein allgemeines Rechtsprinzip realisieren. Einer weiteren Vertiefung bedarf es vorliegend jedoch noch nicht, da die Problematik des Verwässerungsschutzes nicht mehr in der Frage des „ob“, sondern des „wie“ begründet liegt. Das Aufzeigen der verschiedenen Modalitäten des Verwässerungsschutzes soll Schwerpunkt dieser vorliegenden Arbeit sein. Im Übrigen wird eine abschließende Stellungnahme zur methodischen Ablei-
130
F. Schutz der Wandelobligationäre
zu §§ 216 Abs. 3, 218 S. 1 AktG. Denn bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln lässt sich die Verwässerung ohne Weiteres durch die Umwandlung der freien Rücklagen in Grundkapital genau bestimmen und dementsprechend einfach durch eine verhältnismäßige Erhöhung des (bedingten) Sicherungskapitals ausgleichen.313 Bei einer nominellen Kapitalerhöhung finden nur gesellschaftsinterne Veränderungen statt, wohingegen bei fast allen anderen Kapitalmaßnahmen externe Einflüsse die vermögens- und herrschaftsrechtliche Struktur maßgeblich verändern. Diese externen Einflüsse treten in der Regel durch Zu- und Abflüsse aus dem Gesellschaftsvermögen und der Veränderung der mitgliedschaftlichen Struktur in Erscheinung. Bei allen anderen Kapitalmaßnahmen können die gesellschaftlichen Veränderungen und Auswirkungen daher nicht so einfach ausfindig gemacht und ausgeglichen werden. Aufgrund dieser mangelnden Vorhersehbarkeit des exakten Verwässerungsausmaßes kann daher eine lineare Anpassung des bedingten Sicherungskapitals entsprechend § 218 S. 1 AktG für alle sonstigen Maßnahmen kein Lösungsweg sein.314 Auf der anderen Seite kann aus dieser mangelnden Einzelanalogiefähigkeit nicht geschlossen werden, einen gesetzlichen Anpassungsschutz gänztung am Ende dieser Arbeit unter dem Punkt: Stellungnahme zur gesetzlichen Ableitung des Verwässerungsschutzes auf S. 373 ff. vorgenommen. A. A. auch noch heute: Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 128; Schumann, S. 177; Kerber, S. 56 ff., 101 (dieser geht anscheinend davon aus, dass überhaupt kein gesetzlicher Schutz vor Verwässerungen besteht und dieser Schutz nur vertraglich gewährleistet wird). 313 Für Einzelheiten ist auf die Beispiele und Ausführungen unter dem Punkt: Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln (nominelle Kapitalerhöhung) auf S. 147 ff. zu verweisen. 314 Insoweit stimmt die heutige Literatur mit der früheren überein: MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 290; Hueck, DB 1963, S. 1347, 1348 ff.; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 63; ders, in: FS Bezzenberger, S. 191, 201 ff.; Casper, Optionsvertrag S. 353 f.; Kerber, S. 56 f., 96; a. A. Köhler, AG 1984, S. 197, 199 (dieser ist für eine Analogie); zur Veranschaulichung der Ungeeignetheit einer Einzelanalogie vgl. die Ausführungen unter dem Punkt: Erhöhung der Anzahl der Bezugsaktien analog §§ 216 Abs. 3, 218 S. 1 AktG auf S. 178. Hintergrund dieser Argumentation ist, dass die Wissenschaft bisher davon ausgeht, dass § 216 Abs. 3 S. 1 AktG und § 218 S. 1 AktG sich gegenseitig ergänzen und offensichtlich eine Einheit bilden. Eine lineare Erhöhung soll dabei nur im Falle eines bedingten Sicherungskapitals erfolgen. An späterer Stelle wird jedoch aufgezeigt werden, dass § 218 S. 1 AktG lediglich eine Konkretisierung des § 216 Abs. 3 S. 1 AktG und daher eigentlich überflüssig ist. Bei einer Rechtsanalogie müsste man daher nur auf § 216 Abs. 3 S. 1 AktG abstellen. Bei diesem Verständnis könnte man eine Einzelanalogie einfacher begründen, da eine lineare Erhöhung nicht erforderlich wäre. Zum Konkretisierungsverhältnis dieser Normen vgl. die Ausführungen unter dem Punkt: Effektivität des Verwässerungsschutzes bei Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln auf S. 151 ff.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 131
lich abzulehnen. Zwar handelt es sich bei den Regelungen der §§ 216 Abs. 3, 218 S. 1 AktG um einen bestimmten Einzelfall, da die konkrete Rechtsfolge dieser Paragraphen nicht auf die sonstigen Fälle der Kapitalmaßnahmen sinnvoll übertragen werden kann, so dass eine Analogie ausscheidet. Aber grundsätzlich können die Voraussetzungen einer Gesetzeslücke nicht bestritten werden.315 Zum einen liegt eine ähnliche Interessenlage vor, denn bei sämtlichen Kapitalmaßnahmen einer Gesellschaft können die Rechte der Wandelobligationäre berührt i. S. v. § 216 Abs. 3 AktG werden. Zum anderen kann auch spätestens seit der Einführung des UmwG von einer planwidrigen Regelungslücke ausgegangen werden, da aufgrund der Komplexität und Vielfältigkeit des Verwässerungsschutzes eine gesetzliche Regulierung für sämtliche Einzelfälle bisher kaum möglich erscheint. Außerdem ist die ungeeignete Rechtsfolge des § 218 S. 1 AktG auch unbeachtlich, da – wie an späterer Stelle noch aufgezeigt wird – diese Norm lediglich eine Konkretisierung des § 216 Abs. 3 AktG ist.316 Schwerpunktmäßig ist daher auf den allgemeinen Rechtsgedanken der Grundnorm (§ 216 Abs. 3 S. 1 AktG) und nicht auf dessen Konkretisierung in § 218 S. 1 AktG abzustellen. Aus der ungeeigneten Rechtsfolge des § 218 S. 1 AktG kann daher keine gänzliche gesetzliche Ablehnung von Schutzmaßnahmen geschlussfolgert werden. Schließlich ist spätestens mit Einfügung des § 347 a AktG a. F. durch das VerschmelzungsrichtlinienG von 1982, welcher mittlerweile in § 23 UmwG aufgegangenen ist, dem Argument, dass die §§ 216 Abs. 3, 218 AktG einen absoluten Einzelfall regeln, die Grundlage entzogen worden. Vielmehr lässt sich aus den §§ 216 Abs. 3, 218 S. 1 AktG, § 23 UmwG sowie §§ 36 Abs. 1, 125, 135, 176 Abs. 2, 204 UmwG und mittlerweile auch § 57m GmbHG ein allgemeiner gesetzlicher Grundgedanke ableiten, dass Wandelobligationäre Maßnahmen der Gesellschaft, die grundlegenden Charakter haben, die Geschäftsgrundlage des Wandlungsverhältnisses verändern und zu einer Verwässerung ihrer Rechte führen, nicht schutzlos ausgeliefert sein dürfen. Festzuhalten ist damit, dass das Gesetz eine Lücke aufweist. Es lässt sich aus mehreren Vorschriften ein allgemeines Rechtsprinzip ableiten, dass die Wandelobligationäre eine ersatzlose Aushöhlung ihrer Wandlungsrechte nicht hinnehmen müssen. Darüber hinaus sprechen auch die vorliegenden Analogievoraussetzungen für eine Gesetzeslücke. Ein Schutz der Wandelobligationäre ist, nur bei wenigen Kapitalmaßnahmen reguliert. Sachliche 315 Allgemein zu Lückenfeststellung und den Möglichkeiten zur Füllung: Canaris, S. 55 ff. und die Ausführungen unter dem Punkt: Stellungnahme zur gesetzlichen Ableitung des Verwässerungsschutzes auf S. 373 ff. 316 Vgl. hierzu näher die Ausführungen unter dem Punkt: Effektivität des Verwässerungsschutzes bei Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln auf S. 151 f.
132
F. Schutz der Wandelobligationäre
Gründe für diese unterschiedliche Behandlung sind nicht ersichtlich, so dass diese Gesetzeslücke geschlossen werden muss. In der Literatur wird richtigerweise überwiegend befürwortet diese Lücke mit Hilfe eines allgemeinen Rechtsprinzips zu schließen. Teilweise wird auch noch ein Weg über eine Gesamtanalogie zu den Verwässerungsschutzvorschriften oder mit Hilfe des Rechtsinstituts der Störung der Geschäftsgrundlage eingeschlagen.317 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es nicht mehr in Frage stehen kann, ob den Wandelobligationären ein Verwässerungsschutz zugesprochen werden kann. Aufgrund der bestehenden Lücken und der nicht ersichtlichen Gründe für diese Ungleichbehandlungen muss den Wandelobligationären ein Verwässerungsschutz zugebilligt werden. Die Problematik des Verwässerungsschutzes besteht heutzutage also nicht mehr in der Frage des „ob“ sondern des „wie“. b) Umsetzung des allgemeinen Verwässerungsschutzes Was die tatsächliche Umsetzung des allgemeinen gesetzlichen Verwässerungsschutzes betrifft, so kommen grundsätzlich drei verschiedene Möglichkeiten in Betracht, wie man eine Anpassung der Wandelbedingungen gewährleisten kann. Zunächst könnte man an eine Erhöhung der auf die Wandlungsrechte entfallenden Aktien analog der §§ 216 Abs. 3, 218 S. 1 AktG denken. Diese Möglichkeit scheidet jedoch aus, da eine lineare Erhöhung des Sicherungskapitals – wie es bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln angeordnet wird – aus oben genannten Gründen ungeeignet ist.318 Aufgrund der fehlenden gesetzlichen konkreten Ausgestaltung des Verwässerungsschutzes wird dieser mittlerweile durchweg von den Emittenten vertraglich ausgestaltet. Zwar ist der gesetzliche Grundgedanke des Verwässerungsschutzes keineswegs zwingend und könnte somit auch individualvertraglich ausgeschlossen werden. Ein umfassender Ausschluss würde aber 317 Auf eine Stellungnahme wird an dieser Stelle verzichtet. Ausreichend ist zunächst die Erkenntnis, dass die Wandelobligationäre einen Verwässerungsschutzanspruch gesetzlich ableiten können. Problematisch ist heute nur noch die Frage die „wie“. Mit dieser Frage wird sich in den folgenden Punkten eingehend beschäftigt werden, da sie den Schwerpunkt dieser Arbeit ausmacht. Am Ende dieser Arbeit wird anhand der gewonnen Erkenntnisse dann abschließend zur methodischen Ableitung des Verwässerungsschutzes Stellung bezogen, vgl. hierzu die Ausführungen unter dem Punkt: Schließen der Gesetzeslücke durch Induktion auf S. 375 ff. 318 Vgl. hierzu im Einzelnen die Ausführungen unter den Punkten: Gesetzliche Ableitung des Verwässerungsschutz auf S. 128 f. und Erhöhung der Anzahl der Bezugsaktien analog §§ 216 Abs. 3, 218 S. 1 AktG auf S. 178 f.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 133
auch die Attraktivität dieses Finanzinstruments erheblich mindern, da die Wandelobligationäre anderweitig immer mit einer ersatzlosen Aushöhlung ihrer Rechte rechnen müssten. Die Vereinbarung eines Verwässerungsschutzes steht daher auch im Interesse der Emitttentin, da sie die Wandelschuldverschreibung anderweitig nicht erfolgreich oder nur zu wesentlich schlechteren Konditionen am Markt platzieren könnte. Die Gesellschaft hat außerdem durch eine vertragliche Ausgestaltung die Möglichkeit, die Anpassungsmodalitäten in sachgerechter und auf die Besonderheiten der konkreten Emission zugeschnittener Weise zu regeln. Eine vertragliche Regelung der Problematik ist daher dringend zu empfehlen und wird in der Praxis auch weitgehend genutzt. Soweit die Verwässerungsschutzklauseln den Schutz der Anleihegläubiger in angemessener Weise regeln, werden sie auch einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle standhalten.319 Sollte der Verwässerungsschutz dagegen nicht individualvertraglich ausgestaltet, nicht vollständig oder gar unwirksam sein, muss dieser im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung sichergestellt werden. Dies ist die Konsequenz aus obigen allgemeinen gesetzlichen Grundgedanken, dass die Wandelobligationäre nicht grundlos benachteiligt werden dürfen.320 Wie soeben aufgezeigt wurde, besteht nur ein rudimentärer gesetzlicher Schutz der Wandelobligationäre vor kapitalverwässernden Maßnahmen der Emittentin. Im Folgenden sollen daher die verschiedenen Kapitalmaßnahmen, die eine Verwässerung zu Lasten der Wandelobligationäre bewirken können, dargestellt werden, um im Anschluss zu untersuchen, welche Schutzmechanismen überhaupt in Betracht kommen und wie effektiv diese Verwässerungsschutzmodalitäten sind.
319 Vgl. hierzu: MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 293 ff.; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 153; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 125; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 62; Kerber, S. 59, 61 ff. (mit Beispielen aus der Praxis); Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 74; Loos, DB 1960, S. 515, 517 f.; Gallego Sánchez, S. 158 ff.; Janssen, S. 152; a. A. Kallrath, S. 173 f. (verneint die Möglichkeit eines vollständigen Verwässerungsschutzausschlusses). 320 Die Gewährleistung des Verwässerungsschutzes im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung wird heute von der überwiegenden Ansicht in der Literatur vertreten, vgl. hierzu: MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 291; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 63; Groß, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 52, Rn. 18; MüKo/Peifer, AktG, Bd. 4, § 189 Rn. 10; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 153, 158; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63, Rn. 22; Zöllner, ZGR 1986, S. 288, 304 (für dividendenabhängige Verpflichtungen); Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 74 ff. (insbes. 79); Raiser/Veil, § 17, Rn. 17; Kallrath, S. 164 ff. Casper, Optionsvertrag, S. 353 ff. will den Verwässerungsschutz als Nebenpflicht zum Op tionsvertrag und nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung verwirklichen.
134
F. Schutz der Wandelobligationäre
3. Exkurs: Wichtige Begriffe / Kennzahlen und deren Bestimmung / Berechnung In den Wandelschuldverschreibungsbedingungen müssen aufgrund der Komplexität dieser Finanzinstrumente und ihrem schuldrechtlichen Charakter viele Einzelheiten geregelt werden. Neben dem Emissionsvolumen, dem Ausgabe- und Rückzahlungskurs, der Laufzeit, der Verzinsung, den Zinsterminen usw. müssen v. a. das Wandlungsverhältnis sowie der Wandlungspreis festgesetzt werden. Ferner kann von vornherein mit Hilfe der Verwässerungsschutzklauseln geregelt werden, wie zu verfahren ist, wenn während der Laufzeit Maßnahmen durchgeführt werden, die zu einer Entwertung der Wandelobligationen führen. Diese Ausgleichsklauseln beruhen teilweise auf mathematischen Formeln. Für ein leichteres Verständnis der nachfolgenden Berechnungen sollen an dieser Stelle die wichtigsten Kennzahlen und deren Bedeutung für die anstehenden Analysen vorweg erläutert werden. a) Bezugsverhältnis für Wandelschuldverschreibungen Die Aktionäre einer Aktiengesellschaft haben hinsichtlich der emittierten Wandelobligationen grundsätzlich ein Bezugsrecht (vgl. § 221 Abs. 4 AktG).321 Das Bezugsverhältnis drückt aus, in welcher Relation Grundkapital oder Aktien gehalten werden müssen, um eine Wandelschuldverschreibung beziehen zu können. Beim Bezugsverhältnis kann zwischen dem nominellen und dem stückmäßigen Bezugsverhältnis unterschieden werden. Beide Kennzahlen beziehen sich auf unterschiedliche Bezugsgrößen, kommen aber rein wertmäßig zu denselben Ergebnissen. aa) Nominelles Bezugsverhältnis für die Wandelschuldverschreibungen Das nominelle Bezugsverhältnis ergibt sich aus der Relation des Nennwerts der gesamten Anleihe zum Grundkapital und stellt damit mathematisch betrachtet den Quotienten aus dem Grundkapital und dem Nennwert der Wandelschuldverschreibung dar. Es gibt an, in welcher Höhe ein Anteil am Grundkapital gehalten werden muss, damit eine Teilwandelobligation bezogen werden kann.
Nominelles Bezugsverhältnis =
Grundkapital Nennwert der Wandelschuldverschreibung
321 Vgl. allgemein zum Bezugsrecht die Ausführungen unter dem Punkt: Bezugsrecht der Aktionäre auf die Wandelschuldverschreibung auf S. 68 ff.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 135
• Beispiel 2: Berechnung des nominellen Bezugsverhältnisses Die Aktiengesellschaft XY hat ein Grundkapital von 250 Mio. €, welches in 50 Mio. Aktien mit einem Nennwert von je 5 € eingeteilt ist. Die AG hat Kapitalrücklagen i. H. v. 250 Mio. €. Stille Reserven sind nicht vorhanden, so dass davon auszugehen ist, dass der Bilanzkurs bei 10 € liegt. Vor drei Jahren hatte die Aktiengesellschaft XY eine Wandelanleihe emittiert. Die Wandelanleihe hatte einen Wert von 125 Mio. €. Die Teilschuldverschreibungen wurden in je 1.000 € gestückelt. Der Wandlungspreis liegt bei 9 €. Das nominelle Bezugsverhältnis dieser Wandelschuldverschreibung lag bei 2 : 1. Nominelles Wandlungsverhältnis =
Grundkapital Nennwert der Wandelschuldverschreibung
= 250 Mio . € = 2 125 Mio . € 1 Ein Aktionär, der Aktien im Nominalwert oder mit einem rechnerischen Anteil am Grundkapital von z. B. 2.000 € (10.000 €) besitzt, kann Teilwandelschuldverschreibungen im Nennwert von 1.000 € (5.000 €) beziehen. Will er weitere Wandel obligationen beziehen, so muss er über einen entsprechend höheren Anteil am Grundkapital verfügen oder Bezugsrechte hinzuerwerben.
bb) Stückmäßiges Bezugsverhältnis für die Wandelschuldverschreibungen Das stückmäßige Bezugsverhältnis gibt demgegenüber an, wie viele Aktien konkret gehalten werden müssen, um zum Bezug einer Teilwandelschuldverschreibung berechtigt zu sein. Letztlich wird das nominelle Bezugsverhältnis in ein stückmäßiges Bezugsverhältnis umgerechnet. Wertmäßig ergeben sich keine Unterschiede. Stückmäßiges Bezugsverhältnis =
Anzahl der Aktien Anzahl der Teilwandelobligationen
• Beispiel 3: Berechnung des stückmäßigen Bezugsverhältnisses Die Aktiengesellschaft XY aus obigem Beispiel 2 hat ein Grundkapital von 250 Mio. €. Der Nennwert einer Aktie beträgt 5 €. Die AG emittierte eine Wandelobligation mit einem Nennwert von 125 Mio. €. Der Nennbetrag einer Teilwandelschuldverschreibung beläuft sich auf 1.000 €. Das stückmäßige Bezugsverhältnis beträgt bei dieser Anleihe 400 : 1. Stückmäßiges Bezugsverhältnis =
Anzahl der Aktien = Anzahl der Teilwandelobligationen
=
Grundkapital : Nennwert einer Aktie = Nennwert der Wandelobligation : Nennwert einer Teilwandelobligation
=
250 Mio . € : 5 € = 50 Mio . = 400 125 Mio . € : 1.000 € 125.000 1
136
F. Schutz der Wandelobligationäre
In diesem Beispiel müssen die Aktionäre also 400 Aktien besitzen, um eine Schuldverschreibung i. H. v. 1.000 € beziehen zu können. Wertmäßig ergibt sich aber kein Unterschied zum nominellen Bezugsverhältnis, da 400 Aktien zu je 5 € zugleich einen Nennwert von 2.000 € am Grundkapital darstellen und damit genauso dazu berechtigen, eine Wandelobligation i. H. v. 1.000 € zu beziehen.
b) Wandlungsverhältnis Während das Bezugsverhältnis angibt, welcher Anteil am Grundkapital oder wie viele Aktien zum Bezug einer Wandelobligation erforderlich sind, drückt das Wandlungsverhältnis aus, in wie viele Aktien die Wandelschuldverschreibung getauscht werden kann. Auch beim Wandlungsverhältnis kann man zwischen dem nominellen und dem stückmäßigen differenzieren.322 aa) Nominelles Wandlungsverhältnis Das nominelle Wandlungsverhältnis sagt aus, in welcher Relation die Wandelschuldverschreibung in Grundkapital gewandelt werden kann. Eine Möglichkeit zur Ermittlung ist das Verhältnis von Wandlungspreis und Nenn- / Stückwert einer Aktie.
Nominelles Wandlungsverhältnis =
Wandlungspreis Nennwert einer Aktie
Das nominelle Wandlungsverhältnis steht auch mit dem Sicherungskapital in Beziehung. Eine weitere Variante zur Berechnung wäre daher die Rela tion des Nennwerts der Wandelobligation zum Nennwert des erforderlichen Sicherungskapitals. Nominelles Wandlungsverhältnis =
Nennwert der Wandelschuldverschreibung Nennwert des erforderlichen Sicherungskapitals
• Beispiel 4: Berechnung des nominellen Wandlungsverhältnisses Die Aktiengesellschaft XY aus obigem Beispiel 2 hatte eine Wandelschuldverschreibung i. H. v. 125 Mio. € begeben. Zur Absicherung der Wandlungsrechte wurde ein bedingtes Kapital i. H. v. 69.443.750 € beschlossen. Das nominelle Wandlungsverhältnis würde bei dieser Wandelschuldverschreibung 1,8 : 1 betragen. 322 Vgl. hierzu bereits die Ausführungen unter dem Punkt: Wandlungsverhältnis auf S. 44.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 137
Nominelles Wandlungsverhältnis =
Wandlungspreis = 9 € = 1,8 : 1 Nennwert einer Aktie 5 € oder
Nominelles Wandlungsverhältnis =
Nennwert der Wandelschuldverschreibung = Nennwert des erforderlichen Sicherungskapitals
1,800018 = 125 Mio . € = » 1,8 : 1 69.443.750 € 1 Ein nominelles Wandlungsverhältnis von 1,8 : 1 sagt aus, dass 1,8 Wandelschuldverschreibungen im Wert von 1.800 € dazu berechtigen in 1.000 € des bedingten Kapitals zu wandeln.323 Die notwendige Höhe des Sicherungskapitals kann man auf verschiedene Weisen ermitteln. Im Grunde ist die Anzahl der möglicherweise entstehenden Wandlungsaktien zu berechnen und diese Anzahl mit dem Nennwert einer Aktie zu multiplizieren. Im vorliegenden Beispiel kann eine Teilwandelschuldverschreibung in 111,11 Aktien gewandelt werden. Insgesamt existieren 125.000 Wandelobligationen. Maximal können daher 13.888.750 (= 125.000 × 111,11) Wandelaktien entstehen. Bei einem Nennwert von 5 € je Aktie bedarf es zu Absicherung dieser Wandelaktien ein Sicherungskapital i. H. v. 69.443.705 € (13.888.750 × 5 €).
bb) Stückmäßiges Wandlungsverhältnis Das stückmäßige Wandlungsverhältnis drückt aus, in wie viele junge Aktien eine Teilwandelobligation gewandelt werden kann. Eine einfache Möglichkeit zur Ermittlung des stückmäßigen Wandlungsverhältnisses ist die Relation von Nennwert der Wandelobligation und Wandlungspreis.
Stückmäßiges Wandlungsverhältnis =
Nennwert einer Teilwandelobligation Wandlungspreis
Alternativ könnte das stückmäßige Wandlungsverhältnis aus der Anzahl der einzelnen Teilschuldverschreibungen und der Anzahl der Wandelaktien berechnet werden. 323 Dieses Verhältnis mag auf den ersten Blick verwundern. Man muss sich dabei aber Folgendes klar machen: Wenn Wandelschuldverschreibungen im Wert von 1.800 € dazu berechtigen, Aktien im Wert 1.000 € des bedingten Kapitals zu beziehen, muss das nicht zwangsläufig ein schlechtes Geschäft sein, denn das bedingte Kapital orientiert sich nur am Nenn-/Stückwert der Aktien. Letztlich muss aber der Aktienkurs und damit der aktuelle Wert der Aktien berücksichtigt werden. Sollte der Aktienkurs tatsächlich bei 10 € liegen, dann hätte der Obligationär nach der Wandlung einen Wert von 2.000 € im Depot.
138
F. Schutz der Wandelobligationäre Stückmäßiges Wandlungsverhältnis =
Anzahl der Teilwandelobligationen Anzahl der Wandelaktien
• Beispiel 5: Berechnung des stückmäßigen Wandlungsverhältnisses Die Aktiengesellschaft XY aus obigem Beispiel 2 hatte eine Wandelschuldverschreibung i. H. v. 125 Mio. € begeben. Der Nennbetrag einer Teilschuldverschreibung lag bei 1.000 €. Der Wandlungspreis wurde mit 9 € festgesetzt. Der Nennwert einer Aktie liegt damit bei 5 €. Das stückmäßige Wandlungsverhältnis würde bei dieser Wandelschuldverschreibung demnach 1 : 111,11 betragen. Nennwert einer Teilwandelobligation Wandlungspreis 1.000 € = = 111,11 9€
Stückmäßiges Wandlungsverhältnis =
oder Stückmäßiges Wandlungsverhältnis = =
Anzahl der Teilwandelobligationen Anzahl der Wandelaktien
Nennwert der Wandelobligation : Nennwert einer Teilwandelobligation Nennwert des Sicherungskapitals : Nennwert einer Aktie
= 125 Mio . € : 1.000 € = 125.000 1 : 111,11 69.443.750 € : 5 € 13.888.750 Das stückmäßige Wandlungsverhältnis von 1 : 111,11 sagt aus, dass eine Teilwandelobligation dazu berechtigt in 111,11 junge Aktien zu wandeln.
c) Börsenkurs und Bilanzkurs Der wirkliche Wert einer Aktiengesellschaft oder einer einzelnen Aktie lässt sich nicht exakt berechnen oder vorhersagen. Teilweise existieren zwar verschiedene ökonomische Bewertungsmethoden, die versuchen den tatsächlichen Wert einer Aktie annähernd wiederzugeben. Soweit aber stille oder offene Reserven und Rückstellungen in der Gesellschaft vorhanden sind, können die Ergebnisse voneinander stark variieren, da sie die einzelnen Vermögenswerte (z. B. Firmenwert oder Unternehmenschancen) unterschiedlich berücksichtigen. Im Grunde gibt es zwei Möglichkeiten den Wert einer Aktie zu ermitteln. Dies ist zum einen die Wertermittlung an der Börse durch Angebot und Nachfrage und zum anderen eine Berechnung anhand verschiedener betriebswirtschaftlicher Bewertungsmodelle.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 139
aa) Börsenkurs Der Börsenkurs ist der Preis, mit dem die Aktie an der Börse gehandelt wird. Der Börsenkurs wird im Wesentlichen durch Angebot und Nachfrage bestimmt und unterliegt somit vielen Einflussfaktoren. Zu nennen wären beispielsweise: • aktuelle Situation und künftig erwartete gesamtwirtschaftliche Lage (Konjunktur, Aufschwung, Abschwung usw.), • Liquiditätslage der Wirtschaft, die von geld-, kredit- und zinspolitischen Aktivitäten der Europäischen Zentralbank gesteuert werden kann, • politische Einflüsse (wirtschaftliche Entscheidungen, staatliche Finanzpolitik), • außenwirtschaftliche Einflüsse (Währungsfragen), • psychologische Elemente (Gerüchte, Stimmungen, Spekulationen). Der Börsenkurs ist folglich von vielen Unwägbarkeiten abhängig, so dass er nicht exakt berechnet werden kann. Er spiegelt aber zeitlich punktuell betrachtet am besten den tatsächlichen Wert einer Aktie wider, da sie zu diesem Kurs jederzeit wieder veräußert werden kann. Da die Berechnung des Börsenkurses jedoch zu unüberwindlichen Schwierigkeiten führen würde bzw. unmöglich ist, wird im Folgenden der Wert einer Aktie immer mit Hilfe des Bilanzkurses ermittelt.324 bb) Bilanzkurs Der Bilanzkurs ist eine betriebswirtschaftliche Kennzahl, die den Wert einer Aktie durch eine rein bilanzielle Betrachtung ermittelt. Der Bilanzkurs ist der sich rechnerisch ergebende Kurs einer Aktie, wenn man das gesamte Eigenkapital325 durch die Anzahl der Aktien teilt. Der Bilanzkurs wird demnach folgendermaßen ermittelt:326 Bilanzkurs einer Aktie =
bilanziertes Eigenkapital Anzahl der Aktien
hierzu: Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker, S. 67 ff. bilanzierte Eigenkapital setzt sich insbesondere zusammen aus: Grund kapital, Kapitalrücklage, Gewinnrücklagen, Gewinnvortrag/Verlustvortrag und Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag, vgl. § 266 Abs. 3 HGB. 326 Vgl. hierzu: Zantow/Dinauer, S. 80 f.; Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker, S. 68; Kallrath, S. 168 (Fn. 714). 324 Vgl. 325 Das
140
F. Schutz der Wandelobligationäre
Der Bilanzkurs kann immer mit dem Börsenkurs verglichen werden. Ist der Börsenkurs höher als der Bilanzkurs, können Rückschlüsse darüber gezogen werden, dass im Unternehmen stille Reserven vorhanden sind. Der korrigierte Bilanzkurs berücksichtigt daher auch die stillen Reserven und sollte daher näher am tatsächlichen Börsenkurs liegen.327 Korrigierter Bilanzkurs einer Aktie =
bilanziertes Eigenkapital + stille Reserven Anzahl der Aktien
Schließlich könnte man den Wert einer Aktie noch mit Hilfe des Ertragswerts bestimmen. Diese Kennzahl wird durch das Verhältnis zwischen dem kapitalisierten Reinertrag (Ertragswert) und der Aktienanzahl wieder gegeben. Der Ertragswert selbst lässt sich durch die Abzinsung des nachhaltig erzielbaren Reinertrags berechnen. Nachteilig ist an dem Ertragswert, dass er den Wert zukünftiger Einnahmen einer Investition zum heutigen Zeitpunkt darstellt und folglich die zukünftigen Einnahmen geschätzt und diskontiert werden müssen. Er unterliegt daher auch einigen Unwägbarkeiten und kann den tatsächlichen Wert ebenfalls nicht vollkommen widerspiegeln.328 In der Realität wird eine Anpassung der Wandelschuldverschreibungsbedingungen immer mit Hilfe des Börsenkurses vorgenommen. Da eine Berechnung des Aktienkurses unmöglich erscheint, wird in den folgenden Untersuchungen die Wertbestimmung einer Aktie immer anhand des Bilanzkurses vorgenommen. Es wird somit grundsätzlich die Annahme vollzogen, dass die Gesellschaft keine stillen Rücklagen hat, so dass Aktienkurs und Bilanzkurs weitgehend übereinstimmen. Diese Vorgehensweise kann zwar nicht allen ökonomischen Begebenheiten Rechnung tragen, hat aber dafür den Vorteil, dass die folgende Analyse übersichtlich bleibt. Da diese Methode einheitlich angewendet wird, ist sie hinreichend ergiebig, um aussagekräftige Rückschlüsse zu ziehen und die Problematiken im Zusammenhang mit dem Verwässerungsschutz zu veranschaulichen. d) Bezugsrechtswert Bei der Ausgabe neuer Aktien genießen die bisherigen Aktionäre gem. § 186 AktG ein gesetzliches Bezugsrecht. Das Bezugsrecht sorgt dafür, dass den Altaktionären keine Beteiligungs- und Vermögensnachteile entstehen. Der Wert des Bezugsrechts kann rechnerisch durch verschiedene 327 Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker, 328 Vgl.
S. 69. Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker, S. 69 f.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 141
ethoden ermittelt werden. Eine gängige Formel wird im Folgenden M vorgestellt:329 Wert des Bezugsrechts =
Ka = Kn = a = n =
(Ka - Kn) a +1 n
Kurs der alten Aktien Emissionskurs der jungen Aktien Anzahl der alten Aktien Anzahl der jungen Aktien
Auch hier gilt wieder, dass der tatsächliche Wert des Bezugsrechts vom rechnerischen Wert abweichen kann, da letzterer wiederum an der Börse durch Angebot und Nachfrage ermittelt wird. Ein Grund für eine mögliche Abweichung wäre etwa, dass die jungen Aktien nicht im vollen Umfang an der Dividende des laufenden Geschäftsjahres partizipieren. Dieser Dividendennachteil (D) der jungen Aktien kann bei der Ermittlung des Bezugskurses berücksichtigt werden. Der Dividendennachteil der jungen Aktien selbst würde sich aus der voraussichtlichen Dividende und dem Berechtigungszeitraum der jungen im Verhältnis zu dem alten Aktien berechnen lassen:330
Wert des Bezugsrechts =
Ka – (Kn + D) a +1 n
Aus Gründen der Vereinfachung und Übersichtlichkeit wird in den folgenden Untersuchungen immer von der Prämisse ausgegangen, dass keine Dividenden ausbezahlt werden, so dass die Berechnung des Bezugsrechts durchweg anhand der einfachen Formel vorgenommen wird. e) Wertbestimmung der Wandelschuldverschreibungen In den späteren Analysen der Verwässerungsschutzklauseln wird nicht die eigentliche Wertbestimmung der Wandelobligationen von Relevanz sein, sondern vielmehr die einzelnen Wertbestimmungsfaktoren selbst. Soweit eine Aktiengesellschaft diverse Kapitalmaßnahmen durchführt, kann sich hieraus die Konsequenz ergeben, dass sich bestimmte Wertbestimmungsfak329 Vgl. hierzu: Wiedemann, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 186, Rn. 222; Martens, ZIP 1992, S. 1677, 1688; Janssen, S. 151; Bieg/Kußmaul, S. 94 f.; Zantow/ Dinauer, S. 107; Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker, S. 90 f.; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 189, Rn. 25; Köhler, AG 1984, S. 197, 200 f.; Kallrath, S. 167 f. 330 Vgl. hierzu statt vieler: Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker, S. 91; Bieg/Kußmaul, S. 95.
142
F. Schutz der Wandelobligationäre
toren, insbesondere der Aktienkurs und die Aktienanzahl, verändern. Die Folge aus der Veränderung dieser Parameter hat mittelbare Auswirkungen auf den Wert der Wandelschuldverschreibungen. In der Regel verändert sich bei den folgenden Kapitalmaßnahmen immer nur der Aktienkurs und / oder die Anzahl der Gesellschaftsanteile der Emittentin, wodurch mittelbar immer auch der Wandlungswert und der Wandlungsrechtswert verwässert, da diese Wertbestimmungskomponenten maßgeblich vom Aktienkurs und von der Aktienanzahl beeinflusst werden. Der Grund hierfür ist, dass der innere Wert eines Wandlungsrechts, welcher ein wesentlicher Wertbestimmungsfaktor ist, durch die Relation vom Aktienkurs / Aktienanzahl und Wandlungspreis / Wandlungsverhältnis bestimmt wird. Diese Verhältnisse können durch die verschiedenen Kapitalmaßnahmen der Emittentin einseitig verändert werden. Um diese Verwässerungen wieder wettzumachen, müssen die Wandelbedingungen an die neuen Verhältnisse angepasst werden. Die Lösung dieses Problems besteht immer darin, dass die ursprünglichen Relationen zwischen Aktienkurs und Wandlungspreis sowie Aktienanzahl und Wandlungsverhältnis (Anzahl der Wandelaktien) wieder hergestellt werden. Auf das Verfahren der Wertbestimmung von Wandelschuldverschreibungen hat eine Kapitalmaßnahme der Emittentengesellschaft dagegen niemals Auswirkungen. Soweit die veränderten Wertbestimmungsfaktoren entsprechend ihrer ursprünglichen Verhältnisse proportional angepasst werden können, werden damit einhergehend wieder die Ausgangswerte hergestellt. Die komplexen Wertbestimmungsverfahren können daher grundsätzlich vernachlässigt werden, zumal eine exakte mathematische Bestimmung – wie bei den Aktien – nicht möglich ist. Der genaue Wert einer Wandelschuldverschreibung wird i. d. R. ebenfalls an der Börse über Angebot und Nachfrage ermittelt und weicht von den mathematischen Berechnungen grundsätzlich ab. Der Vollständigkeit halber werden im Anschluss einige rudimentäre Ausführungen zu der Wertbestimmung von Wandelschuldverschreibungen angefügt. Für die Bewertung von Wandelschuldverschreibungen ist prinzipiell zwischen einer Wandelanleihe und der Optionsanleihe zu differenzieren. Die wertbestimmenden Faktoren sind jedoch bei beiden Ausgestaltungsformen der Wandelschuldverschreibung weitgehend identisch. Der Wert einer Wandelschuldverschreibung kann sich insbesondere aus drei verschiedenen Komponenten – den Wert der Anleihe, den Wandlungswert und den Wandlungsrechtswert (Optionswert) – zusammensetzen.331
331 Madjlessi/Leopold,
in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 9, Rn. 54 f.; Bohn, S. 130 ff.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 143
aa) Bewertung einer Schuldverschreibung Die Schuldverschreibungskomponente wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Ein Umstand ist der Nominalzins der Schuldverschreibung. Dieser Kuponzinssatz wird wiederum zum einen von dem Rating der Emittentin, welches das Risiko eines Zahlungsausfalls charakterisiert, und zum anderen von dem Basiszinssatz mit beeinflusst. Die anderen wesentlichen Wertbestimmungskriterien sind die Restlaufzeit und der aktuelle Marktzins für vergleichbare Anleihen dieser Laufzeit. Fällt der Marktzins, so steigt der Kurswert der bereits am Markt befindlichen Schuldverschreibungen so lange, bis sich ihre effektive Verzinsung dem Marktniveau wieder angepasst hat. Der höhere Kaufpreis der Schuldverschreibung gleicht dadurch wieder den Differenzwert des niedrigeren Marktzinses aus. Schuldverschreibungen notieren meistens in Prozentwerten ihres Nominalwertes. Der Wert einer Schuldverschreibung berechnet sich dabei immer aus dem Barwert der Zinszahlungen und dem Barwert des Nennwertes.332 Da die Schuldverschreibungskomponente nicht vom Aktienkurs, der Aktienanzahl, dem Wandlungspreis oder dem Wandlungsverhältnis abhängig ist, hat eine Kapitalmaßnahme keine Auswirkungen auf den Wert der Schuldverschreibungskomponente. bb) Wandlungswert Der zweite wesentliche Einflussfaktor einer Wandelschuldverschreibung ist der Wandlungswert (Parität). Der Wandlungswert ist der Wert, den die Wandlungsaktien bei einer sofortigen Ausübung hätten. Multipliziert man den aktuellen Aktienkurs mit der Anzahl der Aktien, die man bei der Wandlung erhalten würde (Wandlungsverhältnis), so ergibt sich der Wandlungswert. Er wird folglich vom Wandlungspreis, dem Wandlungsverhältnis und dem aktuellen Aktienkurs der Wandlungsaktien beeinflusst.333 Kapitalmaßnahmen der Emittentengesellschaft bewirken i. R. e. Veränderung des Aktienkurses und wirken sich daher auch auf den Wandlungswert aus. cc) Wandlungsrechtswert (Optionswert) Die Wertbestimmung der Wandlungsrechte an sich ist sehr komplex. Im Laufe der Zeit wurden verschiedene Modelle zur Wertbestimmung von Op332 Zantow/Dinauer, Finanzwirtschaft des Unternehmens, Kap. 4.1, S. 229; Wöhe/ Bilstein/Ernst/Häcker, S. 286; Madjlessi/Leopold, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 9, Rn. 58 ff. 333 Madjlessi/Leopold, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 9, Rn. 54 f.
144
F. Schutz der Wandelobligationäre
tionsrechten entwickelt. Durchgesetzt haben sich besonders zwei Modelle. Zum einen das von Cox, Ross und Rubinstein entwickelte Binomialmodell,334 zum anderen das von Black, Scholes und Merton entwickelte Black & Scholes-Modell.335 Teilweise wurden diese Verfahren weiterentwickelt und abgewandelt, da sie die bei Wandlungsrechten relevanten Dividendenzahlungen und Verwässerungseffekte nicht angemessen berücksichtigen konnten. Auf eine Wiedergabe und Analyse dieser komplexen Formeln wird hier insofern verzichtet, da eine Bewertung nicht erforderlich ist und sich zu sehr in eine finanzmathematische Richtung erstrecken würde, was nicht Sinn und Zweck dieser Arbeit darstellt. Die wesentliche und für die folgenden Untersuchungen relevante Erkenntnis, die man diesen Bewertungsmodellen entnehmen kann, besteht darin, dass alle theoretischen Ansätze den Wert eines Optionsrechts mit denselben Wertbestimmungsfaktoren errechnen. Das Wandlungsrecht einer Wandelobligation ist nach diesen Formeln insbesondere abhängig von:336 • dem gegenwärtigen Aktienkurs, • dem Wandlungspreis, • der Restlaufzeit, • der Volatilität des Aktienkurses, • dem risikolosen Zinssatz, • den erwarteten Dividenden während der Laufzeit. Da der Optionswert nach allen Berechnungsmodellen auch von dem Aktienkurs und dem Wandlungspreis beeinflusst ist, muss eine Kapitalmaßnahme, die eine Veränderung des Aktienkurses bewirkt, auch einen Einfluss auf den Optionswert haben. dd) Einfluss der Komponenten bei Wandelanleihe und Optionsanleihe Bei der Wandelanleihe besteht eine zwingende Einheit aus der Schuldverschreibungskomponente und der Wandlungskomponente. Der Wert einer Wandelanleihe hat daher zwei Kursuntergrenzen. Die erste Kursuntergrenze 334 Black/Scholes, S. 637 ff.; Merton, S. 141 ff., (Merton war bei der Entwicklung Black & Scholes beteiligt, hat aber einen eigenen Artikel veröffentlicht); Steiner/ Bruns, S. 296 ff. 335 Cox/Ross/Rubinstein, S. 296 ff.; Steiner/Bruns, S. 296, 322 ff. 336 Hull, 7. Aufl., Kapitel 9.1, S. 256; Zantow/Dinauer, Finanzwirtschaft des Unternehmens, Kap. 7.5, S. 371; Ludwig, Kredit und Kapital 1977, S. 91, 93 f.; MaierReimer, in: FS Bosch, S. 92, vgl. zu den Wertbestimmungsfaktoren auch Madjlessi/ Leopold, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 9, Rn. 54 ff.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 145
ist der alleinige Wert der Schuldverschreibung und die zweite ist der Wandlungswert. Eine Wandelanleihe kann theoretisch nicht unter einem dieser beiden Werte notieren, wobei der höhere Wert immer die Kursuntergrenze markiert. Zusätzlich erhöht sich der Wert einer Wandelanleihe durch den Optionswert.337 Bei der Optionsanleihe ist die Situation anders, da das Optionsrecht von der Schuldverschreibung getrennt werden kann und die Schuldverschreibungskomponente durch die Ausübung des Bezugsrechts nicht untergeht. Der Wandlungswert hat keinen zusätzlichen Einfluss auf die Optionsanleihe. Der Wert einer Optionsanleihe setzt sich damit aus dem Wert der Schuldverschreibung und dem Optionsrecht zusammen, wenn das Optionsrecht noch nicht von der Anleihe getrennt wurde (cum). Sind Optionsrecht und Anleihe dagegen getrennt, kann auch eine getrennte Wertbestimmung von Anleihe (ex) und Optionsrecht erfolgen.338 f) Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs (Zeitwert) Der relative Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs ist eine Kennzahl, die maßgeblichen Einfluss auf die Werthaltigkeit des Wandlungsrechts hat. Vereinfacht ausgedrückt charakterisiert sie die Wahrscheinlichkeit, ob das Wandlungsrecht zum letztmöglichen Wandlungszeitpunkt werthaltig oder wertlos ist. Sollte sich etwa der Kursabstand zwischen Aktienkurs und Wandlungspreis vergrößern, so steigt damit einhergehend auch die Wahrscheinlichkeit, dass das Wandlungsrecht am Ende der Laufzeit werthaltig oder wertlos ist. Steigt der Aktienkurs etwa über ein vielfaches des Wandlungspreises, so ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass am Ende der Laufzeit das Wandlungsrecht wertlos ist. Beträgt der Aktienkurs dagegen nur einen Bruchteil des Wandlungspreises, so ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass am Ende der Laufzeit das Wandlungsrecht wertlos bleibt. Mittelbar abhängig ist diese Annahme aber auch immer von der Länge des verbleibenden Wandlungszeitraums. Der relative Kursabstand ist daher eine Darstellung des Zeitwertes, denn dieser hängt besonders davon ab, ob das Wandlungsrecht im Geld, am Geld oder aus dem Geld notiert.339 Die verschiedenen Kapitalmaßnahmen zeigen fast immer Auswirkungen auf den relativen Kursabstand. Grund ist, dass sich durch die verschiedenen 337 Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker, S. 296; Madjlessi/Leopold, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 9, Rn. 54 ff.; Bohn, S. 131 ff. 338 Vgl. Kerber, S. 135; Madjlessi/Leopold, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 9, Rn. 54 ff. 339 Vgl. hierzu Drygala, Inhaltskontrolle von Wertpapierbedingungen, S. 358.
146
F. Schutz der Wandelobligationäre
Maßnahmen i. d. R. der Aktienkurs aber niemals der Wandlungspreis oder die Laufzeit des Wandlungsrechts verändert. Das ursprüngliche Verhältnis sollte im Idealfall wieder hergestellt werden. • Beispiel 6: Bedeutung des relativen Kursabstandes zwischen Aktienkurs und Wandlungspreis Wandelschuldverschreibung 1: Der Aktienkurs der Gesellschaft 1 liegt bei 10 €. Zudem existieren Wandelschuldverschreibungen auf diese Aktien, für welche ein Wandlungspreis von 9 € vorgesehen ist. Der Aktienkurs liegt 11,11 % (= 10 € : 9 €) über dem Wandlungspreis. Im Gegenzug genügt es, wenn der Aktienkurs um genau 10 % fällt, damit der Wert des Wandlungsrechts wieder am Geld ist. Beträgt die Restlaufzeit der Wandelobligation nur noch einen Monat, so ist es nicht völlig unwahrscheinlich, dass der Aktienkurs in einem Monat über 10 % an Wert verliert. Wandelschuldverschreibung 2: Die Gesellschaft 2 hat hingegen eine Wandelschuldverschreibung emittiert, für die der Wandlungspreis bei 1 € liegt. Der Aktienkurs dieser Gesellschaft beträgt dagegen 2 €. Der Aktienkurs liegt somit 100 % über dem Wandlungspreis. Im Gegenzug genügt es, wenn der Aktienkurs um nur 50 % fällt, damit das Wandlungsrecht wieder wertlos ist. Beträgt die Restlaufzeit dieser Wandelobligation ebenfalls nur noch einen Monat, so ist es insbesondere im Vergleich zu obiger Wandelschuldverschreibung viel unwahrscheinlicher, dass der Aktienkurs nach einem Monat über 50 % an Wert verliert.
Nach einem Vergleich dieser beiden Kursabstände der Wandelschuldverschreibungen kann man gut erkennen, warum es sich um ein relatives Verhältnis handelt. Bei beiden Wandelobligationen beträgt der Abstand zwischen Aktienkurs und Wandlungspreis genau 1 €. Dennoch weichen die prozentualen Werte erheblich voneinander ab. Grund ist, dass sich die prozentualen Werte immer aus der Relation von Aktienkurs und Wandlungspreis ergeben. Dieses Verhältnis sollte sich durch die Kapitalmaßnahmen und dem anschließenden Verwässerungsschutz nicht verändern. Sollte die Gesellschaft 1 nun beispielsweise eine Kapitalerhöhung durchführen, welche eine Verwässerung des Aktienkurs auf 9 € bewirkt, so wäre das Wandlungsrecht zunächst genau am Geld. Für eine Anpassung des relativen Kursabstandes genügt es aber in der Folge nicht, wenn der Wandlungspreis wieder genau 1 € unter dem Aktienkurs (8 €) festgesetzt wird. Der Aktienkurs würde dann nämlich 12,5 % (vorher: 11,11 %) über dem Wandlungspreis liegen. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es zum Wandlungszeitpunkt werthaltig ist. Die Relation zwischen Aktienkurs und Wandlungspreis wäre nicht vollkommen berücksichtigt.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 147 Man muss diese beiden Werte also in ein Abhängigkeitsverhältnis zueinander setzen. Für eine ideale Anpassung des relativen Kursabstandsverhältnisses muss der Wandlungspreis vielmehr auf 8,10 € herabgesetzt werden. Der Aktienkurs nach der Kapitalerhöhung liegt dann wiederum genau 11,11 % über dem Wandlungspreis. Dies bedeutet, dass der Aktienkurs wie vor der Kapitalerhöhung 10 % an Wert verlieren kann, bevor das Wandlungsrecht wieder genau am Geld ist. Die Wahrscheinlichkeiten und damit der Zeitwert wären wieder ideal angeglichen.
Festzuhalten ist damit, dass der relative Kursabstand zwischen Aktienkurs und Wandlungspreis einen maßgeblichen Einfluss auf den Wert des Wandlungsrechts hat. Im Rahmen des Verwässerungsschutzes sollten die ursprünglichen Verhältnisse idealerweise wiederhergestellt werden. Anderweitig würden der Zeitwert bzw. die Wahrscheinlichkeiten verzerrt werden. In den folgenden Untersuchungen wird der relative Kursabstand immer anhand eines prozentualen Wertes dargestellt, der die Wechselbeziehung zwischen Aktienkurs und Wandlungspreis darstellen soll. 4. Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln (nominelle Kapitalerhöhung) Eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (§§ 207–220 AktG) hat nicht den Zweck, der Gesellschaft neues Vermögen durch Einlagen zuzuführen. Sie dient vielmehr dazu vorhandenes, freies Vermögen der Gesellschaft in Grundkapital umzuwandeln. Hierbei wird also das nominelle Grundkapital erhöht, ohne dass sich dabei die Höhe des Gesellschaftsvermögens an sich verändert. Es findet ein Passiv-Passiv-Tausch statt. Praktisch werden auf der Passivseite der Bilanz die ausgewiesenen Kapital- oder Gewinnrücklagen in Grundkapital umgewandelt.340 a) Die Verwässerung bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln Führt die emittierende Gesellschaft während der Laufzeit einer Wandelobligation eine nominelle Kapitalerhöhung durch, so erhöht sich das Grundkapital und damit einhergehend die Anzahl der Aktien. Die Folge ist, dass sich der Bilanzkurs einer Aktie reduziert.341 340 Vgl. hierzu statt vieler: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 208, Rn. 2; MüKo/Arnold, AktG, Bd. 4, § 207, Rn. 1 ff.; Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 208, Rn. 3 ff.; Hüffer, AktG, § 207, Rn. 3; Würdinger, Aktienrecht, 4. Aufl.; S. 187 f.; Kerber, S. 57; Gallego Sánchez, S. 97. 341 Janssen, S. 134 f.; Zantow/Dinauer, S. 112; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 207, Rn. 10; Köhler, AG 1984, S. 197, 198; Gallego Sánchez, S. 96.
148
F. Schutz der Wandelobligationäre
Für die Aktionäre hätte dies keine negativen Auswirkungen, denn sie würden entsprechend ihres bisherigen Anteils am Grundkapital sogenannte Berichtigungsaktien (vgl. § 212 AktG) erhalten. Die Verwässerung ihrer mitgliedschaftlichen und vermögensrechtlichen Position wird durch die Gewährung von Zusatzaktien auf diese Weise voll ausgeglichen.342 • Beispiel 7: Die Verwässerung bei der nominellen Kapitalerhöhung Die Aktiengesellschaft XY hat ein Grundkapital von 250 Mio. €, eingeteilt in 50 Mio. Aktien mit einem Nennwert von 5 € je Aktie. Sie hat Rücklagen i. H. v. 250 Mio. € gebildet. Stille Reserven sind nicht vorhanden. Das bilanzierte Eigenkapital beläuft sich somit auf 500 Mio. €. Folglich beträgt der Bilanzkurs einer Aktie vor der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln 10 €. Diese Aktiengesellschaft hatte eine Wandelobligation mit einem Nennwert von 125 Mio. € emittiert. Die Teilschuldverschreibungen wurden in je 1.000 € gestückelt. Der Wandlungspreis liegt bei 9 € und das stückmäßige Wandlungsverhältnis wurde auf 1 : 111,11 festgesetzt.343 Die AG führt nun eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln i. H. v. 50 Mio. € durch. Dies hätte folgende Auswirkungen. Wert einer Aktie vor der nominellen Kapitalerhöhung: Bilanzkurs einer Aktie = =
bilanziertes Eigenkapital Grundkapital + Rücklagen = = Anzahl der Aktien Anzahl der Aktien
250 Mio . € + 250 Mio . € 500 Mio . € = = 10 € 50 Mio . 50 Mio .
Der Bilanzwert einer Aktie vor der Kapitalerhöhung lag bei 10 €. Würde nun eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln i. H. v. 50 Mio. € durchgeführt werden, so würde sich der Bilanzkurs folgendermaßen verändern. Verwässerung der Aktien durch Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln: bilanziertes Eigenkapital Grundkapital + Rücklagen Bilanzkurs einer Aktie = = = Anzahl der Aktien Anzahl der Aktien 300 Mio . € + 200 Mio . € 500 Mio . € = = = 8,33 € 60 Mio . 60 Mio .
342 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 212, Rn. 3; MüKo/Arnold, AktG, Bd. 4, § 212, Rn. 9 f.; Hüffer, AktG, § 212, Rn. 2; Stadler, in: HK, AktG, § 212, Rn. 3; Fock/Wüsthoff, in: Spindler/Stilz, AktG, § 216, Rn. 2 f.; Simons, in: Hölters, AktG, § 216, Rn. 2; Gallego Sánchez, S. 97; Loos, DB 1960, S. 543, 544; Janssen, S. 135 f. 343 Vgl. zur Berechnung des nominellen/stückmäßigen Wandlungsverhältnisses ausführlich den Punkt: Wandlungsverhältnis auf S. 136 ff.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 149 Bei der nominellen Kapitalerhöhung würden 50 Mio. € von den Rücklagen in das Grundkapital umgebucht werden. Letztlich würden hierdurch 10 Mio. Berichtigungsaktien entstehen. Der Bilanzkurs würde von 10 € auf 8,33 € sinken. Eine Aktie würde folglich um jeweils 1∕6 ihres ursprünglichen Wertes verwässern. Ausgleich auf Aktionärsebene durch Berichtigungsaktien: Das Grundkapital wurde im Verhältnis 250 : 50 (5 : 1) aus Gesellschaftsmitteln erhöht. Das bedeutet, dass die Aktionäre für je 5 Altaktien eine Berichtigungsaktie zugeteilt bekommen (vgl. §§ 212 f. AktG). Durch die Zuteilung dieser Ausgleichsaktien wird sowohl die vermögens- als auch die herrschaftsrechtliche Verwässerung der Aktionäre voll ausgeglichen. So hatten 5 Aktien eines Aktionärs vor der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln einen Wert von 50 € (5 × 10 €). Nach der Kapitalerhöhung hatten diese 5 Aktien nur noch einen Wert von 41,66 € (5 × 8,33 €). Da dem Aktionär für je 5 Altaktien eine junge Ausgleichsaktie zusteht, hat er nach der Kapitalerhöhung 6 Aktien im Wert 49,99 €. Der Aktionär muss folglich keine vermögensrechtlichen Verwässerungen hinnehmen. Besaß ein Aktionär vor der Kapitalerhöhung 10 % aller Aktien, entsprach das in diesem Fall genau 5 Mio. Aktien. Er hatte somit 1∕10 aller Stimmanteile. Nach der Kapitalerhöhung würden ihm Ausgleichaktien im Verhältnis 5 : 1 zustehen. Das bedeutet, er erhält 1 Mio. neue Ausgleichsaktien. Insgesamt hätte er nach der Kapitalerhöhung somit 6 Mio. Mitgliedschaftsrechte. Bei einem neuen Grundkapital i. H. v. 300 Mio. € und einem Nennwert von 5 € je Aktie existieren insgesamt 60 Mio. Aktien nach der Kapitalerhöhung. Die 6 Mio. Stimmanteile des Aktionärs würden wieder 10 % aller Gesellschaftsanteile darstellen. Die herrschaftsrechtliche Verwässerung würde folglich auch voll ausgeglichen werden.
Festzustellen ist, dass die Ausgleichsaktien zugunsten der Altaktionäre einen vollkommenen Verwässerungsschutz sicherstellen. Nach dem Wortlaut des § 212 AktG finden die Regelungen über die Gratisaktien aber nur auf die Aktionäre und nicht auf die Wandelgläubiger Anwendung. Diese Zuordnung der jungen Aktien ist zwingend und eröffnet keinen Gestaltungsspielraum.344 Die Wandelobligationäre genießen folglich nicht denselben Schutz wie die Gesellschafter, so dass die Verwässerung des Bilanzkurses der Aktien auf den Wert des Wandlungsrechts der Wandelschuldverschreibungen durchschlagen muss.
344 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 212, Rn. 2, 5; MüKo/Arnold, AktG, Bd. 4, § 212, Rn. 5 f., 11; Hüffer, AktG, § 212, Rn. 2 f.; Fock/Wüsthoff, in: Spindler/Stilz, AktG, § 212, Rn. 2, 5; Stadler, in: HK, AktG, § 212, Rn. 4 f.; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 212, Rn. 1 f.; Simons, in: Hölters, AktG, § 212, Rn. 1, 4, 7; Gallego Sánchez, S. 97.
150
F. Schutz der Wandelobligationäre
Auswirkungen auf die Wandelschuldverschreibung: Da die Wandelbedingungen bei einem Wandlungspreis von 9 € ein stückmäßiges Wandlungsverhältnis von 1 : 111,11 vorsehen, hat das Wandlungsrecht einer Teilwandelschuldverschreibung zum Nennwert von 1.000 € – vor und nach der nominellen Kapitalerhöhung – folgende Werte: Kennzahlen
Vor Kapitalerhöhung
Nach Kapitalerhöhung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
925,93 € (111,11 Aktien × 8,33 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.000 €
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
111,11 €
0 € (–185,18 €)
Wandlungspreis
9,00 €
9,00 €
Wandlungsverhältnis
111,11
111,11
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
18,80 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
–8,00 % (≙ 9 € : 8,33 €)
Bei unveränderten Wandlungsbedingungen nimmt, infolge der nominellen Kapitalerhöhung, der Vorteil des Obligationärs aus dem Wandlungsrecht ab. Es tritt eine Verwässerung ein. In diesem Fall wäre die Verwässerung besonders gravierend, da sich das Wandlungsrecht von in dem Geld zu aus dem Geld verändert.
Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln eine benachteiligende Wirkung auf die Wandelobliga tionen hat, da sie zu einer Verwässerung der herrschaftsrechtlichen als auch vermögensrechtlichen Werte führt. Die Aktionäre erleiden hingegen keine Nachteile. b) Zulässigkeit einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nach Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung Zwar besteht für die Wandelobligationäre bei einer Kapitalerhöhung grundsätzlich die Gefahr einer Verwässerung, jedoch lässt sich hieraus keine zwingende Unzulässigkeit einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln schließen. Vielmehr ist aus dem Gesetz ableitbar, dass eine solche Maßnah-
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 151
me selbst nach Emission einer Wandelschuldverschreibung weiterhin zulässig sein muss. Denn § 216 Abs. 3 AktG ordnet selbst an, dass der wirtschaftliche Inhalt vertraglicher Beziehungen zu Dritten, die vom Wert ihrer Aktien abhängen, durch die Kapitalerhöhung (aus Gesellschaftsmitteln) nicht berührt werden darf. § 218 S. 1 AktG konkretisiert diese Norm sogar weitergehend für den bestimmten Fall einer Absicherung der Wandlungsrechte durch ein bedingtes Kapital.345 Aus dem Gesetz lässt sich somit ableiten, dass eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln auch nach der Emission einer Wandelschuldverschreibung grundsätzlich möglich und zulässig sein muss. Allerdings darf der Wandelobligationär keinen Nachteil erleiden. c) Effektivität des Verwässerungsschutzes bei Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln Eine nominelle Kapitalerhöhung bewirkt, dass das Grundkapital und die Anzahl der Aktien erhöht wird.346 Das Vermögen bzw. die Ertragskraft der Gesellschaft wird aber nicht größer, da der Gesellschaft kein neues Kapital von außen zugeführt wird. Weitere Konsequenz dieser Maßnahme ist eine Verwässerung des Bilanzkurses der Aktien und damit mittelbar ebenso eine Verwässerung des Wandlungsrechts.347 Da die Wandelobligationäre nicht zum Bezug von Ausgleichsaktien berechtigt sind, hat der Gesetzgeber in § 216 Abs. 3 S. 1 AktG einen besonderen Schutz der Wandelobligationäre vorgesehen. Nach § 216 Abs. 3 S. 1 AktG darf bei einer Kapitalerhöhung aus Ge sellschaftsmitteln der wirtschaftliche Inhalt von vertraglichen Beziehungen der Gesellschaft zu Dritten, die von dem Wert der Aktien abhängen, durch die Kapitalerhöhung nicht berührt werden. Zu solchen Rechten Dritter gehören unstreitig auch die Wandelschuldverschreibungen i. S. v. § 221 AktG.348 345 Zu dem Verhältnis in dem die beiden Normen (§§ 216 Abs. 3 und 218 S. 1 AktG) zueinander stehen, vgl. die folgenden Ausführungen. 346 Bei Stückaktien wäre es auch möglich, dass sich nur das Grundkapital aber nicht die Anzahl der Aktien erhöht (vgl. § 207 Abs. 2 S. 2 AktG). Dabei wird der nur Stückwert der Aktien entsprechend erhöht. Allerdings entsteht bei dieser Ausführungsform weder eine vermögensrechtliche noch eine herrschaftsrechtliche Verwässerung. Vgl. hierzu die Ausführungen unter dem Punkt: Sonderfall: Nominelle Kapitalerhöhung bei Stückaktien durch Erhöhung des Grundkapitals gem. § 207 Abs. 2 S. 2 AktG auf S. 168. 347 Vgl. hierzu das Beispiel 7 auf S. 148 ff. 348 A. a. O. (vgl. Fußnote 309).
152
F. Schutz der Wandelobligationäre
Diese Norm trägt folglich dem Umstand Rechnung, dass die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln im Grunde genommen eine neutrale Umbuchung von Bilanzposten darstellt, so dass sich Auswirkungen sowohl im Innenverhältnis als auch im Außenverhältnis verbieten. Daher bestimmt § 216 Abs. 3 S. 1 AktG, dass die Wandelobligationäre keinen Nachteil aus einer nominellen Kapitalerhöhung erleiden dürfen.349 Falls die Rechte oder Pflichten einer Partei aus dem Vertragsverhältnis einer Wandelschuldverschreibung durch eine nominelle Kapitalerhöhung wirtschaftlich bevorzugt oder benachteiligt werden, müssen diese Rechtsbeziehungen nach dem Gesetz derart an die neue Lage angepasst werden, dass sich der Umfang dieser beiderseitigen Rechte und Pflichten durch die Kapitalerhöhung nicht verändert. Diese Anpassung vollzieht sich im Augenblick des Wirksamwerdens der Kapitalerhöhung automatisch kraft Gesetzes und bedarf folglich weder einer Regelung im Kapitalerhöhungsbeschluss noch einer Vertragsänderung durch die Beteiligten oder einer gerichtlichen Gestaltung.350 § 216 Abs. 3 S. 1 AktG ist einseitig zwingend, d. h. er kann nicht einseitig (z. B. per Satzung oder Kapitalerhöhungsbeschluss) von der Emittentin ohne Zustimmung ihrer Vertragspartner abbedungen werden. Andererseits ist jedoch eine vertragliche Abweichung von § 216 Abs. 3 S. 1 AktG mit Dritten für den Fall einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln möglich. Diese abweichenden Regelungen gehen dann aus Gründen der Privatautonomie vor. Der Verwässerungsschutz ist damit dispositiv.351 Die Wandelschuldverschreibungsinhaber werden bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln daher durch eine Anpassung von Gesetzes wegen geschützt. Grundsätz349 MüKo/Arnold, AktG, Bd. 4, § 216, Rn. 41 f.; Fock/Wüsthoff, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 216, Rn. 19; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 216, Rn. 13, 15; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 216, Rn. 18 f.; Simons, in: Hölters, AktG, § 216, Rn. 13; Stadler, in: HK, AktG, § 216, Rn. 18, 28; Hüffer, AktG, § 216, Rn. 11; Gallego Sánchez, S. 97; vgl. zudem bereits die Ausführungen oben unter dem Punkt: Gesetzliche Ableitung des Verwässerungsschutz auf S. 128 ff. 350 Vgl. hierzu: MüKo/Arnold, AktG, Bd. 4, § 216, Rn. 42; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 216, Rn. 20; Hüffer, AktG, § 216, Rn. 11; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 216, Rn. 13; Stadler, in: HK, AktG, § 216, Rn. 23 f.; Simons, in: Hölters, AktG, § 216, Rn. 13; Fock/Wüsthoff, in: Spindler/Stilz, AktG, § 216, Rn. 21; Than, WM 1991, Sonderheft 10, S. 58 f.; Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 216, Rn. 60; Gallego Sánchez, S. 97 f.; Köhler, AG 1984, S. 197, 198. 351 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 216, Rn. 20; MüKo/Arnold, AktG, Bd. 4, § 216, Rn. 44; Stadler, in: HK, AktG, § 216, Rn. 23; Hüffer, AktG, § 216, Rn. 11; Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 216, Rn. 61 f.; Fock/Wüsthoff, in: Spindler/Stilz, AktG, § 216, Rn. 21; Gallego Sánchez, S. 98; Köhler, AG 1984, S. 197, 197; Casper, Optionsvertrag, § 12, S. 351.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 153
lich kann eine Anpassung aber auch vertraglich geregelt werden. Solche Vereinbarungen finden ihre Schranken lediglich in den allgemeinen Vorschriften (§§ 307 ff., 138, 242 BGB).352 Eine ideale Anpassung müsste in der Weise erfolgen, dass eine Wandelobligation zum Bezug weiterer Aktien berechtigt. Die Zahl der Aktien, die der Gläubiger bei Ausübung seines Wandlungsrechtes beziehen kann, muss in demselben Verhältnis heraufgesetzt werden, wie sich das Grundkapital i. R. d. der nominellen Kapitalerhöhung erhöht.353 Bei einem bedingten Sicherungskapital wird diese Anpassungsmodalität sogar von Gesetzes wegen festgelegt. So erhöht sich gem. § 218 S. 1 AktG das bedingte Kapital im gleichen Verhältnis wie das Grundkapital. Diese Norm steht in unmittelbarem Zusammenhang mit § 216 Abs. 3 AktG. Letztere regelt, dass der wirtschaftliche Inhalt der Wandlungsrechte aus einer nominellen Kapitalerhöhung nicht berührt werden darf. Dieser wirtschaftliche Inhalt der Wandlungsrechte wird aber nur dann nicht tangiert, wenn sich das Wandlungsverhältnis bzw. das Sicherungskapital – wie in § 218 S. 1 AktG angeordnet – automatisch kraft Gesetzes erhöht. Aus der Anordnung des § 216 Abs. 3 S. 1 AktG ist daher zu folgern, dass die Wandelobligationäre gleichfalls von der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln profitieren bzw. einen Ausgleich erhalten müssen. Nur so lässt sich ein „Berühren“ des wirtschaftlichen Inhalts der Wandlungsrechte vermeiden. Bei einer nominellen Kapitalerhöhung können die Verwässerungen allein dadurch wettgemacht werden, dass sich die Anzahl der Wandlungsaktien und damit auch das Sicherungskapital in demselben Verhältnis erhöht wie das Grundkapital. Dies ist die einzige Möglichkeit – egal ob ein bedingtes oder ein genehmigtes Sicherungskapital beschlossen wurde – einen vollkommenen Verwässerungsschutz zu gewährleisten. § 218 S. 1 AktG konkretisiert daher § 216 Abs. 3 S. 1 AktG nur für den Fall, dass die Wandlungsrechte durch ein bedingtes Kapital abgesichert wurden, denn wenn das bedingte Kapital erhöht wird, steigt auch proportional die Anzahl der
352 MüKo/Arnold, AktG, Bd. 4, § 216, Rn. 45; Köhler, AG 1984, S. 197, 197; MüKo/Peifer, AktG, Bd. 4, § 189 Rn. 10 a. E.; v. Gleichenstein, AG 1964, S. 141, 142. 353 Fock/Wüsthoff, in: Spindler/Stilz, AktG, § 216, Rn. 25; MüKo/Arnold, AktG, Bd. 4, § 216, Rn. 58; Hüffer, AktG, § 216, Rn. 14; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 216, Rn. 25; Than, WM 1991, Sonderheft 10, S. 58; Köhler, AG 1984, S. 197, 198; Kerber, S. 56. § 218 S. 2 AktG verhindert darüber hinaus eine Unter-Pari-Emission, wenn durch eine Anpassung des Umtauschverhältnisses oder einer Verwässerungsschutzklausel in den Anleihebedingungen der Nennbetrag der eingebrachten Wandelschuldverschreibungen den Mindestausgabebetrag der neuen Aktien unterschreitet.
154
F. Schutz der Wandelobligationäre
wandelbaren Aktien. § 218 S. 1 AktG hat somit nur eine klarstellende Funktion.354 Im Folgenden soll im Einzelnen aufgezeigt werden, wie der gesetzliche Verwässerungsschutz durch § 216 Abs. 3 S. 1 AktG i. R. e. nominellen Kapitalerhöhung realisiert wird und warum § 218 S. 1 AktG nur eine überflüssige, teilweise unvollkommene Konkretisierungsnorm ist. Zum einen kann auch bei einem genehmigten Sicherungskapital eine verhältnismäßige Erhöhung des Sicherungskapitals – wie sie § 218 S. 1 AktG nur für das bedingte Kapital anordnet – erforderlich werden. Die entsprechende Erhöhung des Sicherungskapitals ist dann über § 216 Abs. 3 S. 1 AktG zu bewerkstelligen. Zum anderen kann es auch Konstellationen geben, in den § 218 S. 1 AktG telelogisch reduziert werden muss, da die Wandlungsrechte nicht berührt werden. Hierbei ist immer zu differenzieren, ob es einen Zustimmungs- oder Ermächtigungsbeschluss i. S. v. § 221 AktG gegeben hat und auf welche Art und Weise die Wandlungsrechte abgesichert wurden. Die folgenden Übersichten (siehe Seiten 155 und 156) zeigen hierzu einen Überblick. aa) Verwässerungsschutz bei der Absicherung durch ein bedingtes Kapital Wurden die Wandlungsrechte durch ein bedingtes Kapital abgesichert, so wird der gesetzliche Verwässerungsschutz i. d. R. vom konkreteren Tatbestand des § 218 S. 1 AktG abgedeckt. Nach dieser Norm muss bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln das bedingte Kapital im gleichen Verhältnis erhöht werden wie das Grundkapital. Durch die Erhöhung des bedingten Sicherungskapitals wird einhergehend das Wandlungsverhältnis und der Wandlungspreis verändert, wodurch die Verwässerung grundsätzlich vollkommen ausgeglichen wird. Allerdings ist dieser Schutz des § 218 S. 1 AktG in bestimmten Situationen unvollkommen. • Beispiel 8: Verwässerungsschutz bei nomineller Kapitalerhöhung gem. §§ 216 Abs. 3, 218 S. 1 AktG Im obigen Beispiel 7 wurde das Grundkapital von 250 Mio. € um 50 Mio. € auf 300 Mio. €, also im Verhältnis 5 : 1 erhöht. Erfolgt eine entsprechende Anhebung des Wandlungsverhältnisses (Wandelaktien) und des Sicherungskapitals, d. h. werden auch diese beiden Einheiten jeweils um 1/5 heraufgesetzt, so können die ursprünglichen Verhältnisse wieder hergestellt werden. 354 A. A. Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 218, Rn. 4 dieser geht davon aus, dass § 218 AktG in einem lex specialis Verhältnis zu § 216 Abs. 3 AktG steht. Weitere Äußerungen zum Verhältnis dieser beiden Normen zueinander existieren bisher nicht. Allgemein ist den Kommentierungen und der Literatur zwischen den Zeilen zu entnehmen, dass sie die Regelung des § 218 S. 1 AktG als einen Sonderfall ansehen, dessen Rechtsfolge immer nur für das bedingte Kapital gilt.
§ 218 S.1 AktG (–)
§ 218 S. 1 AktG (–)
§ 218 AktG (+)
Abbildung 4: Erforderlichkeit des Verwässerungsschutzes beim Zustimmungsbeschluss gem. § 221 Abs. 1 AktG
§ 216 III AktG (–)
§ 216 III AktG (+)
(denn ohne Zustimmungsbeschluss würde auch keine WSV bestehen)
Konstellation nicht vorstellbar!
durch Zustimmungsbeschluss wird das genehmigte Kapital ausgenutzt; Anpassung notwendig, da WSV durch den Zustimmungsbeschluss existiert
genehmigtes Kapital nicht ausgenutzt
genehmigtes Kapital ausgenutzt
Sicherung der Wandlungsrechte durch genehmigtes Kapital
§ 216 III AktG (+)
Sicherung der Wandlungsrechte durch bedingtes Kapital
Zustimmungsbeschluss gem. § 221 Abs. 1 AktG
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 155
§ 218 S. 1 AktG (–)
§ 218 S. 1 AktG (–)
§ 218 S. 1 AktG (–)
§ 218 AktG (+)
Abbildung 5: Erforderlichkeit des Verwässerungsschutzes beim Ermächtigungsbeschluss gem. § 221 Abs. 2 AktG
(teleologische Reduktion)
§ 216 III AktG (–)
§ 216 III AktG (–)
§ 216 III AktG (+)
§ 216 III AktG (+)
genehmigtes Kapital gem. § 202 Abs. 1 AktG auch noch nicht ausgenutzt, da WSV mangels Entscheidung des Vorstandes noch nicht existiert
Anpassung nicht notwendig, da WSV mangels Entscheidung des Vorstandes noch nicht existiert
genehmigtes Kapital gem. § 202 Abs. 1 AktG ausgenutzt, da Vorstand von Ermächtigung gem. § 221 Abs. 2 AktG Gebrauch gemacht hat.
Sicherung der Wandlungsrechte durch genehmigtes Kapital
Sicherung der Wandlungsrechte durch bedingtes Kapital
Sicherung der Wandlungsrechte durch genehmigtes Kapital
§ 221 Abs. 2 AktG nicht ausgenutzt
§ 221 Abs. 2 AktG bereits ausgenutzt
Sicherung der Wandlungsrechte durch bedingtes Kapital
Ermächtigungsbeschluss gem.
Ermächtigungsbeschluss gem.
§ 221 Abs. 2 AktG
Ermächtigungsbeschluss gem.
156 F. Schutz der Wandelobligationäre
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 157 Stückmäßiges Wandlungsverhältnis nach der Kapitalerhöhung: Stückmäßiges Wandlungsverhältnis =
Anzahl der Teilwandelobligationen = Anzahl der Wandelaktien
=
Nennwert der Wandelobligation : Nennwert einer Teilwandelobligation = Nennwert des erhöhten Sicherungskapitals : Nennwert einer Aktie
=
125 Mio . € : 1.000 € = 125.000 = 250 = 1 :133,33 (69.443.750 € + 13.888.750) : 5 € 16.666.500 33.333
Da sich Wandlungsverhältnis (V) und Wandlungspreis (P) gegenseitig beeinflussen, wird durch die Anhebung des Wandlungsverhältnisses automatisch der Wandlungspreis auf 7,50 € reduziert. V=
Nennwert Teilwandelobligation Wandlungspreis
P=
Nennwert Teilwandelobligation Wandlungsverhältnis
Valt = 1.000 € = 111,11 9€
Palt = 1.000 € = 9 € 111,11
Vneu = 1.000 € = 133,33 7,50 €
Pneu = 1.000 € = 7,50 € 133,33
Durch die Erhöhung des Sicherungskapitals verändert sich das Wandlungsverhältnis. Ein Obligationär kann nach der Erhöhung des Sicherungskapitals und des Wandlungsverhältnisses eine Wandelschuldverschreibung zum Nennwert von je 1.000 € in 133,33 Aktien wandeln. Diese 133,33 Wandelaktien würden nach der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln und dem neuen Bilanzkurs von 8,33 € dem Wert entsprechen, den eine Wandelobligation bereits vor der Kapitalerhöhung hatte. Ebenso würde die herrschaftsrechtliche Verwässerung voll ausgeglichen werden.355 Die ursprünglichen Verhältnisse und Wertvorteile aus dem Wandlungsrecht je Wandelobligation im Wert von 1.000 € blieben, wie folgende Tabelle zeigt, vollständig erhalten:
355 Vorher: Anzahl Wandelaktien : Anzahl aller Aktien = (125.000 Wandelobligationen × 111,11 Wandelaktien) : Anzahl aller Aktien = 13.888.750 : 63.888.750 = 0,2174 = 21,74 %. Nachher: Anzahl Wandelaktien : Anzahl aller Aktien = (125.000 Wandelschuldverschreibungen × 133,33 Wandelaktien) : Anzahl aller Aktien = 16.666.250 : 76.666.250 = 0,2174 = 21,74 %.
158
F. Schutz der Wandelobligationäre
Kennzahlen
Vor Kapitalerhöhung
Nach Kapitalerhöhung und Anpassung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
1.111,11 € (133,33 Aktien × 8,33 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.000 €
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
111,11 €
111,11 €
Wandlungspreis
9,00 €
7,50 €
Wandlungsverhältnis
111,11
133,33
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
21,74 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
+11,11 % (≙ 8,33 € : 7,50 €)
Eine proportionale Erhöhung der Wandlungsaktien als Folge einer entsprechenden Erhöhung des bedingten Sicherungskapitals führt folglich dazu, dass der Verwässerungseffekt der nominellen Kapitalerhöhung sowohl vermögensrechtlich als auch herrschaftsrechtlich vollständig ausgeglichen wird. Der Verwässerungsschutz ist vollkommen. (1) Verhältnismäßige Reduzierung einer eventuellen Zuzahlung Die finanziellen Nachteile werden aber dann nicht vollständig ausgeglichen, falls eine Zuzahlung bei der Wandlung vorgesehen ist. Sollte die Höhe der Zuzahlung unverändert bleiben, stiege der Gesamtausgabebetrag für die Wandelaktien, weil durch den Verwässerungsschutz der §§ 216 Abs. 3 S. 1, 218 S. 1 AktG die Anzahl der Wandelaktien von Gesetzes wegen angehoben wird. Soll die Gegenleistung jedoch konstant bleiben, so muss bei höherer Zahl der Bezugsaktien die Zuzahlung je Aktie abnehmen. Wird demnach nur das Wandlungsverhältnis verändert, nicht aber auch die Zuzahlung den neuen Verhältnissen angepasst, bleibt ein leichter vermögensrechtlicher Nachteil erhalten. Dies würde dem Gedanken des § 216 Abs. 3 S. 1 AktG widersprechen. Demzufolge muss eine vereinbarte Zuzahlung im Falle der Wandlung reduziert werden. Der Verwässerungsschutz i. R. d. § 216 Abs. 3 S. 1 AktG erfolgt wiederum von Gesetzes wegen, kann
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 159
aber auch vertraglich vereinbart werden.356 Klauseltechnisch kann diese zusätzliche Anpassung etwa dadurch verhindert werden, dass die Zuzahlung fix an die Ausübung des Wandlungsrechts einer Wandelobligation und nicht an die Wandlung je Aktie gekoppelt wird.357 • Beispiel 9: Zusätzlicher Verwässerungsschutz bei vereinbarter Zuzahlung Hierzu soll obiges Beispiel 7 in der Art und Weise abgewandelt werden, dass für jede gewandelte Aktie eine Zuzahlung von 1 € je Aktie geleistet werden muss. Der vermögensrechtliche Vorteil aus einer Wandelschuldverschreibung würde sich bei einer reinen Anpassung des Sicherungskapitals ohne Reduzierung der Zuzahlung wie folgt verändern: Kennzahlen
Vor Kapitalerhöhung
Nach Kapitalerhöhung und Anpassung des Sicherungskapitals bei unveränderter Zuzahlung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
1.111,11 € (133,33 Aktien × 8,33 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.000 €
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (= Wandlungswert – Nennwert – Zuzahlung)
0 € (= 1.111,11€ – 1.000 € – 111,11 €)
0€ (–22,22 €) (= 1.111,11 € – 1.000 € – 133,33 €)
Zuzahlung je Aktie
1,00 €
1,00 €
Zuzahlung insgesamt
111,11 € (111,11 Aktien × 1 €)
133,33 € (133,33 Aktien × 1 €)
Wandlungspreis
9,00 €
7,50 €
Wandlungsverhältnis
111,11
133,33
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
21,74 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
+11,11 % (≙ 8,33 € : 7,50 €)
356 Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker, S. 299 f.; Janssen, S. 140 f.; Kerber, S. 134; zumindest muss die Zuzahlung unverändert bleiben so Fock/Wüsthoff, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 216, Rn. 25 a. E. 357 Vgl. hierzu: Janssen, S. 144.
160
F. Schutz der Wandelobligationäre
Der innere Wert der Wandelobligation würde sich ohne eine zusätzliche Anpassung der Zuzahlung je Aktie nachteilig entwickeln, da die Anzahl der Wandelaktien steigt, die Zuzahlung je Aktie aber nicht vermindert wird. In diesem Beispiel würde sich die Wandelobligation von am Geld zu aus dem Geld entwickeln.
Soll der Gesamtausgabebetrag für die Bezugsaktien konstant bleiben, so muss aufgrund der erhöhten Anzahl der Wandlungsaktien die Zuzahlung je Aktie abnehmen. Letztere muss in dem Verhältnis reduziert werden, in dem das Grundkapital nominell erhöht wurde. Der neue Zuzahlungsbetrag errechnet sich damit auch aus dem Verhältnis, in welchem das ursprüngliche Grundkapital zum erhöhten Grundkapital steht. Der verminderte Zuzahlungsbetrag (X) ergibt sich z. B. aus folgender Formel:358 Zn =
Zn = Za = a = n =
a ´Z a a+n
angepasste Zuzahlung ursprüngliche Zuzahlung ursprüngliches Grundkapital nominelle Kapitalerhöhung
Zn =
a ´Z = 250 Mio . € ´ 1 € = 5 ´ 1 € = 0,8333 € a a+n 250 Mio . € + 50 Mio . € 6
Die angepasste Zuzahlung würde bei 83,33 Cent liegen. Eine Anpassung der Zuzahlung in obigem Verhältnis würde sich folgendermaßen auf die Wandelobliga tion auswirken: Kennzahlen
Vor Kapitalerhöhung
Nach Kapitalerhöhung und Anpassung des Sicherungskapitals sowie der Zuzahlung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
1.111,11 € (133,33 Aktien × 8,33 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.000 €
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (= Wandlungswert – Nennwert – Zuzahlung)
0 € (= 1.111,11€ – 1.000 € – 111,11 €)
0 € (= 1.111,11€ – 1.000 € – 111,11 €)
Zuzahlung je Aktie
1,00 €
0,8333 €
Zuzahlung insgesamt
111,11 € (111,11 Aktien × 1 €)
111,11 € (133,33 Aktien × 0,83 €)
358 Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker,
S. 300; Janssen, S. 143.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 161 Kennzahlen
Vor Kapitalerhöhung
Nach Kapitalerhöhung und Anpassung des Sicherungskapitals sowie der Zuzahlung
Wandlungspreis
9,00 €
7,50 €
Wandlungsverhältnis
111,11
133,33
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
21,74 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
+11,11 % (≙ 8,33 € : 7,50 €)
Soweit bei den Wandelschuldverschreibungen eine Zuzahlung vereinbart worden ist, kann ein vollkommener Verwässerungsschutz nur dann eingehalten werden, wenn neben der Anhebung der Wandelaktien auch die Zuzahlung entsprechend obiger Formel angepasst wird. Dieser zusätzliche Verwässerungsschutz wird bei einer Absicherung durch ein bedingtes Kapital nicht von § 218 S. 1 AktG geregelt. Da diese Norm nach dem vorliegenden Verständnis nur eine Konkretisierung von § 216 Abs. 3 S. 1 AktG ist, wäre eine eventuell erforderliche Reduzierung der Zuzahlung mit Hilfe des § 216 Abs. 3 S. 1 AktG gewährleistet. (2) Teleologische Reduktion von § 218 S. 1 AktG Im Rahmen einer nominellen Kapitalerhöhung gibt es eine Konstellation, in der § 218 S. 1 AktG keine Anwendung finden darf. Sollte der Vorstand zu einer Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen gem. § 221 Abs. 2 AktG ermächtigt und für die künftigen Wandlungsrechte bereits ein bedingtes Sicherungskapital beschlossen worden sein,359 muss § 218 S. 1 AktG teleologisch reduziert werden, soweit der Vorstand die Ermächtigung zur Ausgabe der Wandelobligationen noch nicht ausgenutzt hat. Es existieren nämlich noch keine Finanzierungsinstrumente i. S. v. § 221 AktG, wenn von der Ermächtigung noch kein Gebrauch gemacht wurde. Das bedingte Kapital ist hingegen mit der Anmeldung wirksam entstanden. Sollte in diesem Fall eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln durchgeführt werden, müsste nach dem Wortlaut des § 218 S. 1 AktG eigentlich das bedingte 359 Diese Konstellation ist unbedenklich und stellt wohl den Regelfall dar, vgl. hierzu etwa: BGH AG 2006, S. 246, 247 = BGH ZIP 2006, S. 368; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 68; Groß, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 51, Rn. 36; Than, WM 1991, Sonderheft 10, S. 59; Maier-Reimer, in: FS Bosch, 2006, S. 86.
162
F. Schutz der Wandelobligationäre
Kapital erhöht werden. Da die Wandlungsrechte aber noch nicht existieren, können sie auch nicht mittelbar durch eine nominelle Kapitalerhöhung beeinträchtigt werden. Sinn und Zweck von § 218 S. 1 und § 216 Abs. 3 AktG ist es, eine mögliche Verwässerung der Wandlungsrechte auszugleichen. So dürfen gem. § 216 Abs. 3 AktG Rechtsbeziehungen zu Dritten, die von dem Wert der Aktien abhängen, nicht durch die Kapitalerhöhung berührt werden. Mangels Ausnutzung der Ermächtigung gem. § 221 Abs. 2 AktG durch den Vorstand bestehen aber gerade keine solchen Rechtsbeziehungen zu Dritten, so dass der Anwendungsbereich von § 216 Abs. 3 AktG noch nicht gegeben ist.360 § 218 S. 1 AktG knüpft jedoch nicht daran an, dass die Rechtbeziehungen zu Dritten bereits existieren müssen, sondern reguliert nach dem Wortlaut nur, dass das bedingte Kapital stets verhältnismäßig angepasst werden muss. Hierfür besteht aber kein Bedarf, da mangels Existenz die Wandlungsrechte gar nicht verwässern können. § 218 S. 1 AktG muss daher für diesen Fall teleologisch reduziert werden. Zu dem gleichen Ergebnis kommt man, wenn man berücksichtigt, dass nach der hier vertretenen Ansicht § 218 S. 1 AktG eine Konkretisierung von § 216 Abs. 3 AktG ist. Da der Anwendungsbereich des § 216 Abs. 3 AktG mangels bestehender Wandelobligationen in dieser Konstellation nicht gegeben wäre, verbietet sich erst Recht die Anwendung der Konkretisierungsnorm § 218 S. 1 AktG. Ebenfalls dasselbe Ergebnis liefert eine systematische Auslegung im Zusammenhang mit § 218 S. 2 AktG, wenngleich S. 2 einen anderen Regelungszweck beinhaltet. bb) Verwässerungsschutz bei der Absicherung durch ein genehmigtes Kapital Nach h. M. in der Literatur ist § 218 S. 1 AktG bei einem genehmigten Kapital nicht entsprechend anwendbar.361 Dies ist insoweit richtig, als § 218 S. 1 AktG den § 216 Abs. 3 S. 1 AktG nur für den bestimmten Fall einer Absicherung durch ein bedingtes Kapital konkretisiert. 360 Simons, in: Hölters, AktG, § 216, Rn. 13; Fock/Wüsthoff, in: Spindler/Stilz, AktG, § 216, Rn. 20 a. E.; Stadler, in: HK, AktG, § 216, Rn. 19; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 10; MüKo/Arnold, AktG, Bd. 4, § 216, Rn. 50; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 216, Rn. 12; Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 216, Rn. 60. 361 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 218, Rn. 8; Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., 218, Rn. 32, f.; MüKo/Arnold, AktG, Bd. 4, § 218, Rn. 27 f.; Fock/Wüsthoff, in: Spindler/Stilz, AktG, § 218, Rn. 9; Simons, in: Hölters, AktG, § 218, Rn. 8; Hüffer, AktG, § 218, Rn. 8; Stadler, in: HK, AktG, § 218, Rn. 14; Gallego Sánchez, S. 98 f.; Tielmann, in: Happ, Aktienrecht, Kap. 12.08, Rn. 13. Allem Anschein nach wollen diese einen gesetzlichen Verwässerungsschutz bei einer Absicherung durch ein genehmigtes Kapital gänzlich verneinen, denn Äußerungen hierzu erfolgen ausschließlich in den Kommentierungen zu § 218 AktG.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 163
Dennoch kann die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln auch bei einem genehmigten Sicherungskapital zu einer identischen Abwertung der Wandlungsrechte wie bei einem bedingten Sicherungskapital führen. In diesen Fällen ist den Wandelobligationären ebenfalls ein Verwässerungsschutz zuzusprechen. Daher verbietet sich eine pauschale Ablehnung. Vielmehr ist in diesen Fällen zu differenzieren, ob das genehmigte Kapital bereits zu einer Absicherung von Wandlungsrechten i. S. v. § 221 AktG ausgenutzt wurde oder nicht.362 Nach dem hier vorliegenden Verständnis über das Zusammenspiel zwischen beiden Normen ist der Schutz somit alleine über § 216 Abs. 3 AktG zu suchen. (1) Nicht ausgenutztes genehmigtes Kapital Soweit das genehmigte Kapital noch nicht zur Absicherung von Wandlungsrechten ausgenutzt wurde – dies würde durch einen Zustimmungsbeschluss oder die Ausnutzung eines Ermächtigungsbeschlusses gem. § 221 Abs. 2 AktG erfolgen – ist wegen des nicht gegebenen Anwendungsbereichs des § 216 Abs. 3 AktG auch kein Verwässerungsschutz erforderlich. Ein gesetzlicher Anpassungsschutz verbietet sich aus § 216 Abs. 3 S. 1 AktG und erst Recht aus § 218 S. 1 AktG. (a) Begründung § 216 Abs. 3 AktG kann keine Anwendung finden, da bei einem genehmigten Sicherungskapital, das noch nicht zur Absicherung von Wandlungsrechten ausgenutzt wurde, denknotwendig auch noch keine Wandelobliga tionen existieren können. Ohne eine Wandelschuldverschreibung wiederum bestehen keine „vertraglichen Beziehungen der Gesellschaft zu Dritten“, die von der Kapitalerhöhung berührt werden könnten (vgl. § 216 Abs. 3 S. 1 AktG). Der Anwendungsbereich von § 216 Abs. 3 AktG wäre nur eröffnet, wenn zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kapitalerhöhung die vertraglichen Beziehungen zu Dritten schon bestehen.363 Mangels Zustimmungsbeschluss oder Ausnutzung des Ermächtigungsbeschlusses gem. § 221 AktG bestehen diese Rechtsbeziehungen aber nicht. 362 Vgl.
hierzu die Abbildungen 4 und 5 auf S. 155 f. in: Hölters, AktG, § 216, Rn. 13; Fock/Wüsthoff, in: Spindler/Stilz, AktG, § 216, Rn. 20 a. E.; Stadler, in: HK, AktG, § 216, Rn. 19; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 10; MüKo/Arnold, AktG, Bd. 4, § 216, Rn. 50; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 216, Rn. 12; Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 216, Rn. 60. 363 Simons,
164
F. Schutz der Wandelobligationäre
Zwar könnte man zunächst anführen, dass eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln bei einem genehmigten Kapital, welches zur Absicherung von Wandelobligationen beschlossen und bei dem der Wandlungspreis der neuen Aktien bereits in der Ermächtigung vorgegeben wurde (§ 204 Abs. 1 S. 1 AktG), dazu führen kann, dass diese Vorgaben des Wandlungspreises durch den aus der Kapitalerhöhung verbundenen Verwässerungseffekt hinfällig werden und eine Ausnutzung des genehmigten Kapitals faktisch unmöglich wird. Gleichwohl darf auch in solchen Fällen keine rechtsgestaltende Veränderung der Ermächtigung stattfinden, denn es bestehen keine vertraglichen Beziehungen zu Dritten, die beeinträchtigt werden. Somit ist es nur Angelegenheit der Hauptversammlung, durch Beschluss den Inhalt der Ermächtigung der neuen Lage anzupassen.364 Erst Recht darf § 218 S. 1 AktG keine entsprechende Anwendung finden. Wenn schon die Grundnorm mangels Vorhandensein aller Voraussetzungen nicht anwendbar ist, darf auch nicht die Konkretisierungsnorm zur Anwendung kommen. Zum anderen besteht keine Regelungslücke, denn ein Verwässerungsschutz wäre grundsätzlich bereits von der Generalnorm § 216 Abs. 3 AktG erfasst. Ein Rückgriff auf die Konkretisierungsnorm erübrigt sich daher.365 Bei einem nicht ausgenutzten genehmigten Sicherungskapital besteht folglich kein Bedürfnis für einen Verwässerungsschutz. Die Ermächtigung zur Ausgabe genehmigten Kapitals bliebe im Fall einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln unverändert bestehen. Sie würde nur relativ an Gewicht verlieren. Die Hauptversammlung könnte aber jederzeit das genehmigte Kapital erhöhen, ein neues genehmigtes Kapital beschließen oder die Ausgabevoraussetzungen anpassen.366
364 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 218, Rn. 8; MüKo/Arnold, AktG, Bd. 4, § 218, Rn. 28; Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 218, Rn. 32 ff; Stadler, in: HK, AktG, § 218, Rn. 14; Fock/Wüsthoff, in: Spindler/Stilz, AktG, § 218, Rn. 9; Hüffer, AktG, § 218, Rn. 8; Simons, in: Hölters, AktG, § 218, Rn. 8. 365 So die herrschende Ansicht in der Literatur, wenngleich auch mit anderer Begründung, vgl. hierzu a. a. O. (Fußnote 361). Zu dem gleichen Ergebnis kommt man auch durch eine historische Auslegung. So wurde der Vorschlag des Bundesrates, in die Vorgängervorschrift (§ 15 KapErhG) eine Bestimmung aufzunehmen, wonach die Ermächtigung zur Ausgabe des genehmigten Kapitals durch eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln „nicht berührt“ werde, abgelehnt (vgl. hierzu etwa: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 218, Rn. 8; MüKo/Arnold, AktG, Bd. 4, § 218, Rn. 27, Fußnote 54). 366 A. a. O. (vgl. Fußnote 361, 365).
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 165
(b) Konstellationen Ein nicht ausgenutztes genehmigtes Sicherungskapital kann im Zusammenhang mit Wandelobligationen in folgenden zwei Konstellationen vorkommen:367 Zum einen kann der Vorstand von der Hauptversammlung mittels Ermächtigungsbeschluss gem. § 221 Abs. 2 AktG ermächtigt worden sein eine Wandelschuldverschreibung auszugeben. Zusätzlich wurde von der Hauptversammlung ein genehmigtes Kapital zur Absicherung dieser eventuellen Wandlungsrechte bewilligt. Soweit der Vorstand von seiner Ermächtigung gem. § 221 Abs. 2 AktG keinen Gebrauch macht, ist auch das genehmigte Kapital nicht „ausgenutzt, reserviert oder verwendet“. Die andere Variante wäre, dass das genehmigte Kapital rein provisorisch ganz ohne einen Zustimmungs- oder Ermächtigungsbeschluss zur Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung im Raum steht.368 (2) Ausgenutztes genehmigtes Kapital Wurde das genehmigte Kapital schon für eine Absicherung von Wandlungsrechten i. S. v. § 221 AktG ausgenutzt, muss nach einer nominellen Kapitalerhöhung auch dieses ausgenutzte genehmigte Sicherungskapital gem. § 216 Abs. 3 AktG angepasst werden. Die Wandlungsrechte verwässern in diesem Fall auf die gleiche Weise und in gleicher Höhe, wie wenn sie durch ein bedingtes Kapital abgesichert worden wären.369 Die vertraglichen Beziehungen der Gesellschaft zu Dritten i. S. v. § 216 Abs. 3 AktG bestehen, sobald das genehmigte Kapital durch einen Zustimmungs- oder Ermächtigungsbeschluss gem. § 221 AktG ausgenutzt und die Wertpapiere im Anschluss ausgegeben wurden. Der Anwendungsbereich und alle Voraussetzungen des § 216 Abs. 3 AktG liegen vor, so dass den Wandelobligationären ein Ausgleich für die eingetretenen Verwässerungen eingeräumt werden muss. Die Wandlungsrechte bleiben aber nur dann „unberührt“ i. S. v. § 216 Abs. 3 AktG, wenn die ursprünglichen Verhältnisse wieder hergestellt werden. Ein vollkommener Verwässerungsschutz i. R. e. nominellen Kapitalerhöhung kann aber nur durch eine entsprechende Verfahrensweise wie beim bedingten Sicherungskapital erreicht werden. Es müssen somit Wandlungsverhältnis und Wandlungspreis an die veränderten Bedingungen angeglichen 367 Vgl.
hierzu die Abbildungen 4 und 5 auf S. 155 f. war die Konstellation, die der Bundesrat bei seinem Änderungsvorschlag zur Vorgängernorm des § 218 AktG (§ 15 KapErhG) vor Augen hatte (vgl. a. a. O. Fußnote 365). 369 Vgl. hierzu das Beispiel 7 auf S. 148 ff. 368 Dies
166
F. Schutz der Wandelobligationäre
werden. Die einzige Möglichkeit die Wandelbedingungen im Rahmen einer nominellen Kapitalerhöhung anzupassen ist, dass sich die Anzahl der Wandlungsaktien in demselben Verhältnis erhöht, in dem das Grundkapital gestiegen ist.370 Eine Anhebung der Anzahl der Wandlungsaktien macht wiederum nur dann Sinn, wenn auch das genehmigte Kapital entsprechend heraufgesetzt wird. Eine andere Sichtweise wäre mit § 216 Abs. 3 S. 1 AktG nicht zu vereinbaren, denn anderweitig wären die Wandelobligationäre noch insofern beeinträchtigt, dass nur noch ein Teil ihrer Wandlungsrechte abgesichert ist. Würde man eine Erhöhung des genehmigten Sicherungskapitals von Gesetzes wegen verweigern, so drohen der Emittentin nur etwaige Schadensersatzforderungen, welche sich für die Gesellschaft letztlich nur kostenintensiver (z. B. unter Berücksichtigung von Prozesskosten) auswirken könnten. Unter Berücksichtigung des Sinn und Zwecks des § 216 Abs. 3 AktG – die Gewährleistung eines vollständigen Ausgleichs jeder Benachteiligung, die durch eine nominelle Kapitalerhöhung eintreten kann – folgt, dass auch das genehmigte Sicherungskapital in demselben Verhältnis wie das Grundkapital erhöht werden muss. Die Ausführung des Verwässerungsschutzes erfolgt somit auf die gleiche Art und Weise, wie es § 218 S. 1 AktG für ein bedingtes Kapital festsetzt, wenngleich er für den vorliegenden Fall nur aus § 216 Abs. 3 S. 1 AktG abgeleitet werden kann. • Beispiel 10: Verwässerungsschutz bei nomineller Kapitalerhöhung und genehmigtem Sicherungskapital Zur Veranschaulichung soll obiges Beispiel 7 in der Art abgewandelt werden, dass die Wandlungsrechte anstatt mit einem bedingten durch ein genehmigtes Kapital abgesichert wurden. Die Verwässerung, der durch ein genehmigtes Kapital abgesicherten Wandlungsrechte, würde bei einer nominellen Kapitalerhöhung i. H. v. 50 Mio. € in derselben Art und Weise stattfinden, wie es in Beispiel 7 bereits aufgezeigt wurde. Kennzahlen
Vor Kapitalerhöhung
Nach Kapitalerhöhung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
925,93 € (111,11 Aktien × 8,33 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.000 €
370 Allgemeine Ansicht in der Literatur: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 216, Rn. 25; Fock/Wüsthoff, in: Spindler/Stilz, AktG, § 216, Rn. 25; MüKo/Arnold, AktG, Bd. 4, § 216, Rn. 58; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 216, Rn. 15; Hüffer, AktG, § 216, Rn. 14; Simons, in: Hölters, AktG, § 216, Rn. 18; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 28.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 167 Kennzahlen
Vor Kapitalerhöhung
Nach Kapitalerhöhung
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
111,11 €
0 € (–185,18 €)
Wandlungspreis
9,00 €
9,00 €
Wandlungsverhältnis
111,11
111,11
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
18,80 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+ 11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
–8,00 % (≙ 9 € : 8,33 €)
Bei einer Absicherung durch ein genehmigtes Kapital werden die vertraglichen Beziehungen zu Dritten (Wandlungsrechte) daher genauso i. S. v. § 216 Abs. 3 AktG „berührt“ wie bei einer Absicherung durch ein bedingtes Kapital. Ein effektiver Verwässerungsschutz kann, wie oben bereits erläutert, nur durch eine proportionale Erhöhung des Wandlungsverhältnisses / Wandelaktien erfolgen. Nur so können der ursprüngliche herrschaftsrechtliche Einfluss und die vermögensrechtlichen Verhältnisse wieder hergestellt werden. Damit die zusätzlichen Wandelaktien auch abgesichert sind, muss sich das (genehmigte) Sicherungskapital ebenfalls in demselben Verhältnis erhöhen, wie das Grundkapital nominell heraufgesetzt wurde. Die Modalität des Verwässerungsschutzes ist dieselbe, wie sie bereits im Beispiel 8 zum bedingten Sicherungskapital aufgezeigt wurde, so dass auf diese Ausführungen zu verweisen ist.371 Soweit eine Zuzahlung vereinbart wurde, muss diese natürlich, wie bei einer Absicherung durch ein bedingtes Kapital, nach obiger Formel reduziert werden.372 cc) Verwässerungsschutz für den seltenen Fall einer Absicherung mittels ordentlicher Kapitalerhöhung Für den theoretisch denkbaren Fall einer Absicherung der Wandlungsrechte mittels einer ordentlichen Kapitalerhöhung – wobei diese dann von einem Treuhänder für die Rechnung der Aktiengesellschaft übernommen 371 Vgl. hierzu die Ausführungen, Formeln und Beispielsberechnungen unter dem Punkt: Verwässerungsschutz bei der Absicherung durch ein bedingtes Kapital auf S. 154 f. 372 Vgl. hierzu das Beispiel 9 auf S. 159 f.
168
F. Schutz der Wandelobligationäre
werden müssten373 – ist die Situation ähnlich. Da die Wandlungsaktien bei einer Absicherung mittels ordentlicher Kapitalerhöhung bereits bestehen, nehmen diese direkt an der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln durch Zuteilung von Ausgleichsaktien gem. § 212 AktG teil.374 Nach dem Sinn und Zweck des § 216 Abs. 3 AktG – namentlich einen Verwässerungsschutz zu gewährleisten – müssen die Wandelbedingungen angepasst werden, so dass Wandlungspreis und Wandlungsverhältnis an den neuen Bilanzkurs der Aktien und die Anzahl der Aktien angeglichen werden. Das bedeutet, dass das Wandlungsverhältnis in demselben Verhältnis wie das Grundkapital erhöht werden muss. Dadurch wird gleichzeitig auch wieder der Wandlungspreis vollkommen angeglichen.375 Die Besonderheit bei einer Absicherung mittels ordentlicher Kapitalerhöhung ist, dass die Wandlungsaktien bereits existieren, so dass es sich genau genommen um keine Wandelschuldverschreibungen mehr handeln würde. Ein Sicherungskapital ist daher nicht notwendig. Es kann folglich nicht der Fall eintreten, dass mit Ausübung der Wandlung nicht genügend Wandlungsaktien vorhanden sind. Ansonsten werden die Wandelobligationäre auf die gleiche Weise benachteiligt. Vertraglich abweichende Vereinbarungen sind jedoch grundsätzlich möglich, da § 216 Abs. 3 AktG nicht zwingend ist. dd) Sonderfall: Nominelle Kapitalerhöhung bei Stückaktien durch Erhöhung des Grundkapitals gem. § 207 Abs. 2 S. 2 AktG Bei Stückaktien besteht die Besonderheit, dass die nominelle Grundkapitalerhöhung gem. § 207 Abs. 2 S. 2 AktG durch eine reine Aufstockung des Grundkapitals vorgenommen werden kann, ohne dabei zwingend die Anzahl der Aktien erhöhen zu müssen. Dies wird dadurch bewerkstelligt, dass sich nur rechnerisch der Anteil der Stückaktien am Grundkapital erhöht (vgl. § 8 Abs. 3 AktG). Eine Ausgabe neuer Berichtigungsaktien ist daher nicht erforderlich.376 373 Vgl. hierzu die Ausführungen unter dem Punkt: Absicherung mittels ordentlicher Kapitalerhöhung auf S. 93 ff. 374 Vgl. hierzu etwa: Fock/Wüsthoff, in: Spindler/Stilz, AktG, § 218, Rn. 2; Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 218, Rn. 7; MüKo/Arnold, AktG, Bd. 4, § 218, Rn. 3; Hüffer, AktG, § 218, Rn. 3; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 218, Rn. 3 (mit Beispiel); Stadler, in: HK, AktG, § 218, Rn. 2; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 218 Rn. 2. 375 Die Funktionsweise und Realisierung des Verwässerungsschutzes ist ähnlich mit der Anpassung bei einem bedingten oder genehmigten Sicherungskapital. Im Übrigen vgl. hierzu die Ausführungen unter dem Punkt: Verwässerungsschutz bei der Absicherung durch ein bedingtes Kapital auf S. 154 f. 376 Vgl. statt vieler Hüffer, AktG, § 207, Rn. 11a.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 169
Da sich nicht die Anzahl der Aktien verändert – dass ist das Besondere an dieser Art der Durchführung der nominellen Kapitalerhöhung – tritt auch kein Verwässerungseffekt auf. Es findet eine reine Umbuchung in der Bilanz statt, mit der einzigen Auswirkung, dass sich die Rücklagen reduzieren und im Gegenzug das Grundkapital erhöht. • Beispiel 11: K eine Verwässerung bei Kapitalerhöhung gem. § 207 Abs. 2 S. 2 AktG Hierzu soll wieder obiges Beispiel 7 leicht abgewandelt werden. Die Aktiengesellschaft XY mit einem Grundkapital von 250 Mio. €, eingeteilt in 50 Mio. Stückaktien und mit einem Stückwert von 5 € je Aktie, hat Rücklagen i. H. v. 250 Mio. € gebildet. Die AG vollzieht eine nominelle Kapitalerhöhung i. H. v. 50 Mio. €. Dabei werden keine neuen Aktien ausgegeben, sondern nur die rechnerischen Stückwerte der Aktien erhöht. Nach der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln hätte die Aktiengesellschaft ein Grundkapital von 300 Mio. €, jedoch weiterhin eingeteilt in 50 Mio. Stückaktien, aber mit einem rechnerischen Stückwert i. H. v. 6 €. Weitere Veränderungen treten nicht ein: Wert einer Stückaktie vor der nominellen Kapitalerhöhung: bilanziertes Eigenkapital Grundkapital + Rücklagen Bilanzkurs einer Aktie = = = Anzahl der Aktien Anzahl der Aktien 250 Mio . € + 250 Mio . € 500 Mio . € = = = 10 € 50 Mio . 50 Mio . Wert einer Stückaktie nach der nominellen Kapitalerhöhung gem. § 207 Abs. 2 S. 2 AktG: bilanziertes Eigenkapital Grundkapital + Rücklagen Bilanzkurs einer Aktie = = = Anzahl der Aktien Anzahl der Aktien 300 Mio . € + 200 Mio . € 500 Mio . € = = = 10 € 50 Mio . 50 Mio . Da keine Veränderungen in der Aktionärsstruktur oder im Bilanzkurs auftreten, werden auch die Wandelschuldverschreibungen nicht beeinträchtigt: Kennzahlen
Vor Kapitalerhöhung
Nach Kapitalerhöhung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.000 € (Fortsetzung nächste Seite)
170
F. Schutz der Wandelobligationäre
Tabelle (Fortsetzung) Kennzahlen
Vor Kapitalerhöhung
Nach Kapitalerhöhung
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
111,11 €
111,11 €
Wandlungspreis
9,00 €
9,00 €
Wandlungsverhältnis
111,11
111,11 €
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
21,74 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
+11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
Die Durchführung einer nominellen Kapitalerhöhung mittels bloßer rechnerischer Aufstockung des Stückbetrags einer Aktie hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf eine Wandelschuldverschreibung. Allerdings kann die Folge sein, dass aufgrund der automatischen Erhöhung des Stückwertes der Aktien, dass (bedingte) Sicherungskapital nicht mehr ausreicht, um alle Wandlungsrechte zu bedienen.377 Um diesen Nachteil wieder wettzumachen, muss dass Sicherungskapital gem. § 218 S. 1 AktG in demselben Verhältnis erhöht werden, wie das Grundkapital nominell heraufgesetzt wurde. d) Empirische Auswertung einzelner Wandelschuldverschreibungs bedingungen bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln Alle der untersuchten Bedingungswerke enthielten in den Verwässerungsschutzklauseln für den Fall einer nominellen Kapitalerhöhung keine Auffälligkeiten. Größere Aktiengesellschaften sehen bei einer nominellen Kapitalerhöhung eine formelmäßige Anpassung des Wandlungspreises vor.378 Dabei 377 A. A. offensichtlich Schlitt/Hemeling, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 10, Rn. 65. 378 TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/2016), § 11, Abs. 2; Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, a; Solon AG Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, a; Arques Industries AG Wandelschuldverschreibung (9,0 % Wandelanleihe 2010/2012), Nr. 8.1; Südzucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wandelanleihe 2009/2016), § 10, 1, a, wobei in diesen Bedingungen anstatt der Anpassung des Wandlungspreises die Anpassung des Wandlungsverhältnisses festsetzt ist (im Ergebnis macht dies jedoch keinen Unterschied aus).
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 171
wird der Wandlungspreis mit dem Verhältnis aus der Anzahl der Aktien vor und nach der nominellen Kapitalerhöhung multipliziert. Folge ist, dass auch gleichzeitig das Wandlungsverhältnis angepasst wird. Pn = Na ´ Pa Nn
Pn = Pa = Nn = Na =
angepasster Wandlungspreis ursprünglicher Wandlungspreis Anzahl der Aktien nach der nominellen Kapitalerhöhung Anzahl der ursprünglichen Aktien
Im Ergebnis entsprechen diese Klauseln den gesetzlichen Regelungen. Vorteil dieser Formel ist, dass bei einer nominellen Kapitalerhöhung gem. § 207 Abs. 2 S. 2 AktG, bei welcher die Anzahl der Stückaktien unverändert bleibt, die Wandelbedingungen richtigerweise nicht verändert werden. Kleinere Aktiengesellschaften normieren als Verwässerungsschutz dagegen die Rechtsfolge des § 218 S. 1 AktG. Sie setzen ausdrücklich fest, dass bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, bei der die Anzahl der Aktien erhöht wird, das bedingte Kapital sich in demselben Verhältnis erhöht wie das Grundkapital.379 Auch durch diese Klauseln wäre ein vollkommener Verwässerungsschutz gewährleistet, da zur Absicherung der Wandlungsrechte stets ein bedingtes Kapital verwendet wurde. 5. Kapitalerhöhungen gegen Einlagen Im Folgenden werden die Auswirkungen und der Verwässerungsschutz einer Kapitalerhöhung gegen Einlagen untersucht. Die effektive Kapitalerhöhung ist die mit Abstand am häufigsten vorkommende Kapitalmaßnahme einer Aktiengesellschaft. Unter einer effektiven Kapitalerhöhung werden vorliegend die Kapitalerhöhung gegen Einlagen (§§ 182 ff. AktG) und das genehmigte Kapital (§§ 202 ff. AktG) verstanden. Da ein bedingtes Kapital nur für bestimmte Konstellationen möglich ist, insbesondere zur Gewährung von weiteren Wandlungs- oder Bezugsrechten für Mitarbeiter, fällt diese Variante aus der anstehenden Betrachtung raus. Diese Maßnahmen werden an späterer Stelle gesondert betrachtet.380 379 Klassik Radio AG Wandelschuldverschreibung (6,5 % Wandelanleihe 2007/ 2010), Zif. 10.3; EPG AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2006/ 2011), § 8, Abs. 4; S.A.G. Solarstrom AG Wandelschuldverschreibung (6,85 % Wandelanleihe 2007/2010), § 5, Nr. 1; Pixelpark AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2008/2012), § 5 Nr. 1. 380 Vgl. hierzu die Ausführungen unter dem Punkt: Wertpapiere mit Bezugsrechten auf S. 310 ff.
172
F. Schutz der Wandelobligationäre
a) Die Verwässerung bei der effektiven Kapitalerhöhung Wird während der Laufzeit einer Wandelschuldverschreibung eine Kapitalerhöhung gegen Einlagen durchgeführt, so erhöht sich sowohl die Anzahl der Aktien als auch das vorhandene Grundkapital. Je nach Höhe des Emissionskurses und der Anzahl der jungen Aktien kann die verwässernde Wirkung unterschiedlich stark ausgeprägt sein.381 Aktien dürfen nicht unter dem Nennwert oder dem rechnerischen Stückwert (unter pari) ausgegeben werden (vgl. § 9 AktG). Die Emission von jungen Aktien kann daher nur über pari erfolgen. Der Ausgabekurs der jungen Aktien wird als Emissionskurs bezeichnet und ist strikt vom Nennwert zu unterscheiden. Der Emissionskurs wird heutzutage überwiegend mittels des Bookbuilding-Verfahrens ermittelt. Er liegt mindestens beim Nennwert (zu pari oder über pari) und bis zu 30 % unter dem Aktienkurs.382 Je höher die Differenz zwischen Emissions- und Aktienkurs, desto mehr nimmt der Verwässerungseffekt zu. Die Aktionäre sind vor den eintretenden Verwässerungen weitgehend über das Bezugsrecht (§ 186 Abs. 1 AktG) geschützt, da der auftretende Verwässerungseffekt größtenteils durch die Bezugsrechte abgefangen wird. Würden bei einer Kapitalerhöhung alle Aktionäre von ihrem Bezugsrecht Gebrauch machen, hätte die Kapitalerhöhung keine Auswirkungen auf die Vermögens- oder Herrschaftslage der Aktionäre, denn der vermögensrechtliche Nachteil des Kursrückgangs würde durch den Wert des Bezugsrechts wieder ausgeglichen werden. Ein herrschaftsrechtlicher Verlust tritt ebenfalls nicht ein, da alle Aktionäre nach Ausübung ihres Bezugsrechts denselben Anteil am Grundkapital hielten. Sollten die Aktionäre dagegen nicht von ihrem Bezugsrecht Gebrauch machen, können sie das Bezugsrecht an der Börse verkaufen, so dass sie für den bevorstehenden Kursrückgang der Aktienemission entschädigt werden würden. Allerdings müssten sie mangels Bezugs neuer Aktien eine herrschaftsrechtliche Verwässerung hinnehmen.383 381 Je tiefer der Emissionskurs der jungen Aktien unter dem Aktienkurs liegt, umso größer ist die vermögensrechtliche Verwässerung der Altaktien. Je höher die Kapitalerhöhung ist, d. h. je mehr junge Aktien ausgegeben werden, umso größer ist die vermögensrechtliche und herrschaftsrechtliche Verwässerung. Vgl. hierzu auch die Beispiele bei Loos, DB 1960, S. 515 517; Linnhoff, DB 1955, S. 1192, 1192. 382 Fuchs, AG 1995, S. 433, 435; zu den Preisbestimmungsverfahren (Festpreis-, Bookbuilding- und Auktionsverfahren) und dessen Grenzen vgl.: Ekkenga/Maas, § 2, Rn. 123 ff. 383 Vgl. allgemein statt vieler: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 186, Rn. 7 f.; MüKo/Peifer, AktG, Bd. 4, § 186, Rn. 1; Hüffer, AktG, § 186, Rn. 2; Janssen, S. 145 ff.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 173
Ob bzw. in welcher Höhe die Wandelschuldverschreibungen durch eine effektive Kapitalerhöhung verwässern, wird anhand des folgenden Beispiels verdeutlicht: • Beispiel 12: Verwässerung bei einer effektiven Kapitalerhöhung Die Aktiengesellschaft XY hat ein Grundkapital von 250 Mio. €, eingeteilt in 50 Mio. Aktien mit einem Nennwert i. H. v. 5 € je Aktie. Die AG hat Kapitalrücklagen i. H. v. 250 Mio. €. Stille Reserven sind nicht vorhanden. Vor drei Jahren hatte diese AG eine Wandelanleihe emittiert. Die Wandelanleihe hatte einen Nennwert von 125 Mio. €. Die Teilwandelobligationen wurden in je 1.000 € gestückelt. Der Wandlungspreis beträgt 9 €. Das nominelle Wandlungsverhältnis liegt bei dieser Wandelanleihe bei 1,8 : 1. Umgerechnet in das stückmäßige Wandlungsverhältnis von 1 : 111,11 bedeutet dies, dass eine Wandelschuldverschreibung zum Bezug von 111,11 jungen Aktien berechtigt.384 Die Aktiengesellschaft will nun eine Kapitalerhöhung gegen Einlagen durchführen. Insgesamt soll sich die Grundkapitalerhöhung auf 50 Mio. € belaufen. Dies entspricht bei einem Nennwert von 5 € jeweils 10 Mio. neue Aktien. Der Emis sionskurs der jungen Aktien beträgt 9 €. Wert einer Aktie vor der effektiven Kapitalerhöhung: Bilanzkurs einer Aktie = =
bilanziertes Eigenkapital Grundkapital + Rücklagen = = Anzahl der Aktien Anzahl der Aktien
250 Mio . € + 250 Mio . € 500 Mio . € = = 10 € 50 Mio . 50 Mio .
Der Bilanzwert einer Aktie liegt demnach bei 10 €. Wert einer Aktie nach der effektiven Kapitalerhöhung: Würde nun eine Kapitalerhöhung gegen Einlagen i. H. v. 50 Mio. € durchgeführt werden und dabei jede Aktie zu dem Emissionskurs von 9 € ausgegeben, so würde sich der Bilanzkurs folgendermaßen verändern: Bilanzkurs einer Aktie = = =
bilanziertes Eigenkapital = Anzahl der Aktien
Grundkapital + Rücklagen + neue Einlagen = Anzahl der Aktien 250 Mio . € + 250 Mio . € + (10 Mio . Aktien ´ 9 €) 590 Mio . € = = 9,8333 € 60 Mio . 60 Mio .
Nach der Kapitalerhöhung würde die Aktie bei 9,8333 € notieren. Die Differenz von 0,1667 € je Aktie wäre der finanzielle Verwässerungseffekt. 384 Vgl. zur Berechnung des nominellen/stückmäßigen Wandlungsverhältnisses ausführlich den Punkt: Wandlungsverhältnis auf S. 136 ff.
174
F. Schutz der Wandelobligationäre
Verwässerungsschutz der Aktionäre durch das Bezugsrecht: Die Aktionäre sind grundsätzlich durch das Gesetzes vor einer Verwässerung geschützt, da sie ein Bezugsrecht auf die jungen Aktien haben (§ 186 Abs. 1 AktG). Dieses ist an der Börse separat handelbar. Das Bezugsrecht auf eine ganze junge Aktie wird im vorliegenden Beispiel einen Wert von 83,33 Cent erreichen. Dies ergibt sich aus der Differenz des erwarteten neuen Aktienkurses (9,83 €) und dem Emissionskurs (9 €). Denn das Bezugsrecht erlaubt Aktien zum Preis von 9 € zu beziehen, die im Anschluss für 9,8333 € verkauft werden können. Der Wert eines Bezugsrechts auf eine ganze junge Aktie (83,33 Cent) muss aber mit dem Bezugsverhältnis umgerechnet werden, um den Wert des Bezugsrechts aus einer Altaktie zu erhalten. Das Bezugsverhältnis für die jungen Aktien würde bei dieser Kapitalerhöhung 5 : 1 betragen (250 Mio. € : 50 Mio. €). Das heißt fünf Altaktien berechtigen zum Bezug einer ganzen jungen Aktie. Bei der Kapitalerhöhung würden demnach 5 Aktien i. H. v. jeweils 0,1667 € verwässern. Dies entspricht wertmäßig den 83,33 Cent (5 × 0,1667 €) des Bezugsrechtswerts für eine ganze Aktie. Das Bezugsrecht aus einer alten Aktie, das zum Erwerb von 0,2 jungen Aktien berechtigen würde, hätte folglich einen Wert von 16,67 Cent.385 Dieser Betrag entspricht genau dem vermögensrechtlichen Verwässerungseffekt je Aktie. Wenn die Aktionäre von ihrem Bezugsrecht Gebrauch machen, erhalten sie somit einen vollständigen Ausgleich ihrer vermögens- als auch herrschaftsrechtlichen Verwässerung. Seine Grenzen findet diese Bereinigung jedoch in Bezugsrechten auf einen Bruchteil einer Aktie (sog. Spitzen), da diese zwangsläufig nicht ausgeübt, sondern nur verkauft werden können. Wenn die Aktionäre ihre Bezugsrechte verkaufen, erlangen sie den Ausgleich, der ihrer vermögensrechtlichen Verwässerung entspricht. Ihren mitgliedschaftlichen Einfluss können sie dann aber nicht aufrechterhalten. Auswirkungen der effektiven Kapitalerhöhung auf die Wandelschuldverschreibung: Bei einer Wandelobligation würden sich die Kennzahlen vor und nach der effektiven Kapitalerhöhung folgendermaßen verändern: Kennzahlen
Vor Kapitalerhöhung
Nach Kapitalerhöhung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
1.092,59 € (111,11 Aktien × 9,83 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.000 €
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
111,11 €
92,59 € (–18,52 €)
385 Zur Berechnung Bezugsrechtswerts vgl. auch die Ausführungen oben unter dem Punkt: Bezugsrechtswert auf S. 140 f.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 175 Kennzahlen
Vor Kapitalerhöhung
Nach Kapitalerhöhung
Wandlungspreis
9,00 €
9,00 €
Wandlungsverhältnis
111,11
111,11
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
18,80 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
+9,22 % (≙ 9,83 € : 9 €)
Vor der Kapitalerhöhung war das Wandlungsrecht i. H. v. 111,11 € werthaltig. Nach der Kapitalerhöhung wäre das Wandlungsrecht nur noch 92,59 € wert. Die Wandelschuldverschreibung würde somit um 18,52 € verwässern. Ebenso reduziert sich der herrschaftsrechtliche Einfluss der Wandelaktien. Bei unveränderten Wandlungsbedingungen nimmt infolge der Kapitalerhöhung gegen Einlagen also auch der Vorteil aus dem Wandlungsrecht ab. Das Wandlungsrecht verwässert sowohl vermögens- als auch herrschaftsrechtlich.
Wie die obigen Darstellungen gezeigt haben, führt eine effektive Kapitalerhöhung dazu, dass die Wandlungsrechte ähnlich verwässern wie die Aktien selbst. Allerdings erhalten die Wandelschuldverschreibungsinhaber keinen Ausgleich in Form eines Bezugsrechts, denn dieses steht nur den Aktionären zu.386 Die Inhaber sind somit schutzbedürftig, so dass der gesetzlich abgeleitete Verwässerungsschutz hier eingreifen muss. b) Zulässigkeit einer effektiven Kapitalerhöhung nach Ausgabe einer Wandelobligation Allein die Gefahr, die für die Wandelobligationäre aus einer Kapitalerhöhung resultiert, kann es nicht rechtfertigen die Finanzierungs- und Entscheidungsfreiheit einer Aktiengesellschaft soweit einzuschränken, dass in Zukunft alle effektiven Kapitalerhöhungen unzulässig wären. Eine effektive, schnelle Unternehmensfinanzierung stellt für eine Gesellschaft eine elementare Voraussetzung dar, um am Markt erfolgreich agieren zu können. Ohne die Möglichkeit einer Kapitalerhöhung könnte sich eine Gesellschaft nicht mehr schnellen Marktveränderungen anpassen oder flexibel auf negative wirtschaftliche Entwicklungen reagieren. Die Ausgabe von Wandelobliga tionen darf die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit oder Handlungsfähigkeit 386 Ganz allgemeine Ansicht, vgl. statt vieler: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 186, Rn. 17; MüKo/Peifer, AktG, Bd. 4, § 186, Rn. 26; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 8; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186, Rn. 9; Janssen, S. 147.
176
F. Schutz der Wandelobligationäre
der Gesellschaft nicht völlig einschränken.387 Genau aus diesem Grund erklärt § 187 Abs. 2 AktG eine von der Gesellschaft eingegangene Verpflichtung, die sich auf zukünftige Kapitalerhöhungen bezieht, für unwirksam. § 187 Abs. 2 AktG will die Entscheidungsfreiheit der Aktionäre vor und bei einer Kapitalerhöhung schützen und die Gesellschaft vor Schadensersatzansprüchen bewahren.388 Wäre aber die Folge einer Wandelschuldverschreibungsemission, dass die Gesellschaft in Zukunft keine weiteren Kapitalerhöhungen vollziehen darf, käme die Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung immer einer Verpflichtung gleich, zukünftig keine Kapitalerhöhungen durchzuführen. Würde sie dennoch junge Aktien ausgeben, wäre sie den Wandelobligationären gegenüber schadensersatzpflichtig. Nach der Grundwertung des § 187 Abs. 2 AktG kann sich die Gesellschaft nicht im Hinblick auf spätere Kapitalmaßnahmen binden. Ein vollständiges Verbot von Kapitalerhöhungen gegen Einlagen nach Emission einer Wandelschuldverschreibung wäre damit nicht mit § 187 Abs. 2 AktG vereinbar.389 Weiterhin könnte man annehmen, dass § 192 Abs. 4 AktG einer Kapitalerhöhung nach bereits erfolgter Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen entgegensteht, soweit diese Wandlungsrechte durch ein bedingtes Kapital abgesichert wurden. Der für den Vollzug der Kapitalerhöhung erforderliche Beschluss der Hauptversammlung kann gegen § 192 Abs. 4 AktG verstoßen, da die Wandlungsrechte mittelbar durch eine Verwässerung beeinträchtigt werden. Jedoch gilt es zu beachten, dass eine Kapitalerhöhung zwar mittelbar den Wert der Aktien und damit auch der Wandelschuldverschreibungen verringert, sie zielt aber nicht per se auf eine Vereitelung der Wandlungsrechte ab. Ein Beschluss steht einer bedingten Kapitalerhöhung nicht entgegen, wenn er nur mittelbar den Wert des Wandlungsrechts mindert. Nur wenn der Beschluss unmittelbar dem Wandlungsrecht zu wider läuft oder wenn er die Durchsetzung der Wandlungsrechte erschwert, ist die Nichtigkeitsfolge des 387 Vgl. hierzu: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 126, § 182, Rn. 15; Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Bd. IV, § 221, Rn. 173, 183; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 288, 293; Gallego Sánchez, S. 91; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 62; Martens, AG 1992, S. 209, 210 (mit ausführlicher Begründung); Groß, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 52, Rn. 16. 388 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 187, Rn. 2 f.; MüKo/Peifer, AktG, Bd. 4, § 187, Rn. 1; Hüffer, AktG, § 187, Rn. 1; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 187, Rn. 2, 10; Wiedemann, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 187, Rn. 3; Marsch-Barner, in: HK, AktG, § 187, Rn. 1; v. Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 187, Rn. 1; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 187, Rn. 1. 389 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 126; § 182, Rn. 15; Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Bd. IV, § 221, Rn. 183; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 288, 293; Gallego Sánchez, S. 91; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 62; Merkt, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 221, Rn. 94; Loos, DB 1960, S. 515, 517.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 177
§ 192 Abs. 4 AktG gerechtfertigt. Nach einhelliger Meinung ist § 192 Abs. 4 AktG daher auf derartige Konstellationen nicht anwendbar, da diese Norm keine Grundlagenentscheidungen wie eine Kapitalerhöhung erfasst.390 Für extreme Ausnahmefälle wird jedoch teilweise in der Literatur ein Verbot weiterer Kapitalmaßnahmen gefordert. Wenn die Kapitalerhöhung z. B. kurz vor Ablauf der Wandlungsfrist und in einem Verhältnis durchgeführt wird, dass man allgemein von einer Entrechtung der Wandelschuldverschreibungsinhaber sprechen kann, sollen derartige Beschlüsse nichtig sein. Gesetzlich begründet wird dies zum einen mit einer entsprechenden Anwendung des § 192 Abs. 4 AktG. Demnach soll eine Ausnahme für extreme Fälle der Entwertung von Wandlungsrechten gemacht werden. Hierbei soll § 192 Abs. 4 AktG analog angewendet werden, wenn die Kapitalerhöhungsbeschlüsse das Wandlungsrecht de facto vereiteln würden.391 Zum anderen wird die Nichtigkeit eines solchen Hauptversammlungsbeschlusses anhand eines sittenwidrigen Verhaltens begründet.392 Die überwiegende und überzeugende Ansicht verneint auch für derart auffällige Benachteiligungen ein generelles Verbot von Kapitalerhöhungen, da der Vergleich mit dem in § 192 Abs. 4 AktG geregelten Fall der Aufhebung des bedingten Kapitals hinkt und damit die Analogiebasis fehlt. Als weiteres Argument wird angeführt, dass die Rechtsfolge der unheilbaren Beschlussnichtigkeit für einen tatbestandlich unzureichend präzisierbaren Fall nicht hinnehmbar sei. Befürwortet wird dafür der mildere und leichte Weg einer Anpassung der Wandlungsrechte an die veränderten Verhältnisse. Die Nichtigkeitssanktion sei deshalb unverhältnismäßig. Mit der gesetzlichen Anerkennung eines Verwässerungsschutzes hat sich zudem die Notwendigkeit der Nichtigkeitsfolge bei missbräuchlichen oder sittenwidrigen Kapitalerhöhungen erledigt.393 Diese Ansicht ist überzeugend, da es mittler390 Vgl. hierzu: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 192, Rn. 34; MüKo/ Fuchs, AktG, Bd. 4, § 192, Rn. 159; Hüffer, AktG, § 192, Rn. 27; Marsch-Barner, in: HK, AktG, § 192, Rn. 27; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 192, Rn. 32; Frey, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 192, Rn. 160; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 192, Rn. 81; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 57, Rn. 36; Martens, AG 1992, S. 209, 210; Hueck, DB 1963, S. 1347, 1347; Gallego Sánchez, S. 90 f.; v. Dryander/ Niggemann, in: Hölters, AktG, § 192, Rn. 68; Kerber, S. 54. 391 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 123, § 192 Rn. 35; Henn, Hdb. Aktienrecht, 7. Aufl., § 36, Rn. 1261 (Fn. 184). 392 Meyer, BB 1955, S. 549, 551 (damals noch zu § 159 Abs. 4 AktG a. F.). 393 H. M. in der Literatur: MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 288; MüKo/ Fuchs, AktG, Bd. 4, § 192, Rn. 159; Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Bd. IV, § 221, Rn. 174; Hüffer, AktG, § 192, Rn. 27; Gallego Sánchez, S. 91 (Fn. 19); Frey, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 192, Rn. 160; Marsch-Barner, in: HK, AktG, § 192, Rn. 27 f.; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 192, Rn. 81; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 192, Rn. 32; Koppensteiner, ZHR 139 (1975), S. 191,
178
F. Schutz der Wandelobligationäre
weile möglich ist, die auftretenden Verwässerungen nahezu vollkommen auszugleichen. In obigen Extremfällen genügt es daher einen Verwässerungsschutz zwingend anzuwenden. Hervorzuheben ist an diesem Lösungsweg, dass er gleichzeitig eine präventive Wirkung auf vorsätzliche massive Entwertungen hat. Festzuhalten ist somit, dass die Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung künftige Kapitalerhöhungen weder teilweise noch vollständig unterbinden kann. Die Wandelobligationäre sind ausreichend über den allgemeinen Verwässerungsschutz geschützt. c) Wirksamkeit und Effektivität einzelner Verwässerungsschutzvarianten Wie oben aufgezeigt wurde, erfahren die Wandelobligationäre durch eine effektive Kapitalerhöhung eine Benachteiligung in Form einer Verwässerung ihrer Rechte. Aus einer Gesamtbetrachtung der vorhandenen Normen (§§ 216 Abs. 3, 218 AktG, §§ 23, 36 Abs. 1, 125, 204 UmwG) lässt sich der allgemeine Grundgedanke ableiten, dass die Wandelobligationäre bei einer derartigen Beeinträchtigung einen Anspruch auf einen Ausgleich bekommen müssen, soweit dieser Schutz nicht wirksam abbedingt wurde.394 Da das Gesetz nur für eine nominelle Kapitalerhöhung die Modalität des Ausgleichs festsetzt (vgl. § 218 S. 1 AktG), wird der Verwässerungsschutz einer effektiven Kapitalerhöhung i. d. R. vom Emittenten vertraglich vorgegeben. Im Folgenden werden die einzelnen, gängigen Verwässerungsschutzklauseln auf ihre Wirksamkeit und Effektivität hin untersucht. aa) Erhöhung der Anzahl der Bezugsaktien analog §§ 216 Abs. 3, 218 S. 1 AktG Der Vollständigkeit halber ist in diesem Zusammenhang zunächst noch einmal auf einen Verwässerungsschutz mittels linearer Erhöhung der Anzahl der Wandlungsaktien einzugehen. Dies würde durch eine mit der Grundkapitalerhöhung gleichwertige Anhebung des Sicherungskapitals ohne eine Gegenleistung entsprechend den §§ 216 Abs. 3, 218 S. 1 AktG erfolgen. Dieser Verwässerungsschutz ist jedoch völlig ungeeignet, da er die Wandelobligationäre bedeutend besserstellen würde. Im Gegensatz zu einer nominellen Kapitalerhöhung, bei welcher der Gesellschaft kein neues Kapital zugefügt 197 ff.; Zöllner, ZGR 1986, S. 289, 289 ff.; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 57, Rn. 36; wohl auch v. Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 192, Rn. 68; Casper, Optionsvertrag, § 12, S. 351. 394 Vgl. hierzu näher die Erläuterungen unter dem Punkt: Gesetzliche Ableitung des Verwässerungsschutzes auf S. 128 ff.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 179
wird, sondern nur ein Passiv-Passiv-Tausch stattfindet, wird bei einer effektiven Kapitalerhöhung neues Kapital hinzugefügt. Eine entsprechend verhältnismäßige Aufstockung des Sicherungskapitals und damit einhergehend eine Erhöhung Wandlungsverhältnisses ohne entsprechende Gegenleistung würde nur zu einer Übervorteilung der Wandelobligationäre führen.395 • Beispiel 13: Verwässerungsschutz bei einer effektiven Kapitalerhöhung entsprechend §§ 216 Abs. 3, 218 S. 1 AktG Im obigen Beispiel 12 wurde das Grundkapital von 250 Mio. € um 50 Mio. € auf 300 Mio. € durch eine effektive Kapitalerhöhung heraufgesetzt. Das Verhältnis betrug demnach 5 : 1. Erfolgt eine entsprechende Aufstockung des Sicherungskapitals und des Wandlungsverhältnisses um 1/5, so verändern sich die Wandelbedingungen folgendermaßen: Stückmäßiges Wandlungsverhältnis nach der Kapitalerhöhung: Stückmäßiges Wandlungsverhältnis =
Anzahl der Teilwandelobligationen = Anzahl der Wandelaktien
=
Nennwert der Wandelobligation : Nennwert einer Teilwandelobligation = Nennwert des erhöhten Sicherungskapitals : Nennwert einer Aktie
=
125 Mio . € : 1.000 € = 125.000 € = 250 = 1 : 133,33 (69.443.750 € + 13.888.750 €) : 5 € 16.666.500 € 33.333
Durch die Erhöhung der Anzahl der Wandlungsaktien verändern sich sowohl das Wandlungsverhältnis (V) als auch der Wandlungspreis (P), da sich beide Parameter gegenseitig beeinflussen. V=
Nennwert Teilwandelobligation Wandlungspreis
P=
Nennwert Teilwandelobligation Wandlungsverhältnis
Valt = 1.000 € = 111,11 9€
Palt = 1.000 € = 9 € 111,11
Vneu = 1.000 € = 133,33 7,50 €
Pneu = 1.000 € = 7,50 € 133,33
Ein Obligationär könnte durch diese Modalität des Verwässerungsschutzes eine Teilwandelobligation zum Nennwert von je 1.000 € in 133,33 Aktien wandeln. Der Wandlungspreis würde sich auf 7,50 € reduzieren. Unter Berücksichtigung des neuen Bilanzkurses nach der Kapitalerhöhung (9,83 €) würden sich die Kennzahlen einer Wandelschuldverschreibung folgendermaßen verändern: 395 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 290; Hueck, DB 1963, S. 1347, 1348 ff.; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 63; ders., in: FS Bezzenberger, S. 191, 201 ff.; Casper, Optionsvertrag S. 353 f.
180
F. Schutz der Wandelobligationäre
Kennzahlen
Vor Kapitalerhöhung
Nach Kapitalerhöhung und Anpassung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
1.310,63 € (133,33 Aktien × 9,83 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.000 €
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
111,11 €
310,63 € (+199,52 €)
Wandlungspreis
9,00 €
7,50 €
Wandlungsverhältnis
111,11
133,33
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
21,74 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
+31,06 % (≙ 9,83 € : 7.50 €)
Zwar könnte durch diesen Verwässerungsschutz die herrschaftsrechtliche Verwässerung optimal angeglichen werden, jedoch würde der Wandelobligationär vermögensrechtlich erheblich bevorzugt werden, da sich die Anzahl der Wandlungsaktien ohne Gegenleistung deutlich erhöhen würde. Konträr hierzu würden die Aktionäre benachteiligt werden. Aufgrund der ungeeigneten Rechtsfolge und der daraus resultierenden massiven vermögensrechtlichen Bevorzugung der Obligationäre ist ein Verwässerungsschutz im Wege einer Einzelanalogie zu den §§ 216 Abs. 3, 218 S. 1 AktG nicht hinnehmbar. bb) Einräumung eines Bezugsrechts Eine gängige Verwässerungsschutzklausel ist die Beteiligung der Wandelobligationäre an der Kapitalerhöhung durch Einräumung eines Bezugsrechts auf die jungen Aktien. Bei dieser Variante stellt sich die Frage, ob das Bezugsrecht der Altaktionäre (§ 186 Abs. 1 AktG) aus einer effektiven Kapitalerhöhung gem. § 186 Abs. 3 AktG teilweise ausgeschlossen werden kann, um hierfür im Gegenzug den Wandelgläubigern anteilsweise ein Bezugsrecht zum Erwerb dieser Aktien einzuräumen. Die Voraussetzungen für den Ausschluss des Bezugsrechts, insbesondere die sachliche Rechtfertigung, liegen für diese Fälle i. d. R. vor.396 Den Wandelobligationären muss nach Maßgabe
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 181
des theoretischen Anteils396 der Wandlungsaktien am Grundkapital ein Bezugsrecht eingeräumt werden. Dies erfolgt letztlich dadurch, dass alle potentiellen Wandelaktien plus des gewöhnlichen Aktienstamms bei der Berechnung des Bezugsverhältnisses auf die jungen Aktien berücksichtigt werden. Durch die Einräumung eines Bezugsrechts werden die Wandelobligationäre letztlich so behandelt, als hätten sie von ihrem Wandlungsrecht bereits Gebrauch gemacht und hielten quasi die Stellung eines Aktionärs inne. Der Wandlungsberechtigte kommt somit in den Genuss des Bezugsrechts, ohne vorher die Stellung eines Aktionärs erlangen zu müssen. Er wird durch diesen Verwässerungsschutz damit wie ein Aktionär behandelt, dessen zukünftiger Anteil am Grundkapital der Gesellschaft gesichert werden muss.397 Bevor überhaupt rechtliche Ausführungen zu dieser Ausgleichsklausel vollzogen werden, soll zunächst deren Effizienz anhand eines Beispiels überprüft werden. • Beispiel 14: Verwässerungsschutz bei einer effektiven Kapitalerhöhung durch Einräumung eines Bezugsrechts Im obigen Beispiel 12 wurde das Grundkapital durch eine effektive Kapitalerhöhung von 250 Mio. € um 50 Mio. € auf 300 Mio. € angehoben. Würde man die Wandelobligationäre bei der Bezugsrechtseinräumung auf die jungen Aktien berücksichtigen, so würden sich die Bedingungen folgendermaßen ändern: Das Bezugsverhältnis auf die jungen Aktien berechnet sich folgendermaßen: Bezugsverhältnis = =
Grundkapital + künftiges Grundkapital aus den Wandlungsrechten = Nennwert der Kapitalerhöhung
250 Mio . € + 69.443.750 € = 319.443.750 € » 6,39 : 1 50 Mio . € 50 Mio . €
Das Bezugsverhältnis auf die jungen Aktien erhöht sich somit gegenüber dem Ausgangsfall von 5 : 1 auf 6,39 : 1.398 Hinsichtlich der Verwässerung der Altaktien 396 Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 154; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 294; Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 221, Rn. 182; zu den Voraussetzungen vgl. die Ausführungen oben unter dem Punkt: Bezugsrechtausschluss auf S. 72 ff. und zur ausführlichen Begründung den Punkt: Wirksamkeit des Bezugsrechtsausschlusses auf S. 187 f. 397 Vgl. zu dieser Ausgleichsklausel allgemein: Linnhoff, DB 1955, S. 1192, 1195; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 294; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 154; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 74; Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221, Rn. 185; Loos, DB 1960, S. 515, 517; Gallego Sánchez, S. 163 f.; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 127; Heubel, S. 219 f.; Ludwig, Kredit und Kapital 1977, S. 91, 98 ff. (mit einer finanzmathematischen Analyse); Janssen, S. 152 ff. 398 Zur Berechnung des ursprünglichen Bezugsverhältnisses vgl. die Ausführungen im Beispiel 12 auf S. 173 f.
182
F. Schutz der Wandelobligationäre
ergibt sich kein Unterschied zu obigen Ausführungen. Es werden 10 Mio. neue Gesellschaftsanteile für je 9 € ausgegeben. Der neue Bilanzkurs beträgt daher ebenfalls 9,83 €. Der einzige Unterschied ist, dass die jungen Aktien unter eine Mehrzahl an Bezugsberechtigten aufgeteilt werden müssen. Das Bezugsrecht auf eine ganze Aktie hätte bei der Kapitalerhöhung zu einem Emissionskurs von 9 € somit zwar ebenfalls einen Wert von 83,33 Cent. Allerdings gilt es hier wiederum zu beachten, dass der Bezugsrechtswert auf eine junge Aktie durch das Bezugsverhältnis dividiert werden muss, um den Bezugsrechtswert aus einer Altaktie zu erhalten. Das Bezugsrecht aus einer alten Aktie hätte damit einen Wert i. H. v. 13,04 Cent (= 0,8333 : 6,39).399 Durch die Beteiligung der Wandelobligationäre an der Kapitalerhöhung verringert sich somit der Wert des Bezugsrechts aus einer Aktie von 16,67 Cent auf 13,04 Cent.400 Sonstige unmittelbare Auswirkungen auf das Wandlungsverhältnis oder den Wandlungspreis entstehen nicht. Durch die Einräumung des Bezugsrechts und damit der Beteiligung der Obligationäre an der Kapitalerhöhung ergeben sich lediglich mittelbare Veränderungen an den herrschafts- und vermögensrechtlichen Verhältnissen der Wandelobligationäre, die zusätzlich berücksichtigt werden müssen. Da eine Wandelschuldverschreibung in 111,11 Aktien gewandelt werden kann, erlangt der Inhaber Bezugsrechte für 17,39 junge Aktien (= 111,11 : 6,39). Hierdurch würde ihm ein zusätzlicher vermögensrechtlicher Vorteil i. H. v. 14,49 € (= 17,39 × 0,8333 €) zukommen. Durch diesen Vorteil kann aber die vermögensrechtliche Verwässerung nicht vollständig ausgeglichen werden.401 Soweit die Wandelobligationäre die ihnen zugewiesenen Bezugsrechte ausüben, müssen sie keine herrschaftsrechtliche Einbuße hinnehmen. Zusätzlich müssten für die Ausübung dieser Rechte jedoch Einlagen i. H. v. 156,51 € (= 17,39 × 9 €) aufgebracht werden. Unter Berücksichtigung der Bezugsrechtsaktien würde nach der Ausübung der Wandlungsrechte der herrschaftsrechtliche Anteil unverändert bleiben.402 Insgesamt hätte die Einräumung eines Bezugsrechts folgende Auswirkungen auf die Wandelobligation:
hierzu die Ausführungen bei Janssen, S. 156 ff. (insbesondere S. 158). Berechnung des ursprünglichen Bezugsrechtwert vgl. die Ausführungen im Beispiel 12 auf S. 173 f. 401 A. A. Loos, DB 1960, S. 515, 517 in Fußnote 9 (dieser berücksichtigt nicht, dass sich das Bezugsrecht durch die Beteiligung der Wandelobligationäre vermindert). 402 (Wandelaktien + anteilige Bezugsrechtsaktien) : Anzahl alle Aktien = [13.888.750 + (125.000 Wandelschuldverschreibungen × 111,11 wandelbare Ak tien : 6,39 Bezugsrechtsverhältnis)] : 73.888.750 Mio. Aktien = (13.888.750 + 2.173.896) : 73.888.750 = 0,2174 = 21,74 %. 399 Vgl. 400 Zur
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 183 Kennzahlen
Vor Kapitalerhöhung
Nach Kapitalerhöhung und Anpassung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
1.092,59 € (111,11 Aktien × 9,83 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.000 €
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
111,11 €
92,59 € + 14,49 € aus Bezugsrechten = 107,08 €
Wandlungspreis
9,00 €
9,00 €
Wandlungsverhältnis
111,11
111,11 +17,39 Bezugsaktien ≙ 128,50
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
21,74 % bei Ausübung der Bezugsrechte gegen Zahlung der Einlage i. H. v. 156,51 €; 18,80 % ohne Ausübung der Bezugsrechte
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
+9,22 % (≙ 9,83 € : 9 €)
(1) Stellungnahme (a) Praktische Stellungnahme Aus diesem Beispiel ist ersichtlich, dass bei einer Beteiligung der Wandelobligationäre an den Bezugsrechten auf die jungen Aktien die herrschaftsrechtliche Verwässerung der Wandelschuldverschreibungen vollständig ausgeglichen wird. Die Besonderheit bei der Einräumung eines Bezugsrechts besteht folglich darin, dass einzig diese Ausgleichsklausel bisher in der Lage ist, den Obligationären eine vollständige Kompensation der herrschaftsrechtlichen Positionen zu gewährleisten. Unbeachtlich ist somit zunächst, dass sich durch diesen Ausgleich das Wandlungsverhältnis nicht ändert, denn die Wandelobligationäre erhalten bereits einen herrschaftsrechtlichen Ausgleich durch die Bezugsaktien. Die vermögensrechtliche Verwässerung der Wandelobligationen kann durch diese Verwässerungsschutzmodalität aber nicht vollständig ausgegli-
184
F. Schutz der Wandelobligationäre
chen werden. Die Obligationäre haben trotz Beteiligung am Bezugsrecht immer noch einen vermögensrechtlichen Nachteil zu tragen. Auch die Altaktionäre müssen eine vermögensrechtliche Verwässerung hinnehmen. Da die Verwässerung des Bilanzkurses (16,67 Cent) immer größer ist als der Bezugsrechtswert aus einer Aktie (13,04 Cent), geht die Beteiligung der Wandelobligationäre immer zulasten der Aktionäre. Der Wert des Bezugsrechts aus einer Aktie nimmt durch die Berücksichtigung der Wandelobligationäre an der Emission ab, so dass die Aktionäre einen Vermögensverlust hinnehmen müssen.403 Die Wandelobligationäre können dagegen in bestimmten Konstellationen mit dem Bezugsrecht einen Ausgleich erhalten, der vermögensmäßig über dem durch die Kapitalerhöhung eingetretenen Kursverlust liegt.404 Die herrschaftsrechtliche Beteiligung der Aktionäre im Verhältnis zu den Wandelaktien bleibt hingegen unverändert, falls die Wandlungsrechte tatsächlich später ausgeübt werden. Bedenklich ist an diesem Verwässerungsschutz, dass der Wandlungspreis nicht angepasst wird. Ein wesentlicher Bewertungsfaktor einer Wandelobligation ist das relative Kursabstandsverhältnis zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs.405 Diese Kennzahl wird nicht angepasst, da der Wandlungspreis unverändert bleibt. Verwässert der Aktienkurs infolge einer Kapitalerhöhung, so nimmt auch der Wert des Wandlungsrechts ab. Gleichzeitig steigt damit aber auch die Wahrscheinlichkeit, dass das Wandlungsrecht wertlos verfällt. Dies wäre ein beachtlicher Vorteil für die Altaktionäre und konträr ein Nachteil für die Wandelschuldverschreibungsinhaber. Ein Vorteil zu Gunsten der Wandelobligationäre ist, dass sie eine Wahlmöglichkeit haben, auf welche Art und Weise sie von ihrem Verwässerungsschutz Gebrauch machen. So können sie das Bezugsrecht ausüben oder es verkaufen.406 Die Aufrechterhaltung der zukünftigen potentiellen Beteiligungsquote hängt damit lediglich von der Ausübung dieses Bezugsrechts ab. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass den Obligationären dieser Vorteil sofort zugutekommt, obwohl ihnen dieser Bonus eigentlich erst mit Ausübung des Wandlungsrechts zustehen dürfte, denn das Wandlungsrecht könnte schließlich noch wertlos verfallen.
403 Ludwig, Kredit und Kapital 1977, S. 91, 93 f. (mit einer finanzmathematischen Auseinandersetzung und Darstellung); vgl. hierzu auch: Heubel, S. 220 f.; Janssen, S. 155 f. 404 Dies wäre der Fall, wenn das Wandlungsrecht einen nur sehr geringen Wert oder gar keinen Wert hätte, so zumindest Janssen, S. 158 ff. 405 Vgl. hierzu näher die Ausführungen unter dem Punkt: Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs (Zeitwert) auf S. 145. 406 Heubel, S. 220 f.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 185
(b) V ereinbarkeit der vertraglichen Bezugsrechtszusage mit § 187 AktG Weiterhin ist bei dieser Ausgleichsform auf ein rechtliches Problem hinzuweisen. Eine Zusicherung von Bezugsrechten ist gem. § 187 Abs. 1 AktG nur unter dem Vorbehalt des gesetzlichen Bezugsrechts der Aktionäre möglich. Ob die Wandelobligationäre tatsächlich ein Bezugsrecht an den jungen Aktien erhalten, hängt allein von der künftigen Entscheidung der Hauptversammlung über den Bezugsrechtsausschluss ab. Soweit man auch für diese Konstellation, wie ein Teil der Literatur, § 221 AktG als lex specialis gegenüber § 187 AktG ansieht, würde der doppelte Vorbehalt des § 187 AktG keine Anwendung finden, so dass die Bezugsrechtzusagen wirksam eingeräumt werden können.407 Eine Zusicherung unter Vorbehalt wäre daher nicht zwingend erforderlich. Sollte es später jedoch zu einer Verweigerung der vertraglich versicherten Bezugsrechte kommen, haftet die Gesellschaft in jedem Fall auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Dieser Ansicht kann jedoch nicht bedenkenlos gefolgt werden, denn das lex specialis Verhältnis gilt nur für den Fall eines Bezugsausschlusses auf junge Aktien bei einer Kapitalerhöhung zur Absicherung von Wandlungsrechten i. S. v. § 221 AktG. Die Entscheidungsbefugnis der Hauptversammlung ist bei der Emission von Wandelschuldverschreibungen ausreichend gesichert, da sie unmittelbar und hinreichend konkret über einen Ausschluss der Bezugsrechte – zur Absicherung einer bestimmten Anzahl von Wandlungsrechten – entscheidet. Zudem gewährleistet § 221 Abs. 4 AktG für diesen Fall ein vorrangiges Bezugsrecht der Aktionäre auf diese Wandelschuldverschreibungen. Wenn aber eine Verwässerungsschutzklausel für jede folgende Kapitalerhöhung außenstehenden Dritten wirksam ein Bezugsrecht einräumen kann, wird dies die Gesellschafter zwangsläufig unter Druck setzten, da sie bei einer Verweigerung mit Schadensersatzansprüchen rechnen müssten. Das Ausmaß einer solchen künftigen Bezugsrechtszusage kann von den Aktionären nicht von vornherein in allen Ausmaßen einkalkuliert werden. Außerdem gilt es zu beachten, dass die Altaktionäre nicht wie im 407 Vgl. hierzu: MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 294; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 62; Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221, Rn. 185; wohl auch Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 154; heute wohl auch Loos, DB 1960, S. 515, 517; v. Gleichenstein, AG 1964, S. 141, 143; vgl. zu diesem lex specialis Verhältnis auch die Ausführungen unter den Punkten: Schutz (§ 187 AktG analog) auf S. 70 f. und Anwendbarkeit des § 187 AktG? auf S. 96 f. A. A. KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 127; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 130a; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 74; Gallego Sánchez, S. 164; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63, Rn. 22; Janssen, S. 153.
186
F. Schutz der Wandelobligationäre
unmittelbaren Anwendungsbereich des § 221 AktG mit der Zusage von Wandlungsrechten einen Ausgleich erhalten, indem ihnen ein vorrangiges Ersatzbezugsrecht zuschrieben wird (vgl. § 221 Abs. 4 AktG). § 187 AktG muss volle Anwendung finden, da es nicht um die Emission oder Absicherung von Wandlungsrechten geht, sondern um eine klassische Emission von jungen Aktien i. R. e. Kapitalerhöhung. Bei einer Einräumung von Bezugsrechten i. R. v. vertraglichen Verwässerungsschutzklauseln ist das lex specialis Verhältnis zwischen obigen Normen daher nicht einschlägig.408 Geht man mit der heute herrschenden Ansicht davon aus, dass Zusicherungen auch vor dem Kapitalerhöhungsbeschluss möglich, allerdings schwebend unwirksam sind, weil sie davon abhängig sind, dass die Kapitalerhöhung zustande kommt und unter dem Vorbehalt der Bezugsrechte der Ak tionäre stehen,409 so ist für die Obligationäre eine große Unsicherheit die Folge. Sollte es nämlich zu einer Verweigerung der unter Vorbehalt bestehenden Bezugsrechte kommen, haftet die Gesellschaft nicht auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Orientiert man sich dagegen, wie die Minderansicht, streng am Wortlaut des § 187 AktG, wären die Zusicherungen für den Bezug neuer Aktien, die vor dem Kapitalerhöhungsbeschluss gegeben wurden, gegenüber der Aktiengesellschaft in jedem Fall und in vollem Umfang unwirksam.410 Auch nach dieser Ansicht könnten die Obligationäre aber keinen Schadensersatz geltend machen. Es ist somit festzuhalten, dass diese Verwässerungsschutzklausel aus rechtstechnischer Sicht einigen Unwägbarkeiten unterliegt. Um diesen Problemen aus dem Weg zu gehen, sehen die Wandelschuldverschreibungsbedingungen in der Praxis vor, dass entweder ein Bezugsrecht eingeräumt wird oder – für den Fall dass die Hauptversammlung nicht zustimmt – das Wandlungsverhältnis alternativ durch verschiedene Methoden angepasst wird.411 Hierdurch werden die Unsicherheiten der Bezugsrechtseinräumung 408 Vgl. hierzu KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 127; Gallego Sánchez, S. 164 f.; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 74; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63, Rn. 22; Janssen, S. 153; Loos, DB 1960, S. 515, 517 (allerdings zur veralteten Rechtslage). 409 Näher hierzu: MüKo/Peifer, AktG, Bd. 4, § 187, Rn. 13; Hüffer, AktG, § 187, Rn. 5, KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 187, Rn. 16 ff.; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 187, Rn. 9; im Übrigen vgl. hierzu a. a. O. (vgl. Fußnote 223) und die Ausführungen unter dem Punkt: Anwendbarkeit des § 187 AktG? auf S. 96 f. 410 Wiedemann, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 187, Rn. 8; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 187, Rn. 11. 411 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 127; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 154; Kerber, S. 59; Heubel, S. 219; so wohl auch Loos, DB 1960, S. 515, 517 (zur veralteten Rechtslage); vgl. auch Janssen, S. 154 f.; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63, Rn. 22.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 187
abgeschwächt. Dennoch ist hervorzuheben, dass diese Art von Verwässerungsschutz auf wackligem Boden steht, da sie im Ernstfall nicht durchgesetzt werden kann. (c) W irksamkeit des Bezugsrechtsausschlusses (sachliche Rechtfertigung) Zu klären ist weiterhin, inwieweit das Bezugsrecht der Aktionäre wirksam zugunsten der Wandelobligationäre ausgeschlossen werden kann. Die vertragliche Verpflichtung einer Zuteilung von Bezugsrechten zugunsten der Wandelobligationäre beinhaltet einhergehend immer die Notwendigkeit, dass die Aktionäre ihr eigenes Bezugsrecht (teilweise) zugunsten der Obligationäre ausschließen. Die Gesellschafter können somit bei jeder Kapitalaufstockung nach wie vor frei entscheiden, ob sie ihr Bezugsrecht zugunsten der Wandelobligationäre ausschließen.412 Die Zulässigkeit eines Bezugsrechtsausschlusses ist wiederum von bestimmten formellen und materiellen Voraussetzungen gem. § 186 Abs. 3 und 4 AktG abhängig. Die materiellen Erfordernisse wurden von der Rechtsprechung im Laufe der Zeit entwickelt.413 Notwendig ist insbesondere eine sachliche Rechtfertigung, weil ein Bezugsrechtsausschluss einen schwerwiegenden Eingriff in die Aktionärsrechte darstellt. Grundvoraussetzung für diese materielle Beschlusskontrolle ist ein spezifisches Interesse der Gesellschaft an der Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts. Auf der zweiten Stufe muss das von der Gesellschaft verfolgte Ziel erforderlich sein. Dies ist der Fall wenn die Maßnahme überhaupt geeignet ist, das Ziel zu realisieren und keine milderen, gleich geeigneten Mittel als Alternative zur Auswahl stehen. Auf der letzten Stufe erfolgt schließlich eine Abwägung von Mittel und Zweck im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung i. e. S. so dass der Nachteil für den Betroffenen und der erstrebte Erfolg in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen müssen. Sind all diese Voraussetzungen gegeben, ist der Bezugsrechtsausschluss wirksam.414 Im Folgenden ist somit die Frage zu beantworten, ob denn überhaupt das Be412 Diese Aussage gilt freilich nur bei der ordentlichen Kapitalerhöhung uneingeschränkt. Bei der genehmigten Kapitalerhöhung gilt sie eingeschränkt unter der Bedingung, dass der Vorstand nicht zum Bezugsrechtsausschluss ermächtigt wurde und bei der bedingten Kapitalerhöhung überhaupt nicht, denn dieser ist ein Bezugsrechtsausschluss immanent. Im Übrigen vgl. die Ausführungen im obigen Punkt: Vereinbarkeit der vertraglichen Bezugsrechtszusage mit § 187 AktG auf S. 185 f. 413 Zu den Erfordernissen des Bezugsrechtsausschlusses und der Entwicklung der Rechtsprechung vgl. die Ausführungen oben unter dem Punkt: Materielle Erfordernisse auf S. 74 ff. 414 A. a. O. (vgl. Fußnote 145).
188
F. Schutz der Wandelobligationäre
zugsrecht der Aktionäre ausgeschlossen werden kann, um den Wandelobligationären einen Verwässerungsschutz zu gewähren, indem ihnen die Bezugsrechte eingeräumt werden, die den Altaktionären vorenthalten wurden. Der Bezugsrechtsausschluss zugunsten der Einräumung von Verwässerungsschutzklauseln kann zweifelsfrei ein dem Gesellschaftsinteresse dienendes Ziel sein, denn ohne eine Verwässerungsschutzklausel wäre eine Wandelschuldverschreibung nur schwer erfolgreich am Kapitalmarkt zu platzieren. Außerdem dient der Ausschluss nur der Umsetzung des mittlerweile anerkannten und erforderlichen Verwässerungsschutzes. Die Sicherstellung dieses gesetzlichen Erfordernisses kann nur im Gesellschaftsinteresse liegen. Weiterhin ist der Bezugsrechtsausschluss zugunsten der Wandelobligationäre auch geeignet obigen Gesellschaftsinteressen zu dienen. Mit der Einräumung des Bezugsrechts werden die Wandelgläubiger so gestellt, als ob sie bereits Aktionäre wären. Sie erhalten auf diese Weise einen (teilweisen) Ausgleich, den sie durch die verwässernde Maßnahme erleiden würden. Fragwürdig erscheint jedoch, ob alternative Verwässerungsschutzklauseln mildere Mittel darstellen können. Grundsätzlich existieren mehrere Möglichkeiten einen Verwässerungsschutz im Rahmen einer Kapitalerhöhung vertraglich zu gestalten, ohne dabei den Obligationären ein Bezugsrecht einräumen zu müssen. Dass diese Alternativen aber allgemein mildere Mittel darstellen,415 kann man nicht allgemein behaupten.416 Jede Verwässerungsschutzmodalität für sich hat verschiedene Vorteile aber auch Nachteile. So kann zwar bisher einzig die Einräumung eines Bezugsrechts gewährleisten, dass der herrschaftsrechtliche Einfluss der Wandelobligationäre vollständig erhalten bleibt. Dieser Vorteil der Wandelobligationäre erfolgt zwar auf Kosten der Aktionäre, jedoch können die Aktionäre aus dem Bezugsrechtsausschluss auch wieder andere vermögensrechtliche Vorteile ziehen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Verwässerungsschutzklauseln bewirkt die Einräumung eines Bezugsrechts nämlich keine Reduzierung des Wandlungspreises oder Erhöhung des Wandlungsverhältnisses. Im Falle einer Wandlung kann die Gesellschaft die Aktien daher zu einem höheren Wandlungspreis ausgeben. Die potentielle vermögensrechtliche Verwässerung im Falle einer Wandlung wird dadurch entsprechend vermindert.417 Da jede Verwässerungsschutzklausel eine unterschiedliche Auswirkung in Form von 415 So
Schumann, S. 184 ff. AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 66 f.; a. A. Schumann,
416 KölnKomm/Lutter,
S. 184. 417 Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 154; Linnhoff, Optionsanleihen, S. 202; a. A. Schumann, S. 183 f.; im Übrigen vgl. hierzu die Tabelle aus Beispiel 14 auf S. 181 f. aus der ersichtlich ist, dass sich der Wandlungspreis nicht verändert.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 189
Vorteilen und Nachteilen hat, stellen die einzelnen Klauseln keine gleichen Mittel dar. Vielmehr handelt es sich stets um unterschiedliche Mittel so dass die Entscheidung über die Wirksamkeit des Beschlusses erst auf der letzten Ebene zu treffen ist. Die eigentliche Entscheidung über die Wirksamkeit ist somit immer i. R. d. Abwägung zu treffen. Dabei sind die Interessen der Altaktionäre mit dem spezifischen Gesellschaftsinteresse an dem Bezugsrechtausschluss gegeneinander abzuwägen. Mittelbar müssen bei den Gesellschaftsinteressen die Belange der Wandelgläubiger an der Erhaltung ihrer Beteiligungsquote und ihres Vermögenswertes berücksichtigt werden. Ohne einen angemessenen Verwässerungsschutz wären derartige Effekten anderweitig kaum platzierbar. Die Platzierungschancen auf dem Kapitalmarkt sind von erheblicher Bedeutung für die Handlungsfähigkeit und dem Emittenten-Standing der Gesellschaft. Die Interessen der Wandelobligationäre fließen daher mittelbar bei den Gesellschaftsinteressen mit ein.418 Innerhalb der Abwägung müssen die Interessen der Aktionäre schließlich zurücktreten, denn sie haben die Emission der Wandelobligationen selbst beschlossen und damit bereits auf einen bestimmten Anteil an Mitgliedschaftsrechten verzichtet. Mit der Ausgabe der Wandelobligation haben die Aktionäre den Wandelgläubigern einen bestimmten Anteil am Grundkapital in Aussicht gestellt. Soweit der Bezugsrechtsausschluss im Anschluss nur dazu erfolgt diesen prozentualen Anteil aufrecht zu erhalten und nicht zu verschieben, fallen die Aktionärsinteressen nicht zu sehr ins Gewicht. Schließlich ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass es immer nur zu einem teilweisen Ausschluss des Bezugsrechts – nämlich in dem Verhältnis, in dem die Wandlungsrechte zum Grundkapital stehen – kommt. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte müssen die Aktionärsinteressen bei der Abwägung stets hinter den Gesellschaftsinteressen zurückstehen.419 Festzuhalten ist damit, dass ein Bezugsrechtsausschluss, mit dem Zweck den Wandelobligationären einen Verwässerungsschutz zu gewährleisten, regelmäßig einer materiellen Beschlusskontrolle standhalten wird.420 Keinesfalls kann der Bezugsrechtsausschluss zum Zwecke einer Verwässerungs418 Gallego
Sánchez, S. 166; a. A. Schumann, S. 185. Sánchez, S. 165 ff.; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 2 ff.; 21, Rn. 66; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 294, 189; Seiler, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 221, Rn. 154; a. A. Schumann, S. 187 ff.; Martens, ZIP 1992, S. 1677, 1692 f. 420 So die h. M. in der Literatur: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 66; Gallego Sánchez, S. 164 ff.; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 294, (189); Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 154; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 62; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 130a; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 75; a. A. Schumann, S. 184 ff. 419 Gallego
190
F. Schutz der Wandelobligationäre
klausel daher pauschal als unwirksam bezeichnet werden. Es ist daher immer eine Einzelfallbetrachtung erforderlich.421 Wie an späterer Stelle noch aufgezeigt wird,422 besteht theoretisch die Möglichkeit einen vollkommenen vermögensrechtlichen sowie herrschaftsrechtlichen Verwässerungsschutz zu gewährleisten, ohne den Obligationären ein Bezugsrecht auf die jungen Aktien einzuräumen. Dieser Weg kann insofern in der Zukunft tatsächlich ein milderes Mittel darstellen oder einen Bezugsrechtsausschluss ausnahmsweise nicht gerechtfertigt erscheinen lassen. (d) Zusammenfassung Abschließend ist festzustellen, dass die Einräumung eines Bezugsrechts als Verwässerungsschutz grundsätzlich rechtlich möglich ist, jedoch an einigen Unsicherheiten und Schwächen leidet. Bezüglich der Effektivität ist zu sagen, dass von allen bisher bekannten Verwässerungsschutzklauseln nur diese dazu in der Lage ist, einen vollkommenen herrschaftsrechtlichen Ausgleich zu gewährleisten, wenngleich der vermögensrechtliche Schutz geringfügig nachteilig für die Obligationäre wirkt. Als schwererer Nachteil für die Obligationäre ist es aber zu bewerten, dass das relative Kursabstandsverhältnis nicht angepasst wird. Völlig ungeeignet ist diese Anpassung zudem bei einem vollständigen Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre.423 Ein besonderer Vorteil besteht für die Obligationäre aber darin, dass diese bereits vorzeitige Sondervergütungen in Form von Bezugsrechten erhalten, bevor sie ihr Wandlungsrecht überhaupt ausgeübt haben. Nach dem Wesen des Wandlungsrechts dürften die Obligationäre eigentlich erst mit der Ausübung dieses Rechts derartige Vorteile erhalten. Hier liegt es aber so, dass die Obligationäre ein Bezugsrecht und damit einen vermögenswerten Vorteil erlangen, auch wenn sie später mangels Werthaltigkeit von dem Wandlungs421 Eine unangemessene Benachteiligung wäre etwa dann denkbar, wenn das Wandlungsrecht weit aus dem Geld und damit wertlos ist. Die Wandelobligationäre könnten dann kaum noch eine relevante vermögensrechtliche Verwässerung erfahren, zumal die Ausübung der Wandlungsrechte sehr unwahrscheinlich ist. Sollte in diesem Fall den Wandelgläubigern ein Bezugsrecht auf Aktien i. R. e. Verwässerungsschutzes eingeräumt werden, so kann dies eine erhebliche Besserstellung der Obligationäre bewirken. So kann etwa der Wert des Bezugsrechts größer sein als die tatsächliche vermögensrechtliche Verwässerung der Wandlungsrechte. Vgl. a. a. O. (vgl. Fußnote 404). 422 Vgl. hierzu die Ausführungen unter dem Punkt: Lösungsvorschlag auf S. 208 ff. 423 Vgl. hierzu näher die Ausführungen unter dem Punkt: Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss auf S. 220 ff.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 191
recht gar keinen Gebrauch machen. Die Einräumung eines Bezugsrechts ist somit zwar eine alternative Möglichkeit des Verwässerungsschutzes, aber auch keine universelle und vollkommene Lösung dieser Problematik.424 (2) „Als-Ob-Aktionär“ Vereinzelt wird in der Literatur die Ansicht vertreten, dass ein Verwässerungsschutz durch eine Stellung des Wandelobligationärs wie ein „Als-ObAktionär“ gewährleistet werden kann.425 Diese Meinung zeichnet sich dabei durch verschiedene Nuancen aus, ist aber im Grunde nur eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Variante des Verwässerungsschutzes mittels Einräumung eines Bezugsrechts für die Wandelobligationäre. Letzteren soll entweder alternativ oder kumulativ • ein vorzeitiges Wandlungsrecht eingeräumt, • bestimmte Mitgliedschaftsrechte zuerkannt oder • ein vertragliches Bezugsrecht ermöglicht werden. (a) Antizipiertes Wandlungsrecht Durch das vorzeitige Wandlungsrecht soll den Wandelgläubigern ermöglicht werden, noch vor Vollzug der beschlossenen Kapitalerhöhung Aktionär zu werden, um in den Genuss des gesetzlichen Bezugsrechts auf die jungen Aktien zu kommen. Freilich wäre ein solches Recht nur für die Fälle erforderlich, bei denen den Wandelobligationären im Zeitpunkt der verwässerungsrelevanten Maßnahme ein solches Recht nicht zustand. Ein vorzeitiges Wandlungsrecht hätte letztlich eine ähnliche Wirkung wie die Einräumung eines Bezugsrechts. Zusätzlich würde sich die Stellung der Wandelobligationäre ändern. Sie wären Aktionäre und könnten regulär an der Kapitalerhöhung partizipieren. Ein vorzeitiges Wandlungsrecht ist jedoch aus mehreren Gründen abzulehnen:426 Zum einen ist zu berücksichtigen, dass ein vorzeitiges Wandlungsrecht keinen angemessenen Schutz bieten kann, falls das 424 Für eine weitere Kritik gegen diese Klausel vgl. die Ausführungen unter dem Punkt: Lösungsvorschlag aus S. 208 f. 425 Kerber, S. 73 ff. 426 Vgl. hierzu: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 128; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 295; Gallego Sánchez, S. 169; a. A. Rusch, Wandelschuldverschreibungen, S. 6; Loos, DB 1960, S. 543, 543 (m. w. N. in Fußnote 19); v. Gleichenstein, AG 1964, S. 141, 142; Meyer, BB 1955, S. 549, 551; Kerber, S. 59, 78, 105, 128, dieser ist offensichtlich für eine Gesetzesänderung um ein antizipiertes Wandlungsrecht praktikabel zu machen.
192
F. Schutz der Wandelobligationäre
Wandlungsrecht noch wertlos ist. So würde der Berechtigte kaum sein Wandlungsrecht ausüben, wenn er als Folge einen Wandlungspreis für die Aktien zahlen muss, der deutlich über dem tagesaktuellen Börsenkurs liegt. Durch das vorzeitige Wandlungsrecht würde den Obligationären weiterhin vollständig die Chance genommen, dass sich das Wandlungsrecht noch (weiter) werthaltig entwickeln kann. Insbesondere für den Fall, dass das Wandlungsrecht noch für einen längeren Zeitraum weiterliefe, würde dies für den Gläubiger eine besondere Härte darstellen. Das vorzeitige Wandlungsrecht könnte daher in all diesen Fällen keinen angemessenen Ausgleich schaffen. Der Spekulationscharakter würde erlöschen. Das vorzeitige Wandlungsrecht würde daher nur eine wesentliche Veränderung der Wandlungsrechte und keinen Verwässerungsschutz bewirken.427 Doch selbst wenn das Wandlungsrecht am Geld wäre, könnte kein angemessener Ausgleich geschaffen werden. Es hätte letztlich die gleiche Wirkung wie die Einräumung eines Bezugsrechts auf die jungen Aktien für die Obligationäre. Dass dieses aber keinen vollständigen Ausgleich schaffen kann und überwiegend zu Lasten der Altaktionäre geht, wurde bereits oben aufgezeigt.428 Weiterhin würde ebenso die Möglichkeit auf eine weitere zukünftige, positive Entwicklung des Wandlungsrechts zu Nichte gemacht werden. Zwar könnten sich die gewandelten Aktien genauso positiv weiterentwickeln, jedoch würde in diesem Fall der zusätzliche Zins auf die Schuldverschreibung entfallen. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass es nach § 186 AktG auf die Eigenschaft als Aktionär zum Zeitpunkt des Erhöhungsbeschlusses ankommt. Ein entsprechendes Vorgehen ist nach dem Aktiengesetz daher nicht möglich. Denkbar wäre zwar, dass die Gesellschaft ein Wandlungsrecht noch vor Vornahme des Kapitalerhöhungsbeschlusses einräumt, doch die Wandelobligationäre wären an die Ausübung dieses Rechts auch dann gebunden, wenn die Kapitalerhöhung gar nicht zustande kommt. Allein aus diesen mangelhaften Praktikabilitäts- und Effektivitätsgründen ist das vorzeitige Wandlungsrecht letztendlich abzulehnen.429
427 Casper,
Optionsvertrag, § 12, S. 351 f. hierzu das Beispiel 14 auf S. 181 f. 429 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 295; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 128; Loos, DB 1960, S. 543, 543; Gallego Sánchez, S. 169. a. A. Kerber, S. 78, 125 ff. (128) dieser ist offensichtlich für eine Gesetzesänderung um ein antizipiertes Wandlungsrecht praktikabel zu machen. 428 Vgl.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 193
(b) Zuerkennung bestimmter Mitgliedschaftsrechte Vereinzelt wird darüber hinaus als Unterform des „Als-Ob-Aktionärs“ vertreten, dass den Wandelobligationären bestimmte Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre, wie z. B. Teilnahme- und Stimmrechte an der Hauptversammlung, zugesprochen werden sollen.430 Ein derartiger Verwässerungsschutz ist jedoch völlig ungeeignet. Eine alleinige Teilnahme an der Hauptversammlung bewirkt beim Wandlungsberechtigten überhaupt keinen vermögens- oder herrschaftsrechtlichen Ausgleich. Der Verwässerungsschutz soll nur die eingetretenen Benachteiligungen wieder ausgleichen. Durch eine vorzeitige Teilnahme an der Hauptversammlung haben die Obligationäre jedoch rein gar nichts gewonnen. Ein vermögens- oder herrschaftsrechtlicher Ausgleich findet in keiner Weise statt. Selbst wenn die Wandelobligationäre ein Stimmrecht ausüben könnten, würden sie aller Wahrscheinlichkeit nach eine Kapitalmaßnahme nicht verhindern können, da der Anteil der Wandelaktien im Verhältnis zu den Altaktien i. d. R. nur einen kleinen Anteil ausmacht. Sie könnten die verschiedenen Kapitalmaßnahmen kaum blockieren. Sollten sie jedoch eine Sperrminorität innehalten, wäre die Gesellschaft wirtschaftlich stark eingeschränkt. Die Obligationäre würden zumindest kurz vor Ablauf der Wandlungsfrist immer gegen eine Kapitalerhöhung stimmen, da sich diese negativ auf ihre Rechte auswirkt. Im schlimmsten Fall könnte dies zu einer Handlungsunfähigkeit der Aktiengesellschaft führen. Schließlich muss man sich vor Augen führen, was passieren würde, wenn die Wandlungsberechtigten aufgrund einer schlechten Entwicklung des Aktienkurses am Ende der Laufzeit ihre Rechte nicht ausüben. Die Wandelgläubiger hätten letztlich durch die eingeräumten Stimmrechte – gleich einem Aktionär – massiven Einfluss auf die Gesellschaft nehmen können, obwohl sie dann letztlich mangels Ausübung ihrer Wandlungsrechte gar keine Aktionäre geworden sind. Dies würde einen krassen Bruch zu der aktienrechtlichen Dogmatik darstellen, weil die Hauptversammlung der Gesellschaft ihre Stellung als oberstes Organ besonders in Fällen der Satzungsänderung nicht aufgeben darf.431 Durch die Teilnahme der Obligationäre als Dritte würde jedoch genau das passieren. Eine Einräumung von Mitgliedsrechten ist daher ebenfalls abzulehnen. 430 Kerber, S. 78, 83, 105, im Reformvorschlag jedoch ohne Stimmrecht vgl. S. 130. 431 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 5, S. 85 (m. w. N.); KölnKomm/Zöllner, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 179, Rn. 170; Wiedemann, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 179, Rn. 6 (m. w. N.); Gallego Sánchez, S. 90.
194
F. Schutz der Wandelobligationäre
(c) Ermöglichung des Bezugsrechts mittels Gesetzesänderung Die weitestgehende Nuance des Instituts des „Als-Ob-Aktionärs“ ist die Anerkennung des vertraglichen Bezugsrechts der Wandelobligationäre durch eine Gesetzesänderung.432 Hierfür müsste z. B. eine Ausnahmevorschrift zu § 187 AktG eingefügt werden. Dadurch könnte das Bezugsrecht gegenüber den Obligationären vertraglich zugesichert werden, ohne dass noch ein Beschluss der Hauptversammlung erforderlich wäre. Zwar würde diese Variante die Unsicherheiten der Wandelobligationäre, die bisher bei einer vertraglichen Einräumung des Bezugsrechts bestehen, beseitigen, aber dennoch kann ein gesetzliches Bezugsrecht keinen effektiven Verwässerungsschutz gewährleisten. Dass die Einräumung eines Bezugsrechts auch einige Nachteile mit sich bringt und keine vollkommene Lösung darstellt, wurde bereits oben hinreichend aufgezeigt.433 So kann diese Form zwar die herrschaftsrechtliche Verwässerung vollständig ausgleichen, nicht jedoch die vermögensrechtliche. Der Ausgleich würde nur auf Kosten der Altaktionäre erfolgen. Außerdem würde es zu einem krassen Missstand kommen, wenn die Wandelschuldverschreibungsinhaber Bezugsrechte eingeräumt bekommen und somit bereits vorzeitig einem Aktionär gleichgesetzt werden, aber am Ende der Laufzeit ihr Wandlungsrecht mangels Werthaltigkeit gar nicht ausüben. Das Institut des „Als-Ob-Aktionärs“ somit ist als Verwässerungsschutzmodalität aufgrund der vielseitigen Bedenken und Schwächen im Ganzen abzulehnen. cc) Anpassung des Wandlungsverhältnisses / Wandlungspreises Eine gängige Art der Verwässerungsschutzklauseln ist eine Angleichung des in den Anleihebedingungen festgesetzten Wandlungsverhältnisses oder -preises. Im Laufe der Zeit haben sich in der Praxis verschiedene Berechnungsmethoden zur Anpassung entwickelt. (1) Anpassung mit Hilfe des durchschnittlichen Bezugsrechtswerts Eine simple Art der Anpassung besteht darin, den Wandlungspreis i. H. d. durchschnittlich gehandelten oder des theoretisch-rechnerischen Bezugsrechtswerts einer Aktie zu reduzieren. Hierdurch wird angestrebt, den Wandlungsberechtigten einem Aktionär, dem ein Bezugsrecht zusteht, gleichzustellen. Anders ist in diesem Fall jedoch, dass der Obligationär den 432 Loos, 433 Vgl.
DB 1960, S. 515, 517; vgl. hierzu Kerber, S. 73 ff. (78). hierzu das Beispiel 14 auf S. 181 f.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 195
Wert des Bezugsrechts nicht sofort, sondern erst später bei Ausübung seines Wandlungsrechts liquidieren kann.434 Vereinzelt wird verlangt, dass zunächst eine eventuell vorgesehene Zuzahlung um den Wert des Bezugspreises gemindert werden muss. Soweit dies nicht ausreicht, muss eine Ausgleichszahlung vorgenommen werden.435 Teilweise wird überhaupt nur eine Ausgleichszahlung in Höhe des Wandlungsverhältnisses multipliziert mit dem Bezugsrechtswert einer Aktie angeordnet. Diese Variante des Verwässerungsschutzes kann jedoch nicht zu einer herrschaftsrechtlichen Anpassung führen, da durch diese Weise weder das Wandlungsverhältnis noch der Wandlungspreis verändert werden würde. Sie kann daher keine effektive Anpassung darstellen, weil nur ein vermögensrechtlicher Barausgleich vorgenommen werden würde. Eine Anpassung in Form einer Ausgleichszahlung oder Reduzierung einer Zuzahlung ist daher abzulehnen und wird hier auch nicht weiter untersucht. Eine Harmonisierung mit Hilfe des Bezugsrechtswerts muss folglich in der Weise erfolgen, dass der vorgesehene Wandlungspreis in Höhe des Bezugsrechtswerts reduziert wird, denn nur so findet gleichzeitig eine Anpassung des Wandlungsverhältnisses und damit auch eine herrschaftsrechtliche Angleichung statt. • B eispiel 15: Verwässerungsschutz durch Ermäßigung des Wandlungspreises i. H. d. Bezugsrechtswerts Im obigen Beispiel 12 wurde das Grundkapital von 250 Mio. € um 50 Mio. € auf 300 Mio. € durch eine effektive Kapitalerhöhung aufgestockt. Das Bezugsrecht aus einer Altaktie hatte bei dieser Kapitalerhöhung (Emissionskurs 9 €) einen Wert von 16,67 Cent. Würde man den Wandlungspreis für eine Aktie in Höhe des Bezugsrechtswertes reduzieren, so würden sich die Wandelbedingungen folgendermaßen ändern: Der Wandlungspreis (P) würde sich auf 8,833 € (= 9 € – 0,1667 €) reduzieren. Dadurch würde sich letztlich auch das stückmäßige Wandlungsverhältnis (V) von 111,11 auf 113,21 erhöhen, da beide Parameter miteinander korrelieren.436 V=
Nennwert Teilwandelobligation Wandlungspreis
P=
Nennwert Teilwandelobligation Wandlungsverhältnis
434 Vgl. hierzu: Linnhoff, DB 1955, S. 1192, 1195; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 130 f.; Gallego Sánchez, S. 159; Heubel, S. 221 f., Janssen, S. 162 f. 435 Janssen, S. 163. 436 A. A. Gallego Sánchez, S. 160, 166, dieser geht fälschlicherweise von der Annahme aus, dass die Änderung des Wandlungspreises keine Auswirkungen auf das Wandlungsverhältnis hat.
196
F. Schutz der Wandelobligationäre
Valt = 1.000 € = 111,11 9€
Palt = 1.000 € = 9 € 111,11
Vneu = 1.000 € = 113, 21 8,833 €
Pneu = 1.000 € = 8,83 € 113, 21
Auf die Wandelschuldverschreibung würde sich dies folgendermaßen auswirken: Kennzahlen
Vor Kapitalerhöhung
Nach Kapitalerhöhung und Anpassung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
1.112,85 € (113,21 Aktien × 9,83 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.000 €
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
111,11 €
112,85 € (+1,74 €)
Wandlungspreis
9,00 €
8,83 €
Wandlungsverhältnis
111,11
113,21
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
19,08 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
+11,33 % (≙ 9,83 € : 8,83 €)
In diesem Beispiel würde sich der innere Wert der Wandelschuldverschreibung geringfügig verbessern. Die vermögensrechtliche Verwässerung wird überproportional ausgeglichen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die herrschaftsrechtliche Verwässerung kaum angepasst würde. Vor der Kapitalerhöhung machten die wandelbaren Aktien insgesamt 21,74 % aller Stimmanteile aus. Nach der Kapitalerhöhung mit anschließendem Verwässerungsschutz würde dieser Anteil nur noch 19,08 % (vor der Anpassung: 18,80 %) betragen.437 Die herrschaftsrechtliche Verwässerung würde nur geringfügig ausgeglichen werden. 437 Vorher: Anzahl Wandelaktien : Anzahl aller Aktien = (125.000 Wandelschuldverschreibungen × 111,11 wandelbare Aktien) : Anzahl aller Aktien = 13.888.750 : (13.888.750 + 60.000.000) = 0,2174 = 21,74 %. Nachher: Anzahl Wandelaktien : Anzahl aller Aktien = (125.000 Wandelschuldverschreibungen × 113,21 wandelbare Aktien) : Anzahl aller Aktien = 14.151.250 : (14.151.250 + 60.000.000) = 0,1908 = 19,08 %.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 197
Eine Reduzierung des Wandlungspreises in Höhe des Bezugsrechts kann die Verwässerung somit nicht vollständig und vollkommen ausgleichen. Der Wandelobligationär würde bei dieser Verwässerungsschutzmodalität letztlich herrschaftsrechtlich benachteiligt werden.438 Auch finanzmathematische und betriebswirtschaftliche Untersuchungen zu diesem Verwässerungsschutz sagen aus, dass diese Klausel stets zu ungerechten Ergebnissen führt und der Wandelgläubiger systematisch benachteiligt wird.439 Ein weiterer Nachteil ist die Möglichkeit einer Einflussnahme des Emittenten auf die Höhe des Ausgleichs, indem dieser durch Kurspflegemaßnahmen den Preis des Bezugsrechts beeinflussen kann. Der Emittent hätte somit theoretisch die Gelegenheit den Verwässerungsschutz zu seinen Gunsten und damit zu Lasten der Obligationäre zu beeinflussen.440 Durch die Reduzierung des Wandlungspreises in Höhe des Bezugsrechts wird zwar erreicht, dass die frühere Differenz zwischen Wandlungspreis und Aktienkurs und damit der innere Wert wieder annähernd hergestellt werden kann. Da es sich dabei jedoch um ein relatives Verhältnis handelt,441 kann sich dies für den Wandelobligationär je nach Einzelfall vor- oder nachteilig auswirken.442 Eine ideale Aufrechterhaltung des relativen Kursabstandsverhältnisses zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs ist somit nicht gewährleistet. Schließlich kann die Reduzierung des Wandlungspreises zur Folge haben, dass sich die Anzahl der wandelbaren Aktien erhöht. Bei der Emission der Wandelschuldverschreibung wurde aber i. d. R. nur ein bestimmter Höchstwert einer Kapitalerhöhung zur Absicherung der Wandlungsrechte für eine bestimmte, ursprüngliche Anzahl an wandelbaren Aktien bewilligt. Durch die nachträgliche Anpassung kann es dazu kommen, dass das bewilligte Sicherungskapital nicht mehr ausreicht, um alle Wandlungsrechte zu erfüllen. Die Folge wären Schadensersatzansprüche, soweit das Sicherungskapital nicht aufgestockt wird oder bereits für derartige Fälle eine „Reserve“ beinhaltet.
438 Ludwig, Kredit und Kapital 1977, S. 91, 102; Janssen, S. 171; Gallego Sánchez, S. 161; a. A. offensichtlich Heubel, S. 222. 439 Ludwig, Kredit und Kapital 1977, S. 91, 101 f.; Janssen, S. 165 ff. (insbes. S. 171). 440 Heubel, S. 222. 441 Vgl. hierzu näher die Ausführungen unter dem Punkt: Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs (Zeitwert) und das Beispiel 6 auf S. 145 f. 442 Ein Vorteil besteht für die Wandelschuldverschreibungsinhaber, wenn der Aktienkurs höher als der Wandlungspreis ist, ein Nachteil würde sich dagegen für die Wandelobligationäre ergeben, wenn der Aktienkurs unter dem Wandlungspreis notiert. Vgl. hierzu ausführlich Janssen, S. 166 ff.
198
F. Schutz der Wandelobligationäre
• Beispiel 16: Keine Absicherung aller Wandelaktien nach Anpassung der Wandelbedingungen Im obigen Beispiel 12 musste für alle Wandelaktien ein Sicherungskapital i. H. v. mindestens 69.443.750 € beschlossen worden sein. Dieses Kapital wäre erforderlich gewesen, wenn alle Wandlungsrechte zu den ursprünglichen Bedingungen ausgeübt worden wären. Die 125.000 Teilwandelobligationen hätten jeweils in 111,11 Aktien gewandelt werden können. Dies entspricht somit 13.888.750 Mio. jungen Aktien. Bei einem Nennwert von 5 € je Aktie wäre eine Sicherungskapital i. H. v. 69.443.750 € erforderlich gewesen. Im Beispielsfall wurde das Sicherungskapital in genau dieser Höhe bewilligt. Nach der Anpassung könnten die 125.000 Teilschuldverschreibungen in jeweils 113,21 Aktien gewandelt werden. Insgesamt könnten somit 14.151.250 neue Aktien entstehen. Nach der Anpassung wäre somit ein Sicherungskapital von 70.756.250 € notwendig. Aufgrund der Reduzierung des Wandlungspreises würden folglich weitere 262.500 Wandelaktien entstehen. Hierfür wäre ein weiteres Sicherungskapital i. H. v. 1.312.500 € erforderlich, damit diese zusätzlichen Wandlungsrechte garantiert sind. Diese mangelhafte Absicherung kann für die Wandelobligationäre im Fall der Ausübung des Wandlungsrechts einen beachtlichen Nachteil darstellen.443
Als Lösung dieses Problems kommen drei Alternativen in Betracht: • Das Kapital wird von Gesetzes wegen angepasst. • Die Hauptversammlung muss das Sicherungskapital mittels Beschluss erhöhen. • Die Hauptversammlung bewilligt bereits von Anfang an ein deutlich höheres Wandlungskapital mit einem Sicherheitspuffer für eventuelle Veränderungen durch Verwässerungsschutzklauseln.444 Eine Anpassung durch diese Art von Verwässerungsschutz wäre zwar grundsätzlich möglich, ist aber aufgrund der soeben aufgezeigten Schwächen und Nachteile nicht zu empfehlen. (2) Formelmäßige Anpassung des Wandlungspreises (veraltet) Lange Zeit war es üblich den Verwässerungsschutz bei einer effektiven Kapitalerhöhung durch die folgende formelmäßige Anpassung des Wandlungspreises sicherzustellen:445 443 Linnhoff,
DB 1955, S. 1192, 1195. hierzu: Linnhoff, DB 1955, S. 1192, 1195. 445 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 132; Janssen, S. 171; Gallego Sánchez, S. 159 f.; v. Gleichenstein, AG 1964, S. 141, 143; Heubel, S. 223.; schon frühe Kritik hierzu: Welcker, S. 52 f.; wohl auch noch heute Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 221, Rn. 193. 444 Vgl.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 199 Pn =
(K ´ Pa) + (k ´ E) K +k
Teilweise wird diese Formel auch in der Form ausgedrückt, dass nicht der geminderte Wandlungspreis ausgerechnet wird, sondern der Ermäßigungsbetrag, um den der Wandlungspreis reduziert wird. Rechnerisch gesehen führen jedoch beide Formeln zu dem gleichen Ergebnis.446 Pn = Pa – Q Q = Pn = Pa = K = k = E = Q =
Pa - E (K : k) + 1
ermäßigter Wandlungspreis ursprünglicher Wandlungspreis vor Kapitalerhöhung Grundkapitalbetrag vor Kapitalerhöhung oder Anzahl der alten Aktien Nennbetrag der effektiven Kapitalerhöhung oder Anzahl der jungen Aktien Emissionskurs für eine junge Aktie Ermäßigungsbetrag
• Beispiel 17: Verwässerungsschutz bei einer effektiven Kapitalerhöhung mit Hilfe der veralteten Formel Im obigen Beispiel 12 wurde das Grundkapital von 250 Mio. € um 50 Mio. € auf 300 Mio. € durch eine effektive Kapitalerhöhung heraufgesetzt. Der Emissionskurs einer jungen Aktie lag bei 9 €. Der ursprüngliche Wandlungspreis für eine Aktie lag ebenfalls bei 9 €. Würde man den neuen Bezugspreis entsprechend obiger Formel anpassen, so würden sich die Wandelbedingungen folgendermaßen ändern: Pn =
(K ´ Pa) + (k ´ E) (250 Mio . €´ 9 €) + (50 Mio . €´ 9 €) = = K +k 250 Mio . € + 50 Mio . €
= 2.700 Mio . € = 9 € 300 Mio . € oder 9 €- 9 € =0 Q = Pa - E = (K : k) + 1 (250 Mio . € : 50 Mio . €) + 1 Der angepasste Wandlungspreis bleibt im vorliegenden Beispiel unverändert bei 9 €. Auf die Wandelschuldverschreibung würde sich eine Anpassung nach obiger Formel damit nicht auswirken:
446 Janssen,
S. 172.
200
F. Schutz der Wandelobligationäre
Kennzahlen
Vor Kapitalerhöhung
Nach Kapitalerhöhung und Anpassung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
1.092,59 € (111,11 Aktien × 9,83 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.000 €
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
111,11 €
92,59 € (–18,52 €)
Wandlungspreis
9,00 €
9,00 €
Wandlungsverhältnis
111,11
111,11
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
18,80 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
+9,22 % (≙ 9,83 € : 9,00 €)
An diesem Beispiel wird besonders deutlich, dass diese Formel keinen vollkommenen Ausgleich garantieren kann. Da in dieser Konstellation der Emissionskurs der jungen Aktien und der Wandlungspreis identisch sind, tritt nach dieser Verwässerungsschutzmodalität überhaupt keine Veränderung ein. Diese Ausgleichsformel kann somit die Interessen der Wandelobligationäre nicht angemessen schützen. Finanzmathematisch auseinandergesetzt haben sich hiermit bereits einige Arbeiten, weshalb für Einzelheiten auf diese verwiesen wird.447 Alle Abhandlungen sind zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Formel einen unzureichenden Schutz bietet. Nur für den Fall, dass der Emissionskurs der jungen Aktien unter dem Wandlungspreis liegt, tritt nach dieser Formel eine Reduzierung des Wandlungspreises ein. Andererseits kann diese Formel absurde Ergebnisse liefern, wenn der Emissionskurs der jungen Aktien über dem Wandlungspreis aber unter dem Aktienkurs liegt. In diesem Fall würde der Wandlungspreis sogar erhöht werden, so dass die Wandelobligationäre doppelt benachteiligt würden. Würden die jungen Aktien dagegen zu einem unter dem Wandlungspreis liegen Börsenkurs oder theoretisch zu einem über dem Aktienkurs liegen447 Ludwig, Kredit und Kapital 1977, S. 91, 93 f.; Janssen, S. 173 ff.; Heubel, S. 223 ff.; Welcker, S. 52 f.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 201
den Emissionspreis platziert werden, so würden die Wandelobligationäre bevorzugt werden.448 Außerdem sollten der Aktienkurs und der ursprüngliche Wandlungspreis nicht zu weit auseinander liegen, wenn diese Formel zu gerechten Ergebnissen führen soll. Anderweitig würde sich das relative Kursabstandverhältnis zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs verzerren, was je nach Einzelfall Vor- oder Nachteile für den Wandelobligationär auslösen kann.449 Die Anwendung dieser Formel als Verwässerungsschutzklausel kann somit nur für bestimmte Einzelfälle zu einem gerechten Ausgleich führen. Doch selbst für diese wenigen Konstellationen kann obige Anpassungsformel nicht dafür Sorge tragen, dass die vermögensrechtliche und herrschaftsrechtliche Verwässerung immer vollkommen ausgeglichen wird. Im obigen Beispiel etwa waren der Emissionskurs und Wandlungspreis identisch, so dass überhaupt keine Veränderungen eintraten. Ein Verwässerungsschutz nach dieser Formel ist somit, insbesondere aufgrund der mangelhaften Effizienz, abzulehnen und wird heute so auch kaum noch verwendet. (3) Formelmäßige Anpassung des Wandlungspreises (aktuell) Heute werden in den Wandelschuldverschreibungsbedingungen überwiegend modernere Formeln benutzt, die das Wandlungsverhältnis oder den Wandlungspreis effektiver anpassen können. Sie alle existieren in unterschiedlichen Ausprägungen, beruhen jedoch auf demselben Prinzip und kommen daher zu einem identischen Ergebnis:450
(
)
é E +D E + Dù Pn = Pa x ê Na x 1 + ú Bk Bk û ë Nn Pn = angepasster Wandlungspreis Pa = ursprünglicher Wandlungspreis vor Kapitalerhöhung Nn = Anzahl der Aktien nach der Kapitalerhöhung
448 Vgl. hierzu ausführlicher: Ludwig, Kredit und Kapital 1977, S. 91, 102 f.; Janssen, S. 173 ff. (insbesondere S. 177); Heubel, S. 224 f.; Gallego Sánchez, S. 161 f. 449 Vgl. hierzu die Beispiele bei Janssen, S. 174 f. 450 So auch schon Welcker, S. 55, 60 f. (der jedoch wiederum eine andere als die heutige mathematische Formel verwendet, die aber auf denselben Prinzip beruht); Kallrath, S. 168, Fn. 716; wohl auch: Schlitt/Hemeling, in: Habersack/Mülbert/ Schlitt, § 10, Rn. 63, Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 154; Schlitt/Kammelohr, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 11, Rn. 30 (befürworten diesen Verwässerungsschutz auch bei Umtauschanleihen). Wann diese Formeln zum ersten Mal verwendet und von wem diese entwickelt wurden, konnte nicht geklärt werden. Die früheste Abhandlung zu dieser Verwässerungsschutzklausel ist die von Welcker, S. 55, 60 f.
202
F. Schutz der Wandelobligationäre
Na = Bk = E = D =
Anzahl der Aktien vor der Kapitalerhöhung Kurs der Aktie Emissionskurs für eine junge Aktie Dividendennachteil der neuen gegenüber den alten Aktien
Teilweise wird eine Formel verwendet, die nicht den Wandlungspreis, sondern das angepasste Wandlungsverhältnis berechnet: Vn = Va ´
V n Va N n N a B k E D
= = = = = = =
1 Na ´ 1 - E + D + E + D Nn Bk Bk
(
)
angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis vor Kapitalerhöhung Anzahl der Aktien nach der Kapitalerhöhung Anzahl der Aktien vor der Kapitalerhöhung Kurs der Aktie Emissionskurs für eine junge Aktie Dividendennachteil der neuen gegenüber den alten Aktien
Schließlich existiert noch eine weitere Formel, die grundsätzlich auf dem gleichen Prinzip beruht, jedoch nicht den Dividendennachteil bei der Anpassung berücksichtigt: Pn = Pa ´ Bk - Bz Bk
P n Pa Bk Bz
= = = =
angepasster Wandlungspreis ursprünglicher Wandlungspreis vor Kapitalerhöhung Kurs der Aktie Kurs des Bezugsrechts
Im Folgenden werden die obigen Formeln anhand eines Beispiels überprüft. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass aus Gründen der Vereinfachung und Einheitlichkeit der Dividendennachteil nicht berücksichtigt und daher mit 0 angesetzt wird. • Beispiel 18: Verwässerungsschutz bei einer effektiven Kapitalerhöhung mit Hilfe der aktuellen Formel Im obigen Beispiel 12 wurde das Grundkapital von 250 Mio. € um 50 Mio. € auf 300 Mio. € durch eine effektive Kapitalerhöhung heraufgesetzt. Der Emissionskurs einer jungen Aktie lag bei 9 €. Der ursprüngliche Wandlungspreis für eine Aktie betrug ebenfalls 9 €. Der Bilanzkurs lag vor der Kapitalerhöhung bei 10 €. Würde man den Wandlungspreis bzw. das Wandlungsverhältnis entsprechend obiger Formeln anpassen, so würden sich die Wandelbedingungen folgendermaßen ändern:
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 203
(
)
(
)
é é50 Mio . E +D E + Dù 9 € +0 9 € + 0ù Pn = Pa ´ ê Na ´ 1 + ´ 1+ ú = 9 €´ ê ú= Bk Bk û 10 € 10 € û ë Nn ë60 Mio . = 8,85 € oder V = Va ´
1 1 = 111,11´ = 50 Mio . ´ 1 - 9 € + 0 + 9 € + 0 Na ´ 1 - E + D + E + D 60 Mio . 10 € 10 € Nn Bk Bk
(
)
(
)
= 112,99435 oder Pn = Pa ´
(Bk - Bz) (10 € - 0,1667 €) = 9 €´ = 8,85 € Bk 10 €
Da sich Wandlungsverhältnis und Wandlungspreis gegenseitig beeinflussen, wird durch die Anpassung eines Parameters automatisch der andere angeglichen. V=
Nennwert Teilwandelobligation Wandlungspreis
Vneu = 1000 € = 112,99 8,85 €
P=
Nennwert Teilwandelobligation Wandlungsverhältnis
Pneu = 1000 € = 8,85 € 112,99
Auf die Wandelschuldverschreibung würde sich eine Anpassung nach obigen Formeln damit folgendermaßen auswirken: Kennzahlen
Vor Kapitalerhöhung
Nach Kapitalerhöhung und Anpassung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
1.111,11 € (112,99 Aktien × 9,83 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.000 €
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
111,11 €
111,11 €
Wandlungspreis
9,00 €
8,85 €
Wandlungsverhältnis
111,11
112,99 (Fortsetzung nächste Seite)
204
F. Schutz der Wandelobligationäre
Tabelle (Fortsetzung) Kennzahlen
Vor Kapitalerhöhung
Nach Kapitalerhöhung und Anpassung
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
19,05 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
+11,11 % (≙ 9,83 € : 8,85 €)
Diese Verwässerungsschutzformeln führen dazu, dass die vermögensrechtliche Verwässerung exakt ausgeglichen werden kann. Durch sie wird der Wandlungspreis genau in der Weise angepasst, dass der ursprüngliche finanzielle Vorteil wieder hergestellt wird. Besonders hervorzuheben ist, dass das relative Kursabstandsverhältnis zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs durch diese Formeln völlig unverändert bleibt. Diese Ausgleichsformeln gewährleisten daher einen vollkommenen vermögensrechtlichen Verwässerungsschutz. Jedoch besteht bei dieser Modalität auch der Nachteil, dass er nicht in der Lage ist die herrschaftsrechtliche Verwässerung vollständig wettzumachen. Wie dies bewerkstelligt werden könnte, wird an späterer Stelle erläutert.451 (4) Weitere Anpassungsformeln (a) Ludwigs Formel Wolfgang Ludwig hat eine Formel entwickelt, die eine Kombination aus einer Beteiligung an der Kapitalerhöhung durch Bezugsrechtseinräumung und Wandlungspreissenkung darstellt.452 Er schlägt vor, den Obligationär mit einem Bruchteil (1–v) an der Kapitalerhöhung zu beteiligen und anhand dieses Bruchteils v die anteilige Reduzierung des Wandlungspreises zu bestimmten. Dabei setzt sich v selbst aus einer sehr komplexen und unübersichtlichen Formel zusammen:
( ) ( ) ) ( ( )
é1 - h’ Kv ù ´ B êë Pa úû v= é é Kv ù Kv ù Kv Kv êë1 - h’ Pa úû ´ B + B ´ êë h Pa - h’ Pa ´ Av - 1 úû
(
( ) (
))
451 Vgl. hierzu die Ausführungen unter dem Punkt: Herrschaftsrechtlicher Ausgleich auf zweiter Ebene auf S. 212 ff. 452 Ludwig, Kredit und Kapital 1977, S. 91, 105 ff.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 205 Kv = Kurs der Aktie vor Kapitalerhöhung Pa = ursprünglicher Wandlungspreis h’ = Steigung der Optionsscheinkurve h (x) = Steigung der Kurve des Optionsscheinkurses in Abhängigkeit von dem auf W normierten alten Aktienkurs, also x = Kv Pa ’ v = Verteilungsfaktor B = Bezugsrechtswert
Eine Bewertung und Überprüfung dieser Formel ist an dieser Stelle nicht möglich aber auch nicht erforderlich. Zum einen können bereits die aktuellen Verwässerungsschutzformeln einen idealen vermögensrechtlichen Ausgleich mittels einer Senkung des Wandlungspreises bewerkstelligen. An späterer Stelle wird aufgezeigt, wie diese Verwässerungsschutzmodalität ausgebaut werden muss, damit auch ein vollkommener herrschaftsrechtlicher Verwässerungsschutz gewährleistet werden kann. Zum anderen existiert bereits eine Abhandlung mit einer Auswertung dieser komplexen Formel. In dieser wurde jedenfalls festgestellt, dass auch Ludwigs Formel zu geringen Fehlern führt, wenn der Wert des Wandlungsrechts im Vergleich zum Wandlungspreis klein ist. Bei zu großen Wertunterschieden zwischen obigen Faktoren kann die Formel jedoch auch wieder zu ungenau sein.453 Allgemein erscheint es zudem äußerst fragwürdig, ob ein derart komplexer mathematischer Satz zur Transparenz des Verwässerungsschutzes beitragen kann. An der Effektivität dieser Formel bestehen schließlich auch deshalb Zweifel, weil diese Abhandlung über 35 Jahre alt ist und diese Modalität trotz seiner langen Existenz in der Wissenschaft kaum Resonanz gefunden hat. (b) Janssens Lösungsvorschlag Friedrich Janssen schlägt vor, dass die Emittentengesellschaft bei einer effektiven Kapitalerhöhung dem Wandelobligationär die Differenz zwischen dem durchschnittlichen Kurs der Wandelobligation vor und nach der Kapitalerhöhung zu erstatten hat. Beachtlich ist, dass sich Janssen zuvor eingehend ökonomisch mit den verschiedenen Verwässerungsklauseln auseinander gesetzt hat und trotzdem einen derart schlichten Verwässerungsschutz vornehmen will. Er begründet dies mit der Ausgeschlossenheit eines vollkommenen Verwässerungsschutzes und geht davon aus, dass ein einfacher und für die Investoren leicht durchschaubarer Verwässerungsschutz insgesamt zu bevorzugen ist, da solche Verwässerungsschutzklauseln vom Markt privilegiert akzeptiert werden.454 Diese Verwässerungsschutzvariante ist freilich nicht nur wegen der höchst fragwürdigen Begründung abzulehnen, sondern 453 So
Janssen, S. 183. S. 185 f.
454 Janssen,
206
F. Schutz der Wandelobligationäre
auch aufgrund seiner Ineffektivität. Durch diese Form von Ausgleich findet nämlich nur ein nachträglicher vermögensrechtlicher Ausgleich statt. Die herrschaftsrechtliche Benachteiligung wird dabei völlig vernachlässigt. Ebenso wird das relative Kursabstandsverhältnis mangels Reduzierung des Wandlungspreises nicht verändert. Eine tiefere Analyse dieser Anpassungsmethode erübrigt sich somit. dd) Sonstige Verwässerungsschutzklauseln Den heute gängigen Verwässerungsschutzmodalitäten gingen andere Klauseln voraus, welche mittlerweile kaum mehr Verwendung finden. Vereinzelt werden sie jedoch noch als Hilfsfunktion verwendet. Der Vollständigkeit halber sollen diese kurz erwähnt werden: So hat sich früher teilweise der Vorstand dazu verpflichtet der Hauptversammlung vorzuschlagen, dass diese den Wandelobligationären ein Bezugsrecht einräumt, welches dem der Aktionäre entspricht. Die Auswirkungen und die Effektivität wären identisch mit einer vertraglichen Bezugsrechts einräumung.455 Da eine derartige Vorschlagpflicht aber nicht bindend ist, kann sie keine zufriedenstellende Lösung liefern. Diese Modalität hat sich demnach nicht durchgesetzt. Zudem ist der Vorstand nicht berechtigt, Pflichten dieser Art zu übernehmen.456 Eine weitere Alternative war die Verpflichtung eines Großaktionärs einer Kapitalerhöhung nur dann zuzustimmen, wenn die Hauptversammlung den Wandelobligationären ein entsprechendes Bezugsrecht auf die jungen Aktien gewährt. Nachteil dieser Klausel ist, dass sie nur in Ausnahmefällen möglich ist, nämlich wenn ein Großaktionär vorhanden und auch bereit ist diese Verpflichtung zu übernehmen. Außerdem funktioniert diese Klausel nur solange der Großaktionär im Besitz der notwendigen Sperrminorität ist.457 Eine weitere früher gängige Verwässerungsklausel war die Verpflichtung der Gesellschaft, die Konditionen, unter denen die Wandlung erfolgen soll, 455 Vgl. hierzu die bereits Ausführungen unter dem Punkt: Einräumung eines Bezugsrechts auf S. 180 ff. 456 Loos, DB 1960, S. 515, 518, Linnhoff, DB 1955, S. 1192, 1195; Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221, Rn. 189; Gallego Sánchez, S. 169. 457 Loos, DB 1960, S. 515, 517 f.; Linnhoff, DB 1955, S. 1192, 1195; Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221, Rn. 189; Meyer, BB 1955, S. 549, 551; Gallego Sánchez, S. 169; Janssen, S. 154; bezüglich der Effektivität dieser Verwässerungsschutzmodalität ist wiederum auf die Ausführungen unter dem Punkt: Einräumung eines Bezugsrechts auf S. 180 ff. zu verweisen.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 207
„an die neuen Kapitalverhältnisse anzupassen“.458 Heutzutage würde es nach der hier vertretenen Ansicht keinen Unterschied machen, ob eine solche Klausel vorhanden ist oder nicht. Da es mittlerweile einen anerkannten, gesetzlich verankerten Verwässerungsschutz gibt, könnte eine entsprechende Anpassung bereits mit Hilfe einer ergänzenden Vertragsauslegung vorgenommen werden. Eine derart vage Klausel würde also nur das vertraglich festsetzen, was bereits gesetzlich reguliert ist.459 Schließlich wurde in der Literatur vorgeschlagen, dass bei einer Wandelschuldverschreibungsemission bereits von Beginn an ein zusätzliches bedingtes Kapital beschlossen wird, mit dem Ziel bei jeder künftigen Kapitalerhöhung Aktien für die Wandelobligationäre aus den vertraglich zugesicherten Bezugsrechten bereitzuhalten. Da das bedingte Kapital kein gesetzliches Bezugsrecht der Aktionäre kennt und diese Klausel mit dem Zweck des § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG im Einklang steht, erscheint diese Alternative unbedenklich. Jedoch haben die mit diesem Verfahren entstehenden Kosten und die Unvorhersehbarkeit des Eigenkapitalbedarfs der Gesellschaft dazu geführt, dass sich die Schutzklausel nicht durchgesetzt hat.460 Weiterhin wäre noch einzuwenden, dass sie die Benachteiligung nicht vollständig wettmachen kann, da der Wandlungspreis nicht verhältnismäßig angepasst werden würde. Sie würde nur wieder zu demselben Ergebnis wie die Einräumung eines Bezugsrechts hinauslaufen. Zuletzt wurde sich auch dahingehend geäußert, den Wandelgläubigern eine Ausgleichszahlung in Höhe des Bezugsrechts zukommen zu lassen.461 Diese Klausel wird den Interessen des Wandelobligationärs jedoch nicht im Geringsten gerecht. Weder gleicht sie die vermögensrechtliche Verwässerung aus. Noch wird durch sie der Wandlungspreis entsprechend angepasst, was aber eine zwingende Voraussetzung für einen effektiven Verwässerungsschutz ist, denn nur so kann das relative Kursabstandsverhältnis wieder seinen ursprünglichen Werten angenähert werden.462
458 Vgl. hierzu: Loos, DB 1960, S. 543, 544; Linnhoff, DB 1955, S. 1192, 1195; Gallego Sánchez, S. 170; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 129; v. Gleichenstein, AG 1964, S. 141, 143; Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/ Kropff, AktG, § 221, Rn. 191. 459 A. A. Gallego Sánchez, S. 170. 460 Loos, DB 1960, S. 515, 518 (m. w. N.); Gallego Sánchez, S. 170. Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221, Rn. 187; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 296. 461 Loos, DB 1960, S. 515, 518. 462 Vgl. hierzu die Ausführungen unter dem Punkt: Anpassung mit Hilfe des durchschnittlichen Bezugsrechtswerts auf S. 194 f.
208
F. Schutz der Wandelobligationäre
ee) Lösungsvorschlag Für einen effektiven und vollkommenen Verwässerungsschutz muss der folgende Aspekt, der das Wesen einer Wandelschuldverschreibung betrifft, beachtet werden: Dem Wandlungsrecht wohnt naturgemäß ein Spekulationscharakter inne, denn die Obligationäre nehmen einen – zum Kapitalmarkt üblichen – geringeren Zinssatz der Schuldverschreibung hin, um später im Gegenzug durch Ausnutzung des Wandlungsrechts Aktien zu einem bevorzugten Preis zu erlangen. Das Wandlungsrecht ist ein möglicher Bonus für die Akzeptanz eines niedrigen Zinssatzes. Ob dieser Bonus aber tatsächlich realisierbar wird, ergibt sich erst im Laufe der Zeit. Je nach Ausgestaltung kann die Wandlung während eines bestimmten Zeitraums oder am Ende der Laufzeit vorgenommen werden. Erst mit der Wandlung besteht Gewissheit, ob die Hinnahme des geringeren Zinssatzes durch das Wandlungsrecht wieder ausgeglichen wird oder nicht. Dieser spekulative Charakter macht die Essenz des Wandlungsrechts aus.463 Aufgrund dieser spekulativen Eigenart beruhen die Interessenschwerpunkte der Investoren auf finanziellen Motiven. Würde es den Anlegern vorwiegend um Beteiligungsrechte, also die herrschaftsrechtliche Position und Einflussnahme gehen, würden sie normalerweise nicht in Wandelschuldverschreibungen, sondern gleich in Aktien investieren. Bei einer Wandelobligation ist es nämlich ungewiss, ob sich der Kurs der Aktie positiv entwickeln wird, so dass der Anleger von seinem Wandlungsrecht Gebrauch machen kann und damit später Aktionär wird. Gleichwohl lässt sich nicht leugnen, dass dem Wandlungsrecht auch ein sekundärer herrschaftsrechtlicher Aspekt innewohnt.464 Dieser ist jedoch bedingt von einer werthaltigen Entwicklung des Wandlungsrechts. Lohnt sich die Ausübung nicht, kann und wird der Investor die Aktien direkt erwerben, da er sie so günstiger erlangen kann. Die Anleger investieren daher primär in Wandelobligationen, weil sie ihnen neben dem Zinssatz der Schuldverschreibung eine extra Rendite durch das Wandlungsrecht in Aussicht stellen und nicht um ihre mitgliedschaftlichen Beteiligungen auszubauen. Letzteres wäre nur ein sekundäres Motiv, welches von der werthaltigen Entwicklung des Wandlungsrechts abhängt. Die Anleger entscheiden sich daher vielmehr hauptsächlich aus spekulativen und damit vermögensrechtlichen Aspekten zum Kauf einer Wandelobliga tion. Einzig diese Motivation ist bestimmend. 463 Zum Spekulationswesen des Wandlungsrechts vgl. statt vieler: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 192, Rn. 35; § 221, Rn. 9, 17; Hueck, DB 1963, S. 1347; Gallego Sánchez, S. 125 ff.; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 10, 13. 464 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 133 der als Ziel des Verwässerungsschutzes eine wirtschaftliche Gleichstellung mit dem Aktionär anerkennt.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 209
Wenn die Interessen des Anlegers aber primär den vermögensrechtlichen Aspekten gelten, dann wäre es widersinnig dem herrschaftsrechtlichen Schutz Vorrang einzuräumen. Genau das bewirkt aber die Verwässerungsschutzklausel, die den Obligationären ein Bezugsrecht auf die jungen Aktien einräumt.465 Noch widersprüchlicher an diesem Verwässerungsschutz ist, dass die Wandelobligationäre grundsätzlich so behandelt werden, als ob sie bereits von ihrem Wandlungsrecht Gebrauch gemacht haben und Aktionäre wären. Hierdurch wird der spekulative Charakter durchbrochen, da die Obligationäre bereits vor der endgültigen Ausübung des Wandlungsrechts einen Ausgleich in Form von Bezugsrechten erlangen. Die Vermögensvorteile aus den Wandlungsrechten sollten den Obligationären erst dann zugutekommen, wenn diese von ihrem Wandlungsrecht Gebrauch gemacht haben. Denn ab diesem Zeitpunkt steht fest, dass die Bedingungen des spekulativen Wesens endgültig eingetreten sind. Die Einräumung eines Bezugsrechts steht damit in Widerspruch zum Spekulationscharakter, da die Wandelobligationäre bereits vor der endgültigen Ausübung des Wandlungsrechts einen teilweisen Bonus erhalten. Besonders gravierend wirkt sich dies zulasten der Aktionäre in dem Fall aus, wenn die Wandlungsrechte am Ende der Laufzeit überhaupt nicht ausgeübt werden. Die Obligationäre hätten dann einen Teilbonus erhalten, obwohl sie ihr Wandlungsrecht nicht ausgeübt haben. Die Einräumung eines Bezugsrechts würde somit einen viel zu weitgehenden Schutz darstellen, der über die eigentlichen vermögensrechtlichen Interessen der Anleger hinausginge. Primär sollte vielmehr ein vermögensrechtlicher Verwässerungsschutz etabliert werden, da er dem Wesen des Wandlungsrechts naturgemäß gerechter wird. Nach diesen Ausführungen ergibt sich, dass aufgrund des spekulativen Charakters der Wandelschuldverschreibungen zunächst dem vermögensrechtlichen Verwässerungsschutz Priorität eingeräumt werden muss. Erst im Anschluss ist sekundär ein beteiligungsrechtlicher Ausgleich vorzunehmen. Hierbei ist sicherzustellen, dass den Obligationären tatsächlich erst nach der Ausübung des Wandlungsrechts die Vorteile zugutekommen. Diese Modalität würde einen vollkommenen Verwässerungsschutz darstellen, der dem Wesen des Wandlungsrechts am gerechtesten wird und wohl in dieser Form den allgemeinen Rechtsgedanken des Verwässerungsschutzes (vgl. „unberührt“ in § 216 Abs. 3 S. 1 AktG) am besten widerspiegelt. Daher wird folgender zweigliedriger Lösungsweg vorgeschlagen:
465 Vgl. hierzu die bereits Ausführungen unter dem Punkt: Einräumung eines Bezugsrechts auf S. 180 ff.
210
F. Schutz der Wandelobligationäre
(1) Vermögensrechtlicher Ausgleich auf erster Ebene Von obigen Verwässerungsschutzklauseln waren nur die mittlerweile heute aktuellen Anpassungsformeln in der Lage, die vermögensrechtliche Verwässerung unter Berücksichtigung des relativen Kursverhältnisses vollkommen auszugleichen. Diese Verwässerungsschutzform ist auf der ersten Ebene des Verwässerungsschutzes zu übernehmen.466
(
)
é E +D E + Dù Pn = Pa ´ ê Na ´ 1 + ú Bk Bk û ë Nn
oder é ù ê ú 1 ê ú Vn = Va ´ ê ú ê Na ´ 1 - E + D + E + D ú êë Nn Bk Bk úû
(
)
oder Pn = Pa ´ Bk - Bz Bk
Pn = Pa = Vn = Va = Nn = Na = Bk = E = D = Bz =
angepasster Wandlungspreis ursprünglicher Wandlungspreis vor Kapitalerhöhung angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis vor Kapitalerhöhung Anzahl der Aktien nach der Kapitalerhöhung Anzahl der Aktien vor der Kapitalerhöhung Kurs der Aktie Emissionskurs für eine junge Aktie Dividendennachteil der neuen gegenüber den alten Aktien Kurs des Bezugsrechts
• Beispiel 19: Vollkommener vermögensrechtlicher Verwässerungsschutz bei einer effektiven Kapitalerhöhung (1. Ebene) Im obigen Beispiel 12 wurde das Grundkapital von 250 Mio. € um 50 Mio. € auf 300 Mio. € durch eine effektive Kapitalerhöhung heraufgesetzt. Der Emissionskurs einer jungen Aktie lag bei 9 €. Der ursprüngliche Wandlungspreis für eine Aktie betrug ebenfalls 9 €. Der Aktienkurs lag vor der Kapitalerhöhung bei 10 €. Durch eine Anpassung des Wandlungspreises / Wandlungsverhältnisses mit Hilfe der aktuellen Ausgleichsklauseln verändern sich die Werte folgendermaßen:467 466 Vgl. hierzu bereits die Ausführungen oben unter dem Punkt: Formelmäßige Anpassung des Wandlungspreises (aktuell) auf S. 201 ff. 467 Der Dividendennachteil bleibt hier wiederum aus Gründen der Vereinfachung und Einheitlichkeit unberücksichtigt.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 211
(
)
(
)
é é50 Mio . E +D E + Dù 9 € +0 9 € + 0ù Pn = Pa ´ ê Na ´ 1 + ´ 1+ ú = 9 €´ ê ú= Bk Bk û 10 € 10 € û ë Nn ë60 Mio . = 8,85 € oder Pn = Pa ´
(Bk - Bz) (10 € - 0,1667 €) =9 € ´ = 8,85 € Bk 10 € oder
V = Va ´
1 1 = 111,11 ´ = Na ´ 1 - E + D + E + D 50 Mio . ´ 1 - 9 € + 0 + 9 € + 0 60 Mio . 10 € 10 € Nn Bk Bk
(
)
(
)
= 112,99435
Da Wandlungsverhältnis und Wandlungspreis miteinander korrelieren, wird durch die Harmonisierung eines Parameters der andere ebenfalls automatisch angepasst.468 Die Angleichung würde sich damit zunächst folgendermaßen auf die Wandelobligation auswirken: Kennzahlen
Vor Kapitalerhöhung
Nach Kapitalerhöhung und Anpassung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
1.111,11 € (112,99 Aktien × 9,83 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.000 €
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
111,11 €
111,11 €
Wandlungspreis
9,00 €
8,85 €
Wandlungsverhältnis
111,11
112,99
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
19,05 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
+11,11 % (≙ 9,83 € : 8,85 €)
468 Vgl. hierzu bereits die Ausführungen oben unter dem Punkt: Formelmäßige Anpassung des Wandlungspreises (aktuell) auf S. 201 ff.
212
F. Schutz der Wandelobligationäre
Der besondere Vorteil an diesen Formeln ist, dass bisher einzig sie in der Lage sind, das relative Kursabstandsverhältnis perfekt anzugleichen. Mit Hilfe dieser Anpassungsformeln kann daher ein vollkommener vermögensrechtlicher Verwässerungsschutz realisiert werden. Schwachpunkt dieser Verwässerungsschutzklauseln ist jedoch, dass sie nicht dazu befähigt sind, eine vollständige herrschaftsrechtliche Harmonisierung zu gewährleisten. Deshalb muss den Obligationären auf einer zweiten Stufe ermöglicht werden, ihr theoretisches Beteiligungsverhältnis aufrecht zu erhalten. (2) Herrschaftsrechtlicher Ausgleich auf zweiter Ebene (Aufstockung) In einem zweiten Schritt muss nun ein weiterer herrschaftsrechtlicher Verwässerungsschutz etabliert werden. Dem Wandelobligationär muss hierzu die Möglichkeit eingeräumt werden, die Wandelschuldverschreibung in dem Verhältnis aufzustocken, dass er seinen bisherigen Grundkapitalanteil aufrechterhalten kann.469 Die Erhöhung soll dabei als Wahlrecht ausgestaltet werden. Soweit der Wandelgläubiger herrschaftsrechtliche Interessen verfolgt, kann er durch die Aufstockung seinen künftigen potentiellen Einfluss aufrechterhalten. Der Wandelobligationär muss dabei – genauso wie ein Aktionär bei der Ausübung des Bezugsrechts eine Einlage leistet – eine Gegenleistung erbringen. Das Wandlungsverhältnis muss in derselben Relation erhöht werden, wie das Grundkapital i. R. d. effektiven Kapitalerhöhung angehoben wurde. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass durch die formelmäßige Anpassung bereits ein geringfügiger Ausgleich stattgefunden hat. Ve = Va + (G ´Va )
Ve = notwendiges (angepasstes) Wandlungsverhältnis Va = ursprüngliches Wandlungsverhältnis G = Verhältnis, in dem das Grundkapital erhöht wurde
• Beispiel 20: Erforderliches Wandlungsverhältnis für vollkommenen herrschaftsrechtlichen Verwässerungsschutz Im obigen Beispiel 12 wurde das Grundkapital von 250 Mio. € um 50 Mio. € auf 300 Mio. € durch eine effektive Kapitalerhöhung heraufgesetzt. Ebenso muss das Wandlungsverhältnis um 1/5 angehoben werden. Ve = Va + (G ´Va ) = 111,11 + (0, 2 ´111,11) = 111,11 + 22, 22 = 133,33 Das Wandlungsverhältnis müsste sich effektiv aber nur um 20,34 (= 133,33 – 112,99) erhöhen. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass bereits durch die vermö469 Wohl
auch Zöllner, ZGR 1986, S. 286, 305 f.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 213 gensrechtliche Anpassung auf der ersten Ebene das Wandlungsverhältnis geringfügig gestiegen ist.
(a) Berechnung der Gegenleistung Für die Berechnung des zu leistenden Aufstockungsbetrags kommen verschiedene Möglichkeiten in Betracht. Der Aufstockungsbetrag der Wandelschuldverschreibung kann zum einen mit dem angepassten Wandlungspreis berechnet werden. • Beispiel 21: Berechnung des Aufstockungsbetrages anhand des angepassten Wandlungspreises (133,33 – 112,99) × 8,85 € = 20,34 × 8,85 € = 180 € Eine derartige Wertfestsetzung der Gegenleistung würde sich folgendermaßen auf die Wandelschuldverschreibung auswirken: Kennzahlen
Vor Kapitalerhöhung
Nach Kapitalerhöhung und Anpassung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
1.311,11 € (133,33 Aktien × 9,83 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.180 €
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
111,11 € ≙ 11,11 %
131,11 € ≙ 11,11 % (+20 €)
Wandlungspreis
9,00 €
8,85 €
Wandlungsverhältnis
111,11
Nach Aufstockung: 133,33
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
21,74 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
+11,11 % (≙ 9,83 € : 8,85 €)
Eine weitere Alternative ist es, den Aufstockungsbetrag mit dem ursprünglichen Wandlungspreis oder dem Bezugspreis der jungen Aktien zu berechnen. Im vorliegenden Beispiel waren der Emissionskurs und Wandlungspreis identisch.
214
F. Schutz der Wandelobligationäre
• Beispiel 22: Berechnung des Aufstockungsbetrages anhand des ursprünglichen Wandlungspreises oder dem Emissionskurs der jungen Aktien Da im obigen Beispiel 12 sowohl der Wandlungspreis als auch Emissionskurs der jungen Aktien bei 9 € festgesetzt waren, ergeben sich keine Unterschiede.
(133,33 – 112,99)´ 9,00 € = 20,34 ´ 9,00 € = 183,06 € Bei einem Aufstockungsbetrag in Höhe von 183,06 € würden sich die Kennzahlen der Wandelschuldverschreibung wie folgt verändern:470 Kennzahlen
Vor Kapitalerhöhung
Nach Kapitalerhöhung und Anpassung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
1.311,11 € (133,33 Aktien × 9,83 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.183,06 € –3,06 € in Kapital rücklage470 ≙ nominell 1.180 €
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
111,11 € ≙ 11,11 %
128,05 € ≙ 10,82 % (+ 16,95 €)
Wandlungspreis
9,00 €
8,85 €
Wandlungsverhältnis
111,11
Nach Aufstockung: 133,33
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
21,74 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+ 11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
+ 11,11 % (≙ 9,83 € : 8,85 €)
(b) Stellungnahme Durch die anteilige Aufstockung einer Teilschuldverschreibung könnte wahlweise in einem zweiten Schritt die herrschaftsrechtliche Verwässerung ausgeglichen werden. Um in den Genuss der herrschaftsrechtlichen Verwässerung zu kommen, muss der Obligationär dann jedoch einen Nachschuss (180 / 183,06 €) leisten. Dies ist insofern gerechtfertigt, da auch die Bezugs470 Vgl.
hierzu die Ausführungen unten im Beispiel 23 auf S. 216 f.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 215
rechtsinhaber, soweit sie von ihrem Recht Gebrauch machen, eine Einlage leisten müssen. Im vorliegenden Beispiel liegt es nun so, dass das Wandlungsrecht werthaltig ist. Eine Wertberechnung der Gegenleistung nach den soeben aufgezeigten Methoden würde eine klare Besserstellung des Wandelobligationärs und Benachteiligung der Aktionäre darstellen. Der Obligationär würde hier für die Hingabe von 180 / 183,06 € ein Recht bekommen, dass 200 € wert ist. Man kann daher annehmen, dass in diesem Fall jeder Obligationär von der Aufstockung Gebrauch machen wird. Dies ist aber nicht zwingend. Zum einen kann es der Fall sein, dass ein Wandelgläubiger nicht genügend freistehende Mittel hat, um die Teilwandelschuldverschreibungen aufzustocken. Zum anderen ist zu beachten, dass sich im Laufe der Zeit der Aktienkurs auch wieder nach unten bewegen kann. Dadurch könnte letztlich auch das Wandlungsrecht wieder wertlos werden. In diesem Zusammenhang ist weiter zu berücksichtigen, dass je nach Ausgestaltung der Wandelbedingungen das Wandlungsrecht nur zu bestimmten Zeitpunkten oder Zeiträumen ausgeübt werden kann. Eine Gewissheit, dass zum Zeitpunkt der Wandlung dieses Recht auch werthaltig ist, besteht daher in keiner Weise. Schließlich wäre es auch denkbar, für diesen Fall in den Bedingungen vertraglich einige Abmilderungen, wie z. B. zusätzliche Sperrfristen, vorzusehen. Zu beachten ist aber auch, dass ebenso der umgekehrte Fall eintreten kann, nämlich dass das Wandlungsrecht wertlos ist. In diesem Fall würden die Obligationäre eher nicht von der Aufstockung Gebrauch machen, da sie letztlich für ein Recht mehr zahlen müssten, als es eigentlich wert ist. In dieser Konstellation würden die Aktionäre bevorzugt und die Obligationäre benachteiligt werden. Gleichwohl ist es nicht ausgeschlossen, dass ein Obligationär, soweit er herrschaftsrechtliche Interessen verfolgt oder an eine positive Entwicklung glaubt, die Aufstockungsoption ausnutzt. Wesentlich ist aber, dass bei einer Bestimmung der Gegenleistung nach obigen Methoden immer der innere Wert der Teilschuldverschreibung verzerrt wird. Die Methoden führen letztlich nur zu Folgeverwässerungen oder Übervorteilungen. In vorliegenden Fall liegt es so, dass der Obligationär einen Arbitragegewinn erwirtschaften könnte, da das Wandlungsrecht werthaltig ist. Bei einem verhältnismäßigen Vergleich des eingesetzten Kapitals entsteht jeweils eine nahezu unveränderte Rendite von 11,11 / 10,82 %. Gerade dies erscheint aber nicht gerechtfertigt, da der Obligationär im Nachhinein seine Rendite aufrechterhalten kann, obwohl er das frische Kapital gerade erst zur Verfügung gestellt hat. Dies wäre mit dem spekulativen Charakter nicht zu vereinbaren. Außerdem würden die Aktionäre benachteiligt werden, da bei der Wandlung ihre Aktien verstärkt verwässern würden.
216
F. Schutz der Wandelobligationäre
Die Berechnung des Aufstockungsbetrags mit Hilfe des (angepassten) Wandlungspreises oder des Emissionspreises der jungen Aktien ist daher abzulehnen. Ein idealer Ausgleich wäre nicht möglich. Vielmehr würde das Problem nur verlagert werden. (c) Endlösung Daher ist es angebracht, den Aufstockungsbetrag mit dem Bilanzkurs nach der effektiven Kapitalerhöhung zu berechnen. Nur so könnte ein angemessener Ausgleich zwischen den Aktionären und Wandelobligationären geschaffen werden. Die Obligationäre könnten die Wandelschuldverschreibung zu den aktuellen Begebenheiten und Bedingungen aufstocken und dadurch künftigen herrschaftsrechtlichen Einfluss aufrechterhalten. • Beispiel 23: Berechnung des Aufstockungsbetrages anhand des Aktienkurses nach der effektiven Kapitalerhöhung Im obigen Beispiel 12 wurde das Grundkapital von 250 Mio. € um 50 Mio. € auf 300 Mio. € durch eine effektive Kapitalerhöhung heraufgesetzt. Nach dieser Kapitalerhöhung liegt der Bilanzkurs einer Aktie bei 9,83 €. Sollte man den erforderlichen Aufstockungsbetrags mit Hilfe dieses Bilanzkurses bestimmen, so müsste der Wandelgläubiger 200 € leisten, um seinen künftigen herrschaftsrechtlichen Einfluss aufrechtzuerhalten.
(133,33 – 112,99)´ 9,83 € = 20,34 ´ 9,83 € = 200 €
Da die Aufstockung sozusagen „über pari“ in Bezug auf den festgesetzten Wandlungspreis erfolgen würde, müssen 20 € in der Kapitalrücklage verbucht werden. Über pari ist die Aufstockung deshalb, da die Wandelschuldverschreibung nominell durch den Wandlungspreis (8,85 €) bestimmt wird. Vorliegend ist der Aufstockungsbetrag jedoch mit dem Bilanzkurs nach der Kapitalerhöhung (9,83 €) berechnet worden. Die Situation ist ähnlich einer Aktienemission, bei der z. B. Aktien mit einem Nennwert von 8,85 € am Kapitalmarkt zu 9,83 € platziert werden. Würde der Über-pari-Betrag nicht in die Kapitalrücklage verbucht werden, so würden sich das Wandlungsverhältnis und der Wandlungspreis verzerren. Nominell muss die Teilwandelschuldverschreibung 1.180 € wert sein, damit Wandlungspreis und Wandlungsverhältnis unverändert bleiben (133,33 × 8,85 € = 1.180 €). V=
Nennwert Teilwandelobligation Wandlungspreis
V = 1.180 € = 133,33 8,85 €
P=
Nennwert Teilwandelobligation Wandlungsverhältnis
P = 1.180 € = 8,85 € 133,33
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 217 Der Über-pari-Betrag lässt sich aus der Differenz zwischen dem Bilanzkurs nach der Kapitalerhöhung und dem angepassten Wandlungspreis, multipliziert mit der notwendigen effektiven Erhöhung des Wandlungsverhältnisses berechnen:
(9,8333 € – 8,85 €)´(133,33 – 112,99) = 20,00 € Letztlich würde sich dies folgendermaßen auf die Wandelschuldverschreibung auswirken: Kennzahlen
Vor Kapitalerhöhung
Nach Kapitalerhöhung und Anpassung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
1.311,11 € (133,33 Aktien × 9,83 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.200,00 € –20 € in Kapitalrücklage ≙ nominell 1.180 €
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
111,11 € ≙ 11,11 %
111,11 € ≙ 9,26 %
Wandlungspreis
9,00 €
8,85 €
Wandlungsverhältnis
111,11
Nach Aufstockung: 133,33
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
21,74 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
+11,11 % (≙ 9,83 € : 8,85 €)
Gibt man den Obligationären die Möglichkeit die Wandelschuldverschreibung unter Berücksichtigung des Aktienkurses nach der Kapitalerhöhung aufzustocken, so kann dadurch schlussendlich die vermögensrechtliche als auch die herrschaftsrechtliche Verwässerung vollkommen ausgeglichen werden. Insgesamt verringert sich zwar die Gesamtrendite, aber in diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass sich die Rendite nur deshalb verringert, weil das neue zur Verfügung gestellte Kapital sofort in die Berechnung mit einfließt. Auch den Aktionären gegenüber ist diese Anpassung billig. Sie werden nicht benachteiligt. Punktuell betrachtet erleiden sie keine vermögensrechtliche Verwässerung, da die Aufstockung „über pari“, also zu dem genauen Kurs nach der Kapitalerhöhung erfolgt. Herrschaftsrechtlich müssen die Aktionäre ebenfalls keine Einbuße hinnehmen, da nur der Zustand wieder-
218
F. Schutz der Wandelobligationäre
hergestellt wird, der vor der Kapitalerhöhung bereits bestanden hat. Außerdem liegt es im Ermessen der Obligationäre, ob sie von ihrem Wahlrecht, der Aufstockung der Wandelschuldverschreibung, Gebrauch machen wollen. Wegen der erforderlichen Gegenleistung werden keineswegs stets alle Obligationäre eine Aufstockung wählen. Im Einzelfall wird dies von der gesamten wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft abhängig sein. Hervorzuheben ist insbesondere, dass dieser Lösungsvorschlag durchweg zu gerechten Ergebnissen führt, unabhängig davon ob die Wandlungsrechte werthaltig sind oder nicht. Zudem kann durch diese wahlweise Anpassung auf der zweiten Ebene der spekulative Charakter der Wandelobligation voll aufrechterhalten werden, da den Wandelgläubigern richtigerweise erst zum Zeitpunkt der Ausübung die Vorteile dieser Verwässerungsschutzmodalität zugutekommen. Aufgrund des Fortschritts der Technik dürfte dieser Lösungsweg nicht an einem zu großen administrativen Mehraufwand scheitern. Mithilfe eines Computers, diverser Programme und des Internets dürften derartige Prozesse mit angemessenem Aufwand zu meistern sein. Theoretisch müssten nur die Wandelobligationäre von ihrem Wahlrecht über die Aufstockung und deren Konditionen benachrichtigt werden, um dann im Anschluss je nach Entscheidung des Obligationärs die Änderungen zu übernehmen. Ein Nachteil an der Aufstockungsmöglichkeit kann sich aber durch die rechtliche Gestaltung und die ungenügende Absicherung der zusätzlichen Wandlungsrechte ergeben. Sollte in den Wandelschuldverschreibungsbedingungen ein derartiger Verwässerungsschutz verankert werden, stellt sich zunächst die Frage, ob eine solche Klausel in Bezug auf § 187 AktG überhaupt wirksam wäre. Eine vorzeitige Zusicherung von Bezugsrechten ohne Vorbehalt an die Aktionäre wäre danach nicht möglich. Da es sich aber bei einer Aufstockung explizit um Wandlungsrechte i. S. v. § 221 AktG handelt, ist § 187 AktG nicht anwendbar. § 221 AktG würde dem § 187 AktG als lex specialis vorgehen.471 Eine Aufstockung der Wandelschuldverschreibung wäre somit auch nach dem geltenden Aktienrecht möglich, muss aber dann bereits von der Hauptversammlung i. R. d. Zustimmungs- oder Ermächtigungsbeschlusses besiegelt worden sein. 471 A. a. O. (vgl. Fußnoten 227, 239); vgl. hierzu bereits die Ausführungen oben unter dem Punkt: Anwendbarkeit des § 187 AktG? auf S. 96 ff. Dies stellt auch einen großen Vorteil zu dem Verwässerungsschutz, der den Wandelobligationären ein Bezugsrecht auf die jungen Aktien einräumt, dar. Das Bezugsrecht auf junge Aktien kann nicht wirksam im Voraus und nur unter Vorbehalt des Bezugsrechts der Altaktionäre zugesichert werden. In diesem Fall findet § 187 AktG Anwendung. Vgl. hierzu ausführlich den Punkt: Vereinbarkeit der vertraglichen Bezugsrechtszusage mit § 187 AktG auf S. 185 f.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 219
Damit die Wandlungsrechte aber auch tatsächlich gesichert sind, muss ein ausreichendes Kontingent an Sicherungskapital vorhanden sein. So wäre es möglich, dass von Anfang an beim Beschluss über die Emission der Wandelschuldverschreibung und der Absicherung dieser Rechte durch ein bedingtes oder genehmigtes Kapital einen eventuellen Mehrbedarf durch spätere Verwässerungsschutzmaßnahmen zu berücksichtigen. Dies kann dadurch erfolgen, dass zu dem ursprünglichen Sicherungskapital ein Aufschlag als Sicherheitspuffer für künftige zusätzliche Wandlungsrechte, die durch die potentielle Aufstockung entstehen können, beschlossen wird. • Beispiel 24: Erhöhter Bedarf an Sicherungskapital i. R. e. Aufstockung Im obigen Beispiel 12 musste theoretisch anfangs ein Sicherungskapital i. H. v. 69.443.750 € beschlossen worden sein. Diese Kapitalerhöhung war notwendig, um die 13.888.750 Wandelaktien mit einem Nennwert von 5 € später tatsächlich ausgeben zu können. Sollten im vorliegenden Beispiel alle Wandelobligationäre die Aufstockungsmöglichkeit ausnutzen, so müsste die Emittentin 16.666.250 Wandelaktien ausgeben. Hierfür wäre ein Sicherungskapital in Höhe von 83.331.250 € erforderlich. Für einen effektiven Verwässerungsschutz sollte bei Wandelobligationen somit bereits von Beginn an ein gewisser Aufschlag einkalkuliert werden, um zusätzliche Wandlungsrechte, die durch die Verwässerungsschutzklauseln entstehen können, abzusichern. Geeigneter wäre es gewesen, wenn die Hauptversammlung ein Sicherungskapital beispielsweise i. H. v. 85.000.000 € zur Absicherung von originären und nachträglichen Wandlungsrechten beschlossen hätte.
Für eine effektive Umsetzung des hier vorgeschlagenen Lösungswegs sollte die Hauptversammlung folglich von Beginn ein höheres Kapital zur Absicherung der Wandlungsrechte beschließen, damit auch zusätzliche Wandlungsrechte aus der potentiellen Aufstockung der Wandelobligation tatsächlich abgesichert sind. Ein Sicherheitspuffer von 10–25 % müsste i. d. R. ausreichend sein. Die andere Alternative wäre, dass die Hauptversammlung mit der effektiven Kapitalerhöhung noch ein weiteres Sicherungskapital beschließt, damit die neuen Wandlungsrechte aus den Verwässerungsklauseln auch garantiert sind.472 Wird von der Hauptversammlung kein zusätzliches Sicherungskapital für die neuen Wandlungsrechte beschlossen oder reicht das Sicherungskapital nicht für alle Wandlungsrechte aus, macht sich die Gesellschaft gegenüber den Wandelobligationären schadensersatzpflichtig.
472 So
offensichtlich Kallrath, S. 168.
220
F. Schutz der Wandelobligationäre
d) Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss Bei einer effektiven Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss der Aktionäre sind die verwässernden Auswirkungen auf die Wandelschuldverschreibung identisch mit denen einer Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht der Aktionäre. Bei einem Bezugsrechtsausschluss sind die Aktionäre vor den Verwässerungen der Kapitalerhöhung nicht geschützt. Sie müssen daher eine vermögens- als auch herrschaftsrechtliche Verwässerung ihrer mitgliedschaftlichen Positionen hinnehmen.473 Eine Rechtfertigung zu einem gleichzeitigen Ausschluss des Verwässerungsschutzes der Wandelobligationäre kann sich hieraus aber nicht ableiten lassen. Obige Ausführungen zum Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre müssen daher auch bei einer Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss grundsätzliche Anwendung finden. Die Wandelschuldverschreibungen verwässern auf dieselbe Weise wie bei einer Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht. Der Schutz der Wandelobligationäre muss unabhängig davon eingreifen, ob die Aktionäre ein Bezugsrecht auf die jungen Aktien erhalten. Die Benachteiligung der Aktionäre rechtfertigt es nicht, die Wandelgläubiger in gleicher Weise zu beschweren, zumal die Aktionäre selbst über den Bezugsrechtsausschluss entscheiden können. Dahingegen haben die Wandlungsberechtigten keine solchen Mitspracherechte und müssen daher die Entscheidung der Aktionäre einfach hinnehmen. Eine andere Sichtweise kann sich auch nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben, denn Aktionäre und Wandelobligationäre unterliegen völlig unterschiedlichen Prinzipien.474 So kann ein Bezugsrechtsausschluss gegenüber den Aktionären gerechtfertigt sein, wenn dadurch eine Platzierung von Aktien an einer ausländischen Börse bewerkstelligt werden soll, um hierdurch finanzstarke Kapitalmärkte zu erschließen.475 Hieraus rechtfertigt sich aber nicht zwangsläufig ein Ausschluss des Verwässerungsschutzes gegenüber den Wandelgläubigern. 473 Vgl.
hierzu die Ausführungen im Beispiel 12 auf S. 173 ff. die h. M. in der Literatur: MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 291; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 57, Rn. 142; Zöllner, ZGR 1986, 289, 309 (zu dividendenabhängigen Rechten); Casper, Optionsvertrag, § 12, S. 352; wohl auch Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 158 (e contrario) Kallrath, S. 173, Fn. 730; a. A. KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 133 (dieser bevorzugt nur eine wirtschaftliche Gleichstellung mit Aktionären und verweigert deswegen einen Verwässerungsschutz im Falle des Bezugsrechtsausschlusses); Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 221, Rn. 181; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 132; Heubel, S. 211. 475 Vgl. zu dieser Fallgruppe MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 186, Rn. 96; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186, Rn. 45a. 474 So
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 221
Diese müssen durch die Auslandsemission genauso eine Verwässerung ihrer Effekten hinnehmen wie bei einer Inlandsemission. Denknotwendig muss bei einer bevorstehenden Auslandsemission das Bezugsrecht der Aktionäre ausgeschlossen werden. Eine Verweigerung der Anpassung der Wandelbedingungen ist hierbei aber in keiner Weise zwingend. Gleiches gilt etwa bei einem gekreuzten Bezugsrechtsausschluss bei der Emission verschiedener Aktiengattungen.476 Gleichwohl kann es auch Fälle geben, in denen eine Anpassung der Wandlungsbedingungen unangemessen erscheint. So etwa beim Fall des § 186 Abs. 3 S. 4 AktG, wenn die Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen zehn Prozent des Grundkapitals nicht übersteigt und der Ausgabebetrag den Börsenpreis nicht wesentlich unterschreitet. In diesem Fall ist die Verwässerung so geringfügig, dass die Notwendigkeit einer flexiblen Kapitalbeschaffung durch die Verwaltung ein grundsätzlich anerkennenswertes Gesellschaftsinteresse darstellt und daher auch einen Ausschluss des Verwässerungsschutzes aufgrund der geringfügigen Verwässerung rechtfertigt.477 Ebenfalls kann es bei Mitarbeiterbeteiligungen im Rahmen von Stock-Option-Plänen, bei denen ebenfalls das Bezugsrecht der Aktionäre zwangsläufig gem. § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG ausgeschlossen ist, gerechtfertigt erscheinen, dass den Wandelobligationären kein Verwässerungsschutz zuzusprechen ist. Dies gilt allerdings unter der Prämisse, dass die Stockoptionen als Teil der Mitarbeiterentlohnung zu qualifizieren sind, ein angemessenes Ausmaß haben, Anreize schaffen und dadurch schließlich synergetische Effekte für die Gesellschaft zu erwarten sind. Eine weitere wichtige Ausnahme wäre im Fall von Sanierngssituationen denkbar. Soweit die Aktionäre im Rahmen einer Sanierungssituation auf ihr Bezugsrecht verzichten, kann dies auch einen Ausschluss der Anpassung der Wandelbedingungen rechtfertigen, wenn anderweitig die Sanierung konterkariert werden würde. Als Ergebnis ist hiermit festzuhalten, dass ein Ausschluss des Bezugsrechtsrechts der Aktionäre im Rahmen einer effektiven Kapitalerhöhung grundsätzlich nicht gleichlaufend den Ausschluss des Verwässerungsschutzes rechtfertigt. Eine vollständige Versagung des Verwässerungsschutzes ist in diesen Fällen nicht akzeptabel. Ein Verwässerungsschutz, z. B. in Form von obigen Verwässerungsschutzklauseln, muss daher auch bei einer Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss grundsätzlich gewährleistet sein. Gleichwohl kann in bestimmten Fällen eine Anpassung der Wandelbedingungen den Zweck der durchgeführten Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtausschluss verhindern. In diesen Fällen wäre der Ausschluss des Verwässe476 Vgl. zu dieser Fallgruppe MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 186, Rn. 94; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 186, Rn. 45a. 477 Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 158.
222
F. Schutz der Wandelobligationäre
rungsschutzes gerechtfertigt. Eine allumfassende Regel kann für derartige Fälle nicht aufgestellt werden. Daher muss immer eine Einzelfallbetrachtung vorgenommen werden. Hierbei bietet es sich an, die Wertungen aus der materiellen Beschlusskontrolle bei Bezugsrechtsausschlüssen sinngemäß zu übertragen. So kann bei einer effektiven Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsrechtsausschluss ein Verwässerungsschutz nur dann entfallen, wenn zwingende Gründe, die im Gesellschaftsinteresse liegen und mit der Kapitalerhöhung verfolgt werden, durch die Anpassung der Wandelbedingungen vereitelt werden würde. Gewährleistet die Gesellschaft einen Verwässerungsschutz nach obigem Lösungsvorschlag, kann sich hierdurch ihr Gestaltungsspielraum sogar positiv erweitern. So wäre es z. B. möglich im Rahmen von Sanierungssituationen den Obligationären eine Aufstockung der Wandelschuldverschreibungen einzuräumen. Hierdurch würde der Gesellschaft zusätzliches und billiges Kapital zugeführt werden. Verfolgt die Gesellschaft mit der Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss dagegen das Ziel der Steigerung der Eigenkapitalquote, so kann sie durch die Anpassung der Wandelbedingungen diesen Effekt für die Zukunft verstärken. e) Empirische Aus- und Bewertung der üblichen Verwässerungsschutzklauseln aa) Verwässerungsklauseln bei Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht der Aktionäre (1) Große Aktiengesellschaften Große Aktiengesellschaften sehen bei einer Kapitalerhöhung gegen Einlagen unter Einräumung eines Bezugsrechts an die Aktionäre überwiegend eine alternative Anpassung der Wandelbedingungen vor, die im Ermessen der Gesellschaft steht. Dabei soll nach Wahl der Emittentin die Verwässerung entweder durch die anteilige Einräumung eines Bezugsrechts auf die jungen Aktien zugunsten der Wandelobligationäre oder mit Hilfe obiger aktueller Anpassungsformeln oder teilweise auch durch eine Ausgleichszahlung i. H. d. des theoretisch-rechnerischen Bezugsrechtswerts aus einer Aktie multipliziert mit dem Wandlungsverhältnis vorgenommen werden.478 478 TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/2016), § 11 Abs. 1 (Bezugsrechtseinräumung oder Ausgleichszahlung in Höhe Bezugsrechtswertes oder formelmäßige Anpassung); Arques Industries AG Wandelschuldverschreibung (9,0 % Wandelanleihe 2010/2012), Nr. 8.4, (Bezugsrechtseinräumung oder Ausgleichszahlung in Höhe Bezugsrechtswertes oder formelmäßige Anpassung); Südzucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wandelanleihe 2009/2016), § 10, Abs. 2 (nur formelmäßige Anpassung oder Bezugsrechtseinräumung); Solon AG
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 223
Die Einräumung eines Bezugsrechts für die Obligationäre hat zwar nach obiger Analyse bestimmte Schwächen, bisher war aber einzig diese Verwässerungsschutzmodalität in der Lage einen vollkommenen herrschaftsrechtlichen und fast vollständigen vermögensrechtlichen Ausgleich zu schaffen.479 Zudem erhalten die Obligationäre den Ausgleich vor der eigentlichen Wandlung, was sie zusätzlich begünstigt. Die Einräumung eines Bezugsrechts wäre für die Obligationäre daher teilweise vorteilhaft und würde die Aktionäre im Gegenzug benachteiligen. Da die Einräumung eines Bezugsrechts aber im Ermessen der Aktionäre steht und diese sich selbst bei einer Bezugsrechtseinräumung zu Gunsten der Wandelobligationäre in eine nachteilige Position bringen würden, ist zu erwarten, dass die tatsächliche Verwirklichung dieser Verwässerungsschutzmodalität gegen Null tendiert. Die formelmäßigen Anpassungen verwenden durchweg die neuen modernen Klauseln. Nur diese Alternative kann einen vollkommenen vermögensrechtlichen Verwässerungsschutz gewährleisten. Jedoch werden die Obligationäre herrschaftsrechtlich schlechter gestellt. Die alternativen wahlweisen Anpassungsformeln verwirklichen somit überwiegend einen vermögensrechtlichen und einen vernachlässigbaren herrschaftsrechtlichen Verwässerungsschutz.480 Die alternative Ausgleichszahlung in Höhe des Bezugsrechts führt zu überhaupt keiner Veränderung des Wandlungspreises oder -verhältnisses. Ein herrschaftsrechtlicher Ausgleich findet daher in keiner Weise statt. Dafür würde den Obligationären sofort ein Bonus zukommen, selbst wenn die Gläubiger später mangels Werthaltigkeit ihr Wandlungsrecht nicht ausüben sollten. Letztlich würde auch diese Verwässerungsschutzmodalität nicht vollkommen sein und ist mangels Reduzierung des Wandlungspreises ungeeignet.481 Der Verwässerungsschutz von größeren Aktiengesellschaften ist daher bisher unvollkommen und leidet an einigen Schwächen. Der hier vorgeschlagene Lösungsweg wurde von keiner Gesellschaft reguliert.
Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, b (nur formelmäßige Anpassung oder Bezugsrechtseinräumung); Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, b und d (nur formelmäßige Anpassung oder Bezugsrechtseinräumung). 479 Zur Effektivität dieser Modalität vgl. die Ausführungen unter dem Punkt: Einräumung eines Bezugsrechts auf S. 180. 480 Zur Effektivität dieser Modalität vgl. die Ausführungen unter dem Punkt: Formelmäßige Anpassung des Wandlungspreises (aktuell) auf S. 201 ff. 481 Zur Ungeeignetheit dieser Modalität vgl. die Ausführungen unter dem Punkt: Anpassung mit Hilfe des durchschnittlichen Bezugsrechtswerts auf S. 194
224
F. Schutz der Wandelobligationäre
(2) Kleine Aktiengesellschaften Die Ausgleichsklauseln für Kapitalerhöhungen von kleinen Aktiengesellschaften weisen größere Defizite auf. Manche Wandelschuldverschreibungsbedingungen sehen als Verwässerungsschutz nur die Einräumung eines Bezugsrechts an die Obligationäre vor.482 Dass eine alleinige Bezugsrechtseinräumung ohne einen alternativen Verwässerungsschutz aufgrund des Verstoßes gegen § 187 AktG ins Leere geht, wurde bereits oben erläutert.483 Dieser Ausgleich wäre daher unwirksam. Eine andere Gesellschaft sieht dagegen eine Alternativklausel vor. Sie gewährt primär als Verwässerungsschutz die teilweise Einräumung eines Bezugsrechts an die Wandelobligationäre oder alternativ eine Ermäßigung des Wandlungspreises in Höhe des Bezugsrechtswert einer Aktie oder eine Ausgleichzahlung in Höhe dieses Bezugsrechtswerts. Eine formelmäßige Anpassung wird nicht zur Auswahl gestellt.484 Diese Klausel unterliegt grundsätzlich ähnlichen Bedenken wie die Ausgleichsklauseln von großen Aktiengesellschaften mit dem Unterschied, dass anstelle einer formelmäßigen Anpassung eine Reduzierung des Wandlungspreises in Höhe des Bezugsrechtswertes vorgenommen wird. Letztere Alternative würde die Obligationäre vermögensrechtlich geringfügig besserstellen, aber dafür keinen herrschaftsrechtlichen Ausgleich herbeiführen.485 Schließlich sei noch auf eine weitere Wandelanleihe verwiesen, die als Verwässerungsschutz bei einer effektiven Kapitalerhöhung festsetzt, dass das Wandlungsverhältnis in der Art angepasst wird, dass sich der Anteil der Wandelaktien am Grundkapital nicht verändert.486 Dies kommt dem Verwässerungsschutz gleich, der gesetzlich bei einer nominellen Kapitalerhöhung vorgeschrieben ist (§ 216 Abs. 3, § 218 S. 1 AktG analog). Hierdurch würden die Aktionäre auffallend benachteiligt werden. Für die Wandelobliga tionäre ist dies jedoch sehr positiv.487 Gleichwohl bleibt die Vermutung bestehen, dass dies den Beteiligten wohl nicht bewusst war. 482 So die Wandelanleihen der S.A.G. Solarstrom AG Wandelschuldverschreibung (6,85 % Wandelanleihe 2007/2010), § 5, Abs. 3; Pixelpark AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2008/2012), § 5, Abs. 3. 483 Vgl. hierzu die Ausführungen unter dem Punkt: Vereinbarkeit der vertraglichen Bezugsrechtszusage mit § 187 AktG auf S. 185 ff. 484 So die Wandelanleihe der Klassik Radio AG Wandelschuldverschreibung (6,5 % Wandelanleihe 2007/2010), Zif. 10.2. 485 Zur Effektivität dieser Modalität vgl. die Ausführungen unter dem Punkt: Anpassung mit Hilfe des durchschnittlichen Bezugsrechtswerts auf S. 194. 486 EPG AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2006/2011), § 8, Abs. 2.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 225
bb) Verwässerungsschutz bei Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss Fast alle der hier untersuchten Bedingungswerke487 enthielten nur für den Fall einer Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht einen ausdrücklichen Verwässerungsschutz.488 Im Umkehrschluss ist hieraus zu folgern, dass bei einer Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss grundsätzlich kein Verwässerungsschutz bestehen soll. Dass dies je nach Einzelfall zu ungerechten Ergebnissen führen kann, wurde bereits aufgezeigt.489 Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass einige Aktiengesellschaften i. d. R. am Ende der Verwässerungsschutzbedingungen eine Generalklausel verwenden, die bei außergewöhnlichen Umständen, für die bisher kein Verwässerungsschutz formuliert wurde, einen Ausgleich in Aussicht stellt.490 Hierunter könnte man den Fall einer Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss subsumieren. Einen ausreichenden Schutz für einen privaten Anleger bietet diese Klausel aber trotzdem nicht. Zum einen stellen die Auffangklauseln den Verwässerungsschutz ins Ermessen der Gesellschaften. Zum anderen wird ein privater Anleger sich i. d. R. von der Emittentin damit abspeisen lassen, dass für diese Fälle kein Schutz vorgesehen ist. Nichtsdestotrotz ist eine derartige Generalklausel gerade bei der Vielschichtigkeit des Verwässerungsschutzes unverzichtbar. 487 Vgl. hierzu die Ausführungen oben unter dem Punkt: Erhöhung der Anzahl der Bezugsaktien analog §§ 216 Abs. 3, 218 S. 1 AktG auf S. 178. 488 TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/2016), § 11, Abs. 1; Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, b; Südzucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wandelanleihe 2009/2016), § 10, Abs. 2; Solon AG Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, b; Arques Industries AG Wandelschuldverschreibung (9,0 % Wandelanleihe 2010/2012), Nr. 8.4; Pixelpark AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2008/2012), § 5 Abs. 3; S.A.G. Solarstrom AG Wandelschuldverschreibung (6,85 % Wandelanleihe 2007/2010), § 5, Nr. 3; EPG AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2006/2011), § 8, Abs. 1; nur bei der Klassik Radio AG Wandelschuldverschreibung (6,5 % Wandelanleihe 2007/2010), Zif. 10.2 wird der Verwässerungsschutz allgemein für eine Kapitalerhöhung gegen Einlagen definiert. 489 Vgl. hierzu die Ausführungen oben unter dem Punkt: Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss auf S. 220 f. 490 So etwa: Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe), § 10 (j); Solon AG Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, i; Südzucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wandelanleihe 2009/2016), § 10, Abs. 9; TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/2016), § 11, Abs. 6; Klassik Radio AG Wandelschuldverschreibung (6,5 % Wandelanleihe 2007/2010), Zif. 10.4; EPG AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2006/2011), § 8, Abs. 7.
226
F. Schutz der Wandelobligationäre
6. Aktiensplit und umgekehrter Aktiensplit Eine weitere Maßnahme, die zu einer Verwässerung oder Verstärkung der Wandelobligationen führen kann, sind der Aktiensplit und der umgekehrte Aktiensplit. Bei diesen Maßnahmen wird bei unverändertem Grundkapital eine Neustückelung der Aktien vorgenommen. Dies kann durch eine Aufteilung (Aktiensplit) oder durch eine Vereinigung (umgekehrter Aktiensplit) der Aktien erfolgen. Bei einer Teilung zeigen sich keine Auswirkungen für die Aktionäre. Lediglich bei einer Vereinigung können durch das Auftreten von Aktienspitzen geringfügige Beeinträchtigungen der Aktionäre sichtbar werden.491 a) Die Verwässerung bei einem Aktiensplit Als Beispiel für die Auswirkungen bei einer Veränderung der Aktienanzahl soll ein Aktiensplit dienen. • Beispiel 25: Verwässerung der Wandelschuldverschreibungen beim Aktiensplit Die Aktiengesellschaft XY hat ein Grundkapital von 250 Mio. €, eingeteilt in 50 Mio. Aktien mit einem Nennwert i. H. v. je 5 €. Zudem hat die Gesellschaft Rücklagen i. H. v. 350 Mio. €. Vor drei Jahren hatte die AG eine Wandelschuldverschreibung emittiert. Die Wandelobligation hatte einen Nennwert von 125 Mio. €. Die Teilwandelschuldverschreibungen wurden in je 1.000 € gestückelt. Der Wandlungspreis wurde bei 9 € festgesetzt. Diese AG führt nun aus strategischen Gründen einen Aktiensplit im Verhältnis 1 : 2 durch. Bezweckt werden soll dabei eine Kurssenkung der Aktien, damit diese für die Anleger wieder lukrativer erscheinen. Wert einer Aktie vor dem Aktiensplit: Bilanzkurs einer Aktie = =
bilanziertes Grundkapital + Rücklagen = Anzahl der Aktien
250 Mio . € + 350 Mio . € 600 Mio . € = = 12 € 50 Mio . 50 Mio .
Der Bilanzwert einer Aktie lag vor dem Aktiensplit bei 12 €.
491 MüKo/Heider, AktG, Bd. 1, § 8, Rn. 53 ff., 95; KölnKomm/Dauner-Lieb, AktG, 3. Aufl., Bd. 1, § 8, Rn. 11 ff. Solveen, in: Hölters, AktG, § 8, Rn. 14, 25; Vatter, in: Spindler/Stilz, AktG, § 8, Rn. 27 f.; Ziemons, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 8, Rn. 9 f., 14 f.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 227 Wert einer Aktie nach dem Aktiensplit: Bilanzkurs einer Aktie = =
bilanziertes Grundkapital + Rücklagen = Anzahl der Aktien
200 Mio . € + 350 Mio . € 600 Mio . € = =6 € 100 Mio . 100 Mio .
Nach dem Aktiensplit hätte eine Aktie eine Bilanzkurz von 6 €. Auswirkungen des Aktiensplits auf die Wandelschuldverschreibung: Auf die Wandelschuldverschreibung würde sich der Aktiensplit folgendermaßen auswirken: Kennzahlen
Vor Aktiensplit
Nach Aktiensplit
Wandlungswert
1.333,33 € (111,11 Aktien × 12 €)
666,66 € (111,11 Aktien × 6 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.000 €
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
333,33 €
0 € (–666,66 €)
Wandlungspreis
9,00 €
9,00 €
Wandlungsverhältnis
111,11
111,11
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
12,20 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+33,33 % (≙ 12 € : 9 €)
–50 % (≙ 9 € : 6 €)
Ein Aktiensplit hätte enorme vermögens- und herrschaftsrechtliche Verwässerungen für einen Wandelobligationär zur Folge. Bei einer Vereinigung von Aktien wären die Auswirkungen genau umgekehrt. Es würde zu einer beachtlichen vermögens- als auch herrschaftsrechtlichen Verstärkung kommen. b) Verwässerungsschutz beim (umgekehrten) Aktiensplit Der Verwässerungsschutz bei der Veränderung der Aktienanzahl durch Aufteilung oder Vereinigung ist einfach. Eine Anpassung des Wandlungspreises oder des Wandlungsverhältnisses muss immer mit dem Verhältnis
228
F. Schutz der Wandelobligationäre
der Aktienanzahl vor und nach der Maßnahme vorgenommen werden.492 Für eine ideale Anpassung genügt alternativ eine der folgenden Verwässerungsschutzformeln. Pn = Pa ´ Na Nn
Pn = Pa = Vn = Va = Nn = Na =
Vn = Va ´ Nn Na
oder
angepasster Wandlungspreis ursprünglicher Wandlungspreis angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis Anzahl der Aktien nach der Aufteilung / Vereinigung Anzahl der Aktien vor der Aufteilung / Vereinigung
Pn = Pa ´ Na = 9 € ´ 50 Mio . = 9 € ´ 0,5 = 4,50 € Nn 100 Mio . oder Vn = Va ´ Nn = 111,11´ 100 Mio . = 111,11´ 2 = 222, 22 Na 50 Mio . Da sich beide Parameter gegenseitig beeinflussen, genügt es, wenn eine Form der Anpassung festgesetzt wird. V=
Nennwert Teilwandelobligation Wandlungspreis
Vn = 1.000 € = 222, 22 4,50 €
P=
Nennwert Teilwandelobligation Wandlungsverhältnis
Pn = 1.000 € = 4,50 € 222, 22
Durch die Anpassung des Wandlungsverhältnisses oder des Wandlungspreises mit einer der obigen Verwässerungsschutzformeln ist ein vollkommener Verwässerungsschutz gewährleistet. Kennzahlen
Vor Aktiensplit
Nach Aktiensplit und Anpassung
Wandlungswert
1.333,33 € (111,11 Aktien × 12 €)
1.333,33 € (222,22 Aktien × 6 €)
Nennwert der Teilschuld verschreibung
1.000 €
1.000 €
492 Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 200; Schlitt/Kammelohr, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 11, Rn. 29 (die Ausführungen beziehen sich zwar auf Um tauschanleihen, sind aber entsprechend auf Wandelschuldverschreibungen übertragbar); Welcker, S. 50.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 229 Kennzahlen
Vor Aktiensplit
Nach Aktiensplit und Anpassung
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
333,33 €
333,33 €
Wandlungspreis
9,00 €
4,50 €
Wandlungsverhältnis
111,11
222,22
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
21,74 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+33,33 % (≙ 12 € : 9 €)
+33,33 % (≙ 6 € : 4,50 €)
c) Zusammenfassung Der Verwässerungsschutz bei einer Vereinigung oder Aufteilung von Aktien muss mit Hilfe des Verhältnisses der Aktienanzahl vor und nach der Maßnahme vorgenommen werden. Der Verwässerungsschutz ist einfach nachzuvollziehen, da nur gesellschaftsinterne Veränderungen ausgeglichen werden müssen. Für einen vollkommenen Verwässerungsschutz muss eine der beiden Formeln alternativ eingesetzt werden: Pn = Pa = Vn = Va = Nn = Na =
Pn = Pa ´ Na Nn
oder
Vn = Va ´ Nn Na
angepasster Wandlungspreis ursprünglicher Wandlungspreis angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis Anzahl der Aktien nach der Aufteilung / Vereinigung Anzahl der Aktien vor der Aufteilung / Vereinigung
d) Empirische Auswertung Fast alle der hier untersuchten Wandelbedingungen von großen Aktiengesellschaften haben die soeben dargestellten Verwässerungsschutzklauseln bei einem Aktiensplit oder als Verstärkungsausgleich bei einem umgekehrten Aktiensplit reguliert.493 Lediglich eine Gesellschaft normiert für den Fall des (umgekehrten) Aktiensplits keine Anpassung.494 493 TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/2016), § 11, Abs. 3, a, i; Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012),
230
F. Schutz der Wandelobligationäre
Kleine Aktiengesellschaften49 normieren i. d. R. keinen Verwässerungsschutz für eine Vereinigung oder Aufteilung von Aktien.495 Ein eindeutiger Ausschluss ist in den Bedingungswerken aber auch nicht enthalten. Da für kleinere Aktiengesellschaften derartige Maßnahmen selten in Betracht kommen, wurden diese offensichtlich nicht berücksichtigt. Lediglich eine kleinere Gesellschaft sieht am Ende ihrer Generalklausel eine ausdrückliche Anpassung für den Fall des Aktiensplits oder des umgekehrten Aktiensplits entsprechend obiger Formel vor.496 In den Wandelbedingungen einer anderen Gesellschaft wäre ein Verwässerungsschutz nur mit Hilfe der dort verankerten Generalklausel anwendbar.497 7. Kapitalherabsetzungen Auch die verschiedenen Formen der Kapitalherabsetzung können verwässernde, vereinzelt aber auch verstärkende Auswirkungen auf die Wandlungsrechte haben. Welche Konsequenzen die einzelnen Kapitalherabsetzungen mit sich bringen, muss daher differenziert betrachtet werden. Allgemein ist vorweg zu nehmen, dass die Kapitalherabsetzungen im Allgemeinen nicht die konträren Maßnahmen zu den Kapitalerhöhungen darstellen. Beide haben unterschiedliche Funktionsweisen und Auswirkungen. Vor allem wird bei einigen Kapitalherabsetzungen keine Reduzierung der Aktienanzahl veranlasst. Der Rechtsgedanke, der sich aus den §§ 216 Abs. 3, 218 AktG, § 23 UmwG sowie §§ 36 Abs. 1, 125, 204 UmwG ableiten lässt, findet aufgrund der verwässernden oder verstärkenden Auswirkung auch i. R. d. Kapitalherabsetzung – teilweise in konträrer Richtung – Anwendung.498 Der wirtschaftliche Inhalt der Wandlungsrechte darf durch die § 10, a, ii, A; Solon AG Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, d, ii, A; Südzucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wandelanleihe 2009/2016), § 10, Abs. 1, b, i. 494 Arques Industries AG Wandelschuldverschreibung (9,0 % Wandelanleihe 2010/2012), Zif. 8. 495 S.A.G. Solarstrom AG Wandelschuldverschreibung (6,85 % Wandelanleihe 2007/2010); § 5; Pixelpark AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2008/2012), § 5. 496 Klassik Radio AG Wandelschuldverschreibung (6,5 % Wandelanleihe 2007/2010), Zif. 10.4 a. E. 497 EPG AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2006/2011), § 8, Abs. 7. 498 Heute h. M.: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 224, Rn. 19, § 221, Rn. 136; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 309 (jedoch zu allgemein); MüKo/Oechsler, AktG, Bd. 4, § 224, Rn. 20 f., 25; Marsch-Barner, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 224, Rn. 13 (m. w. N.); Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 221, Rn. 185 (dieser will jedoch einen Verwässerungsschutz für effektive Kapitalherabset-
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 231
Kapitalmaßnahmen somit nicht berührt werden. Auch in diesem Zusammenhang ist dieser Rechtsgedanke aber nicht zwingend, sondern kann vertraglich ausgestaltet werden. Soweit keine vertragliche Ausgestaltung festgesetzt ist, muss die Anpassung nach den Verwässerungsschutzrechtsgedanken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung erfolgen.499 Wie der Verwässerungsschutz nach diesem Rechtsgedanken im Idealfall aussehen muss, wird im Folgenden anhand der verschiedenen Varianten der Kapitalherabsetzung aufgezeigt. Hinzuweisen ist zusätzlich darauf, dass die Verwässerungsschutzklauseln zu den Kapitalherabsetzungen nicht so vielfältig sind wie bei den Kapitalerhöhungen. Ein Grund hierfür ist zum einen, dass bei einer Kapitalherabsetzung keine Bezugsrechte existieren, so dass Verwässerungsschutzklauseln mit Hilfe eines Bezugsrechts gar nicht in Betracht kommen. Eine weitere Erklärung mag darin liegen, dass Kapitalherabsetzungen viel seltener in Erscheinung treten, weswegen auch die wissenschaftlichen Abhandlungen und Verwässerungsschutzvarianten nicht sehr ausgeprägt sind. a) Zulässigkeit einer Kapitalherabsetzung Die Zulässigkeit einer Kapitalherabsetzung nach der Emission einer Wandelschuldverschreibung ist vergleichbar mit der gesetzlichen Lage bei einer Kapitalerhöhung. Die Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung darf nicht zur Folge haben, dass die Aktiengesellschaft in Zukunft keine Kapitalherabsetzungen mehr durchführen kann, da anderweitig die Finanzierungs- und Entscheidungsfreiheit der Emittentin massiv eingeschränkt wäre. Die Gesellschaft könnte in einer Krise beispielsweise keine Sanierung durchführen. Die potentielle Verwässerungsgefahr für die Wandelobligationäre kann es nicht rechtfertigen, die Finanzierungsfreiheit der Gesellschaft derart zu begrenzen. Schlussendlich würde sich eine Sperrwirkung auch nur nachteilig zungen offenbar ausschließen); Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 21; Meilicke BB 1963, S. 501 (jedoch zu allgemein); Casper, Optionsvertrag, § 12, S. 355; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63, Rn. 22; § 60, Rn. 36a; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 224, Rn. 7; Becker, in: HK, AktG, § 224, Rn. 14; wohl auch Hüffer, AktG, § 224, Rn. 13; Becker, in: HK, AktG, § 224, Rn. 14; Gallego Sánchez, S. 99; heute wohl auch Meyer, BB 1955, 549, 551; Prosser, S. 97; Schlitt/Kammelohr, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 11, Rn. 30 (jedoch beziehen sich die Ausführungen nur auf Umtauschanleihen und ein Verwässerungsschutz wird nur bei einer Zusammenlegung von Aktien befürwortet); a. A. Schilling, in: Großkomm, AktG, 3. Aufl., § 221, Rn. 6; im älteren Schrifttum wurde früher überwiegend eine Anpassung abgelehnt: Hueck, DB 1963, S. 1347 ff.; KölnKomm/Lutter, AktG, 1. Aufl. (1971), § 221, Rn. 50; im Übrigen a. a. O. (vgl. Fußnote 312). 499 Vgl. in diesem Zusammenhang die Ausführungen oben unter dem Punkt: Gesetzliche Ableitung des Verwässerungsschutz auf S. 128 f. und ergänzend die Nachweise a. a. O. (vgl. Fußnote 498).
232
F. Schutz der Wandelobligationäre
für die Wandelobligationäre auswirken. Außerdem benachteiligen die Kapitalherabsetzungen die Obligationäre nicht zwangsläufig. So treten bei nominellen Kapitalherabsetzungen keine Veränderungen ein oder die Wandelobligationäre werden bevorzugt.500 Schließlich besteht seit der Anerkennung des allgemeinen Verwässerungsschutzes auch kein Bedürfnis mehr, künftige Kapitalmaßnahmen vollständig zu unterbinden, da die Wandelobligationäre einen ausreichenden Schutz über eine Anpassung der Wandelbedingungen erfahren können.501 b) Vereinfachte (nominelle) Kapitalherabsetzung Die vereinfachte Kapitalherabsetzung (§§ 229 ff. AktG) hat in erster Linie die Beseitigung von Verlusten oder sonstigen Wertminderungen zum Ziel. Sie kann aber auch dazu dienen, Gesellschaftsvermögen in die Kapitalrücklage innerhalb der Grenzen des § 231 AktG einzustellen. Auszeichnend für diese Grundkapitalsenkung ist, dass kein Vermögen an die Gesellschafter ausbezahlt wird (vgl. § 230 AktG), sondern nur ein Passiv-Passiv-Tausch in der Bilanz vonstattengeht. Die vereinfachte Kapitalherabsetzung ist daher immer eine nominelle Kapitalherabsetzung, bei welcher charakteristischerweise kein Vermögensabfluss an die Aktionäre erfolgt. Bei einer Kapitalherabsetzung zur Sanierung werden dadurch die bilanziellen Verluste aus der Bilanz gelöscht. Bei einer Einstellung in die Kapitalrücklagen wird dagegen Grundkapital in Kapitalrücklagen umgewandelt.502 Mangels Kapitalabfluss an die Gesellschafter kann diese Art der Kapitalherabsetzung unter vereinfachten Bedingungen stattfinden. Im Wesentlichen findet nur der Gläubigerschutz des § 225 AktG und § 222 Abs. 3 AktG keine Anwendung.503 Die vereinfachte Kapitalherabsetzung bewirkt nur eine Reduzierung der nominellen Beteiligung, nicht dagegen eine Verschiebung der Beteiligungs500 Vgl. hierzu die Ausführungen und Beispiele unter dem folgenden Punkt: Vereinfachte (nominelle) Kapitalherabsetzung auf S. 232 ff. 501 A. a. O. (vgl. Fußnote 387); vgl. hierzu im Übrigen die Ausführungen unter dem Punkt: Zulässigkeit einer effektiven Kapitalerhöhung nach Ausgabe einer Wandel auf S. 175 f. die hier weitgehend übertragen werden können. 502 Vgl. hierzu: Busch, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 44, Rn. 1; MüKo/Oechsler, AktG, Bd. 4, § 229, Rn. 20 f., 26; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 229, Rn. 18, 25; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 229, Rn. 15 ff.; MarschBarner, in: Spindler/Stilz, AktG, § 229, Rn. 5 f., 9; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 288, 309 f. 503 Vgl. hierzu statt vieler zum Überblick: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, Vorb. § 229, Rn. 1 ff.; Hüffer, AktG, § 229, Rn. 1–3, 6 ff.; Marsch-Barner, in: Spindler/Stilz, AktG, § 229, Rn. 1 f.; MüKo/Oechsler, AktG, Bd. 4, § 229, Rn. 4 ff.; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 229, Rn. 2; Wöhe/Bilstein/ Ernst/Häcker, S. 102; Busch, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 45, Rn. 1 ff.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 233
quote der Aktionäre. Vermögensrechtlich hat diese nominelle Grundkapitalreduzierung aber keine Konsequenzen für die Aktionäre, da ein Teil des Grundkapitals nur dazu verwendet wird, um Verluste auszugleichen oder in die Kapitalrücklage einzustellen. Die Verluste haben sich bereits auf den Wert der Aktie ausgewirkt und sind bereits eingepreist. Durch die Kapitalherabsetzung werden letztlich nur die Verluste durch eine Umbuchung aus der Bilanz gelöscht. Sollten teilweise Einlagen in die Kapitalrücklagen erfolgen, so stellt auch dies nur einen Passiv-Passiv-Tausch in der Bilanz dar. Auch hier findet kein Vermögensabfluss statt. Es spielen sich nur rein gesellschaftsintere Vermögensverschiebungen ab.504 Herrschaftsrechtlich zeigen sich bei den unterschiedlichen Arten der Durchführung einer vereinfachten Kapitalherabsetzung ebenfalls in der Regel keine Auswirkungen auf die Position der Aktionäre. Sie erfolgt primär gem. § 229 Abs. 3 AktG i. V. m. § 222 Abs. 4 S. 1 AktG durch Herabsetzung des Nennbetrags einer Aktie. Bei Stückaktien würde sich der rechnerische Stückbetrag von alleine reduzieren (vgl. § 8 Abs. 3 und 4 AktG). Da die Aktienanzahl unverändert bleibt, ergeben sich keine Konsequenzen auf die mitgliedschaftliche Position des Aktionärs. Subsidiär erfolgt eine Zusammenlegung der Aktien, wenn der auf eine einzelne Aktie entfallende Betrag des herabgesetzten Grundkapitals zu einer Unterschreitung des Mindestnennbetrags gem. § 8 Abs. 2 und 3 AktG führen würde (vgl. § 222 Abs. 4 S. 2 AktG). Auch eine Verschmelzung von Aktien zeigt aber keine Auswirkungen auf die vermögensrechtliche Lage der Aktionäre. Zwar hätte der Aktionär nach der Zusammenlegung weniger Aktien, jedoch würden diese denselben vermögensrechtlichen Wert verkörpern, wie vor der Zusammenlegung. Lediglich durch das Auftreten von Aktienspitzen können geringfügige Benachteiligungen für die Aktionäre auftreten.505 Für die Wandelschuldobligationäre gilt Ähnliches, zumal der Wert des Wandlungsrechts mittelbar von dem Wert und der Aktienanzahl abhängig ist. Bei einer zur Sanierung erfolgenden Kapitalherabsetzung mittels Reduzierung der Nenn- oder Stückwerte der Aktien (§§ 229 Abs. 3, 222 Abs. 4 S. 1 AktG) tritt keine Verwässerung ein, da sich weder der Wert der Aktie noch die mitgliedschaftliche Struktur verändert. Soweit jedoch eine Zusammenlegung von Aktien (§§ 229 Abs. 3, 222 Abs. 4 S. 2 AktG) erfolgt, muss 504 A. a. O.
(vgl. Fußnote 502). hierzu im Überblick: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 229, Rn. 5, § 222, Rn. 22 ff.; Marsch-Barner, in: Spindler/Stilz, AktG, § 229, Rn. 29, § 222, Rn. 8, 39 ff.; MüKo/Oechsler, AktG, Bd. 4, Vor § 222, Rn. 10; § 222, Rn. 43 ff.; Hüffer, AktG, § 222, Rn. 21 ff.; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 60, Rn. 5–9; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 222, Rn. 30 ff.; Becker, in: HK, AktG, § 229, Rn. 15, § 222, Rn. 26 ff.; im Übrigen ist zur Veranschaulichung auf die folgenden Beispiele zu verweisen. 505 Vgl.
234
F. Schutz der Wandelobligationäre
eine Anpassung der Wandelbedingungen vorgenommen werden, weil sich sowohl der Wert einer Aktie als auch die herrschaftsrechtliche Position verzerren würde. aa) Vereinfachte Kapitalherabsetzung durch Herabsetzung des Nenn- / Stückwertes Bei einer vereinfachten Kapitalherabsetzung, bei der lediglich der Nennoder Stückwert herabgesetzt wird, entstehen keine Auswirkung auf eine Wandelobligation. • Beispiel 26: Keine Verwässerung bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung durch Herabsetzung des Nenn- / Stückwertes Die Aktiengesellschaft XY hat ein Grundkapital von 250 Mio. €, eingeteilt in 50 Mio. Aktien mit einem Nennwert i. H. v. je 5 €. Die AG kam aufgrund der Finanzkrise in eine finanzielle Schieflage und hat alle Rücklagen aufgebraucht. Insgesamt bestehen noch Verlustvorträge einschließlich des Jahresfehlbetrags i. H. v. 50 Mio. €. Vor drei Jahren hatte die AG eine Wandelanleihe aufgelegt. Die Wandelanleihe hatte einen Nennwert von 125 Mio. €. Die Teilwandelobligationen wurden in je 1.000 € gestückelt. Der Wandlungspreis liegt bei 9 €. Diese AG will nun eine „Sanierung“ durchführen, indem sie die aufgelaufenen Verluste durch eine vereinfachte Kapitalherabsetzung i. H. v. 50 Mio. € aus der Bilanz löschen will. Wert einer Aktie vor der vereinfachten Kapitalherabsetzung: Bilanzkurs einer Aktie = =
bilanziertes Grundkapital – (Verlustvortrag + Jahresfehlbetrag) = Anzahl der Aktien
= 250 Mio . € – 50 Mio . € = 200 Mio . € = 4 € 50 Mio . 50 Mio . Der Bilanzwert einer Aktie lag vor der Sanierung bei 4 €. Wert einer Aktie nach der vereinfachten Kapitalherabsetzung: Würde nun die vereinfachte Kapitalherabsetzung i. H. v. 50 Mio. € zur Sanierung durchgeführt werden, so würde sich die Berechnung des Bilanzkurses folgendermaßen verändern:
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 235 Bilanzkurs einer Aktie = =
bilanziertes Grundkapital – (Verlustvortrag + Jahresfehlbetrag) = Anzahl der Aktien
= 200 Mio . € – 0 = 200 Mio . € = 4 € 50 Mio . 50 Mio . Wie aus diesem Beispiel ersichtlich wird, wurden die Erlöse aus der Kapitalherabsetzung dazu verwendet, die Verluste aus der Bilanz zu eliminieren. Da die Verluste jedoch bereits mit ihrem Entstehen bzw. Bekanntwerden eingepreist sind, hat eine Sanierung keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Wert der Aktie. Der Bilanzkurs einer Aktie bleibt unverändert. Durchführungsart: Was die Art der Durchführung betrifft, ist in diesem Beispiel noch klarzustellen, dass sich lediglich das Grundkapital nicht aber die Anzahl der Aktien verändert. Der Nennwert einer Aktie würde sich von 5 € auf 4 € reduzieren. Hierfür müsste der Nennbetrag berichtigt werden, wobei dies in Zeiten von Globalurkunden mit Leichtigkeit durchgeführt werden kann. Da sich die Anzahl der Aktien bei der Herabsetzung des Nennbetrags nicht verändert, ergeben sich keine weiteren Konsequenzen. Der herabgesetzte Nennbetrag würde sich aus dem gesenkten Grundkapital und der Anzahl der Aktien berechnen. Da der Stückwert von Stückaktien bereits von Gesetzes wegen auf diese Weise bestimmt wird (vgl. § 8 Abs. 3 und 4 AktG), bedarf es bei dieser Aktiengattung keiner besonderen Regelung in § 222 Abs. 4 AktG. Sonstige Nachwirkungen treten nicht auf.506 Auswirkungen der vereinfachten Kapitalherabsetzung auf die Wandelschuldverschreibung: Auf die Wandelschuldverschreibung hat die vereinfachte Kapitalherabsetzung durch Herabsetzung des Nenn- oder des Stückwertes einer Aktie keine Reflexe: Kennzahlen
Vor Kapitalherabsetzung
Nach Kapitalherabsetzung
Wandlungswert
444,44 € (111,11 Aktien × 4 €)
444,44 € (111,11 Aktien × 4 €)
Nennwert der Teilschuld verschreibung
1.000 €
1.000 € (Fortsetzung nächste Seite)
506 Vgl. hierzu statt vieler: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 222, Rn. 5, 9; Marsch-Barner, in: Spindler/Stilz, AktG, § 222, Rn. 6 f. Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 17 f.; MüKo/Oechsler, AktG, Bd. 4, § 237, Rn. 16 ff.
236
F. Schutz der Wandelobligationäre
Tabelle (Fortsetzung) Kennzahlen
Vor Kapitalherabsetzung
Nach Kapitalherabsetzung
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
0 € (–555,56 €)
0 € (–555,56 €)
Wandlungspreis
9,00 €
9,00 €
Wandlungsverhältnis
111,11
111,11
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
21,74 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
–125 % (≙ 9 € : 4 €)
–125 % (≙ 9 € : 4 €)
Da der Wert des Wandlungsrechts mittelbar vom Wert der Aktien abhängt und sich letzterer nicht verändert, zeigen sich auch keine vermögensrechtlichen Veränderungen bei dem Wandlungsrecht. Mangels Veränderung der Anzahl der Aktien gilt Gleiches für den herrschaftsrechtlichen Einfluss der Wandelobligationäre. Erforderlich werden kann aber eine entsprechende Reduzierung des Sicherungskapitals.507 bb) Vereinfachte Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien (1) Die Verstärkung bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien Eine Anpassung ist aber notwendig, wenn durch die nominelle Kapitalherabsetzung der Mindestnennwert von 1 € unterschritten werden würde und deshalb eine Zusammenlegung von Aktien erfolgen müsste (vgl. §§ 8 Abs. 2 und 3, 229 Abs. 3, 222 Abs. 4 S. 2 AktG).508 In diesem Fall treten Verstärkungseffekte auf. 507 Ähnlich Meilicke BB 1963, S. 501, MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 309 wobei diese nicht zwischen den verschiedenen Unterformen der nominellen Kapitalherabsetzungen differenzieren. Zu der erforderlichen Reduzierung des Sicherungskapitals vgl. die Ausführungen unter dem Punkt: Verstärkungsausgleich bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien auf S. 239 ff., welche vollständig übertragen werden können. 508 Zu dieser Kapitalherabsetzung a. a. O. (vgl. Fußnote 505).
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 237
• Beispiel 27: Verstärkung bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien Die Aktiengesellschaft XY hat ein Grundkapital von 250 Mio. €, eingeteilt in 50 Mio. Aktien mit einem Nennwert i. H. v. je 5 €. Die AG kam in den letzten Jahren in eine Schieflage und hat alle Rücklagen aufgebraucht. Aufgrund einer Finanzkrise und außergewöhnlicher Umstände haben sich Verlustvorträge einschließlich des Jahresfehlbetrags i. H. v. 225 Mio. € angesammelt. Vor drei Jahren hatte die AG eine Wandelschuldverschreibung aufgelegt. Die Wandelobligation hatte einen Nennwert von 125 Mio. €. Die Teilschuldverschreibungen wurden in je 1.000 € gestückelt. Der Wandlungspreis wurde bei 9 € festgesetzt. Da sich Lage allmählich stabilisiert und auch eine positive Prognose für die Zukunft besteht, will die AG eine Buchsanierung durchführen, indem sie eine vereinfachte Kapitalherabsetzung i. H. v. 225 Mio. € beschließt. Wert einer Aktie vor der vereinfachten Kapitalherabsetzung: Bilanzkurs einer Aktie = =
bilanziertes Grundkapital – (Verlustvortrag + Jahresfehlbetrag) = Anzahl der Aktien
= 250 Mio . € – 225 Mio . € = 25 Mio . € = 0,50 € 50 Mio . 50 Mio . Der Bilanzkurs einer Aktie beträgt 0,50 €. Theoretischer Wert einer Aktie nach der vereinfachten Kapitalherabsetzung: Nach der Durchführung der vereinfachten Kapitalherabsetzung i. H. v. 225 Mio. € würde sich der Bilanzkurs theoretisch zunächst folgendermaßen verändern: Bilanzkurs einer Aktie = =
bilanziertes Grundkapital – (Verlustvortrag + Jahresfehlbetrag) = Anzahl der Aktien
= 25 Mio . € – 0 = 25 Mio . € = 0,50 € 50 Mio . 50 Mio . Sowohl der Nenn- / Stückwert einer Aktie als auch der Bilanzkurs würden bei 0,50 € liegen. Wie aus diesem Beispiel ersichtlich wird, wurden die Erlöse aus der Kapitalherabsetzung dazu verwendet die Verluste aus der Bilanz zu löschen. Da die Verluste jedoch bereits mit ihrem Entstehen eingepreist sind, hat die Sanierung grundsätzlich keine Auswirkungen auf den Wert der Aktie. Durchführungsart: Im vorliegenden Beispiel würde durch die Herabsetzung des Grundkapitals der Nenn- / Stückwert einer Aktie auf 0,50 € sinken. Da dies gegen den Mindestwert
238
F. Schutz der Wandelobligationäre
aus § 8 Abs. 2 und 3 AktG verstoßen würde, muss die Kapitalherabsetzung in zwei Stufen erfolgen. Eine Herabsetzung des Nennwertes kann solange durchgeführt werden, bis der Nenn- / Stückwert 1 € beträgt. Im vorliegenden Fall könnte das Grundkapital folglich zunächst um 200 Mio. € herabgesetzt werden, da dann der Nennwert 1 € betragen würde. Bilanzkurs einer Aktie = =
bilanziertes Grundkapital – (Verlustvortrag + Jahresfehlbetrag) = Anzahl der Aktien
= 50 Mio . € – 25 Mio .€ = 25 Mio . € = 0,50 € 50 Mio . 50 Mio . Der Nenn- / Stückwert einer Aktie würde jetzt bei 1 € liegen. Der Bilanzkurs beträgt dagegen weiterhin 0,50 € und würde weiterhin unter pari notieren. Die restliche Kapitalherabsetzung i. H. v. 25 Mio. € muss durch eine Zusammenlegung von Aktien und in einem Verhältnis erfolgen, dass der Mindestnennwert von 1 € nicht unterschritten wird (vgl. § 222 Abs. 4 Nr. 2 AktG). Da der Nennwert einer Aktie bei einer vollständigen Kapitalherabsetzung i. H. v. 225 Mio. € bei 0,50 € liegen würde, müssten zwei Aktien zu einer zusammengelegt werden, um den Mindestnennwert von 1 € nicht zu unterschreiten. Die Verschmelzung erfolgt also im Verhältnis 2 : 1. Folge ist, dass sich die Anzahl der Aktien halbiert und damit einhergehend der Nennwert und Bilanzkurs der Aktie verdoppelt. Bilanzkurs einer Aktie = =
bilanziertes Grundkapital – (Verlustvortrag + Jahresfehlbetrag) = Anzahl der Aktien
= 25 Mio . € – 0 = 25 Mio . € = 1,00 € 25 Mio . 25 Mio . Durch die Zusammenlegung der Aktien verringert sich deren Anzahl und es erhöht sich der Bilanzwert und Nenn- / Stückwert einer Aktie. Nichtsdestotrotz hat dies keinerlei Auswirkungen auf den vermögens- oder herrschaftsrechtlichen Einfluss der Aktionäre. Vorher hatte ein Aktionär zwei Aktien, die zusammen einen Wert von 1 € hatten, nach der Kapitalherabsetzung hat ein Aktionär nur noch eine Aktie im Wert von 1 €. Da alle vorhandenen Aktien in demselben Verhältnis zusammengelegt wurden, hat dies auch keine Konsequenzen auf den herrschaftsrechtlichen Einfluss. Zwei Aktien in Relation zu 50 Mio. ursprünglichen Aktien haben denselben Einfluss wie eine Aktie zu 25 Mio. Aktien. Der Nennwert oder Stückwert einer Aktie würde sich von 5 € auf 1 € reduzieren. Auswirkungen der vereinfachten Kapitalherabsetzung auf die Wandelschuldverschreibung: Auf die Wandelschuldverschreibung würde sich die vereinfachte Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien folgendermaßen auswirken:
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 239 Kennzahlen
Vor Kapitalherabsetzung
Nach Kapitalherabsetzung
Wandlungswert
55,55 € (111,11 × 0,50 €)
111,11 € (111,11 × 1 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.000 €
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
0 € (–944,45 €)
0 € (–888,89 €)
Wandlungspreis
9,00 €
9,00 €
Wandlungsverhältnis
111,11
111,11
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
35,71 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
–1.700 % (≙ 9 € : 0,50 €)
–800 % (≙ 9 € : 1 €)
Da der Wert des Wandlungsrechts mittelbar vom Wert der Aktien und deren Anzahl abhängt und sich beide Parameter verändern, zeigt die Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien auch Auswirkungen auf die Wandelschuldverschreibung. Die Wandelobligationäre werden sowohl vermögens- als auch herrschaftsrechtlich beachtlich bessergestellt. Alle Kennzahlen verändern sich zugunsten der Wandelobligationäre. (2) Verstärkungsausgleich bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien Bei einer Zusammenlegung von Aktien im Rahmen einer vereinfachten Kapitalherabsetzung ist die einzige unangreifbare Möglichkeit eine Anpassung in der Art vorzunehmen, dass das Wandlungsverhältnis bzw. der Wandlungspreis mit dem Verhältnis angepasst wird, in welchem auch die Aktien zusammengelegt wurden.509 Das bedeutet, dass sich der Wandlungspreis erhöhen oder das Wandlungsverhältnis reduzieren muss. Da sich beide Parameter gegenseitig beeinflussen, ist es irrelevant, welche der beiden Methoden bevorzugt wird. Der Verwässerungsschutz kann hier relativ einfach 509 Ähnlich Meilicke BB 1963, S. 501, wobei dieser nicht zwischen den verschiedenen Unterformen der nominellen Kapitalherabsetzungen differenziert und die Erläuterungen daher zu allgemein sind.
240
F. Schutz der Wandelobligationäre
nachvollzogen werden, da kein Kapitalabfluss stattfindet und keine einzelnen Mitgliedschaftsrechte vernichtet werden. Im vorliegenden Fall wurde eine Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien im Verhältnis 2 : 1 vollzogen. Daher müsste der Wandlungspreis verdoppelt oder das Wandlungsverhältnis halbiert werden, um einen vollkommenen Ausgleich zu gewährleisten. Dies geschieht i. d. R. mit den folgenden Formeln: Pn = Pa = Vn = Va = Nn = Na =
Pn = Pa ´ Na Nn
Vn = Va ´ Nn Na
oder
angepasster Wandlungspreis ursprünglicher Wandlungspreis angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis Anzahl der Aktien nach Zusammenlegung ursprüngliche Anzahl der Aktien
In diesem Beispiel 27 wurden die Aktien im Verhältnis 2 : 1 zusammengelegt. Eine Anpassung muss daher immer mit dem Verhältnis der Aktienanzahl vor und nach der Kapitalerhöhung vorgenommen werden. Würde man den Wandlungspreis oder das Wandlungsverhältnis entsprechend obiger Formeln anpassen, so würden sich die Wandelbedingungen folgendermaßen ändern: Pn = Pa ´ Na = 9 € ´ 50 Mio . = 9 € ´ 2 = 18 € Nn 25 Mio . Vn = Va ´ Nn = 111,11´ 25 Mio . = 111,11´ 0,5 = 55,55 Na 50 Mio . Da sich beide Parameter gegenseitig beeinflussen, genügt es, wenn eine Form der Anpassung festgeschrieben wird. V=
Nennwert Teilwandelobligation Wandlungspreis
P=
Nennwert Teilwandelobligation Wandlungsverhältnis
Va = 1.000 € = 111,11 9€
Pa = 1.000 € = 9 € 111,11
Vn = 1.000 € = 55,55 18 €
Pn = 1.000 € = 18 € 55,55
Auf die Wandelschuldverschreibung würde die Angleichung nach obigen Formeln einen vollkommenen Verwässerungsschutz bewirken:
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 241 Kennzahlen
Vor Kapital herabsetzung
Nach Kapital herabsetzung und Anpassung
Wandlungswert
55,55 € 55,55 € (111,11 Aktien × 0,50 €) (55,55 Aktien × 1 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.000 €
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
0 € (–944,45 €)
0 € (–944,45 €)
Wandlungspreis
9,00 €
18,00 €
Wandlungsverhältnis
111,11
55,55
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
21,74 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
–1.700 % (≙ 9 € : 0,50 €)
–1.700 % (≙ 18 € : 1 €)
Zu klären bleibt die Frage, ob auch das Sicherungskapital für die Wandlungsrechte von Gesetzes wegen angepasst werden muss, wie es bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln der Fall ist. Bei genauer Betrachtung kann es zu aktienrechtlichen Spannungen kommen, weil das Wandlungskapital nach der Kapitalherabsetzung in keiner angemessenen Relation zum Grundkapital steht. Im vorliegenden Beispiel würde die erlaubte Höhe des Sicherungskapitals, welches maximal die Hälfte des Grundkapitals betragen darf (vgl. §§ 192 Abs. 3, 202 Abs. 3 AktG), weit überstiegen werden. Außerdem gilt es zu berücksichtigen, dass das Wandlungsverhältnis auch mit Hilfe des notwendigen Sicherungskapitals berechnet werden kann. Auch aus diesem Grund sollte das Wandlungskapital wie bei einer nominellen Kapitalerhöhung entsprechend dem allgemeinen Rechtsgedanken des § 216 Abs. 3 S. 1 AktG (218 S. 1 AktG) angepasst werden. Ist man der Ansicht, § 218 S. 1 AktG sei lediglich eine Konkretisierung des § 216 Abs. 3 AktG, kann man die gesetzliche Anpassung des Sicherungskapitals mit dem Aktienrecht einfach in Einklang bringen.510 Da es sich bei der vorliegenden Kapitalherabsetzung – wie bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftmitteln – lediglich um eine Umbuchung in der Bilanz handelt, stellen beide 510 Vgl. hierzu die Ausführungen unter dem Punkt: Effektivität des Verwässerungsschutzes bei Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln auf S. 151 ff.
242
F. Schutz der Wandelobligationäre
Vorgänge nur nominelle Kapitalmaßnahmen dar. Ihnen ist gemeinsam, dass sie nur rein gesellschaftsinterne Vermögensverschiebungen bewirken. Es findet weder ein Vermögensabfluss noch ein -zufluss an die Aktionäre statt. Wegen dieser vergleichbaren Interessenlage ist eine gesetzliche Angleichung des Sicherungskapitals daher zu befürworten.511 Ob die Reduzierung des Sicherungskapital aus einer Analogie zu § 216 Abs. 3 AktG (§ 218 S. 1 AktG) erfolgt oder aus dem allgemeinen Rechtsgedanken des Verwässerungsschutzes abgeleitet wird, ist letztlich irrelevant. Vorzugswürdig erscheint jedoch der Weg über dem allgemeinen Rechtsdanken des Verwässerungsschutzes, da § 216 Abs. 3 AktG im unmittelbaren Anwendungsbereich den Wandelobligationär vor einer Benachteiligung schützen will, hier aber eine Bevorzugung vorliegt. Nach dem allgemeinen Verwässerungsschutzgedanken müssen die Wandlungsrechte aus beiderseitiger Sicht unberührt bleiben. • Beispiel 28: Reduzierung des Sicherungskapitals nach einer nominellen Kapitalherabsetzung In dem Beispiel 27 wurde das Grundkapital von 250 Mio. € um 225 Mio. € auf 25 Mio. € herabgesetzt. Das reduzierte Grundkapital entspricht nur noch 1/10 seines ursprünglichen Wertes. Die Kapitalherabsetzung erfolgte i. H. v. 200 Mio. € durch Herabsetzung des Nennwertes und i. H. v. 25 Mio. € durch Zusammenlegung der Aktien im Verhältnis 2 : 1. Diese Maßnahmen müssen entsprechend auf das Sicherungskapital übertragen werden. Das Sicherungskapital muss folglich zunächst um 80 % reduziert und danach aufgrund der Zusammenlegung noch einmal halbiert werden, anderweitig würde das vorhandene Sicherungskapital in keiner vernünftigen Relation zum Grundkapital stehen. Die Interessen der Wandelobligationäre werden hierdurch nicht berührt. Stückmäßiges Wandlungsverhältnis vor der vereinfachten Kapitalherabsetzung: Va =
Nennwert der Wandelobligation : Nennbetrag einer Teilwandelobligation = ursprüngliches Sicherungskapital : Nennbetrag einer Aktie
= 125 Mio. € : 1.000 € = 125.000 1 :111,11 69.443.750 € : 5 € 13.888.750 Vor der Kapitalherabsetzung war für jede Teilwandelschuldverschreibung ein Sicherungskapital für genau 111,11 Aktien vorhanden.
511 Busch, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 44, Rn. 29; wohl auch MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 309 f.; a. A. KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 224, Rn. 18; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 225, Rn. 25; MarschBarner, in: Spindler/Stilz, AktG, § 224, Rn. 11; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 60, Rn. 36.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 243 Stückmäßiges Wandlungsverhältnis nach der vereinfachten Kapitalherabsetzung: Va =
Nennwert der Wandelobligation : Nennbetrag einer Teilwandelobligation = ursprüngliches Sicherungskapital : Nennbetrag einer Aktie
= 125 Mio. € : 1.000 € = 125.000 1 : 555,55 69.443.750 € : 1 € 69.443.750 Nach der Kapitalherabsetzung würde das vorhandene Sicherungskapital je Teilwandelschuldverschreibung ausreichen, um 555,55 Aktien zu bedienen, obwohl nach der Kapitalmaßnahme und der Durchführung des Verwässerungsschutzes nur noch 55,55 Wandelaktien je Teilwandelschuldverschreibung abgesichert werden müssten. Das Sicherungskapital i. H. v. 69.443.750 € überschreitet nach der Kapitalherabsetzung das Grundkapital (25 Mio. €) fast um das Dreifache. Dies widerspricht den Anordnungen in §§ 192 Abs. 3, 202 Abs. 3 AktG, wonach das genehmigte oder bedingte Kapital maximal die Hälfte des Grundkapitals betragen darf. Eine Anpassung erscheint daher unausweichlich. Notwendiges Sicherungskapital nach Durchführung der Kapitalmaßnahmen: Das Grundkapital wurde von 250 Mio. € auf 25 Mio. € herabgesetzt. Obige Vorgänge müssen entsprechend auf das Sicherungskapital übertragen werden. Das Sicherungskapital muss sich daher von Gesetzes wegen auf 1/10 seines ursprünglichen Umfangs (≙ 6.944.375 €) reduzieren. Dadurch würde es genau dieselbe Relation an Wandelaktien absichern, wie es anfangs von der Hauptversammlung bewilligt wurde. Vn = =
Nennwert der Wandelobligation : Nennbetrag einer Teilwandelobligation = erforderliches Sicherungskapital : Nennbetrag einer Aktie
125 Mio. € : 1.000 € = 125.000 1 : 55,55 (69.443.750 €´ 0, 2 : 2) : 1 € 6.944.375 : 1
Durch die Herabsetzung des Sicherungskapitals in der gleichen Art und Weise bzw. Höhe, wie das Grundkapital herabgesetzt wurde, wird es ideal angepasst. Nach der Anpassung würde das reduzierte Sicherungskapital wiederum alle möglicherweise anfallenden Wandelaktien einer Teilwandelschuldverschreibung exakt absichern. Es kommt zu keinen Verzerrungen. cc) Zusammenfassung Bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung durch Herabsetzung des Nennoder Stückwertes der Aktien treten keine Verwässerungen oder Verstärkungen bei den Wandelobligationen auf. Eine Anpassung der Wandelbedingungen ist daher nicht erforderlich. Bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien wird der Wandelschuldverschreibungsinhaber bevorzugt. Es treten
244
F. Schutz der Wandelobligationäre
vermögens- und herrschaftsrechtliche Verstärkungseffekte auf. Bei einer Zusammenlegung ist somit eine Anpassung erforderlich. Die Anpassung muss in derselben Relation wie die Zusammenlegung der Aktien erfolgen. Bei allen nominellen Kapitalherabsetzungen muss eine entsprechende Herabsetzung des Sicherungskapitals erfolgen, da dieses nach einer nominellen Kapitalherabsetzung nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zum Grundkapital und den Wandelaktien steht. Die Reduzierung muss dabei von Gesetzes wegen erfolgen. dd) Empirische Auswertung (1) Große Aktiengesellschaften Die Wandelbedingungen von großen Aktiengesellschaften sehen im Falle einer nominellen Kapitalherabsetzung durch gleichzeitige Senkung der anteiligen Nenn- oder Stückwerte von Aktien allgemein vor, dass in diesem Fall das Wandlungsverhältnis und / oder Wandlungspreis unverändert bleiben, jedoch mit der Maßgabe, dass mit der Wandlung die Aktien mit dem herabgesetzten Nenn- / Stückwert geliefert werden.512 Sollte die Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien erfolgen, so bestimmen die Wandelbedingungen, dass die Anpassung von Wandlungspreis oder -verhältnis mit Hilfe obiger Formeln, also dem Verhältnis der Aktienanzahl vor und nach der Kapitalherabsetzung, erfolgt.513 Diese Verwässerungsschutzklauseln entsprechen den obigen Erläuterungen und gewährleisten daher einen vollkommenen vermögens- und herrschaftsrechtlichen Verwässerungsschutz für die Fälle einer nominellen Kapitalherabsetzung.
512 TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/2016), § 11, Abs. 3, b; Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, a, iii; Solon AG Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, a, iii; Südzucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wandelanleihe 2009/2016), § 10, Abs. 1, c; Arques Industries AG Wandelschuldverschreibung (9,0 % Wandelanleihe 2010/2012), Zif. 8.2. 513 TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/2016), § 11, Abs. 3, a, ii; Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, a, ii, B; Solon AG Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, a, ii, B; Südzucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wandelanleihe 2009/2016), § 10, Abs. 1, b, ii; Arques Industries AG Wandelschuldverschreibung (9,0 % Wandelanleihe 2010/2012), Zif. 8.2.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 245
(2) Kleine Aktiengesellschaften Fast alle kleinen Aktiengesellschaften schließen für den Fall einer vereinfachten Kapitalherabsetzung durch Reduzierung des Nenn- oder Stückwertes von Aktien richtigerweise eine Anpassung der Wandelbedingungen aus.514 Lediglich eine Gesellschaft setzt für den Fall einer nominellen Kapitalherabsetzung durch Senkung des Nennwertes überhaupt keine Regelung fest, was aber mangels eintretender Veränderungen auch nicht erforderlich ist.515 Teilweise weisen die Wandelbedingungen von kleinen Aktiengesellschaften aber im Fall einer vereinfachten Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien ein großes Defizit auf. Für diesen Fall wird reguliert, dass das Wandlungsverhältnis in demselben Verhältnis wie das Grundkapital reduziert wird.516 Im obigen Beispiel 27 beträgt dieses Verhältnis 250 Mio. € : 25 Mio. €, also 10 : 1. Dies würde bedeuten, dass sich nach dieser Klausel das Wandlungsverhältnis auf 1/10 senken würde. Die Konsequenz wäre, dass eine Teilwandelobligation nur noch in 11,11 Aktien gewandelt werden könnte. Die Obligationäre würden massiv benachteiligt werden, da korrekterweise eine Anpassung mit dem Verhältnis der Aktienanzahl vor und nach der Kapitalerhöhung erfolgen müsste (hier: 2 : 1). Ob dies von den Beteiligten tatsächlich so beabsichtigt oder ihnen bewusst war, erscheint äußerst zweifelhaft. Weiterhin existiert ein Bedingungswerk, welches den Verwässerungsschutz bei einer Kapital-herabsetzung egal welcher Art umfassend ausschließt.517 Bei einer nominellen Kapitalherabsetzung würde es außerdem, wenn überhaupt nur zu Bevorzugungen der Wandelobligationäre kommen, so dass der Ausschluss bei dieser Art der Kapitalherabsetzung aus der Sicht der schutzbedürftigen Wandelobligationäre irrelevant ist.
514 Pixelpark AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2008/2012). § 5, Zif. 2; EPG AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2006/2011), § 8, Abs. 5. 515 Klassik Radio AG Wandelschuldverschreibung (6,5 % Wandelanleihe 2007/ 2010), Zif. 10.4. 516 Pixelpark AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2008/2012), § 5, Zif. 2; EPG AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2006/2011), § 8, Abs. 5. 517 S.A.G. Solarstrom AG Wandelschuldverschreibung (6,85 % Wandelanleihe 2007/2010); § 5, Zif. 2; Klassik Radio AG Wandelschuldverschreibung (6,5 % Wandelanleihe 2007/2010), Zif. 10.4 (kein ausdrücklicher Ausschluss, allerdings wäre dieser Fall auch nicht von der Generalklausel erfasst, da eine Bevorzugung vorliegt).
246
F. Schutz der Wandelobligationäre
c) Ordentliche Kapitalherabsetzung Bei der ordentlichen Kapitalherabsetzung kann vorhandenes Gesellschaftsvermögen ausgeschüttet oder zumindest ausschüttungsfähig gestellt werden. Die ordentliche Kapitalherabsetzung kann aber auch dieselben Zwecke wie eine vereinfachte Kapitalherabsetzung verfolgen – z. B. Umwandlung von Grundkapital in Kapitalrücklagen oder Verlustausgleich – so dass nicht zwingend Kapital an die Gesellschafter abgeführt werden muss. Sie kann daher nominell oder effektiv ausgestaltet sein.518 Diese beiden Formen haben unterschiedliche Auswirkungen und müssen daher getrennt betrachtet werden. Soweit das bisher fest gebundene Vermögen durch eine Auszahlung an die Gesellschafter verteilt wird (effektive Kapitalherabsetzung), findet ein Kapitalabfluss statt, der sich auf den Wert des Unternehmens auswirken wird. Bei der nominellen Kapitalherabsetzung findet dagegen kein Kapitalabfluss statt. Es wird lediglich eine Umbuchung in der Bilanz vorgenommen und das früher festgebundene Grundkapital in einen anderen passiven Bilanzposten umgewandelt. Sowohl die effektive als auch die nominelle ordentliche Kapitalherabsetzung können gem. § 222 Abs. 4 AktG auf zwei Arten durchgeführt werden. Danach ist zunächst primär eine Herabsetzung des Nenn- oder Stückwerts vorzunehmen und sekundär – wenn der Mindestnennbetrag des § 8 Abs. 2 und 3 AktG unterschritten werden würde – hat eine Zusammenlegung der Aktien zu erfolgen. Die Durchführungsmodalitäten sind also genau so, wie sie oben bereits bei der vereinfachten Kapitalerhöhung aufgezeigt wurde.519 aa) Nominelle ordentliche Kapitalherabsetzung Bei der nominellen ordentlichen Kapitalherabsetzung findet kein Kapitalabfluss an die Aktionäre statt. Dies kann dadurch bewirkt werden, dass das herabgesetzte Grundkapital zum Ausgleich von Wertminderungen oder der Bildung von höheren Rücklagen verwendet wird. Eine nominelle ordentliche Kapitalherabsetzung kann aber ebenso wie die vereinfachte Kapitalherabsetzung lediglich den Zweck einer Verlustdeckung verfolgen.520 Wesentlich ist nur, dass kein unmittelbarer Kapitalabfluss an die Aktionäre stattfin518 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 222, Rn. 16; Busch, in: MarschBarner/Schäfer, § 44, Rn. 3; Hüffer, AktG, § 222, Rn. 20; MüKo/Oechsler, AktG, Bd. 4, § 222, Rn. 37 f.; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 222, Rn. 48; Becker, in: HK, AktG, § 222, Rn. 21; Marsch-Barner, in: Spindler/Stilz, AktG, § 222, Rn. 36. 519 Vgl. hierzu die Ausführungen unter dem Punkt: Vereinfachte (nominelle) Kapitalherabsetzung auf S. 232 f. 520 A. a. O. (vgl. Fußnote 518).
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 247
det. Sie stellt stets eine Umbuchung in der Bilanz dar, so dass sich an den Vermögensverhältnissen der Aktiengesellschaft nichts Wesentliches ändert. Je nach Höhe des Herabsetzungsbetrags erfolgt die Durchführungsart genau wie bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung primär durch Herabsetzung des Nenn- oder Stückwertes einer Aktie und sekundär durch eine Zusammenlegung der Mitgliedschaftsrechte. Die Auswirkungen sind also grundsätzlich identisch mit der einer vereinfachten Kapitalherabsetzung, da es sich in beiden Konstellationen um nominelle Kapitalherabsetzungen handelt.521 Bei einer Herabsetzung des Nenn- oder Stückwertes einer Aktie treten grundsätzlich keine Veränderungen auf, da die effektive Vermögensmasse konstant bleibt. Vermögens- sowie herrschaftsrechtliche Auswirkungen zeigen sich nicht, weil sich weder der Bilanzwert noch die Anzahl der Aktien verändert. Eine Anpassung ist in diesem Fall nicht erforderlich. Soweit jedoch der Herabsetzungsbetrag eine Höhe erreicht, die eine usammenlegung von Aktien werden lässt, muss eine Anpassung der WandZ lungsbedingungen entsprechend dem Verhältnis der Zusammenlegung er folgen. Pn = Pa = Vn = Va = Nn = Na =
Pn = Pa ´ Na Nn
oder
Vn = Va ´ Nn Na
angepasster Wandlungspreis ursprünglicher Wandlungspreis angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis Anzahl der Aktien nach Zusammenlegung ursprüngliche Anzahl der Aktien
Abschließend sei noch erwähnt, dass die nominelle ordentliche Kapitalherabsetzung zwar grundsätzlich zu keinen Wertveränderungen führt, soweit jedoch eine Umbuchung in ausschüttungsfähige Rücklagen vorgenommen wird, kann dies zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Kapitalabfluss führen, indem den Aktionären beispielsweise eine Sonderdividende ausgeschüttet wird.522 In diesem Fall muss letztlich doch eine Anpassung vorgenommen werden. Je nach Einzelfall kommt eine Angleichung aufgrund außergewöhnlicher Dividendenzahlungen oder entsprechend der Anpassung einer effektiven Kapitalherabsetzung in Betracht.523 Anderweitig wäre es ein 521 Für Einzelheiten und Beispiele vgl. daher die Ausführungen unter dem Punkt: Vereinfachte (nominelle) Kapitalherabsetzung auf S. 232 ff., die auf die ordentliche nominelle Kapitalherabsetzung vollständig übertragen werden können. 522 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, Vorb. vor § 222, Rn. 6. 523 Vgl. hierzu die Ausführungen unter den Punkten: Dividenden und sonstige Ausschüttungen auf S. 290 ff. und Effektive ordentliche Kapitalherabsetzung durch
248
F. Schutz der Wandelobligationäre
Leichtes, die Verwässerungsvorschriften zu umgehen und die Gesellschaft auf lange Sicht zu Lasten der Obligationäre auszuhöhlen. Bezüglich der empirischen Auswertungen kann auf die obigen Ausführungen der vereinfachten nominellen Kapitalherabsetzung verwiesen werden, da für beide nominellen Kapitalherabsetzungen dieselben Klauseln Anwendung finden.524 bb) Effektive ordentliche Kapitalherabsetzung durch Herabsetzung des Nenn- / Stückwertes einer Aktie Der Kapitalabfluss der effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung kann durch verschiedene Varianten realisiert werden. Zu nennen wären etwa eine Auszahlung der Herabsetzungsbeträge, die Verteilung von Gesellschaftsanteilen, die Befreiung von rückständigen Einlagen oder etwa die Rückgabe von Sacheinlagen an Aktionäre. Allen diesen Spielarten ist es gemeinsam, dass sie im Endeffekt zu einem Mittelabfluss an die Aktionäre führen.525 Daher kann eine solche Maßnahme i. d. R. nur erfolgen, wenn die Gesellschaft in einer finanziell guten Ausgangslage steht. Im Folgenden sollen zunächst die Konsequenzen einer effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung untersucht werden, um im Anschluss die Lösungswege des Verwässerungsschutzes aufzuzeigen. Hierbei ist wieder zwischen den einzelnen Durchführungsarten der Kapitalherabsetzung zu differenzieren. (1) Die Verwässerung bei der effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung durch Herabsetzung des Nenn- / Stückwertes einer Aktie • Beispiel 29: Effektive ordentliche Kapitalherabsetzung durch Herabsetzung des Nenn- / Stückwertes Die Aktiengesellschaft XY hat ein Grundkapital von 250 Mio. €, eingeteilt in 50 Mio. Aktien mit einem Stückwert i. H. v. 5 €. Die AG hat Rücklagen i. H. v. 250 Mio. €.
Herabsetzung des Nenn-/Stückwertes einer Aktie auf S. 248 ff. und Effektive ordentliche Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien auf S. 262 ff. 524 Vgl. hierzu die Ausführungen oben unter dem Punkt: Empirische Auswertung auf S. 244 f. 525 Vgl. zu den Zwecken einer effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung: Busch, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 44, Rn. 3; Marsch-Barner, in: Spindler/Stilz, AktG, § 222, Rn. 36, § 224, Rn. 13; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 222, Rn. 16 f.; MüKo/Oechsler, AktG, Bd. 4, § 222, Rn. 37.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 249 Vor drei Jahren hatte diese Gesellschaft eine Wandelanleihe emittiert. Die Wandelanleihe hatte einen Nennwert von 125 Mio. €. Die Teilschuldverschreibungen wurden in je 1.000 € gestückelt. Der Wandlungspreis liegt bei 9 €. Die AG hat ihre Geschäftstätigkeit reduziert und einige unrentable Sparten geschlossen. Da das Grundkapital der Gesellschaft für die verbleibenden Geschäftstätigkeiten verhältnismäßig hoch ist und zudem genügend Kapitalrücklagen vorhanden sind, führt sie eine effektive ordentliche Kapitalherabsetzung i. H. v. 100 Mio. € durch. Die Herabsetzungsbeträge sollen dabei an die Aktionäre ausbezahlt werden. Wert einer Aktie vor der effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung: bilanziertes Eigenkapital Grundkapital + Rücklagen Bilanzkurs einer Aktie = = = Anzahl der Aktien Anzahl der Aktien 250 Mio . € + 250 Mio . € 500 Mio . € = = = 10 € 50 Mio . 50 Mio . Der Bilanzwert einer Aktie lag vor der effektiven Kapitalherabsetzung bei 10 €. Wert einer Aktie nach der effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung: Durch die effektive ordentliche Kapitalherabsetzung i. H. v. 100 Mio. € wird das Grundkapital reduziert und dieser Betrag an die Gesellschafter ausgeschüttet, so dass sich der Bilanzkurs folgendermaßen verändert: bilanziertes Eigenkapital Grundkapital + Rücklagen Bilanzkurs einer Aktie = = = Anzahl der Aktien Anzahl der Aktien 150 Mio . € + 250 Mio . € 400 Mio . € = = =8 € 50 Mio . 50 Mio . Die effektive ordentliche Kapitalherabsetzung führt zu einer Reduzierung des Bilanzwertes einer Aktie von 10 € auf 8 €. Durchführungsart: Was die Art der Durchführung in diesem Beispiel betrifft, ist festzustellen, dass bei Stückaktien der Stückwert von 5 € um 40 % auf 3 € reduziert wird. Da der herabgesetzte Stückbetrag den Mindeststückbetrag von 1 € nicht unterschreitet, erfolgt keine Zusammenlegung der Aktien. Der neue rechnerische Stückbetrag ergibt sich bei Stückaktien aus § 8 Abs. 4 AktG. Eine Änderung der Anzahl der Aktien tritt in diesem Fall mangels Vereinigung von Aktien nicht auf. Auswirkungen der effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung auf die Aktionäre: Die Aktionäre würden letztlich keinerlei Konsequenzen spüren. Zwar verringert sich der Kurs der Aktien um 2 €, aber im Gegenzug erlangen die Aktionäre i. R. d. Kapitalherabsetzung für jede Aktie eine Rückzahlung i. H. v. 2 €. Vermögensrechtlich ergeben sich für die Aktionäre somit keine Konsequenzen. Da sich auch nicht die Anzahl der Aktien verändert, hat die Kapitalherabsetzung auch keine herrschaftsrechtlichen Folgen.
250
F. Schutz der Wandelobligationäre
Auswirkungen der effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung auf die Wandelschuldverschreibung: Kennzahlen
Vor Kapitalherabsetzung
Nach Kapitalherabsetzung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
888,88 € (111,11 Aktien × 8 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.000 €
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
111,11 €
0 € (–222,22 €)
Wandlungspreis
9,00 €
9,00 €
Wandlungsverhältnis
111,11
111,11
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
21,74 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+ 11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
–12,5 % (≙ 9 € : 8 €)
Da der Wert des Wandlungsrechts mittelbar vom Wert der Aktien abhängt und sich letzterer reduziert, zeigen sich wiederum nachteilige vermögensrechtliche Veränderungen bei dem Wandlungsrecht. Das Wandlungsrecht entwickelt sich von in dem Geld zu aus dem Geld. Mangels Verbindung von Aktien ergeben sich jedoch keine herrschaftsrechtlichen Verwässerungseffekte für die Wandelobligationäre. (2) D er Verwässerungsschutz bei der effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung durch Herabsetzung des Nenn- / Stückwertes einer Aktie Bei einer effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung existieren nicht so viele Verwässerungsschutzklauseln, Vorschläge oder Abhandlungen, wie es bei der ordentlichen Kapitalerhöhung der Fall ist. Eine Anpassung wird überwiegend mit folgender Formel vorgenommen:526 526 TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/2016), § 11, Abs. 4; Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, e, i; Solon AG Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012),
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 251 Pn = Pa ´ Bk - R Bk
Pn = Pa = Vn = Va = Bk = R =
oder
Vn = Va ´
Bk Bk - R
angepasster Wandlungspreis ursprünglicher Wandlungspreis angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis Bilanzkurs einer Aktie Rückzahlungsbetrag je Aktie
Im obigen Beispiel 29 wurde das Grundkapital von 250 Mio. € auf 150 Mio. € herabgesetzt. Der Stückwert je Aktie wurde von 5 € auf 3 € reduziert. Der Rückzahlungsbetrag je Aktie belief sich somit auf 2 €. Bei einer Anpassung nach obiger Formel ergeben sich folgende Konsequenzen für eine Wandelschuldverschreibung: Pn = Pa ´ Bk - R = 9 € ´ 10 € - 2 € = 9 € ´ 8 € = 9 € ´ 0,80 € = 7, 20 € Bk 10 € 10 € Der Wandlungspreis würde sich auf 7,20 € reduzieren. Da sich Wandlungspreis und Wandlungsverhältnis gegenseitig beeinflussen, verändert sich auch das stückmäßige Wandlungsverhältnis. Vn =
Nennwert Teilwandelobligation 1.000 € = = 138,89 7, 20 € Wandlungspreis
Nach diesem formelmäßigen Ausgleich würden sich die Kennzahlen der Wandelobligation wie folgt verändern: Kennzahlen
Vor Kapital herabsetzung
Nach Kapital herabsetzung und Anpassung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
1.111,11 € (138,89 × 8 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.000 €
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
111,11 €
111,11 €
Wandlungspreis
9,00 €
7,20 € (Fortsetzung nächste Seite)
§ 10, d, i; Südzucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wandelanleihe 2009/ 2016), § 10, Abs. 4, A; a. A. offenbar Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 221, Rn. 185 (dieser ist der Ansicht, dass bei einer effektiven Kapitalherabsetzung in der Regel kein Ausgleich erforderlich ist).
252
F. Schutz der Wandelobligationäre
Tabelle (Fortsetzung) Kennzahlen
Vor Kapital herabsetzung
Nach Kapital herabsetzung und Anpassung
Wandlungsverhältnis
111,11
138,89 (+27,77)
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
25,77 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
+11,11 % (≙ 8 € : 7,20 €)
Festzustellen ist, dass diese Verwässerungsschutzformel einen vollkommenen vermögensrechtlichen Schutz gewährleistet. Allerdings führt die gleichzeitig bewirkte Anhebung des Wandlungsverhältnisses dazu, dass die Obligationäre herrschaftsrechtlich bessergestellt werden. Dies rührt daher, dass sich bei der vorliegenden Kapitalherabsetzung anders als bei einer Kapitalerhöhung die Anzahl der Aktien grundsätzlich nicht verändert. Der Verwässerungsschutz bevorzugt anscheinend die Obligationäre und benachteiligt die Aktionäre. Diese Verwässerungsschutzmodalität wird heutzutage überwiegend von den Emittenten verwendet.527 (3) Ableitung eines vollkommenen Verwässerungsschutzes Auf den ersten Blick mag man meinen, dass die Wandelobligationäre durch diese formelmäßige Anpassung letztlich besser gestellt werden. Bei genauerer Betrachtung ist dem aber nicht so. In Wirklichkeit ist diese Form von Verwässerungsschutz kritisch zu sehen. Wenn die Aktionäre derartige Maßnahmen wiederholt durchführen, könnten sie theoretisch das gesamte vorhandene Kapital an sich selbst auszahlen und die Gesellschaft aushöhlen.528 Während die Aktionäre das Kapital aus der Gesellschaft herausziehen, bekommen die Obligationäre als Ausgleich immer nur eine Steigerung ihres herrschaftsrechtlichen Einflusses zugesprochen. Im Extremfall – der so natürlich in der Realität nicht durchführbar wäre (vgl. § 228 Abs. 1 AktG) – könnten die Gesellschafter das Grundkapital auf 0 herabsetzen und das 527 Vgl.
hierzu näher die Empirische Auswertung auf S. 260 ff. diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass Dividendenzahlungen, Sachdividenden oder sonstige vermögensmindernde Maßnahmen in der Regel demselben Verwässerungsschutz unterliegen und bisher gleich behandelt werden, vgl. Marsch-Barner, in: Spindler/Stilz, AktG, § 224, Rn. 13. 528 In
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 253
vorhandene Vermögen vollständig aussaugen, wohingegen die Obligationäre als Entschädigung ein unendliches Wandlungsverhältnis erhielten. Dass dieses Ergebnis nicht richtig sein kann, liegt auf der Hand. Bei Optionsanleihen verschärft sich dieses Problem sogar, wenn die Optionsrechte von der Schuldverschreibung bereits getrennt wurden. In diesem Fall läge es so, dass die Schuldverschreibungsinhaber überhaupt keinen Ausgleich erhielten, obwohl sie durch das Aushöhlen der Gesellschaft gleichfalls belastet werden, da sich das Vermögen mindert und damit einhergehend sich die Wahrscheinlichkeit einer Zahlungsunfähigkeit erhöht. Die Inhaber der Bezugsrechte einer Optionsanleihe würden dagegen bevorzugt werden. Für ihren Schutz würde es bereits genügen, wenn sich der Wandlungspreis entsprechend obiger Formel reduziert. Darüber hinaus werden die Optionsinhaber aber durch den soeben dargelegten Verwässerungsschutz begünstigt, da sich zusätzlich das Wandlungsverhältnis und damit ihr potentieller, künftiger herrschaftsrechtlicher Einfluss erhöht. Korrekt wäre es, wenn die Wandelobligationäre einen Ausgleich in Form einer Rückzahlung erhielten, indem der Nennwert der Wandelobligation ebenfalls herabgesetzt und damit den neuen Verhältnissen angepasst wird. Wie dies realisiert werden könnte und warum hierdurch ein vollkommener Verwässerungsschutz erreicht werden könnte, wird im Folgenden erläutert. Die effektive Kapitalherabsetzung stellt im Grunde eine Teilliquidation der Aktiengesellschaft dar.529 Die Gesellschafter erhalten einen Teil ihres zur Verfügung gestellten Vermögens wieder zurück. Der wesentliche Unterschied zur Auszahlung einer Dividende oder sonstigen Ausschüttungen liegt bei der effektiven Kapitalherabsetzung darin, dass den Gesellschaftern Kapital zurückgezahlt wird, welches normalerweise einer festen Kapitalerhaltung unterliegt und daher nicht an die Aktionäre zurückgezahlt werden darf (§ 57 Abs. 1 AktG). Die feste Kapitalbindung der Einlagen dient dabei insbesondere als Ausgleich für das Privileg der Haftungsbeschränkung. Im Rahmen einer effektiven Kapitalherabsetzung dürfen jedoch Einlagen als Ausnahme zu § 57 Abs. 1 AktG an die Aktionäre zurückbezahlt werden, wodurch das zur Sicherung der Gläubiger vorhandene eigenkapitalgebundene Gesellschaftsvermögen geschmälert wird.530 Dividenden werden dagegen aus Vermögensmassen, welche aus angehäuften Gewinnen der Gesellschaft entstanden sind, in den Grenzen der §§ 57 Abs. 3, 174 AktG an die Aktio529 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, Vorb. vor § 222, Rn. 3; MüKo/ Oechsler, AktG, Bd. 4, Vor § 222, Rn. 3, § 222, Rn. 1. 530 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 224, Rn. 16; KölnKomm/Drygala, AktG, 3. Aufl., Bd. 1, § 57, Rn. 117; MüKo/Oechsler, AktG, Bd. 4, § 222, Rn. 37; Hüffer, AktG, § 222, Rn. 20.
254
F. Schutz der Wandelobligationäre
näre ausgeschüttet und unterliegen damit gerade nicht der festen Kapitalbindung.531 Diese Vermögensmassen sind keiner Kapitalbindung unterworfen und dürfen grundsätzlich vollständig an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Die effektive Kapitalherabsetzung und eine übliche Vermögensausschüttung dürfen daher keinesfalls im Rahmen des Verwässerungsschutzes gleich behandelt werden, da sie unterschiedlichen Prinzipien ausgesetzt sind und qualitativ differenzierte Auswirkungen haben.532 Als Kompensation für den Wegfall dieser Gläubigerschutzvorschriften (§ 57 Abs. 1 AktG) dient im Rahmen einer effektiven Kapitalherabsetzung § 225 AktG. Danach haben die Gläubiger einen Anspruch auf Sicherheitsleistung (§ 225 Abs. 1 AktG). Zusätzlich darf an den Aktionären erst nach einer Sperrfrist von sechs Monaten und der aufschiebenden Bedingung, dass allen Gläubigern eine Sicherheit geleistet worden ist oder diese befriedigt worden sind, Zahlungen geleistet werden (§ 225 Abs. 2 AktG). Als Gläubiger i. S. d. Vorschrift sind nach der überwiegenden Literaturansicht auch die Wandelobligationäre zu verstehen, wenngleich es sich bei den Inhabern einer Wandelanleihe auch nur um auflösend bedingte Forderungen handeln kann. Dies würde bedeuten, dass die Wandelobligationäre nach einer Kapitalherabsetzung eine Sicherheit i. S. v. § 232 BGB beanspruchen könnten.533 Die Gläubiger könnten somit von der Gesellschaft theoretisch Garantien in Form von Hinterlegungen, Verpfändungen oder Hypotheken in Höhe der gesamten Wandelschuldverschreibung beanspruchen. Wobei bei der Wandelanleihe wegen der Bedingtheit des Rückzahlungsanspruchs einige Abschläge von der bedingten Forderung gewährt werden müssten.534 Die Obligationäre einer Optionsanleihe könnten jedoch eine Sicherheitsleistung in voller Höhe der Wandelschuldverschreibung beanspruchen. Ob die Emittentin bei einer 531 KölnKomm/Drygala, AktG, 3. Aufl., Bd. 1, § 57, Rn. 12, 16; Solveen, in: Hölters, AktG, § 57, Rn. 1; MüKo/Bayer, AktG, Bd. 2, § 57, Rn. 114; Hüffer, AktG, § 57, Rn. 22; Westermann, in: HK, AktG, § 57, Rn. 46. 532 A. A. Marsch-Barner, in: Spindler/Stilz, AktG, § 224, Rn. 13. 533 Vgl. hierzu: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 9 f.; Hüffer, AktG, § 225, Rn. 3; Marsch-Barner, in: Spindler/Stilz, AktG, § 225, Rn. 7; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 60, Rn. 41; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 225, Rn. 7; Sethe, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 225, Rn. 19. Ein Teil der Literatur differenziert und will bei einer aufschiebenden Bedingung den Anwendungsbereich eingrenzen und einen Sicherheitsanspruch nur dann bewilligen, wenn die Bedingung innerhalb der Frist des Abs. 2 eintritt. Jedoch würden sich vorliegend keine Unterschiede ergeben, da es sich bei der Wandelanleihe um eine auflösende Bedingung handelt. Schilling, in: Großkomm, AktG, 3. Aufl., § 225, Rn. 3; MüKo/Oechsler, AktG, Bd. 4, § 225, Rn. 7 f.; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 225, Rn. 4. 534 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 225, Rn. 10; Marsch-Barner, in: Spindler/Stilz, AktG, § 225, Rn. 7; Hüffer, AktG, § 225, Rn. 12; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 60, Rn. 41; Veil, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, § 225, Rn. 16.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 255
Kapitalherabsetzung allen Wandelobligationären eine ausreichende Sicherheit gewährleisten kann, erscheint zweifelhaft. Häufig wird die Auszahlungssperre des § 225 Abs. 2 AktG im Falle einer bereits emittierten Wandelschuldverschreibung daher zu einer Untergrabung der bezweckten Auszahlung führen. Wenn man aber die Wandelbedingungen zusätzlich durch eine Nennwertherabsetzung der Wandelschuldverschreibung an das gesenkte Grundkapital der Emittentin angleicht, wären die Wandelobligationäre nicht mehr schutzbedürftig, so dass der Anwendungsbereich des § 225 AktG teleologisch reduziert werden kann. Die Kapitalherabsetzung kann durch eine Senkung des Nennwertes einer Wandelschuldverschreibung somit einfacher bewerkstelligt werden. Obige Anpassungsformel konnte zwar eine ideale vermögensrechtliche, aber keine herrschaftsrechtliche Anpassung gewährleisten. Aufgrund der Senkung des Wandlungspreises erhöht sich gleichzeitig das Wandlungsverhältnis um 27,77 Aktien (= 138,89 – 111,11). Für einen vollkommenen Verwässerungsschutz muss dies verhindert werden, denn die Steigerung des Wandlungsverhältnisses bringt bei genauer Betrachtung einige Risiken mit sich und lässt das Wandlungsrecht nicht unberührt. Möchte man dies verhindern, kann dies zwangsläufig nur durch eine Reduzierung des Nennwerts einer Teilschuldverschreibung gewährleistet werden. Für eine Rechtfertigung dieser Nennwertwertherabsetzung sprechen zudem noch folgende Aspekte. Die Kapitalherabsetzung bewirkt letztlich eine Verzerrung verschiedener Wertrelationen, die nur durch eine entsprechende Rückabwicklung der Wandelobligation wieder ausgeglichen werden kann. Vor der Kapitalherabsetzung konnte mit der Wandelschuldverschreibung i. H. v. 125 Mio. € an einer Vermögensmasse partizipiert werden, die einen Wert von 500 Mio. € widerspiegelte. Nach der effektiven Kapitalherabsetzung kann man sich durch die Wandlungsrechte im Wert von 125 Mio. € hingegen nur noch an einer Vermögensmasse i. H. v. 400 Mio. € beteiligen. Da zudem der Grundkapitalstock sinkt, steigt die Wahrscheinlichkeit einer späteren Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenz. Weiterhin verändern sich die Buchungen in der Bilanz bei der Wandlung der Aktien. Nach der Kapitalherabsetzung müssten von dem angepassten Wandlungspreis nur noch 3 € je gewandelter Aktie im Grundkapital und der Rest i. H. v. 4,20 € in die Kapitalrücklage eingestellt werden. Vorher mussten dagegen 5 € im Grundkapital und 4 € in den Kapitalrücklagen verbucht werden. Hiervon könnten die Altaktionäre profitieren, da durch die erhöhte Anzahl der Wandlungsaktien ein größerer Anteil in die Kapitalrücklagen fließt. Am schwersten wiegt allerdings, dass die Aktionäre anderweitig die Gesellschaft zu Lasten der Wandelobligationäre aushöhlen könnten. Schließlich ist wiederum der spekulative Charakter der Wandelobligationen zu berücksichtigen. Der Wandelobligationär verfolgt in erster Linie vermö-
256
F. Schutz der Wandelobligationäre
gensrechtliche und keine herrschaftsrechtlichen Ziele.535 Daher sollte ein vollkommener Verwässerungsschutz immer primär einen idealen vermögensrechtlichen Ausgleich sicherstellen, um der Natur des Wandlungsrechts gerecht zu werden. Ein vollkommener vermögensrechtlicher Ausgleich kann nur durch eine Herabsetzung der Wandelobligation erreicht werden. Der Nennwert der Schuldverschreibung muss in demselben Verhältnis, mit dem der Wandlungspreis angepasst wurde, reduziert werden. Hierdurch kann die Parität des Wandlungsverhältnisses aufrechterhalten werden. Den Obligationären sollte dieser Teilliquidationsbetrag sofort ausbezahlt werden. Nur auf diese Weise lassen sich die veränderten Bedingungen, die durch die Kapitalherabsetzung entstehen – z. B. geringeres Haftungskapital, größeres Insolvenz- und Überschuldungsrisiko, Verbesserung der Eigenrendite etc. – wieder angleichen. Ein weiterer Grund für die sofortige Auszahlung besteht darin, dass nur so eine wirtschaftliche Gleichstellung der Wandelobligationäre mit den Aktionären erreicht werden kann. Außerdem könnten missbräuchliche Maßnahmen präventiv verhindert werden. Soweit bei einer Kapitalherabsetzung neben dem reduzierten Grundkapitalbetrag auch die Nennwertherabsetzungen der Wandelschuldverschreibung ausgeschüttet werden müssen, werden der Gesellschaft hinsichtlich missbräuchlicher Ausschüttungen zwangsläufig Grenzen gesetzt. Die Emittentin muss berücksichtigen, dass das ausgeschüttete Vermögen dazu ausreicht sowohl die Aktionäre als auch die Wandelobliga tionäre zu befriedigen. Für einen idealen Verwässerungsschutz müsste sich folglich auch der Nennwert einer (Teil-)Wandelschuldverschreibung nach derselben Formel reduzieren: Nwn = Nwa ´ Bk - R Bk
Nwn = Nwa = Bk = R =
angepasster Nennwert der Teil- / Wandelschuldverschreibung ursprünglicher Nennwert der Teil- / Wandelschuldverschreibung Bilanzkurs einer Aktie Rückzahlungsbetrag je Aktie
Nwn = Nwa ´ Bk - R = 1000 € ´ 10 € - 2 € = 1.000 € ´ 0,80 = 800 € Bk 10 € Konsequenz der Herabsetzung des Nennwertes der Teilwandelobligation ist, dass das Wandlungsverhältnis ideal angepasst wird. V=
Nennwert Teilwandelobligation = 800 € = 111,11 7, 20 € Wandlungspreis
535 Zu dem spekulativen Charakter der Wandelschuldverschreibungen vgl. die Ausführungen oben unter dem Punkt: Lösungsvorschlag auf S. 208 f.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 257 Ein Wandelobligationär muss somit für jede Teilwandelobligation 200 € ausgezahlt bekommen. Umgerechnet auf die gesamte Wandelschuldverschreibung bedeutet dies, dass sich ihr Nennwert von 125 Mio. € auf 100 Mio. € reduziert. Die zusätzliche Anpassung des Nennwerts einer Teilschuldverschreibung hätte folgende Auswirkungen auf die Wandlungsbedingungen: Kennzahlen
Vor Kapital herabsetzung
Nach Kapital herabsetzung und Anpassung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
888,88 € (111,11 Aktien × 8 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
800 € (+200,00 € Rückzahlung)
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
111,11 € ≙ 11,11 %
88,88 € (–22,22 €) ≙ 11,11 %
Wandlungspreis
9,00 €
7,20 €
Wandlungsverhältnis
111,11
111,11
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
21,74 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
+11,11 % (≙ 8 € : 7,20 €)
Die Senkung des Nennwerts der Teilwandelschuldverschreibung bewirkt einen konstanten herrschaftsrechtlichen Einfluss der Wandelaktien (21,74 %). Zwar bleibt theoretisch die Rendite von 11,11 % unverändert, jedoch ist auch festzustellen, dass der innere Wert des Wandlungsrechts von 111,11 € auf 88,88 € sinkt. Der Wandelobligationär würde wiederum vermögensrechtlich benachteiligt werden (–22,22 €). Die Teilabwicklung der Wandelschuldverschreibung gewährleistet somit immer noch keinen vollkommenen Verwässerungsschutz. Um diese Folgeverwässerung in den Griff zu bekommen, muss man ihren Grund näher betrachten. In diesem Zusammenhang gilt es berücksichtigen, dass den Obligationären aufgrund der nominellen Herabsetzung 200 € je Teilwandelobligation ausbezahlt werden. Dadurch würden die Wandelobligationäre rückwirkend so gestellt werden, als ob sie von Beginn an nur 800 € für jede Teilwandelschuldverschreibung investiert hätten. Den Wandelobligationären würde ihr bisheriger Spekulationsgewinn für den Teilbe-
258
F. Schutz der Wandelobligationäre
trag i. H. v. 200 € rückwirkend genommen werden. Die Folgeverwässerung i. H. v. 22,22 € entspricht genau der bisherigen Spekulationsrendite (11,11 %) auf den Herabsetzungsbetrag von 200 €. Dass diese rückwirkende Vernichtung nicht mit dem spekulativen Wesen des Wandlungsrechts vereinbar ist, liegt auf der Hand. Um diese Folgeverwässerung wieder auszugleichen, muss der Differenzbetrag in eine Sonderrückstellung verbucht werden. Dieser Differenzbetrag darf den Obligationären aber erst zum Zeitpunkt der Wandlung gesondert ausbezahlt werden, denn erst dann steht mit Gewissheit fest, dass die Bedingung für einen Anspruch der Wandelobligationäre auf den Spekulationsgewinn tatsächlich eingetreten ist und die Obligationäre durch die Herabsetzung des Nennbetrags beeinträchtigt wurden. Der Differenzbetrag entspricht im vorliegenden Beispiel 11,11 % des Rückzahlungsbetrags i. H. v. 200 €, also 22,22 €. Dies ist der innere Wert des herabgesetzten Nennwertbetrages der Wandelobligation.536 Da sich der Obligationär diesen Teilbetrag bereits „erspekuliert“ hat, darf er nicht rückwirkend beseitigt werden. Dieser bisherige Gewinn muss abgesichert und mit der Wandlung ausbezahlt werden. Für die Zukunft entwickelt sich die Wandelschuldverschreibung zu den neuen angepassten Bedingungen weiter. Durch diese Maßnahmen wäre ein vollkommener Verwässerungsschutz realisierbar. Der Rückstellungsbetrag (D) kann wie folgt berechnet werden: D = (Vn – Va )´(Bk n – Pn )
D = Pn = Vn = Va = Bkn =
Differenzbetrag / Rückstellungsbetrag angepasster Wandlungspreis angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis Bilanzkurs nach Ausschüttung
R = (138,89 – 111,11)´(8,00 € – 7, 20 €) = 27,77 ´ 0,8 € = 22, 22 € Jedem Wandelobligationär ist nach der Wandlung je Teilwandelobligation zusätzlich der Differenzbetrag (22,22 €) auszuzahlen. Ansonsten könnte der Spekula tionsgewinn der Wandelgläubiger durch die Aktionäre rückwirkend vernichtet werden. Die Aktionäre hätten es in der Hand das Wandlungsrecht auszuhöhlen. Ab dem Zeitpunkt der Herabsetzung wird die weitere Entwicklung der Wandelobligation zu den neuen Konditionen bemessen. Zur Absicherung der Differenzbeträge sollten Rückstellungen verbucht werden. 536 Bei einem wertlosen Wandlungsrecht sind keine Rückstellungen zu bilden. Grund ist, dass das Wandlungsrecht theoretisch nicht unter 0 sinken kann. Für Einzelheiten vgl. die Ausführungen unter dem Punkt: Der Verwässerungsschutz bei der effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien auf S. 264 ff.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 259 Durch diese Anpassungen bleiben die bisherigen Wertentwicklungen der Wandelobligation völlig unberührt. Alle Kennzahlen werden ideal angepasst. Kennzahlen
Vor Kapital herabsetzung
Nach Kapital herabsetzung und Anpassung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
888,88 € (111,11 Aktien × 8 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
800 € (+200 € Rückzahlung)
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
111,11 €
88,88 € +22,22 € Rückstellung und Auszahlung mit Wandlung ≙ 111,11 €
Wandlungspreis
9,00 €
7,20 €
Wandlungsverhältnis
111,11
111,11
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
21,74 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
+11,11 % (≙ 8 € : 7,20 €)
(4) Zusammenfassung Durch diese mehrstufige Anpassung könnte ein vollkommener Verwässerungsschutz gewährleistet werden. Der Verwässerungsschutz erscheint zwar komplex, dennoch ist festzuhalten, dass es theoretisch möglich ist, die Wandelbedingungen bei einer effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung derart anzupassen, dass diese Rechte unberührt bleiben. Zuerst muss der Wandlungspreis oder das Wandlungsverhältnis formelmäßig angepasst werden: Pn = Pa = Vn = Va = Bk = R =
Pn = Pa ´ Bk - R Bk angepasster Wandlungspreis ursprünglicher Wandlungspreis angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis Bilanzkurs einer Aktie Rückzahlungsbetrag je Aktie
oder
Vn = Va ´
Bk Bk - R
260
F. Schutz der Wandelobligationäre
Danach muss der Nennwert der Teil- / Wandelschuldverschreibung mit Hilfe derselben Formel reduziert werden, da der herrschaftsrechtliche Einfluss der Wandelgläubiger durch die Anpassung des Wandlungspreises steigt. Der Herabsetzungsbetrag ist den Aktionären sofort auszuzahlen. Nwn = Nwa ´ Bk - R Bk
Nwn = Nwa = Bk = R =
angepasster Nennwert der Teil- / Wandelschuldverschreibung ursprünglicher Nennwert der Teil- / Wandelschuldverschreibung Bilanzkurs einer Aktie Rückzahlungsbetrag je Aktie
Schließlich sollte im Falle eines werthaltigen Wandlungsrechts eine Sonderrücklage gebildet werden, die den Obligationären mit der Wandlung ausbezahlt werden muss, da die Herabsetzung des Nennwertes sonst eine rückwirkende Vernichtung des anteiligen bisherigen Spekulationsgewinns aus dem Herabsetzungsbetrags zur Folge hätte. Die Sonderrücklage entspricht dem inneren Wert des Herabsetzungsbetrags und darf dem Wandelobligationär erst nach der Ausübung des Wandlungsrechts ausbezahlt werden. Die Sonderrücklage wird wie folgt berechnet. D = (Vn – Va )´(Bk n – Pn )
D = Pn = Vn = Va = Bkn =
Differenzbetrag / Rückstellungsbetrag angepasster Wandlungspreis angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis Bilanzkurs nach Ausschüttung
Die Folge dieser Sonderrückstellung ist eine Pufferwirkung. Da der Obligationär diesen nur Betrag im Falle der Wandlung ausgezahlt bekommt, ist ein Wandlungsrecht, welches genau am Geld ist, unter Berücksichtigung dieses Differenzbetrages sogar werthaltig.537 (5) Empirische Auswertung (a) Große Aktiengesellschaften Die Wandelbedingungen von großen Aktiengesellschaften sehen im Falle einer effektiven Kapitalherabsetzung durch Senkung der anteiligen Nennoder Stückwerte von Aktien obige formelmäßige Anpassung vor.538 Bezüg537 Vgl. hierzu die Ausführungen zur Pufferwirkung unter dem Beispiel 33 auf S. 305, die übertragen werden können. 538 TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/2016), § 11, Abs. 4; Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012),
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 261
lich der Effektivität dieser Wandelbedingungen ist festzustellen, dass diese nur einen vollkommenen vermögensrechtlichen Ausgleich gewährleisten. Zwar werden die Obligationäre herrschaftsrechtlich besser gestellt, dennoch ist dieser Verwässerungsschutz aufgrund der potentiellen Aushöhlungsgefahren und der Ungeeignetheit bei Optionsanleihen kritisch zu sehen.539 Lediglich eine Emittentin normiert nur für Grundkapitalsenkungen, bei denen sich die Aktienanzahl verändert, einen Verwässerungsschutz.540 Da durch die bloße Herabsetzung des Nenn- / Stückwertes die Aktienanzahl aber unberührt bleibt, ist grundsätzlich kein Verwässerungsschutz für diese Art der Herabsetzung gewährleistet. (b) Kleine Aktiengesellschaften Die Ausgleichsklauseln von kleineren Aktiengesellschaften weisen größere Defizite aus. Die meisten kleinen Gesellschaften schließen einen Verwässerungsschutz für eine effektive ordentliche Grundkapitalsenkung aus.541 Allerdings sind diese Klauseln sehr ungeschickt formuliert und daher nicht leicht verständlich. Ein anderes Bedingungswerk schließt den Verwässerungsschutz hingegen bei allen Arten von Kapitalherabsetzungen umfassend und eindeutig aus.542 Alle diese Klauseln würden die Obliga tionäre massiv benachteiligen, da kein Verwässerungsschutz gewährleistet wäre. Grund für diesen Ausschluss ist offensichtlich der teilweise auftretende Irrglaube, dass bei Kapitalherabsetzungen als gegenteilige Maßnahme zu Kapitalerhöhungen offensichtlich keine Verwässerungen, sondern Verstärkungen eintreten.543 § 10, e, i; Solon AG Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, d, i; Südzucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wandelanleihe 2009/ 2016), § 10, Abs. 1, c. 539 Vgl. hierzu die Ausführungen oben unter dem Punkt: Der Verwässerungsschutz bei der effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung durch Herabsetzung des Nenn-/Stückwertes einer Aktie auf S. 250 ff. 540 Arques Industries AG Wandelschuldverschreibung (9,0 % Wandelanleihe 2010/ 2012), Zif. 8.2. 541 Pixelpark AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2008/2012), § 5, Abs. 2; EPG AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2006/2011), § 8, Abs. 5. 542 S.A.G. Solarstrom AG Wandelschuldverschreibung (6,85 % Wandelanleihe 2007/2010), § 5, Abs. 2. 543 Diese Mutmaßung lässt sich daraus ableiten, dass man hin und wieder in der Literatur lesen kann, bei Kapitalherabsetzungen als Gegenstück zur Kapitalerhöhung entstehe keine Verwässerung, sondern es trete eine Besserstellung für die Obligationäre ein. Dass dies nicht immer der Fall ist, wurde anhand der vorliegenden Beispiele aufgezeigt. Oftmals ist es den Beteiligten daher nicht bewusst, dass auch die Kapital-
262
F. Schutz der Wandelobligationäre
Schließlich kann noch eine Gesellschaft genannt werden, die zwar überhaupt keinen Verwässerungsschutz vorschreibt, jedoch hierfür eine Generalklausel hat.544 Durch die Auffangklausel wäre ein Verwässerungsschutz jedoch entsprechend gesichert. cc) Effektive ordentliche Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien Anders ist die Situation, wenn die effektive ordentliche Kapitalherabsetzung in einer Höhe vorgenommen wird, die eine Zusammenlegung von Aktien erfordert. In diesem Fall verändert sich die Aktienanzahl. Ob die herausgearbeiteten Grundsätze auch auf diese Art der Durchführung anwendbar sind, soll wiederum zunächst anhand eines Beispiels überprüft werden. (1) Die Verwässerung bei der effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien • Beispiel 30: Effektive ordentliche Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien Die Aktiengesellschaft XY hat ein Grundkapital von 250 Mio. €, eingeteilt in 50 Mio. Aktien mit einem Nennwert i. H. v. 5 €. Die AG hat Rücklagen in Höhe von 50 Mio. €. Vor drei Jahren hatte die AG eine Wandelanleihe aufgelegt. Die Wandelanleihe hatte einen Nennwert von 125 Mio. €. Die Teilwandelobligationen wurden in je 1.000 € gestückelt. Der Wandlungspreis liegt bei 9 €. Da die unternehmerische Tätigkeit der AG aufgrund massiver Marktveränderungen drastisch geschrumpft ist und deswegen das vorhandene Eigenkapital im Vergleich zur tatsächlichen Tätigkeit der Gesellschaft unverhältnismäßig hoch ist, beschließt die Gesellschaft eine effektive Kapitalherabsetzung um 225 Mio. €. Die Herabsetzungsbeträge sollen dabei an die Aktionäre zurückgezahlt werden. Wert einer Aktie vor der effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung: bilanziertes Eigenkapital Grundkapital + Rücklagen Bilanzkurs einer Aktie = = = Anzahl der Aktien Anzahl der Aktien 250 Mio . € + 50 Mio . € 300 Mio . € = = =6 € 50 Mio . 50 Mio . Der Bilanzwert einer Aktie lag vor der effektiven Kapitalherabsetzung bei 6 €. herabsetzung zu einer Verwässerung führen kann. Vgl. hierzu z. B. Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 221, Rn. 185; Prosser, S. 97; Gallego Sánchez, S. 99; Kerber, S. 59 f. (dieser geht dagegen offensichtlich davon aus, dass es immer nur zu Verwässerungen kommt); ebenfalls zu allgemein Casper, Optionsvertrag, § 12, S. 355. 544 Klassik Radio AG Wandelschuldverschreibung (6,5 % Wandelanleihe 2007/ 2010), Zif. 10.4.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 263 Durchführungsart und Wert einer Aktie nach der ordentlichen Kapitalherabsetzung: Im vorliegenden Beispiel 30 würde die Herabsetzung des Grundkapitals dazu führen, dass der Nennwert einer Aktie unter 1 € (vgl. § 8 Abs. 2 und 3 AktG) reduziert werden würde. Daher kann eine Herabsetzung zunächst nur i. H. v. 200 Mio. € durch Reduzierung des Nennbetrags (§ 222 Abs. 4 S. 1 AktG) erfolgen und der restliche Betrag von 25 Mio. € müsste durch Zusammenlegung der Aktien (§ 222 Abs. 4 S. 2 AktG) im Verhältnis 2 : 1 durchgeführt werden. Die effektive Kapitalherabsetzung muss daher in zwei Stufen erfolgen. Die erste Stufe ist die Herabsetzung des Grundkapitals um 200 Mio. €, so dass der Nennwert einer Aktie auf 1 € sinkt. bilanziertes Eigenkapital Grundkapital + Rücklagen Bilanzkurs einer Aktie = = = Anzahl der Aktien Anzahl der Aktien 50 Mio . € + 50 Mio .€ 100 Mio . € = = =2 € 50 Mio . 50 Mio . Der Bilanzkurs nach einer Herabsetzung um 200 Mio. € würde sich auf 2 € reduzieren, der Nennwert würde dagegen bei 1 € liegen. Auf der zweiten Stufe muss die weitere Herabsetzung des Grundkapitals i. H. v. 25 Mio. € durch eine Zusammenlegung von Aktien im Verhältnis 2 : 1 erfolgen. bilanziertes Eigenkapital Grundkapital + Rücklagen Bilanzkurs einer Aktie = = = Anzahl der Aktien Anzahl der Aktien 25 Mio . € + 50 Mio .€ 75 Mio . € = = =3 € 25 Mio . 25 Mio . Die Anzahl der Aktien hat sich von 50 Mio. auf 25 Mio. halbiert, wodurch sich rein rechnerisch der Nennwert um weitere 0,50 € verringert hat. Nach der Zusammenlegung liegt der Bilanzkurs einer Aktie bei 3 € und der Nennwert bei 1 €. Auswirkungen der effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung für die Aktionäre: Die Kapitalherabsetzung hat keine Konsequenzen für einen Aktionär. Zehn Aktien eines Aktionärs hatten vor der Kapitalherabsetzung bei einem Bilanzkurs von 6 € einen Wert von 60 €. Durch die Herabsetzung des Grundkapitals erhält er Rückzahlungen i. H. v. 45 €. Zusätzlich hat er noch nach der Zusammenlegung 5 Aktien im Wert von jeweils 3 €, welche zusammen 15 € entsprechen. Unter Berücksichtigung der Rückzahlung und des Wertes der zusammengelegten Aktien hat der Aktionär weiterhin ein Vermögen i. H. v. 60 €. Da alle Aktien gleichermaßen zusammengelegt werden, ändert sich auch nicht der mitgliedschaftliche Einfluss der Aktionäre untereinander. Die Kapitalherabsetzung hat folglich weder vermögens- noch herrschaftsrechtliche Konsequenzen für einen Aktionär. Auswirkungen der Kapitalherabsetzung auf die Wandelschuldverschreibung: Auf die Wandelschuldverschreibung würde sich die effektive ordentliche Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien folgendermaßen auswirken:
264
F. Schutz der Wandelobligationäre
Kennzahlen
Vor Kapitalherabsetzung
Nach Kapitalherabsetzung
Wandlungswert
666,66 € (111,11 Aktien × 6 €)
333,33 € (111,11 Aktien × 3 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.000 €
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
0 € (–333,33 €)
0 € (–666,66 €)
Wandlungspreis
9,00 €
9,00 €
Wandlungsverhältnis
111,11
111,11
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
35,71 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
–50 % (≙ 9 € : 6 €)
–200 % (≙ 9 € : 3 €)
Da der Wert des Wandlungsrechts mittelbar vom Wert der Aktien abhängt und sich letzterer reduziert, zeigen sich nachteilige vermögensrechtliche Veränderungen beim Wandlungsrecht. Bessergestellt wird der Obligationär aber herrschaftsrechtlich, da sich die Anzahl der bestehenden Aktien halbiert, die Anzahl der Wandlungsaktien aber konstant bleibt. (2) D er Verwässerungsschutz bei der effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien Der Verwässerungsschutz bei der effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung muss genauso wie die Durchführung der Kapitalherabsetzung separat für beide Durchführungsarten erfolgen. Im Grunde sind bereits oben erläuterte Modalitäten zu kombinieren, so dass für einen vollkommenen Verwässerungsschutz eine mehrstufige Anpassung erforderlich ist. Zuerst ist eine formelmäßige Anpassung des Wandlungspreises oder des Wandlungsverhältnisses vorzunehmen.
Pn = Pa ´ Bk - R Bk
Pn = angepasster Wandlungspreis Pa = ursprünglicher Wandlungspreis Vn = angepasstes Wandlungsverhältnis
oder
Vn = Va ´
Bk Bk - R
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 265 Va = ursprüngliches Wandlungsverhältnis Bk = Bilanzkurs einer Aktie R = Rückzahlungsbetrag je Aktie
Im diesem Beispiel 30 wurde das Grundkapital von 250 Mio. € auf 25 Mio. € herabgesetzt. Der Rückzahlungsbetrag je Aktie belief sich auf 4,50 €. Bei einer Anpassung nach obiger Formel ergeben sich folgende Konsequenzen für eine Wandelschuldverschreibung: Pn = Pa ´ Bk - R = 9 € ´ Bk
6 € - 4,5 € 1,5 € = 9 €´ = 9 € ´ 0, 25 = 2, 25 € 6€ 6€
Der angepasste Wandlungspreis würde sich auf 2,25 € reduzieren. Da sich Wandlungspreis und Wandlungsverhältnis gegenseitig beeinflussen, verändert sich auch das stückmäßige Wandlungsverhältnis. V=
Nennwert Teilwandelobligation Wandlungspreis
Vn = 1.000 € = 444, 44 2, 25 €
Auf der zweiten Stufe muss eine weitere Anpassung mit dem Verhältnis der Zusammenlegung (2 : 1) erfolgen. Pn = Pa = Vn = Va = Nn = Na =
Pn = Pa ´ Na Nn
oder
Vn = Va ´ Nn Na
angepasster Wandlungspreis ursprünglicher Wandlungspreis angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis Anzahl der Aktien nach Zusammenlegung ursprüngliche Anzahl der Aktien
Pn = Pa ´ Na = 2, 25 € ´ 50 Mio . = 2, 25 € ´ 2 = 4,50 € 25 Mio . Nn Vn = Va ´ Nn = 444, 44 ´ 25 Mio . = 444, 44 ´ 0,5 = 222, 22 Na 50 Mio . Da sich beide Parameter gegenseitig beeinflussen, genügt es, wenn eine der Kennzahlen angepasst wird. Nach diesem zweistufigen Verwässerungsschutz würden sich die Kennzahlen der Wandelschuldverschreibung folgendermaßen verändern:
266
F. Schutz der Wandelobligationäre
Kennzahlen
Vor Kapitalherab setzung
Nach Kapitalherab setzung und Anpassung
Wandlungswert
666,66 € (111,11 Aktien × 6 €)
666,66 € (222,22 × 3 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.000 €
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
0 € (–333,33 €)
0 € (–333,33 €)
Wandlungspreis
9,00 €
4,50 €
Wandlungsverhältnis
111,11
222,22
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
52,63 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
–50 % (≙ 9 € : 6 €)
–50 % (≙ 4,5 € : 3 €)
Dieser zweistufige Verwässerungsschutz kann nur einen idealen vermögensrechtlichen Ausgleich herbeiführen. Der künftige herrschaftsrechtliche Einfluss der Wandelobligationäre würde im vorliegenden Beispiel hingegen auf über 50 % anwachsen. Dies ist enorm und bedarf daher einer weiteren Überprüfung. Diese Verwässerungsschutzmodalität wird üblicherweise von größeren Aktiengesellschaften reguliert und stellt heutzutage den Regelfall dar.545 In diesem Beispiel wird besonders deutlich, dass eine Kapitalherabsetzung zu einer regelrechten Aushöhlung der Aktiengesellschaft führen kann. Letztlich würde sich zwar der herrschaftsrechtliche Einfluss der Obligationäre beträchtlich verbessern, im Gegenzug besteht aber auch die Gefahr, dass zum Zeitpunkt der Wandlung nur noch eine „leere Hülle“ vorhanden ist. Um auch in dieser Konstellation ein Gleichgewicht zwischen den Interessen der Aktionäre und der Wandelobligationäre herzustellen, müsste der Nennwert der Wandelschuldverschreibung in demselben Verhältnis wie der Wandlungspreis angepasst werden.546 545 A. a. O.
(vgl. Fußnote 548 ff.). hierzu die Ausführungen und Begründungen oben unter dem Punkt: Der Verwässerungsschutz bei der effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung durch Herabsetzung des Nenn-/Stückwertes einer Aktie auf S. 250 ff. 546 Vgl.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 267 Nwn = Nwa ´ Bk - R Bk
Nwn = Nwa = Bk = R =
angepasster Nennwert der Teil- / Wandelschuldverschreibung ursprünglicher Nennwert der Teil- / Wandelschuldverschreibung Bilanzkurs einer Aktie Rückzahlungsbetrag je Aktie
Der Nennwert einer Teilwandelobligation würde sich nach dieser Formel auf 250 € mindern. Nwn = Nwa ´ Bk - R = 1000 € ´ Bk
6 € - 4,5 € 1,5 € = 1000 € ´ = 6€ 6€
= 1000 € ´ 0, 25 = 250 € Durch die Anpassung des Nennwertes verändert sich wiederum das Wandlungsverhältnis in der Art und Weise, dass der bisherige herrschaftsrechtliche Einfluss genau aufrechterhalten wird. In dieser Konstellation ist gesondert zu berücksichtigen, dass die Anzahl der Aktien aufgrund der Zusammenlegung halbiert wird. Daher muss sich auch das Wandlungsverhältnis entsprechend reduzieren. Soweit also das Wandlungsverhältnis auf 55,55 ermäßigt wird, muss man beachten, dass sich auch die Anzahl der Aktien halbiert hat. Im Ergebnis würde der herrschaftsrechtliche Einfluss der Wandelaktien genau aufrechterhalten werden. Valt = 1000 € = 111,11 9€
Vneu = 250 € = 55,55 4,5 €
Nach der zusätzlichen Anpassung des Nennwertes der Wandelschuldverschreibung würden sich die Kennzahlen wie folgt verändern: Kennzahlen
Vor Kapitalherab setzung
Nach Kapitalherab setzung und Anpassung
Wandlungswert
666,66 € (111,11 Aktien × 6 €)
166,66 € (55,55 × 3 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
250,00 € (+750,00 € Rückzahlung)
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
0 € (–333,33 €) ≙ –33,33 %
0 € (–83,33 €) ≙ –33,33 %
Wandlungspreis
9,00 €
4,50 €
Wandlungsverhältnis
111,11
55,55
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
21,74 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
–50 % (≙ 9 € : 6 €)
–50 % (≙ 4,5 € : 3 €)
268
F. Schutz der Wandelobligationäre
Da das Wandlungsrecht in diesem Fall aus dem Geld also wertlos ist, muss in dieser Konstellation kein Differenzbetrag in die Rückstellungen verbucht werden. Dies ergibt sich aus der Funktionsweise des Wandlungsrechts. Sollte es sich positiv entwickeln, kann der Obligationär von dem Wandlungsrecht Gebrauch machen und sich dadurch einen Spekulationsgewinn sichern. Wenn sich das Wandlungsrecht aber negativ entwickelt, so erhält der Wandelobligationär denknotwendig keinen Bonus. Er muss aber auch keine Verluste hinnehmen, da keine Wandlungspflicht besteht und sich das Wandlungsrecht daher nicht negativ entwickeln kann. Sobald das Wandlungsrecht aus dem Geld ist, kann es keinen niedrigeren Wert als 0 € erreichen. Hintergrund ist, dass bei einem wertlosen oder negativen Wandlungsrecht der Obligationär sein Wandlungsrecht nicht ausübt und sich an dessen Stelle – bei der Wandelanleihe – den Nennwert der Schuldverschreibung wieder ausbezahlen lässt. Soweit die Gesellschaft nicht insolvent wird, erhält der Obligationär damit immer den Nennwert der Schuldverschreibung zurück. Die Herabsetzung des Nennwerts einer Wandelobligation kommt einer Teilkündigung gleich. Der Herabsetzungsbetrag i. H. v. 750 € ist dem Obligationär vollständig auszuzahlen. Eine Einbehaltung des anteiligen Verlustes des Herabsetzungsbetrags verbietet sich, da nach soeben Gesagtem der Wert des Wandlungsrechts nicht unter 0 sinken kann. Die Wandelobligation entwickelt sich nach der Nennwertsenkung nur noch zu den neuen angepassten Konditionen weiter. Für den herabgesetzten Nennwert kann dagegen unter keinen Umständen mehr, weder durch Wandlung noch durch eine negative Entwicklung, ein Verlust eintreten, so dass dem Obligationär der Herabsetzungsbetrag sofort auszuzahlen ist. An diesem extremen Beispiel wird deutlich, dass dies der einzige Weg ist, um einen fairen und vollkommenen Ausgleich zwischen Aktionären und Wandelobligationären zu gewährleisten. So hat in diesem Beispiel die Aktiengesellschaft das Grundkapital um 225 Mio. € herabgesetzt. Theoretisch blieben Grundkapital und Rücklagen i. H. v. 75 Mio. € übrig. Das vorhandene Eigenkapital würde nicht einmal mehr den ursprünglichen Nennwert der Wandelobligation (125 Mio. €) abdecken. Die Folge wäre demnach ein erhebliches Zahlungsausfallrisiko für die Obligationäre. Durch die zusätzliche Teilabwicklung der Wandelschuldverschreibung i. H. v. 75 % müsste die Emittentin weitere 93,75 Mio. € an die Obligationäre auszahlen. Diese zusätzliche Belastung würde die Gesellschaft theoretisch zum Kippen bringen. Wenn die Aktiengesellschaft i. R. e. Kapitalherabsetzung aber bereits von Beginn an die anfallenden Rückzahlungsbeträge für die Wandelobligationäre berücksichtigen muss, kann ein natürlicher Ausgleich zwischen den Interessen der Aktionäre und der Wandelobligationäre geschaffen werden. Missbrauchsmöglichkeiten und Streitigkeiten werden von Anfang an vermieden.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 269
Wäre das Wandlungsrecht im Geld gewesen, hätte für den anteiligen inneren Wert des Herabsetzungsbetrags zusätzlich eine Rückstellung gebildet werden müssen, da ansonsten das Wandlungsrecht rückwirkend ausgehöhlt werden könnte.547 (3) Zusammenfassung Bei einer effektiven ordentlichen Kapitalerhöhung, die mittels Zusammenlegung von Aktien erfolgt, ist für einen vollkommenen Verwässerungsschutz eine mehrstufige Anpassung erforderlich. Auch bei dieser Form der Kapitalherabsetzung wäre ein vollkommener Verwässerungsschutz theoretisch realisierbar. Für einen vollkommenen Verwässerungsschutz müssen zunächst der Wandlungspreis und der Nennwert der Wandelschuldverschreibung formelmäßig angepasst werden:
Pn = Pa ´ Bk - R Bk
oder
Vn = Va ´
Bk Bk - R
und Nwn = Nwa ´ Bk - R Bk
Pn = Pa = Bk = R = Nwn = Nwa =
angepasster Wandlungspreis ursprünglicher Wandlungspreis Bilanzkurs einer Aktie Rückzahlungsbetrag je Aktie angepasster Nennwert der Teil- / Wandelschuldverschreibung ursprünglicher Nennwert der Teil- / Wandelschuldverschreibung
Der Herabsetzungsbetrag der Wandelschuldverschreibung ist unmittelbar an die Obligationäre auszuzahlen. War das Wandlungsrecht werthaltig, muss eine Rückstellung gebildet werden, die dem bisherigen inneren Wert des Herabsetzungsbetrags entspricht. Diese Rückstellung ist dem Wandelobligationär erst im Falle der Wandlung auszuzahlen. War das Wandlungsrecht wertlos, müssen keine Rückstellungen durchgeführt werden. Weiterhin muss aufgrund der Zusammenlegung der Aktien eine zusätzliche Angleichung von Wandlungspreis oder Wandlungsverhältnis gemäß folgender Formel erfolgen:
547 Vgl. hierzu die Ausführungen zum Verwässerungsschutz im Beispiel 29 auf S. 250 ff.
270 Pn = Pa = Vn = Va = Nn = Na =
F. Schutz der Wandelobligationäre Pn = Pa ´ Na Nn
oder
Vn = Va ´ Nn Na
angepasster Wandlungspreis ursprünglicher Wandlungspreis angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis Anzahl der Aktien nach Zusammenlegung ursprüngliche Anzahl der Aktien
(4) Empirische Auswertung (a) Große Aktiengesellschaften Die Wandelbedingungen der meisten großen Aktiengesellschaften sehen im Falle einer effektiven Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien überwiegend nur einen vollkommenen vermögensrechtlichen Verwässerungsschutz vor. Zum einen wird eine formelmäßige Anpassung des Wandlungspreises oder Wandlungsverhältnisses eingeräumt.548 Diese rechnerische Angleichung entspricht den oben dargestellten Formeln. Zum anderen existieren zusätzliche eigenständige Verwässerungsschutzklauseln für den Fall einer Zusammenlegung von Aktien.549 Das Wandlungsverhältnis oder der Wandlungspreis wird daher nochmals mit dem neuen Verhältnis der Aktienanzahl optimiert. Auch diese Modalität entspricht obigen Darstellungen. Beide Regelungen finden kumulative Anwendung.550 Die Effektivität dieser Verwässerungsschutzmodalität würde damit den Ergebnissen aus der Tabelle auf S. 267 entsprechen. Grundsätzlich kann ein vollständiger vermögensrechtlicher Ausgleich gewährleistet werden. Zwar werden die Obligationäre herrschaftsrechtlich besser gestellt, dennoch ist dieser Verwässerungsschutz aufgrund der potentiellen Aushöhlungsgefah548 TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/2016), § 11, Abs. 4; Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, e, i; Solon AG Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, d, i; Südzucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wandelanleihe 2009/ 2016), § 10, Abs. 4, A, iii. 549 TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/2016), § 11, Abs. 3, a, ii; Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/ 2012), § 10, a, ii, B; Solon AG Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, a, ii, B; Südzucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wandelanleihe 2009/2016), § 10, Abs. 1, b, ii. 550 TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/2016), § 11, Abs. 7; Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, i; Solon AG Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, f; Südzucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wandelanleihe 2009/2016), § 10, Abs. 8.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 271
ren und der Ungeeignetheit bei Optionsanleihen kritisch zu sehen.551 Eine Herabsetzung des Nennwertes einer Wandelobligation samt Bildung einer Rückstellung wird von keiner Gesellschaft reguliert. Schließlich normiert eine andere Gesellschaft allgemein für den Fall einer Zusammenlegung von Aktien nur eine formelmäßige Angleichung des Wandlungspreises mit dem Verhältnis der Aktienanzahl.552 Allerdings wurde in dieser Formel das verkehrte Verhältnis angewendet, weswegen sich der Wandlungspreis auf 18 € erhöhen und das Wandlungsverhältnis auf 55,55 reduzieren würde.553 Die Obligationäre würden folglich vermögensrechtlich erheblich benachteiligt werden. Bei einer effektiven Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien ist diese Modalität völlig ungeeignet. Sinnvoll und vollkommen ist diese Formel bloß bei einer nominellen Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien. Der Verwässerungsschutz ist bei dieser Gesellschaft daher zu allgemein und undifferenziert. (b) Kleine Aktiengesellschaften Die Wandelbedingungen bei kleinen Aktiengesellschaften weisen für den Fall einer effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien wiederum größere Defizite beim Verwässerungsschutz auf. Ein Bedingungswerk schließt den Verwässerungsschutz bei allen Arten von Kapitalherabsetzungen umfassend aus.554 Zwei weitere Gesellschaften versagen einen Verwässerungsschutz nur bei den effektiven Kapitalherabsetzungen.555 Dies gilt damit auch für den Fall einer effektiven Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien. Ein vollständiger Ausschluss bei der Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien erscheint jedoch äußerst bedenklich, denn die Obligationäre werden dadurch massiv vermögensrechtlich benachteiligt.556 551 Vgl. hierzu die Ausführungen oben unter dem Punkt: Der Verwässerungsschutz bei der effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung durch Herabsetzung des Nenn-/Stückwertes einer Aktie auf S. 250 ff. 552 Arques Industries AG Wandelschuldverschreibung (9,0 % Wandelanleihe 2010/2012), Zif. 8.2. Na = 9 € ´ 50 Mio . = 9 € ´ 2 = 18 €. 553 Die Formel lautet: P neu = Palt ´ Nn 25 Mio . 554 S.A.G. Solarstrom AG Wandelschuldverschreibung (6,85 % Wandelanleihe 2007/2010); § 5, Zif. 2. 555 Pixelpark AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2008/2012), § 5, Zif 2; EPG AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2006/2011), § 8, Abs. 5. 556 Vgl. zu den Auswirkungen die Ausführungen oben unter dem Punkt: Die Verwässerung bei der effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien auf S. 262 sowie die Tabelle auf S. 264.
272
F. Schutz der Wandelobligationäre
Nur eine kleine Gesellschaft reguliert zwar überhaupt keinen Verwässerungsschutz, hat dafür jedoch eine Generalklausel.557 Durch diese Auffangklausel kann der Verwässerungsschutz weitgehend bewerkstelligt werden. Dieser müsste sich mangels entsprechender Konkretisierungen an obigen Ausführungen orientieren.558 d) Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien (§§ 237 ff. AktG) Die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien ermöglicht die gezielte Beseitigung bestimmter Mitgliedschaftsrechte. Die Einziehung ist eine Form der Kapitalherabsetzung, die zum einen der Restrukturierung der Kapitalausstattung dienen kann. Zum anderen kann auf den Bestand und die Zusammensetzung der Aktionäre der Gesellschaft eingewirkt werden. Die Einziehung von Aktien erfolgt immer durch Beseitigung einzelner bestimmter Mitgliedschaften.559 Nur eine Kapitalherabsetzung gem. der §§ 237 ff. AktG ist grundsätzlich die konträre Gegenmaßnahme zu einer ordentlichen Kapitalerhöhung. Die Funktionsweise und die Auswirkungen sind weitgehend umgekehrt zu denen einer effektiven Kapitalerhöhung. Es werden nur bestimmte Mitgliedschaftsrechte vernichtet, wohingegen alle übrigen Aktienanteile unberührt bleiben. Nichtsdestotrotz ist die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien nicht völlig vergleichbar mit einer effektiven Kapitalerhöhung. So existieren etwa denknotwendig keine Bezugsrechte oder vergleichbaren Instrumente. Ein Verwässerungsschutz kann daher nur durch eine formelmäßige Anpassung realisiert werden. Die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien kann auf zwei Arten durchgeführt werden, die sich weiter differenzieren lassen. So gibt es eine Zwangseinziehung, die sich als eine gestattete und angeordnete Zwangseinziehung ausgestalten lässt (vgl. § 237 Abs. 1 S. 2 AktG)560 und 557 Klassik Radio AG Wandelschuldverschreibung (6,5 % Wandelanleihe 2007/ 2010), Zif. 10.4. 558 Vgl. hierzu die Ausführungen zu dem vollkommenen Verwässerungsschutz unter dem Punkt: Zusammenfassung auf S. 269 f. 559 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 237, Rn. 4, 13; MüKo/Oechsler, AktG, Bd. 4, § 237, Rn. 2; Hüffer, AktG, § 237, Rn. 4; Marsch-Barner, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 237, Rn. 2; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 237, Rn. 8. 560 Vgl. hierzu näher: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 237, Rn. 17, 21 ff.; MüKo/Oechsler, AktG, Bd. 4, § 237, Rn. 12 ff., 28 ff.; Hüffer, AktG, § 237, Rn. 19 f.; Marsch-Barner, in: Spindler/Stilz, AktG, § 237, Rn. 8 ff.; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 237, Rn. 12 ff.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 273
eine Einziehung nach Erwerb der Aktien (§ 237 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG).561 Auch diese Arten können durch verschiedene Verfahren durchgeführt werden. Zum einen gibt es als Regelfall das ordentliche Einziehungsverfahren, bei welcher die Vorschriften über die ordentliche Kapitalherabsetzung einzuhalten sind (§ 237 Abs. 2 AktG) und zum anderen kann unter bestimmten Voraussetzungen (§ 237 Abs. 3–5 AktG) die Einziehung von Aktien unter vereinfachten Bedingungen durchgeführt werden.562 Fast allen Unterarten ist gemeinsam, dass sie effektive Kapitalherabsetzungen darstellen, da grundsätzlich ein Kapitalabfluss an die früheren Aktionäre stattfindet.563 Der Vermögensabfluss wird durch das Einziehungsentgelt verwirklicht, welches die Gegenleistung für die Vernichtung der Mitgliedschaftsrechte darstellt. Durch die Vernichtung einzelner Mitgliedschaftsrechte gegen Zahlung eines Einziehungsentgelts ändert sich sowohl die mitgliedschaftliche als auch die vermögensrechtliche Struktur in der Gesellschaft. Abhängig sind diese Auswirkungen freilich zum einen von der Anzahl der eingezogenen Aktien als auch von der Höhe des Einziehungsentgelts. Obwohl das Gesetz keine ausdrückliche Regelung trifft (vgl. § 237 Abs. 2 S. 3 AktG), ist mit der h. M. davon auszugehen, dass der von einer Einziehung betroffene Aktionär aufgrund der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG grundsätzlich einen Anspruch auf eine Abfindung hat.564 Gestaltungsspielraum besteht aber in der Höhe des Einziehungsentgelts. Als Untergrenze ist hierfür bei börsennotierten Gesellschaften grundsätzlich der Börsenkurs heranzuziehen.565 In der Satzung wird i. d. R. festgesetzt, dass die Gesell561 Vgl. hierzu näher: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 237, Rn. 75 ff.; MüKo/Oechsler, AktG, Bd. 4, § 237, Rn. 72 ff.; Hüffer, AktG, § 237, Rn. 19 f.; Marsch-Barner, in: Spindler/Stilz, AktG, § 237, Rn. 19 ff.; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 237, Rn. 52 ff.; KölnKomm//Lutter/Drygala, AktG, 3. Aufl., Bd. 1, § 71, Rn. 231 ff. 562 Vgl. hierzu näher: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 237, Rn. 92 f.; MüKo/Oechsler, AktG, Bd. 4, § 237, Rn. 9 ff., 90 ff.; Hüffer, AktG, § 237, Rn. 30 ff.; Marsch-Barner, in: Spindler/Stilz, AktG, § 237, Rn. 22 ff.; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 237, Rn. 6, 67 ff.; KölnKomm//Lutter/Drygala, AktG, 3. Aufl., Bd. 1, § 71, Rn. 233 ff. 563 Lediglich beim unentgeltlichen zur Verfügung stellen der Aktien zum Zweck der Einziehung gem. § 237 Abs. 3 Nr. 1 AktG liegt eine nominelle Kapitalherabsetzung vor, da kein Kapitalabfluss an die Gesellschafter erfolgt. 564 BVerfG NZG 1999, 931 ff. = ZIP 1999, S. 1436 ff. (DAT/Altana); KölnKomm/ Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 237, Rn. 65, 67; Marsch-Barner, in: Spindler/Stilz, AktG, § 237, Rn. 16; MüKo/Oechsler, AktG, Bd. 4, § 237, Rn. 62, 65; Hüffer, AktG, § 237, Rn. 17; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 237, Rn. 43; a. A. Flume, Die Juristische Person, S. 180; Sethe, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 237, Rn. 66, 68 ff.; Schilling, in: Großkomm, AktG, 3. Aufl., § 237, Rn. 15. 565 BVerfG NZG 1999, 931 ff. = ZIP 1999, 1436 ff. (DAT/Altana); BVerfG ZIP 2000, 1670 = NJW 2001, 279 ff. (Moto Meter); BGH NJW 2001, 2080; KölnKomm/
274
F. Schutz der Wandelobligationäre
schaft ein angemessenes Entgelt zu zahlen hat. In den meisten Fällen wird das Einziehungsentgelt jedoch mit Hilfe des Ertragswertes566 bestimmt. Der Ertragswert berücksichtigt unter anderem bereits künftige Einnahmen (z. B. Dividenden) und Entwicklungen, so dass er deswegen regelmäßig über dem Börsenkurs liegt.567 In bestimmten Fällen wäre es aber auch möglich, dass der Abfindungsbetrag etwa nach dem Nennwert bemessen wird und dieser Betrag unter dem aktuellen Börsenkurs liegt. Allerdings gilt dies nur für Anlagegesellschaften oder mitunternehmerisch, personalistisch geprägte Aktiengesellschaften („geschlossene AG“). Grund ist die Vergleichbarkeit zu den Personengesellschaften, hier wie dort ist das Interesse der verbleibenden Gesellschafter an einer Verhinderung der Unternehmensliquidierung zur Erfüllung der Abfindungsansprüche höher anzusiedeln. Sollte es sich dagegen um eine typische anonymisierte oder börsennotierte Aktiengesellschaft handeln, geht der Anlegerschutz der ausscheidenden Aktionäre dem Interesse der verbleibenden Aktionäre vor.568 Da das Einziehungsentgelt i. d. R. den Buchwert einer Aktie übersteigt, ist zu beachten, dass die Ausschüttungssperre des § 57 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AktG durch § 225 Abs. 2 AktG nur in Höhe des Buchgewinns, der durch die Herabsetzung des Grundkapitals entsteht, außer Kraft gesetzt wird. Das Grundkapital wird nur im Ausmaß des Nominalwertes der eingezogenen Aktien herabgesetzt. Nur in dieser Höhe entsteht auch ein Buchgewinn und nur dieser Betrag darf entgegen der Ausschüttungssperre des § 57 AktG ausgezahlt werden. Soweit demnach der Ertragswert über dem Nennwert der Aktien liegt – was wohl der Regelfall bei der Zwangseinziehung ist – kann die Einziehung von Aktien nur über das vereinfachte Verfahren gem. § 237 Abs. 3 Nr. 2 AktG bewerkstelligt werden. Das Einziehungsentgelt muss gem. § 237 Abs. 3 Nr. 2 AktG zunächst aus dem Bilanzgewinn oder Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 237, Rn. 62 f., 66, f., 70 ff.; Marsch-Barner, in: Spindler/Stilz, AktG, § 237, Rn. 17; MüKo/Oechsler, AktG, Bd. 4, § 237, Rn. 64; Hüffer, AktG, § 237, Rn. 18. 566 Zum Ertragswert vgl. die Ausführungen oben unter dem Punkt: Bilanzkurs auf S. 139 f. 567 MüKo/Oechsler, AktG, Bd. 4, § 237, Rn. 64; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 18; Marsch-Barner, in: Spindler/Stilz, AktG, § 237, Rn. 16; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 237, Rn. 67, 72 f.; Hüffer, AktG, § 237, Rn. 18; Marsch-Barner, in: HK, AktG, § 237, Rn. 23, 25.; Sethe, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 237, Rn. 68 ff.; 568 Erstmalig und ausführlich zu dieser überzeugenden Differenzierung: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 237, Rn. 64 ff; ihm folgend MüKo/Oechsler, AktG, Bd. 4, § 237, Rn. 67 ff.; Sethe, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 227, Rn. 69; wohl auch Marsch-Barner, in: Spindler/Stilz, AktG, § 237, Rn. 17; ähnlich Schilling, in: Großkomm, AktG, 3. Aufl., § 237, Rn. 15.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 275
einer anderen Gewinnrücklage gezahlt werden. Im Anschluss ist gem. § 237 Abs. 5 AktG aus dem Grundkapital der nominelle Betrag, der dem Nennwert der eingezogenen Aktien entspricht, in die Kapitalrücklage umzu buchen.569 aa) Die Verwässerung bei der Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien Im Folgenden werden wiederum die Auswirkungen und die Effektivität des Verwässerungsschutzes bei einer Kapitalherabsetzung gegen Einziehung von Aktien anhand einer der häufigsten Fallkonstellationen – der Einziehung nach Erwerb im vereinfachten Verfahren gem. § 237 Abs. 3, Nr. 2 AktG – aufgezeigt. • Beispiel 31: Verwässerung bei der Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien Die Aktiengesellschaft XY hat ein Grundkapital von 250 Mio. €, eingeteilt in 50 Mio. Aktien mit einem Nennwert i. H. v. 5 € je Aktie. Die AG hat Gewinnrücklagen i. H. v. 250 Mio. €. Vor drei Jahren hatte die AG eine Wandelanleihe aufgelegt. Die Wandelanleihe hatte einen Nennwert von 125 Mio. €. Die Teilschuldverschreibungen wurden in je 1.000 € gestückelt. Der Wandlungspreis beträgt 9 €. Aufgrund der guten finanziellen Situation will die AG eine Kapitalherabsetzung gegen Einziehung von Aktien durchführen. Insgesamt soll sich die Grundkapitalherabsetzung auf 50 Mio. € belaufen. Dies entspricht bei einem Nennwert von jeweils 5 € genau 10 Mio. Aktien. Der Abfindungsbetrag soll zum Ertragswert erfolgen, welcher auf 14 € festgesetzt wurde. Wert einer Aktie vor der Einziehung: bilanziertes Eigenkapital Grundkapital + Rücklagen Bilanzkurs einer Aktie = = = Anzahl der Aktien Anzahl der Aktien 250 Mio . € + 250 Mio .€ 500 Mio . € = = = 10 € 50 Mio . 50 Mio . Der Bilanzwert einer Aktie lag vor der Kapitalherabsetzung bei 10 €. Durchführung der Einziehung: Da der Abfindungsbetrag über dem Nennwert liegt und genügend Gewinnrücklagen vorhanden sind, muss die Kapitalherabsetzung anhand des vereinfachten 569 Vgl. hierzu: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 237, Rn. 73; MüKo/ Oechsler, AktG, Bd. 4, § 237, Rn. 70; Marsch-Barner, in: Spindler/Stilz, AktG, § 237, Rn. 17, 38; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 237, Rn. 43.
276
F. Schutz der Wandelobligationäre
Verfahrens gem. § 237 Abs. 3 Nr. 2 AktG durchgeführt werden. Hierzu werden 10 Mio. Aktien eingezogen und jeweils mit einem Abfindungsbetrag i. H. v. 14 € abgegolten. Der Einziehungsbetrag müsste zunächst aus den Gewinnrücklagen beglichen werden und im Anschluss gem. § 237 Abs. 5 AktG eine Umbuchung i. H. d. Nennwertes aller eingezogenen Aktien (50 Mio. €) vom Grundkapital in die Kapitalrücklagen erfolgen. Einfach ausgedrückt würden sich die Gewinnrücklagen zunächst um 140 Mio. € bilanziell reduzieren und anschließend müssten 50 Mio. € vom Grundkapital in die Kapitalrücklagen umgebucht werden. Das Grundkapital mindert sich um 50 Mio. € und die Kapitalrücklagen effektiv um 90 Mio. €. Auswirkungen der Einziehung auf die Aktionäre: Würde nun eine Kapitalherabsetzung gegen Einziehung von Aktien i. H. v. 50 Mio. € durchgeführt werden und dabei jede Aktie mit einem Abfindungsbetrag von 14 € ausgelöst werden, so würde sich der Bilanzkurs folgendermaßen ver ändern: Bilanzkurs einer Aktie = =
bilanziertes Eigenkapital Grundkapital + Rücklagen = = Anzahl der Aktien Anzahl der Aktien
(250 Mio . € - 50 Mio . €) + (250 Mio . € - 140 Mio . € + 50 Mio . €) = 40 Mio .
= 360 Mio . € = 9 € 40 Mio . Nach der Kapitalherabsetzung würde die Aktie bei 9 € notieren. Zu beachten ist zudem, dass nicht mehr 50 Mio., sondern nur noch 40 Mio. Aktien existieren. Der prozentuale Anteil am Unternehmen, den eine Aktie verkörpert, steigt somit. Dies wirkt sich zukünftig positiv auf die Stimmrechtsmacht und auf eine eventuelle Dividende aus.570 Festzuhalten ist, dass die verbleibenden Aktionäre vermögensrechtlich schlechter, aber herrschaftsrechtlich besser gestellt werden. Auswirkungen der Einziehung auf die Wandelschuldverschreibung: Da sich sowohl der Bilanzkurs einer Aktie als auch die mitgliedschaftliche Struktur ändert, muss sich diese Form der Kapitalherabsetzung auch auf die Wandelschuldverschreibungen auswirken. Die Kennzahlen verändern sich durch Einziehung der Aktien folgendermaßen: 570 Insgesamt lässt sich schwer prognostizieren, wie sich eine Einziehung von Aktien auswirkt. Wesentlich abhängig wird dies von der Höhe der Grundkapital herabsetzung und dem Abfindungsbetrag sein. Je weiter der Abfindungsbetrag den Börsenkurs übersteigt, desto mehr wird die Aktie vermögensrechtlich verwässern. Außerdem verringert sich die Liquidität im Handel und die Kapitalstruktur wird risikoreicher. Diese Faktoren sprechen eher für eine nachteilige Auswirkung auf den Wert der Aktie. Auf der anderen Seite steigt aber der prozentuale Anteil am Unternehmen, dies kann positive Auswirkungen zeigen. Da im vorliegenden Beispiel aber der Auszahlungsbetrag deutlich über dem Bilanzkurs liegt, wird offensichtlich eine vermögensrechtliche Verwässerung eintreten, weil die Einziehung auf Kosten der thesaurierten Gewinne erfolgt.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 277 Kennzahlen
Vor Einziehung
Nach Einziehung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
1.000,00 € (111,11 Aktien × 9 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.000 €
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
111,11 €
0 € (–111,11 €)
Wandlungspreis
9,00 €
9,00 €
Wandlungsverhältnis
111,11
111,11
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
25,77 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+ 11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
0 % (≙ 9 € : 9 €)
Die Einziehung von Aktien hätte eine vermögensrechtliche Verwässerung zur Folge. Herrschaftsrechtlich würden die Obligationäre dagegen bevorzugt werden. bb) Der Verwässerungsschutz bei der Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien (1) Anpassung mit Hilfe des Verhältnisses der veränderten Aktienanzahl Vereinzelt wird als Verwässerungsschutz bei einer Einziehung von Aktien eine Anpassung mit Hilfe des Verhältnisses der Aktienanzahl vor und nach der Kapitalherabsetzung herangezogen.571 Der Wandlungspreis oder das Wandlungsverhältnis müsste alternativ entsprechend folgenden Formeln an gepasst werden. Pn = Pa = Vn = Va = Nn = Na =
Pn = Pa ´ Na Nn
oder
Vn = Va ´ Nn Na
angepasster Wandlungspreis ursprünglicher Wandlungspreis angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis Anzahl der Aktien nach der Einziehung Anzahl der Aktien vor der Einziehung
571 Arques Industries AG Wandelschuldverschreibung (9,0 % Wandelanleihe 2010/ 2012), Zif. 8.2.
278
F. Schutz der Wandelobligationäre
Pn = Pa ´ Na = 9 € ´ 50 Mio . = 9 € ´1, 25 = 11, 25 € Nn 40 Mio . Da sich Wandlungspreis und Wandlungsverhältnis gegenseitig beeinflussen, verändert sich auch das stückmäßige Wandlungsverhältnis (V). Vn =
Nennwert Teilwandelobligation 1.000 € = = 88,88 11, 25 € Wandlungspreis
Nach dieser Verwässerungsschutzmodalität würde sich der Wandlungspreis auf 11,25 € erhöhen und das Wandlungsverhältnis auf 88,88 reduzieren. Dies würde sich folgendermaßen auf die Wandelschuldverschreibung auswirken: Kennzahlen
Vor Einziehung
Nach Einziehung und Anpassung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
800,00 € (88,88 Aktien × 9 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.000 €
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
111,11 €
0 € (–311,11 €)
Wandlungspreis
9,00 €
11,25 €
Wandlungsverhältnis
111,11
88,88
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
21,74 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+ 11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
–25 % (≙ 11,25 € : 9 €)
Dieser Verwässerungsschutz führt folglich nur zu einem idealen Ausgleich der herrschaftsrechtlichen Verwässerung. Vermögensrechtlich würden die Aktionäre durch diese Anpassung sogar noch schlechter als durch die alleinige Kapitalherabsetzung gestellt werden. Zum einen vermindert sich der Wandlungswert, da der Wandlungspreis erhöht und das Wandlungsverhältnis reduziert wird, und zum anderen verschiebt sich das relative Kursabstandsverhältnis stark ins Negative. Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass diese Formel im Falle einer (nominellen) unentgeltlichen Einziehung von Aktien (§ 237 Abs. 3 Nr. 1 AktG) zu einem idealen Ausgleich führt. Nichtsdestotrotz ist im vorliegenden Fall aufgrund der großen vermögensrechtlichen Benachteiligung diese Art von Verwässerungsschutz kein ernsthafter Lösungsweg.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 279
(2) Übliche formelmäßige Anpassung Die verbreiteteste Verwässerungsschutzvariante bei einer Einziehung von Aktien ist dieselbe formelmäßige Angleichung, die auch bei der effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung mittels Reduzierung der Stück- / Nennwerte der Aktien verwendet wird. Diese Maßnahmen werden somit gleichgestellt.572 Vorweggenommen sei hier, dass die Gleichbehandlung dieser Kapitalherabsetzungen keinen idealen Verwässerungsschutz gewährleisten kann, da die Veränderung der Aktienanzahl nicht hinreichend berücksichtigt wird. Die Anpassung des Wandlungspreises wird bei einer Einziehung alternativ mit folgenden Formeln vorgenommen: Pn = Pa ´ Bk - F Bk
Pn = Pa = Vn = Va = Bk = F =
oder
Vn = Va ´
Bk Bk - F
angepasster Wandlungspreis ursprünglicher Wandlungspreis angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis Bilanzkurs einer Aktie über- / untersteigender Wert des Einziehungsentgelts in Relation zum Bilanzkurs (≙ Einziehungsentgelt – Bilanzkurs)
Im obigen Beispiel 31 wurde das Grundkapital von 250 Mio. € auf 200 Mio. € herabgesetzt. Das Einziehungsentgelt je Aktie belief sich auf 14 €. Der Aktienkurs lag vor der Kapitalherabsetzung bei 10 €, danach bei 9 €. Bei einer Anpassung nach obiger Formel ergeben sich folgende Konsequenzen für eine Wandelschuldverschreibung:
Pn = Pa ´ Bk - R = 9 € ´ Bk
10 € - (14 € - 10 €) = 9 € ´ 10 € - 4 € = 10 € 10 €
= 9 € ´ 0,60 € = 5, 40 € Der angepasste Wandlungspreis würde sich auf 5,40 € reduzieren. Da sich Wandlungspreis und Wandlungsverhältnis gegenseitig beeinflussen, verändert sich auch das stückmäßige Wandlungsverhältnis:
Vn =
Nennwert Teilwandelobligation 1.000 € = = 185,19 5, 40 € Wandlungpreis
Nach der Anpassung würden sich die Kennzahlen der Wandelschuldverschreibung folgendermaßen verändern: 572 Vgl. hierzu auch: Marsch-Barner, in: Spindler/Stilz, AktG, § 224, Rn. 13; TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/2016), § 11, Abs. 4; Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, e, ii; Solon AG Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, d, ii; Südzucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wandelanleihe 2009/2016), § 10, Abs. 4, A.
280
F. Schutz der Wandelobligationäre
Kennzahlen
Vor Einziehung
Nach Einziehung und Anpassung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
1666,67 € (185,19 × 9 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.000 €
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
111,11 €
666,67 €
Wandlungspreis
9,00 €
5,40 €
Wandlungsverhältnis
111,11
185,19
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
36,66 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
+66,67 % (≙ 9 € : 5,40 €)
Man kann erkennen, dass diese Verwässerungsschutzmodalität keinen vollkommenen Ausgleich gewährleistet. Die verbleibenden Altaktionäre werden durch die Abfindung in Höhe des Ertragswertes wegen der Verwässerung des Aktienkurses zunächst benachteiligt, wohingegen die Obligationäre sowohl vermögens- als auch herrschaftsrechtlich bevorzugt werden.573 Liegt es dagegen umgekehrt – würden also die ausscheidenden Aktionäre mit einem Einziehungsentgelt abgefunden werden, das unter dem tatsächlichen Wert einer Aktie liegt – dann würden die Altaktionäre bevorzugt und die Wandelobligationäre benachteiligt werden. Im Ergebnis ist diese Art von Verwässerungsschutz daher abzulehnen, wenngleich es wie immer aufgrund der Abdingbarkeit des Verwässerungsschutzgedankens grundsätzlich möglich ist, einen derartigen Verwässerungs573 Ergänzend ist anzufügen, dass große Aktiengesellschaften die Einziehung von Aktien i. d. R. nur mit Hilfe eines Aktienrückkaufprogramms durchführen, bei welchem die Gesellschaft ihren Aktionären Verkaufsoptionen gewährt. Dadurch kann die eintretende Verwässerung vermindert werden. Dieses Beispiel ist daher nur bedingt aussagekräftig, da die Verkaufsoptionen zum Zwecke einer Einziehung bereits vor einem längeren Zeitraum an die Aktionäre verkauft wurden. Im Gegenzug erhielt die Gesellschaft zudem ein Entgelt aus diesem Verkaufsrecht. Dieses Entgelt müsste theo retisch bei der Berechnung des Verwässerungsschutzes berücksichtigt werden und würde die Bevorzugung der Wandelobligationäre deutlich abschwächen. Vgl. hierzu näher: Maul, in: Müller/Rödder, Beck’sches Hdb. AG, § 3, Rn. 156 ff.; Busch, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 50, Rn. 50 ff.; KölnKomm/Lutter/Drygala, AktG, 3. Aufl., Bd. 1, § 71, Rn. 166 ff.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 281
schutz zu regulieren, zumal diese Klausel den Wandelobligationär deutlich besserstellen würde. Im Folgenden soll aufgezeigt werden, dass ein vollkommener Verwässerungsschutz auch bei einer Einziehung von Aktien grundsätzlich möglich ist und wie dieser ausgestaltet werden muss. (3) Ableitung eines vollkommenen Verwässerungsschutzes bei einer Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien Da die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien sowohl hinsichtlich der Auswirkungen als auch der Funktionsweise weitgehend die Gegenmaßnahme zu einer Kapitalerhöhung gegen Einlagen darstellt, können die aktuellen Anpassungsformeln für effektive Kapitalerhöhungen mit teilweise geringfügigen Änderungen auf diese Art der Kapitalherabsetzung übertragen werden.574 So werden bei beiden Kapitalmaßnahmen immer nur bestimmte Mitgliedschaftsrechte vernichtet bzw. geschaffen, wobei alle übrigen Mitgliedschaftsrechte hiervon nicht unmittelbar berührt werden. Nichtsdestotrotz ist die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien nicht völlig vergleichbar mit einer effektiven Kapitalerhöhung, da keine Bezugsrechte oder vergleichbaren Instrumente existieren. Ein Verwässerungsschutz kann daher nur durch eine formelmäßige Anpassung realisiert werden, die bei einer Kapitalherabsetzung i. S. d. §§ 237 ff. AktG folgendermaßen ausgestaltet sein müsste: Zur Berechnung des angepassten Wandlungspreises:
(
) (
)
é a+D a+D ù Pn = Pa ´ ê Na ´ 1 + ú Bk Bk û ë Nn
Zur Berechnung des angepassten Wandlungsverhältnisses: Vn = Va ´
Pn = Pa = Vn = Va = Nn = Na = D = a = Bk =
1 Na ´ 1 - a + D + a + D Nn Bk Bk
(
)
angepasster Wandlungspreis ursprünglicher Wandlungspreis angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis Anzahl der Aktien nach der Einziehung Anzahl der Aktien vor der Einziehung Dividendenvorteil der einzuziehenden Aktien Einziehungsentgelt je Aktie Kurs der Aktie vor der Maßnahme
574 Vgl. hierzu die Ausführungen oben unter dem Punkt: Formelmäßige Anpassung des Wandlungspreises (aktuell) auf S. 201 ff.
282
F. Schutz der Wandelobligationäre
Vereinfachte Formel zur Berechnung des Wandlungspreises: Pn = Pa ´
Pn = Pa = Bk = ∆Bk =
(Bk - ∆ Bk ) Bk
angepasster Wandlungspreis ursprünglicher Wandlungspreis Kurs der Aktie vor der Einziehung Verwässerungswert einer Aktie (≙ ursprünglicher Aktienkurs – verwässerter Aktienkurs)
Durch eine Anpassung des Wandlungspreises nach diesen Verwässerungsschutzklauseln würden sich die Wandelbedingungen folgendermaßen ändern:575
(
) (
é a+D a +D Pn = Pa ´ ê Na ´ 1 + Bk Bk ë Nn
. ´ 1 - 14 € + 0 + 14 € + 0ù = ú )úûù = 9 € ´ êëé5040 Mio Mio . ( 10 € ) 10 € û
= 9 € ´[1, 25 ´ (1 - 1, 4) + 1, 4] = 9 € ´[1, 25 ´(-0, 4) + 1, 4] = 9 € ´[-0,5 + 1, 4] = = 9 € ´ 0,9 = 8,10 €
Zu dem gleichen Ergebnis kommt man bei Anwendung der vereinfachten Formel, welche den Dividendenvorteil nicht berücksichtigt: Pn = Pa ´
10 € – (10 € - 9 €) Bk - ∆ Bk = 9 €´ = 9 € ´ 0,9 = 8,10 € Bk 10 €
Der neue Wandlungspreis liegt bei 8,10 €. Dadurch würde sich auch das Wandlungsverhältnis auf 123,46 erhöhen. Vn =
Nennwert Teilwandelobligation 1.000 € = = 123, 46 8,10 € Wandlungspreis
Sollte man das Wandlungsverhältnis formelmäßig anpassen, so ist das Ergebnis ebenfalls identisch: Vn = Va ´
1 1 = 111,11´ = Na × 1 – a + D + a + D 50 Mio . ´ 1 - 14 € + 0 + 14 € + 0 Nn Bk Bk 40 Mio . 10 € 10 €
111,11´ =
1 1 1 = 111,11´ = 111,11´ = -0,5 + 1, 4 1, 25 ´ (1 - 1, 4) + 1, 4 1, 25 ´ (-0, 4) + 1, 4
(
)
(
)
= 111,11´ 1 = 111,11´1,1111 = 123, 46 0,9
Das angepasste Wandlungsverhältnis liegt bei 123,46. Durch die Anpassung des Wandlungsverhältnisses verändert sich wiederum einhergehend der Wandlungspreis. 575 Der Dividendenvorteil bleibt hier wiederum aus Gründen der Vereinfachung und Einheitlichkeit unberücksichtigt.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 283
Pn =
Nennwert Teilwandelobligation 1.000 € = = 8,10 € 123, 46 Wandlungsverhältnis
Eine Anpassung nach obigen Formeln hätte zunächst folgende Auswirkungen: Kennzahlen
Vor Einziehung
Nach Einziehung und Anpassung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
1.111,11 € (123,46 Aktien × 9 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.000 €
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
111,11 €
111,11 €
Wandlungspreis
9,00 €
8,10 €
Wandlungsverhältnis
111,11
123,46
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
27,84 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
+11,11 % (≙ 9 € : 8,10 €)
Diese formelmäßige Anpassung kann eine ideale vermögensrechtliche Angleichung gewährleisten, da sowohl der innere Wert als auch das relative Kursabstandsverhältnis wiederhergestellt werden. Gleichwohl ist zu beachten, dass keine herrschaftsrechtliche Anpassung vorgenommen wird. Es bleibt weiterhin eine Bevorzugung der Obligationäre bestehen. Dies rührt daher, dass sich zum einen durch die Kapitalmaßnahme die Aktienanzahl reduziert und zusätzlich durch Angleichung des Wandlungspreises die Anzahl der Wandlungsaktien erhöht wird. Der künftige herrschaftsrechtliche Einfluss der Obligationäre würde im vorliegenden Beispiel auf 27,84 % anwachsen. Um hier einen idealen Lösungsweg zu finden, ist sich zu vergegenwärtigen, dass die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien die konträre Maßnahme einer effektiven Kapitalerhöhung darstellt. Beiden Maßnahmen ist gemeinsam, dass sie bloß auf bestimmte Mitgliederrechte unmittelbare Auswirkungen haben. So werden bei der effektiven Kapitalerhöhung nur bestimmte neue Aktien geschaffen und bei der Kapitalherabsetzung dagegen nur bestimmte alte Mitgliedschaftsrechte vernichtet. Da es sich bei der Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien um die konträre
284
F. Schutz der Wandelobligationäre
Maßnahme einer effektiven Kapitalerhöhung handelt, kann ein idealer Ausgleich dadurch gewährleistet werden, indem die Wandelschuldverschreibung gegensätzlich zur effektiven Kapitalerhöhung „abgestockt“ wird. In einem zweiten Schritt muss daher ein herrschaftsrechtlicher Ausgleich stattfinden, indem das Wandlungsverhältnis durch eine „Abstockung“ den neuen Bedingungen angeglichen wird.576 Zwar werden die Wandelobliga tionäre bei einer Einziehung von Aktien durch den steigenden herrschaftsrechtlichen Einfluss bevorzugt werden, aber letztlich besteht auch hier die latente Gefahr, dass die Aktionäre diesen Vorgang mehrmals wiederholen und den Obligationären am Ende eine leere Hülle übrig lassen. Besonders hart würde den Wandelobligationär diese Maßnahme treffen, wenn die Wandlungsrechte aus dem Geld sind. Während die Gesellschafter sich teilweise abfinden lassen und der Emittentin Vermögen entziehen, erhält der Obligationär als Ausgleich eine steigende Anzahl an wertlosen Wandlungsrechten. Die Abstockung sollte daher zwingend sein oder ins Ermessen der Wandelobligationäre gestellt werden. Die Wandelobligation muss in einem Verhältnis abgestockt werden, damit der bisherige potentielle herrschaftsrechtliche Einfluss der Wandelaktien aufrechterhalten wird. Das neue notwendige Wandlungsverhältnis ergibt sich durch eine Reduzierung in demselben Verhältnis, wie das Grundkapital bzw. die Aktienanzahl reduziert wurde. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass durch die formelmäßige Anpassung bereits eine Bevorzugung stattgefunden hat.
Ve = Va – (G ´Va ) Ve = notwendiges (angepasstes) Wandlungsverhältnis Va = ursprüngliches Wandlungsverhältnis G = Verhältnis, in dem das Grundkapital / Aktienanzahl herabgesetzt wurde
Die Aktienanzahl wurde von 50 Mio. auf 40 Mio. und das Grundkapital von 250 Mio. € auf 200 Mio. €, also jeweils um 0,2 reduziert. Ve = Va – (G ´Va ) = 111,11 – (0, 2 ´111,11) = 111,11 – 22, 22 = 88,88 Da sich das Wandlungsverhältnis aber bereits durch obige Ausgleichformel auf 123,46 (Vn) erhöht hat, müsste es sich effektiv um 34,57 (= 123,46 – 88,88) reduzieren.
576 Vgl. zur Begründung die konträren Ausführungen oben unter den Punkten: Lösungsvorschlag auf S. 208 ff. und Ableitung eines vollkommenen Verwässerungsschutzes auf S. 252 f.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 285
(a) B erechnung der Gegenleistung mit Hilfe des angepassten Wandlungspreises Für die Höhe der Gegenleistung kommen verschiedene Möglichkeiten in Betracht. Der erforderliche Abstockungsbetrag einer Teilwandelschuldverschreibung kann mit dem angepassten Wandlungspreis, dem ursprünglichen Wandlungspreis, dem Abfindungsbetrag oder dem Bilanzkurs der Aktien berechnet werden. Da bei der Kapitalherabsetzung konträr zur Kapitalerhöhung eine teilweise Rückabwicklung anstatt einer Aufstockung vollzogen werden muss, ist hierfür der aktuelle Wandlungspreis als Berechnungsgrundlage heranzuziehen, denn nur so können weitere Verschiebungen vermieden werden. Nur der geminderte Wandlungspreis, der bereits auf erster Ebene des Verwässerungsschutzes angeglichen wurde, kann zu einer idealen Anpassung des Nennwertes führen. Da der angepasste Wandlungspreis zu einer Steigerung des Wandlungsverhältnisses geführt hat, muss dies bei der Wertbestimmung berücksichtigt werden. Der Herabsetzungsbetrag (H) berechnet daher wie folgt:577 H = (Vn – Ve )´ Pn
(123, 46 – 88,88)´ 8,10 € = 34,57 ´ 8,10 € = 280,00 € Die zusätzliche Herabsetzung einer Teilwandelschuldverschreibung i. H. v. 280 € würde sich folgendermaßen auswirken: Kennzahlen
Vor Einziehung
Nach Einziehung und Anpassung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
800 € (88,88 Aktien × 9 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
720,00 € (+280,00 € Rückzahlung)
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
111,11 € ≙ 11,11 %
80,00 € (+31,11 € Rückstellungen) ≙ 111,11 €
Wandlungspreis
9,00 €
8,10 €
Wandlungsverhältnis
111,11
Nach Abstockung: 88,88 (Fortsetzung nächste Seite)
577 Vgl. hierzu bereits die Ausführungen und die Beispielberechnungen bei einer effektiven Kapitalerhöhung unter dem Punkt: Berechnung der Gegenleistung auf S. 213 ff.
286
F. Schutz der Wandelobligationäre
Tabelle (Fortsetzung) Kennzahlen
Vor Einziehung
Nach Einziehung und Anpassung
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
21,74 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
+11,11 % (≙ 9 € : 8,10 €)
Durch die Abstockung der Teilwandelschuldverschreibung kann der ursprüngliche herrschaftsrechtliche Einfluss der Wandelaktien wieder hergestellt werden. Folge wäre aber auch, dass sich der innere Wert der Wandelschuldverschreibung auf 80,00 € reduzieren würde. Grund hierfür ist, dass bei der Abstockung nicht die tatsachlichen Wertentwicklungen berücksichtigt werden und dadurch der bisherige Spekulationsgewinn rückwirkend beseitigt werden würde. Der Wandelobligationär würde wiederum seiner bereits aufgelaufenen Spekulationsgewinne aus dem Abstockungsbetrag verlustigt werden. Dies widerspricht dem spekulativen Charakter des Wandlungsrechts. Die Aktionäre könnten letztlich rückwirkend den Wert des Wandlungsrechts konterkarieren.578 Da sich der Obligationär diesen Teilbetrag bereits verdient hat, darf er ihm nicht wieder genommen werden. Es muss daher eine Rückstellung in Höhe des inneren Wertes des Abstockungsbetrags gebildet werden, wobei dieser Betrag erst mit der Wandlung ausbezahlt werden darf. Der Abstockungsbetrag ist hingegen sofort an den Obligationär zu entrichten. Für die Zukunft entwickelt sich die Wandelschuldverschreibung dagegen zu den neuen angepassten Bedingungen weiter. Durch diese Maßnahmen wäre ein vollkommener Verwässerungsschutz realisierbar. Sollte dagegen die Wandelschuldverschreibung bisher aus dem Geld gewesen sein, kann auf die Rückstellung verzichtet werden. Da sich das Wandlungsrecht nicht negativ entwickeln, sondern maximal wertlos werden kann, darf die Gesellschaft auch keine Beträge einbehalten.579 Die Folgeverwässerung i. H. v. 31,11 € entspricht genau der bisherigen Spekulationsrendite (11,11 %) auf den Herabsetzungsbetrag von 280 € (≙ 280 € × 0,1111). Anders ausgedrückt entspricht die Folgeverwässerung 578 Vgl. hierzu bereits die Ausführungen zu effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung unter dem Punkt: Ableitung eines vollkommenen Verwässerungsschutzes auf S. 252 ff., die hier weitgehend übertragen werden können. 579 Vgl. hierzu bereits die Ausführungen im Beispiel oben unter dem Punkt: Der Verwässerungsschutz bei der effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien auf S. 264 ff.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 287
dem inneren Wert der Anzahl der Wandelaktien, um den das Wandlungsverhältnis letztlich durch die Abstockung reduziert worden ist. Jede gewandelte Aktie hätte einen inneren Wert von 0,90 € gehabt. Folglich hätten 34,57 Aktien einem Wert von 31,11 € (= 34,57 × 0,90 €) entsprochen. Dieser bisherige Spekulationsgewinn würde den Obligationären demzufolge rückwirkend genommen werden. Einzige Möglichkeit diese Folgeverwässerung wieder auszugleichen ist, dass eine Rückstellung für diesen Differenzbetrag verbucht wird. Der Differenzbetrag, der in die Rückstellungen eingestellt werden muss, berechnet sich folgendermaßen: R = (Vn – Ve )´(Bk n – Pn )
Pn Bkn Vn Ve R
= = = = =
angepasster Wandlungspreis Bilanzkurs nach Einziehung angepasstes Wandlungsverhältnis erforderliches Wandlungsverhältnis Rückstellungsbetrag
R = (123, 46 – 88,88)´(9,00 € – 8,10 €) = 31,11 €
Vorteil dieser Methode ist wiederum, dass ein natürliches Gleichgewicht zwischen den Interessen der Aktionäre und der Obligationäre geschaffen wird. Soweit mit einer effektiven Kapitalherabsetzung auch die Nennbeträge der Wandelobligationen herabgesetzt werden, können die Aktionäre die Gesellschaft nicht einseitig zu ihren Gunsten aushöhlen. In diesem Fall müssten die Herabsetzungsbeträge ebenso wie die Abfindungsbeträge aus den Gewinnrücklagen geleistet werden. Eine Einziehung von Aktien ist daher nur in dem Ausmaße möglich, in dem die Gewinnrücklagen ausreichen sowohl die Abfindungsbeträge als auch die Herabsetzungsbeträge zu begleichen. Missbrauchsmöglichkeiten der Aktionäre werden dadurch begrenzt. Außerdem ist zu beachten, dass bei Optionsanleihen nur durch diesen Verwässerungsschutz sowohl die Obligationäre als auch die Bezugsrechtsinhaber geschützt sind. (b) Zusammenfassung Auch bei der Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien ist ein vollkommener Verwässerungsschutz möglich. Allerdings kann eine ideale Anpassung nur mehrstufig erfolgen. Zuerst ist eine formelmäßige Anpassung vorzunehmen.
(
) (
)
é a +D a +D ù Pn = Pa ´ ê Na ´ 1 + ú Bk Bk û ë Nn oder
288
F. Schutz der Wandelobligationäre
Vn = Va ´
1 Na ´ 1 - a + D + a + D Nn Bk Bk
(
)
oder Pn = Pa ´
Pn = Pa = Vn = Va = Nn = Na = D = a = Bk = ∆Bk =
(Bk - ∆ Bk ) Bk
angepasster Wandlungspreis ursprünglicher Wandlungspreis angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis Anzahl der Aktien nach der Einziehung Anzahl der Aktien vor der Einziehung Dividendenvorteil der einzuziehenden Aktien Auszahlungsbetrag Kurs der Aktie vor der Einziehung Verwässerungswert einer Aktie (≙ ursprünglicher Aktienkurs – verwässerter Aktienkurs)
Mit Hilfe dieser Formel wird eine vollkommene vermögensrechtliche Anpassung realisiert. Herrschaftsrechtlich werden die Obligationäre dagegen bevorzugt. Um einen idealen herrschaftsrechtlichen Ausgleich zu gewährleisten, muss das Wandlungsverhältnis reduziert werden. Eine Minderung des Wandlungsverhältnisses kann nur durch eine Teilliquidation der Wandelschuldverschreibung gewährleistet werden. Die Wandelschuldverschreibung muss abgestockt werden, wobei die Herabsetzung in das Ermessen der Wandelobligationäre gestellt werden soll. Der Herabsetzungsbetrag (H) berechnet sich aus der Formel: H = (Vn – Ve )´ Pn
Ve Va G Bkn
= = = =
wobei : Ve = Va – (G ´Va )
notwendiges (angepasstes) Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis Verhältnis, in dem das Grundkapital herabgesetzt wurde Bilanzkurs nach Einziehung
Schließlich muss im Anschluss aufgrund der teilweise rückwirkenden Vernichtung des Spekulationsgewinns eine Rückstellung gebildet werden, die dem Obligationär mit der Wandlung zusätzlich auszuzahlen ist. Die Höhe der Rückstellung (R) berechnet sich nach folgender Formel:
R = (Vn – Ve )´(Bk n – Pn )
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 289
cc) Empirische Auswertung (1) Große Aktiengesellschaften Große börsennotierte Aktiengesellschaften sehen für eine Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien überwiegend keinen speziellen Verwässerungsschutz vor. Hintergrund ist, dass diese eine Einziehung von Aktien i. d. R. mit einem Aktienrückkaufprogramm durchführen, indem sie Verkaufsoptionen emittieren. Sie setzen dabei die Kapitalherabsetzung einer Ausschüttung gleich und regulieren hierfür einen allgemeinen Verwässerungsschutz.580 Ein idealer Ausgleich kann aufgrund der strukturellen Änderungen aber trotzdem keinesfalls gewährleistet sein.581 Diese Ausgleichsmodalität hat damit beachtliche Defizite und sollte in Zukunft vermieden werden. Eine pauschale Gleichsetzung der Kapitalherabsetzung und Vermögensausschüttung unterliegt erheblichen Bedenken, da es sich bei beiden Maßnahmen um grundlegend verschiedene Instrumente handelt. Die Kapitalherabsetzung kann unterschiedliche Auswirkungen auf die vermögensrechtliche und die mitgliedschaftliche Struktur der Emittentin haben, die nicht ausreichend berücksichtigt werden. Sollte eine Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien einmal nicht mit Hilfe eines Aktienrückkaufprogramms erfolgen, würden mangels ausdrücklicher Regelungen wiederum die Generalklauseln582 eingreifen. In diesem Fall müsste obiger vollkommener Verwässerungsschutz Anwendung finden. Eine andere Gesellschaft reguliert einen Ausgleich mit Hilfe des Verhältnisses der veränderten Aktienanzahl. Außer bei einer unentgeltlichen Einziehung führt dieser Verwässerungsschutz jedoch zu zusätzlichen vermögensrechtlichen Benachteiligungen der Obligationäre und ist somit nicht akzeptabel.583 580 TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/2016), § 11, Abs. 4; Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, d, ii; Solon AG Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/ 2012), § 10, d, ii; Südzucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wandelanleihe 2009/2016), § 10, Abs. 4, A; vgl. hierzu auch: Marsch-Barner, in: Spindler/Stilz, AktG, § 224, Rn. 13; im Übrigen a. a. O. (vgl. Fußnote 573). 581 Zur Effektivität vgl. die Ausführungen unter dem Punkt: Übliche formelmäßige Anpassung auf S. 279 f.; da die Einziehung in der Regel über Aktienrückkaufprogramme erfolgt, fällt die Verwässerung in der Regel nicht so stark aus, da die Gesellschaft zusätzlich eine Optionsprämie erhält, welche die eintretenden Verwässerungen abschwächen würde; zu den Aktienrückkaufprogramm (transferable put rights) vgl. MüKo/Oechsler, AktG, Bd. 1, § 71, Rn. 16. 582 A. a. O. (vgl. Fußnote 490). 583 Arques Industries AG Wandelschuldverschreibung (9,0 % Wandelanleihe 2010/2012), Zif. 8.2; vgl. hierzu die Darstellungen unter dem Punkt: Anpassung mit Hilfe des Verhältnisses der veränderten Aktienanzahl auf S. 277.
290
F. Schutz der Wandelobligationäre
(2) Kleine Aktiengesellschaften Bei kleinen Aktiengesellschaften leidet der Verwässerungsschutz an noch größeren Lücken. Die Tendenz neigt zu einem Ausschluss des Verwässerungsschutzes bei einer entgeltlichen Einziehung. Zwei Gesellschaften schließen eine Angleichung bei einer entgeltlichen Einziehung von Aktien ausdrücklich aus.584 Ein Verwässerungsschutz wäre damit nicht gewährleistet, so dass die Obligationäre vermögensrechtlich deutlich benachteiligt würden. Lediglich für den Fall einer unentgeltlichen Einziehung von Aktien sehen diese Emittenten eine Anpassung des Wandlungsverhältnisses / -preises mit der Relation des Grundkapitals vor und nach der Einziehung vor. Für diesen Fall wäre der Verwässerungsschutz vollkommen, wenngleich diese Konstellation wohl in den seltensten Fällen in Erscheinung treten wird. Eine andere Gesellschaft schließt den Verwässerungsschutz bei einer Kapitalherabsetzung egal welcher Art umfassend und eindeutig aus.585 Auch hier würden die Obligationäre erheblich benachteiligt werden. Schließlich normiert ein letztes Bedingungswerk für den Fall der Einziehung von Aktien keinen ausdrücklichen Verwässerungsschutz, hat dafür aber eine Generalklausel für alle nicht erwähnten Fälle. Über die Generalklausel müsste die oben abgeleitete Modalität, welche einen idealen Verwässerungsschutz gewährleisten kann, zur Anwendung kommen586 8. Dividenden und sonstige Ausschüttungen Die vermögensrechtliche Position der Wandelobligationäre kann auch bei Dividendenzahlungen oder sonstigen Ausschüttungen beeinträchtigt werden. Derartige Ausschüttungen können in vielfältiger Weise vorkommen. Allen Varianten ist gemeinsam, dass diese zu einem Vermögensabfluss führen, indem erwirtschaftete Gewinne direkt oder auch mittelbar an die Gesellschafter abgeführt werden. Werden die Erlöse gewohnheitsmäßig thesauriert, könnten die Wandelobligationäre theoretisch künftig mit ihren Wandelaktien hieran partizipieren. Falls aber die anfallenden Gewinne turnusmäßig, beispielsweise über eine Dividende, an die Aktionäre ausgeschüttet werden, 584 Pixelpark AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2008/2012), § 5 Zif. 2; EPG AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2006/2011), § 8, Abs. 5. 585 S.A.G. Solarstrom AG Wandelschuldverschreibung (6,85 % Wandelanleihe 2007/2010); § 5, Zif. 2. 586 Klassik Radio AG Wandelschuldverschreibung (6,5 % Wandelanleihe 2007/ 2010), Zif. 10.4.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 291
gehen die Obligationäre leer aus, obwohl sich die Vermögensmasse, an der die Obligationäre in der Zukunft eventuell partizipieren könnten, reduziert. Trotz dieser möglichen Benachteiligungen besteht kein allgemeines Recht der Wandelobligationäre auf eine Gewinnthesaurierung. Dies gilt nicht nur für Gewinne, die erst nach Begebung der Anleihe erwirtschaftet werden, vielmehr kann die Gesellschaft auch bereits bestehende Rücklagen oder stille Reserven nachträglich auflösen und an die Aktionäre ausschütten. Bei jedem abweichenden Verständnis hätte die Emission einer Wandelschuldverschreibung anderweitig immer eine Gewinnausschüttungssperre zur Folge.587 Zwar könnte die Gesellschaft anstelle einer Gewinnausschüttung auch eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln durchführen, wovon die Wandelobligationäre profitieren könnten, da bei der nominellen Kapitalerhöhung die Gewinne in der Gesellschaft verbleiben und die Wandelgläubiger durch eine gesetzliche Anpassung der Wandelbedingungen gem. §§ 216, (218 S. 1) AktG geschützt wären.588 Jedoch muss diese Rechtsfolge nicht zwingend eintreten. So kann beispielsweise i. R. e. Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln der Verwässerungsschutz abbedingt werden. Weiterhin gilt es zu berücksichtigen, dass diese Vermögensmassen später alternativ mittels einer effektiven Kapitalherabsetzung an die Aktionäre ausgeschüttet werden könnten und i. R. d. Kapitalsenkung der Verwässerungsschutz ebenfalls ausgeschlossen werden kann. Allein wegen diesen gesetzlich eingeräumten Alternativen, die völlig unterschiedliche Zwecke und Ziele verfolgen, kann sich somit keine Rechtfertigung für eine dauerhafte und umfassende Gewinnausschüttungssperre ableiten lassen. Denn diese Alternativen müssen nicht unabwendbar eine Besserstellung bewirken. Der Verwässerungsschutz der Obligationäre kann nämlich bei allen Kapitalmaßnahmen individualvertraglich abbedingt oder im Rahmen der §§ 305 ff. BGB ausgestaltet werden. Die verschiedenen Kapitalmaßnahmen sollen der Gesellschaft einen Finanzierungsspielraum ermöglichen und nicht im Interesse außenstehender Dritter eingesetzt werden. Die Wandelobligationäre müssen daher gesetzeskonforme Gewinnverwendungsmaßnahmen der Gesellschaft grundsätzlich hinnehmen.589 Ferner gilt es zu beachten, dass sich eine dauerhafte Gewinnausschüttungssperre auch nachteilig auf die Gesellschaft auswirken kann, da eine zu hohe Liquidität einen ineffizienten Kapitaleinsatz vermuten lässt. Eine Gewinnausschüttungssperre würde die Gesellschaft daher enorm in ihrer FiAktG, Bd. 4, § 221, Rn. 286; Loos, DB 1960, S. 515, 516. AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 286; vgl. hierzu die Ausführungen unter dem Punkt: Effektivität des Verwässerungsschutzes bei Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln auf S. 151 ff. 589 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 286. 587 MüKo/Habersack, 588 MüKo/Habersack,
292
F. Schutz der Wandelobligationäre
nanzierungsfreiheit einschränken, was sich letztlich nachteilig auf den Wert der Aktien auswirken kann und dadurch mittelbar auch die Wandelobligationäre belasten würde. Schließlich hätte ein Dividendenverbot nach Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung zur Folge, dass die Emittentin keine Gewinnschuldverschreibungen mehr emittieren könnte bzw. die bisherigen Gewinnschuldverschreibungsobligationäre massiv benachteiligen würde.590 Auf der anderen Seite sind aber auch Fälle denkbar, bei denen eine Ausschüttung zu krassen Missverhältnissen führen kann. Daher ist eine Ausnahme für evidente Missbrauchsfälle zu befürworten. Ein offensichtlicher Missbrauch liegt etwa dann vor, wenn unmittelbar vor dem Wandlungstermin der gesamte thesaurierte Gewinn ausgeschüttet wird, um eine Partizipation der Wandelobligationäre zu verhindern. Ein Missbrauch kann weiterhin bejaht werden, wenn die Emittentin vor der Ausschüttung einen Passiv-Passiv-Tausch von Grundkapital und Rücklagen im Rahmen einer no minellen Kapitalherabsetzung durchführt und dadurch eine beständige Gewinnausschüttung sicherstellt, da eine niedrigere Grundkapitalziffer und erhöhte Kapitalrücklage Dividendenzahlungen erleichtert.591 Aber selbst in diesen Ausnahmefällen muss ein Ausschüttungsverbot keine zwingende Folge sein. Denn mit der Anerkennung des allgemeinen Verwässerungsschutzprinzips, welches sich aus den §§ 216 Abs. 3, 218 AktG, § 23 UmwG sowie §§ 36 Abs. 1, 125, 204 UmwG und § 57m GmbHG ableiten lässt,592 kann ein Schutz durch eine Anpassung der Wandelbedingungen als milderes Mittel herangezogen werden. Nach dem Institut des allgemeinen Verwässerungsschutzes müssen Wandelobligationäre Maßnahmen der Gesellschaft, die grundlegenden Charakter haben, die Geschäftsgrundlage des Wandlungsverhältnisses berühren und zu einer Benachteiligung führen, nicht ohne Weiteres hinnehmen.593 590 Es sollte daher ein Interessenausgleich zwischen beiden Obligationärsgattungen stattfinden. Wie dieser Ausgleich in Form eines Mittelweges am besten gewährleistet werden kann, wird in den folgenden Ausführungen dargestellt. 591 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, Vorb vor § 222, Rn. 6. 592 Vgl. in diesem Zusammenhang die Ausführungen oben unter dem Punkt: Gesetzliche Ableitung des Verwässerungsschutz auf S. 128 f. und ergänzend die Nachweise a. a. O. (vgl. Fußnote 498). 593 So wohl auch Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 157; Heubel, S. 216; a. A. MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 286; Loos, DB 1960, S. 515, 516, diese verneinen offensichtlich einen Verwässerungsschutz bei Ausschüttungen und wollen nur im Falle von Missbrauchsfällen den Obligationären einen Schadensersatzanspruch zusprechen. Sollte der Verwässerungsschutz in den Wandelbedingungen ausdrücklich für sämtliche Vermögensausschüttungen ausgeschlossen sein, kommt eine Anpassung freilich nicht in Betracht. Die Obligationäre müssten dann in evidenten Missbrauchsfällen den Schutz im Wege des Schadensersatzes nach § 826 BGB suchen.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 293
Die Frage, welche sich nun zwangsläufig stellt, ist, wann Ausschüttungen der Gesellschaft die Geschäftsgrundlage des Wandlungsverhältnisses berühren. Für den Fall von normalen durchschnittlichen Dividenden ist ein Eingriff in die Geschäftsgrundlage zweifelsfrei zu verneinen, da Dividendenzahlungen das zentrale Vermögensrecht der Aktionäre darstellen und diese i. d. R. nur geringfügige Verwässerungen bewirken.594 Dagegen ist für obige Missbrauchsfälle eindeutig ein Eingriff in die Geschäftsgrundlage zu bejahen. Als Abgrenzungsmerkmal bietet sich daher eine durchschnittliche Betrachtung der Ausschüttungen über einen vorher festgelegten Zeitraum an. Sollten die Ausschüttungen diese variablen Durchschnittswerte mit einem bestimmten Prozentsatz übersteigen, so kann ein Eingriff in die Geschäftsgrundlage bejaht werden, der eine Anpassung der Wandelbedingungen erforderlich werden lässt.595 Soweit eine Gesellschaft in den letzten Jahren eine konstante Dividende gezahlt hat (z. B. 3 %), kann sie dies auch in Zukunft ohne Konsequenzen weiter verfolgen. Sollte jedoch die Dividendenrendite im folgenden Jahr sprunghaft auf 15 % ansteigen, so würde dies einen Eingriff in die Geschäftsgrundlage darstellen, so dass der Verwässerungsschutz eingreifen muss. Als Maßstab sollte immer ein variabler Durchschnittswert der Dividende, beispielsweise der letzten 2–5 Jahre, herangezogen werden. Hierdurch wird gewährleistet, dass kurzzeitige Krisen, in denen keine Dividenden ausgezahlt wurden, nicht allzu schwer ins Gewicht fallen. Auf diesen arithmetischen Durchschnitt müsste dann noch einmal ein zusätzlicher Aufschlag von z. B. 10–25 % gewährt werden. Durch diese Abgrenzung verbleibt der Gesellschaft genügend Gestaltungsspielraum. So kann die Emittentengesellschaft, soweit sie strategisch eine Dividendenkontinuität verfolgt, sowohl bei steigenden Kursen als auch in Krisenzeiten weiterhin adäquat reagieren. Gleichzeitig werden die Interessen der Aktionäre und der Obligationäre angemessen berücksichtigt und miteinander in Einklang gebracht. Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung keine Gewinnausschüttungssperre rechtfertigen kann. Die Obligationäre müssen es grundsätzlich hinnehmen, wenn die Gesellschaft an ihre Aktionäre regelmäßige und übliche Gewinnausschüttungen bewirkt. Lediglich bei außergewöhnlichen, überdurchschnittlichen Ausschüt594 Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 36, Rn. 5; Wiesner, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 17, Rn. 4. 595 Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 157; Schlitt/Hemeling, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 10, Rn. 66; Schlitt/Kammelohr, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 11, Rn. 33 f. (zu Umtauschanleihen); Bohn, S. 127; a. A. MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 286.
294
F. Schutz der Wandelobligationäre
tungen müssen die Wandelbedingungen angepasst werden. Wie immer gilt aufgrund der grundsätzlichen Abdingbarkeit und Gestaltbarkeit des Verwässerungsschutzes, dass auch strengere oder mildere Regelungen vertraglich vereinbart werden können. Welche Konsequenzen Gewinnausschüttungen auf die Wandelobligation haben und wie ein effektiver Verwässerungsschutz ausgestaltet sein muss, wird im Folgenden aufgezeigt. a) Die Verwässerung bei Dividendenzahlungen und sonstigen Ausschüttungen • Beispiel 32: Verwässerung bei Ausschüttungen Die Aktiengesellschaft XY hat ein Grundkapital von 250 Mio. €, eingeteilt in 50 Mio. Aktien mit einem Nennwert i. H. v. 5 €. Die AG hat Rücklagen i. H. v. 250 Mio. €. Vor drei Jahren hatte die AG eine Wandelschuldverschreibung emittiert. Sie hatte einen Nennwert von 125 Mio. €. Die Teilwandelobligationen wurden in je 1.000 € gestückelt. Der Wandlungspreis liegt bei 9 €. Aufgrund der hohen Rücklagen und mangelnder strategischer Investitionsmöglichkeiten beschließt die AG eine außerordentliche Ausschüttung i. H. v. 100 Mio. € an ihre Aktionäre. Wert einer Aktie vor der Ausschüttung: bilanziertes Eigenkapital Grundkapital + Rücklagen Bilanzkurs einer Aktie = = = Anzahl der Aktien Anzahl der Aktien 250 Mio. € + 250 Mio. € 500 Mio. € = = = 10 € 50 Mio. 50 Mio. Der Bilanzwert einer Aktie lag vor der Ausschüttung bei 10 €. Wert einer Aktie nach der Ausschüttung: Durch die Ausschüttung i. H. v. 100 Mio. € werden die Gewinnrücklagen reduziert, so dass sich der Bilanzkurs folgendermaßen verändert: bilanziertes Eigenkapital Grundkapital + Rücklagen Bilanzkurs einer Aktie = = = Anzahl der Aktien Anzahl der Aktien 250 Mio. € + 150 Mio. € 400 Mio. € = = =8 € 50 Mio. 50 Mio. Die Ausschüttung führt zu einer Reduzierung des Bilanzwertes einer Aktie von 10 € auf 8 €.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 295 Auswirkungen der Ausschüttung für die Aktionäre: Die Aktionäre würden letztlich keinerlei Konsequenzen spüren. Zwar verringert sich der Kurs der Aktien um 2 €, im Gegenzug erlangen die Gesellschafter aber i. R. d. Ausschüttung für jede Aktie eine Rückzahlung i. H. v. 2 €. Vermögensrechtlich rufen die Ausschüttungen für die Aktionäre somit keine Nachwirkungen hervor. Die Anzahl der Aktien verändert sich bei einer Ausschüttung nicht, so dass sich erst Recht keine herrschaftsrechtlichen Konsequenzen ergeben. Auswirkungen der Ausschüttung auf die Wandelschuldverschreibung: Die Kennzahlen einer Wandelschuldverschreibung würden sich durch die Ausschüttung folgendermaßen verändern: Kennzahlen
Vor Ausschüttung
Nach Ausschüttung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
888,88 € (111,11 Aktien × 8 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.000 €
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
111,11 €
0 € (–222,22 €)
Wandlungspreis
9,00 €
9,00 €
Wandlungsverhältnis
111,11
111,11
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
21,74 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
–12,5 % (≙ 9 € : 8 €)
Festzustellen ist, dass bei einer Ausschüttung nur eine vermögensrechtliche aber keine herrschaftsrechtliche Verwässerung eintritt. Da der Bilanzkurs von 10 € auf 8 € sinkt, wird das Wandlungsrecht durch diese Maßnahme wertlos. Außerdem verändert sich das relative Kursabstandsverhältnis nachteilig. Aus dem vorliegenden Beispiel wird ersichtlich, dass die Gesellschaft nicht sämtliche thesaurierte Gewinne ohne eine Anpassung der Wandelbedingungen an die Aktionäre ausschütten darf. Anderweitig könnte durch die Verwässerung des Aktienkurses das Wandlungsrecht der Obligationäre unterlaufen werden, wenn die Ausschüttung in einer Höhe vorgenommen wird, bei welcher der Aktienkurs unter dem Wandlungspreis sinkt.596 596 Ein Missbrauch oder eine Sittenwidrigkeit ließe sich in diesem Beispiel aufgrund des wirtschaftlichen Hintergrunds und der Höhe der Ausschüttung nicht ohne Weiteres annehmen.
296
F. Schutz der Wandelobligationäre
b) Der übliche Verwässerungsschutz bei Dividenden und sonstigen Ausschüttungen Da im vorliegenden Beispiel der Ausschüttungsbetrag in derselben Höhe vorgenommen wurde wie bei der effektiven Kapitalherabsetzung durch Herabsetzung des Nenn- / Stückwertes von Aktien,597 ist die Verwässerung identisch. Bei beiden Maßnahmen verändert sich nicht die Aktienanzahl und es findet gleichermaßen ein Kapitalabfluss i. H. v. 100 Mio. € an die Aktionäre statt. Ein wesentlicher Unterschied besteht zwischen diesen beiden Maßnahmen aber darin, dass bei der Kapitalherabsetzung i. d. R. nicht ausschüttungsfähiges Vermögen der Gesellschaft (Grundkapital) an die Aktionäre ausgezahlt wird (vgl. § 57 Abs. 1 AktG), wohingegen bei einer Ausschüttung oder Dividendenzahlung nur thesaurierte Gewinne und damit ausschüttungsfähige Vermögensmassen an die Aktionäre abgeführt werden (vgl. § 57 Abs. 3 AktG).598 Da sich jedoch keine herrschaftsrechtlichen Auswirkungen zeigen, kann man zunächst den Verwässerungsschutz einer effektiven Kapitalherabsetzung gem. § 222 Abs. 4 S. 1 AktG auf diese Maßnahmen übertragen.599 Es muss zuerst eine Anpassung des Wandlungspreises oder Wandlungsverhältnisses mit folgender Formel vorgenommen werden: Pn = Pa ´ Bk - A Bk
Pn = Pa = Vn = Va = Bk = A =
oder
Vn = Va ´
Bk Bk - A
angepasster Wandlungspreis ursprünglicher Wandlungspreis angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis Bilanzkurs einer Aktie Ausschüttungsbetrag je Aktie
Im diesem Beispiel 32 wurden an die Aktionäre Gewinnrücklagen i. H. v. 100 Mio. € ausgeschüttet. Der Bilanzkurs verwässerte von 10 € auf 8 €, so dass ein Aktionär für jede Aktie einen Betrag von 2 € ausgezahlt bekommen hat.
597 Vgl.
hierzu die Ausführungen im Beispiel 29 auf S. 248 ff. (vgl. Fußnote 531 f.). 599 Die folgende Verwässerungsschutzmodalität entspricht der gängigen Praxis von größeren Aktiengesellschaften. Insoweit kann man der Praxis zustimmen, dass eine Ausschüttung und eine effektive Kapitalherabsetzung gem. § 222 Abs. 4 S. 1 AktG anfangs hinsichtlich des formelmäßigen Ausgleichs gleich behandelt werden kann. Im Folgenden wird aber noch aufgezeigt werden, dass anschließend noch weitere Differenzierungen notwendig werden, da es sich trotz der gleichen Auswirkungen um qualitativ unterschiedliche Maßnahmen handelt. 598 A. a. O.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 297 Bei dieser formelmäßigen Anpassung ergeben sich folgende Konsequenzen für die Wandelschuldverschreibungsbedingungen:
Pn = Pa ´ Bk - A = 9 € ´ 10 € - 2 € = 9 € ´ 8 € = 9 € ´ 0,80 € = 7, 20 € 10 € 10 € Bk Der angepasste Wandlungspreis würde sich auf 7,20 € reduzieren. Da sich Wandlungspreis und Wandlungsverhältnis gegenseitig beeinflussen, verändert sich gleichzeitig das stückmäßige Wandlungsverhältnis. Vn =
Nennwert Teilwandelobligation 1000 € = = 138,89 7, 20 € Wandlungspreis
Nach der Anpassung würden sich die Kennzahlen der Wandelschuldverschreibung folgendermaßen verändern: Kennzahlen
Vor Ausschüttung
Nach Ausschüttung und Anpassung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
1.111,11 € (138,89 × 8 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
1.000 €
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
111,11 €
111,11 €
Wandlungspreis
9,00 €
7,20 €
Wandlungsverhältnis
111,11
138,89 (+27,77)
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
25,77 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
+11,11 % (≙ 8 € : 7,20 €)
Man kann erkennen, dass die vermögensrechtliche Verwässerung ideal angeglichen wird. Allerdings führt die gleichzeitige Anpassung des Wandlungsverhältnisses wiederum dazu, dass sich die Anzahl der Wandlungsaktien erhöht und die Obligationäre dadurch herrschaftsrechtlich bessergestellt werden. Die Situation ist grundsätzlich identisch mit der einer effektiven Kapitalerhöhung durch Herabsetzung des Nenn- / Stückwertes.600 600 Vgl. hierzu die Ausführungen und das Beispiel unter dem Punkt: Der Verwässerungsschutz bei der effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung durch Herabsetzung des Nenn-/Stückwertes einer Aktie auf S. 250 ff.
298
F. Schutz der Wandelobligationäre
Das angestiegene Wandlungsverhältnis bei einer Ausschüttung kann jedoch dazu führen, dass – im Gegensatz zu einer effektiven Kapitalherabsetzung gem. § 222 Abs. 4 S. 1 AktG – zum Wandlungszeitpunkt nicht genügend Sicherungskapital vorhanden ist, um alle Wandelobligationäre zu bedienen. Bei einer Kapitalherabsetzung reduziert sich der Nennwert einer Aktie, weswegen mit dem vorhandenen Sicherungskapital mehr Wandlungsrechte bedient werden können.601 Bei einer Vermögensausschüttung bleibt der Grundkapitalstock hingegen unverändert. Falls demnach das Sicherungskapital nicht angepasst wird, müssen sich die Obligationäre letztlich mit Schadenersatzansprüchen zufrieden geben, wenn nicht ein ausreichender Puffer beim Wandlungskapital einkalkuliert wurde. c) Ableitung eines vollkommenen Verwässerungsschutzes bei Ausschüttungen Auf den ersten Blick kann man – ähnlich wie bei einer Kapitalherabsetzung – denken, dass die Wandelobligationäre durch diese formelmäßige Anpassung im Endeffekt bevorzugt werden, da sich der herrschaftsrechtliche Einfluss erhöht. Dass diese Sichtweise aber verfehlt ist und nicht uneingeschränkte Anwendung finden darf, wurde bereits im Rahmen der Kapitalherabsetzung ausführlich dargestellt.602 Auch bei einer Ausschüttung bringt diese Verwässerungsschutzmodalität bei genauer Betrachtung ähnliche Nachteile und Risiken für die Wandelobligationäre mit sich, da die Emittentin auf Kosten der Wandelgläubiger finanziell ausgehöhlt werden könnte. Durch die Gewinnausschüttungen reduziert die Gesellschaft zwar nicht den Grundkapitalstock, aber dennoch entziehen die Altaktionäre, an den potentiell künftigen Aktionären vorbei, der Gesellschaft Vermögensmassen. Während die Aktionäre das Kapital aus der Gesellschaft herausziehen, wird den Obligationären als Ausgleich immer nur eine erhöhte Anzahl von Wandlungsaktien zugesprochen, welche die vermögensrechtliche Verwässerung wettmachen soll. Bei Bedingungseintritt können diese zusätzlichen Wandlungsrechte aber eventuell mangels ausreichenden Sicherungskapitals gar nicht bedient werden. Sollte die Gesellschaft kein zusätzliches Sicherungskapital beschließen, müssten sich die Wandelobligationäre mit Schadensersatzansprüchen zufrieden geben. Ferner gilt es in diesem Kontext zu beach601 Vgl. hierzu das Beispiel 28 auf S. 242 f., dessen Erläuterungen sich zwar auf eine nominelle Kapitalherabsetzung beziehen, aber grundsätzlich auch auf eine effektive Kapitalherabsetzung übertragen werden können. Bei einer effektiven Kapitalherabsetzung sind die Auswirkungen nur abgeschwächt. 602 Vgl. hierzu näher die Ausführungen unter dem Punkt: Ableitung eines vollkommenen Verwässerungsschutzes auf S. 252 ff. die teilweise auf die Ausschüttungen übertragen werden können.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 299
ten, dass durch die Vermögensausschüttung die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die Gesellschaft bei Ausübung der Wandlungsrechte entweder die Schadensersatzansprüche nicht begleichen oder bei einem wertlosen Wandlungsrecht die Schuldverschreibung nicht zurückzahlen kann. Schließlich verursachen diese Maßnahmen kumulativ mit einer Kapitalherabsetzung weitaus schwerwiegendere Auswirkungen, denn durch diese Kombination könnten die Aktionäre die Gesellschaft theoretisch bis auf das Mindestgrundkapital aushöhlen und den Wandelobligationären eine fast wertlose Hülle als Wandlungsobjekt übrig lassen.603 Da die Wandelschuldverschreibungen einen spekulativen Charakter haben, verfolgen die Obligationäre in erster Linie vermögensrechtliche Interessen. Der Verwässerungsschutz sollte daher primär auch durch einen vermögensrechtlichen Schutz bewerkstelligt werden, da dies dem Wesen dieser Finanzinstrumente am gerechtesten wird.604 Obiger formelmäßiger Verwässerungsschutz gewährleistet aber einen vorrangigen herrschaftsrechtlichen Ausgleich, da der vermögensrechtliche Ausgleich nur durch die steigende Anzahl an Wandlungsaktien realisiert wird. Widersprüchlich ist an dieser Modalität insgesamt, dass sie keine wirtschaftliche Gleichstellung gewährleisten kann, denn während die Aktionäre eine Kapitalausschüttung erlangen, erhalten die Obligationäre als Ausgleich eine erhöhte Anzahl von Wandelaktien, obwohl sich nicht einmal das Grundkapital oder Aktienanzahl verändert. Bei Optionsanleihen verschärft sich dieses Problem, wenn die Optionsrechte von der Schuldverschreibung bereits abgetrennt wurden. Der Schuldverschreibungsobligationär bekommt keine Vorzüge des obigen Verwässerungsschutzes zu spüren, obwohl dieser durch das Aushöhlen der Gesellschaft ebenfalls belastet wird, indem sich das Ausfallrisiko erhöht. Da bei einer Vermögensausschüttung § 225 AktG nicht anwendbar ist, wäre der Obligationär somit völlig schutzlos gestellt, obwohl die effektive Kapitalherabsetzung und eine Vermögensausschüttung ähnliche Auswirkungen verursachen. Lediglich den Optionsscheininhabern würde bei dieser Verwässerungsschutzmodalität ein Ausgleich zugutekommen. Für ihren Schutz würde es bereits genügen, wenn sich der Wandlungspreis entsprechend obiger Formel reduziert. Eine Anhebung der Wandlungsaktien wäre jedoch nicht erforderlich, da sich bei einer Ausschüttung die Aktienanzahl nicht verändert. 603 Welcker, S. 68 f.; eine Grenze findet diese Vorgehensweise bei einer Gewinnausschüttung aber erst, wenn der Wandlungspreis unter dem Nennwert einer Aktie sinkt und dadurch der Anwendungsbereich des § 199 Abs. 2 AktG eröffnet wird. 604 Zum spekulativen Charakter des Wandlungsrechts vgl. die Ausführungen oben unter dem Punkt: Lösungsvorschlag auf S. 208 f.
300
F. Schutz der Wandelobligationäre
Für einen vollkommenen Verwässerungsschutz sollte den Wandelobliga tionären daher – ähnlich wie bei der effektiven Kapitalherabsetzung – ein Ausgleich in Form einer Nennwertherabsetzung der Wandelobligation zugutekommen. Der Unterschied zur effektiven Kapitalherabsetzung ist, dass bei einer Gewinnausschüttung nicht der Grundkapitalstock angegriffen wird. Die Ausschüttung ist nicht mit einer Teilliquidation zu vergleichen, da nur Kapital zurückgezahlt wird, welches nicht der festen Kapitalbindung des § 57 Abs. 1 AktG unterliegt. Dividenden und sonstige Ausschüttungen werden nur aus Vermögensmassen, welche aus angehäuften Gewinnen der Gesellschaft entstanden sind, an die Aktionäre i. R. d. §§ 57 Abs. 3, 174 AktG ausgeschüttet.605 Die effektive Kapitalherabsetzung durch Herabsetzung des Nennwertes und eine übliche Ausschüttung dürfen daher nicht vollständig gleichgesetzt werden. Wenn man diese qualitativen Unterschiede bei einer Wandelobligation berücksichtigen möchte, um zu einem Ergebnis zu kommen, bei welchem die Wandlungsrechte „unberührt“ i. S. d. allgemeinen, gesetzlich verankerten Verwässerungsschutzprinzips bleiben, müssen die Nennwerte der Teilwandelschuldverschreibungen zunächst – wie bei der effektiven Kapitalherabsetzung gem. § 222 Abs. 4 S. 1 AktG – reduziert werden. Beiden Maßnahmen ist es gemeinsam, dass sie zu einem Kapitalabfluss an die Aktionäre führen, ohne die Aktienanzahl zu verändern. Anders als bei der effektiven Kapitalherabsetzung darf der Herabsetzungsbetrag aber nicht sofort, sondern erst nach der Ausübung des Wandlungsrechts ausbezahlt werden. Erst ab diesem Zeitpunkt steht mit Gewissheit fest, dass die Wandelobligationäre durch die außergewöhnliche Vermögensausschüttung tatsächlich beeinträchtigt wurden. Damit eine ideale Angleichung bzw. ein vollkommener Schutz gewährleistet ist, muss die Gesellschaft aber Rückstellungen in Höhe der Herabsetzungsbeträge aus den Gewinnrücklagen bilden, damit sie im Fall der Wandlung an die Schuldverschreibungsobligationäre ausgezahlt werden können. Hierdurch wird sichergestellt, dass die künftigen Herabsetzungsbeträge im Rahmen einer Vermögensausschüttung angemessen berücksichtigt werden. Durch die Bildung von Rückstellungen können Benachteiligungen der Obligationäre gegenüber den Aktionären verhindert werden. Soweit bei einer Ausschüttung neben den Zahlungen an die Aktionäre auch die Rückstellungen der Nennwertherabsetzung aus den Gewinnrücklagen gebildet werden müssen, wird die Gesellschaft zwangsläufig in ihren Möglichkeiten des Missbrauchs eingeschränkt. Dieser Lösungsweg hätte damit auch wiederum einen präventiven Charakter, da er einen angemessenen Interessausgleich zwischen den Beteiligten gewährleisten kann. Ferner werden die veränder605 A. a. O.
(vgl. Fußnote 531 f.).
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 301
ten Bedingungen, die durch die Ausschüttungen entstehen – z. B. Verzerrung der Wertrelationen, größeres Insolvenzrisiko – wieder ausgleichen. Schließlich berücksichtigt diese Modalität die primär vermögensrechtlichen Interessen der Wandelobligationäre adäquat, so dass der spekulative Charakter des Wandlungsrechts nicht qualitativ verändert wird. Im Fall einer Vermögensausschüttung muss die Nennwertherabsetzung der Wandelobligation – wie bei der effektiven Kapitalherabsetzung – in demselben Verhältnis vollzogen werden, mit dem der Wandlungspreis angepasst wurde. Hierdurch kann zunächst eine Parität des Wandlungsverhältnisses und des Wandlungspreises aufrechterhalten werden. In Höhe des Differenzbetrags ist eine Rückstellung zu bilden, die dem Wandelobligationär erst nach Ausübung seiner Wandlungsrechte ausbezahlt werden muss. Da die Rückstellungen einbehalten werden, müssen diese jedoch weiter verzinst werden. Den herabgesetzten Nennwert einer (Teil-)Wandelschuldverschreibung berechnet man mit derselben Formel: Nwn = Nwa ´ Bk - A Bk
Nwn = Nwa = Bk = A =
angepasster Nennwert der Teil- / Wandelschuldverschreibung ursprünglicher Nennwert der Teil- / Wandelschuldverschreibung Bilanzkurs einer Aktie Ausschüttungsbetrag je Aktie
Nwn = Nwa ´ Bk - A = 1.000 € ´ 10 € - 2 € = 1.000 € ´ 0,8 = 800 € Bk 10 € Mit der Ausschüttung wird der Nennwert einer Teilwandelschuldverschreibung von 1.000 € auf 800 € herabgesetzt. Konsequenz wäre, dass das Wandlungsverhältnis ideal angepasst wird und damit ein vollkommener herrschaftsrechtlicher Verwässerungsschutz hergestellt wird. V=
Nennwert Teilwandelobligation = 800 € = 111,11 7, 20 € Wandlungspreis
Da der Herabsetzungsbetrag erst zum Zeitpunkt der Wandlung ausbezahlt wird, muss für einen effektiven Verwässerungsschutz eine Rückstellung in Höhe der Herabsetzungsbeträge gebildet werden. Der Nennwert der Wandelschuldverschreibung würde sich nach der Wandlung um 20 % vermindern und sich somit von 125 Mio. € auf 100 Mio. € reduzieren. Umgerechnet auf die Teilwandelschuldverschreibungen bedeutet dies, dass ein Obligationär für jede Teilwandelobligation 200 € mit der Ausübung des Wandlungsrechts zurückbezahlt bekommen muss. Die Gesellschaft muss daher neben den Vermögensausschüttungen i. H. v. 100 Mio. € Rückstellungen i. H. v. 25 Mio. € bilden. Die Emittentin kann daher nur Ausschüttungen in der Höhe vornehmen, in der die Rücklagen dazu ausreichen, neben den
302
F. Schutz der Wandelobligationäre
Ausschüttungsbeträgen der Aktionäre auch die Rückstellungen zugunsten der Obligationäre zu begleichen. Die zusätzliche Reduzierung des Nennwerts einer Teilschuldverschreibung hätte bei einer sofortigen Wandlung nach der Ausschüttung folgende Auswirkungen auf die Wandelbedingungen: Kennzahlen
Vor Ausschüttung
Nach Ausschüttung und Anpassung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
888,88 € (111,11 Aktien × 8 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
800 € (+200,00 € Rückstellung und zusätzliche Auszahlung mit Wandlung)
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
111,11 € ≙ 11,11 %
88,88 € ≙ 11,11 %
Wandlungspreis
9,00 €
7,20 €
Wandlungsverhältnis
111,11
111,11
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
21,74 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
+11,11 % (≙ 8 € : 7,20 €)
Die Folge einer Nennwertherabsetzung ist, dass zwar ein vollkommener herrschaftsrechtlicher Ausgleich erzielt wird, aber im Gegenzug treten wiederum vermögensrechtliche Folgeverwässerungen auf. Einerseits bleibt der prozentuale innere Wert des Wandlungsrechts bei 11,11 % unverändert, andererseits sinkt aber der innere Wert der Teilwandelschuldverschreibung von 111,11 € auf 88,88 €. Ein vollkommener vermögensrechtlicher Ausgleich wäre nicht garantiert. Grund für diese Folgebenachteiligung der Wandelobligationäre ist – ähnlich wie der effektiven Kapitalherabsetzung – dass die Nennwertherabsetzung rückwirkend den Spekulationsgewinn aus dem Herabsetzungsbetrag vernichten würde. Die Wandelobligationäre würden nach der Anpassung folglich so gestellt werden, als ob sie von Beginn an nur 800 € investiert hätten, so dass ihnen als Konsequenz ihr bisheriger Spekulationsgewinn für den Teilbetrag i. H. v. 200 € ex post genommen werden würde. Dies ist nicht mit dem spekulativen Wesen des Wandlungsrechts vereinbar. Die
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 303
Folgeverwässerung i. H. v. 22,22 € entspricht genau der bisherigen Spekulationsrendite (11,11 %) auf den Herabsetzungsbetrag von 200 €. Um diese Folgeverwässerung wieder auszugleichen, muss im Falle eines werthaltigen Wandlungsrechts eine weitere Sonderrückstellung in Höhe dieses Differenzbetrags verbucht werden.606 Zur Berechnung der Rückstellung müssen die Verhältnisse unmittelbar nach der Gewinnausschüttung herangezogen werden, da es sonst wieder zu vermögensrechtlichen Verschiebungen kommen würde. Dieser Rückstellungsbetrag darf den Wandlungsrechtsinhabern – bei getrennten Optionsanleihen den Bezugsrechtsinhabern – erst zum Zeitpunkt der Wandlung gesondert ausbezahlt werden, denn erst dann steht mit Gewissheit fest, dass die Bedingung für einen Anspruch der Wandelobligationäre auf den Spekulationsgewinn tatsächlich eingetreten ist und die Obligationäre durch die Gewinnausschüttung tatsächlich beeinträchtigt wurden. Da sich der Obligationär diesen Teilbetrag bereits „erspekuliert“ hat, darf er nicht rückwirkend beseitigt werden. Dieser bisherige Gewinn muss abgesichert und im Falle der Wandlung zusätzlich ausbezahlt werden. Die Sonderrückstellung entspricht dem theoretischen inneren Wert des Herabsetzungsbetrags zum Zeitpunkt der Ausschüttung. Sie kann mit folgender Formel berechnet werden: R = (Vn – Va )´(Bk n – Pn )
R = Pn = Vn = Va = Bkn =
Rückstellungsbetrag angepasster Wandlungspreis angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis Bilanzkurs nach Maßnahme
R = (138,89 – 111,11)´(8,00 € – 7, 20 €) = 27,77 ´ 0,8 € = 22, 22 € Jedem Wandelobligationär ist nach der Ausübung seines Bezugsrechts zusätzlich der Differenzbetrag i. H. v. 22,22 € je Teilwandelobligation auszuzahlen. Durch diese Anpassungen bleiben die bisherigen Wertentwicklungen der Wandelschuldverschreibung völlig unberührt. Alle Kennzahlen werden ideal angepasst.
606 Bei einem wertlosen Wandlungsrecht sind hingegen keine Rückstellungen zu bilden. Grund ist, dass das Wandlungsrecht theoretisch nicht unter 0 sinken kann. Für Einzelheiten vgl. die Ausführungen unter dem Punkt: Der Verwässerungsschutz bei der effektiven ordentlichen Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien auf S. 264 ff.
304
F. Schutz der Wandelobligationäre
Kennzahlen
Vor Ausschüttung
Nach Ausschüttung und Anpassung
Wandlungswert
1.111,11 € (111,11 Aktien × 10 €)
888,88 € (111,11 Aktien × 8 €)
Nennwert der Teilschuldverschreibung
1.000 €
800 € (+200,00 € Rückstellung und zusätzliche Auszahlung mit Wandlung)
Innerer Wert je Teilschuldverschreibung (vermögensrechtliche Verwässerung)
111,11 €
88,88 € +22,22 € Rückstellung und Auszahlung mit Wandlung ≙ 111,11 €
Wandlungspreis
9,00 €
7,20 €
Wandlungsverhältnis
111,11
111,11
Herrschaftsrechtlicher Anteil der Wandelaktien
21,74 %
21,74 %
Relativer Kursabstand zwischen Wandlungspreis und Bilanzkurs
+11,11 % (≙ 10 € : 9 €)
+11,11 % (≙ 8 € : 7,20 €)
Die Funktionsweise dieser Verwässerungsschutzmodalität ist, dass die Schuldverschreibungsobligationäre weiterhin bis zum Zeitpunkt der Wandlung eine Verzinsung auf den ursprünglichen Nennwert einer Teilwandelschuldverschreibung i. H. v. 1.000 € erhalten, wenngleich der eigentliche Nennwert der Wandelobligation mittlerweile bei 800 € liegt. Der Grund hierfür ist, dass der Herabsetzungsbetrag – anders als bei einer Kapitalherabsetzung – bis zur Ausübung des Wandlungsrechts einbehalten wird. Jedoch muss die Emittentin Rückstellungen in Höhe der Herabsetzungsbeträge bilden. Durch die Rückstellungen werden zum einen die Gläubigerinteressen der Schuldverschreibungsobligationäre angemessen berücksichtigt. Zum anderen sind aber auch die Wandelobligationäre vollkommen geschützt, denn nur durch diese Verwässerungsschutzmodalität kann erreicht werden, dass nur der Wandlungspreis angepasst wird, ohne dabei gleichzeitig das Wandlungsverhältnis zu verzerren. Die Wandelobligationäre könnten damit weiterhin immer nur 111,11 Wandelaktien je Wandelobligation beziehen, wobei trotz der Vermögensausschüttung gleichzeitig der innere Wert des Wandlungsrechts unverändert bleibt. Warum dies einen vollkommenen Verwässerungsschutz darstellt, lässt sich noch an folgendem Vergleich aufzeigen. Hätte ein Aktionär theoretisch
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 305
vor der Ausschüttung 111,11 Aktien gehalten, so hätte er eine Auszahlung i. H. v. 222,22 € von der Gesellschaft bekommen, da für jede Aktie eine Ausschüttung i. H. v. 2 € ausbezahlt wurde. Auf den Wandelobligationär übertragen bedeutet dies, dass ihm aufgrund der Ausschüttung theoretisch für seine 111,11 Wandelaktien eben diese Summe entgangen ist und er um eben diesen Wert „betrogen“ wurde. Sollte der Wandelobligationär jedoch später sein Recht ausüben, so wird ihm nachträglich ein vermögensrechtlicher Vorteil in derselben Höhe zufließen. Zum einen wird der Nennwert einer Teilwandelschuldverschreibung i. H. v. 200 € reduziert und dieser Betrag an den Schuldverschreibungsobligationär ausbezahlt. Zum anderen erhält der Wandelobligationär zusätzlich die Rückstellung aus dem vernichteten Spekulationsgewinn i. H. v. 22,22 €. Auch die Wandelschuldverschreibungsinhaber erlangen somit bei Bedingungseintritt jeweils einen vermögensrechtlichen Vorteil i. H. v. 222,22 €. Durch diese Verwässerungsschutzmodalität kann folglich eine vollkommene Angleichung aller wertbestimmenden Faktoren gewährleistet werden. Sowohl herrschaftsrechtlich als auch vermögensrechtlich ist der Verwässerungsschutz vollkommen. Zur Veranschaulichung der Ausgereiftheit soll die Funktionsweise des Verwässerungsschutzes für eine Wandel- und Optionsanleihe aus dem Beispiel 32 dienen, wobei das Wandlungsrecht jeweils am Geld ist: • Beispiel 33: Funktionsweise des vollkommenen Verwässerungsschutzes bei Ausschüttungen Wandelanleihe: Sollten der Wandlungspreis und der Bilanzkurs am Ende der Laufzeit gleichauf bei 7,20 € liegen, dann könnte der Wandelobligationär die Wandelanleihe mit dem Nennwert von 800 € in genau 111,11 Aktien tauschen, die ebenfalls 800 € (= 111,11 × 7,20 €) wert wären. Zusätzlich würde der Wandelobligationär 222,22 € aus den Rückstellungen erhalten. 200 € stammen aus Herabsetzung der Teilwandelanleihe und 22,22 € aus der Rückstellung des vernichteten Spekulationsgewinns. Der Obligationär hätte damit schlussendlich einen Vermögenswert i. H. v. 1.022,22 €. Da er aber ursprünglich für eine Teilwandelanleihe nur 1.000 € bezahlt hat, würde er einen Gewinn i. H. v. 22,22 € verzeichnen. Für den Wandelobligationär bewirkt die Rückstellung aus dem früheren Spekulationsgewinn einen zusätzlichen Vorteil. Da die Wandelschuldverschreibung am Geld ist, sollten die Vermögenswerte des Obligationärs eigentlich genau 1.000 € betragen. Die zusätzliche Rückstellung i. H. v. 22,22 € verursacht aber eine Pufferwirkung, so dass das Wandlungsrecht im vorliegenden Beispiel effektiv erst bei einem Bilanzkurs von genau 7,00 € am Geld. Diese Pufferwirkung stellt jedoch keine Bevorzugung dar. Bei genauer Betrachtung werden nur die Bedingungen ideal angepasst. Aufgrund der Vermögensausschüttung wurde die gesamte Vermögensmasse, an welcher der Obligationär par-
306
F. Schutz der Wandelobligationäre
tizipieren kann, verkleinert. Aus diesem Grund wird seine erforderliche Einlageleistung reduziert, damit er an dieser geschrumpften Vermögensmasse zu unveränderten Relationen partizipieren kann. Rückblickend betrachtet wird der Obligationär zumindest vermögensrechtlich hinsichtlich der Ausschüttung einem Aktionär gleichgestellt. So hat ein Aktionär i. R. d. Ausschüttung für jede Aktie einen Ausschüttungsbetrag i. H. v. 2 € erhalten. Hätte ein Aktionär theoretisch 111,11 Aktien gehalten, so müsste ihm ein Ausschüttungsbetrag von genau 222,22 € ausgezahlt werden. Mit Eintritt der Bedingung erhält ein Obligationär letztendlich denselben vermögensrechtlichen Vorteil i. H. v. 222,22 €. Der Verwässerungsschutz wäre vollkommen, denn ohne die durchgeführte außerordentliche Vermögensausschüttung hätten die Wandelaktien ebenfalls einen Wert von 1022,22 € gehabt. Denkt man sich die Ausschüttung weg, dann hätte der Bilanzkurs am Ende der Laufzeit 9,20 € betragen. Die Wandelaktien hätten einen Wert von 1022,22 € (= 111,11 × 9,20 €) gehabt. Optionsanleihe: Bei der Optionsanleihe sind die Umstände anders. Sollten die Bezugsrechte bereits von der Schuldverschreibung abgetrennt worden sein, so gilt es zu beachten, dass ein Teilschuldverschreibungsgläubiger am Ende der Laufzeit, also auch bei einer Ausübung der Bezugsrechte, den Auszahlungsbetrag i. H. v. 1.000 € wieder zurückgezahlt bekommt. Übt der Bezugsrechtsinhaber sein Recht aus, so tritt die Bedingung ein und es steht mit Gewissheit fest, dass die Obligationäre durch die Ausschüttung tatsächlich benachteiligt wurden, da sie nur an einer geringeren Vermögensmasse partizipieren können. Durch die Nennwertherabsetzung der Optionsanleihe und die Reduzierung des Wandlungspreises auf 7,20 € muss der Bezugsrechtsinhaber als Konsequenz nur noch 800 € (anstatt der ursprünglichen 1.000 €) als Einlage leisten, um 111,11 Aktien beziehen zu können. Zusätzlich bekommt er die Rücklage i. H. v. 22,22 € ausgezahlt. Auch für den Bezugsrechtsobligationär wäre das Wandlungsrecht daher effektiv erst bei einem Aktienkurs von 7,00 € am Geld. Die Rückstellungen aus der Nennwertherabsetzung der Wandelschuldschreibung i. H. v. 200 € müssten nach der Wandlung dem Schuldverschreibungsobligationär ausgezahlt werden. Wenn man in diesem Zusammenhang beachtet, dass die Bezugsrechtsinhaber nur noch 800 € als Einlagen leisten müssen, sind die Rückzahlungsbeträge an die Schuldverschreibungsinhaber (1.000 €) wieder vollständig abgedeckt. Durch die Rückstellungen werden die erhöhten Risiken der Schuldverschreibungsinhaber daher angemessen berücksichtigt. Auch bei den Optionsanleihen wäre der Verwässerungsschutz vollkommen. Der Bezugsrechtsinhaber erlangt nach der Ausübung des Bezugsrechts einen Vermögensvorteil in Höhe von 22,22 €, die ihm infolge der Ausschüttung entgangen ist. Die Einlageleistung wird aufgrund Herabsetzung des Nennwertes um 200 € reduziert. Letztlich würde auch dies zusammen einem entsprechenden Vorteil i. H. v. 222,22 € entsprechen.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 307
d) Zusammenfassung Auch bei einer Dividendenzahlung oder sonstigen Gewinnausschüttung ist ein vollkommener Verwässerungsschutz möglich. Eine ideale Anpassung kann letztlich bloß dadurch bewerkstelligt werden, dass sich nur der Wandlungspreis reduziert, das Wandlungsverhältnis hingegen unberührt bleibt. Da Nennwert, Wandlungsverhältnis und Wandlungspreis miteinander korrelieren, kann dies nur durch einen mehrstufigen Verwässerungsschutz erfolgen. Zuerst ist eine formelmäßige Anpassung des Wandlungspreises (-verhältnisses) durchzuführen: Pn = Pa ´ Bk - A Bk
Pn = Pa = Vn = Va = Bk = A =
oder
Vn = Va ´
Bk Bk - A
angepasster Wandlungspreis ursprünglicher Wandlungspreis angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis Bilanzkurs einer Aktie Ausschüttungsbetrag je Aktie
Mit Hilfe dieser Formel wird zunächst ein vermögensrechtlicher Ausgleich realisiert. Durch das Abhängigkeitsverhältnis von Wandlungspreis und Wandlungsverhältnis wird als Folge jedoch gleichzeitig das Wandlungsverhältnis verschoben. Um dies zu verhindern, müsste der Nennwert der Wandelobligation entsprechend der folgenden Formel reduziert werden: Nwn = Nwa ´ Bk - A Bk
Nwn = Nwa = Bk = A =
angepasster Nennwert der Teil- / Wandelschuldverschreibung ursprünglicher Nennwert der Teil- / Wandelschuldverschreibung Bilanzkurs einer Aktie Ausschüttungsbetrag je Aktie
Die Herabsetzungsbeträge dürfen den Obligationären erst nach der Ausübung der Wandlungsrechte ausbezahlt werden. Die Gesellschaft muss mit der Ausschüttung eine Rückstellung in Höhe des potentiellen Herabsetzungsbetrags bilden, damit bei Ausübung des Wandlungsrechts diese Beträge sichergestellt sind. Hierdurch kann ein natürliches Gleichgewicht zwischen den Interessen der Aktionäre und der Obligationäre hergestellt werden, da die Ausschüttungen und die Rückstellungen gleichermaßen aus den Gewinnrücklagen erbracht werden müssen. Schließlich muss im Falle eines werthaltigen Wandlungsrechts eine weitere Sonderrückstellung gebildet werden, die den Wandelobligationären mit der Wandlung ausbezahlt wird. Die Herabsetzung des Nennwertes hätte sonst eine rückwirkende Vernichtung des bisherigen Spekulationsgewinns
308
F. Schutz der Wandelobligationäre
aus dem Herabsetzungsbetrag zur Folge. Die Sonderrückstellung entspricht dem inneren Wert des Herabsetzungsbetrags zum unmittelbaren Zeitpunkt nach der Ausschüttung. R = (Vn – Va )´(Bk n – Pn )
R = Pn = Vn = Va = Bkn =
Rückstellungsbetrag angepasster Wandlungspreis angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis Bilanzkurs nach Ausschüttung
Auch diese Rückstellungen sind den Wandelobligationären erst im Falle der Wandlung auszuzahlen. Sollte das Wandlungsrecht mit Ablauf der Wandlungsfrist geringfügig aus dem Geld sein, verursachen diese Sonderrückstellungsbeträge eine Pufferwirkung zugunsten Wandelobligationäre. e) Empirische Auswertung aa) Große Aktiengesellschaften In den hier untersuchten Wandelbedingungen bestimmen fast alle großen Aktiengesellschaften, dass bei Vermögensausschüttungen jeglicher Art die übliche formelmäßige Anpassung des Wandlungspreises oder Wandlungsverhältnisses, wie sie oben auf den Seiten 296 ff. aufgezeigt wurde, Anwendung findet.607 Die Effektivität dieses Verwässerungsschutzes ist nicht vollkommen und unterliegt einigen Bedenken. Sie bewirkt einen vermögensrechtlichen Ausgleich durch Erhöhung der Wandlungsaktien. Folge dieser Ausgleichsklauseln kann weiterhin sein, dass nicht genügend Sicherungskapital für die erhöhte Anzahl von Wandlungsaktien vorhanden ist, um alle Wandelobligationäre zu bedienen. Daher regulieren diese Gesellschaften überwiegend, dass für den Fall eines nicht ausreichenden Sicherungskapitals ein Ausgleich durch Zahlungen zu erfolgen hat, die dem durchschnittlichen Wert der nicht bedienbaren Wandlungsaktien entsprechen.608 Je nach Entwicklung des Aktienkurses, der Höhe des Sicherungs607 TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/2016), § 11, Abs. 4; Solon AG Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, d; Südzucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wandelanleihe 2009/2016), § 10, Abs. 4; Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, e und § 10, o (aufgrund der Definition „ungewöhnlich hohe Bardividende“ keine full dividend protection). 608 TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/2016), § 11, Abs. 10, § 9, Abs. 1; Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, m, § 8, c, ii; Solon AG Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wan-
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 309
kapitals und der Ausübung der Wandlungsrechte kann die Effektivität des Verwässerungsschutzes daher unterschiedlich ausfallen.609 Im Übrigen ist auf oben beschriebene Risiken und Bedenken dieser Verwässerungsschutzmodalität zu verweisen.610 Festzustellen ist aber auch, dass die meisten der hier ausgewerteten Wandelbedingungen einen uneingeschränkten Verwässerungsschutz regulieren (full dividend protection), da sie die letzten Dividendenzahlung nicht als Referenzwert heranziehen.611 Folglich greift der Verwässerungsschutz nicht erst dann ein, wenn ein bestimmter Schwellenwert der letzten Durchschnittsausschüttungen überschritten wird. Eine Anpassung erfolgt vielmehr bei jeder Vermögensausschüttung gleich in welcher Höhe. Lediglich eine größere Aktiengesellschaft reguliert keinen Verwässerungsschutz für Ausschüttungen an die Aktionäre.612 In diesem Fall wären die Obligationäre also überhaupt nicht geschützt. bb) Kleine Aktiengesellschaften Kleine Aktiengesellschaften sehen dagegen i. d. R. keinen Verwässerungsschutz im Falle einer Ausschüttung vor.613 Vereinzelt wird dieses Regelungsdefizit über eine Generalklausel abgefangen.614 Lediglich eine Geselldelanleihe 2007/2012), § 10, l, § 8, c, ii; Südzucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wandelanleihe 2009/2016), § 10, Abs. 14, § 8, Abs. 6. 609 Sollten die Obligationäre etwa genau nach der Ausschüttung ihre Rechte ausüben und die zusätzlichen Wandelaktien nicht abgesichert sein, dann würden die Ausgleichszahlungen genau dem Verwässerungswert i. H. v. 222,22 € entsprechen. Sollte dagegen die Ausübung zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen und sich der Aktienkurs bewegt haben, kann die Ausgleichszahlung erheblich steigen oder fallen. Steigt der Aktienkurs so steigen die Ausgleichszahlungen und umgekehrt. 610 Vgl. hierzu die Ausführungen unter dem Punkt: Ableitung eines vollkommenen Verwässerungsschutzes bei Ausschüttungen auf S. 296 ff. 611 A. a. O. (vgl. Fußnote 607); vgl. hierzu Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 157; Schlitt/Hemeling, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 10, Rn. 66; Schlitt/Kammelohr, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 11, Rn. 33 f. (Ausführungen beziehen sich auf Umtauschanleihen); vgl. hierzu im Übrigen die Ausführungen oben auf S. 292 f. 612 Arques Industries AG Wandelschuldverschreibung (9,0 % Wandelanleihe 2010/ 2012), Zif. 8. 613 Klassik Radio AG Wandelschuldverschreibung (6,5 % Wandelanleihe 2007/ 2010), Zif. 10; S.A.G. Solarstrom AG Wandelschuldverschreibung (6,85 % Wandelanleihe 2007/2010), § 5; Pixelpark AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2008/2012), § 5. 614 Klassik Radio AG Wandelschuldverschreibung (6,5 % Wandelanleihe 2007/2010), Zif. 10.4.
310
F. Schutz der Wandelobligationäre
schaft schließt einen Verwässerungsschutz für Ausschüttungen jeglicher Art umfassend und eindeutig aus.615 9. Wertpapiere mit Bezugsrechten Eine weitere Maßnahme, die sich auf den Wert der Wandlungsrechte auswirken kann, ist die Emission von nackten Bezugsrechten oder Wertpapieren, die ein zusätzliches Wandlungsrecht einräumen. Alle diese Wertpapiere haben die Gemeinsamkeit, dass sie ein zukünftiges Bezugsrecht auf Aktien verbriefen. Nackte Optionsscheine (naked warrants) verbriefen kein zusätzliches, sondern ein alleiniges Recht zum Bezug auf junge Aktien.616 Zu unterscheiden sind die nackten Optionsscheine von den gedeckten (covered warrants). Letztere können von einem beliebigen Marktteilnehmer ausgegeben werden und verbriefen im Gegensatz zu den nackten Optionsscheinen ein Bezugsrecht auf bereits bestehende Aktien.617 Die gedeckten Optionsscheine stellen heutzutage eine der klassischen Formen des Finanztermingeschäftshandels dar. Sie können von beliebigen Dritten ausgegeben werden, da die Aktiengesellschaft keine jungen Aktien ausgeben muss und deshalb weder Verwässerungen bei den Aktionären noch bei den Wandelgläubigern verursacht werden. Die gedeckten Optionsscheine sind daher nicht Gegenstand dieser Untersuchung, weil sie keine Veränderungen in der Gesellschaftsstruktur in Form von Verwässerungseffekten hervorrufen. Durch die Ausübung von nackten Optionsscheinen hat der Inhaber dagegen das Recht zu einem vorher festgelegten Wandlungspreis junge Aktien zu beziehen. Folge ist, dass sich sowohl die mitgliedschaftliche als auch die 615 EPG AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2006/2011), § 8, Abs. 3. 616 Dieser Begriff wird nicht immer einheitlich verwendet. Im angelsächsischen Raum stellt er einen Gegenbegriff zu den so genannten „covered warrants“ dar, worunter eine Optionsausgabe durch einen Stillhalter verstanden wird, der den in der Option versprochenen Gegenstand bereits besitzt. Dagegen muss sich der Stillhalter bei dem „naked warrant“ nach dem Verständnis im angelsächsischen Gebiet erst bei der Optionsausübung mit den Optionsgegenständen eindecken. In der deutschen aktienrechtlichen Literatur wird unter „naked warrants“ aber überwiegend ein isoliert eingeräumtes Bezugsrecht auf junge (!) Aktien verstanden (vgl. Haberstock/ Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 46; Fuchs, AG 1995, S. 433, 433, Fn. 4; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 24, 36). Schlitt/Hemeling, in: Habersack/ Mülbert/Schlitt, § 10, Rn. 10 f.; Im Folgenden wird die deutsche aktienrechtliche Terminologie verwendet. 617 Fuchs, AG 1995, S. 433, 433 (Fn. 2); Schlitt/Hemeling, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 10, Rn. 10 f. Drygala, ZHR 159 (1995), S. 686, 688 ff. (zur Entstehung dieser Finanzinstrumente).
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 311
vermögensrechtliche Gesellschaftsstruktur verändern kann. Dadurch können wiederum Verwässerungseffekte auftreten. Zur Sicherung dieser Bezugsrechte dient i. d. R. ein bedingtes Kapital. Ob eine Emission von nackten Optionsrechten (mit Ausnahme der Mitarbeiteraktienoptionen) nach dem Aktiengesetz überhaupt möglich ist, stellt ein in der Wissenschaft stark umstrittenes Thema dar und ist bis heute noch nicht höchstrichterlich geklärt.618 Auf eine Wiedergabe dieser Thematik wird hier verzichtet, da nackte Optionsrechte aufgrund der wohl überwiegenden und vorzuziehenden ablehnenden Ansicht in Literatur und Rechtsprechung in der Praxis kaum noch emittiert werden. Ganz überwiegend werden Wandlungsrechte nur als Teilkomponente, v. a. in Verbindung mit einer Schuldverschreibung, emittiert. Die Zulässigkeit dieser Wertpapierarten ist hingegen allgemein anerkannt und gesetzlich ableitbar. So können Optionsrechte, die lediglich ein Bezugsrecht auf junge Aktien des Emittenten verbriefen, in Kombination mit einer Anleihe (Wandelschuldverschreibung), einem Genussschein (Wandelgenussschein),619 einer Gewinnschuldverschreibung (Wandelgewinnschuldverschreibung)620 oder etwa einer Aktie (Aktien mit Optionsrechten bzw. Huckepack618 Gegen eine Zulässigkeit: OLG Stuttgart ZIP 2002, S. 1807, 1808 f; LG Stuttgart AG 1998, S. 41, 43; LG Braunschweig NZG 1998, S. 387, 388; KölnKomm/ Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 185; ders., ZIP 1997, S. 1, 7; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 75; Martens, AG 1989, S. 69, 69 ff.; Frey, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 192, Rn. 65 ff.; Hirte, WM 1993, S. 2067, 2068; Busch, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 41, Rn. 8. Für eine Zulässigkeit: Steiner, WM 1990, S. 1776, 1777; Fuchs, AG 1995, S. 433, 433 ff.; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 36 ff. (m. w. N.); Paefgen, AG 1999, S. 67, 70 f.; Wohlfahrt/Brause, WM 1997, S. 397, 398; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 46; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 192, Rn. 30 f.; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 40; v. Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 192, Rn. 28; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 57, Rn. 4; § 63, Rn. 24; Marsch-Barner, in: HK, AktG, § 192, Rn. 11; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 17; Casper, Optionsvertrag, § 12, S. 378. 619 Zulässigkeit allgemein anerkannt, vgl. hierzu jeweils mit weiteren Nachweisen: OLG Stuttgart ZIP 2002, S. 1807, 1808; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 187, § 192, Rn. 5; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 40, 117; MüKo/Fuchs, AktG, Bd. 4, § 194, Rn. 47; Marsch-Barner, in: HK, AktG, § 192, Rn. 8; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 67, Rn. 4; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 38; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 192, Rn. 29; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 100. 620 Zulässigkeit allgemein anerkannt, aber kaum angewendet, vgl. hierzu jeweils mit weiteren Nachweisen KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 187, § 192, Rn. 5; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 59; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 9; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 192, Rn. 29; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 19; Marsch-Barner, in: HK, AktG, § 192, Rn. 7; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 8.
312
F. Schutz der Wandelobligationäre
Emissionen)621 ausgegeben werden. Dabei ist es teilweise möglich die Wandlung ähnlich der Wandelanleihe als Umtausch auszugestalten oder als zusätzliches Bezugsrecht ähnlich der Optionsanleihe. Im Folgenden werden diese Arten von Effekten unter dem Oberbegriff Wandelwertpapiere zusammengefasst, da allen diesen Wertpapieren die Wandlungskomponente gemeinsam ist. Die künftigen Ausführungen beziehen sich daher auf alle Situationen, bei denen nach der Emission einer Wandelschuldverschreibung eine weitere Emission eines Wandelwertpapiers erfolgt. Da alle Wandelwertpapiere bei einer Ausübung der Wandlungsrechte zu einer Veränderung der vermögensrechtlichen als auch der mitgliedschaftlichen Gesellschaftsstruktur führen, ist es möglich, dass die Emission dieser Wertpapiere ebenfalls Verwässerungen hervorrufen, welche die alten Wandelobligationäre benachteiligen können. Bei einer Ausgabe neuer Wandelwertpapiere ist der allgemeine Rechtsgedanke des Verwässerungsschutzes daher ebenso anwendbar.622 Um zu verstehen, wie der bestmögliche Verwässerungsschutz i. R. e. Wandelwertpapieremission ausgestaltet sein sollte, muss eine differenzierende Betrachtung zwischen der Wandlungsrechts- und der Schuldverschreibungskomponente angestellt werden. Es wird daher zunächst aufgezeigt werden, dass für die Wandlungskomponente eines Wandelwertpapiers keine zusätzliche Anpassung der Wandelbedingungen erforderlich ist, da bereits von Gesetzes wegen ein ausreichender Verwässerungsschutz sichergestellt ist. Lediglich im Falle einer Unter-Pari-Emission ist ein zusätzlicher Verwässerungsschutz angebracht, der jedoch rein vermögensrechtlich ausgestaltet sein sollte.
621 Umstritten, wobei die überwiegende Literaturansicht für eine Zulässigkeit ist, vgl. hierzu jeweils mit weiteren Nachweisen: Martens, AG 1989, S. 69, 69 ff.; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 39; Fuchs, AG 1995, S. 433, 437; Frey, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 192, Rn. 81; Marsch-Barner, in: HK, AktG, § 192, Rn. 10; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 18; v. Dryander/Niggemann, in: Hölters, AktG, § 192, Rn. 29; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 192, Rn. 32; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63, Rn. 24; Casper, Optionsvertrag, § 12, S. 369 f.; a. A. KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 192, Rn. 9, § 221, Rn. 186; Hüffer, AktG, § 192, Rn. 9, § 221, Rn. 76. 622 Prosser, S. 97 f. Kallrath, S. 169; Schlitt/Kammelohr, in: Habersack/Mülbert/ Schlitt, § 11, Rn. 31 ff. (zu Umtauschanleihen); Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 159; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 312; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 57, Rn. 37, § 63, Rn. 23; im Übrigen a. a. O. (vgl. Fußnote 312).
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 313
a) Kein zusätzlicher Verwässerungsschutz für die Wandlungskomponente Vorweggenommen seien an dieser Stelle einige theoretische Ausführungen zu den verwässernden Auswirkungen der Wandlungskomponente. Die Verwässerung kann sehr unterschiedlich ausfallen und nicht im Voraus bestimmt werden. Die Ursache hierfür ist, dass die Ausübung der Wandlungsrechte ungewiss ist, denn diese verpflichten nicht den Inhaber, sondern berechtigen ihn nur zu einer Wandlung. Nur im Falle einer Wandlung treten vermögensrechtliche als auch mitgliedschaftliche Veränderungen ein. Der Wandelgläubiger wird sicher nur dann von diesem Recht Gebrauch machen, wenn es sich werthaltig entwickelt hat. Soweit die Wandlungsrechte dann ausgeübt werden, bewirken sie punktuell betrachtet dieselben Verwässerungen wie eine effektive Kapitalerhöhung. Die emittierende Gesellschaft muss junge Aktien an die Wandelobligationäre zu einem Emissionskurs ausgeben, der gewöhnlich unter dem aktuellen Börsenkurs liegt. Dadurch ändert sich sowohl die Vermögens- als auch die Gesellschafterstruktur der Emittentin in derselben Art und Weise wie bei einer effektiven Kapitalerhöhung.623 Diffizil wird es aber, wenn man berücksichtigt, dass je nach Ausgestaltung der Wandlungskomponente der Bezug der jungen Aktien zu unterschiedlichen Konditionen und in differenzierter Anzahl erfolgen kann. Darf das Wandlungsrecht etwa über einen mehrjährigen Zeitraum ausgeübt werden, so können die Wandelobligationäre ihre Wandlungsrechte täglich zu unterschiedlichen Bedingungen ausüben. Je nach Stand des Aktienkurses und der Anzahl der ausgeübten Wandlungsrechte würde die Verwässerung an jedem Börsentag unterschiedlich ausfallen. Nichtsdestotrotz erfolgt die Verwässerung aber in derselben Art und Weise wie bei einer effektiven Kapitalerhöhung – nur mit dem Unterschied – dass jede einzelne Wandlung wie eine separate Kapitalerhöhung behandelt werden müsste. aa) Übertragung des Verwässerungsschutzes der effektiven Kapitalerhöhung? Eine Übertragung des Verwässerungsschutzes einer effektiven Kapitalerhöhung ist nicht praktikabel.624 Die Folge wäre, dass die Emittentengesell623 Vgl. zur Auswirkung der Verwässerung die Ausführungen unter dem Punkt: Die Verwässerung bei der effektiven Kapitalerhöhung auf S. 172 ff., welche hier weitgehend übertragen werden können. Der Emissionskurs der jungen Aktien würde in diesem Fall dem Wandlungspreis entsprechen. 624 Zu der Effektivität und der Funktionsweise der verschiedenen Verwässerungsschutzmodalitäten i. R. e. effektiven Kapitalerhöhung vgl. die Ausführungen unter
314
F. Schutz der Wandelobligationäre
schaft an jedem Tag, an dem Bezugsrechte aus den Wandelwertpapieren ausgeübt werden, die Wandelbedingungen der zuvor ausgegebenen Wandelschuldverschreibungen anpassen müsste. Die Gesellschaft müsste die Veränderung der Wandelbedingungen dann auch stets gegenüber den Wandelobligationären bekannt machen. Im Extremfall kann dies zu täglichen Unterrichtungen führen. Will man hier noch einen Schritt weiter gehen und einen vollkommenen Verwässerungsschutz etablieren, müsste man den Wandelschuldverschreibungsinhabern an jedem Ausübungstag die Möglichkeit einer Aufstockung ermöglichen. Ferner gilt es eine weitere Besonderheit zu beachten. Wandlungsrechte haben i. d. R. eine gewöhnliche Laufzeit von 5–15 Jahren. Sollten die Wandelwertpapiere erst zu einem Zeitpunkt ausgeübt werden, an dem die zuvor ausgegebenen Wandelschuldverschreibungen bereits abgelaufen oder ausgeübt sind, würde der Verwässerungsschutz leer laufen. Von einer Praktikabilität kann daher keine Rede sein. Eine Übertragung des sukzessiven Verwässerungsschutzes einer effektiven Kapitalerhöhung würde daher weder den Interessen der Wandelobligationäre noch denen des Kapitalmarktes hinreichend gerecht werden.625 Ein antizipierter vollkommener Verwässerungsschutz unmittelbar nach der Emission der Wandelwertpapiere, der alle vermögens- und herrschaftsrechtlichen Folgeverwässerungen der zuvor emittierten Wandlungsrechte berücksichtigt, ist dagegen unmöglich. Dies ist deshalb so, weil bei Wandlungsrechten nicht von Beginn an vorhergesehen oder berechnet werden kann, zu welchem Zeitpunkt, zu welchen Konditionen und in welcher Anzahl die Wandlungsrechte ausgeübt werden. Auch eine vorweggenommene Anpassung etwa in Form von Durchschnittswerten, Pauschalisierungen oder Schätzungen kann wegen der Ungewissheit der Ausübung daher keinen alternativen Lösungsweg darstellen. bb) Kein Verwässerungsschutz für die Wandlungsrechtskomponente Wie im Folgenden aufgezeigt wird, ist ein vertraglicher Verwässerungsschutz für die Ausgabe von zusätzlichen Wandlungsrechten nicht einmal notwendig, da bereits von Gesetzes wegen eine Schutzfunktion gewährleistet ist. Die Frage, die man sich bei einer nachträglichen Emission von Wandelwertpapieren stellen muss, ist nicht, ob bei der Ausübung oder der dem Punkt: Wirksamkeit und Effektivität einzelner Verwässerungsschutzvarianten auf S. 178 ff. 625 A. A. offensichtlich MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 312, der den Verwässerungsschutz einer Kapitalerhöhung entsprechend anwenden möchte; Kallrath, 169 f. (dieser will den administrativen Aufwand durch eine jährliche Anpassung vermindern).
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 315
Ausgabe von Wandlungsrechten eine Verwässerung eintritt, sondern ob es gerechtfertigt ist für diese „zweitemittierten“ Wandlungsrechte einen zwingenden zusätzlichen Verwässerungsschutz zuzugestehen. Klarzustellen ist an dieser Stelle nochmals, dass hierbei eine differenzierende Betrachtung zwischen der Schuldverschreibungs- und Wandlungsrechtskomponente angestellt werden muss, wobei sich die folgenden Ausführungen nur auf die verwässernden Auswirkungen der Wandlungskomponente beziehen. Jedem Wandlungsrecht wohnt ein Spekulationscharakter inne, der von der zukünftigen Entwicklung des Aktienkurses abhängig ist. So können die Wandlungsrechte z. B. überhaupt nicht oder an verschiedenen Tagen zu jeweils unterschiedlichen Bedingungen ausgeübt werden. Bei einer negativen Entwicklung würden mangels Ausübung überhaupt keine Veränderungen eintreten, wohingegen bei einer positiven Entwicklung die Verwässerung täglich von unterschiedlichem Ausmaß sein kann. Aus der Sicht eines Wandelobligationärs bedeutet dies, dass das Wandlungsrecht wertlos verfällt oder dass es sich theoretisch unbegrenzt werthaltig entwickeln kann. Für diesen spekulativen Charakter, der eine unbegrenzte Wertentwicklung in Aussicht stellt, zahlen die Wandelobligationäre aber ein Entgelt, welches teilweise auch als Wandlungsprämie bezeichnet wird.626 Diese Wandlungsprämie stellt gewissermaßen bereits eine Gegenleistung für das spekulative Bezugsrecht dar. Sie ist ein antizipierter vermögensrechtlicher Ausgleich für die potentiellen künftigen vermögens- und herrschaftsrechtlichen Verwässerungen, die durch die Ausübung dieser Rechte entstehen können. Diese Wandlungsprämie muss die Emittentin gem. § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB in die Kapitalrücklagen einstellen. Hierdurch wird sichergestellt, dass dieses zusätzliche Vermögen dauerhaft in der Gesellschaft verbleibt, einer Kapitalbindung unterliegt und der gesamten Gesellschaft zugutekommt.627 Die Wandelobligationäre erkaufen sich gewissermaßen durch die Risikoprämie die spekulativen Bezugsrechte, so dass dieses Entgelt bei genauer Betrach626 Das Entgelt kann durch verschiedene vermögenswerte Vorteile in Erscheinung treten. So kann die Emittentin etwa bei Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung einen vermögenswerten Vorteil in Form eines – im Vergleich zum üblichen Kapitalmarktzins – niedrigen Zinssatzes erlangen. Eine weitere Form des Entgelts kann durch ein Agio der emittierten Anleihe-Emission realisiert werden; vgl. hierzu ausführlicher: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 191 f.; MüKo/ Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 327 ff.; Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 272, Rn. 7; Reiner, in: MüKo, HGB, § 272, Rn. 46 ff.; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 74; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 113 ff. 627 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 191 f.; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 327 ff.; Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 272, Rn. 7; Reiner, in: MüKo, HGB, § 272, Rn. 46 ff.; Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 74; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 113 ff.
316
F. Schutz der Wandelobligationäre
tung bereits eine pauschalisierte und antizipierte Form des Verwässerungsschutzes ist. Ist das Wandlungsrecht etwa am Ende wertlos, so hat der Wandlungsrechtsinhaber dieses Entgelt verloren. Wird es dagegen ausgeübt, so mildert die Wandlungsprämie die Verwässerungen ab. Diese Risikoprämie verbleibt damit auf jeden Fall in der Gesellschaft unabhängig davon, ob das Wandlungsrecht wertlos verfällt oder ob es später werthaltig ausgeübt wird. Zwar kann es sein, dass die vermögensrechtlichen Verwässerungen höher ausfallen als der Wert der Wandlungsprämie, dieses Risiko ist dem spekulativen Charakter des Wandlungsrechts jedoch immanent und ergibt sich aus der Natur der Sache. Im Gegenzug steht die Gesellschaft dafür besser da, wenn das Wandlungsrecht wertlos verfällt, da sie in diesem Fall vermögensrechtlich bevorzugt werden würde. Die Wandlungsprämie beinhaltet damit bereits einen Verwässerungsausgleich, falls durch die Ausübung der Wandlungsrechte junge Aktien zu einem Wandlungspreis, der unter dem Börsenkurs liegt, ausgegeben werden. Die Risikoprämie fängt somit die potentiellen künftigen Verwässerungen ab. Ein darüberhinausgehender Verwässerungsschutz ist nach dem Sinn des § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB und der Natur der Wandlungsrechte aber nicht erforderlich. Der wesentliche Unterschied zu einer effektiven Kapitalerhöhung ist, dass bei dieser zunächst nur die Aktionäre durch das Bezugsrecht (§ 186 Abs. 1 AktG) unmittelbar vor Verwässerungen geschützt sind. Machen die Aktionäre von dem Bezugsrecht keinen Gebrauch, dann können sie es veräußern. Der Erlös aus dem Verkauf gleicht dann wiederum die vermögensrechtlichen Verwässerungen der Aktionäre aus. Die Vorzüge des Bezugsrechts aus einer effektiven Kapitalerhöhung kommen daher nur den Aktionären und nicht der Gesellschaft zugute. Durch die Ausgabe von jungen Aktien mit einen Disagio findet ein Vermögensabfluss statt, der den Aktionären in Form des Bezugsrechts zufließt. Bei der Emission von Wandlungsrechten findet dagegen unmittelbar bei der Gesellschaft ein Vermögenszufluss in Höhe der Wandlungsprämie statt. Die Wandlungsprämie erhöht dauerhaft das Vermögen der Gesellschaft und bewirkt antizipiert einen Ausgleich der potentiellen Verwässerung. Die Wandlungsprämie ist damit – anders als das Bezugsrecht aus einer Kapitalerhöhung – sowohl den Aktionären als auch allen bisherigen Wandelobligationären gleichermaßen dienlich, da es der Gesellschaft als Ganze zugutekommt.628 § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB vervollständigt diesen Schutz, indem er anordnet, dass die Wandlungsprämien in 628 A. A. Kerber, S. 40 f., dieser geht davon aus, dass die Wandelobligationäre in keiner Weise geschützt sind. Übersehen wird dabei aber offensichtlich, dass die Wandelobligationäre gleichermaßen an der Wandlungsprämie partizipieren wie die Aktionäre.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 317
die Kapitalrücklagen einzustellen sind und damit der festen Kapitalbindung unterliegen. Diese Norm kann daher ebenfalls als eine Ausprägung des gesetzlichen Verwässerungsschutzes interpretiert werden. Würde man den Wandelschuldverschreibungsinhabern nach der Ausübung von nachträglich begebenen Wandlungsrechten einen zusätzlichen Verwässerungsschutz einräumen, so würden sie keinerlei Risiko mehr tragen und dadurch gegenüber den Gesellschaftern bevorzugt werden. Entwickeln sich nämlich die zweitemittierten Wandelwertpapiere nicht positiv, so dass sie nicht ausgeübt werden, würden die Wandelschuldverschreibungsinhaber durch die in der Gesellschaft verbleibende Wandlungsprämie einen vermögensrechtlichen Vorteil erlangen. Werden die Wandelwertpapiere dagegen ausgeübt und spricht man den Wandelschuldverschreibungsinhabern einen weiteren vertraglichen Verwässerungsschutz zu, so würden die Wandelobligationäre einen doppelten Schutz erfahren. Zum einen partizipieren sie an der Wandlungsprämie, die bereits einen Ausgleich für das in Aussicht gestellte Wandlungsrecht und seine negativen Auswirkungen darstellt. Zum anderen würde durch eine zusätzliche vertragliche Anpassung der Wandelbedingungen das Risiko der Ausgabe von Bezugsrechten vollständig auf die Aktionäre abgewälzt werden. Dies ist nicht gerechtfertigt, denn die Wandelobligationäre würden im Vergleich zu den Aktionären überhaupt kein Risiko tragen, obgleich sie von der Ausgabe der Wandlungsrechte in identischer Weise profitieren. Eine Aktiengesellschaft begibt Wandelwertpapiere nämlich i. d. R. um ungünstige Emissionsbedingungen zu überbrücken.629 Durch die Wandlungskomponente kann die Emittentin die Wertpapiere lukrativer ausgestalten und die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Platzierung erhöhen. Im Extremfall – z. B. wenn die Konditionen einer reinen Industrieobligation für die Gesellschaft eine Überlastung darstellen würde – kann die Wandlungskomponente die einzige Möglichkeit sein, dass sich die Emittentin zu akzeptablen Kosten am Kapitalmarkt refinanzieren kann. Das Wandlungsrecht stellt den Investoren einen zusätzlichen Bonus in Aussicht, weswegen diese der Gesellschaft meist bessere Konditionen gewähren. Die Gesellschaft und damit einhergehend alle Aktionäre und Wandelschuldverschreibungsinhaber können von diesen optimierten Finanzierungsbedingungen gleichermaßen profitieren. Sie sollten daher auch das gleiche Risiko tragen, so dass ein zusätzlicher Verwässerungsschutz neben der Einstellung der Wandlungsprämie in die Kapitalrücklagen abzulehnen ist.
629 Vgl. hierzu näher die Ausführungen unter dem Punkt: Gründe für die Emission von Wandelschuldverschreibungen auf S. 33.
318
F. Schutz der Wandelobligationäre
b) Verwässerungsschutz für Schuldverschreibungskomponente Wie soeben aufgezeigt, ist bei einem Wandelwertpapier kein besonderer vertraglicher Verwässerungsschutz bei Ausübung der Wandlungsrechte erforderlich, da durch die Wandlungsprämie die potentiellen Verwässerungen bereits pauschal abgegolten sind. Dennoch kann bei der Emission von Wandelwertpapieren ein weiterer vertraglicher Verwässerungsschutz notwendig erscheinen. Soweit eine Gesellschaft ein Wandelwertpapier emittieren will, kann sie den Erfolg der Emission neben der Möglichkeit einer Kombination mit einem Wandlungsrecht weiter steigern, indem sie das Wandelwertpapier mit einem Disagio ausgibt. Der Emissionskurs des Wandelwertpapiers wird dabei i. H. d. Disagios unter dem erwarteten Wert des Wandelwertpapiers festgesetzt. Für die Bezugsberechtigten werden diese Wertpapiere dadurch lukrativer ausgestaltet, da sie einen schnellen und relativ sicheren Gewinn verzeichnen können. Für die Gesellschaft ist dies wiederum vorteilhaft, weil sich die Erfolgswahrscheinlichkeit der Emission steigert. Das Disagio bewirkt bei der Gesellschaft aber letztlich auch einen Vermögensabfluss, da sie Wandelwertpapiere zu einem niedrigeren als dem tatsächlichen Wert emittiert werden. Dieser Abschlag fließt in Form des Bezugsrechts gem. § 221 Abs. 4 AktG an die Aktionäre der Emittentin. Wenn die Aktionäre die Wertpapiere zeichnen, erwirtschaften sie einen schnellen Gewinn in Höhe des Disagios. Machen die Aktionäre von den Bezugsrechten auf die Wandelwertpapiere keinen Gebrauch, können sie diese verkaufen. Der Erlös aus einem Bezugsrecht wird i. d. R. wiederum in etwa dem Disagio entsprechen. In beiden Fällen hat die Unter-Pari-Emission eines Wandelwertpapiers dieselbe Wirkung wie eine Vermögensausschüttung. Die Gesellschaft verzichtet auf eine Kapitalsumme in Höhe des Disagios und schüttet es in Form von Bezugsrechten (§ 221 Abs. 4 AktG) an ihre Aktionäre aus. Da die Wandlungskomponente keinen zusätzlichen Verwässerungsschutz erforderlich macht und daher ausgeblendet werden kann, ist die Emission eines Wandelwertpapiers faktisch mit einer Vermögensausschüttung gleichzusetzen. Bei der Ausgabe eines Wandelwertpapiers unter Einräumung eines Bezugsrechts an die Aktionäre müsste den Wandelobligationären daher der gleiche Verwässerungsschutz wie bei einer sonstigen Vermögensausschüttung eingeräumt werden.630 Sollten demnach weitere Wandelwertpapiere, beispielsweise in Form von Wandelschuldverschreibungen, Wandelgenussscheinen oder Wandelgewinn630 So wohl auch: Schlitt/Kammelohr, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 11, Rn. 31 ff. (zu Umtauschanleihen); Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 159; allgemein zum Pricing von Wandelschuldverschreibungen Zwyssig, S. 127 ff.; vgl. zur Ausgestaltung des Verwässerungsschutzes bei einer Ausschüttung die Ausführungen unter dem Punkt: Dividenden und sonstige Ausschüttungen auf S. 290 ff.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 319
schuldverschreibungen, ausgegeben werden, so ist ein Verwässerungsschutz nur dann erforderlich, wenn diese Wertpapiere unter pari ausgegeben werden. Bloß in diesem Fall stellt das Bezugsrecht auf die Wandelwertpapiere einen vermögenswerten Vorteil dar. Problematisch ist aber die Wertbestimmung des Disagios und damit der Ausschüttung je Aktie. Es gibt keine bereits existierenden identischen Wertpapiere, an denen sich die Wertbestimmung anhand eines Referenzkurses orientieren kann. Jedes Wandelwertpapier unterliegt aufgrund unterschiedlicher Laufzeit sowie individuellen Wandlungspreis und -verhältnis anderen Wertbestimmungsfaktoren. Eine Wertbestimmung kann daher nur annähernd entweder durch anerkannte finanzmathematische Berechnungen erfolgen oder ex post mit Hilfe von Durchschnittswerten berechnet werden.631 Bei einer Emission von Aktien mit Optionsrechten632 als weitere Form des Wandelwertpapiers richtet sich der Verwässerungsschutz dagegen nur nach dem einer effektiven Kapitalerhöhung. Für die zusätzliche Optionskomponente ist dem Verwässerungsschutz bereits durch die Einstellung der Optionsprämie in die Kapitalrücklagen Genüge getan. c) Verwässerungsschutz bei Bezugsrechtsausschluss Sollte bei einer Emission von Wandelwertpapieren das Bezugsrecht der Aktionäre auf diese Finanzierungsinstrumente gem. § 221 Abs. 4 i. V. m. § 186 Abs. 3 AktG ausgeschlossen werden und werden diese Wandelwertpapiere mit einem Disagio emittiert, sind die verwässernden Auswirkungen für die Wandelschuldverschreibungsinhaber identisch mit denen bei einer Emission unter Einräumung eines Bezugsrecht an die Aktionäre. Eine andere Beurteilung bezüglich des Verwässerungsschutzes ergibt sich in dieser Konstellation grundsätzlich nicht. Auch in diesem Fall muss das Disagio verwässerungstechnisch wie eine Vermögensausschüttung behandelt werden.633 Der Schutz der Wandelobligationäre muss unabhängig davon eingreifen, ob die Aktionäre ein Bezugsrecht auf die Wertpapiere mit Wandlungsrecht 631 Vgl. hierzu die Ausführungen unter dem Punkt: Wertbestimmung der Wandelschuldverschreibungen auf S. 141 ff.; eine ähnliche Problematik besteht bei der Frage ob § 186 Abs. 3 S. 4 AktG auch im Anwendungsbereich des § 221 Abs. 4 AktG fruchtbar gemacht werden kann, vgl. hierzu den Punkt: Vereinfachter Bezugsrechtsausschluss (§ 186 Abs. 3 S. 4 AktG) auf S. 80 ff. 632 A. a. O. (vgl. Fußnote 621). 633 Die Erforderlichkeit des Verwässerungsschutzes richtet sich nach den gleichen Maßstäben wie bei einer Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss; vgl. hierzu die Ausführungen unter dem Punkt: Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss auf S. 220 ff. die weitgehend auf die Bezugsrechte aus § 221 Abs. 4 AktG übertragen werden können.
320
F. Schutz der Wandelobligationäre
erhalten. Die Benachteiligung der Aktionäre rechtfertigt es nicht, die Wandelschuldverschreibungsinhaber in gleicher Weise zu benachteiligen, da die Aktionäre selbst über den Bezugsrechtsausschluss entscheiden können, während die Obligationäre solche Mitspracherechte nicht haben und daher die Entscheidung der Aktionäre einfach hinnehmen müssten.634 So kann ein Bezugsrechtsausschluss gegenüber den Aktionären gerechtfertigt sein, wenn dadurch neue liquidere ausländische Finanzmärkte erschlossen werden sollen. Eine gleichzeitige Rechtfertigung zum Ausschluss des Verwässerungsschutzes der Wandelobligationäre lässt sich daraus aber nicht ableiten. Die Wandelobligationäre erleiden durch eine Emission von Wandelwertpapieren unter Bezugsrechtsausschluss der Aktionäre dieselben Benachteiligungen wie bei einer Emission mit Bezugsrecht. Denkbar sind aber auch Konstellationen, in denen eine Anpassung der Wandlungsbedingungen unangemessen erscheint. So etwa im Falle des § 221 Abs. 4 i. V. m. § 186 Abs. 3 S. 4 AktG, den erleichterten Bezugsrechtsausschluss, falls die künftigen Wandlungsrechte 10 % des Grundkapitals nicht übersteigen und der Ausgabebetrag der Wandelwertpapiere den prognostizierten Börsenkurs nicht wesentlich unterschreitet. In diesem Fall wäre die Verwässerung so geringfügig, dass die Notwendigkeit einer flexiblen Kapitalbeschaffung durch die Verwaltung ein anerkennenswertes Gesellschaftsinteresse darstellt und daher auch ein Ausschluss des Verwässerungsschutzes und einhergehend eine wirtschaftliche Gleichbehandlung mit den Aktionären aufgrund der geringfügigen Beeinträchtigung gerechtfertigt erscheint.635 Ferner kann es bei Mitarbeiterbeteiligungen i. R. v. Stock-OptionPlänen, für die gleichsam das Bezugsrecht der Aktionäre auf diese nackten Optionsscheine zwangsläufig gem. § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG ausgeschlossen ist, gerechtfertigt sein den Wandelobligationären keinen Verwässerungsschutz zu bewilligen. Dies gilt allerdings unter der Prämisse, dass die Stockoptionen als Teil der Entlohnung der Mitarbeiter zu qualifizieren sind, ein angemessenes Ausmaß haben, Anreize schaffen und dadurch schließlich synergetische und positive Effekte für die Gesellschaft zu erwarten sind. Eine weitere wichtige Ausnahme wäre im Fall von Sanierungssituationen denkbar. Soweit die Aktionäre im Rahmen einer Sanierung auf ihr Bezugsrecht aus § 221 Abs. 4 AktG verzichten, kann dies auch einen Ausschluss des Verwässerungsschutzes rechtfertigen, wenn ansonsten die Sanierung konterkariert werden würde.636 634 A. a. O.
(vgl. Fußnote 474). auch MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 312. 636 Vgl. hierzu bereits die Ausführungen unter dem Punkt: Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss auf S. 220 ff. die weitgehend auf die Bezugsrechte aus § 221 Abs. 4 AktG übertragen werden können. 635 So
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 321
d) Verwässerungsschutz durch Bezugsrechtseinräumung Der Vollständigkeit halber ist noch auf die Verwässerungsschutzvariante in Form einer teilweisen Einräumung des Bezugsrechts zugunsten der Wandelschuldverschreibungsinhaber für alle nachträglich emittierten Wandelwertpapiere einzugehen. Das Bezugsrecht auf Wandelwertpapiere gem. § 221 Abs. 4 AktG steht nach allgemeiner Ansicht nur den Aktionären zu.637 Diese Norm trägt dem Umstand Rechnung, dass Wandelwertpapiere mittelbar Bezugsrechte begründen und deshalb mit den unmittelbaren mitgliedschaftlichen Bezugsrechten auf Aktien (§ 186 Abs. 1 AktG) konkurrieren. Durch § 221 Abs. 4 AktG wird den Aktionären die Möglichkeit gewährt, ihr Beteiligungsverhältnis aufrecht zu erhalten.638 Eine Umgehung des vorrangigen Bezugsrechts der Aktionäre wird durch § 187 AktG verhindert. Theoretisch könnte die Emittentengesellschaft den Wandelschuldverschreibungsinhabern als Verwässerungsschutzmodalität ein vertragliches Bezugsrecht auf die Wandelwertpapiere unter Vorbehalt einräumen.639 Dies gilt allerdings nur unter dem Vorbehalt des § 187 AktG.640 Vereinzelt wird sogar gefordert für Wandelschuldverschreibungsinhaber ein gesetzliches Bezugsrecht auf neu emittierte Wandelwertpapiere zu normieren.641 Ein Verwässerungsschutz durch die teilweise Einräumung eines Bezugsrechts auf diese Wandelwertpapiere zugunsten der Wandelobligationäre ist aber aus mehreren Gründen abzulehnen. Im Gegensatz zu einer Emission von jungen Aktien besteht bei der Ausgabe von Wandelwertpapieren eine Ungewissheit, ob diese überhaupt in junge Aktien gewandelt werden. Die Beeinträchtigung der Wandelobligationäre ist bei einer zusätzlichen Emission von Wandlungsrechten daher doppelt ungewiss. Zum einen müssen erst einmal die Wandelobligationäre ihre Wandlungsrechte ausüben, zum ande637 Statt vieler: KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 46; MüKo/ Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 164; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 38; im Übrigen a. a. O. (vgl. Fußnote 122). 638 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 44; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 162; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221, Rn. 94; Casper, Optionsvertrag, § 12, S. 343; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 38; im Übrigen vgl. die Ausführungen unter dem Punkt: Zweck und Anwendungsbereich auf S. 70. 639 MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 312. 640 Obwohl § 221 Abs. 4 S. 2 AktG nicht auf § 187 AktG verweist, ist diese Vorschrift nach h. M. in der Literatur auch auf das Bezugsrecht der Wandelwertwertpapiere anzuwenden, denn anderweitig könnte man das direkte Bezugsrecht der Aktionäre gem. § 186 Abs. 1 AktG leicht umgehen. Eine Bezugsrechtseinräumung auf die Wandelwertpapiere zugunsten der Wandelobligationäre würde daher unter dem doppelten Vorbehalt des § 187 AktG stehen; a. a. O. (vgl. Fußnote 125). 641 So offensichtlich Kerber, S. 41 f., 73 ff., 78.
322
F. Schutz der Wandelobligationäre
ren müssen sich die nachträglich begebenen Wandlungsrechte zusätzlich positiv entwickeln, damit diese überhaupt ausgeübt werden und zu einer Verwässerung führen. Die Interessen der Wandelobligationäre sind daher nicht annähernd so intensiv beeinträchtigt wie bei einer effektiven Kapitalerhöhung. Ferner ist noch zu beachten, dass eine Berücksichtigung der Wandelschuldverschreibungsinhaber bei der Einräumung von Bezugsrechten nie zu einem vollkommenen Verwässerungsschutz führen kann. Einerseits werden durch die Beteiligung der Wandelobligationäre zwangläufig immer die Aktionäre belastet. Andererseits findet hierdurch auch immer eine Verzerrung der ursprünglichen Proportionen der Bezugsrechte zum Grundkapital statt, so dass die Einräumung eines Bezugsrechts an die Wandelobligationäre nie einen vollkommenen Verwässerungsschutz darstellen kann. Die Einräumung eines Bezugsrechts als Verwässerungsschutz ist daher abzulehnen.642 Gleichwohl kann in den Wandelschuldverschreibungsbedingungen den Obligationären als alternativer Verwässerungsschutz ein Bezugsrecht auf neue begebene Wandelwertpapiere in Aussicht gestellt werden, da eine solche Klausel unter dem Vorbehalt des § 187 AktG wirksam wäre.643 e) Zusammenfassung Die Emission von Wandelwertpapieren ist verwässerungsrechtlich wie eine Vermögensausschüttung an die Aktionäre zu qualifizieren. Der vermögenswerte Vorteil kommt den Aktionären bei dieser Kapitalmaßnahme in Form des Bezugsrechts zugute. Ein Vermögensabfluss findet immer dann statt, wenn die Wandelwertpapiere unter pari emittiert werden. Auch im Falle eines Bezugsrechtsausschlusses findet ein Vermögensabfluss statt, der eine identische Anpassung erforderlich werden lässt. Ein Verwässerungsschutz bei einer Wandelwertpapieremission mit Bezugsrechtsausschluss ist aber nicht in allen Fällen zwingend erforderlich. Hierbei ist immer je nach Emissionszweck eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen, ob es gerechtfertigt ist einen Verwässerungsschutz zu versagen. Ein zusätzlicher Verwässerungsschutz bei der Ausübung der Wandlungsrechte ist nicht notwendig, zumal ein vollkommener antizipierter Verwässerungsschutz auch kaum praktizierbar ist. Die Folgeverwässerungen und Unwägbarkeiten liegen in der Natur der Wandlungsrechte, da sie einen 642 Vgl. hierzu im Übrigen die Ausführungen unter dem Punkt: Einräumung eines Bezugsrechts auf S. 180 ff.; die hier teilweise übertragen werden können. 643 Vgl. hierzu die Ausführungen unter dem Punkt: Einräumung eines Bezugsrechts auf S. 180 ff.; die hier entsprechend übertragen werden können.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 323
spekulativen Charakter haben. Die Wandlungsrechte können zwar theoretisch unbegrenzte Werte erreichen, aber im Gegenzug auch wertlos verfallen. Als Ausgleich für die potentiellen Verwässerungen erhält die Gesellschaft bereits eine Wandlungsprämie. Da nach dem Gesetz diese Wandlungsprämie der Kapitalbindung unterliegt, muss dies bereits als ausreichender Verwässerungsschutz in Bezug auf die Wandlungskomponente angesehen werden. Festzuhalten ist, dass eine Emission eines Wandelwertpapiers verwässerungsrechtlich wie eine Vermögensausschüttung zu qualifizieren ist. Der Verwässerungsschutz der sonstigen Vermögensausschüttungen muss entsprechende Anwendung finden, um einen bestmöglichen Ausgleich sicherzustellen.644 Der Ausschüttungsbetrag entspricht, dabei immer den Wert des Bezugsrechts (§ 221 Abs. 4 AktG) aus einer Aktie. Eine Anpassung muss entsprechend der folgenden Formeln erfolgen: Zuerst muss der Wandlungspreis oder das Wandlungsverhältnis angeglichen werden. Pn = Pa ´ Bk - B Bk
Pn = Pa = Vn = Va = Bk = B =
oder
Vn = Va ´
Bk BK - B
angepasster Wandlungspreis ursprünglicher Wandlungspreis angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis Bilanzkurs einer Aktie Bezugsrechtswert je Aktie
Ferner ist der Nennwert der Wandelanleihe mit derselben Formel herabzusetzen. Den Herabsetzungsbetrag erhalten die Schuldverschreibungsobligationäre aber erst zum Zeitpunkt der Wandlung ausbezahlt. Die Gesellschaft muss eine Rückstellung in Höhe der Herabsetzungsbeträge bilden. Nwn = Nwa ´ Bk - B Bk
Nwn = Nwa = Bk = B =
angepasster Nennwert der Teil- / Wandelschuldverschreibung ursprünglicher Nennwert der Teil- / Wandelschuldverschreibung Bilanzkurs einer Aktie Bezugsrechtswert je Aktie
Schließlich muss im Falle eines werthaltigen Wandlungsrechts eine weitere Sonderrückstellung gebildet werden, die den Wandelobligationären ebenfalls erst mit der Wandlung ausbezahlt werden darf. Die Herabsetzung des Nennwertes hätte sonst eine rückwirkende Vernichtung des bisherigen 644 Für Einzelheiten zu dieser Verwässerungsschutzmodalität vgl. die Erläuterungen unter dem Punkt: Dividenden und sonstige Ausschüttungen auf S. 290 ff.
324
F. Schutz der Wandelobligationäre
Spekulationsgewinns aus dem Herabsetzungsbetrag zur Folge. Die Sonderrückstellung entspricht dem inneren Wert des Herabsetzungsbetrags. R = (Vn – Va )´(Bk n – Pn )
R = Pn = Vn = Va = Bkn =
Rückstellungsbetrag angepasster Wandlungspreis angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis Bilanzkurs nach Emission
f) Empirische Auswertung aa) Große Aktiengesellschaften Große Aktiengesellschaften sehen in ihren Wandelschuldverschreibungsbedingungen für die Emission von Wandelwertpapieren überwiegend einen alternativen Verwässerungsschutz vor. Zum einen wird es ins Ermessen der Emittentin gestellt, den Wandelobligationären Bezugsrechte in der Anzahl einzuräumen, welche die Obligationäre hätten beziehen können, wenn sie ihr Wandlungsrecht bereits ausgeübt hätten. Alternativ kann die Gesellschaft den Wandlungspreis oder Wandlungsverhältnis formelmäßig anpassen, wobei die Berechnungsmethode mit der einer Vermögensausschüttung identisch ist. Der Ausschüttungsbetrag je Aktie entspricht dem Wert des Bezugsrechts aus einer Aktie.645 Bezüglich der Effektivität dieser formelmäßigen Anpassung kann auf die Ausführungen des Verwässerungsschutzes bei sonstigen Ausschüttungen verwiesen werden.646 Eine ideale Anpassung kann diese Verwässerungsschutzformel nicht gewährleisten, da sie nur mit Hilfe der Erhöhung der Wandlungsaktien einen vermögensrechtlichen Ausgleich bewirkt, obwohl gesellschaftsintern durch das Disagio nur eine vermögensrechtliche Verwässerung mittels Kapitalabfluss stattfindet.647 Bei der Ausgabe von zusätz lichen Wandlungsrechten kann diese Verwässerungsschutzmodalität aber 645 Solon AG Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, c; Südzucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wandelanleihe 2009/2016), § 10, Abs. 3; Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, c und d. 646 Vgl. hierzu näher die Ausführungen unter dem Punkt: Dividenden und sonstige Ausschüttungen auf S. 290 ff., welche hier weitgehend übertragen werden können, da die Anpassung der Wandelbedingungen durch dieselbe Formel vorgenommen wird. Der Ausschüttungsbetrag je Aktie entspricht hier dem Wert des Bezugsrechts aus einer Aktie. 647 Dies gilt nicht für eine Aktienemission mit Optionsrechten. Diese müsste verwässerungsrechtlich wie eine effektive Kapitalerhöhung behandelt werden.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 325
gleichwohl eine Abmilderung der künftigen Folgeverwässerungen nach der Ausübung der Wandlungsrechte bewirken. Zwar stehen das Disagio und Wert / Anzahl der Wandlungsrechte in keiner Beziehung, so dass kein vollkommener Verwässerungsschutz gewährleistet wäre, aber dennoch kann die potentielle und künftige herrschaftsrechtliche Verwässerung hierdurch reduziert werden. Zwei weitere Bedingungswerke regulieren neben obigen Alternativen noch eine dritte Verwässerungsschutzmodalität, namentlich eine Ausgleichszahlung in Höhe des Bezugsrechtswerts.648 Eine Ausgleichszahlung in Höhe des Bezugsrechtswerts kann zwar eine Veränderung des Wandlungsverhältnisses verhindern, jedoch ist sie nicht in der Lage ein ideales relatives Kursabstandsverhältnis wiederherzustellen. Auch diese Alternative ist daher kein weiterbringender Lösungsansatz. Bei allen Wandelschuldverschreibungsbedingungen besteht schließlich das Defizit, dass ein Verwässerungsschutz nur dann besteht, wenn das Bezugsrecht der Aktionäre auf diese Wandelschuldverschreibungen nicht ausgeschlossen wurde. Eine umfassende Versagung des Verwässerungsschutzes für alle Fälle von Wandelwertpapieremissionen unter Bezugsrechtsausschluss der Aktionäre erscheint jedoch bedenklich und sollte nicht pauschal verneint werden.649 Richtigerweise wird von allen Gesellschaften kein zusätzlicher Schutz für die potentiellen Verwässerungen im Falle der Ausübung der Wandlungsrechte reguliert. Der Verwässerungsschutz wird schon von Gesetzes wegen durch die zwingende Einstellung der Wandlungsprämie in die Kapitalrücklage ausreichend sichergestellt. bb) Kleine Aktiengesellschaften Bei einem Teil der hier untersuchten Wandelschuldverschreibungsbedingungen von kleinen Aktiengesellschaften wurde für die Emission von weiteren Wandelwertpapieren kein Verwässerungsschutz normiert.650 Eine andere Gesellschaft normiert dagegen, dass im Falle einer Wandelwertpapieremission das Wandlungsverhältnis in der Art und Weise angepasst 648 TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/2016), § 11, Abs. 1; Arques Industries AG Wandelschuldverschreibung (9,0 % Wandelanleihe 2010/2012), Zif. 8.4. 649 Vgl. hierzu näher die Ausführungen unter dem Punkt: Verwässerungsschutz bei Bezugsrechtsausschluss auf S. 319 f. 650 S.A.G. Solarstrom AG Wandelschuldverschreibung (6,85 % Wandelanleihe 2007/2010), § 5; Pixelpark AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2008/2012), § 5.
326
F. Schutz der Wandelobligationäre
wird, dass sich der ursprüngliche Anteil der Wandelaktien am Grundkapital nicht verändert.651 Da sich die Aktienanzahl bei einer Wandelwertpapier emission aber nicht unmittelbar verändert, kann diese Klausel hier keinen Schutz bewirken. Zusätzlich wird in diesem Bedingungswerk bestimmt, dass kein Ausgleich im Falle von Ausschüttungen erfolgt. Die Emission eines Wandelwertpapiers ist jedoch nach obigen Ausführungen rechtlich wie eine Ausschüttung zu behandeln, da die Bezugsrechte vermögenswerte Vorteile darstellen können. Ein Verwässerungsschutz besteht somit faktisch nicht. Schließlich normiert eine weitere Emittentin bei der „Gewährung von sonstigen Bezugsrechten“ einen alternativen wahlweisen Verwässerungsschutz. So kann den Wandelobligationären ein Bezugsrecht eingeräumt werden, eine Ausgleichzahlung i. H. d. Bezugsrechts geleistet werden oder der Wandlungspreis i. H. d. Bezugspreises gemindert werden.652 Diese Klausel entspricht daher weitgehend den Verwässerungsschutzmodalitäten der großen Aktiengesellschaften mit dem Unterschied, dass anstatt einer formelmäßigen Anpassung eine Reduzierung des Wandlungspreises in Höhe des Bezugsrechtswerts festgesetzt wird.653 Der Verwässerungsschutz greift hierbei aber nur dann ein, wenn der Wandlungspreis der zweitemittierten Wandelwertpapiere den Wandlungspreis der ersten Wandelschuldverschreibung unterschreitet. 10. Umwandlungen Weitere bedeutende Maßnahmen, die enorme verwässernde Auswirkungen bei den Wandlungsrechten hervorrufen können, sind Umwandlungen. Die Emittentin als Aktiengesellschaft kann durch die verschiedenen Maßnahmen nach dem Umwandlungsgesetz ihre Rechtsnatur verändern. Dabei ist zwischen der Verschmelzung, Spaltung (Aufspaltung, Abspaltung, Ausgliederung), Vermögensübertragung oder dem Formwechsel zu differenzieren. Den ersten drei Maßnahmen ist gemeinsam, dass eine Gesamtrechtsnachfolge oder eine entsprechende Sonderrechtsnachfolge durch die Gründung oder die Beteiligung eines anderen Rechtsträgers stattfindet. Die Rechtsform der emittierenden Gesellschaft kann sich bei einer Umwandlung 651 EPG AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2006/2011), § 8, Abs. 1 ff. 652 Klassik Radio AG Wandelschuldverschreibung (6,5 % Wandelanleihe 2007/ 2010), Zif. 10.1, 10.2. 653 Zur Effektivität dieser Klausel kann weitgehend auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Vgl. hierzu die Punkte: Große Aktiengesellschaften auf S. 324 ff. und S. 224 ff.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 327
qualitativ verändern und erhebliche Auswirkungen für die Wandelobligationäre mit sich bringen. Bei der Verschmelzung oder Vermögensübertragung wird das Vermögen der Emittentengesellschaft mit einem anderen Unternehmen vereinigt und bei einer Spaltung auf mehrere Gesellschaften aufgeteilt. Bei einem Formwechsel wird hingegen, unter Aufrechterhaltung des Vermögensbestandes, nur die rechtliche Organisation der Gesellschaft verändert.654 Durch die daraus resultierenden Vermögensverschiebungen, Veränderungen der Rechtsformen und Beteiligungen neuer Gesellschaften ergeben sich für den Aktionär erhebliche Konsequenzen. So können sich die wesentlichen Merkmale der Mitgliedschaft verändern, indem sich beispielsweise das Beteiligungsverhältnis verschiebt, die Fungibilität der Mitgliedsrechte eingeschränkt oder etwa die Haftung der Gesellschafter umgestaltet wird. Für einen Aktionär können diese Nachteile so gravierend sein, dass sie ein Ausscheiden aus der Gesellschaft bewirken können. So wird den Aktionären per Gesetz überwiegend ein Abfindungsanspruch zugesprochen, wenn diese gegen den Umwandlungsbeschluss einen Widerspruch eingelegt haben (vgl. §§ 29 Abs. 1, 36 Abs. 1, 125, 135, 207 Abs. 1 UmwG). Dieses Austrittsrecht dient den Aktionären als Ausgleich für die qualitative Veränderung ihrer Gesellschafterstellung. Darüber hinaus werden der Gesellschaft weitere Erfordernisse wie z. B. eine qualifizierte Mehrheit des Umwandlungsbeschlusses, Berichtspflichten und Prüfungspflichten abverlangt, die ebenfalls dem Schutz der Gesellschafter dienen. Eine weitere wesentliche Schutzfunktion für die Aktionäre besteht in der Möglichkeit, das Umtauschverhältnis der neuen Gesellschaftsanteile oder die Barabfindung im Rahmen eines Spruchverfahrens überprüfen zu lassen (vgl. § 1 Nr. 4 SpruchG). Mit der Wirksamkeit der Umwandlung erhalten die Aktionäre entsprechend ihrem bisherigen Anteil am Grundkapital der übertragenden oder formwechselnden Emittentengesellschaft neue Mitgliedschaftsrechte an der übernehmenden bzw. neugegründeten Gesellschaft. Hierdurch wird die durch den Umwandlungsvorgang entstandene vermögens- als auch herrschaftsrechtliche Verwässerung der Mitgliedschaftsrechte grundsätzlich kompensiert.655 Auch für die Wandelobligationäre können durch die verschiedenen Umwandlungsmaßnahmen Nachteile in Form von Verwässerungen entstehen. Im Gegensatz zu den bisher überprüften Maßnahmen treten bei einer Um654 Zum Überblick: Lutter, in: Lutter, UmwG, Einl., Rn. 39 f.; Semler/Stengel, in: Semler/Stengel, UmwG, Einleitung A, Rn. 47 ff.; KölnKomm/Dauner-Lieb, UmwG, § 1, Rn. 3 ff; Gallego Sánchez, S. 103; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 1, Rn. 10 ff.; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221, Rn. 202 (jedoch zu Umtauschanleihen); Prosser, S. 266 ff. (zu Verschmelzung und Spaltung); Schlitt/Kammelohr, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 11, Rn. 35 (zu den Umtauschanleihen). 655 Gallego Sánchez, S. 103 f.
328
F. Schutz der Wandelobligationäre
wandlung aber nicht nur vermögens- und herrschaftsrechtliche Beeinträchtigungen auf, vielmehr können diese Maßnahmen weitaus gravierendere Auswirkungen haben. So kann eine Umwandlung dazu führen, dass die Rechtsform der neuen Gesellschaft weniger strengen Kapitalerhaltungsvorschriften unterliegt. Die Gesellschaft könnte den Wandelgläubigern daher einfacher Haftungsmassen entziehen, wodurch sich das Risiko einer Zahlungsunfähigkeit erhöhen würde. Weitere Folge kann sein, dass die Obligationäre nach der Wandlung ihre Gesellschaftsanteile nicht – wie bei einer gelisteten AG, KGaA oder SE – einfach wieder an der Börse verkaufen können. Sollte die neue Rechtsform gar eine Personengesellschaft sein, kann es dazu kommen, dass die Wandelobligationäre nach der Wandlung sogar mit ihrem Privatvermögen unbeschränkt für Gesellschaftsverbindlichkeiten haften. Bei Umwandlungen entsteht folglich eine zusätzliche „rechtliche“ oder „qualitative“ Verwässerung, da sich die Rechtsform der Emittentin verändert. Auch diese rechtliche Verwässerung muss wieder ausgeglichen werden, so dass die Wandelobligationäre durch die Umwandlungsmaßnahmen geringstmöglich belastet werden.656 Aus diesem Grund normiert das Umwandlungsgesetz, dass den Wandelobligationären gleichwertige Rechte an den neuen Gesellschaften einzuräumen sind (vgl. §§ 23, 36 Abs. 1 UmwG für die Verschmelzung, §§ 125, 135 i. V. m. § 23 UmwG für die Spaltung und § 204 i. V. m. § 23 UmwG für den Formwechsel). Für die verschiedenen Fälle der Vermögensübertragung gewährt das UmwG in §§ 176 Abs. 2 S. 4, 177 Abs. 2, 178 Abs. 2, 179 Abs. 2, 180 Abs. 2, 184 Abs. 2, 188 Abs. 2, 189 Abs. 2 UmwG dagegen einen Anspruch auf Barabfindung. Alle diese Normen stellen eine Ausprägung des Rechtsgedankens des Verwässerungsschutzes dar.657 Den Sonderrechtsinhabern – welche gem. § 23 UmwG ausdrücklich auch Wandelschuldverschreibungsinhaber sind – müssen „gleichwertige Rechte“ gewährt werden. Die Wandelobligationäre genießen insofern eine kategorische Sonderstellung, da sie nicht nur schuldrechtliche Gläubiger sind, sondern aufgrund des Wandlungsrechts einen „quasi korporationsrechtlichen“ Sonderstatus innehalten, Gallego Sánchez, S. 104 f. in: Lutter, UmwG, § 23, Rn. 2; Kalss, in: Semler/Stengel, UmwG, § 23, Rn. 1,2; KölnKomm/Simon, UmwG, § 23, Rn. 3; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 23, Rn. 1; Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 23, Rn. 1; Kallmeyer/ Marsch-Barner, UmwG, § 23, Rn. 1; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 316; Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 221, Rn. 176; Rinnert, NZG 2001, S. 865, 867 ff. (konkret zum Formwechsel); Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63, Rn. 23; Kallrath, S. 186 ff.; vgl. im Übrigen a. a. O. (vgl. Fußnote 312); a. A. aber ähnlich Kallrath, S. 186 ff. (dieser will den Wandelobligationären einen Schadensersatzanspruch einräumen und verweigert daher offensichtlich den Verwässerungsschutz, wobei zu diesem Zeitpunkt das UmwG noch nicht existierte). 656 Vgl.
657 Grunewald,
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 329
aber mangels Aktionärseigenschaft keinen Einfluss auf die Umwandlungsmaßnahme ausüben können.658 I. R. d. Umwandlungsrechts kann aber nicht immer ein vollkommener Verwässerungsschutz gewährleistet werden. Der Unterschied zu den bisher besprochenen Maßnahmen ist, dass sich die Rechtsform der Emittentengesellschaft auf vielen verschiedenen Wegen verändern kann. Bei den bisher untersuchten Maßnahmen sind dagegen i. d. R. immer nur strukturelle oder vermögensrelevante Veränderungen aufgetreten, ohne auf die Rechtsform oder die Qualität der Emittentin einzuwirken. Sollte sich jedoch im Rahmen einer Umwandlung das rechtliche Gewand der Emittentin, z. B. in eine Personengesellschaft, verwandeln, so könnten die Wandlungsrechte konterkariert werden, da einige Gesellschaftsformen kein bedingtes oder genehmigtes Kapital kennen.659 Im Übrigen entstehen neben obigen Erwägungen weitere qualitative Veränderungen der Wandlungsrechte, weil die Fungibilität der Gesellschaftsanteile erheblich eingeschränkt wird und auch die Wertbestimmung der Gesellschaftsanteile in den meisten Fällen nicht mehr über die Börse erfolgen kann, wodurch Folgeprobleme bei der Bewertung sowohl der Gesellschaftsanteile als auch der Wandelschuldverschreibungen vorhersehbar sind.660 Ein vollkommener Verwässerungsschutz in Form einer Angleichung aller Veränderungen kann aufgrund der Änderung der Rechtsform der Emittentengesellschaft denknotwendig nicht erfolgen, denn anderweitig müsste die Emittentin in ihre Ursprungsform rücktransformiert werden. Bei einem Umwandlungsprozess sind derartige zusätzliche rechtliche Benachteiligungen oder Veränderungen unvermeidbar, da sie eine zwingende Folge der bezweckten Rechtsformänderungen oder Vermögensübertragungen sind. Aufgrund dieser unüberwindbaren Hürden normiert das Umwandlungsgesetz als Kompensationsform in § 23 UmwG nur eine „Gleichwertigkeit“ der einzuräumenden Rechte (Wertäquivalenzprinzip). Die Kompensation der Verwässerung kann nämlich nicht „gleichartig“ sein, da eine absolute Äquivalenz der rechtlichen Begebenheiten aufgrund der qualitativen und rechtlichen Veränderungen der Emittentin ohne eine Rückumwandlung nicht 658 KölnKomm/Simon, UmwG, § 23, Rn. 1, 3; Kalss, in: Semler/Stengel, UmwG, § 23, Rn. 2, 5; Grunewald, in: Lutter, UmwG, § 23, Rn. 2; Maulbetsch/Klumpp/ Rose, UmwG, § 23, Rn. 9; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 23, Rn. 5, 7; Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 221, Rn. 174, 176; Gallego Sánchez, S. 105 f. 659 Grunewald, in: Lutter, UmwG, § 23, Rn. 17; Gallego Sánchez, S. 112; Rinnert, NZG 2001, S. 865, 867 ff. Bei einer GmbH wäre zumindest eine Absicherung mit einem genehmigten Kapital gem. § 55a GmbHG denkbar. Alternativ kommt für diese Konstellation die Absicherung über einen Treuhänder in Betracht. 660 Rinnert, NZG 2001, S. 865, 871; Gallego Sánchez, S. 113.
330
F. Schutz der Wandelobligationäre
möglich ist. Dem Obligationär ist zur Kompensation damit primär immer der bestmögliche Schutz in Form von Ersatzrechten zuzusprechen.661 Festzuhalten ist, dass die Regelungen zum Verwässerungsschutz im mwG Ausprägungen eines allgemeinen Rechtgedankens sind. Nach dieU sem Rechtsgedanken sind den Wandelobligationären die vermögens-, herrschaftsrechtlichen und qualitativen Verwässerungen, welche durch diverse Umwandlungsmaßnahmen der Emittentin bewirkt werden, grundsätzlich bestmöglich auszugleichen, damit ihre Rechte weitestgehend unberührt bleiben. Bei Umwandlungsmaßnahmen besteht die Besonderheit, dass aufgrund verschiedener Rechtsformveränderungen der Emitttentin eine ideale Angleichung der rechtlichen Begebenheiten ohne eine Rücktransformation der Gesellschaft nicht möglich ist. In diesen Fällen sind den Wandelobligationären aufgrund der rechtlichen Verwässerungen bestmöglich gleichwertige Rechte einzuräumen. Gleichwohl ist dieser Verwässerungsschutz nicht zwingend, sondern kann wie bei allen anderen verwässernden Maßnahmen grundsätzlich vertraglich abbedingt oder verstärkt werden. Vertragliche Regelungen zwischen Gesellschaft und Wandelschuldverschreibungsinhabern gehen insoweit vor. Eine einseitige Abbedingung durch die Satzung oder den Verschmelzungsvertrag scheidet dagegen identisch zu allen bisherigen Maßnahmen aus.662 Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich zudem, dass auch nach der Emission einer Wandelschuldverschreibung sämtliche Umwandlungsmaßnahmen weiterhin zulässig sein müssen. Diese Folge lässt sich aus dem Gesetz ableiten, da in den §§ 23, 36 Abs. 1, 125, 204 UmwG ausdrücklich vorgeschrieben ist, dass den Wandelobligationären gleichwertige Rechte zu gewähren sind. Bei einer Unzulässigkeit derartiger Maßnahmen würde die Regulierung eines gesetzlichen Verwässerungsschutzes leerlaufen.663 661 Vgl. hierzu statt vieler: KölnKomm/Simon, UmwG, § 2, Rn. 80 ff., § 23, Rn. 1, 18 ff.; Grunewald, in: Lutter, UmwG, § 23, Rn. 5, 7, 14 ff.; Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG, § 5, Rn. 18 f. Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 5, Rn. 6, § 23, Rn. 9; Kalss, in: Semler/Stengel, UmwG, § 23, Rn. 12; Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 23, Rn. 21, 25; Rinnert, NZG 2001, S. 865, 867; Gallego Sánchez, S. 105, 111. 662 KölnKomm/Simon, UmwG, § 23, Rn. 30; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 23, Rn. 15; Kallmeyer/Marsch-Barner, UmwG, § 23, Rn. 9; Gallego Sánchez, S. 106 f.; a. A. Grunewald, in: Lutter, UmwG, § 23, Rn. 25 (dieser geht von einer zwingenden Regelung aus); Kalss, in: Semler/Stengel, UmwG, § 23, Rn. 3 (dieser geht einen Mittelweg: Verwässerungsschutz ist abdingbar soweit gleichwertige Recht gewährt werden). Gleichwohl überzeugen diese Ansichten nicht, da keine Unterschiede zu den sonstigen Kapitalmaßnahmen bestehen. Eine vertragliche Abdingbarkeit ist insoweit zu befürworten, als die Obligationäre durch die AGB-rechtlichen Normen (insbesondere § 307 BGB) geschützt sind. 663 So bereits vor dem Inkrafttreten des UmwG: v. Gleichenstein, AG 1964, S. 141, 146; Loos, DB 1960, S. 543, 544.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 331
Im Anschluss soll nun aufgezeigt werden, welche Konsequenzen sich aus den verschiedenen Umwandlungsmaßnahmen für die Wandelschuldverschreibungsinhaber ergeben und wie eine Gewährung gleichwertiger Rechte als Form des Verwässerungsschutzes bestmöglich ausgestaltet sein muss. Aufgrund der Vielzahl an Konstellationen kann hier aber nur eine überblicksartige Analyse erfolgen, da sonst der Rahmen dieser Abhandlung gesprengt werden würde. Ein großer Teil der Konstellationen ist in der Realität zudem äußerst selten oder nicht praktikabel. Es werden daher nur die wesentlichen Konstellationen untersucht. Da Wandelobligationen grundsätzlich nur von Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien oder der Societas Europaea emittiert werden können, sind diese Gesellschaftsformen bei den nachfolgenden Ausführungen immer als Ausgangsrechtsform vorausgesetzt. a) Formwechsel Beim Formwechsel der Emittentengesellschaft findet kein Vermögensübergang statt, sondern der Rechtsträger ändert nur sein rechtliches Gewand. Bezüglich der vermögens- und herrschaftsrechtlichen Verwässerung können obige Untersuchungsergebnisse teilweise übertragen werden. Zusätzlich ist beim Verwässerungsschutz des Formwechsels anlässlich der rechtlichen Veränderungen zu differenzieren, in welche Rechtsform die Emittentin ihr Gewand ändert. Es sind somit immer weitere Regelungen erforderlich, die einen Ausgleich der rechtlichen bzw. qualitativen Verwässerung herbeiführen. aa) Vermögens- und herrschaftsrechtlicher Verwässerungsschutz beim Formwechsel Schon allein durch den Formwechsel an sich können vermögens- und herrschaftsrechtliche Verwässerungen auftreten. Die einzelnen Auswirkungen können vielfältiger Art sein. Abhängig sind diese Benachteiligungen von der Anzahl und der Aufteilung der Gesellschaftsanteile des neuen Rechtsträgers unter den bisherigen Gesellschaftern. Zwar wird sich i. d. R. das Beteiligungsverhältnis der bisherigen Gesellschafter nicht verändern, so dass grundsätzlich keine vermögens- oder herrschaftsrechtlichen Veränderungen auftreten. Zwingend ist dies aber nicht, denn der Umwandlungsbeschluss kann auch eine abweichende Anzahl der Gesellschaftsanteile festsetzen. Unter Außerachtlassung möglicher Spitzenbeträge, verändert sich somit gewöhnlich nur die Stückelung der Anteile, nicht aber die Zusammensetzung der Gesellschafter. Ein Vermögensabfluss an die Gesellschafter findet dabei nicht statt. Die strukturellen Auswirkungen beim Rechtsformwechsel entsprechen daher denen des Aktiensplits oder des umgekehrten Aktiensplits.
332
F. Schutz der Wandelobligationäre
Beiden Maßnahmen ist gemeinsam, dass sie die Anzahl der Gesellschaftsanteile verändern, ohne dabei unmittelbar auf die Zusammensetzung der Gesellschafterstruktur oder das Vermögen einzuwirken.664 Eine Anpassung des Wandlungspreises oder des Wandlungsverhältnisses muss daher mit Hilfe des Umtauschverhältnisses des Formwechsels erfolgen. Dieses errechnet sich aus der Anzahl der Gesellschaftsanteile vor und nach dem Formwechsel. Für einen effektiven vermögens- als auch herrschaftsrechtlichen Verwässerungsschutz müssen Wandlungspreis oder Wandlungsverhältnis alternativ mit einer der folgenden Formeln angepasst werden: Pn = Pa ´ Na oder Vn = Va ´ Nn Nn Na
Pn = Pa = Vn = Va = Nn = Na =
angepasster Wandlungspreis ursprünglicher Wandlungspreis angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis Anzahl der Gesellschaftsanteile nach dem Formwechsel Anzahl der Gesellschaftsanteile vor dem Formwechsel
Weitere vermögensrechtliche Verwässerungen können dadurch auftreten, dass durch die neuen Gesellschaftsformen (insbesondere bei Personengesellschaften) andere Gewinnverteilungsmaßstäbe Anwendung finden. Aufgrund der Vielzahl an Regelungsmöglichkeiten und verhältnismäßig geringen Auswirkungen dieser Teilverwässerung wird hier auf weitere Untersuchungen verzichtet. bb) Zusätzlicher vermögens- und herrschaftsrechtlicher Verwässerungsschutz im Falle der Barabfindung einzelner Aktionäre Nach dem Umwandlungsbeschluss haben die Aktionäre, falls sie einen Widerspruch eingelegt haben, grundsätzlich ein Austrittsrecht gegen eine Barabfindung (vgl. §§ 207 ff. UmwG).665 I. d. R. werden die Aktionäre mit dem Ertragswert abgefunden.666 Die Aktiengesellschaft muss dem Aktionär als Ausnahme zu § 71 Abs. 4 S. 2 AktG die Aktien abnehmen, damit dieser aus der Gesellschaft ausscheiden kann (§ 207 Abs. 1 S. 1 HS 2 UmwG).667 664 Vgl. hierzu die Ausführungen unter dem Punkt: Aktiensplit und umgekehrter Aktiensplit auf S. 226 f. 665 Zum Anwendungsbereich des Austrittsrechts: Grunewald, in: Lutter, UmwG, § 29, Rn. 2; KölnKomm/Simon, UmwG, § 29, Rn. 11 ff. 666 BVerfGE 100, 289, 307; KölnKomm/Simon, UmwG, § 30, Rn. 8; Schmitt/ Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 30, Rn. 10; Stockburger, in: Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 30, Rn. 12 ff.; Zeidler, in: Semler/Stengel, UmwG, § 30, Rn. 7 ff. 667 Kalss, in: Semler/Stengel, UmwG, § 29, Rn. 11; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 207, Rn. 7; Stockburger, in: Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 29,
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 333
Da der Ertragswert der Aktien meist über dem Aktienkurs liegt, haben die Barabfindungen dieselbe Wirkung wie Ausschüttungen an die Aktionäre. Es bedarf daher in diesem Fall einer zusätzlichen Anpassung entsprechend dem Verwässerungsschutz bei Dividenden und sonstigen Ausschüttungen. Die Ausschüttung an die Aktionäre entspricht dabei dem den Aktienkurs überschreitenden Differenzbetrag.668 Sollte aber der neue Rechtsträger keine eigenen Anteile erwerben dürfen (§ 207 Abs. 1 S. 2 UmwG) oder zieht selbiger die erworbenen Gesellschaftsanteile im Anschluss ein (z. B. § 237 AktG oder § 34 GmbHG), so entsprechen diese Auswirkungen einer Teilliquidation.669 Für solche Fälle müsste, um einen vollkommenen Verwässerungsschutz zu erzielen, eine Anpassung der Wandelbedingungen entsprechend der Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien erfolgen.670 cc) Rechtlicher bzw. qualitativer Verwässerungsschutz beim Formwechsel (1) Allgemeines außerordentliches Kündigungsrecht als Verwässerungsschutz Bei einem Formwechsel sollte dem Wandelobligationär allgemein ein zusätzliches außerordentliches Kündigungsrecht der Wandelschuldverschreibung eingeräumt werden. Als Grund für diese Art von Verwässerungsschutz lässt sich die qualitative Veränderung der künftigen Gesellschaftsanteile anführen. So können sich insbesondere die Kapitalerhaltungsvorschriften, die Fungibilität der Gesellschaftsanteile, die Haftung der Gesellschafter oder etwa die Bewertung dieser Wertpapiere und mittelbar der Wandlungsrechte erheblich verändern. So wie den Aktionären ein Austrittsrecht durch eine Barabfindung gewährt wird, sollte den Wandelobligationären ein gleichwertiges Recht (vgl. § 204 i. V. m. § 23 UmwG) in Form eines außerordentlichen Kündigungsrechts eingeräumt werden.671 Durch den Formwechsel kann eine Rn. 39; Grunewald, in: Lutter, UmwG, § 29, Rn. 26; KölnKomm/Petersen, UmwG, § 207, Rn. 13. 668 Vgl. hierzu die Ausführungen unter dem Punkt: Dividenden und sonstige Ausschüttungen auf S. 290 ff. 669 Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 207, Rn. 8; Kalss, in: Semler/Stengel, UmwG, § 207, Rn. 12; Stockburger, in: Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 29, Rn. 48. 670 Vgl. hierzu für Einzelheiten und Beispiel die Ausführungen unter dem Punkt: Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien (§§ 237 ff. AktG) auf S. 272 ff. 671 Grundsätzlich wohl auch Prosser, S. 272 f. (e contrario, da dieser bei einer Verschmelzung einer AG auf eine andere AG ein Kündigungsrecht aus wichtigem
334
F. Schutz der Wandelobligationäre
qualitativ so starke Veränderung der Wandlungsrechte herbeigeführt werden, dass die Wandlungsrechte zu einem Aliud werden. Den Wandelgläubigern ist es nicht zuzumuten, derart massive Veränderungen einseitig auferlegt zu bekommen. Als Ausgleich muss ihnen die Möglichkeit eröffnet werden, sich von den vertraglichen Verpflichtungen zu lösen. Falls die Wandelobligationäre die rechtlichen Veränderungen ihrer künftigen Gesellschafterstellung nicht hinnehmen wollen, können sie durch dieses außerordentliche Kündigungsrecht das Schuldverhältnis zum Erlöschen bringen. Von dem Kündigungsrecht werden die Wandelobligationäre freilich in erster Linie nur dann Gebrauch machen, wenn das Wandlungsrecht aus dem Geld ist. (2) Formwechsel in eine KGaA, SE oder AG Soweit ein Formwechsel einer AG, KGaA oder SE untereinander vollzogen wird, können den Wandelobligationären weitgehend gleichartige Rechte gewährt werden. Da für alle Gesellschaften im Wesentlichen das Aktiengesetz die Rechtsgrundlage darstellt,672 können diese Gesellschaftsformen Wandelobligationen problemlos als Finanzierungsinstrumente nutzen. Dadurch kann eine identische Absicherung der Wandlungsrechte mit einem bedingten oder genehmigten Kapital aufrechterhalten werden. Zudem ist auch die KGaA und SE börsenfähig, so dass sich Folgeprobleme bezüglich der Wertbestimmung der Aktien als auch der Wandelschuldverschreibungen vermeiden lassen. Die rechtliche Qualität der Wandlungsrechte ändert sich somit kaum, wenn die neue Gesellschaft weiterhin an der Börse gelistet bleibt.673 Grund wegen der geringfügigen Beeinträchtigung der Wandelobligationäre ablehnt.) Bei einem Formwechsel in eine Gesellschaft gleicher Rechtsform (AG, KGaA, SE), wäre das Kündigungsrecht gleichwohl nicht zwingend, soweit die neue Gesellschaft weiterhin an der Börse gelistet bleibt. Im Übrigen vgl. hierzu die folgenden Ausführungen. 672 Statt vieler: Bachmann, in: Spindler/Stilz, AktG, § 278, Rn. 95 (für die KGaA); Casper, in: Spindler/Stilz, SE-VO, Art. 9, Rn. 11, Art. 10, Rn. 1 f. (für die SE). 673 Vgl. Gallego Sánchez, S. 112; wohl auch Schlitt/Kammelohr, in: Habersack/ Mülbert/Schlitt, § 11, Rn. 30. Ergänzend ist jedoch darauf hinzuweisen, dass je nach Einzelfall keine vollkommen gleichartigen Rechte eingeräumt werden können, da zwischen diesen Rechtsformen weiterhin rechtliche Unterschiede, z. B. bei der Gewinnverteilung, bestehen. Bei der Aktiengesellschaft oder Societas Europaea haben grundsätzlich alle Aktionäre entsprechend ihrem Anteil am Grundkapital einen Anspruch bezüglich des von der Hauptversammlung beschlossenen auszuschüttenden Gewinns (§ 60 Abs. 1 AktG). Bei einer KGaA dagegen können sich je nach Ausgestaltung der Satzung
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 335
Bei einem Formwechsel in eine Gesellschaft „gleicher“ Rechtsform (AG, KGaA, SE) besteht die Besonderheit, dass die Aktionäre keinen Barabfindungsanspruch geltend machen können (§ 250 UmwG). Hintergrund dieser Regelung ist, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, bei einem derartigen Formwechsel bleibe die Rechtsstellung der Aktionäre nahezu unverändert.674 Wenn man diese gesetzgeberische Wertung vollständig berücksichtigen will, muss dieser Gedanke auf die Wandelobligationäre übertragen werden. Andernfalls würde es zu einer Besserstellung der Wandelobligationäre kommen. Wie soeben aufgezeigt wurde, kommt es bei einem Formwechsel zwischen AG, KGaA und SE zu keiner beachtenswerten rechtlichen Verwässerung. Aus diesem Grund sollte das allgemeine Sonderkündigungsrecht im Falle von Umwandlungsmaßnahmen in diesen Konstellationen eingeschränkt werden.675 Als Begründung könnte man eine Analogie zu § 250 UmwG heranziehen. Ansonsten würden die Obligationäre, beispielsweise nach einem Formwechsel in eine KGaA, bei einem Wandlungsrecht, welches weit aus dem Geld ist, erheblich besser stehen. In diesem Fall könnten die Obligationäre trotz der geringfügigen rechtlichen Veränderungen die gesamte Wandelschuldverschreibung mittels der Kündigung zum Erlöschen bringen. Klarzustellen ist, dass sich diese Einschränkung nur auf den rechtlichen Verwässerungsschutz bezieht. Eine Anpassung der vermögens- und herrgeringfügige Unterschiede ergeben, da die Gewinnverteilung von Komplementären und Aktionärskommanditisten nicht zwangsläufig identisch sein muss. Die Gewinnverteilung unter den Komplementären kann frei vereinbart werden (vgl. § 278 Abs. 2 AktG, §§ 168, 121 HGB und §§ 161, 109 HGB). Das Spektrum an Regelungsmodellen ist weit und reicht von der Vereinbarung eines Zinssatzes oder anderer Verteilungsmaßstäbe bis hin zum vollständigen Ausschluss der Gewinnteil habe (vgl. Bachmann, in: Spindler/Stilz, AktG, § 288, Rn. 3). Die Folge einer abweichenden Gewinnverteilung kann je nach Ausgestaltung unterschiedlicher Art sein. Sollten die Komplementäre erheblich bevorzugt werden, kann dies nachteilige Auswirkungen für den Aktienkurs mit sich bringen, was sich wieder mittelbar vermögensrechtlich auf den inneren Wert des Wandlungsrechts auswirken würde. Eine genaue Analyse kann hier aufgrund der Vielschichtigkeit nicht vorgenommen werden. Auf der anderen Seite müsste man aber auch berücksichtigen, dass die persönliche Haftung des Kommanditisten – soweit dieser eine natürliche Person ist – auch positive Konsequenzen für die Wandelschuldverschreibung haben kann, so dass ein teilweiser Ausgleich stattfindet. Je nach Einzelfall können somit zwar gleichwertige Rechte eingeräumt werden, die aber aufgrund von verschiedenen gesellschaftsinternen Regelungen nicht vollkommen gleichartig sein müssen. 674 Scheel, in: Semler/Stengel, UmwG, § 250, Rn. 1 f.; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 207, Rn. 1, § 250, Rn. 1; Stockberger, in: Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 207, Rn. 5; KölnKomm/Petersen, UmwG, § 250, Rn. 1 f.; zur Anwendbarkeit auf die SE vgl.: Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG, § 3, Rn. 14. 675 Wohl auch Schlitt/Hemeling, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 10, Rn. 69, wobei diese ausführen, dass in der Praxis in diesen Konstellationen üblicherweise ein außerordentliches Kündigungsrecht eingeräumt wird.
336
F. Schutz der Wandelobligationäre
schaftsrechtlichen Verwässerungen bleibt von der Wertung des § 250 UmwG hingegen unberührt. Abschließend ist noch zu erwähnen, dass sich wiederum andere Beurteilungen bei einem Rechtsformwechsel zwischen KGaA, AG und SE ergeben können, wenn z. B. die neue Gesellschaftsform nicht mehr an der Börse oder in einem anderen Segment gelistet sein sollte. In diesen Konstellationen sollte dem Obligationär als Ausnahme von der Ausnahme ein außerordentliches Kündigungsrecht eingeräumt werden.676 (3) Formwechsel in eine GmbH Der Formwechsel einer AG, KGaA oder SE in eine GmbH hat weitreichendere rechtliche Auswirkungen. Zum einen führt dieser Wandel der Rechtsform zu einem kalten Delisting der Emittentin.677 Dadurch können erhebliche Nachteile bezüglich der Fungibilität und der Bewertung sowohl der Gesellschaftsanteile als auch der Wandelobligationen entstehen. Zum anderen hat der Formwechsel zur Folge, dass das Wandlungsrecht in der abgesicherten ursprünglichen Form des Aktiengesetzes nicht mehr weiterbestehen kann, wenngleich es nicht untergeht. Bei einer GmbH gibt es nicht die Möglichkeit die Wandlungsrechte durch ein bedingtes Kapital abzusichern. Nach dem Formwechsel müssten sich die Wandelobligationäre daher damit zufrieden geben, dass die Gesellschafter nach der Ausübung des Wandlungsrechts einer Kapitalerhöhung zustimmen müssen.678 Seit dem MoMiG hat allerdings auch nunmehr eine GmbH die Möglichkeit ein genehmigtes Kapital zu beschließen (§ 55a GmbHG). Dies würde eine Absicherungsalternative zum bedingten Kapital darstellen, wobei zu berücksichtigen ist, dass das genehmigte Kapital nicht dieselbe Sicherheit gewährleisten kann wie ein bedingtes Kapital.679 Durch die mangelhafte Absicherung erfahren die Wandlungsrechte eine grundlegende Entwertung. Falls die 676 Vgl. allgemein zu diesen umstrittenen Konstellationen die Kommentierungen bei: Stockberger, in: Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 29, Rn. 16 ff.; Kalss, in: Semler/Stengel, UmwG, § 207, Rn. 4; KölnKomm/Petersen, UmwG, § 250, Rn. 5; Schlitt/Hemeling, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 10, Rn. 69 (wobei sich die Ausführungen auf eine Verschmelzung beziehen); Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 221, Rn. 176. 677 Rinnert, NZG 2001, S. 865, 867; Richard/Weinheimer, BB 1999, S. 1613, 1616; Land/Hasselbach, DB 2000, S. 557, 559 f.; Schäfer/Eckhold, in: Marsch-Barner/Schäfer, § 63, Rn. 20. 678 A. a. O. (vgl. Fußnote 659). 679 Vgl. hierzu die Ausführungen unter den Punkten: Bedingtes Kapital und Genehmigtes Kapital auf S. 95 ff. Wesentliche Nachteile sind zum einen die zeitliche Befristung und die Möglichkeit der Abschaffung des genehmigten Kapitals (vgl. § 192 Abs. 4 AktG).
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 337
Wandlungsrechte aber bereits ursprünglich durch ein genehmigtes Kapital abgesichert waren, ergeben sich in diesem Punkt keine Nachteile. Neben den obigen Anpassungsformeln, die nur zu einer Angleichung der herrschaftsrechtlichen und vermögensrechtlichen Verwässerung führen, muss wegen dieser qualitativen Verwässerung der Wandlungsrechte ein weiterer rechtlicher Ausgleich herbeigeführt werden. Diesbezüglich werden bei einem Formwechsel in eine GmbH verschiedene Ansichten vertreten, welche die rechtlichen Verwässerungen ausgleichen sollen. Ein Teil der Literatur vertritt die Ansicht, dass den Obligationären mit dem Formwechsel eine Barabfindung ausbezahlt werden muss.680 Ein anderer Teil in der Literatur ist der Meinung, dass den Obligationären im Zuge des Formwechsels die Möglichkeit zum sofortigen Bezug einzuräumen ist, damit diese vor dem Wirksamwerden des Formwechsels Aktionäre werden können und damit auch in den Genuss der Abfindung kommen bzw. ihre Anteile über die Börse verkaufen können.681 Beide Ansichten zielen auf den gleichen Zweck ab, da sie letztendlich eine sofortige Beendigung durch eine Abfindung bewirken sollen. Aufgrund ihrer identischen Zielsetzung sind sie gleichsam abzulehnen. Den Obligationären würde durch diesen Lösungsweg jede künftige Spekulationsmöglichkeit genommen werden. Das Wandlungsrecht würde quasi Erlöschen. Teilweise würden die Wandelobligationäre bevorzugt werden, weil diese weit vor dem eigentlichen Wandlungszeitpunkt in den Genuss der Abfindung kommen könnten. Diese Ansichten stellen folglich keine gleichwertigen Rechte dar. Sie sind schlichtweg unverhältnismäßig, da die Wandlungsrechte theoretisch seit dem MoMiG ebenso – wie bei einer Aktiengesellschaft – mit einem genehmigten Kapital abgesichert werden können. Ein so weitreichender Eingriff ist bei einem Formwechsel in eine GmbH, bei der die Gesellschafter später weiterhin nur beschränkt mit ihrer Einlage haften, nicht gerechtfertigt. Der wohl richtige Lösungsweg ist daher, dass die Wandlungsrechte weiter bestehen bleiben und nach der Ausübung des Bezugsrechts die erfor680 Bemel, in: Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG, § 23, Rn. 13; Decher, in: Lutter, UmwG, § 204, Rn. 30 (dieser will eine Analogie zu §§ 207, 29 UmwG ziehen); Kalss, in: Semler/Stengel, UmwG, § 23, Rn. 15 (ebenfalls Analogie zu § 29 UmwG); Kallmeyer/Marsch-Barner, UmwG, § 23, Rn. 11 (als Alternativmöglichkeit vgl. a. a. O. Fußnote 682); Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 23, Rn. 25 (ebenfalls Analogie zu 29 UmwG); Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 221, Rn. 175; ähnlich Kallrath, S. 187 f. (dieser will den Wandelobligationären einen Schadensersatzanspruch einräumen). 681 Wobei teilweise verschiedene Nuancen innerhalb dieser Ansicht bestehen: Grunewald, in: Lutter, UmwG, § 23, Rn. 17; Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/ Kropff, AktG, § 221, Rn. 196; Martens, AG 1992, 192, 204; Gallego Sánchez, S. 115; Loos, DB 1960, S. 543, 545; wohl auch v. Gleichenstein, AG 1964, S. 141, 147.
338
F. Schutz der Wandelobligationäre
derlichen neuen Gesellschaftsanteile durch eine Kapitalerhöhung geschaffen werden.682 So wird dem Wandelobligationär die Möglichkeit aufrechterhalten in der Zukunft Gesellschafter zu werden. Zudem kann der Spekulationscharakter weiterhin wirken. Weigern sich die Gesellschafter zur Zustimmung einer Kapitalerhöhung, verbleibt den Wandelgläubigern nur die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs in Höhe des Wertes ihrer theoretischen Gesellschaftsanteile zum Zeitpunkt der Wandlung. Allerdings ist dieser in der Literatur vertretene Lösungsweg geringfügig zu erweitern. Der Rechtformwechsel in eine GmbH würde die Fungibilität der Gesellschaftsanteile massiv einschränken. Nach der Wandlung und Kapitalerhöhung kann der neue Gesellschafter seine Anteile nicht einfach an der Börse verkaufen. Als Ausgleich im Sinne eines gleichwertigen Rechts ist dem Wandelobligationär daher zusätzlich das Wahlrecht einzuräumen, dass er mit Ausübung seines Wandlungsrechts und nicht zum Zeitpunkt des Formwechsels (!) anstatt der Gesellschaftsanteile eine Barabfindung ausgezahlt bekommen kann. Der Vollständigkeit halber sei ein letzter vorgeschlagener Lösungsweg genannt, bei dem sich die Gesellschaft gegenüber Dritten zur Änderung des Gesellschaftsvertrags verpflichten soll. Der Anspruch auf eine Kapitalerhöhung soll dabei aus §§ 204, 23 UmwG abgeleitet werden.683 Spätestens seit dem MoMiG hat sich diese fragwürdige Konstruktion erübrigt, da mittlerweile die Absicherung der Wandlungsrechte alternativ durch ein genehmigtes Kapital gewährleistet werden kann. Daneben ist den Wandelobligationären aufgrund der rechtlichen Veränderungen ihrer künftigen Rechtsposition das allgemeine außerordentliche Kündigungsrecht einzuräumen. Durch all diese Veränderungen kann zugunsten des Wandelobligationärs ein nahezu gleichwertiges Recht aufrechterhalten werden. (4) Formwechsel in eine Personengesellschaft Der Formwechsel einer AG, KGaA oder SE in eine Personengesellschaft wird in der Praxis äußerst selten vorkommen. Für die typischen Emittenten von Wandelschuldverschreibungen kommt ein Formwechsel in eine personalistisch geprägte Gesellschaft kaum in Betracht. Die Probleme sind vergleichbar mit denen bei einem Formwechsel in eine GmbH. Verstärkend kommt jedoch hinzu, dass bei den Personengesellschaften kein genehmigtes 682 So Kallmeyer/Marsch-Barner, UmwG, § 23, Rn. 11; Decher, in: Lutter, UmwG, § 204, Rn. 30 (aber nur für den Fall des Formwechsels einer nicht börsennotierten Gesellschaft in eine GmbH). 683 Rinnert, NZG 2001, S. 865, 869 f.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 339
Kapital oder andere Möglichkeiten zur Absicherung der Wandlungsrechte existieren. Am meisten fällt ins Gewicht, dass die zukünftige Gesellschafterstellung eine persönliche Haftung zur Konsequenz haben kann. Der Ausgleich für diese enorme rechtliche Verwässerung der Wandlungsrechte muss aber nicht zwingend zur Folge haben, dass die Wandlungsrechte durch eine Barabfindung abgewickelt werden. Entsprechend den Ausführungen zur GmbH sollte das Wandlungsrecht daher zunächst beständig bleiben, so dass dem Wandelobligationär nicht vorzeitig das Recht genommen wird, an einer positiven Entwicklung der Gesellschaft indirekt zu partizipieren. Der Spekulationscharakter kann dadurch weiter wirken. Nach der Ausübung des Wandlungsrechts kann der Obligationär Gesellschafter werden, wenn er denn tatsächlich einen Anspruch zur Aufnahme als (persönlich haftender) Gesellschafter geltend macht. Verweigern die Altgesellschafter nach Ausübung des Wandlungsrechts die Zustimmung zur Aufnahme, bleibt ihm wiederum ein Anspruch auf Schadensersatz. Erst Recht muss dem Gesellschafter aufgrund der drohenden persönlichen Haftung und der eingeschränkten Fungibilität – ebenso wie bei einem Formwechsel in eine GmbH – das Wahlrecht eingeräumt werden, anstelle der Gesellschafterstellung eine Abfindung ausgezahlt zu bekommen. Anders als bei einem Formwechsel in eine GmbH wäre es bei einem Formwechsel in eine Personengesellschaft aufgrund der weitreichenden elementaren Veränderungen der Emittentengesellschaft aber zu rechtfertigen, dass den Obligationären bereits mit dem Formwechsel eine Barabfindung oder vor dem Vollzug des Formwechsels ein vorzeitiges Wandlungsrecht eingeräumt wird, so dass diese ebenfalls noch in den Genuss der Abfindung kommen oder die Anteile an der Börse verkaufen können. Die Spekula tionsauswirkungen und die Natur des Wandlungsrechts würden bei einem Formwechsel in eine Personengesellschaft so stark verändert werden, dass eine sofortige und vorzeitige Umwandlung zugunsten der Obligationäre gerechtfertigt erscheint. So ergeben sich aufgrund des kalten Delisting enorme Bewertungsschwierigkeiten von Gesellschaftsanteilen und dem Wandlungsrecht. Außerdem ist eine Absicherung der Wandlungsrechte nicht möglich. Am stärksten fällt für diese Entscheidung aber die drohende persönliche Haftung ins Gewicht. Da wohl kein Wandelobligationär mit seinem privaten Vermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften will, wird auch niemand sein Wandlungsrecht ausüben. Für diese Konstellation erscheint es daher angebracht, dass den Wandelobligationären als Ausgleich im Sinne eines gleichwertigen Rechts eine sofortige Barabfindung als weiteres Wahlrecht eingeräumt wird. Eine zwingende Barabfindung ist dagegen abzulehnen. Zusätzlich besteht das allgemeine außerordentliche Kündigungsrecht bei Umwandlungsmaßnahmen, dass der Wandelobligationär nur im Falle eines wertlosen Wandlungsrechts nutzen wird.
340
F. Schutz der Wandelobligationäre
Abschließend sei noch erwähnt, dass bei einem Formwechsel in eine KG durch die unterschiedliche Haftung der Komplementäre und Kommanditisten weitere Differenzierungen notwendig sind. Sollte es sich um eine Massen-KG handeln, könnte wiederum der Verwässerungsschutz der GmbH angemessener erscheinen. dd) Empirische Auswertung Keine der hier untersuchten Wandelschuldverschreibungsbedingungen sieht einen ausdrücklichen Verwässerungsschutz für den Fall eines Formwechsels vor. Grund ist offensichtlich, dass diese Maßnahmen sehr unwahrscheinlich sind. Teilweise – vor allem bei den großen Aktiengesellschaften – kann ein Verwässerungsschutz mit Hilfe der Auffangklauseln gewährleistet werden.684 b) Verschmelzung Eine weitere Umwandlungsmaßnahme, bei der die Wandelobligationäre eine herrschafts- oder vermögensrechtliche sowie eine qualitative Verwässerung ihrer Wandlungsrechte erfahren können, ist die Verschmelzung. Diese Umwandlungsmaßnahme kann man in weitere Unterformen aufgliedern. Zum einen kann die Verschmelzung durch Aufnahme oder zum anderen durch Neugründung erfolgen (§ 2 UmwG). Die Verschmelzung durch Aufnahme erfolgt durch Übertragung des Vermögens eines oder mehrerer übertragender Rechtsträger als Ganzes auf einen bereits bestehenden, übernehmenden Rechtsträger (§ 2 Nr. 1 UmwG). Bei der Verschmelzung durch Neugründung erfolgt die Vermögensübertragung mehrerer Rechtsträger auf ein neues, zu diesem Zweck gegründetes Rechtssubjekt (§ 2 Nr. 2 UmwG). Die Vermögensübertragung erfolgt dabei immer im Wege der Gesamtrechtsnachfolge.685
684 Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe), § 10, j; Solon AG Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, i; Süd zucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wandelanleihe 2009/2016), § 10, Abs. 9; TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/2016), § 11, Abs. 6; Klassik Radio AG Wandelschuldverschreibung (6,5 % Wandelanleihe 2007/2010), Zif. 10.4; EPG AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2006/2011), § 8, Abs. 7. 685 Vgl. hierzu allgemein: Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG, § 2, Rn. 18 ff.; Stengel, in: Semler/Stengel, UmwG, § 2, Rn. 22 ff.; KölnKomm/Simon, UmwG, § 2, Rn. 24 f.; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 2, Rn. 10 ff.; Kallmeyer/Marsch-Barner, UmwG, § 2, Rn. 2 ff.; Schäffler, in: Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 2, Rn. 5 f.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 341
aa) Verwässerung und Verwässerungsschutz der Aktionäre Den Gesellschaftern des übertragenden Unternehmens sind neue Gesellschaftsanteile an dem übernehmenden / neugegründeten Rechtsträger einzuräumen. Die Folge einer Verschmelzung für das übertragende Rechtssubjekt ist eine Vollbeendigung ohne Liquidation, so dass die Gesellschafter ohne einen Ausgleich ihrer Gesellschaftsanteile verlustigt werden würden. Letzteren sind daher gem. § 2 UmwG in einem bestimmten Umtauschverhältnis neue Gesellschaftsanteile an dem übernehmenden / neugegründeten Rechtsträger einzuräumen.686 Diese zwingende Regelung der Verschmelzung dient somit als Ausgleich für die vollständige vermögens- und herrschaftsrechtliche Verwässerung bei den Gesellschaftern des übertragenden Rechtsträgers. Zwar kann sich durch den Anteilstausch der Betrag und das Stimmgewicht eines einzelnen Gesellschaftsanteils verschieben, aber dies ist eine unvermeidbare Folge einer Verschmelzung. Im Gegenzug sind die Beteiligten Inhaber einer größeren Gesellschaft. Bei der Bestimmung des Umwandlungsverhältnisses kommt es dabei im Wesentlichen auf die Wertrelation der beteiligten Unternehmen an. I. d. R. wird heute zur Bestimmung des Umtauschverhältnisses die Ertragswertmethode herangezogen.687 Normalerweise erleiden die Gesellschafter bis auf die entstehenden Spitzen keine bemerkenswerten vermögensrechtlichen Einbußen. Herrschaftsrechtlich müssen sich die Verhältnisse aber verschieben, da die übertragende Gesellschaft mit einem anderen Rechtssubjekt verschmolzen wird. Die Gesellschafter des übernehmenden und des übertragenden Rechtsträgers halten jedoch weiterhin unter Berücksichtigung der Wertrelation der beteiligten Gesellschaften dasselbe Stimmgewicht am Grundkapital inne. Der zwingende Tausch von Gesellschaftsanteilen an dem übernehmenden / neugegründeten Rechtsträger zugunsten der Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft gewährleistet quasi einen herrschafts- und vermögensrechtlichen Verwässerungsschutz für den Untergang der ursprünglichen Gesellschaftsanteile der übertragenden Gesellschafter. Zusätzlich können die Gesellschafter des übertragenden Rechtssubjekts gem. § 15 Abs. 1 UmwG eine angemessene Zuzahlung im Wege eines Spruchverfahrens geltend machen, wenn sie der Ansicht sind, dass die Bestimmung des Umtauschverhältnisses zu niedrig bemessen ist. 686 Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG, § 2, Rn. 22; Stengel, in: Semler/Stengel, UmwG, § 2, Rn. 22 ff.; KölnKomm/Simon, UmwG, § 2, Rn. 78 ff.; Schmitt/Hörtnagl/ Stratz, UmwG, § 2, Rn. 14 f.; Kallmeyer/Marsch-Barner, UmwG, § 2, Rn. 12; Schäffler, in: Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 2, Rn. 4. 687 BVerfGE 100, 289, 307; Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG, § 5, Rn. 18 ff. (insb. 22 ff., 29 ff.); KölnKomm/Simon, UmwG, § 5, Rn. 8 ff. (insb. 11, 31 ff.); Schmitt/ Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 5, Rn. 6, 13 ff.; Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 5, Rn. 30 ff. (insb. 32, 55 ff.); a. A. Kallmeyer/Müller, UmwG, § 5, Rn. 17 ff. (im Übrigen a. a. O. Fußnote 666).
342
F. Schutz der Wandelobligationäre
Die Rechtsfolge einer Verschmelzung ist, dass der übertragende Rechtsträger mit Abschluss der Maßnahme aufhört zu existieren. Diese Vollbeendigung ohne Liquidation mit der Folge, dass die bisherigen Gesellschaftsanteile ein neues rechtliches Gewand erhalten können,688 kann bei der Verschmelzung eine zusätzliche rechtliche Verwässerung darstellen. So können – ähnlich wie beim Formwechsel – erhebliche Beeinträchtigungen auftreten, wenn die übernehmende / neugegründete Gesellschaft eine andere Rechtsform hat. Möglich sind rechtliche Verwässerungen in Form einer persönlichen Haftung, einer Einschränkung der Fungibilität oder etwa enorme Komplikationen bei der Wertbestimmung der Gesellschaftsanteile.689 Da der Anteilstausch in Gesellschaftsanteile des übernehmenden / neugegründeten Rechtsträgers massive rechtliche Auswirkungen für die Inhaber der übertragenden Gesellschaftsanteile haben kann, ist letzteren gem. §§ 29, 36 UmwG ein Abfindungsangebot zu machen, wenn sie einen Widerspruch gegen den Verschmelzungsbeschluss eingelegt haben. Der dadurch ermöglichte Ausstieg aus der übertragenden Gesellschaft dient als Minderheitenschutz und gleichsam als Ausgleich für die potentiellen rechtlichen Verwässerungen.690 Ein Abfindungsangebot muss den Gesellschaftern der übertragenden Gesellschaft aber nur dann gemacht werden, wenn die übernehmende / neugegründete Gesellschaft eine andere Rechtsform als der übertragende Rechtsträger hat. Soweit daher eine Verschmelzung auf eine AG, KGaA oder SE stattfindet, haben die Gesellschafter gem. §§ 29, 78 S. 4 UmwG keinen Anspruch auf ein Abfindungsangebot. In diesem Fall sind die rechtlichen Verwässerungen so geringfügig, weswegen den Aktionären des übertragenden Rechtssubjekts nach dem Willen des Gesetzgebers kein besonderer Schutz zukommen muss.691
688 Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG, § 2, Rn. 23; Stengel, in: Semler/Stengel, UmwG, § 2, Rn. 37 ff.; KölnKomm/Simon, UmwG, § 2, Rn. 74; Schmitt/Hörtnagl/ Stratz, UmwG, § 2, Rn. 6; Kallmeyer/Marsch-Barner, UmwG, § 23, Rn. 10 f.; Schäffler, in: Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 2, Rn. 2. 689 Vgl. hierzu bereits die allgemeinen Ausführungen oben unter dem Punkt: Umwandlungen auf S. 326 ff. 690 Grunewald, in: Lutter, UmwG, § 29, Rn. 2; Kalss, in: Semler/Stengel, UmwG, § 29, Rn. 1; KölnKomm/Simon, UmwG, § 23, Rn. 1; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 29, Rn. 3; Stockburger, in: Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 29, Rn. 8 f.; Kallmeyer/Marsch-Barner, UmwG, § 29, Rn. 2. 691 Grunewald, in: Lutter, UmwG, § 29, Rn. 2; Kalss, in: Semler/Stengel, UmwG, § 29, Rn. 6; KölnKomm/Simon, UmwG, § 29, Rn. 13; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 29, Rn. 3; Stockburger, in: Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 29, Rn. 13 ff.; Kallmeyer/Marsch-Barner, UmwG, § 29, Rn. 2.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 343
bb) Verwässerung bei den Wandelschuldverschreibungen Auf die Wandlungsrechte würde die Verschmelzung letztlich mittelbar dieselben Auswirkungen mit sich bringen, wie sie die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft erleiden würden. Aus diesem Grund normiert § 23 UmwG, dass den Wandelobligationären gleichwertige Rechte am übernehmenden / neugegründeten Rechtsträger einzuräumen sind. Eine Verschmelzung kann grundsätzlich dieselben – wie bei dem hier als Grundfall besprochenen Formwechsel – rechtlichen Verwässerungen für die Wandelobliga tionäre zur Folge haben.692 Obige Ergebnisse zum qualitativen Verwässerungsschutz bei einem Formwechsel können daher weitgehend fruchtbar werden. Der übernehmende Rechtsträger muss den Obligationären daher gleichwertige Rechte einräumen. Unterschiedlich ist jedoch die vermögens- und herrschaftsrechtliche Verwässerung. Bei einer Verschmelzung sind im Gegensatz zum Formwechsel immer mehrere Rechtsträger beteiligt. Dadurch wird zwangsläufig die Gesellschafterstruktur verändert, so dass diese Auswirkungen mittelbar auf die Wandlungsrechte durchschlagen. Einzige Möglichkeit diese Verwässerungen wieder auszugleichen, ist das Wandlungsverhältnis und den Wandlungspreis mit Hilfe des Umtauschverhältnisses formelmäßig anzupassen. Bezüglich des Verwässerungsschutzes ist dabei immer zu unterscheiden, ob der Emittent der Wandelobligationen übertragender oder übernehmender Rechtsträger ist. Soweit der Emittent das übernehmende Rechtssubjekt ist, muss keine Anpassung erfolgen, denn in diesem Fall erleiden sowohl die Gesellschafter des übernehmenden Rechtsträgers als auch mittelbar deren Wandelobligationäre keine Benachteiligungen. Zum einen ändert sich nicht das Rechtsgewand der übernehmenden Gesellschaft, weswegen sich keine rechtlichen Verwässerungen zeigen. Zum anderen kann sich zwar die mitgliedschaftliche Struktur der Gesellschaft durch die Aufnahme der übertragenden Rechtsträger und deren Gesellschafter verändern, im Gegenzug wird aber auch proportional zu den mitgliedschaftlichen Strukturveränderungen der Grundkapitalstock und alle anderen Vermögensmassen unter Berücksichtigung der zukünftigen Erträge angehoben. Dies ist eine zwingende und unvermeidbare Konsequenz aus der Verschmelzung. Aus diesem Grund gewährt auch das Gesetz nur den Inhabern des übertragenden Rechtsträgers einen Verwässerungsschutz in Form einer Zuzahlung (§ 15 UmwG) oder eines Abfindungsangebots (§§ 29, 36 UmwG). Für die Inhaber von Sonderrechten normiert § 23 UmwG ebenfalls nur einen Verwässerungsschutz zugunsten der Gläubiger der übertragenden Gesellschaft. Da sich gewöhnlich 692 Vgl. hierzu bereits die allgemeinen Ausführungen oben unter dem Punkt: Umwandlungen auf S. 326 ff.
344
F. Schutz der Wandelobligationäre
keine wesentlichen Beeinträchtigungen für die Gesellschaftsanteile der übernehmenden Emittentin zeigen, können mittelbar auch keine Verwässerungseffekte auf die Wandlungsrechte durchschlagen.693 Ein Verwässerungsschutz ist daher immer nur den Wandelobligationären der übertragenden Gesellschaft zu bewilligen. Schließlich ist noch klarzustellen, dass bei beiden Unterformen der Verschmelzung der Verwässerungsschutz identisch ist. Einziger Unterschied ist, dass bei einer Verschmelzung durch Neugründung immer mindestens zwei übertragende Rechtsträger existieren, so dass der neugegründete Rechtsträger denknotwendig nicht Emittent einer Wandelschuldverschreibung sein kann. Soweit mehrere übertragende Rechtsträger Wandelobligationen ausgegeben haben, müssen auch alle Wandelbedingungen angepasst werden. Festzuhalten ist damit, dass immer nur den Wandelobligationären der übertragenden Gesellschaft ein Verwässerungsschutz zugutekommen darf. cc) Vermögens- und herrschaftsrechtlicher Verwässerungsschutz bei der Verschmelzung Um einen idealen vermögens- sowie herrschaftsrechtlichen Verwässerungsschutz für den Fall einer Verschmelzung zu gewährleisten, können mehrere Anpassungen notwendig werden. Zuerst muss eine Anpassung des Wandlungspreises oder des Wandlungsverhältnisses mit Hilfe des Umtauschverhältnisses vorgenommen werden. Soweit die Aktionäre der übertragenden Emittentengesellschaft sich dann noch teilweise von dem übernehmenden Rechtsträger abfinden lassen, kann im Anschluss ein weiterer Verwässerungsschutz erforderlich werden. (1) Vermögens- und herrschaftsrechtlicher Verwässerungsschutz durch die Verschmelzung Durch die Verschmelzung treten vermögens- und herrschaftsrechtliche Verwässerungen auf, da sich der Wert einer Aktie als auch die Gesamtanzahl aller Gesellschafter bei der übernehmenden Gesellschaft verändert. Von 693 Schlitt/Kammelohr, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, § 11, Rn. 35; grundsätzlich so auch Prosser, S. 270 f. (Darüber hinaus will er jedoch einen weiteren Verwässerungsschutz bei einer Verschmelzung des übernehmenden Rechtsträgers befürworten, wenn i. R. d. Verschmelzung eine Kapitalerhöhung vollzogen wird. Dies ist auch grundsätzlich richtig. Jedoch verkennt Prosser, dass die Kapitalerhöhung eine eigenständige vorbereitende Maßnahme ist. Der Verwässerungsschutz richtet sich daher nach allgemeinen Grundsätzen des Verwässerungsschutzes i. R. e. Kapitalerhöhung und nicht nach dem UmwG).
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 345
nun an beziehen sich die Wandlungsrechte auf Gesellschaftsanteile des neuen Rechtsträgers. Die einzelnen Auswirkungen können für die Wandelobligationäre vielfältig sein. Abhängig sind sie im Wesentlichen von der Anzahl und dem Wert der Gesellschaftsanteile der neuen Rechtsform. Die Aktionäre erhalten in einem bestimmten Umtauschverhältnis neue Gesellschaftsanteile. Für einen idealen Verwässerungsschutz müssen die Wandlungsbedingungen ebenfalls mit demselben Umtauschverhältnis umgerechnet werden. Nur so kann eine wirtschaftliche Gleichbehandlung bezüglich des vermögens- und herrschaftsrechtlichen Verwässerungsschutzes der Aktionäre herbeigeführt werden.694 Für einen effektiven Verwässerungsschutz müssen Wandlungspreis oder Wandlungsverhältnis somit alternativ mit einer der folgenden Formeln angepasst werden: Pn = Pa = Vn = Va = U =
Pn =
Pa U
oder
Vn = Va ´U
angepasster Wandlungspreis ursprünglicher Wandlungspreis angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis Umtauschverhältnis
(2) Z usätzlicher Verwässerungsschutz im Falle der Barabfindung einzelner Aktionäre Nach dem Verschmelzungsbeschluss haben die Aktionäre des übertragenden Rechtssubjekts, falls sie einen Widerspruch eingelegt haben, grundsätzlich ein Austrittsrecht gegen eine Barabfindung (vgl. §§ 29 ff., 36 UmwG).695 I. d. R. werden die Aktionäre mit dem Ertragswert abgefunden.696 Die Ak tiengesellschaft muss dem Aktionär als Ausnahme zu § 71 Abs. 4 S. 2 AktG die Aktien abnehmen, damit dieser aus der Gesellschaft ausscheiden kann (§ 29 Abs. 1 S. 1 HS 2 UmwG).697 Da der Ertragswert der Aktien grundsätzlich über dem Aktienkurs liegt, haben die Barabfindungen dieselbe Wirkung wie Ausschüttungen an die Aktionäre. Es bedarf daher in diesem 694 Prosser, S. 267 ff. versucht des weiteren zwischen Gewinn- und Verlustgesellschaften zu differenzieren, was jedoch nicht erforderlich ist, da diese Aspekte bereits hinreichend bei Festsetzung des Umtauschverhältnisses i. R. d. Ertragswertmethode berücksichtigt werden. 695 Zum Anwendungsbereich des Austrittsrechts: Grunewald, in: Lutter, UmwG, § 29, Rn. 2; KölnKomm/Simon, UmwG, § 29, Rn. 11 ff. 696 A. a. O. (vgl. Fußnote 687). 697 Kalss, in: Semler/Stengel, UmwG, § 29, Rn. 11; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 207, Rn. 7; Stockburger, in: Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 29, Rn. 39; Grunewald, in: Lutter, UmwG, § 29, Rn. 26; KölnKomm/Petersen, UmwG, § 207, Rn. 13.
346
F. Schutz der Wandelobligationäre
Fall einer zusätzlichen Anpassung entsprechend dem Verwässerungsschutz von sonstigen Ausschüttungen. Die Ausschüttung an die Aktionäre entspricht dabei dem den Aktienkurs überschreitenden Differenzbetrag.698 Sollte aber der neue Rechtsträger keine eigenen Anteile erwerben dürfen (§ 29 Abs. 1 S. 3 UmwG) oder zieht der neue Rechtsträger die erworbenen Gesellschaftsanteile im Anschluss ein (z. B. § 237 AktG oder § 34 GmbHG), so entsprechen diese Auswirkungen einer Teilliquidation.699 Für diese Fälle müsste eine Anpassung der Wandelbedingungen entsprechend der Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien erfolgen.700 dd) Rechtlicher bzw. qualitativer Verwässerungsschutz bei der Verschmelzung Die rechtliche Verwässerung bei einer Verschmelzung äußert sich letztlich in derselben Art und Weise wie bei einem Formwechsel: Das rechtliche Gewand der Emittentengesellschaft kann sich durch die Umwandlungsmaßnahme verändern, so dass sich auch mittelbar die zukünftige mitgliedschaftliche Position der Wandlungsobligationäre mit teilweise erheblichen nachteiligen Folgen verwandeln kann. Als Ausgleich für diese rechtliche Verwässerung sind den Obligationären der übertragenden Emittentengesellschaft daher gleichwertige Rechte einzuräumen (§ 23 UmwG).701 Als gleichwertiges Recht muss dem Wandelobligationär bei einer Verschmelzung – ebenso wie bei einem Formwechsel – grundsätzlich ein allgemeines, außerordentliches Kündigungsrecht der Wandelschuldverschreibung eingeräumt werden. Als Grund für diese Art von Verwässerungsschutz lässt sich die qualitative Veränderung der künftigen Gesellschaftsanteile anführen. So können sich z. B. die Kapitalerhaltungsvorschriften, die Fungibilität der Gesellschaftsanteile, die Haftung der Gesellschafter oder etwa die Bewertung der Gesellschaftsanteile und mittelbar der Wandlungsrechte erheblich verändern. So wie den Aktionären der übertragenden Gesellschaft ein Austrittsrecht durch eine Barabfindung gewährt wird, sollte den Wandelobligationären ein gleichwertiges Recht in Form eines außerordentlichen 698 Vgl. hierzu die Ausführungen unter dem Punkt: Dividenden und sonstige Ausschüttungen auf S. 290 ff. 699 Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 207, Rn. 8; Kalss, in: Semler/Stengel, UmwG, § 207, Rn. 12; Stockburger, in: Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 29, Rn. 48. 700 Vgl. hierzu für Einzelheiten und Beispiele die Ausführungen unter dem Punkt: Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien (§§ 237 ff. AktG) auf S. 272 ff. 701 Vgl. hierzu ausführlicher die allgemeinen Ausführungen unter dem Punkt: Umwandlungen auf S. 326 ff.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 347
Kündigungsrechts eingeräumt werden.702 Falls die Wandelobligationäre die rechtlichen Veränderungen ihrer künftigen Gesellschafterstellung nicht hinnehmen wollen, können sie das Schuldverhältnis durch dieses Kündigungsrecht zum Erlöschen bringen. (1) Verschmelzung auf eine KGaA, SE oder AG Soweit eine Verschmelzung einer AG, KGaA oder SE untereinander vollzogen wird, können den Wandelobligationären durchaus gleichartige Rechte gewährt werden. Da für alle Gesellschaften im Wesentlichen dieselben Rechtsgrundlagen Anwendung finden, können diese Gesellschaftsformen Wandelobligationen als Finanzierungsinstrumente nutzen. Somit kann eine identische Absicherung der Wandlungsrechte durch ein bedingtes oder genehmigtes Kapital aufrechterhalten werden. Zudem sind auch die KGaA und SE börsenfähig, so dass sich Folgeprobleme bezüglich der Wertbestimmung der Aktien als auch der Wandelschuldverschreibungen vermeiden lassen. Die rechtliche Qualität der Wandlungsrechte ändert sich somit kaum, wenn die neue Gesellschaft weiterhin an der Börse gelistet bleibt.703 Bei einer Verschmelzung auf eine Gesellschaft gleicher Rechtsform (AG, KGaA, SE) besteht wie bei einem Formwechsel die Besonderheit, dass die Aktionäre keinen Barabfindungsanspruch geltend machen können (vgl. §§ 29, 36, 78 S. 4 UmwG). Hintergrund dieser Regelung ist, dass bei einer derartigen Umwandlung die Rechtsstellung der Aktionäre nahezu unverändert bleibt.704 Wenn man diese gesetzgeberische Wertung wiederum vollständig berücksichtigen will, muss man diesen Gedanken auf die Wandelobligationäre übertragen. Die rechtlichen Verwässerungen bei einer Verschmelzung auf einen Rechtsträger gleicher Rechtsform sind bei den Wandelobligationären genauso geringfügig wie bei den Aktionären. Aus diesem Grund sollte das allgemeine Sonderkündigungsrecht in diesen Konstellationen einschränkt werden. Als Begründung könnte man eine Analogie zu §§ 29, 78 S. 4 UmwG heranziehen.705 702 Bei einer Verschmelzung zu einem Rechtsträger gleicher Rechtsform (AG, KGaA, SE) wäre das Kündigungsrecht gleichwohl nicht zwingend, soweit die neue Gesellschaft weiterhin an der Börse gelistet bleibt. Im Übrigen vgl. hierzu die folgenden Ausführungen. 703 Vgl. hierzu im Übrigen die Ausführungen unter dem Punkt: Formwechsel in eine KGaA, SE oder AG auf S. 334 f., welche weitgehend auf die Verschmelzung übertragen werden können. 704 A. a. O. (vgl. Fußnote 691); zur Anwendbarkeit auf die SE vgl.: Lutter/Dry gala, in: Lutter, UmwG, § 3, Rn. 14; KölnKomm/Simon, UmwG, § 30, Rn. 14. 705 Grundsätzlich so auch Prosser, S. 272 f. für den Fall der Verschmelzung auf eine AG; für Einzelheiten und nähere Begründungen vgl. die Ausführungen unter
348
F. Schutz der Wandelobligationäre
(2) Verschmelzung auf eine GmbH Die Verschmelzung einer AG, KGaA oder SE auf eine GmbH hat stärkere rechtliche Verwässerungen zur Folge. So führt diese Umwandlung zu einem kalten Delisting der Emittentin. Dadurch entstehen wiederum – ähnlich wie bei einem Formwechsel – weitere Nachteile bezüglich der Fungibilität und der Bewertung sowohl der Gesellschaftsanteile als auch der Wandelschuldverschreibungen. Nach der Verschmelzung müssten sich die Wandelobligationäre außerdem damit zufrieden geben, dass die Gesellschafter nach der Ausübung des Wandlungsrechts einer Kapitalerhöhung zustimmen oder ein genehmigtes Kapital (§ 55a GmbHG) zur Absicherung der Wandlungsrechte beschließen, wodurch wiederum eine grundlegende Entwertung eintreten kann.706 Für einen effektiven und bestmöglichen rechtlichen Verwässerungsschutz sollten die Wandlungsrechte aufrechterhalten werden. Nach der Ausübung des Bezugsrechts müssen die erforderlichen neuen Gesellschaftsanteile dann erst durch eine Kapitalerhöhung geschaffen werden.707 So wird dem Wandelobligationär die Möglichkeit aufrechterhalten in der Zukunft Gesellschafter zu werden. Zudem kann der Spekulationscharakter bewahrt werden. Ferner ist den Wandelobligationären aufgrund der eingeschränkten Fungibilität der Gesellschaftsanteile als Ausgleich im Sinne eines gleichwertigen Rechts zusätzlich das Wahlrecht einzuräumen, dass sie mit der Ausübung des Wandlungsrechts und nicht bereits bei der Verschmelzung anstelle der Gesellschaftsanteile eine Barabfindung erhalten können. Dieses Wahlrecht wird i. d. R. dann ausgeübt werden, wenn das Wandlungsrecht werthaltig ist. Daneben ist den Wandelobligationären aufgrund der rechtlichen Veränderungen ihrer künftigen Rechtsposition das allgemeine außerordentliche Kündigungsrecht zuzubilligen. Dieses Recht können die Wandelobligationäre hingegen nutzen, wenn das Wandlungsrecht zum Zeitpunkt der Verschmelzung wertlos ist. Durch diese Gestaltung kann den Wandelobligationären ein nahezu gleichwertiges Recht zugesichert werden.708 dem Punkt: Formwechsel in eine KGaA, SE oder AG auf S. 334 f., welche auf die Verschmelzung weitgehend übertragen werden können. 706 Für Einzelheiten vgl. die Ausführungen unter dem Punkt: Formwechsel in eine GmbH auf S. 336 ff., welche auf die Verschmelzung übertragen werden können. 707 So Kallmeyer/Marsch-Barner, UmwG, § 23, Rn. 11; Decher, in: Lutter, UmwG, § 204, Rn. 30 (aber nur für den Fall des Formwechsels einer nicht börsennotierten Gesellschaft in eine GmbH). 708 Für Einzelheiten und nähere Begründungen vgl. die Ausführungen unter dem Punkt: Formwechsel in eine GmbH auf S. 336 ff., welche auf die Verschmelzung weitgehend übertragen werden können.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 349
(3) Verschmelzung auf eine Personengesellschaft Eine Verschmelzung auf eine Personengesellschaft hat für die Wandelobligationäre – ebenso wie bei einem Formwechsel in eine Personengesellschaft – die weitreichendsten rechtlichen Verwässerungen zur Folge, da keine adäquaten Absicherungsinstrumente für Wandlungsrechte bestehen und den Wandelobligationären zusätzlich eine persönliche Haftung droht. Entsprechend dem Verwässerungsschutz bei einer Verschmelzung auf eine GmbH darf den Obligationären das Wandlungsrecht aber nicht vorzeitig genommen werden. Es sollte bestehen bleiben, so dass dem Wandelobligationär die Möglichkeit gegeben wird, weiterhin an einer positiven Entwicklung der Gesellschaft zu partizipieren. Erst Recht muss dem Wandelobligationär aufgrund der drohenden persönlichen Haftung und der eingeschränkten Fungibilität das Wahlrecht eingeräumt werden, anstelle der Gesellschafterstellung mit der Ausübung des Wandlungsrechts eine Abfindung ausgezahlt zu bekommen. Aufgrund der elementaren Veränderungen der Emittentengesellschaft bei einer Verschmelzung auf eine Personengesellschaft ist es aber in dieser Konstellation im Hinblick auf die potentielle künftige persönliche Haftung gerechtfertigt, den Wandelobligationären zusätzlich – bereits mit dem Verschmelzungsbeschluss – ein vorzeitiges Wandlungs- / Abfindungsrecht einzuräumen. Dadurch würden die Wandelobligationäre nicht vollständig ihren bisherigen Spekulationsgewinn einbüßen. Vielmehr können sie eine Abfindung erhalten oder ihre gewandelten Anteile noch an der Börse verkaufen. Ist das Wandlungsrecht wertlos, können sie von dem allgemeinen außerordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch machen. Bei einer Verschmelzung auf eine Personengesellschaft erscheint es daher angebracht, dass den Wandelobligationären als Ausgleich im Sinne eines gleichwertigen Rechts zusätzlich die Option zur sofortigen Barabfindung in Form eines Wahlrechts zugesichert wird.709 ee) Empirische Auswertung (1) Große Aktiengesellschaften Fast alle der hier untersuchten Wandelschuldverschreibungsbedingungen von großen Aktiengesellschaften sehen einen angemessenen vermögens- und herrschaftsrechtlichen Verwässerungsschutz nach obigen Modalitäten vor.710 709 Für Einzelheiten und nähere Begründungen vgl. die Ausführungen unter dem Punkt: Formwechsel in eine Personengesellschaft auf S. 338 f., welche auf die Verschmelzung weitgehend übertragen werden können. 710 Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe), § 10, f; Solon AG Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, e; Süd
350
F. Schutz der Wandelobligationäre
Einen ausdrücklichen Verwässerungsschutz für die potentiell folgenden Abfindungszahlungen an die Aktionäre regulieren diese Gesellschaften aber nicht. Die Barabfindungen müssten daher entsprechend den Ausschüttungen oder bei einer Einziehung der Gesellschaftsanteile wie eine Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien behandelt werden. Allerdings sind die Verwässerungsschutzmodalitäten für Ausschüttungen und Aktieneinziehungen von großen Aktiengesellschaften nicht vollkommen.711 Im Übrigen ist rein deklaratorisch reguliert, dass der von der Emittentin regulierte Verwässerungsschutz auch für die übernehmende Gesellschaft Anwendung findet.712 Schließlich stellen die Wandelbedingungen klar, dass ein Verwässerungsschutz nur für den Fall eingreift, dass die Emittentin bei dem Verschmelzungsvorgang der übertragende Rechtsträger ist.713 Der Ausschluss eines Verwässerungsschutzes als übernehmender Rechtsträger hat aber ebenfalls nur eine deklaratorische Funktion (vgl. § 23 UmwG), da in diesem Fall grundsätzlich keine Verwässerungen auftreten.714 Hinsichtlich des rechtlichen Verwässerungsschutzes räumen diese Gesellschaften den Obligationären im Falle einer Verschmelzung lediglich ein Kündigungsrecht ein. Das Kündigungsrecht gilt jedoch nur, wenn der übernehmende Rechtsträger nicht an einem organisierten Markt im europäischen Wirtschaftsraum notiert ist.715 Letztlich entsprechen diese Klauseln der obigen vertretenen Ansicht, dass bei einer Verschmelzung auf eine Gesellschaft gleicher Rechtsform nach der gesetzlichen Wertung der §§ 29, 36, 78 S. 4 UmwG kein Kündigungsrecht erforderlich ist. Diese Regelungen sind daher zu begrüßen, denn die Wandelschuldverschreibungen können theoretisch dazucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wandelanleihe 2009/2016), § 10, Abs. 5; TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/2016), § 11, Abs. 5, a. 711 Zur Effektivität dieser Klauseln vgl. die Ausführungen unter den Punkten: Dividenden und sonstige Ausschüttungen auf S. 290 und Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien (§§ 237 ff. AktG) auf S. 272 ff. 712 A. a. O. (vgl. Fußnote 710). 713 Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe), § 10, h; Solon AG Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, g; Südzucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wandelanleihe 2009/2016), § 10, Abs. 7; TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/2016), § 11, Abs. 6. 714 Vgl. hierzu die Ausführungen unter dem Punkt: Verwässerung bei den Wandelschuldverschreibungen auf S. 343 f. 715 Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe), § 11, b; TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/2016), § 14, Abs. 2; Südzucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wandelanleihe 2009/2016), § 3 Abs. 5 (dort ist ein allgemeines umfassendes Kündigungsrecht der Obligationäre geregelt, dass auch im Falle einer Verschmelzung angewendet werden könnte).
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 351
durch nach dem Willen des Obligationärs fortwirken. Nachteilig ist jedoch weiterhin, dass im Fall der Wandlung in Gesellschaftsanteile ungleicher Rechtsform den Obligationären kein Wahlrecht eingeräumt wird, anstelle der Gesellschaftsanteile eine Abfindung zu verlangen. Dadurch besteht die Gefahr, dass die Obligationäre im Falle der Wandlung ihre Anteile nur sehr schwer liquidieren können. Dies ist ein enormer rechtlicher Nachteil. Lediglich bei einer Gesellschaft ist kein Verwässerungsschutz für die rechtlichen und qualitativen Veränderungen der künftigen Rechtspositionen reguliert.716 Der Grund hierfür mag wohl darin liegen, dass die mit Abstand am häufigsten in Betracht kommende Situation die Verschmelzung auf eine gleichartige Gesellschaft (AG, KGaA, SE) ist und bei dieser Variante nach obigen Ausführungen kein zusätzlicher rechtlicher Verwässerungsschutz erforderlich ist. Die übrigen, vielseitig in Betracht kommen Verschmelzungskonstellationen sind bei einer Aktiengesellschaft als Wandelschuldverschreibungsemittent so selten, dass sie offenbar vernachlässigt wurden. Dennoch stellt dies ein enormes Defizit dar. Schließlich hat eine größere Gesellschaft hat in ihren Wandelbedingungen überhaupt keine Verwässerungsschutzregelung bei Verschmelzungen parat.717 (2) Kleine Aktiengesellschaften Kleinere Aktiengesellschaften sehen dagegen i. d. R. keinen Verwässerungsschutz für Verschmelzungen vor.718 Wenige von diesen haben dafür jedoch eine Generalklausel, wodurch ein Verwässerungsschutz in diesem Zusammenhang grundsätzlich gesichert wäre.719 Hinzuweisen ist schließlich noch auf ein Bedingungswerk, dass im Falle einer Verschmelzung sowohl den Wandelobligationären als auch der Emittentin ein außerordentliches Kündigungsrecht zuspricht.720 Fraglich erscheint 716 Solon AG Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10 e, § 12 a viii. 717 Arques Industries AG Wandelschuldverschreibung (9,0 % Wandelanleihe 2010/2012), Zif. 8. 718 S.A.G. Solarstrom AG Wandelschuldverschreibung (6,85 % Wandelanleihe 2007/2010), § 5; Klassik Radio AG Wandelschuldverschreibung (6,5 % Wandelanleihe 2007/2010), Zif. 10; Pixelpark AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2008/2012), § 5; EPG AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2006/ 2011), § 8. 719 Klassik Radio AG Wandelschuldverschreibung (6,5 % Wandelanleihe 2007/2010), Zif. 10.4; EPG AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2006/2011), § 8, Abs. 7. 720 EPG AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2006/2011), § 9, Abs. 1.
352
F. Schutz der Wandelobligationäre
hier, wieso der Emittentin ein Kündigungsrecht eingeräumt wird. Im Übrigen wurde kein vermögens- und herrschaftsrechtlicher Schutz reguliert. Dieser Verwässerungsschutz ist daher äußerst gefährlich und für die Obligationäre unvorhersehbar. c) Spaltung Eine weitere bedeutende Umwandlungsmaßnahme, bei der Wandelobligationäre eine herrschafts-, vermögensrechtliche und qualitative Verwässerung ihrer Wandlungsrechte erfahren können, ist die Spaltung. Auch diese Umwandlungsmaßnahme kann man in weitere Unterformen einteilen. So kann gem. § 123 UmwG zwischen einer Aufspaltung, Abspaltung und einer Eingliederung differenziert werden. Bei der Spaltung wird dabei das Vermögen oder ein Teil des Vermögens des übertragenden Rechtsträgers als Gesamtheit im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge auf einen übernehmenden Rechtsträger übertragen. Die Spaltung lässt sich weiter dem Sinn nach untergliedern, ob der übernehmende Rechtsträger bereits besteht (Spaltung zur Aufnahme) oder neu gegründet wird (Spaltung zur Neugründung).721 Im Folgenden sollen die Auswirkungen der verschiedenen Spaltungsformen auf die Wandelschuldverschreibungen und die Erfordernisse eines effektiven Verwässerungsschutzes kurz dargestellt werden. aa) Aufspaltung Bei der Aufspaltung verteilt der übertragende Rechtsträger unter Auflösung und ohne Abwicklung sein gesamtes Vermögen auf mindestens zwei andere übernehmende / neugegründete Rechtsträger. Die Aufspaltung unterscheidet sich von den anderen Spaltungsformen dadurch, dass bei der Aufspaltung der übertragende Rechtsträger aufgelöst wird. Den Gesellschaftern der übertragenden Gesellschaft sind gem. § 123 Abs. 1 UmwG als Ausgleich für den Untergang der bisherigen Anteile neue Gesellschaftsanteile an den übernehmenden / neugegründeten Rechtsträgern einzuräumen.722 721 Teichmann, in: Lutter, UmwG, § 123, Rn. 8 f., 18; Stengel, in: Semler/Stengel, UmwG, § 123, Rn. 2, 11 ff.; KölnKomm/Simon, UmwG, § 123, Rn. 18 ff.; Schmitt/ Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 123, Rn. 5 ff.; Kallmeyer/Sickinger, UmwG, § 123, Rn. 2; Raible, in: Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 123, Rn. 6, 12 f. 722 Teichmann, in: Lutter, UmwG, § 123, Rn. 19; Stengel, in: Semler/Stengel, UmwG, § 123, Rn. 12 f.; KölnKomm/Simon, UmwG, § 123, Rn. 18 ff.; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 123, Rn. 6 ff.; Kallmeyer/Sickinger, UmwG, § 123, Rn. 3, 7; Raible, in: Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 123, Rn. 13 ff.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 353
Ohne diesen Anteilstausch müssten die Gesellschafter des übertragenden Rechtsträgers einen ersatzlosen Verlust ihrer Gesellschaftsanteile hinnehmen. Der Anteilstausch dient als Ersatz für die vollständige vermögensund herrschaftsrechtliche Verwässerung der Gesellschaftsanteile des übertragenden Rechtsträgers. Als vermögens- und herrschaftsrechtlichen Ausgleich erhalten diese in einem bestimmten Umtauschverhältnis neue Gesellschaftsanteile an den übernehmenden / neugegründeten Rechtssubjekten.723 Zusätzlich können die Gesellschafter des übertragenden Rechtsträgers gem. § 125 i. V. m. § 15 Abs. 1 UmwG eine angemessene Zuzahlung im Wege eines Spruchverfahrens geltend machen, wenn sie der Ansicht sind, dass die Bestimmung des Umtauschverhältnisses zu niedrig bemessen ist.724 Die durch § 123 Abs. 1 UmwG angeordnete Auflösung ohne Liquidation mit der Folge, dass die bisherigen Gesellschaftsanteile aufgrund des Anteilstauschs neue rechtliche Gewänder erhalten, kann bei den Aktionären – ähnlich wie beim Formwechsel und der Verschmelzung – eine zusätzliche rechtliche Verwässerung verursachen.725 Aufgrund dieser rechtlichen Veränderungen der Mitgliedschaften ist den Inhabern der übertragenden Gesellschaft gem. §§ 125, 135 i. V. m. § 29 UmwG ein Abfindungsangebot zu machen, wenn sie einen Widerspruch gegen den Spaltungsbeschluss eingelegt haben.726 Dies gilt aber wegen der uneingeschränkten Verweisung auf § 29 UmwG nur dann, wenn die übernehmenden / neugegründeten Gesellschaften eine andere Rechtsform als das übertragende Rechtssubjekt haben. Soweit daher eine Aufspaltung in eine AG, KGaA oder SE stattfindet, haben die Gesellschafter gem. §§ 125, 135 i. V. m. §§ 29, 78 S. 4 UmwG keinen Anspruch auf ein Abfindungsangebot. In diesem Fall sind die rechtlichen Veränderungen so geringfügig, so dass den Aktionären des übertragenden 723 Priester, in: Lutter, UmwG, § 126, Rn. 32; Schröer, in: Semler/Stengel, UmwG, § 126, Rn. 37; KölnKomm/Simon, UmwG, § 123, Rn. 14; Schmitt/Hörtnagl/ Stratz, UmwG, § 126, Rn. 35 ff.; Kallmeyer/Müller, UmwG, § 126, Rn. 7, § 5 Rn. 17 ff.; Raible, in: Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 126, Rn. 34. 724 Teichmann, in: Lutter, UmwG, § 125, Rn. 6; Priester, in: Lutter, UmwG, § 126, Rn. 35; Stengel, in: Semler/Stengel, UmwG, § 125, Rn. 5, Schröer, in: Semler/Stengel, UmwG, § 126, Rn. 35; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 125, Rn. 16 f.; Kallmeyer/Sickinger, UmwG, § 125, Rn. 18; Raible, in: Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 126, Rn. 32, § 125, Rn. 9. 725 Vgl. hierzu bereits die allgemeinen Ausführungen oben unter dem Punkt: Umwandlungen auf S. 326 ff. 726 Teichmann, in: Lutter, UmwG, § 125, Rn. 6; Priester, in: Lutter, UmwG, § 126, Rn. 83; Stengel, in: Semler/Stengel, UmwG, § 125, Rn. 5; Schröer, in: Semler/Stengel, UmwG, § 126, Rn. 92; KölnKomm/Simon, UmwG, § 126, Rn. 81; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 125, Rn. 18; Kallmeyer/Sickinger, UmwG, § 125, Rn. 36; Raible, in: Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 125, Rn. 9 f.
354
F. Schutz der Wandelobligationäre
Rechtsträgers nach dem Willen des Gesetzgebers kein besonderer Schutz zukommen muss.727 Eine Aufspaltung hätte auf die Wandlungsrechte mittelbar letztlich dieselben Auswirkungen, wie sie bei den Mitgliedschaftsrechten unmittelbar eintreten. Insofern normieren die §§ 125, 135 i. V. m. § 23 UmwG einen Verwässerungsschutz in der Form, dass auch den Sonderrechtsinhabern gleichwertige Rechte an den übernehmenden / neugegründeten Rechtsträgern einzuräumen sind. Den Wandelobligationären der sich aufspaltenden Emittentengesellschaft muss daher immer ein bestmöglicher Verwässerungsschutz in Form von gleichwertigen Rechten an den übernehmenden / neugegründeten Rechtsträgern eingeräumt werden. Ein Verwässerungsschutz ist dabei immer nur dann erforderlich, wenn sich die Emittentin spaltet und die Sonderrechtsinhaber damit Gläubiger der übertragenden Emittentengesellschaft sind (vgl. §§ 125, 135 i. V. m. § 23 UmwG). Da die Aufspaltung dazu führt, dass der ursprüngliche Emittent in mehrere Rechtsträger geteilt wird, ordnet § 133 Abs. 1 S. 1 UmwG zudem eine gesamtschuldnerische Haftung der beteiligten Rechtsträger für alle Altverbindlichkeiten an. Relevant ist diese Norm daher vor allem für die Schuldverschreibungsinhaber.728 (1) Vermögens- und herrschaftsrechtlicher Verwässerungsschutz bei der Aufspaltung Bei der verhältniswahrenden Aufspaltung durch Neugründung gem. § 123 Abs. 1 Nr. 2 UmwG findet i. d. R. keine Veränderung der Gesellschafterstruktur statt, da der abgespaltene Teil nicht mit einer bereits bestehenden Gesellschaft verschmolzen wird. In den meisten Fällen genügt es daher, wenn sich die Wandlungsrechte mit demselben Wandlungsverhältnis auf die neugegründeten Gesellschaften beziehen. Dies kann nur dadurch erreicht werden, indem die Teil- / Wandelobligation in derselben Wertrelation wie die Emittentin aufgespalten wird. Da bei einer verhältniswahrenden Spaltung die Gesellschaftsanteile bzw. deren Anzahl und Gewichtung der übernehmenden Gesellschaft nicht verändert werden, darf sich das Wandlungsverhältnis der aufgespaltenen Wandelobligationen auch nicht verändern. Der angepasste Wandlungspreis ergibt sich dann jeweils aus den Quotienten der 727 A. a. O. (vgl. Fußnote 691); die Rechtslage ist wiederum nahezu identisch zu den obigen Umwandlungsmaßnahmen. 728 Maier-Reimer/Seulen, in: Semler/Stengel, UmwG, § 133, Rn. 30 ff.; KölnKomm/Simon, UmwG, § 133, Rn. 17 ff.; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 133, Rn. 2; Kallmeyer/Sickinger, UmwG, § 133, Rn. 2 ff. Raible, in: Maulbetsch/Klumpp/ Rose, UmwG, § 133, Rn. 4 f.; a. A. Hommelhoff/Schwab, in: Lutter, UmwG, § 133, Rn. 26 (Akzessorietätsmodell).
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 355
gespaltenen Nennwerte und dem ursprünglichen Wandlungsverhältnis. Die Wandelobligationäre haben von nun an Wandlungsrechte an zwei verschiedenen Gesellschaften. Nwa = Nw1 + Nw2
P1 = Nw1 Va
Nwa Nw1 Nw2 P1 P2 Va
= = = = = =
und
P2 = Nw 2 Va
ursprünglicher Nennwert der Teilwandelschuldverschreibung Nennwert der aufgespaltenen Teilwandelschuldverschreibung (1) Nennwert der aufgespaltenen Teilwandelschuldverschreibung (2) Wandlungspreis der aufgespaltenen Teilwandelschuldverschreibung (1) Wandlungspreis der aufgespaltenen Teilwandelschuldverschreibung (2) ursprüngliches Wandlungsverhältnis
Bei der Aufspaltung durch Aufnahme gem. § 123 Abs. 1 Nr. 1 UmwG muss für einen effektiven Verwässerungsschutz zunächst ebenfalls eine Aufspaltung der Teil- / Wandelschuldverschreibung in derselben Wertrelation wie bei der Emittentin vorgenommen werden. Die angepassten Wandlungspreise berechnen sich aus den aufgespaltenen Nennwerten der Teilwandelobliga tionen dividiert durch das ursprüngliche Wandlungsverhältnis. Ein Unterschied zur Aufspaltung zur Neugründung besteht darin, dass die übernehmenden Rechtsträger bei einer Aufspaltung zur Aufnahme bereits mit einem bestimmten Gesellschafter- und Vermögensstamm existieren. Dadurch verändert sich die Gesellschafterstruktur. Für einen effektiven vermögens- und herrschaftsrechtlichen Verwässerungsschutz muss der Wandlungspreis oder das Wandlungsverhältnis daher zusätzlich – wie bei der Verschmelzung – mit dem Umtauschverhältnis umgerechnet werden.
Pn 1 = P1 U
oder
Vn = Va ´U
und Pn1 / 2 = P1 = P2 = U = Vn = Va =
Pn 2 = P 2 U
oder
Vn = Va ´U
angepasster Wandlungspreis der aufgespaltenen Teilwandelobligationen Wandlungspreis der aufgespaltenen Teilwandelschuldverschreibung (1) Wandlungspreis der aufgespaltenen Teilwandelschuldverschreibung (2) Umtauschverhältnis angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis
Für den Fall, dass ausnahmsweise einmal eine nicht verhältniswahrende Aufspaltung erfolgt, bei welcher einzelnen Gesellschaftern des übertragenden Rechtsträgers z. B. überhaupt keine Anteile des neugegründeten Rechts-
356
F. Schutz der Wandelobligationäre
trägers zugewiesen werden (Spaltung zu Null),729 muss eine weitere Anpassung der Wandelbedingungen erfolgen. Der Wandlungspreis oder das Wandlungsverhältnis ist – ähnlich wie bei einem Formwechsel – anhand des Verhältnisses der Anzahl der Gesellschaftsanteile einer verhältniswahrenden und der nicht verhältniswahrenden Aufspaltung anzupassen.730 Pn1 / 2 = P1 / 2 = Vn = Va = Nn = Na =
Pn 1/2 = P1/2 ´ Na Nn
oder
Vn = Va ´ Nn Na
angepasster Wandlungspreis der aufgespaltenen Teilwandelobligationen Wandlungspreis der aufgespaltenen Teilwandelschuldverschreibung (1) / (2) angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis Anzahl der Gesellschaftsanteile nach der nichtverhältniswahrenden Aufspaltung Anzahl der Gesellschaftsanteile vor der nichtverhältniswahrenden Aufspaltung
Für sämtliche Aufspaltungsarten gilt, dass weitere vermögensrechtliche Anpassungen erforderlich werden können, wenn im Anschluss einige Gesellschafter von ihrem Abfindungsrecht Gebrauch machen.731 (2) R echtlicher bzw. qualitativer Verwässerungsschutz bei der Aufspaltung Bezüglich des rechtlichen Verwässerungsschutzes aufgrund der Veränderungen der Gesellschaftsform ist für jeden übernehmenden Rechtsträger zu differenzieren, welche Rechtsform dieser hat. Sonstige Unterschiede bei einer Aufspaltung zur Aufnahme oder zur Neugründung ergeben sich nicht. Der rechtliche Verwässerungsschutz muss für jeden übernehmenden oder neugegründeten Rechtsträger entsprechend den Ausführungen zur Verschmelzung oder dem Formwechsel ausgestaltet sein. Allgemein ist den Wandelobligationären ein außerordentliches Kündigungsrecht einzuräumen. Für den Fall, dass die übernehmenden Rechtsträger die gleiche Rechtsform i. S. d. §§ 123, 133 i. V. m. §§ 29 und 78 S. 4 UmwG (AG, KGaA, SE) haben, muss das Kündigungsrecht eingeschränkt werden. 729 Vgl. zur nicht verhältniswahrenden Auf- und Abspaltung: Priester, in: Lutter, UmwG, § 128, Rn. 8 ff.; Schröer, in: Semler/Stengel, UmwG, § 128, Rn. 5 ff.; KölnKomm/Simon, UmwG, § 128, Rn. 6 ff.; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 128, Rn. 4 ff.; Kallmeyer/Sickinger, UmwG, § 128, Rn. 3 f.; Raible, in: Maulbetsch/ Klumpp/Rose, UmwG, § 123, Rn. 37. 730 Der zusätzliche Verwässerungsschutz einer nicht verhältniswahrenden Aufspaltung würde mit derselben Formel wie bei einem Formwechsel berechnet werden, vgl. hierzu die Erläuterungen unter dem Punkt: Vermögens- und herrschaftsrechtlicher Verwässerungsschutz beim Formwechsel auf S. 331 f. 731 Vgl. hierzu bereits die allgemeinen Ausführungen oben unter dem Punkt: Vermögens- und herrschaftsrechtlicher Verwässerungsschutz bei der Verschmelzung auf S. 344 ff.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 357
Bei einer Aufspaltung in eine GmbH als übernehmender Rechtsträger muss den Wandelobligationären mit der Ausübung des Wandlungsrechts das Wahlrecht eingeräumt werden, anstatt der Gesellschafterstellung auch eine Abfindung verlangen zu können. Sollte die übernehmende Gesellschaft hingegen eine Personengesellschaft sein, muss den Wandelobligationären vor dem Vollzug der Aufspaltung ein weiteres zusätzliches Wahlrecht auf eine Barabfindung eingeräumt werden.732 Aufgrund Aufspaltung auf mehrere unabhängige Gesellschaften sollte im Sinne eines gleichwertigen Rechts die Wandelschuldverschreibung in derselben Wertrelation aufgespalten werden.733 bb) Abspaltung Bei der Abspaltung gibt der übertragende Rechtsträger nur einen Teil seines Vermögens auf einen oder mehrere übernehmende Rechtsträger weiter. Im Unterschied zur Aufspaltung findet somit nur eine teilweise Vermögensübertragung statt, weswegen der übertragende Rechtsträger weiterhin bestehen bleibt.734 Die Abspaltung kann ebenso durch Aufnahme eines bereits bestehenden oder durch Übertragung auf einen neugegründeten Rechtsträger erfolgen (vgl. § 123 Abs. 2 UmwG). Die Auswirkungen sind nicht ganz so gravierend wie bei einer Aufspaltung. Nur in Höhe des abgespaltenen Teils des Vermögens könnten Verwässerungen auftreten. Die Aktionäre des übertragenden Rechtsträgers sind wiederum gegen die verwässernden Auswirkungen weitgehend geschützt. Sie erhalten neue Gesellschaftsanteile an dem abgespaltenen Gesellschaftsanteil. Außerdem können sie zum einen gem. §§ 125, 135 i. V. m. § 15 Abs. 1 UmwG eine angemessene Zuzahlung im Wege eines Spruchverfahrens geltend machen, wenn sie der Ansicht sind, dass das Umtauschverhältnis nicht angemessen ist. Zum anderen können die Aktionäre gegen eine Barabfindung unter den Voraussetzungen der §§ 125, 135 i. V. m. § 29 UmwG aus dem übernehmenden Rechtsträger ausscheiden.735 732 Vgl. hierzu ausführlich die Ausführungen unter dem Punkt: Rechtlicher bzw. qualitativer Verwässerungsschutz beim Formwechsel auf S. 333 ff., welche auf die Aufspaltungen übertragen werden können. 733 Vgl. hierzu bereits die Ausführungen zum vermögensrechtlichen Verwässerungsschutz auf S. 354 f. 734 Teichmann, in: Lutter, UmwG, § 123, Rn. 20; Stengel, in: Semler/Stengel, UmwG, § 123, Rn. 14; KölnKomm/Simon, UmwG, § 123, Rn. 23 f.; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 123, Rn. 9; Kallmeyer/Sickinger, UmwG, § 123, Rn. 9 f.; Raible, in: Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 123, Rn. 17 ff. 735 Teichmann, in: Lutter, UmwG, § 125, Rn. 8; Stengel, in: Semler/Stengel, UmwG, § 125, Rn. 7; Kallmeyer/Sickinger, UmwG, § 125, Rn. 18, 36; Raible, in:
358
F. Schutz der Wandelobligationäre
Auch bei einer Abspaltung verwässern die Wandlungsrechte letztlich mittelbar auf dieselbe Weise wie die Aktien. Deshalb normieren die §§ 125, 135 i. V. m. 23 UmwG einen Verwässerungsschutz, so dass den Sonderrechtsinhabern gleichwertige Rechte nur (!) an den übernehmenden / neugegründeten Rechtsträgern einzuräumen sind. Bei der Abspaltung besteht jedoch die Besonderheit, dass der übertragende Rechtsträger – im Gegensatz zu bisher allen anderen besprochenen Umwandlungsmaßnahmen – weiterhin bestehen bleibt. Aus diesem Grund erweitert § 133 Abs. 2 S. 2 UmwG den Anwendungsbereich des § 23 UmwG. Danach können bei einer Abspaltung gleichwertige Rechte i. S. v. § 23 UmwG auch an dem übertragenden Rechtsträger gewährt werden. Für Wandelschuldverschreibungen im Speziellen sollte diese Norm eine eingeschränkte Anwendung finden. So könnte man sie missverstehen und allgemein davon ausgehen, dass auf eine Gewährung von gleichartigen Ersatzrechten an der übernehmenden Gesellschaft verzichtet werden kann und stattdessen die Wandelbedingungen nur an dem übertragenden Rechtsträger zu erweitern. Tatsächlich war die Regelung nur für Ausnahmefälle gedacht. So wäre eine Anpassung der Wandelbedingungen des übertragenden Rechtsträgers beispielsweise im Falle einer nicht verhältniswahrenden Abspaltung erforderlich. Der eigentliche Hauptanwendungsbereich dieser Norm wurzelt vielmehr bei Sonderrechten, die an die Vermögens- oder Ertragslage des übertragenden Rechtsträgers anknüpfen. Bei derartigen Rechten kann im Einzelfall eine Umgestaltung notwendig werden.736 Zusätzlich wird der Schutz der Obligationäre durch § 133 Abs. 1 S. 1 UmwG komplettiert, wonach alle beteiligten Rechtsträger für Altverbindlichkeiten haften.737 Der Verwässerungsschutz muss bei der Abspaltung grundsätzlich wie bei einer Aufspaltung ausgestaltet sein. Unterschiedlich ist nur das Fortbe stehen des übertragenden Rechtsträgers (Emittentin). Bei der verhältniswahrenden Abspaltung muss zunächst ein Bruchstück der Teil- / Wandelschuldverschreibung in derselben Wertrelation abgespalten werden. Die angepassten Wandlungspreise berechnen sich dann anhand der abgespaltenen Nennwerte der Teil- / Wandelobligationen durch das ursprüngliche Wandlungsverhältnis. Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 125, Rn. 19; im Übrigen vgl. a. a. O. (Fuß noten 724, 726). 736 Vgl. hierzu: Prosser, S. 274 ff., 280; Hommelhoff/Schwab, in: Lutter, UmwG, § 133, Rn. 132; Maier-Reimer/Seulen, in: Semler/Stengel, UmwG, § 133, Rn. 70 ff.; KölnKomm/Simon, UmwG, § 133, Rn. 75 ff; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 133, Rn. 29; Raible, in: Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 133, Rn. 37, 41; Gallego Sánchez, S. 109. 737 A. a. O. (vgl. Fußnote 728).
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 359 Nwa = Nw1 + Nw2
P1 = Nw1 Va
Nwa Nw1 Nw2 P1 P2 Va
= = = = = =
und
P2 = Nw 2 Va
ursprünglicher Nennwert der Teilwandelschuldverschreibung Nennwert der abgespaltenen Teilwandelschuldverschreibung (1) Nennwert der abgespaltenen Teilwandelschuldverschreibung (2) Wandlungspreis der abgespaltenen Teilwandelschuldverschreibung (1) Wandlungspreis der abgespaltenen Teilwandelschuldverschreibung (2) ursprüngliches Wandlungsverhältnis
Bei einer Abspaltung zur Aufnahme muss der Wandlungspreis oder das Wandlungsverhältnis im Anschluss zusätzlich – wie bei der Verschmelzung – mit dem Umtauschverhältnis umgerechnet werden. Diese Anpassung muss nur bei dem abgespaltenen Teil der Wandelschuldverschreibung, also bei dem übernehmenden Rechtsträger, durchgeführt werden. Pn2 = P 2 U
Pn2 = P2 = U = Va = Vn =
oder
Vn = Va ´U
angepasster Wandlungspreis der abgespaltenen Wandelobligationen Wandlungspreis der abgespaltenen Wandelschuldverschreibung (2) Umtauschverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis angepasstes Wandlungsverhältnis
Sollte einmal eine nichtverhältniswahrende Abspaltung durchgeführt werden, muss bei sämtlichen Abspaltungsarten – wie bei der Aufspaltung – eine weitere Anpassung der Wandelbedingungen erfolgen. Diese Anpassung muss bei beiden Wandelobligationen durchgeführt werden, da sich bei beiden entstehenden Gesellschaften die Anzahl der Gesellschaftsanteile verändert. Der Wandlungspreis oder das Wandlungsverhältnis ist anhand des Verhältnisses der Anzahl der Gesellschaftsanteile einer verhältniswahrenden und der nicht verhältniswahrenden Spaltung anzupassen.738 Pn1 / 2 = P1 / 2 = Vn = Va = Nn = Na =
Pn1/2 = P1/2 ´ Na Nn
oder
Vn = Va ´ Nn Na
angepasster Wandlungspreis der abgespaltenen Wandelobligationen Wandlungspreis der abgespaltenen Wandelschuldverschreibung (1) / (2) angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis Anzahl der Gesellschaftsanteile nach der nichtverhältniswahrenden Abspaltung Anzahl der Gesellschaftsanteile vor der nichtverhältniswahrenden Abspaltung
738 Der zusätzliche Verwässerungsschutz einer nicht verhältniswahrenden Aufspaltung würde mit derselben Formel wie bei einem Formwechsel berechnet werden, vgl. hierzu die Erläuterungen unter dem Punkt: Vermögens- und herrschaftsrechtlicher Verwässerungsschutz beim Formwechsel auf S. 331 f.
360
F. Schutz der Wandelobligationäre
Für beide Abspaltungsarten gilt weiterhin, dass bei Abfindung von Gesellschaftern weitere vermögens- oder herrschaftsrechtliche Ausgleichmodalitäten erforderlich werden können.739 Bezüglich des rechtlichen Verwässerungsschutzes ist, wie bei allen anderen Umwandlungsmaßnahmen zu differenzieren, auf welche Rechtsform sich die Wandlungsrechte an den übernehmenden Rechtsträgern beziehen.740 cc) Ausgliederung Bei der Ausgliederung wird ein Teil oder aber auch das gesamte Vermögen durch den übertragenden Rechtsträger auf eine oder mehrere übernehmende Gesellschaften verteilt. Die Ausgliederung kann wie alle anderen Spaltungsmaßnahmen durch Aufnahme eines bereits bestehenden oder durch Übertragung auf ein neugegründetes Rechtssubjekt erfolgen. Der Unterschied zur Abspaltung besteht darin, dass bei der Ausgliederung die Anteile des übernehmenden oder neugegründeten Rechtsträgers nicht wie bei der Abspaltung den Anteilsinhabern des übertragenden Rechtsträgers gewährt werden, sondern dem übertragenden Rechtsträger selbst. Bei dieser Umwandlungsform findet folglich keine Vermögensreduktion beim übertragenden Rechtsträger statt. Vielmehr wird das bisherige Vermögen von reinen Sachwerten in Anteile des übernehmenden Rechtsträgers umgeschichtet.741 Da die Gesellschafter bei dieser reinen Vermögensumwandlung nicht unmittelbar betroffen sind, ist der Gesellschafterschutz bei einer Ausgliederung stark eingeschränkt. Die Gesellschafter erleiden keine vermögensrechtliche oder unmittelbare herrschaftsrechtliche Verwässerung. Strukturell betrachtet findet quasi nur ein aktiver Bilanzpostentausch – nämlich Sachanlagen in Finanzanlagen – statt. Nicht anwendbar ist daher zum einen § 15 739 Vgl. hierzu die Ausführungen unter dem Punkt: Vermögens- und herrschaftsrechtlicher Verwässerungsschutz bei der Aufspaltung auf S. 354 f. mit samt seinen Rückverweisungen. 740 Für Einzelheiten vgl. die Ausführungen unter dem Punkt: Rechtlicher bzw. qualitativer Verwässerungsschutz bei der Aufspaltung auf S. 356 mit samt seinen Rückverweisungen auf den rechtlichen Verwässerungsschutz bei der Verschmelzung und dem Formwechsel. 741 Teichmann, in: Lutter, UmwG, § 123, Rn. 22 f.; Stengel, in: Semler/Stengel, UmwG, § 123, Rn. 15 f.; KölnKomm/Simon, UmwG, § 123, Rn. 25 ff.; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 123, Rn. 11 f.; Kallmeyer/Sickinger, UmwG, § 123, Rn. 11 f.; Raible, in: Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 123, Rn. 20 ff.; Prosser, S. 278 f. Zum umgekehrten Fall der Eingliederung gilt nach der h. M. grundsätzlich dasselbe, vgl. hierzu statt vieler: BGH AG 1998, S. 209 ff., 213; Martens, AG 1992, S. 209 ff., 213; Prosser, S. 278 (m. w. N.).
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 361
UmwG, welcher den Gesellschaftern eine Zuzahlung bei zu niedrigem Umtauschverhältnis offen hält, sowie § 29 UmwG, welcher das Austrittsrecht gegen eine Barabfindung regelt (vgl. § 125 S. 1 UmwG).742 Für die Wandelobligationäre ergeben sich folglich, wie bei den Gesellschaftern selbst, auch keine verwässernden Auswirkungen. Fragwürdig erschient aber, warum § 125 UmwG die korrespondierende Schutznorm der Sonderrechtsinhaber (§ 23 UmwG) für den Fall der Ausgliederung nicht ebenfalls ausschließt. Hintergrund ist, dass bei bestimmten Sonderrechten i. S. v. § 23 UmwG durchaus eine Anpassung erforderlich werden kann. So muss bei Rechten, die an die Vermögens- oder Ertragslage anknüpfen, eine Anpassung erfolgen, da sich deren Wertbestimmungsfaktoren durch eine Ausgliederung erheblich verändern können. Bei den Wandelschuldverschreibungen führt eine Ausgliederung dagegen nicht zu einer unmittelbaren Beeinflussung ihrer Wertbestimmungsfaktoren. Letztere Sonderrechte sind im Wesentlichen vom Aktienkurs und der Anzahl der Gesellschaftsanteile abhängig. Beide Kennzahlen verändern sich jedoch nicht. Aufgrund der fehlenden Beeinträchtigungen der Wandelgläubiger sind bei einer Ausgliederung folglich keine Anpassungen erforderlich. dd) Empirische Auswertung (1) Große Aktiengesellschaften Alle der hier untersuchten Ausgleichsklauseln von großen Aktiengesellschaften weisen einige Schwächen bezüglich des vermögens- und herrschaftsrechtlichen Verwässerungsschutzes für die Fälle der Auf- und Abspaltung auf. Die einschlägigen Klauseln setzen fest, dass die Wandelobligationäre im Fall einer Wandlung zusätzlich von den übernehmenden Rechtsträgern Aktien zugeteilt bekommen. Die Anzahl der Wandlungsaktien wird dabei nur mit Hilfe des Umtauschverhältnisses – also der Anzahl an Aktien des übernehmenden Rechtsträgers zu der ein Aktionär der Emittentin je Aktie berechtigt ist – bereinigt.743 742 Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 133, Rn. 31, § 125, Rn. 17 f.; Raible, in: Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 133, Rn. 37, § 125, Rn. 21; Teichmann, in: Lutter, UmwG, § 125, Rn. 10.; Stengel, in: Semler/Stengel, UmwG, § 125, Rn. 10; KölnKomm/Simon, UmwG, § 125, Rn. 14 ff.; Kallmeyer/Sickinger, UmwG, § 125, Rn. 18, 36. 743 Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe), § 10, g; Solon AG Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, f; Süd zucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wandelanleihe 2009/2016), § 10, Abs. 6; TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/2016), § 11, Abs. 5, b.
362 Pn = Pn = Vn = Va = U =
F. Schutz der Wandelobligationäre Pn = Pa U
oder
Vn = Va ´U
angepasster Wandlungspreis angepasster Wandlungspreis angepasstes Wandlungsverhältnis ursprüngliches Wandlungsverhältnis Umtauschverhältnis
Nachteil dieser Klauseln ist, dass die Wandelschuldverschreibung nicht in derselben Wertrelation wie die Gesellschaft gespalten wird, so dass nur eine einheitliche Ausübung erfolgen kann. Deshalb kann die Wertentwicklung nicht einfach nachvollzogen werden, da der Wandlungspreis zunächst beständig bleibt, sich aber auf mehrere Gesellschaftsanteile verschiedener Gesellschaften bezieht. Nichtdestrotz kommen diese Klauseln zu denselben finanziellen Ergebnissen und können einen vollkommenen vermögens- und herrschaftsrechtlichen Schutz gewährleisten. Ein weiteres Defizit weisen diese Klauseln für den Fall der nicht verhältniswahrenden Spaltung auf. In diesen Fällen können die verwendeten Verwässerungsschutzformeln nicht zu einem vollkommenen Ausgleich führen. Einen ausdrücklichen Verwässerungsschutz für die potentiell folgenden Abfindungszahlungen an die Aktionäre regulieren die Gesellschaften nicht. Die Barabfindungen müssten jedoch wie Ausschüttungen oder bei einer Einziehung der Gesellschaftsanteile wie eine Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien behandelt werden. Allerdings sind die Verwässerungsschutzmodalitäten für derartige Maßnahmen bei großen Aktiengesellschaften nicht vollkommen.744 Im Übrigen ist rein deklaratorisch festgesetzt, dass der von der Emittentin regulierte Verwässerungsschutz auch für die übernehmende Gesellschaft Anwendung findet.745 Für den Unterfall einer Ausgliederung schließen diese Gesellschaften mangels auftretender Beeinträchtigungen richtigerweise und damit ebenfalls deklaratorisch einen Verwässerungsschutz aus.746 Für etwaige rechtliche und qualitative Veränderungen der künftigen Rechtspositionen als Folge der Spaltung wurde dagegen umfassend kein 744 Zur Effektivität dieser Klauseln vgl. die Ausführungen unter den Punkten: Dividenden und sonstige Ausschüttungen auf S. 290 und Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien (§§ 237 ff. AktG) auf S. 272 ff. 745 A. a. O. (vgl. Fußnote 743). 746 Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe), § 10, h; Solon AG Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10, g; Südzucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wandelanleihe 2009/2016), § 10, Abs. 7; TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/2016), § 11, Abs. 6.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 363
spezieller Verwässerungsschutz normiert.747 Nur bei einem Bedingungswerk wäre ein teilweiser rechtlicher Ausgleich gewährleistet, da den Obligationären ein umfassendes jederzeitiges Kündigungsrecht eingeräumt wird.748 Rechtlich vollkommen ist dieser Schutz gleichwohl nicht. Schließlich hat eine größere Gesellschaft in ihren Wandelbedingungen überhaupt keine Verwässerungsschutzregelung bei Spaltungen parat.749 (2) Kleine Aktiengesellschaften Kleinere Aktiengesellschaften sehen dagegen keinen ausdrücklichen Verwässerungsschutz für Spaltungen vor.750 Wenige von diesen haben dafür jedoch eine Generalklausel, wodurch ein Verwässerungsschutz allgemein für Umwandlungsmaßnahmen grundsätzlich gesichert wäre.751 d) Vermögensübertragung Als letzte Umwandlungsmaßnahme kommt die Vermögensübertragung in Betracht. Für die Wandelobligationäre wird diese Erscheinungsform die geringste Relevanz haben. Dennoch wird der Vollständigkeit halber kurz darauf eingegangen. Die Besonderheit bei den verschiedenen Formen der Vermögensübertragung nach den §§ 174 ff. UmwG besteht darin, dass der übernehmende Rechtsträger keine Anteile gewähren kann.752 Aus diesem Grund normiert das Umwandlungsgesetz in § 176 Abs. 2 UmwG, dass im 747 Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe), § 10 g, § 11 b, § 12 a vii; TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/2016), § 11 Abs. 5 b, § 13 Abs. 1 f, § 14 Abs. 2; Solon AG Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 10 f, § 12 a viii. 748 Südzucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wandelanleihe 2009/2016), § 3 Abs. 5. 749 Arques Industries AG Wandelschuldverschreibung (9,0 % Wandelanleihe 2010/2012), Zif. 8. 750 S.A.G. Solarstrom AG Wandelschuldverschreibung (6,85 % Wandelanleihe 2007/2010), § 5; Klassik Radio AG Wandelschuldverschreibung (6,5 % Wandelan leihe 2007/2010), Zif. 10; Pixelpark AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2008/2012), § 5; EPG AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2006/2011), § 8. 751 Klassik Radio AG Wandelschuldverschreibung (6,5 % Wandelanleihe 2007/ 2010), Zif. 10.4; EPG AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2006/ 2011), § 8, Abs. 7. 752 H. Schmidt, in: Lutter, UmwG, § 174, Rn. 2; Fonk, in: Semler/Stengel, UmwG, § 174, Rn. 1 f.; KölnKomm/Leuring, UmwG, § 174, Rn. 1; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 174, Rn. 2, 6; Kallmeyer/Sickinger, UmwG, § 174, Rn. 1; Findeisen, in: Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 174, Rn. 4, 11 f.
364
F. Schutz der Wandelobligationäre
Fall der Vermögensübertragung den Sonderrechtsinhabern i. S. v. § 23 UmwG keine gleichwertigen Rechte, sondern eine Barabfindung zu gewähren ist.753 Sollte das Wandlungsrecht aber aus dem Geld sein, würde eine alleinige und zwingende Barabfindung keinen vollkommen Ausgleich darstellen. Zusätzlich muss den Wandelobligationären daher immer ein außerordent liches Kündigungsrecht zugesichert werden. Aufgrund der mangelnden Relevanz der Vermögensübertragung wird für derartige Umwandlungsmaßnahmen kein vertraglicher Verwässerungsschutz geregelt. Außerdem sind die Wandelobligationäre bereits hinreichend durch die gesetzlichen Regelungen geschützt. Bei einer Vermögensübertragung i. S. d. §§ 174 ff. UmwG erhalten die Sonderrechtsinhaber eine Barabfindung. 11. Auflösung, Liquidation und Vollbeendigung Da während der Dauer der Liquidation grundsätzlich gem. § 264 Abs. 3 AktG die allgemeinen Regeln weiterhin Anwendung finden, werden die bestehenden Wandlungsrechte von einer Auflösung zunächst nicht unmittelbar berührt.754 Die Auflösung der Gesellschaft bewirkt die Beendigung der gesellschaftsrechtlichen Bindung des Vermögens, so dass ihr Zweck nicht mehr werbender Art ist. Es soll die Versilberung des Vermögens erfolgen und mit dem Erlös die Gläubiger befriedigt werden. Das die Verbindlichkeiten übersteigende Vermögen ist im Anschluss an die Aktionäre auszuschütten. Die Wandlungsrechte werden folglich nicht notwendigerweise gegenstandslos, da sich die Obligationäre weiterhin an der Vermögensverteilung beteiligen können. Soweit das Wandlungsrecht bereits ausgeübt werden kann, besteht für die Wandelobligationäre die Möglichkeit durch die Ausübung dieses Rechts an der Verteilung des überschüssigen Vermögens zu 753 H. Schmidt, in: Lutter, UmwG, § 175, Rn. 10; Fonk, in: Semler/Stengel, UmwG, § 176, Rn. 12; KölnKomm/Leuring, UmwG, § 176, Rn. 3; Schmitt/Hörtnagl/ Stratz, UmwG, § 176, Rn. 4j; Findeisen, in: Maulbetsch/Klumpp/Rose, UmwG, § 176, Rn. 9; Gallego Sánchez, S. 109 f.; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63, Rn. 23. Für alle anderen Untergruppen der Vermögensübertragung verweisen die jeweiligen Vorschriften auf § 176 Abs. 2 UmwG (vgl. §§ 177 Abs. 2, 178 Abs. 2, 179 Abs. 2, 180 Abs. 2, 184 Abs. 2, 188 Abs. 2, 189 Abs. 2 UmwG). 754 BGHZ, 24, 279, 286 = BGH NJW 1957, S. 1279, 1279; KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 134, § 192, Rn. 37; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 314; Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 221, Rn. 177; Hüffer, AktG, § 221, Rn. 69; Loos, DB 1960, S. 543, 544; Gallego Sánchez, S. 102; Casper, Optionsvertrag, § 12, S. 356; Früchtl, in: Wachter, AktG, § 221, Rn. 53; Krieger, in: Münch. Hdb. GesR IV, § 63, Rn. 23, § 57, Rn. 37; Kallrath, S. 192.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 365
partizipieren. Ist das Wandlungsrecht dagegen im Zeitraum der Liquidation nicht einlösbar, so könnten die Wandelobligationäre nach der Beendigung nicht mehr von ihrem Wandlungsrecht Gebrauch machen. Dies könnte zu einer Umgehung des Wandlungsrechts führen, denn spätestens mit der Vollbeendigung geht die Wandlung mangels Existenz der Emittentin ins Leere. Die Aktionäre könnten bei der Vermögensverteilung die Wandelobligationäre, insbesondere wenn deren Wandlungsrecht werthaltig ist, hintergehen. Besondere Missstände treten bei bereits abgekoppelten Bezugsrechten auf. Die Inhaber der Wandelschuldverschreibung würden gem. § 268 Abs. 1 AktG befriedigt werden, wohingegen die Bezugsrechtsinhaber mit einem Schlag ein wertloses Recht in den Händen hielten, obwohl sie dieses Recht gegen ein Entgelt erworben haben.755 Die überwiegende Ansicht in der Literatur will daher dem Wandelobligationär in diesem Fall ein außerordentliches Wandlungsrecht einräumen. Aus den in §§ 267, 271 und 272 AktG enthaltenden Gläubigerschutzbestimmungen ist zu erkennen, dass eine Verteilung des Überschusses unter den Aktionären auf keinen Fall stattfinden darf, bevor die Rechte der Gläubiger von Wandelschuldverschreibungen sowohl aus der Anleihekomponente als auch aus dem Wandlungsrecht voll befriedigt sind.756 Dieser Meinung ist aus mehreren Gründen zuzustimmen. Bei genauer Betrachtung hat die Liquidation dieselben Auswirkungen wie eine Vermögensausschüttung. An die Aktionäre wird i. R. d. Abwicklung das gesamte verbleibende Gesellschaftsvermögen ausgeschüttet werden. Jedoch wird nicht nur ein Teil, sondern das gesamte Gesellschaftsvermögen an die Aktionäre verteilt. Außerdem hat die Liquidation auf kurz oder lang zur Folge, dass die Emittentin erlischt. Nach der Vollbeendigung können die Obligationäre ihre Wandlungsrechte nicht mehr ausüben. Die Verwässerung und Benachteiligung der Wandelobligationäre ist damit vielfach stärker als bei einer bloßen Vermögensausschüttung. Wenn man aber berücksichtigt, dass die Liquidation zunächst auch nur eine verstärkte Form der Vermögens ausschüttung darstellt, dann müsste man für einen effektiven vermögensrechtlichen Verwässerungsschutz diese beiden Maßnahmen gleich behandeln. Durch die obigen Untersuchungen wurde dargestellt, dass die Gesellschaft bei Vermögensausschüttungen für einen vollkommenen Verwässerungsschutz Rückstellungen bilden müsste. Diese Rückstellungen führen letztlich dazu, dass den Wandelobligationären derselbe vermögensrechtliche Vorteil zugu755 Vgl. hierzu: MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 314 f.; Loos, DB 1960, S. 543, 544; Casper, Optionsvertrag, § 12, S. 356; Gallego Sánchez, S. 102. 756 KölnKomm/Lutter, AktG, 2. Aufl., Bd. 5/1, § 221, Rn. 134; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 315, Loos, DB 1960, S. 543, 544; Gallego Sánchez, S. 102 f.; v. Gleichenstein, AG 1964, S. 141, 147; Casper, Optionsvertrag, § 12, S. 356; Kallrath, S. 192; Welcker, S. 70; a. A. Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 221, Rn. 177.
366
F. Schutz der Wandelobligationäre
tekommt wie den Aktionären. Soweit die Aktionäre also das Gesellschaftsvermögen unter sich verteilen, müssten sie hinreichend Rückstellungen für die Wandelobligationäre bilden, welche letzteren dann theoretisch erst zum Zeitpunkt der Wandlung ausbezahlt werden dürfte.757 Die Folge wäre also, dass es für die Aktionäre rein vermögensrechtlich keinen Unterschied macht, ob die Wandelobligationäre sofort ein außerordentliches Wandlungsrecht ausüben können oder ob diese erst zum frühesten Wandlungszeitpunkt an der Vermögensverteilung in Form der Rückstellungen teilhaben dürfen. Bei einer rein vermögensrechtlichen Betrachtung ergeben sich keine Unterschiede. Ein Ausgleich in Form einer Erhöhung des Wandlungsverhältnisses, so wie es die Wandelbedingungen in der Praxis vorsehen,758 ist in diesem Fall klar abzulehnen, da die Gesellschaft über kurz oder lang erlischt. Ein herrschaftsrechtlicher Ausgleich muss vollständig in den Hintergrund treten, denn mit dem Erlöschen der Gesellschaft kann eine steigende Anzahl an Wandelaktien keinen Ausgleich mehr verwirklichen. Der Verwässerungsschutz im Rahmen einer Auflösung samt Folgestadien muss folglich rein vermögensrechtlich ausgestaltet sein. Durch die Einräumung eines außerordentlichen Wandlungsrechts würde die Abwicklung nur vereinfacht und beschleunigt werden. Wenn man weiterhin berücksichtigt, dass durch die Vollbeendigung eine Wertbestimmung der Aktien und mittelbar der Wandelschuldverschreibung nicht mehr möglich ist und sowohl das Wandlungsrecht als auch die Spekulationsmöglichkeit vernichtet werden, muss den Obligationären als Ausgleich ebenfalls ein außerordentliches Wandlungsrecht gewährt werden. Bei der Abwicklung findet neben der vermögensrechtlichen Verwässerung ähnlich wie bei den Umwandlungen eine qualitative bzw. rechtliche Verwässerung statt. Eine qualitative Verwässerung tritt zum einen durch die Änderung des Gesellschaftszwecks – nämlich dem Übergang einer werbenden Tätigkeit zur Abwicklung – und zum anderen durch die Vollbeendigung – die zum Erlöschen der Aktiengesellschaft führt – ein. Die künftige Gesellschafterstellung würde sich bei einer Wandlung derart ändern oder gar vollständig vereitelt werden, so dass den Wandelobligationären als Ersatz für diese rechtlichen Veränderungen ein außerordentliches Wandlungsrecht einzuräumen ist. Zur Rechtfertigung dieses außerordentlichen Wandlungsrechts könnte man neben dem allgemeinen Rechtsgedanken des Verwässerungsschutzes auch eine Analogie zu den §§ 23, 36 Abs. 1, 125, 204 UmwG ziehen. Denn bei der Vollbeendigung sowie auch i. R. d. der Umwandlungsmaßnahmen treten gleicher757 Vgl. hierzu näher die Ausführungen unter dem Punkt: Dividenden und sonstige Ausschüttungen auf S. 290 ff. und insbesondere die Ausführungen zum vollkommenen Verwässerungsschutz auf S. 298 ff. 758 Vgl. hierzu die Ausführungen unter dem Punkt: Der übliche Verwässerungsschutz bei Dividenden und sonstigen Ausschüttungen auf S. 296 f.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 367
maßen rechtliche Verwässerungen auf, die nach den Regelungen im Umwandlungsgesetz durch gleichwertige Rechte ersetzt werden müssen. Schließlich kann die Regelung des § 272 Abs. 3 AktG zur Begründung eines außerordentlichen Wandlungsrechts herangezogen werden. In der Liquidationsphase hat die Gesellschaft nach § 268 Abs. 1 S. 1 AktG die Gläubiger zu befriedigen und damit die Anleihen zurückzuzahlen. Aus § 271 Abs. 1 AktG ist zudem abzuleiten, dass primär die Gläubiger bedient werden müssen und erst im Anschluss das verbleibende Vermögen unter die Gesellschafter verteilt werden darf.759 Gläubiger sind aber auch die Inhaber der Wandlungsrechte. Soweit die Wandlungsrechte während der Liquidation nicht ausgeübt werden können, kann die Gesellschaft diese Gläubiger nicht befriedigen. Für diesen Fall reguliert § 272 Abs. 3 AktG, dass das Vermögen nur verteilt werden darf, wenn dem Gläubiger Sicherheit geleistet worden ist. Eine Verbindlichkeit kann i. S. v. § 272 Abs. 3 AktG nicht berichtigt werden, soweit weder Erfüllung, Aufrechnung oder Hinterlegung möglich ist.760 Genau dies ist bei den Wandlungsrechten der Fall. Nach dem Rechtsgedanken des § 272 Abs. 3 AktG müsste den Wandelgläubigern daher eine Sicherheit geleistet werden. Eine Absicherung der Wandlungsrechte evtl. durch ein bedingtes Kapital macht für den Fall der Vollbeendigung freilich keinen Sinn. Daher kann die Sicherheitsleistung in diesem Fall nur in einer vermögensrechtlichen Form geleistet werden. Nach dieser Gläubigerschutzvorschrift müsste die Gesellschaft Vermögensmassen in der Höhe hinterlegen, wie sie die Wandelobligationäre bei einer vollständigen Vermögensausschüttung bzw. außerordentlichen Wandlung erlangen würden. Das Ergebnis wäre zumindest aus vermögensrechtlicher Sicht wiederum identisch mit den obigen Alternativen. Letztlich würden die Obligationäre immer einen vermögensrechtlichen Ausgleich erhalten, der ihren theoretischen anteiligen Anspruch an der Verteilungsmasse widerspiegelt. Die Einräumung eines außerordentlichen Wandlungsrechts würde das Liquidationsverfahren nur beschleunigen und vereinfachen. Zusätzlich muss im Falle eines Auflösungsbeschlusses auch ein allgemeines, außerordentliches Kündigungsrecht eingeräumt werden, damit der Obligationär auch bei einem wertlosen Wandlungsrecht ausreichend geschützt ist. Auch dieses Kündigungsrecht dient als Ausgleich für die rechtliche Verwässerung. Festzuhalten ist damit, dass die Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung die Auflösung der Gesellschaft nicht verhindern kann.761 Mit der 759 MüKo/Hüffer,
AktG, Bd. 4, § 271, Rn. 9, 11, § 272, Rn. 16. AktG, Bd. 4, § 272, Rn. 20. 761 Casper, Optionsvertrag, § 12, S. 356; MüKo/Habersack, AktG, Bd. 4, § 221, Rn. 314. 760 MüKo/Hüffer,
368
F. Schutz der Wandelobligationäre
Möglichkeit und der Etablierung des gesetzlichen Verwässerungsschutzes wäre eine derart weite Einschränkung völlig unverhältnismäßig. Für einen bestmöglichen Ausgleich ist den Wandelobligationären aber ein außerordentliches Wandlungs- und Kündigungsrecht ab dem Zeitpunkt des Auflösungsbeschlusses zu bewilligen. a) Empirische Auswertung Die vorliegend untersuchten Wandelbedingungen sehen für den Fall der Liquidation fast ausschließlich nur ein außerordentliches Kündigungsrecht vor.762 Einen effektiven Ausgleich für die rechtliche als auch vermögensrechtliche Verwässerung stellt dies nicht dar. Die Wandelobligationäre könnten ihr werthaltiges Wandlungsrecht letztlich nicht liquidieren. Lediglich eine Gesellschaft sieht für derartige Beeinträchtigungen überhaupt keinen Verwässerungsschutz vor, hat dafür aber eine Generalklausel.763 Mit Hilfe dieser Auffangklausel könnte man den Wandelobligationären im Fall der Liquidation ein außerordentliches Wandlungs- und Kündigungsrecht zusprechen. b) Zusammenfassung Für einen vollkommenen Verwässerungsschutz sollte dem Wandelobligationär im Falle der Liquidation ein außerordentliches Wandlungs- und Kündigungsrecht eingeräumt werden. 12. Insolvenzeröffnung Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft führt zu deren Auflösung, insolvenzrechtlichen Abwicklung und Löschung, wenn keine erfolgreiche Sanierung durchgeführt werden kann. Da 762 Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 12, a, vii; Südzucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wandelanleihe 2009/2016), § 14, g; Solon AG Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 12, a, viii; TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/2016), § 13, Abs. 1, f.; Pixelpark AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2008/2012), § 3, Zif. 1, lit. d; EPG AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2006/2011), § 9, Abs. 6, lit. c; Arques Industries AG Wandelschuldverschreibung (9,0 % Wandelanleihe 2010/2012), Zif. 9.1.2; S.A.G. Solarstrom AG Wandelschuldverschreibung (6,85 % Wandelanleihe 2007/2010), § 3, Zif. 2. 763 Klassik Radio AG Wandelschuldverschreibung (6,5 % Wandelanleihe 2007/ 2010), Zif. 10.4.
V. Verwässerungsschutz der Wandelobligationäre bei Kapitalmaßnahmen 369
die Insolvenz ebenfalls wie eine reguläre Auflösung samt Folgestadien zu einer Vermögensverteilung und Löschung der Gesellschaft führt, kann man obige Ausführungen zum Verwässerungsschutz bei einer Auflösung größtenteils übertragen. Dies bedeutet, dass den Wandelobligationären mit der Insolvenzeröffnung grundsätzlich ein außerordentliches Wandlungs- und Kündigungsrecht eingeräumt werden müsste. Der Unterschied zwischen einer regulären Beendigung und einer Auflösung wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist, dass bei der letzteren Alternative i. d. R. – aber nicht zwingend – nach der Befriedigung der Gläubiger kein Vermögen zur Ausschüttung an die Gesellschafter mehr übrig bleibt. Hat der Wandelgläubiger sein Recht noch nicht ausgeübt, kann er nur als Insolvenzgläubiger seine Ansprüche aus Verzinsung und Rückzahlung geltend machen (vgl. § 41 f. InsO) und würde nur eine Quote beziehen. Strebt der Wandelobligationär – aus welchen Gründen auch immer – weiterhin die Mitgliedschaft an, so ist er berechtigt auch während des Insolvenz verfahrens von seinem Wandlungsrecht Gebrauch zu machen. Die Insolvenz eröffnung beeinträchtigt, ebenso wie die reguläre Auflösung, nicht das Wandlungsrecht. Außerdem kann die Ausübung des Wandlungsrechts für die Gesellschaft nur positiv sein, weil ihr neues Eigenkapital zugeführt wird, welches zur Befriedigung der Gläubiger verwendet werden kann.764 Theoretisch müsste dem Wandelobligationär mit der Insolvenzeröffnung (Auflösung) somit ein außerordentliches Wandlungsrecht eingeräumt werden. Praktisch macht dies aber keinen Sinn, weil im Falle der Insolvenz der Aktienkurs i. d. R. bereits sehr tief unter dem Wandlungspreis liegen wird, so dass kein Wandelschuldverschreibungsinhaber von diesem Recht Gebrauch machen wird. Ferner sollte den Wandelschuldverschreibungsinhabern für den Fall der Insolvenz ergänzend und klarstellend ein außerordentliches Kündigungsrecht eingeräumt werden. Ergänzend und klarstellend ist dieses Kündigungsrecht deshalb, da durch die §§ 41, 42 InsO grundsätzlich dieselbe Wirkung fingiert wird. Nach diesen Vorschriften gelten künftige Forderungen (z. B. Rückzahlung aus Optionsanleihe) als sofort fällig und auflösend bedingte Forderungen (z. B. Rückzahlung der Wandelanleihe) werden wie unbedingte Forderungen berücksichtigt. Die Normen sollen eine klare Grundlage für die Stellung der Gläubiger gewährleisten, so dass die Forderungen bei der Verteilung einbezogen werden können.765 Durch ein außerordentliches Kündi764 Stadler, in: HK, AktG, § 221, Rn. 143; Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 221, Rn. 206; Gallego Sánchez, S. 100. 765 Bäuerle, in: Braun, InsO, § 41, Rn. 1, § 42, Rn. 1; Henckel, in: Jaeger, InsO, § 41, Rn. 2; Knof, in: Uhlenbruck, InsO, § 41, Rn. 1; Bitter, in: MüKo, InsO, § 41, Rn. 1, § 42, Rn. 1.
370
F. Schutz der Wandelobligationäre
gungsrecht der Wandelschuldverschreibung kann insofern nur eine klare Rechtslage herbeigeführt werden, so dass die Beteiligten vor endgültigen Bedingungen stehen und aufgrund der eingetretenen Veränderungen ihre Rechtsverhältnisse vorzeitig beenden können. Eine wesentliche Besserstellung der Obligationäre wird durch das außerordentliche Kündigungsrecht nicht herbeigeführt, da diese Rechtslage bereits durch die §§ 41, 42 InsO vorweggenommen wird. a) Empirische Auswertung Nach einer empirischen Auswertung der hier untersuchten Bedingungswerke lässt sich feststellen, dass fast alle Gesellschaften für den Fall der Insolvenzeröffnung ein außerordentliches Kündigungsrecht vorsehen.766 Lediglich eine Gesellschaft sieht für derartige Beeinträchtigungen überhaupt keinen Verwässerungsschutz vor, hat dafür aber eine Generalklausel.767 Bei einer Insolvenzeröffnung bestehen somit keine auffälligen Missstände bezüglich der Effektivität des Verwässerungsschutzes, da ein vorzeitiges Wandlungsrecht im Falle der Insolvenzeröffnung für die Wandelobligationäre nicht bedeutend ist. b) Zusammenfassung Ein ausdrücklicher Verwässerungsschutz ist für den Fall der Insolvenzeröffnung letztendlich nicht zwingend erforderlich. Nichtsdestotrotz kann als Ausgleich für die rechtlichen Veränderungen infolge der Insolvenzeröffnung präventiv im Sinne eines gleichwertigen Rechts ein außerordentliches Wandlungs- und Kündigungsrecht zugesichert werden.
766 Q-Cells Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/2012), § 12, a, v; Südzucker AG Wandelschuldverschreibung (2,5 % Wandelanleihe 2009/ 2016),§ 14, f; Solon AG Wandelschuldverschreibung (1,375 % Wandelanleihe 2007/ 2012), § 12, a, v; TUI AG Wandelschuldverschreibung (2,75 % Wandelanleihe 2011/ 2016), § 13, Abs. 1, e; Arques Industries AG Wandelschuldverschreibung (9,0 % Wandelanleihe 2010/2012), Zif. 9.1.2; Pixelpark AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2008/2012), § 3, Zif. 1, lit. e; EPG AG Wandelschuldverschreibung (7,5 % Wandelanleihe 2006/2011), § 9, Abs. 6, lit. c; S.A.G. Solarstrom AG Wandelschuldverschreibung (6,85 % Wandelanleihe 2007/2010), § 3, Zif. 2 (jedoch umfassendes jederzeitiges Kündigungsrecht der Obligationäre). 767 Klassik Radio AG Wandelschuldverschreibung (6,5 % Wandelanleihe 2007/2010), Zif. 10.4.
G. Endergebnis und Schlussfolgerungen Durch diese Arbeit wurde entgegen einigen Stimmen aufgezeigt, dass auch bei den komplexen Wandelobligationen – zumindest theoretisch – ein vollkommener vermögens- und herrschaftsrechtlicher Verwässerungsschutz für alle Kapitalmaßnahmen realisierbar ist. Im Falle einer rechtlichen Verwässerung ist hingegen unter keinem Gesichtspunkt ein vollkommener Verwässerungsschutz durchführbar. Es können aber gleichwertige Ersatzrechte eingeräumt werden, die weitgehend zu einem Ausgleich der veränderten Umstände führen. Gleichzeitig beanspruchen die vorliegenden Erkenntnisse jedoch keineswegs eine zwingende Geltung und blinde Übertragung auf sämtliche Sachverhalte. Zum einen ist der Verwässerungsschutz grundsätzlich individualvertraglich abdingbar oder kann je nach Bedarf innerhalb der Grenzen der §§ 307 ff. BGB AGB-rechtlich ausgestaltet werden. Zum anderen wurden in dieser rechtsökonomischen Analyse die wirtschaftlichen Vorgänge und Berechnungen stark vereinfacht. So kann man etwa in der Praxis nicht den Bilanzkurs zur Berechnung des Verwässerungsschutzes heranziehen, sondern muss den aktuellen Aktienkurs verwenden. In der Praxis werden hierzu i. d. R. durchschnittliche Aktienkurse genutzt. Da der Aktienkurs den tatsächlichen Wert eines Gesellschaftsanteils am besten widerspiegelt und bei der Verwendung von Durchschnittswerten kurzfristige Kursschwankungen wieder geglättet werden können, sollte dieses Vorgehen in der Realität beibehalten werden. Darüber hinaus wurden bei den verschiedenen Kapitalmaßnahmen nicht alle möglichen Konstellationen und Probleme separat bearbeitet. Vielmehr wurde sich darauf beschränkt, häufig auftretende Problemkreise (z. B. Zuzahlungen, Anpassung des Sicherungskapitals, Pufferwirkung) nur in den relevantesten Konstellationen zu berücksichtigen. Da sich diese Ausführungen zudem nur auf die beiden Grundformen der Wandelschuldverschreibung beschränkt haben, ist bei einer blinden Übertragung obiger Erkenntnisse auf diverse Mischformen oder sonstigen Mutationen der Wandelobligationen Sorgfalt geboten. Gleichwohl sollte mit der gewählten Darstellung eine eigenständige Übertragung und Prüfung dieser Problemkreise möglich sein. Selbiges gilt etwa für den Verwässerungsschutz bei der Kombination mehrerer Kapitalmaßnahmen. Trotz – oder vielleicht auch aufgrund – dieser Simplifizierungen konnten zahlreiche Erkenntnisse über den Verwässerungsschutz von Wandelschuldverschreibungen samt seiner Effektivität gewonnen werden. Schlussendlich ist festzuhalten, dass der Verwässerungsschutz der Wandelschuldverschrei-
372
G. Endergebnis und Schlussfolgerungen
bungen noch nicht vollständig ausgereift ist und teilweise noch einigen Schwächen unterliegt. Ein ausreichender und vollkommener Verwässerungsschutz war weitestgehend nur bei den rein nominellen Kapitalmaßnahmen – nominelle Kapitalerhöhung, nominelle Kapitalherabsetzung und (umgekehrter) Aktiensplit – gegeben.768 Hintergrund ist, dass im Falle dieser Kapitalmaßnahmen rein interne Veränderungen vonstattengehen, so dass eine Anpassung relativ einfach bewerkstelligt und nachvollzogen werden kann. Bei allen übrigen Kapitalmaßnahmen ist der Verwässerungsschutz diffizil, überwiegend unvollkommen und teilweise nicht vollständig ausgereift. Dabei liegt es aber nicht so, dass die Schwächen nur zu Lasten der Wandelobligationäre gehen. Vorherrschend waren die ausgemachten Schwächen zwar zum Vorteil der Emittenten und ihrer Gesellschafter, aber vereinzelt konnten auch einige Verwässerungsschutzklauseln die Wandelobligationäre besserstellen. Bisher ist es so, dass der Verwässerungsschutz überwiegend immer nur eine formelmäßige Anpassung vorsieht. Das ist auch der wesentliche Schwachpunkt bei den bisherigen Verwässerungsschutzmodalitäten. Es wurde außer Acht gelassen, dass die Wandlungsrechte im Grunde nichts anderes darstellen als ein Recht, mit einem bestimmten Vermögenseinsatz an einer ebenfalls festgelegten, variablen Vermögensmasse zu partizipieren. Diese beiden Vermögensmassen stehen zueinander in einer bestimmten Relation. Sobald jedoch die Vermögensmasse, an der partizipiert werden kann, durch eine effektive Kapitalmaßnahme verändert wird, entsteht eine Verzerrung dieser Proportionen. Für einen vollkommenen Verwässerungsschutz müssen die ursprünglichen Relationen wieder hergestellt werden. Dies ist aber letztlich nur dadurch möglich, dass die effektiven Kapitalmaßnahmen spiegelbildlich an der Wandelschuldverschreibung nachvollzogen werden. Nur so können die ursprünglichen Proportionen wiederhergestellt werden. Die bisherigen Verwässerungsschutzklauseln haben dies außer Acht gelassen. Sie versuchen einen Ausgleich durch eine rein formelmäßige Anpassung vorzunehmen, was gewissermaßen einer Quadratur des Kreises gleichkommt. Inwieweit jedoch die hier gewonnenen Erkenntnisse und Lücken des Verwässerungsschutzes in der Praxis, Wissenschaft und Rechtsprechung angenommen werden, bleibt abzuwarten.
768 Vgl. hierzu z. B. die Ausführungen zu den Fußnoten 378, 379, 493, 496, 512, 513, 514, 515.
I. Stellungnahme zur gesetzlichen Ableitung des Verwässerungsschutzes 373
I. Stellungnahme zur gesetzlichen Ableitung des Verwässerungsschutzes Abschließend soll anhand der gewonnenen Erkenntnisse eine Stellungnahme zu der gesetzlichen Ableitung und Ausgestaltung des Verwässerungsschutzes erfolgen. Primär hängt die Befürwortung eines umfassenden Verwässerungsschutzes für sämtliche Kapitalmaßnahmen davon ab, ob eine Gesetzeslücke bejaht und im Wege der Rechtsfortbildung geschlossen werden kann. 1. Vorliegen einer Gesetzeslücke Als Maßstab und Mittel zur Lückenfeststellung gibt es verschiedene Möglichkeiten: Eine Unvollständigkeit der einzelnen Normen scheidet hier von Beginn an aus, da § 216 Abs. 3 AktG und §§ 23, 125, 176, 204 UmwG in ihren konkreten Anwendungsbereich vollständig sind und sich ohne eine Ergänzung sinnvoll anwenden lassen. In Betracht käme für diesen Fall daher eine Lückenfeststellung anhand gesetzlicher Wertungen in Verbindung mit dem Gleichheitssatz oder auf Grund allgemeiner Rechtsprinzipien und Rechtswerte.769 Wie aus den bisherigen Untersuchungen ersichtlich ist, existieren neben den gesetzlich regulierten Fällen des Verwässerungsschutzes (nominelle Kapitalerhöhung § 216 Abs. 3 AktG, Umwandlungen §§ 23, 125, 176, 204 UmwG, Bezugsrechte § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB) weitere Grundlagenentscheidungen, welche ähnliche Auswirkungen auf die Wandlungsrechte haben. Die Wandelobligationäre werden vom Gesetz aber nur in den Fällen der nominellen Kapitalerhöhung und den Umwandlungsmaßnahmen vor einer Verwässerung geschützt. Die Frage, die sich nun stellt, ist, ob eine Rechtslücke bejaht werden könnte, da diese unterschiedliche Behandlung gegen ein allgemeines, gesetzlich ableitbares Rechtsprinzip verstößt oder weil eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung hinsichtlich der gesetzlichen Regelungen angenommen werden kann, da keine sachlichen Gründe für diese Ungleichbehandlung ersichtlich sind. In diesem Zusammenhang ist zunächst zu erwähnen, dass die Verwässerungsschutznorm § 216 Abs. 3 AktG mit der Einführung des § 23 UmwG samt den Verweisungsvorschriften im UmwG keine Einzelfallregelung mehr darstellt. Seit dem MoMiG gibt es außerdem nun auch eine weitere dem § 216 Abs. 3 AktG entsprechende Vorschrift für die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (vgl. § 57m GmbHG). Man kann diesen Normen den 769 Vgl.
zur Lückenfeststellung: Canaris, Lückenfeststellung im Gesetz, S. 55 ff.
374
G. Endergebnis und Schlussfolgerungen
allgemeinen Rechtsgedanken entnehmen, dass die Rechte einer Gesellschaft im Verhältnis zu Dritten nicht durch gesellschaftsinterne Maßnahmen berührt werden dürfen. So geht mittlerweile auch der Gesetzgeber selbst davon aus, dass der Verwässerungsschutz ein allgemeiner Rechtsgedanke ist. In dieser Form äußerte sich nämlich der Bundestag in den Gesetzesmaterialien zum UmwG. Zur Begründung führte er an, dass der Schutz der Sonderrechtsinhaber (Wandelobligationäre) erforderlich sei, weil deren Rechtsstellung in einem Rechtsträger einerseits über eine rein schuldrechtliche Gläubigerstellung hinausgeht und andererseits den Wandelobligationären die Möglichkeit fehle durch die Stimmrechtsausübung Einfluss auf die Verschmelzung zu nehmen.770 Selbst der Gesetzgeber geht also mittlerweile ausdrücklich davon aus, dass der Verwässerungsschutz ein allgemeiner Rechtsgedanke ist. Da neben den Umwandlungsmaßnahmen und der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln weitere Grundlagenentscheidungen existieren, bei denen die Wandelobligationäre mangels Einflussnahmemöglichkeit ebenso schutzlos gestellt sind und diese Grundlagenentscheidungen ebenfalls vermögens-, herrschaftsrechtliche oder qualitative Auswirkungen auf die Wandelschuldverschreibungen haben können, kann man bereits allein mit Hilfe dieses Rechtsgedankens eine Gesetzeslücke bejahen. In Bezug auf eine Ungleichbehandlung gilt es zu berücksichtigen, dass alle Grundlagenentscheidungen auf gesellschaftsinternen Entscheidungen beruhen. Während die Aktionäre bei diesen Beschlüssen durch ihre Mitwirkungs- und Bezugsrechte hinreichend geschützt sind, müssten die Obliga tionäre diese Maßnahmen schutzlos hinnehmen. Die Gesellschaft hätte es damit rein theoretisch in der Hand, die Wandlungsrechte der Obligationäre auszuhöhlen. Der Gesetzgeber hat den Wandelobligationären aber bisher nur im Falle einer nominellen Kapitalerhöhung und einer Umwandlungsmaßnahme einen ausdrücklichen Verwässerungsschutz eingeräumt. Eine Ungleichbehandlung liegt insoweit vor, als alle Kapitalmaßnahmen zu einer Benachteiligung der Wandelobligationäre führen können, diese Maßnahmen einseitig durch die Gesellschafter herbeigeführt werden, die Wandlungsrechtsinhaber aber nur im Falle einer Umwandlung und einer nominellen Kapitalerhöhung durch einen ausdrücklichen Verwässerungsschutz geschützt sind. Trotz der ähnlichen Verwässerungsgefahren und Risiken werden diese Grundlagenentscheidungen unterschiedlich behandelt. Sachliche Gründe insbesondere in Form einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers sind für diese uneinheitliche Behandlung seit der ausdrücklichen Anerkennung eines allgemeinen Verwässerungsschutzprinzips durch den Gesetzgeber nicht mehr ersichtlich. Auch mit Hilfe des allgemeinen Gleichheitssatzes kann man folglich eine Regelungslücke feststellen. 770 BT-Drucks. 75/94,
S. 92 f.; vgl. hierzu auch Gallego Sánchez, S. 178.
I. Stellungnahme zur gesetzlichen Ableitung des Verwässerungsschutzes 375
2. Schließen der Gesetzeslücke durch Induktion Festzuhalten ist damit zunächst, dass eine Gesetzeslücke besteht. Dies entspricht auch der mittlerweile absolut überwiegenden Ansicht in der Literatur. Unstimmigkeit herrscht innerhalb dieser Ansicht aber über die darauffolgende Frage, wie diese Gesetzeslücke geschlossen werden kann.771 Ein Teil der Literatur möchte die Rechtslücke mit einer Analogie schließen. Dabei wird teilweise vertreten, die Lücke – v. a. bei der effektiven Kapitalerhöhung – durch eine Gesetzesanalogie (§ 216 Abs. 3 AktG analog) zu schließen. Eine Einzelanalogie hinkt jedoch, wenn man nicht obigen Ausführungen zustimmt, dass § 218 S. 1 AktG nur eine Konkretisierung des § 216 Abs. 3 AktG ist.772 Anderweitig müsste stets eine lineare Erhöhung des Sicherungskapitals durchgeführt werden, welche aber keinen vollkommenen Ausgleich gewährleisten kann. Eine lineare Erhöhung des Sicherungskapitals wäre als Konsequenz einer Gesetzesanalogie eine völlig ungeeignete Rechtsfolge. Stimmt man hingegen obigen Ausführungen zum Verhältnis zwischen § 216 Abs. 3 AktG und § 218 S. 1 AktG zu, könnte man theoretisch nur den Grundgedanken aus § 216 Abs. 3 AktG – nämlich dass Wandelschuldverschreibungen nicht durch eine Kapitalmaßnahme berührt werden dürfen – fruchtbar machen. Man könnte somit zwar die Lücke im Wege einer Einzelanalogie schließen, aus methodischer Sicht sollte aber dennoch eine Rechtsanalogie zu den Vorschriften § 216 Abs. 3 AktG und §§ 23, 125, 176, 204 UmwG bevorzugt werden. Bei einer Gesamtanalogie würde es zum einen nicht darauf ankommen, ob § 218 S. 1 AktG nur den § 216 Abs. 3 AktG konkretisiert, und zum anderen würde der Verwässerungsschutz auf einem festeren und breiteren Fundament stehen. Nichtsdestotrotz ist eine Lückenfüllung im Wege einer Analogie insgesamt abzulehnen. Eine Analogie gewinnt aus einer gesetzlichen Vorschrift (Gesetzesanalogie) oder aus mehreren gesetzlichen Vorschriften (Rechtsanalogie) einen Grundgedanken, der auf eine von den Normen nicht erfasste Konstellation übertragen wird, indem der Anwendungsbereich erweitert wird. Es handelt sich um eine Schlussfolgerung vom Besonderen auf Besonderes. Es müsste damit für jede einzelne Kapitalmaßnahme eine gesonderte Analogie gebildet werden. Für den Fall des Verwässerungsschutzes ist jedoch ein Rückschluss vom Besonderen auf das Allgemeine (Induktion) angebracht. Eine Lückenfüllung durch einen Schluss vom Besonderen auf das Allgemeine kann jedoch nur durch Anerkennung eines allgemeinen 771 Vgl. hierzu bereits a. a. O. (vgl. Fußnote 312) und die Ausführungen unter dem Punkt: Gesetzliche Ableitung des Verwässerungsschutzes auf S. 128. 772 Vgl. hierzu die Ausführungen unter dem Punkt: Effektivität des Verwässerungsschutzes bei Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln auf S. 151.
376
G. Endergebnis und Schlussfolgerungen
Rechtsprinzips bewerkstelligt werden. Ein allgemeines Rechtsprinzip kann somit nicht nur zur Feststellung einer Lücke, sondern ebenso als Mittel zur Lückenausfüllung dienen.773 Während eine Analogie sich nur auf die Gleichstellung eines zweiten bestimmten Tatbestandes beschränkt, beansprucht ein induktiv gewonnenes allgemeines Rechtsprinzip Geltung für eine noch nicht abschließend zu überblickende Vielzahl von Fällen.774 Aufgrund der Komplexität und der noch nicht abgeschlossenen wissenschaftlichen Lösung der Problematiken i. R. d. Verwässerungsschutzes ist eine induktive Ableitung eines allgemeinen Rechtsprinzips daher das geeignetere Instrument zur Lückenfüllung. Das allgemeine Rechtsprinzip kann von den besonderen, gesetzlich regulierten Verwässerungsschutztatbeständen allgemeinverbindlich abgeleitet werden. Das allgemeine Rechtsprinzip des Verwässerungsschutzes kann neben den Normen aus dem Aktiengesetz (§ 216 Abs. 3 AktG) und dem Umwandlungsgesetz (§§ 23, 125, 176, 204 UmwG) auch mit weiteren allgemeinen zivilrechtlichen Rechtsinstituten bekräftigt werden. So kann der Verwässerungsschutz auch als Ausfluss des Rechtsinstituts der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) angesehen werden. Danach können die Vertragsparteien eine Anpassung des Vertrages verlangen, wenn sich Umstände, die Geschäftsgrundlage waren, schwerwiegend verändert haben. Soweit durch die verschiedenen Kapitalmaßnahmen der Wert und die innere Struktur des Bezugsobjekts einseitig verändert werden, könnte man einen Verwässerungsschutz ebenso mit einer Störung der Geschäftsgrundlage begründen. Weiterhin erscheint es fragwürdig, ob mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG im Einklang steht, dass eine Emittentin einseitig eine Verwässerung von werthaltigen Rechten Dritter herbeiführen kann, ohne ihnen dabei einen Ausgleich zukommen zu lassen. Der Gesetzgeber hat insofern eine Pflicht, das Eigentum hinreichend zu schützen und auszugestalten. Aufgrund der lückenhaften gesetzlichen Regelungen zum Verwässerungsschutz muss das Eigentum mit Hilfe dieses Rechtsprinzips ergänzend geschützt werden.775 Methodisch vorzuziehen ist daher eine Rechtfortbildung durch Begründung eines allgemeinen Rechtsprinzips als Mittel zur Ergänzung des positiven Rechts. Für die Zukunft ist es zu begrüßen, wenn dieses Rechtsprinzip zu einem festen Rechtsinstitut erweitert wird, indem die Rechtsprechung klare Tatbe773 Canaris, 774 Zum
Lückenfeststellung im Gesetz, S. 93 f. allgemeinen Rechtsprinzip vgl. Canaris, Lückenfeststellung im Gesetz,
S. 97 f. 775 Die Situation ist daher vergleichbar mit der eines Aktionärs, der bei einer Einziehung seiner Aktien einen angemessenen Anspruch auf eine Abfindung hat; vgl. hierzu a. a. O. (Fußnote 564).
II. Konsequenzen der gewonnenen Erkenntnisse 377
standsmerkmale herausarbeitet. So sollten die Wandelobligationäre einen umfassenden Anspruch auf einen Verwässerungsschutz haben, wenn ihre Rechte einseitig von einer Kapitalmaßnahme der Emittentin berührt werden. Im Falle einer Kapitalherabsetzung mit einem Verdichtungseffekt muss der Ausgleichsanspruch der Emittentin zustehen. Der Ausgleich kann dabei von der Emittentin nach billigem Ermessen ausgeübt werden. Die Wandelobligationäre wären trotz des einseitigen Leistungsbestimmungsrechts hinreichend über eine richterliche Kontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB geschützt. In außergewöhnlichen Fällen, insbesondere wenn die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft einen Ausgleich nicht verkraften würde, kann der Verwässerungsschutz ausgeschlossen werden. Etwaige Ausschlusstatbestände müssten im Laufe der Zeit noch durch eine Kasuistik weiter konkretisiert werden, wobei die Maßstäbe des Bezugsrechtsausschlusses als Orientierung dienen können. Durch diese Tatbestandsmerkmale könnte ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen der Wandelobligationäre und der Aktionäre gewährleistet werden. Zum einen würde die richterliche Kontrollmöglichkeit des einseitigen Leistungsbestimmungsrechts mäßigend auf die Emittentin wirken. Zum anderen findet eine gerechte Verteilung der Beweislast statt. Sollte die Gesellschaft etwa einen Verwässerungsschutz ausschließen, hat sie die hierfür notwendigen Rechtfertigungsgründe darzulegen. Will die Emittentin hingegen einen abweichenden Verwässerungsschutz oder ihn abbedingen, kann sie dies weiterhin individualvertraglich gestalten. Jedoch sind bei einer AGB-rechtlichen Ausgestaltung des Verwässerungsschutzes die gesetzlichen Grenzen der §§ 307 ff. BGB einzuhalten. Der mittels AGBen geregelte abweichende Verwässerungsschutz darf die Obligationäre nicht unangemessen benachteiligen.
II. Konsequenzen der gewonnenen Erkenntnisse auf die hier untersuchten Wandelschuldverschreibungsbedingungen Abschließend ist nun noch Stellung zu beziehen, welche Auswirkungen die hier gefunden und vertretenen Ergebnisse auf die Verwässerungsschutzklauseln haben, die keinen vollkommenen Verwässerungsschutz sicherstellen oder Lücken aufweisen. Durch die empirische Auswertung der untersuchten Bedingungswerke konnten einige Defizite festgestellt werden. Auffällig war zudem, dass die Regelungen von großen Aktiengesellschaften viel ausdifferenzierter sind als die von kleineren Gesellschaften. Dies rührt vor allem daher, dass einige verwässernde Kapitalmaßnahmen, wie z. B. Aktiensplit, Verschmelzung oder weitere Wandelschuldverschreibungsemissionen für kleine Aktiengesellschaften aufgrund ihrer Größe und Kapitalisierung von eher geringer Relevanz sind.
378
G. Endergebnis und Schlussfolgerungen
Bei den heute gängigen Verwässerungsschutzklauseln stellt sich jedoch aus mehreren Gründen die Frage, ob diese – unter Berücksichtigung der hier gewonnenen Ergebnisse – weiterhin als wirksam erachtet werden können, insbesondere, ob sie einer umfassenden AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle Stand halten werden. Dass die Wandelschuldverschreibungsbedingungen Allgemeine Geschäftsbedingungen sind, wurde bereits dargestellt.776 Die AGB-rechtliche Kontrolle erstreckt sich daher auf das Transparenzgebot und einer Inhaltskontrolle. 1. Transparenzgebot § 307 Abs. 1 S. 2 bzw. § 3 SchVG Bei der Inhaltskontrolle der Verwässerungsschutzklauseln muss man sich zuerst vergegenwärtigen, dass nicht mehr auf den Verständnishorizont des typischen Privatanlegers, sondern seit der Einführung des neuen § 3 SchVG auf den eines sachkundigen Anlegers abzustellen ist.777 Es sprechen zwar einige Gesichtspunkte dafür, dass selbst ein erfahrener Anleger im Sinne von § 3 SchVG die Verwässerungsschutzklauseln niemals in all ihren Facetten und Konsequenzen überblicken kann. Dies ergibt sich einerseits aus einer historischen Betrachtung der Entwicklung der Wandelschuldverschreibungsbedingungen. Erstmalig wurde in den 50er Jahren von der Wissenschaft die Problematik des Verwässerungsschutzes betrachtet. Im Laufe der Zeit wurden dann obige Modalitäten entwickelt. Selbst Investoren, Kapitalmarkt und die Wissenschaft akzeptierten z. B. bei effektiven Kapitalerhöhungen über Jahrzehnte hinweg einen Verwässerungsschutz nach obigen alten Anpassungsformeln, obwohl diese für einen Großteil der Konstellationen absurde und ungenügende Ergebnisse lieferten.778 Trotz dieser im Nachhinein erschreckenden Ungeeignetheit wurden derartige Klauseln nahezu widerstandslos akzeptiert. Erst Anfang der 90er Jahre tauchten die modernen Anpassungsformeln, die einen vollkommenen vermögensrechtlichen Ausgleich gewährleisten können, verstärkt in den Bedingungswerken auf, obwohl die ersten wissenschaftlichen Abhandlungen zu dieser Ausgleichsmodalität schon 20 Jahre zurück lagen.779 Lange Zeit wurde ange776 Zur allgemeinen Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB vgl. die Ausführungen oben unter Punkt: Schutz der Wandelobligationäre durch das AGB-Recht auf S. 116 ff. 777 A. a. O. (vgl. Fußnote 280). 778 Vgl. hierzu die Ausführungen unter dem Punkt: Formelmäßige Anpassung des Wandlungspreises (veraltet) auf S. 198 ff.; vereinzelt wird sogar heute noch in neueren Auflagen dieser ungeeignete Verwässerungsschutz vertreten, obwohl dieser mittlerweile gar nicht mehr angewendet wird, so etwa Hirte, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl., § 221, Rn. 193. 779 A. a. O. (vgl. Fußnote 450).
II. Konsequenzen der gewonnenen Erkenntnisse 379
nommen, dass ein vollkommener Verwässerungsschutz nicht möglich ist. Dass ein idealer Ausgleich entgegen einiger Stimmung theoretisch doch möglich wäre, wurde in dieser Arbeit dargelegt. Aus dieser historischen Entwicklung und der Komplexität dieser Finanzinstrumente samt Verwässerungsschutz lässt sich zweifelsfrei folgern, dass wohl selbst ein erfahrener und sachkundiger Anleger die Reichweite des Verwässerungsschutzes wohl niemals umfassend und verlässlich bewerten kann. Bestätigt wird dieses Ergebnis, wenn man sich die heutzutage gängigen Verwässerungsschutzklauseln von großen börsennotierten Gesellschaften ansieht und feststellen muss, dass diese einen Umfang von bis zu zwölf Seiten haben und eine Vielzahl von komplizierten Regelungen beinhalten, welche durch mathematische Formeln ausgedrückt werden. Besonders eklatant waren die hier aufgedeckten Defizite von kleineren Aktiengesellschaften. Es ist zu vermuten, dass die Obligationäre bei einer tatsächlichen Kenntnis der vorhandenen Schwächen die Bedingungen wohl nicht akzeptiert hätten. Es sprechen daher zunächst gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die Ausgleichsklauseln nicht dem Transparenzgebot des § 3 SchVG standhalten. Jedoch wäre eine solche Sichtweise nicht mit der Intention des Gesetzgebers vereinbar. Der Gesetzgeber schaffte diese Norm, da in den letzten 25 Jahren in der Finanzwissenschaft fortgehend neue Schuldverschreibungen erfunden wurden. Diese Optionen und Derivate wurden ständig weiterentwickelt, so dass sie immer komplexer und damit einhergehend die Bedingungen immer diffuser wurden. Selbst für professionelle Anleger war dies mit Schwierigkeiten verbunden. Letztlich gipfelte diese in Entwicklung in der Finanzmarktkrise. Bei einer strikten Anwendung des Transparenzgebotes wären all diese Schuldverschreibungen unwirksam gewesen und hätten damit auch in Zukunft nicht mehr wirksam ausgegeben werden können. Auf der anderen Seite mussten aber auch die Anleger vor nicht hinreichend verständlichen Anleihebedingungen geschützt werden. Der Gesetzgeber wollte aber nicht die künftige Emittierung derartiger komplexer Wertpapiere komplett verhindern, denn letztlich bringen diese Finanzinstrumente auch viele finanzwirtschaftliche Vorteile mit sich. So wird beispielsweise die Liquidität der Finanzmärkte erheblich erhöht oder es können Positionen abgesichert (hediging) werden. Deswegen hat sich der Bundestag für den Mittelweg entschieden und misst den Verständnishorizont nun an einem sachkundigen Anleger.780 Diese Erwägungen greifen gleichermaßen auch bei den Bedingungswerken der Wandelschuldverschreibungen. Bei den Verwässerungsschutzklau780 RegE, BT-Drucks. 16/12814, S 17; Hartwig-Jacob, in: Friedl/Hartwig-Jacob, § 3, Rn. 1 ff.; Bliesener/Schneider, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Kap. 17, § 3, Rn. 1 ff.
380
G. Endergebnis und Schlussfolgerungen
seln liegt es in der Natur der Sache, dass diese nur mit Hilfe mathematischer Formen formuliert werden können und daher komplex sind. Eine alternative oder verständlichere Beschreibung ist nicht vorstellbar. Bei einem abweichenden Verständnis könnten anderweitig keine Wandelschuldverschreibungen mehr emittiert werden, da die Verwässerungsschutzklauseln dann in der Regel an dem Transparenzgebot scheitern würden. Der Kapitalmarkt würde nämlich keine Wandelschuldverschreibungen ohne Verwässerungsschutz akzeptieren. Letztlich würde dies einem Todesstoß für Wandelobligationen gleichkommen. Dies gilt es zu vermeiden. Der Gesetzgeber wollte mit der Einführung des § 3 SchVG gerade für komplexere Schuldverschreibungen ein stabiles Fundament schaffen. Deswegen können in der Zukunft auch die Verwässerungsschutzmodalitäten grundsätzlich nicht mehr an dem Transparenzgebot scheitern. Unter Berücksichtigung des Verständnishorizontes eines „erfahrenen Anlegers“ können diese Klauseln nach dem Willen des Gesetzgebers nur noch in extremen Ausnahmefällen unverständlich sein. Die Verwässerungsschutzklauseln der Wandelschuldverschreibungen scheitern daher trotz ihrer teilweisen Komplexität nicht an dem Transparenzgebot. 2. Unwirksamkeit aufgrund einer Verbotsklausel i. S. d. §§ 307 ff. Die nächste Frage die sich stellt, ist, ob diejenigen Klauseln, die nicht obigen entwickelten vollkommenen Verwässerungsschutz entsprechen, nach § 306 BGB unwirksam sind, da sie gegen ein Klauselverbot der §§ 309, 308 oder 307 BGB verstoßen. Da der Verwässerungsschutz keine Hauptleistungspflicht ist (deklaratorische Klausel), können diese Regelungen einer umfassenden Inhaltskontrolle unterzogen werden.781 Zunächst könnte man die Klauseln an § 308 Nr. 4 BGB messen. Diese Norm verbietet einen einseitigen Änderungsvorbehalt des Emittenten, soweit dies dem anderen Vertragsteil nicht zumutbar ist. Allerdings stellen die Verwässerungsschutzklauseln bei genauer Betrachtung keinen Änderungsvorbehalt dar. Denn letztlich sollen die Ausgleichmodalitäten das Wandlungsrecht nicht verändern, sondern den ursprünglichen Zustand wiederherstellen. Eine Unwirksamkeit der Klauseln gem. § 308 Nr. 4 BGB scheidet daher aus. Mangels anderer einschlägiger Klauselverbote aus den §§ 308 und 309 BGB kann sich eine Unwirksamkeit daher lediglich aus § 307 BGB ergeben. Nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu 781 A. a. O.
(vgl. Fußnote 283).
II. Konsequenzen der gewonnenen Erkenntnisse 381
und Glauben unangemessen benachteiligen. Wann eine solche unangemessene Benachteiligung vorliegt wird in § 307 Abs. 2 BGB näher konkretisiert. Letztlich muss die Kontrolle der Verwässerungsschutzklauseln an dem Maßstab von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB gemessen werden. Danach liegt eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel dann vor, wenn eine Bestimmung mit einem wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Nach der Rechtsprechung ergeben sich die wesentlichen Grundgedanken i. S. v. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, von denen nicht abgewichen werden darf, nicht nur aus den Vorschriften des dispositiven Rechts, sondern auch aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen. Dies bedeutet, dass neben Gesetzesbestimmungen auch alle ungeschriebenen Rechtsgrundsätze, Rechtsprinzipien sowie Regeln des Richterrechts unter § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB fallen.782 Da nach oben vertretener Ansicht der Verwässerungsschutz ein allgemeines gesetzlich ableitbares Rechtsprinzip ist, muss dieses nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung einem wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung gleichgestellt werden. Schließlich muss untersucht werden, ob jede Abweichung von dem hier entwickelten vollkommenen Verwässerungsschutz nicht mit diesem Rechtsprinzip zu vereinbaren ist und den Anleger deswegen unangemessen benachteiligt. Dies ist jedoch nicht der Fall. Nicht jede noch so kleine Abweichung von dem Rechtsprinzip des Verwässerungsschutzes kann eine unangemessene Benachteiligung darstellen. So ist der Verwässerungsschutz zum einen nicht statisch, sondern dispositiv.783 Im Rahmen dieser Überlegungen ist z. B. zu berücksichtigen, dass für den teilweisen Verzicht auf den Verwässerungsschutz beispielsweise ein wesentlich höherer Zinssatz vereinbart werden kann, so dass bereits auf dieser Ebene ein Ausgleich stattfindet. Außerdem ist es denkbar, dass die Wandelobligationäre bei der Anpassung sogar bevorzugt werden. Schließlich gibt es immer eine Vielzahl Verwässerungsschutzklauseln für die jeweiligen unterschiedlichen Kapitalmaßnahmen. Davon können einige Regelungen die Obligationäre benachteiligen, andere aber auch wiederum bevorzugen, so dass durch eine Gesamtbetrachtung ein natürliches Gleichgewicht hergestellt werden kann. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass nach dem bisherigen Stand der Wissenschaft kein vollkommener Verwässerungsschutz bei effektiven Kapitalmaßnahmen möglich war. Bisher waren geringfügige Benachteiligungen 782 BGHZ 121, 13, 18; BGH NJW 2001, S. 3480, 3482; MüKo/Wurmnest, BGB, Bd. 2, § 307, Rn. 68; Coester, in: Staudinger, BGB, § 307, Rn. 234 f. 783 A. a. O. (vgl. Fußnoten 351, 352).
382
G. Endergebnis und Schlussfolgerungen
denknotwendig nicht zu verhindern. Nichtsdestotrotz darf selbst unter Zugrundelegung der hier gewonnen Erkenntnisse nicht jede noch so kleine AGB-rechtliche Benachteiligung oder Abweichung von einem vollkommenen Verwässerungsschutz zu einer unangemessenen Benachteiligung führen und die Klauseln dadurch unwirksam machen. Es muss nämlich berücksichtigt werden, dass die Begriffe „Unangemessenheit“ und „Abweichung von wesentlichen Grundgedanken“ i. S. d. § 307 Abs. 1 und 2 BGB eine bestimmte Erheblichkeitsschwelle erfordern. Nicht jede, sondern nur eine mit dem wesentlichen Grundgedanken nicht zu vereinbarende Abweichung erfüllt die Voraussetzungen des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Erforderlich ist daher, dass die rechtlich geschützten Interessen der Obligationäre in nicht unerheblichen Maß beeinträchtigt werden.784 Erst ab einem bestimmten Gewicht der Benachteiligung kann ein AGBrechtlicher Verwässerungsschutz eine unangemessene Benachteiligung der Obligationäre begründen. Diese Grenze ist jedenfalls dann erreicht, wenn für eine bestimmte Kapitalmaßnahme der Verwässerungsschutz vollständig und ausdrücklich ausgeschlossen wird. Im Übrigen ist immer eine Einzelfallbetrachtung und -abwägung vorzunehmen.785 784 Grüneberg, in: Palandt, § 307, Rn. 28; Coester, in: Staudinger, BGB, § 307, Rn. 91. 785 So kann beispielsweise bei den Verwässerungsschutzklauseln für effektive Kapitalherabsetzungen oder bei Ausschüttungen mit guten Gründen eine unangemessene Benachteiligung bejaht werden. So wird bei einer ordentlichen Kapitalherabsetzung durch Reduzierung des Nenn-/Stückwertes den Obligationären von großen Aktiengesellschaften fast durchweg als Ausgleich eine erhöhte Anzahl an Wandlungsaktien zugesprochen, wodurch die aufgrund des Kapitalabflusses eingetretene vermögensrechtliche Verwässerung ausgeglichen werden soll (vgl. die Ausführungen zu den Fußnoten 538, 548, 549–552). Gleiches gilt für die Verwässerungsschutzklauseln von großen Aktiengesellschaften bei Ausschüttungen (vgl. die Ausführungen zur Fußnote 607 ff.). Die Gesellschaft könnte mit Hilfe dieser Klauseln zu Lasten der Obligationäre nahezu vollständig ausgehöhlt werden, weswegen eine unangemessene Benachteiligung vorliegt. Diese Klauseln sind äußerst kritisch zu sehen und daher als unwirksam zu betrachten. Bei kleinen Aktiengesellschaften wird der Verwässerungsschutz bei Kapitalherabsetzungen dagegen überwiegend ausgeschlossen (vgl. die Ausführungen zu den Fußnoten 516, 541, 542, 554, 555, 584, 585). Der vollständige Ausschluss stellt erst Recht eine unangemessene Benachteiligung dar. Offenbar beruht der Ausschluss auf dem häufigen Irrglauben, dass es bei Kapitalherabsetzungen zu keinen Verwässerungen kommt (vgl. Fußnote 543). Unangemessen, da völlig wirkungslos, ist beispielsweise auch der Verwässerungsschutz einer kleinen Aktiengesellschaft bei der Emission von weiteren Wandelwertpapieren (vgl. die Ausführungen zur Fußnote 651). Eine unangemessene Benachteiligung stellen ebenfalls die Verwässerungsschutzklauseln von vor allem großen Aktiengesellschaften bei Verschmelzungen und Spaltungen dar. Dort ist zwar der vermögens- und herrschaftsrechtliche Ausgleich überwiegend vollkommen, jedoch ist der qualitative Verwässerungsschutz bei einer Umwandlung in eine Gesellschaft ungleicher Rechtsform nicht ausreichend. Den
II. Konsequenzen der gewonnenen Erkenntnisse 383
Soweit die Anpassungsmodalitäten die Obligationäre bevorzugen, kann dies jedenfalls keine unangemessene Benachteiligung sein.786 Der AGBrechtliche Schutz greift nur zugunsten der Obligationäre nicht aber zugunsten der Emittenten als Verwender. Sollten in den Verwässerungsschutzklauseln gar Lücken vorhanden sein, müssen diese im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden oder mit etwaigen Generalklauseln, soweit solche vorhanden sind, abgefangen werden.787 Der Verwässerungsschutz müsste sich in diesen Fällen an oben entwickelten Ausführungen zum vollkommenen Verwässerungsschutz orientieren. Soweit jedoch nur geringfügige Abweichungen von einem vollkommenen Verwässerungsschutz geregelt wurden, sind diese Klauseln daher weiterhin wirksam. Wann nun aber genau diese Grenze noch nicht überschritten ist, Wandelobligationären wird nämlich nicht die Möglichkeit eingeräumt, anstatt der Wandlung eine Ausgleichszahlung zu verlangen. Falls durch die Umwandlung ein kaltes Delisting vollzogen wird, besteht für die Wandelobligationäre der fortbestehende Nachteil, dass sie ihre Gesellschaftsanteile nicht umgehend liquidieren können. Dies alleine reicht aus, um eine unangemessene Benachteiligung zu begründen. Außerdem wird den Obligationären bei Verschmelzungen nur teilweise ein Kündigungsrecht eingeräumt (vgl. hierzu die Ausführungen zu den Fußnoten 715, 716). Bei Spaltungen wird hingegen überwiegend überhaupt kein rechtlicher Verwässerungsschutz reguliert (vgl. hierzu die Ausführungen zur Fußnote 747). Ein weiteres Beispiel für einen völlig ungeeigneten Verwässerungsschutz bei einer Verschmelzung einer kleinen Aktiengesellschaft findet sich bei den Ausführungen zur Fußnote 720. Eine weitere unangemessene Benachteiligung liegt bei Liquidation vor. Den Wandelobligationären wird sowohl bei großen als auch bei kleinen Aktiengesellschaften kein außerordentliches Wandlungsrecht eingeräumt (vgl. hierzu die Ausführungen zu der Fußnote 762). 786 Derartige die Obligationäre bevorzugende Klauseln wären daher wirksam und würden einer AGB-Kontrolle standhalten. Als Beispiel wird auf den Verwässerungsschutz einer kleinen Aktiengesellschaft bei einer effektiven Kapitalerhöhung verwiesen (vgl. hierzu die Ausführungen zu den Fußnoten 486 und 487). 787 Als Beispiel sei auf den durchweg fehlenden Verwässerungsschutz bei Kapitalerhöhungen mit Bezugsrechtsausschluss verwiesen (vgl. hierzu die Ausführungen zu den Fußnoten 488, 490). Weiteres Beispiel ist der teilweise fehlende Verwässerungsschutz bei Aktiensplits (vgl. die Ausführungen zu den Fußnoten 494, 495, 497). Eine wesentliche Lücke liegt vor allem auch bei kleinen Aktiengesellschaften durch die teilweise fehlenden Verwässerungsschutzklauseln bei effektiven Kapitalherabsetzungen vor (vgl. hierzu die Ausführungen zu den Fußnoten 544, 557, 586). Ebenso fehlen bei kleinen Aktiengesellschaften fast durchweg etwaige Verwässerungsschutzklauseln bei Ausschüttungen (vgl. Fußnoten 612, 613, 614), bei der Emission neuer Wandelwertpapiere (vgl. Fußnote 650), bei der Verschmelzung (vgl. Fußnoten 717, 718, 719) oder bei der Spaltung (vgl. Fußnote 750). Beim Formwechsel fehlen sowohl bei großen als auch bei kleinen Gesellschaften Verwässerungsschutzklauseln (vgl. hierzu die Ausführungen zur Fußnote 684).
384
G. Endergebnis und Schlussfolgerungen
kann nicht generell bestimmt werden.788 Die Entscheidungskompetenz liegt dann letztlich bei den Gerichten. Aufgrund dieser nicht auszuräumenden Unwägbarkeiten bietet es sich an, den Verwässerungsschutz mit Hilfe der §§ 5 ff. SchVG durch die Gläubigerversammlung nachträglich auszubessern. Dies geht jedoch freilich nur, wenn das neue SchVG zeitlich als auch regulatorisch anwendbar ist (vgl. § 1 SchVG).789 Abschließend ist zu hoffen, dass diese rechtsökonomische Analyse zu einer Verbesserung und Verwendung der hier gewonnen Erkenntnisse des Verwässerungsschutzes führt und dadurch in der Zukunft zu einer Renaissance und größeren Akzeptanz dieser vielfältigen und nützlichen Finanzierungsinstrumente beitragen kann.
788 Als Beispiel kann hierzu auf den Verwässerungsschutz von großen Aktiengesellschaften bei effektiven Kapitalerhöhungen mit Bezugsrecht verwiesen werden (vgl. hierzu die Ausführungen zur Fußnote 478). Die verschiedenen Ausgleichsmodalitäten waren allesamt nicht vollkommen, da insbesondere keine Aufstockungsmöglichkeit vorgesehen wurde. Nichtsdestotrotz kann die formelmäßige Anpassung einen vollkommenen vermögensrechtlichen Verwässerungsschutz und die Einräumung eines Bezugsrechts einen idealen herrschaftsrechtlichen Ausgleich gewährleisten. Bei der Einräumung eines Bezugsrechts kommt den Obligationären ein materieller Bonus sogar bereits vor der Wandlung zu. Auch dies stellt einen besonderen Vorteil dar, denn eigentlich dürfte den Obligationären dieser Bonus erst mit der endgültigen Wandlung zugutekommen. Die formelmäßige Anpassung kann dagegen das ursprüngliche relative Kursabstandsverhältnis, einer der wesentlichen Wertbestimmungsfaktoren, wiederherstellen. Die jeweiligen Benachteiligungen sind daher relativ gering. Außerdem ist zu beachten, dass sich das Ausfallrisiko der Wandelobligationäre aufgrund der Kapitalzuführung nicht erhöht. Es sprechen daher einige Gesichtspunkte dafür, dass die Grenze der unangemessenen Benachteiligung noch nicht überschritten wurde. Abzulehnen ist allerdings die Anpassung, die eine Ausgleichzahlung vorsieht. Gleiches gilt für den Verwässerungsschutz von großen Aktiengesellschaften bei der Emission von weiteren Wandelwertpapieren (vgl. hierzu die Ausführungen zu den Fußnoten 645 f.). 789 Vgl. hierzu näher die Ausführungen unter dem Punkt: Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen (SchVG) auf S. 114 f.
Literaturverzeichnis Assmann, Heinz-Dieter / Schneider, Uwe H.: Wertpapierhandelsgesetz, Kommentar, 4. Aufl., Köln 2006. – Wertpapierhandelsgesetz, Kommentar, 6. Aufl., Köln 2006. Azarkan, Necat: Die Kapitalerhöhung in der AG nach deutschem und türkischem Recht, 1. Aufl., Jena 2008, Online Publikation. Baumbach, Adolf / Hopt, Klaus J. / Merkt, Hanno: Handelsgesetzbuch, Kommentar, 34. Aufl., München 2010. Baumbach, Adolf / Hueck, Alfred / Hueck, Goetz: Beck’sche Kurzkommentare zum Aktiengesetz, 13. Aufl., München 1968. Bieg, Hartmund / Kußmaul, Heinz: Finanzierung, 2. Aufl., München 2009. Black, Fischer / Scholes, Myron Samuel: Pricing of Options and Corporate Liabilities, Journal of Political Economy (1973), Vol. 81, S. 637–654. Bohn, Andreas: Bewertung von Wandelanleihen, Eine Analyse unter Berücksichtigung von unsicheren Zinsen und Aktienkursen, 1. Aufl., Wiesbaden 2002. Bosse, Christian: Informationspflichten des Vorstands beim Bezugsrechtsausschluss im Rahmen des Beschlusses und der Ausnutzung eines genehmigten Kapitals, ZIP 2001, S. 104–108. Braun, Eberhard: Insolvenzordnung, Kommentar, 4. Aufl., München 2010. Bungert, Hartwin: Wertpapierbedingungen und Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz, DZWiR 1996, S. 185–199. – Die Liberalisierung des Bezugsrechtsausschlusses im Aktienrecht, NJW 1998, S. 488–492. – Ausnutzung eines genehmigten Kapitals mit Bezugsrechtsausschluss – Anmerkung zu den BGH-Urteilen Mangusta / Commerzbank I und II, BB 2005, S. 2757–2559. Busch, Thorsten: Mangusta / Commerzbank – Rechtsschutz nach Ausnutzung eines genehmigten Kapitals, NZG 2006, S. 81–88. – Bezugsrecht und Bezugsrechtsausschluss bei Wandel- und Optionsanleihen, AG 1999, S. 58–66. Cahn, Andreas: Pflichten des Vorstandes beim genehmigten Kapital mit Bezugsrechtsausschluss, ZHR 163 (1999), S. 554–593. Canaris, Claus-Wilhelm: Die Feststellung von Lücken im Gesetz: Eine methodologische Studie über Voraussetzungen und Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung praeter legem, 2. Aufl., Berlin 1983.
386 Literaturverzeichnis Casper, Matthias: Der Optionsvertrag, 1. Aufl., Tübingen 2005. Cox, J. C. / Ross, S. A. / Rubinstein, M.: Option Pricing: A simplified approach, Journal of Financial Economics (1979), Vol. 7, S. 229–263. Dallwig, Kurt: Convertible Bonds, 1. Aufl., Würzburg 1935. Drygala, Tim: Termingeschäftsfähigkeit und Aufklärungspflicht beim Handel mit Optionsscheinen, ZHR (1995), S. 686–733. – Inhaltskontrolle von Wertpapierbedingungen, Internetpublikation 1999. Ekkenga, Jens: Wertpapier-Bedingungen als Gegenstand richterlicher AGB-Kontrolle, ZHR 160 (1996), S. 59–74. Ekkenga, Jens / Maas, Heyo: Das Recht der Wertpapieremissionen, 1. Aufl., Berlin 2006. Erdmann, Hans-Christian: Verantwortung von Medienunternehmen aus der Perspektive der ökonomischen Ethik, 1. Aufl., Hamburg 2012. EWiR / Kübler, Bruno: Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht. Frey, Kaspar / Hirte, Heribert: Das Vorab-Bezugsrecht auf Aktien und Optionsanleihen, ZIP 1991, S. 697–705. Friedl, Marcus / Hartwig-Jacob, Mauricio: Frankfurter Kommentar zum Schuldverschreibungsgesetz, 1. Aufl., Frankfurt am Main 2013. Fuchs, Andreas: Selbstständige Optionsscheine als Finanzierungsinstrument der Aktiengesellschaft, AG 1995, S. 433–451. – Kommentar zum Wertpapierhandelsgesetz, 1. Aufl., München 2009. Gallego Sánchez, Helmuth Mauricio: Das Erwerbsrechts auf Aktien bei Options anleihen und Wandelschuldverschreibungen, 1. Aufl., Berlin 1999. Georgakopoulos, Leonidas N.: Zur Problematik der Wandelschuldverschreibungen, ZHR 120 (1957), S. 84–182. Geßler, Ernst / Hefermehl, Wolfgang / Eckhardt, Ulrich / Kropff, Bruno: Aktiengesetz Kommentar, Band IV, 1. Aufl., München 1994. Gleichenstein, von: Wandelschuldverschreibungen neuen Stils, AG 1964, S. 141–148. Godin, Reinhard von / Wilhelmi, Hans: Godin-Wilhelmi Aktiengesetz, Kommentar, 3. Aufl., Berlin 1967. Groß, Wolfgang: Bezugsrechtsausschluss bei Barkapitalerhöhungen: Offene Fragen bei der Anwendung des neuen § 186 Abs. 3 S. 4 AktG, DB 1994, S. 2431–2439. Gross, Wolfgang: Isolierte Anfechtung der Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss bei der Begebung von Optionsanleihen, AG 1991, S. 201–205. Großkommentar zum Aktiengesetz: Hopt, Klaus J. / Wiedemann, Herbert: Aktien gesetz Großkommentar, Dritter Band, 4. Aufl., Berlin 2008. – Barz / Carls, Hans / Schilling, Wolfgang / Wiedemann, Herbert: Aktiengesetz Großkommentar, Dritter Band, 3. Aufl., Berlin 1973. – Hopt, Klaus J. / Wiedemann, Herbert: Aktiengesetz Großkommentar, Siebenter Band / Teil 1, 4. Aufl., Berlin 2012.
Literaturverzeichnis387 – Hopt, Klaus J. / Wiedemann, Herbert: Aktiengesetz Großkommentar, Sechster Band, 4. Aufl., Berlin 2006. Habersack, Mathias: Zinsänderungsklauseln im Lichte des AGBG und des Verbr KrG, WM 2001, S. 753–762. Habersack, Mathias / Mayer, Christian: Globalverbriefte Aktien als Gegenstand sachenrechtlicher Verfügungen, WM 2000, S. 1678–1684. Habersack, Mathias / Mülbert, Peter / Schlitt, Michael: Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 2. Aufl., Köln 2008. Happ, Wilhelm: Aktienrecht, Handbuch-Mustertexte-Kommentar, 3. Aufl., Köln 2007. Heidelberger Kommentar: Bürgers, Tobias / Körber, Thorsten: Heidelberger Kommentar zum Aktiengesetz, 2. Aufl., Heidelberg 2011. Henckel, Wolfram / Gerhardt, Walter: Jaeger Insolvenzordnung, Großkommentar, Erstes Band, 1. Aufl., Berlin 2004. Henn, Günter: Handbuch des Aktienrechts, 7. Aufl., Heidelberg 2002. Heubel, Gerd: Das Problem der Konversion von Wandelschuldverschreibungen aus der Sicht des Anlegers und des Emittenten, 1. Aufl., Hamburg 1983. Hirte, Heribert: Bezugsrechtsfragen bei Optionsanleihen, WM 1994, S. 321–329. – Genussrecht oder verbotener Gewinnabführungsvertrag? ZBB 1992, S. 50–55. Hoffmann-Becking, Michael: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, Aktiengesellschaft, 3. Aufl., München 2007. Hofmeister, Holger: Der Ausschluss des aktiengesetzlichen Bezugsrechts bei börsennotierten AG – Konsequenzen aus BGHZ 136, 133 ff. – Siemens / Nold, NZG 2000, S. 713–719. Holland, Björn / Goslar, Sebastian: Die Bedienung von Wandelanleihen aus genehmigten Kapital, NZG 2006, S. 892–896. Hölters, Wolfgang: Aktiengesetz, Kommentar, 1. Aufl., München 2011. Holzborn, Timo: Wertpapierprospektgesetz (WpPG) und EU-Prospektverordnung, Kommentar, 1. Aufl., Berlin 2009. Holzheimer, Dieter: Die steuerliche Behandlung von Optionsanleihen, insbesondere beim Erwerber, WM 1986, S. 1169–1179. Hopt, Klaus J.: Änderungen von Anleihebedingungen – Schuldverschreibungsgesetz, § 796 BGB und AGBG – Festschrift für Ernst Steindorff, S. 341–382. Horn, Norbert: Die Erfüllung von Wertpapiergeschäften unter Einbeziehung eines zentralen Kontrahenten an der Börse – Sachenrechtliche Aspekte, WM 2002, Sonderbeilage 2, S. 3–22. – Das neue Schuldverschreibungsgesetz und der Anleihemarkt, BKR 2009, S. 446– 453. Hueck, Alfred: Die Behandlung von Wandelschuldverschreibungen bei Änderung des Grundkapitals, DB 1963, S. 1347–1351.
388 Literaturverzeichnis Hueck, Alfred / Canaris, Claus-Wilhelm: Recht der Wertpapiere, 12. Aufl., München 1986. Hüffer, Uwe: § 216 Abs. 3 AktG: Sondernorm oder allgemeiner Rechtsgedanke? Festschrift Bezzenberger, 1. Aufl., Berlin 2000. – Aktienbezugsrechte als Bestandteil der Vergütung von Vorstandmitgliedern und Mitarbeitern – gesellschaftsrechtliche Analyse, ZHR 161 (1997), S. 214–245. – Beck’sche Kurzkommentare, Aktiengesetz, 10. Aufl., München 2012. Hull, John C.: Optionen, Futures und andere Derivate, 7. Aufl., München 2009. Huppertz, Hubert: Convertible Bonds als Aktienwandelobligationen und andere „Mischformen“ als Mittel der Kapitalbeschaffung der Aktiengesellschaften der Vereinigten Staaten von Amerika, 1. Aufl., Berlin 1930. Ihrig, Hans Christoph / Wagner, Jens: Volumengrenzen für Kapitalmaßnahmen der AG, NZG 2002, S. 657–664. Janssen, Friedrich: Bedeutung und Ausstattung von Wandel- und Optionsanleihen, 1. Aufl., Göttingen 1982. Joussen, Edgar: Die Inhaltskontrolle von Wertpapierbedingungen, WM 1995, S. 1861–1869. Just, Clemens / Voß, Thorsten / Ritz, Corinna / Zeising, Michael: Wertpapierprospektgesetz (WpPG) und EU-Prospektverordnung, Kommentar, 1. Aufl., München 2009. Kallmeyer, Harald: Kallmeyer Umwandlungsgesetz Kommentar, 4. Aufl., Köln 2010. Kallrath, Jürgen: Die Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen von Wandel- und Optionsanleihen, Gewinnschuldverschreibungen und Genußscheinen, 1. Aufl., Köln 2010. Karollus, Martin: Die Umwandlung von Geldkrediten in Grundkapital – eine verdeckte Sacheinlage? ZIP 1994, S. 589–599. Kerber, Markus C.: Eigenkapitalverwandte Finanzierungsinstrumente, Zum Finanzierungspotential von Wandelschuldverschreibungen aus aktienrechtlicher Sicht, 1. Aufl., Stuttgart 2002. Kindler, Peter: Bezugsrechtsausschluß und unternehmerisches Ermessen nach deutschem und europäischen Recht, ZGR 1998, S. 35–68. Klawitter, Tim: Zum vereinfachten Bezugsrechtsausschluss gem. § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG bei der Ausgabe von Wandel- oder Optionsschuldverschreibungen, AG 2005, S. 792–802. Kniehase, Martin R.: Der vereinfachte Bezugsrechtsausschluss bei der Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen, AG 2006, S. 180–187. Koch, Karl / Vogel, Horst A.: Zur handels- und steuerrechtlichen Behandlung von Optionsanleihen, BB 1986, Beilage 10, S. 1–22. Köhler, Helmut: Kapitalerhöhung und vertragliche Gewinnbeteiligung, AG 1984, S. 197–202. Kölner Kommentar: Dauner-Lieb, Barbara / Simon, Stefan: Kölner Kommentar zum UmwG, 1. Aufl., Köln 2009.
Literaturverzeichnis389 – Zöllner, Wolfgang / Noack, Ulrich: Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, Band 1, §§ 1–75 AktG, 3. Aufl., Köln 2011. – Zöllner, Wolfgang: Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, Band 2, §§ 76–117 AktG, 2. Aufl., Köln 1996. – Zöllner, Wolfgang: Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, Band 5 / 1, §§ 179– 240 AktG, 2. Aufl., Köln 1995. Koppensteiner, Hans-Georg: Ordentliche Kapitalerhöhungen und dividendenabhängige Ansprüche Dritter, ZHR 139 (1975), S. 191–207. Krämer, Lutz / Kiefner, Alexander: Präventiver Rechtsschutz und Flexibilität beim genehmigten Kapital, ZIP 2005, S. 301–310. Kuhn, Klaus: Wandelschuldverschreibungen als Finanzierungsmittel der Aktiengesellschaft, 1. Aufl., Essen 1953. Land, Volker / Hasselbach, Kai: „Going Private“ und „Squeeze-out“ nach deutschem Aktien-, Börsen- und Übernahmerecht, DB 2000, S. 557–561. Langenbucher, Katja / Bliesener, Dirk H. / Spindler, Gerald: Bankrechts-Kommentar, 1. Aufl., München 2013. Leuring, Dieter: Das neue Schuldverschreibungsgesetz, NZI 2009, S. 638–640. Linnhoff, Hans-Otto: Optionsanleihen, 1. Aufl., Berlin 1956. – Kapitalerhöhung und Sanierung im Wandelanleihe-Vertrag, DB 1955, S. 1193– 1196. Loos, Gerold: Sachgemäße Ausgestaltung der Bedingungen von Wandelschuld verschreibungen zum Schutze der Wandelschuldverschreibungsgläubiger, Teil I und II, DB 1960, S. 515–518, 543–545. Ludwig, Wolfgang: Verwässerungsschutzklauseln bei Wandelschuldverschreibungen, Kredit und Kapital 1977, Heft 1, S. 91–116. Lutter, Marcus: Zur Bilanzierung von Genussrechten, DB 1993, S. 2441–2446. – Bezugsrechtsausschluss und genehmigtes Kapital, BB 1981, S. 861–864. – Aktienoptionen für Führungskräfte – de lege lata und de lege ferenda, ZIP 1997, S. 1–9. – Optionsanleihen ausländischer Tochtergesellschaften, Festschrift Walter Kastner, S. 245–267. Lutter, Marcus / Drygala, Tim: Die zweite Chance für Spekulanten? – Zur nachträglichen Korrektur von Konditionen von Optionsschuldverschreibungen, Festschrift für Carsten Peter Claussen zum 70. Geburtstag, Köln 1997. Lutter, Marcus / Winter, Köln 2004.
Martin:
Umwandlungsgesetz,
Kommentar,
3. Aufl.,
Maier-Reimer, Georg: Bedingtes Kapital für Wandelanleihen, Kapitalmarkt – Recht und Praxis, Gedächtnisschrift für Ulrich Bosch, S. 85–98. Marsch-Barner, Reinhard: Die Erleichterung des Bezugsrechtsausschlusses nach § 186 Abs. 3 S. 4 AktG, AG 1994, S. 532–540.
390 Literaturverzeichnis – Nochmals: Umgehung der Sacheinlagevorschriften durch Wandelschuldverschreibungen und Wandelgenussrechte? DB 1995, S. 1497. Marsch-Barner, Reinhard / Schäfer, Frank A.: Handbuch der börsennotierten AG, Aktien und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., Köln 2009. Martens, Klaus-Peter: Der Ausschluss des Bezugsrechts, ZIP 1992, S. 1677–1697. – Die mit Optionsrechten gekoppelte Aktienemission, AG 1989, S. 69–77. – Die rechtliche Behandlung von Options- und Wandlungsrechten anlässlich der Eingliederung der verpflichteten Gesellschaft, AG 1992, S. 209–216. Masuch, Andreas: Anleihebedingungen und AGB-Gesetz, Die Bedeutung des AGBGesetzes für Emissionsbedingungen von Anleihen, 1. Aufl., Heidelberg 2001. Maulbetsch, Hans-Christoph / Klumpp, Axel / Rose, Dieter: Heidelberger Kommentar, Umwandlungsgesetz, 1. Aufl., Heidelberg 2009. Meilicke, Wieland: Umgehung der Sacheinlagevorschriften durch Wandelschuldverschreibungen und Wandelgenussrechte? DB 1995, S. 1061–1062. Melicke, Heinz: Wandelschuldverschreibungen bei Kapitalherabsetzungen, BB 1963, S. 500–501. Merton, R. C.: Theory of Rational Option Pricing, Bell Journal of Economics and Management Science, 1973, Vol. 4, S. 141–183. Meyer, F.: Wandelschuldverschreibungen, BB 1955, S. 549–551. Meyer-Cording, Ulrich / Drygala, Tim: Wertpapierrecht, 3. Aufl., Berlin 1995. Müller, Helmut: Umtausch von Wandelschuldverschreibungen in Aktien, BB 1954, S. 825–827. Müller, Welf / Rödder, Thomas: Beck’sches Handbuch der AG, Gesellschaftsrecht – Steuerrecht – Börsengang, 2. Aufl., München 2009. Müller-Eising, Karsten: Aktienrechtsnovelle 2011 – Änderungen zur Vorzugsaktie und zum bedingten Kapital für Wandelanleihen, GWR 2010, S. 591–592. Münchener Kommentar zum AktG: Goette, Wulf / Habersack, Mathias / Kalss, Su sanne: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, Band 4, §§ 179–221 AktG, 3. Aufl., München 2011. – Goette, Wulf / Habersack, Mathias / Kalss, Susanne: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, Band 2, §§ 76–117 AktG, 3. Aufl., München 2008. – Goette, Wulf / Habersack, Mathias / Kalss, Susanne: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, Band 1, §§ 1–75 AktG, 3. Aufl., München 2008. – Säcker, Franz Jürgen / Rixecker, Roland: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 5, §§ 705–853 BGB, 5. Auflage, München 2009. Münchener Kommentar zum HGB: Schmidt, Karsten: Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, Band 5, §§ 343–372 HGB, 3. Aufl., München 2013. – Schmidt, Karsten: Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, Band 4, §§ 238–342 e HGB, 2. Aufl., München 2008.
Literaturverzeichnis391 Münchner Kommentar zur InsO: Kirchhof, Hans-Peter / Lwowski, Hans-Jürgen / Stürner, Rolf: Münchner Kommentar zur Insolvenzordnung, Band 1, §§ 1–102 InsO, InsVV, 2. Aufl., München 2007. Paefgen, Walter G.: Eigenkapitalderivate bei Aktienrückkäufen und Managementbeteiligungsmodellen, AG 1999, S. 67–74. Palandt, Otto: Beck’sche Kurzkommentare, Bürgerliches Gesetzbuch, 73. Aufl., München 2014. Paschos, Nikolas: Berichtspflichten und Rechtsschutz bei der Ausübung eines genehmigten Kapitals, DB 2005, S. 2731–2732. Podewils, Felix: Neuregelungen im Schuldverschreibungs- und Anlegerschutzrecht, DStR 2009, S. 1914–1920. Prosser, Andreas: Anlegerschutz bei Genussscheinen, Gewinnschuldverschreibungen, Options- und Wandelanleihen, Insbesondere bei Konzernierung und Umwandlung, 1. Aufl., Frankfurt am Main 2001. Raiser, Thomas / Veil, Rüdiger: Recht der Kapitalgesellschaften, Ein Handbuch für Praxis und Wissenschaft, 4. Aufl., München 2006. Randow, Philipp v.: Anleihebedingungen und Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes, ZBB 1994, S. 23–32. Richard, Jörg / Weinheimer, Stefan: Der Weg zurück: Going Private, BB 1999, S. 1613–1620. Rinnert, Sandra: Auswirkungen eines Formwechsels von einer AG in eine GmbH auf das bedingte Kapital zur Sicherung von Bezugsrechten, NZG 2001, S. 865– 871. Rusch, Horst: Die Wandelschuldverschreibung, 1. Aufl., Berlin 1956. Schäfer, Frank A.: Wandel- und Optionsanleihen in Deutschland – Praxisprobleme von Equity-linked-Emissionen – ZGR (2000) Sonderheft 16, Wandel- und Op tionsanleihen in Deutschland und Europa, S. 62–85. Scherer, Peter: Depotgesetz (DepotG), Kommentar, 1. Aufl., München 2012. Schimansky, Herbert / Bunte, Hermann-Josef / Lwowski, Hans Jürgen: BankrechtsHandbuch, Band II, 3. Aufl., München 2007. Schlitt, Michael / Schäfer, Susanne: Alte und neue Fragen im Zusammenhang mit 10 %-Kapitalerhöhungen, AG 2005, S. 67–77. Schlitt, Michael / Seiler, Oliver / Singhof, Bernd: Aktuelle Rechtsfragen und Gestaltungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit Wandelschuldverschreibungen, AG 2003, S. 254–268. Schmidt, Karsten: Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., Köln 2002. Schmidt, Karsten / Lutter, Marcus: Aktiengesetz Kommentar, Band II, §§ 150–410, 2. Aufl., Köln 2010. Schmitt, Joachim / Hörtnagl, Robert / Stratz, Rolf-Christian: Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuergesetz, Kommentar, 4. Aufl., München 2006.
392 Literaturverzeichnis Schumann, Günter: Optionsanleihen, 1. Aufl., Köln 1990. Schwark, Eberhard / Zimmer, Daniel: Kapitalmarktrechtskommentar, 4. Aufl., München 2010. Semler, Johannes / Stengel, Arndt: Beck’sche Kurzkommentare, Umwandlungsgesetz mit Spruchverfahrensgesetz, 3. Aufl., München 2012. Sethe, Rolf: Genußrechte: Rechtliche Rahmenbedingungen und Anlegerschutz (II), AG 1993, S. 351 -371. – Die Berichtserfordernisse beim Bezugsrechtsausschluss und ihre mögliche Heilung am Beispiel der Emission junger Aktien und Genussrechte, AG 1994, S. 342–363. Silcher, Friedrich: Bedingtes Kapital für „Warrant-Anleihen“ von Tochtergesellschaften, Festschrift für Ernst Gessler, 1. Aufl., München 1971. Sinewe, Patrick: Die Berichtspflicht beim Ausschluss des Bezugsrechts, ZIP 2001, S. 403–406. Spindler, Gerhard / Stilz, Eberhard: Kommentar zum Aktiengesetz, Band 2, §§ 179– 410, 1. Aufl., München 2007. Staudinger / Marburger, Peter: J. von Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, §§ 779–811, Berlin 2009. Staudinger / Martinek, Peter: J. von Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, §§ 305–310, Berlin 2009. Steiner, Klaus: Zulässigkeit und Begebung von Optionsrechten auf Aktien ohne Optionsschuldverschreibungen (naked warrants), WM 1990, S. 1776–1780. Steiner, Manfred / Bruns, Christoph: Wertpapiermanagement, 7. Aufl., Stuttgart 2000. Than, Jürgen: Rechtliche und praktische Fragen bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln bei einer Aktiengesellschaft, Sonderheft 10, WM 1991, S. 54–62. Tilp, Andreas: Die Unverbindlichkeit von Geschäften in Optionsscheinen und Bezugsrechten, DB 1989, S. 2365–2370. Timm, Wolfram: Der Bezugsrechtsausschluss beim genehmigten Kapital, DB 1982, S. 211–217. Uhlenbruck, Wilhelm: Insolvenzordnung, Kommentar, 13. Aufl., München 2010. Ulmer, Peter / Brandner, Hans Erich / Hensen, Horst-Diether: AGB-Recht, Kommentar zu den §§ 305–310 BGB und zum UKlaG, 11. Aufl., Köln 2011. Ulmer, Peter / Ihrig, Christoph: Ein neuer Anleihetyp: Zero-Bonds, ZIP 1985, S. 1169–1180. Volhard, Rüdiger: „Siemens / Nold“: Die Quittung, AG 1998, S. 397–404. Vollmer, Lothar / Lorch, Bernhard: Der Ausschluss des Bezugsrechts von Minderheitsaktionären auf Genußscheine und andere stimmrechtslose Titel – Verwässerungsgefahren und notwendige Schutzmechanismen, DB 1991, S. 1313–1318. Wachter, Thomas: Kommentar zum Aktiengesetz; 1. Aufl., Köln 2012.
Literaturverzeichnis393 Welcker, Johannes: Wandelobligationen, 1. Aufl., Bonn 1968. Wiechers, Heiko: Die Beteiligung von Aufsichtsratsmitgliedern am Unternehmenserfolg über die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen und die Bedienung von Aktienbezugsrechten, DB 2003, S. 595–599. Wöhe, Günter / Bilstein, Jürgen / Ernst, Dietmar / Häcker, Joachim: Grundzüge der Unternehmensfinanzierung, 10. Aufl., München 2009. Wohlfahrt, Jürgen / Brause Christian: Die Emission kursorientierter Wertpapiere auf eigene Aktien – Zur Auslegung des § 221 AktG – WM 1997, S. 397–405. Wolf, Manfred / Lindacher, Walter F. / Pfeiffer, Thomas: AGB-Recht Kommentar, 5. Aufl., München 2009. Würdinger, Hans: Aktienrecht und das Recht der verbundenen Unternehmen, 4. Aufl., Heidelberg 1981. Zantow, Roger / Dinauer, Josef: Finanzwirtschaft des Unternehmens, 3. Aufl., München 2011. Zöllner, Wolfgang: Die Anpassung dividendensatzbezogener Verpflichtungen von Kapitalgesellschaften bei effektiver Kapitalerhöhung, ZGR 1986, S. 289–309. Zwyssig, Marcus: Pricing von Options- und Wandelanleihen aus finanzwirtschaftlicher Sicht, 1. Aufl., Bern 1993.
Sachwortregister Absicherung der Wandlungsrechte 91 –– Absicherung mittels ordentlicher Kapitalerhöhung 93 –– Bedingtes Kapital 95 –– Erwerb eigener Aktien 93 –– Genehmigtes Kapital 99 –– Vereinbarungen mit Dritten 94 Abspaltung 357 AGB-Recht 116 Aktiensplit 226, 332 Allgemeiner kapitalmarktrechtlicher Schutz 113 Als-Ob-Aktionär 191 Anpassung des Wandlungsverhältnisses/ Wandlungspreises 194 Anpassung mit Hilfe des durchschnitt lichen Bezugsrechtswerts 194 Antizipiertes Wandlungsrecht 191 Anwendbarkeit der §§ 305 ff. 117 Aufhebung des Rechts 124 Auflösung 364 Aufspaltung 352 Aufstockung 212, 219 Ausgestaltungmöglichkeiten 36, 116 Ausgestaltungsmöglichkeiten Aktien erwerbskomponente 41 Ausgestaltungsmöglichkeiten Anleihekomponente 37 Ausgliederung 360 Ausschüttungen 290 Ausübung der Wandlungsrechte 105 Auswirkungen der Wandlungserklärung 107 Bareinlage 102, 108 Begriffsbestimmung 32
Bekanntmachung und Vorstandsbericht 84 Belastung 54 Beschlussanfechtung 89 Beseitigung des Sicherungskapitals 125 Bezugsrecht auf Wandelschuld verschreibung 68 Bezugsrechtausschluss 72, 181, 187 Bezugsrechtsausschluss i. R. d. Ermächtigungsbeschlusses 73 Bezugsrechtsausschluss i. R. d. Zustimmungsbeschlusses 72 Bezugsrechtswert 140 Bezugsverhältnis 69, 134 Bilanzkurs 139 Börsenkurs 139 Börsenzulassung 55, 114 Dividenden 247, 290, 318, 323, 324, 333, 346, 350, 362, 366 Einlageleistung 110 Einlagen auf die Aktien 108 Einleitung 23 Einräumung eines Bezugsrechts 180 Einseitiger Änderungsvorbehalt 123 Emissionsgründe 33 Empirische Auswertung –– Aktiensplit 229 –– Auflösung, Liquidation, Vollbeendigung 368 –– Dividenden und sonstige Ausschüttungen 308 –– effektive Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht 222 –– effektive Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss 225
Sachwortregister –– effektive ordentliche Kapital herabsetzung durch Herabsetzung des Nenn-/Stückwertes 260 –– effektive ordentliche Kapital herabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien 270 –– Formwechsel 340 –– Insolvenz 370 –– Kapitalerhöhung aus Gesellschafts mitteln 170 –– Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 289 –– Spaltung 361 –– vereinfachte (nominelle) Kapital herabsetzung 244 –– Verschmelzung 349 –– Wertpapiere mit Bezugsrechte 324 Endergebnis 371 Entstehung 52, 57 Erfordernisse der Wandlungserklärung 106 Erhöhung Bezugsaktien 130, 132, 178, 225 Ermächtigungsbeschluss 61, 64 Fehlerhafte Zustimmung 62, 67 fehlerhafter Bezugsrechtsausschluss 89 Formelmäßige Anpassung des Wandlungspreises 198, 201, 210, 211, 223, 281, 378 Formwechsel 331 Gesetzeslücke 373 Hauptversammlungsbeschluss 58 –– Einberufung und Bekanntmachung 65 –– Entscheidung über das Bezugsrecht 63 –– Ermächtigungsbeschluss 61, 64 –– Fehlende oder fehlerhafte Zustimmung 62, 67 –– Inhalt des Beschlusses 59 –– Mehrheit 65
395
–– Notwendiger und fakultativer Inhalt 60 –– Publizität 66 –– Verpflichtung zur Ausgabe 63 –– Zeitliche Begrenzung 61 –– Zustimmungsbeschluss 60 Herrschaftsrechtlicher Ausgleich 204, 212 Induktion 375 Inhalt des Berichts 85 Inhaltskontrolle nach AGB 120 Insolvenzeröffnung 368 Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln 128, 130, 147 Kapitalherabsetzungen 230 –– Effektive ordentliche Kapitalherab setzung durch Zusammenlegung von Aktien 262 –– Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 272, 333, 346, 350, 362 –– Vereinfachte (nominelle) Kapital herabsetzung 232 Kündigung 124 Laufzeit 38 Liquidation 364 Lösungsvorschlag 208 Mehrheit 65 Merkmale des Eigenkapitals 50 Merkmale des Fremdkapitals 50 Merkmale Mezzaninekapital 50 Mezzaninekapital 49 Mitgliedschaftsrechte 193 Nennbetrag 38 nominelle Kapitalerhöhung 128, 130, 147 Nominelles Bezugsverhältnis 134 Nominelles Wandlungsverhältnis 136 Optionsanleihe 32 Optionswert 143
396 Sachwortregister Problemaufriss 23 Rechtlicher bzw. qualitativer Verwässerungsschutz –– Aufspaltung 356, 360 –– Formwechsel 333, 357 –– Verschmelzung 346 Rechtsnatur 47 Relativer Kursabstand 126, 145, 184, 197 Sacheinlage 102, 108 sachliche Rechtfertigung 75, 80, 103 Schadensersatz 90 Schutz (§§ 187 AktG analog) 70 Schutz der Wandelobligationäre 113 SchVG 114, 122, 126, 384 Sonderfall 151, 168 Sonstige Verwässerungsschutzklauseln 206 Spaltung 352 Stückaktien 151, 168 Stückelung 38 Stückmäßiges Bezugsverhältnis 135 Stückmäßiges Wandlungsverhältnis 137 Teleologische Reduktion 161 Tilgungsarten 39 Übertragung 54 umgekehrter Aktiensplit 226 Umwandlungen 326 –– Formwechsel 331 –– Spaltung 352 –– Vermögensübertragung 363 –– Verschmelzung 340 unmittelbare Beeinträchtigungen 121 Verbandsinterne Erfordernisse 57 Verbriefung 53 Vereinfachter Bezugsrechtsausschluss 80, 319 Vermögensrechtlicher Ausgleich 210
Vermögensübertragung 363 Verschmelzung 340 Verstärkung 236 Verstärkungsausgleich 236, 239 Verwässerung 147 –– Aktiensplit 226 –– Dividenden und sonstige Ausschüttungen 294 –– effektive Kapitalerhöhung 172 –– Effektive ordentliche Kapitalherab setzung durch Herabsetzung des Nenn-/Stückwertes 248 –– effektive ordentliche Kapitalherab setzung durch Zusammenlegung von Aktien 262 –– Kapitalerhöhung aus Gesellschafts mitteln 147 –– Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 275 –– Nominelle ordentliche Kapitalherabsetzung 246 –– Ordentliche Kapitalherabsetzung 246 –– qualitative 328 –– rechtliche 328 –– Vereinfachte Kapitalherabsetzung durch Herabsetzung des Nenn-/ Stückwertes 234 –– Vereinfachte Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien 236 –– Verschmelzung 343, 350 Verwässerungsschutz 125 –– Absicherung mittels ordentlicher Kapitalerhöhung 167 –– Aktiensplit 227 –– Aufspaltung 354, 360 –– Dividenden und sonstige Ausschüttungen 296, 366 –– effektive Kapitalerhöhung 178 –– effektive ordentliche Kapitalherabsetzung durch Herabsetzung des Nenn-/ Stückwertes 250, 261, 266, 271, 297
Sachwortregister397 –– effektive ordentliche Kapitalherab setzung durch Zusammenlegung von Aktien 264 –– Einführung und Problemaufriss 125 –– Formwechsel 331, 356, 359 –– gesetzliche Ableitung 128 –– Kapitalerhöhung mit Bezugsrechts ausschluss 220 –– Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln 151 –– Kapitalerhöhungen gegen Einlagen 171 –– Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 277 –– Umsetzung 132 –– vereinfachte Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien 239 –– Verschmelzung 344, 356 –– Wertpapiere mit Bezugsrechte 313 Verzinsung 38 Vollbeendigung 364 vollkommener Verwässerungsschutz –– Dividenden und sonstige Ausschüttungen 298, 309 vorzeitige Rückzahlung 124 Wandelanleihe 32 Wandelschuldverschreibungen i. w. S. 31
Wandlungsberechtigung 42 Wandlungserklärung 105 Wandlungsfrist 43 Wandlungsobjekt 42 Wandlungspreis 45 Wandlungsrecht i. e. S. 41 Wandlungsrechtswert 143 Wandlungstermin 43 Wandlungsverhältnis 44, 136 Wandlungswert 143 Weitere Anpassungsformeln 204 Wertbestimmung 81, 82, 126, 141, 319 –– Bewertung einer Schuldverschreibung 143 –– Wandlungswert 143 Wertpapiere mit Bezugsrechte 310 Wertpapierrechtliche Aspekte 35, 53 Wesen der Wandlungserklärung 105 Wirksamkeit des Bezugsrechtsausschlusses 187 Wirtschaftliche Natur 49 Zuerkennung bestimmter Mitgliedschaftsrechte 193 Zustimmung des Aufsichtsrats 68 Zustimmungsbeschluss 60 Zuzahlung 158