Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis im Anspruchssystem des BGB: Zugleich ein Beitrag zur Konkurrenzlehre [1 ed.] 9783428424665, 9783428024667


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German Pages 381 Year 1971

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Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis im Anspruchssystem des BGB: Zugleich ein Beitrag zur Konkurrenzlehre [1 ed.]
 9783428424665, 9783428024667

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URSULA KÖBL

Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis im Anspruchssystem des BGB

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 3

Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis im Anspruchssystem des BGB Zugleich ein Beitrag zur Konkurrenzlehre

Von

Dr. Ursula Köbl

DUNCKER &

BUMBLOT I

BERLIN

Alle Rechte vorbehalten & Humblot, Berlln 41 Gedruckt 1971 bei Alb. Saytfaerth, Berlln 61 Printed in Germany D 29

© 1971 Dunelter

ISBN 8 428 02466 4

Meinen Eltern

Vorwort Die Untersuchung hat im Sommersemeste r 1970 der Juristischen Fakultät der Friedrich-Alexa nder-Universitä t Erlangen-Nürn berg als Dissertation vorgelegen. Sie wurde im wesentlichen im März 1970 abgeschlossen; bis etwa Oktober 1970 erschienene Literatur und Rechtsprechung konnten noch in den Anmerkungen berücksichtigt werden. Für die Anregung und Förderung der Arbeit habe ich Herrn Professor Dr. Karl Heinz Schwab herzlich zu danken; ferner danke ich Herrn Ministerialrat a. D. Dr. Johannes Broermann für die Aufnahme der Arbeit in sein Verlagsprogram m. Erlangen, im Oktober 1970

Ursula Köbl

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

19

Erstes Kapitel

Die Problematik der Normenkonkurrenzen

22

A. Die Erscheinung der Konkurrenz mehrerer Anspruchsgrundlagen . . . . . . I. Konkurrenzen als Doppelwirkungen im Recht und als Normwider-

sprüche

. ................ ................. ..... ............ .......

II. Legislative Unvermeidlichkelt von Normenkonkurrenzen

..........

22 22 25

111. Materiellrechtliche und prozessuale Probleme der Normenkonkurrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 B. Methoden und Aspekte der Behandlung von Normenkonkurrenzen . . . . I. Rechtstheoretische und logisch-systematische Aspekte

..............

1. Normenkonkurrenzen als Doppelwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2. Normenkonkurrenzen als Normwidersprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

31 31 33

3. Das logisch-begriffliche Verhältnis der Tatbestände und Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 4. Bemühungen um Gewinnung "fester Regeln" . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 5. Derogation durch Iex specialis und lex consumens? . . . . . . . . . . . . . . 38 6. Das Prinzip der "Meistbegünstigung des Gläubigers" . . . . . . . . . . . . 41 II. Die teleologisch-funktionelle Methode der Konkurrenzlösung . . . . . . . .

43

III. Einheit und Mehrheit der Ansprüche im Rechtsverkehr und im Prozeß 1. Die "Gesetzeskonkurrenz" im Zivil- und Zivilprozeßrecht . . . . . . . . 2. Anspruchseinheit im Zivilprozeß trotz Anspruchsmehrheit im materiellen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wiederannäherung von materiellrechtlichem und prozessualem Anspruchsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45 46

4. Konsequenzen für die Bestimmung der Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . 5. Zur Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53 58

C. Beziehungen zwischen Kollisionsfeststellung (Tatbestandsabgrenzung) und Kollisionslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

47 49

10

Inhaltsverzeichnis Zweites Kapitel

Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und außerschuldrechtliche Anspruchsgrundlagen

64

A. E-B-V und Erbschaftsbesitzverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

I. Die Ordnungsgehalte des Erbschaftsbesitzverhälnisses . . . . . . . . . . . . . .

64

II. Gesetzliche Kollisionsentscheidung in § 2029 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

B. Vindikation und sachenrechtliche Besitzschutzansprüche der §§ 861 und 1007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

I. Vindikation und possessorischer Besitzherausgabeanspruch aus § 861

67

II. Vindikation und petitarischer Besitzherausgabeanspruch aus § 1007

68

C. E-B-V und Eigentumsstörungsanspruch aus § 1004

..................

I. Ergänzung und überschneidung der §§ 985 ff. und des § 1004

70

........

70

II. Die Problematik des Fremdbaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kollidierende Normen und Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

2. Der Fremdbau als "Beeinträchtigung" i. S. des § 1004 . . . . . . . . . . . . 3. Pflicht zur Duldung des Fremdbaus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Duldungspflicht aus § 951 I S. 2? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Duldungspflicht aus Art. 14 II GG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Duldungspflicht in Analogie zu § 912? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zurückdrängung des Beseitigungsanspruches aufgrund der vorrangigen Wertungen des E-B-V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

71 75 75 77 79 80

Drittes Kapitel

Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (Nebenfolgen) und Haftung allgemeines Schuldrecht

83

A. Problem und Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

B. Konkurrenzmäßige Verdrängung und Lückenergänzung . . . . . . . . . . . . . .

84

C. Pragmatisch-teleologische Einzellösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

Viertes Kapitel

Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (Nebenfolgen) und Haftung während der Laufzeit wirksamer Sonderrechtsverhältnisse A. Die Maßgeblichkeit der Vertragsvorschriften während der Laufzeit des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92 93

Inhaltsverzeichnis

11

B. Verteidigung der Vindikationstheorie gegen die Lehre von der vertragsergänzenden Anwendbarkeit der §§ 987-1003 . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

C. Verteidigung der Vindikationstheorie gegen die Lehre vom nicht-so-

berechtigten Besitzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

I. Inhalt der Lehre von der Nicht-so-Berechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

II. Kritik der Lehre von der Nicht-so-Berechtigung D. Die doppelte Wirkungsrichtung der Besitzrechte

101 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

I. "Verhaltene" Herausgabeansprüche .......... . . . ...... . .. . ..... .. .. 108 · II. Zurückbehaltungsrechte

110 Fünftes Kapitel

Eigentumsherausgabeanspruch und Sonderrechtsverhältnisse

113

A. Lösungsalternativen ........................... . ............ . . .... . . 114 B. § 986 - positivrechtlich problematische Regelung der Zurückdrängung der Vindikation ... . . . ..... ... ... . .. . . . .. . . . . .. . .......... . .. . ...... 115 I. Ablehnung der Lehre Sibers

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

II. Fragwürdigkeit der Einrede-Konstruktion . ... . . ............. . ... . .. 117

C. Lösung aus dem Wesen des Rechts zum Besitz .. . .. . .... . ..... . . . . . . 118 I. Die Einwendungstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 li. Kritik der Einwendungstheorien

121

D. Lösung aus einem gewandelten Begriff des Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . 125 I. Eigentumsbeschränkung durch schuldrechtliche Bindung (Theorie von

Raiser u. a.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

II. Kritik der Subsidiaritätstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 1. Zur Rechtslage während der Laufzeit des Rechts verhältnisses . . 128 2. Zur Rechtslage nach Beendigung des Rechts zum Besitz . . . . . . 130 E. Entstehung und Fälligkeit der Vindikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 F. Die Art der Konkurrenz zwischen dinglichem und persönlichem Herausgabeanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 Sechstes Kapitet

Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (N ebenfolgen) und Abwicklung beendeter Sonderrechtsverhältnisse

140

A. Tatbestandlieh konkurrierende Anspruchsgrundlagen .. . ... .. . . ... ... 140 B. Der Vorrang der rechtsgeschäftstypischen Regelungen . ... ... . ........ 141 I. Besondere Abwicklungsmodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

II. Allgemeine vertragliche Haftung wegen Leistungsstörungen . . . . . . . . 143

12

Inhaltsverzeichnis

C. Keine Ergänzung des vertraglichen Abwicklungsverhältnisses durch das E-B-V

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

I. Für den Verwendungsersatz .. .... .. ..... .. .. ... . . .. . ...... .. . . ... 145 II. Für die Nutzungsentschädigung ........... . . ... . . . . ...... . . .... . . .. 146 D. Schlußfolgerungen und Rückblick

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

Siebentes Kapitel Eigentümer- Besitzer-Verhältnis und unerlaubte Bandlungen

155

A . Das Zusammentreffen von E-B-V und Deliktsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 I. Mehrere Haftungsgrundlagen für Verletzungen des Eigentums ...... 156

II. Konkurrenzentscheidung aufgrund gesetzlicher Kollisionsnormen? .. 158 1. § 993 I HS. 2 als Kollisionsnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 2. § 992 als Kollisionsnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 B. Die Haftung der Eigenbesitzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 I. Der redliche unverklagte Eigenbesitzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 II. Die Haftung bei Besitzerlangung durch verbotene Eigenmacht oder strafbare Handlung ....... .. ... .. . .. . ...... . . .. ... ..... ... .. . .. . . 163 Ill. Die Haftung sonstiger unredlicher Besitzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 C. Die Haftung der Fremdbesitzer

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174

I. Die Privilegierung des redlichen Fremdbesitzers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174

II. Die Haftung für den Fremdbesitzerexzeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 Achtes Kapitel

Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und Geschäftsführung ohne Auftrag einschließlich Sachfund Vorbemerkung A . Tatbestandliehe Abgrenzung von E-B- V und GoA

181 181

. .. . . . . . . ... . . . . .. 182

I. Tatbestandsmerkmale und Typologie der GoA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182

II. Tatbestandsabgrenzung aufgrund der subjektiven Einstellung des Handelnden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Ill. Tatbestandsabgrenzung aufgrund der objektiven Rechtmäßigkeit der Handlung .. . .............. . .. .. ............... ... ............ ... . 184 B. Konkur renzentscheidung durch gesetzliche Kollisionsnorm? . . . . . ..... 186 I. Die Verweisung des§ 994 II .. . . ..... . ..... . .... .. . .... ... . . .. . . ... . 186

II. § 994 II als Ausprägung der "angewandten GoA''

187

Inhaltsverzeic hnis

18

C. Konkurrenzen tscheidung aufgrund der verschiedenen Ordnungsauf -

gaben ... .. . . .. . .. . . ....... . ..... . .. .... ... .... . . .... . ............ .. 189

I. Die Funktion der GoA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 li. Folgerungen für das Verhältnis von berechtigter GoA und E-B-V . . . . 190 III. Folgerungen für das Verhältnis von nichtberechtig ter GoA und E-B-V 191 IV. Folgerungen für das Verhältnis der angemaßten Eigengeschäf tsführung- § 687 li-zum E- B-V ...... .. ............. ... .. .......... 194 D. E-B- V und Sachtund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 I. Der Sechfund als Sonderfall der Geschäftsfüh rung ohne Auftrag .... 196 II. Tatbestandsa bgrenzung und Konkurrenzen tscheidung im einzelnen . . 1. Bei Deckung von objektiver Rechtslage und subjektiver Einstellung des Finders bezüglich der Verlorenheit der Sache . . . . . . . . . . a) Tatbestandsm erkmale des Fundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der redliche Finder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der unredliche Finder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bei einem Irrtum des ,.Finders" über die Verlorenheit der Sache

197 197 197 197 198 198

Neuntes Kapitel

Eigentümer-B esitzer-Verhä ltnis und Berekherung "durch Leistung"

200

A. Allgemeines zum Bereicherung srecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200

I. Tatbestandlie bes Zusammentre ffen von Vindikations- und Kondiktionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 II. Absolute Subsidiarität der Bereicherung sansprüche? ...... .. . . . . ... . 202 III. Unterscheidu ng der Kondiktion wegen Bereicherung ,.durch Leistung" von den Kondiktionen wegen Bereicherung "in sonstiger Weise" . . .. 206 B. Die Abweichunge n zwischen E-B-V und Leistungskon diktion und die Möglichkeiten ihrer Harmonisieru ng ............. .... . ....... .. . .. 210

I. Die Herausgabean sprüche auf die Sache selbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 li. Die Anspruchsaus schlußgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 III. Die Gegenposition des Herausgabepf lichtigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 IV. Die Nebenansprüc he auf die Nutzungen . . . . . ..... .. . . . . . ....... . . .. 222 V. Die verschärfte Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Voraussetzun gen der verschärften Haftung .... .... .......... 2. Der Umfang der verschärften Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Verzugshaftu ng ... . . . . . .... ... . . . . .. .. . . . . .. . ...... . . . . . ...

231 231 233 233

VI. Kompensatio n von Vor- und Nachteilen oder einheitlicher Grund der Divergenzen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236'

14

Inhaltsverzeichni s

C. Vorschläge und Argumente zur Lösung der Konkurrenz von E-B-V und Lei stungskondiktion .. . ..... .... . . ...... .... .. . ... . . . .... . . ... 239

I. Wahlkonkurrenz zwischen Vindikations- und Bereicherungsan sprüchen ... . ....... . ........ ... .............. . ... . ............ .. .... . . 239 II. Der Vorrang des E-B-V (Ausschließlichke itstheorie) .. .. . . . .. .... ... 244 111. Das "Nebeneinander" von E-B-V und Leistungskondik tion . . . . . . . . . . 1. "Ungestörtes Nebeneinander" .. . . . .. ... .. . . .... . ... . . . ..... .. .. 2. Die Kombination von Vindikations- und Kondiktionsrech t . . . . . . 3. Lösung anhand der "bereicherungsre chtlichen Elemente" der§§ 987 bis 1003 .. . ... . ... .. . . .. . .......... . .. .. .......... . .... . .. .. ....

246 247 248

IV. Der Vorrang der Leistungskondik tion vor dem E-B-V . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Argument der Ähnlichkeit zwischen E-B-V und Nichtleistungskondiktion en ................ ....... .. ...... . ...... ... .. . 2. Das Argument der Ähnlichkeit der Leistungskondik tion mit vertraglichen Abwicklungsverh ältnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das Argument der Gleichbehandlun g aller fehlgeschlagenen Leistungsverhältnis se ohne Differenzierung nach der Wirksamkeit des dinglichen Geschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Einschränkung des Vorrangs der Leistungskondik tion aufgrund des Schutzzwecks der Doppelnichtigkei t . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

250

249

251 253 257 259

D. Eigentümer-Bes itzer-Ver hältnis und Leistungskondik tion bei unwirksamen Fremdbesi tzverhältni ssen

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265

I. Die Vereinfachung des Konkurrenzprob lems bei Fremdbesitz . . .. . . .. 265 II. Rechtsverhältnis se auf Nutzungsüberlas sung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 1. Die Herausgabe der Nutzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 2. Die Erstattung von Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 111. E-B-V und Leistungskondik tion bei fehlgeschlagenen Verträgen über geschuldete Tätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 IV. Mischformen mit Elementen der Nutzungsüberlas sungsverträge und der Verträge über geschuldete Tätigkeiten ... .. ........ . . . ...... .. 277

Zehntes Kapitel

Eigentümer-Besi tzer-Verhältnis und ungerechtfertigte Bereicherung "in sonstiger Weise" A . Tatbestandliches Zusamment reffen

279 279

B . Das Verhältnis von E-B-V u nd Nichtlei stungskondiktion i n bezug auf die Sache selbst und ihre Surrogate .. .... ........ . ... .. ...... . .. . . . 280

I. Anspruchskonku rrenz von rei vindicatio und condictio possessionis 280

15

Inhaltsverzeichnis II. Die Nichtleistungskondikti on der Surrogate als Rechtsfortwirkung des Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kein Ausschluß der Surrogatkondiktion durch das E-B-V . . . . . . . . 2. Verbindung und Verarbeitung der Sache (§§ 946-951) . . . . . . . . . . . . 3. Verbrauch der Sache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ursprünglich wirksame entgeltliche Veräußerung der Sache . . . . . . 5. Belastung der Sache mit beschränkten dinglichen Rechten ..... .. . 6. Ursprünglich unwirksame Verfügungen über die Sache .. .. ...... a) Die Genehmigung als notwendige Voraussetzung des Bereicherungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Surrogatherausgabe ohne endgültige Aufgabe des Eigentums? c) Herausgabe des rechtsgeschäftlich erlangten Surrogates nach § 281? 0

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281 281 282 282 283 284 286 286 288 290

III. Surrogatherausgabe und Schadenersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 IV. Sekundäransprüche der Surrogathaftung

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295

C . Das VerhäUnis von E-B- V und Nichtleistungskondikti on in bezug auf die Nutzungen ........ .. ........ .. .. . . ... .. ... .. .... . .. .. ........... 297

D. Das Verhältnis von E-B- V und Nichtleistungskondikti on in bezug auf die Verwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 I. Das Zusammentreffen der §§ 994 ff. mit Nichtleistungskondikt ionen . . 299

II. Die Möglichkeit der Ausschlußwirkung der §§ 994 ff. über ihren begrifflichen Tatbestandsbereich hinaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 III. Der objektive Umfang des Verwendungsbegriffes . .... .. ... . . ... . . . 305 1. Abkehr des BGH vom überkommenen Verwendungsbegriff . . . . . . 305 2. Die "Enteignung" von Hauptsacheeigentüme r und Verwender . .. . 307

Elftes Kapitel

Eigentümer-Besitzer-V erhältnis und Mehrpersonenverhältn isse

316

Vorbemerkung ... . . .. . . . ... ... .. .. .. . . .... .. . . . . .. . . .. . . . .. . . . . ... . .. . 316 A. Mehrgliedrige Verhältnisse ohne rechtsgeschäftliche Beziehungen des Eigentümers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 B. Mehrgliedrige Verhältnisse während der Laufzeit wirksamer rechtsgeschäftlicher Beziehungen des Eigentümers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 I. Unbefugte Weitergabe des Besitzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319

11. Unfreiwilliger Besitzverlust des berechtigten Besitzers . . . . . . . . . . . . . . 319 III. Vindikationslage bei Beendigung oder Unwirksamkeit des Rechtsverhältnisses zwischen mittelbarem und unmittelbarem Besitzer? . . . . . . 319

16

Inhaltsverzeichnis

C. Mehrgliedrige Verhältnisse nach Beendigung des Besitzrechts des mittelbaren und des unmittelbaren Besitzers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323

I. Die aus Wortlaut und Systematik des Gesetzes folgende Lösung . . . . 324 II. Einheitliche Versagung eines Verwendungsersatzanspruches ohne Rücksicht auf die Besitzrechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Als Konsequenz der Nichtaufnahme eines Versionsanspruchs ins BGB .......................................................... 2. Einheitliche Ablehnung eines Verwendungsersatzanspruchs aufgrund begrifflicher Abgrenzung von ,.Leistung" und ,.Verwendung" ...... . ................................................. 3. Einheitliche Ablehnung eines Verwendungsersatzanspruchs wegen der Zurechnung der Verwendungen zum Besteller ..............

327 327 329 331

III. Schutz des unmittelbaren Besitzers durch die Subsidiarität der Vindikation ............................................................ 334 IV. Schutz des unmittelbaren Besitzers durch sonstige Rechtsbehelfe .... 1. Die typische Interessenlage bei späterer Beendigung des Besitzrechts des Fremdbesitzers ....... ............. . ................. a) Der Besitz als Druckmittel .................................. b) Ausgleich einer Bereicherung oder überbürdung eines Schadens? ...................................................... c) Das Kriterium des Kreditrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das rechtstechnisch beste Mittel für den Schutz des entfernten Fremdbesitzers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

337 337

338

340 342 345

D. Mehrgliedrige Verhältnisse mit unwirksamen rechtsgeschäftliehen Beziehungen des Eigentümers zum ersten Besitzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 I. Kennzeichnung der Falltypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350

II. Für die Lösung in Betracht zu ziehende Rechtssätze und jurisprudentiell entwickelte Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 1. Traditionelle Anwendung des § 986 I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 2. Bedenken wegen des Vorrangs der Leistungskondiktion in Zweipersonenverhältnissenund aufgrundder Dogmatik bereicherungsrechtlicher Drittbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 III. Folgerungen für das Verhältnis von Vindikation und Leistungskondiktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 Zusammenfassung

357

Literaturverzeidmis

365

Sachverzeidmis

379

Abkürzungsverzeichnis Es werden die allgemein üblichen Abkürzungen verwendet. Die juristischen Abkürzungen entsprechen dem Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache von Kirchner (2. Aufl. 1968). Außerdem werden noch folgende Abkürzungen verwendet: AT Bespr. BT D E-B-V ErbR FSf. Ges. Sehr. GoA Hbbd HWBdRW JA JurA

ML

Rdnr. SachR SehR Vorbem. ZGesStW

Allgemeiner Teil Besprechung Besonderer Teil Digesten Eigentümer-Besitzer-Verhältnis Erbrecht Festschrift für Gesammelte Schriften Geschäftsführung ohne Auftrag Halbband Handwörterbuch der Rechtswissenschaft Juristische Arbeitsblätter, 1. Jahrgang 1969 Juristische Analysen, 1. Jahrgang 1969 Methodenlehre Randnummer Sachenrecht Schuldrecht Vorbemerkung Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft

Paragraphen des BGB werden ohne Gesetzesangabe zitiert.

Einleitung Es gibt wenig Bestimmungen des positiven Rechts, deren Anwendungsbereich nach einer Geltungsdauer von 70Jahren noch so umstritten ist wie der der§§ 985-1003 BGB, des sog. Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses. Diese Vorschriften sind in der Zivilrechtsdogmatik als "dunkel und verworren"', als einer der "mißratensten Teile des BGB" 2 berüchtigt. Die Ursache dafür ist vor allem darin zu suchen, daß die §§ 985 -1003 ausdrücklich nur an die Trennung von Eigentum und Besitz anknüpfen und damit einerseits von der sozialen Wirklichkeit so weit abstrahieren, daß sich Berührungspunkte mit allen wichtigen Anspruchsgrundlagen des Schuldrechts ergeben, andererseits diesen gegenüber aber doch so konkret sind, daß sich der Eindruck aufdrängt, es handle sich um dem "allgemeinen" Delikts-, Bereicherungsrecht usw. vorgehende Sonderregelungen. An einer durchgängigen begrifflichen Abgrenzung oder einer ausdrücklichen Kollisionsentscheidung läßt es das Gesetz fehlen. Aus den Materialien ist zuverlässig nur soviel zu rekonstruieren, daß sich die Gesetzesverfasser weder ausschließlich noch konsequent von einem einzigen "Leitmotiv" führen ließen. Zwar gilt gemeinhin dafür die Privilegierung des gutgläubigen Eigenbesitzers, der eine abhanden gekommene Sache nicht kraft Rechtsscheins vom Nichtberechtigten erwerben konnte3• Doch das war nicht das einzige Ordnungsproblem. Man ging von Anfang an zugleich auf Lückeniosigkeit des Eigentumsschutzes aus', bezog später den Fremdbesitzer mit ein und rechnete auch mit solchen Eigenbesitzern, denen aufgrund eines unwirksamen Veräußerungsvertrages die Sache vom Eigentümer selbst übergeben worden war5 • Um die damit heraufbeschworenen Konkurrenzprobleme kümmerte man sich wenig, allenfalls bruchstückhaft. Die Vorrangstellung, die die ältere Dogmatik dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis pauschal zuwies, kann es heute nicht mehr behaupten. Sein effektiver Anwendungsbereich ist stark im Schrumpfen begriffen. Von der Annahme der Ausschließlichkeit der §§ 987-1003 mit dem JA 1969, 65; Imlau, MDR 1957, 263, und ähnlich viele andere. Mii.nzel, MDR 1952, 647; im gleichen Sinn Weitnauer, DNotZ 1966, 766. a Mot. Mudgan 111, S. 219. 4 Mot. Mugdan 111, S. 218. 5 Prot. Mugdan 111, S. 674. 1

2

20

Einleitung

Zugeständnis e1ruger Ausnahmen vollzieht sich seit e1ruger Zeit ein ziemlich radikaler Meinungsumschwung zu der Auffassung hin, das E-B-V werde als bloße "Notordnung"6 durch alle Arten rechtlicher "Sonderverbindungen" verdrängt. Die praktischen Ergebnisse liegen freilich nicht ganz so weit auseinander, wie es diese abstrakten Kennzeichnungen zunächst vermuten lassen. Die treibenden Kräfte für die außerordentlich intensiven Bemühungen um die Konkurrenzprobleme des E-B-V sind das Streben nach Angemessenheit und Billigkeit der Einzellösungen, nach Einheitlichkeit und Folgerichtigkeit der Wertungen in den größeren Zusammenhängen des zivilrechtliehen Haftungssystems und nicht zuletzt das vielleicht übertrieben starke Bedürfnis nach der Orientierungssicherheit, wie sie eine einzige Kollisionsregel geben könnte. Eine umfassende Untersuchung zur Stellung des E-B-V im Anspruchssystem mag als ein, schon im buchstäblichen Sinn, zu "anspruchsvolles" Vorhaben erscheinen, da zu viele Anspruchsgrundlagen zu berücksichtigen seien, als daß sich die Einzelprobleme wesentlich weiterführen ließen. Es wird hier trotzdem versucht, indem gerade die sich mit der Stoffülle bietenden Vorteile genutzt werden. So können die Gedanken und Ergebnisse vieler Spezialuntersuchungen verwertet werden, was hier manche ins Detail gehende Erörterung erspart. Vor allem aber werden sich aus der Vielzahl der Argumente eine Reihe von Topoi herausheben, die in verschiedenen Argumentationszusammenhängen eine Rolle spielen und so nicht nur die zentralen Probleme scharf profilieren, sondern auch auf typische Grundzüge und Vorzugstendenzen der aktuellen Zivilrechtsdogmatik überhaupt aufmerksam machen. Deshalb werden sich viele Ergebnisse, ohne deduktiv auseinander ableitbar zu sein, doch gegenseitig stützen können. Der Überblick wird insbesondere auch die Kontrolle über das angestrebte Gleichmaß der Wertungen erleichtern. Die Untersuchung gliedert sich nach einigen grundsätzlichen Ausführungen zur Problematik der Normenkonkurrenzen entsprechend den für eine Konkurrenz mit dem E-B-V in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen des BGB. Dieser Aufbau entspricht nicht der Fragestellung, mit der die unmittelbare Rechtsanwendung konfrontiert wird, wenn der Richter etwa bei einem Klageantrag mehrere Anspruchsnormen in Erwägung zu ziehen und zu entscheiden hat, ob eine Sachbeschädigung delikts- oder vindikationsrechtlich zu beurteilen ist oder ob für bestimmte Aufwendungen das Bereicherungsrecht oder die Vindikationsnebenfolgen maßgeblich sind. Mit der Einteilung nach gesetzlichen Normgruppen anstatt nach Anspruchsinhalten folgt die Arbeit jedoch 6

Repräsentativ hierfür JA 1969, 69.

Einleitung

21

nicht lediglich dem äußeren System des BGB; vielmehr ist zu erwarten, daß sich bei der Erörterung anhand des gesetzlichen Sachzusammenhangs die Ordnungsgehalte der konkurrierenden Normen besser erschließen und Wechselbezüglichkeiten verschiedener Regelungen eines Haftungskomplexes (z. B. zwischen Nutzungsherausgabe und Verwendungsersatz) nicht übersehen werden. Die Untersuchung zielt natürlich auf Ergebnisse, die so "richtig" und gesetzestreu wie nur möglich sind, wobei sich allerdings angesichts der nicht zur Ruhe kommenden Diskussion mancher Streitfragen vorhersagen läßt, daß der Grad an Überzeugungskraft der einzelnen Lösungen sehr schwanken wird. An einigen Stellen wird es vor allem darauf ankommen, zu zeigen, wo die "legalen" Mittel der Problemlösung erschöpft sind und eine legitime Rechtsfortbildung einzusetzen hat.

Erstes Kapitel

Die Problematik der Normenkonkurren zen

A. Die Ersmeinung der Konkurrenz mehrerer Ansprumsgrundlagen I. Konkurrenzen als Doppelwirkungen im Recht und als Normwidersprüche Konkurrenzproblem e von der Art, wie sie Gegenstand dieser Untersuchung sind, bilden kleine Ausschnitte aus dem weiten Feld normativer Unsicherheit, das sich am Rande des Regelungsbereiches positiver Rechtssätze befindet. Bei doppelter oder mehrfacher normativer Besetzung ein und desselben Raumes1 ist der Vorgang der Rechtsanwendung mit der Subsumtion nicht abgeschlossen, da sie zu keinem eindeutigen Rechtsfolgenergebni s führt, wenn nicht zweifelsfrei die verschiedenen Rechtsfolgen nebeneinander bestehen können und sollen, sondern aus der Reihe der mehreren begriffiich passenden Obersätze muß einer ausgewählt oder es muß ein neuer gebildet werden, dem die konkrete Rechtsfolge entnommen werden kann. Dieses Problem der Normenkonkurrenzen oder -kollisionen2 stellt sich natürlich nur bei sehr ähnlichem rechtspolitischem Zweck von Rechtssätzen, dort, wo es vernünftigerweise zweifelhaft sein kann, welche Rechtsfolgen eintreten 1 Vgl. Sauer, Juristische Methodenlehre, 1940, S. 282 f., das Problem der Normenkollision vom Lückenproblem scharf trennend. 2 Zur Bezeichnung des durch die Normenkollision aufgeworfenen Problems ist zwar im zivilrechtliehen Schrifttum häufig der Ausdruck "Gesetzeskonkurrenz" anzutreffen (Lent, Die Gesetzeskonkurrenz im bürgerlichen Recht und Zivilprozeßrecht, 1. Bd. 1912, 2. Bd. 1916; Schmidt, Die Gesetzeskonkurrenz im bürgerlichen Recht, 1915, S. 1 f.; OeTtmann, HWBdRW, Il, 1927, S. 876 (Art. .,Gesetzeskonkurrenz" ); Enneccerus- N!pperdey, AT§ 60; LehmannHübner, AT,§ 8 IV; da er aber in neuerer Zeit, überwiegend sowohl im Zivilrecht als auch im Strafrecht, als Terminus technicus für die Lösung der Kollision im Sinne der Verdrängung eines von zwei konkurrierenden Gesetzen verwandt wird (Dietz, Anspruchskonkurrenz bei Vertragsverletzung und Delikt, 1934, S.16 f.; v. TuhT, AT,§ 16 I 4; Larenz, SehR BT, § 69 VI; Schnorr von Carolsfeld, FS f. Lent, S. 258 Fn. 58; Schönke - Schröder, vor § 73, Rdnrn. 2, 57; Geerds, Zur Lehre von der Konkurrenz im Strafrecht, 1961, S. 146; Schmitt, Die Konkurrenz im geltenden und künftigen Strafrecht, ZStW 75 (1963) 45, empfiehlt es sich, zumindest die erste Anwendungsweise fallen zu lassen. Zur Terminologie s. u. B III 5.

A. Die Erscheinung der Konkurrenz mehrerer Anspruchsgrundlagen

23

sollen3• So kommen etwa strafrechtliche und zivilrechtliche Sanktionen für die Verletzung ein und derselben Rechtsgüter ohne Frage einander nicht ins Gehege3'; über das Verhältnis von zivilrechtlicher Delikts- und Vertragshaftung aber muß man sich Gedanken machen. Dabei führen solche Konkurrenzen von Normen formell gleicher Rangstufe und gleicher Geltungsdauer in das unwegsamste Gebiet dieser Problematik, da die anerkannten und leicht zu handhabenden Kollisionsregeln "Lex superior derogat legi inferiori" und "Lex posterior derogat legi priori" hier nicht eingreifen4 • Die zivilrechtliehen Anspruchsgrundlagen treten meist nicht als einzelne Rechtssätze, d. h. als einzelne Tatbestände mit dazugehöriger Rechtsfolge miteinander in Konkurrenz, sondern als Normengruppen von oftmals mehreren anspruchserzeugenden Tatbeständen und einem Kranz von Nebenbestimmungen über Leistungsstörungen, Gegenrechte, Einstandspflichten für das Verhalten Dritter, Verjährung usw. Lei• stungsgegenstand und Leistungsinhalt sind häufig sogar identisch wie bei den Ansprüchen auf Herausgabe ·einer Sache nach Vindikations-, Besitzstörungs-, Vertrags-, Geschäftsführungs-, Delikts- und Bereicherungsrecht. Dagegen weichen die Nebenbestimmungen vielfältig von.;. einander ab5 • Wegen dieser Mischung von Übereinstimmung und Abweichung sind die zivilrechtliehen Normenkonkurrenzen sowohl unter dem Aspekt der Doppelwirkungen im Recht wie unter dem der Normwidersprüche zu sehen, wobei freilich unter "Widerspruch" nicht nur die formallogische Unvereinbarkeit, sondern auch jede Art von rechtsteleologischer Unverträglichkeit der Rechtsfolgen zu verstehen ist. Mit der Kontrastierung von Doppelwirkung und Normwiderspruch scheint nun aber die auch innerhalb eines Rechtsgebietes nicht seltene Erscheinung der (annähernd) reibungslosen Koexistenz verschiedener Rechtsfolgen nicht den ihr gebührenden Platz zu erhalten. Indessen gelangen wir zur sicheren Feststellung solcher Gestaltungen meist erst aufgrund eingehender Erwägungen zur Widerspruchsvermeidung und -auflösung. Die Subsumierbarkeit eines im wesentlichen einheitlichen Lebens.;. Sachverhaltes unter mehrere gesetzliche Anspruchsgrundlagen, die alle der Befriedigung annähernd desselben Interesses dienen, stellt die einfachste Form einer Doppelwirl,tung im Recht dar. Soweit sich die Rechtsfolgen gleichen, ist diese Erscheinung - rechtsinhaltlich gesehen- nicht 3 Statt aller Oertmann, HWBdRW, II, S. 876; Dietz, Anspruchskonkurrenz, S.lO. 34 Eine "Alternative" kommt nicht in Betracht, vgl. Rödig, Die Denkform der Alternative in der Jurisprudenz, 1969, S. 12. 4 Vgl. zu diesen Geltungsgrenzen der Rechtsnormen Nawiasky, Allgemeine Rechtslehre, 2. Aufi. 1948, S. 91 ff. 5 Vgl. auch Rupert Schreiber, Allgemeine Rechtslehre, 1969, S. 15.

24

1. Kap.: Die Problematik der Normenkonkurre nzen

von praktischer Bedeutung8• Sie wird es erst bezüglich der möglichen Selbständigkeit der konkreten Rechtsfolgen als Verfügungsobje kte im Rechtsverkehr (Abtretung usw.) und in prozessualer Sicht für alle mit der Einheit des Streitgegenstan des zusammenhäng enden Fragen. Das große materiellrechtli ch-dogmatische Interesse ziehen die Normenkonkurrenz en wegen der Divergenzen der Rechtsfolgen auf sich. Wo unmöglich alle Rechtsfolgeano rdnungen konkret vollzogen werden können, ist eine Kollisionsentsc heidung unumgänglich7 • Wenn z. B. im Zusammenhang mit der Rückgabe einer Sache der eine Normenkomplex auch die Pflicht zur Herausgabe sämtlicher gezogener Nutzungen und das Recht auf Ersatz aller Verwendungen enthält, die andere Normengruppe dagegen nur die Herausgabe der Übermaßfrücht e und Ersatz für nützliche Verwendungen anordnet, so muß denknotwendig mindestens eine der widersprechend en Vorschriften weichen. Bei einer Durchsicht der Detailausgestal tung der konkurrierende n zivilrechtliehen Anspruchsgrun dlagen stößt man auf eine Fülle solcher Normwidersprüche, die nicht durch ausdrückliche Kollisionsnorm en gelöst werden und die daher von der Jurisprudenz mit den Mitteln der Auslegung und der Rechtsfortbildu ng bereinigt werden müssen8 • Die Normenkollisio nen, in die die Vindikation und ihre Nebenfolgen verwickelt sind, gehören im geltenden Recht zu jenen, die allen erdenklichen Harmonisierung sversuchen am hartnäckigsten widerstehen, was W eitnauer9 zu der resignierenden Empfehlung an den Gesetzgeber veranlaßt, doch einmal zu überprüfen, ob eine Regelung, die so viele Unsicherheiten berge, überhaupt die ihr zugedachte Ordnungsaufga be erfüllen könne. Man mag sich daher allgemein fragen, ob das Vorkom8 Vgl. Klatzko, Die Konkurrenzform der Ausschließlichke it, 1931, S. 46; Helm, Haftung für Schäden an Frachtgütern, 1966, S. 303. 1 Vgl. auch Helm, S. 295.

8 Ob man bei den typischen Divergenzen der zivilrechtliehen Haftungsnormen bereits von Kollisionslücken reden will, ist eine Frage des Sprachgebrauchs in der Lückenproblema tik überhaupt; er ist nicht einheitlich (vgl. Canarts, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, 1964, S. 16 ff.). Manche Autoren verstehen unter Kollisionslücke schon die Konstellation der Widersprüchlichkeit mehrerer Normen, unter denen nicht ohne gründliche Untersuchung eine als vorrangig zu erkennen ist. (So Heck, Gesetzesauslegun g und Interessenjurispr udenz, 1914, S. 179f.; Zippelius, Zum Problem der Rechtsfortbildung, NJW 1964, 1982 u. Rechtsnorm und richterliche Entscheidungsfreiheit, JZ 1970, 243 r. Sp.). Häufiger wird als Kollisionslücke erst diejenige Situation bezeichnet, die entsteht, wenn infolge eines mit den Mitteln der Auslegung und der Rechtsfortbildun g nicht auflösbaren Normenkonflikte s sich die widersprechende n Normen gegenseitig aufheben. (So vor allem die neuere Literatur: vgl. z. T. schon Engisch, Die Einheit der Rechtsordnung, 1935, S. 50 m. Nw. aus dem älteren Schrifttum; ders., Einführung in das juristische Denken', 1968, S. 159; Enneccerus - Nipperdey, § 58 I 3; Canaris, Lücken, S. 65 m. Nw. u. Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 1969, S. 122.) 9 DNotZ 1966, 766.

A. Die Erscheinung der Konkurrenz mehrerer Anspruchsgrundlagen

25

men von Normenkonkurrenzen auf Fehler und Schwächen der Gesetzgebungstechnik zurückgeht oder ob der Grund dafür in sachlichen Bedingtheiten einer Kodifikation liegt.

II. Legislative Unvermeidlichkeit von Normenkonkurrenzen? 1. Um voll und ganz den Anforderungen der Rechtssicherheit und der materiellen Gerechtigkeit zu genügen, müßte das zivilrechtliche Anspruchssystem einem Mosaikbild gleichen, auf welchem die anspruchserzeugenden Tatbestände klar voneinander abgegrenzt nebeneinander lägen und sich in ihrer Gesamtheit zu einer sinnvollen, lückenlosen Einheit zusammenfügten. Ohne Überschneidungen sollte jeder regelungsbedürftige Lebenssachverhalt nur von einer Norm bzw. Normengruppe erfaßt werden.

Wer sich aber die Aufgabe der Gesetzgebung vergegenwärtigt, eine so komplexe und vielfältig verflochtene soziale Wirklichkeit wie die unserer Zeit zu ordnen, wird den Eindruck gewinnen, daß es zwar nicht "schlechthin undenkbar" wäre, daß die Rechtsordnung für jedes sich im Leben gestaltende Rechtsverhältnis nicht mehr als nur eine einzige passende Norm bereithielte10, daß diesem wünschenswerten Zustand jedoch so erhebliche Schwierigkeiten entgegenstehen, daß er als praktisch unerreichbar angesehen werden muß. Die wichtigsten Faktoren, die Normenkonkurrenzen verursachen, sind das Bestreben nach Lückenlosigkeit der Rechtsordnung einerseits und nach größtmöglicher materieller Gerechtigkeit andererseits, Faktoren also, die in jedem durchgebildeten Rechtssystem wirksam sind. In je höherem Maße der Gesetzgeber bestrebt ist, eine vielschichtige Materie erschöpfend zu regeln, desto mehr setzt er sich der Gefahr aus, "Lücken infolge Doppelregelung" zu schaffen, desto häufiger wird es zu begrifflichen Überschneidungen kommen, da viele rechtserhebliche Momenteetwa die geschützten Rechtsgüter - in mehreren Rechtsnormen als Tatbestandsvoraussetzungen auftreten11 • Das materielle Strafrecht bildet hierfür das anschaulichste BeispieP2 : Die Straftatbestände erreichen zuweilen eine solche Dichte, daß gesetzliche Deliktskonkurrenzen bei kriminologisch gesehen- einheitlichen Taten geradezu die Regel sind. Da es bei der Tatbestandsbildung, vor allem der strafrechtlichen, aber auch der zivilrechtlichen, zunächst einmal gilt, durchgängig eine untere 10 So aber Herbst, S.ll; ausweichend RGZ 24,50 : die Vermeidung von Konkurrenzen sei nicht die Aufgabe der Gesetzgebung. 11 Daran ist auch die Verbindung von kasuistischer und richtlinienmäßiger Regelungstechnik beteiligt, vgl. Dubischar, Grundbegriffe des Rechts, 1968, § 24 I. 12 Vgl. Jescheck, Die Konkurrenz, ZStW 67 (1955), 537; Geerds, 5.150 f.

26

1. Kap.:

Die Problematik der Normenkonkurrenzen

Schwelle der Rechtserheblichkeit von Fakten zu bezeichnen, deren Überschreiten eine rechtliche Sanktion möglich oder nötig macht, sind aus den komplexen und ungeheuer variablen Lebensvorgängen diejenigen Elemente herauszusuchen, die gerade ausreichen sollen, um eine rechtliche Reaktion auszulösen13• Mit dieser Vollständigkeit kann es aber noch nicht sein Bewenden haben. Die materielle Gerechtigkeit gebietet nicht nur die bloße rechtliche Erfassung, sondern auch die differenzierende Bewertung der Rechtsgutsverletzungen und der Interessenkonflikte; sie prägt sich in den unterschiedlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen der qualifizierenden, privilegierenden und sonst abwandelnden Rechtssätze aus. Doch sollte ein Gesetzgeber vor der Einführung von Differenzierungen mit in Betracht ziehen, zu welch unerfreulichen und der Rechtssicherheit abträglichen Meinungsverschiedenheiten Normenkonkurrenzen führen können14• Den Verfassern des BGB ist gerade bei den hier zu behandelnden Anspruchsgrundlagen die Neigung zu übertriebenen und nicht durchwegs widerspruchsfreien Differenzierungen nachzusagen15• 2. Weil eine umfassende und zugleich wertungsmäßig differenzierende Ordnung des sozialen Lebens gefordert ist, erklärt sich auch, in welcher Weise die Abstraktheit der Gesetze, die in diesem Zusammenhang oft erwähnt wird18, etwas mit der Entstehung von Konkurrenzen zu tun hat. Die Abstraktheit ist insofern nicht im Spiel, als man darunter diejenige Eigenschaft der Rechtssätze versteht, die sie befähigt, eine unbestimmte Vielzahl von zukünftig sich ereignenden Fällen zu regeln, die also im eigentlichen Sinn ihre abstrakt-genereUe Natur ausmacht. Wie ohne weiteres ersichtlich ist, verursacht nicht das Abgezogensein der Gesetze von Ort und Zeit des rechtserheblichen Geschehens, von den individuellen Eigenschaften und Beziehungen der beteiligten Personen und von dergleichen Momenten, die das Recht immer oder bei der Regelung einer bestimmten Materie gänzlich außer acht läßt17, die Überschneidung der Rechtssätze, sondern es sind die von Rechtssatz zu 13 Zum Vorgang der Gesetzesentstehung allgemein Heck, Gesetzesauslegung, S. 18. 14 Vgl. aber Peter, AcP 132, 64 f., der sich mit Pathos gegen ein angebliches ,;Gesetz der Sparsamkeit in der Rechtsordnung" wendet, "denn Gerechtigkeit verlangt Reichhaltigkeit der Rechtsordnung"; vor starker Kasuistik warnt dagegen NoH, Prinzipien der Gesetzgebungstechnik, FS f . Germann, 1969,

S.170 f.

15 Man denke etwa an die mißglückte Rechtfertigung der Unterschiede zwischen der Haftung des redlichen Besitzers einerseits und der des redlichen Kondiktionsschuldners andererseits (Prot. Mugdan III, S. 673 u. S. 674) ; s. u. 9. Kap. B VI. 18 Vgl. Geerds, S. 146; Georgiades, Die Anspruchskonkurrenz im Zivilrecht und Zivilprozeßrecht, 1968, S. 1. 17 Anschaulich geschildert von Dölle, Vom Stil der Rechtssprache, 1949,

s. 22 ff.

A.

Die Erscheinung der Konkurrenz mehrerer Anspruchsgrundlagen

27

Rechtssatz wechselnde Auswahl der relevanten, für das jeweilige Gerechtigkeitsproblem als typisch herausgehobenen Merkmale sowie die stark ungleiche Abstraktionshöhe der Normen, welche die Möglichkeit ihrer Häufung auf einen Lebensvorgang begünstigen. Weil unter dem Blickpunkt des einen Normzweckes Momente als gleichgültig beiseite gelassen werden, die für andere Normen konstitutiv sind, verzahnen und überlagern sich die Tatbestände. So kann z. B. die Erlangung eines jeden Gegenstandes ("etwas") einen Bereicherungsanspruch auslösen, dagegen ist die Vindikation sehr viel konkreter nur auf den Besitz einer Sache abgestellt; andererseits ist für die Vindikation grundsätzlich ohne Belang, ob der Besitz "durch Leistung" oder "in sonstiger Weise" erworben wurde. Zu dieser Konkurrenzanfälligkeit von der begrifflichen Seite her, die jedem Gesetzgebungsunternehmen anhaftet, kommt noch, daß oft auch die historisch gewachsenen Ausformungen der Rechtsinstitute von neuen Korliftkationen nicht bestmöglich überwunden oder integriert werden18• So dürfte für die herausgehobene Stellung der Vindikation und ihrer Nebenfolgen im BGB mitbestimmend gewesen sein, daß das Sacheigentum seit jeher der Prototyp der subjektiven Rechte ist und der Ausgestaltung und dem Schutze der übrigen Rechte und Rechtsgüter zum Vorbild diente10 • 3. a) Nicht ersichtlich ist, wie durch eine andere Gliederung des Rechtsstoffes im bürgerlichen Recht, Normenkonkurrenzen zu vermeiden wären. Das meint auch Henckel 20 nicht; allein die Erscheinung der "Anspruchskonkurrenzen" führt er darauf zurück, daß nicht der Anspruchsbegriff das Hauptgliederungselement des BGB sei, sondern daß dessen Gliederung nach Institutionen statt nach Rechtsinhalten erfolge. - Da Normenkonkurrenzen aber durch die praktisch unvermeidbare begriffliche Überschneidung der Tatbestände bedingt sind, würden sie bei einer Einteilung des BGB nach "Rechtsinhalten" nicht ausgeschaltet, sondern nur in veränderter Gestalt wiederkehren. Denn auch bei einer anderen Gliederung müßte mit Rechtssätzen gearbeitet werden, die nach demselben Prinzip wie die des geltenden Rechts zu bilden wären, die also ebenfalls nur jeweils die typischen, aber nicht alle, in irgend;_ einer rechtlichen Hinsicht relevanten Merkmale herausgreifen könnten, so daß wiederum Normenhäufungen aufträten. 18 Besonders lebendig ist die Tradition im Bereich der Grundrechte, wo sich neben den neueren allgemeinen .Freiheitsgarantien auch die historisch älteren Einzelfreiheitsrechte erhalten haben. 19 Vgl. auch Lange, SachR, § 11 A li 2; Emmerich, Das Verhältnis der Nebenfolgen der Vindikation zu anderen Ansprüchen, 1966, S. 45 Fn.llO. 20 Parteilehre und Streitgegenstand im Zivilprozeßrecht, 1961, S. 259 f.; s. dazu unten III und B III 3 a.

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1. Kap.: Die Problematik der Normenkonkurrenzen

Auf rigorose Vereinheitlichung der Rechtsfolgen aber will Renekel nicht abzielen, also nicht vorschlagen, daß etwa die Pflicht zur Herausgabe einer Sache oder zum Ersatz eines Schadens einschließlich aller Nebenbestimmungen nur an einer einzigen Stelle im Gesetz als Rechtsfolgeanordnung erscheine, zusammen mit einer Enumeration sämtlicher Tatbestandsvarianten, die den Herausgabe- bzw. Schadensersatzanspruch aktualisieren können, denn so ein Vorhaben stieße auf die eben genannten engen Grenzen hinreichender Ähnlichkeit der Gerechtigkeitsprobleme. Die Gleichheit im Hauptanspruchsinhalt -Herausgabe, Schadensersatz- erlaubt nicht, die Haftungsregelung in allen Verästelungen über einen Leisten zu schlagen. Das Zivilrecht mag recht arm an solchen Hauptanspruchsinhalten sein, es ist aber, im großen und ganzen nicht ohne guten Grund, sehr reichhaltig in den Einzelausgestaltungen, welche nicht durchgehend generalisiert und pauschaliert werden dürften. b) Rein gedanklich wäre es nun zwar vorstellbar, daß für alle möglichen Normenkonkurrenzen Kollisionsentscheidungen im Gesetz vorgesehen würden, denn die endliche Zahl der Gesetzesbegriffe ergäbe auch wieder eine endliche Zahl ihrer Kombinationen, so daß auch diese tatbestandlieh erfaßt werden könntenu, doch schon an dem praktischen Erfordernis der Übersichtlichkeit und Handlichkeit der Gesetze müßte ein solches Vorhaben scheitern22 • Und selbst wenn Computer mit derartigen Gesetzesapparaten umgehen könnten - wer vermöchte ein so subtil ausgeformtes und dabei auf längere Dauer axiologisch befriedigendes Normensystem zu entwerfen? Auch durch generellere Kollisionsregeln könnte sinnvollerweise nur eine begrenzte, aber keine vollständige Abhilfe geschaffen werden. Gesetzesredaktionell weit weniger schwerfällig als durch die Ausformung einer Unzahl von Tatbeständen ließe sich eine begrifflich eindeutige Abgrenzung der Rechtssätze etwa durch jeder Norm eigens beigegebene Kollisionsregeln oder durch eine allgemeine Rangordnung der Anspruchsgrundlagen bewerkstelligen. Man könnte etwa die Regel aufstellen, daß aus dem Katalog: Haftung aus Vertrag- Delikt-dinglichem Recht- ungerechtfertigter Bereicherung usw. eine Anspruchsgrundlage jeweils erst. dann zum Zuge kommen soll, wenn keine der vorhergehenden tatbestandlieh erfüllt ist. In manchen ausländischen Zivilrechtskodifikationen ist dem Bereiche~ rungsrecht die Rolle eines nur subsidiär eingreifenden Rechtsbehelfs tt Davon zu unterscheiden ist die immer wieder verneinte Frage, ob es möglich ist, mit einem gesetzlichen Begriffsschema alle Tatsachen des Lebens zu meistern; für viele verneinend: Hegel, Rechtsphilosophie, § 211; Savigny, Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft, S. 83 ff.; v. Tuhr, AT, Vorwort VII, VIII; Isay, Rechtsnorm und Entscheidung, 1929, S. 3 f.; Heck, Begriffsbildung und Interessenjurisprudenz, 1932, S. 76 f. 22 Praktisch undurchführbar im Strafrecht, vgl. Geerds, S. 150.

A. Die Erscheinung der Konkurrenz mehrerer Anspruchsgrundlagen

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zugewiesenn. Im Strafrecht begegnen wir häufig solchen ausdrücklichen Subsidiaritätsklauseln24 • Es handelt sich meist um Auffangtatbestände, mit denen eine nachträglich aufgedeckte Lücke - die Buchstabenkennzeichnung weist schon darauf hin -geschlossen werden sollte25• Von den Schwierigkeiten einmal ganz abgesehen, die die Handhabung selbst so einfach erscheinender Kollisionsregeln noch mit sich bringt28, würden starre Schranken zwischen den Tatbeständen zwar das "äußere System" der Haftung überschaubarer machen, gleichzeitig aber das "innere System" ungemein vergröbern und vor allem in seiner Weiterentwicklung hemmen. Denn man kann nicht hoffen, daß es mit einer einmaligen Tatbestandsbildung gelänge, den wesentlichen Interessengehalt der (künftigen) sozialen Konflikte so treffsicher zu typisieren, daß auch im Laufe längerer Geltungsdauer einer Kodifikation die kraft ausdrücklicher Kollisionsnorm maßgeblichen Regelungen immer dem Vergleich mit den anderen Möglichkeiten standhielten, indem sie sich diesen gegenüber auch als wertungsmäßig vorrangig erwiesen. Wertungswidersprüche würden häufig aufbrechen, so daß der Gewinn an Rechtssicherheit durch einen hohen Verlust an materieller Gerechtigkeit zu erkaufen wäre, zumalbesonders der Rechtsfortbildung Fesseln angelegt würden; die Weiterentwicklung der Rechtsinstitute würde entweder unterbunden oder es würde durch sie beständig die Tragweite der Kollisionsregeln in Frage gestellt. Aufs Ganze gesehen tut der Gesetzgeber daher gut daran, sich der ausdrücklichen Bestimmung des Rangverhältnisses der Rechtssätze zu enthalten. Die Last der Konkurrenzprobleme kann der Rechtsanwendung durch eine sorgfältige Gesetzgebungstechnik27 , die sich etwa auch der automatischen Datenverarbeitung bedient, zwar erleichtert, aber doch wohl nicht ganz abgenommen werden28 • 23 Z. B. Art. 2042 des italienischen Codice civile; ebenso nach Wenger, AcP 167, 69, der Entwurf für ein neues portugiesisches Zivilgesetzbuch; vgl. auch Schmitt, Die Subsidiarität der Bereicherungsansprüche, 1969, S. 131 f., und unten 9. Kap. A II. Kollisionsregeln für vertragliche und deliktische Haftung enthalten die kontinentalen Zivilrechtskodifikationen nicht. Vgl. Georgiades, s 34 ff. 24 z. B. in den§§ 49 a, 145 d, 223 a, 265 a StGB. 25 Schmitt, ZStW 75 (1963), S. 50, bezeichnet sie als "Produkte einer gesetzgeberischen Verlegenheit". 28 Wegen der Komplikationen in der Rechtsanwendung bei den strafrechtlichen Subsidiaritätsklauseln rät Schneidewin, Materialien zur Strafrechtsreform, 1954, Bd. I, S. 223 ff., de lege ferenda zu einem sehr sparsamen Gebrauch ausdrücklicher Subsidiaritätsbestimmungen. 27 Vgl. die Hinweise von Podlech (Rechtskybernetik eine juristische Disziplin der Zukunft, Juristen-Jahrbuch 10 [1969/70], S. 165 f.) zu einer semantischen und dogmatischen Verträglichkeitsprüfung einer jeden neu zu erlassenden Norm. Nach dem derzeitigen Stand der Verwendbarkeit der automatischen Datenverarbeitung für Gesetzgebung und Rechtsanwendung

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1. Kap.: Die Problematik der Normenkonkurrenzen

m. Materiellrechtliche und prozessuale Probleme der Normenkonkurrenzen Die mehrfache Subsumierbarkeit eines Lebenssachverhaltes im Sinne des Zusammentreffens mehrerer Anspruchsgrundlage n, die alle der Befriedigung eines im wesentlichen einheitlichen rechtlich-wirtschaftli chen Interesses dienen, konfrontiert die Rechtsanwendung mit dreierlei Fragen. Zunächst gilt es, den Inhalt des Rechtsverhältnisses zwischen Gläubiger und Schuldner in allen Einzelheiten zu fixieren; die erste Frage lautet also: Welchem der mehreren tatbestandsmäßig verwirklichten Rechtssätze sind für den konkreten Fall die Rechtsfolgen zu entnehmen? Läßt sich zwischen den konkurrierenden Normen ein Rangverhältnis ermitteln, derart, daß nur die Rechtsfolgen der einen Norm eintreten sollen, so tauchen nach dieser Feststellung keine weiteren Probleme auf. Die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts richtet sich allein nach der vorrangigen Norm; dem Gläubiger steht ein einziger materieller Anspruch zu, über den nur einheitlich verfügt werden kann; im Prozeß liegt nur ein Streitgegenstand oder prozessualer Anspruch vor. Lassen sich aber die konkurrierenden Normen mit den Mitteln der Auslegung und der ergänzenden Rechtsfindung nicht in ein solches Rangverhältnis bringen, so heben sie sich entweder gegenseitig auf oder sie müssen sämtlich zur Anwendung kommen. Im letzten Fall entstehen dann folgende weitere Fragen: Welcher Art ist die Anspruchsbeziehung zwischen den Beteiligten? Bestehen mehrere selbständige Ansprüche oder nur ein einziger Anspruch, der mehrfach begründet ist? Bildet die Rechtsstellung des Gläubigers auch unter diesen Umständen ein einheitliches Verfügungsobjekt im Rechtsverkehr? scheinen Normwidersprüche nur bei quantifizierbaren Normen aufgedeckt werden zu können (vgl. dazu Haft, Elektronische Datenverarbeitung im Recht, 1970, S. 35 ff., 44; vgl. auch M. v. Berg, Automationsgerechte Rechtsund Verwaltungsvorschrift en, 1968, S. 27 f.). - Insgesamt zwar etwas optimistischer beurteilt Viktor Knapp (Über die Möglichkeiten der Anwendung kybernetischer Methoden im Recht, in Staat und Recht 1963, 613, 622 ff.) die Möglichkeiten des nutzbringenden Einsatzes von Maschinen zur Vermeidung von Wiederholungen und Widersprüchen in Rechtsnormen. Doch sieht auch er Grenzen solcher Möglichkeiten in der zwar endlichen, aber außerordentlich großen Zahl und der ungewöhnlichen Kompliziertheit des Verhältnisses der Normen, in der Änderung dieser Verhältnisse.mit der Entwicklung und in der Unfähigkeit der Maschine zur vollständigen "dialektischen" (nach unserem Verständnis wohl "teleologischen") Interpretation (a. a. 0., S. 626 f.). - Angesichts des ungeahnten Aufschwungs der Computertechnik in den letzten Jahren scheuen sich gegenwärtig freilich selbst die Experten vor Prognosen über deren Leistungsgrenzen. 28 So auch Schmitt, ZStW 75, 182 f. m. Nw.

B. Methoden und Aspekte der Behandlung von Normenkonkurrenzen 31

Entsprechend dazu die prozessuale Fragestellung: Sind bei mehrfacher rechtlicher Begründung eines Klagebegehrens ebenso viele Streitgegenstände anzunehmen, wie materiellrechtliche Anspruchsnormen tatbestandlieh erfüllt sind? Aufgabe dieser Arbeit ist es zwar in erster Linie, die Stellung des E-B-V innerhalb des materiellen Rechts zu klären, doch können deshalb nicht von vornherein die weiteren Fragen ausgeklammert werden. Weder wurden in der langen Geschichte der wissenschaftlichen Erörterung die genannten Fragen streng auseinandergehalten noch können sie nach dem heutigen Stand der Dogmatik völlig unabhängig voneinander beantwortet werden, da sie einen gemeinsamen Angelpunkt in der umstrittenen Festlegung von Begriff und Funktion des Anspruchs im Privatrecht haben. Es ist daher im folgenden auch auf Aspekte der Konkurrenzlehre einzugehen, die über das materiellrechtliche Rangverhältnis der Anspruchsgrundlagen hinausreichen.

B. Methoden und Aspekte der Behandlung von Normenkonkurrenzen I. Rechtstheoretische und logisch-systematische Aspekte 1. Normenkonkurrenzen als Doppelwirkungen

Beim Zusammentreffen mehrerer rechtsfolgengleicher Normen, die z. B. alle auf Herausgabe einer Sache gehen, braucht nicht nach einem Rangverhältnis geforscht zu werden; sie können und müssen nebeneinander angewendet werden. Gegen diese Art der Doppelwirkung'8 - ein und dieselbe konkrete Rechtsfolge wird von mehreren Anspruchsgrundlagen getragen - sind keine Bedenken zu erheben80• Es ist hier nicht erforderlich, auf die Problematik der Doppelwirkungen im Recht31 und die ihr zugrunde 29 Nach der Unterscheidung von Peter, Die Möglichkeit mehrerer Gründe derselben Rechtsfolge und mehrerer gleicher Rechtsfolgen, AcP 132 (1930), 47, liegen hier Doppelgründe vor. Larenz, ML, S. 189, zieht die Bezeichnung "mehrfache Rechtsfolgezuordnung" vor. 30 Schmidt, GK, S. 82; Oertmann, HWBdRW, 2. Bd., S. 882; Dietz, S. 44, 64; v. Lübtow, Condictio, S. 161; Klug, Zum Begriff der Gesetzeskonkurrenz, ZStW 68 (1956), 414; Engisch, Einführung, S. 42; Helm, S. 295; Schmitt Rolf, Subsidiarität, S. 100. 31 Grundlegend Kipp, in FS f. Martitz, 1911, S. 211 ff:; Engisch, Einführung, S. 40 und S.197, Anm. 22 mit einer Übersicht über die reichhaltige Literatur; zuletzt dazu Oellers, Doppelwirkungen im Recht? AcP 169, 67. - Dieser Lehre ist es im Kern nicht um die einfachen Formen der gleichartigen Doppelwirkung zu tun, sondern um die rechtslogisch saubere und teleologisch befriedi-

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1. Kap.: Die Problematik der Normenkonkurrenzen

liegende Frage nach der rechtstheoretischen Qualifikation der Verknüpfung von Tatbestand und Rechtsfolge näher einzugehen. Jedenfalls gilt für alle Varianten von rechtlichen Doppelwirkungen - sei es das Zusammentreffen mehrerer Nichtigkeitsgründe, die Ersitzung der eigenen Sache oder die Konkurrenz von Anspruchsnormen - daß unter den mehreren Normen keinesfalls ein Rangverhältnis gemäß der zeitlichen Reihenfolge, in der ihre Tatbestände konkret verwirklicht werden, hergestellt wird. Da die konkrete Verwirklichung der gesetzlichen Tatbestände die Rechtsfolgen nicht wie ein reales Geschehen in Raum und Zeit nach sich zieht32, hindert diejenige Rechtsfolge, deren sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen zuerst vorliegen, nicht schon ihres zeitlichen Vorrangs wegen den Eintritt anderer Rechtsfolgen33• Da ferner alle formell gleichrangigen Normen mit einem Rechtsanwendungsbefehl gleicher Qualität ausgestattet sind, bedarf bei Normenhäufung nicht die Anwendung sämtlicher tatbestandlieh erfüllter Vorschriften einer besonderen Rechtfertigung, sondern die "Anomalie"34 der Nichtanwendung trotz Tatbestandserfüllung. Dagegen sieht Sibef'S in der Frage, "ob im Einzelfall Anspruchs- oder Gesetzeskonkurrenz vorliegt, insofern auch eine Frage der Rechtslogik, als es an jedem Kriterium für die Mehrheit von Ansprüchen gebricht, wenn bei Identität des Entstehungsgrundes, des Leistungsgegenstandes und der Subjekte auch die rechtliche Behandlung der angeblich mehreren Ansprüche die gleiche ist." Das Bestreben nach einer strengen Ökonomie der Ansprüche, die hieraus spricht, darf wohl schon zum Teil als eher einem ästhetischen denn einem praktischen Bedürfnis entspringend abgetan werden38• Zudem könnte ein "Gesetz der Sparsamkeit in der gende Konstruktion von "Doppelwirkungen", denen ein begriffliches Hindernis entgegensteht. Praktisch bedeutsame Beispiele hierfür sind die Frage der Anfechtbarkelt eines nichtigen Vertrages und der Ersitzung einer schon durch Rechtsgeschäft wirksam zu Eigentum erworbenen Sache. Die Eigenart dieser Problematik besteht also darin, daß der Zweck einer Norm erfordert, sie auf eine Gruppe von Fällen anzuwenden, obwohl ihrTatbestanddurch die Rechtsfolge einer auf den Sachverhalt ebenfalls einschlägigen Norm eigentlich begrifflich ausgeschlossen wird. 32 Larenz, ML, S. 188; ausführlich gegen die ältere, die naturgesetzliche Kausalität auf das Recht übertragende Vorstellung Peter, AcP 132, 7 f., 34 ff. 33 A. A. Larenz, ML, S. 189. Die Unerheblichkeit des Zeitmomentes ist vor allem wichtig bei der Kollision von Normen, deren Rechtsfolgen miteinander unvereinbar sind. Eine ganz andere Frage ist es, ob während des zeitlich ausgedehnten Vorgangs der Entstehung eines Rechtes, also bevor sämtliche Tatbestandsstücke realisiert sind, schon irgendwelche diesem Recht eigene Wirkungen hervorgebracht werden; dazu Forkel, Grundfragen der Lehre vom privatrechtliehen Anwartschaftsrecht, S. 18 ff. 34 Dietz, S. 44, 64; Schmidt, GK, S. 82. as Bei Planck, Vorbem. I 2 d vor § 241 (S. 7). 38 So Raiser, FS f. Wolff, S. 130.

B. Methoden und Aspekte der Behandlung von Normenkonkurrenzen 33 Rechtsordnung" 37 allenfalls als Programm für den Gesetzgeber erwogen werden, die Rechtsanwendung aber hat den vorhandenen Rechtssätzen Folge zu leisten. Wegen der Gleichheit der Rechtsfolgen scheint diese Frage kaum Aufmerksamkeit zu verdienen. Doch nicht ganz zu Recht bespöttelt Boehmer88 es als "müßige .. . Spielerei juristischer Konstruktionskunst, mit subtiler Gelehrsamkeit die ,Anspruchskonkurrenzen' zwischen Rechtsbehelfen ... zu untersuchen, obwohl alle zu genau dem gleichen Ziele führen". Denn mit der Gewährung mehrerer Anspruchsgrundlagen stehen ja die weiteren Fragen an, wie mit einem solchen Anspruchsgebilde im Rechtsverkehr und im Prozeß zu verfahren ist39• Doch wird man dieser Schwierigkeiten nicht dadurch Herr, daß man, wo nur irgend möglich, bereits im materiellen Recht die Koexistenz der Anspruchsgrundlagen unterbindet. 2. Normenkonkurrenzen als Normwidersprüche

Zu einer Entscheidung schon auf der Ebene der materiellen Rechtsinhalte nötigt unabweisbar die inhaltliche Unvereinbarkeit mehrerer tatbestandlieh zutreffender Normen. Normwidersprüche sind immer zu beseitigen40 , sei es auch, daß eine Lücke entsteht, weil die Normen sich gegenseitig aufheben, wenn mit allen Mitteln der Auslegung keine Harmonisierung gelingt. Es sieht nun so aus, als ob man bei H äufung zivilrechtlicher Anspruchsgrundlagen niemals in die Lage käme, eine wirkliche, d . h. durch wechselseitige Aufhebung von Rechtssätzen entstandene Kollisionslücke feststellen und ausfüllen zu müssen. Denn offenbar findet doch immer eine Auswahl unter den kollidierenden Normen statt, so daß wenigstens jeweils eine von ihnen voll in Geltung bleibt41 • Man spricht gewöhnlich von der Verdrängung, dem Ausschluß oder dem Zurücktreten der einen Norm und dem Vorrang der anderen. Genaugenammen handelt es sich um eine Teilaufhebung der zurücktretenden Norm. Denn es wird ihr ein abstrakt angebbarer Teil ihres abstrakt-begrifflich umschriebenen Anwendungsbereiches genommen. Dazu Peter, AcP 132, 64 m. Nw. Grundlagen der bürgerlichen Rechtsordnung, 1. Bd. 1950, S. 72 f. 89 Dazu unten 111. 40 Nawiasky, S. 91; Engisch, Einführung, S.158 f.; Canaris, Systemdenken, s. 122 f. 41 Man mag daran zweifeln, ob es möglich und sinnvoll ist, bei der Behandlung von Normenkonkurrenzen zwischen harmonisierender Gesetzesanwendung einerseits und Lückenfüllung andererseits so scharf zu unterscheiden, wie es Canaris, Systemdenken, S. 124 Fn. 45, und Sauer, Methodenlehre, S. 288 (einschränkende Auslegung oder auswählende [elektiv-analoge] Anwendung), tun, da die Mittel der Harmonisierung ja zugleich die der Lückenfüllung sind.- Vgl. auch oben Fn. 8. 37

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3 Köbl

1. Kap.:

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Die Problematik der Normenkonkurrenzen

Für diesen gelangt sie niemals zur Anwendung, sondern muß das Feld immer einer anderen Norm überlassen. Die Teilungültigkeit kann sich für einen ganzen Normenkomplex oder nur für einzelne seiner Bestimmungen ergeben. Auch die neuerdings viel propagierte Theorie der Anspruchsgrundlagenkonkurrenz (s. u. III 3), nach der ein einheitlicher Anspruch aus den teils abweichenden, teils übereinstimmenden Vorschriften der konkurrierenden Normengruppen inhaltlich ausgestaltet werden soll, kommt an der Teilunwirksamkeit nicht vorbei. Demgegenüber hebt Georgiades es als einen besonderen Vorzug dieser, besonders von ihm ausgebauten Lehre hervor, daß sie es dem Richter erlaube, die "im Einzelfall" oder "in concreto" 42 am besten passende Kombination zusammenzustellen. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß aus der Existenz einer Kollisionslage und der daraus resultierenden normativen Unsicherheit als solchen nicht eine besondere Ermächtigung der Rechtsprechung zur Einzelfallgerechtigkeit hergeleitet werden kann. Die generelle Ordnungsfunktion der Normen fordert auch eine generelle Kollisionsentscheidung, die nicht nur für "diesen einen Fall", sondern für "Fälle dieser Art" zu gelten hat43 • Zwar müssen notfalls differenzierende Kollisionsregeln zugelassen werden, doch müssen sie den Charakter von Regeln behalten, denn das Postulat der abstrakt-generellen Natur der Rechtsnormen, die Rechtsgleichheit und Rechtssicherheit verbürgt, wird infolge der Kollision nicht hinfällig. Es ist nun zu sehen, welche Methoden die allgemeine Rechtslehre und die Zivilrechtsdogmatik zur Lösung der Kollision mehrerer Anspruchsgrundlagen, also Normen gleichen Ranges und gleicher Geltungsdauer, ausgebildet haben. 3. Das logisch-begrüfliche Verhältnis der Tatbestände und Rechtsfolgen

Setzt man die begrifflichen Anwendungsbereiche der Normen als bekannt voraus44, so lassen sich die Formen ihrer logisch-begrifflichen Beziehungen exakt angeben45 • Für das Verhältnis der Tatbestände wie das der Rechtsfolgen gibt es jeweils vier denkmögliche Arten der begrifflichen Zuordnung: Identität, Heterogenität, Subordination und Interferenz. Die völlige Übereinstimmung (Identität) und die Verschiedenheit in allen Merkmalen (Heterogenität) sind für die Konkurrenzlehre von 42

s. 62, 202, 203.

Vgl. zur entsprechenden Frage bei der Auslegung Larenz, ML, S. 294 u.v. a. 44 Ihre exakte Feststellung wird durch die Mehrdeutigkeit fast aller Gesetzesbegriffe (vgl. Heck, Gesetzesauslegung, S. 173; Larenz, ML, S. 292; Zippelius, JZ 1970, 241 f.) stark erschwert; näheres unten C. 45 Zum folgenden Klug, Zum Begriff der Gesetzeskonkurrenz, ZStW 68 43

(1956), 399, 403 f.

B. Methoden und Aspekte der Behandlung von Normenkonkurrenzen 35

geringem Interesse, denn bei den Tatbeständen kommt eine volle Dekkung nicht vor; berühren sich die Tatbestände aber in keinem Punkt, so entsteht - praktisch gesehen - kein Konkurrenzproblem48 • Bei den Rechtsfolgen führt Identität zur unproblematischen Doppelwirkung, Heterogenität jedoch zu einem stark ausgeprägten Normwiderspruch, sofern sich die Tatbestände so verhalten, daß Lebensvorgänge sich ereignen können, die beiden zu subsumieren sind. Konkurrenzprobleme entstehen hauptsächlich dort, wo zwischen gesetzlichen Tatbeständen die Begriffszuordnung der Subordination oder der Interferenz vorliegt. Subordination bedeutet das begriffliche Verhältnis der Über- und Unterordnung, das der Gattung zur Art47, wofür in der juristischen Terminologie die Bezeichnung "Spezialität" 48 und das Bild der konzentrischen Kreise49 gebräuchlich sind. Alle Sachverhalte, die den Tatbestand des speziellen Gesetzes erfüllen, genügen auch den Voraussetzungen der allgemeineren Norm. Diese Konstellation ist im Strafrecht häufig, im Zivilrecht seltener anzutreffen50• Hier dominiert unter den Konkurrenzerscheinungen die Interferenz oder Überschneidung von Tatbeständen. Viele Gesetze haben einen mehr oder minder großen Teil ihres abstrakt-begrifflichen Anwendungsbereiches gemeinsam, erstrecken sich aber darüber hinaus jeweils auf einen Bereich, der nur einem von ihnen zugehört. Dieses Verhältnis wird häufig mit dem Bild der sich schneidenden Kreise beschrieben51 • Es ist nützlich, bei der Erörterung von Konkurrenzproblemen die begrifflich-logische Zuordnung der Tatbestände nicht von vornherein mit geläufigen oder diskutablen Gesichtspunkten der Konkurrenzlösung zu vermengen52, obwohl wir sehen werden, daß eine klare Scheidung nicht immer möglich ist (s. u. C). 4. Bemühungen um Gewinnung ,.fester Regeln"

a) HelLwig übernahm den Begriff der "Gesetzeskonkurrenz" aus dem Strafrecht in das Zivilrecht53, damit er hier helfe, die prozessualen Pro46 Die Fragen der Beeinflussung aufgrund rein teleologischer Bezüge der Rechtssätze untereinander ohne begriffliche Berührung zählt man nicht zur Konkurrenzlehre, da diese sonst fast unübersehbar viele Bemühungen um das "innere System" der Rechtsordnung bezeichnete. An der Grenze steht die sog. Konkurrenzform der Ausschließlichkeit, dazu unten 10. Kap. D. 47 Klug, zstw 68, 404. 48 Definitionen bei Schmidt, GK, S. 28; Lent, GK I, S. 14; Dietz, S. 22. 49 Oertmann, HWBdRW, II, S. 880 r. Sp. 50 Beispiel: allgemeine und besondere Bestimmungen des Schuldrechts. 51 Oertmann, HWBdRW, II, S. 881 l. Sp. ; Schulze, Gruchot 64, 402 ; EiseZe, Zur Lehre von der Klagenkonkurrenz, AcP 79, 327 (375), für das Verhältnis der Rechtsfolgen; Binding, Handbuch des Strafrechts, 1. Bd. 1885, S. 349. 52 Eindringlich davor warnend Klug, ZStW 68, 403, 412. 53 Anspruch und Klagerecht, 1910, S. 97 ff., 98 Fn. 2.

a•

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1. Kap.: Die Problematik der Normenkonkurrenzen

bleme der materiellrechtlichen Normenkonkurrenzen zu bewältigen54 • Dem Verhältnis der Rechtsfolgen, zumal der Beseitigung von Normwidersprüchen, widmete er wenig Aufmerksamkeit. Materiellrechtlich bedeutet Gesetzeskonkurrenz bei Hellwig das Vorliegen eines einzigen Anspruchs, den zwei rechtliche Gesichtspunkte begründen; seinem Inhalt nach ist dieser Anspruch aus der Verbindung der sämtlichen in Betracht kommenden Normen zu bestimmen55 , wobei die lex specialis aber die lex generalis ausschließt58• Nur mit diesen knappen Direktiven ausgerüstet steht man den vielfältigen Abweichungen und Widersprüchlichkeiten der Haftungsregelungen im Zivilrecht recht hilflos gegenüber. b) In einer zweibändigen Monographie "Die Gesetzeskonkurrenz im bürgerlichen Recht und Zivilprozeß" 57 errichtete Lent auf der von Hellwig gelegten Grundlage ein ausgebreitetes, in Anlehnung an die strafrechtliche Konkurrenzlehre58 begrifflich durchgebildetes System der "Gesetzeskonkurrenz". Das Werk von Lent markiert wohl dasjenige Stadium in der Entwicklung der zivilrechtliehen Konkurrenzlehre, in dem materiellrechtliches und prozeßrechtliches Konkurrenzdenken am engsten miteinander verquickt sind (s. auch u. III 1). Lent setzte sich die "Gewinnung fester Regeln" zur Aufgabe, da es sich, wie er meinte, bei der Gesetzeskonkurrenz "zunächst um eine Erscheinung technisch-juristischer Natur handelt, die vom Standpunkt der Billigkeit nicht erklärt, auch nicht gelöst werden kann, der vielmehr nur mit den Werkzeugen der neuerdings vielgeschmähten Begriffsjurisprudenz beizukommen ist" (I S. 71). Von der Feststellung, daß Gesetzeskonkurrenz vorliege, hänge einmal die Einheit oder Mehrheit von Rechtsfolgen ab. Zudem habe die Gesetzeskonkurrenz tiefgehenden Einfluß im Prozeß bei all denjenigen Rechtssätzen, bei denen die Identität der Streitsache ausschlaggebend sei, so bei der Einrede der Rechtshängigkeit, bei der Rechtskraft und der Klageänderung (I S. 72; II S.1). Anspruchseinheit oder Gesetzeskonkurrenz werde hergestellt durch die Einheit des konkreten Tatbestandes bei Mehrheit passender Gesetze (I S. 70, 82; II S.1). Der Begriff des "konkreten Tatbestandes" bezeichnet "die Zusammenfassung konkreter Tatsachen entsprechend den begrifflichen Momenten der abstrakten Tatbestände" (I S. 5). Die Einheit des konkreten Tatbestandes wird einerseits nicht allein durch die Identität 54

s. u. III 1.

Anspruch und Klagrecht, S. 93; Lehrbuch I, S. 243. Dies entspricht der heutigen Anspruchsgrundlagenkonkurrenz (s. u. III 3). 58 Anspruch und Klagrecht, S. 98, 99. 57 Bd. I 1912, Bd. II 1916. 58 Gesetzeskonkurrenz (GK) I, S. 1 ff. 55

B. Methoden und Aspekte der Behandlung von Normenkonkurrenzen 37 des äußeren Vorganges bewirkt (I 8.188), andererseits aber auch nicht durch die Verschiedenheit der tangierten Rechtsverhältnisse ausgeschlossen (I 8. 90). "Identität und Verschiedenheit müssen sich nach der Gemeinsamkeit und Verschiedenheit schon eines Teiles der Tatsachen feststellen lassen. Es sind die Individualisierungsmomente oder -merkmale (I 8. 87) ... "Man muß zu einer Wertung der Tatsachen schreiten und untersuchen, welche so grundlegend sind, daß ihre Gemeinsamkeit die Einheit des Tatbestandes bewirkt" (I 8. 188). Die Individualisierungsmerkmale geben "den einzig möglichen Maßstab für die Wertung der Tatsachen" ab (I 8.189). Die Rechtsfolgen werden zur Feststellung der Konkurrenzform nicht herangezogen. Anspruchseinheit oder -mehrheit werden allein anhand derjenigen Tatsachen ermittelt, die als Individualisierungsmomente erkannt sind. Lent hat für die großen Klassen von Ansprüchen diese Merkmale gesucht. Bei den Ansprüchen aus dinglichen Rechten fand er das "Grundrecht" und seine "Verletzung" (I 8. 93 f.); bei den Ansprüchen aus Delikten sollten es die "Handlungen" und das "verletzte Recht" sein (I 8. 103); bei Ansprüchen aus ungerechtfertigter Bereicherung sah er als Individualisierungsmerkmal das "Erlangen" (I 8. 115 f.) an. Mit der Feststellung der Anspruchseinheit bei Gesetzeskonkurrenz ist jedoch noch nichts über die hier vorrangig interessierende Frage entschieden, welche Rechtsfolgen diesen Anspruch ausgestalten. Das soll sich nach der jeweiligen Unterart von Gesetzeskonkurrenz richten. Lent übernahm hierzu die strafrechtliche Unterteilung in Spezialität, Konsumtion und Idealkonkurrenz (I 8. 3 ff., 192 ff.). Dielex specialis und die Iex consumens verdrängten die Rechtsfolgen der lex generalis bzw. der Iex consumptae aufgrund rein logischer Erwägungen (I 8. 15, 21, 31, 37, 194). Bei der Idealkonkurrenz träfen dagegen "zwei an sich gleichwertige rechtliche Gesichtspunkte" (I 8. 194) zusammen, von denen keiner aufgrund logischer Erwägungen verdrängt werde. Da im Zivilrecht ein positivrechtlicher "mechanischer Hilfssatz" (I 8. 63, 194) wie der des § 73 8tGB fehle, sei wegen der Gleichwertigkeit der konkurrierenden Gesetze das Lösungsprinzip die Kombination der Rechtsfolgen. Bei widersprechenden Rechtsfolgen müsse "eine sorgfältige Abwägung der einzelnen gesetzlichen Bestimmungen erfolgen, bei welcher den praktischen Bedürfnissen in weitgehendem Maße Rechnung getragen werden kann" (I 8.195). Die Kritik an der Theorie Lents richtet sich hauptsächlich gegen die begriffsjuristische Methode59 • Erklärtermaßen wollte Lent mit dieser Methode die Probleme der Normenkonkurrenzen meistern 60 • Aber bei 59 Schmidt, GK, S. 3 ff., 230 ff.; Klatzko, S. 6 ff., 39 ff.; Dietz, S. 25, 44 ff.; Georgiades, S. 74 ff. 60 GK I, S. 71.

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allem Streben nach begriffsjuristischer System- und Regelhaftigeit mußte er, obgleich ungewollt, in seinem Gedankengebäude doch auch reichlich Raum für Zweckerwägungen und Wertungen lassen. Schon das Fundament der Lehre, die Funktion und der Auswahlmodus der Individualisierungsmerkmale, ruht auf der Annahme unterschiedlicher Bedeutung der Tatbestandsmerkmale für den Eintritt der Rechtsfolgen. Der gegen Lent erhobene Vorwurf des "rein formallogischen Denkens" 61 geht daher zu weit; er wird auch von dem am gleichen Ort vorgebrachten Bedenken entkräftet, daß man womöglich willkürlich vorgehe, wenn man einzelnen Tatbestandsmerkmalen mehr Gewicht beilege als anderen, daß aber die Brauchbarkeit des Lentschen Systems auf der Möglichkeit beruhe, die Tatbestandsmerkmale in grundlegende und nicht grundlegende zu unterscheiden. - Einen beträchtlichen wertungsjuristischen Einschlag mußte Lent vor allem bei der Behandlung der im Zivilrecht recht häufigen "Idealkonkurrenz", bei der keines der Gesetze verdrängt wird, konzedieren; sie überließ er ganz der "Abwägung der einzelnen gesetzlichen Bestimmungen". Somit sind die Sätze von der verdrängenden Wirkung der lex specialis und der lex consumens die ganze Ausbeute an "festen Regeln", die Lents Untersuchung für die materiellrechtZiehe Behandlung der Normenkonkurrenz ergibt. 5. Derogation durch Iex specialis und Iex consumens?

a) Die Parömie "lex specialis derogat legi generali" ist wohl die bekannteste und älteste Kollisionsregel62 • Wo von Normenkonkurrenzen die Rede ist, pflegt sie genannt zu werden63, oft als erste, manchmal als einzige KollisionsregeL Ihr Sinn ist dabei keineswegs eindeutig, da unter Spezialität nicht überall das Verhältnis der begrifflich-logischen Subordination64 eines Tatbestandes unter einen anderen verstanden wird, sondern "Spezialität" oft ganz allgemein die (besonders einleuchtende) Wirkung der Verdrängung eines Gesetzes genannt wird65• Ein einfach zu handhabendes Instrument für die Kollisionslösung ist die Spezialitätsregel aber nur So Georgiades, S. 76 (ohne Hervorhebung). Rechtsgeschichtlich und rechtsvergleichend Geerds, S. 55, 77 ff. m. Nw. 63 Lent, GK, I, 9 ff., 192; Schmidt, GK, S. 28 ff.; Oertmann, HWBdRW, II, S. 880 r. Sp.; Dietz, S. 20 ff.; Enneccerus - Nipperdey, § 60 II; Engisch, Einführung, S. 159; Larenz, ML, S. 208 f.; Dubischar, Grundbegriffe, S. 80 f.; Canaris, Systemdenken, S.124 Fn. 45; Rödig, Alternative, S. 6; BVerfGE 13, 296; BGHZ 13, 95; 36, 255; 41, 103. 64 Klug, zstw 68, 405. 65 Im weiteren Sinn bei Hellwig, System des deutschen Zivilprozeßrechts, 1. Bd. (1912), S. 323 ff.; v. Tuhr, AT, § 16 I 4; Büning, Die Verjährung der Ansprüche aus unerlaubten Handlungen, 1964, S. 145; Rüber, NJW 1968, 1613; Ulrich Huber, JuS 1970, 517; BGHZ 36, 255. 61

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B. Methoden und Aspekte der Behandlung von Normenkonkurrenzen 39 dann, wenn sie die Voraussetzungen des Vorranges einer Norm mit dem Grad von Genauigkeit angibt, wie er durch das begriffliche Verhältnis der Über- und Unterordnung bezeichnet wird68 • Für diese Konstellation wird namentlich von Lent87 , Dietz68 und vielen Vertretern des Strafrechts69 gelehrt, die lex specialis verdränge "logisch zwingend" für ihren Anwendungsbereich die lex generalis. Zur Begründung wird meist angeführt, daß aus der besonderen Fassung der Tatbestände eindeutig der auf Ausschluß des einen Gesetzes gerichtete Wille des Gesetzgebers folge 70 , oder daß derjenige Tatbestand den Vorzug verdiene, "der die vollständigere Auslese unter den Tatsachen darstellt, den größeren Lebensausschnitt bringt" 71 • Vergegenwärtigen wir uns noch einmal, welche komplexe Vielfalt an Lebensverhältnissen legislativ zu erfassen ist, so deutet das Vorkommen begrifflicher Spezialität in der Tat darauf hin, daß hier nicht beiläufig eine Konkurrenz zustandegekommen ist, sondern daß der Gesetzgeber bewußt eine Sonderregelung hat treffen wollen. Nun führt das aber keineswegs schon aus logischen Gründen zur Verdrängung des allgemeinen Gesetzes. Denn es ist doch ohne weiteres denkbar, daß die Rechtsfolgen beider Gesetze im Deckungsbereich bedeutsam sein sollen, sei es in kumulativer oder alternativer Anwendung72 • Die Spezialitätsregel kann deshalb in ihrer schematisierenden Allgemeinheit nicht richtig geheißen werden. Überwiegend sieht man daher selbst bei begrifflicher Spezialität teleologische Gesichtspunkte als maßgeblich für die Konkurrenzentschei dung an 73 , die bei der engen Verwandtschaft der Tatbestände aber meist leichter aufzudecken sein werden als bei anderen Normenkollisionen, wo die begriffliche Verschiedenheit oft auch Ausdruck einer vielschichtigen Interessenlage ist. Vgl. Schmidt, GK, S. 28; Dietz, S. 29; Mezger- Blei, Strafrecht, AT, II 1. 67 GK I, S, 31. 68 s. 31 f. 69 Mezger- Blei, § 96 II 1; Jescheck, ZStW 67, 534; Geerds, S. 193 ff.; ebenso Dubischar, Grundbegriffe, S. 81, für die "privilegierenden Tatbestände" (z. B. Haftungsminderungen) des Zivilrechts. 10 Geerds, S. 193 f. 71 Lent, GK I, S. 12, wobei aber zu beachten ist, daß Lent sich zu dieser Auswahl aufgrund seiner Vorentscheidung über die "Einheit des Anspruchs" (dazu unten B III 1) genötigt sieht. 72 z. B. Kriminalstrafe und Sicherungsmaßregel, oder das Recht, zwischen Wandelung, Minderung und Schadensersatz wegen Nichterfüllung (§§ 462, 463) zu wählen. Vgl. in diesem Sinn vor allem die Kritik bei Larenz, ML, S. 208 f. und die ausführliche Zusammenstellung bei Schmidt, GK, S. 36 ff. 73 Siber, SehR, S. 8; Schmidt, GK, S. 33 ff.; Klatzko, S. 20, 28, 42; Enneccerus - Nipperdey, § 60 II; Lehmann - Hübner, § 8 IV 3; Klug, ZStW 68, 413; Larenz, ML, S. 208 f.; (;aga, S.145 ff., Emmerich, JuS 1967, 346 r. Sp.; BVerfGE 13, 296; BGHZ 36, 255. 86

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1. Kap.:

Die Problematik der Normenkonkurrenzen

Wirklich zwingend folgt aus dem begrifflichen Verhältnis der Tatbestände nur die Umkehrung "lex generalis non derogat legi speciali" 7\ da man sonst das widersinnige Ergebnis erhielte, daß manche Gesetze überhaupt keinen Anwendungsbereich hätten. So gut wie selbstverständlich ist die Verdrängung des allgemeinen Gesetzes, wenn zwischen den Rechtsfolgen ein Quantitätsverhältnis besteht, wie z. B. bei mehreren Strafdrohungen, die nur in der Höhe des Strafmaßes, nicht in der Strafart divergieren. Daraus erklärt sich, daß man im Strafrecht unbedenklicher vom begrifflich-logischen Verhältnis auf das Rangverhältnis von Deliktsnormen schließen kann, während bei den weniger homogenen Rechtsfolgen des Zivilrechts meist eingehendere Zweckbetrachtungen erforderlich sind. b) Bei dem Satz "lex consumens derogat legi consumptae" handelt es sich nur mehr entfernt um eine aus dem begrifflichen Verhältnis der Tatbestände gewonnenen Regel. Die Begriffsstruktur der Tatbestände ist nicht Subordination, sondern Interferenz75, so daß hier die verschiedenartigsten Überschneidungsform en hereinspielen. Lent, der auch diese Konkurrenzform aus dem Strafrecht auf das Zivilrecht übertragen wollte, vermochte ihr keine griffige Definition zu geben; als Kennzeichen der Konsumtion nannte er das Verhältnis einer teilweisen Deckung von Begriffen, die aber gleichwertig nebeneinander stehen78 • Hierzu zählte er "in erster Linie die Fälle, in denen die Tatbestände, wenn auch als selbständige Typen und nicht notwendig, sich doch so weit decken, daß der eine den anderen vollständig umfaßt, sodann auch noch die Fälle, in denen die im einen berücksichtigten Tatsachen all das mitumfassen, was durch den anderen Tatbestand erfaßt wird, auch wenn die Tatsachen nicht völlig identisch sind. Ein Beispiel hierfür bietet das Verhältnis der Unmöglichkeit der Leistung zum Verzug'177• Was Wunder, daß diese Figur im Zivilrecht nicht heimisch geworden ist! Sie hat nicht einmal im Strafrecht einen gesicherten Stand78• An Beispielen wird das Gemeinte einigermaßen klar. Man spricht von Konsumtion dann, wenn bei der Begehung eines Delikts zwar nicht notwendig, aber nach dessen gewöhnlicher, typischer Begehungsform meist auch ein anderer Deliktstatbestand mitverwirklicht wird, so daß anzunehmen ist, daß durch die Bestrafung des schwereren auch der leichtere Rechtsbruch mit abgegolten sein solln. Es läuft also immer darauf hinaus, daß abwägende und 74 Vgl. Nawiasky, S. 92 (die dortige Einschränkung betrifft lediglich Diskrepanzen der zeitlichen Geltungsdauer der Gesetze). 75 Klug, ZStW 68, 406 ff., 415. 78 GK I, S. 34. 77 GK I, S. 193; vgl. auch die inhaltlich abweichende Definition von Dietz, S. 17 f. -Kritik der Lehre Lents zur Konsumtion bei Schmidt, GK, S. 230 ff. 78 Schönke- Schröder, vor § 73 Rdnr. 77 und Klug, ZStW 68, 415 gegen die Konsumtion; Geerds, S. 78 f . (rechtsvergleichend), S. 203 ff. (rechtsdogmatisch). 79 Klug, ZStW 68, 401, 407 f . m. Nw.; Geerds, S. 203 ff. m. Nw.

B. Methoden und Aspekte der Behandlung von Normenkonkurrenzen 41 wertende Überlegungen den Vorrang einer Norm begründen. Damit hat die Konsumtion aber zu wenig scharfe Konturen, um als eigenständige Konkurrenzregel im Zivilrecht nützlich zu sein. Es empfiehlt sich daher, den Sammelbegriff "Subsidiarität", der nur die Wirkung, aber nicht den sachlichen Grund angibt, allgemein für das Zurücktreten einer Norm hinter einer konkurrierenden zu gebrauchen. Dietz hat es unternommen, die Erscheinungen und Gründe der Subsidiarität80 zu systematisieren. Die drei oder vier "Fälle" von Subsidiarität, die er unterscheidet81 , heben zwar für zivilrechtliche Konkurrenzlösungen wichtige Gesichtspunkte heraus, sind aber zu sehr mit unbestimmten Begriffen und mit Verweisungen auf den Willen des Gesetzgebers durchsetzt, als daß man sie als "feste Kollisionsregeln" bezeichnen könnte. 6. Das Prinzip der "Meistbegünstigung des Gläubigers"

Zuweilen wird als Richtmaß der Konkurrenzentscheidung ausgegeben, dem Gläubiger alle Vorteile zuzuerkennen, die er unter den verschiedenen Gesichtspunkten beanspruchen könne. Georgiades82 meint, "die Stellung des Gläubigers darf dadurch, daß sein Leistungsverlangen durch mehrere Normen getragen wird, nicht verschlechtert, sondern nur verbessert werden" 83• Bei Dubischar84 heißt es, der Berechtigte könne sich von mehreren konkurrierenden Ansprüchen den "sachdienlichsten" aussuchen; das könne "einmal der Anspruch mit der ,ergiebigsten' Rechtsfolge sein, ein andermal derjenige, der zwar ,weniger einbringt', aber seinen tatbestandliehen Voraussetzungen nach leichter geltend zu machen, etwa einfacher zu beweisen ist"85• Spezialität nicht mitumfassend. Anspruchskonkurrenz, S. 55, 56 f., 64, 66. 82 Anspruchskonkurrenz, S. 167 f. 83 Ebenso für die Konkurrenz von Vertragsverletzung und unerlaubter Handlung 0. C. Fischer, Die Verletzung des Gläubigerrechts als unerlaubte Handlung, 1905, S. 104 ff.; Larenz, SehR BT, § 69 IV; Eichler, AcP 162, 420; Büning, S. 146. - Dagegen dürfte die Äußerung von Schwab, Streitgegenstand, S. 19, es sei Pflicht des Gerichts, von mehreren materiellrechtlichen Ansprüchen, die alle die Verurteilung begründen, den auszuwählen, der den Kläger am besten stellt und der den anderen gegenüber bestimmte Vorzüge genießt, nur als Konkretisierung des prozeßrechtlichen Grundsatzes "da mihi factum, dabo tibi ius" gedacht sein, dagegen nicht als Anleitung für die Lösung materiellrechtlich problematischer Konkurrenzen. 84 Grundbegriffe, § 12, 3 b (S. 36). 85 Ähnlich Schnorr von Carolsfeld, FS f. Lent, S. 285 Fn. 58.-In den Monographien von Schmidt und Dietz spielt die Günstigkeit und Reichweite der Rechtsfolgen ebenfalls eine große Rolle; vgl. Schmidt, GK, S. 36 ff. und die Subsidiaritätsregeln bei Dietz, S. 55, 56 f.; dagegen will Oertmann, HWBdRW, II, S. 882, es erst dann dem Belieben des Berechtigten überlassen, sich auf die eine oder andere Norm zu berufen, wenn weder Spezialität noch Subsidiarität Platz greife. Der in diesen Ansichten steckende Unterschied - Wahlrecht des Gläubigers (so Dubischar, S. 36) oder Wahlmaxime nur für das Gericht (so aus8o

81

42

1. Kap.:

Die Problematik der Normenkonkurrenzen

Was hat man von dieser Forderung nach "Meistbegünstigung des Gläubigers" zu halten? - Eine wirkliche Entscheidungshilfe bei der Lösung der typischen Konkurrenzprobleme des Zivilrechts leistet sie nicht. Das was an ihr richtig ist, ist im Kern nichts anderes als der schon mehrfach erwähnte Geltungsanspruch eines jeden Gesetzes, der besagt, daß ein Gesetz bei konkreter Verwirklichung seiner Tatbestandsvoraussetzungen anzuwenden ist. Damit befindet man sich jedoch lediglich auf dem richtigen rechtstheoretischen Ausgangspunkt, der aber zumeist eben nur den Anfang des Lösungsganges bildet, weil er sofort verlassen werden muß, wenn sich der leiseste Zweifel an der teleologischen Verträglichkeit der konkurrierenden Normen regt. Daß man trotzdem spontan geneigt ist, hinter den Forderungen nach Vorteilsmaximierung zugunsten des Gläubigers etwas mehr zu sehen, mag wohl hauptsächlich seinen Grund in der besonderen Struktur des Privatrechts haben, das die Rechtsbeziehungen der Rechtsgenossen zueinander dadurch regelt, daß es den einen Pflichten auferlegt und anderen die korrespondierenden Rechte zuteilt86, so daß leicht mit der Annahme einer Mehrheit verwirklichter Tatbestände die Vorstellung einer Häufung von Rechten bzw. Pflichten, also einer Stärkung der Gläubigerposition, assoziiert wird. Demgegenüber ist es jedoch gerade die Eigenart der Konkurrenz von Anspruchsgrundlagen, daß zwar mehrere Normen einschlägig sind, aber nur einmal eine Sache herauszugeben, nur ein Schaden wiedergutzumachen ist, und daß hierfür einander widerstreitende Haftungsmodalitäten zur Auswahl stehen. Als Maxime für die geforderte Auswahl ist der Grundsatz der Meistbegünstigung des Gläubigers nicht haltbar. Es wäre ein Trugschluß, aus dem richtigen Prinzip, daß konkret verwirklichte Normen anzuwenden sind, zu folgern, daß dort, wo nicht sämtliche Normen zum Zuge kommen können, wenigstens diejenige sich durchsetzen soll, die die inhaltlich weitestreichenden Rechtsfolgen anordnet. Nicht einmal im Strafrecht, dessen einheitlicher gelagerte Konkurrenzprobleme mehr Anreiz zu einer Orientierung der Konkurrenzentscheidungen an der Höhe der Strafdrohungen böten, läßt man sich - gewissermaßen blindlings - von diesem quantitativen Gesichtspunkt bei der Ermittlung von Gesetzeseinheit leiten, vielmehr stellt man in einer Gesamtbewertung auf den Unrechts-, Schuld- und Gefährlichkeitsgehalt einer Tat ab, wofür die Höhe der Strafdrohung lediglich ein wichtiges Indiz ist87• drücklieh Eichler, aaO.)- ist hier irrelevant; vgl. aber 9. Kap. CI zur Theorie der elektiven Konkurrenz von E-B-V und Leistungskondiktion. 86 Über die Rückführbarkeit der Rechte auf Pflichten (Imperativentheorie) vgl. einerseits bejahend Engisch, Einführung, S. 20 ff., und andererseits ablehnend Larenz, ML, S. 182 ff. 87 Statt vieler Jescheck, Lehrbuch des Strafrechts, AT, 1969, § 69 I, II 2;

Schmitt, ZStW 75, 48.

B. Methoden und Aspekte der Behandlung von Normenkonkurrenzen 43 Es ist offensichtlich, daß dem schematischen Vergleich bzw. der Addition der Rechtsfolgen nur zu häufig mit der Differenzierung verfolgte, beachtliche Gesetzeszwecke zum Opfer fielen. So beeilt sich denn auch Georgiades88 , dem Prinzip der Gläubigerfavorisierung den zweiten "Leitgedanken" nachzuschicken, daß durch die Anwendung einer günstigeren Norm der Zweck einer anderen, die den Vorrang verdiene, nicht vereitelt werden dürfe, sondern daß es "entscheidend auf den Vergleich der rechtspolitischen Zwecksetzung der konkurrierenden Normen" 89 ankomme. Hierauf bleibt man im wesentlichen verwiesen, denn wo die Anwendbarkeit mehrerer Normen auf einen Lebenssachverhalt überhaupt als Konkurrenzerscheinung bewußt wird, ist man um Bedenken und Zweifel über das Rangverhältnis dieser Normen kaum jemals verlegen, so daß sich die Frage der Bedeutung des Meistbegünstigungsprinzips eigentlich auf die terminologische Frage reduziert, von welchem Grad an Unsicherheit ab man von einem Konkurrenz"problem" sprechen will.

II. Die teleologisch-funktionale Methode der Konkurrenzlösung Es hat sich herausgestellt, daß alle Grundsätze und Regeln, die dazu angetan scheinen, die Lösung von Normenkonkurrenzen im Wege einer relativ einfachen begrifflichen Subsumtion zu ermöglichen, letztlich doch auf die Notwendigkeit subtilerer Betrachtung der Zwecke der beteiligten Gesetze hinauslaufen. Über diese Anforderungen an die Konkurrenzlösung ist man sich heute auch weithin im klaren. So kennzeichnen Enneccerus-Nipperdey diese Aufgabe als den Antwortversuch auf "eine (oft recht schwierige) Frage der Gesetzesauslegung oder Rechtsfindung, die auf Grund des Wortlauts, des Zusammenhangs, der historischen Entwicklungs- und Entstehungsgeschichte, besonders aber auch nach dem Zweck der fraglichen Vorschriften und dem Wert des Ergebnisses der einen oder anderen Auslegung zu lösen ist" 90 • In erster Linie hat man sich bei dieser Aufgabe der Gesetzesauslegung und ergänzenden Rechtsfindung an die Ordnungsfunktion der

betroffenen Bestimmungen zu halten. Die teleologische Betrachtungsweise hatte in der Lehre über die Auflösung von Konkurrenzen und Normwidersprüchen seit jeher einen Platz91 • sei es auch, daß er ihr nur 88

s. 168.

Und Dubischar behauptet an anderer Stelle (Grundbegriffe, S. 81) mit Selbstverständlichkeit den Vorrang von haftungsmindernden Bestimmungen. 90 § 60 II; ähnlich Lehmann- Hübner,§ 8 IV 3; BGHZ 36, 255. 91 Vgl. Lent, GK I, S. 195; Schmidt, GK, S. 33 ff. ; Oertmann, HWBdRW, II, S. 882; vor allem aber Dietz, dessen Konkurrenzdenken weit mehr von teleologischen und funktionalen Erwägungen bestimmt ist, als Helm (S. 294 ff.) einräumen will. Es trifft nicht zu, daß Dietz bewußt auf die wertende Abwägung der Interessen verzichtet und seiner Auffassung eine rein systema89

1. Kap.: Die Problematik der Normenkonkurrenzen

notgedrungen zugestanden wurde, weil sich auf begrifflichem Wege nicht immer ein Rangverhältnis herstellen ließ. Sie hat sich aber nunmehr bis auf wenige Überreste logisch-begrifflichen Argumentierens92 allgemein durchgesetzt93• Über den Leitgedanken hinaus, daß die Konkurrenzentscheidungen entsprechend dem Zweck der Normen, ihrer Funktion und Stellung in der Gesamtrechtsordnung zu treffen sind, läßt sich eigentlich nicht mehr viel sagen, was für alle Normenkonkurrenzen gültig wäre94 • Es sind höchstens noch so allgemein gehaltene Anweisungen möglich, wie die von Helm95 , daß "jeder Norm die Funktionserfüllung im anerkannten Kern ihres Anwendungsbereiches gesichert werden muß". Da die Lösung von Anspruchsgrundlagenkonkurrenzen allemal zu dem Ergebnis führt, daß einer der konkurrierenden Vorschriften der fragliche Bereich zugeteilt wird, hat es, wie schon erwähnt, den Anschein, als handle es sich durchgehend um einen Vorgang der Gesetzesanwendung. Doch darf das Eingreifen einer "gesetzlichen" Rechtsfolge nicht darüber hinwegtäuschen, daß sich nicht immer aus dem Gesetz zureichende Anhaltspunkte für die Auswahl entwickeln lassen. Bei der Erörterung der bis heute streitig gebliebenen Normenkonkurrenzen des bürgerlichen Rechts gewinnen deshalb weitausgreifende objektiv-teleologische Kriterien immer mehr die Oberhand. tisch-logische Begründung gegeben hätte. In der Arbeit von Dietz finden sich beide Komponenten. Neben der Annahme des logisch bedingten Vorrangs der lex specialis (S. 31) und der Absage an die allein auf ein "Werturteil gestützte Beschränkung des Geltungsbereiches eines Gesetzes" (S. 57 f.) stehen vielE.' Äußerungen, in denen sich Dietz zur teleologisch-funktionalen Methode bekennt. Man vergleiche hierzu etwa die folgenden Aussagen: Die Verdrängung eines Gesetzes trotz Tatbestandserfüllung könne nur angenommen werden, wenn "sonst die Durchführung des dem anderen Gesetz zugrunde liegenden Sinnes und Zweckes vereitelt würde" (S. 44 und ähnlich S. 51) oder: "das Zurücktreten des einen Gesetzes . . . (beruht) bei Subsidiarität nur auf dem Willen des Gesetzes, auf funktionellen Überlegungen, (ist) nicht logisch notwendig bedingt" (S. 66); ferner die unbestimmten ausfüllungsbedürftigen Begriffe seiner Subsidiaritätsregeln (S. 55, 56 f., 64, 66). 92 Einer dieser Reste ist die Auffassung, daß ein Gesetz ein anderes nur für einen Bereich verdrängen könne, den es begrifflich-tatbestandlieh selbst erfaßt. Bei dieser Frage geht es nicht um die Kollision der Tatbestände, sondern um die der Normzwecke. Im Zusammenhang mit dem E-B-V wird diese Frage aktuell bei der Entscheidung, ob das Bereicherungsrecht durch die §§ 994 ff. ausgeschlossen werden könne auch hinsichtlich von Maßnahmen, die nicht als "Verwendungen" i. S. der §§ 994 ff. anzusehen sind (vgl. dazu unten ausführlich 9. Kap. D). 93 Zuletzt besonders Helm, S. 301 ff., bei der Feststellung des Verhältnisses von frachtvertraglicher und deliktischer Haftung; Engisch, Einheit, S. 46 ff.; Nawiasky, S. 92; Larenz, ML, S. 207 f.; Stutz, S. 7 f.; Eichler, AcP 162, 417 ff.; Emmerich, S. 5; Georgiades, S. 168; Jescheck, ZStW 67, 534 (für die Feststellung der Subsidiarität); Geerds, S.164ff.; Schmitt, ZStW 75, 51; BVerfGE 13, 296; BGHZ 36, 255; BAGE 8, 294. 91 Vgl. auch Oertmann, HWBdRW, II, S. 8821. Sp. 95 s. 302.

B. Methoden und Aspekte der Behandlung von Normenkonkurrenzen 45 Die Konkurrenzentscheid ung bewegt sich um so mehr auf dem Gebiet der Rechtsfortbildung, je mehr die zu vergleichenden Rechtsinstitute für sich als einzelne der Umformung durch Rechtsfortbildung ausgesetzt waren und ihnen gar neue Ordnungsaufgaben zugefallen sind96 • Das zugkräftigste Vehikel für diese besondere Arbeit am Gesetz sind immer wieder die Wertungswidersprüc he 97 , die bei gleichen tatsächlichen Gegebenheiten als besonders unerträglich empfunden werden und nach Auflösung und Angleichung der Kollision drängen. Da fragt es sich nun, wie differenziert sind die Mittel, die für die Harmonisierung zur Verfügung stehen? Sind die konkurrierenden Anspruchsgrundlage n samt allen ihren Nebenbestimmungen jeweils en bloc anzuwenden bzw. auszuschließen oder dürfen auch Kombinationen aus Vorschriften, die zu verschiedenen Normengruppen gehören, gebildet werden? Hier können wir vorerst nicht mit der Betrachtung der materiellen Rechtsfolgen weiterfahren, sondern wir haben nun auch die Funktionen der Anspruchsgrundlage n im Rechtsverkehr und im Prozeß mit in unsere Überlegungen einzubeziehen. 111. Einheit und Mehrheit der Ansprüche im Rechtsverkehr und im Prozeß Die Vielzahl der materiellrechtlichen Anspruchsnormen und ihrer Konkurrenzen steht in einem Spannungsverhältni s zu den Rechtsschutzund Befriedungsfunktion en des Zivilprozesses und seiner Gestaltungsprinzipien; diese dringen auf eine Konzentration der Anspruchsnormen. Die einzelnen materiellrechtlichen Anspruchsnormen eignen sich nicht als Prozeßgegenstand. Ein Individualisierungsk riterium, das den Funktionen des Streitgegenstandes angemessen ist, muß aufs engste vom wirtschaftlichen Ziel der Klage her bestimmt sein. Soweit im folgenden Theorien über die Individualisierung materieller und prozessualer Ansprüche zur Sprache kommen, sind Darstellung und Würdigung auf das Untersuchungsziel dieser Arbeit zugeschnitten; sie können daher weder dem wissenschaftlichen Beitrag der einzelnen Autoren noch der dogmengeschichtlich en Entwicklung im ganzen gerecht werden98 • 96 Vgl. auch Helm, S. 301.- Beispielsweise ist bei der Ermittlung des Verhältnisses von Bereicherungsrecht und E-B-V die an sich gesetzesfremde Saldotheorie mit in Erwägung zu ziehen (s. u. 9. Kap. B III). 97 Allgemein zu dieser Erscheinung Engisch, Einführung, S. 160 ff.; Canaris, Systemdenken, S. 116 ff. 98 Ausführlich dazu Hesselberger, Zur geschichtlichen Entwicklung und zum gegenwärtigen Stand der Lehre vom Streitgegenstand; zur geschichtlichen Entwicklung auch Georgiades, S. 20 ff., 63 ff.

46

1. Kap.:

Die Problematik der Normenkonkurrenzen

1. Die ,.Gesetzeskon kurrenz" im Zivil- und Zivilprozeßre cht

a) Die Verfasser des BGB nahmen davon Abstand, "die sog. Klagenkonkurrenz, das Zusammentr effen mehrerer in ihrem Endzweck auf dasselbe gerichteten Ansprüche in einer Person, zum Gegenstand gesetzlicher Bestimmung en zu machen" 99 • Welche Art von Regelung ihnen dabei überhaupt vorschwebte , ist dem Hinweis auf § 149 Sächsisches Gesetzbuch und Dresdner Entwurf 320 zu entnehmen. § 149 SächsGB lautet: "Stehen einem Gläubiger mehrere auf Erreichung eines und desselben rechtlichen Zweckes gerichtete Ansprüche zu und hat er durch Geltendmach ung eines derselben seine vollständige Befriedigung erlangt, so erledigen sich die übrigen Ansprüche ... " Man braucht das Fehlen einer solchen Bestimmung wohl kaum zu bedauern. Der Konkurrenzl ehre wäre mit ihr nicht viel gedient gewesen, denn was wäre selbstverstän dlicher und unabweisbar er durch die Natur der Sache geboten, als daß der Gläubiger zur Befriedigung eines ein· zigen wirtschaftlic hen Interesses nur einmal die Leistung verlangen und nur einen Vollstreckun gstitel erstreiten können soll100 , gleichgültig wieviel Anspruchsgr undlagen sein "Verlangenk önnen" tragen. Ungleich komplizierte r aber sind die im Entwurfssta dium nicht erwogenen Fragen, wie mit diesem Anspruchsge bilde im Rechtsverke hr und im Prozeß umzugehen ist, bevor der angebliche Gläubiger sein Ziel erreicht hat. Kann er etwa seine "Ansprüche" getrennt zedieren oder mehrmals den staatlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen, wenn er mit einer Klage nicht durchgedrun gen ist? Sicher ist nur soviel, daß für die zivilprozessu alen Institute der Klagenhäufu ng, der Klageänderu ng, der Rechtshängigkeit und der Rechtskraft eine Zusammenfa ssung der Anspruchsgrundlagen nottut. b) Hellwig 101 versuchte es als erster mit dem Begriff der "Gesetzeskonkurrenz" , den er aus dem Strafrecht für das Zivilrecht fruchtbar machen wollte. Unter Gesetzeskon kurrenz verstand er die Existenz eines Anspruchs, der durch mehrere rechtliche Gesichtspun kte begründet ist. Nun hängt die Eignung einer Konkurrenzt heorie, prozessualen Bedürfnissen gerecht zu werden, von den Kriterien der Abgrenzung zwischen Einheit und Mehrheit der Ansprüche ab. Hellwig hielt Gesetzeskonkurrenz oder Anspruchsei nheit bei Einheit des "Entstehung sgrundes" oder "Tatbestande s" für gegeben. Unter beidem verstand er den von der Lebensansch auung zu einer Einheit zusammenge faßten Vorgang und zusätzlich die Identität der "konkreten Rechtsverhäl tnisse, auf welche er Mot. I, S. 278. Zu diesem "höchst einfachen Grundsatz" vgl. schon Savigny, System V, s. 209. 101 Anspruch und Klagrecht, S. 97 ff., 98 Fn. 2. 99

100

B. Methoden und Aspekte der Behandlung von Normenkonkurrenzen 47 einwirkt" 102• Beispielsweise soll sich das Recht, die Herausgabe einer Sache aus Eigentum und aus Verwahrungsvertrag vom Besitzer verlangen zu können, in zwei Ansprüchen verkörpern, weil die Besitzübergabe zwei Rechtsverhältnisse, Vertrag und Eigentumsrecht, berührt. - Ohne weiteres erhellt, daß diese Individualisierungsmethode noch zu stark an die Mannigfaltigkeit der materiellen Rechtsinstitute gebunden war und damit der Gesetzeskonkurrenz oder Anspruchseinheit nur wenig Raum geben konnte. Die prozeßrechtlichen Erfordernisse verlangen jedoch nach einer noch stärkeren Bündelung der materiellrechtlich einschlägigen Rechtssätze. c) Einen erheblichen Fortschritt in dieser Richtung erzielte Lent mit seiner von Hellwig abweichenden Individualisierungsmethode103• Durch die Verschiedenheit der tangierten Rechtsverhältnisse-Hauptursache für die Konkurrenzen - sah Lent die Identität des "konkreten Tatbestandes" nicht als ausgeschlossen an104• Anspruchseinheit bestimmte er nach einem Teil der Tatsachen, da er meinte, daß manche so grundlegend seien, daß sie als Individualisierungsmerkmale dienen könnten105, so daß schon ihre Identität Anspruchseinheit bewirke. Damit konnten die im Prozeß störenden "Anspruchskonkurrenzen" zwar stark reduziert werden, doch im Prozeßrecht setzten sich das Institut der "Gesetzeskonkurrenz" und die von Lent gegebenen Regeln nicht als Methode zur Individualisierung des Streitgegenstandes durch. Teils reichten sie nicht aus, die prozessualen Probleme der Mehrheit von Anspruchsnormen zu bewältigen, teils fanden sie auch deshalb keinen Anklang, weil sie schwierig und nicht widerspruchsfrei zu handhaben sind. 2. Anspruchseinheit im Zivilprozeß trotz Anspruchsmehrheit im materiellen Recht

Die Prozeßrechtswissenschaft hat schließlich die Schwierigkeiten der materiellen .. Anspruchskonkurrenz" durch die Entwicklung eines selbständigen prozessualen Anspruchsbegriffes mit rein prozessualem Inhalt bewältigt. Alle gegenwärtig vertretenen Streitgegenstandstheorien stimmen darin überein, daß die materiellrechtlichen Anspruchsnormen im Prozeß nur die Rolle rechtlicher Gesichtspunkte spielen, daß sie nicht identisch sind mit dem prozessualen Anspruch106• Umgekehrt glaubte Lehrbuch I, S. 263; Anspruch und Klagrecht, S. 92, 105. auch oben B I 4. 104 GK I, S. 90. 105 GK I, S.188. 106 Schwab, Streitgegenstand, S. 74 ff.; Nikisch, Zur Lehre vom Streitgegenstand im Zivilprozeß, AcP 153, 282; A. Blomeyer, Zivilprozeßrecht, § 42 102

1oa V gl.

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1. Kap.: Die Problematik der Normenkonkurrenzen

man im materiellen Recht, die Konkurrenzen als rein materiellrechtliches Problem begreifen107 und ungehindert von den prozessualen Erfordernissen annehmen zu können, daß aus jeder konkret verwirklichten Anspruchsgrundlage , die nicht durch eine vorrangige Norm verdrängt wird, ein selbständiger Anspruch hervorgehe108• Am konsequentesten hat Dietz am Beispiel von vertraglicher und deliktischer Haftung die Lehre von der materiellrechtlichen Koexistenz mehrerer selbständiger Ansprüche, der sog. Anspruchskonkurren z, durchgeführt. Er verficht die Ansicht, daß "die beiden Rechtsfolgen - Ansprüche - selbständig und real nebeneinander" stehen109 und folgert daraus, "daß jeder dieser Ansprüche allein durch die für ihn zuständigen Vorschriften bezüglich Entstehung, Inhalt und Abwicklung bestimmt wird, ohne Rücksicht darauf, wie der andere Anspruch im einzelnen umschrieben ist" 110• Die verschiedenen Ansprüche können nach Dietz einzeln abgetreten oder erlassen werden111 ; lediglich durch die Erfüllung des einen Anspruchs werde auch der andere berührt, da durch die Wiedergutmachung des Schadens eine Änderung des konkreten Tatbestandes eintrete112• In dieser Zuspitzung hat sich die Theorie einer völlig "freien" Anspruchskonkurrenz in der Praxis nicht durchgesetzt118• Vornehmlich bei der praktisch wichtigen Frage der Verjährung hat man den "Übergriff" einer Verjährungsfrist zugelassen114• In der Lehre wurden grundsätzliche Bedenken vorgebracht115• Auch bei mehrfacher Tatbestandserfüllun g durch einen Lebensvorgang habe man es nach natürlicher Anschauung im Rechtsverkehr nur mit einem einheitlichen Vermögens- und Verfügungsgegensta nd zu tun. Die Abtretung eines "Anspruches" beziehe sich auf den von ihm verkörperten wirtschaftlichen Wert, nicht auf die Rechtsnormen. Vor allem aber sei V 1; Georgiades, S.124; Hesselberger, § 19. - Der Theorienstreit über die bestimmenden Elemente dieses prozessualen Streitgegenstandsbegriffes interessiert hier nicht (vgl. dazu Rosenberg - Schwab, § 96 III 2, 3). 107 Schon die Monographie von Schmidt, GK (1915), enthält keine prozeßrechtliche Komponente. 108 Für viele vgl. Enneccerus Nipperdey, § 228 III 1: Bei Anspruchskonkurrenz liegen mehrere selbständige Ansprüche vor, die auf Befriedigung desselben Interesses gerichtet sind. 1oe Anspruchskonkurrenz, S. 127, 125 ff. 110 a. a. 0., S. 130, 237 ff.; so unreflektiert z. B. auch Becker, NJW 1952, 54. 111 a. a. 0 ., S. 140. 112 a. a. 0 ., S. 165. 118 Vgl. Dietz, Landesreferat, S. 197 ff. 114 Konsequent ablehnend Dietz, S. 148, 264 f.; dagegen versteht erührt."

C. Vorschläge und Argumente zur Lösung der Konkurrenz

247

tung204 und der genaue sachliche Gehalt dieser Meinung lassen sich jedoch nicht sicher feststellen, da die Stellungnahmen häufig nur auf die Abgleichung des Wertungswiderspruchs zwischen den Nutzungsersatzregelungen abzielen205, hingegen die sonstigen Inkongruenzen, die möglicherweise zu einer anderen Beurteilung Anlaß geben könnten, gar nicht ins Auge gefaßt werden. Es ist auch zu beachten, daß nicht überall dasselbe gemeint sein muß, wenn eine Lösung- juristisch wenig präzise - als "Nebeneinander" oder als Kombination von Vindikations- und Bereicherungsrecht bezeichnet wird. 1. .,Ungestörtes Nebeneinander"

Ein "ungestörtes" Nebeneinander, wie es Westermann208 befürwortet, ist überhaupt nur ausschnittweise, und zwar in dem Gebiet der Surrogathaftung durchführbar, wo die Kondiktionen als Rechtsfortwirkung der erloschenen Vindikation fungieren. Für diesen Bereich aber war es schon im Entwurfsstadium des BGB nicht zweifelhaft207, daß das E-B-V durch das Bereicherungsrecht ergänzt werden muß208 • Von einigen strittigen Details abgesehen gibt es hier im Grundsätzlichen keine ernsthaften Zweifelsfragen209. Eigentlich problematisch ist das Zusammentreffen von E-B-V und Leistungskondiktion und dieses duldet kein Nebeneinander der Rechtsfolgen beider Ausgleichsschuldverhältnisse. Das Modell der Anspruchsgrundlagenkonkurrenz von Vertrags- und Deliktsrecht ist hierauf nicht übertragbar. Hinsichtlich der oben dargestellten Disharmonien bei der Regelung des Nutzungsersatzes, der Verwendungserstattung, der verschärften und der Verzugshaftung, der Berücksichtigung der Gegenleistung und der Anspruchsausschlußgründe erweist sich die Hoffnung auf eine Versöhnung der Gegensätze durch gleichrangige Koexistenz der konkurrierenden Normen als schlechthin illusorisch210. Man könnte es doch nur bei einer vordergründigen, am Begrifflichen haftenden Betrachtungsweise als "Nichtstörung" ansehen, wenn beispielsweise ein Anspruch auf Nutzungsherausgabe oder Verwendungsersatz nach Bereicherungsgrundsätzen gewährt wird, obwohl die§§ 987 ff. hinsichtlich desselben Regelungsgegenstandes keine Anspruchsgrundlage enthalten. Denn man muß ja damit rechnen, daß dort, wo es um eine 204 Larenz, ML, S. 317 Fn. 1 (2. Aufl.) spricht von der "h. M."; dagegen meint Fikentscher, § 100 II, sich mit derselben Ansicht "gegen die h. M." zu wenden. 205 Larenz, SehR BT, § 64 I und ML, S. 316 f.; Wolf!- Raiser, § 85 II 6; Fikentscher, § 100 II; westermann, § 31III. 208 SachR, § 31 lll. 2o1 Vgl. Mot. Mugdan III, S. 223 f. 2os Für die h. M. Lent- Schwab, § 45 VII 3. 209 s. u. 10. Kap. B II. 210 Hiergegen treffend auch Dimopoulos- Vosi~is, S. 86 ff,

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9. Kap.: E-B-V und Bereicherung "durch Leistung"

Abweichung vom Schuldrecht zugunsten des redlichen Besitzers geht, das Schweigen des Gesetzes innerhalb des E-B-V als ein "beredtes" Schweigen211 zu deuten ist. Andererseits wird das Bereicherungsr echt durchkreuzt, wenn man bei grobfahrlässige r Unkenntnis vom Mangel des Besitzrechts einen Schadensersatz anspruch nach § 990 zuspricht, obgleich der Herausgabepfl.ichtige nach§ 819 I noch als gutgläubiger Kondiktionsschuldn er zu qualifizieren ist. Es sei betont, daß hier nicht dem Vorrang der einen oder anderen Regelung das Wort geredet wird, sondern nur die Auffassung kritisiert werden soll, die meint, es ließe sich ein "ungestörtes Nebeneinander" von Leistungskondi ktion und Vindikation herstellen, und die sich darüber hinwegtäuscht, daß eine Entscheidung für den Vorrang einer Gruppe von Normen unter Zurückdrängun g einer anderen nicht zu umgehen ist. Bei Anwendung der Anspruchsnorm en nur nach ihrer tatbestandsmäßig- begrifflichen Verwirklichung ohne Berücksichtigun g des Gesetzeszwecke s müßten sich notwendig immer die Normen mit den weitesten Rechtsfolgen bzw. den geringsten Tatbestandserfo rdernissen durchsetzen212 • Dieser Auswahlmodus entbehrt aber des sachlichen Grundes. Ob die genannten Autoren ihn wirklich uneingeschränk t befürworten würden, erscheint auch zweifelhaft, da man ja bisher die Vielfalt der nicht unerheblichen Rechtsfolgendiv ergenzen zwischen Vindikation und Kondiktion vernachlässigt hat und sich vorderhand hauptsächlich von dem Empfinden leiten läßt, daß der Eigentümer, der tatbestandsmäßig zugleich Gläubiger einer Leistungskondi ktion ist, jedenfalls nicht schlechter stehen sollte als ein Gläubiger, der sich nur auf § 812 berufen kann, wobei man es, wie schon erwähnt, vor allem auf die Pflicht zur Nutzungsheraus gabe gemäߧ 818 I abgesehen hat. 2. Die Kombination von Vindikations- und Kondiktionsrech t

Auch für das vorliegende Konkurrenzpro blem erhofft sich Georgiades213 einen entscheidenden Fortschritt durch die Theorie der Anspruchseinhe it bei Mehrheit der Ansprochsgrundlagen. Denn sie gestatte es, ohne gekünstelte Konstruktionen bei der Ausgestaltung des einheitlichen Anspruchs die Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen und den jeweils konkreten Erfordernissen mit dem Vorrang einer Norm Rechnung zu tragen. 211 Allgemein dazu Larenz, ML, S. 357. Vgl. auch Georgiades, S. 202. Zum Problem der möglichen Ausschlußwirkung der §§ 987 ff. für Bereiche, in denen nicht ihr voller Tatbestand erfüllt ist, s. u. 10. Kap. D (Verwendungsproblematik). 212 Kritisch auch Dimopoulos- Vo$ikis, S. 86 ff. und Georgiades, S. 202. 213 Anspruchskonkurrenz, S. 199 ff., 203.

C. Vorschläge und Argumente zur Lösung der Konkurrenz

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Die Bedeutung dieser anspruchstheoretischen Grundhaltung für die Konkurrenzproblematik wurde bereits im 1. Kapitel (B III 3 u. 4) gewürdigt. Es sei hier nur noch einmal wiederholt, daß Georgiades die Auswirkungen der Anspruchsnormenkonkurrenz wohl überschätzt. Denn für die Lösung der materiellrechtlichen Konkurrenzprobleme, die weder etwas mit der Einheit des Anspruchs als Verfügungsobjekt noch als Streitgegenstand zu tun haben, leistet diese Theorie nur eine Vorarbeit, wenn auch eine durchaus wertvolle. Aber teleologische Kriterien für die materiellrechtliche Kollisionslösung steuert sie selbst nicht bei und hilft sie auch nicht finden21aa. 3. Lösung anband der "bereicherungsrechtlichen Elemente" der §§ 987-1003

DimopouZos- Vosikis hat es unternommen, dadurch einen wesentlichen Beitrag zur Dogmatik des E-B-V zu liefern, daß er die §§ 987 bis 1003 vollständig in bereicherungs- und deliktsrechtliche Elemente aufzulösen sucht214 • Seiner Meinung nach gelte es, die redaktionelle Aufspaltung des Gesetzesstoffes zu überwinden, um die wesensmäßige Gleichheit der Vorschriften im Schuld- und Sachenrecht aufzudecken215 , da sich "die einzelnen bereicherungsrechtlichen Bestimmungen der §§ 812 ff. und der §§ 987 ff. gegenseitig wiederholen, ergänzen, modifizieren oder widersprechen". Dann sei es möglich und notwendig, die in den §§ 987 ff. enthaltenen bereicherungsrechtlichen Elemente mit den §§ 812 ff. zu einem widerspruchslosen System auf der Grundlage der materiellen Wertentscheidungen des Gesetzes zusammenzufügen. Es würde die vorliegende Untersuchung nicht fördern, nun im einzelnen darauf einzugehen, inwieweit es Dimopoulos- Vosikis gelungen ist, die §§ 987 ff. - Tatbestandsmerkmal für Tatbestandsmerkmal als Vorschriften bereicherungs- und deliktsrechtlichen Charakters auszuweisen218. Welcher Grad von Verwandtschaft sich auch immer zwischen 213" Ebenso Schlechtriem, FS f. Rheinstein, 1969, Bd. II, S. 688, und Arens, AcP 170, 400 (der aber aus prinzipiellen Erwägungen die Theorie der Anspruchsnormenkonkurrenz überhaupt ablehnt, s. o. 1. Kap. Fn. 139). 214 Die bereicherungs- und deliktsrechtlichen Elemente der §§ 987-1003, 1966; zum Bereicherungsrecht bes. S. 179 fi., 192 ff. 215 Ähnlich schon Peters, Die Ansprüche aus dem Eigentum, AcP 153, 462 ff. 216 Sehr kritisch Helm, AcP 168, 71 ff., in seiner Besprechung des Buches von Dimopoulos- Vosikis. - Auf der Ebene der positiven Normen lassen sich die §§ 987 ff. nicht restlos auf die §§ 812 fi. und 823 ff. zurückführen. So ist z. B. der Ersatzanspruch für notwendige Verwendungen an den Aufwand des Besitzers, aber nicht an den Verbleib einer Bereicherung beim Eigentümer geknüpft. Auf einer höheren als der positivrechtlichen Ebene laufen dagegen die §§ 812 fi. und die im sonstigen Zivilrecht eingesprengten "bereicherungsrechtlichen" Elemente in einem allgemeinen Rechtsprinzip, das die Pflicht zur Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung beinhaltet, zusammen. Denn in einem System "allgemeiner Rechtsprinzipien" (vgl. Canaris,

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9. Kap.: E-B-V und Bereicherung "durch Leistung"

den §§ 987 ff. und den §§ 812 ff. feststellen lassen mag, es ist nicht ersichtlich, wie solche Erkenntnisse einen entscheidenden Fortschritt für eine Konkurrenzlehre bedeuten sollten, die längst weiß, daß nicht einmal eine so enge inhaltliche Beziehung von Rechtssätzen, wie die von Iex generalis und Iex specialis, einen sicheren Schluß auf das Konkurrenzverhältnis zuläßt. Erneut bestätigt sich in Dimopoulos- Vosikis' Untersuchung aber, daß mit dem Argument von einer rechtsgrundsätzliehen Geschiedenheit dinglicher und schuldrechtlicher Rechtsverhältnisse in der Konkurrenzdogmatik nichts auszurichten ist, weil es, wie bereits Heck211 bei der Untersuchung der Tatbestände des E-B-V "auf ihren Interessengehalt ... (fand), . .. sich ausschließlich um solche Konfliktsfälle handelt, die bereits im Schuldrechte entschieden sind".

IV. Der Vorrang der Leistungskondiktion vor dem E-B-V Der Kreis der zum Verhältnis von E-B-V und Leistungskondiktion vertretenen Theorien schließt sich nun mit der Ansicht, der Leistungskondiktion komme der Vorrang vor dem E-B-V zu. Diese Auffassung wird bisher nur im Schrifttum geäußert, gewinnt dort aber immer mehr Anhänger. Den Anstoß dafür gab Raiser mit seinem nachdrücklichen Eintreten für die Subsidiarität der Vindikation gegenüber vertraglichen Rückgabeansprüchen; v. Caemmerer übertrug als erster diesen Subsidiaritätsgedanken auf die Kollision des E-B-V mit der Leistungskondiktion218. Bisher liegt noch keine ausführliche Begründung dieser neueil Konkurrenzlösung vor. Sie wird - sehr kennzeichnend für den modernen, topisch aufgelockerten Denkstil in der Dogmatik - auf mehrere untereinander nicht zusammenhängende Argumente gestützt, die durch den Vergleich der hier diskutablen Lösungsalternativen mit anderwärts akzeptierten Problemlösungen herausgefordert werden. Vor allem folSystemdenken, S. 46 ff., 48) müßte für das Zivilrecht ein allgemeiner Bereicherungsgrundsatz als systemtragend eingesetzt werden. Diesen Schritt über die positiven Rechtssätze hinaus will Dimopoulos- Vosikis jedoch gar nicht tun. 217 SachR, § 67, 1 (S. 277); die "innerlich nahe" Verwandtschaft des E-B-V zu den Bereicherungsvorschriften wurde u. a. auch in Prot. S. 3961 gesehen. tts v. Ccüimmerer, FS f. Boehmer, S. 154 Fn. 42 = Ges. Sehr. S. 308 1'. Raiser selbst zieht diesen Schluß nicht, er hält es für einerlei, ob neben der Vindikation Bereicherungsansprüche herlaufen, vgl. Wolf!- Raiser, § 84 I 2; für die Verdrängung des E-B-V durch die Leistungskondiktion auch Emmerich, S. 96 ff., 100 ff.; Dimopoulos- Vosikis, S. 250; Pawlowski, Rechtsgeschäftliche Folgen, S. 39 Fn. 3 im Hinblick auf die Auswirkungen der Saldotheorie; Schindler, AcP 165, 500 Fn. 2 mit gleicher Tendenz, aber das Ergebnis noch offen lassend; Medicus, § 23 III 3d cc (S. 235) meint: "Der Weg Raisers . .. verkümmert die Vindikation allzu stark. Konsequenterweise wird man dann nämlich auch mit v. Caemmerer annehmen müssen, die Vindikation sei sogar gegenüber der Leistungskondiktion subsidiär."

C. Vorschläge und Argumente zur Lösung der Konkurrenz

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gende Gesichtspunkte werden genannt: einerseits die Verwandtschaft des E-B-V mit den Nichtleistungskondiktionen, die dasselbe Konkurrenzverhältnis - Subsidiarität - zur Leistungskondiktion nahelege; andererseits die Ähnlichkeit der Leistungskondiktion mit den vertraglichen Abwicklungsverhältnissen, deren Vorrang vor dem E-B-V anerkannt istm, und schließlich die Angemessenheit der Gleichbehandlung der nur kausalnichtigen Veräußerungsgeschäfte, deren Abwicklung ja tatbestandlieh allein die Leistungskondiktion übernehmen kann, und der doppelnichtigen Veräußerungsgeschäfte. Die Beweiskraft dieser Argumente ist nun zu prüfen. 1. Das Argument der Ähnlichkeit zwischen E-B-V und Nichtleistungskondiktionen

Mit der konsequenten Trennung von Leistungs- und Nichtleistungskondiktionen liegt auch der Zusammenhang der letzteren mit dem vindikatorischen Eigentumsschutz zutage. Klammert man den Erwerb durch Leistung aus, so können die Vindikation und ein Teil ihrer Nebenfolgen, ihrem Tatbestandsaufbau nach, geradezu als Ieges speciales zu den Kondiktionen wegen Bereicherung in sonstiger Weise gelten. Hier wie dort fehlen subjektive Zurechnungskriterien und die Art des Erwerbsvorgangs ist unerheblich; spezialisierende Momente der §§ 985 ff. sind der Besitz einer Sache und ihre Nutzungen. - Die Funktion der Nichtleistungskondiktionen wird im Schutz der absoluten Rechte gesehen, im Dienste von deren Zuweisungsgehalt sie stehen sollen. Am radikalsten verfolgte Wilburg220 den Gedanken, daß diese Kondiktionsart eine schuldrechtliche Fortwirkung des Eigentumsschutzes sei, eine Minimalform der rei vindicatio: "Aus dem Eigentum entsteht die Bereicherungsklage ... Der Grund seines Ersatzrechtes liegt im alten Eigentum, dessen Zweck in schuldrechtlicher Gestalt fortlebt und zur Wertbefriedigung führt" 221 • Ist diese enge funktionelle Zusammengehörigkeit nun eine hinreichende Grundlage für die gleiche Stellung von Nichtleistungskondiktion und E-B-V gegenüber der Leistungskondiktion? Das führt noch einmal auf die Gründe für den Vorrang der Leistungs- vor den Nichtleistungskondiktionen. Das wichtigste Motiv für die Ausschließlichkeit der Leistungskondiktion ist das wachsende Bedürfnis nach Verkehrs- und Vertrauensschutz. Die allgemeinen Interessen an einem raschen und reibungslosen Güterumsatz werden am vollkommensten befriedigt, wenn auf vertraglicher m Siehe o. 6. Kap. B. 220 Die Lehre von der ungerechtfertigten Bereicherung, S. 28 ff. 221 Für die h. M. v. Caemmerer, FS f. Rabel I, S. 352 ff. = Ges. Sehr. S. 228 ff.; v. Lübtow, Condictio, S. 162; Baur, §53 c I. - Grundsätzlich bekämpft nun Kellmann, S. 130 ff., die h. L. vom Zuweisungsgehalt.

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9. Kap.: E-B-V und Bereicherung "durch Leistung"

Basis in Gang gekommene Rechtsbeziehungen möglichst ausschließlich inter partes abgewickelt werden. Auch in Mehrpersonenverhältnissen bleibt der Stand der Rechtsbeziehungen für die einzelnen Beteiligten übersichtlich und berechenbar, wenn sich jeder nur an seinen Vertragspartner halten kann, aber auch nur dessen Ansprüche zu gewärtigen braucht22t. Insoweit nun die Leistungskondiktion dazu dient, den persönlich miteinander in Beziehung getretenen Parteien auch die Auseinandersetzung des gestörten oder fehlgeschlagenen Schuldverhältnisses zu überlassen, macht sie dies der Vindikation für den Bereich der Zweipersonenverhältnisse noch nicht überlegen, da hier ja die Partner des Leistungsverhältnisses immer auch zugleich Eigentümer und Besitzer sind; Dritte sind nicht beteiligt, so daß die zweiseitige Relativität auch durch die vindikatorische Rückabwicklung gewahrt würde. - Ohne vorgefaßte Meinung betrachtet hat die Leistungskondiktion im Verhältnis zur Vindikation auch nicht den Vorzug des tatbestandlieh genauer formulierten Rechtsbehelfs. Denn es ist ja gerade die Frage, ob die Haftungskriterien, die an das Moment der Leistung eines beliebigen Gegenstandes anknüpfen, die Ordnungsgesichtspunkte des E-B-V, das den unrechtmäßigen Sachbesitz regelt, konsumieren223• Ohne festen Rückhalt in einer Abwägung der Rechtsinhalte kann daher über den Rang der Leistungskondiktion nicht entschieden werden. 22z Zu den vielfältigen Ausprägungen dieser Vorzugstendenz gehören vor allem die Nichtaufnahme eines Versionsanspruchs ins BGB (s. u. 11 C II 1) und die Forderung der sog. Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung als Voraussetzung einer Kondiktion; vgl. auch die Argumente in der Diskussion über die Gleichstellung von "rechtsgrundlos" mit "unentgeltlich" (B IV 2 d) und um die Zulässigkelt bereicherungsrechtlicher Durchgriffe beim Doppelmangel in der "Bereicherungskette" und im "Dreiecksverhältnis" (s. u. 11. Kap. D II 2); vgl. auch Fabricius, JZ 1963, 89 r. Sp.: "Es ist ein allgemeiner Zug des BGB, daß es sich sowohl auf dem Gebiet des rechtsgeschäftliehen Verkehrs als auch auf dem Gebiet des gesetzlichen Haftungsrechts darauf beschränkt, die Interessenkonflikte der unmittelbar Beteiligten zu regeln." A. a. 0. aber auch zu gegenläufigen Tendenzen, die z. B. bei der Ausformung eines Institutes wie dem "Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte" wirksam sind. - KeHmann, S. 115 ff. glaubt, ohne die seiner Meinung nach verfehlten konstruktiven Hilfsmittel der Trennung von Leistungs- und Eingriffskondiktion besser "mit ·dem klar und kontinuierlich nachweisbaren Gedanken eines modifizierend in das Bereicherungsrecht eingreifenden Vertrauensschutzes" (S. 158) auskommen zu können. 223 Vgl. Rothoeft, AcP 163, 258: "Es besteht keine Veranlassung, die Haftungskriterien der Redlichkeit bzw. Unredlichkeit des unrechtmäßigen Besitzes geringer zu bewerten als den Fehlschlag der Planung und der Finalität der ihrer Realisierung dienenden Vermögensverschiebung. Dieser Fehlschlag wird durch das System der nach der Schutzwürdigkeit des unrechtmäßigen Besitzers abgestuften wechselbezogenen Ansprüche wegen der Nutzungen und Verwendungen abschließend geregelt. Insoweit ist für die Anwendung der Bereicherungsvorschriften kein Raum."

C. Vorschläge und Argumente zur Lösung der Konkurrenz

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2. Das Argument der Ähnlicllkeit der Leistungskondiktion mit vertraglicllen Abwicklungsverhältnissen

v. Caemmerer224 folgert die verdrängende Wirkung der Leistungskondiktion sodann aus deren Ähnlichkeit mit vertraglichen Abwicklungsverhältnissen: Wenn man vertraglichen Ansprüchen auf Rückgewähr und Ansprüchen aus Wandelung und Rücktritt den Vorrang vor den §§ 987 ff. einräume, so müsse das gleiche für die Leistungskondiktion gelten, die "der Sache nach" nichts anderes sei, sondern als eine besondere "technische Form der Rückabwicklung fehlgeschlagener Leistungsverhältnisse" auf der gleichen Ebene mit den vertraglichen Abwicklungsverhältnissen liege. Bei der Überprüfung dieser These ist von der auch durch die Ergebnisse dieser Arbeit gesicherten Grundlage auszugehen, daß die §§ 987 ff. von vertraglichen Abwicklungsverhältnissen verdrängt werden225 • - Ein wesentlicher Gesichtspunkt bei der Entscheidung des Verhältnisses von E-B-V und Vertragsordnung spielt hier keine Rolle: die Erhaltung eines nicht ganz unbedeutenden Anwendungsbereiches für die mit dem E-B-V konkurrierende Normengruppe, hier also für die Leistungskondiktion. Der Vorrang der Vindikation würde keineswegs bedeuten, daß die Leistungskondiktion als die besondere "technische Form der Rückabwicklungsverhältnisse meist die Folge der Verdrängung durch das dungshereich einbüßte, wie es aber hinsichtlich der vertraglichen Abwicklungsverhältnisse meist die Folge ihrer Verdrängung durch das E-B-V wäre. Unentbehrlich und unangefochten beherrscht ja die Leistungskondiktion dort das Feld, wo nicht der Besitz einer Sache als Objekt und der Eigentümer als Gläubiger einer Kondiktion in Frage kommen und wo insbesondere nicht auch das dingliche Verfügungsrecht, sondern nur das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft nichtig ist. Der Vorrang der vertraglichen Abwicklungsregelungen für die Zeit nach Beendigung des Rechts zum Besitz beruht ferner auch auf der spezifischeren Angemessenheit dieser Vorschriften für die einzelnen Besitzmittlungsverhältnisse. Obwohl nicht in begrifflich-logischem Verhältnis der Spezialität zum E-B-V stehend, sind die besonderen Abwicklungsverhältnisse doch auf die typische Interessenlage des jeweiligen Rechtsverhältnisses abgestellt228 • Sie haben die höhere inhaltliche Richtigkeitsgewähr für sich und dürfen deshalb nicht von dem abstrakteren und weniger spezifischen E-B-V verdrängt werden. Eine solche "Spezialität der Interessenlagen" finden wir bei einem Vergleich der Leistungs224 FS f. Boehmer, S. 154 Fn. 42 = Ges. Sehr. S. 308 f.; ebenso Emmerich, S. 126; Staudinger- Berg, Vorbem. II 3 vor §§ 987-1003: keine Verdrängung der "besonderen schuldrechtlichen Beziehungen" der Leistungskondiktion durch die §§ 987 ff. 225 Siehe o. 6. Kap. 228 Siehe o. 6. Kap. A.

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9. Kap.: E-B-V und Bereicherung "durch Leistung"

kondiktion mit dem E-B-V jedoch nicht annähernd so stark ausgeprägt vor. Denn die Leistungskondiktion ist ebenfalls ein sehr allgemein formulierter Rechtsbehelf, da sie tatbestandlieh sowohl jede Art von Leistungsverhältnissen als auch jeden denkbaren Grund ihres Fehlschiagens umfaßt. Sie ist nicht im gleichen Maße wie die vertraglichen Abwicklungsverhältnisse auf einen besonderen Vertragstyp zugeschnitten227 • Ihre große Abstraktionshöhe hebt sie von den rechtsgeschäftliehen Abwicklungsverhältnissen unterscheidend ab und rückt sie der Vindikation näher. Schließlich eignet der Kondiktion auch nicht ebenso wie den vertraglichen Rückgewährschuldverhältnissen die Legitimation aus dem Parteiwillen. Die Gleichstellung der Leistungskondiktion mit vertraglichen Abwicklungsverhältnissen liegt zwar auch deshalb nahe, weil in beiden Fällen die Beteiligten persönlich einen rechtsgeschäftliehen Kontakt miteinander aufgenommen haben. Die Übergabe der Sache erfolgte aufgrund eines wirksamen oder vermeintlich wirksamen Vertrages. Dem äußeren Hergang nach unterscheidet sich davon die rein dingliche Bestimmung der Vindikationsparteien durch "Eigentum" und "Besitz" sehr markant. Im E-B-V werden zudem persönliche Beziehungen der Vindikationsparteien an keiner Stelle angesprochen. Dieser Ähnlichkeit des kondiktionsrechtlichen mit dem vertraglichen Verhältnis steht aber ein wichtiger Unterschied gegenüber: im Gegensatz zu de~ vertraglichen Rückgewährschuldverhältnissen, die durch Zeitablauf, Kündigung, Rücktritt, Wandelung od. dgl. eingeleitet werden und die aus einem wirksamen Schuldvertrag hervorgehen, ist die Leistungskondiktion die Folge eines unwirksamen Vertragsverhältnisses228• Dieses Moment der Verschiedenheit wird allerdings dadurch wieder abgeschwächt, daß es auch Kondiktionsvorschriften für den späteren Wegfall des rechtlichen Grundes(§ 812 I S. 2 1. Alt.) und den Nichteintritt des mit der Leistung bezweckten Erfolges (§ 812 I S. 2 2. Alt.) gibt, also für Leistungsbeziehungen, denen nicht schon von Anfang an eine gültige causa fehlt; eine solche ist dort ursprünglich vorhanden oder ihr Bestand hängt in der Schwebe. Sie entfällt erst mit einem bestimmten Ereignis oder Zeitpunkt. Zutreffend hebt deshalb auch Emmerich228 hervor, daß die Leistungskondiktion "ob causam finitam" dem vertraglichen Abwicklungsverhältnis am ähnlichsten ist. Doch gewinnt hierdurch das Moment der Gleichheit noch nicht das Übergewicht, denn für die genannten Kondiktionsarten sind besondere Vorkehrungen getroffen 227 Allerdings paßt sie besser auf Veräußerungsverträge als auf zeitlich begrenzte Überlassungsverträge (s. u. D I). 228 Gegen den Ausschluß der Vindikation durch die Leistungskondiktion Manfred Wolf, AcP 166, 214 Fn. 95, weil eine gültige Parteivereinbarung fehle. 229 Nebenfolgen der Vindikation, S. 126.

C. Vorschläge und Argumente zur l.ösung der Konkurrenz

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(§ 820 I): hielten die Parteien den Wegfall des Rechtsgrundes oder den Nichteintritt des Erfolges für möglich, so richten sich ihre Kondiktionsansprüche bereits vom Empfang der Leistung an nach Rechtshängigkeitsvorschriften, so daß Friktionen mit dem Vindikationsrecht in diesen Fällen nicht auftreten. Zwar werden von § 820 solche Kondiktionsfälle nicht erfaßt, in denen die Parteien fest mit der Rechtsbeständigkeit des Rechtsgeschäfts rechneten. Diese Fallgestaltung entspricht aber nicht der typischen Situation, sie darf daher hier außer Betracht bleiben. Die Leistungskondiktion wegen ursprünglichen Fehlens des rechtlichen Grundes steht deshalb weiterhin im Mittelpunkt des Kongruenzfeldes von Vindikation und Kondiktion. Die Angemessenheit der zu beurteilenden Lösung muß sich an dieser Fallage bewähren. Damit kehren wir zu der Frage zurück, ob die Leistungskondiktion wegen der persönlichen Beziehung der l'arteien dem vertraglichen Abwicklungsverhältn is als "quasikontraktlich" gleichzustellen ist und deshalb die Vindikation verdrängt oder ob sie mangels Rechtswirksamkeit des Vertragsverhältnisses anders zu beurteilen ist und deshalb ihrerseits durch die Vindikation ausgeschlossen wird.

Dem Vorzug eines rechtsgeschäftliehen Verhältnisses vor rein dinglich bestimmten Beziehungen liegt unausgesprochen vielleicht auch die Rücksicht auf das Prinzip der Privatautonomie zugrunde229•, das besagt, daß freigestaltete Rechtsbeziehungen der Beteiligten in den von der Rechtsordnung gesteckten Grenzen maßgeblich sind und entgegenstehendes dispositives Gesetzesrecht derogieren. Es wird insoweit die rechtsschöpferische Kraft des Willens der Rechtssubjekte anerkannt230 • Haben die Parteien rechtswirksame Absprachen getroffen, so treten die Rechtsfolgen ein, weil sie gewollt sind231 • Anders freilich die Wirkungen des nichtigen Vertrags: Er ist nicht imstande, derogierende und gesetzesvertretende Wirkung zu entfalten. Zwar ist er kein rechtliches "Nichts", aber indem die Rechtsordnung der beabsichtigten Gestaltung keine Geltung verleiht, ist diese für die Parteien unverbindlich; der rechtsgeschäftliche Wille geht ins Leere; statt dessen greifen die Rechtsfolgen der Leistungskondiktion ein. Durch die Wahl dieses Abwicklungsverhältnisses, das an die faktische Existenz rechtsgeschäftlicher Beziehun229• Ausdrücklich gibt Rüber, NJW 1968, 1613 1. Sp., der Leistungskondiktion vor dem E-B-V deshalb den Vorzug, weil "der in dem unwirksamen ... Vertragsverhältnis manifestierte Wille der Parteien, der noch fortwirkt", entscheidend sei. 230 Enneccerus Nipperdey, § 145 II; Flume, Rechtsgeschäft und Privatautonomie, S. 141, 149 ff.; Pawlowski, Rechtsgeschäftliche Folgen, S. 176 f.; Bydlinski, S. 52 ff. 23 1 Vgl. Mot. I 8.126. Grundsätzliche Angriffe gegen die herrschende Theorie des Rechtsgeschäfts als "adäquaten Ausdrucks liberalkapitalistischer Privatexpansion" führte u. a. Arnold Gysin, Rechtsphilosophie und Grundlagen des Privatrechts, 1969, S. 236 ff., 237 (Erstveröffentlichung dieser Kritik 1929 in Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins, S. 97 ff.).

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gen anknüpft, scheint vielleicht noch ein gewisses Maß an Verwirklichung von Privatautonomie gewährleistet werden zu können. Die Rechtsfolgen der Leistungskondiktion erwachsen jedoch nicht aus der Selbstbestimmung der Parteien, sondern aus der Fremdbestimmung des Gesetzes. Es wäre aber voreilig, diesen Unterschied allzu prinzipiell zu nehmen und bereits deshalb die These von v. Caemmerer - die Leistungskondiktion sei der Sache nach nichts anderes als die vertraglichen Abwicklungsverhältnisse -für widerlegt zu halten. Denn die idealtypische Gegenüberstellung von rechtsgeschäftliehen und gesetzlichen Rechtsfolgen wird durch die Rechtswirklichkeit in mehrerlei Hinsicht relativiert. Es sei nur an die Wirkung der Saldotheorie als bedeutsame Beispiel für "rechtsgeschäftliche Folgen nichtiger Willenserklärungen" 232 erinnert. Bei näherem Zusehen stellt sich auch die primär privatautonom bestimmte lex contractus als ein Zusammenwirken subjektiver und objektiver Gestaltungskräfte dar. Denn vielfach sorgen die Parteien beim Abschluß eines Rechtsgeschäfts nicht umsichtig genug vor. Besonders die Möglichkeiten der Leistungsstörungen werden nicht genügend erwogen233 • Für ungeregelte Punkte und nicht vorbedachte Entwicklungen stehen die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts und der gesetzlich typisierten Rechtsverhältnisse bereit. Zwar haben diese als Ergänzungsvorschriften ihren formalen Geltungsgrund noch in der privatautonomen Regelung, da ihr Tatbestandden wirksamen Vertragsschluß voraussetzt; inwieweit sie aber auch inhaltlich auf die Selbstbestimmung der Parteien zurückzuführen sind, erscheint sehr fragwürdig. Nach Flume234 soll der von den Parteien nicht bedachte Anspruch wegen einer Leistungsstörung gleichwohl "nicht nur in dem formalen Sinn ein vertraglicher Anspruch sein, sondern er soll inhaltlich vertraglicher Natur sein, weil er vom Gesetz im Hinblick auf die vertragliche Leistungsverpflichtung gewährt wird". Diese Erwägung erklärt nur eine kausal-formale Verknüpfung der gesetzlichen Ergänzungsnormen mit der privatautonom zustande gekommenen lex contractus. Dagegen ist nicht zu verdecken, daß jene nicht ohne Fiktion auch final-inhaltZieh dem Parteiwillen zuzurechnen sindzu•. Larenz235 zieht das Prinzip der "immanenten Vertragsgerechtigkeit" heran und greift auf die einverständlich gesetzte Ordnung, auf das rechtliche Grundverhältnis, in dem die Vertragspartner stehen, zurück. Aber auch hier kommt man mit den individuell gesetzten Wertrelationen der 232 So der Titel der 1966 erschienenen Monographie von Pawlowski mit grundsätzlichen Betrachtungen zu diesem Phänomen. 2sa Vgl. Larenz, AT,§ 7 V. 234 AT II, § 1, 3c. 234" So auch A rens, AcP 170, 396. 235 AT,§ 7 V (S. 96).

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Parteien nicht aus, sondern muß das Rechtsempfinden aller billig und gerecht denkenden Rechtsgenossen zu Hilfe nehmen. Diewirklichen subjektiven Vorstellungen, von denen sich die konkreten Parteien beim Vertragsschluß leiten ließen, können davon aber weit abweichen. Es besteht nicht mehr als ein gewisser Grad von Wahrscheinlichkeit, daß die den Vertrag ergänzende gesetzliche "Notordnung" von den Beteiligten für ihren Fall als angemessen und gerecht empfunden wird. Die Meinung Flumes238 , daß rechtsgeschäftliche und gesetzliche Rechtsfolgen nicht schroff genug einander gegenübergestellt werden könnten, entspricht daher einer idealtypischen Betrachtungsweise, die nicht auf das Ausmaß an wirklicher Selbstbestimmung durch den individuellen Willen der Parteien sieht. Damit stellt sich der Unterschied von Leistungskondiktion und vertraglichen Abwicklungsverhältnissen unter dem Gesichtspunkt der optimalen Verwirklichung der Privatautonomie nicht als unüberbrückbar dar, so daß ein durchschlagendes Argument gegen die Gleichbehandlung hieraus allein nicht herzuleiten ist. Andererseits aber hat sich auch nicht eine so "enge Verwandtschaft" der Leistungskondiktion mit den vertraglichen Abwicklungsverhältnissen nachweisen lassen, daß deswegen schon dieselbe Ausschlußwirkung beider gegenüber dem E-B-V anzunehmen wäre. 3. Das Argument der Gleichbehandlung aller fehlgeschlagenen Leistungsverhältnisse ohne Differenzierung nach der Wirksamkeit des dinglichen Geschäfts

Am besten substantiiert von allen hier einschlägigen Argumenten wird im Schrifttum die Forderung nach Gleichbehandlung sämtlicher Leistungsverhältnisse vorgetragen. Eine Reihe von Gesichtspunkten werden dazu beigebracht: v. Caemmerer237 meint, es sei nur eine für die Beziehungen zu Dritten wichtige Frage, ob schon Eigentum am Leistungsgegenstand übergegangen ist. Im Verhältnis der Parteien zueinander aber bestehe das Bedürfnis, dem gewollten Synallagma der Leistungen auch bei der Rückabwicklung durch Einrede (§ 348) oder gegenseitige Verrechnung der Leistungen einschließlich der Nutzungen Rechnung zu tragen. Emmerich238 beruft sich ebenfalls darauf, daß das Ausmaß der vom Besitzer bei der Abwicklung inter partes herauszugebenden Nutzungen nicht davon abhängen dürfe, "ob mehr oder minder zufällig das Eigentum auf ihn schon übergegangen ist oder nicht; vor 236 237

238

ATII,§l,3e.

FS f. Boehmer, S. 154 Fn. 42

=

Ges. Sehr. S. 308 Fn. 42.

Nebenfolgen der Vindikation, S. 96.

17 Köbl

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allem ist keine unterschiedliche Behandlung der Zeit vor und nach Eigentumsübergang gerechtfertigt, zumal der Zeitpunkt des Eigentumsübergangs im Grundbuchverkehr weitgehend dem Einfluß der Parteien entzogen ist". Auch Flume23g, der besonders das Moment des Bereicherungswegfalls im Auge hat, plädiert für die Gleichbehandlung: ... "denn die Situation ist für die Frage, wer die Gefahr tragen soll, und zwar sowohl für den Zufall wie für die Handlungen des Empfängers, in den Fällen der gültigen oder nichtigen Eigentumsübertragungen gleich. Besonders evident ist die Unrichtigkeit der Entscheidung der herrschenden Lehre, wenn bei Nichtigkeit des gegenseitigen Vertrages eine nichtige Eigentumsübertragung im Austausch mit einer gültigen steht. So vermeiden wir nach unserer These auch die nach der herrschenden Lehre eintretende rückwirkende Haftungsveränderung, wenn bei nichtiger Eigentumsübertragung der Eigentümer die Ware weiterveräußert und dann nach§ 816 haftet" 240. - Dem allem ist noch hinzuzufügen, daß eine Aufspaltung des Abwicklungsverhältnisses in eine vindikatorische und eine kondiktionsrechtliche Rückforderungsbeziehung auch in der Mehrzahl all der Fälle erforderlich wäre, in denen eine Sache gegen Geld getauscht worden ist. Bei bargeldloser Zahlung ist bezüglich der Geldleistung von vornherein kein Vindikationsobjekt vorhanden; bei Barzahlung geht es regelmäßig durch Vermischung (§ 948) sehr bald unter. Die hierdurch sich ergebenden Abweichungen erscheinen ebenfalls als recht zufällig2 n. Es ist kaum einsichtig, daß sich Umfang und Modalitäten des Rückaustausches beim wichtigsten Typ des gegenseitigen Vertrages, dem Kaufvertrag, teils nach Vindikations-, teils nach Kondiktionsrecht richten sollten. Da die inhaltlichen Diskrepanzen ausführlich dargestellt wurden, kann hier auf weitere Erläuterungen verzichtet werden. Durch die gleichmäßige Rückabwicklung aller fehlgeschlagenen Leistungsverhältnisse nach Kondiktionsrecht und die Ausschaltung des E-B-V in diesem Sektor könnte ein ganzes Bündel von Unstimmigkeiten beseitigt werden. Vor der endgültigen Entscheidung haben wir uns jedoch noch mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Nichtigkeit von Grund- und Erfüllungsgeschäft für das Verhältnis interparteswirklich ohne Bedeutung ist oder ob nicht das Gesetz mit dem Urteil der Doppelnichtigkeit (auch) Zwecke verfolgt, die durch die ausschließliche Abwicklung im Wege der Leistungskondiktion nicht erreicht werden.

FS f. Niedermeyer, S. 170 f. In gleichem Sinne Pawlowski, Rechtsgeschäftliche Folgen, S. 39 Fn. 3. 241 Über die Möglichkeiten der Fortwirkung des Eigentums im Bereicherungsanspruch, der an die Stelle der Vindikation tritt, vgl. unten 10. Kap. B II. 2 39 240

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4. EinsclU'änkung des Vorrangs der Leistungskondiktion aufgrund des Schutzzwecks der Doppelnichtigkeit

Die Doppelnichtigkeit von Grund- und Erfüllungsgeschäft ist prima facie dazu angetan, eine stärkere Rechtsposition des Veräußerers und eine schwächere Position des Erwerbers, als er sie bei den nur kausalnichtigen Geschäften hat, plausibel zu machen242, da der veräußerte Gegenstand sowohl wirtschaftlich als auch dinglich dem Ausgangsvermögen zugeordnet bleibt. Damit ist er dem Vollstreckungszugriff der Gläubiger des Empfängersam sichersten entzogen. Der Veräußerer hat in der Zwangsvollstreckung und im Konkurs die effektivsten Rechtsbehelfe, Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) und Aussonderungsrecht (§ 43 KO). Die Orientierung an dem Umstand des doppelten Nichtigkeitsurteils birgt jedoch die Gefahr einer allzu emotionalen Wertung in sich; es wird durch sie eine besonders starke gesetzliche Mißbilligung des Geschäfts suggeriert. Der Ausschluß des Vindikationsrecht bei Doppelnichtigkeit würde einen Umbruch in den gewohnten Vorstellungen über Funktion und Anwendungsbereiche der in Frage stehenden zivilrechtliehen Rechtsbehelfe bedeuten. Anhand einer Reihe von Beispielen von Doppelnichtigkeit wegen Fehleridentität:us wird im folgenden untersucht, was es dabei mit der höheren Schutzwürdigkeit des Veräußerersauf sich hat. a) Bei der Nichtigkeit, die infolge Irrtumsanfechtung eintritt (§§ 119, 142 1), gibt das Gesetz mit der Anordnung einer auf das negative Interesse gehenden Schadensersatzpflicht zu Lasten des Anfechtenden (§ 122) klar zu erkennen, daß der Glaube des anderen Vertragspartners an die Wirksamkeit der Willenserklärungen geschützt sein soll. Ficht also der Veräußerer einer Sache alle seine Willenserklärungen wegen Irrtums an, so ist nicht er, sondern der Erwerber als rückgabepflichtiger Anfechtungsgegner der Schutzwürdigere von beiden. In der Rolle des Anfechtungsgegners aber, der in seinem Vertrauen auf die Bestandskraft des Geschäfts zu schützen ist, steht dem Veräußerer mit dem Anspruch auf den Vertrauensschaden schon ein flexibler und hinreichender Rechtsschutz zur Verfügung. b) Bei doppelter Nichtigkeit wegen Dissenses erscheint eine ungleiche Verteilung des Geschäftsrisikos nicht geboten, da die Einigungsmängel, 242 So wird die Diskrepanz in der Pflicht zur Nutzungsherausgabe (oben B IV) als Wertungswiderspruch vor allem im Hinblick auf die "schwereren" Fälle (Fikentscher, § 100 Il), auf die "erhöhte Schutzwürdigkeit" (Larenz, ML, S. 317) bei Unwirksamkeit von Kausal- und Erfüllungsgeschäft empfunden. 243 Die Fehleridentität Grund- und Erfüllungsgeschäft leiden unter demselben Mangel - ist der praktisch wichtigste Grund für die Doppelnichtigkeit; daneben kommen noch die Nichtigkeit wegen "Bedingungszusammenhangs" und "Geschäftseinheit" vor (vgl. Baur, § 5 IV 3).

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d. h . die Divergenz oder Mehrdeutigkeit der abgegebenen Willenserklärungen, beiden Vertragspartnern gleichermaßen zuzurechnen sind244 • c) Fälle einseitig gesteigerter Schutzwürdigkeit eines Vertragspartners dürften jedoch bei der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung und Drohung gegeben sein (§ 123). - Eine Kollisionslösung zwischen Kondiktion und Vindikation erübrigt sich, wenn der Anfechtungsgegner die Anfechtbarkeit kannte, da er dann so behandelt wird, als hätte er die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gekannt(§ 142 li), undinfolgedessen schon nach Bereicherungsrecht im selben Umfang verantwortlich ist wie der Rechtshängigkeitsbesitzer (§§ 819 I, 292). - Eine schärfere als die einfache Kondiktionshaftung dürfte aber auch angemessen sein, wenn der Empfänger die von einem Dritten verübte Täuschung oder Drohung zwar nicht positiv kannte, wohl aber grob fahrlässig nicht kannte und deshalb schon als bösgläubiger Besitzer, aber noch als gutgläubiger Kondiktionsschuldner zu qualifizieren ist. Aus der Einbeziehung der fahrlässigen Unkenntnis in den Tatbestand des § 123 li muß man wohl entnehmen, daß so schwerwiegende Eingriffe in die rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung, wie arglistige Täuschung und Drohung, es rechtfertigen, daß demjenigen, dem sie zuzurechnen sind, eine ungünstigere Position zugewiesen wird als die bei Mißlingen von Leistungsverhältnissen des redlichen Verkehrs für einen Abwicklungspartner im allgemeinen vorgesehene. d) Wichtige Fälle, an denen sich die Lösung zu bewähren hat, sind die der Geschäftsunfähigkeit eines Partners oder der beschränkten Geschäftsfähigkeit des Veräußerers 245 • Eindeutig hat sich das Gesetz für den Schutz dieser Personen vor nachteiligen Folgen ihrer rechtsgeschäftliehen Handlungen entschieden; diesem Zweck werden die Verkehrsinteressen rigoros untergeordnet246 • Der Geschäftsunfähige muß immer den höheren Schutz genießen, sowohl in der Rolle des Veräußerers wie in der des Erwerbers. e) Auch wo Verträge wegen formwidrigen Abschlusses nichtig sind, und die Formvorschrift ausschließlich eine Partei schützen will248", ist die Besserstellung dieser Partei bei der Rückabwicklung angezeigt. 244 Vgl. Flume, AT II, § 34, 5 (S. 626), der deshalb auch zu Recht einen Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo bei Dissens ablehnt. 245 Auf der Erwerberseite erlangt der beschränkt Geschäftsfähige Eigentum, § 107 (Palandt- Danckelmann, § 107 Anm. 2). 246 Enneccerus Nipperdey, § 150 Fn. 5; Larenz, AT, § 12 li (S.147); Dießelhorst, S. 171; RGZ 120, 170 (174). De lege ferenda ist der Umfang des Geschäftsunfähigenschutzes zwar umstritten, de lege lata jedoch in seinen Grundzügen außer Streit; vgl. dazu Nitschke, Die Wirkung von Rechtsscheintatbeständen zu Lasten Geschäftsunfähiger und beschränkt Geschäftsfähiger, JuS 1968, 541, 546 r. Sp. m. Nw. 246 " Zum ganzen Problemkreis und der Fülle der jurisprudentiell ent-

C. Vorschläge und Argumente zur Lösung der Konkurrenz

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f) Für die Nichtigkeitsgründe wegen Gesetzesverstoßes oder Verstoßes gegen die guten Sitten kann generell nichts ausgesagt werden. Richtschnur kann nur der Schutzzweck des konkret verletzten Gesetzes bzw. des auf den Einzelfall konkretisierten Urteils der Sittenwidrigkeit sein. g) Auf den einseitigen Schutz einer Person bzw. die Erhaltung einer Vermögensmasse im Drittinteresse zielen insbesondere aber folgende Vorschriften aus dem ehelichen Güterrecht, dem Vormundschafts- und dem Aktienrecht: Die §§ 1365, 1369, 1423, 1424, 1812, 1821, 1822 Nr. 1 u. 3 und § 57 AktG verbieten - meist mit "Zustimmungsvorbehalt" über eine Sache, Sachgesamtheit oder eine Vermögensmasse zu verfügen und sich zu einer solchen Verfügung zu verpflichten. Rechtsgeschäfte der bezeichneten Art sind ohne die Zustimmung des anderen Ehegatten bzw. des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichtes obligatorisch und dinglich nichtig. -Nach §57 AktG ist jede Rückgewähr von Einlagen absolut unzulässig und deshalb unheilbar nichtig247 • -In der Zugewinngemeinschaft darf ein Ehegatte nicht über sein Vermögen im ganzen und nicht über ihm gehörende Haushaltsgegenstände eigenmächtig verfügen (§§ 1365, 1369). - In der allgemeinen Gütergemeinschaft kann der verwaltende Ehegatte nicht allein über Grundstücke (§ 1424) und das Gesamtgut im ganzen(§ 1423) verfügen. Dem Vormund bzw. den Eltern ist eine Reihe von Geschäften untersagt, die schwerwiegende Folgen für das Mündel- bzw. Kindesvermögen haben können (§§ 1812, 1821, 1822 Nr. 1 u. 3 i. V. m. § 1643). Wie ernst es dem Gesetz mit der Erhaltung der wirtschaftlichen Grundlage der Familie und der Sorge für das Mündel- bzw. Kindesvermögen ist, geht daraus hervor, daß bei den genannten Veräußerungsverboten - abweichend von der allgemeinen Regel(§ 135 II) und sonstigen Veräußerungsverboten (etwa §§ 2113 III, 2211 II) - die entsprechende Anwendung der Vorschriften zugunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, nicht zugelassen ist. Die schon über das Verpflichtungsgeschäft verhängte Nichtigkeit erklärt sich ebenfalls aus der Zwecksetzung der genannten Normen, eine bestimmte Vermögensmasse zu erhalten. Mit einem bloßen Veräußerungsverbot, durch das allein dem dinglichen Geschäft die Wirksamkeit versagt würde, könnte dieser Zweck nicht voll erreicht werden, denn wenn das Grundgeschäft Rechtsgeltung erhielte, würde die zu schützende Vermögensmasse mit der Haftung auf das Erfüllungsinteresse u. U. so schwer belastet, daß dies wirtschaftlich dem Vollzug des Geschäfts gleichkäme248• - Mit gutem Grund darf in wickelten Regeln in Ergänzung und Abänderung des § 125 eingehend Dietrich Reinicke, Rechtsfolgen formwidrig abgeschlossener Vert räge, 1969. 247 Baumbach Hueck, AktG, 13. Aufl. 1968, § 57 Rdnr. 8. 248 Vgl. Gernhuber, Familienrecht, § 35 I 5 (S. 325), § 65 III 7 (S. 733).

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all diesen Fällen eine erhöhte Schutzwürdigkeit des Veräußerervermögens angenommen werden. Es liegt nahe, hier eine kurze Betrachtung einzuschieben über die Rechtslage, die durch verbotswidrige Verfügungen, denen eine wirksame causa zugrunde liegt, entsteht. Die Verfügungsbeschränkungen, die den Gemeinschuldner (§ 6 KO), den Vorerben (§ 2113), den Testamentsvollstrecker (§ 2205) und den Erben bei bestehender Testamentsvollstreckung (§ 2211) binden, ziehen das obligatorische Geschäft nicht in Mitleidenschaft. Bei solchen verbotswidrigen Veräußerungen ist also eine condictio possessionis schon tatbestandlieh nicht gegeben. Wurde eine Sache veräußert, so kann sie nur im Wege der Vindikation in das geschüt:r.te Vermögen zUrückgeholt werden. Damit kommt ein neues Gleichbehandlungsargument in Sicht. Denn man muß sich doch fragen, welcher Grund sich dafür angeben läßt, daß bei nur dinglich wirkenden Verfügungsbeschränkungen, wo schon tatbestandlieh allein die Vindikationsregeln eingreifen, ein geringeres wirtschaftliches Risiko für das Ausgangsvermögen besteht als bei Nichtigkeit von Grund- und Erfüllungsgeschäft, wo nach der neueren Lehre die mit größerem Risiko hinsichtlich der Hauptsache behaftete Leistungskondiktion die Rückabwicklung übernehmen soll. Die Doppelverbote wollen mit der Erstreckung der Nichtigkeit auf das Grundgeschäft das Ausgangsvermögen vor der Belastung mit Schadensersatzansprüchen verschonen. Eine so weitgehende Vorsorge ist jedoch nicht nötig, wenn die Nichterfüllungshaftung nicht der erhaltungsbedürftigen Vermögensmasse (Gesamtgut, Nachlaß, Konkursmasse), sondern einem anderen Vermögen, dem eigenen des Erben, Vorerben, Testamentsvollstreckers oder dem nicht konkursbefangenen Vermögen des Gemeinschuldners zur Last fällt. Damit heißt es aber auch die höhere Gefährdung des herausgabepfl.ichtigen Erwerbers bedenken, der bei einem Doppelverbot wesentlich schlechter gestellt ist als bei einer nur dinglich wirkenden Verfügungsbeschränkung, die das schuldrechtliebe Geschäft unberührt und ihm den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung läßt. Demzufolge verliert jedoch das Argument, das Doppelverbot müsse einen ebenso effektiven Schutz des Ausgangsvermögens erzielen wie das bloße Veräußerungsverbot, einiges von seiner überzeu~ngskraft. Anhand der erwähnten Doppelnichtigkeitsgründe dürfte aber deutlich geworden sein, daß man es nicht durchwegs nur als einen zufälligen Umstand hinstellen kann, ob der Erwerber Eigentümer geworden ist oder nur Besitzer, weil auch das dingliche Geschäft unwirksam ist. Wenn v. Caemmerer249 , ohne die kombinierten Verpflichtungs- und Verfü249

FS f. Boehmer, S. 154 Fn. 42.

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gungsverbote zu beachten, es nur "für die Beziehungen zu Dritten" für wichtig hält, ob Eigentum am Leistungsgegenstand übergegangen ist, so ist ihm zuzugeben, daß mit der Verhinderung der dinglichen Rechtsänderung eine wichtige Voraussetzung für die Rückführung des Leistungsgegenstandes in das Veräußerervermögen geschaffen wird. Sollte aber nicht diesem im Verhältnis zu Dritten verwirklichten Höchstmaß an Restitutionsschutz (Drittwiderspruchsklage und Aussonderungsrecht!) auch ein Maximum an Restitutionsschutz inter partes entsprechen? Daß sich der gesteigerte Erhaltungsschutz in der Außenwirkung zu erschöpfen habe, läßt sich gesetzlich nicht belegen. Zutreffend weist Dießelhorst 250 darauf hin, daß der Gesetzgeber sich z. B. eindeutig für die Nichtigkeit der rechtsgeschäftliehen Erklärungen des Geschäftsunfähigen entschieden, sich aber über die Gestaltung der Rückabwicklung vollzogener Geschäfte keine Gedanken gemacht habe. Die mit einer Kollisionslösung befaßte Rechtsanwendung muß sich daher an den Zweck der Nichtigkeitsgründe halten. Wo das Gesetz offenkundig darauf abzielt, einen Vermögensstand vor Einbußen zu sichern, darf wohl auch der Schluß gezogen werden, daß bei Normenkonkurrenz diejenigen Normen vorzuziehen sind, die dem so hochbewerteten Erhaltungsinteresse am besten dienen. Die Leistungskondiktion erfüllt in unmodifizierter Form diese Aufgabe nicht. Vor allem ihre Anfälligkeit gegenüber dem Wegfall der Bereicherung und die wegen der Voraussetzung positiver Kenntnis sehr strengen und schwer beweisbaren Anforderungen an die verschärfte Haftung deklassieren die Kondiktionen zu Rechtsbehelfen wirtschaftlich minderer Qualität251 • Hinzu kommt, daß auch die sonstigen Eigenheiten der Leistungskondiktion - die Anspruchsausschlußgründe der §§ 814, 815, 817 S. 2 und die Saldotheorie - auf die durch ein erhöhtes Restitutionsinteresse einer Partei geprägten Fallagen nicht passen. Das hat man dort auch längst erkannt; es sei nur daran erinnert, daß man etwa für die Rückforderung des arglistig Getäuschten und des Geschäftsunfähigen Ausnahmen von der Saldotheorie zuläßt, ferner auch an den Vorstoß von Fabricius25!, § 817 S. 2 nicht anzuwenden, wenn der Schutzzweck der Nichtigkeitsnorm vereitelt würde. Offenbar widersinnig wäre es auch, die Rückforderung nach§ 814 zu versagen, weil der Vormund, der Ehegatte oder der Vorstand der Aktiengesellschaft wußte, daß wegen der Nichtigkeit des Geschäfts keine Leistungsverpflichtung bestand. Das E-B-V, das alle diese Schwächen nicht hat, sorgt besser dafür, daß dem Veräußerervermögen das Verlorengegangene wieder zufl.ießt253 • Aber es ist insofern Saldotheorie, S. 171. Fikentscher, § 100 VI und oben B III, V, VI. 252 FabTicius, JZ 1963, 83 ff. 253 Als Vorläufer dieser Bewertung darf wohl die Äußerung von A. Blomeyer, Fortschritte der modernen Schuldrechtsdogmatik, AcP 154, 543 f., an25o 251

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unzulänglich, als es bezüglich der Nutzungen, die im Einzelfall einen beträchtlichen Vermögenswert verkörpern können, keinen zureichenden Ausgleich vorsieht. Die angemessenste Lösung für die Fälle einseitig gesteigerter Erhaltungsinteressen bietet daher die Rückabwicklung nach den §§ 987 ff., ergänzt durch die Vorteile der Leistungskondiktion hinsichtlich Nutzungsersatz und Verzugshaftung. Auch an dieser Stelle erweist sich die neue Theorie der Anspruchsgrundlagenkonkurrenz mit ihren Konsequenzen zur freien Kombinierbarkeit von Rechtsfolgen aus verschiedenen Anspruchsgrundlagen als sehr hilfreich. Es sei noch einmal betont, daß diese Meistbegünstigung des Gläubigers nur dort vertretbar ist, wo der Zweck der Doppelnichtigkeit nach einem zu seinen Gunsten verstärkten Restitutionsschutz verlangt, den die Leistungskondiktion allein nicht gewährleistet. Im allgemeinen und vorwiegend aus Gleichbehandlungsrücksichten stellt aber die Leistungskondiktion den für die Rückabwicklung fehlgeschlagener Leistungsverhältnisse geeigneteren Rechtsbehelf dar, neben dem das E-B-V nicht zum Zuge kommen sollte. Der Zeitpunkt der Grundbucheintragung bestimmt danach nicht mehr über Art und Umfang der Rückabwicklung. Diese Konkurrenzlösung bedeutet aber auch, daß u. U. in gegenseitigen Verträgen Leistung und Gegenleistung nach inhaltlich verschiedenen Normen rückauszutauschen sind. Dafür haben wir zwar eine sachliche Rechtfertigung gefunden. Auszuräumen bleibt aber noch der andere von Flume 15' und Pawlowski255 gegen die Anwendung des E-B-V vorgebrachte Einwand, der sich aus der "Zufälligkeit" der Rechtsfortwirkung der Vindikation in einem Bereicherungsanspruch ergibt. Infolge Veräußerung, Vermischung oder Verbrauch der Sache kann die Rechtslage eintreten, daß trotz anfänglich einseitiger Vindikationsmöglichkeit sich später doch zwei Bereicherungsansprüche gegenüberstehen. Zu Unrecht aber befürchtet Flume hierdurch eine "rückwirkende Haftungsveränderung". Allenfalls ist eine Haftungsveränderung ex nunc mit dem Erlöschen der Vindikation unausweichlich, ihre Rückwirkung ist es jedoch keinesfalls258 • Beim Übergang einer Vindikation in die Kondiktion ist aber auch der Haftungsveränderung ex nunc insoweit schon die Spitze gebrochen, als ein zuvor verantwortlicher Besitzer für die verschuldete Unmöglichkeit der Herausgabe ja auf Schadensersatz haftet. Als eine geringfügige Unebenheit hinzunehmen wäre dann lediglich der Unterschied, der sich daraus ergeben kann, daß der redliche Besitzer, der zum geführt werden: "Es scheint mir übrigens, daß das Gesetz durch Zubilligung der Vindikation in diesen einzelnen Fällen (Geschäftsunfähigkeit, arglistige Täuschung, Wucher) einen Schutz gewährt, der gerade im Bereicherungsrecht nötig ist." · · 254 FS f. Niedermeyer, S. 171. 255 Pawlowski, Rechtsgeschäftliche Folgen, S. 39 Fn. 3. Z56 Siehe u. 10. Kap. B IV.

D. Bei unwirksamen Fremdbesitzverhältnissen

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redlichen Kondiktionsschuldner wird, bezüglich des Surrogats einen höheren Vertrauensschutz genießt als bezüglich der ursprünglich erlangten Sache. Zusammenfassend ist also zu sagen: Die Normenkonkurrenz zwischen E-B-V und Leistungskondiktion auf dem Gebiet der Rückabwicklung von Veräußerungsverträgen wird durch die Regel entschieden, daß die Leistungskondiktion den Vorrang vor der Vindikation einnimmt. Ausnahmen von dieser Regel sind erforderlich, wenn der Nichtigkeitsgrund, der Grund- und Erfüllungsgeschäft erfaßt, einen gesteigerten Erhaltungs- und Restitutionsschutz des Veräußerervermögens bezweckt. Dieser Schutz ist durch die Zuerkennung der vindikatorischen Rechtsstellung, ergänzt durch weitergehende Vorteile des Kondiktionsrechts, zu verwirklichen.

D. Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und Leistungskondiktion bei unwirksamen Fremdbesitzverhältnissen I. Die Vereinfachung des Konkurrenzproblems bei Fremdbesitz

E-B-V und Leistungskondiktion konkurrieren auch für die Abwicklung solcher unwirksamer Fremdbesitzverhältnisse, in denen der Besitzer die Sache unmittelbar durch eine Leistung des Eigentümers erlangt hat. Die Schuldverträge und dinglichen Rechtsverhältnisse, die die Überlassung einer Sache auf Zeit zum Gegenstand haben, lassen sich nach ihrem wirtschaftlichen Zweck in zwei Haupttypen und deren Mischformen untergliedern: - Rechtsverhältnisse auf Überlassung einer Sache zur Nutzung durch den Besitzer (Miete, Pacht, Nießbrauch usw.). - Verträge, die den Besitzer zu einer Tätigkeit verpflichten (Geschäftsbesorgung, Werkvertrag, Verwahrung, Spedition, Frachtgeschäft usw.). - Rechtsverhältnisse, die aus Elementen dieser beiden Typen zusammengesetzt sind. Das die Interessenlage prägende gemeinsame Merkmal des Fremdbesitzes steht einer ungeprüften Übertragung der für die Eigenbesitzverhältnisse erarbeiteten Konkurrenzlösung entgegen. Zwar paßt das E-B-V im allgemeinen auf Fremdbesitzer weniger als auf Eigenbesitzer, trotzdem erscheint der Vorrang der Leistungskondiktion in diesem Bereich der Fremdbesitzverhältnisse zweifelhaft, da auch das Bereicherungsrecht sozusagen auf "Eigenbesitzer", d. h. auf solche Erwerber,

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die das Vollrecht endgültig erworben zu haben glauben, zugeschnitten ist. - Der Umstand des Fremdbesitzes wirkt sich allerdings vereinfachend auf das Konkurrenzproblem aus, denn im Vergleich zur Rechtslage bei den fehlgeschlagenen Veräußerungsverträgen vermindern sich hier die inhaltlichen Abweichungen in der Haftungsausgestaltung: Die Anspruchsausschlußgründe der §§ 814, 815 und 817 S. 2 sind bei der Umkehrung zeitlich begrenzter Besitzüberlassungsverhältnisse dahin anzupassen, daß sie die Rückforderung nicht dauernd, sondern längstens auf die Zeit der Vertragsdauer ausschließen257• Bei ihrer Anwendung auch auf die Vindikation würden daher Eigentum und Besitz nicht dauernd getrennt (s. o. B li). In Fremdbesitzverhältnissen nähern sich auch vindikatorische und kondiktionsrechtliche Schadenshaftung stark an. Wir haben hier zu unterscheiden zwischen solchen Verschlechterungen der Sache, die auf ein "vertragsmäßiges" Verhalten des Besitzers zurückgehen, und solchen, die auch bei Wirksamkeit des Vertrags nicht gerechtfertigt wären. Hinsichtlich der Exzeßfälle gestalten sich die Haftungsfolgen sogar fast gleich258• Denn die Gefahr des Wegfalls der Bereicherung ist hier auf nichtverschuldete Zerstörung oder Verschlechterung der Sache reduziert, m. a. W. es herrscht insoweit die allgemeine Risikoverteilung des "casum sentit dominus" und der Verschuldenshaftung259 ; besondere Haftungsvergünstigungen greifen grundsätzlich nicht ein. Es ist keine Frage, daß der Kondiktionsschuldner sich nicht mit haftungsbefreiender Wirkung auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann, wenn die Sache infolge seines schuldhaften "vertragswidrigen" Verhaltens untergegangen oder beschädigt worden ist. Denn er hat sie nur auf Zeit überlassen erhalten und muß deshalb von vornherein mit der Rückgabe rechnen. Mag er auch fest auf die Wirksamkeit des Rechtsverhältnisses vertrauen, so weiß er doch, daß er es mit einer fremden Sache zu tun hat, die er mehr oder minder pfleglich behandeln muß. Obwohl das Kondiktionsrecht hierfür keine eigene Anspruchsgrundlage enthält, brauchte eine dem Fremdbesitzerexzeß vergleichbare Figur des "Kondiktionsschuldnerexzesses" nicht entwickelt zu werden, da für die Schadenshaftung das Deliktsrecht neben dem Kond.iktionsrecht herangezogen werden kannu0• Eine Sperrklausel nach Art des§ 993 I HS. 2 beinhaltet das Be257 Vgl. hierzu besonders die Wucherrechtsprechung: RGZ (GZS) 161, 53; BGH WM 1963, 836; der Grundsatz wurde auch von BGHZ 41, 343 (Bordellpachtfall) wieder bestätigt. 258 Siehe o. 7 C 11 zur Behandlung des Fremdbesitzerexzesses nach Vindikationsrecht. 259 Nur deliktische Besitzentziehung (§ 848) und Verzug (§ 287) begründen auch die Verantwortlichkeit für Zufall. 260 Von der Rechtsprechung wird das Deliktsrecht ohne Bedenken angewandt, z. B. bei nichtigen Kraftfahrzeugmietverträgen mit Minderjährigen, vgl. OLG Hamm, NJW 1966, 2357 (dazu Pawlowski, JuS 1967, 302) ; BGH NJW

D. Bei unwirksamen Fremdbesitzverhältnissen

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reicherungsrecht ja nicht, und die sachliche Angemessenheit der Deliktshaftung bei Fremdbesitz steht außer Zweifel. Indem es also für die Exzeßhaftung auf die Kenntnis vom Mangel des Rechtsgrundes nicht ankommt, verschwindet insoweit auch die Unstimmigkeit zwischen den Haftungsmaßstäben der verschärften Haftung281 • Diese bleibt jedoch bestehen bezüglich der "vertragsgemäßen" Abnutzung und Verschlechterung der Sache. Man könnte hier aber wohl entsprechend der Abwicklung nichtiger Veräußerungsverträge verfahren und die den Eigentümer besser stellende Vindikationshaftung nur in Fällen seines besonderen Schutzbedürfnisses eingreifen lassen. Das Hauptinteresse an der Frage, welches gesetzliche Schuldverhältnis am besten zur Abwicklung fehlgeschlagener Fremdbesitzverträge geeignet ist, konzentriert sich daher auf die Verteilung der Nutzungen und die Erstattung von Aufwendungen. II. Rechtsverhältnisse auf Nutzungsüberlassung 1. Die Herausgabe der Nutzungen

Die Einbeziehung der Nutzungen in die Rückgabeverpflichtung drängt sich bei unwirksamen Miet-, Pacht- und dergleichen Verträgen geradezu auf, da die Nutzungen hier der eigentliche vom Eigentümer hingegebene Vermögenswert sind, und der Besitzer auch seine Gegenleistungen nur erbracht hat, um die Nutzungsmöglichkeit zu gewinnen. Die im Besitz verkörperte Nutzungsmöglichkeit ist demnach Leistungs- und Bereicherungsgegenstand262. Ob man daher die Nutzungen als Nebenfolgen der Besitzkondiktion (§ 818 I 1. Alt.) oder die Nutzungsmöglichkeit als Gegenstand eines selbständigen Bereicherungsanspruches (§ 812 i. V. mit § 818 I 2. Alt.)263 behandelt, bleibt sich im Hinblick auf den Widerspruch zum E-B-V, das dem gutgläubigen Besitzer die Nutzungen beläßt, gleich. Beide Konstruktionen werfen dieselbe Konkurrenzfrage auf. Das Ergebnis wird durch den wirtschaftlichen Zweck des abwicklungsbedürftigen Rechtsverhältnisses allerdings deutlich vorgezeichnet: die Nutzungen gebühren dem Eigentümer. Können sie nicht in Natur heraus1967, 980; OLG Stuttgart, NJW 1969, 612; vgl. auch Staudinger - Berg, Vorbem. II 4 vor§§ 987-1003. 261 Siehe o. B V. 262 RGZ 161, 56; BGHZ 41, 343: die Leistung bestehe in einer zeitweiligen Gewährung des Pachtgegenstandes. 263 So Wieling, AcP 169, 167: bei unwirksamen Gebrauchsüberlassungsverträgen sei der Wert der Gebrauchsmöglichkeit zu ersetzen; mit der Herausgabe von Nutzungen habe das nichts zu tun. - Zur Nutzungsmöglichkeit als Gegenstand der bereicherungsrechtlichen Vermögensverschiebung eingehend Batsch, Vermögensverschiebung und. Bereicherungsherausgabe in den Fällen unbefugten Gebrauchens bzw. Nutzens von Gegenständen, 1968, bes. S. 109 ff., vgl. auch Pawlowski, JuS 1967, 305 Fn. 25.

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gegeben werden, so besteht ein Geldanspruch, dessen Höhe sich nach den vom Besitzer ersparten Aufwendungen bemißt. Die Sperrklausel des § 993 I 2. HS kann hier keinesfalls Geltung beanspruchen, da sie die Rückabwicklung von Nutzungsüberlassungsverhältnissen, wirtschaftlich betrachtet, zu Lasten des Eigentümers überhaupt abschneiden würde. Soweit die Rechtsprechung noch der Ausschließlichkeitstheorie folgt, behilft sie sich wieder mit der Einordnung des rechtsgrundlosen Besitzerwerbs unter den unentgeltlichen Erwerb i. S. des § 988264 • Die zu den Veräußerungsverträgen angestellten Überlegungen265 sind auch für die Nutzungsüberlassung maßgeblich: Die Anwendung des§ 988 darf jedenfalls nicht an die bloß formale Rechtsgrundlosigkeit des Besitzerwerbs geknüpft werden. Es hätte zumindest eine wirtschaftliche Betrachtungsweise stattzufinden, die danach fragt, ob der Besitzer für die Nutzungsmöglichkeit ein Vermögensopfer erbracht hat. Selbst auf diesem Wege ließe sich aber kein sachgemäßer Ausgleich erzielen, wenn der Eigentümer sich bezüglich der empfangenen Gegenleistung erfolgreich auf den Wegfall seiner Bereicherung berufen kann288 • Ginge der Besitzer in solchen Fällen seiner Gegenleistung verlustig, so könnte ein materiell unentgeltlicher Erwerb nicht angenommen werden. Für den Nutzungsausgleich ist deshalb die unmittelbare Anwendung des Kondiktionsrechts vorzuziehen. Dafür spricht auch, daß der Umfang der Rückgabepflicht nicht davon abhängig sein sollte, ob der Gläubiger der Eigentümer ist oder ob er selbst nur ein Nutzungsrecht (aus Miete, Pacht usw.) an der Sache hatm. 2. Die Erstattung von Aufwendungen

a) In diesem zweiten Bewährungspunkt für die Eignung als Rückabwicklungsregelung versagt das Bereicherungsrecht jedoch. Mit der Erstattung sämtlicher Aufwendungen im Wege des Bereicherungsabzugs wird allenfalls dem Eigenbesitzer ein noch erträgliches Maß an Vertrauensschutz gewährt; in Fremdbesitzverhältnissen ginge man damit eindeutig zu weit. Denn die vertraglichen Bestimmungen sehen regelmäßig nur einen begrenzten Aufwendungsersatz vor. Durch das Vertrauen auf die Rechtswirksamkeit des Vertrages würde es daher nicht gerechtfertigt, daß der Kondiktionsschuldner über§ 818 III wesentlich mehr erstattet erhalten könnte als bei Wirksamkeit des Vertrages288 • 284 BGHZ 10, 357; BGH MDR 1963, 577; vgl. aber den anderen Ton, den BGHZ 44, 243 und BGH NJW 1968, 197 (dazu oben 6. Kap. C Il) anschlagen. 285 Siehe o. B IV. 288 Es kommen hierfür die auch von der Saldotheorie ausgenommeneo Nichtigkeitsgründe in Betracht (Geschäftsunfähigkeit, arglistige Täuschung). 267 So richtig BGHZ 44, 243. Vgl. auch 6. Kap. C II. 268 Vgl. auch Dießelhorst, S. 118.

D. Bei unwirksamen Fremdbesitzverhältnissen

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Bei der Normierung der gesetzlichen Vertragstypen und dinglichen Rechtsverhältnisse war der Gesetzgeber durchwegs auf den Schutz des Eigentümers vor aufgedrängter Bereicherung bedacht. Dementsprechend sind generell Erstattungspflichten nur für notwendige Verwendungen festgesetzt; für den Ersatz auch nützlicher Verwendungen werden meist zusätzlich die Voraussetzungen der (angewandten) Geschäftsführung ohne Auftrag gefordert280 • Die rechtstechnische Durchführung dieses Aufdrängungsschutzes ist allerdings nicht ganz geglückt. Da Verwendungen fast niemals gegenständlich zurückgegeben werden können und die Verweisungen der §§ 547 II (581 II, 601 Il, 450 Il, 1049 I, 1216) über das Geschäftsführungsrecht (§ 684 S. 1) ebenfalls wieder in das Bereicherungsrecht münden, steht man auch bei wirksamen Verträgen häufig vor dem Problem der Abwehr aufgedrängter Bereicherung. Die Aktualität und weitverzweigte Relevanz der Frage, wie unzumutbare Belastungen durch Ausgleichspflichten zu verhüten sind, ist an den zahlreichen neueren, im Schrifttum dazu unterbreiteten Lösungsvorschlägen abzulesen270• Man ist sich darüber einig, daß eine interessengerechte Einschränkung des § 818 III nottut; über die Kriterien der Begrenzung gehen die Meinungen jedoch auseinander. Am häufigsten wird die subjektive Einstellung des Verwenders, eine etwaige Fehlbeurteilung der Sach- und Rechtslage seinerseits zum Maßstab seiner Schutzwürdigkeit erklärt271 • Andere Autoren lehnen dagegen subjektive Kriterien strikt ab und wollen einen Verwendungsanspruch nur geben, wenn der Verwender durch seine Maßnahme dem Eigentümer nach verkehrsüblicher Wirtschaftsplanung erforderliche Auslagen erspart hat272 • Das Problem der aufgedrängten Bereicherung, das an vielen Stellen des BGB auftaucht, kann und braucht hier nicht in seiner ganzen Breite aufgerollt zu werden. Für die Verwendungen eines Besitzers, der aufgrund eines nichtigen Nutzungsverhältnisses den Besitz erlangt hat, erscheint es als das Gegebene, die im Gesetz vorhandenen Maßstäbe der §§ 994 ff. zur Geltung zu bringen, sei es durch die unmittelbare Anwendung der (begrifflich zutreffenden) Tatbestände oder im Wege ihrer Siehe o. 8. Kap. B li. Ausführliche Darlegungen bei Schindler, Die aufgedrängte Bereicherung beim Ersatz von lmpensen, AcP 165, 499; Manfred Wolf, Die aufgedrängte Bereicherung, JZ 1966, 467; Jakobs, Begrenzung des Verwendungsersatzes, AcP 167, 350; Feiler, Aufgedrängte Bereicherung bei den Verwendungen des Mieters und Pächters, 1968. 271 Scheyhing, AcP 157, 389 f. Fn. 68; Schindler, AcP 165, 514; Wolf, JZ 1966, S. 470, 471, 472 (bes. unter V 3); v. Caemmerer, FS f. Rabel, I S. 367; Klauser, NJW 1965, 513; auch die von Feiler, S. 72 ff. gebildeten Fallgruppen lassen sich unter dieses subjektive Merkmal einordnen. 272 Fikentscher, § 99 V 1 b, § 100 VI 4; ähnlich Medicus, § 32 V 2 (S. 346) und 280

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Emmerich, S. 151.

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9. Kap.: E-B-V und Bereicherung "durch Leistung"

richtlinienmäßigen Übertragung in das Bereicherungsrecht, damit sie dort die nötige Einengung des§ 818 III übernehmenm. b) Die Eignung der §§ 994 ff. zur unmodifizierten Anwendung auf Fremdbesitzverhältnisse wird vor allem mit dem Argument angezweifelt, diese Vorschriften seien auf den Eigenbesitzer zugeschnitten274 • Die in Rechtsprechung und Literatur überwiegende Meinung hält es für erforderlich, die§§ 994 ff. an die besonderen Verwendungsbestimmungen des unwirksamen Vertragsverhältnisses anzupassen, weil der unrechtmäßige Besitzer nicht besser gestellt werden dürfe, als er bei Rechtmäßigkeit seines Besitzes gestanden hätte. Er könne deshalb Verwendungsersatz nur unter den Einschränkungen verlangen, die seinem vermeintlichen Besitzrecht entsprächen275 • Diese Lehre bildet für den Bereich der Verwendungen das Gegenstück zur Figur des Fremdbesitzerexzesses im Gebiet der Schadenshaftung. Im Gegensatz aber zur Schadenshaftung enthalten die §§ 994 ff. abgewogene Regelungen, die auch für den Interessenkonflikt zwischen Eigentümer und Fremdbesitzer einen annehmbarenAusgleich herstellen. Der Fremdbesitzer wird nicht dadurch über Gebühr zu Lasten des Eigentümers begünstigt, daß er auch für nützliche Verwendungen gemäß § 996 Ersatz verlangen kann, denn der Eigentümer muß nur für etwas bezahlen, worum er im Zeitpunkt, da er die Sache zurückerhält, effektiv bereichert ist278 • Zutreffend entgegnen Raiser271 und Westermann 218 dem Argument der h. M., es sei ungerechtfertigt, daß der Besitzer mehr erhalte als er in seinem Vertrauen auf die Wirksamkeit des Vertrags erwarten konnte, daß es willkürlich sei, die Verwendungsregelung des unwirksamen Rechtsverhältnisses isoliert anzuwenden, die Pflicht zur Herausna Dafür Emmerich, S. 149 f., 164. - Feiler, S. 47, sieht in § 996 eine verallgemeinerungsfähige Regelung für die Beurteilung aufgedrängter Bereicherung. - Als Ausdruck des Grundgedankens, daß bewußt aufgedrängte Bereicherungen nicht zur Erstattung verpflichten, wird § 996 auch von Schindler, AcP 165, 500, und Wolf, JZ 1966, 468, 470, 473 (V 3) verstanden. 2 74 Wolf! Raiser, § 86 III; Baur, § 11 C IV 2; Erman - Hetermehl, Vorbem. 3 vor§§ 994-1003. 275 Wolf! Raiser, § 86 III; Baur, § 11 C IV; Lent - Schwab, § 45 V 3; Soergel - Mü.hl, vor §§ 994-1003 Rdnr. 5; Erman - Hefermehl, Vorbem. 3 vor§§ 994-1003; Palandt- Degenhart, Vorbem. 1 a vor§§ 994-1003; Imlau, MDR 1957, 263; RGZ 158, 398; BGH LM § 994 Nr. 4 mit zust. Anm. von G. u. D. Reinicke~ MDR 1956, 599; BGH Lll4 § 1001 Nr. 3; BGH BB 1959, 214; w. Nw. bei Kaysers, S. 30. 276 Eine unannehmbare Diskrepanz zu den Rechten des Mieters bei gültigem Mietvertrag, der unter den Voraussetzungen der§§ 812 ff. i. V. m. §§ 547 II 1, 684 S. 1, 951 einen Bereicherungsanspruch hat, ist der Anlage des Gesetzes nach nicht ersichtlich. Sie könnte sich allenfalls durch besondere jurisprudentiell noch zu entwickelnde Grundsätze über den Impensenersatz bei aufgedrängter Bereicherung ergeben. Doch sollten auch insofern die gesetzlichen Maßstäbe den Vorrang vor frei gefundenen Richtlinien haben. 211 Raiser, JZ 1958, 681. 278 Westermann, SachR, § 33 I 3 von der 4. Aufl. an.

D. Bei unwirksamen Fremdbesitzverhältnissen

271

gabe der Nutzungen und sonstige Modalitäten aber nach außervertraglichen Rechtssätzen zu bestimmen. Es ließe sich unschwer zeigen, daß für viele Rechtsverhältnisse eine solche einseitige und punktuelle Berücksichtigung der vertraglichen Ordnung unangemessen ist279 • Sie würde sich besonders störend bei frei ausgehandelten, inhaltlich vom Gesetz abweichenden Verträgen auswirken. Doch auch die gesetzliche Ausgestaltung des jeweiligen Vertragstypus, die für das gültige Rechtsverhältnis eine gerechte Ordnung anstrebt, taugt nicht unmodifiziert zur Entscheidung des Interessenkonflikts bei Unwirksamkeit desselben Rechtsverhältnisses. Das erläutert klar das Beispiel eines langfristigen Mietvertrages über ein Grundstück, in dem ein Verwendungsersatz ausdrücklich ausgeschlossen wurde: Der Mieter errichtet seinen Zwekken entsprechende Gebäude, durchaus in dem Bewußtsein, dafür später keine Ablösung verlangen zu können; doch nach objektiv verständiger Wirtschaftsplanung hätte sich seine Investition bei mehrjähriger Nutzung des Bauwerks rentiert. Seine Rechnung geht nun nicht mehr auf, wenn er wegen der Unwirksamkeit des Mietvertrages bereits nach kurzer Zeit das Grundstück wieder räumen muß. Die Maßgeblichkeit des vertraglichen Verzichts auf Verwendungsersatz ist hier sicher nicht die richtige Lösung. Es ist zuzugeben, daß die Ersatzpflicht für nützliche Verwendungen für den Eigentümer eine hohe finanzielle Belastung und eine empfindliche Störung seiner Dispositionen mit sich bringen kann280 , aber dieses Risiko kann ihm nicht vollständig abgenommen werden, da er es durch die Beteiligung am Rechtsverkehr immerhin mitveranlaßt hat. c) Andere Autoren wollen dagegen über das Maß des durch die

§§ 994 ff. gewährten Besitzerschutzes sogar noch hinausgehen. Feiler 81 meint, die §§ 994 ff. seien für einen solchen redlichen Besitzer zu eng,

der die Voraussetzungen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag erfüllt hat. - Dieses Bedenken ist jedoch leicht zu zerstreuen. Denn wie oben282 dargelegt, kann das E-B-V Ansprüche aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag niemals verdrängen. Das Vorliegen aller objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen (Fremdgeschäftsführungswille!) löst auch die Rechtsfolgen der Geschäftsführung aus. Bedenkenswerter ist schon die mehrfach erhobene Forderung nach einem besseren Schutz der verantwortlichen Besitzer, denen nach dem Wortlaut des § 996 "nur" für notwendige Verwendungen Ersatz zugeVgl. auch Emmerich, S. 155a, 166; Heckscher, S. 80 ff.; Feiler, S. 34 ff., 48. Besonders wenn man Gebäude jeder Art zu den Verwendungen rechnet (zu diesem Problem s. u. 10. Kap. D). 28 1 Aufgedrängte Bereicherung, S. 40. 282 8. Kap. C II. 279

280

272

9. Kap.: E-B-V und Bereicherung "durch Leistung"

sprachen und damit für nützliche Verwendungen jede Erstattung versagt ist283• Daß diese Beschränkung den Prozeßbesitzer zu hart treffe, ist jedoch rundweg abzulehnen. Durch die Klageerhebung ist er gewarnt, er muß sich von da an auf die alsbaldige Herausgabe einstellen. Nicht im gleichen Maße verdient der grobfahrlässig bösgläubige Besitzer dieser Härte. Will man sich aber der klaren gesetzlichen Anordnung des § 996 nicht beugen, so kann man Abhilfe nur mittels einer Überprüfung dieser Regelung am Maßstab der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie suchen. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG ist auch der einfache Gesetzgeber bei der Erfüllung des Auftrags, "Inhalt und Schranken" des Eigentums zu bestimmen (Art. 14 I 2 GG), an den fundamentalen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden284 • Daher können die Rechte selbst des bösgläubigen Verwenders nicht beliebig verkürzt werden. Eine zivilrechtliche "Verwendungsenteignung" ist keineswegs verfassungsrechtlich irrelevant und daher unbeschränkt zulässig. Aber es ist leicht abzusehen, daß die Benachteiligung des bösgläubigen Besitzers, am Verhältnismäßigkeitsprinzip gemessen, sich allgemein doch noch als vertretbar erweisen wird. Das Privatrecht kann nicht dafür Sorge tragen, daß jede kraft Gesetzes eintretende Vermögensverschiebung nach ihrem in Geld ausdrückbaren Wert exakt vergolten wird. Es wäre zu einseitig, dort, wo Vermögensvorteile nicht in Natur zurückerstattet werden können, allein auf deren "objektiven" Geldwert abzustellen. Bei der Interessenahwägung ist auch die Beeinträchtigung der Dispositionsfreiheit des Bereicherten mit in die Waagschale zu werfen. Dieser Aspekt ist nicht nur in bezug auf die Interessen der an einem Vorgang konkret Beteiligten zu bedenken, sondern auch in seiner allgemeinen Tragweite für den Rechtsverkehr zu berücksichtigen. Zugunsten des Allgemeininteresses an Schnelligkeit, Sicherheit und Überschaubarkeit des Rechtsverkehrs muß die Billigkeit nicht selten zurückstehen. Ein Muster bietet hierfür die Zulassung des gutgläubigen Erwerbs vom Nichtberechtigten. Die Verkehrsbedürfnisse geben dort den Ausschlag dafür, daß sich das Interesse des Erwerbers gegenüber dem Erhaltungsinteresse des Altberechtigten durchsetzt285 • Hinsichtlich des Verwendungsersatzes nun soll man nicht fürchten müssen, sich durch die Inverkehrgabe von Sachen unabsehbaren Erstattungsansprüchen auszusetzen. Der neben dem Bereicherungsausgleich mit den §§ 994 ff. verfolgte Zweck- Schutz des Sacheigentümers vor aufgedrängter Be283 Um eine Erweiterung bemühte sich Heck, SachR, § 70, 9 (S. 294); kritisch gegenüber § 996 auch Erman - Peters, 1. Aufl. 1952, § 996 Anm. 1 (a. A. aber Erman- Hefermehl, § 996 Anm. 1, Vorbem. 5 vor§§ 994-1003); Jakobs, S.172 Fn. 65; ders., AcP 167, 352 f. Fn. 7, 362 ff., 370 ff.; Feiler, S. 41 ff. 284 BVerfGE 14, 277 f.; 18, 132; 21, 73; 21, 155; dazu ausführlicher unten bei der Untersuchung des Verwendungsbegriffs 10. Kap. D. 285 Vgl. Wolf!- Raiser, § 68 II 1m. Nw.

D. Bei unwirksamen Fremdbesitzverhältnissen

273

reicherung - muß daher als legitim gelten. Somit bleibt noch die Frage der Angemessenheit des angewandten Mittels: Zur Abwehr wissentlich aufgedrängter Bereicherung wird man das Mittel der "entschädigungslosen Enteignung" hinsichtlich nicht-notwendiger Verwendungen unbedenklich für erforderlich halten. Das zulässige Maß an Aufdrängungsschutz dürfte aber auch insoweit noch nicht überschritten sein, als dem grobfahrlässig unredlichen Besitzer die Erstattung nicht-notwendiger Verwendungen versagt wird. Es steht mit den allgemeinen Haftungsmaßstäben des Zivilrechts in Einklang, daß derjenige, der die verkehrsüblichen Sorgfaltspflichten gröblich außer acht läßt, fremde Schäden wiedergutzumachen und Einbußen an eigenen Gütern hinzunehmen hat. Die Benachteiligung des grobfahrlässig bösgläubigen Besitzers ist vor allem auch deshalb geboten, weil der Beweis der positiven Kenntnis vom Mangel des Besitzrechts nur äußerst schwer zu führen ist, so daß praktisch nur durch eine Vorverlegung der Verteidigungslinie ein effektiver Aufdrängungsschutz des Eigentümers gewährleistet werden kann. - Eine Unstimmigkeit im inneren System der zivilrechtliehen Bereicherungshaftungt86 könnte sich mit der wortlautgemäßen Anwendung des § 996 allerdings dann einschleichen, wenn aus dem derzeitigen Meinungsstreit um die allgemeine Behandlung der aufgedrängten Bereicherung schließlich der Grundsatz hervorginge, daß alle Verwendungen zu erstatten sind, die sich der Eigentümer irgendwie zunutze macht. In dem Kriterium des Zunutzemachens manifestiert sich allerdings nun wieder deutlich eine rechtsethische Bewertung, über die sich zwar die 2. Kommission seinerzeit bei Einführung des § 996 ohne Kopfzerbrechen hinwegsetzte, die aber trotzdem auf einem kleinen, hier wichtigen Teilgebiet unabhängig vom allgemeinen Durchbruch des Verwertungskriteriums in der Aufdrängungsproblematik, schon jetzt zur Geltung gebracht werden sollte. Die Befürchtung der 2. Kommission, man liefere den Eigentümer mit der Gewährung eines Anspruches auf Ersatz nützlicher Verwendungen der Willkür des bösgläubigen Besitzers aus (Prot., Mugdan, III, S. 681), ist offensichtlich unbegründet, wenn der Eigentümer vom Besitzer seinerseits Nutzungen herausverlangt, die entweder überhaupt nicht oder nicht in dem tatsächlichen Umfang ohne die Vornahme der nützlichen Verwendungen hätten gezogen werden können. Denn von einer "aufgedrängten" Bereicherung kann hier nicht die Rede sein. Wir haben gesehen, daß man sogar bei der angemaßten Eigengeschäftsführung (§ 687 II; s. o. 8. Kap. C IV), also dem wissentlichen Eingriff in einen 286 Hier verstanden im weitesten Sinn, als Zusammenfassung aller Anspruchsnormen, die die Abschöpfung von Vermögensvorteilen zum Gegenstand haben, ohne an subjektive Zurechnungsvoraussetzungen anzuknüpfen (vgl. auch Canaris, Systemdenken, S. 48).

18 Köbl

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9. Kap.: E-B-V und Bereicherung "durch Leistung"

fremden Rechtskreis, dem wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Vorteilserlangung und dem dafür gemachten Aufwand Rechnung trägt. In der Tat kann man diese Beziehung auch im E-B-V nicht etwa aufgrund des Übergewichts der Eigentümerinteressen zerreißen; nur unter Heranziehung des Gesichtspunkts der Privatstrafe könnte man das zu legitimieren versuchen. Aber dieser vom BGB schon im allgemeinen "verpönte" Zweck hält im Hinblick auf die vorliegende Interessenkonstellation erst recht nicht vor dem Verhältnismäßigkeitsprinzip stand (s. auch u. 10. Kap. D III 2). Die Ausschlußwirkung des § 996 muß daher auf das verfassungskonforme Maß reduziert werden. Das würde etwa für den in BGHZ 39, 196 entschiedenen Enttrümmerungsfall heißen: Der Eigentümer kann selbst für die eigenmächtige Benutzung seines Grundstücks als Lagerplatz insoweit keinen Ersatz verlangen, als die Benutzung ohne die Enttrümmerung nicht möglich gewesen wäre. Eine weitergehende und selbständige Pflicht zum Ersatz nützlicher Verwendungen hat der Eigentümer gegenüber dem bösgläubigen Besitzer jedoch (vorerst) nicht. Dieser bekommt also durchaus nicht seine gesamten Unkosten wieder herein, sondern nur den auf die Nutzungsgewinnung entfallenden Anteil. Eine solche Lösung des Interessenkonfliktes erscheint auch mit Rücksicht auf die Rechtssicherheit tragbar, denn die Wertrelation von Nutzziehung und Verwendungsaufwand hängt nicht von ungewissen, zukünftigen Dispositionen des Eigentümers über die Verwertung seiner Sache ab, sondern ist im Zeitpunkt des Herausgabeurteils voll überschaubar.

111. E-B-V und Leistungskondiktion bei fehlgeschlagenen Verträgen über geschuldete Tätigkeiten Diese zweite Gruppe von Fremdbesitzverhältnissen ist dadurch gekennzeichnet, daß der Fremdbesitzer die Sache nicht zu dem Zweck innehat, sie gemäß seinem Interesse und Wirtschaftsplan zu nutzen, sondern um an ihr oder mit ihr irgendwelche Tätigkeiten vorzunehmen, zu denen er sich vertraglich dem Eigentümer gegenüber verpflichtet hat. Zu diesem Vertragstypus gehören Auftrag, Verwahrung, Werkvertrag, Geschäftsbesorgungs- und Treuhandverträge287 aller Art, sowie die handelsrechtliehen Vertragstypen des Kommissions-, Speditions-, Frachtund Lagergeschäfts. Der fundamentale Unterschied solcher Rechtsverhältnisse sowohl zu den Veräußerungs- wie auch zu den Nutzungsüberlassungsverträgen ist offenbar. Der Besitz des Herausgabepflichtigen stellt hier entweder nur eine nebensächliche, oft sogar zufällige Begleiterscheinung anderer 287 Zur Typologie der Geschäftsbesorgungsverhältnisse Isele, Geschäftsbesorgung, 1935.

D. Bei unwirksamen Fremdbesitzverhältnissen

275

Geschäftsbesorgungen dar oder aber die Innehabung der Sache bildet den hauptsächlichen Geschäftszweck und dem Besitzer ist dafür eine Gegenleistung versprochen. Bei den Nutzungsverhältnissen entrichtet der Besitzer ein Entgelt für die Überlassung der Sache; dagegen stellt eine Nutzziehung des Besitzers bei diesem zweiten Vertragstypus mit Fremdbesitz regelmäßig einen rechtswidrigen Eingriff in den Zuweisungsgehalt des Eigentums dar, der auch durch die Wirksamkeit des Vertrages nicht gerechtfertigt würde. Für die Rückabwicklung dieser Rechtsverhältnisse stellt sich vor allem die Frage, in welchem Umfang der Herausgabepflichtige Ersatz für seine Aufwendungen verlangen kann. Die Untauglichkeit des E-B-V zur Beantwortung dieser Ausgleichsfrage liegt auf der Hand. Fehlgeschlagene Verträge über geschuldete Tätigkeiten werden zwar durch die wirtschaftlich und sozial farblosen Begriffe "Eigentum" und "Besitz" noch in den begrifflichen Bereich des E-B-V mit einbezogen, sind aber dem teleologischen Kern des Regelungsbereichesdes E-B-V allzu weit entrückt. Viele Tätigkeiten, die der Besitzer als Vertragsleistung erbringt, wie etwa Obhut, Beförderung, Lagerhaltung, Spedition und Fracht, erfaßt das E-B-V tatbestandlieh überhaupt nicht. Infolge solcher Tätigkeiten kann der Eigentümer jedoch einen vermögenswerten Vorteil in Gestalt anderweitig ersparter Aufwendungen erlangt haben, den der Leistende bei Unwirksamkeit des Vertrages kondizieren können muß.- Der Umstand des Besitzes ist für die Aufwendungen, die jemand etwa im Zuge einer Geschäftsbesorgung macht, nicht kausal. Es darf daher auch der Aufwendungsersatz nicht vom Besitz abhängen. Selbst wenn Gegenstand des Vertrages die Vornahme einer Verwendung i. S. der §§ 994 ff. ist, wie etwa bei einem Werkvertrag, der über die Reparatur einer Sache abgeschlossen wird, bieten die §§ 994 ff. keine angemessene Rückabwicklungsordnung. Es ist nämlich nicht einsichtig, weshalb derjenige Werkunternehmer, der Besitzer geworden ist, an die nach Anspruchsvoraussetzungen, Umfang und Durchsetzung limitierte Verwendungsersatzregelung der §§ 994 bis 1003 gebunden sein sollte, wogegen der nichtbesitzende Werkunternehmer bei Unwirksamkeit des Vertrages ohne derartige Beschränkungen die dem Besteller durch seine Werkleistung zugeflossene Bereicherung kondizieren kann. Beide wurden gleichermaßen in der Absicht tätig, eine Vertragspflicht zu erfüllen, also eine Leistung zu erbringen. Auch der besitzende Werkunternehmer nimmt die Verwendung nicht zu dem Zweck vor, die Sache für sich selbst besser nutzen zu können. Für solche Verhältnisse paßt auch das Wegnahmerecht des § 997 nicht. Sehr prägnant hat Wolf88 die Unterschiedlichkeit der Finalität des für eigene Zwecke verwendenden und des leistenden, also fremdes Ver288

18.

AcP 166, 209 f., 223 ff.

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9. Kap.: E-B-V und Bereicherung "durch Leistung"

mögen mehren wollenden Besitzers als Abgrenzungskriterium zwischen Leistungskondiktion und vindikatorischem Verwendungsersatz herausgearbeitet. Bedenklich ist die Argumentation von Wolf aber insofern, als er den Begriffen "Leistung" und "Verwendung" gegenseitige Ausschließlichkeit beilegt, so daß hierdurch die beiden Rechtsverhältnisse schon begrifflich-tatbestandsmäßig voneinander geschieden werden. Gegen die begrifflich scharfe Trennung sprechen einmal die denkbaren Mischformen (unten IV) 289 , zum anderen aber, daß das vom Zweipersonenverhältnis abstrahierte Begriffspaar die Ausgleichsordnung der Mehrpersonenverhältnisse290 präjudiziert, obgleich deren verwickeltere Interessenstrukturen mit der klassifikatorischen Entgegensetzung von "Leistung" und "Verwendung" wohl nicht einmal abbreviativ richtig gekennzeichnet werden. Man sollte es daher auch bei Verträgen über geschuldete Tätigkeiten im Zweipersonenverhältnis mit der begrifflichen Abgrenzung der Tatbestände von Leistungskondiktion und E-B-V nicht allzu genau nehmen. Es gibt genügend sachliche Gesichtspunkte, mit denen der konkurrenzmäßige Ausschluß des E-B-V hier überzeugend zu begründen ist291 . Damit fällt die Abwicklungsfunktion jedoch nicht notwendig allein der Kondiktion zu; neben ihr kommt noch die Geschäftsführung ohne Auftrag in Betracht. In der Rechtsprechung hat sich die Übung gebildet, zur Abwicklung von Rechtsverhältnissen der hier fraglichen Art, insbesondere Geschäftsbesorgungsverträgen, die Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag in unmittelbarer Anwendung heranzuziehen292 . Den hiergegen vorgebrachten Einwänden293 , daß eine Geschäftsführung nicht angenommen werden könne, wenn sich der Geschäftsführer zur Leistung für verpflichtet gehalten habe, entgegnet der BGH, daß diese Einschränkung weder im Wortlaut noch im Sinn der §§ 677 ff. eine hinreichende Stütze finde. - Die Abgrenzung von Bereicherungs- und Geschäftsführungsrecht ist nicht Aufgabe dieser Arbeit. In aller Kürze sind jedoch gegen den nur begrifflich abgesicherten Rückgriff auf die Grundsätze 28" Auch Medicus, § 32 V 1 a a. E. sieht keine tragfähige Begründung dafür, daß eine "Leistung" nicht zugleich eine "Verwendung" sein kann. 290 So kommt Wolf, AcP 166, 223, zur Ablehnung eines Verwendungsersatzanspruches des Werkunternehmers, wenn der vertragsfremde Eigentümer die Sache bei ihm vindiziert; dazu unten 11. Kap. C II 2. nt Für den Vorrang der Leistungskondiktion zur Erstattung von Verwendungen, die als Leistungen erbracht wurden, sprechen sich aus: StaudingerBerg, § 994 Anm. 2 (S. 805); Esser, SchR2, §§ 188, 3 c, bb a. E. (S. 774); 195, 5 (S. 808); ders., SehR BT3 , ohne Stellungnahme; Schindler, AcP 165, 517; Fikentscher, §105 IV 1 b (S.388f.); Dimopoulos- Vosikis, S.199, 286ff.; Emmerich, S. 149, 153, 166 f.; Gräber, S. 166 f.; Feiler, S. 37, 56, 91 u. 93; RGZ 147, 396. 292 RGZ 98, 134; BGHZ 37, 262; 39, 90; BGH BB 1968, 147; Esser, SehR BT, § 98 IV 1 b (S. 319). 293 Palandt - Thomas, § 677 Anm. 3; RGRK - Denecke, § 677 Anm. 3, §686 Anm.2.

D. Bei unwirksamen Fremdbesitzverhältnissen

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der GoA für die Rückabwicklung nichtiger Geschäftsbesorgungsverträge Bedenken anzumelden294 : Das Geschäftsführungsrecht gibt einen Aufwendungsersatzanspruch grundsätzlich nur bei einer berechtigten Geschäftsführung, einer Geschäftsführung also, die dem Willen und Interesse des Geschäftsherrn entspricht, denn ungebetene Einmischung in fremde Angelegenheiten soll hintangehalten werden. Wesentlich anders ist dagegen die Interessenlage beim nichtigen Vertrag: Der Handelnde hat sich dort nicht eigenmächtig in den fremden Rechtskreis eingemischt, sondern der Geschäftsherr hat die Geschäftsführung von sich aus mitveranlaßt, sei es auch in rechtsgeschäftlich unwirksamer Weise. Dem Leistenden darf daher auch nicht allein das Risiko aufgebürdet werden, daß seine Tätigkeit den subjektiven Anspruchsvoraussetzungen der GoA - Wille und Interesse - entspricht. Unabhängig von diesen Momenten muß das Vorliegen einer objektiven Bereicherung im Vermögen des "Geschäftsherrn" einen Bereicherungsanspruch begründen. Vor der Heranziehung der Regeln der GoA auf die Abwicklung nichtiger Verträge ist daher nicht nur auf die Eigenschaft der fraglichen Tätigkeit als "Geschäftsbesorgung" zu sehen, sondern es ist vor allem auch die Vertrauenslage sorgfältig zu prüfen. IV. Mischformen mit Elementen der Nutzungsüberlassungsverträge und der Verträge über geschuldete Tätigkeiten Es ist eine in der Praxis nicht seltene Vertragsgestaltung, daß ein Rechtsverhältnis sowohl Elemente der Nutzungsüberlassungen wie der Verträge über geschuldete Tätigkeiten in sich vereinigt. Es werden z. B. häufig langfristige Pachtverträge über ein Grundstück geschlossen, in denen auch Abreden über Pflichten des Pächters getroffen werden, zerstörte Gebäude und Anlagen wieder aufzubauen295 oder dgl. neu zu errichten. Oft werden auch Ablösungsrechte und -pfiichten bezüglich der vom Pächter erstellten Einrichtungen ausbedungen. Bei Unwirksamkeit solcher Verträge stellt sich die Frage, ob die vertragsgerechten Maßnahmen des Besitzers als "Leistungen" nach Kondiktionsrecht (s.o. III) oder als "Verwendungen" nach Vindikationsgrundsätzen (s. o. II) zu beurteilen sind. Auf den Umstand, daß der Besitzer zum Gebrauch berechtigt sein soll, kann es sicher allein nicht ankommen; dadurch werden echte Leistungen seinerseits an den Eigentümer nicht ausgeschlossenu6 • Die Privilegierung 294 Kritisch auch Erman Hauß, vor § 677 Anm. 2 d, und Gursky, Die Ausweitung des Anwendungsbereichs der GoA in der neueren Rechtsprechung, JurA 1969, 106. 295 Vgl. die Sachverhalte in BGHZ 41, 157 (Bordellpachtfall), BGHZ 10, 171. 2 ~ 6 So auch Wolf, AcP 166, 206 mit dem Beispiel: der Ei~entümer vermietet

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9. Kap.: E-B-V und Bereicherung "durch Leistung"

gegenüber der vindikatorischen Verwendungsersatzr egelung, die dem Verwender die Leistungsbeziehung verschafft, darf jedoch nur eingreifen, wenn die Maßnahmen des Verwenders auch wirklich denAnforderungen einer Leistung i. S. des § 812 genügen287 • Man wird zur Unterscheidung der Leistungen von "eigennützigen" Verwendungen also fordern müssen, daß der Besitzer die Maßnahmen bewußt zum Zwecke der Erfüllung einer rechtsgeschäftliehen oder gesetzlichen Verbindlichkeit vorgenommen hat298• Dafür genügt es nicht, daß es dem Besitzer gemäß den Parteivereinbarungen lediglich gestattet sein sollte, für seine Zwecke und nach seinem Gutdünken Einrichtungen zu erstellen, wenn sich der Eigentümer aber im übrigen darum nicht weiter kümmern wollte. Die Rückabwicklung nach Leistungskondiktion srecht setzt ein gesteigertes Maß an Veranlassung seitens des Bereicherten voraus. Dieses Maß ist wohl erreicht, wenn der Verwender in der irrigen Annahme tätig wird, der Eigentümer habe einen klagbaren Anspruch auf die betreffende Maßnahme, so daß er Gefahr laufe, sich wegen Nichterfüllung schadensersatzpflicht ig zu machen. Angesichts der Mannigfaltigkeit der möglichen Vertragsgestaltunge n ist die Grenzziehung sehr problematisch. W eieher Gruppe soll man etwa jene Fälle zuordnen, in denen dem Verwender die Zahlung einer beträchtlichen Ablösungssumme nach Vertragsablauf in Aussicht gestellt worden ist? Mit der Verwendung erfüllt der Besitzer dann zwar keine echte Verbindlichkeit, er vertraut aber doch darauf, daß ihm sein Vermögensaufwand später vergolten wird. Doch dürfte diese Bewußtseinslage für die Leistungskondiktion noch nicht ausreichen, denn auch der Besitzer, der nicht mit einer Ablösungssumme rechnen kann, mag sich bei einer langfristigen Abmachung auf die Rentabilität seiner Investitionen eingestellt haben299 • Um zu befriedigenden Lösungen zu gelangen, wird man auf die Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls nicht verzichten können. Von Bedeutung kann auch hier wieder der oben (II) erwähnte Bereicherungsanspruch werden, der nur die Ausgabenersparnis bzw. die Nutzbarmachung einer Verwendung seitens des Eigentümers voraussetzt. Das Versprechen einer Ablösungssumme ist unter diesem Blickpunkt dann ein gutes Indiz für die eigene Wirtschaftsplanung des Eigentümers. Das letzte Wort kann auch hier nur gesprochen werden, wenn für die Behandlung aufgedrängter Bereicherung festere Kriterien gefunden sind. sein neuerbautes Haus an einen Malermeister, der verpflichtet sein soll, die erforderlichen Maler- und Verputzarbeiten durchzuführen. 297 Zum Leistungsbegriff vgl. oben A III. 298 Schindler, AcP 165, 517 f., und wohl auch Feiler, S. 93, stellen weniger strenge Anforderungen an das Vorliegen einer Leistung. 299 Zu dem überwiegend anerkannten Bereicherungsausgleic h bei v orzeitiger Beendi gung eines wirksamen Vertragsverhältnisses vgl. Feiler, S. 77/78 fn. 24 u. 25 m. Nw.

Zehntes Kapitel

Eigentümer-Besitzer-Verhäl tnis und ungerechtfertigte Bereicherung "in sonstiger Weise" Auf dem Boden der klaren und bewährten Trennung von Leistungsund Nichtleistungskondiktionen tut man sich nicht allzu schwer, das Verhältnis der Nichtleistungskondiktionen zum E-B-V zu ermitteln. In den Grundzügen war dieses Verhältnis auch nie ernstlich strittig; lediglich um Einzelfragen sind Kontroversen entstanden. Schon ohne tieferes Eindringen erscheint die Nichtleistungskondiktion als eine nachgeordnete, ergänzende Anspruchsgrundlage, die zur Abschöpfung von objektiv unrechtmäßigen Vermögensvorteilen dient, wo spezifischere Zurechnungs- und Ausgleichskriterien fehlen.

A. Tatbestandlimes Zusammentreffen Die Vindikation und ihre Nebenfolgen können mit der Kondiktion wegen Bereicherung "in sonstiger Weise" tatbestandlieh immer dann zusammentreffen, wenn Eigentümer und Besitzer auf andere Weise als durch eine Leistung den Besitz verloren bzw. erworben haben. Zweipersonenbeziehungen, in denen weder ein Leistungsverhältnis oder eine auftraglose Geschäftsführung Eigentümer und Besitzer miteinander verbindet noch der Besitzer durch einen deliktischen Eingriff die Sache an sich gebracht hat, sind recht entlegen. Zu denken ist an Fälle der schuldlosen verbotenen Eigenmacht, die der Besitzer etwa aufgrund einer Verwechslung der fremden Sache mit einer eigenen oder eines Irrtums über die Herrenlosigkeit der fremden Sache begangen hat. Zweipersonenverhältnisse spielen hier keine große Rolle. Es sind Mehrpersonenbeziehungen, bei denen typischerweise E-B-V und Nichtleistungskondiktion miteinander konkurrieren. Der ausführlichen Erörterung der Mehrpersonenverhältnisse im Schlußkapitel braucht jedoch nur hinsichtlich derjenigen Konstellation vorgegriffen zu werden, die sehr maßgeblich die Schaffung und Ausgestaltung des E-B-V veranlaßte: der "Erwerb" einer abhanden gekommenen Sache vom Ni