Zur Zulässigkeit des Teilurteils gem. § 301 ZPO: Eine Analyse der von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen [1 ed.] 9783428443529, 9783428043521


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Zur Zulässigkeit des Teilurteils gem. § 301 ZPO: Eine Analyse der von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen [1 ed.]
 9783428443529, 9783428043521

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Schriften zum Prozessrecht Band 59

Zur Zulässigkeit des Teilurteils gem. § 301 ZPO Eine Analyse der von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen

Von

Oleg de Lousanoff

Duncker & Humblot · Berlin

OLEG de LOUSANOFF

Zur Zulässigkeit des Teilurteils gem. § 301 ZPO

Schriften zum Prozessrecht Band 59

Zur Zulässigkeit des Teilurteils gem. §301 ZPO Eine Analyse der von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen

Von Oleg de Lousanoff

D U N C K E R & H U M B L O T

/

B E R L I N

Gedruckt m i t Unterstützung der Wissenschaftlichen Gesellschaft, Freiburg i.

Alle Rechte vorbehalten © 1979 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1979 bei Buchdruckerei Bruno Luck, Berlin 65 Printed in Germany I S B N 3 428 04352 9

Vorwort Die vorliegende Arbeit beruht auf meiner Dissertation, die i m Juni 1978 abgeschlossen wurde. Meinem verehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Peter Arens, möchte ich auch an dieser Stelle noch einmal sehr herzlich für das Interesse danken, das er meiner Arbeit entgegengebracht hat, sowie für die Förderung, die er m i r während der ganzen Zeit der Bearbeitung hat zuteil werden lassen. Außerdem gilt mein Dank Herrn Professor Dr. Götz von Craushaar, der mich ebenfalls stets gefördert hat. Schließlich danke ich Herrn Richter am Landgericht Ulrich Pankow für die wertvollen H i n weise, die er m i r für meine Arbeit gegeben hat. Der Wissenschaftlichen Gesellschaft i n Freiburg danke ich für die großzügige Hilfe bei der Drucklegung. Freiburg i m Breisgau, i m Dezember 1978

Oleg de Lousanoff

Inhaltsverzeichnis § 1. Einleitung

11 Erster

Abschnitt

Rechtsprechungsanalyse § 2. Die Voraussetzungen §3. Erste Fallgruppe: Schlußurteil

für den Erlaß eines Teilurteils

Das Verbot

des Widerspruchs

zwischen

14 Teil-

und

I. Allgemeines

16 16

1. Widersprüche i m Sinne der Rechtskraft

16

2. Die Anwendbarkeit des § 318 ZPO auf Teilurteile

17

3. Folgerungen

17

I I . Die einzelnen Fälle

19

1. T e i l u r t e i l über Feststellungsantrag bei ungeklärtem Feststellungsinteresse (RGZ 151, 381)

19

2. T e i l u r t e i l bei noch zu erwartendem beachtlichem Vorbringen (OGHZ 3, 20)

22

3. T e i l u r t e i l bei gleichzeitiger Zurückweisung eines Beweismittels (BGH Z Z P 67, 471) 4. T e i l u r t e i l bei der Stufenklage (BGH N J W 1960, 331)

26 29

5. T e i l u r t e i l über Schadensersatz bei der Unterlassungsklage (OLG Naumburg H R R 1930, Nr. 62)

33

6. T e i l u r t e i l bei streitigem Klagegrund (OLG H a m m JMB1 N R W 1965, 279; O L G K ö l n M D R 1972, 698)

34

I I I . Zusammenfassung zu § 3 §4. Zweite Fallgruppe: Das Erfordernis Teil- und Schlußurteil

37 der Unabhängigkeit

zwischen

I. Allgemeines I I . Die einzelnen Fälle zur Bestimmtheit des i m T e i l u r t e i l erledigten Teils des Klageanspruchs 1. T e i l u r t e i l über Pflichtteilanspruch (BGH N J W 1964, 205) 2. T e i l u r t e i l über Widerklage bei Abhängigkeit zur Klageforderung (RGZ 66, 396)

40 40 41 41 43

Inhaltsverzeichnis

8

3. T e i l u r t e i l über Mindestschaden (EG H E R 1932, Nr. 553)

47

4. T e i l u r t e i l zur Beschränkung des Klageanspruchs auf den Wert eines bestimmten Gegenstandes (RGZ 143, 170)

52

5. T e i l u r t e i l über unbezifferte Schadensposten (OLGZ 1965, 48)

58

I I I . Die einzelnen Fälle zur Frage des endgültigen Umfangs des i m T e i l u r t e i l zu- oder aberkannten Teils des Klageanspruchs 63 1. T e i l u r t e i l bei u n k l a r e m Umfang des Klageanspruchs (OLG K ö l n M D R 1976, 408)

63

2. T e i l u r t e i l über einzelne A n g r i f f s m i t t e l (RGZ 16, 423)

66

3. T e i l u r t e i l zur Abweisung einer unbezifferten „Mehrforderung" (RGZ 96, 8)

72

4. T e i l u r t e i l bei nicht aufgeteilten Teilklagen (OLG H a m b u r g M D R 1957, 747)

78

5. T e i l u r t e i l bei Anspruch m i t gesetzlicher Höchstgrenze (OLG München VersR 1960, 1002)

81

6. T e i l u r t e i l über Abfindungsanspruch des ausscheidenden Gesellschafters ( B G H W P M 1961, 323)

83

7. T e i l u r t e i l über Mithaftungsquote (BGH VersR 1965, 878)

84

I V . Zusammenfassung zu § 4 §5. Dritte Fällgruppe: Die Zulässigkeit machten Gegenrechten

85 des Teilurteils

bei geltend

ge-

I. Allgemeines

90 90

I I . Die einzelnen Fälle

90

1. T e i l u r t e i l bei Aufrechnung m i t konnexer Gegenforderung (OLG F r a n k f u r t M D R 1975, 321)

90

2. T e i l u r t e i l bei streitigem Zurückbehaltungsrecht (Kammergericht O L G Rechtspr. 17, 152)

93

3. T e i l u r t e i l bei Aufrechnung m i t konnexer Gegenforderung u n d steitigem Verpflichtungsgrund (OLG Düsseldorf N J W 1970, 2217) 95 4. T e i l u r t e i l über Widerklage bei gleichzeitiger Aufrechnung (BGH L M Nr. 22 zu § 301 ZPO)

98

5. T e i l u r t e i l bei eventueller Aufrechnungshäufung (OLG Düsseldorf N J W 1972, 1474)

103

6. T e i l u r t e i l bei Aufrechnung m i t konnexer u n d Geltung der Differenztheorie (OLG Düsseldorf N J W 1973, 1928)

111

I I I . Zusammenfassung zu § 5

Gegenforderung

116

Inhaltsverzeichnis Zweiter

Abschnitt

Die Zulässigkeit des Teilurteils bei der eventuellen Klagenhäufung §6. Der gegenwärtige

Meinungsstand

.

119

I. Allgemeines

119

I I . Die L i t e r a t u r

122

I I I . Die Rechtsprechung § 7. Kritik

der verschiedenen

125 Auffassungen

und eigener Lösungsvorschlag

I. K r i t i k

131 131

I I . Eigener Lösungsvorschlag

135

I I I . Ergebnis

136 Dritter

Abschnitt

Zur Frage des richterlichen Ermessens bei Erlaß eines Teilurteils §8. Der gegenwärtige

Meinungsstand

137

I. Allgemeines zur Frage des Ermessens bei § 301 ZPO I I . Die anerkannten Ausnahmen zu § 301 Abs. 2 ZPO I I I . Das eigentliche Problem

137 140 141

1. Einführung

141

2. Die Rechtsprechung

141

3. Die L i t e r a t u r

143

4. Der Lösungsvorschlag v o n Hanack

144

§ 9. Kritik

der verschiedenen

Auffassungen

I. K r i t i k I I . Eigener Lösungsvorschlag

und eigener

Lösungsvorschlag 147 148

I I I . Ergebnis

152

Literaturverzeichnis

153

§ 1. Einleitung M i t der seit dem 1. 7.1977 geltenden Vereinfachungsnovelle 1 kommt der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck, das Verfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen. Beide Ziele sollen durch eine Konzentration des Verfahrens auf möglichst wenige Verhandlungstermine, i m Idealfall durch Erledigung i n einem einzigen Termin erreicht werden 2 . Vereinfachung und Beschleunigung waren auch die Motive der Verfasser der Zivilprozeßordnung bei der Einführung des Teilurteils zur zweckmäßigen Ausgestaltung des mündlichen Verfahrens. Diese setze voraus, „daß der Prozeßstoff einer mündlichen Verhandlung ein tunlichst beschränkter sei, nicht zu vielerlei und zu verschiedenartiges umfasse" und die Entscheidung des Prozeßstoffes der mündlichen Verhandlung „der Zeit nach so nahe folge, als es die Verhältnisse nur immer gestatten" 3 . Das Teilurteil gem. §301 ZPO bzw. die Möglichkeit, ein Teilurteil zu erlassen, dient somit denselben Zwecken wie eine der seit Bestehen der ZPO wichtigsten und aufwendigsten Reformen. Dennoch macht die Praxis von dem Erlaß eines Teilurteils nur selten Gebrauch. I m Jahre 1971 wurden lediglich i n 5 % aller durch streitiges Urteil erledigten gewöhnlichen Prozesse Teilurteile erlassen 4 . Das mag zum einen daran liegen, daß der Erlaß eines Teilurteils eine Mehrbelastung für das jeweilige Gericht bedeutet. Anstelle eines einzigen V o l l endurteils muß es zwei oder auch noch mehr Teilurteile erlassen. Zum anderen ist der Grund für die geringe Zahl von Teilurteilen aber vor allem darin zu suchen, daß die Feststellung des Vorliegens der Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Erlaß eines Teilurteils i m Einzelfall große Schwierigkeiten bereitet. Diese Schwierigkeiten treten nicht bei der allgemeinen Frage auf, wann überhaupt ein Teilurteil erlassen werden kann. So ist anerkannt, daß die Vorschrift des § 301 ZPO grundsätzlich für jede Prozeßart gilt, also auch i m Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozeß, bei Arresten und einstweiligen Verfügungen, i n Aufgebots-, schiedsrichterlichen und streitigen FGG-Verfahren 5 . Auch die Klageart spielt für die Zulässigkeit 1

Gesetz v o m 3.12.1976, BGBl. I, 3281. Vgl. dazu Putzo, Die Vereinfachungsnovelle, N J W 1977, 1. Vgl. Materialien (Hahn) S. 132. 4 Vgl. Rosenberg / Schwab, ZPR, § 58 I I 2. 5 Vgl. Wieczorek, ZPO, A n m . A I I I a 1 zu § 301. Z u r Zulässigkeit i m F G G Verfahren u n d Vertragshilfeverfahren vgl. B G H M D R 1958, 764. 2

3

12

§ 1. Einleitung

des Teilurteils keine Rolle. Teilurteile können deshalb sowohl bei Leistungsklagen als auch bei Feststellungsklagen sowie bei beiden Klagearten i m Verhältnis zueinander ergehen. Ebenso ist die Verbindung eines Zwischenurteils über den Grund (§ 304 ZPO) m i t einem Teilurteil zulässig 6 . Unerheblich ist ferner, i n welcher Parteirolle sich die Parteien befinden; das Teilurteil kann sowohl für als auch gegen den Kläger oder den Widerkläger ergehen 7 . Die oben erwähnten Schwierigkeiten ergeben sich aber auch nicht bei den i n § 301 ZPO genannten Voraussetzungen, wonach von mehreren i n einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif sein muß. Dies ist jedenfalls auf Grund der Entscheidungen anzunehmen, die sich m i t der Zulässigkeit des Teilurteils befassen. I n diesen Entscheidungen w i r d nämlich als Zulässigkeitsmaßstab weniger die Vorschrift des § 301 ZPO m i t den dort erwähnten Kriterien als eine besondere von der Rechtsprechung entwickelte Zulässigkeitsvoraussetzung zugrunde gelegt. Diese i m Gesetz nicht erwähnte Zulässigkeitsvoraussetzung findet sich inzwischen i n fast jeder Entscheidung zur Zulässigkeit des Teilurteils. Zunächst erscheint sie durchaus sinnvoll, bei genauerer Betrachtung erweist sie sich jedoch als äußerst unklar und aus sich heraus kaum verständlich. Bedenken ergeben sich vor allem deshalb, weil die Zulässigkeitsvoraussetzung der Rechtsprechung i n ihrer formelartigen A n wendung die Vorschrift des § 301 ZPO mehr und mehr verdrängt. Dieser Umstand ist es letztlich, der zu den angedeuteten Schwierigkeiten führt. Da die Formel keinen Bezug auf die i n § 301 ZPO genannten Kriterien erkennen läßt und für sich genommen wenig aussagt, ist die Beurteilung der Zulässigkeit von Teilurteilen nach dieser Formel für die Gerichte, insbesondere die erstinstanzlichen Gerichte, äußerst problematisch. Die vorliegende Untersuchung hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, die von der Rechtsprechung entwickelte Zulässigkeitsvoraussetzung auf ihre Tauglichkeit h i n zu prüfen. Eine Analyse der Entscheidungen, i n denen diese Voraussetzung angewendet wird, soll einerseits Aufschluß darüber geben, ob sie neben der Vorschrift des §301 ZPO erforderlich ist, andererseits den Gerichten mehr Klarheit über diese formelartige Zulässigkeitsvoraussetzung verschaffen. Dies könnte zu einer erleichterten Anwendung des Teilurteils führen und damit einen Beitrag zu den mit der Vereinfachungsnovelle verfolgten Zielen darstellen. • Vgl. Wieczorek, ZPO, A n m . A I I I b zu § 301. Vgl. Wieczorek, ZPO, A n m . A I I I c zu § 301.

7

§ 1. Einleitung

13

Wegen der i n der Praxis großen Bedeutung der eventuellen Klagenhäufung w i r d i m Anschluß an die Rechtsprechungsanalyse die Frage der Zulässigkeit des Teilurteils speziell für diesen Fall erörtert. Der letzte Abschnitt der Untersuchung befaßt sich schließlich m i t der Frage des richterlichen Ermessens beim Erlaß eines Teilurteils. Hier w i r d vor allem das wichtige Problem zu behandeln sein, inwieweit das Gericht durch eine Teilentscheidung auf die Zulässigkeit von Rechtsmitteln Einfluß nehmen kann.

Erster

Abschnitt

Rechtsprechungsanalyse § 2. Die Voraussetzungen für den Erlaß eines Teilurteils Das Vollendurteil (§ 300 Abs. 1 ZPO) erledigt den gesamten Streitstoff für eine Instanz. Das Teilurteil erledigt nur einen „Teil des Rechtsstreits" 1 . I n bezug auf diesen Teil des Rechtsstreits ist das Teilurteil ein Endurteil, d. h. der durch Teilurteil entschiedene Teil scheidet für diese Instanz aus dem weiteren Verfahren aus 2 . Das Gesetz zählt i n § 301 ZPO die verschiedenen Möglichkeiten auf, wann ein Teilurteil zu erlassen ist. Macht der Kläger m i t der Klage mehrere prozessuale Ansprüche geltend, und ist einer dieser Ansprüche zur Endentscheidung reif, hat das Gericht diesen durch Teilurteil zu erledigen, (§ 301 Abs. 1 1. A l t . ZPO). Werden also beispielsweise i n einer Klage 1000,— D M aus Kaufvertrag und weitere 2000,— D M aus Darlehen eingeklagt, kann das Gericht über die Forderung aus Kaufvertrag durch Teilurteil entscheiden. Dasselbe gilt, wenn bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage endentscheidungsreif ist (§ 301 Abs. 1 3. A l t . ZPO). Klagt etwa der Kläger 1000,— D M aus Kaufvertrag ein, der Beklagte unter Bestreiten dieser Forderung i m Wege der Widerklage 2000,— D M aus Darlehen, so kann das Gericht, falls eine der beiden Klagen früher entscheidungsreif ist als die andere, ein Teilurteil erlassen. W i r d nur ein prozessualer Anspruch geltend gemacht, und ist ein Teil dieses A n spruchs zur Entscheidung reif, kann ebenfalls Teilurteil ergehen (§ 301 Abs. 1 2. A l t . ZPO). Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn von einem Schadensersatzanspruch i n Höhe von 10 000,— D M bereits 5000,— DM, etwa wegen Arzt- und Krankenhauskosten, feststünden, bezüglich der weiteren 5000,— DM, etwa wegen Verdienstausfall, aber noch neue Feststellungen zu treffen wären. I n diesen Fällen kann eine Entscheidung durch Teilurteil sowohl i m Interesse der Parteien als auch i m Interesse des Gerichts liegen 3 . Den Parteien w i r d durch das Teilurteil wenigstens über einen Teil ihrer Rechte und Pflichten Klarheit verschafft, und sie erlangen einen der Rechtskraft fähigen und zur Vollstreckung geeigneten Titel. Das Gericht 1

Vgl. Schwab, 2 Vgl. 3 Vgl.

die Formulierung i n § 321 Abs. 4 ZPO. Siehe auch Rosenberg l ZPR, § 58 I I 2. Schönke / Kuchinke, ZPR, § 74 I d. Förster I Kann, ZPO, A n m . 1 zu § 301.

§ 2. Die Voraussetzungen f ü r den Erlaß eines Teilurteils

15

kann durch Ausscheidung des entscheidungsreifen Streitstoffes die Verhandlung und Entscheidung des Reststreits vereinfachen. Das Teilurteil ist somit zur zweckmäßigen Ausgestaltung des Verfahrens eingeführt worden 4 . Dennoch kann der Erlaß eines Teilurteils bzw. die Aufteilung des Streitstoffes zu erheblichen Nachteilen führen. W i r d beispielsweise das Teilurteil angefochten, müssen sich verschiedene Instanzen gleichzeitig mit demselben Rechtsstreit befassen, was doppelte Beweiserhebung und unnötige Kosten zur Folge haben kann 5 . Damit Teilurteile nur dem Zweck des § 301 ZPO entsprechend erlassen werden, hat die Rechtsprechung zusätzlich besondere, i m Gesetz nicht erwähnte Zulässigkeitsvoraussetzungen entwickelt, die vor allem das Verhältnis von Teilurteil und Schlußurteil betreffen. Dabei werden i m wesentlichen folgende Formulierungen gebraucht: Ein Teilurteil darf nur erlassen werden, wenn — es durch das über den Rest ergehende Schlußurteil nicht mehr berührt werden kann, — die Entscheidung über den Teil unabhängig davon ist, wie der Streit über den Rest ausgeht, — die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen ausgeschlossen ist®. Es geht also darum, Widersprüchlichkeiten zwischen Teilurteil und Schlußurteil zu vermeiden. Die von der Rechtsprechung formulierte Zulässigkeitsvoraussetzung sagt indessen nichts darüber aus, welche A r t von Widersprüchlichkeiten zwischen Teilurteil und Schlußurteil verhindert werden sollen. Dies läßt sich jeweils nur anhand der einzelnen Entscheidung feststellen. Die Unsicherheit w i r d noch größer, wenn man liest, dem Teilurteil dürfe durch die Entscheidung über den Rest nicht die Grundlage entzogen werden 7 , das Schlußurteil dürfe nicht zur Abweisung (?) des Teilurteils führen 8 , das Schlußurteil solle nicht zu einem anderen Ergebnis als das Teilurteil kommen 9 , das Teilurteil dürfe sich nicht i m Schlußurteil als inhaltlich unrichtig erweisen 10 , die künftige Entscheidung müsse für das Teilurteil ohne Belang sein 1 1 und dürfe dieses nicht mehr beeinflussen 12 . 4

Vgl. Blomeyer, ZPR, § 84; Materialien (Hahn) S. 132. Vgl. dazu O L G Düsseldorf N J W 1972, 1474 (1476); O L G F r a n k f u r t M D R 1975, 321 (322); O L G Braunschweig N J W 1975, 2209 (2210). 6 B G H N J W 1960, 339 i m Anschluß an Β G H Z 20, 311; B G H L M Nr. 5 zu § 843 B G B ; B G H Z Z P 67, 471; O G H Z 3, 20 (24); RGZ 151, 381 (384); RGZ 16, 425 u n d viele andere. 7 Vgl. Schönke / Kuchinke, ZPR, § 74 I d. 8 Vgl. RGZ 151, 381 (382). 9 Rosenberg / Schwab, ZPR, § 58 I I . 10 OGHZ 3, 20 (24). 11 Seuffert / Walsmann, ZPO, Bd. I, A n m . 1 a zu § 301. 12 RGZ 96, 8 (11). 5

16

§ 3. Erste Fallgruppe: Das Verbot des Widerspruchs

Angesichts derartiger sprachlicher Vielfalt liegt der Schluß nahe, daß die von der Rechtsprechung gebrauchten Formulierungen und insbesondere das K r i t e r i u m der Widersprüchlichkeit unklar und daher als Zulässigkeitsvoraussetzung neben § 301 ZPO ungeeignet sind. Es soll deshalb der Versuch unternommen werden, Aufschluß darüber zu gewinnen, ob die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien als zusätzliche Zulässigkeitsvoraussetzungen neben § 301 ZPO erforderlich sind. Obwohl die Grenzen kaum völlig eindeutig zu ziehen sind, lassen sich die Entscheidungen, i n denen die Gerichte mit der von der Rechtsprechung entwickelten Zulässigkeitsvoraussetzung arbeiten, i m wesentlichen i n drei Fallgruppen einordnen. Die erste Fallgruppe betrifft eine nach der Ausdrucksweise der Gerichte „inhaltliche" oder „sachliche Widersprüchlichkeit", also Fälle, i n denen der Begriff des Widerspruchs als solcher eine zentrale Bedeutung hat. Bei der zweiten geht es vor allem u m die Problematik der Bestimmtheit und des Umfangs des i m Teilurteil erledigten Teils i m Verhältnis zum Reststreit. I m Rahmen dieser Fallgruppe wäre zu klären, was die Gerichte m i t der von ihnen geforderten Unabhängigkeit zwischen Teilurteil und Schlußurteil meinen. I n der dritten Fallgruppe schließlich spielen Einreden und Gegenrechte, die den ganzen Streitstoff betreffen, eine Rolle. I n diesen Fällen prüfen die Gerichte, ob und inwieweit solche Gegenrechte die Möglichkeit einer Teilentscheidung beeinflussen. §3. Erste Fallgruppe: Das Verbot des Widerspruchs zwischen Teil- und Schlußurteil I.

Allgemeines

1. Die von der Rechtsprechung i n allen sprachlichen Variationen geforderte Unabhängigkeit zwischen Teil- und Schlußurteil läßt sich zunächst auf die Formel reduzieren, daß die Schlußentscheidung nicht i n Widerspruch zur Teilentscheidung geraten darf. Problematisch ist jedoch, i n welcher Beziehung keine Widersprüchlichkeit auftreten soll, d. h. wie der Begriff der Widersprüchlichkeit zu verstehen ist. Zunächst läge es nahe, den Begriff der Widersprüchlichkeit i m Sinne der Rechtskraft aufzufassen. Widersprüche zwischen Teilurteil und Schlußurteil i m Sinne der Rechtskraft können jedoch gar nicht entstehen. Nach § 318 ZPO ist das Gericht an die Entscheidung gebunden, die i n den von i h m erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist. Das Teilurteil erzeugt somit eine innerprozessuale Bindungswirkung, die m i t dem Eintritt seiner formellen Rechtskraft i n die materielle Rechts-

I. Allgemeines

17

kraft übergeht 1 . Wenn das Gericht richtig prozediert, d. h. sich gebunden hält, kann somit kein Widerspruch i m Sinne der Rechtskraft auftreten. 2. Es sei deshalb noch einmal besonders hervorgehoben, daß § 318 ZPO gerade auf Teilurteile anzuwenden ist. Anlaß dazu gibt die zumindest mißverständliche Kommentierung Wieczoreks, der unter Berufung auf eine Reichsgerichtsentscheidung ausführt, die Teilentscheidung binde das Gericht nicht für die Schlußentscheidung, w e i l ein F a l l des § 318 ZPO nicht vorliege 2 . Da Wieczorek für die Nichtanwendbarkeit des § 318 ZPO auf Teilurteile zitiert wird 3 , sollte hier Klarheit geschaffen werden. I n der Entscheidung, auf die Wieczorek Bezug nimmt 4 , hatte das Reichsgericht die Anwendbarkeit des § 318 ZPO mit der Begründung verneint, das Teilurteil sei kein Zwischenurteil, sondern ein selbständiges Endurteil, das für die rechtliche Behandlung bzw. Beurteilung des weiteren Anspruchs völlig ausscheide5. Das Reichsgericht wollte damit jedoch nicht allgemein die Anwendbarkeit des § 318 ZPO auf Teilurteile verneinen, sondern — wie sich aus der weiteren Begründung ergibt® — nur feststellen, daß das Gericht für die Schlußentscheidung nicht an seine i m Teilurteil dargelegten Entscheidungsgründe gebunden ist. I n der Entscheidung war insoweit auch nicht das Teilurteil präjudiziell für den Streitgegenstand des Schlußurteils, vielmehr hatten die Entscheidungsgründe präjudiziellen Charakter für den Reststreit und das Schlußurteil. Den Entscheidungsgründen kommt aber keine Bindungsw i r k u n g gem. § 318 ZPO zu. Gemeint war deshalb lediglich, daß das Gericht nicht an die i m Teilurteil dargelegten Rechtsauffassung gebunden sein soll 7 . Dagegen darf die i m Teilurteil enthaltene Entscheidung während des weiteren Verfahrens i n der Instanz nach § 318 ZPO nicht mehr aufgehoben oder abgeändert werden 8 . 3. Widersprüche zwischen den i n Teil- und Schlußurteil enthaltenen rechtskraftfähigen Entscheidungen sind somit schon nach den Grundsätzen der Rechtskraft ausgeschlossen (§§ 318, 322 ZPO). Die Rechtsprechung verwendet den Begriff der Widersprüchlichkeit i m Verhältnis von 1 Vgl. dazu ff. Götz J Z 1959, 681. Ders. i n „Urteilsmängel u n d innerprozessuale Bindungswirkung", S. 12 ff. 2 Vgl. Wieczorek, ZPO, A n m . Β I zu § 301. 3 Vgl. ff. Götz J Z 1959, 681 i n A n m . 6. 4 RGZ 122, 156 ff. 5 RGZ 122, 158. β ff. Götz JZ 1959, 681 i n A n m . 6. 7 So schon das O L G Naumburg, H R R 30, Nr. 62. I n diesem Sinne w i r d die Entscheidung auch von Rosenberg / Schwab, ZPR, § 60 I 1 u n d w o h l auch v o m O L G Düsseldorf N J W 1973, 1928 interpretiert. 8 Vgl. auch Schneider M D R 1976, 93.

2 deLousanoff

§ 3. Erste Fallgruppe: Das Verbot des Widerspruchs

18

Teil- und Schlußurteil also i n einem anderen Sinn. Das aber führt zu großen Schwierigkeiten, da der Begriff derart verstanden nicht mehr durch die Kategorien der Rechtskraft konkretisiert werden kann. Bedenkt man, daß das Gericht nur an die Teilentscheidung selbst, nicht jedoch an die dazu getroffenen Feststellungen oder deren rechtliche Beurteilung gebunden ist, w i r d die Vielzahl möglicher Widersprüche zwischen Teil- und Schlußurteil deutlich. Lassen sich demnach anhand des Begriffs der Widersprüchlichkeit selbst keine praktikablen Anhaltspunkte für das Verhältnis von Teilund Schlußurteil finden, so ist das noch weniger bei den oben erwähnten, von der Rechtsprechung gebrauchten Umschreibungen möglich. Erforderlich ist vielmehr eine Analyse der Entscheidungen, bei denen die Rechtsprechung zur Frage der Widersprüchlichkeit Stellung genommen hat. Diese Analyse sollte Aufschluß geben können, ob die von der Rechtsprechung entwickelte, i m Gesetz nicht erwähnte Zulässigkeitsvoraussetzung, d. h. das Verbot eines Widerspruchs zwischen Teil- und Schlußurteil, aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 301 ZPO heraus zu rechtfertigen ist. Nach Egon Schneider dient diese Zulässigkeitsvoraussetzung dazu, eine „Kadi-Justiz" und W i l l k ü r aus der Sicht der Prozeßparteien zu verhindern 9 . Sein Beispiel ist insoweit auch einleuchtend: I n einem Verkehrsunfallprozeß w i r d der Kläger i m ersten Teilurteil nach §§ 7, 17 StVG m i t einer Haftungsquote von 50 °/o belastet, i m zweiten Teilurteil (Schlußurteil) dagegen verneint das Gericht seine Haftung wegen eines unabwendbaren Ereignisses nach § 7 Abs. 2 StVG. Dazu darf es, wie Schneider meint, nicht kommen. Andererseits könnte man daran zweifeln, ob sein Vorwurf, die erstinstanzliche Praxis prüfe diese besondere Zulässigkeitsvoraussetzung nicht immer m i t der nötigen Sorgfalt 1 0 , angesichts der Unklarheit dieser Zulässigkeitsvoraussetzung wirklich seine Berechtigung hat. Schneider verlangt von den erstinstanzlichen Gerichten, sie sollten sich darüber Gedanken machen, ob „aus irgendwelchen Gründen" die Schlußentscheidung i n Widerspruch zur Teilentscheidung geraten könne. Auch wenn Schneider beispielhaft einige dieser Gründe aufzählt — andere rechtliche Beurteilung des Sachverhalts, andere Würdigung des bisherigen Beweisergebnisses, neue Beweiserhebungen, Abänderung i n der Rechtsmittelinstanz — erscheint es doch problematisch, für den Erlaß eines Teilurteils eine i m Gesetz nicht erwähnte Zulässigkeitsvoraussetzung zu schaffen, deren Inhalt nur schwer faßbar ist. Wegen der sich daraus ergebenden mangelnden Kalkulierbarkeit muß dies auch 9 10

Schneider M D R 1976, 93. Schneider M D R 1976, 93.

I I . Die einzelnen Fälle

19

dann gelten, wenn damit eine Anwendung des § 301 ZPO i m Interesse der Parteien erstrebt wird. Wegen der auf die eigentliche Entscheidung begrenzten Bindungsw i r k u n g des § 318 ZPO können Abweichungen inhaltlicher und sachlicher A r t zwischen Teilurteil und Schlußurteil auftreten 1 1 . Dagegen bestehen aber — wie dargelegt — nach den Grundsätzen der Rechtskraft keine Bedenken. Fraglich ist deshalb, ob i n den von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen die Unzulässigkeit des jeweiligen Teilurteils und damit das Verbot derartiger Widersprüche aus dem Sinn und Zweck des § 301 ZPO oder aus anderen prozeßrechtlichen Grundsätzen abzuleiten ist. II. Die einzelnen Fälle 1. I m 151. Band entschied das Reichsgericht, die Zuerkennung eines von mehreren Klageansprüchen durch Teilurteil sei unzulässig, wenn die Möglichkeit bestehe, daß das spätere Schlußurteil zu seiner Abweisung führe 1 2 . Was m i t dieser Formulierung gemeint war, ist nur aus dem Zusammenhang heraus zu verstehen. Ein Rittergutspächter hatte zur Sicherung eines Darlehens i n Höhe von 50 000,— R M und eines weiteren i n Höhe von 20 000,— R M dem Kläger das lebende und tote Gutsinventar unter Vereinbarung eines Besitzkonstituts nach §§ 929, 930 BGB übereignet. Nach dem Tode des Pächters nahm die Familiengutsverwaltung aufgrund eines Pachtauflösungsvertrages das Gut m i t allem vorhandenen Inventar wieder i n Besitz. Der Kläger machte daraufhin sein Eigentumsrecht an dem Inventar geltend und forderte klageweise Auskunft über den Bestand des nach der Pachtauflösung vorhandenen Inventars, Feststellung seines Eigentums an diesen Beständen, sowie Feststellung, daß die beklagte Familiengutsverwaltung wegen ihrer Forderungen gegen den verstorbenen Pächter kein Pfandrecht geltend machen könne. Für den Fall der Abweisung seiner Feststellungsanträge forderte der Kläger hilfsweise Zahlung von 20 000,— RM. Die beklagte Familiengutsverwaltung bestritt die Wirksamkeit der Sicherungsübereignung wegen unsittlicher Knebelung und machte aufgrund ihrer den Wert des Inventars weit übersteigenden Forderungen das Verpächterpfandrecht geltend. Außerdem behauptete sie, die verlangte Auskunft sei bereits erteilt. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. A u f die Berufung des Klägers wurde der Klage wegen des Auskunfts- und des Eigentumsfeststellungsanspruchs durch Teilurteil stattgegeben. Gegen dieses Teilurteil richtete sich die Revision der beklagten Familiengutsverwaltung. 11 12



Vgl. dazu auch Schneider M D R 1976, 93. RGZ 151, 384; vgl. auch L G Saarbrücken SaarlRuStZ 52, 64.

20

§ 3. Erste Fallgruppe: Das Verbot des Widerspruchs

Das Reichsgericht hielt das Teilurteil für unzulässig und hob es auf. Bei der Begründung seiner Entscheidung ging es davon aus, daß die Parteien darum stritten, welche von ihnen das bessere Recht auf das Gutsinventar habe: der Kläger aufgrund der Sicherungsübereignung oder die Beklagte vermöge ihres gesetzlichen Pfandrechts. I m Rahmen dieses Streits könnten die den beiden ersten Klageanträgen zugrunde liegenden Fragen, ob die Klägerin überhaupt Eigentum an den bei der Pachtauflösung i n den Besitz der Beklagten gelangten Inventarstücke erlangt habe und aus welchen Bestandteilen sich dieses Inventar zusammensetze, rechtliche und tatsächliche Bedeutung haben, sie müßten es jedoch nicht. Wenn nämlich der zweite Feststellungsantrag des K l ä gers ergäbe, daß die Forderungen des Verpächters aus dem Pachtverhältnis den Wert des Inventars überstiegen, würde ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte entfallen. Dann bestünde aber auch kein rechtliches Interesse des Klägers an der Feststellung seines i n einem solchen Fall wertlosen Eigentumsrechts. Diese Feststellung würde sich i n einem Anspruch über den Rechtserwerb des Klägers erschöpfen und sei nicht geeignet, i h m gegenüber der Beklagten den beanspruchten Rechtsschutz zu gewährleisten. Die Entscheidung über das Pfandrecht müsse deshalb derjenigen über die Eigentumsfeststellungsklage vorgehen, weil diese bei Bejahung eines die Verwertungsmöglichkeit des Inventars für den Kläger ausschließenden Rechts der Beklagten mangels Rechtsschutzbedürfnis abzuweisen wäre 1 3 . Eine Aufrechterhaltung des über das Eigentumsrecht der Klägerin erlassenen Teilurteils würde also möglicherweise m i t dem über das Pfandrecht zu fällenden Schlußurteil „unverträglich" sein und könne daher nicht bestehen bleiben. Die Schlußfolgerung des Reichsgerichts ist dann der anfangs schon erwähnte Satz, wonach ein Teilurteil unzulässig ist, wenn das Schlußurteil eventuell zu seiner Abweisung führen kann 1 4 . Eine genaue Analyse dieser Entscheidung macht deutlich, daß es nicht solch unklarer Formulierungen bedurft hätte, u m die Unzulässigkeit des Teilurteils zu begründen. Nach § 256 ZPO ist das Feststellungsinteresse Zulässigkeitsvoraussetzung der Feststellungsklage 15 . Das Feststellungsinteresse ist nach prozeßrechtlichen Gesichtspunkten zu bestimmen, d. h. die begehrte Feststellung soll einen Streit zwischen den Parteien beenden 16 . Als Prozeßvoraussetzung muß das Feststellungsinteresse zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen 1 7 . Fällt das 13 14 15 16 17

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

RGZ 151, 383. RGZ 151, 384. dazu auch statt aller Blomeyer, ZPR, § 37 I I I . R G DR 39, 1915. B G H L M Nr. 5 zu § 256 ZPO m. w . N.

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Feststellungsinteresse während des Verfahrens weg, w i r d die Klage unzulässig, und es muß Prozeßurteil ergehen 18 . Das Reichsgericht hat demnach völlig zutreffend ausgeführt, daß der Feststellungsantrag des Pfandrechts vor dem des Sicherungseigentums zu prüfen war. Vom Ergebnis dieser Prüfung hing nämlich erst die Zulässigkeit des Eigentumsfeststellungsantrags ab 1 9 . Da die Zulässigkeit des Eigentumsfeststellungsantrags somit noch nicht geklärt war, konnte über deren Begründetheit jedenfalls nicht positiv entschieden werden 2 0 . Es fehlte an der Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO 2 1 . I m Ergebnis hat das Reichsgericht den Fall somit richtig entschieden. Allerdings wäre als Schlußfolgerung für die Zulässigkeit von Teilurteilen eine präzisere Formulierung möglich gewesen, da eine derartige Situation nur bei Feststellungsklagen eintreten kann: Ein Teilurteil über einen Feststellungsantrag ist immer dann unzulässig, wenn erst die Entscheidung über den Reststreit Aufschluß darüber gibt, ob hinsichtlich des Feststellungsantrags überhaupt ein Feststellungsinteresse besteht, d. h. ob der Feststellungsantrag überhaupt zulässig ist. I n einem solchen Fall fehlt es an der nach § 301 ZPO erforderlichen Entscheidungsreife i m Hinblick auf den Feststellungsantrag. Blomeyer formuliert die Regel für diesen Fall abstrakter: Der Gegenstand des Rechtsstreits darf keine präjudizielle Bedeutung für den Gegenstand des Teilurteils haben 22 . Jedenfalls hat schon diese Entscheidung gezeigt, daß die von der Rechtsprechung aufgestellte, ungeschriebene Zulässigkeitsvoraussetzung des Teilurteils 2 8 eher v e r w i r r t als Klarheit schafft. Es bleibt des18

Vgl. Blomeyer, ZPR, § 39 I I 2. Das Reichsgericht geht i n diesem Zusammenhang auch auf die Frage ein, ob ein Feststellungsinteresse aus sonstigen, m i t dem Klagebegehren nicht geltend gemachten Ansprüchen aus dem Sicherungseigentum bestehen könnte. Es verneint diese Frage, da der Kläger i n keinem F a l l Forderungen über die Höhe seiner durch die Sicherungsübereignung gerichteten A n sprüche hinaus hätte geltend machen können. Vgl. RGZ 151, 384. 20 Z u r Möglichkeit die Feststellungsklage durch Sachurteil abzuweisen, w e n n noch zweifelhaft ist, ob das Feststellungsinteresse besteht oder nicht, vgl. Blomeyer, ZPR, § 371114 a; Pohle Z Z P 81, 173; Jauernig J Z 1955, 235 f.; Weiss, N J W 1971, 1596; Der B G H h ä l t dies f ü r zulässig, vgl. N J W 1958, 384. A. A . Rosenberg / Schwab, ZPR, § 9 4 I V 1. 21 Vgl. auch den ähnlichen F a l l L G Saarbrücken, SaarlRuStZ 52, 64. Dort w a r der Beklagte durch T e i l u r t e i l zur Zahlung von Unterhalt auf Zeit v e r u r teilt worden, bevor das erbbiologische Gutachten erstellt worden war. E i n T e i l u r t e i l ist aber (mangels Entscheidungsreife) unzulässig, w e n n der Beklagte aufgrund des erbbiologischen Gutachtens überhaupt ausgeschlossen werden könnte. So auch Stein / Jonas / Schumann / (Leipold), ZPO, A n m . 2 zu § 301 N. 14. 22 Blomeyer, ZPR § 84 I I I ; vgl. zu dieser Entscheidung auch Bruns, ZPR, § 41 I I 2. 23 Vgl. oben § 2 A n m . 6. 19

§ 3. Erste Fallgruppe: Das Verbot des Widerspruchs

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halb zu untersuchen, ob sich die Lösung der anderen Fälle nicht auch unmittelbar aus der Vorschrift des § 301 ZPO ableiten läßt. 2. I n der zweiten wichtigen Entscheidung innerhalb dieser Fallgruppe wurde die Hegel aufgestellt, daß ein Teilurteil unzulässig sei, wenn es sich i m Schlußurteil als inhaltlich unrichtig erweise 24 . Die Klägerin hatte auf Feststellung geklagt, daß aus einem m i t dem Beklagten geschlossenen Vergleich keine Forderungen mehr gegen sie bestünden. I n diesem Vergleich hatte sich der Beklagte verpflichtet, ein bis dahin von i h m bewohntes Wohngebäude zu räumen, es der K l ä gerin zu übergeben und zu übereignen. Dafür sollte die Klägerin dem Beklagten die zur Errichtung des Wohngebäudes gemachten Aufwendungen ersetzen. Da der Beklagte einen staatlichen Baukostenzuschuß erhalten hatte, war die Klägerin nun der Ansicht, die Forderungen gegen sie aus dem Vergleich seien getilgt. Der Beklagte beantragte die Abweisung dieser negativen Feststellungsklage und erhöhte noch den Betrag seiner i h m aufgrund des Vergleichs zu erstattenden Aufwendungen. Das Landgericht stellte daraufhin durch Teilurteil fest, daß dem Beklagten keine höhere Forderung als ein bestimmter Betrag aus dem Vergleich zustünde. Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos, seine Revision führte dagegen zur Aufhebung beider Urteile der Vorinstanzen und Zurückweisung an das Landgericht. I n der Begründung seiner Entscheidung führt das Gericht zunächst aus, daß auch bei einer negativen Feststellungsklage der Erlaß eines Teilurteils grundsätzlich möglich sei. Was positiv i n Teilen festgestellt werden könne, müsse auch negativ i n Teilen aberkannt oder festgestellt werden können. Für die Teilbarkeit des leugnenden Anspruchs sei allerdings Voraussetzung, daß dieser nicht nur schlechthin das Nichtbestehen des Anspruchs leugne, sondern, wie i n dem zu beurteilenden Fall, zugleich das Feststellungsbegehren enthalte, i n welcher Höhe der Anspruch nicht bestehe oder bestehe 25 . Gleichwohl sei der Erlaß des vorliegenden Teilurteils unzulässig. E i n Teilurteil sei nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 301 ZPO ein Endurteil m i t den sich daraus ergebenden Folgen für die selbständige Anfechtbarkeit und die Rechtskraftwirkung. Es könne, da es den Prozeß i n zwei selbständige Teile spalte, nur dann erlassen werden, wenn es durch das über den Rest ergehende Schlußurteil unter keinen Umständen mehr berührt werden könne 2 6 . 24

OGHZ 3, 24. OGHZ 3, 23. 28 OGHZ 3, 24. A n dieser Stelle beruft sich das Gericht auf die oben dargestellte Reichsgerichtsentscheidung (RGZ 151, 381). Die von i h m selbst aufgestellte Regel, die auch i n den Leitsatz aufgenommen wurde, drückt somit lediglich den Gedanken des Reichsgerichts m i t anderen Worten aus. 25

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Diese Gefahr bestünde aber jedenfalls dann, wenn der Beklagte i n der Verhandlung über den Rest seine Ansprüche auf Aufwendungsersatz über den bisher behaupteten Umfang noch weiter erhöhe. M i t dieser Möglichkeit sei insbesondere auch deshalb zu rechnen gewesen, weil der Beklagte stets behauptet habe, daß gewisse Kosten noch ausstünden. Bei dieser Sachlage könnte sich i m Schlußurteil ergeben, daß dem Beklagten doch mehr zustünde als der i m Teilurteil festgestellte Betrag. Das Teilurteil wäre dann schlechthin unrichtig, und zwar nicht nur hinsichtlich der Wortfassung, sondern auch i n seinem sachlichen Inhalt. I n einem solchen Fall könne aber der Erlaß eines Teilurteils i m Interesse der Verhinderung einander widersprechender Entscheidungen und der daraus zu besorgenden Unklarheit und Verwirrung nicht als zulässig erachtet werden 2 7 . Ob man nur mit dieser Argumentation zu dem gewünschten Ergebnis gelangen konnte, erscheint zumindest zweifelhaft. Die Gefahr sich w i dersprechender Entscheidungen besteht nämlich infolge der Bindungsw i r k u n g gem. § 318 ZPO nicht. Das Landgericht hätte also, auch wenn der Beklagte i n der Verhandlung über den Reststreit seine geleugneten Ansprüche noch erhöht haben würde, i n seinem Schlußurteil keinen höheren Betrag als i m Teilurteil feststellen können. Es hätte allenfalls die Möglichkeit gehabt, i n den Urteilsgründen des Schlußurteils darzulegen, daß es nunmehr einen höheren Anspruch des Beklagten festgestellt hätte. Eine vom Teilurteil abweichende Entscheidung über den Reststreit, i n dem ein höherer Anspruch des Beklagten als i m Teilurteil festgestellt worden wäre, hätte es jedoch nicht erlassen dürfen. Auch diese Entscheidung zeigt, daß ausgehend vom festen Boden der Rechtskraftkategorien die befürchtete Unklarheit und Verwirrung gar nicht eintreten kann. Letztere entstehen erst, wenn man diesen Boden verläßt und Kriterien entwickelt, denen i n bezug auf die Zulässigkeit des Teilurteils zwar Allgemeingültigkeit zukommen soll, die aber nur nach genauer Analyse des betreffenden Falles verständlich werden. I m vorliegenden Fall hätte die Verhandlung über den Reststreit ergeben können, daß das Teilurteil wegen höherer Ansprüche des Beklagten falsch war. Wäre dies aus den Gründen des Schlußurteils hervorgegangen, läge ein Widerspruch zwischen dem Teilurteil und diesen Gründen, nicht aber zwischen Teil- und Schlußurteil selbst vor. Ob ein derartiger Widerspruch zur Unzulässigkeit des Teilurteils i m Zeitpunkt seines Erlasses führt, wie das Revisionsgericht meint, erscheint jedoch problematisch. Aus Rechtskraftsgesichtspunkten läßt sich diese Unzulässigkeit jedenfalls nicht herleiten. Es kommt hinzu, daß der Beklagte zum Zeitpunkt des Erlasses des Teilurteils seine Ansprüche über den bis dahin behaupteten Umfang noch nicht erhöht hatte. Es bestand also 27

Vgl. OGHZ 3, 24.

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§ 3. Erste Fallgruppe: Das Verbot des Widerspruchs

lediglich die Möglichkeit, daß er dies i m weiteren Verfahren t u n würde. Wie oben schon erwähnt, kann die Unzulässigkeit des Teilurteils bei dieser Sachlage — wenn überhaupt — nur mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 301 erklärt werden. Das Gericht soll davor bewahrt werden, daß es wegen § 318 ZPO an ein inzwischen als unrichtig erkanntes Urteil gebunden ist. Die vom Gericht aufgestellte Regel, daß falsche Teilurteile unzulässig sein sollen 28 , erweist sich dabei als wenig hilfreich. Die Unrichtigkeit des Teilurteils kann sich nämlich erst während der Verhandlung über den Reststreit oder i n der höheren Instanz herausstellen. Eine Zulässigkeitsvoraussetzung, deren Vorliegen beziehungsweise Nichtvorliegen sich nur nachträglich überprüfen läßt, ist aber als solche ungeeignet. Modifiziert man die Regel dahingehend, daß falsche Teilurteile zu vermeiden sind, w i r d sie zur Leerformel. Jedes falsche Urteil, ob Vollend-, Teilend-, Zwischen-, Grund- oder Vorbehaltsurteil, sollte möglichst nicht erlassen werden. Berücksichtigt man i n diesem Zusammenhang die Rechtsprechung des Reichsgerichts, so finden sich dort durchaus Ansätze für weitaus praktikablere Kriterien. Das Reichsgericht geht zunächst davon aus, daß der Richter bei Erlaß eines Teilurteils nur das Prozeßmaterial berücksichtigen könne und dürfe, das i h m i n jenem Augenblick vorläge 2 9 . Wenn kein Anlaß zur Ausübung des Fragerechts gegeben sei, müßten die Parteien darauf gefaßt sein, daß beim Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des Teilurteils dieses erlassen und damit das Vorbringen weiterer Behelfe abgeschnitten werde. A n anderer Stelle führt es aus, der Richter könnte nie ein Teilurteil erlassen, wenn er darauf Rücksicht nehmen müßte, daß sich der Streitstoff i m Laufe des Rechtsstreits noch ändern könne 3 0 . Es bestehe stets die Möglichkeit, daß noch Tatsachen vorgebracht würden, die Anlaß zu einer anderen Entscheidung gäben 31 . I n einer weiteren Entscheidung legt das Reichsgericht dar, dem Erlaß eines Teilurteils stehe es nicht entgegen, daß sich das Gericht möglicherweise später aufgrund neuer Tatsachen zu einer anderen Entscheidung veranlaßt sehe. Sollte dieser Fall eintreten, so könne dies nichts daran ändern, daß bei Erlaß des Teilurteils die Voraussetzungen dafür vorhanden waren 3 2 . 28

Vgl. OGHZ 3, 20; vgl. auch Rosenberg / Schwab, ZPR, § 58 I I 2: das u r t e i l sei bei anderem Ergebnis des Schlußurteils unzulässig. 29 Vgl. R G SA 48, Nr. 290. Siehe auch Förster I Kann, ZPO, 3. A u f l . A n m . 2 a zu § 301. 30 R G SA 48, Nr. 290. 31 Vgl. R G Gruchot 46, 422. 32 RGZ 98 302 (308). Der F a l l betraf die Höhe der Tilgungsrate einer pothek, wobei das Berufungsgericht bei Erlaß des Teilurteils von einer

Teil1913,

Hybe-

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Angesichts dieser Urteile liegt die Vermutung nahe, dem Obersten Gerichtshof sei es bei Aufhebung des Teilurteils i n erster Linie darum gegangen, daß höhere Ansprüche des Beklagten festgestellt werden können. Dennoch kann man eine brauchbare Aussage für die Zulässigkeit von Teilurteilen aus dieser Entscheidung ableiten. Bei Erlaß des Teilurteils war dem Gericht bereits bekannt, daß bestimmte Kosten des Beklagten noch ausstanden. Es mußte somit damit rechnen, daß der Beklagte seine behaupteten Ansprüche auf Aufwendungsersatz noch erhöhen würde. I n einem solchen Fall liegt aber keine Entscheidungsreife i m Hinblick auf einen Teil des Anspruchs vor, d. h. die Unzulässigkeit des Teilurteils ergibt sich unmittelbar aus § 301 ZPO. U m die Entscheidungsreife herbeizuführen, hätte das Gericht zumindest von seinem Fragerecht Gebrauch machen und feststellen müssen 83 , ob der Beklagte seine Ansprüche noch erhöhen wollte. Wäre danach beachtliches späteres Vorbringen zu erwarten gewesen, hätte kein Teilurteil ergehen dürfen 3 4 . Für diesen Fall könnte daher die Formel, daß ein Teilurteil bei Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen zwischen Teilund Schlußurteil unzulässig sei, durch folgende Regel ersetzt werden: Solange das Gericht hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs noch m i t beachtlichem Vorbringen rechnen muß, liegt keine Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 Abs. 1 ZPO vor. I n diese Richtung geht auch die Formulierung i n einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg: „Wenn ein Anspruch der Höhe nach noch sehr wesentlich durch Weiterungen aus dem gegenwärtigen Rechtsstreit beeinträchtigt w i r d und werden kann, ist insoweit der Erlaß eines Teilurteils unzulässig 35 ." Leider finden sich i n den Urteilsgründen zu diesem Schadensersatzprozeß keine näheren Anhaltspunkte dafür, wie das Gericht zu dieser Feststellung gekommen ist. Aus den Urteilsgründen läßt sich lediglich entnehmen, daß das Landgericht hinsichtlich des Teilurteils von einer nach materiellem Recht falschen Schadensberechnung ausgegangen war 3 6 . Anstatt den konkreten Verdienstausfall des Klägers zu ermitteln, hatte das Landgericht seine Berechnung zum einen auf den Vortrag des Beklagten, zum anderen auf ein die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit schätzendes Sachverständigengutachten gestützt. Feststellungen zum tatsächlichen Verdienstausfall hatte es vor Erlaß des Teilurteils nicht getroffen, was stimmten Höhe ausgegangen war, die Revision dagegen die Ansicht vertrat, es könne sich noch eine geringere Tilgung ergeben. Das Reichsgericht wies die Revision zurück u n d bestätigte das Teilurteil. 33 Vgl. R G SA 48, Nr. 290. 34 So auch Blomeyer, ZPR, § 84 I I . 35 Vgl. O L G Oldenburg, VersR 1956, 559. 36 Vgl. O L G Oldenburg, VersR 1956, 561.

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nach Auffassung des Gerichts dessen Unzulässigkeit zur Folge hatte 3 7 . Mehr w i r d zur Begründung der Unzulässigkeit nicht ausgeführt, es fehlt insbesondere jeglicher Hinweis auf die i n § 301 ZPO genannten Voraussetzungen. Die oben zitierte Formulierung könnte jedoch wörtlich für die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs übernommen werden, bei der sie viel mehr Aussagekraft als die dort verwendete Formel hätte. Sie beweist jedenfalls, daß es den Gerichten möglich ist, ohne die Formel auszukommen und konkrete Feststellungen zur Zulässigkeit des Teilurteils zu treffen. 3. I n einem weiteren Fall hob der Bundesgerichtshof ein Teilurteil wegen der Möglichkeit sachlich sich widersprechender Entscheidungen als unzulässig auf 3 8 . Auch dieser Fall ist i n die erste Fallgruppe einzuordnen. Die Entscheidung betraf einen Schadensersatzprozeß, bei dem die Höhe des Einkommens des Klägers für die Ermittlung des Schadens und der Invalidenrente eine wesentliche Rolle spielte 39 . Das Berufungsgericht hatte dieses Einkommen aufgrund einer Zeugenaussage i n bestimmter Höhe festgestellt und dabei gleichzeitig angenommen, daß der Zeuge mit seiner Aussage auch die Befugnis, den Kläger einzustellen, bejaht habe. Den Antrag des Beklagten, Auskunft darüber einzuholen, daß der Zeuge keine Vollmacht gehabt habe, den Kläger m i t dem von i h m genannten Einkommen einzustellen, hatte es gemäß § 279 Abs. I ZPO (a. F.) als verspätet zurückgewiesen und das der Klage i n bestimmtem Umfang stattgebende Teilurteil erlassen. Dagegen wendete sich die Revision des Beklagten. Der Bundesgerichtshof geht bei seiner Entscheidung davon aus, daß durch die Einholung der beantragten Auskunft der Rechtsstreit nur dann verzögert worden wäre, wenn das Berufungsgericht berechtigt gewesen sei, hinsichtlich des Rentenanspruchs ein Teilurteil zu erlassen 40 . Diese Berechtigung des Berufungsgerichts verneint der Bundesgerichtshof, da nicht gewährleistet sei, daß das Teilurteil durch das über den Rest ergehende Schlußurteil nicht mehr berührt werde. Die beantragte Auskunft sei nämlich auch für den dem Schlußurteil vorbehalte87 Die Aufhebung dieses Teilurteils als unzulässig ist nach den Ausführungen des Gerichts ebenfalls nicht ganz einleuchtend, da dem T e i l u r t e i l ausschließlich materiellrechtliche Einwände entgegengehalten werden. Nicht auszuschließen ist allerdings, daß dieses Bedenken auf die verkürzte Wiedergabe der Entscheidung oder auf unpräzise Formulierungen zurückzuführen ist. 88 B G H Z Z P 67, 471 f. 39 Der Sachverhalt k a n n hier nicht näher wiedergegeben werden, da lediglich die Entscheidungsgründe veröffentlicht sind. 40 Vgl. B G H Z Z P 67, 472.

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nen Anspruch des Klägers auf Ersatz des weiteren durch Wegfall des Steigerungsbetrages der Invalidenrente künftig entstehenden Schadens von Bedeutung. Auch für die Berechnung dieses Schadens sei es notwendig, die Höhe des Einkommens festzustellen, das der Kläger ohne die Unfallverletzung voraussichtlich erhalten hätte. Da das Berufungsgericht hinsichtlich des weiteren Schadens noch andere Aufklärungen für nötig hielt, wäre durch die Einholung der beantragten Auskunft keine Verzögerung des Rechtsstreits eingetreten. Insoweit sei es unzulässig gewesen, das Beweisangebot des Beklagten nach §§ 283 Abs. 2, 279 ZPO (a. F.) zurückzuweisen und das Teilurteil zu erlassen 41 . Es wäre nämlich möglich gewesen, daß die beantragte Beweiserhebung i n der Verhandlung über den Reststreit für die Berechnung des dem Schlußurteil vorbehaltenen Anspruchs zur Feststellung eines anderen Einkommens des Klägers geführt hätte, als es vom Berufungsgericht für den durch Teilurteil erledigten Teil des Anspruchs unter Zurückweisung des Beweismittels zugrunde gelegt worden sei. Das aber hätte zwei sachliche sich widersprechende Entscheidungen zur Folge haben können, so daß das angefochtene Teilurteil unzulässig sei. Auch der Bundesgerichtshof bedient sich also dieser Formel, wobei er sich auf die beiden oben erörterten Entscheidungen beruft. Hier ist daher ebenso wie oben zu prüfen, ob sich das Ergebnis dieser Entscheidung nicht aus anderen prozeßrechtlichen Gründen ergibt. Diese könnten dann, ohne daß man auf die viel zitierte Formel zurückgreifen müßte, eine präzisere Aussage hinsichtlich der Zulässigkeit des Teilurteils ergeben. Bei genauer Analyse erscheint die Argumentation des Bundesgerichtshofs nicht ganz überzeugend. A u f der einen Seite geht der Bundesgerichtshof davon aus, daß die Zurückweisung des Beweisangebots des Beklagten nur dann wegen Verzögerung des Rechtsstreits nach §§ 283 Abs. 2, 279 ZPO (a. F.) zulässig gewesen wäre, wenn ein Teilurteil hätte ergehen können. A u f der anderen Seite führt er aus, das Beweisangebot betreffe auch den noch aufklärungsbedürftigen Restanspruch, so daß durch Einholung der beantragten Auskunft keine Verzögerung i m Sinne des § 279 ZPO (a. F.) eintreten konnte, die Zurückweisung des Beweisangebots somit unzulässig war. Daraus folgert er dann wegen der Möglichkeit eines Widerspruchs zwischen Teil- und Schlußurteil die Unzulässigkeit des Teilurteils und daraus dann noch einmal die Unzulässigkeit der Zurückweisung des Beweismittels. 41 Nach der Vereinfachungsnovelle v o m 1. 7.1977 hat das Gericht i n v e r stärktem Maße die Möglichkeit, Angriffs- oder Verteidigungsmittel als verspätet zurückzuweisen. Vgl. §§ 282, 296 ZPO. I n Fällen w i e dem vorliegenden dürfte sich aber auch nach der Gesetzesänderung k e i n anderes Ergebnis herausstellen.

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Wenn es auch scheint, als ob der Bundesgerichtshof bei seiner Begründung jeweils die eine Frage m i t einer anderen beantworte, so hat er doch i m Ergebnis recht. Allerdings wäre auch i n diesem Fall ein Zurückgreifen auf die Formel von der Gefahr des Widerspruchs überflüssig und eine konkretere sowie leichter verständliche Argumentation möglich gewesen. Auszugehen ist zunächst von der Prozeßsituation unmittelbar vor Erlaß des Teilurteils. Das Berufungsgericht wollte über einen Teil des vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruchs, also über einen Teil des prozessualen Anspruchs, den es für entscheidungsreif i m Sinne des § 301 Abs. 1 ZPO hielt, durch Teilurteil entscheiden. Hinsichtlich des anderen Teils des Anspruchs waren seiner Auffassung nach noch weitere Aufklärungen nötig. I n dieser Situation machte der Beklagte nun das besagte Beweisangebot, das für beide Teile des geltend gemachten Anspruchs von Bedeutung war. Dies hatte das Berufungsgericht jedoch übersehen 42 , als es von seinem Zurückweisungsrecht nach §§ 283 Abs. 2, 279 Abs. 1 ZPO (a. F.) Gebrauch machte. Die Einholung des beantragten Beweises hätte zu diesem Zeitpunkt zwar den Erlaß des Teilurteils, nicht aber die Erledigung des gesamten Rechtsstreites verzögert. Es fehlte insoweit an den Voraussetzungen des § 279 Abs. 1 ZPO (a. F.). Eine Verzögerung des Rechtsstreits hätte nur eintreten können, wenn das Berufungsgericht anstelle des Teilurteils bereits ein Vollendurteil hätte erlassen wollen 4 3 . Ebenso wäre die Zurückweisung dann zulässig gewesen, wenn der angebotene Beweis nur den Teil des A n spruchs betroffen hätte, den das Teilurteil erledigen sollte. Nach Sachlage des Falles hatte der Beklagte das Beweismittel i n der Tat nicht rechtzeitig vorgebracht. Da die beantragte Auskunft jedoch für beide Teile des Anspruchs erheblich war und das Gericht ohnehin noch andere Beweise erheben wollte, wäre durch den beantragten Beweis keine Verzögerung eingetreten. Die Zurückweisung war somit unzulässig. Ohne die Zurückweisung des beantragten Beweises lag aber auch keine Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 Abs. 1 ZPO vor, da das Beweisangebot ja i n erster Linie den Teil des Anspruchs betraf, den das Berufungsgericht durch Teilurteil erledigen wollte. Die Unzulässigkeit des vorliegenden Teilurteils ergibt sich demnach nicht aus der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen, sondern vielmehr daraus, daß das Gericht m i t der unzulässigen Zurückweisung des angebotenen Beweismittels i n unzulässiger Weise die für den Erlaß eines Teilurteils erforderliche Entscheidungsreife i m Hinblick auf den einen Teil des A n spruchs herbeigeführt hat. 42 48

Darauf weist der Bundesgerichtshof ausdrücklich hin. Vgl. Z Z P 67, 472. Vgl. auch Thomas / Putzo, ZPO, 8. Aufl., A n m . 2 b zu § 278 (a. F.).

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Auch i m vorliegenden Fall kann somit die vom Bundesgerichtshof übernommene Formel durch die Feststellung ersetzt werden, daß ein Teilurteil immer dann unzulässig ist und nicht erlassen werden darf, wenn das Gericht die nach § 301 Abs. 1 ZPO erforderliche Entscheidungsreife nur i n unzulässiger Weise, insbesondere durch unberechtigte Zurückweisung eines beide Teile des Anspruchs betreffenden Beweismittels, herbeiführen kann 4 4 . 4. I n einer anderen Entscheidung des Bundesgerichtshofs geht es u m die Zulässigkeit eines Teilurteils i m Falle einer Stufenklage 45 . Die K l ä gerin hatte beantragt, den Beklagten nach folgenden Anträgen zu verurteilen: (1) Die H.-Lichtspiele einschließlich der zu ihnen gehörenden Nebenräumlichkeiten, soweit sie sich i m Besitz des Beklagten befinden, an die Klägerin herauszugeben, (2) A u s k u n f t zu erteilen u n d Rechnung zu legen über alle Ausgaben u n d Einnahmen aus dem Verkauf von Eintrittskarten, Nebenleistungen der Filmverleiher u n d aller sonstigen nutzbringenden Verwertung des F i l m theaters „H.-Lichtspiele" i n K . i n der Zeit seit August 1948 bis zur H e r ausgabe gemäß Klageantrag (1), (3) die sich aus Ziff. (2) ergebenden Nettobeträge i n der Zeit von August 1948 bis zur Herausgabe der H.-Lichtspiele abzüglich einer angemessenen, nach Vollziehung des Klageantrags zu (2) noch zu beziffernden Geschäftsführervergütung an die K l ä g e r i n auszuzahlen, (4) festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, m i t der K l ä g e r i n einen Pachtvertrag des Inhalts einzugehen, w i e er a m 20. u n d 25. 3.1948 m i t der K . - G m b H geschlossen worden ist.

Das Landgericht hatte durch Teilurteil gemäß den ersten beiden Klageanträgen erkannt, das Oberlandesgericht die Berufung des Beklagten hiergegen zurückgewiesen. Die Revision des Beklagten führte zur Aufhebung des Teilurteils und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht. I n seiner Begründung stellt der Bundesgerichtshof wieder zunächst fest, daß ein Teilurteil nur erlassen werden dürfe, wenn es durch das über den Rest ergehende Schlußurteil nicht mehr berührt werden könne, die Entscheidung über den Teil unabhängig davon sei, wie der Streit über den Rest ausginge, wenn also die Gefahr widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen sei 46 . 44 Vgl. den ähnlichen F a l l O L G K ö l n M D R 1976, 408. Dort w u r d e ein T e i l u r t e i l i m H i n b l i c k auf mögliche Widersprüche zum Schlußurteil als unzulässig aufgehoben, w e i l das Ergebnis der vor Vorbereitung des Schlußurteils noch erforderlichen Beweisaufnahme den durch das T e i l u r t e i l zuerkannten Anspruch nach G r u n d u n d Höhe hätte beeinflussen können. Dazu unten § 4 III. 45 B G H N J W 1960, 339. 46 Siehe dazu oben S. 15 f.

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§ 3. Erste Fallgruppe: Das Verbot des Widerspruchs

Anschließend führt der Bundesgerichtshof aus, weshalb das Teilurteil des Landgerichts danach unzulässig sein soll. Das Landgericht habe über die ersten beiden Klageanträge entschieden, ohne über den Klageantrag zu (4) zu befinden, m i t welchem die Klägerin die Feststellung begehre, daß der Beklagte verpflichtet sei, m i t ihr einen dem Pachtvertrag aus dem Jahre 1948 inhaltsgleichen Pachtvertrag über die H.Lichtspiele abzuschließen. Dadurch, daß das Landgericht die Entscheidung über den Antrag zu (4) dem Schlußurteil vorbehalten habe, bestehe aber die Möglichkeit, daß dieser Antrag demnächst m i t der Begründung abgewiesen werde, der Beklagte sei überhaupt nicht verpflichtet, der Klägerin die H.-Lichtspiele zu verpachten. Eine derartige Entscheidung würde jedoch m i t dem Teilurteil auf Herausgabe der Lichtspiele (Klageantrag zu (1)) gänzlich unvereinbar sein. „Herausgabe" bedeute nämlich i m vorliegenden Fall nach dem Willen der K l ä gerin nur die Einräumung des Pachtbesitzes, also des unmittelbaren Fremdbesitzes. Dieser Besitz könne von dem i h m zugrunde liegenden Besitzverhältnis, dem Pachtvertrag, der Gegenstand des Klageantrags zu (4) sei, nicht gelöst und isoliert werden. Sollte i m Schlußurteil eine Pflicht des Beklagten zum Abschluß eines Pachtvertrages m i t der K l ä gerin verneint werden, so würde die Klägerin den aufgrund des Teilurteils etwa erlangten Besitz der H.-Lichtspiele ohne rechtlichen Grund innehaben. Das möglicherweise dann formell rechtskräftige Teilurteil würde dann zur Schlußentscheidung i n unlöslichem Widerspruch stehen. Die Klägerin könnte die H.-Lichtspiele i m Besitz halten und n u t zen, ohne daß sie mangels eines Pachtvertrages zu vertraglichen Gegenleistungen verpflichtet wäre, ein Zustand, den sie selbst weder erstrebe noch für rechtens hielte. Zwar hätten die Vorinstanzen den Beklagten deswegen zur Herausgabe, Auskunft und Rechnungslegung verurteilt, w e i l Landgericht und Oberlandesgericht i h n für verpflichtet hielten, die H.-Lichtspiele an die Klägerin zu verpachten. Dieser Rechtssatz sei für das Teilurteil jedoch nicht Gegenstand des Urteilsspruchs. Die Verpflichtung des Beklagten zum Abschluß des Pachtvertrages sei für das Teilurteil lediglich Vorfrage, d. h. ein von der Rechtskraft des Teilurteils nicht umfaßtes Entscheidungselement. Auch soweit das Teilurteil dem Antrag zu (2) auf Auskunft und Rechnungslegung stattgebe, müsse es aufgehoben werden, w e i l es diesen Anspruch zeitlich „bis zur Herausgabe" der H.-Lichtspiele an die K l ä gerin zuerkenne. Da die Verurteilung zur Herausgabe aus den vorgenannten Gründen aufzuheben sei, könne auch die so begrenzte Verurteilung zur Auskunft und Rechnungslegung nicht bestehen bleiben. A u f den ersten Blick erinnert dieser Fall an die oben dargestellte Entscheidung des Reichsgerichts 47 , i n der i m Teilurteil über einen Fest47

Vgl. RGZ 151, 381 ff. u n d oben § 3 I I 1.

I I . Die einzelnen Fälle

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stellungsantrag entschieden worden war, dessen Zulässigkeit sich aber erst durch die Entscheidung über den Rest herausstellen konnte. Auch i m vorliegenden Fall, so scheint es, werden erst i m Schlußurteil die Voraussetzungen für die i m Teilurteil enthaltene Entscheidung geklärt. I n Wirklichkeit haben beide Fälle aber nichts gemeinsam. Die Entscheidung über den Klageantrag zu (4), d. h. über die Verpflichtung des Beklagten zum Abschluß des Pachtvertrages ist für die Zulässigkeit des Klageantrags zu (1) ohne Bedeutung. Das Problem liegt i m vorliegenden Fall vielmehr darin, daß über die Verpflichtung zum Abschluß des Pachtvertrages aufgrund der Reihenfolge der Anträge zweimal entschieden werden muß: zum einen als Vorfrage des Klageantrags zu (1), zum anderen i n dem selbständigen K l a geantrag zu (4). Bildet der Inhalt des Klageantrags zu (4) somit die Vorfrage des Klageantrags zu (1), so könnte mangels umfassender Rechtskraftwirkung 4 8 i m Schlußurteil die Verpflichtung des Beklagten zum Abschluß des Pachtvertrages i n der Tat verneint werden. Nicht Teil- und Schlußurteil stünden dann i n Widerspruch zueinander, sondern die Entscheidungsgründe des Teilurteils zu der eigentlichen Schlußentscheidung. Auch hier zeigt sich erneut die Ungenauigkeit der von der Rechtsprechung verwendeten Formel, die i n dieser Hinsicht nicht differenziert und i n allen Fällen immer nur von einem Widerspruch zwischen Teil- und Schlußurteil spricht. Wenn sich i n den vorangegangenen Fällen die Unzulässigkeit des jeweiligen Teilurteils unmittelbar aus § 301 ZPO ableiten ließ, so geht das bei dem vorliegenden Teilurteil nicht m i t der gleichen Evidenz. Es sieht nämlich dem ersten Anschein nach so aus, als ob die Voraussetzungen des § 301 ZPO i n diesem Fall vorgelegen hätten. War das Gericht von der Verpflichtung des Beklagten zum Abschluß des Pachtvertrages mit der Klägerin überzeugt und ergab sich daraus die Entscheidungsreife der Klageanträge auf Herausgabe und Rechnungslegung, bestünden grundsätzlich keine Bedenken gegen die Zulässigkeit des Teilurteils über diese Anträge. Zunächst erscheint es deshalb so, als könne i n Fällen wie dem vorliegenden die Unzulässigkeit des Teilurteils wenn überhaupt letztlich doch nur m i t der von der Rechtsprechung verwendeten Formel begründet werden. Dann hätte sie zumindest für Fälle wie dem vorliegenden eine Berechtigung. Wie sich jedoch bisher gezeigt hat, besitzt diese Formel für sich alleine keinerlei Aussagewert. Ein Widerspruch zwischen den i n Teilund Schlußurteil enthaltenen Entscheidungen ist infolge der Bindungsw i r k u n g des § 318 ZPO ausgeschlossen49. Möglich ist deshalb nur ein 48 49

Vgl. dazu oben § 3 1 3 . Vgl. oben § 3.

32

§ 3. Erste Fallgruppe: Das Verbot des Widerspruchs

Widerspruch zwischen den Entscheidungsgründen des Teilurteils und der eigentlichen Schlußentscheidung (vorliegender Fall) oder umgekehrt, zwischen der Teilentscheidung u n d den Entscheidungsgründen des Schlußurteils. Wie bereits dargelegt 50 , lassen sich aber gegen einen Widerspruch letzterer A r t jedenfalls dann keine Einwände erheben, wenn zum Zeitpunkt des Erlasses des Teilurteils die Voraussetzungen des § 301 ZPO vorlagen. Ändern sich während der Verhandlung über den Reststreit die rechtliche Beurteilung oder der Streitstoff beispielsweise aufgrund neuer Tatsachen, so ist ein Widerspruch zwischen dem Teilurteil und den Entscheidungsgründen des Schlußurteils zwar unerfreulich, aber als Ergebnis des weiteren Prozeßverlaufs nicht zu vermeiden. Die von der Rechtsprechung entwickelte Formel ist i n diesen Fällen gänzlich überflüssig, da es für die Frage der Zulässigkeit des Teilurteils auf diesen Widerspruch gar nicht ankommt. Entscheidend ist vielmehr, ob das Gericht zum Zeitpunkt des Erlasses des Teilurteils vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 301 ZPO ausgehen konnte. Ist das der Fall, kann auch ein sich später ergebender Widerspruch nicht mehr die Zulässigkeit des Teilurteils i n Frage stellen 51 . Problematisch sind deshalb nur noch Fälle, i n denen Widersprüche zwischen den Entscheidungsgründen des Teilurteils und dem Schlußurteil auftreten können, also Fallgestaltungen wie bei der vorliegenden Entscheidung. Hier bleibt zu untersuchen, ob die Formel der Rechtsprechung mit einem für diese Fälle konkretisierten Begriff des Widerspruchs nicht doch ihre Berechtigung findet. M i t anderen Worten, es ist zu prüfen, ob der Erlaß eines Teilurteils i n diesen Fällen ohne Berücksichtigung der Formel zulässig wäre. A u f den vorliegenden Fall übertragen bedeutet das, der Erlaß des Teilurteils über die Klageanträge zu (1) und zu (2) müßte allein an den Voraussetzungen des § 301 ZPO gemessen zulässig sein. Wäre dem Reststreit nur noch die Entscheidung über den Antrag zu (3) vorbehalten, ließen sich keine Einwände gegen die Zulässigkeit des Teilurteils erheben. Die Unzulässigkeit des Teilurteils könnte also nur aus dem Umstand resultieren, daß außer dem Antrag zu (3) auch noch die Vorfrage der Entscheidung über den Antrag zu (1) den Gegenstand des Reststreits i n Form eines selbständigen Antrags bildet. Fraglich ist somit, ob die Anträge zu (1) und zu (2) ohne eine gleichzeitige Entscheidung über den Antrag zu (4) entscheidungsreif i m Sinne des § 301 ZPO werden konnten. I m Ergebnis ist also letztlich auch hier wie bei den vorangehenden Fällen die Lösung aus der Vorschrift des § 301 ZPO zu ermitteln. 50 51

Vgl. oben S. 23 f. So auch RGZ 98, 302 (308). Vgl. A n m . 32 u n d Blomeyer,

ZPR, § 84 I I .

I I . Die einzelnen Fälle

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Wenn die Klägerin die Verpflichtung des Beklagten zum Abschluß des Pachtvertrages über die H.-Lichtspiele zum Inhalt eines selbständigen Klageantrags gemacht hat, w i l l sie über diese Verpflichtung eine rechtskraftfähige Entscheidung herbeiführen. Es genügt ihr also nicht, daß diese Verpflichtung aus den Entscheidungsgründen zu den anderen Klageanträgen hervorgeht. Da die Verpflichtung zum Abschluß des Pachtvertrages aber als Vorfrage des ersten Klageantrags zu klären war, hätte gerade bei einer Stufenklage zunächst über diese Verpflichtung entschieden werden müssen. Daran ändert auch die verfehlte Reihenfolge der Klageanträge nichts. Auch wenn der Klageantrag zu (4) nicht an erster, sondern an letzter Stelle stand, hatte das Gericht i h n zu berücksichtigen, als es über die Klageanträge zu (1) und (2) ein Teilurteil erlassen wollte. War das Gericht von der Verpflichtung des Beklagten zum Abschluß des Pachtvertrages überzeugt 52 , und ergab sich aus dieser Verpflichtung die Entscheidung über den Klageantrag zu (1), so konnte es nicht über diesen entscheiden und den Antrag zu (4) dem Schlußurteil vorbehalten. Der Klageantrag zu (4) war i n dem Augenblick entscheidungsreif i m Sinne des § 301 ZPO, als das Gericht von der Verpflichtung des Beklagten zum Abschluß des Pachtvertrages überzeugt war, d. h. eigentlich schon vor den Anträgen zu (1) und (2). Über den Klageantrag zu (4) mußte deshalb zumindest zur gleichen Zeit wie über die Anträge zu (1) und (2) entschieden werden. Die Unzulässigkeit des vorliegenden Teilurteils ergibt sich folglich daraus, und das ist entscheidend, daß über den Klageantrag zu (4) nicht entschieden wurde, obwohl auch dieser entscheidungsreif war. Deshalb fehlte den i m Teilurteil entschiedenen Anträgen ohne eine gleichzeitige Entscheidung über den Antrag zu (4) die Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO. Wie sich herausgestellt hat, ist man auch i m vorliegenden Fall nicht auf die Formel angewiesen, die Lösung ist vielmehr unmittelbar aus § 301 ZPO abzuleiten. Als Regel für die Zulässigkeit des Teilurteils wäre festzuhalten, daß ein Teilurteil dann unzulässig ist, wenn dem Reststreit bzw. dem Schlußurteil ein Anspruch verbleibt, der bereits als Vorfrage des für das Teilurteil vorgesehenen Anspruchs zu entscheiden und entscheidungsreif war. I n diesem Fall kann über beide Ansprüche nur zusammen erkannt werden. 5. Ergänzend zu diesem Fall sei noch eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg erwähnt 5 3 , i n der es u m dieselbe Problematik ging. Der Kläger hatte einen Schadensersatzanspruch und einen Unter52 Daß es dies war, geht aus den Entscheidungsgründen hervor; vgl. B G H N J W 1960, 339. 53 Vgl. O L G Naumburg, HRR 30, Nr. 62.

3 de Lousanoff

ausdrücklich

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§ 3. Erste Fallgruppe: Das Verbot des Widerspruchs

lassungsanspruch geltend gemacht, wobei sich der Schadensersatzanspruch aus dem Unterlassungsanspruch ergab. Das Landgericht erließ daraufhin ein Teilurteil über den Schadensersatzanspruch, ohne gleichzeitig auch über den Unterlassungsanspruch zu befinden. Der Erlaß dieses Teilurteils war unzulässig 54 , da der Schadensersatzanspruch nicht ohne die Entscheidung über den Unterlassungsanspruch entscheidungsreif i m Sinne des § 301 ZPO werden konnte. Als Vorfrage des Schadensersatzanspruchs durfte die Entscheidung über den Unterlassungsanspruch nicht dem Schlußurteil vorbehalten bleiben. 6. Zwei weitere Entscheidungen unterscheiden sich von dem vorhergehenden Fall nur durch eine Nuance. I n ihnen wurden ebenfalls die Teilurteile wegen der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen zwischen Teil- und Schlußurteil aufgehoben, so daß beide Fälle i n dieser Fallgruppe zu erörtern sind. Während i m vorhergehenden Fall der dem Schlußurteil vorbehaltene Anspruch zugleich Vorfrage des i m Teilurteil entschiedenen Anspruchs war, so ist bei den jetzt zu behandelnden Fällen der Klagegrund für beide Teile des i m Teil- und Schlußurteil zu entscheidenden Anspruchs derselbe. a) I n dem einen Fall machte der Kläger einen Anspruch auf Mietzahlung geltend 55 . Der Beklagte wendete demgegenüber ein, daß ein Mietvertrag überhaupt nicht bestanden habe, er vielmehr berechtigt gewesen sei, das i h m überlassene Haus i n dem von der Klage erfaßten Zeitraum unentgeltlich zu benutzen. Das Landgericht sprach nur einen Teil der Klageforderung durch Teilurteil zu. Das Oberlandesgericht Hamm hielt dieses Teilurteil wegen der Gefahr sich widersprechender Entscheidungen i n Teil- und Schlußurteil für unzulässig. Es führte aus, eine solche Gefahr bestehe namentlich dann, wenn die beklagte Prozeßpartei den Grund des gesamten Klageanspruchs i n Frage stelle. Werde durch Teilurteil ein Teil der Klageforderung zugesprochen, so ließe sich die Möglichkeit nicht ausschließen, daß i m Schlußurteil über den Grund des Anspruchs anders, näm54 Uber die Zulässigkeit des Teilurteils entschied das O L G Naumburg nicht. Es prüfte n u r die Frage, ob der Unterlassungsanspruch trotz des vorangegangenen Teilurteils noch abgewiesen werden konnte. I n dem T e i l u r t e i l w a r der Unterlassungsanspruch als Vorfrage für berechtigt erklärt worden. Die Abweisung des Unterlassungsanspruchs hätte n u n zur Folge gehabt, daß der i m T e i l u r t e i l zuerkannte Schadensersatzanspruch unbegründet würde. Das O L G Naumburg stellte fest, daß das T e i l u r t e i l die Abweisung des Unterlassungsanspruchs nicht ausschließe, was sich aus der Rechtskraftw i r k u n g des Teilurteils ergebe. Allerdings hätte das T e i l u r t e i l gar nicht erlassen werden dürfen. 65 Vgl. O L G H a m m JMB1 N R W 1965, 279.

I I . Die einzelnen Fälle

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lieh negativ entschieden und die restliche Klage abgewiesen werde. Eine derartige Situation könne deshalb eintreten, weil das Teilurteil hinsichtlich des Klagegrundes für die Entscheidung über die restliche Klageforderung keine Rechtskraftwirkung entfalte, soweit es nicht über den gesamten Klagegrund einheitlich vorab entscheide. Ebensowenig bestehe nach § 318 ZPO eine Bindung des Gerichts an die Entscheidungsgründe seines Teilurteils, wenn es später das Schlußurteil erlasse. Auch könnten Teil- und Schlußurteil i m Rechtsmittelverfahren ein unterschiedliches Schicksal haben. Es sei i m vorliegenden Fall deshalb geboten gewesen, über den Klagegrund einheitlich zu entscheiden, damit die Frage der Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit des Benutzungsverhältnisses i n Teil- und Schlußurteil nicht verschieden beantwortet werde. I m Gegensatz zu der vorangehenden Entscheidung soll hier nicht über einen von mehreren prozessualen Ansprüchen (§ 301 Abs. I 1. A l ternative ZPO), sondern lediglich über den Teil eines einzigen prozessualen Anspruchs durch Teilurteil entschieden werden (§ 301 Abs. I 2. Alternative ZPO). Würde nun i m Teilurteil ein Teil der Klageforderung zugesprochen, i m Schlußurteil dagegen der restliche Teil m i t der entgegengesetzten Begründung abgewiesen, läge ein Widerspruch zwischen der Begründung des Teilurteils und der des Schlußurteils vor. Ein Widerspruch zwischen Teil- und Schlußurteil selbst ist infolge der Bindungswirkung des § 318 ZPO ausgeschlossen56. Die von der Rechtsprechung entwickelte Formel ist also auch i m vorliegenden Fall ungenau und aus sich heraus unverständlich. Möglich wäre i m vorliegenden Fall nämlich — wie bereits dargetan — lediglich ein Widerspruch zwischen den Entscheidungsgründen des Teilurteils und denen des Schlußurteils, also eine dritte Variante 5 7 . Aber auch für Widersprüche der vorliegenden A r t ist man nicht auf die Formel der Rechtsprechung angewiesen. E i n Teil der Klageforderung konnte nur dann durch Teilurteil zuerkannt werden, wenn feststand, daß zwischen den Parteien ein Mietvertrag bestand. Da der Beklagte dies noch ausdrücklich bestritt, mußte i n einem Teilurteil über einen Teil der Klageforderung auch diese Frage eindeutig geklärt sein. Mangels umfassender Rechtskraftwirkung hätte über diese Frage jedoch noch während des Verlaufs der Verhandlung über den Reststreit gestritten werden können. Deshalb durfte kein Teilurteil ergehen, wenn davon auszugehen war, daß der Beklagte auch weiterhin den gesamten Klagegrund bestreiten werde. I m vorliegenden Fall könnte man daran zweifeln, ob es i m Hinblick auf den i m Teilurteil zugesprochenen Betrag wiederum an der nach 66 57

2*

Vgl. dazu oben § 3. Vgl. zu den beiden ersten Varianten oben S. 32.

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§ 3. Erste Fallgruppe: Das Verbot des Widerspruchs

§ 301 ZPO erforderlichen Entscheidungsreife fehlt. Grundsätzlich fehlt die Entscheidungsreife nämlich nur dann, wenn über etwas entschieden wird, über das nach dem Sach- und Streitstand noch nicht entschieden werden darf. I m vorliegenden Fall ist die Situation jedoch gerade umgekehrt. Obwohl das Gericht vom Bestehen des Klagegrundes überzeugt ist, entscheidet es i n seinem Teilurteil nicht darüber. Da das Bestehen des Klagegrundes als Vorfrage nicht an der Rechtskraft des Teilurteils teilnimmt, kann der Beklagte auch i n der Verhandlung über den Reststreit den Klagegrund bestreiten. I m vorliegenden Teilurteil hat das Gericht somit nicht über etwas entschieden, das nach dem Sach- und Streitstand noch nicht entschieden werden konnte. Es hat vielmehr eine Entscheidung über den Klagegrund, dessen Bestehen nach seiner Uberzeugung feststand, unterlassen. Man könnte deshalb argumentieren, bei dieser Sachlage würde m i t dem Teilurteil nicht über alle entscheidungsreifen Teile des Streitstoffes entschieden. Entscheidend ist jedoch der für das Teilurteil vorgesehene Teil der Klageforderung. Dieser kann infolge des Fehlens einer umfassenden Rechtskraftwirkung des Teilurteils ohne eine gleichzeitige Entscheidung hinsichtlich des weiterhin bestrittenen Klagegrundes nicht entschieden werden. Für sich genommen ist der Teil der Klageforderung deshalb doch nicht entscheidungsreif i m Sinne des § 301 ZPO. Er w i r d dies erst i n Verbindung m i t einer Entscheidung über den Klagegrund. Eine Entscheidung über den Klagegrund ist aber, wenn nicht einheitlich entschieden wird, nur durch den gleichzeitigen Erlaß eines Z w i schenurteils über den Grund (§ 304 ZPO) möglich. Das Landgericht hätte die Entscheidungsreife i m Hinblick auf den Teil der Klageforderung somit nur dadurch herbeiführen können, daß es das Teilurteil m i t einem Grundurteil (§ 304 ZPO) über das Bestehen des Mietverhältnisses und damit über den Anspruch verbunden hätte 5 8 . Nur auf diese Weise hätte das Gericht ausschließen können, daß die Frage des Bestehens oder Nichtbestehend des Mietvertrages, d. h. die Grundlage seiner Entscheidung nach Erlaß des Teilurteils erneut zum Gegenstand der Verhandlung geworden wäre. Die Formel der Rechtsprechung kann für Fälle der vorliegenden A r t durch die Regel ersetzt werden, daß der Erlaß eines Teilurteils über einen Teil der Klageforderung bei weiterhin streitigem Klagegrund nur i n Verbindung m i t einem Zwischenurteil über den Grund gem. § 304 ZPO zulässig ist. Ohne gleichzeitigen Erlaß eines Grundurteils 58 So auch das O L G H a m m JMB1 N R W 1965, 280, das allerdings auf diesem Weg den von der Rechtsprechung für unzulässig gehaltenen Widerspruch vermeiden w i l l . Z u der Möglichkeit, ein T e i l u r t e i l m i t einem G r u n d u r t e i l nach § 304 ZPO zu verbinden vgl. Wieczorek, ZPO, A n m . Β I b 3 zu § 301.

I I I . Zusammenfassung zu § 3

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nach § 304 ZPO darf über den Teil der Klageforderung mangels umfassender Rechtskraftwirkung nicht entschieden werden. b) I n der anderen Entscheidung klagte ein Bauunternehmer 56 000,— D M ein m i t der Behauptung, eine Festpreisabrede sei durch nachträgliche Vereinbarung aufgehoben worden 5 9 . Das Landgericht wies die Klage i n Höhe von 4 000,— D M durch Teilurteil m i t der Begründung ab, die Festpreisabrede bestehe fort. Das Oberlandesgericht K ö l n hob dieses Teilurteil als unzulässig auf, da mangels umfassender Rechtskraftwirkung ein Widerspruch m i t dem Schlußurteil möglich sei. Mußte i n dem eben dargestellten Fall das Bestehen des gesamten Klagegrundes für den Zuspruch eines Teiles der Klageforderung durch Teilurteil feststehen, so muß i n diesem Fall das Nichtbestehen des Klagegrundes hinsichtlich des die Festpreisabrede übersteigenden Betrages für die teilweise Abweisung der Klageforderung geklärt sein. Andernfalls kann die für eine teilweise Abweisung erforderliche Entscheidungsreife nach § 301 ZPO nicht vorliegen. Das Bestehen der Festpreisabrede, auf das die Abweisung der Klage i n Höhe von 4 000,— D M gestützt wird, darf nicht mehr zum Gegenstand des Reststreits gehören. War es oben möglich, die Entscheidungsreife durch die Verbindung m i t einem Zwischenurteil über den Grund des Anspruchs nach § 304 ZPO herbeizuführen, so kann bei Klageabweisung nur einheitlich entschieden werden, wenn auch der restliche Teil der Klageforderung von dem i m Teilurteil verneinten Klagegrund abhängig ist 8 0 . Für die Zulässigkeit des Teilurteils ergibt sich daraus, daß ein klageabweisendes Teilurteil gestützt auf das Nichtbestehen des Klagegrundes nicht erlassen werden darf. Solange das Bestehen des Klagegrundes noch Gegenstand des Reststreits bleibt, ist die Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO für eine teilweise Abweisung der Klage zu verneinen. Bei Nichtbestehen des Klagegrundes ist die Klage deshalb einheitlich abzuweisen. I I I . Zusammenfassung zu §3 Die Übersicht über die Entscheidungen, i n denen Teilurteile wegen einer inhaltlichen oder sachlichen Widersprüchlichkeit zum Schlußurteil 59

Vgl. O L G K ö l n M D R 1972, 698. Z u beachten ist jedoch, daß das O L G K ö l n einen Weg zur Heilung des unzulässigen Teilurteils aufweist: I n der zweiten Instanz könne ein unzulässiges T e i l u r t e i l dadurch zulässig werden, daß Zwischenfeststellungsanträge nach § 256 Abs. 2 ZPO (§ 280 ZPO a. F.) gestellt würden, deren Bescheidung die Möglichkeit eines Widerspruchs zwischen T e i l u r t e i l u n d Schlußu r t e i l ausräume. Der Beklagte müßte also i n der Berufungsinstanz eine Zwischenfeststellungsklage des Inhalts erheben, daß die Festpreisabrede mangels späterer Abänderungsvereinbarung fortbestehe. 60

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§ 3. Erste Fallgruppe: Das Verbot des Widerspruchs

als unzulässig aufgehoben wurden, hat gezeigt, daß der Begriff jeweils m i t anderer Bedeutung angewendet wird. Das von der Rechtsprechung entwickelte Verbot eines Widerspruchs zwischen Teil- und Schlußurteil, inzwischen i m Rahmen der von der Rechtsprechung verwendeten Form e l 6 1 als besondere, i m Gesetz nicht erwähnte Zulässigkeitsvoraussetzung anerkannt 6 2 , vermag demzufolge nicht zu überzeugen. Anstatt die Voraussetzungen des § 301 ZPO zu konkretisieren, schafft dieses Verbot i n seiner formelartigen Anwendung hinsichtlich der Zulässigkeit des Teilurteils eher Verwirrung als Klarheit. So ist es denn auch möglich, i n allen Fällen, bei denen die Rechtsprechung m i t der Formel gearbeitet hat, eine präzise Aussage zur Frage der Zulässigkeit des Teilurteils zu finden. Die Lösung dieser Fälle kann jeweils unmittelbar aus § 301 ZPO abgeleitet werden, ein Zurückgreifen auf die von der Rechtsprechung entwickelte Formel ist nicht erforderlich. Die Analyse der betreffenden Entscheidungen ergibt, daß i n allen Fällen die für den Erlaß eines Teilurteils erforderliche Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO gefehlt hat. Wenn jedoch die Vorschrift des § 301 ZPO ausreicht, u m die Unzulässigkeit jener Teilurteile zu begründen, stellt sich die Frage nach der Berechtigung dieser Formel als zusätzliche Zulassungsvoraussetzung für den Erlaß eines Teilurteils, und zwar u m so mehr, als der Begriff des Widerspruchs nicht i m Sinne der Rechtskraft, sondern m i t wechselnder Bedeutung gebraucht wird. Die Untersuchung hat gezeigt, daß ein Widerspruch zwischen Teilund Schlußurteil nach Rechtskraftkriterien ausgeschlossen ist. Möglich sind also lediglich Widersprüche (1) zwischen dem Teilurteil und den Entscheidungsgründen des Schlußurteils, (2) zwischen den Entscheidungsgründen des Teilurteils u n d dem Schlußurteil sowie (3) zwischen den Entscheidungsgründen des Teilurteils und denen des Schlußurteils. Bei keiner dieser drei Formen möglicher Widersprüche ist die Gefahr des Widerspruchs als solche der eigentliche Grund für die Unzulässigkeit eines Teilurteils. Den Entscheidungen, i n denen Widersprüche der ersten und zweiten A r t hätten auftreten können, lagen besondere Prozeßsituationen zugrunde. I n diesen Fällen fehlte zum Zeitpunkt des Erlasses des Teilurteils aufgrund dieser Prozeßsituation die nach § 301 ZPO erforderliche Entscheidungsreife. Bemerkenswert ist, daß die von 61 62

(322).

Vgl. die i n § 2 A n m . 6 zitierten Entscheidungen. Vgl. Schneider M D R 1976, 93; so auch O L G F r a n k f u r t M D R 1975, 321

I I I . Zusammenfassung zu § 3

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der Rechtsprechung entwickelte Formel hinsichtlich des Kriteriums des Widerspruchs weitgehend auf diese Entscheidungen zurückgeht. Gebraucht w i r d sie i m Hinblick auf dieses K r i t e r i u m i n neuerer Zeit eigentlich nur noch bei Fällen, i n denen wegen streitigen Klagegrundes die Gefahr von Widersprüchen der dritten Variante besteht, also zwischen den Entscheidungsgründen des Teilurteils und denen des Schlußurteils. Gerade i n diesen Fällen w i r d deutlich, daß nicht die Gefahr des Widerspruchs, sondern mit der Rechtskraft zusammenhängende Probleme die Unzulässigkeit des Teilurteils bedingen. Nach den Kriterien der Rechtskraft sind derartige Widersprüche zulässig. Darin liegt die spezifische Problematik für den Erlaß eines Teilurteils. Entscheidend ist i n diesen Fällen das Fehlen einer umfassenden Rechtskraftwirkung. Das Bestehen oder Nichtbestehen des Klagegrundes nimmt nämlich nicht an der Rechtskraft des Teilurteils teil. Da das Bestehen bzw. Nichtbestehen des Klagegrundes aber als Vorfrage zu klären ist, muß bei einer Teilentscheidung hierüber auch entschieden werden. Das ist jedoch nur bei stattgebenden Teilurteilen durch den gleichzeitigen Erlaß eines Grundurteils möglich. Bisher wurde übersehen, daß nicht der nach allgemeinen Prozeßgrundsätzen zulässige W i derspruch zwischen den Entscheidungsgründen dem Erlaß eines Teilurteils i n diesen Fällen entgegensteht, sondern das Fehlen einer umfassenden Rechtskraftwirkung, das die Möglichkeit einer Entscheidung lediglich über einen Teil der Klageforderung ausschließt. Zusammenfassend seien nochmals die Regeln genannt, durch die die von der Rechtsprechung entwickelte Zulässigkeitsvoraussetzung i n den einzelnen Fällen ersetzt werden kann: 1. Ein Teilurteil über einen Feststellungsantrag ist immer dann unzulässig, wenn erst die Entscheidung über den Reststreit die Frage des Bestehens eines Feststellungsinteresses und damit die Frage der Zulässigkeit des Feststellungsantrags beantwortet 6 3 . 2. Der Erlaß eines Teilurteils ist unzulässig, solange das Gericht noch m i t beachtlichem Vorbringen hinsichtlich des geltend gemachten A n spruchs rechnen muß, insbesondere, wenn der Anspruch der Höhe nach noch durch neues Vorbringen beeinträchtigt w i r d oder werden kann 6 4 . 3. Ein Teilurteil ist unzulässig, wenn das Gericht die nach § 301 ZPO erforderliche Entscheidungsreife nur i n unzulässiger Weise, insbesondere durch unberechtigte Zurückweisung eines den gesamten Anspruch betreffenden Beweismittels herbeiführen kann 6 5 . 63

Vgl. oben § 3 I I 1. Vgl. oben § 3 I I 2. ®5 Vgl. oben § 3 I I 3. 64

§ 4. Zweite Fallgruppe: Das Erfordernis der Unabhängigkeit

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4. Der Erlaß eines Teilurteils über einen von mehreren prozessualen Ansprüchen ist dann unzulässig, wenn dem Reststreit die Entscheidung über einen Anspruch verbliebe, der bereits als Vorfrage des für das Teilurteil vorgesehenen Anspruchs zu entscheiden war. I n diesem Fall können diese Ansprüche nur zusammen entschieden werden 6 6 . 5. Der Erlaß eines Teilurteils, durch den ein Teil der Klageforderung zugesprochen werden soll, ist bei streitigem Klagegrund nur i n Verbindung m i t einem Grundurteil nach § 304 ZPO zulässig. Ohne gleichzeitigen Erlaß eines Grundurteils nach § 304 ZPO fehlt dem Teil der Klageforderung mangels umfassender Rechtskraftwirkung die Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO 6 7 . 6. Der Erlaß eines Teilurteils, durch den ein Teil der Klageforderung abgewiesen werden soll ist gestützt auf das Nichtbestehen des K l a gegrundes des gesamten Anspruchs unzulässig. Solange das Bestehen bzw. Nichtbestehen des Klagegrundes mangels umfassender Rechtskraftwirkung Gegenstand des Reststreits bleibt, fehlt die Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO für eine teilweise Abweisung der Klage 6 8 . Es muß dann einheitlich entschieden werden. §4. Zweite Fallgruppe: Das Erfordernis der Unabhängigkeit zwischen Teil- und Schlußurteil I. Allgemeines Auch i m Rahmen der zweiten Fallgruppe sind Entscheidungen zu erörtern, bei denen die Gerichte die von der Rechtsprechung entwickelte Zulässigkeitsvoraussetzung 1 anwenden. Dabei w i r d jedoch weniger auf die Widersprüchlichkeit als auf das K r i t e r i u m der Unabhängigkeit zwischen Teil- und Schlußurteil abgestellt. Da die Kriterien der Widersprüchlichkeit und Unabhängigkeit zusammen die von der Rechtsprechung verwendete Formel bilden 2 , d. h. das Erfordernis der Unabhängigkeit darauf abzielt Widersprüche zu vermeiden 3 , sind sie nur schwer auseinanderzuhalten. Dieselbe Schwierigkeit t r i t t dementsprechend auf, wenn man die betreffenden Entscheidungen i n Fallgruppen einββ

Vgl. oben § 3 I I 4. Vgl. oben § 3 I I 6 a. 68 Vgl. oben § 3 I I 6 b. 1 Vgl. oben § 2 u n d dort A n m . 6. 2 Vgl. oben § 2. 3 Vgl. Blomeyer, ZPR, § 84 I I .

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I I . Bestimmtheit des erledigten Teils des Klageanspruchs

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ordnen will. Wie sich jedoch zeigen wird, enthalten die Entscheidungen dieser Fallgruppe eine von der ersten verschiedene Problematik. Nicht ein möglicher Widerspruch zwischen Teilurteil und Schlußurteil soll hier nach Auffassung der Rechtsprechung i n erster Linie für die Unzulässigkeit des Teilurteils entscheidend sein, sondern vielmehr ein bestimmtes Abhängigkeitsverhältnis. Anhand der folgenden Fälle soll deshalb der Versuch unternommen werden, den Inhalt dieses Abhängigkeitsverhältnisses zu klären. Das nach der Rechtsprechung zu vermeidende Abhängigkeitsverhältnis soll zum einen dadurch entstehen, daß unbestimmt ist, welcher Teil der Klageforderung m i t dem Teilurteil aus dem Rechtsstreit ausgeschieden wird. Das ist beispielsweise der Fall, wenn bei einer sich aus mehreren Posten zusammensetzenden Klageforderung ein bestimmter Betrag durch Teilurteil zu- oder aberkannt wird, ohne daß aus dem Urteil hervorgeht auf welchen bzw. welche Posten sich dieser Betrag bezieht. Zum anderen soll ein unzulässiges Abhängigkeitsverhältnis dann vorliegen, wenn der i m Teilurteil zu- oder aberkannte Teil der Klageforderung seinem Umfang nach noch durch die Verhandlung über den Reststreit beeinflußt, also endgültig erst nach Erlaß des Teilurteils festgestellt werden kann. Bei allen Entscheidungen zur zweiten Fallgruppe w i r d erneut zu prüfen sein, ob die von der Rechtsprechung entwickelte Zulässigkeitsvoraussetzung neben § 301 ZPO erforderlich ist und damit vielleicht für diese Fälle ihre Berechtigung findet. Zunächst werden die Entscheidungen zur Frage der Bestimmtheit des i m Teilurteil erledigten Teils des Klageanspruchs dargestellt, i m Anschlüß daran diejenigen zur Frage des endgültigen Umfangs. IL Die einzelnen Fälle zur Bestimmtheit des im Teilurteil erledigten Teils des Klageanspruchs

1. I m Jahre 1963 entschied der Bundesgerichtshof, durch Teilurteil dürfe nicht ein Teil des Pflichtteilanspruchs abgewiesen werden, wenn nicht geklärt sei, ob die teilweise Abweisung wegen zu geringer Höhe der Aktivposten oder wegen zu hoher Passivposten des Nachlasses erfolge 4 . Der Bundesgerichtshof hatte i n dieser Entscheidung über die Zulässigkeit eines Teilurteils zu befinden, durch das der Kläger bei Geltendmachung seines Pflichtteilanspruchs teilweise abgewiesen w o r den war. I n den Urteilsgründen legt der Bundesgerichtshof zunächst dar, daß der Pflichtteilberechtigte erst aus dem schuldenfreien Nachlaß Befriedigung verlangen könne. Der Anspruch des Pflichtteilberechtig4

Vgl. B G H N J W 1964, 205 = L M Nr. 16 zu § 301 ZPO.

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§ 4. Zweite Fallgruppe: Das Erfordernis der Unabhängigkeit

ten sei derart zu berechnen, daß zunächst der Aktivbestand des Nachlasses festgestellt und i n Geld veranschlagt werde. Danach müsse von diesem Betrag der Betrag der Nachlaßschulden, also der Passiva abgezogen werden. Erst der auf diese Weise ermittelte Geldbetrag sei Grundlage für die Berechnung des Pflichtteilanspruchs. Das Landgericht habe jedoch vor Erlaß des Teilurteils weder über den Bestand und die Höhe der Aktivposten noch über die i n Betracht zu ziehenden Passivposten entschieden. Insbesondere habe es nicht die Höhe des von dem Beklagten beanspruchten Ausgleichs für eine jahrelange Mitarbeit auf den Schiffen des Erblassers berücksichtigt. Dadurch sei offen geblieben, inwieweit die vom Landgericht ausgesprochene Teilabweisung wegen mangelnder Höhe der Aktivposten erfolgte. Deshalb sei die Bestimmtheit des i m Teilurteil beschiedenen Anspruchsteils nicht gewährleistet, und es fehle der Abweisung dieses Anspruchsteils eine hinreichend bestimmte und sichere Grundlage sowie Umgrenzung. Soweit die eigentliche Begründung des Bundesgerichtshofs, m i t der das Teilurteil als unzulässig aufgehoben wurde. Bevor der Bundesgerichtshof jedoch speziell auf den Fall einging, machte er noch allgemeine Ausführungen zur Zulässigkeit des Teilurteils. Nach gefestigter Rechtsprechung könne ein Urteil über einen Teil des Anspruchs nur ergehen, wenn dieses Urteil durch das über den Rest ergehende Schlußurteil nicht mehr berührt werde, wenn also die Entscheidung über den Teil unabhängig davon sei, wie der Streit über den Rest ausginge. Der Bundesgerichtshof wendet also auch i n diesem Fall die von der Rechtsprechung entwickelte Zulässigkeitsvoraussetzung an. Bemerkenswert ist, daß er sich dabei auf eine schon i m Rahmen der ersten Fallgruppe dargestellte Entscheidung des Bundesgerichtshofs beruft, nämlich den Fall der Stufenklage auf Rechnungslegung und Herausgabe der H.Lichtspiele 6 . Obwohl es dort u m einen möglichen Widerspruch zwischen Teil- und Schlußurteil ging, der vorliegende Fall jedoch die Bestimmtheit betrifft, w i r d i n jedem dieser Fälle dieselbe Formel angewendet. Dieser Umstand zeigt erneut, daß die von der Rechtsprechung entwickelte Zulässigkeitsvoraussetzung für sich genommen wenig aussagt und erst anhand der jeweiligen Entscheidung verständlich wird. Konnte deshalb i n dem Fall der H.-Lichtspiele die Unzulässigkeit des Teilurteils ohne die Formel der Rechtsprechung begründet werden, so ist zu untersuchen, ob dies ebenso bei der vorliegenden Entscheidung gelingt. Das Landgericht hatte durch Teilurteil die Klage auf Zahlung des Pflichtteils i n bestimmter Höhe abgewiesen, ohne zuvor den für den Wert des Pflichtteils maßgebenden schuldenfreien Nachlaß zu ermitteln. Dadurch blieb i n der Tat ungewiß, ob die Abweisung wegen zu 5

Vgl. B G H N J W 1960, 339 = L M Nr. 5 zu § 540 ZPO u n d oben § 3 I I 4.

I I . Bestimmtheit des erledigten Teils des Klageanspruchs

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geringer A k t i v a oder zu hoher Passiva des Nachlasses erfolgte. Auch hatte dieses Vorgehen zur Folge, daß dem i m Teilurteil beschiedenen Anspruchsteil die für eine Ausscheidung aus dem Verfahren erforderliche Bestimmtheit fehlte. Doch sind weder diese mangelnde Bestimmtheit noch die daraus nach Auffassung der Rechtsprechung resultierende (unzulässige) Abhängigkeit zwischen Teil- und Schlußurteil der eigentliche Grund für die Unzulässigkeit des vorliegenden Teilurteils. Diese kann auch hier unmittelbar aus § 301 ZPO abgeleitet werden. Ergibt sich der Wert eines Pflichtteilanspruchs erst aufgrund der Ermittlung des schuldenfreien Nachlasses, so fehlt vor dieser Ermittlung jedenfalls für eine teilweise Abweisung des Anspruchs die für den Erlaß eines Teilurteils nach § 301 ZPO erforderliche Entscheidungsreife. Die von der Rechtsprechung geforderte Bestimmtheit des i m Teilurteil beschiedenen Anspruchsteils w i r d nur dann i n Frage gestellt, wenn vor Eintritt der Entscheidungsreife ein Teilurteil erlassen wird. Entscheidend für die Unzulässigkeit des Teilurteils ist somit nicht die mangelnde Bestimmtheit, sondern das Fehlen der Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO i m Hinblick auf den i m Teilurteil beschiedenen Anspruchsteil. A u f die von der Rechtsprechung entwickelte Formel kann auch i n diesem Fall verzichtet werden. Der oben 6 und bei Lindenmaier / Möhring als Nr. 16 zu § 301 ZPO zitierte Leitsatz zu dieser Entscheidung könnte daher abschließend wie folgt verändert werden: E i n Teil eines Pflichtteilanspruchs ist erst dann entscheidungsreif i m Sinne des § 301 ZPO und kann durch Teilurteil abgewiesen werden, wenn geklärt ist, ob die teilweise Klageabweisung wegen zu geringer Höhe der A k t i v posten oder wegen zu hoher Passivposten erfolgt. 2. I n der Rechtsprechung des Reichsgerichts, auf die man die inzwischen zu einer besonderen Zulässigkeitsvoraussetzung gewordene Formel zurückführen kann 7 , finden sich vor allem drei Entscheidungen, bei denen es u m das Problem der Bestimmtheit des i m Teilurteil erledigten Anspruchsteiles geht 8 . I n RGZ 66, 396 hatte die Klägerin Klage auf Zahlung von 10 498,32 Mark nebst Zinsen erhoben, m i t der Behauptung, aufgrund eines Vertrages habe sie m i t dem Beklagten Weine und Lebensmittel i n Südafrika auf gemeinschaftliche Rechnung vertrieben. Dieser Geschäftsbetrieb habe einen Verlust ergeben. Außerdem hätten die Parteien noch weitere gemeinschaftliche Geschäfte, insbesondere i n Brasilien gemacht. Der Gewinnanteil des Beklagten an diesem Geschäft betrage 6

Vgl. oben § 4 I I 1. Vgl. RGZ 16, 425; 22, 400; 36, 428; J W 1891, 6; J W 1905, 537; J W 1906, 202. 8 RGZ 66, 396; R G H R R 32, Nr. 553; RGZ 143, 170; vgl. aber auch schon RGZ 22, 400. 7

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3 939,60 Mark. Nach Abzug dieses Betrages verbleibe der Verlustanteil des Beklagten an dem Afrikageschäft i n Höhe des eingeklagten Betrages. Der Beklagte hat die Abweisung der Klage und widerklagend die Verurteilung der Klägerin zur Zahlung seines Gewinnanteils aus dem Geschäft i n Brasilien i n Höhe von 3 939,60 Mark nebst Zinsen beantragt. Er hat vorgetragen, nach dem Vertrag sei er bei dem Afrikageschäft nicht am Verlust, sondern nur am Gewinn beteiligt gewesen. Ferner hat er die Richtigkeit der Berechnung der Klägerin bezüglich des Afrikageschäfts bestritten, jedoch eingeräumt, daß die Widerklage dann i n Höhe von 2 600,— Mark unbegründet sei, wenn er die Hälfte des Verlustes des Afrikageschäfts zu tragen habe. Durch Teilurteil der Kammer für Handelssachen wurde der Beklagte daraufhin m i t seiner Widerklageforderung i n Höhe von 2 600,— Mark nebst Zinsen abgewiesen. I n der von i h m beschrittenen Berufungsinstanz machte er vor allem die Unzulässigkeit des Teilurteils geltend, bestritt nach wie vor seine Beteiligung an dem Verlust des A f r i k a geschäfts sowie den E i n t r i t t eines solchen Verlustes und schließlich eventuell die Höhe des von der Klägerin behaupteten Verlustes. Die Berufung wurde i n vollem Umfang zurückgewiesen. Das Reichsgericht hatte nun auf die Revision des Beklagten (Widerkläger) über die Zulässigkeit des Teilurteils zu befinden. Auch dieses Teilurteil wurde als unzulässig aufgehoben. I n seiner Begründung geht das Reichsgericht zunächst davon aus, daß nach § 301 ZPO ein Teilurteil erst dann erlassen werden kann, wenn ein klagend oder widerklagend geltend gemachter Anspruch, oder ein bestimmter Teil eines solchen Anspruchs zur Endentscheidung reif ist. Diese Voraussetzungen lägen i m vorliegenden Fall jedoch nicht vor. Die Klageforderung sei grundsätzlich und der Höhe nach bestritten gewesen. Zwar sei die widerklagend geltend gemachte Forderung an sich unbestritten, es sei ihr aber ein Teil der Klageforderung aufrechnungsweise entgegengesetzt worden. Ein Teilurteil hätte bei dieser Sachlage nur ergehen dürfen, wenn das Landgericht gegenüber der aus mehreren Posten bestehenden Klageforderung nicht nur die grundsätzliche Einwendung für unbegründet erklärt, sondern auch bestimmte Posten der Klageforderung der Höhe nach festgestellt hätte. Dann wäre eine nach allen Richtungen bestimmte Grundlage für die Entscheidung, also für die Ausscheidung eines qualitativ bestimmten Teiles des Prozeßstoffs durch Teilurteil gegeben gewesen. Die Widerklage hätte dann für den entsprechenden Betrag abgewiesen werden können. Auch wenn man die Einlassung des Beklagten i n erster Instanz dahingehend auslege, daß er i m Falle der Richtigkeit der klägerischen

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Vertragsauslegung jedenfalls eine Schuld aus dem Afrikageschäft i n Höhe von 2 600,— Mark nicht bestreite, so reiche dieses Nichtbestreiten i n seiner Allgemeinheit nicht aus, die Widerklage i n dieser Höhe zur Endentscheidung reif zu machen. Das Teilurteil setze voraus, daß genau feststehe, über welchen Teil des Anspruchs entschieden worden sei. Deshalb könne ein Teilurteil nicht i n der Weise erlassen werden, daß bei einer sich aus mehreren Einzelforderungen oder einzelnen Posten zusammensetzenden Klageforderung lediglich festgestellt würde, der Beklagte schulde einen bestimmten Betrag. Es müsse vielmehr erkennbar gemacht werden, über welche Posten entschieden werde. Dasselbe gelte für ein Teilurteil über die Widerklage, wenn der Kläger seine Forderung vorsorglich zur A u f rechnung benutzt habe. Zur Spruchreife gehöre, daß eine Entscheidung über einen Teil erlassen werden könne, für die die künftige Entscheidung über den anderen Teil ohne Belang sei. Da das Landgericht aber lediglich entschieden habe, der Beklagte schulde der Klägerin aus dem Afrikageschäft einen bestimmten Betrag, bleibe völlig offen, auf welche Posten sich dieser Betrag beziehe. I n der Verhandlung über die Klageforderung könne der Beklagte noch jeden einzelnen Posten bestreiten. Es fehle deshalb die hinreichend bestimmte und sichere Grundlage für die Entscheidung durch Teilurteil. Die vorliegende Entscheidung enthält i m Ansatz bereits alle Elemente der inzwischen als besondere Zulässigkeitsvoraussetzung angewandten Formel. Die Formulierung, für die Teilentscheidung müsse die Entscheidung über den anderen Teil ohne Belang sein 9 , wurde fast unverändert i n die Formel übernommen. I n der Formel heißt es mittlerweile, die Entscheidung über den Teil müsse unabhängig davon sein, wie der Streit über den Rest ausgeht 10 . Wenn das Reichsgericht ausführt, der Beklagte könne i n der Verhandlung über die Klageforderung, also über den Reststreit, noch jeden einzelnen Posten bestreiten 11 , weist es damit indirekt auf einen möglichen Widerspruch zwischen Teil- und Schlußurteil hin, dessen Verbot ebenfalls Eingang i n die Formel gefunden hat 1 2 . Wie der Bundesgerichtshof i n der vorhergehenden Entscheidung 18 argumentiert das Reichsgericht m i t der mangelnden Bestimmtheit des i m Teilurteil beschiedenen Anspruchsteils 14 . Alles deutet somit darauf 9

Vgl. RGZ 66, 398. Vgl. oben § 2 u n d dort A n m . 6 sowie die vorhergehende Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH N J W 1964, 205). 11 Vgl. RGZ 66, 398. 12 Das Verbot widersprüchlicher Entscheidungen wurde i m Rahmen der ersten Fallgruppe eingehend erörtert. Vgl. oben § 3. 13 B G H N J W 1964, 205; oben § 4 I I . 14 RGZ 66, 397 f. 10

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hin, daß die vorliegende Entscheidung die Entwicklung der Rechtsprechung i n Richtung auf eine besondere, i m Gesetz nicht erwähnte Zulässigkeitsvoraussetzung zum Teilurteil grundlegend beeinflußt hat. Dennoch stehen die genannten Ausführungen des Reichsgerichts i n einem Zusammenhang, den die Formel, so wie sie heute angewendet wird, nicht mehr erkennen läßt. Alle angeführten Stellen beziehen sich ausnahmslos auf die Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO 1 5 . Die Formulierung, für die Teilentscheidung müsse die Entscheidung über den anderen Teil ohne Belang sein, w i r d nicht abstrakt gebraucht, sondern m i t den Worten „zur Spruchreife gehört . . e i n g e l e i t e t 1 6 . Bei dieser Entscheidung ergibt es sich daher bereits aus der Begründung selbst, daß es für die Unzulässigkeit des vorliegenden Teilurteils weder auf eine Abhängigkeit zwischen Teil- und Schlußurteil noch auf die mangelnde Bestimmtheit des i m Teilurteil erledigten Teils ankommt 1 7 . Entscheidend ist die fehlende Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO. Dies hätte das Reichsgericht allerdings noch deutlicher hervorheben können. Anstelle der Schlußfolgerung, deshalb fehle für die Entscheidung durch Teilurteil die hinreichend bestimmte und sichere Grundlage 18 , wäre eher ein abschließender Hinweis auf die fehlende Entcheidungsreife angebracht gewesen. Die Unzulässigkeit des vorliegenden Teilurteils kann somit auch bei dieser Entscheidung unmittelbar aus § 301 ZPO abgeleitet werden. Die Klägerin hatte von ihrer Klageforderung bereits den vom Beklagten m i t der Widerklage geltend gemachten Betrag abgezogen. Die Begründetheit der Widerklage hing also davon ab, ob der Beklagte verpflichtet war, die Hälfte des Verlustes aus dem Afrikageschäft zu tragen. Die teilweise Abweisung der Widerklage konnte insoweit erst dann erfolgen, wenn feststand, daß die Klageforderung i n dieser Höhe begründet war. Uber die Klageforderung lag aber noch nicht einmal eine genaue Rechnungsaufstellung vor 1 9 . Auch der Umstand, daß der Beklagte nicht bestritten hat, die Widerklage sei i n Höhe von 2 600,— D M unbegründet, falls er die Hälfte des Verlustes aus dem Afrikageschäft tragen müsse, konnte die Widerklage i n dieser Höhe nicht entscheidungsreif i m Sinne des § 301 ZPO werden lassen. Das wäre nur dann möglich gewesen, wenn das Gericht bereits festgestellt hätte, daß die Klageforderung wenigstens dem Grund nach bestand. Da diese Feststellung aber ledig15 Auch i n RGZ 22, 400 w i r d das Problem der mangelnden Bestimmtheit noch i m Zusammenhang m i t der Frage der Entscheidungsreife abgehandelt. 18 Vgl. RGZ 66, 398. 17 Blomeyer, ZPR, § 8413, hält bei dieser Entscheidung die mangelnde Bestimmtheit f ü r maßgebend, w e n n er hierzu ausführt, der T e i l des Geldanspruchs müsse individualisiert sein. 18 Vgl. RGZ 66, 398. 19 Vgl. RGZ 66, 398.

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lieh Entscheidungselement des Teilurteils über die Widerklage gewesen wäre, hätte auch i n diesem Fall mangels umfassender Rechtskraftwirkung die Entscheidungsreife nur durch den gleichzeitigen Erlaß eines Grundurteils (§ 304 ZPO) über die Klageforderung herbeigeführt werden können 2 0 . Aus diesen Überlegungen ergibt sich, daß die Widerklage i m vorliegenden Fall unter keinen Umständen vor der Klage selbst entscheidungsreif i m Sinne des § 301 ZPO werden konnte 2 1 . Für die Zulässigkit des Teilurteils könnte aus dieser Entscheidung somit folgender Schluß gezogen werden: Hängt die Begründetheit einer Widerklage vom Nichtbestehen der Klageforderung ab, beispielsweise, weil der Kläger m i t der Klageforderung gegen die widerklagend geltend gemachte Forderung aufgerechnet hat oder w e i l es sich u m Forderungen aus einem Kontokorrent 2 2 handelt, so ist ein abweisendes Teilurteil über die W i derklage vor Entscheidung über die Klageforderung unzulässig. I n einem solchen Fall ist die Widerklage oder ein Teil der Widerklage erst dann entscheidungsreif i m Sinne des § 301 ZPO und kann durch Teilurteil beschieden werden, wenn das Gericht zuvor die Klageforderung zumindest i n Höhe der Widerklage für begründet erachtet hat. 3. Die zweite Reichsgerichtsentscheidung, bei der es u m die Bestimmtheit des i m Teilurteil beschiedenen Anspruchsteils geht 2 3 , betraf folgenden Sachverhalt. Die Klägerin hatte beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 578 690,90 Papiermark Schadenersatz zu verurteilen 2 4 . Diese Summe setzte sich aus vier Einzelposten zusammen: (1) Aufwendungen i n Höhe von (2) Ladeerschwernisse (3) künftige Ausschüttungskosten (4) künftige Kosten der Hebung des Hafenmeisterhauses

274.041,15 M a r k 64.649,76 M a r k 210.000,— M a r k 30.000,— M a r k

Der Posten zu (1) setzte sich wieder aus einer großen Zahl von Einzelpositionen zusammen. Das Landgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 338 114,44 Reichsmark. Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und erließ zu20

Vgl. zu dieser Problematik oben S. 36 f. W i l l m a n noch die Möglichkeit berücksichtigen, daß die Klageforderung hinsichtlich der Höhe erst nach u n d nach hätte entscheidungsreif werden können, wäre w i e folgt zu formulieren: Die Widerklage konnte i m vorliegenden F a l l solange nicht entscheidungsreif i m Sinne des § 301 ZPO werden, w i e die Begründetheit der Klage selbst zumindest i n Höhe der Widerklage feststand. 22 Vgl. dazu auch R G Gruchot 50, 431. 23 Vgl. R G H R R 32, Nr. 553. 24 Wie es i m einzelnen zu diesem Schaden gekommen ist, läßt sich aus der Entscheidung nicht entnehmen. 21

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gunsten der Klägerin ein Grundurteil (§ 304 ZPO) sowie ein Teilurteil über 100 000,— Reichsmark. Zur Begründung dieses Teilurteils führte es an, daß i h m schon der Posten zu (1) allein ausreichend erscheine, um den Schaden m i t 100 000,— Reichsmark nicht zu hoch zu veranschlagen. Nach seinem Zwischenurteil über den Grund des Anspruchs habe die Beklagte ohnehin Schadensersatz zu leisten. Hinzu komme, daß auch der Schaden der Posten zu (2), (3) und (4) dem Grunde nach rechtskräftig festgestellt sei. Außerdem wolle die Beklagte selbst der Kläger i n einen angemessenen Betrag für Ladeerschwernisse zubilligen. Ferner habe die Klägerin einen weiteren Schadensersatzanspruch von 14 900,44 Reichsmark i n Ansatz gebracht, der ebenfalls dem Grunde nach gerechtfertigt sei. Schließlich mache die Klägerin selbst nur 347 214,— Reichsmark für die Posten (1) bis (4) ihrer Aufstellung geltend, ohne sich damit auf bestimmte Posten ihres angeblich 444 814,56 Reichsmark betragenden Gesamtschadens festzulegen 25 . Aus diesen Gründen schätzte das Gericht unter Erwägung aller Umstände nach freiem Ermessen (§ 287 ZPO) den der Klägerin von der Beklagten auf jeden Fall zu ersetzenden Schaden auf 100 000,— Reichsmark. Inwieweit der Schaden i n noch weiterer Höhe begründet sei, hänge vom Ergebnis der künftigen Beweisaufnahme ab. Das Reichsgericht hielt dieses Verfahren des Berufungsgerichts für unzulässig und hob das Teilurteil auf. Es begründet seine Entscheidung damit, daß das Berufungsgericht den zugesprochenen Schadensteilbetrag von 100 000,— Reichsmark nicht allein dem Posten zu (1) entnommen habe. Obwohl es eingangs erwähnte, daß i h m der Posten zu (1) allein schon ausreichend erscheine, u m den von der Beklagten zu ersetzenden und durch Teilurteil zuzusprechenden Schaden m i t 100 000,— Reichsmark nicht zu hoch zu veranschlagen, berücksichtige es doch auch die drei weiteren Posten zur Begründung seiner Entscheidung. Es beziehe sich somit auf die dem Zwischenurteil über den Grund des Anspruchs zugrunde liegende Schadensaufstellung. Es ziehe ferner einen weiteren Posten von 14 900,44 Reichsmark hinzu, über den bisher, weil erst nachträglich geltend gemacht, noch gar nicht dem Grund nach erkannt sei. Gleichzeitig habe das Berufungsgericht jedoch einen Beweisbeschluß darüber erlassen, ob und inwieweit jene Aufwendungen der Posten (2) bis (4) sowie die Nachtragsforderung von 14 900,44 Reichsmark überhaupt i n den Bereich der Schadensersatzpflicht der Beklagten fielen. Dieses Vorgehen sei unzulässig. Die durch Teilurteil zugesprochenen 100 000,— Reichsmark stellten sich nicht als ziffernmäßig abgegrenzte Teilbeträge bestimmter einzel25 Daß diese Beträge geringer sind als die ursprünglich geforderten 578 690,— Papiermark, muß an dem wertmäßigen Unterschied zwischen Papier- u n d Reichsmark liegen. Allerdings ergibt sich aus der Entscheidung auch hierzu nichts Näheres.

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ner Posten der Schadensansätze dar. Sie bildeten vielmehr den vom Berufungsgericht durch freie Schätzung ermittelten Teilbetrag der Gesamtheit von geltend gemachten Einzelschadensposten, auf den es den zu ersetzenden Schaden unter allen Umständen veranschlagen zu können glaubte. Von keinem der zahlreichen einzelnen, nach A r t und Grund sehr verschiedenen Posten ließe sich dem Berufungsurteil entnehmen, ob und wieviel darauf dem Betrage nach anerkannt und zugesprochen sei. Ein solches Teilurteil entspreche aber nicht der Vorschrift des § 301 ZPO. Es sei dem Erfordernisse nicht genügt, daß genau feststehen muß, über welchen Teil eines bestimmten Anspruchs entschieden ist. Bei einer Forderung, die sich aus einer Reihe von einzelnen Posten zusammensetze, könne ein Teilurteil nicht i n der Weise erlassen werden, daß lediglich festgestellt würde, der Beklagte schulde einen bestimmten Mindestbetrag. Hiervon bestehe auch i m Bereich des § 287 ZPO keine Ausnahme. Diese Entscheidung des Reichsgerichts ist für Schadensersatzersatzklagen von großer Bedeutung. Sie spricht das Verbot aus, bei Schadensersatzforderungen, die sich aus einzelnen Posten zusammensetzen, durch Teilurteil einen Mindestschaden zuzusprechen, ohne daß ersichtlich ist, auf welche der einzelnen Posten der zuerkannte Ersatz entfällt. Dieses Verbot ist deshalb sehr wichtig, weil gerade i n Prozessen wie diesem durchaus ein Bedürfnis für eine derartige „Vorabentscheidung" bestehen kann. Dies w i r d durch die Prozeßsituation, so wie sie sich für das Berufungsgericht darstellte, verdeutlicht. Bis auf die nachträglich eingebrachte Schadensersatzforderung waren sämtliche den Posten (1) bis (4) zugrundeliegenden Ansprüche bereits dem Grunde nach rechtskräftig festgestellt (§ 304 ZPO) 2 6 . Es ging also lediglich noch u m die genaue Höhe der einzelnen Posten, wobei das Berufungsgericht angesichts der eingeklagten Beträge auf Grund seiner Schätzung von einem Mindestschaden von 100 000,— Reichsmark überzeugt war. Diese Summe wollte es der Klägerin deshalb schon vorweg zusprechen, was bei einer längeren Prozeßdauer durchaus verständlich erscheint 27 . M i t dem Teilurteil sollte der Klägerin somit eine A r t Abschlag auf ihre gesamten Schadensersatzforderungen beschieden werden. W i r d daraus ersichtlich, was das Berufungsgericht m i t dem Erlaß des Teilurteils beabsichtigte, so rechtfertigt dieser Zweck dennoch nicht ein solches Vorgehen. Das Teilurteil muß als selbständige Entscheidung 26 Das Zwischenurteil enthält eine der formellen Rechtskraft fähige E n t scheidung, es erwächst jedoch nicht i n materielle Rechtskraft. Vgl. dazu Rosenberg / Schwab, ZPR, § 58 I V 4 c; Bruns, ZPR, § 411; RGZ 132, 19. 27 Der Kläger macht Schäden aus dem Jahre 1918 geltend, die Entscheidung des Reichsgerichts stammt aus dem Jahre 1931.

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Bestand haben können 2 8 , wobei die Zerlegung des Prozeßstoffs durch Teilurteil voraussetzt, daß der Gegenstand der Entscheidung einen selbständigen Streitgegenstand bildet oder bei Teilbarkeit des A n spruchs bilden kann 2 9 . F ü r Schadensersatzklagen, die sich aus einer Vielzahl von Einzelposten zusammensetzen, bedeutet das, es müssen sämtliche Rechnungsposten, aus denen sich der für das Teilurteil vorgesehene Urteilsbetrag ergeben soll, vollständig aufgeklärt sein 30 . Mag i n diesen Fällen zuweilen auch ein Bedürfnis gegeben sein, vor endgültiger Aufklärung der einzelnen Posten dem Kläger schon einen gewissen Betrag zuzuerkennen, so kann das Teilurteil hier doch keine Abhilfe schaffen. Die Begründung des Reichsgerichts bedarf indessen noch genauerer Betrachtung. Das Reichsgericht stützt seine Entscheidung vornehmlich darauf, daß sich dem Teilurteil nicht entnehmen lasse, welcher Betrag der i m Teilurteil zugesprochenen 100 000,— Reichsmark auf die jeweiligen Schadensposten entfalle. Es stellt somit wie i n der zuvor dargestellten Entscheidung 31 auf die mangelnde Bestimmtheit des i m Teilurteil beschiedenen Anspruchsteiles ab. Wurde i n jener Entscheidung das Problem der Bestimmtheit aber wenigstens noch i m Zusammenhang m i t der nach § 301 ZPO erforderlichen Entscheidungsreife erörtert, ist i n dieser Entscheidung keinerlei Hinweis mehr auf diese Frage zu finden. Es w i r d lediglich ganz allgemein festgestellt, ein solches Teilurteil entspreche nicht der Vorschrift des § 301 ZPO. Die Unzulässigkeit des vorliegenden Teilurteils läßt sich jedoch auch i n diesem Fall m i t der fehlenden Entscheidungsreife i. S. d. § 301 ZPO begründen. Die mangelnde Bestimmtheit des i m Teilurteil erledigten Teils ist i m vorliegenden F a l l nämlich erst eine Folge davon, daß vor Entscheidungsreife ein Teilurteil erlassen wurde. Wenn auch die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten dem Grunde nach feststand, so war doch keiner der vier Einzelposten der Höhe nach ganz oder zumindest teilweise ermittelt worden. Solange dies nicht geschehen war, konnte auch keine die Beklagte zur Zahlung einer bestimmten Summe verurteilende Entscheidung ergehen. Hinzu kommt, daß das Berufungsgericht gleichzeitig m i t dem Teilurteil noch einen Beweisbeschluß darüber erlassen hatte, ob und inwieweit die m i t den Posten (2) bis (4) geltend gemachten Schäden überhaupt i n den Bereich der Schadenspflicht der Beklagten fielen 3 2 . Daraus läßt sich 28 29

Vgl. Bruns, ZPR, § 41 II.

Vgl. Blomeyer, ZPR, § 84 I 2. 30 Vgl. Bruns, ZPR, § 41 I I 3. 31 RGZ 66, 396; vgl. oben § 4 I I 2. 32 Wenn sogar diese Frage noch beweisbdürftig war, w i r d völlig unklar, wie vorher ein Zwischenurteil über den Grund dieser Ansprüche erlassen

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schließen, daß trotz des bereits ergangenen Grundurteils noch kaum zur Höhe der einzelnen Posten verhandelt worden war. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Teilurteils fehlte es daher an der nach § 301 ZPO erforderlichen Entscheidungsreife. Dies hätte das Reichsgericht wenigstens an einer Stelle hervorheben können. Die Unzulässigkeit des Teilurteils wäre i m Hinblick auf die i n § 301 ZPO genannten Voraussetzungen auch noch m i t einem zusätzlichen Argument zu begründen. § 301 ZPO verlangt, daß ein „ T e i l des A n spruchs" entscheidungsreif ist. I m vorliegenden Fall waren 100 000,— Reichsmark i m Teilurteil zuerkannt worden, ohne daß ersichtlich war, auf welche der einzelnen Schadensposten bzw. der einzelnen Teile des Streitgegenstandes sie entfielen. Man könnte deshalb argumentieren, die 100 000,— Reichsmark stellten gar keinen „Teil des Anspruchs" i. S. d. § 301 ZPO dar. Da jedoch ein einheitlicher Betrag eingeklagt war und die 100 000,— Reichsmark einen Teil dieses Betrags darstellen sollten, liegt es näher, auf die mangelnde Entscheidungsreife abzustellen. Zudem fehlt es auch immer an der Entscheidungsreife, wenn kein „Teil des Anspruchs" i. S. von § 301 ZPO den Gegenstand des Teilurteils bildet. Ein weiterer Punkt bleibt anzumerken. Das Reichsgericht geht nur mit dem letzten Satz seiner Entscheidung auf den Umstand ein, daß das Berufungsgericht den i m Teilurteil zugesprochenen Mindestschaden gem. § 287 ZPO nach freiem Ermessen geschätzt hatte 3 3 . Das Reichsgericht stellt dazu fest, daß auch i m Bereich des § 287 ZPO keine Ausnahme von den i n der Entscheidung erörterten Grundsätzen bestehe. Es prüft also gar nicht, ob das Berufungsgericht nach § 287 ZPO vorgehen durfte. Dabei wäre die Begründung der Entscheidung nach Untersuchung dieser Frage noch einleuchtender gewesen. Nach § 287 ZPO kann das Gericht nach freier Überzeugung über die Höhe des Schadens entscheiden, wenn i n Schadensersatzprozessen der Haftungsgrund erwiesen, die Entstehung und Höhe des Schadens jedoch streitig sind 3 4 . Die Schätzung des Schadens ist nach § 287 Abs. 2 ZPO ferner möglich, wenn die vollständige Aufklärung der für die Höhe einer Forderung maßgebenden Umstände unverhältnismäßig schwierig ist i m Vergleich zu der Bedeutung dieser Forderung 3 5 . Diese Voraussetzungen lagen aber i m vorliegenden Fall nicht vor. Das Berufungswerden konnte. Umgekehrt bleibt dieser Beweisbeschluß unverständlich, da das Berufungsgericht selbst ausführt, dieses Zwischenurteil sei bereits (formell) rechtskräftig. 33 Vgl. zur Auslegung des § 287 ZPO, Arens, Dogmatik u n d Praxis der Schadensschätzung, Z Z P 88, 1 ff. 34 Vgl. Baumbach / Lauterbach, ZPO, A n m . 2 A zu § 287. 35 Vgl. dazu RGZ 139, 174. 4·

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gericht weist i n seinem Urteil ausdrücklich darauf hin, daß es vom Ergebnis der weiteren Beweisaufnahme abhinge, inwieweit der Schaden i n noch größerem Umfang begründet sei. Daraus ergibt sich zum einen, daß das Berufungsgericht die vollständige Aufklärung der Schäden für möglich hielt, zum anderen, daß es die genaue Höhe der Schäden noch ermitteln wollte. Für eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO war somit kein Raum. Hätte das Reichsgericht bei seiner Entscheidung die unzulässige A n wendung des § 287 ZPO i n Betracht gezogen, wäre es vielleicht doch noch auf die Frage der Entscheidungsreife gekommen. Das Berufungsgericht hatte nämlich versucht, über die Anwendung des § 287 ZPO die für den Erlaß des Teilurteils erforderliche, aber zu jenem Zeitpunkt fehlende Entscheidungsreife scheinbar herbeizuführen. M i t der Schätzung eines Mindestschadens von 100 000,— Reichsmark glaubte es, die gleiche Prozeßsituation zu schaffen, die bestanden hätte, wenn die 100 000,— Reichsmark bereits aus den einzelnen Schadensposten ermittelt worden wären. Aus diesen Überlegungen ergibt sich somit auch i n diesem Fall die Unzulässigkeit des Teilurteils daraus, daß es vor E i n t r i t t der Entscheidungsreife erlassen wurde. Die vom Reichsgericht gegebene Begründung, das Teilurteil sei unzulässig, w e i l es offen lasse, auf welche Posten der i n i h m zugesprochene Betrag entfalle, ist daher erst i n bezug auf das i n § 301 ZPO genannte K r i t e r i u m der Entscheidungsreife überzeugend. Für die Zulässigkeit des Teilurteils kann somit abschließend aus dieser Entscheidung folgende Regel gewonnen werden: Bei Schadensersatzklagen, die sich aus mehreren Schadensposten zusammensetzen, ist die Zuerkennung eines Mindestschadens durch Teilurteil erst dann zulässig 36 , wenn die für den Erlaß eines Teilurteils gem. § 301 ZPO notwendige Entscheidungsreife gegeben ist. Sie liegt erst dann vor, wenn zuvor der für das Teilurteil vorgesehene Urteilsbetrag aus den einzelnen Schadensposten konkret ermittelt worden ist. 4. Die dritte Entscheidung des Reichsgerichts zur Frage der Bestimmtheit des i m Teilurteil beschiedenen Anspruchsteils 37 hat auch 86 Vgl. hierzu die mißverständliche Kommentierung bei Baumbach / Lauterbach, ZPO, A n m . 2 C zu § 301. Zunächst w i r d dort ausgeführt, die V e r u r t e i lung, „mindestens X - D M zu zahlen" sei unstatthaft, w e i l sie keine genauen Feststellungen darüber enthalte, w i e sich der Mindestbetrag auf die einzelnen Posten verteile. Zulässig soll demgegenüber die Begründung zur V e r urteilung zu X - D M damit sein, daß der Beklagte soviel auf alle Fälle schulde. W a r u m zwischen diesen beiden Möglichkeiten differenziert werden soll, ist nicht einzusehen. Es w i r d jeweils ein bestimmter Betrag zuerkannt, ohne daß (mangels getroffener Feststellungen, also mangels Entscheidungsreife) ersichtlich ist, auf welche der einzelnen Posten dieser Betrag entfällt. 87 Vgl. RGZ 143, 170.

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eine Schadensersatzklage zum Inhalt. A m 11. Oktober 1930 etwa u m 7 Uhr abends geriet auf der Brunsbüttelkooger Reede der dem Beklagten gehörende Lotsenversetzdampfer „Pilot" vor den Bug des norwegischen Dampfers „Jolö" und wurde von diesem gerammt. Der Dampfer „Pilot" wurde bei diesem Zusammenstoß so schwer beschädigt, daß er sofort versank. Dabei ertranken neben vier anderen Personen der an Bord des Dampfers „Pilot" befindliche Elblotse B., Ehemann der Kläger i n und Vater der beiden anderen Kläger. Die Kläger behaupteten, daß der Unfall durch Verschulden der Führung des Dampfers „Pilot", das der Beklagte zu vertreten habe, sowie durch eigenes Verschulden des Beklagten verursacht worden sei. Die Kläger hatten deshalb beantragt, den Beklagten zur Erstattung der Beerdigungskosten ihres Erblassers sowie zur Zahlung von Renten zu verurteilen. Die Klage war somit auf Leistung bestimmter Geldbeträge gerichtet. I m ersten Rechtszug wurde der Klageanspruch durch Zwischenurteil nach § 304 ZPO mit Beschränkung auf den Wert des Dampfers „Pilot" dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Gegen diese Entscheidung legten der Beklagte Berufung, die Kläger Anschlußberufung ein. Daraufhin wies das Berufungsgericht durch Teilurteil die Anschlußberufung der Kläger gegen das landgerichtliche Urteil insoweit zurück, als die Kläger Verurteilung des Beklagten über den Wert des Dampfers „Pilot" hinaus verlangten. Gleichzeitig erließ es einen Beweisbeschluß über den Wert dieses Dampfers. M i t der Revision wurde die Unzulässigkeit des Teilurteils gerügt. Die Revision hatte Erfolg, das Reichsgericht hielt auch dieses Teilurteil für unzulässig. I n den Urteilsgründen führt es aus, das Berufungsgericht sei ebenso wie das Landgericht der Auffassung, daß der Zusammenstoß der beiden Schiffe durch alleiniges Verschulden der Führung des Dampfers „Pilot" verursacht worden sei. Dafür habe der Beklagte den Klägern einzustehen, jedoch nur mit dem Wert, den der Dampfer „Pilot" zur Zeit des Zusammenstoßes oder später gehabt habe 38 . Das Berufungsgericht habe aber weder das landgerichtliche Urteil schlechthin bestätigt noch über die Berufung des Beklagten entschieden. Es habe auch nicht über die ganze Anschlußberufung der Kläger erkannt, sondern diese nur insoweit abgewiesen, als die Kläger vom Beklagten einen über den Wert des Dampfers hinausgehenden Betrag verlangten. Damit habe das Berufungsgericht einen Teil des summenmäßig festgelegten Klageanspruchs auf Zahlung bestimmter Geldbeträge abwei38 Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 BSchG haftet der Schiffseigner f ü r eigenes n a u t i sches Verschulden n u r m i t Schiff u n d Fracht, es sei denn, i h m fällt eine bösliche Handlungsweise zur Last. Vgl. dazu Vortisch ί Zschucke, Binnenschiff fahrts- u n d Flößereirecht, 3. A u f l . 1964, A n m . 9 zu § 4 BSchG; A n m . 9 c) zu § 92 BSchG.

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sen wollen. Ein Teilurteil könne aber nur erlassen werden, wenn der aberkannte Teil des Klageanspruchs derartig deutlich bestimmt sei, daß die abweisende Entscheidung von dem weiteren Verlauf des Streitverfahrens unter keinen Umständen mehr berührt werde. Es müsse also vom Gericht festgestellt sein, welche Summe auf den abzuweisenden Teil des Klagebegehrens entfalle 3 9 . Daran fehle es i m vorliegenden Fall. Das Berufungsgericht habe keinerlei Feststellungen darüber getroffen, welchen Wert der Dampfer „Pilot" zu der maßgeblichen Zeit gehabt habe, welche Zeit für die Bemessung dieses Wertes maßgeblich sei, ob die vom Beklagten aufgewendeten Bergungs- und Wiederherstellungskosten des Schiffes von dem Wert abzuziehen und irgendwelche Ansprüche gegen das Schiff nach dem Binnenschiffahrtsgesetz wegen des Unfalls von dritter Seite erhoben worden oder zu erwarten seien. A u f der anderen Seite sei auch jede Feststellung darüber unterblieben, auf welchen Teil der Ansprüche sich die Klageabweisung beziehen solle. Es sei dem Berufungsurteil nicht zu entnehmen, ob ein Teil der Beerdigungskosten und Renten aberkannt oder ob letztere der Höhe oder Zeitdauer nach gekürzt werden sollten. Es fehle deshalb jeder Maßstab für das Verhältnis zwischen dem Teil des Klageanspruchs, der dem weiteren Verfahren vorbehalten bleibe, und dem, der durch die Zurückweisung der Anschlußberufung den Klägern endgültig aberkannt sein sollte. Es gäbe also auch keinerlei zahlenmäßigen Anhalt dafür, welche Summe auf den durch das Teilurteil erledigten Teil des Klagebegehrens entfalle. Dementsprechend bezeichne sich das Berufungsurteil zu Unrecht als Teilurteil und sei i n Wirklichkeit ein über ein Element des künftigen Endurteils erkennendes Zwischenurteil. Ein solches Zwischenurteil sei jedoch gleichermaßen unzulässig gewesen (§ 303 ZPO), da kein Z w i schenstreit vorgelegen habe. Andererseits könne aus dem gesamten Inhalt des Berufungsurteils ersehen werden, daß das Berufungsgericht ein dem Rechtsmittel der Revision unterliegendes Teilurteil nach § 301 ZPO erlassen wollte. Daher sei die Revision auch zulässig gewesen. I n dieser letzten Entscheidung zur Frage der Bestimmtheit verzichtet das Reichsgericht nun endgültig darauf, die Unzulässigkeit des Teilurteils aus der Vorschrift des § 301 ZPO abzuleiten. Statt die Voraussetzungen des § 301 ZPO i m einzelnen zu prüfen, w i r d nur noch festgestellt, ein Teilurteil könne ausschließlich dann erlassen werden, wenn der aberkannte Teil so deutlich bestimmt sei, daß die abweisende Entscheidung von dem weiteren Verlauf des Verfahrens unter keinen Umständen mehr berührt werde. M i t dieser Formulierung war die Ent39 A n dieser Stelle beruft sich das Reichsgericht auf die vorher dargestellte Entscheidung R G HRR 32, Nr. 553. Vgl. dazu oben § 4 I I 3.

I I . Bestimmtheit des erledigten Teils des Klageanspruchs

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Wicklung einer außergesetzlichen Zulässigkeitsvoraussetzung des Teilurteils abgeschlossen. Formelartig wurde sie von nun an beinahe i n jeder Entscheidung zur Zulässigkeit des Teilurteils angewendet 40 und setzte sich auch derart i m Schrifttum 4 1 durch, daß sie heute als „besondere i m Gesetz nicht erwähnte Zulässigkeitsvoraussetzung" für den Erlaß eines Teilurteils gilt 4 2 . Verfolgt man jedoch ihre Entstehungsgeschichte anhand der hier dargestellten Reichsgerichtsentscheidungen, so muß erneut die Berechtigung einer solchen Voraussetzung neben § 301 ZPO sehr i n Frage gestellt werden. Es handelt sich nämlich keineswegs u m ein i n § 301 ZPO nicht erwähntes Kriterium, das erst nach und nach von der Rechtsprechung herausgearbeitet werden mußte. Diese Voraussetzung ist vielmehr das Ergebnis davon, daß von Entscheidung zu Entscheidung bestimmte Formulierungen übernommen wurden, ohne darauf zu achten, i n welchem Zusammenhang sie ursprünglich standen. Das erklärt auch, warum diese Voraussetzung für sich genommen kaum verständlich ist und keinerlei Aussagekraft besitzt. A u f der anderen Seite ist damit geklärt, weshalb sich bisher i n jeder Entscheidung die Lösung unmittelbar aus § 301 ZPO ergab und man auch ohne diese Voraussetzung auskommen konnte. I n RGZ 66, 396 läßt sich die Formel zwar i m Ansatz nachweisen 43 , es geht i n dieser Entscheidung aber i n erster Linie um die Entscheidungsreife i. S. d. § 301 ZPO 4 4 . Unter Berufung auf diese Entscheidung w i r d i n RG HRR 1932, 553 die Vorschrift des § 301 ZPO nur noch ganz allgemein erwähnt und die Unzulässigkeit des Teilurteils auf die mangelnde Bestimmtheit des i m Teilurteil erledigten Anspruchsteiles gestützt. Dabei ist auch i n diesem Fall das Teilurteil wegen fehlender Entscheidungsreife i. S. d. § 301 ZPO unzulässig 45 . I n der vorliegenden Entscheidung fehlt schließlich jeglicher Hinweis auf § 301 ZPO. Unter Berufung auf RG HRR 1932, 553 hat sich die ursprünglich noch i m Zusammenhang mit der Entscheidungsreife gebrauchte Formulierung verselbständigt. A u f diese Weise ist aus einer dem Zusammenhang entrissenen Wendung eine neue, i m Gesetz nicht erwähnte Zulässigkeitsvoraussetzung des Teilurteils geworden. 40 Vgl. B G H N J W 1964, 205 dazu oben § 4 I I 1; ferner die i n § 2 A n m . 6 angeführten Entscheidungen; sowie B G H W P M 1961, 323; O L G München VersR 1960, 1002; O L G F r a n k f u r t M D R 1975, 321; O L G H a m b u r g M D R 1957, 747 (748). 41 Vgl. Rosenberg / Schwab, ZPR, § 58 I I 2; Jauernig, ZPR, § 59 V I ; Zeiss, ZPR, § 68 6 b) dd) ; Schönke / Kuchinke, ZPR, § 74 I d; sowie die gesamte Kommentarliteratur zu § 301 ZPO. 42 Vgl. Schneider M D R 1976, 93. 43 Vgl. auch RG J W 1910, 945 Nr. 26. 44 Dazu oben S. 45 f. 45 Dazu oben S. 50 f.

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§ 4. Zweite Fallgruppe: Das Erfordernis der Unabhängigkeit

Wie die Analyse der vorliegenden Entscheidung jedoch zeigen wird, ist wiederum die fehlende Entscheidungsreife i. S. d. § 301 ZPO für die Unzulässigkeit des Teilurteils maßgebend. Das Landgericht hatte den Klageanspruch dem Grunde nach für berechtigt erklärt, i h n aber auf den Wert des Dampfers „Pilot" begrenzt 46 . Da noch keinerlei Feststellungen über den Wert des Schiffes getroffen waren, erscheint schon diese Beschränkung i m Grundurteil sehr fragwürdig. Zwar kann, wenn ein Anspruch kraft Gesetzes begrenzt ist, diese Beschränkung bereits i m Grundurteil zum Ausdruck gebracht werden 4 7 . Ergibt sich beispielsweise i n einem Schadensersatzprozeß, daß der Anspruch aus einem rechtlichen Gesichtspunkt i n voller Höhe, aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten aber nur zum Teil gerechtfertigt ist (unerlaubte Handlung und Haftung nach dem StVG), so soll der Tenor des Grundurteils erkennen lassen, welche Gesichtspunkte durchgreifen. Jedoch ist nach überwiegender Auffassung i n einem solchen Fall eine ziffernmäßig bestimmte Höchstgrenze m i t dem Grundurteil festzulegen 48 . Da mit dem Grundurteil selbst kein Anspruch abgewiesen werden kann, muß i n diesen Fällen deshalb das Grundurteil mit einem Teilurteil hinsichtlich des nicht durchgreifenden Teils des Klageanspruchs verbunden werden 4 9 . Dann w i r d die Klage durch Teilurteil insoweit abgewiesen, als sie diese Höchstgrenze übersteigt. Voraussetzung für den Erlaß des Teilurteils ist allerdings, daß die Entscheidung für eine teilweise Abweisung, also hinsichtlich des die gesetzliche Grenze übersteigenden Anspruchsteils, entscheidungsreif ist 5 0 . Es muß somit festgestellt worden sein, daß der Klageanspruch keinesfalls über die gesetzliche Höchstgrenze hinaus begründet ist, wobei die diese Höchstgrenze als ziffernmäßig bestimmter Betrag festzustehen hat. Daran fehlt es jedoch bei dem vom Landgericht erlassenen Grundurteil, so daß bereits die dort zum Ausdruck gebrachte Beschränkung auf den noch festzustellenden Wert des Dampfers als unzulässig angesehen werden muß. U m den Anspruch der Kläger auf den Wert des Dampfers „Pilot" begrenzen zu können, hätte das Landgericht zunächst diesen Wert ermitteln und dann m i t der Klageforderung vergleichen 46 Da die Kläger i n der ersten Instanz j a lediglich insoweit unterlegen sind als i h r Klageanspruch auf den Wert des Dampfers beschränkt wurde, ist nicht einsichtig, w a r u m das Berufungsurteil nicht über die ganze Anschlußberufung entschieden haben soll. 47

Bruns, ZPR, § 41 I I I 4. Dazu insbesondere Bötticher, Das G r u n d u r t e i l gem. § 304 ZPO m i t Höchstgrenze, J Z 1960, 240 ff., ebenso Turpe M D R 1968, 455. Vgl. auch Blomeyer, ZPR, § 83 V 4 b; Rosenberg / Schwab, ZPR, § 58 I V 2 i ; Stein / Jonas / Schumann (Leipold), ZPO, A n m . I 2 b zu § 304. 49 Vgl. Stein / Jonas / Schumann (Leipold), ZPO, A n m . I 2 b zu § 304. 48

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Bruns, ZPR, § 41 I I I 4.

I I . Bestimmtheit des erledigten Teils des Klageanspruchs

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müssen. Wäre danach die Klageforderung höher als der Wert des Schiffes gewesen, hätte es gleichzeitig m i t dem Grundurteil ein die Klageforderung i n Höhe dieses Saldos abweisendes Teilurteil erlassen müssen. Nur auf diese Weise wäre die Beschränkung des Klageanspruchs zulässig gewesen. Aus diesen Überlegungen ergibt sich dementsprechend auch die Unzulässigkeit des Teilurteils i n der Berufungsinstanz. Die Begrenzung auf den Wert des Dampfers stellt keinen Teil des Anspruchs dar. Solange nicht der Wert des Schiffes genau feststand, war der Klageanspruch deshalb auch für eine Teilabweisung noch nicht entscheidungsreif i. S. d. § 301 ZPO. Das Berufungsgericht hätte erst das Ergebnis des gleichzeitig m i t dem Teilurteil erlassenen Beweisbeschlusses über den Wert des Dampfers abwarten müssen. Denn selbst wenn der Klageanspruch letztlich auf den Wert des Dampfers beschränkt war, hätte der Beweisbeschluß ja theoretisch ergeben können, daß die Klageforderung durch den Wert des Dampfers gedeckt war. Das zeigt, wie sinnlos es war, vor der Wertfeststellung überhaupt auf die Anspruchsbegrenzung einzugehen. Die Begrenzung des Klageanspruchs auf den Wert des Schiffes, der noch i n keiner Weise ziffernmäßig ermittelt war, konnte daher nicht durch Teilurteil erfolgen. Wenn das Reichsgericht lediglich auf die mangelnde Bestimmtheit abstellt und ausführt, es fehle an jedem Maßstab für das Verhältnis zwischen dem Teil des Anspruchs, der dem weiteren Verfahren vorbehalten sei, und dem Teil, der endgültig aberkannt sein solle 51 , so w i r d dies erst i m Zusammenhang m i t den i n § 301 ZPO genannten Kriterien zu einer verständlichen und überzeugenden Begründung für die Unzulässigkeit des vorliegenden Teilurteils: Ist der Gegenstand des Teilurteils kein quantifizierter (bestimmter) Teil des Klageanspruchs und bleibt deshalb offen, welcher Teil dem weiteren Verfahren vorbehalten und welcher Teil endgültig aberkannt sein soll, fehlt es an dem Erfordernis „Teil des Anspruchs" und demzufolge an der Entscheidungsreife i. S. d. § 301 ZPO. Das zeigt erneut, daß die von der Rechtsprechung entwickelte Zulässigkeitsvoraussetzung keine neuen, nicht schon i n § 301 ZPO enthaltenen Kriterien enthält. Aus der vorliegenden Entscheidung kann somit für die Zulässigkeit des Teilurteils gefolgert werden, daß ein die Klageforderung auf den Wert eines bestimmten Gegenstandes begrenzendes (abweisendes) Teilurteil solange wegen fehlender Entscheidungsreife i. S. d. § 301 ZPO unzulässig sein muß, wie der Wert dieses Gegenstandes nicht ziffernmäßig festgestellt ist. 51

So auch Bruns, ZPR, § 41 I I 2, zu dieser Entscheidung.

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§ 4. Zweite Fallgruppe: Das Erfordernis der Unabhängigkeit

5. I n der letzten Entscheidung zum Problem der Bestimmtheit des i m Teilurteil beschiedenen Anspruchsteils entschied das Oberlandesgericht Celle, ein auf Klageabweisung erkennendes Teilurteil dürfe nicht ergehen, wenn kein ziffernmäßig festgelegter Betrag, sondern nur sachlich bestimmte Einzelposten, aus denen sich die Schadensberechnung zusammensetze, für unbegründet erachtet würden 5 2 . Die Klägerin hatte i n dieser Entscheidung gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen einer Reihe von Schäden erhoben, die an den der Klägerin gehörenden kirchlichen Gebäuden aufgetreten waren und deren Ursache sie zu 80 °/o auf den i n einer Tiefe von etwa 320 Meter unter den Gebäuden durchgeführten Bergbau zurückführte. Sie behauptete, die Gebäude hätten dadurch eine dauernde Wertminderung von 6,5 °/o des Zeitwertes erlitten und hierfür sei eine Entschädigung von 41 255,— D M angemessen. Die Höhe der Entschädigung stellte sie jedoch i n das Ermessen des Gerichts und beantragte, die Beklagte zu verurteilen, ihr einen der Höhe nach i n das Ermessen des Gerichts gestellten Schadensersatz zu zahlen, mindestens jedoch 6000,— DM. Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Sie bestritt, daß die Schäden auf den Abbauvorgang zurückzuführen seien, und machte geltend, es handele sich um typische Baumängel. Das Landgericht wies nach einer Beweisaufnahme die Klage durch Teilurteil ab, soweit die Klägerin eine „Entschädigung für weitere Schäden als für den Riß i n der östlichen Innenwand zur Beichtkapelle i n der Sakristei, den Riß oberhalb der Tür i n der Kirchenwestwand, die Risse i m Fußboden der Kirche und i n den schräg stehenden Pfeilern an der Kirchennordwand außen" begehre. Zur Begründung des Teilurteils führte das Landgericht aus, hinsichtlich sämtlicher Schäden — mit Ausnahme der i m Urteilstenor genannten — könne ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Β erg werksbetrieb und ihrer Entstehung nicht festgestellt werden. Vielmehr seien diese Schäden auf Konstruktionsfehler oder Ausführungsmängel bei der Errichtung der Gebäude zurückzuführen. Insoweit sei ein Teil des geltend gemachten Anspruchs zur Entscheidung reif und könne durch Teilurteil nach § 301 ZPO erledigt werden, während hinsichtlich der i m Urteilstenor angeführten Mängel noch weitere Ermittlungen erforderlich seien. A u f die Berufung der Klägerin wurde das Teilurteil aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Das Berufungsgericht hielt das Teilurteil des Landgerichts für unzulässig. Ein Teilurteil nach § 301 ZPO dürfe nur ergehen, wenn ein quantitativer, zahlenmäßig oder sonst bestimmter und individualisierter Teil eines Klageanspruchs zur Endentscheidung reif sei. I m vorlie52

OLGZ 1965, 48.

I I . Bestimmtheit des erledigten Teils des Klageanspruchs

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genden Fall habe das Landgericht indessen keinen zahlenmäßig bestimmten Teil des Klageanspruchs abgewiesen, sondern sinngemäß nur ausgesprochen, daß die Klägerin für einzelne Mängel keinen Schadensersatz fordern könne. Damit habe es anstelle eines konkretisierten Teiles des Ersatzanspruchs lediglich bestimmte Einzelfaktoren behandelt, die als Elemente für die Errechnung des Schadens von der Klägerin vorgetragen seien. Solche sachlich bestimmten Einzelposten, aus denen sich eine Schadensberechnung zusammensetze, seien keine konkretisierten Teile des Ersatzanspruchs und könnten daher nicht i m Wege des Teilurteils abgewiesen werden. Es fehle an der ziffernmäßigen Feststellung des Teils des Klageanspruchs, der aberkannt werden solle. Dies müsse auch dann gelten, wenn der Klageantrag auf Verurteilung zur Zahlung eines der Höhe nach i n das Ermessen des Gerichts gestellten Schadensersatzes unter Forderung eines Mindestbetrages gerichtet sei. Ein solches Klagebegehren sei zwar zulässig, entbinde das Gericht jedoch nicht von der Verpflichtung, i m Teilurteil klarzustellen, über welchen Teil des Anspruchs durch Abweisung entschieden werden solle. Auch i n diesem Fall dürften nicht lediglich Einzelelemente der Schadensersatzforderung abgewiesen werden, sondern nur ein ziffernmäßig bestimmter Teil der Gesamtforderung. Zwar habe die Klägerin ihre Gesamtforderung nicht i m Klageantrag, sondern nur i n ihren Schriftsätzen mit 41 255,— D M beziffert. Dennoch müsse auch i m Rahmen des hier gestellten nicht bezifferten Klagantrags beachtet werden, daß sich die Schadensersatzforderung der Klägerin zwischen 6000,— und 41 255,— D M bewege. Nur wenn das Landgericht festgestellt hätte, daß der berechtigte Ersatzanspruch unter 6000,— D M liege, wäre ein abweisendes Teilurteil insoweit zulässig gewesen, als die Klägerin mehr als diesen unter 6000,— D M liegenden Betrag gefordert habe. Eine solche Feststellung habe das Landgericht aber nicht getroffen, sie könne auch nicht den bisher durchgeführten Beweiserhebungen entnommen werden. Vielmehr erscheine es nicht ausgeschlossen, daß die Schäden, über die das Landgericht entschieden habe, einen Ersatzanspruch von 6000,— D M oder mehr rechtfertigten. Auch wenn das OLG Celle i n dieser Entscheidung auf die formelartige Anwendung der sonst gebrauchten Zulässigkeitsvoraussetzung verzichtet, verdient dieser Fall Beachtung, weil erneut auf die mangelnde Bestimmtheit abgestellt wird. Wie i n den zuvor dargestellten Entscheidungen w i r d die Unzulässigkeit des Teilurteils damit begründet, daß es an der ziffernmäßigen Festlegung des Teils des Klageanspruchs fehle, der aberkannt werden solle. Es fragt sich deshalb, ob nicht auch i n diesem Fall die Unzulässigkeit des Teilurteils mit der fehlenden Entscheidungsreife i. S. d. § 301 ZPO begründet werden kann.

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§ 4. Zweite Fallgruppe: Das Erfordernis der Unabhängigkeit

Für die Unzulässigkeit des vorliegenden Teilurteils ist jedoch schon eine andere Begründung gegeben worden. So wurde zu dieser Entscheidung ausgeführt, Voraussetzung des Teilurteils sei, daß über Anträge entschieden werde, die teilbar seien. Deshalb dürfe i n einem Schadensersatzprozeß nicht durch Teilurteil entschieden werden, daß dem K l ä ger für bestimmte Mängel kein Ersatz zustehe, denn Einzelposten, aus denen sich eine Schadensberechnung zusammensetze, seien keine abtrennbaren Teile des Streitgegenstandes 53 . Diese Begründung t r i f f t zwar auf den vorliegenden Fall zu, weil die Höhe des Schadensersatzes i n das Ermessen des Gerichts gestellt war, i n ihrer allgemeinen Aussage ist sie jedoch zweifelhaft. I m Regelfall eines Schadensersatzprozesses werden die Einzelposten, aus denen sich die Schadensberechnung und damit der eingeklagte Betrag ergeben, beziffert sein. Wenn es sich dabei nicht schon um mehrere Streitgegenstände handelt, können diese bezifferten Einzelposten durchaus abtrennbare Teile eines Streitgegenstandes und somit zulässiger Gegenstand eines Teilurteils sein. Gerade i m vorliegenden Fall wäre dies möglich gewesen, wenn die Klägerin für jeden der geltend gemachten Schäden einen bestimmten Betrag gefordert hätte. Die Teilbarkeit ist neben der Entscheidungsreife die Grundvoraussetzung für den Erlaß eines Teilurteils. I m Gegensatz zur Entscheidungsreife bereitet die Feststellung der Teilbarkeit jedoch weniger Schwierigkeiten, da § 301 ZPO die Fälle nennt, i n denen der Streitstoff durch Teilurteil geteilt werden darf. Zunächst sind mehrere i n einer Klage geltend gemachte Ansprüche (Fall der objektiven Klagehäufung, § 260 ZPO) untereinander teilbar 5 4 . Dasselbe gilt bei erhobener Widerklage, wenn entweder nur die Klage oder nur die Widerklage zur Entscheidung reif ist 5 5 . Die Teilbarkeit ist i n diesen Fällen leicht zu ermitteln. Probleme können deshalb nur bei der Teilbarkeit eines Einzelanspruchs auftreten, der dritten i n § 301 ZPO aufgezählten Möglichkeit. Da aber auch bei einem Einzelanspruch der Gegenstand des Teilurteils tauglicher Gegenstand einer selbständigen (Teil-)Klage sein muß, dürfte die Frage der Teilbarkeit des Einzelanspruchs i n der Regel ebenso schnell zu beantworten sein wie bei der Anspruchshäufung oder bei erhobener Widerklage. 53 So Schneider M D R 1976, 93; vgl. auch Baumbach / Lauterbach, ZPO, A n m . 2 C zu § 301. 54 Zur Frage der Teilbarkeit bzw. der Zulässigkeit des Teilurteils bei der eventuellen Klagenhäufung vgl. unten § 6. 55 Keine Teilbarkeit ist ausnahmsweise gegeben, w e n n über Klage und Widerklage einheitlich zu entscheiden ist, w i e i n Ehestreitigkeiten. Vgl. dazu Wieczorek, ZPO, A n m . A I I c 1 zu § 301.

I I . Bestimmtheit des erledigten Teils des Klageanspruchs

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Teilbar sind Ansprüche auf vertretbare Sachen i. S. d. § 91 BGB, soweit sie mengenmäßig bestimmt werden können. Einzelsachen können nur ausnahmsweise geteilt werden, wenn ihre Teilung verkehrsmäßig hinzunehmen ist, wie etwa die Teilung eines Grundstücks nach realen Teilen 5 6 . Daß die Teilbarkeit i n der Praxis unproblematisch ist, kann auch aus der geringen Zahl der Entscheidungen zu dieser Frage geschlossen werden. Sie betreffen ausschließlich Fälle, i n denen die Teilbarkeit nach materiellem Recht zweifelhaft ist. Der Bundesgerichtshof hat beispielsweise die Teilbarkeit des Abfindungsanspruchs eines ausscheidenden Gesellschafters bejaht. Voraussetzung für den Erlaß eines Teilurteils, durch das dem Kläger ein Teil des von i h m geltend gemachten Anspruchs zugesprochen werde, sei es, daß dieser Anspruch rechtlich teilbar sei 57 . Das Reichsgericht hat die Zuerkennung eines Teilbetrages des Schmerzensgeldes durch Teilurteil zugelassen 58 . Zwei weitere Entscheidungen des Reichsgerichts machen deutlich, daß die Problematik der Teilbarkeit des Einzelanspruchs i n erster Linie i m materiellen Recht liegt. Klagt ein Verkäufer i n zwei verschiedenen Anträgen 1. auf Abnahme der Ware, 2. auf Zahlung des Kaufpreises, kann mangels Teilbarkeit kein Teilurteil über den ersten Antrag ergehen 59 , da beide Anträge nur i m Sinne eines Klageantrags auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung des Kaufpreises gegen Empfangnahme der Ware verstanden werden können. Ebenso kann bei einer Klage auf Wiedereintragung einer Hypothek nicht der Klage durch Teilurteil stattgegeben, die Entscheidung über die Rangstelle aber dem Schlußurteil vorbehalten werden 6 0 . Diese Beispiele zeigen, daß die Frage, ob i n Schadensprozessen über Einzelposten der Schadensberechnung ein Teilurteil ergehen kann, nicht die Problematik der Teilbarkeit betrifft. Es müßte demzufolge möglich sein, eine überzeugendere Begründung für die Unzulässigkeit des vorliegenden Teilurteils zu finden. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme war das Landgericht der Uberzeugung, daß die Klägerin für bestimmte Mängel an ihren Gebäuden keinen Schadensersatz verlangen könne. Es wollte daher die Streitfrage, ob der Klägerin auch für diese Mängel Ersatz zustehe, 56

Vgl. Wieczorek, ZPO, A n m . Β I I a 1 zu § 301. B G H W P M 1961, 323. Vgl. zu dieser Entscheidung unten § 4 I I 6. 58 R G i n „Das Recht" 1917, Nr. 1059. 59 Vgl. R G SA 46, Nr. 142; ähnlich RGZ 73, 82. 60 Vgl. RGZ 36, 428. Bei dieser Entscheidung könnte man auch argumentieren, der Anspruch auf Wiedereintragung sei ohne gleichzeitige Entscheidung über die Rangstelle nicht entscheidungsreif. 57

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§ 4. Zweite Fallgruppe: Das Erfordernis der Unabhängigkeit

aus dem Verfahren ausgliedern. Der Umstand, daß die Klägerin die Höhe des Schadensersatzes i n das Ermessen des Gerichts gestellt, also nicht für jeden einzelnen Mangel eine bestimmte Summe gefordert hatte, führte dann zur Unzulässigkeit des Teilurteils m i t dem oben beschriebenen Inhalt. Ein Teilurteil hätte nur dann erlassen werden können, wenn die Klägerin eine bestimmte Gesamtsumme gefordert, und sich diese Summe aus mehreren, für die jeweiligen Mängel verlangten Beträgen zusammengesetzt hätte. I n diesem Fall wären lediglich die Beträge der nicht von der Beklagten verursachten Mängel zu addieren, die sich daraus ergebende Summe von der Klageforderung zu subtrahieren und die Klage insoweit abzuweisen gewesen. Damit hätte das Gericht einen entscheidungsreifen Teil der Klageforderung durch Teilurteil erledigt. Dadurch, daß die Höhe des Schadensersatzes jedoch i m Ermessen des Gerichts lag, besagte das Ergebnis der Beweisaufnahme für sich genommen noch nichts über die Begründetheit der Klage und konnte auch nicht zum Gegenstand eines Teilurteils gemacht werden. Wenn nur festgestellt war, daß für einzelne Mängel kein Ersatz gefordert werden konnte, war noch kein Teil der Klageforderung für eine Entscheidung durch Teilurteil i. S. d. § 301 ZPO reif. Daß die Klägerin eine Untergrenze für den geltend gemachten Schaden von 6000,— D M angegeben hatte, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Auch m i t dieser Untergrenze wäre die Klageforderung für eine Teilabweisung nur dann zur Entscheidung reif gewesen, wenn auf Grund der Beweisaufnahme festgestanden hätte, daß die Klägerin weniger als diese 6000,— D M zu beanspruchen hatte. Wie das OLG Celle insoweit zutreffend ausführt, hätte das Landgericht bei dieser Sachlage die Klage durch Teilurteil i n der Höhe abweisen können, i n welcher die Klägerin mehr als den unter 6000,— D M liegenden Betrag verlangt hat. Auch i m vorliegenden Fall fehlte daher die für den Erlaß eines Teilurteils erforderliche Entscheidungsreife, die Begründung des OLG Celle ist wiederum erst i m Hinblick auf die Voraussetzungen des § 301 ZPO richtig verständlich. Weil es an der ziffernmäßigen Festlegung des Teils der Klageforderung fehlte, der aberkannt werden sollte, war kein summenmäßig bestimmter Teil des Anspruchs i. S. d. § 301 ZPO entscheidungsreif. Für die Zulässigkeit des Teilurteils kann demnach die i n dieser Entscheidung vom OLG Celle aufgestellte Regel m i t einer kleinen Ergänzung übernommen werden. Mangels Entscheidungsreife darf ein auf Klageabweisung erkennendes Teilurteil nicht ergehen, wenn kein ziffernmäßig festgelegter Betrag, sondern nur sachlich bestimmte Einzelposten der Schadensberechnung für unbegründet erachtet werden.

I I I . Umfang des zu- oder aberkannten Teils des Klageanspruchs

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Soweit die Entscheidungen, i n denen die Rechtsprechung bei Anwendung der Formel vor allem auf die mangelnde Bestimmtheit des i m Teilurteil erledigten Teils des Klageanspruchs abstellt. Ohne der Zusammenfassung zu dieser Fallgruppe vorgreifen zu wollen, ist schon hier festzuhalten, daß auch bei diesen Fällen auf die von der Rechtsprechung entwickelte Zulässigkeitsvoraussetzung verzichtet werden konnte, weil sich die Lösung der erörterten Fälle jeweils unmittelbar aus § 301 ZPO ableiten ließ. III. Die einzelnen Fälle zur Frage des endgültigen Umfangs des im Teilurteil zu- oder aberkannten Teils des Klageanspruchs

1. Bei den restlichen innerhalb dieser zweiten Fallgruppe zu erörternden Entscheidungen soll die m i t der von der Rechtsprechung entwickelten Formel verbotene Abhängigkeit zwischen Teil- und Schlußurteil daraus resultieren, daß der Umfang eines zu- oder aberkannten Teils der Klageforderung von dem Ergebnis der Verhandlung über den Reststreit noch beeinflußt werden kann. Die Problematik dieser Fälle liegt darin, daß sich der Betrag des i m Teilurteil zu- oder aberkannten Teils des Klageanspruchs auf Grund der Ergebnisse der Verhandlung über den Reststreit als zu hoch oder zu niedrig erweisen kann. Besteht diese Möglichkeit bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Teilurteils, so liegt nach Auffassung der Rechtsprechung ein Verstoß gegen die von ihr entwickelte Zulässigkeitsvoraussetzung vor, wonach die Entscheidung über den Teil unabhängig davon sein muß, wie der Streit über den Rest ausgeht, u m widersprüchliche Entscheidungen zu vermeiden. Auch bei den folgenden Fällen ist das Ziel der Untersuchung, festzustellen, ob die Unzulässigkeit des jeweiligen Teilurteils nur m i t der Zulässigkeitsvoraussetzung der Rechtsprechung begründet, oder ob erneut auf sie verzichtet werden kann. Bei der jüngsten Entscheidung zu diesem Problemkreis handelt es sich u m eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln, i n der über die Zulässigkeit eines Teilurteils i n einem Schadensersatzprozeß zu befinden war 6 1 . Die Kläger machten Schäden gegen die Erbin ihres verstorbenen Steuerberaters geltend, die ihr auf Grund dessen fehlerhafter Buchführungsarbeit entstanden waren. Neben diesen Schäden wegen übermäßiger steuerlicher Inanspruchnahme verlangten die Kläger Ersatz der Gutachterkosten, die angefallen waren, u m die Buchführungsund Bilanzierungsfehler des Erblassers der Beklagten von ihrem neuen Steuerberater Β feststellen zu lassen. Das Landgericht erließ nun ein Teilurteil, i n dem es den Schaden der Kläger hinsichtlich der steuerlichen Inanspruchnahme bejahte. Das OLG K ö l n hielt dieses Teilurteil 61

O L G K ö l n M D R 1976, 408.

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§ 4. Zweite Fallgruppe: Das Erfordernis der Unabhängigkeit

für unzulässig, hob es auf und verwies den Rechtsstreit zurück an das Landgericht. Nach Auffassung des OLG K ö l n war es nach dem bisherigen Streitstand noch zweifelhaft, ob die objektiv festgestellten Systemfehler bei der Buchführungsarbeit für die Kläger nicht auf einem Verfahren beruhten, das noch i m Ermächtigungsbereich des Erblassers der Beklagten lag. Jedenfalls sei diese Behauptung von der Beklagten ausführlich dargelegt worden. Sollte die Fortsetzung der Tatsachenfeststellung die Richtigkeit dieser Angaben ergeben, wäre dies für den Grund und Umfang der Ersatzpflicht der Beklagten erheblich. Außerdem könne die Frage eines mitwirkenden Verschuldens der Kläger von der weiteren Sachverhaltsaufklärung beeinflußt werden. Hätten etwa die Kläger, wie die Beklagte vorgetragen hatte, keine vollständigen Unterlagen vorgelegt und den Erblasser i n tatsächlicher Unkenntnis gelassen, so wäre das für die Beurteilung nach § 254 BGB von Bedeutung. Das M i t verschulden der Kläger hätte dann nicht für den durch das Teilurteil beschiedenen Teil der Klageforderung bereits verneint werden dürfen. Es sei nämlich nicht ersichtlich, inwiefern das mitwirkende Verschulden der Kläger bei der Schadensverursachung hinsichtlich der Entstehung der Gutachterkosten anders beurteilt werden solle als hinsichtlich der Schäden infolge übermäßiger steuerlicher Inanspruchnahme. Es sei auch noch nicht die Frage beantwortet, warum die Kläger nicht sogleich die behaupteten Buchführungsfehler berichtigen ließen, sondern statt dessen darüber ein Gutachten einholten. Weiter könne bei der Prüfung des Schadens von Bedeutung sein, ob die Gutachterkosten des Steuerberaters Β nicht teilweise i n den Rahmen der i h m auf Grund des Vertrages m i t den Klägern ohnehin obliegenden und vergüteten Arbeiten fielen. Diese Erwägungen zeigten, daß die tatsächlichen Feststellungen, die das Landgericht selbst noch für nötig halte, i n mehrfacher Hinsicht rechtlichen Einfluß auf die Beurteilung des i m Teilurteil beschiedenen Teils des Klageanspruchs haben könnten. Die Beklagte ziehe aus dem gerichtlichen Gutachten den Schluß, daß den K l ä gern durch das vom Erblasser eingeschlagene Verfahren i m Ergebnis ein Vorteil entstanden sei. Träfe dieses Vorbringen zu, und das werde erst die weitere tatsächliche Feststellung ergeben, dann würde auch die Frage einer Vorteilsausgleichung zu beantworten sein. A l l dies könne nicht ohne Rücksicht auf den i m Teilurteil zugesprochenen Teil des Klageanspruchs der Beurteilung i m Schlußurteil überlassen werden. Denn wenn die vom Landgericht i m Teilurteil getroffene Entscheidung rechtskräftig werde, sei eine solche Prüfung nicht mehr möglich. Das aber könnte dazu führen, daß aus demselben schädigenden Ereignis i m Teilurteil und i m Schlußurteil miteinander unvereinbare rechtliche

I I I . Umfang des zu- oder aberkannten Teils des Klageanspruchs

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Konsequenzen gezogen würden. Wenn dies möglich erscheine, sei der Erlaß eines Teilurteils aber von vornherein unzulässig. Die Entscheidung des Landgerichts i m Teilurteil sei deshalb, bezogen auf die tatsächlichen Feststellungen, verfrüht und i m Hinblick auf mögliche Differenzen zum Schlußurteil unzulässig gewesen. Das weitere Beweisverfahren sei präjudiziell für die objektive und subjektive Haftung der Beklagten, für das Mitverschulden der Kläger und auch für die Schadenshöhe. Die vorliegende Entscheidung des OLG K ö l n ist vor allem aus zwei Gründen bedeutsam und deshalb den anderen Entscheidungen vorangestellt. Zum einen enthält sie eine Formulierung, die die gemeinsame Problematik der folgenden Entscheidungen charakterisiert. Z u m anderen findet sich i n ihr ein versteckter Hinweis auf die i m Rahmen dieser Rechtsprechungsanalyse aufgestellte These, daß sich die Lösung der von der Rechtsprechung m i t Hilfe der Formel entschiedenen Fälle unmittelbar aus § 301 ZPO ergibt. I n der Entscheidung heißt es, i m Prozeß über Ansprüche aus einem einheitlichen Schadensereignis dürfe kein Teilurteil erlassen werden, wenn die zur Vorbereitung des Schlußurteils noch erforderlichen Feststellungen ergeben können, daß kein Anspruch i n dem durch das Teilurteil zuerkannten Umfang besteht. I n allen zu dieser Fallgruppe zählenden Fällen w i r d ähnlich argumentiert; die Unzulässigkeit der jeweiligen Teilurteile ergibt sich dann nach Auffassung der Rechtsprechung daraus, daß sie nicht unabhängig davon sind, wie der Streit über den Rest ausgeht, die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen also nicht ausgeschlossen ist. Auch das OLG K ö l n stellt bei Anwendung der Formel hauptsächlich auf das K r i t e r i u m der Widersprüchlichkeit ab 6 2 . Obwohl das Gericht also den Fall m i t der von der Rechtsprechung entwickelten Zulässigkeitsvoraussetzung löst und die Zulässigkeit des Teilurteils nicht an den Voraussetzungen des § 301 ZPO mißt, ergibt sich schon aus dem oben erwähnten Hinweis, daß es nicht der Formel bedurft hätte. Wenn das OLG K ö l n ausführt, die Entscheidung des Landgerichts i m Teilurteil sei i m Hinblick auf die tatsächlichen Feststellungen verfrüht gewesen, weist es indirekt daraufhin, daß es beim Erlaß des Teilurteils an der nach § 301 ZPO erforderlichen Entscheidungsreife gefehlt hat. Die U n zulässigkeit des vorliegenden Teilurteils hätte also auch unmittelbar 62 Die Entscheidung des O L G K ö l n ist trotzdem eindeutig dieser u n d nicht der ersten Fallgruppe zuzuordnen, da sie die den hier darzustellenden Fällen typische Problematik enthält. Wenn das O L G K ö l n trotzdem i n erster L i n i e auf die Gefahr des Widerspruchs zwischen T e i l - u n d Schlußurteil abstellt, beweist das nur, w i e schematisch u n d formelartig die Rechtsprechung die einzelnen K r i t e r i e n der von i h r entwickelten Zulässigkeitsvoraussetzung auf ganz unterschiedliche Sachverhalte anwendet.

5 de Lousanoff

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§ 4. Zweite Fallgruppe: Das Erfordernis der Unabhängigkeit

aus der Vorschrift des § 301 ZPO abgeleitet werden können. Verfolgt man den Gang der Begründung der Entscheidung, so w i r d deutlich, daß das OLG K ö l n nacheinander nichts als Gründe aufzählt, weshalb dem i m Teilurteil erledigten Teil des Klageanspruchs die Entscheidungsreife fehlt. Das weitere Β e weis verfahr en hätte ergeben können, daß die Beklagte gar nicht ersatzpflichtig ist, daß ein Mitverschulden der Kläger und ein Fall der Vorteilsausgleichung vorliegen. Da das Gericht diese Punkte sehr genau herausarbeitet, erscheint es u m so unverständlicher, warum m i t keinem Wort auf die fehlende Entscheidungsreife i. S. d. § 301 ZPO eingegangen, sondern die Unzulässigkeit des Teilurteils nur m i t der von der Rechtsprechung entwickelten Zulässigkeitsvoraussetzung begründet wird. A u f der anderen Seite läßt der — wenn auch nur versteckte — H i n weis auf die fehlende Entscheidungsreife i. S. d. § 301 ZPO bei gleichzeitiger Anwendung der Formel vermuten, daß sich auch bei den restlichen Entscheidungen zu dieser zweiten Fallgruppe die fehlende Entscheidungsreife i. S. d. § 301 ZPO als der eigentliche Grund für die Unzulässigkeit des jeweiligen Teilurteils herausstellen könnte. Jedenfalls fordert die für diese Fälle charakteristische, oben angeführte Formulierung geradezu die folgende Ergänzung heraus: I m Prozeß über A n sprüche aus einem einheitlichen Schadensereignis darf „wegen fehlender Entscheidungsreife i. S. d. § 301 ZPO" kein Teilurteil erlassen werden, wenn die zur Vorbereitung des Schlußurteils noch erforderlichen Feststellungen ergeben können, daß kein Anspruch i n dem durch das Teilurteil zuerkannten Umfang besteht. Was allerdings ohne diese Ergänzung als wichtige Erkenntnis zur Zulässigkeit des Teilurteils i n Schadensersatzprozessen erschien, liest sich m i t dem Hinweis auf die i n § 301 ZPO genannte Entscheidungsreife wie eine überflüssige Klarstellung. So selbstverständlich ist die darin enthaltene Aussage. Abschließend kann zu der vorliegenden Entscheidung festgehalten werden, daß sich bei ihr so deutlich wie noch bei keiner Entscheidung zuvor gezeigt hat, daß der eigentliche Grund für die Unzulässigkeit des Teilurteils die fehlende Entscheidungsreife i. S. d. § 301 ZPO, und nicht der Verstoß gegen die von der Rechtsprechung entwickelte Zulässigkeitsvoraussetzung war. 2. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts ist auch bei dieser Untergruppe der zweiten Fallgruppe i m Hinblick auf die Entwicklung der Formel sehr aufschlußreich. I n der ersten Entscheidung zu dem hier interessierenden Fragenbereich ging es u m die Höhe der Entschädigung für eine Grundstücksenteignung 63 . Der Kläger hatte beantragt, die Beklagte zur Zahlung der durch Beschluß des Königlichen Polizeipräsi68

RGZ 16, 423.

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diums festgesetzten Summe von 103 194 Mark und weiteren 624 163 Mark nebst 5 °/o Zinsen als Entschädigung für sein enteignetes Hausgrundstück am sog. Reichstagsufer i n Berlin zu verurteilen. Die Beklagte hatte die Abweisung der Klage beantragt. Seinen höheren A n spruch gegenüber der i m Verwaltungswege festgesetzten Entschädigung hatte der Kläger unter anderem damit begründet, daß bei der Wertermittlung des zu enteignenden Grundstücks nicht dessen Zustand zum Zeitpunkt der Einleitung des Entschädigungsverfahrens (September 1882), sondern der zur Zeit der Publikation der königlichen Verordnung zur Enteignung der betreffenden Straßenfluchtlinie (Juni 1882) hätte zu Grunde gelegt werden müssen. Zwischen diesen beiden Zeitpunkten war nämlich eine Wertminderung des zu enteignenden klägerischen Grundstücks eingetreten. Nachdem i m J u l i 1882 die Spreeuferwand des klägerischen Hauses eingestürzt war, hatte die Polizeibehörde i m A u gust 1882 den Abbruch des Hauses bis zur Mittelwand wegen Baufälligkeit angeordnet. Der Kläger war nun der Ansicht, die Entschädigung müsse nach dem Wert des unbeschädigten Hauses bemessen werden. Eventuell verlangte er Ersatz des Wertes des unbeschädigten Gebäudes vermindert um den Betrag der für die Reparatur des Gebäudes nach dem Einsturz erforderlich gewesen wäre. Zur Begründung dieses Verlangens behauptete er, daß der Abbruch des Gebäudes i n Wahrheit nicht wegen Baufälligkeit, sondern mit Rücksicht auf die bevorstehende Enteignung angeordnet worden sei. Das Landgericht wies die Klage durch Teilurteil i n Höhe von 279 825 Mark ab. A u f diesen Betrag war es dadurch gekommen, daß es von der als weitere Entschädigung geforderten Summe den Betrag von 344 877 Mark abgezogen hatte. A u f diese 344 877 Mark hatte der Kläger i n der Begründung der Klage seine Forderung für den ungünstigsten, d.h. für den Fall berechnet, daß er m i t seiner Ansicht über den für die Wertermittlung maßgebenden Zeitpunkt und eventuell über den Grund des angeordneten Abbruchs nicht durchdringen sollte. I n den Gründen seines Teilurteils hatte das Landgericht diese Ansicht verworfen und eine Nachprüfung des Motivs für die polizeiliche Abbruchsverfügung für unstatthaft erachtet. Die Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg, auf seine Revision wurde das Teilurteil jedoch aufgehoben. M i t der Berufung und Revision hatte der Kläger i n erster Linie die Unzulässigkeit des landgerichtlichen Teilurteils geltend gemacht. Das Reichsgericht hielt die Rüge der Unzulässigkeit des Teilurteils für begründet. Es führt aus, ein Teilurteil sei ein Endurteil und könne als solches nur erlassen werden, wenn von mehreren i n den Streit einbezogenen Ansprüche der eine oder ein Teil eines Anspruchs zur Endentscheidung reif sei. Zur Endentscheidung reif sei ein Anspruch oder ein Teil eines solchen dann, wenn sich seine Existenz oder Nichtexistenz ·

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aus den festgestellten Tatsachen und den zur Anwendung kommenden Gesetzen durch logische Schlußfolgerung ergebe. Handele es sich, wie i m vorliegenden Fall, u m eine Geldforderung, so sei zwar wegen deren quantitativer Teilbarkeit die Möglichkeit eines Teilurteils grundsätzlich gegeben. Es müsse jedoch für die Zuerkennung oder Aberkennung eines Teils der Klageforderung die Existenz oder Nichtexistenz des Anspruchs i n Höhe der Teilentscheidung so klar gestellt sein, daß die Erörterung und Entscheidung der anhängig bleibenden Streitfragen eine Änderung hierin nicht mehr herbeiführen könne. U m den Kläger m i t einem Teilbetrag vorab abweisen zu können, müsse also feststehen, daß, wie auch das Resultat der weiteren Verhandlung und eventuell Beweiserhebung sein möge, der Kläger i n Höhe dieses Teilbetrages zuviel fordere. Das bedeute, dem Kläger dürfe (im Ergebnis) keinesfalls mehr zugesprochen werden, als der Überschuß der ganzen geforderten Summe über die abgewiesene Teilforderung betrage. Sei das nicht gewährleistet und stehe bei Erlaß des Teilurteils nicht fest, daß der Kläger u m jenen Teilbetrag zuviel fordere, so sei eben ein bestimmter Teil des Anspruchs nicht zur Entscheidung reif, und es könne eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über einen Teilbetrag der eingeklagten Forderung nicht erlassen werden. I m vorliegenden Fall habe der Kläger den i h m von der Beklagten als Unternehmerin zu erstattenden Wert des zu enteignenden Grundstücks als eine einheitliche, ungeteilte Forderung i n Höhe von 724 477,75 Mark (einschließlich der i h m i m Verwaltungsverfahren zugebilligten Entschädigung) geltend gemacht. Zur Begründung seiner Mehrforderung habe er unter anderen Gründen die Richtigkeit der Auffassung der Verwaltungsbehörde i n zwei Punkten angegriffen, nämlich i n der Wahl des für die Wertschätzung maßgebenden Zeitpunktes und eventuell i n betreff des Grundes für die polizeiliche Abbruchverfügung. Diese A n griffsmittel, über die das Landgericht und m i t i h m das Berufungsgericht allein befunden hätten, seien aber keine besonderen i n der Gesamtforderung enthaltene und aus derselben auszusondernde Teilansprüche. Sie bildeten vielmehr i n Verbindung m i t den bisher unerörtert gebliebenen Streitpunkten die Elemente der vom Kläger aufgestellten Wertberechnung. Deshalb ließe sich die Frage, ob u n d i n welchem Maße der Kläger zuviel gefordert habe, endgültig erst nach Erörterung aller für die Wertberechnung maßgeblichen Momente entscheiden 6 4 . Daß es sich i m vorliegenden Fall nicht u m einen selbständigen, 64 Das Reichsgericht zitiert an dieser Stelle eine noch frühere Entscheidung, R G 6, 49 (57). I n dieser Entscheidung, die vor allem schwierige Fragen des Kommissionsrechts betraf, nahm das Reichsgericht auch ganz kurz zur Zulässigkeit eines v o m Berufungsgericht erlassenen Teilurteils Stellung. Es führte aus, das T e i l u r t e i l sei ungerechtfertigt gewesen, da die Möglichkeit gegeben war, daß dem Kläger auf G r u n d der Verhandlung über den Reststreit weniger als der i m T e i l u r t e i l zugesprochene Betrag zustehe.

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zur Endentscheidung fähigen und ausscheidbaren Teilanspruch handele, ergebe sich auch aus einer weiteren Erwägung. Wäre das Berufungsgericht bezüglich der beiden Angriffsmittel der Ansicht des K l ä gers gefolgt, hätte es dennoch nicht zu seinen Gunsten entscheiden, also die Beklagte zur Zahlung einer bestimmten Summe verurteilen können. Wo eine verurteilende Teilentscheidung aber nicht denkbar sei, läge überhaupt kein Anwendungsfall des Teilurteils vor. Diese Entscheidung des Reichsgerichts bestätigt die vorliegende Untersuchung i n ihren bisherigen Ergebnissen. Das vom Landgericht erlassene und durch das Berufungsgericht bestätigte Teilurteil w i r d wegen fehlender Entscheidungsreife als unzulässig aufgehoben. Was sich i n RGZ 66, 396 nur noch aus dem Zusammenhang ergibt 6 5 und aus den späteren Fällen, die lediglich m i t der von der Rechtsprechung entwickelten Formel entschieden werden, überhaupt nicht mehr ersichtlich ist, w i r d i n dieser Entscheidung ausdrücklich erwähnt. Solange nicht endgültig feststeht, daß die Entscheidung und Erörterung der noch anhängigen Streitfragen keine Änderung hinsichtlich der Existenz oder Nichtexistenz des Anspruchs i n Höhe des i m Teilurteil ausgesprochenen Betrages mehr herbeiführen können, ist eben ein bestimmter Teil des Anspruchs nicht zur Entscheidung reif 6 6 . Man muß also beinahe 100 Jahre zurückgehen 67 , u m i n der Rechtsprechung die Bestätigung für ein bei den neueren Entscheidungen mühsam herausgearbeitetes Ergebnis zu finden. Bei allen Fällen, die von der Rechtsprechung m i t der von ihr entwickelten Zulässigkeitsvoraussetzung gelöst wurden, ergab sich nämlich, wie i m einzelnen dargelegt, als eigentlicher Grund für die Unzulässigkeit des jeweiligen Teilurteils die fehlende Entscheidungsreife i. S. d. § 301 ZPO. Damit w i r d durch die vorliegende Entscheidung auch für die Fälle zu diesem Problemkreis die Berechtigung der Formel als einer besonderen Zulässigkeitsvoraussetzung neben § 301 ZPO sehr i n Frage gestellt 68 . Die Formel läßt sich nämlich auch hier wenigstens i m Ansatz schon nachweisen, obwohl das Gericht seine Entscheidung ausschließlich m i t der fehlenden Entscheidungsreife begründet. Wenn das Reichsgericht ausführt, für den Erlaß eines Teilurteils müsse klargestellt sein, daß die Erörterung und Entscheidung der noch anhängigen Streitfragen eine Änderung hierin nicht herbeiführen könne, ist damit praktisch der Inhalt der Formel exakt wiedergegeben. Die inzwischen übliche Wendung, das Teilurteil dürfe durch das über den Rest ergehende Schlußurteil nicht mehr berührt werden und müsse 65

Vgl. dazu oben § 4 I I 2, insbesondere S. 45 f. Vgl. RGZ 16, 425. 67 Die Entscheidung stammt aus dem Jahre 1886. 68 Vgl. f ü r die auf die mangelnde Bestimmtheit abstellenden Entscheidungen oben S. 55. 66

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unabhängig davon sein, wie der Streit über den Rest ausgehe, enthält denselben Gedanken. Trotz der glatteren Formulierung ist sie aber eher weniger aussagekräftig als die Ausführungen des Reichsgerichts. Das ist damit zu erklären, daß das Reichsgericht seine Formulierung nicht formelartig, abstrakt gebraucht, sondern versucht die Voraussetzung der Entscheidungsreife zu konkretisieren. Die vorliegende Entscheidung des Reichsgerichts hat somit gezeigt, daß die inzwischen als selbständige Zulässigkeitsvoraussetzung neben § 301 ZPO geltende Formel auf Formulierungen zurückzuführen ist, die ursprünglich nur die Voraussetzungen für das Vorliegen der Entscheidungsreife erläutern sollten. Insoweit ist diese Entscheidung des Reichsgerichts für die vorliegende Untersuchung von großer Wichtigkeit. Sie bestätigt zudem die oben geäußerte Vermutung 6 9 , nach der insbesondere bei den Fällen zu diesem Problemkreis die fehlende Entscheidungsreife als der eigentliche Grund für die Unzulässigkeit des jeweiligen Teilurteils angesehen werden muß. Die Begründung des Reichsgerichts muß jedoch noch etwas näher erläutert werden. Für die fehlende Entscheidungsreife werden zwei Gründe angeführt. Zum einen sollen die vom Kläger beanstandeten Punkte keine aus der Gesamtforderung ausscheidbaren Teilansprüche darstellen, so daß ihre Verwerfung allein noch keinen endgültigen A u f schluß darüber geben könne, i n welchem Maß der Kläger zuviel gefordert habe. Zum anderen hätte nach Auffassung des Reichsgerichts das Berufungsgericht, auch wenn es der Ansicht des Klägers gefolgt wäre, die Beklagte nicht zur Zahlung einer bestimmten Summe verurteilen können. Die erste Begründung w i r d erst dann ganz verständlich, wenn man noch einmal darauf hinweist, daß der Kläger seine Mehrforderung gegenüber der i m Verwaltungsverfahren festgesetzten Summe nicht ausschließlich auf den falschen Zeitpunkt für die Wertermittlung und den Grund für die Abbruchverfügung gestützt hatte. Das geht aus der Entscheidung nicht sehr deutlich hervor. Zwar hatte der Kläger bei der von i h m aufgestellten Wertberechnung i n der Klageschrift auch eine gegenüber der Klageforderung geringere Summe angegeben, auf die er seine Forderung für den Fall berechnet hatte, daß er m i t seiner Ansicht bezüglich des Zeitpunktes der Wertermittlung und der Abbruchverfügung nicht durchdringen sollte. Dennoch bildeten diese beiden Punkte nur einen Teil seiner Klagebegründung. U m die Klage für eine Teilabweisung entscheidungsreif zu machen, hätte das Landgericht zunächst alle vom Kläger für seine Mehrforderung vorgebrachten Argumente überprüfen müssen. Erst die Erörterung aller für die Wertberechnung vorgetragenen Faktoren hätte — auch für eine Teilentscheidung — er69

Siehe oben S. 66.

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geben können, i n welcher Höhe die Klage unbegründet war. Gerade weil das Landgericht i n jenen zwei Punkten nicht der Ansicht des K l ä gers folgen wollte, hätte es auf alle Elemente der klägerischen Wertberechnung eingehen müssen. A l l e i n die Verwerfung von zwei unter anderen vorgetragenen Angriffsmitteln ohne Berücksichtigung der übrigen Angriffsmittel konnte die Klage auch nicht teilweise entscheidungsreif i. S. d. § 301 ZPO machen. Aus diesen Erwägungen ergibt sich auch das zweite Argument des Reichsgerichts. Selbst wenn das Berufungsgericht die Auffassung des Klägers bezüglich des Zeitpunkts und der Abbruchverfügung geteilt hätte, wäre es dennoch nicht i n der Lage gewesen, die Beklagte zur Zahlung einer bestimmten Summe zu verurteilen. Ohne Erörterung der anderen Faktoren hätte sich nämlich nur aus dieser Ansicht nicht feststellen lassen, ob dem Kläger der i m Teilurteil abgewiesene Betrag wirklich zustand. Das vorliegende Teilurteil ist somit wegen fehlender Entscheidungsreife unzulässig gewesen. Als Regel für die Zulässigkeit des Teilurteils könnte man aus dieser Entscheidung entnehmen: Die Verwerfung einzelner vom Kläger vorgebrachter Angriffsmittel begründet noch keine Entscheidungsreife i. S. d. § 301 ZPO i m Hinblick auf einen Teil des Klageanspruchs, weil sie nicht als selbständige Teilansprüche aus der Gesamtforderung ausgeschieden werden können 7 0 . Ein Teil des Klageanspruchs ist erst dann zur Entscheidung reif, wenn endgültig feststeht, daß dem Kläger i m Ergebnis kein höherer Betrag zustehen kann, als sich aus der Differenz zwischen der ganzen Klageforderung und dem abgewiesenen Teil ergibt 7 1 . Es sei noch angemerkt, daß inzwischen ein Teilurteil i n Prozessen über Enteignungsentschädigung grundsätzlich für unzulässig gehalten w i r d 7 2 . Es w i r d argumentiert, daß der Entschädigungsanspruch bei Enteignung ein einheitlicher sei, der sich nicht i n Einzelansprüche aufgliedere. Anders als bei Schadensersatz, der auf Naturalrestitution ausgerichtet sei, habe der durch eine Enteignung Betroffene nur einen A n 70 Dasselbe g i l t entsprechend für ein T e i l u r t e i l über einen von mehreren Klagegründen. Vgl. B G H N J W 1961, 72 m. w. N. (std. Rspr.). 71 Dieser Gedanke k a n n als Konkretisierung der Entscheidungsreife v o m Reichsgericht, RGZ 16, 425, übernommen werden. Das Reichsgericht f o r m u l i e r t i h n etwas anders: Es müsse feststehen, daß dem Kläger i m günstigsten F a l l nicht mehr zugesprochen werden könne, als der Überschuß der ganzen geforderten Summe über die abgewiesene Teilforderung betrage. I n späteren Entscheidungen ist er wieder aufgegriffen worden, RGZ 96, 11; O L G H a m b u r g M D R 1957, 748. Die oben erörterte Formulierung des O L G K ö l n (vgl. oben S. 65) meint für stattgebende Teilurteile dasselbe. 72 O L G Celle Niedersächsische Rechtspflege 1958, 191; für Entschädigungsanspruch nach dem BEG, B G H L M Nr. 19 zu § 301; f ü r Baulandsachen O L G München M D R 1972, 788. Vgl. dazu auch Mälzer GRUR 1976, 98.

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Spruch auf Geldleistung. Damit solle der Betroffene einen materiellen Ausgleich für die Einbuße an seinem Vermögen erhalten, die er erlitten hat. Wie dieser Vermögensverlust abzugleichen sei, bestimmt A r t . 14 Abs. 3 S. 3 GG. Die Entschädigung sei unter gerechter Abwägung der Interessen der Beteiligten und der Allgemeinheit zu bestimmen. Durch die Leistung der auf diese Weise ermittelten Entschädigung genüge der durch die Enteignung Begünstigte seiner i h m gegenüber dem Betroffenen obliegenden Ausgleichspflicht. Aus diesen Erwägungen folge, daß eine Enteignungsentschädigung gerecht nur dann bemessen werden könne, wenn alle i m Einzelfall obwaltenden Umstände berücksichtigt würden. Daher müsse der Entschädigungsanspruch als ein einheitlicher Anspruch betrachtet werden, der nicht i n Einzelposten aufgeteilt werden könne. Das schließe nicht aus, sondern erfordere es sogar, daß einzelne Auswirkungen der Enteignung bei der Bemessung der Entschädigung zu berücksichtigen seien. Aber sie bildeten anders als bei einem Schadensersatzanspruch, der sich als die Summe aller einzelnen Schadensersatzforderungen darstelle, nur Berechnungsgrundlagen für den einheitlich zu bemessenden Ausgleichsanspruch. Teilurteile könnten daher über einen bei der Enteignungsentschädigung zu berücksichtigenden Rechnungsposten nicht erlassen werden. Der Bundesgerichtshof hat für Aufopferungsansprüche 73 , das OLG Celle für einen einheitlichen Schmerzensgeldanspruch 74 ebenso entschieden. 3. Es gibt noch eine weitere Entscheidung des Reichsgerichts, die i m Rahmen dieser Fallgruppe von Bedeutung ist 7 5 . Die Klägerin verklagte den Reichsmilitärfiskus auf Entschädigung für die am 10. A p r i l 1913 i m Interesse der Landesverteidigung verfügte Stillegung eines i h r gehörenden Eisenbergwerks. Sie verlangte die Zahlung von 100 000,— Mark, vorbehaltlich aller weitergehenden Ansprüche. Das Landgericht wies die Klage ab, das Oberlandesgericht erklärte auf die Berufung des Klägers h i n den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt und verwies die Sache zur Verhandlung und Entscheidung über den Betrag des Anspruchs zurück an das Landgericht. Die Revision des Beklagten gegen das Berufungsurteil wurde vom Reichsgericht zurückgewiesen 78 . I n dem weiteren Verfahren vor dem Landgericht kündigte die Klägerin unter Vorlage eines Gutachtens über die Höhe ihres durch die Stillegung verursachten Schadens an, daß sie ihren Klageantrag vorbehaltlich weiterer Schäden von 100 000,— Mark auf 9 861 300,— Mark erhöhen werde. Daraufhin wurde die am 10. A p r i l 1913 erlassene 73 74 70 76

Vgl. Β G H Z 22, 48. Vgl. O L G Celle VersR 1973, 60. RGZ 96, 8; vgl. den Sachverhalt zu diesem F a l l i n RGZ 87, 391 (392). Das ist die Entscheidung RGZ 87, 391.

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Verfügung am 10. November 1916 aufgehoben. I m mündlichen Termin stellte die Klägerin trotz der Aufhebung der Stillegungsverfügung den angekündigten Antrag, der Beklagte beantragte erneut die Klage abzuweisen. Das Landgericht erließ dann folgendes als Teilurteil bezeichnetes Urteil: „Es w i r d unter Zurückweisung der Mehrforderung festgestellt, daß der Klägerin dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch zusteht. a) Zeitlich: 1. Für die Zeit vom 10. A p r i l 1913 bis 31. Oktober 1916; 2. Für die Folgezeit bis zum Tage der vollen Inbetriebnahme des Bergwerkes, die Arbeiten beginnend am 1. November 1916; b) räumlich: Für das Bergwerk i n seiner Gesamtausdehnung." Die von beiden Parteien gegen dieses Urteil eingelegten Berufungen wurden vom Oberlandesgericht für unbegründet erachtet. A u f die Revision der Klägerin wurde das Berufungsurteil insoweit aufgehoben, als ihre Berufung zurückgewiesen worden war. Das Urteil des Landgerichts wurde wie folgt geändert. Die Bezeichnung als Teilurteil sowie die Worte „unter Zurückweisung der Mehrforderung" wurden gestrichen. A m Schluß des verfügenden Teils wurde der Satz hinzugefügt: „Soweit für einen weiteren Zeitraum Ansprüche erhoben sind, werden sie für unbegründet erklärt." Die Revision der Klägerin hatte sich i n erster Linie gegen die vom Landgericht ausgesprochene und als „Teilurteil" bezeichnete „Abweisung der Mehrforderung" gerichtet. Das war der m i t der Klage geltend gemachte Schadensersatzanspruch, soweit dieser sich auf einen Schaden gründete, der i n einem weiteren als dem i m landgerichtlichen Urteils unter a) bezeichneten Zeitraum entstanden sein oder noch entstehen sollte. Die Klägerin erhob die prozessuale Rüge, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlaß eines Teilurteils nicht gegeben gewesen seien, und zwar weder hinsichtlich des ursprünglich geforderten Betrages von 100 000,— Mark noch hinsichtlich der späteren Klageerweiterung. Es habe nicht festgestanden, daß ein Schaden von 100 000,— Mark oder i n Höhe des später eingeklagten Millionenbetrages nicht entstanden sei und welcher Betrag an dieser Summe fehle. Es sei vielmehr nicht ausgeschlossen, daß i m weiteren Verlauf des Verfahrens die geforderten Beträge i n voller Höhe nachgewiesen werden könnten. Das Reichsgericht hielt diesen Angriff für begründet. Zur Zulässigkeit des Teilurteils führt es aus, ein Teilurteil i. S. d. § 301 ZPO erfordere, daß ein bestimmt individualisierter, quantitativer Teil des Klageanspruchs zur Endentscheidung reif sei, und zwar i n der Weise, daß dieser Teil für das weitere Verfahren gänzlich ausscheide und die Entscheidung über i h n durch den Reststreit nicht mehr beeinflußt werden

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könne. Zur Abweisung eines Teils einer Geldforderung müsse daher feststehen, daß die Geldforderung ihrem Betrag nach über denjenigen Betrag nicht hinausgehen könne, u m welche die ganze geforderte Summe den abgewiesenen Teil übersteige 77 . Diese Voraussetzung liege nicht vor, wenn sich wie i m vorliegenden Fall ein i n einer bestimmten Summe geforderter einheitlicher Schadensersatzanspruch nur für einen Teil des Zeitraumes, i n dem er nach der Klagebehauptung entstanden sein soll, als begründet erweise. I n einem solchen Fall bilde der Zeitraum, innerhalb dessen der Schaden entstanden sein soll, nur ein Element für die Berechnung des Gesamtschadens. Daher sei es nicht ausgeschlossen, daß, wenn i n einem Teil dieses Zeitraumes kein Schaden entstanden sei, dennoch der Schadensbetrag für den übrigbleibenden Zeitraum die gesamte geforderte Höhe erreiche. Die sachlich oder zeitlich bestimmten Einzelposten, aus denen sich die Schadensberechnung zusammensetze, seien keine konkretisierten Teile des Ersatzanspruchs 78 , sondern lediglich Rechnungsfaktoren, von denen der eine ohne weiteres an Stelle des anderen gesetzt werden könne. Die Entscheidung über einzelne solche Rechnungsfaktoren enthalte daher nur die Entscheidung über einzelne Angriffsmittel, also begriffliche Elemente des zukünftigen Endurteils, und könne nicht i m Wege des Teilurteils ergehen. I m vorliegenden Fall sei der ursprüngliche Klageanspruch von 100 000,— Mark überhaupt nur als Teilanspruch, ohne Angabe des Zeitraumes, für welchen er berechnet war, erhoben. Auch der erweiterte Klageanspruch von 9 861 300,— Mark sei lediglich unter Bezugnahme auf das m i t der Klageerweiterung vorgelegte Gutachten des Sachverständigen geltend gemacht. Dieses Gutachten gehe zwar von einer Berechnung des für die einzelnen i n Betracht kommenden Jahre bis zur gänzlichen Erschöpfung des Bergwerks entstehenden Schadens aus, billige der Klägerin aber nicht diese einzelnen Jahresbeträge, sondern eine als Kapitalabfindung berechnete einmalige Zahlung i n Höhe der m i t dem erweiterten Klageantrag verlangten Summe zu. Ferner fehle es an der für ein Teilurteil erforderlichen Bestimmtheit des abzuweisenden Anspruchsteiles, weil das Ende des Zeitraumes, für welchen der Anspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt war, noch gar nicht feststand. Dadurch bleibe aber auch der Anfang des Zeitraumes offen, für welchen die Klage durch das Teilurteil abgewiesen werden sollte. Erst i m weiteren Verfahren über den Betrag hätte nämlich festgestellt werden können, zu welchem Zeitpunkt der Vollbetrieb des Berg77

Vgl. zu dieser Formulierung oben S. 71 u n d A n m . 71. Diese Formulierung findet sich fast wörtlich i n der schon erörterten Entscheidung des O L G Celle, O L G Z 1965, 48, wieder. Vgl. oben § 4 I I 5. 78

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werks wieder aufgenommen wurde. Auch i n dieser Beziehung fehle es also an der erforderlichen Entscheidungsreife. I n der Begründung dieser Entscheidung fällt auf, daß die inzwischen als außergesetzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen geltende Formel schon fast i n ihrem heutigen Wortlaut 7 9 gebraucht wird. Damit w i r d noch deutlicher belegt, was die vorhergehende Reichsgerichtsentscheidung bereits erkennen ließ. Die i n neueren Entscheidungen als selbständige Zulässigkeitsvoraussetzung neben § 301 ZPO angewendete Formel geht auf Formulierungen zurück, die dem Reichsgericht ursprünglich nur dazu dienten, den Begriff der Entscheidungsreife i. S. d. § 301 ZPO zu umschreiben. Das geht aus den Ausführungen des Gerichts eindeutig hervor: „ E i n Teilurteil i m Sinne des § 301 ZPO erfordert, daß ein, bestimmt individualisierter, quantitativer Teil des Klageanspruchs zur Endentscheidung reif ist, und zwar i n der Weise, daß dieser Teil für das weitere Verfahren gänzlich ausscheidet und die Entscheidung über i h n durch dieses nicht mehr berührt werden kann 8 0 ." M i t dieser Erkenntnis erklärt sich zum einen der oben erwähnte Zusammenhang zwischen der Entscheidungsreife i. S. d. § 301 ZPO und der heute verwendeten Formel. Zum anderen erweisen sich die wiederholt geäußerten Zweifel an der Berechtigung der von der Rechtsprechung verwendeten Formel i m Sinne einer besonderen Zulässigkeitsvoraussetzung neben § 301 ZPO aufgrund dieser Entscheidung als begründet. Einer Formulierung, die ursprünglich lediglich das Vorliegen der nach dem Gesetz für den Erlaß eines Teilurteils vorgeschrie-f benen Entscheidungsreife erläutern sollte, kann nicht die Qualität einer selbständigen Zulässigkeitsvoraussetzung zuerkannt werden. Wenn bei der vorliegenden Entscheidung des Reichsgerichts zum Umfang des i m Teilurteil beschiedenen Anspruchsteils auch nicht erst ermittelt werden muß, daß der Grund für die Unzulässigkeit des landgerichtlichen Teilurteils die fehlende Entscheidungsreife ist, so bleiben dennoch einige erläuternde Anmerkungen zu machen. Die Stillegungsverfügung vom 10. A p r i l 1913 war zunächst unbefristet, also endgültig. Deshalb klagte die Eigentümerin des Bergwerks unter Vorbehalt aller weitergehenden Ansprüche ursprünglich nur einen Teilbetrag von 100 000,— Mark ein und ließ ein Gutachten über die Höhe ihres Gesamtschadens erstellen. Dieses Gutachten ergab einen Gesamtschaden der Klägerin von 9 861 300,— Mark, wobei es zur Berechnung dieses Schadens von einer endgültigen Stillegung des Bergwerks ausgegangen war. Unter Bezugnahme auf das Gutachten erweiterte die Klägerin dann i m Nachverfahren ihren Klageantrag auf 79 80

Vgl. oben § 2. Vgl. RGZ 96, 11.

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9 861 300,— Mark, was zu einer Aufhebung der Stillegungsverfügung am 10. November 1916 führte. Z u diesem Zeitpunkt war der ursprüngliche Anspruch der Klägerin dem Grunde nach bereits durch die erste Entscheidung des Reichsgerichts i n dieser Sache 81 rechtskräftig festgestellt. Das Landgericht wollte n u n der durch die Aufhebung der Stillegungsverfügung veränderten Sachlage m i t einer Teilentscheidung Rechnung tragen. Die Tenorierung dieses Teilurteils ist allerdings mißverständlich 82 . Das Berufungsgericht hatte sie für zulässig befunden und dazu ausgeführt, das Landgericht verbinde hinsichtlich der Klageerweiterung ein Teilurteil nach § 301 ZPO über einen Teil der eingeklagten Forderung m i t einem Zwischenurteil nach § 304 über den Grund des Restanspruchs. Aber auch soweit sich das landgerichtliche Urteil auf den ursprünglich eingeklagten Betrag beziehe, sei es nicht zu beanstanden. Die Rechtskraft des Urteils, das diesen Anspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt habe, und die Bindung des Gerichts daran nach § 318 ZPO hindere die Abweisung eines Teils dieses Anspruchs nicht 8 3 . I n der Tat muß das Gericht bei einer Klageerweiterung i m Nachverfahren den Klagegrund hinsichtlich des überschießenden Teils ganz neu prüfen, weil insoweit keine Rechtshängigkeit bestand 84 . Ebenso ist es. zutreffend, daß die Aufhebung der Stillegungsverfügung als neue Tatsache nach Schluß der letzten mündlichen Verhandlung von der Rechtskraft des vom Reichsgericht bestätigten Grundurteils nicht berührt w i r d 8 5 . Doch dies kann nichts daran ändern, daß die Voraussetzungen für eine Teilabweisung (noch) nicht vorlagen. Die Aufhebung der Stillegungsverfügung begrenzte den Zeitraum, für welchen die Klägerin Schadensersatz verlangen konnte. Davon ausgehend, daß dadurch auch der Schaden geringer sein müsse, glaubte das Landgericht, die Klageforderung nun insoweit durch Teilurteil abweisen zu können, als Schaden für einen weiteren Zeitraum verlangt wurde. Die dazu gebrauchte Tenorierung, „unter Zurückweisung der Mehrforderung", ließe sich i n zwei Richtungen auslegen. Einerseits könnte man sie dahingehend verstehen, daß der über die ursprünglich geltend gemachten 100 000,— Mark hinausgehende Betrag abgewiesen werden sollte. Dafür spräche der Umstand, daß die Klägerin hinsichtlich der Klageforderung keinen bestimmten Zeitraum angegeben hatte, und ferner, daß das Gericht ja einen Teil der Klage abweisen wollte. 81 82 83 84 85

RGZ 87, 392. Vgl. oben S. 73. Vgl. RGZ 96, 10. Vgl. statt aller Baumbach l Lauterbach, ZPO, A n m . 5 Β zu § 304. Vgl. statt aller Thomas / Putzo, ZPO, A n m . 7 d zu § 322.

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Andererseits könnte diese Tenorierung nur auf die sich anschließende zeitliche Beschränkung des Anspruchs bezogen werden. I n diesem Sinne faßt sie wohl zu Recht das Reichsgericht auf. Wie man die Tenorierung dieses Teilurteils aber auch auslegt, es fehlt i n jedem Fall an der nach § 301 ZPO erforderlichen Entscheidungsreife. Geht man davon aus, daß m i t dem Teilurteil die m i t der Klageerweiterung geltend gemachte „Mehrforderung" abgewiesen werden sollte, hätte die gleichwohl unzulässige Entscheidimg einen konkreten Inhalt. Das Urteil enthielte ein abweisendes Teilurteil über den m i t der Klageerweiterung geltend gemachten Betrag verbunden m i t einem die neue Tatsache der Verfügungsaufhebung berücksichtigenden Grundurteil über den Restanspruch. Von insgesamt geforderten 9 861 300,— M a r k wären 9 761 300,— Mark abgewiesen. Aber auch m i t diesem Inhalt könnte das Urteil keinen Bestand haben. Die Klageerweiterung war zwar unter Bezugnahme auf das von einer endgültigen Stillegung des Bergwerksbetriebes ausgehenden Gutachtens erfolgt. Nach Aufhebung der Stillegungsverfügung wäre es also nicht mehr oder nur noch bedingt möglich gewesen, das Gutachten zur Ermittlung des der Klägerin entstandenen Schadens heranzuziehen. Damit hätte jedoch noch keineswegs festgestanden, daß die ganze aufgrund des Gutachtens geltend gemachte Mehrforderung unbegründet war. I m Gegenteil, auch der zeitlich begrenzte Schaden hätte sich i n Millionenhöhe bewegen können. Die Tatsache allein, daß der Bergwerksbetrieb entgegen der ursprünglichen Annahme wieder aufgenommen werden konnte, ließ sich nicht ohne weiteres i n Zahlen bzw. i n einen ziffernmäßigen Betrag übertragen. Die Mehrforderung wäre demnach nur dann für eine Abweisung entscheidungsreif gewesen, wenn die aufgrund der neuen Sachlage durchgeführten Beweiserhebungen ergeben hätten, daß der Klägerin unter keinen Umständen ein höherer Schaden als 100 000,— M a r k entstanden sein konnte. Da das Landgericht aber noch keine genauen Schadensberechnungen durchgeführt hatte, wären Grundlage des i n diesem Sinne interpretierten Teilurteils keine konkreten Ermittlungen, sondern lediglich die Aufhebung der Stillegungsverfügung gewesen. Für eine Abweisung des m i t der Klageerweiterung geforderten Betrages wäre es daher zu früh gewesen. A u f die zeitliche Beschränkung des Anspruchs bezogen erweist sich das Teilurteil als völlig unhaltbar. Die Klageforderung war vor und nach der Klageerweiterung als einheitlicher Betrag geltend gemacht. Deshalb war aus der auf einen bestimmten Zeitraum bezogenen „ A b weisung der Mehrforderung" überhaupt nicht zu entnehmen, i n welchem Umfang die Klageforderung abgewiesen werden sollte. Es war also kein (quantitativer) Teil des Anspruchs zur Entscheidung reif. Daß für einen bestimmten Zeitraum kein Schadensersatz verlangt werden

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kann, läßt sich zumindest bei der Leistungsklage nicht zum Inhalt eines abweisenden Teilurteils machen 86 . Schließlich sei noch ein letzter Punkt erwähnt. Das Reichsgericht weist außerdem auf die mangelnde Bestimmtheit des i m Teilurteil abgewiesenen Anspruchsteils h i n und führt dazu aus, auch insoweit fehle es an der erforderlichen Entscheidungsreife 87 . M i t dieser Feststellung kann das bei den zur mangelnden Bestimmtheit erörterten Entscheidungen 88 gefundene Ergebnis noch weiter gestützt werden, wonach bei fehlender Bestimmtheit des i m Teilurteil entscheidenen Anspruchsteils keine Entscheidungsreife i. S. d. § 301 ZPO vorliegen kann 8 9 . Als Regel für die Zulässigkeit des Teilurteils ließe sich aufgrund dieser Entscheidung abschließend festhalten: W i r d i n einem Schadensersatzprozeß ein einheitlicher Geldbetrag eingeklagt, so ist ein abweisendes Teilurteil unzulässig, wenn darin lediglich festgestellt wird, für einen bestimmten Zeitraum stehe dem Kläger kein Schadensersatz zu. 4. Einen ähnlichen Fall betrifft eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg aus dem Jahre 195790. Die Klägerin machte gegen den hamburgischen Staat Ersatzansprüche wegen während der letzten Kriegsjahre aufgrund mehrerer Leistungsanforderungen entstandener Schäden geltend. Sie verlangte 200 000,— D M für Dachpappenmaschinen, 100 000,— D M wegen entgangenen Verdienstes und weitere 216 000,— D M für verschiedene andere Posten, also insgesamt 516 000,— DM. Eingeklagt war aber nur ein Teilbetrag von 300 000,— DM, ohne daß näher ausgeführt war, wie sich dieser Betrag auf die einzelnen Posten verteilte. Das Landgericht hat daraufhin durch Teilurteil den Klageanspruch abgewiesen, soweit es sich u m Dachpappenmaschinen und Verdienstausfall handelte. Das Oberlandesgericht hob dieses Teilurteil auf und verwies die Sache zurück an das Landgericht 9 1 . Bevor es auf die Zulässigkeit des Teilurteils eingeht, rügt es eine Verletzung des § 253 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO. Die Klägerin hätte schon i n der Klageschrift klarstellen müssen, auf welche der Leistungsanforderun86 Dasselbe g i l t f ü r Zinsansprüche. E i n T e i l u r t e i l m i t dem Zinsansprüche f ü r einen bestimmten Z e i t r a u m abgewiesen werden, die nicht ziffernmäßig bestimmt sind, ist unzulässig, soweit nicht zugleich über die zu verzinsende Hauptforderung mitentschieden w i r d . Auch eine Anspruchsvoraussetzung, etwa die Frage, ob Verzug eingetreten ist, k a n n nicht zum Gegenstand eines Teilurteils gemacht werden. Vgl. dazu O L G F r a n k f u r t M D R 1975, 321. 87 Vgl. RGZ 96, 12. Diese Entscheidung verbindet damit die beiden U n t e r gruppen der 2. Fallgruppe. 88 Vgl. oben § 4 I I . 89 Vgl. dazu oben S. 57 u n d 61 f. 90 O L G H a m b u r g M D R 1957, 747. 91 Die Darstellung des Sachverhalts beschränkt sich auf die i m Rahmen dieser Untersuchung wichtigen Punkte.

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gen die einzelnen von ihr geltend gemachten Schadensposten zurückgeführt werden sollten. Es sei unzulässig, die Einzelansprüche nebeneinander geltend zu machen, ohne sie i n bestimmter Weise gegeneinander abzugrenzen. Beim Fehlen der Abgrenzung bleibe unklar, i n welchem Umfang die einzelnen Ansprüche anhängig gemacht werden sollen. Deshalb genüge ein solches Verfahren dem nach § 253 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO für eine Klage wesentlichen Erfordernis der bestimmten Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs nicht. I n der Berufungsverhandlung nahm die Klägerin die verlangte A b grenzung vor, was den Verfahrensmangel für das weitere Verfahren heilte 9 2 . Obwohl das OLG-Hamburg dazu nicht Stellung nimmt, spricht einiges dafür, daß auch der Verfahrensmangel zum Erlaß des unzulässigen Teilurteils führte. Das Landgericht hatte nämlich i n dem Teilurteil keinen ziffernmäßigen Betrag abgewiesen, sondern den Anspruch wegen Maschinenschadens und Verdienstausfalls als solchen. Hätte die Klägerin i n der Klageschrift bereits klargestellt, i n welcher Höhe Maschinenschaden und Verdienstausfall i n dem eingeklagten Teilbetrag von 300 000,— D M enthalten sein sollten, wäre die Klage eben u m diesen bestimmten Betrag abgewiesen worden. Das so ergangene Teilurteil wäre zulässig gewesen. Zum landgerichtlichen Urteil führt das OLG Hamburg aus, es sei unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 301 ZPO nicht vorlägen. Ein Teilurteil sei nur über einen solchen Teil des Anspruchs zulässig, der größenmäßig bestimmt sei und i n dieser Höhe endgültig feststehe. Es sei darauf abzustellen, daß ein bestimmter individualisierter, quantitativer Teil des Klageanspruchs zur Entscheidung reif sei, und zwar i n der Weise, daß dieser Teil für das weitere Verfahren i n dem betreffenden Rechtszug ausscheide und die Entscheidung über i h n durch die Fortsetzung des Verfahrens nicht mehr beeinflußt werden könne. Solle also ein Teil der Geldforderung abgewiesen werden, so müsse feststehen, daß die Geldforderung ihrem Betrage nach über denjenigen Betrag nicht hinausgehen könne, u m welchen die ganze geforderte Summe den abgewiesenen Teil übersteige 93 . Die Abweisung eines oder mehrerer Teilansprüche setze demnach voraus, daß der gesamte Anspruch nicht höher sein könne als der Rest. Die Entscheidung dürfe den weiteren Verlauf des Prozesses unter keinen Umständen mehr berühren. Das Schlußurteil dürfe dem Teilurteil auch nicht widersprechen. Sei dies 92 Vgl. dazu B G H i n „Recht i m A m t " 1958, 160. Z u r Frage der Verjährungsunterbrechung bei nicht aufgeteilten Teilklagen vgl. Ar ens, Verjährungsunterbrechung u n d bestimmter Klageantrag, JuS 1964, 395; ders., Urteilsanmerkung zu B G H Z Z P 82, 141 auf S. 143 ff. 93 Diese letzten beiden Sätze sind w ö r t l i c h der Entscheidung RGZ 96, 8 ff. (Vgl. § 4 I I I 3) entnommen, auf die sich das O L G H a m b u r g insoweit auch beruft.

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doch der Fall, zeige sich also, daß der gesamte Anspruch trotz des Teilurteils höher sein könne als der Rest, so sei das Teilurteil i n Wahrheit ein unzulässiges Zwischenurteil. I m vorliegenden Fall bleibe unklar, i n welcher Höhe die Klageforderung abgewiesen sei. Es stehe nicht fest, daß der gesamte Anspruch, soweit er schließlich zuerkannt werde, nicht höher sein könne, als der Betrag, u m den die geforderte Summe den abgewiesenen Teil übersteige. Möglicherweise werde daher das Schlußurteil dem Teilurteil widersprechen. Die Analyse dieser Entscheidung ergibt, daß von allen Ausführungen ein einziger Satz ausgereicht hätte, u m die Unzulässigkeit des landgerichtlichen Teilurteils zu begründen. Dieser Satz steht auch i n keinem erkennbaren Zusammenhang zu den restlichen Ausführungen. Der Grund für die Unzulässigkeit des vorliegenden Teilurteils liegt nämlich darin, daß unklar bleibt, i n welcher Höhe die Klageforderung abgewiesen wird. Was das Gericht vor dieser Feststellung zur Zulässigkeit des Teilurteils ausführt, ist lediglich eine Aneinanderreihung übernommener Formulierungen aus früheren Entscheidungen, die für sich genommen nichts zur Lösung des Falles beitragen. Das w i r d besonders deutlich, wenn das Gericht am Schluß versucht, eine dieser Formulier rungen auf den Fall selbst zu beziehen. Die Schlußfolgerung, es stehe nicht fest, daß der gesamte Anspruch, soweit er schließlich zuerkannt werde, nicht höher sein könne, als der Betrag, u m den die ganze geforderte Summe den abgewiesenen Teil übersteige, ergibt bei dieser Entscheidung überhaupt keinen Sinn. Das Teilurteil w a r doch gerade unzulässig, weil kein zahlenmäßiger Teil des Klageanspruchs abgewiesen war. Die Begründung des OLG Hamburg zeigt somit erneut, wie es möglich war, daß aus dem Zusammenhang gerissene Formulierungen nach und nach zu einer selbständigen Zulässigkeitsvoraussetzung werden konnten. I m vorliegenden Fall hätte das Landgericht seine Erkenntnis, daß der Klägerin kein Schadensersatz für die Maschinen und wegen Verdienstausfall zustehe, i n einen ziffernmäßigen Betrag übertragen und diesen Betrag dann abweisen müssen. Erst nach Ermittlung dieses Betrages hätte es die Frage zu berücksichtigen gehabt, ob der Klageanspruch wegen der übrigen noch geltend gemachten Posten nicht höher sein könnte als der nach der Teilabweisung verbleibende Rest. Da das Landgericht jedoch noch gar keine konkreten Berechnungen angestellt hatte, war die Frage des endgültigen Umfangs des i m Teilurteil beschiedenen Anspruchsteils unwesentlich. Mangels konkreter Schadensermittlungen war eben noch kein quantitativer Teil des Klageanspruchs zur Entscheidung i. S. d. § 301 ZPO reif. Das Teilurteil dieses Falles ist demnach m i t dem der zuletzt dargestellten Reichsgerichtsentscheidung 94 und dem aus der Entscheidung des

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OLG Celle 9 5 vergleichbar. I n der Reichsgerichtsentscheidung sollten Schäden, soweit sie über einen bestimmten Zeitraum hinaus geltendgemacht wurden, abgewiesen werden, i n der Entscheidung des OLG Celle wurden wie hier durch Teilurteil bestimmte (unbezifferte) Einzelposten für unbegründet erklärt. Die aufgrund der Entscheidung des OLG Celle aufgestellte Regel zur Zulässigkeit des Teilurteils 9 6 läßt sich daher auch unverändert i n diesem Fall anwenden: Mangels Entscheidungsreife darf ein auf Klageabweisung erkennendes Teilurteil nicht ergehen, wenn kein ziffernmäßig festgelegter Betrag, sondern nur sachlich bestimmte Einzelposten der Schadensberechnung für unbegründet erachtet werden. 5. Zwei Jahre nach der Entscheidung des OLG Hamburg wurde eine weitere Oberlandesgerichtsentscheidung zur Zulässigkeit des Teilurteils erlassen, bei der es n u n wirklich nur u m die Frage des endgültigen Umfangs des i m Teilurteil beschiedenen Anspruchsteiles ging 9 7 . Der Beklagte war Inhaber einer Seilschwebebahn, als deren Fahrgast K., Ehemann und Vater der Kläger, infolge eines Seilrisses tödlich verunglückte. Die Kläger begehrten mit der Klage Ersatz des Schadens, der ihnen dadurch entstanden war, daß sie durch den Tod des Gatten und Vaters das Recht auf Unterhalt verloren hatten. Das Landgericht hat, ohne i n eine Beweisaufnahme einzutreten, den auf die Vorschriften der §§ 1 ff. RHG und auf unerlaubte Handlung gestützten Klageansprüchen i n bestimmtem Umfang durch Teilurteil entsprochen. Die Berufung des Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung dieses Teilurteils. Das OLG München legt zunächst sehr ausführlich dar, weshalb das Landgericht mit der Möglichkeit hätte rechnen müssen, daß dem Beklagten der Entlastungsbeweis gem. § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB gelingen werde. Unter Berücksichtigung dieser Möglichkeit hätte das Landgericht nach Auffassung des Berufungsgerichts erkennen können, daß für den Fall der erfolgreichen Führung des Entlastungsbeweises der Erlaß eines Teilurteils unzulässig gewesen wäre. Beim Entfallen des Haftungsgrundes aus den §§ 823, 831 BGB hätte sich nämlich mangels vertraglicher Ansprüche der nur mittelbar geschädigten drei Kläger nach dem RHG eine Höchstgrenze aus ihren Rentenansprüchen von zusammen 15 000,— D M jährlich ergeben. Dann aber hätten die Rentenansprüche der drei Kläger von vornherein dem Rahmen der Bestimmungen des RHG angepaßt werden müssen, den sie nach dem Teilurteil und dem damaligen Sach- und Streitstand jedenfalls überschritten. Aus diesen 94 95 96 97

Vgl. dazu oben § 4 I I I 3. Vgl. dazu oben § 4 I I 5. Vgl. dazu oben S. 62. O L G München VersR 1960, 1002.

6 deLousanoff

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Gründen sei das landgerichtliche Teilurteil unzulässig. Ein Teilurteil könne nämlich nur erlassen werden, wenn die getroffene Entscheidung über den Teil unabhängig davon sei, wie der Streit über den Rest ausginge. Die Entscheidung des OLG München ist ein weiteres Beispiel dafür, daß über die Zulässigkeit eines Teilurteils befunden wird, ohne es an den Voraussetzungen des § 301 ZPO zu messen. Das Gericht stellt lediglich einen Verstoß gegen die von der Rechtsprechung entwickelte Formel fest. Dabei fehlt es auch i n diesem Fall eindeutig an der nach § 301 ZPO erforderlichen Entscheidungsreife, und das OLG München hätte, statt sich der Formel zu bedienen, aufgrund seiner Ausführungen durchaus zu dieser Schlußfolgerung gelangen können. Solange das Landgericht wegen der vom OLG München i m einzelnen dargelegten Umstände von der Möglichkeit ausgehen mußte, daß letztlich nur A n sprüche aus der Gefährdungshaftung des RHG verbleiben würden, waren die Klageansprüche, soweit sie ihrem Umfang nach über den Rahmen des RHG hinausgingen, noch nicht entscheidungsreif. Das vom Landgericht erlassene Teilurteil wäre nur zulässig gewesen, wenn nach erfolgter Beweisaufnahme auch die deliktische Haftung des Beklagten festgestanden hätte. Da das Landgericht jedoch noch gar nicht i n eine Beweisaufnahme eingetreten war, scheint es so, als hätte es den K l ä gern erst einmal durch Teilurteil so viel zusprechen wollen, wie ihnen nach seiner Auffassung i n jedem Fall zustand. I m Hinblick auf solche Ansprüche, die nur aus unerlaubter Handlung hergeleitet werden konnten, war es jedoch vor einer Prüfung zur Exkulpation des Beklagten für ein zuerkennendes Teilurteil verfrüht. Das Landgericht hätte also i n seinem Teilurteil den Klageansprüchen nur i n dem Maße stattgeben dürfen, wie sie aufgrund der feststehenden Haftung des Beklagten nach dem RHG i n jedem Fall begründet waren. Mehr konnte es vor dem Eint r i t t i n die Beweisaufnahme nicht zusprechen. I m vorliegenden Fall fehlt es somit an der nach § 301 ZPO vorausgesetzten Entscheidungsreife, weil die zur Vorbereitung des Schlußurteils noch erforderlichen Feststellungen ergeben könnten, daß keine Ansprüche i n dem durch das Teilurteil zuerkannten Umfang bestehen 98 . Für die Zulässigkeit des Teilurteils ergibt sich aus dieser Entscheidung demnach folgende Regel: Werden aus einem einheitlichen Schadensereignis Ansprüche geltend gemacht, die sich nicht nur auf vertragliche oder deliktische Anspruchsgrundlagen stützen, sondern auch auf Gefährdungshaftung m i t gesetzlicher Höchstgrenze, so muß diese Höchstgrenze beim Erlaß eines stattgebenden Teilurteils unter bestimmten Voraussetzungen beachtet werden. Steht nämlich zunächst 98

Vgl. zu dieser Formulierung oben S. 65 f.

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nur die Gefährdungshaftung des Beklagten fest, darf i m Teilurteil die gesetzliche Höchstgrenze der Gefährdungshaftung nicht überschritten werden. Soll dem Kläger schon i m Teilurteil ein diese Grenze übersteigender Betrag zugesprochen werden, so hat das Gericht zuvor das Vorliegen der anderen Anspruchsgrundlagen zu ermitteln. 6. I n zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofes finden sich H i n weise zur Problematik dieser Untergruppe der zweiten Fallgruppe. I n der ersten Entscheidung ging es vornehmlich u m gesellschaftsrechtliche Probleme, die hinsichtlich des Auseinandersetzungsguthabens beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus der Gesellschaft entstehen". Bei Prüfung der Zulässigkeit eines vom Landgericht erlassenen Teilurteils untersuchte der Bundesgerichtshof zunächst die materiellrechtliche Frage, ob es statthaft ist, den Abfindungsanspruch eines ausscheidenden Gesellschafters vor endgültiger Feststellung seiner Höhe zu einem bestimmten Teil geltend zu machen. Diese Frage zur Teilbarkeit des Abfindungsanspruchs bejahte der Bundesgerichtshof 100 . A n schließend führt der Bundesgerichtshof aus, die weitere Voraussetzung für den Erlaß eines Teilurteils bestehe darin, daß die Entscheidung über einen Teil des Anspruchs unabhängig davon sein müsse, wie der Streit über den Rest ausgehe. Das bedeute, daß es nach den tatsächlichen Verhältnissen des vorliegenden Falles unzweifelhaft sein müsse, daß der Klägerin jedenfalls i n Höhe der ihr zugesprochenen Beträge ein Auseinandersetzungsguthaben zustehe. Die abschließende Ermittlung ihres Abfindungsguthabens dürfe nicht die Möglichkeit i n sich schließen, daß das Abfindungsguthaben einen geringeren Betrag ausmache. Diese i m wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet liegende Frage sei von den Vorinstanzen bejaht worden, so daß gegen die Zulässigkeit des Teilurteils keine Bedenken bestünden. Der Bundesgerichtshof führt i n dieser Entscheidung als Voraussetzung für die Zulässigkeit des Teilurteils ebenfalls nur die von der Rechtsprechung entwickelte Formel an und erwähnt nicht einmal mehr die Vorschrift des § 301 ZPO. Der Grund mag darin liegen, daß er von der Zulässigkeit des von i h m zu beurteilenden Teilurteils ausging und deshalb nicht eingehender die Voraussetzungen für den Erlaß eines Teilurteils untersucht. Dennoch ist auch i m vorliegenden Fall als Ergebnis der bisherigen Untersuchung zu den Ausführungen des Bundesgerichtshofs hervorzuheben: Nicht die nach der Formel geforderte U n abhängigkeit zwischen Teilurteil und Schlußurteil, sondern die Entscheidungsreife und die Feststellung eines Teil des Anspruchs gem. § 301 ZPO verlangt es, daß bei einem stattgebenden Teilurteil die Frage, 99

B G H W P M 1961, 323 (324). 100 Z u r Teilbarkeit vgl. oben S. 60 f.



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ob dem Kläger der i h m zugesprochene Betrag i n jedem Fall zusteht, endgültig entschieden sein muß 1 0 1 . 7. I n der zweiten Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Umfang des i m Teilurteil beschiedenen Anspruchsteils geht es u m die Zulässigkeit eines abweisenden Teilurteils 1 0 2 . Reiht sich die zuvor erörterte Entscheidung des 2. Senats i n die große Zahl der lediglich m i t der von der Rechtsprechung entwickelten Formel gelösten Fälle ein, so bildet diese Entscheidung des 6. Senats eine Ausnahme und bestätigt somit erneut das Ergebnis der bisherigen Untersuchung. Der Bundesgerichtshof stellt nämlich ausdrücklich fest, daß mangels Entscheidungsreife nach § 301 ZPO keine klageabweisende Teilentscheidung ergehen durfte, und verzichtet völlig darauf, die von der Rechtsprechung sonst verwendete Formel überhaupt anzuführen. I n diesem Schadensersatzprozeß machte der Kläger Schäden geltend, die, wie er behauptete, i h m und seiner Familie durch einen vom Beklagten verursachten Brand entstanden waren. Der Beklagte bestritt für den Brand verantwortlich zu sein und wandte i m übrigen ein, den Kläger treffe ein Mitverschulden. M i t der Klage war von dem auf 15 163,40 D M bezifferten Schaden ein Teilbetrag von 6 100,— D M eingeklagt. Das Landgericht hielt die Schadenshaftung des Beklagten für 3 A der Schäden für begründet. Es erließ deshalb ein Grundurteil gem. § 304 ZPO, i n dem der Klageanspruch zu 3 A für gerechtfertigt erklärt wurde, verbunden m i t einem die Klage zu 1 A i n Höhe von 1 525,— D M abweisenden Teilurteils. Die Berufung des Beklagten wurde zurückgewiesen, ebenso die Revision. Die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil hatte dagegen Erfolg. Sie führte zur Aufhebung des Teilurteils, die vom Bundesgerichtshof dann für richtig befunden wurde. Soweit das Landgericht aufgrund der Verteilung der Schadensverantwortlichkeit die Klage auf Zahlung von 6 100,— D M als Teilbetrag eines Gesamtschadens von 15 163,40 D M durch Teilurteil zu einem Viertel i n Höhe von 1 525,— D M abgewiesen habe, sei dies vom Berufungsgericht m i t Recht beanstandet worden. Solange i m Verfahren über die Höhe des Schadens die Möglichkeit nicht ausgeschaltet war, daß 3 A des Gesamtschadens den eingeklagten Teilbetrag von 6 100,— D M erreich101 Vgl. auch die ähnliche Entscheidung des B A G W P M 1970, 1433 ( = Betrieb 1971, 344) f ü r die dasselbe gilt. Das Arbeitsgericht hatte der Klage i n bestimmtem Umfange stattgegeben, ohne einen Streitpunkt zu klären, der möglicherweise zur Unbegründetheit der gesamten Klage geführt hätte. Wie der Bundesgerichtshof erwähnt das B A G bei Prüfung der Zulässigkeit des Teilurteils m i t keinem W o r t die Vorschrift des § 301 ZPO. Es stellt lediglich fest, durch Offenlassen des f ü r die Begründetheit der Klage wichtigen Streitpunktes sei die Gefahr entstanden, daß die Beklagte zur Zahlung eines Betrages verurteilt wurde, den sie gar nicht schuldete. Aus diesem G r ü n d hätte das T e i l u r t e i l nicht ergehen dürfen. 102 B G H VersR 1965, 878.

I . Zusammenfassung zu §

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ten, konnte mangels Entscheidungsreife gem. § 301 ZPO kein Teilurteil erlassen werden. M i t Recht habe das Berufungsgericht daher diesen Teil des landgerichtlichen Urteils auf die Berufung des Klägers aufgehoben. Auch auf diesen Fall t r i f f t die oben schon erörterte Konkretisierung der Entscheidungsreife für abweisende Teilurteile zu 1 0 3 . E i n Teil des Klageanspruchs ist erst dann entscheidungsreif i. S. d. § 301 ZPO, wenn endgültig feststeht, daß dem Kläger i m Ergebnis kein höherer Betrag zustehen kann, als sich aus der Differenz zwischen der ganzen Klageforderung und dem abgewiesenen Teil ergibt. Da i n der Entscheidung des Bundesgerichtshofs der Kläger nur einen Teilbetrag seines Gesamtschadens geltend machte, stand aufgrund der Verteilung der Schadensverantwortlichkeit noch nicht fest, daß 3 A des Gesamtschadens i m Ergebnis nicht mehr als 4 575,— D M sein würden. Für eine Teilabweisung i n Höhe von 1 525,— D M war der Klageanspruch nicht entscheidungsreif. Als Regel für die Zulässigkeit kann aufgrund dieser Entscheidung som i t festgehalten werden: I n einem Schadensersatzprozeß darf bei Einklagung eines Teilbetrages ein klageabweisendes Teilurteil i m Hinblick auf eine Mithaftungsquote mangels Entscheidungsreife gemäß § 301 ZPO nicht ergehen, solange die Möglichkeit nicht ausgeschaltet ist, daß i m Verfahren über die Höhe des Schadens der zuzuerkennende Anteil des Gesamtschadens den eingeklagten Teilbetrag erreichen kann. M i t dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofes endet die Übersicht über die Rechtsprechung zum endgültigen Umfang des i m Teilurteil beschiedenen Anspruchsteils. Sie zeigt, daß auch die Lösung der Fälle mit dieser Problematik aus § 301 ZPO abgeleitet werden kann und ein Zurückgreifen auf die Formel als einer besonderen Zulässigkeitsvoraussetzung entbehrlich ist. Denn die von der Rechtsprechung entwikkelte Formel enthält auch i n diesen Fällen kein durch § 301 ZPO nicht schon erfaßtes K r i t e r i u m zur Zulässigkeit des Teilurteils. Anhand der Entscheidungen zu diesem Problemkreis konnte vielmehr nachgewiesen werden, daß die Formel auf Formulierungen zurückgeht, die ursprünglich nur den Begriff der Entscheidungsreife i. S. d. § 301 ZPO umschreiben sollten. I V . Zusammenfassung

zu §4

Die Analyse der Entscheidungen, i n denen bei Anwendung der von der Rechtsprechung entwickelten Formel vor allem auf die Unabhängigkeit zwischen Teilurteil und Schlußurteil abgestellt wird, ergab, daß immer die fehlende Entscheidungsreife i. S. d. § 301 ZPO der Grund für 103

Vgl. oben S. 71 u n d A n m . 71.

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§ 4. Zweite Fallgruppe: Das Erfordernis der Unabhängigkeit

die Unzulässigkeit des jeweiligen Teilurteils war. E i n Zurückgreifen auf die von der Rechtsprechung verwendete Formel war i n keinem der dargestellten Fälle erforderlich. Nicht nur das: Aufgrund der zu dieser Fallgruppe erzielten Ergebnisse muß die Formel als besondere Zulässigkeitsvoraussetzung neben § 301 ZPO nunmehr sogar generell abgelehnt werden. Weder die i m Rahmen der Formel geforderte Unabhängigkeit zwischen Teilurteil und Schlußurteil noch das Verbot des W i derspruchs 104 enthalten ein i n § 301 ZPO zur Zulässigkeit des Teilurteils noch nicht erwähntes Kriterium. Auch i n ihrer Kombination bringen sie nichts Neues und bilden keine brauchbare Grundlage für den Erlaß von Teilurteilen. Es konnte vielmehr m i t den Entscheidungen zu dieser Fallgruppe nachgewiesen werden, daß die inzwischen als eigene Zulässigkeitsvoraussetzung anerkannte Formel wörtlich auf Formulierungen des Reichsgerichts zurückzuführen ist, die das Vorliegen der Entscheidungsreife erläutern sollten. Anhand der Rechtsprechung des Reichsgerichts zur Bestimmtheit des i m Teilurteil beschiedenen Anspruchsteils 105 läßt sich genau verfolgen, wie sich die Formel zu einer selbständigen Zulässigkeitsvoraussetzung neben § 301 ZPO entwickelte. Die anfangs zur Umschreibung der Entscheidungsreife i. S. d. § 301 ZPO gebrauchte Formulierung wurde von Entscheidung zu Entscheidung übernommen, ohne daß die Gerichte dar bei auf den ursprünglichen Zusammenhang achteten. Das führte schließlich dazu, daß die Voraussetzungen des § 301 ZPO bei der Prüfung der Zulässigkeit von Teilurteilen gar nicht mehr erwähnt wurden 1 0 6 . Die Gerichte beschränkten sich vielmehr darauf, die Zulässigkeit des jeweiligen Teilurteils nur noch an der inzwischen feststehenden Formel zu messen. Z u einer besonderen Zulässigkeitsvoraussetzung wurde die Formel also nur deshalb, weil die Gerichte nicht mehr die gesetzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 301 ZPO bei der Beurteilung von Teilurteilen heranzogen. Das ist ein weiterer Grund für die Ablehnung der Formel als eine selbständige Zulässigkeitsvoraussetzung. Das Vorgehen der Gerichte hatte zur Folge, daß der Inhalt der Formel i n bezug auf die Zulässigkeit des Teilurteils immer unklarer und schwerer faßbar wurde. Erst die sorgfältige Analyse der Entscheidungen, i n denen die Formel angewendet wurde, konnte den ursprünglichen Zusammenhang zwischen Formel und Entscheidungsreife wiederherstellen 107 . Aber auch als Konkretisierung der Entscheidungsreife i. S. d. § 301 ZPO vermag die Formel nicht zu überzeugen. Z u m einen, weil der ursprüngliche Zusammenhang i n der Rechtsprechung völlig 104

Vgl. dazu oben § 3 I . Vgl. dazu oben § 4 I I . Vgl. beispielsweise RGZ 143, 170. Dazu oben § 4 I I 4. 197 Vgl. dazu insbesondere RGZ 16, 423 u n d RGZ 96, 8. Dazu oben § 4 I I I 2 bzw. § 4 I I I 3. 105

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I . Zusammenfassung zu §

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verlorengegangen ist, zum anderen, weil sich für das Fehlen der Entscheidungsreife keine auf alle Fälle passende Regel finden läßt. Versucht man das trotzdem, kommt dabei, wie sich gezeigt hat, nur eine für die Instanzgerichte wenig hilfreiche Formel heraus, die aus sich heraus kaum zu verstehen ist. Anstatt eine generalisierende Formel zu gebrauchen, wäre den Instanzgerichten mehr damit gedient, wenn aus jeder Entscheidung ein neues Beispiel dafür gewonnen würde, wann mangels Entscheidungsreife kein Teilurteil ergehen kann. Damit hätten die Instanzgerichte für den Erlaß von Teilurteilen eine solide Grundlage. I m einzelnen ergab sich aus den Entscheidungen zur zweiten Fallgruppe, daß die nach der Formel unzulässige Abhängigkeit zwischen Teilurteil und Schlußurteil sowohl hinsichtlich der Bestimmtheit als auch hinsichtlich des endgültigen Umfangs des i m Teilurteil erledigten Teils immer dann entsteht, wenn vor E i n t r i t t der Entscheidungsreife i. S. d. § 301 ZPO ein Teilurteil erlassen wird. Bei den Entscheidungen zur mangelnden Bestimmtheit des i m Teilurteil erledigten Teils stellte sich insbesondere heraus, daß die mangelnde Bestimmtheit erst i n bezug auf die i n § 301 ZPO genannten Voraussetzungen zu einem brauchbaren K r i t e r i u m w i r d 1 0 8 . Entscheidet das Gericht nämlich nicht über einen bestimmten Teil der Klageforderung, kann niemals die erforderliche Entscheidungsreife i. S. d. § 301 ZPO vorliegen. Auffallend ist, daß es sich bei den Fällen der zweiten Fallgruppe, also den Entscheidungen, die bei Anwendung der Formel i n erster Linie auf das K r i t e r i u m der Unabhängigkeit abstellen, fast ausschließlich u m Schadensersatzprozesse handelt. Es war zu erkennen, daß den Teilurteilen i n diesen Prozessen meist die Funktion einer „Vorabentscheidung" zukommen sollte. Bei klageabweisenden Teilurteilen sollten bestimmte Streitpunkte möglichst schnell aus dem Verfahren ausgeschieden werden, u m den Streitstoff einzugrenzen und übersichtlicher zu gestalten. Die der Klage i n gewissem Umfang stattgebenden Teilurteile waren dazu bestimmt, dem Kläger vor endgültiger Ermittlung der genauen Schadenshöhe wenigstens schon einen Teil seiner Forderung, sozusagen als Mindestschaden, zuzusprechen. Sowohl bei den abweisenden als auch bei den zusprechenden Teilurteilen wurde jedoch übersehen, daß das Teilurteil die Funktion einer das Verfahren beschleunigenden Vorabentscheidung nur dann erfüllen kann, wenn der i m Teilurteil erledigte Teil entscheidungsreif i. S. d. § 301 ZPO ist. Abschließend seien noch einmal die Regeln aufgeführt, die aufgrund der Entscheidungen zur zweiten Fallgruppe für die Zulässigkeit des 108

Vgl. dazu oben S. 57 u n d 62.

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§ 4. Zweite Fallgruppe: Das Erfordernis der Unabhängigkeit

Teilurteils aufgestellt wurden. Sie sollen zeigen, daß es zur Anwendung der von der Rechtsprechung entwickelten Zulässigkeitsvoraussetzung durchaus eine Alternative gibt. 1. Ein Teil eines Pflichtteilsanspruchs ist erst dann entscheidungsreif i. S. d. § 301 ZPO und kann durch Teilurteil abgewiesen werden, wenn geklärt ist, ob die teilweise Klageabweisung wegen zu geringer Höhe der Aktivposten oder wegen zu hoher Passivposten erfolgt 1 0 9 . 2. Hängt die Begründetheit einer Widerklage vom Nichtbestehen der Klageforderung ab, beispielsweise weil der Kläger m i t der Klageforderung gegen die widerklagend geltend gemachte Forderung aufgerechnet hat oder weil es sich u m Forderungen aus einem Kontokorrent handelt, so ist ein abweisendes Teilurteil über die Widerklage vor Entscheidung über die Klageforderung unzulässig. I n einem solchen Fall kann die Widerklage oder ein Teil der Widerklage erst dann entscheidungsreif i. S. d. § 301 ZPO und durch Teilurteil beschieden werden, wenn das Gericht zuvor die Klageforderung zumindest i n Höhe der Widerklage für begründet erachtet hat 1 1 0 . 3. Bei Schadensersatzklagen, die sich aus mehreren Schadensposten zusammensetzen, ist die Zuerkennung eines Mindestschadens durch Teilurteil gem. § 301 ZPO unzulässig, wenn nicht ersichtlich ist, wie sich der zuerkannte Betrag auf die einzelnen Posten verteilt. Die für den Erlaß eines Teilurteils notwendige Entscheidungsreife liegt erst dann vor, wenn zuvor der für das Teilurteil vorgesehene Urteilsbetrag aus den einzelnen Schadensposten konkret ermittelt worden ist 1 1 1 . 4. Soll die Klage durch Teilurteil abgewiesen werden, soweit der Kläger mehr als den Wert eines bestimmten Gegenstandes verlangt, so ist ein die Klageforderung auf diesen Wert begrenzendes Teilurteil solange wegen fehlender Entscheidungsreife i. S. d. § 301 ZPO unzulässig, wie der Wert dieses Gegenstandes nicht ziffernmäßig festgestellt ist 1 1 2 . 5. Mangels Entscheidungsreife darf ein auf Klageabweisung erkennendes Teilurteil nicht ergehen, wenn kein ziffernmäßig festgelegter Betrag, sondern nur sachlich bestimmte Einzelposten der Schadensberechnung für unbegründet erachtet werden 1 1 3 . 109 119 111 112 118

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

dazu oben dazu oben dazu oben dazu oben dazu oben

§ 4 II § 4II § 4II §4II § 4II

1. 2. 3. 4. 5.

I . Zusammenfassung zu §

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6. I m Prozeß über Ansprüche aus einem einheitlichen Schadensereignis ist der Erlaß eines Teilurteils i. S. d. § 301 ZPO unzulässig, wenn die zur Vorbereitung des Schlußurteils noch erforderlichen Feststellungen ergeben können, daß kein Anspruch i n dem durch das Teilurteil zuerkannten Umfang besteht 114 . 7. Die Verwerfung einzelner vom Kläger vorgetragenen Angriffsmittel begründet noch keine Entscheidungsreife i. S. d. § 301 ZPO i m Hinblick auf einen Teil des Klageanspruchs, w e i l sie nicht als selbständige Teilansprüche aus der Gesamtforderung ausgeschieden werden können. Ein Teil des Klageanspruchs ist erst dann zur Entscheidung reif, wenn endgültig feststeht, daß dem Kläger i m Ergebnis kein höherer Betrag zustehen kann, als sich aus der Differenz zwischen der ganzen Klageforderung und dem abgewiesenen Teil ergibt 1 1 5 . 8. W i r d i n einem Schadensersatzprozeß ein einheitlicher Geldbetrag eingeklagt, so ist ein abweisendes Teilurteil unzulässig, wenn darin lediglich festgestellt wird, für einen bestimmten Zeitraum stehe dem Kläger kein Schadensersatz zu 1 1 6 . 9. Werden aus einem einheitlichen Schadensereignis Ansprüche geltend gemacht, die sich nicht nur auf vertragliche oder deliktische Anspruchsgrundlagen stützen, sondern auch auf Gefährdungshaftung m i t gesetzlicher Höchstgrenze, so muß diese Höchstgrenze beim Erlaß eines stattgebenden Teilurteils unter bestimmten Voraussetzungen beachtet werden. Steht nämlich zunächst nur die Gefährdungshaftung des Beklagten fest, darf i m Teilurteil die gesetzliche Höchstgrenze der Gefährdungshaftung nicht überschritten werden. Soll dem Kläger schon i m Teilurteil ein diese Grenze übersteigender Betrag zugesprochen werden, muß das Gericht zuvor das Vorliegen der anderen Anspruchsgrundlagen ermitteln 1 1 7 . 10. I n einem Schadensersatzprozeß kann bei Einklagung eines Teilbetrages ein klageabweisendes Teilurteil i m Hinblick auf eine M i t haftungsquote mangels Entscheidungsreife gemäß § 301 ZPO nicht ergehen, solange die Möglichkeit nicht ausgeschaltet ist, daß i m Verfahren über die Höhe des Schadens der zuerkennende A n t e i l des Gesamtschadens den eingeklagten Teilbetrag erreichen kann 1 1 8 .

114 115 116 117 118

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

dazu dazu dazu dazu dazu

oben oben oben oben oben

§ 4 III § 4III § 4III § 4 III § 4III

1. 2. 3. 5. 7.

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§ 5. D r i t t e Fallgruppe: T e i l u r t e i l bei geltend gemachten Gegenrechten

§ 5. Dritte Fallgruppe: Die Zulässigkeit des Teilurteils bei geltend gemachten Gegenrechten I.

Allgemeines

Bei der Einteilung der Entscheidungen, i n denen die von der Rechtsprechung entwickelte Zulässigkeitsvoraussetzung angewendet wird, bilden Fälle zur Zulässigkeit des Teilurteils bei geltend gemachten Gegenrechten des Beklagten die letzte Gruppe. Da die von der Rechtsprechung gebrauchte Formel aufgrund der beiden ersten Fallgruppen als besondere Zulässigkeitsvoraussetzung neben § 301 ZPO generell abzulehnen war, bleibt i m Rahmen dieser Fallgruppe nur noch zu prüfen, ob sich dieses Ergebnis auch hier bestätigen läßt. I I . Die einzelnen

Fälle

1. I n einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt aus dem Jahre 1974 wurde über die Zulässigkeit eines Teilurteils befunden, durch das der Klage i n bestimmtem Umfang stattgegeben worden war 1 . Aufgrund des Sach- und Streitstandes war nur noch der anhängig gebliebene Rest der Klageforderung der Höhe nach bestritten. Die Beklagte hatte jedoch der gesamten Klageforderung — also auch dem durch Teilurteil erledigten Teil — Gegenansprüche aufrechnungsweise entgegengesetzt, die den beim Landgericht verbliebenen Rest der K l a geforderung überstiegen und ihrerseits nach Grund und Höhe bestritten waren. A u f die Berufung der Beklagten wurde das landgerichtliche Teilurteil als unzulässig aufgehoben. I n seiner Begründung geht das OLG Frankfurt zunächst davon aus, daß ein Teilurteil nur zulässig ist, wenn die Entscheidung über den Teil unabhängig davon ist, wie der Streit über den Rest ausgehen wird, wenn also die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist. Diese Zulässigkeitsvoraussetzung habe das Landgericht nicht genügend beachtet 2 . Der Erlaß des Teilurteils sei wegen der Gegenansprüche der Beklagten unzulässig gewesen. Folge man der Vertragsauslegung, die die K l ä gerin für richtig halte, so wäre die i n die Berufungsinstanz gelangte Teilforderung an sich gerechtfertigt. Auch nach der Vertragsauslegung, die die Beklagte für richtig halte, wäre aufgrund der i m zweiten Rechtszug vorgetragenen Einzelnachweise ein der Höhe nach zur Zeit noch nicht abschließend zu übersehender Betrag der Teilforderung an sich 1

O L G F r a n k f u r t M D R 1975, 321. Auch das O L G F r a n k f u r t sieht also i n der von der Rechtsprechung entwickelten Formel eine besondere Zulässigkeitsvoraussetzung des Teilurteils. 2

I I . Die einzelnen Fälle

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gerechtfertigt. Dennoch könnte i n beiden Fällen der Klägerin diese Forderung nicht zugesprochen werden, da ihr Gegenansprüche entgegenstünden. Diese müßten n u n eigentlich vom Berufungsgericht geprüft werden. M i t h i n wären i m Verfahren über die zum Gegenstand des Teilurteils gemachte Teilforderung dieselben Tatsachen und Hechtsfragen zu erörtern, die das Landgericht i m Verfahren über den Rest der Gesamtforderung zu entscheiden habe. Es hätte nicht nur eine doppelte Beweisführung stattzufinden, sondern es könnte auch aus verschiedenen Gründen zu widersprüchlichen Entscheidungen kommen. Darüber hinaus hinge die Frage, ob und i n welcher Höhe die Teilforderung der Klägerin wirklich zustehe, vor allem auch davon ab, i n welchem Umfang die von der Beklagten zur Aufrechnung gestellten Gegenansprüche durch die Entscheidung des Landgerichts über den bei i h m verbliebenen Rest der Klageforderung „verbraucht" würden und umgekehrt. Je nachdem, i n welchem Umfang das Landgericht den dort verbliebenen Teil der Klageforderung und die Gegenansprüche der Beklagten für gerechtfertigt halte, ändere sich i m Berufungsverfahren über den Teil die Höhe der für die Verrechnung zur Verfügung stehenden Gegenansprüche. Deshalb sei ein Teilurteil über einen Teil der Klageforderung unzulässig, wenn der Beklagte gegenüber der Gesamtforderung m i t Gegenansprüchen aufgerechnet habe, die ebenso wie der nicht durch das Teilurteil erledigte Rest der Klageforderung auch der Höhe nach bestritten seien. Soweit die Begründung des OLG Frankfurt. Ohne die Vorschrift des § 301 ZPO zu erwähnen, stellt es lediglich auf die von der Rechtsprechung entwickelte Formel ab und führt anschließend aus, weshalb es bei dem vom Landgericht erlassenen Teilurteil an den dort genannten Voraussetzungen fehle. Nach Auffassung des OLG Frankfurt könnte es nämlich i n den Verhandlungen der beiden Instanzen „aus verschiedenen Gründen" zu widersprüchlichen Entscheidungen kommen. Welche Gründe dies sind, bleibt offen. Die A r t und Weise, wie das OLG Frankfurt die Formel i n dieser Entscheidung anwendet, zeigt erneut sehr anschaulich, zu welch unpräzisen Begründungen der Gebrauch der Formel führt. Dies liegt daran, daß die von der Rechtsprechung entwickelte Formel völlig unscharf ist und für sich genommen keinerlei Aussagekraft besitzt. Dementsprechend sind auch bei dieser Entscheidung weder der Verstoß gegen die Formel, noch die vom OLG Frankfurt als weitere Gründe angeführten Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte für die Unzulässigkeit des Teilurteils maßgebend. Diese resultiert allein aus der fehlenden Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Teilurteils hatte sich unabhängig davon, welcher Vertragsauslegung man folgte, ein bestimmter Teil der Klageforderung als begründet erwiesen. Wegen der zur Aufrechnung

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§ 5. D r i t t e Fallgruppe: T e i l u r t e i l bei geltend gemachten Gegenrechten

gestellten Gegenforderungen der Beklagten konnte über diesen Teil jedoch noch nicht durch Teilurteil entschieden werden. Da die Gegenansprüche des Beklagten höher waren als der dem Reststreit verbleibende Teil der Klageforderung, hätte sich bei voller Begründetheit dieser Gegenansprüche herausstellen können, daß der Klägerin i m Teilurteil zuviel zugesprochen worden war. Der Umstand, daß ein bestimmter Teil der Klageforderung gerechtfertigt war, reicht also nicht aus, u m i m Hinblick auf diesen Teil die Entscheidungsreife herbeizuführen. Aufgrund der Aufrechnung gegenüber der Gesamtforderung war nämlich noch nicht endgültig geklärt, ob der Klägerin dieser Teil auch letztlich zustand. Können die zur Vorbereitung des Schlußurteils noch erforderlichen Feststellungen aber ergeben, daß kein Anspruch i n dem durch Teilurteil zuerkannten Umfang besteht, fehlt es an der Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO 3 . I m vorliegenden Fall hätte das Teilurteil also nur dann erlassen werden können, wenn die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen der Beklagten nur gegenüber dem dem Schlußurteil vorbehaltenen Rest der Klageforderung zur Aufrechnung zu verwenden waren, etwa weil es bei dem i m Teilurteil beschiedenen Teil um eine nicht aufrechenbare Forderung ging 4 . Da das jedoch nicht der Fall war, hätte vor Erlaß des Teilurteils die Begründetheit der Gegenansprüche zumindest i n Höhe des den Rest der Klageforderung übersteigenden Teils geprüft werden müssen. Aufgrund der vorliegenden Entscheidung kann somit für die Zulässigkeit des Teilurteils folgende Regel aufgestellt werden: Rechnet der Beklagte gegenüber der Klageforderung m i t Gegenansprüchen auf, die i n rechtlichem Zusammenhang m i t der Klageforderung stehen, so ist ein stattgebendes Teilurteil über einen Teil der Klageforderung nur dann zulässig, wenn dieser Teil durch die Aufrechnung nicht erfaßt werden kann 5 . Ohne vorherige Prüfung der Gegenforderungen fehlt dem Teil der Klageforderung deshalb die erforderliche Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO. Das gilt insbesondere dann, wenn die Gegenansprüche die Gesamtforderung oder den dem Schlußurteil verbleibenden Rest übersteigen 6 . 3

Vgl. dazu oben § 4 I I I . Das übersieht das O L G Frankfurt. Bis auf diesen F a l l muß es aber bei seiner Schlußfolgerung bleiben, wonach der Erlaß eines Teilurteils grundsätzlich unzulässig sein soll, w e n n der Beklagte gegenüber der Gesamtforderung m i t Gegenansprüchen aufrechnet, die ebenso w i e der durch das T e i l u r t e i l nicht erledigte Rest der Klageforderung auch der Höhe nach bestritten sind. 5 Steht die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung des Beklagten nicht i n rechtlichem Zusammenhang m i t der Klageforderung, k a n n das Gericht ein T e i l u r t e i l als Vorbehaltsurteil erlassen, §§ 301, 302 ZPO. Vgl. dazu R G SA 77, Nr. 202. 6 Vgl. auch die Entscheidung des Reichsgerichts R G SA 55, Nr. 173 m i t gleicher Problematik. Das Reichsgericht weist ausdrücklich darauf hin, daß i n 4

I I . Die einzelnen Fälle

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2. Eine weitere Entscheidung zur Zulässigkeit des Teilurteils bei geltend gemachten Gegenrechten des Beklagten wurde vom Kammergericht erlassen 7. Der Beklagte (Berufungskläger) hatte sich bei Auflösung des Anstellungsverhältnisses unter Strafversprechen verpflichtet, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt keinerlei Tätigkeit für eine Konkurrenzgesellschaft auszuüben. Der Kläger forderte m i t der Klage wegen Übertretung des Verbots die versprochene Strafe. Der Beklagte bestritt die Übertretung des Verbots und machte eventuell ein Zurückbehaltungsrecht geltend wegen Sachen, die aus der Zeit seiner Anstellung bei dem Kläger lagerten. Gleichzeitig forderte er widerklagend die Herausgabe dieser Sachen. Das Landgericht erließ daraufhin ein Teilurteil, durch das dem Klageanspruch stattgegeben wurde. Über das Zurückbehaltungsrecht und die Widerklage wollte es erst i m Schlußurteil entscheiden. Das brachte es dadurch zum Ausdruck, daß es i n der Urteilsformel zwar zur Zahlung der Klageforderung Zug um Zug gegen Herausgabe der Gegenstände verurteilte, i n den Gründen jedoch ausführte, es behalte sich vor über das Zurückbehaltungsrecht erst i m Schlußurteil durch definitive Anerkennung oder Zurückweisung desselben zu entscheiden. Gegen dieses Teilurteil richtete sich die Berufung des Beklagten. Sie führte zur Aufhebung des Teilurteils und zur Zurückverweisung an das Landgericht. Das Kammergericht geht zunächst davon aus, daß bei Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts gemäß §§ 273, 274 BGB über dieses und den Klageanspruch gleichzeitig zu entscheiden sei. I m Falle des Bestehens eines Zurückbehaltungsrechts könne nämlich nur Zug u m Zug verurteilt werden. Das Landgericht spreche aber diese Verurteilung nur vorläufig als das Mindere aus. Es erkenne also auf eine Verurteilung zur Erfüllung Zug u m Zug m i t dem Vorbehalt, eine unbeschränkte Verurteilung i m Schlußurteil folgen zu lassen. I n dieser Weise dürfe ein Gericht sein eigenes Urteil jedoch nicht abändern. E i n derartiges Verfahren könne nicht dem Fall gleichgestellt werden, daß bei einer Klageforderung von 1 000,— Mark der Beklagte zunächst zu 500,— Mark und dann durch Schlußurteil zu weiteren 500,— Mark verurteilt werde. I n diesem Fall würde nur über einen realen Teil des Klageanspruchs erkannt, also zu einem quantitativen Minus verurteilt. I n dem vom Landgericht erlassenen Teilurteil aber würde der Klageanspruch dem Kläger ganz zuerkannt und i h m nur vorläufig eine Beschränkung beigefügt, also auf ein qualitatives Minus erkannt. Das Schlußurteil müßte dementsprechend, wenn es zu einer Nichtanerkennung des Zurückbehaltungsrechts käme, eine zunächst ausgesprochene einem solchen F a l l dem Klageanspruch die nach § 301 ZPO erforderliche Entscheidungsreife fehlt. Ferner O L G Braunschweig N J W 1975, 2209. 7 Kammergericht O L G Rechtspr. 17, 152.

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§ 5. D r i t t e Fallgruppe: T e i l u r t e i l bei geltend gemachten Gegenrechten

Beschränkung des Anspruchs aufheben und gleichzeitig ein dem Beklagten zunächst zugesprochenes Recht wieder aberkennen. Z u einer derartigen Änderung eines einmal gefällten Urteils sei aber nur das Berufungsgericht befugt. Überhaupt sei ein Teilurteil stets dann unzulässig, wenn es durch das Schlußurteil eine Änderung erfahren müßte. Das Kammergericht stellt bei der Begründung der Unzulässigkeit des landgerichtlichen Teilurteils i n erster Linie auf die Bindungswirkung des § 318 ZPO ab. Die Nichtanerkennung des Zurückbehaltungsrechts i m Schlußurteil würde seiner Auffassung nach zu einer unzulässigen Änderung der i m Teilurteil getroffenen Entscheidung führen. Ferner führt es den i n der Formel enthaltenen Gedanken an, wonach das Teilurteil durch das über den Rest ergehende Schlußurteil nicht berührt werden darf. Die Vorschrift des § 301 ZPO w i r d auch i n dieser Entscheidung nicht herangezogen, obwohl erneut i n der fehlenden Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO der eigentliche Grund für die Unzulässigkeit des landgerichtlichen Teilurteils zu sehen ist. Die Einrede des Zurückbehaltungsrechts ist eine anspruchsändernde Einrede, durch die der Schuldner die Durchsetzung des gegen i h n erhobenen Anspruchs auf eine Zug u m Zug Leistung beschränken kann 8 . Macht also der Beklagte i m Prozeß diese Einrede geltend, besteht die Möglichkeit, daß der Klageanspruch diese, wie Larenz es ausdrückt 9 , „ i m Wesen der Ansprüche gelegene Beschränkung" erfährt. Deshalb kann der an sich für begründet erachtete Klageanspruch erst dann entscheidungsreif werden, wenn geklärt ist, ob dem Beklagten das Zurückbehaltungsrecht zusteht oder nicht. Es ist unzulässig, ein Teilurteil über den Klageanspruch unter Vorbehalt einer Entscheidung über die Einrede i m Schlußurteil zu erlassen 10 . A u f der anderen Seite hat der Bundesgerichtshof es für zulässig erachtet, den Beklagten i n einem Teilurteil zur Leistung eines entscheidungsreifen Teils der Klageforderung Zug u m Zug gegen Bewirkung der vollen Gegenleistung des Klägers zu verurteilen 1 1 . Der Bundesgerichtshof argumentiert, der Kläger könne die Klageforderung j a auch teilweise geltend machen und müßte dann i n jedem Verfahren der Ein8 Vgl. dazu Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts Allgemeiner Teil, 11. Aufl., § 16 S. 174 f.

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Larenz a.a.O. (Anm. 8).

So auch das Reichsgericht i n Warn. Rspr. 1937, 159, w o es außerdem zur Möglichkeit Stellung n i m m t , die Einrede durch Sicherheitsleistung abzuwenden. Bei Bereicherungsansprüchen ist die Verurteilung zur Herausgabe des Empfangenen i m T e i l u r t e i l vorbehaltlich der i m Schlußurteil zu entscheidenden Gegenansprüche ebenso unzulässig. Auch i n diesem F a l l soll der Bereicherungsanspruch durch die Gegenansprüche i n sich beschränkt sein. Vgl. dazu R G SA 76, Nr. 26. 11 B G H N J W 1962, 628.

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rede entgegensehen. Außerdem stehe es dem Kläger anheim, ob er aus dem Teilurteil die Vollstreckung betreiben wolle. Er habe somit die Möglichkeit, m i t der Vollstreckung zu warten, bis er einen weiteren Titel über den noch ausstehenden Rest der Klageforderung i n der Hand habe. Er brauche demnach m i t seiner eigenen Leistung nicht schon zu beginnen und könne auf diese Weise erreichen, daß volle Leistung und volle Gegenleistung wie bei einheitlicher Aburteilung ausgetauscht würden. Die Auffassung des Bundesgerichtshofs ist sachgerecht. Wenn eine Einrede den klägerischen Anspruch als solchen beschränkt, so gilt dies auch für einzelne Teile desselben. T r i t t i m Hinblick auf diese Teile die Entscheidungsreife erst nach und nach ein, so bestehen gegen die Zulässigkeit von entsprechenden Teilurteilen m i t einer Verurteilung des Beklagten zur Zug u m Zug Leistung keinerlei Bedenken. Wie der Bundesgerichtshof richtig ausführt, hat der Erlaß eines Teilurteils i n einem derartigen Fall nicht unbedingt zur Folge, daß der Kläger die ganze Leistung, der Beklagte aber nur eine Teilleistung zu erbringen hat. Für die Zulässigkeit des Teilurteils kann somit gefolgert werden: Macht der Beklagte gegenüber dem Klageanspruch die Einrede des Zurückbehaltungsrechts gemäß § 273 BGB oder die Einrede des nichterfüllten Vertrags gemäß § 320 BGB geltend, so ist der Erlaß eines Teilurteils über den Klageanspruch unter Vorbehalt der i m Schlußurteil zu fällenden Entscheidung über die Einrede unzulässig. Da diese Einreden den Klageanspruch i m Falle ihres Bestehens beschränken, kann die Entscheidungsreife des Klageanspruchs nur bei gleichzeitiger Entscheidung über die Einrede eintreten. A u f der anderen Seite schließt die Geltendmachung einer Einrede die Möglichkeit einer Teilentscheidung nicht aus. Daher ist ein den Beklagten Zug u m Zug gegen Bewirkung der vollen Gegenleistung verurteilendes Teilurteil zulässig. 3. I n jüngerer Zeit ergingen noch vier Entscheidungen zur Zulässigkeit des Teilurteils bei geltend gemachter Aufrechnung 1 2 . I n der ersten Entscheidung hatte der Beklagte gegenüber der Klageforderung m i t einer Gegenforderung aufgerechnet, die sich aus mehreren Posten zusammensetzte 13 . Der Kläger war nun durch Teilurteil i m Hinblick auf einen Posten der zur Aufrechnung gestellten Forderung i n bestimmter Höhe abgewiesen worden. Dieser Posten sollte sich nach dem Vortrag des Beklagten aus einer vom Kläger übernommenen Heizkostenbeteiligung ergeben. Das Landgericht hatte bei seiner Entscheidung den materiellrechtlichen Verpflichtungsgrund hinsichtlich der 12 O L G Düsseldorf N J W 1970; 2217; B G H L M Nr. 22 zu § 301 ZPO; O L G Düsseldorf N J W 1972, 1474; O L G Düsseldorf N J W 1973, 1928. 13 Vgl. O L G Düsseldorf N J W 1970, 2217 (13. Senat).

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§ 5. D r i t t e Fallgruppe: T e i l u r t e i l bei geltend gemachten Gegenrechten

Heizkostenbeteiligung nicht geprüft, sondern die bezüglich dieses Teils der zur Aufrechnung gestellten Forderung vorgetragenen Tatsachen unter Hinweis auf § 138 Abs. 2 und 3 ZPO als vom Kläger zugestanden angesehen. Die Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 und 3 ZPO lagen aber, wie das Berufungsgericht ausführlich darlegt, nicht vor. A u f die Bern- 1 fung des Klägers hob es deshalb das Teilurteil als unzulässig auf und verwies zurück an das Landgericht. I n seiner Entscheidung führt das Berufungsgericht aus, gemäß § 301 ZPO könne das Gericht bei Entscheidungsreife eines von mehreren i n einer Klage geltend gemachten Ansprüchen diesen ausklammern und über ihn durch Teilurteil entscheiden. Unzulässig sei der Erlaß eines Teilurteils jedoch, wenn der durch i h n abgespaltene Teil des Streites auf materiellrechtlicher Ebene m i t dem anhängig gebliebenen Klagegrund dergestalt verbunden bleibe, daß die Entscheidung über den noch nicht abgeurteilten Teil den Gegenstand des Teilerkenntnisses berühre. Bisher sei dies zwar nur für Fälle entschieden worden, i n denen der Klageanspruch und nicht die zur Aufrechnung gestellte Forderung den Gegenstand des Teilurteils bildete. Es bestünden aber keine Bedenken dagegen, jene Grundsätze auch auf einen solchen Gegenstand anzuwenden. Das Gestaltungsrecht der Aufrechnung sei i m Hinblick auf die Rechtskrafterweiterung des § 322 Abs. 2 ZPO verfahrensrechtlich dem Klageanspruch gleichgestellt. Die Verbindung m i t i h m i m Rahmen des Prozeßverhälnisses sei also nicht nur äußerlicher A r t , sondern die zur Aufrechnung gestellte Forderung würde i n den Streitgegenstand einbezogen. Sei über einen Teil von ihr i n einem Urteil nach § 301 ZPO erkannt, obwohl ihr sachlich-rechtlicher Grund bei weiterer Aufklärung i m anhängig gebliebenen Streit den erkannten Teil berühre, so bestehe i n gleichem Maße wie beim Klageanspruch die Gefahr, daß es i m Teilund Schlußurteil zu einander widersprechenden Entscheidungen i n bezug auf denselben sachlich-rechtlichen Klagegrund kommen könne. Da auch i m vorliegenden Fall eine solche Gefahr bestünde, sei das landgerichtliche Teilurteil unzulässig. Das Landgericht hätte nicht über die Frage der Heizkostenbeteiligung des Klägers ohne Beweiserhebung erkennen dürfen. Denn diese hinge wie die Entscheidung über den Reststreit davon ab, ob der Kläger hinsichtlich der i n Frage stehenden Räume i n Rechtsbeziehungen m i t dem Beklagten stünde. Das OLG Düsseldorf wendet i n dieser Entscheidung die von der Rechtsprechung entwickelte Formel auf den Teil einer zur Aufrechnung gestellten Forderung des Beklagten an, der den Gegenstand des Teilurteils bilden soll. Bei der Beurteilung stellt es vornehmlich darauf ab, daß die Entscheidung über den Reststreit auf materiellrechtlicher Ebene

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den Gegenstand des Teilurteils berühren könne und deshalb die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen nicht ausgeschlossen sei. Einleitend w i r d das Erfordernis der i n § 301 ZPO genannten Entscheidungsreife zwar erwähnt, i n der weiteren Begründung dann aber nur noch zu der von der Rechtsprechung entwickelten Formel Stellung genommen. Diese wäre jedoch ebenso wie i n allen Entscheidungen zuvor entbehrlich gewesen, und das Gericht hätte die Unzulässigkeit des vorliegenden Teilurteils allein m i t der mangelnden Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO begründen können. Rechnet der Beklagte mit einer i n rechtlichem Zusammenhang m i t der Klageforderung stehenden Gegenforderung auf, so w i r d der Klageanspruch oder ein Teil desselben erst dann zur Entscheidung reif, wenn zuvor das Bestehen der Gegenforderung geprüft worden ist. Diese muß somit auch entscheidungsreif sein. Das Landgericht hatte das Bestehen der Gegenforderung i n Höhe der Heizkosten ohne jede Beweiserhebung i n unzulässiger Weise nach § 138 Abs. 2 und 3 ZPO als vom Kläger zugestanden angesehen. Die Aufhebung des Teilurteils hätte also nur auf diesen Verfahrensfehler gestützt werden können, den das OLG Düsseldorf aber m i t Recht erst i n zweiter Linie anführt. Das Teilurteil wäre nämlich auch dann unzulässig gewesen, wenn i m Hinblick auf die Pflicht des Klägers, sich an den Heizkosten zu beteiligen, die Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 und 3 ZPO wirklich vorgelegen hätten. Auch dann wäre dieser Teil der zur Aufrechnung gestellten Forderung und damit gleichfalls der entsprechende Teil der Klageforderung nicht entscheidungsreif gewesen. Der Verpflichtungsgrund, aus dem der Beklagte die zur Aufrechnung gestellte Forderung herleitete, wäre auch i m Verfahren über den Reststreit noch streitig geblieben, da i m Teilurteil erst über einen Teil dieser Forderung erkannt war. Aufgrund der Verhandlung bis zum Schlußurteil hätte sich also möglicherweise herausstellen können, daß der Verpflichtungsgrund für die zur Aufrechnung gestellte Forderung überhaupt nicht bestand. I m Schlußurteil hätte das Landgericht dann, falls die restliche Klageforderung für begründet erachtet worden wäre, der Klage unter Zurückweisung des weiteren Aufrechnungseinwandes stattgegeben. Es hätte dann ein Widerspruch zwischen den Entscheidungsgründen des Teilurteils und denen des Schlußurteils vorgelegen. Wegen dieser Möglichkeit sieht das OLG Düsseldorf das i n der Formel geforderte Verbot eines Widerspruchs zwischen Teil- und Schlußurteil als verletzt an. Was für den Klageanspruch gelte, solle i m Hinblick auf § 322 Abs. 2 ZPO auch für eine zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung gelten. I m Rahmen der ersten Fallgruppe ist bereits ausführlich dargelegt worden, daß der Begriff des Widerspruchs als Zulässigkeitskriterium 7 deLousanoff

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§ 5. D r i t t e Fallgruppe: T e i l u r t e i l bei geltend gemachten Gegenrechten

des Teilurteils ungeeignet ist 1 4 . Es kommt deshalb wie bei streitigem Klagegrund 1 5 auch bei der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung nicht auf den Widerspruch zwischen Teil- und Schlußurteil, sondern vielmehr darauf an, daß dem Teil der Gegenforderung mangels umfassender Rechtskraftwirkung die Entscheidungsreife fehlt. Wenn der Verpflichtungsgrund der zur Aufrechnung gestellten Forderung auch nach Erlaß des Teilurteils streitig bleibt, kann sie nicht i n bestimmter Höhe aus dem Verfahren ausgeschieden werden. Zur Entscheidungsreife der Gegenforderung gehört deshalb, daß ihr Verpflichtungsgrund endgültig feststeht. Bei streitigem Klagegrund ist der Erlaß eines stattgebenden Teilurteils über einen Teil der Klageforderung i n Verbindung m i t einem Grundurteil nach § 304 ZPO zulässig 16 . Hinsichtlich der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung ist der Erlaß eines solchen Zwischenurteils über den Grund jedoch ausgeschlossen. Solange der Verpflichtungsgrund streitig bleibt, fehlt i h r deshalb die Entscheidungsreife. Da die Entscheidungsreife der Klageforderung von derjenigen der zur Aufrechnung gestellten Forderung abhängt, kann auch diese i n einem Fall wie dem vorliegenden nicht entscheidungsreif i m Sinne des § 301 ZPO werden. Aus der vorliegenden Entscheidung ergibt sich demnach für die Zulässigkeit des Teilurteils die Folgerung: Rechnet der Beklagte gegenüber der Klageforderung m i t einer i n rechtlichem Zusammenhang stehenden Gegenforderung auf, so w i r d der Klageanspruch oder ein Teil desselben erst dann zur Entscheidung reif, wenn zuvor das Bestehen der Gegenforderung festgestellt ist. Mangels Entscheidungsreife kann ein Teil der Klageforderung jedoch nicht i m Hinblick auf einen Teil der Gegenforderung gemäß § 301 ZPO durch Teilurteil abgewiesen werden, solange das Bestehen oder Nichtbestehen des Verpflichtungsgrundes der zur Aufrechnung gestellten Forderung noch Gegenstand des Reststreits bleibt. 4. I n der zweiten Entscheidung hatte sich der Bundesgerichtshof m i t der Zulässigkeit eines Teilurteils über eine Widerklage zu befassen, die Forderungen zum Gegenstand hatte, mit denen hilfsweise gegenüber der Klageforderung aufgerechnet worden war 1 7 . Dem Fall lag ein Rechtsstreit aus einem Muster-Architektenvertrag zugrunde, wobei der Architekt (Kläger) von der Bauherrin (Beklagte) Zahlung des i h m nach seiner Behauptung zustehenden Honorars i n Höhe von 4000,— D M verlangte. Die Beklagte hatte Abweisung der Klage beantragt und gleichzeitig Widerklage i n Höhe von 54 000,— D M 14 15 16 17

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

dazu oben § 3 I I I . dazu oben § 3 I I 6. dazu oben S. 36 f. B G H L M Nr. 22 zu § 301 ZPO = N J W 1971, 1840.

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erhoben. Sie machte geltend, der Kläger habe die i h m aus dem Architektenvertrag obliegenden Verpflichtungen verletzt. Er habe die zur Herstellung des Baues notwendigen Leistungen nicht termingerecht, sondern so spät ausgeschrieben, daß keine kostenmindernde Auswahl unter mehreren Angeboten möglich gewesen sei. Die i n sich geschlossenen Bauleistungen hätten aufgespalten und getrennt vergeben werden müssen, wodurch eine Verteuerung eingetreten sei. Er habe ferner mangelhafte Bauleistungen und die darauf beruhenden Rechnungen genehmigt sowie fehlerhafte Planungen vorgenommen, die zu Schäden am Bauwerk geführt hätten. Schließlich sei seine Kostenschätzung fehlerhaft gewesen. M i t denen sich aus diesen Pflichtverletzungen ergebenden Schadensersatzansprüchen rechnete die Beklagte auch noch hilfsweise i n Höhe von 4000,— D M gegenüber der Klageforderung auf. Der Kläger wiederum setzte der Widerklage die Verjährungseinrede entgegen. Das Landgericht wies die Widerklage durch Teilurteil ab. Die von der Beklagten erhobenen Ansprüche seien zum Teil verjährt, zum Teil bestünden sie aus anderen materiellrechtlichen Gründen nicht. Das Berufungsgericht bestätigte das landgerichtliche Teilurteil. Es ließ dahinstehen, ob der Kläger die i h m vorgeworfenen Pflichtverletzungen begangen hatte, da seiner Auffassung nach alle aus der Vertragsverletzung hergeleiteten Ansprüche des Beklagten verjährt waren. Die von der Beklagten eingelegte Revision blieb ebenfalls erfolglos. Der Bundesgerichtshof geht bei der Begründung seiner Entscheidung zunächst davon aus, daß gemäß § 301 ZPO über die Klage und W i derklage ein Teilurteil zulässig sei. Es dürfe jedoch nicht die Gefahr bestehen, daß es i m Teilurteil und i m Schlußurteil zu widersprechenden Entscheidungen käme. Anschließend erläutert er, weshalb diese Gefahr i m vorliegenden Fall nicht bestehe. Es sei zwar richtig, daß über eine hilfsweise Aufrechnung erst entschieden werden könne, wenn vorher die Klageforderung geprüft und für begründet erachtet worden sei 18 . Über die Klage sei hier zwar noch nicht entschieden, der Fall läge aber auch anders. Nur bei der Klage stünden sich i m vorliegenden Fall Klageforderung und Hilfsaufrechnung i n einem Eventualverhältnis gegenüber. Dagegen bestehe zur Widerklage kein Eventualverhältnis. Nur ein solches hätte eine Entscheidung über die Widerklage verhindert, solange nicht über die Begründetheit der Klageforderung entschieden war. Deshalb hätte hier durch Teilurteil über die m i t der Widerklage geltend gemachten Forderungen, auch soweit m i t diesen hilfsweise gegen die Klageforderung aufgerechnet worden sei, entschieden werden können. I m Prinzip läge der Fall nicht anders, als wenn eine Forderung i n einem Prozeß zur 18

7*

Vgl. dazu RGZ 142, 175 u n d B G H L M Nr. 21 zu § 322 ZPO.

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§ 5. D r i t t e Fallgruppe: T e i l u r t e i l bei geltend gemachten Gegenrechten

Aufrechnung gestellt und i n einem anderen selbständig eingeklagt werde 1 9 . Soweit i m Schlußurteil über zur Aufrechnung gestellte A n sprüche zu entscheiden sei, die i n dem Teilurteil über die Widerklage aus anderen materiellrechtlichen Gründen als dem der Verjährung abgewiesen worden seien, ergebe sich aus der innerprozessualen Bindungswirkung des § 318 ZPO, daß diese Ansprüche i m Schlußurteil als nicht begründet zu behandeln seien. Ein Widerspruch sei also nicht möglich. Es sei aber auch keine Widersprüchlichkeit hinsichtlich derjenigen Ansprüche möglich, die nur wegen Verjährung abgewiesen worden seien. Die Abweisung wegen Verjährung habe nämlich nicht zur Folge, daß diese Forderungen i n dem Schlußurteil als schlechthin unbegründet hingenommen werden müßten. Es verbleibe vielmehr die Möglichkeit, diese verjährten Forderungen gemäß §§ 390 Satz 2, 639 Abs. 1, 479 BGB zur Aufrechnung zu verwenden 2 0 . Die theoretische Möglichkeit, daß i n den verschiedenen Instanzen über die Gegenforderungen der Beklagten abweichend entschieden werde, hätte nur bestanden, wenn das Landgericht i m Schlußurteil über die Gegenforderungen rechtskräftig entschieden hätte, während noch die Rechtsmittel gegen das Teilurteil liefen. Das könne aber die Zulässigkeit eines Teilurteils nicht berühren 2 1 . Wie das OLG Düsseldorf i n der vorangehenden Entscheidung, stellt auch der Bundesgerichtshof ausschließlich auf die Kriterien der von der Rechtsprechung entwickelten Formel ab und prüft insbesondere, ob die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen besteht. Das verneint er und kommt somit zur Zulässigkeit des vorliegenden Teilurteils. Da sich das K r i t e r i u m der Widersprüchlichkeit aufgrund der Ergebnisse zur ersten Fallgruppe für die Zulässigkeit des Teilurteils als ungeeignet herausgestellt hat 2 2 , soll auch bei dieser Entscheidung versucht werden, die Zulässigkeit des vorliegenden Teilurteils m i t den i n § 301 ZPO genannten Voraussetzungen zu begründen. Nach § 301 ZPO kann über die Widerklage ein Teilurteil ergehen, wenn diese entscheidungsreif ist 2 3 . Hätte die Beklagte somit i m vorlie19

Vgl. zu dieser Möglichkeit Wieczorek, ZPO, A n m . D I I b zu § 145 m. w. N. Vgl. dazu B G H W P M 1965, 1181 (1183). 21 Der B G H verweist an dieser Stelle auf seine Rechtsprechung zur Z u lässigkeit des Teilurteils bei der eventuellen Klagenhäufung (BGH M D R 1971, 572 = N J W 1971, 1316). W i r d hier der Hauptantrag durch Teilurteil abgewiesen, besteht die Möglichkeit, daß das Berufungsgericht dem H a u p t antrag stattgibt, während das Landgericht dem Hilfsantrag entspricht. Der B G H hält dies f ü r zulässig. Vgl. dazu unten § 6, insbesondere S. 125 ff. 22 Vgl. dazu oben § 3 I I I . 23 Dies gilt nicht, w e n n Klage u n d Widerklage denselben Streitgegenstand haben. Vgl. dazu R G Warn. 1930, 21; O L G Breslau J W 1928, 1873; B G H W P M 1971, 1366. 20

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genden Fall nicht m i t den i n der Widerklage geltend gemachten A n sprüchen gegenüber der Klageforderung aufgerechnet, wäre das Teilurteil über die Widerklage ohne Bedenken zulässig gewesen. Fraglich ist deshalb, ob der Umstand, daß mit den i n der Widerklage erhobenen Ansprüchen gleichzeitig hilfsweise gegenüber der Klageforderung aufgerechnet wurde, den E i n t r i t t der Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO hinsichtlich der Widerklage verhindert. Es wurde bereits dargelegt, daß einem an sich für unbegründet erachteten Teil der Klageforderung mangels umfassender Rechtskraftw i r k u n g die Entscheidungsreife fehlt, wenn der Klagegrund weiterhin streitig bleibt 2 4 . Dasselbe gilt, wenn gegenüber der Klageforderung m i t einer Gegenforderung aufgerechnet wird, deren Verpflichtungsgrund i m Verfahren über den Rest noch streitig bleibt 2 5 . Überträgt man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall, so könnte dem Eintritt der Entscheidungsreife hinsichtlich der Widerklage entgegenstehen, daß i n der Verhandlung über den Reststreit die i n der Widerklage erhobenen Forderungen wegen der Eventualaufrechnung noch einmal Gegenstand des Verfahrens bilden. Zur Entscheidungsreife gehört nämlich, daß der zu erledigende Teil endgültig aus dem Verfahren i n der betreffenden Instanz ausscheidet 26 . Der vorliegende Fall ist jedoch nicht m i t den oben genannten vergleichbar. Die Eventualaufrechnung hinsichtlich der m i t der Widerklage geltend gemachten Ansprüche hat nicht zur Folge, daß bei einem Teilurteil über die Widerklage deren Klagegrund i m Verfahren über den Rest noch streitig bleibt. Das wäre nur bei einem Teilurteil über einen Teil der Widerklage möglich, für das die oben genannten Grundsätze deshalb auch uneingeschränkt herangezogen werden können. Soll über die gesamte Widerklage bei gleichzeitiger Eventualaufrechnung durch Teilurteil entschieden werden, so muß vielmehr danach differenziert werden, ob der Widerklage i m Teilurteil stattgegeben oder ob sie abgewiesen werden soll. Haben sich die m i t der Widerklage geltend gemachten Ansprüche schon vor einer Entscheidung über die Klage als unbegründet erwiesen, vermag eine gleichzeitige Eventualaufrechnung m i t diesen A n sprüchen den E i n t r i t t der Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO nicht zu verhindern. Die Eventualaufrechnung mit den i n der Widerklage geltend gemachten Ansprüchen w i r d nämlich durch die Abweisung der Widerklage gegenstandslos. Infolge der innerprozessualen Bindungswirkung des § 318 ZPO hat die Abweisung der Widerklage 24 25 26

Vgl. dazu oben § 3 I I 6. Vgl. dazu oben § 5 I I 3. Vgl. Rosenberg / Schwab, ZPR, § 58 I I 2.

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§ 5. D r i t t e Fallgruppe: T e i l u r t e i l bei geltend gemachten Gegenrechten

innerhalb der Instanz dieselbe Wirkung wie die materielle Rechtskraft für den Richter eines zweiten Rechtsstreits 27 . M i t „quasi-rechtskräftig" aberkannten Forderungen kann demnach ebenso wenig aufgerechnet werden wie m i t rechtskräftig aberkannten. Einen Sonderfall bildet die Abweisung wegen Verjährung. Gemäß § 390 Satz 2 BGB kann auch m i t einer verjährten Forderung noch aufgerechnet werden, wenn sie zum Zeitpunkt des Eintritts der Aufrechnungslage noch nicht verjährt war. Aber auch bei einer Abweisung der Widerklage wegen Verjährung der m i t ihr geltend gemachten A n sprüche steht die gleichzeitige Eventualaufrechnung dem E i n t r i t t der Entscheidungsreife gemäß § 301 ZPO i n bezug auf die Widerklage nicht entgegen. Zwar w i r d i n einem solchen Fall die Eventualaufrechnung nicht gegenstandslos, sondern ist i m Verfahren über den Reststreit noch zu berücksichtigen. Die Widerklage wäre jedoch endgültig aus dem Verfahren ausgeschieden28. Der Fall läge dann nicht anders, als wenn der Beklagte statt Erhebung der Widerklage von vornherein nur die Abweisung der Klage beantragt und hilfsweise die Aufrechnung erklärt hätte. A n dem Ergebnis, daß die m i t der Widerklage verfolgten Ansprüche nicht mehr durchsetzbar sind, würde und könnte sich bei einer Berücksichtigung dieser Ansprüche für die Eventualaufrechnung i m Verfahren über den Reststreit nichts mehr ändern. Auch bei einer gleichzeitigen Entscheidung über Widerklage und Eventualaufrechnung, also über Widerklage und Klage, müßte die Widerklage abgewiesen werden. Es ist einfach eine Folge des materiellen Rechts, daß m i t prozessual nicht mehr durchsetzbaren oder i n einem Prozeß bereits abgewiesenen Forderungen noch aufgerechnet werden kann, wenn die mangelnde Durchsetzbarkeit lediglich auf Verjährung beruht. Als Z w i schenergebnis ergibt sich daraus, daß eine Widerklage auch dann durch Teilurteil abgewiesen werden kann, wenn sie Forderungen zum Gegenstand hat, m i t denen hilfsweise gegenüber der Klageforderung aufgerechnet worden ist. Das gilt auch dann, wenn die Abweisung m i t der Verjährung der i n der Widerklage geltend gemachten Forderungen begründet wird. Die Eventualaufrechnung kann i n einem solchen Fall den E i n t r i t t der Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO hinsichtlich der Widerklage nicht verhindern. Anders ist jedoch zu entscheiden, wenn m i t dem Teilurteil der W i derklage stattgegeben werden soll. Der Bundesgerichtshof scheint die27

Vgl. B G H L M Nr. 7 zu § 318 ZPO, ebenso i n L M Nr. 22 zu § 301 ZPO. I n einem solchen F a l l hat das T e i l u r t e i l über die Widerklage den w e i teren Vorteil, daß die Begründetheit der m i t i h r verfolgten Ansprüche erst dann zu prüfen ist, w e n n das Bestehen der Klageforderung festgestellt ist. A u f die materiellrechtliche Seite müßte i m Hinblick auf die Gegenforderungen also n u r eingegangen werden, w e n n feststünde, daß es darauf ankommt. Hier dient das T e i l u r t e i l deshalb seiner F u n k t i o n entsprechend w i r k lich der zweckmäßigen Ausgestaltung des Verfahrens. Vgl. dazu oben § 2. 28

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sen Fall bei der Bejahung der Zulässigkeit des Teilurteils zu übersehen, zumindest äußert er sich nicht dazu. Hier kann bei rechtlichem Zusammenhang über Klage und Widerklage nur einheitlich entschieden werden. Ein Teilurteil über die Widerklage wäre mangels Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO unzulässig. M i t der hilfsweisen Geltendmachung der Aufrechnung erhebt der Beklagte die rechtsvernichtende Einwendung, daß der Klageanspruch, falls das Gericht ihn für begründet erachtet, jedenfalls durch die Aufrechnung erloschen sei 29 . Er w i l l also unter keinen Umständen verurteilt werden, notfalls durch den Verbrauch eigener Forderungen gegen den Kläger. Deshalb muß vor einer Entscheidung über die Widerklage zunächst das Bestehen der Klageforderung geprüft werden 3 0 , u m festzustellen, ob die i n der W i derklage geltend gemachten Forderungen durch Aufrechnung verbraucht sind 3 1 . Erst nach dieser Prüfung ist eine Entscheidung über die Widerklage möglich. Sie kann also nicht vor der Klage selbst entscheidungsreif werden. Ergibt sich die Begründetheit der mit der Widerklage geltend gemachten Ansprüche schon vor einer Entscheidung über die Klage, verhindert somit die gleichzeitige Eventualaufrechnung den E i n t r i t t der Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO hinsichtlich der Widerklage. Dieser kann nicht durch Teilurteil stattgegeben werden. Bei der vorliegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs hat sich erneut erwiesen, daß man ohne die Formel der Rechtsprechung auskommt. Für die Zulässigkeit des Teilurteils bleibt aufgrund dieser Entscheidung festzuhalten: Vor einer Entscheidung über die Klage ist ein der Widerklage stattgebendes Teilurteil mangels Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO unzulässig, wenn der Beklagte m i t den i n der W i derklage geltend gemachten Forderungen auch hilfsweise gegenüber der Klageforderung aufgerechnet hat 3 2 . Ein die Widerklage abweisendes Teilurteil ist dagegen i n einem solchen Fall zulässig. 5. Die dritte Entscheidung zur Zulässigkeit des Teilurteils bei geltend gemachter Aufrechnung wurde wiederum vom OLG Düsseldorf erlas29

Vgl. Thomas / Putzo, ZPO, A n m . I I 3 zu § 145. Vgl. RGZ 142, 176. 31 Angesichts der Möglichkeit daß i n einem solchen F a l l infolge der A u f rechnung sowohl Klage als auch Widerklage abgewiesen werden, mag es wenig sinnvoll erscheinen, eine Widerklage bei gleichzeitiger Eventualaufrechnung zu erheben. M a n w i r d jedoch davon ausgehen müssen, daß der Beklagte n u r dann widerklagt, w e n n er sich seiner Sache sicher ist, u n d die Eventualaufrechnung n u r deshalb geltend macht, u m auch das geringste Risiko einer Verurteilung auszuschließen. 32 Dasselbe gilt i n einem derartigen F a l l f ü r ein die Klageforderung abweisendes Teilurteil, w e n n es darauf gestützt w i r d , sie habe entweder nicht bestanden oder sei durch Aufrechnung getilgt. Vgl. RGZ 142, 176. 30

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§ 5. D r i t t e Fallgruppe: T e i l u r t e i l bei geltend gemachten Gegenrechten

sen 33 . Ein Unternehmer klagte den Rest seiner unstreitigen Werklohnforderung i n Höhe von 3 234,94 D M ein. Der Beklagte hielt dieser (unstreitigen) Klageforderung neben einer Teilzahlung mehrere streitige Aufrechnungsforderungen entgegen. Er machte die Aufrechnung mit einer Mietforderung von 600,— Mark und m i t Ersatzansprüchen aus Mängelbeseitigung von 2 656,— DM, hilfsweise m i t einem Erstattungsanspruch von 1 370,76 D M wegen Kosten aus teilweiser Nichtinanspruchnahme einer Hypothek geltend. Das Landgericht wies die Klage durch Teilurteil i n Höhe von 2 495,76 D M wegen Teilerfüllung durch Zahlung von 525,— D M sowie wegen der Aufrechnung m i t den Forderungen von 600,— D M und 1 370,76 D M ab. Die Entscheidung über die Restklageforderung von 748,18 D M behielt es dem Schlußurteil vor. M i t der Berufung griff der Kläger die Aufrechnung des Anspruchs von 1 370,76 D M an. Der Beklagte erklärte daraufhin hilfsweise die A u f rechnung m i t einem weiteren Erstattungsanspruch von 698,50 DM. Das OLG Düsseldorf verneinte die Gegenforderung von 1 370,76 DM, hielt jedoch die nachgeschobene Forderung von 698,50 D M i n Höhe von 116,30 D M für begründet. Insoweit wurde die Berufung zurückgewiesen. I n Höhe von 1 254,46 D M ( = 1 370,76 D M — 116,30 DM) verwies das Berufungsgericht die Sache wegen Unzulässigkeit des Teilurteils an das Landgericht zurück. Diese Entscheidung des OLG Düsseldorf ist für die Zulässigkeit des Teilurteils von großer Bedeutung. Zum einen, weil das OLG Düsseldorf i n diesem Fall i n erster Linie auf die i n § 301 ZPO genannten K r i terien und erst i n zweiter Linie auf die von der Rechtsprechung entwickelte Formel abstellt, zum anderen, weil es sich sehr kritisch m i t der Auffassung des Bundesgerichtshofs zur Zulässigkeit des Teilurteils bei der eventuellen Klagenhäufung auseinandersetzt. I m Rahmen der dritten Fallgruppe geht es vor allem darum, wie das OLG Düsseldorf die Unzulässigkeit des vorliegenden Teilurteils begründet. A u f das Problem der Zulässigkeit des Teilurteils bei der eventuellen Klagenhäufung und die Stellungnahme des OLG Düsseldorf zur Argumentation des Bundesgerichtshofs w i r d noch an anderer Stelle einzugehen sein 34 . I n der Urteilsbegründung stellt das OLG Düsseldorf zunächst fest, das Teilurteil sei unzulässig gewesen, was einen wesentlichen Verfahrensmangel darstelle 35 . Ein Teilurteil dürfe gemäß § 301 ZPO erlassen werden, wenn ein Teil eines Anspruchs zur Entscheidung reif sei. I m Teilurteil könne auch ein Teil einer Klageforderung abgewiesen wer33

O L G Düsseldorf N J W 1972, 1474 (21. Senat). Z u r Zulässigkeit des Teilurteils bei der eventuellen Klagenhäufung vgl. unten § 6. Z u r K r i t i k des O L G Düsseldorf an der Meinung des B G H vgl. insbesondere S. 129 f. 35 Vgl. dazu B G H N J W 1960, 339 (340). 34

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den, sofern nur die Voraussetzung der selbständigen Entscheidungsreife i m Sinne dieser Vorschrift i m konkreten Fall gegeben sei. Daran mangele es hier. Das Teilurteil sei ein Endurteil m i t den sich daraus ergebenden Folgen für die selbständige Anfechtbarkeit und die Rechtskraftwirkung. Es spalte den Prozeß i n zwei selbständige Teile. Daher dürfe es nur ergehen, wenn die Entscheidung über den Teil unabhängig davon sei, wie der Streit über den Rest ausgehen, die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen also ausgeschlossen sei. Ebenso dürfe auch umgekehrt die Entscheidung über den Rest nicht mehr von der Entscheidung über den Teil berührt werden können. Diese — doppelseitige — Abhängigkeit müsse dabei auch für den Fall gegeben sein, daß i n höherer Instanz über den Teil, der Gegenstand des Teilurteils bilde, anders entschieden werde, sofern davon Zusammenhänge zwischen Klage und Verteidigungsmitteln berührt würden. Unzulässig sei es, über einzelne Verteidigungsmittel zu entscheiden 36 . Würden der unstreitigen Werklohnforderung mehrere streitige Aufrechnungsforderungen, darunter solche aus Gewährleistungsansprüchen, nacheinander entgegengestellt — Fall einer eventuellen Aufrechnungshäufung —, so dürfe nicht ohne weiteres bei Bejahung einer Gegenforderung i n ihrer Höhe eine Teilabweisung der Klage ausgesprochen werden. Der Fall sei nicht vergleichbar m i t dem der Abweisung des Hauptantrags einer Klage durch Teilurteil unter Zurückstellung der Entscheidung über den Hilfsantrag 3 7 . Er sei auch nicht vergleichbar m i t dem Erkenntnis auf Seiten der beklagten Partei, wenn sie dieselbe Forderung für eine Aufrechnung und die Widerklage herangezogen habe 38 . Vielmehr sei hier der gesamten Klage eine zusammenhängende Verteidigung entgegengestellt. Könne das Berufungsgericht (im Hinblick auf die Gegenforderung) anders entscheiden, und halte es das für rechtlich geboten, dann gewinne der Zusammenhang der Verteidigung i n erster Instanz Relevanz, sofern der Rest der Verteidigung mehr erreichen könnte, als die i n der ersten Instanz verbliebene Restklage zu Fall zu bringen. I n dem vorliegenden Teilurteil habe das Landgericht, soweit die Sache i n der Berufungsinstanz angefallen sei, Zusammenhänge zwischen Klage und Verteidigungsmitteln i n unzulässiger Weise aufgespalten und zerrissen. Es habe die Klage i n Höhe eines als solchen unstreitigen Teilbetrages aufgrund der Aufrechnung des Beklagten m i t 36 Vgl. dazu Stein / Jonas / Schumann (Leipold), ZPO, A n m . I I 2 zu § 301 m. w . N. 37 Der B G H hält i n diesem F a l l ein T e i l u r t e i l für zulässig. Vgl. B G H JR 1971, 331 f. Dazu unten S. 128 f. 38 D a m i t ist die zuletzt erörterte Entscheidung des B G H ( L M Nr. 22 zu § 301 ZPO) gemeint, i n der das T e i l u r t e i l über die Widerklage ebenfalls für zulässig erachtet wurde. Vgl. dazu oben § 5 I I 4.

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dem Erstattungsanspruch wegen der Hypothekenrückführungskosten i n entsprechender Höhe abgewiesen. Die Entscheidung über die vom Beklagten weiter zur Aufrechnung gestellten Mängelansprüche habe es sich vorbehalten. Diese Mängelansprüche halte der Beklagte hilfsweise auch i n der Berufungsinstanz aufrecht, falls der Senat ihn i n Anwendung des § 540 ZPO dazu veranlassen würde. Er wolle nämlich keinen Rechtsnachteil durch die vom Landgericht vorgenommene Spaltung des Prozesses haben. Greife die vom Landgericht für begründet erachtete Aufrechnung nicht durch, was hier der Fall sei, so sei die noch bestehende Klageforderung entsprechend höher. Für die Frage, ob sie insoweit unbegründet und abzuweisen war, wäre es bei dieser Beurteilung dann schon für das Landgericht auf die vom Beklagten geltend gemachten und auf 2656,— D M bezifferten Gewährleistungsansprüche angekommen. Diese seien nämlich i m Ergebnis höher als der noch beim Landgericht schwebende Rest der Hauptforderung von 748,18 D M und sogar höher als dieser Rest und der i n der Berufungsinstanz angefallene Teil zusammen sein können. Auch i n der Berufungsinstanz käme es jetzt noch auf diese Gewährleistungsansprüche an. Die vom Beklagten neu geltend gemachte Hilfsaufrechnung ändere daran nichts, da sie sich nur auf einen Betrag von insgesamt 698,50 D M belaufe und deshalb niemals zur völligen Abweisung der hier streitigen Klageforderung von 1370,76 D M führen könne. Die teilweise Klageabweisung i m angefochtenen Teilurteil sei daher i m Bestand zumindest zum Teil von der Entscheidung über die Mängelansprüche abhängig, und zwar je nachdem, inwieweit sich diese Ansprüche als begründet erwiesen. Hielte der Senat die Aufrechnung m i t den Rückführungskosten der Hypothek nicht für durchgreifend, so wäre der i n erster I n stanz gegebene Zusammenhang m i t den Verteidigungsmitteln i m ganzen nur wiederherzustellen, wenn der Mängelkomplex vom Beklagten auch i n zweiter Instanz vorgetragen und zur Entscheidung gestellt würde, obwohl er i n der ersten Instanz noch zur Entscheidung stehe. Der Ausgang des Streits über den beim Landgericht noch schwebenden Rest, zu dem gerade auch die Entscheidung über die Mängelansprüche gehöre, könnte bezüglich des Teils der Klageforderung, der Gegenstand des Teilurteils bilde, anders aussehen, wenn das Landgericht den Prozeß nicht durch Teilurteil aufgespalten hätte. Das Landgericht hätte nicht davon ausgehen dürfen, der Beklagte werde notgedrungen seine Verteidigung noch hochziehen. Das habe es auch nicht getan. Würde man jedoch diesen Zusammenhang zwischen Klage und Verteidigung für unbeachtlich ansehen, so widerspräche das gerade dem Ziel der Beschleunigung und Prozeßökonomie, dem § 301 ZPO die-

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nen soll. Die Verteidigung wäre gezwungen, i n zwei Instanzen gleichzeitig Beweise — unter Umständen m i t hohen Vorschüssen und Kosten — zu führen, wenn beide Instanzen zügig wie geboten die Erledigung vorantrieben. Dazu dürfe sie durch ein Teilurteil nicht gezwungen werden, wenn der Zwang nur durch die Aufspaltung geschaffen werde. Die sehr ausführliche Begründung des OLG Düsseldorf hebt sich deutlich von denen der bisher erörterten Entscheidungen ab. Zwar ist die von der Rechtsprechung entwickelte Formel auch i n dieser Entscheidung anzutreffen, das Gericht geht jedoch zunächst vom Erfordernis der Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO aus und verneint deren Vorliegen ausdrücklich. Außerdem versucht es, die Argumente für seine Lösung i n erster Linie aus der Funktion des Teilurteils abzuleiten. Ließe man die Ausführungen des Gerichts zu der von der Rechtsprechung entwickelten Formel weg, so ginge der Entscheidung nichts von ihrer Klarheit und Substanz verloren. Das Gericht scheint dieser Formel i n seinem Urteil deshalb weniger inhaltlich als verbal zu folgen. Jedenfalls gewinnt es aus der Formel keinen eigenen Gesichtspunkt für seine Begründung. Insoweit kann diese Entscheidung des OLG Düsseldorf für die Prüfung der Zulässigkeit von zukünftigen Teilurteilen als positives Beispiel dienen. Fraglich ist allerdings, ob dem OLG Düsseldorf i n der Sache i n gleichem Maße zuzustimmen ist. Nach Auffassung des Gerichts fehlt dem Teilurteil i m vorliegenden Fall deshalb die erforderliche Entscheidungsreife, weil die Aufspaltung des Prozesses i n zwei Teile den Zusammenhang der Gesamtverteidigung m i t der Klageforderung zerreiße. Der Beklagte dürfe durch ein Teilurteil nicht gezwungen werden, i n zwei Instanzen gleichzeitig über denselben Anspruch Beweis zu führen. A u f den ersten Blick scheinen diese Gründe eher die Zweckmäßigkeit, Angemessenheit und Sachdienlichkeit des vorliegenden Teilurteils und nicht so sehr die Frage der Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO zu betreffen. Die Angemessenheit, Zweckmäßigkeit oder Sachdienlichkeit des Erlasses eines Teilurteils sind jedoch nicht angreifbar und können daher vom Rechtsmittelgericht nicht nachgeprüft werden 3 9 . U m zu klären, ob die vom OLG Düsseldorf angeführten Gesichtspunkte dennoch zur Frage der Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO gehören, sollen die Zulässigkeit des vorliegenden Teilurteils unterstellt und die sich hieraus ergebenden Folgen näher untersucht werden. Geht man davon aus, daß eine Klageforderung unstreitig ist, i h r jedoch mehrere streitige Gegenforderungen des Beklagten aufrechnungs39 Vgl. Wieczorek, S. 136 ff.

ZPO, A n m . C I I I b zu § 301 m. w. N. Vgl. dazu unten

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weise gegenüberstehen, so müßte die Klageforderung grundsätzlich i n dem Umfang entscheidungsreif i m Sinne des § 301 ZPO werden, wie das Gericht die Gegenforderungen für begründet oder unbegründet erachtet. Der Erlaß eines Teilurteils müßte zulässig sein. Decken sich die Klageforderung und die Summe der streitigen Aufrechnungsforderungen, so bestehen bei Entscheidungsreife einer dieser Gegenforderungen keine Bedenken gegen den Erlaß eines die Klage i n Höhe der Gegenforderung abweisenden Teilurteils. Würde i n der Berufungsinstanz gegenteilig über die Aufrechnungsforderung entschieden, stünde das Bestehen der Klageforderung i n entsprechender Höhe fest. Das Berufungsgericht könnte der Klageforderung, soweit diese bei i h m angefallen ist, stattgeben. Übersteigen die zur Aufrechnung gestellten Forderungen die Klageforderung oder liegt wie hier ein Fall eventueller Aufrechnungshäufung vor, so wäre der i n die Berufungsinstanz erwachsene Teil bei abweichender Entscheidung über die Gegenforderung noch nicht entscheidungsreif, das Berufungsgericht könnte der Klage i n dieser Höhe nicht ohne weiteres stattgeben. Es käme auch i n der Berufungsinstanz auf die weiteren Aufrechnungsforderungen des Beklagten an, über die das Landgericht noch i n der Verhandlung über den Reststreit zu entscheiden hätte. Könnte das Berufungsgericht i n einer solchen Situation wegen fehlender Entscheidungsreife an das Landgericht zurückverweisen, würden die Argumente des OLG Düsseldorf nicht mehr durchgreifen. Es läge dann am Berufungsgericht, mittels Zurückweisung zu verhindern, daß dem Beklagten aus dem Erlaß des Teilurteils ein Rechtsnachteil erwächst. Wäre das Berufungsgericht jedoch gezwungen, sachlich über den bei i h m angefallenen Teil zu entscheiden, würde das i n der Tat der Funktion des Teilurteils entgegenstehen. Der A u f fassung des OLG Düsseldorf wäre zuzustimmen. Die fehlende Entscheidungsreife bei abweichender Entscheidung i n der Berufungsinstanz müßte vom Landgericht dann schon vor Erlaß des Teilurteils berücksichtigt werden und würde als unzulässige (fiktive) Folge des beabsichtigten Teilurteils den E i n t r i t t der an sich vorliegenden Entscheidungsreife i m Hinblick auf den entsprechenden Teil der Klageforderung verhindern. Fraglich ist deshalb, ob das Berufungsgericht ausgehend von der Zulässigkeit eines solchen Teilurteils, die Sache an das Landgericht zurückverweisen könnte. Außer der Zurückverweisung wegen Verfahrensfehler i n der ersten Instanz (§ 539 ZPO) und bei Erlaß von Urteilen besonderer A r t (Grundurteil, Vorbehaltsurteil und Versäumnisurteil; vgl. § 538 Abs. 1 Nr. 1, 3, 4, 5 ZPO) sieht das Gesetz eine Zurückverweisung i n die erste Instanz nur bei Prozeßurteilen vor (vgl. § 538 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Hat das erstinstanzliche Gericht die Klage nicht aus ver-

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fahrensrechtlichen, sondern aus materiellrechtlichen Gründen abgewiesen, ist demnach eine Zurückverweisung unzulässig mit der Folge, daß das Berufungsgericht selbst entscheiden muß. Da das Landgericht die Klage i m Teilurteil aus materiellrechtlichen Gründen abgewiesen hat, wäre eine Zurückverweisung somit grundsätzlich unzulässig. Vor Inkrafttreten der Vereinfachungsnovelle ist jedoch gerade i n jüngerer Zeit ein Streit darüber entbrannt, ob i n bestimmten Fällen i n entsprechender Anwendung des § 538 Abs. 1 Nr. 2 ZPO auch dann i n die erste Instanz zurückverwiesen werden kann, wenn das erstinstanzliche Gericht die Klage aus sachlichen Gründen abgewiesen hat 4 0 . Entgegen der Auffassung des B G H 4 1 halten zwei Oberlandesgerichte eine Zurückverweisung insbesondere für zulässig, wenn das Berufungsgericht abweichend von der ersten Instanz die Verjährung verneint 4 2 . Es w i r d argumentiert, infolge der Verjährungseinrede sei jede sonstige Sachprüfung hinsichtlich des Klageanspruchs unterblieben, so daß kein Unterschied bestehe gegenüber einer Klageabweisung als unzulässig 43 . Die falsche A n t w o r t auf die Frage der Verjährung nehme den Parteien ohne die Möglichkeit der Zurückverweisung eine volle Instanz 44 . Der B G H hält dieser Auffassung entgegen, zwar komme i n der Vorschrift des § 538 Abs. 1 Nr. 2 ZPO das Bestreben des Gesetzgebers zum Ausdruck, den Parteien zwei Tatsacheninstanzen für die Sachprüfung zur Verfügung zu stellen. Die Parteien hätten aber kein Recht, daß über jeden Streitpunkt i n zwei Tatsacheninstanzen entschieden werde 4 5 . Es wäre nun zu überlegen, ob auch i m vorliegenden Fall eine Analogie zu § 538 ZPO aus ähnlichen Sachgründen geboten erscheint. Bei der Beurteilung dieser Frage ist jedoch einerseits zu beachten, daß § 538 Abs. 1 Nr. 2 ZPO durch die Vereinfachungsnovelle eine Änderung erfahren hat, die eindeutig i n die Richtung der Auffassung des B G H geht. I n der alten Fassung hieß es, „ . . . wenn durch das angefochtene Urteil nur über prozeßhindernde Einreden entschieden ist". I n der Neufassung steht, „ . . . wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zu40 Vgl. dazu insbesondere Prutting, Zurückverweisung nach Erlaß eines Sachurteils?, D R i Z 1977, 78. 41 B G H Z 50, 25 (27); ebenso bei Abweisung mangels A k t i v l e g i t i m a t i o n , B G H N J W 1975, 1785. Eine Ausnahme macht der B G H n u r i n Entschädigungssachen (vgl. B G H M D R 1964, 404) bei irriger Annahme der Passivlegitimation. Sie w i r d m i t den Besonderheiten des Entschädigungsrechts erklärt. Vgl. auch Stein / Jonas / Grunsky, ZPO, A n m . I V 1 c zu § 538; einschränkend auch Prutting D R i Z 1977, 78. 42 Vgl. O L G H a m m M D R 1977, 585; O L G Braunschweig M D R 1975, 671 (allerdings i n entsprechender A n w e n d u n g des § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). So auch E. Schneider M D R 1976, 52. 43 O L G H a m m M D R 1977, 585. 44 Vgl. E. Schneider M D R 1976, 52. 45 B G H Z 50, 25 (27).

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lässigkeit der Klage entschieden ist". Ob auch nach dieser Änderung eine Zurückverweisung nach Erlaß eines Sachurteils i n entsprechender Anwendung dieser Vorschrift zulässig sein kann, erscheint zumindest äußerst zweifelhaft 4 6 . Es kommt hinzu, daß schon das Reichsgericht i m Zusammenhang m i t § 538 ZPO ausgeführt hat, es könne keine Rede davon sein, daß auch für die Aufrechnung zwei Instanzen zu sichern wären 4 7 . Andererseits wäre nur dann entgegen der herrschenden Meinung eine entsprechende Anwendung des § 538 ZPO angebracht, wenn i n Fällen wie dem vorliegenden ein praktisches Bedürfnis für den Erlaß eines Teilurteils bestünde. Müßte diese Frage verneint werden, wäre die Lösung des OLG Düsseldorf als die überzeugendere und einfachere vorzuziehen. Ein Teilurteil wäre i n Fällen wie diesem mangels Entscheidungsreife unzulässig. Die Möglichkeit einer teilweisen Abweisung der Klage durch Teilurteil soll i n erster Linie der Prozeßökonomie dienen. Das Gericht kann durch den Erlaß eines Teilurteils bestimmte Streitpunkte aus dem Verfahren ausgliedern, u m den Prozeßstoff übersichtlicher zu gestalten. Auch bei einem bevorstehenden Richterwechsel bietet das Teilurteil die Gelegenheit, eine erneute Behandlung bereits spruchreifer Teile des Rechtsstreits durch den nachfolgenden Richter zu verhindern. Ist die Klageforderung unstreitig, sind ihr aber i n eventueller Aufrechnungshäufung mehrere streitige Gegenforderungen entgegengesetzt, die summiert die Klageforderung übersteigen, muß das Gericht diese Gegenforderungen i n der gebotenen Reihenfolge prüfen 4 8 , bis der Betrag der Klageforderung erreicht ist. Werden diese Forderungen somit nach und nach entscheidungsreif, bringt der Erlaß eines Teilurteils gegenüber einer einheitlichen Entscheidung keinerlei Vorteil. Der Prozeßstoff w i r d dadurch nicht klarer gegliedert, i m Gegensatz zu einem stattgebenden Teilurteil besteht auch kein Beschleunigungsinteresse des Klägers. Bei einer einheitlichen Entscheidung stünde vielmehr für die Instanz endgültig fest, inwieweit die Forderungen des 46 Prutting D R i Z 1977, 78 hält den § 538 ZPO unter Berücksichtigung der Neufassung einer Analogie f ü r zugänglich, w e n n das erstinstanzliche Gericht aus verfahrensrechtlich zwingenden Gründen (ζ. B. Anerkenntnis) n u r über einen T e i l des Rechtsstreits entscheiden konnte. 47 RGZ 101, 40 (43). 48 I m vorliegenden F a l l hatte der Beklagte i n erster L i n i e die m i t der Klageforderung i n rechtlichem Zusammenhang stehenden Gewährleistungsansprüche u n d erst hilfsweise die nicht i m Zusammenhang stehenden Forderungen zur Aufrechnung gestellt. Es w a r deshalb unzulässig v o m L a n d gericht, die Gegenforderungen nicht i n der gebotenen Reihenfolge zu prüfen. Da der Beklagte insoweit aber keine Rüge erhoben hat, braucht auf diesen P u n k t nicht näher eingegangen zu werden. Das O L G Düsseldorf läßt i h n aus demselben G r u n d unberücksichtigt. Vgl. O L G Düsseldorf N J W 1972, 1476.

I I . Die einzelnen Fälle

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Beklagten durch Aufrechnung verbraucht sind. Eine Situation wie i m vorliegenden Fall wäre ausgeschlossen. Da somit einer einheitlichen Entscheidung bei dieser Sachlage sogar der Vorzug zu geben ist, besteht kein Grund, ein Teilurteil i n diesen Fällen für zulässig anzusehen und die sich hieraus ergebenden Schwierigkeiten über eine höchst fragwürdige Analogie zu § 538 ZPO zu überwinden. Dem OLG Düsseldorf ist deshalb auch i n der Sache voll zuzustimmen. Für die Zulässigkeit des Teilurteils ergibt sich demnach aufgrund dieser Entscheidung die folgende Regel: Werden einer unstreitigen Klageforderung mehrere streitige Gegenforderungen aus demselben Rechtsverhältnis i n eventueller Aufrechnungshäufung entgegengesetzt, die addiert die Klageforderung übersteigen, so ist ein die Klageforderung gestützt auf das Bestehen einer dieser Gegenforderungen teilweise abweisendes Teilurteil unzulässig. Das gilt insbesondere dann, wenn die restlichen Gegenforderungen bei abweichender Entscheidung i n der Berufungsinstanz auch den dort angefallenen Teil noch ganz oder zumindest teilweise zu Fall bringen könnten. Bei abweichender Beurteilung der i m Teilurteil beschiedenen Gegenforderung durch das Berufungsgericht wäre nämlich der entsprechende Teil der Klageforderung ohne Prüfung der i n der ersten Instanz dem Schlußurteil vorbehaltenen Gegenforderungen nicht entscheidungsreif i m Sinne des § 301 ZPO. Dies hat das erstinstanzliche Gericht zu berücksichtigen. 6. Die letzte Entscheidung i n diesem Zusammenhang erging erneut durch das OLG Düsseldorf, allerdings von einem anderen Senat 49 . Sie betrifft ebenso wie die beiden vorherigen Fälle eine Klage auf Werklohn und ist auch vom Sachverhalt der oben dargestellten Entscheidung des Bundesgerichtshofs sehr ähnlich 5 0 . Der Kläger klagte einen restlichen Werklohn von 1 298,86 D M ein. Der Beklagte erhob gegenüber der Klageforderung die Einrede der Verjährung und machte i m übrigen wegen angeblicher Mangelhaftigkeit des Werkes Minderungs- und Schadensersatzansprüche i n Höhe von 29 790,52 D M geltend, davon einen Teilbetrag von 12 000,— D M i m Wege der Widerklage. M i t seiner diesen Teilbetrag übersteigenden Forderung rechnete er hilfsweise gegen die Klageforderung auf. A u ßerdem beantragte der Beklagte wegen eines Mangels widerklagend die Feststellung der Schadensersatzpflicht des Klägers. Anders als i n dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Fall wies das Landgericht nicht die Widerklage, sondern die 49 O L G Düsseldorf N J W 1973, 1928 (5. Senat). Auch bei den beiden anderen Entscheidungen hatten jeweils andere Senate entschieden. Vgl. A n m . 13 u n d 33. 60 Vgl. dazu oben § 5 I I 4.

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Klage wegen Verjährung ab. Die vom Kläger gegen dieses Urteil eingelegte Berufung hatte keinen Erfolg. Die Werklohnforderung des Klägers sei unbegründet, entweder, weil sie durch Konzentration des Schuldverhältnisses auf einen sie übersteigenden Gegenanspruch des Beklagten entfallen sei, oder, weil sie wegen der vom Beklagten erhobenen Einrede der Verjährung nicht mehr durchgesetzt werden könne. Da dem Kläger, aus welchem Grunde auch immer, ein durchsetzbarer Anspruch nicht mehr zustehe, könne über die Klageforderung abschließend entschieden werden. Die Gefahr eines Widerspruchs zu dem ausstehenden Schlußurteil über die Widerklage bestehe auch für den Fall nicht, daß sich diese ganz oder teilweise als begründet erweisen sollte. Eine Abrechnung des Werklohns m i t den bezifferten Gegenansprüchen könne nämlich weder durch die nach Erlaß des Berufungsurteils demnächst eintretende Hechtskraft des Teilurteils noch durch die Bindung des Landgerichts an das Teilurteil gemäß § 318 ZPO ausgeschlossen werden. Sollte die weitere Verhandlung über die Widerklage zu dem Ergebnis führen, daß dem Beklagten ein die Klageforderung übersteigender Gegenanspruch zustehe, so wäre die Klageforderung bereits aus dem Grund erloschen. Nach der von der Rechtsprechung zu den Vorschriften der §§ 325, 326 BGB entwickelten und auf den Fall des § 635 BGB übertragenen sogenannten Differenztheorie stünden sich aus einem gegenseitigen Vertrag, wenn wegen Unmöglichkeit, Verzugs oder Mängeln Schadensersatz verlangt würde und der Schadensersatzgläubiger seinerseits eine Geldleistung schulde, nämlich keine selbständigen Zahlungsansprüche den Parteien gegenüber. Das Schuldverhältnis konzentriere sich vielmehr auf einen Zahlungsanspruch derjenigen Partei, die i m Ergebnis, also nach Abrechnung aller A k t i v - und Passivposten noch etwas zu fordern habe 51 . Eine Aufrechnungserklärung der einen oder anderen Partei sei i n diesen Fällen nicht erforderlich. Der vom Unternehmer verlangte Werklohn bilde also nur einen Faktor für die Höhe der dem Besteller etwa zustehenden Schadensersatzforderung und entfalle, wenn und soweit ein Schaden des Bestellers festgestellt würde. Entsprechendes gelte für die Minderung gemäß § 634 BGB. Hieraus folge auch, daß das Landgericht bei der Feststellung der Höhe der von dem Beklagten m i t der Widerklage und darüber hinaus i m Wege der Aufrechnung geltend gemachten Gegenansprüchen die Werklohnforderung als einen minderen Rechnungsbetrag auch dann zu berücksichtigen habe, wenn die Klageforderung infolge des Berufungsurteils gegebenenfalls rechtskräftig abgesprochen sei. Die rechtskräftige Feststellung würde nur dahin gehen, daß die Werklohnforde51

Vgl. dazu RGZ 152, 112 f.; R G J W 1936, 2131.

I I . Die einzelnen Fälle

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rung i m Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung imbegründet gewesen sei, und offenlassen, ob sie nicht gerade durch Beschränkung des Schuldverhältnisses auf einen höheren Gegenanspruch untergegangen sei 52 . Die entsprechende Anwendung des § 390 BGB ergäbe ferner, daß die von dem Beklagten erhobene Verjährungseinrede der Berücksichtigung der restlichen Werklohnforderung bei der Berechnung des dem Beklagten gegebenenfalls zustehenden Schadensersatzanspruchs nicht entgegenstehe. Sollten sich die vom Beklagten erhobenen Gegenansprüche i n der Verhandlung über die Widerklage nicht bestätigen, so wäre die Klageforderung zwar nicht i m Wege der Abrechnung m i t höheren Gegenansprüchen erloschen, es stünde ihr jedoch die vom Beklagten erfolgreich erhobene Verjährungseinrede entgegen. Ob die Klageforderung durch Konzentration erloschen oder wegen Verjährung nicht mehr durchsetzbar sei, könne offenbleiben. Zwar solle nach der Beweiserhebungstheorie i m F a l l der Eventualaufrechnung zunächst über die Klageforderung Beweis erhoben werden, u m festzustellen, ob die Klageforderung wegen der vom Beklagten i n erster Linie vorgebrachten Einwendungen oder aufgrund der Aufrechnung abzuweisen sei. Für die bloße Abrechnung gelte das aber nicht unbedingt und würde i m vorliegenden Fall zudem i n der Verhandlung über die Widerklage aufgeklärt. Ob der Erlaß des angefochtenen Teilurteils etwa deshalb unzulässig sei, weil die theoretische Möglichkeit bestanden habe, daß das Berufungsgericht die Verjährung verneinen würde, deshalb i n eine Prüfung der Gegenansprüche eintreten müßte und diese Gegenansprüche im Teilurteil vom Berufungsgericht und i m Schlußurteil des Landgerichts widersprechend beurteilt werden könnten, brauche nicht erörtert zu werden. Auch bei Bejahung eines Verfahrensverstoßes sei es i m vorliegenden Fall nämlich sachdienlich, von einer Aufhebung des Urteils und einer Zurückverweisung abzusehen und selbst zu entscheiden, § 540 ZPO. Das OLG Düsseldorf verzichtet i n dieser Entscheidung darauf, näher auf die Zulässigkeit des Teilurteils einzugehen. Dabei hätte hier Gelegenheit bestanden, die Frage der Zulässigkeit des Teilurteils bei geltend gemachten Gegenrechten für einen weiteren Fall zu klären. M i t dem etwas pragmatischen Argument, auch bei Unzulässigkeit des Teilurteils würde es gemäß § 540 ZPO i n der Sache selbst entscheiden, verzichtet es darauf, die i n den beiden vorangehenden Entscheidungen des OLG Düsseldorf begonnene Rechtsprechung zur Zulässigkeit des 62 Das Gericht scheint hier der Klageabweisungstheorie zu folgen, was allerdings gerade wegen der u n k l a r e n Rechtskraftwirkung bedenklich ist. Vgl. dazu Jauernig, ZPR, § 45 I I 1.

8 de Lousanoff

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§ 5. D r i t t e Fallgruppe: T e i l u r t e i l bei geltend gemachten Gegenrechten

Teilurteils weiterzuentwickeln. Es setzt sich auch überhaupt nicht mit dieser Rechtsprechung auseinander, obwohl gerade i n der zuletzt dargestellten Entscheidung 63 schon die sich aus der Differenztheorie ergebenden Schwierigkeiten angedeutet werden. Dort w i r d ganz zum Schluß noch darauf hingewiesen, daß sich eine Abhängigkeit zwischen der Teilentscheidung und dem Rest schon i n der ersten Instanz ergeben hätte, wenn die Mängelansprüche aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung (§ 635 BGB) zu beurteilen gewesen wären. Dann hätte m i t den Gegenansprüchen nicht aufgerechnet werden können, die beiderseitigen Forderungen wären vielmehr nach der Differenztheorie abzurechnen gewesen. Wegen der dadurch bestehenden Verknüpfung und Abhängigkeit von Werklohnforderung und Mängelansprüchen hätte dann kein Teilurteil ergehen dürfen 5 4 . Diesen Gedanken hätte das Gericht i n der vorliegenden Entscheidung wieder aufgreifen und erörtern müssen. Daß dies nicht geschehen ist, löst Verwunderung aus, zumal die vorangehende Entscheidung eine ganze Reihe von Ansatzpunkten enthält, m i t denen die Frage der Zulässigkeit des Teilurteils i n Fällen wie dem vorliegenden endgültig zu beurteilen gewesen wäre. Insbesondere die vom Gericht als „theoretisch" bezeichnete Möglichkeit muß für die Beurteilung der Zulässigkeit des Teilurteils zugrunde gelegt werden. Hätte das Berufungsgericht die Verjährung der Klageforderung abweichend vom Landgericht verneint, wäre eine der Klageforderung stattgebende Entscheidung ohne eine Prüfung der i n der ersten Instanz dem Schlußurteil vorbehaltenen Gegenansprüche nicht möglich gewesen. Die Klageforderung wäre, auch wenn das Berufungsgericht sie für begründet hielte, nicht entscheidungsreif i m Sinne des § 301 ZPO. Geht man nun davon aus, daß eine Zurückverweisung unzulässig ist 5 5 und das Berufungsgericht selbst i n der Sache entscheiden müßte, läge dieselbe Situation wie i m vorhergehenden Fall vor. A u f grund der Aufspaltung des Prozesses wäre der Beklagte gezwungen, seine Verteidigung hochzuziehen und unter Umständen i n zwei I n stanzen doppelten Beweis zu führen, wenn er keinen Rechtsnachteil erleiden wollte. Dazu darf der Beklagte durch ein Teilurteil nicht gezwungen werden. Unabhängig davon, daß i m vorliegenden Fall nach der Differenztheorie abzurechnen ist, gilt das oben schon Angeführte 5 6 : Das Gericht muß vor Erlaß des Teilurteils für die Frage der Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO prüfen, ob der für die Teilentscheidung 53

O L G Düsseldorf N J W 1972, 1474; dazu oben § 5 I I 5. O L G Düsseldorf N J W 1972, 1476. 55 Vgl. zur Gegenansicht bei Sachabweisung wegen V e r j ä h r u n g S. 109 u n d A n m . 42. 56 Vgl. oben S. 108 ff. 54

oben

I I . Die einzelnen Fälle

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vorgesehene Teil bei entgegengesetzter Entscheidung des Rechtsmittelgerichts ohne Heranziehung des dem Schlußurteil vorbehaltenen Teils spruchreif wäre. Müßte das Rechtsmittelgericht zu seiner Entscheidung auch den Gegenstand des Reststreits, über den noch i n der unteren I n stanz verhandelt würde, mit berücksichtigen, ist der Erlaß eines Teilurteils unzulässig. Wie das OLG Düsseldorf i n der Entscheidung zuvor zutreffend ausführt, fehlt dem Teil i n einem solchen Fall die für den Erlaß eines Teilurteils erforderliche Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO. I m vorliegenden Fall wäre somit der Erlaß eines Teilurteils über die Klageforderung auch dann unzulässig gewesen, wenn nicht nach der Differenztheorie abzurechnen wäre. Es kann somit eine weitere Regel für die Zulässigkeit des Teilurteils aufgestellt werden: Erhebt der Beklagte gegenüber der Klageforderung die Verjährungseinrede, und macht er gleichzeitig Gegenansprüche aus demselben Rechtsverhältnis geltend, teils i m Wege der Widerklage, teils i m Wege der Eventualaufrechnung, so ist ein die Klageforderung wegen Verjährung abweisendes Teilurteil unzulässig. Bei abweichender Entscheidung über die Verjährung durch das Berufungsgericht wäre die Klageforderung nämlich ohne Prüfung der i n der ersten I n stanz dem Schlußurteil vorbehaltenen Gegenansprüche nicht entscheidungsreif i m Sinne des § 301 ZPO. Das hat das erstinstanzliche Gericht zu berücksichtigen. Ist nach der Differenztheorie abzurechnen, entstehen die Abhängigkeiten zwischen Klageforderung und Gegenansprüchen also auch ohne eine Aufrechnung, ist die Zulässigkeit eines Teilurteils grundsätzlich zu verneinen 57 . Hier konzentriert sich das Schuldverhältnis, d. h. alle Ansprüche und Gegenansprüche, letztlich auf einen Zahlungsanspruch zugunsten derjenigen Partei, bei der sich nach der Abrechnung aller Posten noch ein positiver Saldo ergibt. I n einem solchen Fall kann nur einheitlich entschieden werden, erst nach der Saldierung t r i t t die für eine Entscheidung notwendige Entscheidungsreife ein. Das macht der vorliegende Fall besonders deutlich. Das Berufungsgericht war nicht i n der Lage, genau zu sagen, aus welchem Grund die Klage unbegründet war. Es mußte eine höchst fragwürdige Alternativbegründung abgeben. Erst die Entscheidung über die Gegenansprüche hätte diesbezüglich eine Aufklärung bringen können. Diese Entscheidung des OLG Düsseldorf ist deshalb i m Ergebnis abzulehnen. Aufgrund der vorliegenden Entscheidung ergibt sich demnach die i m Rahmen dieser Untersuchung letzte Regel für die Zulässigkeit des Teilurteils: Werden der Klageforderung Gegenansprüche entgegengesetzt, 57



So w o h l auch das O L G Düsseldorf N J W 1972, 1476.

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§ 5. D r i t t e Fallgruppe : T e i l u r t e i l bei geltend gemachten Gegenrechten

die eine Abrechnimg nach der Differenztheorie erforderlich machen, ist der Erlaß eines Teilurteils unzulässig. Die Entscheidungsreife kann i n einem solchen Fall erst nach Abrechnung aller A k t i v - und Passivposten eintreten. III.

Zusammenfassung

zu § 5

Die Untersuchung der Entscheidungen der dritten Fallgruppe, bei denen es u m Gegenrechte des Beklagten, insbesondere dem der A u f rechnung geht, hat erneut gezeigt, daß die i n § 301 ZPO genannten Voraussetzungen ausreichen, u m die Zulässigkeit eines Teilurteils zu beurteilen. Auch nach der dritten Fallgruppe ist die von der Rechtsprechung entwickelte Formel daher als besondere Zulässigkeitsvoraussetzung des Teilurteils neben den i n § 301 ZPO genannten Kriterien abzulehnen. Bei den Entscheidungen der dritten Fallgruppe konnte i n den meisten Fällen festgestellt werden, daß die Abhängigkeit zwischen Klageforderung und konnexen Gegenrechten den E i n t r i t t der Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO i m Hinblick auf bereits für begründet erachtete Teile der Klageforderung verhinderte. Gerade die zuletzt dargestellten Entscheidungen des OLG Düsseldorf 58 machen deutlich, daß diese A b hängigkeit zwischen Klageforderung und geltend gemachten konnexen Gegenrechten des Beklagten für die Frage der Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO bis i n die letzte Konsequenz durchdacht werden muß. Sogar die Folgen einer abweichenden Entscheidung i n der höheren Instanz sind unter Umständen i n diesem Zusammenhang zu berücksichtigen. Werden der Klageforderung i n rechtlichem Zusammenhang stehende Gegenforderungen entgegengestellt, muß das Vorliegen der Entscheidungsreife hinsichtlich eines Teils der Klageforderung auch danach bestimmt werden, ob die Folgen eines Teilurteils i m konkreten Fall m i t der Funktion des § 301 ZPO vereinbar sind. Die vorletzte Entscheidung des OLG Düsseldorf 59 ist insoweit richtungsweisend. Zum Schluß seien auch hier nochmals die aufgrund der Entscheidungen zur dritten Fallgruppe ermittelten Grundsätze für die Zulässigkeit des Teilurteils zusammengestellt. 1. Rechnet der Beklagte gegenüber der Klageforderung m i t Gegenansprüchen aus demselben Rechtsverhältnis auf, so ist ein stattgebendes Teilurteil über einen Teil der Klageforderung nur dann zulässig, wenn dieser Teil durch die Aufrechnung nicht erfaßt werden kann. Ohne vorherige Prüfung der Gegenforderung fehlt dem Teil der Klageforderung deshalb die für den Erlaß eines Teilurteils erforderliche Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO. Das gilt ins58 59

O L G Düsseldorf N J W 1972, 1474; 1973, 1928. Dazu oben § 5 I I 5. Vgl. dazu oben § 5 I I 5.

I I I . Zusammenfassung zu § 5

117

besondere dann, wenn die Gegenansprüche die Gesamtforderung oder den dem Schlußurteil verbleibenden Rest der Klageforderung übersteigen 60 . 2. Macht der Beklagte gegenüber dem Klageanspruch die Einrede des Zurückbehaltungsrechts gemäß § 273 BGB oder die Einrede des nichterfüllten Vertrages gemäß § 320 BGB geltend, so ist der Erlaß eines Teilurteils über den Klageanspruch unter Vorbehalt der i m Schlußurteil zu fällenden Entscheidung über die Einrede unzulässig. Da diese Einreden den Klageanspruch i m Falle ihres Bestehens beschränken, kann die Entscheidungsreife des Klageanspruchs nur bei gleichzeitiger Entscheidung über die Einrede eintreten. Umgekehrt schließt die Geltendmachung einer Einrede die Möglichkeit einer Teilentscheidung nicht aus. Daher ist ein den Beklagten Zug u m Zug gegen Bewirkung der vollen Gegenleistung verurteilendes Teilurteil zulässig 61 . 3. Rechnet der Beklagte gegenüber der Klageforderung m i t einer i n rechtlichem Zusammenhang stehenden Gegenforderung auf, so w i r d der Klageanspruch oder ein Teil desselben erst dann entscheidungsreif, wenn zuvor das Bestehen bzw. Nichtbestehen der Gegenforderung festgestellt ist. Ein Teil der Klageforderung kann jedoch auch nicht i m Hinblick auf einen Teil der Gegenforderung gemäß § 301 ZPO durch Teilurteil abgewiesen werden, solange das Bestehen oder Nichtbestehen des Verpflichtungsgrundes der zur Aufrechnung gestellten Forderung noch Gegenstand des Reststreits bleibt 6 2 . 4. Vor einer Entscheidung über die Klage ist ein der Widerklage stattgebendes Teilurteil mangels Entscheidungsreife i m Sinne des § 301 ZPO unzulässig, wenn der Beklagte m i t den i n der Widerklage geltend gemachten Forderungen auch hilfsweise gegen die Klageforderung aufgerechnet hat. Ein die Widerklage abweisendes Teilurteil ist dagegen i n einem solchen Fall zulässig 63 . 5. Werden einer unstreitigen Klageforderung mehrere streitige Gegenforderungen aus demselben Rechtsverhältnis i n eventueller A u f rechnungshäufung entgegengesetzt, die addiert die Klageforderung übersteigen, so ist ein die Klageforderung gestützt auf das Bestehen einer dieser Gegenforderungen abweisendes Teilurteil unzulässig, sofern die restlichen Gegenansprüche bei abweichender Entscheidung i n der Berufungsinstanz auch den dort angefallenen Teil noch ganz oder zumindest teilweise zu Fall bringen könnten. Bei abwei60 61 62 63

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

dazu dazu dazu dazu

oben oben oben oben

§ 5II § 5II § 5II § 5II

1. 2. 3. 4.

118 § 5. D r i t t e Fallgruppe: T e i l u r t e i l bei geltend gemachten Gegenrechten

chender Beurteilung der i m Teilurteil beschiedenen Gegenforderung durch das Berufungsgericht wäre nämlich der entsprechende Teil der Klageforderung ohne Prüfung der i n der ersten Instanz dem Schlußurteil vorbehaltenen Gegenforderungen nicht entscheidungsreif i m Sinne des § 301 ZPO. Das muß das erstinstanzliche Gericht vor Erlaß eines Teilurteils berücksichtigen 64 . 6. Erhebt der Beklagte gegenüber der Klageforderung die Verjährungseinrede, und macht er gleichzeitig Gegenansprüche aus demselben Rechtsverhältnis geltend, teils i m Wege der Widerklage, teils i m Wege der Eventualaufrechnung, so ist ein die Klageforderung wegen Verjährung abweisendes Teilurteil unzulässig. Bei abweichender Entscheidung über die Verjährung durch das Berufungsgericht wäre die Klageforderung nämlich ohne Prüfung der i n der ersten Instanz dem Schlußurteil vorbehaltenen Gegenansprüche nicht entscheidungsreif i m Sinne des § 301 ZPO. Das muß das erstinstanzliche Gericht vor Erlaß eines Teilurteils berücksichtigen 65 . 7. Werden der Klageforderung Gegenansprüche entgegengesetzt, die eine Abrechnung nach der Differenztheorie erforderlich machen, ist der Erlaß eines Teilurteils unzulässig. Die Entscheidungsreife kann i n einem solchen Fall erst nach Abrechnung aller A k t i v - und Passivposten eintreten 6 6 .

64 65 ββ

Vgl. dazu oben § 5 I I 5. Vgl. dazu oben § 5 I I 6. Vgl. dazu oben § 5 I I 6.

Zweiter

Abschnitt

Die Zulässigkeit des Teilurteils bei der eventuellen Klageuhäufung § 6. Der gegenwärtige Meinungsstand I.

Allgemeines

Nach § 260 ZPO können mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten i n einer Klage verbunden werden, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen. Voraussetzung ist allerdings, daß für sämtliche Ansprüche das Prozeßgericht zuständig und dieselbe Prozeßart zulässig ist. Neben dieser kumulativen Klagenhäufung soll nach allgemeiner Auffassung auch eine eventuelle Klagenhäufung zulässig sein 1 . I n diesem Fall macht der Kläger neben dem Hauptanspruch hilfsweise einen zweiten Anspruch für den Fall geltend, daß er m i t dem Hauptanspruch abgewiesen w i r d 2 . Obwohl Eventualklagen also grundsätzlich zulässig sind, bereiten sie immer wieder Schwierigkeiten 3 , was vor allem daran liegt, daß die Zivilprozeßordnung die eventuelle Klagenhäufung nicht regelt. So ist beispielsweise noch umstritten, ob eventuelle Sachanträge uneingeschränkt zulässig sind, oder ob Haupt- und Hilfsantrag i n einem gewissen Zusammenhang stehen müssen. Die herrschende Meinung i m Schrifttum fordert weitgehend, daß Haupt- und Hilfsantrag juristisch oder wirtschaftlich auf dasselbe oder ein gleichartiges Ziel gerichtet sind 4 , oder daß beide aus einem i m wesentlichen gleichen Sachverhalt 1 Baumbach ί Lauterbach, ZPO, A n m . 2 c zu § 260; Bernhardt, ZPR, § 55 I 1 c; Blomeyer, ZPR, § 42 I I I 2; Bruns, ZPR, § 25 I ; Jauernig, ZPR, § 88 I I I ; Nikisch, ZPR, § 45 I I I ; Rosenberg / Schwab, ZPR, § 100 I I I 3; Schönke / Kuchinke, ZPR, § 46 I I ; Stein / Jonas / Schumann (Leipold), ZPO, A n m . I I Β 2 a zu § 260; Thomas / Putzo, ZPO, A n m . 2 c zu § 260; Wieczorek, ZPO, A n m . Β I b zu § 260; Zeiss, ZPR, § 50 I I 1; Zöller, ZPO, A n m . I I 1 zu § 260. Eingehend Brox, Z u r Problematik von H a u p t - u n d Hilfsanspruch, i n : Recht i m Wandel, Festschrift 150 Jahre Carl Heymanns Verlag, 1965, S. 121 ff.; Kion, Eventualverhältnisse i m Zivilprozeß, 1971; Merle, Zur eventuellen Klagenhäufung, Z Z P 83, 436 ff. 2 I n diesem F a l l spricht man von eigentlicher Eventualhäufung. V o n dieser w i r d die sog. uneigentliche Eventualhäufung unterschieden. Der Kläger macht hier den Hilfsanspruch für den F a l l geltend, daß er m i t dem H a u p t anspruch durchdringt. Vgl. i m einzelnen Merle Z Z P 83, 436 ff. 3 Vgl. Merle, ZZP 83, 438. 4 So Bernhardt ZPR, § 5 5 1 1 c; Lang, Α., Die Zulässigkeit bedingter Parteihandlungen i m Zivilprozeß, Münchener Diss. 1954, S. 55; Schwab, Streitgegenstand, S. 81; Rosenberg, ZPR, § 93 I I I 3 b ; Nikisch, ZPR, § 45 I I I 1.

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§ 6. Der gegenwärtige Meinungsstand

abgeleitet werden und i m wesentlichen das gleiche Ziel verfolgen 5 . Die neuere Literatur hält irgendeinen Zusammenhang zwischen Hauptund Hilfsantrag nicht für erforderlich, da m i t den oben genannten Formulierungen keine klare Abgrenzung möglich seien und die Rechtsprechung ohnehin mit der Zulassung von Hilfsansprüchen sehr großzügig verfahre 6 . I m Rahmen der vorliegenden Untersuchung erübrigt es sich, näher auf diese Streitfrage einzugehen 7 . Sie ist jedoch Ausdruck der oben erwähnten Schwierigkeit und zeigt, daß schon i m Bereich der Zulässigkeit der eventuellen Klagenhäufung noch nicht alle Fragen geklärt sind. Aber auch wenn man m i t oder ohne Einschränkungen von der Zulässigkeit der eventuellen Klagenhäufung ausgeht, ergibt sich als weiteres Problem, wie das Gericht die Eventualstellung von Haupt- und Hilfsantrag bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen hat. Dabei ist zunächst zu erläutern, wann eine eventuelle Klagenhäufung gegeben ist. Eine eventuelle Klagenhäufung liegt nur dann vor, wenn allein der durch die Eventualstellung zum Ausdruck kommende Parteiwille dafür maßgebend ist, ob und wann über den Hilfsantrag entschieden w i r d 8 . Wesentliches K r i t e r i u m ist somit die Bindung des Gerichts an eine bestimmte Reihenfolge bei der Entscheidung über die Anträge. Das Gericht darf demnach über den Hilfsanspruch erst dann entscheiden, Wenn die vom Kläger gesetzte Bedingung eintritt 9 7 1 0 , d. h. der Hauptanspruch abgewiesen w i r d 1 1 . Bei der eventuellen Klagenhäufung gibt es mehrere Entscheidungsmöglichkeiten 12 . W i l l das Gericht dem Hauptanspruch stattgeben, so gibt es der Klage statt, ohne über den Hilfsanspruch zu entscheiden. Es erläßt ein Vollendurteil. Der Hilfsanspruch w i r d i n diesem Falle gegen5 So Baumgärtel, Prozeßhandlung, S. 129; Schänke / Schröder / Niese, ZPR, § 50 I I 2 a; Stein / Jonas / Schumann (Leipold), ZPO, A n m . I I Β 2 a zu § 260. • Vgl. Brox, C. Heymanns Fetsschrift, S. 124 u n d Kion S. 52 ff. Ebenfalls f ü r die uneingeschränkte Zulässigkeit: Baumbach / Lauterbach, ZPO, Anm. 2 c zu § 260; Thomas / Putzo, ZPO, A n m . 2 c zu § 260; Wieczorek, ZPO, Anm. Β I I zu § 260. 7 Dazu Kion, S. 52 ff. 8 Vgl. Kion, S. 55. 9 10 / Vgl. Stein / Jonas / Schumann (Leipold), ZPO, A n m . I I 1 zu § 300; Merle, Z Z P 83, 444; Kion, S. 165; R G J W 1899, 433; R G J W 1938, 891; R G Gruchot 43, 1234; R G SA 55, Nr. 44; B G H L M Nr. 6 zu § 301. Würde das Gericht zuerst über den Hilfsanspruch entscheiden, läge darin ein Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO, w e i l sich das Gericht damit über die v o m Kläger gewollte Eventualstellung hinwegsetzen würde. 11 I m F a l l der uneigentlichen Klagenhäufung, daß i h m stattgegeben w i r d . Vgl. A n m . 2. 12 Vgl. Brox, C. Heymanns Festschrift, S. 126 f.; Kion, S. 164 f.; Merle Z Z P 83, 446 f.

I. Allgemeines

121

standslos, da seine Rechtshängigkeit durch die Zuerkennung des Hauptanspruchs auflösend bedingt ist 1 3 . Sind sowohl Haupt- als auch Hilfsanspruch unbegründet, w i r d die Klage abgewiesen. Ist der Hauptanspruch unbegründet, der Hilfsanspruch jedoch begründet, kann das Gericht unter Abweisung des Hauptanspruchs dem Hilfsanspruch stattgeben. Auch dies wäre ein Vollendurteil. I n diesen Fällen ist die Berücksichtigung der Eventualstellung von Haupt- und Hilfsanspruch bei der Entscheidung des Gerichts unproblematisch. Problematisch w i r d sie, wenn das Gericht bei unbegründetem Hauptanspruch ein Teilurteil erlassen w i l l . Die Zulässigkeit des Teilurteils bei der eventuellen Klagenhäufung ist seit jeher umstritten. Das liegt vor allem daran, daß über das Verhältnis von Haupt- und Hilfsantrag lange keine Einigkeit bestand 14 . Aber auch die dogmatische Aufarbeitung dieses Verhältnisses 15 brachte keine Klarheit bezüglich des Teilurteils. Nach § 301 ZPO kann das Gericht durch Teilurteil entscheiden, wenn von mehreren i n einer Klage geltend gemachten Ansprüchen der eine zur Entscheidung reif ist. Es geht n u n um die Frage, ob die prozessuale Situation bei der eventuellen Klagenhäufung diesen Voraussetzungen genügt. I m Rahmen der vorliegenden Untersuchung interessiert diese Frage vor allem deshalb, weil Eventualanträge i n der Praxis sehr häufig vorkommen 1 6 , und auch hier die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen — wenn auch m i t anderer Problematik — i m Mittelpunkt der Diskussion steht. Nachdem sich der Bundesgerichtshof für die Zulässigkeit des Teilurteils bei der eventuellen Klagenhäufung ausgesprochen hat 1 7 , und auch das Schrifttum diese Auffassung nahezu einhellig vertritt 1 8 , könnte eine erneute Untersuchung dieser Frage überflüssig erscheinen. Kion meint sogar, m i t seinen Untersuchungen dürften auch die letzten Zweifel gegen die Zulässigkeit des Teilurteils bei eventuellen Klagenhäufungen ausgeräumt sein 19 . Daß dennoch Zweifel entstehen können, be18 Herrschende Meinung. Vgl. statt aller Blomeyer, ZPR, § 30 V I . Zur Problematik der bedingten Rechtshängigkeit Kion, S. 56 ff. 14

Vgl. Kion, S. 46 ff. Vgl. dazu insbesondere Kion, Eventualverhältnisse i m Zivilprozeß, 1971. 16 Vgl. Rosenberg / Schwab, ZPR, § 100 I I I 3. 17 B G H JR 1971, 331 = N J W 1971, 1316. 18 Vgl. Bahr, JR 1971, 332 ff.; Baumbach / Lauterbach, ZPO, A n m . 2 Β zu § 301; Blomeyer, § 84 I I I 1; Brox, C. Heymanns Festschrift, S. 128; Förster I Kann, ZPO, A n m . 2 d ß zu § 301 ; Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, § 7 I I 2; Hellwig, Lehrbuch, I I I , S. 84; Kion, S. 165 f.; Koll, Z Z P 31, 388; Merle , Z Z P 83, 447 f.; Rosenberg, ZPR, § 93 I V 2; Rosenberg / Schwab, ZPR, § 100 I V 3 b ; E. Schneider, M D R 1976, 93 (94); Stein / Jonas / Schumann (Leipold), ZPO, 19. Aufl., A n m . I I Β 2 b zu § 260 u n d A n m . I I 2 zu § 301. 15

19

Kion, S. 168.

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§ 6. Der gegenwärtige Meinungsstand

weist eine neuere Entscheidung des OLG Düsseldorf, die sich äußerst kritisch m i t der Auffassung des Bundesgerichtshofs auseinandersetzt 20 . II. Die Literatur Gegen die Zulässigkeit des Teilurteils bei der eventuellen Klagenhäufung w i r d zum einen eingewandt, die Voraussetzungen für eine Teilung seien nicht gegeben, da der Kläger nur eine Hechtsfolge für sich i n Anspruch nehme 21 . Sein Begehren sei nämlich auf Zuerkennung entweder des Hauptanspruchs oder des Hilfsanspruchs gerichtet. Zum anderen bestehe die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen i n verschiedenen Instanzen 22 . Der Kläger könne nämlich bei Abweisung des Hauptantrags durch Teilurteil m i t diesem i n der Berufungsinstanz Erfolg haben, gleichzeitig jedoch noch ein positives U r t e i l über den Hilfsantrag i n der ersten Instanz erwirken 2 8 . Die herrschende Meinung 2 4 geht davon aus, daß bei der eventuellen Klagenhäufung mehrere Streitgegenstände rechtshängig werden. Deshalb müsse auch der Erlaß eines Teilurteils möglich sein 25 . Kion ist der Auffassung, selbst wenn der Kläger i m Ergebnis nur eine Rechtsfolge zugesprochen haben möchte, könne dies nichts daran ändern, daß das Gericht bei Abweisung des Hauptantrags doch über beide Ansprüche entscheiden müsse 26 . Deshalb greife der Einwand, der Kläger beanspruche bei der eventuellen Klagenhäufung nur eine Rechtsfolge, nicht durch. Eine Aufteilung sei vielmehr möglich, da die Entscheidung über den Hauptanspruch vom Inhalt des Urteils über den Hilfsanspruch unabhängig sei. Merle meint, bei Abweisung des Hauptanspruchs ver20 O L G Düsseldorf N J W 1972, 1474. Vgl. zu dieser Entscheidung oben § 5 I I 5. 21 Bruns, ZPR, § 251; Schönke ί Schröder / Niese, ZPR, § 50 I I 7; so noch Stein/Jonas, ZPO, 18. Aufl., A n m . I I 2 zu § 260; so auch Wieczorek, ZPO, 1. Aufl., 1957, A n m . Β I I a 2 zu § 301; neuerdings wieder Bülow, D N o T Z 1971, 376 (377); vgl. auch Seuffert / Walsmann, ZPO, A n m . 2 c zu § 260; Goldschmidt, Der Prozeß als Rechtslage, S. 480 A n m . 2538; Bucerius, Z Z P 37, 193 ff. (216 f.). 22 Skonietzky / Gelpke, ZPO, A n m . 5 zu § 301; Petersen, Z Z P 16, 493 ff. (512); vgl. auch Bahr, JR 1971, 332; Brox, C. Heymanns Festschrift, S. 128; Kion, S. 166 u n d Merle, Z Z P 83, 447, die sich — allerdings ablehnend — m i t diesem Argument auseinandersetzen. 23 Es geht hier nicht u m eine inhaltliche oder sachliche Widersprüchlichkeit zwischen T e i l - u n d Schlußurteil i m Sinne der von der Rechtsprechung entwickelten Zulässigkeitsvoraussetzung (vgl. dazu oben § 2), sondern v i e l mehr darum, daß zwei dem H a u p t - u n d dem Hilfsantrag stattgebende E n t scheidungen m i t der Eventualstellung unvereinbar wären. 24 Vgl. A n m . 18. 25 Vgl. Kion, S. 165; Bahr, JR 1971, 332. 2β Kion, S. 165 f. Er weist an dieser Stelle noch darauf hin, daß der Kläger i m F a l l der uneigentlichen Klagenhäufung (vgl. A n m . 2) von vornherein zwei Rechtsfolgen begehre.

II. Literatur

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lange der Kläger zwei Rechtsfolgen, nämlich auch die Entscheidung über den Hilfsanspruch. Deshalb könne der Hauptanspruch auch durch Teilurteil abgewiesen werden 2 7 . Der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen i n den verschiedenen Instanzen glaubt die herrschende Meinung auf verschiedene Weise begegnen zu können. Blomeyer schlägt vor, den Mißstand durch ein „geeignetes Verfahren" nach dem Erlaß des Teilurteils i n erster Instanz zu vermeiden. Dieses Verfahren soll darin bestehen, daß das Instanzgericht nach Erlaß des Teilurteils den Rechtsstreit wegen prozessualer Präjudizialität gemäß § 148 ZPO bis zur Rechtskraft des Urteils über den Hauptanspruch aussetzt 28 . I n der Praxis müßte dies schon deshalb so gehandhabt werden, w e i l sich die A k t e n beim Rechtsmittelgericht befänden. Denselben Weg wollen auch Schumann und Leipold gehen 29 . Eine Aussetzung i n umgekehrter Weise sei nämlich keinesfalls zu empfehlen, da dann die Möglichkeit bestehe, daß das Schlußurteil ergehe und rechtskräftig werde. Das Rechtsmittelgericht sehe sich i n diesem Fall m i t dem Schlußurteil konfrontiert, wenn es das Teilurteil aufheben und den Hauptanspruch zusprechen wolle. Auch Brox sieht i n der Aussetzung nach § 148 ZPO die Lösung zur Vermeidung sich widersprechender Entscheidungen 30 . Gegen diese Auffassung ist vorgebracht worden, daß die Aussetzung nicht geeignet sei, den gegen die Zulässigkeit des Teilurteils erhobenen Einwand zu entkräften 3 1 . Einerseits sei es äußerst zweifelhaft, ob die eine Aussetzung erforderliche Präjudizialität allein durch die Eventualstellung begründet würde und i n allen Fällen eventueller Klagenhäufung gegeben sei. Andererseits könne das Gericht beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 148 ZPO aussetzen, müsse es jedoch nicht. Deshalb bleibe nach dieser Auffassung die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen bestehen. Es komme hinzu, daß diese Gefahr nicht nur bei Erlaß eines Teilurteils, sondern auch dann gegeben sei, wenn über Haupt- und Hilfsanspruch durch Vollendurteil entschieden werde. Auch hier könne i n den verschiedenen Instanzen sowohl dem Haupt- als auch dem Hilfsanspruch entsprochen werden, wenn nämlich allein die Entscheidung über den Hauptanspruch vom Kläger angefochten werde 3 2 . Kion w i l l deshalb das Problem von einem anderen Ausgangspunkt lösen. Seiner Ansicht nach besteht die befürchtete Gefahr sich wider27 28 29 30 31 32

Merle, Z Z P 83, 447. I h m folgend Bähr, JR 1971, 333. Blomeyer, ZPR, § 84 I I I . Stein / Jonas / Schumann (Leipold), ZPO, A n m . I I 2 zu § 301. Brox, C. Heymanns Festschrift, S. 128. Kion S. 166 f. So auch Bähr, JR 1971, 333.

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§ 6. Der gegenwärtige Meinungsstand

sprechender Entscheidungen bei einem richtigen Verständnis der Auswirkungen der Eventualstellung überhaupt nicht. Die mit der Eventualstellung vom Kläger bezweckte Bindung des Gerichts an eine bestimmte Reihenfolge bei seiner Entscheidung über den Haupt- und den Hilfsanspruch sei bis zum rechtskräftigen Abschluß des gesamten Verfahrens von Bedeutung. Das Eventualverhältnis zwischen Haupt- und Hilfsanspruch solle auch für den Fall erhalten bleiben, daß die Entscheidung über den Hauptanspruch i n der höheren Instanz abgeändert werden sollte. Die Eventualstellung habe somit zur Folge, daß nicht nur Haupt- und Hilfsanspruch, sondern auch die Entscheidungen über diese Ansprüche i n einem prozessualen Abhängige keitsverhältnis zueinander stünden. Die Entscheidung über den Hilfsanspruch stehe deshalb unter der stillschweigenden auflösenden Bedingung der Aufrechterhaltung der Entscheidung über den Hauptanspruch. Dies gelte sowohl für den Fall, daß über den Hilfsanspruch i m Rahmen eines Vollendurteils, als auch daß über ihn i m Schlußurteil entschieden werde. Nach Kions Auffassung w i r k t demnach die Eventualstellung nicht nur i m Verhältnis zwischen Haupt- und Hilfsanspruch, sondern auch i m Verhältnis der hierüber ergehenden Entscheidungen. Diese prozessuale Situation sei dem Zivilprozeß auch keineswegs fremd. Gehe dem Endurteil ein selbständig anfechtbares Zwischenurteil nach den §§ 280, 304 ZPO voraus, so sei das Endurteil notwendig bis zum Eintritt der Rechtskraft des Zwischenurteils auflösend bedingt 3 3 . Auch Bahr kommt durch eine Übertragung der für die Zwischenurteile nach §§ 280 und 304 ZPO geltenden Grundsätze zu demselben Ergebnis 34 . Nach dieser Auffassung wäre somit weder eine Aussetzung nach § 148 ZPO erforderlich, noch bestünde die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen. Gäbe das Rechtsmittelgericht nämlich dem Hauptanspruch statt, würde eine Entscheidung über den Hilfsanspruch gegenstandslos, was das Rechtsmittelgericht i n seiner Entscheidung deklaratorisch klarstellen könnte. Zusammenfassend ist zum Meinungsstand i n der Literatur festzuhalten, daß überwiegend der Erlaß eines Teilurteils bei der eventuellen Klagenhäufung für zulässig erachtet wird. Die Bedenken der Gegenmeinung versucht man zum Teil m i t rein praktischen, zum Teil m i t dogmatischen Gesichtspunkten auszuräumen.

33 Vgl. dazu (Leipold), ZPO, 34 Bahr, JR A n m . I I 2 N. 30

Schiedermair, JuS 1961, 282 ff. u n d Stein / Jonas / Schumann A n m . I I I 4 zu § 304. 1971, 333; ebenso Stein / Jonas / Schumann (Leipold), ZPO, zu § 301.

I I I . Die Rechtsprechung

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I I I . Die Rechtsprechung Die Rechtsprechung hat sich speziell zur Frage der Zulässigkeit von Teilurteilen bei eventueller Klagenhäufung — soweit ersichtlich — nur selten geäußert 35 . Dennoch werden i n den wenigen Entscheidungen, die es zu diesem Problem gibt, alle auch i n der Literatur vorgebrachten Argumente für oder gegen die Zulässigkeit des Teilurteils berücksichtigt. Das Reichsgericht hat, lange bevor es die erste Entscheidung zur eventuellen Klagenhäufung 3 6 erließ und diese theoretisch aufgearbeitet war, die Zulässigkeit eines Teilurteils i n einem Fall bejaht, i n dem der Kläger Anträge „ i n erster u n d zweiter Reihe" gestellt hatte 3 7 . I n erster Linie hatte der Kläger die Feststellung begehrt, daß der Beklagte nicht berechtigt sei, von i h m weitere gewerbliche Tätigkeit zu verlangen. I n zweiter Linie hatte er beantragt, festzustellen, daß der Beklagte keine andere als die bisher für i h n geleistete Tätigkeit von i h m verlangen dürfe. Das Berufungsgericht hatte über diese beiden Ansprüche durch Teil- und Schlußurteil entschieden. Das Reichsgericht mußte auf die Rüge, es hätte nur einheitlich entschieden werden dürfen, die Zulässigkeit des Verfahrens prüfen. Für diesen Fall, den man inzwischen als eventuelle Klagenhäufung bezeichnen würde, hat das Reichsgericht die Voraussetzungen des § 301 ZPO als gegeben erachtet. Da beide Anträge auf tatsächlich und rechtlich verschiedener Grundlage beruhten, stellten sie auch mehrere i n einer Klage geltend gemachte Ansprüche i m Sinne des § 301 ZPO dar 3 8 . Sie stünden zwar untereinander i n dem Verhältnis, daß der i n zweiter Linie stehende Antrag sich bei Stattgabe des ersten erledigt hätte, doch dieser Fall sei nicht eingetreten. Gerade bei Abweisung des ersten erlange der zweite Anspruch die Bedeutung, daß nunmehr über i h n eine weitere Entscheidung zu treffen sei. Bei dieser Sachlage habe das Berufungsgericht völlig sachgemäß nach § 301 ZPO über den i n erster Linie erhobenen, zur Entscheidung reifen A n spruch durch Teilurteil entschieden. Folgerichtig habe erst nach Erhebimg der noch erforderlichen Beweise der i n zweiter Linie geltend gemachte Anspruch durch Schlußurteil erledigt werden können. Dies ist der einzige vom Reichsgericht entschiedene Fall, i n dem die eigentliche Entscheidung von dem hier zu erörternden Problem, d. h. 35 Da die eventuelle Klagenhäufung i n der Praxis schon i m m e r häufig v o r k a m u n d von den Gerichten stillschweigend f ü r zulässig erachtet wurde, ohne dogmatisch geklärt zu sein, ging es mehr u m die Fragen der Anfechtbarkeit u n d Abgrenzung zu Zwischenurteilen, w e n n über Teilurteile i m Rahmen eventueller Klagenhäufungen entschieden wurde. Vgl. O L G Colmar, Z Z P 41, 405 ff.; RGZ 42, 407 ff.; RGZ 45, 318; RGZ 50, 273 ff. (278). 38 RGZ 77, 120 ff. 37 R G J W 1902, 251 Nr. 9. 38 So auch O L G Colmar Z Z P 41, 406.

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§ 6. Der gegenwärtige Meinungsstand

von der Frage der Zulässigkeit des Teilurteils bei der eventuellen K l a genhäufung abhing. Das Reichsgericht hat also, ohne die aus seiner A u f fassung entstehenden prozessualen Schwierigkeiten zu erörtern, die Zulässigkeit des Teilurteils angenommen. Aus dem obiter dictum einer sehr viel später ergangenen Entscheidung ergibt sich dann auch, daß das Reichsgericht den Erlaß eines Teilurteils bei Eventualklagen grundsätzlich für zulässig hielt 3 9 . Dennoch w i r d gerade die erste ausführlichere Entscheidung des Reichsgerichts zur eventuellen Klagenhäufung 4 0 immer wieder für die Gegenansicht zitiert 4 1 . Dies geschieht jedoch zu Unrecht. I n jener Entscheidung ging es u m ein ganz anderes Problem, nämlich u m die Frage, ob der Hilfsantrag ohne weiteres i n die Berufungsinstanz gelangt, wenn dem Hauptantrag stattgegeben worden ist. Weder bei den Ausführungen zu dieser Frage, die i m Ergebnis bejaht wird, noch bei denen zur eventuellen Klagenhäufung finden sich aber Hinweise dafür, daß das Reichsgericht den Erlaß eines Teilurteils bei eventueller Klagenhäufung für unzulässig gehalten hätte. Es bleibt somit festzuhalten, daß das Reichsgericht gegen die Zulässigkeit des Teilurteils bei der eventuellen Klagenhäufung keine Einwände hatte. I n einer zweiten Entscheidung, die den hier interessierenden F a l l behandelt und noch i n die Zeit der Rechtsprechung des Reichsgerichts fällt, hat sich das OLG Hamburg gegen die Zulässigkeit des Teilurteils bei der eventuellen Klagenhäufung ausgesprochen 42. Die Argumente, mit denen das Gericht die Zulässigkeit des Teilurteils verneint, bilden noch heute die Grundlage der Gegenansicht. Das Gericht untersucht die Frage, ob die Vorschrift des § 301 ZPO bei sinngemäßer Auslegung auch auf den Fall der eventuellen Klagenhäufung analog anwendbar sei, und kommt dabei zu einem negativen Ergebnis. Der Sinn des § 301 ZPO sei, daß bei Entscheidungsreife eines rein quantitativen Teiles des Streitgegenstandes, der von dem Fortgange des übrigen Prozesses nicht berührt werde, durch Erlaß eines Teilurteils der Klärung des Prozeßstoffes und der schnellen Entscheidung über den spruchreifen Teil gedient werden solle. Bei der eventuellen Klagenhäufung werde jedoch m i t dem Urteil über den Hauptanspruch nicht über einen quantitativen Teil des Streitgegenstandes entschieden, Haupt- und Eventualanspruch bildeten vielmehr ein „einheitliches Ganzes". Der Eventualanspruch sei bedingt durch das Nichtbestehen des Hauptanspruchs. Daraus ergebe sich, daß die Entscheidung über den Hauptanspruch stets von Wirkung auf das Bestehen oder Nichtbestehen des Eventualanspruchs sei. Die Erwägungen, die zur Aufnahme der Vorschrift des § 301 ZPO geführt 39 40 41 42

Vgl. RGZ 102, 174 ff. RGZ 77, 120 ff. Vgl. Wieczorek, ZPO, A n m . Β I I b zu § 301; B G H JR 1971, 332. O L G H a m b u r g O L G Rspr. 33, 63 = Z Z P 47, 165 f.

I I I . Die Rechtsprechung

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hätten, paßten daher nicht auf den Fall einer nur eventuellen Klagenhäufung. Angesichts des Ineinandergreifens von Haupt- u n d Eventualanspruch verbiete sich deshalb die analoge Ausdehnung des § 301 ZPO. Sie entspräche auch weder einem praktischen Bedürfnis noch könne sie für zweckmäßig erachtet werden, da andernfalls die Möglichkeit bestünde, daß i n verschiedenen Instanzenzügen sowohl dem Hauptwie auch dem Eventualanspruch entsprochen werden könnte. Ein Teilurteil sei daher bei der eventuellen Klagenhäufung prozessual unzulässig. Da nahezu alle Autoren, die das Teilurteil bei der eventuellen K l a genhäufung für unzulässig halten, dieselben Gründe anführen 4 3 , verdient die Argumentation des Gerichts eine nähere Betrachtung. Zunächst werden die Voraussetzungen für den Erlaß eines Teilurteils bei nur einem Streitgegenstand (§ 301 Abs. 1 2. A l t . ZPO „ T e i l eines A n spruchs") aufgezählt, deren Vorliegen i m F a l l der eventuellen Klagenhäufung dann aber verneint. Die Einheitlichkeit von Haupt- und Hilfsanspruch stehe einer Teilbarkeit entgegen. Ausgehend von dieser Einheitlichkeit prüft das Gericht also nur die Voraussetzungen für ein Teilurteil bei Vorliegen eines Streitgegenstandes. Die Betrachtung von Haupt- und Hilfsanspruch als einheitlichem Ganzen geht zurück auf die schon erwähnte Entscheidung des Reichsgerichts zur eventuellen K l a genhäufung, betraf dort aber eine andere Situation 4 4 . Der Kläger hatte i n erster Linie wegen behaupteter Nichtigkeit von Kauf, Auflassung und Eintragung seines Grundstückes für den Beklagten auf Grundbuchberichtigung gemäß § 894 BGB geklagt. Hilfsweise hatte er die Vereinbarung eines Rückkaufsrechts vorgetragen, den Wiederkauf erklärt und Rückübertragung des Grundstücks beantragt. Das Landgericht hatte nun nach dem Hauptantrag erkannt, ohne auf den Eventualantrag einzugehen. Dagegen legte der Beklagte Berufung ein; der Kläger beantragte lediglich deren Verwerfung. Das Oberlandesgericht gab der Berufung durch Teilurteil statt, entschied jedoch nicht über den Hilfsantrag, da es diesen für noch beim Landgericht anhängig ansah. Hiergegen legte nun der Kläger Revision ein, weil er meinte, das Berufungsgericht hätte selbst über den Hilfsantrag entscheiden müssen. Problematisch w a r also, ob bei einer Berufung gegen das dem Hauptantrag stattgebende Urteil automatisch auch der Hilfsanspruch i n die Berufungsinstanz erwächst. Bei der Lösung dieses Problems ging es dem Reichsgericht darum, die Annahme einer bedingten Rechtshängigkeit hinsichtlich des Hilfsanspruchs zu verneinen. Danach sollte ein den 43

Vgl. beispielsweise Bülow, D N o T Z 1971, 376 (377). Vgl. RGZ 77, 125 u n d oben S. 126. I n der Berufung auf diese E n t scheidung könnte vielleicht der G r u n d liegen, weshalb das Reichsgericht i r r t ü m l i c h immer wieder f ü r die Meinung des O L G H a m b u r g (OLG 33, 64) zitiert w i r d . 44

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§ 6. Der gegenwärtige Meinungsstand

Hauptanspruch zuerkennendes Urteil i m Hinblick auf § 537 ZPO zugleich ein den Hilfsanspruch „aberkennendes" Urteil darstellen 45 , d. h. ein einheitliches Urteil über beide Ansprüche, damit das Berufungsgericht auf die Berufung des Beklagten auch über den Hilfsanspruch entscheiden könne. Nicht gemeint war also, daß Haupt- und Hilfsanspruch nur einen Streitgegenstand bilden sollten. Es handelte sich nämlich, wie gezeigt, auch bei der Reichsgerichtsentscheidung u m zwei selbständige prozessuale Ansprüche. Die Einheitlichkeit bezog sich som i t auf die Entscheidung i m Hinblick auf § 537 ZPO. Das scheint das OLG Hamburg zu verkennen, wenn es lediglich die Voraussetzungen des Teilurteils bei einem Streitgegenstand (§ 301 Abs. 1 2. A l t . ZPO) prüft. Da auch seiner Entscheidung mehrere eventual verbundene Streitgegenstände zugrunde lagen 46 , hätte es die Voraussetzungen eines Teilurteils für diesen Fall (§ 301 Abs. 1 1. A l t . ZPO) bei der eventuellen Klagenhäufung untersuchen müssen. Insoweit ist die Argumentation des OLG Hamburg inkonsequent und vermag i n diesem Punkt nicht zu überzeugen. Erkannt w i r d allerdings, und das ist noch heute der entscheidende Einwand gegen die Zulässigkeit des Teilurteils bei der eventuellen Klagenhäufung, daß die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen i n den verschiedenen Instanzen besteht. Der Bundesgerichtshof ist nach und nach i n zwei Entscheidungen zur generellen Zulässigkeit des Teilurteils bei der eventuellen Klagenhäufung gekommen 47 . Die erste Entscheidung 48 betraf einen Fall, bei dem die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen auch bei Erlaß eines Teilurteils nicht gegeben war. Das Berufungsgericht hatte sowohl den Haupt- als auch den Hilfsanspruch abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hielt die Revision gegen die Abweisung des Hauptanspruchs für unbegründet, der Hilfsanspruch war jedoch noch weiterer Prüfung bedürftig. Es stellte sich nun die Frage, ob die Revision nur hinsichtlich des Hauptanspruchs zurückgewiesen und allein wegen des Hilfsanspruchs zurückverwiesen werden konnte. Dann hätte der Hauptanspruch durch Teilurteil abgewiesen werden müssen. I n seinem Urteil hielt der Bundesgerichtshof ein Teilurteil unter Darstellung des Meinungsstreits i n diesem Fall für unbedenklich und sogar geboten, weil die Entscheidung 45

Vgl. RGZ 77, 125. Dies geht trotz fehlenden Sachverhalts aus der Einleitung hervor. Vgl. Z Z P 47, 165. 47 Zwischen diese beiden Urteile des Bundesgerichtshofs f ä l l t eine E n t scheidung des Bundesarbeitsgerichts, i n der ein T e i l u r t e i l über einen von mehreren Eventualanträgen f ü r unzulässig gehalten w i r d , da der Kläger n u r eine Rechtsfolge begehre. Vgl. B A G N J W 1957, 1047 (1048). Das Bundesarbeitsgericht beruft sich ohne nähere Erörterung des Problems auf die Kommentierung von Stein! Jonas, ZPO, 18. Aufl., A n m . 112 zu § 260, w o diese Ansicht vertreten wurde. Vgl. A n m . 21. 48 B G H L M Nr. 6 zu § 301 ZPO. 46

I I I . Die Rechtsprechung

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nicht mehr i n Frage gestellt werden könne. Für alle anderen Fälle ließ er jedoch die Frage ausdrücklich offen. Erst i n der zweiten Entscheidung 49 bekennt er sich dann endgültig zur allgemeinen Zulässigkeit des Teilurteils bei der eventuellen K l a genhäufung. Zur Begründung führt er aus, die Entscheidung über den Hauptanspruch hänge nicht von der über den Hilfsanspruch ab. Deshalb sei die Ansicht, es handele sich bei Haupt- und Hilfsanspruch u m ein „einheitliches Ganzes" das nicht zerrissen werden könne, nicht überzeugend 50 . Erforderlich sei nur, daß m i t der Entscheidung über den Hauptantrag derjenigen über den Hilfsantrag nicht vorgegriffen werde. Der zweite Einwand gegen die Zulässigkeit, die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen i n den verschiedenen Instanzen, ist nach Ansicht des Bundesgerichtshof ohne praktische Bedeutung. Dadurch, daß das erstinstanzliche Gericht den Hauptanspruch durch Teilurteil abweise, gebe es bereits zu erkennen, daß es, u m unnötige Arbeit zu vermeiden, die Rechtskraft dieser Entscheidimg abwarten wolle, bevor es über den Hilfsanspruch entscheide. Hierzu wäre es auch meist gar nicht i n der Lage, weil sich i m Fall eines Rechtsmittels gegen das Teilurteil die A k t e n beim Berufungsgericht befänden, i h m somit die Unterlagen für eine Entscheidung über den Hilfsanspruch fehlten. Daß der V I I . Senat i n dieser Entscheidung noch einmal das Reichsgericht für die Gegenansicht zitiert und sich damit auseinandersetzt, verdient besondere Beachtung. I n der ersten Entscheidung des Bundesgerichtshofs ( L M Nr. 6 zu § 301 ZPO) hatte der V. Senat nämlich ausdrücklich und zutreffend klargestellt, RGZ 77, 120 ff. könne zu dieser Frage gar nicht herangezogen werden, da dort ein anderes Problem behandelt werde. Diese Widersprüchlichkeit spricht für sich selbst. So war dann auch m i t diesem Urteil die Diskussion noch nicht beendet. Das OLG Düsseldorf hat sich den Ausführungen des Bundesgerichtshofs, was die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen betraf, nicht angeschlossen, sondern unterzog sie heftiger K r i t i k 5 1 . Zunächst kritisiert das OLG Düsseldorf, daß der Bundesgerichtshof die Möglichkeit widersprüchlicher Entscheidungen „ i n ziemlich allgemeinen Ausführungen" als theoretisch und ohne praktische Bedeutung 49

Vgl. B G H JR 1971, 331 f. = N J W 1971, 1316. Auch der Bundesgerichtshof scheint das Reichsgericht Bd. 77, 120 ff. mißzuverstehen, w e n n er sich auf diese Entscheidung f ü r die Gegenansicht beruft. Vgl. oben S. 126 ff. u n d die folgenden Ausführungen. 51 O L G Düsseldorf N J W 1972, 1474 ff. Dies ist u m so erstaunlicher, als es i n der Entscheidung des O L G Düsseldorf nicht unmittelbar u m die Frage der Zulässigkeit des Teilurteils bei der eventuellen Klagenhäufung ging. Vgl. oben § 5 I I 5. Dennoch sah sich das O L G veranlaßt, i n seinem obiter d i c t u m zu der Auffassung des Bundesgerichtshofs Stellung zu nehmen. 50

9 de Lousanoff

§ 6. Der gegenwärtige Meinungsstand

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abtue 52 . Es möge zwar i m Einzelfall zutreffen, daß es zu keinen widersprüchlichen Entscheidungen komme, weil sich die A k t e n beim Rechtsmittelgericht befänden, diese Erwägungen könnten aber „nichts hergeben", wenn das erstinstanzliche Gericht eine andere Praxis entfalte 5 8 . Gerade die Zivilkammer des Landgerichts, über dessen Teilurteil das Gericht zu befinden habe, verfahre durchweg anders. Sie wolle dem Gebot der zügigen Herbeiführung der Entscheidungsreife Rechnung tragen und strebe deshalb das Schlußurteil ohne Rücksicht darauf an, wie der Stand der Berufung gegen das Teilurteil sei. Es würden Zweitakten angelegt und Beweisaufnahmen für die weitere Entscheidung durchgeführt. Da das erstinstanzliche Gericht an einem solchen Verfahren prozeßrechtlich nicht gehindert sei, insbesondere nicht die Entscheidung der höheren Instanz abzuwarten brauche, unterstütze das Oberlandesgericht dieses Verfahren, indem es zwischenzeitlich die A k t e n m i t benötigten Unterlagen für Beweisaufnahmen oder die Schlußentscheidung der Kammer zur Verfügung stelle. Dies sei bei zulässigen Teilurteilen sogar sehr angebracht 54 . I n einem solchen Fall sei es auch schon zum Schlußurteil der Kammer gekommen, bevor über die Berufung gegen das vorausgegangene Teilurteil verhandelt werden konnte. Das OLG Düsseldorf zieht dann aus seiner K r i t i k die Schlußfolgerung, daß die Frage der Zulässigkeit des Teilurteils nicht m i t grundsätzlichen Erwägungen darüber, wie die erstinstanzlichen Gerichte i m allgemeinen verfahren würden, gelöst werden könne. Die grundsätzliche Frage der Zulässigkeit eines Teilurteils sei vielmehr nur aus der gesetzlichen Norm des § 301 ZPO heraus zu beantworten, nicht jedoch mit i m Gesetz nicht verankerten Gedanken über die allgemeine Gerichtspraxis 55 . Damit endet der Überblick über die Entwicklung der Rechtsprechung. Zusammenfassend läßt sich hier bemerken, daß m i t der Entscheidung des Bundesgerichtshofs für die Zulässigkeit des Teilurteils bei Eventualklagen das Problem für die Praxis nur scheinbar geklärt ist. Es hat sich gezeigt, daß die Gründe für diese Lösung das Ergebnis nicht zu rechtfertigen vermögen.

52 63 54 55

OLG OLG OLG OLG

Düsseldorf Düsseldorf Düsseldorf Düsseldorf

NJW NJW NJW NJW

1972, 1972, 1972, 1972,

1475. 1475. 1475. 1475.

I. K r i t i k

131

§ 7. Kritik der verschiedenen Auffassungen und eigener Lösungsvorschlag I.

Kritik

Bei einer Analyse der verschiedenen Auffassungen drängt sich der Eindruck auf, daß i n erster Linie vom Ergebnis her argumentiert wird. Dies machen einige Widersprüchlichkeiten innerhalb der verschiedenen Meinungen deutlich. So soll beispielsweise ein Teilurteil bei eventueller Klagenhäufung nach der Auffassung von Brox zwingend geboten sein, wenn der K l ä ger den Hilfsanspruch nur unter der Bedingung gestellt hat, daß die Abweisung des Hauptanspruchs rechtskräftig sei 66 . Die Rechtskraft hinsichtlich des Hauptanspruchs sei hier nur durch Teilurteil zu erzielen. Kion, der grundsätzlich auch die Zulässigkeit des Teilurteils bei Eventualklagen bejaht, ist dagegen der Ansicht, dem Kläger sei es verwehrt, die Entscheidung über den Hilfsanspruch von der rechtskräftigen Entscheidung über den Hauptanspruch abhängig zu machen 57 . Darin ist i h m auch zuzustimmen, da dies zu einer notwendigen Aufspaltung des Prozesses führt, und, wie er zutreffend ausführt, die Entscheidung über den Hilfsanspruch damit vom Ausgang eines anderen Prozesses abhängig gemacht würde. Die rechtskräftige Entscheidung über den Hauptanspruch sei deshalb kein innerprozessuales Ereignis mehr und stelle somit eine unzulässige Bedingung dar. Die Entscheidung über den Hilfsantrag von der rechtskräftigen Entscheidung über den Hauptantrag abhängig zu machen, ist somit unzulässig. A u f der anderen Seite w i r d die Zulässigkeit des Teilurteils verneint, weil der Kläger nur eine Rechtsfolge begehre 58 . Zugleich w i r d aber gesagt, i m Fall der Abweisung des Hauptanspruchs müsse über den Hilfsanspruch — i m Ergebnis also über beide — entschieden werden. Daß der Kläger hier doch zwei Entscheidungen und damit zwei Rechtsfolgen für sich i n Anspruch nimmt, w i r d nicht gesehen. Insoweit ist daher jede der Auffassungen i n sich nicht ganz konsequent. Bei der Frage nach der Zulässigkeit des Teilurteils i m Rahmen eventueller Klagenhäufung ist zunächst davon auszugehen, daß mehrere prozessuale Ansprüche rechtshängig werden 5 9 . Nach § 301 Abs. 1 1. A l t . ZPO kann i n diesem Fall ein Teilurteil ergehen, wenn von mehreren i n einer Klage geltend gemachten Ansprüchen der eine zur Entscheidung 66 Brox, C. Heymanns Festschrift, S. 129; Koll w i l l den Hilfsantrag gener e l l so auslegen, daß er n u r bei rechtskräftiger Abweisung des Hauptantrages gestellt sei. Vgl. Z Z P 31, 388 (389). 57 Kion, S. 164. 68 Vgl. Bruns, ZPR, § 25 I I . 59 Zutreffend Bähr, JR 1971, 332; vgl. auch Blomeyer, ZPR, § 42 I I I 2 a.

9*

132

§ 7. K r i t i k u n d eigener Lösungsvorschlag

reif ist. Von daher wäre es an sich, wie schon Hellwig betont 6 0 , inkonsequent, ein Teilurteil über den Hauptanspruch für unzulässig zu halten. Nach B a h r 6 1 ist diese Schlußfolgerung auch nichts anderes als die Umkehrung der Erkenntnis von Nikisch, daß der eigentliche Prüfstein für das Vorliegen einer Mehrheit von prozessualen Ansprüchen die Frage sei, ob über einen der geltend gemachten Ansprüche ein Teilurteil ergehen könne 6 2 . Liegen demnach bei entscheidungsreifem Hauptantrag grundsätzlich die Voraussetzungen für den Erlaß eines Teilurteils vor, können sich Bedenken gegen die Zulässigkeit des Teilurteils nur aus den m i t der Eventualstellung verbundenen Folgen ergeben. Es geht dabei vor allem u m den Haupteinwand gegen die Zulässigkeit des Teilurteils bei der eventuellen Klagenhäufung, die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen. Während das von der Rechtsprechung i m Rahmen der Formel entwickelte Verbot sich widersprechender Entscheidungen 63 als völlig unklar und wenig überzeugend abgetan werden mußte 6 4 , so gibt es doch für die Frage nach der Zulässigkeit des Teilurteils bei der eventuellen Klagenhäufung den Ausschlag. Die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen besteht bei der eventuellen Klagenhäufung anerkanntermaßen dann, wenn das erstinstanzliche Gericht den Hauptanspruch durch Teilurteil abweist. I m weiteren Prozeßverlauf könnte nämlich das erstinstanzliche Gericht dem Hilfsanspruch stattgeben, während das Berufungsgericht unter Aufhebung des Teilurteils dem Hauptanspruch stattgibt. Anders als i n der von der Rechtsprechung verwendeten Formel hat das K r i t e r i u m der Widersprüchlichkeit i m Sinne widersprüchlicher Entscheidungen i n den verschiedenen Instanzen bei der eventuellen Klagenhäufung also einen ganz konkreten Inhalt. Die Möglichkeit, daß sowohl dem Hauptantrag als auch dem Hilfsantrag entsprochen wird, widerspricht geradezu dem Sinn der eventuellen Klagenhäufung. Die Frage nach der Zulässigkeit des Teilurteils bei eventueller Klagenhäufung hängt deshalb davon ab* ob man diese Möglichkeit irgendwie ausschließen kann. Daß ein „geeignetes Verfahren", wie es Blomeyer vorschlägt 65 , hier keine Abhilfe schafft und das Problem entgegen der Ansicht des Bundesgerichtshofs durchaus praktische Bedeutung haben kann 6 6 , ist bereits dargelegt wor60 Hellwig Lb., I I I , S. 84. Allerdings bezieht er sich auf den damaligen Streit, ob den Prozeßstoff teilweise erledigende Urteile als T e i l - oder Z w i schenurteile zu qualifizieren sind. 61 Bahr JR 1971, 332. 62 Nikisch, Streitgegenstand, S. 116. M Vgl. RGZ 151, 381 (384); OGHZ 3, 20 (24); B G H Z 20, 312; B G H L M Nr. 5 zu § 843 B G B ; B G H N J W 1960, 339. Dazu oben § 3. 64 Vgl. dazu die Zusammenfassung zur 1. Fallgruppe oben § 3 I I I . 05 Blomeyer, ZPR, § 84 I I I 1 b ; vgl. dazu Kion, S. 166. ββ B G H N J W 1971, 1316; vgl. dazu O L G Düsseldorf N J W 1972, 1474 ff.

I. K r i t i k

133

den 67 . Eine Aussetzung des Verfahrens nach § 148 ZPO ist i n der Hegel eben nur fakultativ 6 8 und erst recht nicht nach Erlaß eines Teilurteils prozeßrechtlich vorgesehen 69 . M i t dieser Lösung läßt sich der Einwand gegen die Zulässigkeit des Teilurteils jedenfalls nicht abtun. Erwägenswert bleibt daher die Auffassung Kions, der die Zulässigkeit des Teilurteils mit der Eventualstellung begründet 70 . Danach soll die Entscheidung über den Hilfsanspruch von der Aufrechterhaltung der Entscheidung über den Hauptanspruch auflösend bedingt sein 71 , eine Situation die dem Zivilprozeß keineswegs fremd sei. Auch bei den selbständig anfechtbaren Zwischenurteilen nach den §§ 280, 304 ZPO sei das Endurteil auflösend bedingt 7 2 . Ob sich diese Paralelle allerdings ziehen läßt, ist äußerst fraglich. Ein Zwischenurteil nach § 280 ZPO stellt die Zulässigkeit der Klage i n Frage 73 . Daß ein Endurteil durch die Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage auflösend bedingt sein muß, bedarf keiner Erörterung. Ebenso einleuchtend ist es, daß ein Urteil über die Höhe eines Schadensersatzanspruchs keinen Bestand haben kann, wenn die höhere Instanz den Anspruch schon dem Grunde nach für unbegründet erachtet. I n beiden Fällen ist dem Kläger von vornherein klar, daß sich w i dersprüchliche Entscheidungen ergeben können, und, wenn dieser Fall eintreten sollte, die Entscheidung der höheren Instanz das Endurteil des erstinstanzlichen Gerichts gegenstandslos werden läßt. Es kommt hinzu, daß er es selbst ist, der die Möglichkeit sich widersprechender Entscheidungen erst eröffnet. Sowohl i m Fall des § 280 (Abs. 2) ZPO als auch bei § 304 (Abs. 2) ZPO w i r d nämlich nur auf Antrag weiter verhandelt. Die Möglichkeit widersprüchlicher Entscheidungen ist daher der prozessualen Situation bei den selbständig anfechtbaren Zwischenurteilen gemäß §§ 280 und 304 ZPO nach Stellung des Antrags geradezu immanent. Bei der eventuellen Klagenhäufung w i r d jedoch erst durch das den Hauptanspruch abweisende Teilurteil die Möglichkeit sich widerspre67

Siehe oben S. 123 u n d 130. Das g i l t nicht f ü r den Fall, daß m i t einer öffentlich-rechtlichen Gegenforderung aufgerechnet w i r d . Β G H Z 16, 124 ff. Dazu Mittenzwei, Die A u s setzung des Prozesses zur K l ä r u n g von Vorfragen, S. 151 ff. (152). 69 Z u r Aussetzung des Berufungsverfahrens über ein T e i l u r t e i l bis zur Entscheidung der Restsache i n der 1. Instanz vgl. O L G Düsseldorf N J W 1974, 2010. 70 Siehe oben S. 123 f. 71 So auch Bähr JR 1971, 332 f. 72 Vgl. hierzu Schiedermair JuS 1961, 215 m i t eingehender Begründung; Blomeyer, ZPR, § 83 V I I 3; Stein / Jonas / Schumann (Leipold), ZPO, A n m . I V 1 zu § 275 u n d A n m . I I I 4 zu § 304. 73 Vgl. statt aller Blomeyer ZPR, § 83 I V . 68

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§ 7. K r i t i k u n d eigener Lösungsvorschlag

chender Entscheidungen geschaffen 74 . Insoweit ist diese Möglichkeit i m Gegensatz zu den selbständig anfechtbaren Zwischenurteilen (§§ 280, 304 ZPO) der prozessualen Situation bei der eventuellen Klagenhäufung gerade nicht immanent und von der Zivilprozeßordnung nicht vorgezeichnet. Nur wenn das der Fall wäre, könnte der Vergleich zu der prozessualen Situation bei den selbständig anfechtbaren Zwischenurteilen (§§ 280, 304 ZPO) w i r k l i c h überzeugen. Es kommt hinzu, daß auch die Auffassung Kions nicht zur Vermeidung widersprüchlicher Entscheidungen führt. Die Annahme, bis zur Rechtskraft des Teilurteils sei das Schlußurteil auflösend bedingt, ist nur eine Konstruktion, m i t der die Wirkung zweier sich widersprechender Entscheidungen vermieden wird. Diese Konstruktion kann aber nicht verhindern, daß zunächst zwei widersprüchliche Entscheidungen ergehen. Das aber widerspricht dem Sinn der Eventualstellung 7 5 . Es ist etwas ganz anderes, ob die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen von vornherein ausgeschlossen wird, oder ob man ihren Folgen damit begegnet, daß man die eine von zwei sich widersprechenden Entscheidungen für gegenstandslos erk l ä r t 7 6 . I m ersten Fall kommt es nämlich gar nicht erst zum Erlaß zweier widersprüchlicher Entscheidungen. Die Annahme, das Schlußurteil sei bis zur Rechtskraft des Teilurteils auflösend bedingt, löst daher nur scheinbar das Problem widersprüchlicher Entscheidungen. Sie muß diese eben erst einmal i n Kauf nehmen. Widersprüchliche Entscheidungen können aber gerade bei der eventuellen Klagenhäufung nicht hingenommen werden, da sie den i m Eventualverhältnis stehenden Anträgen des Klägers zuwiderliefen (§ 308 ZPO). Insoweit vermag auch die Auffassung von Kion den Einwand gegen die Zulässigkeit des Teilurteils bei der eventuellen Klagenhäufung nicht zu entkräften 7 7 . 74

Einzige Ausnahme davon ist der ziemlich unwahrscheinliche Fall, daß, w e n n das Gericht i n einer Entscheidung über H a u p t - u n d Hilfsanspruch entscheidet u n d den Hauptanspruch unter Stattgabe des Hilfsanspruchs abweist, der Kläger die Entscheidung über den Hauptanspruch anficht. Gäbe das Berufungsgericht dem Hauptanspruch statt, lägen i n der Tat auch bei einer einheitlichen Entscheidung über H a u p t - u n d Hilfsanspruch zwei w i d e r sprüchliche Entscheidungen vor. Aber w a r u m sollte der Kläger erst die eventuelle Klagenhäufung wählen, u m dann bei Obsiegen m i t seinem H i l f s anspruch doch noch die Abweisung des Hauptanspruchs anzufechten. Hätte er dann nicht von vornherein n u r diesen Anspruch eingeklagt? Diese Ausnahme scheint daher mehr theoretischer N a t u r zu sein. Aber selbst w e n n m a n einen solchen F a l l annimmt, wäre die Sachlage eine andere. B e i m T e i l u r t e i l geht es darum, ob m i t seinem Erlaß die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen i n den verschiedenen Instanzen zwischen T e i l - u n d Schlußu r t e i l entsteht. Außerdem würde i n einem solchen F a l l die Gefahr w i d e r sprüchlicher Entscheidungen i n den verschiedenen Instanzen durch den Kläger selbst u n d nicht durch die A r t der Gerichtsentscheidung verursacht. 75 Auch nach der von der Rechtsprechung entwickelten Formel reicht j a f ü r die Unzulässigkeit bereits die Möglichkeit eines Widerspruchs. Vgl. dazu § 2. Bei konsequenter A n w e n d u n g müßte sie deshalb zu demselben Ergebnis kommen. 76 So der Vorschlag von Bahr JR 1971, 333.

I I . Eigener Lösungsvorschlag

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IL Eigener Lösungsvorschlag Die Frage der Zulässigkeit des Teilurteils bei der eventuellen K l a genhäufung muß aus der gesetzlichen Norm des § 301 ZPO heraus beantwortet werden 7 8 . Bei Einführung dieser Vorschrift i n die Zivilprozeßordnung dachte man nur an eine quantitative Teilung des Prozeßstoffes 79 . Ein Teilurteil gemäß § 301 ZPO sollte zur zweckmäßigen Ausgestaltung des Verfahrens eine endgültige und vom Schlußurteil unabhängige Teilbeendigung des Prozesses ermöglichen 80 . Bei der eventuellen Klagenhäufung kann ein den Hauptanspruch i n der ersten Instanz abweisendes Teilurteil diesen Zweck jedoch nicht erfüllen, da, wie sich gezeigt hat, die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen i n den verschiedenen Instanzen nicht zu vermeiden ist. Nur wenn das Teilurteil sofort rechtskräftig wird, also bei Berufungsentscheidungen des Landgerichts oder Entscheidungen des Revisionsgerichts, besteht diese Gefahr nicht. I n diesen Fällen kann deshalb auch bei der eventuellen K l a genhäufung ein Teilurteil für zulässig angesehen werden 8 1 . Für alle anderen Fälle ist jedoch die Zulässigkeit des Teilurteils bei der eventuellen Klagenhäufung entgegen der herrschenden Meinung i n Lehre und Rechtsprechung zu verneinen. Es besteht auch keinerlei praktisches Bedürfnis für den Erlaß eines den Hauptanspruch abweisenden Teilurteils i n diesen Fällen. I m Gegenteil, durch das Teilurteil würden dem Kläger die m i t der Eventualklage gewonnenen Vorteile wieder genommen. Er müßte nämlich, u m kein Risiko einzugehen, i n jedem Fall Berufung gegen die Abweisung des Hauptanspruchs einlegen. Andernfalls liefe er Gefahr, daß auch sein Hilfsanspruch abgewiesen würde, inzwischen aber die Rechtsmittelfrist hinsichtlich des Hauptanspruchs bereits abgelaufen wäre. Dann könnte er nur noch die Abweisung des Hilfsanspruchs anfechten, und es wäre günstiger für i h n gewesen, nur den Hauptanspruch oder beide Ansprüche kumulativ einzuklagen. Wenn der Kläger also die Abweisung des Hauptanspruchs aus Sicherheitsgründen m i t der Berufung angreifen muß, w i r d deutlich, daß ein Teilurteil i n diesen Fällen widersprüchliche Entscheidungen geradezu heraufbeschwört. Daß ein solches Teilurteil dem Sinn des § 301 ZPO zuwiderliefe, bedarf keiner weiteren Erörterung mehr.

77 Kion, S. 168 räumt ein, daß der Erlaß eines Teilurteils nicht i m m e r sinnvoll ist. 78 So auch das O L G Düsseldorf N J W 1972, 1475. Dazu oben § 5 I I 5. 79 Vgl. Materialien Hahn, S. 283. 80 Vgl. Blomeyer, ZPR, § 84 I I I . 81 So auch der Bundesgerichtshof i n seiner ersten Entscheidung zu dieser Frage, L M Nr. 6 zu § 301 ZPO.

136

§ 7. K r i t i k und eigener Lösungsvorschlag

I I I . Ergebnis Abschließend ist festzuhalten, daß ein Teilurteil bei der eventuellen Klagenhäufung aus dogmatischen und praktischen Erwägungen unzulässig ist. Davon ist der Fall ausgenommen, daß das Teilurteil sofort rechtskräftig wird, also bei Entscheidungen des Landgerichts als Berufungsinstanz und des Revisionsgerichts.

Dritter

Abschnitt

Zur Frage des richterlichen Ermessens bei Erlaß eines Teilurteils § 8. Der gegenwärtige Meinungsstand I. Allgemeines zur Frage des Ermessens bei § 301 ZPO Nach § 301 Abs. 2 ZPO kann der Erlaß eines Teilurteils unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet. Aufgrund dieser Vorschrift w i r d von der heute herrschenden Meinung angenommen, der Erlaß eines Teilurteils stehe i m freien, nicht nachprüfbaren Ermessen des Gerichts 1 . Von diesem Ermessen scheinen die Gerichte auch reichlich Gebrauch zu machen, wenn man bedenkt, daß nur i n ca. 5 °/o aller Fälle ein Teilurteil ergeht 2 . Es ist i n der Tat kaum vorstellbar, daß die für den Erlaß eines Teilurteils i n § 301 Abs. 1 ZPO genannten Voraussetzungen derart selten vorliegen sollen. A u f der anderen Seite ist die Zurückhaltung der Gerichte beim Erlaß von Teilurteilen angesichts der Unklarheit der Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht unverständlich. Geht man jedoch vom Wortlaut des Gesetzes aus, so ergibt die Kombination von § 301 Abs. 1 ( . . . „hat . . . zu erlassen . . . " ) und Abs. 2 ZPO ( . . . „kann unterbleiben".) eindeutig, daß der Erlaß eines Teilurteils beim Vorhandensein seiner gesetzlichen Voraussetzungen die Regel bilden soll. Die Praxis der Gerichte widerspricht insoweit dem i n der Fassung des § 301 ZPO zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers 8. I n neuerer Zeit hat sich denn auch E. Schneider gegen die Auffassung der herrschenden Meinung gewandt, der Erlaß eines Teilurteils stehe i m Belieben oder i m Ermessen des Gerichts 4 . Diese Formulierung sei unzutreffend. I m Hinblick auf das schutzwürdige Interesse der klagen1 Vgl. Baur, ZPR, § 15 Β I 2; Bruns, ZPR, § 40 V 4 b ; Furtner, Das U r t e i l i m Zivilprozeß, Ρ I I 2; Jauernig, ZPR, § 59 V I ; Rosenberg/ Schwab, ZPR, § 58 I I 2; Zeiss, ZPR, § 68 V 6 c; Stein / Jonas / Schumann (Leipold), ZPO, A n m . I I I zu § 301 ZPO; Wieczorek, ZPO, A n m . Β I I I zu § 301; Zöller, ZPO, A n m . 6 zu § 301; einschränkend Thomas / Putzo, ZPO, A n m . 2 zu § 301. Auch die Rechtsprechung ist stets von einem Ermessen ausgegangen; vgl. R G J W 1910, 945 Nr. 26 sowie m i t Einschränkungen das O L G Düsseldorf N J W 1970, 2218. 2 Vgl. Rosenberg / Schwab, ZPR, § 58 I I 2 u n d oben § 1. 3 Vgl. Prot. 96. 4 Vgl. E. Schneider M D R 1976, 93.

138

§ . Der gegenwärtige Meinungsstand

den Partei, möglichst schnell zu ihrem Recht zu kommen, müsse das gesetzlich unmißverständliche Verhältnis von Regel und Ausnahme stärker beachtet werden: Von der Teilentscheidung dürfe nur dann abgesehen werden, wenn i m konkreten Fall Sachgründe dagegen sprächen, etwa wenn der entscheidungsreife Teil zu geringfügig sei oder die Teilentscheidung keinen spürbaren wirtschaftlichen Vorteil bringe, weil sie nicht zu vollstrecken sei (Feststellung neben Leistungsbegehren) oder weil die umfassende Schlußentscheidung ohnehin alsbald möglich werde. Auch Baumbach-Lauterbach folgt nicht der herrschenden Meinung, sondern nimmt eine Amtspflicht zum Erlaß eines Teilurteils an, wenn dessen Voraussetzungen gegeben sind. Diese werde lediglich i n § 301 Abs. 2 ZPO gemildert 5 . Die Ansicht von E. Schneider und Baumbach-Lauterbach geht auf die ältere Kommentarliteratur zurück, die das Gericht grundsätzlich zum Erlaß eines Teilurteils beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 301 Abs. 1 ZPO für verpflichtet hielt 6 . Die verschiedenen Ansichten scheinen jedoch für die Praxis nicht von Bedeutung zu sein. Man ist sich nämlich seit jeher darüber einig, daß die Entscheidung des Gerichts hinsichtlich des Erlasses eines Teilurteils i n doppelter Weise unüberprüfbar ist: Sowohl das Unterbleiben eines Teilurteils trotz Vorliegens der Voraussetzungen 7 als auch der Erlaß eines Teilurteils i n Fällen, i n denen es objektiv unangemessen ist, unterliegen keiner Nachprüfung i n höherer Instanz 8 . Die hierfür vorgebrachten Gründe sind indessen recht formaler Natur. Bezüglich des Nichterlasses eines Teilurteils w i r d argumentiert, eine Beschwerde sei unzulässig, da das Gericht über die Angemessenheit eines solchen nur aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden könne 9 . Die Angemessenheit eines erlassenen Teilurteils soll deshalb nicht nachprüfbar sein, weil dies nur unter Heranziehung des i n der unteren Instanz verbliebenen Teils des Prozeßstoffes möglich sei 10 . Insbesondere die letzte Begründung vermag nicht zu überzeugen. Auch bei der Beurteilung der Zulässigkeit eines Teilurteils muß das Berufungsgericht den noch nicht der Berufungsinstanz angefallenen Streitstoff berücksichtigen. Wenn die Angemessenheit nicht nachge5

Baumbach / Lauterbach, ZPO, A n m . D 3) zu § 301. Vgl. Förster I Kann, ZPO, 3. Aufl. 1913, A n m . 3 zu § 301; Skonietzky / Gelpke, ZPO, 1911, A n m . 6 zu § 301; weniger deutlich Seuffert / Walsmann, ZPO, 1932, A n m . 3 zu § 301. 7 Vgl. RGZ 97, 32; R G J W 1910, 945 Nr. 26; Thomas / Putzo, ZPO, A n m . 2 zu § 301; siehe auch Stein ! Jonas ! Schumann (Leipold), ZPO, A n m . I I I zu §301. 8 Vgl. R G SA 54, Nr. 115; R A G E 20, 273 f.; O L G Düsseldorf N J W 1970, 2218 u n d N J W 1974, 2010; sowie Baumbach / Lauterbach, ZPO, A n m . D 3 ) zu § 301. 9 Vgl. Stein / Jonas / Schumann (Leipold), ZPO, A n m . I I I zu § 301. m. w . N. 10 Vgl. Stein / Jonas / Schumann (Leipold), ZPO, A n m . I I I zu § 301. m. w . N. 6

I. Allgemeines zur Frage des Ermessens bei § 301 ZPO

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prüft werden kann, so ergibt sich dies vielmehr daraus, daß dem Rechtsmittelrecht das K r i t e r i u m der „Angemessenheit" fremd ist. Folgen werden lediglich an die „Zulässigkeit" bzw. die „Unzulässigkeit" des erstinstanzlichen Verfahrens geknüpft, §§ 538, 539 ZPO. Selbst wenn man also die Nachprüfung der Angemessenheit i n der höheren Instanz zuließe, wäre damit noch nichts gewonnen. Das Berufungsgericht dürfte weder selbst entscheiden noch an die erste Instanz zurückverweisen 11 . Eine Nachprüfbarkeit der Angemessenheit eines Teilurteils w i r d somit zu Recht abgelehnt. Auch wenn mit diesem Ergebnis der herrschenden Meinung zuzustimmen ist, so gilt dies nicht für die von ihr hieraus gezogene Schlußfolgerung. Ein objektiv unangemessenes Teilurteil kann durchaus einer Nachprüfung i n höherer Instanz unterliegen. Ansatzpunkt für die Beurteilung eines solchen Teilurteils darf allerdings nicht dessen Angemessenheit, sondern nur dessen Zulässigkeit sein. Danach ist die entscheidende Frage, wann ein objektiv unangemessenes Teilurteil auch unzulässig ist, bzw. wann die Unangemessenheit i n Unzulässigkeit übergeht. Da es keiner Partei verwehrt sein kann, die Unzulässigkeit eines ergangenen Teilurteils i m Wege eines Rechtsmittels geltend zu machen, obliegt den Rechtsmittelgerichten die schwierige Aufgabe der Abgrenzung von (bloßer) Unangemessenheit und Unzulässigkeit. Sie haben darüber zu entscheiden, ob die objektive Unangemessenheit eines Teilurteils zu dessen Unzulässigkeit führt. Die Angemessenheit eines Teilurteils ist demnach nur als solche nicht nachprüfbar, i m Rahmen der Zulässigkeitsprüfung kann ihr jedoch i m Einzelfall eine wesentliche Bedeutung zukommen. Das zeigen insbesondere die Entscheidungen zur dritten Fallgruppe 1 2 . Bei der Beurteilung der Zulässigkeit des Teilurteils war die Angemessenheit i n diesen Entscheidungen oft ausschlaggebend. Viele der für die Unzulässigkeit des jeweiligen Teilurteils aufgeführten Gründe — etwa doppelte Beweisaufnahmen 13 , Aufspaltung des Zusammenhangs von Klage und Verteidigung 1 4 — betrafen i n erster Linie die Angemessenheit. Für die Frage des Ermessens des Gerichts bei Erlaß eines Teilurteils ist somit zwischen dem Nichterlaß trotz Vorliegens der Voraussetzungen und dem Erlaß i n Fällen, i n denen es objektiv unangemessen ist, zu unterscheiden. Beim Nichterlaß hat der Streit darüber, ob das Gericht nur dann von einer Teilentscheidung absehen darf, wenn i m Einzelfall Sachgründe dagegen sprechen, oder ob der Erlaß ganz i m Ermessen des 11 12 13 14

Vgl. auch Baumbach / Lauterbach, ZPO, A n m . D 3) zu § 301. Vgl. dazu oben § 5. Vgl. O L G F r a n k f u r t M D R 1975, 321 (322). Dazu oben § 5 I I 1. V g l O L G Düsseldorf N J W 1972, 1475. Dazu oben § 5 I I 2.

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§ . Der gegenwärtige Meinungsstand

Gerichts steht, i n der Tat mehr theoretische Bedeutung. Unter Zugrundelegung der Vorschrift des § 301 ZPO muß jedoch grundsätzlich von einer Pflicht des Gerichts zum Erlaß eines Teilurteils ausgegangen werden. Das gilt um so mehr, wenn man bedenkt, daß die Einführung des Teilurteils nach dem Willen des Gesetzgebers nahezu dieselben Ziele verfolgte wie die Vereinfachungsnovelle 15 . De facto steht es jedoch i m nicht nachprüfbaren Ermessen des Gerichts, ob es ein Teilurteil erläßt. Es stehen den Parteien nämlich keine prozessualen M i t t e l zur Verfügung, u m den Nichterlaß eines Teilurteils trotz Vorliegens der Voraussetzungen zu rügen. Das Ermessen des Gerichts zum Erlaß eines Teilurteils i n Fällen, i n denen es objektiv unangemessen ist, kann dagegen nicht uneingeschränkt bejaht werden. Führt die Unangemessenheit zur Unzulässigkeit eines Teilurteils, so unterliegt die i n seinem Erlaß zum Ausdruck kommende Ermessensüberschreitung des Gerichts der Nachprüfung i n der Rechtsmittelinstanz 16 . IL Die anerkannten Ausnahmen zu § 301 Abs. 2 ZPO I n bestimmten Fällen w i r d abweichend von § 301 Abs. 2 ZPO jegliches Ermessen des Gerichts verneint. Bei der Stufenklage des § 254 ZPO müsse das Gericht von Stufe zu Stufe Auskunft, Rechnungslegung, Wahrheitsversicherung, Zahlung durch Teilurteil entscheiden 17 . Hier sei i m Verfahrensgang selbst der stufenweise Aufbau der Klage zu beachten. Deshalb sei eine gleichzeitige Entscheidung über sämtliche gehäufte Ansprüche nicht zulässig und auch nicht möglich. Dem Zahlungsantrag könne nicht stattgegeben werden, bevor feststehe, was der Kläger verlange, und geklärt sei, ob überhaupt eine Zahlungspflicht des Gegners bestehe 18 . Daher ist nach einhelliger Meinung die Stufenklage von Stufe zu Stufe durch Teilurteil zu entscheiden. Ebenso soll bei einem Teilverzicht oder Teilanerkenntnis (§§ 306, 307 ZPO) der Erlaß eines Teilurteils nicht i m Ermessen des Gerichts stehen, wenn ein solches Urteil beantragt w i r d 1 9 . 15

Vgl. dazu oben § 1. I n diese Richtung erstmals auch das O L G Düsseldorf (NJW 1970, 2218) i n der oben erörterten Entscheidung, vgl. § 5 I I 3. Das O L G Düsseldorf geht jedoch m i t der herrschenden Meinung davon aus, daß i n der Rechtsmittelinstanz nicht nachprüfbar sei, ob der Erlaß eines Teilurteils zweckmäßig oder unzweckmäßig war. Es fährt dann fort, das Ermessen des Gerichts finde indes seine Grenzen dort, w o der abgespaltene T e i l auf materiellrechtlicher Ebene den noch anhängigen T e i l berühre. Diese Ermessensüberschreitung sei i n der Rechtsmittelinstanz nachprüfbar. 17 Stein ! Jonas ! Schumann (Leipold), ZPO, Anm. I I I zu § 301; Wieczorek, ZPO, A n m . Β I I I zu § 301; E. Schneider M D R 1976, 93; ders., Verhandlung u n d Entscheidung der Stufenklage, M D R 1969, 624 (625); Furtner, Ρ I I 2. 18 Vgl. E. Schneider M D R 1969, 624 (625). 16

I I I . Das eigentliche Problem

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Eine Ausnahme nimmt man auch für den Fall der gewöhnlichen Streitgenossenschaft gemäß § 61 ZPO an 2 0 . Könne gegenüber dem einen entschieden werden, während der Rechtsstreit gegenüber dem anderen noch nicht zur Entscheidung reif sei, müsse das mögliche Endurteil (Teilurteil) erlassen werden. Der § 61 ZPO sei lex specialis gegenüber dem § 301 Abs. 2 ZPO 2 1 . III. Das eigentliche Problem I n den genannten Fällen w i r d die Geltung des § 301 Abs. 2 ZPO wegen der besonderen Gestaltung der Prozeßlage verneint 2 2 . Eine besondere Prozeßlage würde es gleichermaßen rechtfertigen, dem Gericht i n einem weiteren Fall einen Ermessens- oder Entscheidungsspielraum zu versagen, den die herrschende Meinung jedoch nicht zu den Ausnahmen zählt. 1. Erläßt das Gericht ein Teilurteil, so w i r d der Prozeß hinsichtlich der Anfechtung und Vollstreckung i n zwei voneinander unabhängige Teile gespalten 23 . Daraus ergibt sich, daß die Zulässigkeit eines Rechtsmittels vom Streit- bzw. Beschwerdewert des Teilurteils abhängt (vgl. §§ 511 a, 546 ZPO). Die Teilung des Prozesses kann daher dazu führen, daß der Partei die Möglichkeit eines Rechtsmittels — unter Umständen für den ganzen Prozeß — genommen wird. Werden 1000,— D M eingeklagt, und ergeht ein Teilurteil über 500,— D M 2 4 , fehlt dem Teilurteil die sogenannte Erwachsenheitssumme mit der Folge, daß die Berufung sowohl gegen das Teilurteil als auch gegen das spätere Schlußurteil unzulässig ist (§ 511 a ZPO). Werden 45 000,— D M eingeklagt, könnte der Kläger unter den Voraussetzungen der §§ 546, 554 b ZPO Revision einlegen, wenn die Klage abgewiesen wird, der Beklagte, wenn er verurteilt wird. Ergehen zwei Teilurteile über 25 000,— D M und 20 000,— DM, ist i n diesem Prozeß die Revision nicht möglich (falls sie nicht nach § 546 ZPO zugelassen wird) 2 5 . Die darin liegende Problematik w i r d von der herrschenden Meinung zwar erkannt. Für die Zulässigkeit des Teilurteils werden hieraus jedoch keine Konsequenzen gezogen. 2. Schon i m Jahre 1885 hat das Reichsgericht den Verlust eines Rechtsmittels durch den Erlaß von Teilurteilen als „Übelstand" be19

Vgl. Stein ! Jonas ! Schumann (Leipold), ZPO, A n m . I I I zu § 301; Wieczorek, ZPO, A n m . Β I I I zu § 301. 20 Vgl. Baumbach / Lauterbach ZPO, A n m . D 3) zu § 301. 21 Vgl. Hellwig, Lb., I I I , S. 64, 133; sowie RGZ 55, 310 f. 22 Vgl. E. Schneider, M D R 1976, 93. 23 Vgl. statt aller Rosenberg / Schwab, ZPR, § 58 I I 2. 24 So das Beispiel von Jauernig, ZPR, § 59 V I . 25 So das Beispiel von Arens, ZPR, Randr. 326.

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§ . Der gegenwärtige Meinungsstand

zeichnet 26 . Dieser „Übelstand" wurde aber vom Reichsgericht als eine unvermeidbare Konsequenz der gesetzlichen Regelung angesehen und i m Hinblick darauf, daß diese Folge bei den Beratungen der ZPO bereits erkannt worden war 2 7 , hingenommen 28 . Der Bundesgerichtshof hat sich dieser Rechtsprechung des Reichsgerichts angeschlossen. I n einer Entscheidung aus dem Jahre 1959 führt er zur vorliegenden Problematik aus, es werde zwar nicht verkannt, daß die Unzulässigkeit eines Rechtsmittels i n solchen Fällen zu sachlich unbilligen Ergebnissen führen könne. Solche Unbilligkeiten seien aber nach der gesetzlichen Verfahrensregelung i n Kauf zu nehmen; sie ergäben sich zwangsläufig aus der Zulässigkeit von Teilurteilen und dem Erfordernis einer Mindestbeschwer 29 . Das Bundesarbeitsgericht geht i n einer weiteren Entscheidung auch nicht näher auf das Problem ein, sondern meint, die Erwägung, daß den Parteien durch den Erlaß eines Teilurteils ein sonst gegebenes Rechtsmittel genommen werde, könne (hinsichtlich der Zulässigkeit einer Aufteilung des Streitstoffes und damit des Streitwertes) zu keinem anderen Ergebnis führen. Dies sei i m ordentlichen Verfahren nicht anders. Von einer W i l l k ü r des Gerichts könne schon deshalb nicht gesprochen werden, weil § 301 ZPO den Erlaß von Teilurteilen über entscheidungsreife Teile des Streitstoffes als Regel vorschreibe 30 . M i t diesen allgemeinen Hinweisen w i r d letztlich eine eingehende Erörterung der grundsätzlichen Frage, ob die Aufspaltung des Prozesses durch Teilurteil überhaupt zulässig ist, wenn dadurch die Möglichkeit eines Rechtsmittels ausgeschlossen wird, umgangen 31 . Das ist auch i n einer neueren Entscheidung des Bundesgerichtshofs der Fall, i n der die bisherige Rechtsprechung auch für das reformierte Revisionsrecht 32 bestätigt w i r d 3 3 . Der Bundesgerichtshof begründet lediglich, weshalb ein i n diesen Fällen einmal ergangenes Teilurteil nicht durch Zusammenrechnen der Beschwer von Teil- und Schlußurteil rechtsmittelfähig gemacht werden könne. Sei ein Teilurteil erlassen worden, das wegen Nichterreichens des Beschwerdewertes nicht rechtsmittelfähig sei, und wollte man die Zu26

Vgl. RGZ 13, 354. Vgl. die Nachweise i n RGZ 13, 354. 28 Vgl. auch RGZ 17, 47. 29 Vgl. B G H N J W 1959, 578; ähnlich B G H N J W 1955, 748. 30 Vgl. B A G N J W 1959, 1101. 31 So auch Hanack, T e i l u r t e i l u n d Rechtsmittelsumme, ZZP 72, 350 (353), der allerdings noch anmerkt (vgl. F N 25), daß beide Gerichte streng genommen sich m i t dieser Frage nicht zu befassen hatten, da sie sich über die von den Vorinstanzen vorgenommene A u f t e i l u n g nicht hinwegsetzen konnten. Er vermißt jedoch auch ein richtungsweisendes W o r t der Gerichte f ü r die allgemeine Handhabung dieser Frage. 32 Vgl. dazu de Lousanoff, N J W 1977, 1042 m. w. N. 27

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lässigkeit eines dennoch eingelegten Rechtsmittels erst nach Erlaß des Schlußurteils feststellbar machen, so würde man einen Schwebezustand der Unklarheit i n Kauf nehmen, der dann, wenn zwischen Teilund Schlußurteil eine größere Zeitspanne liege, sehr lange andauern könnte. Dies aber liefe auf einen Aufschub der Rechtskraft des ersten Teilurteils hinaus und widerspräche der gesetzgeberischen Absicht, wie sie der Bestimmung des § 301 ZPO zugrunde liege. Außerdem könne der Fall eintreten, daß das Schlußurteil gar keine weitere Beschwer mehr enthalte, so etwa, wenn die durch das Teilurteil beschwerte Partei hinsichtlich des dem Schlußurteil vorbehaltenen Restes des Streitgegenstandes obsiegen würde. Dann würde sich der Schwebezustand dahin auflösen, daß doch kein Rechtsmittel gegen das Teilurteil möglich sei. Das aber sei i m Hinblick auf die notwendige Klarheit über den E i n t r i t t der Rechtskraft nicht haltbar und verstoße gegen wesentliche Grundsätze des Zivilprozeßrechts. Hinsichtlich eines bereits ergangenen Teilurteils ist die Argumentation des Bundesgerichtshofs überzeugend. Das Problem ist jedoch darin zu sehen, daß i n Fällen dieser A r t überhaupt ein Teilurteil ergehen kann. Es ist deshalb zu bedauern, daß der Bundesgerichtshof diese Entscheidung nicht zum Anlaß genommen hat, auch die Frage des richterlichen Ermessens bei Erlaß eines Teilurteils für diese Situation zu erörtern. Aufgrund der angeführten Entscheidungen muß jedoch angenommen werden, daß die Rechtsprechung i n diesen Fällen keine Ausnahme von der Regel für erforderlich hält, nach welcher der Erlaß eines Teilurteils i m Ermessen des Gerichts stehen soll. 3. Auch die Lehre und Kommentarliteratur beschränken sich weitgehend darauf, das Problem zu verdeutlichen. Jauernig schlägt nach Darstellung der Problematik lediglich vor, i n diesen Fällen besser von einem Teilurteil abzusehen 34 . Zeiss ist der Auffassung, das Gericht habe bei seiner Ermessensentscheidung zu berücksichtigen, ob es durch Erlaß des Teilurteils den Parteien die Möglichkeit eines Rechtsmittels nehme 3 6 . Nach Blomeyer 36 und Schwab 37 besteht, zurückgehend auf Rosenbergf 38, ein „nobile officium" des Gerichts, das Teilurteil nicht zu erlassen, wenn unter Umständen ein Rechtsmittel wegen Nichterreichens der Rechtsmittelsumme unzulässig würde 3 9 . Kritischer äußert sich Arens. 88

Vgl. B G H N J W 1977, 1152. Vgl. ZPR, § 59 V I . 35 Vgl. ZPR, § 68 V 6 c. 36 Vgl. Blomeyer, ZPR, § 84 I V . 37 I n Rosenberg / Schwab, ZPR, § 58 I I 2. 38 Vgl. Rosenberg, ZPR ,§ 55 I I 2. 39 Die A n m e r k u n g von Rosenberg beruht auf einem Fall, den er als Referendar erlebte. Der Senatspräsident eines O L G soll auf die Bemerkung des klägerischen Anwalts, die Sache komme noch vor das Reichsgericht, bei 34

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Er meint, die dem Gericht i n die Hand gegebene Möglichkeit, durch ein Teilurteil die Rechtsmittelzulässigkeit zu beschränken, sei aus rechtsstaatlichen Gründen bedenklich. Diese Bedenken könnten auch nicht dadurch ausgeräumt werden, daß man dem Gericht das unverbindliche „nobile officium" auferlege, i n solchen Fällen vom Erlaß eines Teilurteils abzusehen 40 . I n der Kommentarliteratur findet sich nur bei Stein / Jonas ein H i n weis auf das vorliegende Problem 4 1 . Es w i r d dazu angemerkt, das Gericht könne auf die Möglichkeit der Rechtsmittel Rücksicht nehmen. Keinesfalls dürfe ein Teilurteil erlassen werden, u m ein Rechtsmittel auszuschließen 42 . 4. Eingehend hat sich bislang lediglich Hanack m i t der hier interessierenden Fragé befaßt 43 . Er geht davon aus, daß die Befugnis des Gerichts, i n diesen Fällen Teilurteile zu erlassen, ein dem deutschen Prozeßrecht wesentliches und immer wieder betontes Institut, den Ge 7 danken der Rechtsmittelklarheit, hemme und tangiere 44 . Danach soll einer Partei möglichst früh darüber Klarheit gegeben werden, ob sie nach Abschluß des Verfahrens i n einer Instanz ein Rechtsmittel an das nächsthöhere Gericht einlegen kann. Hanack räumt zwar ein, daß über die Bedeutung dieses Instituts noch keine scharf umrissenen Vorstellungen bestünden, insbesondere sein Verhältnis zu den anderen Prozeßmaximen und den praktischen Erfordernissen des Prozeßrechts — ζ. B. der Notwendigkeit von Rechtsmittelbeschränkungen — noch ungeklärt sei. Er legt es dann aber seiner Untersuchung zugrunde und kommt zu dem Schluß, es müsse ein Bedürfnis des Rechtssuchenden bejaht werden, zu wissen, wieviele Instanzen für seinen geplanten oder begonnenen Prozeß überhaupt i n Frage kommen. Dies sei für i h n von Bedeutung, u m sich hinsichtlich der möglichen Kosten, des Eintritts der Rechtskraft und einer eventuellen Vollstreckung sowie der Frage, ob er den Prozeß überhaupt beginnen solle, entsprechend einrichten zu können. I m Anschluß daran prüft Hanack, ob der Erlaß eines Teilurteils i m Beginn der Beratung einleitend gesagt haben, der Senat wolle i h m das durch ein T e i l u r t e i l „versalzen". Vgl. dazu Hanack, Z Z P 72, 354 (in F N 31 a), dem Rosenberg den F a l l mitgeteilt hat. Rosenberg fand die Bemerkung des Senatspräsidenten so empörend u n d so . aller guten Richterpflicht w i d e r sprechend, daß er sie niemals vergessen hat. 40 Vgl. Atens, ZPR, Rdnr. 326. 41 Vgl. Stein / Jonas / Schumann (Leipold), ZPO, A n m . I I I zu § 301. 42 Dies versteht sich von selbst u n d b e t r i f f t auch gar nicht den Gegenstand der Untersuchung. Es sei dennoch darauf hingewiesen, daß bei Bejahung der Zulässigkeit eines Teilurteils i n den hier interessierenden Fällen ein derartiges Prozedieren i m Einzelfall k a u m zu verhindern sein dürfte. Vgl. auch den von Rosenberg geschüderten F a l l (Anm. 39). 48 Vgl. Z Z P 72, 350. 44 Hanack, Z Z P 72, 353 m. w . N.

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Hinblick auf dieses Interesse des Rechtssuchenden i n den erörterten Fällen gänzlich zu unterlassen sei 45 . Zur Beantwortung dieser Frage untersucht er zunächst die Schutzwürdigkeit dieses Interesses. Wo der Gesetzgeber die Zulässigkeit eines Rechtsmittels von einem Streit- und Beschwerdewert abhängig gemacht habe, sei er davon ausgegangen, daß die Rechtssache es grundsätzlich verdiene, bei Erreichung des Wertes i n der Rechtsmittelinstanz überprüft zu werden. Dieser gesetzgeberische Gedanke werde durch das Teilurteil verletzt 4 6 . Hanack differenziert nun i m Hinblick auf die Schutzwürdigkeit des Interesses danach, wie die Erreichung der Rechtsmittelsumme zustandegekommen ist 4 7 . Sei ein Anspruch bewußt durch künstliches Hochschrauben rechtsmittelfähig geworden, läge eine Rechtsmittelerschleichung vor, die keinen Schutz verdiene. Werde die Rechtsmittelsumme durch die weitgehend i n das Belieben der Parteien gestellte Verbindung mehrerer A n sprüche i n einer Klage erreicht, gelte es zu unterscheiden. Würden die gehäuften Ansprüche aus einem einheitlichen Rechtsverhältnis hergeleitet, stehe die Zulässigkeit des Rechtsmittels wegen der durch die Geltendmachung i n einer Klage erreichten Rechtsmittelsumme nicht mit dem genannten gesetzgeberischen Zweck i n Widerspruch, sondern entspreche einem natürlichen Bedürfnis. Als Beispiel w i r d die Geltendmachung von Ersatzansprüchen wegen Sachschaden, Körperverletzung und der Anspruch auf Schmerzensgeld aus einem Verkehrsunfall angeführt. I n einem solchen Fall gingen alle Ansprüche aus einem einheitlichen Lebensvorgang hervor, der den K e r n des Prozesses darstelle. Deshalb sei das Interesse der Parteien an der Erhaltung des Rechtsmittels i n diesen Fällen schutzwürdig. Anders liege es, wenn der Kläger Ansprüche aus verschiedenen Rechtsverhältnissen häufe, die nicht miteinander i m Zusammenhang stünden und nur durch die Häufung die Rechtsmittelsumme erreichten, also beispielsweise Ansprüche aus Darlehen und aus einem späteren Verkehrsunfall. Es sei keinerlei Grund ersichtlich, sie deswegen i n den Zuständigkeitsbereich der oberen Instanz anwachsen zu lassen. Der Richter brauche bei Erlaß eines Teilurteils insoweit keine Rücksicht zu nehmen, schutzwürdige Interessen an der Eröffnung der Instanz w ü r den nicht verletzt. Hieraus folgert Hanack, das Bedürfnis, die Rechtsmittelinstanzen nicht über die gesetzlich vorgesehenen Fälle hinaus zu belasten, erscheine größer als das Parteiinteresse an einer eindeutigen Klarheit über mögliche Rechtsmittel vor Abschluß der Instanz. Die damit ein45 46 47

Vgl. Z Z P 72, 354. Vgl. Z Z P 72, 354. Vgl. Z Z P 72, 355 f.

10 de Lousanoff

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§ . Der gegenwärtige Meinungsstand

tretende Beeinträchtigung der Rechtsmittelklarheit hält er i m übrigen für eine scheinbare. Erkenne man nämlich an, daß die Partei keine Berechtigung habe, den Prozeß i n die Rechtsmittelinstanz zu bringen, so könne sie das von vornherein einkalkulieren. Es bliebe allein die Unsicherheit, ob es zu einem Teilurteil komme. Dieses Risiko sei jedoch meist m i t einiger Sicherheit verhältnismäßig früh voraussehbar. Ausgehend von seinem Zwischenergebnis, daß der Richter nur i n bestimmten Fällen durch ein Teilurteil schutzwürdige Interessen der Parteien an der Erhaltung einer Rechtsmittelinstanz verletze, erörtert Hanack i m zweiten Abschnitt seiner Untersuchung die weitere Frage, ob der Nichterlaß eines Teilurteils i n diesen Fällen den Zweck des § 301 ZPO vereitle 4 8 . Danach solle den Parteien eine möglichst schnelle Entscheidung wenigstens der entscheidungsreifen Teile des Prozesses gewährt werden. Hanack sieht hierin einen weiteren Interessenkonflikt, das Spannungsverhältnis zwischem dem Bedürfnis nach der Rechtsmittelinstanz sowie der Rechtsmittelklarheit einerseits und der beschleunigten teilweisen Entscheidung des anhängigen Verfahrens andererseits. Hanack ist der Ansicht, man dürfe keinen der sich hier gegenüberstehenden Werte generell den Vorzug geben, da das Gesetz eine klare A b wägung nicht erkennen lasse und eine sachlogische bedingte Vorrangstellung des einen Postulats vor dem anderen nicht bestehe. Er ist daher der Überzeugung, daß die Entscheidung über den Vorrang des einen oder des anderen Wertes letztlich eine reine Parteiangelegenheit sei. Dies ergebe sich schon daraus, daß es grundsätzlich i n das Belieben der Parteien gestellt sei, ob sie von einem zulässigen Rechtsmittel Gebrauch machen wollten. Aus dieser Überlegung entwickelt Hanack schließlich seinen Lösungsvorschlag zur Beantwortung der Ausgangsfrage. Der Richter, der erwäge, ein Teilurteil zu erlassen, solle sich i n geschickter Form möglichst frühzeitig bei den Parteien erkundigen, ob sie auf Rechtsmittel Wert legten. Unter „geschickter Form" stellt sich Hanack vor, daß der Richter frage, ohne das Ergebnis seines späteren Spruchs vorwegzunehmen, einer Partei falsche Hoffnungen zu machen oder seiner Unparteilichkeit zu schaden 49 . Für den Fall, daß die Parteien die Frage bejahen, w i l l Hanack den Richter für verpflichtet halten, den Parteiinteressen an der Rechtsmittelinstanz den Vorzug zu geben und von einer Teilentscheidung Abstand zu nehmen. Nach seiner Auffassung ist das Ermessen des Richters zum Erlaß eines Teilurteils i n dem von i h m beschriebenen Umfang gebunden. Diese Ermessensbeschränkung erscheine zulässig, weil sie nur dann gelte, wenn nach § 301 Abs. 2 ZPO die Teilent48 49

Vgl. Z Z P 72, 356 ff. Vgl. Z Z P 72, 357 F N 48.

I I I . Das eigentliche Problem

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Scheidung nach Lage des Falles unangemessen sei. Richterliches Ermessen könne auch i m Prozeß nicht willkürliche Entscheidung bedeuten, sondern müsse als Verpflichtung verstanden werden, den eingeräumten Spielraum zur zweckmäßigsten, sich i n das gesamte Prozeßrechtsgefüge einordnenden Gestaltung des Einzelfalles auszunutzen. Nur zu diesem Zweck könne die richterliche Ermessensnorm i m Prozeßrecht gegeben sein. Sie erhöhe und erschwere die Verantwortung des Richters, nicht aber bedeute sie eine Erleichterung bei Anwendung des Verfahrensrechts 60 . § 9. Kritik der verschiedenen Auffassungen und eigener Lösungsvorschlag I. Kritik Die von der Literatur zu dem vorliegenden Problem abgegebenen Stellungnahmen haben letztlich den Nachteil, auf unverbindliche Empfehlungen an das Gericht hinauszulaufen. Wenn i n anderen Fällen ein Ermessen des Gerichts zum Erlaß eines Teilurteils wegen der besonderen Gestaltung der Prozeßlage verneint w i r d 5 1 , so ist es nicht recht einzusehen, weshalb dieser Fall bisher ausgeklammert wurde. Auch der Vorschlag von Hanack bietet keine befriedigende Lösung des Problems. Das Ermessen des Gerichts erst nach einer Befragung der Parteien zu binden, kann zwar i m Einzelfall den Interessen der Parteien am weitgehendsten entgegenkommen. Sie könnten praktisch zwischen einem Teilurteil und der Rechtsmittelinstanz entscheiden. A u f der anderen Seite jedoch bleibt die A r t und Weise, wie diese Befragung i n „geschickter" Form durchzuführen ist, trotz der Hinweise von Hanack völlig unklar. Hanack weist selbst auf die weiteren Nachteile seiner Lösung hin 5 2 . Bei Maßgeblichkeit der Parteierklärungen über geplante Rechtsmittel für die Ermessensentscheidung nach § 301 Abs. 2 ZPO habe es eine Partei i n der Hand, durch unrichtige Angaben über diese Frage ein (Teil-)Urteil hinauszuschieben oder zu verhindern. Hanack meint dazu, der Richter könne dem leicht vorbeugen, indem er die Befragung zu einem frühen Zeitpunkt und i n einer Weise vornehme, die keine Partei erkennen lasse, ob sie den (Teil-)Prozeß verliere oder gewinne. I n einem solchen Stadium des Prozesses muß die Befragung jedoch we50 Hanack weist an dieser Stelle — vgl. Z Z P 72, 359 (FN 52) — darauf hin, daß das ganze Gebiet des richterlichen Ermessens i m Prozeßrecht noch recht ungeklärt erscheine. Grundsätze seien noch nicht ausgearbeitet. Daran hat sich bis heute wenig geändert obwohl auch angesichts der problematischen Reform des Revisionsrechts (vgl. § 554 b Abs. 1 ZPO; dazu de Lousanoff, N J W 1977, 1042 u n d Bausewein, JZ 1978, 53) eine umfassende wissenschaftliche Aufarbeitung dieser Frage dringend geboten ist. 51 Vgl. oben § 8 I I . 52 Vgl. Z Z P 72, 358.

10·

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§ . K r i t i k u n d eigener Lösungsvorschlag

nig sinnvoll erscheinen, da eine Partei, die sich noch i m Unklaren über den Ausgang des Prozesses befindet, i n der Regel kaum auf die Möglichkeit eines Rechtsmittels verzichten wird. Außerdem bedeutet die Sicherheit der einen Partei zwangsläufig die Unsicherheit der anderen. Eine richterliche Befragung würde deshalb mehr neue Fragen aufwerfen als wirkliche Abhilfe schaffen. I I . Eigener Lösungsvorschlag Bei der Lösung des Problems ist davon auszugehen, daß das Gesetz den Parteien grundsätzlich Rechtsmittel zur Verfügung stellt. Liegen die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen eines Rechtsmittels vor, muß es den Parteien auch gewährt werden. Die Beschränkung eines Rechtsmittels kann sich daher nur aus den die Zulässigkeit des betreffenden Rechtsmittels regelnden Vorschriften ergeben. Dies sind für die Berufung die §§ 511, 511 a ZPO, für die Revision die §§ 545, 546, 554 b ZPO. I n diesen Normen werden die Voraussetzungen von Berufung und Revision abschließend geregelt. Eine sich auf diese Voraussetzung auswirkende Einflußnahme des Gerichts auf den Streitstoff sollte es daher nicht geben. Zwar besteht kein verfassungsmäßig gewährleistetes Recht auf ein Rechtsmittel gegen jede Entscheidung erster Instanz 5 3 . Damit ist aber nur gemeint, daß der Rechtsweg nicht i n allen Zweigen einen Instanzenzug haben muß, die Zulässigkeit eines Rechtsmittels sich vielmehr nach der jeweiligen Verfahrensordnung bestimmt. Nach Maßgabe der oben genannten Vorschriften stehen den Parteien i m Zivilprozeß die Rechtsmittel der Berufung und Revision zur Verfügung. Wenn die Z i vilprozeßordnung daneben die Möglichkeit einer Teilentscheidung vorsieht, die unter Umständen ein sonst zulässiges Rechtsmittel ausschließen kann, ist zu fragen, welcher Regelung der Vorzug zu geben ist. Dabei läßt es sich jedoch nur schwer abwägen. Es besteht nämlich weder ein Interesse des Gerichts am Erlaß eines Teilurteils — das w i r d auch durch die geringe Zahl der i n der Praxis erlassenen Teilurteile deutlich —, noch rechtfertigt es der m i t der Einführung des Teilurteils verfolgte gesetzgeberische Zweck 5 4 , ein sonst zulässiges Rechtsmittel auszuschließen. Die Beschleunigung des Verfahrens bedeutet nicht, daß die erste Instanz gleichzeitig als letzte Instanz entscheiden soll. Vor allem kommt der Vorschrift des § 301 ZPO nicht die Funktion der Entlastung der Rechtsmittelgerichte zu 5 5 . Dem Interesse der Parteien an der Erhal« Vgl. B V e r f G 4, 74 (94 f.); 387 (411); 6, 7 (12). Vgl. dazu oben § 1. 65 So auch Hanack, Z Z P 72, 357. Nach seiner Auffassung würde dies eine gesetzgeberische Zweckänderung des Instituts voraussetzen u n d eine H a n d habung verlangen, die dem geltenden Recht nicht entspreche. 54

I I . Eigener Lösungsvorschlag

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tung der Hechtsmittelinstanz steht deshalb kein anderes, gleichwertiges Interesse gegenüber. Problematisch bleibt indessen, ob dieses Interesse der Parteien i n jedem Fall schutzwürdig ist. Hanack w i l l danach differenzieren, wie die Hechtsmittelsumme i m konkreten Fall erreicht w i r d 5 6 . Die Schutzwürdigkeit w i r d bejaht, wenn die Rechtsmittelsumme durch einen einzigen prozessualen Anspruch oder durch gehäufte Ansprüche aus einem einheitlichen Rechtsverhältnis zustande kommt. Sie w i r d verneint i m Falle der Rechtsmittelerschleichung und der Anspruchshäufung aus verschiedenen Rechtsverhältnissen. Fraglich ist, ob dieser Differenzierung zu folgen ist. Bei der Rechtsmittelerschleichung fehlt es ganz sicher an einem schutzwürdigen Parteiinteresse an der Erhaltung der Rechtsmittelinstanz. Die Fälle der Rechtsmittelerschleichung gehören jedoch überhaupt nicht zum Gegenstand der Untersuchung. Die Rechtsmittelsumme w i r d hier nicht wirklich, sondern nur durch unwahres Behaupten einer Partei erreicht. Die Zuständigkeit des Rechtsmittelgerichts ist daher niemals gegeben. Wichtiger ist die von Hanack vorgeschlagene unterschiedliche Behandlung der objektiven Klagenhäufung je nach dem, ob die gehäuften Ansprüche auf einem einheitlichen Rechtsverhältnis beruhen oder nicht. Diese Unterscheidung vermag nicht recht zu überzeugen. W i r d die Rechtsmittelsumme jeweils nur durch die Häufung erreicht, ist grundsätzlich nicht einzusehen, weshalb die Schutzwürdigkeit des Parteiinteresses i n beiden Fällen verschieden sein soll. Nach § 260 ZPO kann der Kläger mehrere Ansprüche gegen denselben Beklagten zu einer Klage auch dann verbinden, wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen 5 7 . Damit hat es der Kläger i n der Hand, den Streitwert zu bestimmen (vgl. § 5 ZPO). Nicht selten, insbesondere bei Teilklagen, w i r d der Streitwert gerade i m Hinblick auf die Möglichkeit von Rechtsmitteln festgesetzt. Läßt die Verfahrensordnung es somit zu, Ansprüche aus verschiedenen Rechtsverhältnissen zu häufen, widerspricht eine unterschiedliche Behandlung der Wertung des Gesetzes. Dieses hat die Parteien eben m i t den genannten Befugnissen ausgestattet. Die von Hanack vorgenommene Differenzierung ist deshalb kaum zu rechtfertigen. A u f der anderen Seite steht damit noch keineswegs fest, daß i m Falle der objektiven Klagenhäufung überhaupt ein schutzwürdiges Parteiinteresse an der Erhaltung der Rechtsmittelinstanz besteht. Nach § 145 Abs. 1 ZPO kann das Gericht nämlich anordnen, daß mehrere i n einer 56 57

Vgl. dazu oben S. 145. Vgl. i m einzelnen Rosenberg / Schwab, ZPR, § 100.

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§ . K r i t i k u n d eigener Lösungsvorschlag

Klage erhobenen Ansprüche i n getrennten Prozessen verhandelt werden, sogenannte Prozeßtrennung. Das gilt auch dann, wenn die A n sprüche eine wirtschaftliche Einheit bilden oder wenn sie i n rechtlichem Zusammenhang stehen 58 . Da durch die Prozeßtrennung ebenfalls ein Rechtsmittel unzulässig werden kann, taucht hier dieselbe Problemat i k auf wie beim Teilurteil. Bei der Prozeßtrennung gemäß § 145 Abs. 1 ZPO besteht jedoch Einigkeit darüber, daß das Ermessen des trennenden Gerichts auch dann nicht zur Nachprüfung gebracht werden kann, wenn die Parteien infolge der Trennung die Rechtsmittelsumme nicht mehr erreichen und deshalb eine Instanz verlieren 5 9 . Schon das Reichsgericht hat dagegen gerichtete Bedenken für unzutreffend gehalten 60 . Die Aufstellung einer Beschwerdesumme als Voraussetzung eines Rechtsmittels habe überhaupt etwas willkürliches und mache es von allerlei Zufälligkeiten abhängig, ob i m einzelnen Falle das Rechtsmittel zulässig sei oder nicht. Dessen sei man sich bei Einführung der Revisionssumme durchaus bewußt gewesen und habe insbesondere nicht verkannt, daß auch durch die Bestimmungen über das Teilurteil und durch die den Gerichten erteilte Befugnis zur Prozeßtrennung die Revisibilität durch die Gerichte der Vorinstanzen aufgehoben oder beschränkt werden könne. Bei der objektiven Klagenhäufung kann das Gericht demnach i n jedem Fall und i n jeder Lage des Verfahrens 61 gemäß § 145 Abs. 1 ZPO den Prozeß trennen. Dann muß auch der Erlaß eines Teilurteils zulässig sein. Eine Trennung ergibt sich nämlich ebenso daraus, daß über einen Anspruch bei Entscheidungsreife ein Teilurteil ergeht 62 . Wie aus den Ausführungen des Reichsgerichts, das Teilurteil und Prozeßtrennung nebeneinander nennt, hervorgeht, haben beide Institute bei der objektiven Klagenhäufung ähnliche Wirkungen. Ein schutzwürdiges Parteiinteresse an der Erhaltung der Rechtsmittelinstanz, das ein Ausschluß des richterlichen Ermessens zum Erlaß eines Teilurteils rechtfertigen würde, ist deshalb i m Fall der objektiven Klagenhäufung nicht gegeben. Eine praktische Erwägung macht außerdem deutlich, daß dieses Ergebnis nur i n den seltensten Fällen zu groben Unbilligkeiten führt. Die i n einer Klage gemäß § 260 ZPO gehäuften Ansprüche werden i n der Regel einen höheren Streitwert als 500,— D M haben, so daß den 58 Vgl. Stein / Jonas (Pohle), ZPO, A n m . I I 1 zu § 145; Baumbach / Laut erbach, ZPO, A n m . 2 A zu § 145. 59 Vgl. Baumbach / Lauterbach, ZPO, A n m . 2 A zu § 145; Stein/Jonas (Pohle), ZPO, A n m . I U I zu § 145 ZPO; Thomas / Putzo, ZPO, A n m . 1 1 zu § 145; Wieczorek, ZPO, A n m . A I a zu § 145, wo allerdings darauf hingewiesen w i r d , daß das Gericht i n einem solchen F a l l nicht trennen sollte. 60 Vgl. RGZ 6, 416 (417). 61 Vgl. Baumbach l Lauterbach, ZPO, A n m . 2 A zu § 145. ®2 Vgl. Rosenberg f Schwab, ZPR, § 100 I V 1.

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Parteien auch nach Erlaß eines Teilurteils noch die Berufung offensteht, § 511 a ZPO. Der Zugang zum Revisionsgericht wäre ihnen nach der Neuregelung des Revisionsrechts 63 auch ohne Erlaß eines Teilurteils nicht sicher gewesen. Liegt der Streitwert der gehäuften Ansprüche unter 500,— DM, handelt es sich um Bagatellsachen, bei denen es nicht angehen kann, den Parteien mehrere Instanzen zur Verfügung zu stellen 6 4 . Diese Überlegungen treffen nicht zu, wenn nur ein prozessualer A n spruch eingeklagt wird, der die Rechtsmittelsumme erreicht. I n diesem Fall muß das Interesse der Parteien an der Erhaltung der Rechtsmittelinstanz uneingeschränkt bejaht werden. Eine Prozeßtrennung nach § 145 Abs. 1 ZPO wäre hier gleichfalls unzulässig. Das Ermessen des Gerichts zum Erlaß eines Teilurteils findet daher seine Grenze dort, wo durch die Aufspaltung nur eines prozessualen Anspruchs ein sonst zulässiges Rechtsmittel ausgeschlossen würde. Eine Teilentscheidung ist i n diesem Fall i n einem Maße unangemessen, das zur Unzulässigkeit führt 6 5 . Da dem Gericht ohnehin i n bestimmten Fällen jegliches Ermessen beim Erlaß eines Teilurteils versagt w i r d 6 6 , spricht nichts dagegen, auch diesen Fall wegen der besonderen Gestaltung der Prozeßlage zu den Ausnahmen zu zählen. I m übrigen w i r d das Ermessen des Gerichts ebenso bei anderen Vorschriften ausgeschlossen, wenn besondere Umstände vorliegen. So hat beispielsweise der Bundesgerichtshof ein richterliches Ermessen zur Aussetzung gemäß § 148 ZPO verneint, wenn i m ordentlichen Rechtsweg mit einer öffentlichrechtlichen Gegenforderung aufgerechnet wird, die klageweise nur i m Verwaltungsrechtsweg geltend gemacht werden kann 6 7 . Er führt dazu aus, wenn es i n § 148 ZPO auch hieße, daß das Gericht die Entscheidung des Rechtsstreits aussetzen „kann", so schließe dies keineswegs aus, daß es unter besonderen Voraussetzungen aussetzen „muß" 6 8 . Der Erlaß eines Teilurteils i n Fällen, bei denen die Aufspaltung des aus einem prozessualen Anspruch bestehenden Streitstoffs ein sonst mögliches Rechtsmittel vereiteln würde, ist somit unzulässig. Man kann dies m i t dem Gedanken der Rechtsmittelklarheit begründen, letztlich folgt aus der Dispositionsmaxime, daß grundsätzlich nur die Parteien darüber entscheiden sollen, ob der Prozeß i n eine höhere I n 63

Vgl. dazu de Lousanoff, N J W 1977, 1042 m. w. N. Vgl. Jauernig, ZPR, § 72 I I I . 65 Vgl. dazu oben § 8 I. 66 Vgl. dazu oben § 8 I I . 67 B G H Z 16, 124. Dazu Mittenzwei, Die Aussetzung des Prozesses zur K l ä rung von Vorfragen, S. 147 ff. (152). 68 B G H Z 16, 124 (138). 64

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§ . K r i t i k u n d eigener Lösungsvorschlag

stanz kommt 6 9 . Dieser Entscheidung der Parteien darf das Gericht i n dem genannten Fall nicht durch den Erlaß eines Teilurteils vorgreifen und sie dadurch ausschließen. Eine weitere Frage ist, wie gesichert werden kann, daß das Gericht i n dem hier erörterten Fall kein Teilurteil erläßt. Grundsätzlich kann die höhere Instanz die i n dem Erlaß des Teilurteils zum Ausdruck kommende Ermessensüberschreitung nicht nachprüfen, w e i l durch die Teilung die zur Anrufung des Rechtsmittelgerichts erforderliche Rechtsmittelsumme fehlt. Es erscheint jedoch problematisch, daß die Parteien nur auf den guten Willen und das Verantwortungsbewußtsein des Richters bzw. des Gerichts angewiesen sein sollen 70 . Es wäre deshalb daran zu denken, bei der Anfechtung eines solchen Teilurteils den Wert des gesamten Anspruchs zugrunde zu legen. A u f diese Weise wäre die Rechtsmittelsumme erreicht, und die höhere Instanz könnte das unzulässige Teilurteil aufheben und die Sache zurückverweisen. Die fehlerhafte Ermessensausübung des unteren Gerichts wäre damit zu korrigieren. Für die Zulässigkeit eines solchen Verfahrens läßt sich auch die prozessuale Behandlung des Streits über die Parteifähigkeit heranziehen. Nach allgemeiner Auffassung ist eine Partei bei einem Streit über ihre Parteifähigkeit bis zu dessen rechtskräftiger Erledigung als parteifähig zu behandeln 71 . Die Parallele zum vorliegenden Fall wäre i n dem Sinne zu ziehen, daß ein nach den oben entwickelten Maßstäben unzulässiges Teilurteil für seine Anfechtung insoweit als rechtsmittelfähig anzusehen ist, als es u m die Frage des Erlasses geht 7 2 . I I I . Ergebnis Entgegen der herrschenden Meinung hat das Gericht kein Ermessen und muß vom Erlaß eines Teilurteils absehen, wenn den Parteien durch die Aufspaltung des aus einem prozessualen Anspruch bestehenden Prozeßstoffs die Möglichkeit eines Rechtsmittels genommen würde. 69 Vgl. Jauernig, ZPR, § 24 I V . Das scheint auch Hanack i m Ergebnis zu vertreten, w e n n er am Schluß seiner Abhandlung darauf hinweist, die E n t scheidung über den Vorrang zwischen der Rechtsmittelinstanz oder der beschleunigten (teilweisen) Erledigung sei i m Grunde eine reine Parteiangelegenheit. Vgl. Z Z P 72, 357. 70 So Hanack, Z Z P 72, 359. 71 Vgl. B G H Z 24, 91; allg. Meinung. 72 E i n derartiges Procedere steht durchaus nicht i m Widerspruch zur A u f fassung des Bundesgerichtshofs, wonach ein Zusammenrechnen der Beschwer von Teilurteil u n d Schlußurteil unzulässig sein soll, vgl. oben § 8 I I I 2. Nach der hier vertretenen Auffassung soll das T e i l u r t e i l j a n u r zum Zwecke der Aufhebung rechtsmittelfähig sein, u m eine einheitliche Entscheidung herbeizuführen, bei der die Beschwerdesumme erreicht w i r d . E i n Rechtsmittel wäre dann unter den normalen Voraussetzungen zulässig.

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