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German Pages 528 Year 2000
BERTRAM EBERT
Die Geschäftsanmaßung
Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 232
Die Geschäftsanmaßung Zur Funktion des § 687 Abs. 2 BOB im privatrechtlichen Anspruchssystem
Von Bertram Ebert
Duncker & Humblot . Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Ebert, Bertram: Die Geschäftsanmaßung : zur Funktion des § 687 Abs. 2 BGB im privatrechtlichen Anspruchssystem I von Bertram Ebert. Berlin : Duncker und Humblot, 2000 (Schriften zum Bürgerlichen Recht; Bd. 232) ISBN 3-428-09699-1
Alle Rechte vorbehalten
© 2000 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-09699-1 Gedruckt auf aIterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 97068
Geleitwort Wer sich mit Ansprüchen aus gesetzlichen Schuldverhältnissen befaßt, wird bei näherem Zusehen auch der Frage begegnen, wie die sogenannte Geschäftsanmaßung (unerlaubte Eigengeschäftsfiihrung) im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB systematisch einzuordnen ist. Handelt es sich letztlich um den besonderen Tatbestand einer ungerechtfertigten Bereicherung ("Eingriffskondiktion") nach § 812 Abs. 1 S. 1,2. Alt. BGB oder um den spezifischen Tatbestand einer unerlaubten Handlung (§§ 823 ff. BGB)? Oder ist eine eigenständige Regelung gegeben, die - entsprechend ihrem gesetzlichen Standort - eher der Geschäftsfiihrung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) zuzuordnen ist? Die Antworten sind nicht nur von rechtssystematischem Interesse, sondern wirken sich unmittelbar auf die Auslegung der Tatbestandsmerkmale und damit auf die Reichweite dieser Regelung in der Praxis aus, z. B. beim Schutz absoluter oder relativer Rechte und hinsichtlich der Rechtsfolgen bei Maßnahmen unlauteren Wettbewerbs. Der Verfasser hat sich zu den Grundlagen und den unterschiedlichen Anwendungsgebieten aller mit § 687 Abs. 2 BGB zusammenhängenden Probleme unter umfassender Aufarbeitung von Rechtsprechung und Literatur angenommen. Mit außerordentlicher Gründlichkeit sind auch die dogmengeschichtlichen Einsichten berücksichtigt worden. Das hohe Argumentationsniveau und die vom Verfasser erzielten Erkenntnisfortschritte vermitteln der Untersuchung durchaus den Rang einer meines Erachtens habilitationswürdigen Leistung. Dennoch habe ich befiirwortet, die Ergebnisse schon jetzt dem allgemeinen Zugang nicht länger vorzuenthalten. Die Untersuchung sollte als grundlegendes Werk die ihr gebührende Beachtung in Wissenschaft und Praxis fmden.
Mainz, im Juli 1999
Walther Hadding
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von Professor Dr. Hadding, Mainz, angeregt und betreut. Dafilr möchte ich ihm an dieser Stelle herzlich danken. Dem Verlag Duncker & Humblot danke ich rur die Aufnahme der Arbeit in die "Schriften zum Bürgerlichen Recht". Die Arbeit wurde im wesentlichen im April 1998 fertiggestellt. Später veröffentlichte Rechtsprechung und Literatur konnte noch bis Ende 1998 berücksichtigt werden.
Heidelberg, im Juli 1999
Bertram Ebert
Inhaltsübersicht
Einleitung. ... ... ....... ..... ..... .... ....... ............. ............. .... ................. ....... .......... .... ...........
25
I. Klärung der Terminologie................................................................................
25
11. Die Entstehungsgeschichte des § 687 Abs. 2 BGB ............. ....... ...... ......... ... ....
27
III. Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB in der Rechtspraxis ....... ...... ... ........ .....
34
1. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB .......................................................
41
I. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB.............................................
41
11. Der subjektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB ........................................... 152 2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB .......... ............. ............. ....... .......... 175 I. Grundgedanken der Rechtsfolgenregelung ...................................................... 175 11. Die Geltendmachung der Ansprüche durch den Geschäftsherrn ...................... 182 1II. Der Herausgabeanspruch .................................................................................. 184 IV. Die Verweisung des § 687 Abs. 2 S. 1 BGB auf § 677 BGB ........................... 236 V. Der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch ............................................. 245 VI. Das Verhältnis der Ansprüche des Geschäftsherrn zueinander ........................ 247 VII. Der Gegenanspruch des Geschäftsfiihrers ......... ............................................... 250 3. Teil: Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem ..................... 290 I. Überblick über die konkurrierenden Ansprüche........ .................. .................... 290 11. Das Verhältnis der Haftung aus § 687 Abs.2 BGB zur Bereicherungshaftung .................................................................................................................. 291 1II. Das Verhältnis der Haftung aus § 687 Abs. 2 BGB zur dritten Schadensberechnungsmethode ................................................... :....................................... 328
10
Inhaltsübersicht
IV. Zusammenfassende Bewertung der Bedeutung des § 687 Abs.2 BGB im Anspruchssystem.............. ........ ............................ .................... ........................ 362
4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB ......................................... 364 I. Die Verletzung von Rechten im Sinne des § 823 Abs. I BGB ........................ 364
11. Die Verletzung von Wettbewerbsnormen ........................................................ 396 III. Die Verletzung relativer Rechte .............. ...... ............ ....................................... 427
Zusammenfassung ....... ....... ....... ........ .................................................... ...... .... ......... 496 Literaturverzeichnis ........................................... ........................ ........................ ...... 501 Sachregister ...... ............. ............. .... ........... ............ .... ........ .... ............ ................... ...... 523
Inhaltsverzeichnis
Einleitung I. Klärung der Terminologie................................................................................
25
II. Die Entstehungsgeschichte des § 687 Abs. 2 BGB... ...... .......... ...... .... ...... .......
27
III. Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB in der Rechtspraxis ...... .... ...... ........ .....
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J. Teil
Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB I. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB.............................................
41
I. Überblick über die Versuche einer Definition des fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB ... .......... ...... .......... ....... .......... ...... .... ............. 41 2. Der Begriff des fremden Geschäfts im System der Geschäftsführungsverhältnisse ................ ......... ..................... ...... .... ............... ...... ...... ............. 46 a) Die Diskussion um einen einheitlichen Begriff des fremden Geschäfts im System der Geschäftsführungsverhältnisse.. .......... ............. 46 b) Das Verhältnis des fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs.2 BGB zum fremden Geschäft bei der Geschäftsführung ohne Auftrag. 50 c) Das Verhältnis des fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs.2 BGB zum fremden Geschäft bei der auf Bestellung beruhenden Geschäftsbesorgung ................................................................................. 64 3. Die Rechtswidrigkeit als Merkmal der Führung eines fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB ................................................................ 67 4. Das Postulat der Abschöpfung rechtswidrig erzielter Gewinne.................
68
5. Die Zuweisung des rechtswidrig erzielten Gewinns an den in qualifizierter Weise durch die Rechtsverletzung Betroffenen ..................... .......... ..... 73
12
Inhaltsverzeichnis 6. Die abstrakte Betrachtungsweise bei der Bestimmung des fremden Geschäfts ........................................................................................................ 79 7. Das Handeln an Stelle des Geschäftshenn als Kennzeichen der Führung fremder Geschäfte...................................................................................... 83 8. Die Verletzung von Zustimmungsvorbehalten und bloßen Unterlassungsansprüchen .... ........... ........................... ..... ........... ...................... ........ 88 9. Die Geschäftsftihrung als tatsächlicher Lebensvorgang.............................
95
10. Die Problematik der Kombinationseingriffe .............................................. 101 a) Die Bestimmung des Geschäftshenn bei Berechtigungen mehrerer am Geschäftsftihrungsgegenstand........................................................ 101 b) Das Verteilungsproblem bei einer unbestimmbaren Anzahl potentieller Geschäftsherren .............................................................................. 106 11. Die Frage der Übertragbarkeit delikts- und bereicherungsrechtlicher Kriterien auf den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB ................................. 108 a) Das Verhältnis des objektiven Tatbestands des § 687 Abs. 2 BGB zu denen des Deliktsrechts ....................................................................... 108 b) Das Verhältnis des objektiven Tatbestands des § 687 Abs.2 BGB zum Tatbestand der Eingriffskondiktion ............................................. 112 12. Die Verletzung subjektiver Rechte und objektivrechtlich geschützter Interessen ....................................................................................................... 128 a) Die Definition der Führung fremder Geschäfte als Ausübung fremder subjektiver Rechte ......................................................................... 128 b) Der Gesichtspunkt des Schutzzwecks der verletzten Norm ................. 135 c) Der Gesichtspunkt des Institutionenschutzes ....................................... 138 13. Diskussion weiterer Voraussetzungen der Führung eines fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB .................. .............. ........ ............ 139 a) Der Einfluß tatsächlicher Umstände auf das Tatbestandsmerkmal des fremden Geschäfts ............................................................................... 139 b) Die Geschäftsftihrung mit fremdem Geld und anderen austauschbaren Rechtsgütern .................................................................................. 145 c) Das Erfordernis eines äußerlich als fremd in Erscheinung tretenden Geschäfts............................................................................................. 148 11. Der subjektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB ........................................... 152 1. Der Eigengeschäftsftihrungswille .................... .................................. ........ 152
Inhaltsverzeichnis
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a) Allgemeine Voraussetzungen der Behandlung eines Geschäfts "als eigenes" ............................................................................................... 152 b) Die Funktion des Eigengeschäftsführungswillens für die Bestimmung der Reichweite des Geschäftsführungsvorgangs und der daraus resultierenden Ansprüche ......... ... ....... .............. ....... ........ .......... .......... 156 c) Die Geschäftsführung für einen Dritten ............... ...... ..... ..................... 158 aa) Die Haftung des Auftraggebers ............................... .... ..... ............ 158 bb) Die Haftung des Beauftragten...................................................... 162 2. Die Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Geschäftsführung ............ ...... 165 a) Allgemeine Voraussetzungen des Tatbestandsmerkmals der Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Geschäftsführung .................................. 165 b) Die Bedeutung des Erfordernisses wissentlichen Handeins für die Funktion des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem ........................ 167 c) Die beweisrechtliche Situation hinsichtlich des Merkmals der Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Geschäftsführung .................. 169 2. Teil
Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB I. Grundgedanken der Rechtsfolgenregelung ...................................................... 175
11. Die Geltendmachung der Ansprüche durch den Geschäftsherrn .............. ........ 182 III. Der Herausgabeanspruch.................................................................................. 184 I. Die Lehre von der Gewinnabschöpfungsfunktion des § 687 Abs. 2 BGB. 184 2. Die Lehre von der Identität des Herausgabeanspruchs aus § 687 Abs. 2 BGB mit der Rechtsfolge der Eingriffskondiktion ................ ............ ........ 192 3. Der Zusammenhang zwischen dem fremden Geschäft, der Geschäftsführungshandlung und dem herauszugebenden Gegenstand ........................... 195 4. Der Gegenstand des Herausgabeanspruchs ................................................ 201 5. Die Frage der Verpflichtung zum Wertersatz bei Unmöglichkeit einer Herausgabe in natura................. ....................................... ......... ......... ........ 202 a) Die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB bei Erlangung unkörperIicher Vorteile ...................................................................................... 202 b) Die Verpflichtung zum Ersatz des objektiven Wertes ........ ................. 210
14
Inhaltsverzeichnis c) Der Anspruch auf Wertersatz bei der Nutzung fremder Rechtsgüter zu Erwerbszwecken ............................................................................. 214 6. Die Verlustersparnis ................................................................................... 215 7. Die Haftung bei Untergang des erlangten Gegenstandes ............ ............... 217 8. Der Anspruch auf Herausgabe der Surrogate ............................................. 221 9. Der technische Eingriffserwerb .................................................................. 223 10. Möglichkeiten einer Einschränkung der Herausgabepflicht nach § 242 BGB ........................................................................................................... 227 11. Der Herausgabeanspruch bei Kombinationseingriffen .............. ................ 228 a) Die Verteilung des Geschäftserlöses auf mehrere Verletzte ................ 228 b) Die Stellung des Geschäftsfllhrers im Verhältnis zu mehreren Verletzten. ....... ............. ......................... ................. .... .... ............... ....... ..... 233
IV. Die Verweisung des § 687 Abs. 2 S. I BGB auf § 677 BGB ........................... 236 V. Der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch ............................................. 245 VI. Das Verhältnis der Ansprüche des Geschäftsherrn zueinander...... .................. 247 VII. Der Gegenanspruch des Geschäftsfllhrers ........................................................ 250 1. Die berichtigende Auslegung der Verweisung des § 687 Abs.2 S.2 BGB auf § 684 S. 1 BGB ........................................................................... 250 2. Die Frage der Vorleistungspflicht des Geschäftsführers ............................ 260 3. Die Frage des Ausschlusses von "Aufwendungen zum Zweck einer unerlaubten Handlung" ...... ........................... ........ ............. .............. ................. 261 4. Das Verhältnis des Anspruchs aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB zum Verwendungsersatzanspruch im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis.......................... 263 5. Die Beschränkung des Anspruchs auf die Höhe der Aufwendungen ......... 268 6. Die sinngemäße Anwendung der bereicherungsrechtlichen Vorschriften. 272 7. Die erstattungsfähigen Aufwendungen ...................................................... 277 a) Die Frage der Entschädigung des Geschäftsführers für eingesetzte Arbeitskraft und entgangenen Gewinn ........................................ ........ 277 b) Die Behandlung der allgemeinen Geschäftsunkosten des Geschäftsfllhrers ................. ................... ...... .. ...... .. .. .. .............. ...... .................... .. 285 c) Die Frage der Berücksichtigung von Verlusten bei teils gewinnbringender, teils verlustbringender Tätigkeit ............................................. 287
Inhaltsverzeichnis
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3. Teil Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem I. Überblick über die konkurrierenden Ansprüche ........ ...... ................... ........ ..... 290
11. Das Verhältnis der Haftung aus § 687 Abs.2 BGB zur Bereicherungshaftung .................................................................................................................. 291
I. Das Verhältnis der Haftung aus § 687 Abs. 2 BGB zur Haftung des gutgläubigen Bereicherungsschuldners ........................................................... 291 a) Das Verhältnis von geschäftsflihrungsrechtlicher und bereicherungsrechtlicher Vorteilsabschöpfung in historischer Sicht ......................... 291 b) Das Verhältnis von geschäftsfilhrungsrechtlicher und bereicherungsrechtlicher Vorteilsabschöpfung in systematisch-teleologischer Sicht 303 2. Das Verhältnis der Haftung aus § 687 Abs. 2 BGB zur Haftung des bösgläubigen Bereicherungsschuldners ..................................................... 3 12 a) Die Frage einer bereicherungsrechtlichen Mindesthaftung auf den objektiven Wert bei bösgläubigem Eingriff......................................... 313 b) Die Bedeutung der Bösgläubigkeit filr die bereicherungsrechtliche Gewinnhaftung ..................... ...... ... ............. ................... ........... ........... 321 c) Die Haftung des bösgläubigen Bereicherungsschuldners bei Untergang des erlangten Gegenstandes ........................................................ 326 III. Das Verhältnis der Haftung aus § 687 Abs. 2 BGB zur dritten Schadensberechnungsmethode ........................................................................................ :.. 328 1. Die Entwicklungsgeschichte der dreifachen Schadensberechnung ............ 329 2. Die dogmatische Einordnung der dritten Schadensberechnungsmethode .. 339 3. Grundsätze der Schadensberechnung nach dem Verletzergewinn ............. 350 4. Das Prinzip einer nach dem Verschuldensgrad abgestuften Haftung flir Immaterialgüterrechtsverletzungen ............................................................ 356 IV. Zusammenfassende Bewertung der Bedeutung des § 687 Abs.2 BGB im Anspruchssystem .............................................................................................. 362
4. Teil Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB I. Die Verletzung von Rechten im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB ........................ 364
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Inhaltsverzeichnis I. Eigentum .................................................................................................... 364 a) Das fremde Geschäft bei Veräußerung und Vermietung fremder Sachen ..................................................................................................... 366 b) Die Rechtslage bei unwirksamer Verfügung durch den Geschäftsführer ......................................................................................................... 368 aa) Die Problemstellung ..................................................................... 368 bb) Die Genehmigungslösung ............................................................ 372 cc) Die Abtretungslösung ................................................................... 374 dd) Die Freistellungslösung ................................................................ 375 2. Immaterialgüterrechte, Monopolrechte und Aneignungsrechte.... ............. 376 3. Persönlichkeitsrecht ................................................................................... 383 4. Namensrecht .......................... ...... ............ ......... ............ ........... ........... ....... 388 5. Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ......................... 392
11. Die Verletzung von Wettbewerbsnormen ........................................................ 396 I. Möglichkeiten der Abschöpfung durch Wettbewerbsverstöße erzielter Vorteile ...................................................................................................... 396
a) Die Anwendung der dreifachen Schadensberechnung ......................... 396 b) Der Bereicherungsanspruch ................................................................. 398 c) Der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB .................................................. 399 2. Die allgemeine Problematik der privatrechtlichen Abschöpfung wettbewerbswidrig erzielter Vorteile .................................................................... 401 a) Diskussion grundsätzlicher Einwände gegen die privatrechtliche Abschöpfung wettbewerbswidrig erzielter Vorteile ................................. 401 b) Diskussion differenzierender Auffassungen zur Frage der Abschöpfung wettbewerbswidrig erzielter Vorteile........ .......... ............ ............. 411 aa) Die monopol artig geschützte Position als Voraussetzung der Vorteilsabschöpfung bei Wettbewerbsverstößen .......... ............... 412 bb) Die Unterscheidung zwischen der Verletzung der gleichen Marktchance und der Ausbeutung fremder Unternehmenswerte . 413 3. Das Anwendungsgebiet des § 687 Abs. 2 BGB im Wettbewerbsrecht.. .... 415 a) Kundenfang, Rechtsbruch und Marktstörung ...................................... 416
Inhaltsverzeichnis
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b) Ausbeutung .......................................................................................... 417 c) Behinderungswettbewerb. .... .... .... ................... ............. ......... .... .... ... .... 419 III. Die Verletzung relativer Rechte... ...... ................ ....... ...... .................. ............... 427 1. Überblick über den Meinungsstand zur Frage der Anwendbarkeit des § 687 Abs.2 BGB auf die Verletzung vertraglich begründeter Rechtspositionen ................................................................................................... 429 a) Die in der Literatur vertretenen Auffassungen.. ................... ......... ....... 430 aa) Befürwortende Stellungnahmen ........................ ........................... 430 bb) Ablehnende Stellungnahmen..... ....... ........ ......... ....... ........ ............ 432 b) Die Auffassung der Rechtsprechung ................................................... 433 2. Überprüfung der in Literatur und Rechtsprechung für und gegen die Anwendbarkeit des § 687 Abs.2 BGB auf Vertragsverletzungen angeführten Argumente ..................................................................................... 437 a) Argumente für die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auf Vertragsverletzungen ................................................................................. 437 b) Argumente gegen die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auf Vertragsverletzungen ....... ...... ............ ........... ............... ....... ...... ..... ...... 446 aa) Argumente der Rechtsprechung ................ ...... ... ................. ......... 446 bb) Argumente der Literatur..... ............ .... ................ .................... ...... 452 3. Die Systemwidrigkeit der Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB auf Vertragsverletzungen ..... ......... ........ ...... ........................ ...... .................. ........... 454 4. Die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB bei gleichzeitiger Verletzung vertraglicher und außervertraglicher Positionen .............. ........... ....... ........ 464 5. Anwendung der gewonnenen Kriterien ..................................................... 465 a) Verletzung von Verschaffungspflichten .............................................. 465 b) Verletzung von Wettbewerbsverboten in Praxisübemahmevertrligen. 466 c) Verletzung von Alleinvertriebs- und Alleinbezugsvereinbarungen ..... 467 d) Schmiergeldannahme ........................................................................... 468 aa) Der Anspruch aus § 667 BGB ...................................................... 469 bb) Der Anspruch aus § 281 BGB ...................................................... 471 cc) Der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB .......................................... 472
2 Eben
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Inhaltsverzeichnis
e) Geheimnisverrat. .................................................................................. 475 f) Sonstige Verstöße gegen vertragliche Treuepflichten ......................... 476 g) Verletzung vertraglich übertragener Nutzungsrechte .......................... 477 h) Unberechtigte Untervermietung und unberechtigte Erteilung von Unterlizenzen ....................................................................................... 478 aa) Die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB .......... 478 bb) Die Auswirkungen eines Anspruchs des Mieters auf die Erlaubnis zur Untervermietung ...................................... :.......... ....... 482 cc) Der Aufwendungsersatzanspruch ................................................. 483
6. Eingriffe Dritter in relative Rechte ............................................................ 485 a) Einziehung einer fremden Forderung .................................................. 486 b) Eingriffe in das Forderungsobjekt ....................................................... 489 aa) Die Auswirkungen von Pacht-, Miet- oder Kaufverträgen über den vom Geschäftsführer in Anspruch genommenen Gegenstand ............................................................................................. 489 bb) Verletzung lizenzierter Immaterialgüterrechte ............................. 493 cc) Mitwirkung an fremdem Vertragsbruch ....................................... 494
Zusammenfassung .......... ......... .... ......... ........ ...... .... ........... .......... ............................. 496 Literaturverzeichnis ......................... ...... ..... ................. ....................... .... .............. ... 501 Sachregister. ........................ ............... ..... ...................... ................. ...... ...... ...... .... ..... 523
Abkürzungsverzeichnis
a. A. a.a.O. ABGB abI. Abs. Abschn. Abt. abw. AcP a. E.
a. F. AG AktG allg. Alt. Anh. Anm. Ann. Palermo AP ArchBürgR Art. Aufl. ausf. BAG BayObLG BB Bd. Bearb. Begr. Beil. BGB BGE BGH BUHSt
2'
anderer Ansicht am angegebenen Ort (österreichisches ) Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch ablehnend Absatz Abschnitt Abteilung abweichend Archiv für die civilistische Praxis am Ende alte Fassung Amtsgericht Aktiengesetz allgemein Alternative Anhang Anmerkung Annali deI Seminario giuridico dell 'Universita di Palermo Arbeitsrechtliche Praxis, Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts Archiv für Bürgerliches Recht Artikel Auflage ausführlich Bundesarbeitsgericht Bayerisches Oberstes Landesgericht Der Betriebs-Berater Band Bearbeitung Begründung Beilage Bürgerliches Gesetzbuch Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen
20 BGHZ BIDR BTDrucks. BVerfG BVerfGE bzw. Cod. civ.
D. DB DDR ders. dgl. d. h. Diss. EGV Einf. Einl. einschr. Entw. EWiR f., ff. FamRZ Festg. Fn. fortgef. franz. FS GebrMG GEMA GeschmMG GG ggf. GmbH GRUR GRUR Int. GWB Halbbd. Hervorh. HGB h. L. h.M.
HRR
Abkürzungsverzeichnis Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bulletino dell'Istituto di diritto romano Drucksachen des Deutschen Bundestages Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise (französischer) Code civile Digesten Der Betrieb Deutsche Demokratische Republik derselbe dergleichen das heißt Dissertation Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Einftlhrung Einleitung einschränkend Entwurf Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht folgende Zeitschrift ftlr das gesamte Familienrecht Festgabe Fußnote fortgeftlhrt französisch Festschrift Gebrauchsmustergesetz Gesellschaft ftlr musikalische Aufftlhrungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte Geschmacksmustergesetz Grundgesetz gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Halbband Hervorhebung Handelsgesetzbuch herrschende Lehre herrschende Meinung Höchstrichterliche Rechtsprechung
Abkürzungsverzeichnis Hrsg. i. einz. i. Erg. insbes. i. S. i.V.m. JA JherJB.
JR JurA Jura JuS JW JZ Kap. KG Komm. krit. Krit.Zei!schr. LG LM LZ MarkenG MDR m. Nachw. MuW m. w. Nachw. Nachw. NF n. F. NJW NJW-RR Nr. österr. OLG OLGE OLGZ OR
21
Herausgeber im einzelnen im Ergebnis insbesondere im Sinne in Verbindung mit Juristische Arbeitsblätter Jahrbücher für die Dogmatik des heutigen römischen und deutschen Privatrechts; ab 1897: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts Juristische Rundschau Juristische Analysen Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung Kapitel Kammergericht Kommission kritisch Kritische Zeitschrift für die gesammte Rechtswissenschaft Landgericht Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht Markengesetz Monatsschrift für Deutsches Recht mit Nachweisen Markenschutz und Wettbewerb mit weiteren Nachweisen Nachweise neue Folge neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift NJW -Rechtsprechungs-Report Zivilrecht Nummer österreichisch Oberlandesgericht Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiete des Zivilrechts Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen einschließlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit (schweizerisches) Obligationenrecht
22 OWiG PatG pr. ALR Prot. RabelsZ RdA Rdnr. Recht RG RGZ ROHG S. s. SachenR SchuldR schweiz. SeuffArch. SJZ sog. Sp. StGB st. Rspr. Teilbd.
u. a. u. ä. UFITA umstr. unstr. unzutr. UrhG u. U. UWG
v. a. Verf. VersR vgl. Vorbem. Vorentw. WarnRspr. WM WRP
Abkürzungsverzeichnis Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Patentgesetz Allgemeines Landrecht für die preußischen Staaten von 1794 Protokolle Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Recht der Arbeit Randnummer Das Recht Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts Satz, Seite siehe Sachenrecht Recht der Schuldverhältnisse schweizerisch Seufferts Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten Schweizerische Juristen-Zeitung sogenannte,-er,-es Spalte Strafgesetzbuch ständige Rechtsprechung Teilband unter anderem, und andere und ähnliches Archiv für Urheber-, Film-, Funk- und Theaterrecht umstritten unstreitig unzutreffend Urheberrechtsgesetz unter Umständen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vor allem Verfasser Versicherungsrecht vergleiche Vorbemerkung Vorentwurf Warneyer, Die Rechtsprechung des Reichsgerichts Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht, Wertpapier-Mitteilungen Teil IV Wettbewerb in Recht und Praxis
Abkürzungsverzeichnis WuM WZG ZAkDR z. B. ZBJV ZGB ZHR ZIP zit. ZMR ZPO ZSR zust. zutr. ZZP
Wohnungswirtschaft und Mietrecht Warenzeichengesetz Zeitschrift der Akademie fIlr Deutsches Recht zum Beispiel Zeitschrift des bernischen Juristenvereins Zivilgesetzbuch Zeitschrift fIlr das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift fIlr Wirtschaftsrecht zitiert Zeitschrift fIlr Miet- und Raumrecht Zivilprozeßordnung Zeitschrift fIlr Schweizerisches Recht zustimmend zutreffend Zeitschrift für Zivilprozeß
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Einleitung I. Klärung der Terminologie Der Tatbestand, den § 687 Abs. 2 S. 1 BGB mit den Worten umschreibt, daß jemand ein fremdes Geschäft als sein eigenes behandelt, obwohl er weiß, daß er nicht dazu berechtigt ist, wird heute meist als "unerlaubte Eigengeschäftsfiihrung" I, "angemaßte Eigengeschäftsfiihrung"2 oder "Geschäftsanmaßung"3 bezeichnet. Der sprachlichen Kürze wegen wird hier der Begriff "Geschäftsanmaßung" verwendet. Dagegen bietet sich der Begriff "unerlaubte Eigengeschäftsfiihrung" an, wenn es gilt, auch die unter § 687 Abs. 1 BGB fallende unwissentlich-rechtswidrige Eigengeschäftsfiihrung einzubeziehen. Weniger gebräuchlich ist heute der früher überwiegend verwendete Ausdruck "unechte Geschäftsfiihrung ohne Auftrag"4. Da dieser Terminus die spe-
I So z. B. BGH NJW 1964, 1853; BAG AP Nr. 5 zu § 687 BGB; Soergel-Mühl, § 687 Rdnr. 4; Jauernig-Vollkommer, § 687 Rdnr.5; StudK-Beuthien, § 687 Anm.3; Nipperdey, FS Böhm, S. 163; ders., in: Staudinger, 11. Aufl., § 687 Rdnr.3; Isele, Anm. AP Nr. 2 zu § 687 BGB; Köndgen, RabelsZ Bd.56 (1992), S.700; NeumannDuesberg, BB 1965, S. 729; Brandner, GRUR 1980, S. 362; Niewiarra, passim. 2 So z. B. BGHZ 119,257,258 f; 131,297,306; BGH NJW-RR 1989, 1255 ff = DB 1989, 1762 f; Erman-Ehmann, § 687 Rdnr. 3; Palandt-Thomas, § 687 Rdnr. 2; Seiler, EWiR 1988, S. 777; Reichard, AcP Bd. 193 (1993), S. 568; Helm, Gutachten, S. 359 f.; Giesen, Jura 1996, S. 347 f; Henssler, JuS 1991, S. 928; MartinekJTheobald, JuS 1997, S. 615 ff - Staudinger-Wittmann, vor §§ 677 ff. Rdnr. 5, § 687 Rdnr. 5 ff . spricht von "böswilliger Eigengeschäftsführung". 3 So z. B. AK-Joerges, § 687 Rdnr. 2 f.; Larenz, SchuldR 1111, § 57 II b; Esser/ Weyers, § 46 IV 2; Schlechtriem, SchuldR BT, Rdnr. 608; Emmerich, SchuldR BT, § 13 Rdnr. 24; Medicus, BR, Rdnr. 417; Isele, Geschäftsbesorgung, S. 170; Wollschläger, GoA, S. 17 und öfter; ders., JA 1979, S. 184; Baumbach/Hefermehl, UWG, Ein!. Rdnr.414; Schricker-Wild, UrhG, § 97 Rdnr.74; H. Roth, FS Niederländer, S.379; Söllner, JuS 1967, S. 451; Berg, JuS 1975, S.682, 688 f; Schwerdtner, Jura 1982, S.647; König, Gutachten, S. 1556; Thum, S. 1 ff. - Die Bezeichnung "Geschäftsanmaßung" hat sich auch in der Literatur zu Art. 423 schweiz. OR durchgesetzt, wo sie allerdings auf die unwissentlich-unerlaubte Eigengeschäftsführung erstreckt wird; vg!. Suter, S. 115 ff; Widmer, S. 80 ff.; Moser, SJZ Bd.42 (1946), S.2; Weber, ZSR NF Bd. 111, I (1992), S. 344 f; Friedrich, ZSR Bd. 64 (1945), S. 39, der der "Geschäftsanmaßung im engeren Sinne" die "unwissentliche Geschäftsanmaßung" gegenüberstellt. 4 So aber z. B. noch Fikentscher, SchuldR, Rdnr. 945; Oppermann, AcP Bd. 193 (1993), S. 508; Krumm, S. 63 ff.; gegen den Begriff "unechte Geschäftsführung ohne Auftrag" u. a. Wittmann, S. 151; ders., in: Staudinger, vor §§ 677 ff Rdnr. 5; Erman-
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Einleitung
zifischen Tatbestandsmerkmale des § 687 Abs. 2 BGB nur sehr ungenau bezeichnet, eignet er sich nicht zur Beschreibung der von § 687 Abs. 2 BGB erfaßten Lebenssachverhalte. Er ist jedoch mangels Alternativen nach wie vor unentbehrlich, wenn es darum geht, die gesetzgeberische Regelung, die die Geschäftsanmaßung im BGB erfahren hat, und ihre historischen Vorläufer zu bezeichnen5. Unter der Theorie der unechten Geschäftsfiihrung ohne Auftrag ist die Lehre zu verstehen, nach der die Geschäftsanmaßung zwar mangels Fremdgeschäftsführungswillens nicht den Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag erfüllt, dem Geschäftsherrn jedoch gestattet wird, die bei einer regulären Geschäftsfiihrung ohne Auftrag bestehenden Rechte geltend zu machen. Es handelt sich also um eine vermittelnde Position zwischen der objektiven Theorie der Geschäftsführung ohne Auftrag, für die das Kennzeichen der Geschäftsführung ohne Auftrag die Führung objektiv fremder Geschäfte ist, und der (strengen) subjektiven Theorie, die die beiderseitigen Ansprüche vom Vorliegen des Fremdgeschäftsfiihrungswillens abhängig macht6. Innerhalb der Theorie der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag lassen sich eine weitere und eine engere Auffassung unterscheiden. Die erstere erstreckt die Rechtsfolgen der Geschäftsführung ohne Auftrag auf jede eigennützige Führung fremder Geschäfte 7. Die letztere, der § 687 BGB folgt, setzt dagegen das Bewußtsein, ein fremdes Geschäft zu führen, voraus.
Ehmann, § 687 Rdnr. I; Medicus, BR, Rdnr.406; Brückmann, S. 47 f.; Isele, Geschäftsbesorgung, s. 169 f; v. Bargen, s. 9 f.; Friedrich, ZSR Bd.64 (1945), S.23; Suter, S. 114 f. 5 Ebenso v. Monroy, S. 23 f.; Bertrams, S. 18; Moser, Herausgabe, S. 102 f. 6 So etwa nach h. M. die Zivilgesetzbücher Frankreichs und Österreichs, die eine dem § 687 Abs. 2 BGB entsprechende Vorschrift nicht kennen. In Frankreich wurden allerdings die fllr die uneigennützige Geschäftsfllhrung ohne Auftrag geltenden Vorschriften der Art. 1372 ff. franz. eod. civ. in der älteren Literatur und Rechtsprechung teils im Interesse des Geschäftsfllhrers, teils zum Schutz des Geschäftsherrn auch auf den ohne Fremdgeschäftsfllhrungswillen handelnden Geschäftsfllhrer erstreckt (dazu ausf. Moser, Herausgabe, S. 95 ff.; Thum, S. 88 ff., jeweils m. w. Nachw.). Die heute h. M. lehnt dies ab (vgl. Thum, S. 94 ff. m. w. Nachw.). In Österreich wird von manchen unter Berufung darauf, daß der unredliche Eigengeschäftsfllhrer nicht besser stehen dürfe als der redliche Fremdgeschäftsflihrer, eine Erstreckung der Rechtsfolgen der Geschäftsflihrung ohne Auftrag auf die Geschäftsanmaßung gefordert. Die praktische Bedeutung der Frage wird hier in erster Linie in der Verpflichtung des Geschäftsfllhrers zur Rechnungslegung gesehen (vgl. Meissel, S. 164 ff. m. w. Nachw.). 7 So nach h. M. Art. 423 schweiz. OR; vgl. BGE 97 11 169, 177 f.; Moser, Herausgabe, S. 216 f; Th. Fischer, S. 20 ff., 128 f.; Amrein, S. 37 f; Thum, S. 56 ff.; Widmer, S. 84 ff.; Suter, S. 126 ff; Friedrich, ZSR Bd. 64 (1945), S. 42 ff. Nach teilweise vertretener Ansicht, die sich insbes. auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift berufen kann, erfaßt Art. 423 schweiz. OR daneben auch die unberechtigte Fremdgeschäftsflihrung; so etwa Gautschi, OR, Art. 423 Anm. 1; Amrein, S. 66; Suter, S. 122 ff.; Thum, S. 25 ff; Friedrich, a.a.O., S. 22. Die heute in der Literatur vorherrschende Auffassung will die Vorschrift dagegen auf die bösgläubige Eigengeschäftsflihrung beschränken;
11. Die Entstehungsgeschichte des § 687 Abs. 2 BGB
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11. Die Entstehungsgeschichte des § 687 Abs. 2 BGB Als historisches Vorbild des § 687 Abs. 2 BGB gilt das Digestenfragment Labeo-Ulpian D. 3, 5, 5, 58. Die Stelle zitiert zunächst die Äußerung des frühklassischen Juristen Labeo, daß derjenige, der Geschäfte eines andern nicht mit Rücksicht auf diesen, sondern um seines eigenen Vorteils willen geführt hat, eher sein Geschäft als das des andern gefiihrt habe. Doch, so heißt es weiter, nichtsdestoweniger, ja sogar um so mehr hafte er mit der Geschäftsfiihrungsklage, während er wegen seiner Aufwendungen gegen den andern eine Klage nur insoweit habe, als dieser bereichert ist9. Der Fall, der hier besprochen wird, ist also der, daß jemand eigennützig ein fremdes Geschäft führt, und zwar, was anfangs noch offen bleibt, dann aber durch den Ausdruck "depraedandi causa" (um den andern auszuplündern) klargestellt wird, nicht irrtümlich, sondern im Bewußtsein, ein fremdes Geschäft zu
so z. B. Hofstetter, ZBJV Bd. 100 (1964), S. 228 ff.; ders., SPR VII/2, S. 211 ff.; Holenstein, S. 168 ff.; Lischer, S. 43 ff.; Nietlispach, S. 105 f., 119 ff.; Schmid, OR, Art. 423 Rdnr. 7 ff., 21 ff. Dabei ist zu beachten, daß nach Art. 3 Abs. 2 schweiz. ZGB sich auf seinen guten Glauben nicht berufen kann, wer bei der von ihm nach den Umständen zu verlangenden Aufmerksamkeit nicht gutgläubig sein durfte, und die schweiz. literatur daher der wissentlichen die fahrlässig-unwissentliche Führung fremder Geschäfte gleichstellt; vgl. Schmid, OR, Art. 423 Rdnr. 21 ff.; Gautschi, OR, Art. 423 Anm. 1 c; Moser, a.a.O., S. 217; Hofstetter, SPR VII/2, S. 211; Nietlispach, S. 120; Holenstein, S. 174; Widmer, S.84; Lischer, S.51; Thum, S.58. - Die Literatur zu Art. 423 schweiz. OR behandelt zahlreiche Einzelfragen, denen in der deutschen Literatur allenfalls im Zusammenhang mit der Eingriffskondiktion und der dritten Schadensberechnungsmethode Beachtung geschenkt wird, und ist daher auch fllr jede Untersuchung des § 687 Abs. 2 BGB von großem Interesse. Allerdings lassen sich aufgrund der Unterschiede zwischen der deutschen und der schweizerischen Rechtslage nicht alle Stellungnahmen zu Art. 423 schweiz. OR auf § 687 Abs. 2 BGB übertragen. 8 Die Stelle lautet: "Sed et si quis negotia mea gessit non mei contemplatione, sed sui lucri causa, Labeo scripsit suum eum potius quam meum negotium gessisse (qui enim depraedandi causa accedit, suo lucro, non meo commodo studet): sed nihilo minus, immo magis et is tenebitur negotiorum gestorum actione. Ipse tamen si circa res meas aliquid impenderit, non in id quod ei abest, quia improbe ad negotia mea accessit, sed in quod ego locupletior factus sum habet contra me actionem." 9 Überwiegend wird davon ausgegangen, daß der Schlußteil der Stelle interpoliert ist und die Klassiker dem Geschäftsftihrer jede Klage versagen wollten; vgl. Riccobono, BIDR XVIII (1906), S.203 Fn. 1; Pampaloni, BIDR XX (1908), S. 222 f. Fn.6; F. Schulz, AcP Bd. 105 (1909), S. 472 f.; Niederländer, S. 122 Fn.38; anders Kaser, § 44 11 2, der den Gegenanspruch des Geschäftsfllhrers als "wohl bereits klassisch" bezeichnet. - Über den Urheber der Klage des Geschäftsherrn werden nicht weniger als vier Auffassungen vertreten: Während Ruhstrat (AcP Bd.34 (1851), S. 71 ff.) und F. Schulz (a.a.O., S. 66 Fn. 154, S. 469 Fn. 1167) sie auf den von Ulpian zitierten Julian zurückftihrten, nehmen Reichard (AcP Bd. 193 (1993), S.575 Fn.29, S.582), Wittmann (S. 39) und Seiler (Negotiorum gestio, S. 30) offenbar an, der Urheber sei Ulpian. Kohler (ArchBürgR Bd. 35 (1910), S. 97) schrieb die Entscheidung Labeo zu. Pampaloni (a.a.O.) hielt die Stelle auch insoweit ftir interpoliert.
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Einleitung
filhren lO• Wovon in dem Fragment jedoch ausdrücklich keine Rede ist, ist der animus negotia aliena gerendi (Fremdgeschäftsfilhrungswille). Einige Autoren meinen nun, das Vorliegen des Fremdgeschäftsfilhrungswillens werde hier wie auch sonst vorausgesetzt. Lediglich im Fehlen der von dem animus negotia aliena gerendi zu unterscheidenden contemplatio bestehe die Besonderheit, die zu Zweifeln bei der Gewährung der Geschäftsfilhrungsklagen (actiones negotiorum gestorum) Anlaß gebell. Die Gewährung der Klage gegen den Geschäftsfilhrer (actio directa) folgte demnach den allgemeinen Grundsätzen. Der Mangel der contemplatio, der dieser Auffassung zufolge mit dem Mangel der bona fides gleichzusetzen ist l2 , soll jedoch gemäß dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, daß niemand aus seinem eig~nen arglistigen Verhalten Ansprüche herleiten könne, dazu filhren, daß die dem redlichen Geschäftsfilhrer gegen den Geschäftsherrn zustehende Klage (actio contraria) versagt werde 13 • Diese Auffassung sieht daher in der Stelle nicht die Widerlegung, sondern die Bestätigung eines subjektiven Geschäftsfilhrungsbegriffs der Römer l4 •
10 Allg. Meinung; vgl. RGZ 70, 249, 252; Brinkmann, S. 29; v. Monroy, S. 32, 97; Zimmermann, S. 27 f.; Dernburg, § 123; Ruhstrat, AcP Bd. 34 (1851), S. 73; SchmidtErnsthausen, GRUR 1938, S. 381 f; Friedrich, ZSR Bd. 64 (1945), S. 17; Reichard, AcP Bd. 193 (1993), S. 582. - Rabe!, Studi in onore di Bonfante, S. 291 f. vermutete, dies sei im Urtext bereits in einer an Stelle von "non mei contemplatione" verwendeten Formulierung zum Ausdruck gekommen. Das erscheint jedoch reichlich spekulativ. 1I So z. B. Riccobono, Ann. Palermo I1I-IV (1917), S. 245 Fn. 1; Ferrini, BIDR VII (1894), S. 103 ff; ähnlich Chambon, S. 37, 139; Köllner, S. 25 Fn. 3; Witte, S. 22 f. Köllner, a.a.O. meinte, daß das "Motiv", bei der Besorgung fremder Geschäfte einen Gewinn fUr sich zu machen, den animus negotia aliena gerendi nicht ausschließe (vgl. dazu aber auch unten Fn. 14). Witte, S. 23 ging davon aus, es liege sogar der sog. animus recipiendi, also der Wille, den Geschäftsherrn zu verpflichten, vor; ebenso wohl Chambon, S. 37, 139 i. V. m. S. 42 f; Isay, GeschäftsfUhrung, S. 100. 12 So deutlich Riccobono, Ann. Palermo I1I-IV (1917), S.245 Fn. 1; ders., BIDR XVIII (1906), S. 203 Fn. 1; Köllner, S. 25 Fn. 3; Witte, S. 22 f. - Der Begriff der contemplatio und ihr Verhältnis zum animus negotia aliena gerendi sind äußerst umstr. Überwiegend wird unter der contemplatio im Unterschied zum animus negotia aliena gerendi der Wille, eine Obligation mit einer bestimmten Person zu begründen, verstanden; so Köllner, S. 34 ff.; Chambon, S. 42 ff.; Gursky, AcP Bd. 185 (1985), S.22; Reichard, AcP Bd. 193 (1993), S. 570; Janßen, S. 20. Nach Rabel, Studi in onore di Bonfante, S. 292 ist unter der contemplatio die Willensrichtung, die neutrale Geschäfte zu eigenen oder fremden macht, unter dem animus aliena negotia gerendi dagegen entweder das Bewußtsein, ein fremdes Geschäft zu fUhren, oder die Absicht, den Geschäftsherrn zu verpflichten, zu verstehen. Gegen die Differenzierung zwischen contemplatio und animus negotia aliena gerendi Ruhstrat, AcP Bd.34 (1851), S. 72 f.; v. Monroy, S. 33; Aarons, S. 151. 13 Riccobono, BIDR XVIII (1906), S. 203 Fn. 1; Witte, S. 22 f.; Köllner, S. 25 Fn. 3, S. 68. Isay, Geschäftsführung, S. 100 meinte unverständlicherweise, die Beschränkung der actio contraria beruhe nicht auf dem Mangel der contemplatio, sondern auf der Tatsache des unredlichen Eingreifens. 14 Vgl. Ferrini, BIDR VII (1894), S. 103 ff.; Riccobono, Ann. Palermo III-IV (1917), S. 245 Fn. 1; Köllner, S. 25 Fn. 3. - Anzumerken ist jedoch, daß die Meinungsver-
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Die Gegenansicht geht davon aus, daß es gerade der fehlende FremdgeschäftsfUhrungswille war, der Labeo zu der Äußerung veranlaßte, daß der GeschäftsfUhrer "eher sein als mein Geschäft" gefUhrt habeIs. Eine echte GeschäftsfUhrung sei also abgelehnt, gleichwohl aber aus Gründen der praktischen Angemessenheit dem Geschäftsherrn die actio directa gewährt worden l6 . Diese Auffassung erscheint plausibler. Es wurde wohl zu Recht geltend gemacht, daß dann, wenn das Geschäft tatsächlich im fremden Interesse, jedoch zugleich mit der Absicht, einen rechtswidrigen Vorteil zu erlangen, gefUhrt worden wäre, über die Gewährung der actio directa kaum ein Wort verloren worden wäre·l7 . Die Aussage, der Gestor habe "eher sein als mein Geschäft" gefUhrt, wäre unverständlich. Schließlich erschiene auch der Ausdruck "depraedandi causa" unangemessen, wenn es lediglich um die Absicht des Gestors ginge, sich im Wege einer echten negotiorum gestio einen eigenen Vorteil zu verschaffen. Es liegt daher nahe, daß die Wendung "non mei contemplatione" nichts anderes als den fehlenden Willen, das fremde Geschäft auch subjektiv fUr den Geschäftsherrn zu fUhren, bezeichnen sollte. Folgt man diesem Verständnis, das jedenfalls auch das der herrschenden gemeinrechtlichen Lehre
schiedenheiten bezüglich der subjektiven Erfordernisse der negotiorum gestio zum Teil nur terminologischer Art und insbes. auf ein unterschiedliches Verständnis der Begriffe "contemplatio" und "animus negotia aliena gerendi" zurückzufllhren sind (dazu schon oben S. 28 Fn. 12). Wenn der animus negotia aliena gerendi als Voraussetzung der negotiorum gestio bezeichnet wird, ist hiermit nicht notwendig gemeint, daß das Geschäft in altruistischer Absicht geführt werden müsse. So bezeichnete Köflner, S. 25 Fn. 3, S. 28 als unabdingbares Erfordernis des animus negotia aliena gerendi nur das Bewußtsein, ein fremdes Geschäft zu führen. Die vieldiskutierte Aussage Köflners (S. 28), wer das Bewußtsein habe, ein fremdes Geschäft zu führen, habe notwendigerweise auch den Willen, dies zu tun (dagegen etwa Stintzing, Krit.Zeitschr. Bd. 4 (1857), S. 231 f; v. Monroy, S. 32 f; Jakobs, Eingriffserwerb, S.96 Fn. 119), erklärt sich daraus, daß Köflner den Willen, fremde Geschäfte zu führen, von dem Willen, sie als fremde zu behandeln, unterschied; ebenso auch Prot. (I. Komm.), S. 1660 f. = Jakobs/Schubert, SchuldR III, S. 160, wo das Bewußtsein und der Wille, fremde Geschäfte zu fUhren, gleichgesetzt und von dem Willen, ein fremdes Geschäft als fremdes zu besorgen, unterschieden werden; ähnlich Friedrich, ZSR Bd. 64 (1945), S. 19; Suter, S. 28 ff; Riccobono, a.a.O.; wohl auch Ferrini, a.a.O., S. 104, der die Figur einer GeschäftsfUhrung mit dem Willen, eigene Geschäfte zu führen, als "evidentemente impossibile" bezeichnete. IS Ruhstrat, AcP Bd.34 (1851), S. 71 ff.; Stintzing, Krit.Zeitschr. Bd.4 (1857), S. 232; Rabel, Studi in onore di Bonfante, S. 288, 292; Reichard, AcP Bd. 193 (1993), S.582; Brückmann, S.28, 223; Seiler, Negotiorum gestio, S. 18 f., 29 f.; Wittmann, S. 39; Gautschi, OR, Art. 423 Anm. 3 b. 16 Vgl. Zimmermann, S. 27 ff; Dernburg, § 123; Brinz, § 321; Dankwardt, S. 19,40; Brückmann, S. 223 f.; Höbbel, S. 16 ff; Reichard, AcP Bd. 193 (1993), S. 581 f Teilweise wird die Stelle auch als Beleg für ein grundsätzlich objektives Verständnis der negotiorum gestio bei den Römern gewertet; so Moser, Herausgabe, S. 83; Seiler, Negotiorum gestio, S. 30, 330; Leonhard, S. 429. 17 Zimmermann, S. 28 Fn. 41; Rabel, Studi in onore di Bonfante, S. 292 Fn. 39.
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war, so erscheint in der Tat § 687 Abs. 2 BGB als sprachlich verkürzte, aber inhaltlich nahezu detailgetreue Nachbildung der Digestenstelle. Die andere in diesem Zusammenhang anzusprechende Stelle, die zumindest auf den ersten Blick rur eine grundsätzlich objektive Sichtweise der Römer bezüglich der Voraussetzungen der negotiorum gestio spricht, ist Julian-Afrikan D. 3, 5,48. Die Stelle behandelt den Fall, daß der Käufer eines Sklaven eine Sache, die der Sklave dem Verkäufer gestohlen hatte, gutgläubig an einen Dritten verkauft. Dem Verkäufer des Sklaven wird gegen den Käufer die actio negotiorum gestorum directa auf Herausgabe des Kaufpreises zugesprochen. Die Entscheidung geht also über D. 3, 5, 5, 5 insofern hinaus, als nicht einmal das Bewußtsein, ein fremdes Geschäft zU ruhren, gefordert wird. Damit wird dem Eigentümer ein Anspruch zugesprochen, der sich nach dem BGB nur aus Bereicherungsrecht (§ 816 Abs. 1) begründen ließe, und tatsächlich wurde auch zu D. 3, 5, 48 schon in der jüngeren gemeinrechtlichen Lehre überwiegend die Auffassung vertreten, die hier dem Wortlaut nach gewährte actio negotiorum gestorum directa sei nur ein anderer Name rur die condictio sine causa l8 . Diese Auffassung stützt sich insbesondere darauf, daß die Klage ausdrücklich nur fiir den Fall gewährt wird, daß die Kaufsache nach dem Verkauf untergegangen ist, denn nach römischem Recht wurde die Bereicherungsklage erst gewährt, wenn die rei vindicatio nicht mehr möglich war l9 . Als Voraussetzung der Geschäftsruhrungsklage ist das Erfordernis des Untergangs der Kaufsache dagegen kaum verständlich20 • Dieser Deutung hat andererseits Moser 1 entgegengehalten, Afrikan könne nicht entgangen sein, daß der Verkäufer der Sache mit dem Kaufpreis u. U. mehr herauszugeben habe als die Bereicherung auf Kosten des Eigentümers. Letztlich läßt sich anband der römischrechtlichen Quellen weder ein rein objektives noch ein rein subjektives Verständnis der negotiorum gestio nachweisen. Richtigerweise ist vielmehr davon auszugehen, daß in dem Kernbegriff der negotiorum gestio, dem negotium alienum, anfangs objektive und subjektive Elemente verschmolzen waren, ähnlich wie etwa in dem Begriff der
18 So etwa v. Monroy, S. 11; Zimmermann, S. 24 ff.; Witte, S. 328; Windscheid-Kipp, § 431 Fn. 18; Isay, Geschäftsführung, S. 94 f; Janßen, S. 45 f; Pampaloni, BIDR XX (1908), S. 222 Fn. 6; anders Aarons, S.268, der eine reguläre actio negotii gesti annahm; sehr bemüht der Versuch Köl/ners, S. 53 f, die Stelle mit der subjektiven Theorie in Einklang zu bringen. - Nach Seiler, Negotiorum gestio, S. 26 f ist die actio negotii gesti in dieser Stelle vermutlich interpoliert; dagegen Wol/schläger, GoA, S.44 Fn.13. 19 Vgl. D. 12, 1,23: Wer den einem andem vermachten Sklaven gutgläubig verkauft, haftet nach Bereicherungsrecht auf Herausgabe des Veräußerungserlöses, wenn der Sklave beim Käufer stirbt. 20 Vgl. Windscheid-Kipp, § 431 Fn. 18; Jhering, Abh., S. 80 ff. 2\ Herausgabe, S. 85.
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"Wahrnehmung fremder Interessen". Der Ursprung der negotiorum gestio lag in der Vertretung Abwesender im Prozeß, also typischer altruistischer Tätigkeit22 • Der Fremdgeschäftsführungswille wurde anfangs als selbstverständliches Element der negotiorum gestio vorausgesetzt, ohne daß jedoch objektive und subjektive Elemente streng auseinandergehalten wurden. Der Begriff des negotium alienum erhielt auf diese Weise eine eigentümliche Doppeldeutigkeit, die in gleicher Weise noch heute die Begriffe des fremden Geschäfts und der Führung eines Geschäfts "für einen anderen" (in § 677 BGB)23 kennzeichnet: Je nachdem, ob die objektive oder die subjektive Seite der Geschäftsführung in den Vordergrund gestellt wird, erscheint dasselbe Geschäft mal als fremdes, mal als eigenes. Bereits im Eingangssatz von D. 3, 5, 5, 5 tritt diese Doppeldeutigkeit klar hervor: "si quis negotia mea gessit non mei contemplatione, sed sui lucri causa, Labeo scripsit suum eum potius quarn meurn negotiurn gessisse"24.
Die Auffassung der klassischen römischen Juristen läßt sich daher mit Rabe[25 dahingehend zusammenfassen, daß diesen "die gesunde Gestalt der nor-
malen Geschäftsführung ohne Auftrag vorschwebte, die den altruistischen Willen grundsätzlich voraussetzt. Aber ein Unterschied sollte nicht verkannt werden. Sie haben weder diese Figur rein herausgearbeitet noch gar in eine scharfe Theorie gekleidet, die der Geschäftsführung ,unübersteigliche' Grenzen zieht." Die römischen Juristen bedienten sich der actio negotii gesti directa
22 Vgl. Köllner, S. 10; v. Monroy, S. 23; Lent, Auftragslose Geschäftsführung, S. 89; Moser, Herausgabe, S.79; Wittmann, S. 39; Seiler, Negotiorum gestio, S.314; Wollschläger, JA 1979, S. 59. 23 Das Merkmal der Besorgung eines Geschäfts "für einen anderen" kann rein sprachlich betrachtet nicht nur (subjektiv) die Geschäftsführung in fremdnütziger Absicht, sondern auch (objektiv) die Geschäftsführung an Stelle eines andern bezeichnen. 24 Vgl. dazu auch Stintzing, Krit.Zeitschr. Bd. 4 (1857), S. 232; Ruhstrat, AcP Bd. 34 (1851), S. 71; Sei/er, Negotiorum gestio, S. 18 f. - Reichard, AcP Bd. 193 (1993), S. 572 ff, insbes. S. 574 f Fn. 29 meint, daß - entgegen Wittmann, S. 40 - der Begriff des negotium alienum bei den Römern stets das ausschließlich objektive Moment der Utilität zum Ausdruck bringe und daher auch die Wendung "suum eum potius quam meum negotium gessisse" in D. 3, 5, 5, 5 allein auf die fehlende objektive Utilität zurückzuführen sei. Diese Aussage ist schwer nachvollziehbar, bezeichnet doch Labeo das Geschäft als "suum negotium" aufgrund der subjektiven Merkmale "non mei contemplatione" und "sui lucri causa", wie auch Reichard an anderer Stelle (a.a.O., S. 582) ausdrücklich hervorhebt. Zwar wird dem negotium hier regelmäßig auch das Merkmal der Utilität fehlen. Doch läßt sich dieses gerade in den hier primär interessierenden Fällen von der subjektiven Einstellung des Geschäftsführers gar nicht trennen. So ist etwa der Verkauf einer fremden Sache dem Eigentümer niemals "ipso gestu" nützlich, sondern allenfalls dann, wenn der Veräußerer mit dem Willen handelt, den Erlös an den Eigentümer abzuführen (vgl. dazu auch unten S. 57 f). 25 Studi in onore di Bonfante, S. 295.
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Einleitung
daher aus Zweckmäßigkeitsgründen auch in Fällen, in denen es am Fremdgeschäftsruhrungswillen fehlte 26 • Die heute übliche scharfe Unterscheidung objektiv und subjektiv fremder Geschäfte als Grundlage der gesamten Lehre von der negotiorum gestio fmdet sich in Ansätzen bereits in der Glosse zu D. 3, 5, 5, 13, die das negotium alienum in allerdings recht unübersichtlicher Weise unter Vermengung verschiedenartiger Kriterien in die vier Kategorien cura et sollicitudine, re ipsa, ratihabitione und ipso gestu einteilte27 • Fortentwickelt wurde dieses System namentlich durch Donellus (1527-91), der deutlicher als die Glosse zwischen dem aus objektiven Gründen fremden Geschäft (negotium ipsa re alienum) und dem durch die Willensrichtung des Geschäftsruhrers fremden Geschäft (negotium voluntate gerentis cum voluntate nostra coniuncta alienum) unterschied28 • An diese Unterscheidung knüpfte die in der älteren gemeinrechtlichen Lehre überwiegend vertretene objektive Theorie der Geschäftsruhrung ohne Auftrag an 29 • Die Führung objektiv fremder Geschäfte war rur die Vertreter dieser Ansicht allerdings nur Grundlage der actio directa, während die - nicht auf die Bereicherung des Geschäftsherrn beschränkte - actio contraria meist vom Vorliegen des animus negotia aliena gerendi und der Nützlichkeit der Geschäftsruhrung fUr den Geschäftsherrn abhängig gemacht wurde 30 • Wittmann bemerkt daher zutreffend, daß die Vertreter der objektiven Lehre dem Begriff des fremden Geschäfts für die actio directa und die actio contraria einen unterschiedlichen Inhalt geben mußten 31 • Im praktischen Ergebnis unterschied sich die sogenannte objektive Theorie der GeschäftsfUhrung ohne Auftrag nicht von der
26 Vgl. Zimmermann, S. 27 ff.; v. Monroy, S.23; Dernburg, § 123; Brinz, § 321; Köllner, S. 10 f., 111 f.; Dankwardt, S. 19, 40 f.; v. Lübtow, Beiträge, S. 71 f.; Hofstet(er, ZBJV Bd. 100 (1964), S. 222; Reichard, AcP Bd. 193 (1993), s. 581 f. 27 Ausf. hierzu Aarons, S. 15 ff.; v. Monroy, S. 18 ff.; Wittmann, S. 48 f. 28 Ausf. hierzu Aarons, S. 149 ff., insbes. S. 208 ff.; v. Monroy, S. 21 ff.; Wittmann, S. 49 ff., letzterer auch zu dem gewandelten Verständnis der beiden Kategorien fremder Geschäfte. Wittmann, S. 64 weist zu Recht darauf hin, daß die moderne Unterscheidung subjektiv und objektiv fremder Geschäfte innerhalb des § 677 BGB, bei der das subjektiv fremde Geschäft nur noch eine praktisch bedeutungslose Kategorie ist, historisch nicht ableitbar ist. 29 So (mit Unterschieden i. einz.) Chambon, S. 4 ff.; Glück, S. 342 ff.; Vangerow, § 664 Anm. I, 11; Jhering, Abh., S.46, 75 f.; Aarons, S. 1 ff., 193 ff., 258 ff.; Leist, S. 108; Dankwardt, S. 23,35 ff.; Ruhstrat, AcP Bd. 34 (1851), S. 59 ff., insbes. S.62 Fn. 93, S. 69 ff.; Stintzing, Krit.Zeitschr. Bd. 4 (1857), S. 229 ff. 30 Vgl. Vangerow, § 664 Anm. 11; Glück, S. 342 ff.; Chambon, S. 4, 42, 75; Aarons, S. 8 ff., 76, 258 ff.; Dankwardt, S. 38; Leist, S. 108; Ruhstrat, AcP Bd. 34 (1851), S. 68 ff.; Stintzing, Krit.Zeitschr. Bd. 4 (1857), S. 233 ff. 31 Wittmann, S. 52 ff.; vgl. auch v. Monroy, S. 155 f.; Wollschläger, GoA, S.43; Reichard, AcP Bd. 193 (1993), S. 585 ff.
H. Die Entstehungsgeschichte des § 687 Abs. 2 BGB
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eingangs erwähnten weiteren Theorie der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag 31 . Auch einige Kodifikationen des neunzehnten Jahrhunderts gewährten die Geschäftsführungsklage nicht nur bei wissentlicher, sondern auch bei irrtümlicher Eigengeschäftsführung. So bestimmte § 1342 des Bürgerlichen Gesetzbuchs rur das Königreich Sachsen von 1863/65: "Besorgt jemand in der Meinung, daß er seine eigenen Geschäfte führt, fremde Geschäfte, so erlangt derjenige, dessen Geschäfte besorgt worden, zwar die Rechte eines Geschäftsherrn, haftet aber demjenigen, welcher die Geschäfte besorgt hat, blos soweit er bereichert ist."33 Eine entsprechende Regelung sahen auch noch die §§ 233 ff. des Vorentwurfs zum Recht der Schuldverhältnisse (Redaktor: Franz Philipp v. Kübel) vor, wo allerdings die Haftung des gutgläubigen Eigengeschäftsführers auf die noch vorhandene Bereicherung beschränkt wurde. Im jüngeren gemeinen Recht wurde die objektive Theorie der Geschäftsführung ohne Auftrag zunehmend von der subjektiven Theorie34 und der Theorie der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag 35 verdrängt. Letztere betrachtete die unabhängig vom Fremdgeschäftsführungswillen gewährte actio directa als eine lediglich aus Gründen der praktischen Angemessenheit vorgenommene Ausdehnung der negotiorum gestio über ihr natürliches und ursprüngliches
3~ Einige Autoren (z. B. Ruhstrat. AcP Bd. 34 (1851). S. 59 ff.; Dankwardt, S. 23, 35 ff.) lassen sich daher nicht zweifelsfrei einer der Theorien zuordnen. 33 Ähnlich Art. 759 des Dresdner Entwurfs eines allgemeinen deutschen Gesetzes über Schuldverhältnisse von 1866: Art. 748 des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuchs für das Königreich Bayern von 1861-64. 34 Köllner. S. 9 ff.. 29 ff.: Brinkmann. S. 15 ff. Beide Autoren schränkten jedoch ihre im theoretischen Ansatz dezidiert subjektive Auffassung im Laufe ihrer Untersuchungen stark ein und gelangten so zu Ergebnissen. die von denen der Theorie von der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag kaum noch zu unterscheiden sind. So betrachtete Brinkmann. a.a.O. zwar die Quasikontraktsidee als Grundlage der negotiorum gestio. erklärte jedoch bei böswilliger Führung objektiv fremder Geschäfte das Fehlen der contemplatio domini für unbeachtlich. da niemand sich zu seinem Vorteil auf seinen eigenen dolus berufen dürfe (S. 29); i. Erg. ebenso Köllner. S. 24 ff.. obgleich dieser andererseits betonte. eine deliktische Handlung könne niemals als negotiorum gestio anerkannt werden (S. 10): vgl. auch schon Ruhstrat. AcP Bd. 32 (1849), S. 184 ff. einerseits. AcP Bd. 34 (1951). S. 59 ff. andererseits. - Das vergebliche Bemühen, den Quasikontraktsgedanken mit D. 3. 5. 5. 5 und D. 3. 5. 48 in Einklang zu bringen, ist einer der Hauptgründe dafür. daß die umfangreiche Literatur zur negotiorum gestio des gemeinen Rechts wenig zur Klärung des Rechtsinstituts beigetragen hat (sehr krit. auch Windscheid. Pandekten 11. § 430 Fn. 17. der die theoretischen Erörterungen der negotiorum gestio als .. verfehlt. aber auch unnötig" bezeichnete). Vgl. auch oben S. 28 f. Fn.14. 35 Grundlegend Zimmermann. S. 27 fL vgl. außerdem Windscheid. Pandekten 11, § 431: ders.. Ungerechtfertigte Bereicherung. S. 309: v. Monroy. passim. insbes. S. 161 f.: Dernbllrg. § 123: Kahler. JherJB. Bd. 25 (1887). S. 122 ff.
3 Eher!
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Anwendungsgebiet hinaus 36 • Die Klage gegen den gutgläubigen Eigengeschäftsfilhrer wurde zudem entweder auf die vorhandene Bereicherung beschränkt3 ? oder ganz durch die condictio sine causa ersetzt38 • Die erste BGB-Kommission verwarf die Regelung der Geschäftsfilhrung ohne Auftrag im Vorentwurf und bekannte sich zur strengen subjektiven Theorie. Der Verzicht auf den Fremdgeschäftsfilhrungswillen wurde als Denaturierung der negotiorum gestio bezeichnet. Auch ein praktisches Bedürfnis dafilr, die Rechtsfolgen der negotiorum gestio auf den Eingriff in fremde Rechte zu erstrecken, wurde geleugnet, da regelmäßig der deliktische Schadensersatzanspruch ausreiche 39 • Die zweite Kommission entschied anders. Unter Zurückweisung dogmatischer Bedenken erklärte sie, daß die Verweisung auf das Deliktsrecht bei böswillig-eigennütziger Geschäftsfilhrung den Interessen des Geschäftsherrn nicht in jeder Beziehung gerecht werde 40 • Man wolle deshalb "im Anschluß an den Art. 473 des schweiz. Gesetzes41 und an eine im gemeinen Recht verbreitete Ansicht dem Geschäftsherrn gestatten, den böswillig handelnden Geschäftsfilhrer in allen Fällen, wo objektiv eine Führung fremder Geschäfte vorliege, als Geschäftsfilhrer zu behandeln".
III. Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB in der Rechtspraxis Der kurze, die Entwicklungslinien nur grob nachzeichnende geschichtliche Überblick deutet bereits die Schwierigkeiten an, die die Einfilgung des Tatbestands der eigennützigen Führung objektiv fremder Geschäfte in das Rechtsinstitut der Geschäftsfilhrung ohne Auftrag seit jeher bereitet hat. Während in 0.3,5,5,5 noch versucht wurde, die Kluft zwischen den Tatbeständen der uneigennützigen Wahrnehmung fremder Interessen und des eigennützigen Eingriffs in fremde Rechte mittels eines "Erst-recht"-Schlusses juristisch plausibel
36 So etwa Zimmermann, S. 27, 29; Dernburg, § 123; Kohler, JherJB. Bd. 25 (1887), S. 122 ff; vgl. auch schon Dankwardt, S. 19, 40. 3? So v. Monroy, S. 161 f; Dernburg, § 123; Brinkmann, S. 19 ff Fn.2; vgl. auch v. Kübel, Begr. zu § 236 des Vorentw. zum Recht der Schuldverhältnisse, S. 28 f = Schubert, Vorlagen, SchuldR 11, S. 960 f 38 So Zimmermann, S. 45 ff.; Windscheid, Pandekten 11, § 430 Fn. 17, § 431 Fn. 18; gegen die Ersetzung der actio directa durch die condictio sine causa ausdrücklich Brinz, § 321 Fn. 13; v. Monroy, S. 98,162 (dazu näher unten S. 292 ff). 39 Prot. (I. Komm.), S. 1659 ff = Jakobs/Schubert, SchuldR III, S. 159 f 40 Prot. 11, S. 742 f = Mugdan 11, S. 1202 f 41 Es handelt sich um Art. 473 des Bundesgesetzes über das Obligationenrecht vom 14.6.1881, den heutigen Art. 423 schweiz. OR.
!II. Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB in der Rechtspraxis
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zu überbrücken. zeigte bereits D. 3. 5,48 deutlicher, daß in erster Linie Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte fur die Erstreckung der actio negotiorum gestorum auf Fälle eigennütziger Geschäftsfuhrung verantwortlich waren, namentlich das Bedürfnis nach Abschöpfung des Eingriffserwerbs 42 . Dementsprechend steht auch die Diskussion um die Vorschrift des § 687 Abs. 2 BGB seit jeher im Zeichen des Postulats der Abschöpfung rechtswidrig erzielter Gewinne einerseits. der Kritik an ihrer Begründung aus dem Recht der Geschäftsfuhrung ohne Auftrag andererseits. Obgleich § 687 Abs. 2 BGB in dogmatischer Hinsicht als "problematische Figur" bezeichnet wird 43 , sieht die herrschende Meinung im Hinblick auf die Verpflichtung des Geschäftsfuhrers zur Gewinnherausgabe in § 687 Abs. 2 BGB doch nach wie vor "eine wichtige Ergänzung des Bereicherungs- und Schadensersatzrechts"44. Zwar steht im BGB fur den klassischen Fall der Veräußerung einer fremden Sache in Gestalt des § 816 Abs. 1 auch eine bereicherungsrechtliche Regelung zur Verfügung. Doch schon der Umstand, daß es dieser Spezialregelung nach der Vorstellung der Gesetzesverfasser überhaupt bedurfte, offenbart die entscheidende Schwäche des Bereicherungsrechts, die wenigstens mitverantwortlich dafur war, daß sich das Rechtsinstitut der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag überhaupt etablieren konnte. Die erste Kommission begründete die Notwendigkeit der dem § 816 Abs. 1 BGB entsprechenden Vorschrift des ersten Entwurfs damit, daß es im Verhältnis des Eigentümers zum Verfügenden ,.an einem unmittelbaren Uebergange aus dem einen Vermögen in das andere Vermögen fehle" und daher bezweifelt werden könne, ob die Voraussetzungen
42 Vgl. Hofstetter. ZBJV Bd. 100 (1964). S.222: Reichard. AcP Bd. 193 (1993). S. 581 f.: Jakobs. Eingriffserwerb. S. 96 f. 43 Seiler. EWiR 1988. S.778: ähnlich AK-Joerges. vor §§ 677 ff Rdnr. 14, § 687 Rdnr. 3: v. Liibtow. Beiträge. S. 71 f. Besonders krit. zur Regelung des § 687 Abs.2 BGB Reichard. AcP Bd.193 (1993). S. 567 ff, insbes. S. 598 ff.: F. Schutz, AcP Bd. 105 (\ 909). S. 463 tT.; Jakobs. Eingriffserwerb, S. 92 ff.: vgl. auch König, Gutachten. S. 1557 L der § 687 Abs. 2 BGB als Fremdkörper im Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag bezeichnet und sich de lege ferenda für die Ersetzung des § 687 Abs. 2 BGB durch eine bereicherungsrechtliche Gewinnabschöpfungsnorm ausspricht. Ganz anders aber etwa Kohler. ArchBürgR Bd. 35 (1910), S.97, der die Fiktion der redlichen Absicht bei böswilliger Eigengeschäftsführung als .. vortreffliche Denkform" bezeichnete: Staudinger-Wittmann. § 687 Rdnr. 15. der sich auch de lege ferenda für die Beibehaltung des § 687 Abs. 2 BGB ausspricht; Helm. Gutachten, S. 387 f, der de lege ferenda selbst bei einer Überflihrung der Gewinnhaftung ins Bereicherungsrecht die Beibehaltung des § 687 Abs. 2 BGB wegen der weitergehenden Ansprüche aus §§ 677, 678. 681 BGB für sinnvoll hält. 44 So Erman-Ehmann. § 687 Rdnr. 3; ähnlich etwa Staudinger-Wittmann, vor §§ 677 ff Rdnr. 15. § 687 Rdnr. 15: Esser/Weyers, § 46 I 2 c, IV 2 a; Fikentscher, SchuldR, Rdnr. 945 f.; Schlechtriem. SchuldR BT. Rdnr. 631 ff.: Köbl, S. 194; Wol/schläger. GoA. S. 33: Lut=. S. 91: Isele. FS Cohn. S. 76. 3"
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einer condictio sine causa erflillt seien~5. Die gesamte Konzeption des Bereicherungsrechts im BGB steht noch ganz im Zeichen der sogenannten Vermögensverschiebungsdoktrin 46 . Die §§ 812 ff. BGB sind auf das klassische Modell der Leistungskondiktion, einige Vorschriften, wie § 818 Abs. 1 BGB und die Vorschriften über die verschärfte Haftung, zudem speziell auf die Sachleistung zugeschnitten 47 . Auf die den BGB-Verfassern als fest umrissenes Rechtsinstitut unbekannte Eingriffskondiktion paßt die Regelung so wenig, daß sich selbst in einfachen Konstellationen schon über die grundlegenden Fragen, was das erlangte "Etwas" ist, wann es auf Kosten des Kondizenten erlangt ist, worum der Eingreifer bereichert ist und nach weIchen Grundsätzen sich die verschärfte Haftung bestimmt, streiten läßt. Im praktisch wichtigsten Bereich des Eingriffserwerbs, der Verletzung von Immaterialgüterrechten, war überdies das Bereicherungsrecht des BG B noch lange nach dessen Inkrafttreten nach Ansicht der Rechtsprechung durch abschließende Regelungen der Spezialgesetze weitgehend ausgeschlossen 48 . So konnte sich die bereicherungsrechtliche Abschöpfung durch rechtswidrigen Eingriff erlangter Vorteile nur mühsam durchsetzen. F. Schulz stellte zwar schon 1909 ein umfassendes "System der Rechte auf den Eingriffserwerb" vor, das auf der These basierte, jeder unter Verletzung fremder Rechte erzielte Erwerb sei an den Verletzten herauszugeben 49 . Er räumte jedoch ein, daß seine Ergebnisse durch unmittelbare Anwendung der §§ 812 ff. BGB nicht zu gewinnen seien, da es an dem Merkmal "auf dessen Kosten" fehle 50 . Vielmehr sei das Recht auf den Eingriffserwerb nur durch eine analoge Anwendung des § 812 Abs. I S. I BGB, bei der von dem Tatbestandsmerkmal "auf dessen Kosten" abgesehen wird, und mit dem in den
Prot. (I. Komm.). S. 4224 f. = JakobslSchubert. SchuldR 111, S. 861. Vgl. Mot. 11. S. 830 = Mugdan IL S. 464. wonach den möglichen Gegenstand der Kondiktion alles bildet. "durch dessen Übergang aus dem Vermögen des Einen in dasjenige eines Anderen der letztere bereichert wird". Aus der Literatur vgl. etwa Savigny. S.525 ("Erweiterung eines Vermögens durch Verminderung eines andern Vermögens"), S. 567 ("Zurückfordern des aus unsrem Vermögen Ausgegangenen"); Brinz, § 300; Dernburg. § 138; Wilte. S. 295. 328 f.; Jacobi. JherJB. Bd. 4 (1861), S. 165. Zur Vermögensverschiebungsdoktrin ausf. AK-Joerges, vor §§ 812 ff. Rdnr. 3 ff.; Jakobs. Eingriffserwerb. S. 43 ff.; Franke. S. 22 ff.; Büsching. S. 17 ff.; Batsch, Vermögensverschiebung. S. 23 ff.; Kaiser. Nutzungsherausgabe. S. 21 ff. 47 Vgl. AK-Joerges. vor §§ 677 ff. Rdnr. 14. vor §§ 812 ff. Rdnr. 3,17; v. Caernrnerer. FS Rabel L S. 342; Mestrnäcker. JZ 1958. S. 523; Teichmann. JuS 1972, S. 250; Gursky. JR 1972. S. 282; Kaiser. Nutzungsherausgabe. S. 29. 36 f. 48 Eine Ausnahme bildete die Urheberrechtsverletzung. In diesem Bereich bejahte bereits das Reichsgericht (RGZ 90. 137 f.; 12 L 258. 259 ff.) einen Anspruch aus §§ 812 ff. BGB unter Berufung auf die Begründung zur Neufassung des UrhG vom 19.6.190 I. in der der Praxis die Prüfung überlassen wurde. inwieweit ein Bereicherungsanspruch nach dem BGB bestehe. 49 F. Schlll=. AcP Bd. 105 (1909). S. I IL insbes. S. 443. 50 F. Schlll=. AcP Bd. 105 (1909). S. 63 f.. 441. 45
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III. Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB in der Rechtspraxis
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§§ 281, 816 BGB und anderen Vorschriften zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken zu begründen 51 .
Obgleich die Lehre F. Schuh' in dieser Form kaum Anhänger fand 52 , gelangt heute der überwiegende Teil der bereicherungsrechtlichen Literatur zu sehr ähnlichen Ergebnissen. Dabei ist an die Stelle einer analogen Anwendung der §§ 812 ff. BGB eine erweiternde Auslegung des Tatbestandsmerkmals "auf dessen Kosten" getreten 53 • Selbst unter den der sogenannten Zuweisungslehre zugerechneten Autoren stehen heute viele im Ergebnis der Rechtswidrigkeitstheorie F. Schul=' näher als der Zuweisungslehre in der engen Form, in der sie namentlich v. Caemmerer54 und Mestmäcker5 5 vertreten haben. In fast allen Bereichen, in denen die Möglichkeit der Abschöpfung unter Verletzung fremder Rechte erzielter Vorteile überhaupt von praktischer Relevanz ist, wird von der heute herrschenden Lehre auch eine Eingriffskondiktion zugelassen 56 • Als mögliche Eingriffsobjekte werden inzwischen überwiegend nicht nur alle klassischen absoluten Rechte im Sinne des § 823 Abs. I BGB angesehen, sondern darüber hinaus jede marktfähige bzw. entgeltsfähige Verwertungsmöglich-
51 F. Schlll=. AcP Bd. \05 (1909). S. 79.478 f. Wenn F. Schub heute als .. Entdekker"' der Eingriffskondiktion bezeichnet wird (.\fediclls. BR. Rdnr. 704) und die von ihm entwickelten Grundsätze zum Recht auf den Eingriffserwerb ohne weiteres auf den Bereicherungsanspruch der §§ 812 ff. BGB bezogen werden. geschieht dies gleichwohl zu Recht. Zwar betonte F. Schlll=. a.a.O .. S. 479. es sei zwischen dem Eingriffserwerb auf Kosten eines andern und dem Eingriffserwerb. der lediglich durch Rechtsverletzung gewonnen sei. zu unterscheiden. Doch heißt es weiter: .. Eine dogmatische Bedeutung hat diese Unterscheidung indessen nicht. denn die rechtliche Behandlung der beiden Fälle ist dieselbe. Es braucht also niemand mehr zu untersuchen. was .auf Kosten eines andern' bedeutet, ähnlich wie heute sich niemand mehr über den Unterschied von Spiel und Wette den Kopf zerbrechen wird:' 52 Auch F. Schlll= selbst schien sich seiner Sache nicht ganz sicher zu sein, wenn er meinte. daß seine Grundsätze ..auf alle Fälle de lege ferenda ihren Wert behalten" (AcP Bd. \05 (1909), S. 54). 53 So bereits Orlh, S. 117 ff. für den Bereicherungsanspruch bei Patentverletzungen. Ausdrücklich betonte Orlh. S. 117 die weitgehende Übereinstimmung mit den Ergebnissen F. Schlll= '. 54 FS Rabel I. S. 352 ff. 55 JZ 1958. S. 524 ff. 56 Vgl. dazu auch Biisching. S. 60: .. Der mit großem argumentativen Aufwand über die Systemfrage geführte Meinungsstreit über die dogmatischen Grundlagen der Eingriffskondiktion verblaßt gegenüber der Annäherung beider Theorien in der Lösung der Sachprobleme:' Ähnlich MünchKomm-Lieb, § 812 Rdnr. 201 ff.; Reuler/Martinek, S. 246. - Die Annäherung der Positionen erfolgte nicht nur von der Zuweisungslehre, sondern auch von der Rechtswidrigkeitstheorie her. Denn selbst bei Jakobs. der neben F. Schul= als Hauptvertreter der Rechtswidrigkeitstheorie gilt. finden sich Anklänge an die Zuweisungslehre (vgl. Jakobs. Eingriffserwerb. S. 27 1".).
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keit 57 , jedes Rechtsgut58 oder jedes gegenständlich identifizierbare Rechtsobjekt59 . Hinsichtlich des Anspruchsumfangs erfolgte die Annäherung an die Position F. Schulz' insbesondere in Gestalt der Lehre von der Subjektivierung des Wertbegriffs in § 818 Abs. 2 BGB60, die u. a. eine bereicherungsrechtliche Gewinnhaftung ermöglichen soll. Es liegt auf der Hand, daß diese Entwicklung des Bereicherungsrechts die eigenständige Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB für den Rechtsschutz gegenüber widerrechtlichen Eingriffen in Frage stellt. Das Anwendungsgebiet des § 687 Abs. 2 BGB wird heute meist für weitgehend mit dem der Eingriffskondiktion deckungsgleich gehalten 61 , und die Befürworter einer bereicherungsrechtlichen Gewinnhaftung identifizieren auch den aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB resultierenden Herausgabeanspruch ganz überwiegend mit dem Bereicherungsanspruch bei verschärfter Haftung 62 . Konsequenterweise meinte bereits F. Schulz, § 687 Abs. 2 BGB "aufs tote Gleis schieben" zu können, da man überall ohne ihn auskomme 63 . Dem folgt bis heute eine beachtliche Mindermeinung zumindest insoweit, als der Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. I i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB für überflüssig erklärt wird64 . Zwar wird teilweise zugleich darauf hingewiesen, daß sich über die Eingriffskondiktion hinausgehende Ansprüche immerhin aus § 677 BGB65 oder aus § 678 BGB66 ergäben. Doch hat die - von der herrschenden Lehre ohnehin für sinnlos erklärte - Verweisung des § 687 Abs. 2 S. 1 BGB auf § 677 BGB67 in der Rechtsprechung nie, die von der zweiten Kommission offenbar in ihrer Bedeutung überschätzte Verweisung auf § 678 BGB nur ganz vereinzelt68 eine Rolle gespielt.
57 MünchKomm-Lieb, § 812 Rdnr. 207 ff.; ReuteriMartinek, S. 256 f.; Larenz/Canaris, § 69 I I; HüjJer, JuS 1981, S. 265; Loewenheim, JuS 1997, S. 915 f.; Großkomm. UWG-Köhler, vor § 13 Abschn. B Rdnr. 356 ff.: ähnlich BGHZ 81, 75, 82 "Carrera"; 107,117,121 .. Forschungskosten". 58 Kleinheyer. JZ 1970. S. 474 ff.; Reeb. S. 36 ff. 59 Kellmann. Gewinnhaftung. S. 84 ff.. 110 ff. 60 EsserlWeyers, § 51 I 4 c; Koppensteiner. NJW 1971. S. 1769 ff.; Koppensteiner/ Kramer, S. 155 ff.; Reeb. S. 96 ff.: Erman-H P. Westermann. § 818 Rdnr. 17 ff. 61 Dazu eingehend unten S. 43. 112 ff. 62 Dazu eingehend unten S. 192 ff.. 291 ff. 63 F Schub. AcP Bd. 105 ( 1909). S. 468. 472. 64 Jakobs. Eingriffserwerb. S. 101 f.; Kellmann. Gewinnhaftung. S. 96 Fn. 155; Esser/Weyers. § 50 11 2 c: Reichard. AcP Bd. 193 (1993). S. 567 ff., insbes. S. 598 f.; wohl auch Brandner. GRUR 1980. S. 362. 65 So Jakobs. Eingriffserwerb. S. 102: Esser/Weyers. § 50 11 2 c. 66 So Reichard, AcP Bd. 193 (1993). S. 599: Koppensteiner. NJW 1971, S. 1772; Esser/Weyers. § 50 11 2 c. 67 Dazu näher unten S. 236 ff. 68 Vgl. RG LZ 1920. Sp. 646 f.: BGH WM 1956. 1279. 1281. wo jeweils ein Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt des § 687 Abs. 2 BGB zugesprochen wird;
III. Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB in der Rechtspraxis
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Die Rechtsprechung hält zwar - nicht zuletzt aufgrund des Umkehrschlusses aus § 687 Abs. 2 BGB - an der Auffassung fest, der Bereicherungsanspruch sei außer im Fall des § 816 Abs. 1 BGB auf Ersatz des objektiven Wertes und nicht auf Gewinnherausgabe gerichtet69 • Dies hat jedoch nicht verhindern können, daß die Zahl der Urteile, die Ansprüche auf § 687 Abs. 2 BGB stützen, seit 1900 kontinuierlich rückläufig ist. Ein wesentlicher Grund fur die geringe praktische Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB in der Rechtsprechung ist die bereits vom Reichsgericht bei Verletzung von Immaterialgüterrechten, vom Bundesgerichtshof auch bei Verletzung von Persönlichkeitsrechten und wettbewerbsrechtlichen Positionen an gewandte dreifache Schadensberechnung. Der schadensersatzrechtlich begründete Gewinnherausgabeanspruch, der teilweise auf den Gedanken des § 687 Abs. 2 BGB gestützt wird, jedoch gemäß den subjektiven Voraussetzungen der spezialgesetzlichen Schadensersatzansprüche gewohnheitsrechtlich bereits bei fahrlässiger Verletzung gewährt wird, hat dazu geführt, daß die unmittelbare Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB in diesem Bereich allgemein für entbehrlich gehalten wird. Und im Fall der Veräußerung einer fremden Sache über ihrem Wert, der ohnehin in Lehrbüchern eine weitaus größere Rolle als in der Praxis spielt, hat die im Rahmen des § 816 Abs. 1 BGB auch von der Rechtsprechung anerkannte bereicherungsrechtliche Gewinnherausgabeptlicht1° dafür gesorgt, daß § 687 Abs. 2 BGB ebenfalls in der Gerichtspraxis nicht mehr herangezogen wird 71 • Ähnliches gilt wegen § 816 Abs. 2 BGB für den gleichfalls unstreitig von § 687 Abs. 2 BGB erfaßten Fall RGZ 83. 37. 42: BGHZ 119.257.259 ff.. wo jeweils Ansprüche aus §§ 687 Abs. 2 S. I, 678 BGB geprüft. aber verneint werden. 69 BGHZ 5. 197. 201 f.: 82. 299. 305 ff. .. Kunststoffhohlprofil 11": 99, 244, 248 f. .. Chane I Nr. 5": 117. 29. 31: BGH LM Nr. 16 zu § 951 BGB. 70 Vgl. RGZ 88. 351. 359 f.: BGHZ 29. 157. 159 ff.: zust. etwa RGRK-HeimannTrosien. § 816 Rdnr. 12: MünchKomm-Lieb. § 816 Rdnr. 27 ff.: ReuterlMartinek, S. 313 ff.: Emmerich. SchuldR BT. § 17 Rdnr. 42 f.: Koppensteiner, NJW 1971, S. 1772: GlIrsky. JR 1972. S. 283 f.: abI. etwa Soergel-Mühl. § 816 Rdnr. 29: Fikentscher. SchuldR. Rdnr. 1123: Mediclls. BR. Rdnr.723: v. Caemmerer, FS Lewald, S. 447 t1".: ders .. FS Rabel I. S. 356 f.: ders., JR 1959. S. 462 f.: Sack, FS Hubmann, S. 382 f. - Nach h. M. kann der Eigentümer bekanntlich aus § 816 Abs. I BGB den Veräußerungserlös auch bei ursprünglich unwirksamer Verfügung herausverlangen, wenn er die Verfügung genehmigt: vgl. BGHZ 56. 131. 132 ff.: Erman-H. P. Wes/ermallll. § 816 Rdnr. 7: MünchKomm-Lieb. § 816 Rdnr.24: LarenzlCanaris, § 69 11 I c: Reuterl.\lartinek. S. 299 ff.: KoppensteinerlKramer. S. 93 f.: abw. Wittmann, S. 154 tT.. der geltend macht. daß der Gewinnherausgabeanspruch bei unwirksamer Verfügung der Funktion des § 816 Abs. I BGB. einen Ersatz für die verlorene Vindikationsmöglichkeit zu schaffen. widerspreche. 71 Vgl. aus der durchweg älteren Rechtsprechung zum Anspruch aus § 687 Abs.2 BGB bei Veräußerung fremder Sachen RGZ 96. 282. 283: 138.45, 48 ff.: RG JW 1909, 658.659: BGH WM 1956. 1279. 1281: OLG Rostock SeuffArch. Bd. 78. Nr. 21. AK-Joerges. vor §§ 677 ff. Rdnr. 49 bezeichnet die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB bei Veräußerung fremder Sachen aufgrund der Anerkennung der Gewinnhaftung im Bereich des § 816 Abs. I BGB als .. überholr·.
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Einleitung
der wissentlichen Einziehung einer fremden Forderung für eigene Rechnung. Soweit in neuerer Zeit die Rechtsprechung noch Ansprüche aus § 687 Abs. 2 BGB prüft, geht es meist um die Frage, ob sich aus § 687 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Herausgabe der Vorteile ergibt, die unter Verstoß gegen vertragliche Unterlassungspflichten erzielt werden. Überwiegend wird dabei aber die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB vemeint72 • Die Praxis bestätigt also nicht die auch noch in der neueren Literatur anzutreffende These, § 687 Abs. 2 BGB sei "für die Rechtsanwendung von großer Bedeutung"73. Die einleitenden Bemerkungen zur praktischen Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB sollten zeigen, daß es wenig sinnvoll ist, Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB isoliert zu betrachten 74 . Die entscheidende Frage muß lauten, welche Bedeutung den Ansprüchen aus § 687 Abs.2 BGB neben anderen Rechtsbehelfen innerhalb und außerhalb des BGB zukommt. Thema dieser Untersuchung soll sein festzustellen, ob § 687 Abs. 2 BGB überflüssig ist oder zumindest de lege lata, möglicherweise aber auch de lege ferenda, einen sinnvollen Bestandteil des privatrechtlichen Anspruchssystems darstellt.
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Dazu ausf. unten S. 427 ff.
73 So Erman-Ehmann, § 687 Rdnr. 3. 74 Vgl. Wollschläger. GoA, S. 22.
1. Teil
Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB I. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB In objektiver Hinsicht setzt § 687 Abs. 2 BGB ein "fremdes Geschäft" voraus. In der gemeinrechtlichen Literatur war auf der Grundlage der objektiven Theorie der Geschäftsführung ohne Auftrag die Frage, was unter einem fremden Geschäft (negotium alienum) zu verstehen sei, heftig umstritten. Die erste BGB-Kommission wollte eine Fortsetzung dieses Streits vermeiden. Sie meinte, eine befriedigende Begriffsbestimmung werde auf kaum überwindbare Schwierigkeiten stoßen I, und entschied sich nicht zuletzt deshalb für eine subjektive Fassung des Tatbestands der Geschäftsführung ohne Auftrag. Die Annahme, hierdurch die Streitfrage auf pragmatische Weise obsolet gemacht zu haben, erwies sich jedoch in doppelter Hinsicht als Trugschluß. Zum einen flihrte die zweite Kommission den Begriff des fremden Geschäfts durch die von der ersten Kommission noch abgelehnte Erstreckung der Rechtsfolgen der Geschäftsführung ohne Auftrag auf die wissentliche Führung fremder Geschäfte im eigenen Interesse doch wieder in das BGB ein. Zum andem wurde der Begriff des fremden Geschäfts auch im Bereich der "echten" Geschäftsführung ohne Auftrag schon bald durch Rechtsprechung und Lehre wiederbelebt, da ohne ihn die Lösung praktischer Zweifelsfragen nicht möglich zu sein schien.
1. Überblick über die Versuche einer Definition des fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB § 687 Abs. 2 BGB ist zwar einerseits in historischer und systematischer Hinsicht Bestandteil des Rechts der Geschäftsführung ohne Auftrag, was auch in der Fassung der Tatbestandsmerkmale zum Ausdruck kommt. Sein Anwendungsgebiet ist jedoch von dem der Geschäftsflihrung ohne Auftrag scharf getrennt und nach überwiegender Auffassung in objektiver Hinsicht weitgehend deckungsgleich mit dem der unerlaubten Handlung und der Eingriffskondikti-
I Prot. (I. Komm.), S. 1646 = Jakobs/Schubert, SchuldR I1I, S. 124; vgl. auch Windscheid-Kipp, § 430 Fn. I.
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1. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
on. Diese hybride Stellung zwischen Geschäftsführung ohne Auftrag, ungerechtfertigter Bereicherung und Delikt spiegelt sich in den unterschiedlichen Auffassungen über das Tatbestandsmerkmal des "fremden Geschäfts" wider. Manche betonen den quasi-deliktischen Charakter des § 687 Abs. 2 BGB, andere die Nähe zur Eingriffskondiktion, wieder andere das geschäftsführungsrechtliche Element. Nach verbreitetem Verständnis stellt § 687 Abs. 2 BGB seiner Natur nach einen Deliktstatbestand dar2 • Typisch für diese Sichtweise ist etwa die Definition Frankes: "Fremde Geschäfte im Sinne des § 687 BGB. sind ... solche, deren Unterlassung ein anderer vom Handelnden verlangen kann. Demgemäß sind vornehmlich alle diejenigen Handlungen fremde Geschäfte, die gegen ein ausschließliches Recht verstoßen."3 Rosenthai wollte jede Verletzung fremder Rechte genügen lassen 4 • Besonders dezidiert wird ein deliktsrechtliches Verständnis des § 687 Abs. 2 BGB von Rosenkranz vertreten, der ausschließlich, aber auch ausnahmslos solche Handlungen erfaßt wissen will, die einen Tatbestand der §§ 823 ff. BGB erflillen5 .
2 Wittmann, S. 151, 172; ders., in: Staudinger, vor §§ 677 ff. Rdnr. 5, § 687 Rdnr. 7 ("Fall von Nichtgeschäftsfuhrung"); Erman-Ehmann, § 687 Rdnr. 6; H. Roth, FS Niederländer, S. 379; a. A. ausdrücklich Niewiarra, S. 54; Wohlfarth, LZ 1932, Sp.449, der meinte, § 687 Abs. 2 BGB habe mit den §§ 823 ff. BGB "nicht das geringste zu tun". 3 Franke, S. 49. Vgl. auch v. Bargen, S. 11, der ebenfalls als fremd ein Geschäft bezeichnete, dessen Unterlassung der Berechtigte vom Handelnden verlangen kann, allerdings mit dem Hinweis, daß diese Definition noch nicht scharf genug sei: Krautwig, S. 126 f., der das entscheidende Merkmal des fremden Geschäfts darin sieht, daß der Geschäftsführer es ohne Erlaubnis des Geschäftsherrn nicht führen darf. Ähnlich die sog. Eingriffstheorie des schweiz. Bundesgerichts: vgl. etwa BGE 45 II 202, 208 L 47 I1 195, 197 f.; 51 II 575, 583; 68 II 29, 36. Das Gericht hält für entscheidend, daß "der Handelnde Geschäfte auf eigene Rechnung und in eigenem Interesse abgeschlossen hat, die er ohne Verletzung der Rechte eines anderen nicht hätte ausführen können" (BGE 45 II 202, 208); vgl. dazu aber auch unten S. 44 Fn. 13. Die schweiz. Literatur läßt teilweise die unbefugte Einmischung in einen fremden Interessenkreis (Hauser, SJZ Bd. 78 (1982), S. 269 f.; ähnlich E. Wolf, ZSR NF Bd. 46 (1927). S. 314f.. 319 ft~) oder die Beeinträchtigung fremder Interessen (Friedrich. ZSR NF Bd. 64 (1945). S. 33 f.) genügen. Nach Amrein. S. 28 ist unechte Geschäftsführung ohne Auftrag "vermögensändernde, weil gewinnbringende Einflußnahme auf fremde subjektive Rechte". Der erzielte Gewinn sei herauszugeben, weil er aus "objektiv widerrechtlichen Unternehmungen" stamme. 4 Rosenthai. GRUR 1920. S. 33 f.: vgl. auch RosenthallLeJJmann. UWG. Einl. Rdnr.212. 5 Rosenkran=. S. 29 ff.; ebenso wohl Schmidt, S. 111 Fn. 92, der den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB abgesehen von den subjektiven Merkmalen für deckungsgleich mit denen der §§ 823 ff. BGR hält.
I. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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Nach wohl herrschender Auffassung ist § 687 Abs. 2 BGB nur ein Spezial fall der Eingriffskondiktion6 oder wenigstens ein der Eingriffskondiktion nahestehendes Rechtsinstitut? Diesem Verständnis entspricht die heute übliche Gleichsetzung der Führung eines fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB mit einem Eingriff in einen fremden Rechtskreis 8 . Ob die Verwendung des Ausdrucks "Eingriff' gegenüber dem der "Rechtsverletzung" eine Modifizierung der objektiven Tatbestandsvoraussetzungen implizieren soll oder sich lediglich aus dem subjektiven Tatbestand oder der Rechtsfolge der §§ 687 Abs.2 S. 1,681 S. 2,667 BGB erklärt, wird nicht immer deutlich 9 . Wittmann, der von einem "böswilligen Eingriff in fremde Vermögensrechte" spricht lO, betont zugleich den deliktsrechtlichen Charakter des § 687 Abs. 2 BGB. Flügge definiert das fremde Geschäft ebenfalls als "Eingriff' in fremde Rechte, versteht hierunter jedoch im Anschluß an v. Caemmerer 11 ausdrücklich nur die Verletzung eines fremden Rechts "durch Gebrauch desselben"12. Deutlicher wird der Gegensatz zum deliktsrechtlichen Verständnis des § 687 Abs.2 BGB von denjenigen Autoren betont, die davon ausgehen, daß der Tatbestand nur durch eine im weitesten Sinne geschäftsführungsrechtliche Tätigkeit erfiillt werde, die durch das Handeln an Stelle des Berechtigten gekennzeichnet sei. Dieses dezidiert "geschäftsfiihrungsrechtliche" Verständnis der Geschäftsanmaßung wird insbesondere von der herrschenden Lehre zu Art. 423 schweiz. OR vertreten, die sich damit gegen die sogenannte Eingriffstheorie
6 So deutlich Reichard, AcP Bd. 193 (1993), S. 567 ff., insbes. S. 598 ff; F. Schulz, AcP Bd. 105 (1909), S. 468 f; Jakobs, Eingriffserwerb, S. 101 f, 110 ff.; für Art. 423 schweiz. OR Nietlispach, S. 144 f, 240, 404 f; Schaufelberger, S. 164. 7 Vgl. AK-Joerges, vor §§ 677 ff Rdnr. 46 ff., 68; Großkomm. UWG-Köhler, vor § 13 Abschn. B Rdnr. 391; Köndgen, RabelsZ Bd. 56 (1992), S. 748; Canaris, JZ 1971, S. 562; v. Caemmerer, FS Rabel I, S. 396 ff.; Kel/mann, Gewinnhaftung, S. 157; Koppensteiner/Kramer, S. 146; Klien, S. 55 f.; Krautwig, S. 126. 8 Vgl. Jauernig-Vol/kommer, § 687 Rdnr. 5; Schlechtriem, SchuldR BT, Rdnr.631; Heck, S. 359; Jakobs, Eingriffserwerb, S.93; Köbl, S. 194; Batsch, Vermögensverschiebung, S. 89; F. Schulz, AcP Bd. 105 (1909), S. 468; Mertens, JuS 1962, S. 268; Berg, JuS 1975, S. 689; Henssler, JuS 1991, S. 925; Wal/schläger, JA 1979, S. 184 f; Klien, S. 26; Krautwig, S. 126; Chrestin, S. 35; für Art. 423 schweiz. OR Hofstetter, SPR VII/2, S. 209; E. Wolf, ZSR NF Bd. 46 (1927), S. 322. 9 Vgl. dazu aber auch Krumm, S. 99: Die h. L. identifiziere den Begriff der Führung eines fremden Geschäfts mit dem Tatbestand der Verletzung eines fremden Rechts, dieser wiederum sei identisch mit dem Tatbestand der Eingriffskondiktion. 10 Wittmann, S. 150 ff.; ders., in: Staudinger, § 687 Rdnr. 5 ff. II FS Rabel I, S. 352 ff. 12 Flügge, S. 86.
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1. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
des schweizerischen Bundesgerichts 13 wendet. So wollte Moserl 4 im Anschluß an die gemeinrechtliche objektive Theorie die eigennützige Geschäftsführung ohne Auftrag als "echte" Geschäftsführung ohne Auftrag verstanden wissen. Er definierte das fremde Geschäft als Ausübung fremder subjektiver Rechte l5 . Schlichte Rechtsverletzungen schloß er ausdrücklich aus l6 . Nach Schaufe/berger l7 muß der Geschäftsherr selbst dazu berechtigt und befähigt gewesen sein, die Handlung des Geschäftsführers vorzunehmen. Ebbecke l8 stellte darauf ab, ob das Geschäft einem anderen "vorbehalten" sei, und betonte ebenfalls, die unerlaubte Handlung als solche sei kein fremdes Geschäft. Nach Nipperdeyl9 ist entscheidend, ob das Geschäft positiv dem Interessenkreis eines andern zugeteilt sei. Haines 20 will die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB unter Berufung auf "systemästhetische Gesichtspunkte" davon abhängig machen, daß der wirtschaftliche Schwerpunkt des Geschäfts im Interessenbereich eines andern liegt. Zur engsten Begriffsbestimmung gelangt unter Berufung auf den geschäftsführungsrechtlichen Charakter des § 687 Abs. 2 BGB Niewiarra 21 , der für erforderlich hält, daß der Geschäftsführer in Rechtsgüter eingreift, "die einer aktiven ändernden Verwaltungstätigkeit unterliegen". Die geschäftsführungsrechtliche 13 Vgl. die Nachw. oben S. 42 Fn. 3. Die Gegner der Eingriffstheorie verstehen den Ausdruck "Eingriff' als Synonym für Rechtsverletzung. Dies entspricht zwar der oben (S. 42 Fn. 3) zitierten Definition des schweiz. Bundesgerichts. 1. Erg. hat das Gerichtjedoch keineswegs bei jeder Gewinnerzielung unter Verletzung fremder Rechte einen Anspruch aus Art. 423 schweiz. OR bejaht; vgl. etwa BGE 39 II 702. 706 f. und 73 II 194, 197 ff., wo die Anwendung des Art. 423 schweiz. OR bei unberechtigter Untervermietung bzw. bei Wettbewerbsverstößen abgelehnt wird. Die Kritik an der Eingriffstheorie geht daher insoweit ins Leere; ähnlich v. Fischer. S. 11 ff.; Thllm. S. 34 ff.; Th. Fischer, S. 25; Hafenstein, S. 164 ff. 14 Herausgabe, S. 90 ff. 15 Maser, Herausgabe, S. 156; ders., SJZ Bd. 42 (1946), S. 4; ihm folgend v. Fischer. S. 11 f.; Th. Fischer, S. 25; Lischer, S. 28 ff.; Haienstein, S. 161 f.; Thllm. S. 40 ff.: ähnlich Widmer, S. 82 f.; Nietlispach, S. 118; vgl. auch schon v. Manray. passim. insbes. S. 16 ff., 58 ff., der in seiner gleichnamigen Abhandlung zum gemeinen Recht das objektiv fremde Geschäft im Bereich der eigennützigen Geschäftsführung als .. vollmachtslose Ausübung fremder Vermögensrechte" definierte. - Für die Geschäftsführung ohne Auftrag folgert Wal/schläger, GoA, S. 320 die Zuständigkeit am Geschäft aus der Innehabung eines subjektiven Rechts. 16 Maser, Herausgabe, S. 163 f.; ebenso etwa v. Caemmerer. FS Rabel I. S. 396; Nipperdey, FS Böhm, S. 171 ff.; Haines, S. 8 ff.; Flügge, S. 109; Th. Fischer, S. 25; Hafenstein, S. 161 f.; Lischer, S. 28 f.; Nietlispach, S. 110 ff.; Hafstetter. ZBJV Bd. 100 (1964), S. 240 f.; ders., SPR VIII2, S. 209; vgl. auch Oertmann, § 687 Anm. 3 d ß. dem zufolge das Eingreifen in den fremden Rechtskreis immer geschäftlichen Charakter haben muß; ähnlich schon für das gemeine Recht v. Manray, S. 81 f.. 84. 17 S. 161 f. 18 Recht Bd. 25 (1921), Sp. 103; vgl. auch ders .. JherJB. Bd. 71 (1921). S. 368 f. 19 FS Böhm, S. 171 f. 20 S. 8 ff. 21 S.67.
I. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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Komponente betonen des weiteren naturgemäß alle diejenigen Autoren, die den Begriff des fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB unter Übernahme der bei der Geschäftsruhrung ohne Auftrag gebräuchlichen Definitionen bestimmen. So definiert Ehmann 22 die Führung eines fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB als "Besorgung einer Angelegenheit, deren Vornahme Sache eines anderen ist", Sei/er 23 als "Besorgung eines Geschäfts, das einem fremden Rechts- oder Interessenkreis zugehört". Nach BeuthienlWasmann24 ist ein objektiv fremdes Geschäft im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB ein Geschäft, "das seinem Gegenstand nach der Sorge eines anderen obliegt". Aus der älteren Literatur sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Monographien von lsay und Lent zu nennen, die von einem rur alle Geschäftsbesorgungsverhältnisse einschließlich des § 687 Abs. 2 BGB verwendbaren Begriff des fremden Geschäfts ausgingen 25 • Nach Iso/6, dessen Auffassung zahlreiche Anhänger fand 27 , liegt ein objektiv fremdes Geschäft dann vor, wenn es "nach der Anschauung des Verkehrs zufolge seines Inhaltes oder seines Gegenstandes von einem dem Handelnden fremden Interesse beherrscht wird". Lent28 sah im Anschluß an die in der gemeinrechtlichen Literatur überwiegend vertretene Auffassung 29 das entscheidende Kriterium in der Wirkung auf fremdes Vermögen. Im folgenden soll zunächst der Frage nachgegangen werden, ob es einen derartigen rur alle Geschäftsruhrungstatbestände oder wenigstens für die Geschäftsanmaßung und die Geschäftsruhrung ohne Auftrag einheitlich verwendbaren Begriff des fremden Geschäfts gibt. Hiervon wird auch abhängen, inwieweit es möglich ist, die Rechtsprechung und Literatur zum Begriff des fremden Geschäfts bei der Geschäftsführung ohne Auftrag auch rur § 687 Abs.2 BGB nutzbar zu machen.
Erman-Ehmann, § 687 Rdnr. 4. MünchKomm-,'ieiler, § 687 Rdnr. 8. 24 GRUR 1997, S. 258. 25 Vgl. Isay, Geschäftsführung, S. 48 ff., insbes. S. 69; Lent, Auftragslose Geschäftsführung, S. 9 ff., insbes. S. 42 f., 59, 77 f., 107 f. 26 Geschäftsführung, S. 69. 27 Vgl. Planck-/,ohe, § 687 Anm. 3, wo /says Auffassung als die herrschende bezeichnet wird. 28 Aufiragslose Geschäftsführung, S. 11 ff., 68 ff. 29 Vgl. Aarons, S. I, 122 f., 195; Chamhon, S. 7 ff., insbes. S. 33 f.; Dankwardt, S. 35 ff.; v. Monroy, S. 5 ff., 16 ff., 58 ff.; Ruhstrat, AcP Bd. 34 (1851), S. 62 f., 71. 22 23
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1. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 8G8
2. Der Begriff des fremden Geschäfts im System der Geschäftsführungsverhältnisse
a) Die Diskussion um einen einheitlichen Begriff des fremden Geschäfts im System der Geschäftsführungsverhältnisse Obgleich der Gesetzgeber mit der subjektiven Fassung des Tatbestands der GeschäftsfUhrung ohne Auftrag der objektiven Theorie der GeschäftsfUhrung ohne Auftrag eine klare Absage erteilt hat, knüpfte die Literatur nach 1900 praktisch nahtlos an den Streit der älteren gemeinrechtlichen Lehre um das Wesen des negotium alienum an. Diese Diskussion wurde keineswegs primär im Hinblick auf § 687 Abs. 2 BGB, sondern vielmehr in erster Linie unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag sowie anfangs auch unter dem Gesichtspunkt der auf Bestellung beruhenden Geschäftsbesorgung gefUhrt. Die in den Jahren 1900 und 1909 erschienenen Monographien von Isay und Lent setzten sich zwar kritisch mit den gemeinrechtlichen Definitionsversuchen auseinander, hielten aber, wie erwähnt, am Prinzip einer einheitlichen Bestimmung des Begriffs des fremden Geschäfts fest. Sowohl das von Lent befürwortete Kriterium der Einwirkung auf fremdes Vermögen als auch Isays Kriterium des beherrschenden Interesses an dem Geschäft sollten nicht nur fiir die auftragslose Fremdgeschäftsfiihrung und für die Geschäftsanmaßung, sondern gleichermaßen fiir die vertragliche Geschäftsbesorgung verwendbar sein30 • Isele ging in seiner 1935 erschienenen Monographie, ähnlich wie Lent, davon aus, daß die vertragliche und auftragslose Geschäftsbesorgung und der "Eingriff' nach § 687 Abs. 2 BGB durch das gemeinsame Merkmal der Einwirkung auf einen fremden Rechtskreis verbunden seien 31 • Der Unterschied zwischen der vertraglichen und auftrags losen Geschäftsbesorgung einerseits und dem Fall des § 687 Abs. 2 BGB andererseits liege nur darin, daß das Geschäft im ersten Fall als fremdes, im zweiten Fall als eigenes behandelt werde 32 • Andere Untersuchungen folgten, selbst wenn sie nicht die Geschäftsbesorgung im allgemeinen oder die Geschäftsführung ohne Auftrag, sondern allein die Geschäftsanmaßung zum Gegenstand hatten, meist im Grundsatz den Begriffsbestimmungen Isays oder Lents 33 •
30 Vgl. die Nachw. oben S. 45 Fn. 25. - Nach Isay. Geschäftsführung, S. 69 sollten sich lediglich das subjektiv fremde und das objektiv fremde Geschäft dadurch unterscheiden, daß im ersten Fall der Wille des Handelnden. im zweiten Fall die Verkehrsanschauung über die Fremdheit des Geschäfts entscheide. Diesen Unterschied bezeichnete Isay, a.a.O. aber ausdrücklich als nicht wesentlich. 31 Isele, Geschäftsbesorgung, S. 156 ff. 32 Isele, Geschätlsbesorgung, S. 166 ff. 33 SO Z. 8. zahlreiche Dissertationen zu § 687 Abs. 28GB; vgl. Sternberg. S. 9 fL Siebert. S. 19 f.; Höbbel. S. IO fT.; Freese. S. 11 fL Janßen. S. 23 fL Westram. S. 56;
1. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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Heute sind die Versuche, vertragliche, auftragslose und eigennützige Geschäftsführung auf einen einheitlichen Tatbestand des fremden Geschäfts zurückzuführen, weitgehend in Vergessenheit geraten. Zwar fmdet der Begriff des fremden Geschäfts auch heute noch bei allen drei Geschäftsbesorgungstatbeständen Verwendung. Als Hilfsmittel bei der Rechtsanwendung dient er jedoch außer bei § 687 Abs. 2 BGB nur bei der Geschäftsführung ohne Auftrag. Ungeachtet der abweichenden Gesetzesfassung ist der Begriff des (objektiv) fremden Geschäfts in Literatur und Rechtsprechung zu dem entscheidenden Abgrenzungskriterium bei der Bestimmung des Anwendungsbereichs der Geschäftsführung ohne Auftrag geworden. Der Fremdgeschäftsführungswille trat demgegenüber in der Praxis weitgehend in den Hintergrund 34 • Während die herrschende Meinung allerdings noch wenigstens formal daran festhält, daß es letztlich auf den Fremdgeschäftsführungswillen ankomme, und diesen bei VOTliegen eines objektiv fremden Geschäfts lediglich "vermutet"35, bekennt sich die "Zuständigkeitstheorie" Wollschlägers 36 vollends zur Bestimmung des Anwendungsbereichs der Geschäftsführung ohne Auftrag anhand des Kriteriums des objektiv fremden Geschäfts. Für das Verhältnis des § 687 Abs. 2 BGB zu § 677 BGB bedeutet dies nach wohl herrschender Auffassung, daß bei den Tatbeständen, sieht man von der praktisch bedeutungslosen Kategorie subjektiv fremder Geschäfte bei der Geschäftsführung ohne Auftrag ab, die Voraussetzung der Führung eines objektiv fremden Geschäfts gemeinsam ist37 . Seiler hebt zwar hervor, faktisch schieden Flügge, S. 74 ff.; Bertrams, S. 18, der ausdrücklich betonte, Auftrag, Geschäftsführung ohne Auftrag und Geschäftsanmaßung hätten das Merkmal der Führung fremder Geschäfte gemeinsam; im Ansatz ähnlich auch Niewiarra, S. I ff., der a\lerdings davon ausgeht, daß "bei gewissen Geschäftsführungstatbeständen die Eigentümlichkeiten der echten und der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag zu berücksichtigen sind" (S. 40); gegen einen einheitlichen Begriff des fremden Geschäfts aber schon Klien, S.26. 34 Vgl. Stein, S. 4 f., 120; Helm, Gutachten, S. 366 ff.; Gursky, AcP Bd. 185 (1985), S. 15 f. 35 BGHZ 40,28,31; 65, 354, 357; BGH NJW 1971,609,612; Jauernig-Vollkommer, § 677 Rdnr. 4; Fikentscher, SchuldR, Rdnr. 930; Medicus, BR, Rdnr. 409; Isele, Geschäftsbesorgung, S. 161; Henssler, JuS 1991, S. 926; zur rechtlichen Einordnung dieser "Vermutung" ausf. Stein, S. 119 ff. m. w. Nachw. 36 GoA, passim, insbes. S. 52 ff. 37 So besonders deutlich Thum, S. 4 ff., 32 ff.; RGRK-Steffen, § 687 Rdnr. 2. Palandt-Thomas, § 687 Rdnr.2 und Soergel-Mühl, § 687 Rdnr.4 verweisen hinsichtlich des Begriffs des fremden Geschäfts bei § 687 Abs. 2 BGB jeweils lediglich auf die Anmerkungen zum objektiv frel!,lden Geschäft bei § 677 BGB. MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr. 8, 14 spricht - unter Ubergehung des subjektiv fremden Geschäfts bei der Geschäftsführung ohne Auftrag - schlicht von der Identität der objektiven Tatbestände. Kellmann, Gewinnhaftung, S. 88 f. und Schwark, JuS 1989, S. 710 betonen, der Begriff des fremden Geschäfts könne bei § 687 Abs. 28GB keine engere Bedeutung haben als im Bereich der Geschäftsführung ohne Auftrag. Von einem gemeinsamen Merkmal des
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1. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
wichtige Anwendungsfälle der echten Geschäftsführung ohne Auftrag, wie die Erfüllung fremder Schulden und Verwendungen auf fremde Sachen, aus dem Anwendungsbereich des § 687 Abs. 2 BGB aus. Doch führt Seiler diesen Unterschied allein auf das Merkmal der eigennützigen Absicht im Rahmen des § 687 Abs. 2 BGB, nicht auf Unterschiede bereits im objektiven Tatbestand zurück 38 • Auch der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil vom 12.6.1989 zum Verhältnis der Tatbestände des § 687 Abs. 2 BGB und der Geschäftsführung ohne Auftrag Stellung genommen und betont, daß der einzige Unterschied der beiden Tatbestände darin liege, daß der Geschäftsführer im Falle des § 687 Abs. 2 BGB das objektiv fremde Geschäft in der Absicht führe, es als eigenes zu behandeln 39 • Zwar wird im Widerspruch hierzu in der Literatur gelegentlich die Auffassung vertreten, die Rechtsprechung wende bei der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht dieselben Kriterien zur Bestimmung des objektiv fremden Geschäfts an wie bei der Geschäftsanmaßung 4o • Doch hat sich die Rechtsprechung nie ausdrücklich hierzu bekannt.
In der Literatur wird dagegen vielfach bezweifelt, ob das Kriterium des objektiv fremden Geschäfts bei der Geschäftsführung ohne Auftrag überhaupt verwendbar ist. Weitgehend Einigkeit besteht inzwischen darüber, daß der Begriff des objektiv fremden Geschäfts die ihm zugedachte Hilfsfunktion bei der Bestimmung des Anwendungsbereichs der Geschäftsführung ohne Auftrag bislang nur in unbefriedigender Weise erfüllen konnte. Die Rechtsprechung lasse keine klare Linie erkennen, so daß die Bestimmung des Anwendungsbereichs der Geschäftsführung ohne Auftrag anhand des Kriteriums des objektiv fremden Geschäfts zu bedenklicher Rechtsunsicherheit geführt habe41 . Primär unter dogmengeschichtlichen Gesichtspunkten wendet sich Wittmann gegen die Vorstellung, das negotium alienum sei die Grundlage jeder Geschäftsführung, und plädiert für die Aufgabe der Unterscheidung objektiv und objektiv fremden Geschäfts gehen ersichtlich auch Medicus. BR. Rdnr. 408 f.. 435 und Fikentscher, SchuldR, Rdnr. 930 aus. Aus der älteren Literatur vgl. neben den im Text angesprochenen Monographien und den S. 46 f. Fn. 33 aufgeführten Dissertationen etwa Planck-Lobe, § 677 Anm. 2 b. § 687 Anm.3: Oertmann. vor § 677 Anm. 3 b. d: Brückmann. S. 36 ff. 38 MünchKomm-Seiler. § 687 Rdnr. 14. 39 BGH NJW-RR 1989. 1255. 1257 = OB 1989. 1762. 1763. Der Bundesgerichtshof sieht seine Auffassung im Einklang mit der allgemeinen Meinung. 40 Kellmann. Gewinnhaftung. S. 88 f.: Esser/Weyers. § 46 IV I: Schwark. JuS 1989. S. 710: Gursky. JurA 1969. S. 105: zweifelnd Stein. S. 73 f.. 132 f.. 136. 41 Gursky. AcP Bd. 185 (1985). S. 16. 26: Helm. Gutachten. S. 341. 363. 368 ff.: vgl. auch Erman-Ehmann. vor § 677 Rdnr. 1a ff.: Mediclls. BR. Rdnr. 410 tL EsserlWeyers. § 46 11 2; Laren::. SchuldR II11. § 57 1 a. Nach Schllberl. AcP Bd. 178 (1978). S. 431 hat die Dogmatik des fremden Geschätls seit 1900 kaum Fortschritte gemacht.
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subjektiv fremder Geschäfte im Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag42 . Nicht die Fremdheit des Geschäfts, sondern die Tätigkeit in Geschäftsführungsabsicht sei das entscheidende Merkmal der Geschäftsführung ohne Auftrag 43 . Dabei soll es nach Wittmann 44 für die Feststellung der Geschäftsführungsabsicht des Handelnden allerdings nicht auf die inneren Beweggründe, sondern auf den sozialen Sinn der Tätigkeit ankommen. Der Begriff des fremden Geschäfts hat nach Wittmann 45 eine eigenständige Bedeutung nur im Rahmen des § 687 BGB. Gegen die Bestimmung des Anwendungsbereichs der Geschäftsführung ohne Auftrag anhand des Begriffs des objektiv fremden Geschäfts wendet sich auch GurskY6 • Entgegen Wittmann, dessen Auffassung in der Sache keine grundlegenden Unterschiede zur herrschenden Meinung aufweise 47 , sei allein die reale Willensrichtung des Geschäftsführers ausschlaggebend48 . Diese sei anhand von "lebensnahen tatsächlichen Vermutungen" festzustellen 49 . Ähnlicher Auffassung ist Stein 50 : Der Begriff des objektiv fremden Geschäfts könne bei der Geschäftsführung ohne Auftrag allenfalls die Funktion einer Sammelbezeichnung für bestimmte Indiztatsachen haben, sei aber materiellrechtlich ohne Bedeutung. Jakobs 51 meint, die eigennützige und die fremdnützige Geschäftsführung hätten lediglich gemeinsam, daß beide in einer Handlung bestünden. Geschäftsführung ohne Auftrag und Geschäftsanmaßung bildeten "zwei grundverschiedene Rechtsinstitute"52. Wenn in beiden Fällen von einem "negotium alienum" gesprochen würde, verschleiere dies lediglich die zwischen beiden Rechtsinsti-
42 lVittmann, S. 38 ff.; krit. zur Unterscheidung objektiv und subjektiv fremder Geschäfte bei § 677 BGB auch schon Flügge, S. 79 Fn. 3. 43 Wittmann, S. 23 f. und öfter. 44 S.26. 45 S. 63, 162 ff. 46 AcP Bd. 185 (1985), S. 14 ff. 47 GlIrsky. AcP Bd. 185 (1985). S. 28: ebenso Reichard, AcP Bd. 193 (1993), S. 569 Fn. 6: Helm. Gutachten. S. 365. der darauf hinweist, daß sich Wittmann i. Erg. selbst der im Ausgangspunkt geradezu entgegengesetzten Theorie Wol/schlägers annähert. 48 GlIrs/...y. AcP Bd. 185 (1985). S. 14 ff.: ebenso Reichard, AcP Bd. 193 (1993), S. 569 Fn. 6. 49 GlIrsky. AcP Bd. 185 (1985). S. 35; ebenso Reichard, AcP Bd. 193 (1993), S. 569 Fn.6. 50 S. 13 ff.. insbes. S. 77, 145. 51 Eingriffserwerb, S. 93. 52 Jakobs. Eingriffserwerb, S.93; ähnlich schon v. Monroy, S. 35, 67, 156; DanklI'ardt. S. 23.
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tuten bestehende Kluft53 • Jakobs beruft sich in diesem Zusammenhang namentlich auf v. Monroy, der in seiner Abhandlung zur negotiorum gestio des gemeinen Rechts zwischen der Wahrnehmung fremder Vermögens interessen und der Ausübung fremder Vermögensrechte unterschied 54 • Vielfach wird betont, daß, selbst wenn man den Anwendungsbereich der Geschäftsfuhrung ohne Auftrag anhand des Kriteriums der Führung objektiv fremder Geschäfte bestimmen wollte, dieses Merkmal jedenfalls eine andere Bedeutung habe als bei § 687 Abs. 2 BGB. So soll nach verbreiteter Auffassung der Begriff des objektiv fremden Geschäfts bei der Geschäftsanmaßung enger sein als bei der Geschäftsfuhrung ohne Auftrag, da bei der Geschäftsfuhrung ohne Auftrag ein Eingriff in fremde Rechte nicht vorzuliegen brauche, wie z. B. bei der Rettung eines Ertrinkenden oder der Zahlung einer fremden Schuld55 . Nach Stein 56 unterscheiden sich die Begriffe insofern, als es bei der Geschäftsfuhrung ohne Auftrag um pflegende und bewahrende Eingriffe gehe, während bei § 687 Abs. 2 BGB das Verhalten des Geschäftsfuhrers häufig den Interessen des Geschäftsherm widerspreche. Auch Reicharr:P ist der Auffassung, der Begriff des fremden Geschäfts habe bei § 687 Abs. 2 BGB einen prinzipiell anderen Inhalt als bei der fremdnützigen Geschäftsfuhrung ohne Auftrag. Während der Begriff bei § 687 Abs. 2 BGB ein "äußerliches Tätigwerden im fremden Rechts- und Beziehungskreis" bezeichne, sei er bei der fremdnützigen Geschäftsfuhrung ohne Auftrag "nur sinnvoll als Breviloquenz für die dem Willen und dem Interesse einer bestimmten Person entsprechende Geschäftsführung".
b) Das Verhältnis des fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB zum fremden Geschäft bei der Geschäftsführung ohne Auftrag Keiner Erörterung bedarf, daß insofern der Begriff des fremden Geschäfts in zwei grundlegend verschiedenen Bedeutungen benutzt wird, als er im Bereich der Geschäftsfuhrung ohne Auftrag als Kurzformel fur das im Sinne des § 677 BGB für einen anderen, also in fremdnütziger Absicht gefuhrte Geschäft erscheint. Dies kann schon aus logischen Gründen nicht der Begriff des fremden 53 Jakobs, Eingriffserwerb, S. 95. - Als Indiz für das Vorliegen des Fremdgeschäftsführungswillens will Jakobs das Kriterium des objektiv fremden Geschäfts aber offenbar noch gelten lassen (vgl. a.a.O., S. 94 Fn. 113). 54 Vgl. v. Monroy, S. 18,35 und öfter. 55 Vgl. Staudinger-Wittmann, § 687 Rdnr. I; Gursky, AcP Bd. 185 (1985), S. 18 f; Helm, Gutachten, S. 368; Niewiarra, S. 83; Klien, S. 26; Lischer, S. 26 ff; Friedrich, ZSR Bd. 64 (1945), S. 31 f 56 S. 132, 136, 145. 57 AcP Bd. 193 ( 1993), S. 575 f., 581.
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Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB sein. Hier bestimmt sich die Fremdheit des Geschäfts ausschließlich nach objektiven Kriterien. Man könnte sich insofern allerdings fragen, ob es terminologisch geschickt ist, mit demselben Begriff des fremden Geschäfts auch den Tatbestand einer fremdnützigen Geschäftsfiihrung zu bezeichnen. Dies läßt sich aber wohl schon damit rechtfertigen, daß der Gesetzgeber selbst zwar nicht in den §§ 677-686 BGB, wohl aber in § 196 Abs. I Nr. I BGB, der die Verjährung von Ansprüchen aus der "Besorgung fremder Geschäfte" regelt, den Begriff des fremden Geschäfts als Synonym fiir das subjektiv im fremden Interesse gefiihrte Geschäft verwendet. Denn diese Bestimmung bezieht sich primär auf die vertragliche Geschäftsbesorgung, allenfalls noch auf die Geschäftsfiihrung ohne Auftrag, aber gerade nicht auf § 687 Abs. 2 BGB. Demnach sollten auch keine durchgreifenden terminologischen Bedenken dagegen bestehen, den Tatbestand der Geschäftsfiihrung ohne Auftrag weiterhin mit der Kurzformel der Führung fremder Geschäfte zu bezeichnen. Zu klären bleibt, ob der Begriff des objektiv fremden Geschäfts, den die herrschende Meinung zur Bestimmung des Anwendungsbereichs der Geschäftsfiihrung ohne Auftrag verwendet, mit dem Begriff des fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB identisch ist. Wenn das Gesetz den Begriff des (objektiv) fremden Geschäfts im Titel über die Geschäftsflihrung ohne Auftrag außerhalb von § 687 BGB nicht verwendet, so liegt der Grund hierflir nicht nur darin, daß die Gesetzesverfasser den - in der Rechtspraxis kaum vorkommenden - Fall des lediglich subjektiv fremden Geschäfts erfaßt wissen wollten 58 , sondern, wie bereits erwähnt59, auch darin, daß sie eine Fortsetzung des gemeinrechtlichen Streits um die Natur des negotium alienum vermeiden wollten. Insofern erscheint es auf den ersten Blick überraschend, daß entsprechende Bedenken gegenüber dem Tatbestandsmerkmal des fremden Geschäfts bei der Einfiigung des heutigen § 687 Abs. 2 BGB keine Rolle spielten. Bemerkenswert dürftig sind die Ausfiihrungen zum Begriff des fremden Geschäfts in den Protokollen der zweiten Kommission. Zur Auslegung des Begriffs äußerte sich die zweite Kommission in grundsätzlicher Hinsicht nur dahingehend, daß es nicht darauf ankomme, ob der Geschäftsfiihrer im eigenen oder fremden Namen auftrete 60 • Offensichtlich schien den Gesetzesverfassern der bei der Regelung der Geschäftsfiihrung ohne Auftrag we-
58 Wal/schläger, GoA, S. 21 f. bezeichnet das subjektiv fremde Geschäft als totes Recht: ähnlich insoweit Wittmann, S. 35, 64: Helm, Gutachten, S. 368, 371. Zu Recht weist zwar Gursky, AcP Bd. 185 (1985), S. 18 darauf hin, daß subjektiv fremde Geschäfte sicher durchaus vorkommen. Da diese aber nicht zu Streitigkeiten zu führen pflegen, hätte auf eine gesetzliche Regelung insoweit wohl verzichtet werden können. 59 Oben S. 41. 60 Pro!. 11, S. 743 = Mugdan 11, S. 1203.
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gen seiner venneintlichen Unbestimmbarkeit noch so entschieden verworfene Begriff hier keine nennenswerten Zweifelsfragen aufzuwerfen. Die Rechtspraxis scheint diese Einschätzung durchaus zu bestätigen. Während zunehmend in Frage gestellt wird, ob der Begriff des objektiv fremden Geschäfts ein geeignetes Hilfsmittel für die Bestimmung des Anwendungsbereichs der Geschäftsführung ohne Auftrag sein kann, sind grundsätzliche Bedenken in dieser Richtung bei § 687 Abs. 2 BGB nie geltend gemacht worden. Dies ist, geht man von einem einheitlichen Begriff des objektiv fremden Geschäfts bei Geschäftsführung ohne Auftrag und Geschäftsanmaßung aus, kaum erklärlich. Tatsächlich ist der scheinbare Widerspruch nur dadurch aufzulösen, daß der Begriff des objektiv fremden Geschäfts bei der Geschäftsführung ohne Auftrag und bei der Geschäftsanmaßung eine grundsätzlich verschiedene Bedeutung hat. Entgegen verbreiteter Auffassung 61 kann der Unterschied aber nicht darin gesehen werden, daß der Begriff des objektiv fremden Geschäfts bei § 687 Abs.2 BGB im Verhältnis zu dem bei der Geschäftsführung ohne Auftrag enger sei, da er bei § 687 Abs. 2 BGB nur Eingriffe in einen fremden Rechtskreis erfasse, bei der Geschäftsfuhrung ohne Auftrag dagegen auch Fälle, bei denen von einem Eingriff nicht gesprochen werden könne. Dies führt zwar in die richtige Richtung, trifft aber den Kern des Problems noch nicht. Die Geschäftsfuhrung ohne Auftrag erfaßt nicht nur - gleichsam in Gestalt zweier konzentrischer Kreise - über die Eingriffe in fremde Rechte hinaus auch andersartige Handlungen. Vielmehr ist der fur § 687 Abs. 2 BGB zweifellos entscheidende Gesichtspunkt, daß in fremde Rechte eingegriffen wird, für den Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag ohne jede Relevanz. Der Eingriff in fremde Rechte ist hier lediglich ein häufiger Nebeneffekt, der auf die rechtliche Beurteilung aber keinen Einfluß hat. Wer etwa den Brand in einem fremden Haus löscht, muß hierbei zwar notwendigerweise auf fremdes Eigentum einwirken. Um ein objektiv fremdes Geschäft in der Tenninologie der Geschäftsftihrung ohne Auftrag handelt es sich aber nicht deswegen, sondern ausschließlich, weil die Löschung des Hauses dem Eigentümer zugute kommt. Bei der Geschäftsftihrung ohne Auftrag ist also allein der Erfolg entscheidend, auf den die Geschäftsftihrung gerichtet ist. Deshalb kann es ftir die Beurteilung der Handlung des Geschäftsfuhrers als Geschäftsfuhrung ohne Auftrag z. B. auch keinen Unterschied machen, ob der Geschäftsftihrer sich zum Zwecke der Geschäftsfuhrung eigener oder fremder Mittel bedient. Wäre Kennzeichen der Geschäftsftihrung ohne Auftrag die Einwirkung auf fremdes Vennögen oder die Ausübung fremder Rechte, so müßte dagegen der Frage, ob der Geschäftsftihrer eigene oder fremde Mittel einsetzt, durchaus entscheidende Bedeutung zukommen.
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Vgl. die Nachw. oben S. 50 Fn. 55.
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Die Tatbestände der Geschäftsfiihrung ohne Auftrag und der Geschäftsanmaßung unterscheiden sich somit dadurch, daß bei ersterer allein ein durch die Geschäftsfiihrung erst herbeizufiihrender, bei letzterer dagegen allein ein vor der Geschäftsfiihrung bereits bestehender Zustand über die Anspruchsentstehung entscheidet. Nur bei der Geschäftsfiihrung ohne Auftrag ist Kennzeichen der Führung objektiv fremder Geschäfte die Wahrnehmung fremder Interessen, und nur bei § 687 Abs. 2 BGB die Verletzung fremder Rechte 62 • Eine logische Konsequenz aus dieser Unterscheidung ist, daß die "Vermutung des Fremdgeschäftsfiihrungswillens" allein mit der Führung fremder Geschäfte im Sinne des § 687 Abs.2 BGB nicht zu rechtfertigen ist63 . Von altruistischen Absichten des Handelnden kann man prima facie dort ausgehen, wo ein fremdes Interesse gefördert wird, aber nicht dort, wo fremde Rechte verletzt werden. So berechtigt die Vermutung des Fremdgeschäftsführungswillens bei der Rettung eines Verunglückten ist, so fernliegend erscheint sie, wenn ein Dieb die gestohlenen Sachen verkauft. Tatsächlich hat auch die Rechtsprechung die Vermutung des Fremdgeschäftsfiihrungswillens nie angewandt, wenn der Handelnde lediglich in fremde Rechte eingegriffen hat, ohne hiermit "ipso gestu" die Interessen eines andern zu fördern 64 • Andererseits ist wohl noch niemand auf den Gedanken gekommen, etwa bei der Rettung eines Verunglückten die Vermutung des Fremdgeschäftsfiihrungswillens damit zu begründen. daß der Retter in Rechte des Verunglückten eingegriffen habe 65 . Aus dem dargelegten Unterschied erklärt sich nun aber auch, daß die spezifischen Probleme bei der Bestimmung des Anwendungsbereichs der Geschäftsfiihrung ohne Auftrag bei § 687 Abs. 28GB nicht auftauchen: Rechtskreise sind aufgrund gesetzlicher Regelungen meist eindeutiger voneinander abgrenzbar als Interessenkreise, die sich vielfältig überschneiden können. Das "auch fremde Geschäft", das fiir nahezu sämtliche Unsicherheiten über den Anwendungsbereich der Geschäftsführung ohne Auftrag verantwortlich ist, existiert daher in dieser Form bei § 687 Abs. 2 BGB nicht.
62 So auch Jakobs. Eingriffserwerb. S. 93 ff.; ähnlich Stein. S. 127 f., 132, 136. Vgl. auch schon v. Monroy. S. 17 f.: Der Tatbestand der Ausübung fremder Vermögensrechte sei durch Gegenstand und Inhalt der Handlung. derjenige der Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen durch den Zweck der Handlung gekennzeichnet. 63 Zutr. Stein. S. 127 f., 136. der zu Recht auch auf den Widerspruch zwischen der Vermutung des Fremdgeschäftsflihrungswillens einerseits, der These. der Eingriff in fremde Rechte i. S. des § 823 Abs. 1 BGB indiziere die Rechtswidrigkeit, andererseits hinweist; vgl. auch Fleck. FS Heinsius. S. 1\0. M Vgl. Stein. S. 132 f. 65 Daß das Kriterium des Eingriffs in einen fremden Rechtskreis in Fällender Lebensrettung besonders unangemessen ist, betonen auch Jakobs. Eingriffserwerb, S. 94 und Wittmann. S. 66. 166.
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Gegen die hier vertretene Auffassung, der Begriff des objektiv fremden Geschäfts bei der Geschäftsführung ohne Auftrag sei ein grundsätzlich anderer als der des fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs.2 BGB, läßt sich auch nicht einwenden, daß der Unterschied sich erst aus dem weiteren Merkmal der Übereinstimmung der Geschäftsführung mit Wille und Interesse des Geschäftsherrn im Sinne des § 683 BGB ergebe. Zwar erscheint es in der Tat zweifelhaft, ob man auch bei der Geschäftsführung im Sinne der §§ 678, 684 BGB davon sprechen kann, daß objektiv fremde Interessen wahrgenommen werden. Gleichwohl unterscheidet sich auch die nicht dem Willen und Interesse des Geschäftsherrn entsprechende Geschäftsführung ohne Auftrag von der Geschäftsanmaßung dadurch, daß die Geschäftsführung zumindest potentiell geeignet sein muß, ein fremdes Interesse zu fördern, hingegen der für § 687 Abs. 2 BGB wesentliche Gesichtspunkt der Rechtsverletzung ganz außer Betracht zu bleiben hat. Denn eine Geschäftsführung ohne Auftrag im Sinne der §§ 678, 684 BGB muß ebensowenig mit einer Rechtsverletzung verbunden sein wie eine solche im Sinne der §§ 677, 683 BGB66. Die Bezeichnung "unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag" ist insofern ungenau 67 . Wenn, in Abwandlung eines Beispiels von Medicus 68 , G, der aus dem Hause des H Qualm dringen sieht, welcher jedoch lediglich auf übergekochte Milch zurückzuführen ist, daraufhin die Feuerwehr ruft, so handelt er ebenso als "unberechtigter" Geschäftsführer ohne Auftrag, wie wenn er die Tür aufbricht, um den vermeintlichen Brand zu löschen. Daß G ein objektiv fremdes Geschäft führt, läßt sich im ersten Fall aber nicht mit einer Verletzung von Rechten des H begründen, sondern nur damit, daß die Handlung objektiv auf eine Förderung fremder Interessen zielt, dem H wenigstens potentiell nützlich ist. Das Erfordernis, den Begriff des objektiv fremden Geschäfts bei § 687 Abs. 2 BGB anders zu bestimmen als bei der Geschäftsführung ohne Auftrag, ist letztlich auf die grundsätzlich verschiedene, ja geradezu gegensätzliche Funktion beider Rechtsinstitute zurückzuführen 69 . Die praktisch bedeutsamste Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag ist die der Schadloshaltung des Geschäftsführers, die durch den Aufwendungsersatzanspruch des § 683 BGB verwirklicht wird. Diese Funktion fehlt bei § 687 Abs. 2 BGB, der einen originären Aufwendungsersatzanspruch nicht kennt. Den Tatbestand einer Rechtsverletzung zur Grundlage eines originären Aufwendungsersatzanspruchs zu
66 Dies setzt etwa auch Batsch. AcP Bd. 171 (\ 971). S. 231 ff. voraus. wenn er sich dafür ausspricht. die Schadensersatzptlicht aus § 678 BGB auf Eingriffsflille zu beschränken; ebenso GlIrsky. AcP Bd. 185 ( 1985). S. 22 Fn. 42. 67 Die schweiz. Literatur spricht treffender u. a. von "unerwünschter" oder "nicht gebotener" Geschäftsführung; vgl. Lischer. S. 14 f. m. w. Nachw. 68 BR. Rdnr. 424. 69 Vgl. Jakobs. Eingriffserwerb. S. 93 ff.
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machen, wäre gänzlich widersinnig. Allein die dem Geschäftsherrn nützliche Handlung kann den originären Aufwendungsersatzanspruch rechtfertigen. Wenn andererseits die praktisch bedeutsamste Rechtsfolge des § 687 Abs.2 BGB, der Herausgabeanspruch des Geschäftsherrn, bei der Geschäftsführung ohne Auftrag in gleicher Weise vorgesehen ist, so wäre es insoweit gleichwohl ebenso verfehlt, beide Ansprüche auf einen einheitlichen materiellen Grund der Führung eines objektiv fremden Geschäfts zurückführen zu wollen. Denn bei der Geschäftsführung ohne Auftrag bedarf es der objektiven Fremdheit des Geschäfts nicht, um den Herausgabeanspruch zu rechtfertigen. Die Herausgabe des Erlangten erscheint hier nur als logische Konsequenz aus der Absicht des Geschäftsführers, das Geschäft für einen anderen zu besorgen 70. Keineswegs kann daher, wie Moser behauptete, die actio directa bei beiden Tatbeständen einheitlich auf das "Postulat, daß jedem der Gewinn aus seinem Geschäft zukommen soll", zurückgeführt werden 71. Der materielle Grund des Herausgabe-
70 Zutr. lVi/burg, AcP Bd. 163 (1964), S. 365: Jakobs, Eingriffserwerb, S.94 (mit dem Hinweis auf den Grundsatz "volenti non fit iniuria"). Gursky, AcP Bd. 185 (1985), S. 26 fund Reichard, AcP Bd. 193 (1993), S. 583 f verweisen in diesem Zusammenhang auf den insoweit richtigen Ansatz der Quasikontraktstheorie; die Rechtsfolgen der Geschäftsführung ohne Auftrag ergäben sich zwanglos daraus, daß nur infolge der Abwesenheit des Geschäftsherrn kein Auftrag zustande gekommen ist. Hierzu ist allerdings anzumerken, daß es genau genommen zur Rechtfertigung des Herausgabeanspruchs bei der Geschäftsführung ohne Auftrag auch nicht der Übereinstimmung der Geschäftsführung mit Wille und Interesse des Geschäftsherrn bedarf (ungenau insoweit auch Jakobs, a.a.O .. S. 94 L der die gegenseitigen Ansprüche bei der Geschäftsführung ohne Auftrag auf einen gemeinsamen Haftungsgrund, der durch den Fremdgeschäftsführungswillen des Handelnden und die Nützlichkeit der Geschäftsführung für den Geschäftsherrn gebildet werde, zurückführen will: ähnlich schon v. Monroy, S. 34 f, 155 f, der die ob Iigatio negotii gest i bei der Wahrnehmung fremder Interessen auf die Willensübereinstimmung zwischen Gestor und Dominus zurückführte und lediglich einen hiervon zu unterscheidenden Geltungsgrund der actio negotii gesti bei vollmachtsloser Ausübung fremder Vermögensrechte annahm). Wenn die h. M. den Herausgabeanspruch aus § 681 BGB gleichwohl bei einer nicht interessegerechten Geschäftsführung von der Genehmigung des Geschäftsherrn abhängig macht (so etwa Staudinger-Wittmann, § 681 Rdnr. 2; Jauernig-I'ollkommer, vor § 677 Rdnr.5: Laren=, SchuldR II11, § 57; Fikentscher, SchuldR, Rdnr.943: Medicus, BR, Rdnr.432: a. A. Erman-Ehmann, § 681 Rdnr. I; MünchKomm-Sei/er, § 681 Rdnr. 2 L Wollschläger, GoA, S. 45 f), so ist dies nur deshalb gerechtfertigt, weil bei Geltendmachung des Herausgabeanspruchs durch den Geschäftsherrn auch die Aufwendungsersatzregelung des § 683 BGB zum Zuge kommen und der Herausgabeanspruch des Geschäftsführers aus § 684 S. I BGB ausgeschlossen sein muß. Die Unanwendbarkeit der actio directa bei nicht interessegerechter Geschäftsführung ohne Auftrag hat ihren Grund also nur mittelbar in der fehlenden Nützlichkeit der Geschäftsführung. 71 Moser, Herausgabe, S. 108: ähnlich Wollschläger, GoA S. 44, 60 f, 241 ff Nach Wollschläger. a.a.O .. S. 254 stellt der objektive Eingriff in ein fremdes Recht den einheitlichen materiellen Grund des Herausgabeanspruchs bei Geschäftsführung ohne Auftrag. Geschäftsanmaßung und Eingriffskondiktion dar; die gegenteilige Auffassung Jakobs' werde "durch die Gerichtspraxis widerlegt". Die Argumentation Wollschlägers
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anspruchs ist nur im Falle des § 687 Abs. 2 BGB eine rechtsverletzende Tätigkeit, im Falle der Geschäftsführung ohne Auftrag dagegen allein der auf diese Rechtsfolge gerichtete Wille des Geschäftsführers. Dies ergibt sich nicht zuletzt daraus, daß andernfalls die Rechtsfolge des § 667 BGB für den Fall des lediglich subjektiv fremden Geschäfts überhaupt nicht zu erklären wäre. Der Versuch, Herausgabeanspruch und Aufwendungsersatzanspruch aus einem für die Geschäftsführung ohne Auftrag und die Geschäftsanmaßung einheitlich bestimmbaren Merkmal des objektiv fremden Geschäfts ableiten zu wollen, ist also schon im Ansatz verfehlt. Den unterschiedlichen Funktionen der bei den Rechtsinstitute entsprechend dient der Begriff des objektiv fremden Geschäfts in der Praxis jeweils verschiedenen Zwecken. Bei der Geschäftsführung ohne Auftrag wird der Begriff nahezu ausschließlich als Hilfsmittel für die Entscheidung der Frage herangezogen, ob dem Handelnden ein Aufwendungsersatzanspruch gegen einen anderen, durch die Geschäftsführung Begünstigten, zusteht 72 • Das entscheidende Kriterium für die Bestimmung des objektiv fremden Geschäfts bei der Geschäftsführung ohne Auftrag läßt sich daher auf die Kurzfonnel bringen: Wer den Nutzen hat, soll auch den Aufwand tragen 73 . Dieses Kriterium ist jedoch bei § 687 Abs. 2 BGB, der einen originären Aufwendungsersatzanspruch nicht kennt, sinnlos. Bei § 687 Abs. 2 BGB hat das Tatbestandsmerkmal des fremden Geschäfts ausschließlich die entgegengesetzte Funktion, darüber zu entscheiden, in welchen Fällen dem Geschäftsherrn Ansprüche aus der Geschäftsführung zustehen. Im Vordergrund steht hierbei der Anspruch aus § 681 S. 2 i. V. m. § 667 BGB, der bei der Geschäftsführung ohne Auftrag überhaupt keiner Rechtfertigung aus dem Tatbestand eines objektiv fremden Geschäfts bedarf und im übrigen auch von praktisch untergeordneter Bedeutung ist74 •
ist (nicht nur hier) zu einseitig an der Gerichtspraxis orientiert, ganz abgesehen davon, daß auch die Judikatur nach 1900 kaum Belege für die These Wal/schlägers liefert. 72 Vgl. Wal/schläger, GoA, S.32: Die Praxis der Geschäftsführung ohne Auftrag werde vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart wesentlich durch den Aufwendungsersatzanspruch bestimmt, auf den 70-80 % aller Urteile entfielen. 73 Vgl. Oppermann, AcP Bd. 193 (1993), S. 509; Wallschläger, GoA, S. 176, 322; ders., JA 1979, S. 127. - Ob, wie Wallschläger annimmt, ein zweites, selbständiges Kriterium in einer die Kostenlast rechtfertigenden PflichtensteIlung zu sehen ist, bedarf hier keiner Erörterung. 74 Vgl. MünchKomm-Seiler, § 681 Rdnr. 6 f.; Wallschläger, GoA, S. 33, 241; Helm, Gutachten, S. 359; Stein, S. 50. - Wallschläger fand in dem von ihm ausgewerteten Rechtsprechungsmaterial nur einen "reinen Fall auftraglosen HandeIns", in dem es um die Herausgabepflicht eines Geschäftsführers ohne Auftrag ging. Im übrigen handelte es sich, abgesehen von den Fällen des § 687 Abs. 2 BGB, um die Grenzfälle des HandeIns im Rahmen bestehender, unwirksamer oder beendeter Geschäftsbesorgungsverhältnisse und des HandeIns im Auftrag eines Dritten.
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Die Vorstellung, es gebe einen einheitlichen Begriff des objektiv fremden Geschäfts bei eigennütziger und uneigennütziger Geschäftsfiihrung, ist ein Relikt der im übrigen zu Recht überwundenen objektiven Theorie der Geschäftsfiihrung ohne Auftrag. Der Sache nach war allerdings, wie bereits erwähnt, schon die objektive Theorie des gemeinen Rechts gezwungen, dem Begriff des negotium alienum eine unterschiedliche Bedeutung zu geben, je nachdem, ob es um die actio directa oder contraria ging. Präziser und terminologisch klarer trug v. Monroy75 den zwei Kategorien des negotium alienum Rechnung, indem er den Begriff in die Tatbestände der Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen und der Ausübung fremder Vermögensrechte aufspaltete. Ähnlich deutlich hat den entscheidenden Unterschied aber auch schon Aarons in seiner Auseinandersetzung mit dem System der Glosse herausgestellt. Aarons76 unterschied das "unmittelbar wirkende" negotium alienum, das er mit dem negotium ipso gestu alienum im Sinne der Glosse gleichsetzte, von dem "mittelbar wirkenden" negotium alienum. Die Besonderheit des unmittelbar wirkenden Geschäfts besteht nach Aarons darin, daß die Glosse hier die actio contraria allein kraft der unmittelbaren Nützlichkeit der Geschäftsfiihrung eintreten lassen wollte, während bei den nur mittelbar wirkenden Geschäften der Fremdgeschäftsfiihrungswille hinzukommen mußte 77 • Zur Kategorie des unmittelbar wirkenden negotium alienum zählen nach Aarons insbesondere Verwendungen auf fremde Sachen und die Zahlung fremder Schulden, jedoch nicht der klassische Fall der Führung fremder Geschäfte im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB, die Veräußerung fremder Sachen, da allein der Umstand, daß die Geschäftsfiihrung in fremde Rechte eingreift, offensichtlich zur Begründung der actio contraria ungeeignet ist1s. Diese grundlegende Unterscheidung zwischen dem einem andern unmittelbar nützlichen Geschäft und sonstigen einen fremden Rechtskreis tangierenden Geschäften wird durch die heute übliche Terminologie, die beide Kategorien unter dem Begriff des objektiv fremden Geschäfts zusammenfaßt und damit zugleich S. 16 ff. S. 12 ff. 77 Vgl. Aarons, S. 32, 50, 72, der diese Unterscheidung innerhalb des Begriffs des negotium alienum selbst allerdings nicht anerkennen wollte, vielmehr an einem beide Kategorien umfassenden Begriff des negotium alienum als Grundlage (nur) der actio directa festhielt (vgl. oben S. 32 und unten S. 59 Fn. 86). Aarons' eigene Auffassung ist nur andeutungsweise erkennbar, da er deren Darlegung einem zweiten, nicht mehr zustande gekommenen Band vorbehalten wollte. 78 Aarons, S. 16 f., 72 f. Die sachliche Richtigkeit der Deutung der Glosse durch Aarons ist allerdings nicht unbestritten. So zählt Wittmann, S. 48 f. nur die Zahlung fremder Schulden zur Kategorie des ipso gestu fremden Geschäfts im Sinne der Glosse, Verwendungen auf fremde Sachen dagegen zur Kategorie des re ipsa fremden Geschäfts (noch anders aber offenbar S. 139: Zahlung fremder Schulden als negotium ratihabitione alienum). 75
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die Kategorie des subjektiv fremden Geschäfts zur praktischen Bedeutungslosigkeit verurteilt, verdeckt. Richtigerweise ist etwa der Verkauf einer fremden Sache im Hinblick auf die Geschäftsführung ohne Auftrag im Sinne des § 677 BGB kein objektiv fremdes Geschäft, sondern vielmehr "objektiv neutral", da (anders als bei Verwendungen auf fremde Sachen) die Vorteile aus der Geschäftsführung dem Geschäftsherm nicht ipso gestu, sondern allenfalls kraft des hierauf gerichteten Willens des Geschäftsführers zufallen. Faktisch konnte die dargelegte Unterscheidung allerdings auch durch das formale Bekenntnis zum "Einheitsbegriff' des objektiv fremden Geschäfts aus der Dogmatik der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht verbannt werden. Die Rechtsprechung zum Anwendungsbereich der §§ 677 ff. BGB wendet sie seit jeher wenigstens stillschweigend an, indem sie auf die Vermutung des Fremdgeschäftsführungswillens nur zurückgreift, wenn die Geschäftsführung einem andern unmittelbar nützlich ist, und nicht etwa bei jeder rechtsverletzenden Handlung. Auch die Rechtsprechung geht damit der Sache nach bei der Prüfung von Ansprüchen aus Geschäftsführung ohne Auftrag von einem anderen Begriff des objektiv fremden Geschäfts aus als bei § 687 Abs. 2 BGB. Der "Einheitsbegriff' des objektiv fremden Geschäfts ist ein theoretisches Kunstprodukt, das für die Rechtsanwendung ohne Nutzen ist. Die heute üblichen Definitionen des objektiv fremden Geschäfts, die auf die Geschäftsführung ohne Auftrag und die Geschäftsanmaßung gleichermaßen zutreffen, lassen sich nur dadurch gewinnen, daß entweder von den die beiden Rechtsinstitute unterscheidenden Merkmalen abstrahiert wird oder aber diese Merkmale gemeinsam in die Definition aufgenommen werden - zwei Verfahren, mit denen sich letztlich jedes Rechtsinstitut mit einem beliebigen anderen unter einer gemeinsamen Definition zusammenfassen ließe. Beispielhaft hierfür sind etwa die Definitionen des objektiv fremden Geschäfts als Eingriff in einen fremden Geschäftskreis 79 oder als Eingriff in einen fremden Interessen- und Rechtskreis 80 • Ebenso allgemein gehalten sind Formulierungen wie die, es müsse sich um eine "Angelegenheit" eines andern handeln 81 , die Geschäftsführung müsse "Sache" eines andern sein 82 oder in die "Zuständigkeit" eines andern fallen 83 • Kaum aussagekräftiger, zugleich aber hinsichtlich des Tatbestands der Geschäftsfüh-
RGZ 143,91, 95; BGHZ 32, 44, 51. BGH LM Nr. 2 zu § 677 BGB; Fikentscher, SchuldR. Rdnr. 930: Giesen, Jura 1996, S. 228: ausdrücklich auch für § 687 Abs. 2 BGB MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr. 8: Planck-Lobe, § 687 Anm.3: Henssler, JuS 1991, S.928: ähnlich RGRKSteifen, § 687 Rdnr. 4; Isele, FS Cohn, S. 76 f. (Tätigkeit im fremden Wirtschafts- und Interessen bereich ). 81 Laren=, SchlildR II/I, § 57 I a. 8213GB NJW 1971. 609, 612: A!ediclls, 13R. Rdnr. 40R. 83 MediclI.I', BR, Rdnr. 40R: Fikenl.l'cher, SchlildR. Rdnr. 930. 79
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rung ohne Auftrag noch zu eng ist das Abgrenzungskriterium der Wirkung auf fremdes Verrnögen 84 . Der einzige Effekt derartiger Definitionen besteht darin, daß sie suggerieren, es gebe einen Geschäftsführung ohne Auftrag und Geschäftsanmaßung verbindenden Tatbestand der Führung objektiv fremder Geschäfte. Sucht man hingegen mit ihrer Hilfe eine Lösung für die zweifelhaften Anwendungsfalle der Geschäftsführung ohne Auftrag und der Geschäftsanmaßung, so erweisen sie sich wegen ihrer Unbestimmtheit schnell als unbrauchbar85 . Teilweise sind die Definitionen derart allgemein, daß sie nicht nur auf die Tatbestände der Geschäftsführung ohne Auftrag und der Geschäftsanmaßung, sondern in gleicher Weise auch auf ganz andere Rechtsakte zutreffen. So wird man auch die Begehung einer unerlaubten Handlung oder die Erfullung eines Vertrags ohne weiteres als ein "Handeln im fremden Rechts- und Interessenkreis" ansehen können 86 . Daß der strukturelle Unterschied zwischen Geschäftsführung ohne Auftrag und Geschäftsanmaßung zu einer geradezu konträren Sichtweise bei der Feststellung der objektiven Fremdheit eines Geschäfts fuhren muß, zeigt sich aber in aller Deutlichkeit an denjenigen Definitionen, die speziell auf das Hauptproblem der Geschäftsfuhrung ohne Auftrag, die Rechtfertigung des Aufwendungsersatzanspruchs, zugeschnitten sind. So betrachtete das Reichsgericht als fremdes Geschäft eine Tätigkeit, "die an und fur sich der Sorge des andern obliegen würde, durch die daher das Interesse des andern gefördert wird"87. Der Bundesgerichtshof fragt im Rahmen der Geschäftsführung ohne Auftrag bei
84 Vgl. dazu schon oben S. 45 f., 52. 85 Krit. gegenüber derart unbestimmten Definitionen auch Wol/schläger, GoA, S. 52 f.; vgl. auch schon Mueser, S. 6 f.; Franke, S. 48. 86 Ähnlich Wol/schläger, GoA, S. 53; ders., JA 1979, S. 60. - Bezeichnend für die unüberwindbaren Schwierigkeiten, auf die die Einheitslehre vom Begriff des fremden Geschäfts stößt, ist die Definition Aarons . (S. 195), der als negotium eine Handlung bezeichnete, "welche den Inhalt hat, einem fremden Vermögen ein Object der Berechtigung resp. Verpflichtung hinzuzufügen, oder ein darin befindliches zu entfernen oder zu modificiren, oder aber eine dieser Thatsachen zu verhindern". Selbst nach dieser denkbar umständlichen Definition wären, wie schon v. Monroy, S. 4 treffend bemerkte, Käufer und Verkäufer wechselseitig füreinander Geschäftsführer und Geschäftsherr. Lent, !\uftragslose Geschäftsführung, S. 4 f., 70 ergänzte die Definition daher dahingehend, daß die Vornahme eines Rechtsgeschäfts keine Geschäftsführung für den Partner des Rechtsgeschäfts sein könne. Vgl. auch Medicus, BR, Rdnr. 403, der die "Geschäftsführung im weitesten Sinne" als "Handeln mit wirtschaftlichen Folgen, das sich nicht auf ein bloßes Geben beschränkt", definiert. Auch diese Definition dürfte zwar einerseits noch zu eng sein, da insbes. eine Geschäftsführung ohne Auftrag nicht notwendig auf wirtschaftliche Folgen gerichtet sein muß, trifft andererseits aber in gleicher Weise etwa auch auf Vertragsverletzungen und unerlaubte Handlungen zu. 87 RGZ 97, 61, 65 f; ähnlich ßGII VersR 1970,620,622; Erman-Ehmann, vor § 677 Rdnr. 3; Jauernig-Vo//kommer, § 677 Rdnr.3; Larenz, SchuldR 11/1, § 57 I a; Teichmann, JuS 1972, S. 251.
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der Prüfung, ob ein objektiv fremdes Geschäft geführt worden sei, gelegentlich nur, ob das Geschäft im Interesse eines andern lag88 • Nach der wohl am deutlichsten am Zweck der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag orientierten Definition liegt ein fremdes Geschäft vor, wenn nach dem Willen der Gesamtrechtsordnung ein anderer als der Handelnde letztlich für die Kosten aufzukommen hat89 • Daß diese Definition bei § 687 Abs. 2 BGB nicht paßt, ist offensichtlich, da sie einseitig im Hinblick auf die Ansprüche des Geschäftsführers entwickelt wurde, denen für die Begriffsbestimmung bei § 687 Abs. 2 BGB keine Bedeutung zukommen kann 90 • Bei § 687 Abs. 2 BGB lautet die entscheidende Frage nicht, wer für die Kosten der Geschäftsführung aufzukommen hat, sondern wer die Vorteile aus der Geschäftsführung beanspruchen kann. Die Unbrauchbarkeit einer einheitlichen Definition des fremden Geschäfts wird daher besonders deutlich dort, wo das Recht zur Nutzung und die Pflicht zur Kostentragung auseinanderfallen. So trägt der Eigentümer einer Sache die Kosten grundsätzlich auch dann, wenn er sie vermietet hat, so daß Verwendungen eines Dritten auf die Mietsache ein Geschäft des Eigentümers und nicht des Mieters darstellen. Aus der Regelung der Kostentragung läßt sich aber für die Frage, wem der Mietzins gebührt, den der Mieter durch unberechtigte Untervermietung oder der Eigentümer oder ein Dritter durch anderweitige Vermietung der Sache erzielt91 , nichts herleiten. Es ist demnach sinnlos, bei der Bestimmung des Anwendungsbereichs der Geschäftsführung ohne Auftrag und der Geschäftsanmaßung gleichermaßen danach zu fragen, wer Nutzen und Lasten zu tragen habe 92 oder in wessen Rechts- und Interessenkreis die Geschäftsführung falle 93, da es der unterschiedlichen Funktion beider Tatbestände entsprechend bei der Geschäftsanmaßung ausschließlich darauf ankommt, in wessen Rechtskreis die Geschäftsführung fallt und wem daher der Nutzen der Geschäftsführung gebührt, bei der Geschäftsführung ohne Auftrag dagegen ausschließlich darauf, in wessen Interessenkreis die Geschäftsführung fällt und wer daher die Lasten der Geschäftsführung tragen soll. Die Fremdheit des Geschäfts bestimmt sich bei der Geschäftsführung ohne Auftrag also nach ganz anderen Kriterien als bei § 687 Abs. 2 BGB. Insoweit
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BGHZ 40, 28, 31; ebenso BayObLG MDR 1968, 920; ähnlich BGHZ 38, 270,
275. 89 So Canaris, JZ 1963, S. 659; ähnlich Wollschläger, GoA, S. 320; ders., JA 1979, S. 127; Schuber!, AcP Bd. 178 (1978), S. 432; Giesen, Jura 1996, S. 228. 90 Vgl. dazu auch Stein, S. 128, 132, 136. 91 Dazu näher unten S. 477 ff., 489 ff. 92 So aber für die Geschäftsführung ohne Auftrag Wollschläger, GoA, S. 57 ff., 319: Meissel, S. 64 f.; für § 687 Abs. 2 BGB MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr. 18. 93 Vgl. die Nachw. oben S. 58 Fn. 80.
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ist Wittmann 94 und ReicharcP5 zuzustimmen, wenn diese sich dagegen wenden, den Begriff des fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB in § 677 BGB "hineinzulesen". Zu betonen ist jedoch nochmals, daß das Tatbestandsmerkmal des fremden Geschäfts in § 687 Abs. 2 BGB im Ergebnis keine Auswirkungen auf die Rechtsprechung zur Geschäftsführung ohne Auftrag hatte, da diese faktisch das objektiv fremde Geschäft mit dem einem andem ipso gestu nützlichen Geschäft gleichsetzt und sich von der abweichenden Bedeutung des Begriffs in § 687 Abs.2 BGB in keiner Weise beeinflussen läßt96 • Eher schon läßt sich feststellen, daß gelegentlich objektive Merkmale der Geschäftsführung ohne Auftrag auf den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB übertragen werden 97 . Die Vorstellung, daß - in den Worten Reichards98 - § 687 Abs. 2 BGB lediglich "Anhängsel" und "unselbständiges Derivat" sei, liegt also durchaus auch der herrschenden Meinung zugrunde. Eine andere Frage ist die, ob auf den Begriff des objektiv fremden Geschäfts bei der Geschäftsführung ohne Auftrag ganz verzichtet werden sollte. Zwar ist mit der Erkenntnis, daß der Begriff des fremden Geschäfts in der für § 687 Abs.2 BGB maßgeblichen Bedeutung bei der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht verwendbar ist, ein Grund für die Wiedereinführung des Begriffs in die Dogmatik der Geschäftsführung ohne Auftrag, die vermeintliche Harmonisierung mit § 687 Abs. 2 BGB99, entfallen 100. Der ausschlaggebende Grund für die Wiedereinführung des Begriffs des objektiv fremden Geschäfts bei der Geschäftsführung ohne Auftrag war jedoch die wohl zutreffende Auffassung, daß ohne ein objektives Merkmal bei der Eingrenzung des Anwendungsbereichs der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht auszukommen ist lOl . Insbesondere kann nicht der einseitige Wille des Geschäftsführers darüber entscheiden, ob er Aufwendungsersatz erhält oder nicht l02 • Die Lehre von der Vermutung des S.63, 164. AcP Bd. 193 (1993), S. 576 f., 585. 96 Die h. M. definiert also keineswegs den Begriff des objektiv fremden Geschäfts vom Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB her; anders allerdings die Dissertation Niewiarras (vgl. dazu schon oben S.47 Fn.33), die Reichard, AcP Bd. 193 (1993), S.577 Fn. 36 irreführend als repräsentativ für die h. M. zitiert. 97 Vgl. oben S. 47 Fn. 37 und unten S. 68. ')8 AcP Bd. 193 (1993), S. 581, 585, 594. 99 Vgl. Isay, Geschäftsführung, S. 51 ff.; Planck-Lobe. § 677 Anm. 2 b. 100 Vgl. Gursky, AcP Bd. 185 (1985), S. 17 ff.; Stein, S. 73 f. 101 Vgl. Esser/Weyers, § 46 11 2 a; Schubert, AcP Bd. 178 (1978), S. 431 f.; Laufs, NJW 1967, S. 2295; AK-Joerges. vor §§ 677 ff. Rdnr. 13. 102 Wol/schläger. GoA, S. 47 f. Dagegen halten Gursky, AcP Bd. 185 (1985), S. 20 f. und Reichard, AcP Bd. 193 (1993). S. 568 ff. das Tatbestandsmerkmal des objektiv fremden Geschäfts bei der Bestimmung des Anwendungsbereichs der Geschäftsführung ohne Auftrag für entbehrlich, da Aufwendungsersatz nur bei interesse- und willensgemäßer Geschäftsführung ohne Auftrag geschuldet sei. Jedoch kann selbst 94 95
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Fremdgeschäftsführungswillens bei Führung objektiv fremder Geschäfte dürfte überdies durchaus im Einklang mit den Vorstellungen der Gesetzesverfasser stehen 103. Auch scheint die Anwendung des § 686 BGB eine Zuordnung des Geschäfts aufgrund objektiver Kriterien vorauszusetzen lO4 . Das Kriterium der sozialen Zweckrichtung, das nach Wittmann den Begriff des objektiv fremden Geschäfts bei der Geschäftsführung ohne Auftrag entbehrlich machen soll, dürfte allzu farblos und für die Lösung der praktischen Zweifelsfragen eher noch weniger geeignet sein als das des objektiv fremden GeschäftslOs. Lediglich aus Gründen terminologischer Klarheit könnte es sich empfehlen, den Begriff des objektiv fremden Geschäfts bei der Geschäftsführung ohne Auftrag aufzugeben. Insoweit werden jedoch, ähnlich wie hinsichtlich der Gleichsetzung des fremden Geschäfts mit dem "für einen anderen" geführten Geschäft 106 , terminologische Bedenken durch den Sprachgebrauch des Gesetzes selbst relativiert, hier durch die Vorschrift des § 687 Abs. I BGB. Der Begriff des fremden Geschäfts bezieht sich in § 687 Abs. I BGB nämlich anders als in § 687 Abs. 2 BGB zumindest auch auf das objektive Handeln im fremden Interesse, das "ipso gestu" fremde Geschäft 107 • Dies ergibt sich daraus, daß dann, wenn die Geschäftsführung - auch unter Berücksichtigung des eintretenden Aufwendungsersatzanspruchs - im Interesse eines andern lag, dennoch eine vorrangige Zuständigkeit des Handelnden begründet gewesen sein, die seine Freistellung von den entstandenen Aufwendungen nicht rechtfertigt. Bei diesen Fällen mehrfacher Zuständigkeiten liegen aber in der Praxis gerade die Hauptprobleme. Wenn Gursky, a.a.O., S. 21 und Reichard, a.a.O., S. 576 diese Probleme anhand der Erwägung lösen wollen, daß die Voraussetzungen des § 683 BGB nicht vorlägen, wenn die Geschäftsführung im sei ben Maße dem Geschäftsführer oder einem Dritten nütze, verlagern sie lediglich sämtliche Abgrenzungsschwierigkeiten vom Tatbestand des § 677 BGB auf den des § 683 BGB. Für die Beantwortung der entscheidenden Frage, wann eine Überwälzung der Kostentragungspflicht auf einen anderen als den Handelnden gerechtfertigt ist, ist auf diese Weise also nichts gewonnen. Im übrigen dürfte gerade in den Zweifelsfällen auch die Feststellung der nach Gursky für die Anwendbarkeit der §§ 677 ff. BGB allein entscheidenden realen Willensrichtung des Handelnden auf Schwierigkeiten stoßen, die mit den von Gursky (a.a.O., S. 35 f.) angesprochenen Beweiserleichterungen kaum zu überwinden sind. 103 Vgl. Prot. (1. Komm.), S. 1661 = Jakobs/Schubert, SchuldR III, S. 160: Das bewußte Eingreifen in fremde Angelegenheiten verrate meist den Willen, ein fremdes Geschäft als solches zu besorgen. 104 Stein, S. 63 räumt ein, daß § 686 BGB bei der von ihm befürworteten Maßgeblichkeit des Geschäftsführerwillens leer laufe; anders Gursky, AcP Bd. 185 (1985), S. 22, dem zufolge § 686 BGB lediglich dem Willen, einen bestimmten Interessenkreis zu fördern, den Vorrang gegenüber der Vorstellung über den Geschäftsherrn einräumt, und Reichard, AcP Bd. 193 (1993), S. 569 ff., der in § 686 BGB lediglich eine notwendige Ergänzung des § 683 BGB sie:ht. 105 Krit. auch Helm, Gutachten, S. 365. 106 Vgl. oben S. 51. 107 Ebenso Klien, S. 35 L vgl. auch Niewiarra, S. 83. Ganz überwiegend wird dagegen von einer einheitlichen Bedeutung des Begriffs in den beiden Absätzen des § 687
I. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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die Bestimmung gerade im Hinblick auf eine mögliche andere Fassung des § 677 BGB, in der es statt "fiir einen anderen" "eines anderen" heißt, konzipiert wurde 108. Gemeint sind in § 687 Abs. 1 BGB also auch Fälle wie der, daß jemand eine fremde Schuld in der Meinung, sie sei die eigene, tilgt lO9 • Darauf deutet auch die von § 687 Abs.2 BGB in auffälliger Weise abweichende sprachliche Fassung des § 687 Abs. 1 BGB hin. Wenn in § 687 Abs. 1 BGB davon die Rede ist, daß ein fremdes Geschäft "besorgt" wird, ist hier offenbar gerade an solche Fälle gedacht, in denen sich die Fremdheit des Geschäfts nicht daraus ergibt, daß in Rechte eines anderen eingegriffen wird, sondern daraus, daß im fremden Interessenkreis gehandelt wird llo. Insofern erscheint es auch unter terminologischem Gesichtspunkt vertretbar, weiterhin den Begriff des objektiv fremden Geschäfts zur Bezeichnung des objektiven Elements im Tatbestand der Geschäftsfiihrung ohne Auftrag zu verwenden. Entscheidend ist nur, sich klarzumachen, daß dieser Begriff mit dem des fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB nicht identisch ist. Als unzulässig erweisen sich damit auch die gelegentlich aus der vermeintlichen Kongruenz des fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB mit dem objektiv fremden Geschäft bei der Geschäftsfiihrung ohne Auftrag gezogenen Schlußfolgerungen fiir den Anwendungsbereich des § 687 Abs. 2 BGBIII. Wer eine Handlung vornimmt, die nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen als objektiv fremdes Geschäft die Vermutung des Fremdgeschäftsfiihrungswillens rechtfertigt, erfiillt nicht notwendig zugleich den objektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB. Es liegt auf der Hand, daß sich aus der fehlenden Kongruenz des fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB mit dem objektiv fremden Geschäft bei der Geschäftsfiihrung ohne Auftrag ein starkes Argument fiir die AuffasBGB ausgegangen; vgl. EsserlWeyers, § 46 IV 1; Reichard, AcP Bd.193 (1993), S. 576; Stein, S. 26, der meint, es bestehe bei § 687 Abs. 1 BGB kein Anlaß, an fürsorgerische Maßnahmen zu denken. 108 Vgl. Prot. 11, S. 742 = Mugdan 11, S. 1202. 109 Klien, S. 35 f.; MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr. 4. Die Römer bezeichneten auch die Klage aufgrund irrtümlicher Begleichung fremder Schulden gegen den wahren Schuldner als actio negotiorum gestorum contraria; vgl. D. 3, 5, 48. Die jüngere gemeinrechtliche Lehre gliederte diese Klage ebenso wie die actio directa gegen den gutgläubigen Veräußerer fremder Sachen der condictio sine causa an; vgl. v. Monroy, S. 36; Windscheid, Pandekten 11, § 422 Fn. 4, § 430 Fn. 17. 110 Überwiegend wird dagegen der in diesem Punkt unterschiedlichen sprachlichen Fassung der beiden Absätze des § 687 BGB keine Bedeutung beigemessen; vgl. Stein, S. 26; Klien, S. 35; Chrestin, S. 13; Freese, S. 14 (Wortwechsel "nur aus Gründen des sprachlichen Taktes"). 111 Vgl. Kellmann, Gewinnhaftung, S. 88 f.; Esser/Weyers, § 46 IV I; Schwark, JuS 1989, S. 710 Ueweils im Zusammenhang mit der Frage, ob sich die Fremdheit des Geschäfts mit schuldrechtlichen Bindungen begründen läßt).
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sung ergibt, die de lege ferenda flir die Abschaffung des Instituts der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag und ihre Ersetzung durch eine in das Bereicherungsrecht einzuordnende Gewinnhaftung eintritt l12 • Denn man muß bezweifeln, ob es angesichts der geradezu diametral entgegengesetzten subjektiven Voraussetzungen für die systematische Stellung des § 687 Abs. 2 BGB im Titel über die Geschäftsführung ohne Auftrag und für die Verweisungstechnik, derer sich der Gesetzgeber in § 687 Abs. 2 BGB bedient, eine hinreichende Rechtfertigung gibt, wenn der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB mit der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht einmal das Merkmal der Führung eines objektiv fremden Geschäfts gemeinsam hat. Doch ist schon an dieser Stelle zu betonen, daß durch derartige gesetzessystematische Bedenken die praktische Angemessenheit der Erstreckung der actio directa auf den unredlichen Geschäftsflihrer, die allein flir die zweite Kommission der ausschlaggebende Grund war, entgegen dogmatischen Bedenken die Vorschrift des § 687 Abs. 2 BGB aufzunehmen, nicht in Frage gestellt wird. c) Das Verhältnis des fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB zum fremden Geschäft bei der auf Bestellung beruhenden Geschäftsbesorgung Was zum Verhältnis des § 687 Abs. 2 BGB zur Geschäftsführung ohne Auftrag ausgeführt wurde, gilt in ähnlicher Weise auch für das Verhältnis zur Geschäftsführung aufgrund Vertrags gemäß §§ 662 ff. BGB und zu sonstigen auf Bestellung beruhenden Geschäftsflihrungsverhältnissen. Auch die Geschäftsflihrung aufgrund eines Auftrags oder Geschäftsbesorgungsvertrags wird als Führung eines fremden Geschäfts bezeichnet, und auch das BGB benutzt diese Terminologie in § 196 Abs. I Nr. 1. Der Begriff des (objektiv) fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB kann für das Recht der vertraglichen Geschäftsbesorgung jedoch ebensowenig Bedeutung haben wie für die Geschäftsführung ohne Auftrag. Zwar hat auch die auf Vertrag beruhende Geschäftsführung stets ein objektives Element. Dieses liegt aber nicht in einem Eingriff in den unabhängig vom Vertrag bestehenden Rechtskreis des Auftraggebers, sondern wird durch den Vertrag bestimmt. Zweifellos führt auch der Rechtsanwalt, der ein Gutachten flir seinen Mandanten erstellt, ein fremdes Geschäft im Sinne des Geschäftsbesorgungsrechts ll3 , obgleich hier von einem Eingriff in einen fremden Rechtskreis ebensowenig die Rede sein kann wie im Paradebeispiel des subjektiv fremden Geschäfts bei der Geschäftsführung ohne
Vgl. dazu dic Naehw. obcn S. 35 Fn. 43. Diescs Bcispiel fUhrt Niewiarra, S. 14 gcgcn dic auf die Einwirkung auf fremde Vermögcnsrechte ahstellende Delinition LenIs (Autlragslose GcschätlsfUhrung, S. 11 fL 68 ff.) an. 112
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I. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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Auftrag, dem Kauf einer seltenen Briefmarke fUr einen befreundeten Sammler. Aber auch der Kommissionär, der Sachen des Kommittenten veräußert, fUhrt nicht deshalb ein fremdes Geschäft im Sinne des Geschäftsbesorgungsrechts, weil es sich um Sachen des Kommittenten handelt, sondern deshalb, weil der Kommissionär hiermit seine vertragliche Verpflichtung, fUr den Kommittenten tätig zu werden, erfUllt. Der Beauftragte fUhrt also ein fremdes Geschäft im Sinne des Auftragsrechts nur, wenn er die vertraglich geschuldete Handlung vornimmt, nicht dagegen bei Vornahme einer beliebigen anderen Handlung, mag diese auch den Rechtskreis des Auftraggebers berühren. Im letzteren Fall kann demnach auch ein Anspruch auf Herausgabe des Erlangten sich nicht aus der unmittelbaren Anwendung des § 667 BGB, sondern allenfalls aus § 681 S. 2 oder § 687 Abs. 2 S. 1 BGB ergeben 1l4 . Zu dem objektiven Merkmal eines äußerlich dem Auftrag entsprechenden Geschäfts muß im Auftragsrecht, ähnlich wie bei der GeschäftsfUhrung ohne Auftrag, ein subjektives Element hinzutreten, nämlich der Wille des Beauftragten, gerade den betreffenden Auftrag auszufUhren l15 • Denn durch den Auftrag wird der Beauftragte nicht lediglich zur Vornahme einer bestimmten Handlung, sondern zur Vornahme der Handlung für den Auftraggeber verpflichtet. Das Erfordernis des Willens, gerade fUr den Auftraggeber tätig zu werden, zeigt sich am deutlichsten, wenn der Beauftragte von mehreren Auftraggebern inhaltlich identische Aufträge, z. B. zum Kauf einer nur der Gattung nach bestimmten Sache, erhalten hat. Kauft nun der Beauftragte zunächst nur eine Sache dieser Art, so wäre es unsinnig, wenn jeder der Auftraggeber allein aufgrund der äußerlichen Identität des Geschäfts mit dem vertraglich geschuldeten einen Anspruch auf Herausgabe der Sache nach § 667 BGB hätte. Hier muß es vielmehr dem Beauftragten erlaubt sein, durch seinen einseitigen Willen, der noch nicht einmal nach außen in Erscheinung treten muß, festzulegen, welcher Auftrag durch das Geschäft erfüllt werden sollte. Die Führung eines fremden Geschäfts im Sinne des Auftragsrechts setzt also einen FremdgeschäftsfUhrungswillen des GeschäftsfUhrers voraus, der hier aber, anders als gemäß § 686 BGB bei der Geschäftsführung ohne Auftrag, stets auf die Führung des Geschäfts für eine bestimmte andere Person gerichtet sein muß. Aus dem Erfordernis des Fremdgeschäftsführungswillens folgt insbesondere, daß ein Anspruch unmittelbar aus § 667 BGB nicht dadurch begründet werden kann, daß der Beauftragte zwar äußerlich die dem Auftrag entsprechende Handlung ausführt, jedoch in der Absicht, das aus der Geschäftsführung Erlangte selbst in Anspruch zu nehmen. Bestätigt wird dies durch die Überle-
Zutr. bereits v. Monroy. S. 117 f. flir das gemeine Recht. Zutr. Isele. Anm. AP Nr. 1 und 2 zu § 687 BGB: Rosenkranz, S. 107; vgl. auch I\öndgen. RabelsZ Bd. 56 ( 1992). S. 751 f. 114
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5 Ehen
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gung, daß andernfalls sich auch die Frage, inwieweit der Beauftragte Aufwendungsersatz erhält, aus den Auftragsvorschriften beantworten lassen müßte. § 670 BGB paßt hier jedoch nicht, da der eigennützig handelnde Beauftragte Aufwendungen weder "zum Zwecke der Ausführung des Auftrags" macht noch seine Aufwendungen "für erforderlich halten darf' und jedenfalls keinen Anspruch auf Ersatz erfolgloser Aufwendungen haben kann. Auch hinsichtlich des Aufwendungsersatzes kann hier also nur auf Anspruchsgrundlagen außerhalb des Auftragsrechts (wie insbesondere § 687 Abs. 2 S. 2 BGB) zurückgegriffen werden. Das subjektive Element bei der vertraglichen Geschäftsbesorgung ist auch für die Abgrenzung der Anwendungsgebiete des § 667 BGB und der handeIsund gesellschaftsrechtlichen Eintrittsrechte gemäß §§ 61 Abs. I, 113 Abs. 1 HGB, 88 Abs. 2 S. 2 AktG bedeutsam. Isay meinte, das von einem Handlungsgehilfen entgegen dem Wettbewerbsverbot des § 60 HGB als eigenes geführte Geschäft sei allein aufgrund des Dienstvertrags ein fremdes Geschäft; der abweichende Wille des Geschäftsführers könne hieran nichts ändern 116. Träfe dies zu, so müßte sich der Herausgabeanspruch unmittelbar aus § 667 BGB ergeben. Der Rückgriff auf die gerade für diese Fälle geschaffenen Eintrittsrechte wäre überflüssig 1 17. Eine sinnvolle Abgrenzung der Eintrittsrechte von dem Anspruch aus § 667 BGB ergibt sich hingegen, wenn man davon ausgeht, daß ein fremdes Geschäft im Sinne des Auftragsrechts nur geführt wird, wenn der Beauftragte für den Auftraggeber handeln will.
116 Isay, Geschäftsflihrung, S. 66. Wenn Isay das Geschäft als ein subjektiv fremdes bezeichnete (dagegen schon Stern berg, S. 10 f. Fn.2; Siebert, S.20; Freese, S. 13; Mueser, S. 19), erklärt sich dies wohl aus der verfehlten Annahme, flir die Qualifizierung eines Geschäfts als subjektiv fremdes komme es nicht auf die innere Einstellung, sondern auf das äußere Auftreten des Handelnden an (vgl. dazu auch unten S. 154 f.). Tatsächlich ist die Unterscheidung zwischen objektiv und subjektiv fremden Geschäften bei der auf Bestellung beruhenden Geschäftsflihrung unbrauchbar, da, wie dargelegt, stets ein objektives und ein subjektives Element gegeben sein müssen. 117 Nicht überzeugend daher auch Wollschläger, GoA, S. 54, der zwar zunächst zutr. feststellt, bei der auf Bestellung beruhenden Geschäftsbesorgung sei flir den Geschäftsbesorger "alles fremdes Geschäft, was er im Hinblick auf die ihm übertragene Rolle zur Verwirklichung der gestellten Aufgabe übernimmt", dann aber meint, es komme "letztlich nicht auf den Willen, sondern auf die objektive Zuordnung durch den Handlungserfolg oder mindestens die Handlungstendenz an". Dies zeige sich gerade am ..irregulären Fall" des § 61 HGB. Tatsächlich zeigt die Sonderregelung des § 61 HGB aber nur, daß der Geschäftsbesorger bei der vertraglichen Geschäftsbesorgung grundsätzlich nicht schon aufgrund der rein objektiven Tätigkeit im Geschäftskreis des Vertragspartners zur Gewinnherausgabe verpflichtet ist.
1. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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3. Die Rechtswidrigkeit als Merkmal der Führung eines fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB
Bei der auf Bestellung beruhenden Geschäftsbesorgung und bei der Geschäftsführung ohne Auftrag ergibt sich die Rechtfertigung für die Übertragung des aus der Geschäftsführung Erlangten auf den Auftraggeber bzw. Geschäftsherrn unproblematisch aus dem hierauf gerichteten Willen des Handelnden. Will man dagegen jemandem einen durch eigenes Handeln erzielten Vorteil entziehen, obgleich der Wille des Handelnden darauf gerichtet war, den Vorteil zu behalten, so kann dies in aller Regel nur mit der Rechtswidrigkeit der Handlung begründet werden l18 . Die Rechtswidrigkeit der Handlung ist des weiteren auch Grundvoraussetzung für eine bereits an die Übernahme der Geschäftsführung anknüpfende Schadensersatzpflicht, wie sie § 678 BGB vorsieht. Bei § 687 Abs. 2 BGB erscheint die Rechtswidrigkeit der Handlung ausdrücklich nur als Element des subjektiven Tatbestands. Daß das Handeln des Geschäftsführers auch objektiv rechtswidrig ist, wird hierbei schon vorausgesetzt 119. Löst man sich von der Vorstellung eines für alle Geschäftsführungstatbestände gültigen Begriffs des fremden Geschäfts, so können keine Bedenken dagegen bestehen, die fehlende Berechtigung des Geschäftsführers als Element des Tatbestandsmerkmals der Führung eines "fremden" Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB zu betrachten 120. Keine Relevanz hat für das Tatbestandsmerkmal des fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB das Fehlen tatsächlicher Beziehungen des Geschäftsführers zum Geschäftsführungsgegenstand. Daher feillt unter den Begriff des fremden Geschäfts nicht die Nutzung fremder, aber nicht geschützter Leistungen und Geisteswerke l2l . 118 Vgl. Jakobs. Eingriffserwerb. S.93: Wilbllrg. Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 24 f 119 RGRK-Stejfen. § 687 Rdnr. 5: Franke. S. 49. 120 A. A. offenbar Stalldinger-IVittmann. § 687 Rdnr. 11: Die Frage der Berechtigung stelle sich erst. wenn ein objektiv fremdes Geschäft vorliege. 121 Auch tUr die Eingriffskondiktion ist allgemein anerkannt, daß die Nutzung ungeschützter Leistungen sowie jede Form erlaubten Wettbewerbs nicht anspruchsbegründend wirken kann: vgl. BGHZ \07. 117. 121 f "Forschungskosten"; BGH GRUR 1991, 914. 916 f ..Kastanienmuster": Stalldinger-Loren=. § 812 Rdnr. 23: RGRK-HeimannTrosien. § 812 Rdnr. 42 f: Laren=lCanaris. § 69 12 f: Rümker, S. 69; Reuter/Martinek, S. 245 f.: v. Caemmerer. FS Rabel I. S. 338: Kleinhever. JZ 1970, S. 476: Köhler, NJW 1992. S. 1480: ders.. in: Großkomm. UWG. vor § i3 Abschn. B Rdnr. 357. Hier zeigt sich deutlich. daß auch die Zuweisungslehre auf das von ihr sonst abgelehnte Kriterium der Rechtswidrigkeit der Handlung letztlich nicht verzichten kann. Vgl. dazu auch Batsch. Vermögensverschiebung. S. 51 ff (mit zahlreichen Nachw.), der darauf hinweist. daß die Rechtsprechung im Bereich der Gebrauchs- und Nutzungsfälle das berei-
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I. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
Aber auch rechtliche Beziehungen hinsichtlich des Geschäftsfuhrungsgegenstandes sind fur den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB irrelevant, soweit diese nicht gerade die fehlende Befugnis des Geschäftsfuhrers zur Vornahme der betreffenden Handlung begründen. Daher fuhrt kein fremdes Geschäft im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB, wer eine fremde Schuld erfullt. Die gelegentlich vertretene Gegenauffassung l22 ist nur aus der unzutreffenden Vorstellung heraus erklärlich, es gebe einen einheitlichen Begriff des objektiv fremden Geschäfts bei Geschäftsführung ohne Auftrag und Geschäftsanmaßung. Richtigerweise scheitert die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB schon an der Grundvoraussetzung der fehlenden Berechtigung des Geschäftsfuhrers, denn das Gesetz geht, wie sich aus § 267 BGB ergibt, davon aus, daß die Erfüllung einer Schuld rechtmäßig auch durch einen anderen als den Schuldner erfolgen kann, und zwar unabhängig davon, welche Ziele der Leistende hiermit verfolgt l23 . Anders liegt es bei Verwendungen auf fremde Sachen. Zu Einwirkungen auf eine Sache, seien sie auch objektiv nützlich, ist grundsätzlich gemäß § 903 BGB nur der Eigentümer berechtigt. Verwendungen auf fremde Sachen erfüllen daher den objektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGBI24.
4. Das Postulat der Abschöpfung rechtswidrig erzielter Gewinne Die Rechtswidrigkeit als Element des objektiven Tatbestands des § 687 Abs.2 BGB einerseits, die Rechtsfolge des § 667 BGB andererseits bedingen, daß § 687 Abs. 2 BGB seit jeher in erster Linie als Instrument der Abschöpfung rechtswidrig erzielter Gewinne gilt l25 . Schon die zweite Kommission becherungsrechtliche Kriterium der Rechtsgrundlosigkeit weitgehend mit dem Kriterium der rechtswidrigen Handlung gleichsetze. m MediclIs. BR. Rdnr. 949. 952: 1. Reimer. S. 144: vgl. auch Dertmann, 687 Anm. 3 d p, der bei der Begleichung fremder Verbindlichkeiten zur Vermeidung der Insolvenz des Schuldners nur den subjektiven Tatbestand des 687 Abs. 2 BGB verneinen wollte: wie hier ausdrücklich Klien. S. 26. - Abw. insoweit die Rechtslage in der Schweiz. Hier erlaubt die tatbestandliche Fassung des Art. 423 schweiz. OR auch die Einbeziehung der unerwünschten Begleichung fremder Schulden; so ausdrücklich lIofttetter. ZBJV Bd. 100 ( 1964). S. 245 ff.: Lischer. S. 105. 154 f. m Eine andere Frage ist die. ob die Begleichung einer fremden Schuld den Tatbestand der .. berechtigten·· Geschäftsführung ohne Auftrag erfüllt: vgl. dazu BGH WM 1968. 120 I. Auch hier zeigt sich. daß der Ausdruck "unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag" ungenau ist. da die Zahlung auf eine fremde Schuld nicht dadurch rechtswidrig wird. daß sie nicht dem Willen und Interesse des Schuldners entspricht. 124 Vgl. BGHZ 39.186.188: M. Wolf. AcP Bd. 166 (\966). S. 218. 125 Vgl. Soergel-Miihl. 687 Rdnr. 2: Erman-Ehmann. 687 Rdnr. 3; JallernigI"ollkommer. § 687 Rdnr. 5: Seiler. EWiR 1988. S. 777: ders .. in: MünchKomm. § 687 Rdnr. 2 I: Schlechtriem. SchuldR BT. Rdnr. 633: Laren=. SchuldR 1111. 57 11 b: Em-
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tonte unmißverständlich diese Funktion des § 687 Abs. 2 BGB, wenn sie ausfiihrte: "Praktisch ergebe sich namentlich das Resultat, daß der Schuldner, wenn er etwa den unterschlagenen Gegenstand zu einem besonders hohen Preise verkauft habe, den so erzielten Gewinn herausgeben müsse, während der Gläubiger nach dem Entw. nur Ersatz des Werthes fordern könne" 126. Daß es geboten ist, den aus widerrechtlichem Handeln erzielten Gewinn dem Handelnden zu entziehen, ist im Grundsatz weitgehend anerkannt. Das Prinzip, daß sich Unrecht nicht lohnen soll, gilt als "Fundamentalsatz" der Rechtsordnung 127 • Über die Reichweite dieses Prinzips bestehen allerdings unterschiedliche Auffassungen, insbesondere darüber, ob es auf fahrlässige oder sogar vorsätzliche Verstöße zu beschränken ist, aber auch über die Anforderungen an das verletzte Rechtsgut. In der weitestgehenden Weise verfechten das Postulat der Abschöpfung widerrechtlich erzielter Gewinne die Vertreter der Rechtswidrigkeitstheorie im Bereich der Eingriffskondiktion, wie namentlich F. Schzdz l28 und Jakobs 129 • Auch Kellmann findet es schon "vom Ergebnis her" merkwürdig, "daß der unter Verletzung eines fremden Rechts erzielte Gewinn nicht ebenso selbstverständlich herausgegeben werden muß, wie bei rechtswidriger Zufiigung eines Schadens Schadensersatz zu leisten ist" 130. Lindenmaier hielt es für einen "Gedanken gesunden Rechtsempfindens", daß das, was durch schuldhaft-unberechtigte Ausnutzung eines fremden Rechts erzielt wurde, dem in seinem Recht Verletzten gebühre 131. Neben derartigen Billigkeitserwägungen steht im Mittelpunkt der Diskussion um die Gewinnhaftung der Präventionsgesichtspunkt. Daß Prävention zu den zulässigerweise mit zivilrechtlichen Normen verfolgbaren gesetzgeberischen Zielen gehört, ist weitgehend anerkannt l32 . Die Rechtsordnung muß Gebote merich, SchuldR BT, § 13 Rdnr. 25: Isele, FS Cohn, S. 76: Helm, Gutachten, S. 360: Wollschläger, JA 1979, S. 185: v. Bargen. S. 9.19. 126 Prot. 11, S. 742 f. = Mugdan IL S. 1203. 127 So Schmid, OR, Art. 423 Rdnr. 93: ähnlich u. a. F. Schulz, AcP Bd. 105 (1909), passim: Jakobs, Eingriffserwerb, passim: Kellmann, Gewinnhaftung, passim; v. Lübtow, Beiträge, S. 72: Nietlispach, S. 5 ff.: Schaufelberger, S. 222 ff.; Moser, Herausgabe, S. 8: Weber, ZSR NF Bd. 111, I (1992), S. 333: Jauernig-I'ollkommer, § 687 Rdnr. 5. 128 AcP Bd. 105 (1909), passim, insbes. S. 443. 129 Eingriffserwerb, passim, insbes. S. 103 ff. 130 Kellmann, Gewinnhaftung, S. 18. Ähnlich Schaufelberger, S. 222 f. 131 Lindenmaier, ZAkDR Bd. 3 (1936), S. 163. Ähnlich v. Lübtow, Beiträge, S. 72. 132 Vgl. etwa Mertens, Vermögensschaden, S. 109 f.; Großkomm. UWG-Köhler, vor § 13 Rdnr. 243 f.: Loewenheim, ZHR Bd. 135 (197\), S. 119 L Bötticher, AcP Bd. 158 (1959/60), S. 385; SteindorJf. AcP Bd. 158 (1959/60), S. 454 ff. - Vielfach ist daneben vom Sanktionsgedanken die Rede (vgl. z. B. Larenz, SchuldR L § 27 L Großkomm. UWG-Köhler, a.a.O.: Loewenheim. a.a.O., S. 117 fL Leisse/Traub, GRUR 1980, S. 2; Heil/Roos, GRUR 1994, S. 29 L Biisching, S.128. 148: Lutz, S. 161: Rosenkranz, S. 57, 71: Nietlispach, S. 15: Weber, ZSR NF Bd. 11 L 1 (1992), S. 364). Fast immer
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I. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
und Verbote nicht nur aufstellen, sondern auch ihre Befolgung durch geeignete Sanktionen sicherstellen 133. Im Bereich des Zivilrechts erfüllt diese Aufgabe primär das Instrument der Schadensersatzptlicht. Dieses versagt jedoch, wo durch rechtswidriges Handeln Gewinne erzielbar sind, die den Umfang der regelmäßig zu erwartenden Schadensersatzptlicht übersteigen. Die hierdurch entstehenden Lücken könnten planmäßig ausgenutzt werden und ein Erwerbseinkommen durch rechtswidriges Handeln ermöglichen, wenn sie nicht durch Instrumente der Gewinnabschöpfung geschlossen werden. Die Pflicht zur Herausgabe der aus widerrechtlichem Handeln erzielten Vorteile ist daher ein wichtiges, die Schadensersatzptlicht ergänzendes Instrument zur Erwirkung rechtmäßigen Verhaltens 134. Das Bereicherungsrecht als Mittel zur Abschöpfung sämtlicher aus rechtswidrigem Handeln gezogener Gewinne einzusetzen, begegnet jedoch, von den hier auszuklammernden spezifisch bereicherungsrechtlichen Einwänden abgesehen, grundsätzlichen Bedenken im Hinblick auf das fehlende Verschuldenserfordernis 135 . Dieses relativiert die genannten Billigkeits- und Präventionsge-
bleibt dabei unklar, wie sich dieser zum Präventionsgedanken verhalten soll. Aus Gründen sprachlicher Klarheit sollte der Begriff der Sanktion überhaupt nicht zur Bezeichnung der mit einer belastenden Rechtsfolge verfolgten Zwecke, sondern nur als Synonym flir die belastende Rechtsfolge als solche verwendet werden. 133 Vgl. Däubler, JuS 1969, S. 51; Haines, S. 49; Krumm, S. 138 f.; Nietlispach, S. 7 f. 134 Vgl. etwa F. Schulz, AcP Bd. 105 (1909), S. 224; König, Gutachten, S. 1555 f.; Schlechtriem, König-Symposium, S. 61 f.; Köndgen, RabelsZ Bd. 56 (1992), S. 728 ff.; Pinzger, GRUR 193 I. S. 673; Pietzner, GRUR 1972, S. 154, 160 f.; Leisse/Traub, GRUR 1980, S.2; Heil/Roos. GRUR 1994, S. 29 f.; Lehmann, BB 1988, S. 1680 f., 1686; Loewenheim, ZHR Bd. 135 (1971), S. 117; Schmidt-Salzer, JR 1969, S. 89 f.; Däubler, JuS 1969, S. 51; Kohler, JherJB. Bd. 25 (1887), S. 124; Haines, S.49, 121; Reeb, S. 100; Büsching, S. 129; Lutz, S. 122 f.; Franke, S. 41 f.; speziell flir § 687 Abs.2 BGB v. Caemmerer, JR 1959, S. 462; ders., FS Lewald, S. 448; ders., FS Rabel I. S. 359 (auch unter rechtsvergleichendem Gesichtspunkt); StudK-Beuthien, § 687 Anm. 3 b; Beuthien/Weber, S. 97; Chen, S. 118; Krumm, S. 6 und öfter; Wieczorek, S. 75 f., 100; Thum, S. I; Westram, S. 62; Jagmann, S. 204, 276 f.; fLir die handels- und gesellschaftsrechtlichen Eintrittsrechte RGZ 8, 48, 50; BGHZ 38, 306, 309; Großkomm. HGB-P. Ulmer. § 113 Rdnr. I. Aus der schweiz. Literatur vgl. Schmid, OR, Art. 423 Rdnr. 45, 77. 93 und öfter; Moser. Herausgabe. S. 7 f.. 205 f.; ders, SJZ Bd. 42 (1946), S. I, 17; Hofstetter, ZBJV Bd. 100 (1964). S. 222.228; ders., SPR V1I/2, S. 213; Weber, ZSR NF Bd. 111, 1 (1992). S. 333; Schaufelberger, S. 223 ff.; v. Fischer, S. 28; Nietlispach, S. 6 ff.; Amrein. S. 31. 135 Krit. z. B. Staudinger-Lorenz. § 816 Rdnr. 25; v. Caemmerer, FS Lewald, S.448; ders .. FS Rabell, S. 359 f.; ders., JR 1959. S. 462; Schlechtriem, König-Symposium, S. 74. 79; Larenz. FS v. Caemmerer. S. 228 f.; Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung. S. 26; lVieczorek. S. 136. 140. 147; Büsching. S. 14 LIVestram, S. 62; Franke, S. 19 f.. 39 ff.; Jagmann, S. 277 f.: Holenstein, S. 55 ff.; Lischer, S. 179 f.; vgl. auch Nietlispach, S. 15 f.. 29 ff., 367 ff. und Schaufelberger, S. 227. die eine bereicherungsrechtliche Gewinnhaftung auf den bösgläubigen Eingreifer beschränken wollen.
I. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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sichtspunkte gleichermaßen. Die Herausgabepflicht trifft den schuldlos Handelnden u. U. unangemessen hart, da der Erwerb des Vermögensvorteils oft mit erheblichen eigenen Anstrengungen des Bereicherten verbunden ist l36 • Bedenklich ist auch die mit der Gewinnherausgabepflicht notwendig verbundene Rechnungslegungspflicht des schuldlosen Eingreifers. Zudem erreicht die Androhung, den rechtswidrigen Erwerb herausgeben zu müssen, denjenigen nicht, der schuldlos die Rechtswidrigkeit des geplanten Erwerbs verkennt l37 • Schließlich bestätigen auch Einzelregelungen des BGB, wie etwa § 993 Abs. 1 BGB, das Postulat, daß jeder auch aus schuldlos-rechtswidrigem Handeln erzielte Erwerb herauszugeben ist, nicht. Im Bereich bewußt-rechtswidrigen Handeins sind dagegen mögliche Bedenken gegen die Entziehung des rechtswidrig Erlangten nicht ersichtlich 138. Der dolose Rechtsverletzer weiß, daß ihm die erlangten Vorteile nicht zustehen, und handelt daher auf eigenes Risiko. Ihm kann deshalb auch der Einwand versagt werden, der Erfolg der Geschäftsführung beruhe auch oder sogar überwiegend auf eigenen Beiträgen, ebenso der Einwand, er habe entsprechende Vorteile auch auf rechtmäßige Weise erzielen können 139. Unbedenklich kann ihm auch die Pflicht zur Rechnungslegung zugemutet werden. Die für den Entzug der erlangten Vorteile sprechenden Gesichtspunkte haben hier somit volles Gewicht. Gerade in der Frage der Gewinnhaftung ist also der Verschuldensgrad ein für die Haftungsausgestaltung wesentlicher Gesichtspunkt. Zu Unrecht wendet sich Kellmann l40 gegen die Auffassung v. Caemmerers l41 , die Gewinnhaftung sei eine besondere Sanktion für vorsätzliches oder wenigstens schuldhaftes Handeln, mit dem Argument, dieser Gedanke könne "die Gewinnhaftung nicht ,rechtlich', sondern nur als ,zweckmäßig' rechtfertigen". Tatsächlich bestätigt
136 Vgl. v. Caemmerer. FS Rabel I. S. 356; ders .. JR 1959. S.462; Larenz/Canaris, § 72 I I b. III 3 b. c: KlInkel. JW 1933. S. 43 f.: Larenz. FS v. Caemmerer. S. 228 f.: .\lestmäcker. JZ 1958. S. 522: Medicus. BR. Rdnr. 723: Franke. S. 40 f.; Wieczorek, S. 136. 140: Biisching. S. 145 ff.: Jagmann. S. 274 ff.: Westram, S. 43 ff., 61 f.; MueseI'. S. 39: Lischer. S. 179: ähnlich schon Jhering. JherJB. Bd. 16 (1878), S. 282 ff. 137 Vgl. Köndgen. RabelsZ Bd.56 (1992). S.740: Jagmann. S.277; Holenstein, S.175. 138 Zutr. bemerkt zu § 687 Abs. 2 BGB Köbl. S. 194: .. Da die Schutzwürdigkeit hier ganz auf der Seite des Geschäfts.herrn· liegt. muß die Gesetzesanwendung bestrebt sein, ihm den optimalen Schutz zuteil werden zu lassen." Vgl. auch Nipperdey. FS Böhm. S. 165 f.: Henssler. JuS 1991. S. 928: Jauernig-I·ollkommer. § 687 Rdnr. 5. 139 Vgl. Kohler. ArchBürgR Bd. 35 (1910). S. 96: Kisch, Festg. Reichspatentamt, S. 97 Fn. 10: GlIrsky. JR 1972. S. 284: Jakobs. Eingriffserwerb. S. 144 f.: Haines, S. 148 f.: Koppensteiner/Kramer. S. 161: Esser/Weyers. § 51 III 2 c: Chen. S. 118. 140 Gewinnhaftung. S. 133. I~I FS Rabell. S. 359 f.
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I. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
Kellmann mit dieser Unterscheidung nur unfreiwillig die von ihm abgelehnte Auffassung, da auch die Zweckmäßigkeit einer Auslegung ein unzweifelhaft bei der Gesetzesanwendung zu berücksichtigender Gesichtspunkt ist 142 . Zwar kommen als Mittel der Abschöpfung gerade vorsätzlich-widerrechtlich erlangter Vorteile auch straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Sanktionen in Betracht 143 • Durch diese wird jedoch das Bedürfnis nach privatrechtlichen Instrumenten der Gewinnabschöpfung nicht beseitigt l44 . Ein Grund hierfur ist die Ultima-ratio-Funktion des Strafrechts: Die Rechtsordnung darf zu den Mitteln des Strafrechts nur greifen, wo andere, insbesondere privatrechtliche Sanktionsmöglichkeiten nicht ausreichen. Dementsprechend ist das Strafrecht
142 Vgl. nur Larenz, Methodenlehre, S. 333 ff. Kellmanns Argumentation ist im übrigen in sich nicht stimmig, da Kellmann andernorts (Gewinnhaftung, S. 14, 16, 56) ausdrücklich die Präventionsfunktion der Gewinnhaftung betont und sich in diesem Zusammenhang selbst auf "Gesichtspunkte der praktischen Zweckmäßigkeit" beruft. 143 Während im Strafrecht der Entzug der aus der Tat erlangten Vorteile im Wege der Verfallanordnung nach § 73 StGB erfolgen soll, wird im Ordnungswidrigkeitenrecht die Vorteilsabschöpfung primär durch die Bemessung der Geldbuße (§ 17 Abs. 4 OWiG) und nur subsidiär über die Verfallanordnung (§ 29 a OWiG) bewirkt. 144 So auch schon F. Schutz, AcP Bd. 105 (1909), S. 224. V gl. aber andererseits Güntert, S. 11 ff., der - zweifellos ebenfalls zutr. - auf die Unzulänglichkeit der zivi/rechtlichen Abschöpfung durch Straftaten erzielter Gewinne verweist. Wenn nach hier vertretener Auffassung § 687 Abs. 2 BGB auch die primär strafrechtliche Funktion der Prävention übernimmt, so kann umgekehrt der Verfall nach § 73 StGB (auch) als ein strafrechtliches Instrument des primär dem Zivilrecht zugewiesenen Vermögensausgleichs angesehen werden. Güntert, S. 16 f. sieht im Verfall eine "strafrechtliche Ergänzung der zivilrechtlichen und öffentlichrechtlichen Vermögensordnung"; die präventive Wirkung stehe, ähnlich wie bei zivilrechtlichen Bereicherungs- und Restitutionsansprüchen, im Hintergrund. Gegen die Charakterisierung des Verfalls als strafahnliche Maßnahme spreche insbes. seine Unabhängigkeit vom Tatverschulden. Vgl. auch Güntert, S. 12: Es sei ein "Gebot der Gerechtigkeit, daß der Täter, der sich für das Unrecht entscheidet, wirtschaftlich nicht besser stehen darf als ein anderer, der in vergleichbarer Situation die Schranken der Rechtsordnung beachtet". Mit fast identischen Formulierungen wird auch die Ratio des § 687 Abs. 2 BGB beschrieben; vgl. insbes. Krumm, S. 138 f., 145. - Gegen die Qualifizierung des strafrechtlichen Verfalls als "quasikondiktionelle Ausgleichsmaßnahme" aber nunmehr SchönkeISchröder-Eser, StGB, vor § 73 Rdnr. 19 im Hinblick auf den Übergang vom Netto- zum Bruttoprinzip. Nach § 73 StGB n. F. muß der Täter nicht mehr einen "Vermögensvorteil", sondern nur noch "etwas" aus der Tat erlangt haben. Damit wollte der Gesetzgeber zum Ausdruck bringen, daß Aufwendungen des Täters unberücksichtigt bleiben (vgl. BTDrucks. 12/1134, S. 12), wovon man sich eine höhere Effizienz der bislang wenig bedeutsamen Verfall anordnung verspricht (vgl. SchönkeISchröder-Eser, StGB, vor § 73 Rdnr. 2a, 19, § 73 Rdnr. 6, 17). Nur bei schuldlosen Taten soll weiterhin das Nettoprinzip Anwendung finden (so SchönkeISchröder-Eser, StGB, vor § 73 Rdnr. 19, § 73 Rdnr. 17a). Bemerkenswert ist, daß die Begründung der Gesetzesänderung sich ausdrücklich auch auf zivilrechtliche Erwägungen stützte. Verwiesen wurde hier allerdings auf § 817 S. 2 BGB, obgleich in der Frage, inwieweit bei der Pflicht zur Herausgabe erlangter Vorteile Aufwendungen abzuziehen sind, doch zweifellos die Parallele zu § 687 Abs. 2 S. 2, § 818 Abs. 3 i. V. m. §§ 818 Abs. 4, 819 und §§ 994 ff. BGB viel näher gelegen hätte.
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fragmentarisch: Auch vorsätzlich-rechtswidrige, in Gewinnerzielungsabsicht vorgenommene Handlungen sind zwar zum großen Teil, aber nicht ausnahmslos Straftaten 145 oder auch nur Ordnungswidrigkeiten. Andererseits würde sich die Rechtsordnung, wo sie die unter vorsätzlicher Verletzung fremder Rechte vorgenommenen Erwerbshandlungen unter Strafe stellt, geradezu widersprüchlich verhalten, wenn sie den Erwerb privatrechtlieh unangetastet ließe. Ein Vorzug privatrechtlicher Sanktionen besteht des weiteren in den geringeren verfahrens- und beweisrechtlichen Anforderungen an die privatrechtliehe im Vergleich zur strafrechtlichen Verurteilung. Schließlich erscheint es aus Gründen der Sachnähe und der Effizienz zweckmäßig, die Verfolgung von Rechtsverletzungen in die Hand derer zu legen, die selbst hiervon betroffen sind und ein persönliches Interesse an der Aufdeckung der Rechtsverletzung und an der hieran geknüpften Sanktion haben l46 • Im Interesse eines effektiven Rechtsgüterschutzes und einer konsequenten Durchsetzung der von der Rechtsordnung aufgestellten Verhaltensregeln ist daher eine möglichst weitgehende privatrechtliehe Abschöpfung bewußtrechtswidrig erzielter Vorteile geboten. Dies wird rur die genauere Bestimmung der objektiven Tatbestandsvorauss~tzungen des § 687 Abs. 2 BGB von Bedeutung sein. Bei der näheren Untersuchung des Anspruchs aus § 687 Abs.2 S. I i. V. m. §§ 681 S.2, 667 BGB wird zu berücksichtigen sein, daß dieser nur dann ein wirkungsvolles Mittel zur Verfolgung präventiver Zwecke sein kann, wenn er den vollständigen Entzug sämtlicher aus der unerlaubten Geschäftsruhrung erlangter Vorteile geWährleistet.
5. Die Zuweisung des rechtswidrig erzielten Gewinns an den in qualifizierter Weise durch die Rechtsverletzung Betroffenen Nimmt man das Postulat der Abschöpfung bewußt-rechtswidrig erzielter Gewinne ernst, so kann die entscheidende Frage nicht lauten, ob der Gewinn dem Verletzer zu belassen oder einem andern zuzuweisen ist, sondern nur, wer ihn statt des Verletzers beanspruchen kann. Für die grundsätzliche Rechtferti-
145 Köndgen, RabelsZ Bd. 56 (1992), S. 729 nennt als Ausnahme die vorsätzlichopportunistischen Vertragsverletzungen (dazu näher unten S. 427 ff.). Weitere rechtswidrige Handlungen, die als AnwendungsfaJle des § 687 Abs. 2 BGB in Betracht kommen und selbst bei Vorsatz zumindest nicht ohne weiteres einen Straftatbestand erfüllen, sind z. B. die bloße Nutzung fremder Sachen, Eingriffe in fremde beschränktdingliche Rechte und zum überwiegenden Teil Verstöße gegen das UWG. 146 VgJ. Nietlispach, S. 12 f.; Köndgen, RabelsZ Bd. 56 (1992), S. 734. Zum Vorrang zivilrechtlicher gegenüber strafrechtlichen Sanktionen im Wettbewerbsrecht Schricker, Gesetzesverletzung, S. 9 ff.; ders., ZHR Bd. 139 (1975), S. 214 ff.; Ahrens, S. 13 ff. m. w. Nachw.
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1. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
gung der Gewinnabschöpfung kann es unter Billigkeits- wie unter Präventionsgesichtspunkten auch nicht darauf ankommen, welche Rechtsgüter und welche Personen die verletzte Norm schützen soll, konsequenterweise somit auch nicht darauf, ob durch die Erwerbshandlung (nur) Interessen einzelner oder (auch) der Allgemeinheit verletzt werden. Der bewußt-rechtswidrig erzielte Erwerb ist in keinem Fall schutzwürdig. Ganz anders stellt sich die Lage hingegen dar, wenn man nach einer Begründung für die Gewinnabschöpfung in der Person des Gläubigers sucht. Schon F. Schulz wies zu Recht darauf hin, daß für die positive Zuweisung des Gewinns an einen Gläubiger im Wege eines privatrechtlichen Ausgleichsanspruchs weitaus schwerer ein Grund zu finden ist als für die Abschöpfung des erlangten Vorteils beim Verletzer l47 . Denn gerade dadurch, daß im Vermögen des Schuldners der Ist-Zustand dem Soll-Zustand angepaßt wird, tritt typ ischerweise zugleich beim Gläubiger eine Abweichung vom Soll-Zustand ein. Zwar wird dem Verletzten in vielen Fällen durch die rechtswidrige Handlung ein Schaden entstanden sein, dessen Ausgleich der Gewinnherausgabeanspruch dann zugleich dient. Seine hauptsächliche Bedeutung gewinnt der Anspruch auf Gewinnherausgabe aber erst, wo der Verletzergewinn den dem Verletzten entstandenen Schaden übersteigt. Hier meinte sogar F. Schulz l48 , das "natürliche Rechtsgefühl" beharre dabei, dem Verletzten den Eingriffserwerb nur in Höhe seines Schadens zuzusprechen. Die Anerkennung von Gewinnherausgabeansprüchen bedeutet also immer zugleich, eine ungerechtfertigte Begünstigung des Gläubigers in Kauf zu nehmen. Dadurch wird die These, auch der aus schuldlos-rechtswidrigem Handeln erzielte Gewinn müsse der Herausgabeptlicht unterliegen, zusätzlich fragwürdig. Wo kein schuldhaftes Handeln des Bereicherten vorausgesetzt wird, spricht die Interessenlage wohl ebensowenig dafür, den erzielten Gewinn umzuverteilen, wie dafür, ihn bei dem zu belassen, der ihn - zumindest auch unter Einsatz eigener Mittel - erwirtschaftet hat. Dem versucht die herrschende Lehre im Rahmen des Bereicherungsanspruchs Rechnung zu tragen, indem sie sich nicht mit der Feststellung begnügt, daß der erzielte Vorteil nicht dem Bereicherten gebührt, sondern nach materiellen Gründen fragt, aus denen der abzuschöpfende Vorteil gerade einem andern zusteht 149. Jedenfalls im Bereich be-
147 F. Schul::. AcP Bd. 105 (\ 909). S. 443: ebenso Franke. S. 37 f.: Jakobs. Eingriffserwerb. S. 64 f.: v. Caemmerer. FS Rabel L S. 360: Hofstetter. SPR V1I/2. S. 213. 148 AcP Bd. 105 (1909). S. 443. 149 MünchKomm-Lieb. § 812 Rdnr. 207 1'.: Laren=. FS v. Caemmerer. S. 219: Hiiffer. JuS 1981. S. 263: Schlechtriern. FS Hefcrmehl. S. 448: Delahave. GRUR 1985. S. 859: Mediclls. BR. Rdnr. 7091'.: Wilbllrg. Ungerechtfertigte Bereicherung. S. 20: Biisching. S.39. 145: ReuterlMartinek. S. 257 f. - Vgl. allgemein zur Funktion des Bereicherungsanspruchs ctwa RGZ 120. 297. 299 I'. (Ausgleich ciner unrichtig gewordenen
I. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
75
wußter Rechtsverletzungen sind aber, da schutzwürdige Interessen des Eingreifers der Herausgabepflicht keinesfalls entgegenstehen können und die Gewinnabschöpfung ihre hinreichende Rechtfertigung im Gebot präventiven Rechtsgüterschutzes findet, übertriebene Anforderungen an Gründe fur die Umverteilungdes erzielten Gewinns in der Person des Verletzten fehl am Platz. Problematisch könnte der Gewinnherausgabeanspruch hier allenfalls im Hinblick darauf erscheinen, daß in seiner Anerkennung notwendig ein Moment der Ungleichbehandlung gegenüber Dritten liegt. Auch hieraus werden sich aber durchgreifende Bedenken gegen die Anerkennung der Gewinnherausgabepflicht kaum herleiten lassen. Denn der gleichheitswidrige Zustand wird durch den Herausgabeanspruch nicht geschaffen. Der ungerechtfertigte Vorteil ist in der Person des Verletzers bereits eingetreten und wird im Wege des Herausgabeanspruchs nur auf den Gläubiger verlagert. Schutzwürdige Belange Dritter können es also nicht rechtfertigen, den Gewinn dem Verletzer zu belassen. Die den gleichheitswidrigen Zustand nicht nur verlagernde, sondern beseitigende Alternative, jeden rechtswidrig erzielten Gewinn entsprechend der strafrechtlichen Verfallanordnung des § 73 StGB dem Staat zuzuweisen, kommt auch de lege ferenda nicht ernsthaft in Betracht l50 . Denn den theoretischen Vorteilen einer derartigen Regelung stehen weit gravierendere praktische
Verteilung von Vermögenswerten); MünchKomm-Lieb, § 818 Rdnr. 50 (Korrektur irregulärer Vermögenszuordnungen); Larenz/Canaris, § 67 I I d (Rückgängigmachung einer Güterzuordnung, die dem Soll-Zustand widerspricht); Fikentscher, SchuldR, Rdnr. 1041 (Korrektur einer objektiven Unrechts lage); Wilburg, a.a.O. (Abschöpfung von Vorteilen, die nach den Grundsätzen der Güterverteilung einem andern gebühren). 150 Ebenso F. Schulz, AcP Bd. 105 (1909), S. 443 f.; v. Caemmerer, FS Rabel I, S. 360; Franke, S. 38 f.; v. Lübtow, Beiträge, S. 72; Schaufelberger, S. 229 ff.; Hofstetter, ZBJV Bd. 100 (1964), S. 241 f.; a. A. ausdrücklich Mueser, S. 43, der meinte, das Recht auf den Eingriffserwerb entspreche einer "überholten individualistischen Denkart". Tatsächlich konnte sich aber selbst in sozialistischen Rechtsordnungen die Idee des allgemeinen Verfalls der durch widerrechtliches Handeln erlangten Vorteile nicht durchsetzen. Verfallsvorschriften finden sich hier lediglich häufig für die aufgrund rechts- oder sittenwidriger Rechtsgeschäfte empfangenen Leistungen, also für den Fall des § 817 BGB (so z. B. in § 69 Abs. 2 des ZGB der DDR von 1975; § 361 Abs.3 des ungarischen ZGB von 1959; Art. 412 des polnischen ZGB von 1964); vgl. dazu auch Westram, S. 62; ferner Rosenthai, GRUR 1920, S. 35. Zu entsprechenden Vorschriften in den Naturrechtskodifikationen des 18. Jahrhunderts (z. B. pr. ALR, Erster Teil, 16. Titel, 2. Abschn., § 173) und allgemein zur Geschichte des Gewinnverfalls vgl. Güntert, S. 2 ff. - Ein Entw. des schweiz. Bundesrates von 1942 sah die Möglichkeit vor, die Herausgabe des aus einem Wettbewerbsverstoß erzielten Gewinns, soweit er nicht durch Schadensersatzansprüche aufgebraucht wurde, an gewerbliche Institutionen oder an den Staat zu verfugen. Er wurde aus Besorgnis vor Mißbrauch und wegen der Schwierigkeiten der praktischen Durchführung fallen gelassen; vgl. v. Fischer, S. 17 f.; Moser, SJZ Bd. 42 (1946), S. 17 f. Auch in Deutschland wurde diskutiert, Verbänden die Möglichkeit einzuräumen. durch unlauteren Wettbewerb erzielte Gewinne im Wege .. kollektivrechtlichen Schadensersatzes" abzuschöpfen; vgl. dazu Schricker, ZIIR Bd. 139 (1975), S. 245 ff.; Mertens, ZIIR Bd. 139 (1975), S. 438 ff.
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1. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
Nachteile gegenüber. Der wichtigste Vorteil des privatrechtlichen Herausgabeanspruchs besteht in seiner höheren Effizienz: Die durch rechtswidriges Handeln betroffenen Privatpersonen werden häufig schneller und zuverlässiger als eine staatliche Stelle von dem Rechtsverstoß Kenntnis erlangen und zudem schon aufgrund ihres eigenen Interesses an der Geltendmachung ihrer Ansprüche zielstrebiger gegenüber dem Rechtsbrecher vorgehen. Hinzu kommt, daß der Verfall mit eventuellen Schadensersatzansprüchen abgestimmt werden müßte, was in der Praxis, wie die Erfahrungen mit dem strafrechtlichen Verfall gezeigt haben i51 , zur Folge hätte, daß von einer Verfallanordnung regelmäßig abgesehen würde. Des weiteren würde, wie Franke 152 bemerkte, die Effizienz der Verfallregelung praktisch dadurch gemindert, daß die Beteiligten im beiderseitigen Interesse eine gütliche Einigung vorziehen würden. Auch ist zu bedenken, daß die durch den allgemeinen Verfall erzielbaren Einnahmen gering sind und daher ein positives Interesse der Allgemeinheit an diesen Einnahmen kaum gegeben ist l53 • Es liegt daher nahe, daß der Staat sich gleichsam privatrechtlicher Ausgleichsansprüche bedient, um hiermit mittelbar die ihm im Interesse der Allgemeinheit obliegende Aufgabe des Schutzes der Rechtsordnung zu erfüllen. Zudem würde eine Zuweisung des Gewinns an den Staat auch den nützlichen Nebeneffekt des privatrechtlichen Gewinnherausgabeanspruchs vereiteln, der in der Funktion des "pauschalierten Schadensersatzes" liegt l54 . Häufig wird eine gewinnbringende rechtsverletzende Tätigkeit bestimmte Rechtssubjekte schädigen, der Schaden jedoch selbst bei Anwendung der Beweiserleichterungen der §§ 252 S. 2 BGB, 287 ZPO nicht nachweisbar sein. Gewinnherausgabeansprüchen kommt daher auch die Aufgabe zu, bestimmten Rechtssubjekten, die typischerweise durch die rechtsverletzende Handlung geschädigt sind, den Schadensnachweis zu ersparen. Der Gesichtspunkt des pauschalierten Schadensersatzes kann nur dort Geltung beanspruchen, wo überhaupt in qualifizierter Weise Interessen einzelner und nicht nur der Allgemeinheit betroffen sind. Wo dies nicht der Fall ist, kommt ein privatrechtIicher Gewinnherausgabeanspruch aber ohnehin nicht in
Vgl. Güntert, S. 84 ff, insbes. S. 91. S. 39. 153 Vgl. F. Schufz, AcP Bd. \05 (1909), S. 444. 154 Die Funktion des Gewinnherausgabeanspruchs aus § 687 Abs. 2 BGB als pauschalierter Schadensersatz betonen auch Isefe, Anm. AP Nr. 2 zu § 687 BGB; v. Caemmerer, FS Rabel I, S. 360; Krumm, S. 2 \0 f; Rosenkran::, S. 36 ff, 71; für Art. 423 schweiz. OR Schmid, OR, Art. 423 Rdnr. 77; vgl. allgemein zu dieser Funktion der Gewinnabschöpfung auch F. Schutz, AcP Bd. \05 (1909), S. 223 f.; Schricker, ZHR Bd. 139 (1975), S. 245; Keilmann, Gewinnhaftung, S. 16; Wiec=orek, S. 136 f; Großkomm. HGB-Kon::en/Weber, § 61 Rdnr. 12; Großkomm. HGB-P. U1mer, § 113 Rdnr. I. 151
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I. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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Betracht. Dieser setzt, so unterschiedlich ausgestaltet seine Voraussetzungen im einzelnen auch sein können, doch jedenfalls voraus, daß der Prätendent in einer im Vergleich zu Dritten hervorgehobenen Beziehung zum Eingriffserwerb steht. Andernfalls bleibt als Mittel zur Abschöpfung des Eingriffserwerbs in der Tat nur noch der staatliche Verfall. Bei vorsätzlichen Verstößen gegen Allgemeininteressen schützende Normen ist diese Möglichkeit in weitem Umfang auch durch entsprechende Ordnungswidrigkeiten- und Strafvorschriften eröffnet. Wo immer aber ein Rechtsverstoß in qualifizierter Weise Interessen einzelner berührt, erscheint die privatrechtliche Gewinnhaftung jedenfalls dem bewußtrechtswidrig Handelnden gegenüber als adäquate Sanktion. Ob neben der Verletzung privater Interessen einzelner auch Interessen der Allgemeinheit betroffen sind, darf grundsätzlich keine Rolle spielen. Insbesondere kann daraus, daß an das gewinnbringende Verhalten auch straf- oder ordnungswidrigkeitenrechtliche Rechtsfolgen geknüpft sind, kein Argument gegen den privatrechtlichen Gewinnherausgabeanspruch hergeleitet werden. Auch unproblematische Anwendungsfälle des § 687 Abs. 2 BGB stellen oft zugleich von Amts wegen verfolgbare Straftaten dar, was ein sicheres Indiz dafür ist, daß nach Einschätzung des Gesetzgebers durch die Handlung öffentliche Interessen verletzt werden. Ein privatrechtlicher Gewinnherausgabeanspruch wird hierdurch aber nicht ausgeschlossen. Dies ist in § 73 Abs. 1 S. 2 StGB, der privatrechtlichen Ausgleichsansprüchen ohne Einschränkung den Vorrang gegenüber dem strafrechtlichen Verfall einräumt, deutlich zum Ausdruck gebracht. Diese Konkurrenzklausel ist zugleich einer der Hauptgründe dafür, daß der strafrechtliche Verfall in der Praxis nur geringe Bedeutung erlangt hat. Denn häufig scheitert der Verfall schon daran, daß die Existenz privatrechtlicher Gläubiger nicht ausgeschlossen werden kann 155. Um so mehr ist es deshalb geboten, die Möglichkeiten der privatrechtlichen Entziehung (insbesondere vorsätzlich-)rechtswidrig erlangter Vorteile auszuschöpfen. Der privatrechtliche Herausgabeanspruch ist vor allem auch dort anzuerkennen, wo er im Einzelfall in einen vermeintlich typischen Anwendungsbereich des strafrechtlichen Verfalls hinübergreift i56 • Denn andernfalls könnte paradoxerweise die Doppelgleisigkeit der Abschöpfung durch Straftaten erzielter Gewinne dazu führen, daß gerade diese Gewinne im Ergebnis dem Täter verbleiben. Es kann vorkommen, daß eine Handlung ohne notwendigen Zusammenhang, gleichsam zufällig, neben privaten auch öffentliche Interessen verletzt. Als Beispiel hierfür wird der Verkauf gestohlener, unter das BetäubungsmiUelgesetz
Vgl. Günlerl, S. 73 f., 91. A. A. offenbar Günlerl, S. 81 ff. für zivilrechtliche Ansprüche auf Herausgabe von Schmiergeldern. 155
151>
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I. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
fallender Armeimittel im illegalen Drogenhandel genannt l57 • Da hier die Verletzung privater und die Verletzung öffentlicher Interessen selbständig nebeneinander stehen, könnte man erwägen, den strafrechtlichen Verfall neben privatrechtlichen Gewinnherausgabeansprüchen zum Zuge kommen zu lassen. Ob dies gerechtfertigt ist und wie ggf. der herauszugebende Gewinn aufzuteilen ist, ist primär eine Frage der Rechtsfolgen der jeweiligen privatrechtlichen Anspruchsgrundlage. Allgemein läßt sich allerdings bereits an dieser Stelle feststellen, daß eine Aufteilung des erzielten Vorteils zwischen dem privatrechtlichen Anspruch und dem strafrechtlichen Verfall zumindest wenig praktikabel wäre und daher im Zweifel ausschließlich die privatrechtliche Anspruchsgrundlage zur Anwendung kommen sollte. Die angefilhrten Gesichtspunkte lassen also eine möglichst weitgehende privatrechtliche Abschöpfung bewußt-rechtswidrig erlangter Vorteile geboten erscheinen. Inwieweit dieses Postulat über § 687 Abs. 2 BGB verwirklicht werden kann, wird noch im einzelnen zu klären sein. Die bislang entwickelten Kriterien - objektiv rechtswidriges, in qualifizierter Weise Individualinteressen berührendes Handeln - bezeichnen den Rahmen, innerhalb dessen die objektiven Tatbestandsmerkmale des § 687 Abs. 2 BGB noch einer genaueren Bestimmung bedürfen. Dabei ist aufgrund der dargelegten allgemeinen Erwägungen davon auszugehen, daß im Zweifel einer weiten Auslegung des § 687 Abs.2 BGB der Vorzug zu geben ist. Der gegenteiligen Auffassung Seilers, der - vor allem im Hinblick auf den Schadensersatzanspruch aus § 678 BGB dafilr plädiert, die "grobe Waffe des § 687 Abs. 2 BGB" nur mit großer Vorsicht einzusetzen l58 , kann angesichts der fehlenden Schutzwürdigkeit des bösgläubigen Rechtsverletzers nicht gefolgt werden. Genauerer Bestimmung bedarf vor allem der erforderliche Individualbezug der Verletzerhandlung, der neben der fehlenden Berechtigung des Geschäftsführers das zweite Merkmal des fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB bildet. Nach herrschender Auffassung soll die erforderliche Beziehung der Geschäftsfilhrung zum Geschäftsherrn darin bestehen, daß dieser zur Führung des Geschäfts berechtigt ist l59 • Dieses Kriterium scheint auf den ersten
Vgl. Wilhe/m, Rechtsverletzung, S. 97 f Fn. 131; Krumm, S. 2 ff Fn. 3. Seiler, EWiR 1988, S. 778; ders., in: MünchKomm, § 687 Rdnr. 21. - Für eine enge Auslegung des § 687 Abs. 2 BGB unter unzutreffender Berufung auf Prot. II, S. 742 f (= Mugdan II, S. 1202 f.) auch Rosenkranz, S. 36 ff., 75. Wenn man den zum Teil nicht sehr klaren Äußerungen der 2. Komm. aber überhaupt eine verallgemeinerungsfahige Aussage entnehmen kann, so die, daß die Vorschrift im Interesse der Zweckmäßigkeit und ungeachtet dogmatischer Bedenken weit auszulegen sei. 159 Vgl. RGZ 58, 321, 325; 100, 142, 145; RGRK-Steffen, § 687 Rdnr. 4 ff.; Mueser. S. 6 f; Lischer, S. 29; Maser, Herausgabe. S. 154 ff; ehen. S. 94 f.; Th. Fischer. S. 25; Widmer, S. 82 f; Schaute/berger, S. 161 f; Thum, S. 39 ff 157
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1. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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Blick nicht nur klar definiert zu sein 160, sondern auch in Übereinstimmung mit dem allgemeinen Sprachgebrauch zu stehen. So heißt es bei Mueser l61 : "Fremd ist für mich die Sache, die nicht mir gehört, sondern einem anderen, fremd das Recht, das nicht mir zusteht. Also ist ein Geschäft ein fremdes, wenn nicht ich, sondern ein anderer rechtlich zu seiner Vornahme befugt ist."
6. Die abstrakte Betrachtungsweise bei der Bestimmung des fremden Geschäfts Die nähere Bestimmung des Merkmals der "Fremdheit" des Geschäfts setzt voraus, daß man sich zunächst Klarheit über die Bedeutung des Begriffs "Geschäft" in § 687 Abs. 2 BGB verschafft. Nach wohl nahezu allgemeiner Auffassung bezeichnet der Begriff "Geschäft" bei der Geschäftsanmaßung, nicht anders als bei der Geschäftsführung ohne Auftrag, die vom Geschäftsführer vorgenommene konkrete Handlung. Der Ausdruck wird somit als tautologische Kurzform für die Begriffe "Geschäftsführung" und "Geschäftsbesorgung" angesehen l62 • Bei einem derartigen Verständnis des Geschäftsbegriffs stößt man jedoch schnell auf sprachliche und gedankliche Schwierigkeiten, wenn man weiter untersucht, was unter einem fremden Geschäft und was unter der Behandlung eines solchen zu verstehen ist. Zum einen wäre, wenn bereits der Begriff des Geschäfts die konkrete Handlung des Geschäftsführers bezeichnete, der Wortlaut des § 687 Abs. 2 BGB insofern mißverständlich, als er den Eindruck erweckte, daß der Geschäftsführer zweimal handeln müsse. Wäre etwa die Veräußerung einer fremden Sache durch den Geschäftsführer das fremde Geschäft, so könnte genau genommen die Behandlung dieses Geschäfts als eigenes nur eine von der Veräußerung verschiedene Handlung sein, also etwa die Einziehung der Kaufpreisforderung l63 • Ein zweiter und gravierenderer logischer Einwand ergibt sich, wenn man den Begriff des Geschäfts, verstanden als Handlung des Geschäftsführers, mit dem Begriff "fremd" in der Bedeutung von "einem andern rechtlich zugewiesen" verknüpft. Denn Handlungen lassen sich nicht, wie etwa Sachen, Forderungen oder Vermögen, anhand rechtlicher Kriterien Personen als eigene oder fremde
160 Vgl. Mueser, S. 7: Das Kriterium der Berechtigung lasse sich aus der Rechtsordnung stets einwandfrei feststellen. 161 S. 6.
So besonders deutlich Haines, S. 11; Flügge, S. 77. Vgl. dazu, daß diese Auslegung des § 687 Abs. 2 BGB im Zusammenhang mit den Schmiergeldfällen sogar praktische Bedeutung erlangt hat, unten S. 472 f. 162 163
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1. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
zuordnen 164. Es gibt keine Rechte an tatsächlichen Handlungen wie an Sachen oder sonstigen Rechtsgütern. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden Handlungen vielmehr Personen aufgrund des tatsächlichen Kriteriums der Urheberschaft als eigene oder fremde zugeordnet. Eine fremde Handlung ist daher nach allgemeinem Sprachgebrauch die von einem andern vorgenommene Handlung. Dies ist zwar unzweifelhaft nicht die Bedeutung des Begriffs in § 687 Abs. 2 BGB, wird hier doch gerade davon ausgegangen, daß das Geschäft für den Handelnden ein fremdes ist. Doch ändert dies nichts daran, daß man genau genommen Unmögliches verlangt, wenn man als Voraussetzung des § 687 Abs. 2 BGB ansieht, daß der Geschäftsherr selbst "allein zur Vornahme der Geschäftsführungshandlung befugt" sein müsse l65 . Ist das Geschäft gerade die vom Geschäftsführer vorgenommene Handlung, der konkrete historische Vorgang, so ist es sinnlos, davon zu sprechen, ein anderer sei zur Führung dieses Geschäfts berechtigt gewesen. "Fremd" im Sinne von "einem andern rechtlich zugewiesen" können nur Rechte sein, die durch die Geschäftsführung berührt werden. Hat etwa jemand eine fremde Sache veräußert, so kann nicht der Vorgang der Veräußerung einem andern als dem Geschäftsführer rechtlich zugewiesen sein, sondern nur die Befugnis zur Veräußerung der Sache. Aber nicht nur der Umstand, daß es naturgemäß eine eigene Handlung des Geschäftsführers ist, die den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB erfüllt, erweckt Bedenken dagegen, den Begriff des fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB mit der Handlung des Geschäftsführers zu identifizieren. Es werden auch durch die Geschäftsführung immer in gewissem Umfang eigene Rechtspositionen des Geschäftsführers betroffen sein. Genau genommen ist schon der mit der Geschäftsführung verbundene Arbeitsaufwand eine solche Rechtsposition, da es das alleinige Recht des Geschäftsführers ist, über den Einsatz seiner Arbeitskraft zu entscheiden - und damit grundsätzlich auch, den hierdurch erzielten Gewinn zu behalten. Selbst der Verkäufer einer fremden Sache ist allein schon durch den mit dem Verkauf verbundenen Arbeitsaufwand zugleich auch im eigenen Rechtskreis tätig l66 • Darüber hinaus können aber auch beliebige andere Rechtsgüter des Geschäftsführers bei der Geschäftsführung eingesetzt worden sein. Es genügt daher auch nicht. nur von der Person des Handelnden zu abstrahieren und zu fordern, daß der Geschäftsherr rechtmäßig gehandelt hätte, wenn er unter im übrigen identischen Umständen an Stelle des Geschäftsführers die Handlung vorgenommen hätte. Denn auch
164 Gcsetzliche Vorschritten bcnutzen das Adjektiv ..fremd" in erster Linie im Zusammcnhang mit Sachen oder Vermögen. allerdings nur seltcn im Zivilrecht. häufig dagegen im Strafrecht (vgl. z. B. §§ 242. 246. 259. 266 StGB). 165 So Maser. Herallsgahe. S. 155. 166 V gl. lIaines. S. 110: Kel/mallll. Gcwinnhaftllng. S. 139: Kaiser. Nutzllngsherallsgahc. S. 175.
I. Der objekth'e Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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dann könnte insbesondere die Verletzung fremder Immaterialgüterrechte kaum einmal den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB erfüllen, da hier bei der Geschäftsführung meist in vielfältiger Weise eigene Rechtsgüter des Geschäftsführers mitgewirkt haben werden l67 . Stets könnte der Geschäftsführer demnach allein dadurch, daß er bei der Geschäftsführung zugleich auch eigene Rechtsgüter verwendet. oder auch durch den gleichzeitigen Verstoß gegen ein absolutes Verbotsgesetz den Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB vereiteln. Will man nicht den Rechtsinhaber partiell schutzlos stellen und eine gezielte Umgehung des § 687 Abs. 2 BGB ermöglichen, so müssen daher eigene Beiträge des Geschäftsführers bei der Frage, ob ein fremdes Geschäft geführt wurde, außer Betracht bleiben. und zwar unabhängig davon, in welchem Verhältnis eigene und fremde Beiträge bei der Geschäftsführung mitgewirkt haben. Die vereinzelt vertretene Gegenauffassung kann nicht überzeugen. Gegenüber Haines l68 , der das Vorliegen eines fremden Geschäfts davon abhängig machen will, daß der wirtschaftliche Schwerpunkt des Geschäfts im fremden Interessenbereich liegt. und Nie11'iarra l69 und Bertrams 170. die unter Berufung auf DnistrjansJ..yi 171 fordern. daß der Geschäftsführer einen andern in "führenden Funktionen" ergänzt oder ersetzt. ist nicht nur einzuwenden, daß diese Kriterien wegen ihrer Unbestimmtheit kaum praktikabel sind. sondern vor allem, daß kein einleuchtender Grund dafür erkennbar ist. dem Inhaber eines Rechtsguts den Schutz durch § 687 Abs. 2 BGB zu verweigern. weil im konkreten Fall das verletzte Rechtsgut bei der Geschäftsführung nur von untergeordneter Bedeutung war. Zum einen ist es schon vom Ansatz her bedenklich, ein grundsätzlich rechtlich geschütztes Interesse im Einzelfall schlicht für unmaßgeblich zu erklären. Zum andern kann es jedenfalls nicht dem Rechtsverletzer überlassen bleiben, durch geschickte Wahl der Modalitäten der Verletzungshandlung den Schutz des Verletzten zu vereiteln. Auch mit schutzwürdigen Interessen des Geschäftsführers lassen sich angesichts der subjektiven Voraussetzungen des § 687 Abs.2 BGB die Kriterien Haines '. Niewiarras und Bertrams' nicht rechtfertigen. Schließlich kann es auch nicht überzeugen. wenn Haines seine Auffassung mit
l"~ Vgl. F Schul::. AcP Bd. 105 (1909). S. 203 f.: Kaßner. S. 68: Bertrams. S. 88 ff.: .I!osa. Herausgabe. S. 263 f.: Amrein. S. 29. 1(,8 S. 8 tT. ""JS.61 tT. 17(J
S. 2-l fL 91.
171.1herJB. Bd. 77 (1927). S. -l8 fL insbes. S. 60 ff. Nach Dnistrjansk)j besteht das Wesen der Geschäftsführung darin. daß der Geschäftsführer den Geschäftsherrn in den führenden Funktionen seine; Rechts- und Wirtschaftssphäre ersetzt oder ergänzt. Allerdings hatte D/Jistrill/Js/..lj (\gl. a.a.O .. S. -l8. 61. 67 f.) bei seinem Versuch der Entwicklung eines einheitlichen Geschäftsführungsbegriffs die Geschäftsanmaßung ganz offensichtlich nicht im Auge. Bemerkenswert ist insofern. daß der sonst wenig beachtete Beitrag auf die Diskussion um den Begriff des fremden Geschäfts i. S. des § 687 Abs. 2 13GB \erhältnismäßig großen Eintluß hatte.
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I. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
"system ästhetischen Gesichtspunkten" begründet 172, da es bei der Geschäftsführung ohne Auftrag überhaupt nicht darauf ankommt, inwieweit der Geschäftsführer in Rechte des Geschäftsherrn eingreift. Die in § 687 Abs.2 BGB vorausgesetzte Kongruenz der Handlung des Geschäftsführers mit entsprechenden dem Geschäftsherrn zugewiesenen kann also nur eine partielle sein. Auch der Bundesgerichtshof hat diesen Grundsatz in seinem "Vitasulfal-Urteil" vom 24.2.l96Jl73, in dem er in Abkehr von der Rechtsprechung des Reichsgerichts 174 die Benutzung eines fremden Warenzeichens als fremdes Geschäft im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB ansah, ausdrücklich anerkannt. Im Ergebnis folgte er damit der bereits von F. Schulz gegenüber der Rechtsprechung des Reichsgerichts zur Warenzeichenverletzung aufgestellten These, der Begriff des fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB müsse abstrakt bestimmt werden l75 . Bei dieser Abstraktion scheint die herrschende Meinung jedoch auf halbem Wege stehen zu bleiben, indem sie unter dem Geschäft im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB weiterhin die konkrete vom Geschäftsführer vorgenommene Handlung versteht und lediglich bei der Bestimmung der Fremdheit des Geschäfts von eigenen Beiträgen des Geschäftsfiihrers abstrahiert. Richtigerweise muß man jedoch noch einen Schritt weiter gehen und auch den Begriff des Geschäfts abstrakt verstehen: Das fremde Geschäft ist die als Denkform bereits vor der Geschäftsfiihrung vorhandene, dem Geschäftsherrn zugewiesene Handlung l76 . Die oben genannten sprach logischen Bedenken sind damit ausgeräumt. Die Formulierung des Gesetzes, der Geschäftsführer müsse ein fremdes Geschäft als sein eigenes behandeln, erscheint bei diesem Verständnis durchaus treffend, denn "als sein eigenes behandeln" kann der Geschäftsführer nur, was zum Zeitpunkt der Vornahme seiner Hand-
\72 Haines, S. 11 unter Berufung auf Wi/burg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 25, der sich aus systemästhetischen Gründen jedoch wohl nur gegen die objektive Theorie der Geschäftsführung ohne Auftrag wenden wollte. 173 BGHZ 34, 320, 322. 174 RGZ 58, 321, 325. 175 F. Schutz, AcP Bd. \05 (1909), S. 203 f; ebenso Maser, Herausgabe, S. 264; Kaßner, S. 68; Bertrams, S. 24 f, 89 f 176 So in der Sache zutr. schon Janßen, S. 23, 28, 30: Wenn Len! (Auftragslose Geschäftsführung, S. 11 ff, 68 ff.) das fremde Geschäft als Einwirkung auf fremde Rechte definiere, vermenge er den Begriff des fremden Geschäfts mit dem der Führung eines fremden Geschäfts. Die Einwirkung auf fremde Rechte bezeichne weniger das "Wesen" als die "Erscheinungsform" des fremden Geschäfts. Das fremde Geschäft sei ein "subjektives Recht" des Geschäftsherrn und ein bereits vor der Handlung des Geschäftsführers bestehender "Zustand". - Dagegen zu Unrecht K/ien, S. 22 f; Flügge, S. 77 f; Niewiarra, S. 15. Flügge, a.a.O. widerspricht sich jedoch selbst, wenn er andererseits zutr. feststellt, das objektiv fremde Geschäft werde "durch die Einwirkungshandlung erst konkretisiert" (ähnlich auch Niewiarra, a.a.O.). Dann muß das fremde Geschäft als abstrakte Denkform vor der Einwirkungshandlung also schon vorhanden sein, und genau dies war die von Flügge zuvor so entschieden abgelehnte Aussage Janßens.
I. Der objektiye Tatbestand des
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687 Abs. 2 BGB
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lung bereits vorhanden ist. Erst dadurch. daß der Geschäftsführer das Geschäft als eigenes behandelt. wird das bis dahin lediglich als abstrakte Denkfonn vorhandene Geschäft in Gestalt der tatsächlichen Handlung des Geschäftsführers konkretisiert 177. Als entbehrlich erweist sich damit die Figur des •. auch" oder "teilweise" fremden Geschäfts 178. da das fremde Geschäft als abstrakter Bestandteil des konkreten Geschäftsführungsvorgangs seinerseits stets als ganzes einem andern als dem Geschäftsführer zugewiesen werden kann. Nicht das Merkmal des Geschäfts. sondern erst das der Behandlung des Geschäfts beschreibt also im Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB die konkrete Tätigkeit des Geschäftsführers l79 . Im folgenden soll daher die Tätigkeit des Geschäftsführers. das "Geschäft·· im Sinne der üblichen Tenninologie. nur noch als "Geschäftsführung". "Geschäftsführungshandlung" oder "Geschäftsbesorgung" bezeichnet und von dem fremden Geschäft im abstrakten Sinne unterschieden werden.
7. Das Handeln an Stelle des Geschäftsherrn als Kennzeichen der Führung fremder Geschäfte Die abstrakte Betrachtungsweise ennöglicht ein dem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechendes Verständnis des Tatbestandsmerkmals "fremd" im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB: Der als fremd bezeichnete Gegenstand, das Geschäft im abstrakten Sinne. ist einem andern als dem Geschäftsführer ausschließlich rechtlich zugewiesen. Identifiziert man dagegen, wie dies fast allgemein geschieht. das Geschäft im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB mit der Handlung des Geschäftsführers, so ist ein wörtliches Verständnis des Begriffs "fremd" genau genommen nicht möglich. da eine Handlung nie einem andern als dem Handelnden rechtlich zugewiesen sein kann. Das Tatbestandsnierkmal "fremd"
177 Angemerkt sei. daß das Gesetz den Begritf des Geschäfts an anderer Stelle in ganz ähnlicher Weise im abstrakten Sinne gebraucht. nämlich in § 662 BGB. Wenn es hier heißt. daß der Beautlragte sich verpflichtet. .. ein Geschäft" ~u besorgen. so ist dieses zunächst nur abstrakt detiniert. Die konkreten Umstände der Auftragsdurchflihrung sind in diesem Zeitpunkt noch unbekannt und. soweit der Vertrag hierüber keine Bestimmung trifft. auch unerheblich. Erst mit der Auftragsdurchflihrung wird das Geschäft konkretisiert. ähnlich wie bei vielen anderen vertraglichen Schuldverhältnissen (z. B. Werhertrag. Dienstvertrag. Gattungskaut\'ertrag). die ebenfalls zunächst auf einen nur gedanklich -yorhandenen Gegenstand gerichtet sind. der erst durch die Erflillungshandlung konkretisiert wird. 178 Vgl. BAG AP Nr. I zu 687 BGB: RGRK-Stej!ell. 687 Rdnr. 3: Isele. Anm. AP NI'. I zu 687 BGB: .\'ipperdey. FS Böhm. S. 173: das .. in: Staudinger. Il. Aufl .. 687 Rdnr. 6. 13: Dilcher . .IZ 1963. S. 510: Kaßller. S. 70. 179 V gl. Chrestill. S. 13: Die Behandlung eines Geschäfts ist die Zusammenfassung aller Handlungen des Geschäftsführers.
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könnte dann nur eine irgendwie geartete Beziehung der Handlung zu einem andern bezeichnen, über deren Inhalt sich aber unter rein sprachlichen Gesichtspunkten keine genauere Aussage treffen ließe. Man könnte daher insbesondere auch keine begrifflichen Bedenken dagegen geltend machen, unter einem fremden Geschäft im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB jegliche Verletzung fremder Rechte zu verstehen. Ein solches Verständnis der Tatbestandsvoraussetzungen des § 687 Abs.2 BGB ist auf der Grundlage der abstrakten Betrachtungsweise ausgeschlossen. Der abstrakten Betrachtungsweise zufolge ist nicht die Einwirkung auf den fremden Rechtskreis, sondern das "Ans ich ziehen" einer fremden Handlungsbefugnis das entscheidende Merkmal des § 687 Abs. 2 BGB. Die abstrakte Betrachtungsweise betont daher das geschäftsfuhrungsrechtliche Element des § 687 Abs. 2 BGB: Der GeschäftsfUhrer fUhrt ein Geschäft (im abstrakten Sinne) an Stelle eines andern aus. Hierin liegt die Eigenart der den Tatbestand des § 687 Abs.2 BGB erfüllenden Handlung, die sie mit der vertraglichen und auftrags losen FremdgeschäftsfUhrung, bei allen sonst bestehenden Unterschieden, verbindet. Nicht die bloße Verletzung fremder Rechte, sondern nur deren Ausübung erfUlit den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB, da, wie bereits Maser zutreffend feststellte, auch der Geschäftsherr selbst seine Rechte nur ausüben und nicht verletzen kann 180. Nur dieses von Maser im Anschluß an Dnistrjanskyj181 als "interne Stelivertretung"182 bezeichnete Merkmal erklärt die Einordnung des § 687 Abs. 2 BGB in den systematischen Zusammenhang der Geschäftsbesorgungsverhältnisse. Die abstrakte Betrachtungsweise ermöglicht daher nicht nur eine wörtliche Auslegung des Begriffs des fremden Geschäfts, sondern trägt auch, soweit dies angesichts der dargelegten grundsätzlichen Unterschiede zu den anderen Geschäftsbesorgungsverhältnissen überhaupt möglich ist, der systematischen Stellung des § 687 Abs. 2 BGB Rechnung. Während der Geschäftsfuhrer bei der vertraglichen und auftragslosen Geschäftsbesorgung an Stelle eines andern dessen Interessen wahrnimmt, übt er bei § 687 Abs. 2 BGB an Stelle eines andern dessen Befugnisse aus. Das spezifische Merkmal des § 687 Abs. 2 BGB ist also die Ausübung fremder Hand-
lungsbefugnisse.
180 .\loser. Herausgabe. S. 163: ders.. SJZ Bd. 42 (1946). S. 4: zust. f/o/enslein. S. 161: Thum. S. 40. Vgl. auch .\loser. Herausgabe. S. 157: .. Die Ausdrücke Eingreifen und Äusühen kennzeichnen zwei ganz verschiedene Betrachtungsweisen: vom Geschäft resp. Geschältsführer gegen den Geschäfisherrn. bezw. - was hier als allein richtig erkannt worden ist - vom Geschäfisherrn gegen das Geschält resp. den Geschältsführer. .. 1&1 Vgl. zu diesem ohen S. 81 Fn. 171. lK~ .\loser.Herausgahe. S. 151: zust.llo/enslein. S. 161 f.: .\'iellispach. S. 115: ähnlich 7'11 Fischer. S. 25.
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Obgleich somit im Ansatz Moser und der ihm folgenden herrschenden Lehre zu Art. 423 schweiz. OR, die im Gegensatz zur sogenannten Eingriffstheorie das Merkmal des Handeins an Stelle eines andern betont '83 , zuzustimmen ist, können die Ergebnisse. zu denen Moser und die ihm folgenden Autoren, ähnlich wie ohne entsprechende theoretische Fundierung auch die Rechtsprechung und die herrschende Lehre zu § 687 Abs. 2 BGB, gelangen, nicht überzeugen. Denn das erforderliche .. Handeln an Stelle des Berechtigten" wird meist in einem zu engen Sinne verstanden. Dies beruht darauf, daß nicht konsequent von den konkreten Umständen der Geschäftsfiihrung abstrahiert und lediglich die die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB begründende fremde Handlungsbefugnis herausgeschält wird, sondern der Anspruch in diffuser Weise von einer mehr oder weniger weitgehenden Ähnlichkeit der konkreten vom Geschäftsfiihrer vorgenommenen Handlung mit potentiellen Handlungen des Geschäftsherrn abhängig gemacht wirdI8~. Fast nie wird dabei auch nur andeutungsweise die Frage beantwortet. wie ähnlich denn nun die dem Geschäftsherrn zugewiesene der vom Geschäftsführer vorgenommenen Handlung sein muß, mit anderen Worten: von welchen Modalitäten der Geschäftsführung abstrahiert werden darf und von welchen nicht. Tatsächlich läßt sich insoweit ein Abgrenzungskriterium ohne Willkür auch gar nicht benennen. Um sich dies zu verdeutlichen, ist es hilfreich. einen Blick auf die uneigennützige Geschäftsführung ohne Auftrag zu werfen. die ebenfalls durch das ,.Handeln an Stelle eines andern" gekennzeichnet ist. Nicht nur das Anwendungsgebiet des § 687 Abs. 2 BGB. sondern ebenso das der Geschäftsführung ohne Auftrag würde ganz ungerechtfertigt eingeengt, wenn man forderte, daß man sich die konkrete vom Geschäftsführer vorgenommene Handlung in gleicher oder wenigstens ähnlicher Weise auch als vom Geschäftsherrn vorgenommen denken könnte. Dies ist im Bereich der Geschäftsführung ohne Auftrag auch längst erkannt. Hier wendet die herrschende Meinung zwar ebenfalls das Kriterium des objektiv fremden Geschäfts an. Bei der Abstraktion von den Modalitäten der Geschäftsführungshandlung ist man jedoch viel großzügiger als bei § 687 Abs. 2 BGB. Man begnügt sich im Bereich der Geschäftsführung ohne Auftrag der Sache nach meist mit der generalisierenden Feststellung, daß die Wahrnehmung eines bestimmten Interesses einem andem oblag, und hält
183 Vgl. oben S. ·B f. 18~
Vgl. etwa RGZ 58. 321. 325: \08. I. 5 tT.: BGH NJW 1964. 151 = LM Nr. 8 zu
*687 BGB: BGH NJW 196-l. 1853: .\'ipperdey. FS Böhm. S. 171 ff.; ders .. in: Staudinger. 11. Autl.. *687 Rdnr. 6: RGRK-SteJTen. § 687 Rdnr. 4 ff.: Hofstetter. ZBJV Bd. 100 (\ 96-l). S. 239 ff.: Jrilhelm. Rechtsverletzung. S. 96 f.: Haines. S. 8 ff.: .\foser. Herausgabe. S. 163 f.. 270 f.: Xietlispach. S. 113 ff.: Schaufelberger. S. 161 f.: Thum. S. 30 f.. 39 ff.. 65: .\flleser. S. 21: Bertrams. S. 24. der meinte. die Geschäftsbesorgung müsse ein "Ebenbild" der eigenen Geschäfte des Geschäftsherrn sein: allerdings sei eine "vollständige Kongruenz ... nicht erforderlich und selten möglich".
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für unerheblich, in welcher Weise dieser das Interesse selbst hätte wahrnehmen können oder sollen. So erfüllt die Versorgung eines Bewußtlosen durch einen Arzt den Tatbestand der Geschäftsllihrung ohne Auftrag, weil die Sorge um die eigene Gesundheit allgemein dem Patienten obliegt l85 . Bei der sogenannten Selbstaufopferung im Straßenverkehr genügt es, daß es Aufgabe des anderen Verkehrsteilnehmers gewesen wäre, den Unfall zu vermeiden. Es wäre offensichtlich verfehlt, eine Geschäftsflihrung ohne Auftrag des ausweichenden Verkehrsteilnehmers mit der Begründung zu verneinen, er habe kein objektiv fremdes Geschäft gellihrt, weil es nicht Sache des anderen Verkehrsteilnehmers gewesen sei, sich selbst auszuweichen. Auch bei der Geschäftsruhrung ohne Auftrag muß also mal mehr, mal weniger weitgehend von den konkreten Umständen der Geschäftsführungshandlung abstrahiert werden. Auf der höchsten Stufe der Abstraktion lautet die entscheidende Frage stets, wem die Wahrnehmung eines bestimmten Interesses oblag. Entsprechend ist auch bei § 687 Abs. 2 BGB zu abstrahieren, nur lautet im Hinblick auf die unterschiedliche Funktion des Merkmals des fremden Geschäfts die Frage anders. Da es bei § 687 Abs. 2 BGB nicht darum geht, wen die Kosten der Geschäftsführung treffen soIIen, sondern darum, wer den aus der Geschäftsführung gezogenen Nutzen beanspruchen kann 186, ist hier zu fragen, wem die Befugnis zur wirtschaftlichen Verwertung eines Gegenstandes zustand. Meist wird die erforderliche Abstraktion darin bestehen, daß bei der Bestimmung des fremden Geschäfts einerseits der Geschäftsführungsgegenstand genau bezeichnet, andererseits jedoch die Verwertungshandlung typisierend beschrieben wird. Das fremde Geschäft ist dann etwa der Verkauf einer bestimmten Sache oder die Nutzung eines bestimmten Immaterialguts. Befolgt man aIIerdings konsequent den Grundsatz, daß es auf die konkreten Modalitäten der Geschäftsführung nicht ankommt, so kann auch nicht entscheidend sein, inwieweit der Geschäftsführer eine durch das Gesetz oder auch nur durch den Sprachgebrauch typisierte Handlungsbefugnis in Anspruch genommen hat. Ist A berechtigt, einen Gegenstand wirtschaftlich zu verwerten, so kann die unbefugte Verwertung des Gegenstandes durch B den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB auch dann erfüIIen, wenn die konkrete Verwertungsform eine andere als die dem A zugewiesene ist. Es ist also im Rahmen des § 687 Abs. 2 BGB ebensowenig wie bei der Geschäftsführung ohne Auftrag erforderlich, daß die Handlung des Geschäftsführers äußerlich einer vom Geschäftsherrn vorzunehmenden Handlung gleicht. Die Zuordnung des Geschäfts zum Geschäftsherrn erfolgt primär über den genau zu bestimmenden Geschäftsführungsg-eg-enstand, während im übrigen na-
18, IRh
Vgl. F Schlliz. Aer Bd. 105 (1909). S. 200l Fn. 556. Vgl. ollen S. Sol Ir
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hezu beliebig von der konkreten Art und Weise der GeschäftsfUhrung abstrahiert werden kann. Eine Grenze ergibt sich bei der Abstraktion von den Modalitäten der GeschäftsfUhrungshandlung nur daraus, daß es sich um die Ausübung bestimmter Handlungsbefugnisse bzw. - bei der Geschäftsfuhrung ohne Auftrag - um die Wahrnehmung bestimmter Interessen handeln muß. Als zu eng erweist sich damit insbesondere der - im übrigen auch schon wegen seiner Unbestimmtheit wenig überzeugende - Abgrenzungsversuch Nipperdeys, dem zufolge der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB voraussetzen soll, daß das verbotswidrig ausgefUhrte dem einem andern vorbehaltenen Geschäft "wirtschaftlich gesehen entspricht"18'. Zusammenfassend ist festzuhalten. daß das Tatbestandsmerkmal des fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB erfUllt ist. wenn der Geschäftsfuhrer eine einzelne, abstrakt zu bestimmende Handlungsbefugnis eines andern in Anspruch genommen hat. Die eigenen Beiträge des GeschäftsfUhrers ebenso wie sonstige Modalitäten der konkret vorgenommenen Handlung sind fUr die Subsumtion unter den objektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB irrelevant. Hiernach ist § 687 Abs. 2 BGB regelmäßig anwendbar, wenn der GeschäftsfUhrer bei der GeschäftsfUhrung in fremde absolute Rechte eingreift, also fremde Sachen verkauft oder vermietet oder unter Verletzung fremder Immaterialgüterrechte hergestellte Sachen verkauft. In diesen Fällen besteht über die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB wenigstens im Ergebnis weitgehend Einigkeit. Umstritten ist jedoch, ob der Anwendungsbereich des § 687 Abs. 2 BGB auch die Verletzung von Rechtspositionen ohne positiven Zuweisungsgehalt einschließt l88 . Hierunter sind solche Rechtspositionen zu verstehen, die dem Berechtigten zwar die Befugnis vermitteln, von einem andern die Unterlassung bestimmter Handlungen zu verlangen, nicht aber die Befugnis, bestimmte Handlungen selbst vorzunehmen 189.
187
Xipperdey. FS Böhm. S. 17~: ähnlich auch schon Bertrams. S. 23 ff.
188 So Hersche/. JuS 1968. S. 563: Krumm. S. 203 ff.. 223 f.: Rosenkran=. S. 89 ff.. 99 f. - A. A. die h. M.: vgl. etwa \'. C"aemmerer. FS Rabei!. S. 396: ....'ipperdey. FS Böhm. S. 171 ff.: Fliigge. S. 109: .\loser. Herausgabe. S. 163 f.. 271: Th Fischer. S. 25: Ho(stelter. ZBJV Bd. 100 (1964). S. 2~0 f.: ders .. SPR V1II2. S. 209 f.: Ho/enstein. S. '162 f.: Schal/fe/berge,.. S. 16011".: .\"ietlispach. S. 110 ff.: Thum. S. 30 f.. 38 IT.. 65. 18q Vgl. Krumm. S. 10 ff.. 203 ff. Andere sprechen von Rechten .. mit rein negativem Inhall"': so Ifo(stelter. ZBJV Bd. 100 (196~). S. 2~O: ders .. SPR V1II2. S. 209: Ifo/enstein. S. 162: .'·ietlispach. S. 110.
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8. Die Verletzung von Zustimmungsvorbehalten und bloßen Unterlassungsansprüchen Wenn Voraussetzung des § 687 Abs.2 BGB ist, daß fremde Handlungsbefugnisse ausgeübt und nicht nur fremde Rechte verletzt werden, bedarf es stets einer dem Geschäftsherrn zugewiesenen positiven Befugnis. Daher kann die Verletzung bloßer Unterlassungsansprüche die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB nicht begründen. Es fehlt das spezifische Element des Handeins an Stelle des Berechtigten, wenn die verletzte Rechtsposition dem Verletzten nicht die positive Befugnis zur Führung bestimmter Geschäfte vermittelt. Sieht man mit der herrschenden Meinung die Funktion des § 687 Abs. 2 BGB in der Abschöpfung des unter Verletzung fremder Rechte erzielten Gewinns, so könnte man sich allerdings fragen, ob diese nicht auch bei der Verletzung bloßer Unterlassungsansprüche gerechtfertigt ist l90 • Da ein rechtswidrig erzielter Gewinn dem Verletzer keinesfalls gebührt, erscheint der Ausschluß der Gewinnhaftung bei der Verletzung von Positionen ohne positiven Zuweisungsgehalt wenig zwingend. Doch ist eine Erstreckung des Anwendungsbereichs des § 687 Abs. 2 BGB auf die Verletzung bloßer Unterlassungsansprüche nicht nur mit dem Wortlaut, sondern auch mit der systematischen Stellung und der Ratio der Vorschrift nicht zu vereinbaren. Wenn das Gesetz in § 687 Abs.2 BGB zugunsten des Verletzten eine Fremdgeschäftsfuhrung fingiert, so ist diese Fiktion nur dann sinnvoll, wenn die verletzte Rechtsposition rechtmäßig durch den Inhaber selbst oder durch einen andern fur den Inhaber hätte ausgeübt werden können. Die Fiktion einer fremdgeschäftsfuhrung erscheint hingegen unpassend, wo selbst bei der gebotenen Abstraktion von den konkreten Umständen der Geschäftsfuhrungshandlung kein Geschäft übrig bleibt, das von der Rechtsordnung nicht schlechthin untersagt würde. Die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB bedeutete hier, ein Geschehen zu fingieren, das in gleicher Weise wie das tatsächliche Geschehen von der Rechtsordnung mißbilligt würde. Ein auch die Verletzung bloßer Unterlassungsansprüche einbeziehender Gewinnherausgabeanspruch wäre zwar de lege ferenda durchaus in Betracht zu ziehen, müßte dann jedoch vollständig aus dem geschäftsflihrungsrechtlichen Kontext herausgelöst werden.
190 Vgl. dazu die Erwägungen der 1. Komm. (Prot., S. 1659 = Jakobs/Schubert, SchuldR III, S. 159) hinsichtlich der Haftung des eigennützigen Geschäftsführers: ..zunächst wolle nicht einleuchten, weshalb der fragliche Deliktsschuldner strenger zu beurtheilen sei, wie jeder andere Deliktsschuldner mit Einschluß desjenigen, der das schwerste Verbrechen begangen habe. Liege ein genügender Anlaß vor, die erwähnten Rechte dem Geschäftsherrn beizulegen. so bleibe nichts übrig, als die Vorschriften über die Vertretung der Delikte in entsprechender Weise durch allgemeine Bestimmungen zu ändern und zu ergänzen." Leider versäumte es die 2. Komm., sich mit diesem berechtigten Einwand auseinanderzusetzen.
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Bei konsequenter Anwendung der abstrakten Betrachtungsweise ist jedoch die insbesondere unter Präventionsgesichtspunkten unbefriedigende Differenzierung zwischen der Ausübung fremder Handlungsbefugnisse und der Verletzung bloßer Unterlassungsansprüche fast nur theoretischer Natur. Wenn in der Literatur die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB im Hinblick darauf abgelehnt wird, daß es an der Ausübung fremder positiver Rechte fehle, so beruht dies meist nur darauf, daß nicht genügend von den konkreten Modalitäten der Geschäftsfiihrungshandlung abstrahiert wird. Daß die Rechtsordnung reine Unterlassungsansprüche verleiht, mit denen keinerlei positive Befugnisse verbunden sind, ist äußerst selten. Fast immer wird sich die von einem andern in Gewinnerzielungsabsicht verletzte Rechtsposition in irgendeiner Form vom Berechtigten wirtschaftlich verwerten lassen. Nur wenn man zu Unrecht eine wie auch immer geartete Ähnlichkeit der Handlung des Geschäftsfiihrers mit einer rechtmäßig von einem andern vorzunehmenden fordert, wird man auch in praktisch relevant werdenden Fallgestaltungen gelegentlich einen Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB an der fehlenden positiven Zuweisung des Geschäfts an den Prätendenten scheitern lassen müssen. Bei konsequenter Anwendung der abstrakten Betrachtungsweise wird dies hingegen vor allem deshalb kaum einmal vorkommen, weil von der Verletzung eines bloßen Unterlassungsanspruchs die Verletzung eines Zustimmungsvorbehalts unterschieden werden muß. Zu stimmungsvorbehalte vermitteln dem hierdurch Begünstigten die Rechtsrnacht, eine fremde Handlung nicht nur zu untersagen, sondern sie auch mit rechtfertigender Wirkung zu gestatten. Es handelt sich insofern, im Grundsatz nicht anders als bei den sogenannten absoluten Rechten im Sinne des § 823 Abs. I BGB, die die positive Zuweisung des Geschäfts an den Verletzten im Regelfall unproblematisch durch die dem absoluten Recht eigene "Genußfunktion" begründen, durchaus um Rechtspositionen mit positivem Zuweisungsgehalt. Die Besonderheit des Zustimmungs vorbehalts besteht nur darin, daß dieser nicht selbständig ausgeübt werden kann, sondern seine Ausübung davon abhängig ist, daß ein anderer die zustimmungsbedürftige Handlung vornimmt. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, dem Zustimmungsvorbehalt den Schutz durch § 687 Abs. 2 BGB zu versagen. Mit dem dargelegten geschäftsführungsrechtlichen Verständnis des § 687 Abs. 2 BGB ist die Einbeziehung der Verletzung bloßer Zustimmungsvorbehalte ohne weiteres vereinbar. Akzeptiert man die Prämisse, daß das fremde Geschäft eine abstrakte dem Geschäftsherm zugewiesene Handlung ist, so kann diese ohne begriffliche Bedenken in der Erteilung der erforderlichen Zustimmung gesehen werden. Der Geschäftsführer ersetzt durch eigenmächtiges Handeln die Erteilung der Zustimmung durch den hierzu Berechtigten. Durch die Einbeziehung der Verletzung von Zustimmungsvorbehalten läßt sich praktisch lückenlos die rechtspolitisch zweifellos wünschenswerte Abschöpfung des aus bewußt-rechtswidrigem Handeln erzielten Gewinns über
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§ 687 Abs. 2 BGB verwirklichen. Unanwendbar ist § 687 Abs. 2 BGB nur dann, wenn dem Verletzten nicht wenigstens die Befugnis zusteht, eine rechtfertigende Einwilligung in die Verletzungshandlung auszusprechen, das verletzte Rechtsgut somit nicht zur Disposition des Verletzten steht l91 • Dies wird, abgesehen von den seltenen Fällen, in denen eine Einwilligung als sittenwidrig zu qualifizieren wäre, nur dort der Fall sein, wo gleichmäßig die Interessen eines nur nach allgemeinen Merkmalen abgrenzbaren Personenkreises betroffen sind. Beispiele hierfür finden sich vor allem im Wettbewerbsrecht, wo Unterlassungsansprüche Mitbewerbern ohne das Erfordernis eines qualifizierten Individualbezugs der rechtsverletzenden Handlung gewährt werden l92 . In diesen Fällen ist aber das Instrument der privatrechtlichen Gewinnhaftung ohnehin aus allgemeinen, außerhalb der Tatbestandsmerkmale des § 687 Abs. 2 BGB liegenden praktischen Gründen nicht anwendbar. Unterlassungsansprüche sind daher für die privatrechtliche Gewinnhaftung von vornherein fast nur in der qualifizierten Form des Zustimmungsvorbehalts von Interesse.
In Anlehnung an die Terminologie des Immaterialgüterrechts soll im folgenden die Rechtsmacht, einen Unterlassungsanspruch durch entgeltliche Gestattung wirtschaftlich zu verwerten, als "Lizenzbefugnis" bezeichnet werden. Den Gegensatz bildet die "Eigennutzungsbefugnis", wobei unter Eigennutzung hier jede nicht in der bloßen entgeltlichen Gestattung eines Eingriffs bestehende Form der Verwertung verstanden werden soll. Das Begriffspaar der Rechtspositionen mit positivem Zuweisungsgehalt und rein negativem Inhalt sollte hingegen vermieden werden, da keine Einigkeit darüber besteht, ob auch die bloße Lizenzbefugnis eine Rechtsposition mit positivem Zuweisungsgehalt darstellt. Es liegt nahe, gegen die hier vertretene Auslegung des § 687 Abs. 2 8G8 einzuwenden, daß sie zu einer Ausdehnung des Anwendungsbereichs des § 687 Abs.2 8GB weit über den originären Kernbereich der Geschäftsanmaßung
191 I. Erg. ebenso Krumm, S. 203 ff.. der zwar grundsätzlich auch die "Verletzung bloßer Verbietungsrechte" erfaßt wissen wilL jedoch die Fälle ausnimmt. in denen der Verletzer "nicht ein der Disposition des unmittelbar Verletzten unterliegendes Recht ausübt. sondern ein im öffentlichen Interesse statuiertes allgemeines Verbot verletzt. dessen gerichtliche Durchsetzung nur aus Gründen praktischer Vernuntl nicht nur den staatlichen Organen gestattet wird. sondern auch den in ihren Interessen in besonderer Weise durch die Verletzung des Verbots betrotIenen Privaten". Entscheidend ist auch für Krumm die Befugnis. "die Erlaubnis zur Vornahme dieser. eben nur ohne die Zustimmung des Berechtigten widerrechtlichen Geschätle. zu erteilen" (ähnlich Hl!rschl!/. JuS 1968. S. 563 für den Fall der unberechtigten Untervermietung). - Vgl. auch schon Aarons. S. I: Mit negotium alienum sei "diejenige juristische Handlung gemeint. weiche zu dem Vermögen eines vom Handelnden verschiedenen Rechtssubjects in einer solchen Beziehung steht. daß ihr juristischer Inhalt der Vermögensrechtssphäre des Letzteren. mithin seiner rechtlichen Ilerrschafl. seiner Disposition. anheimflillt." 192 Ungenau insofern KOppl!f1Sleiner/l\ramer. S. 76. die davon ausgehen. daß lIlan sich jet/en lJnterlassungsansprllch "ahkaufen" lassen könne.
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hinaus führe, daß insbesondere den Verfassern des BGB bei der Einfügung des späteren § 687 Abs. 2 BGB sicher nicht Fälle wie der Verletzung eines bloßen Zustimmungsvorbehalts vor Augen standen. Zu bedenken ist jedoch, daß die hier vertretene Auffassung lediglich eine Entwicklung konsequent zu Ende flihrt, die schon vor Inkrafttreten des BGB begonnen hat. Nachdem schon das gesamte Rechtsinstitut der Geschäftsanmaßung aus einem Akt der Abstraktion von der inneren Haltung des Geschäftsführers gewonnen worden war, setzte sich die Abstraktion von den konkreten Umständen der Geschäftsflihrung auf der Ebene der objektiven Merkmale fort und führte zur Erstreckung des Tatbestands auf Fallgestaltungen, die mit typischen Fällen uneigennütziger Geschäftsbesorgung nicht einmal mehr eine äußerliche Ähnlichkeit aufweisen l93 . Dies kennzeichnet etwa, gemessen an den klassischen Fällen der Geschäftsanmaßung, der Veräußerung fremder Sachen und der Einziehung fremder Forderungen, auch schon den Eingriff in fremde Immaterialgüterrechte, den bereits das Reichsoberhandelsgericht als Anwendungsfall der actio directa anerkannte l94 und der heute als "Domäne" des § 687 Abs. 2 BGB gilt l95 . Wenn das Anwendungsgebiet der unechten negotiorum gestio seit Inkrafttreten des BGB manche weitere Ausdehnung erfahren hat, so ist dies nur darauf zurückzuflihren, daß schrittweise begrifflich begründete, sachlich aber nicht zu rechtfertigende Differenzierungen überwunden wurden. Bekanntestes Beispiel hierflir ist der erst in den sechziger Jahren aufgegebene Widerstand der höchstrichterlichen Rechtsprechung gegen die Anerkennung der Warenzeichenverletzung als Führung eines fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGBI96. Wenn gelegentlich gefordert wird, die Erstreckung des objektiven Tatbestands der Geschäftsanmaßung auf nahezu jeglichen Eingriff in fremde Rechte insgesamt rückgängig zu machen 197, so ist dem entgegenzuhalten, daß ein
193
Vgl. dazu auch Weber. ZSR NI' ßd. 111, I (1992), S. 340 f.
194 ROHG 22, 338, 340 I'. 1951sele, FS Cohn, S. 77; ähnlich l~sserlWeyers, § 46 IV 2 a (§ 687 Abs. 2 BGB als .. wichtiges Instrument des Schutzes gegen kommerzielle Ausbeutung von Immaterialgütcrn durch Fremde"); R(iRK-Steffen, § 687 Rdnr. 38; Erman-Ehmann, § 687 Rdnr. 11; I:nneccerus-I.ehmann, § 168 I I a; lJeulhien/Weber, S.98; Marlinek./Theoba/d, JuS 1997, S. 617; Oppermann, AcP Bd. 193 (1993), S. 508; Friedrich, ZSR Bd. 64 (1945), S.24. 1% Dazu nähcr unten S. 333 f., 336 1'., 377 f. 1'17 In diesem Sinne lIaines, S. 8 1'1'.; Niewiarra, S. 30 Ir.; rur Art. 423 schweiz. OR Niellispach. passim. Nach Niellispach lassen sich vicle praktisch bedeutsame Sachvcrhalte nur in dogmatisch fragwürdigcr Wcise unter den Tathcstand dcr Cieschäftsanmaßung subsumieren. Dic h. M. vcrschalTc dcr (ieschäftsanmaßung eincn Anwendungsbereich. dcn der (icsctzgebcr nicht einmal in grohcn Zügcn zu skizzicrcn beabsichtigt habe (Nietli.\pach. S. 113 fr.. 153.413). In Art. 423 schweiz. OR könne auch deshalb nicht die Zentral norm für den Eingriffsgewinn gesehen werden, weil diese ihren Platz im Allgemeinen Teil des OR hahen müsse (Niellis{!ach. S. 144; vgl. zum letztgenannten Ge-
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Rechtsinstitut, das an die Stelle des § 687 Abs. 2 BGB treten könnte, ohne in ganz vergleichbarer Weise über seinen originären Anwendungsbereich hinaus ausgedehnt zu werden, nicht zur Verfügung steht. Diejenigen, die in der Nachfolge F. Schulz' die Denkfigur der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag für obsolet erklären, meinen, die Funktion des § 687 Abs. 2 BGB könne vollständig das Bereicherungsrecht übernehmen. Demgegenüber ist jedoch darauf hinzuweisen, daß das Bereicherungsrecht des BGB für die Bewältigung der Problematik des Eingriffserwerbs noch weniger geschaffen ist als § 687 Abs. 2 BGB. F. Schulz hat dies noch klar erkannt und sah sich zur Begründung seines Systems zu einer gewagten Gesamtanalogie gezwungen l98 . Heute wird dagegen häufig der Eindruck erweckt, die §§ 812 ff. BGB seien sedes materiae hinsichtlich des Rechts auf den Eingriffserwerb, § 687 Abs. 2 BGB dagegen nur ein Notbehelf1 99 • Tatsächlich läßt sich das Problem des Eingriffserwerbs mit den Instrumenten des BGB jedoch keinesfalls lösen, ohne über historisch bedingte Schranken des Anspruchssystems hinwegzusehen. Historisch betrachtet ist die Angliederung des Rechts auf den Eingriffserwerb an die Leistungskondiktion im Sinne des klassischen römischen Rechts ebenso ein Notbehelf wie seine Begründung aus der Geschäftsführung ohne Auftrag200 . Die Verfasser des sichtspunkt auch E. Wolf, ZSR NF Bd.46 (1927), S. 315 Fn.29; Friedrich, ZSR NF Bd. 64 (1945), S. 20 ff.; Weber, ZSR NF Bd. 111, 1 (1992), S. 336: Moser. Herausgabe. S. 118; ders., SJZ Bd. 42 (1946), S. 3; Schmid, OR, Art. 423 Rdnr. 6). 198 Vgl. oben S. 36 f. 199 So etwa Kellmann, Gewinnhaftung, passim. insbes. S.96 Fn. 155: IVi/he/m. Rechtsverletzung, S. 59 ff.; Reichard, AcP Bd. 193 (1993). S. 577 ff. - Vgl. auch Jakobs, Eingriffserwerb, S. 116 Fn. 40: Man stoße auf .,kaum zu überwindende Schwierigkeiten", wenn man die Gewinnhaftung im Wettbewerbsrecht auf die Geschätlsführung ohne Auftrag stützen wolle. Für die Bereicherungshaftung sieht Jakobs (a.a.O .. S. 115 ff.) entsprechende Schwierigkeiten offenbar nicht, obgleich er Versuche. bei Wettbewerbsverstößen eine Vermögensverschiebung zu konstruieren, ausdrücklich für abwegig erklärt. 200 Vgl. dazu schon Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 12 tL insbes. S. 18. der die Tatbestände "außergeschäftlicher" Bereicherung als .. Anhängsel" bezeichnet. Es kennzeichnet die allzu einseitige Sichtweise Reichards. daß er mit demselben Begritf des "Anhängsels" zwar die systematische Stellung des § 687 Abs. 2 BGB im Verhältnis zur Geschäftsführung ohne Auftrag qualifiziert (AcP Bd. 193 (\ 993). S. 581. 594). die parallele Problematik des Verhältnisses der Eingriffs- zur Leistungskondiktion aber nicht einmal streift. - Etwas anders als in Deutschland wird das Verhältnis von geschätlsführungsrechtlicher und bereicherungsrechtlicher Eingriffshatlung in der Schweiz beurteilt. Dort wird Art. 423 schweiz. OR seit jeher weitgehend die Funktion zugewiesen, die in Deutschland die Eingriffskondiktion erfüllt. da die lange Zeit ganz h. M. den Bereicherungsanspruch aus Art. 62 schweiz. OR von einer Vermögensverschiebung bzw. einem Schaden des Gläubigers in Höhe der Bereicherung abhängig machte; vgl. etwa BGE 73 11 194. 199; Mosel', Herausgabe. S. 43 ff.: TI!. Fischer. S. 30 ff.; V. Fischer, S. 50; E. Wolf, ZSR NF Bd. 46 (1927), S. 315 Fn. 30: Friedrich. ZSR Bd. 64 (1945), S. 24, 48; Hofstetter. ZBJV Bd. 100 (\ 964). S. 226: Hal/ser. SJZ Bd. 78 (1982), S. 269; dazu auch Thum, S. 70 111. W. Nachw. Inzwischen scheint sich allerdings auch in der Schweiz die Ansicht durchzusetzen. die das Erfordernis einer
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BGB haben es, bedingt durch die Rechtswirklichkeit des neunzehnten Jahrhunderts, in der der Eingriffserwerb abgesehen von den Fällen der Nutzung und Veräußerung fremder Sachen und der Einziehung fremder Forderungen noch keine nennenswerte praktische Bedeutung hatte, versäumt, diese Notbehelfe durch ein eigenständiges Institut des Rechts auf den Eingriffserwerb zu ersetzen. Wer sich unter systemästhetischem Gesichtspunkt dagegen wendet, die Verletzung eines Zustimmungsvorbehalts als Führung eines fremden Geschäfts zu begreifen, muß es daher unter demselben Gesichtspunkt auch ablehnen, den durch die Verletzung eines fremden Immaterialgüterrechts erzielten Gewinn als Gegenstand des Bereicherungsanspruchs anzuerkennen. Denn von einer "Rückforderung" im Sinne der gemeinrechtlichen Bereicherungsrechtslehre, auf die auch noch die Fassung der §§ 812 ff. BGB unübersehbar zugeschnitten ist, kann hier keine Rede sein. Angesichts der Ausweitungen, die der Bereicherungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Eingriffe in fremde Rechtsgüter seit Inkrafttreten des BGB erfahren hat, ist es schwer einzusehen, daß man den Anwendungsbereich des § 687 Abs. 2 BGB nach wie vor im wesentlichen auf die bereits im neunzehnten Jahrhundert anerkannten Fälle unechter negotiorum gestio beschränken zu müssen meint, mögen die hieraus resultierenden Differenzierungen noch so willkürlich sein. Auch eine sachgerechte Auslegung des § 687 Abs. 2 BGB setzt das Eingeständnis voraus, daß den Vorstellungen der Gesetzesverfasser und systemästhetischen Gesichtspunkten nicht in jeder Hinsicht Rechnung getragen werden kann, will man die Problematik des Eingriffserwerbs in einer den praktischen Bedürfnissen entsprechenden Weise mit den Mitteln des BGB bewältigen. Speziell in bezug auf die Einbeziehung der Verletzung von Zustimmungsvorbehalten in das Anwendungsgebiet des § 687 Abs. 2 BGB ist des weiteren darauf hinzuweisen, daß die Grenzen zwischen der Verletzung bloßer Zustimmungsvorbehalte und dem vermeintlich unproblematisch den Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB begründenden Eingriff in fremde absolute Rechte fließend sind. Denn auch Inhaber sogenannter absoluter Rechte können im Einzelfall rechtlichen Beschränkungen unterworfen sein, die bewirken, daß von dem absoluten Recht nicht mehr als ein Zustimmungsvorbehalt übrig bleibt. Wird etwa eine zu einem Gesamthandsvermögen gehörende Sache von einem GesamtVermiigellsverschiebung und eines Schadens auf Seiten des Gläubigers im Bereicherungsrecht verneint; so z. B. 5ichaufelher!;er, S. 63 Ir. im Anschlul.\ an die deutsche Rechtswidrigkeitstheorie; I/olenstein, S. 76 ff. im Anschluß an die deutsche ZuweisungsIchre; Schmid, OR, Art. 423 Rdnr. 179 Ir.; U.I'cher, S. 161 IT.; Widmer, S. 104 ff.; .\'ielli.l'{Jach, S. 346 Ir. Damit wird wohl auch hier die Lehre, die den Tatbestand der (ieschäfisanmaßung für entbehrlich erklärt (so bereits Nietli.l'pach, S. 404 r., 412 Ir.; S'chaufelher!;er, S. 164), an Anhängern gewinnen. Vgl. zum ganzen auch Weher, ZSR NI' Bd. 111, I (1992), S. 35M Ir., der bezüglich der (iewinnabsehöpfung sowohl im Bereicherungsanspruch als aueh in Art. 423 schweiz. OR nur eine "Behclfslösung" sicht.
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I. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
händer für eigene Rechnung verkauft, so dürfte auch auf der Grundlage der herrschenden Meinung kein Zweifel daran bestehen, daß den übrigen Gesamthändern wenigstens dem Grunde nach der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB zusteht, obwohl doch keiner der Gesamthänder selbst die Sache ohne die Mitwirkung der anderen rechtmäßig für eigene Rechnung hätte veräußern dürfen. Die erforderliche positive Zuweisung des Geschäfts an den Geschäftsherm kann hier nicht anders als mit der durch den Gesamthandsanteil vermittelten "Lizenzbefugnis" begründet werden: Kein Gesamthänder kann die Sache selbständig für eigene Rechnung verkaufen oder sonst wirtschaftlich verwerten, aber jeder Gesamthänder kann die Vornahme entsprechender Handlungen durch einen andern von seiner Einwilligung abhängig machen. Dies muß für die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB genügen. Daß der das Gesamthandseigentum für eigene Rechnung verwertende Gesamthänder zugleich über seinen eigenen Anteil verfügt, kann nicht die Versagung des Anspruchs dem Grunde nach rechtfertigen, sondern nur für die Anspruchsbemessung von Bedeutung sein. Ein weiteres Beispiel bildet ein in einem Urteil des Reichsgerichts vom 1.12.1922 201 entschiedener Fall. Hier hatte der Vermieter einer Wohnung nach Geltendmachung seines Vermieterpfandrechts Möbel der Mieterin für eigene Rechnung an Dritte vermietet. Das Reichsgericht hatte ebensowenig wie das allgemein zustimmende Schrifttum 202 Bedenken hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals eines fremden Geschäfts, obgleich doch, wie das Reichsgericht selbst betonte, die Mieterin nach Ausübung des Vermieterpfandrechts überhaupt nicht befugt gewesen wäre, die Möbel ihrerseits für eigene Rechnung zu vermieten 203 • Die Mieterin hätte lediglich den Eingriff durch den Vermieter untersagen oder aber gegen Entgelt gestatten können. Die einzige positive Befugnis, die der Mieterin nach Geltendmachung des Vermieterpfandrechts noch verblieben war, war also auch hier die "Lizenzbefugnis". Es zeigt sich somit, daß durch die Einbeziehung der Verletzung bloßer Zustimmungsvorbehalte nicht nur der Anwendungsbereich des § 687 Abs.2 BGB über die von der herrschenden Meinung gezogenen Grenzen hinaus ausgedehnt, sondern auch in manchen vermeintlich unproblematischen Anwendungsfallen des § 687 Abs. 2 BGB die Subsumtion unter das Tatbestandsmerkmal des fremden Geschäfts erst ermöglicht wird.
RGZ 105,408 ff. Soerge/-Müh/, § 687 Rdnr. 4; Erman-Ehmann, § 687 Rdnr. 4; lI'ittmann, S. 153; ders., in: Staudinger, § 687 Rdnr. \0; Nipperdey, FS Böhm, S. 166; ders .. in: Staudinger, I I. Aufl., § 687 Rdnr. 6; Chen, S. 94 f.; All1eser, S. 8; Thllll1, S. 10 f. 203 RGZ \05, 408 f. 201
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1. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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9. Die Geschäftsführung als tatsächlicher Lebensvorgang Bereits aus den AusfUhrungen zum Verhältnis des fremden Geschäfts im abstrakten Sinne zur GeschäftsfUhrungshandlung ergibt sich, daß der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB, ebenso wie der des § 677 BGB, durch tatsächliche Handlungen im weitesten Sinne erfUllt werden kann und insbesondere kein rechtsgeschäftliches Handeln erforderlich ist204 • In der Praxis bildet die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB auf nicht-rechtsgeschäftliches Handeln allerdings die Ausnahme. Hier geht es in erster Linie um Tätigkeiten zum Zwecke der Gewinnerzielung, die regelmäßig den Abschluß von Rechtsgeschäften mit sich bringen. Gleichwohl kommen neben rechtsgeschäftlichen und rechtsgeschäftsähnlichen Handlungen, wie etwa der Einziehung einer fremden Forderung, durchaus auch Handlungen ohne rechtsgeschäftlichen Charakter, wie die Verarbeitung oder der Eigengebrauch einer fremden Sache, als praktische Anwendungsfälle des § 687 Abs. 2 BGB in Betracht. Doch auch dann, wenn der GeschäftsfUhrer rechtsgeschäftlieh handelt, muß das Rechtsgeschäft von der den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB erfUllenden tatsächlichen Handlung unterschieden werden. Für die Gesetzesverfasser war diese Unterscheidung allerdings noch keineswegs so selbstverständlich, wie sie heute erscheinen mag. Dies zeigen die AusfUhrungen der zweiten Kommission zum Fall der Veräußerung einer fremden Sache. Hier, so heißt es in den Protokollen der zweiten Kommission, könne zwar "der Eigenthümer der Sache aus dem Kaufvertrage keine Rechte gegen den Käufer erwerben, falls ihm solche nicht abgetreten werden. Wohl aber sei es möglich, die Folgen des Geschäfts von dem GeschäftsfUhrer auf den Geschäftsherrn zu übertragen und diesem, wenn er den Kaufvertrag genehmige, einen Anspruch auf den Kaufpreis gegen
204 Vgl. etwa Erman-Ehmann, § 687 Rdnr. 4; Moser, Herausgabe, S. 120 ff.; Widmer, S. 81; Wohlfarth, LZ 1932, Sp. 451; Friedrich, ZSR Bd. 64 (1945), S. 25 ff; Ebbecke, Recht Bd. 25 (1921), Sp. 102; Flügge, S. 50 f.; Klien, S. 17; Höbbel, S. 6 f.; v. Bargen, S. 10 f; Chrestin, S. 19 ff.; Amrein, S. 3 f; Krautwig, S. 120. - Ausscheiden soll, wie nach so gut wie einhelliger Auffassung bei § 677 BGB (vgl. MünchKomm-Seiler, § 677 Rdnr. 2; Palandt-Thomas, § 677 Rdnr. 2; Soergel-Mühl, § 677 Rdnr. 2), lediglich bloßes Nichtstun oder Unterlassen (vgl. Moser, Herausgabe, S. 127; Lischer, S. 31; Friedrich, ZSR Bd. 64 (1945), S. 27 f.; Thum, S. 30). Zwar hat Stein, S. 7 ff. mit guten Gründen vertreten, daß die Annahme einer Geschäftsführung ohne Auftrag durchaus auch dann gerechtfertigt sein kann, wenn ausnahmsweise durch die Unterlassung einer geplanten, dem eigenen Interesse dienenden Handlung ein fremdes Interesse gefördert wird. § 687 Abs. 2 BGB auf Unterlassungen anzuwenden, ist jedoch nicht nur mit dem Wortlaut, sondern auch mit Sinn und Zweck der Vorschrift unvereinbar. Auch derjenige, an den ohne sein Zutun eine einem andern geschuldete Leistung erbracht wird, flihrt daher kein "Geschäft" i. S. des § 687 Abs. 28GB; a. A. für Art. 423 schweiz. OR BGE 68 II 29, 34 für den unberechtigten Empfang einer Banküberweisung; zust. (trotz grundsätzlicher Unterscheidung von Geschäften und Unterlassungen) Friedrich, a.a.O., S. 28; Thum, a.a.O.; Lischer, a.a.O.
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1. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
den Geschäftsführer zu geben."205 Aus heutiger Sicht sind diese Ausführungen falsch, und sie scheinen auch nicht im Einklang mit dem Wortlaut des § 687 Abs.2 BGB zu stehen, der den Terminus der Genehmigung nicht benutzt, statt dessen neutral von der Geltendmachung der Rechte aus den §§ 677, 678, 681, 682 BGB spricht. Offensichtlich sollen die zitierten Äußerungen die Rechtsfolge der §§ 687 Abs. 2 S. 1,681 S. 2, 667 BGB erläutern, doch ist der Anspruch gegen den Geschäftsführer auf den Kaufpreis nicht von einer Genehmigung irgendeines Rechtsgeschäfts des Geschäftsflihrers abhängig. Die Äußerungen der zweiten Kommission erklären sich daraus, daß noch im jüngeren gemeinen Recht weder zwischen der Geschäftsflihrungshandlung und einem ggf. hiermit zusammenfallenden Rechtsgeschäft noch zwischen der Geltendmachung der actio directa durch den Geschäftsherm und der Genehmigung der Rechtsgeschäfte des Geschäftsführers klar unterschieden wurde. Umstritten war schon, ob Eingriffe nicht-rechtsgeschäftlicher Art die Rechtsfolgen der negotiorum gestio überhaupt zur Entstehung bringen könnten. Noch v. Monroy bestritt dies in seiner grundlegenden Abhandlung über die "vollmachtslose Ausübung fremder Vermögensrechte" entschieden 206 . Dem rechtsgeschäftlichen Verständnis der Geschäftsführungshandlung entsprechend qualifizierte v. Monroy auch den Willensakt, mittels dessen der Geschäftsherr seine Rechte aus der Geschäftsflihrung geltend macht. Dieser Akt, die "nachträgliche Einwilligung" (ratihabitio), sollte dieselbe Wirkung haben wie eine zuvor erteilte Vollmacht207 . Daß damit zugleich die vom Geschäftsflihrer getroffenen Verfligungen wirksam wurden, war für v. Monroy selbstverständlich208 . Die Bedeutung der Unterscheidung zwischen der Geschäftsflihrungshandlung und einem hiermit zusammenfallenden Rechtsgeschäft zeigt sich vor allem bei dem Problem, inwieweit nachträgliche Umstände die Rechtsfolgen des § 687 Abs.2 BGB entfallen lassen können. v. Monroy betonte, aus der notwendig rechtsgeschäftlichen Form der Ausübung fremder Venllögensrechte folge zwingend, "daß, wenn vor der Einwilligung des Vermögensherrn das Geschäft rückgängig gemacht ist, damit sowohl diese Einwilligung selbst, als die durch sie bedingte obligatio negotii gesti ausgeschlossen wird"209. Auch das
205 Prot. 11. S.743 = MlIgdan 11. S. 1203 (Hervorh. vom Verf.). Krit. hierzu schon Isay, Geschäftsführung. S. 63. 206 v. Monroy. S. 83 Ir Anders aber z. B. schon Dal/kll"are/f. S. 11. 35 ff. 207 v. Monroy. S. 75, 86. Auch dic Wirkungen der Stellvertretung und der Geschäftsführung ohne Autlrag wurden also - wie heute noch etwa im französischen Recht (Art. 1375 Cod. civ.) - nicht streng auseinandergehalten. Hieraus erklärt sich auch die KlarsteIlung der 2. Komm. (Prot. 11. S. 743 = MI/ge/all 11. S. 1203). daß der Eigentümer aus dem Kaufvertrag keine Rechte gegen den Käufer erwerbe. wenn ihm diese nicht abgetreten würden. 20H Vgl. v. MOl/my. S. 67 Ir.. insbes. S. 85 Ir. 20t) \'. A/ol1roy. S. 85.
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Reichsgericht erlag noch in einer frühen Entscheidung zu § 687 Abs. 2 BGB210 dem Irrtum, die Geltendmachung der Rechte aus § 687 Abs. 2 BGB gehe ins Leere, wenn ein im Rahmen der Geschäftsfiihrung vorgenommenes Rechtsgeschäft vor der Geltendmachung wirkungslos geworden sei. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Beklagte hatte einen Bergrechtsanteilschein (einen sogenannten Kux) des Klägers an einen Dritten veräußert. Später hatte sie diesen jedoch im Wege des Umtauschs durch einen eigenen ersetzt. Nach Auffassung des Reichsgerichts 211 war hierdurch "das Geschäft, soweit es in die Rechte des Klägers eingriff, beseitigt und der frühere Zustand, wie er vor diesem Eingriff gegeben war, wiederhergestellt". Die Beklagte sei rechtlich in der Lage gewesen, ihre Vertragsbeziehungen mit dem Käufer "anderweit und so zu regeln, daß die unrechtmäßige Verwendung fremden Eigentums ... rückgängig gemacht wurde". Der Kläger habe zur Zeit der Geltendmachung seiner Ansprüche aus § 687 Abs. 2 BGB ein Geschäft, das als seines gelten könne, nicht mehr vorgefunden. Das Gericht wies daher die Klage auf Herausgabe des Kaufpreises ab 2l2 . Mueser lehnte diese Entscheidung mit der Begründung ab, daß die Rückgängigmachung des Geschäfts ex nunc den einmal entstandenen Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB nicht mehr beseitigen könne. Werde dagegen das "Geschäft" angefochten, sei die Rechtslage so anzusehen, als ob das Geschäft nie geschlossen worden wäre 213 • Tatsächlich kann aber die Geschäftsfiihrungshandlung als tatsächlicher Lebensvorgang weder angefochten noch sonst ungeschehen gemacht werden 214 . Der Anspruch aus § 687 Abs.2 BGB wird also auch durch die Rückwirkung der Anfechtung nicht berührt. Nach erfolgter Anfechtung des Kaufvertrags hat der Eigentümer daher immer noch einen Anspruch auf Herausgabe des Verkaufserlöses. Dieser wird grundsätzlich auch von einem Bereicherungsanspruch des Käufers, der sich nur gegen den Geschäftsfiihrer richtet und daher lediglich eventuelle Gegenansprüche des Geschäftsfiihrers gegen den Geschäftsherrn nach § 687 Abs.2 S.2 BGB begründet, nicht berührt 215 . Entsprechendes gilt, wenn, wie in dem vom Reichsgericht entschiedenen Fall, Käufer und Verkäufer einvernehmlich die Veräußerung rückgängig machen. Es bleibt also zu betonen, daß auch dann, wenn der Geschäftsfiihrer, wie im Regelfall, rechtsgeschäftlich tätig wird, das vorgenommene Rechtsgeschäft als
210 RG JW 1909. 658 f. 211 RG JW 1909.658.659. 212 Dahingestellt ließ das Reichsgericht, ob die Rechtslage anders zu beurteilen gewesen wäre. wenn der Kläger vor der .. Rückgängigmachung" des Geschäfts seine Ansprüche geltend gemacht hätte. 213 Mueser. S. 33 f. 214 Zutr. Maser. Herausgabe. S. 182 f. 215 Vgl. dazu auch unten S. 202. 7 Ehen
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solches für den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB ohne Bedeutung ist. Den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB erfüllt stets allein die tatsächliche Handlung des Geschäftsführers. Faktisch bedingen der subjektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB und die Rechtsfolge der §§ 687 Abs. 2 S. 1,681 S. 2,667 BGB, daß der Anwendungsbereich des § 687 Abs. 2 BGB sich weitgehend auf Handlungen mit wirtschaftlichem Charakter beschränkt. Entgegen einer in der älteren Literatur verbreiteten Ansicht216 besteht jedoch kein Anlaß, bereits, ähnlich wie nach allgemeiner Auffassung bei § 675 BGB, den objektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB auf Handlungen mit wirtschaftlichem Charakter zu beschränken. Deshalb kann auch der von manchen vertretenen Ansicht, eine rein destruktive Handlung könne keine Führung eines fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB sein 217 , nicht gefolgt werden. Diese Einschränkung wird aus zwei unterschiedlichen Gesichtspunkten hergeleitet. Teilweise wird hiermit der vermeintlich alle Geschäftsbesorgungsverhältnisse kennzeichnende Grundsatz bezeichnet, daß als Führung fremder Geschäfte nur solche Handlungen in Betracht kämen, die einem objektiv nützlichen Zweck dienten 218 • Teilweise wird die Ausklammerung destruktiver Handlungen aus dem objektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 8GB dagegen daraus gefolgert, daß hier nur solche Handlungen in Betracht kämen, die mit dem subjektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB vereinbar seien. Das Geschäft müsse geeignet sein, "als eigenes" behandelt zu werden 219 • Während die erstgenannte Ansicht unzulässigerweise Merkmale des fremden Geschäfts bei der fremdnützigen Geschäftsführung in den objektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB hineininterpretiert, vermengt die zweite Ansicht den objektiven mit dem subjektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB. Legt man die allgemeine Definition, nach der die Führung eines fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs.2 BGB die Ausübung einer fremden Handlungsbe-
216 Wohlfarth, LZ 1932, Sp. 451; Franke, S.47; Häbbel, S.7; v. Bargen, S. 10 f; Freese, S. 6. 217 So RGRK-Steffen, § 687 Rdnr. 38; Isay, Geschäftsführung, S. 87 f; Stern berg, S. 7; Niewiarra, S. 92 f; Klien, S. 27; ebenso schon für das gemeine Recht v. Monroy, S.84. 218 So Isay, Geschäftsführung, S. 87 f.; Sternberg, S. 7; Niewiarra, S. 36 (u. a. unter Berufung auf Isele, Geschäftsbesorgung, S. 165, der den Ausschluß rein destruktiver Geschäfte jedoch gerade nicht als objektives Merkmal verstand). 219 So Klien, S. 26 f.; dagegen Niewiarra, S.42 und gegen diesen wiederum Flügge, S. 78 ff. - Primär geht es hierbei allerdings nicht um den Ausschluß destruktiver Geschäfte, sondern darum, Geschäfte, die ausschließlich fremden Interessen dienen, aus dem objektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB auszuklammern; vgl. Klien, a.a.O.; Flügge, S. 78 f. Insoweit wird mit der Forderung, daß das Geschäft geeignet sein müsse, als eigenes behandelt zu werden, i. Erg. zutr. der unterschiedlichen Bedeutung des objektiv fremden Geschäfts bei § 687 Abs. 2 BGB und bei der Geschäftsführung ohne Auftrag (vgl. oben S. 51 ff.) Rechnung getragen.
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fugnis ist, zugrunde, so lassen sich hierunter auch destruktive Handlungen durchaus subsumieren. Die Zerstörung einer Sache ist ebenso ein rechtlich dem Eigentümer vorbehaltenes Geschäft wie der Verkauf oder die Nutzung der Sache. Eine andere Frage ist die, ob eine Handlung, die sich in der Zerstörung einer Rechtsposition erschöpft, ohne daß der Geschäftsruhrer hiermit zugleich einen eigenen wirtschaftlichen Vorteil erstrebt, das Merkmal der Behandlung eines Geschäfts als eigenes errullt. Geht man davon aus, daß dies nicht der Fall ist, so sollte es wenigstens im Ergebnis ohne Bedeutung sein, wenn man die destruktive Handlung bereits nicht unter den objektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB subsumiert. Auch nach dieser Auffassung müßte die Zerstörung einer fremden Sache dann als Anwendungsfall des § 687 Abs. 2 BGB anerkannt werden, wenn sie ausnahmsweise einmal einen wirtschaftlichen Sinn hat220 , so etwa, wenn A dem B die Autoreifen zersticht, weil ihm der mit B verfeindete C hierfür eine Belohnung versprochen hat. Daß die These, destruktive Handlungen könnten den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB nicht errullen, aber auch durchaus zu sachlich nicht gerechtfertigten Einschränkungen des Anwendungsbereichs des § 687 Abs. 2 BGB verleiten kann, zeigt ein Urteil des Reichsgerichts 221 , auf das in diesem Zusammenhang verwiesen wird 222 • Hier verlangte die Klägerin Ersatz rur den Schaden, den sie nach ihrem Vortrag dadurch erlitten hatte, daß die Beklagte eine von der Klägerin gemachte Erfindung zum Zwecke einer Submission veröffentlicht hatte. Das Reichsgericht prüfte als Grundlage eines Schadensersatzanspruchs u. a. § 687 Abs. 2 BGB und verneinte den Anspruch mit der Begründung, es handele sich hier nicht um die Ausnutzung, sondern um die Zerstörung eines fremden Rechts 223 • Ob das Reichsgericht mit dieser Begründung das Merkmal der Führung eines fremden Geschäfts 224 oder nur das der Behandlung des Geschäfts als eigenes verneinen wollte, geht aus den veröffentlichten Entscheidungsgründen nicht klar hervor. Richtigerweise hatte die Beklagte durchaus den objektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB errullt, sofern sie, was das Reichsgericht unterstellte, das Erfinderrecht der Klägerin verletzt hatte. Da die Beklagte die Erfindung aber offenbar auch um ihres eigenen wirtschaftlichen Vorteils willen veröffentlicht hatte, ist nicht erkennbar, was der Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB in diesem Fall entgegengestanden haben sollte.
220 Daß .. destruktive" Handlungen durchaus einen wirtschaftlichen Sinn haben können. betont auch Haines. S. 123 Fn. 711. 221 RGZ 83. 37 ff. 222 RGRK-Stejfen. § 687 Rdnr. 38; Niewiarra. S. 36. 223 RGZ 83. 37. 42. 224 So Niewiarra. S. 36; Rosenkranz. S. 69.
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Zu einer ungerechtfertigten Einengung des Anwendungsbereichs des § 687 Abs.2 BGB gelangte man insbesondere dann, wenn man unter den objektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB nur solche Eingriffe subsumieren wollte, die objektiv geeignet sind, einen Vermögensvorteil unmittelbar herbeizuführen 225 • Denn hierbei würde außer acht gelassen, daß die Geschäftsführung sich häufig aus mehreren Einzelakten zusammensetzt 226 • Typisches Beispiel hierfür ist der Verkauf einer fremden Sache. Die Geschäftsführung ist hier weder der Kaufvertrag noch die Übereignung 227 , erst recht nicht die Entgegennahme des Kaufpreises allein, sondern der alle diese Einzelakte umfassende einheitliche Lebensvorgang 228 • Stellt die Geschäftsführung einen mehraktigen Vorgang dar, so kann dieser Gesamtvorgang durchaus auch Handlungen beinhalten, die als solche lediglich destruktiv sind, ohne daß es deshalb gerechtfertigt wäre, diese aus dem Gesamtvorgang der Geschäftsführung herauszulösen. Gelegentlich bedarf es gerade der Handlungen, die lediglich Rechte des Geschäftsherm verletzen, ohne jedoch bereits unmittelbar einen Vermögensvorteil des Geschäftsführers zu bewirken, um das Tatbestandsmerkmal der fehlenden Berechtigung des Geschäftsführers zu begründen. Reißt man dann die als solche rein destruktive Handlung aus dem Gesamtzusammenhang der Geschäftsführung heraus, so führt dies dazu, daß nur noch ein Vorgang übrig bleibt, der allein den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB nicht erfüllt. Die durchaus nicht seltenen Fälle, in denen erst der rechtsverletzenden Handlung folgende weitere Handlungen des Geschäftsführers den Vermögensvorteil herbeiführen, werden zu Unrecht aus dem Anwendungsbereich des § 687 Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Eine Handlung, die unmittelbar keinen Vermögensvorteil herbeizuführen geeignet ist, sondern möglicherweise nur einen Rechtsverlust eines andern bewirkt und insofern rein destruktiv ist, darf also nie isoliert betrachtet werden. Es muß vielmehr immer die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, daß die Handlung im Zusammenwirken mit anderen Handlungen dem Geschäftsführer die Erzielung eines Vermögensvorteils ermöglicht und damit Teil des Gesamtvorgangs der Behandlung eines fremden Geschäfts als eigenes ist.
So ausdrücklich Klien. S. 25 ff. Vgl. dazu schon Dankwardt. S. 11: ..... negotium ist bald ein einzelner Act mit unmittelbarer Wirkung. bald eine Unternehmung. an welcher man einen Anfang, Verlauf und Erfolg unterscheiden kann." Nach ,\foser, Herausgabe. S. 127 kann auch ein ganzer Komplex von Tätigkeiten ein Geschäft sein. da es praktisch unmöglich sei. den auf einzelne Teilhandlungen entfallenden Gewinn festzustellen: ähnlich für die Geschäftsbesorgung im allgemeinen Isele. Geschäftsbesorgung. S. 113 ff.; für die Geschäftsführung ohne Auftrag Lent. Auftragslose Geschäftsführung. S. 130 ff. 227 So aber .\flleser. S. 7 f.. 30. 228 Vgl. RG JW 1909.658.659. wonach die Ansprüche des Geschäftsherrn aus dem Kaufvertrag in Verbindung mit der Verfügung über die Sache erwachsen. 225
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10. Die Problematik der Kombinationseingriffe a) Die Bestimmung des Geschäftsherrn bei Berechtigungen mehrerer am Geschäftsführungsgegenstand Die abstrakte Betrachtungsweise bei der Bestimmung der objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 687 Abs. 2 BGB trägt in erster Linie dem Umstand Rechnung, daß der Geschäftsfiihrer bei der Ausübung fremder Rechtspositionen stets auch in gewissem Umfang eigene Rechtsgüter einsetzen wird. Möglich ist aber auch, daß die Geschäftsfiihrung zugleich Rechte verschiedener Inhaber verletzt. F. Schulz 229 bezeichnete alle Fälle, in denen eine Eingriffshandlung Rechtspositionen mehrerer Personen berührt, als "Kombinationseingriffe". Die von ihm entwickelten Grundsätze beanspruchten im wesentlichen gleichermaßen Gültigkeit sowohl fiir den Fall, daß der Eingriffserwerb auf der gleichzeitigen Inanspruchnahme der Rechtsgüter mehrerer Verletzter beruht, als auch für den Fall, daß der Eingreifer zugleich eigene Rechtsgüter einsetzt230 • Wo es, wie im Bereicherungsrecht, allein um den Ausgleich objektiv ungerechtfertigter Güterbewegungen geht, der von einer schuldhaften Handlung eines Beteiligten unabhängig ist, und daher eine unterschiedliche Gewichtung der Interessen der Beteiligten nicht geboten ist, erscheint die Gleichbehandlung beider Fallgruppen durchaus naheliegend. Wo jedoch, wie bei § 687 Abs. 2 BGB, besondere subjektive Momente in der Person des Eingreifers eine verschärfte Sanktion gebieten, ist es angebracht, beide Fallgruppen auseinanderzuhalten. Denn hier versteht es sich keineswegs von selbst, daß die durch die Geschäftsführung betroffenen Rechtspositionen Dritter bei der Bestimmung der Rechtsfolgen der gleichen Behandlung unterliegen wie die eigenen Rechtspositionen des Geschäftsführers. Hier soll daher von dem Begriff des Kombinationseingriffs im weiteren Sinne, unter den letztlich jede den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB erfiillende Handlung insofern fällt, als der Geschäftsfiihrer notwendigerweise (wenigstens in Gestalt der aufgewandten Arbeitskraft) auch eigene Rechtsgüter einsetzt, der Begriff des Kombinationseingriffs im engeren Sinne unterschieden werden, der den Sonderfall bezeichnet, daß die Geschäftsfiihrung Rechte mehrerer Personen verletzt. Zu klären ist, wem hier der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB zusteht. Unproblematisch ist die Bestimmung der Anspruchsberechtigung im Standardfall des Kombinationseingriffs, der Verletzung mehrerer selbständiger absoluter Rechte verschiedener Inhaber. Hier stehen Gewinnherausgabeansprüche
AcP Bd. 105 (1909). S. 23. 103. Ebenso für Art. 423 schweiz. OR Maser. Herausgabe, S. 195; Th. Fischer, S. 109 f.: vgl. auch für die dritte Schadensberechnungsmethode RGZ 156, 321. 326. 229
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wie Schadensersatzansprüche dem Grunde nach allen Rechtsinhabern zu 2Jl . Probleme kann, soweit Gewinnherausgabeansprüche geltend gemacht werden, nur die Verteilung des Gewinns auf die Gläubiger bereiten. Grundsätzlich nicht anders stellt sich die Rechtslage dar, wenn die Geschäftsfiihrung einen Gegenstand betrifft, an dem eine Rechtsgemeinschaft im Sinne der §§ 741 ff. BGB besteht. Wird also eine einer Miteigentümergemeinschaft gehörende Sache von einem Dritten fiir eigene Rechnung veräußert, so steht der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB wiederum allen Miteigentümern gemeinsam zu. Die jeweilige Miteigentumsquote ist, soweit der Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB geltend gemacht wird, nur fiir die Verteilung des Erlöses im Innenverhältnis von Bedeutung. Entsprechendes gilt, wenn an dem Geschäftsfiihrungsgegenstand eine Gesamthandsberechtigung bestand 232 • Das Prinzip, daß der Anspruch auf den Geschäftserlös aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB allen Verletzten gemeinschaftlich zusteht, findet also grundsätzlich unabhängig davon Anwendung, ob die verletzten Rechte gleichartig oder verschiedenartig sind und ob sie selbständig oder nur gemeinschaftlich ausgeübt werden können. Entscheidend ist, daß allen Verletzten in den bislang behandelten Fallgruppen eine gleichrangige Berechtigung zusteht. Es ist jedoch auch möglich, daß einem unter den Verletzten eine vorrangige Berechtigung zusteht, die es rechtfertigt, ihn als alleinigen Geschäftsherrn anzusehen und ihm nach dem AlIes-oder-Nichts-Prinzip den gesamten Erlös zuzuweisen. Die Problematik begegnet - unter einem infolge der oben 233 dargelegten Unterschiede der beiden Rechtsinstitute verschobenen Blickwinkel auch bei der Geschäftsfiihrung ohne Auftrag, wenn die Geschäftsfuhrung den Interessenkreis mehrerer Personen betrifft. Hier wird grundsätzlich nach dem AlIes-oder-Nichts-Prinzip einem der Beteiligten die Rolle des fur die Geschäftsfiihrung (vorrangig) Zuständigen zugewiesen 234 • Dieses Prinzip kann aber auch bei der Geschäftsfuhrung ohne Auftrag nicht immer Anwendung finden. Wo die Zuständigkeit zur Geschäftsfiihrung gleichrangig bei mehreren Beteiligten liegt, wie bei Verwendungen auf eine im Miteigentum mehrerer stehende Sache, müssen auch hier die Folgen der Geschäftsfiihrung quoten-
231 Vgl. RGZ 50. 111, 115 f; 126, 127. 132 (zur Verletzung mehrerer Gebrauchsmuster bzw. Patente). 232 Zu den Rechtsfolgen vgl. unten S. 228 ff 233S.51ff 234 Vgl. etwa BGHZ 40.28.30 f.; 54.157.160 f; 63.167.169 f; 65. 354, 357 ff; 72, 151.152 f.; 82. 323, 329 f.; RGRK-Steffen. vor § 677 Rdnr. \0 ff.; Soergel-Mühl, § 677 Rdnr.3 ff.; Fikentscher. SchuldR. Rdnr.930; Wol/schläger, GoA, S.66; Oppermann, AcP Bd. 193 (1993). S. 502. 506. 515; Canaris. JZ 1963, S. 659. 661 f
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mäßig auf mehrere verteilt werden 235 • Bei der Geschäftsanmaßung ist dies der Regelfall. Doch kann sich ausnahmsweise auch hier eine vorrangige Zuständigkeit eines der Beteiligten feststellen lassen, die aber entsprechend den dargelegten unterschiedlichen Kriterien bei der Bestimmung des fremden Geschäfts im Bereich von Geschäftsfilhrung ohne Auftrag und Geschäftsanmaßung bei letzterer nicht durch eine vorrangige Kostentragungspflicht, sondern durch eine vorrangige Berechtigung begründet wird. Beispiele hierfilr bilden einerseits der Verkauf, andererseits die Nutzung einer mit einem Nießbrauch belasteten Sache durch einen Dritten. Geht man von der abstrakten Betrachtungsweise bei der Bestimmung des fremden Geschäfts aus, so kommt es in diesem Fall darauf an, das fremde Geschäft genau zu definieren. Wo sämtliche Befugnisse in bezug auf den Geschäftsfilhrungsgegenstand bei einer einzelnen Person liegen, kann das fremde Geschäft unbedenklich ganz allgemein in der wirtschaftlichen Verwertung des jeweiligen Gegenstandes gesehen werden. Einer genaueren Bezeichnung des fremden Geschäfts bedarf es nur dann, wenn mehreren Personen verschiedenartige Befugnisse in bezug auf den Gegenstand der Geschäftsfilhrung zustehen. Hier muß festgestellt werden, bei wem die "bessere" Berechtigung an dem Gegenstand der Geschäftsfilhrung liegt, indem gefragt wird, wer auf einer niedrigeren Stufe der Abstraktion zur Vornahme der betreffenden Verwertungshandlung berechtigt ist. So ist der Nießbraucher zur Ziehung der Nutz'ungen auch im Verhältnis zum Eigentümer allein berechtigt und kann daher, wenn ein Dritter (oder der Eigentümer) die Nutzungen zieht, aus § 687 Abs.2 BGB vorgehen, während bei der Veräußerung der Sache durch einen Dritten (oder den Nießbraucher) dem Eigentümer der Anspruch aus § 687 Abs.2 BGB zusteht 236 . An der Anspruchsberechtigung des Nießbrauchers bei der Nutzung durch einen Dritten ändert sich auch dadurch nichts, daß auch dem durch den Nießbrauch belasteten Eigentümer im Verhältnis zum Dritten Abwehransprüche aus § 1004 BGB zustehen können. Denn der Eigentümer muß, soweit nicht eine entsprechende Beschränkung des Nießbrauchs besteht, nicht nur dem Nießbraucher die Nutzung gestatten, sondern er kann gemäß § 1059 S. 2 BGB auch nicht gegen den Willen des Nießbrauchers die Nutzung durch einen Dritten untersagen. Die Abwehransprüche des Eigentümers, die sich lediglich auf Einwirkungen beziehen, die der Nießbraucher selbst mit Wirkung auch gegenüber dem Eigentümer dulden könnte, haben daher im Verhältnis zu den Befugnissen des Nießbrauchers keine selbständige Bedeutung. Erst bei Einwirkungen, die die Grenze dessen überschreiten, was der Eigentümer im Verhältnis zum Nießbraucher zu dulden verpflichtet ist, also bei Zie235 Vgl. BGHZ 16. 12. 16 f.: BGH MDR 1967. 111. 112; MünchKomm-Seiler, § 683 Rdnr. 26: Wollschläger. GoA. S. 67 f.. 189 ff. 236 Zutr. schon v. Monroy. S. 107 f. für das gemeine Recht; ebenso für Art. 423 schweiz. OR Nietlispach. S. 118 Fn. 613; für die Eingriffskondiktion Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung. S. 36 f.
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hung von gemäß § 1030 Abs. 2 BGB ausgeschlossenen Nutzungen oder bei Verstoß gegen die Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft im Sinne des § 1036 Abs. 2 BGB, kann der Eigentümer (gemeinsam mit dem Nießbraucher) als Geschäftsherr im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB anzusehen sein 237 • Die Frage, wer "besser" berechtigt ist, muß also immer in bezug auf die konkrete Verwertungshandlung gestellt werden. Allgemeingültige Kriterien gibt es hierfür nicht. Das angeflihrte Beispiel zeigt, daß auch das Eigentum nicht notwendig die "beste" Berechtigung an einem Gegenstand ist. Eine eindeutige Feststellung der Geschäftsherreneigenschaft ist entgegen einer gelegentlich vertretenen Auffassung nicht möglich bei der Veräußerung einer zur Sicherheit übereigneten Sache. Hier ist weder der Sicherungsnehmer238 als der ,juristisch besser Berechtigte" noch der Sicherungsgeber239 als "wirtschaftlicher Eigentümer" alleiniger Geschäftsherr, da keiner von beiden unabhängig von dem andern zur Veräußerung des Sicherungsguts berechtigt ist. Die einzig sachgerechte Lösung besteht daher darin, den Erlös Sicherungsnehmer und Sicherungsgeber gemeinsam zuzuweisen. Daß keiner von beiden allein zur Veräußerung berechtigt ist, rechtfertigt es nicht, in der Berechtigung eines der Verletzten (oder sogar beider) nur eine Rechtsposition "ohne positiven Zuweisungsgehalt" zu sehen. Der erforderliche positive Zuweisungsgehalt ergibt sich daraus, daß Sicherungsnehmer und Sicherungsgeber, nicht anders als auch Gesamthands- oder Miteigentümer, gemeinsam zur Veräußerung der Sache berechtigt wären und im Verhältnis untereinander die Veräußerung durch den jeweils anderen von ihrer Zustimmung abhängig machen könnten. Der wirtschaftliche Wert der beteiligten Rechte entscheidet nicht über die Anspruchsberechtigung dem Grunde nach, sondern nur über die Verteilung des Geschäftserlöses im Innenverhältnis, wie auch bei der Verletzung von Rechten einer Gesamthands- oder Bruchteilsgemeinschaft der Geschäftserlös nicht dem Inhaber des größten Anteils allein zusteht. Die letzte hier zu behandelnde Fallgruppe der Kombinationseingriffe im engeren Sinne ist dadurch gekennzeichnet, daß den durch die Geschäftsflihrungshandlung Verletzten gleichartige Verwertungs befugnisse in bezug auf den Geschäftsflihrungsgegenstand zustehen, die die Berechtigten unabhängig vonein-
237 Die Überschreitung des Nutzungsrechts durch den Nießbraucher ist ein typischer Fall der Verletzung eines Zustimmungsvorbehalts und führt daher ebenfalls zur Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB zugunsten des Eigentümers. 238 So aber wohl Moser, Herausgabe, S. 142 Fn. 18. Vgl. auch MünchKommSeiler, § 687 Rdnr. 18, der "regelmäßig" den Eigentümer für aktiv legitimiert hält, aber letztlich darauf abstellen will, wer Nutzen und Kosten zu übernehmen hat. 239 So aber wohl lsay, Geschäftsführung, S. 61 f. auf der Grundlage eines einheitlichen Geschäftsbesorgungsbegriffs; für die Geschäftsführung ohne Auftrag auch Wol/schläger, GoA, S. 61; Meissel, S. 63.
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ander ausüben können. Hat etwa der Inhaber eines Immaterialgüterrechts hieran eine alleinige Lizenz (mit Eigennutzungsvorbehalt) erteilt240 , so läßt sich, wenn ein Dritter das Immaterialgut unbefugt nutzt, eine "bessere" Berechtigung des Inhabers oder des Lizenznehmers über die Eigennutzungsbefugnis nicht begründen, da diese beiden Beteiligten gleichberechtigt zusteht. Die alleinige Anspruchsberechtigung des Lizenznehmers läßt sich jedoch über die Anknüpfung an die Lizenzbefugnis begründen, sofern der Lizenznehmer zur Erteilung von Unter lizenzen berechtigt ist. Wurde hingegen das Recht zur Erteilung von Unterlizenzen ausgeschlossen, so steht der Anspruch dem Inhaber und dem Lizenznehmer gemeinsam zu. Wenn Haines 241 sich fiir seine Auffassung, § 687 Abs. 2 BGB sei tatbestandlich nur anwendbar, wenn der wirtschaftliche Schwerpunkt der Geschäftsfiihrung in der Interessensphäre des Verletzten liege, gerade auf die Rechtslage bei Verletzung von Rechten mehrerer Inhaber beruft und meint, hier sei der von § 687 Abs. 2 BGB angeordnete Eintritt des Geschäftsherm in den Gesamtvorgang der Geschäftsfiihrung nicht möglich, so trifft dies eben nur unter der Prämisse zu, daß Geschäftsherr im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB immer eine Person sein müsse. Wäre Haines' Auffassung richtig, so hinge die Haftung des Geschäftsflihrers aus § 687 Abs. 2 BGB bei gleichzeitiger Verletzung mehrerer Rechte von dem Zufall ab, ob diese ein und demselben oder verschiedenen Berechtigten zustehen. Ein plausibler Grund, den Eingreifer nur im ersten Fall nach § 687 Abs. 2 BGB zur Herausgabe des rechtswidrig erzielten Erlöses zu verpflichten, ist nicht erkennbar242 • Auch praktische Probleme bei der Bestimmung der den einzelnen Geschäftsherm im Innenverhältnis zustehenden Anspruchsanteile können es nicht rechtfertigen, den Anspruch ganz zu versagen oder willkürlich nur einem Rechtsinhaber unter Übergehung der anderen zuzu-
Vgl. zu den Besonderheiten bei einer schuldrechtlichen Lizenz unten S. 493 f. S. 10. 242 Entsprechende Ungereimtheiten ergäben sich auch bei der Eingriffskondiktion, wenn man die Anspruchsberechtigung nach dem Alles-oder-Nichts-Prinzip bestimmen wollte; vgl. dazu Kaiser, Nutzungsherausgabe, S. 113 f. und GRUR 1988, S. 502, der gegen die sog. Lehre von der marktfähigen Verwertungsmöglichkeit einwendet, diese müsse einen Bereicherungsanspruch gegen denjenigen, der unbefugt eine vermietete Sache nutzt, versagen, wenn der Mieter nicht zur Untervermietung berechtigt ist, da dann weder der Vermieter noch der Mieter berechtigt gewesen wäre, die Nutzung gegen Entgelt zu gestatten. Die richtige Lösung kann auch hier nur darin bestehen, den Anspruch Mieter und Vermieter gemeinsam zuzusprechen; widersprüchlich insoweit Kaiser, der einerseits (Nutzungsherausgabe, S. 114 und GRUR 1988, S. 502) meint, die unbefugte Nutzung durch einen Dritten gehe allein auf Kosten des Mieters, andererseits (Nutzungsherausgabe, S. 118 ff.) bei unberechtigter Untervermietung dem Vermieter einen Bereicherungsanspruch auf einen Teil des Untermietzinses zusprechen will, da die Verwertung des Mietobjekts zur "Fremdnutzung" Mieter und Vermieter gemeinsam zugewiesen sei. 240 241
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sprechen. Denn für die erforderliche Schätzung bietet § 287 ZPO eine ausreichende Grundlage 243 • Folgt man den dargelegten Grundsätzen, so ist gewährleistet, daß der Geschäftsführer, wenn die Rechte am Geschäftsführungsgegenstand auf verschiedene Personen verteilt sind, stets in gleicher Weise aus § 687 Abs. 2 BGB haftet, wie wenn die Rechte in einer Hand lägen. Die Stellung des Geschäftsführers kann im ersten Fall allerdings insofern eine andere sein, als die Berechtigten für den Geschäftsführer möglicherweise nicht ohne weiteres erkennbar sind. Die daraus resultierende Ungewißheit darüber, an wen der Schuldner in welcher Höhe zu leisten hat, ist jedoch nichts Ungewöhnliches. Dem Schuldner ist es zuzumuten, sich wenigstens über die an dem von ihm in Anspruch genommenen Gegenstand bestehenden absoluten Rechte zu erkundigen 244 • b) Das Verteilungsproblem bei einer unbestimmbaren Anzahl potentieller Geschäftsherren Die zuvor behandelten Fallgruppen zeigen, daß als Geschäftsherr im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB durchaus auch eine Mehrzahl von Personen in Betracht kommt. Fraglich ist, ob man von einem fremden Geschäft im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB auch sprechen kann, wenn zwar nicht der Handelnde, aber eine unbestimmbare Anzahl anderer Personen zur Geschäftsführung befugt ist, etwa weil dem Handelnden eine für die Führung bestimmter Geschäfte erforderliche Konzession fehlt. Sicher ist, daß schon aus praktischen Gründen ein Anspruch auf Herausgabe des durch derartige Geschäfte erzielten Erlöses nicht in Betracht kommt. Die Verteilung eines bestimmten Gegenstandes auf eine unbestimmbare Anzahl von Personen ist undurchführbar, und die Zuweisung des Gegenstandes an einen einzelnen der gleichberechtigten potentiellen Gläubiger, etwa nach dem Prioritätsprinzip, wäre reine Willkür. Ein privatrechtlicher Herausgabeanspruch kommt daher nicht in Betracht. Die einzige Möglichkeit, den erzielten Gewinn abzuschöpfen, bildet die Zuweisung des Gewinns an den Fiskus im Wege strafoder ordnungswidrigkeitenrechtlicher Sanktionen. Unter bereicherungsrechtlichem Gesichtspunkt macht die Behandlung dieser Fälle insbesondere den Vertretern der Rechtswidrigkeitstheorie Schwierigkeiten. Jakobs räumt ein, daß das Verteilungsproblem ausnahmsweise zur An-
Dazu i. einz. unten S. 229 Ir Vgl. aber zu der Frage. ob der Eingreifer auch vertraglich begründete Rechte am Eingriffsgegenstand gegen sich gelten lassen muß. unten S. 489 ff. 243
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spruchsversagung fuhren müsse 245 • Hingegen meint Haines, es handele sich nicht lediglich um ein Verteilungsproblem; vielmehr sei der zivilrechtliche Ausgleichsanspruch schon tatbestandlich nicht einschlägig246 • Für die Vertreter der Zuweisungslehre versteht sich dies von selbst. Ihnen dient das Verteilungsproblem lediglich als Argument gegen die Kriterien der Rechtswidrigkeitstheorie 247 • Im Ergebnis ist man sich also darüber einig, daß ein bereicherungsrechtlicher Gewinnherausgabeanspruch hier nicht in Betracht kommt. Die Frage, ob es sich lediglich um ein Verteilungsproblem handelt oder der Ausgleichsanspruch schon tatbestandlich nicht einschlägig ist, ist insoweit nur von theoretischem Interesse. Bei § 687 Abs. 2 BGB ist dagegen die Frage deshalb nicht ganz bedeutungslos, weil der Herausgabeanspruch nur eine Rechtsfolge des § 687 Abs.2 BGB ist und die tatbestandliche Anwendbarkeit des § 687 Abs.2 BGB insbesondere Grundlage des Schadensersatzanspruchs aus § 678 BGB mit seiner für den Gläubiger günstigen Verjährungsfrist sein könnte. Durchgreifende begriffliche Bedenken gegen die tatbestandliche Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB bestehen nicht. Das Merkmal des fremden Geschäfts läßt sich vom allgemeinen Sprachgebrauch her nicht zwingend in der Weise einengen, daß die Berechtigung zur Geschäftsführung bei einer Person oder wenigstens einer bestimmbaren Anzahl von Personen gelegen haben müßte. Das Problem läßt sich auch nicht dadurch umgehen, daß man das zivilrechtliche Sanktionensystem in toto für unanwendbar erklärt, wenn die verletzte Norm ausschließlich öffentliche Interessen schützt. Denn das Problem der Unbestimmbarkeit des Geschäftsherrn kann sich auch dort ergeben, wo die verletzte Norm unzweifelhaft zumindest auch private Interessen schützt. So ist etwa das Rechtsberatungsgesetz Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sowohl zugunsten der Anwälte als auch der Rechtssuchenden 248 • Wenn derjenige, der unbefugt geschäftsmäßige Rechtsberatung betreibt, nicht aus § 687 Abs.2 BGB zur Herausgabe des Erlöses verpflichtet ist, scheint es sich also tatsächlich nur um das von Jakobs konstatierte Verteilungsproblem zu handeln. Dieses könnte zumindest de lege ferenda durch eine Regelung, die für Fälle, in denen eine eindeutige Zuweisung des Geschäftserlöses an einen Geschäftsherrn nicht möglich ist, die Zuweisung des Erlöses an öffentlichen Interessen dienende Verbände oder den Fiskus begründet, gelöst werden. Der Auffassung, eine
245 Jakobs, Eingriffserwerb, S. 117. F. Schulz, AcP Bd. 105 (1909), S. 225 f. bekannte sich dagegen zu dieser Konsequenz noch nicht ausdrücklich. . 246/faines, S.64 ff., 99 ff.; ebenso RGRK-lIeimann-Trosien, vor § 812 Rdnr.33; Schaufelberger, S. 123 f., 178 f.; vgl. auch Larenz/Canaris, § 69 I 2 g (zur Frage der Eingriffskondiktion bei Verstößen gegen das Rechtsberatungsgesetz). 247 Vgl. MünchKomm-Lieb, § 812 Rdnr. 215; v. Caemmerer, FS Rabeli, S. 397; Kaiser, Nutzungsherausgabe, S. 109 f.; ders., GRUR 1988, S. 502; Rümker, S. 68. 248 ßGHZ 15,315,317; 37, 258, 261.
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derartige Regelung innerhalb des BGB wäre systemwidrig249 , sind die Regelungen über den Anfall von privaten Vermögens gegenständen an den Fiskus im BGB250 entgegenzuhalten. Wo Vermögensgegenstände lediglich im Einzelfall und subsidiär an den Staat fallen, weil sie anders als nach willkürlichen Kriterien einem einzelnen nicht zugewiesen werden können, kann von Systemwidrigkeit keine Rede sein. Gerade deshalb muß aber, wo es an einer derartigen Regelung fehlt, davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber von dem betreffenden Anspruch nur solche Fälle erfaßt wissen will, in denen eine eindeutige Bestimmung des Gläubigers auch ohne die subsidiäre Zuweisung des Anspruchs an den Fiskus möglich ist. Dies bedeutet, daß "fremd" im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB nur ein solches Geschäft ist, das einem einzelnen Berechtigten oder einem bestimmbaren Kreis von Berechtigten zugeordnet werden kann 251 .
11. Die Frage der Übertragbarkeit delikts- und bereicherungsrechtlicher Kriterien auf den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB a) Das Verhältnis des objektiven Tatbestands des § 687 Abs. 2 BGB zu denen des Deliktsrechts Unstreitiges Element des objektiven Tatbestands der Geschäftsanmaßung ist, bei allen Meinungsverschiedenheiten über das Tatbestandsmerkmal des fremden Geschäfts, eine rechtswidrige Handlung. Nimmt man das Erfordernis der Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Handlung hinzu, so weist der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB alle Kennzeichen einer unerlaubten Handlung im Sinne der §§ 823 ff. BGB auf. Im Hinblick auf die Tatbestandsvoraussetzungen des § 687 Abs. 2 BGB ist daher gegen die Charakterisierung des § 687 Abs. 2 BGB als "quasi-deliktische" Anspruchsgrundlage ebensowenig einzuwenden wie gegen den Vorschlag, den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB de lege ferenda ins Deliktsrecht einzugliedern. Keinesfalls gefolgt werden kann hingegen der Ansicht, die den Anwendungsbereich des § 687 Abs.2 BGB mit dem Eingriff in absolute Rechte im Sinne des § 823 Abs. I BGB identifiziert252 . Es erscheint schon überaus frag-
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Franke, S. 39; Nietlispach, S. 17.
250 V gl. §§ 45 Abs. 3, 928 Abs. 2, 981, 1936 BGB. 251 So i. Erg. auch in bezug auf unzutreffende geographische Herkunftsangaben Bellthien/Wasmann, GRUR 1997, S. 258 f. 252 So insbes. v. Caemmerer, FS Rabell, S. 352 ff.. 396 ff.; ebenso wohl schon Lobe. S. 366 ff., der § 687 Abs. 2 BGB nur bei Eingriffen in .. Genußgüter" für anwendbar hielt; vgl. auch Bellthien/Weber, S. 100; MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr. 15. dem zu-
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würdig, ob man den von § 823 Abs. 1 BGB erfaßten Rechtsgütem überhaupt besondere Charakteristika beimessen kann, die sie in grundlegender Weise von sonstigen Rechtspositionen unterscheiden 253 • Soweit versucht wird, einen gemeinsamen Nenner für die unter § 823 Abs. 1 BGB fal1enden Rechte zu finden, heißt es etwa, es handele sich um eigentumsähnliche25 4, wenigstens aber verfestigte oder typisierte 255 Rechtspositionen. Nach wohl überwiegender Auffassung ist das entscheidende Merkmal der durch § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechte und Rechtsgüter die sozialtypische Offenkundigkeit256 • In der Tat ist dieses Merkmal eher als das der absoluten Wirkung geeignet, die Besonderheit der "klassischen" Rechte im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB, wie des Eigentums und der Immaterialgüterrechte, zu beschreiben. Al1erdings ist unverkennbar, daß z. B. die Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 823 Abs. 1 BGB auf Eingriffe in das Recht am Gewerbebetrieb unter diesem Gesichtspunkt als Systembruch erscheint257 , erst recht die teilweise geforderte Anwendung des § 823 Abs. I BGB auf Eingriffe in die Forderungszuständigkeit. Doch selbst wenn man anerkennt, daß § 823 Abs. I BGB nur dem Schutz bestimmter "qualifizierter" Rechtspositionen dient, besteht kein Anlaß, auch den Anwendungsbereich des § 687 Abs. 2 BGB in entsprechender Weise einzugrenzen. Wenn man den Tatbestand des § 823 Abs. I BGB auf die Verletzung bestimmter qualifizierter Rechtspositionen beschränken will, so trägt man hiermit der Entscheidung des Gesetzgebers gegen eine generalklauselartige Haftung für schuldhafte Schadenszufügung Rechnung, die ihren Hauptgrund in dem Gesichtspunkt des Verkehrsschutzes hat. Eine entsprechende Beschränkung auf den Schutz offenkundiger oder wenigstens typisierter Rechtspositionen kann daher geboten sein, wo ebenfalls Gesichtspunkte des Verkehrsschutfolge es bei § 687 Abs. 2 BGB "hauptsächlich um Handlungen unter Verletzung fremder absoluter Rechte oder ihnen gleichzusetzender Rechtspositionen" geht. - Wie hier Kellmann, Gewinnhaftung, S. 88 ff., der allerdings zu Unrecht Franke als Urheber der Lehre bezeichnet, daß nur die Verletzung absoluter Rechte das Merkmal des fremden Gcschäfts erfülle. Franke (S. 49 Fn. 2) licß ausdrücklich offen, ob § 687 Abs. 2 BGB auch auf die Verletzung obligatorischer Rechte anwendbar sei. m Vgl. lIaines, S. 76 f. 254 MünchKomm-Mertens, § 823 Rdnr. 123 ff.; Jauernig- Teichmann, § 823 Rdnr. 12; Medicus, BR, Rdnr. 607; Esser/Weyers, § 55 I 2 b; ähnlich Larenz/Canaris, § 76 I I c, 11 4 a (Positionen mit Zuweisungsgchalt und Ausschlußfunktion). 255 Vgl. Enneccerus-Nipperdey, § 72 I 3 b; Kraft, Intcrcssenabwägung, S. 160. 2% Grundlcgend Fahricius, Ac!' Bd. 160 (1961), S. 289 fr.; cbenso Staudinger-Schäfer, § 823 Rdnr. 77 1'.; E~ser/Weyers, § 55 I 2 b; Picker, JZ 1987, S. 1054; ähnlich MünchKomm-Mertens, § 823 Rdnr. 123; I.arenz/Canaris, § 76 I I c. Vgl. auch Kellmann. Gcwinnhaftung, S. 95 Fn. 146: Man solltc statt auf Absoluthcit besscr auf Icichte Erkcnnbarkeit abstcllen, da offcnbar nur .. cvidcntc" odcr .. gcgcnständlich grcifbarc" Schädigungen crfaßt scin sollten. 257 RGRK-Steffen, § 823 Rdnr. 36; AK-IJäuh/er, § 823 Abs. I Rdnr.49; JauernigTeichmann, § 823 Rdnr. 95; Frank, JA 1979, S. 587.
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zes eine Rolle spielen. Auch im verschuldensunabhängigen Bereicherungsrecht mag man daher die Beschränkung auf Eingriffe in Rechtsgüter, die wie die durch § 823 Abs. I BGB geschützten durch ein gewisses Maß an Offenkundigkeit gekennzeichnet sind, für sachgerecht halten, wenngleich dies schon hier angesichts des entscheidenden Unterschieds des Bereicherungsrechts gegenüber dem Deliktsrecht, daß dem Schuldner grundsätzlich nur genommen wird, was er ohne den Eingriff gar nicht erlangt hätte, fragwürdig erscheint. Es wird hier letztlich darauf ankommen, ob das Prinzip, daß der Bereicherungsschuldner durch den Bereicherungsvorgang im Ergebnis keinen Schaden erleiden soll, konsequent beachtet wird 258 . Auf Aspekte des Verkehrsschutzes kann sich jedoch jedenfalls nicht berufen, wer im Bewußtsein handelt, einen andem zu verletzen oder zu schädigen. Dem trägt das Gesetz im Bereich des Deliktsrechts mit der "beschränkten Generalklausel" des § 826 BGB Rechnung. Das hier angewandte Prinzip, daß objektiv enge mit subjektiv weiten und objektiv weite mit subjektiv engen Tatbestandsvoraussetzungen verknüpft sein sollten 259 , hat in gleicher Weise für § 687 Abs.2 BGB Gültigkeit. Auch § 687 Abs. 2 BGB ist als Ausprägung des Grundsatzes aufzufassen, daß das Bedürfnis nach einer Haftungsbeschränkung aufgrund objektiver Kriterien entfällt, wo in subjektiver Hinsicht vorsätzliches Handeln gefordert wird. Es besteht daher bei § 687 Abs. 2 BGB ebensowenig wie bei § 826 BGB Anlaß, den Anwendungsbereich der Vorschrift auf die Verletzung von verfestigten oder offenkundigen Rechtspositionen zu beschränken 260 • Die Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 687 Abs. 2 BGB auf die Verletzung absoluter Rechte im Sinne des § 823 Abs. I BGB läßt sich weder aus dem Wortlaut der Vorschrift noch aus ihrer systematischen Stellung oder ihrer Entstehungsgeschichte begründen. Auch allgemeine Erwägungen über den Zweck der Gewinnhaftung können eine derartige Einschränkung nicht rechtfertigen. Die Zuweisung eines Gewinns an eine Person, die diesen selbst nicht erwirtschaftet hat, ist dann, wenn der Gewinn unter Verletzung absoluter Rechte im Sinne des § 823 Abs. I BGB erzielt wurde, durch Billigkeitsgesichtspunkte nicht mehr und nicht weniger geboten als bei Verletzung sonstiger Rechtspositionen 261 • Auch von der Überlegung ausgehend, daß ein materieller Grund für die Zuweisung des Gewinns gerade an den Verletzten allenfalls im Gesichtspunkt des pauschalierten Schadensersatzes gefunden werden kann,
Vgl. dazu näher unten S. 124 f., 305 ff. Vgl. Medicus, BR, Rdnr. 605. 260 Vgl. Schlechtriem, König-Symposium, S. 79, 86, der davon ausgeht, daß der Kreis der geschützten Positionen bei § 687 Abs. 2 BGB weiter gezogen werden könne als bei § 812 BGB, weil der Bösgläubige sich nicht auf Verkehrsschutz berufen könne. 261 Vgl. F. Schutz, AcP Bd. 105 (1909), S. 222; Jakobs, Eingriffserwerb, S. 105 ff.; Nietlispach, S. 17 f. 258 259
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besteht kein Anlaß für die Differenzierung zwischen der Verletzung absoluter Rechte im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB und der Verletzung sonstiger Rechtspositionen. Entscheidend kann insoweit nur sein, daß durch die Verletzungshandlung rechtlich geschützte Interessen einzelner in qualifizierter Weise berührt sind, was aber ohnehin notwendiges Merkmal der Führung eines fremden Geschäfts und zugleich Voraussetzung jeder Gewinnhaftung ist. Wenn der Anwendungsbereich des § 687 Abs.2 BGB schlagwortartig mit dem Eingriff in absolute Rechte identifiziert wird, so ist hiermit auch gar nicht immer eine Beschränkung auf die unter § 823 Abs. 1 BGB fallenden Rechtsgüter gemeint. Betont werden soll hiermit bisweilen vielmehr nur die Notwendigkeit der Verletzung einer gegenüber jedermann geschützten Rechtsposition. Einbezogen werden also auch die durch sonstige Tatbestände des Deliktsrechts geschützten Positionen, ausgeschlossen wird dagegen die Verletzung relativer Rechte 262 • Ob dem hinsichtlich des Ausschlusses der Verletzung relativer Rechte zuzustimmen ist, wird noch näher zu untersuchen sein 263 • An dieser Stelle ist lediglich klarzustellen, daß auch ein Dogma des Inhalts, daß jede den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB erfüllende Handlung sich zugleich in objektiver Hinsicht als Delikt im Sinne der §§ 823 ff. BGB darstellen müsse 264 , nicht anzuerkennen ist. Die weitgehende Deckungsgleichheit des objektiven Tatbestands des § 687 Abs. 2 BGB mit denen der §§ 823 ff. BGB ist ein rein faktischer Befund, der Ausnahmen in der einen oder anderen Richtung durchaus zuläßt. Die gegenteilige Auffassung kann sich ebensowenig auf § 761 Abs.3 des ersten Entwurfs stützen, der für die Fälle der wissentlichen eigennützigen Führung fremder Geschäfte pauschal auf das Recht der unerlaubten Handlung verwies, wie auf den Umstand, daß die zweite Kommission die Einfügung des späteren § 687 Abs. 2 BGB gerade mit den Vorzügen gegenüber dem Deliktsanspruch begründete 265 . Die genannte Bestimmung des ersten Entwurfs erklärt sich allein daraus, daß bei der wissentlichen Führung fremder Geschäfte, anders als bei der irrtümlichen, für die § 761 Abs. 2 des ersten Entwurfs auf das Bereicherungsrecht verwies, typischerweise eine Haftung aus unerlaubter Handlung besteht. Der Hinweis der zweiten Kommission auf die Vorzüge des § 687 Abs.2 BGB gegenüber dem Deliktsanspruch sollte nur die Zweckmä-
262 So deutlich Rosenkranz, der zwar einerseits (S. 72 und öfter) § 687 Abs. 2 BGB "nur bei Verletzung absoluter Rechte" für anwendbar erklärt, aber anderseits (S. 89 f.) auch Schutzgesetzverletzungen nach § 823 Abs. 2 BGB einbezieht. - Nach Enneccerus-Nipperdey, § 72 I 3 b und Kraft, Interessenabwägung, S. 160 rechtfertigt sich die Bezeichnung eines Rechts als "absolut" überhaupt nur aus dem Gegensatz zum relativen Recht. 263 Vgl. unten S. 427 ff. 264 So Rosenkranz, S. 72 ff.; wohl auch Schmidt, S. 111 Fn. 92; a. A. ausdrücklich schon Lent, Gesetzeskonkurrenz, S. 310. 265 Prot. 11, S. 742 f. = Mugdan 11, S. 1202 f.
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ßigkeit der Vorschrift unterstreichen, nicht jedoch eine Aussage zum Anwendungsbereich der Vorschrift implizieren. Und wenn die zweite Kommission betonte, der Geschäftsherr habe "die Wahl, entweder die Schadensersatzklage oder aber die Klage aus der Geschäftsführung anzustellen"266, so müssen mit der Schadensersatzklage nicht nur Ansprüche aus den §§ 823 ff. BGB gemeint sein 267 . Schadensersatzansprüche kommen in den verschiedensten Bereichen auch außerhalb der §§ 823 ff. BGB vor und sind ähnlich typisch etwa für das Leistungsstörungsrecht oder das Recht des unlauteren Wettbewerbs. Der Begriff der "Schadensersatzklage" faßt hier alle Schadensersatzansprüche zusammen, die dem Geschäftsherrn aufgrund der mit der Geschäftsführung verbundenen Rechtsverletzung zustehen. Gemeint war, wie treffender bereits v. Monroy268 formulierte, daß der Geschäftsherr die Wahl habe, entweder den Gesichtspunkt der Rechtsverletzung geltend zu machen oder sich die Rechte eines dominus negotii zu verschaffen. Der Wille der Gesetzesverfasser, die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB von der gleichzeitigen Erfüllung eines Deliktstatbestandes im Sinne der §§ 823 ff. BGB abhängig zu machen, hat also nicht nur in der Gesetzesfassung keinen Ausdruck gefunden, sondern läßt sich auch nicht aus den Gesetzesmaterialien erschließen. Ähnliches gilt im Grundsatz auch für die Annahme Rosenkranz '269, daß jede unerlaubte Handlung den objektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB erfülle. § 687 Abs. 2 BGB regelt schon in objektiver Hinsicht nur einen Spezialfall der Verletzung fremder Rechte, nämlich die unbefugte eigennützige Ausübung von Handlungsbefugnissen an Stelle des Berechtigten. Hierunter fällt nicht die Verletzung bloßer Abwehrrechte. Da aber Abwehrrechte in aller Regel mit einer Lizenzbefugnis verbunden sind, erfüllen deliktische Handlungen jedenfalls faktisch fast durchweg zugleich den objektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB.
b) Das Verhältnis des objektiven Tatbestands des § 687 Abs. 2 BGB zum Tatbestand der Eingriffskondiktion Wenig geklärt ist bis heute das Verhältnis der Anwendungsbereiche des § 687 Abs. 2 BGB und der Eingriffskondiktion. Die gängigen Umschreibungen des Anwendungsbereichs des § 687 Abs. 2 BGB lassen eine klare Abgrenzung gegenüber der Eingriffskondiktion meist nicht erkennen. Fast das gesamte Repertoire der zur Bestimmung des objektiven Tatbestands des § 687 Abs. 2 BGB
266 267 268 269
Prot. 11. S. 742 = Afllgdan 11. S. 1203. Vgl. Nipperdey, FS Böhm, S. 169. S. 82. S. 89 1'1'.. 99 f.
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gebrauchten Formulierungen 270 findet auch bei der Eingriffskondiktion Verwendung 271 • Insbesondere die übliche Gleichsetzung der Geschäftsanmaßung mit einem Eingriff in einen fremden Rechtskreis suggeriert, daß sich beide Rechtsinstitute in objektiver Hinsicht deckten. Aber auch die wenigstens im theoretischen Ansatz abweichenden "deliktsrechtlichen" und "geschäftsführungsrechtlichen" Definitionen des Tatbestandsmerkmals der Führung fremder Geschäfte im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB werden in ähnlicher Form zur Bezeichnung des Anwendungsbereichs der Eingriffskondiktion verwendet. Soweit zum Verhältnis der Tatbestände zueinander überhaupt ausdrücklich Stellung genommen wird, geschieht dies meist mit recht unpräzisen Formulierungen. Nach Koppensteiner/Kramer besteht zwischen dem Geschäftsführer im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB und dem bösgläubigen Bereicherungsschuldner "eine auffällige Parallele"272. Köndgen 273 sieht in § 687 Abs. 2 BGB ein "funktional der Eingriffskondiktion nahestehendes Instrument des außervertrag lichen Rechtsgüter- und Vermögensschutzes". Kellmann 274 meint, die unechte Geschäftsführung sei mit der Eingriffskondiktion abgesehen von den Haftungserleichterungen des Bereicherungsrechts "strukturgleich". Nach Emmerich werden in den Fällen des § 687 Abs. 2 BGB "häufig", nach Giesen "in der Regel" die Voraussetzungen der Eingriffskondiktion erfüllt sein 275 • Einige Autoren erklären auch explizit die Anwendungsgebiete von Geschäftsanmaßung und Eingriffskondiktion für identisch 276 • Insbesondere wird überwiegend davon ausgegangen, daß die bereicherungsrechtliche Zuweisungslehre glei-
270
V gl. oben S. 42 ff.
m Vgl. die Zusammenstellungen der üblichen Umschreibungen des Tatbestands der Eingriffskondiktion in der Literatur bei Schlechtriem, König-Symposium, S. 59 f sowie der von der Rechtsprechung verwendeten Formulierungen bei Batsch, Vermögensverschiebung. S. 51 ff 212 Koppensteiner/Kramer, S. 146: ähnlich Canaris, JZ 1971, S. 562; vgl. auch Weber. ZSR NF Bd. 111. I (1992). S. 359 f; Schmid, OR. Art. 423 Rdnr. 179. m RabelsZ Bd. 56 (1992). S. 748. 274 Gewinnhaftung. S. 157. 275 Emmerich. SchuldR BT. § 13 Rdnr. 25; Giesen, Jura 1996, S.347; ähnlich MünchKomm-Seiier. § 687 Rdnr. 15. AK-Joerges. vor §§ 677 ff Rdnr. 50 erwähnt als einzigen dem § 687 Abs. 2 BGB im Verhältnis zur Eingriffskondiktion verbliebenen Anwendungsbereich die Verletzung vertraglicher Rechte (dazu näher unten S. 427 ff.). 276 So etwa v. Caemmerer. FS Rabel L S. 352 ff.. 396 ff; Großkomm. UWG-Köhler, vor § 13 Abschn. B Rdnr. 391: Schmidt. S. 111 Fn.92; vgl. ferner Krautwig, S. 126, 128. dem zufolge jede Eigengeschäftsführung i. S. des § 687 Abs.2 BGB ein widerrechtlicher Eingriff in ein fremdes Recht i. S. der Eingriffskondiktion ist; ebenso Jagmann. S.277: für die schweiz. Rechtslage vgl. Holenstein, S. 162 f; Lischer, S.29, 174 tL der in Anlehnung an die herrschende Bereicherungsrechtslehre in Deutschland die Anwendbarkeit des Art. 423 schweiz. OR davon abhängig machen will, ob der Verletzte die Möglichkeit einer entgeltlichen Verfügung über das betroffene Rechtsgut gehabt hätte. 8 Ehen
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I. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
chennaßen zur Bestimmung der objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 687 Abs. 2 BGB geeignet sei 277 • Vor allem auf der Grundlage der bereicherungsrechtlichen Rechtswidrigkeitstheorie wird aber auch die Auffassung vertreten, daß der Tatbestand der Geschäftsanmaßung schon in objektiver Hinsicht enger sei als der der Eingriffskondiktion 278 . Je mehr die Eingriffskondiktion als eigenständiger, von der Leistungskondiktion grundverschiedener Typus betrachtet wird, desto mehr verschwimmen zugleich die Grenzen zum Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB. So verwies schon Heck279 , der bekanntlich als erster den Zuweisungsgehalt des subjektiven Rechts als Grundlage der Eingriffskondiktion ansah, in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf § 687 Abs. 2 BGB. Auch bei v. Caemmerer2 80, der den die Eingriffskondiktion rechtfertigenden Zuweisungsgehalt des Eigentums in dem Recht des Eigentümers sieht, "die Sache zu gebrauchen und zu nutzen, sie zu verbrauchen und sie zu Gelde zu machen, sie zu verwerten", ist die Parallele zum objektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB unverkennbar. Noch deutlicher erscheint die Parallele, wenn das Merkmal der Eingriffskondiktion darin gesehen wird, daß der Schuldner sich "eine Befugnis anmaßt, die ausschließlich dem Berechtigten vorbehalten ist"281, oder bei der Prüfung eines Bereicherungsanspruchs schlicht gefragt wird, wessen "Geschäft" geführt worden sei282 •
277 So etwa Erman-Ehmann, § 687 Rdnr. 14; Jauernig-Vollkommer, § 687 Rdnr. 12; Großkomm. UWG-Köhler, vor § 13 Abschn. B Rdnr. 391 i. V. m. Rdnr. 356; Mertens, JuS 1962, S. 268; v. Caemmerer, FS Rabel I, S. 352 ff, 396 ff; Körner, FS Steindorff, S. 886; Flügge, S. 82 ff; wohl auch Staudinger-Wittmann, § 687 Rdnr. 5 f; vgl. ferner Frank, JuS 1981, S. 103; flir Art. 423 schweiz. OR Hofstetter, ZBJV Bd. 100 (1964), S. 240; ders., SPR VII/2, S. 189,209 f; Holenstein, S. 161 ff; Widmer, S. 82 Fn. 37.Gegen die Anwendung der Zuweisungslehre bei § 687 Abs. 2 BGB H. Roth, FS Niederländer, S. 380 f; ebenso wohl Schlechtriem, König-Symposium, S. 86; Chen, S. 100 ff; ausdrücklich gegen das Kriterium des Zuweisungsgehalts bei § 687 Abs. 2 BGB auch Krautwig, S. 126, der dieses allerdings auch flir die Eingriffskondiktion ablehnt (S. 59 ff.). 278 So Jakobs, Eingriffserwerb, S. 110; Haines, S. 8 ff, 89 ff.; flir Art. 423 schweiz. OR Schaufelberger, S. 164; Nietlispach, S. 144 f, 240, 404 f 279 S. 421. 280 FS Rabel I, S. 353. 281 So Kaiser, GRUR 1988, S. 503 Fn. 25. - Kaiser (a.a.O., S. 503) sieht das Kennzeichen der "modernen" Zuweisungslehre darin, daß ihr zufolge nicht die entstandene Vermögenslage, sondern der unbefugte Gebrauch im Widerspruch zum Zuweisungsgehalt stehe. Diese Feststellung ist insofern fragwürdig, als nach wie vor das Ziel der Zuweisungslehre auch die Einbeziehung von Bereicherungsvorgängen ist, die nicht durch rechtswidrige Handlung herbeigeflihrt werden. Vgl. dazu auch Büsching, S. 41, der gerade darin die Inkonsequenz der Zuweisungslehre im Sinne Wilburgs sieht, daß sie ebenso wie die Rechtswidrigkeitstheorie F. Schulz' das Bindeglied der Handlung vorausgesetzt habe. 282 So BGHZ 131,297,306; Mutter, MDR 1993, S. 305.
I. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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Wie bei § 687 Abs. 2 BGB stellt auch bei der Eingriffskondiktion die unbefugte Ausübung fremder absoluter Rechte im Sinne des § 823 Abs. I BGB den weitgehend gesicherten Anwendungsbereich dar. Nach v. Caemmerer soll aber außerhalb dieses Bereichs eine Eingriffskondiktion ebensowenig in Betracht kommen wie ein Anspruch aus § 687 Abs.2 BGB283. Neuere Varianten der Zuweisungslehre gehen hierüber deutlich hinaus, insbesondere die Auffassung, die jeden Eingriff in eine entgeltsfähige Verwertungsmöglichkeit genügen läßt, also auch die Verletzung bloßer Zustimmungsvorbehalte in den Anwendungsbereich der Eingriffskondiktion einbezieht284 . Andererseits klingt aber auch in der neueren bereicherungsrechtlichen Literatur, nicht anders als in der Diskussion um den Anwendungsbereich des § 687 Abs. 2 BGB, noch vielfach die Vorstellung an, daß die Eingriffshandlung äußerlich einer dem Verletzten kraft seiner Rechtsposition zugewiesenen Verwertungshandlung entsprechen müsse 185 • Symptomatisch ist insoweit die bereicherungsrechtliche Diskussion um die unberechtigte Untervermietung. Während ein Teil der bereicherungsrechtlichen Literatur hier die Eingriffskondiktion bejaht, da der Vermieter die Untervermietung entgeltlich gestatten könne 286 , lehnt die Gegenansicht die Eingriffskondiktion ab, da die Untervermietung kein "Geschäft" des Vermieters seim. Ein weiteres Beispiel bildet die täuschende Verwendung einer fremden Marke, bei der eine Eingriffskondiktion teilweise mit der Begründung abgelehnt wird, daß auch der Markenrechtsinhaber zu einer Irrefiihrung der Käuferschaft nicht berechtigt sei 288 . Die Kriterien, anhand derer das Anwendungsgebiet der Eingriffskondiktion bestimmt wird, sind also mit den bei § 687 Abs. 2 BGB angewandten weitgehend deckungsgleich. Die Auffassung, jede den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB erfüllende Handlung begründe zugleich eine Eingriffskondiktion, ist, wie bereits angedeutet, schon im Hinblick auf die unterschiedlichen subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen durchaus fragwürdig. Die zur Bestimmung des Anwendungsbe-
283 v. Caemmerer, FS Rabel L S. 352 ff, 396 ff. Für die Beschränkung des Anwendungsbereichs der Eingriffskondiktion auf die Verletzung absoluter Rechte auch Raiser, JZ 1961, S. 468: Batsch, Vermögensverschiebung, S. 112 f; StudK-Beuthien, § 812 Anm. III 2 c, f 284 So namentlich Laren=/Canaris, § 69 I 1. 285 Vgl. Z. B. Schlechtriem, König-Symposium, S. 70 f; Medicus, BR, Rdnr.707, 719: Koppensteiner/ Kramer, S. 83 f Nach Kaiser, GRUR 1988, S. 502 f kann eine Eingriffskondiktion nur mit den "positiven Befugnissen" des Kondizenten begründet werden: die Möglichkeit. einen entgeltlichen Dispens zu erteilen, sei nicht entscheidend. 286 MünchKomm-Lieb, § 812 Rdnr. 221: Laren=lCanaris, § 69 I 2 a; Berg, JuS 1975, S. 688 f 287 BGHZ 131, 297, 306: Mutter, MDR 1993, S. 305: ähnlich Neumann-Duesberg, BB 1965, S. 730 f.: Koppensteiner/ Kramer, S. 84. 288 So Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 96 f.: Koppensteiner/Kramer, S. 83.
8'
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1. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
reichs des § 687 Abs.2 BGB vorgetragenen Gesichtspunkte treffen auf die Eingriffskondiktion allenfalls teilweise zu, schließen es also nicht von vornherein aus, einen Anspruch aus § 812 BGB nur unter engeren objektiven Voraussetzungen, also etwa nur bei Eingriffen in absolute Rechte im Sinne des § 823 Abs. I BGB, anzuerkennen. Umgekehrt lassen sich die Gesichtspunkte, die die Diskussion um das Anwendungsgebiet der Eingriffskondiktion bestimmen, aufgrund der strukturellen Unterschiede beider Anspruchsgrundlagen auf § 687 Abs. 2 BGB nur bedingt übertragen. Dabei sollte im Grundsatz nicht zweifelhaft sein, daß die "quasideliktsrechtlichen" Kriterien der Rechtswidrigkeitstheorie für § 687 Abs. 2 BGB eher verwendbar sind als die in höherem Maße durch bereicherungsrechtsspezifische Gesichtspunkte geprägten Kriterien der Zuweisungslehre. Trotz der weitgehenden Annäherung der Zuweisungslehre an die Rechtswidrigkeitstheorie in den Ergebnissen unterscheiden sich beide Lehren nach wie vor deutlich in ihrem theoretischen Ansatz: Während letztere in der rechtswidrigen Handlung das entscheidende Kriterium sieht, halten die Vertreter der Zuweisungslehre die Rechtswidrigkeit der bereichernden Handlung fur grundsätzlich unerheblich und eine Eingrenzung des Anwendungsgebiets der Eingriffskondiktion anhand von Merkmalen des Eingriffsobjekts für erforderlich. Da bei § 687 Abs. 2 BGB die rechtswidrige Handlung Merkmal des objektiven Tatbestands ist, hat die Bestimmung des Anwendungsbereichs der Vorschrift notwendig mit der Rechtswidrigkeitstheorie im Bereich der Eingriffskondiktion den Ausgangspunkt gemeinsam. Insofern überrascht es, daß einerseits Jakobs 289 seine Rechtswidrigkeitstheorie nicht auf den Tatbestand des § 687 Abs.2 BGB übertragen wissen will, andererseits aber v. Caemmerer290 von der Anwendbarkeit seiner Zuweisungslehre auch bei § 687 Abs. 2 BGB ausgeht. Die spezifisch bereicherungsrechtlichen Einwände der Zuweisungslehre gegen die Rechtswidrigkeitstheorie im Sinne F. Schulz '291 sind auf § 687 Abs. 2 BGB nicht übertragbar. Wenn gegen die Rechtswidrigkeitstheorie eingewandt wird, daß § 812 BG B den Bereicherungsanspruch gerade nicht an die Rechtswidrigkeit des HandeIns, sondern an die Rechtsgrundlosigkeit des Habens knilpfe 292 , daß nicht der bereichernde Vorgang, sondern der erreichte Zustand
289
Eingriffserwerb. S. 110 ff.
290
FS Rabel\. S. 352 f.. 400.
291 AcP Bd. 105 (1909). S. 1 Ir. Zu den Einwänden gegen die Lehre F. S'chu/z' ausf. Batsch. Vermögensverschiebung. S. 86 ff. m. w. Nachw. 292 Vgl. MünchKomm-Lieb § 812 Rdnr. 203: Jauernig-Sch/echtriem, § 812 Rdnr. 56: StudK-Beuthien, § 812 Anm. 111 2 e: lVi/burg. Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 27: Riimker. S. 33: Loewenheim. Bereicherungsrecht. S. 88: ders., WRP 1997. S. 915: Hüf [er. JuS 1981. S. 263.
I. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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maßgeblich sei 293 , so kommen diese Einwände bei § 687 Abs. 2 BGB nicht in Betracht, da rechtswidriges Handeln des Schuldners hier unzweifelhaft vorausgesetzt wird. Gleiches gilt rur den - allerdings ohnehin nicht sehr zwingenden - Einwand, die Rechtswidrigkeitstheorie könne die Bereicherung durch Naturvorgänge, durch Handlungen Dritter oder durch eigenes Handeln des Entreicherten, das keine Leistung darstellt, nicht erfassen 294 • Das vielleicht stärkste Argument gegen die Lehre F. Schulz' besteht darin, daß die von ihm zur Begründung seines Systems herangezogenen Einzelvorschriften, soweit sie überhaupt an eine Rechtsverletzung anknüpfen, nur eng umrissene Einzelfalle des Eingriffserwerbs erfassen und daher in Wirklichkeit ein argumentum e contrario gegen den Satz, jeder rechtswidrig erzielte Erwerb sei herauszugeben, liefern 295 • § 687 Abs. 2 BGB stellt jedoch schon wegen seiner engen subjektiven Tatbestandvoraussetzungen selbst nur einen Spezial fall des Eingriffserwerbs dar, so daß ein Wertungswiderspruch zu anderen gesetzlichen Vorschriften, die weitere Spezialfalle des Eingriffserwerbs regeln, von vornherein ausgeschlossen ist. Angesichts des Erfordernisses einer bewußtrechtswidrigen Handlung bedarf es bei § 687 Abs. 2 BGB der zusätzlichen objektiven Kriterien, anhand derer die bereicherungsrechtliche Zuweisungslehre zu ermitteln versucht, ob die durch den Eingriff geschaffene Vermögenslage der Ausgleichung bedarf, nicht. Der Ansatz der bereicherungsrechtlichen Zuweisungslehre ist rur § 687 Abs.2 BGB nur insofern verwertbar, als die Vertreter der Zuweisungslehre, in wohl unfreiwilliger Annäherung an die Rechtswidrigkeitstheorie, der Sache nach den Anwendungsbereich der Eingriffskondiktion oft anhand der Fragestellung bestimmen, ob der Eingreifer sich eine Handlungsbejugnis angemaßt hat, die nach der Rechtsordnung einem andern ausschließlich vorbehalten ist. Verfehlt wäre es jedoch, bei der Bestimmung des Anwendungsbereichs des § 687 Abs. 2 BGB in anderen gesetzlichen Vorschriften nach Anhaltspunkten nicht nur für eine Bejugniszuweisung, sondern auch rur eine Ertragszuweisung zu suchen. Diesem Ansatz ist rur das Bereicherungsrecht bereits Kleinheyer
293 Vgl. Erman-H. P. Westermann, § 812 Rdnr. 64 ff; MünchKomm-Lieb, § 812 Rdnr. 282; EsserlWeyers, § 50 I I a; Rümker, S. 33 ff; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 78 ff.; Holenstein, S. 21 f; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 88; ders., WRP 1997, S. 915. 294 Vgl. Staudinger-Loren=, § 812 Rdnr.23; v. Caemmerer, FS Rabel I, S. 352 f; Kleinheyer, JZ 1970, S.472; LarendCanaris, § 69 I I b; Medicus, BR, Rdnr.71O; Reeb, S. 34; lVilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S.27; Rümker, S. 34 f; Fest, S. 24; Holenstein, S. 20. - Bei diesem Einwand wird nicht genügend beachtet, daß er in ganz ähnlicher Weise gegen jede bereicherungsrechtliche Typologie erhoben werden könnte. 295 Vgl. Kisch, Festg. Reichspatentamt, S. 101 ff.
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I. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
entgegengetreten296 • Kleinheyers Kritik richtet sich gegen die herrschende Meinung, die davon ausgeht, daß nicht § 812 BGB selbst die kondiktionsbegründende Zuweisung schaffe, sondern der Begriff des Zuweisungsgehalts durch gesetzliche Wertungen außerhalb der §§ 812 ff. BGB ausgefullt werden müsse 297 • An dieser Kritik ist richtig, daß die bereicherungsrechtliche Zuweisungslehre nicht durch Vorschriften konkretisiert werden kann, die die Erträge aus der Verwendung eines Rechtsguts zuweisen. Daher kann insbesondere die von Medicus 298 vertretene Auffassung, daß sich aus der "Modellfunktion der Eigentumsregelung" Anhaltspunkte fur den Anwendungsbereich der Eingriffskondiktion gewinnen ließen, nicht überzeugen, soweit Medicus sich hierbei auf die §§ 987 ff. BGB (und nicht nur auf § 903 BGB) bezieht. Kleinheyer 299 macht im Grundsatz völlig zu Recht geltend, daß die Ertragszuweisung in den §§ 987 ff. BGB in Abhängigkeit von Umständen in der Person des Verletzers geregelt ist, die fur die durch die §§ 812 ff. BGB herbeizufuhrende Korrektur einer objektiven Unrechtslage keine Rolle spielen dürfen. Die Ertragszuweisung der §§ 987 ff. BGB kann daher nie zur Rechtfertigung einer Ertragszuweisung aufgrund der §§ 812 ff. BGB dienen, sondern allenfalls mit dieser konkurrieren. Aus demselben Grund hatte aber auch Heck unrecht, wenn er § 687 Abs. 2 BGB als eine auf wissentliche Eingriffe beschränkte Ausprägung der Lehre vom Zuweisungsgehalt subjektiver Rechte bezeichnete. Tatsächlich läßt sich § 687 Abs. 2 BGB schon aufgrund des Erfordernisses einer wissentlichrechtswidrigen Handlung nicht als spezielle Ausprägung der bereicherungsrechtlichen Zuweisungslehre auffassen. Es gilt, wie im Verhältnis der §§ 812 ff. BGB zu den §§ 987 ff. BGB, auch im Verhältnis der §§ 812 ff. BGB zu § 687 Abs. 2 BGB, daß beide Anspruchsgrundlagen mit jeweils eigenen Tatbestandsvoraussetzungen selbständig nebeneinander stehen. Damit ist nicht gesagt, daß der Konsequenz Kleinheyers, die §§ 812 ff. BGB selbst seien Grundlage der Zuweisung, zuzustimmen ist. Denn die Einwände Kleinheyers sind nur unter der Prämisse schlüssig, daß bereicherungsrechtlich die Herausgabe der unter Verwendung fremden Rechtsguts erzielten Erträge geschuldet sei. Sie sind jedoch gegenstandslos, wenn man die unzweifelhaft dem Inhaber eines absoluten Rechts zugewiesene Nutzung selbst als das auf Kosten eines andern Erlangte im Sinne des § 812 BGB ansieht, für das nach
Kleinheyer. JZ 1970. S. 472 f. Ähnlich Fest. S. 30. Vgl. etwa MünchKomm-Lieb. § 812 Rdnr. 205; Erman-H. P. Westermann. § 812 Rdnr. 66: EsserlWeyers, § 50 I I a: Medicus. BR, Rdnr. 709. 712; KoppensteinerlKramer, S. 76; ReuterlMartinek. S. 234 f.. 248 f.. 261 f.: Büsching. S. 58 f.; Höhn, S. 61; König. Gutachten. S. 1554; HüjJer. JuS 1981. S. 263: Loewenheim, JuS 1997, S. 915 f. 298 BR. Rdnr. 709. 712. 299 JZ 1970. S. 472. 296
297
1. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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§ 818 Abs.2 BGB Wertersatz zu leisten ist30o . Die Frage, wem die aus dem Rechtsgut erlangten Erträge gebühren, stellt sich insoweit gar nicht30I .
Zwingend ist die Argumentation Kleinheyers aber, wenn es gilt, die Pflicht zur Herausgabe der aus der Inanspruchnahme fremden Rechtsguts erzielten Gewinne zu begründen. Wo immer eine Anspruchsgrundlage die Herausgabe erzielter Gewinne vorsieht, ist es unsinnig, außerhalb dieser Anspruchsgrundlage nach Gründen für die Zuweisung der Gewinne zu suchen. In der Regel werden hierüber auch keine Zweifel aufkommen, nämlich dann, wenn die Voraussetzungen der Ertragszuweisung in der Anspruchsgrundlage selbst genau definiert sind, wie etwa im Falle der §§ 987, 990 BGB. Das Tatbestandsmerkmal des fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB mag zwar auslegungsbedürftiger sein als die Voraussetzungen der §§ 987, 990 BGB. Eine Ausfüllung dieses Merkmals durch das Kriterium des Zuweisungsgehalts ist gleichwohl nicht nur unnötig, sondern falsch. Der Anwendungsbereich des § 687 Abs. 2 BGB wird auf der Ebene des objektiven Tatbestands ausschließlich durch das Merkmal der Inanspruchnahme einer fremden Handlungsbefugnis und zusätzlich durch enge subjektive Tatbestandsvoraussetzungen definiert. Ein von der in Anspruch genommenen Handlungsbefugnis zu trennendes Eingriffsobjekt, an dessen Merkmale weitergehende Anforderungen im Sinne der Zuweisungslehre gestellt werden könnten, existiert hier nicht. Es ist demnach verfehlt, bei § 687 Abs. 2 BGB zu fragen, inwieweit das Eingriffsobjekt Zuweisungsgehalt hat, und dies anhand von Rechtsnormen außerhalb des § 687 Abs. 2 BGB festzustellen 302 . Denn aus § 687 Abs. 2 BGB selbst ergibt sich, daß aufgrund der ausschließlichen Befugnis zur Vornahme bestimmter Handlungen dem Inhaber der Befugnis auch die Erträge zugewiesen sind, die ein anderer durch die wissentlich-eigennützige Ausübung der Handlungsbefugnis erzielt.
300 A. A. Kleinheyer. JZ 1970. S. 472. der meint. seine Einwände träfen auch gegenüber der Ansicht zu. die den Bereicherungsanspruch auf die ..Befugniszuweisung" stützt. Dies beruht wohl auf Kleinheyers unzutreffender Prämisse (a.a.O., S. 473), das Gesetz gebe auch über Bejugniszuweisungen in den seltensten Fällen Auskunft. 301 Überwiegend scheinen die Vertreter der Zuweisungslehre jedoch die Feststellung für zulässig und geboten zu halten. ob und inwieweit mit dem verletzten Rechtsgut eine Ertragszuweisung verbunden ist; vgl. BGHZ 71. 86. 98 .. Fahrradgepäckträger 11" (zum Recht am Gewerbebetrieb); Palandt-Thomas. § 812 Rdnr. \0; Erman-H. P. Westermann. § 812 Rdnr. 66; Goet=lce. AcP Bd. 173 (1973). S. 320 f.; Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung. S. 122 fL ReuterlMartinek. S. 234 f.. 248 f.; KoppensteinerlKramer. S. 84; Heck. S. 421; Gott. S. 123. 302 So aber Flügge. S. 96. der ein fremdes Geschäft nur dann bejahen will, .,wenn das Recht das aus seiner Verletzung Erlangte dem Rechtsinhaber zuweist". Ähnlich für Art. 423 schweiz. OR Hofstetter. SPR V1I/2, S. 209: Art. 423 schweiz. OR sei nur anwendbar. wenn sich aus dem Zuweisungsgehalt des verletzten Rechts ergebe, daß dem Träger des Rechts der Eingriffserwerb gebühre.
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1. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
Die Zuweisungslehre im Bereich des § 687 Abs. 2 BGB anzuwenden, hieße somit, zum einen Tatbestandsmerkmale von Eingriffskondiktion und Geschäftsanmaßung, zum andern Tatbestand und Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB miteinander zu vermengen. Besonders deutlich zeigt sich letzteres daran, daß die Rechtsfolge des § 687 Abs. 2 BGB gar nicht zwingend in der Pflicht zur Herausgabe des Geschäftserlöses besteht, sondern neben diesem Anspruch - nach Vorstellung der Gesetzesverfasser durchaus gleichrangig - auch ein Schadensersatzanspruch besteht. Daß die Gewährung eines Schadensersatzanspruchs von dem Zuweisungsgehalt des verletzten Rechts abhängig sein soll, ist nicht zu erklären. Ebensowenig bedarf jedoch auch der Anspruch aus § 687 Abs.2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2,667 BGB der Rechtfertigung aus dem Zuweisungsgehalt des verletzten Rechts. Man wird der Eigenart dieses Anspruchs nicht gerecht, wenn man ihn aus dem Kontext der geschäftsfUhrungsrechtlichen Haftung herauslöst und ihn statt dessen den fUr andere Ansprüche auf Herausgabe erlangter Vorteile geltenden Grundsätzen unterstellt. Auch gesetzliche Herausgabeansprüche beruhen eben nicht einheitlich auf dem Rechtsfortwirkungsgedanken im Sinne der Zuweisungslehre Wilburgs JOJ oder auf dem - vom Rechtsfortwirkungsgedanken kaum sinnvoll abzugrenzenden 304 - Surrogationsgedanken, als dessen Ausprägung auch der Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S.2, 667 BGB gelegentlich aufgefaßt wurde 305 • Für die Herausgabeansprüche aus Auftrag oder GeschäftsfUhrung ohne Auftrag ist dies offensichtlich, da hier Rechte des Geschäftsherm überhaupt nicht beeinträchtigt zu sein brauchen. Aber auch der Herausgabeanspruch aus Geschäftsanmaßung kann nicht auf das Rechtsfortwirkungs- oder Surrogationsprinzip zurückgefUhrt werden. Denn die Zuweisung von Gegenständen kraft des Rechtsfortwirkungsoder Surrogationsprinzips kann nicht von Umständen in der Person des
303 Vgl. zum Rechtsfortwirkungsgedanken bei der Eingriffskondiktion Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 27 ff.; ders., AcP Bd. 163 (1964), S. 348 f.; ErmanH. P. Westermann, § 812 Rdnr.65; RGRK-Heimann-Trosien, § 812 Rdnr. 42; Reuter/Martinek, S. 234 ff.; Larenz/Canaris, § 69 I 1 b. - Nach Amrein, passim soll auch Art. 423 schweiz. OR auf dem Prinzip der Rechtsfortwirkung beruhen; ähnlich Hofstetter, SPR VII/2, S. 209, der den Herausgabeanspruch aber nur bei Untergang des verletzten Rechts als Ausdruck des Rechtsfortwirkungsprinzips auffaßt. Für Art. 423 schweiz. OR erscheint diese Auffassung deshalb eher vertretbar, weil Art. 423 schweiz. OR dem Wortlaut nach kein Verschulden voraussetzt und insofern dem Tatbestand der Eingriffskondiktion angenähert ist. Die Deutung des Art. 423 schweiz. OR als Ausprägung des Rechtsfortwirkungsgedankens verträgt sich allerdings nicht mit der inzwischen h. L., die in die Norm ein Verschuldenserfordernis hineinliest (vgl. dazu die Nachw. oben S. 26 f. Fn. 7). 304 So zu Recht Köndgen, RabelsZ Bd. 56 (1992), S. 741. 305 Vgl. Rosenkranz, S. 36,91; Janßen, S. 59 f.; v. Bargen, S. 7 ("neben §§ 281,816 einer von drei Fällen rechtsgeschäftlicher (?) Surrogation"). Auch MünchKomm-Seiler, vor § 677 Rdnr. 18 bezeichnet die Rechtsfolge der §§ 687 Abs. 2 S. I, 681 S. 2, 667 BGB als Surrogationsanspruch.
I. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BOB
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Schuldners abhängen. Mit dem Rechtsfortwirkungs- oder Surrogationsgedanken ist daher das Erfordernis einer wissentlich-rechtswidrigen Handlung des Schuldners unvereinbar. Im praktischen Ergebnis fiihrte die Anwendung der Zuweisungslehre aufgrund ihres Bestrebens, einen positiven Grund fiir die Umverteilung der erlangten Vermögenswerte zu finden, zu einer ungerechtfertigten Einengung des Anwendungsbereichs des § 687 Abs. 2 BGB. Im Rahmen des Bereicherungsanspruchs, der vorsätzliches oder auch nur schuldhaftes Handeln nicht voraussetzt, wird man sich durchaus fragen müssen, ob ein ausreichender Grund fiir die Umverteilung des erzielten Gewinns gegeben ist, wenn der Verletzte selbst nicht berechtigt gewesen wäre, sein Rechtsgut in entsprechender Weise zu nutzen. Besonders bedenklich erscheint hier die Pflicht zur Gewinnherausgabe, wenn die Bereicherung zudem lediglich auf einer Überschreitung einer bestehenden Befugnis beruht, wie im Falle der unberechtigten Untervermietung. Bei § 687 Abs. 2 BGB sind jedoch solche Bedenken unbegründet. Die Abschöpfung des wissentlich-rechtswidrig erzielten Gewinns ist insbesondere auch dann geboten, wenn es dem Verletzer im Einzelfall gelingt, sich gewinnbringender Handlungsformen zu bedienen, die auch dem Verletzten selbst von Rechts wegen nicht zur Verfiigung standen. Erhebliche Einschränkungen des Anwendungsbereichs der Eingriffskondiktion ergeben sich auch daraus, daß der Zuweisungsgehait meist nicht ausschließlich anhand rechtlicher, sondern zusätzlich anhand wirtschaftlicher Erwägungen bestimmt wird. Die herrschende Meinung erkennt eine Eingriffskondiktion nur bei Eingriffen, die vermögensrechtliche Belange des Gläubigers berühren 306 , bzw. bei Eingriffen in marktüblich verwertbare Rechte 307 an. Taugliche Eingriffsobjekte sind demnach im wesentlichen nur das Eigentum, die gewerblichen Schutzrechte, das Urheberrecht, gewisse marktüblich verwertbare "Persönlichkeitsdetails" und einzelne wettbewerbsrechtlich geschützte Positionen, wie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Das Kriterium der Verletzung vermögensrechtlicher Belange ist nur daraus erklärlich, daß man unter bereicherungsrechtlichem Gesichtspunkt nicht nur die Feststellung, daß ein erlangter Vermögenswert nicht dem Erwerber zusteht, sondern in gleicher Weise eine Begründung dafiir, weshalb er gerade einem andern gebührt, fiir erforderlich hält308 • Ein Vorteil, der zwar nicht dem Bereicherten, ebensowenig aber einem andern zusteht, soll bereicherungsrechtlich unangetastet bleiben.
306 Vgl. 80HZ 26, 349, 353 f. "Herrenreiter"; MünchKomm-Lieb, § 812 Rdnr.200, 207 ff; ähnlich schon Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 43 f. 307 Vgl. BOHZ 81, 75, 82 "Carrera"; ReuterlMartinek, S. 256 ff.; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 84 f; HüjJer, JuS 1981, S. 265. 308 Vgl. MünchKomm-Lieb, § 812 Rdnr. 207 f
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1. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
Ob sich anhand des Kriteriums der Beeinträchtigung vermögensrechtlicher Belange der Anwendungsbereich der Eingriffskondiktion tatsächlich sachgerecht eingrenzen läßt, mag hier dahinstehen 309 . Jedenfalls im objektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB ist für das Kriterium der Verletzung vermögensrechtlicher Belange kein Raum. Vor allem im Hinblick auf die Funktion der Gewinnabschöpfung als Mittel des präventiven Rechtsgüterschutzes kann es nicht überzeugen, auch bei bewußten Eingriffen vermögensrechtliche Relevanz des verletzten Rechts zu fordern und demzufolge die bewußte Verletzung von Persönlichkeitsrechten gegenüber derjenigen von Vermögensrechten zu privilegieren. So sollte in dem in der Literatur zu Art. 423 schweiz. OR diskutierten Fall, daß jemand einen Gewinn unter unzumutbarer Ruhestörung erzielt31O , nicht zweifelhaft sein, daß die Gewinnabschöpfung jedenfalls dann angemessen ist, wenn der Verstoß wissentlich erfolgte, während die herrschende Lehre in diesem Fall eine Eingriffskondiktion zweifellos an der fehlenden vermögensrechtlichen Relevanz des verletzten Interesses scheitern lassen würde. Zur Begründung des Anspruchs aus § 687 Abs. 2 BGB muß es genügen, daß den Betroffenen die Rechtsrnacht zustand, in den Eingriff mit rechtfertigender Wirkung einzuwilligen. Auch der gleichzeitige Verstoß gegen öffentliche Interessen (§ 117 OWiG) kann hieran bei der gebotenen abstrakten Betrachtungsweise nichts ändern. Denn es wäre widersinnig, denjenigen zu privilegieren, der neben privaten auch öffentliche Interessen verletzt. Die Grenze der Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB ist erst erreicht, wo sich die Rechtswidrigkeit der Handlung ausschließlich aus dem Verstoß gegen öffentliche Interessen ergibt. Dieselben Erwägung treffen auch auf ein von Kleinheyer konstruiertes Beispiel zu, das immer wieder herangezogen wird, um die Rechtswidrigkeitstheorie ad absurdum zu führen: Muß ein Geschäftsmann, der, um einen wichtigen Termin nicht zu verpassen, einen anderen Verkehrsteilnehmer gefiihrdet, diesem den Gewinn aus seinen Geschäftsabschlüssen herausgeben?J11 Hier mag es auf den ersten Blick nahe liegen, die Unanwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB damit zu begründen, daß es sich gegenüber dem gefährdeten Verkehrsteilnehmer nur um die Verletzung eines schlichten Unterlassungsanspruchs handele,
309 Krit. etwa Jakobs, Eingriffserwerb. S. 109 f.; Haines. S. 104 ff.; K/einheyer. JZ 1970, S. 474 ff.; gegen das Kriterium der marktüblichen Verwertbarkeit Großkomm. UWG-Köhler, vor § 13 Abschn. B Rdnr.357; KoppensteinerlKramer, S.77; Laren=/ Canaris. § 69 I I d. 310 Für einen Anspruch aus Art. 423 schweiz. OR in diesem Fall Amrein, S. 40; dagegen Hofs/eI/er, ZBJV Bd. 100 (1964), S. 241 mit der Begründung, daß auch dem Verletzten die Lärmverursachung nicht erlaubt sei (abw. aber ders., SPR VlI/2, S. 210 Fn.6). 311 Vgl. K/einheyer . .IZ 1970, S. 471; MünchKomm-Lieb, § 812 Rdnr. 200; Loell'el1heim, Bereicherungsreeht. S. 8 I; Koppensteinerl Kramer. S. 72 L Kaiser. Nutzungsherausgabe, s. 105; I/o/ens/eill. S. 20.
I. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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da eine rechtfertigende Einwilligung in verkehrswidriges Verhalten durch den Gefährdeten nicht möglich sei 312 • Zwingend ist dies aber nicht. Die entscheidende Frage sollte auch hier vielmehr lauten, ob sich die Rechtswidrigkeit der Handlung ausschließlich aus der Verletzung öffentlicher Interessen oder daneben auch aus der Verletzung individueller Interessen, die abstrakt betrachtet der Disposition des einzelnen unterliegen, ergibt. Wenn im Fall des eiligen Geschäftsmannes in der bereicherungsrechtlichen Literatur Einigkeit über die Unangemessenheit der Gewinnherausgabepflicht besteht, so beruht dies vor allem auf der Schwierigkeit, einen positiven Grund für die Zuweisung des konkret erzielten Gewinns an den gefährdeten Verkehrsteilnehmer zu finden. Es fehlt an der von der herrschenden Meinung geforderten vermögensrechtlichen Relevanz des verletzten Interesses. Dem verletzten Verkehrsteilnehmer die vom Geschäftsmann erzielten Gewinne zuzuweisen, erscheint abwegig, weil der Verkehrsteilnehmer nicht einmal eine Chance auf den Abschluß der von dem Geschäftsmann getätigten Geschäfte hatte 313 • Doch erscheint spätestens dann, wenn man in die Betrachtung neben der Ausgleichsfunktion der Vorteilsabschöpfung auch den Präventionsgesichtspunkt einbezieht, selbst dieser scheinbar so eindeutige Lehrbuchfall in einem anderen Licht. Das zur Rechtfertigung der Vorteilsabschöpfung namentlich bei Immaterialgüterrechtsverletzungen oft vorgetragene Argument, daß die Ablehnung der Gewinnabschöpfung zur Rechtsverletzung ermuntere 31 4, hat nicht weniger Gewicht, wo es ausnahmsweise der Verletzung höchstpersönlicher Rechte wie der Freiheit oder der Gesundheit anderer bedurfte, um einen Gewinn zu erzielen. Die gefiihlsmäßige Abneigung dagegen, jemandem Gewinne zuzuweisen, auf deren Erzielung er selbst nicht einmal eine Chance hatte, darf wenigstens dann, wenn der Gewinn unter bewußter Verletzung fremder Rechte erzielt wurde, nicht den Ausschlag geben. Der Gewinnherausgabeanspruch dürfte daher auch im Fall des eiligen Geschäftsmannes seine hinreichende Rechtfertigung darin finden, daß der Gewinn unter bewußter Verletzung fremder Rechte erzielt wurde. Das Beispiel des eiligen Geschäftsmannes bezieht seine besondere Überzeugungskraft allerdings noch aus einem zweiten Umstand: dem zeitlichen Auseinanderfallen von rechtsverletzender und gewinnbringender Handlung. Es liegt auf der Hand, daß gerade bei derartigen "gestreckten" Erwerbsvorgängen die Gefahr einer uferlosen, dem Schuldner nicht zumutbaren Haftung besteht. Auch unter diesem Gesichtspunkt erscheint es jedoch naheliegend, den vorsätzlichen Verletzer einer weitergehenden Haftung auszusetzen als den fahrlässigen und insbesondere den schuldlosen Verletzer. Die notwendigen Ein-
So die h. M. zu § 315 c StGß; vgl. BGHSt 6,232,234 f.; 23, 261,262 ff. Hierin sieht jedcnfalls MünchKomm-Lieb, § 812 Rdnr. 200 dcn cntschcidcnden Grund ftir dic Versagung dcs Bereichcrungsanspruchs. 314 Vgl. untcn S. 342 m. Nachw. 312 313
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grenzungen lassen sich im Rahmen des § 687 Abs. 2 BGB anhand der Fragestellung vornehmen, inwieweit der Geschäftsführer das fremde Geschäfte als eigenes behandelt und welche Vorteile noch im Sinne des § 667 BGB aus der Geschäftsbesorgung erlangt sind. An dieser Stelle bleibt festzuhalten, daß die vermögensrechtliche Relevanz des Eingriffsobjekts kein taugliches Kriterium zur Eingrenzung des objektiven Tatbestands des § 687 Abs. 2 BGB darstellt. Nicht auf § 687 Abs.2 BGB übertragbar sind auch die Versuche, den Anwendungsbereich der Eingriffskondiktion unter dem Gesichtspunkt von Verkehrsschutzinteressen einzugrenzen. Hubmann macht gegen die Zulassung der Eingriffskondiktion bei Verletzungen des Persönlichkeitsrechts geltend, diese müsse im Hinblick auf das fehlende Verschuldenserfordernis Rechtsunsicherheit zur Folge haben, da die Grenzen des durch das Persönlichkeitsrecht vermittelten Schutzes fließend seien 315 • Dieselben Bedenken wurden in der älteren Literatur gegenüber Bereicherungsansprüchen bei Patentverletzungen geäußert316 • Schlechtriem sieht geradezu das Hauptproblem bei der Bestimmung der durch die Eingriffskondiktion geschützten Positionen darin, Ausschließlichkeitsbefugnisse oder Monopole gegen die Interessen des Verkehrs, Güter und Ressourcen frei nutzen zu können, abzuwägen 317 • Andere erklären derartige aus Gesichtspunkten des Verkehrsschutzes und der gesamtwirtschaftlichen Prosperität hergeleitete Bedenken gegen eine übermäßige Ausweitung des Anwendungsbereichs der Eingriffskondiktion für überholt318 • Ob dies berechtigt ist, hängt entscheidend davon ab, nach welchen Grundsätzen der Anspruchsumfang bestimmt wird. Denn Gesichtspunkten des Verkehrsschutzes kann auch Rechnung getragen werden, indem bei der Bestimmung der Rechtsfolgen konsequent das Prinzip beachtet wird, daß der Bereicherungsvorgang im Ergebnis nicht zu einer Schädigung des Schuldners führen darr l9 . Für eine auf bewußt-
315 Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 363. Vgl. dazu auch Schlechtriern, FS Hefermehl, S. 457 ff 316 Vgl. Kisch, Festg. Reichspatentamt, S. 114 f.; ähnlich Schmidt-Ernsthallsen. GRUR 1938, S. 382, der eine Gewinnabschöpfung bei leicht fahrlässiger Patentverletzung im Hinblick auf die schwer erkennbaren Grenzen des Patentrechts und zu befürchtende nachteilige Folgen flir die Wirtschaft ablehnte; Hofstetter. SPR VII/2. S. 214. der sich gegen eine verschuldensunabhängige Haftung aus Art. 423 schweiz. OR unter dem Gesichtspunkt der schweren Erkennbarkeit von Immaterialgüterrechten wendet. - Entsprechende Erwägungen lagen auch der engen Fassung des Schadensersatzanspruchs in § 34 des PatG vom 25.5.1877 zugrunde; vgl. dazu Kahler. Deutsches Patentrecht. S. 452 ff; Kisch, a.a.O., S. 1\3 f; Gott, S. 49 ff 317 Schlechtriern, König-Symposium. S. 60 f., 72 ff.; ders .. FS Hefermehl, S. 461 ff.: ders., SchuldR BT, Rdnr. 667: ähnlich Mestmäcker. JZ 1958. S. 522 ff.; Loewenheim. Bereicherungsrecht, S. 80. 318 So etwaStaudinger-Wittmann, § 687 Rdnr. 4; Gott. S. 16 f.. 48 ff.. 73. 319 Vgl. Jakobs, Eingriffserwerb, S. 72, 135 f, der darauf hinweist. daß dies flir die vom Bundesgerichtshof u. a. im .,Paul-Dahlke-Urteil" (BGHZ 20. 345. 355) vertretene
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rechtswidriges Handeln beschränkte Haftung haben die genannten Einwände dagegen unabhängig vom Haftungsumfang keine Relevanz. Die Vertreter der "modemen" Zuweisungslehre haben auch unter bereicherungsrechtlichem Gesichtspunkt meist keine grundsätzlichen Bedenken gegenüber der Vorteilsabschöpfung bei Verletzungen von Persönlichkeits- und Immaterialgüterrechten und billigen darüber hinaus ausnahmsweise auch nicht unter § 823 Abs. I BGB fallenden Rechtsgütern kondiktionsrechtlichen Schutz zu. Damit ergibt sich flir die Eingriffskondiktion ein ähnlich weites Anwendungsgebiet, wie es jedenfalls flir § 687 Abs. 2 BGB anzuerkennen ist. Doch besteht kein Grund, auch die noch verbleibenden Unterschiede durch die undifferenzierte Übertragung der zur Bestimmung des Anwendungsbereichs der Eingriffskondiktion entwickelten Kriterien auf § 687 Abs. 2 BGB zu nivellieren. Es kann nicht einleuchten, daß im Ergebnis bei § 687 Abs. 2 BGB die Abgrenzungskriterien der Zuweisungs- und der Rechtswidrigkeitslehre kumulativ Anwendung finden sollen, obgleich hier schon wegen des engen subjektiven Tatbestandes jede Besorgnis einer allzu weitreichenden Haftung unbegründet ist 320 . Da die wissentlich-rechtswidrige Ausübung einer fremden Handlungsbefugnis eine hinreichende materielle Rechtfertigung fur die Gewinnabschöpfung begründet, bedarf es der zusätzlichen Heranziehung in anderen Zusammenhängen entwickelter Abgrenzungskriterien ebensowenig wie es etwa zur Rechtfertigung der Auskunftsptlicht des Geschäftsflihrers der ergänzenden Anwendung der Grundsätze bedarf, nach denen auf der Grundlage des § 242 BGB ein Auskunftsanspruch gewährt wird. Ist schon die Übertragung des Zuweisungsgehaltskriteriums vom Bereicherungsrecht auf den Tatbestand des § 687 Abs.2 BGB mit dem Ziel, § 687 Abs.2 BGB in ein sinnvolles und widerspruchsfreies Verhältnis zur Eingriffskondiktion zu setzen, unvereinbar, so tritt der Wertungswiderspruch noch deutlicher bei Jakobs hervor, wenn dieser das Kriterium des Zuweisungsgehalts
Ansicht, daß der Bereicherungsschuldner nicht nur zur Herausgabe des tatsächlich erzielten Gewinns, sondern gewinnunabhängig zur Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr verpflichtet sei, nicht zutrifft. Andererseits soll nach Larenz/Canaris, § 72 III 3 c u. a. der Gesichtspunkt der zu befürchtenden Hemmung der [nvestitions- und [nnovationsbereitschaft gerade gegen eine bereicherungsrechtliche Gewinnhaftung sprechen. Diese scheinbar widersprüchlichen Auffassungen darüber, ob die Gewinnhaftung dem Bereicherungsschuldner "schädlich" oder "unschädlich" ist, sind dadurch zu erklären, daß der Begriff der Gewinnhaftung mehrdeutig ist; dazu eingehend unten S. 305 ff. 320 Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 90 Pn. 98 bezeichnet es auch für die Eingriffskondiktion als "nicht nur unrichtig, sondern auch ungereimt", die Kriterien der Rechtswidrigkeitstheorie und der Zuweisungslehre zu kumulieren: "Rechtfertigt sich die Herausgabe als Sanktion des Eingriffs, dann bedarf es zur Begründung des Zuweisungsgehalts nicht. Ist die Herausgabe nicht allein durch die Sanktionsbedürftigkeit des Eingriffs gerechtfertigt, so fragt sich, wieso ein beliebiger Zuweisungsgehalt sie sollte begründen können."
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im Sinne Mestmäckers 321 u. a. mit der Begründung ablehnt, dieses sei "nur ein anderer Name rur das Kriterium der Führung eines fremden Geschäfts"322. Jakobs meint also offenbar, das Kriterium des Zuweisungsgehalts - zudem in der engen Bedeutung, die Mestmäcker dem Begriff geben wollte - sei im Bereich des § 687 Abs. 2 BGB anwendbar, während bei § 812 BGB bereits eine widerrechtliche Handlung zur Anspruchsbegründung genüge. Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB wäre dann nicht nur durch seine subjektiven Voraussetzungen, sondern darüber hinaus auch noch in objektiver Hinsicht erheblich gegenüber dem Tatbestand der Eingriffskondiktion eingeengt. Mit dem vernünftigen, u. a. auch das Deliktsrecht des BGB beherrschenden Grundsatz, daß subjektiv enge mit objektiv weiten und subjektiv weite mit objektiv engen Tatbestandsvoraussetzungen verknüpft sein sollten, ist dies schwer zu vereinbaren. Der Wertungswiderspruch ließe sich allenfalls noch über eine deutliche Verschärfung der Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB ausräumen. Doch will Jakobs auch diese gerade nicht anerkennen, vertritt vielmehr die Ansicht, daß die Herausgabeansprüche aus § 687 Abs. 2 S. I i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB und aus § 812 BGB sich dem Umfang nach deckten 323 • Ähnlichen Einwänden ist auch die Auffassung Haines' ausgesetzt, der zwar bei § 687 Abs. 2 BGB fordert, daß der Schwerpunkt des Handeins im fremdem Interessenbereich liegen müsse 324, bereicherungsrechtlich jedoch jede Verletzung individualschützender Normen genügen läßt325 • Das letztgenannte Kriterium konkretisiert Haines dahingehend, daß sicheres Indiz rur den individualschützenden Charakter einer Norm die Möglichkeit wirksamer Einwilligung oder Duldung sej326. Damit ergibt sich bei Haines, sieht man davon ab, daß der Gesichtspunkt der Eigennutzungsbefugnis bei ihm keine selbständige Relevanz
321 JZ 1958, S. 523 ff. Jakobs, Eingriffserwerb, S. 110. Jakobs, Eingriffserwerb, S. 101 f. - Jakobs, a.a.O. meint, eine Verschärfung der Haftung aus § 687 Abs. 2 BGB gegenüber der Eingriffskondiktion ergebe sich nur aus der Verweisung auf § 677 BGB. Diese Bemerkung wird von Jakobs leider nicht näher erläutert, obwohl sie der herrschenden Auffassung widerspricht, die die Verweisung des § 687 Abs. 2 BGB auf § 677 BGB fI1r bedeutungslos oder gar sinnwidrig erklärt (vg!. dazu unten S. 236 ff.). 324 Vg!. oben S. 81 f. 325 Haines, S. 89 ff. 326 Haines, S. 93 ff. Daneben gebraucht Haines (S. 10 1) den Begriff des "Rechtsschutzmonopols" (ebenso BaumbachlHefermehl, UWG, Ein!. Rdnr.420; Koppensteiner/Kramer, S. 76, 81). Dieser Begriff ist jedoch unglücklich gewählt, da er das Mißverständnis nahelegt, daß es darauf ankomme, wem nach einem bereits erfolgten Eingriff (prozessuale) Rechtsbehelfe gegenüber dem Eingreifer zustehen, und insbesondere unzureichend zum Ausdruck bringt, daß nicht nur ein bloßer Unterlassungsanspruch, sondern die Möglichkeit des Verletzten, in den Eingriff mit rechtfertigender Wirkung einzuwilligen, erforderlich ist. 322 323
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zu haben scheint, rur die Eingriffskondiktion dasselbe Anwendungsgebiet wie nach hier vertretener Auffassung rur § 687 Abs. 2 BGB. Gegenüber den verschiedenen Varianten der Zuweisungslehre hat die Auffassung Haines' kaum zu bestreitende Vorzüge, denn sie ermöglicht weitgehend eindeutige und von willkürlichen Differenzierungen freie Ergebnisse327 • Ob sie allerdings spezifisch bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten hinreichend Rechnung trägt, erscheint zweifelhaft, kann hier aber nicht erörtert werden. In diesem Zusammenhang genügt die Feststellung, daß Haines' Eintreten rur einen nahezu lükkenlosen kondiktionsrechtlichen Schutz vor rechtswidrigen Eingriffen schlecht zu der Rigorosität paßt, mit der er unter Berufung auf letztlich nicht zwingende "systemästhetische" Gründe den Anwendungsbereich des §.687 Abs. 2 BGB beschneiden will. Zusammenfassend ist festzuhalten, daß es hinsichtlich des Verhältnisses des § 687 Abs.2 BGB zur Eingriffskondiktion, ebenso wie hinsichtlich des Verhältnisses der Vorschrift zu den Tatbeständen der Geschäftsruhrung ohne Auftrag und der unerlaubten Handlung, unerläßlich ist, die strukturelle Eigenart des Tatbestands des § 687 Abs. 2 BGB zu erkennen, um eine sinnvolle Eingliederung der Vorschrift in das Anspruchssystem des BGB zu ermöglichen. Die Anwendung spezifisch bereicherungsrechtlicher Kriterien muß bei der Auslegung des § 687 Abs. 2 BGB bewußt vermieden werden. Die Frage des Zuweisungsgehalts der in Anspruch genommenen Rechtsposition stellt sich bei § 687 Abs. 2 BGB nicht. Das in § 687 Abs. 2 BGB verankerte Prinzip, daß der aus der bewußt-rechtswidrigen Führung fremder Geschäfte erzielte Erlös an den Geschäftsherrn abzuruhren ist, und das von der Zuweisungslehre postulierte Prinzip, daß das aus dem Eingriff in den Zuweisungsgehalt eines fremden Rechts Erlangte dem Inhaber gebührt, stehen zueinander nicht im Verhältnis zweier konzentrischer, sondern zweier sich überschneidender Kreise. Angesichts der engen subjektiven Voraussetzungen des § 687 Abs. 2 BGB müssen die Kriterien der Inanspruchnahme marktüblich verwertbarer Güter oder der Verletzung vermögensrechtlicher Belange hier ebenso außer Betracht bleiben wie das Erfordernis der Verletzung verfestigter oder offenkundiger Rechtspositionen. Auf diese Weise ergibt sich für § 687 Abs. 2 BGB ein Anwendungsbereich, wie er in dieser Form für die Eingriffskondiktion nur von den Vertretern der Rechtswidrigkeitstheorie und den dieser nahestehenden Autoren gesehen wird. 327 Krit. zur Auffassung Haines' aber MünchKomm-Lieb, § 812 Rdnr. 216; ErmanH. P. Westermann, § 812 Rdnr. 88; Büsching, S. 74 f.; Loewenheim, JuS 1997, S. 916; grundsätzlich zust. dagegen BaumbachlHefermehl, UWG, Einl. Rdnr. 420; RGRK-Heimann-Trosien, vor § 812 Rdnr. 33; Fest, S. 29ff.; i. Erg. ähnlich Kleinheyer, JZ 1970, S. 475 ff., der in der Regel die Verletzung eines Unterlassungsanspruchs genügen lassen will, aus allgemeinen Rechtsprinzipien jedoch das Erfordernis herleitet, daß der Verletzte die Handlung rechtmäßig hätte gestatten können.
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1. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
12. Die Verletzung subjektiver Rechte und objektivrechtlich geschützter Interessen
a) Die Definition der Führungfremder Geschäfte als Ausübungfremder subjektiver Rechte Einer vor allem in der Literatur zu Art. 423 schweiz. OR verbreiteten Auffassung zufolge ist der Begriff der Führung fremder Geschäfte gleichbedeutend mit dem der Ausübung fremder subjektiver Rechte 328 • Wenn diese Definition hier als Ausprägung eines spezifisch geschäftsfiihrungsrechtlichen Verständnisses des Art. 423 schweiz. OR bzw. § 687 Abs. 2 BGB den an delikts- und bereicherungsrechtIichen Kriterien orientierten Begriffsbestimmungen gegenübergestellt wurde, so in erster Linie deshalb, weil die genannte Definition in bewußter Abgrenzung von der sogenannten Eingriffstheorie des schweizerischen Bundesgerichts entwickelt wurde 329 . Doch weist Jakobs 330 zu Recht darauf hin, daß die näheren Ausfuhrungen dazu, was unter der Ausübung fremder subjektiver Rechte zu verstehen sei, sich wie Erläuterungen zu der bereicherungsrechtlichen Zuweisungslehre im Sinne Mestmäckers lesen. Dem entspricht es, wenn etwa Loewenheim die Lehre vom Zuweisungsgehalt mit der Unterscheidung von subjektiven Rechten und objektiven Verhaltensnormen gleichsetzt33I. Der Streit um die Voraussetzungen des Art. 423 schweiz. OR bildet, was angesichts der der Eingriffskondiktion auch in subjektiver Hinsicht angenäherten Tatbestandsfassung des Art. 423 schweiz. OR kaum verwunderlich ist, ein nahezu detailgetreues Abbild des Streits zwischen der Rechtswidrigkeits- und der Zuweisungslehre bei § 812 BGB332, einschließlich der im einzelnen sehr unterschiedlichen Konsequenzen, die aus dem formalen Bekenntnis zu der einen oder anderen Position gezogen werden. Die Ausübung eines fremden subjektiven Rechts ist fur die herrschende Lehre zu Art. 423 schweiz. OR nichts anderes als der Eingriff in den Zuweisungsgehalt eines fremden Rechtsguts fur die herrschende Lehre zu § 812 BGB. Die schweizerische Literatur verzichtet nur scheinbar auf das Kriterium des Zuweisungsgehalts, denn in Wirklichkeit ist dieses Kriterium in dem der Ausübung fremder subjektiver Rechte enthalten.
328 Vgl. die Nachw. oben S. 44 Fn. 15. 329 Vgl. oben S. 43 f. J30
Eingriffserwerb. S. 111.
Dagegen wollte Wilbllrg. Ungerechtfertigte Bereicherung. S.44 folgendermaßen differenzieren: .. Während der Anspruch aus den subjektiven Rechten aber. wenn eine Saehe zu fremdem Nutzen verwendet wird. ohne rechtswidriges Handeln des Bereicherten entstehen kann. setzt er außerhalb der subjektiven Rechte allerdings grundsätzlich Rechtswidrigkeit voraus:' )]2 Zutr. Niellispach. S. 106 f. fn. 548: vgl. auch Schm!felberger. S. 159 f. 331
Loewenheim. ZHR Bd. 135 (1971). S. 107. -
I. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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Darüber, welche Einschränkungen des Tatbestands der Geschäftsanmaßung gegenüber der sogenannten Eingriffstheorie aus dem Kriterium der Ausübung fremder subjektiver Rechte im einzelnen folgen, lassen sich ebenso unterschiedliche Auffassungen vertreten wie darüber, welchen Rechtspositionen Zuweisungsgehalt zukommt. Sicher ist nur, daß schon der Begriff der Ausübung eine Eingrenzung des Tatbestands gegenüber der Eingriffstheorie zum Ausdruck bringt, da Rechte rein negativen Inhalts nicht im Wege eines unbefugten Eingriffs ausgeübt werden können 333 • Diese Beschränkung des Tatbestands der Geschäftsanmaßung entspricht der hier vertretenen Auffassung, indem sie dem von der schweizerischen Literatur zu Recht hervorgehobenen geschäftsführungsrechtlichen Charakter des Tatbestands Rechnung trägt. Da diese Einschränkung sich schon dem Definitionsbestandteil "Ausübung" entnehmen läßt, bleibt damit aber noch offen, welche Bedeutung in der Definition dem Begriff des "subjektiven Rechts" zukommt. Allein der durch den Begriff des subjektiven Rechts zweifellos bezeichnete Gegensatz zum objektiven Recht verleiht dem Begriff in der fraglichen Definition jedenfalls noch keine eigenständige Bedeutung, da objektives Recht nicht ausgeübt werden kann. Entscheidend ist daher, ob den Begriff des subjektiven Rechts über den Gegensatz zum objektiven Recht hinaus zusätzliche Merkmale kennzeichnen. Der Begriff des subjektiven Rechts galt lange Zeit als Schlüsselbegriff der allgemeinen Rechtslehre, über dessen Bedeutung jedoch nie vollständige Klarheit erzielt wurde. Eine eingehende Darstellung der zahlreichen Definitionsversuche würde den Rahmen dieser Untersuchung sprengen334 • Es seien daher nur einige repräsentative Definitionen genannt. Nach Windscheid3 35 ist das subjektive Recht die dem einzelnen durch die Rechtsordnung verliehene Willensmacht. nach Jhering336 ein rechtlich geschütztes Interesse, nach Oertmann 337 das .. Dürfen" und der dieses sichernde Rechtsschutz gegenüber Dritten, nach v. Tuhr3 38 die Möglichkeit. eine Leistung zu verlangen und auf dem Wege des Rechts zu erzwingen. Insgesamt läßt sich die herrschende Ansicht in der allgemeinen Rechtslehre dahingehend zusammenfassen, daß notwendiges, aber auch ausreichendes Merkmal eines subjektiven Rechts die dem einzelnen von der Rechtsordnung verliehene Macht ist. ein Interesse Dritten gegenüber (im Wege der Klage) durchzusetzen. Legte man diesen Begriff des subjektiven Rechts bei der Bestimmung des Anwendungsbereichs des § 687 Abs. 2 BGB zugrunde, so
Nietlispach. S. I IO f. Einen guten Überblick bietet Schluep. S. 265 ff.; ausf. zum Begriff des subjektiven Rechts auch Enneccerus-Nipperdey. § 72. m Pandekten I. § 37. 336 Geist des römischen Rechts 111. S. 339. 351. m AcP Bd. 123 (1925). S. 129 ff.. insbes. S. 132 ff. 338S.60. 333
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9 Eben
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I. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
gingen die geschützten Rechtspositionen jedenfalls weit über den Kreis der sogenannten absoluten Rechte im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB hinaus. Auch die Verletzung bloßer Zustimmungsvorbehalte wäre unproblematisch erfaßt. Zugleich deckte sich das Kriterium der Ausübung fremder subjektiver Rechte im wesentlichen mit dem bereicherungsrechtlichen Kriterium des Zuweisungsgehalts, wenn man, wie etwa Canaris339 , als Rechtsposition mit Zuweisungsgehalt bereits die bloße Rechtsmacht, einen fremden Eingriff mit rechtfertigender Wirkung zu gestatten, ansähe. Doch das Kriterium des Zuweisungsgehalts kann bekanntlich, wie besonders deutlich die Stellungnahmen v. Caemmerers 340 und Mestmäckers 341 zeigen, auch zu ganz anderen Ergebnissen führen, und als ähnlich unbestimmt erweist sich das Kriterium der Ausübung fremder subjektiver Rechte, wenn man die Ergebnisse betrachtet, zu denen die Literatur zu Art. 423 schweiz. OR aufgrund dieses Kriteriums gelangt, etwa in der Frage, inwieweit Wettbewerbsverstöße einen Anspruch aus Geschäftsanmaßung begründen können 342 • Legt man einen Begriff des subjektiven Rechts zugrunde, wie er insbesondere in der wettbewerbsrechtlichen Literatur verwendet wird, so reduziert das Kriterium der Ausübung fremder subjektiver Rechte den Anwendungsbereich der Geschäftsanmaßung auf die Fälle, auf die die enge Zuweisungslehre v. Caemmerers und Mestmäckers den Anwendungsbereich der Eingriffskondiktion beschränkt sehen will. Die nahezu einhellige Ansicht in der wettbewerbsrechtlichen Literatur geht davon aus, daß die Normen des Wettbewerbsrechts keine subjektiven Rechte begründeten343 • Soweit aus Wettbewerbsverstößen Ansprüche anderer Wettbewerber resultierten, handele es sich lediglich um Reflexwirkungen objektiven Rechts 344 • Geht man von den oben zitierten Definitionen des subjekti-
LarenzlCanaris, § 69 I 1. FS Rabel I, S. 352 ff., 396 ff. 341 JZ 1958, S. 524 ff. 342 Während v. Fischer, S. 11 ff. und Schaufelberger, S. 162, 175 f. die Anwendung des Art. 423 schweiz. OR bei Wettbewerbsverstößen kategorisch ablehnen, wollen etwa Moser, Herausgabe, S. 268 ff. und Th. Fischer, S. 28 f. den Anspruch im Bereich der weubewerbswidrigen Ausbeutung fremder Untemehmenswerte anerkennen; vgl. auch unten S. 396 Fn. 121 m. w. Nachw. 343 SO Z. B. BaumbachlHefermehl, UWG, Einl. Rdnr. 48 ff.; Hefermehl, FS Nipperdey, S. 287 f.; Raiser, Summum ius, S. 156 ff.; v. Caemmerer, FS Rabel I, S.397; Däubler, JuS 1969, S. 52; Steindorff, AcP Bd. 158 (1959/60), S. 458 f.; Loewenheim, ZHR Bd. 135 (1971), S. 107 f.; ders., Bereicherungsrecht, S. 84; Lutz, S. 140 f.; differenzierend Fezer, WRP 1993, S. 568 ff. 344 Loewenheim, ZHR Bd. 135 (1971), S. 108; Th. Fischer, S. 29; Raiser, Summum ius, S. 159; vgl. auch Moser, Herausgabe, S. 269 f. 339
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ven Rechts aus, so sind diese Aussagen falsch 345 . Die durch das UWG begründete Rechtsposition der Wettbewerber weist alle Merkmale auf, die als notwendige Voraussetzungen eines subjektiven Rechts anerkannt sind, denn das UWG schützt nach nahezu allgemeiner Auffassung zumindest auch das Interesse der Wettbewerber an der Wahrung ihrer gleichen Gewinnchance bzw. eines bestehenden Wettbewerbsvorsprungs 346 und verleiht ihnen die Rechtsrnacht zur Durchsetzung dieser Interessen im Klagewege 347 . Von einer bloßen Reflexwirkung objektiven Rechts kann nach der in der allgemeinen Rechtslehre üblichen Terminologie hingegen nur gesprochen werden, wo die Rechtsordnung dem Individuum keine Möglichkeit verleiht, sein Interesse selbst im Wege der Klage geltend zu machen 348 . Teilweise wird zwar in der allgemeinen Rechtslehre als Kennzeichen des subjektiven Rechts über die genannten Merkmale hinaus die Möglichkeit des Verzichts angesehen 349 . Doch ist insoweit zum einen ein Konsens nicht festzustellen 350 . Zum an dem läßt sich auch nicht kategorisch behaupten, daß auf die durch das UWG begründeten Positionen nicht - im Wege der Einwilligung - verzichtet werden könnte. Der demgegenüber verengte Begriff des subjektiven Rechts im Wettbewerbsrecht läßt sich unschwer daraus erklären, daß er das Merkmal des Zuweisungsgehalts im Sinne v. Caemmerers impliziert. Die wettbewerbsrechtlich geschützte Position wird deshalb nicht als subjektives Recht qualifiziert, weil dem Wettbewerber lediglich eine gleiche Gewinnchance zugewiesen sei, nicht jedoch die Nutzung eines Rechtsguts unter Ausschluß anderer und damit auch nicht der Gewinn, den ein anderer durch einen Wettbewerbsverstoß erzielt. Unter einem subjektiven Recht versteht die wettbewerbsrechtliche Terminologie nur ein "weitgehendes Herrschaftsrecht im Sinne des Eigentums"351, das klassische absolute Recht im Sinne des § 823 Abs. I BGB, dessen Wesen nach
345 Vgl. Büsching, S. 63 f.; Enneccerus-Nipperdey, § 72 I 3 a. Krit. gegenüber dem wettbewerbsrechtlichen Verständnis von subjektivem und objektivem Recht auch Fikentscher, Wettbewerb, S. 162. 346 Vgl. dazu auch unten S. 402 f. m. Nachw. 347 Dementsprechend wird man alle Positionen als subjektive Rechte zu qualifizieren haben, an deren Verletzung die Rechtsprechung in entsprechender Anwendung des § 1004 BGB einen Unterlassungsanspruch knüpft; vgl. dazu i. einz. Palandt-Bassenge, § 1004 Rdnr.2 m. w. Nachw. Wenig zwingend meinen manche, derartige Unterlassungsansprüche begründeten nicht notwendig ein subjektives Recht, sondern sollten als bloßes prozessuales Mittel aufgefaßt werden: so etwa Esser/Weyers, § 62 IV; zutr. dagegen etwa Enneccerus-Nipperdey, § 72 I 3 a. 348 Vgl. Jhering, Geist des römischen Rechts lII, S. 351 ff.; Schluep, S. 274. 349 Vgl. Schluep, S. 271 f. (m. Nachw.). 350 Vgl. Schluep, S. 271 f.. 297 f.. der selbst die Dispositionsbefugnis nicht als Merkmal des subjektiven Rechts ansieht. 351 Biisching, S. 64. 9'
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v. Caemmerer352 darin besteht, dem Berechtigten das "uti, frui, abuti" zuzuweisen. Ausdrücklich betont Hefermehl: "Nur Herrschaftsrechte mit einem wesenseigenen Zuweisungsgehalt sind subjektive Rechte"353. Der Begriff des Zuweisungsgehalts geht also in dieser Terminologie vollständig in dem des subjektiven Rechts auf. Da die Zuweisungslehre im Rahmen des § 687 Abs. 2 BGB nicht anwendbar ist, steht damit zugleich fest, daß auch das Merkmal der Ausübung fremder subjektiver Rechte im Sinne der wettbewerbsrechtlichen Terminologie eine sachgerechte Abgrenzung des Anwendungsbereichs des § 687 Abs. 2 BGB nicht ermöglicht. Will man auf den Begriff des subjektiven Rechts bei der Rechtsanwendung nicht ganz verzichten, so sollte er zumindest einheitlich in der durch die allgemeine Rechtslehre geprägten Bedeutung verwendet werden. Legt man diesen noch nicht durch die Zuweisungslehre verengten Begriff des subjektiven Rechts zugrunde, so ist der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB mit dem Terminus der Ausübung subjektiver Rechte weitgehend zutreffend beschrieben. Diese Übereinstimmung mit den hier zum Begriff des fremden Geschäfts entwickelten Kriterien ist jedoch rein zufälliger Art und ohne jeden Erkenntniswert. Denn auch die in der allgemeinen Rechtslehre anerkannte Definition des subjektiven Rechts ist eben nur eine von vielen möglichen. Und Definitionen juristischer Begriffe, die der Gesetzgeber selbst nicht verwendet, lassen sich generell nicht als "richtig" oder "falsch", sondern allenfalls als mehr oder weniger zweckmäßig qualifizieren 354 . Im BGB erscheint der Begriff des subjektiven Rechts nirgends. Es wird zwar der Begriff des "Rechts" im subjektiven Sinne verwendet, jedoch in ganz uneinheitlicher Bedeutung, wie etwa der Vergleich von § 194 Abs. I und § 823 Abs. I BGB zeigt. Es läßt sich also offensichtlich nicht einem bestimmten Begriff des subjektiven Rechts apriori eine besondere Relevanz für die Rechtsanwendung zusprechen. Schon gar nicht läßt sich behaupten, daß das subjektive Recht - in welcher Bedeutung auch immer - eine allgemeine Entstehungsvoraussetzung gesetzlicher Ansprüche wäre. Zahlreiche Ansprüche knüpfen nicht an ein bereits bestehendes subjekti-
m FS Rabel I. S. 353. m BalimbachlHefermehl. UWG. Einl. Rdnr.48: ebenso Wilbllrg. Ungerechtfertigte Bereicherung. S. 44. - Vgl. auch Raiser. JZ 1961. S. 466. der die sog. absoluten Rechte als primäre Rechte bezeichnet und diesen die Ansprüche und Gestaltungsrechte als sekundäre Rechte gegenüberstellt. Mit dem Begriff des subjektiven Rechts will auch Raiser nur die erstgenannten Rechte bezeichnen. Kennzeichen dieser Rechte soll sein, daß die Rechtsordnung .. ein privates Haben und Nutzen gestattet und mit ihren Rechtsschutzmitteln garantiert" (a.a.O .. S. 467). J54 Vgl. dazu auch Haines. S. 83. der davon ausgeht. daß man lediglich aus Gründen sprachlicher Vereinfachung im Hinblick auf die .. Stabilität"' und .. Verfestigung" einer Rechtsstellung von subjektiven Rechten spreche: I\ellmann. Gewinnhaftung. S. 148. der meint. daß die Unterscheidung von subjektiven Rechten und geschützten Interessen kaum mehr sei als eine Frage der Terminologie.
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ves Recht - selbst im weiten Sinne der allgemeinen Rechtslehre - an. Auch fur gesetzliche Ansprüche auf Herausgabe erlangter Vorteile gilt insoweit keine Besonderheit. Denn auch diese lassen sich nicht einheitlich - gewissermaßen als Rechtsfortwirkungsansprüche im weitesten Sinne - auf ein subjektives Recht zurückführen 355 • Die Diskussion darüber, ob bestimmte Normen subjektive Rechte begründen oder nicht, ist also für die Bestimmung des Anwendungsbereichs des § 687 Abs. 2 BGB ohne Wert. In der allgemeinen Rechtslehre ist der begrenzte Nutzen des Begriffs des subjektiven Rechts fur die Rechtsanwendung längst erkannt. Hier dient die Definition des subjektiven Rechts als Rechts- und Willensmacht nur noch als Ausgangsbasis, von der aus die verschiedenen subjektiven Rechte kategorisiert werden 356 • Gleichwohl lebt der Begriff des subjektiven Rechts in den unterschiedlichsten Teilgebieten des Privatrechts wie des öffentlichen Rechts fort und gilt hier nach wie vor als probates Hilfsmittel bei der Beantwortung praktischer Streitfragen, allerdings nicht, ohne zuvor den Eigenarten der jeweiligen Materie angepaßt worden zu sein 357 . Durch die Verselbständigung des Begriffs in den einzelnen Rechtsgebieten geriet die terminologische Uneinheitlichkeit zugleich immer mehr aus dem Bewußtsein, so daß sich heute kaum noch einmal ein klarstellender Hinweis findet, in weIchem Sinne der Begriff verwendet wird. Angesichts der dargelegten Begriffsverwirrung läßt sich fast jede jemals vertretene Auffassung über den Anwendungsbereich des § 687 Abs. 2 BGB mit der Definition der Führung fremder Geschäfte als Ausübung fremder subjektiver Rechte vereinbaren. Denn nahezu in allen Bereichen, in denen umstritten ist, ob die Verletzung einer Rechtsposition als Führung eines fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB anzusehen ist, wie bei Vertragsverletzungen, bei Verletzung des Rechts am eingerichteten. und ausgeübten Gewer-
Vgl. oben S. 120 f. Vgl. etwa Laren=lll'oif. § 13 Rdnr. 24. § 14 Rdnr. 10 ff., § 15. 357 Zur Veranschaulichung dieser Methode mögen die Ausführungen Masers (Herausgabe. S. 161 f.) zur Frage des Schutzes objektivrechtlich geschützter Positionen durch Art. 423 schweiz. OR dienen: ..In denjenigen Fällen aber. in denen die Reflexwirkung der im allgemeinen Interesse aufgestellten und daher zunächst nur dem objektiven Recht angehörigen Norm im tatsächlichen Erfolg ein Ausschlußrecht des Ein=elnen schafft. könnte man sich doch fragen. ob nicht ein Herausgabeanspruch zu gewähren sei. Einem solchen Rechtsschutz kann aber naturgemäß nur dann stattgegeben werden. wenn die Existenz eines subjektiven Rechtes nach vernünftiger, zweckbewußter Auslegung der betreffenden Gesetzesbestimmung als wünschbar erscheint. In jenen Fällen wird sich also die Frage darauf konzentrieren. ob ein subjektives Recht angenommen werden kann oder nicht. woraus sich dann ergibt. ob ein Gewinnherausgabeanspruch gerechtfertigt ist oder nicht. Wir erkennen also. daß auch die Fälle der bloßen Reflexwirkungen objektiven Rechts von unserer Definition. soweit als nötig. mitumfaßt werden" (Hervorh. im Original). 355
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bebetrieb und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, bei Schutzgesetzverletzungen im Sinne des § 823 Abs.2 BGB und bei Wettbewerbsverstößen, läßt sich gleichermaßen darüber streiten, ob es sich um die Ausübung eines fremden subjektiven Rechts handelt. Insofern fehlt der Gleichsetzung der Führung fremder Geschäfte mit der Ausübung fremder subjektiver Rechte schon das Merkmal, das jede Definition. die diesen Namen verdient, aufweisen sollte, nämlich ein höheres Maß an Klarheit und Eindeutigkeit gegenüber dem zu definierenden Begriff. Der Begriff des subjektiven Rechts, der die Rechtstheorie des neunzehnten Jahrhunderts beherrschte, ist ein Produkt begriffsjuristischen Denkens, das schon deshalb in einer Rechtswissenschaft, die die interessengerechte Problemlösung in den Mittelpunkt stellt, keinen Platz mehr haben sollte. Zwar legt gerade der Umstand, daß der Begriff in der Rechtsanwendung meist in einer von der Terminologie der allgemeinen Rechtslehre abweichenden Bedeutung verwendet wird, die Vermutung nahe, daß vielfach die gebotene Interessenwertung durch die Argumentation aus dem "Wesen" des subjektiven Rechts gar nicht ersetzt werden soll, sondern gleichsam in letztere bereits eingeflossen ist. Doch ist unverkennbar, daß umgekehrt auch die jeweils vorausgesetzten materiellen Merkmale des subjektiven Rechts die Entscheidung konkreter Rechtsanwendungsfragen beeinflussen. In besonderer Weise gilt dies für das Element der Wil/ensmacht. Obgleich diesem gegenüber schon Jhering 358 den Aspekt des Interessenschutzes in den Vordergrund stellen wollte, ist auch heute noch die Argumentation aus dem "Wesen" des subjektiven Rechts meist mit einer Überbewertung des Elements der Willensmacht gegenüber dem des Interessenschutzes verbunden. Durch die Gleichsetzung des subjektiven Rechts mit dem absoluten Herrschaftsrecht im Sinne des § 823 Abs. I BGB wurde die Betonung des Elements der Willensmacht sogar geradezu auf die Spitze getrieben, indem nun, wie bei v. Caemmerer359 , nur noch die durch privatrechtliche Normen verliehene Willensmacht in ihrer ausgeprägtesten Form als Grundlage ftir gesetzliche Ausgleichsansprüche anerkannt und alle sonstigen rechtlich geschützten Interessen insoweit für gänzlich irrelevant erklärt wurden. Das geltende Recht enthält ftir eine entsprechende Wertung des Gesetzgebers jedoch keinen Anhaltspunkt 360 • Vielmehr spricht die Systematik des Deliktsrechts, als dessen materieller Bestandteil auch § 687 Abs. 2 BGB wenigstens hinsichtlich seiner
Geist des römischen Rechts 111. S. 327 ff. FS Rabel I. S. 352 ff.. 396 ff. 360 Vgl. auch die scharfe Kritik an der Argumentation v. Caemmerers aus dem "Wesen des absoluten Rechts" bei Haines. S. 84: "Das Schlußverfahren entspricht dem klassischen juristischen Begriffsrealismus. der durch Jhering und Heck offenbar nur theoretisch überwunden ist und nun im modischen Gewand des Wesensarguments fröhliche Auferstehung feiert." 358
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I. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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Tatbestandsvoraussetzungen angesehen werden kann, entscheidend fiir den gegenteiligen Standpunkt des BGB. Denn auch hier wird dieselbe zivilrechtliche Sanktion unter denselben subjektiven Voraussetzungen an die Verletzung "nur" objektivrechtlich geschützter Interessen geknüpft wie an die Verletzung subjektiver Rechte im engeren Sinne. b) Der Gesichtspunkt des Schutzzwecks der verletzten Norm
Im Gegensatz zu dem Merkmal der Willensmacht ist das zweite Element des subjektiven Rechts, der Interessenschutz, durchaus ein Gesichtspunkt, der für die Bestimmung des Anwendungsbereichs privatrechtlicher Ansprüche allgemein und unabhängig von den tatbestandlichen Voraussetzungen der jeweiligen Anspruchsgrundlage von Bedeutung ist. Ist feststellbar, daß eine Rechtsnorm bestimmte Personen oder bestimmte Interessen nicht schützen will, so kann dies bedeuten, daß ein Anspruch mit der Verletzung der betreffenden Norm nicht begründet werden kann. Dagegen muß aber keinesfalls positiv feststellbar sein, daß der Gesetzgeber eine objektivrechtliche Norm gerade im Hinblick auf diejenigen Ansprüche erlassen hat, die mit der Verletzung der betreffenden Norm begründet werden sollen. Dies dürfte im Grundsatz allgemein anerkannt sein. So soll es nach der Rechtsprechung zur Begründung eines Anspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB ausreichen, daß die Ersatzpflicht "sinnvoll und im Lichte des haftpflichtrechtlichen Gesamtsystems tragbar" erscheint361 • Grundsätzlich nichts anderes gilt unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der verletzten Norm aber auch fiir andere gesetzliche Ausgleichsansprüche. Daß der Schutzzweck einer Norm des objektiven Rechts es verbiete, an ihre Verletzung Ausgleichsansprüche bestimmter Art oder zugunsten bestimmter Personen, oder gar privatrechtliche Ansprüche überhaupt zu knüpfen, wird sich daher nur in den seltensten Fällen nachweisen lassen. Andererseits geben auch Rechtsnormen, die subjektive Rechte verleihen, selbst keinen Aufschluß darüber, welche Rechtsfolgen bei ihrer Verletzung eintreten sollen. Diese Entscheidung trifft stets erst die Anspruchsgrundlage, die die Rechtsverletzung zur Voraussetzung hat. So enthalten die Vorschriften über den Schutzumfang sogenannter absoluter Rechte keine Aussage darüber, ob der Inhaber einen Anspruch auf Herausgabe der Vorteile haben soll, die ein anderer unter Ausnutzung der geschützten Rechtsgüter erzielt. Hieraus ergibt sich einer der entscheidendsten Einwände nicht nur gegen die Zuweisungslehre Wilburgs, der unmittelbar in dem dem Bereicherten zugefallenen Verwendungserfolg den Gegenstand des Zuweisungsgehalts eines Rechtsguts sehen J61
BGHZ 66. 388. 390.
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wolIte 362, sondern auch gegen die Rechtswidrigkeitstheorie Jakobs', der meint, wenn dem Eigentümer einer Sache das Recht zustehe, mit dieser Sache Gewinne zu erzielen, müsse ihm auch der Gewinn zukommen, den nicht er, sondern ein anderer mit der Sache erzielt habe 363 • Beide Autoren werden durch Vorschriften wie § 993 Abs. 1 (a. E.) BGB widerlegt364 • Richtig geht dagegen v. Caemmerer365 davon aus, daß dem Inhabers eines absoluten Rechts nur die Verwertung als solche, das "uti, frui, abuti", zugewiesen sei, und sieht folgerichtig, wie die heute herrschende Meinung, den Gegenstand des Bereicherungsanspruchs in dem Wert der Nutzung. Läßt sich aber aus gesetzlichen Vorschriften, die, wie § 903 BGB und die entsprechenden Normen des Immaterialgüterrechts, dem Inhaber eines Rechtsguts die Befugnis zuweisen, das Rechtsgut unter Ausschluß anderer zu nutzen, keine Aussage darüber herleiten, wem der durch einen andern unter Verletzung dieser Vorschriften erzielte Erfolg gebührt, so ist ebenso unzulässig die Argumentation, daß mit dem Erlaß von Rechtsnormen, die keine derartigen Rechte konstituieren, eine Entscheidung des Gesetzgebers gegen die privatrechtliche Abschöpfung der unter Verletzung dieser Normen erzielten Vorteile verbunden sei. Die Entscheidung darüber läßt sich ebenso wie bei der Verletzung sogenannter absoluter Rechte erst der jeweiligen die Vorteilsabschöpfung ermöglichenden Anspruchsgrundlage entnehmen. Diese spielte aber etwa im System v. Caemmerers nur eine ganz untergeordnete Rolle, wie sich am deutlichsten daran zeigt, daß er die Möglichkeit, die Anwendungsbereiche der Eingriffskondiktion und des § 687 Abs. 2 BGB könnten sich in objektiver Hinsicht unterscheiden, trotz der augenfiilligen Unterschiede bei der Ansprüche hinsichtlich ihrer Tatbestandsvoraussetzungen und ihrer systematischen Stellung nicht einmal in Erwägung zog. Diese Methode v. Caemmerers, die Zulässigkeit einer zivilrechtlichen Sanktion unabhängig von den Tatbestandsvoraussetzungen der jeweiligen Anspruchsgrundlage zu beurteilen, kann nur dann zu billigen sein, wenn mit hinreichender Sicherheit nachzuweisen ist, daß die betreffende Sanktion mit dem Schutzzweck der verletzten Rechtsnorm schlechthin unvereinbar ist. Gerade der Nachweis, daß die Sanktion der Vorteilsabschöpfung mit dem Schutzzweck der verletzten Norm schlechthin unvereinbar ist, wird sich aber nur sehr selten fuhren lassen. Der Hauptanwendungsbereich der Schutzzwecklehre im Privat-
362
Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 122 ff.; ebenso schon Heck, S. 421.
V gl. dazu auch Kleinheyer, JZ 1970, S. 472; Kaiser, Nutzungsherausgabe, S. 98; Bü-
sching, S. 41. 363 Jakobs, Eingriffserwerb, S.30, \06 f. Dagegen auch Larenz, FS v. Caemmerer, S. 219 f. 364 Daß der Besitzer nach § 993 Abs. I (a. E.) BGB die Früchte behalten darf, bedeutet keineswegs, daß dem Besitzer vorbehaltlich des Übermaßverbots das Fruchtziehungsrecht zugewiesen sei (so aber Rümker, S. 48 Fn. 220). 365 FS Rabel I, S. 352 ff., insbes. S. 356 f.
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recht liegt bekanntlich im Schadensersatzrecht. Und auch hier bildet die Feststellung, daß der Schutzzweck einer Norm es - wenigstens bezüglich bestimmter Schäden - verbiete, ihre Verletzung mit einer Schadensersatzpflicht zu sanktionieren, eine seltene Ausnahme. Wo diese Feststellung möglich ist, scheidet selbstverständlich auch ein auf § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 678 BGB gestützter Schadensersatzanspruch aus. Dies ist aber keine Frage der tatbestandlichen Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB, denn die Zubilligung des Herausgabeanspruchs kann gleichwohl berechtigt sein. Andererseits kann zwar unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der verletzten Norm grundsätzlich auch gerade die Sanktion der privatrechtlichen Vorteilsabschöpfung ausgeschlossen sein 366 • Dies wird aber schon deshalb noch seltener als bei Schadensersatzansprüchen anzunehmen sein, weil dort, wo die Sanktion lediglich im Entzug rechtswidrig erlangter Vorteile besteht, der das Schutzzweckkriterium im Schadensersatzrecht mitbestimmende Gesichtspunkt der Haftungsbegrenzung keine vergleichbare Rolle spielen kann. Für den Bereich der privatrechtlichen Vorteilsabschöpfung wird man daher einen generellen, von den Tatbestandsmerkmalen der jeweiligen Anspruchsgrundlage unabhängigen Haftungsausschluß nur in sehr engen Grenzen anerkennen können. Zu denken ist hier insbesondere an Fälle, in denen der Gesetzgeber entweder den rechtswidrig erzielten Erwerb gleichwohl ausdrücklich tUr schutzwürdig erklärt (wie im Falle des § 993 Abs. I a. E. BGB) oder den Verbleib des Erwerbs anderweitig geregelt hat, z. B. in Form der Einziehung (§ 74 StGB). Daneben mag man einen generellen Ausschluß der privatrechtlichen Vorteilsabschöpfung dort annehmen, wo die verletzte Norm erkennbar ausschließlich dem Interesse der Allgemeinheit und nicht in besonderer Weise den privaten Interessen einzelner Personen oder Personengruppen dient. Derartige Normen haben für § 687 Abs. 2 BGB aber regelmäßig schon deshalb keine Bedeutung, weil sich bei ihrer Verletzung unter keinem Gesichtspunkt das Tatbestandsmerkmal des fremden Geschäfts begründen läßt. Weitergehende Anforderungen etwa dahingehend, daß die verletzte Norm ausschließlich dem Schutz der Interessen des Verletzten dienen müsse, oder daß der Wille des Gesetzgebers, das rechtswidrig Erlangte einem andem als dem Verletzer zuzuweisen, bereits anhand der verletzten Norm positiv nachweisbar sein müsse, sind nicht gerechtfertigt367 •
366 Vgl. Schlechtriem, König-Symposium, S. 87; für die Eingriffskondiktion Haines, S. 142 ff. 367 In diesem Sinne für die "Gewinnabschöpfung als Sanktion" im allgemeinen auch Schlechtriem, König-Symposium, S. 87, der für entscheidend hält, ob die verletzte Norm den Schutz konkreter privater Interessen jedenfalls mitbezweckt; vgl. aber auch König, Gutachten, S. 1557, der - primär allerdings in bezug auf die Gewinnhaftung nach der dritten Schadensberechnungsmethode - die Prüfung für erforderlich hält, ob es zur Erreichung des Schutzzwecks der jeweils verletzten Norm der Gewinnabschöpfung bedarf.
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c) Der Gesichtspunkt des Institutionenschutzes
Noch fragwürdiger wird die Ablehnung der Gewinnabschöpfung außerhalb der Verletzung subjektiver Rechte im engeren Sinne, wenn man in die Betrachtung einen Gesichtspunkt einbezieht, auf den zuerst Raiser aufmerksam gemacht hat. Nach Raiser gewährt die Privatrechtsordnung nicht nur subjektive Ausschlußrechte, sondern sie dient auch dem Schutz der durch objektives Recht ausgebildeten "Institutionen", in denen sich menschliches Zusammenleben vollzieht368 • Für den privatrechtlichen Institutionenschutz trifft nach Raiser der Gedanke zu, mit dem Kelsen 369 das gesamte Anspruchssystem erklären wollte: Die Rechtssubjekte handelten als "Funktionäre der Gesamtrechtsordnung", wenn sie die ihnen durch die Zubilligung von Individualansprüchen vom Gesetzgeber übertragene Initiative zur Einleitung des zur Sanktion filhren den Verfahrens ergreifen370 • Obgleich Raiser im Ausgangspunkt mit der Auffassung übereinstimmt, daß die Rechtsordnung nur dort subjektive Rechte verleihe, wo sie Rechtspositionen mit Ausschlußwirkung gegenüber jedermann schaffe, rechtfertigt also nach Raiser der Gesichtspunkt des Institutionenschutzes die Zubilligung privatrechtlicher Ansprüche auch dort, wo subjektive Rechte im engeren Sinne nicht verletzt sind. Insofern erscheint aber auch die Anerkennung von Gewinnherausgabeansprüchen bei Verletzung der durch objektives Recht geschützten Institutionen nur konsequent371 • Der Schutz der privatrechtlichen Institutionen ist an sich Aufgabe des Staates, kann jedoch durch die Mittel des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts (einschließlich des Instruments des strafrechtlichen Verfalls) nur unzureichend erfilllt werden, teils, weil aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht jeder Allgemeininteressen verletzende Rechtsverstoß als Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt werden kann, teils, weil die staatlichen Stellen häufig keine Kenntnis von Rechtsverletzungen, insbesondere solchen mit Bagatellcharakter, erlangen werden. Es ist daher im Interesse effektiven Institutionenschutzes sinnvoll, die staatlichen Gewinnabschöpfungsmöglichkeiten durch privatrechtliche zu ergänzen.
Raiser, Summum ius, S. 145 ff.; ähnlich schon ders .. JZ 1961. S. 472. S. 130 ff.• insbes. S. 141. 370 Raiser, Summum ius. S. 159. Raiser betont jedoch. daß - entgegen Kelsen - der Schutz subjektiver Rechte und der Institutionenschutz selbständig nebeneinander stünden. Vgl. dazu auch Loewenheim. ZHR Bd. 135 (1971). S. 126. der zu Recht darauf hinweist. daß der Gesichtspunkt des Institutionenschutzes auch im Bereich der Verletzung sog. absoluter Rechte Gültigkeit hat. 371 Vgl. zur zivilrechtlichen Vorteilsabschöpfung unter dem Gesichtspunkt des lnstilutionenschutzes auch Loewenheim. ZHR Bd. 135 (1971). S. 124 ff.: LIII=. S. 156 tL Niellispach. S. 14 f. 368
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Was daran hindert, die Möglichkeiten der Instrumentalisierung privatrechtlicher Ansprüche zu Zwecken des Institutionenschutzes auszuschöpfen, ist die einer ausgeprägt individualistischen Denkweise entstammende Verknüpfung privatrechtlicher Ausgleichsansprüche mit dem absoluten Herrschaftsrecht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB. Unter diesem Blickwinkel betrachtet erscheint auch die in den zwanziger und dreißiger Jahren populäre Auffassung, wenigstens de lege ferenda sei jede privatrechtliehe Gewinnhaftung abzulehnen, da sie einer überholten individualistischen Denkart entspreche372 , in einem anderen Licht. Das Interesse der Allgemeinheit an dem Schutz privatrechtlicher Institutionen gebietet möglichst wirksame privatrechtliehe Sanktionen auch gegenüber der Verletzung "nur" objektivrechtlicher Normen und damit wenigstens bei bewußten Rechtsverletzungen auch die Ausweitung der privatrechtlichen Gewinnhaftung über das Gebiet der Verletzung subjektiver Rechte im engeren Sinne hinaus. Auch dieser Gesichtspunkt spricht für die hier vertretene weite Auslegung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 687 Abs. 2 BGB.
13. Diskussion weiterer Voraussetzungen der Führung eines fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB a) Der Eirifluß tatsächlicher Umstände auf das Tatbestandsmerkmal des fremden Geschäfts Nach der im bisherigen Verlauf der Untersuchung gewonnenen Begriffsbestimmung ist das fremde Geschäft im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB eine abstrakte Handlung, zu deren Vornahme nicht der Geschäftsführer, sondern ein anderer berechtigt ist. Tatsächliche Beziehungen zwischen Geschäft und Geschäftsherm spielen demnach keine Rolle. Daß es nicht darauf ankommt, ob der Geschäftsherr das Geschäft in dieser Form selbst geführt hätte, ist weitgehend unstreitig 373 , wäre doch andernfalls
Vgl. dazu schon oben S. 75 Fn. 150. Vgl. RGZ 70, 249, 251; 100, 142, 145 f.; 138,45,49; MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr. 21; Soergel-Mühl, § 687 Rdnr. 4; Erman-Ehmann, § 687 Rdnr. 4; JauernigVal/kammer, § 687 Rdnr. 6; Staudinger-Wittmann, § 687 Rdnr. 15; Nipperdey, FS Böhm, S. 172; ders., in: Staudinger, 11. Aufl., § 687 Rdnr. 9,16; Isele, FS Cohn, S. 81; Ebbecke, Recht Bd. 25 (1921), Sp. 101; Schmidt-Ernsthausen, GRUR 1938, S.376; ehen, S. 114; Thum, S. 20. - Dagegen bezeichnete Kisch, Festg. Reichspatentamt, S. 112 und LZ 1927, Sp.670 es als zweifelhaft, daß ein fremdes Geschäft vorliege, wenn der Berechtigte das Geschäft gar nicht getätigt hätte. Fleck, ZIP 1991, S. 1274 will dem Geschäftsführer den Nachweis gestatten, daß das Geschäft dem Geschäftsherrn keinesfalls zugefallen wäre. Großkomm. HGB-P. U1mer, § 113 Rdnr. 6 will bei vertragswidriger Eigengeschäftsführung die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB davon 372 373
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I. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
der Herausgabeanspruch aus § 687 Abs. 2 BGB neben dem deliktischen Schadensersatzanspruch weitgehend bedeutungslos. Nach einer vereinzelt in der Literatur vertretenen und gelegentlich auch in der Rechtsprechung anklingenden Auffassung soll jedoch nicht nur erforderlich sein, daß der Geschäftsherr zur Geschäftsruhrung rechtlich befugt, sondern auch, daß er hierzu tatsächlich in der Lage war374 • Die herrschende Meinung lehnt dieses Erfordernis zu Recht ab m . Der Mindermeinung liegt der Gedanke zugrunde, daß es keinen Unterschied mache, ob jemand aufgrund rechtlicher oder tatsächlicher Umstände gehindert war, die gewinnbringenden Geschäfte selbst zu ruhren, daß ihm die erzielten Vorteile weder im einen noch im anderen Fall gebührten. Gegen diese Auffassung spricht aber schon, daß die Tatbestandsvoraussetzungen des § 687 Abs. 2 BGB nicht allein im Hinblick auf die Rechtsfolge des § 667 BGB bestimmt werden dürfen. Auch wenn der Geschäftsherr nicht imstande war, entsprechende Gewinne zu erzielen, kann ihm dennoch aus der Geschäftsführung ein Schaden entstanden sein, zu dessen Ersatz der Geschäftsfllhrer nach § 678 BGB aber nur verpflichtet sein kann, wenn man von der tatbestandlichen Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB ausgeht. Auch die systematische Stellung der Geschäftsanmaßung im Kontext der Geschäftsruhrung ohne Auftrag spricht nichtfür376 , sondern eher gegen das Erfordernis, daß der Geschäftsherr selbst die tatsächliche Möglichkeit zur Geschäftsruhrung gehabt hätte, da es rur die Geschäftsruhrung ohne Auftrag geradezu typisch ist, daß der Geschäftsherr zur Geschäftsfllhrung nicht imstande gewesen wäre.
abhängig machen, daß das Geschäft ohne Dazwischentreten des Unterlassungsschuldners vom Gläubiger realisiert worden wäre. 374 So etwa Friedrich, ZSR Bd. 64 (1945), S. 30 f.; Schal/fe/berger. S. 161 f.; Nietlispach, S. 115; wohl auch Seiler, EWiR 1988, S. 778; zweifelnd Grth, S. 17 f. An der fehlenden tatsächlichen Möglichkeit des Klägers, das Geschäft selbst zu führen. wollten auch die Vorinstanzen der Urteile des Reichsgerichts vom 27.1.1932 (RGZ 135. 94 ff.) und des Bundesgerichtshofs vom 23.3.1988 (BGH NJW 1988,3018 f.) die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB scheitern lassen. Während das Reichsgericht die Auffassung des Berufungsgerichts ausdrücklich verwarf, schloß sich der Bundesgerichtshof zumindest i. Erg., aber wohl auch in der Begründung der Auffassung des Berufungsgerichts an, wenn es darauf abstellte, daß die Aufträge, die der Beklagte unter Verstoß gegen ein vertragliches Wettbewerbsverbot für seine früheren Mandanten ausgeführt hatte. dem Kläger zuvor durch Kündigung seitens der Mandanten entzogen worden waren. Zu den zumindest mißverständlichen Ausführungen im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 1l.l0.1976 (BGH WM 1977, 194, 195=LMNr.12zu§687BGB)untenS. 142f. 375 So etwa RGZ 135, 94, 103; Großkomm. UWG-Köh/er, vor § 13 Abschn. B Rdnr. 394; Ebbecke, Recht Bu. 25 (1921), Sp. 101; Schmidt-Ernsthausen, GRUR 1938. S. 377; Schwark, JuS 1989, S. 708; ehen, S. 99 f.; Kaßner, S. 68; Krautwig. S. 120 f.; Bertrams, S. 30; Mueser, S. 29; Moser, Herausgabe. S. 164; Ho/enstein. S. 167; Amrein. S. 28, 38 ff.; Thum, S. 40 Fn. I. 376 So aber Nietlispach, S. 115.
1. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
141
Vor allem aber stellt die Mindermeinung zu hohe und sachlich nicht zu begründende Anforderungen an die Rechtfertigung einer positiven Zuweisung des Erlöses an den Geschäftsherrn. Fest steht, daß dem Verletzer unabhängig von den tatsächlichen Gewinnerzielungsmöglichkeiten des Verletzten der erzielte Erlös nicht gebührt. Und eine Besserstellung des Verletzten gegenüber dem bei unterbliebener Geschäftsführung bestehenden Zustand ist mit der Zuweisung des Erlöses an den Verletzten nicht nur dann verbunden, wenn er das Geschäft nicht hätte führen können, sondern auch dann, wenn er es aus anderen Gründen tatsächlich nicht geführt hätte. Auch unter dem Gesichtspunkt, daß die positive Zuweisung des Geschäftserlöses an den Geschäftsherrn mit der Funktion des Gewinnherausgabeanspruchs als pauschalierter Schadensersatz gerechtfertigt werden kann, erscheint es nicht sachgerecht, die tatsächliche Möglichkeit des Geschäftsherrn zur Geschäftsführung zu fordern. Da die Fremdheit des Geschäfts ein anspruchsbegründendes Merkmal ist, trüge nach allgemeinen Regeln der Geschäftsherr die Beweislast dafür, daß er zur Geschäftsführung in der Lage gewesen wäre. Der Gewinnherausgabeanspruch könnte damit die Funktion, den Verletzten von Darlegung und Nachweis eines tatsächlich entstandenen Schadens freizustellen, nur noch sehr unvollkommen erfüllen. Wo der Geschäftsherr nachweisen kann, daß er zur Führung bestimmter Geschäfte in der Lage gewesen wäre, wird ihm anhand der Beweiserleichterungen der §§ 252 S.2 BGB, 287 ZPO meist auch der Nachweis gelingen, daß er die Geschäfte tatsächlich geführt hätte und ihm daher ein entsprechender Gewinn entgangen ist. In Betracht käme zwar, die Beweislast umzukehren und dem Geschäftsführer den Nachweis zu gestatten, daß der Geschäftsherr das Geschäft nicht hätte führen können. Dagegen spricht aber zum einen, daß für eine derartige gespaltene Beweislast hinsichtlich der Fremdheit des Geschäfts jeder Anhaltspunkt im Gesetz fehlt, zum andern, daß kein schutzwürdiges Interesse des Geschäftsführers es gebietet, ihm den genannten Einwand überhaupt zu gestatten. Hinzu kommt, daß höchst ungewiß ist, welche Anforderungen an die tatsächliche Möglichkeit des Geschäftsherrn, das Geschäft selbst zu führen, zu stellen wären. Verkauft jemand eine fremde Sache für 100 DM, so ist das Geschäft im Sinne des § 687 Abs.2 BGB der Verkauf der Sache, während die Erzielung des Kaufpreises von 100 DM lediglich für die Bestimmung des Anspruchsumfangs von Bedeutung sein kann. Man müßte also auch die mögliche Erzielung eines beliebigen niedrigeren Kaufpreises durch den Eigentümer ausreichen lassen, womit der Effekt, gerade die Zuweisung des konkret erzielten Erlöses an den Geschäftsherrn zu rechtfertigen, weitgehend zunichte gemacht würde. Fraglich ist des weiteren, zu welchem Zeitpunkt oder innerhalb welches Zeitraums die Möglichkeit des Verletzten zur Geschäftsführung bestanden haben
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1. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
müßte. Darauf, ob der Verletzte gerade zum Zeitpunkt der Geschäftsfiihrung zur Führung des betreffenden Geschäfts in der Lage gewesen wäre, kann es nicht ankommen. Daß aber die Beurteilung auch kaum von zukünftigen Entwicklungen abhängig gemacht werden kann, verdeutlicht anschaulich ein vom Reichsgericht377 entschiedener Fall. Hier hatte die Rechtsvorgängerin der Beklagten der Klägerin im Wege der Bergwerkspacht die Ausbeutung von Kohlenflözen gestattet, jedoch dem Vertrag zuwider in einem Bereich, der fiir die Klägerin nicht zugänglich war, selbst Kohle abgebaut. Das Berufungsgericht lehnte die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB ab, weil das Pachtverhältnis inzwischen durch Kündigung beendet worden war und fiir die Klägerin keine Möglichkeit bestanden hätte, noch innerhalb der Pachtzeit in den umstrittenen Flözen abzubauen. Demgegenüber wies das Reichsgericht darauf hin, daß dies zum Zeitpunkt der Geschäftsfiihrung noch gar nicht vorherzusehen war378 • Folgte man der Auffassung des Berufungsgerichts, so hätte man also selbst nach vollständiger Beendigung der Geschäftsfiihrung noch den Zeitpunkt der Beendigung des Pachtverhältnisses abwarten müssen, um das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 687 Abs. 2 BGB beurteilen zu können. Dies erscheint geradezu abwegig. Zu Recht vertrat daher das Reichsgericht die Auffassung, daß es für die Frage der Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB nicht auf die tatsächlichen, sondern allein auf die rechtlichen Möglichkeiten der Klägerin ankommen könne 379 • Die Frage, ob der Berechtigte das Geschäft selbst geführt hätte oder auch nur hätte führen können, darf also grundsätzlich keine Rolle spielen. Lediglich unter einem Gesichtspunkt kann die fehlende Möglichkeit des Berechtigten zur Geschäftsführung ausnahmsweise für die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB von Bedeutung sein, nämlich unter dem der mutmaßlichen Einwilligung. Diese Möglichkeit kam in einem Fall in Betracht, den der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 11.10.1976 entschieden hat380 • Hier hatten die beiden Beklagten als ehemalige Gesellschafter der klägerischen GmbH nach ihrem Ausscheiden aus der Gesellschaft Verträge an sich gezogen, die die Klägerin mit Dritten geschlossen hatte. Die Beklagten beriefen sich darauf, die Klägerin sei ohnehin nicht mehr willens und in der Lage gewesen, ihre Verpflichtungen aus dem Vertrag zu erfüllen. Diesen Einwand hielt der Bundesgerichtshof insofern fiir beachtlich, als ein Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB ausscheide, wenn Interessen der Klägerin nicht verletzt worden seien381 •
RGZ 135, 94 ff. RGZ 135,94, 102 f. 379 RGZ 135,94, 103. 380 BGH WM 1977, 194 f. = LM NT. 12 zu § 687 BGB. 381 BGH WM 1977, 194, 195. 377
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I. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
143
Daß selbst ein für eigene Rechnung vorgenommener Eingriff in eine fremde Rechtsposition als rechtmäßig anzusehen ist, weil er dem Interesse des Inhabers nicht zuwiderläuft, wird allerdings nur in sehr seltenen Ausnahmeflillen in Betracht kommen. Insbesondere wird die Rechtswidrigkeit des Eingriffs nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Eingriff sich im Ergebnis fiir den Betroffenen vorteilhaft ausgewirkt hat. Ausnahmsweise kann der Geschäftsherr infolge der Geschäftsführung durchaus besser stehen, als er ohne die Geschäftsführung stünde, ohne daß dadurch die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB in Frage gestellt würde. Ein bekanntes Beispiel bildet der "Ariston-Fall", der der Begründung der dreifachen Schadensberechnung durch das Reichsgericht zugrunde lag382 • Hier wurde dem Kläger der Anspruch auf Gewinnherausgabe zugesprochen, obwohl er durch die Verletzung seines Urheberrechts erst berühmt geworden war. Ob dem fiir die schadensersatzrechtlich begründete Gewinnherausgabepflicht zuzustimmen ist, mag hier dahinstehen. Im Rahmen des Anspruchs aus § 687 Abs. 2 S. I i. V. m. §§ 681 S.2, 667 BGB jedenfalls ist dem Geschäftsfiihrer grundsätzlich nicht nur die Berufung darauf, daß dem Geschäftsherrn ein Schaden nicht oder nicht in Höhe des vom Geschäftsfilhrer erzielten Vorteils entstanden sei, verwehrt, sondern konsequenterweise auch die Berufung darauf, daß die Geschäftsfiihrung fiir den Geschäftsherrn sogar vorteilhaft gewesen sei. Dementsprechend war in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall der Einwand der Beklagten, die Klägerin hätte, etwa aufgrund von Schadensersatzansprüchen ihres Vertragspartners, im Ergebnis schlechter gestanden, wenn die Beklagten die Verträge nicht an sich gezogen hätten, als solcher unbeachtlich. Die besonderen Umstände des Falles, namentlich die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zwischen Klägerin und Beklagten, legten hier aber die Annahme einer mutmaßlichen Einwilligung nahe 383 • Ob eine mutmaßliche Einwilligung in die Geschäftsfiihrung angenommen werden kann, wird man allgemein davon abhängig machen müssen, ob der Geschäftsherr sich seine Einwilligung vom Geschäftsfiihrer realistisch erweise hätte bezahlen lassen können. Letzteres ist etwa bei der Verletzung von Immaterialgüterrechten stets zu bejahen, selbst wenn der Inhaber des Rechts dieses selbst nicht ausnutzen kann.
RGZ 35, 63 ff. Der Bundesgerichtshof wollte offenbar dem Gesichtspunkt, daß Interessen der Klägerin möglicherweise nicht verletzt wurden, allein im Hinblick auf die Frage eines Verstoßes der Beklagten gegen ihre nachvertragliche Treuepflicht (und nicht der Rechtswidrigkeit der Einmischung in die fremden Vertragsbeziehungen als solcher) Bedeutung beimessen. Problematisch ist jedoch schon, ob dem Verstoß gegen die nachvertragliche Treuepflicht für den Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB hier überhaupt entscheidende Bedeutung zukommen konnte (vgl. dazu unten S. 427 ff., insbes. S. 476 f.). 382 383
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1. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
Ebenso unerheblich wie die tatsächliche Möglichkeit des Berechtigten zur Geschäftsfiihrung sind alle anderen Beziehungen tatsächlicher Art zwischen dem Berechtigten und dem gefiihrten Geschäft, wie insbesondere die persönlichen Absichten des Berechtigten in bezug auf den Geschäftsfiihrungsgegenstand384 • Die Inanspruchnahme eines fremden Rechts erfiillt also auch dann den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB, wenn der Berechtigte eine kommerzielle Verwertung des Rechts nicht beabsichtigte bzw. die Zustimmung des Berechtigten zur Vornahme des Eingriffs nach Lage des Falls ausgeschlossen erschien 385 • Ebensowenig kommt es darauf an, ob die kommerzielle Verwertung des Rechts objektiv üblich ist, und ob das in Anspruch genommene Recht einen Marktwert hat386 . Dies gilt auch, soweit die Anwendbarkeit des § 687 Abs.2 BGB mit der Lizenzbefugnis des Berechtigten begründet wird. Denn auch dann beruhen die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB nicht, wie man dies bei der sogenannten zweiten Schadensberechnungsmethode und teilweise auch bei der Eingriffskondiktion annimmt, auf der Fiktion des Abschlusses eines Lizenzvertrages. Die Rechtsfolge einer derartigen Fiktion könnte auch konsequenterweise nur ein Anspruch auf die marktübliche Vergütung und nicht auf Gewinnherausgabe sein. Bei § 687 Abs. 2 BGB wird jedoch eine ganz andere Rechtslage fingiert, nämlich die einer uneigennützigen Geschäftsführung ohne Auftrag. Diese Fiktion ist auch dann sinnvoll, wenn der Verletzte den Eingriff unter keinen Umständen gestattet hätte, oder wenn die in Anspruch genommene Rechtsposition einen Marktwert nicht besitzt. Es überzeugt daher nicht, wenn geltend gemacht wird, es fehle an dem Merkmal des Handeins an Stelle des Berechtigten, wenn die Geschäftsführung sich nicht auf marktfähige Positionen beziehe387 • Schon gar nicht kann der Anspruch aus § 687 Abs.2 BGB davon abhängig gemacht werden, daß der Gegenstand der Geschäftsführung dem Bereich "aktiver verändernder Verwaltungstätigkeit" des Rechtsträgers angehört habe 388 . Auf den geschäftsfiihrungsrechtlichen Charakter des § 687 Abs.2 BGB läßt sich zur Begründung dieser Ansicht schon deshalb nicht verweisen, weil eine entsprechende Voraussetzung auch bei der Tätigkeit im Rahmen eines Auftrags oder einer Geschäftsführung ohne Auftrag nicht existiert. Weichen Zwecken der Gegenstand der Geschäftsführung im Rechtskreis des Geschäftsherm diente, ist bei der Geschäftsführung ohne Auftrag allenfalls für die Frage, ob die Geschäftsführung dem Willen und Interesse des Geschäftsherm
384
Kaßner, S.68; Widmer, S. 82: Holenstein, S. 167: Lischer, S. 29: Amrein, S. 28.
38 f. A. A. RGRK-Steffen, § 687 Rdnr. 48. So auch Schmid, OR, Art. 423 Rdnr. 44 f.: a. A. für Persönlichkeitsrechtsverletzungen MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr. 16: Nietlispach, S. 135 f. Vgl. auch schon oben S. 121 ff. 387 So Niellispach, S. 115 Ir 388 So Niewiarra, S. 67. 385
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I. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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entsprach, von Bedeutung. Für die Beschränkung des geschützten Bereichs auf Gegenstände "aktiver verändernder Verwaltungstätigkeit" gibt es demnach keine sachlich überzeugenden Gründe, ganz abgesehen davon, daß ein derart unbestimmtes Kriterium auch zu beträchtlicher Unsicherheit bei der Abgrenzung des geschützten Tätigkeitsbereichs fUhren würde 389 •
b) Die Geschäftsführung mitfremdem Geld und anderen austauschbaren Rechtsgütern Eine in der älteren Literatur verbreitete Auffassung unterschied von dem fremden Geschäft im Sinne des § 687 Abs. 28GB das sogenannte "Geschäft mit fremden Mitteln", auf das § 687 Abs. 2 BGB nicht anwendbar sein sollte 390 • Ein solches Geschäft mit fremden Mitteln wurde in dem auch in den Protokollen der zweiten Kommission erwähnten Fall des mit unterschlagenem Geld erzielten Lotteriegewinns gesehen 391 • Der Ausdruck "Geschäft mit fremden Mitteln" ist allerdings wenig glücklich, setzt doch der GeschäftsfUhrer auch in den typischen Anwendungsflillen des § 687 Abs. 2 BGB stets fremde Rechtsgüter als Mittel ein, um sich einen rechtswidrigen Vorteil zu verschaffen. Auch dem Dieb, der das Diebesgut verkauft, dient dieses als Mittel zur Erzielung des Verkaufserlöses. Daher wurde etwa schon von Chrestin392 zu Recht eine besondere Kategorie des Geschäfts mit fremden Mitteln abgelehnt. Fraglich könnte lediglich sein, ob unter § 687 Abs. 2 BGB auch die Verwendung fremden Geldes flillt. Die zweite Kommission bezeichnete es als "selbstverständlich", daß der mit fremdem Geld erzielte Lotteriegewinn, im Gegensatz zu dem Erlös aus dem Verkauf einer fremden Sache, nicht der Herausgabepflicht aus § 687 Abs. 2 S. I i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB unterliege 393 . Über den Grund fUr die unterschiedliche Behandlung der beiden Fälle schweigen die Protokolle jedoch. Denkbar wäre, daß die Entscheidung der zweiten Kommission allein in dem fUr den Lotteriegewinn maßgeblichen Zufallsmoment begründet lag. Denkbar wäre aber auch, daß die zweite Kommission den entscheidenden Gesichtspunkt darin sah, daß das Geld als allgemeines Zahlungsmittel nicht mit den sonstigen einer Person rechtlich zugeordneten Gütern gleichgesetzt werden kann, und daher entweder die Verwendung fremden Geldes schon nicht unter den Tatbestand
389 390
Niewiarra. S. 68. 109 spricht euphemistisch von einem flexiblen Maßstab. So z. B. Oertmann. § 687 Anm. 3 a: v. Bargen, S. 11; Klien, S. 31; Niewiarra,
S. 90 ff. 391 Oertmann, § 687 Anm. 3 a: Niewiarra. S. 90 f.: Klien, S. 31. 392 S. 57. 393 Prot. IL S. 743 = Mugdan 11. S. 1203. 10 Eben
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1. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
des § 687 Abs. 2 BGB subsumieren 394 oder zumindest den Herausgabeanspruch aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB nicht auf das unter Verwendung fremden Geldes Erlangte erstrecken wollte 395 . Mit dem besonderen Charakter des Geldes begründete das Reichsgericht im "Ariston-Urteil" in einem obiter dictum die Auffassung, daß im Lotteriefall ein Gewinnherausgabeanspruch abzulehnen sei: Daß bei Geld aufgrund seiner Eigenschaft als allgemeines Zahlungsmittel ein besonderer Maßstab anzulegen sei, liege auf der Hand 396 • Auch die gemeinrechtliche Literatur erkannte eine Sonderbehandlung des Geldes gerade insoweit an, als seine unbefugte Verwendung grundsätzlich weder unter dem Gesichtspunkt der condictio noch unter dem der negotiorum gestio die sonst bei Veräußerung fremder Sachen gewährten Herausgabeansprüche des früheren Eigentümers zur Entstehung bringe397 • Die Sonderbehandlung des Geldes läßt sich mit seiner Austauschbarkeit und fehlenden gegenständlichen Identifizierbarkeit im Vermögen des Berechtigten begründen. Die Übertragung von Geld fuhrt nach der Verkehrsanschauung nur zu einer allgemeinen Vermögensmehrung 398 , gleichgültig, ob die Übertragung in Form von Bargeld oder bargeldlos erfolgt. Man geht davon aus, daß der Eigentümer des Geldes, wenn ein anderer dessen Besitz erlangt, kein Interesse am Fortbestand seines Eigentumsrechts habe, sondern nur an der Rückgewähr eines gleichen Betrags 399 • Dadurch besteht, wie auch in § 935 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommt, eine im Vergleich zu sonstigem Eigentum nur gelockerte dingliche Bindung des Geldes an den Berechtigten. Weitgehend anerkannt ist daher auch, daß das Wechseln von Geld grundsätzlich ein zivilrechtlich irrelevanter Vorgang ist4°o. Vor allem aber wird sich in der Praxis kaum einmal feststellen lassen, ob der Geschäftsführer fremdes oder eigenes Geld verwendet hat. Wäre dies doch einmal der Fall, so sollte von dieser Zufalligkeit das Ergebnis nicht abhängen 4ol . Es erscheint daher richtig, Geschäfte unter Verwen-
394 Dagegen ausdrücklich Moser, Herausgabe, S. 202 f.; Flügge, S. 95 f.; Mueser, S.30. 395 Vgl. Flügge, S. 96, der allgemein bei Geschäften mit fremdem Geld eine einschränkende Auslegung des Merkmals "aus der Geschäftsbesorgung erlangt" befürwortet. 396 RGZ 35, 63, 73. 397 So Jhering, Abh., S. 60 f; v. Monroy, S. 82, 101 ff (gegen Windscheid, Pandekten 11. § 422 Fn. 4). 398 Westram, S. 58 f. 399 v. Monroy, S. 102. 400 Westermann-Pinger, § 30 V 3; Similis, AcP Bd. 159 (1960/61), S. 439 f; Reinhardt, FS Boehmer, S. 85 ff; differenzierend Medicus, JuS 1983, S. 900, 902. 401 Nicht zugestimmt werden kann daher Chrestin, S. 58, der § 687 Abs. 2 BGB nur dann für unanwendbar hielt, wenn das Geld gerade als Tauschmittel verwendet wird, nicht dagegen etwa, wenn es als Darlehen gegeben wird.
1. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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dung fremden Geldes allgemein aus dem Anwendungsbereich des § 687 Abs. 2 BGB auszuklammem~ol. Die Erzielung eines Lotteriegewinns mit unterschlagenen Geldstücken, aber auch sonstige Geschäfte mit fremdem Geld sind als mögliche Anwendungsfälle des § 687 Abs. 2 BGB nahezu ohne praktische Bedeutung. Wichtiger ist daher, daß die Entscheidung des Lotteriefalles nicht dahingehend verallgemeinert werden kann, daß der Geschäftsführer sich darauf berufen könnte, er habe den Geschäftsführungserfolg auch ohne Inanspruchnahme gerade des fremden Rechtsguts erzielen können. Die Ausnahme von der Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB ist also auf die Geschäftsführung mit fremdem Geld zu beschränken und nicht auf die Verwertung fremder vertretbarer Sachen oder sonstiger austauschbarer Rechtsgüter zu erstrecken. Zwar läßt sich nicht verkennen, daß die Merkmale, die die Sonderbehandlung des Geldes rechtfertigen, wenigstens in abgeschwächter Form auch auf vertretbare Sachen zutreffen 403 • Gleichwohl stehen die vertretbaren Sachen in den hier entscheidenden Punkten den unvertretbaren Sachen näher als dem Geld. Nur selten wird die Identifizierung im Schuldnervermögen bei vertretbaren Sachen ähnliche Schwierigkeiten bereiten wie bei Geld, da nur die wenigsten vertretbaren Sachen ähnlich leicht wie Geld durch Vermengung oder Vermischung im Schuldnervermögen aufgehen können. Auch ist das Merkmal der Austauschbarkeit bei vertretbaren Sachen deshalb weniger ausgeprägt als bei Geldstücken oder -scheinen, weil vertretbare Sachen Qualitätsunterschiede aufweisen können.
~Ol Anders müßte man wohl insbes. dann entscheiden. wenn man der sog. Lehre von der Geldwertvindikation folgte. nach der der Herausgabeanspruch aus § 985 BGB von den konkret erlangten Geldstücken oder -scheinen zu lösen ist und solange fortbesteht, wie der Wert im Vermögen des Herausgabepflichtigen vorhanden ist; so v. a. Westermann-Pinger. § 30 V 3. Jagmann. S. 198 erwägt. aufgrund des Gedankens der Wertvindikation ein fremdes Geschäft i. S. des § 687 Abs. 2 BGB schon dann anzunehmen, wenn der in den fremden Geldzeichen verkörperte Geldwert zur Gewinnerzielung eingesetzt wird. räumt aber ein. daß die Gewinnhaftung auch dann häufig am fehlenden Nachweis scheitern werde. - Zum Problem der Verfügung über fremdes Geld allgemein auch v. Caemmerer. FS Lewald. S. 448. dem zufolge der verbrauchte Geldbetrag stets als Maß der Erstattungspflicht anzusehen ist: a. A. F. Schul=, AcP Bd. 105 (1909), S. 339; Reinhardt. FS Boehmer. S. 91 ff.. der einen Anspruch aus § 816 Abs. I BGB auf Herausgabe des durch Verfügung über fremdes Geld Erlangten als selbstverständlich voraussetzt und überdies sogar eine dingliche Surrogation hinsichtlich des mit fremdem Geld erworbenen Gegenstandes befürwortet; vgl. auch ReuterlMartinek, S. 325. die im Lotteriefall einen Anspruch auf Herausgabe des Loses aus § 816 Abs. 1 BG B. einen Anspruch auf Herausgabe des Gewinns dagegen ..allenfalls" aus § 818 Abs. I BGB bejahen wollen. 403 Nach Reinhardt. FS Boehmer. S. 74 müßte der Satz. daß die Eigentumsordnung auf Geldstücke oder -scheine wegen deren fehlender Individualität nicht passe, im Grunde für jede vertretbare Sache geIten. Vgl. dazu aber weiter im Text. 10*
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1. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
Vom Wortlaut des § 687 Abs. 2 BGB her kann kein Zweifel bestehen, daß auch Geschäfte mit fremden vertretbaren Sachen den objektiven Tatbestand der Vorschrift erfüllen. Aber auch mit dem Normzweck des § 687 Abs. 2 BGB wäre es unvereinbar, wenn dem Geschäftsführer allgemein die Berufung darauf gestattet wäre, er habe entsprechende Geschäfte auch rechtmäßig unter Einsatz gleichartiger Rechtsgüter führen können. Denn § 687 Abs. 2 BGB liegt der Gedanke zugrunde, daß derjenige, der rechtswidrig Geschäfte zum eigenen Vorteil führt, sich so behandeln lassen muß, als habe er dieselben Handlungen mit anderer Willensrichtung, und nicht so, als habe er andere Handlungen mit derselben Willensrichtung vorgenommen.
c) Das Erfordernis eines äußerlich als fremd in Erscheinung tretenden Geschäfts Nach einer gelegentlich vertretenen Auffassung muß das Geschäft äußerlich als fremdes in Erscheinung treten. In der Literatur wurde hiermit jedoch - namentlich von Nipperdey - nur das Erfordernis der objektiven - im Gegensatz zur subjektiven - Fremdheit des Geschäfts umschrieben 404 . In der Rechtsprechung tauchte das Merkmal erstmals in einem Urteil des OLG Saarbrücken 405 auf, nunmehr allerdings in einer ganz anderen Bedeutung. Das OLG Saarbrükken wollte anhand dieses Merkmals nämlich diejenigen Geschäfte aus dem Anwendungsbereich des § 687 Abs. 2 BGB ausschließen, die allein durch Vertrag einem andern vorbehalten sind - während etwa Nipperdey406 diese Geschäfte durchaus unter § 687 Abs. 2 BGB subsumieren wollte. Wenn das OLG Saarbrücken ein äußerlich als fremd in Erscheinung tretendes Geschäft forderte und dieses Erfordernis bei der Verletzung lediglich vertraglich begründeter Positionen verneinte, liegt es auf den ersten Blick nahe, daß hiermit das Merkmal der äußerlichen Erkennbarkeit bzw. sozialtypischen Offenkundigkeit angesprochen werden sollte, das nach verbreiteter Auffassung die durch § 823 Abs. I BGB geschützten Rechtspositionen auszeichnet. Entsprechende Kriterien wären bei § 687 Abs. 2 BGB aber, wie dargelegt407 , fehl am Platz. Das Merkmal der Offenkundigkeit der verletzten Rechtsposition kann zwar auch bei gesetzlichen Anspruchsgrundlagen, die nicht, wie § 823 Abs. I BGB, schon vom Wortlaut her auf "eigentumsähnliche" Rechte zugeschnitten sind, grundsätzlich durchaus von Bedeutung sein. Es kann jedoch von vorn404 Staudinger-Nipperdey. 11. Aufl .. § 687 Rdnr. 6 (klarstellend ll/ipperdey. FS Böhm. S. 171); ebenso Kaßner. S. 65. 4050LG Saarbrücken NJW 1960. 2339. 2340. Krit. zu diesem Urteil Gass. NJW 1960. S. 2239 f.: Nipperdey. FS Böhm. S. 170 f.: RGRK-Stejfen. § 687 Rdnr. 5. 406 FS Böhm. S. 163 Ir 407 Oben S. 108 ff.
1. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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herein keine Bedeutung haben, wo ohnehin nur fUr d%se Rechtsverletzungen gehaftet wird, wie bei § 687 Abs. 2 und § 826 BGB. Tatsächlich wollte auch das OLG Saarbrücken keineswegs so weit gehen, für die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB die fUr die klassischen absoluten Rechte typische Offenkundigkeit der verletzten Rechtsposition zu fordern. Vielmehr bejahte das OLG Saarbrücken die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB in einem Fall, in dem der Beklagte, der an den Kläger eine Steuerberaterpraxis veräußert und sich hierbei einem Wettbewerbsverbot unterworfen hatte, Geschäfte mit seinen früheren Mandanten gemacht hatte. Wenngleich der Kunden stamm nach herrschender Auffassung als Bestandteil des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb auch durch § 823 Abs. 1 BGB geschützt sein kann 408 , ist doch unverkennbar, daß dieser Rechtsposition gerade die etwa durch Besitz oder Registereintragung vennittelte Offenkundigkeit der klassischen absoluten Rechte im Sinne des 823 Abs. 1 BGB fehlt. Was in Wirklichkeit nach Auffassung des OLG Saarbrücken die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB im Unterschied zu den Fällen bloßer Vertragsverletzungen rechtfertigte, ist mit dem Erfordernis, die Fremdheit des Geschäfts müsse äußerlich in Erscheinung treten, nur äußerst unzulänglich beschrieben. Das OLG Saarbrücken409 hielt fUr entscheidend, daß, anders als etwa bei den sogenannten Alleinvertriebsvereinbarungen, bei deren Verletzung der Bundesgerichtshof die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB wiederholt abgelehnt hat4 lO , der Kundenstamm bei Vertragsschluß bereits vorhanden gewesen und (ähnlich wie etwa die Büroeinrichtung) durch den Praxisübernahmevertrag in den Rechtskreis des Klägers überfUhrt worden sei. Nicht ausreichend wäre demnach die vertragswidrige Betreuung von Mandanten gewesen, die nicht bereits vom Kläger betreut worden waren. Diese Differenzierung ist jedoch nicht gerechtfertigt. Denn der Mandantenstamm kann eben nicht im Wege der Praxisveräußerung wie die Büroeinrichtung mit dinglicher Wirkung auf den Erwerber übergehen. Dies zeigt sich im Verhältnis zu Dritten: Der Erwerber kann die Betreuung der von ihm "übernommenen" Mandanten durch Dritte nicht verhindern. Der "übernommene" Mandantenstamm begründet für den Erwerber lediglich eine tatsächliche, jedoch rechtlich grundsätzlich nicht geschützte Gewinnchance. Rechtlich geschützt ist die Aussicht auf Geschäfte mit den Mandanten nur im Verhältnis zum Praxisveräußerer, insoweit jedoch ausschließlich aufgrund schuldrechtli-
408 Vgl. Palandt-Thomas. § 823 Rdnr.20: MünchKomm-Mertens, § 823 Rdnr.485; RGRK-Stejfen. § 823 Rdnr. 40. 409 OLG Saarbrücken NJW 1960. 2339. 2340. 410 Vgl. BGH NJW 1964, 151 = LM Nr. 8 zu § 687 BGB; BGH NJW 1984,2411 = LM Nr. 13 zu § 687 BGB: offen noch BGH NJW 1957, \026 = LM Nr. 2 zu § 687 BGB.
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I. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
cher Vereinbarung. Das OLG Saarbrücken hätte also nur dann zur Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB gelangen können, wenn es der Auffassung gefolgt wäre, daß die vertragliche Unterlassungspflicht als solche die Fremdheit des Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB begründen kann 411 . In seinem Urteil vom 12.6.1989412 hat auch der Bundesgerichtshof auf das Merkmal eines "äußerlich als fremd in Erscheinung tretenden Geschäfts" zurückgegriffen. Der Bundesgerichtshof berief sich insoweit zwar auf eine ständige Rechtsprechung. Doch hatte kein einziges Urteil des Reichsgerichts oder des Bundesgerichtshofs dieses Kriterium zuvor ausdrücklich verwendet. Der Bundesgerichtshof verstand das Merkmal aber auch in einem deutlich anderen Sinne als das OLG Saarbrücken. In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall wurde ein Geschäftsführer einer GmbH von deren Rechtsnachfolgerin im Wege der Widerklage wegen Grundstücksgeschäften in Anspruch genommen, die der Widerbeklagte nach dem Vortrag der Widerklägerin unter Verletzung seiner Geschäftsführerpflichten gemacht hatte. Der Bundesgerichtshof verneinte einen Anspruch der Widerklägerin aus § 687 Abs. 2 BGB, da das Geschäft nicht wie bei einem durch Gesetz oder Verordnung begründeten Recht als fremdes äußerlich in Erscheinung getreten sei. Diese Voraussetzung sei erst dann erfüllt, wenn in eine bereits bestehende rechtliche Bindung zu Dritten eingegriffen worden sei. Daß sich die GmbH die fraglichen Geschäfte nach dem Vortrag der Widerklägerin praktisch bereits gesichert hatte, genüge hingegen nicht. Demnach soll das Geschäft also erst dadurch äußerlich als fremdes in Erscheinung treten, daß in bestehende rechtliche, und nicht lediglich tatsächliche Beziehungen eines andern zu Dritten eingegriffen wird. Doch beschreibt das Merkmal eines "äußerlich als fremd in Erscheinung tretenden Geschäfts" auch die hier vorgenommene Unterscheidung nur unzureichend. Denn auch schuldrechtliche Beziehungen sind für die hieran nicht Beteiligten eben regelmäßig nicht erkennbar. Für die Haftung für da/ase Eingriffe, wie § 687 Abs. 2 BGB sie vorsieht, kann dieser Gesichtspunkt aber auch gar keine Rolle spielen. Diese Haftung hat zur Voraussetzung allerdings die Rechtswidrigkeit der Handlung. In bezug auf die Rechtswidrigkeit der Handlung könnte ein grundsätzlicher Unterschied zwischen dem Eingriff in bloße tatsächliche Geschäftsaussichten und dem in bereits zustande gekommene Geschäftsabschlüsse in der Tat bestehen, da der Eingriff in rein tatsächliche Geschäftsaussichten anderer grundsätzlich erlaubter Wettbewerb ist. Zwar ist nach allgemeiner Meinung auch der Eingriff in bereits bestehende schuldrechtliche Beziehungen -
Vgl. dazu unten S. 427 ff. BGH NJW-RR 1989. 1255. 1257 = DB 1989. 1762. 1763. Krit. zu diesem Urteil H. Roth. FS Niederländer. S. 379 Fn. 90: Erman-Ehmann. § 687 Rdnr. 5. 411
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I. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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selbst bei vorsätzlichem Handeln - nicht ohne weiteres rechtswidrig413 • Soweit der Eingriff jedoch darin besteht, daß ein fremdes Forderungsrecht für eigene Rechnung geltend gemacht wird, scheint man in der Literatur zu § 687 Abs. 2 BGB allgemein davon auszugehen, daß ein solcher Eingriff rechtswidrig ist, denn die wissentliche Einziehung einer fremden Forderung rur eigene Rechnung gilt als unproblematischer Anwendungsfall des § 687 Abs. 2 BGB414. Für den Regelfall scheint es also durchaus allgemeiner Meinung zu entsprechen, daß nur der Eingriff in bereits abgeschlossene fremde Verträge, nicht jedoch der Eingriff in die bloße Chance auf einen Geschäftsabschluß die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB rechtfertigen kann, da es beim Eingriff in bloße Geschäftschancen an der Voraussetzung der Rechtswidrigkeit der Handlung fehlt. In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall war jedoch dem Widerbeklagten aufgrund seiner vertraglichen Bindungen der sonst zulässige Eingriff in fremde Geschäftsbeziehungen untersagt gewesen. Es stellte sich daher die weitere Frage, ob ein Geschäft schon dann ein fremdes ist, wenn es dem Handelnden vertraglich untersagt ist, oder ob die Geschäftsruhrung gegen ein sonstiges, auch gegen Dritte wirkendes Recht verstoßen muß. Im Ergebnis bekannte sich der Bundesgerichtshof zur letztgenannten Auffassung, blieb eine Begründung hierrur jedoch schuldig 415 . Die beiden hier diskutierten Urteile stimmen also darin überein, daß nicht schon die bloße Verletzung einer vertraglichen Unterlassungspflicht, sondern erst der Eingriff in Beziehungen des Vertragspartners zu Dritten die Fremdheit des Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB begründen könne. Da jedoch unzweifelhaft in beiden Fällen Beziehungen zu Dritten, deren Verletzung rur sich genommen die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB hätte begründen können, nicht vorlagen, wäre jeweils eine Auseinandersetzung mit der in der Literatur vertretenen Auffassung, daß bereits die Verletzung einer vertraglichen Unterlassungspflicht das Merkmal der Führung eines fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs.2 BGB erfüllen könne, erforderlich gewesen. Der Hinweis darauf, das Geschäft müsse bereits äußerlich als fremdes in Erscheinung treten, ist hierbei ohne jeden Argumentationswert. Er ist lediglich eine ungenaue und mißverständliche Umschreibung der Auffassung, die es zu begründen galt. Ob der Bundesgerichtshof im Ergebnis richtig lag, wenn er über die Verletzung der Vertragspflicht hinaus einen Eingriff in eine bereits zustande gekommene schuldrechtliche Beziehung zu einem Dritten forderte, soll an dieser
413 Vgl. für § 826 BGB MünchKomm-Mertens. § 826 Rdnr. 124 ff.; Palandt-Thomas, § 826 Rdnr. 52 f. Ueweils m. w. Nachw.).
414 Dazu näher unten S. 486 ff. 415 Zu der weiteren in diesem Urteil diskutierten Frage. welche Bedeutung der bestehende Vertrag für das Merkmal der Auftragslos;gkeil hat. vgl. unten S. 447 ff.
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I. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
Stelle noch offen bleiben 416 • Unhaltbar ist jedenfalls die Auffassung des OLG Saarbrücken, daß dem Eingriff in den im Wege der Vertragsdurchfiihrung "übertragenen" Kundenstamm fiir die Frage der Anwendbarkeit des § 687 Abs.2 BGB ausschlaggebende Bedeutung zukomme. Wenn das vertragliche Konkurrenzverbot einerseits, der Eingriff in bloße Erwerbsaussichten andererseits jeweils fiir sich genommen die Fremdheit des Geschäfts nicht zu begründen vermögen, so können sie es auch nicht im Zusammenwirken 417 •
11. Der subjektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB 1. Der Eigengeschäftsführungswille a) Allgemeine Voraussetzungen der Behandlung eines Geschäfts" als eigenes"
Der Geschäftsfiihrer muß das Geschäft "als sein eigenes" behandeln. Dieses Merkmal wird meist als unproblematisch und keiner weiteren Erläuterung bedürftig angesehen 418 • Einigkeit besteht darüber, daß das Merkmal die Geschäftsanmaßung eindeutig von der Geschäftsfiihrung ohne Auftrag und von der vertraglichen Geschäftsbesorgung abgrenzt. Eigen- und Fremdgeschäftsfiihrungswille schließen sich gegenseitig aus 4l9 • Doch erschöpft sich die Bedeutung des Merkmals "als sein eigenes" nicht in der rein negativen Abgrenzung zur Geschäftsfiihrung ohne Auftrag42o • Das Merkmal "als sein eigenes" drückt vielmehr in weniger deutlicher Form aus, was im historischen Vorbild der Vorschrift (D. 3, 5, 5, 5) mit den Worten "sui lucri causa" bezeichnet wurde: Der
Dazu unten S. 427 ff., insbes. S. 476. Unzutr. daher auch Großkomm. HGB-P. U1mer, § 113 Rdnr.6 und Fleck, ZIP 1991, S. 1274, denen zufolge bei Verstößen gegen vertragliche Unterlassungspflichten zwar nicht schon die Vertragsverletzung als solche, wohl aber der Eingriff in eine hinreichend verfestigte bzw. konkretisierte Geschäftschance flir die Anwendbarkeit des § 687 Abs.2 BGB genügen soll. Wieso der Geschäftschance, die im Verhältnis zu Dritten, sei sie auch noch so verfestigt, die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB nicht begründen könnte (so ausdrücklich auch Fleck, a.a.O., S. 1273; ders., FS Heinsius, S. 108 f.), im Verhältnis der Vertragsparteien ausschlaggebende Bedeutung zukommen soll, ist nicht erkennbar. 418 Vgl. Helm, Gutachten, S. 368. 419 Vgl. etwa RGRK-Steffen, § 687 Rdnr. I; Staudinger-Nipperdey, I I. Aufl., § 687 Rdnr. 9; BaumbachlHefermehl, UWG, § 12 Rdnr. 26; Medicus, BR, Rdnr.416; Wal/schläger, GoA, S. 73 f., 253; ehen, S. 92; Lent, Gesetzeskonkurrenz, S. 293 f.; Isele, Anm. AP Nr. I und 2 zu § 687 BGB; Dilcher, JZ 1963, S. 510. 420 So aber wohl RGRK-Steffen, § 687 Rdnr.35; Wohlfarth, LZ 1932, Sp. 450 f.; Mueser, S. 22 f., jeweils im Zusammenhang mit der Problematik der Geschäftsflihrung im Auftrag eines Dritten (vgl. dazu näher unten S. 158 ff.). 416 417
H. Der subjektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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Geschäftsruhrer muß um seines eigenen Vorteils willen handeln. Das Erfordernis einer auf einen eigenen Vorteil gerichteten Absicht des Geschäftsruhrers paßt auch am besten zum hier vertretenen Verständnis des § 687 Abs. 2 BGB als Instrument zivilrecht lieh er Prävention: Übersteigertes Streben nach eigenem (insbesondere wirtschaftlichem) Vorteil ist, wie zahlreiche Strafbestimmungen verdeutlichen, ein typisches Unrechtselemenr'21 und jedenfalls das häufigste Motiv rur die vorsätzliche Verletzung privater Rechtsgüter. Gerade die Aussicht auf den eigenen Vorteil begründet daher ein erhöhtes Präventionsbedürfnis. Das Merkmal der auf einen eigenen Vorteil gerichteten Absicht des Geschäftsruhrers muß allerdings, will man willkürliche Differenzierungen vermeiden, im weitesten Sinne verstanden werden. In der Praxis wird § 687 Abs. 2 BGB zwar fast ausschließlich angewandt, um einen aus rechtswidriger Tätigkeit erzielten Gewinn abzuschöpfen. Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB ist aber auch errullt, wenn der Geschäftsruhrer anders geartete Vorteile aus der Geschäftsruhrung erlangen will. In Betracht kommen nicht nur Eigentum oder Besitz an Geld oder Sachen, sondern auch bloße Gebrauchsvorteile. Unzweifelhaft behandelt auch derjenige ein fremdes Geschäft als eigenes, der ein fremdes Rechtsgut zu eigenen nicht-kommerziellen Zwecken nutzt. Dagegen ist die bloße Zerstörung einer fremden Rechtsposition als solche keine Eigengeschäftsruhrung. Sie wird dies erst dadurch, daß der Handelnde sich von der destruktiven Handlung zugleich einen eigenen Vorteil verspricht. Wer also eine fremde Sache nur zerstört, um einem andern zu schaden, haftet nicht aus §§ 687 Abs. 2 S. 1, 678 BGB auf Schadensersatz. Derartige Handlungen sind "subjektiv neutral" und fallen daher ebensowenig unter den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB wie unter den der Geschäftsruhrung ohne Auftrag422 . Weitgehend Einigkeit dürfte darüber bestehen, daß es in tatbestandlicher Hinsicht irrelevant ist, ob der Geschäftsruhrer den von ihm erstrebten Vorteil durch die Geschäftsruhrung auch tatsächlich erlangt hat. Letzteres ist allein rur den Anspruch aus § 667 BGB wesentlich, der aber nur eine Rechtsfolge des § 687 Abs.2 BGB darstellr'23. Hat der Geschäftsruhrer entgegen seinen Absichten nichts aus der Geschäftsruhrung erlangt, so besteht kein Anlaß, dem
421 Unter strafrechtlichem Aspekt hierzu Günlerl, S. 11. 422 Ebenso Isele, Geschäftsbesorgung, S. 165 f. 423 Anders Art. 423 schweiz. OR, bei dem, insoweit vergleichbar § 812 BGB, der Anspruch des Geschäftsherrn ausschließlich auf Herausgabe der aus der Führung seiner Geschäfte entspringenden Vorteile gerichtet ist. Daraus erklärt sich wohl auch die mißverständliche Außerung Friedrichs (ZSR Bd. 64 (1945), S. 39), es sei nach objektiven Kriterien zu bestimmen, wann das Geschäft zum eigenen Vorteil geführt werde; dies treffe immer dann zu, wenn die Vermögensverhältnisse des Geschäftsführers eine irgendwie geartete Verbesserung erführen.
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I. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
Geschäftsherrn auch den Anspruch aus § 678 BGB zu versagen. Vor allem aber kann der Geschäftsherr die Rechte aus § 666 BGB geltend machen, ohne daß bereits feststehen müßte, ob der Geschäftsführer überhaupt etwas erlangt hat. Der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch dient also nicht nur der Feststellung, in welchem Umfang, sondern auch, ob der Geschäftsführer Vorteile aus der Geschäftsführung gezogen har'24. Nach teilweise vertretener Auffassung soll aber zu fordern sein, daß die Absicht des Geschäftsführers nach außen in Erscheinung trete4 25 • Dies wird u. a. aus der Wortwahl "behandeln" geschlossen 426 . Geht man von der Vorstellung aus, bereits der Begriff des fremden Geschäfts bezeichne die vom Geschäftsführer vorgenommene Handlung, so mag es in der Tat nahe liegen, dem Begriff "behandeln" ein zusätzliches objektives Merkmal zu entnehmen und zu fordern, daß der Geschäftsführer in der Geschäftsführungshandlung seinen Eigengeschäftsführungswillen manifestiert. Anders ist es jedoch, wenn man den Begriff des fremden Geschäfts im abstrakten Sinne versteht. Denn dann wird das Geschäft erst dadurch, daß der Geschäftsführer es als eigenes "behandelt", konkretisierr'27. Daß es nicht richtig sein kann, schon in materiellrechtlicher Hinsicht zu fordern, daß bei der Geschäftsführung oder wenigstens im Anschluß hieran erkennbar werde, ob der Geschäftsführer das Erlangte behalten oder an den Geschäftsherrn abführen will, ergibt sich aber vor allem auch daraus, daß andernfalls derjenige, der in eigennütziger Absicht ein fremdes Geschäft führt, ohne daß dies nach außen hervortritt, weder aus § 687 Abs. 2 BGB noch unmittelbar aus §§ 677 ff. BGB in Anspruch genommen werden könnte. Ein plausibler Grund, den Handelnden hier von der geschäftsführungsrechtlichen Haftung zu verschonen, ist nicht erkennbar. Auch der Einwand, daß allein ein nicht nach außen in Erscheinung tretender Wille im allgemeinen keine Rechtswirkungen eintreten lasse, greift nicht durch. Zum einen gibt es auch andere Ausnahmen von diesem Grundsatz4 28 . Zum an-
424 So auch Janßen, S. 59; Klien, S. 33 f. 425 So Staudinger-Wittmann, § 687 Rdnr. 13; Mueser, S. 22; a. A. ausdrücklich Bertrams, S. 31. 426 Mueser, S. 22. 427 Vgl. oben S. 79 ff. 428 Vgl. Gursky, AcP Bd. 185 (1985), S. 35; Stein, S. 41 mit dem Hinweis auf die falsa demonstratio. - Wenn die I. Komm. (Prot.. S. 1645 = Jakobs/Schubert, SchuldR 111, S. 124) zur Geschäftsführung ohne Auftrag ausführte, der "bloße innere Wille sei, wie in allen ähnlichen Fällen, von keiner rechtlichen Erheblichkeit", kann dem nur insoweit zugestimmt werden, als der Fremdgeschäftsführungswille wie andere innere Tatsachen ggf. anhand äußerer Umstände nachgewiesen werden muß. Im übrigen ist eine Kundgabe der Absicht des Geschäftsführers auch bei der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht
11. Der subjektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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dem muß hier berücksichtigt werden, daß die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB eher trotz als wegen des Eigengeschäftsfilhrungswillens des Geschäftsfilhrers eintreten. Dies verdeutlichen die Ausfilhrungen der zweiten Kommission zum Handeln in eigenem und fremdem Namen 429 • Bedenken wurden geltend gemacht, ob auch das Handeln in eigenem Namen, und nicht etwa, ob das Handeln in fremdem Namen den Tatbestand der Geschäftsanmaßung erfilllen könne. Diesen (von der zweiten Kommission im Ergebnis nicht als durchgreifend erachteten) Bedenken lag die Vorstellung zugrunde, die Rechtsfolgen der Geschäftsfilhrung ohne Auftrag setzten zwingend voraus, daß zumindest nach dem äußeren Erscheinungsbild eine Geschäftsfilhrung für einen andern vorliegt. Daß gerade die Absicht, für sich zu handeln, äußerlich in Erscheinung treten müsse, wurde nicht einmal in Erwägung gezogen. Vielmehr ging die zweite Kommission davon aus, daß die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB unproblematisch sei, wenn der Geschäftsführer "den Geschäftsherrn nenne, aber thatsächlich nur an seinen eigenen Vortheil denke"43o. Mit der Einfügung des 687 Abs. 2 BGB war bezweckt, die Rechte des Geschäftsherrn ohne Rücksicht auf die innere Willensrichtung des Geschäftsführers zur Entstehung zu bringen. Demnach kann hinsichtlich der Rechte des Geschäftsherrn die Willensrichtung des Geschäftsführers im Prozeß sogar offen bleiben431 • Lediglich hinsichtlich des Gegenanspruchs des Geschäftsführers gilt, daß der Fremdgeschäftsfilhrungswille feststehen muß, um dem Geschäftsfilhrer den Anspruch aus § 683 BGB zu verschaffen. Bleibt die Absicht des Geschäftsfilhrers offen, so steht ihm lediglich der Anspruch aus § 687 Abs. 2 S.2 i. V. m. § 684 S. 1 BGB zu. Die Lehre, daß die Führung objektiv fremder Geschäfte den Fremdgeschäftsführungswillen indiziere, kann hier keine Anwendung finden. Dies folgt aus den unterschiedlichen Begriffen des objektiv fremden Geschäfts bei § 687 Abs. 2 BGB und bei der Geschäftsführung ohne Auftrag432 •
erforderlich; zutr. Lent, Auftragslose Geschäftsführung, S. 135 ff.; Gursky, a.a.O., S. 34 f.; Stein, S. 40 f. 429 Prot. 11, S. 743 = Mugdan 11, S. 1203. 430 Prot. 11, S. 743 = Mugdan 11, S. 1203 (Hervorh. vom Verf.). 431 Ebenso RGRK-Steffen, § 687 Rdnr. 37; vgl. auch BGHZ 39,87,90, wo der Bundesgerichtshof offen ließ, ob der Beklagte die fraglichen Geschäfte aufgrund eines wirksamen Auftrags, als Geschäftsführer ohne Auftrag oder als eigennütziger Geschäftsführer geführt hatte. 432 Vgl. dazu oben S. 53.
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I. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
b) Die Funktion des Eigengeschäftsführungswillensfür die Bestimmung der Reichweite des Geschäftsführungsvorgangs und der daraus resultierenden Ansprüche Es wurde bereits angesprochen 433 , daß der Geschäftsfiihrungsvorgang sich oftmals aus mehreren Einzelhandlungen des Geschäftsfiihrers zusammensetzen wird, die erst im Zusammenwirken den vom Geschäftsfiihrer erstrebten Vorteil herbeifiihren. Bestandteil der Eigengeschäftsfiihrung sind in diesem Fall sämtliche Handlungen, die der Geschäftsfiihrer im Hinblick auf den letztlich erstrebten Vorteil vornimmt, auch wenn einzelne dieser Handlungen isoliert betrachtet Rechte des Geschäftsherm nicht verletzen434 . Darüber, welche Einzelakte in den Gesamtvorgang der Geschäftsfiihrung einzubeziehen sind, entscheidet somit allein die Vorstellung des Geschäftsfiihrers. Wenn also beim Verkauf fremder Sachen der die Eigengeschäftsfiihrung bildende Gesamtvorgang von der Vertragsanbahnung bis zur vollständigen Vertragserfiillung reicht435 , so deshalb, weil sämtliche Handlungen dem Veräußerer zur Erlangung des Kaufpreises dienen, mögen auch nicht alle Handlungen isoliert betrachtet Rechte des Eigentümers verletzen. Nur wenn einerseits nicht jeder Einzelakt der Geschäftsflihrung als solcher rechtswidrig sein muß, andererseits auch nicht jeder Einzelakt unmittelbar der Erzielung eines Vermögensvorteils dienen muß, kann die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB gewährleisten, daß die bewußte Verletzung fremder Rechte sich nicht rentieren kann. Auch eine fiir sich genommen rein "destruktiv" erscheinende Verletzungshandlung kann demnach dann Ansprüche aus § 687 Abs. 2 BGB begründen, wenn sie erst die fiir die Vornahme gewinnbringender Tätigkeiten erforderliche Ausgangssituation herstellt, wie etwa die Behinderung eines konkurrierenden Unternehmens mit dem Ziel, dessen Marktposition zu übernehmen 436 • Können also auch als solche nicht rechtsverletzende Handlungen in den Gesamtvorgang der Geschäftsflihrung einzubeziehen sein, so bedeutet dies selbstverständlich nicht, daß der Tatbestand des § 687 Abs.2 BGB bereits vor der eigentlichen Verletzungshandlung erflillt sein könnte. Die Zusammenfassung des eigentlichen rechtsverletzenden Aktes mit etwaigen vorbereitenden und nachfolgenden Handlungen erfolgt erst aufgrund einer Ex-post-Betrachtung, die der aus dem Strafrecht bekannten Feststellung einer sogenannten natürli-
Oben S. 100. A. A. offenbar Krumm, S. 220, der bei Eingriffen in fremde Immaterialgüterrechte die Feststellung für erforderlich hält, welche Einzelakte dem Eingreifer gesetzlich untersagt sind. 435 V gl. oben S. 100. 436 V gl. dazu näher unten S. 419 ff. 433
434
11. Der subjektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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chen Handlungseinheit vergleichbar ist4 37 • Wenn etwa Gegenstände unter Inanspruchnahme eines fremden Immaterialguts hergestellt und anschließend verwertet werden, gehört zwar bereits die Herstellung auch dann zum Gesamtvorgang der Geschäftsführung, wenn nicht schon die Herstellung, sondern erst die Verwertungshandlung rechtswidrig ist. Will der Berechtigte jedoch allein aufgrund der Herstellung Rechte aus § 687 Abs. 2 BGB geltend machen, so muß auch gerade die Herstellung gesetzlich verboten sein. Soweit erst dem rechtsverletzenden Akt nachfolgende, als solche nicht rechtsverletzende Handlungen unmittelbar den Verletzervorteil herbeiführen, kann sich die Frage stellen, wie genau der Verletzer bei Übernahme der unerlaubten Tätigkeit die weitere Ausführung geplant haben muß, damit diese noch in den Gesamtvorgang der Geschäftsanmaßung einbezogen werden kann. Einerseits kann nicht gefordert werden, daß bereits zu Beginn der unerlaubten Tätigkeit erkennbar ist, welche Vorteile sich im einzelnen hieraus für den Geschäftsführer ergeben werden. Andererseits muß aber wenigstens die unmittelbar den Vorteil herbeiführende Tätigkeit als solche überhaupt "planbar" sein. In der Regel werden demnach zum Gesamtvorgang der Geschäftsanmaßung alle Erwerbshandlungen zu zählen sein, die nur durch die rechtsverletzende Handlung ermöglicht oder durch diese doch wenigstens typischerweise begünstigt werden konnten 438 . Obgleich die Vorstellung des Geschäftsftihrers darüber entscheidet, wie weit die Geschäftsftihrung reicht, aus der der Geschäftsherr Rechte herleiten kann, ist doch der Geschäftsherr nicht gehindert, den Geschäftsführer nur hinsichtlich eines Teils seiner Tätigkeit aus § 687 Abs. 2 BGB in Anspruch zu nehmen, sofern dieser Teil der Tätigkeit isoliert betrachtet sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 687 Abs. 2 BGB erftillt439 . Nur die vom Geschäftsherrn herausgegriffenen Akte stellen dann die "Geschäftsbesorgung" im Sinne des § 667 BGB und die "Geschäftsführung" im Sinne des § 678 BGB dar. Da hierdurch in erster Linie die Herausgabe- bzw. Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers entsprechend beschränkt wird, ist diese Möglichkeit ftir den Geschäftsherrn regelmäßig uninteressant. Vorteile können sich ftir den Geschäftsherrn aber im Hinblick auf die Gegenansprüche des Geschäftsftihrers aus § 684 S. 1 BGB ergeben 440 .
437 Ähnlich schon Bertrams, S. 31, der eine Parallele zur fortgesetzten Tat im Strafrecht zog. 438 Zur Anwendung dieser Grundsätze vgl. unten S. 358, 426 f., 495. 439 Vgl. v. der Osten, GRUR 1998, S. 288. 440 Vgl. dazu unten S. 217, 287 ff.
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I. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
c) Die Geschäftsführungfür einen Dritten Umstritten ist, ob § 687 Abs. 2 BGB nur dann Anwendung finden kann, wenn der Handelnde einen eigenen Vorteil erstrebt, oder auch dann, wenn der Handelnde den Vorteil einem Dritten zukommen lassen will. Die Frage stellt sich insbesondere dann, wenn derjenige, dem die Vorteile aus der Geschäftsführung zufließen, die Durchführung Hilfspersonen übertragen hat4 41 . Vor allem soweit Eingriffe in fremde Rechte im Rahmen gewerblicher Produktion stattfinden, werden der Handelnde und der unmittelbare Nutznießer des Eingriffs oft nicht identisch sein. Hier fragt sich, wen der Verletzte als Geschäftsführer aus § 687 Abs. 2 BGB in Anspruch nehmen kann. Dabei ist zu berücksichtigen, daß es primär um die Pflicht zur Herausgabe des erzielten Erlöses geht. Das Interesse des Verletzten wird daher darauf gerichtet sein, zumindest auch den in Anspruch nehmen zu können, dem der Vorteil tatsächlich zugeflossen ist. aa) Die Haftung des Auftraggebers Lobe442 meinte, bei Einschaltung einer Hilfsperson hafte dessen Auftraggeber aus § 687 Abs. 2 BGB nach den Grundsätzen der Stellvertretung. Dem kann sicher nicht gefolgt werden. Selbst eine analoge Anwendung der §§ 164 ff. BGB kommt schon bei der Geschäftsführung ohne Auftrag und erst recht bei der Geschäftsanmaßung nicht in Betracht. Denn die Regeln der Stellvertretung können eine Haftung des Vertretenen lediglich gegenüber dem Adressaten einer Willenserklärung oder einer rechtsgeschäftsähnlichen Handlung begründen. Zudem ist nach überwiegender Ansicht die Anwendung der Vorschriften über Rechtsgeschäfte grundsätzlich nur dann gerechtfertigt, wenn der Eintritt der
441 Eine ausdrückliche Regelung flir die Haftung des Handelnden enthielt § 235 Abs.2 des Vorentw. zum Recht der Schuldverhältnisse. der das Handeln ..im Auftrag oder im Interesse eines Anderen als des Geschäftsherrn" dem Handeln im eigenen Interesse gleichstellte. Anders entschied - in konsequenter Anwendung der subjektiven Theorie - der später wegen seiner vermeintlich geringen praktischen Bedeutung gestrichene § 760 des I. Entw., der lautete: "Wenn jemand ein fremdes Geschäft im Auftrage eines Dritten besorgt. so wird ihm der Geschäftsherr und er dem letzteren aus der Geschäftsbesorgung nicht verpflichtet. es sei denn. daß er zugleich in der Absicht gehandelt hat, als Geschäftsflihrer des Geschäftsherrn das Geschäft zu besorgen." Zur bis heute umstrittenen Frage. ob eine vertragliche Verpflichtung gegenüber einem Dritten eine Geschäftsflihrung ohne Auftrag ausschließt. vgl. etwa BGH LM Nr. 2 zu § 677 BGB; OLG Hamm NJW 1974.951; LG Köln NJW 1991.2354; Erman-Ehmann. vor § 677 Rdnr. 10; Staudinger-Wittmann. vor §§ 677 ff. Rdnr. 41; Lent. Auftragslose Geschäftsflihrung. S. 150 ff.; Wollschläger. GoA. S. 143 ff.; Esser/Weyers. § 46 II 2 d: Medicus. BR. Rdnr. 414; Helm. Gutachten. S. 394. 442 S. 370.
II. Der subjektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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Rechtsfolgen zumindest typischerweise dem Willen des Handelnden entsprichr'43. Diese Voraussetzung ist zwar bei der Geschäftsfilhrung ohne Auftrag durchaus erfilllr'44, keinesfalls aber bei § 687 Abs. 2 BGB. Der Eintritt der Rechtsfolgen steht hier nicht im Einklang mit der Willensrichtung des Handelnden, sondern im Widerspruch hierzu. Auch die Verweisung des § 687 Abs. 2 S. 1 BGB auf § 682 BGB kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Begründung der Obligation zwischen Geschäftsfilhrer und Geschäftsherr bei der Geschäftsanmaßung nicht einmal rechtsgeschäftsähnlichen Charakter hat. Auch eine analoge Anwendung des § 831 BGB kommt aber nicht in Betrachr'45. Dies gilt unabhängig davon, ob man § 687 Abs. 2 BGB im übrigen als eine systematisch richtigerweise dem Deliktsrecht zuzuordnende Norm auffaßt. Denn so berechtigt die Bezeichnung des § 687 Abs.2 BGB als quasi-deliktische Vorschrift im Hinblick auf die Tatbestandsvoraussetzungen sein mag, so unüberbrückbar ist der Unterschied zu den §§ 823 ff. BGB hinsichtlich der Rechtsfolgen. Die die deliktischen Anspruchsgrundlagen der §§ 823-826 BGB ergänzenden Vorschriften sind ausschließlich auf die Rechtsfolge des Schadensersatzes zugeschnitten und passen daher nicht auf eine Bestimmung, die den Verletzer u. a. zur Herausgabe erlangter Vorteile verpflichtet. Dies gilt auch filr § 831 BGB, dessen analoge Anwendung dem Verletzten daher zumindest hinsichtlich des Herausgabeanspruchs nicht weiterhelfen kann. Anhand der Vorschriften über die Zurechnung der obligationsbegründenden Handlung im rechtsgeschäftlichen und im deliktischen Bereich läßt sich also die Frage, unter welchen Voraussetzungen im Rahmen des § 687 Abs. 2 BGB Handlungen Dritter zugerechnet werden können, nicht beantworten. Dies kann aber nicht bedeuten, daß eine obligationsbegründende Zurechnung von Handlungen Dritter hier ausgeschlossen wäre. Für die Geschäftsfilhrung ohne Auftrag hat bereits Lenr46 darauf aufmerksam gemacht, daß es ungereimt wäre zu fordern, daß die die Obligation begründende Handlung stets persönlich vorgenommen werden müsse, wenn alle folgenden Handlungen gemäß § 278 BGB unzweifelhaft mit gleicher Wirkung auch durch Hilfspersonen ausgefilhrt werden könnten. Da aber § 278 BGB über die Voraussetzungen, unter denen das von § 278 BGB ja bereits vorausgesetzte - Schuldverhältnis zur Entstehung kommt, keinen Aufschluß gibt, kann die Lösung des Problems nur in der ge-
443 Vg!. BGHZ 47, 352, 357; BGH NJW 1989, 1792; Erman-Brox, Ein!. § 104 Rdnr.6. 444 Gleichwohl steht die h. M. der Anwendung der §§ 104 ff. BGB auf die Geschäftsfuhrung ohne Auftrag allgemein krit. gegenüber; vg!. Palandt-Thomas, Einf. vor § 677 Rdnr. 2; MünchKomm-Seiler, vor § 677 Rdnr. 5, § 682 Rdnr. 2 ff. m. w. Nachw. 445 So auch Lobe, S. 369. 446 Auftragslose Geschäftsführung, S. 148 f.
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I. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
setzlichen Regelung des zu begründenden Schuldverhältnisses selbst gesucht werden. Begrifflich kann auch derjenige "ein fremdes Geschäft als eigenes behandeIn", der lediglich den Auftrag zur Durchführung entsprechender Handlungen gibt. Daß der Auftraggeber die eigentliche rechtsverletzende Tätigkeit nicht selbst ausführt, kann der Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB schon deshalb nicht entgegenstehen, weil auch dann, wenn der Geschäftsführer die rechtsverletzende Handlung selbst vornimmt, schon die Durchführung der erforderlichen, unmittelbar noch nicht rechtsverletzenden Vorbereitungshandlungen zu dem Gesamtvorgang der Behandlung des fremden Geschäfts als eigenes gehört. Dementsprechend erfüllt der Auftraggeber den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB, wenn er zum Zwecke der Erzielung eines eigenen Vorteils einem andern den Auftrag für die eigentlichen rechtsverletzenden Handlungen erteilt und dieser den Auftrag ausführt447 • Hinsichtlich des Merkmals der Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Geschäftsführung gelten die Grundsätze des § 166 BGB, die bezüglich der Wissenszurechnung weit über den Bereich der rechtsgeschäftlichen Vertretung hinaus entsprechend angewandt werden 448 • Der Auftraggeber haftet also aus § 687 Abs. 2 BGB, wenn er selbst oder der Beauftragte von der Rechtswidrigkeit der Geschäftsführung Kenntnis hat. Daß damit die strenge Haftung aus § 687 Abs.2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2,667 BGB ausnahmsweise ohne eigene Kenntnis des Schuldners von der Rechtswidrigkeit des Erwerbs eintreten kann, ist hinzunehmen und entspricht auch den im Bereicherungsrecht anerkannten Grundsätzen: Hier soll gemäß § 166 BGB die Beschränkung des Anspruchs auf die noch vorhandene Bereicherung entfallen, wenn eine Person, die der Empfänger mit bestimmten Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Vermögensverschiebung betraut hat, von der Rechtsgrundlosigkeit Kenntnis hat4 49 • Die Haftung des Auftraggebers ist auch dann sinnvoll, wenn die Vorteile aus der Geschäftsführung vom Beauftragten erlangt und noch nicht an den Auf-
447 l. Erg. ebenso RGRK-Steffen, § 687 Rdnr. 35; Lent, Auftragslose Geschäftsführung, S. 147 ff., 158 ff.; Moser, Herausgabe, S. 175 f.. 236; Chrestin, S. 53; ähnlich Staudinger-Nipperdey, 11. Aufl., § 687 Rdnr. 9 (Haftung des Auftraggebers jedenfalls, wenn diesem der Vorteil aus der Geschätlsführung zugeflossen ist). - Vgl. auch Batsch, AcP Bd. 171 (1971), S. 231 Fn. 48, der darauf hinweist. daß auch im Rahmen der Schadensersatzptlicht aus § 678 BGB bei unberechtigter Geschätlsführung ohne Autlrag weder § 83 I BGB noch § 278 BGB weiterhelfe, jedoch davon ausgeht, daß hier das Verschulden von Hilfspersonen ..ohne weiteres immer zuzurechnen" sei. 448 Vgl. BGHZ 83, 293, 295 ff.; MünchKomm-Schramm, § 166 Rdnr. 28 ff.; ErmanBrox, § 166 Rdnr. 5 Ir. 449 BGHZ 83, 293, 296 f.; Erman-Brox, § 166 Rdnr. 5; MünchKomm-Lieb, § 819 Rdnr.6.
11. Der subjektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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traggeber weitergeleitet wurden. Der Anspruch des Geschäftsherrn aus § 687 Abs.2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2,667 BGB richtet sich dann auf Abtretung des dem Auftraggeber gegen den Beauftragten zustehenden Herausgabeanspruchs aus dem Auftragsverhältnis. Dem kann nicht entgegenstehen, daß der auf die Ausführung der rechtsverletzenden Handlung gerichtete Auftrag gemäß § 134 BGB nichtig ist. Denn die Nichtigkeitsfolge kann stets nur insoweit eintreten, als dem der Zweck der Verbotsnorm nicht entgegensteht450 . Die Nichtigkeit kann daher nicht zu Lasten des Geschäftsherrn geltend gemacht werden45I. Besonderheiten gelten dann, wenn der unmittelbar Handelnde den Vorteil nicht für eine natürliche, sondern für eine juristische Person erzielen will. Denn die juristische Person kann nicht einmal in Gestalt einer Auftragserteilung für die Geschäftsführung das Geschäft im natürlichen Sinne "als eigenes behandeln". Dies kann aber selbstverständlich nicht bedeuten, daß die juristische Person aus § 687 Abs. 2 BGB nicht selbst verpflichtet werden könnte. Es muß danach unterschieden werden, ob für die juristische Person ein Organ im Sinne des § 31 BGB oder eine sonstige Hilfsperson gehandelt hat. Für erstere gilt der in § 31 BGB nur unvollständig zum Ausdruck gekommene Grundsatz, daß die Handlung, die das Organ innerhalb seiner satzungsmäßigen Kompetenzen vornimmt, gedanklich einer Handlung der juristischen Person selbst gleichgestellt, rechtlich als deren Handlung betrachtet wird452 • Der juristischen Person wird hinsichtlich der Haftung aus § 687 Abs. 2 BGB nicht nur die Handlung selbst sowie (analog § 166 BGB) die Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Geschäftsführung zugerechnet. Sie wird auch, wenn das Organ die Geschäftsführung unternimmt, um den hieraus erzielten Vorteil der juristischen Person zukommen zu lassen, so behandelt, als habe sie selbst das Geschäft als eigenes geführt'53. 450 BGHZ 88. 240. 242 ff.; BGH NJW 1992.2557.2558 f.; Staudinger-Sack, § 134 Rdnr. 57 ff.; MünchKomm-Mayer-Maly. § 134 Rdnr. 86 ff. 451 So auch Moser. Herausgabe. S. 237. m Vgl. allgemein hierzu MünchKomm-Thiele. vor § 164 Rdnr.6; Erman-H. P. Westermann. § 31 Rdnr. I. 453 Zweifelhaft könnte lediglich sein. ob eine Haftung der juristischen Person aus § 687 Abs. 2 BGB auch dadurch begründet wird, daß das Organ zu seinem eigenen J 'orteil handelt. Die Frage ist jedoch nahezu bedeutungslos: Da hier jedenfalls das Organ selbst aus § 687 Abs. 2 BGB haftet und sich auch die Vorteile aus der Geschäftsflihrung im Vermögen des Organs befinden werden, kann der Geschäftsherr den Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. I i. V. m. §§ 681 S. 2,667 BGB unmittelbar gegenüber dem Organ geltend machen. Von praktischem Interesse könnte für den Geschäftsherrn im Verhältnis zur juristischen Person allenfalls der Schadensersatzanspruch aus § 687 Abs.2 S. I i. V. m. § 678 BGB sein. Insoweit wird man eine Haftung der juristischen Person im Hinblick auf die ausdrückliche Anordnung des § 31 BGB bejahen müssen, sofern man mit der Rechtsprechung der Auffassung ist, daß das Organ auch bei Verfolgung eigennütziger Ziele ..in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen" handelt (vgl. etwa BGH NJW 1980. 115 f.). 11 Eber!
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I. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
Hat fur die juristische Person eine nicht unter § 31 BGB fallende natürliche Person (oder ein Organ außerhalb seines Aufgabenkreises) gehandelt, so haftet die juristische Person aus § 687 Abs. 2 BGB dann, wenn ein Organ im Sinne des § 31 BGB der unmittelbar handelnden Person den Auftrag, das fremde Geschäft fur die juristische Person zu fUhren, erteilt hat. Hinsichtlich der Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der GeschäftsfUhrung genügt analog § 166 BGB die Kenntnis entweder des unmittelbar Handelnden oder des Organs. bb) Die Haftung des Beauftragten Haftet der Auftraggeber nach den dargelegten Grundsätzen sowohl bei eigener Kenntnis als auch bei Kenntnis des Beauftragten von der Rechtswidrigkeit der Geschäftsfuhrung aus § 687 Abs. 2 BGB, so ist dem Interesse des Geschäftsherrn hinreichend Rechnung getragen. In keinem Fall haftet der Beauftragte, der den Vorteil aus der GeschäftsfUhrung dem Auftraggeber zukommen lassen will, selbst aus § 687 Abs. 2 BGB454. Dies gilt auch dann, wenn der Beauftragte selbst die VerfUgungsgewalt über den Geschäftserlös erlangt hat und daher ein gegen den Beauftragten gerichteter Herausgabeanspruch zum Ziel fUhren würde. Auf die Zufälligkeit, ob der Erfolg unmittelbar beim Auftraggeber oder zwischenzeitlich beim Beauftragten eintritt, kann es nicht ankommen. Es wäre ungereimt, wenn der Beauftragte zwar im ersten Fall mangels eines erlangten Gegenstandes von der Haftung aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB frei wäre, im zweiten Fall dagegen die einmal eingetretene Haftung, soweit nicht eine Befreiung nach allgemeinen Regeln (§ 275 BGB) eingreift, auch nach Herausgabe des Erlangten an den Auftraggeber fortbestünde 455 • Gegen eine Haftung des Beauftragten spricht vor allem aber auch der klare Gesetzeswortlaut. Mag es sprachlich noch vertretbar sein, wirtschaftlich
454 So i. Erg. auch RG JW 1903, Beil. S. 141; OLG Celle OLGZ 1971, 11, 12 f.; Planck-Lobe, § 687 Anm. 2; Soergel-Mühl, § 687 Rdnr. 5; Siebert, S. 29 f; Chrestin, S. 54 f.; Freese, S. 23; v. Bargen, S. 13. - A. A. aber RGRK-Steffen, § 687 Rdnr. 35; Lent, Auftragslose Geschäftsführung, S. 158 ff; Wohlfarth, LZ 1932, Sp. 450 f; Stein, S. 28; Bertrams, S. 31 f; Mueser, S. 22 f.; Rosenkranz, S. 83 f.; ebenso Moser, Herausgabe, S. 174 ff, 236 für Art. 423 schweiz. OR, der diese Auffassung jedoch deshalb eher zuläßt als § 687 Abs. 2 BGB, weil Art. 423 schweiz. OR das Merkmal "als sein eigenes" nicht kennt, sondern wenigstens dem Wortlaut nach lediglich voraussetzt, daß das Geschäft nicht mit Rücksicht auf das Interesse des Geschäftsherrn unternommen wurde. Staudinger-Wittmann, § 687 Rdnr. 13 will danach unterscheiden, ob der Geschäftsführer im eigenen oder im fremden Namen handelt. Vgl. auch BGH LM Nr. 2 zu § 677 BGB, wo ein Anspruch aus § 687 Abs.2 BGB in Betracht gezogen wird, obgleich der Beklagte im Auftrag eines Dritten gehandelt hatte. 455 In diesem Sinne aber für den Anspruch aus Art. 423 schweiz. OR Moser, Herausgabe, S. 175, 236, der nur dem gutgläubigen Geschäftsführer die Berufung auf Wegfall der Bereicherung gestatten wollte, wenn er das Erlangte seinem Auftraggeber herausgegeben hat.
11. Der subjektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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sinnlose, z. B. rein destruktive Handlungen unter den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB zu subsumieren, so ist die Grenze des möglichen Wortsinns jedenfalls da erreicht, wo der Geschäftsruhrer einen Vorteil rur einen Dritten erstrebtl56 . Die Errullung dieses Merkmals kann auch nicht damit begründet werden, daß der Geschäftsruhrer wenigstens vorübergehend in den Besitz des Geschäftserlöses gelangen will. Denn dies kommt auch bei der Geschäftsruhrung ohne Auftrag vor, kann also allgemein das Tatbestandsmerkmal der Behandlung des Geschäfts als eigenes nicht begründen. Eine Eigengeschäftsruhrung setzt stets den Willen des Handelnden voraus, die Vorteile aus der Geschäftsführung endgültig dem eigenen Vermögen zuzuruhren 457 • Auch Lent räumte ein, § 687 Abs. 2 BGB erfasse dem Wortlaut nach den für einen Dritten Handelnden nicht, plädierte jedoch, soweit dem Beauftragten die mangelnde Berechtigung des Auftraggebers bekannt war, rur eine analoge Anwendung458 . Doch besteht rur diese Analogie zum einen kein Bedürfnis, weil ein Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB gegen den Auftraggeber ohnehin besteht, die Analogie somit zu einer durch Interessen des Verletzten nicht gebotenen Verdoppelung der Anspruchsgegner führen würde. Zum andem fehlt es an der Vergleichbarkeit des zugunsten eines Dritten Handelnden mit dem eigennützigen Geschäftsführer. Der Hauptzweck des § 687 Abs. 2 BGB, den Rechtsbruch unrentabel zu machen, indem dem Rechtsverletzer die aus dem rechtswidrigen Handeln erlangten Vorteile entzogen werden, gebietet nur die Inanspruchnahme dessen, der den Vorteil tatsächlich erlangt hat. Wenn Lent zur Begründung seiner Auffassung auf die entsprechende Lage bei der unerlaubten Handlung verwies, wo ebenfalls gemäß § 830 BGB der Gehilfe hafte, "obwohl er im Gegensatz zum Täter diesen nur unterstützen will"459, so überzeugt dieses Argument deshalb nicht, weil § 830 BGB wie das gesamte Deliktsrecht des BGB auf die Schadensersatzhaftung zugeschnitten ist, nicht jedoch auf den Anspruch auf Herausgabe erlangter Vorteile 460 • Da die Haftung aus §§ 823 ff. BGB an die
456 Ebenso RG JW 1903, Beil. S. 141; Siebert, S. 29; Freese. S. 23; a. A. Wohlfarth, LZ 1932. Sp. 450 f.; Mueser, S. 22 f. 457 Zutr. Klien, S. 25. 458 Lent. Auttragslose Geschättsführung. S. 159; ebenso Stein, S. 28. 459 Lent. Auttragslose Geschättsführung. S. 159; ebenso Bertrams, S. 31 f. 460 Dies berücksichtigt auch Rosenkran=. S. 83 f. nicht, der, ausgehend von seinem deliktsrechtIichen Verständnis des § 687 Abs. 2 BGB. u. a. die Vorschritten der §§ 830, 840 BGB auf § 687 Abs. 2 BGB analog anwenden will; gegen die analoge Anwendung des § 830 BGB bei § 687 Abs.2 BGB ausdrücklich Lobe, S.369; Klauer/MöhringHesse. PatG. § 47 Rdnr. 40; Wohlfarth. LZ 1932, Sp. 449; für eine gesamtschuldnerische Hattung mehrerer Geschättsführer aus Art. 423 schweiz. OR Schmid. OR, Art. 423 Rdnr. 129; dagegen BGE 97 JI 169. 179. Vgl. zu der entsprechenden Problematik bei der dritten Schadensberechnungsmethode BGH GRUR 1959. 379, 383 "Gasparone", wo eine gesamtschuldnerische Hattung bei gemeinschaftlicher Urheberrechtsverletzung angenommen wird. da es hierfür ausreiche. daß die Schuldner zur Erreichung desselben
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I. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
Verursachung eines Schadens anknüpft, müssen hier auch mehrere nebeneinander in Anspruch genommen werden können, wenn sie den Schaden gemeinsam verursacht haben. Auch im Rahmen des § 687 Abs. 2 BGB ist die analoge Anwendung des § 830 BGB demnach allerdings insoweit möglich, als auf § 687 Abs. 2 BGB ein Schadensersatzanspruch gestützt wird. Dies ist aber eine reine Rechtsfolgenfrage. Unabhängig hiervon ist zunächst zu prüfen, ob auch jeder der Beteiligten den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB erfUllt hat. Das ist nur dann der Fall, wenn alle Beteiligten an dem Erfolg der GeschäftsfUhrung partizipieren sollten, da dann der Wille aller Beteiligten auf einen eigenen Vorteil gerichtet war. Der Herausgabeanspruch aus § 687 Abs.2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB richtet sich allerdings auch dann nur gegen denjenigen, in dessen Vennögen sich tatsächlich ein aus der GeschäftsfUhrung erlangter Vorteil befindet. Eine Haftung des Beauftragten aus § 687 Abs. 2 BGB kommt also nur dann in Betracht, wenn der Beauftragte an den aus der GeschäftsfUhrung resultierenden Vorteilen beteiligt werden soll. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob der Beauftragte im Verhältnis zum Auftraggeber berechtigt ist, einen Anteil am Geschäftserlös einzubehalten, oder ob ihm dieser erst nachträglich vom Auftraggeber ausbezahlt wird. Konsequenterweise muß es auch genügen, daß der Beauftragte von seinem Auftraggeber lediglich eine Vergütung erhält, sofern diese unmittelbar für die unerlaubte Geschäftsführung gezahlt wird 461 • Dagegen kann, wenn der Handelnde mit dem Nutznießer der GeschäftsfUhrung in arbeitsvertraglichen Beziehungen steht, die Haftung des Handelnden aus § 687 Abs.2 BGB nicht mit seinem arbeitsrechtlichen Vergütungsanspruch begründet werden, da dieser dem Arbeitnehmer unabhängig von der Geschäftsführung zusteht.
Zwecks miteinander verbunden gewesen seien; i. Erg. ebenso KG GRUR 1940,32,34; Großkomm. UWG-KÖhler. vor § 13 Abschn. B Rdnr. 326; Schricker-Wild, UrhG, § 97 Rdnr. 68; Lut=. S. 132; a. A. Däubler. JuS 1969, S. 53 und U1mer. UrhR, S. 559, die einen Gewinnherausgabeanspruch nur gegenüber demjenigen anerkennen, der den Gewinn erzielt hat. Im Bereich der vertraglichen Geschäftsbesorgung begründete das Reichsgericht (RGZ 154. 65. 70 f.) die gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Geschäftsbesorger aus § 667 i. V. m. § 427 BGB. der bei § 687 Abs. 2 BGB aber naturgemäß nicht weiterhilft. 461 Vgl. Wagner. S. 72.
11. Der subjekti\"e Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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2. Die Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Geschäftsführung a) Allgemeine Vorausset=ungen des Tatbestandsmerkmals der Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Geschäftsführung Die Kenntnis des Geschäftsführers von der Rechtswidrigkeit der Geschäftsführung ist in materiellrechtlicher Hinsicht das am wenigsten Zweifelsfragen aufwerfende Tatbestandsmerkmal des § 687 Abs. 2 BGB. Die Problematik dieses Merkmals liegt aufbeweisrechtlichem Gebiet. Die Merkwürdigkeit, daß sich dem Gesetzeswortlaut zufolge die Kenntnis des Geschäftsführers scheinbar auf Umstände beziehen muß, die nicht zugleich objektive Tatbestandsvoraussetzungen sind, entfällt, wenn man davon ausgeht, daß die fehlende Berechtigung in objektiver Hinsicht notwendiges Merkmal des fremden Geschäfts isrt6~. Es ist also die Kenntnis des Geschäftsführers von dem fremden Geschäft (im abstrakten Sinne) und der gerade hieraus sich ergebenden Rechtswidrigkeit der Geschäftsführung gemeinrt 63 . Analog § 686 BG B ist aber nicht erforderlich, daß der Geschäftsführer die Person des Geschäftsherrn kennt. Es genügt die Kenntnis des Geschäftsführers davon, daß die von ihm in Anspruch genommene Befugnis einem andem zusteht. So muß der Geschäftsführer, der die Nutzungen einer fremden, mit einem Nießbrauch belasteten Sache zieht, nichts von dem Nießbrauch wissen, da er, wenn der Nießbrauch nicht bestünde, in gleicher Weise eine einem andem zustehende Handlungsbefugnis in Anspruch nehmen würde. Die Merkmale des fremden Geschäfts und der hieraus resultierenden Rechtswidrigkeit der Geschäftsführung sind als "normative" Tatbestandsmerkmale dadurch gekennzeichnet, daß ihr Vorliegen nur unter Anwendung gesetzlicher Vorschriften beurteilt werden kann. Dies bedeutet, daß die Kenntnis vom Geschäftsführer aufgrund einer ,.Parallelwertung in der Laiensphäre" gewonnen werden muß~64. Die Kenntnis von den die Rechtswidrigkeit begründenden Umständen allein erfüllt das Tatbestandsmerkmal nicht4 65 •
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Vgl. oben S. 67. Vgl. BGH WM 1955. 1555. 1558: RGRK-Stejfen. § 687 Rdnr. 18; Stein, S.33 Fn. 3. - § 243 des Vorentw. zum Recht der Schuldverhältnisse formulierte noch treffender: .. Hat der Geschäftsführer ein an sich fremdes Geschäft wissentlich als eigenes behandelt .. :'. 464 Vgl. BGH NJW 1979. 713. 714 (zu § 439 BGB); EsserlWeyers. § 51 III I a (zu § 819 Abs. I BGB). 465 A. A. RGRK-Stejfen, § 687 Rdnr. 19. - Auch im Bereich des § 819 Abs. I BGB ist nach ganz h. M. die Kenntnis von den die Rechtsgrundlosigkeit begründenden Tatsachen der Kenntnis von der Rechtsgrundlosigkeit nicht gleichzustellen; vgl. z. B. BGH NJW 1987. 185. 187: 1992. 2415. 2417: MünchKomm-Lieb, § 819 Rdnr.2 m. w. Nachw.: a. A. OLG Hamm NJW 1977. 1824. 463
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I. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
Oft wird das Merkmal der Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Geschäftsführung mit dem Erfordernis vorsätzlichen Handeins gleichgesetzt466 . Dabei sollte aber nicht übersehen werden, daß der Vorsatz im Sinne des § 276 BGB auch den dolus eventualis umfaßt"67. Tatsächlich wird die Auffassung vertreten, auch für die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB genüge Eventualvorsatz468 . Dies würde bedeuten, daß der Geschäftsführer die Rechtswidrigkeit seines Handeins nur für möglich halten und billigend in Kauf nehmen müßte. Dem wird man mit Rücksicht auf den klaren Wortlaut des § 687 Abs. 2 BGB nicht zustimmen können 469 . Würde .man dolus eventualis ausreichen lassen, so wäre im übrigen nicht einzusehen, weshalb nicht auch bewußte Fahrlässigkeit genügen sollte. Denn der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB liefert keinen Hinweis auf das voluntative Element, das allein dolus eventualis und bewußte Fahrlässigkeit unterscheidet. Richtigerweise muß die in § 687 Abs. 2 BGB geforderte Kenntnis von der Rechtswidrigkeit in gleicher Weise vom Vorsatz unterschieden werden, wie dies insbesondere auch im Strafrecht geschieht, wo etwa in § 258 StGB statt der allgemein geforderten vorsätzlichen Begehungsweise wissentliches Handeln vorausgesetzt wird und damit nach allgemeiner Auffassung der dolus eventualis ausgeschlossen werden SOll470. Unter rechtspolitischem Gesichtspunkt ließe sich zwar sicher vertreten, die Rechtsfolgen des § 687 Abs.2 BGB auf den Fall zu erstrecken, daß der Geschäftsführer die Rechtswidrigkeit seines Handeins nur für möglich hält; de lege lata ist das Erfordernis positiver Kenntnis jedoch hinzunehmen. Zu einer Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 687 Abs. 2 BGB führt hinsichtlich des Merkmals der Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Geschäftsführung zum einen die bereits dargelegte analoge Anwendbarkeit des § 166 BGB, zum andern § 142 Abs. 2 BGB. Ficht etwa der Verkäufer einer Sache Kaufvertrag und Übereignung wegen arglistiger Täuschung an, nachdem der Käufer die Sache an einen Dritten weiterveräußert hat, so wird die Veräußerung an den Dritten rückwirkend zu einem fremden Geschäft im Sinne des
466 So z. B. Jauernig-Vollkommer. § 687 Rdnr.7; Fikentscher. SchuldR. Rdnr.945; H. Roth. FS Niederländer. S. 380 f.; Nipperdey. FS Böhm. S. 165 f.; Schricker-Wi/d. UrhG. § 97 Rdnr. 74. 467 Vgl. BGHZ 7. 311, 313; Staudinger-Löwisch. § 276 Rdnr. 17; MünchKommHanau. § 276 Rdnr. 61; Erman-Balles. § 276 Rdnr. 16. Ungenau ist daher die Gleichsetzung von "vorsätzlich" mit "wissentlich-willentlich"; so Mot. I, S. 280 = Mugdan I, S. 507; Staudinger-Löwisch. a.a.O.; MünchKomm-Hanau, § 276 Rdnr. 49. 468 So BAG AP Nr. 4 zu § 687 BGB; RGRK-Steffen. § 687 Rdnr. 18; Erman-Ehmann, § 687 Rdnr. 10; Nietlispach. S. 121: v. der Osten. GRUR 1998, S. 287 Ueweils ohne Begründung); ebenso flir § 819 Abs. I BGB BGH NJW 1996.2652.2653. 469 Ebenso Neumann-Duesberg. GRUR 1954. S. 51; wohl auch MünchKomm-Hanau, § 276 Rdnr. 60: flir § 990 Abs. I S. 2 BGB Staudinger-Gursky. § 990 Rdnr. 27. 470 Vgl. KG JR 1985.24.25: SchönkeISchröder-Stree. StGB. § 258 Rdnr. 22.
11. Der subjektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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§ 687 Abs. 2 BGB471. Nach § 142 Abs. 2 BGB ist in diesem Fall die Kenntnis des Geschäftsführers von der Anfechtbarkeit der Übereignung der Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Geschäftsführung im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB gleichzustellen 472 •
b) Die Bedeutung des Erfordernisses wissentlichen Handeins für die Funktion des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem Historisch gesehen war es alles andere als selbstverständlich, daß die zweite Kommission bei der Erstreckung der Rechtsfolgen der Geschäftsführung ohne Auftrag auf die eigennützige Geschäftsführung nicht auch die irrtümliche Eigengeschäftsführung im Sinne des § 687 Abs. 1 BGB einbezog. Für das römische Recht läßt sich schon kaum mit Sicherheit nachweisen, daß das Fremdgeschäftsführungsbewußtsein als Voraussetzung einer "echten" negotiorum gestio angesehen wurde. Jedenfalls aber erkannten die römischen Juristen ein praktisches Bedürfnis für die Erstreckung des Anwendungsbereichs der actio negotii gesti auf den Eigengeschäftsführer unabhängig von der Frage des Fremdgeschäftsführungsbewußtseins an 473 . Vollends bedeutungslos war die Unterscheidung des bewußten und des irrtümlichen Handeins im fremden Rechtskreis für die ältere gemeinrechtliche Doktrin, und auch die Lehre von der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag sonderte die bewußte und die irrtümliche Eigengeschäftsführung noch nicht konsequent voneinander, wenngleich sie das Bedürfnis nach einer abgemilderten Haftung des gutgläubigen Geschäftsführers anerkannte 474 . Die zweite Kommission berief sich bei der Einfügung des späteren § 687 Abs. 2 BGB außer auf "eine im gemeinen Recht verbreitete Ansicht" ausdrücklich auch auf das Vorbild des heutigen Art. 423 schweiz. OR475, dessen Abs. 1 lautet: "Wenn die Geschäftsführung nicht mit Rücksicht auf das Interesse des Geschäftsherrn unternommen wurde, so ist dieser gleichwohl berechtigt, die aus der Führung seiner Geschäfte entspringenden Vorteile sich anzueignen." Von § 687 Abs. 2 BGB unterscheidet sich diese Vorschrift nicht nur dadurch, daß sie dem Wortlaut nach wohl auch auf die "unberechtigte" Geschäftsführung ohne Auftrag im Sinne der §§ 678, 684 BGB bezogen werden
471 RGZ 138.45.48 f.; MünchKomm-Seiier. § 687 Rdnr. 17; Staudinger-Wittmann. § 687 Rdnr. 8. 412 RGZ 138. 45, 48: MünchKomm-Seiier. § 687 Rdnr. 17; Staudinger- Wittmann, § 687 Rdnr. 8: Saergel-Mühl. § 687 Rdnr. 6: Erman-Ehmann. § 687 Rdnr. 4; JauernigJ'al/kammer. § 687 Rdnr. 7. m Vgl. oben S. 27 ff. m Vgl. oben S. 32 ff. m Vgl. oben S. 34.
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I. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
kann, sondern vor allem auch dadurch, daß sie kein Fremdgeschäftsfuhrungsbewußtsein voraussetzt4 76 . Wenn sich die zweite Kommission gegen eine derart weitreichende Regelung der "unechten" Geschäftsfuhrung ohne Auftrag entschieden hat, so deutet dies darauf hin, daß sie dem Rechtsgedanken, daß sich niemand zu seinen Gunsten auf seine eigene Arglist berufen können soll, entscheidende Bedeutung beimaß. Doch nicht nur unter diesem Gesichtspunkt stellt sich die Fassung des § 687 Abs.2 BGB trotz aller Kritik an der Vorschrift als sachgerechter Komprorniß zwischen den Standpunkten der ersten Kommission einerseits, des Art. 423 schweiz. OR andererseits dar. Am wenigsten fallt insoweit ins Gewicht, daß der Verzicht auf das Erfordernis des Fremdgeschäftsfuhrungsbewußtseins den Tatbestand der Geschäftsanmaßung noch weiter vom Grundtatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag entfernt, die von der ersten Kommission gerügte "Denaturierung der negotiorum gestio" noch ein Stück weiter getrieben hätte 477 • Denn das Bewußtsein, fremde Geschäfte im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB zu fuhren, ist kein Tatbestandselement der "echten" Geschäftsfuhrung ohne Auftrag 478 • Der entscheidende Vorzug der Regelung, dessen Tragweite der zweiten Kommission allerdings noch keineswegs bewußt war, liegt darin, daß erst die Beschränkung des Tatbestands in subjektiver Hinsicht die Möglichkeit schafft, dem Institut der Geschäftsanmaßung eine eigenständige Funktion im privatrechtlichen Anspruchssystem, insbesondere im Verhältnis zur Eingriffskondiktion zuzuweisen. Es wurde bereits eingehend dargelegt, daß manches dafur spricht, schon in bezug auf die geschützten Rechtsgüter die Haftung aus § 687 Abs. 2 BGB weiter greifen zu lassen als eine in gleicher Weise auch den Gutgläubigen treffende Eingriffshaftung479 • Vor allem aber muß bei der näheren Bestimmung der Rechtsfolgen berücksichtigt werden, daß eine Haftung, die dem Bösgläubigen gegenüber angemessen erscheint, dem Gutgläubigen gegenüber eine unzumutbare Belastung darstellen kann. Es ist das Verdienst der jüngeren gemeinrechtlichen Lehre, darauf aufmerksam gemacht zu haben, daß eine unterschiedslose Behandlung der bewußten und der irrtümlichen eigennützigen Führung fremder Geschäfte nach den Regeln der Geschäftsfuhrung ohne
Vgl. oben S. 26 f. Fn. 7. In diesem Sinne jedoch Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S.25: "Liegt aber nur fahrlässige oder gar schuldlose Einmischung in fremde Angelegenheiten vor, so wird die Annahme einer negotiorum gestio zu einer farblosen Konstruktion, die den Anspruch auf Gewinnherausgabe nicht erklärt." Vgl. auch Schmidt, S. 113, der in den subjektiven Voraussetzungen des § 687 Abs. 2 BGB die erforderliche, aber auch hinreichende Rechtfertigung für die Einordnung des § 687 Abs. 2 BGB in den Titel über die Geschäftsführung ohne Auftrag sieht. 478 Vgl. oben S. 51 ff. 479 Vgl. oben S. 115 ff. 476
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II. Der subjektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
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Auftrag sachlich nicht gerechtfertigt ist480 • Bedenken hiergegen wurden hauptsächlich unter zwei Gesichtspunkten geltend gemacht: dem der Rechnungslegungspflicht481 und dem der Haftung bei Verlust des Erlangten482 • Aus denselben Gründen will die schweizerische Literatur überwiegend entgegen dem Gesetzeswortlaut wenigstens den schuldlosen Eigengeschäftsführer von der Haftung aus Art. 423 schweiz. OR freistellen 483 oder diese zumindest auf die noch vorhandene Bereicherung beschränken 484 • Für grundsätzlich unbedenklich hält zwar die herrschende Meinung in der Schweiz die Verpflichtung auch des schuldlosen Eigengeschäftsführers zur Herausgabe des aus der Geschäftsführung gezogenen Gewinns, ebenso wie im Ergebnis auch die inzwischen wohl herrschende Lehre in Deutschland, die die entsprechende Rechtsfolge dem Bereicherungsrecht entnimmt. Daß es aber gerade auch in diesem Punkt nahe liegt, die Haftung nach dem Verschuldensgrad abzustufen, wurde bereits angedeutet4 85 und wird noch näher auszuführen sein486 •
c) Die beweisrechtliche Situation hinsichtlich des Merkmals der Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Geschäftsführung Lediglich unter dem Gesichtspunkt der praktischen Schwierigkeit des Nachweises wissentlichen Handeins kann bezweifelt werden, ob die enge Fassung des § 687 Abs. 2 BGB eine richtige Entscheidung des Gesetzgebers war. Obgleich zweifellos die Ausübung fremder Befugnisse zum Zwecke der Erzielung eigener Vorteile weit häufiger bewußt geschieht als sonstiges deliktisches Handeln, ist der Nachweis im Einzelfall naturgemäß nicht leicht zu führen. In erster Linie hierauf dürfte die eher bescheidene (und kontinuierlich rückläufige) Anzahl von Urteilen, die Ansprüche auf der Grundlage des § 687 Abs. 2 BGB zusprechen, zurückzuführen sein. 480 So etwa Köllner, S. 30 f.; Brinkmann, S. 19 ff. Fn. 2; v. Monroy, S. 97 f., 156 ff.; Windscheid, Pandekten II, § 431; Brinz, § 321; Dernburg, § 123; vgl. auch Prot. (1. Komm.), S. 1656 = Jakobs/Schubert, SchuldR III, S. 157; v. Kübel, Begr. zu § 236 des Vorentw. zum Recht der Schuldverhältnisse, S. 28 f. = Schubert, Vorlagen, SchuldR 11, S. 960 f. 481 v. Monroy, S. 157, 164 ff.; Köllner, S. 30; vgl. auch v. Kübel, Begr. zu § 236 des Vorentw. zum Recht der Schuldverhältnisse, S.29 = Schubert, Vorlagen, SchuldR 11,
S.961. 482 Brinkmann, S. 19 ff. Fn. 2; v. Monroy, S. 157, 161 f.; Dernburg, § 123; vgl. auch v. Kübel, BegT. zu § 236 des Vorentw. zum Recht der Schuldverhältnisse, S. 29 = Schubert, Vorlagen, SchuldR 11, S. 961. 483 Vgl. die Nachw. oben S. 26 f. Fn. 7. 484 Vgl. Moser, Herausgabe, S. 218 f.; Th. Fischer, S. 128 f.; Friedrich, ZSR Bd. 64 (1945), S. 47 f., 51; Thum, S. 79 f. 485 Vgl. oben S. 70 ff. 486 Vgl. unten S. 195 ff., 291 ff., 339 ff.
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1. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
Insofern ist es verständlich, wenn in der Literatur vereinzelt de lege ferenda eine Erstreckung des Tatbestandes auf fahrlässiges 487 oder wenigstens grob fahrlässiges 488 Handeln befürwortet wird. Isay wollte in Anlehnung an § 932 Abs. 2 BGB sogar de lege lata den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB auf den Fall grober Fahrlässigkeit ausdehnen 489 • Diese Auffassung ist jedoch mit dem eindeutigen Wortlaut des § 687 Abs. 2 BGB und vor allem mit der Anordnung des § 687 Abs. 1 BGB unvereinbar und wurde daher zu Recht allgemein abgelehnt4 90 • Ebensowenig mit dem Gesetz vereinbar ist der Vorschlag, im Rahmen des § 687 Abs. 2 BGB stets nur den für konkurrierende deliktische Ansprüche geltenden Verschuldensmaßstab anzuwenden 491 • Aus den dargelegten Gründen muß aber auch bezweifelt werden, daß de lege ferenda eine Erstreckung des Tatbestandes auf (grob) fahrlässiges Handeln geboten sei. Der Charakter der Vorschrift würde hierdurch grundlegend verändert. Die scharfe geschäftsfl.lhrungsrechtliche Haftung aus § 687 Abs. 2 BGB wäre dem fahrlässigen Verletzer gegenüber nicht gleichermaßen plausibel zu begründen. Die Beschränkung des § 687 Abs. 2 BGB auf bewußt-rechtswidriges Handeln muß im Grundsatz als Vorzug und nicht als Mangel der Vorschrift gewertet werden, da sie eine sachgerecht nach dem Grad des Verschuldens abgestufte Haftung rur rechtswidriges Handeln ermöglicht. Derartige sinnvolle Differenzierungen des materiellen Rechts sollten nicht mit dem pauschalen Hinweis auf beweisrechtliche Schwierigkeiten wieder aufgegeben werden. Beweisprobleme können sachgerecht nur mit den Mitteln des Beweisrechts gelöst werden. Wo Beweisprobleme den materiellrechtlich geforderten Rechtsschutz weitgehend illusorisch machen, muß die Rechtsprechung mit entsprechenden Beweiserleichterungen reagieren. Übertriebene Anforderungen dürfen an den Nachweis der Kenntnis von der Rechtswidrigkeit, wie überhaupt an den Nachweis innerer Tatsachen, nicht gestellt werden 492 . Das unbefriedigende Ergebnis, daß wirksamer privatrechtlicher Schutz an ebenso strenge Vorausset-
v. Bargen, S. 33; Franke, S. 57 ff., 81. Jakobs, Eingriffserwerb, S. 145 Fn. 56; Kisch, Festg. Reichspatentamt. S. 120. 489 Isay, Geschäftsführung, S. 103 f.; für eine Haftung schon bei einfacher Fahrlässigkeit Fikentscher, SchuldR, 7. Aufl., § 83 III 2 a; anders aber die 9. Aufl" Rdnr. 946. Auch bei § 819 Abs. I BGB wird (für die Eingriffskondiktion) vereinzelt befürwortet. der Kenntnis die grob fahrlässige Unkenntnis gleichzusteHen; so Wilhe/m, Rechtsverletzung, S. 188 Fn. 421; KoppensteinerlKramer, S. 143 f. 490 Gegen die Erstreckung des § 687 Abs. 2 BGB auf grobe Fahrlässigkeit ausdrücklich BGH WM 1955, 1555, 1558; Oertmann, § 687 Anm. 2; Tet=ner. GRUR 1963. S. 554; ehen, S. 113 f.; Westram, S. 64 f. 491 So Bertrams, S. 28 f, 72 n: 492 Vgl. allgemein hierzu BVerfG NJW 1993.2165 f. 487
488
II. Der subjektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
171
zungen geknüpft ist wie die strafrechtliche Sanktion493 , muß auf diese Weise vermieden werden. "In dubio pro reo" darf fUr den Nachweis wissentlichrechtswidrigen Handeins im Zivilprozeß nur mit Einschränkungen gelten. Der Kläger kann den Nachweis wissentlichen Handeins vom Geständnis des Beklagten abgesehen nur anhand äußerer Umstände fUhren. Es wäre hilfreich, wenn fUr die Frage, wann aufgrund dieser äußeren Umstände die Kenntnis des Beklagten als bewiesen angesehen werden kann, allgemeingültige und dem Rechtsschutzinteresse des Klägers gerecht werdende Regeln aufgestellt würden. Die Rechtsprechung zum Nachweis der Kenntnis bestimmter Umstände und sonstiger innerer Tatsachen läßt bislang eine klare Linie vermissen. Bedenklich ist vor allem, daß keine klare Grenze zwischen bloßen Beweiserleichterungen und der Ausdehnung des Tatbestandsmerkmals der positiven Kenntnis in den Bereich der Fahrlässigkeit hinein gezogen wird. Dies gilt namentlich fur den Nachweis der Kenntnis im Rahmen der §§ 439,819 Abs. 1,990 Abs. 1 S.2 BGB. So hat der Bundesgerichtshof wiederholt der Sache nach bewußte Fahrlässigkeit der Kenntnis im Sinne des § 439 BGB gleichgestellt494 • Bei § 990 Abs. 1 S.2 BGB wird seit langem allgemein davon ausgegangen, daß das Tatbestandsmerkmal der Kenntniserlangung schon dann als erfUllt anzusehen sei, wenn ein redlich Denkender sich der Kenntnis nicht entziehen konnte bzw. sich der Handelnde der Kenntnis bewußt verschlossen hat495 • Inzwischen hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich anerkannt, daß diese Grundsätze auch fUr die Kenntnis von der Rechtsgrundlosigkeit im Rahmen des § 819 Abs. I BGB gelten 496 • Im Bereich der §§ 439, 8 I 9 Abs. 1, 990 Abs. 1 S. 2 BGB scheint damit de facto das Erfordernis der positiven Kenntnis der Rechtslage aufgegeben zu sein. Dies ist jedoch aus denselben Gründen abzulehnen, die auch gegen eine Erstreckung des § 687 Abs.2 BGB auf den Fall der grob fahrlässigen Unkenntnis sprechen: Das Erfordernis positiver Kenntnis beruht nicht nur auf einer klaren Entscheidung des Gesetzgebers, sondern hat auch seine sachliche Berechtigung, da es stets die Grundlage fur besonders einschneidende Rechtsfolgen darstellt, die sich nicht ohne weiteres auf den Fall 493 Vgl. Kraßer, GRUR [nt. 1980, S. 271, der davon ausgeht, daß § 687 Abs. 2 BGB wegen der Beschränkung auf wissentliche Verletzungen nur dort zur Anwendung komme, wo auch eine strafrechtliche Verfolgung möglich wäre, und daher wie diese nur geringe praktische Bedeutung habe. 494 BGHZ 1 [0,196,204; BGH NJW 1979,713,714. 495 BGI-IZ 26, 256, 260 f.; 32, 76, 92; Staudinger-Gursky, § 990 Rdnr. 27; Jauernig, § 990 Rdnr. 2. 496 BGH NJW 1987, 185, 187; 1996, 2652, 2653; i. Erg. ähnlich schon OLG I-Iamm NJW 1977, 1824; aus der Literatur vgl. Staudinger-Lorenz, § 819 Rdnr.6; RGRKIleimann-Trosien, § 8[9 Rdnr.3; Erman-II. P. Westermann, § 819 Rdnr. [; Larenz/ Canaris, SchuldR 11/2, § 73 " I a; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 159; Schreiber, JuS 1978, S. 231; Martinek, JZ 1996, S. 1099 ff. (mit ausführlicher Darstellung des Meinungsstandes).
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1. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
selbst grob fahrlässiger Unkenntnis übertragen lassen. Es ist daher Lieb zuzustimmen, der betont, daß der Umstand, daß ein redlich Denkender sich der Kenntnis nicht verschließen konnte, nur beweisrechtliche Bedeutung haben kann 497 . Als Beweiserleichterungen kommen zum einen der Indizienbeweis, zum andem der Prima-facie-Beweis in Betracht. Die Abgrenzung beider Rechtsinstitute ist theoretisch einfach. Sie unterscheiden sich vor allem darin, daß der Indizienbeweis sich auf individuelle Umstände des Einzelfalles gründet, während der Prima-facie-Beweis auf der Anwendung eines allgemeinen Erfahrungssatzes beruht498 . Der Indizienbeweis findet daher vor allem dort Anwendung, wo es an allgemeinen Erfahrungssätzen fehlt. Jedoch sind in der Praxis die Grenzen zwischen Indizienbeweis und Prima-facie-Beweis fließend 499 . Oft fehlt eine klare Stellungnahme, welche Beweiserleichterung gemeint ist. Unklar ist vor allem auch die Einordnung der besonders beim Nachweis innerer Tatsachen häufig angewandten sogenannten tatsächlichen Vermutungen500 . Die Berechtigung dieses Institut neben dem Prima-facie-Beweis ist zweifelhaft, da sich auch die Anwendung der tatsächlichen Vermutungen der Sache nach als eine auf allgemeine Erfahrungssätze gegründete Beweiserleichterung darstelltSol. Die Rechtsprechung steht dem Prima-facie-Beweis in bezug auf den Nachweis innerer Vorgänge allgemein skeptisch gegenüber, da es in solchen Fällen meist an der erforderlichen Typizität des Geschehensablaufs fehle. So lehnt sie einen Prima-facie-Beweis in aller Regel bei der Frage des Nachweises der subjektiven Voraussetzungen grober Fahrlässigkeit502 , der vorsätzlichen Herbeiftihrung eines Versicherungsfalles503 und sonstiger individueller Willensentschlüsse504 ab. Ausnahmen sind aber, wie in der Literatur immer wieder her-
497 MünchKomm-Lieb, § 819 Rdnr. 2. 498 Ygl. Baumgärtei, Rdnr. 279 ff. m. w. Nachw. 499 Ygl. SteinlJonas-Leipold, ZPO, § 286 Rdnr. 117; Schneider, MDR 1971. S. 537. 500Ygl. z. B. RGZ 100,190,193; BGHZ 59,132.136; 92, 70. 73 f.; 98.174. 178f.; BGH WM 1979,253,254; BAG ZIP 1988, 1595, 1601; OLG München YersR 1977. 125. SOl Baumgärtei, Rdnr. 367 ff. Nach Gursky, AcP Bd. 185 (1985). S. 35 ist der Unterschied zwischen der tatsächlichen Vermutung und dem Prima-facie-Beweis überhaupt nur terminologischer Art. 502 BGH NJW-RR 1986, 705, 706; DB 1970.1223; YersR 1972. 171. 172 und 944. 945. 503 BGHZ 100, 214, 216 f.; 104, 256. 259 ff.; BGH YersR 1965. 797; 1967, 269; OLG Köln YersR 1992,89,90; offen BGH JZ 1978. 111. 112. 504 BGH NJW 1968, 2139; 1980. 122.
H. Der subjektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
173
vorgehoben wird, auch in diesen Bereichen durchaus denkbar505 • Auch der Bundesgerichtshof hat vereinzelt die Anwendbarkeit des Prima-facie-Beweises im Bereich individueller Willensentschlüsse anerkannt. So hat er den Primafacie-Beweis zum Nachweis, daß bei Verträgen mit rechtlichen Beratern ein Mandant sich bei ordnungsgemäßer Beratung entsprechend verhalten hätte, zugelassen 506 . Aber auch im Bereich des Nachweises der Kenntnis bestimmter Umstände findet der Prima-facie-Beweis durchaus Anwendung. Ein Beispiel hierfür bildet die Rechtsprechung zur Feststellung einer "Nachbildung" im Geschmacksmusterrecht. Insoweit ist in ständiger Rechtsprechung anerkannt, daß bei einer wesentlichen Übereinstimmung mit dem geschützten Gegenstand prima facie auf die Kenntnis vom Schutzobjekt zu schließen ist507 . Analog hierzu ließe sich bei allen Arten von Immaterialgüterrechtsverletzungen zumindest die Kenntnis vom geschützten Gegenstand nachweisen, die neben der zutreffenden rechtlichen Beurteilung der Lage Voraussetzung rür die Kenntnis des Verletzers von der Rechtswidrigkeit seines HandeIns ist. Darüber hinaus ist aber auch der unmittelbare Schluß von objektiven Umständen auf die Kenntnis der Rechtslage im Wege des Prima-facie-Beweises nicht schlechthin ausgeschlossen 508 • Wenn demgegenüber Schreiber509 und Martinek 510 den Prima-facie-Beweis zum Nachweis der Voraussetzungen des § 819 Abs. 1 BGB kategorisch ablehnen, da die Kenntniserlangung von den intellektuellen Fähigkeiten des einzelnen abhänge, so überspannen sie die Anforderungen an den Prima-facie-Beweis. Begründen äußere Umstände erfahrungsgemäß die Kenntnis der Rechtslage, so entspricht es der Interessen lage, wenn der Handelnde Gründe darlegen muß, die ihn an der Kenntniserlangung
505 Vgl. MünchKomm-Grunsky, vor § 249 Rdnr. 136; MünchKomm-Hanau, § 276 Rdnr. 135; Schneider, MDR 1971, S.537; Waller, ZZP 1977, S. 278 f.; Baumgärlei, Rdnr. 258 ff. m. w. Nachw. 506 BGH N1W 1993,3259 f. 507 Vgl. Z. ß. RGZ 142,145,148; 8GB GRUR 1958,509,511; 1961,635,639; 1966, 681,684; 1972,38,40; 1974,406,409 f.; 1981,269,272. 508 Unerheblich ist dabei, ob der Sachverhalt, der die Grundlage des Prima-facieBeweises bildet, typischerweise die Ursache oder - wie im Falle des geschmacksmusterrechtlichen Prima-facie-Beweises - die Folge der Kenntniserlangung ist. Denn grundsätzlich kann im Wege des Prima-facie-Beweises ebenso auf die Folge wie auf die Ursache eines feststehenden Sachverhalts geschlossen werden; vgl. BGH LM Nr. 26 zu § 286 (e) ZPO. Unzutr. daher RGZ 163, 21, 27 f., wonach nicht ein Prima-facieBeweis, sondern nur ein Indizienbeweis in Betracht kommen soll, wenn es darum geht, von äußeren Umständen auf die dadurch vermittelte Kenntnis bestimmter Tatsachen zu schließen; richtig hingegen OLG Düsseldorf N1W 1952, 1336, 1337 für den Nachweis der subjektiven Voraussetzungen des § 826 BGB. 509 1uS 1978, S. 230. 5101Z 1996, S. 1100.
174
1. Teil: Der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB
gehindert haben, seien diese äußerer oder innerer Natur. Den Interessen des Beklagten wird die Anwendung des Prima-facie-Beweises jedenfalls besser gerecht als die offenbar von der herrschenden Meinung bevorzugte Methode, schon materiellrechtlich der positiven Kenntnis die nach objektiven Maßstäben zu bestimmende bloße Möglichkeit der Kenntnis gleichzustellen. Wo es an einem typischen Geschehensablauf und damit an einem allgemeinen Erfahrungssatz, der prima facie auf die Kenntnis schließen läßt, fehlt, bleibt die Möglichkeit des Indizienbeweises511 . Daß die Zu lässigkeit des Nachweises innerer Tatsachen im Wege des Indizienbeweises auch durch die grundgesetzliche Rechtsschutzgarantie geboten ist, hat das Bundesverfassungsgericht in einem Beschluß vom 30.6.1993 512 klargestellt. Bei konsequenter Anwendung der dargestellten Beweiserleichterungen wird sich der Nachweis der Kenntnis gerade im potentiellen Anwendungsbereich des § 687 Abs. 2 BGB nicht selten führen lassen. Zu denken ist hier etwa an die unberechtigte Untervermietung, die Schmiergeldannahme durch Angestellte oder Geschäftsbesorger, die Verletzung von Geschmacksmuster- und Urheberrechten, die identische Verwendung fremder Marken, manche Formen von unlauterem Wettbewerb und je nach den Umständen des Einzelfalles auch an die Einziehung fremder Forderungen und die Veräußerung fremder Sachen513 •
511 Zum Indizienbeweis beim Nachweis der Kenntnis und sonstiger innerer Tatsachen vgl. etwa RGZ 163,21,28; BGH NJW 1983,2034,2035; 1992,2489 f.; WM 1981, 404, 405; VersR 1989, 109, 110 und 582, 584; OLG Köln VersR 1992, 89, 90; LG Wiesbaden WM 1982,526,527. 512 BVerfG NJW 1993,2165 f. 513 Nach Köndgen, RabelsZ Bd. 56 (1992), S. 749 soll bei Verstößen gegen vertragliche Wettbewerbsverbote prima facie von vorsätzlichem Handeln ausgegangen werden können, da derartige Verstöße typischerweise in Kenntnis der Rechtswidrigkeit erfolgten; vgl. aber zur Frage der Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB in diesen Fällen unten S. 427 ff.
2. Teil
Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB I. Grundgedanken der Rechtsfolgenregelung Der Grundgedanke der Lehre von der unechten Geschäftsftlhrung ohne Auftrag besteht darin, die rechtswidrig-eigennützige Geschäftsftlhrung zu Lasten des Handelnden einer fremdnützigen Geschäftsftlhrung gleichzustellen und dem Verletzten somit zu gestatten, den Handelnden wahlweise als Rechtsverletzer oder als Geschäftsftlhrer ohne Auftrag zu behandeln'. Während zur Begründung hierftlr teilweise nur der Gesichtspunkt der praktischen Angemessenheit geltend gemacht wird2, sehen andere in der Erstreckung der actio negotii gesti auf den böswilligen Eigengeschäftsftlhrer eine Ausprägung des Grundsatzes, daß niemand sich zu seinem Vorteil auf seine unredliche Absicht berufen können solP. Dieser Gedanke lag bereits dem "Erst-recht"-Schluß in D. 3, 5, 5, 5 ("sed nihilo minus, immo magis et is tenebitur negotiorum gestorum actione") zugrunde4 und wurde von der zweiten Kommission in die Worte gefaßt, die Regelung "biete den Vortheil, daß sie dem Geschäftsherrn die Erörterung
, Vgl. Erman-Ehmann, § 687 Rdnr. 3; Esser/Weyers, § 46 I 2 c (mit irrtilmlichem Verweis auf Mot. 11, S. 870 f., wo die gegenteilige Auffassung vertreten wurde); Lent, Gesetzeskonkurrenz, S. 310 f; J. Reimer, S. 134; Nietlispach, S. 93 f.; Thum, S. 54; Kaiser, Nutzungsherausgabe, S. 49; ders., GRUR 1988, S. 504; Ebbecke, Recht Bd. 25 (1921), Sp. 100 f.; Hafttetter, ZBJV Bd. 100 (1964), S.222; Friedrich, ZSR Bd.64 (1945), S. 18, 24. 2 Vgl. oben S. 33 f. 3 Vgl. etwa Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 24 f.: "Daß nun der echte Geschäftsflihrer die Vorteile abzuliefern hat, entspricht seinem Willen; handelt er doch in der Absicht, das Interesse des anderen zu fördern. Hat jemand aber ein fremdes Geschäft als eigenes fUhren wollen, so bedarf die Pflicht zur Gewinnherausgabe einer anderen Begründung. Im Falle bösen Glaubens leuchtet sie ohne weiteres ein: Der Täter soll sich nicht auf seine Unredlichkeit zum Vorteil berufen dürfen." Ähnlich Staudinger-Nipperdey, 11. Aufl., § 687 Rdnr. 15; RGRK-Steffen, § 687 Rdnr.21; Franke, S. 54 ff; Kahler, ArchBürgR Bd.35 (1910), S.97; Ebbecke, Recht Bd.25 (1921), Sp. 100 f.; Nietlispach, S. 93 f.; Widmer, S. 80 f; Lischer, S. 10; Hafttetter, ZBJV Bd. 100 (1964), S. 222, 228; Friedrich, ZSR Bd. 64 (1945), S.18; Brinkmann, S. 29. 4 Vgl. Maser, Herausgabe, S.83; Niederländer, S. 122 Fn.38; Kahler, JherJB. Bd.25 (1887), S. 123; Ferrini, BIDR VII (1894), S. 104 f.; Friedrich, ZSR Bd.64 (1945), S. 18; Hafttetter, ZBJV Bd. 100 (1964), S. 222.
176
2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
der Frage nach der rechtswidrigen Absicht des Schuldners erspare und dem aus einer Geschäftsfiihrung Verklagten die Einrede abschneide, daß er garnicht als redlicher Geschäftsfiihrer, sondern böswillig gehandelt habe"5. Der hier anklingende Gesichtspunkt der replicatio doli gibt jedoch Anlaß zu der KlarsteIlung, daß die Anordnung des § 687 Abs. 2 BGB nicht als bloße spezialgesetzliche Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben im Sinne des § 242 BGB verstanden werden kann. Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB ließen sich weder aus § 242 BGB noch, wie Franke6 meinte, aus § 826 BGB herleiten. Dies ergibt sich schon daraus, daß die Gleichstellung des bösgläubigen Eingreifers mit einem redlichen Geschäftsfiihrer ohne Auftrag nur eine Möglichkeit ist, dem Eingreifer die Berufung auf seine unredliche Absicht zu versagen. Eine andere, ähnlich naheliegende Möglichkeit besteht darin, den bösgläubigen Eingreifer so zu behandeln, als habe er die fremde Rechtsposition nur gegen Zahlung der angemessenen 7 oder vom Berechtigten verlangten 8 VergUtung in Anspruch nehmen wollen. Ohne ausdrtickliche gesetzliche Anordnung können keinesfalls, auch nicht unter dem Gesichtspunkt des venire contra factum proprium, zu Lasten desjenigen, der (sei es auch wissentlich) fremde Rechte verletzt, beliebige Rechtslagen fingiert werden, die bei redlichem Vorgehen bestUnden. Die Gleichstellung des bösgläubigen Eingreifers mit einem redlichen Geschäftsfiihrer ohne Auftrag ist also keine Ausprägung des positivrechtlichen Gebots von Treu und Glauben, sondern nur der rechtspolitische Grundgedanke des § 687 Abs. 2 BGB. Indem der Gesetzgeber die Rechtsfolgen der Geschäftsanmaßung durch Verweisung auf die Vorschriften Uber die Geschäftsfiihrung ohne Auftrag geregelt hat, statt in die Bestimmung eigene, auf den Tatbestand zugeschnittene Rechtsfolgen aufzunehmen, hat er zwar einerseits, wie näher auszufiihren sein wird, in Einzelfragen die Anwendung der Vorschrift erheblich erschwert, andererseits aber doch eine klare Leitlinie fiir die nähere Bestimmung der Rechtsfolgen vorgegeben: Als Grundsatz muß gelten, daß die gegenseitigen Anspruche denen entsprechen, die auch im Rahmen der unmittelbaren Anwendung der in Bezug genommenen Vorschriften gegeben sind. Daß die besonderen Merkmale des § 687 Abs. 2 BGB allerdings im Einzelfall durchaus Modifizierungen gebieten können, sei bereits an dieser Stelle betont. Die unterschiedlichen GeltungsgrUnde sowohl der actio directa als auch der actio contraria bei der Ge-
5 Prot. 11, S. 742 = Mugdan 11. S. 1203; vgl. auch v. Kübel. Begr. zu § 235 des Vorcntw. zum Rccht der Schuldverhältnissc. S. 24 tr = Schuberl. Vorlagen. SchuldR 11. S. 956 ff. 6 S. 55 ff. 7 Vgl. dazu untcn S. 181. 312 Ir. 330. 8 Vgl. dazu untcn S. 181. 212 t:
I. Grundgedanken der Rechtsfolgenregelung
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schäftsanmaßung und der Geschäftsfiihrung ohne Auftrag9 verbieten es, eine schematische Gleichstellung des unrechtmäßig-eigennützigen mit dem redlichen Geschäftsfiihrer ohne Auftrag zu fordern. Der Gedanke, dem Geschäftsfiihrer die Berufung auf seine unredliche Absicht zu versagen, rechtfertigt es zunächst nur, dem Geschäftsherrn die bei einer regulären Geschäftsfiihrung ohne Auftrag bestehenden Ansprüche zuzusprechen. Die Verweisung des § 687 Abs.2 S. I BGB bezieht sämtliche Anspruchsgrundlagen des Geschäftsherrn sowohl aus berechtigter als auch aus unberechtigter Geschäftsfiihrung ohne Auftrag ein. Dies erscheint vom Grundgedanken der Regelung her gesehen folgerichtig: § 687 Abs. 2 BGB fingiert nicht, daß die Übernahme der Geschäftsfiihrung objektiv dem Willen und Interesse des Geschäftsherrn entsprach, sondern lediglich, daß sie in redlicher Absicht, also mit Fremdgeschäftsflihrungswillen, erfolgte. Die Verweisung allein auf die Rechtsfolgen der berechtigten Geschäftsfiihrung ohne Auftrag wäre daher unvollständig. Dem Geschäftsfiihrer versagt das Gesetz zwar nicht jegliche Ansprüche. Es gewährt ihm jedoch nicht den Aufwendungsersatzanspruch des berechtigten Fremdgeschäftsflihrers, sondern nur den - vermeintlich - ungünstigeren Bereicherungsanspruch des unberechtigten Fremdgeschäftsfiihrers. Vom theoretischen Ansatz her ist also die Rechtsfolgenregelung des § 687 Abs. 2 BGB klar und konsequent: Der Geschäftsfiihrer muß sich hinsichtlich sämtlicher in Betracht kommender Ansprüche, je nachdem, weIche Rechtsfolgen fiir ihn ungünstiger sind, vom Geschäftsherrn als berechtigter oder unberechtigter Fremdgeschäftsfiihrer behandeln lassen. Diese Rechtsfolgenanordnung ist jedoch in Rechtsprechung und Literatur in bemerkenswerter Weise nahezu auf einen einzigen Gesichtspunkt reduziert worden: die Abschöpfung rechtswidrig erzielter Gewinne. Zweifellos war gerade die Möglichkeit der Gewinnabschöpfung ein wichtiger, wenn nicht der ausschlaggebende Grund dafiir, daß die Denkform der unechten Geschäftsfiihrung ohne Auftrag sich überhaupt etablieren und schließlich auch Eingang in das BGB finden konnte. Es wurde daher auch hier bei der Bestimmung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 687 Abs. 2 BGB der Gesichtspunkt der Gewinnabschöpfungsfunktion des § 687 Abs. 2 BGB in den Mittelpunkt geste 1It. Gleichwohl ist die Reduzierung der Funktion des § 687 Abs. 2 BGB auf die Möglichkeit der Gewinnabschöpfung fragwürdig, nicht nur deshalb, weil der Herausgabeanspruch aus § 667 BGB nur eine unter mehreren Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB ist, sondern auch deshalb, weil die durch diesen Anspruch
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Vgl. dazu oben S. 54 Ir.
12 Ehen
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
eröffnete Möglichkeit der Gewinnabschöpfung genau genommen nur einen Nebeneffekt darstellt lO • Zudem wird die These, die spezifische Funktion des § 687 Abs. 2 BGB im privatrechtlichen Anspruchssystem liege in der Möglichkeit der Gewinnabschöpfung, zunehmend durch die Ansicht, daß auch die Rechtsfolge der Eingriffskondiktion sich auf die erzielten Gewinne erstrecke, in Frage gestellt. Wer die bereicherungsrechtliche Gewinnhaftung anerkennt, muß entweder § 687 Abs. 2 BGB für überflüssig erklären oder der Vorschrift über die bereicherungsrechtliche Gewinnabschöpfung hinausgehende Rechtsfolgen entnehmen. Während bekanntlich bereits F. Schulz die erstgenannte Konsequenz ziehen wollte I I , hat erstmals Krumm in seiner bislang leider weitgehend unbeachtet gebliebenen Dissertation den Versuch unternommen, unter bewußter Abkehr vom traditionellen Verständnis des § 687 Abs.2 BGB als Gewinnabschöpfungsnorm der Vorschrift eine eigenständige Funktion im privatrechtlichen Anspruchssystem zuzuweisen. Nach Krumm müssen sich die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB der tatbestandlichen Verschiedenheit der Anspruchsgrundlagen entsprechend nach Grund und Inhalt kategorial von denjenigen der Schadensersatz- und der Bereicherungshaftung unterscheiden l2 . Den Grund der Haftung aus § 687 Abs.2 BGB beschreibt Krumm folgendermaßen: "Die Vorschrift beruht auf der Überlegung, daß eine Rechtsordnung, so sie sich ernst nimmt, den Versuch des Rechtsunterworfenen, sich unter Überschreitung der Grenzen der ihm rechtlich zugebilligten Handlungsfreiheit Vorteile zu verschaffen, nicht ohne die Gefahr der Selbstaufgabe hinnehmen kann. Die Rechtsordnung hat diese Versuche in einem Akt der Notwehr zurückzuweisen, soweit sie nicht als aus übergeordneten Gründen gerechtfertigt hinzunehmen sind. Sie weist den Versuch des böswilligen Eigengeschäftsführers, sich unter Überschreitung der seiner Handlungsfreiheit gezogenen Grenzen zu Lasten anderer Vorteile zu verschaffen, zurück, indem sie sich weigert, das rechtswidrige Verhalten des Verletzers als solches zur Kenntnis zu nehmen. Statt dessen fingiert sie diejenigen Umstände, die das Verhalten des Verletzers als rechtsgemäß erscheinen lassen."13 Im Unterschied zum Recht der ungerechtfertigten Bereicherung und zum Schadensersatzrecht würden nach § 687 Abs.2 BGB nicht lediglich die vermögensmäßigen Folgen der Rechtsverletzung verlagert, sondern es werde die Rechtsverletzung als solche negiert l4 . Krumm l5 sieht darin eine Parallele zum Beseitigungsanspruch des § 1004 BGB. Während dieser die gegenwärtige und
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V gl. dazu näher unten S. 195 ff. Vgl. oben S. 38. Krumm. S. 137. Krumm. S. 138 f. Krumm, S. 139. S. 139 ff.
I. Grundgedanken der Rechtsfolgenregelung
179
künftige Beeinträchtigung erfasse, sanktioniere § 687 Abs. 2 BGB die in der Vergangenheit liegende Beeinträchtigung fremder Rechtspositionen. Das Prinzip der Negierung der Rechtsverletzung bei gleichzeitiger Fiktion der Rechtslage, die bei rechtsgemäßem Verhalten des Verletzers bestünde, sieht Krumm 16 auch in einer Reihe anderer Privatrechtsnormen verwirklicht, nämlich in § 990 Abs. I i. V. m. § 987 Abs.2 BGB, in den §§ 116, 162, 179 BGB sowie den §§ 61 Abs. I, 113 Abs. I HGB und § 88 Abs. 2 S. 2 AktG. Dem Grund der Haftung entsprechend will Krumm die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB bestimmen: Aus § 667 BGB ergebe sich der Anspruch auf Herausgabe des gesamten Geschäftserlöses l7 , aus § 677 BGB der Anspruch auf Wahrung von Wille und Interesse des Geschäftsherrn l8 . Aus letzterem folgert Krumm im einzelnen: die Verpflichtung zur gewinnunabhängigen Zahlung der angemessenen oder vom Rechtsinhaber ausdrücklich verlangten Vergütung sowie die Beschränkung des Aufwendungsersatzanspruchs desjenigen, der entgegen dem ausdrücklichen Verbot des Berechtigten dessen Vermögen aufstockt. Dem Ansatz Krumms, Tatbestand und Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB in deutlicher Abgrenzung von Grundsätzen des Bereicherungs- und Deliktsrechts zu bestimmen, ist uneingeschränkt zuzustimmen. Die Schwäche der Konzeption Krllmms beruht darauf, daß er sich nicht damit begnügt, die eigenständige Ratio des § 687 Abs. 2 BGB im Verhältnis zum Bereicherungs- und Deliktsrecht aufzuzeigen und von dieser ausgehend Tatbestand und Rechtsfolgen zu bestimmen, sondern versucht, § 687 Abs. 2 BGB in einen neuen systematischen Kontext einzubinden. Wenn Krllmm l9 die Gemeinsamkeit des § 687 Abs. 2 BGB mit § 1004 BGB und zugleich den Unterschied zum Bereicherungs- und Schadensersatzrecht darin sieht, daß "allein die Negierung der Rechtsverletzung Inhalt und Umfang der Haftung bestimmt", so kann dem nicht gefolgt werden. Auch das Schadensersatzprinzip beruht insofern auf einer Negierung der Rechtsverletzung, als im Vermögen des Verletzten der Zustand hergestellt wird, der ohne die Rechtsverletzung bestünde. Entsprechendes gilt für die Eingriffskondiktion, bei der bei allen Meinungsverschiedenheiten im einzelnen doch im Grundsatz Einigkeit darüber besteht, daß im Vermögen des Eingreifers derjenige Zustand herzustellen ist, der bei rechtmäßigem Verhalten bestünde. Im weitesten Sinne wendet die Privatrechtsordnung dieses Prinzip nahezu überall an, wo überhaupt Rechtsfolgen an eine Rechtsverletzung geknüpft werden.
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S. 155 ff. Krumm. S. 213. Krumm. S. 236 ff. S. 141.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
Die Besonderheit des § 687 Abs. 2 BGB kann entgegen Krumm 20 aber auch nicht darin gesehen werden, daß die Rechtsordnung "unter Hinnahme der tatsächlichen äußeren Handlung des Verletzers die Rechtslage her(stellt), die bei Beachtung der rechtlichen Grenzen der Handlungsfreiheit durch den Verletzer bestünde". Da § 687 Abs. 2 BGB dem Verletzten gestattet, die dem Geschäftsherrn im Rahmen einer Geschäftsfuhrung ohne Auftrag zustehenden Ansprüche geltend zu machen, mag man zwar davon sprechen können, daß das Gesetz eine Rechtslage "unter Hinnahme der tatsächlichen äußeren Handlung des Verletzers" herstelle, im Gegensatz zum Deliktsrecht, dessen einziges Ziel es ist, den Verletzten so zu stellen, wie wenn die rechtsverletzende Handlung unterblieben wäre. Fingiert wird in § 687 Abs. 2 BGB aber nur, daß der Verletzer die Handlung in "rechtmäßiger", nämlich uneigennütziger Absicht vorgenommen habe, nicht jedoch, daß er die rechtlichen Grenzen seiner Handlungsfreiheit beachtet habe. Dies würde ihn grundlos gegenüber dem unberechtigten Fremdgeschäftsfuhrer privilegieren. Der Verletzer wird daher nicht in jeder Hinsicht wie ein berechtigter Geschäftsführer ohne Auftrag gestellt. Vielmehr erfaßt die Verweisung des § 687 Abs.2 BGB, was Krumm völlig übergeht, auch Vorschriften über die unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag. Nach einer Mindermeinung, die auch auf die unberechtigte Fremdgeschäftsfuhrung unabhängig von einer Genehmigung des Geschäftsherrn - sowohl § 677 BGB als auch § 681 BGB anwenden wilFI, sind die Rechtsfolgen der Geschäftsanmaßung sogar identisch mit denen der unberechtigten Fremdgeschäftsfuhrung. Geht der Verletzte aus § 678 BGB vor, so wird letztlich, nicht anders als im Deliktsrecht, im Vermögen des Verletzten die Lage hergestellt, die ohne die rechtsverletzende Handlung bestünde. Schon der Anspruch aus § 678 BGB, der bei der Geschäftsanmaßung nach Vorstellung der Gesetzesverfasser durchaus gleichwertig neben dem aus § 667 BGB steht, zeigt, daß § 687 Abs.2 BGB keineswegs in dem von Krumm behaupteten kategorialen Gegensatz zum Schadensersatzrecht konzipiert wurde. Schon weil die Prämisse, § 687 Abs. 2 BGB fingiere unter Hinnahme der tatsächlich vorgenommenen Handlung die Umstände, die das Verhalten des Rechtsverletzers rechtfertigen würden, in dieser Form nicht zutrifft, kann auch Krumms Versuch nicht überzeugen, § 687 Abs.2 BGB in eine gemeinsame Kategorie mit anderen Vorschriften, die vermeintlich auf demselben Grundgedanken beruhen, einzuordnen. Bei einigen der von Krumm angeführten Vor-
S. 138. So MünchKomm-Seiler. § 677 Rdnr. 43. § 681 Rdnr. 2 f.: Palandt- Thornas, Einf. vor § 677 Rdnr. 4; Wal/schläger. GoA. S. 45 ff. - A. A. etwa Staudinger-Willrnann, § 677 Rdnr. 2. § 681 Rdnr. 2: Errnan-Ehrnann. § 677 Rdnr. 2: RGRK-Steffen, § 677 Rdnr. I: Esser/Wevers. § 46 111 2 a: Laren=. SchuldR 11/1. § 57: Isele, Geschäftsbesorgung. S. 173: Gur;k).'. AcP Bd. 185 (1985). S. 42 f.: Berg. j~S 1975. S. 682. 20
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I. Grundgedanken der Rechtsfolgenregelung
181
schriften bereitet es im übrigen auch Mühe, überhaupt eine signifikante Parallele zu § 687 Abs. 2 BGB zu erkennen 22 . Am deutlichsten ist die Parallele zweifellos zu den handels- und gesellschaftsrechtlichen Eintrittsrechten und zu § 990 Abs. I i. V. m. § 987 Abs. 2 BGB. Doch fügen gerade diese Regelungen sich insofern am wenigsten in Krumms Konzeption ein, als er das Prinzip der Fiktion derjenigen Rechtslage, der der Verletzer bei rechtmäßiger Handlungsweise zu unterstellen gewesen wäre, ausdrücklich nur bei bewußt-widerrechtlichem Verhalten fiir gerechtfertigt hält23 •
Krumm macht. indem er die Verweisung des § 687 Abs. 2 BGB auf die Vorschriften über die Geschäftsfiihrung ohne Auftrag in eine Fiktion der bei rechtmäßigem Vorgehen bestehenden Rechtslage uminterpretiert, in anderer Fonn denselben Fehler, den er der herrschenden Meinung vorwirft: die spezifische Ratio des § 687 Abs. 2 BGB zu mißachten und seine Rechtsfolgenanordnung nicht konsequent zu befolgen. Bei der näheren Untersuchung der Rechtsfolgen des § 687 Abs.2 BGB verliert Krumm das Prinzip der Gleichstellung des Verletzers mit einem redlichen Fremdgeschäftsführer gänzlich aus den Augen. Von seiner Prämisse ausgehend durchaus konsequent gestattet Krumm 24 dem Geschäftsherrn auf der Grundlage des § 677 BGB, den Geschäftsfiihrer nicht nur so zu behandeln, als hätte dieser sich in der für einen uneigennützigen Geschäftsführer charakteristischen Weise bei Ausübung der Rechtsposition des Geschäftsherrn dessen Willen und Interesse untergeordnet, sondern zu Lasten des Geschäftsführers auch beliebige andere rechtmäßige Vorgehensweisen zu fingieren. Auf diese Weise gelangt Krumm zu einem Anspruch des Geschäftsherrn auf die übliche oder die vom Geschäftsherrn verlangte Vergütung 25 . Mit der Rechtsfolgenanordnung des § 687 Abs. 2 BGB hat dies nichts mehr zu tun. Die Fiktion der Rechtslage, die den Anspruch auf die übliche oder verlangte Vergütung rechtfertigen würde, unterscheidet sich von der durch § 687 Abs. 2 BGB angeordneten Fiktion in doppelter Weise grundlegend: Wer dem Willen und Interesse des Berechtigten entspricht, indem er die übliche oder vom Berechtigten verlangte Vergütung zahlt, übt die Rechtsposition nicht "auftragslos", sondern auf vertraglicher Grundlage, und nicht fremdnützig, sondern eigennützig aus. Es wird zu zeigen sein, daß es derartiger Umdeutungen des § 687 Abs.2 BGB gar nicht bedarf, um der Vorschrift Rechtsfolgen zu ent-
22 Hinsichtlich § 116 BGB räumt Krumm. S. 170 selbst ein, daß schon die Annahme. dem Erklärungsempfanger stehe ein Anspruch auf Unterlassung des geheimen Vorbehalts zu ...gekünstelt" erscheinen könne. 13 V gl. Krumm. S. 189 ff. 24 S. 236 ff. 25 Ähnlich neuestens Geballer. Jura 1998, S. 134: Die Anordnung des § 687 Abs. 2 BGB lasse sich dahingehend verallgemeinern. daß. wer bewußt in fremde Rechtspositionen eingreife. wie aus einem den Eingriff rechtfertigenden Vertrag hafte.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
nehmen, die sich in praktisch durchaus relevanter Weise von denen des Bereicherungs- und Deliktsrechts unterscheiden.
11. Die Geltendmachung der Ansprüche durch den Geschäftsherrn Die gemeinrechtliche Theorie der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag ging davon aus, daß das Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag bei der eigennützigen Geschäftsführung zwar nicht ipso iure, wohl aber aufgrund eines einseitigen Willensaktes des Geschäftsherrn zur Entstehung gelangen könne. Dieser Willensakt sollte - gemäß dem Quasikontraktsgedanken, dem die gemeinrechtliche Doktrin insoweit auch für die eigennützige Geschäftsführung verhaftet blieb - die Genehmigung (ratihabitio) durch den Geschäftsherrn sein 26 . Das BGB ist dieser Auffassung - wenigstens dem Gesetzeswortlaut nach - zu Recht nicht gefolgt. Im Unterschied zur Regelung über die unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag ist in § 687 Abs. 2 BGB nicht von der Genehmigung der Geschäftsführung, sondern nur von der Geltendmachung der Ansprüche durch den Geschäftsherrn die Rede. Eine Genehmigung im technischen Sinne des § 184 BGB kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Geschäftsführungshandlung kein Rechtsgeschäft ist. Hierin unterscheidet sich allerdings die Geschäftsanmaßung nicht von der unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag. Der Begriff der Genehmigung kann auch bei § 684 S. 2 BGB nicht im engeren Sinne des § 184 BGB verstanden werden. Die Genehmigung im Sinne des § 684 S. 2 BGB hat jedoch mit derjenigen im Sinne des § 184 BGB die Wirkung gemeinsam, daß das Geschäft in der Form, in der es ausgeführt wurde, als (ex tunc) rechtmäßig behandelt wird. Wie bei einer echten Genehmigung im Sinne des § 184 BGB wird auch im Falle des § 684 S. 2 BGB der Inhalt des Geschäfts abgesehen von der rechtfertigenden Wirkung der Genehmigung nicht verändert 27 . Dementsprechend könnte auch bei § 687 Abs. 2 BGB eine Genehmigung der Geschäftsführung nur zur Folge haben, daß die unerlaubte Geschäftsführung in der Form, in der sie ausgeführt wurde, als von vornherein rechtmäßig behandelt würde. Dies könnte aber genau genommen nur bedeuten, daß der Geschäftsherr etwa den Verkauf seiner Sache als für Rechnung des Geschäftsführers vorgenommen gegen sich gelten lassen müßte 28 • Die dem Geschäftsherrn bei uneigennütziger
26 v. Monroy. S. 67 ff.; Zimmermann. S. 30; vgl. auch Jhering. Abh., S. 83; v. Kübel, Begr. zu § 243 des Vorentw. zum Recht der Schuldverhältnisse. S. 55 = Schubert, Vorlagen. SchuldR 11. S. 987. 27 Vgl. allgemein hierzu Erman-Brox. vor § 182 Rdnr. 7; Palandt-Heinrichs, Einf. vor § 182 Rdnr. 4. 28 Vgl. Heck. S. 427.
H. Die Geltendmachung der Ansprüche durch den Geschäftsherrn
183
Geschäftsführung ohne Auftrag zustehenden Rechte könnte er auf diese Weise überhaupt nicht erwerben. Der Verzicht auf das Genehmigungserfordernis im Sinne der gemeinrechtlichen Doktrin hat praktische Bedeutung für die Fälle, in denen die tatbestandliche Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB nur mit der Eigennutzungsbefugnis, aber nicht mit der Lizenzbefugnis des Verletzten begründet werden kann. Geht man von der Vorstellung der gemeinrechtlichen Doktrin aus, daß die actio negotii gesti erst durch eine Genehmigung der Handlung des Eingreifers zur Entstehung gelange, so könnte die unbefugte Ausübung eines fremden Rechts einen Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB nicht begründen, wenn der Berechtigte ausnahmsweise nicht befugt ist, die Ausübung des Rechts einem andern zu übertragen. Denn genehmigungsfl:ihig ist eine Handlung nur dann, wenn sie durch die Genehmigung rechtmäßig wird. Durchaus konsequent vertrat daher v. Monroy9 für die beschränkte persönliche Dienstbarkeit die Auffassung, daß ein Dritter, der unbefugt Handlungen vornimmt, zu denen der Inhaber der Dienstbarkeit berechtigt wäre, ohne jedoch ihre Vornahme einem andern übertragen zu dürfen (vgl. § 1092 Abs. I BGB), nicht mit der actio directa in Anspruch genommen werden könne. Im Hinblick auf das Postulat der Abschöpfung widerrechtlich erlangter Vorteile ist dieses Ergebnis unbefriedigend. Der Verzicht auf das Genehmigungserfordernis in § 687 Abs. 2 BGB unterstreicht insofern, daß es sich bei der Vorschrift nicht um ein quasikontraktliches Rechtsinstitut, sondern um eine besondere Sanktion für bewußt-rechtswidrige Eingriffe handelt. Die Geltendmachung der Ansprüche aus § 687 Abs. 2 BGB hat auch nicht etwa die Wirkung, daß ex nunc das Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag entstünde30 • Dies wäre mit der Einbeziehung von Rechtsfolgen der unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag in die Verweisung des § 687 Abs. 2 BGB nicht vereinbar. Die spezifische Wirkung der Geltendmachung im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB liegt vielmehr allein darin, daß sie den Gegenanspruch des Geschäftsführers aus § 687 Abs.2 S.2 BGB zur Entstehung bringt31 •
S. \09 f. Vgl. RGRK-Stejfen. § 687 Rdnr. 22: Lent. Gesetzeskonkurrenz. S. 309 ff.: Me/u/fis. S. 140. 31 Zutr. Staudinger-lI'ittmann. § 687 Rdnr. 15. - Vgl. dazu auch unten S. 259. 19 JO
184
2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
IH. Der Herausgabeanspruch 1. Die Lehre von der Gewinnabschöpfungsfunktion des § 687 Abs. 2 BGB
Hinsichtlich der Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im System der Anspruchsgrundlagen des BGB stehen sich, wie schon wiederholt angesprochen, seit jeher im wesentlichen zwei Auffassungen gegenüber. Nach herrschender Meinung liegt die besondere Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB in der durch den Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB ermöglichten Gewinnabschöpfung, die auf der Grundlage des Deliktsrechts, aber auch des Bereicherungsrechts grundsätzlich nicht möglich sei 32 • Nach der Gegenansicht eröffnet bereits die Eingriffskondiktion verschuldensunabhängig die Möglichkeit der Gewinnabschöpfung, so daß gerade die Rechtsfolge der §§ 687 Abs. 2 S. 1,681 S. 2, 667 BGB bedeutungslos sej33. Hiernach scheint es, als sei § 687 Abs. 2 BGB jedenfalls in der Praxis unentbehrlich, solange die Rechtsprechung im Bereicherungsrecht - abgesehen vom Fall des § 816 Abs. 1 BGB - eine Gewinnhaftung ablehnt. Demgegenüber vertritt jedoch Krumm 34 zum Beleg seiner These, die herrschende Meinung verfehle ihr Ziel, § 687 Abs. 2 BGB eine spezifische Funktion im gesetzlichen System des Rechtsgüterschutzes zuzuweisen, die Auffassung, in der Praxis unterscheide sich "bei Lichte betrachtet ... die sogenannte Gewinnhaftung nach Grund und Inhalt nicht von der bereicherungs- wie schadensersatzrechtlich begründeten Wertersatzhaftung". Krumm 35 beruft sich auf das "Kunststoffhohlprofil lI-Urteil" des Bundesgerichtshofs vom 24.1l.l98 j36, in dem der Bundesgerichtshof zur Bemessung des Bereicherungsanspruchs bei der Verletzung eines Gebrauchsmusters Stellung nimmt. Hier heißt es über den Bereicherungsanspruch, der Verletzer solle "das herausgeben, was er durch rechtswidrigen Einbruch in eine fremde geschützte Rechtssphäre erzielt hat"37. Diese Formulierung scheint allerdings tatsächlich in gleicher Weise auf den Herausgabeanspruch aus § 687 Abs. 2 BGB zuzutreffen. Jedoch setzt der Bundesgerichtshof den Gegenstand des Bereicherungsanspruchs von demjenigen des Anspruchs aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB dadurch ab, daß er als erlangten Gegenstand im Sinne des § 812 BGB den "Gebrauch des imma-
32
Vgl. die Nachw. oben S. 68 f. Fn. 125.
33 Vgl. die Nachw. oben S. 38 Fn. 63 f. S. 113. S. 114 ff. 36 BGHZ 82, 299 ff. 37 BGHZ 82, 299, 306. 34 35
III. Der Herausgabeanspruch
185
teriellen Schutzgegenstandes" ansieht38, dessen objektiver Wert zu vergüten seP9. Gerade durch die Bemessung des Bereicherungsanspruchs nach dem objektiven Wert des Nutzungsvorteils meint aber die herrschende Meinung den auch vom BundesgerichtshoflO betonten kategorialen Unterschied zur Haftung aus § 687 Abs. 2 BGB begründen zu können. Nach Auffassung Krumms 41 soll in der Praxis ein Unterschied zwischen Wertersatz und Gewinnherausgabe jedoch deshalb nicht existieren, weil der Bundesgerichtshof die Gewinnherausgabepflicht, soweit er sie im Grundsatz anerkennt, nach der sogenannten Ertragsfaktorenrechnung auf den gerade dem widerrechtlich in Anspruch genommenen Rechtsgut zuzurechnenden Gewinnanteil beschränke. Letzteres trifft zwar zu, doch ist auch damit die grundsätzliche Möglichkeit der Unterscheidung von Gewinnherausgabe und Wertersatz noch nicht in Frage gestellt. Anteilige Gewinnherausgabe und Wertersatz wären nur dann gleichzusetzen, wenn man der von Teilen der Literatur vertretenen, von der Rechtsprechung jedoch abgelehnten Lehre vom subjektiven Wertbegriff folgte. Bestimmt man den Wert des Eingriffsgegenstandes mit der Rechtsprechung objektiv, d. h. in den praktisch wichtigsten Fällen der Immaterialgüterrechtsverletzungen anhand der angemessenen Lizenzgebühr4 2, so kann die Gewinnherausgabe mehr oder auch weniger sein als Wertersatz, und zwar auch dann, wenn man mit der Rechtsprechung dem Verletzten bei gleichzeitigem Einsatz eigener Rechtsgüter des Verletzers nur einen anteiligen Gewinnherausgabeanspruch zuspricht43 • Daß der anteilige Verletzergewinn, ebenso wie der objektive Wert, meist nur im Wege der Schätzung zu ermitteln ist, ändert hieran im Grundsatz nichts. Denn der Gegenstand der Schätzung ist unterschiedlich: Bei der Bestimmung des Wertersatzanspruchs ist entscheidend,
BGHZ 82, 299, 307. BGHZ 82, 299, 305 ff. 40 BGHZ 82, 299, 308. 41 S. 113 ff. 42 Zur Bestimmung der angemessenen Lizenzgebühr bei Immaterialgüterrechtsverletzungen vgl. Benkard-Rogge, PatG, § 139 Rdnr. 63 ff.; Großkomm. UWG-Köhler, vor § 13 Abschn. B Rdnr. 329 ff.; Teplitzky, Kap. 34 Rdnr. 27 ff.; Pietzcker, GRUR 1975, S. 55 ff.; Preu, GRUR 1979, S. 758 ff.; Kraßer, GRUR Int. 1980, S. 263 f.; Lutz, S. 64 ff. 43 A. A. offenbar für die Patentverletzung Wittmann, S. 159: Der objektive Verkehrswert könne bei einem Patent nicht in der Weise von dem erzielten Gewinn getrennt werden wie der Wert einer Sache vom erzielten Erlös. Der Gewinn, der auf dem Patent beruhe, repräsentiere vielmehr den Wert des Patents. Die Auffassung der Rechtsprechung, auch der von Wittmann zitierten Entscheidungen (RGZ 156,321 ff.; BGHZ 34, 320 ff. "Vitasulfal"), ist dies aber nicht. Denn die Rechtsprechung unterscheidet in Form der zweiten und dritten Schadensberechnungsmethode den Anspruch auf Entrichtung der angemessenen Lizenzgebühr durchaus von dem Anspruch auf anteilige Gewinnherausgabe. 38
39
186
2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
weIches Entgelt der Gläubiger billigerweise (und damit notwendigerweise unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen) rur die Gestattung der Nutzung seines Rechtsguts hätte verlangen können. Bei der Bestimmung des anteiligen Gewinnherausgabeanspruchs ist dagegen entscheidend, weIcher Anteil des konkreten vom Verletzer erzielten Gewinns gerade dem fremden Rechtsgut zuzurechnen ist. Die Bestimmung des dem Verletzten zustehenden Gewinnanteils ist am unproblematischsten dann, wenn der Verletzer selbst zuvor bereits entsprechende Geschäfte ohne Einsatz des fremden Rechtsguts getätigt hatte. Erzielt er dann unter sonst gleichen Bedingungen mit den rechtsverletzenden Geschäften einen höheren Gewinn, so kann davon ausgegangen werden, daß der Mehrgewinn auf der Rechtsverletzung beruht, indem diese es ermöglicht hat, die verkaufte Stückzahl oder den Stückpreis zu steigern oder die Kosten zu senken. Wenn jemand unter Einsatz eines fremden Rechtsguts einen Gewinn "a" erzielt hat, ist es also grundsätzlich durchaus möglich und sinnvoll zu fragen, welchen Gewinn "a - x" er ohne dieses Rechtsgut erzielt hätte44 • Stellt beispielsweise A
44 Zu pauschal ist somit die Behauptung, es könne keinesfalls ein Gut hinweggedacht werden, ohne daß der gesamte Erfolg entfiele; so etwa ReuterlMartinek, S. 540 ff.; Reeb, S. 108 f.; Büsching, S. 147; Haines, S. 125 f.; Nietlispach, S.40; Kaiser, Nutzungsherausgabe, S. 169 f.; vgl. auch F. Schutz, AcP Bd. 105 (1909), S. 106 ff.; Jakobs, Eingriffserwerb, S. 124 f. - Schon im Ansatz verfehlt ist die erkenntnistheoretische Grundsatzkritik, mit der Kellmann (Gewinnhaftung, S. 134 ff.) die Berechtigung des "Kausaldogmas" im Zusammenhang (u. a.) mit der Frage der Gewinnhaftung in Zweifel ziehen will. Entscheidend können für die Rechtsanwendung nur die praktischen Resultate sein, die sich unter Anwendung eines gedanklichen Hilfsmittels erzielen lassen. Man muß sich also fragen, welchen Zielen der Anspruch auf Herausgabe der widerrechtlich erzielten Vorteile dient. Das eine Ziel ist die Herstellung ausgleichender Gerechtigkeit: Der bestehende Ist-Zustand ist dem von der Rechtsordnung vorgegebenen Soll-Zustand anzugleichen, was nur durch die von Kellmann (a.a.O., S. 136) abgelehnte Unterscheidung eines realen und eines hypothetischen Kausalverlaufs zu erreichen ist. Der Gesetzgeber hat dies für das Schadensersatzrecht, das "spiegelbildliche Gegenstück" zur Gewinnhaftung, in den §§ 249, 252 BGB ausdrücklich angeordnet. Auch dem kann sich der Jurist nicht unter Berufung auf erkenntnistheoretische Bedenken entziehen. Das zweite, bei der Abschöpfung bewußt-rechtswidrig erzielter Gewinne im Vordergrund stehende und auch von Kellmann (a.a.O., S. 14, 16,56) anerkannte Ziel ist die Motivation der Rechtssubjekte zu rechtstreuem Verhalten. Insoweit rechtfertigt sich die Anwendung des Kausaldogmas aus der einfachen Überlegung, daß das Handeln der Rechtssubjekte ebenfalls von der Anwendung des Kausaldogmas bestimmt wird. Wenn die Rechtssubjekte zu einer Rechtsverletzung durch die aus der Alltagserfahrung gewonnene Aussicht, aufgrund der Rechtsverletzung einen Vorteil zu erlangen, motiviert werden, ist es unter Präventionsgesichtspunkten geboten, jeden Vorteil zu entziehen, der gemäß ebendieser Anschauung des Alltagslebens tatsächlich durch die Verletzung erlangt wurde. Kellmanns Feststellung (a.a.O., S. 135), das Kausalurteil sei nicht "nomologisches Wissen", sondern "Ausdruck der Lebenserfahrung", kann schon deshalb keinen Einwand gegen die Anwendung des Kausalprinzips darstellen. Ohne das Kausalprinzip der Alltagserfahrung kann im übrigen auch Kellmann nicht auskommen, wenn er "unter bewußter Außerachtiassung aller Kausaltheorien" den Gewinn nach dem
III. Der Herausgabeanspruch
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Sachen mit einem Produktionsaufwand von 50 DM pro Stück her und veräußert er sie für 100 DM, so beträgt sein Reingewinn 50 DM. Verwendet er nun unbefugt ein Patent des B und kann er hierdurch bei einem Produktionsaufwand von 60 DM einen Stückpreis von 120 DM erzielen, so beträgt sein Reingewinn 60 DM. Auf den unbefugten Eingriff entfallen somit 10 DM. Dieser Betrag muß aber nicht identisch mit der angemessenen Lizenzgebühr sein. Er wird vielmehr zumindest dann, wenn nach Lage des Falles eine Lizenzerteilung tatsächlich in Betracht gekommen wäre und A alle durch die Verwendung des Patents eröffneten Gewinnchancen realisiert hat, durchaus höher als die angemessene Lizenzgebühr liegen. Denn die angemessene Lizenzgebühr wird grundsätzlich so zu bemessen sein, daß bei dem fiktiven Lizenzvertrag beide Seiten profitierten. Wäre die für die Nutzung des fremden Rechtsguts zu entrichtende Lizenzgebühr ebenso hoch wie der durch die Nutzung erzielbare Gewinn, wäre der Abschluß eines Lizenzvertrags für den Lizenznehmer wirtschaftlich sinnlos. Diese einfache Rechnung wird zwar bei unbefugten Eingriffen in fremde Rechte häufig nicht aufgehen. Kann A etwa gar nicht in der Weise produzieren, daß eine entgeltliche Nutzung des verletzten Patents sich lohnen würde, oder hat er die durch das Patent eröffneten Gewinnmöglichkeiten nicht ausgeschöpft, so kann der von B zu beanspruchende Gewinnanteil auch unter der angemessenen Lizenzgebühr liegen. Dies bestätigt aber nur, daß die Ansprüche auf anteilige Gewinnherausgabe und auf Ersatz des objektiven Wertes keinesfalls gleichgesetzt werden können. Krumm meint nun allerdings, daß in der Praxis aufgrund der zur Bemessung des Gewinnherausgabeanspruchs einerseits, des Wertersatzanspruchs andererseits an gewandten Grundsätze der postulierte Unterschied zwischen dem Gewinnherausgabeanspruch aus § 687 Abs. 2 BGB und dem Bereicherungsanspruch bzw. dem nach der angemessenen Lizenzgebühr bemessenen Schadensersatzanspruch nicht erkennbar sei. Denn der Bundesgerichtshof bemesse "in der Sache den herauszugebenden Gewinnanteil oftmals nicht unter Ermittlung des konkret erwirtschafteten Erlöses, sondern ebenso wie die Höhe der nach der zweiten Schadensberechnungsmethode zu zahlenden Lizenzgebühr sowie des bereicherungsrechtlichen Wertersatzanspruchs nach dem sogenannten objektiven Wert der Verwendung des fremden Rechtsguts"45. Auch dem kann in dieser Form aber sicher nicht gefolgt werden. Denn einerseits fehlt es nicht an Entscheidungen, die belegen, daß (anteilige) Gewinnherausgabe und Wertersatz von der Rechtsprechung durchaus nach je eigenen
Werl der Ertragsfaktoren verteilen will (a.a.O., S. 140). Denn was den Wert eines Ertragsfaktors bestimmt, ist doch gerade der Gewinn, der sich nach der Lebenserfahrung durch den Ertragsfaktor erzielen läßt. 45 Krumm, S. 117.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
Grundsätzen ennittelt werden 46 • Andererseits eignet sich von den von Krumm 47 angeführten Urteilen allenfalls eines zum Beleg seiner These. Krumm beruft sich u. a. auf zwei Urteile des Bundesgerichtshofs vom 16.2.1973 48 und vom 13.7.1973 49 • Die Heranziehung dieser Urteile in diesem Zusammenhang kann zwar nicht schon deshalb als unzulässig abgelehnt werden, weil sie sich nicht unmittelbar auf § 687 Abs. 2 BGB, sondern auf den Gewinnherausgabeanspruch nach der dritten Schadensberechnungsmethode beziehen. Denn Krumm geht zu Recht davon aus, daß im Verständnis der herrschenden Meinung kein Unterschied zwischen der Rechtsfolge der §§ 687 Abs.2 S. 1, 681 S.2, 667 BGB und der dritten Schadensberechnungsmethode besteht50 • Die angeruhrten Urteile beschränken jedoch lediglich aufgrund der nach § 242 BGB vorzunehmenden Interessenabwägung die Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht der Beklagten, da der herauszugebende Gewinnanteil ohnehin zu schätzen und daher eine weitergehende Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht der Beklagten nicht geboten sei. Davon, daß der herauszugebende Gewinnanteil mit dem objektiven Wert der widerrechtlich in Anspruch genommenen Rechtsposition identisch sei, ist in beiden Urteilen keine Rede. Das weitere von Krumm angeführte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.3.1954 51 bezieht sich ausschließlich auf den Anspruch aus § 987 Abs. I BGB. Das Gericht beschränkt hier zwar in der Tat den Herausgabeanspruch auf den objektiven Wert der Sachnutzung. Daraus wird man aber nicht schließen können, daß Wertersatz und (anteilige) Gewinnherausgabe gleichgesetzt würden. Ob sich, wie dies etwa Medicus 52 und Gursky53 ausdrücklich vertreten, ein weitergehender Gewinnherausgabeanspruch bei wissentlich-unberechtigter Nutzung aus § 687 Abs. 2 BGB ergeben kann, bleibt in diesem Urteil offen. Aus entsprechenden Gründen gibt auch das Urteil des Reichsgerichts vom 5.12.1919 54 , in dem nur ein bereicherungsrechtlicher Nutzungsherausgabeanspruch zur Diskussion stand, rur Krumms These nichts her.
46 Vgl. etwa BGHZ 119, 20, 31 "Tchibo/Rolex 11", wo festgestellt wird, daß im konkreten Fall der nach der dritten Schadensberechnungsmethode herauszugebende Gewinnanteil die angemessene Lizenzgebühr keinesfalls erreichen werde. 47 S. 117 ff. 48 BGH GRUR 1973,375, 377 f. "Miss Petite" (insoweit in BGHZ 60, 206 ff. nicht abgedruckt). 49 BGH GRUR 1974,53 ff. "Nebelscheinwerfer". 50 Vgl. dazu näher unten S. 190 ff., 328 ff. 51 BGH JR 1954,460 f. 52 MünchKomm-Medicus, § 987 Rdnr. 14. 53 Staudinger-Gursky, § 987 Rdnr. 19. 54 RGZ 97, 245, 252.
III. Der Herausgabeanspruch
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Schließlich bestätigt auch das "Fleischereiurteil" des Bundesgerichtshofs vom 25.9.1952 55 Krumms These nicht. Hier versagte der Bundesgerichtshof zwar dem Kläger einen über den aus §§ 987 ff. BGB begründeten Anspruch auf Ersatz der reinen Sachnutzungen hinausgehenden Gewinnherausgabeanspruch aus § 687 Abs. 2 BGB56. Dies geschah jedoch nicht etwa, wie Krumm 57 behauptet, mit der Begründung, daß der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB inhaltlich nicht über den Anspruch aus §§ 990, 987 BGB hinausgehe. Vielmehr lehnte der Bundesgerichtshof den Anspruch - wenn auch mit dogmatisch unhaltbarer Begründung und wohl gerade, weil die in § 687 Abs. 2 BGB angeordnete Haftung im konkreten Fall als zu weitgehend empfunden wurde 58 schon dem Grunde nach ab, da der Beklagte kein fremdes Geschäft im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB gefLihrt habe. Es bleibt daher von den von Krumm angeftihrten Entscheidungen nur ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.5.197859 . Zwar ging es auch in diesem Urteil nur um einen Nutzungsherausgabeanspruch nach § 987 Abs. 1 BGB. Doch spricht das Urteil ausdrücklich von einem Gewinnherausgabeanspruch des Klägers, dessen Höhe nach § 287 ZPO zu schätzen sei, und setzt diesen Gewinnherausgabeanspruch mit dem objektiven Gebrauchs- und Ertragswert des von der Beklagten genutzten Betriebsgrundstücks gleich. Kann auch dieses Urteil schwerlich dahingehend verallgemeinert werden, daß in der Praxis der Sache nach nicht zwischen Wertersatz und Gewinnherausgabe unterschieden werde, so zeigt es doch zumindest deutlich, daß der erzielte Nettogewinn oft nur anhand sehr grober Schätzungen auf einzelne Ertragsfaktoren zurückzuftihren ist und nicht selten der objektive Nutzungswert noch den zuverlässigsten Anhaltspunkt ftir die Schätzung des herauszugebenden Gewinnanteils darstellen wird 60 . Hinzu kommt, daß der Verletzte auch dann, wenn der ihm zustehende Gewinnanteil tatsächlich auf der Grundlage des vom Verletzer erzielten Nettogewinns berechnet wird, in der Praxis oft weniger erhalten wird, als ihm in der Theorie zustünde. Denn zur Bezifferung des Gewinnherausgabeanspruchs ist der Verletzte auf die Auskunft und Rechnungslegung des Verletzers angewiesen. Mit einigem Geschick kann der Verletzer daher seinen Gewinn durch
BGIIZ 7, 208 ff 8GHZ 7, 208, 218. 57 S.117f SR Dazu näher unten S. 393 ff 59 8GII NJW 1978, 1578. 60 So auch deutlich für die dreifache Schadensbereehnung 8GII GRUR 1987,37,40 ., Videolizenzvertrag"; für den Bereicherungsanspruch schon Kisch, Festg. Reichspatentamt, S. 97; für 687 Abs. 28GB Merlens. JuS 1962, S. 268 f; für Art. 423 schweiz. OR Lischer, S. 100. 55
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
"frisierte Bilanzen" herunterspielen 61 . Die praktischen Schwierigkeiten bei der Bestimmung des herauszugebenden Gewinnanteils führen daher im Ergebnis dazu, daß der Verletzte im Wege des Gewinnherausgabeanspruchs nur selten mehr erhalten wird als bei Geltendmachung des Wertersatzanspruchs. Jedenfalls werden die Ansprüche auf Gewinnherausgabe und Wertersatz in aller Regel nicht weit auseinanderliegen. Den deutlichsten Ausdruck findet diese Annäherung von Gewinnherausgabe und Wertersatz in der Praxis der dreifachen Schadensberechnung. Hier ist die dritte von der zweiten Berechnungsmethode weitgehend verdrängt worden 62 . Ein Grund hierfür muß zwar auch darin gesehen werden, daß der Anspruch auf die angemessene Lizenzgebühr mit geringerem prozessualem Aufwand durchsetzbar ist. Insofern ist die geringe Bedeutung der dritten Schadensberechnungsmethode zugleich ein Indiz dafür, daß die Rechtsprechung durchaus nach wie vor die Verfahren der Ermittlung der angemessenen Lizenzgebühr und des Verletzergewinns konsequent unterscheidet. Doch würde der erhöhte prozessuale Aufwand die Kläger wohl kaum von der Geltendmachung des Gewinnherausgabeanspruchs abhalten können, wenn sie sich hiervon einen die angemessene Lizenzgebühr nennenswert übersteigenden Ertrag versprechen dürften. Die Zurückdrängung der dritten Schadensberechnungsmethode muß daher in erster Linie als Beleg dafür gewertet werden, daß der herauszugebende Gewinn in der Praxis meist nicht oder allenfalls geringfügig die für die Inanspruchnahme des fremden Rechtsguts zu entrichtende Lizenzgebühr übersteigt. Nach ganz herrschender Meinung soll nun aber, wie bereits erwähnt, der Gewinnherausgabeanspruch nach der dritten Schadensberechnungsmethode nichts anderes sein als die auf fahrlässige Eingriffe erstreckte Rechtsfolge der §§ 687 Abs.2 S. 1, 681 S.2, 667 BGB63. Dies bedeutet zunächst, daß § 687
61 Vg!. Assmann, BB 1985, S. 17; Lehmann, BB 1988, S. 1684; Mähring, GRUR 1931, S.424; Pietzcker, GRUR 1975, S.55; ders., GRUR Int. 1979, S.344; v. der Osten, GRUR 1998, S. 286; Ahrens, S. 94; Nietlispach, S. 65 Fn. 312. 62 Vg!. Teplitzky, Kap. 34 Rdnr. 33; Großkomm. UWG-Kähler, vor § 13 Abschn. B Rdnr. 329; Assmann, BB 1985, S. 17 f; Kraßer, GRUR Int. 1980, S. 265; Pietzcker, GRUR 1975, S. 55; ders., GRUR Int. 1979, S. 344; Preu, GRUR 1979, S. 757 f.; Kaiser, GRUR 1988, S. 507; Heil/Roos, GRUR 1994, S.27; v. der Osten, GRUR 1998, S. 285 f 63 SO Z. B. Staudinger-Medicus, § 249 Rdnr. 180; Baumbach/Hefermehl. UWG, Ein!. Rdnr.416; Fezer, MarkenG, § 14 Rdnr.529; Jsay, PatG, vor § 35 Rdnr.3, § 35 Rdnr. 14; Fikentscher, SchuldR, Rdnr.946, 1120; Larenz, SchuldR I, § 29 111 b; Reimer/Pastor, S.301; Ulmer, UrhR, S.559; v. Caemmerer, FS Rabel L S. 354 f.. 359. 399; Däubler, JuS 1969, S. 53; MartinekiTheobald, JuS 1997, S. 617; Schmidt-Saber, JR 1969, S. 89; Pinzger, GRUR 1931, S. 671 ff.; Pietzcker, GRUR Int. 1979, S.344; Nietlispach, S.72; ehen, S.98; Lutz, S. 132; Thum, S. 14 f; Bertrams, S. 72 ff A. A. Bernhardt/Kraßer, § 35 IV d; Kraßer, GRUR Int. 1980, S.269; v. der Osten, GRUR 1998, S. 285 ff.
III. Der Herausgabeanspruch
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Abs. 2 BGB bei Immaterialgüterrechtsverletzungen und damit im praktisch wichtigsten Anwendungsbereich der Gewinnhaftung aufgrund der gewohnheitsrechtlichen Anerkennung der dreifachen Schadensberechnung keine eigenständige Bedeutung haben kann. Hinsichtlich der verbleibenden Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB stellt sich in grundsätzlich gleicher Weise wie im Bereich der Immaterialgüterrechtsverletzungen die Frage der praktischen Relevanz eines Gewinnherausgabeanspruchs gegenüber konkurrierenden Wertersatzansprüchen. Darüber hinaus wird die praktische Bedeutung eines Gewinnherausgabeanspruchs aus § 687 Abs.2 BGB in entscheidender Weise durch einen weiteren Gesichtspunkt in Frage gestellt: Während die schadensersatzrechtlich begründeten Ansprüche auf Zahlung der angemessenen Lizenzgebühr und auf Herausgabe des Verletzergewinns im Bereich der Immaterialgüterrechtsverletzungen unter gleichen Voraussetzungen geltend gemacht werden können, ist der Gewinnherausgabeanspruch aus § 687 Abs. 2 BGB gegenüber dem Delikts- und insbesondere dem Bereicherungsanspruch an deutlich verschärfte subjektive Voraussetzungen geknüpft. Die Beschränkung des Gewinnherausgabeanspruchs nach den Grundsätzen der Ertragsfaktorenrechnung, die prozessualen Schwierigkeiten bei der Feststellung des erzielten Gewinns und die subjektiven Voraussetzungen des § 687 Abs.2 BGB müssen im Zusammenwirken die Möglichkeit, statt des schadensersatz- oder bereicherungsrechtlich begründeten Wertersatzanspruchs einen Gewinnherausgabeanspruch auf der Grundlage des § 687 Abs. 2 BGB geltend zu machen, zur praktischen Bedeutungslosigkeit verurteilen. Es hilft auch wenig, die weitgehende Identität von Wertersatz und Gewinnherausgabe mit den Besonderheiten der Immaterialgüterrechtsverletzungen zu erklären 64 • Zwar mögen die praktischen Schwierigkeiten der Durchsetzung eines über den Ersatz des objektiven Wertes hinausgehenden Gewinnherausgabeanspruchs etwa im Standardfall des § 687 Abs. 2 BGB, der Veräußerung einer fremden Sache, nicht in gleichem Maße gegeben sein. Gleichwohl hat in diesem zur Verdeutlichung der Gewinnabschöpfungsfunktion des § 687 Abs. 2 BGB so oft herangezogenen Fall der Gewinnherausgabeanspruch gegenüber konkurrierenden Wert- oder Schadensersatzansprüchen in der Praxis eher noch geringere Bedeutung als bei der Verletzung von Immaterialgüterrechten. Denn gestohlene oder unterschlagene Sachen werden üblicherweise nicht über, sondern unter ihrem objektiven Wert veräußert. Selbst wenn man entgegen der Rechtsprechung den Anspruch aus § 816 Abs. 1 BGB auf den objektiven Wert beschränkte, wäre daher auch in diesem Bereich der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB nur von geringem Interesse. Da es neben den Fällen der Verletzung fremder Immaterialgüterrechte und der Veräußerung fremder Sachen nur wenige anerkannte Anwendungstalle des § 687 Abs. 2 BGB von nennenswerter prakti64
In diesem Sinne etwa Wittmann, S. 159.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
scher Relevanz gibt, ist es nicht verwunderlich, daß in neuerer Zeit kaum noch Urteile zu finden sind, in denen Gewinnherausgabeansprüche unter dem Gesichtspunkt des § 687 Abs. 2 BGB zuerkannt werden. Es stellt sich somit die Frage, weshalb die herrschende Meinung nach wie vor in § 687 Abs. 2 BGB ein wichtiges Instrument des Rechtsgüterschutzes sehen will, statt die praktische Bedeutungslosigkeit der Vorschrift einzugestehen. Die wohl nächstliegende Antwort ist die, daß es schwer fällt, den so einleuchtend erscheinenden Grundsatz aufzugeben, daß der bösgläubige Eingreifer einer schärferen Haftung zu unterwerfen ist als der gutgläubige. Will man dieser Konsequenz ausweichen, so bedarf es der Überprüfung zweier Prämissen der herrschenden Meinung: der Annahme, daß eine praktisch bedeutsame Verschärfung der Haftung aus § 687 Abs. 2 BGB gegenüber dem Delikts- und Bereicherungsrecht sich nur aus der Rechtsfolge der §§ 687 Abs. 2 S. I, 681 S. 2, 667 BGB ergebe, sowie der Annahme, daß die Rechtsfolge der §§ 687 Abs. 2 S. I, 681 S. 2, 667 BGB mit dem Gewinnherausgabeanspruch in der Ausgestaltung durch die Rechtsprechung zur dreifachen Schadensberechnung identisch sei.
2. Die Lehre von der Identität des Herausgabeanspruchs aus § 687 Abs. 2 BGB mit der Rechtsfolge der Eingriffskondiktion Ist schon auf der Grundlage der herrschenden Meinung die These, daß die besondere Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB in der Möglichkeit der Gewinnabschöpfung bestehe, aus den dargelegten Gründen in Frage zu stellen, so verurteilt die Lehre von der bereicherungsrechtlichen Gewinnhaftung nach fast allgemeiner Auffassung die Möglichkeit der Gewinnabschöpfung nach § 687 Abs.2 S. I i. V. m. §§ 681 S.2, 667 BGB gänzlich zur Bedeutungslosigkeit. Auch nach den Befürwortem einer bereicherungsrechtlichen Gewinnhaftung bleibt zwar der schuldlos oder lediglich fahrlässig handelnde Eingreifer gegenüber dem bösgläubigen jedenfalls noch insoweit privilegiert, als er nach § 818 Abs. 3 BGB lediglich auf Herausgabe der noch vorhandenen Bereicherung haftet. Doch gilt dies auch nach bereicherungsrechtlichen Vorschriften nicht für den bösgläubigen Eingreifer (§§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 292, 989 BGB), so daß es einer zusätzlichen Gewinnabschöpfungsnorm für wissentlich-rechtswidrige Eingriffe auch insoweit nicht bedürfte. § 687 Abs. 2 BGB steht daher zum Problem der bereicherungsrechtlichen Gewinnhaftung in einer wechselseitigen Beziehung: Einerseits könnte die Anerkennung einer bereicherungsrechtlichen Gewinnhaftung dazu führen, daß § 687 Abs.2 BGB der ihm von der herrschenden Meinung zugesprochenen Funktion im Anspruchssystem vollends beraubt würde. Andererseits spielt § 687 Abs. 2 BGB gerade deshalb eine zentrale Rolle in der Argumentation der
III. Der Herausgabeanspruch
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Gegner einer bereicherungsrechtlichen Gewinnhaftung. Diese sehen in der in § 687 Abs.2 BGB zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzes, daß Gewinnherausgabe nur bei böswilligem Eingriff geschuldet sei, einen, wenn nicht den entscheidenden Einwand gegen einen den objektiven Wert übersteigenden Bereicherungsanspruch65 . G. H. Roth, der sich im Ergebnis für eine bereicherungsrechtliche Gewinnhaftung ausspricht, sieht in § 687 Abs. 2 BGB immerhin das stärkste Gegenargument66. Und der Bundesgerichtshof stützt sich in seiner Stellungnahme zu der Streitfrage im Urteil vom 24.11.1981 67 auf die schlichte Feststellung, die Gewinnherausgabe habe ihre Wurzeln in § 687 Abs. 2 BGB. Die Befiirworter einer bereicherungsrecbtlichen Gewinnhaftung nehmen, wie bereits erwähnt, teilweise ausdrücklich die Konsequenz in Kauf, daß der Herausgabeanspruch aus § 687 Abs. 2 BGB überflüssig sei 68 . Nach Reichard wiederholt § 687 Abs. 2 BGB lediglich den Grundsatz des § 819 Abs. 1 BGB69. Jakobs, der ähnlich wie Reichard meint, die actio directa bei eigennütziger Führung fremder Geschäfte sei nur "der durch das Erfordernis eines negotium alienum verschleierte und beengte Anspruch auf die durch widerrechtlichen Eingriff in ein fremdes Recht erlangte Bereicherung"70, will § 687 Abs. 2 BGB eine eigenständige Bedeutung lediglich aufgrund der Verweisung auf § 677 BGB zusprechen 71. Andere betonen dagegen, die Rechtsfolge der §§ 687 Abs. 2, 681 S. 2, 667, 684 S. 1 BGB gehe über eine bereicherungsrechtliche Gewinnhaftung insofern hinaus, als sie dem Geschäftsfiihrer nicht gestatte, er-
65 Vgl. schon Kluckhohn, ArchBürgR Bd.41 (1915), S. 177; Kunkel, JW 1933, S. 43 f.; Siber. S. 443; Westram, S. 64; aus der neueren Literatur Staudinger-Lorenz, § 816 Rdnr. 23, 25; H'ittmann, S. 155; ders., in: Staudinger, § 687 Rdnr. 21; StudKBel/thien. § 816 Anm. I 2 d; Großkomm. UWG-Köhler, vor § 13 Abschn. B Rdnr. 378; Medicus. BR. Rdnr.726; Fikentscher. SchuldR, Rdnr.946, 1118, 1161; Larenz, SchuldR IlIL § 57 11 b Fn. 62; Larenz/Canaris, § 69 I I a, § 72 III 3 c; v. Caemmerer, FS Lewald. S. 448; ders., FS Rabel I, S. 357 Fn. 91, S. 359 f; ders., JR 1959, S. 462 f; Schlechtriern. FS Hefermehl, S. 458 f.; ders., SchuldR BT, Rdnr. 720; Sack, FS Hubmann. S. 382 f.; H. Roth, FS Niederländer, S. 378 f; Wal/schläger, JA 1979, S. 185; König. FS v. Caemmerer. S. 186 ff, 203; Loewenheim, WRP 1997, S. 917; Rümker, S.94; Scl!midt. S. 111 ff.; Batsch. Vermögensverschiebung, S. 88 ff; Höhn, S. 143; Jagmann. S. 204. 276 ff. 66 G. H. Rotl!. FS Küchenhoff. S. 377. - G. H. Roth gelangt selbst zur Anerkennung der bereicherungsrechtlichen Gewinnhaftung. indem er - allerdings ohne Begründung einem (vermeintlichen) Argument fiir die Gewinnhaftung aus §§ 987 ff BGB gegenüber dem Umkehrschluß aus § 687 Abs. 2 BGB den Vorzug gibt (a.a.O., S. 377 f). 67 BGHZ 82. 299. 308 .. Kunststoffhohlprofil 11". 68 Vgl. die Nachw. oben S. 38 Fn. 63 f. 69 Reichard. AcP Bd. 193 (1993). S. 597 ff.; ähnlich Kel/mann, Gewinnhaftung, S. 96 Fn. 155; Brandner. GRUR 1980. S. 362. 70 Jakobs. Eingriffserwerb, S. 93. 71 Vgl. oben S. 126 Fn. 323. 13 Eben
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
folglose Aufwendungen in Abzug zu bringen 72 , oder insofern, als sie ihn auch zur Herausgabe der auf eigenen Leistungen und Beiträgen beruhenden Vennögensvorteile verpflichte 73. Sieht man von den beiden zuletzt genannten Stellungnahmen ab, so sind sich Gegner und Beflirworter einer bereicherungsrechtlichen Gewinnhaftung darüber einig, daß die Anerkennung der bereicherungsrechtlichen Gewinnhaftung den Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2,667 BGB entbehrlich machen würde. Die herrschende Meinung, die in der Abschöpfung des rechtswidrig erzielten Gewinns die spezifische Funktion des § 687 Abs. 2 BGB sieht und hieraus ihr argumentum e contrario zur Frage der bereicherungsrechtlichen Gewinnhaftung herleitet, geht hiervon wenigstens stillschweigend aus 74 • Der bereicherungsrechtlich begründete Gewinnherausgabeanspruch wird also ebenso wie der schadensersatzrechtlich begründete mit der Rechtsfolge der §§ 687 Abs. 2 S. 1, 681 S. 2, 667 BGB identifiziert. Eine abschließende Beurteilung der Funktion des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem setzte demnach auch eine Stellungnahme zum Problem der bereicherungsrechtlichen Gewinnhaftung voraus. Doch ist eine umfassende Würdigung der zahlreichen rur und gegen die bereicherungsrechtliche Gewinnhaftung vorgebrachten Argumente 75 im Rahmen dieser Untersuchung nicht möglich. Soweit im folgenden zum Problem der bereicherungsrechtlichen Gewinnhaftung und sonstigen Rechtsfolgenfragen bei der Eingriffskondiktion Stellung genommen wird, ist dies als ein im wesentlichen aus der Gegenüberstellung der Ansprüche aus § 687 Abs. 2 und §§ 812 ff. BGB gewonnener Vorschlag zu verstehen, der nicht den Anspruch erhebt, spezifisch bereicherungsrechtlichen Aspekten in jeder Beziehung gerecht zu werden. 1m Mittelpunkt der nachfolgenden Untersuchung soll jedoch die Überprüfung der These stehen, daß die Anerkennung einer bereicherungsrechtlichen Gewinnhaftung § 687 Abs. 2 BGB entbehrlich mache. Dies setzt eine genauere Betrachtung der Rechtsfolge der §§ 687 Abs. 2 S. 1,681 S. 2,667 BGB sowie der übrigen Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB voraus. Hier herrscht erheblicher Nachholbedarf. Die apodiktische Kürze, mit der man fast durchweg die
72 So oder ähnlich Reuterl Martinek, S. 539; Koppensteiner, NJW 1971, S. 1772; KoppensteinerlKramer, S. 123; Kaiser, Nutzungsherausgabe, S. 49; ders., GRUR 1988, S.504. 73 So Krumm, S. 213 ff. 74 Ausdrücklich Batsch, Vennögensverschiebung, S. 90. 75 Vgl. die ausführlichen Darstellungen des Streitstands bei MünchKomm-Lieb, § 818 Rdnr. 16 ff.; Erman-H. P. Westermann, § 818 Rdnr. 18 ff.; Reuter/Martinek, S. 313 ff., 533 ff. - Nach Kaiser, Nutzungsherausgabe, S. 47 handelt es sich um das meistdiskutierte Problem des Bereicherungsrechts überhaupt.
III. Der Herausgabeanspruch
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Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB abzuhandeln pflegt76 , steht in auffälligem Kontrast zu der Subtilität, die die Diskussion um die Rechtsfolgen der Eingriffskondiktion kennzeichnet.
3. Der Zusammenhang zwischen dem fremden Geschäft, der Geschäftsführungshandlung und dem herauszugebenden Gegenstand Nach § 667 BGB hat der Geschäftsfiihrer alles herauszugeben, was er "aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat". Im Rahmen der unmittelbaren Anwendung der Vorschrift bedeutet dies unzweifelhaft, daß der Beauftragte den gesamten Ertrag der von ihm in Ausfiihrung des Auftrags vorgenommenen Handlungen herauszugeben hat und seinerseits lediglich Aufwendungsersatz gemäß § 670 BGB erhält. Entsprechendes gilt bei der Anwendung der Vorschrift im Rahmen der Geschäftsfiihrung ohne Auftrag, aber auch - mit Unterschieden lediglich beim Gegenanspruch des Geschäftsfiihrers - im Rahmen der Geschäftsanmaßung. Denn es ist nicht einzusehen, wieso § 667 BGB hier insoweit eine andere Bedeutung haben sollte als im Bereich der fremdnützigen Geschäftsfiihrung, liegt doch die Ratio des § 687 Abs. 2 BGB darin, daß dem Geschäftsfiihrer die Berufung auf seine unredliche Absicht versagt wird, er also jedenfalls keinen weniger weitgehenden Ansprüchen ausgesetzt sein soll als ein redlicher Geschäftsfiihrer ohne Auftrag. Der herrschenden Meinung, die annimmt, daß der Geschäftsfiihrer die Herausgabe erlangter Vorteile nur insoweit schulde, als diese der Ausübung fremder Befugnisse zuzurechnen sind77 , kann demnach nicht gefolgt werden. Auch
Als bislang einzige Ausnahme ist die Dissertation Krumms zu nennen. So RGRK-Steffen. § 687 Rdnr. 38: BaumbachlHefermehl, UWG, Einl. Rdnr.415; Fe=er. MarkenG. § 14 Rdnr.529: Großkomm. UWG-Köhler, vor § 13 Abschn. B Rdnr. 394: lsele, Anm. AP Nr. 1 zu § 687 BGB; Nipperdey, FS Böhm, S. 173; v. Caemmerer. FS Rabel I. S. 399: BeuthienlWasmann, GRUR 1997, S. 259; Wittmann, S. 159. 173: Kellmann, Gewinnhaftung, S. 137 ff i. V. m. S. 96 Fn. 155; ehen, S. 115; Mueser. S. 12, 16. 31 ff.: Kaßner, S. 73 f.: Thum, S. 20 f, 76; Jagmann, S. 196, 205; i. Erg. auch Franke. S. 53 f; ebenso die ganz h. M. zu Art. 423 schweiz. OR; vgl. Schmid. OR. Art. 423 Rdnr. \09; Moser. Herausgabe, S. 194 ff.; Lischer, S. 98 ff; TI!. Fischer. S. 110. 119: Widmer. S. 91 f und öfter; Weber, ZSR NF Bd. 111, 1 (1992), S. 345 f - Obgleich die Rechtsprechung das Prinzip der Gewinnteilung ausdrücklich nur im Rahmen der dritten Schadensberechnungsmethode anwendet, dürfte sie hierbei doch als selbstverständlich davon ausgehen, daß es sich um ein auch für die unmittelbare Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB geltendes Prinzip handelt. Besonders deutlich zeigen dies die Urteile des Reichsgerichts vom 15.11.1937 (RGZ 156,321,326), des Bundesgerichtshofs vom 24.2.1961 (BGHZ 34, 320. 321 ff "Vitasulfal") und des OLG Köln vom 16.3.1990 (GRUR 1991, 60, 63 .,Rolex-Imitation"), in denen jeweils der Gewinnherausgabeanspruch bei der Verletzung von Immaterialgüterrechten auf eine 76 77
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
wenn man richtigerweise innerhalb des Tatbestands des § 687 Abs. 2 BGB das fremde Geschäft im abstrakten Sinne von der Geschäftsführungshandlung unterscheideC 8 , kann unter der "Geschäftsbesorgung" im Sinne des § 667 BGB nur der konkrete Lebensvorgang und nicht die abstrakte Rechtsverletzung verstanden werden. Nachdem das fremde Geschäft im abstrakten Sinne durch die Geschäftsführungshandlung gleichsam konkretisiert ist, hat die vom Geschäftsführer widerrechtlich in Anspruch genommene Einzelbefugnis für die Bestimmung der Rechtsfolgen keine Bedeutung mehr. Nur bei diesem Verständnis fügen sich Tatbestand und Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB logisch aneinander79 . Die "Geschäftsbesorgung", deren Erfolg der Geschäftsführer herauszugeben hat, ist identisch mit der "Geschäftsführungshandlung" im oben 80 dargelegten Sinne. Wenn § 687 Abs. 2 BGB nicht davon spricht, daß der Geschäftsführer das fremde Geschäft "besorgt", sondern statt dessen den neutraleren Begriff "behandeln" verwendet, so nur deshalb, weil der Begriff "besorgen" auf eine fürsorgliche Tätigkeit hinweist. In bei den Fällen geht es jedoch darum, die Handlung des Geschäftsführers zu bezeichnen, die von dem fremden Geschäft im abstrakten Sinne zu unterscheiden ist. Hat der Geschäftsführer gemäß § 667 BGB alles herauszugeben, was er aus der Geschäftsbesorgung - verstanden als tatsächlicher Lebensvorgang - erlangt hat, so muß er sowohl den Teil des Geschäftsertrags herausgeben, der darauf zurückzuführen ist, daß er gleichzeitig mit der Inanspruchnahme des fremden Rechts auch eigene Rechtsgüter einsetzt, als auch den Teil, der auf für sich genommen nicht rechtsverletzende Einzelakte der Geschäftsführung zurückzuführen ist. Die eigenen Beiträge des Geschäftsführers mindern nicht von vornherein den herauszugebenden Geschäftserlös, sondern sind nur im Rahmen des Gegenanspruchs aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB zu berücksichtigen 81 • Wenn hinanaloge Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB gestützt, zugleich aber auf den auf den Eingriff zurückzuführenden Gewinnanteil beschränkt wird (ebenso etwa Schmidt-Ernsthausen, GRUR 1938, S. 376 f.; Storch, GRUR 1963, S. 10 ff.). Außerhalb des Bereichs der Immaterialgüterrechtsverletzungen scheint die höchstrichterliche Rechtsprechung allerdings nicht vom Prinzip der Gewinnteilung auszugehen; vgl. etwa RGZ 138, 45, 49 ff., wonach bei der bösgläubigen Veräußerung einer fremden Sache dem Verletzten die durch Verwendungen des Verletzers bewirkte Wertsteigerung zugute kommen und dem Verletzer nur ein Aufwendungsersatzanspruch zustehen soll. 78 Vgl. dazu oben S. 79 ff. 79 A. A. Haines, S. 11 f., der aus der Feststellung, daß man unter dem Geschäft i. S. des § 687 Abs. 2 BGB nur entweder den wirtschaftlichen Gesamtvorgang oder die Rechtsverletzung als solche verstehen könne, die Konsequenz zieht, daß man ein Gesamteintrittsrecht des Geschäftsherrn nicht anerkennen könne, wenn man tatbestandlich eine abstrakte Rechtsverletzung genügen lasse. 80 S. 95 ff.. 156 f. 81 Wie hier IVilburg, AcP Bd. 163 (1964), S. 351: Kraßer, GRUR In!. 1980, S. 269; Krumm, S. 213 ff.. dem zufolge der Geschäftsführer auch diejenigen Vermögensvorteile, die erst durch seine eigenen Leistungen und Beiträge geschaffen wurden, herauszu-
III. Der Herausgabeanspruch
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gegen die eigenen Beiträge des Geschäftsfiihrers bereits unmittelbar den Herausgabeanspruch aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2,667 BGB minderten 82 , wäre fiir weitere Abzüge auf der Grundlage der §§ 687 Abs. 2 S. 2, 684 S. 1 BGB überhaupt kein Raum. Schon gar nicht ist erkennbar, welche Funktion die bereicherungsrechtliche Beschränkung des Gegenanspruchs des Geschäftsführers haben sollte. Der Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB wäre, wenn der Geschäftsfiihrer nach § 667 BGB von vornherein nur den der abstrakten Rechtsverletzung zuzurechnenden Gewinnanteil herauszugeben hätte, schlicht überflüssig. Wenn dennoch auch Befiirworter der Verteilung des Gewinns auf Ertragsfaktoren davon ausgehen, daß unabhängig hiervon dem Geschäftsfiihrer ein Aufwendungsersatzanspruch aus § 687 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 684 S. 1 BGB zustehen könne 83 , so wird dabei offenbar vorausgesetzt, daß es Beiträge des Geschäftsführers gebe, die zur Aufteilung des Gewinns führen, und andere, die lediglich einen bereicherungsrechtlich beschränkten Aufwendungsersatzanspruch begründen. Teilweise scheinen die Befürworter der Ertragsfaktorenrechnung davon auszugehen, daß nur im Falle des Einsatzes eigener Immaterialgüterrechte des Geschäftsführers eine Beschränkung des herauszugebenden Gewinns auf den gerade dem fremden Rechtsgut zuzurechnenden Gewinnanteil stattzufinden habe 84 . Für diese Sonderbehandlung von Immaterialgüterrechten gegenüber sonstigen eigenen Beiträgen des Geschäftsfiihrers ist jedoch ein sachlicher Grund nicht ersichtlich. Man kann nur entweder das Prinzip der geben hat... soweit sie nur im Rahmen der rechtsverletzenden Tätigkeit erbracht worden sind": vgl. auch schon Kohler. ArchBürgR Bd. 35 (1910). S. 96; Kisch, Festg. Reichspatentamt. S. 97 Fn. 10; für Art. 423 schweiz. OR Amrein. S. 49, 52 f. - Auch Bertrams. S. 43 f .. 90 f. und Haines. S. 8 ff.. die § 687 Abs. 2 BGB von vornherein nur dann anwenden wollen. wenn der Beitrag des Geschäftsführers nicht von untergeordneter Bedeutung ist. lehnen die Beschränkung des Herausgabeanspruchs auf einen Gewinnanteil ab. 82 So deutlich Afueser. S. 16. 31 f.; ehen. S. 114 f.: Reichard, AcP Bd. 193 (\ 993), S. 577 Fn. 39. dem zufolge schon das Geschäft. das der Geschäftsführer sich anmaßt, "nicht die Erzielung des Roherlöses. sondern gerade und nur diejenige des Gewinns" sein soll; nur für den Fall der Patentverletzung Wittmann, S. 159; für Art. 423 schweiz. OR Widme,,, S.91. Die meisten Befürworter des Gewinnteilungsprinzips (vgl. die Nachw. oben S. 195 f. Fn. 77) äußern sich nicht ausdrücklich dazu. wo genau in den §§ 687 Abs. 2. 681 S. 2. 667. 684 S. I BGB dieses Prinzip dogmatisch verankert sein soll. 83 Vgl. etwa BGH GRUR 1961. 354, 356 .. Vitasulfal" (insoweit in BGHZ 34,320 ff. nicht abgedruckt): BaumbachlHefermehl, UWG, Einl. Rdnr. 384; Afueser, S. 31; für Art. 423 schweiz. OR Nietlispach. S. 65: Th. Fischer. S. 106 ff.; Lischer, S. 98 ff.. 104; Thum, S. 81 f. 84 V gl. für Art. 423 schweiz. OR Th. Fischer. S. 118 f.; Thum. S. 76; für die dritte Schadensberechnungsmethode BaumbachlHefermehl. UWG, Ein\. Rdnr.384; Lindenmaier-Weiß, PatG. § 47 Rdnr. 38: Reimer-Nastelski. PatG, § 47 Rdnr. 40; Teplitzky, Kap. 34 Rdnr. 33.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
Verteilung des Gewinns auf Ertragsfaktoren anwenden oder - wie es der Anordnung des § 687 Abs.2 BGB entspricht - den gesamten Gewinn dem Verletzten zusprechen. Die herrschende Meinung ist nicht nur mit der Gesetzeskonstruktion unvereinbar, sondern widerspricht vor allem auch der Interessenlage. Sie gestattet dem Geschäftsführer die Berufung darauf, er habe die Vorteile zumindest teilweise auch erzielen können, wenn er dieselbe gewinnbringende Handlung ohne den Eingriff in das fremde Recht vorgenommen hätte 85 . Diesen Einwand zuzulassen, ist angesichts der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 687 Abs.2 BGB nicht zu rechtfertigen. Nur wo, wie im Bereicherungsrecht, bereits unvorsätzlich- und sogar schuldlos-rechtswidrige Eingriffe den Herausgabeanspruch begründen, kann der Grundsatz gelten, daß das Vermögen des Eingreifers lediglich auf den Stand zu bringen ist, auf dem es sich bei rechtmäßigem Alternativverhalten des Eingreifers befände86 • Es besteht jedoch kein Anlaß, auch demjenigen, der wissentlich eine rechtswidrige Erwerbsmöglichkeit wählt, die Berufung darauf zu gestatten, es habe ihm auch eine rechtmäßige Erwerbsmöglichkeit zur Verfügung gestanden. Dem trägt § 687 Abs. 2 BGB in sachgerechter Weise Rechnung, indem er den Geschäftsführer nicht zur Herausgabe des Erfolgs einer abstrakten Rechtsverletzung verpflichtet, sondern ihn hinsichtlich seiner konkreten rechtsverletzenden Tätigkeit als Geschäftsftihrer ohne Auftrag behandelt. Nicht zuletzt ist zu bedenken, daß sich auch in beweisrechtlicher Hinsicht eine ungerechtfertigte Begünstigung des Geschäftsftihrers ergäbe, wenn man nur in dem der Inanspruchnahme des fremden Rechtsguts zuzurechnenden Gewinnanteil den aus der Geschäftsbesorgung erlangten Gegenstand sähe. Die durch das Zusammenspiel der §§ 667, 684 S. I BGB sachgerecht geregelte Darlegungs- und Beweislast würde auf diese Weise entscheidend verändert. Der Geschäftsherr steht wesentlich besser, wenn er mittels des Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruchs lediglich den Bruttoerlös aus der Geschäftsftihrung beziffern muß und den Geschäftsftihrer darauf verweisen kann, seine Kosten darzulegen und zu beweisen, als wenn ihm die Darlegungs- und Beweislast für einen gerade der Rechtsverletzung zuzurechnenden Gewinnanteil aufgebürdet wird 87 •
85 So besonders deutlich Mueser. S. 12: Es sei festzustellen. was der Geschäftsftihrer ohne die Rechtsverletzung .. aus seinem eigenen Geschäft" erlangt hätte. 86 So für die Eingriffskondiktion insbes. Jakobs. Eingriffserwerb, S. 136 ff.; Haines, S. 127 ff.. 147 ff. Vgl. dazu näher unten S. 305 ff. 87 Teilweise wird allerdings auch. soweit eine Verteilung des Erlöses auf Ertragsfaktoren beftirwortet wird. die Auffassung vertreten. daß der Verletzer ftir den auf seinen eigenen Beiträgen beruhenden Gewinnanteil die Beweislast trage: vgl. Moser. Herausgabe. S. 239: Th. Fischer. S. 119: widersprüchlich Widmer. S. 95 einerseits. S. 125, 128
III. Der Herausgabeanspruch
199
Ist die "Geschäftsbesorgung" im Sinne der §§ 687 Abs. 2 S. 1,681 S. 2,667 BGB die konkrete rechts verletzende Tätigkeit, so können die Worte "aus der Geschäftsbesorgung erlangt" grundsätzlich durchaus wörtlich im Sinne eines kausalen, und nicht nur im Sinne eines wirtschaftlichen Zusammenhangs verstanden werden 88 • Nur wenn man den Herausgabeanspruch auf einen abstrakten, auf einen einzelnen Ertragsfaktor zurückzuführenden Gewinnanteil bezieht, kann die Bestimmung des herauszugebenden Betrags nach Kausalitätsgesichtspunkten auf Schwierigkeiten stoßen, so daß zu dessen Feststellung statt dessen auf den wirtschaftlichen Wert des einzelnen Ertragsfaktors zurückgegriffen werden muß. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Ertragsfaktor überhaupt nicht ohne einen anderen hätte eingesetzt werden können 89 • Das Standardbeispiel eines solchen "notwendigen Kombinationseingriffs" ist die Verwendung eines fremden und eines eigenen, von dem fremden abhängigen Patents90 • Dieser Fall wirft bei § 687 Abs.2 BGB jedoch keine besonderen Schwierigkeiten auf, da der Verletzer auch hier den gesamten Erfolg der von ihm vorgenommenen tatsächlichen Handlung an den Verletzten herauszugeben hat und sich wegen seiner eigenen Beiträge auf den Anspruch aus § 687 Abs. 2 S.2 BGB verweisen lassen muß. Eine Sonderbehandlung erfordern bei § 687 Abs.2 BGB nur die Kombinationseingriffe im engeren Sinne, also die Fälle, in denen die von der Geschäftsführung betroffenen Rechte in den Händen verschiedener Personen liegen. Auch hier ist aber der dem einzelnen Verletzten zustehende Anteil am Geschäftserlös primär anhand von Kausalitätsgesichtspunkten zu ermitteln, indem gefragt wird, welchen Erlös der Geschäftsführer ohne den Einsatz des einzelnen Rechtsguts erzielt hätte. Nur wenn diese Fragestellung versagt, etwa weil zugleich ein "notwendiger Kombinationseingriff' vorliegt, muß die Bestimmung des dem einzelnen Gläubiger zustehenden Anteils ausnahmsweise anhand des wirtschaftlichen Werts seiner verletzten Position erfolgen91 • Der Rückgriff auf den wirtschaftlichen Wert der verletzten Rechtsposition ist aber stets nur eine Notlösung, die ausschließlich dann zur
andererseits. - Eine parallele Problematik ergibt sich im Bereicherungsrecht aufgrund der Lehre vom subjektiven Wertbegriff: Während die h. M. bereicherungsmindernde Umstände nur im Rahmen des § 818 Abs.3 BGB berücksichtigt und damit insoweit dem Schuldner die Beweislast auferlegt. ist es nach der Lehre vom subjektiven Wertbegritf Sache des Gläubigers...den vom Schuldner zu ersetzenden Wert anhand des realen Eingriffserfolgs oder der Ersparnis zu bestimmen": so KoppensteinerlKramer, S. 164; i. Erg. ebenso Haines. S. 128: krit. hierzu Rellter/Martinek. S. 568 f. 88 A. A. Aflleser. S. 30 f. 89 V gl. dazu F. Schll/=. AcP Bd. 105 (1909). S. 108 ff.: Jakobs. Eingriffserwerb. S. 127: ,\loser. Herausgabe. S. 213 ff. 90 Vgl. dazu schon F. Schll/=. AcP Bd. 105 (1909). S. 108 f .. 113. 91 Vgl. dazu näher unten S. 229 1'1'.
200
2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
Anwendung kommen darf, wenn die exaktere und den Umständen des Einzelfalles Rechnung tragende Kausalbetrachtung versagt92 • Da die "Geschäftsbesorgung" im Sinne der §§ 687 Abs. 2 S. 1, 681 S. 2, 667 BGB weit über die eigentliche rechtsverletzende Handlung hinausreichen kann und alle Handlungen umfaßt, die der Geschäftsführer im Hinblick auf den letztlich erstrebten Vorteil vorgenommen hat, kann der Zusammenhang zwischen der Geschäftsbesorgung und dem herauszugebenden Vorteil entsprechend eng gefaßt und gefordert werden, daß der Geschäftsführer den Vorteil unmittelbar aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat. Dagegen ist ein adäquat-kausaler Zusammenhang zwischen der Geschäftsbesorgung und dem erlangten Vorteil nicht erforderlich. Inwieweit die Erlangung des Vorteils in seiner konkreten Gestalt bei Übernahme der Geschäftsführung vorauszusehen war, ist grundsätzlich unerheblich. Nur wenn erst an die Rechtsverletzung anknüpfende weitere, als solche nicht rechtsverletzende Akte zur Gewinnerzielung fuhren, besteht Anlaß, einer uferlosen Haftung Grenzen zu ziehen. Dies kann aber bereits auf der Tatbestandsebene geschehen, indem eine als solche nicht rechtsverletzende gewinnbringende Handlung in den Gesamtvorgang der Geschäftsführung nur dann einbezogen wird, wenn der Plan des Geschäftsführers sie mit dem rechtsverletzenden Akt zusammenfaßt93 . Daß auch der Gesichtspunkt des Schutzzwecks der vom Geschäftsführer verletzten Norm praktisch relevante Einschränkungen der Herausgabepflicht nicht rechtfertigen kann, wurde bereits dargelegt94 • Wenn Haines 95 für die Eingriffskondiktion unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der vom Eingreifer verletzten Norm typischerweise nicht erzielbare Gewinne aus dem Herausgabeanspruch ausklammern will, so kann es sich hierbei nur um eine Konsequenz aus der spezifisch bereicherungsrechtlichen Fragestellung handeln, wann ein ausreichender positiver Grund für die Umverteilung rechtsgrundlos erlangter Vorteile anzunehmen ist, nicht jedoch um eine aus der verletzten Norm selbst herzuleitende, ohne Rücksicht auf die jeweils anzuwendende Anspruchsgrundlage geltende Einschränkung der Gewinnhaftung. Jedenfalls bei § 687 Abs.2 BGB wäre es nicht gerechtfertigt, den Herausgabeanspruch auf typischerweise erzielbare Vorteile zu beschränken. Der wissentlich-rechtswidrig erzielte Erwerb ist nicht deshalb schutzwürdiger, weil er durch ungewöhnliche Umstände begünstigt wurde, oder deshalb, weil der Verletzte selbst ihn keinesfalls hätte erzielen können. Es gilt auch insoweit der Grundsatz der Gleichstel-
92 A. A. rur die Gewinnhaftung im allgemeinen insbes. Kellmann, Gewinnhaftung, S. 134 ff.; vgl. dazu aber schon oben S. 186 f. Fn. 44. 93 Vgl. oben S. 156 f. 94 Vgl. oben S. 135 ff. 95 S. 142 ff.
III. Der Herausgabeanspruch
201
lung des unbefugten Eigengeschäftsführers mit einem fremdnützigen Geschäftsführer: Dieser ist ebenfalls zur Herausgabe aller, und nicht nur der typischerweise oder auch vom Geschäftsherrn erzielbaren Vorteile verpflichtet.
4. Der Gegenstand des Herausgabeanspruchs
Die Art des vom Geschäftsführer erlangten Gegenstandes ist, nicht anders als auch im Rahmen von Auftrag und Geschäftsführung ohne Auftrag, unerheblich96 . Zwar wird der Gegenstand des Herausgabeanspruchs in aller Regel in Geld bestehen. Es kommen aber auch beliebige andere Vermögenswerte in Betracht, wie z. B. eine Registereintragung, die der Geschäftsführer auf den Geschäftsherrn umschreiben lassen muß97, eine Forderung, die dem Geschäftsherrn abzutreten ist98 , oder das unter Verletzung fremden Jagdrechts erlegte Wild 99 . Der erlangte Gegenstand ist in der Form herauszugeben, in der er sich zur Zeit der Geltendmachung des Anspruchs durch den Geschäftsherrn im Vermögen des Geschäftsführers befindet. Wenn im Rahmen der unerlaubten Geschäftsführung ein von der anderen Seite noch nicht erfüllter Vertrag geschlossen wurde, ist Gegenstand der Herausgabepflicht also die Forderung gegen den Vertragspartner. Ist das mit dem Dritten abgeschlossene Rechtsgeschäft nichtig, so ist ein herauszugebender Gegenstand im Vermögen des Geschäftsführers nicht vorhanden lOo • Ist dagegen das Rechtsgeschäft lediglich anfechtbar, so ist die anfechtbare Forderung abzutreten. Wurde der vom Geschäftsführer geschlossene Vertrag seitens des Dritten bereits erfüllt, so ist für die Bestimmung des Herausgabegegenstandes wiederum von Bedeutung, ob der Geschäftsführer den Vertragsgegenstand aufgrund eines wirksamen oder nichtigen Rechtsgeschäfts erworben hat. Hat der Geschäftsführer im Wege der Geschäftsführung Eigentum an einer Sache erworben, so hat er dieses auf den Geschäftsherrn zu übertragen. Ist der Dritte Eigentümer geblieben, weil die Übereignung wirksam angefochten wurde oder aus sonstigen Gründen nichtig ist, so schließt das den Herausgabeanspruch des Geschäfts-
96
Bertrams, S. 44.
97 So auch für den Fall der unbefugten Anmeldung einer Erfindung zum Patent RGZ 84,49, 53; Klauer/Möhring-Hesse, PatG, § 5 Rdnr. 23; Tetzner, GRUR 1963, S. 554; Bertrams, S. 81. Eventuelle erfinderische Zutaten des Verletzers können hier lediglich einen Gegenanspruch aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB begründen; so zutr. Tetzner, a.a.O. 98 Gautschi, OR, Art. 423 Anm. 8 c. 99 v. Bargen, S. 8. 100 Dabei ist aber stets zu fragen, ob die Nichtigkeit dem Geschäftsherrn gegenüber geltend gemacht werden kann; vgl. oben S. 160 f. und unten S. 370 f.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
herrn nicht aus. Der Geschäftsführer hat vielmehr dem Geschäftsherrn den Besitz zu übertragen. Die Zuweisung des erlangten Gegenstandes im Verhältnis von Geschäftsführer und Geschäftsherr muß von dinglichen Rechten Dritter an dem Gegenstand schon deshalb unabhängig sein, weil ungewiß ist, ob letztere tatsächlich realisiert werden.
Obligatorische Rechte des Dritten gegenüber dem Geschäftsführer, wie etwa Rechtsmängelgewährleistungsansprüche, berühren den Anspruch aus § 687 Abs.2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB grundsätzlich überhaupt nicht 101 . Der Dritte kann aus diesen nur den Geschäftsführer in Anspruch nehmen. Inwieweit dieser dann vom Geschäftsherrn Ersatz verlangen kann, ist eine Frage des Gegenanspruchs des Geschäftsführers aus § 687 Abs.2 S.2 i. V. m. § 684 S. 1 BGBl02. Allerdings kann sich die Konstellation ergeben, daß der Vorteil, den der Geschäftsherr nach § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S.2, 667 BGB herausverlangen kann, zugleich einem schuldrechtlichen Rückgewähranspruch des Vertragspartners des Geschäftsführers - etwa aufgrund eines gesetzlichen Rücktrittsrechts - unterliegt. In diesem Fall müßte, wie etwa auch bei einer doppelten vertraglichen Verpflichtung zur Übereignung einer Sache, gelten: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.
5. Die Frage der Verpflichtung zum Wertersatz bei Unmöglichkeit einer Herausgabe in natura a) Die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB bei Erlangung unkörperlicher Vorteile Wenn der Geschäftsführer nach § 687 Abs.2 S. I i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB alles herauszugeben hat, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat, so ist er jedenfalls primär verpflichtet, den erlangten Gegenstand in natura herauszugeben. Genau genommen ist eine Herausgabe in natura allerdings schon deshalb meist nicht möglich, weil der erlangte Gegenstand typischerweise in Geld besteht, das in den seltensten Fällen gegenständlich identifizierbar im Vermögen des Geschäftsführers vorhanden sein wird. Hier tritt an die Stelle des Anspruchs auf Herausgabe der erlangten Geldzeichen ein Anspruch auf Herausgabe des entsprechenden Geldbetrags.
101 A. A. offenbar Wittmann. S. 157: Der Erlös aus der Veräußerung einer fremden Sache sei, solange die Verfligung unwirksam (und damit der Veräußerer den Rechtsmängelgewährleistungsansprüchen des Käufers ausgesetzt) ist, nicht ..aus der Geschäftsbesorgung erlangt"; dazu näher unten S. 373 f. 102 Vgl. dazu schon oben S. 97.
III. Der Herausgabeanspruch
203
Zweifelhaft ist aber, ob der Herausgabeanspruch auch dann zum Zuge kommen kann, wenn eine Herausgabe des Erlangten in natura im Sinne des § 818 Abs.2 BGB "wegen der Beschaffenheit des Erlangten" nicht möglich ist. Da eine treffendere Kurzbezeichnung für diese Gegenstände fehlt, werden sie im folgenden als "unkörperliche" Vorteile bezeichnet. Im Rahmen der unmittelbaren Anwendung des § 667 BGB hat die Frage keine praktische Bedeutung. Hier spielen als Gegenstand des Herausgabeanspruchs nur solche Vorteile eine Rolle, die einer Herausgabe in natura zugänglich sind. Aber auch im Bereich der Geschäftsfuhrung ohne Auftrag ist die praktische Bedeutung der Frage gering, da der Geschäftsführer hier ebenfalls selten unkörperliche Vorteile aus der Geschäftsführung erlangt. Allerdings können derartige Fälle durchaus vorkommen. Erntet jemand als Geschäftsführer ohne Auftrag das reife Obst im Garten seines verreisten Nachbarn, so ist er zweifellos verpflichtet, den Erlös herauszugeben, den er durch den Verkauf des Obstes erzielt. Es ist kaum einzusehen, wieso er nicht auch die Möglichkeit haben soll, das Obst selbst zu verbrauchen und dem Geschäftsherrn den objektiven Wert oder zumindest den Betrag, den er auf diese Weise erspart hat, zu erstatten. Allerdings wäre hier die Lücke, die sich durch das Fehlen eines Wertersatzanspruchs ergäbe, wohl hinzunehmen, auch deshalb, weil der Geschäftsführer ohnehin mit dem Willen handelt, den Vorteil dem Geschäftsherrn zukommen zu lassen, eine gesetzliche Verpflichtung hierzu insofern weitgehend auch sonst entbehrlich ist l03 . Bei § 687 Abs. 2 BGB verleiht die gegenüber der vertraglichen Geschäftsbesorgung und der Geschäftsführung ohne Auftrag entgegengesetzte subjektive Zielrichtung der Geschäftsführung dem Herausgabeanspruch im Hinblick auf unkörperliche Vorteile jedoch eine völlig neue Funktion. Es ist ja nicht so, daß unkörperliche Vorteile als Erfolg der Geschäftsführung, von Fällen wie dem soeben konstruierten abgesehen, im Bereich der fremdnützigen Geschäftsbesorgung nicht vorkämen. Nur fallen diese hier in aller Regel ipso gestu dem Geschäftsherrn zu. Soweit derartige Erfolge hingegen im Rahmen einer Geschäftsanmaßung herbeigeführt werden, treten diese der eigennützigen Absicht des Geschäftsfuhrers entsprechend in dessen Rechtskreis ein. Erst hier ergibt sich daher das praktische Bedürfnis, auch unkörperliche Erfolge der Geschäftsführung in den Rechtskreis des Geschäftsherrn zu transferieren. Die Lage ähnelt hier insofern weit eher derjenigen bei der Eingriffskondiktion als derjenigen bei der fremdnützigen Geschäftsführung. Dies legt es nahe, den Begriff des Erlangten im Sinne des 667 BGB wenigstens im Rahmen der Verweisung des § 687 Abs. 2 S. I BGB in derselben weiten Bedeutung wie im Bereich des § 812 Abs. I S. I BGB zu verstehen und den Herausgabeanspruch folglich durch einen dem § 818 Abs. 2 BGB entsprechenden Wertersatzanspruch zu ergänzen.
103
Vgl. oben S. 55 f, insbes. S. 56 Fn. 74.
204
2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist ein Herausgabeanspruch aus § 687 Abs. 2 BGB bei Erlangung unkörperlicher Vorteile bislang nie diskutiert worden, obgleich bekanntlich die Frage, ob etwa in den Fällen des Schwarzfahrens oder Schwarzparkens, aber auch sonstigen unbefugten Gebrauchs fremder RechtsgUter ein Anspruch auf Zahlung des angemessenen Entgelts bestehe, ein von der Rechtsprechung oft behandeltes Problem ist l04 . Auch in der Literatur wird die Frage, ob sich aus § 687 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Wertersatz für unkörperliche Vorteile ergibt, fast durchweg Ubergangen 105. Daß der Frage meist nicht weiter nachgegangen wird, ist insofern verständlich, als die Erlangung unkörperlicher Vorteile jedenfalls einen Bereicherungsanspruch begründet und heute im Ergebnis auch fast unstreitig ist, daß wenigstens der bösgläubige Eingreifer bereicherungsrechtlich unabhängig von seiner Aufwendungsersparnis stets zum Ersatz des objektiven Wertes erlangter Nutzungsvorteile verpflichtet ist lO6 • Da letzteres aber zumindest in der Begründung äußerst umstritten ist lO7 , stellt sich die Frage, ob sich ein entsprechender Anspruch nicht möglicherweise leichter aus § 687 Abs. 2 BGB begründen läßt. Da dem Inhaber eines Rechtsguts in aller Regel sowohl die Befugnis zur Eigennutzung als auch die Rechtsmacht, die Nutzung durch Dritte entgeltlich zu gestatten, zugewiesen ist, erfüllt grundsätzlich jede unbefugte Nutzung fremder RechtsgUter den objektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB. Daß ausschließ-
104 Während der Anspruch vom Reichsgericht bereits im "Gleisanlagenfall" (RGZ 97, 310, 312) aus Bereicherungsrecht begründet wurde, stützte ihn der Bundesgerichtshof im "Hamburger Parkplatzfall" (BGHZ 21, 319, 333 ff.) auf die Lehre vom faktischen Vertrag, im übrigen aber ebenfalls auf Bereicherungsrecht (vgl. z. B. BGHZ 20, 345, 355 "Paul Dahlke"; 55, 128, 130 ff.; BGH NJW 1956, 1276, 1277; 1979,2205,2206: NJW-RR 1987,231,232 "Nena"; GRUR 1992,557,558 "Talkmaster-Foto"). 105 Dagegen wohl Gursky, JR 1972, S. 281; dafür aber Klien, S. 98; Kellmann, Gewinnhaftung, S. 132; i. Erg. ebenso Krumm, S. 241, allerdings auf der Grundlage des § 677 BGB; vgl. auch Gebauer, Jura 1998, S. 134 f., der aus § 687 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung der angemessenen Vergütung auch bei fehlender Bereicherung des Eingreifers herleiten will; für Art. 423 schweiz. OR Amrein, S. 53 ff.; Schmid, OR, Art. 423 Rdnr. 112 (für den Fall des Verbrauchs fremder Sachen). 106 Vgl. BGHZ 55, 128, 132 ff.; Lieb, NJW 1971, S. 1292 ff.; ders., in: MünchKomm, § 812 Rdnr. 304, § 818 Rdnr. 37; EsserlWeyers, § 51 14 f; Canaris JZ 1971, S. 561 f; LarenzlCanaris, § 71 11 2 c, § 73 11 5 a; Schlechtriem, König-Symposium, S. 81 f.; ders., SchuldR BT, Rdnr.718; Koppensteiner, NJW 1971, S. 1775; Koppensteinerl Kramer, S. 161, 164 f; ReuterlMartinek, S. 326, 641; Reeb, S. 98; Jakobs, Eingriffserwerb, S. 146 ff.; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 186 f.; Höhn, S. 151; Goel=ke, AcP Bd. 173 (1973), S. 312 ff; Larenz, FS v. Caemmerer, S. 223 f.; Sack, FS Hubmann, S.384; Kellmann, NJW 1971, S.865; Gursky, JR 1972, S. 282 ff; Teichmann, JuS 1972, S. 250 f.; Kleinheyer, jZ 1961, S.474; Kaiser, Nutzungsherausgabe, S. 142 ff.; ders., GRUR 1988, S. 508. - Gegen eine Haftung über den Betrag der Aufwendungsersparnis hinaus selbst bei Bösgläubigkeit aber G. H. Roth, FS Küchenhoff. S. 379 ff.; Kraulwig, S. 119; wohl auch Erman-H. P. Weslermann, § 819 Rdnr. 4 f 107 Dazu näher unten S. 313 ff
III. Der Herausgabeanspruch
205
lich die kommerzielle Nutzung fremder Rechtsgüter erfaßt sein sollte, läßt sich jedenfalls aus dem Begriff des fremden Geschäfts nicht herleiten. Auch in der Literatur wird etwa die Nutzung fremder Sachen allgemein als unproblematischer Anwendungsfall des § 687 Abs. 2 BGB angesehen, ohne daß rur den Eigengebrauch eine Ausnahme gemacht würde, dabei allerdings die Rechtsfolgenfrage meist offengelassen lo8 . Da der Eingreifer, der das fremde Rechtsgut zum Zwecke des Eigengebrauchs in Anspruch nimmt, den Eingriff nicht nur ohne Fremdgeschäftsruhrungswillen, sondern auch zur Erlangung eines eigenen Vorteils im oben 109 dargelegten Sinne vornimmt, können auch keine Bedenken hinsichtlich des Merkmals der Behandlung des Geschäfts "als eigenes" bestehen. Der Einwand, daß mit der Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB auf den bloßen Eigengebrauch fremder Rechtsgüter die Tragtahigkeit des Gedankens der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag überschätzt werde, man sich allzu weit vom Leitbild ihrer klassischen Anwendungstalle, der Veräußerung fremder Sachen oder der Einziehung fremder Forderungen, entferne, greift nicht durch I 10. Denn einerseits ist zu bedenken, daß ähnliche Einwände auch gegenüber der bereicherungsrechtlichen Begründung der Wertersatzpflicht bei Nutzungseingriffen erhoben werden könnten, die sich in Rechtsprechung und Literatur erst unter dem Eindruck unabweisbarer praktischer Bedürfnisse durchgesetzt hat. Die an gegenständlichen Vermögensverschiebungen orientierte gemeinrechtliche Bereicherungsrechtsdoktrin hatte die Nutzung fremder Rechtsgüter als primären Kondiktionsgegenstand noch unberücksichtigt gelassen, und auch die erste Kommission ging bei der Beratung der Fälle einer Bereicherung aus dem Vermögen eines andern ohne dessen Willen auf die aus heutiger Sicht so wichtige Fallgruppe der Nutzungseingriffe überhaupt nicht ein 111. Die logische Folge war, daß noch lange Zeit nach Inkrafttreten des BGB Unklarheit darüber herrschte, worin in derartigen Fällen das auf Kosten eines andern Erlangte bzw. die Bereicherung zu erblicken sei. Der berühmte "Hamburger Parkplatzfall", in dem der Bundesgerichtshof auf die Lehre vom faktischen Vertrag zurückgriff, 108 So z. B. Larenz, SchuldR 11/1, § 57 11 b; Emmerich, SchuldR BT, § 13 Rdnr. 24; Giesen, Jura 1996, S. 347; Jauernig-Vollkornrner, § 687 Rdnr.6; MünchKomm-Sei/er, § 687 Rdnr. 15, der neben der Nutzung ausdrücklich auch die Benutzung nennt; ebenso Ebbecke, Recht Bd. 25 (1921), Sp. 102; ders., JherJB. Bd. 71 (1921), S. 369. Oft wird ausdrücklich neben Gebrauch und Nutzung auch der Verbrauch einbezogen; so ehen, S. 94; Mueser, S. 8; Thurn, S. 10; rur Art. 423 schweiz. OR Gautschi, OR, Art. 423 Anm. 2 b. Auch 1I. Roth, FS Niederländer, S.379 betont, § 687 Abs.2 BGB mache keinen Unterschied zwischen einer "Gewinnrealisierung" durch Rechtsgeschäft oder in sonstiger Weise, z. B. durch Verbrauch. Dagegen nahm Klien, S. 100 den Verbrauch einer Sache aus dem Anwendungsgebiet des § 687 Abs. 2 BGB aus. 109 S. 152 ff. 110 Vgl. allgemein hierzu schon oben S. 90 ff. 111 Vgl. Prot. (I. Komm.), S. 1583 ff. = Jakobs/Schubert, SchuldR 111, S. 825 ff.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
statt einen Anspruch auf das angemessene Nutzungsentgelt aus §§ 812, 818 Abs.2 BGB zu begründen l12 , verdeutlicht anschaulich die Probleme, die die bereicherungsrechtliche Bewältigung der Nutzungseingriffe bereitet hat. Andererseits läßt sich zeigen, daß schon auf der Grundlage der gemeinrechtlichen Doktrin der unechten Geschäftsflihrung ohne Auftrag die actio directa nicht nur in den Fällen der kommerziellen Nutzung fremder Rechtsgüter, sondern auch in den Fällen des Eigengebrauchs herangezogen wurde. Kohler 113 hat diesen Weg in seinem Aufsatz über die "Menschenhülfe im Privatrecht" mit Selbstverständlichkeit beschritten. Dort heißt es: "Mit der actio neg. gestio läßt sich auch abhelfen, wenn beispielsweise Jemand sich ohne Billet in das Theater oder Concert einschmuggelt, unberechtigtermaßen Waaren zu Schiffe mit sich führt, oder überhaupt eine Anstalt benutzt, ohne den daflir festgesetzten Preis zu bezahlen. Er muß sich behandeln lassen, als ob er im Interesse der Anstalt gehandelt hätte, und muß den üblichen Preis, und wenn verschiedene Preise üblich sind, den höchsten entrichten." Daß auch die Verfasser des BGB diese Konsequenz gezogen hätten, läßt sich zwar nicht mit letzter Sicherheit nachweisen, aber doch sehr wahrscheinlich machen. Ein gewichtiges Indiz hierflir ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschriften über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis 114 . Die §§ 181 f. des Vorentwurfs zum Sachenrecht verwiesen für die Haftung des verklagten und des bösgläubigen Besitzers noch ausdrücklich auf die Vorschriften über die wissentliche Führung fremder Geschäfte ohne Auftrag. Zwar zog die erste Kommission eine selbständige Regelung der Haftung des unredlichen Besitzers der Verweisung auf die Ansprüche aus Geschäftsflihrung ohne Auftrag vor ll 5, was schon deshalb nahe lag, weil die erste Kommission bekanntlich auch die Regelung der Ansprüche aus eigennütziger Geschäftsführung ohne Auftrag im Vorentwurf zum Recht der Schuldverhältnisse verwarf. Die erste Kommission ging jedoch davon aus, daß die Anwendung ihrer Kriterien im wesentlichen dieselben Resultate liefern werde wie die Regelung des Vorentwurfs, und betonte ausdrücklich die sachliche Angemessenheit der Regelung des Vorentwurfs gerade hinsichtlich der Pflicht zur Nutzungsherausgabe l16 • Demnach ging man offenbar als selbstverständlich davon aus, daß durch die Gleichstellung des unrechtmäßigen Besitzers mit einem Geschäftsführer ohne Auftrag auch die Verpflichtung zur Herausgabe der im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis
BGHZ 21,319,333 ff. JherJB. Bd. 25 (1887), S. 124 Fn. 2. 114 Vgl. dazu auch Wilhelm, AcP Bd. 183 (1983), S. 8 f.: Krumm, S. 159 ff. 115 Vgl. Prot. (I. Komm.), S. 4167 ff. = Jakobs/Schubert, SachenR I, S. 782 f. 116 Prot. (I. Komm.), S. 4168 f. = Jakobs/Schubert, SachenR 1, S. 782 f. 112
113
III. Der Herausgabeanspruch
207
besonders wichtigen Gebrauchsvorteile im Sinne des § 100, 2. Alt. BGB zu erfassen war. Zweifellos ist die Fiktion einer Fremdgeschäftsfilhrung in den Fällen des Eigengebrauchs fremder Rechtsgüter eine besonders gewagt anmutende Konstruktion, was erklären mag, daß der Gedanke filr lange Zeit in Vergessenheit geraten ist. Gleichwohl sollte man nicht schon deshalb die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB verneinen, weil man sich auch unter Aufwendung größter Phantasie kaum vorstellen kann, dieselbe Handlung könnte auch mit Fremdgeschäftsfilhrungswillen vorgenommen werden. Die eigennützige Absicht des Geschäftsfilhrers wird sich im Anwendungsgebiet des § 687 Abs. 2 BGB stets mehr oder weniger deutlich in äußeren Umständen manifestieren, durch die die Geschäftsfilhrung sich schon ihrem äußeren Erscheinungsbild nach von einer fremdnützigen Geschäftsfilhrung abhebt. Auch der Verkauf einer gestohlenen Sache oder die gewerbliche Nutzung eines fremden Patents sind selten Gegenstand einer echten Geschäftsfilhrung ohne Auftrag. Entscheidend ist demnach allein, ob eine Wertersatzpflicht filr unkörperliche Vorteile sich aus den Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB begründen läßt. Da § 687 Abs. 2 BGB keine eigenständige Rechtsfolgenregelung enthält, sondern auf die Rechtsfolgen der Geschäftsfilhrung ohne Auftrag verweist, werden sich die Rechte des Geschäftsherrn grundsätzlich im Rahmen der Rechte halten müssen, die auch dem Geschäftsherrn im Bereich der Geschäftsfilhrung ohne Auftrag bzw. dem Auftraggeber im Auftragsrecht, soweit über § 681 S.2 BGB auf dieses weiterverwiesen wird, zustehen. Der Anordnung des § 667 BGB dürfte sich aber durchaus auch eine allgemeine Wertersatzpflicht bei Erlangung unkörperlicher Vorteile entnehmen lassen. Daß eine Pflicht zur Herausgabe des Erlangten sich begrifflich durchaus auf unkörperliche Vorteile beziehen kann, zeigt die Verwendung derselben Begriffe in den §§ 812 Abs. 1 S. 1,818 Abs. 2 BGB. Ein entscheidender Grund dafilr, daß eine Verpflichtung zum Wertersatz bei Erlangung unkörperlicher Vorteile aus § 687 Abs. 2 BGB fast allgemein nicht einmal in Betracht gezogen wird, liegt nun aber zweifellos darin, daß bei § 667 BGB eine dem § 818 Abs. 2 BGB entsprechende Anordnung fehlt. Kellmann l17 vertritt allerdings die Auffassung, eine Wertersatzpflicht bedürfe überhaupt keiner ausdrücklichen Anordnung; § 818 Abs. 2 BGB sage "fur das allgemeine Schuldrecht nur Selbstverständliches". Dagegen läßt sich einwenden, daß das allgemeine Schuldrecht als Rechtsfolge der Unmöglichkeit einer Leistung regelmäßig das Freiwerden von der Leistungspflicht oder eine Schadensersatzpflicht vorsieht. Kellmann kann auch nicht gefolgt werden, wenn er meint, die Verpflichtung zum Schadensersatz bei Unmöglichkeit der Leistung beruhe auf demselben Prinzip wie § 818 117
Gewinnhaftung, S. 132.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
Abs.2 BGBl18. Zuzustimmen ist Kellmann aber insoweit, als jedenfalls hinsichtlich der Unmöglichkeit der Herausgabe eines Gegenstandes infolge der Beschaffenheit des Gegenstandes § 818 Abs. 2 BGB in der Tat nur als spezieller Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens anzusehen ist. Verfehlt wäre es, daraus, daß in § 818 Abs. 2 BGB die Wertersatzverpflichtung ausdrücklich angeordnet ist, zu schließen, daß dort, wo eine entsprechende Anordnung fehlt, Wertersatz bei Unmöglichkeit der Herausgabe in natura nicht geschuldet sei. Die Unzulässigkeit dieser Argumentation ergibt sich aus § 987 Abs. 1 BGB. Denn daß diese Vorschrift auch Gebrauchsvorteile im Sinne des § 100, 2. Alt. BGB erfaßt, ist unstreitig. Davon, daß für diese Vorteile Wertersatz auch ohne ausdrückliche Anordnung geschuldet sei, gingen die Gesetzesverfasser als selbstverständlich aus. Ein denkbarer Einwand dagegen, die Pflicht zum Wertersatz bei Unmöglichkeit der Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten als allgemeinen, auch ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung anwendbaren zivilrechtlichen Grundsatz anzuerkennen, ergibt sich daraus, daß sie im Unterschied zur Verpflichtung zur Herausgabe körperlicher Gegenstände stets dazu führt, daß der Verpflichtete auf sein übriges Vermögen zurückgreifen muß. Dieser Einwand ist gerade im Rahmen der Herausgabepflicht des fremdnützigen Geschäftsführers nicht ganz von der Hand zu weisen. Denn dieser soll grundsätzlich sicher vor einem Griff in die eigene Tasche geschützt werden. Der Einwand ließe sich allerdings dadurch ausräumen, daß die Verpflichtung zum Wertersatz - in Anlehnung an die bereicherungsrechtliche Lehre vom subjektiven Wertbegriff auf den Betrag der Aufwendungsersparnis beschränkt wird. Doch selbst wenn man den fremdnützigen Geschäftsführer von der - insoweit ohnehin fast bedeutungslosen - Wertersatzpflicht ganz freistellen wollte, ließe sich dies doch auf § 687 Abs. 2 BGB nicht übertragen. Gerade im Hinblick auf die unterschiedliche Schutzwürdigkeit des fremdnützigen und des unbefugt-eigennützigen Geschäftsführers wäre es allzu formalistisch zu fordern, daß die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB bis ins Detail denselben Inhalt haben müßten wie in ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich. Wenn bei § 687 Abs.2 BGB ein dem § 818 Abs. 2 BGB entsprechender klarstellender Hinweis darauf, daß bei Unmöglichkeit der Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten Wertersatz zu leisten sei, versäumt wurde, so hängt dies damit zusammen, daß die Gesetzesverfasser den Funktionswandel des Herausgabeanspruchs bei seiner Erstreckung auf die eigennützige Geschäftsführung nicht berücksichtigt haben. Sie lösten sich mit der Konzeption der unechten Geschäfts-
118 Kellmann. Gewinnhaftung. s. 132. - Auf demselben Prinzip wie § 818 Abs. 2 BGB beruht dagegen die Verpflichtung zur Entschädigung in Geld bei Unmöglichkeit der Naturalrestitution (§ 251 Abs. 113GB).
III. Der Herausgabeanspruch
209
führung ohne Auftrag nur halbherzig von der objektiven Theorie der Geschäftsführung ohne Auftrag und zogen die Möglichkeit, daß die Eigenarten des Tatbestandes der Geschäftsanmaßung gegenüber dem der Geschäftsführung ohne Auftrag in der einen oder anderen Hinsicht Modifikationen oder Ergänzungen nicht nur hinsichtlich der actio contraria, sondern auch hinsichtlich der actio directa gebieten könnten, nicht in Erwägung. Erkennt man an, daß die, actio directa im Bereich des § 687 Abs. 2 BGB einen anderen Geltungsgrund hat als im Bereich der fremdnützigen Geschäftsbesorgung 1l9, so sollte auch nichts daran hindern, die nähere Ausgestaltung des Herausgabeanspruchs in der einen oder anderen Beziehung den Eigenarten des § 687 Abs. 2 BGB anzupassen. Entsprechendes geschieht schließlich auch hinsichtlich anderer Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB. Nicht nur die Verweisung auf § 684 S. I BGB wird allgemein berichtigend ausgelegt, auch die Verweisungen auf § 677 und § 681 S. I BGB werden überwiegend - ob zu Recht, sei hier noch dahingestellt schlicht für sinnlos erklärt. Wenn ausgerechnet die Verweisung auf § 667 BGB den im Verhältnis zur vertraglichen Geschäftsbesorgung teils diametral entgegengesetzten Tatbestandsmerkmalen des § 687 Abs. 2 BGB in jeder Hinsicht gerecht würde, so wäre dies nicht mehr als ein glücklicher Zufall. Der stets zu beachtende Leitgedanke des § 687 Abs. 2 BGB, den rechtswidrig-eigennützig handelnden Geschäftsführer dem uneigennützigen gleichzustellen, kann der Verpflichtung zum Wertersatz für unkörperliche Vorteile jedenfalls nicht entgegenstehen. Denn dieser Grundsatz beansprucht, wie schon im Fehlen einer Verweisung auf § 683 BGB und in der Begründung der Vorschrift durch die zweite Kommission 120 zum Ausdruck kommt, nur zu Lasten des Geschäftsführers ausnahmslose Geltung. Selbst wenn man eine Verpflichtung zum Wertersatz fur unkörperliche Vorteile im Bereich der fremdnützigen Geschäftsführung ablehnte, sollte also eine entsprechende Verpflichtung des unbefugten Eigengeschäftsführers anerkannt werden. Wollte man hingegen einen Wertersatzanspruch aus § 687 Abs.2 BGB bei Erlangung unkörperlicher Vorteile verneinen, so hätte dies wenig einleuchtende Differenzierungen zur Folge. Denn der Eigengebrauch stellt gegenüber der kommerziellen Nutzung fremder Rechtsgüter eine wirtschaftlich nicht ~eniger wertvolle und fur den Eingreifer meist sogar leichter zu realisierende Verwertungsform dar. Die Funktion des § 687 Abs. 2 BGB, dem Eingreifer die bewußt-rechtswidrig erzielten Vorteile zu entziehen und auszuschließen, daß sich die Verletzung fremder Rechte lohnen kann, ist hier gleichermaßen einschlägig. Befremdliche Resultate könnten sich, wenn man eine Verpflichtung zum Wertersatz fur unkörperliche Vorteile ablehnte, auch dann ergeben, wenn der Geschäftsführer rechtsgeschäftlieh ein fremdes Gut genutzt hat und hierfür eine 119
Dazu oben S. 54 ff.
I~O
Pro!. 11. S. 742
14 Eben
=
Mugdan 11. S. 1202 f.
210
2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
unkörperliche Gegenleistung erhalten hat. Wenn der Dieb die gestohlene Sache vermietet und den Erlös zur Erlangung einer Dienstleistung verwendet, haftet er dem Eigentümer unzweifelhaft aus § 687 Abs.2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S.2, 667 BGB weiterhin auf den Betrag des Erlöses. Erbringt dagegen der Mieter dem Dieb als Gegenleistung eine Dienstleistung, so hat der Dieb einen körperlichen Vorteil aus der Geschäftsfiihrung nie erlangt. Dem Eigentümer wegen dieses rein formalen Unterschieds den Anspruch aus § 667 BGB zu versagen, ist nicht zu rechtfertigen. Als Zwischenergebnis bleibt somit festzuhalten, daß der Geschäftsfiihrer nach § 687 Abs. 2 BGB auch zum Wertersatz fiir die aus der Geschäftsfiihrung erlangten unkörperlichen Vorteile verpflichtet ist. b) Die Verpflichtung zum Ersatz des objektiven Wertes Für das Bereicherungsrecht vertritt bekanntlich eine beachtliche Mindermeinung die Auffassung, daß der Wertersatz nicht objektiv, d. h. danach, welches Entgelt üblicherweise fiir den erlangten Vorteil zu entrichten gewesen wäre, sondern subjektiv, d. h. danach, welche konkreten Auswirkungen der Bereicherungsvorgang im Empflingervermögen hinterlassen hat, zu bemessen sei l21 • Die Diskussion um den Wertbegriff bei § 818 Abs. 2 BGB ließe sich jedoch selbst dann nicht auf § 687 Abs. 2 BGB übertragen, wenn man davon ausginge, daß die Wertersatzpflicht im Rahmen des § 687 Abs. 2 BGB sich aus einer analogen Anwendung des § 818 Abs. 2 BGB ergebe l22 • Denn die Lehre vom subjektiven Wertbegriff ist entscheidend durch den Grundgedanken des Bereicherungsrechts mitgeprägt, den (gutgläubigen) Schuldner nicht über seine tatsächlich entstandene Bereicherung hinaus haften zu lassen l23 . Die Lehre vom subjektiven Wertbegriffträgt insofern die Wertung des § 818 Abs. 3 BGB in § 818 Abs.2 BGB hinein. Die Wertung des § 818 Abs. 3 BGB muß aber bei § 687 Abs. 2 BGB ganz außer Betracht bleiben. Herauszugeben ist nicht die Bereicherung, sondern das Erlangte. Der Herausgabeanspruch aus § 687 Abs. 2 BGB entspricht somit dem bereicherungsrechtlichen Primäranspruch in der Auslegung der heute ganz herrschenden Meinung. Diese geht davon aus, daß die Verpflichtung zur Herausgabe des erlangten "Etwas" im Sinne des § 812 Abs. I BGB von der Frage, inwieweit der Schuldner (noch) bereichert ist, zu unterscheiden ist l24 • Konsequenterweise sieht in den NutzungsflilIen die heute Vgl. die Nachw. oben S. 38 Fn. 60. So Klien, S. 98. 123 Vgl. Erman-H. P. Westermann, § 818 Rdnr. 17, 27; MünchKomm-Lieb, § 818 Rdnr. 34; ReuterlMartinek, S. 566 ff.; Koppensteiner/Kramer, S. 168 f. 124 So etwa MünchKomm-Lieb, § 812 Rdnr. 284 ff.; Erman-H. P. Westermann, § 818 Rdnr.2; Staudinger-Lorenz, § 812 Rdnr. 65, 72; Larenz/Canaris, § 71 I I; Batsch, 121
122
III. Der Herausgabeanspruch
211
herrschende Meinung das erlangte "Etwas" nicht in der Aufwendungsersparnis, sondern in der erlangten Nutzung selbst l25 • Nur fiir die Frage, ob der Schuldner (noch) bereichert ist, ist die Gesamtvermögenssituation des Schuldners von Bedeutung, so daß zu prüfen ist, ob der Schuldner Aufwendungen erspart hat l26 • Auch bei § 687 Abs. 2 BGB ist der Gebrauchsvorteil als solcher Gegenstand des Herausgabeanspruchs, während die Gesamtvermögenssituation des Schuldners und damit auch seine Aufwendungserspamis hier mangels einer dem § 818 Abs. 3 BGB entsprechenden Anordnung ohne Relevanz fiir die Herausgabeverpflichtung ist. Insofern ist also auch bei bloßen Gebrauchsvorteilen der Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB rein gegenstands- und nicht vermögensbezogen. Daher ist auch der Einwand, der Gebrauch als solcher sei kein Vermögensvorteil, da nicht er, sondern nur eine eventuelle Ausgabenersparnis eine bleibende Bereicherung bewirke l27 , jedenfalls fur den Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2,667 BGB ohne Belang. Die bereicherungsrechtliche Argumentation ist auch insoweit nicht auf § 687 Abs. 2 BGB übertragbar. Eine erschlichene Flugreise nach Amerika stellt nicht nur dann einen der Herausgabepflicht unterliegenden Vorteil dar, wenn der blinde Passagier in jedem Fall zu dieser Zeit nach Amerika fliegen wollte und somit Ausgaben erspart hat, sondern auch dann, wenn der Passagier unter keinen Umständen fiir die Reise das ordnungsgemäße Entgelt entrichtet hätte. Die sachliche Rechtfertigung dafiir, den Herausgabeanspruch nach dem objektiven Wert zu bestimmen, liegt in den subjektiven Voraussetzungen des § 687 Abs. 2 BGB. Dem bösgläubigen und daher nicht schutzwürdigen Verletzer kann die Berufung darauf, nicht in Höhe des objektiven Wertes bereichert zu sein, allgemein unbedenklich versagt werden. So haften nach herrschender Meinung auch der bösgläubige und der verklagte Besitzer fiir Gebrauchsvortei-
Vermögensverschiebung, S. 103 ff.; Koppensteiner/Kramer, S. 119; Teichmann, JuS 1972. S. 249; Gursky; JR 1972, S. 280 ff.; Kleinheyer, JZ 1961, S. 473 f.; Goetzke, AcP Bd. 173 (1973). S. 309 ff.; Kraßer. GRUR Int. 1980. S. 267. 125 Vgl. etwa BGHZ 82, 299. 306 f. .. Kunststoffhohlprofil 11"; Staudinger-Lorenz, § 812 Rdnr. 72; MünchKomm-Lieb. § 818 Rdnr. 73; Erman-H. P. Westermann, § 818 Rdnr. 27; Großkomm. UWG-KÖhler. vor § 13 Abschn. B Rdnr. 375; Larenz/Canaris, § 71 12 a; Koppensteiner/Kramer. S. 120; Rümker, S. 101; Kleinheyer, JZ 1961, S. 474; Gursky. JR 1972. S. 280 ff.; Goet=ke. AcP Bd. 173 (1973), S. 311; VI/mann, GRUR 1978. S. 619; Brandner, GRUR 1980, S. 360; Loewenheim, WRP 1997, S. 917; Larenz, FS v. Caemmerer. S. 214; Sack, FS Hubmann, S. 380. 126 Staudinger-Lorenz, § 812 Rdnr.72; MünchKomm-Lieb, § 812 Rdnr.285, § 818 Rdnr.73; Erman-H. P. Westermann. § 818 Rdnr.2; Canaris, JZ 1971, S. 561; LarenziCanaris, § 71 12 a; Gursky, JR 1972, S. 280 ff.; Teichmann, JuS 1972, S. 249; Büsching. S. 135. 127 Jakobs, Eingriffserwerb. S. 33 f. 14·
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
le nach § 987 Abs. 1 BGB stets auf Ersatz des objektiven Wertes l28 • Aber auch im Bereicherungsrecht wird, wie schon erwähnt, ganz überwiegend selbst von denen, die grundsätzlich den Anspruchsumfang nach den Auswirkungen des Bereicherungsvorgangs im Schuldnervermögen bestimmen wollen, eine Mindesthaftung des vorsätzlichen Eingreifers auf den objektiven Wert befürwortet l29 • Gerade unter Präventionsgesichtspunkten hält man es auch hier für unerträglich, daß derjenige, der vorsätzlich fremde Rechtsgüter nutzt, sich darauf berufen könne, er habe keine Aufwendungen erspart, da er das Rechtsgut unter keinen Umständen entgeltlich in Anspruch genommen hätte 130. Würde man dem bösgläubigen Eingreifer diesen Einwand gestatten, so "würde man ihm von Rechts wegen bestätigen, daß er mit Erfolg spekuliert hat"131. Ob eine gesetzliche Grundlage für die Mindesthaftung auf Ersatz des objektiven Wertes innerhalb der §§ 812 ff. BGB gefunden werden kann, ist allerdings sehr zweifelhaft, weshalb zu ihrer Begründung vielfach der Rückgriff auf § 242 BGB (Verbot des venire contra factum proprium) für erforderlich gehalten wird. Hierauf wird zurückzukommen sein, wenn abschließend das Verhältnis der Haftung aus § 687 Abs. 2 BGB zur Bereicherungshaftung betrachtet wird. Da der Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB ausschließlich auf Herausgabe des konkret erlangten Gegenstandes gerichtet und die abstrakte Gesamtvermögensdifferenz als solche für den Anspruch irrelevant ist, kann der Geschäftsherr auch nicht wahlweise auf § 687 Abs. 2 S. I i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB statt des Anspruchs auf Ersatz des objektiven Nutzungswertes einen Anspruch auf den Betrag der Aufwendungsersparnis stützen 132. Dieser Anspruch ist für den Gläubiger neben dem Anspruch auf Ersatz des objektiven Nutzungswertes auch regelmäßig nicht von Interesse, da die Aufwendungsersparnis den objektiven Nutzungswert nur selten übersteigen wird. Allerdings kann es vorkommen, daß der Berechtigte nur zu einem über
128 So z. B. BGHZ 39. 186. 187; BGH WM 1978. 1208, 1209; Slaudinger-Gursky, § 987 Rdnr. 14; a. A.. aber nicht überzeugend, G. H Roth, FS Küchenhoff, S. 384 f. Die Argumentation G. H Rolhs. es sei widersprüchlich. den Besitzer nach § 987 Abs. 1 BGB nur zur Herausgabe der tatsächlich gezogenen Früchte, aber zur Erstattung des objektiven Werts von Gebrauchsvorteilen zu verpflichten. ist schon deshalb nicht zwingend. weil § 987 Abs. 2 BGB gerade auch für die Fruchtziehung eine Haftung des Besitzers über die in concreto aus der Nutzung gezogenen Vorteile hinaus anordnet. Auch das Argument G. H Roths. § 987 Abs.2 BGB habe nach der Gegenansicht flir Gebrauchsvorteile kaum praktische Bedeutung. leuchtet nicht ein. da § 987 Abs. 2 BGB unabhängig davon. welcher Auffassung zu § 987 Abs. 1 BGB man folgt, primär für nicht gezogene Früchte i. S. des § 99 BGB Bedeutung hat. 129 Vgl. oben S. 204 m. Nachw. 130 Vgl. Jakobs. Eingriffserwerb. S. 148; Gursky. JR 1972. S. 281. 131 So Jakobs. Eingriffserwerb. S. 148. 132 Gegen einen Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB auf den Betrag der Aufwendungsersparnis auch Reuler/Martinek. S. 538.
III. Der Herausgabeanspruch
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dem objektiven Wert liegenden Preis zur entgeltlichen Gestattung bereit war. In diesem Fall läßt sich aus § 687 Abs. 2 S. I i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB ein Anspruch auf Leistung der vom Berechtigten verlangten Vergütung nicht begründen. Ein solcher Anspruch wäre auch sachlich kaum gerechtfertigt. Es führt in die Irre. wenn die Beschränkung des Anspruchs auf Erstattung des objektiven Wertes als "faktischer Kontrahierungszwang zum angemessenen Preis" bezeichnet wird 133 • Daß selbstverständlich niemand gehindert ist, auf vertraglicher Grundlage ein höheres als das angemessene Entgelt für die Nutzung seines Rechtsguts zu beanspruchen, bedeutet nicht, daß dann, wenn ein entsprechender Vertrag nicht zustande gekommen ist, ein Anspruch auf das vom Berechtigten geforderte Entgelt sich aus gesetzlichen Anspruchsgrundlagen herleiten lassen müßte. Insbesondere ist zu bedenken, daß auch derjenige, der jeden Vertragsschluß über die Nutzung seines Rechtsguts abgelehnt hätte, nicht mehr als den objektiven Nutzungswert beanspruchen kann. Weshalb der Verletzte, der für seine Leistung ein überhöhtes Entgelt gefordert hat, besser stehen soll als der Verletzte, der sein Rechtsgut keinesfalls entgeltlich zur Verfügung gestellt hätte, ist aber nicht einzusehen. Zudem widerspricht die Anerkennung eines gesetzlichen Anspruchs auf das geforderte Entgelt der Wertung der §§ 612 Abs. 2, 632 Abs. 2, 653 Abs.2, 315 BGB, wonach auch im Falle eines wirksamen Vertragsschlusses bei unterbliebener Einigung über das zu zahlende Entgelt dieses sich an der üblichen Vergütung orientieren so\l134. Zwar mag ein gesetzlicher Anspruch auf Zahlung der vom Verletzten verlangten und dem Verletzer bekannten Vergütung unter dem Gesichtspunkt wirksamer Prävention gegenüber vorsätzlichen Rechtsverletzungen durchaus zweckmäßig erscheinen. Auch diesem Gesichtspunkt kann aber nur im Rahmen der gesetzlichen Anspruchsgrundlagen Rechnung getragen werden. Hier hilft selbst § 687 Abs.2 BGB nicht weiter. Denn auch dieser Vorschrift läßt sich kein Grundsatz des Inhalts entnehmen, daß zu Lasten des vorsätzlichen Rechtsverletzers beliebige rechtmäßige Vorgehensweisen fingiert werden könnten, deren jeweils günstigste Rechtsfolge der Verletzte sich aussuchen kann l35 .
133 So Jakobs. Eingriffserwerb. S. 148; Haines. S. 118; Larenz/Canaris, § 72 1II 2 e; Koppensteiner/ Kramer. S. 165; Kleinheyer. 1Z 1961. S. 476; Kaiser. Nutzungsherausgabe. S. 102 f.; Krumm. S. 20; dagegen G. H. Roth, FS Küchenhoff, S. 387 Fn. 59, da die Inanspruchnahme zumindest de iure nicht hingenommen werden müsse. 134 Auch im Falle des § 315 Abs. I BGB hat sich das Entgelt im Rahmen des in vergleichbaren Fällen Üblichen zu halten; vgl. MünchKomm-Gottwald, § 315 Rdnr. 17; Jauernig-I'ollkommer, § 315 Rdnr. 7; Palandt-Heinrichs. § 315 Rdnr. 10. - Wilburg, AcP Bd. 163 (1964). S. 372 schlägt eine Beschränkung des Anspruchs auf das geforderte Entgelt durch das Wucherverbot oder durch eine Analogie zu § 316 BGB (gemeint ist wohl § 315 BGB) vor. Die meisten Beflirworter dieses Anspruchs äußern sich zu der Frage der Obergrenze des zu beanspruchenden Entgelts nicht. 135 So aber i. Erg. Krumm, S. 236 ff.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
c) Der Anspruch auf Wertersatz bei der Nutzung fremder Rechtsgüter zu Erwerbszwecken Es fragt sich, ob ein Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB auf Ersatz des objektiven Nutzungswertes auch dann besteht, wenn der Geschäftsruhrer das fremde Rechtsgut zu Erwerbszwecken eingesetzt hat 136. Hiergegen ließe sich einwenden, daß ein ähnlich unabweisbares Bedürfnis rur einen Wertersatzanspruch wie bei der Erlangung unkörperlicher Vorteile nicht besteht, wenn dem Geschäftsruhrer die Nutzung des fremden Rechtsguts lediglich als Mittel zum Zweck der Erzielung körperlicher Vorteile diente. Auch unter Präventionsgesichtspunkten erschiene es hier ausreichend, den Geschäftsruhrer zur Herausgabe des Nutzungserfolgs zu verpflichten. Gleichwohl sollte auch in diesen Fällen ein Anspruch auf Ersatz des objektiven Nutzungswertes anerkannt werden. Auch im Bereicherungsrecht unterscheidet die herrschende Meinung bezüglich der Pflicht zum Wertersatz nicht danach, ob der Schuldner durch den Eingriff in das fremde Rechtsgut körperliche oder unkörperliche Vorteile erzielt hat. Vielmehr wird auch bei kommerzieller Nutzung fremder Rechtsgüter die Nutzung selbst als ein zum Ersatz des objektiven Wertes verpflichtender Vorteil behandelt. Nach verbreiteter Auffassung soll zudem auch hier der Anspruch auf ein angemessenes Nutzungsentgelt (wenigstens bei bösgläubigen Eingriffen) neben dem Anspruch auf Herausgabe des Nutzungserfolgs bestehen 137. Diese Ansicht hat vor allem praktische Vorteile, da nicht selten zweifelhaft sein wird, inwieweit der Eingreifer durch die Nutzung des fremden Rechtsguts einen Gewinn erzielt hat. Die genaue Bezifferung des vom Eingreifer erzielten Gewinns kann dann rur beide Seiten unnötig mühsam und belastend sein. Verpflichtet man den Eingreifer zum Wertersatz rur die Nutzung des fremden Rechtsguts, so kann schon die Frage, zu weIchen Zwecken der Eingreifer das Rechtsgut in Anspruch genommen hat, unerörtert bleiben. Dagegen hätte bei Ablehnung des Wertersatzanspruchs etwa im "Gleisanlagenfall"138 zur Feststellung, ob dem Kläger ein Anspruch aus § 687
136 So Schmidt-Ernsthausen, GRUR 1938, S. 380; wohl auch Mertens, JuS 1962, S. 268 f.. der meint. der vom Geschäftsführer nach § 687 Abs. 2 BGB herauszugebende Gewinn könne nach der angemessenen Lizenzgebühr berechnet werden, dabei aber offenbar die Rechtsfolge der §§ 687 Abs. 2 S. I, 681 S. 2, 667 BGB mit der zweiten Schadensberechnungsmethode vermengt; ähnlich für Art. 423 schweiz. OR Lischer, S. 100 f. (ersparte Lizenzgebühr als Minimum des herauszugebenden Gewinns); ausdrücklich gegen einen Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB auf Wertersatz unabhängig vom tatsächlich erzielten Gewinn G. H Roth. FS Küchenhoff. S. 383; Großkomm. UWGKöhler. vor § 13 Abschn. B Rdnr. 397. 137 Vgl. etwa Jakobs. Eingriffserwerb. S. 145 ff.; ReuterlMartinek, S. 537 f.; Brandner. GRUR 1980. S. 360 ff.; Kaiser. Nutzungsherausgabe. S. 133 ff. 138 RGZ 97. 310 ff.
III. Der Herausgabeanspruch
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Abs.2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S.2, 667 BGB zustand, zunächst geklärt werden müssen, welchen wirtschaftlichen Gewinn die Beklagte aus der unbefugten Beförderung von Gütern über das Grundstück des Klägers gezogen hatte I39 •
6. Die Verlustersparnis Mit dem Begriff der Verlustersparnis ist das Problem bezeichnet, ob der Verletzer bei einer insgesamt verlustbringenden Tätigkeit den Betrag an den Verletzten herauszugeben hat, um den der Verlust ohne die Verletzung höher ausgefallen wäre l40 • Wäre der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB auf die Abschöpfung des gerade aus der Rechtsverletzung gezogenen Gewinns, also der abstrakten Vermögensdifferenz gerichtet, so könnte man kaum ernsthaft bezweifeln, daß auch eine Verlusterspamis den Anspruch begründen kann. Das Reichsgericht vertrat zu Unrecht für die dritte Schadensberechnungsmethode die gegenteilige Auffassung. Es begründete dies damit, ein Gewinn setze einen Überschuß des Erlöses über die Kosten voraus 141. Dieser - betriebswirtschaftliche - Begriff des Gewinns ist jedoch nicht identisch mit dem Begriff des Gewinns, den sonst auch die Rechtsprechung der Bestimmung des Gewinnherausgabeanspruchs insbesondere bei Immaterialgüterrechtsverletzungen zugrunde legt l42 • Hiernach begründet die Verletzung des fremden Rechts einen Anspruch auf Herausgabe gerade des Gewinns, der auf der Rechtsverletzung beruht. Vergleicht man aber lediglich, wie der Verletzer infolge der Rechtsverletzung steht und wie er ohne die Rechtsverletzung stünde, so ist auch die Verlustersparnis letztlich nichts anderes als der durch die Rechtsverletzung erzielte Gewinn 143. Konsequenterweise wird daher in der Literatur wohl überwiegend die Verlustersparnis in die Gewinnhaftung, sei es auf bereicherungsrechtlicher l44, sei es auf schadensersatzrechtlicher l45 Grundlage einbezogen. Ebenso erstreckt die schweizerische
139 Überwiegend wird der Begründung des Gleisanlagenurteils entnommen, daß die Beklagte ihre fehlende Berechtigung kannte (so Jakobs, Eingriffserwerb, S. 148 ff.; KoppensteinerlKramer. S. 164 f.: ReuterlMartinek. S. 537; dagegen aber LarenzlCanaris. § 73 I 5 i). In diesem Fall hätte die Beklagte also jedenfalls dem Grunde nach auch aus § 687 Abs. 2 BGB gehaftet. 140 Vgl. RGZ 130, 108. 110. 141 RGZ 130. 108. 110. 142 Vgl. TI!. Fischer. S. 106; Haines, S. II f. 143 Zutr. schon Kahler, Hdb., S. 573. 144 Kellmann. Gewinnhaftung, S. 71: Brandner. GRUR 1980, S. 361. 145 Kahler. Hdb .. S. 573 f.; Reimer-Nastelski. PatG, § 47 Rdnr. 40; Lindenmaier-Weiß, PatG. § 47 Rdnr. 38: Lindenmaier, ZAkDR Bd. 3 (1936), S. 164 f.; Preu, GRUR 1979, S. 757: ebenso. allerdings inkonsequent aufgrund der Prämisse. der Gewinnherausgabe-
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
Literatur den Herausgabeanspruch aus Art. 423 schweiz. OR, der nach ganz herrschender Auffassung auf den gerade dem fremden Rechtsgut zuzurechnenden Gewinn gerichtet ist, auf die Verlustersparnis l46 • Mit dem Prinzip der Gleichstellung des unbefugten Eigengeschäftsftihrers mit einem redlichen Fremdgeschäftsftihrer ist ein Anspruch auf Herausgabe des Betrags der Verlustersparnis jedoch nicht zu vereinbaren. Nach § 687 Abs.2 BGB ist der Geschäftsftihrer so zu behandeln, als wenn er die verlustbringende Produktion als Beauftragter oder Geschäftsftihrer ohne Auftrag ftir den Verletzten durchgeftihrt hätte. Dann hätte er sich zwar möglicherweise schadensersatzpflichtig gemacht; einem Anspruch auf den Betrag der Verlustersparnis wäre er aber nicht ausgesetzt. Denn nach Geschäftsftihrungsrecht gilt in der Tat, daß nur ein nach Abzug der Aufwendungen verbleibender Erlös herauszugeben ist. Der Geschäftsherr kann nicht eine einzelne Handlung gewissermaßen in einen gewinnbringenden und einen verlustbringenden Teil zerlegen. Grundsätzlich nichts anderes gilt bei § 687 Abs. 2 BGB. Übersteigt der Bruttoertrag nicht die nach § 687 Abs. 2 S. 2 BGB erstattungsflihigen Kosten, bleibt im Ergebnis von den nach § 667 BGB an den Geschäftsherrn herauszugebenden Einnahmen nichts übrig. Mit der durch die Rechtsverletzung bewirkten Verlustersparnis läßt sich also ein Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB nicht begründen 147. Am Sonderfall der Verlustersparnis zeigt sich somit besonders deutlich der Unterschied zwischen dem geschäftsftihrungsrechtlichen Herausgabeanspruch einerseits, der rechtsgutsbezogenen Gewinnhaftung andererseits. Während die am konkreten Erwerbsvorgang orientierte Betrachtungsweise häufig dadurch, daß der Geschäftsftihrer auch den auf eigenen Beiträgen beruhenden Gewinnanteil herauszugeben hat, zu einer Besserstellung des Geschäftsherrn gegenüber der rechtsgutsbezogenen Gewinnhaftung fuhrt, kann sie umgekehrt dann,
anspruch bei Immaterialgüterrechtsverletzungen ergebe sich aus einer analogen Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB, Benkard-Ragge, PatG, § 139 Rdnr. 73; Pinzger, GRUR 1931, S. 673; Schmidt-Ernsthausen, GRUR 1938, S. 377. - A. A. Großkomm. UWGKöhler, vor § 13 Abschn. B Rdnr.347; Kraßer, GRUR Int. 1980, S.264; BernhardtlKraßer, § 35 IV d; Werneburg, GRUR 1936, S.779; Delahaye, GRUR 1986, S. 219; Lutz, S. 71 f. 146 Maser, Herausgabe, S. 186 f; Th. Fischer, S. 112 f; Widmer, S. 91; Lischer, S. 98; Hafstetter, SPR VIII2, S. 216; Schmid, OR, Art. 423 Rdnr. 104; Amrein, S. 42. Maser, a.a.O., S. 187 wollte den Anspruch jedoch unverständlicherweise davon abhängig machen, daß der Verletzer die verlustbringende Tätigkeit auch bei Kenntnis von deren Unwirtschaftlichkeit vorgenommen hätte. Richtig hingegen schon Kahler, Hdb., S. 573 f: Der Anspruch scheidet nur dann aus, wenn die verlustbringende Tätigkeit ohne das widerrechtlich in Anspruch genommene Rechtsgut nicht durchgeführt worden wäre. 147 I. Erg. ebenso ReuterlMartinek, S. 538; Kaßner, S. 74 i. V. m. S. 24 f; a. A. - vom Prinzip der Verteilung des Geschäftserlöses auf Ertragsfaktoren ausgehend konsequent - Mueser, S. 32 f
III. Der Herausgabeanspruch
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wenn der Geschäftsführer insgesamt keinen Gewinn im betriebswirtschaftlichen Sinne erzielt hat und die Inanspruchnahme eines fremden Rechtsguts lediglich eine Verlustersparnis bewirkt hat, zu einer Schlechterstellung des Geschäftsherm führen. Unberührt bleibt nach hier vertretener Auffassung allerdings das Recht des Geschäftsherm, aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S.2, 667 BGB Wertersatz für die Nutzung des Rechtsguts als solche zu verlangen. Von dem Fall, daß die rechtsverletzende Tätigkeit selbst zu einem Verlust führt, der lediglich ohne die Rechtsverletzung noch höher ausgefallen wäre, ist der Fall zu unterscheiden, daß die rechtsverletzende Tätigkeit als solche gewinnbringend ist, der gesamte Betrieb jedoch mit Verlust wirtschaftet 148 • Hier ist zunächst zu klären, ob die verlustbringende Produktion noch Teil der Geschäftsbesorgung im Sinne des § 667 BGB ist. Dies ist grundsätzlich möglich, da die Geschäftsbesorgung über den eigentlichen rechtsverletzenden Akt hinausgehen kann. Einzubeziehen sind aber nur solche Akte, die nach Vorstellung des Geschäftsführers erforderlich sind, um aus der Führung des fremden Geschäfts einen Vorteil zu ziehen. Nicht hierzu zählen Tätigkeiten, die nicht im Hinblick auf die Gewinnerzielung aus der rechtsverletzenden Tätigkeit stattfinden, sondern nur in einem zufälligen Zusammenhang mit ihr stehen. Nur wenn nach diesen Grundsätzen die verlustbringende Tätigkeit mit der rechtsverletzenden Tätigkeit zu einer Geschäftsbesorgung im Sinne des § 667 BGB zusammengefaßt werden kann, kann sich der Verlust auf den Herausgabeanspruch des Geschäftsherm auswirken. Dies geschieht jedoch nicht im Wege einer Verrechnung unmittelbar auf der Grundlage des § 667 BGB. Vielmehr können die Verluste des Geschäftsführers nur einen Gegenanspruch aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB begründen. Entsprechendes gilt dann, wenn der Geschäftsführer die rechtsverletzende Tätigkeit über einen längeren Zeitraum fortsetzt und in dieser Zeit teilweise mit Gewinn, teilweise mit Verlust arbeitet. Auch hier findet eine Saldierung im Rahmen des § 667 BGB nicht statt. Der Geschäftsherr kann alles, was an positiven Werten aufgrund der Geschäftsanmaßung in das Vermögen des Geschäftsführers geflossen ist, herausverlangen und den Geschäftsführer hinsichtlich erlittener Verluste auf den Gegenanspruch aus § 687 Abs.2 S. 2 BGB verweisen 149 •
7. Die Haftung bei Untergang des erlangten Gegenstandes Es besteht Einigkeit darüber, daß der Herausgabeanspruch aus § 687 Abs. 2 S. I i. V. m. §§ 681 S.2, 667 BGB sich von demjenigen aus §§ 812 ff. BGB
148 Vgl. Pinzger, GRUR 1931, S. 673; Lindenmaier, ZAkDR Bd. 3 (1936), S. 164; Lutz, S. 71 f. 149 Dazu näher unten S. 287 ff.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
dadurch unterscheidet, daß dem Geschäftsführer die Berufung auf Wegfall der Bereicherung im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB versagt ist. Auf der Grundlage der verbreiteten Auffassung, daß sich die Primäransprüche aus § 812 und § 687 Abs.2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S.2, 667 BGB dem Umfang nach decken, wird hierin sogar der einzige Unterschied gesehen, der angesichts der verschärften Haftung nach § 819 Abs. 1 BGB jedoch bedeutungslos sei ISO. Mit der Formulierung, der Geschäftsführer könne sich nicht auf Wegfall der Bereicherung berufen, ist der Unterschied zwischen der Haftung des Geschäftsführers und der des nicht verschärft haftenden Bereicherungsschuldners nur ungenau beschrieben. Offen bleibt, wie im einzelnen die Haftung des Geschäftsfiihrers bei Untergang des herauszugebenden Gegenstandes ausgestaltet ist. Dies ist vom Ausgangspunkt her allerdings nicht zweifelhaft: Der Geschäftsführer haftet wie ein redlicher Fremdgeschäftsführer für den Bestand der von ihm an den Geschäftsherrn herauszugebenden Vermögenswerte. Die Rechtfertigung für diese treuhänderische Haftung des Geschäftsführers liegt, wie schon die gemeinrechtliche Lehre von der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag erkannte, im Bewußtsein, objektiv fremde Geschäfte zu führen 15 I. Es gelten also wie für den Herausgabeanspruch gegen den fremdnützigen Geschäftsführer die allgemeinen Vorschriften der §§ 275 ff. BGBI52. Wenn der erlangte Gegenstand ausnahmsweise nicht in Geld besteht, bedeutet dies, daß der Geschäftsführer nach § 280 BGB Schadensersatz zu leisten hat, wenn der Gegenstand durch sein Verschulden untergeht. Bei unverschuldetem Untergang wird er dagegen grundsätzlich nach § 275 BGB frei. Eine Schadensersatzhaftung des Geschäftsführers bei unverschuldetem Untergang läßt sich auch aus § 678 BGB, der allein die Schadensersatzpflicht wegen der Übernahme der Geschäftsführung regelt, nicht herleiten. Für unverschuldeten Untergang haftet der Geschäftsführer nur gemäß §§ 992, 848 BGB hinsichtlich der im Eigentum des Geschäftsherrn stehenden Sachen, an denen der Geschäftsführer sich im Rahmen der Geschäftsanmaßung Besitz verschafft hat.
ISO Vgl. oben S. 38, 193. 151 Vgl. v. Monroy, S. 161 f.; Zimmermann, S. 27 ff.; Brinkmann. S. 19 ff. Fn.2. S. 29; Dernburg, § 123; Windscheid, Ungerechtfertigte Bereicherung. S. 309: v. Kiibel. Begr. zu § 235 des Vorentw. zum Recht der Schuldverhältnisse. S. 24 ff. = Schubert. Vorlagen, SchuldR 11, S. 956 ff. 152 A. A. Ostler, NJW 1975. S. 2274 für den Herausgabeanspruch aufgrund vertraglicher Geschäftsbesorgung: Der Anspruch setze voraus. daß etwas Erlangtes im Zeitpunkt der letzten Abwicklungshandlung vorhanden sei. so daß für die Anwendung des § 275 BGB kein Raum sei. Unberührt bleibe eine Haftung für Verschulden (womit dann wohl nur die Haftung wegen Nicht- oder Schlechterfüllung der vertraglich übernommenen Pflichten gemeint sein kann). Dagegen spricht aber schon der klare Wortlaut des § 667 8GB: Der Herausgabeanspruch bezieht sich eben nicht nur auf das. was der Beauftragte (noch) im Besitz hat, sondern auf alles, was er (zu irgendeinem Zeitpunkt) aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat.
III. Der Herausgabeanspruch
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Praktisch wichtiger ist, inwieweit ein haftungsbefreiender Untergang des Erlangten möglich ist, wenn der erlangte Gegenstand, wie fast immer, in Geld besteht. Ob es in diesem Fall gerechtfertigt ist, die Herausgabepflicht als "gewöhnliche" oder "echte" Geldschuld zu bezeichnen 153, mag hier dahinstehen. In der Sache ist jedenfalls weitgehend unstreitig, daß der Herausgabeanspruch aus § 667 BGB auch dann, wenn er auf Geld gerichtet ist, nicht in jeder Hinsicht nach den rur Geldschulden im allgemeinen geltenden Grundsätzen zu behandeln ist. Denn der Anspruch gegen den Beauftragten auf Herausgabe des Erlangten ist, auch wenn das Erlangte in Geld besteht, im Grundsatz auf Herausgabe des Erlangten in natura gerichtet. Dies ist insbesondere dann unzweifelhaft, wenn die erlangten Geldbeträge in Wertpapieren verkörpert sind. Doch gilt grundsätzlich nichts anderes rur Bargeld und selbst rur Buchgeld. Der Herausgabeanspruch aus § 667 BGB unterscheidet sich daher auch dann, wenn er auf Geld gerichtet ist, von der typischen Geldschuld dadurch, daß der Schuldner zu seiner Errullung nicht auf sein Vermögen, sondern nur auf das aus der Geschäftsbesorgung hervorgegangene oder bereits zum Zwecke der Ausruhrung des Auftrags gebildete Sondervermögen zurückzugreifen braucht l54 • Bei Untergang herauszugebender Geldbeträge finden die allgemeinen für Sachschulden geltenden Regeln Anwendung. Dies bedeutet, daß § 270 BGB unanwendbar ist, wenn der Beauftragte aus der Geschäftsruhrung erlangtes Geld an den Auftraggeber schicktISS, und daß der Beauftragte auch, solange er das Geld rur den Auftraggeber aufbewahrt, nicht die Gefahr zufalligen Verlusts trägt l56 • Voraussetzung rur diese Haftungsbeschränkung ist allerdings, daß der Schuldner den erlangten Geldbetrag gesondert von seinem übrigen Vermögen autbewahrt l57 • Handelt es sich um Buchgeld, so kann dies durch Übernahme auf ein Anderkonto geschehen 158. Die Besonderheit der Geldschuld wirkt sich dann nur noch insofern aus, als der Anspruch des Gläubigers wie bei typischen
153 So Staudinger-K. Schrnidt, vor § 244 Rdnr. C 22; a. A. MünchKomm-v. Maydell, § 244 Rdnr. 10; Ostler, NJW 1975, S. 2273 f. - Am treffendsten erscheint der Ausdruck "Geldherausgabeschuld"; vgl. Larenz/Canaris, § 73 11 3 c. 154 BGHZ 28, 123, 128; Ostler, NJW 1975, S. 2274. 155 Vgl. BGHZ 28, 123, 127 ff.; MünchKomm-Seiler, § 667 Rdnr. 23; StaudingerK. Schrnidt, vor § 244 Rdnr. C 22; Coing, JZ 1970, S.246; Ostler, NJW 1975, S. 2274 ff.; Medicus, JuS 1983, S. 902. 156 Vgl. BGH WM 1969,26, 27; Staudinger-K. Schrnidt, vor § 244 Rdnr. C 22; Larenz/Canaris, § 73 11 3 c; a. A. Däubler, JuS 1969, S. 54, der auf den auf Geld gerichteten Herausgabeanspruch bei Auftrag und Geschäftsführung ohne Auftrag generell § 279 BGB anwenden will; ebenso wohl Wollschläger, GoA, S. 253 f. für Geschäftsführung ohne Auftrag und Geschäftsanmaßung. 157 Bei der vertraglichen Geschäftsbesorgung und u. U. auch bei der Geschäftsführung ohne Auftrag kann der Schuldner zur getrennten Aufbewahrung sogar verpflichtet sein; vgl. Medicus, JuS 1983, S. 90 I f. 158 Medicus, JuS 1983. S. 901.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
Geldschulden nur auf die Verschaffung eines entsprechenden Geldbetrags gerichtet ist l59 , da der Gläubiger kein Interesse an der Leistung bestimmter Geldzeichen hat. Der Schuldner kann daher, ohne daß sich an der Gefahrtragung etwas änderte, die erlangten Geldstücke oder -scheine auswechseln, solange er nur den erlangten Geldbetrag von seinem übrigen Vermögen trennt l60 • Dementsprechend kann der Schuldner auch, wenn er den Geldbetrag seinem Vermögen einverleibt hat, das Haftungsprivileg erneut aufleben lassen, indem er den geschuldeten Betrag wieder aussondert l61 . Doch nur wenn und solange der Schuldner durch treuhänderische Aufbewahrung des Betrags gesondert von seinem sonstigen Vermögen auf die eigene Nutzung des erlangten Geldbetrags verzichtet, ist auch das Haftungsprivileg gerechtfertigt 162. Andernfalls hat der Schuldner den Anspruch wie bei den typischen Geldschulden aus seinem gesamten Vermögen zu erfiillen. Kraft der Verweisung auf § 667 BGB gelten diese Grundsätze auch fur § 687 Abs. 2 BGB. Auch der Eigengeschäftsfuhrer kann also grundsätzlich durch zufälligen Verlust des erlangten Geldes befreit werden. Denn entscheidend ist nicht, ob der Schuldner die Geschäftsfiihrung, durch die er den Betrag erlangt hat, in fremdnütziger Absicht unternommen hat, sondern nur, ob er das Erlangte wie ein Treuhänder fiir den Gläubiger aufbewahrt hat. Letztlich könnte das Haftungsprivileg dem eigennützigen Geschäftsfiihrer aber demnach nur dann zugute kommen, wenn er während oder nach der Geschäftsfiihrung seine Absicht ändert und den Herausgabeanspruch freiwillig erfiillen will. Typischerweise wird der Geschäftsfiihrer das erlangte Geld jedoch sofort ununterscheidbar seinem übrigen Vermögen einverleiben, um es fiir eigene Zwecke zu nutzen. In diesem Fall ist fiir das Haftungsprivileg kein Raum. Da Grund des Haftungsprivilegs die treuhänderische Verwahrung und nicht die schlichte Identifizierbarkeit des Geldbetrags ist, würde auch nicht schon die zuflillige Unterscheidbarkeit der herauszugebenden Beträge vom übrigen Vermögen des Geschäftsfiihrers genügen, um die Haftung auf den erlangten Betrag zu beschränken. Ferner kann der Geschäftsfuhrer keine Haftungsbeschränkung nach Art einer sogenannten beschränkten Gattungsschuld dadurch herbeifuhren, daß er den erlangten Betrag in einem größeren, seinerseits aber von seinem übrigen Vermögen unterscheidbaren Vermögensbestandteil aufgehen läßt, also etwa auf
Vgl. MünchKomm-Seiler, § 667 Rdnr. 6, 11. Vgl. Medicus, JuS 1983, S. 902; für die konkretisierte (echte) Geldschuld Similis, AcP Bd. 159 (1960/61), S. 447 f; für die Geldvindikation Similis, a.a.O., S. 459 ff.; Reinhardt, FS Boehmer, S. 85 ff. 161 Vgl. Reinhardt, FS Boehmer, S. 90 f zur Möglichkeit des Miteigentümers von Geld, einseitig eine Auseinandersetzung vorzunehmen. 162 Vgl. Simitis, AcP Bd. 159 (1960/61), S. 447 ff für die Frage der Konzentration einer (echten) Geldschuld. 159
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III. Der Herausgabeanspruch
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ein Konto einzahlt 163 . Der Geschäftsführer haftet also auch dann auf Herausgabe des erlangten Geldbetrags, wenn dieser einem Konto des Geschäftsführers gutgeschrieben wird und das gesamte Guthaben ohne Verschulden des Geschäftsführers untergeht l64 . Im Ergebnis bedeutet dies, daß die Haftung des Geschäftsführers sich zwar im Grundsatz nach §§ 275, 280 BGB bestimmt, der Geschäftsführer sich gegenüber dem Anspruch auf Herausgabe erlangter Geldbeträge jedoch von eher theoretischen Ausnahmefällen abgesehen nicht auf unverschuldete Unmöglichkeit berufen kann.
8. Der Anspruch auf Herausgabe der Surrogate Erlangt der Geschäftsführer unter Einsatz des herauszugebenden Gegenstandes oder als Ersatz für dessen Verlust einen neuen Gegenstand, so fragt sich, ob auch dieser dem Herausgabeanspruch unterliegt. Eine Erstreckung des Herausgabeanspruchs auf das Surrogat scheidet richtigerweise von vornherein dann aus, wenn der primär erlangte Gegenstand in Geld besteht. Es ist zwar wenigstens theoretisch denkbar, daß der Geschäftsführer gerade mit dem erlangten Geld ein bestimmtes gegenständlich identifizierbares Surrogat erwirbt. Jedoch ist hier die Pflicht zur Herausgabe des Surrogats im Hinblick auf den besonderen Charakter des Geldes ebenso abzulehnen wie in dem oben 165 behandelten "Lotteriefall" die Pflicht zur Herausgabe des mit fremdem Geld erzielten Lotteriegewinns. Daher erstreckt sich der Herausgabeanspruch auch nicht auf die Gewinne, die der Geschäftsführer durch Reinvestition des erzielten Gewinns in seinem Betrieb erwirtschaftet l66 • Hier erst zeigt sich die wahre Bedeutung der Sonderbehandlung des Geldes bei der Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB: Da die Geschäftsbesorgung im Sinne der §§ 687 Abs. 2 S. I, 681 S. 2, 667 BGB weit über die eigentliche rechtsverletzende Handlung hinausreichen kann, kann sie begrifflich auch den Vorgang der Reinvestition des aus der rechtsverletzenden Handlung erzielten Gewinns
163 Vgl. Similis, AcP Bd. 159 (1960/61), S.448 für die konkretisierte (echte) Geldschuld. 164 Zur bereicherungsrechtlichen Problematik bei dieser Konstellation vgl. BGHZ 83, 293, 297 ff. Das Berufungsgericht (OLG Hamm NJW 1981, 993, 994) hatte hier allenfalls eine Haftung nach den Grundsätzen einer beschränkten Gattungsschuld anerkennen wollen, was vom Bundesgerichtshof jedoch verworfen wurde. 165 S. 145 ff. 166 Nur i. Erg. ebenso für die dritte Schadensberechnungsmethode RGZ 130, 108, 114, wo die Nichtberücksichtigung des durch Reinvestition erzielten Gewinns mit unzutreffenden Kausalitätserwägungen begründet wird; zust. aber Werneburg, GRUR 1936, S.779; Lindenmaier, ZAkDR Bd.3 (1936), S. 165; Lindenmaier-Weiß, PatG, § 47 Rdnr. 38; vgl. auch Jagmann, S. 197 f.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
umfassen. Die Sonderbehandlung des Geldes schützt den Geschäftsführer hier jedoch vor einer uferlosen und dem Umfang nach kaum noch bestimmbaren Haftung 167. Diese Haftungsbeschränkung muß in der Sache allerdings nicht immer gerechtfertigt sein, so etwa, wenn der Geschäftsführer nicht über andere freie Mittel, die er statt der rechtswidrig erlangten hätte investieren können, verfügte. Einen gewissen Ausgleich schafft hier der Zinsanspruch nach § 687 Abs.2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2, 668 BGBI68: Er kann als pauschalierter Anspruch auf Herausgabe des Reinvestitionsgewinns verstanden werden 169. Ein Anspruch auf Herausgabe des Surrogationserwerbs kommt also nur in Betracht, wenn der durch die Geschäftsführung primär erlangte Gegenstand nicht in Geld besteht. Veräußert in diesem Fall der Geschäftsführer den erlangten Gegenstand, so ergibt sich ein Anspruch auf Herausgabe des Surrogationserwerbs aus § 281 BGBI70, sofern man der ganz herrschenden Meinung folgt, daß § 281 BGB auch auf das rechtsgeschäftlich erlangte Surrogat anwendbar sei l7l • Auch ohne Anwendung des § 281 BGB gelangt man unmittel-
167 Für den strafrechtlichen Verfall hat der Gesetzgeber in § 73 Abs. 2 StGB (in Anlehnung an § 818 Abs. 1 BGB) die Einbeziehung mittelbarer Vorteile nur in engen Grenzen zugelassen. Der Reinvestitionsgewinn ist auch hier nicht erfaßt; vgl. Schönke/Schröder-Eser, StGB, § 73 Rdnr. 30 ff.; Güntert, S. 48 ff. mit Beispielen aus der Praxis. 168 Vgl. RGZ 130, 108, 114. 169 Wenn G. H. Roth, FS Küchenhoff, S. 383 aus dem Zinsanspruch ein Argument gegen die hier vertretene Auffassung herleiten will, daß der Geschäftsführer allgemein neben dem Anspruch auf Herausgabe des tatsächlich erzielten Gewinns einem Wertersatzanspruch ausgesetzt sei (vgl. oben S. 214 0, kann ihm nicht gefolgt werden. Nach G. H. Roth soll § 668 BGB bezüglich der Pflicht zum Wertersatz unabhängig von den tatsächlich erlangten Vorteilen "eine klar umrissene und eindeutig limitierte Ausnahme" darstellen. Tatsächlich kann man zwar in dem gesetzlichen Zinssatz den objektiven Wert der Nutzung von Geld sehen. Gleichwohl behält der Zinsanspruch auch auf der Grundlage der hier vertretenen Auffassung zumindest dann seinen guten Sinn, wenn man davon ausgeht, daß die allgemeinen Regeln des Surrogationserwerbs auf die Nutzung herauszugebender Geldbeträge nicht anwendbar sind. Doch selbst wenn man das argurnenturn e contrario G. H. Roths bezüglich der aus der Verwendung des herauszugebenden Gegenstandes erlangten Vorteile anerkennen wollte, so liegt doch die Frage, ob die Primärhaftung aus § 667 BGB auch eine Pflicht zum Wertersatz für die Nutzung fremder Rechtsgüter umfaßt, auf einer anderen Ebene, so daß jedenfalls ein Argument hiergegen aus § 668 BGB kaum gewonnen werden kann. 170 Dazu ausf. Isele, FS Cohn, S. 82 ff. - In Betracht käme auch, den Anspruch auf Herausgabe des Surrogationserwerbs damit zu begründen, daß der Geschäftsführer mit der Verfügung über den erlangten Gegenstand ein zweites Mal ein fremdes Geschäft im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB führt. Dies ist allerdings, da der Geschäftsführer ungeachtet seiner Herausgabepflicht aus § 687 Abs. 2 S. I i. V. m. §§ 681 S.2, 667 BGB als dinglich Berechtigter verfügt, nur dann der Fall, wenn man zur Begründung der Fremdheit des Geschäfts die Verletzung einer schuldrechtIichen Verpflichtung genügen läßt; vgl. dazu näher unten S. 427 ff., insbes. S. 465 f. 171 Vgl. dazu näher unten S. 444 f., 471.
III. Der Herausgabeanspruch
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bar über § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2,667 BGB zu einem Anspruch auf Herausgabe der Surrogate, wenn die Verwertung des ursprünglich erlangten Gegenstandes noch Teil der Geschäftsbesorgung im Sinne des § 667 BGB ist 172 • Ob dies der Fall ist, hängt davon ab, ob bereits der eigentliche rechtsverletzende Akt im Hinblick auf die spätere Verwertung des primär erlangten Gegenstandes hin erfolgte. Wenn der GeschäftsfUhrer schon bei der Eingriffshandlung auch die Folgegeschäfte geplant hat, faßt dieser Plan Eingriffshandlung und Folgegeschäfte zu einer einheitlichen GeschäftsfUhrung zusammen, so daß auch die Surrogate noch unmittelbar nach § 687 Abs.2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB herauszugeben sind.
9. Der technische Eingriffserwerb Der Herausgabeanspruch aus § 687 Abs.2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S.2, 667 BGB umfaßt nicht nur den in der Praxis im Vordergrund stehenden, durch Vermarktung eines fremden Rechtsguts erzielten "wirtschaftlichen Eingriffserwerb", sondern auch den sogenannten "technischen Eingriffserwerb"173, also die aus einer rechtswidrigen Produktion stammenden körperlichen Erzeugnisse l74 • Soweit bereits die Herstellung von Sachen unter Verwendung eines fremden Immaterialguts und nicht erst die Verwertung dieser Sachen gesetzlich verboten ist, erfiillt schon die Herstellung der Sachen den objektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB. Sind auch die subjektiven Voraussetzungen des § 687 Abs. 2 BGB gegeben, so ist der Handelnde folglich nach § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S.2, 667 BGB zur Herausgabe der hergestellten Sachen verpflichtet. Die Erstreckung der Herausgabepflicht auf den technischen Eingriffserwerb folgt zwingend aus der Gleichstellung des unbefugten Eigengeschäftsfiihrers mit einem redlichen Fremdgeschäftsfiihrer. Denn auch im Rahmen eines Auftrags oder einer Geschäftsfiihrung ohne Auftrag unterlägen derartige Gegenstände der Herausgabepflicht. Insbesondere scheitert der Herausgabeanspruch auch nicht daran, daß der Geschäftsführer neben den fremden auch eigene Mittel einsetzt, selbst wenn der Wert der eingesetzten eigenen Mittel den der
172 Vgl. /sefe, FS Cohn, S.82; Wieczorek, S. 104; Jauernig-Vollkommer, § 687 Rdnr. 8. Klien, S. 32 meinte, von § 667 BGB seien zwar auch Ersatzwerte erfaßt, das durch neue Geschäfte Erlangte aber nur, soweit ein neuer selbständiger Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB hieraus erwachse (vgl. dazu schon oben S. 222 Fn. 170). 173 Die Terminologie stammt von F. Schufz, AcP Bd. 105 (1909), S. 428 f. und öfter. 174 So auch Krumm, S. 218 ff.; a. A. Schmidl-Ernslhausen, GRUR 1938, S. 376 mit der nicht zwingenden Begründung, der technische Eingriffserwerb sei nicht "aus der Geschäftsbesorgung erlangt".
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
fremden Beiträge überwiegt l75 . Der Geschäftsführer hat, wie dargelegt l76, auch dann, wenn er bei der Geschäftsführung überwiegend eigene Rechtsgüter eingesetzt hat, stets den konkreten aus der Geschäftsführung hervorgegangenen Gegenstand herauszugeben und muß sich wegen seiner eigenen Beiträge auf den Gegenanspruch aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB verweisen lassen. Erkennt man dies für den wirtschaftlichen Eingriffserwerb an, so kann man für den technischen Eingriffserwerb nicht anders entscheiden. Wenn in bezug auf den Bereicherungsanspruch die Erstreckung der Herausgabepflicht auf den technischen Eingriffserwerb mit der Begründung abgelehnt wird, daß sie den legitimen Interessen des Eingreifers nicht gerecht werde 177, so greift dieser Einwand jedenfalls bei wissentlich-rechtswidrigen Eingriffen nicht durch. Dagegen sprechen die berechtigten Interessen des Verletzten entscheidendfür den Anspruch auf Herausgabe des technischen Eingriffserwerbs. Dies hat auch der Gesetzgeber in einzelnen Regelungen zum technischen Eingriffserwerb in den immaterialgüterrechtlichen Spezialgesetzen deutlich zum Ausdruck gebracht. Nach §§ 98 Abs.2 UrhG, 14 a Abs. 3 GeschmMG muß der Verletzer die widerrechtlich hergestellten, in seinem Eigentum stehenden Vervielfältigungssrucke bzw. Nachbildungen gegen eine angemessene Vergütung herausgeben. Hervorzuheben ist, daß hierbei die Herstellungskosten die obere Grenze der Vergütung bilden, und daß der Anspruch kein Verschulden voraussetzt. Da die Regelungen insofern über den Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB hinausgehen, kann ihnen auch kein argumentum e contrario für die Frage, ob bei anderen Immaterialgüterrechtsverletzungen die Herausgabe des technischen Eingriffserwerbs nach § 687 Abs.2 BGB verlangt werden kann, entnommen werden. Zum technischen Eingriffserwerb zählen neben den unter Verletzung fremder Immaterialgüterrechte hergestellten Gegenständen auch die Sachen, an denen sich jemand durch Verbindung, Vermischung oder Vermengung fremder und eigener Sachen oder durch Verarbeitung fremder Sachen aufgrund der §§ 946 ff. BGB Eigentum verschafft. Alle diese Handlungen erftillen unzweifelhaft den objektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGBI78. Der Eingreifer ist 175 Zutr. Krumm, S. 219, der sich gegen die von F. Schub (AcP Bd. 105 (1909). S. 125) vertretene Auffassung wendet, ein Anspruch des Verletzten auf Herausgabe des vom Verletzer hergestellten Gegenstandes könne analog §§ 946 ff. BGB nur bestehen. soweit die hergestellte Sache überwiegend auf dem Beitrag des Verletzten beruhe. Für die verschuldensunabhängige Eingriffskondiktion. auf die F. Schub sich bezog. ist allerdings schon sehr zweifelhaft, ob ein Anspruch auf Herausgabe des technischen Eingriffserwerbs überhaupt anzuerkennen ist. 176 Oben S. 195 ff. 177 So Haines. S. 139 n:; vgl. auch schon Seligsolm. GRUR 1928. S. 675 f. 178 So wohl auch Staudinger-Wittmann. § 687 Rdnr. 9 (ausdrücklich aber nur ftir die Verarbeitung); ftir Art. 423 schweiz. OR vgl. Schmid. OR. Art. 423 Rdnr. 40. 190.
III. Der Herausgabeanspruch
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daher, wenn er die Handlung in Kenntnis ihrer Rechtswidrigkeit vorgenommen hat, zur Übertragung des Eigentums auf den Verletzten verpflichtet. Dagegen läßt sich nicht einwenden, daß der frühere Eigentümer in § 951 Abs. I BGB auf einen Bereicherungsanspruch verwiesen wird. Denn nach § 951 Abs. 2 BGB bleiben weitergehende Rechte unberührt. Da allgemein anerkannt ist, daß die Aufzählung in § 951 Abs. 2 BGB nicht abschließend ist l79, steht auch der Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB nichts entgegen 180. Dennoch wird § 687 Abs. 2 BGB in diesem Zusammenhang fast immer übergangen. Das Reichsgericht hat in seinem "Altargemäldeurteil" vom 11.10.1932 in einem obiter dictum sogar ausdrücklich ausgesprochen, daß dann, wenn durch Verarbeitung eine neue Sache hergestellt worden sei, weder ein Anspruch auf Herausgabe der neu hergestellten Sache noch ein Anspruch auf Herausgabe des durch Veräußerung dieser Sache erzielten Erlöses bestehen könne l81 . Beides ist jedoch unzutreffend. Die Pflicht zur Übertragung des durch wissentlichrechtswidrige Verarbeitung einer fremden Sache erlangten Eigentums folgt unmittelbar aus § 687 Abs. 2 BGB. Die Pflicht zur Herausgabe des durch Veräußerung der neu hergestellten Sache erzielten Erlöses ergibt sich nach den dargelegten Grundsätzen des Surrogationserwerbs (die in erster Linie gerade in den Fällen des technischen Eingriffserwerbs Bedeutung gewinnen) entweder ebenfalls direkt aus § 687 Abs. 2 BGB oder aus § 281 BGBI82. Auf den ersten Blick mag hieran befremdlich erscheinen, daß über den Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB der frühere Eigentümer sein aufgrund der §§ 946 ff. BGB zunächst verlorenes Eigentum wiedererlangen und darüber hinaus auch die Beiträge des aufgrund der §§ 946 ff. BGB gewinnenden Eingreifers beanspruchen kann. Hierin liegt in der Tat eine Besonderheit des Anspruchs aus § 687 Abs. 2 BGB gegenüber den anderen nach § 951 Abs. 2 BGB
179 Vgl. Palandt-Bassenge. § 951 Rdnr. 22; MünchKomm-Quack, § 951 Rdnr. 31; Staudinger-GlIrsky, § 951 Rdnr. 51: Jauernig. § 951 Rdnr. 21. 180 Zutr. Krumm, S. 219. 181 RGZ 138,45. 50. Ebenso Jagmann, S. 197; Klien, S. 105. 182 Einen Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB auf Herausgabe des aus der Veräußerung der neu hergestellten Sache erzielten Erlöses bejaht auch Müller (SchuldR BT, Rdnr. 1957). allerdings ohne auf den naheliegenden Einwand einzugehen, daß der Verarbeiter die Veräußerung als Eigentümer vornimmt. Wer aber schon keine Bedenken hat. dem früheren Eigentümer den Anspruch auf den Veräußerungserlös zuzusprechen, kann wohl gegen den diesem Anspruch gewissermaßen logisch vorausgehenden auf Herausgabe des Verarbeitungserfolgs erst recht nichts einwenden. - Etwas anders ist die Situation bei Immaterialgüterrechtsverletzungen. Denn hier ergibt sich die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB bei Verfügungen über den technischen Eingriffserwerb, wie Krumm (S. 220) zutr. hervorhebt. schon daraus, daß nicht nur die Herstellung eines Gegenstandes unter Inanspruchnahme eines fremden Immaterialguts, sondern auch (und in erster Linie) die Veräußerung dieses Gegenstandes das absolute Recht des Berechtigten verletzt (vgl. §§ 15 UrhG. 5 GeschmMG. 9 PatG, I1 GebrMG, 14 MarkenG).
15 Eher!
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
unberührt bleibenden gesetzlichen Ansprüchen, was ein Grund dafiir sein mag, daß § 687 Abs. 2 BGB hier meist stillschweigend übergangen wird. Doch betonte bereits eine frühe Entscheidung des Reichsgerichts zu Recht, daß die §§ 946 ff. BGB allein die dingliche Zuordnung der Sache betreffen und ein schuldrechtlicher Anspruch auf Herausgabe der Sache hiervon unberührt bleibt l83 . Im Falle eines wissentlich-rechtswidrigen Eingriffs können gegen eine derartige Korrektur der §§ 946 ff. BGB auf schuldrechtlicher Ebene keine durchgreifenden Bedenken bestehen. Diese entspricht vielmehr dem Normzweck des § 951 Abs. 2 BGB. Die nach § 951 Abs. 2 BGB unberührt bleibenden Vorschriften sollen, wie die ausdrückliche Erwähnung der Vorschriften über den Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung verdeutlicht, u. a. die notwendige, in der sachenrechtlichen Regelung der §§ 946-950 BGB jedoch fehlende Differenzierung danach, wer den Eigentumsverlust zu vertreten hat, ermöglichen. Daß der Eigentumsverlust endgültig ist, erscheint angemessen, wenn er durch den Verlierenden selbst verursacht wurde. Man mag dies auch noch hinnehmen können, wenn der Erwerbende den Eigentumsübergang schuldlos oder lediglich fahrlässig herbeigeführt hat, nicht aber unter den subjektiven Voraussetzungen des § 687 Abs. 2 BGB. Unter historischem Gesichtspunkt ist hier auf die rei vindicatio utilis des gemeinen Rechts hinzuweisen, mit der u. a. der Verarbeiter eines fremden Stoffes - trotz Eigentumserwerbs des Verarbeiters - zur Herausgabe der hergestellten Sache verpflichtet werden konnte l84 . Eine ähnliche Regelung trifft Art. 726 schweiz. ZGB. Obgleich nach Art. 726 Abs. 1 schweiz. ZGB der Verarbeiter Eigentum erwirbt, wenn seine Arbeit "kostbarer" ist als der verarbeitete Stoff, bestimmt Art. 726 Abs. 2 schweiz. ZGB: "Hat der Verarbeiter nicht in gutem Glauben gehandelt, so kann der Richter, auch wenn die Arbeit kostbarer ist, die neue Sache dem Eigentümer des Stoffes zusprechen." Diese Rechtsfolge wenigstens bei wissentlichrechtswidrigem Handeln des Erwerbenden in allen Fällen der §§ 946 ff. BGB anzuerkennen, kann kaum als unangemessen angesehen werden.
183 RG Recht 1903, 505. Vgl. auch Krumm, S.219; Staudinger-Gursky, § 951 Rdnr. 51 m. w. Nachw. 184 Dazu Jhering, JherJB. Bd. 1 (1857), S. 138 ff.; Windscheid, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 313 f. - Jhering, a.a.O., S. 140 f. und Windscheid, a.a.O. wollten allerdings dem Verarbeiter ein vorrangiges Abfindungsrecht gegenüber dem Stoffeigentümer zusprechen. Damit diente die rei vindicatio utilis i. Erg. nur als Mittel zur Durchsetzung der Abfindungsforderung, eine angesichts der Verschuldensunabhängigkeit der rei vindicatio utilis durchaus sachgerechte Lösung.
III. Der Herausgabeanspruch
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10. Möglichkeiten einer Einschränkung der Herausgabepflicht nach § 242 BGB Es soll nicht bestritten werden, daß die hier vertretene Auffassung, daß der Geschäftsführer sowohl den wirtschaftlichen als auch den technischen Eingriffserwerb - vorbehaltlich seines Gegenanspruchs aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB - vollständig an den Geschäftsherrn herauszugeben hat, im Einzelfall Härten für den Geschäftsführer mit sich bringen kann, vor allem dann, wenn der Geschäftsführer bei der rechtsverletzenden Tätigkeit in erheblichem Umfang eigene Rechtsgüter eingesetzt oder die rechtsverletzende Tätigkeit sich über einen längeren Zeitraum erstreckt hat. Dies kann es jedoch nicht rechtfertigen, das gesamte Prinzip in Frage zu stellen. Vielmehr sind erforderliche Korrekturen im Einzelfall über § 242 BGB herbeizuführen. So mag der Geschäftsführer ausnahmsweise den Einwand der Verwirkung erheben können, wenn der Geschäftsherr bei einer über einen längeren Zeitraum sich erstreckenden rechtsverletzenden Tätigkeit den Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB geltend macht, obgleich er schon zu einem früheren Zeitpunkt von der Rechtsverletzung Kenntnis erlangt hat. ohne gegen den Geschäftsführer vorzugehen l85 • Der Bundesgerichtshof hat im Zusammenhang mit der Frage der Erstreckung des Anspruchs aus § 816 Abs. I BGB auf den über den objektiven Wert der veräußerten Sache hinausgehenden Gewinn ausdrücklich betont, daß grobe Unbilligkeiten im Einzelfall über § 242 BGB ausgeglichen werden könnten 186. Dies gilt auch fur § 687 Abs. 2 BGB, wo zwar die Schwelle der Unbilligkeit wegen der Bösgläubigkeit des Schuldners von vornherein deutlich höher anzusetzen ist, wegen der besonderen Schärfe der Haftung aber gleichwohl unbillige Härten auch nicht gänzlich auszuschließen sind. Eine Modifizierung der Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB kann in Betracht kommen, wenn der Wert der verletzten Rechtsposition im Vergleich zu den eigenen zur Gewinnerzielung eingesetzten Rechtsgütern des Verletzers nicht nennenswert ins Gewicht Hillt. Es gibt zwar nach der zutreffenden Auffassung der Rechtsprechung keinen allgemeinen Grundsatz, daß geringfugige Rechtsverletzungen ohne Rechtsfolgen bleiben l87 • Doch soll es dem Gläubiger unter dem Gesichtspunkt des
185 Vgl. für Art. 423 schweiz. OR Th. Fischer, S. 130 ff., der diese Möglichkeit ausdrücklich auch für den Fall bösgläubiger Eingriffe anerkennt. 186 BGHZ 29, 157, 161. Nach Rothoeft, AcP Bd. 166 (1966), S. 253 ff., der im Rahmen des Bereicherungsanspruchs dem Schuldner grundsätzlich jede Beteiligung an dem durch Einsatz eigener Rechtsgüter erzielten Gewinn absprechen will (vgl. aber dazu unten S. 305 ff.), soll dann, wenn der Eingriff verhältnismäßig gering war und die erzielten Vorteile überwiegend auf dem Einsatz eigener Rechtsgüter des Schuldners beruhten, diesem eine exceptio doli zustehen; der Bereicherungsanspruch sei dann ausnahmsweise nur auf Wertersatz gerichtet. 187 BGHZ 88, 91. 95; BGH WM 1985,876,877.
15'
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
Rechtsrnißbrauchs verwehrt sein, aus einem im Ergebnis folgenlos gebliebenen oder den Gläubiger nur geringfügig belastenden Verstoß unangemessene Rechtsfolgen herzuleiten l88 • Diese Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgnmdsatzes hat auch in zahlreichen Einzelregelungen des Schuldrechts ausdrückliche Anerkennung gefunden, etwa in den §§ 320 Abs. 2, 459 Abs. 1 S. 2, 542 Abs. 2, 634 Abs. 3 BGB. Insbesondere kann es dann, wenn dem Verletzten andere Ansprüche zur Verfügung stehen, die seine Interessen in hinreichender Weise wahren, geboten sein, ihn auf die milderen Sanktionen zu verweisen l89 . Vor allem § 251 Abs. 2 S. I BGB ist Ausdruck dieses allgemeinen Rechtsgedankens. In den Fällen des § 687 Abs. 2 BGB kommen als mildere Sanktionen, auf die der Verletzte im Einzelfall verwiesen werden könnte, fast immer konkurrierende Ansprüche aus Delikts- und Bereicherungsrecht in Betracht. Daß gerade auch hinsichtlich der Pflicht zur Herausgabe widerrechtlich erlangter Vorteile ausnahmsweise der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ein Abweichen von der regelmäßigen Rechtsfolge gebieten kann, bestätigt § 73 c StGB, der den strafrechtlichen Verfall ausschließt, wenn er für den Betroffenen eine unbillige Härte darstellte. Hinsichtlich des Anspruchs auf Herausgabe des technischen Eingriffserwerbs ist ferner auf die Härteklausel des § 98 Abs. 3 UrhG zu verweisen. In den Fällen der §§ 946 ff. BGB wird man ausnahmsweise dem Verletzer das Recht zusprechen müssen, den Herausgabeanspruch durch Vergütung des Wertes abzuwenden 190.
I I. Der Herausgabeanspruch bei Kombinationseingriffen
a) Die Verteilung des Geschäflserläses au/mehrere Verletzte Bei der Behandlung der Kombinationseingriffe wird in der Literatur zur Gewinnhaftung, die sich vornehmlich auf die dritte Schadensberechnungsmethode oder die Eingriffskondiktion bezieht, nicht zwischen Kombinationseingriffen im engeren und im weiteren Sinne unterschieden 191. Das überwiegend angewandte Prinzip der Verteilung des Erlöses auf Ertragsfaktoren soll für beide Fallgruppen gleichermaßen gelten. Der dem Verletzten zustehende Anspruch mindert sich danach in gleicher Weise, wenn zugleich ein Rechtsgut des
188 Vgl. RGZ 152,251, 258: BGHZ 21, 122, 136: 53,160.164 ff.; 88, 91, 95; 96, 88, 92 f.; Erman-Werner, § 242 Rdnr. 71; MünchKomm-G. H. Roth, § 242 Rdnr. 438 ff.; Jauernig-Vollkommer, § 242 Rdnr. 40. 189 Vgl. BayObLG NJW-RR 1990, 332, 333: Soergel-Teichmann, § 242 Rdnr.307; MünchKomm-G. H. Roth, § 242 Rdnr. 442 ff. 190 Vgl. zu der entsprechenden Rechtsfolge im Rahmen der rei vindicatio utilis des gemeinen Rechts oben S. 226 Fn. 184. 191 Vgl. oben S. 101.
III. Der Herausgabeanspruch
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Verletzers zur Gewinnerzielung beigetragen hat, wie wenn das Rechtsgut einem Dritten zustand. Auch soweit abweichende Konzeptionen vertreten werden, wie etwa die analoge Anwendung der §§ 946 ff. BGBI92, werden in der Regel alle Ertragsfaktoren, diejenigen des Eingreifers wie diejenigen der Verletzten, gleich behandelt. Bei § 687 Abs. 2 BGB gelten rur die Kombinationseingriffe im weiteren und im engeren Sinne jedoch unterschiedliche Regeln. Während der Geschäftsruhrer nach § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB grundsätzlich ohne Rücksicht auf eigene Beiträge dem Geschäftsherm alles, was er aus der Geschäftsruhrung erlangt hat, und nicht nur den dem fremden Rechtsgut zuzurechnenden Gewinnanteil herauszugeben hat, muß dann, wenn die Geschäftsführung Rechte mehrerer verletzt, auch im Bereich des § 687 Abs. 2 BGB das Prinzip der Verteilung des Erlöses auf Ertragsfaktoren Anwendung finden. Grundsätzliche Bedenken hiergegen, wie sie schon von F. SchU/Z I93 geltend gemacht wurden, sind unbegrundet l94 . Von der Möglichkeit derartiger Berechnungen gingen auch die Gesetzesverfasser aus, denn Bestimmungen wie die §§ 471, 660 und 743 Abs. 1 BGB beruhen auf ähnlichen Erwägungen 195. Soweit ausreichende Anhaltspunkte darur fehlen, welcher Gewinn durch die Eingriffshandlung ohne die einzelne Rechtsverletzung erzielt worden wäre, wird man regelmäßig davon ausgehen können, daß der Gewinn in dem Verhältnis aufzuteilen ist, in dem die Werte der einzelnen eingesetzten Rechtsgüter zueinander stehen l96 . Die Schätzung der Gewinnanteile steht damit auf ausreichend sicherer Grundlage. Schließlich sieht die Rechtspraxis sich auch im Schadensersatzrecht ständig vor ganz ähnliche Probleme gestellt, wenn es darum geht, die Schadensersatzpflicht auf verschiedene Verursacher zu verteilen. Bei einer rein naturwissenschaftlichen Kausalitätsbetrachtung wäre auch die Verteilung eines Schadens entsprechend dem Grad der Verursachungsbeiträge selten
192 So F. Schu/=, AcP Bd. 105 (\ 909), S. 117 ff.: zust. Jakobs, Eingriffserwerb, S. 126: ausdrücklich auch für § 687 Abs. 2 BGB Krautwig, S. 128 f.; Bertrams, S. 91; vgl. auch Drth, S. 129 ff., der darauf abstellte, welche Verwertungsmöglichkeit "am vordringlichsten und markantesten" ist, und die übrigen Beteiligten auf Wertersatzansprüche verweisen wollte. 193 AcP Bd. 105 (1909). S. 105 ff.: ähnlich Jakobs, Eingriffserwerb, S. 124 ff.; Haines, S. 124 ff.: Büsching, S. 146 ff.: Reuter/Afartinek, S. 540 ff.; Laren=lCanaris, § 72 I 1 b: Kralltwig, S. 110 ff. 194 So auch MünchKomm-Lieb, § 818 Rdnr. 19, 21: Moser, Herausgabe, S. 194 ff., insbes. S. 214 f.: Kellmann, Gewinnhaftung, S. 139 ff.: Wi/burg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 130 f.; Koh/er. ArchBürgR Bd. 35 (1910), S. 105 f.: Kaiser, Nutzungsherausgabe, S. 169 ff. 195 Zutr. Kahler, ArchBürgR Bd. 35 (1910), S. 106; Wi/burg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 128 ff.: Kellmann, Gewinnhaftung, S. 141. 196 Vgl. MünchKomm-Lieb, § 818 Rdnr. 19; Kellmann, Gewinnhaftung, S. 140; Kaiser, Nutzungsherausgabe, S. 179: lVi/burg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 128 ff.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
möglich l97 • Selbst wenn, wie im Regelfall, überhaupt nicht ein konkreter Schadensanteil einem einzelnen Verursacherbeitrag zugeordnet werden kann, ist es dennoch möglich, dem Verursacherbeitrag aufgrund juristisch-wertender Betrachtung gegenüber anderen, naturwissenschaftlich-kausal betrachtet absolut gleichwertigen ein höheres oder geringeres Gewicht beizumessen. Demnach kann auch kein durchgreifender Einwand gegen die Ertragsfaktorenrechnung daraus hergeleitet werden, daß es nicht immer möglich ist, einem Ertragsfaktor nach Kausalitätsgesichtspunkten exakt einen bestimmten Gewinnanteil zuzurechnen. Naturgemäß wird die Verteilung des Erlöses die größten Schwierigkeiten bereiten, wenn ein durch die Geschäftsfilhrung verletztes Rechtsgut nur gemeinsam mit einem anderen genutzt werden konnte, wie insbesondere im Fall des abhängigen Patents 198. Zwar ließe sich bei der Verletzung eines abhängigen Patents möglicherweise im Wege der Schätzung ermitteln, weIcher Ertrag allein durch den Einsatz des älteren Patents erzielbar gewesen wäre. Würde man dem Inhaber des älteren Patents nur diesen Betrag zusprechen, so erhielte er jedoch zu wenig, da unberücksichtigt bliebe, daß sein Patent auch mitursächlich filr die Entwicklung des abhängigen Patents und damit auch für den verbleibenden Gewinnanteil war l99 • Aber auch die Verteilung des Erlöses proportional dem objektiven Wert der Beiträge steht bei der Verletzung eines Rechtsguts, das sich, wie das abhängige Patent, nicht selbständig kommerziell verwerten läßt, auf vergleichsweise unsicherer Grundlage. Gleichwohl lassen sich auch in derartigen Fällen durchaus sachgerechte Kriterien für die Aufteilung des Erlöses finden. Bei der Verletzung eines abhängigen Patents wird etwa eine wichtige Rolle spielen, wie gravierend die abhängige Erfindung von der älteren abweicht. Allgemein wird in den Fällen "notwendiger Kombinationseingriffe" meist die Überlegung weiterhelfen, daß dem Inhaber der einzelnen Position zumindest die Rechtsrnacht zusteht, den Eingriff in seine Rechtsposition entgeltlich zu gestatten. Es ist also, im Grundsatz nicht anders als bei der Bestimmung der angemessenen Lizenzgebühr im Rahmen der zweiten Schadensberechnungsmethode, zu fragen, weIchen Betrag der Be-
Vgl. Kaiser, Nutzungsherausgabe, S. 170 f. Die Argumentation F. Schul:' gegen die Ertragsfaktorenrechnung (AcP Bd. 105 (1909), S. 106 ff.) leidet daran, daß sie ganz auf diesen Ausnahmefall zugeschnitten ist (vgl. die Beispiele a.a.O .. S. 108 f.. 113). 199 Insoweit zutr. F. Schul;, AcP Bd. 105 (1909), S. 109; zust. Maser. Herausgabe, S. 214. - Am augenfälligsten ist die Undurchführbarkeit der Verteilung nach Kausalitätsgesichtspunkten dann, wenn das ältere Patent erst durch die Verbesserung überhaupt wirtschaftlich verwertbar wurde. Denn dies kann sicher kein Grund sein, den Gewinn in voller Höhe dem Inhaber des abhängigen Patents zuzuweisen. 197 198
III. Der Herausgabeanspruch
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rechtigte billigerweise rur den Verzicht auf die Geltendmachung seines Unterlassungsanspruchs fordern könnte. Dieser Betrag stellt den objektiven Wert der verletzten Position dar, der seinerseits die Grundlage für die Berechnung des dem Verletzten zustehenden Gewinnanteils bildet. Die Aufteilung des Gewinns wird demnach keine grundsätzlich anderen Schwierigkeiten bereiten, als sie auch bei der Anwendung der zweiten Schadensberechnungsmethode oder der Eingriffskondiktion etwa im Bereich von Persönlichkeits- oder Markenrechtsverletzungen auftreten. Hier wird ein Anspruch auf die angemessene Lizenzgebühr auch dann rur möglich gehalten, wenn ein Markt für entsprechende Lizenzen überhaupt nicht existiert2°O, der Verletzte den Eingriff unter keinen Umständen gestattet hätte 201 oder die Erteilung von Lizenzen rechtlich ausgeschlossen ist202 • Auf die ultima ratio, den Ertrag gleichmäßig auf alle Beteiligten zu verteilen 20 \ wird man demnach kaum einmal zurückgreifen müssen. Das Verfahren der Ertragsfaktorenrechnung ist jedenfalls eher geeignet, den Interessen aller Verletzten gleichermaßen gerecht zu werden, als die von F. Schulz 204 und anderen befürwortete Alternative, einem Beteiligten - analog §§ 946 ff. BGB - den gesamten Gewinn und den übrigen Beteiligten nur den objektiven Wert ihres Beitrags zuzusprechen 205 • Für die hiermit verbundene Bevorzugung einzelner Ertragsfaktoren fehlt gerade bei den Kombinationseingriffen im engeren Sinne jeder innere Grund. Heute meinen die Gegner der Ertragsfaktorenrechnung überwiegend, zu einer sachgerechten Bemessung des Gewinnherausgabeanspruchs dadurch gelangen zu können, daß der Verletzer den Gewinn behalten darf, den er durch anderweitige rechtmäßige Erwerbsmöglichkeiten hätte erzielen können 206 • Doch liegt auf der Hand, daß dabei die Problematik des Kombinationseingriffs im engeren Sinne völlig unberücksich-
200 Vgl. Laren=lCanaris. § 69 I I d: Großkomm. UWG-KÖhler. vor § 13 Abschn. B Rdnr.357. 201 Vgl. Großkomm. UWG-Köhler. vor § 13 Abschn. B Rdnr.331; Merlens, JuS 1962. S. 268 f.: LIII=. S. 66 f. 202 Vgl. BGHZ 44. 372. 378 ff. .. Meßmer-Tee 11": Großkomm. UWG-Köhler, vor § 13 Abschn. B Rdnr. 331. 357; Laren=lCanaris. § 69 I I e; Dällbler. JuS 1969, S. 52; Luf:. S. 67. 20:1 Dafür im Zweifel Kohler. ArchBürgR Bd. 35 (1910). S. 106. Auch F. Schu/z, AcP Bd. 105 (1909). S. 188 wollte .. schlimmstenfalls" den Gewinn den Beteiligten zu gleichen Teilen zuweisen. 204 AcP Bd. 105 (1909). S. 117 fL weitere Nachw. oben S. 229 Fn. 192. 205 Daß F. Schub letztlich keine bessere Lösung anbietet. betont auch Moser, Herausgabe. S. 215. 206 Dazu näher unten S. 305 ff.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
tigt bleibt. Jedenfalls für diesen hier allein interessierenden Fall gibt es zur Ertragsfaktorenrechnung daher keine Alternative 207 . Haben bei der Gewinnerzielung eigene Beiträge des Verletzers und solche verschiedener anderer Personen mitgewirkt, so müssen die Grundsätze der Gewinnverteilung bei Kombinationseingriffen im weiteren und im engeren Sinne nebeneinander angewandt werden. Vom Bruttoerlös ist also zunächst der Wert des Gegenanspruchs aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB abzuziehen. Der Rest ist unter den verschiedenen Verletzten entsprechend ihren Beiträgen zu verteilen. In der Literatur wird die Auffassung vertreten, daß nach den Regeln des Kombinationseingriffs auch die Fälle zu behandeln seien, in denen zugleich mit der unbefugten Inanspruchnahme eines fremden Rechtsguts auch gegen eine "absolute", also allein Allgemeininteressen dienende Verbotsnorm verstoßen wird 208 • Für den Bereicherungsanspruch ist dem zuzustimmen, sofern man die Prämisse akzeptiert, daß der Umfang des Anspruchs nach dem konkret erzielten Erlös und nicht nach dem objektiven Wert des Eingriffsgegenstandes zu bemessen ist. Denn ein Gewinnanteil, der nur durch den Verstoß gegen Allgemeininteressen dienende Verbotsnormen erzielt werden konnte, ist keinesfalls auf Kosten des Kondizenten erlangt. Für § 687 Abs. 2 BGB müssen dagegen andere Grundsätze gelten. Hier ist die Frage, inwieweit der Geschäftserlös gerade auf der Inanspruchnahme des fremden Rechtsguts beruht, grundsätzlich irrelevant. Kann der Geschäftsherr auch die Teile des Gewinns beanspruchen, die auf dem Einsatz eigener Rechtsgüter des Geschäftsführers beruhen, so können grundsätzlich auch keine durchgreifenden Bedenken dagegen bestehen, dem Geschäftsherrn die Teile des Gewinns zuzuweisen, die durch den Verstoß gegen "absolute" Verbotsnormen erzielt wurden. Etwas anderes könnte sich allenfalls daraus ergeben, daß aufgrund des Verstoßes gegen eine "absolute" Verbotsnorm die Voraussetzungen des strafrechtlichen Verfalls erfüllt sein können. Ob § 73 Abs. 1 S.2 StGB unmittelbar entnommen werden kann, daß auch hier der Verfall vollständig dem privatrechtlichen Anspruch weichen soll, ist zweifelhaft, da bei dieser Regelung nicht an den Fall gedacht ist, daß die Verletzung eines privaten Rechts mit der hiervon unabhängigen Verletzung eines Strafgesetzes in einer Handlung zusammenfällt. Doch ist § 73 Abs. 1 S. 2 StGB jedenfalls die eindeutige Wertung zu entnehmen, daß der Verfall in erster Linie dem Zweck dient, dem Täter die Vorteile aus seiner Tat zu entziehen, und es nicht ent-
207 Dies betont auch Lischer, S. 98, der hierin jedoch zu Unrecht ein Argument dafür sieht, daß auch bei den Kombinationseingriffen im weiteren Sinne die Ertragsfaktorenrechnung Anwendung finden müsse. 208 V gl. für Art. 423 schweiz. OR Moser, Herausgabe, S. 136; fur die Eingriffskondiktion Haines, S. 145 f.
III. Der Herausgabeanspruch
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scheidend darauf ankommt, den Erlös aus der rechtswidrigen Handlung der Allgemeinheit zukommen zu lassen. Wo die privatrechtliche Anspruchsgrundlage nach allgemeinen Grundsätzen den Entzug sämtlicher aus der Handlung gezogener Vorteile ermöglicht, sollte daher der Gesichtspunkt, daß hiermit ein sonst eintretender Verfall zugunsten des Staates vereitelt wird, nicht ausschlaggebend sein. Dies gilt um so mehr im Hinblick auf die Erfahrungstatsache, daß der Verfall in der Praxis nicht zur Anwendung kommt, wo auch nur die Möglichkeit privatrechtlicher Ansprüche im Sinne des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB im Raume steht209 • Die Zuweisung des gesamten Erlöses an den privatrechtlichen Gläubiger ist daher auch die praxisgerechtere Lösung. b) Die Stellung des Geschäftsführers im Verhältnis zu mehreren Verletzten Es stellt sich die Frage, ob in den Fällen der Kombinationseingriffe im engeren Sinne mehrere Verletzte den Anspruch auf den jeweiligen Anteil am Erlös unabhängig voneinander oder nur gemeinschaftlich geltend machen können. Hier muß danach unterschieden werden, ob die Geschäftsführung gleichsam zufällig in verschiedene selbständige Rechte mehrerer eingreift, oder ob die Verletzten über den Gegenstand der Geschäftsführung bereits in rechtlichen Beziehungen zueinander standen. In der ersten Fallgruppe, deren typisches Beispiel die gleichzeitige Verletzung mehrerer Patente verschiedener Inhaber ist21O, dürfte im Ergebnis unzweifelhaft sein, daß jeder Verletzte seinen anteiligen Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S.2, 667 BGB, ebenso wie konkurrierende Schadensersatz- oder Bereicherungsansprüche, selbständig geltend machen kann211 • Zwar besteht eine Besonderheit des Anspruchs aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2, ~67 BGB darin, daß § 667 BGB einen Eintritt des Geschäftsherrn in den Gesamtvorgang der Geschäftsbesorgung anordnet. Daraus folgt aber weder, wie Haines meint, daß bei Verletzung mehrerer gleichwohl nur demjenigen, in dessen Rechtskreis der "Schwerpunkt" der Geschäftsführung liegt, der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB zustehen könnte 212 , noch, daß mehrere Verletzte nur gemeinsam aus § 687 Abs. 2 BGB gegen den Geschäftsführer vorgehen könnten. Denn selbst wenn man davon ausgeht, daß der Geschäftsführer nur einem Anspruch auf Herausgabe des gesamten Geschäftserfolgs ausgesetzt ist, so ist dieser Anspruch doch, sofern es sich, wie in aller Regel, bei dem Erlang-
Vgl. oben S. 77. Die Frage der Abhängigkeit kann in diesem Zusammenhang keine Rolle spielen. 211 Vgl. für Art. 423 schweiz. OR Schmid, OR, Art. 423 Rdnr. 130; für die dritte Schadensberechnungsmethode RGZ 50, 111, 115 f; 126, 127, 131 f 212 Vgl. dazu oben S. 81 f, 105 f 209 210
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
ten um einen Geldbetrag handelt, auf eine teilbare Leistung im Sinne des § 420 BGB gerichtet. Die bei der Berechnung des dem jeweiligen Verletzten zustehenden Anteils auftretenden Schwierigkeiten rechtfertigen es nicht, eine "im Rechtssinne unteilbare" Leistung anzunehmen und deshalb § 432 BGB anzuwenden. Denn diese Schwierigkeiten bestehen unabhängig davon, in welcher Form die anteiligen Forderungen geltend gemacht werden. Mit ihrer Verlagerung vom Verhältnis zwischen dem Schuldner und den Gläubigem auf das Innenverhältnis der Gläubiger wäre nichts gewonnen. Nur wenn der Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB ausnahmsweise auf eine im natürlichen Sinne unteilbare Leistung gerichtet ist, sind die Verletzten hinsichtlich dieses Anspruchs als "Mitgläubiger" im Sinne des § 432 BGB anzusehen. Auch dann könnte jedoch keiner der Gläubiger gehindert sein, statt dessen sonstige aus der Verletzungshandlung erwachsene, auf Geld gerichtete Ansprüche geltend zu machen. Der Anspruch auf Herausgabe des unteilbaren Gegenstandes müßte dann versagt werden. Zahlreiche Zweifelsfragen werfen die Fälle auf, in denen die Geschäftsführung sich von vornherein auf einen Gegenstand mehrerer (gleich- oder verschiedenartiger) Berechtigungen bezieht2l3 • Da es sich dabei nicht um spezifische Probleme des § 687 Abs. 2 BGB handelt, sollen mögliche Lösungen im folgenden nur angedeutet werden. Vergleichsweise einfach ist die Rechtslage, wenn an dem Gegenstand der Geschäftsführung eine Gesamthandsberechtigung bestand. Dann entsteht kraft gesetzlich angeordneter dinglicher Surrogation auch der Anspruch auf Herausgabe des Erlöses als Gesamthandsforderung 214 • Die Geltendmachung dieser Forderung richtet sich nicht nach § 432 BGB, sondern nach den Regelungen über die Geschäftsführungsbefugnis bzw. Verwaltungszuständigkeit bei der jeweiligen Gesamthandsgemeinschaft215 • Dagegen sollen nach früher wohl herrschender Meinung aus der Verletzung gemeinschaftlicher Berechtigungen im Sinne der §§ 741 ff. BGB Teilforderungen im Sinne des § 420 BGB jedenfalls dann resultieren, wenn der Gegenstand der ursprünglichen gemeinschaftlichen Berechtigung entfallen ist 2l6 . Heute wird dagegen überwiegend angenommen, daß die Bruchteilsgemeinschaft sich
Vgl. dazu schon oben S. 102 ff. Vgl. §§ 718 Abs. 2,1473,2041 BGB. 105 Abs. 2.161 Abs. 2 HGB. 215 Vgl. dazu Hadding. FS Wolf. S. 113 ff.; Laren=. SchuldR I. § 36 I b. insbes. Fn. 4 und 7. Die h. M. nimmt zwar an. daß die entstehende Gesamthandsforderung eine unteilbare Forderung i. S. des § 432 BGB sei. § 432 BGB werde aber durch die Spezial regelungen über die jeweilige Gesamthandsgemeinschaft verdrängt: vgl. BGHZ 39. 14. 15: Soergel-M. Wolf, § 432 Rdnr. 5 tL Erman-H. P. Westermann. § 432 Rdnr. 1. 216 SO Z. B. noch Soergel-Hadding. § 741 Rdnr. 13. 213
214
III. Der Herausgabeanspruch
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stets (analog § 718 Abs. 2 BGB) an kraft Gesetzes entstandenen Ersatzforderungen fortsetze 217 . Auf die Geltendmachung der so entstandenen gemeinschaftlichen Forderung soll § 432 BGB anwendbar sein 218 • Wenig Beachtung wird jedoch der Frage geschenkt, wie die zahlreichen konkurrierenden Ansprüche, die sich außer aus § 687 Abs. 2 BGB vor allem aus §§ 812 ff., 823 ff., 987 ff. BGB ergeben können, aufeinander abgestimmt werden sollen. Am deutlichsten zeigt sich die Problematik dann, wenn die Ansprüche zueinander im Verhältnis sogenannter elektiver Konkurrenz stehen, also etwa neben Ansprüchen auf Geld auch ein Anspruch auf Herausgabe eines nicht in Geld bestehenden Gegenstandes oder ein auf Naturalrestitution gerichteter Schadensersatzanspruch begründet ist219 • § 432 BGB allein hilft hier nicht weiter. Denn § 432 BGB regelt lediglich, an wen zu leisten ist, setzt jedoch voraus, daß feststeht, was zu leisten ist. Die für die Geltendmachung der Forderung maßgeblichen Vorschriften sind daher, folgt man der herrschenden Meinung, die eine dingliche Surrogation hinsichtlich der Ersatzforderung befürwortet, in den §§ 744 Abs. 1, 747 S. 2 BGB zu sehen. Die Berechtigten können daher, abweichend von § 432 BGB, nur gemeinschaftlich Leistung an alle verlangen. Noch zweifelhafter ist die Rechtslage dann, wenn die Geschäftsführung einen Gegenstand betrifft, an dem in sonstiger Weise mehrere Rechte verschiedener Inhaber bestehen, wie etwa eine zur Sicherheit übereignete oder unter Eigentumsvorbehalt verkaufte Sache. Der Bundesgerichtshof läßt hier eine selbständige Schadensersatzklage des Anwartschaftsinhabers gegen den Verletzer zu 220 • Die in der Literatur vorherrschende Ansicht will - zumindest hinsichtlich des Substanzschadens - § 432 BGB (analog) anwenden 221 • Beide Lösungen unterscheiden sich dadurch, daß sich das Problem der Verteilung des Anspruchsgegenstandes auf die Gläubiger nach der ersten Lösung bereits im Außenverhältnis, nach der zweiten Lösung erst im Innenverhältnis der Berechtigten stellt. Nach beiden Ansichten bleibt aber auch hier das Problem, wie ein einheitliches Vorgehen der Verletzten hinsichtlich konkurrierender Ansprüche geWährleistet
217 So MünchKomm-K. Schmidl, § 741 Rdnr. 36,41; Slaudinger-Langhein, § 741 Rdnr. 122, 258; Palandl-lIeinrichs, § 432 Rdnr. 2; Erman-Aderhold, § 741 Rdnr. 7; Habermeier, AcP Bd. 193 (1993), S. 369 ff.; vgl. auch BGH NJW 1953, 58, 59; 1984, 795,796. 218 Erman-Aderhold, § 741 Rdnr. 7; Palandl-lIeinrichs, § 432 Rdnr. 2; MünchKommK. S'chmidl, § 741 Rdnr. 43 Uewcils m. w. Nachw.); abw. Hadding, FS Wolf, S. 120 ff., 131, der § 432 BGB allenfalls für analog anwendbar hält. 219 Vgl. dazu Habermeier, AcP Bd. 193 (1993), S. 370, 375, 380. 220 BGHZ 55, 20, 31 f. 221 Vgl. Erman-Grunewald, § 455 Rdnr. 38; Paiandl-/Jassenge, § 929 Rdnr. 43; Jauernig, § 929 Rdnr. 58; Hadding, FS Wolf, S. 130 f. (jeweils m. w. Nachw.).
236
2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
werden kann, ungelöst. Die sachgerechteste Lösung dürfte daher in der analogen Anwendung der gesetzlichen Regelungen über die Verwaltungszuständigkeit bei Bruchteils- und Gesamthandsgemeinschaften zu sehen sein 222 .
IV. Die Verweisung des § 687 Abs. 2 S. 1 BGB auf § 677 BGB Die Verweisung des § 687 Abs. 2 S. I BGB auf § 677 BGB wird in der Literatur meist entweder stillschweigend übergangen oder ausdrücklich flir bedeutungslos 223 oder sinnlos 224 erklärt. Es wird argumentiert, da der Geschäftsflihrer zur Unterlassung der Geschäftsfllhrung verpflichtet sei, könne man keine Anforderungen an die Art ihrer Ausfllhrung stellen 225 . Die Verweisung des § 687 Abs. 2 S. I BGB auf § 677 BGB statuiere eine "unerflillbare Rechtspflicht"226. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden 227 . Die Verweisung des § 687 Abs. 2 S. I BGB auf § 677 BGB ist keineswegs ein Redaktionsversehen. Sie ist vielmehr eine logische Konsequenz aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung des Eigengeschäftsführers mit einem redlichen Fremdgeschäftsflihrer. Dieser
222 Noch anders Habermeier, AcP Bd. 193 (1993), S. 374 ff., der das Prinzip dinglicher Surrogation auf die Fälle verschiedenartiger Berechtigungen mehrerer am Eingriffsgegenstand erstrecken will. Diese Lösung dürfte aber über das Ziel hinausschießen. 223 So Palandt-Thomas, § 687 Rdnr. 3; Chrestin, S. 65. 224 So Wittmann, S. 150; ders., in: Staudinger, vor §§ 677 ff. Rdnr.2, § 677 Rdnr. 2. § 687 Rdnr. 14; Staudinger-Nipperdey, 11. Aufl., § 687 Rdnr. 19; RGRK-Stejfen. § 687 Rdnr.24; MartinekiTheobald, JuS 1997, S. 618 f.; Klien, S. 31; Bertrams, S. 38. Sinnlos soll im Rahmen des § 687 Abs. 2 BGB nach überwiegender Ansicht auch die Anzeige- und Wartepflicht nach § 681 S. 1 BGB sein; so Erman-Ehmann, § 687 Rdnr. 16; Wittmann, S. 150; ders., in: Staudinger, vor §§ 677 ff. Rdnr.3. § 687 Rdnr. 14; RGRK-Steffen, § 687 Rdnr. 25; a. A. Ebbecke, Recht Bd. 25 (1921), Sp. 101 und Janßen, S. 58, die Schadensersatzansprüche aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 681 S. 1 BGB für möglich hielten. 225 RGRK-Steffen, § 687 Rdnr. 24; MartinekiTheobald. JuS 1997. S. 618 f.; Kohler. ArchBürgR Bd. 35 (1910), S. 102; Schmid, OR, Art. 423 Rdnr. 106; Hofstetter. ZBJV Bd. 100 (1964), S. 223 f.; ders., SPR VII/2, S. 215; Lischer. S. 88 f .. 95; Holenstein. S. 174; Klien, S. 31; Bertrams, S. 38, 45. 226 Bertrams, S. 38. 227 So auch MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr. 10; Krumm, S. 147 ff. - Vielfach wird § 677 BGB ohne weitere Diskussion des Problems für anwendbar erklärt; vgl. etwa Fikentscher, SchuldR, Rdnr. 948; Enneccerus-Lehmann, § 168 I I c; Jakobs. Eingriffserwerb, S. 102; Giesen, Jura 1996, S. 347; Ebbecke. Recht Bd. 25 (1921), Sp. 101; Freese, S. 24; Siebert, S. 30; v. Bargen, S. 17; Janßen. S. 53 tT.; Krautwig. S. 126. Ausdrücklich betont Meissel, S. 165, nach § 687 Abs. 2 S. I BGB werde dem unechten Geschäftsführer insbes: auch die Pflicht zur sorgfältigen Ausführung des Geschätls auferlegt. Helm, Gutachten, S. 408 f. befürwortet sogar de lege ferenda die Beibehaltung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschätlsführung im Falle des § 687 Abs. 2 BGB.
IV. Die Verweisung des § 687 Abs. 2 S. 1 BGB auf § 677 BGB
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Grundsatz beanspruchte seit jeher, und schon in D. 3, 5, 5, 5228, für die gesamte actio directa Geltung, die neben dem Anspruch auf Herausgabe des Erlangten auch den Anspruch auf Schadensersatz bei pflichtwidriger Geschäftsführung umfaßt229 . Die gemeinrechtliche Doktrin der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag hielt hieran für den bösgläubigen Eigengeschäftsführer uneingeschränkt fest und hielt es lediglich für unangemessen, auch dem gutgläubigen Eigengeschäftsführer wie einem Treuhänder die Pflicht zur Wahrung fremder Interessen aufzuerlegen. So konstatierte etwa Windscheid: "Es ist ebenso billig, daß der bösgläubige Geschäftsführer für die Folgen einer mangelhaften Geschäftsführung verantwortlich gemacht werde, wie es billig ist, daß derjenige außer Verantwortung bleibe, der eigenes Vermögen zu behandeln geglaubt hat."230 Diese Grundsätze wurden auch in § 687 BGB konsequent angewandt: Wer wissentlich fremde Geschäfte als eigene behandelt, unterliegt derselben Haftung wie derjenigen, der in Wahrnehmung fremder Interessen handelt. Daraus folgt zwingend auch die Anwendbarkeit des § 677 BGB. Vollends unverständlich erscheint die These von der Unanwendbarkeit des § 677 BGB bei der Geschäftsanmaßung, wenn man einen Blick auf die Stellungnahmen wirft, die zu dem Problem in der schweizerischen und österreich ischen Literatur zu finden sind. Für den Tatbestand des Art. 423 schweiz. OR hielt Maser es im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichbehandlung von eigennützigem und fremdnützigem Geschäftsführer für geboten, auch die Sorgfalts- und Schadensersatzpflicht hinsichtlich der Ausführung des Geschäfts auf ersteren zu erstrecken23I , obgleich Art. 423 schweiz. OR dies nicht ausdrücklich anordnet, von den Bedenken abgesehen, die sich aus der von Maser befürworteten Erstreckung des Art. 423 schweiz. OR auf den gutgläubigen Eigengeschäftsführer ergeben. Hafstetter bezeichnete sogar die Auffassung, daß bei der eigennützigen Geschäftsführung nach Art. 423 schweiz. OR der Geschäftsführer auch auf den bei angemessener Sorgfalt erziel baren Gewinn hafte, als die herrschende 232 . Für das österreich ische Recht, das weder eine dem 228 Vgl. Windscheid, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 309. 229 Vgl. Kaser, § 44 11 3 a. 230 Wind.l'cheid, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 309; ebenso v. Monroy, S. 157, 162. - Von einer Verpflichtung des eigennützigen Geschäftsführers sogar zur Fortführung der begonnenen Geschäfte ging der Vorentw. zum Recht der Schuldverhältnisse (§ 235 Abs. 2 i. V. m. § 234 Abs. I S. I) aus; ebenso v. Monroy, S. 174. 23 I Moser, Iierausgabe, S. 117 f. - Die Konsequenz, dem Geschäftsherrn auch einen Anspruch auf Ilcrausgabe der bei ordnungsgemäßer Geschättsführung erziel baren Vorteile zuzusprechen, zog Moser allerdings nicht ausdrücklich. m I/ojl'/etter, ZBJV Bd. 100 (1964), S. 223. - Von einer h. M. kann insoweit heute allerdings nicht mehr gesprochen werden; gegen eine Ilaftung auf den erziel baren Gewinn neben I/of~/etter, a.a.O., S. 223 Ir. und SPR VII/2, S. 216 r. etwa auch Schmid, OH. Art. 423 Rdnr. 106; Nie/Ii.\pach, S. 125; Widmer, S. 81 Fn. 27; I/o/ens/ein, S. 174; dafür aber Gau/schi. OR, Art. 423 Anm. 4 b, 8 c; für bösgläubige Eingriffe wohl auch
2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
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§ 687 Abs. 2 BGB noch eine dem Art. 423 schweiz. OR entsprechende Bestimmung kennt, wollen etwa Koziol/Welser 233 zwar keine Herausgabepflicht, wohl aber eine Pflicht zur Vollendung des begonnenen Geschäfts auch für den eigennützigen Geschäftsführer anerkennen. Insofern erscheint es geradezu paradox, wenn die herrschende Meinung zu § 687 Abs. 2 BGB trotz der ausdrücklichen Verweisung auf § 677 BGB nicht einmal eine Pflicht zur sorgfältigen Ausführung anerkennen will. Der Einwand, daß man den Geschäftsführer nicht zugleich zur Unterlassung und zur sorgfliltigen Ausführung der Geschäftsführung verpflichten könne, greift nicht durch. Dieser Argumentation ist bereits Krumm 234 entgegengetreten, dessen eigene Lösung allerdings ihrerseits nicht vollständig überzeugen kann. Krumm argumentiert, selbst wenn der Geschäftsherr die Unterlassung des Eingriffs vor und während der Geschäftsführung verlangen könne, hindere dies nicht, den Geschäftsführer nachträglich wie einen Geschäftsführer ohne Auftrag zu behandeln. Gegenüber dieser Konstruktion läßt sich einwenden, daß § 677 BGB primär eine Verhaltenspflicht statuiert und der Geschäftsführer daher die Möglichkeit haben muß, dieser Pflicht entsprechend zu handeln. Dieser Einwand entfällt jedoch, wenn man davon ausgeht, daß es logisch durchaus möglich ist, jemanden primär zu einem bestimmten Verhalten x (der Unterlassung der Eigengeschäftsführung) zu verpflichten, für den Fall der Zuwiderhandlung zu einem anderen Verhalten y (der Führung des Geschäfts nach den für einen berechtigten Geschäftsführer ohne Auftrag geltenden Maßstäben), und an die Verletzung beider Pflichten jeweils eine Schadensersatzpflicht (aus § 678 BGB einerseits, § 677 BGB andererseits) zu knüpfen. Richtig ist zwar, daß der Geschäftsherr selbstverständlich den Geschäftsführer nicht zugleich auf Unterlassung und auf sorgfliltige Ausführung in Anspruch nehmen kann. Soweit aber der Geschäftsherr den Anspruch auf Unterlassung überhaupt nicht geltend macht, kann daraus, daß er diesen geltend machen könnte, kein Einwand gegen den Anspruch auf sorgfältige Ausführung hergeleitet werden. Dies wird verkannt, wenn die Pflicht zur sorgfältigen Ausführung mit der Begründung abgelehnt wird, daß der Geschäftsherr eine widersprüchliche Position einnehme, wenn er einerseits dem Geschäftsführer die Geschäftsanmaßung vorwerfe und andererseits von ihm Sorgfalt bei der Ge-
Friedrich, ZSR Bd. 64 (1945), S. 47; ebenso zumindest de lege ferenda Weber, ZSR NF Bd. 111, I (1992), S. 364. Nach Hofstetter, ZBJV Bd. 100 (1964), S. 224 Fn. 2 und Widmer, S. 81 Fn. 27, S. 100 soll der Geschäftsführer unter dem Gesichtspunkt des entgangenen Gewinns auf den erzielbaren Gewinn haften, falls er nicht beweist, daß der Geschäftsherr den Gewinn nicht erzielt hätte; ähnlich Lischer, S. 89. 233 234
S. 507. S. 147 ff.
IV. Die Verweisung des § 687 Abs. 2 S. I BGB auf § 677 BGB
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schäftsanmaßung verlange 23S • Der Geschäftsherr, der den Anspruch aus § 687 Abs.2 S. 1 i. V. m. § 677 BGB geltend macht, wirft dem Geschäftsfilhrer eben keineswegs die Tatsache der Geschäftsfilhrung insgesamt vor, sondern er läßt sie nur insoweit nicht gegen sich gelten, als der Geschäftsfilhrer sie rechtswidrigfür sich selbst unternommen hat. Läßt der Geschäftsherr die Geschäftsfilhrung als Fremdgeschäftsfilhrung gelten, so kann er nicht widersprüchlich handeln, wenn er an den Geschäftsfilhrer auch die filr eine Fremdgeschäftsfilhrung geltenden Sorgfaltsanforderungen stellt. Daß die von der herrschenden Meinung konstatierte Widersprüchlichkeit der Verweisung des § 687 Abs. 2 S. 1 BGB auf § 677 BGB nicht vorliegt, zeigt sich besonders deutlich, wenn man die Rechtslage mit derjenigen bei der unberechtigten Geschäftsfilhrung ohne Auftrag vergleicht. Zwar wird auch im Bereich der unberechtigten Geschäftsfilhrung ohne Auftrag die Anwendung des § 677 BGB mit der Begründung abgelehnt, wer zur Unterlassung verpflichtet sei, könne nicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsfilhrung· verpflichtet werden 236 • Doch läßt sich hier wenigstens dann, wenn der Geschäftsherr die Geschäftsfilhrung nach § 684 S. 2 BGB genehmigt, nicht bezweifeln, daß alle filr die berechtigte Geschäftsfilhrung ohne Auftrag geltenden Vorschriften Anwendung finden und somit auch ein Schadensersatzanspruch aus § 677 BGB möglich ist. Die Genehmigung hat zwar rechtfertigende Wirkung hinsichtlich der Übernahme der Geschäftsfilhrung, so daß Schadensersatzansprüche aus § 678 BGB nunmehr ausscheiden. Bereits entstandene Schadensersatzansprüche wegen Ausfilhrungsverschuldens aus § 677 BGB bleiben jedoch unberührt, soweit sich die Genehmigung nicht auch auf die Ausfilhrung der Geschäftsfilhrung bezieht237 • Andererseits hat auch hier der Geschäftsherr wenigstens dann, wenn mit der Geschäftsfilhrung ein Eingriff in seine Rechte verbunden ist, gegenüber dem Geschäftsfilhrer einen Unterlassungsanspruch 238 • Hier kann der Geschäftsherr also unzweifelhaft ebenfalls wahlweise den Anspruch auf Unterlassung oder auf Schadensersatz wegen Ausfilhrungsverschuldens geltend machen. Um so unerklärlicher ist es, daß in diesem Wahlrecht bei § 687 Abs. 2 BGB ein Widerspruch gefunden wird, der nur durch die vollständige Ignorierung der Verweisung auf § 677 BGB aufzulösen sei.
235 So Hofstetter, ZBJV Bd.IOO (1964), S.223; ders., SPR VII/2, S.215; zust. Lischer, S. 88 f., 95. 236 Vgl. Staudinger-Wittmann, vor §§ 677 ff. Rdnr.2, § 677 Rdnr.2; Esser/Weyers, § 46 III 2 a; Larenz, SchuldR I1/1, § 57; ReuterlMartinek, S. 711; Gursky, AcP Bd. 185 (1985), S. 43; Bertrams, S. 37 f. 237 Vgl. Prot. (1. Komm.), S. 1638 = Jakobs/Schubert, SchuldR III, S. 149; ErmanEhmann, § 684 Rdnr. 4; Palandt-Thomas, § 684 Rdnr. 2; Planck-Lobe, § 684 Anm. 2; Esser-Weyers, § 46 III 1. 238 Vgl. Palandt-Thomas, § 678 Rdnr. 4.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
Einzuräumen ist allerdings, daß der aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 677 BGB sich ergebende Primäranspruch auf ordnungsgemäße Ausführung keinerlei praktische Bedeutung hat. Doch liegt auch darin kein grundsätzlicher Unterschied zur fremdnützigen Geschäftsführung ohne Auftrag. Denn auch hier kommen Klagen auf Erfüllung des Primäranspruchs aus § 677 BGB in der Praxis nicht vor239 • Von praktischem Interesse ist § 677 BGB bei § 687 Abs. 2 BGB wie bei der Geschäftsführung ohne Auftrag nur als Grundlage eines Schadensersatzanspruchs 240 • Die wichtigste Funktion des Anspruchs aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 677 BGB besteht darin, daß der Geschäftsführer dem Geschäftsherrn nicht nur die tatsächlich erzielten, sondern auch die darüber hinausgehenden erzielbaren Vorteile herauszugeben hat24I . Diese Konsequenz wird auch von den Autoren, die als selbstverständlich von der Anwendbarkeit des § 677 BGB auch im Rahmen des § 687 Abs. 2 BGB ausgehen 242 , meist zumindest nicht ausdrücklich gezogen. Eher beiläufig findet sich aber schon bei Franke 243 im Zusammenhang mit der Erörterung der Frage, ob die Verpflichtung zur Herausgabe des aus der grob fahrlässigen Verletzung fremder Immaterialgüterrechte erzielten Gewinns sich aus einer Analogie zu §§ 990, 987 BGB begründen lasse 244, die Bemerkung, der Anspruch aus § 987 Abs.2 BGB auf Herausgabe der fructus percipiendi ergebe sich dem dolosen Verletzer gegenüber auch aus § 687 Abs. 2 BGB.
Vgl. MünchKomm-Seiler, § 677 Rdnr. 48. MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr. 10 geht zwar ebenfalls davon aus. daß Sekundäransprüche aus § 677 BGB im Rahmen des § 687 Abs. 2 BGB möglich sind. Praktische Bedeutung scheint Seiler dem Schadensersatzanspruch aus § 677 BGB aber nicht beizumessen, wenn er diesen lediglich im Verhältnis zu § 678 BGB als den für den Geschäftsherm ungünstigeren bezeichnet; ebenso offenbar Giesen. Jura 1996. S. 347 (Anspruch aus § 677 BGB wegen § 678 BGB ohne wesentliche praktische Bedeutung): Chrestin, S. 63 ff. (Zitierung des § 677 BGB in § 687 Abs. 2 BGB überflüssig. da § 678 BGB die Haftung gegenüber § 677 BGB erweitere): wohl auch Wol/schläger. JA 1979. S. 185, der bei der unbefugten Veräußerung einer fremden Sache für eigene Rechnung den Schadensersatzanspruch des Eigentümers einheitlich auf §§ 677. 678 BGB stützt. 241 Gegen einen Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB auf den erziel baren Gewinn ausdrücklich MartineklTheobald. JuS 1997. S. 618 f.: Kohler. ArchBürgR Bd. 35 (1910). S. \02; Bertrams, S. 45. G. H. Roth, FS Küchenhoff. S. 383 meint (ohne nähere Erläuterung), der Eigengeschäftsführer hafte aus §§ 687 Abs. 2 S. 1. 677 BGB .. nur unter besonderen Voraussetzungen" für nicht realisierte Gewinnchancen. 242 Vgl. die Nachw. oben S. 236 Fn. 227. 243 S. 69. 244 Diese Analogie wurde zuerst von Bol::e. AcP Bd. 92 (1902). S. 319 ff. insbes. S. 350 ff. vertreten: ebenso etwa Möhring. GRUR 1931. S.424. Der Gedanke wurde später nicht mehr weiterverfolgt. nachdem er durch die gewohnheitsrechtliche Anerkennung der dreifachen Schadensberechnung bei Immaterialgüterrechtsverletzungen bedeutungslos geworden war. 239 240
IV. Die Verweisung des § 687 Abs. 2 S. 1 BGB auf § 677 BGB
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Allerdings war Franke der Auffassung, eine Verpflichtung analog § 987 Abs.2 BGB zur Herausgabe der fructus percipiendi bei Verletzung sonstiger absoluter Rechte komme nicht in Betracht, da sie im Widerspruch zur Verpflichtung des Verletzers stehe, den Eingriff zu unterlassen 245 . Im EigentümerBesitzer-Verhältnis gelte insoweit etwas anderes nur aufgrund der Besonderheit, daß hier der Rechtsinhaber aufgrund des entzogenen Besitzes an der eigenen Nutzung gehindert sei. Mit ähnlicher Argumentation wendet sich Hofstetter dagegen, die Haftung auf den nicht gezogenen Gewinn bei der Geschäftsanmaßung nach Art. 423 schweiz. OR mit der Parallele zum EigentümerBesitzer-Verhältnis zu begründen 246 : "Versäumte Früchte entsprechen in aller Regel einem Schadensposten beim Berechtigten, der diese Früchte ohne die Vorenthaltung des Besitzes ebenfalls hätte ziehen wollen und können. Im wichtigsten Anwendungsbereich der Gewinnherausgabe in folge einer Rechtsverletzung, dem immateriellen Güterrecht, verhält es sich aber oft so, dass der Gewinn des Usurpators nicht typischerweise mit einem Schaden beim Verletzten übereinstimmt." Schlüssig wäre diese Argumentation aber wohl nur, wenn man außerhalb des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses zugleich auch einen Anspruch auf die tatsächlich gezogenen Gewinne ablehnte. Denn auch dieser kann als "pauschalierter Schadensersatz" wegen des dem Berechtigten entgangenen Gewinns verstanden werden w . Es fehlt insofern ein zwingender Grund, weshalb die Pflicht zur Herausgabe der fructus percipiendi, im Unterschied zur Haftung auf die fructus percepti, als Spezifikum des Eigentümer-BesitzerVerhältnisses anzuerkennen sein so1l248. Ob die Besonderheiten des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses der analogen Anwendung des § 987 Abs. 2 BGB bei Verletzung von Immaterialgüterrechten entgegenstehen, kann hier aber letztlich offen bleiben 249 . Denn anders als für
2~5
Franke. S. 68 L ebenso Kaßner. S. 55. Hofstetter. ZBJV Bd. \00 (1964). S. 225. - Art. 940 Abs. 1 schweiz. ZGB verpflichtet den bösgläubigen Besitzer wie § 987 BGB zur Herausgabe nicht nur der gezogenen. sondern auch der versäumten Früchte. m So auch Hofstetter. ZBJV Bd. \00 (\ 964). S. 234; Nietlispach, S. 48, der sich gegen die Herleitung des Anspruchs auf Herausgabe der Jructus percepti aus einer Analogie zum Eigentümer-Besitzer-Verhältnis mit der Begründung wendet, die Nutzungsherausgabe im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis diene dem pauschalierten Ersatz des gerade durch die Vorenthaltung der Sache entstandenen Schadens. 2~8 So aber auch schon F. Schub. AcP Bd. 105 ( 1909). S. 88. 2~9 Überwiegend wurde nicht nur die analoge Anwendung des § 987 Abs. 28GB, sondern der §§ 990. 9878GB insgesamt auf die Verl~tzung von Immaterialgüterrechten abgelehnt. Denn die für die Analogie erforderliche Ahnlichkeit der Sachverhalte liege nicht vor. da das Verhältnis von Immaterialgüterrecht und Gewinn ein ganz anderes sei als das der Sache zur Sachnutzung (so Kisch. Festg. Reichspatentamt, S. 107 f.; Orth, S. 66; Moser. Herausgabe. S. 61 f.; Lut=. S. 98) und bei der Verletzung von Immaterialgüterrechten eine dem Sachbesitz vergleichbare Rechtsstellung fehle (so Kisch, a.a.O., 2~6
16 Eherl
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
die grob fahrlässige Verletzung von Immaterialgüterrechten und anders als für die Geschäftsanmaßung des schweizerischen Rechts existiert für die Geschäftsanmaßung nach § 687 Abs. 2 BGB eine Bestimmung, aus der sich die entsprechende Rechtsfolge unmittelbar ergibt. § 987 Abs. 2 BGB ist aber zumindest ein weiterer Beleg dafür, daß die These von der Widersprüchlichkeit der Anwendung des § 677 BGB im Rahmen der Geschäftsanmaßung nicht zutrifft. Denn daß der Besitzer in erster Linie verpflichtet ist, dem Eigentümer die Sache herauszugeben, also einen rechtswidrigen Eingriff zu unterlassen, hindert nicht daran, dem Besitzer dann, wenn er dieser Pflicht nicht nachkommt, die Verpflichtung aufzuerlegen, wenigstens die einer ordnungsgemäßen Wirtschaft entsprechenden Nutzungen zu ziehen und an den Eigentümer herauszugeben. § 987 Abs. 2 BGB verlangt dem Schuldner somit, ganz ähnlich wie die §§ 687 Abs.2 S. 1,677 BGB, ein Verhalten ab, das ihm, würde er sich von vornherein rechtmäßig verhalten, überhaupt nicht möglich wäre 25o . Allerdings ist dem aus § 687 Abs. 2 BGB herleitbaren Anspruch auf Herausgabe der erzielbaren Gewinne eine Grenze dadurch gezogen, daß auch bei unmittelbarer Anwendung des § 677 BGB grundsätzlich lediglich eine Verpflichtung des Geschäftsführers zur ordnungsgemäßen Ausführung des von ihm übernommenen Geschäfts, nicht aber zur Fortsetzung der Geschäftsführung besteht251 • Nur aus der Pflicht zur sorgfältigen Ausführung kann sich ausnahmsweise auch eine Pflicht zur Fortsetzung der Geschäftsführung ergeben 252 • Dies ist dann anzunehmen, wenn durch den Abbruch der Geschäftsführung ein Schaden entstünde, der bei Nichteinmischung nicht entstanden wäre 253 • Daher trifft denjenigen, der im Rahmen einer Geschäftsführung ohne Auftrag in den
S. \09 f.; Orth, a.a.O.; Batsch, Vermögensverschiebung, S. ll ff.; Moser, a.a.O., S. 61; Kaßner, S. 59 ff; Lutz, S. 98 f.). 250 Zur entstehungsgeschichtlichen Verknüpfung der §§ 987 ff BGB mit der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag vgl. schon oben S. 206 f. 251 Vgl. RGZ 63, 280, 283 f.; Soergel-Mühl, § 677 Rdnr. 12; MünchKomm-Seiler, § 677 Rdnr. 46; Wittmann, S. 131 f. - Nach römischen Recht folgte dagegen aus dem vertragsähnlichen Charakter der negotiorum gestio grundsätzlich eine Pflicht zur Fortsetzung der einmal begonnenen Geschäftsführung (vgl. dazu Seiler, Negotiorum gestio, S. 14 ff); ebenso etwa § \039 österr. ABGB, Art. 1372 Abs. 2 franz. Cod. civ., wonach der Geschäftsführer sich allen Verbindlichkeiten unterwirft, die aus einem ausdrücklichen Auftrag entspringen würden, sowie § 234 Abs. I S. I des Vorentw. zum Recht der Schuldverhältnisse, auf den auch die Vorschrift des § 235 Abs. 2 über die Geschäftsanmaßung verwies (vgl. oben S. 237 Fn. 230). 252 Prot. (I. Komm.), S. 1614 = Jakobs/Schubert, SchuldR III, S. 120; RGZ 63,280, 283; RG WarnRspr. 1922, Nr. 12; Wittmann, S. 132; ders., in: Staudinger, § 677 Rdnr.5; RGRK-Steffen, § 677 Rdnr.4; Erman-Ehmann, § 677 Rdnr. 5; Batsch, AcP Bd. 171 (1971), S. 221 f. 253 Vgl. Prot. (I. Komm.), S. 1614 = Jakobs/Schubert, SchuldR III, S. 120; RGZ 63, 280,283; RGRK-Steffen, § 677 Rdnr. 4; Erman-Ehmann, § 677 Rdnr. 5; MünchKommSeiler, § 677 Rdnr. 46.
IV. Die Verweisung des § 687 Abs. 2 S. 1 BGB auf § 677 BGB
243
Besitz einer fremden Sache gelangt, dann aus § 677 BGB die Verpflichtung zur Ziehung der Nutzungen im Sinne des § 987 Abs. 2 BGB, wenn der Geschäftsherr durch die Übernahme der Geschäftsführung der Möglichkeit, selbst die Nutzungen zu ziehen, beraubt wurde. Während diese Voraussetzung bei der Geschäftsfiihrung ohne Auftrag kaum einmal erfiillt sein wird, ist sie fiir § 687 Abs. 2 BGB nicht untypisch. Stiehlt beispielsweise ein Unternehmer Betriebsmittel eines anderen Unternehmers, um sie in seinem Betrieb einzusetzen, so hat er nicht nur aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S.2, 667 BGB dem Eigentümer die Erträge herauszugeben, die er durch den Einsatz der gestohlenen Betriebsmittel erzielt, sondern er haftet darüber hinaus auch gemäß § 677 BGB auf die nicht erzielten Erträge, wenn er den Einsatz der Betriebsmittel einstellt. Wurde hingegen der Geschäftsherr nicht gerade durch die unbefugte Übernahme der Geschäftsführung an der Führung entsprechender Geschäfte gehindert, so besteht auch im Rahmen des § 687 Abs. 2 BGB keine Verpflichtung zur Fortsetzung der Geschäftsführung. Denn ein zwingender Grund, dem Geschäftsherrn insoweit aufgrund der Verweisung des § 687 Abs. 2 S. I BGB auf § 677 BGB weitergehende Rechte zu verschaffen, als sie dem Geschäftsherrn auch bei unmittelbarer Anwendung des § 677 BGB zustünden, ist nicht erkennbar. Unabhängig davon, ob der Geschäftsführer zur Fortsetzung der Geschäftsführung verpflichtet ist, hat er jedoch stets nach § 677 BGB für die ordnungsgemäße Ausfiihrung der tatsächlich vorgenommenen Handlungen einzustehen. Für die hierbei nicht erzielten Vorteile haftet er aus § 677 BGB i. V. m. den Regeln der positiven Forderungsverletzung. Das erforderliche Verschulden ist wie bei § 987 Abs. 2 BGB254 damit zu begründen, daß der Geschäftsfiihrer einen Vorteil nicht erzielt hat, dessen Erzielung ihm bei Beachtung der Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft möglich gewesen wäre. Im Gegensatz zum Schadensersatzanspruch aus § 687 Abs.2 S. 1 i. V. m. § 678 BGB kann bei dem auf § 687 Abs.2 S. I i. V. m. § 677 BGB gestützten Schadensersatzanspruch das erforderliche Verschulden nicht schon mit der unbefugten Übernahme der Geschäftsführung begründet werden 255 . Will der Geschäftsherr den Geschäftsfiihrer wegen Verletzung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Ausfiihrung in Anspruch nehmen, so muß dem Geschäftsführer ebenso wie bei unmittelbarer Anwendung des § 677 BGB auch ein Verschulden gerade bei der Ausfiihrung zur Last fallen. 254 Auch § 987 Abs. 2 BGB setzt nach allg. Meinung Verschulden voraus; vgl. Palandt-Bassenge. § 987 Rdnr. 8; MünchKomm-Medicus. § 987 Rdnr. 21; StaudingerGursky. § 987 Rdnr. 28. Umstr. ist lediglich. ob es sich hierbei um Verschulden gegen sich selbst oder um echtes Verschulden handelt; vgl. dazu Staudinger-Gursky, a.a.O. m. w. Nachw. 255 So aber Krumm. S. 242; wie hier insoweit wohl G. H. Roth, FS Küchenhoff, S.383. 16'
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
Bei der Veräußerung fremder Sachen ergibt sich also aus § 687 Abs. 2 BGB nicht nur ein Anspruch auf den tatsächlich erzielten Kaufpreis, sondern als Schadensersatz wegen Ausführungsverschuldens auch auf den Kaufpreis, den der Veräußerer als redlicher Geschäftsführer für den Eigentümer hätte erzielen können. Der Dieb kann sich demnach etwa nicht darauf berufen, er habe die gestohlene Sache unter Wert an einen Hehler abgesetzt. Gleichwohl wird der Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 677 BGB bei der Veräußerung einer fremden Sache kaum einmal praktische Bedeutung erlangen, da er in aller Regel nicht über den deliktischen Schadensersatzanspruch hinausgehen wird. Größere Bedeutung kann der Anspruch aus § 687 Abs.2 S. 1 i. V. m. § 677 BGB aber bei der Ausbeutung fremder Immaterialgüterrechte haben, wo dem Verletzten einerseits oftmals kein nachweisbarer Schaden entstanden ist, andererseits auch der Nachweis des vom Verletzer tatsächlich erzielten Gewinns auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen kann. Hier könnte daher eine Verpflichtung zur Herausgabe der erzielbaren Vorteile in der Praxis durchaus zu einer deutlichen Besserstellung des Verletzten gegenüber den traditionellen Sanktionsmöglichkeiten führen. Aus den dargelegten Grundsätzen ergibt sich auch die Lösung des von G. H. Roth 256 konstruierten Falles einer Bootsvermietung, die während der Mittagspause von einem Eindringling für eigene Rechnung betrieben wird. Verlangt der unbefugte Vermieter von den Kunden nicht den üblichen Preis (oder läßt er sie umsonst fahren), so hat er dennoch dem Inhaber die üblicherweise zu erzielenden Einnahmen zu erstatten 257 . Ob der Eindringling auch insoweit auf die erzielbaren Einnahmen haftet, als er den Betrieb vor der Rückkehr des rechtmäßigen Betreibers wieder einstellt, hängt davon ab, ob ihn eine Pflicht zur Fortsetzung der Geschäftsführung trifft. Da der rechtmäßige Betreiber sich der Möglichkeit, entsprechende Einnahmen zu erzielen, durch die Einstellung des Betriebs während der Mittagspause selbst begeben hat, ist dies nicht der Fall. Das Beispiel zeigt deutlich, daß die Anwendung des § 677 BGB nicht etwa, wie Kohler 258 meinte, dazu führt, daß man den Geschäftsführer verpflichtete, die Rechtsverletzung nur "noch energischer" zu betreiben. Denn die Anwendung des § 677 BGB zwingt den Geschäftsführer keineswegs dazu, über die unerlaubte Übernahme der Geschäftsführung hinaus Interessen des Geschäftsherrn zu verletzen. Zu Recht bemerkte Kohler 259 zwar, daß dem GeschäftsfühFS KüchenholI S. 383. So auch Krumm. S. 241 f .. der aber ebenso wie G. H. Rath. FS Küchenhoff, S. 383 nicht gen au zwischen dem Anspruch auf Erstattung des objektiven Nutzungswerts und Herausgabe der erzielbaren Vorteile unterscheidet. 258 ArchBürgR Bd. 35 (1910). S. 102: ebenso Bertrams. S. 38. 45. 259 ArchBürgR Bd. 35 (1910). S. 102. 256
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V. Der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch
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rer zur Last gelegt wird. die Rechtsverletzung nicht "erfolgreicher" betrieben zu haben. Da aber der Erfolg der Geschäftsführung kraft Gesetzes nur dem Geschäftsherrn zugute kommen soll. kann dies nicht gegen die Anwendung des § 677 BGB sprechen. Ein Schadensersatzanspruch aus § 687 Abs. 2 S. I i. V. m. § 677 BGB kann sich selbstverständlich auch daraus ergeben, daß der Geschäftsfilhrer infolge Ausftihrungsverschuldens bestehende Rechtsgüter des Geschäftsherrn verletzt. Nur diese Fälle haben offenbar diejenigen Autoren im Auge, die die Verweisung des § 687 Abs. 2 S. I BGB auf § 677 BGB zwar nicht filr sinnwidrig, aber für praktisch bedeutungslos halten 260 . Denn den Schadensersatzanspruch wegen der infolge Ausführungsverschuldens an seinen bestehenden Rechtsgütern eingetretenen Schäden kann der Geschäftsherr im Rahmen des § 687 Abs. 2 BGB auch auf § 678 BGB stützen. der ein .. sonstiges", d. h. nicht schon durch die wissentlich-rechtswidrige Übernahme der Geschäftsführung begründetes Verschulden nicht voraussetzt 261 •
V. Der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch Der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch aus § 687 Abs. 2 S. I i. V. m. §§ 681 S.2. 666 BGB ist das Instrument, mit dem der Geschäftsherr die ihm zustehenden anderen Ansprüche häufig überhaupt erst durchzusetzen vermag. Gegenstand des Auskunftsanspruchs ist die summarische Angabe von Umfang und Dauer der rechtsverletzenden Tätigkeit 262 • Die Rechnungslegung erfordert darüber hinaus eine geordnete und vollständige Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben 263 . Der Umfang der Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht hängt grundsätzlich von einer Interessenabwägung im Einzelfall ab 264 • doch wird der Gläubiger im Falle des § 687 Abs. 2 BGB angesichts der fehlenden Schutzwürdigkeit des Schuldners regelmäßig Auskunft und Rechnungslegung in ihrer weitestgehenden Form verlangen können.
Vgl. die Nachw. oben S. 236 Fn. 223. S. 240 Fn. 240. Vorteile können sich aus der Anwendung des § 677 BGB allerdings auch in diesem Bereich fUr den Geschätlsherrn ergeben. wenn er nicht lediglich den aus der Übernahme der GeschäftsfUhrung entstandenen Schaden ersetzt verlangen, sondern auch die aus der GeschätlsfUhrung hervorgegangenen Vorteile in Anspruch nehmen will; vgl. unten S. 249. 262 Vgl. Th. Fischer. S. 43 f. 263 Vgl. etwa BGHZ 93. 327. 329 f.: MünchKomm-Keller. § 259 Rdnr. 26 ff.; lauernig-J·ollkommer. §§ 259-261 Rdnr. 8: Isele. FS Cohn. S. 80 f.: Th. Fischer. S. 44. 264 Vgl. etwa BGH GRUR 1965. 313. 314 f. ooUmsatzauskunft": MünchKomm-Keller. § 259 Rdnr. 33 t1'.: lallernig-I·ollkommer. §§ 259-261 Rdnr.8: Köhler. NJW 1992, S. 1481: TI!. Fischer. S. 46 f.: Haines. S. 161. 260
261
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
Die pnmare Bedeutung des Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruchs liegt darin, dem Geschäftsherrn die Kenntnis von den dem Herausgabeanspruch unterliegenden Gegenständen zu verschaffen. Dabei geht es nicht nur darum, die noch im Vermögen des Geschäftsruhrers befindlichen Gegenstände festzustellen, sondern auch darum, den Verbleib aus der Geschäftsruhrung erlangter, aber nicht mehr vorhandener Gegenstände aufzuklären. Der Auskunftsund Rechnungslegungsanspruch dient dem Geschäftsherrn also auch dazu, die aus § 667 BGB sich ergebenden Sekundäransprüche geltend zu machen. Des weiteren kann er auch rur die Schadensersatzansprüche aus §§ 677, 678 BGB von Bedeutung sein. Auskunft und Rechnungslegung gestalten sich unproblematisch, wenn die Geschäftsruhrung nur in einer einzigen Handlung bestand. Jedoch kann sich die Geschäftsführung auch über einen längeren Zeitraum erstrecken. So wird es insbesondere im wichtigsten Bereich der Gewinnhaftung, bei unbefugten Eingriffen in fremde Immaterialgüterrechte, meist liegen. Hier muß der Geschäftsführer grundsätzlich rur den gesamten Zeitraum der Geschäftsruhrung eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben anfertigen. Doch wird dem Geschäftsherrn bei einer über einen längeren Zeitraum sich erstrekkenden Geschäftsanmaßung selbst der Rechnungslegungsanspruch oft wenig nützen. Der Gläubiger ist hier in doppelter Hinsicht in einer ungünstigeren Position als im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 666 BGB. Zum einen scheidet bei der Geschäftsanmaßung die im Rahmen der vertraglichen Geschäftsbesorgung gegebene Möglichkeit aus, periodisch Rechnungslegung zu verlangen. Zum andern wird der unbefugte Eigengeschäftsführer, da er nicht davon ausgeht, überhaupt jemals auf Rechnungslegung in Anspruch genommen zu werden, nicht schon im Hinblick auf seine Rechnungslegungspflicht darauf bedacht sein, im Verlaufe der Geschäftsführung die nötigen Unterlagen anzufertigen bzw. aufzubewahren. Im Gegenteil hat er gerade wegen der Rechtswidrigkeit seiner Tätigkeit ein Interesse daran, daß über die Geschäftsanmaßung möglichst wenig Beweismittel anfallen. Es muß daher vermieden werden, daß die nicht ordnungsgemäße Erfüllung der Rechnungslegungspflicht sich zu Lasten des Geschäftsherrn auswirken kann. Teilweise läßt sich dies mittels einer Beweislastumkehr erreichen. So ist der Rechnungslegungsanspruch mit einer Beweislastumkehr hinsichtlich des Verbleibs von Gegenständen, die im Wege der Geschäftsführung in den Besitz des Geschäftsführers gelangt sind, verbunden. Der Geschäftsführer haftet daher ohne weiteres auf Schadensersatz, wenn er sich nicht im Wege der Rechnungslegung wegen des Verlusts eines derartigen Gegenstandes exkulpieren kann 265 •
265 Vgl. RGZ 90. 129. 133 fL Soergel-Mühl. § 666 Rdnr. 12; Palandt-Thomas, § 666 Rdnr. 4; ebenso schon v. Monroy. S. 168 f.
VI. Das Verhältnis der Ansprüche des Geschäftsherrn zueinander
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Regelmäßig bedarf der Geschäftsherr jedoch der Auskunft und Rechnungslegung schon zur Ermittlung der Vorteile, die der Geschäftsführer aus der Geschäftsanmaßung erlangt hat. Kommt der Geschäftsführer insoweit seiner Rechnungslegungspflicht nicht vollständig nach, so kann der Geschäftsherr lediglich bei Anhaltspunkten für die sachliche Unrichtigkeit der Angaben nach § 259 Abs. 2 BGB die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verlangen. Ist der Geschäftsführer jedoch außerstande anzugeben, was er aus der Geschäftsanmaßung erlangt hat, so geht der Anspruch aus § 666 BGB und damit auch der Anspruch aus § 667 BGB ins Leere. Aber auch sonst wird der Schuldner oft Mittel und Wege finden, sich einer vollständigen Rechnungslegung zu entziehen. In dieser Situation hilft der Anspruch aus § 677 BGB weiter. Auf der Grundlage des § 677 BGB kann der Geschäftsherr sich darauf beschränken, darzulegen und zu beweisen, daß der Geschäftsführer sein Rechtsgut in einem bestimmten Zeitraum verwertet hat. Er kann dann die Beträge herausverlangen, die aufgrund einer Schätzung nach § 287 ZPO durch die unbefugte Verwertung erzielt werden konnten. Es ist Sache des Geschäftsführers nachzuweisen, daß er entsprechende Erträge nicht erzielt hat und nicht erzielen konnte 266 .
VI. Das Verhältnis der Ansprüche des Geschäftsherrn zueinander Zu klären bleibt, in welchem Verhältnis die drei Hauptansprüche des Geschäftsherrn auf Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten, auf Schadensersatz wegen Übernahmeverschuldens und auf Schadensersatz wegen Ausführungsverschuldens zueinander sowie zu Ansprüchen aus anderen Rechtsgründen stehen. Der Wortlaut des § 687 Abs. 2 S. 1 BGB, der lediglich besagt, daß der Geschäftsherr die dort bezeichneten Rechte geltend machen kann, bietet keinen Anhaltspunkt dafür, daß diese Ansprüche dem Geschäftsherrn nicht kumulativ, sondern nur alternativ zustünden. Denkbar wäre, ein Ausschließlichkeitsverhältnis jedenfalls hinsichtlich der Ansprüche aus §§ 667, 677 BGB einerseits, § 678 BGB andererseits anzunehmen, da es sich im einen Fall um Rechte aus berechtigter, im anderen Fall aus unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag handelf 67 . Dieser Schluß wäre aber allenfalls dann zwingend, wenn die Geltendmachung der Rechte aus §§ 667, 677 BGB mit einer Genehmigung der ~661. Erg. ähnlich Maser. Herausgabe. S. 239 f.: Komme der Geschäftsflihrer seiner Rechnungslegungsptlicht nicht ordnungsgemäß nach. so könne ..der Richter die ,plausible' Darstellung des Klägers über die Höhe des erzielten Gewinnes solange als richtig annehmen. bis der Beklagte auf andere Weise überzeugend dargelegt hat. daß das Herauszugebende weniger beträgt". Vgl. auch Th. Fischer. S. 47: Widmer. S. 93: Schmid. OR. Art. 423 Rdnr. 127. ~67 So Bertrams. S. 33 1'1'.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
Geschäftsführung im Sinne des § 684 S. 2 BGB gleichgesetzt werden könnte. Dies ist jedoch nicht der FaIF68 . Der Geschäftsherr, der einen einzelnen Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. 1 BGB geltend macht, stellt sich damit auch keineswegs, wie Bertrams 269 meinte, insgesamt "auf den Boden" der berechtigten oder der unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag und handelt deshalb auch nicht widersprüchlich, wenn er den Anspruch aus § 678 BGB geltend macht, nachdem er sich zunächst auf einen dem Recht der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag zugehörigen Anspruch gestützt hat270 . Dies zeigt nichts deutlicher als der Umstand, daß sich bei Geltendmachung des Anspruchs aus § 667 BGB auch der Gegenanspruch des Geschäftsführers aus einer Norm über die unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 684 S. 1 BGB) ergibt. Die Normen der berechtigten und der unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag, auf die § 687 Abs. 2 BGB verweist, sind also durchaus nebeneinander anwendbar. Auch der Äußerung der zweiten Kommission, der Geschäftsherr habe "die Wahl, entweder die Schadensersatzklage oder aber die Klage aus der Geschäftsführung anzustellen"271, läßt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Zwar dürften mit der Klage aus der Geschäftsführung die aus einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag resultierenden Ansprüche gemeint sein, dagegen mit der Schadensersatzklage sowohl der Anspruch aus § 678 BGB als auch ein deliktischer oder sonstiger Schadensersatzanspruch272 • Doch sollte mit der Hervorhebung des Wahlrechts des Geschäftsherrn lediglich die Erweiterung seiner Rechtsstellung, nicht eine Beschränkung seiner Rechte in Form einer strikten Altemativität der Rechtsfolgen zum Ausdruck gebracht werden. Hiermit ist zunächst nur festgestellt, daß der Geschäftsherr durch die Geltendmachung eines der Ansprüche aus § 687 Abs. 2 S. I BGB nicht gehindert wird, nachträglich einen seiner übrigen Ansprüche geltend zu machen. Eine andere Frage ist die, inwieweit die verschiedenen Ansprüche aufeinander anzurechnen sind. Selbstverständlich kann der Geschäftsherr nicht nach § 678 BGB den ihm durch die Geschäftsführung entstandenen Schaden ersetzt verlangen und zusätzlich den vollen Geschäftserlös herausverlangen. Vielmehr mindert
268 Vgl. oben S. 182 f. 269 S. 38. 270 Wenn Bertrams, S. 40 gegen ein ius variandi des Geschäftsherm des weiteren einwandte, "die Interessen des Geschäftsführers würden erklärlich erweise aufs schwerste geschädigt, wenn dem Geschäftsherm die nachträgliche Abweichung von der getroffenen Wahl gestattet würde", so kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Angesichts der dolos-rechtswidrigen Handlungsweise des Geschäftsführers ist die Interessenlage vielmehr so zu bewerten, daß dem Geschäftsherm stets eine möglichst wirksame Verfolgung seiner Rechte aus § 687 Abs. 2 BGB ermöglicht werden sollte. 271 Prot. 11, S. 742 = Mugdan 11, S. 1203. 272 Vgl. oben S. 112.
VI. Das Verhältnis der Ansprüche des Geschäftsherrn zueinander
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die Erfüllung des Herausgabeanspruchs im Wege der Vorteilsausgleichung in entsprechender Höhe den Schadensersatzanspruch273 • Für bereits geleistete Schadensersatzzahlungen entfällt daher bei nachträglicher Geltendmachung des Herausgabeanspruchs der Rechtsgrund, so daß der Geschäftsführer dem Herausgabeanspruch einen Bereicherungsanspruch entgegenhalten kann. Eine Anrechnung des Herausgabeanspruchs auf den Schadensersatzanspruch findet auch nicht etwa nur hinsichtlich des dem Geschäftsherm entgangenen Gewinns statt, so daß der Geschäftsherr z. B. Rechtsverfolgungskosten oder einen Marktverwirrungsschaden nach § 678 BGB unabhängig von der Geltendmachung des Anspruchs aus § 667 BGB ersetzt verlangen könnte274 • Es besteht kein zwingender Grund, den Geschäftsherm insoweit besser zu stellen als bei der fremdnützigen Geschäftsführung ohne Auftrag, bei der der Geschäftsherr, wenn nur die Übernahme des Geschäfts insgesamt seinem Willen und Interesse entsprach oder von ihm genehmigt wurde, ebenfalls für einzelne Schäden, die aus der Übernahme resultierten, keinen Ersatz beanspruchen kann. Der Geschäftsherr ist auch nach Geltendmachung des Herausgabeanspruchs aus § 667 BGB nicht gehindert, sich auf der Grundlage des § 677 BGB darauf zu berufen, daß der Geschäftsführer bei ordnungsgemäßer Geschäftsführung einen höheren Erlös hätte erzielen können, und den Differenzbetrag nachzufordern. Überdies kann er nach § 677 BGB neben dem Anspruch aus § 667 BGB Ersatz für den Schaden verlangen, den er infolge Ausführungsverschuldens an bestehenden Rechtsgütern erlitten hat. Hinsichtlich des Verhältnisses der Ansprüche aus § 687 Abs. 2 S. 1 BGB zu sonstigen Ansprüchen des Geschäftsherm ist wiederum davon auszugehen, daß die Geltendmachung der Ansprüche aus § 687 Abs. 2 S. 1 BGB keine Genehmigung der Geschäftsführung beinhaltet, so daß insbesondere weder ein rechtlicher Grund im Sinne der §§ 812 ff. BGB geschaffen wird noch die Widerrechtlichkeit im Sinne der §§ 823 ff. BGB entfällt. Das unstreitig zunächst bestehende Recht des Geschäftsherm, wahlweise neben den Ansprüchen aus § 687 Abs. 2 S. 1 BGB Ansprüche aus anderen Rechtsgründen geltend zu machen, bleibt also entgegen einer in der älteren Literatur verbreiteten Auffassung 275 von der Geltendmachung der Rechte aus § 687 Abs. 2 S. 1 BGB unberührt. Erst die Erfüllung der Ansprüche aus § 687 Abs. 2 S. 1 BGB bewirkt in
Vgl. RGRK-Steffen, § 687 Rdnr. 28. So aber Jauernig-Vollkommer, § 687 Rdnr.8; für Art. 423 schweiz. OR Th. Fischer, S. 120; Widmer, S. 101 ff. Zur entsprechenden Problematik bei der dritten Schadensberechnungsmethode vgl. unten S. 351, 358. 275 Lent, Gesetzeskonkurrenz, S. 314, 316; Kluckhohn, ArchBürgR Bd.41 (1915), S. 176; Höbbel, S.20; Freese, S.29; Janßen, S. 3 f.; wie hier Jauernig-Vollkommer, § 687 Rdnr. 8; StudK-Beuthien, § 687 Anm. 3 c. 273
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
entsprechender Höhe eine Minderung der Bereicherung bzw. des Schadens und bringt daher die konkurrierenden Ansprüche insoweit zum Erlöschen.
VII. Der Gegenansprucb des Gescbäftstlibrers 1. Die berichtigende Auslegung der Verweisung des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB auf § 684 S. 1 BGB Die Regelung des Gegenanspruchs des GeschäftsfUhrers in § 687 Abs. 2 S. 2 BGB ist nach heute allgemeiner Auffassung mißglückt: Die Anordnung der §§ 687 Abs. 2 S. 2, 684 S. I BGB, daß der Geschäftsherr dem GeschäftsfUhrer alles, was er aus der GeschäftsfUhrung erlangt hat, nach Bereicherungsrecht herausgeben müsse, stehe im Widerspruch zu § 667 BGB, wonach gerade der GeschäftsfUhrer das aus der Geschäftsführung Erlangte dem Geschäftsherrn herauszugeben hat. § 687 Abs. 2 S. 2 BGB sei daher berichtigend dahingehend auszulegen, daß der GeschäftsfUhrer wegen seiner Aufwendungen einen Anspruch gegen den Geschäftsherrn insoweit haben solle, als dieser durch die Aufwendungen bereichert sei 276 • Wie es zu der eigenartigen Bestimmung kommen konnte, wird verständlicher, wenn man einen Blick auf die Entstehungsgeschichte des § 687 Abs. 2 BGB wirft. Der römischrechtliche Vorläufer des § 687 Abs. 2 S.2 BGB, der Schußsatz von D. 3, 5, 5, 5277 , besagte, der Geschäftsführer habe keine Klage "in id quod ei abest" (also den Aufwendungsersatzanspruch des redlichen GeschäftsfUhrers), sondern lediglich "in quod ego locupletior factus sum". Art. 423 Abs. 2 schweiz. OR, das modeme Vorbild des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB, lautet: "Zur Ersatzleistung an den Geschäftsführer und zu dessen Entlastung ist der Geschäftsherr nur soweit verpflichtet, als er bereichert ist." Dieselben Grundsätze wollte auch die zweite Kommission zur Anwendung bringen, indem sie aus der Verweisung auf die Vorschriften der GeschäftsfUhrung ohne
276 Vgl. BGH GRUR 1961,354,356 "Vitasulfal" (insoweit in BGHZ 34. 320 ff. nicht abgedruckt); MünchKomm-Seiler. § 687 Rdnr. 11: Erman-Ehmann. § 687 Rdnr. 16: Wittmann, S. 150; ders., in: Staudinger. § 687 Rdnr. 20: StudK-Beuthien. § 687 Anm. 3 c; Beuthien/Weber, S.98: Enneccerus-Lehmann, § 168 I 2: Siber, S.372: Larenz, SchuldR I1/1, § 57 II b: Fikentscher. SchuldR, Rdnr. 946: Müller. SchuldR BT, Rdnr. 1958; Esser/Weyers, § 46 I 2 c, IV 2 b: Medicus. BR. Rdnr. 419: Franke. S. 52 f.: Köbl. S. 194 f; ehen, S. 115: F. Schub. AcP Bd. \05 (1909). S. 469 f: Kunkel, JW 1933, S. 44: Wollschläger. JA 1979. S. 185: Giesen. Jura 1996. S. 348; SchmidtErnsthausen, GRUR 1938. S. 377: v. der Osten. GRUR 1998. S. 286 f. 277 Vgl. F. Schub. AcP Bd. \05 (1909), S. 472 (.Jast wörtliche Übersetzung"). Nach F. Schub (a.a.O .. S. 472 f.) ist die actio contraria bei der eigennützigen Geschäftsführung ..einer von den vielen Quälgeistern. die die Byzantiner auf die abendländische Jurisprudenz losgelassen haben".
VII. Der Gegenanspruch des Geschäftsführers
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Auftrag § 683 BGB ausklammerte und statt dessen im Wege des § 684 S. 1 BGB den Geschäftsherrn (nur) zur Herausgabe der Bereicherung verpflichtete. Daß die Verweisung auf das Bereicherungsrecht dem Wortlaut nach im Widerspruch zum Herausgabeanspruch des Geschäftsherrn steht, wurde nicht nur von der zweiten Kommission, sondern überwiegend auch noch von der älteren Literatur zu § 687 Abs.2 BGB nicht gesehen. Lobe278 bezeichnete die Regelung, daß der Geschäftsführer das aus der Geschäftsbesorgung Erlangte, der Geschäftsherr seinerseits eine ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben habe, sogar als "schönes Beispiel für die Klarheit und Einfachheit des BGB". Der Gedanke, der Bereicherungsanspruch könnte auf dasjenige bezogen werden, was der Geschäftsführer an den Geschäftsherrn herauszugeben hat, kam etwa auch Kipp279, Leonhard2 80 , Oertmann 281 und Heck282 offenbar nicht in den Sinn. F. Schulz, der als erster fand, der Gegenanspruch des Geschäftsführers sei "vollständig wirr und unverständlich normiert", und die heute allgemein anerkannte berichtigende Auslegung für erforderlich hielt28 3, fand mit dieser Auffassung lange Zeit kaum Zustimmung. Dagegen wurde die Vorschrift des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB anfangs von zahlreichen Autoren aus einem ganz anderen Grund als dem der scheinbar wechselseitigen Herausgabepflicht für berichtigungsbedürftig gehalten. Man meinte, der Bereicherungsanspruch des Geschäftsführers müsse unabhängig davon bestehen, ob der Geschäftsherr seine Ansprüche aus § 687 Abs. 2 S. 1 BGB geltend mache 284 • Während man nämlich heute die Funktion des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB nur noch darin sieht, daß der Geschäftsherr bei Geltendmachung des Anspruchs aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2,667 BGB die zur Erzielung des herausverlangten Vorteils erforderlichen Aufwendungen zu ersetzen hat285 ,
S. 369 Fn. I. Windscheid-Kipp, § 431. 280 S. 430. 281 § 687 Anm. 3 c. 282 S. 360. 283 F. Schutz, AcP ßd. 105 (1909), S. 469 f. 284 So etwa Dertmann, § 687 Anm. 3 c; RGRK-Denecke, 11. Aufl., § 687 Anm. 6; Leonhard, S. 430; Brückmann, S. 226; Römer, AcP ßd. 119 (1921), S. 356; Chrestin, S. 68; v. Bargen, S. 18 f. - Für den insoweit allerdings anderslautenden Art. 423 schweiz. OR betont ausdrücklich Lischer, S. 105 Fn. 16, der Gegenanspruch setze nicht voraus, daß der Geschäftsherr sich das Geschäftsergebnis aneigne. Andere gelangen zum sei ben Ergebnis, indem sie zwar den Gegenanspruch aus Art. 423 Abs. 2 schweiz. OR von einer Aneignung der Vorteile durch den Geschäftsherrn abhängig machen, daneben aber eine selbständige ßereicherungshaftung anerkennen; vgl. Gautschi, OR, Art. 423 Anm. 7 ff.; Hofstetter, ZßJV ßd. 100 (1964), S. 245 fr. 285 So besonders deutlich ßGH GRUR 1961, 354, 356 "Vitasulfal" (insoweit in ßGHZ 34, 320 fr. nicht abgedruckt); vgl. auch Erman-Ehmann, § 687 Rdnr. 16; Woll278
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
bezog man in der älteren Literatur den Gegenanspruch des Geschäftsfilhrers meist primär oder ausschließlich auf den Fall, daß eine Bereicherung des Geschäftshenn "ipso gestu"286, also ohne daß der Geschäftsherr den Anspruch aus § 667 BGB geltend machen müßte, eingetreten ist. Dies ist im Unterschied zur fremdnützigen Geschäftsfilhrung ohne Auftrag zwar bei der Geschäftsanmaßung nur selten der Fall. Wer fremde Geschäfte als eigene behandelt, pflegt in aller Regel keine Aufwendungen zu machen, die unmittelbar dem Vermögen des Geschäftshenn zugute kommen. Ausnahmsweise kann dies aber durchaus vorkommen. Zu denken ist namentlich an den Fall, daß der Geschäftsfilhrer zum Zwecke der unerlaubten Geschäftsfilhrung Verwendungen auf eine dem Geschäftshenn gehörende Sache macht (vgl. § 850 BGB). Ein anschauliches Beispiel hierfilr bildet der vom Bundesgerichtshof entschiedene "Enttrümmerungsfall"287. § 687 Abs. 2 BGB erweckt nun den Eindruck, als sollten dem Geschäftsfilhrer auch Anspruche wegen einer ipso gestu eingetretenen Bereicherung des Geschäftshenn erst mit der Geltendmachung der Rechte aus § 687 Abs. 2 S. I BGB durch den Geschäftshenn zustehen. Eine derartige Regelung wäre jedoch höchst unsinnig. Man mag fragen, ob es gerechtfertigt ist, dem unbefugten Eigengeschäftsfilhrer überhaupt einen Anspruch auf Ersatz der ipso gestu dem Geschäftshenn zugeflossenen Werte zuzusprechen. Dies davon abhängig zu machen, ob der Geschäftsherr einen Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. I BGB geltend macht, wäre jedoch reine Willkür288 . Die Frage, ob ein Anspruch auf Erstattung einer aufgedrängten Bereicherung besteht, muß nach anderen, im Rahmen der §§ 812 ff., 994 ff. BGB zu entwickelnden Kriterien beantwortet werden. Zwar spielt in der Diskussion um die Pflicht zur Herausgabe einer aufgedrängten Bereicherung auch die Frage eine Rolle, ob der Bereicherte sich die
schläger, GoA, S. 142 f; Wittmann, S. 150; Medicus, BR, Rdnr. 419; F. Schub, AcP Bd. 105 (1909), S. 471 f
286 Der Ausdruck "ipso gestu" dürfte die hier angesprochene Konstellation treffender bezeichnen als der von F. Schulz (AcP Bd. 105 (1909), S. 471 f) verwendete Terminus "ipso iure". Andere sprechen von einer Bereicherung "ipso actu" (Dankwardt, S.28), "ipso facto" (Gautschi, OR, Art. 423 Anm. 8 b) oder "eo ipso" (Hofstetter, ZBJV Bd. 100 (1964), S. 249). 287 BGHZ 39, 186 ff. (dazu näher unten S. 263 ff.). Vgl. auch BGH NJW 1987.3001, 3002, wo aber zur Feststellung, ob der Kläger als unbefugter Eigengeschäftsführer oder als unberechtigter Geschäftsführer ohne Auftrag gehandelt hatte, zurückverwiesen wurde. 288 Zutr. Dertmann, § 687 Anm. 3 c; Leonhard, S. 430; Briickmann, S. 226; J. Reimer. S. 135 f; Krumm, S. 32 ff.; v. Bargen, S. 18; ebenso für das gemeine Recht schon Glück, S. 344, der sich mit dieser Begründung dagegen wandte, dem eigennützig handelnden Geschäftsführer wegen seiner Aufwendungen nur eine exceptio gegenüber der actio directa des Geschäftsherrn zuzusprechen. - Gegen diese Auffassung M. Wolf AcP Bd. 166 (1966), S. 218 f., der jedoch, anders als die oben genannten Autoren, von der Prämisse ausgeht, daß dem Geschäftsführer ein allgemeiner Bereicherungsanspruch keinesfalls zustehe; ähnlich Melullis, S. 138 ff.
VII. Der Gegenanspruch des Geschäftsführers
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aufgedrängten Vorteile zu eigen macht, etwa indem der Eigentümer die vom Besitzer wertsteigernd veränderte Sache veräußert. Wenn jedoch der Geschäftsherr im Falle einer ipso gestu eingetretenen Bereicherung nach § 667 BGB vorgeht, wird er sich hiermit gerade nicht nur die ihm ipso gestu zugefallene Bereicherung zu eigen machen, sondern einen über diese hinausgehenden Vorteil für sich in Anspruch nehmen. Daß erst damit die Grundlage für eine Pflicht des Geschäftsherm zur Herausgabe seiner ipso gestu eingetretenen Bereicherung geschaffen sein soll, kann nicht im Sinne der Gesetzesverfasser gewesen sein. Der heute nahezu allgemein vertretenen Auffassung, daß § 687 Abs. 2 S. 2 BGB eine Aufwendungskondiktion desjenigen, der durch wissentliche Einmischung ipso gestu einen andern bereichert, ausschließen solle 289, kann daher nicht gefolgt werden. Soweit der Wortlaut des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB auf eine derartige "Kondiktionssperre" hindeutet, handelt es sich hierbei um ein Redaktionsversehen. Die zweite Kommission wollte die Regelung des Art. 473 Abs. 2 schweiz. OR a. F. und des Schlußsatzes von D. 3, 5, 5, 5 übernehmen, wo jeweils von einer Geltendmachung von Ansprüchen durch den Geschäftsherm als Voraussetzung für den Bereicherungsanspruch des Geschäftsführers keine Rede ist 290 . Daß die zweite Kommission in diesem Punkte bewußt anders entscheiden wollte, ist gänzlich unwahrscheinlich, da jeder Hinweis hierauf in den Gesetzesmaterialien fehlt und ein sachlicher Grund hierfür nicht zu finden ist. Auch das erhöhte Präventionsbedürfnis gegenüber dem vorsätzlichen Verletzer kann den Kondiktionsausschluß nicht rechtfertigen 291 . Dieses gebietet es lediglich, dem Verletzer die aus der Rechtsverletzung erlangten Vorteile zu entziehen und auf diese Weise die vorsätzliche Rechtsverletzung unrentabel zu machen. Den Verletzer darüber hinaus mit den Kosten der rechtsverletzenden Tä-
289 So etwa BGHZ 39, 186, 189; BGH NJW 1987,3001,3002; Staudinger-Gursky, § 951 Rdnr.49; Staudinger-Wittmann, § 687 Rdnr. 20; MünchKomm-Sei/er, § 687 Rdnr. 12; Erman-Ehmann, § 684 Rdnr.2, § 687 Rdnr. 16; RGRK-Heimann-Trosien, vor § 812 Rdnr. 27; Wol/schläger, GoA, S. 142 f.; Fik.entscher, SchuldR, Rdnr.947; EsserlWeyers, § 46 [ [ d; ReuterlMartinek, S. 7[9 f; Henssler, JuS 1991, S. 929; Martinek/Theobald, JuS [997, S. 6[6 f; M. Wolf, AcP Bd. [66 ([966), S.219; ehen, S. [15 f; Niewiarra, S. 49 ff.; vgl. auch F. S'chulz, AcP Bd. 105 (1909), S. 470 ff. A. A. insbes. J. Reimer, S. 135 fr., der den Umkehrschluß aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB
u. a. deshalb ablehnt, weil der Anspruch nicht auf Abschöpfung einer ungerechtfertigten Bereicherung, sondern auf Aufwendungsersatz, limitiert durch die Bereicherung des Geschäftsherrn, gerichtet und somit gegenüber dem Anspruch aus §§ 812 ff BGB ein aliud sei. 2WJ V gl. dazu auch die Nachw. oben S. 251 Fn. 284 a. E. 291 So auch Canaris, JZ 1996, S. 348 f; a. A. Staudinger-Gursky, vor §§ 994-1003 Rdnr. 25. Gursky ist allerdings insoweit zuzustimmen, als die Aufdrängung einer Bereicherung sich keinesfalls rentieren darf: was aber schon dann ausgeschlossen ist, wenn der Ausgleichsanspruch konsequent auf die Vermögenseinbuße des Gläubigers beschränkt wird (vgl. dazu näher unten S. 277 ff.).
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
tigkeit zu belasten, erscheint zumindest dann unangemessen, wenn die Tätigkeit sich im Vermögen des Verletzten etwa in Gestalt ersparter Aufwendungen oder konkreter Gewinne ausgewirkt hat. Da die Interessen des Verletzten es hier unter keinem Gesichtspunkt gebieten, ihm die auf Kosten des Verletzers erlangten Vorteile zu belassen, kann die kategorische Versagung der Aufwendungskondiktion nur als Strafsanktion gegenüber dem Verletzer betrachtet werden 292 • Diese ist jedoch im zivilrechtlichen Anspruchssystem fehl am Platze 293 • Im übrigen dürfte unzweifelhaft sein, daß § 687 Abs. 2 S. 2 BGB jedenfalls keine Sperrwirkung für die in den §§ 994 ff. BGB detailliert geregelten Verwendungsersatzansprüche im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis entfalten kann 294 • Damit könnte aber auf der Grundlage der herrschenden Meinung ein Besitzer, der unter den Voraussetzungen des § 687 Abs.2 BGB Verwendungen auf fremde Sachen macht, aufgrund der Verweisung des § 994 Abs. 2 BGB auf die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag in weiterem Umfang Verwendungsersatz verlangen als ein entsprechender Nichtbesitzer295 • Auch für diese Differenzierung ist ein sachlicher Grund nicht erkennbar. Der Fehler des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB, der zu seiner Deutung als Kondiktionssperre geführt hat, liegt darin, daß er zwei Ansprüche gewissermaßen zu einem zusammenfaßt: den unabhängig von der Geltendmachung der Ansprüche aus § 687 Abs. 2 S. 1 BGB bestehenden Bereicherungsanspruch und den durch die Geltendmachung bedingten Aujwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers. Klarer und sachgerechter hatten noch die von der ersten Kommission verworfenen Bestimmungen über die Geschäftsanmaßung im Vorentwurf zum Recht der Schuldverhältnisse die Gegenrechte des Geschäftsführers geregelt. Die dem Geschäftsführer zustehenden Ansprüche ergaben sich aus § 243 S. I des Vorentwurfs, der in vollem Umfang auf den dem späteren § 684 BGB entsprechenden § 242 des Vorentwurfs verwies. Danach konnte der Geschäftsherr - mit der Folge eines gewöhnlichen Aufwendungsersatzanspruchs - die Geschäftsführung "genehmigen", mußte andernfalls aber dem Geschäftsführer seine Aufwendungen insoweit ersetzen, als sich etwas infolge der Geschäfts-
Ebenso Köbl, S. 274; Krumm, S. 239 f. Köbl, S. 274. 294 So deutlich auch Staudinger-Gursky, § 951 Rdnr. 49, der ausdrücklich nur für den Nichtbesitzer und für Besitzrechtsverhältnisse ohne eigene Verwendungsersatzregeiung aus einer Gesamtanalogie zu § 687 Abs.2 S.2 BGB und anderen Vorschriften einen Kondiktionsausschluß bei wissentlicher Autärängung von Verwendungen herleitet. 295 Dies gilt jedenfalls dann, wenn man der nahezu allgemeinen Auffassung folgt. daß die Verweisung des § 994 Abs.2 BGB sich nicht auf § 687 BGB bezieht; vgl. MünchKomm-Medicus, § 994 Rdnr. 19; Staudinger-Gursky, § 994 Rdnr. 19; H. Roth, JuS 1997, S. 1088; nicht ganz entschieden Canaris, JZ 1996, S. 349. 292 293
VII. Der Gegenanspruch des Geschäftsführers
255
fiihrung in seinem Vermögen befand. Diese umfassende Gleichbehandlung des Eigengeschäftsfiihrers mit einem unberechtigten Geschäftsfiihrer ohne Auftrag war nicht nur eine gesetzestechnisch besonders einfache, sondern auch in der Sache durchaus angemessene Lösung. Zur BegrUndung des unabhängig von der Genehmigung bestehenden Bereicherungsanspruchs fiihrte der Redaktor v. Kübel aus, daß es unbillig wäre, dem Geschäftsherrn den (ipso gestu eingetretenen) Vorteil zuzusprechen und die Nachteile den Gestor tragen zu lassen. AusdrUcklieh betonte v. Kübel, daß dies auch für die wissentliche Eigengeschäftsführung gelten müsse, da selbst die unredliche Handlungsweise des Gestors kein hinreichender Grund sei, dem Geschäftsherrn eine Bereicherung auf Kosten des Gestors zu belassen 296 • Allerdings war der weitere Fehler des § 687 Abs. 2 BGB, die scheinbar wechselseitige Pflicht zur Herausgabe der Vorteile aus der Geschäftsführung, auch schon im Vorentwurf enthalten. Denn dieser ließ in § 234 Abs. 1 S.2, ähnlich wie dem Wortlaut nach auch § 681 S.2 BGB, den Herausgabeanspruch des Geschäftsherrn bei der unberechtigten Fremdgeschäftsführung und, damit aufgrund der Verweisungsnorm des § 235 Abs. 2 auch bei der Geschäftsanmaßung unabhängig von der Genehmigung der Geschäftsfiihrung eingreifen, verknüpfte also den Herausgabeanspruch des Geschäftsherrn nicht konsequent mit dem regulären Aufwendungsersatzanspruch. Die auch in diesem Punkt richtige Auffassung vertrat hingegen bereits v. Monroy. Ausgehend von der Annahme, daß die Geltendmachung der actio directa eine Genehmigung der Geschäftsfiihrung voraussetze 297 , meinte v. Monroy, mit der Geltendmachung der Anspruche durch den Geschäftsherrn müsse auch der reguläre Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsfiihrers entstehen. Die im Schlußsatz von D. 3, 5, 5, 5 dem Geschäftsfiihrer gewährte Bereicherungsklage könne daher allein für den Fall gedacht sein, daß der Geschäftsherr keine Anspruche aus der Geschäftsführung geltend macht298 • Ganz abwegig ist diese Annahme nicht. In der Sache erscheint es jedenfalls durchaus angemessen, den Geschäftsfiihrer nur vor der Geltendmachung der actio directa auf seine BereicherungsansprUche zu verweisen, ihm aber bei Geltendmachung der actio directa den normalen Aufwendungsersatzanspruch zuzusprechen. Den Interessen des Geschäftsherrn wäre auf diese Weise hinreichend Rechnung getragen. Es ist bedauerlich, daß das Erfordernis, den bereits vor der Geltendmachung der Anspruche durch den Geschäftsherrn bestehenden Bereicherungsanspruch 296 v. Kübel, Begr. zu § 243 des Vorentw. zum Recht der Schuldverhältnisse, S. 55 = Schubert, Vorlagen, SchuldR II, S. 987. 297 Gegen diese Auffassung ausdrUcklich v. Kübel, Begr. zu § 233 des Vorentw. zum Recht der Schuldverhältnisse, S. 10 f = Schubert, Vorlagen, SchuldR 11, S. 942 f 298 v. Monroy, S. 175 f; anders aber etwa Dernburg, § 123, der bereits die der heute h. M. zu § 687 Abs. 2 S. 2 BGB entsprechende Auslegung vertrat.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
von dem durch die Geltendmachung bedingten Aufwendungsersatzanspruch zu trennen, von der zweiten BGB-Kommission nicht realisiert worden ist. Mit der Fassung des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB haben die Gesetzesverfasser nicht nur die Beantwortung der Frage, welcher Anspruch dem Geschäftsführer im Fall der Geltendmachung der Rechte aus § 687 Abs. 2 S. 1 BGB durch den Geschäftsherrn zusteht, unnötig erschwert, sondern auch der verfehlten Lehre vom sanktionsweisen Kondiktionsausschluß bei wissentlich aufgedrängter Bereicherung ein scheinbar schlagkräftiges Argument geliefert. In der älteren Literatur wollte man den Fehler korrigieren, indem man § 687 Abs.2 S.2 BGB als lediglich deklaratorische Vorschrift bezeichnete. Römer konstatierte sogar, man sei sich "darüber einig (!), ... daß dem unechten Geschäftsführer gar keine Rechte aus der Geschäftsführung zustehen, daß dieser vielmehr, selbst wenn er wie ein Geschäftsfuhrer vom Geschäftsherrn in Anspruch genommen wird, auf die ihm ohnedies zustehenden Bereicherungsansprüche beschränkt bleibt"299. Hieran ist, wie dargelegt, richtig, daß § 687 Abs. 2 S. 2 BGB einen Anspruch auf Herausgabe einer dem Geschäftsherrn ipso gestu zugefallenen Bereicherung nicht ausschließt. Der Ausgleich vollzieht sich insoweit bei Vorliegen eines Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses nach den §§ 994 ff. BGB, im übrigen nach den §§ 812 ff. BGB. Es bleibt jedoch die Frage, welche Funktion § 687 Abs. 2 S. 2 BGB dann zukommt, wenn der aus der Geschäftsführung hervorgegangene Vermögensvorteil dem Geschäftsherrn erst dadurch zufällt, daß er den Herausgabeanspruch aus § 687 Abs.2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S.2, 667 BGB geltend macht. Hier scheint es zu der berichtigenden Auslegung im Sinne F Schuh' keine Alternative zu geben. Denn ein Bereicherungsanspruch des Geschäftsfuhrers unmittelbar aus §§ 812 ff. BGB ist in diesem Fall nicht begründbar, da nicht ersichtlich ist, welchen Anteil des herauszugebenden Geschäftsertrags der Geschäftsherr ohne rechtlichen Grund erlangt haben sollte. Nicht gefolgt werden kann daher der in der älteren Literatur gelegentlich geäußerten Ansicht, daß es der berichtigenden Auslegung im Sinne F Schul:: . nicht bedürfe, da die §§ 687 Abs. 2 S. 2, 684 S. I BGB als Rechtsgrundverweisung verstanden durchaus Sinn ergäben 3°O. Nach Mueser besagt die Verwei-
299 Römer, AcP Bd. 119 (1921). S. 356 (Hervorh. vom Verf.): vgl. auch Sieber/. S. 35: Freese, S. 27; Janßen, S. 61 f.; (,hres/in. S. 68. 300 So Mueser, S. 31; Freese. S. 27. Ob § 684 S. 1 BGB in seinem unmittelbaren
Anwendungsbereich eine Rechtsgrund- oder Rechtsfolgenverweisung darstellt. ist umstr.; für Rechtsfolgenverweisung 8GH WM 1976. 1056. 1060; Soergel-Miihl. § 684 Rdnr. I: S/audinger-Willmann. § 684 Rdnr. I: Mar/ineklTheobald. JuS 1997. S.616: a. A. Jakobs, Eingriffserwerb. S. 173 Fn. 66: "lauser. NJW 1965. S. 515: Ba/sch. AcP Bd. 171 (1971). S. 227: Gursf..y. AcP Bd. 185 (1985). S. 40 (lediglich KlarsteIlung. daß
VII. Der Gegenanspruch des Geschäftsführers
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sung auf § 684 S. I BGB, daß der Geschäftsherr "nur das herauszugeben hat, was er ohne rechtlichen Grund auf Kosten des Geschäftsführers erlangt hat. Da aber das nach § 667 vom Geschäftsführer Erlangte und VOn diesem dem Geschäftsherrn Herauszugebende VOn letzterem eben auf Grund des § 667 erlangt ist, ist es mit rechtlichem Grund erworben. § 667 gibt selbst die causa für das Erlangte, also liegt § 812 nicht vor. Ohne rechtlichen Grund sind vielmehr nach § 684 S. I nur die Aufwendungen erlangt, so daß sich VOn selbst die richtige Beschränkung ergibt. Nur diese sind bei wörtlicher Auslegung, die zugleich sinngemäß ist, nach Bereicherungsgrundsätzen vom Geschäftsherrn dem Geschäftsflihrer herauszugeben."301 Dieser Deutung muß immerhin zugestanden werden, daß sie konsequenter ist als die der herrschenden Meinung. Denn diese teilt mit Mueser bekanntlich die Auffassung, daß der Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. I i. V. m. §§ 681 S. 2,667 BGB auf den gerade auf den Eingriff zurückzuführenden Anteil am Geschäftserlös zu beschränken sei 302 . Dann wäre in der Tat nicht einzusehen, weshalb es noch der berichtigenden Auslegung des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB im Sinne F. Schutz' bedürfen soll. Die Vorschrift wäre vielmehr schlicht überflüssig. Beschränkt man den Anspruch des Geschäftsherrn mit der herrschenden Meinung auf anteilige Gewinnherausgabe, so ist für einen zusätzlichen, durch die Bereicherung des Geschäftsherrn begrenzten Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers kein Raum. Daraus folgt jedoch zugleich, daß auch die Auffassung Muesers eine dem Gesetzeswortlaut entsprechende Auslegung des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB durchaus nicht ermöglicht, da auch ihr zufolge entgegen der in der Fassung der Vorschrift zum Ausdruck kommenden Vorstellung der Gesetzesverfasser für einen durch die Geltendmachung der Ansprüche aus § 687 Abs. 2 S. I BGB aufschiebend bedingten Gegenanspruch kein Raum ist. Nach der Auffassung Muesers könnte ein Gegenanspruch des Geschäftsflihrers aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB überhaupt nur in den Fällen einer ipso gestu eingetretenen Bereicherung des Geschäftsherrn in Betracht kommen, in denen es jedoch auf die GeItendmachung der Rechte aus § 687 Abs. 2 S. I BGB durch den Geschäftsherrn nicht ankommen darf. Da ohne eine berichtigende Auslegung des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB allerdings keinesfalls auszukommen ist, kann nicht hierin der entscheidende Einwand gegen die Auffassung Muesers gesehen werden, sondern nur darin, daß bereits ihre Prämisse nicht zutrifft. Indem der Anspruch des Geschäftsherrn auf Herausgabe alles dessen, was der Geschäftsflihrer aus der Ge-
bei Nichtzustandekommen des Schuldverhältnisses der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag kein Rechtsgrund für die Bereicherung besteht). 301 Ml/eser. S. 31. 302 V gl. oben S. 195 ff. 17 Ehen
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
schäftsbesorgung erlangt hat, in einen Anspruch auf einen abstrakten Gewinnanteil umgedeutet wird, wird die Auffassung Muesers dem Grundgedanken des § 687 Abs.2 BGB, dem Geschäftsführer die Berufung auf seine unredliche Absicht zu versagen und ihn als echten Geschäftsführer zu behandeln, schon im Ansatz nicht gerecht. Im Grundsatz ist somit der berichtigenden Auslegung des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB im Sinne F. Schulz' zu folgen: Die Funktion des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB besteht darin, dem Geschäftsführer einen auf die Bereicherung des Geschäftsherrn beschränkten Ausgleich für den Einsatz eigener Rechtsgüter zu verschaffen, der erforderlich war, um die an den Geschäftsherrn herauszugebenden Vorteile erzielen zu können. Dies bedeutet, daß der Wortlaut des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB auch insoweit zu berichtigen oder wenigstens zu präzisieren ist, als § 687 Abs. 2 S. 2 BGB nur zur Anwendung kommen kann, wenn der Geschäftsherr aus § 667 oder § 677 BGB vorgeht. Der Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB hat dagegen keine Bedeutung, wenn der Geschäftsherr lediglich den Anspruch aus § 678 BGB geltend macht 303 • In diesem Fall könnte ein Gegenanspruch des Geschäftsführers von vornherein nur bei einer ipso gestu eingetretenen Bereicherung des Geschäftsherrn in Betracht kommen. Doch abgesehen davon, daß §687 Abs.2 S.2 BGB bei einer ipso gestu eingetretenen Bereicherung nach hier vertretener Auffassung überhaupt nicht einschlägig ist, bedarf es in diesem Fall auch gar keines selbständigen Gegenanspruchs des Geschäftsführers, da eine eventuelle Bereicherung des Geschäftsherrn im Wege der Vorteilsausgleichung den Schadensersatzanspruch mindert 304 . Zweifelhaft ist die eigenständige Funktion des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB auch dann, wenn der Geschäftsherr den Schadensersatzanspruch wegen Ausführungsverschuldens gemäß § 677 BGB geltend macht. Auch in diesem Fall könnte ein Gegenanspruch des Geschäftsführers entbehrlich sein: Da der Geschäftsführer auf der Grundlage des § 677 BGB den Geschäftsherrn so zu stellen hat, als hätte er das Geschäft als redlicher Geschäftsführer ohne Auftrag ausgeführt, wie es dem Willen und Interesse des Geschäftsherrn entsprochen hätte, läge es nahe, die erforderlichen Aufwendungen hier unmittelbar auf die erzielbaren Vorteile anzurechnen. Doch besteht kein Anlaß, das sinnvolle Zusammenspiel von Anspruch und Gegenanspruch in diesem Fall zu durchbrechen. Der Geschäftsherr kann sich also darauf beschränken, die vom Geschäfts-
303 So auch M. Wolf, AcP Bd. 166 (1966), S. 219 f. Überwiegend wird § 687 Abs. 2 S. 2 BGB dagegen auch in Verbindung mit § 678 BGB für anwendbar gehalten; so ausdrücklich Staudinger-Wittmann, § 687 Rdnr. 20; MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr. 13; ehen, S. 115 f. 304 M. Wolf, AcP Bd. 166 (1966), S. 220.
VII. Der Gegenanspruch des Geschäftsführers
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ruhrer erzielbaren Vorteile darzulegen, und den Geschäftsruhrer wegen der zur Erzielung dieser Vorteile erforderlichen Aufwendungen wie bei Geltendmachung des Anspruchs auf Herausgabe der tatsächlich erzielten Vorteile auf den Gegenanspruch aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB verweisen. Allerdings ist die Beschränkung des Gegenanspruchs durch die Bereicherung des Geschäftsherrn hier ohne Funktion. Der Geschäftsruhrer kann wie bei einer berechtigten Geschäftsruhrung ohne Auftrag Ersatz rur die Aufwendungen verlangen, die er bei ordnungsgemäßer Geschäftsruhrung rur erforderlich hätte halten dürfen. Damit kann auch abschließend geklärt werden, welche Bedeutung die Geltendmachung der Ansprüche durch den Geschäftsherrn hat. Wenn § 687 Abs. 2 S. 1 BGB nicht schlicht davon spricht, daß dem Geschäftsherrn die dort bezeichneten Ansprüche zustehen, sondern davon, daß er sie geltend machen kann, so ist diese Formulierung nur aus dem Zusammenspiel des Herausgabeanspruchs des Geschäftsherrn mit dem Gegenanspruch des Geschäftsruhrers zu erklären. Die Geltendmachung ist der Willensakt, mit dem der Geschäftsherr den erzielten bzw. erzielbaren Vorteil rur sich in Anspruch nimmt und damit zugleich den Gegenanspruch des Geschäftsführers zur Entstehung bringt. Die Ansprüche des Geschäftsherrn entstehen hingegen bereits im Laufe der Geschäftsführung305 • Der Wortlaut des § 687 Abs. 2 BGB steht dem nicht entgegen, denn dem ist mit Eindeutigkeit nur zu entnehmen, daß der Gegenanspruch des Geschäftsführers erst im Zeitpunkt der Geltendmachung der Ansprüche aus § 687 Abs. 2 S. 1 BGB durch den Geschäftsherrn entsteht, nicht jedoch, daß auch die Ansprüche des Geschäftsherrn in gleicher Weise aufschiebend bedingt sein sollen. Für den Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB sind folgende Zwischenergebnisse festzuhalten: § 687 Abs. 2 S. 2 BGB hat ausschließlich dann Bedeutung, wenn der Geschäftsherr Ansprüche aus den §§ 667, 677 BGB geltend macht. Seine Funktion besteht in diesem Fall darin, dem Geschäftsruhrer einen auf die Bereicherung des Geschäftsherrn beschränkten Ausgleich rur den zur Erzielung der herauszugebenden Vorteile erforderlichen Einsatz eigener Rechtsgüter zu verschaffen. Macht der Geschäftsherr den Anspruch aus § 678 BGB geltend, so ist § 687 Abs. 2 S. 2 BGB funktionslos. Unabhängig von der Geltendmachung der Ansprüche aus § 687 Abs.2 S. 1 BGB bestehende Ansprüche des Geschäftsruhrers auf Herausgabe einer ipso gestu eingetretenen Bereicherung des Geschäftsherrn bleiben unberührt. § 687 Abs. 2 S. 2 BGB kann nicht die Wertung entnommen werden, daß eine wissentlich aufgedrängte Bereicherung keine Aufwendungskondiktion begründen könne.
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A. A. Stein, S. 31.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
2. Die Frage der Vorleistungspflicht des Geschäftsführers Eine weitere Frage ist die, inwieweit der GeschäftsfUhrer aus seinem Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB Zurückbehaltungs- oder Aufrechnungsrechte gegenüber den Ansprüchen des Geschäftsherrn herleiten kann. Steffen 306 und Wittmann 307 betonen ausdrücklich, daß der GeschäftsfUhrer - abgesehen vom Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch des Geschäftsherrn - nicht vor leistungspflichtig sei. Diese Auffassung erscheint nicht ganz zweifelsfrei. Denn einem Zurückbehaltungs- oder Aufrechnungsrecht des GeschäftsfUhrers wegen seines Anspruchs aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB könnte § 393 BGB entgegenstehen 308 . § 393 BGB bezieht sich seinem Wortlaut nach nicht nur auf Schadensersatzansprüche. Auch der Zweck der Vorschrift, dem durch eine vorsätzliche unerlaubte Handlung Verletzten die Durchsetzung seiner aus der unerlaubten Handlung resultierenden Ansprüche ohne Erörterung eventueller Gegenansprüche zu ennöglichen 309, könnte hier auf den ersten Blick durchaus einschlägig sein. Gleichwohl sprechen die besseren Gründe gegen die Anwendbarkeit des § 393 BGB. Denn die Situation unterscheidet sich hier durch den engen Zusammenhang von Haupt- und Gegenforderung, insbesondere durch die Bedingtheit der Gegenforderung durch die Geltendmachung der Hauptforderung, in entscheidender Weise von den typischen Fällen des § 393 BGB, in denen die gegenseitigen Ansprüche aus voneinander unabhängigen Sachverhalten hergeleitet werden. Die Interessenlage ähnelt eher derjenigen in den Fällen der Anrechnung, in denen die Rechtsprechung zu Recht davon ausgeht, daß der Gläubiger sich nicht auf das Aufrechnungsverbot des § 393 BGB berufen kann 3lO • Aufgrund der untrennbaren Verknüpfung von Aktiv- und Passivposten ist es hier dem Gläubiger zuzumuten, daß sämtliche Posten im Zusammenhang erörtert werden, nicht zuletzt deshalb, weil in diesen Fällen auch der Gesichtspunkt des durch § 393 BGB bewirkten Schutzes vor Selbstjustiz bzw. Privatrache 311 nicht einschlägig ist. Dieselben Erwägungen treffen auch im Rahmen des § 687 Abs.2 BGB zu. Daran vennag die fonnal getrennte Berücksichtigung von Aktiv- und Passivposten in Gestalt zweier selbständiger Anspruchsgrundlagen nichts zu ändern.
RGRK-Steffen. § 687 Rdnr. 32. S. 156 Fn. 20. 308 Auf das Zurückbehaltungsrecht ist - soweit nicht schon § 273 Abs. 2 a. E. BGB eingreift - § 393 BGB entsprechend anwendbar: vgl. BAG NJW 1968. 565, 566; MünchKomm-v. Feldmann. § 393 Rdnr. I. 309 Vgl. BGH NJW 1977.529 f.: 1987.2997.2998: MünchKomm-v. Feldmann, § 393 Rdnr. I: Erman-H. P. lI'estermann. § 393 Rdnr. I f. 310 Vgl. BGH NJW 1967.2012.2013 f.: OLG Hamm NJW 1970.2296. 311 V gl. etwa Palandt-Ifeinrichs. § 393 Rdnr. I: Fikentscher. SchuldR. Rdnr. 294. 306 307
VII. Der Gegenanspruch des GeschäftsfUhrers
261
Unzweifelhaft ist dagegen, daß der Geschäftsführer hinsichtlich des Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruchs vorleistungsptlichtig ist, da mit der Geltendmachung dieses Anspruchs durch den Geschäftsherm der Anspruch des Geschäftsführers noch gar nicht zur Entstehung gelangt312 . Dies folgt schon daraus, daß der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch im Verhältnis zum Herausgabeanspruch als unselbständiger Hilfsanspruch anzusehen ist, und daraus, daß die Frage, worum der Geschäftsherr im Sinne der §§ 687 Abs. 2 S. 2, 684 S. 1,812 ff. BGB ,.bereichert" ist, erst beantwortet werden kann, wenn der nach § 667 BGB herauszugebende Vorteil feststeht.
3. Die Frage des Ausschlusses von "Aufwendungen zum Zweck einer unerlaubten Handlung" Nach verbreiteter Auffassung soll sich aus den Rechtsgedanken der §§ 817 S. 2, 853 BGB ergeben, daß Aufwendungen generell nicht erstattungsfähig seien, die Mittel zur Begehung einer unerlaubten Handlung waren. Dieser Grundsatz soll auch auf den Anspruch aus § 684 S. I BGB Anwendung finden 313 . Der Bundesgerichtshof lehnte in seinem "Vitasulfal-Urteil"314 auch im Rahmen der auf eine Analogie zu § 687 Abs. 2 BGB gestützten dritten Schadensberechnungsmethode einen Aufwendungsersatzanspruch mit der Begründung ab, daß Kosten, die nur das Mittel zur Durchführung einer unerlaubten Handlung waren, niemals zu erstatten seien. Dabei sollte sich von selbst verstehen, daß dieser Grundsatz im Bereich des § 687 Abs. 2 BGB keine Anwendung finden kann, da andernfalls der Anspruch des Geschäftsführers aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB zur Bedeutungslosigkeit verurteilt wäre 315 . So unklar die Regelung des
312 RGRK-Stejfen. § 687 Rdnr. 32: MünchKomm-Seiler. § 687 Rdnr. 13; StaudingerJfittmann. § 687 Rdnr. 20; M. Wolf. AcP Bd. 166 (1966), S. 219. 313 Vgl. RG WarnRspr. 19\0. Nr. 286: Staudinger-IVittmann. § 684 Rdnr. 3; Staudinger-Nipperdey. 11. Aufl .. § 684 Rdnr.5: RGRK-Stejfen, § 684 Rdnr. 10; RGRKDenecke. 11. Aufl., § 684 Anm. I: Soergel-Afiihl. § 684 Rdnr. 2: MünchKomm-Seiler, § 684 Rdnr. 7. 314 BGH GRUR 1961, 354. 356 (insoweit in BGHZ 34. 320 ff. nicht abgedruckt); vgl. dazu auch Krumm. S. 228 f. Fn. 345. 315 Dies will allerdings der Bundesgerichtshof im ..Vitasulfal-Urteil" keineswegs anerkennen. Vielmehr schließt sich der Bundesgerichtshof ausdrücklich der berichtigenden Auslegung des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB durch die h. M. an. wonach sich die Vorschrift auf die Aufwendungen des GeschäftsfUhrers bezieht (BGH GRUR 1961, 354, 356). Wie sich diese Auslegung des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB mit dem Grundsatz des Ausschlusses von Aufwendungen zum Zweck einer unerlaubten Handlung vereinbaren lassen soll. bleibt dabei ebenso unklar wie das Verhältnis des Anspruchs aus § 687 Abs.2 S. 2 BGB zum Prinzip der Verteilung des Geschäftserläses auf Ertragsfaktoren, zu dem sich der Bundesgerichtshof ebenfalls im .. Vitasulfal-Urteil" bekennt (vgl. dazu schon oben S. 196 ff.). - Verfehlt auch Wohlfarth. LZ 1932, Sp.449. der versuchte,
262
2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
§ 687 Abs. 2 S. 2 BGB auch sein mag, sicher ist, daß nach dem Willen der Gesetzesverfasser dem Geschäftsfuhrer ungeachtet seines wissentlich-rechtswidrigen Handeins ein Anspruch gegen den Geschäftsherrn zustehen soll. Wenn für den Anspruch aus § 684 S. I BGB der Ausschluß von Aufwendungen zum Zweck einer unerlaubten Handlung teilweise damit begründet wird, daß § 684 S. I BGB auf das Bereicherungsrecht und damit - vermeintlich auch auf § 817 S. 2 BGB verweist316 , so erweist sich diese schon im Rahmen der unberechtigten Fremdgeschäftsfuhrung fragwürdige Argumentation 317 spätestens im Rahmen der Verweisung des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB als unhaltbar. Da der Geschäftsfuhrer mit seinen Aufwendungen hier stets gesetzwidrige Zwecke verfolgt, ist nicht erkennbar, welche Einschränkungen des Anspruchs aus § 687 Abs. 2 S. 28GB sich der Verweisung auf § 817 S. 2 BGB entnehmen lassen sollten, ohne daß der Anspruch gänzlich funktionslos würde.
Krumm 318 meint allerdings, der Grundsatz, daß Aufwendungen zum Zweck einer unerlaubten Handlung nicht zu erstatten seien, sei auch im Rahmen des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB mit der "Präzisierung" anwendbar, daß nur solche Aufwendungen von dem Ersatzanspruch ausgeschlossen seien, die "auch in rechtsgemäßer Weise nicht hätten getätigt werden können". Während jedoch die von der herrschenden Meinung verwendete Formel zwangsläufig zur vollständigen Versagungjedes Aufwendungsersatzanspruchs im Rahmen des § 687 Abs.2 BGB führen müßte, bewirkt die von Krumm vorgeschlagene Variante nur eine praktisch weitgehend bedeutungslose Beschränkung des Aufwendungsersatzes. Daß dem Geschäftsfuhrer die Aufopferung eigener Vermögenswerte schlechthin untersagt ist, wird kaum einmal vorkommen. Ist dies aber doch einmal der Fall, so kann dieser Umstand allein es nicht rechtfertigen, den Ersatzanspruch zu versagen. Denn dieser findet seine hinreichende Rechtfertigung darin, daß der Geschäftsführer durch die Geschäftsführung eine Vermögenseinbuße erlitten hat, der ein entsprechender Vorteil des Geschäftsherrn gegen ü bersteht319 •
die Regelung des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB mit dem Grundsatz, daß niemand aus einer unerlaubten Handlung Rechte herleiten könne, in Einklang zu bringen, indem er den deliktischen Charakter des § 687 Abs. 2 BGB bestritt. 316 So Staudinger-Wittmann, § 684 Rdnr. 3; Staudinger-Nipperdey, 11. Aufl., § 684 Rdnr. 5; Soergel-Mühl, § 684 Rdnr. 2; MünchKomm-Seiler, § 684 Rdnr. 7. 317 Die Rechtsprechung befürwortet zu Recht eine restriktive Anwendung des nach überwiegender Ansicht rechtspolitisch verfehlten § 817 S. 2 BGB und lehnt eine analoge Anwendung dieser Vorschrift außerhalb des Bereicherungsrechts ab (so etwa für Verwendungsersatzansprüche aus §§ 994 ff. BGB BGHZ 41, 341, 348 ff.). 318 S. 228 f. Fn. 345. 319 Allerdings verbirgt sich hinter der von Krumm verwendeten Formel. wie sich aus dem Zusammenhang ergibt. noch ein ganz anderer, durchaus richtiger Gedanke: Der Aufwendungsersatzanspruch darf es dem Geschäftsführer nicht ermöglichen, seine
VII. Der Gegenanspruch des Geschäftsflihrers
263
Das scheinbar so einleuchtende Prinzip, daß niemand aus Aufwendungen zum Zweck einer unerlaubten Handlung Ansprüche herleiten dürfe, ist also zumindest dort unanwendbar, wo der Verletzer lediglich, wie im Fall des § 687 Abs.2 S. 2 BGB, den Ausgleich der Vermögensopfer beansprucht, die er bei der Erwirtschaftung eines an den Verletzten herauszugebenden Vorteils hinnehmen mußte. Ausnahmslos dürfte der Grundsatz, daß Aufwendungen zum Zweck einer unerlaubten Handlung nicht zu ersetzen seien, nur dort anzuerkennen sein, wo die Aufwendung sich weder in einem vom Verletzten herausverlangten noch in einem unmittelbar im Vermögen des Verletzten eingetretenen Vorteil niedergeschlagen hat. Daß der Verletzte für solche Aufwendungen keinesfalls aufzukommen hat, ergibt sich aber schon aus den Grundsätzen des Schadensersatzrechts. Dies verdeutlicht die Vorschrift des § 853 BGB, die voraussetzt, daß der Verletzte nach Schadensersatzrecht die Aufhebung einer durch unerlaubte Handlung begründeten Forderung verlangen kann. Soweit der Verletzte infolge der rechtswidrigen Handlung jedoch nicht geschädigt ist, sondern ihm aus dieser vielmehr selbst bei Berücksichtigung der Forderung des Verletzers noch Vorteile erwachsen sind, läßt sich ein Ausschluß dieser Forderung auch aus § 853 BGB nicht herleiten.
4. Das Verhältnis des Anspruchs aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB zum Verwendungsersatzanspruch im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis
Mit der Frage, in weIchem Verhältnis der Anspruch aus § 687 Abs.2 S.2 BGB zur Regelung des Verwendungsersatzes im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis steht, hatte sich der Bundesgerichtshof in dem bereits erwähnten "Enttrümmerungsurteil" vom 25.3.1963 320 zu befassen. Es ging um folgenden Sachverhalt: Die beklagte Baufirma hatte gegen den erklärten Willen des Klägers dessen Trümmergrundstück teilweise enttrümmert und als Lagerplatz verwendet. Der Kläger nahm die Beklagte auf Nutzungsherausgabe in Anspruch. Dem hielt die Beklagte Aufwendungen in die Klageforderung übersteigender Höhe entgegen. Der Bundesgerichtshof sprach dem Kläger den Nutzungsherausgabeanspruch zu, ohne ihn zum Aufwendungsersatz zu verpflichten. Zwar habe die Beklagte den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB erfüllt. Der Kläger habe aber keinen Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. I BGB, sondern nur einen Anspruch aus § 987 BGB geltend gemacht. Diesem könne die Beklagte gemäß §§ 994, 996 BGB nur notwendige Verwendungen entgegenhalten. Um notwendige VerRechtsgüter in rechtswidriger Weise wirtschaftlich zu verwerten und auf diese Weise aus der RechtsverJetzung letztlich doch noch Vorteile zu ziehen. Vgl. zu diesem Prinzip unten S. 281 t1'.. 484 f. 320 BGHZ 39. 186tT.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
wendungen habe es sich jedoch bei der Enttrümmerung des Grundstücks nicht gehandelt321 . Betrachtet man diesen Fall zunächst nur unter dem Gesichtspunkt des § 687 Abs. 2 BGB, so könnte man sich fragen, ob die Beklagte möglicherweise schon durch die bloße Herausgabe des Grundstücks einen Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB erwerben konnte. Dies könnte dann der Fall sein, wenn schon darin, daß der Eigentümer vom Besitzer die Herausgabe seiner Sache verlangt, die Geltendmachung eines Anspruchs im Sinne des § 687 Abs. 2 S. I BGB zu sehen wäre. Tatsächlich läßt sich auf § 687 Abs. 2 S. I i. V. m. §§ 681 S. 2,667 BGB durchaus ein mit § 985 BGB konkurrierender Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes stützen, wenn der Besitzer die Sache durch eine wissentlich-widerrechtliche Handlung erlangt hat 322 • Nach den hier entwickelten Kriterien erfüllt bereits der Sachentzug als solcher den objektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB323. Selbst wenn der Eigentümer seine Sache in unverändertem Zustand herausverlangt, macht er daher einen Anspruch im Sinne des § 687 Abs. 2 S. I BGB geltend. Die Unanwendbarkeit der §§ 687 Abs. 2 S. I, 681 S. 2, 667 BGB läßt sich auch nicht damit begründen, daß der Anspruch hier lediglich auf Restitution gerichtet ist, da der Eigentümer nur etwas herausverlangt, was zuvor bereits zu seinem Vermögen gehört hat. Denn auch dieser Fall ist von der Verweisung auf § 667 BGB erfaßt, da auch der Beauftragte nicht nur die Herausgabe der hinzugewonnenen Gegenstände schuldet, sondern gemäß der ersten Alternative des § 667 BGB auch die Rückgabe der zur Auftragsausführung erhaltenen, also aus dem Vermögen des Auftraggebers stammenden Gegenstände. Die Frage des Gegenanspruchs aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB wird sich nun allerdings erst dann stellen, wenn der Besitzer, wie im Enttrümmerungsfall, die fremde Sache wertsteigernd verändert hat. Selbst wenn man den Anspruch auf Rückgabe der Sache in unverändertem Zustand nicht als von § 667 BGB umfaßt ansähe, ließe sich doch jedenfalls kaum bestreiten, daß die wertsteigernde Veränderung der im Besitz des unbefugten Eigengeschäftsftihrers befindlichen Sache einen aus der Geschäftsbesorgung erlangten Gegenstand im Sinne des
321 Daß zwischen den Parteien tatsächlich ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis vorlag, wird im folgenden unterstellt. 322 Ebenso Rosenkranz, S.92; wohl auch M. Wolf, AcP Bd.166 (1966), S.220 Fn. 126; offen Köbl, S. 195; Klien, S. 100; ausdrücklich abI. schon flir das gemeine Recht v. Monroy, S. 84. - Die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 S. 1 BGB neben Ansprüchen aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis ist nahezu unstr.; vgl. BGHZ 32,76,93; BGH WM 1956, 1279, 1281; Erman-Ehmann, § 687 Rdnr. 16; Fikentscher, SchuldR, Rdnr.947; Esser/Weyers, § 46 V; Lent, Gesetzeskonkurrenz, S. 314; Henssler, juS 1991, S. 929 f.; H. Roth, juS 1997, S. 713; a. A. Oertmann, § 687 Anm. 6; Wol/schläger, JA 1979, S. 185; offen BGHZ 39,186,188. 323 Vgl. oben S. 89 ff.
VII. Der Gegenanspruch des Geschäftsftihrers
265
§ 667 BGB darstellt 324 • Gleichwohl setzt sich der Eigentümer nicht schon durch die bloße Geltendmachung des Anspruchs auf Herausgabe der Sache dem Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB aus 325 • Denn § 687 Abs. 2 S. 2 BGB kann keine Anwendung finden, wenn der Geschäftsherr des Anspruchs aus § 687 Abs. 2 S. 1 BGB überhaupt nicht bedarf, weil dieselbe Rechtsfolge sich auch aus anderen Vorschriften ergibt. Dabei kann es keine Rolle spielen, auf welche Anspruchsgrundlage sich der Geschäftsherr stützt. Meist wird sich dies ohnehin nicht feststellen lassen, da der Geschäftsherr weder "den Anspruch aus § 687 Abs.2 S. 1 BGB" noch "den Anspruch aus § 985 BGB", sondern schlicht einen Anspruch auf Herausgabe der Sache geltend machen wird. Doch unabhängig davon darf dem Besitzer bei Geltendmachung des Herausgabeanspruchs durch den Eigentümer keinesfalls auf der Grundlage des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB ein Verwendungsersatzanspruch zugesprochen werden, der sich nicht schon aus den §§ 994 ff. BGB ergibt326 • Denn damit würde die Funktion des § 687 Abs. 2 BGB geradezu in ihr Gegenteil verkehrt, da § 687 Abs. 2 BGB ausschließlich die Rechtsstellung des Geschäftsherm verbessern, keinesfalls aber dem Geschäftsführer aus anderen Vorschriften nicht begründbare Ansprüche verschaffen soll327.
Im Enttrümmerungsfall lag nun aber eine Besonderheit vor, die vom Bundesgerichtshof nicht in der gebotenen Weise berücksichtigt wurde. Diese bestand darin, daß der Kläger nicht nur "ipso gestu" die durch die Enttrümmerung bewirkte Wertsteigerung des Grundstücks erlangt, sondern auch einen 324 So auch Schindler, AcP Bd. 165 (1965), S. 501; zumindest ungenau Köbl, S. 195, die den Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsftihrers offenbar auch in dieser Konstellation mit der Begründung ablehnen will, daß die Geltendmachung eines nur auf Restitution zielenden Anspruchs die Ersatzpflicht aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB nicht nach sich ziehe; ähnlich Staudinger-Gursky, vor §§ 994-1003 Rdnr.48, der den Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB bei wertsteigernder Veränderung der Sache durch den Besitzer daran scheitern lassen will, daß der Eigentümer den Besitzer nicht als "konstruktiven" negotiorum gestor in Anspruch nehme. 325 So auch Staudinger-Gursky, vor §§ 994-1003 Rdnr.48; F. Schutz, AcP Bd. 105 (1909), S. 470 ff.; Köbl, S. 195; ftir Art. 423 schweiz. OR Gautschi, OR, Art. 423 Anm. 8 c; a. A. aber Schindler, AcP Bd. 165 (1965), S. 501; wohl auch StaudingerLorenz, vor §§ 812 ff. Rdnr. 45, dem zufolge der Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB bestehen soll, wenn der Geschäftsherr "mit der Sache die Verwendungen herausverlangt"; Oertmann, § 687 Anm. 3 c, der § 687 Abs. 2 S. 2 BGB auch ftir anwendbar hielt, wenn der Geschäftsherr sich das Geschäftsergebnis auf andere Weise als nach § 687 Abs. 2 S. 1 BGB, z. B. mit dem Eigentumsanspruch, aneigne. 326 So aber M. Wolf, AcP Bd. 166 (1966), S. 220 Fn. 126: Wenn der Eigentümer aus § 687 Abs. 2 S. 1 BGB die Sache oder die Nutzungen herausverlange, müsse auch dem Geschäftsftihrer der Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB zustehen, da zwischen bei den Ansprüchen "ein sinnvoller Zusammenhang" bestehe. Auf diese Weise könne der Besitzer ftir Verwendungen ohne die Beschränkung durch die §§ 994 ff. BGB Ersatz verlangen. 327 Vgl. Prot. II, S. 742 = Mugdan II, S. 1202 f.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen geltend gemacht hatte, die die Beklagte durch die Verwendung des enttrümmerten Grundstücks als Lagerplatz gezogen hatte 328 • Nach hier vertretener Auffassung hatte der Kläger insoweit unabhängig davon, ob die Beklagte aus der Nutzung des Grundstücks letztlich Gewinn gezogen hatte, einen Anspruch geltend gemacht, der sich (u. a.) auf § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2,667 BGB stützen ließ329. Weshalb der Bundesgerichtshof gleichwohl annahm, der Kläger habe "unstreitig" keinen Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB geltend gemacht330 , und folglich die Anwendung des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB ablehnte, ergibt sich nicht eindeutig aus den veröffentlichten Entscheidungsgründen. Richtigerweise konnte die Versagung des Anspruchs aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB nur damit begrUndet werden, daß § 687 Abs. 2 BGB nicht den Zweck hat, die Situation des Geschäftsruhrers gegenüber konkurrierenden Ausgleichsregelungen zu verbessern. Im Enttrümmerungsfall ergab sich ein Nutzungsherausgabeanspruch des Klägers auch aus den §§ 990, 987 BGB. Der Kläger bedurfte insoweit also des Anspruchs aus § 687 Abs.2 S. 1 BGB nicht331 • Gleichwohl ist die Entscheidung, der Beklagten jeden Verwendungsersatzanspruch zu versagen, im Ergebnis falsch, wie gerade die Wertung des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB zeigt. Die Vorschrift ist Ausprägung des vernünftigen Grundsatzes, daß selbst derjenige, der wissentlich fremde Rechte verletzt, rur die im Rahmen der rechtsverletzenden Tätigkeit eingesetzten eigenen Mittel wenigstens dann Ersatz beanspruchen kann, wenn der Verletzte die aus der rechtsverletzenden Tätigkeit hervorgegangenen Vorteile willentlich in Anspruch nimmt. Gemäß diesem Grundsatz muß auch ein Verwendungsersatzanspruch des bösgläubigen Besitzers wenigstens dann bestehen, wenn der Eigentümer nicht nur die Sache (in verändertem oder unverändertem Zustand) zurückfordert, sondern darüber hinaus nach § 987 BGB auch die durch Verwendungen des Besitzers erst ermöglichten Nutzungen herausverlangt 332 . Die
328 Dies übersieht auch J. Reimer, S. 139, der die Ablehnung des Aufwendungsersatzanspruchs nach § 687 Abs. 2 S. 2 BGB damit begründet. daß sich der Kläger die Enttrümmerung nicht zu eigen gemacht habe; richtig hingegen Krumm. S. 3 I f. 329 Vgl. oben S. 202 ff., insbes. S. 214 f. 330 BGHZ 39, 186, 188; ebenso Henssler. JuS 1991. S. 929. der als selbstverständlich davon ausgeht, daß in der Forderung nach Nutzungsherausgabe keine GeItendmachung i. S. des § 687 Abs. 2 BGB liege. 331 Hierin sehen etwa Staudinger-Gllrs!..y, vor §§ 994-1003 Rdnr. 48 und AfartinekJ Theobald. JuS 1997. S. 616 den entscheidenden Grund für die Versagung des Anspruchs aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB. 332 Auch Köbl, S. 196 meint, daß das heute vorherrschende Rechtsgefühl wohl deutlich zugunsten der Regelung bei der Geschäftsfilhrung ohne Auftrag votiere. Dennoch wird in der Literatur offenbar überwiegend die Auffassung vertreten. daß der Besitzer selbst dann, wenn der Eigentümer Nutzungsherausgabe verlangt. nicht nach den Grundsätzen des § 687 Abs.2 BGB. sondern nur unter den engeren Voraussetzungen der §§ 994. 996 BGB Verwendungsersatz verlangen könne; vgl. Stalldinger-GlIrs!..y. vor §§ 994-1003 Rdnr. 48; Erman-Ehmann. § 687 Rdnr. 16; WolIsclzläger. GoA. S. 206 f.
VII. Der Gegenanspruch des Geschäftsführers
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für die restriktive Fassung der Verwendungsersatzansprüche im EigentümerBesitzer-Verhältnis verantwortliche Zielsetzung, den Eigentümer vor der Verpflichtung zum Ausgleich einer seinen Vermögensdispositionen widersprechenden aufgedrängten Bereicherung zu schützen 333 , mag noch anzuerkennen sein, wenn dem Eigentümer lediglich mit der Herausgabe seiner Sache von seinem Willen unabhängig auch eine durch den Besitzer herbeigeführte Wertsteigerung zufallt. Verfehlt ist es jedoch, auch den Eigentümer, der durch die Forderung nach Nutzungsherausgabe selbst zum Ausdruck bringt, daß er den Verwendungserfolg gutheißt, vor dem Verwendungsersatzanspruch schützen zu wollen 334 . Es kann hier auf die verschiedenen Möglichkeiten, einen Verwendungsersatzanspruch des Besitzers in dieser Konstellation auf der Grundlage der §§ 985 ff. BGB zu begründen, nicht im einzelnen eingegangen werden. Die nächstliegende Lösung dürfte in der (analogen) Anwendung des § 102 BGB liegen 335 . Denkbar wäre auch, den Begriff der notwendigen Verwendung im Sinne der §§ 994 ff. BGB über die notwendigen Erhaltungskosten hinaus auf solche Verwendungen zu erstrecken, die erforderlich waren, um einen vom Eigentümer nach § 987 BGB herausverlangten Nutzungsvorteil zu erzielen336 • Auf diese Weise würde den Bedenken Rechnung getragen, die gegen die Regelung der §§ 994 ff. BGB unter dem Gesichtspunkt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geltend gemacht werden 337 , ohne daß, wie bei anderen extensiven Auslegungen des § 994 BGB, eine weitgehende Nivellierung der Unterschei-
Fn. 116; ders., JA 1979, S. 185; Henssler, JuS 1991, S.929; MartinekJTheobald, JuS 1997, S. 616 f 333 Vgl. Prot. 111, S. 352 = Mugdan 111, S. 681; aus der Literatur z. B. StaudingerGursky, vor §§ 994-1003 Rdnr. 24 f; Köbl, S. 272 f; Feiler, S. 47; M. Wolf, JZ 1966, S. 473; ders., AcP Bd. 166 (1966), S. 219 Fn. 124. 334 Zutr. Staudinger-Gursky, § 987 Rdnr. 20; Köbl, S. 273 f.; Feiler, S. 15 Fn. 61; 1. Reimer, S. 139; vgl. auch Canaris, JZ 1996, S. 345 ff (kein Schutz vor aufgedrängter Bereicherung, wenn der Bereicherte die Werterhöhung realisiert). Wol/schläger, GoA, S. 195 spricht vom "Produktionsprinzip", das besage, daß allein derjenige einen Ertrag haben solle, der den notwendigen Aufwand getragen habe. Gleichwohl will Wol/schläger (a.a.O., S. 206 f Fn. 116) auch dann, wenn der Eigentümer die Nutzungen i. S. der §§ 990, 987 BGB herausverlangt, § 996 BGB den Vorrang gegenüber der Regelung des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB einräumen, so daß die für die Ziehung der Nutzungen erforderlichen Kosten nicht zu ersetzen seien. 335 So Feiler, S. 15 Fn. 61; Slaudinger-Gursky, § 987 Rdnr. 20. 336 In diesem Sinne Köbl, S. 273 f. 337 Vgl. dazu Köbl, S. 272 ff.; Staudinger-Gursky, § 987 Rdnr. 20; ferner Jakobs, Eingriffserwerb, S. 172 Fn.65; Feiler, S. 41 ff.; Wol/schläger, GoA, S. 206 f Fn.116; ders., JA 1979, S. 185.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
dung zwischen nützlichen und notwendigen Verwendungen herbeigefuhrt würde 338 •
5. Die Beschränkung des Anspruchs auf die Höhe der Aufwendungen
Es bleibt zu klären, unter welchen Voraussetzungen im einzelnen Beiträge des Geschäftsführers einen Gegenanspruch aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB begründen. Die erstattungsfähigen Beiträge des Geschäftsführers werden allgemein schlagwortartig mit dem Begriff der "Aufwendung" bezeichnet. Dieser Begriff ist gesetzlich nicht definiert. Üblicherweise wird hierunter ein freiwilliges Vermögensopfer verstanden 339 • Die Bezeichnung des Anspruchs aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB als Aufwendungsersatzanspruch impliziert demnach, daß es dafür, inwieweit die eigenen Beiträge des Geschäftsfuhrers Berücksichtigung finden können, darauf ankomme, inwieweit der Geschäftsführer infolge der Geschäftsfuhrung eine Vermögenseinbuße erlitten hat. Der Wortlaut der gesetzlichen Regelung enthält hierfür allerdings keinen Anhaltspunkt. Durch die Verweisung auf die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung bekommt der Anspruch des Geschäftsfuhrers vielmehr einen Bezug zur Vermögenslage des Schuldners, der gewöhnlichen Aufwendungsersatzansprüchen fehlt. Die Vermögenseinbuße des Gläubigers ist hingegen nach heutigem Verständnis fur den Umfang des Bereicherungsanspruchs irrelevant. Daher soll auch für den Bereicherungsanspruch wegen Verwendungen auf eine fremde Sache grundsätzlich nicht der Betrag maßgeblich sein, den der Gläubiger aufwenden mußte, sondern allein der durch die Aufwendung bewirkte Wertzuwachs 340 • Der Gesetzeswortlaut legt es also nahe, die eigenen Beiträge des Geschäftsfuhrers nicht insoweit zu berücksichtigen, als sie zu einer Vermögenseinbuße des Geschäftsführers gefuhrt haben, sondern insoweit, als sie einen Vermögensvorteil des Geschäftsherrn bewirkt haben 341 • Ein sinnvolles Zusammen338 Problematisch erscheint unter dem letztgenannten Gesichtspunkt hingegen insbes. die Auffassung, notwendig seien alle Verwendungen, die den wirtschaftlichen Ertrag vermehren; dagegen etwa Staudinger-Gursky, § 994 Rdnr. 2 m. w. Nachw. 339 MünchKomm-Seiler, § 670 Rdnr. 6; Staudinger-Wittmann, § 670 Rdnr. 5; ErmanEhmann, § 670 Rdnr. I; Medicus, BR, Rdnr. 874; Laren::, SchuldR I. § 13 I; Müller. JZ 1968, S.769. Krit. gegenüber dem Kriterium des Vermögensopfers Köhler. JZ 1985. S. 359; Gernhuber, S. 596, der die Aufwendung als freiwilliges, zweckgerichtetes Opfer definiert. 340 Medicus, BR, Rdnr. 882. 341 In diesem Sinne wohl in der Tat Canaris, JZ 1996, S. 346 f., dem zufolge der Geschäftsflihrer bei Veräußerung einer fremden Sache die durch ihn bewirkte Werterhö-
VII. Der Gegenanspruch des Geschäftsführers
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spiel mit dem Anspruch aus § 667 BGB ergäbe sich bei diesem Verständnis ebenso, wie wenn man den Anspruch auf die Höhe der Aufwendungen beschränkte. Der Unterschied bestünde nur darin, daß der Geschäftsführer über den Betrag seiner Aufwendungen hinaus den auf seinen Aufwendungen beruhenden Gewinnanteil behalten könnte. Konsequenterweise könnte ein Gegenanspruch des Geschäftsführers auch dann begründet sein, wenn dieser überhaupt keine Vermögenseinbuße erlitten hat. Der Geschäftsführer könnte etwa auch die Anteile am Geschäftserlös beanspruchen, die auf dem Einsatz eigener Immaterialgüterrechte beruhen. Daß diese Auslegung der §§ 687 Abs. 2 S. 2, 684 S. 1 BGB explizit fast nirgends vertreten wird, ist vor allem deshalb erstaunlich, weil so genau das Ergebnis erzielt werden könnte, zu dem die herrschende Meinung zu Unrecht bereits auf der Grundlage der §§ 687 Abs. 2 S. I, 681 S. 2, 667 BGB gelangen zu können meint: die Beschränkung der Herausgabepflicht auf den Gewinnanteil, der gerade auf der Rechtsverletzung beruht. Der Einwand, daß das Prinzip der Verteilung auf Ertragsfaktoren mit der Anordnung des § 667 BGB unvereinbar ist, entfiele in diesem Fall. Die gebotene Gleichbehandlung des dolos-eigennützigen mit dem fremdnützigen Geschäftsführer wäre hinsichtlich der Ansprüche des Geschäftsherrn in vollem Umfang gegeben. Des weiteren entfiele auch der Einwand, daß die von der herrschenden Meinung beflirwortete Beschränkung des Herausgabeanspruchs des Geschäftsherrn dem Gegenanspruch des Geschäftsführers jede selbständige Bedeutung nimmt. Doch soll bekanntlich der Grundsatz, daß der Umfang des Bereicherungsanspruchs sich nicht nach der Vermögenseinbuße des Gläubigers, sondern allein nach der Bereicherung des Schuldners bemißt, nach herrschender Ansicht auch im Rahmen der Anwendung des § 684 S. I BGB bei der unberechtigten Fremdgeschäftsflihrung eine Modifizierung erfahren. Hier soll der Anspruch in doppelter Weise sowohl durch die Bereicherung des Geschäftsherrn als auch durch die Höhe der im Falle einer berechtigten Geschäftsflihrung ohne Auftrag zu ersetzenden Aufwendungen beschränkt sein. Gleiches soll auch im Rahmen der Verweisung in § 994 Abs. 2 BGB gelten 342 • Denn man sieht es als widersprüchlich an, daß zwar der berechtigte Geschäftsführer ohne Auftrag gemäß § 683 BGB keinesfalls mehr als seine Aufwendungen ersetzt erhält, der unbe-
hung abziehen kann. Möglicherweise drückt sich Canaris hier aber auch nur ungenau aus. Denn Canaris beruft sich auf das "Altargemäldeurteil" des Reichsgerichts (RGZ 138, 45, 49 f.), wo jedoch ausdrücklich betont wird, daß die Wertsteigerung allein dem Geschäftsherrn zugute komme. 342 Errnan-Ehrnann, § 684 Rdnr. I; Jauermj!;-Vollkornrner, § 684 Rdnr. I; RGRKStejJen. § 684 Rdnr. 9; Wittrnann, S. 94; ders., in: Staudinger, § 684 Rdnr. I; Medicus, ßR, Rdnr. 900; Feiler, S. 103 f.; Klauser, NJW 1965, S. 516 f.; M. Wolf, JZ 1966, S. 470; König, Gutachten, S. 1565 f., 1570 f.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
rechtigte dagegen ggf. einen die Aufwendungen übersteigenden Erfolg herausverlangen können soll. Dies habe nicht dem Willen der Gesetzesverfasser entsprochen, die davon ausgegangen seien, daß der unberechtigte Geschäftsführer schlechter stehen solle als der berechtigte 343 • Die Verweisung auf das Bereicherungsrecht habe lediglich den Sinn, den Ersatz erfolgloser Aufwendungen auszuschließen344 • Diese Auffassung ist allerdings keineswegs unbestritten 345 • Die Gegenansicht macht geltend, daß der Bereicherungsanspruch im Verhältnis zum Aufwendungsersatzanspruch kein minus, sondern ein aliud sei. Daß der unberechtigte Geschäftsführer ausnahmsweise besser stehen könne als der berechtigte, sei gerechtfertigt, da er auf eigenes Risiko handele 346 • Man sollte meinen, daß sich diese Diskussion auf § 687 Abs. 2 BGB übertragen ließe. Tatsächlich wird aber hier von den Vertretern der Ansicht, die bei der unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag eine Limitierung des Bereicherungsanspruchs durch die Höhe der Aufwendungen nicht anerkennen will, anders entschieden347 • Denn man sieht hier lediglich die unsinnige Alternative, den Gegenanspruch des Geschäftsführers auf alles, was nach § 667 BGB dem Geschäftsherm zustehen soll, zu beziehen, nicht jedoch den Mittelweg, dem Geschäftsführer im Wege des § 687 Abs. 2 S.2 BGB die seinen eigenen Beiträgen zuzurechnenden Anteile am Geschäftsertrag zuzusprechen. Im Ergebnis ist der nahezu allgemeinen Ansicht, daß der Anspruch des Geschäftsführers aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB auf den Betrag seiner Aufwendungen beschränkt sei, zuzustimmen, und zwar selbst dann, wenn man eine entsprechende Limitierung im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 684 S. I BGB sowie im Rahmen des § 994 Abs. 2 BGB nicht für geboten hielte. Denn der von der herrschenden Meinung konstatierte Wertungswiderspruch tritt erst im Rahmen der Verweisung in § 687 Abs. 2 S. 2 BGB in aller Schärfe in Erscheinung, während er im übrigen nur theoretische Bedeutung hat. Dies hat zwei Gründe: Zum einen werden im Rahmen einer Geschäftsführung ohne Auftrag dann, wenn die Aufwendungen des Geschäftsführers zu einem diese übersteigenden wirtschaftlichen Erfolg geführt haben, meist die Voraussetzungen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag erfüllt sein, so daß § 684 S. 1
Vgl. M Wolf, JZ 1966, S. 470; Feiler, S. 103 f; Medicus, BR, Rdnr. 900. Wittmann, S. 94. 345 A. A. J. Reimer, S. 136 f; Larenz/Canaris, § 69 III I c; KoppensteineriKramer. S. 169; ReuteriMartinek, S. 548,716 f; MartinekiTheobald, JuS 1997, S. 616; Staudinger-Lorenz, vor §§ 812 ff Rdnr. 45; MünchKomm-Seiler, § 684 Rdnr. 9. der die Streitfrage im übrigen für praktisch bedeutungslos hält. 346 Staudinger-Lorenz, vor §§ 812 ff. Rdnr.45; J. Reimer. S. 137; Laren=lCanaris. § 69 III 1 c; ReuterlMartinek, S. 548; Koppensteiner/ Kramer, S. 169. 347 Besonders deutlich Staudinger-Lorenz, vor §§ 812 ff. Rdnr. 45; ReuteriMartinek, S. 712,716 f.; J. Reimer, S. 137 f. 343
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VII. Der Gegenanspruch des Geschäftsführers
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BGB von vornherein unanwendbar ist. Zum andern steht dem Geschäftsherm, wo dies ausnahmsweise nicht der Fall ist, die Möglichkeit offen, die Geschäftsführung zu genehmigen, um so den Anspruch des Geschäftsführers gemäß § 683 BGB auf den Betrag der Aufwendungen zu reduzieren. Auf entsprechende Weise ließe sich die Unstimmigkeit auch im Rahmen der Verweisung des § 994 Abs. 2 BGB, die sich nach herrschender Meinung sowohl auf § 683 BGB als auch auf § 684 BGB bezieht348 , ausräumen. Diese Möglichkeit besteht jedoch nicht, wo ausschließlich auf § 684 S. 1 BGB verwiesen wird. Eine derartige Verweisung enthält das BGB nur in Gestalt des § 687 Abs. 2 S. 2. Indem die Gesetzesverfasser die Vorschrift des § 683 BGB aus der Verweisung in § 687 Abs. 2 BGB ausklammerten, beabsichtigten sie ausschließlich eine Schlechterstellung des Geschäftsführers gegenüber dem redlichen Geschäftsführer ohne Auftrag. Davon, daß der Bereicherungsanspruch gegenüber dem Aufwendungsersatzanspruch ein "minus" sei, ging die zweite Kommission als selbstverständlich aus, wenn sie betonte, der Geschäftsführer solle "nur einen Anspruch auf die Bereicherung haben"349. Deutlich war der Grundsatz, daß die Bereicherung des Geschäftsherm lediglich eine zusätzliche Begrenzung des Aufwendungsersatzanspruchs des Geschäftsführers darstellt, auch noch in dem - auch für den unberechtigten Eigengeschäftsführer geltenden - § 242 Abs. 3 des Vorentwurfs zum Recht der Schuldverhältnisse, dem Vorläufer des § 684 S. 1 BGB, ausgesprochen. Hier hieß es, der Geschäftsführer habe "auf Ersatz seiner Verwendungen und Auslagen und Befreiung von den übernommenen Verbindlichkeiten nur insoweit Anspruch, als sich Etwas aus der Geschäftsführung in dem Vennögen des Geschäftsherm befindet". Bereits erwähnt wurde die ganz ähnliche Fonnulierung in Art. 423 schweiz. OR, auf den auch die zweite Kommission explizit Bezug nahm 350 . Zwar mag bei diesen Regelungen, auch soweit sie sich auf den Eigengeschäftsführer beziehen, nur an die ipso gestu eingetretene Bereicherung des Geschäftsherm gedacht gewesen sein. Es gibt jedoch keinen zwingenden Grund, von dem Prinzip, daß die Verweisung auf das Bereicherungsrecht den Geschäftsführer gegenüber dem regulären Aufwendungsersatzanspruch u. U. schlechter, aber keinesfalls besser stellen soll, bei denjenigen Aufwendungen, die der Erzielung eines erst im Wege des Herausgabeanspruchs an den Geschäftsherrn fallenden Vorteils dienten, abzuweichen. Vielmehr sollte entsprechend dem Leitgedanken der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag immer gewährleistet sein, daß derjenige, der wissentlich fremde Geschäfte als eigene behandelt, nicht besser steht als derjenige, der die Geschäfte in fremdnütziger Absicht führt. Hieraus folgt, daß auch § 687
348 So etwa BGH JZ 1991, 986, 990; Westermann-Pinger, § 33 III 1; Medicus, BR, Rdnr. 879, 884; H. Roth, JuS 1997, S. 1088. 349 Prot. 11, S. 742 = Mugdan 11, S. 1203 (Hervorh. vom Verf.). 350 Vgl. oben S. 250.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
Abs.2 S.2 BGB nicht der Rechtfertigung einer Gewinnbeteiligung des Geschäftsführers dienen kann.
6. Die sinngemäße Anwendung der bereicherungsrechtlichen Vorschriften
Zu der Frage, welche Beschränkungen sich aus der Verweisung auf das Bereicherungsrecht für den Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers ergeben, finden sich in der neueren Literatur durchweg nur äußerst knappe Bemerkungen. Man meint, mit der Erkenntnis, daß der Geschäftsführer nicht die durch die Geschäftsführung hervorgebrachten Vorteile, sondern nur Aufwendungsersatz beanspruchen könne, seien alle Zweifel beseitigt, und begnügt sich meist mit der Feststellung, der Geschäftsherr habe dem Geschäftsführer seine Aufwendungen "nach Bereicherungsrecht" zu ersetzen351 • Hingegen bemerkte schon F. Schulz352 , er könne nicht sehen, daß die Verweisung auf das Bereicherungsrecht ein erkennbares Maß für die zu erstattenden Ausgaben liefere, stellte dann aber immerhin zwei Auslegungsmöglichkeiten zur Diskussion. Auf eine Stellungnahme meinte F. Schulz aufgrund seiner These, daß das von ihm entwickelte System § 687 Abs. 2 BGB überflüssig mache, verzichten zu können. Obgleich die bis heute herrschende Meinung § 687 Abs. 2 BGB durchaus nicht für überflüssig hält, steht die von F. Schulz aufgeworfene Frage nach wie vor im Raum. Es wurden zwar weitere, von F. Schulz nicht erwähnte Auslegungsmöglichkeiten vertreten, jedoch durchweg ohne Auseinandersetzung mit abweichenden Stellungnahmen. Erkennt man an, daß für die bereicherungsrechtJiche Beschränkung des Aufwendungsersatzanspruchs des Geschäftsführers insoweit, als der Geschäftsherr sich den durch die Aufwendungen erzielten Erfolg im Wege seines Herausgabeanspruchs aneignet, gar kein zwingender Grund besteht, so könnte man erwägen, die Vorschrift vollständig im Sinne der oben 353 wiedergegebenen Auffassung v. Monroys zu korrigieren, den Geschäftsführer also nur, soweit der Geschäftsherr keine Rechte aus § 687 Abs. 2 S. I BGB geltend macht, auf den Bereicherungsanspruch zu verweisen, ihm aber gegenüber dem Herausgabeanspruch des Geschäftsherm einen regulären Aufwendungsersatzanspruch zuzusprechen. Dies sollte als "ultima ratio" allerdings erst dann in Betracht kommen, wenn selbst eine sachgerechte sinngemäße Anwendung der Vorschriften des Bereicherungsrechts auf den Aufwendungsersatzanspruch des Geschäfts-
351 V gl. etwa Erman-Ehmann. § 687 Rdnr. 16: Ilenssler. JuS 1991. S. 929: lIfartil1ek! Theobald, JuS 1997. S.616: lIfediclIs, SR. Rdnr.419: Schlechtrielll. Schu1dR BT. Rdnr. 634: Köbl, S. 194 1'.: ehen, S. 115: TlIlIIIl, S. 22. 352 AcP Sd. 105 (1909). S. 470. m S. 255.
VII. Der Gegenanspruch des Geschäftsflihrers
273
ftihrers nicht erkennbar wäre. Im folgenden sollen daher die verschiedenen denkbaren Auslegungsmöglichkeiten dargestellt und überprüft werden. Nach einer vereinzelt vertretenen Auffassung soll die Bedeutung der Verweisung auf das Bereicherungsrecht darin zu sehen sein, daß der Aufwendungsersatzanspruch durch den Wert des Gegenstandes begrenzt wird, den der Geschäftsherr vom Geschäftsfiihrer nach § 687 Abs. 2 S. 1 BGB herausverlangen kann 354 • Hiergegen ließe sich schon einwenden, daß der Geschäftsherr vor einem den Wert des herauszugebenden Gegenstands übersteigenden Aufwendungsersatzanspruch bereits anderweitig geschützt ist. Denn der Geschäftsherr könnte, da der Gegenanspruch des Geschäftsfiihrers erst mit der Geltendmachung des Herausgabeanspruchs durch den Geschäftsherrn zur Entstehung gelangt, einen seinen Anspruch übersteigenden Gegenanspruch des Geschäftsfiihrers schon dadurch abwenden, daß er - ggf. nach erfolgter Auskunft und Rechnungslegung durch den Geschäftsftihrer - die Geltendmachung seines Anspruchs unterließe 355 . Der entscheidendere Einwand besteht jedoch darin, daß die Beschränkung des Aufwendungsersatzanspruchs auf den Wert des vom Geschäftsherrn herausverlangten Gegenstandes dem Sinn der Verweisung auf das Bereicherungsrecht nur unzureichend gerecht wird, da bei der zur Feststellung der Bereicherung des Geschäftsherrn erforderlichen Saldierung von Vor- und Nachteilen auch der Schaden berücksichtigt werden muß, der dem Geschäftsherrn unmittelbar durch die Geschäftsftihrung entstanden ist, also etwa der Eigentumsverlust beim Verkauf einer fremden Sache an einen gutgläubigen Erwerber356 .
354 So Bertrams. S. 48: wohl auch die erste von F. Schub. AcP Bd. 105 (1909), S. 470 erwogene Deutung. 355 In der Regel ist auch durch den Schadensersatzanspruch aus § 678 BGB sichergestellt. daß der Aufwendungsersatzanspruch nicht den Wert des Herausgabeanspruchs übersteigt. Etwas anderes kann aber ausnahmsweise dann gelten, wenn der Geschäftsflihrer ipso gestu eine Bereicherung des Geschäftsherrn herbeigeflihrt hat, die den Schadensersatzanspruch im Wege der Vorteilsausgleichung reduziert. 356 Vgl. dazu auch das Beispiel von Niederländer, S. 122 Fn. 38: Der Geschäftsflihrer zieht eine fremde Forderung ein. hat hierflir Aufwendungen in geringer Höhe und verliert die Hälfte des Geldes. Niederländer meint, die Beschränkung der actio contraria auf die Bereicherung des Geschäftsherrn könne dem Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsflihrers nicht entgegenstehen: die Bereicherungshaftung des Geschäftsherrn in D. 3. 5. 5. 5 erflille ihren Zweck daher nicht. Richtigerweise bedarf jedoch der Geschäftsherr des Schutzes durch die bereicherungsrechtliche Beschränkung des Aufwendungsersatzanspruchs hier allenfalls dann. wenn die Einziehung der Forderung durch den Geschäftsflihrer den Bestand oder die Durchsetzbarkeit der Forderung berührt. In diesem Fall erflillt die Beschränkung der Haftung auf die Bereicherung des Geschäftsherrn aber auch durchaus ihren Zweck. vorausgesetzt. man bezieht bei der Feststellung der Bereicherung auch den durch die Geschäftsflihrung entstandenen Schaden des Geschäftsherrn ein.
18 Et.:n
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
Abzulehnen ist auch die verbreitete Auffassung, der Anspruch sei auf den Betrag zu beschränken, den der Geschäftsherr selbst hätte aufwenden müssen 357 • Unklar ist schon, welche hypothetischen Handlungen des Geschäftsherrn hier als Vergleichsmaßstab dienen sollen. In Betracht kommt wohl nur die Führung des dem Geschäftsherrn zugewiesenen Geschäfts im abstrakten Sinne unter Einsatz ausschließlich eigener Güter des Geschäftsherrn. Dieser Vergleichsmaßstab bereitet aber zum einen dann erhebliche Schwierigkeiten, wenn lediglich unselbständige Rechtspositionen (Zustimmungsvorbehalte) verletzt werden. Er versagt zum andern dann, wenn der Geschäftsherr zur Geschäftsführung aus tatsächlichen Gründen nicht in der Lage war. Aus ähnlichen Gründen ist auch die Ansicht abzulehnen, daß der Geschäftsherr nur insoweit Aufwendungsersatz zu leisten habe, als dadurch der herauszugebende Betrag nicht geringer ausfallt als der Gewinn, den der Geschäftsherr selbst erzielt hätte 358 • Denn darauf, ob der Geschäftsherr bei Unterbleiben der Geschäftsflihrung entsprechende gewinnbringende Geschäfte selbst getätigt hätte, kann es nicht ankommen. Schon eher diskutabel erscheint es, die Funktion der Verweisung auf das Bereicherungsrecht darin zu sehen, daß der Aufwendungsersatzanspruch auf die Differenz zwischen dem Wert der dem Geschäftsherrn (über den Anspruch aus § 667 BGB) zugeflossenen Vorteile und den durch die Geschäftsführung herbeigeflihrten Vermögenseinbußen des Geschäftsherrn (also etwa dem Verlust der vom Geschäftsführer veräußerten Sache) beschränkt wird 359 • Diese Auslegung wird (anders als die erste hier diskutierte Auffassung) insofern dem Sinn der Verweisung auf das Bereicherungsrecht gerecht, als sie es ausschließt, daß der Geschäftsherr aufgrund des Gegenanspruchs des Geschäftsführers im Ergebnis schlechter gestellt wird, als wenn die Geschäftsflihrung unterblieben wäre. Allerdings hat auch nach dieser Auslegung die bereicherungsrechtliche Beschränkung des Aufwendungsersatzes genau genommen keine eigenständige Funktion, da schon durch den Schadensersatzanspruch aus § 678 BGB sichergestellt ist, daß der Geschäftsherr im Ergebnis infolge der Geschäftsführung keinen Nachteil erleidet. Schwerer wiegt jedoch, daß der Geschäftsführer entgegen dem Grundgedanken des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB besser gestellt werden könnte als bei Anwendung des § 683 BGB. Dies zeigt folgendes Beispiel: A
357 So die zweite von F. Schulz, AcP Bd. 105 (1909), S. 470 erwogene Deutung; ebenso Staudinger-Wittmann, § 687 Rdnr. 15; ReuterlMartinek, S. 539; Freese, S.27; Klien, S. 33; Lischer, S. 92, 99, 104 f.; Holenstein, S. 179. 358 So Chrestin, S. 69. 359 Dies ist wohl mit der Formel gemeint, der Anspruch sei auf Aufwendungsersatz bis zur Höhe der Bereicherung des Geschäftsherrn gerichtet; so etwa Larenz, SchuldR I1/1, § 5711 b; EsserlWeyers, § 46 IV 2 b; Müller, SchuldR BT, Rdnr. 1958; J. Reimer, S.138.
VII. Der Gegenanspruch des Geschäftsführers
275
hat eine von B geliehene Sache im Wert von 100 DM für 150 DM an den gutgläubigen C veräußert und hierbei vermeidbare Kosten im Wert von 30 DM verursacht. Obgleich sich selbst bei Abzug der entstandenen Kosten für B noch ein Nettogewinn von 20 DM ergäbe, muß A der Abzug der Kosten verwehrt sein, da auch ein redlicher Geschäftsführer für sie nach §§ 683, 670 BGB keinen Ersatz verlangen könnte. Die zuletzt genannte Auslegung bedarf daher der Ergänzung dahingehend, daß der Geschäftsführer seine Aufwendungen nur insoweit ersetzt verlangen kann, als sie "erfolgreich" waren, also zu einer mindestens dem Aufwendungsbetrag entsprechenden Bereicherung des Geschäftsherrn geführt haben 360 . Hierbei sind allerdings nochmals zwei verschiedene Sichtweisen denkbar: Entweder wird gefragt, ob die einzelne Aufwendung erfolgreich war (Einzeibetrachtung), oder es wird gefragt, ob die Aufwendungen insgesamt zu einem Gewinn bzw. einer Gewinnsteigerung geführt haben (Gesamtbetrachtung). Aufgrund der Ratio der §§ 687 Abs. 2 S. 2, 684 S. 1 BGB, die den Anspruch des Geschäftsführers gegenüber dem Aufwendungsersatzanspruch des redlichen Fremdgeschäftsführers beschränken, aber keinesfalls erweitern sollen, ist die Einzelbetrachtung vorzuziehen. Denn bei Anwendung der Gesamtbetrachtung könnte der Geschäftsführer wiederum u. U. für Aufwendungen Ersatz verlangen, die er als redlicher Fremdgeschäftsführer selbst tragen müßte, wie folgendes Beispiel verdeutlicht: Der Geschäftsführer hat einen Bruttoertrag von 300 DM erzielt, dem zwei Aufwendungsposten in Höhe von jeweils 100 DM gegenüberstehen. Während die eine Aufwendung den Bruttoertrag um 200 DM steigerte, war die andere Aufwendung vorhersehbar erfolglos. Ein redlicher Geschäftsführer könnte hier gemäß §§ 683, 670 BGB nur Aufwendungsersatz in Höhe von 100 DM fordern. Besser darf der Geschäftsführer auch nach § 687 Abs. 2 S. 2 BGB nicht stehen. Eine weitere Frage ist die, welche Konsequenzen sich aus der Verweisung auf das Bereicherungsrecht für die Beweislastverteilung ergeben. Unzweifelhaft ist, daß der Geschäftsführer wie bei einer redlichen Fremdgeschäftsführung seine Aufwendungen beweisen muß. Darüber hinaus ist dem Geschäftsführer jedoch auch die Beweislast hinsichtlich des gewinnsteigernden Erfolgs der Aufwendung aufzuerlegen 361 . Denn der Geschäftsherr ist durch erfolglose
360 Vgl. Staudinger-Wittmann. § 687 Rdnr. 20; MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr. 11; Erman-Ehmann, § 687 Rdnr. 16; Schlechtriem, SchuldR BT, Rdnr. 634; Fikentscher, SchuldR. Rdnr.946; Wal/schläger. JA 1979. S. 185; Krumm, S. 29 f. Fn.45; Kaiser. Nutzungsherausgabe, S. 49; ders .. GRUR 1988, S. 504; Schmid, OR, Art. 423 Rdnr.117. 361 So auch v. der Osten. GRUR 1998, S. 287 f.; a. A. offenbar Staudinger-Wittmann, § 687 Rdnr. 23. dem zufolge der Geschäftsführer seine Aufwendungen. der Geschäftsherr seine fehlende Bereicherung beweisen muß.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
Aufwendungen nicht nur nicht bereichert, sondern hat durch sie auch nichts im Sinne des § 812 BGB "erlangt". Der durch die Aufwendung erzielte Erfolg ist daher ein anspruchsbegründendes Tatbestandselement des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB. Die praktische Bedeutung der Beschränkung des Aufwendungsersatzanspruchs nach § 687 Abs. 2 S. 2 BGB gegenüber dem Aufwendungsersatzanspruch des berechtigten Fremdgeschäftsfuhrers ist, auch wenn man der hier vorgeschlagenen Auslegung folgt, als sehr gering einzuschätzen. Da der Geschäftsfuhrer nach § 683 BGB nur fur solche Aufwendungen Ersatz erhält, die er für erforderlich halten durfte, hat er auch hier erfolglose Aufwendungen im allgemeinen selbst zu tragen 362 . Der Unterschied zwischen dem Anspruch aus § 684 S. 1 bzw. § 687 Abs. 2 S. 2 BGB und dem Anspruch aus § 683 BGB wird insofern mit der Formulierung, der unberechtigte Geschäftsführer könne keinen Ersatz fur erfolglose Aufwendungen verlangen, nur sehr ungenau gekennzeichnet. Ein Unterschied ergibt sich in Wirklichkeit lediglich in Fällen unvorhersehbar erfolgloser Aufwendungen. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 687 Abs. 2 BGB hat dieser Unterschied aber nie eine Rolle gespielt. Ein praktisch durchaus wichtiger Vorteil, den der Aufwendungsersatzanspruch des § 683 BGB dem Geschäftsfuhrer gegenüber bloßen Bereicherungsansprüchen verschafft, ergibt sich zwar daraus, daß der Aufwendungsersatzanspruch auf typischerweise mit der Geschäftsführung verbundene Schäden ausgedehnt wird. Dies hat jedoch Bedeutung hauptsächlich für die Fälle der Hilfeleistung bei Unglücksfällen, kaum jedoch für die für § 687 Abs. 2 BGB typische Tätigkeit in Vermögensangelegenheiten. Insgesamt kann die Verweisung des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB auf das Bereicherungsrecht demnach nur als gesetzgeberischer Fehlgriff angesehen werden. Der wirklich erforderliche Schutz des Geschäftsherm ist bereits durch die Abhängigkeit des Aufwendungsersatzanspruchs von der Geltendmachung des Herausgabeanspruchs durch den Geschäftsherm sowie durch die Schadensersatzansprüche wegen Übernahme- und Ausführungsverschuldens gewährleistet. Hiervon ging auch noch § 243 S. I des Vorentwurfs zum Recht der Schuldverhältnisse, der selbst für die wissentliche Eigengeschäftsführung im Falle der Genehmigung der Geschäftsführung durch den Geschäftsherm einen regulären Aufwendungsersatzanspruch vorsah, als selbstverständlich aus. Bei der Aufnahme des späteren § 687 Abs. 2 BGB durch die zweite Kommission hätte man gut daran getan, in diesem Punkt die Regelung des Vorentwurfs zu übernehmen. Dann wäre nicht nur das Mißverständnis ausgeschlossen gewesen, § 687
362 Wal/schläger. GoA. S. 216 nennt als einziges Urteil. in dem einem auftragslosen Geschäftsführer zu Recht wegen erfolgloser Verwendungen Ersatz zugesprochen wurde, OLG Königsberg HRR 1939. Nr. 485.
VII. Der Gegenanspruch des Geschäftsführers
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Abs. 2 S. 2 BGB stehe bei einer ipso gestu eingetretenen Bereicherung des Geschäftsherm einer Aufwendungskondiktion des Geschäftsfiihrers entgegen, sondern auch die Deutung, der Geschäftsfiihrer könne bei Geltendmachung des Herausgabeanspruchs durch den Geschäftsherm die auf seinen Aufwendungen beruhenden Gewinnanteile beanspruchen. Wäre der Geschäftsfiihrer tatsächlich, wie dies die bereicherungsrechtliche Ausgestaltung seines Anspruchs nahelegt, an dem durch die Geschäftsführung erzielten Gewinn zu beteiligen, so würde der Geschäftsfiihrer gegenüber dem Aufwendungsersatzanspruch aus § 683 BGB zwar nur in praktisch fast bedeutungslosen Konstellationen schlechter, in den praktisch bedeutsamen Fällen, in denen der Geschäftsfiihrer zugleich mit dem fremden auch eigene Rechtsgüter zur Gewinnerzielung einsetzt, aber oft deutlich besser gestellt, in diametralem Gegensatz zu den Intentionen der Gesetzesverfasser. Bei der Auslegung des § 687 Abs.2 S.2 BGB kommt es daher entscheidend darauf an, die hinter der mißglückten Gesetzesfassung stehende richtige Wertung im Auge zu behalten, daß der Geschäftsfiihrer zwar in der einen oder anderen Beziehung schlechter, aber keinesfalls besser gestellt werden darf als ein redlicher Fremdgeschäftsführer363 .
7. Die erstattungsfähigen Aufwendungen
a) Die Frage der Entschädigung des Geschäftsführersfür eingesetzte Arbeitskraft und entgangenen Gewinn Zu klären bleibt, was im einzelnen unter den im Rahmen des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB erstattungsfähigen "Aufwendungen" zu verstehen ist. Es besteht weitgehend Einigkeit darüber, daß der Begriff der Aufwendung selbst dort, wo er im Gesetz erscheint, keine feststehende Bedeutung hat, sondern sein Inhalt gemäß dem Sinn und Zweck der jeweiligen Norm ermittelt werden muß364. Dies gilt sogar im Verhältnis zweier systematisch so nah beieinander liegender Rechtsinstitute wie des Auftrags und der Geschäftsführung ohne Auftrag. Hier soll trotz der ausdrücklichen Verweisung des § 683 BGB auf den Aufwendungsersatzanspruch des Beauftragten nach ganz überwiegender Ansicht der Begriff der Aufwendung hinsichtlich 'der Berücksichtigung der Arbeitsleistung des Geschäftsfiihrers eine unterschiedliche Bedeutung haben. Es liegt auf der Hand, daß erst recht bei § 687 Abs. 2 S. 2 BGB nicht ohne weiteres der Begriff der Aufwendung im Sinne des Rechts der Geschäftsführung ohne Auftrag oder des Auftragsrechts übernommen werden kann, weniger
363 In diesem Sinne auch Gal/tschi. OR. Art. 423 Anm. 9 c; Schmid, OR, Art. 423 Rdnr. 119. 364 BGHZ 59. 328. 330; Stal/dinger-Selh. § 256 Rdnr. 4; Köhler. JZ 1985, S. 359.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
deshalb, weil die §§ 687 Abs. 2 S. 2, 684 S. 1 BGB den Begriff der Aufwendung explizit gar nicht erwähnen, als deshalb, weil der im Verhältnis zur fremdnützigen Geschäftsführung entgegengesetzten Zielsetzung des Geschäftsführers Rechnung getragen werden muß. So scheidet für § 687 Abs. 2 S. 2 BGB von vornherein die gebräuchliche Definition der Aufwendung als freiwilliges Vermögensopfer für die Interessen eines andern 365 aus. Als Ausgangsbasis kann dagegen die allgemeinere Definition als freiwilliges, zweckgerichtetes Vermögensopfer366 dienen. Wenn sich im Bereich der §§ 670, 683 BGB diese Definition insofern noch als zu eng erweist, als hier die Erstreckung des Aufwendungsbegriffs auf gewisse typische Schäden für erforderlich gehalten wird, so wird dieser Gesichtspunkt bei § 687 Abs. 2 S. 2 BGB kaum einmal Bedeutung erlangen, da zum einen (unfreiwillige) Schäden im Rahmen der Geschäftsführung bei § 687 Abs. 2 BGB der Natur des Tatbestandes entsprechend nur selten vorkommen, zum andern ihre Berücksichtigung regelmäßig schon durch die Beschränkung des Anspruchs auf gewinnsteigernde Aufwendungen ausgeschlossen ist. Um so bedeutsamer ist bei § 687 Abs. 2 BGB die Frage, ob zu den erstattungstahigen Aufwendungen des Geschäftsführers auch seine Arbeitsleistung zu zählen ist. Im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 670 BGB ist dies bekanntlich schon aufgrund der Unentgeltlichkeit des Auftrags gemäß § 662 BGB zu verneinen. Nach einer Mindermeinung soll auch im Rahmen der Verweisung des § 683 BGB nichts anderes gelten 367 . Die herrschende Meinung bejaht dagegen einen Vergütungsanspruch des auftragslosen Geschäftsführers insoweit, als es sich um eine berufseinschlägige Tätigkeit handelt 368 • Eine in der Literatur verbreitete Auffassung will dem Geschäftsführer ganz allgemein eine marktübliche Vergütung für die geleisteten Dienste zusprechen 369, zumindest wenn die Übernahme der Geschäftsführung nur gegen Vergütung zu erwarten war370 . Nach teilweise vertretener Ansicht soll auch der Anspruch des
365 Vgl. BGHZ 59, 328, 329 f.; Staudinger-Selb, § 256 Rdnr. 4; Erman-Kuckuk, § 256 Rdnr. I; Seiler, FS Hübner. S. 240. • 366 Vgl. die Nachw. oben S. 268 Fn. 339. 367 So Melul/is. S. 10 ff.; ähnlich Erman-Ehmann. § 683 Rdnr. 8. der der Tendenz entgegentritt. altruistische Tätigkeiten zu vermarkten. 368 BGHZ 65. 384. 390; BGH NJW 1971. 609. 612; Soergel-Mühl. § 683 Rdnr.6; Staudinger-Wittmann. § 683 Rdnr. 3; Heck. S. 359: Larenz. SchuldR 1111, § 57 [ b; Medicus. BR. Rdnr. 430. 369 Fikentscher. SchuldR. Rdnr. 936: EsserlWeyers. § 46 J\ 4 c. 370 So schon Lent. Wille und Interesse. S. 102 ff.: ebenso MünchKomm-Seiler, § 683 Rdnr. 25: Wol/schläger. GoA. S. 311 ff.: lViiburg. AcP Bd. 163 (1964). S. 364; Köhler, JZ 1985. S. 363 ff.
VII. Der Gegenanspruch des Geschäftsführers
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Geschäftsführers aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB eine angemessene Vergütung für seine Tätigkeit beinhalten371 • Im Grundsatz muß davon ausgegangen werden, daß der vom BGB vorausgesetzte Begriff der Aufwendung die Arbeitsleistung nicht erfaßtm . Denn die Arbeitsleistung unterscheidet sich von der Verauslagung eines Geldbetrags als dem Normalfall einer Aufwendung (vgl. § 256 BGB) in entscheidender Weise dadurch, daß sie kein Vermögensopjer darstellt. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die Arbeitskraft zweifellos Vermögenswert hat m . Denn anders als die Aufwendung von Geld oder Sachen berührt der Einsatz von Arbeitskraft als solcher den Vermögensstand des Handelnden nicht. Die Arbeitskraft ist kein Rechtsgut, das, vergleichbar den zum Zwecke der Geschäftsführung aufgewandten Geldbeträgen oder Sachen, vor der Geschäftsführung im Vermögen des Geschäftsführers vorhanden ist und im Wege der Geschäftsführung aus diesem ausscheidet. Sie ist vielmehr vergleichbar mit den Rechtsgütern, die bei der Geschäftsführung zwar ge-, aber nicht verbraucht werden, wie etwa einem zur Geschäftsführung verwendeten eigenen Patent des Geschäftsführers, aber auch bloßem Know-how oder geschäftlichen Verbindungen. Darüber, daß der Einsatz derartiger Rechtsgüter, obgleich sie ebenso wie die Arbeitskraft Vermögenswert haben, kein Vermögensopjer darstellt und somit den Begriff der Aufwendung nicht erfüllt, scheint aber wenigstens stillschweigender Konsens zu bestehen 374 . Daß die Gesetzesverfasser den Aufwendungsbegriff grundsätzlich nicht auf Arbeitsleistungen erstrecken wollten, ergibt sich zudem aus § 1835 Abs.3 BGB. Dieser Vorschrift läßt sich nicht nur zweifelsfrei entnehmen, daß nicht berufseinschlägige Dienste nicht vom Aufwendungsersatz erfaßt sind. Die
371 So MünchKomm-Seiier. § 687 Rdnr. 16; Bertrams, S. 50 f, 91; Franke, S. 53 f; Jagmann, S. 195 f.; a. A. Kahler. ArchBürgR Bd. 35 (1910). S. 10 I f; v. Caemmerer, FS Rabel L S. 385 Fn.200; v. Bargen. S. 19; Freese. S. 27; wohl auch Wilburg, AcP Bd. 163 (1964). S. 351; offen RGZ 138.45.51. m So auch Melullis. S. 11 ff.; a. A. Staudinger-Selb. § 256 Rdnr. 4; Esser/Weyers, § 46 II 4 c; Seiler. FS Hübner. S. 240; M. Wolf, AcP Bd. 166 (1966), S. 204 Fn. 60, der unter den Begriff der Verwendung "insbesondere" auch den Einsatz von Arbeitskraft subsumieren will. Nach BGHZ 59. 328. 330 soll die Auslegung der jeweiligen Anspruchsgrundlage darüber entscheiden. ob die Arbeitskraft unter den Aufwendungsbegriff falle; ähnlich Gernhuber, S. 596 ff m Mit dieser Begründung will Seiler. FS Hübner, S. 240 die Arbeitskraft unter den allgemeinen Aufwendungsbegriff subsumieren; ähnlich Esser/Weyers, § 46 11 4 c. 374 Anders allerdings für § 687 Abs. 2 S. 2 BGB Franke. S. 53 f., der im Rahmen dieses Anspruchs auch eingesetzte Erfindungen, Warenzeichen und Geschäftsverbindungen berücksichtigen wollte. Damit gelangte Franke auf der Grundlage des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB zu entsprechenden Ergebnissen. wie sie sich für die h. M. bereits durch die Verteilung des Erlöses auf Ertragsfaktoren im Rahmen der §§ 687 Abs. 2 S. I, 681 S. 2, 667 BGB ergeben.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
Formulierung, daß berufseinschlägige Dienste lediglich als Aufwendungen "gelten", während nach § 1835 Abs.2 BGB Aufwendungen auch bestimmte Versicherungskosten "sind", deutet auch darauf hin, daß selbst berufseinschlägige Dienste nicht unter den allgemeinen Begriff der Aufwendung fallen. Dieselbe Unterscheidung zwischen Aufwendungsersatz und Vergütung von Arbeitsleistungen liegt nun aber auch den Bestimmungen über die Ansprüche des Beauftragten und des Geschäftsführers ohne Auftrag zugrunde. Die Vergütungspflicht war noch in § 586 des ersten Entwurfs für den Beauftragten, in § 238 des Vorentwurfs auch für den Geschäftsführer ohne Auftrag ausdrücklich neben dem Aufwendungsersatzanspruch geregeltm. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens entfiel der Vergütungsanspruch für den Beauftragten wie für den Geschäftsführer ohne Auftrag 376 • Wenn man diese Gesetzeslage im Bereich der Geschäftsführung ohne Auftrag für korrigierungsbedürftig hält377 und die Arbeitsleistung dort nunmehr unter den Aufwendungsbegriff subsumieren will, so kann die Rechtfertigung hierfür nur in dem Ziel, den uneigennützigen Einsatz zu honorieren, gesehen werden. Denn die Hauptfunktion der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag ist die Ermutigung zur fremdnützigen Tätigkeit378 • Die Anerkennung eines Ersatzanspruchs für erbrachte Arbeitsleistungen liegt hier nicht nur im Interesse des Geschäftsführers, sondern
375 Im Vorentw. verwies auch die Vorschrift des § 243 S. I über die wissentliche und die gutgläubige Eigengeschäftsführung über § 242 Abs. 2 auf den gesamten § 238 und damit formal auch auf den Vergütungsanspruch. Inwieweit sich hieraus ein Vergütungsanspruch des unberechtigten Eigengeschäftsführers herleiten ließ, erscheint allerdings zweifelhaft, da der Geschäftsführer nach § 238 des Vorentw. nur "für Handlungen, wofür er sonst bezahlt zu werden pflegt", eine Vergütung verlangen konnte. 376 Zur Entstehungsgeschichte der Aufwendungsersatzregelung bei der Geschäftsführung ohne Auftrag ausf. Wollschläger, GoA, S. 314 ff.; Seiler, FS Hübner, S. 240 ff. 377 Nach Wollschläger, GoA, S. 314 f. handelt es sich schlicht um ein Redaktionsversehen. Seiler, FS Hübner, S. 239 ff. sieht diese Auffassung durch die Dokumentation der Gesetzgebungsgeschichte bei JakobslSchubert (SchuldR III, S. 69 ff., 142 ff.) bestätigt. Da in den Materialien jeder Hinweis auf den Willen der Gesetzesverfasser, die ursprünglich vorgesehene Entgeltlichkeit der Geschäftsführung ohne Auftrag abzuschaffen, fehle, sei offenbar übersehen worden, daß nach der Abschaffung der EntgeltIichkeit des Auftrags die Verweisung auf das Auftragsrecht bei der Geschäftsführung ohne Auftrag insoweit ins Leere ging. Gegen die Annahme eines Redaktionsversehens aber Wittmann, S. 28 Fn. 30a. 378 Zutr. Helm, Gutachten, S. 385 f. Dieser Gesichtspunkt muß besonders im Hinblick auf die zweifelhaft gewordene Berechtigung des gesamten Rechtsinstituts der Geschäftsführung ohne Auftrag im Verhältnis zu anderen Ausgleichsinstrumenten, v. a. dem Bereicherungsrecht (vgl. dazu etwa AK-Joerges, vor §§ 677 ff. Rdnr. 65 ff.; Wollschläger, GoA, passim, insbes. S. 76, 123 ff., 214 ff., 253 ff., 324), betont werden. Nur eine deutliche Besserstellung des Geschäftsführers gegenüber den aus anderen Gründen bestehenden Ansprüchen kann die Berechtigung einer eigenständigen Ausgleichsregelung für die Geschäftsführung ohne Auftrag begründen. Dazu auch unten S. 362 f. Fn.340.
VII. Der Gegenanspruch des Geschäftsführers
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mittelbar auch im Interesse des Geschäftsherrn, indem die Bereitschaft zur fremdnützigen Tätigkeit gefördert wird. Auch die Vergleichbarkeit mit dem Fall des § 1835 Abs.3 BGB spricht für die Erstreckung des Ersatzanspruchs des redlichen Fremdgeschäftsführers auf eine Vergütung zumindest für berufseinschlägige Arbeitsleistungen. Die Auffassung, die eine Vergütungspflicht des Geschäftsherrn bei der Geschäftsführung ohne Auftrag stets unter der Voraussetzung anerkennen will, daß die Tätigkeit üblicherweise nur gegen Entgelt vorgenommen würde, läßt sich mit dem Gedanken rechtfertigen, daß das Ziel der Anwendung der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag sein müsse, die Beteiligten so zu stellen, wie wenn die Gelegenheit zum Vertragsschluß bestanden hätte 379 • Schließlich kann zur Rechtfertigung eines Vergütungsanspruchs des redlichen Fremdgeschäftsführers auf die Parallele zum Finderlohn (§ 971 BGB) verwiesen werden 380 • Alle diese Gesichtspunkte können bei § 687 Abs. 2 BGB keine Rolle spielen 381 • Hier ist vielmehr im Gegenteil der Ausschluß jedes Ersatzanspruchs für die im Rahmen der Geschäftsanmaßung erbrachte Arbeitsleistung vom Zweck der Vorschrift her geboten. Denn andernfalls würde man, wie Krumm 382 zu Recht hervorhebt, dem böswilligen Geschäftsführer "von Rechts wegen einen Absatzmarkt für seine Leistungen und damit einen Verdienst verschaffen". Dies widerspräche dem Grundsatz, daß sich wenigstens wissentlich begangenes Unrecht nicht lohnen soll383. Auch würde bei Anerkennung einer Vergütung für die Arbeitsleistung des Geschäftsführers die von der zweiten Kommission 384
379 So schon Lent, Wille und Interesse, S. 102 ff. Vgl. auch Köhler, JZ 1985, S. 362: "Es läge weder im Interesse der Beteiligten noch der Allgemeinheit, wenn mangels Gelegenheit zu einem Vertragsschluß notwendige oder nützliche Maßnahmen unterbleiben müßten". 380 Köhler, JZ 1985, S. 364. 381 Vgl. Krumm, S. 220 f. 382 S. 221. 383 Krumm, S. 220 ff. Vgl. auch schon Kohler, Hdb., S. 572 f. und ArchBürgR Bd. 35 (1910), S. 101 f.: Das rechtswidrige Verhalten verdient kein Honorar. - Nach Haines, S. 134 sollen auch bei der Bemessung des Bereicherungsanspruchs Eigenleistungen des Eingreifers, die nicht zu einer Vermögensminderung beim Eingreifer führen, unberücksichtigt bleiben, da sich andernfalls ein Einkommensloser durch rechtswidrige Eingriffe ein Einkommen verschaffen könne. Außerhalb des Bereichs vorsätzlicher Eingriffe verliert dieses Argument aber beträchtlich an Überzeugungskraft. Zu Recht wollte daher bereits Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 126 ff. die Arbeitsleistung des Eingreifers als anspruchsmindernden eigenen Ertragsfaktor berücksichtigen. - Vgl. zu der Frage auch unter dem Gesichtspunkt der aufgedrängten Bereicherung Larenz/Canaris, § 72 IV 2 b: Von dem Grundsatz, daß jedenfalls eine vom Empfänger realisierte aufgedrängte Bereicherung zum Ausgleich verpflichte, sei eine Ausnahme zu machen, wenn die bereichernde Tätigkeit von vornherein zum Zweck der Erlangung einer Vergütung erfolgte. 384 Prot. Ir, S. 742 f. = Mugdan Ir, S. 1203.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
hervorgehobene Gewinnabschöpfungsfunktion des § 687 Abs. 2 BGB in entscheidender Weise relativiert. So ist zweifelhaft, ob etwa im klassischen Fall der Veräußerung fremder Sachen ein den Wertersatz übersteigender Gewinnherausgabeanspruch überhaupt noch praktische Bedeutung haben könnte, wenn man dem Veräußerer für seine eingesetzte Arbeitskraft eine Vergütung zuspräche. Denn für die erforderliche Bestimmung des Wertes der aufgewandten Arbeitskraft dürfte es in aller Regel keinen zuverlässigeren Anhaltspunkt geben als eben den Gewinn, der aus dem Geschäft gezogen wurde. Auch wenn man demnach richtigerweise in der Arbeitsleistung als solcher im Rahmen des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB keine erstattungsfahige Aufwendung sieht, könnte ein den Aufwendungsersatzanspruch begründendes Vermögensopfer doch möglicherweise darin liegen, daß der Geschäftsführer infolge seiner rechtswidrigen Tätigkeit andere rechtmäßig realisierbare Erwerbschancen ungenutzt gelassen hat385 . Es stellt sich hier demnach dieselbe Frage, die besser aus dem Schadensersatzrecht bekannt ist: Ist die Vermögenslage vor mit derjenigen nach dem anspruchsbegründenden Ereignis zu vergleichen, oder die durch das anspruchsbegründende Ereignis entstandene Vermögenslage mit der hypothetischen, die zum selben Zeitpunkt ohne das anspruchsbegründende Ereignis bestünde? Wie im Schadensersatzrecht wird auch bei der Frage des Aufwendungsersatzes nur eine differenzierende Anwendung der bei den Methoden allen Fallgestaltungen gerecht werden können. Begrifflich ist es sicher nicht zwingend, aber auch nicht ausgeschlossen, einen entgangenen Gewinn im Sinne des § 252 BGB als "Aufwendung" anzusehen. Die gesetzliche Regelung der §§ 256 f. BGB enthält allerdings keinen Anhaltspunkt dafür, daß auch beim Aufwendungsersatz die "Differenzhypothese" der §§ 249 S. 1,252 BGB anzuwenden sei. Sie scheint vielmehr davon auszugehen, daß der Gläubiger des Aufwendungsersatzanspruchs bereits vorhandene Geldmittel oder sonstige Gegenstände aufgeopfert hat oder Verbindlichkeiten eingegangen ist. Aufwendungsersatz bedeutet hiernach: Erstattung des verauslagten Geldbetrags oder des Werts des aufgeopferten Gegenstands oder Befreiung von der Verbindlichkeit. Doch kann durchaus auch ein weiteres Verständnis des Aufwendungsersatzanspruchs geboten sein, wie etwa im Bereich der Geschäftsführung ohne Auftrag. Wenn der uneigennützige Geschäftsführer, um das fremde Geschäft führen zu können, auf die Führung eines eigenen gewinn-
385 Krumm, S. 221 f. lehnt dies u. a. mit der Begründung ab, daß der entgangene Gewinn zu keiner Bereicherung des Verletzten fUhre, da er keine Voraussetzung fUr die Erzielung des herauszugebenden Erlöses bilde. Diese Begründung erscheint zweifelhaft und wird jedenfalls den Fällen nicht gerecht. in denen der unterlassene Erwerb nicht nachholbar ist. Hier ist kaum zu bestreiten, daß das Unterbleiben des anderweitigen Erwerbs Voraussetzung fUr die Erzielung des Erlöses ist und somit auch zu einer Bereicherung des Verletzten fUhrt.
VII. Der Gegenanspruch des Geschäftsführers
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bringenden Geschäfts verzichten muß, wird man eine Verpflichtung des Geschäftsherrn, dem Geschäftsfiihrer den hierdurch entstandenen Nachteil zu ersetzen, durchaus anerkennen müssen, selbst wenn man die Arbeitsleistung als solche nicht als Aufwendung ansehen wollte 386 • Denn sollen die Vorschriften über die Geschäftsfiihrung ohne Auftrag ihrer Hauptfunktion, zu fremdnütziger Tätigkeit zu ermutigen, gerecht werden, so muß die Anwendung des § 683 BGB zumindest gewährleisten, daß die dem Interesse des Geschäftsherrn entsprechende uneigennützige Geschäftsfiihrung für den Geschäftsfiihrer keine wirtschaftlichen Nachteile mit sich bringen kann. Auch die Einbeziehung gewisser Schäden in den Aufwendungsbegriff ist Ausdruck dieses Prinzips. Bei § 687 Abs.2 BGB ist die Interessenlage aber geradezu entgegengesetzt387 • Die eigennützige Führung fremder Geschäfte soll nicht gefördert, sondern möglichst verhindert werden. Der Aufwendungsersatzanspruch muß daher hier möglichst restriktiv ausgestaltet werden. Den Interessen des bösgläubigen Eingreifers ist im gebotenen Maße Rechnung getragen, wenn er fiir den durch die rechtsverletzende Tätigkeit bedingten Verlust bereits bestehender Rechtsgüter im Rahmen der Bereicherung des Verletzten Ersatz erhält. Nicht gerechtfertigt wäre es, ihm Ersatz fiir Gewinnmöglichkeiten zu gewähren, die er erst durch eigenes rechtmäßiges Handeln hätte realisieren müssen 388 . Denn auf diese Weise würde man im Ergebnis ähnlich wie bei der oben 389 abgelehnten Anwendung der Ertragsfaktorenrechnung den bösgläubigen Eingreifer oftmals an dem aus der rechtswidrigen Tätigkeit gezogenen Gewinn beteiligen und müßte darüber hinaus u. U. sogar den vollen Gewinn dem Eingreifer belassen, wenn dieser nachweist, daß er den Gewinn auch rechtmäßig hätte erzielen können. Es wäre demnach - wenigstens unter rein privatrechtlichem Gesichtspunkt be-
386 So auch die ganz h. M., die davon ausgeht, daß bei der Geschäftsführung ohne Auftrag entgangener Verdienst stets zum Aufwendungsersatz verpflichte; vgl. BGHZ 33, 251, 257; Soergel-Mühl, § 683 Rdnr. 6; EsserlWeyers, § 46 11 4 c; Lent, Wille und Interesse, S. 101 f.; Helm, Gutachten, S. 375; Melullis, S. 11 f., 14,21 f. 387 Wie allgemein bei der Ausgestaltung der Gewinnhaftung des bösgläubigen Eingreifers liegt es auch hinsichtlich der Berücksichtigung hypothetischer Erwerbsmöglichkeiten nahe, sich an den im Rahmen des strafrechtlichen Verfalls sowie des § 17 Abs. 4 OWiG praktizierten Grundsätzen zu orientieren. Bei § 17 Abs. 4 OWiG lehnt die h. M. die Berücksichtigung hypothetischer Gewinnmöglichkeiten ab (vgl. Günlert, S. 47 f. m. w. Nachw.). Nach dem Übergang vom Netto- zum Bruttoprinzip in § 73 StGB n. F. (vgl. oben S. 72 Fn. 144) kann auch hier eine Berücksichtigung hypothetischer Gewinnmöglichkeiten nicht mehr in Betracht kommen (für § 73 StGB a. F. a. A. Güntert, S. 48 im Hinblick auf die Verschuldensunabhängigkeit des Verfalls): 388 Widersprüchlich insoweit Krumm, der einerseits (S. 221 f.) im Rahmen des § 687 Abs. 2 BGB allgemein dem Geschäftsführer die Berufung auf entgangenen Gewinn versagen will, andererseits (S. 227) bei der unberechtigten Untervermietung eine erstattungsfähige Aufwendung annimmt, wenn der Mieter wegen der Untervermietung an gewinnbringender anderweitiger Nutzung gehindert war (dazu näher unten S. 485). 389 S. 195 ff.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
trachtet - möglich, mit der planmäßigen Ausbeutung fremder Rechtsgüter seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Die dem Geschäftsführer durch seine unerlaubte Tätigkeit entgangene Möglichkeit, einen anderweitigen Gewinn zu erzielen, muß daher bei der Anwendung des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB unberücksichtigt bleiben390 • Daß die Nichtberücksichtigung der Arbeitsleistung und anderweitiger Erwerbsmöglichkeiten bei der Bemessung des Aufwendungsersatzes den Geschäftsführer insbesondere bei einer über einen längeren Zeitraum fortgesetzten rechtsverletzenden Tätigkeit hart treffen kann, ist angesichts der fehlenden Schutzwürdigkeit des bösgläubigen Eigengeschäftsführers grundsätzlich hinzunehmen. Unter rechts vergleichendem Gesichtspunkt sei insoweit angemerkt, daß die schweizerische Literatur wohl überwiegend sogar unter Einbeziehung des fahrlässigen Eigengeschäftsführers die Berücksichtigung der Arbeitsleistung oder anderweitiger Erwerbsmöglichkeiten des Geschäftsführers ablehnt391 • Im übrigen ist auf die oben392 dargelegten Möglichkeiten der Ein390 Andere Grundsätze sollen für die Eingriffskondiktion gelten; vgl. insbes. Jakobs, Eingriffserwerb, S. 128 ff.; Haines, S. 127 ff., 147 ff. (dazu näher unten S. 305 ff.). Nach Haines, S. 132 soll hier der Eingreifer anspruchsmindernd geltend machen können, daß er dieselben betrieblichen Leistungen mit ggf. geringerem Gewinn auch ohne die Rechtsverletzung hätte erbringen können. Darüber hinaus sollen auch hypothetische andersartige Leistungen Berücksichtigung finden, sofern die tatsächlich produzierten und die hypothetischen Produkte hinsichtlich ihrer technisch-wirtschaftlichen Funktionen vergleichbar seien. Dies kontrastiert auffällig mit der von Haines vertretenen Auffassung, die Arbeitsleistung als solche müsse bei der Bestimmung des Anspruchsumfangs unberücksichtigt bleiben, da andernfalls ein Einkommensloser sich durch rechtswidrige Eingriffe ein Einkommen verschaffen könne (vgl. oben S. 281 Fn. 383). Will man derartige auf vorsätzliche Eingriffe zugeschnittene Erwägungen hinsichtlich des Bereicherungsanspruchs überhaupt gelten lassen, so ist nicht einzusehen, weshalb der Eingreifer, der sich statt für eine rechtmäßige für eine rechtswidrige Erwerbsmöglichkeit entschieden hat, besser behandelt werden soll als der Eingreifer, dem keine entsprechende rechtmäßige Erwerbsmöglichkeit offenstand. 391 Gegen eine Vergütung für die eingesetzte Arbeitskraft Gau/schi, OR, Art. 423 Anm. 7 c; Lischer, S. 107; Schmid, OR, Art. 423 Rdnr. 118; vgl. auch Amrein, S. 64; Nietlispach, S. 367 Fn. 2005; abw. Maser, Herausgabe, S. 185 f., der dem Geschäftsführer bei berufseinschlägiger Tätigkeit eine Vergütung zusprechen wollte; Widmer, S. 94, der einen Vergütungsanspruch bejaht, wenn die betreffende Tätigkeit üblicherweise nur gegen Entgelt erfolgt. Th. Fischer, S. 116 f. will in der Sache angemessen, für Art. 423 schweiz. OR allerdings ohne Anhaltspunkt im Gesetz, nach dem Grad des Verschuldens differenzieren. Gegen eine Berücksichtigung hypothetischer Erwerbsmöglichkeiten Maser, a.a.O., S. 203 ff.; Widmer, S. 95; Schmid, OR, Art. 423 Rdnr. 99; grundsätzlich auch Th. Fischer, S. 117 f. - Unklar bleibt dabei allerdings, wie sich die Nichtberücksichtigung der Arbeitsleistung des Geschäftsführers zu dem Prinzip der Verteilung des Gewinns auf Ertragsfaktoren verhalten soll (vgl. dazu die Nachw. oben S. 195 Fn. 77). Denn würde das letztgenannte Prinzip konsequent angewandt, so müßte der Geschäftsführer zwangsläufig auch den auf seiner Arbeitsleistung beruhenden Gewinnanteil beanspruchen dürfen (vgl. unten S. 305 m. Nachw.). 392 S. 227 f.
VII. Der Gegenanspruch des Geschäftsftihrers
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schränkung des Herausgabeanspruchs unter dem Verhältnimäßigkeitsgesichtspunkt zu verweisen.
b) Die Behandlung der allgemeinen Geschäftsunkosten des Geschäftsführers Soweit der Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. I BGB sich gegen ein gewerbliches Unternehmen richtet, ist von erheblicher Bedeutung ftir die Höhe der erstattungsfähigen Aufwendungen, ob neben den gerade ftir die rechtsverletzende Produktion aufgewandten (variablen) auch die für die Produktion im allgemeinen angefallenen (fixen) Kosten zu berücksichtigen sind. Daß eine uneingeschränkte Berücksichtigung der fixen Kosten des Geschäftsftihrers nicht in Betracht kommen kann, ist unzweifelhaft, da andernfalls dann, wenn die fixen Kosten nicht nur den rechtswidrigen Geschäften, sondern in nennenswertem Umfang auch sonstigen Erwerbszweigen des Geschäftsftihrers zugute kommen, jede Gewinnhaftung vereitelt würde. Die durch die Verweisung des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB auf das Bereicherungsrecht bewirkte Beschränkung des Ersatzanspruchs auf gewinnsteigernde Aufwendungen allein genügt nicht, um die Erstattungsfahigkeit der fixen Kosten sachgerecht einzugrenzen, da auch die fixen Kosten in der Regel condicio sine qua non für die Gewinnerzielung sein werden 393 . Nicht akzeptabel ist aber jedenfalls ftir den Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB auch die Lösung, nur einen der unerlaubten Tätigkeit entsprechenden Anteil der fixen Kosten zu berücksichtigen 394 • Denn auch dann würde dem Geschäftsftihrer gestattet, einen Teil der Aufwendungen, die er bei rechtmäßigem Verhalten in vollem Umfang selbst zu tragen hätte, auf den Geschäftsherm ab-
393 Unzutr. insoweit v. der Osten, GRUR 1998, S. 288, der die Berücksichtigung der allgemeinen Unkosten des Verletzers mit der Begründung ablehnt, der Verletzte sei durch diese nicht bereichert. 394 Ebenso für Art. 423 schweiz. OR Schmid, OR, Art. 423 Rdnr. 118; a. A. ftir § 687 Abs.2 BGB Bertrams, S. 50; für Art. 423 schweiz. OR Mosel', Herausgabe, S. 184 f.; Th. Fischer, S. I 14 f.; Thum, S. 81 f. Ilervorzuheben ist aber auch in diesem Zusammenhang, daß Art. 423 schweiz. OR keinen Vorsatz voraussetzt und daher insoweit auch keine ebenso weitgehende Gewinnhaftung geboten sein muß wie bei § 687 Abs. 2 8GB. Entsprechendes gilt für die Anwendung der dritten Schadensberechnungsmethode, bei der ebenfalls überwiegend dem Verletzer der Abzug eines auf die rechtsverletzende Produktion entfallenden Anteils an den betrieblichen Fixkosten gestattet wird (vgl. dazu unten S. 355). - IJnberücksichtigt sollen fixe Kosten grundsätzlich bei der Bestimmung des aus einer Ordnungswidrigkeit oder Straftat gezogenen Gewinns im Rahmen des § 17 Abs. 4 OWiG bzw. des § 73 StGB bleiben; vgl. dazu (Jünlert, S. 42 m. w. Nachw. Nach dem Übergang vom Brutto- zum Nettoprinzip beim strafrechtlichen Verfall (vgl. oben S. 72 Fn. 144) versteht sich hier die Nichtberücksichtigung der fixen Kosten von selbst.
r.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
zuwälzen, was dem Grundsatz, daß die wissentlich-rechts verletzende Tätigkeit sich nicht rentieren können soll, widerspräche. Die richtige Lösung ergibt sich daraus, daß eine nach § 687 Abs. 2 S. 2 BGB erstattungsfahige Aufwendung nicht schon dann vorliegt, wenn ein Vermögensopfer für den Geschäftsführungserfolg kausal war, sondern nur dann, wenn das Vermögensopfer seine Ursache in der Geschäftsführung hatte. Die Ursächlichkeit des Vermögensopfers für den Geschäftsführungserfolg ist lediglich ein zusätzliches, durch das Erfordernis einer Bereicherung des Geschäftsherm bedingtes Merkmal der gerade nach § 687 Abs. 2 S. 2 BGB erstattungsfiihigen Aufwendungen. Auch im Rahmen der §§ 683, 670 BGB sind aber nur solche Aufwendungen erstattungsfiihig, die gerade durch die Geschäftsführung veranlaßt wurden. Daher wird man auch dem redlichen Fremdgeschäftsführer keinen (anteiligen) Aufwendungsersatzanspruch zuzubilligen haben, wenn er sich bei der Geschäftsführung bereits vorhandener Mittel bedient, ohne hierdurch eine Vermögenseinbuße zu erleiden, also z. B. eine fremde Sache in eigenen Räumen autbewahrt395 • Zwar kann eine Geschäftsführung ohne Auftrag auch zu einem anteiligen Aufwendungsersatzanspruch führen, wenn die Aufwendung zugleich fremden und eigenen Interessen des Geschäftsführers dient396 . Auch in diesem Fall muß aber die Aufwendung gerade durch die Geschäftsführung veranlaßt worden sein. Es besteht kein Grund, bei § 687 Abs. 2 S. 2 BGB von diesem Erfordernis abzusehen. Dies bedeutet, daß der Geschäftsführer für Aufwendungen, die durch den Betrieb des gesamten Unternehmens, nicht jedoch gerade durch die rechtsverletzende Tätigkeit verursacht wurden, keinen Ersatz beanspruchen kann. Demnach kann auch nicht der Einsatz eigener Immaterialgüterrechte oder sonstiger Rechtsgüter des Geschäftsführers, die im Rahmen der Geschäftsführung lediglich benutzt, aber nicht verbraucht werden, mit der Begründung, daß der Erwerb des Rechtsguts irgendwann einmal mit möglicherweise beträchtlichem Kostenaufwand verbunden war, in eine erstattungsfahige Aufwendung umgedeutet werden. Andernfalls würde man im Ergebnis über den Anspruch aus § 687 Abs.2 S.2 BGB dem Geschäftsführer eine gewinnbringende Verwertung seiner Rechtsgüter durch rechtswidriges Handeln gestatten und dem Geschäftsherm faktisch die Stellung eines Lizenznehmers des Geschäftsführers aufdrängen.
395 Wollte man anders entscheiden, so könnte dies wiederum nur durch die auf § 687 Abs. 2 BGB nicht übertragbare Erwägung gerechtfertigt werden, daß die redliche uneigennützige Geschäftsflihrung honoriert werden soll. 396 Vgl. RGZ 149,205,209; BGHZ 16, 12, 16 f.; 98, 235, 242; MünchKomm-Seiier. § 683 Rdnr. 26; Erman-Ehmann, § 683 Rdnr. 7.
VII. Der Gegenanspruch des Geschäftsflihrers
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Die Voraussetzungen einer nach § 687 Abs.2 S.2 BGB erstattungsfiihigen Aufwendung sind allerdings grundsätzlich dann errullt, wenn einzelne Ausgaben gerade durch die rechts verletzende Tätigkeit veranlaßt wurden, dem Verletzer aber auch in anderen Erwerbszweigen zugute kommen, etwa wenn der Verletzer zum Zwecke der rechtsverletzenden Produktion ein eigenes Patent entwickelt, das er fortan auch anderweitig nutzt. Die Rechtsprechung würde hier möglicherweise unter Berufung auf den - venneintlichen - Grundsatz, daß rur Aufwendungen zum Zwecke einer unerlaubten Handlung kein Ersatz verlangt werden könne, jeden Aufwendungsersatz ablehnen. Dies wäre jedoch nicht gerechtfertigt: Wer die aus fremder rechtsverletzender Tätigkeit hervorgegangenen Vorteile rur sich beansprucht, muß sich zumindest die Aufwendungen entgegenhalten lassen, die sowohl ihren Grund in der rechtsverletzenden Tätigkeit hatten als auch zur Erzielung der herausverlangten Vorteile erforderlich waren. Der Aufwendungsersatzanspruch kann dem Geschäftsruhrer daher nicht schon dem Grunde nach versagt werden. Zu einer sachgerechten Beschränkung des Aufwendungsersatzes ruhrt aber der Grundsatz der Vorteilsausgleichung. Im Beispielsfall ist daher von den Entwicklungskosten des Patents dessen Wert nach Beendigung der rechtsverletzenden Produktion abzuziehen. Nur in Höhe des ggf. verbleibenden Unterschiedsbetrags hat der Geschäftsruhrer ein durch die Geschäftsruhrung bedingtes Vennögensopfer erbracht, dessen Ausgleichung er vom Geschäftsherrn verlangen kann. c) Die Frage der Berücksichtigung von Verlusten bei teils gewinnbringender, teils verlustbringender Tätigkeit
Erhebliche Schwierigkeiten bereitet im Zusammenhang mit Ansprüchen auf Gewinnherausgabe seit jeher die Frage, inwieweit es dem Herausgabepflichtigen gestattet ist, von dem herauszugebenden Erwerb Verluste abzuziehen, die er mit anderen Geschäften erlitten hat. Soweit diesem Problem der Gewinnhaftung überhaupt Beachtung geschenkt wurde, behalf man sich meist mit so vagen Kriterien wie dem der sachlichen Einheit der Eingriffshandlung, deren Feststellung "dem richterlichen Ennessen anheimgestellt bleiben" müsse 397 • Nach F. Schulz sollte maßgebliche Bedeutung dem Willen des Eingreifers zukommen: Hätte der Eingreifer das verlustbringende Geschäft nicht ohne das
397 So flir Art. 423 schweiz. OR Maser, Herausgabe, S. 188; zust. Th. Fischer, S. 114; ähnlich flir die Eingriffskondiktion Haines, S. 136, der verlustbringende Geschäfte bei objektiver wirtschaftlich-kaufmännischer Einheit mit dem gewinnbringenden Geschäft berücksichtigen will. Auch für die handelsrechtlichen Eintrittsrechte wird meist davon ausgegangen, daß aus zusammenhängenden Geschäftsabschlüssen nicht einzelne herausgegriffen werden dürften; vgl. RG JW 1911, 57; F. Schutz, AcP Bd. \05 (1909), S. 41 f.; Großkomm. HGB-KanzenIWeber, § 61 Rdnr. 15.
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2. Teil: Die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB
gewinnbringende geführt, so müsse der Gläubiger den Abzug des Verlustpostens hinnehmen 398 . In bezug auf § 687 Abs. 2 BGB ergibt sich die Lösung weitgehend aus den bereits entwickelten Grundsätzen 399 • Auszugehen ist davon, daß es dem Geschäftsherrn freisteht, hinsichtlich welcher den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB erfüllender Einzelakte er seine Rechte aus § 687 Abs. 2 S. 1 BGB geltend machrt°o. Der Geschäftsherr kann sich grundsätzlich also darauf beschränken, den Geschäftsführer ausschließlich aus den gewinnbringenden Geschäften in Anspruch zu nehmen. Die verlustbringenden Geschäfte können dann allenfalls als Aufwendungen im Rahmen des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB Berücksichtigung finden. Die Einbeziehung der verlustbringenden Geschäfte in den Aufwendungsersatzanspruch sollte nicht schon deshalb generell abgelehnt werden, weil es sich bei den erlittenen Verlusten um unfreiwillige Vermögensopfer handelt. Sie scheitert jedoch regelmäßig daran, daß es sich nicht um Vermögensopfer handelt, die zu einer entsprechenden Bereicherung des Geschäftsherrn führen. Denn die verlustbringenden Geschäfte sind meist nicht Voraussetzung für die Führung der gewinnbringenden. Der Geschäftsführer kann also Verluste, die ihm dadurch entstanden sind, daß die rechtsverletzende Tätigkeit konjunkturbedingt in bestimmten Zeiträumen oder auf einzelnen Märkten unrentabel war, nicht auf den Geschäftsherrn abwälzen 40I . Einen Grenzfall bilden insoweit Spekulationsgeschäfte, bei denen die Möglichkeit der Gewinnerzielung erst durch die Bereitschaft eröffnet wird, in gewissem Umfang auch Verluste in Kauf zu nehmen. Die Berücksichtigung der verlustbringenden Geschäfte als Aufwendungen hängt hier davon ab, ob man die Erforderlichkeit der Aufwendung für die Gewinnerzielung aufgrund einer wirtschaftlichen Ex-ante-Betrachtung oder einer naturwissenschaftlich-kausalen Ex-post-Betrachtung beurteilt. Die Ratio der Verweisung des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB auf § 684 S. I BGB gebietet die zweite Sichtweise. Denn andernfalls würde der praktisch ohnehin nur sehr geringe Unterschied, der sich aus der bereicherungsrechtlichen Beschränkung des Aufwendungsersatzes gegenüber der für den berechtigten Geschäftsführer ohne Auftrag geltenden Regelung der
398 F. Schulz, AcP Bd. 105 (1909), S. 42. Vgl. auch Moser. Herausgabe. S. 188: .. Der Richter wird ... ein Verlustgeschäft namentlich dann mitberücksichtigen. wenn das Gewinngeschäft nicht ohne jenes vorgenommen worden wäre .... Doch kann sich auch dann, zufolge mangelnder sachlicher Einheit eine andere Lösung rechtfertigen." 399 Vgl. oben S. 1561'.,217. 400 Insoweit ebenso Maser, Herausgabe. S. 188. 401 Differenzierend Maser, Herausgabe. S. 189.
VII. Der Gegenanspruch des Geschäftsführers
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§§ 683, 670 BGB ergibr'°2, gänzlich nivelliert. Dieser Unterschied besteht im wesentlichen nur darin, daß es bei § 683 BGB darauf ankommt, ob der Geschäftsführer die Aufwendung ex ante betrachtet für erforderlich halten durfte403 , während bei § 687 Abs. 2 S. 2 BGB entscheidend ist, ob die Aufwendung sich im nachhinein tatsächlich als erfolgreich erwiesen hat. Auswirken kann sich dieser Unterschied von vornherein nur bei solchen Geschäften, bei denen eine zuverlässige Prognose über den Erfolg der Aufwendung nicht möglich ist. Der Geschäftsführer hat daher im Rahmen des § 687 Abs. 2 BGB das Risiko verlustbringender Spekulationsgeschäfte ebenso in vollem Umfang selbst zu tragen wie das Risiko sonstiger ex ante betrachtet erfolgversprechender, letztlich aber erfolgloser Aufwendungen. Nur wenn selbst aufgrund einer Ex-postBetrachtung die gewinnbringenden Geschäfte nicht ohne die verlustbringenden hätten geführt werden können, kann der Geschäftsführer für die erlittenen Verluste nach § 687 Abs. 2 S. 2 BGB Ersatz beanspruchen. Auch in dieser Frage ermöglicht die Tatbestandsstruktur des § 687 Abs. 2 BGB somit eine klare Entscheidung zu Lasten des Geschäftsführers, während bei anderen, vorsätzliches Handeln nicht voraussetzenden Anspruchsgrundlagen die weniger eindeutige Interessenlage differenziertere Lösungen gebietet.
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Vgl. dazu schon oben S. 276 f. Vgl. MünchKomm-Seiler. § 670 Rdnr. 9: Erman-Ehmann. § 670 Rdnr. 4; PalandtTllOmas. § 670 Rdnr. 4. 403
19 Ehen
3. Teil
Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem I. Überblick über die konkurrierenden Ansprüche Auch wenn man die spezifischen Tatbestandsmerkmale des § 687 Abs. 2 BGB ernst nimmt und sein Anwendungsgebiet unabhängig von bereicherungsund deliktsrechtlichen Kriterien bestimmt, werden die Ansprüche aus § 687 Abs.2 BGB wohl immer mit anderen Ausgleichsansprüchen innerhalb oder außerhalb des BGB konkurrieren. In der Praxis kann § 687 Abs. 2 BGB daher nur insoweit von Interesse sein, als seine Rechtsfolgen über diejenigen der anderen Anspruchsgrundlagen hinausgehen. In aller Regel erfüllt die Geschäftsanmaßung zugleich den Tatbestand eines deliktischen Schadensersatzanspruchs. Nur geringe praktische Bedeutung hat daher der Schadensersatzanspruch aus § 678 BGB erlangt. Daran hat auch die von der zweiten Kommission hervorgehobene Besserstellung des Verletzten in bezug auf die Verjährung l kaum etwas ändern können, noch weniger der Verzicht des § 678 BGB auf ein "sonstiges", also nicht schon durch die wissentlich-rechtswidrige Übernahme der Geschäftsführung begründetes Verschulden 2 • Des weiteren kann der Anspruch aus § 687 Abs.2 BGB auch mit Ansprüchen des vertraglichen Leistungsstörungsrechts konkurrieren, wenn die Geschäftsführung einen zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherm bestehenden Vertrag verletzt. Hier ist in vielen Fällen jedoch schon die tatbestandliehe Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB problematisch3 . Besteht zwischen Geschäftsherr und Geschäftsführer zur Zeit der unerlaubten Geschäftsfuhrung ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, so hat der Geschäftsherr die Wahl zwischen den Ansprüchen aus § 687 Abs. 2 und §§ 987 ff. BGB. Aus den §§ 990 Abs. I, 987, 989, 994 ff. BGB ergeben sich den Rechtsfolgen des
Prot. 11, S. 742 = Mugdan 11, S. 1202. BGH WM 1956, 1279, 1281 weist zwar auf diese Besonderheit des Anspruchs aus §§ 687 Abs. 2 S. I, 678 BGB ausdrücklich hin, ohne daß diese jedoch wirklich entscheidungserheblich gewesen wäre. 3 Dazu eingehend unten S. 427 ff. I
2
11. § 687 Abs. 2 BGB und Bereicherungshaftung
291
§ 687 Abs. 2 BGB weitgehend entsprechende Ansprüche. Die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB kann für den Eigentümer aber, abgesehen von dem aus den §§ 987 ff. BGB nicht begründbaren Anspruch auf Herausgabe des Veräußerungserlöses, auch insoweit vorteilhafter sein, als der Nutzungsherausgabeanspruch aus § 987 Abs. I BGB nach der Rechtsprechung die auf Eigenleistungen des Besitzers beruhenden Gewinne nicht erfaßtI.
Im Mittelpunkt der Problematik. welche Bedeutung § 687 Abs.2 BGB im Anspruchssystem des BGB zukommt. steht jedoch das Verhältnis des § 687 Abs.2 BGB zur Eingriffskondiktion, das im folgenden näher zu untersuchen ist. Von den Anspruchsgrundlagen außerhalb des BGB sind von besonderem Interesse die Schadensersatz- und Gewinnherausgabeansprüche des Immaterialgüterrechts. Während die §§ 14 Abs. 6, 15 Abs. 5 MarkenG, § 139 Abs. 2 S. I PatG und § 24 Abs. 2 S. I GebrMG bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Verletzung der betreffenden Immaterialgüterrechte nur einen Schadensersatzanspruch vorsehen, gewähren § 97 Abs. I UrhG und § 14 a Abs. I GeschmMG dem Verletzten ausdrücklich ein Wahlrecht zwischen Schadensersatz und Gewinnherausgabe. Soweit Gewinnherausgabeansprüche im Immaterialgüterrecht nicht gesetzlich vorgesehen sind. werden sie jedoch in ständiger Rechtsprechung aufgrund der dritten Schadensberechnungsmethode anerkannt, deren Verhältnis zum Anspruch aus § 687 Abs.2 BGB ebenfalls näher zu untersuchen sein wird.
11. Das Verhältnis der Haftung aus § 687 Abs. 2 BGB zur Bereicherungshaftung 1. Das Verhältnis der Haftung aus § 687 Abs. 2 BGB zur Haftung
des gutgläubigen Bereicherungsschuldners
a) Das Verhältnis von geschäftsführungsrechtlicher und bereicherungsrechtlicher Vorteilsabschöpfung in historischer Sicht Nach verbreiteter Ansicht ist der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB neben dem Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung überflüssig 5• Diese Lehre hat
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19'
Vgl. oben S. 188 f. Vgl. schon oben S. 38.193.
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3. Teil: Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem
zuletzt Reichar'" anhand der Entstehungsgeschichte des § 687 Abs. 2 BGB zu begründen versucht. Im Anschluß an F. Schulz 7 und Jakobs 8 vertritt Reichard die Auffassung, der im Falle des Eingriffs in fremde Rechtspositionen unter dem Gesichtspunkt der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag gewährte Gewinnherausgabeanspruch sei nichts anderes als ein unter falscher Bezeichnung laufender Bereicherungsanspruch. Nach ReicharcP ist die actio directa bei eigennütziger Geschäftsführung bereits von der jüngeren gemeinrechtlichen Doktrin dem Bereicherungsrecht angegliedert worden. Die Bedeutung der Heranziehung der actio directa bei wissentlichem Eingriff habe sich hiernach in der verschärften Haftung im Falle des Bereicherungswegfalls erschöpft 10. Daß auch der gutgläubige Eingreifer Gewinnherausgabe schulde, habe man als selbstverständlich vorausgesetzt 1 I. Dies sei unzweifelhaft auch die Auffassung der BGB-Verfasser gewesen l2 • Die zweite Kommission habe, als sie den Fall der bewußt-widerrechtlichen Eigengeschäftsführung wieder dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag angliederte und dies u. a. damit begründete, daß der Gläubiger nach dem ersten Entwurf nur Ersatz des Wertes fordern könne, lediglich übersehen, daß sich die weitergehende Rechtsfolge der Gewinnherausgabe auch aus Bereicherungsrecht ergebe 13. § 687 Abs. 2 BGB wiederhole daher nur an einem "dogmengeschichtlich überholten Ort" die Anordnung des § 819 BGBI4. Die Argumentation Reichards überzeugt nicht, und zwar nicht nur deshalb, weil er sich zur Begründung seiner These, § 687 Abs. 2 BGB sei entbehrlich, ausschließlich auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift beruft, sondern vor allem auch deshalb, weil die von Reichard zitierten Äußerungen gemeinrechtlicher Autoren seine Auffassung nicht belegen können. Denn diese waren anders gemeint, als Reichard sie auslegt.
Reichard l5 beruft sich maßgeblich auf Zimmermann und Windscheid, die den Herausgabeanspruch gegen den gutgläubig-eigennützigen Geschäftsführer als Bereicherungsanspruch eingeordnet und demnach auch einen von einem Schaden des Kondizenten unabhängigen Bereicherungsanspruch auf Herausgabe
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10 II 12
13 14 15
AcP Bd. 193 (1993). S. 567ff. AcP Bd. 105 (1909). S. 463 ff. Eingriffserwerb. S. 92 ff. AcP Bd. 193 (1993). S. 590 ff. Reichard. AcP Bd. 193 ( 1993). Reichard. AcP Bd. 193 ( 1993). Reichard. AcP Bd. 193 (1993). Reichard. AcP Bd. 193 ( 1993). Reichard. AcP Bd. 193 ( 1993). AcPBd.193(1993).S.591 ff.
S. S. S. S. S.
591 ff. 591 ff. 595 ff. 598 f. 600.
11.
*687 Abs. 2 BGB und Bereicherungshaftung
293
des gesamten Eingriffsel"\. . erbs anerkannt hätten. Hieran ist richtig, daß Zimmermann und Windscheid die actio negotii gesti directa gegen den gutgläubigen Eigengeschäftsführer der condictio sine causa angliederten 16. Es kann jedoch keine Rede davon sein, daß Zimmermann und Windscheid die Bereicherungsklage gegen den gutgläubigen Eingreifer - von der Frage der Haftung bei Wegfall des Erlangten abgesehen - inhaltlich mit der actio directa gegen den bösgläubigen Eingreifer gleichgesetzt hätten. Vielmehr betonte Zimmermann l7 , daß es bei der Inanspruchnahme des Gutgläubigen stets der besonderen Prüfung bedürfe. wann die Bereicherung eine ungerechtfertigte sei. So lehnte Zimmermann l8 die Klage gegen denjenigen ab, der gutgläubig eine titulo vero el"\vorbene fremde Sache verkauft hat. da es hier an einer Bereicherung sine causa fehle. Vor allem aber betonte Zimmermann l9 ausdrücklich, daß die Klage nur dem Bösgläubigen gegenüber unabhängig von einem Schaden des Gläubigers anerkannt werden könne, also etwa dann, wenn eine fremde Sache veräußert oder - wie in einer von Zimmermann besprochenen Quellenstelle20 - verpfandet wurde, ohne daß dem Eigentümer die Vindikation unmöglich geworden wäre. Des weiteren betonte Zimmermann 21 , der Verlust der Vindikationsmöglichkeit müsse bei der Inanspruchnahme eines Gutgläubigen ohne den Willen des Eigentiimers eingetreten sein. Der Eigentümer könne also bei der Veräußerung seiner Sache durch einen Gutgläubigen den Anspruch auf den Kaufpreis nicht wie ein dominus negotii durch bloße Genehmigung der Verfügung erlangen. Damit konnte aber nach Zimmermann der Anspruch auf Herausgabe des Erlöses bei gutgläubiger Veräußerung überhaupt nur ausnahmsweise zum Zuge kommen. Ferner stellte Zimmermann 22 auch für den Fall der Bereicherung aus einer fremden Forderung ausdrücklich klar, daß die actio negotiorum gestorum utilis bzw. condictio sine causa zu versagen sei, wenn es "an dem, bei diesen Klagen unerläßlichen, Erforderniß des Schadens auf Seiten des Klägers" fehle. Die Angliederung der actio negotii gesti directa gegen den Gutgläubigen an die condictio sine causa implizierte somit, daß die Klage nunmehr den völlig
16 Zimmermann. S. 25. 45: IVindscheid. Pandekten 11. § 430 Fn. 17. § 431 Fn. 18. Allerdings gingen auch Windscheid und Zimmermann. wie Jakobs (Eingriffserwerb. S. 96) zu Recht betont, nicht so weit. die actio directa .. mit der heute üblichen Schärfe aus der negotiorum gestio auszugliedern und dem Kondiktionenrecht zu überweisen". Dies zeigen deutlich die Ausftihrungen bei Windscheid. Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 309 f. 17 S.45. 18 S. 46 f. 19S.51f. 20 D. 20. 5. 12. I. 21 S. 55 ff. 22 S.62.
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3. Teil: Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem
anders gearteten Regeln der condictio folgte, die nach zu dieser Zeit allgemeiner Auffassung insbesondere besagten, daß nur eine mit dem Schaden eines andem erlangte Bereicherung herauszugeben ist23 . Bei Zimmermann hat also nicht etwa die ursprüngliche actio negotii gesti directa gegen den gutgläubigen Eigengeschäftc;ruhrer nur einen anderen Namen erhalten, sondern sie ist, wie Jakobs 24 zutreffend feststellt, als eigene Kategorie verlorengegangen. Nichts anderes gilt auch rur Windscheid, der betonte, in D. 3, 5,48 25 könne deshalb die dem Wortlaut nach gewährte actio directa nur "eine andere Form für die condictio sine causa" sein, weil nach dem Recht der negotiorum gestio der Anspruch des Eigentümers gegen den Veräußerer auf Herausgabe des Kaufpreises auch vor dem Untergang der Kaufsache bestehen müsse 26 • Daß Windscheid ebenso wie Zimmermann die Klage vollständig den engeren Voraussetzungen der condictio sine causa unterstellen wollte, stellte er unmißverständlich in der runften Auflage seines Pandekten lehrbuchs klar: "Darin daß der Handelnde nur nach dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung haftet, liegt, daß er auf Herausgabe des Erlangten nicht mehr Haftet, wenn er dasselbe ohne seine Schuld verloren hat, und nur dann. wenn das Vermögen des Eigenthümers in entsprechender Weise vermindert worden ist."27 Der Versuch Wilhelms 28 , diese Äußerung mit seiner These zu vereinbaren, daß nach der jüngeren gemeinrechtlichen Doktrin alles, was mit Mitteln des fremden Vermögens erworben ist, der Kondiktion unterlegen habe, überzeugt nicht recht. Wilhelm weist darauf hin, daß die zitierte Äußerung im Zusammenhang mit dem Fall der Veräußerung einer fremden Sache zu sehen sei, und will sie offenbar damit erklären, daß lediglich der Zugriff auf Veräußerungserlös und Sache ausgeschlossen werden sollte. Dann hätte es aber genügt, die Kondiktion von dem Verlust der Vindikationsmöglichkeit abhängig zu machen. Anzunehmen, daß Windscheid ausgerechnet diese Voraussetzung mit der Aussage, das Vermögen des Eigentümers müsse "in entsprechender Weise" vermindert worden sein, bezeichnen wollte, bedeutet, Windscheid eine erhebliche Ungenauigkeit zu unterstellen. Näher liegt es, daß Windscheid in diesem Punkt ganz der klassischen Formel "neminem cum alterius detrimento fieri locupletiorem" folgen wollte und dem Eigentümer auch im Falle des Verlusts der Vindikationsmöglichkeit den Gewinn nur in Höhe seines Schadens zugesprochen hätte. Unzweifelhaft ist aber jedenfalls, wie Wilhelm selbst einräumt, daß Windscheid
23 Vgl. etwa RGZ 25, 130, 137: Jacobi, JherJB. Bd.4 (\861), S. 165; Witle, S.295 und öfter. 24 Eingriffserwerb. S. 97. 25 Vgl. dazu schon oben S. 30. 26 Windscheid, Pandekten 11. § 431 Fn. 18. 27 Windscheid. Pandekten 11, § 431 Fn. 18 (Hervorh. vom Verf.). 28 Rechtsverletzung. S. 61 Fn. 198.
H. § 687 Abs. 2 BGB und Bereicherungshaftung
295
nur die actio directa gegen den bösgläubigen Eingreifer ohne Rücksicht auf den Untergang der Sache anerkennen wollte und schon deshalb ein Bereicherungsanspruch auf Herausgabe des Kaufpreises bei gutgläubiger Veräußerung in aller Regel überhaupt nicht in Betracht kam. Wie Reichard angesichts der zitierten Äußerungen behaupten kann, daß nach Zimmermann und Windscheid der gutgläubige Eigengeschäftsführer in grundsätzlich gleicher Weise wie der bösgläubige zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet sei, so daß sich die Bedeutung der Heranziehung des Geschäftsführungsrechts in der verschärften Haftung bei Wegfall des Erlangten erschöpft habe, ist schwer nachvollziehbar. Reichard verkehrt die Aussage Windscheids, die gegen den gutgläubigen Eigengeschäftsführer gewährte actio directa sei "eine andere Form für die condictio sine causa", geradezu in ihr Gegenteil, wenn er ihr entnimmt, daß diese Klage, abgesehen von der Frage der Haftung bei Wegfall der Bereicherung, in allen Punkten, also insbesondere auch hinsichtlich der Unabhängigkeit des Anspruchs von einem Schaden des Gläubigers, denselben Regeln folge wie die actio directa gegen den Bösgläubigen. Auch auf v. Monroy beruft ReicharQl9 sich zu Unrecht. v. Monroy wollte zwar in der Tat die Gewinnherausgabepflicht bei unwissentlichen Eingriffen gegenüber derjenigen bei wissentlichen Eingriffen nur insofern modifizieren, als sie auf die vorhandene Bereicherung beschränkt sepo. Er folgerte diese Beschränkung jedoch "schon aus allgemeinen Grundsätzen"31. Trotz dieser Beschränkung sei der Anspruch "nach Voraussetzungen und Gegenstand nicht etwa eine Condictio, sondern die ... actio negotiorum gestorum"32. Entgegen der Auffassung Jherings 33 und Zimmermanns 34 habe der Eigentümer die Möglichkeit, den gutgläubigen Veräußerer seiner Sache durch bloße Genehmigung des Verkaufs unter dem Gesichtspunkt der negotiorum gestio in Anspruch zu nehmen. Ausdrücklich betonte v. Monroy, der Anspruch auf den Veräußerungserlös werde "richtiger vermittelst der Ratihabitionsbefugniß des Eigenthümers gewährt, als durch eine Ausdehnung der Condictio über die durch
AcP Bd. 193 (1993). S. 592 ff. So deutlich v. Monroy. S. 161: .. Wer unwissentlich fremde Vermögensrechte ausgeübt hat. haftet gleichfalls auf Herausgabe des Gewinnes; allein diese Verpflichtung beschränkt sich auf den Betrag der Bereicherung." 31 \'. Monroy. S. 98. Ebenso bereits Brinkmann. S. 19 ff. Fn. 2. 32 v. Monroy. S. 162. Vgl. auch v. Monroy. S. IOD: Die von der condictio handelnden Quellenstellen ließen .. einen Schluß auf die mit derselben in keiner Weise zusammenhängende Entstehung der obligatio negotii gesti auf Grund der Ratihabition nicht zu". 33 Abh .. S. 82 ff. 3~ S. 55 ff. 29
30
296
3. Teil: Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem
ihre Natur gegebenen Grenzen"35. Wenn Reicharcp6 v. Monroy in die Reihe derjenigen Autoren eingliedert, die die actio directa gegenüber dem gutgläubigen Eigengeschäftsführer "der Sache nach" dem Bereicherungsrecht zugewiesen haben, ist dies also irreführend. v. Monroy betrachtete die Klage gegen den Gutgläubigen nach wie vor als actio negotii gesti directa und konnte nur deshalb auch zu einem von einem Schaden des Gläubigers unabhängigen Anspruch auf Herausgabe des erzielten Gewinns gelangen. Der Unterschied zwischen Zimmermann und Windscheid einerseits und v. Monroy andererseits liegt also darin, daß Zimmermann und Windscheid die
actio negotii gesti directa gegenüber dem Gutgläubigen dem Kondiktionenrecht angliederten und hierbei zwangsläufig zugleich auch deren engen Grenzen unterwarfen, v. Monroy hingegen auch auf den Gutgläubigen die actio negotii gesti directa in ihrer ursprünglichen Gestalt anwandte und diese lediglich hinsichtlich der Haftung bei Wegfall der Bereicherung modifizierte. Keiner der Autoren vertrat jedoch die Auffassung, die actio negotii gesti directa in ihrer ursprünglichen Gestalt sei inhaltlich mit der condictio sine causa identisch. Ebensowenig war dies die Auffassung der ersten BGB-Kommission. Wenn in § 761 Abs. 2 des ersten Entwurfs für die Ansprüche gegen den gutgläubigen Eigengeschäftsführer ausdrücklich auf das Bereicherungsrecht verwiesen wurde und diese Verweisung der Sache nach auch in § 687 Abs. 1 BGB Gesetz geworden ist, so war hiermit die Aussage, daß der Bereicherungsanspruch den Schuldner in gleicher Weise wie die actio directa zur Herausgabe des Eingriffserwerb verpflichte, ebensowenig verbunden wie mit den Stellungnahmen Windscheids und Zimmermanns, die der Regelung als Vorbild dienten 37 • Der Anspruch auf Herausgabe des Eingriffserwerbs wurde hiermit nicht nur, wie Reichard es darstellt, dogmatisch richtig eingeordnet, sondern, soweit der Eingriffserwerb nicht im Sinne der gemeinrechtlichen Bereicherungsdoktrin mit dem Schaden eines andern erzielt wurde, de facto aufgegeben. Richtig ist nur, daß die Lehre v. Monroys ebenso wie die im älteren gemeinen Recht vorherrschende objektive Theorie der Geschäftsfuhrung ohne Auftrag im Ergebnis auch den gutgläubigen Eingreifer unabhängig von einem Schaden des Verletzten zur Herausgabe des vollen Eingriffserwerbs verpflichtete. Wer sich allerdings hierauf im Zusammenhang mit der Frage einer bereicherungsrechtli-
35 v. Monroy, S. 98. Gemeint ist hier der Verzicht auf das Erfordernis der condictio, daß die rei vindicatio wegen Untergangs der Sache oder Ersitzung entfallen ist. 36 AcP Bd. 193 (1993), S. 592 f. 37 A. A. Reichard, AcP Bd. 193 (1993), S. 595 ff. Wie Reichard auch schon Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 60: Die Ersetzung der actio directa durch die condictio sei nur verständlich, wenn von der condictio auch erfaßt sei, was "aus Mitteln des fremden Vermögens" erlangt werde.
11. § 687 Abs. 2 BGB und Bereicherungshaftung
297
chen Gewinnhaftung beruft38, muß sich entgegenhalten lassen, daß der gemeinrechtlichen Literatur das Problem der Gewinnhaftung im modemen Sinne unbekannt war. Das gesamte Gebiet der Immaterialgüterrechtsverletzungen, dem die Gewinnhaftung in erster Linie ihre praktische Bedeutung verdankt, wurde noch von der jüngeren gemeinrechtlichen Literatur zum Bereicherungsrecht wie zur Geschäftsführung ohne Auftrag überhaupt nicht berücksichtigt39 . So findet es, wie schon F. Schulz4° bemängelte, auch im Besonderen Teil der Abhandlung v. Monroys keine Erwähnung4 \. Die gewerblichen Schutzrechte setzten sich in Deutschland erst in der Zeit nach 1870 durch 42 . In der höchstrichterlichen Rechtsprechung spielte die Frage der Gewinnhaftung bei Verletzung gewerblicher Schutzrechte noch bis 1890 keine Rolle43 . Erst mit der wachsenden Bedeutung der Immaterialgüterrechtsverletzungen trat auch das Problem einer schadensunabhängigen Gewinnherausgabepflicht in das Blickfeld der Bereicherungsrechtsdogmatik. Bis zu dieser Zeit betrachtete man in diametralem Gegensatz zu einem heute verbreiteten Verständnis 44 Ansprüche auf Wert- oder Schadensersatz als die weiterreichenden Rechtsfolgen im Vergleich zu Ansprüchen auf Herausgabe der "Bereicherung"45, des "pretium" (im Sinne von Ver-
38 Vgl. insbes. F. Schulz, AcP Bd. 105 (1909), S. 463 ff. und Jakobs, Eingriffserwerb, S. 96 f., die davon ausgehen, daß die ältere gemeinrechtliche Doktrin zu Recht den Anspruch auf den Eingriffserwerb auch gegenüber dem Gutgläubigen anerkannt und diesen nur falsch eingeordnet habe. 39 V gl. König, Gutachten, S. 1552. 40 AcP Bd. 105 (1909), S. 466 f. 4\ Ebenso etwa auch noch in der 1902 erschienenen Abhandlung von Freund, in der der "Eingriff in fremde Rechte als Grund des Bereicherungsanspruchs" wie selbstverständlich auf die bei den Tatbestände des § 816 BGB reduziert wird. 42 Vgl. AK-Joerges, vor §§ 812 ff. Rdnr. 9; Franke, S. 23; Gott, S. 49 ff.; Büsching, S. 21 m. w. Nachw. 43 Zur Entwicklungsgeschichte der Gewinnhaftung bei Immaterialgüterrechtsverletzungen ausf. unten S. 329 ff. 44 Vgl. etwa Kaiser, Nutzungsherausgabe, S. 139, dem zufolge Wertersatz "formal gesehen" ein "Weniger" gegenüber Gewinnherausgabe ist; Schmid, OR, Art. 423 Rdnr. 34, dem zufolge Gewinnabschöpfung regelmäßig ein "Plus" gegenüber dem Schadensersatz darstellt. 45 Vgl. etwa Windscheid, Pandekten II, § 425, dem zufolge die Verpflichtung aus bewußt-widerrechtlicher Aneignung "auf Mehr, als auf Herausgabe der Bereicherung", nämlich "auf vollen Schadensersatz" geht; Kohler, Deutsches Patentrecht, S. 456, der der Schadensersatzpflicht "die geringere, auf die Bereicherung beschränkte, Verbindlichkeit" gegenüberstellt; ähnlich auch RGZ 12, 105, 107. - Einen deutlichen gesetzlichen Niederschlag hat diese Vorstellung etwa in § 18 Abs. 6 des UrhG vom 11.6.1870 (vgl. dazu auch unten S. 330 f.) und noch in den §§ 139 Abs. 2 S.2 PatG, 24 Abs. 2 S. 2 GebrMG, 14 a Abs. I S. 3 GeschmMG gefunden, wonach bei nur leicht fahrlässiger Verletzung eine Entschädigung in den Grenzen zwischen dem Schaden des Verletzten und dem (zu ergänzen ist: geringeren) Vorteil des Verletzers festgesetzt werden kann (vgl. dazu auch unten S. 331 Fn. 199). Auch § 852 Abs. 3 BGB ist in diesem Sinne zu verstehen; vgl. BGHZ 71, 86, 98 ff. "Fahrradgepäckträger II"; Jauernig-Teichmann,
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3. Teil: Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem
kaufserlös)46 oder des "Gewinns"47. Hieraus erklärt sich auch, daß noch die erste BGB-Kommission für eine Erstreckung des Herausgabeanspruchs aus Geschäftsführung ohne Auftrag auf den böswilligen Eingreifer kein Bedürfnis sah. Denn sie war der Auffassung, "die unbeschränkte Haftung wegen Schadensersatzes aus dem Delikte werde fast ausnahmslos ein gleiches Ergebniß liefern"48. Geht man von dem Erlös aus dem Verkauf einer fremden Sache und nicht von dem durch Verletzung eines fremden Immaterialgüterrechts erzielten Gewinn als Paradigma des Eingriffserwerbs aus, so entspricht diese Auffassung auch durchaus der Lebenserfahrung. Vor diesem Hintergrund müssen nun aber auch Äußerungen gemeinrechtlicher Autoren gesehen werden, die isoliert betrachtet durchaus auf eine bereicherungsrechtliche Gewinnhaftung hinzudeuten scheinen. Insbesondere läßt sich entgegen Jakobs 49 kein Argument für die bereicherungsrechtliche Gewinnhaftung daraus herleiten, daß man in der gemeinrechtlichen Literatur allgemein als Gegenstand des Bereicherungsanspruchs bei Veräußerung fremder Sachen den erzielten Erlös angesehen und nicht daran gedacht habe, diesen in den gemeinen Wert und den hierüber hinausgehenden Gewinn aufzuspalten. Denn dies geschah nicht, weil man mit Selbstverständlichkeit den Bereicherungsanspruch auf den den Wert übersteigenden Betrag erstreckt hätte, sondern weil man stillschweigend von dem Normalfall ausging, daß der Erlös maximal dem gemeinen Wert entspricht. Ebensowenig wird man eine Stellungnahme zum Problem der Gewinnhaftung in der vielzitierten Äußerung Windscheids 50 sehen können, daß eine Bereicherung aus fremdem Vermögen nicht nur vorliege, "wenn durch ihren Inhalt die Verminderung des fremden Vermögens von selbst gegeben ist, sondern auch dann, wenn sie durch Mittel des fremden Vermögens ... bewirkt worden ist". Diese Aussage erscheint aus heutiger Sicht betrachtet mit der bereits zitierten, wenige Seiten weiter zu findenden Äußerung, daß das Vermögen des Gläubigers in einer der Bereicherung entsprechenden Weise vermindert worden
§ 852 Rdnr. 11; MünchKomm-Stein. § 852 Rdnr. 70; Schmidt-Ernsthausen. GRUR 1938, S. 382 f.; König, Gutachten, S. 1557. 46 Vgl. etwa Zimmermann, S. 53. der von einer .. Verpflichtung nur auf Herausgabe des erlösten Preises. und nicht auf den wahren Werth der Sache. überhaupt auf vollen Schadensersatz" spricht; ähnlich Brinz. § 30 I. § 321 Fn. 50. 47 Vgl. etwa Windscheid. Ungerechtfertigte Bereicherung. S. 301. dem zufolge der Eigentümer bei unbefugter Veräußerung seiner Sache durch einen Gutgläubigen allenfalls "Ersatz des aus der Veräußerung gezogenen Gewinns". bei Veräußerung durch einen Bösgläubigen dagegen .. Ersatz seines vollen Interesses" verlangen kann. 48 Pro!. (1. Komm.). S. 1659 = Jakobs/ScllIIbert. SchuldR 111. S. 159. 49 Eingriffserwerb. S. 17 f. 50 Pandekten 11. § 421.
11. § 687 Abs. 2 BGB und Bereicherungshaftung
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sein müsse, schwer vereinbar - was zeigt, wie fern Windscheid die modeme Problematik der Gewinnhaftung lag 51 • Wenigstens Anklänge an die heutige Diskussion um die Gewinnhaftung finden sich bei Jhering, der wiederholt auf den Fall hinwies, daß der Erlös aus der Veräußerung einer fremden Sache den Sachwert übersteigt52 • Ausruhrlich legte Jhering dar, wie unbillig es wäre, wenn der Veräußerer einer fremden Sache auch die Anteile des Veräußerungserlöses herausgeben müßte, die auf seine besondere Geschicklichkeit, seine Geschäftsverbindungen u. ä. zurückzuruhren sind53 . Auch die Alternative, den Bereicherungsanspruch bei Veräußerung fremder Sachen auf den Wert der Sache zu beschränken, wurde von Jhering angedeutet, aber nicht weiterverfolgt54 . Eine vergleichsweise deutliche Stellungnahme zur Problematik der Gewinnhaftung ist dagegen in Kohlers bereits in anderem Zusammenhang erwähnten Aufsatz über die "Menschenhülfe im Privatrecht" zu finden. Hier betonte Kahler - offenbar schon im Hinblick auf die aufkommende Problematik der Immaterialgüterrechtsverletzungen - den Vorteil der actio negotii gesti directa, daß diese auch die Abschöpfung des den Schaden des Verletzten übersteigenden Gewinns ennögliche55 • Dieselbe Auffassung vertrat wenig später - in einem Urteil vom 18.11.1889 - rur den Fall der Veräußerung einer fremden Sache auch das Reichsgericht56 . Das Gericht führte aus, daß der Eigentümer, dessen Sache von einem gutgläubigen Besitzer über Wert veräußert wurde, zwar den vollen Erlös beanspruchen könne, wenn er seinen Anspruch auf die actio negotii gesti directa stützen könnte. Es verwarf jedoch diese Anspruchsgrundlage und hielt einen Anspruch des Eigentümers nur unter dem Gesichtspunkt der condictio sine causa rur begründbar. Gegenüber diesem Anspruch sei aber dem Besitzer die Einrede zu gestatten, daß der Wert der veräußerten Sache unter dem erzielten Kaufpreis
51
52
Vgl. dazu auch Jagmann, S. 260, 266 ff Jhering, Abh., S. 68,74 ff; ders., JherJB. Bd. 16 (1878), S. 287. Jhering ging al-
lerdings davon aus, daß es sich hierbei um seltene Ausnahmen handeln werde (vgl. Abh., S. 68, 72). 53 Jhering, JherJB. Bd. 16 (1878), S. 282 ff. 54 Jhering, JherJB. Bd. 16 (1878), S. 287. Jhering wollte aus anderen, hier nicht zu erörternden Gründen einen Bereicherungsanspruch gegenüber dem gutgläubigen Veräußerer grundsätzlich überhaupt nicht anerkennen. In den in D. 3, 5, 48 unter dem Gesichtspunkt der negotiorum gestio, in D. 12, I, 23 unter dem der condictio gewährten Klagen auf Herausgabe des Veräußerungserlöses sah er Anomalien und wollte sie jedenfalls auf den untitulierten Besitzer beschränkt wissen (vgl. Jhering, Abh., S. 78 ff. und JherJB. Bd. 16 (1878), S. 233 f, 307). 55 Kohler, JherJB. Bd. 25 (1887), S. 124. 56 RGZ 25, 130, 136 ff.
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gelegen habe, da der Besitzer nur in Höhe des Wertes grundlos aus dem Vermögen des Eigentümers bereichert sei. Auf die Beratung des BGB dürfte dieses Urteil allerdings keinen Einfluß mehr gehabt haben 57 . Obgleich die Gesetzesverfasser dem Fall der wirksamen Verfiigung eines Nichtberechtigten eine eigene Bestimmung widmeten, haben sie hierbei offenbar an das Problem der Gewinnhaftung nicht gedacht58 • So blieb die Stellungnahme der Gesetzesverfasser zum Problem der bereicherungsrechtlichen Gewinnhaftung ebenso unklar wie die der gemeinrechtlichen Literatur: Einerseits läßt der Wortlaut des § 816 Abs. 1 BGB zumindest nach Auffassung der Rechtsprechung eine Beschränkung des Anspruchs auf den gemeinen Wert nicht ZU 59 . Andererseits betonte die zweite Kommission den Vorteil des § 687 Abs. 2 BGB, der sich daraus ergebe, daß der Eigentümer bei Erzielung eines besonders hohen Erlöses durch den Veräußerer "nach dem Entw. nur Ersatz des Werthes fordern könne"60. Insofern bemängelt ReicharcfJ1 zu Recht, daß offenbar "die eine Hand nicht wußte, was die andere tat". Um so unverständlicher ist jedoch, wie ReicharcfJ2 gleichwohl behaupten kann, die Gesetzesverfasser seien von der inhaltlichen Identität der Haftung aus § 687 Abs.2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S.2, 667 BGB mit der Bereicherungshaftung als selbstverständlich ausgegangen. Doch selbst wenn man unterstellte, daß nach dem Willen der Gesetzesverfasser der Anspruch aus § 816 Abs. 1 BGB ausnahmslos auf Herausgabe des vollen Veräußerungserlöses gerichtet sein sollte, wäre es unzulässig, hieraus ein allgemeines Prinzip der bereicherungsrechtlichen Gewinnhaftung bei Eingriffen in fremde Rechte herzuleiten 63 . Vor allem kann von der Regelung des § 816 Abs. 1 BGB nicht auf eine bereicherungsrechtliche Gewinnhaftung bei Verlet57 So ausdrücklich König, Gutachten, S. 1559; ders., Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 171; Jakobs, Lucrum ex negotiatione, S. 1\3 Fn. 239. - Jakobs macht es sich jedoch zu leicht, wenn er deshalb meint, über dieses Urteil hinweggehen zu können. Denn das Reichsgericht hat das Erfordernis einer Bereicherung aus dem Vermögen eines andern in diesem Urteil ja nicht erfunden, fand dieses vielmehr als allgemein anerkanntes Merkmal des Bereicherungsanspruchs vor und zog hieraus nur eine naheliegende Konsequenz. 58 So auch Westram, S. 40; König, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 161; ders., FS v. Caemmerer, S. 185; Jagmann, S. 266 ff.; vgl. ferner Jakobs, Lucrum ex negotiatione, S. 111 f. - Noch anderthalb Jahrzehnte nach Inkrafttreten des BGB stellte Kluckhohn (ArchBürgR Bd. 41 (1915), S. 175) fest, daß das Problem der Gewinnhaftung bei § 816 Abs. 1 BGB "bisher noch nicht eigentlich behandelt, nur mitunter flüchtig gestreift" worden sei. 59 So BGHZ 29, 157, 159; vgl. auch schon RGZ 88,351,359 f. 60 Prot. 11, S. 742 f. = Mugdan 11, S. 1203. 61 AcP Bd. 193 (1993), S. 599 Fn. 125. 62 AcP Bd. 193 (1993), S. 594 ff. 63 Vgl. v. Caemmerer, FS Rabel I, S. 357; König, FS v. Caemmerer, S. 184 ff.
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zung fremder Immaterialgüterrechte geschlossen werden. Denn gerade unter bereicherungsrechtlichem Gesichtspunkt bestehen augenflillige Unterschiede zwischen den Fällen der Veräußerung fremder Sachen und des Eingriffs in fremde Immaterialgüterrechte. Bei der Veräußerung fremder Sachen sind die Beiträge des Verletzers regelmäßig so unwesentlich, daß eine Pflicht zur Herausgabe des vollen Gewinns selbst dem schuldlosen Eingreifer zugemutet werden kann 64 . Man wird hier zudem prima facie von der Identität von Gewinn und Sachwert ausgehen können 65 . Jedenfalls bildet ein den objektiven Wert übersteigender Gewinn die Ausnahme, wie die geringe Anzahl veröffentlichter Entscheidungen zur Gewinnhaftung bei Veräußerung fremder Sachen bestätigt. Bei Immaterialgüterrechtsverletzungen hingegen würde der Verletzte mit der Abschöpfung des vollen Nettogewinns oft weit mehr erhalten als eine angemessene Vergütung für die Inanspruchnahme seines Rechtsguts, da bei Immaterialgüterrechtsverletzungen in vielfältiger Weise weitere Faktoren zur Gewinnerzielung beitragen. Noch deutlicher wird der Unterschied zwischen den Fällen der Immaterialgüterrechtsverletzung und der Veräußerung einer fremden Sache, wenn man das Verhältnis von Gewinn und Schaden betrachtet. Während bei der Veräußerung fremder Sachen dem Verletzten spätestens mit dem Verlust der Vindikationsmöglichkeit ein Schaden entsteht, der regelmäßig dem Wert der Sache entspricht und somit wie dieser auch prima facie mit dem Erlös gleichgesetzt werden kann, können bei Eingriffen in Immaterialgüterrechte Schaden und Gewinn weit auseinanderfallen. Besonders anschaulich verdeutlichte dies der "AristonFall"66, in dem eine Urheberrechtsverletzung nicht nur keinen nachweisbaren Schaden des Inhabers verursacht, sondern diesen vielmehr erst berühmt gemacht hatte. Für die Abschöpfung in solcher Weise erzielter Gewinne konnte die condictio sine causa des gemeinen Rechts kaum noch als geeigneter Rechtsbehelf angesehen werden. Schon ein Urteil des Reichsoberhandelsgerichts vom 13.9.1877 meinte daher flir den Fall einer Urheberrechtsverletzung, der Gewinnherausgabeanspruch der Klägerin könne nur auf die actio negotii
64 Vgl. Maser, Herausgabe, S. 212, der die Verfügung über eine fremde Sache als Beispiel dafür anführte, daß der Beitrag des Verletzers "völlig nebensächlich" erscheine und daher der volle Gewinn dem Verletzten zuzuweisen sei. - Ähnliches gilt für den zweiten in § 816 BGB geregelten Fall des Eingriffserwerbs, die Einziehung einer fremden Forderung. Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 126 nannte diesen Fall als Beispiel für einen Eingriffserwerb, der ausschließlich auf dem Einsatz eines fremden Rechtsguts beruhe und daher auch in voller Höhe an den Verletzten herauszugeben sei. 65 Vgl. MünchKomm-Lieb, § 816 Rdnr.29; v. Caemmerer, FS Lewald, S. 447 f.; ders., FS Rabel I, S. 357; König, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 170 ff.; ders., FS v. Caemmerer, S. 188. 66 RGZ 35, 63 ff.
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3. Teil: Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem
gesti directa gestützt werden, da diese im Unterschied zur condictio einen Schaden nicht voraussetze und auch einen "Erwerb, der niemals zu dem Vermögen der Klägerin gehört hat", erfasse67 . Die Verfasser des BGB hätten in diesem Punkt wohl kaum eine andere Ansicht vertreten, stehen doch auch die Fassung der §§ 812 ff. BGB und die Erläuterungen dieser Bestimmungen durch die Gesetzesverfasser ganz im Zeichen der Verrnögensverschiebungsdoktrin68 . Wie bereits in anderem Zusammenhang erwähnt, gingen die Gesetzesverfasser bei der Beratung des Bereicherungsrechts auf die Möglichkeit einer Bereicherung durch Nutzung fremder Rechtsgüter überhaupt nicht ein69 . Daß man in diesen Fällen den Bereicherungsanspruch jedenfalls kaum auf einen den Schaden des Kondizenten übersteigenden Gewinn erstreckt hätte, zeigt eine beiläufige Äußerung in den Protokollen der ersten Kommission zum Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, wonach der Besitzer nicht nach Bereicherungsrecht zur Herausgabe von Nutzungen, die der Eigentümer nicht hätte ziehen können, verpflichtet werden könnte 7o • Die aus der Nutzung fremder Rechtsgüter und namentlich aus Eingriffen in fremde Immaterialgüterrechte erzielten Gewinne sind demnach mit der Bereicherungsrechtsdogmatik, auf deren Boden die Gesetzesverfasser standen, nicht zu erfassen 71 • Dementsprechend ließ das Reichsgericht nach Inkrafttreten des BGB den Bereicherungsanspruch bei Immaterialgüterrechtsverletzungen am Merkmal "auf dessen Kosten" scheitem72 , wie es auch bei sonstigen Eingriffen einen Bereicherungsanspruch ablehnte, soweit dem Vorteil des Beklagten kein entspre-
ROHG 22, 338, 340 f. Vgl. oben S. 35 f. - Daß die §§ 812 ff. BGB von der Verrnögensverschiebungsdoktrin ausgehen, wird nicht einmal von den beiden Hauptvertretern der Rechtswidrigkeitstheorie geleugnet; vgl. Jakobs, Eingriffserwerb, S. 96 f. (für das jüngere gemeine Recht) und S. 144 f. (für das BGB); F. Schu/z, AcP Bd. 105 (1909). S. 63 f.. 441. der bemängelte, daß das BGB vollständig dem Satz ,.neminem cum detrimento alterius locupletiorem fieri" verhaftet geblieben sei. 69 Vgl. oben S. 205. Die Begründung der 2. Komm. für die Ersetzung der Worte "aus dem Vermögen eines anderen" durch .,auf dessen Kosten" (Prot. ll, S. 685 = Mugdan 11, S. 1170 f.) zielte bekanntlich auf ganz andere Fragen als die der Abschöpfung des durch Nutzung fremder Rechtsgüter erzielten Gewinns; vgl. dazu Franke. S. 25 ff.; Batsch, Vermögensverschiebung, S. 24 Fn. 99; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 55 f.; Biisching, S. 26 Fn. 50; G. H. Roth, FS Küchenhoff, S. 374; Kaiser. Nutzungsherausgabe. S. 21 Fn. I; Klien, S. 45. Den Ausführungen der 2. Komm. läßt sich auch nicht der allgemeine Grundsatz entnehmen, daß sich Be- und Entreicherung dem Umfang nach nicht zu decken brauchten; vgl. Franke. a.a.O.; G. H. Roth. a.a.O.; Klien, a.a.O. 70 Prot. (1. Komm.), S. 4169 = Jakobs/Schubert. SachenR I, S. 783. 71 Vgl. AK-Joerges, vor §§ 812 ff. Rdnr.9. 17; Jakobs. Eingriffserwerb. S. 96 tT.; Büsching, S. 17 ff., 13 I f.; F. Schulz. AcP Bd. 105 (1909). S. 63 f .. 441. 478 f.; Kleinheyer, .IZ 1970. S. 473 f.; Goet=ke, AcP Bd. 173 (1973). S.309 Fn.90; Kaiser, Nutzungsherausgabe, S. 21 ff.. insbes. S. 29; Gott. S. 78 ff.. insbes. S. 85; Fest. S. 19 f. 72 RGZ 113,413,424; RG MuW 1930.24. 67
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H. § 687 Abs. 2 BGB und Bereicherungshaftung
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chender Nachteil des Klägers gegenüberstand 73 • Wenn demgegenüber eine heute verbreitete Auffassung annimmt, daß der Bereicherungsanspruch unabhängig von einem Schaden des Verletzten die Abschöpfung des gesamten aus der Nutzung fremder Rechtsgüter gezogenen Gewinns ermögliche, so ist hierin demnach eindeutig eine Loslösung von einer als zu eng empfundenen Gesetzesfassung zu sehen, und nicht etwa, wie Reichard es darzustellen versucht, eine Rückkehr zu dem, wovon die Gesetzesverfasser als selbstverständlich ausgingen. Zusammenfassend ist festzustellen, daß auf der Grundlage der Bereicherungsrechtsdogmatik des jüngeren gemeinen Rechts die Rechtsfigur der unechten Geschäftsruhrung ohne Auftrag keineswegs überflüssig geworden war. Zugleich hat sich gezeigt, daß sich aus der Entstehungsgeschichte des BGB keine überzeugenden Argumente rur eine bereicherungsrechtliche Gewinnhaftung herleiten lassen. Da jedoch die Problematik der Gewinnhaftung, wie ausgeruhrt, von der gemeinrechtlichen Literatur kaum erörtert wurde, läßt sich andererseits sicher auch nicht ausschließen, daß die Erstreckung des Bereicherungsanspruchs auf einen den Schaden des Gläubigers übersteigenden Gewinn in der gemeinrechtlichen Literatur und bei der Beratung des BGB Berurworter gefunden hätte, wenn man das Problem in der heute üblichen Weise unter Abwägung aller Gesichtspunkte diskutiert hätte. Demnach lassen sich aus der Entstehungsgeschichte des BGB auch schwerlich zwingende Argumente gegen eine bereicherungsrechtliche Gewinnhaftung herleiten. Letztlich ausschlaggebend sollte in der Diskussion um die bereicherungsrechtliche Gewinnhaftung daher eine systematisch-teleologische Betrachtung sein, rur die der Gegenüberstellung der Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung und § 687 Abs.2 BGB entscheidende Bedeutung zukommen muß. b) Das Verhältnis von geschäftsführungsrechtlicher und bereicherungsrechtlicher Vorteilsabschöpfung in systematisch-teleologischer Sicht
Das Bereicherungsrecht ist ein Ausgleichsinstrument, das ausschließlich an den Vorgang der Güterbewegung anknüpft und nicht an die diese hervorbrin73 Vgl. etwa RG JW 1903, Beil. S. 101 und LZ 1917, Sp. 921,922, wo jeweils ein Bereicherungsanspruch auf Nutzungsherausgabe mangels Schadens verneint wurde; RGZ 138,45,47, wo bezweifelt, aber letztlich offen gelassen wurde, ob ein den Schaden des Eigentümers übersteigender Erlös aus unberechtigter Verfligung noch auf Kosten des Eigentümers erlangt sei und daher aus § 816 Abs. 1 BGB herausverlangt werden könne. - Aus der Literatur vgl. etwa Oertmann, vor § 812 Anm. 2 b; Franke, S. 20 ff.; Pinzger, GRUR 1927, S.270; Möhring, GRUR 1931, S. 423; Kisch, Festg. Reichspatentamt, S. 96 ff.; ders., LZ 1927, Sp.672; Killckhohn, ArchBürgR Bd.41 (1915), S. 173; Klien, S. 45 f.
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3. Teil: Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem
genden Handlungen, erst recht nicht an die mit diesen Handlungen verbundenen subjektiven Momente. Dementsprechend bedarf hier die Zuweisung des Anspruchsgegenstandes an den Gläubiger ebenso der Rechtfertigung wie die Abschöpfung des Vorteils beim Schuldner74 • Die positive Zuweisung des Anspruchsgegenstandes an den Gläubiger läßt sich aber in den Fällen der Nutzungseingriffe wohl am überzeugendsten damit begründen, daß das vom Eingreifer Erlangte die dem Kondizenten ausschließlich zugewiesene Nutzung ist, deren objektiven Wert der Eingreifer nach § 818 Abs. 2 BGB zu ersetzen hat. Präventionsgesichtspunkte können im Bereicherungsrecht entgegen einer verbreiteten Auffassung keine Rolle spielen 75 • Mit Präventionsgesichtspunkten läßt sich die Vorteilsabschöpfung ausschließlich dort plausibel begründen, wo schuldhaftes Handeln vorausgesetzt wird 76 • Maßgebliche Bedeutung kommt dem Präventionsgesichtspunkt für die Vorteilsabschöpfung nur im Hinblick auf vorsätzliches Handeln zu 77 . Das Instrumentarium des Bereicherungsrechts ist zur Verfolgung präventiver Zwecke ungeeignet, da es hinsichtlich Entstehung und Umfang des Primäranspruchs keinen Unterschied zwischen vorsätzlichem, fahrlässigem und schuldlosem Handeln macht, ja nicht einmal auf eine Bereicherung durch Schuldnerhandeln zugeschnitten ist. Dem trägt die herrschende Meinung jedenfalls im Ansatz zutreffend Rechnung, indem sie Tatbestand und Rechtsfolgen der Eingriffskondiktion anhand des vom Präventionsgedanken grundverschiedenen Zuweisungsgedankens bestimmt. Eine Zweckentfremdung des Bereicherungsrechts zur Verfolgung präventiver Ziele könnte allenfalls dann geboten sein, wenn geeignete Rechtsbehelfe, die vorsätzliche oder mindestens fahrlässige Rechtsverletzungen voraussetzen, fehlten. Derartige Rechtsbehelfe stehen jedoch in Gestalt des § 687 Abs. 2 BGB, des Schadensersatzanspruchs und der diesen ergänzenden dreifachen Schadensberechnung zur Ver-
Vgl. oben S. 74,121. Wie hier z. B. v. Caemmerer . .IR 1959. S. 462: Loewenheim. ZHR Bd. 135 (1971). S. 114; Büsching, S. 141. 146. 148; Ho/enstein. S. 55 ff.: Jagmann. S. 277 f.: Fest. S. 104; a. A. etwa Reuter/ Martinek. S. 538: Haines. S. 49. 121: F. Schu/=. AcP Bd. 105 (1909). S. 224; Kellmann, Gewinnhaftung. S. 14. 16: Jakobs. EingritTserwerb. S. 107: wohl auch Baumbach/ Hefermeh/. UWG. Einl. Rdnr. 414: vgl. ferner Widmer. S. 90. der u. a. unter Hinweis auf Präventionsgesichtspunkte die Gewinnherausgabeptlicht aus Art. 423 schweiz. OR auf den gutgläubigen Eingreifer erstrecken will. Schaufe/berger. S. 223 ff. begründet zwar die bereicherungsrechtliche Gewinnabschöpfung u. a. mit Präventionsgesiehtspunkten. räumt jedoch ein. daß diese auf den schuldlosen Eingreifer nicht zuträfen. 76 Zutr. v. Caemmerer . .IR 1959. S.462: Köndgen. RabelsZ Bd. 56 (1992). S. 740: Biisching. S. 141. 146. 148: Nietlispach. S. 15 f.: /föhn. S. 47 1'.: vgl. auch lI'i/bllrg. Ungerechtfertigte Bereicherung. S. 26: ['/"('/{. GRlJR 1979. S. 759. 77 Vgl. Köndgen. RabelsZ Bd. 56 (1992). S. 729. 742. 744: v. Caemmerer. JR 1959. S. 462: Wiecorek. S. 61. 96. 147: Westram. S. 62: Jagmalln. S. 277. 74 75
II. § 687 Abs. 2 BGB und Bereicherungshaftung
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fügung. Als Argument für eine bereicherungsrechtliche Gewinnhaftung kann die Präventionswirkung der Gewinnherausgabeptlicht daher nicht dienen. Will man überhaupt eine bereicherungsrechtliche Gewinnhaftung anerkennen, so muß diese jedenfalls nach ganz anderen Grundsätzen ausgestaltet werden als der Herausgabeanspruch aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB. Hat der Eingreifer neben fremden auch eigene Rechtsgüter eingesetzt, so ist zumindest der hierauf entfallende Teil des Gewinns nicht auf Kosten des Verletzten erlangt. Der Eingreifer muß also bereicherungsrechtlich wenigstens den im Wege der Ertragsfaktorenrechnung den eigenen Beiträgen zuzurechnenden Gewinnanteil behalten dürfen 78 • Als anspruchsmindernde eigene Beiträge des Eingreifers kommen u. a. ProduktionsmitteF9, Immaterialgüterrechte 80 , Werbungsaufwand 81 , Know-how 82 , konsequenterweise sogar die ausgenutzten Geschäftsverbindungen83 in Betracht. Insbesondere ist auch die eingesetzte Arbeitskraft zugunsten des Eingreifers zu berucksichtigen84 . Führt man die Verteilung des Erlöses auf die Ertragsfaktoren konsequent durch, so wird sich der Gewinnherausgabeanspruch meist weitgehend dem Anspruch auf Ersatz des objektiven Wertes annähem 85 . Zu im wesentlichen ähnlichen Ergebnissen gelangt die Auffassung, die dem Eingreifer den Gewinn belassen will, den er auch bei hypothetischem recht-
78 So etwa MünchKomm-Lieb, § 818 Rdnr. 19,21; Erman-H. P. Westermann, § 818 Rdnr. 20, 29; Heck, S.426; Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 126 ff.; Reeb, S. 108 ff; Kellmann, Gewinnhaftung, S. 139 ff.; Reimer, WbR, S. 864; Kisch, Festg. Reichspatentamt, S. 97; Brandner, GRUR 1980, s. 361; Kaiser, Nutzungsherausgabe, S. 168 ff.; Krumm, S. 130 f.; vgl. auch schon Kohler, Hdb., S. 571 f. 79 Orth, S. 74; Kellmann, Gewinnhaftung, S. 139 f; Moser, Herausgabe, S. 195,201; Kaiser, Nutzungsherausgabe, S. 179; ders., GRUR 1988, S. 507. 80 Brandner, GRUR 1980, S. 361; Kellmann, Gewinnhaftung, S. 139; Th. Fischer, S. 119; Moser, Herausgabe, S. 201; Kohler, Hdb., S. 571 f. 81 Kellmann, Gewinnhaftung, S. 140; Orth, S. 74. 82 Brandner, GRUR 1980, S. 361; Kaiser, Nutzungsherausgabe, S. 176. 83 Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 132 f; Moser, Herausgabe, S. 195, 201. 84 MünchKomm-Lieb, § 818 Rdnr. 217; Lobe, S. 364 f; Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 126 ff; Orth, S.74; Brandner, GRUR 1980, S. 361; Kaiser, GRUR 1988, S. 507. Andere wollen dem Eingreifer den auf seiner "Geschicklichkeit" beruhenden Gewinn belassen; so Kohler, Hdb., S. 572; Heck, S. 426; Moser, Herausgabe, S. 195, 20 I; Th. Fischer, S. 119; Kellmann, Gewinnhaftung, S. 139 f 8S Vgl. Kraßer, GRUR Int. 1980, S. 264; v. der Osten, GRUR 1998, S. 285 f; Widmer, S. 96; zum Verhältnis von Wertersatz und anteiliger Gewinnherausgabe ferner Erman-H. P. Westermann, § 818 Rdnr. 20, 29; Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 133 ff; ders., AcP Bd. 163 (1964), S. 350 f; Büsching, S. 148; Kellmann, Gewinnhaftung, S. 142 f, der in dem angemessenen Entgelt nur eine Form der Gewinnberechnung sieht, die für den Verletzten insbes. aus Beweisgründen von Vorteil sei, da sich ein "positiver Gewinn" häufig gar nicht feststellen lasse.
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3. Teil: Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem
mäßigem Vorgehen hätte erzielen können 86 . Der Grundgedanke dieser Lehre ist die Erwägung, daß mittels der Gewinnhaftung, gleichsam in Umkehrung des Schadensersatzprinzips der §§ 249 S. 1, 252 BGB87, beim Eingreifer genau die Vermögens lage hergestellt werden soll, die ohne die Rechtsverletzung bestünde. Dies läuft, ähnlich wie die Anwendung der Ertragsfaktorenrechnung, meist daraufhinaus, daß der Eingreifer bei Einsatz eigener Rechtsgüter einen Teil der Erträge behalten d~8. Das Ergebnis beider Verfahren der Gewinnberechnung ist grundsätzlich dasselbe, wenn die Inanspruchnahme des fremden Rechtsguts lediglich die Höhe des auf im übrigen in gleicher Weise erzielbaren Gewinns gesteigert hat. Die Lehre von der Berücksichtigung hypothetischer Erwerbsmöglichkeiten geht jedoch insofern über die Ertragsfaktorenrechnung hinaus, als sie dem Eingreifer die Berufung darauf gestattet, er habe das fremde Rechtsgut durch ein eigenes ersetzen können 89 . Dies fUhrt dazu, daß bei Eingriffen in vertretbare Rechtsgüter der Anspruch auf Gewinnherausgabe sich in einen Anspruch in Höhe der ersparten Ausgaben verwandelt90 , der regelmäßig mit dem Anspruch auf Ersatz des objektiven Wertes identisch ist, aber auch dahinter zurückbleiben kann. So hat etwa derjenige, der eine fremde Sache veräußert, dann, wenn er statt dessen auch rechtmäßig über eine entsprechende eigene hätte verfilgen können, nach § 816 Abs. 1 BGB nur den Betrag seiner
86 Vgl. F. Schulz, AcP Bd. 105 (1909), S. 106 ff.; Jakobs, Eingriffserwerb, S. 123 ff.; Haines, S. 127 ff., 147 ff.; Kahler, Hdb., S. 570 ff.; Esser/Weyers, § 50 11 2 c, § 51 I 1 e, 4 c; Koppensteiner/Kramer, S. 123 f., 159 f.; Gursky, IR 1972, S. 283 ff.; v. Fischer, S. 48 ff.; Schaufelberger, S. 190 f.; Krautwig, S. 113 ff.; Thum, S. 77. - Maser, Herausgabe, S. 194 ff., insbes. S. 209 ff. wollte folgendermaßen differenzieren: Wenn die Beiträge des Verletzers auch ohne die Verletzung zur Geltung kommen konnten, sei nur der ohne den Beitrag des Verletzten nicht erzielbare Gewinn herauszugeben. Andernfalls müsse der gesamte Gewinn herausgegeben werden, wenn der Beitrag des Verletzers "völlig nebensächlich" war. Im übrigen verbleibe der Gewinn dem Verletzer insoweit, als der Beitrag des Verletzten "ersetzbar" war. Bei Unersetzbarkeit sei der Gewinn nach dem mutmaßlichen Wert der Beiträge zu verteilen. 87 Vgl. F. Schulz, AcP Bd. 105 (1909), S. 445; Jakobs, Eingriffserwerb, S. 139 ff.; Schaufelberger, S. 9 ff. 88 Vgl. Jakobs, Eingriffserwerb, S. 132, der etwa die vom Eingreifer ausgeübte Tätigkeit, seine Betriebsmittel und Geschäftsverbindungen, Kenntnisse und Fähigkeiten als Indizien dafür, inwieweit der Eingreifer einen anderweitigen Gewinn hätte erzielen können, berücksichtigen will. 89 Umstr. ist, ob zugunsten des Eingreifers auch der hypothetische Erwerb in anderen Erwerbszweigen berücksichtigt werden kann; dafür Kahler, Hdb., S. 573; Jakobs, Eingriffserwerb, S. 128 ff.; Haines, S. 149; dagegen aus praktischen Gründen F. Schulz, AcP Bd. 105 (1909), S. 115 f. und aus generalpräventiven Gründen (für Art. 423 schweiz. OR) Maser, Herausgabe, S. 203 ff.; ähnlich Th. Fischer, S. 117 f., der eine anderweitige Erwerbsmöglichkeit nur berücksichtigen will, wenn der Verletzer dieselbe Erwerbstätigkeit bereits in nicht-verletzender Weise ausgeübt hatte. 90 Jakobs, Eingriffserwerb, S. 128 f.; F. Schulz, AcP Bd. 105 (1909), S. 114, 117; Krautwig, S. 115.
II. § 687 Abs. 2 BGB und Bereicherungshaftung
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Aufwendungsersparnis in Höhe des Wertes der eigenen Sache herauszugeben 9 \. Der Patentverletzer hat, wenn das verletzte Patent lediglich die höheren Kosten eines anderen Verfahrens vermieden hat, nur die Kostenersparnis herauszugeben92 • Zur Identität von Gewinnherausgabe und Wertersatz gelangt man insbesondere dann, wenn man das rechtmäßige Alternativverhalten in dem Abschluß eines Lizenzvertrages sieht93 • Der den objektiven Wert der in Anspruch genommenen Position übersteigende Gewinn aus der rechtsverletzenden Tätigkeit verbleibt dann, anders als nach der Ertragsfaktorenrechnung, in vollem Umfang dem Verletzer. Die konsequente Berücksichtigung rechtmäßiger Erwerbsmöglichkeiten fuhrt also weitgehend dazu, daß dem Kondizenten nur ein Anspruch auf den Marktpreis seiner Position zusteht94 • Die Haftung kann aber auch gänzlich entfallen, wenn der Eingreifer denselben Erfolg durch Einsatz eigener Rechtsgüter herbeifilhren konnte, ohne daß ihm deshalb zusätzliche Kosten entstanden wären 95 • Ein Anspruch auf Herausgabe des vollen Nettogewinns kommt nach dieser Auffassung nur dann in Betracht, wenn der Berechtigte nicht zu einem angemessenen Preis die Nutzung gestattet hätte und die Inanspruchnahme des fremden Rechtsguts condicio sine qua non filr die Erzielung jeglichen Gewinns war96 • Tatsächlich wird von F. Schulz und Jakobs selbst diese Konsequenz aber noch abgeschwächt. F. Schulz und Jakobs wollen nämlich bei gleichzeitiger Inanspruchnahme fremder und eigener Rechtsgüter immer, wenn der Beitrag des Eingreifers als Hauptsache zu qualifizieren ist, dem Verletzten lediglich einen Anspruch auf die Lizenzgebühr zusprechen 97 • Dabei soll auch die Tätigkeit des Eingreifers als Hauptsache in Betracht kommen98 • Ist der Beitrag des Verletzten die Hauptsache, so soll zwar der Eingreifer nur den Wert
9\ Vgl. Staudinger-Lorenz, § 816 Rdnr. 25; Jakobs, Eingriffserwerb, S. 58; KoppensteinerlKramer, S. 159 f; EsserlWeyers, § 50 II 2 c, § 51 14 c; Gursky, IR 1972, S. 284; a. A. aber wohl BGHZ 29, 157, 159 ff. 92 Jakobs, Eingriffserwerb, S. 129. 93 Vgl. Jakobs, Eingriffserwerb, S. 129; Orth, S. 123; Büsching, S. 148 f 94 Vgl. Staudinger-Lorenz, § 816 Rdnr. 25; Schlechtriem, König-Symposium, S. 81; König, FS v. Caemmerer, S. 188; EsserlWeyers, § 50 II 2 c, § 51 I I e, 4 c; Jakobs, Eingriffserwerb, S. 128 ff; ders., Lucrum ex negotiatione, S. 128 f; Haines, S. 150 f.; Höhn, S. 66 ff; Jagmann, S. 279 ff. 95 Vgl. Gursky, IR 1972, S. 283. 96 Zu denken ist hier insbes. an Patentverletzungen, da ein neues Patent oft die nach traditionellen Verfahren hergestellten Produkte unverkäuflich macht; vgl. Tolksdorf, MuW 1936, S. 443 f, der aber zu Unrecht hierin einen grundsätzlichen Einwand gegenüber der Auffassung Lindenmaiers (ZAkDR Bd. 3 (1936), S. 165) sah, daß nur der rechtmäßig nicht erzielbare Gewinn herauszugeben sei. 97 F. Schulz, AcP Bd. 105 (1909), S. 119; Jakobs, Eingriffserwerb, S. 126; ders., Lucrum ex negotiatione, S. 128 f 98 F. Schulz, AcP Bd. 105 (1909), S. 125; Jakobs, Eingriffserwerb, S. 131 f
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seiner Beiträge abziehen können, hierbei jedoch auch eine angemessene Vergütung rur die geleistete Tätigkeit erhalten 99 . Beispielhaft rur die bei Anwendung dieser Grundsätze unvenneidliche Annäherung der Gewinnhaftung an die Wertersatzhaftung ist die Stellungnahme Jakobs' zum "Kunststoffhohlprofil lI-Urteil" des Bundesgerichtshofs loo . Jakobs stimmt im Ergebnis der von ihm im theoretischen Ansatz strikt abgelehnten Bemessung des Bereicherungsanspruchs nach dem objektiven Wert des Eingriffsobjekts in diesem Urteil mit der Begründung zu, die Beteiligung des Verletzten am Gewinn habe wegen der Nebensächlichkeit seines Beitrags rur diesen Gewinn mittels einer Lizenzgebühr erfolgen müssen lOl • Die Lehre von der Berücksichtigung rechtmäßiger Erwerbsmöglichkeiten kommt somit den Interessen des Eingreifers insgesamt noch weitergehend entgegen als die Ertragsfaktorenrechnung. Schon bei der Verteilung des Gewinns auf Ertragsfaktoren dürfte sich, wenn man zugunsten des Eingreifers etwa auch Arbeitseinsatz, Produktionsmittel und Geschäftsverbindungen berücksichtigt, die praktische Bedeutung der bereicherungsrechtlichen Gewinnhaftung im wesentlichen auf Zufallsgewinne reduzieren, eine rur das modeme Produktionsund Vertriebssystem eher untypische Erscheinung. Gestattet man dem Eingreifer den Einwand, er habe den Gewinn auch unter Einsatz eigener Mittel erzielen können, so verbleibt ihm sogar der Zufallsgewinn. Zutreffend konstatierte daher schon MoserlO 2 , daß bei unbeschränkter Zulassung der Berufung auf anderweitige Erwerbsmöglichkeiten von der Gewinnherausgabe nicht viel übrig bleibt. Ebenso richtig ist jedoch die Erwiderung Jakobs '103, daß hieraus ein Argument gegen die Berücksichtigung anderweitiger Erwerbsmöglichkeiten nur im Hinblick auf den bösgläubigen Eingreifer hergeleitet werden kann. Wenn Moser gegen die Berücksichtigung anderweitiger Erwerbsmöglichkeiten einwandte, "daß der unerlaubte Weg (z. B. die Produktion mit Hilfe des fremden Patents), mag er sich später auch als der weniger lukrative erweisen, dem Handelnden oft aussichtsreicher erscheinen und ihn somit mehr reizen wird als der erlaubte", daß aber "dem Verletzer eine derartige Wahl überhaupt nicht zustehen soll und eine konsequente, entschlossene Durchruhrung des Postulates vom Eingriffsgewinn vielmehr erfordert, daß der unerlaubte Weg dem Verletzer von
F. Schulz, AcP Bd. \05 (1909), S. 90 f, 119; Jakobs, Eingriffserwerb, S. 126. BGHZ 82, 299 ff 101 Jakobs, Lucrum ex negotiatione, S. 128 f. Vgl. auch schon ders., Eingriffserwerb, S. 135 f (zu BGHZ 20, 345 ff. "Paul Dahlke"). 102 Herausgabe, S. 204 f.; ebenso Th. Fischer, S. 118. 103 Eingriffserwerb, S. 131. 99
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Anfang an als der weniger aussichtsreiche erscheine"I04, so treffen diese Überlegungen ausschließlich auf den dolosen Rechtsverletzer zu und passen daher auf die auch die irrtümliche Eigengeschäftsfiihrung einbeziehende Haftung aus Art. 423 schweiz. OR ebensowenig wie auf die Bereicherungshaftunglos. Will man eine verschuldensunabhängige Gewinnhaftung grundsätzlich zulassen, so sind die dargelegten Restriktionen derselben unentbehrlich. Denn nur sie können gewährleisten, daß die Vorteilsabschöpfung im Ergebnis nicht zu einer Schädigung des Schuldners fiihrt 106 , wie dies auch und gerade von den Vertretern einer bereicherungsrechtlichen Gewinnhaftung postuliert wird lO7 • Abzulehnen ist demnach die vereinzelt vertretene Auffassung, daß der Schuldner bereicherungsrechtlich auch bei Einsatz eigener Rechtsgüter zur Herausgabe alles Erlangten verpflichtet sei und lediglich den Wert der eigenen Rechtsgüter abziehen dürfe lO8 • Denn diese Lösung wird den berechtigten Interessen des Bereicherungsschuldners nicht gerecht. Wo tatbestandlich kein schuldhaftes Handeln des Herausgabepflichtigen vorausgesetzt wird, ist es nicht zu rechtfertigen, diesem auch den Gewinn zu entziehen, den er ohne den Einsatz des fremden Rechtsguts ebenfalls erzielt hätte. Wollte man aber doch den Schuldner nach Bereicherungsrecht im Grundsatz ähnlich wie nach § 687 Abs.2 i. V. m. §§ 681 S. 2,667,684 S. 1 BGB stets zur vollen Gewinnheraus-
104 Moser, Herausgabe, S. 206 (Hervorh. im Original). Widersprüchlich erscheint demgegenüber aber die Auffassung Mosers (a.a.O., S. 212 f.), daß bei Inanspruchnahme ersetzbarer Güter die Berücksichtigung von Ersatzfaktoren zulässig sei. 105 Die Problematik der schweiz. Rechtslage, auf die Moser sich bezog, besteht allerdings darin, daß diese - jedenfalls nach Auffassung Mosers - keine Handhabe flir eine Abstufung der Gewinnhaftung des bösgläubigen und des gutgläubigen Eingreifers bietet. 106 König, FS v. Caemmerer, S. 190 f. zeigt am Beispiel der Gewinnhaftung bei Patentverletzungen im amerikanischen Recht, die bis zu ihrer Abschaffung im I ahre 1946 viele Unternehmen an den Rand des Ruins getrieben habe, wie schädlich dem Schuldner tatsächlich eine unbeschränkte Gewinnhaftung sein kann. Büsching, S. 146 Fn. 57 bezweifelt angesichts dessen die Praktikabilität der vollen Gewinnhaftung auch bei schuldhaftem Eingriff. Für den Fall des vorsätzlichen Eingriffs greifen derartige Bedenken aber keinesfalls durch, begründet doch gerade eine spürbare SchlechtersteIlung des Eingreifers gegenüber der durch rechtmäßiges Vorgehen herbeizuflihrenden Lage den erwünschten Präventionseffekt. 107 Vgl. Erman-H. P. Westermann, § 818 Rdnr. 17; Esser/Weyers, § 51 I 1 e, II 1 b; Jakobs, Eingriffserwerb, S.66, 136 ff.; Haines, S. 118; Orth, S.74; Lobe, S. 364 f.; Koppensteiner, NJW 1971, S. 1770, 1773; Kaiser, GRUR 1988, S.506; flir Art. 423 schweiz. OR Th. Fischer, S.22. - Jakobs, a.a.O., S. 143 schließt überzeugend die Notwendigkeit der Berücksichtigung hypothetischer Erwerbsmöglichkeiten aus dem Grundsatz, daß die Bereicherungshaftung nicht zu einer Schädigung des Schuldners flihren dürfe, einerseits, der Einbeziehung des entgangenen Gewinns in den Schadensersatz andererseits. 108 So Rothoeft, AcP Bd. 166 (1966), S. 253 ff.
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gabe verpflichten, so dürfte sich jedenfalls von selbst verstehen, daß die oben lO9 dargelegten, auf den dolosen Rechtsverletzer zugeschnittenen Grundsätze der Bemessung des Aufwendungsersatzes auf den Bereicherungsanspruch nicht übertragbar sind. Vor allem kann dem Bereicherungsschuldner nicht zugemutet werden, seine Arbeitskraft umsonst zugunsten des Gläubigers aufgewandt zu haben. Insgesamt kann somit festgestellt werden, daß entgegen verbreiteter Ansicht die bereicherungsrechtliche Gewinnhaftung gegenüber der Verpflichtung zum Ersatz des objektiven Wertes nicht als die schärfere Haftungsform gelten kann. Vielmehr erweist sich, zumindest wenn man dem Eingreifer die Berufung auf hypothetische rechtmäßige Erwerbsmöglichkeiten gestattet, auch heute noch die Vorstellung als zutreffend, daß Gewinnherausgabe nicht selten weniger ist als Wertersatz llo . Wichtiger als die Frage, ob der Gläubiger bereicherungsrechtlich einen den objektiven Wert des Eingriffsobjekts übersteigenden Gewinn abschöpfen kann, ist daher, daß der Bereicherungsschuldner die Möglichkeit haben muß, die Vermutung zu widerlegen, daß seine (noch vorhandene) Bereicherung dem objektiven Wert entspricht, und zwar gerade auch in den Fällen des Ge- oder Verbrauchs fremder RechtsgUter lll . Eine bereicherungsunabhängige Wertersatzhaftung ist ebenso abzulehnen wie eine unbeschränkte bereicherungsrechtliche Gewinnhaftung, da sie gegen den von den Gesetzesverfassern vorausgesetzten 112 und auch von der Rechtsprechung immer wieder betonten 113 "oberS. 277 ff. Eingriffserwerb, S. 72 fragt also durchaus zu Recht, ob man den Verletzer "mit der Haftung auf die Lizenzgebühr nicht in Wahrheit viel härter trifft als mit der bereicherungsrechtlichen Gewinnherausgabe, weil die Lizenzgebühr in jedem Falle und unabhängig davon geschuldet sein soll, ob der Eingreifer überhaupt einen Gewinn erzielt hat und ob er ihn noch hat". 111 So etwa BGHZ 55, 128, 130 f; Erman-H. P. Westermann, § 818 Rdnr. 17,27 f; StudK-Beuthien, § 818 Anm. 4 a; Larenz, FS v. Caemmerer, S. 223 f.; Sack, FS Hubmann, S. 381 ff.; Canaris, IZ 1971, S. 561; Gursky, IR 1972, S. 281 ff.; Kellmann, NIW 1971, S. 865; Lieb, NIW 1971, S. 1292; Köhler, NIW 1992, S. 1480; ders., in: Großkomm. UWG, vor § 13 Abschn. B Rdnr. 382 ff.; Goetzke, AcP Bd. 173 (1973), S. 312 f; Ullmann, GRUR 1978, S. 620 f.; Delahaye, GRUR 1985, S. 859 f; Kraßer, GRUR Int. 1980, S. 268; Loewenheim, WRP 1997, S. 917 f.; Reeb, S. 97 ff; Büsching, S. 144 f.; Höhn, S. 151. - A. A. aber BGHZ 20, 345, 355 "Paul Dahlke"; BGH NIW 1979, 2205, 2206; NIW-RR 1987, 231, 232 "Nena"; GRUR 1992, 557, 558 "Talkmaster-Foto"; Jauernig-Schlechtriem, § 818 Rdnr. 21 f; Mestmäcker, IZ 1958, S. 524; Brandner, GRUR 1980, S. 360; Ulmer, UrhR, S. 560; Rümker, S. JOI ff; Batsch, Vermögensverschiebung, S. 114; Fest, S. 63 ff.; wohl auch v. Caemmerer, FS RabeJ I, S. 356 ff.; stark einschr. LarenzlCanaris, § 73 I 5 i, 11 5 c. 112 Vgl. Prot. 11, S. 706 = Mugdan 11, S. 1183 f. 113 Vgl. BGHZ 1,75,81; 55,128,131; BGH WM 1978,708,711; NIW 1981,2687, 2689. 109
110 Jakobs,
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sten Grundsatz des Bereicherungsrechts" verstößt, daß der Bereicherungsanspruch keinesfalls mehr als den dem Schuldner konkret zugeflossenen Vorteil abschöpfen darf. Ob, wie einige Autoren meinen, daraus, daß zugunsten des Bereicherungsschuldners die konkreten Auswirkungen des Bereicherungsvorgangs im Schuldnervermögen Berücksichtigung finden müssen, die Konsequenz zu ziehen ist, daß umgekehrt der Bereicherungsgläubiger auch einen den objektiven Wert übersteigenden Gewinn herausverlangen könne ll 4, mag hier dahinstehen. Auch wenn man dem Gläubiger den Nachweis eines über den objektiven Wert hinausgehenden Gewinns gestatten wollte, wäre diese Möglichkeit bei Anwendung der dargelegten Grundsätze rur den Gläubiger jedenfalls nur selten von Interesse. Die geringe Bedeutung der dritten im Vergleich zur zweiten Schadensberechnungsmethode bei Immaterialgüterrechtsverletzungen ist hierfiir der vielleicht aussagekräftigste Beweis. Für das Verhältnis des § 687 Abs. 2 BGB zur Eingriffskondiktion ergibt sich aus alledem, daß die Gewinnhaftung nach § 687 Abs. 2 BGB nicht nur über eine bereicherungsrechtliche Wertersatzhaftung, sondern auch über jede vertretbarerweise anzuerkennende bereicherungsrechtliche Gewinnhaftung hinausgeht. Dies bedeutet allerdings zugleich, daß das argumentum e contrario aus § 687 Abs. 2 BGB gegen die bereicherungsrechtliche Gewinnhaftung in der Form, in der es bis heute zahlreiche Autoren im Anschluß an v. Caemmerer vertreten 115, nicht aufrecht zu erhalten ist. Dieses Argument beruht auf zwei unzutreffenden Prämissen: zum einen der Annahme, daß die von der Gegenansicht postulierte bereicherungsrechtliche Gewinnhaftung mit der in § 687 Abs. 2 BGB angeordneten Haftung identisch sei, zum andern der Annahme, daß die Verpflichtung zum Ersatz des objektiven Wertes den Schuldner regelmäßig besser stelle als eine bereicherungsrechtliche Gewinnhaftung. Wie dargelegt, könnte das Postulat eher umgekehrt lauten: Verschuldensunabhängig ist nur der erzielte Gewinn (nämlich die Bereicherung im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB) herauszugeben, bei Bösgläubigkeit der volle gemeine Wert zu erstatten. Gleichwohl hat das argumentum e contrario aus § 687 Abs. 2 BGB in modifizierter Form nach wie vor Gültigkeit. Denn es impliziert den richtigen Gedanken, daß nur dem bösgläubigen Eingreifer zugemutet werden kann, auch den auf eigenen Beiträgen beruhenden Gewinn herauszugeben.
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So Erman-H. P. Westermann, § 818 Rdnr. 18; Esser/Weyers, SchuldR 11, § 51 I
I e; Wilburg, AcP Bd. 163 (1963/64), S. 350; Koppensteiner, NJW 1971, S. 1769 ff.; Koppensteiner/Kramer, S. 155 ff.; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 74 ff.; Jakobs, Eingriffserwerb, S. 58. 115 Vgl. die Nachw. oben S. 193 Fn. 65.
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2. Das Verhältnis der Haftung aus § 687 Abs. 2 BGB zur Haftung des bösgläubigen Bereicherungsschuldners Mit der Feststellung, daß der Umfang des Anspruchs aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S.2, 667 BGB sich von der Bereicherungshaftung des gutgläubigen Eingreifers unterscheidet, ist allerdings noch nicht abschließend entschieden, daß dem Herausgabeanspruch aus § 687 Abs. 2 BGB neben der Bereicherungshaftung eine selbständige Funktion zukommt. Denn nach überwiegender Auffassung unterscheidet sich die Haftung des bösgläubigen Bereicherungsschuldners nicht nur hinsichtlich der Folgen des Wegfalls der Bereicherung, sondern auch hinsichtlich des Umfangs der Primärverpflichtung von derjenigen des gutgläubigen Bereicherungsschuldners. Auch diejenigen Autoren, die eine bereicherungsrechtliche Gewinnhaftung befürworten, wollen, wie dargelegt, fast ausnahmslos dem gutgläubigen Bereicherungsschuldner den den eigenen Beiträgen zuzurechnenden oder den auch auf rechtmäßige Weise erzielbaren Erwerb belassen. Des weiteren wird in der neueren Literatur, unabhängig von der Stellungnahme zum Problem der Gewinnhaftung, überwiegend angenommen, daß der gutgläubige Bereicherungsschuldner dem Anspruch auf Ersatz des objektiven Wertes entgegenhalten kann, er hätte sich billiger als durch entgeltliche Inanspruchnahme des fremden Rechtsguts beholfen und sei daher nicht in Höhe des objektiven Wertes bereichert. Es wird also, mit anderen Worten, dem gutgläubigen Bereicherungsschuldner gestattet, anspruchsmindernd hypothetische Kausalverläufe geltend zu machen. Dem bösgläubigen Bereicherungsschuldner soll dies jedoch verwehrt sein 116. Er soll sich nach fast allgemeiner Auffassung nicht darauf berufen können, daß er für das in Anspruch genommene Rechtsgut keinesfalls eine Vergütung entrichtet hätte oder sich einen entsprechenden Vorteil unter dem objektiven Marktwert hätte verschaffen können. Vielmehr hafte der Eingreifer stets mindestens auf den objektiven Wert des Eingriffsobjekts ll7 . Erzielt der Eingreifer durch die Nutzung des fremden Rechtsguts Gewinne, so soll er nach den Befürwortern einer bereicherungsrechtlichen Gewinnhaftung zu deren Herausgabe ohne Rücksicht auf hypothetische anderweitige Erwerbsmöglichkeiten verpflichtet sein l18 . Die herrschende Lehre gelangt so folglich auf der Grundlage der §§ 812 ff. BGB im wesentlichen zu denselben Resultaten, wie sie sich nach hier vertretener Auffassung aus der Anwendung der §§ 687 Abs. 2, 681 S. 2, 667, 684 S. 1 BGB ergeben.
So besonders deutlich Esser/Weyers, § 51 III 2 c. Vgl. die Nachw. oben S. 204 Fn. 106. 118 MünchKomm-Lieb, § 818 Rdnr. 21a; KoppensteineriKramer, S. 161; Jakobs, Eingriffserwerb, S. 144 f.; Haines, S. 148 f.; EsserlWeyers, § 51 III 2 c. 116 117
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a) Die Frage einer bereicherungsrechtlichen Mindesthaftung auf den objektiven Wert bei bösgläubigem Eingriff Um zu einer auf den bösgläubigen Eingreifer beschränkten bereicherungsrechtlichen Mindesthaftung auf den objektiven Wert zu gelangen, werden unterschiedliche Wege beschritten. Nach überwiegender Auffassung soll sich der Umfang der Primärhaftung des bösgläubigen Eingreifers allein aus den §§ 812 Abs. 1 S. 1, 818 Abs. 2 BGB ergeben, während der gutgläubige Eingreifer sich auf § 818 Abs. 3 BGB berufen könne, soweit eine Bereicherung in Höhe des objektiven Wertes nicht eingetreten sei ll9 . Andere begründen die Differenzierung aus den Vorschriften über die verschärfte Haftung (§§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4,292, 992, 848 BGB)120 oder aus dem Verbot des venire contra factum proprium 121. Keiner dieser Begründungsversuche kann jedoch restlos überzeugen l22 . Allein aus der Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB läßt sich die Differenzierung entgegen der herrschenden, auch vom Bundesgerichtshof in der "Flugreiseentscheidung" 123 vertretenen Ansicht nicht begründen. Selbst wenn man mit dem Bundesgerichtshofl 24 davon ausgeht, daß der Grundsatz des § 818 Abs. 3 BGB analog bereits bei der Frage der Anspruchsentstehung anzuwenden und es somit dem nachträglichen Bereicherungswegfall gleichzustellen sei, wenn eine Bereicherung von vornherein nicht eingetreten ist, so ist damit doch noch nicht entschieden, daß für den bösgläubigen Bereicherungsschuldner etwas anderes gilt. Dies suggeriert zwar die gängige Formulierung, § 818 Abs. 3 BGB gelte nicht für den verschärft haftenden Bereicherungsschuldner l25 . Doch beschreibt 119 So oder ähnlich etwa BGHZ 55, 128, 130 ff; Canaris, JZ 1971, S. 561 f; LarenzlCanaris, § 73 II 5 a; Reuter/Martinek, S. 641; Reeb, S. 98; Höhn, S. 151; Gursky, JR 1972, S. 282 ff.; Goetzke, AcP Bd. 173 (1973), S. 312 ff.; Larenz, FS v. Caemmerer, S. 223 f.; Kellmann, NJW 1971, S.865; Schlechtriem, König-Symposium, S. 81 f; Sack, FS Hubmann, S. 384; Kaiser, Nutzungsherausgabe, S. 142; ders., GRUR 1988,
S.508. 120 So Teichmann, JuS 1972, S. 250 f. 121 So Staudinger-Lorenz, § 818 Rdnr.28; MünchKomm-Lieb, § 818 Rdnr.37; Esser/Weyers, § 51 14 f, III 2 c; Koppensteiner, NJW 1971, S. 1775; Koppensteiner/Kramer, S. 164 f.; J Reimer, S. 69; Kleinheyer, JZ 1961, S.474, 477; vgl. auch Jakobs, Eingriffserwerb, S. 148 ff. 122 Krit. insbes. auch G. H. Roth, FS Küchenhoff, S. 385: "Die treibende Kraft hinter der Gegenansicht ist unverkennbar der Wunsch nach Genugtuung für einen vorsätzlichwiderrechtlichen Eingriff, ein Wunsch, der verständlich sein mag, im Bereicherungsrecht aber nichts zu suchen hat". 123 BGHZ 55, 128, 134 f. 124 BGHZ 55, 128, 132ff 125 So etwa Staudinger-Lorenz, § 818 Rdnr.52; Canaris, JZ 1971, S. 561; Larenzl Canaris, § 71 II, § 73 II; Esser/Weyers, § 51 III 2 a; Fikentscher, SchuldR, Rdnr. 1179; KoppensteinerlKramer, S. 143, 150 f.; Jakobs, Eingriffserwerb, S. 146 Fn. 58; Rümker,
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diese Fonnulierung die Unterschiede in der Haftung des gut- und des bösgläubigen Bereicherungsschuldners eben nur sehr ungenau 126. § 818 Abs.3 BGB gilt nur insoweit rur den verschärft haftenden Bereicherungsschuldner nicht, als das Gesetz rur diesen eine abweichende Regelung trifft. Es bedürfte somit einer Sonderregelung rur den bösgläubigen Bereicherungsschuldner in der Frage der Anspruchsentstehung. Die Regelung der verschärften Haftung enthält hierfür jedoch keinen Anhaltspunkt l27 • Aus § 279 BGB ließe sich die gewünschte Differenzierung selbst dann nicht herleiten, wenn man die Verweisung des § 818 Abs. 4 BGB nicht nur auf die §§ 291 f. BGB, sondern auch auf sonstige Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts bezöge l28 . Denn § 279 BGB trifft keine Aussage über den Umfang der (primären) Leistungspflicht, sondern regelt lediglich die hier überhaupt nicht zur Diskussion stehende Frage, was gilt, wenn der Schuldner sich einen nur der Gattung nach geschuldeten Gegenstand nicht zu beschaffen vermag. DarUber hinaus mag man der Regelung des § 279 BGB den allgemeinen Grundsatz entnehmen, daß jeder Schuldner rur seine fmanzielle Leistungsfähigkeit einzustehen habe. Doch kann auch dieser Grundsatz erst Bedeutung erlangen, wenn bereits feststeht, daß eine Leistungspflicht mit einem bestimmten Inhalt besteht. Keinesfalls kann aus § 279 BGB hergeleitet werden, daß ein bösgläubiger Bereicherungsschuldner Wertersatz bei Unmöglichkeit der Herausgabe in natura stets unabhängig von seiner tatsächlichen Bereicherung schulde l29 . S. 52 f.; v. Caemmerer, FS Rabel I, S. 368; Larenz, FS v. Caemmerer, S. 221 und öfter; Sack, FS Hubmann, S. 381; Goetzke, AcP Bd. 173 (1973), S.292, 312 f; Kellmann, NJW 1971, S. 865. 126 Zutr. etwa Planck-Landois, § 818 Anm. 8 c; Medicus, JuS 1993, S. 710; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 182 ff.; J. Reimer, S. 68 f; vgl. auch Lieb, NJW 1971, S. 1292. 127 Gegen die Begründung der Mindesthaftung auf den objektiven Wert aus den Vorschriften über die verschärfte Haftung auch Larenz/Canaris, § 71 11 2 c; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 185; Lieb, NJW 1971, S. 1292 f.; Koppensteiner, NJW 1971, S. 1775; im Ansatz ebenso Jakobs, Eingriffserwerb, S. 146 ff., der dann aber doch zu einer Mindesthaftung auf den objektiven Wert gelangt, indem er die Aussage des § 819 BGB dahingehend verallgemeinert, daß bei wissentlichen Eingriffen ohne Rücksicht auf eine Vermögensmehrung gehaftet werde. 128 Für die Erstreckung der Verweisung des § 818 Abs. 4 BGB auf § 279 BGB BGHZ 83, 293, 298 ff.; Soergel-Mühl, § 818 Rdnr.98; Staudinger-Lorenz, § 818 Rdnr.50; Schlechtriem, SchuldR BT, Rdnr. 706; Fikentscher, SchuldR, Rdnr. 1179; Canaris, JZ 1971, S. 562; Frank, JuS 1981, S. 105; dagegen zu Recht Teichmann, JuS 1972, S. 250 f; Medicus, JuS 1993, S. 705 ff.; Koppensteiner/Kramer, S. 149; zweifelnd MünchKomm-Lieb, § 818 Rdnr. 115; differenzierend Reuter/Martinek, S. 635 ff.; Erman-Ho P. Westermann, § 818 Rdnr. 50. 129 A. A. Canaris, JZ 1971, S. 562, wonach der Wertersatzanspruch für den verschärft haftenden Bereicherungsschuldner durch die Verweisung der §§ 819 Abs. 1,818 Abs. 4 BGB auf § 279 BGB "fixiert" werden soll; wie hier jetzt aber Larenz/Canaris, § 73 Fn. 79. - Die Bedeutung des § 279 BGB ftlr die verschärfte Bereicherungshaftung
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Ebensowenig läßt sich die bereicherungsunabhängige Wertersatzpflicht des bösgläubigen Bereicherungsschuldners aus § 292 i. V. m. §§ 987 ff. BGB begründen l30 . Denn die Wertersatzpflicht nach § 818 Abs.2 BGB ist als echte Geldschuld schon nicht auf Herausgabe eines "bestimmten Gegenstandes" im Sinne des § 292 BGB gerichtet l31 . Als "bestimmter Gegenstand" im Sinne des § 292 BGB ließe sich allenfalls der vom Schuldner erlangte Gebrauchsvorteil als solcher auffassen 132 • Doch läßt sich die Unmöglichkeit der Herausgabe des erlangten Gebrauchsvorteils in natura schwerlich als verschuldeter (§ 989 BGB) oder auch nur, wie offenbar Teichmann 133 annimmt, als zufälliger (§§ 992, 848 BGB) Untergang des herauszugebenden Gegenstandes ansehen 134 . Zudem würde aus §§ 989, 992, 848 BGB eine Schadensersatz-, nicht aber eine Wertersatzpflicht folgen 135. Da die Vorschriften über die verschärfte Haftung keinen Hinweis auf eine bereicherungsunabhängige Wertersatzpflicht enthalten, läßt sich die gewünschte Differenzierung auch nicht durch den Gedanken begründen, daß der Gebrauchsvorteil als Primärgegenstand des Bereicherungsanspruchs nur rur eine logische Sekunde erlangt werde, im Wege der Konsumtion wegfalle und eine Bereicherung nur in Höhe der Aufwendungserspamis verbleibe 136 • Auf diese Weise ließe sich zwar gleichsam das Fehlen einer Aufwendungserspamis in einen nachträglichen Bereicherungswegfall umdeuten und somit - ähnlich wie wird in erster Linie im Zusammenhang mit bereicherungsrechtlichen "Geldherausgabeschulden" diskutiert. Insoweit hat sich in der Literatur inzwischen weitgehend die Erkenntnis durchgesetzt, daß aus § 279 BGB keine Fixierung des Anspruchsumfangs bei verschärfter Haftung hergeleitet werden kann; vgl. Staudinger-Lorenz, § 818 Rdnr. 50; LarenzlCanaris, § 73 11 3 c; ReuterlMartinek, S. 45, 638 f; Schubert, JR 1982, S. 464; Wilhelm, AcP Bd. 183 (1983), S. 7 ff; Medicus, JuS 1983, S. 902; ders., JuS 1993, S. 708 f.; a. A. aber BGHZ 83, 293, 298 ff; Emmerich, SchuldR BT, § 19 Rdnr.54. 130 So auch Jakobs, Eingriffserwerb, S. 146; a. A. Medicus, JuS 1993, S. 708 f, der allerdings einräumt, daß § 292 BGB auf die Wertersatzpflicht nach § 818 Abs. 2 BGB nicht direkt passe. 131 Vgl. Palandt-Heinrichs, § 292 Rdnr. 2; MünchKomm-Thode, § 292 Rdnr. 3. J32 Zu Recht betont Medicus, JuS 1993, S. 706, daß der Begriff des "bestimmten Gegenstandes" weiter ist als der der Sache i. S. der §§ 985 ff. BGB. 133 JuS 1972, S. 251. 134 Wilhelm, AcP Bd. 183 (1983), S. 11 bezeichnet die Konstruktion, daß der Schuldner flir erlangte Gebrauchsvorteile hafte, weil er vorhandene Vorteile schuldhaft zerstört habe, als "absurd". 135 Vgl. Jakobs, Eingriffserwerb, S. 144 f; Wilhelm, AcP Bd. 183 (1983), S. 11 f; G. H. Roth, FS Küchenhoff, S. 382; Erman-H. P. Westermann, § 819 Rdnr. 5, der der Lösung Teichmanns zwar im Grundsatz zustimmt, anders als dieser aber nicht davon ausgeht, daß sich hiennit eine schadensunabhängige Wertersatzpflicht begründen lasse. 136 So Staudinger-Lorenz, § 819 Rdnr. 4; Canaris, JZ 1971, S. 561 f.; LarenzlCanaris, § 73 I 2 b; ähnlich Lieb, NJW 1971, S. 1292; Kellmann, NJW 1971, S. 865; krit. dazu Goetzke, AcP Bd. 173 (1973), S. 316 Fn. 122; G. H. Roth, FS Küchenhoff, S. 382.
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3. Teil: Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem
durch die vom Bundesgerichtshof in der "Flugreiseentscheidung" vertretene analoge Anwendung des § 818 Abs. 3 BGB bei der Frage der Anspruchsentstehung - eine Beschränkung der Haftung des gutgläubigen Bereicherungsschuldners auf die Aufwendungsersparnis begründen. Der Nachweis einer weitergehenden Haftung des bösgläubigen Bereicherungsschuldners ist hiermit aber noch nicht erbracht. Letztlich müssen alle Versuche, die gewünschte Differenzierung zwischen gut- und bösgläubigem Bereicherungsschuldner hinsichtlich des primären Anspruchsumfangs aus der Regelung der §§ 818 ff. BGB zu begründen, deshalb scheitern, weil die einzige Funktion der Vorschriften über die verschärfte Bereicherungshaftung darin liegt, die Sorgfaltsanforderungen in bezug auf das Erlangte zu verschärfen 137 • Der Bereicherungsschuldner haftet danach wie ein Treuhänder rur das, was er dem Kondizenten herauszugeben hat 138 • Diese treuhänderische Haftung in bezug auf einen -bestimmten Gegenstand hat aber mit der primären Mindesthaftung auf den objektiven Wert des in Anspruch genommenen Rechtsguts nichts zu tun 139 • Wenn der gutgläubig-unverklagte Bereicherungsschuldner nach § 818 Abs. 2, Abs. 3 BGB Wertersatz rur die erlangten Nutzungsvorteile nur insoweit schuldet, als er Aufwendungen erspart hat, so gilt dies folglich auch für den bösgläubigen Bereicherungsschuldner, da § 819 Abs. 1 BGB keine abweichende Regelung trifft l40 •
Vgl. Jakobs, Eingriffserwerb, S. 144; Lieb, NJW 1971, S. 1292 f Vgl. Wilhelm, AcP Bd. 183 (1983), S. 8 f; G. H. Roth, FS Küchenhoff, S. 381 ff; Reuter/Martinek, S. 637 f.; Larenz/Canaris, § 71 II 2 a. 139 Vgl. G. H. Roth, FS Küchenhoff, S. 381 ff, der zu Recht betont, es sei "nun einmal etwas anderes, ob man lediglich zum treuhänderischen Bewahrer eines Vermögenswerts oder darüber hinaus zum Garanten einer Gewinnerzielung in Höhe des objektiven Werts gemacht wird". Auch Canaris (Larenz/Canaris, § 71 II 2 c), der im Ergebnis eine bereicherungsunabhängige Wertersatzpflicht des bösgläubigen Bereicherungsschuldners befürwortet, räumt immerhin ein, "daß man sich dabei ziemlich weit von der lex scripta entfernt, weil man sowohl auf eine Bereicherung i. S. von § 818 III BGB als auch auf einen Schaden i. S. von § 989 BGB verzichtet". Es handele sich somit um eine "verhältnismäßig kühne Rechtsfortbildung" (ähnlich schon Jakobs, Eingriffserwerb, S. 144 ff.). 140 Nicht in das BGB eingegangen ist somit die Regelung im Vorentw. zum Recht der Schuldverhältnisse, Abschn. II, Titel 8 I, § 10, auf die Wilhelm (Rechtsverletzung, S. 187) in diesem Zusammenhang verweist. Diese Bestimmung lautete: "Sind Dienste geleistet worden, welche belohnt zu werden pflegen, so kann hierfür eine Vergütung nach dem ordentlichen Werthe derselben zur Zeit der Leistung gefordert werden. Wurde eine Sache zum Gebrauch überlassen, so geht der Anspruch auf Rückgabe des Besitzes und auf eine Vergütung für den Gebrauch nach dessen ordentlichem Werth während der Dauer des Gebrauchs. Der gutgläubige Empfänger haftet jedoch nur bis zu dem Betrage, welchen er, seinem Bedürfniß entsprechend, durch den Gebrauch oder die Annahme der Dienste, erspart hat." Vgl. dazu auch weiter im Text. 137
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H. § 687 Abs. 2 BGB und Bereicherungshaftung
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Zu wenig beachtet wird aber auch, daß eine Regelung, die die verschärfte Primärverpflichtung von der Bösgläubigkeit im Sinne des § 819 Abs. I BGB abhängig macht, gar nicht sachgerecht wäre, da sie in einem entscheidenden Punkt über das Ziel hinausschießen würde. Denn die fragliche Differenzierung ist ausschließlich in Fällen der Bereicherung durch rechtswidriges Handeln des Schuldners gerechtfertigt. Knüpfte man jedoch die Mindesthaftung auf den objektiven Wert an die Tatbestandsvoraussetzungen des § 819 Abs. I BGB, so müßte diese in gleicher Weise auch denjenigen treffen, der in Kenntnis der Rechtsgrundlosigkeit, aber gegen seinen Willen, Vorteile empfangen hat, rur die nach § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten ist l41 • Zu Unrecht meint Larenz l42 , wenn dem Schuldner eine Bereicherung aufgedrängt worden sei, sei dieser stets gutgläubig, da er von der Bereicherung nichts gewußt oder "sich sogar gegen sie gewehrt" habe. Wenn der Schuldner sich gegen die Bereicherung gewehrt hat, hatte er in aller Regel Kenntnis vom Mangel des rechtlichen Grundes im Sinne des § 819 Abs. 1 BGB und war somit im Sinne des Bereicherungsrechts bösgläubig. Er müßte also stets den objektiven Wert des Erlangten ersetzen, wenn Larenz' Prämisse zuträfe, daß dem Bösgläubigen die Berufung darauf, nicht in Höhe des objektiven Wertes bereichert zu sein, verwehrt sei. Dies wäre nicht zu rechtfertigen l43 , was verdeutlicht, daß die Kenntnis von der Rechtsgrundlosigkeit des Erwerbs als solche hinreichender Grund nur für die Verschärfung der Sorgfaltsanforderungen hinsichtlich des Umgangs mit dem Erlangten ist. Für die Verschärfung des Primäranspruchs bedarf es darüber hinaus einer in Kenntnis der Nichtberechtigung erfolgenden Eingriffthandlung, von der in den §§ 818 ff. BGB nirgends die Rede ist. Nur wenn man, wie
141 Gelegentlich wird ausdrücklich betont, daß außerhalb der Eingriffskondiktion die Berufung auf fehlende Aufwendungsersparnis keinesfalls versagt werden dürfe; so ReuterlMartinek, S. 521, 535 ff.; Jakobs, Eingriffserwerb, S. 146 Fn. 59; Kaiser, Nutzungsherausgabe, S. 131 f.; J. Reimer, S. 68 f. Dagegen will Wilburg, AcP Bd.163 (1964), S. 365 ausdrücklich auch für denjenigen, der in Kenntnis von der Rechtsgrundlosigkeit eine Leistung in Empfang nimmt, bei Unmöglichkeit der Rückgewähr in natura eine Pflicht zur Zahlung der angemessenen Vergütung unabhängig von der Bereicherung anerkennen. Er hält dabei allerdings letztlich für entscheidend, "daß der Empfänger die Leistung durch sein Verhalten, sei es durch Anforderung oder Zustimmung, sei es durch die reale Annahme, mit seinem Willen herbeiführt". Teichmann, JuS 1972, S. 251 will zwar bei einer Bereicherung durch Leistung eine Verpflichtung des Empfängers zum Ersatz des objektiven Wertes aus der Verweisung auf §§ 990, 989 BGB herleiten. Doch sei dem - von der Frage der Bösgläubigkeit zu trennenden - Verschuldenserfordernis dabei nur dann genügt, wenn der Empfänger "gewußt und gewollt hat bzw. hätte wissen können, daß die Dienstleistung bei ihm keine Bereicherung hervorruft oder hinterläßt" . 142 FS v. Caemmerer, S. 227. 143 Zutr. ReuterlMartinek, S. 542: "Wem der zerstreute Nachbar den Acker umpflügt, muß sich unabhängig von seiner Gut- oder Bösgläubigkeit auf fehlende Ersparnis berufen können."
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3. Teil: Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem
F. Schulz 144 und Jakobs l45 , die rechtswidrige Handlung zum Schlüsselbegriff des Bereicherungsanspruchs macht, mag es nahe liegen, auch eine Verschärfung des Bereicherungsanspruchs damit zu begründen, daß der Nichtberechtigte "bewußt auf eigenes Risiko handelt"146. Wenn die herrschende Meinung ebenfalls die bewußt-rechtswidrige Handlung zum Anknüpfungspunkt einer Verschärfung der Bereicherungshaftung macht, so muß dies als unfreiwilliges Zugeständnis an die sonst fast einhellig abgelehnte Rechtswidrigkeitstheorie im Sinne F. Schulz' und Jakobs' gewertet werden. Nicht zuletzt dieser Gesichtspunkt spricht dafUr, die verschärfte Primärhaftung bei bösgläubigen Eingriffen nicht aus den Vorschriften des Bereicherungsrechts, sondern aus § 687 Abs. 2 BGB zu begründen. Den Vorteil, die Haftungsverschärfung auf die Bereicherung durch rechtswidriges Handeln beschränken zu können, scheint auch ihre Begründung aus dem Verbot des venire contra factum proprium zu bieten 147. Doch überzeugt auch diese Lösung nicht. Selbst wenn man das Verbot des venire contra factum proprium nicht nur als Ausprägung des Vertrauensschutzgedankens versteht, sondern auch sonstiges widersprüchliches Verhalten hierunter subsumieren Will 148 , fUhrt es im vorliegenden Zusammenhang nicht weiter. Schon ein Blick in die Kommentierungen zu § 242 BGB lehrt, daß es beim venire contra factum proprium um ganz andere Fallgestaltungen geht l49 • Insbesondere muß zu denken geben, daß in den anerkannten Fällen des venire contra factum proprium der Frage der Bösgläubigkeit überhaupt keine entscheidende Bedeutung beigemessen wird. Insofern wäre es, hielte man den Gesichtspunkt des venire contra factum proprium hier wirklich rur einschlägig, durchaus konsequent, auch dem gutgläubigen Eingreifer die Berufung darauf, er hätte das Rechtsgut des Verletzten keinesfalls entgeltlich in Anspruch genommen und daher keine Aufwendungen in Höhe des objektiven Wertes erspart, zu versagen, wie dies in
144 AcP Bd. 105 (1909), S. 1 ff., insbes. S. 443. 145
Eingriffserwerb, S. 106 f., 168 f.
146 So Jakobs, Eingriffserwerb, S. 151. 147 Vgl. die Nachw. oben S. 313 Fn. 121. - Gegen die Berufung auf das Verbot des venire contra factum proprium in diesem Zusammenhang Reuter/Martinek, S. 537; Wilburg, AcP Bd. 163 (1964), S. 370; Goetzke, AcP Bd. 173 (1973), S. 292 f.; G. H. Roth, FS Küchenhoff, S. 380 f. Fn. 43. 148 So etwa MünchKomm-G. H. Roth, § 242 Rdnr. 350; Palandt-Heinrichs, § 242 Rdnr. 57; a. A. Dette, S. 45 ff., 95 ff.; Singer, S. 43 ff.; wohl auch Erman-Werner, § 242 Rdnr.79. 149 Auch in der gründlichen Untersuchung von Singer wird die hier behandelte Problematik als möglicher Anwendungsfall des Verbots widersprüchlichen Verhaltens nicht einmal diskutiert.
11. § 687 Abs. 2 BGB und Bereicherungshaftung
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der Tat der Bundesgerichtshof u. a. im "Paul-Dahlke-Urteil" vertreten hatiso. Tatsächlich verstößt jedoch weder der gutgläubige noch der bösgläubige Eingreifer gegen das Verbot des venire contra factum proprium, wenn er sich gegenüber dem Anspruch auf Zahlung des angemessenen Entgelts auf fehlende Aufwendungserspamis beruft. Der Unterschied zu den wirklichen Fällen des venire contra factum proprium wird durch das Argument, der Eingreifer müsse sich an seiner Entscheidung lSI bzw. an der von ihm geschaffenen Sachiage lS2 festhalten lassen, nur verschleiert. Die Anwendung des Verbots des venire contra factum proprium führt zwar in der Tat dazu, daß der Handelnde an einem früheren Verhalten "festgehalten" wird. Würde man jedoch denjenigen, der ein fremdes Rechtsgut in Kenntnis seiner Nichtberechtigung in Anspruch nimmt, an seiner Entscheidung festhalten, so dürfte man ihn erst recht nicht zur Zahlung verpflichten. Denn der Eingreifer gibt gerade nicht zu erkennen, daß er für die Inanspruchnahme des fremden Rechtsguts eine Vergütung zu zahlen beabsichtige. Es fehlt somit an dem für die Anwendung des Verbots des venire contra factum proprium unabdingbaren Selbstwiderspruch ls3 • Der Eingreifer setzt sich in Widerspruch zum Gesetz, nicht aber zu eigenem Verhalten ls4 . Die Erwägung, daß der bösgläubige Eingreifer sich "in Kenntnis aller Tatumstände und Handlungsalternativen positiv gerade gegen die billigere Behelfsmöglichkeit und für die die Bereicherungshaftung auslösende Alternative entschieden hat"ISs, hilft nicht weiter, da der Eingreifer sich nicht nur gegen die billigere
ISO BGHZ 20,345,355; ebenso BGH NJW 1979,2205,2206; GRUR 1992, 557, 558 "Talkmaster-Foto". Auch Emmerich, SchuldR BT, § 19 Rdnr. 17 will offenbar ohne Differenzierung nach Gut- und Bösgläubigkeit aus dem Verbot des venire contra factum proprium die Versagung der Berufung auf günstigere Alternativen rechtfertigen; ähnlich Ulmer, UrhR, S. 560; Larenz/Canaris, § 73 1 5 i, 11 5 c. 151 So Lieb, NJW 1971, S. 1293; Koppensteiner/Kramer, S. 161. 152 So RGZ 97, 310, 312; BGHZ 20,345,355 "Paul Dahlke"; BGH NJW 1979,2205, 2206; NJW-RR 1987, 231, 232 "Nena"; GRUR 1992, 557, 558 "Talkmaster-Foto"; Staudinger-Lorenz, vor §§ 812 ff. Rdnr. 61; Ulmer, UrhR, S. 560; Sack, FS Hubmann, S.384. 153 Dazu ausf. Singer, S. 21 ff. 154 Eher schon könnte man insofern an den Einwand früheren unredlichen Verhaltens (exceptio doli praeteriti) denken (vgl. dazu Palandt-Heinrichs, § 242 Rdnr. 43 ff.; MünchKomm-G. H. Roth, § 242 Rdnr. 286 ff.). Dieser Einwand kann u. a. dazu fUhren, daß eine Partei ein nicht entstandenes Recht gegen sich gelten lassen muß, wenn sie die Entstehung des Rechts in mißbilligenswerter Weise verhindert hat (vgl. MünchKommG. H. Roth, § 242 Rdnr. 316 ff.). Doch fUhrt auch dieser Gesichtspunkt hier nicht zum Ziel, da der Eingreifer nicht lediglich die Entstehung eines vertraglichen Vergütungsanspruchs treu widrig vereitelt, sondern schon jegliche Mitwirkung am Zustandekommen des Vertrags verweigert. In dieser Situation kann allenfalls die Figur der protestatio facto contraria weiterhelfen, die aber sicher nicht in allen der hier diskutierten Fälle einen Vergütungsanspruch zu begründen vermag (vgl. Palandt-Heinrichs, Einf. vor § 145 Rdnr. 27; Erman-Hefermehl, vor § 145 Rdnr. 34; Medicus, BR, Rdnr. 191). ISS J Reimer, S. 69; ähnlich RGZ 97, 310, 312.
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3. Teil: Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem
Behelfsmöglichkeit, sondern auch und in erster Linie gegen die entgeltliche Inanspruchnahme des fremden Rechtsguts entschieden hat. Richtig mag zwar sein, daß der Eingreifer sich für die die Bereicherungshaftung auslösende Alternative entschieden hat. Hieraus zu schließen, daß der Eingreifer sich auch gerade rur eine Verpflichtung zur Erstattung des objektiven Wertes entschieden habe und sich somit nicht auf fehlende Aufwendungserspamis berufen könne, liefe aber offensichtlich auf eine petitio principii hinaus 156. Die einzige Entscheidung, an der man den Eingreifer festhalten könnte, aber gerade nicht festhalten will, ist die, sich einen unentgeltlichen Vorteil zu verschaffen. Da der Eingreifer mit dem Willen und in der Überzeugung handelt, den Vorteil unentgeltlich zu erlangen, kann man auch nicht mit Weyers das venire contra factum proprium darin sehen; daß der Eingreifer "eine Leistung als rur ihn wertlos bezeichnet, während er seine gegenteilige Einschätzung zuvor dadurch in die Tat umgesetzt hat, daß er eben diese Leistung zu erlangen bestrebt war" 157. Die Argumentation Weyers' verkehrt die mit der Eingriffshandlung verbundene Aussage geradezu in ihr Gegenteil: Daß der Eingreifer in Kenntnis seiner Nichtberechtigung das fremde Rechtsgut unentgeltlich in Anspruch nehmen wollte, deutet eher darauf hin, daß es ihm eine angemessene Vergütung gerade nicht wert war. Und er verhält sich nicht widersprüchlich, sondern konsequent, wenn er auch im nachhinein nicht bereit ist, die angemessene Vergütung zu entrichten. Wieso der Eingreifer sich zu irgendeinem früheren Verhalten in Widerspruch setzen soll, wenn er nicht die angemessene Vergütung rur die Inanspruchnahme des fremden Rechtsguts zahlen will, ist also nicht erkennbar. Nicht ein in sich widersprüchliches Verhalten, sondern die fehlende Schutzwürdigkeit des dolosen Rechtsverletzers einerseits, das Bedürfnis nach wirksamem präventivem Schutz vor bewußt-rechtswidrigen Eingriffen andererseits sind die wahren Gründe, aus denen die Verpflichtung zur Zahlung einer angemessenen Vergütung rur die Inanspruchnahme des fremden Rechtsguts unabhängig von einer Aufwendungsersparnis angemessen erscheint l58 • Daneben mag man es rur billig halten, daß der bösgläubige Eingreifer nicht besser gestellt wird als derjeni-
156 Singer, S. 36 f. weist auf eine ähnliche petitio principii im Zusammenhang mit der Berufung auf Wegfall der Bereicherung bei der Rückabwicklung von Verträgen hin. Hier wird zu Unrecht daraus, daß der Käufer einer Sache diese bewußt seiner Vermögenssphäre einverleibt bzw. besonderen Gefahren ausgesetzt habe, gefolgert, daß der Käufer widersprüchlich handele, wenn er sich bei Untergang der Kaufsache auf § 818 Abs. 3 oder § 350 BGB berufe. Wie Singer, S. 29 ff. überzeugend darlegt, kann die bloße Berufung auf eine günstige Rechtsfolge den für die Anwendung des Verbots widersprüchlichen Verhaltens unerläßlichen Selbstwiderspruch in der Regel nicht begründen. 157 EsserlWeyers, § 51 14 f; ähnlich Kleinheyer, JZ 1961, S. 474, 477. 158 Vgl. Singer, S. 31 ff. mit weiteren Beispielen dafür, daß sich hinter der Berufung auf das Verbot widersprüchlichen Verhaltens oft ganz andere Wertungen verbergen.
II. § 687 Abs. 2 BGB und Bereicherungshaftung
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ge, der das fremde Rechtsgut auf vertraglicher Grundlage in Anspruch nimmt. Doch läßt sich auch ein Rechtssatz dieses Inhalts allein aus § 242 BGB nicht begründen. Denn § 242 BGB erlaubt es nicht, zu Lasten des Verletzers beliebige Umstände zu fingieren, die sein Handeln rechtfertigen könnten. Aus diesem Grund könnte der bösgläubige Eingreifer nicht schon nach § 242 BGB einem redlichen Geschäftsführer ohne Auftrag gleichgestellt werden i59 , und aus demselben Grund läßt sich aus § 242 BGB auch nicht herleiten, daß jeder bösgläubige Eingreifer sich wie ein vertraglicher Nutzer des fremden Rechtsguts behandeln lassen müsse. Dies bedeutet aber entgegen Canaris l60 nicht, daß man zu der bereicherungsunabhängigen Wertersatzhaftung bei wissentlichen Eingriffen nur im Wege der Rechtsfortbildung gelangen könnte. Denn mit § 687 Abs. 2 BGB steht eine Vorschrift zur Verfügung, aus der sich diese Rechtsfolge zwanglos ergibt l61 . b) Die Bedeutung der Bösgläubigkeit für die bereicherungsrechtliche Gewinnhaftung Weitaus weniger Beachtung als die Frage der Mindesthaftung des bösgläubigen Bereicherungsschuldners auf den objektiven Wert findet die Frage, wie sich bereicherungsrechtlich die Bösgläubigkeit des Eingreifers auf die Pflicht zur Herausgabe des aus dem Eingriff gezogenen Gewinns auswirkt. Die Vertreter der Auffassung, daß der Eingreifer im Falle der kommerziellen Verwertung fremder Rechtsgüter bereicherungsrechtlich nicht zur Herausgabe des erzielten Gewinns, sondern maximal zur Erstattung des objektiven Wertes verpflichtet sei, äußern sich meist nicht ausdrücklich zu der Frage, ob dieser Grundsatz unter rein bereicherungsrechtlichem Gesichtspunkt auch für den bösgläubigen Eingreifer gilt. Wenigstens stillschweigend scheint man aber überwiegend davon auszugehen, daß die weitergehende Rechtsfolge der Gewinnherausgabepflicht sich nur aus § 687 Abs. 2 BGB ergibt l62 . Denn die These, daß die spezifische Funktion des § 687 Abs. 2 BGB in der Möglichkeit der Gewinnabschöpfung liege, wäre nicht aufrecht zu erhalten, wenn die Beschränkung der Haftung auf den objektiven Wert auch unter bereicherungsrechtlichem Gesichtspunkt nur für den gutgläubigen Eingreifer gelten würde.
Vgl. oben S. 176. Vgl. oben S. 316 Fn. 139. 161 Vgl. oben S. 202 ff. 162 So ausdrücklich schon Kilickhohn. ArchBürgR Bd. 41 (1915), S. 171 ff.; a. A. aber IJ'iec=orek. S. 144. der (ohne nähere Begründung) die Verpflichtung zur Gewinnherausgabe bei Bösgläubigkeit auch aus den §§ 818 Abs. 4. 819 Abs. I BGB herleiten will. 159
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21 El'ocrt
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3. Teil: Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem
Sehr zweifelhaft ist jedoch, welche Auswirkungen auf der Grundlage der Lehre von der bereicherungsrechtlichen Gewinnhaftung die Bösgläubigkeit des Eingreifers auf den Umfang des Gewinnherausgabeanspruchs hat. Wenn der bösgläubige Eingreifer sich bei Erlangung unkörperlicher Vorteile nach herrschender Ansicht nicht darauf berufen kann, er habe durch die Inanspruchnahme des fremden Rechtsguts keine Aufwendungen erspart, da er sich "an seiner Entscheidung festhalten lassen" müsse, so muß diese Sichtweise konsequenterweise auch zur Verschärfung des Anspruchs auf Gewinnherausgabe führen. Der Eingreifer könnte sich demnach, wie dies Jakobs unter Berufung auf den Rechtsgedanken der §§ 818 Abs. 4, 819, 820 BGB163 und andere unter Berufung auf das Verbot des venire contra factum proprium 164 auch ausdrücklich vertreten, nicht darauf berufen, daß der Erwerb zum Teil auf dem Einsatz eigener Rechtsgüter beruhe oder ein entsprechender Erwerb auch auf rechtmäßige Weise möglich gewesen wäre. Der Eingreifer hätte vielmehr, wie nach § 687 Abs.2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB, den gesamten Erlös aus der konkreten rechtsverletzenden Tätigkeit herauszugeben. Es stellt sich dann aber die Frage, wie eventuellen Erwerbsaufwendungen des Eingreifers Rechnung zu tragen ist. Jakobs scheint als selbstverständlich davon auszugehen, daß der Anspruch auch bezüglich des Aufwendungsersatzes den Regeln des § 687 Abs. 2 BGB folge, der Eingreifer also, sieht man von den praktisch wenig bedeutsamen erfolglosen Aufwendungen ab, den Reingewinn im betriebswirtschaftlichen Sinne herauszugeben habe l65 . Wendet man jedoch die allgemeinen Kriterien an, die nach herrschender Lehre im Bereicherungsrecht über die Abzugsfähigkeit von Erwerbsaufwendungen entscheiden, so gelangt man zu einem ganz anderen Ergebnis. Nach einhelliger Auffassung werden Erwerbsaufwendungen des gutgläubigen Eingreifers wie alle Vennögensnachteile im Zusammenhang mit dem Bereicherungsvorgang über § 818 Abs. 3 BGB berücksichtigt l66 . Ausdrücklich wird betont, daß dies auch dann gelte, wenn die Aufwendung dem rechtsgrundlosen Empfang vorausgehe l67 . Dies folge aus der Funktion des § 818 Abs. 3
163 Jakobs, Eingriffserwerb, S. 144 f; ähnlich Gursky, JR 1972, S.284; a. A. ausdrücklich Krautwig, S. 117 f.; krit., aber i. Erg. ohne klare Stellungnahme Reeb, S. 111 f 164 EsserlWeyers, § 51 III 2 c; KoppensteinerlKramer, S. 161. 165 Vgl. Jakobs, Eingriffserwerb, S. 144 f, insbes. S. 145 Fn.56, wonach die h. M. aufgrund des § 687 Abs. 2 BGB zum sei ben Ergebnis gelangt. 166 Vgl. zur Abzugsfähigkeit von Aufwendungen im Rahmen der Eingriffskondiktion allgemein BGHZ 66, 150, 155 ff.; MünchKomm-Lieb, § 816 Rdnr. 34; Soergel-Mühl, § 816 Rdnr. 31; RGRK-Heimann-Trosien, § 816 Rdnr. 13; ReuterlMartinek, S. 621 ff.; Goet=ke, AcP Bd. 173 (1973), S. 312 f; Schlechtriem, König-Symposium, S. 82 f. 167 RGRK-Heimann-Trosien, § 818 Rdnr. 22.
11. § 687 Abs. 2 BGB und Bereicherungshaftung
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BGB zu verhindern, daß der Schuldner im Zusammenhang mit dem Bereicherungsvorgang Vermögensnachteile erleidet l68 • Nun soll aber nach herrschender Auffassung § 818 Abs. 3 BGB auf den bösgläubigen Bereicherungsschuldner keine Anwendung finden. Die Konsequenz, die vielfach auch ausdrücklich gezogen wird, kann dann nur lauten, daß dem bösgläubigen Bereicherungsschuldner jeglicher Ersatz von Erwerbsaufwendungen zu versagen ist l69 • Diese Auffassung steht, soweit sie sich auf die Eingriffskondiktion bezieht, im Einklang mit dem vermeintlichen Rechtsgrundsatz, daß Aufwendungen zum Zwecke einer unerlaubten Handlung keinesfalls zu ersetzen seien. Daß dieser Satz jedoch viel zu weit geht und nicht zuletzt der ausdrücklichen Anordnung des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB widerspricht, wurde bereits dargelegt '70 . Aus entsprechenden Gründen kann auch der Satz, der bösgläubige Bereicherungsschuldner könne keinen Ersatz rur Erwerbsaufwendungen verlangen, nicht richtig sein. Andernfalls müßte - bei grundsätzlicher Anerkennung der bereicherungsrechtlichen Gewinnhaftung - der bösgläubige Patentverletzer, der aus der patentverletzenden Produktion mit einem Kostenaufwand von 50.000 DM einen Bruttoerlös von 100.000 DM erzielt hat, 100.000 DM an den Verletzten herausgeben, und zwar selbst dann, wenn der Erlös ohne die Patentverletzung ebenso hoch gewesen wäre. Der Beklagte im "Altargemäldefall"171 hätte, nachdem er das rur 1.500 RM vom Kläger erworbene Gemälde restauriert und infolgedessen einen Versteigerungserlös von 109.250 RM erzielt hatte, nach Anfechtung der Übereignung durch den Kläger diesem den gesamten Erlös herausgeben müssen, ohne für seine Aufwendungen Ersatz verlangen zu können. Dieses Ergebnis hat das Reichsgericht zu Recht nicht einmal in Erwägung gezogen, da es selbst dem bösgläubigen Eingreifer gegenüber unangemessen wäre 172 .
168 RGRK.-Heimann-Trosien, § 818 Rdnr.22. Gelegentlich wird in diesem Zusammenhang auch auf § 687 Abs. 2 S. 2 BGB verwiesen, aus dem sich ergebe, daß der gutgläubige Eingreifer erst recht seine Aufwendungen abziehen könne; so Stau dingerLoren=, § 816 Rdnr. 25; v. Caemmerer, JR 1959, S. 463; Larenz/Canaris, § 72 12 b. \69 So MünchKomm-Lieb, § 818 Rdnr. 113; Jauernig-Schlechtriem, § 818 Rdnr.47; Esser/Weyers, § 51 III 2 c; Goet=ke. AcP Bd. 173 (1973), S. 312 f.; wohl auch RGRK.Heimann-Trosien, § 818 Rdnr. 46 f. Nach Lieb und Weyers soll es sich hierbei um eine gesicherte Erkenntnis handeln. - Anders aber RGZ 139, 208, 213, wonach sich unabhängig von der Frage der Gutgläubigkeit keine Bereicherung konstruieren lassen soll, die von Gegenleistungen oder Aufwendungen absehe; krit. hierzu RGRK.-HeimannTrosien, § 818 Rdnr. 23 m. w. Nachw. \70 Oben S. 261 ff. \7\ RGZ 138,45 ff. 172 Unzutr. demnach auch Staudinger-Gursky, vor §§ 994-1003 Rdnr. 48, der meint, wer den aus der bösgläubigen Veräußerung seiner Sache erzielten Erlös herausverlange, sei nicht zum Ersatz der wertsteigernden Verwendungen verpflichtet, da sich der Herausgabeanspruch außer aus § 687 Abs. 2 BGB auch aus § 816 Abs. I BGB ergebe.
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3. Teil: Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem
Die richtige Lösung ergibt sich auch hier, wenn man davon ausgeht, daß sich die Bereicherungshaftung des bösgläubigen Eingreifers nach denselben Grundsätzen bestimmt wie die des gutgläubigen, soweit § 819 Abs. 1 BGB keine abweichende Regelung trifft. Zu Unrecht meint Lieb 173 , es folge aus den §§ 292, 994 Abs. 2, 995 BGB, daß der bösgläubige Bereicherungsschuldner fiir Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Erwerb, die nicht in notwendigen Verwendungen bestehen, keinerlei Ersatz verlangen könne. Der gegenteilige Schluß wäre zutreffend: Da die §§ 994 ff. BGB lediglich Verwendungen auf den herauszugebenden Gegenstand betreffen, bleibt es hinsichtlich sonstiger bereicherungsmindernder Aufwendungen beim Grundsatz des § 818 Abs. 3 BGB. Nur so kann das untragbare Ergebnis vermieden werden, daß die ohnehin übertrieben restriktive Ersatzregelung der §§ 994 ff. BGB174 in bezug auf sonstige bereicherungsmindernde Aufwendungen nochmals verschärft würde. Die vernünftige Wertung des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB, daß derjenige, der einen unter - selbst vorsätzlicher - Verletzung seiner Rechte erzielten Vorteil fiir sich in Anspruch nimmt, wenigstens die zu dessen Erzielung erforderlichen Kosten tragen muß175, darf auch bei der Bemessung des Bereicherungsanspruchs nicht außer acht gelassen werden 176. Allerdings gibt es zweifellos Fälle, in denen der Grundsatz, daß der bösgläubige Bereicherungsschuldner Erwerbsaufwendungen nicht abziehen darf, zu durchaus sachgerechten Ergebnissen führt. In der bereicherungsrechtlichen literatur denkt man hier offenbar, wie so oft, in erster Linie an die Leistungs-
Gursky fUhrt zur Begründung weiter aus, die Entscheidung des § 996 BGB dürfe nicht durch die Umwandlung des Eigentumsherausgabeanspruchs in einen Erlösherausgabeanspruch ins Gegenteil verkehrt werden. Dieses Argument ist aber nicht stichhaltig. Denn der Gesichtspunkt des Aufdrängungsschutzes trifft nicht mehr zu, wenn die wertsteigernde Verwendung sich in einem an den Eigentümer herauszugebenden Geldbetrag niedergeschlagen hat. Dies erkennt an anderer Stelle im übrigen auch Gursky an, wenn er dem bösgläubigen Besitzer unabhängig von den Voraussetzungen des § 996 BGB einen Anspruch auf Ersatz nutzungssteigernder Verwendungen analog § 102 BGB zubilligt (Staudinger-Gursky, § 987 Rdnr. 20). 173 MünchKomm-Lieb, § 818 Rdnr. 113. 174 Dazu schon oben S. 266 ff. 175 Vgl. oben S. 265 f. 176 Vgl. Klien, S. 99 f.. der im Rahmen des § 816 Abs. I BGB dem bösgläubigen Eingreifer analog § 687 Abs. 2 BGB einen Aufwendungsersatzanspruch zusprechen wollte. Auch Koppensteiner/ Kramer, S. 161 erkennen die Notwendigkeit an, dem bösgläubigen Eingreifer einen Aufwendungsersatzanspruch zuzubilligen. Da sie jedoch eine Restwirkung des § 818 Abs. 3 BGB strikt ablehnen, wollen sie mit einer analogen Anwendung des § 102 BGB helfen. Nach EsserlWeyers, § 51 111 2 c gilt zwar fUr den verschärft haftenden Bereicherungsschuldner die .. Grundregel", daß bei der Bestimmung des Anspruchsinhalts nur Vermögenszuwächse, nicht aber Vermögensminderungen zu berücksichtigen seien. Dies sei jedoch praktisch kaum durchfUhrbar; man müsse daher .. den höchsten erreichten Wert des Vermögenszuwachses" zugrunde legen.
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kondiktion, bei der das erlangte ,.Etwas·· meist gegenständlich dem Vermögen des Gläubigers entzogen wurde und die Abwälzung von Aufwendungen des Schuldners auf den Gläubiger daher in der Regel bedeuten würde, daß der Bereicherungsvorgang im Ergebnis zu einer Schädigung des Gläubigers fllhrte. Den Gläubiger hiervor zu schützen, ist jedoch Aufgabe des Deliktsrechts und nicht des Bereicherungsrechts. Hat der Empfänger einer Leistung diese durch eine vorsätzliche rechtswidrige Handlung herbeigefllhrt, so kann er etwa die bei der Rückabwicklung entstehenden Transportkosten schon aufgrund seiner deliktischen Schadensersatzpflicht nicht auf den Bereicherungsgläubiger abwälzen. Hat der Empfänger hingegen von dem Mangel des rechtlichen Grundes erst nach dem Empfang erfahren, so ist nicht einzusehen, daß es ihm allein aufgrund dieses Umstandes verwehrt sein soll, die Rückabwicklungskosten als Bereicherungsminderung geltend zu machen - ein weiteres Beispiel dafllr, daß zwischen der wissentlich-rechtswidrigen Erwerbshandlung und der bloßen Kenntnis von der Rechtsgrundlosigkeit des Erwerbs ein wertungsmäßig entscheidender Unterschied besteht. Sofern die mit dem Bereicherungsvorgang verbundenen Aufwendungen sich jedoch, wie im "Altargemäldefall", in einem vom Bereicherungsschuldner herauszugebenden Geldbetrag niedergeschlagen haben. ist selbst im Falle eines bösgläubigen Eingriffs die Abwälzung der Aufwendungen auf den Kondizenten angemessen. Die Gefahr, daß die Haftung des bösgläubigen Bereicherungsschuldners ungerechtfertigt zu Lasten des Kondizenten abgemildert würde, wenn ihm die Geltendmachung bereicherungsmindernder Aufwendungen gestattet wird, besteht demnach nicht. Insgesamt bleibt somit festzuhalten, daß bei näherer Betrachtung alle Versuche der Begründung einer verschärften bereicherungsrechtlichen Primärhaftung bei wissentlichen Eingriffen auf unüberwindbare Schwierigkeiten stoßen. Die Bereicherung durch schuldhaft- und insbesondere wissentlich-rechtswidriges Handeln wirft spezifische Probleme auf, rur deren Lösung das Bereicherungsrecht nicht geschaffen ist. Mit der Ausgliederung der verschärften Primärhaftung bei wissentlichen Eingriffen aus dem Bereicherungsrecht wäre zugleich ein kleiner Beitrag zur Vereinfachung der fast allgemein als übertrieben kompliziert empfundenen Bereicherungsrechtsdogmatik 177 geleistet. Wie sich besonders deutlich bei der Frage, inwieweit der bösgläubige Bereicherungs-
177 Vgl. dazu etwa König. Gutachten. S. 1519: ders.. FS v. Caemmerer. S. 207 (in bezug auf die Gewinnhaftung. deren Ausgliederung aus den §§ 812-822 BGB König als bedeutenden Schritt zur .. Entwirrung des Problemknäuels unseres heutigen Bereicherungsrechts" bezeichnet). Gegen die von König beflirwortete Rückkehr zu einfachen, klaren Regeln aber Rellter/Martinek. S. 67. Hierzu paßt die von Reuter/Martinek auf die Spitze getriebene Differenzierung nach den Kondiktionenarten bei der Bestimmung des Anspruchsinhalts. flir die das .. Sonderelement der objektiven (= gegenstandsorientierten) Mindestbereicherung" (RellleriMarlinek. S. 537) nur ein Beispiel ist. Vgl. auch (gegen Reuter/ Martinek) MünchKomm-Lieb. § 812 Rdnr. 8a.
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3. Teil: Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem
schuldner Erwerbsaufwendungen anspruchsmindernd geltend machen darf, zeigt, führt die Anwendung des einfachen und dem Gesetzeswortlaut entsprechenden Grundsatzes, daß für die Bereicherungshaftung im Falle der Bösgläubigkeit nur insoweit besondere Regeln gelten, als diese sich aus der Verweisung auf die allgemeinen Vorschriften ergeben, zu sachgerechteren Lösungen als die praeter legern gewonnenen zusätzlichen Differenzierungen der herrschenden Lehre - vorausgesetzt, man bezieht in die Betrachtung die durch § 687 Abs. 2 BGB und das Deliktsrecht eröffneten Möglichkeiten der Haftungsverschärfung für schuldhaft-rechtswidrige Eingriffe ein.
c) Die Haftung des bösgläubigen Bereicherungsschuldners bei Untergang des erlangten Gegenstandes Es bleibt die Frage zu beantworten, ob sich die Haftung bei Untergang des erlangten Gegenstandes im Rahmen der verschärften Bereicherungshaftung von derjenigen im Rahmen des § 687 Abs. 2 BGB unterscheidet. Nach wohl allgemeiner Auffassung führt bei Untergang des Erlangten die Anwendung der §§ 687 Abs. 2 S. I, 681 S. 2, 667 BGB zu denselben Rechtsfolgen wie die Anwendung der §§ 812,818 Abs. 4, 819 Abs. I BGBI78. Dem ist insoweit zuzustimmen, als auch der verschärft haftende Bereicherungsschuldner gemäß § 989 BGB im Grundsatz nur für verschuldeten Untergang des herauszugebenden Gegenstandes haftet. Daß der Schuldner bei unverschuldetem Untergang frei wird, ergibt sich nach richtiger Auffassung nicht aus dem überhaupt nicht von der Verweisung des § 818 Abs.4 BGB erfaßten § 275 BGBI79, sondern aus dem insoweit auch noch auf den verschärft haftenden Bereicherungsschuldner anwendbaren § 818 Abs. 3 BGBI80. Diese Grundsätze lassen sich allerdings auf die hier in erster Linie interessierenden Fälle der Nutzungseingriffe nicht ohne weiteres anwenden. Denn in diesen Fällen ist nach herrschender Meinung der Primärgegenstand des Bereicherungsanspruchs die Nutzung als solche, für die nach § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten ist l81 . Eine Haftungsbefreiung nach § 989 BGB kann hiernach
178 Vgl. etwa Reichard, AcP Bd. 193 (1993), S. 599 f.; Kel/mann, Gewinnhaftung, S. 96 Fn. 155; Wol/schläger, GoA. S. 253 f.: Krumm, S. 212 Fn. 328. 179 So aber Jakobs, Eingriffserwerb, S. 146 Fn. 58; Reeb, S. 128; Emmerich, SchuldR DT, § 19 Rdnr. 54. 180 So auch Erman-H. P. Weslermann, § 818 Rdnr.50; RGRK-Heimann-Trosien, § 818 Rdnr.46; Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 185; Medicus, JuS 1993, S.710. Koppensleiner/ Kramer, S. 149 f. entnehmen die Haftungsbefreiung des bösgläubigen Bereicherungsschuldners bei unverschuldeter Unmöglichkeit einem Umkehrschluß aus § 989 BGB. 181 Vgl. die Nachw. oben S. 211 Fn. 125.
II. § 687 Abs. 2 BGB und Bereicherungshaftung
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also nicht eintreten. Vielmehr haftet der bösgläubige Bereicherungsschuldner nach herrschender Meinung unabhängig davon, welche konkreten Vorteile er aus der Nutzung gezogen hat, auf Wertersatz, während ihm nach hier vertretener Auffassung - wenigstens unter bereicherungsrechtlichem Gesichtspunkt der Einwand offen steht, daß er einen Gewinn in Höhe des objektiven Wertes nicht erzielt hat l82 . Eine Haftungsbefreiung nach § 989 BGB kommt in den Fällen der Nutzung fremder Rechtsgüter also nur dann in Betracht, wenn man den Bereicherungsanspruch auf die hierdurch erzielten Gewinne bezieht. Wie bei § 687 Abs. 2 BGB stellt sich dann aber die Frage, inwieweit die allgemeinen Haftungsgrundsätze auf Geldherausgabeansprüche anwendbar sind. Es würde der Eigenart des Geldes nicht gerecht, wenn man den Bereicherungsschuldner zur Herausgabe des erlangten Geldes in natura verpflichtete. Besonders unpassend erschiene dies bei Kombinationseingriffen, bei denen, sofern man einen Bereicherungsanspruch auf Herausgabe der erzielten Gewinne im Grundsatz anerkennen will, jedenfalls nur ein Teil des insgesamt erlangten Geldes herauszugeben ist. Der Anspruch kann sich daher von vornherein nur auf einen Geldbetrag richten. Dies bedeutet jedoch ebensowenig wie bei § 687 Abs. 2 BGB, daß es sich um eine "gewöhnliche" Geldschuld in dem Sinne handelte, daß der Schuldner zur Erfüllung des Anspruchs auf sein gesamtes Vermögen zurückgreifen müßte. Vielmehr führt der nachträgliche Verlust des erlangten Geldes bei Gutgläubigkeit des Bereicherungsschuldners zur Haftungsbefreiung nach § 818 Abs. 3 BGB. Aber auch der bösgläubige Bereicherungsschuldner haftet nicht nach § 279 BGB gänzlich unabhängig vom Fortbestehen seiner Bereicherung 183 , sondern bleibt gegenüber dem gewöhnlichen Geldschuldner immer noch dadurch privilegiert, daß er nach § 989 BGB grundsätzlich nur für verschuldeten Untergang haftet. § 989 BGB ordnet eine treuhänderische Haftung für die erlangten Gegenstände an, die derjenigen nach § 667 i. V. m. § 280 BGB entspricht. Daraus folgt, daß der verschärft haftende Bereicherungsschuldner den herauszugebenden Geldbetrag von seinem Vermögen getrennt aufbewahren oder auch nachträglich aussondern kann und dann bei unverschuldetem Untergang frei wird. Da aber ein aufgrund eines wissentlich-rechtswidrigen Eingriffs haftender Bereicherungsschuldner die erlangten Beträge nicht gesondert aufzubewahren pflegt, wird ein den Schuldner befreiender Untergang des erlangten Geldbetrags hier (anders als bei der Leistungskondiktion '84 ) in der Praxis ebensowenig vorkommen wie bei Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB.
182 183
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Vgl. oben S. 3 \3 ff. Vgl. oben S. 314 f. Fn. 129. Vgl. dazu insbes. Wilhelm. AcP Bd. 183 (1983). S. I ff.
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3. Teil: Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem
III. Das Verhältnis der Haftung aus § 687 Abs. 2 BGB zur dritten Schadensberechnungsmethode Um die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB für die Rechtsanwendung abschließend beurteilen zu können, bedarf es noch der Klärung, in welchem Verhältnis § 687 Abs. 2 BGB zur dritten Schadensberechnungsmethode bei Immaterialgüterrechtsverletzungen steht. Es liegt auf der Hand, daß die Bedeutung der Gewinnhaftung dort vergleichsweise gering ist, wo die gewinnbringende Verletzungshandlung zugleich einen nachweisbaren Schaden des Verletzten verursacht, wie etwa bei einer dem Eigentümer gegenüber wirksamen Veräußerung einer Sache durch einen Nichtberechtigten. Von großem Interesse ist die Gewinnhaftung dagegen im Bereich der Immaterialgüterrechtsverletzungen, wo dem durch den rechtswidrigen Eingriff Betroffenen ein Schaden oft nicht entstanden oder dieser wenigstens nicht nachweisbar ist. Vornehmlich an diesen Bereich ist gedacht, wenn es heißt, § 687 Abs. 2 BGB sei ftir die Rechtsanwendung von großer Bedeutung l85 • Es bedarf daher der KlarsteIlung, daß die unmittelbare Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB bei Immaterialgüterrechtsverletzungen in der Praxis nie eine Rolle gespielt hat, obgleich kaum einmal ernsthaft bezweifelt wurde, daß wissentliche Eingriffe in fremde Patent-, Gebrauchsmuster-, Geschmacksmusteroder Urheberrechte den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB erfüllen l86 . Soweit die Rechtsprechung bei Immaterialgüterrechtsverletzungen dem Verletzten einen Anspruch auf Gewinnherausgabe zuspricht, geschieht dies seit jeher, soweit nicht eine spezialgesetzliche Bestimmung, wie § 97 Abs. 1 S. 2 UrhG, eingreift, ausschließlich auf der Grundlage der dritten Schadensberechnungsmethode. Über die Rolle, die § 687 Abs. 2 BGB hierbei spielt, herrscht bis heute erhebliche Unklarheit. Während der Anspruch auf Gewinnherausgabe bei schuldhafter Immaterialgüterrechtsverletzung einerseits als gewohnheitsrechtlich begründete besondere Form des Schadensersatzes qualifiziert wird l87 , ist
Vgl. oben S. 40, 91. Vgl. RGZ 46, 14, 18; 70, 249, 251; MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr. 15; Staudinger-Wittmann, § 687 Rdnr. 6; Soergel-Mühl, § 687 Rdnr. 2; Großkomm. UWG-Köhler, vor § 13 Abschn. B Rdnr. 391; Beuthien/Weber, S. 98; Nipperdey, FS Böhm, S. 166; Ebbecke, Recht Bd. 25 (1921), Sp. \03; Möhring, GRUR 1931, S. 423; Schmidt-Ernsthausen, GRUR 1938, S. 376 ff.; Storch, GRUR 1963, S. 12 f.; v. der Osten, GRUR 1998, S. 286 ff.; Martinek/Theobald, JuS 1997, S. 617; Fest, S. 73; Kaßner, S. 63; Lutz, S. 94; Bertrams, S.73; Widmer, S. 119 ff.; Moser, Herausgabe, S. 256 ff. - Kategorisch gegen die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB auf Immaterialgüterrechtsverletzungen nur Niewiarra, S. 30 ff.; krit. auch Kisch, Festg. Reichspatentamt, S. 112; ders., LZ 1927, Sp. 670; Orth, S. 17 f. - Zum Meinungsstand hinsichtlich Markenrechtsverletzungen vgl. unten S. 377 ff. 187 Vgl. Z. B. BGHZ 57, 116, 119 "Wandsteckdose 11"; MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr.22; RGRK-Stejfen, § 687 Rdnr.41; Jauernig-Vollkommer, § 687 Rdnr.10; 185
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III. § 687 Abs. 2 BGB und dritte Schadensberechnungsmethode
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andererseits auch von einer analogen Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB die Rede l88 •
1. Die Entwicklungsgeschichte der dreifachen Schadensberechnung
Eine nähere Betrachtung der bis ins neunzehnte Jahrhundert zurückreichenden Entwicklungsgeschichte der dreifachen Schadensberechnung zeigt, daß die Rolle, die § 687 Abs. 2 BGB hierbei spielte, meist überschätzt wird. Auf der Grundlage der gemeinrechtlichen objektiven Theorie der Geschäftsflihrung ohne Auftrag bot sich tUr die Gewinnabschöpfung bei Immaterialgüterrechtsverletzungen allerdings die actio negotii gesti directa an. Wie bereits in anderem Zusammenhang erwähnt, erkannte daher auch das Reichsoberhandeisgericht eine Verpflichtung des Urheberrechtsverletzers zur Herausgabe des durch die Verletzungshandlung erzielten Gewinns unter dem Gesichtspunkt der negotiorum gestio an 189 • Die spätere Rechtsprechung sah sich jedoch durch die immaterialgüterrechtliche Spezialgesetzgebung gehindert, diesen Ansatz weiterzuverfolgen. Um den vom Verletzer erzielten Gewinn abzuschöpfen, stand damit nur noch der spezialgesetzliche Schadensersatzanspruch zur VertUgung. In einem Urteil vom
Schricker-Wild, UrhG, § 97 Rdnr.67; KlauerIMöhring-Hesse, PatG, § 47 Rdnr.40; BeuthienlWeber, S. 98; Teplitzky, Kap. 34 Fn. 38; BernhardtlKraßer, § 35 IV d; Nörr, AcP Bd. 158 (1959/60), S. 8; Pinzger, GRUR 1931, S. 672; Pietzner, GRUR 1972, S. 153; Ullmann, GRUR 1978, S. 617; Brandner, GRUR 1980, S. 362; Lehmann, BB 1988, S. 1680; Fezer, WRP 1993, S. 565 f; Thum, S. 11 ff; Mueser, S. 38. 188 Vgl. z. B. Staudinger-Wittmann, § 687 Rdnr. 21; Soergel-Mühl, § 687 Rdnr.7; RGRK-Steffen, § 687 Rdnr. 41; Palandt-Thomas, § 823 Rdnr. 161; Isay, PatG, § 35 Rdnr. 14; Benkard-Rogge, PatG, § 139 Rdnr. 72; Schricker-Wild, UrhG, § 97 Rdnr. 74; BaumbachlHefermehl, UWG, Einl. Rdnr. 415 f.; Lange, S. 363; BeuthienlWeber, S. 98; Enneccerus-Lehmann, § 168 I 1 a; Larenz, SchuldR I, § 29 III b; Esser/Weyers, § 46 IV 2 a, § 51 14 d; Pinzger, GRUR 1931, S. 671 ff; Schmidt-Ernsthausen, GRUR 1938, S. 376 ff; Storch, GRUR 1963, S. 10 ff; Mestmäcker, JZ 1958, S. 522; Kroitzsch, FS Hefermehl, S. 135 ff.; Wilburg, AcP Bd. 163 (1964), S.351 (Ausdehnung des § 687 Abs. 2 BGB auf den fahrlässigen Verletzer, die oft auch "unter der falschen Flagge einer Schadensersatzberechnung" erfolgt); Körner, FS Steindorff, S. 883 (dritte Schadensberechnungsmethode dogmatisch aus § 687 Abs. 2 BGB hergeleitet); v. Bar, UFITA Bd. 81 (1978), S. 59 (kein Schadensersatzanspruch, sondern "dem Grunde nach ... Anspruch aus unerlaubter Geschäftsführung ohne Auftrag"). - Krit. etwa BernhardllKraßer, § 35 IV d; Kraßer, GRUR Int. 1980, S. 266, 269; Jakobs, Eingriffserwerb, S. 90 ff; KlauerIMöhring-Hesse, PatG, § 47 Rdnr.40; Fezer, MarkenG, § 14 Rdnr. 519; ders., WRP 1993, S. 565 f; Schmidt-Salzer, JR 1969, S.89; Werneburg, GRUR 1936, S. 779; Pielzner, GRUR 1972, S. 153; LeisseiTraub, GRUR 1980, S. 4 f.; Delahaye, GRUR 1986, S.218; BeuthienlWasmann, GRUR 1997, S. 256 f.; v. der Osten, GRUR 1998, S. 286. 189 ROHG 22, 338, 340 f Vgl. dazu schon oben S. 91, 301 f
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8.3.1890 190 bezeichnete der I. Zivilsenat des Reichsgerichts es als richtigen Ausgangspunkt für die Ennittlung der Schadenshöhe bei einer Patentverletzung, "daß dem Patentberechtigten an Absatz entgangen, was der Nichtberechtigte in unberechtigter Anwendung des Gegenstandes der patentirten Erfindung gewerbsmäßig produzirt und abgesetzt hat", während der Einwand der Revision, der Kläger könne nur die entgangene Lizenzgebühr fordern, verworfen wurde. Die zitierte Fonnulierung zeigt deutlich, daß das Reichsgericht hier noch nicht den Schadensersatz statt nach der Höhe des dem Verletzten entgangenen Gewinns nach der Höhe des Verletzergewinns bemessen wollte, sondern lediglich zum Zwecke der Feststellung des entgangenen Gewinns mit der Vermutung arbeitete, der vom Verletzer erzielte entspreche dem dem Verletzten entgangenen Absatz l91 • Als grundlegendes Urteil zur dreifachen Schadensberechnung gilt daher erst das zu § 18 Abs. 6 des UrhG vom 11.6.1870 ergangene "Ariston-Urteil" des I. Zivilsenats des Reichsgerichts vom 8.6.1895 192 • Das Gericht ging davon aus, daß drei Wege, den entstandenen Schaden zu liquidieren, zur Verfügung stünden, je nachdem worin man das Schadensereignis sehe l93 . Der Kläger könne zum ersten den Schaden ersetzt verlangen, den er dadurch erlitten habe, daß sein Urheberrecht überhaupt beeinträchtigt worden sei. Zweitens könne er den Schaden liquidieren, der daraus resultiere, daß der Eingriff ohne seine Genehmigung erfolgt sei, also die für eine fiktive Erteilung der Genehmigung zu entrichtende Lizenzgebühr verlangen. Drittens könne man das schadenstiftende Ereignis auch darin erblicken, daß die Beklagte die aus dem Eingriff erwachsenen Vorteile sich angeeignet habe und behalten wolle, statt sie dem Kläger herauszugeben. Der Schaden des Klägers bestehe "in dem, was er infolge dieses Ereignisses nicht hat und doch haben würde, wenn die Beklagte zwar die nutzbringende Umsetzung der Kompositionen des Klägers ins Werk gesetzt hätte, aber nicht für eigene Rechnung, sondern wie ein Geschäftsführer für fremde Rechnung, zum Nutzen und für Rechnung des Klägers oder doch wenigstens zum gemeinschaftlichen Nutzen" 194. Der Kläger könne daher als Schadensersatz den von der Beklagten aus dem unbefugten Nachdruck seines Werkes er-
RG JW 1890, 162. Das Reichsgericht hat in einem späteren Urteil (RGZ 95, 220, 221) diese Vermutung noch einmal verwendet, und zwar bei der Prüfung eines nach der ersten, und nicht etwa nach der dritten Methode berechneten Schadensersatzanspruchs. Da die Vermutung sich nicht auf den Gewinn, sondern auf den Absat= bezog, stand dem Anspruch nach Auffassung des Reichsgerichts nicht entgegen, daß der Verletzer einen nach der dritten Berechnungsmethode herauszugebenden Gewinn nicht erzielt hatte. 192 RGZ 35, 63 ff. 193 RGZ 35, 63, 67 ff. 194 RGZ 35, 63, 71. 190 191
III. § 687 Abs. 2 BGB und dritte Schadensberechnungsmethode
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zielten Gewinn herausverlangen l95 • Da § 18 Abs.6 des UrhG von 1870 bei schuldloser Verletzung den Schadensersatzanspruch auf die vorhandene Bereicherung beschränkte, sollte in diesem Fall die Gewinnherausgabe die einzige zulässige Form der Schadensliquidation darstellen l96 • Das Reichsgericht folgte damit im Ergebnis einer zuvor schon von Kohler vertretenen Auffassung. Dieser sah, unter Berufung einerseits auf D. 3, 5, 5, 5, andererseits auf die angloamerikanische Figur des trustee, die Verpflichtung zur Herausgabe des widerrechtlich erzielten Gewinns als selbstverständlichen Bestandteil der Schadensersatzpflicht an 197. In einem Reichsgerichtsurteil vom 31.12.1898 198 wurden die Grundsätze der dreifachen Schadensberechnung auch auf die Haftung aus § 35 des PatG vom 7.4.1891 angewandt. Danach sollte der Begriff der "Entschädigung" in § 35 PatG a. F. gleichbedeutend mit dem des Schadensersatzes sein l99 und demnach entsprechend den im "Ariston-Urteil" aufgestellten Grundsätzen auch den Verletzergewinn umfassen. Ebenso bezeichnete das Reichsgericht in den Urteilen vom 7.3.1900 200 und vom 11.1.1902 201 den Anspruch auf Gewinnherausgabe als Form des Schadensersatzes und verwies zur Begründung lediglich auf seine bisherige Rechtsprechung. Auch in den Entscheidungen, die bereits eine
195 Das Reichsgericht (RGZ 35, 63, 72 f.) ergänzte seine Begründung durch zahlreiche Zitate römischrechtlicher Quellen', die aber seine Thesen nicht stützen; vgl. Kisch, LZ 1927, Sp.669; Orth, S. 13 f; Franke, S. 11 ff; Moser, Herausgabe, S. 34 Fn. 9; Lutz, S. 88 f. 196 RGZ 35, 63, 70 f 197 Kohler, Deutsches Patentrecht, S. 457 f; ders., Hdb., S. 568 ff Kohler, Hdb., S. 569 monierte, daß das Reichsgericht weder ihn noch den "viel gewichtigeren Juristen" Labeo (0. 3, 5, 5, 5) zitiert habe. Orth, S. 12 und Kaßner, S. 33 meinen dagegen, daß angesichts der Unterschiede in der Begründung von einer Übernahme der Theorie Kohlers keine Rede sein könne. 198 RGZ 43, 56 ff. 199 A. A. Klien, S. 3 f., der dem Begriff der "Entschädigung" eine weitere Bedeutung zuerkennen wollte als dem Begriff des Schadensersatzes und daher meinte, mit dem Begriff der Entschädigung in § 35 des PatG vom 7.4.1891 sei - anders als mit dem des Schadensersatzes - ein Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns durchaus vereinbar. Diese Auffassung hat nur scheinbar in § 47 Abs. 2 S. 2 des PatG vom 5.5.1936 (§ 139 Abs. 2 S. 2 PatG n. F.), wonach bei nur leicht fahrlässiger Patentverletzung eine "Entschädigung" in den Grenzen zwischen dem Schaden des Verletzten und dem Vorteil des Verletzers festgesetzt werden kann, gesetzliche Anerkennung gefunden. Denn mit dieser Bestimmung war ausschließlich eine Reduzierung, nicht eine Erweiterung des Schadensersatzanspruchs bezweckt; vgl. Lindenmaier-Weiß, PatG, § 47 Rdnr. 40; Reimer-Nastelski, PatG, § 47 Rdnr. 43; Jakobs, Eingriffserwerb, S. 89; Loewenheim, ZHR ßd. 135 (1971), S. 99 Fn. 17; Lutz, S. 13; Kraulwig, S. 131 f.; unzutr. etwa StaudingerWiltmann, § 687 Rdnr. 21; Soergel-Mühl, § 687 Rdnr. 7; Jauernig-Vollkommer, § 687 Rdnr. 11; Enneccerus-Lehmann, § 168 1 1 a; Fikenlscher, SchuldR, Rdnr. 946. 200 RGZ 46,14,17 f 201 RGZ 50, 111, 115 f.
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eventuelle durch das BGB erfolgte Rechtsänderung zu berücksichtigen hatten, änderte sich an dieser Rechtsprechung zunächst nichts. Vielmehr betonte das Reichsgericht weiterhin, die Grundlage des Gewinnherausgabeanspruchs bei grob fahrlässiger Patentverletzung sei § 35 PatG a. F. und nicht § 687 Abs. 2 BGB202, und verwies zur Begründung dafür, daß die Gewinnherausgabe vom Begriff des Schadensersatzes umfaßt sei, auf das Urteil vom 31.12.1898 203 . Keineswegs wurde also § 687 Abs. 2 BGB herangezogen, um die dritte Schadensberechnungsmethode auf eine völlig neue dogmatische Grundlage zu stellen 204 . Nachdem bereits das "Ariston-Urteil" den Gedanken verwendet hatte, der Verletzer müsse sich so behandeln lassen, als habe er als Geschäftsführer für den Verletzten gehandelt, lag es allerdings nahe, daß das Reichsgericht vereinzelt zur Begründung dafür, daß der Begriff der Entschädigung im Sinne des § 35 PatG a. F. die Herausgabe des Verletzergewinns umfasse, auch auf "die Analogie zur sog. unechten Geschäftsführung" verwies 205 . Dieser Gedanke war jedoch lediglich als zusätzliche Argumentationsstütze gedacht. Es liegt in der Natur des Gewohnheitsrechts, daß die zu seiner Entstehung führende Rechtsprechung neben den letztlich maßgeblichen, auch die allgemeine Überzeugung von der Richtigkeit der Resultate begründenden Erwägungen, die jedoch im positiven Recht keinen ausreichenden Niederschlag gefunden haben, häufig auch auf letztlich nicht tragflihige Stützen im Gesetz verweisen wird. Hierzu gehört auch der Gesichtspunkt der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag bei der Entwicklung der dritten Schadensberechnungsmethode. Der I. Zivilsenat des Reichsgerichts ließ sich zwar durch die unmißverständliche Beschränkung der Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB auf wissentliche Eingriffe nicht davon abhalten, je nach den subjektiven Voraussetzungen der jeweils einschlägigen spezial gesetzlichen Anspruchsgrundlage auch bei unwissentlichen Rechtsverletzungen den Gewinnherausgabeanspruch anzuerkennen. Keinesfalls kann jedoch die Vorschrift des § 687 Abs. 2 BGB als entscheidender Grundfor die Anerkennung dieses Anspruchs angesehen werden. Der Gedanke, der Eingreifer müsse sich als Fremdgeschäftsführer behandeln lassen, überlebte das Inkrafttreten des BGB eher trotz als wegen der Regelung des § 687 Abs. 2 BGB. Man kann also davon ausgehen, daß das Reichsgericht die Theorie der dreifachen Schadens berechnung auch dann unverändert fortgeführt hätte, wenn der BGB-Gesetzgeber im Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag der strengen subjektiven Theorie gefolgt wäre und auf die Aufnahme des § 687 Abs. 2 BGB verzichtet hätte. 202 RGZ 70, 249, 252 ff.; 84, 370, 376 f. 203 So noch RGZ 84, 370, 376 f. 204 So aber Kaßner, S. 35. 205 So RGZ 70, 249, 252.
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Selbständige Bedeutung schien § 687 Abs. 2 BGB für die dreifache Schadensberechnung anfangs nur insofern zuzukommen, als das Reichsgericht sich genötigt sah, dem Verletzten zur Durchsetzung des Gewinnherausgabeanspruchs den Rechnungslegungsanspruch aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2, 666 BGB zuzusprechen 206 . Insoweit konnte völlig zu Recht auch von einer analogen Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB gesprochen werden. Da es lediglich um die notwendige Ergänzung eines anderweitig begründeten Gewinnherausgabeanspruchs ging, konnten gegen diese Analogie insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt der subjektiven Voraussetzungen des § 687 Abs.2 BGB keine durchgreifenden Bedenken bestehen. Das Reichsgericht ging bekanntlich einige Zeit später weit hierüber hinaus, indem es einen Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch auf der Grundlage des § 242 BGB für alle Fälle anerkannte, in denen der Gläubiger in entschuldbarer Weise über Bestehen oder Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewißheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann 207 . Damit war der Gesichtspunkt der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag endgültig fur die dreifache Schadens berechnung funktionslos geworden. Die Rechtsprechung des I. Zivilsenats des Reichsgerichts zur dreifachen Schadensberechnung hatte jedoch inzwischen in der Rechtsprechung des für das Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht zuständigen 11. Zivilsenats eine entscheidende Umdeutung erfahren, indem die dritte Berechnungsmethode mit der Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB gleichgesetzt wurde. Ansatzweise ist der Unterschied zur Rechtsprechung des I. Zivilsenats bereits in einem Urteil des ". Zivilsenats vom 30.11.1900 erkennbar, wo das Gericht bei aller Unklarheit in der Formulierung unmißverständlich die Tatbestandsvoraussetzungen einer unechten negotiorum gestio prüfte, wenn es ausführte, der Verletzer einer Ausstattung fuhre "kein fremdes Geschäft", sondern handele "für sich"208. Noch deutlicher wird der Unterschied in einem Urteil des 11. Zivilsenats vom 24.6.1904 209 , in dem eine Gewinnherausgabe- und Rechnungslegungspflicht auch im Falle der Verletzung eines Warenzeichens abgelehnt wurde. Das Reichsgericht führte aus, dem Berufungsgericht könne nicht darin beigetreten werden, "daß sich aus den Grundsätzen über die Haftung desjenigen, welcher
206 Vgl. RGZ 46,14, 18; 70, 249, 253 f.; 84,146, 150. - Daß § 687 Abs. 2 BGB im Rahmen der dreifachen Schadensberechnung anfangs nur als Grundlage des Rechnungslegungsanspruchs diente, wird in der Literatur fast durchweg übergangen; vgl. aber auch Orth, S. 21, der zu Unrecht meinte, die Heranziehung des § 687 Abs. 2 BGB zur Begründung der Rechnungslegungsptlicht bedeute, daß unter dem gleichen Gesichtspunkt auch eine Herausgabeptlicht bestehen müsse; richtig hingegen Jakobs, Eingriffserwerb, S.91. 207 Grundlegend RGZ 108, I, 7; seither st. Rspr. 208RGZ47, 100, 102. 209 RGZ 58, 321 ff.
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3. Teil: Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem
ein fremdes Geschäft als sein eigenes besorgt, obwohl er weiß, daß er nicht dazu berechtigt sei, im vorliegenden Falle, wie dies bei rechtswidriger Verwertung von Patentrechten angenommen wurde ... , eine Pflicht zur Rechenschaftsablegung und Auskunftserteilung von seiten des Verletzers begründen lasse". Denn die Handlung der Beklagten erscheine "nicht als Besorgung eines fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs.2 B.G.B."210. Im Urteil vom 4.5.l923 211 interpretierte der II. Zivilsenat die Rechtsprechung des I. Zivilsenats dahingehend, das Reichsgericht gewähre in ständiger Rechtsprechung bei Patentverletzungen Rechnungslegung und Gewinnherausgabe "nach den Grundsätzen der GeschäftsfUhrung ohne Auftrag". Dies beruhe darauf, daß der gewerbsmäßige Vertrieb der unter Verletzung eines Patents, Gebrauchsmusters oder Urheberrechts hergestellten Gegenstände "als Besorgung eines fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs.2 BGB. anzusehen sei". Hiermit war die Rechtsprechung des I. Zivilsenats jedoch nur äußerst ungenau wiedergegeben. Insbesondere hatte der I. Zivilsenat es bis zu diesem Zeitpunkt zur Begründung des Gewinnherausgabeanspruchs nicht fUr erforderlich gehalten, die Verletzungshandlung unter den objektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB zu subsumieren. Allerdings machte der I. Zivilsenat sich die Interpretation seiner Rechtsprechung durch den II. Zivilsenat schrittweise selbst zu eigen, indem er im Zusammenhang mit der dritten Schadensberechnungsmethode ebenfalls den Gesichtspunkt der unechten GeschäftsfUhrung ohne Auftrag in den Vordergrund rückte. So qualifizierte auch der I. Zivilsenat in seinem Urteil vom 3.2.1909212 die Patentverletzung als Führung eines fremden Geschäfts, offenbar aber noch ausschließlich, um die Pflicht zur Rechnungslegung zu rechtfertigen. Erst seit Anfang der dreißiger Jahre, als die dreifache Schadensberechnung in der literatur bereits als Gewohnheitsrecht bezeichnet wurde 2l3 , zog der I. Zivilsenat zunehmend auch zur Begründung des Gewinnherausgabeanspruchs § 687 Abs. 2 BGB heran, etwa im Urteil vom 22.10.1930, wo von "rechtsähnlicher Anwendung der Grundsätze in § 687 Abs. 2, § 667 BGB" die Rede ist 214 . Auch hier wird jedoch zugleich betont, daß Grundlage des Anspruchs auf Herausgabe des Verletzergewinns bei grob fahrlässiger Patentverletzung § 35 PatG a. F. sei. Auch die in diesem Urteil vertretene Ansicht, aufgrund der dritten Schadensberechnungsmethode könne dann, wenn der Verletzer zwar keinen Gewinn
210 RGZ 58, 321, 325. 211 RGZ 108, 1,5 f. 212 RGZ 70, 249, 251. 213 So z. B./say, PatG, vor § 35 Rdnr. 3, § 35 Rdnr. 14; Pin::ger, GRUR 1931, S. 672; Mueser, S. 38. 214 RGZ 130, 108, 110; ebenso RGZ 156,65,67; anders noch RGZ 126, 127, 131 f.. wo nur von einer Methode der Schadensberechnung die Rede ist.
III. § 687 Abs. 2 BGB und dritte Schadensberechnungsmethode
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erzielt, aber durch den Eingriff seinen Verlust reduziert hat, nicht der Betrag der Verlustersparnis herausverlangt werden, wurde allein damit begründet, daß ein derartiger Anspruch mit dem Begriff des Schadensersatzes unvereinbar sei. Nicht etwa wurde dies, was in sich weitaus schlüssiger gewesen wäre, damit begründet, daß der Anspruch auf Herausgabe der Verlustersparnis nicht mit der Behandlung des Verletzers als Geschäftsführer ohne Auftrag vereinbar sei2l5 . Vollständig in den Mittelpunkt stellten den Gesichtspunkt des § 687 Abs. 2 BGB dann jedoch zwei Urteile des I. Zivilsenats vom 15.11.1937 216 und vom 29.3.1938 217 . Im Urteil vom 15.11.1937 heißt es nur noch: "Der Anspruch auf Herausgabe des von dem Verletzer erzielten Gewinnes stützt sich auf §§ 687 Abs.2, 667 BGB."218 Im Urteil vom 29.3.1938 spricht das Reichsgericht von einer Gewinnherausgabe "in entsprechender Anwendung der §§ 687, Abs.2, 667 BGB.", ja sogar schlicht von einem "Anspruch aus § 687, Abs. 2 BGB.". Es handele sich nicht um "einen eigentlichen Schadensersatzanspruch", sondern darum, "daß der Verletzer so gehalten werden soll wie derjenige, der ein fremdes Geschäft vorsätzlich oder fahrlässig unberechtigterweise als sein eigenes behandelt hat u. nun das aus der Geschäftsbesorgung Erlangte herausgeben muß". Konsequent prüfte das Gericht im folgenden den objektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB und knüpfte auch hier nahtlos an die verfehlte Rechtsprechung des 11. Zivilsenats zur Warenzeichenverletzung an, indem es das Merkmal eines fremden Geschäfts mit unhaltbarer Begründung verneinte 2l9 • In der Literatur wurde die "Analogie" zu § 687 Abs. 2 BGB verständlicherweise ebenso bekämpft wie die These, der Begriff des Schadensersatzes umfasse die Herausgabe des vom Verletzer erzielten Gewinns. Da jedoch die praktischen Resultate der dreifachen Schadensberechnung selbst von den Kritikern der dogmatischen Konstruktion fast einhellig gebilligt wurden 220 und daher zu-
215 ReuteriMartinek, S. 538 interpretieren die Entscheidung gleichwohl dahingehend, daß das Reichsgericht den Herausgabeanspruch bei einer bloßen Verlustersparnis als unvereinbar mit den §§ 687 Abs. 2 S. 1,681 S. 2, 667 BGB angesehen habe. 216 RGZ 156,321 ff. 217 RG GRUR 1938,449 ff. 218 RGZ 156,321,326. 219 RG GRUR 1938,449,452. - Der Beklagte hatte eine Spendensammlung zugunsten der deutschen Luftwaffe durchgeführt und hierbei an die Spender Anstecknadeln mit Motiven verteilt, die nach Auffassung der Klägerin deren Urheberrecht verletzten. Das Reichsgericht ging zwar von der Möglichkeit einer Urheberrechtsverletzung aus, meinte aber, daß ein Gewinnherausgabeanspruch der Klägerin sich hieraus nicht ergeben könne. Denn es sei "offenbar, daß der Bekl. in keiner Weise Geschäfte der KI. besorgt haben kann, wenn er als angeschlossener Verband der NSDAP. genehmigte Sammlungen zum Besten der deutschen Luftrüstung veranstaltete". 220 Vgl. etwa F. Schutz, AcP Bd. 105 (1909), S. 64 ff.; Orth, S. 7 ff., 55 ff.; Kisch, LZ 1927, Sp. 676; Bertrams, S. 72 ff.
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3. Teil: Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem
nehmend als Gewohnheitsrecht Anerkennung fanden, traten die Versuche, die dreifache Schadensberechnung aus dem Gesetz zu begründen, mehr und mehr in den Hintergrund. Der Bundesgerichtshof setzte die Rechtsprechung des Reichsgerichts zur dreifachen Schadensberechnung fort und dehnte ihr Anwendungsgebiet aus. Er erkannte die dreifache Schadensberechnung nicht nur in allen Fällen von Immaterialgüterrechtsverletzungen an 221 , sondern hielt sie darüber hinaus auch bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen222 und bei der Verletzung wettbewerbsrechtlich geschützter Leistungspositionen 223 flir anwendbar224 . In einem Urteil vom 29.5.1962 225 bezeichnete der Bundesgerichtshof die dreifache Schadensberechnung hinsichtlich ihrer Begründung durch das Reichsgericht als "zweifelhaft und angreifbar", erkannte sie jedoch als Gewohnheitsrecht an. Es handele sich, wenn schon nicht um einen echten Schadensersatzanspruch, so doch jedenfalls um einen Entschädigungsanspruch, der "unter dem Titel des Schadensersatzes" laufe. Noch deutlicher heißt es in einem Urteil vom 27.2.1963, daß auch hinsichtlich der Verpflichtung zur Gewinnherausgabe "ein Schadensersatzanspruch in Frage steht"226. Eine Sonderrolle spielte auch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Warenzeichenverletzung. Als der Bundesgerichtshof im "Vitasulfal-Urteil" vom 24.2.1961 227 erstmals auch flir die Warenzeichen verletzung den Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns anerkannte, versäumte er es, sich von der These des 11. Zivilsenats des Reichsgerichts zu distanzieren, daß der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns insgesamt, und nicht nur bei wissentli-
221 Vgl. BGHZ 34, 320, 321 ff. "Vitasulfal" (Warenzeichenverletzung); BGH GRUR 1959,379 ff. "Gasparone" (Urheberrechtsverletzung); 1962,401,402 .. Kreuzbodenventilsäcke III" (Patentverletzung); 1963, 640, 642 .. Plastikkorb'· (Geschmacksmusterverletzung). 222 Grundlegend BGHZ 20, 345. 353 f. "Paul Dahlke". 223 Grundlegend BGHZ 57,116,117 ff. .. Wandsteckdose 11". 224 Das Reichsgericht hatte bis zuletzt (vgl. RG GRUR 1942. 352. 358 .. Quarzlampe") daran festgehalten, daß die dreifache Schadensberechnung auf das Gebiet der Immaterialgüterrechtsverletzungen beschränkt sei. 225 BGH GRUR 1962,509,512 .. Dia-Rähmchen 11". 226 BGH GRUR 1963.640.642 .. Plastikkorb"; vgl. auch BGH GRUR 1959.379.383 .,Gasparone". wo der Bundesgerichtshof die der Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ 70, 249, 252) entlehnte Formulierung gebraucht. es handele sich .. um eine durch Analogie mit der sog. unechten GeschätlstUhrung gewohnheitsrechtlich begründete Ausbildung des Begriffs der Entschädigung". aber klarstellend hinzutUgt: ..also um eine besondere Art der Berechnung tUr den geschuldeten Schadensersatz"; anders allerdings ßGH GRUR 1962. 40 I, 402 .. Kreuzbodenventilsäcke 111". wo wieder von einer Gewinnherausgabe aufgrund .. rechtsähnlicher Anwendung von § 687 Abs. 2. § 667 BGB" die Rede ist. 227 BGHZ 34. 320. 321 ff.
III. § 687 Abs. 2 BGB und dritte Schadensberechnungsmethode
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eher Verletzung, dogmatisch bei § 687 Abs. 2 BGB einzuordnen sei. Statt lediglich darzulegen, daß dieselben Gründe, die die dreifache Schadensberechnung bei sonstigen Immaterialgüterrechtsverletzungen rechtfertigen, auch im Warenzeichenrecht zutreffen, wiederholte der Bundesgerichtshof den Fehler des Reichsgerichts, die objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 687 Abs. 2 BGB zu prüfen. Im übrigen trat in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur dritten Schadensberechnungsmethode der Geschäftsfiihrungsgedanke gegenüber schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten jedoch immer mehr in den Hintergrund. Die schadensersatzrechtliche Einordnung wurde nicht zuletzt dadurch bestätigt, daß der Bundesgerichtshof bei der näheren Ausgestaltung des Gewinnherausgabeanspruchs dazu neigte, auf Grundsätze des deliktischen Schadensersatzrechts, und nicht der Geschäftsfiihrung ohne Auftrag, zurückzugreifen 228 . So vertrat er in einem Urteil vom 30.1.1959 entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, das die Anwendung des § 840 BGB auf die dritte Schadensberechnungsmethode abgelehnt hatte, da es sich "in Wirklichkeit nicht um einen echten Schadensersatzanspruch", sondern um einen Anspruch "in sinngemäßer Anwendung der Vorschriften über die unechte Geschäftsfiihrung ohne Auftrag" handele, die Ansicht, mehrere Verletzer hafteten "mit Rücksicht" auf die Haftung aus unerlaubter Handlung als Gesamtschuldner229 • Die gesamtschuldnerische Haftung ist nur erklärbar, wenn man davon ausgeht, daß die dritte Schadensberechnungsmethode gar nicht wie der Anspruch aus § 667 BGB auf Herausgabe eines konkreten im Vermögen des Schuldners vorhandenen Gegenstandes gerichtet ist, sondern lediglich fingiert wird, daß der Verletzergewinn dem dem Verletzten entstandenen Schaden entspreche. Des weiteren stellte der Bundesgerichtshof den Grundsatz auf, daß es auf eine noch vorhandene Bereicherung des Verletzers nicht ankomme, sondern nur darauf, ob der Verletzer jemals einen Gewinn gezogen habe. Auch dies begründete der Bundesgerichtshof nicht etwa mit den für § 687 Abs. 2 BGB maßgeblichen Grundsätzen, sondern mit der Einordnung des Gewinnherausgabeanspruchs im Schadensersatzrecht230 • Besonders deutlich betonen den schadensersatzrechtlichen Charakter des Gewinnherausgabeanspruchs nach der dritten Schadensberechnungsmethode
m Die Rechtsprechung folgt also keineswegs dem von Däubler (JuS 1969, S.53) postulierten Prinzip. nur die Fragen der Anspruchsentstehung nach dem Recht der unerlaubten Handlung. die Rechtsfolgenfragen dagegen nach dem der Geschäftsanmaßung zu beurteilen. 229 BGH GRUR 1959.379.383 "Gasparone". Vgl. dazu schon oben S. 163 f. Fn. 460. 130 BGH GRUR 1962.509.512 "Dia-Rähmchen /1". 22 Eherl
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3. Teil: Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem
die Urteile des Bundesgerichtshofs vom 8.10.1971231 und vom 2.2.1995 232 , in denen die dritte Schadensberechnungsmethode mit der Erwägung gerechtfertigt wird, es könne davon ausgegangen werden, daß dem Verletzten entsprechende Geschäfte wie die vom Verletzer getätigten und damit auch entsprechende Gewinne bzw. Gewinnmöglichkeiten entgangen seien 233 • Folgerichtig lehnte der Bundesgerichtshof im Urteil vom 2.2.1995 die Anwendung der dritten Schadensberechnungsmethode ab, da ein Schaden im Sinne der §§ 249, 252 BGB nach Lage des Falles ausgeschlossen werden konnte 234 • Der Bundesgerichtshof stellt also konsequenter als das Reichsgericht sowohl bei der Bestimmung der Voraussetzungen des Gewinnherausgabeanspruchs als auch bei seiner Ausgestaltung schadensersatzrechtliche Gesichtspunkte in den Vordergrund235 • Ob etwa die Konsequenz, den Gewinnherausgabeanspruch abzulehnen, wenn ein Schaden im Sinne der §§ 249, 252 BGB ausgeschlossen werden kann, auch sachlich gerechtfertigt ist, erscheint zwar nicht ganz unzweifelhaft. Doch kann dies hier dahinstehen, da es lediglich darum ging, die verbreitete Auffassung in Frage zu stellen, daß die dritte Schadensberechnungsmethode auf einer analogen Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB beruhe. Zusammenfassend ist festzustellen, daß in der für die Entwicklung der dreifachen Schadensberechnung maßgeblichen Rechtsprechung des I. Zivilsenats des Reichsgerichts bis zu ihrer gewohnheitsrechtIichen Anerkennung nur der zur Durchsetzung des Gewinnherausgabeanspruchs erforderliche Rechnungslegungsanspruch vorübergehend aus einer Analogie zu § 687 Abs. 2 BGB begründet wurde. Soweit der Gedanke der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag in der frühen Rechtsprechung des I. Zivilsenats auch im Zusammenhang mit dem Gewinnherausgabeanspruch auftauchte, war er zumindest nie ein tragender Entscheidungsgrund. Lediglich der II. Zivilsenat, der selbst in seiner Rechtsprechung zum Warenzeichenrecht die dritte Schadensberechnungsme-
BGHZ 57, 116, 118 f. "Wandsteckdose II". BGH NJW 1995, 1420, 1421 f. "Objektive Schadensberechnung". 233 Das Reichsgericht hatte, wie erwähnt (oben S. 329 f.), lediglich im Rahmen der ersten (regulären) Schadensberechnungsmethode die Vermutung angewandt, dem Verletzten sei an Absatz entgangen, was der Verletzer abgesetzt habe. 234 BGH NJW 1995, 1420, 1421 ff.; vgl. auch BGHZ 119, 20, 22 f. "Tchibo/Rolex II"; BGH GRUR 1972, 180, 183 f. "Cheri". - Diese Rechtsprechung entkräftet die Argumentation Fests (S. 9 Fn. 23 und öfter), der die schadensersatzrechtliche Einordnung der dreifachen Schadensberechnung v. a. deshalb ablehnt, weil ihre Anwendbarkeit auch für den Fall anerkannt werde, daß eine Vermögenseinbuße des Verletzten nachweislich nicht eingetreten sei. 235 Wenn demgegenüber v. Bar, UFIT A Bd. 81 (1978), S. 59 behauptet, der Anspruch auf Gewinnherausgabe im Immaterialgüterrecht sei ein Anspruch aus unerlaubter Geschäftsführung ohne Auftrag, und der Bundesgerichtshof habe diesen auch "nie anders qualifiziert", ist dies angesichts der zahlreichen hier zitierten Gegenbeispiele schwer nachvollziehbar. 231
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III. § 687 Abs. 2 BGB und dritte Schadensberechnungsmethode
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thode aber überhaupt nicht anwandte, fiihrte in einer sich allmählich verselbständigenden Fehldeutung der Rechtsprechung des I. Zivilsenats die dritte Schadensberechnungsmethode auf eine Analogie zu § 687 Abs. 2 BGB zurück. Auch die nähere Ausgestaltung des Gewinnherausgabeanspruchs nach der dritten Schadensberechnungsmethode durch die Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs wurde nicht durch den Gedanken der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag, sondern durch schadensersatzrechtliche Erwägungen bestimmt.
2. Die dogmatische Einordnung der dritten Schadensberechnungsmethode Auch soweit die dritte Schadensberechnungsmethode nicht ausdrücklich mit einer analogen Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB gleichgesetzt wird, erblickt man doch überwiegend in dem Gedanken des § 687 Abs. 2 BGB wenigstens einen fiir das Verständnis der dritten Schadensberechnungsmethode förderlichen Gesichtspunkt. So meint Schmidt-Salzer2 36 , § 687 Abs. 2 BGB bilde "die gedankliche Leitlinie" rur die dritte Schadensberechnungsmethode. NeumannDuesberg237 sieht eine "inhaltliche Verwandtschaft" mit dem Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. I i. V. m. §§ 681 S. 2,667 BGB. Lindenmaier238 spricht davon, daß ein "ähnlicher Rechtsgedanke" sich auch in gesetzlichen Normen, u. a. in § 687 Abs.2 BGB, finde, v. Caemmerer239 davon, daß bei der dritten Schadensberechnungsmethode "das Prinzip des § 687 Abs. 2 BGB" angewandt werde. Ullmann 240 bezeichnet die unechte Geschäftsfiihrung ohne Auftrag als "Rechtsquelle" der dritten Schadensberechnungsmethode. Bei der Bestimmung der Rechtsfolgen werden zwar in Einzelfragen schadensersatzrechtliche statt geschäftsfiihrungsrechtlicher Grundsätze angewandt, doch besteht in einem Punkt nach wie vor weitgehend Einigkeit: daß der Anspruchsumfang bei Anwendung der dritten Schadensberechnungsmethode der Rechtsfolge der §§ 687 Abs.2 S. 1,681 S. 2, 667 BGB entspreche 24 \. Tatsächlich kann der Hinweis auf § 687 Abs.2 BGB das Verständnis der dritten Schadensberechnungsmethode jedoch nicht fördern, sondern nur erschweren. Der Gesichtspunkt der unechten Geschäftsruhrung ohne Auftrag war seit jeher in diesem Zusammenhang fehl am Platze und hat lediglich dazu beigetragen, die Ratio der dreifachen Schadensberechnung lange Zeit zu verdun-
JR 1969. S. 89; ähnlich Lut=, S. 131 f.; Jagmann, S. 284. BB 1965. S. 731. 238 ZAkDR Bd. 3 (\936), S. 164. 239 FS Rabe1 I. S. 354 f. 240 GRUR 1978, S. 618. 24\ Vgl. die Nachw. oben S. 190 Fn. 63. 236 237
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kein. Diese besteht nach heute nahezu allgemeiner Auffassung darin, der leichten Verletzbarkeit der Immaterialgüterrechte 242 und der Schwierigkeit des Schadensnachweises243 Rechnung zu tragen. Zu diesem Zweck wird dem Verletzten gestattet, seinen Schadensersatzanspruch statt nach seiner konkreten Vermögenseinbuße wahlweise anhand der Vermögenslage des Verletzers zu berechnen. Der Unterschied zwischen der zweiten und der dritten Schadensberechnungsmethode besteht lediglich darin, daß der Vermögensvorteil des Verletzers im einen Fall abstrakt nach dem objektiven Wert der in Anspruch genommenen Position, der der ersparten Lizenzgebühr entspricht, und im andem Fall konkret nach dem erzielten Gewinn bemessen wird. Inhaltlich entspricht die zweite Schadensberechnungsmethode somit dem objektiv bestimmten, die dritte Schadensberechnungsmethode dem subjektiv bestimmten Wertersatzanspruch im Sinne des § 818 Abs. 2 BGB. Mit der Rechtsfolge der §§ 687 Abs. 2 S. I, 681 S. 2, 667 BGB hat die dritte Schadensberechnungsmethode hingegen nichts zu tun. Denn während sich die Herausgabepflicht aus § 687 Abs. 2 S. I i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB an der Verletzungshandlung orientiert, bestimmt bei der dritten Schadensberechnungsmethode, wie im Bereicherungsrecht, das in Anspruch genommene Rechtsgut das Maß der Herausgabepflicht. Der Gedanke, der Rechtsverletzer müsse sich wie ein Geschäftsführer ohne Auftrag behandeln lassen, ist zur Begründung der dritten Schadensberechnungsmethode spätestens seit Inkrafttreten des BGB schon deshalb nicht geeignet, weil der Gesetzgeber in den beiden Absätzen des § 687 BGB diesem Gedanken für lediglich fahrlässige Rechtsverletzungen eine klare Absage erteilt hat. Die spezifische Ratio des § 687 Abs. 2 BGB liegt darin, daß dem bösgläu-
242 Vgl. BGHZ 57, 116, 118 ,.Wandsteckdose 11"; 60, 206, 209 "Miss Petite"; BayObLG NJW 1965, 973, 975 f.; Wittmann, S. 159; ders., in: Staudinger, § 687 Rdnr. 21; MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr. 22; BaumbachlHefermehl, UWG, Einl. Rdnr. 381; Fezer, MarkenG, § 14 Rdnr. 518; ders., WRP 1993, S.565; Bernhardtl Kraßer, § 35 IV a; Büsching, S. 128 f.; Lange, S.360; Loewenheim, ZHR Bd. 135 (1971), S. 115 ff.; Bötticher, AcP Bd. 158 (1959/60), S. 409; SteindorjJ, AcP Bd. 158 (1959/60), S. 455: Däubler, JuS 1969, S. 51; Schmidt-Salzer, JR 1969, S. 90; Assmann, BB 1985, S. 17; Pietzner, GRUR 1972, S. 153 f.; Preu, GRUR 1979, S. 755; LeisseiTraub, GRUR 1980, S. 1 f.: Heil/Roos, GRUR 1994, S.29; Kraßer, GRUR Int. 1980, S. 266, 269 f.; Lutz, S. 117 ff.; Thum, S. 14 f. - Krit. hierzu Haines, S. 22 f.; Fest, S. 7. 243 Vgl. BGHZ 57, 116, 118 .. Wandsteckdose 11"; 60, 168, 173 "Modeneuheit"; 60, 206, 209 .. Miss Petite"; Wittmann, S. 159; ders., in: Staudinger, § 687 Rdnr. 21; BaumbachlHefermehl, UWG, Einl. Rdnr. 381: Fezer, MarkenG, § 14 Rdnr. 518; ders., WRP 1993, S. 565; Reimer/Pastor, S. 241: Teplitzky, Kap. 34 Rdnr. 22; Lange, S. 360; Medicus, BR, Rdnr.726; Büsching, S. 35, 129: BernhardtlKraßer, § 35 IV a: Kraßer, GRUR Int. 1980, S. 266; Assmann. BB 1985. S. 16: Däubler. JuS 1969, S. 51; Loewenheim, ZHR Bd. 135 tI 971). S. 116 f.: Ullmann, GRUR 1978, S.617; Preu, GRUR 1979. S. 755: LeisseiTraub. GRUR 1980. S. 1 f.: Heil/Roos, GRUR 1994, S. 26, 29.Krit. hierzu Fest, S. 7 f. Fn. 15.
III. § 687 Abs. 2 BGB und dritte Schadensberechnungsmethode
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big-eigennützigen Geschäftsführer die Berufung darauf, er habe nicht für den Berechtigten, sondern fur sich handeln wollen, versagt sein soll. Die Auffassung, auch der fahrlässige Eigengeschäftsführer müsse sich wie ein Fremdgeschäftsführer behandeln lassen, hat der Gesetzgeber ausdrücklich und zu Recht verworfen, weil die Schärfe der Haftung nach den §§ 677 ff. BGB gegenüber dem gutgläubigen Eigengeschäftsführer unangemessen ist. Dieser Gesichtspunkt hat auch für Immaterialgüterrechtsverletzungen uneingeschränkt Gültigkeit. Der Gedanke der Behandlung des fahrlässigen Eingreifers als Geschäftsführer ohne Auftrag paßt bei der Verletzung fremder Immaterialgüterrechte nicht mehr und nicht weniger als bei der Verletzung beliebiger anderer Rechtspositionen. Wenn für das Reichsgericht und die diesem überwiegend folgende Literatur die Regelung des § 687 BGB kein Anlaß zur Aufgabe der dritten Schadensberechnungsmethode war, so wurde hiermit unausgesprochen eingestanden, daß deren eigentliche Rechtfertigung eben nicht im Gedanken der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag, sondern in der spezifischen Problematik der Immaterialgüterrechtsverletzungen zu finden ist. Daher wurde auch kaum jemals in Erwägung gezogen, wenigstens die dritte Schadensberechnungsmethode fur Schadensersatzansprüche jeder Art anzuerkennen, vielmehr die Ausdehnung der dreifachen Schadensberechnung über ihren ursprünglichen Anwendungsbereich hinaus nur insoweit zugelassen, als das verletzte Rechtsgut einem Immaterialgüterrecht unter den für die Anerkennung der dreifachen Schadensberechnung entscheidenden Gesichtspunkten vergleichbar ist244 • Wenn der dritten Schadensberechnungsmethode tatsächlich der Gedanke zugrunde läge, daß der Verletzer sich als Geschäftsführer ohne Auftrag behandeln lassen muß, könnte der Frage, ob das verletzte Rechtsgut einem Immaterialgüterrecht ähnlich ist, keine entscheidende Bedeutung zukommen. Ebenso wäre unerklärlich, weshalb Voraussetzung der dritten Schadensberechnungsmethode sein sollte, daß ein Schaden des Verletzten nicht offensichtlich ausgeschlossen ist, wie dies der Bundesgerichtshof in seiner neueren Rechtsprechung annimmt245 • 244 Vgl. z. B. BGHZ 57. 116. 119 ff. .,Wandsteckdose 11"; 60, 206, 208 f. "Miss Petite"; BGH GRUR 1977. 539. 541 f. "Prozeßrechner"; BayObLG NJW 1965, 973. 975 L Däubler. JuS 1969. S. 51 L Schmidt-Salzer. JR 1969. S. 89 f.; Kroitzsch, FS HefermehL S. 133; Loewenheim. ZHR Bd. 135 (1971). S. 122 ff.; Pietzner. GRUR 1972, S. 154; Heil! Roos. GRUR 1994. S. 29 ff. Die Ausdehnung der dreifachen Schadensberechnung auf Eigentumsverletzungen verneint ausdrücklich BGH WM 1955, 1555. 1558; zumindest mißverständlich dagegen BGH NJW 1963,2020,2021. wo das Gericht bei einer Grundstücksbeeinträchtigung auf der Grundlage des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB unter Berufung auf das "Paul-Dahlke-Urteil" (BGHZ 20. 345, 353) den Schaden des Klägers "nach der entgangenen Vergütung" berechnet. Für eine Ausdehnung der dreifachen Schadensberechnung auf Eigentums- und sogar Vertragsverletzungen (ohne Begründung) Neumann-Duesberg. BB 1965. S. 731. 245 Allerdings ist die Voraussetzung. daß ein Schaden des Verletzten nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. auch schwer vereinbar mit der Auffassung, daß die Rechtferti-
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3. Teil: Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem
Da sowohl die dritte Schadensberechnungsmethode als auch § 687 Abs. 2 BGB eine über die bloße Verpflichtung zum Schadensersatz im Sinne der §§ 249 ff. BGB hinausgehende Haftung des Rechtsverletzers begründen, ist allerdings unbestreitbar, daß sich beide Institute hinsichtlich ihrer praktischen Bedeutung fiir den Rechtsgüterschutz in weitem Umfang überschneiden. Beide Ansprüche ennöglichen die Abschöpfung widerrechtlich erzielter Gewinne, verringern damit den Anreiz, zum Zwecke der Gewinnerzielung in fremde Rechte einzugreifen, und verbessern zugleich in entscheidender Weise die Situation des Verletzten gegenüber dem allgemeinen Deliktsanspruch. Diese Gemeinsamkeiten in den praktischen Auswirkungen dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß sich die Zielrichtungen bei der Ansprüche deutlich unterscheiden. Die Abschreckungsfunktion der Gewinnabschöpfung ist bei der dritten Schadensberechnungsmethode, die ebenso gegenüber dem fahrlässigen wie gegenüber dem vorsätzlichen Verletzer zur Anwendung kommt, kein entscheidender Gesichtspunkt. Wenn bisweilen die Abschrekkungsfunktion der dritten Schadensberechnungsmethode ganz in den Vordergrund gerückt wird 246 , so geschieht dies deshalb, weil unzulässigerweise wenigstens stillschweigend vorsätzliches Handeln unterstellt wird. Dies wird deutlich, wenn es im Zusammenhang mit der dritten Schadensberechnungsmethode etwa heißt, die Verpflichtung zur Gewinnherausgabe sei "die einzig wirksame Waffe gegen hartnäckige Patentverletzer"247, es dürfe keinen "ökonomischen Anreiz fiir Rechtsverletzungen" geben 248 , Verletzer dürften sich nicht "ausrechnen können, daß ihnen selbst im Fall der Verurteilung zur Zahlung einer Lizenzgebühr bei geschickter geschäftlicher Disposition aus der Rechtsverletzung noch ein ansehnlicher Gewinn verbleiben kann"249. gung der dreifachen Schadensberechnung in der leichten Verletzbarkeit der Immaterialgüterrechte liege. Tatsächlich scheint der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 2.2.1995 (NJW 1995, 1420, 1423 "Objektive Schadensberechnung") diesem Gesichtspunkt keine entscheidende Bedeutung mehr beimessen zu wollen, wenn er ausführt, daß die dreifache Schadensberechnung nicht allein auf dem besonderen Schutzbedürfnis der Immaterialgüterrechte beruhe, sondern auch einem billigen und angemessenen Interessenausgleich diene, da regelmäßig ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem Gewinnentgang einerseits und der Lizenzersparnis bzw. dem Verletzergewinn andererseits bestehen könne. 246 Vgl. etwa Bötticher, AcP Bd. 158 (1959/60), S.409; Däubler, JuS 1969, S. 51; Schmidt-Salzer. JR 1969, S. 89 f.; Loewenheim, ZHR Bd. 135 (\971), S. 117 ff.; Pietzner. GRUR 1972. S. 154, 160 f.; Lehmann. BB 1988. S. 1680 f.. 1686; Körner, FS Steindorff. S. 883. 247 Pinzger. GRUR 193 \, S. 673. 248 Lehmann. BB 1988. S. 1680. 1686: ähnlich Loewenheim, ZHR Bd. 135 (1971), S. 117; Pietzner. GRUR 1972, S. 160; Heil! Roos. GRUR 1994, S. 29; Büsching, S. 129. 249 Schmidt-Salzer, JR 1969, S. 89: ähnlich Nietlispach. S. 73 (Rechtsbruch als kaufmännisch lohnende Handlungsalternative. die nach erfolgter Kostenanalyse zuweilen bewußt gewählt werde).
III. § 687 Abs. 2 BGB und dritte Schadensberechnungsmethode
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Wenn es heißt, die Rechtfertigung für die dreifache Schadensberechnung liege in der leichten Verletzbarkeit der Immaterialgüterrechte, so bedarf dies also zumindest der Präzisierung. Es kann hier nicht - oder jedenfalls nicht in erster Linie - um die mit der Vorteilsabschöpfung verbundene Abschreckungswirkung gehen. Denn Abschreckung kann, wie Köndgen 250 in anderem Zusammenhang treffend feststellt, "nur wirksam sein, soweit sie in das Entscheidungskalkül des Handelnden Eingang findet." Die Abschreckungswirkung beruht also darauf, daß der potentielle Rechtsbrecher eine Abwägung zwischen den Vor- und Nachteilen seiner Handlung vomimmt 251 . Dies bedeutet zwar nicht, daß bei Sanktionen, die an fahrlässiges Handeln anknüpfen, die Berücksichtigung von Präventionszwecken schlechthin unzulässig wäre. Denn die Androhung einer Sanktion kann auch zur Vermeidung fahrlässiger Rechtsverletzungen anhalten. Daher wird auch gewöhnlichen Schadensersatzansprüchen im Sinne der §§ 249 ff. BGB vielfach neben der Ausgleichs- auch eine Präventionsfunktion zugesprochen 252 • Nach wohl überwiegender Ansicht handelt es sich allerdings insoweit nur um einen erwünschten Nebeneffekt, der jedenfalls gegenüber der Ausgleichsfunktion in den Hintergrund tritt253 • Selbst wenn man jedoch den Präventionszweck gewöhnlicher Schadensersatzansprüche grundsätzlich anerkennt, so bedeutet dies doch nicht, daß in gleicher Weise auch die Verschärfung der Schadensersatzhaftung in Gestalt der Schadensberechnung nach dem Verletzergewinn mit Präventionszwecken gerechtfertigt werden könnte. Denn der Entzug des durch eine rechtswidrige Handlung erzielten Gewinns hat im Unterschied zur Sanktion des Schadensersatzes eine ganz spezifische, auf vorsätzliches Handeln zugeschnittene präventive Wirkung. Die Präventionswirkung der gewöhnlichen Schadensersatzpflicht beruht darauf, daß das Risiko eigener Nachteile als Folge schuldhafter Rechtsverletzungen die Rechtssubjekte zu vorsichtigem Umgang mit den Rechtsgütern anderer motiviert, wobei die Präventionswirkung proportional zum Ausmaß des Haftungsrisikos steigen wird. Dagegen beruht die Präventionswirkung der Gewinnhaftung allein darauf, daß der Anreiz zur kalkulierten eigennützigen Verletzung fremder Rechte beseitigt wird, wenn die Rechtsverletzung durch die Pflicht zur Herausgabe sämtlicher durch die rechtsverletzende Handlung erlangter Vorteile
RabelsZ Bd. 56 (1992). S. 740. Vgl. Hafenstein. S. 175. 252 Vgl. etwa Lange. S. 10 f.: Alertens. Vermögensschaden. S. 109 f.; Kraßer, GRUR Int. 1980. S. 269: Lehmann. BB 1988. S. 1680 f.; Jauernig-Teichmann, vor §§ 249-253 Rdnr. 2: Großkomm. UWG-Köhler. vor § 13 Abschn. B Rdnr. 243 f. 25J So etwa Palandt-Heinrichs, Vorbem. vor § 249 Rdnr. 4; Laren=, SchuldR I, § 27 I; Esser/Weyers. § 53 4 b: Lange. S. 10: Fest. S. 95: Nietlispach. S. 80. 82: Preu, GRUR 1979. S. 759. 250 251
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3. Teil: Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem
unrentabel gemacht wird 254 . Dies bedeutet, daß die durch Gewinnherausgabeansprüche bezweckte erhöhte Präventionswirkung im Vergleich zu gewöhnlichen Schadensersatzansprüchen im wesentlichen nur gegenüber vorsätzlichen, allenfalls noch gegenüber bewußt-fahrlässigen, aber nicht gegenüber unbewußtfahrlässigen Verletzungshandlungen zu erzielen sein wird 255 • Ein Gewerbetreibender wird sich zwar möglicherweise durch ein unkalkulierbares Haftungsrisiko, wie es insbesondere mit der Verpflichtung zum Schadensersatz im Sinne der §§ 249 ff. BGB verbunden ist, veranlaßt sehen, Vorsorge gegenüber der unbeabsichtigten Verletzung fremder Immaterialgüterrechte zu treffen. Kaum jedoch wird diese Wirkung dadurch zu verstärken sein, daß dem potentiellen fahrlässigen Verletzer zusätzlich angedroht wird, jedenfalls seinen Gewinn herausgeben zu müssen. Auch die häufig zur Rechtfertigung erhöhter Sanktionen für Immaterialgüterrechtsverletzungen angeführte Überlegung, der Rechtsverletzer dürfe nicht besser (bzw. müsse schlechter) gestellt werden als derjenige, der ordnungsgemäß eine Lizenz erwerbe, weil andernfalls kein Anreiz bestehe, freiwillig um die Lizenz nachzusuchen 256 , ist zweifellos richtig in bezug auf den vorsätzlichen, nicht jedoch in bezug auf den fahrlässigen Verletzer. Denn dieser weiß nicht, daß er in ein fremdes Recht eingreift, und kann sich daher auch nicht vor die Alternative gestellt sehen, um eine Lizenz nachzusuchen. Zudem ist auch nicht recht einzusehen, weshalb ein erhöhtes Präventionsbedürfnis gegenüber fahrlässigen Verletzungen gerade in bezug auf Immaterialgüterrechte bestehen soll. Denn die Eigenart der Immaterialgüterrechte, die ein erhöhtes Präventionsbedürfnis begründen könnte, besteht doch allein darin, daß jeder sich ohne größere Schwierigkeiten die Verkörperungen des geschützten Rechtsguts verschaffen und diese in Kenntnis der fremden Urheberschaft und damit wenigstens typischerweise auch in Kenntnis der Rechtswidrigkeit seines Handeins vervielfältigen bzw. nachbilden kann. Dagegen läßt sich schwerlich
254 Vgl. Köndgen, RabelsZ Bd. 56 (1992), S. 729, der die "Mechanik der Verhaltenssteuerung bei der Vorsatztat", die die Gewinnabschöpfung gebiete, folgendermaßen beschreibt: "Während nämlich der (potentielle) Fahrlässigkeitstäter, um sich pflichtgemäß zu verhalten, in (teilweise erheblichen) Schadensvermeidungsaufwand zu investieren hat, wird vom (potentiellen) Vorsatztäter lediglich verlangt, seinen Tatentschluß schlicht aufzugeben." 255 Abw. Holenstein, S. 175, die den Gesichtspunkt, daß die Präventionswirkung eine Abwägung zwischen Vor- und Nachteilen einer Handlung voraussetzt, offenbar nur als Argument gegen eine Gewinnherausgabepflicht des schuldlosen Eingreifers anerkennen will. 256 Vgl. BGHZ 59, 286, 291 "Doppelte Tarifgebühr"; Loewenheim, ZHR Bd. 135 (1971), S. 117; Schmidt-Salzer, JR 1969, S. 89; Kraßer, GRUR Int. 1980, S. 265; Assmann, BB 1985, S. 18; Körner, FS Steindorff, S.883; Widmer, S. 13; Nietlispach, S.73.
III. § 687 Abs. 2 BGB und dritte Schadensberechnungsmethode
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behaupten, daß es unter Präventionsgesichtspunkten geboten sei, etwa eine patentierte Erfindung in besonderer Weise auch vor solchen Verletzern zu schützen, die von der Erfindung überhaupt keine Kenntnis haben. Die Ratio der dreifachen Schadensberechnung muß daher in erster Linie in dem auch sonst für das Schadensersatzrecht primär maßgeblichen Ausgleichsgedanken gesucht werden. Dem Inhaber des Immaterialgüterrechts soll ein Ausgleich dafür verschafft werden, daß er oft von Verletzungshandlungen überhaupt keine Kenntnis erlangt und für den Nachweis von Verletzungen erheblichen Aufwand treiben muß257, indem ihm wenigstens dann, wenn er eine Verletzung nachweisen kann, ein möglichst wirksames Mittel zur Verfolgung seiner Interessen an die Hand gegeben wird. Daraus, daß dem Immaterialgüterrechtsinhaber meist nicht nur der Nachweis der Rechtsverletzung, sondern auch der Nachweis eines Schadens schwerer fällt als den Inhabern anderer vermögenswerter Rechte, ergibt sich das zweite und noch wichtigere Ziel der dreifachen Schadensberechnung: die Entbehrlichkeit der sonst geforderten Feststellung einer Vermögenseinbuße des Verletzten. Beide Ziele lassen sich zwar im Ergebnis auch über § 687 Abs. 2 BGB verwirklichen, bilden aber nicht dessen tragenden Normzweck. Die durch den Herausgabeanspruch bewirkte "faktische Beweiserleichterung für entgangenen Gewinn" stellt hier nicht mehr als einen nützlichen Nebeneffekt dar, der auch nur in einem Teil des Anwendungsgebiets des § 687 Abs. 2 BGB überhaupt von Bedeutung ist, und gerade nicht in den Bereichen, an die die Gesetzesverfasser primär dachten. Der zweiten BGB-Kommission stand keineswegs die Immaterialgüterrechtsverletzung, sondern der Verkauf einer fremden Sache als typischer Anwendungsfall des Herausgabeanspruchs aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB vor Augen. In diesem Fall bereitet der Nachweis des konkreten Schadens aber regelmäßig kaum Schwierigkeiten. Ähnliches gilt für den zweiten "klassischen" Fall des Eingriffserwerbs, die Einziehung einer fremden Forderung. Gemeinsam ist dem Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB und der dritten Schadensberechnungsmethode also, daß sie den durch gewöhnliche Schadensersatzansprüche gewährleisteten Schutz vor Rechtsverletzungen verstärken sollen. Als wesentlicher Unterschied bleibt jedoch festzuhaiten, daß § 687 Abs. 2 BGB seiner Tatbestandsstruktur nach auf den Zweck des präventiven Rechtsgüterschutzes, die dritte Schadensberechnungsmethode dagegen auf den Zweck der effektiven Rechtsverfolgung nach eingetretener Rechtsverletzung zugeschnitten ist.
257 Dieser Gesichtspunkt trifft in besonderer Weise auf Urheberrechtsverletzungen zu und hat hier zu der (dogmatisch gleichwohl kaum zu rechtfertigenden) Zubilligung einer doppelten Lizenzgebühr an die GEMA geflihrt; vgl. BGHZ 17,376,383.
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3. Teil: Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem
Aus den dargelegten Unterschieden in den Funktionen der dritten Schadensberechnungsmethode und des Anspruchs aus § 687 Abs. 2 S. I i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB folgt, daß sich beide Ansprüche auch inhaltlich nicht decken müssen. Bei der näheren Ausgestaltung der Rechtsfolgen muß bei § 687 Abs. 2 BGB stets die Person des Verletzers, bei der dritten Schadensberechnungsmethode dagegen die Person des Verletzten im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Die inhaltliche Ausgestaltung des Herausgabeanspruchs aus § 687 Abs. 2 S. I i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB muß sich vornehmlich an dem Zweck, dem Verletzer sämtliche aus der Verletzungshandlung gezogenen Vorteile zu entziehen, die des Gewinnherausgabeanspruchs nach der dritten Schadensberechnungsmethode dagegen an dem Zweck, dem Verletzten möglichst wirksame Mittel zur Verfolgung seiner Interessen gegenüber dem Verletzer an die Hand zu geben, orientieren. Es können sich daher aus § 687 Abs.2 S. I i. V. m. §§ 681 S. 2,667 BGB durchaus weitergehende Ansprüche ergeben als aus der Anwendung der dritten Schadensberechnungsmethode - und umgekehrt. Um abschließend klären zu können, wie die dritte Schadensberechnungsmethode dogmatisch einzuordnen und nach weIchen Grundsätzen im einzelnen der Anspruch zu bemessen ist, bedarf es noch der Auseinandersetzung mit einer insbesondere von Jakobs vertretenen Ansicht, die die Grundlage der Schadensberechnung nach dem Verletzergewinn weder in § 687 Abs. 2 BGB noch im Schadensersatzrecht, sondern im Bereicherungsrecht sieht 258 .
Jakobs stützt seine Auffassung darauf, daß auch das Reichsgericht den Anspruch auf den Verletzergewinn ursprünglich, und insbesondere schon im "Ariston-Urteil"259, als Bereicherungsanspruch verstanden habe 260 • Nur unscharfe Formulierungen hätten zu der verfehlten Einordnung des Anspruchs auf den Verletzergewinn in das Schadensersatzrecht und schließlich dazu geführt, daß das Reichsgericht in einem Urteil vom 12.5.1926261 einen Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns aufgrund der §§ 812 ff. BGB abgelehnt habe 262 • Jakobs ruft daher dazu auf, die falsche Einordnung des Anspruchs auf den
258 Vgl. Jakobs, Eingriffserwerb, S. 81 ff.; für eine bereicherungsrechtliche Einordnung der dritten Schadensberechnungsmethode auch Schramm. S. 357; dagegen BGH GRUR 1962, 509, 512 ,.Dia-Rähmchen 11"'; Reimer-Nastelski. PatG. § 47 Rdnr. 39; Werneburg, GRUR 1936, S. 778 f.; Loewenheim. ZHR Bd. 135 (1971). S. 114. Oft wird die dritte Schadensberechnungsmethode als ,.Surrogat" flir eine bereicherungsrechtliche Gewinnhaftung bezeichnet; so ReuterlMartinek. S. 252; KoppensteinerlKramer. S.80; Nietlispach, S. 67. 259 RGZ 35, 63 ff. 260 Jakobs, Eingriffserwerb. S. 81 Ir 261 RGZ 113,413.424. 262 Jakobs. Eingriffserwerb. S. 84 Ir.
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Verletzergewinn einschließlich der damit verbundenen Konsequenzen zu korrigieren 263 • Der Auffassung Jakobs' kann nicht zugestimmt werden. Richtig ist zwar, daß die Rechtsfolge der dritten Schadensberechnungsmethode sich inhaltlich mit dem Bereicherungsanspruch insofern deckt, als sie auf Abschöpfung der aus einem fremdem Rechtsgut erlangten "Bereicherung" gerichtet ist. Hierbei handelt es sich aber nur um eine aus Zweckmäßigkeitsgründen erfolgte Anlehnung an ein bereits vorhandenes Rechtsinstitut, vergleichbar der Anwendung des geschäftsfiihrungsrechtlichen Herausgabeanspruchs auf den bösgläubigen Eingreifer. Die Zielsetzung der dreifachen Schadensberechnung, einen effektiveren Rechtsschutz bei schuldhaften Immaterialgüterrechtsverletzungen zu ermöglichen, ist von der Korrektur einer ungerechtfertigten Güterzuordnung, der das Bereicherungsrecht dient, klar zu unterscheiden 264 • Auch der Deutung der Reichsgerichtsrechtsprechung, mit der Jakobs die bereicherungsrechtliche Einordnung des Anspruchs auf den Verletzergewinn zu stützen versucht, kann in dieser Form nicht gefolgt werden 265 • Wenn das Reichsgericht im "Ariston-Urteil" im Zusammenhang mit der Herausgabe des Verletzergewinns von einem "Anspruch auf die Bereicherung" sprach 266 , so deshalb, weil § 18 Abs. 6 des UrhG von 1870 den Begriff der Bereicherung im selben Sinne wie § 818 Abs. 3 BGB, nämlich zur Bezeichnung der Obergrenze des Anspruchs, verwandte. Davon unabhängig enthielt die Vorschrift jedoch das Schadenserfordernis, dem das Reichsgericht durch die oben 267 geschilderten "Kunstgriffe" Rechnung zu tragen versuchte. Dem Tatbestandsmerkmal der Bereicherung maß auch das Reichsgericht nur die Funktion einer Limitierung
263 Jakobs, Eingriffserwerb, S. 81. Jakobs, a.a.O., S. 88 betont, daß die Berufung auf Gewohnheitsrecht die dogmatische Einordnung der dreifachen Schadensberechnung nicht ersetzen könne. Dies ergebe sich schon "aus der Frage, was denn eigentlich gewohnheitsrechtlich anerkannt sein soll: die Einordnung der Gewinnhaftung in die ungerechtfertigte Bereicherung, in das Schadensersatzrecht oder etwa ihre ... Qualifizierung als Anspruch aus unechter Geschäftsführung ohne Auftrag?" Richtig ist, daß nicht die dogmatische Einordnung Gewohnheitsrecht ist, sondern vielmehr Rechtsprechung und Literatur das entstandene Gewohnheitsrecht dogmatisch einzuordnen haben (vgl. dazu auch Sack, FS Hubmann, S. 393 f.; Kellmann, Gewinnhaftung, S. 75). Allerdings kann den praktischen Konsequenzen, die die Rechtsprechung aus ihrer dogmatischen Einordnung des Gewohnheitsrechts gezogen hat, ihrerseits gewohnheitsrechtlicher Rang zukommen. 264 Vgl. zu den unterschiedlichen Zielen von dreifacher Schadensberechnung und Bereicherungsrecht auch Büsching, S. 128 ff., der jedoch bei der dreifachen Schadensberechnung zu sehr den Präventionsgesichtspunkt in den Vordergrund stellt. 265 Zust. aber Kellmann, Gcwinnhaflung, S. 17 Fn. 13, S. 71 f.; Lutz, S. 89 ff.; ähnlich auch Wi/helm, Rechtsverletzung, S. 60 f. 266 RGZ 35, 63, 71. 267 S. 330 f.
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des Schadensersatzanspruchs zugunsten des schuldlosen Verletzers zu und erklärte deshalb die erste und zweite Methode der Schadensberechnung bei fehlendem Verschulden für unanwendbar268 • Daß auch der schuldlose Verletzer nach Auffassung des Reichsgerichts stets die volle Bereicherung herauszugeben hatte, ergab sich allein aus dem vom Reichsgericht entwickelten Schadensbegriff. Jakobs' Aussage, das Reichsgericht habe den Gewinnherausgabeanspruch anfangs als Bereicherungsanspruch verstanden, ist insofern nur ein irreführendes Spiel mit dem Begriff "Bereicherung". Daß der nach der dritten Schadensberechnungsmethode herauszugebende Verletzergewinn der Bereicherung im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB entspricht, schließt es doch nicht aus, mit der späteren Rechtsprechung den Bereicherungsanspruch bei Patentverletzungen mit der Begründung, der Gewinn sei nicht auf Kosten des Verletzten gemacht, zu versagen oder auf den objektiven Wert der widerrechtlichen Nutzung zu beschränken. Zuzugeben ist Jakobs, daß in der frühen Rechtsprechung des Reichsgerichts zur Begründung des Gewinnherausgabeanspruchs gelegentlich auch auf bereicherungsrechtliche Erwägungen zurückgegriffen wurde, am deutlichsten zweifellos im Urteil vom 31.12.1898 269 . In keinem Urteil rückte das Reichsgericht jedoch von der Auffassung ab, daß Anspruchsgrundlage die spezialgesetzliche Schadensersatznorm sei. So erscheint der Gesichtspunkt des Bereicherungsanspruchs, wo er auftaucht, doch nie als tragender Entscheidungsgrund, sondern (ähnlich wie der Gedanke der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag) nur als - vermeintliche - Argumentationsstütze. Es sind daher entgegen Jakobs 270 auch keineswegs nur "nachlässige, wenn auch folgenschwere Formulierungen", wenn das Reichsgericht bereits in den zwischen 1900 und 1910 ergangenen Entscheidungen immer wieder von der Gewinnherausgabe als Form des Schadensersatzes sprach 271 • Und ebensowenig kann darin, daß das Reichsgericht in einem Urteil vom 22.12.1913 272 bezweifelte, ob ein Anspruch auf den Verletzergewinn bei Immaterialgüterrechtsverletzungen sich aus den § § 812 ff. BGB begründen lasse, und dies später mit Bestimmtheit verneinte 273 , der von Jakobs 274 konstatierte Bruch mit der früheren Rechtsprechung gesehen werden. Denn auch die früheren Urteile hatten stets betont, der Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung könne nur unter den gesetzlichen Voraussetzungen der Schadensersatzpflicht geltend gemacht werden. Sie hatten somit den allgemei-
RGZ 35, 63, 70. RGZ 43, 56, 59 f 270 Eingriffserwerb, S. 84. 271 So RGZ 46, 14, 17 f; 50, 111, 114 f; 70, 249, 252 f 272 RG JW 1914,406,407. 273 RGZ 113,413,424; RG MuW 1930,24. 274 Eingriffserwerb, S. 85 ff
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III. § 687 Abs. 2 BGB und dritte Schadensberechnungsmethode
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nen Bereicherungsanspruch Uberhaupt nicht geprüft, sondern immer nur die spezialgesetzliche Schadensersatznorm angewandt, und ausschließlich deren Rechtsfolge war nach Auffassung des Reichsgerichts der Anspruch auf Herausgabe der gesamten Bereicherung275 • Es ist daher der wohl herrschenden Meinung zuzustimmen, die den Anspruch auf Gewinnherausgabe bei schuldhaften ImmaterialgUterrechtsverietzungen dogmatisch im Schadensersatzrecht einordnet276 und als Ergänzung 277 oder Weiterentwicklung 278 des allgemeinen Schadensersatzrechts oder als atypischen Schadensersatzanspruch 279 charakterisiert. Entscheidend für die dogmatische Einordnung ist weniger die Bezeichnung des Anspruchs als Art der Schadensberechnung durch die Rechtsprechung als der Umstand, daß die gesetzlichen Voraussetzungen, unter denen der Anspruch gewährt wird, die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs sind. Anspruchsgrundlage ist stets die zum Schadensersatz verpflichtende Norm eines Spezialgesetzes, u. U. auch des BGB, keinesfalls aber § 687 Abs.2 oder § 812 BGB. Der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns tritt an die Stelle eines konkret berechneten Schadensersatzanspruchs und hat die Funktion eines pauschalierten Schadensausgleichs. Weder das Prinzip der RUckgängigmachung einer objektiv unrechtmäßigen GUterbewegung noch der Gedanke der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag, sondern nur die Funktion des pauschalierten Schadensausgleichs macht einsichtig, daß der Anspruch stets den Voraussetzungen einer zum Schadensersatz verpflichtenden Norm unterliegt und demzufolge Fahrlässigkeit einerseits erforderlich, andererseits aber auch ausreichend ist.
So deutlich RG WarnRspr. 1908, Nr. 658; JW 1914,406,407. Nicht zwingend ist der Einwand, der Gesetzgeber habe sich mit der Regelung des § 97 Abs. I S. 2 UrhG gegen die schadensersatzrechtliche Einordnung des Gewinnherausgabeanspruchs ausgesprochen (so Lutz, S. 13 Fn.2; Beuthien/Wasrnann, GRUR 1997, S. 257). Denn die Formulierung, daß "an Stelle" des Schadensersatzes Gewinnherausgabe geschuldet sei, besagt wenig, da jedenfalls der allgemeine zivilrechtliche Schadensersatzanspruch die Gewinnherausgabe nicht umfaßt und für den Gesetzgeber kein Anlaß bestand, sich die zweifellos verfehlte dogmatische Herleitung des Anspruchs aus dem allgemeinen Schadensbegriff durch die ältere Rechtsprechung zu eigen zu machen. 277 BGHZ 26, 349, 352 "Herrenreiter"; 57, 116, 119 "Wandsteckdose 11"; Pietzner, GRUR 1972, S. 153; Preu, GRUR 1979, S.755; Heil/Roos, GRUR 1994, S.30; Kraßer, GRUR Int. 1980, S.266; Schrnidt-Salzer, JR 1969, S. 89; Teplitzky, Kap. 34 Fn.38. 278 Teplitzky, Kap. 34 Fn. 38; Jauernig-Vollkomrner, § 687 Rdnr. 10. 279 5;chrnidt-Salzer, JR 1969, S. 89; ehen, S. 98 f.; Thurn, S. 15; vgl. auch Großkomm. UWG-Köhler, vor § 13 Abschn. B Rdnr. 323 ("Durchbrechung" der Schadensersatzregelung des BGB); Lindenrnaier-Weiß, PatG, § 47 Rdnr. 38 (Art der "Entschädigung"). Nach Larenz, SchuldR I, § 29 111 b handelt es sich um etwas dem Schadensersatz "allenfalls Verwandtes"; ebenso Kroitzsch, FS Hefermehl, S. 131. 275
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Da nahezu von Beginn der Rechtsprechung zur dreifachen Schadensberechnung an ihre Ergebnisse auch im Schrifttum allgemein als angemessen empfunden wurden, muß die dreifache Schadensberechnung entgegen vereinzelt geäußerten Bedenken280 als Gewohnheitsrecht anerkannt werden. Der Schadensersatzbegriff der §§ 249 ff. BGB kann ihr also nicht mehr entgegengehalten werden. Auch gegen die Ausdehnung der dreifachen Schadensberechnung über ihren ursprünglichen Anwendungsbereich hinaus bestehen keine grundsätzlichen Bedenken, da für Gewohnheitsrecht die allgemeinen Auslegungsgrundsätze gelten und es daher auch der Analogie zugänglich ist281 •
3. Grundsätze der Schadensberechnung nach dem Verletzergewinn Aus der dargelegten dogmatischen Einordnung der dritten Schadensberechnungsmethode ergibt sich die nähere Ausgestaltung der Haftung. Sie richtet sich primär nach der jeweiligen Grundlage des Schadensersatzanspruchs, so etwa hinsichtlich der Verjährung 282 • Im übrigen kommen, soweit dies mit den Eigenarten des Anspruchs vereinbar ist, die allgemeinen fiir das Schadensersatzrecht maßgeblichen Grundsätze zur Anwendung283 • Dabei kann es sich allerdings zumindest dann, wenn ein Schaden im Sinne der §§ 249 ff. BGB nicht nachweislich eingetreten ist, nur um eine analoge Anwendung handeln, bei der der fiir die Anwendung der schadensersatzrechtlichen Normen erforderliche Eintritt eines Schadens im Sinne der §§ 249 ff. BGB fingiert werden muß. Mit dieser Maßgabe kann insbesondere § 254 BGB zur Anwendung kommen 284 • 280 Lutz, S. 36 f; Fest, S. 6 f.; Sack, FS Hubmann, S. 393 Fn. 98; Beuthien/Wasmann, GRUR 1997, S. 257; v. der Osten, GRUR 1998, S. 285 f 281 Vgl. Däubler, JuS 1969, S. 51; Schmidt-Salzer, JR 1969, S. 86; Pietzner, GRUR 1972, S. 154 Fn. 53. Allgemein hierzu auch Canaris, Lücken im Gesetz, S. 30 Fn. 60: Der Gleichheitssatz kann es gebieten, dem gewohnheitsrechtlich geregelten Fall einen anderen, rechtsähnlichen gleichzustellen. Unzutr. daher Kaßner, S. 40, der die Anwendung der dreifachen Schadensberechnung auf Warenzeichenverletzungen mit der Begründung ablehnt, daß sich im Gegensatz zum Patent-, Gebrauchsmuster- und Urheberrecht ein entsprechendes Gewohnheitsrecht nicht gebildet habe. 282 Zutr. Großkomm. UWG-Köhler, vor § 13 Abschn. B Rdnr.326; Lutz, S. 132; Thum, S. 22 f; i. Erg. ebenso MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr. 26; verfehlt Däubler, JuS 1969, S. 53, der die ftir § 687 Abs. 2 BGB geltende Verjährungsregelung des § 195 BGB eingreifen lassen will. 283 So auch Lutz, S. 132 f.; Schmidt-Salzer, JR 1969, S. 89 f. (gegen Däubler, JuS 1969, S. 52 ff). 284 Zutr. MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr.23; Däubler, JuS 1969, S.53; Lange, S. 364; Lutz, S. 133. Däubler und Lutz weisen darauf hin, daß hiermit auch dem Verletzten die Möglichkeit genommen wird, absichtlich mit der Geltendmachung seiner Ansprüche zu warten, um den vom Verletzer erzielten Gewinn abzuschöpfen. Gegen die Anwendung des § 254 BGB KG MuW 1921/22,87,88; zweifelnd Staudinger-Medicus, § 249 Rdnr. 180, wonach § 254 BGB "nicht ohne große Veränderungen" paßt.
III. § 687 Abs. 2 BGB und dritte Schadensberechnungsmethode
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Unzweifelhaft dürfte ferner sein, daß auch die schadensersatzrechtlichen Zurechnungsnormen der §§ 31, 831 BGB analoge Anwendung finden 285 . Angesichts der Hauptfunktion der dreifachen Schadensberechnung, dem Verletzten den Schadensnachweis zu ersparen, liegt es nahe, die Ansprüche nach der zweiten und dritten Schadensberechnungsmethode nur als pauschalierte Schadensersatzansprüche hinsichtlich des entgangenen Gewinns zu begreifen, bei dem der Nachweis eines nach den §§ 249 ff. BGB berechneten Schadens typischerweise besondere Schwierigkeiten bereitet. Wohl zu Recht wird daher ganz überwiegend - trotz des grundsätzlichen Verbots der Kumulation mehrerer Berechnungsmethoden286 - die Geltendmachung der Rechtsverfolgungskosten und des Marktverwirrungsschadens neben der Anwendung der zweiten oder dritten Schadensberechnungsmethode rur zulässig gehalten287 . Der Funktion der dreifachen Schadens berechnung, den Beweisschwierigkeiten des Verletzten Rechnung zu tragen, entspricht des weiteren die auch in der Literatur überwiegend vertretene Auffassung, der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns setze voraus, daß ein tatsächlicher Schaden wahrscheinlich oder wenigstens nicht ausgeschlossen seF88. Demnach stünde etwa dem Patentverletzer der Nachweis offen, daß der Verletzte sein Patent keinesfalls verwerten wollte 289 . Auf derselben Linie liegt es, wenn aus der schadensersatz-
285 Vgl. zur Anwendung der §§ 31, 831 BGB auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes allgemein Baumbach/Hefermehl, UWG, Einl. Rdnr.396; PalandtThomas, § 831 Rdnr. 5; MünchKomm-Stein, § 831 Rdnr. 6; Soergel-Zeuner, § 831 Rdnr. 63; Köhler, NJW 1992, S. 1477; ders., in: Großkomm. UWG, vor § 13 Abschn. B Rdnr. 252 ff. 286 Vgl. BGH GRUR 1962, 509, 512 "Dia-Rähmchen 11"; GRUR 1977, 539, 543 "Prozeßrechner" . 287 So etwa BGHZ 44, 372, 382 "Meßmer-Tee 11"; Großkomm. UWG-Köhler, vor § 13 Abschn. B Rdnr. 351; Lindenmaier-Weiß, PatG, § 47 Rdnr. 39; Reimer-Nastelski, PatG, § 47 Rdnr. 42; Benkard-Rogge, PatG, § 139 Rdnr. 76; Kraßer, GRUR Int. 1980, S.265; Bernhardt/Kraßer, § 35 IV a; Teplitzky, Kap. 34 Rdnr. 21 ff.; Hubmann, GR, § 261II; Leisse/Traub, GRUR 1980, S. 3 ff.; Heil/Roos, GRUR 1994, S.28. - Vgl. auch BGH GRUR 1987,364,365 "Vier-Streifen-Schuh", wo die Anwendung der dreifachen Schadensberechnung abgelehnt wurde, da lediglich ein Marktverwirrungsschaden zur Diskussion stand. 288 SO Z. B. Baumbach/Hefermehl, UWG, Einl. Rdnr. 381; Emmerich, UniWb, § 23, I d; Preu, GRUR 1979, S.757; Delahaye, GRUR 1986, S.219; Heil/Roos, GRUR 1994, S.27; Köhler, NJW 1992, S. 1479; ders., in: Großkomm. UWG, vor § 13 Abschn. B Rdnr. 345, 348; Nietlispach, S. 64 Fn. 307; wohl auch Teplitzky, Kap. 34 Rdnr. 36; besonders restriktiv Ahrens, S. 94, der fordert, daß der Gewinn vermutlich auch vom Verletzten erzielt worden wäre. - A. A. v. Caemmerer, FS Rabel I, S. 354; ders., Überholende Kausalität, S. 10; Pietzner, GRUR 1972, S. 158 ff. 289 Preu, GRUR 1979, S. 757; Delahaye, GRUR 1986, S. 219.
352
3. Teil: Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem
rechtlichen Einordnung gefolgert wird, daß das Prinzip der Vorteilsausgleichung Anwendung finden müsse 290 • Daß aufgrund der Eigenarten der dreifachen Schadensberechnung sich nicht alle Fragen anhand der allgemeinen Normen des Schadensersatzrechts beantworten lassen, versteht sich von selbst. Dies gilt vor allem fiir die Frage, wie sich hinsichtlich der dritten Schadensberechnungsmethode ein nachträglicher Wegfall der Bereicherung auswirkt. Hier sollte - insoweit ist im Ergebnis Jakobs29 1 zu folgen - die Wertung der §§ 818 Abs. 3, Abs.4, 819 Abs. I BGB nicht unberücksichtigt bleiben. Daß der Verletzer bei Anwendung der dritten Schadensberechnungsmethode nur insoweit haftet, als er noch bereichert ist, dürfte sich allerdings, ohne daß es einer Analogie zu § 818 Abs. 3 BGB bedürfte, schon daraus ergeben, daß der Anspruch eben nur auf Herausgabe des "Gewinns" gerichtet und der Begriff "Gewinn" nichts anderes als ein Synonym für die (noch vorhandene) "Bereicherung" ist 292 • Nur wer die Grundlage des Anspruchs auf den Verletzergewinn in einer analogen Anwendung des § 687 Abs.2 BGB sieht, müßte konsequenterweise bei nachträglichem Wegfall der Bereicherung die allgemeinen Grundsätze des Leistungsstörungsrechts anwenden. Da die dritte Schadensberechnungsmethode schon bei einfacher Fahrlässigkeit anwendbar ist, müssen die schutzwürdigen Interessen des Verletzers aber vor allem auch schon bei der Bemessung des Primäranspruchs berücksichtigt
290 So RGRK-Steffen, § 687 Rdnr.42; grundsätzlich auch Lutz. S. 132 f; a. A. MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr. 24; Großkomm. UWG-Köhler, vor § 13 Abschn. B Rdnr. 326; Däubler, JuS 1969, S. 53; v. Caemmerer, FS Rabel I. S. 354. 291 Eingriffserwerb, S. 87 f 292 Für eine Beschränkung der Haftung des gutgläubigen Verletzers auf die noch vorhandene Bereicherung auch MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr. 24 und Däubler, JuS 1969, S. 54, der insoweit eine Ausnahme von dem Prinzip machen will. daß die dritte Schadensberechnungsmethode einer Rechtsfolgenverweisung auf die §§ 687 Abs. 2. 681 BGB gleichkomme; a. A. Benkard-Rogge, PatG. § 139 Rdnr. 72: Reimer-Nastelski. PatG, § 47 Rdnr. 39; Großkomm. UWG-KÖhler. vor § 13 Abschn. B Rdnr.326: Undenmaier, ZAkDR Bd. 3 (1936), S. 164: sogar auf der Grundlage einer bereicherungsrechtlichen Einordnung der dritten Schadensberechnungsmethode Schramm. S. 357: zur Auffassung des Bundesgerichtshofs vgl. schon oben S. 337. - Zu weit dürfte es gehen. im Rahmen der zweiten Schadensberechnungsmethode analog § 818 Abs.3 BGB den Einwand des Verletzers zuzulassen. daß er einen Gewinn in Höhe der angemessenen Lizenzgebühr nicht erzielt habe (so aber Sack. FS Hubmann. S. 385 f auf der Grundlage einer bereicherungsrechtlichen Einordnung der zweiten Schadensberechnungsmethode). Denn damit würde die zweite Schadensberechnungsmethode zu einer bloßen Beweislastregelung für den erzielten Gewinn umfunktioniert. Die insoweit nach wie vor bestehende Abweichung der dreifachen Schadensberechnung von den Grundsätzen der Bereicherungshatlung läßt sich mit dem erhöhten Schutzbedürfnis des Immaterialgüterrechtsinhabers einerseits. der geringeren Schutzwürdigkeit des fahrlässigen gegenüber dem schuldlosen Verletzer andererseits rechtfertigen.
III. § 687 Abs. 2 BGB und dritte Schadensberechnungsmethode
353
werden. Dem trägt die ganz herrschende Lehre mit dem Prinzip der Verteilung des Gewinns auf Ertragsfaktoren Rechnung293 • Auch die höchstrichterliche Rechtsprechung geht seit jeher davon aus, daß bei der dritten Schadensberechnungsmethode in Fällen der Kombinationseingriffe im weiteren Sinne der Gewinn zwischen Verletzer und Verletztem aufzuteilen ist294 . Schon im "AristonUrteil" sprach das Reichsgericht von einem Gewinnanteil, der dem Verletzten gebühre 295 • Auch die im selben Urteil verwendete Formulierung, die Beklagte müsse sich so behandeln lassen, als habe sie das Recht des Klägers "wenigstens zum gemeinschaftlichen Nutzen" ausgeübt 296 , bezeichnet nichts anderes als das Prinzip der Gewinnteilung. Den Einsatz eigener Rechtsgüter des Verletzers anspruchsmindernd zu berücksichtigen, gebietet neben den schutzwürdigen Interessen des (unvorsätzlich handelnden) Verletzers auch die Funktion des Gewinnherausgabeanspruchs als pauschalierter Schadensersatz. Denn für die Vermutung, daß der vom Verletzer erzielte Gewinn dem dem Verletzten entgangenen entspricht, fehlt die Grundlage, soweit bei der Gewinnerzielung eigene Beiträge des Verletzers mitgewirkt haben. Als anspruchsmindernde Verletzerbeiträge kommen nicht nur absolute Rechte wie Eigentum, Patente u. ä., sondern Rechtsgüter im weitesten Sinne in Betracht. Ein bei der Gewinnverteilung stets zu berücksichtigender Ertragsfaktor ist insbesondere die Tätigkeit des Verletzers 297 • Abzuziehen sind des weiteren etwa auch Gewinnanteile, die auf besonders kostensparender Produktion 298 293 Benkard-Rogge. PatG. § 139 Rdnr.73: Reimer-Nastelski, PatG, § 47 Rdnr.40; Lindenmaier-Weiß. PatG, § 47 Rdnr. 38: KlauerIMöhring-Hesse, PatG, § 47 Rdnr. 37, 40: Isay. PatG, § 35 Rdnr. 14: Schricker-Wild. UrhG, § 97 Rdnr. 67; Fezer, MarkenG, § 14 Rdnr.523: BaumbachlHefermehl. UWG. Einl. Rdnr. 384; Köhler, NJW 1992, S. 1479: ders .. in: Großkomm. UWG. vor § 13 Abschn. B Rdnr.346; Reimer, WbR, S. 864: Staudinger-Wittmann. § 687 Rdnr. 22; MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr. 24; BernhardtlKraßer. § 35 IV d: U1mer. GRUR 1959. S.384; ders., UrhR, S.559; v. Caemmerer. FS Rabell, S.399: Kroitzsch. FS Hefermehl, S. 136 f; Körner, FS Steindorff. S. 892: Schmidt-Ernsthausen. GRUR 1938. S. 376 f; Preu, GRUR 1979, S. 757: Delahave. GRUR 1986. S. 218: Heil/Roos. GRUR 1994, S. 27; Thum, S. 20 f. - A. A. offenbar LeisseiTraub, GRUR 1980. S. 5, die bei der dritten Schadensberechnungsmethode (anders als bei der Eingriffskondiktion) eine Berücksichtigung der eigenen Leistung des Eingreifers ablehnen. Nach Teplitzky, Kap. 34 Rdnr. 33 soll das Prinzip der Gewinnteilung grundsätzlich nicht für Patent-, Gebrauchsmuster- und Urheberrechtsverletzungen gelten. 29~ Aus der Rechtsprechung des Reichsgerichts vgl. RGZ 156, 321, 326; RG MuW 1930. 244. 245: aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vgl. BGHZ 34, 320, 323 "Vitasulfal": 119.20.29 "Tchibo/Rolex 11": BGH GRUR 1959,379,380 "Gasparone": 1973. 375. 378 "Miss Petite" (insoweit in BGHZ 60, 206 ff nicht abgedruckt); 1974. 53. 54 "Nebelscheinwerfer": 1987, 37. 39 f. "Videolizenzvertrag". 295 RGZ 35. 63. 74 f 296 RGZ 35. 63. 71. 297 BGHZ 34. 320. 323 "Vitasulfal". 298 Prell. GRUR 1979. S. 757.
23 Ehert
354
3. Teil: Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem
oder auf den Geschäftsbeziehungen des Verletzers 299 beruhen. Auch die vielfach der Ertragsfaktorenrechnung gegenübergestellte Berücksichtigung anderweitiger rechtmäßiger Erwerbsmöglichkeiten des Verietzers 300 sollte nicht zu wesentlich anderen Ergebnissen führen 301 . Verfehlt ist es demnach, wenn es vor allem in der älteren Rechtsprechung und Literatur gelegentlich heißt, der Anspruch auf Gewinnherausgabe sei auf den vollen Reingewinn gerichtet, der Verletzer habe also lediglich Anspruch auf Aufwendungsersatz302 . Diese Auffassung steht unverkennbar in engem Zusammenhang mit der These, der Gewinnherausgabeanspruch sei genau genommen ein Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. I i. V. m. §§ 681 S. 2,667 BGB303. In der neueren Rechtsprechung und Literatur besteht zwar darüber, daß mitwirkende Beiträge des Verletzers zur Aufteilung des Gewinns führen können, im Grundsatz weitgehend Einigkeit. Oft wird jedoch der Eindruck erweckt, daß eine Gewinnteilung nur ausnahmsweise stattzufinden habe, während im Regelfall lediglich vom Bruttoerlös die Kosten abzuziehen seien 304 . Teilweise wird das Prinzip der Verteilung des Erlöses auf Ertragsfaktoren ausdrücklich nur für den Sonderfall anerkannt, daß Immaterialgüter des Verletzers oder Dritter bei der Gewinnerzielung mitgewirkt haben 305 . Richtigerweise muß jedoch immer ermittelt werden, welcher Anteil am Gewinn gerade dem fremden Immaterialgüterrecht zuzurechnen ist. Die Feststellung der Differenz zwischen Bruttoeinnahmen und Kosten ist stets nur der erste Schritt zur Ermittlung des herauszugebenden Gewinnanteils.
Benkard-Rogge, PatG, § 139 Rdnr. 73. 300 Wie für die Eingriffskondiktion wurde auch für die dritte Schadensberechnungsmethode teilweise statt oder neben der Ertragsfaktorenrechnung die Berücksichtigung anderweitiger Erwerbsmöglichkeiten befürwortet; so schon Kohler, Hdb., S. 570 ff.; Lindenmaier, ZAkDR Bd. 3 (1936), S. 165; gegen die Berücksichtigung der Möglichkeit anderweitiger rechtmäßiger Gewinnerzielung Kraßer, GRUR Int. 1980, S. 264; Lehmann, BB 1988, S. 1686; Großkomm. UWG-Köhler, vor § 13 Abschn. B Rdnr. 346. Dazu auch (nicht sehr klar) BGHZ 119, 20, 29 "Tchibo/Rolex 11": Entscheidend für die Bemessung des Gewinnherausgabeanspruchs sei nicht, ob die Beklagte rechtmäßig in gleicher Zahl zu gleichen Bedingungen verkauft hätte, sondern nur, ob für die Kaufentschlüsse ausschließlich die Imitation eines berühmten Produkts ursächlich war oder auch andere Umstände eine wesentliche Rolle spielten. 301 Zutr. Kraßer, GRUR Int. 1980, S. 269. 302 So z. B. KG MuW 1921122, 87, 88; Pinzger, GRUR 1931, S. 673; Tolksdorf, MuW 1936, S. 444. 303 So besonders deutlich KG MuW 1921/22,87,88; Pinzger, GRUR 1931, S. 673. 304 Vgl. etwa BaumbachlHefermehl, UWG, Einl. Rdnr. 384; Lindenmaier-Weiß, PatG, § 47 Rdnr.38; lsay, PatG, § 35 Rdnr. 14; Teplitzky, Kap.34 Rdnr.33; SchmidtErnsthausen, GRUR 1938, S. 376 f.; Preu, GRUR 1979, S. 757; Köhler, NJW 1992, S. 1479; Benkard-Rogge, PatG, § 139 Rdnr. 73, wonach der herauszugebende Gewinn .. in erster Linie" in dem Überschuß des Erlöses über die Kosten zu sehen sein soll. 305 Vgl. die Nachw. oben S. 197 Fn. 84. 299
BI. § 687 Abs. 2 BGB und dritte Schadensberechnungsmethode
355
Wenn dagegen die herrschende Meinung davon auszugehen scheint, daß in manchen Fällen oder sogar im Regelfall die eigenen Beiträge des Verletzers nur in Gestalt eines Aufwendungsersatzanspruchs Berücksichtigung finden können, so ist dies zwar dogmatisch inkonsistent, es bedeutet jedoch im Ergebnis entgegen dem ersten Anschein nicht, daß statt des Prinzips der Verteilung des Erlöses auf Ertragsfaktoren die Rechtsfolge der §§ 687 Abs. 2, 681 S.2, 667, 684 S. I BGB angewandt würde. Denn auch über einen Aufwendungsersatzanspruch läßt sich, wenn man nur den Begriff des Aufwendungsersatzes weit genug faßt, im Ergebnis eine Gewinnbeteiligung herbeiführen 306 • Die Rechtsprechung versteht nun den Aufwendungsersatz im Bereich der dritten Schadensberechnungsmethode im wohl weitestmöglichen Sinne. Er soll Materialkosten, Fertigungslöhne, Fertigungsgemeinkosten, Verwaltungskosten, Vertriebsgemeinkosten und Sonderkosten des Vertriebs umfassen 307 • Konsequenterweise muß man dann, wenn die Verletzung durch eine natürliche Person geschieht, auch deren eingesetzte Arbeitskraft in den Aufwendungsersatz einbeziehen 308 . Durch den so bemessenen Aufwendungsersatz gelangt man zwangsläufig zu einer Gewinnbeteiligung des Verletzers, die sich von derjenigen bei Anwendung der Ertragsfaktorenrechnung oft kaum unterscheiden wird. Geht man richtigerweise davon aus, daß der Herausgabeanspruch nach der dritten Schadensberechnungsmethode stets nur auf eine abstrakte, dem widerrechtlich in Anspruch genommenen Rechtsgut zuzuordnende Vermögensdifferenz gerichtet ist, so kann dies dazu führen, daß der Herausgabeanspruch trotz eines Überschusses des Bruttoerlöses über die Kosten ins Leere geht, nämlich dann, wenn der Verletzer mit Erfolg den - besonders bei Markenrechtsverletzungen oft naheliegenden - Einwand erhebt, es bestehe keine Kausalität zwischen Rechtsverletzung und Gewinnerzielung309 • Umgekehrt kann der Anspruch bestehen, selbst wenn der Verletzer insgesamt mit Verlust produziert hat, sofern nur der Verlust ohne die Verletzung noch höher ausgefallen wäre 3lO . Beides folgt zwingend daraus, daß die Gewinnhaftung hier nicht an die rechtsverletzende Tätigkeit, sondern allein an die Inanspruchnahme eines fremden Rechtsguts anknüpft.
Ygl. oben S. 277 ff. BGH GRUR 1962, 509. 511 .. Dia-Rähmchen 11"; vgl. auch K/auer/MöhringHesse. PatG. § 47 Rdnr. 40; lsay. PatG. § 35 Rdnr. 14; Preu, GRUR 1979, S.757; einschr. bzw. abI. für die allgemeinen Geschäftsunkosten Werneburg, GRUR 1936, S. 779 f.; Schmidt-Ernsthausen. GRUR 1938. S.377; v. der Osten, GRUR 1998, S. 285 f.; Lehmann. BB 1988. S. 1684 ff.; Körner. FS Steindorff, S. 886 f. 308 Ygl. Möhring. GRUR 193 I. S. 424; Schmidt-Ernsthausen, GRUR 1938, S.377; Maser, Herausgabe, S. 185 f. 309 Ygl. De/ahaye, GRUR 1986, S. 218; Körner. FS Steindorff, S. 892. 3IOYgl. die Nachw. oben S. 215 f. Fn. 145. 306 307
23'
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3. Teil: Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem
Fraglich ist, inwieweit sich der Gewinnherausgabeanspruch nach der dritten Schadensberechnungsmethode auf mittelbare Gewinne erstreckt. Das Reichsgericht lehnte die Berücksichtigung der durch Reinvestition erzielten Gewinne ab 3ll . Der Bundesgerichtshof hielt hingegen auch die Einbeziehung der Gewinne für berechtigt, die durch den Werbeeffekt einer rechtsverletzenden Maßnahme erzielt wurden 312 . Hiergegen wurde geltend gemacht, daß durch die Einbeziehung jeglicher auch nur mittelbar auf die eigentliche Rechtsverletzung zurückzuführender Gewinne der Verletzer einem unüberschaubaren Haftungsrisiko ausgesetzt werde, und daß die Beurteilung des Kausalzusammenhangs zwischen Rechtsverletzung und Gewinnerzielung insoweit regelmäßig rein spekulativ sei 3I3 . Insbesondere der letztgenannte Einwand ist sicher nicht von der Hand zu weisen. Oft wird in derartigen Fällen das einzige praktikable Verfahren zur Schätzung des auf die Rechtsverletzung zurückzuführenden Gewinns in der Vermutung bestehen, daß der Gewinn der angemessenen Lizenzgebühr entspricht. Dann liegt nahe, den Verletzten ganz auf die zweite Schadensberechnungsmethode zu verweisen.
4. Das Prinzip einer nach dem Verschuldensgrad abgestuften Haftung für Immaterialgüterrechtsverletzungen Aus den dargelegten Grundsätzen der Schadensberechnung nach dem Verletzergewinn ergeben sich deutliche Unterschiede zur Rechtsfolge der §§ 687 Abs. 2, 681 S. 2, 667, 684 S. I BGB. Der wichtigste Unterschied besteht darin, daß das Prinzip der Verteilung des Erlöses auf Ertragsfaktoren bei § 687 Abs. 2 BGB keine Anwendung finden kann. Daß dies nicht unstreitig ist, sondern vielmehr überwiegend auch auf der Grundlage der §§ 687 Abs. 2 S. I, 681 S. 2, 667 BGB bei Kombinationseingriffen im weiteren Sinne nur eine anteilige Gewinnherausgabepflicht anerkannt wird, ist der bedeutsamste praktische Effekt, den die Vermengung der dritten Schadensberechnungsmethode mit dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag hatte. Es gehört zu den Kuriositäten im Zusammenhang mit der dreifachen Schadensberechnung, daß die "Analogie" zu § 687 Abs.2 BGB nicht etwa dazu geführt hat, daß der Anspruch auf den Verletzergewinn nach der dritten Schadensberechnungsmethode den Regeln der §§ 687 Abs. 2, 681 S. 2, 667, 684 S. 18GB unterworfen würde, sondern vielmehr umgekehrt dazu, daß der Herausgabeanspruch aus § 687
JII
RGZ 130. 108. 114.
m BGH GRUR 1962. 509. 512 .. Dia-Rähmchen 11"": zust. Benkard-Rogge, PatG. § 139 Rdnr. 73: Klauer/'\föhring-Hesse. PatG. § 47 Rdnr. 40: Großkomm. UWG-Köhler. vor § 13 Abschn. B Rdnr. 346. m .\foser \'. Filseck. GRUR 1962. S. 514.
III. § 687 Abs. 2 BGB und dritte Schadensberechnungsmethode
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Abs.2 BGB heute im wesentlichen nach den Grundsätzen der dritten Schadensberechnungsmethode bestimmt wird. Richtigerweise hat der Verletzer nach § 687 Abs. 2 BGB, wie dargelegt, den vollen Reingewinn an den Verletzten herauszugeben 314 . Jede auch nur mittelbare Gewinnbeteiligung des Verletzers ist auszuschließen, indem im Rahmen des Aufwendungsersatzanspruchs die Arbeitsleistung, die anderweitigen Erwerbsmöglichkeiten und die allgemeinen Geschäftsunkosten des Verletzers keine Berücksichtigung finden 315 . Die im Bereich der dritten Schadensberechnungsmethode häufig bemängelte Möglichkeit des Verletzers, einen über die angemessene Lizenzgebühr hinausgehenden Gewinnherausgabeanspruch durch "frisierte Bilanzen" zu vereiteln 316 , kann im Rahmen des § 687 Abs.2 BGB ausgeschlossen werden. Der Verletzer muß substantiiert darlegen und ggf. beweisen, welche Vermögenseinbußen er gerade zur Erzielung des herauszugebenden Erlöses hinnehmen mußte. Je größer der Anteil der eigenen Beiträge des Verletzers ist, desto deutlicher wird auf diese Weise der Unterschied zum Gewinnherausgabeanspruch nach der dritten Schadensberechnungsmethode. Weitere Vorteile ergeben sich für den Verletzten bei Anwendung des § 687 Abs.2 BGB gegenüber der dritten Schadensberechnungsmethode daraus, daß nach herrschender Meinung die Anwendung der dritten Schadensberechnungsmethode zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen dem Verletzten tatsächlich entstandenen Schaden im Sinne der §§ 249 ff. BGB voraussetzt, sowie daraus, daß mitwirkendes Verschulden hier anspruchsmindernd berücksichtigt werden muß. Daß entsprechende Einschränkungen im Rahmen des § 687 Abs. 2 BGB nicht in Betracht kommen können, ist weitgehend unstreitig. Auch im Hinblick auf die kurzen Verjährungsfristen der spezialgesetzlichen Schadensersatzansprüche, die auch bei Anwendung der dreifachen Schadensberechnung eingreifen, kann es von Bedeutung sein, daß bei wissentlicher Verletzung der nach § 195 BGB verjährende Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB unberührt bleibt3l7 . Ferner kann sich der gutgläubige Verletzer auf Wegfall der Bereicherung berufen. Nur bei wissentlichen Eingriffen haftet der Verletzer nach § 687 Abs.2 BGB grundsätzlich unabhängig davon, ob die erzielten Vorteile noch vorhanden sind3l8 .
314 Ygl. oben S. 195 ff. 315 Ygl. oben S. 277 ff. 316Ygl.obenS.189f. 317 Ygl. MünchKomm-Seiier. § 687 Rdnr.26; RGRK-SteJTen. § 687 Rdnr.46; Jauernig-I 'ol/kommer. § 687 Rdnr. 11: Staudinger-Nipperdey, 11. Aufl., § 687 Rdnr. 11; Großkomm. UWG-Köhler. vor § 13 Abschn. 8 Rdnr. 397. 318 Ygl. oben S. 217 ff.
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3. Teil: Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem
Auch hinsichtlich der Einbeziehung mittelbarer Gewinne kann der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB zu einer weitergehenden Haftung fuhren als die Anwendung der dritten Schadensberechnungsmethode. Bei § 687 Abs. 2 BGB ist etwa der durch rechtsverletzende Werbung begünstigte Absatz von Waren in der Regel selbst Bestandteil der "Geschäftsbesorgung" im Sinne des § 667 BGB319. Der Verletzer hat daher den gesamten Bruttoerlös abzüglich seiner gewinnsteigern den Aufwendungen herauszugeben. Der Feststellung, in welcher Höhe der Gewinn gerade auf die rechtsverletzende Werbung zurückzufuhren ist, bedarf es nicht. Damit entfallt auch der Einwand, daß die Beurteilung des Kausalzusammenhangs zwischen Rechtsverletzung und Gewinnerzielung regelmäßig rein spekulativ sei. Ausnahmsweise kann die dritte Schadensberechnungsmethode dem Verletzer auch weitergehende Rechte verschaffen als der Herausgabeanspruch aus § 687 Abs.2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB. Dies kann zum einen dann der Fall sein, wenn der Eingriff nicht zu einem (Mehr-)Gewinn, sondern lediglich zu einer Verlustersparnis gefuhrt hat, da nur im Rahmen der dritten Schadensberechnungsmethode in der Verlustersparnis ein herauszugebender Gewinn gesehen werden kann 320 . Zum andern ergibt sich ein Vorteil der dritten Schadensberechnungsmethode gegenüber dem Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB daraus, daß nach ganz herrschender Auffassung die Schadensliquidation anhand des Verletzergewinns einen konkret berechneten Schadensersatzanspruch nur hinsichtlich des entgangenen Gewinns ausschließt, die Möglichkeit der Geltendmachung sonstiger Schadensposten jedoch unberührt läßt, während bei § 687 Abs. 2 BGB eine vollständige wechselseitige Anrechnung der Ansprüche auf Schadensersatz und auf Herausgabe des Erlangten stattfindet321 . Einer der wichtigsten Vorteile, die die Anwendung des § 687 Abs.2 BGB dem Verletzten gegenüber der dreifachen Schadensberechnung bietet, ergibt sich aus der Verweisung des § 687 Abs.2 S. 1 BGB auf § 677 BGB. Nähme man diese Verweisung ernst, so wäre der Verletzer eines fremden Immaterialgüterrechts unter den subjektiven Voraussetzungen des § 687 Abs. 2 BGB zur Herausgabe nicht nur des tatsächlich erzielten, sondern auch des mutmaßlich erzielbaren Gewinns verpflichtet. Dagegen läßt sich ein entsprechender Anspruch im Rahmen der dreifachen Schadensberechnung unstreitig nicht begründen 322 . Die Anwendung der §§ 687 Abs. 2 S. 1, 677 BGB könnte für den Bereich wissentlicher Immaterialgüterrechtsverletzungen zu ganz ähnlichen 31 9 Vgl.obenS.156f. 320 Vgl. oben S. 215 ff. 321 Vgl. oben S. 248 f. 322 So ausdrücklich Großkomm. UWG-KÖhler. vor § 13 Abschn. B Rdnr. 346; KlauerIMöhring-Hesse. PatG. § 47 Rdnr. 40; Möhring. GRUR 1931. S.424; Delahaye, GRUR 1986. S. 219.
III. § 687 Abs. 2 BGB und dritte Schadensberechnungsmethode
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Ergebnissen führen wie der im Zusammenhang mit der dreifachen Schadensberechnung diskutierte pauschale Aufschlag auf die angemessene Lizenzgebühr. Der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB eignet sich somit als Instrument des präventiven Schutzes vor Immaterialgüterrechtsverletzungen weitaus besser als die dreifache Schadens berechnung. Daß der Anspruch auf Zahlung der angemessenen Lizenzgebühr nur eine geringe Präventionswirkung haben kann, da· er dem Verletzer im Regelfall einen Teil seines Gewinns beläßt, ist weitgehend anerkannt323 • Grundsätzlich nichts anderes gilt aber, wie dargelegt, auch für die dritte Schadensberechnungsmethode. Da eine schärfere Haftung des fahrlässigen Verletzers aus Präventionsgesichtspunkten nicht begründbar ist, kann hierin kein Mangel der dreifachen Schadensberechnung gesehen werden. Den Autoren, die im Interesse wirksamerer Prävention eine deutliche Erweiterung der privatrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten bei fahrlässigen Immaterialgüterrechtsverletzungen über die bislang anerkannten Grundsätze der dreifachen Schadensberechnung hinaus befürworten32 4, kann daher nicht gefolgt werden. Geboten ist weniger eine einheitliche Verschärfung der Sanktionen bei jeder Art schuldhafter Immaterialgüterrechtsverletzungen als vielmehr eine deutliche Abstufung der Haftung bei bewußten gegenüber derjenigen bei fahrlässigen Eingriffen 325 • Allerdings mag die ältere Rechtsprechung bei der Feststellung der nach der zweiten Schadensberechnungsmethode zu entrichtenden angemessenen Lizenzgebühr in der einen oder anderen Beziehung zu "verletzerfreundlich" verfahren sein 326 • Auch der Bundesgerichtshof hat sich insoweit bereits um gewisse Korrekturen bemüht, indem er Vorteile der Stellung des Verletzers gegenüber der Stellung eines Lizenznehmers als anspruchserhöhende Umstände anerkannt hatm . Zu Recht lehnt der Bundesgerichtshof jedoch einen von den Umständen des Einzelfalles unabhängigen "Verletzerzuschlag" auf die Verpflichtung zur Zahlung der angemessenen Lizenzgebühr ab m . Hiermit würden
323 Vgl. Fe=er. WRP 1993. S. 566; Assmann. BB 1985, S. 18; Pietzcker, GRUR 1975, S. 57; ders .. GRUR Int. 1979. S. 345; Preu. GRUR 1979, S. 759; Kraßer, GRUR Int. 1980. S. 265 f.; Lehmann. BB 1988. S. 1682 f. m. w. Nachw. 324 So insbes. Piet;cker. GRUR Int. 1979. S. 345 f.; Assmann, BB 1985, S. 15 ff.; vgl. auch Körner. FS Steindorff. S. 882 ff.; Kraßer. GRUR Int. 1980, S. 265 f., 271 f. 325 In diesem Sinne auch Großkomm. UWG-Köhler, vor § 13 Abschn. B Rdnr. 341. 326 Vgl. dazu insbes. die Verbesserungsvorschläge von Pietzcker, GRUR 1975, S. 55 ff.; Prell. GRUR 1979. S. 759 ff.; Körner, FS Steindorff, S. 887 ff. 327 Vgl. BGHZ 82. 310. 316 ff... Fersenabstützvorrichtung". 328 BGHZ 77. 16. 25 ff. .. Tolbutamid". Krit. gegenüber einer pauschalen Erhöhung der Lizenzgebühr auch Benkard-Rogge. PatG. § 139 Rdnr. 66; Körner, FS Steindorff, S. 887; Prell. GRUR 1979. S. 759; Brandner. GRUR 1980, S. 363; Kraßer, GRUR Int. 1980. S. 271 f.; Widmer. S. 15; befürwortend dagegen Assmann, BB 1985, S. 15 ff.; Schricker- Wild. UrhG. § 97 Rdnr. 72; wohl auch Piet=cker, GRUR Int. 1979. S. 346.
360
3. Teil: Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem
zum einen die Grenzen des Gewohnheitsrechts überschritten 329 , zum andern die schutzwürdigen Interessen des lediglich fahrlässig handelnden Verletzers vernachlässigt und ein Wertungswiderspruch zu den Grundsätzen der Vorteilsabschöpfung nach Bereicherungsrecht einerseits, § 687 Abs. 2 BGB andererseits herbeigeführt. Auch könnte die Anerkennung allzu weitreichender Sanktionen schon bei lediglich fahrlässigen Immaterialgüterrechtsverletzungen dem erwünschten Leistungswettbewerb eher abträglich sein330 . Aus denselben Gründen sollte trotz gelegentlich geäußerter Kritik331 auch an der "verletzerfreundlichen" Handhabung der dritten Schadensberechnungsmethode festgehalten werden. Insbesondere muß das Prinzip der Verteilung des Gewinns auf Ertragsfaktoren im Rahmen der dritten Schadensberechnungsmethode beibehalten werden. Denn es wahrt nicht nur in sachgerechter Weise die schutzwürdigen Interessen des gutgläubigen Eingreifers, sondern muß auch, da es einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht und im Grundsatz auch in der Literatur seit jeher anerkannt ist, ebenso wie der Gewinnherausgabeanspruch selbst als Bestandteil des Gewohnheitsrechts angesehen werden. Daß das Prinzip der Gewinnteilung mit der verbreiteten Annahme, die dritte Schadensberechnungsmethode beruhe auf einer Analogie zu § 687 Abs.2 BGB, unvereinbar ist, steht dem nicht entgegen, da Bestandteil des Gewohnheitsrechts nur das Ergebnis und nicht seine Begründung ist332 • Lediglich die Schwierigkeit des Nachweises wissentlich-rechtswidrigen Handelns könnte dafür sprechen, auch den fahrlässig handelnden Verletzer einem über die zweite und dritte Schadensberechnungsmethode hinausgehenden Anspruch auszusetzen 333 • Wie bereits dargelegt, sollten jedoch beweisrechtliche Probleme nicht mit den Mitteln des materiellen Rechts, sondern mit Hilfe entsprechender Beweiserleichterungen gelöst werden 334 . Gerade bei Immaterialgüterrechtsverletzungen könnte die Anwendung des Prima-facie-Beweises die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen aus § 687 Abs. 2 BGB oft deutlich erleichtern. Wenn bestimmte Arten von Verletzungshandlungen, wie etwa die unbeFest lehnt zwar schadensersatzrechtlich begründete Verletzerzuschläge ab (S. 89 ff.), meint aber, einen Anspruch auf die doppelte Lizenzgebühr aus Bereicherungsrecht (!) herleiten zu können (S. 51 ff.). 329 Darauf, daß Bestandteil des Gewohnheitsrechts auch die bei der näheren Ausgestaltung der Rechtsfolgen anzuwendenden Grundsätze sein können, weist zutr. Moser v. Filseck (GRUR 1962, S. 514) hin. Insofern sind die Rechtsfolgen des Gewohnheitsrechts starrer als sein Anwendungsbereich, der im Wege der Analogie erweitert werden kann. 330 Vgl. Großkomm. UWG-Köhler, vor § 13 Abschn. B Rdnr. 341. 331 Vgl. Kraßer, GRUR Int. 1980, S. 266, 271; Lehmann, BB 1988, S. 1684 ff. 332 Vgl. oben S. 347 Fn. 263. 333 Vgl. Kraßer, GRUR Int. 1980, S. 272. 334 Vgl. oben S. 169 ff.
III. § 687 Abs. 2 BGB und dritte Schadensberechnungsmethode
361
fugte identische - und nicht nur verwechslungsfahige - Verwendung einer Marke oder die identische Reproduktion fremder Geisteswerke, typischerweise in Kenntnis der Rechtswidrigkeit geschieht, entspricht es der Interessenlage, wenn der Verletzer zu seiner Entlastung Umstände vortragen muß, die den Beweis des ersten Anscheins erschüttern, daß er die Rechtswidrigkeit seines Handelns kannte. Den schutzwürdigen Interessen des Verletzers würde man auf diese Weise immer noch besser gerecht als durch eine einheitliche Verschärfung der Sanktion fiir schuldhafte Immaterialgüterrechtsverletzungen. Die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB könnte somit dazu dienen, der weitgehenden Angleichung der Haftung fiir vorsätzliche, fahrlässige und schuldlose Immaterialgüterrechtsverletzungen durch die Rechtsprechung entgegenzuwirken. Die inzwischen auch von der Rechtsprechung uneingeschränkt anerkannte Bereicherungshaftung bei Verletzung von Immaterialgüterrechten335 sowie die geringe Attraktivität der dritten im Vergleich zur zweiten Schadensberechnungsmethode haben dazu gefiihrt, daß in der Praxis heute weitgehend unabhängig vom Verschuldensgrad alle Immaterialgüterrechtsverletzer einheitlich zur Zahlung der angemessenen Lizenzgebühr verurteilt werden 336 • Dabei dürfte im Prinzip über das Bedürfnis nach einer dem Verschuldensgrad entsprechend abgestuften Haftung fiir widerrechtliche Eingriffe weitgehend Einigkeit bestehen 33 ? Es läßt sich zwar bezweifeln, ob bereits bei lediglich fahrlässigen Ein-
335 Vgl. für das Urheberrecht RGZ 90, 137 f; 121, 258, 259 ff; für das Gebrauchsmusterrecht BGHZ 68, 90 ff "Kunststoffhohlprofil"; 82, 299 ff "KunststoffhohlprofiI Ir"; für das Warenzeichenrecht BGHZ 99,244 ff. "Chanel Nr. 5". 336 Vgl. Leisse/Traub, GRUR 1980, S. 4; Esser/Weyers, § 51 14 d. 33? Vgl. z. B. Staudinger-Lorenz, § 816 Rdnr.23, 25, § 818 Rdnr.29; Großkomm. UWG-Köhler, vor § 13 Abschn. B Rdnr. 341; Schricker-Wild, UrhG, § 97 Rdnr. 74; Fikentscher, SchuldR, Rdnr. 946, 1161; Medicus, BR, Rdnr. 726; Höhn, S. 143; Rümker, S. 94; Wieczorek, S. 130 ff, 153; Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 26; ders., AcP Bd. 163 (1964), S. 351, 356 f; Kunkel, JW 1933, S. 43 f; Kohler, ArchBürgR Bd. 35 (1910), S. 96; v. Caemmerer, FS Rabel I, S. 352, 356 ff; Schlechtriem, FS Hefermehl, S. 458 f.; König, Gutachten, S. 1560 f.; ders., FS v. Caemmerer, S. 181 ff.; Larenz, FS v. Caemmerer, S. 228 f; Preu, GRUR 1979, S.759; Leisse/Traub, GRUR 1980, S. 4 f.; Beuthien/Wasmann, GRUR 1997, S.257; v. der Osten, GRUR 1998, S. 288; Köndgen, RabelsZ Bd. 56 (1992), S. 742 ff; Westram, S. 53 ff, 64 f; Rosenkranz, S. 56 ff; Thum, S. 18 f; Jagmann, S. 204 f, 276 ff; aus der schweiz. Literatur Weber, ZSR NF Bd. 111, I (1992), S. 346, 359, 364; v. Fischer, S. 27 ff, 64 f.; Hofstelter, SPR VII/2, S. 211 ff.; Schaufelberger, S. 226 ff.; Amrein, S. 51 ff. - Anders insbes. F. Schulz, AcP Bd. 105 (1909), S. 463 ff. und öfter sowie Kellmann, Gewinnhaftung, S. 132 ff., die sich zur Unterstützung ihrer These, daß der Inhalt der Eingriffshaftung vom Verschulden unabhängig sein müsse, auf die anglo-amerikanische Rechtspraxis berufen (vgl. F. Schulz, a.a.O., S. 84 ff; Kellmann, a.a.O., S. 19 ff.). Doch kennt auch die anglo-amerikanische Rechtspraxis durchaus eine nach dem Verschuldensgrad abgestufte Haftung auf den Eingriffserwerb; vgl. dazu König, FS v. Caemmerer, a.a.O.; v. Caemmerer, a.a.O., S. 359; Kohler, a.a.O., S. 99 ff; Schlechtriem, Kö-
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3. Teil: Die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem
griffen ein über die angemessene Lizenzgebühr hinausgehender Anspruch geboten ist338 . Aber daß selbst wissentliche Eingriffe nur im wesentlichen dieselbe privatrechtliche Sanktion nach sich ziehen wie schuldlose, ist nicht zu billigen. § 687 Abs. 2 BGB bietet die geeignete gesetzliche Grundlage dafür, den Verletzer bei wissentlichem Eingriff einem der Höhe nach gegenüber den bereicherungs- und schadensersatzrechtlich begründeten Ansprüchen auf Gewinnherausgabe und Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr materiell verschärften und prozessual mit vergleichsweise geringem Aufwand durchsetzbaren Anspruch auszusetzen. Durch die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB könnte sich somit im Zusammenspiel mit der dreifachen Schadensberechnung, den spezialgesetzlich für lediglich leicht fahrlässige Verletzungen vorgesehenen Haftungsmilderungen339 und dem Bereicherungsanspruch eine sinnvoll nach dem Verschuldensgrad abgestufte Haftung für Immaterialgüterrechtsverletzungen ergeben.
IV. Zusammenfassende Bewertung der Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB im Anspruchssystem Insgesamt ergibt der Vergleich des § 687 Abs. 2 BGB mit der Eingriffskondiktion und der dritten Schadensberechnungsmethode, daß die herrschende Meinung die Möglichkeiten, die § 687 Abs. 2 BGB als Instrument des gesetzlichen Rechtsgüterschutzes bietet, weitgehend ungenutzt läßt, indem sie insbesondere der Rechtsfolge der §§ 687 Abs. 2 S. I, 681 S. 2, 667 BGB lediglich einen Anspruch auf Herausgabe eines abstrakten, dem Rechtsgut des Verletzten zuzurechnenden Gewinnanteils entnimmt und die Verweisung des § 687 Abs. 2 S. 1 BGB auf § 677 BGB übergeht. Die immer geringer werdende Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB in der Gerichtspraxis ist die logische Konsequenz. Eine bedeutsame Rolle kann § 687 Abs. 2 BGB im privatrechtlichen Anspruchssystem nur dann spielen, wenn man bei der Bestimmung der Rechtsfolgen des § 687 Abs.2 BGB den Grundgedanken der Vorschrift, den bösgläubigrechtswidrig handelnden Eigengeschäftsführer umfassend der Haftung eines Fremdgeschäftsführers auszusetzen, ernst nimmt. In diesem Fall kann § 687 Abs. 2 BGB nach wie vor einen sinnvollen Bestandteil des privatrechtlichen Anspruchssystems darstellen. Die Vorschrift de lege ferenda ersatzlos zu streichen, ist daher nicht zu befürworten J4o . Daß es sich de lege ferenda empfehlen nig-Symposium, S. 86; Brandner, GRUR 1980. S. 359; Weber. a.a.O .. S. 363 Fn. 182; Jagmann, S. 62 ff.; lIolenstein. S. 128 f. Fn. 361. S. 170 Fn. 430. m Vgl. Moser v. Filseck. GRlJR 1962. S. 514. 3J9 §§ 139 Abs. 2 S. 2 PatG. 24 Abs. 2 S. 2 GebrMG. 14 a Abs. I S. 3 GeschmMG. 340 Wer hingegen § 687 Abs. 213GB neben Delikts- und Bereicherungsansprüchen für enthehrlich hält und daher de lege ferenda die ersatzlose Streichung der Vorschrift be-
IV. Zusammenfassende Bewertung der Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB
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würde, die historisch bedingte Verknüpfung von Tatbestand und Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB mit der Geschäftsführung ohne Auftrag aufzugeben und die Vorschrift in eine eigenständige Sanktion für jede vorsätzliche Verletzung fremder Rechte umzuwandeln, steht auf einem anderen Blatt.
fürwortet, muß sich fragen, ob nicht dieselbe Konsequenz für das gesamte Institut der Geschäftsführung ohne Auftrag zu ziehen wäre. Denn auch die eigenständige Funktion der Vorschriften über die fremdnützige Geschäftsführung ohne Auftrag im Verhältnis zu anderen Ausgleichsinstrumenten läßt sich durchaus in Zweifel ziehen (vgl. schon oben S. 280 Fn. 378 m. Nachw.). Insbes. ist die weitgehende Übereinstimmung des Anspruchs aus § 683 BGB mit der Leistungs-, Aufwendungs- und Rückgriffskondiktion nicht weniger augenfallig als die Verwandtschaft des Anspruchs aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB mit der Eingriffskondiktion. Überdies ist mit der Anwendung der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag die Gefahr der Verdrängung adäquaterer Ausgleichsinstrumente verbunden (vgl. Schubert, AcP Bd. 178 (1978), S. 428, 454; Gursky, AcP Bd. 185 (1985), S. 26; Helm, Gutachten, S. 363 f., 379 ff.; AK-Joerges, vor §§ 677 ff. Rdnr. 17 ff.). Die Regelung des § 687 Abs. 2 BGB ist hingegen jedenfalls unter diesem Gesichtspunkt unbedenklich (a. A. offenbar Haines, S. 11, der seine restriktive Auslegung des § 687 Abs. 2 BGB u. a. damit begründet, daß das Bereicherungsrecht die Vorteilsabschöpfung differenzierter regele, jedoch den Nachweis, daß die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB zu unangemessenen Ergebnissen führen könnte, nicht erbringt).
4. Teil
Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB I. Die Verletzung von Rechten im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB Die Verletzung sogenannter absoluter Rechte im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB wird allgemein als das typische, von manchen sogar als das einzige Anwendungsgebiet des § 687 Abs. 2 BGB angesehen I. Wie bereits dargelegt, hat der Begriff des absoluten Rechts im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB jedoch für die Bestimmung des Anwendungsbereichs des § 687 Abs. 2 BGB keine eigenständige Bedeutung2• Maßgeblich für die Anwendbarkeit des § 687 Abs.2 BGB ist allein die durch den Geschäftsführer in Anspruch genommene Handlungsbefugnis. Derartige Befugnisse vermittelt das absolute Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB sowohl durch seine Genuß- als auch durch seine Ausschlußfunktion. Es verschafft dem Inhaber in aller Regel kraft seiner Genußfunktion das Recht zur Eigennutzung und kraft seiner Ausschlußfunktion auch die Lizenzbefugnis. Meist läßt sich daher bei der Verletzung absoluter Rechte im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB auf zweifache Weise begründen. Letztlich entscheidend sind jedoch stets die Umstände des Einzelfalls. So kann auch Inhabern sogenannter absoluter Rechte aufgrund privater Rechte Dritter oder öffentlich-rechtlicher Beschränkungen das Recht zur Eigennutzung oder die Lizenzbefugnis entzogen sein. In diesen Fällen kann der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB auch dem Dritten als dem "besser" Berechtigten zustehen bzw. ganz zu versagen sein.
1. Eigentum Der wissentlich-rechtswidrige Verkauf fremder Sachen gilt zwar als "Paradebeispiel der eigennützigen Geschäftsführung ohne Auftrag"3. Die praktische Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB ist insoweit jedoch gering 4 . Gerade der Ge-
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Vgl. die Nachw. oben S. 108 f. Fn. 252. Vgl. oben S. 108 ff. Jakobs, Eingriffserwerb, S. 98. Vgl. oben S. 39.
I. Die Verletzung von Rechten im Sinne des § 823 Abs. I BGB
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winnherausgabeanspruch wird hier, wie schon erwähnt5 , kaum einmal von Interesse sein, da unterschlagene oder gestohlene Sachen selten über Wert verkauft werden. Zudem konkurriert der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB mit dem Anspruch aus § 816 Abs. I BGB, der nach der Rechtsprechung ebenfalls den erzielten Gewinn umfaßt6 . Unproblematisch zu bejahen ist nach allgemeiner Auffassung der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB auch bei der Vermietung fremder Sachen 7. § 8 I 6 Abs. 1 BGB ist hier mangels Verfügung nach herrschender Meinung unanwendbar8 . Anwendbar ist jedoch, sofern kein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis vorliegt, die allgemeine Eingriffskondiktion. Ist der Vermieter unrechtmäßiger Besitzer der Sache, so konkurriert mit dem Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB der Nutzungsherausgabeanspruch aus §§ 990, 987 BGB. Entsprechendes gilt in allen sonstigen Fällen der kommerziellen oder nicht-kommerziellen Nutzung fremder Sachen. Nimmt man die Rechtsfolgenanordnung des § 687 Abs. 2 BGB ernst, so kann diese jedoch auch bei Eingriffen in fremdes Eigentum dem Verletzten durchaus Ansprüche verschaffen, die sich aus den konkurrierenden Anspruchsgrundlagen in diesem Umfang nicht begründen lassen. So beläßt die Eingriffskondiktion bei Vermietung fremder Sachen dem Eingreifer jedenfalls den auf seiner Geschäftstüchtigkeit beruhenden Teil des Mietzinses9 . Aber auch hinsichtlich des Anspruchs aus § 987 Abs. I BGB erscheint es - insbesondere im Hinblick auf die Rechtsprechung zur Anwendung des § 987 Abs. I BGB auf den Gewinn aus Gewerbebetrieben 10 - zumindest zweifelhaft, ob der Mietzins stets in vollem Umfang als Sachnutzung im Sinne des § 987 Abs. I BGB herauszugeben ist.
Oben S. 191. Vgl. oben S. 39. 7 RGZ 105, 408, 409 f. (vgl. zu diesem Urteil schon oben S. 94); Staudinger-Wiltmann, § 687 Rdnr. 6, 10; Erman-Ehmann, § 687 Rdnr. 4; Jauernig-Vollkommer, § 687 Rdnr. 6; Soergel-Mühl, § 687 Rdnr. 4; Siber, S. 372; Larenz, SchuldR 11/1, § 57" b; Emmerich, SchuldR BT, § 13 Rdnr. 24; Medicus, BR, Rdnr.417; Beuthien/Weber, S. 97; Nipperdey, FS Böhm, S. 166; Neumann-Duesberg, BB 1965, S. 729; Henssler, .JuS 1991, S. 925; v. Lüblow, AcP Bd. 150 (1949), S. 258; Mueser, S. 8. - Zum Sondcrfall der unberechtigtcn Untcrvcrmictung untcn S. 478 ff. 8 So ctwa RGZ 105, 408, 409; MünchKomm-Lieb, § 816 Rdnr. 15 f.; Medicus, BR, Rdnr. 715 f.; v. Lüblow, AcP Ad. ISO (1949), S. 258 f.; Loewenhelm, Bcrcicherungsrecht, S. 100 f.; a. A. Esser-Weyers, § 50" 2 a; Diederichsen, NJW 1964, S. 2296 f.; Neumann-Duesherg, BB 1965, S. 729. ? Vgl. Medicus, BR, Rdnr. 418; Willmann, S. 153. AlIgcmcin hicrzu obcn S. 305 ff. 10 V gl. dazu oben S. 188 f. 5
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
a) Dasfremde Geschäft bei Veräußerung und Vermietungfremder Sachen Untersucht man die Fälle der Veräußerung und der Vermietung fremder Sachen näher, so zeigt sich, daß die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB auf diese Fälle mehr Schwierigkeiten bereitet, als es die knappen Bemerkungen in Lehrbüchern und Kommentaren vermuten lassen. Dies gilt schon für die Frage, worin genau in diesen Fällen das fremde Geschäft zu sehen ist. Nach einer vereinzelt vertretenen Auffassung kann bei der Veräußerung oder Vermietung einer fremden Sache die Führung eines fremden Geschäfts nicht bereits in dem Abschluß des schuldrechtlichen Vertrags gesehen werden 11. Zur Begründung wird angefiihrt, jedermann habe das Recht, obligatorische Verträge über ihm nicht gehörende Gegenstände abzuschließen 12. Andere gehen hingegen davon aus, daß bereits der Abschluß eines Kaufvertrags über eine fremde Sache den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB erfülle, mit der Folge, daß der Geschäftsherr vor der Erfüllung des Vertrags die Abtretung der Kaufpreisforderung verlangen könne 13. Einer vermittelnden Auffassung zufolge ist der Abschluß des Kaufvertrags dann Führung eines fremden Geschäfts, wenn der Verkäufer in der Lage ist, zur Herbeiführung des geschuldeten Erfolgs tatsächlich auf die Sache einzuwirken l4 • Demnach wäre also der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB erfiillt, wenn der Dieb über die gestohlene Sache einen Kaufvertrag abschließt, nicht jedoch, wenn ein Kaufvertrag über eine fremde Sache geschlossen wird, die der Verkäufer erst noch vom Eigentümer zu erwerben gedenkt. Die Ansicht, der Abschluß eines Kaufvertrags als solcher könne den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB nicht erfüllen, ist unzutreffend. Denn schon der Abschluß eines Kaufvertrags über eine fremde Sache kann durchaus eine Eigentumsverletzung darstellen. Zwar kann die Befugnis zum Abschluß eines Kaufvertrags über eine fremde Sache nicht schon mit der Begründung verneint werden, daß der Schuldner zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht in der Lage ist, den Vertrag zu erfüllen. Denn jedermann kann sich verpflichten, das Eigentum an einer Sache zu übertragen, die er selbst erst - rechtmäßig - vom Eigentümer erwerben will. Hiervon zu unterscheiden ist jedoch der Fall, daß jemand unter Anmaßung der fremden Eigentümerposition einen Kaufvertrag abschließt. Hierin liegt ein rechtswidriger Eingriff in das fremde Eigentum, dessen sich der Eigentümer mit Unterlassungs- und ggf. Schadensersatzansprü-
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So Meissel, S. 63; Mueser, S. 8. So Mueser, S. 8. So Rümker, S. 92; Chrestin, S. 32 f. So Ebbecke, Recht Bd. 25 (1921), Sp. 102; v. Bargen, S. 11.
I. Die Verletzung von Rechten im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB
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chen aus §§ 1004,823 Abs. 1 BGB erwehren könnte l5 . Denn es ist das alleinige Recht des Eigentümers, sein Eigentum rechts geschäftlich zu verwerten, und somit auch, unter Ausnutzung der EigentümersteIlung eine Kaufpreisforderung zu begründen. § 903 BGB, der nur von den Einwirkungen auf die Sache, also das Substrat des Eigentümerrechts, handelt, umschreibt den Schutzumfang des Eigentums insofern unvollständig. Dies ist im Grundsatz unstreitig, denn andernfalls könnte nicht einmal begründet werden, weshalb die dem Eigentümer gegenüber wirksame Verfiigung eine Eigentumsverletzung darstellt. Daß im Gegensatz zu dieser der Abschluß eines Kaufvertrags über eine fremde Sache dem Berechtigten das Eigentum nicht entzieht, kann ebenfalls nicht entscheidend sein, wie am deutlichsten der Vergleich mit der Ausbeutung fremder Immaterialgüter zeigt. Auch hier fehlt es sowohl an einem Eingriff in das - in diesen Fällen gar nicht existierende - körperliche Substrat als auch an einer Minderung der rechtlichen Befugnisse des Berechtigten. Weder das eine noch das andere ist Voraussetzung eines rechtswidrigen Eingriffs. Dementsprechend erfiillt auch bei der Vermietung fremder Sachen nicht erst, wie Mueser l6 meinte, die tatsächliche Gebrauchsüberlassung, sondern schon der Abschluß des Mietvertrags den objektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB, sofern er unter Anmaßung der EigentümersteIlung erfolgt. Andernfalls könnten sich auch ganz ungerechtfertigte Schutzlücken ergeben, wenn nämlich eine Gebrauchsüberlassung durch den Vermieter nicht erforderlich ist, weil der Mieter bereits im Besitz der Sache ist oder sich diesen selbst verschaffen kann. Gegen die Auffassung, daß bereits der Abschluß des obligatorischen Vertrags über eine fremde Sache den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB erfiillen könne, läßt sich auch nicht einwenden, daß sie den faktischen Gegebenheiten des Wirtschaftslebens nicht gerecht werde, da ständig Waren verkauft werden, die (noch) nicht im Eigentum des Verkäufers stehen. Denn soweit es sich in diesen Fällen überhaupt um Kaufverträge über eine konkrete Sache und nicht um Gattungskaufverträge, die schon nicht eine fremde Sache zum Gegenstand haben, handelt, wird die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB doch meist daran scheitern, daß der Verkäufer zur Veräußerung der fremden Sache ermächtigt ist. Ist dies ausnahmsweise nicht der Fall, so kann der Verkäufer der Haftung aus § 687 Abs. 2 BGB entgehen, indem er klarstellt, daß er die Sache erst noch vom Eigentümer erwerben muß. Aber selbst wenn der Verkäufer dies nicht zum Ausdruck bringt, kommt noch eine Rechtfertigung durch mutmaßliche Einwilligung des Eigentümers in Betracht, wenn der Verkäufer willens ist, sich das Eigentum an der Kaufsache rechtmäßig zu verschaffen. Im Ergebnis ist
15 Vgl. Löbl, AcP Bd. 129 (1928), S. 294 f.: Ein Eingriff in ein dingliches Recht liegt in der Behauptung, daß das Recht nicht einem andern, sondern einem selbst zustehe. 16 S. 8.
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
§ 687 Abs. 2 BGB daher im wesentlichen nur auf solche Kaufverträge anwendbar, die über gestohlene oder unterschlagene Sachen abgeschlossen werden. In diesen Fällen erscheint es aber auch durchaus angemessen, dem Eigentümer bereits aufgrund des Abschlusses des Kaufvertrags einen Anspruch auf Abtretung der Kaufpreisforderung zuzusprechen. Ebenso wie der Abschluß eines Kaufvertrags über eine fremde Sache erfüllt auch die diesen erfüllende Verfügung den Tatbestand der Führung eines fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB. Dies gilt, wie nahezu allgemein anerkannt ist, auch dann, wenn die Verfügung unwirksam ist, etwa weil die Sache dem Eigentümer gestohlen wurde 17. Denn entscheidend ist nicht, ob der Eigentümer seine Rechtsposition verliert, sondern allein, daß der Veräußerer sich eine ihm nicht zustehende Befugnis anmaßt. Hierin liegt der wesentliche Unterschied zwischen § 687 Abs. 2 BGB und den "Surrogationsvorschriften" der §§ 281,816 BGB. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Veräußerer sich dem Erwerber gegenüber als Eigentümer ausgibt oder sich lediglich eine faktische Eigentümerposition anmaßt, wie etwa im Falle der Veräußerung von Diebesgut an einen Hehler. Es bleibt somit festzuhalten, daß bereits der Abschluß eines Kauf- oder Mietvertrags über eine fremde Sache dann, wenn der Verkäufer bzw. Vermieter sich hierbei die fremde Eigentümerposition anmaßt und die Voraussetzungen einer tatsächlichen oder mutmaßlichen Einwilligung nicht vorliegen, als Führung eines fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB anzusehen ist. Ebenso erfüllt jede Verfügung über eine fremde Sache den objektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB, unabhängig davon, ob die Verfügung wirksam ist, und unabhängig davon, ob der Handelnde als Eigentümer auftritt oder sich nur faktisch die Stellung eines Eigentümers anmaßt. b) Die Rechtslage bei unwirksamer Verfügung durch den Geschäftsführer aa) Die Problemstellung Obgleich § 687 Abs. 2 BGB unzweifelhaft bei der Veräußerung fremder Sachen auch dann zur Anwendung kommen kann, wenn der Käufer nicht aufgrund der §§ 892, 932 ff. BGB das Eigentum an der Sache erwirbt, wird nur
17 Vgl. etwa OLG Rostock SeutTArch. Bd. 78. Nr. 21: Staudinger-Wittmann. § 687 Rdnr. 8: Fikentscher. SchuldR. Rdnr. 945: Heck. S. 360: Isele. FS Cohn. S. 77: Josej. Recht Bd. 26 (1922). Sp. 93: MlIeser. S. 40 f.: v. Bargen. S. 7: Westram. S. 57: Schmid. OR, Art. 423 Rdnr. 39. - A. A. wohl nur Ebbecke. Recht Bd. 25 (1921). Sp. \03 f.. der die Auffassung vertrat, die Veräußerung des Diebesguts durch den Dieb sei kein fremdes Geschäft. da sie den Eigentümer nicht berühre (dagegen MlIeser. a.a.O.: v. Bargen. S. 12: Westram. S. 56 f.).
I. Die Verletzung von Rechten im Sinne des § 823 Abs. I BGB
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selten auf die hieraus resultierenden praktischen Schwierigkeiten eingegangen. Im Grundsatz dürfte Einigkeit darüber bestehen, daß der Geschäftsherr nicht die Möglichkeit haben kann, seine Sache herauszuverlangen und zusätzlich den gesamten Veräußerungserlös zu beanspruchen 18. Die Besonderheit der hier gegebenen Konstellation liegt weniger darin, daß die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB zu einer ungerechtfertigten Begünstigung des Geschäftsherrn führen könnte. Daß der Geschäftsherr, ohne einen Schaden erlitten zu haben, nach § 687 Abs. 2 BGB auf den Geschäftserlös zugreifen kann, ist nicht ungewöhnlich, kann vielmehr etwa auch bei der Vermietung fremder Sachen oder bei Eingriffen in fremde Immaterialgüterrechte vorkommen. Eine Besonderheit liegt hier jedoch darin, daß der Begünstigung des Geschäftsherrn ein entsprechender Schaden entweder des Geschäftsfiihrers oder - bei ausgeschlossener Rechtsmängelhaftung - des Käufers gegenüberstünde. Die gemeinrechtliche Doktrin der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag hatte mit dieser Konstellation keine Probleme. Denn sie faßte in dem Akt der ratihabitio die Geltendmachung der geschäftsführungsrechtlichen Ansprüche durch den Geschäftsherrn, die Genehmigung der Geschäftsflihrung und die Genehmigung der von dem Geschäftsführer abgeschlossenen Rechtsgeschäfte zusammen 19. Der Eigentümer verlor also mit der Geltendmachung des Herausgabeanspruchs gegen den Veräußerer zwangsläufig sein Eigentum. Nach heutigem Verständnis muß die Geltendmachung der geschäftsführungsrechtlichen Ansprüche jedoch von der Genehmigung der Rechtsgeschäfte des Geschäftsführers unterschieden werden. Die Geltendmachung des Herausgabeanspruchs gegen den Veräußerer führt also zumindest nicht eo ipso zum Eigentumsverlust 20 . Es muß daher nach anderen Lösungswegen gesucht werden.
Fikentscher schlug vor, den Geschäftsherrn auf der Grundlage der §§ 687 Abs. 2 S. 2, 684 S. I BGB zu verpflichten, den Geschäftsflihrer von seiner Rechtsmängelhaftung freizustellen 21 . Demgegenüber macht Wittmann geltend, daß diese Lösung dann versage, wenn der Geschäftsführer kraft gesetzlicher Anordnung (§ 439 BGB) keiner Rechtsmängelhaftung ausgesetzt ist. Um den doppelten Zugriff des Geschäftsherrn auf Veräußerungserlös und Sache zu 18 Vgl. v. Caemmerer. FS Rabel I. S. 389 Fn. 211; Wittmann, S. 156 ff.; Fikentscher, SchuldR, 7. AutL § 831112 b: Klien, S. 33: Schmid, OR, Art. 423 Rdnr. 189. 19 Vgl. Zimmermann. S. 55 ff.: v. Monroy, S. 67 ff.. insbes. S. 85 ff.; Jhering, Abh., S.83. 20 So zutr. schon Heck, S.360: a. A. aber offenbar Jauernig-Vollkommer, § 687 Rdnr. 8 und StudKomm-Beuthien, § 687 Anm. 3 c, die meinen, mit der Geltendmachung werde die Verfügung gemäß § 185 Abs. 2 S. 1 BGB wirksam. 21 Fikentscher. SchuldR, 7. Aufl., § 83 III 2 b. Diese Auffassung scheint Fikentscher inzwischen wieder aufgegeben zu haben. Nunmehr spricht Fikentscher (SchuldR, 9. AutL Rdnr. 1121) nur noch davon, daß der Geschäftsherr den Erlös herausverlangen könne, wenn er die Verfügung genehmige.
24 Ehen
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
venneiden, hält Wittmann es für geboten, den Anspruch auf Herausgabe des Veräußerungserlöses von der Genehmigung der unwirksamen Verfügung abhängig zu machen 22 . Um festzustellen, welche Auffassung zutrifft, ist es erforderlich, sich Klarheit über die Ausgangslage zu verschaffen: Es geht nur um die Fälle, in denen dem Geschäftsherrn nach der Veräußerung sowohl ein Anspruch auf Herausgabe der Sache aus § 985 BGB gegen den Käufer als auch ein Anspruch auf Herausgabe des Veräußerungserlöses aus § 687 Abs. 2 BGB gegen den Geschäftsführer zusteht. Aus der Betrachtung scheiden also von vornherein die Fälle aus, in denen der Käufer gutgläubig Eigentum erworben hat. Da die Kritik Wittmanns an der Lösung Fikentschers sich aus der Regelung des § 439 BGB ergibt, bleibt zu prüfen, wann die Konstellation, daß der Geschäftsherr aus § 687 Abs. 2 BGB gegen den Geschäftsführer und aus § 985 BGB gegen den Käufer vorgehen kann, mit dem Ausschluß der Rechtsmängelgewährleistung gemäß § 439 BGB zusammentreffen kann. Insoweit ist zunächst zu bedenken, daß einerseits § 439 BGB den Gewährleistungsausschluß an die Kenntnis des Käufers vom Rechtsmangel knüpft, andererseits dann, wenn der Käufer vom fehlenden Eigentum des Verkäufers Kenntnis hat, in aller Regel § 134 BGB eingreifen wird. Denn nach herrschender Meinung 23 soll zwar nicht der einseitige Verstoß des Verkäufers gegen ein Strafgesetz, wohl aber der beiderseitige Verstoß von Verkäufer und Käufer zur Anwendung des § 134 BGB führen. Richtigerweise stellt allerdings grundsätzlich selbst die anfängliche Nichtigkeit des vom Geschäftsführer abgeschlossenen Rechtsgeschäfts die Anwendbarkeit der §§ 687 Abs. 2 S. I, 681 S. 2, 667 BGB nicht in Frage, da die Geschäftsbesorgung im Sinne des § 667 BGB von dem vom Ge22 Wittmann, S. 156 f.; ders., in: Staudinger, § 687 Rdnr. 15; ebenso i. Erg. v. Caemmerer, FS Rabel I, S. 389 Fn. 211; H. Roth, JuS 1997, S. 714; v. Bargen, S.7; Klien,
S. 33. - Eine in der älteren Literatur vertretene Ansicht wollte dem Eigentümer auch aus § 281 BGB i. V. m. dem dinglichen Herausgabeanspruch den Zugriff auf den Veräußerungserlös unter der Voraussetzung gestatten, daß der Eigentümer eine zunächst unwirksame Verfügung genehmige; so etwa Dölle, RG-Praxis III, S. 28; v. Caemmerer, a.a.O. In der neueren Literatur wird - im Hinblick auf den bei von vornherein wirksamer oder genehmigter Verfügung bestehenden Anspruch aus § 816 Abs. I BGB - meist nur noch diskutiert, ob der Eigentümer den Erlös aus § 281 BGB auch bei fortbestehender Vindikationslage herausverlangen kann. Die h. M. lehnt dies ab, u. a. mit der Begründung, daß die "Opfergrenze" des früheren Besitzers überschritten werde, wenn dieser einerseits nach § 281 BGB dem Eigentümer den Veräußerungserlös herausgeben müsse und andererseits den Rechtsmängelgewährleistungsansprüchen des Käufers ausgesetzt sei; vgl. Soerge/-Wiedemann, § 281 Rdnr. 17; Staudinger-Löwisch, § 281 Rdnr. 11; Medicus, BR, Rdnr. 599; H. Roth, a.a.O.; abw. Westermann-Pinger, § 31 IV 2 (§ 281 BGB jedenfalls auf den Herausgabeanspruch gegen den verklagten und bösgläubigen Besitzer anwendbar). Dazu auch unten S. 374. 23 Vgl. BGHZ 115, 123, 125; 118, 142, 145; Erman-Brox, § 134 Rdnr. 11; Jauernig, § 134 Rdnr. 11.
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schäftsfilhrer abgeschlossenen Rechtsgeschäft zu unterscheiden ist und ein ggf. bestehender bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch des Käufers nicht den Herausgabeanspruch des Geschäftsherm ausschließt, sondern lediglich einen Gegenanspruch des Geschäftsfilhrers aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB begründen kann. Und selbst insoweit könnte sich die Nichtigkeit nach § 134 BGB dann nicht auswirken, wenn man dem Käufer die Rückforderung des Kaufpreises nach § 817 S. 2 BGB versagte 24 • All dies würde dem Eigentümer nur dann nicht helfen, wenn der Käufer noch nicht geleistet hat, da hier eine Forderung, deren Abtretung der Eigentümer verlangen könnte, nicht bestünde. Letztlich entscheidend ist jedoch, daß es dem Zweck des § 134 BGB und der hier erfilllten Strafgesetze zuwiderliefe, wenn die Nichtigkeit von den den Verbotstatbestand erfilllenden Kaufvertragsparteien zu Lasten des Eigentümers geltend gemacht werden könnte. Soweit es um die Rechte des Eigentümers aus § 687 Abs.2 BGB geht, sind daher die geschlossenen Verträge als wirksam anzusehen 25 . Das hier diskutierte Problem kann also nicht dadurch umgangen werden, daß dem Eigentümer der Herausgabe- bzw. Abtretungsanspruch gegen den Verkäufer im Hinblick auf § 134 BGB versagt wird. Fraglich ist jedoch, ob § 439 BGB die hier behandelte Konstellation überhaupt erfaßt. Nach wohl herrschender Meinung ist dies nicht der Fall. Teilweise wird nämlich angenommen, daß § 439 BGB auf die Nichterfüllung der Eigentumsverschaffungspflicht unanwendbar sei 26 , teilweise, daß die Vorschrift Unkenntnis des Verkäufers von dem Rechtsmangel voraussetze 27 . Folgte man auch nur einer dieser beiden einschränkenden Auslegungen des § 439 BGB, so könnte der Fall, daß bei einer Veräußerung unter den Voraussetzungen des § 687 Abs. 2 BGB der Käufer nicht Eigentümer wird, aber auch keine Rechtsmängelgewährleistungsansprüche gegenüber dem Verkäufer hat, nicht vorkommen, so daß der Einwand Wittmanns gegenüber der Freistellungslösung ins Leere ginge 28 •
24 Zur Frage, ob bei Nichtigkeit eines Vertrags nach § 134 BGB die Rückforderung durch § 817 S. 2 BGB ausgeschlossen wird. vgl. MünchKomm-Mayer-Maly, § 134 Rdnr. 95 m. w. Nachw. 25 Nach Staudinger-Sack. § 134 Rdnr. 293 sollen Kaufvertrag und Übereignung schwebend unwirksam sein. solange der Eigentümer sie nicht genehmigt. 26 So Palandt-Put=o, § 439 Rdnr. 2; Knöpfte. NJW 1991, S. 889 f.; a. A. BGHZ 13, 341. 343; MünchKomm-H. P. Westermann. § 439 Rdnr. 2. 27 So Erman-Grunewald. § 439 Rdnr. 2. Nach BGH WM 1987.986.988 ist die Anwendbarkeit des § 439 BGB bei Kenntnis des Verkäufers von dem Rechtsmangel eine Frage der Auslegung des Kaufvertrags. 28 Hielte man allerdings lediglich § 439 BGB fUr unanwendbar auf die Verletzung der Eigentumsverschaffungspflicht. so wäre immerhin noch an die Fälle zu denken, in denen der GeschäftsfUhrer unbefugt über eine mit einem sonstigen dinglichen Recht belastete Sache verfUgt.
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
bb) Die Genehmigungslösung Beruht die Kritik Wittmanns an der Freistellungslösung schon auf zumindest zweifelhaften Prämissen, so kann Wittmann jedenfalls in seiner Konsequenz, der Geschäftsherr müsse stets die unwirksame Verfügung genehmigen, um den Veräußerungserlös herausverlangen zu können, nicht gefolgt werden. Daß weder die Wirksamkeit der Verfügung als Tatbestandsvoraussetzung des § 687 Abs. 2 BGB angesehen werden kann, noch die Geltendmachung der Ansprüche aus § 687 Abs. 2 S. 1 BGB durch den Geschäftsherrn eine Genehmigung unwirksamer Verfügungen beinhaltet, wurde bereits dargelegt 29 . Es könnte sich daher bei dem Genehmigungserfordernis nur um eine selbständige, durch die Geltendmachung des Herausgabeanspruchs bedingte Verpflichtung des Geschäftsherrn handeln. Einer solchen Verpflichtung müßte selbstverständlich ein entsprechender Anspruch korrespondieren. Ein Anspruch des Geschäftsführers kann sich nur aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB ergeben, doch setzt dieser voraus, daß der Geschäftsführer im Zusammenhang mit der Geschäftsführung einen Vermögensnachteil erlitten hat, was gerade dann, wenn er keiner Rechtsmängelhaftung des Käufers ausgesetzt ist, nicht der Fall ist. Hier könnte nur ein eigener Anspruch des Käufers weiterhelfen, doch lassen sich aus § 687 Abs. 2 BGB keine Ansprüche Dritter gegen den Geschäftsherrn herleiten. Ansprüche des Käufers gegen den Geschäftsherrn könnten sich allenfalls aus dem zwischen diesen bestehenden Eigentümer-Besitzer-Verhältnis ergeben. Aus diesem läßt sich aber lediglich ein Anspruch des Käufers auf Verwendungsersatz gemäß §§ 994 ff. BGB begründen. Doch wie auch immer sich die Abhängigkeit des Anspruchs auf Herausgabe des Veräußerungserlöses von der Genehmigung der unwirksamen Verfügung konstruieren lassen mag, entscheidend für die Ablehnung der Auffassung Witlmanns muß letztlich sein, daß diese der eindeutigen Wertung des Gesetzes widerspricht. Der Fehler in der Argumentation Wittmanns liegt darin, daß er eine Beschränkung der Rechte des Geschäftsherrn aus den Interessen des Käufers herleiten will, die den Geschäftsherrn jedoch nichts angehen. Das von Wittmann für untragbar gehaltene Ergebnis der Freistellungslösung, daß bei ausgeschlossener Rechtsmängelhaftung der Geschäftsherr zugleich den vollen Veräußerungserlös vom Geschäftsführer und seine Sache vom Käufer herausverlangen kann, ist nur eine logische Konsequenz aus der Anordnung des § 439 8GB. Eine Korrektur dieses Ergebnisses kann daher, sofern man diese für erforderlich hält, nur im Wege der genannten Einschränkungen des § 439 BGB erreicht werden. Ob der Ausschluß der Rechtsmängelhaftung auch dann ge-
29 Vgl. oben S. 182 f.. 368 f. Daß die Wirksamkeit der Verfügung keine Tatbestandsvoraussetzung des § 687 Abs.2 BGB ist. betont ausdrücklich auch Staudinger-Wil/mann. § 687 Rdnr. 8.
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rechtfertigt ist, wenn dem Verkäufer der Rechtsmangel bekannt war, sowie dann, wenn dem Käufer nicht einmal wirksam das Eigentum übertragen wurde, läßt sich in der Tat bezweifeln. Will man § 439 BGB auch in diesen Fällen anwenden, so ist es unvermeidlich, daß sich hieraus Härten für den Käufer ergeben können, die man im Hinblick auf seine Kenntnis von dem Rechtsmangel allerdings wohl fur hinnehmbar halten kann. Mit § 687 Abs. 2 BGB hat dies nichts zu tun. Aus § 687 Abs. 2 BGB folgt dagegen, daß dem Geschäftsherm ein Anspruch gegen den Geschäftsfuhrer auf Herausgabe des Geschäftserlöses ohne Rücksicht auf einen eingetretenen Rechtsverlust zustehen kann, wogegen sonst auch keine Einwände erhoben werden. Hält man die aus der Anwendung des § 439 BGB resultierenden Nachteile des Käufers einerseits und die aus der Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB resultierenden Vorteile des Geschäftsherm andererseits grundsätzlich für gerechtfertigt, so ist nicht einzusehen, wieso etwas anderes gelten soll, wenn beide Vorschriften ausnahmsweise gleichzeitig zur Anwendung kommen.
Wittmann fuhrt zur Begrundung seiner Auffassung außerdem an, solange die Verfügung unwirksam sei, sei der Erlös noch nicht "aus der Geschäftsbesorgung erlangt"30. Dieses Argument paßt allerdings offensichtlich gerade nicht auf die Fälle, in denen die Rechtsmängelhaftung ausgeschlossen ist, und in denen Wittmann daher in erster Linie die Genehmigung fur geboten hält. Es kann sich nur auf die Fälle beziehen, in denen der Geschäftsfuhrer der Rechtsmängelhaftung des Käufers ausgesetzt ist. Doch trifft auch die Erwägung, infolge der Rechtsmängelhaftung sei der Erlös noch nicht "aus der Geschäftsbesorgung erlangt", in dieser Form nicht zu. Richtig ist allerdings, daß der Geschäftsherr vom Geschäftsfuhrer nur das herausverlangen kann, was sich aufgrund der Geschäftsführung tatsächlich in dessen Vermögen befindet. Solange der Käufer seinerseits noch nicht geleistet hat, kann der Geschäftsherr vom Geschäftsfuhrer aus § 687 Abs. 2 S. I i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB nur Abtretung der gemäß § 404 BGB auch nach der Abtretung - mit der Einrede aus § 320 BGB behafteten Kaufpreisforderung beanspruchen. Dann muß der Geschäftsherr, um auf den Kaufpreis - in diesem Fall allerdings unmittelbar beim Käufer und auf der Grundlage des § 433 BGB - zugreifen zu können, in der Tat die Verfugung genehmigen. Hat der Käufer bereits geleistet, so hat er aufgrund der Rechtsmängelhaftung gemäß § 440 i. V. m. §§ 325 Abs. I S. I, 346 ff. bzw. §§ 325 Abs. I S. 3, 323 Abs. 3 BGB gegen den Geschäftsfuhrer einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises. Diese schuldrechtlichen Rückgewähranspruche können allerdings genau genommen den Anspruch des Geschäftsherm aus § 687 Abs. 2 S. I i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB nicht ausschließen, sondern
30 lI'ittmann, S. 157; ders., in: Staudinger, § 687 Rdnr. 15; zust. H. Roth, JuS 1997, S.714; vgl. auch schon Jhering. Abh., S.83; für den Anspruch aus § 281 BGB v. Caemmerer, FS Rabel L S. 389 Fn. 211.
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nur einen Gegenanspruch des Geschäftsführers aus § 687 Abs. 2 S.2 i. V. m. § 684 S. I BGB begründen 31 . Doch hätte der Geschäftsherr dem Geschäftsführer, wenn dieser den Rückgewähranspruch des Käufers erfüllt, nach § 687 Abs. 2 S. 2 BGB exakt den Betrag zu erstatten, den er vom Geschäftsführer herausverlangen kann. Will der Geschäftsherr hier die Gewinnabschöpfungsfunktion des § 687 Abs. 2 BGB nutzen, so wird ihm also nichts anderes übrig bleiben, als die Verfügung zu genehmigen 32 • Insoweit ist Wittmann im Ergebnis zuzustimmen. cc) Die Abtretungslösung Ein zweiter denkbarer Lösungsweg wurde von Deubne,-33 im Zusammenhang mit der Frage der Anwendbarkeit des § 281 BGB auf den Eigentumsherausgabeanspruch dargestellt. Nach Deubner soll der Eigentümer die Herausgabe des Veräußerungserlöses nur Zug um Zug gegen Abtretung der ihm aufgrund seines Eigentums zustehenden Ansprüche verlangen können. Ob Deubner darin zu folgen ist, daß dem Eigentümer bei Veräußerung der Sache durch den Besitzer aus § 281 BGB ein Anspruch auf den Veräußerungserlös zusteht, kann hier dahinstehen 34 • Die Verpflichtung des Eigentümers zur Abtretung seiner Ansprüche aus dem Eigentum bei Geltendmachung seines Anspruchs auf Herausgabe des Veräußerungserlöses als solche erscheint jedenfalls durchaus diskutabel. Denn immerhin findet diese Lösung, anders als die Genehmigungslösung, in Gestalt des § 255 BGB eine gewisse Stütze im Gesetz35 • Die Abtretungslösung führt auch, ebenso wie die Genehmigungslösung, zu sachgerechten Ergebnissen, wenn der Geschäftsführer der Rechtsmängelhaftung des Käufers
Vgl. oben S. 202. Genau genommen wird durch die Genehmigung zwar auch die Geschäftsführung rückwirkend gerechtfertigt (vgl. Neumann-Duesberg, GRUR 1954, S. 51). Hieraus einen Einwand gegen die Genehmigungslösung. herleiten zu wollen, wäre jedoch allzu formalistisch. Dies ergibt sich schon aus der Uberlegung, daß der Einwand umgangen werden könnte, indem dem Käufer das Eigentum ex nunc übertragen würde. Allein von der rechtlichen Konstruktion des Eigentumserwerbs durch den Käufer kann das Ergebnis aber nicht abhängen. 33 MDR 1958, S. 198 f. 34 Deubner entgeht, indem er den Eigentümer zur Abtretung seiner Ansprüche aus dem Eigentum an den Besitzer verpflichten will, zwar dem Einwand, die Anwendung des § 281 BGB überschreite die für den redlichen Besitzer zu ziehende "Op'fergrenze". Es bleibt jedoch der Einwand, daß der Besitzer dem Eigentümer nur die Ubertragung des Besitzes schuldet, den Kaufpreis jedoch als Eigentumssurrogat erhält; so Jochem, MDR 1975, S. 179 ff.; zust. Soergel- Wiedemann, § 281 Rdnr. 17; MünchKomm-Emmerich, § 281 Rdnr. \0: Medicus, BR, Rdnr. 599: Merle. AcP Bd. 183 (1983), S. 85. 35 Vgl. Deubner. MDR 1958. S. 198. 31
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ausgesetzt ist. Denn mit der Abtretung wird der Veräußerer Eigentümer36 , so daß die Verfügung gemäß § 185 Abs.2 BGB wirksam wird und die Rechtsmängelhaftung entfällt. Die Abtretungslösung ist damit aber auch in gleicher Weise wie die Genehmigungslösung dem Einwand ausgesetzt, daß sie bei ausgeschlossener Rechtsmängelhaftung zu einer der Wertung der §§ 439, 687 Abs. 2 BGB widersprechenden Begünstigung des Käufers zu Lasten des Eigentümers führt. dd) Die Freistellungslösung Die einzige der Wertung des Gesetzes in jeder Hinsicht gerecht werdende Lösung des Problems ergibt sich unmittelbar aus den Rechtsfolgen des § 687 Abs.2 BGB. Die Rechtsmängelhaftung, der sich der Geschäftsführer durch die Veräußerung der Sache aussetzt, erfüllt alle Voraussetzungen der nach § 687 Abs.2 S. 2 i. V. m. § 684 S. I BGB erstattungsfähigen Aufwendungen 37 • Denn sie stellt ein mit der Geschäftsführung unvermeidlich verbundenes Vermögensopfer des Geschäftsführers dar. Der Geschäftsherr hat den Geschäftsführer somit, wenn er den Veräußerungserlös herausverlangt, bis zu dessen Höhe von der Rechtsmängelhaftung freizustellen. Die Freistellungslösung hat gegenüber der Genehmigungs- wie auch der Abtretungslösung den Vorzug, daß sie den Eigentümer nicht mit der Geltendmachung seines Herausgabeanspruchs gegen den Geschäftsführer zugleich zur Aufgabe seiner Eigentümerrechte verpflichtet. Damit wird sie weitergehend als die beiden anderen Lösungen dem Normcharakter des § 687 Abs. 2 BGB, der gerade nicht nur, wie § 281 und § 816 BGB, einen Ausgleich für einen Rechtsverlust des Gläubigers schaffen soll, gerecht. Allerdings kann der Geschäftsherr den Anspruch des Geschäftsführers aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB auch durch Genehmigung der Verfügung erfüllen. Denn das vom Geschäftsführer in Gestalt
36 So jedenfalls Deubner. MDR 1958. S. 199. Im Rahmen des § 255 BGB ist allerdings umstr.. ob der Ersatzpflichtige mit der Abtretung der Ansprüche aus dem Eigentum zugleich Eigentümer wird: dafür RGZ 59, 367, 371: Soergel-Mertens, § 255 Rdnr.9: Lange. S.682: dagegen MünchKomm-Grunsky. § 255 Rdnr.7: StaudingerSelb. § 255 Rdnr. 14: Erman-Kuckuk, § 255 Rdnr. 5. 37 A. A. Wittmann. S. 157. da der Erlös nicht auf der Rechtsmängelhaftung, sondern auf der Verfügung als solcher beruhe. Dem liegt ein zu enges Verständnis des Begriffs der Geschäftsbesorgung i. S. des § 667 BGB zugrunde. Die Geschäftsbesorgung, die Grundlage des Geschäftserlöses und zugleich Grund der Aufwendungen des Geschäftsführers sein muß. ist der gesamte Verkaufsvorgang, nicht lediglich die Verfügung über die Sache. Im übrigen bleibt Wir/manns Stellungnahme dazu. welche Bedeutung dem Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB in diesem Zusammenhang zukommen soll, unklar, da Wirtmann (S. 156) immerhin selbst davon ausgeht, daß die Abhängigkeit der Erlösherausgabe von der Genehmigung unwirksamer Verfügungen "sinngemäß" aus dem Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers folge.
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der Rechtsmängelhaftung erbrachte Vermögensopfer wird auf diese Weise ebenso ausgeglichen, wie wenn der Geschäftsherr die Gewährleistungsansprüche des Käufers erfüllt oder dem Geschäftsruhrer rur die Inanspruchnahme durch den Käufer Ersatz leistet. Da die Ausübung der Gewährleistungsansprüche durch den Käufer in der Regel (und insbesondere bei einer Veräußerung über Wert) in der Rückforderung des gezahlten Kaufpreises bestehen wird, stellt die Genehmigung, wie bereits erwähnt, faktisch bei nicht ausgeschlossener Rechtsmängelhaftung auch die einzige Möglichkeit rur den Geschäftsherrn dar, den Anspruch aus § 687 Abs.2 S. I i. V. m. §§ 681 S.2, 667 BGB gewinnbringend geltend zu machen. Im übrigen hat der Weg über die Genehmigung auch den Vorzug, daß er umständliche Abwicklungsvorgänge und unbefriedigende Schwebezustände vermeidet. Macht der Geschäftsherr nicht den Herausgabeanspruch aus § 667 BGB, sondern den Schadensersatzanspruch aus § 678 BGB geltend, so finden die §§ 687 Abs. 2 S. 2, 684 S. 1 BGB keine Anwendung 38 • Der Geschäftsruhrer kann hier jedoch aufgrund des unmittelbar anwendbaren § 255 BGB vom Geschäftsherrn die Abtretung der diesem aufgrund seines Eigentums zustehenden Ansprüche verlangen 39 .
2. Immaterialgüterrechte, Monopolrechte und Aneignungsrechte Die Verletzung fremder Patent-, Gebrauchsmuster-, Geschmacksmuster- und Urheberrechte gilt seit langem als unproblematisches Anwendungsgebiet des § 687 Abs. 2 BGB40. Gleiches gilt für die Verletzung fremder Monopolrechte,
V gl. oben S. 258. Zu Unrecht erklärt die h. M. es für sinnlos, daß der Eigentümer dem unberechtigten Veräußerer nach § 255 BGB seine Ansprüche gegen den Käufer abtritt, da der unberechtigte Veräußerer die abgetretenen Ansprüche aufgrund seiner vertraglichen Pflichten gegenüber dem Käufer nicht geltend machen könne (so etwa BGHZ 52, 39, 42; Medicus, BR, Rdnr. 927; wohl auch v. Caemmerer, JR 1959, S. 463 Fn. 8). Daß diese Argumentation nicht zwingend ist, ist evident, wenn dem Veräußerer mit der Abtretung das Eigentum selbst verschafft wird. Denn dann ermöglicht die Anwendung des § 255 BGB es dem Veräußerer, seine Eigentumsverschaffungspflicht gegenüber dem Käufer zu erftillen (vgl. Goette, VersR 1974, S. 529). Die Anwendung des § 255 BGB ist darüber hinaus aber auch in den vieldiskutierten Fällen sinnvoll, in denen an die Stelle des Eigentumsherausgabeanspruchs ein Anspruch auf Erlösherausgabe (§ 816 Abs. 1 BGB) getreten ist. Zwar trifft es zu, daß der Käufer hier von dem unberechtigten Veräußerer im Hinblick auf dessen Eigentumsverschaffungspflicht nicht in Anspruch genommen werden kann. Entscheidend ist jedoch, daß aufgrund der Abtretung der frühere Eigentümer keine Ansprüche mehr gegen den Käufer geltend machen kann und damit zugleich der Rechtsmängelhaftung des Veräußerers die Grundlage entzogen wird. 40 Vgl. die Nachw. oben S. 328 Fn. 186. 38
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die schon das Reichsgericht als Anwendungsfall des § 687 Abs. 2 BGB anerkannt harll , und rur die Verletzung fremder Aneignungsrechte42 • Abgelehnt wurde in der älteren Rechtsprechung und Teilen der Literatur hingegen die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auf Warenzeichenverletzungen 43 . Dies hängt damit zusammen, daß das Warenzeichenrecht lange Zeit gewissermaßen nur als ein absolutes Recht "zweiter Klasse" angesehen wurde. Im Unterschied zum Eigentum, aber auch zu den übrigen Immaterialgüterrechten sollte das Warenzeichenrecht kein "subjektives Herrschaftsrecht" und kein "selbständiges Genußgut", sondern lediglich ein "Ausschlußrecht ohne eigenen Zuweisungsgehalt" sein 44 • Es kann hier dahinstehen, ob dieses Verständnis des Warenzeichenrechts (spätestens) durch die Neuregelung in § 14 MarkenG überholt ist45. Denn nach neuer wie nach alter Rechtslage können allgemeine Umschreibungen der Rechtsnatur des Warenzeichen- bzw. Markenrechts die Subsumtion unter die Tatbestandsvoraussetzungen des § 687 Abs. 2 BGB nicht ersetzen. Die ältere Rechtsprechung verneinte die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB u. a. deshalb, weil der Warenzeichenverletzer insofern ein eigenes Geschäft fuhre, als er eigene Sachen verkaufe46 . Daß die eigenen Beiträge des Geschäftsruhrers aber nicht schon den objektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB ausschließen, sondern nur rur die Bestimmung der Rechtsfolgen von Bedeutung sein können, wurde bereits wiederholt angesprochen. Auch der Bun-
41 RGZ 100, 142, 145 f.; zust. MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr. 15; Saergel-Mühl, § 687 Rdnr. 10; Erman-Ehmann, § 687 Rdnr. 4; Nipperdey, FS Böhm, S. 166 f.; Enneccerus-Lehmann, § 168 I I a. 42 Vg!. Saergel-Mühl, § 687 Rdnr. 10; Jase/, Recht Bd. 26 (1922), Sp. 93; v. Bargen, S. 30 ff. 43 RGZ 58, 321, 325; 108, 1, 5 ff.; RG GRUR 1935, 175, 179 f.; KG OLGE 1, 151 ff.; Oertmann, § 687 Anm. 3 d a; Ebbecke, Recht Bd. 25 (1921), Sp. 103. 44 So oder ähnlich die gängigen Formulierungen; vg!. etwa KG OLGE 1, 151, 152; Laewenheim, ZHR Bd. 135 (1971), S. 101; Mestmäcker, JZ 1958, S.525; BaumbachlHefermehl, UWG, Ein!. Rdnr. 415. 45 In diesem Sinne Fezer, MarkenG, § 14 Rdnr. 8 ff., 530; Laewenheim, Bereicherungsrecht, S. 84; anders aber wohl BaumbachlHefermehl, UWG, Ein!. Rdnr. 415; Fest, S. 42 (mit der Behauptung, bei Warenzeichen bilde die Abwehrbefugnis "Kern und Zweck des gesamten Rechts"). - In der Schweiz wurde das Markenrecht schon in der älteren Literatur überwiegend als subjektives Recht qualifiziert und deshalb ein Anspruch aus Art. 423 schweiz. OR auf Herausgabe des auf der Markenrechtsverletzung beruhenden Gewinns anerkannt; vg!. Maser, Herausgabe, S. 258 ff.; Schluep, S. 236 ff.; Th. Fischer, S. 26 ff.; Thum, S. 61 ff.; Amrein, S. 29 f.; Widmer, S. 126 f. 46 Vg!. RGZ 58, 321, 325; RG GRUR 1935, 175, 179 f.; KG OLGE 1,151,152.Zu diesem und anderen Einwänden gegen die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB bereits überzeugend F. Schulz, AcP Bd. 105 (1909), S. 202 ff.; ausführliche Erörterungen des Problems auch bei Orth, S. 18 f. Fn. 28; Kaßner, S. 63 ff.; Bertrams, S. 85 ff.; v. Bargen, S. 23 ff.; Th. Fischer, S. 26 ff.
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
desgerichtshof hat dies in seinem "Vitasulfal-Urteil" vom 24.2.1961 47 klargestellt. Diese Entscheidung ist in der Literatur auf fast allgemeine Zustimmung gestoßen. Zu den wenigen Autoren, die der Entscheidung widersprochen haben, zählt Wilhelm 48 • Er begründet seine Auffassung im Anschluß an die Rechtsprechung des Reichsgerichts damit, daß der Warenzeicheninhaber "selbst nicht kraft seines Warenzeichens ein Recht auf die vom Verletzer getätigten Geschäfte hatte"49. Dabei verkennt Wilhelm nicht, daß allein die Eigenbeiträge des Verletzers die Versagung des Anspruchs nicht rechtfertigen können. Die sachgerechte Differenzierung besteht nach Wilhelm 50 jedoch darin, daß eine Gewinnabschöpfung nur dann möglich sei, wenn der Berechtigte sein Rechtsgut zusammen mit den anderen Beteiligten in dieser Weise zur Gewinnerzielung einsetzen durfte. An dieser Voraussetzung fehle es bei der Warenzeichenverletzung, da durch die unbefugte Verwendung eines Warenzeichens nicht nur das Recht des Inhabers verletzt, sondern vor allem auch die Käuferschaft getäuscht werde und eine derartige Verwendung des Warenzeichens dem Inhaber selbst untersagt sei 51 • Hieran ist richtig, daß die unbefugte Verwendung einer fremden Marke im geschäftlichen Verkehr nicht nur das Markenrecht des Inhabers verletzt, sondern auch eine nach § 3 UWG verbotene Täuschung der Allgemeinheit darstellt. Die Täuschung kann zwar nicht darin gesehen werden, daß die verkaufte Sache nicht im Betrieb des Markeninhabers hergestellt wurde. Denn ein Vertrauen der Verbraucher darauf, daß das unter einer bestimmten Marke vertriebene Produkt aus dem Betrieb des Inhabers der Marke stammt, wird, wie die grundsätzliche rechtliche Zulässigkeit der Lizenzvergabe im Markenrecht (vgl. § 30 MarkenG) zeigt, im allgemeinen nicht geschützt52 • Eine Täuschung der Allgemeinheit kann im Regelfall auch nicht damit begründet werden, daß das unter der fremden Marke verkaufte Produkt andere Eigenschaften als das vom Inhaber selbst vertriebene aufweist. Denn die Verwendung einer Marke weist47 BGHZ 34, 320, 322 ff 48 Rechtsverletzung, S. 96 f Gegen die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB auf Warenzeichenverletzungen auch Haines, S. 23 f., da die Verletzung hier regelmäßig nicht den wirtschaftlichen Schwerpunkt des Geschäfts bilde (dazu schon oben S. 81 f.). 49 Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 97. 50 Rechtsverletzung, S. 97 Fn. 129. 5 I Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 96 f unter Berufung auf RGZ 58. 321. 325. - Das Urteil des Reichsgerichts bezog sich. wie schon in anderem Zusammenhang erwähnt (oben S. 333 f), auf die Gewinnherausgabe- und Rechnungslegungspflicht nach den Grundsätzen der dritten Schadensberechnungsmethode, prüfte hierbei aber zugleich den objektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB. Da Wilhelm das Urteil zust. zitiert, hält er die Ablehnung des Gewinnherausgabeanspruchs offenbar auch unter den Gesichtspunkten der dritten Schadensberechnungsmethode und des § 687 Abs. 2 BGB für richtig. obgleich er sich erkennbar primär auf den Bereicherungsanspruch bezieht. 52 Vgl. RGZ 100,22,24 f... Meißener Porzellan"; v. Gamm. WRP 1960. S. 300.
I. Die Verletzung von Rechten im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB
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von Ausnahmen abgesehen 53 - nicht auf eine bestimmte Qualität der Ware hin, so daß grundsätzlich auch der Inhaber selbst nicht für eine gleichbleibende Qualität der unter der Marke vertriebenen Waren einstehen muß 54. Die Täuschung der Allgemeinheit liegt jedoch darin, daß die (markenmäßige ) Verwendung einer Marke im geschäftlichen Verkehr den Verbraucher zu der Annahme berechtigt, daß die mit der Marke versehene Ware entweder aus dem Betrieb des Inhabers stamme oder jedenfalls geschäftliche oder organisatorische Beziehungen des Verwenders zum Inhaber bestünden 55 . Der Umstand, daß die unbefugte Verwendung der Marke somit neben dem Recht des Markeninhabers auch rechtlich geschützte Interessen der Käuferschaft verletzt, schließt den Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB jedoch nicht aus. Denn die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB darf allgemein nicht davon abhängig gemacht werden, ob die konkrete Handlung des Geschäftsführers auch rechtlich geschützte Interessen der Allgemeinheit verletzt. Maßgeblich ist, ob der Geschäftsführer - möglicherweise auch neben der Verletzung von Interessen der Allgemeinheit - ein fremdes Geschäft im abstrakten Sinne führt. Dieses Geschäft im abstrakten Sinne ist aber nicht die täuschende Verwendung einer Marke, sondern die Verwendung einer bestimmten Marke, die dem Verletzten im Gegensatz zum Verletzer erlaubt ist. Der Fehler in der Argumentation, ein Geschäft des Markeninhabers liege nicht vor, weil auch diesem die Täuschung der Verbraucher untersagt sei, wird offensichtlich, wenn man den Fall der Markenrechtsverletzung mit dem Schulbeispiel des § 687 Abs. 2 BGB, der Veräußerung einer fremden Sache, vergleicht. Wenn ein Dieb die gestohlene Sache an einen gutgläubigen Käufer veräußert, läßt sich die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB nicht mit der Erwägung in Frage stellen, daß der Käufer einer gestohlenen Sache kein Eigentum an der Sache erwerben kann und sich daher das Verhalten des Geschäftsführers auch als Betrug gegenüber dem Käufer darstellt. Entscheidend ist auch hier nicht, ob der Verletzte das Rechtsgut gerade in der Weise nutzen durfte, in der es der Verletzer getan hat, sondern nur, ob dem Verletzten die ausschließliche Befugnis zur Verwertung des vom Verletzer in Anspruch genommenen Rechtsguts zustand. Es ist daher keineswegs, wie Wilhelm meint, dann, wenn sich durch die Warenzeichenverletzung getäuschte Käufer feststellen lassen, "offensichtlich, daß ihnen und nicht dem Inhaber des gebrauchten Zeichens der aus ihrem Vermögen stammende Gewinn des Verletzers zusteht"56. Den getäuschten Käufern 53 Vgl. BGH GRUR 1984, 737, 738 "Ziegelfertigstürze". 54 Vgl. BGHZ 60, 185, 193 f "Cinzano"; Fezer, MarkenG, Einl. Rdnr.32; Gaul! Bartenbach, K 549. 55 Vgl. BGHZ 86, 90, 93 f "Rolls-Roycc"; Nirk, S. 522 f; Büsching, S. 104. 56 Wi/helrn, Rechtsverletzung, S. 97. Ausdrücklich gegen einen Gewinnherausgabeanspruch der getäuschten Käufer Widrner, S. 129.
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
mögen Gewährleistungsansprüche oder das Recht zur Anfechtung zustehen. Dies schließt einen Gewinnherausgabeanspruch des Markeninhabers aber nicht aus. Wer dem Markeninhaber den Herausgabeanspruch aus § 687 Abs. 2 BGB unter Berufung auf die rechtlich geschützten Interessen der Käuferschaft versagen will, vennengt in ganz ähnlicher Weise unzulässig den durch § 687 Abs. 2 BGB bewirkten Schutz mit den dem Vertragspartner des Geschäftsführers zustehenden Gewährleistungsrechten wie Wittmann, der bei unwirksamer Verfügung über eine fremde Sache den Eigentümer bei Geltendmachung seines Anspruchs aus § 687 Abs. 2 BGB zur Aufgabe seines Eigentums zugunsten des Käufers verpflichten will 57 . Machen allerdings die durch die unberechtigte Benutzung der Marke getäuschten Käufer von ihrem Anfechtungsrecht oder ihren Gewährleistungsansprüchen Gebrauch, so ist davon auch der Anspruch des Markeninhabers aus § 687 Abs.2 BGB insofern betroffen, als der Verletzer nach § 687 Abs. 2 S. 2 BGB Ersatz für die den Käufern zurückgezahlten Beträge verlangen kann 58 •
Wilhelm bezieht sich bei seiner Kritik an der Abschöpfung des aus Warenzeichenverletzungen gezogenen Gewinns zwar primär auf den Bereicherungsanspruch. Doch sollte in dieser Frage nicht zweifelhaft sein, daß bei allen Gewinnabschöpfungsnonnen dieselben Grundsätze anzuwenden sind. Unter bereicherungsrechtlichem Gesichtspunkt ergibt sich dies daraus, daß (nur) insoweit, als der Verletzer Käufern den gezahlten Kaufpreis zurückerstatten muß, seine Bereicherung fortfällt. Entsprechendes gilt für die dritte Schadensberechnungsmethode, die richtigerweise ebenfalls nur zu einem Anspruch auf Herausgabe des noch vorhandenen Gewinns flihrt 59 . Den Gewinnherausgabeanspruch des Markeninhabers gegen den Verletzer auch insoweit abzulehnen, als seitens der getäuschten Käufer keine Ansprüche gegen den Verletzer geltend gemacht werden, ist jedoch wenigstens im Falle schuldhafter Eingriffe nicht zu rechtfertigen 60 • Festzuhalten ist also, daß sich die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB bei Markenrechtsverletzungen nach allgemeinen Grundsätzen aus der dem Verletzten ausschließlich zustehenden Befugnis, die Marke im geschäftlichen Verkehr
Vgl. dazu oben S. 372 f. Vgl. oben S. 202, 373 f. 59 Vgl. oben S. 352. 60 Wilhelm, Rechtsverletzung, S. 97 will dem Verletzten immerhin eine angemessene Lizenzgebühr zusprechen, wenn die Geschäfte des Verletzers nicht rückgängig gemacht werden, da insoweit das rechtswidrige Haben, soweit es dem Warenzeichenrecht widerspreche, beseitigt werde. Somit gelangt Wilhelm unter dem Gesichtspunkt des Bereicherungsanspruchs letztlich zu keinem anderen Ergebnis. als es sich auch für die herrschende Meinung aus der Anwendung allgemeiner bereicherungsrechtlicher Grundsätze ergibt. 57 58
I. Die Verletzung von Rechten im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB
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zu verwenden, ergibt. Problematisch kann lediglich sein, inwieweit der Anspruch auch mit der dem Verletzten zustehenden Lizenzbefugnis zu begründen ist. In der älteren Literatur wurde gerade in der eingeschränkten Übertragbarkeit und Lizenzierbarkeit des Warenzeichenrechts ein entscheidender Unterschied zu anderen Immaterialgüterrechten gesehen. Insbesondere sollten dingliche Lizenzen an Warenzeichen unzulässig sein61 • Diese Auffassung ist jedoch durch § 30 Abs. 1 MarkenG überholt. Eine Einschränkung der Lizenzbefugnis ergibt sich nunmehr nur noch daraus, daß Belange der Allgemeinheit nicht verletzt werden dürfen, insbesondere nicht gerade die Verwendung der Marke durch einen an dem als den Inhaber (selbst bei entsprechender Lizenzerteilung) eine Täuschung der Verbraucher im Sinne des § 3 UWG begründen darf62 . Für die Frage der Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB sind diese Einschränkungen jedoch zumindest im Ergebnis ohne Belang, da sie die Möglichkeit, das Tatbestandsmerkmal des fremden Geschäfts mit der dem Verletzten zustehenden Eigennutzungsbefugnis zu begründen, unberührt lassen 63 . Zweifelhaft könnte hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 687 Abs.2 BGB auf Markenrechtsverletzungen allenfalls sein, ob der Anspruch die identische Verwendung einer fremden Marke voraussetzt, oder ob eine verwechslungsfähige Verwendung genügt. Da die verwechslungsfähige Verwendung gleichsam ein "wesensgleiches Minus" gegenüber der identischen Verwendung darstellt, sollte die verwechslungsfähige Verwendung ausreichen. Hiergegen ist geltend gemacht worden, daß die Gewinnzuweisung bei lediglich verwechslungsfähiger Verwendung auf Schwierigkeiten stoßen könne, wenn von der Verwechslungsgefahr zugleich Warenzeichen verschiedener Inhaber betroffen seien 64 . Daraus läßt sich aber ein Einwand allenfalls gegen die Vorteilsabschöpfung bei unwissentlichen Verletzungen herleiten. Bei § 687 Abs.2 BGB ist auch im Falle der verwechslungsfähigen Verwendung die Feststellung des Geschäftsherrn immer zweifelsfrei möglich. Dies ergibt sich daraus, daß die Haftung aus § 687 Abs.2 BGB in subjektiver Hinsicht zwar analog § 686 BGB nicht die Kenntnis des Geschäftsführers von der Person des Geschäftsherrn, wohl aber
61 Vgl. Hubmann, GR, § 41 IV; Mestmäcker, JZ 1958, S. 525; v. Gamm, WRP 1960, S. 300; Rai.l'er, JZ 1961, S. 468; Storch, GRUR 1963, S. 12. 62 Vgl. RGZ 100, 22, 24 f. "Meißener Porzellan"; BGHZ 44, 372, 377 "MeßmerTee 11"; Fezer, MarkenG, § 30 Rdnr. 51 f.; BU.I'selStarck, WZG, § 24 Rdnr. 12; Hubmann, GR, § 41 IV; GaullBartenbach, K 549; v. Gamm, WRP 1960, S. 300. 63 Vgl. im übrigen auch die sinngemäß übertragbaren Ausführungen zur Lizenzbefugnis bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen unten S. 385 f. 64 Storch, GRUR 1963, S. 12. Storch befürwortet nur bci identischer Verwendung eine Ilartung aus § 687 Abs. 213GB, lehnt bei verwechslungsfähiger Verwendung hingegen einen Gewinnherausgabeanspruch sowohl aus § 687 Abs. 213GB als auch unter dem Gesichtspunkt der dreifachen Schadensberechnung ab (a.a.O., S. 12 1'.; ähnlich Kroitzsch, FS Hefermehl, S. 135).
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das Bewußtsein, eine bestimmte, einem andem zustehende Handlungsbefugnis in Anspruch zu nehmen, voraussetzt65 . Im Fall der Markenrechtsverletzung muß der Verletzer demnach zumindest von einer bestimmten verwechslungsfahigen Marke Kenntnis haben. Selbst wenn im Einzelfall unwissentlich auch eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Marke hervorgerufen würde, fehlte es dessen Inhaber gegenüber an den subjektiven Voraussetzungen des § 687 Abs. 2 BGB. Daher besteht wenigstens bei § 687 Abs. 2 BGB kein Grund, die identische Nachahmung einer fremden Marke zu fordern. Unerheblich ist im Rahmen des Anspruchs aus § 687 Abs. 2 BGB schließlich auch, inwieweit die unbefugt verwendete Marke aufgrund ihres Werbewertes besondere Gewinnmöglichkeiten eröffnet hat. Wollte man bereits die Tatbestandsmäßigkeit der Verletzungshandlung von einer durch den Werbewert der Marke eröffneten Gewinnmöglichkeit abhängig machen 66 , so wäre dies schon deshalb ungereimt, weil es jedenfalls für den Schadensersatzanspruch aus § 687 Abs.2 S. I i. V. m. § 678 BGB nicht darauf ankommen kann, ob der Verletzer aus der Markenrechtsverletzung Gewinn gezogen hat oder hätte ziehen können. Aber auch hinsichtlich der Rechtsfolge der §§ 687 Abs. 2 S. I, 681 S. 2, 667 BGB bedarf es der Feststellung, ob bzw. inwieweit der Geschäftserlös gerade auf der Werbewirkung der fremden Marke beruht, nicht. Herauszugeben ist vielmehr stets der Bruttoerlös der rechtsverletzenden Geschäfte abzüglich der gewinnsteigernden Aufwendungen des Geschäftsführers 67 • Besonders deutlich zeigen sich somit am Beispiel der Markenrechtsverletzung die Unterschiede in den Voraussetzungen und Rechtsfolgen der verschiedenen Gewinnabschöpfungsinstrumente. So ist fur die Anwendung der dritten Schadensberechnungsmethode der Gesichtspunkt der gerade durch die Verwendung einer fremden Marke eröffneten Gewinnmöglichkeiten in doppelter Weise von Bedeutung: Einerseits ist er abstrakt geeignet, eine besondere Gefahrdungslage des Berechtigten zu begründen und somit die Ausdehnung des Gewohnheitsrechts auf das Markenrecht zu rechtfertigen. Andererseits besteht unabhängig hiervon das Erfordernis, im Einzelfall festzustellen, daß die unbefugte Verwendung der fremden Marke tatsächlich eine Gewinnsteigerung zur Folge gehabt hat. Ist dies nicht der Fall, so scheidet gemäß dem Prinzip der Verteilung des Erlöses auf Ertragsfaktoren ein Gewinnherausgabeanspruch des Verletzten aufgrund der dritten Schadensberechnungsmethode aus. Ebenso ist im Rahmen der Eingriffskondiktion der Werbewert der Marke zweifellos von entscheidender Bedeutung. Denn bei Verwendung einer fremden Marke ohne Werbewert läßt sich weder ein zum Wertersatz verpflichtender Vorteil im Sin-
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Vgl. oben S. 165. So Kroitzsch, FS Hefermehl, S. 136; für Art. 423 schweiz. OR Schluep. S. 236 ff. Vgl. oben S. 195 ff.
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ne der §§ 812, 818 Abs.2 BGB noch eine Bereicherung im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB konstruieren.
3. Persönlichkeitsrecht Die ablehnende Haltung der älteren Rechtsprechung und Lehre gegenüber Gewinnherausgabeansprüchen bei Warenzeichenverletzungen lag im wesentlichen darin begründet, daß das Warenzeichenrecht im Vergleich zu anderen sogenannten absoluten Rechten durch eine engere Verbundenheit mit der Person des Berechtigten, eine eingeschränkte Verkehrsflihigkeit und (vermeintlich) geringere vermögensrechtliche Relevanz gekennzeichnet ist. All dies trifft auch auf das Persönlichkeitsrecht zu, als dessen Ausprägung teilweise auch das Warenzeichenrecht angesehen wurde 68 • Dementsprechend stieß die Anwendung des Bereicherungsrechts, der dreifachen Schadensberechnung und des § 687 Abs. 2 BGB im Bereich der Persönlichkeitsrechtsverletzungen auf ähnliche Widerstände wie bei Warenzeichenverletzungen. Der Bundesgerichtshof hat § 687 Abs. 2 BGB bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen nie herangezogen. Statt dessen wurde dem Verletzten erstmals im "Paul-Dahlke-Urteil" unter dem Gesichtspunkt der zweiten Schadensberechnungsmethode ein Anspruch auf die angemessene Lizenzgebühr zugesprochen69 • Im "Herrenreiter-Urteil" verneinte der Bundesgerichtshof den Anspruch auf die Lizenzgebühr für den Fall, daß keine Vermögensinteressen berührt seien, weil der Abschluß eines Lizenzvertrages nach Lage des Falles schlechthin ausgeschlossen gewesen sepo. In ständiger Rechtsprechung anerkannt ist grundsätzlich auch, daß Persönlichkeitsrechtsverletzungen Bereicherungsansprüche begründen können 71. Voraussetzung hierfür soll nach herrschender Meinung sein, daß Vermögensinteressen berührt sind72 bzw. eine Erlaubniserteilung gegen Entgelt üblich ist73 • Andere wollen den Bereicherungsanspruch nur dann versagen, wenn eine Vermarktung des Persönlichkeitsdetails durch den Verletzten verbots- oder sitten-
Vgl. Busse/Starck, WZG, Einf Rdnr. 4 m. Nachw. BGHZ 20, 345, 353 f 70 BGHZ 26,349,352 f.; ebenso BGHZ 30,7, 16 f "Catharina Valente". 71 BGHZ 20,345,354 f "Paul Dahlke"; 81, 75, 81 f "Carrera"; BGH GRUR 1992, 557, 558 "Talkmaster-Foto". 72 So BGHZ 26, 349, 353 f. "Herrenreiter"; Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 43 f; ähnlich Rümker, S. 59. 73 So Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 365 f; ähnlich Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 90 f; ReuteriMartinek, S. 267 f 68
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
widrig wäre 74 • Uneingeschränkt bejaht wird eine Eingriffskondiktion bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen von den Vertretern der Rechtswidrigkeitstheorie 7s • Soweit zur Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen Stellung genommen wird, wird der Anspruch nach denselben Kriterien anerkannt bzw. abgelehnt wie die Eingriffskondiktion 76 • So soll nach verbreiteter Ansicht der Anspruch ausscheiden, wenn eine Verwertung des Persönlichkeitsdetails nach Lage des Falles nicht üblich 77 oder nicht erlaubt7s ist. Teilweise wird auch die Auffassung vertreten, die Persönlichkeitsrechtsverletzung könne allgemein nicht als Führung eines dem Verletzten vorbehaltenen Geschäfts angesehen werden 79. Zur Begründung wird geltend gemacht, das Persönlichkeitsrecht habe lediglich negativen Inhalt und ordne dem Inhaber keine Nutzungsbefugnisse zu so • Es fehle an dem den Tatbestand der Geschäftsanmaßung kennzeichnenden Merkmal des HandeIns an Stelle des Berechtigten, wenn etwa jemand unbefugt Skandalgeschichten über einen anderen verbreite, da niemand vernünftigerweise seine eigenen Rechte verletzen könneSt. Bei der Prüfung, ob mit der Verletzung des fremden Persönlichkeitsrechts ein fremdes Geschäft im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB geführt wird, ist, wie auch sonst, davon auszugehen, daß die Fremdheit des Geschäfts sowohl über die Eigennutzungsbefugnis als auch über die Lizenzbefugnis des Verletzten begründet werden kann. Will man den Anspruch über die Eigennutzungsbefugnis begründen, so kommt es darauf an, den Gegenstand der Nutzung genau zu bestimmen, hinsichtlich der Nutzungshandlung aber von den konkreten Umstän-
74 So Staudinger-Lorenz, vor §§ 812 ff Rdnr. 61 f.; Haines, S. 106: Kleinheyer. JZ 1970, S. 476; Schlechtriem, FS Hefermehl, S. 464. 7S Jakobs, Eingriffserwerb. S. \03 ff: Kral/twig. S. 5 ff.. insbes. S. 114. 76 Grundsätzlich bejahend etwa Staudinger-Wittmann. § 687 Rdnr. 5 f.: Erman-Ehmann, § 687 Rdnr. 14; Jauernig-Vollkommer. § 687 Rdnr. 14: Alertens. JuS 1962. S. 268 f; ehen, S. 99 ff.; Krautwig, S. 127; speziell ftir die Verletzung des Rechts am eigenen Bild Neumann-Dl/esberg, GRUR 1954. S. 51: König. Gutachten. S. 1556: stark einsehr. MünchKomm-Seiler. § 687 Rdnr. 16. - In der Schweiz ist die Anwendbarkeit der Vorschriften über die Geschäftsftihrung ohne Auftrag inzwischen ausdrücklich in Art. 28 a Abs. 3 ZGB normiert. Fraglich ist dabei allerdings. ob es sich um eine Rechtsgrund- oder Rechtsfolgenverweisung handelt: vgl. dazu Nietlispach. S. 133 f: Lischer. S. 198 f. 77 So MünchKomm-Seiler. § 687 Rdnr. 16: Erman-Ehmann. § 687 Rdnr. 14: Nietlispach. S. 135 f. 7S SO Erman-Ehmann. § 687 Rdnr. 14: Nil'flispach. S. 135 f. 79 So Schal/felberge,.. S. 160 1'f.. 243: lIolenstein. S. 162 f. so Schal/felberger. S. 161. 243: lIolenstein. S. 162 f. Kt Schal/frlberger. S. 161 f.. 243: ähnlich Nietlispach. S. 428.
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den zu abstrahieren 82 • Gegenstand der Geschäftsanmaßung ist nie das Persönlichkeitsrecht als solches. Es muß vielmehr das jeweilige Persönlichkeitsdetail beim Namen genannt werden. Es geht also immer um ein bestimmtes Foto, eine bestimmte Tagebuchaufzeichnung oder dg1. 83 • Die gebotene Abstraktion von den Modalitäten der GeschäftsfUhrung wird bei Eingriffen in die klassischen absoluten Rechte dadurch erleichtert, daß sich die Handlung des Geschäftsruhrers sprachlich meist typisierten, dem Verletzten vorbehaltenen Verwertungsformen zuordnen läßt, wie Vermietung, Veräußerung, Eigengebrauch oder Verbrauch. An derartigen Typisierungen wird es bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen oft fehlen. Dies bedeutet jedoch nicht, daß sich im Bereich der Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht in grundsätzlich gleicher Weise wie im Bereich der Verletzung klassischer absoluter Rechte die Anwendbarkeit des § 687 Abs.2 BGB über die dem Verletzten vorbehaltene Eigennutzungsbefugnis begründen ließe. Denn auch die typisierende Bezeichnung der Handlung des GeschäftsfUhrers etwa als "Veräußerung" ist nur eine Möglichkeit der Abstraktion von den konkreten Umständen der Handlung. Die Veräußerung läßt sich z. B. mit der Vermietung wiederum unter dem allgemeineren Begriff der kommerziellen Verwertung zusammenfassen. In entsprechender Weise wird sich auch bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Abstraktion von den konkreten Modalitäten der Verletzungshandlung meist eine dem Verletzten ausschließlich zugewiesene Eigennutzungsbefugnis in bezug auf das betreffende Persönlichkeitsdetail feststellen lassen. Will man den Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB über die Lizenzbefugnis begründen84, so stellt sich die Frage, ob der rur die Eingriffskondiktion entwickelte Grundsatz, daß eine Einwilligung des Verletzten nicht wegen Rechts- oder Sittenwidrigkeit ausgeschlossen sein dürfe, auch fUr § 687 Abs. 2 BGB Gültigkeit hat. Zu denken ist insoweit etwa an den Fall, daß eine Persönlichkeitsrechtsverletzung mit unzutreffender Medienberichterstattung zusammenfällt8s . Hier ist die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB jedenfalls dann zu bejahen, wenn eine Persönlichkeitsrechtsverletzung ohne Rücksicht auf den Wahrheitsgehalt der verbreiteten Behauptungen gegeben wäre. Denn dann handelt es sich um einen typischen Fall des gleichsam zufälligen Zusammentreffens der Verletzung von privaten Rechten mit der Verletzung von Allgemeininteressen, bei
Vgl. oben S. 86 f. So auch für die Eingriffskondiktion Rümker, S. 59. 84 Vgl. hierzu allgemein Forkel, GRUR 1988, S.492 m. w. Nachw.: Die einseitige (schuldrechtliche) Einwilligung in die Verwendung von Persönlichkeitsgiltern ist unstr. möglich; problematisch ist nur die Übertragung von Persönlichkeitsgiltern mit dinglicher Wirkung. 8S Gegen einen Anspruch aus Geschäftsanmaßung in diesem Fall Nietlispach, S. 136, 428. 82
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25 Eben
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BOB
dem gemäß den oben86 dargelegten Grundsätzen nicht nur der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB dem Grunde nach gegeben, sondern aus Praktikabilitätsgründen und aufgrund der Wertung des § 73 Abs. 1 S.2 StGB auch die Zuweisung des gesamten Erlöses an den Verletzten gerechtfertigt ist. Nicht anders sollte aber auch dann entschieden werden, wenn die Persönlichkeitsrechtsverletzung gerade auf dem fehlenden Wahrheitsgehalt der verbreiteten Behauptungen beruht. Denn dies ändert nichts daran, daß die Handlung neben dem Interesse der Allgemeinheit an wahrheitsgemäßer Berichterstattung in Gestalt des fremden Persönlichkeitsrechts ein zweites selbständiges Eingriffsobjekt hat, das abstrakt betrachtet zur Disposition des Verletzten steht. Im Ergebnis lassen sich also, sei es über die Eigennutzungsbefugnis, sei es über die Lizenzbefugnis, bei so gut wie jeder Form von Persönlichkeitsrechtsverletzungen die objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des' § 687 Abs. 2 BGB bejahen. Die dagegen geltend gemachten Einwände greifen nicht durch. Wenn argumentiert wird, es fehle an dem erforderlichen Handeln an Stelle des Berechtigten, wenn jemand unbefugt Skandalgeschichten über einen andern verbreite, da niemand vernünftigerweise seine eigenen Rechte verletzen könne 87 , so wird das Merkmal des Handelns an Stelle des Berechtigten in einem zu engen Sinne verstanden. Der Einwand, niemand könne vernünftigerweise seine eigenen Rechte verletzen, kann schon deshalb nicht überzeugen, weil sich mit diesem Argument die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auch in allgemein anerkannten Anwendungsflillen der Vorschrift, wie z. B. bei der Veräußerung einer fremden Sache an einen gutgläubigen Erwerber, bestreiten ließe. Wenn hierbei aber nur an den Fall gedacht ist, daß jemand Skandalgeschichten verbreitet, die in dieser Form unter keinen Umständen von dem Betroffenen selbst veröffentlicht worden wären, so ist darauf hinzuweisen, daß es rur die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB generell nicht auf tatsächliche Umstände, wie insbesondere die persönlichen Absichten und Möglichkeiten des Verletzten, sondern allein auf rechtliche Befugnisse ankommt88 • Das genannte Argument beruht auf der verfehlten Annahme, daß das erforderliche Handeln an Stelle des Berechtigten nur dann vorliege, wenn man sich die konkrete Handlung des Verletzers in gleicher oder ähnlicher Form auch als Handlung des Verletzten vorstellen könnte. Macht man richtigerweise die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB allein von den Befugnissen des Verletzten in bezug auf den Geschäftsruhrungsgegenstand abhängig, so bestehen keine grundsätzlichen Unterschiede zwischen Persönlichkeitsrechtsverletzungen und Eingriffen in klassische absolute Rechte. Denn jeder hat die Befugnis, Skandalgeschichten
S. 77 f., 232 f. Vgl. oben S. 384 m. Nachw. 88 Ähnlich für die Eingriffskondiktion Schlechtriem, FS Hefennehl, S. 463 f.; Larenz/Canaris, § 69 lId, 2 c. 86 87
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über sich selbst zu verbreiten oder deren Verbreitung durch andere zu gestatten, Fotos von seiner Person zu Werbezwecken zu nutzen oder die Nutzung durch andere zu gestatten. Gerade bei der Verletzung von Persönlichkeitsrechten ist die Gewinnherausgabepflicht aus § 687 Abs. 2 BGB leichter zu begründen als aus Bereicherungsrecht oder aus der dreifachen Schadensberechnung. Auf der Grundlage der herrschenden Meinung, die im Bereicherungsrecht das Erfordernis einer positiven Zuweisung des Kondiktionsgegenstandes an den Kondizenten betont, liegt es durchaus nahe, dem Eingreifer gegenüber dem Gewinnherausgabeanspruch die Berufung darauf zu gestatten, er habe das fremde Persönlichkeitsrecht in einer absolut verbotswidrigen Weise ausgebeutet, während dieser Einwand jedenfalls bei Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB schon im Hinblick auf dessen subjektive Voraussetzungen ausgeschlossen sein sollte. Auch das Erfordernis, daß eine kommerzielle Verwertung des Persönlichkeitsdetails durch den Verletzten zumindest im Bereich des Möglichen gelegen haben müsse, wäre bei § 687 Abs. 2 BGB selbst dann abzulehnen, wenn man es bezüglich des Bereicherungsanspruchs, der ausschließlich der Herstellung des vermögensrechtlichen Soll-Zustandes, nicht jedoch dem präventiven Rechtsgüterschutz dient, anerkennen wollte 89 . Aber auch über die dreifache Schadensberechnung läßt sich die Gewinnabschöpfung gerade bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen weniger leicht begründen als über § 687 Abs. 2 BGB, wenn man bei der dreifachen Schadensberechnung richtigerweise den Ausgleichsgedanken gegenüber dem Präventionsgesichtspunkt in den Vordergrund stellt. Dies gilt insbesondere dann, wenn man als Voraussetzung tUr die Anwendbarkeit der dreifachen Schadensberechnung die Möglichkeit eines dem Verletzten entgangenen Gewinns ansieht90 • Zudem setzt ein bereicherungsrechtlich oder schadensersatzrechtlich begründeter Gewinnherausgabeanspruch jedenfalls stets voraus, daß der Gewinn gerade auf den Eingriff zufÜckzutUhren ist. An einem feststellbaren Kausalzusammenhang zwischen Eingriff und Gewinn wird es aber bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen häufig fehlen 91 • So wird zu Recht darauf hingewiesen, daß sich etwa im "Herrenreiter-Fall" ein bereicherungsrechtlicher
89 Gerade umgekehrt für Art. 62, 423 schweiz. OR Nietlispach, S. 427 ff., der unverständlicherweise für den Anspruch aus Geschäftsanmaßung die Anerkennung einer marktmäßigen Verwertung durch die Rechtsordnung fordert, hierauf jedoch für den Bereicherungsanspruch verzichtet. 90 Vgl. dazu oben S. 337 f., 351 m. Nachw. 91 Vgl. Neumann-Duesberg, GRUR 1954, S. 49 f. Bezeichnenderweise spielt im Bereich der Persönlichkeitsrechtsverletzungen die dritte Schadensberechnungsmethode in der Praxis keine Rolle.
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
Gewinnherausgabeanspruch allenfalls in minimaler Höhe hätte begründen lassen92 .
4. Namensrecht Viel diskutiert wurde in der älteren Literatur zu § 687 Abs. 2 BGB die Frage, ob Geschäfte in oder unter fremdem Namen 93 den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB erfUllen94 • In der Gerichtspraxis scheint das Problem jedoch nie eine Rolle gespielt zu haben. Eine wichtige Funktion sollte § 687 Abs. 2 BGB nach verbreiteter Auffassung beim Handeln in fremdem Namen haben, wenn der Handelnde keine wirksame Vertretungsmacht hat oder eine bestehende Vertretungsmacht mißbraucht. Da hier im ersten Fall nach Genehmigung durch den Vertretenen, im zweiten Fall kraft Gesetzes der Vertretene aus den abgeschlossenen Rechtsgeschäften berechtigt und verpflichtet wird, meinte man, ihm auch im Innenverhältnis zum Vertreter eine Handhabe geben zu müssen, um Gegenstände, die der Vertreter aus den Geschäften erlangt, herausverlangen zu können. Dies sollte nur über § 687 Abs. 2 BGB möglich sein9s • Über die Begründung der Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB beim Handeln in fremdem Namen herrschte lebhafter Streit. Man war sich weitgehend darüber einig, daß es sich mangels ursprünglich bestehender objektiver Beziehungen zwischen dem Vertretenen und dem Geschäft nicht um ein objektiv fremdes Geschäft handeln könne96 . Einige wollten jedoch ein ausnahmsweise unter § 687 Abs. 2 BGB fallendes subjektiv fremdes Geschäft annehmen 97 • Die nach heute allgemeiner Auffassung in sich widersprüchliche Konstruktion, 92 Jakobs, Eingriffserwerb, S. 134; Kleinheyer, JZ 1970, S. 476. Auch ein bereicherungsrechtlicher Wertersatzanspruch soll in derartigen Fällen nur in geringfügiger Höhe bestehen oder ganz ausscheiden; vgl. Larenz/Canaris, § 69 I 2 c; Schlechtriem, FS Hefermehl, S. 460, 463; Kleinheyer, JZ 1961, S. 477. 93 Standard beispiel aus der älteren Literatur: Der Angestellte spekuliert im Namen des Prinzipals für eigene Rechnung. 94 Ausführliche Erörterungen des Problems z. B. bei Chrestin, S. 36 ff.; Mueser, S. 13 ff.; Moser, Herausgabe, S. 164 ff. 9S Vgl. Oertmann, § 687 Anm. 3 d (1; Enneccerus-Lehmann, § 168 I 1 b; Chrestin, S. 44 ff.; Moser, Herausgabe, S. 167 ff. 96 So z. B. Staudinger-Nipperdey, 11. Autl, § 687 Rdnr. 6; Jsele, Geschäftsbesorgung, S. 168; Moser, Herausgabe, S. 166 ff.; Klien, S. 30; Mueser, S. 14 ff.; Chrestin, S. 47 f.; Siebert, S. 21 f.; Sternberg, S. 12; aus der neueren Literatur MünchKommSeiler, § 687 Rdnr. 14; Thum, S. 16. 97 Oertmann, § 687 Anm. 3 d (1; Siber, S. 372 Fn. 10; Enneccerus-Lehmann, § 168 I I b; v. Bargen, S. 11 f., 26 f.; dagegen u. a. Moser, Herausgabe, S. 166; Jsele, Geschäftsbesorgung, S. 168.
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§ 687 Abs. 2 BGB auf ein subjektiv fremdes Geschäft anzuwenden, ist nur verständlich, wenn man von der Vorstellung ausgeht, daß die subjektive Fremdheit sich nicht aus der inneren Einstellung des Handelnden, sondern aus dem nach außen in Erscheinung tretenden Willen, das Geschäft als fremdes zu behandeln, ergibt. Andere meinten, die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB mit der eigens filr diesen Fall geschaffenen Kategorie des "verfremdeten", d. h. erst durch die Geschäftsfilhrung selbst dem Geschäftsherrn zugeordneten Geschäfts begründen zu können 98 • Daß die Verwendung eines fremden Namens grundsätzlich den objektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB erfüllt, ergibt sich schon aus den Ausführungen zur Verletzung des Persönlichkeitsrechts, denn das Namensrecht ist nichts anderes als ein Persönlichkeitsdetail99 • Bei konsequenter Anwendung einer abstrakten Betrachtungsweise bei der Bestimmung des fremden Geschäfts kann die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB insbesondere nicht mit der Begründung verneint werden, daß der Geschäftsführer abgesehen von der Verwendung des fremden Namens ausschließlich im eigenen Rechtskreis handelt. Ebensowenig kann dem Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB entgegenstehen, daß durch die Verwendung des fremden Namens zugleich Dritte getäuscht werden können 100. Auch der Abschluß eines Rechtsgeschäfts in fremdem Namen kann somit nach allgemeinen Grundsätzen den objektiven Tatbestand des § 687 Abs.2 BGB erfilllen lol . Daß § 687 Abs.2 BGB selbstverständlich unanwendbar ist, wenn die Voraussetzungen einer wirksamen und auch im Innenverhältnis erlaubten Stellvertretung vorliegen, folgt lediglich aus den allgemeinen Regeln der rechtfertigenden Einwilligung. Die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB setzt in subjektiver Hinsicht voraus, daß der in fremdem Namen Handelnde seine fehlende Berechtigung kennt und das Geschäft als eigenes behandelt. § 687 Abs. 2 BGB ist also unanwendbar, wenn der Geschäftsfilhrer zwar ohne Vertretungsmacht oder in Überschreitung seiner Vertretungsmacht, jedoch nicht in eigennütziger Absicht handelt. Dann bedarf es des Anspruchs aus § 687 Abs. 2 BGB aber auch gar nicht, da der Geschäftsführer das aus den Geschäften Erlangte ohnehin freiwillig herausgeben wird und zudem regelmäßig ein Herausgabeanspruch aus einem Geschäftsbesorgungsverhältnis oder aus Geschäftsführung ohne Auftrag gegeben ist.
So Chrestin, S. 40 ff.; Moser, Herausgabe, S. 164 ff. Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 364; Schlechtriem, FS Heferrnehl, S. 452. 100 V gl. die sinngemäß übertragbaren Ausführungen zur Markenrechtsverletzung oben S. 379 f. 101 Ebenso Leonhard, S. 430; wohl auch Wittmann, S. 36 Fn. 63; allgemein für den Mißbrauch eines fremden Namens Soergel-Mühl, § 687 Rdnr. 5; für Art. 423 schweiz. OR E. Wolf, ZSR NF Bd. 46 (1927), S. 321 f. 98
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Anders ist es, wenn der Vertreter in eigennütziger Absicht handelt. Der Vertretene hat dann gegen den Vertreter auch aus einem ggf. bestehenden Vertragsverhältnis keinen Anspruch auf Herausgabe des aus den Geschäftsabschlüssen Erlangten I02 . Hier scheint § 687 Abs.2 BGB also durchaus eine sinnvolle Ergänzung der Stellvertretungsregelung zu bilden, indem er demjenigen, der - ggf. nach Genehmigung der abgeschlossenen Rechtsgeschäfte - aus diesen berechtigt und verpflichtet ist, im Verhältnis zum Vertreter einen Anspruch auf Herausgabe der aus den Rechtsgeschäften erlangten Gegenstände verschafft. Doch legt schon die Tatsache, daß diese Konstruktion von der Rechtsprechung, soweit ersichtlich, nie angewandt wurde, die Vermutung nahe, daß es sich um ein Problem handelt, das auch auf andere Weise lösbar ist. Ein Bedürfuis ftlr die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB kann von vornherein nur dann bestehen, wenn der Vertretene nicht dinglich Berechtigter an den vom Vertreter erlangten Gegenständen geworden ist. Hat der Vertreter in fremdem Namen eine Sache gekauft, so wird auch die Einigung über den Eigentumsübergang mit Wirkung ftlr den Vertretenen erklärt werden, wenn der Vertreter seinen Willen, das Erlangte ftlr sich zu behalten, nicht offenbart (§ 116 BGB)I03. Der Vertretene braucht dann auch die Einigung über den Eigentumsübergang lediglich zu genehmigen. In der Regel wird er allerdings hiermit noch nicht das Eigentum erlangt haben, da es an der erforderlichen Übergabe fehlt, wenn weder der Vertreter als Besitzmittler oder Besitzdiener des Vertretenen gehandelt hat noch die Voraussetzungen des § 854 Abs.2 BGB vorliegen. Auch dann läßt sich aber ein Herausgabeanspruch des Vertretenen gegen den Vertreter jedenfalls damit begründen, daß dieser mit der Entgegennahme der Kaufsache eine Forderung des Vertretenen eingezogen und somit schon unter diesem Gesichtspunkt den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB erftlllt hat. Selbständige Bedeutung könnte der Eingriff in das fremde Namensrecht für die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB dagegen dann haben, wenn weder kraft Gesetzes noch im Wege der Genehmigung eine im Außenverhältnis wirksame Stellvertretung begründet wird. Derartige Fälle werden in der Praxis allerdings nur selten vorkommen, insbesondere weil die Regeln der Stellvertretung analog auch auf Rechtsgeschäfte unter fremdem Namen angewandt werden 104. Unanwendbar sollen die Stellvertretungsregeln beim Handeln unter fremdem Namen nur dann sein, wenn der Gegenpartei die Identität des Han-
Vgl. oben S. 65 f. Chrestin, S. 46. 104 Vgl. BGH NJW-RR 1988, 814, 815; Soergel-Leptien, § 164 Rdnr.23; ErmanBrox, § 164 Rdnr. 8; MünchKomm-Schramm, § 164 Rdnr. 39; Medicus, BR, Rdnr. 82. 102
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deinden mit dem Namensträger gleichgültig istlOS. Demnach wäre die Anwendung der Stellvertretungsregeln etwa dann ausgeschlossen, wenn der Handelnde beim Geschäftsabschluß unter dem Namen einer beliebigen anderen Person auftritt, um seine Identität zu verbergen. Ein Anspruch des Namensträgers auf Herausgabe des Geschäftserfolgs wird sich in diesem Fall nur damit begründen lassen, daß der Handelnde mit der Verwendung des fremden Namens ein fremdes Geschäft im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB gefiihrt hat. Gegen die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB kann hier nicht eingewandt werden, daß der Handelnde das Geschäft möglicherweise mit demselben Erfolg auch unter eigenem Namen hätte abschließen können. Diese Erwägung ist zweifellos im Rahmen der Bereicherungshaftung angebracht, wo es nur darum gehen kann, dem Schuldner gerade den Vermögensvorteil zu entziehen, den er ohne die Inanspruchnahme des fremden Rechtsguts nicht hätte erlangen können. Bei § 687 Abs. 2 BGB kommt es dagegen nicht auf den Zusammenhang zwischen dem in Anspruch genommenen Rechtsgut und einer abstrakten Differenz im Vermögen des Eingreifers, sondern auf den Zusammenhang zwischen der rechtsverletzenden Handlung und der Erlangung eines konkreten Gegenstandes an. Unerheblich ist, zu welchen Zwecken dem Geschäftsfiihrer die abstrakte Rechtsverletzung diente, und es bedarf auch nicht der Feststellung, inwieweit und ob überhaupt der Eingriff in das fremde Recht gerade einen sonst nicht erzielbaren Vermögensvorteil ermöglicht hat. Der Geschäftsfiihrer kann sich nicht hinsichtlich eines Teils des Geschäftsertrags und konsequenterweise auch nicht hinsichtlich des Geschäftsertrags insgesamt darauf berufen, daß ihm auch rechtmäßige Erwerbsmöglichkeiten zur Verfiigung gestanden hätten. Die Frage, ob und inwieweit gerade die Verwendung des fremden Rechtsguts einen (Mehr-)Gewinn ermöglicht hat, stellt sich nur dann, wenn es gilt, bei Kombinationseingriffen im engeren Sinne den Geschäftserlös auf mehrere Gläubiger zu verteilen. Hat also A die Sache des B unter dem Namen des C verkauft, so kann B den vollen Erlös beanspruchen, wenn dieser auch ohne die Namensrechtsverletzung hätte erzielt werden können. Im übrigen ist der Erlös im Verhältnis der Beitragswerte aufzuteilen 106.
105 Vgl. Soergel-Leptien, § 164 Rdnr. 22; Erman-Brox, § 164 Rdnr. 8; MünchKommSchramm, § 164 Rdnr. 38; Medicus, BR, Rdnr. 83. 106 Insoweit zutr. Mueser, S. 17. A. A. F. Schulz, AcP Bd. 105 (1909), S. 209 f.
Fn. 574 aufgrund seiner ablehnenden Haltung zum Prinzip der Verteilung des Geschäftserlöses auf Ertragsfaktoren. F. Schulz wollte statt dessen dem A gestatten, dem Anspruch des C gegenüber den Wert der Kaufsache in Abzug zu bringen; letzteren erhalte dann B. Wieso jedoch ausgerechnet dem Namensträger der Gewinn zustehen, der Eigentümer dagegen auf einen Wertersatzanspruch verwiesen sein soll, ist nicht einzusehen.
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5. Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb Was bereits fUr alle Rechte im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB und speziell fUr das Persönlichkeitsrecht ausgefUhrt wurde, ist auch fUr das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu betonen: daß nämlich nicht die Verletzung bestimmter Rechtsgüter, sondern die Inanspruchnahme fremder Handlungsbefugnisse die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB begründet. Es ist daher verfehlt, pauschal festzustellen, § 687 Abs. 2 BGB sei auf Eingriffe in das Recht am Gewerbebetrieb anwendbar oder nicht anwendbar lO7 • Die Dogmatik des Rechts am Gewerbebetrieb ist untrennbar mit § 823 Abs. I BGB verbunden. Dort hat das Recht am Gewerbebetrieb die Funktion, die aus der Beschränkung des § 823 Abs. I BGB auf die Verletzung "eigentumsähnlicher" Rechte resultierenden Lücken zu schließen. Da die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB von vornherein nicht auf die Verletzung bestimmter Rechtsgüter beschränkt ist, existieren hier auch entsprechende Schutzlücken, zu deren Schließung das Recht am Gewerbebetrieb benötigt werden könnte, nicht. Die Anerkennung des Rechts am Gewerbebetrieb als "sonstiges Recht" im Sinne des § 823 Abs. I BGB ist fUr die Frage der Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGBdemnach ohne Bedeutung. Verwertbar ist die Diskussion um das Recht am Gewerbebetrieb im Bereich des § 823 Abs. I BGB bei § 687 Abs. 2 BGB nur insoweit, als es allein um die Frage der Rechtswidrigkeit der Handlung geht. Insoweit gilt fUr § 687 Abs. 2 BGB wie fUr § 823 Abs. I BGB gleichermaßen der - selbstverständliche - Grundsatz, daß eine Beeinträchtigung der fremden unternehmerischen Tätigkeit als solche noch nicht die Rechtswidrigkeit der Handlung indiziert. Was hier fUr die Haftung aus § 687 Abs. 2 BGB bei Eingriffen in das Recht am Gewerbebetrieb festgestellt wurde, gilt grundsätzlich ebenso fUr die Bereicherungshaftung. Angesichts der spezifischen Verbindung des Rechts am Gewerbebetrieb mit dem Anspruch aus § 823 Abs. I BGB wird man also auch die Frage, ob die durch Eingriff in einen fremden Gewerbebetrieb erlangte Bereicherung der Eingriffskondiktion unterliegt, kaum pauschal mit ,ja" oder "nein" beantworten können 108. Wenn gleichwohl eine Bereicherungshaftung bei Beeinträchtigung eines fremden Gewerbebetriebs oft mit der Begründung abgelehnt wird, das Recht am Gewerbebetrieb habe keinen Zuweisungsgehalt lO9, so läßt sich dies jedenfalls auf § 687 Abs. 2 BGB nicht übertragen, da fUr § 687 Abs. 2 BGB der bereicherungsrechtliche Begriff des Zuweisungsgehalts eben-
So aber Palandt-Thomas, § 687 Rdnr. 7. Vgl. Larenz/Canaris, § 69 I 2 e. 109 So etwa BGHZ 71,86,98 "Fahrradgepäckträger II"; Jauernig-Schlechtriem, § 812 Rdnr.55; Mestmäcker, JZ 1958, S.526; H. Roth, FS Niederländer, S.378; Rümker, S. 59 f.; Teplitzky, Kap. 40 Rdnr. 3. 107 108
I. Die Verletzung von Rechten im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB
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sowenig Relevanz hat wie der deliktsrechtliche des Rechts am Gewerbebetrieb. Bei der Prüfung eines Anspruchs aus § 687 Abs. 2 BGB zu untersuchen, inwieweit dem Recht am Gewerbebetrieb Zuweisungsgehalt zugesprochen werden kann llO , ist daher schon im Ansatz verfehlt. Es gilt hier also wiederum, § 687 Abs. 2 BGB als selbständige Anspruchsgrundlage ins Auge zu fassen und sich bei der Bestimmung des Anwendungsbereichs der Vorschrift von den in anderen Bereichen, insbesondere denen des Bereicherungs- und Deliktsrechts entwickelten Kriterien zu lösen. Wenn jemand einen fremden Gewerbebetrieb beeinträchtigt, ohne hierbei zugleich selbständig geschützte Rechtsgüter, wie Eigentum oder Immaterialgüterrechte zu verletzen, kann sich die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB regelmäßig nur aus der Verletzung wettbewerbsrechtlicher Normen ergeben. Denn auch die vorsätzliche Beeinträchtigung fremder gewerblicher Tätigkeit ist, soweit sie sich im Rahmen des wettbewerbsrechtlich Zulässigen hält, grundsätzlich nicht rechtswidrig und somit auch nicht geeignet, einen Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB zu begründen. Von dem Eingriff in einen fremden Gewerbebetrieb in Form unlauteren Wettbewerbs, auf den noch ausführlich einzugehen sein wird, ist der Fall zu unterscheiden, daß jemand widerrechtlich einen fremden Gewerbebetrieb in toto übernimmt. Ein Beispiel hierfür bildet der bereits in anderem Zusammenhang 111 angesprochene "Bootsvermietungsfall" . Daß die eigenmächtige Übernahme eines fremden Gewerbebetriebs den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB erfüllt, wurde dort vorausgesetzt. Tatsächlich läßt sich dies unschwer damit begründen, daß der Eingreifer zur Führung des Betriebs in vielfliltiger Weise Befugnisse in Anspruch nehmen muß, die allein dem rechtmäßigen Inhaber zustehen. Als Rechtsfolge ergibt sich u. a. die Pflicht des Eingreifers zur Herausgabe des gesamten Bruttoerlöses abzüglich der erlössteigernden Aufwendungen, wobei von besonderer Bedeutung ist, daß der Eingreifer keinen Ersatz für die investierte Arbeitsleistung beanspruchen kann. Der Unterschied zur konkurrierenden Haftung aus den §§ 812 ff. bzw. §§ 987 ff. BGB ist hier daher besonders gravierend. Der Bundesgerichtshof hat jedoch die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB bei unbefugter Übernahme eines fremden Gewerbebetriebs in seinem "Fleischereiurteil" vom 25.9.1952 vemeint ll2 . Der Kläger war Erbe des Inhabers ei-
So Flügge, S. 98 ff. Oben S. 244. 112 BGHZ 7, 208, 218; zust. Soergel-Mühl, § 687 Rdnr.5; Erman-Ehmann, § 687 Rdnr. 6; Staudinger-Wittmann, § 687 Rdnr. 11; RGRK-Steffen, § 687 Rdnr. 12; Jauernig-Vollkommer, § 687 Rdnr. 12; abI. BaumbachlHeformehl, UWG, Einl. Rdnr. 415; MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr. 16; Staudinger-Nipperdey, 11. Aufl., § 687 Rdnr. 6. 110
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nes in gemieteten Räumen betriebenen Fleischereigeschäfts, das der Beklagte in der Nachkriegszeit unter nicht genau geklärten Umständen übernommen und als eigenes betrieben hatte. Mit der Klage machte der Kläger u. a. einen Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung über den vom Beklagten erzielten Gewinn geltend. Als Anspruchsgrundlage prüfte der Bundesgerichtshof auch § 687 Abs. 2 BGB. Dabei ging er zwar davon aus, daß der Beklagte beim Betrieb des Geschäfts möglicherweise dem Kläger gehörende Inventargegenstände benutzt hatte. Doch komme es hierauf nicht an, da die einzelnen getätigten Geschäfte jedenfalls eigene Geschäfte des Beklagten gewesen seien. Eine Begründung filr diese Ansicht ist den veröffentlichten Entscheidungsgründen nicht zu entnehmen. Doch ergibt sich aus dem Zusammenhang, daß der Bundesgerichtshof offenbar dem Umstand, daß der erzielte Gewinn in erster Linie auf der eigenen Tätigkeit des Beklagten beruhte, entscheidende Bedeutung beimaß. Nach herrschender Meinung filhrt jedoch der Umstand, daß der Geschäftsfilhrer auch eigene Rechtsgüter einsetzt, nicht zur Ablehnung des Anspruchs aus § 687 Abs. 2 BGB schon dem Grunde nach, sondern nur zur Aufteilung des Erlöses I 13. Zur vollständigen Versagung des Anspruchs könnte man allenfalls auf der Grundlage der Auffassung gelangen, daß § 687 Abs. 2 BGB tatbestandlieh nur anwendbar sei, wenn der Verletzer überwiegend im fremden Rechtskreis tätig wird ll4 • Dieser Auffassung folgte der Bundesgerichtshof aber sonst nicht, wie insbesondere seine Rechtsprechung zur Warenzeichenverletzung zeigt ll5 . Durch die Verteilung des Gewinns auf Ertragsfaktoren wäre im Fleischereifall das vom Bundesgerichtshof offensichtlich als untragbar angesehene Ergebnis, daß dem Beklagten die Früchte jahrelanger Arbeit hätten entzogen werden können, zu vermeiden gewesen. Aber selbst wenn man - richtigerweise davon ausgeht, daß der Grundsatz der Verteilung des Erlöses auf Ertragsfaktoren im Bereich des § 687 Abs. 2 BGB keine Anwendung finden kann, hätte sich doch immer noch die von Teilen der Literatur l16 ausdrücklich anerkannte
113 So ausdrücklich auch in bezug auf den Fleischereifall Baumbachl Hefermehl. UWG, Einl. Rdnr. 415. 114 Vgl. dazu schon oben S. 81 f. 115 Vgl. oben S. 82, 377 f. Obgleich auch im Fall der Warenzeichenverletzung die eigenen Beiträge des Verletzers typischerweise die des Verletzten überwiegen, meinte der Bundesgerichtshof im "Vitasulfal-Urteil" (BGHZ 34, 320, 324), die im "Fleischereiurteil" aufgestellten Grundsätze stünden der Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB auf Warenzeichenverletzungen nicht entgegen, da es sich dort um einen "anderen Sachverhalt" gehandelt habe. Worin aber der ftlr die unterschiedliche Behandlung der Fälle entscheidende Unterschied gesehen wurde, ist den veröffentlichten Entscheidungsgründen nicht zu entnehmen. 116 Vgl. die Nachw. oben S. 279 Fn. 371.
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und auch vom Reichsgericht im "Altargemäldeurteil"ll7 in Erwägung gezogene Möglichkeit angeboten, die Arbeitsleistung im Rahmen des Aufwendungsersatzanspruchs aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB zu berücksichtigen. Diese Lösung erschiene jedenfalls eher vertretbar als die Behauptung, die unbefugte Nutzung fremder Rechtsgüter erfillle, wenn der Verletzer nur zugleich in hinreichendem Maße eigene Arbeitskraft einsetzt, schon den objektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB nicht. Nach hier vertretener Auffassung hätte der Beklagte im Fleischereifall jedoch den Einsatz seiner Arbeitskraft nicht einmal im Rahmen seines Aufwendungsersatzanspruchs geltend machen können. Jede andere Entscheidung widerspricht dem offenbar nur in der Theorie weitgehend anerkannten Grundsatz, daß die Rechtsordnung es niemandem erlauben darf, sich durch wissentlichwiderrechtliche Tätigkeit ein Einkommen zu verschaffen. Der Fleischereifall hätte die Gelegenheit geboten, diesen Grundsatz auch einmal in die Praxis umzusetzen. Zugleich hätte sich hier die ebenfalls nur in der Theorie immer wieder hervorgehobene Schärfe der Haftung aus § 687 Abs. 2 BGB im Vergleich zur Delikts- und Bereicherungshaftung bestätigen können. Der Bundesgerichtshof hingegen hält es zwar unter bereicherungsrechtlichem Gesichtspunkt rur geboten, unter Berufung auf den vermeintlichen Rechtsgrundsatz, daß der Eingreifer "sich an der von ihm geschaffenen Sachlage festhaIten lassen" müsse, sogar den gutgläubigen Eingreifer einer vom konkret erzielten Vermögensvorteil unabhängigen Wertersatzhaftung auszusetzen l18 . Bei § 687 Abs. 2 BGB jedoch hält er es ungeachtet der engen subjektiven Voraussetzungen der Vorschrift rur zu weitgehend, den Eingreifer, wie es Wortlaut und Ratio des § 687 Abs. 2 BGB gebieten, konsequent am objektiven Tatbestand der Führung fremder Geschäfte festzuhalten und als redlichen Fremdgeschäftsflihrer zu behandeln. Daß eine gegenüber dem Bereicherungsausgleich verschärfte Haftung des bösgläubigen Eigengeschäftsfilhrers in der Praxis nicht existiert, ist die logische Folge dieser inkonsistenten Rechtsprechung. Es soll nicht bestritten werden, daß der Fleischereifall zu den Fällen zählt, in denen die Anwendung des § 687 Abs. 28GB bei konsequenter Befolgung der hier entwickelten Grundsätze zu gewissen Härten filr den Schuldner ruhrt l19 . Jedoch ist daran zu erinnern, daß auch eine lediglich leicht fahrlässig herbeigeruhrte Schadensersatzpflicht oder sogar eine in uneigennütziger Absicht eingegangene Bürgschaftsverpflichtung rur den Schuldner ruinöse Auswirkungen haben kann, denen deshalb dennoch grundsätzlich nicht schon auf der Ebene des materiellen Anspruchs, sondern erst im Wege des Vollstreckungsschutzes
RGZ 138,45,51. Vgl. die Nachw. oben S. 319 Fn. 150. 119 Vgl. aber auch zu möglichen Abmilderungen der Haftung oben S. 227 f. 117 118
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entgegengetreten wird. Zudem ist zu bedenken, daß die Rechtsordnung den bösgläubigen Verletzer fremder Rechte außerhalb des Privatrechts auch nicht schont, vielmehr in Gestalt des Strafrechts weit einschneidendere Sanktionen vorsieht als den bloßen Entzug der erlangten Vorteile, der hier nur eine geradezu selbstverständliche Nebenfolge darstellt l20 • Daß der bösgläubige Verletzer unter privatrechtlichem Gesichtspunkt noch vor dieser Mindestsanktion geschützt werden soll, ist nicht einzusehen.
11. Die Verletzung von Wettbewerbsnormen Da § 687 Abs. 2 BGB nach herrschender Auffassung die Vorschrift des Privatrechts ist, deren spezifische Funktion in der Abschöpfung rechtswidrig erzielter Gewinne besteht, läge es nahe, im Bereich der Wettbewerbsverstöße, die geradezu per definitionem dem Zweck der Gewinnerzielung dienen, ein Hauptanwendungsgebiet des § 687 Abs. 2 BGB zu vermuten. Tatsächlich hat die Frage der Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auf Wettbewerbsverstöße jedoch bislang in der Rechtsprechung keine Rolle gespielt und auch in der Literatur wenig Beachtung gefunden 121. Die Frage, ob wettbewerbswidrig erzielte Vorteile privatrechtlichen Ausgleichsansprüchen unterliegen, wird von der Rechtsprechung in erster Linie unter dem Gesichtspunkt der dreifachen Schadensberechnung geprüft. Teile der Literatur sehen im Wettbewerbsrecht auch ein mögliches Anwendungsgebiet der Eingriffskondiktion, doch ist diese Frage heftig umstritten.
1. Möglichkeiten der Abschöpfung durch
Wettbewerbsverstöße erzielter Vorteile a) Die Anwendung der dreifachen Schadensberechnung Schadensersatzansprüche aufgrund von Wettbewerbsverstößen können sich in erster Linie aus den entsprechenden Anspruchsgrundlagen des UWG, subsi-
120 Vgl. dazu, daß nach § 73 StGB n. F. beim strafrechtlichen Verfall nicht einmal mehr die Aufwendungen des Täters berücksichtigt werden, oben S. 72 Fn. 144. 121 Dagegen ist in der Schweiz die Frage, ob Art. 423 schweiz. OR auf Wettbewerbsverstöße angewandt werden kann, ein vieldiskutiertes Problem; kategorisch abI. BGE 7311 194, 197 ff; 7911 316, 327 f.; 8311 154, 165; Schaufelberger, S. 162,175 f; v. Fischer, S. 13 ff; allgemein bejahend Amrein, S. 30 ff.; differenzierend Widmer, S. 130 ff.; Nietlispach, S. 136 ff; Lischer, S. 205 f.; Moser, Herausgabe, S. 268 ff; ders., SJZ Bd.42 (1946), S. 19 ff.; Th. Fischer, S. 28 f ; Schmid, OR, Art. 423 Rdnr. 59 ff.; Thum, S. 63 ff. - Zur mittlerweile erfolgten Kodifizierung des Gewinnherausgabeanspruchs in der Schweiz vgl. unten S. 409 f.
11. Die Verletzung von Wettbewerbsnonnen
397
diär auch aus § 823 Abs. 1 (wegen Verletzung des Rechts am Gewerbebetrieb), § 823 Abs. 2 und § 826 BGB ergeben l22 . Aufgrund dieser Ansprüche kann der Verletzte auch die Entrichtung einer angemessenen Lizenzgebühr sowie Gewinnherausgabe verlangen, soweit die rur Immaterialgüterrechtsverletzungen entwickelten Grundsätze der dreifachen Schadensberechnung auf Wettbewerbsverstöße übertragbar sind. Der Bundesgerichtshof hat die dreifache Schadensberechnung erstmals in einem Urteil vom 8.10.197P23 auf einen Wettbewerbsverstoß (sklavische Nachahmung) angewandt. Seither entspricht es ständiger Rechtsprechung, daß die dreifache Schadensberechnung bei Wettbewerbsverstößen zulässig ist, soweit eine Leistungsposition betroffen ist, die in gleicher Weise wie ein Immaterialgüterrecht den Schutz durch die dreifache Schadensberechnung verdient l24 . Während der Bundesgerichtshof dies zunächst nur insoweit annahm, als der wettbewerbsrechtliche Schutz einer Position gegenüber allen Konkurrenten unabhängig von deren persönlicher Unlauterkeit bestehe 12S , hat er in einem Urteil vom 22.4.1993 126 diese Einschränkung aufgegeben, so daß nunmehr im Bereich der wettbewerbswidrigen Leistungsübernahme die Anwendung der dreifachen Schadensberechnung uneingeschränkt anerkannt wird l27 • Auch in der Literatur wird inzwischen ganz überwiegend die dreifache Schadensberechnung im Bereich des wettbewerbsrechtIichen Leistungsschutzes rur zulässig gehalten 128.
122 Vgl. i. einz. BaumbachlHefermehl, UWG, Einl. Rdnr. 339 ff. 123 BGHZ 57, 116, 117 ff. "Wandsteckdose 11". 124 Vgl. für Fälle unlauterer Nachahmung BGHZ 60, 168, 173 "Modeneuheit"; BGH GRUR 1981, 517, 520 "Rollhocker"; NJW 1992, 2753, 2754 "Tchibo/Rolex 11" (insoweit in BGHZ 119,20 ff. nicht abgedruckt); für die Verletzung des Finnenrechts BGHZ 60, 206, 208 f. "Miss Petite"; für die Verletzung von Betriebsgeheimnissen BGH GRUR 1977, 539, 541 f. "Prozeßrechner"; BAG AP Nr.4 zu § 611 BGB (Betriebsgeheimnis); abI. noch für den Fall der Vorlagenfreibeuterei BGH GRUR 1960, 554, 555 ff. "Handstrickverfahren". 125 BGHZ 57, 116, 119 ff. "Wandsteckdose 11". 126 BGHZ 122,262,265 ff. "Kollektion Holiday". 127 So der amtliche Leitsatz in BGHZ 122, 262 ff.; vgl. dazu auch Heil/Roos, GRUR 1994, S. 30; Fezer, WRP 1993, S. 568. 128 So etwa BaumbachlHefermehl, UWG, Einl. Rdnr.386; Fezer, WRP 1993, S. 566 ff.; HeillRoos, GRUR 1994, S. 29 ff.; Loewenheim, ZHR Bd.135 (1971), S. 130 ff.; ders., WRP 1997, S. 913 ff.; Körner, FS Steindorff, S. 879 ff.; Köhler, NJW 1992, S. 1479; Schmidt-Salzer, JR 1969, S. 89 f.; Lutz, S. 171 ff. - A. A. etwa Steindorf/, AcP Bd. 158 (1959/60), S. 458 f.; Däubler, JuS 1969, S. 52.
398
4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
b) Der Bereicherungsanspruch
Der Bundesgerichtshof hat zwar inzwischen im gesamten Bereich der Immaterialgüterrechtsverletzungen neben der dreifachen Schadensberechnung auch die Eingriffskondiktion anerkannt l29 • Bei Wettbewerbsverstößen hat er von dieser Anspruchsgrundlage jedoch bislang keinen Gebrauch gemacht 130 • In der Literatur lassen sich zu der Frage, inwieweit Wettbewerbsverstöße BereicherungsansprUche begrUnden können, im wesentlichen vier Positionen unterscheiden. Nach der älteren Zuweisungslehre ist für BereicherungsansprUche bei Wettbewerbsverstößen kein Raum. Wenn einerseits die Rechtfertigung der Eingriffskondiktion im Zuweisungsgehalt des subjektiven Rechts gesehen wird, andererseits die BegrUndung subjektiver Rechte durch die Normen des UWG als unvereinbar mit den Grundsätzen' des freien Wettbewerbs angesehen wird i31 , erscheint die Versagung der Kondiktion bei Verletzung lediglich wettbewerbsrechtlich geschützter Positionen als logische Konsequenz 132 • In der neueren Literatur wird dagegen auch auf dem Boden der Zuweisungslehre im Recht des unlauteren Wettbewerbs ein beschränktes Anwendungsgebiet für die Eingriffskondiktion gesehen, indem diese für möglich gehalten wird, soweit durch wettbewerbsrechtliche Normen eine markt- bzw. entgeltsfähige Verwertungsmöglichkeit 133 oder ein monopolartiges Verwertungs-
Vgl. die Nachw. oben S. 361 Fn. 335. Gegen einen Bereicherungsanspruch bei unberechtigter Schutzrechtsverwarnung BGHZ 71, 86, 97 f. "Fahrradgepäckträger 11"; anders aber wohl BGHZ 38, 200, 204 "Kindernähmaschinen", wo der Bundesgerichtshof in einem obiter dictum von der Anwendbarkeit der §§ 812 ff BGB bei unberechtigter Schutzrechtsverwarnung auszugehen scheint; vgl. ferner BGH GRUR 1960, 554, 557 "Handstrickverfahren"; 1991,914, 916 f "Kastanienmuster", wo die Frage der Bereicherungshaftung bei Wettbewerbsverstößen jeweils angesprochen, aber offengelassen wird. i3l Vgl. dazu oben S. 130 ff 132 In diesem Sinne etwa Soergel-Mühl, § 812 Rdnr. 150; v. Caemmerer, FS Rabel I, S. 396 ff.; Raiser, JZ 1961, S. 468; Fikentscher, SchuldR, Rdnr. 1118; Batsch, Vermögensverschiebung, S. 112 f; i. Erg. ebenso, allerdings mit der Begründung, die Ersatzpflicht des Verletzers sei im UWG abschließend geregelt und von Verschulden abhängig gemacht, Reimer/Pastor, S. 302 f; a. A. aber Wi/burg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 44 ff., der betonte, daß der Bereicherungsanspruch sich nicht nur aus den subjektiven Rechten "im technischen Sinne" ergeben könne, und den Anspruch auch bei Wettbewerbsverstößen ohne Beschränkung auf bestimmte Fallgruppen bejahte. 133 So MünchKomm-Lieb, § 812 Rdnr. 214 ff.; LarenzlCanaris, § 69 I 2 f; Reuterl Martinek, S. 280 f.; Emmerich, SchuldR BT, § 17 Rdnr. 15 f; Tep/itzky, Kap. 40 Rdnr. 7; Rümker, S. 69; Hüjfor, JuS 1981, S. 265; Sack, FS Hubmann, S. 379; Köhler, NJW 1992, S. 1480; ders., in: Großkomm. UWG, vor § 13 Abschn. B Rdnr. 356 ff., 129 130
II. Die Verletzung von Wettbewerbsnonnen
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recht 134 begründet wird. Danach soll die Eingriffskondiktion im Bereich des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes, nicht aber im Bereich des sogenannten Kundenfangs und Behinderungswettbewerbs in Betracht kommen. Eine dritte Auffassung sieht das entscheidende Kriterium in der Individualbegünstigung der verletzten Norm 135 . Danach sollen Wettbewerbsverstöße eine Eingriffskondiktion begründen, soweit ein Wettbewerber sich gegen die Verletzungshandlung mittels eines Unterlassungsanspruchs zur Wehr setzen kann und diese Rechtsschutzmöglichkeit zu seiner alleinigen Disposition steht l36 • Die vierte Auffassung repräsentieren die Anhänger der Rechtswidrigkeitstheorie l37 • Zum Ausschluß des Anspruchs kann nach dieser Lehre nur das Verteilungsproblem bei Verstößen ohne Individualbezug fiihren l38 • c) Der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB Ähnlich wie die Eingriffskondiktion und die dreifache Schadensberechnung wurde der Anspruch aus § 687 Abs.2 BGB bei Wettbewerbsverstößen in der älteren Literatur überwiegend kategorisch abgelehnt 139, während er von der heute herrschenden Lehre (nur) in der Fallgruppe der wettbewerbswidrigen Ausbeutung fremder Unternehmenswerte anerkannt wird l40 • Leffmann, der im Anschluß an Rosenthai den Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB bei jeder Form unlauteren Wettbewerbs anerkennen wollte l41 , hat sich mit dieser Auffassung nicht durchsetzen können. Der Bundesgerichtshof ließ in einem älteren Urteil 369; Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 93 f.; ders., WRP 1997, S. 916 f.; ähnlich schon Orth, S. 161 f; i. Erg. auch Kellmann, Gewinnhaftung, S. 152 ff. 134 So Büsching, S. 58 ff, insbes. S. 82 ff.; ähnlich Kaiser, Nutzungsherausgabe, S.122. 135 Haines, S. 93 ff; BaumbachlHefermehl, UWG, Ein!. Rdnr. 420; RGRK-HeimannTrosien, vor § 812 Rdnr. 33; KoppensteinerlKramer, S.81; wohl auch StaudingerLorenz, vor §§ 812 ff. Rdnr. 70 f. 136 Vg!. Haines, S. 93 ff; BaumbachlHeformehl, UWG, Ein!. Rdnr. 420. 137 Jakobs, Eingriffserwerb, S. 115 ff.; F. Schulz, AcP Bd. 105 (1909), S. 218 ff.; für Art. 62 schweiz. OR Schaufolberger, S. 169 ff. 138 So ausdrücklich Jakobs, Eingriffserwerb, S. 117. 139 So Lobe, S.366; Reimer/Pastor, S. 300 f.; BaumbachlHeformehl, UWG, Ein!. Rdnr.415; v. Caemmerer, FS Rabel I, S. 396 ff; vg!. auch F. Schulz, AcP Bd. 105 (1909), S. 223, der meinte, die Vorstellung der Wettbewerbshandlung als unechte Geschäftsführung für den Verletzten stoße "auf sprachliche und darum auf gedankliche Schwierigkeiten"; ähnlich Jakobs, Eingriffserwerb, S. 116 Fn. 40. 140 So Köhler, NJW 1992, S. 1480; ders., in: Großkomm. UWG, vor § 13 Abschn. B Rdnr.391 i. V. m. Rdnr.356, 369; MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr. 15; JauernigVollkommer, § 687 Rdnr. 13; Bertrams, S. 83 f.; widersprüchlich Reimer, WbR, S. 591, 859 einerseits, S. 776 andererseits; Lutz, S. 94 f einerseits, S. 126 andererseits. 141 RosenthallLefimann, UWG, Ein!. Rdnr. 212.
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB für den Fall der Vorlagenfreibeuterei dahingestellt l42 • Weitgehend Einigkeit dürfte jedenfalls darüber bestehen, daß dem Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB keine praktische Bedeutung mehr zukommen kann, seitdem die Rechtsprechung sich für die Zulässigkeit der dreifachen Schadens berechnung im Bereich des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes ausgesprochen hat. Doch könnte, selbst wenn man die Anwendbarkeit der dreifachen Schadensberechnung auf Wettbewerbsverstöße im Grundsatz anerkennt, die Frage, inwieweit bei wissentlichen Verstößen § 687 Abs. 2 BGB eingreift, durchaus von Interesse sein. Der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB könnte in der hier befürworteten Auslegung auch Wettbewerbsverstöße erfassen, in denen die Anwendung der dreifachen Schadensberechnung nicht gerechtfertigt ist. Der Anwendungsbereich der dreifachen Schadensberechnung ist von vornherein durch deren spezifische Ratio auf die Verletzung "immaterialgüterrechtsähnlicher" Positionen beschränkt l43 • Selbst diejenigen Wettbewerbsverstöße, die sich gegen einzelne konkurrierende Unternehmen richten, betreffen aber nicht durchweg Positionen, die, ähnlich den Immaterialgüterrechten, durch leichte Verletzbarkeit und besondere Schwierigkeiten bei der Feststellung des durch Verletzungshandlungen verursachten Schadens gekennzeichnet sind. Diese Voraussetzungen dürften z. B. beim wettbewerbswidrigen Ausspannen fremder Arbeitnehmer kaum erfüllt sein l44 • Vor allem aber könnte § 687 Abs.2 BGB wegen seiner Rechtsfolgen die Stellung des Verletzten gegenüber der dreifachen Schadensberechnung - und erst recht gegenüber der Eingriffskondiktion - erheblich verbessern, da der Verletzte nur auf der Grundlage des § 687 Abs. 2 BGB stets den gesamten Erlös aus den wettbewerbswidrigen Geschäften abzüglich der Aufwendungen des Verletzers herausverlangen und darüber hinaus nach § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 677 BGB auch einen Anspruch auf Herausgabe des erzielbaren Gewinns geltend machen könnte. Auf diese Weise könnte sich im Bereich der Wettbewerbsverstöße, ebenso wie im Bereich der Immaterialgüterrechtsverletzungen, ein differenzierteres, der Verschuldensform und damit dem Grad der Schutzwürdigkeit des Verletzers Rechnung tragendes Sanktionensystem ergeben. Die durch § 687 Abs. 2 BGB bewirkten Haftungsverschärfungen könnten hier sogar insofern in besonderem Maße von Interesse sein, als bei Wettbewerbsverstößen der Nachweis der subjektiven Voraussetzungen des § 687 Abs. 2 BGB bei Anwendung der gebotenen Beweiserleichterungen - vergleichsweise häufig
BGH GRUR 1960, 554, 557 "Handstrickverfahren". Vgl. die Nachw. oben S. 341 Fn. 244. 144 Zutr. Lutz, S. 172 f. Gleiches gilt nach Loewenheim, ZHR Bd. 135 (1971), S. 141 flir Boykott und Diskriminierung. 142 143
11. Die Verletzung von Wettbewerbsnormen
401
zu fUhren sein wird. Dies ergibt sich u. a. daraus, daß die Rechtsprechung im Rahmen des § I UWG grundsätzlich schon zur Begründung der Sittenwidrigkeit verlangt, daß der Verletzer zumindest den Sachverhalt, der sein Verhalten unlauter erscheinen läßt, gekannt oder sich seiner Kenntnis bewußt entzogen hat l45 , was zugleich wenigstens ein gewichtiges Indiz dafUr ist, daß der Verletzer sich auch der Rechtswidrigkeit seines HandeIns bewußt war. Für einige Formen von Wettbewerbsverstößen, wie etwa Bestechung oder Vorlagenfreibeuterei, ist überdies die Kenntnis des Verletzers von der Rechtswidrigkeit seines HandeIns derart typisch, daß man sie stets prima facie als gegeben ansehen sollte.
2. Die allgemeine Problematik der privatrechtlichen Abschöpfung wettbewerbswidrig erzielter Vorteile
In der Diskussion um die Möglichkeiten der Abschöpfung wettbewerbswidrig erzielter Vorteile werden die einzelnen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen oft nicht klar voneinander abgegrenzt. Insbesondere werden die Argumente, die gegen die Vorteilsabschöpfung bei Wettbewerbsverstößen angefUhrt werden, meist weniger aus den spezifischen Voraussetzungen der jeweiligen Anspruchsgrundlage als vielmehr aus allgemeinen Erwägungen über das "Wesen" des Wettbewerbs und die Schutzzwecke des UWG hergeleitet. Im folgenden soll daher zunächst überprüft werden, ob es derartige Gesichtspunkte gibt, die einer privatrechtlichen Vorteilsabschöpfung bei Wettbewerbsverstößen unabhängig von den Voraussetzungen der jeweiligen Anspruchsgrundlage entgegenstehen könnten. a) Diskussion grundsätzlicher Einwände gegen die privatrechtliche Abschöpfung wettbewerbswidrig erzielter Vorteile Die kategorische Ablehnung der privatrechtlichen Vorteilsabschöpfung bei Wettbewerbsverstößen ließe sich möglicherweise rechtfertigen, wenn sich feststellen ließe, daß die Normen des UWG ausschließlich Interessen der Allgemeinheit dienen sollen. Diese Vorstellung klingt in der Formulierung an, die Begünstigung der Wettbewerber sei lediglich eine "Reflexwirkung" wettbewerbsrechtlicher Normen l46 • Man könnte also argumentieren: Wenn schon der durch die Normen des UWG bewirkte Schutz der Wettbewerber nur eine vom Gesetzgeber gar nicht beabsichtigte, rein faktische Begleiterscheinung ist, so
145 So etwa BGHZ 117. 115. 117 f.: vgl. auch Baumbachl Hefermehl, UWG, Einl. Rdnr. 126 ff.. 141 m. w. Nachw. 146 Vgl. die Nachw. oben S. 130 Fn. 344.
26 Ebert
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
widerspräche es dem Willen des Gesetzgebers, diese Normen zur Begründung zivilrechtlicher Ansprüche heranzuziehen. Doch selbst wenn die Prämisse zuträfe, wäre die Schlußfolgerung nicht zwingend. Denn sie steht im Widerspruch dazu, daß der Gesetzgeber selbst im UWG an die Verletzung wettbewerbsrechtlicher Normen Individualansprüche der Wettbewerber auf Unterlassung und Schadensersatz geknüpft hat. Diese Ansprüche könnten, träfe die Prämisse zu, ihrerseits nur der Verstärkung des objektivrechtlichen "Institutionenschutzes" dienen. Wenn demnach der Gesetzgeber selbst anerkannt hätte, daß die Verletzung von Normen, die selbst keinen Individualschutz bezwecken, durchaus Ansprüche einzelner begründen kann, so ist nicht einzusehen, weshalb es dem Willen des Gesetzgebers widersprechen sollte, auch allgemeine zivilrechtliche Ansprüche zur Verstärkung des objektivrechtlichen Institutionenschutzes heranzuziehen. Nach ganz herrschender Meinung trifft aber auch schon die Prämisse, daß die Normen des UWG ausschließlich Interessen der Allgemeinheit dienen sollen, nicht zu. Vielmehr sollen in den Schutzzweck des Wettbewerbsrechts zumindest auch Individualinteressen der Wettbewerber einbezogen sein l47 • In der Tat wird man gerade den Umstand, daß das UWG die objektivrechtlichen Verbote nicht nur durch Unterlassungs-, sondern auch durch Schadensersatzansprüche zugunsten anderer Wettbewerber ergänzt und somit ein ganz entsprechendes Sanktionensystem schafft wie für die Verletzung sogenannter absoluter Rechte, als deutliches Indiz für den individualschützenden Zweck der Wettbewerbsnormen werten müssen. Die Ergänzung des wettbewerbsrechtlichen Sanktionensystems durch allgemeine zivilrechtliche Ansprüche könnte gleichwohl dann ausgeschlossen sein, wenn sich nachweisen ließe, daß das UWG hinsichtlich der aus Wettbewerbsverstößen resultierenden Ansprüche eine in jeder Hinsicht abschließende Regelung treffen wollte. Hierfür bestehen jedoch keine Anhaltspunkte. Da das Wettbewerbsrecht für Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche immerhin eine eigene Regelung enthält, läge es noch am nächsten, für diese Ansprüche eine abschließende Regelung anzunehmen. Doch werden selbst Schadensersatzansprüche nach allgemeinem Deliktsrecht neben denen des UWG allgemein für möglich gehalten l48 . Dann sollte man meinen, daß erst recht Ansprüche, die
147 Vgl. BaumbachlHefermehl, UWG, Einl. Rdnr. 41 ff., 76 f; Hefermehl, FS Nipperdey, S. 284 ff; Raiser, Summum ius, S. 156; Fezer, WRP 1993, S. 568 ff.; Hubmann, GR. § 4 V; Emmerich, UnlWb, § 3; Kraft, Interessenabwägung, S. 207 f und öfter; Kellmann, Gewinnhaftung, S. 149. 148 Vgl. BGHZ 36, 252, 254 ff.; BGH GRUR 1984, 820, 822 f; BaumbachlHefermehl, UWG, Einl. Rdnr. 339 ff; Großkomm. UWG-Köhler, vor § \3 Abschn. B Rdnr. 248 f.
II. Die Verletzung von Wettbewerbsnonnen
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auf andere Ziele als Schadensersatz oder Unterlassung gerichtet sind, die durch das UWG selbst begründeten ergänzen können. Denkbar wäre allerdings, daß gerade die Sanktion der privatrechtlichen Vorteilsabschöpfung in Konflikt mit bestimmten Zielsetzungen des Rechts des unlauteren Wettbewerbs gerät. Um dies zu prüfen, bedarf es einer näheren Bezeichnung der Ziele des Wettbewerbsrechts. Nach herrschender Auffassung soll das Wettbewerbsrecht zum einen den Verbrauchern eine unbeeinflußte Entscheidung zwischen den Angeboten der Wettbewerber und zum andern den Wettbewerbern die freie Betätigung und Sicherung ihrer Leistungsergebnisse ennöglichen l49 • Ziel des Wettbewerbsrechts ist somit die Förderung des Leistungsprinzips l50. Diesem Ziel dient aber nicht die Ablehnung, sondern vielmehr die grundsätzliche Anerkennung der privatrechtlichen Vorteilsabschöpfung bei Wettbewerbsverstößen. Der verbreiteten Auffassung, die Vorteilsabschöpfung gefährde den freien Wettbewerb 151, kann wenigstens bezüglich vorsätzlicher Wettbewerbsverstöße nicht zugestimmt werden. Die Vorteilsabschöpfung widerspricht nicht dem Grundsatz des freien Wettbewerbs, sondern trägt lediglich dazu bei, die Einhaltung der gesetzlichen Schranken des freien Wettbewerbs zu gewährleisten. Die Abweichung vom Leistungsprinzip wird ausschließlich durch den Wettbewerbsverstoß selbst begründet. Der wettbewerbswidrig erzielte Gewinn beruht nicht auf einer durch die Rechtsordnung anerkannten Leistung des Wettbewerbers, sondern auf der widerrechtlichen Beeinträchtigung der gleichen Marktchance anderer oder auf der widerrechtlichen Ausnutzung fremder Leistungen. Die Entziehung der wettbewerbswidrig erzielten Vorteile ist daher ein sinnvolles Mittel, um den gesetzlich zulässigen Wettbewerb zu fördern, indem sie zum einen präventiv der Venneidung wettbewerbswidrigen Verhaltens dient l52 , zum andern die durch Wettbewerbsverstöße bewirkte Abweichung vom Leistungsprinzip ausgleicht und damit zugleich dem Verletzer die Möglichkeit nimmt, den auf rechtswidrige Weise erzielten Wettbewerbsvorsprung durch Reinvestition der erzielten Gewinne nachhaltig zu Lasten der Konkurrenten auszunutzen l53 •
149 Vgl. etwa BaumbachlHefermehl, UWG, Einl. Rdnr. 77 ff, 98 ff; Hubmann, GR, § 4 V; Kraft, Interessenabwägung, S. 202, 205, 208. 150 Vgl. BaumbachlHefermehl, UWG, Einl. Rdnr. 96 ff; Kraft, Interessenabwägung, S. 206 f., 274 f; Fikentscher, Wettbewerb, S. 115 ff.; v. Fischer, S. 23; Kellmann, Gewinnhaftung, S. 149. 151 So z. B. flir die Eingriffskondiktion Mestmäcker, JZ 1958, S. 526; Büsching, S. 77 f.: Rümker, S. 59 f, 66. 152 Vgl. GroßkOffiffi. UWG-Köhler, vor § 13 Abschn. B Rdnr. 243 f; Maser, SJZ Bd. 42 (1946), S. 17, 19; Nietlispach, S. 431: Schmid, OR, Art. 423 Rdnr. 59. 153 V gl. Weber, ZSR NF Bd. 111, I (1992), S. 335; Nietlispach, S. 20 ff.
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
Wenn gegen die Anerkennung der Eingriffskondiktion bei unlauterem Abwerben von Arbeitnehmern und Kunden eingewandt wird, das Ausspannen von Arbeitnehmern und Kunden trage wesentlich zur Belebung des Wettbewerbs und damit zur Leistungsfähigkeit der Wirtschaft insgesamt bei l54 , so geht diese Argumentation zumindest gegenüber einer Gewinnherausgabepflicht, die an eine bewußt-rechtswidrige Handlung anknüpft, von vornherein ins Leere. Daß das erlaubte Abwerben von Arbeitnehmern und Kunden unter dem Gesichtspunkt des Leistungswettbewerbs erwünscht ist, bestreitet niemand. Das unlautere Abwerben von Arbeitnehmern und Kunden hingegen ist wettbewerbspolitisch so wenig erwünscht wie die unbefugte Ausbeutung fremder Immaterialgüterrechte. Die fehlende Differenzierung zwischen erlaubtem und unerlaubtem Handeln läßt sich wohl nur aus der spezifischen Problematik des Bereicherungsanspruchs erklären. Sie mag aus dem Bemühen der Zuweisungslehre resultieren, bei der Bestimmung der Voraussetzungen des Bereicherungsanspruchs das Kriterium der rechtswidrigen Handlung konsequent zu vermeiden. Allerdings scheint sich auch im Lager der Zuweisungslehre die Erkenntnis durchzusetzen, daß gerade bei der Bestimmung des Anwendungsbereichs der Eingriffskondiktion im Wettbewerbsrecht ohne das Kriterium der rechtswidrigen Handlung kaum auszukommen ist. Daß bei erlaubtem Wettbewerb ein Bereicherungsanspruch nicht in Betracht kommen kann, ist allgemein anerkannt l55 • Geht man von dieser Prämisse aus, so kann der Gesichtspunkt des erwünschten Leistungswettbewerbs allenfalls noch deshalb als Argument gegen die Eingriffskondiktion in Betracht kommen, weil diesem Anspruch auch derjenige ausgesetzt sein müßte, der sich der Wettbewerbswidrigkeit seines Handelns nicht bewußt war, also wenigstens subjektiv im Einklang mit der Wettbewerbsordnung handelte. Dies relativiert zumindest den durch die Gewinnabschöpfung erzielbaren Präventionseffekt. Zudem könnten allzu weitreichende Sanktionen gegenüber gutgläubigen Wettbewerbsverstößen auch eine Hemmung der Innovationsbereitschaft und des erwünschten Strebens der Wettbewerber, den Wettbewerbsvorsprung eines Konkurrenten aufzuholen, zur Folge haben. Gegenüber einer auf bewußt-rechtswidriges Handeln beschränkten Vorteilsabschöpfung Einwände aus dem Gesichtspunkt des erwünschten Leistungswettbewerbs herzuleiten, ist jedoch schon im Ansatz verfehlt. Gelegentlich wird im Zusammenhang mit der Frage der Abschöpfung wettbewerbswidrig erzielter Vorteile darauf verwiesen, daß die Stellung des Wettbewerbers - im Unterschied zu der durch absolute Rechte geschützten Position - nicht tabu sei, sondern beeinträchtigt und angegriffen werden dürfe. Hieraus wird geschlossen, daß eine generelle Übernahme der dreifachen Schadensbe-
154 155
So Büsching. S. 77 f. Vgl. oben S. 67 Fn. 121.
11. Die Verletzung von Wettbewerbsnormen
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rechnung in das Recht des unlauteren Wettbewerbs nicht in Betracht komme l56 . Schon die Prämisse, daß die Stellung des Wettbewerbers sich in grundlegender Weise von derjenigen des Inhabers eines absoluten Rechts dadurch unterscheide, daß sie rechtmäßigen Beeinträchtigungen anderer ausgesetzt sei, bedarf aber zumindest der Präzisierung. Denn auch die klassischen absoluten Rechte sind keineswegs gegen alle Arten von Beeinträchtigungen geschützt. Allen absoluten Rechten im Sinne des § 823 Abs. I BGB ist eigen, daß sie sich nur grundsätzlich gegenüber anderen rechtlich geschützten Interessen durchsetzen lS7 . Es gibt keine "totalen Ausschlußrechte"ls8. Auch der Eigentümer einer Sache muß gemäß §§ 903 ff. BGB gewisse Beeinträchtigungen hinnehmen l59 . Selbst der Satz, daß dem Eigentümer das ausschließliche Recht zur Nutzung der Sache zugewiesen sei, gilt nicht ohne Einschränkungen 160. Ebenso sind auch die Immaterialgüter vielfältigen rechtmäßigen Beeinträchtigungen ausgesetzt l61 . Man betrachte nur den Schutzumfang des Urheberrechts und seine Schranken gemäß §§ 45 ff. UrhG. Auch der Umstand, daß das Urheber- und Geschmacksmusterrecht - anders als das Patentrecht - nur Schutz vor Nachbildungen und nicht vor (selbst identischen) Neuschöpfungen gewährt, zeigt, wie "relativ" in Wirklichkeit der Schutz sogenannter absoluter Rechte sein kann. Zudem können über die dem jeweiligen absoluten Recht immanenten Schranken hinaus die Befugnisse des Inhabers einschließlich derjenigen zur wirtschaftlichen Verwertung durch private Rechte Dritter oder durch öffentlichrechtliche Beschränkungen nahezu beliebig reduziert werden. Ein nicht zu leugnender Unterschied zwischen dem durch Wettbewerbsnormen und dem durch sogenannte absolute Rechte vermittelten Schutz besteht allerdings darin, daß der wettbewerbsrechtliche Schutz grundsätzlich von Um-
IS6 So BaumbachlHefermehl, UWG, Einl. Rdnr. 386; Ahrens, S. 97 f; für die Eingriffskondiktion Loewenheim, Bereicherungsrecht, S. 84, 93 f. 157 Vgl. Enneccerus-Nipperdey. § 72 I 3 b; Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 144; Kraft, Interessenabwägung, S. 52 ff., 157 ff. 158 Kraft, Interessenabwägung, S. 160; Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 144; Kel/mann, Gewinnhaftung, S. 95; Enneccerus-Nipperdey, § 72 I 3 b; BaumbachlHefermehl, Allg. Rdnr. 114. IS9 Vgl. Enneccerus-Nipperdey, § 72 I 3 b; Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 144; Kraft, Interessenabwägung, S. 53, 159; Haines, S. 76 f; Kel/mann, Gewinnhaftung, S.94; Schlechtriem, SchuldR BT, Rdnr. 665; ders., König-Symposium, S. 63 f; Fabricius, AcP Bd. 160 (1961), S. 296; BaumbachlHefermehl, Allg. Rdnr. 114. 160 Vgl. Schlechtriem, König-Symposium, S. 63 f; Haines, S. 76 f (mit dem Hinweis, daß das Eigentum keinen Schutz vor Nachbildungen gewähre). 161 Vgl. Kraft, Interessenabwägung, S. 53. Zutr. betont Kraft, a.a.O., S. 205, "daß ein genereller Bestand des Geschaffenen oder auch des Erworbenen - gleichgültig, ob es durch Sonderrechte geschützt wird oder nicht - niemals gewährleistet werden, die Güter gegen Beeinträchtigungen im Wettbewerb nicht schlechthin geschützt werden können" (Hervorh. vom Verf.).
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
ständen des Einzelfalls, die auch in der Person des Verletzers liegen können, abhängig ist l62 • Durch die Übernahme der Vorschriften über den Schutz geschäftlicher Bezeichnungen (§ 16 UWG a. F.) in das MarkenG ist diesem Unterschied nunmehr auch in der Gesetzessystematik konsequent Rechnung getragen. Insofern trifft es also zu, daß die Nonnen des UWG einen geringeren Schutz vor Beeinträchtigungen gewähren als die Vorschriften des Immaterialgüterrechts. Eine andere Frage ist jedoch, wie sich dieser Unterschied auf die Problematik der Vorteilsabschöpfung auswirkt. Wo die Wettbewerbswidrigkeit der Handlung aufgrund der Umstände des Einzelfalles feststeht, läßt sich aus der Tatsache, daß der Verletzte andere Beeinträchtigungen hinzunehmen hätte, schwerlich ein Argument gegen die Vorteilsabschöpfung gewinnen. Es kann daher nicht überzeugen, wenn v. Caemmerer gegen die Anerkennung der Vorteilsabschöpfung im Wettbewerbsrecht geltend macht, hierdurch würden ungeschützte Positionen in patentähnliche Rechte verwandelt 163 . Auch diese Äußerung ist allenfalls vom Ansatz der Zuweisungslehre her verständlich, daß bei der Bestimmung des Anwendungsbereichs der Eingriffskondiktion der Rechtswidrigkeit der bereichernden Handlung keine ausschlaggebende Bedeutung zukommen dürfe. Im Ergebnis besteht jedoch rur sämtliche Anspruchsgrundlagen Einigkeit darüber, daß die Abschöpfung der durch eine Wettbewerbshandlung erlangten Vorteile nur in Betracht kommen kann, wenn die Wettbewerbshandlung rechtswidrig ist. Da dann aber zwangsläufig Unterlassungs- und oft auch Schadensersatzansprüche begründet sind, kann keine Rede davon sein, daß lediglich eine ungeschützte Position beeinträchtigt würde. Vielmehr ist die beeinträchtigte Position durch dieselben Sanktionen geschützt wie ein Immaterialgüterrecht. Geht man von der Rechtswidrigkeit der Wettbewerbshandlung als Voraussetzung der Vorteilsabschöpfung aus, wie es sich rur den Anspruch aus § 687 Abs.2 BGB von selbst versteht, so verleiht nicht die Vorteilsabschöpfung einer ungeschützten Position immaterialgüterrechtsähnlichen Schutz, sondern sie setzt eine mit immaterialgüterrechtsähnlichem Schutz ausgestattete Position voraus l64 • Die Argumentation v. Caemmerers beruht insofern auf einer Verwechslung von Ursache und Wirkung.
162 Vgl. etwa BGHZ 41,55,57; 44, 288, 298 ff.; BGH GRUR 1960,244,246; 1986, 673,675; BaumbachlHefermehl, UWG, Einl. Rdnr. 106 ff., § 1 Rdnr. 208,448 und öfter; Hubmann, GR, § 49 IV 3. 163 v. Caemmerer, FS Rabel I, S. 398; ebenso (nur für die Eingriffskondiktion) Schlechtriem, König-Symposium, S. 62, 72 ff.; ähnlich schon Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 45. 164 Insoweit zutr. Büsching, S. 64 ff., der zwar grundSätzlich die Gefahr sieht, daß durch die Eingriffskondiktion im Wettbewerbsrecht neue Ausschließlichkeitsrechte geschaffen würden, die Eingriffskondiktion jedoch für zulässig hält, wo bereits das Wettbewerbsrecht ein derartiges Ausschließlichkeitsrecht geschaffen habe.
11. Die Verletzung von Wettbewerbsnormen
407
Aus ähnlichen Gründen ist auch die Argumentation, mit der Steindor.tJ und Däubler sich gegen die Ausdehnung des Anwendungsgebiets der dreifachen Schadensberechnung auf Wettbewerbsverstöße wenden, nicht stichhaltig. Steindor.tJund Däubler lehnen die dreifache Schadensberechnung bei Wettbewerbsverstößen deshalb ab, weil der Gesetzgeber wettbewerbsrechtlichen Positionen nicht die Qualität eines subjektiven Rechts zuerkannt und sich damit zugleich gegen die besondere Schutzwürdigkeit dieser Positionen ausgesprochen habe l65 . Auch Steindor.tJund Däubler scheinen zu übersehen, daß der Gesetzgeber dem Interesse des Wettbewerbers, nicht durch unlauteren Wettbewerb beeinträchtigt zu werden, in Gestalt von Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen genau denselben Schutz gewährt wie den absoluten Rechten im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB - und damit zugleich durchaus subjektive Rechte im Sinne der allgemeinen Rechtslehre geschaffen hat l66 • Lediglich die wettbewerbsrechtliche Literatur erkennt die wettbewerbsrechtlich geschützte Position nicht als subjektives Recht an 167 und behauptet damit zugleich eine geringere Schutzwürdigkeit dieser Position im Vergleich zu absoluten Rechten. Der Umstand, daß der wettbewerbsrechtliche Schutz im Vergleich zu dem durch sogenannte absolute Rechte vermittelten an höhere Voraussetzungen hinsichtlich der individuellen Merkmale der Eingriffshandlung geknüpft ist, hat fur die Frage der privatrechtlichen Vorteilsabschöpfung also nur insoweit Bedeutung, als es um die Beantwortung der Vorfrage geht, ob der Erwerb rechtswidrig erzielt wurde. Steht aber die Rechtswidrigkeit der Erwerbshandlung im konkreten Fall fest, so ist nicht einzusehen, weshalb der Umstand, daß die Wettbewerbsordnung in weitem Umfang Behinderungen des Konkurrenten gestattet, noch ein zweites Mal Berücksichtigung finden muß, indem die Frage der Gewinnabschöpfung davon abhängig gemacht wird, inwieweit die verletzte Position auch vor anderen Beeinträchtigungen geschützt gewesen wäre. Die Rechtswidrigkeit der konkreten Erwerbshandlung und nicht die Rechtswidrigkeit hypothetischer anderer Erwerbshandlungen sollte das ausschlaggebende Kriterium rur die Beantwortung der Frage sein, ob der Erwerb dem Handelnden oder dem Verletzten gebührt. Ein entscheidender Unterschied zwischen der wettbewerbsrechtlich geschützten Position und den absoluten Rechten im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB kann schließlich auch nicht darin gesehen werden, daß im Rahmen des freien Wett-
165 Steindorff, AcP Bd. 158 (1959/60), S. 458 f.; Däubler, JuS 1969, S. 52; krit. hierzu Loewenheim, ZHR Bd. 135 (197\), S. 123 ff.; Lutz, S. 157 ff. 166 Vgl. oben S. 129 ff. 167 Vgl. oben S. 130 ff.
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
bewerbs keine "festen Chancen und Erwerbserwartungen" zugewiesen seien l68 . Denn auch von Immaterialgüterrechten läßt sich schwerlich behaupten, daß sie "feste" Chancen und Erwerbserwartungen begründeten. Die Rechtsordnung garantiert dem Inhaber eines Immaterialgüterrechts keinen Markt für die Verwertung seines Rechts. Auch der Inhaber eines Patents muß seine Chance auf Gewinnerzielung erst im Wettstreit mit anderen realisieren. Nicht allein der absolute Schutz des Patents, sondern auch und in erster Linie die tatsächlichen Eigenschaften des patentierten Gegenstandes entscheiden darüber, ob der Patentinhaber sich gegenüber anderen Wettbewerbern und Inhabern anderer Patente durchsetzen wird. Andererseits läßt sich kaum bestreiten, daß jedem Wettbewerber allein dadurch, daß er sich in rechtmäßiger Weise am Wettbewerb beteiligt, eine rechtlich geschützte Gewinnchance zugewiesen ist l69 . Daher hat auch die Berufung darauf, die Zuweisung des Gewinns an den Verletzten verstoße gegen den Grundsatz des "suum cuique", dem Verletzten dürfe nicht gestattet werden zu ernten, wo ein anderer, nämlich der Verletzer gesät habe l70 , bei Wettbewerbsverstößen nicht mehr und nicht weniger Berechtigung als bei der Verletzung von Immaterialgüterrechten. Wenn es in einem Urteil des schweizerischen Bundesgerichts heißt, "dass der durch eine unlautere Wettbewerbshandlung Verletzte weder unter dem Gesichtspunkt der Moral noch demjenigen der Billigkeit Anspruch auf einen vom Verletzer erzielten Gewinn zu erheben vermöge, soweit dieser den ihm erwachsenen Schaden übersteigt"171, so mag dies zutreffen. Doch wo liegt der Unterschied zur Verletzung eines Immaterialgüterrechts? Billigkeitsgesichtspunkte gebieten eben weder im einen noch im andern Fall die Zuweisung eines Gewinns an den Verletzten über den Betrag des ihm entstandenen Schadens hinaus. Wer argumentiert, daß den Interessen der durch unlauteren Wettbewerb Geschädigten mit dem Anspruch auf Schadensersatz vollständig genügt seim, müßte konsequenterweise auch die Gewinnabschöpfung bei Immaterialgüterrechtsverletzungen ablehnen. Die Schwierigkeit, einen positiven Grund für die Zuweisung des rechtswidrig erzielten Gewinns an den Verletzten zu finden, ist keine Besonderheit des unlauteren Wettbewerbs. Abgesehen von Praktikabilitätsgesichtspunkten kann 168 So etwa BGHZ 71, 86, 98 "Fahrradgepäckträger II"; Jauernig-Schlechtriem, § 812 Rdnr. 55; Mestmäcker, JZ 1958, S. 526; H. Roth, FS Niederländer, S. 378; ähnlich MünchKomm-Lieb, § 812 Rdnr. 210; Rümker, S. 66. 169 Verfehlt daher Kaiser, GRUR 1988, S. 502, der eine Eingriffskondiktion bei Wettbewerbsverstößen mit der Begründung ablehnt, es sei nicht Zweck des UWG, eine Markt- oder Absatzchance zu schützen; ähnlich Rümker, S. 66, der es als unvereinbar mit dem Schutzzweck des Wettbewerbsrechts ansieht, "dem Einzelnen ein vermögenswertes Gut in Gestalt von Absatzchancen gesetzlich zuzuweisen". 170 So v. Fischer, S. 25. 171 BGE 73 n 194, 198. 172 So v. Fischer, S. 25; Kaiser, Nutzungsherausgabe, S. 110; ders., GRUR 1988, S.502.
11. Die Verletzung von Wettbewerbsnorrnen
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allenfalls die Funktion des pauschalierten Schadensersatzes eine Rechtfertigung dafür liefern, den Gewinn gerade dem Verletzten zuzuweisen. Auch unter diesem Gesichtspunkt läßt sich aber eine unterschiedliche Behandlung von Immaterialgüterrechtsverletzungen und Wettbewerbsverstößen nicht rechtfertigen. Das aus der Schwierigkeit des Schadensnachweises resultierende Bedürfnis nach einer die Schadensersatzpflicht ergänzenden Gewinnhaftung ist bei Wettbewerbsverstößen in grundsätzlich gleicher Weise gegeben wie bei Immaterialgüterrechtsverletzungen. Und auch der Gesichtspunkt, daß der vom Verletzer erzielte Gewinn zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafilr begründet, daß dem Verletzten entsprechende Gewinne entgangen sind, trifft auf Wettbewerbsverstöße in gleicher Weise wie auf Immaterialgüterrechtsverletzungen zu. Denn wo überhaupt im Wettbewerbsrecht eine Gewinnhaftung in Betracht kommen kann (und nicht spätestens am Verteilungsproblem scheitert), beutet der Verletzer entweder eine fremde Leistungsposition aus, die typischerweise ähnlich einem Immaterialgüterrecht besondere Gewinnmöglichkeiten eröffnet, oder er hindert gezielt einen anderen Wettbewerber an der Ausnutzung seiner gleichen Chance auf Gewinnerzielung I73 • Daß im Einzelfall die Vermutung, daß dem Verletzten ein Schaden entstanden ist, zu widerlegen sein kann und möglicherweise der vom Verletzer erzielte Gewinn sogar Dritten entgangen ist, begründet ebenfalls keinen Unterschied zur Situation bei Immaterialgüterrechtsverletzungen. Auch hier kann es vorkommen, daß durch die Verletzung nicht (nur) der Verletzte, sondern (auch) Dritte geschädigt wurden. Wenn A das Patent des B verletzt und auf diese Weise den Absatz seiner Waren steigern kann, so kann dem widerrechtlich erzielten Gewinn ein Schaden nicht nur des B, sondern auch beliebiger anderer Produzenten entsprechender Waren gegenüberstehen. Produzierte B bereits unter Ausschöpfung aller Kapazitäten, so steht sogar fest, daß der Gewinn nur zum Nachteil anderer Wettbewerber erzielt worden sein kann. Und doch hat man keine Bedenken, dem A unter Übergehung der übrigen Wettbewerber den Anspruch auf Gewinnherausgabe zuzusprechen. In diesem Zusammenhang lohnt es sich, ein weiteres Mal einen Blick auf die Rechtslage in der Schweiz zu werfen. Hier hat der Gesetzgeber selbst inzwischen der These, daß das Recht des unlauteren Wettbewerbs nicht als Anwendungsgebiet der Gewinnhaftung in Betracht komme, die Grundlage entzogen. Art. 9 Abs. 3 schweiz. UWG berechtigt ausdrücklich den durch einen Wettbewerbsverstoß verletzten Konkurrenten zur Gewinnabschöpfung entsprechend
173 Nicht zwingend daher Reimer/Pastor, S. 243 f.: Die Anwendung der dreifachen Schadensberechnung bei Wettbewerbsverstößen sei abzulehnen, da die Geschäfte des Verletzers nicht "auf Kosten" der nach § 13 UWG Klageberechtigten vorgenommen seien.
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
den Bestimmungen über die Geschäftsfilhrung ohne Auftrag 174. Selbst wenn man davon ausgeht, daß es sich bei dieser Vorschrift um eine Rechtsgrundverweisung auf Art. 423 schweiz. OR handelt l7s , hat der Gesetzgeber damit eine für das Verständnis des Tatbestands der Geschäftsanmaßung und filr die grundsätzliche Diskussion um die privatrechtliche Abschöpfung wettbewerbswidrig erzielter Gewinne gleichermaßen bedeutsame Entscheidung getroffen. Denn die herrschende Meinung ging in der Schweiz, ähnlich wie in Deutschland, davon aus, daß Wettbewerbsverstöße weder als Geschäftsanmaßung qualifiziert werden könnten noch unter sonstigen Gesichtspunkten eine Gewinnhaftung begründeten 176. Die neuere schweizerische Literatur hat die Gesetzesänderung überwiegend positiv aufgenommen l77 • Sie betont, in scharfem Gegensatz zu der These, die Gewinnabschöpfung gefährde den freien Wettbewerb, den wettbewerbspolitischen Nutzen der Gewinnabschöpfung: Diese sei geboten, um Wettbewerbsverfälschungen zu verhindern und die Wettbewerbsmotivation zu tOrdern l78 • Hervorzuheben ist, daß die Gewinnabschöpfung nach Art. 423 schweiz. OR keinen Vorsatz und wenigstens nach Auffassung der Rechtsprechung noch nicht einmal Verschulden voraussetzt. Die Gründe, die die Gewinnabschöpfung gebieten, haben hier daher weit weniger Gewicht als im Rahmen des § 687 Abs. 2 BGB. Die Gewinnabschöpfung kann einen nennenswerten Präventionseffekt nur gegenüber vorsätzlichen Wettbewerbsverstößen hervorrufen, während eine zu weitgehende Haftung des fahrlässigen und insbesondere schuldlosen Eingreifers auch filr den erwünschten Leistungswettbewerb nachteilige Folgen haben kann. Bei Wettbewerbsverstößen ist es daher, will man den Gewinnherausgabeanspruch auch gegenüber dem gutgläubigen Verletzer dem Grunde nach anerkennen, jedenfalls in besonderem Maße geboten, bei der Ausgestaltung der Haftung das Prinzip zu beachten, daß dem gutgläubigen Verletzer nur der gerade durch den Rechtsverstoß erzielte Vorteil entzogen werden darf.
174 Daneben sieht Art. 10 Abs. 1 schweiz. UWG auch eine Gewinnabschöpfung zugunsten der betroffenen Kunden vor, deren praktische Bedeutung jedoch gering sein dürfte; vgl. Schmid, OR, Art. 423 Rdnr. 64. 175 So Nietlispach, S. 137; Lischer, S. 205. 176 Vgl. zur Frage der Anwendbarkeit des Art. 423 schweiz. OR bei Wettbewerbsverstößen die Nachw. oben S. 396 Fn. 121. 177 Vgl. z. B. Weber, ZSR NF Bd. 111, I (1992), S. 334 f.. 341 f.; Lischer. S.205; Nietlispach, S. 112, 416 ff., der lediglich die Regelung der Gewinnherausgabepflicht durch Verweisung auf das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag (statt auf das Bereicherungsrecht) kritisiert. 178 SO Z. B. Weber, ZSR NF Bd. 111, I (1992), S. 334 f.; Nietlispach, S. 20 fT. m. w. Nachw.
II. Die Verletzung von Wettbewerbsnormen
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Insgesamt bleibt festzuhalten, daß die gegen die privatrechtliche Vorteilsabschöpfung bei Wettbewerbsverstößen vorgebrachten Einwände, soweit sie überhaupt anzuerkennen sind, auf unvorsätzliche Verstöße zugeschnitten und daher nicht geeignet sind, die Berechtigung einer auf wissentlich-rechtswidriges Wettbewerbsverhalten beschränkten Vorteilsabschöpfung in Frage zu stellen. b) Diskussion differenzierender Auffassungen zur Frage der Abschöpfung wettbewerbswidrig erzielter Vorteile
Überwiegend wird die privatrechtliche Abschöpfung wettbewerbswidrig erzielter Vorteile zwar nicht kategorisch abgelehnt, aber nur in engen Grenzen zugelassen. So bejahte bereits Bertrams l79 den Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB bei Verstößen gegen die §§ 17 Abs. 2, 18 UWG unter der Voraussetzung, daß die Verwertung der Geheimnisse bzw. Vorlagen allen dritten Personen verboten sei. Derselben Auffassung ist Seiler l80 , der der älteren Rechtsprechung, die die dreifache Schadensberechnung bei Wettbewerbsverstößen nur im Falle der Verletzung einer gegenüber jedermann geschützten Position anerkennen wollte, auch für § 687 Abs. 2 BGB zustimmt. Für den Gewinnherausgabeanspruch aus Art. 423 schweiz. OR vertrat insbesondere Moserl 81 die Auffassung, daß dieser dann in Betracht komme, wenn durch Normen des Wettbewerbs rechts "im tatsächlichen Erfolg" dem einzelnen ein Ausschlußrecht verschafft werde. Und unter dem Gesichtspunkt der Eingriffskondiktion hat zuletzt Büsching l82 ausführlich zu begründen versucht, daß (nur) die unbefugte Inanspruchnahme dem Wettbewerb entzogener Verwertungsrechte einen Anspruch auf Zahlung der angemessenen Lizenzgebühr begründen könne. Nach heute herrschender Lehre soll es hingegen auf den absoluten Schutz der verletzten Position nicht ankommen. Vielmehr wird - im wesentlichen einheitlich für alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen - überwiegend nur noch zwischen Verstößen, die lediglich die gleiche Marktchance anderer Wettbewerber beeinträchtigen, und der wettbewerbswidrigen Ausbeutung fremder Untemehmenswerte untersch ieden 183.
179
S. 85.
180 MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr. 15. Herausgabe, S. 161 f., 268 ff. und SJZ Bd. 42 (1946), S. 20. S. 58 ff. 183 So z. B. für die Gewinnhaftung im allgemeinen Kellmann, Gewinnhaftung, S. 151 ff.; für § 687 Abs. 2 BGB Köhler, in: Großkomm. UWG, vor § 13 Abschn. B Rdnr.391 i. V. m. Rdnr. 356, 369; für die Eingriffskondiktion MünchKomm-Lieb, § 812 Rdnr. 214 ff.; Larenz/Canaris, § 69 I 2 f; ReuteriMartinek, S. 280 f.; Teplitzky, Kap. 40 Rdnr. 4 ff.; Loewenheim, WRP 1997, S. 916 f.; Köhler, a.a.O., Rdnr. 356,369; 181
182
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
aa) Die monopol artig geschützte Position als Voraussetzung der Vorteilsabschöpfung bei Wettbewerbsverstößen Die These, ein Anspruch auf Herausgabe wettbewerbswidrig erzielter Vorteile komme nur in Betracht, wo durch die Normen des Wettbewerbsrechts eine ImmaterialgUterrechten vergleichbare, monopolartig geschützte Position begründet worden sei, ist als allgemeingültiges Prinzip ebensowenig anzuerkennen wie die Lehre v. Caemmerers l84, die Verletzung wettbewerbsrechtlicher Positionen könne schlechthin kein Anwendungsgebiet der privatrechtlichen Vorteilsabschöpfung sein. Die auf die Verletzung monopolartig geschützter Wettbewerbspositionen beschränkte Anerkennung der Vorteilsabschöpfung erscheint gegenüber der Lehre v. Caemmerers nicht als Gegenposition, sondern eher als deren konsequente Fortführung l85 • Nach wie vor fehlt jedoch ein plausibler Grund, weshalb die Vorteilsabschöpfung davon abhängen soll, daß die verletzte Position auch vor andersartigen Beeinträchtigungen oder vor Beeinträchtigungen durch Dritte geschützt gewesen wäre. Wenn Büsching l86 zur Begründung anführt, erst wenn eine Leistungsposition dem Wettbewerb entzogen sei, werde "aus der jedermann zustehenden, wertlosen Chance eine Gewinnchance mit meßbarem Vermögenswert", so ist diese Aussage - unabhängig von der Frage ihres Argumentationswerts im Zusammenhang mit der privatrechtlichen Vorteilsabschöpfung - schon als solche in Zweifel zu ziehen. Denn auch eine vor Nachahmung absolut geschützte Leistungsposition ist für den Inhaber völlig wertlos, solange der Markt sich nicht für sie interessiert. Andererseits kann etwa ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis allein dadurch, daß es rein faktisch dem Zugriff von Konkurrenten entzogen ist, beträchtlichen Vermögenswert haben. Aber selbst die einfache, gleiche Marktchance läßt sich kaum als schlechthin wertlos bezeichnen, ist sie doch Grundlage jeder Gewinnerzielung. Welche vermögensrechtliche Relevanz die gleiche Marktchance haben kann, zeigt sich u. a. daran, daß sie in Gestalt vertraglicher Wettbewerbsverbote ein üblicher Gegenstand wirtschafts- und arbeitsrechtlicher Verträge ist und der Verzicht auf die Ausnutzung der gleichen Marktchance teilweise sogar aufgrund gesetzlicher Anordnung (§§ 74 Abs. 2, 90 a Abs. I S. 3 HGB) durch Karenzentschädigungen erkauft werden muß. Es erscheint daher sogar fragwürdig, der gleichen Marktchance die im Bereich der Eingriffskondiktion überwiegend geforderte marktübliche Verwertbarkeit abzusprechen.
für die dreifache Schadensberechnung Teplitzky, Kap. 34 Rdnr. 20; Laewenheim, a.a.O., S. 913 ff.; Heil/Raas, GRUR 1994, S. 29 ff.; Lutz. S. 168 ff. 184 FS Rabel I, S. 396 ff. 185 Vgl. Büsching, S. 69, der seine Ergebnisse selbst ganz in der Tradition v. Caemmerers sieht. 186 S. 83.
11. Die Verletzung von Wettbewerbsnormen
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Doch selbst wenn man die Unterscheidung Büschings für die Eingriffskondiktion oder die dreifache Schadensberechnung anerkennen wollte, so ließe sie sich doch auf § 687 Abs. 2 BGB nicht übertragen. Die Frage, inwieweit die verletzte Position Vermögenswert hat, kann ihre Berechtigung allenfalls dort haben, wo ein gesteigertes Bedürfnis für die Rechtfertigung der positiven Zuweisung des erlangten Vorteils an den Verletzten besteht. Sie mag angebracht sein, wo die Vorteilsabschöpfung aus den Gesichtspunkten der Rechtsfortwirkung oder des pauschalierten Schadensersatzes begründet wird und dementsprechend verschuldensunabhängig bzw. schon bei einfacher Fahrlässigkeit gehaftet wird. Wo hingegen vorsätzliches Handeln des Eingreifers vorausgesetzt wird, somit schutzwürdige Interessen des Eingreifers der Vorteilsabschöpfung nicht entgegenstehen können und der Präventionsgesichtspunkt in den Vordergrund tritt, muß es gleichgültig sein, welchen Vermögenswert die verletzte Position für den Verletzten hatte. bb) Die Unterscheidung zwischen der Verletzung der gleichen Marktchance und der Ausbeutung fremder Untemehmenswerte Ebenso wie die Beschränkung der Vorteilsabschöpfung auf die Verletzung monopolartiger Verwertungsrechte läßt sich auch die Unterscheidung zwischen Verstößen, die nur die gleiche Marktchance anderer Wettbewerber beeinträchtigen, und der Ausbeutung fremder Unternehmenswerte allenfalls aus den Eigenarten der jeweils herangezogenen Anspruchsgrundlage rechtfertigen. Als allgemeines Kriterium für den Anwendungsbereich der privatrechtlichen Vorteilsabschöpfung im Wettbewerbsrecht ist auch diese Differenzierung nicht anzuerkennen. Der unter Verletzung der gleichen Marktchance eines anderen Wettbewerbers erzielte Gewinn ist nicht schutzwürdiger als der unter widerrechtlicher Ausnutzung einer fremden Leistungsposition erzielte. Es gibt auch keinen Anhaltspunkt dafür, daß das UWG das Interesse eines Wettbewerbers an der Bewahrung eines bestehenden Wettbewerbsvorsprungs gegenüber dem Interesse an der Erhaltung der gleichen Marktchance als vorrangig bewertet. Die wettbewerbswidrige Beeinträchtigung der gleichen Marktchance eines anderen Wettbewerbers zieht nach dem UWG in Gestalt von Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen dieselben Sanktionen nach sich wie die unlautere Ausbeutung fremder Leistungspositionen. Es ist nicht einzusehen, weshalb ausgerechnet rur die Sanktion der Gewinnabschöpfung etwas anderes gelten soll. Die Gewinnhaftung ist hier wie da eine sinnvolle Ergänzung des bereits durch die Normen des UWG gewährten Schutzes. Wenn allgemein betont wird, es dürfe keine Aussicht bestehen, einen Gewinn durch rechtswidrige Ausbeutung fremder Leistungen zu erzielen, so erscheint es inkonsequent, den Gewinn unangetastet zu lassen, der durch die weubewerbswidrige Beeinträchtigung der gleichen Marktchance eines Konkurrenten erzielt wird.
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
Wenn als mögliches Anwendungsgebiet der Eingriffskondiktion im Recht des unlauteren Wettbewerbs meist nur die Verletzung von Leistungspositionen in Betracht gezogen wird, so hängt dies u. a. mit der dogmatischen Konstruktion der Eingriffskondiktion durch die herrschende Lehre zusammen. Diese sieht bekanntlich in den Fällen der unbefugten Nutzung fremder Rechtsgüter im Anschluß an v. Caemmerer l87 nicht den Gewinn oder die Ausgabenersparnis, sondern die Nutzung selbst als primären Gegenstand der Eingriffskondiktion an, für den, vorbehaltlich des § 818 Abs. 3 BGB, Wertersatz zu leisten sei. Diese Konstruktion ist auf Eingriffe in absolute Rechte, wie Eigentum und Immaterialgüterrechte, zugeschnitten, aber in gleicher Weise auch in Fällen wettbewerbswidriger Leistungsübernahme verwendbar l88 • Sie versagt jedoch bei allen übrigen Wettbewerbsverstößen. Die herrschende Lehre steht hier somit vor dem Problem, analog den Nutzungsfällen einen primären Anspruchsgegenstand zu benennen, für den nach § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten ist. Mit der unbeschränkten Zulassung der Eingriffskondiktion bei Wettbewerbsverstößen wären daher zugleich zum einen die für die herrschende Lehre grundlegende Unterscheidung zwischen dem erlangten "Etwas" und der Bereicherung, zum andern die Lehre von der bloßen Wertersatzhaftung bei Nutzung fremder Rechtsgüter in Frage gestellt. Allerdings gibt es einen Ausweg, der darin besteht, das vom Verletzer Erlangte in der durch den Wettbewerbsverstoß bewirkten Verbesserung der eigenen Marktchance zu sehen. Hierauf wird unter dem Gesichtspunkt des § 687 Abs. 2 BGB noch zurückzukommen sein. An dieser Stelle genügt die Feststellung, daß ein wesentlicher Grund für die Abneigung der herrschenden Lehre dagegen, die privatrechtliche Vorteilsabschöpfung bei Wettbewerbsverstößen außerhalb des Bereichs der Ausbeutung fremder Leistungspositionen anzuerkennen, in einer spezifisch bereicherungsrechtlichen Problematik zu sehen ist. Wenn auch die Rechtsprechung bislang die privatrechtliche Abschöpfung wettbewerbswidrig erzielter Vorteile nur im Bereich des Leistungsschutzes zugelassen hat, so ist dies in erster Linie mit den Besonderheiten der dreifachen Schadensberechnung zu erklären, die nur im Wege der Analogie über ihr bereits anerkanntes Anwendungsgebiet hinaus ausgedehnt werden kann. Selbst wenn sich für den Anwendungsbereich der dreifachen Schadensberechnung der Grundsatz aufstellen ließe, daß nur die Verletzung der "immaterialgUterrechtsähnlichen" Leistungspositionen die Vorteilsabschöpfung rechtfertigen könne, ließe sich dies auf andere Anspruchsgrundlagen jedenfalls nicht übertragen.
FS Rabel I, S. 356 f. Vgl. Büsching, S. 43 ff.; Köhler, NJW 1992, S. 1480; Loewenheim, WRP 1997, S.917. 187 188
11. Die Verletzung von Wettbewerbsnormen
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Das Anwendungsgebiet der privatrechtlichen Vorteilsabschöpfung im Wettbewerbsrecht läßt sich also nicht pauschal auf die Fallgruppe der Ausbeutung fremder Leistungspositionen beschränken. Letztlich entscheidend müssen die Tatbestandsvoraussetzungen der jeweils anzuwendenden Anspruchsgrundlage sein. Unabhängig von diesen ist unabdingbare Voraussetzung rur die Anerkennung eines Gewinnherausgabeanspruchs nur der Individualbezug der gewinnbringenden widerrechtlichen Handlung. Wo eine rechtswidrige Handlung keine Individualinteressen verletzt, sondern nur die Interessen der Allgemeinheit oder gleichmäßig die Interessen eines zahlenmäßig nicht bestimmbaren Personenkreises, scheitert jeder Gewinnherausgabeanspruch spätestens arn Verteilungsproblem. Der kategorische Ausschluß der privatrechtlichen Vorteilsabschöpfung ist jedoch nur rur die Fälle anzuerkennen, in denen das Verteilungsproblem tatsächlich unlösbar ist l89 • Die rhetorische Frage v. Caemmerers l90 , an wen denn eigentlich der Verletzer zahlen solle, läßt sich nicht nur in den Fällen der Ausbeutung fremder Leistungspositionen, sondern insbesondere auch in den Fällen des Behinderungswettbewerbs durchaus eindeutig beantworten 191.
3. Das Anwendungsgebiet des § 687 Abs. 2 BGB im Wettbewerbsrecht Da es ein spezifisch wettbewerbsrechtliches Problem der Gewinnhaftung nicht gibt, sind die oben l92 entwickelten allgemeinen Kriterien rur die Bestimmung des Anwendungsbereichs des § 687 Abs. 2 BGB auch im Bereich der Wettbewerbsverstöße uneingeschränkt anwendbar. Der Anspruch aus § 687 Abs.2 BGB kann sich also bei Wettbewerbsverstößen, wie auch sonst, zum einen aus der ausschließlichen Befugnis des Verletzten zur Nutzung bestimmter Rechtsgüter, zum andern aus der Möglichkeit des Verletzten, in die Verletzungshandlung mit rechtfertigender Wirkung einzuwilligen, ergeben. Im folgenden soll untersucht werden, bei welchen Formen von Wettbewerbsverstößen im einzelnen sich anhand dieser Kriterien die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB begründen läßt. Dabei wird die übliche Einteilung der Wettbewerbsverstöße in die Kategorien des Kundenfangs, des Behinderungswettbe-
Vgl. für die Eingriffskondiktion Jakobs, Eingriffserwerb, S. 116 f. FS Rabel I, S. 397. 191 Nicht zwingend daher Loewenheim, ZHR Bd.135 (1971), S. 131 f., der zwar meint, der Sanktions- und Präventionsgedanke gebiete die Anwendung der dreifachen Schadensberechnung auf die Verletzung aller besonders verletzlichen objektivrechtlichen Normen, im Hinblick auf den erforderlichen Individualbezug des Verstoßes komme jedoch nur die Verletzung von Leistungspositionen in Betracht. 192 S. 67 ff. 189
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
werbs, der Ausbeutung, des Vorsprungs durch Rechtsbruch und der Marktstörung l93 zugrunde gelegt. a) Kundenfang, Rechtsbruch und Marktstörung Weitgehend Einigkeit besteht darüber, daß die unter dem Begriff "Kundenfang" zusammengefaßten Wettbewerbsverstöße den Tatbestand der Geschäftsanmaßung nicht erfüllen können 194. Zur Begründung wird angeführt, daß der Wettbewerbsverstoß sich nicht gegen private, sondern nur gegen öffentliche Interessen richte und das verletzte Verbot für alle Wettbewerber gleichermaßen gelte l95 • In der Tat scheitert die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB in dieser Fallgruppe meist schon daran, daß es sich um absolut verbotene Geschäfte handelt, wie z. B. beim Kundenfang durch unlautere gefühlsbetonte oder aufdringliche Werbung, durch Nötigung oder unzulässige Zugaben. Hier sind weder andere Wettbewerber selbst befugt, sich auf entsprechende Weise Wettbewerbsvorteile zu verschaffen, noch stehen die durch die wettbewerbswidrige Handlung verletzten Interessen zur Disposition einzelner Konkurrenten. Etwas anders liegt es im Fall der irreführenden Werbung l96 • Wer mit Angaben wirbt, die zwar nicht auf seine Produkte, wohl aber auf die anderer Unternehmen zutreffen, führt kein absolut verbotenes Geschäft, sondern ein Geschäft, das von anderen rechtmäßig geführt werden könnte. Ein Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB wird aber meist daran scheitern, daß der Kreis der potentiellen Gläubiger unbestimmbar ist, weil der Verletzer mit einer Produkteigenschaft geworben hat, die sich nicht ausschließlich einem einzelnen konkurrierenden Unternehmen zuordnen läßt. Die Fallgruppe des "Vorsprungs durch Rechtsbruch" ist dadurch gekennzeichnet, daß die Wettbewerbswidrigkeit sich aus dem Verstoß gegen außer-
Vg!. BaumbachlHefermehl, UWG, Ein!. Rdnr. 160 ff. Vg!. BaumbachlHefermehl, UWG, Ein!. Rdnr. 415; Reimer/Pastor, S.300; Bertrams, S. 83; Th. Fischer, S. 28; Nietlispach. S. 139 f.: Thum, S. 65. 195 Bertrams, S. 83; Thum, S. 65. 196 Nach nahezu allgemeiner Ansicht soll hier eine zivilrechtliehe Vorteilsabschöpfung unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten ausgeschlossen sein; so z. B. ausdrücklich für § 687 Abs. 2 BGB BaumbachlHefermehl. UWG. Ein!. Rdnr. 415; ReimerlPastor, S. 300; Bertrams. S. 83; für den Bereicherungsanspruch Staudinger-Loren::. vor §§ 812 ff. Rdnr. 70; Kellmann, Gewinnhaftung. S. 152; für die dreifache Schadensberechnung Loewenheim. ZHR Bd. 135 (1971). S. 141: Lut=. S. 171 f.; für Art. 423 schweiz. OR Thum, S. 65; Widmer. S. 134; a. A. für den Bereicherungsanspruch Lobe, S.366. 193
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H. Die Verletzung von Wettbewerbsnormen
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wettbewerbsrechtliche Vorschriften ergibt l97 . Auch hier wird sich ein Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB kaum einmal begründen lassen. Denn es handelt sich in aller Regel entweder um absolut verbotene Geschäfte oder um solche, die von anderen rechtmäßig geführt werden können, aber keinem einzelnen Prätendenten ausschließlich zugewiesen sind, wie etwa beim Betrieb eines Gewerbes ohne die erforderliche Konzession l98 . Ein Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB ist in diesen Fällen nur dann denkbar, wenn hinsichtlich der gewinnbringenden Geschäfte ein rechtlich geschütztes Monopol besteht l99 . Kein Raum für die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB ist schließlich in der Fallgruppe der Marktstörung, die sich per definitionem nicht gegen einzelne Konkurrenten richtet 200 und daher auch nicht das Tatbestandsmerkmal des fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB erfüllen kann. b) Ausbeutung
Die Fallgruppe der Ausbeutung, die nach herrschender Ansicht das einzige Anwendungsgebiet der Eingriffskondiktion, der dreifachen Schadensberechnung und des § 687 Abs. 2 BGB im Wettbewerbsrecht darstellt, um faßt insbesondere die unbefugte Verwertung fremder Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse (§ 17 UWG) sowie fremder Vorlagen (§ 18 UWG), die sklavische Nachahmung nicht immaterialgüterrechtlich geschützter Leistungen und die Ausbeutung fremden Rufs. Wollte man die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB von einer ausschließlichen Eigennutzungsbefugnis des Verletzten abhängig machen, so stünde man im Bereich der Ausbeutung wettbewerbsrechtlich geschützter Leistungspositionen vor dem Problem, daß Wettbewerbshandlungen regelmäßig nur aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles als rechtswidrig qualifiziert werden können. Die Nachahmung fremder, nicht immaterialgüterrechtlich geschützter Leistungen ist nicht allgemein verboten, sondern nur dann, wenn sie das Tatbestandsmerkmal der Sittenwidrigkeit im Sinne des § 1 UWG erfüllt, was zumindest auch von Umständen in der Person des Nachahmers abhängen kann 201 • Auch Vorlagen im Sinne des § 18 UWG genießen keinen absoluten Schutz vor der Verwertung durch Konkurrenten. Vielmehr ist ihre Verwertung grundsätzlich nur demjenigen verboten, dem sie "anvertraut" wurden. Ähnliches gilt für
BallmbachiHefermehl. UWG. Ein!. Rdnr. 118. § I Rdnr.608. Vg!. lVi/heIm. Rechtsverletzung. S. 97 f. Fn. 131: Krumm, S. 2 ff. Fn. 3 (zum Fall der Abgabe rezeptpflichtiger Medikamente in Drogerien). 199 Vg!. RGZ 100. 142. 145 f. 200 Vg!. BaumbachlHefermehl, UWG. § I Rdnr.832. 201 Vg!. BallmbachlHefermehl. UWG. § 1 Rdnr.448. 197 198
27 Eher!
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
die Verwertung fremder Geschäfts- oder Betriebsgeheirnnisse202 • In diesen Fällen läßt sich also kaum begründen, daß dem Verletzten die ausschließliche Nutzung des verletzten Rechtsguts zustehen soll. Der Bundesgerichtshof bedurfte im Rahmen der dreifachen Schadensberechnung des fragwürdigen Postulats eines von der persönlichen Unlauterkeit unabhängigen wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutzes, um wenigstens ausnahmsweise das - vermeintliche - Erfordernis der Verletzung einer "immaterialgüterrechtsähnlich" geschützten Position bejahen zu können 203 . Dies muß Wasser auf die Mühlen der Gegner jeder Abschöpfung wettbewerbswidrig erlangter Vorteile sein, die befürchten, durch deren Anerkennung würden ungeschützte Positionen in absolute Rechte verwandelt. Zwar ist zu betonen, daß die absolut geschützte Position hier genau genommen nicht durch die Anerkennung der dreifachen Schadensberechnung im Wettbewerbsrecht entstanden ist, sondern dadurch, daß die Vorfrage des Vorliegens eines Wettbewerbsverstoßes ohne Rücksicht auf besondere, die Unlauterkeit im Einzelfall begründende Umstände bejaht wurde. Doch besteht, wenn man die Vorteilsabschöpfung von einer absolut geschützten Position abhängig macht, unverkennbar die Gefahr, daß wettbewerbsfreie Zonen gleichsam als unerwünschtes Nebenprodukt der gebotenen Abschöpfung wettbewerbswidrig erlangter Vorteile geschaffen werden. Will man dieser Gefahr entgehen, so muß man lediglich von dem Merkmal des absoluten Schutzes der verletzten Position als Voraussetzung der Vorteilsabschöpfung Abschied nehmen. Ob dieser Weg, wie der Bundesgerichtshof in seiner neueren Rechtsprechung annimmt, auch für die dreifache Schadensberechnung in Betracht kommt, mag angesichts der historischen Wurzeln gerade dieses Gewinnabschöpfungsinstruments im Immaterialgüterrecht nicht ganz zweifelsfrei erscheinen, muß hier aber nicht entschieden werden. Bei § 687 Abs. 2 BGB läßt sich das Problem jedenfalls dadurch lösen, daß statt an die Eigennutzungsbefugnis an die Lizenzbefugnis des Verletzten angeknüpft wird. Denn jedem Inhaber einer wettbewerbsrechtlich geschützten Leistungsposition steht die Befugnis zu, einem andern die Nutzung der Leistungsposition mit rechtfertigender Wirkung auch gegenüber Dritten zu gestatten. Damit läßt sich zumindest für den Bereich der wissentlich-wettbewerbswidrigen Leistungsübernahme die insbesondere unter Präventionsgesichtspunkten wünschenswerte Gewinnabschöpfung lückenlos verwirklichen.
202 Gleichwohl wird das Geschäfts- bzw. Betriebsgeheimnis teilweise als absolutes Recht angesehen; so Hubmann, GR, § 54 III; Reimer, WbR, S. 776; krit. zu Recht BaumbachlHefermehl, UWG, § 17 Rdnr.53; Loewenheim, ZHR Bd.135 (1971), S. 139. Die Rechtsprechung schwankt; verneinend BGHZ 3,365,368; bejahend BGHZ 17,41,50 f.; offen BGHZ 38,391,395. 203 BGHZ 57, 116, 120 ff. "Wandsteckdose 11"; 60, 168, 169 ff. "Modeneuheit"; krit. BaumbachlHefermehl, UWG, Ein!. Rdnr. 386.
II. Die Verletzung von Wettbewerbsnonnen
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c) Behinderungswettbewerb Unter den möglichen Anwendungsgebieten der privatrechtlichen Vorteilsabschöpfung zählt die Fallgruppe des Behinderungswettbewerbs zu den umstrittensten. Hierher gehören etwa die unlautere Preisunterbietung, die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung, der Boykott, die herabsetzende vergleichende Werbung, die Anschwärzung (§ 14 UWG) und die geschäftliche Verleumdung (§ 15 UWG). Gelegentlich wird die Möglichkeit der Gewinnhaftung in diesem Bereich mit dem Hinweis darauf geleugnet, wettbewerbswidrige Behinderungshandlungen seien rein destruktiv204 . Dies überzeugt nicht. Die Qualifizierung der Behinderungshandlung als rein destruktiv erweist sich bei genauerer Betrachtung als unhaltbar. Denn indem die Behinderungshandlung die fremde Wettbewerbsposition beeinträchtigt, wird sie, das schon filr die Begründung des Wettbewerbsverstoßes unerläßliche Wettbewerbsverhältnis vorausgesetzt 205 , zugleich die Wettbewerbsposition des Handelnden verbessern. Das typische Kennzeichen der den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB erfüllenden Handlungen, daß dem Nachteil des Geschäftsherm ein (nicht notwendig gleichwertiger) Vorteil des Geschäftsfilhrers gegenübersteht, ist also auch hier durchaus gegeben. Rein destruktiv ist die Behinderung eines Wettbewerbers nur, wenn sie um ihrer selbst willen und nicht zu Wettbewerbszwecken erfolgt. Derartige Handlungen können auch nach hier vertretener Auffassung Ansprüche aus § 687 Abs. 2 BGB nicht begründen, da der subjektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB nur erfilllt ist, wenn der Geschäftsfilhrer um der Erzielung eines eigenen Vorteils willen handelt. Die Fragwürdigkeit der Auffassung, daß hinsichtlich der Abschöpfung wettbewerbswidrig erzielter Vorteile zwischen der Ausbeutung fremder Leistungspositionen und der vermeintlich rein destruktiven Behinderung eines Konkurrenten zu differenzieren sei, zeigt sich insbesondere daran, daß die Übergänge zwischen beiden Fallgruppen fließend sind 206 • So wird das Ausspannen von Beschäftigten oder Kunden teilweise der Fallgruppe der Ausbeutung zugerechnet 207 , obgleich sich das Einwirken auf den Arbeitnehmer mit dem Ziel, daß
So Kellmann. Gewinnhaftung. S. 152: Lut::. S. 172. Vg!. dazu BaumbachlHefermehl. UWG. Ein!. Rdnr. 216 ff. 206 Vg!. BaumbachlHefermehl. UWG. Ein!. Rdnr. 166, § 1 Rdnr. 208, 438; Kraft, Interessenabwägung, S. 274 ff.. der die Ausbeutung fremder Leistungen sogar nur als Spezial fall der Behinderung ansieht. 207 Vg!. etwa BaumbachlHefermehl, UWG, § 1 Rdnr. 438; Luf::, S. 172 f.; a. A. Großkomm. UWG-KÖhler. vor § 13 Abschn. B Rdnr. 369; Loewenheim. Bereicherungsrecht, S. 94: wohl auch LarendCanaris. § 69 I 2 f (Abwerben von Arbeitnehmern als Fall des Beh inderungswettbewerbs). 204 205
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
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dieser seinen bisherigen Arbeitsplatz aufgibt, oder das Einwirken auf Kunden mit dem Ziel, daß diese sich von ihrem bisherigen Geschäftspartner abwenden, isoliert betrachtet ebenso als rein destruktiver Behinderungswettbewerb qualifizieren ließe wie etwa die geschäftliche Verleumdung. Die Einordnung des Ausspannens von Arbeitnehmern in die Fallgruppe der Ausbeutung läßt sich nur damit erklären, daß ein Wettbewerber, der einen Arbeitnehmer eines Konkurrenten zur Aufgabe des bisherigen Arbeitsplatzes bewegt, dabei in der Regel zugleich die Absicht haben wird, den Arbeitnehmer zu übernehmen und gewinnbringend einzusetzen, also - allgemein formuliert - die durch die Behinderungshandlung geschaffene Situation mittels weiterer Schritte gewinnbringend auszunutzen. Ebenso verhält es sich beim Ausspannen von Kunden. Zu einem Fall der Ausbeutung wird das Ausspannen von Kunden erst dadurch, daß der Verletzer nicht lediglich dem Konkurrenten die Kundschaft entzieht, sondern diese sich selbst zuführt. Nach der wohl herrschenden Ansicht in der bereicherungsrechtlichen Literatur ist eine Eingriffskondiktion bei Behinderungswettbewerb deshalb abzulehnen, weil es an einem Eingriff in eine marktüblich verwertbare Position fehlt. In der Tat kommt in den typischen Fällen des Behinderungswettbewerbs die entgeltliche Einwilligung des Verletzten in die Verletzungshandlung, analog dem Abschluß eines Lizenzvertrags über eine Leistungsposition, nicht vor. Lizenzverträge sind nur dort wirtschaftlich sinnvoll, wo die durch den Lizenznehmer zu erzielenden wirtschaftlichen Vorteile voraussichtlich die Nachteile für den Lizenzgeber übersteigen. Denn nur so können beide Seiten profitieren, was in tatsächlicher Hinsicht Grundvoraussetzung jeglichen Vertragsschlusses ist. Durch Behinderungswettbewerb kann der Verletzer dagegen zwar möglicherweise einen Gewinn erzielen; dieser wird aber meist unter dem dem Verletzten entstandenen Schaden liegen. Der rein faktische Befund, daß eine entgeltliche Gestattung von Behinderungswettbewerb in der Praxis nicht vorkommt, kann jedoch jedenfalls die Versagung des Anspruchs aus § 687 Abs. 2 BGB nicht rechtfertigen. Hier ist nur zu fragen, ob der Gestattung des Eingriffs in eine wettbewerbsrechtlich geschützte Position rechtliche Hindernisse entgegenstehen. Soweit dies nicht der Fall ist, läßt sich die Anwendung des § 687 Abs.2 BGB nach allgemeinen Grundsätzen mit der dem Verletzten zustehenden Lizenzbefugnis begründen.
Haines 208 , der anhand der Fragestellung, ob der Verletzte in den Eingriff mit rechtfertigender Wirkung hätte einwilligen können, den Anwendungsbereich der Eingriffskondiktion bestimmen will, geht als selbstverständlich davon aus, daß im Bereich des Behinderungswettbewerbs keine rechtlichen Hindernisse einer Einwilligung durch den Verletzten entgegenstünden, und bejaht daher die
208
S. 93 f.
11. Die Verletzung von Wettbewerbsnormen
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Eingriffskondiktion u. a. auch bei Verstößen gegen die §§ 14 f. UWG. Dagegen lehnt Canaris 209 , der ähnlich wie Haines das Kriterium der Marktfähigkeit der verletzten Position nicht anerkennen und die Entgeltsfähigkeit genügen lassen will, im Bereich des Behinderungswettbewerbs eine Eingriffskondiktion mit der Begründung ab, daß § I G WB wettbewerbs beschränkende Vereinbarungen grundsätzlich mißbillige. Diese Argumentation erscheint auf den ersten Blick zumindest dann plausibel, wenn man den materiellen Grund der Eingriffskondiktion in der vom Verletzer ersparten bzw. dem Verletzten entgangenen Lizenzgebühr sieht. Es drängt sich allerdings die Frage auf, inwieweit zum Zwecke der Feststellung, ob der vertragliche Verzicht auf gleichberechtigte Teilnahme am Wettbewerb kartellrechtlich zulässig wäre, die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 GWB und der zahlreichen Ausnahmebestimmungen geprüft werden müssen. Canaris 210 meint, es dürfe etwa nicht darauf ankommen, ob die fiktive Wettbewerbsvereinbarung zu einer "spürbaren" Marktbeeinträchtigung führte. Wenn Canaris deshalb annimmt, daß unabhängig von den konkreten Umständen der Verletzungshandlung die Eingriffskondiktion versagt werden müsse, so erscheint diese Konsequenz jedoch nicht zwingend. In anderem Zusammenhang, nämlich bezüglich der Verwendung fremder Warenzeichen, betont Canaris, die Eingriffskondiktion sei auch dann zu gewähren, wenn im konkreten Fall die Gestattung des Eingriffs gesetzwidrig wäre 2 !!. Daher stimmt Canaris der "Chanel Nr. 5"-Entscheidung des Bundesgerichtshofs 2 !2 zu, obgleich er davon ausgeht, daß hier eine rechtfertigende Einwilligung des Klägers nicht möglich gewesen wäre, da auch ein Verstoß gegen § 3 UWG vorgelegen habe. Canaris geht also hier von einer abstrakten Betrachtungsweise bei der Frage aus, ob eine Einwilligung in die rechtsverletzende Handlung zulässig wäre. Dieselbe abstrakte Betrachtungsweise muß dann aber konsequenterweise auch bei der Frage angewandt werden, ob der durch Behinderungswettbewerb beeinträchtigte Wettbewerber freiwillig auf die Ausnutzung seiner Marktchance hätte verzichten können. Allerdings erscheint schon zweifelhaft, ob der Gesichtspunkt der Möglichkeit einer rechtfertigenden Einwilligung überhaupt den sachgerechten Ausgangspunkt für die Bestimmung des Anwendungsbereichs der Eingriffskondiktion darstellt. Unverkennbar ist, daß man sich mit diesem Kriterium bereits im theoretischen Ansatz der Rechtswidrigkeitstheorie stark annähert, da die Anwendung dieses Kriteriums die Rechtswidrigkeit der Handlung logisch voraussetzt.
Laren=lCanaris, § 69 I 2 f. Laren=lCanaris, § 69 I 2 f. 2!! Laren=lCanaris, § 69 I 1 e; ebenso für den Anspruch auf die angemessene Lizenzgebühr nach der zweiten Schadensberechnungsmethode BGHZ 44, 372, 379 f. "Meßmer-Tee II"; Großkomm. UWG-Köhler, vor § 13 Abschn. B Rdnr. 331; Lutz, S. 67. 2!2 BGHZ 99,244 ff. 209
2!0
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
Aber auch die Ergebnisse lassen sich kaum noch von denen der Rechtswidrigkeitstheorie unterscheiden, wenn man nicht nur auf das Kriterium der Marktflihigkeit der verletzten Position verzichtet, sondern auch bei der Frage, ob eine Gestattung des Eingriffs rechtlich zulässig wäre, von den konkreten Umständen der Eingriffshandlung abstrahiert. Bei § 687 Abs. 2 BGB können diese Bedenken jedoch keine Rolle spielen. Hier ist nicht nur für das Kriterium der marktüblichen Verwertbarkeit des Eingriffsobjekts kein Raum, sondern auch das Erfordernis der Abstraktion von den Umständen des Einzelfalles durch das Tatbestandsmerkmal des fremden Geschäfts zwingend vorgegeben. Es sollte daher für die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB im Bereich des Behinderungswettbewerbs genügen, daß das Gesetz wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen nicht schlechthin untersagt. Doch selbst wenn man im Hinblick auf die Wertung des GWB davon ausgehen wollte, daß die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB nicht über die dem Verletzten zustehende Lizenzbefugnis begründet werden könne, so verbliebe doch die Möglichkeit der Anknüpfung an die Eigennutzungsbefugnis. Nach verbreiteter Auffassung soll allerdings die Vorteilsabschöpfung bei Behinderungswettbewerb gerade daran scheitern, daß - im Unterschied zur Verletzung sogenannter absoluter Rechte, aber auch wettbewerbsrechtlich geschützter Leistungspositionen - die Anknüpfung an die Eigennutzungsbefugnis versage. Es fehle an einem Rechtsgut, das von einem andern als dem Berechtigten ausgenutzt werde 213 • Deutlich klingt in dieser Argumentation der Gedanke v. Caemmerers214 an, Grundlage der Vorteilsabschöpfung sei das dem Verletzten vorbehaltene "uti, frui, abuti", die das absolute Recht im Sinne des § 823 Abs. I 8GB kennzeichnende Genußfunktion. Tatsächlich hat jedoch selbst der Behinderungswettbewerb im weitesten Sinne durchaus eine Rechtsposition mit Genußfunktion zum Gegenstand. Denn auch die Funktion des Unterlassungsanspruchs gegenüber Behinderungswettbewerb erschöpft sich nicht darin, eine objektiv rechtswidrige Verhaltensweise eines andern zu unterbinden 215 • Er dient vielmehr dem Schutz eines positiven Interesses des Wettbewerbers, nämlich dem Interesse an gleichberechtigter Teilnahme am Wettbewerb und damit der Chance auf Gewinnerzielung. Die
213 Vgl. Großkomm. UWG-KÖhler. vor § 13 Abschn. B Rdnr. 356; Teplitzky, Kap. 40 Rdnr. 4 ff.; Kellmann. Gewinnhaftung, S. 152 ff.; Batsch, Vermögensverschiebung, S. 112; Loewenheim. ZHR Bd. 135 (1971). S. 137; Bertrams, S. 84; Lutz, S. 172; Widmer, S. 133 f. 214 FS Rabel I. S. 352 ff. 215 Vgl. Wilhelm, Rechtsverletzung. S. 95. der die Lehre. es gebe bloße Ausschlußrechte ohne positiven Zuweisungsgehalt. mit der Behauptung gleichsetzt, daß die Rechtsordnung dem einzelnen ein Recht nicht zum Schutz seiner Interessen. sondern nur zu dem Zweck verleihen könne. andere in ihrem Verhalten zu beschränken.
11. Die Verletzung von Wettbewerbsnormen
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Abwehrfunktion steht hier also ebenso im Dienste einer Genußfunktion wie bei sogenannten absoluten Rechten. Zwar mag man eine Besonderheit im Vergleich zu den absoluten Rechten im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB und zu wettbewerbsrechtlich geschützten Leistungspositionen darin sehen, daß das Rechtsgut der gleichen Marktchance höchstpersönlicher Natur ist. Denn ein Wettbewerber kann sich eine fremde Marktchance weder übertragen lassen noch diese eigenmächtig ausüben. Er nutzt vielmehr immer nur seine eigene Marktchance. Das von § 687 Abs. 2 BGB vorausgesetzte Merkmal des HandeIns an Stelle des Berechtigten läßt sich jedoch damit begründen, daß der Wettbewerber, der einen Konkurrenten in unlauterer Weise behindert, sich dessen Befugnis anmaßt, über die eigene gleichberechtigte Teilnahme am Wettbewerb zu entscheiden. Wenn gegen die Gewinnhaftung bei Behinderungswettbewerb eingewandt wird, daß der Handelnde nicht eigenmächtig an die Stelle des Berechtigten trete, sondern ihn nur verletze 216 , beruht dies also auf einem zu engen, nicht genügend abstrahierenden Verständnis des "HandeIns an Stelle des Berechtigten". Die erwähnten kartellrechtlichen Bedenken haben gegenüber diesem Begründungsansatz, der unmittelbar an das Recht auf gleichberechtigte Teilnahme am Wettbewerb anknüpft, und nicht an das Recht, hierauf (vertraglich) zugunsten eines andern zu verzichten, von vornherein keine Relevanz. Dies zeigt besonders deutlich der Vergleich mit den Fällen der Markenrechtsverletzung. Auch wenn hier ausnahmsweise die Verwendung der Marke durch einen andem als den Berechtigten selbst mit dessen Zustimmung wegen Verstoßes gegen § 3 UWG rechtswidrig wäre, bleibt hiervon doch das Recht des Inhabers, die Marke selbst zu verwenden, unberührt. Dieser Gesichtspunkt hat für die in der bereicherungsrechtlichen Literatur inzwischen wohl vorherrschende Auffassung, die die Grundlage der Eingriffskondiktion in der Möglichkeit der entgeltlichen Gestattung des Eingriffs sieht, keine selbständige Relevanz. So ist auch in der Diskussion um die Gewinnabschöpfung bei Wettbewerbsverstößen weitgehend unberücksichtigt geblieben, daß einem Wettbewerber nicht nur die Befugnis zustehen kann, wettbewerbswidrige Handlungen eines andern zu unterbinden oder entgeltlich zu gestatten, sondern daß ihm auch und in erster linie die Befugnis zusteht, selbst am Wettbewerb teilzunehmen, durch Nutzung der eigenen gleichen Marktchance Gewinne zu erzielen. Die tatbestandliche Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB läßt sich also selbst im Faile des Behinderungswettbewerbs durchaus begründen, wenn man bei der Bestimmung des fremden Geschäfts nur konsequent genug abstrahiert. Einzuräumen ist, daß auf diese Weise das Erfordernis einer positiven Zuwei-
216 So Kellmann. Gewinnhaftung. S. 152: ähnlich Bertrams, S. 84; Lutz, S. 172; TlllIm. S. 65: Maser. Herausgabe. S. 271: ders., SJZ Bd. 42 (1946), S. 20; Th. Fischer,
S.28.
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
sung des Geschäfts an den Prätendenten praktisch bedeutungslos wird, ist doch nach traditioneller Auffassung der Behinderungswettbewerb geradezu das Paradebeispiel rur die Verletzung einer Rechtsposition ohne positiven Zuweisungsgehalt. Wer jedoch deshalb die hier vertretene Auffassung als unvereinbar mit den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 687 Abs.2 BGB empfindet, muß sich fragen lassen, wo willkürfrei eine Grenze rur die Anwendung der abstrakten Betrachtungsweise bei der Bestimmung des fremden Geschäfts gezogen werden kann. Denn daß bei der Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB in gewissem Umfang von konkreten Modalitäten der Eingriffshandlung abstrahiert werden muß, dürfte allgemein anerkannt sein. Bereits F. Schulz hat diesen Grundsatz aufgestellt, ohne hiermit auf Widerspruch gestoßen zu sein, und auch die Rechtsprechung wendet ihn wenigstens stillschweigend an 217 • Auf die Frage, wie weit bei dieser Abstraktion gegangen werden darf, sind jedoch Rechtsprechung und Literatur sowohl zu § 687 Abs. 2 BGB als auch zur Eingriffskondition bislang eine Antwort schuldig geblieben. Wenigstens rur den Fall der wissentlichen Eingriffe im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB kann aber nur gelten, daß bei der Abstraktion von den Umständen der Eingriffshandlung möglichst großzügig verfahren werden muß, schon deshalb, weil das Bedürfnis nach wirksamem Rechtsgüterschutz den Entzug jedes wissentlich-rechtswidrig erlangten Vorteils rechtfertigt und die Differenzierung zwischen der Verletzung von Positionen mit positivem Zuweisungsgehalt und der Verletzung bloßer UnterlassungsanspTÜche bei der Frage der Abschöpfung wissentlich-rechtswidrig erlangter Vorteile daher eine rechtspolitisch ohnehin fragwürdige Entscheidung ist. Zu klären bleibt, worauf im Falle des Behinderungswettbewerbs der Herausgabeanspruch aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB gerichtet ist. Unmittelbar aus der Behinderungshandlung erlangt der Verletzer noch keine konkreten Vermögenswerte, sondern lediglich eine Verbesserung seiner Marktchance. Bereits diese ist aber ein im Sinne des 667 BGB aus der Geschäftsbesorgung erlangter Vorteil, fur den der Verletzer Wertersatz zu leisten hat2l8 . Dessen Höhe bemißt sich mangels anderweitiger Anhaltspunkte danach, Vgl. oben S. 82. Ähnlich schon für den Bereicherungsanspruch Lobe, S. 359 ff., dessen Lehre seinerzeit namhafte Anhänger fand. Jakobs, Eingriffserwerb, S. 116 erklärt sie jedoch schlicht für abwegig. Dem ist insoweit zuzustimmen, als Lobes Konstruktion einer Vermögensverschiebung in der Tat schwer nachvollziehbar ist, insbes. seine Behauptung, der Verletzer habe stets ebensoviel erlangt, wie dem Verletzten entzogen worden sei (Lobe, S. 360 f.). F. Schutz, AcP Bd. 105 (1909), S. 222 ff. kritisierte hingegen in erster Linie, daß die Lösung Lobes unpraktikabel sei, da es an Kriterien für die Bemessung des Wertersatzes fehle; der Anspruch sei statt dessen auf die konkreten Erträge zu richten (vgl. dazu jedoch weiter im Text sowie die folgende Fn.). - Wiederbelebt WUTde der Gedanke, daß Marktchancen Gegenstand der Eingriffskondiktion sein könnten, von Kraßer, GRUR Int. 1980, S.268, allerdings nur für Immaterialgüterrechtsverlet217 218
II. Die Verletzung von Wettbewerbsnormen
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welche "Karenzentschädigung" der Verletzte billigerweise für den freiwilligen Verzicht auf die Ausnutzung seiner gleichen Marktchance hätte verlangen können. Daß sich die Anspruchshöhe hier niemals mathematisch exakt bestimmen lassen wird, liegt auf der Hand, kann jedoch die grundsätzliche Berechtigung des Anspruchs nicht in Frage stellen. Denn ganz vergleichbare Probleme bei der Anspruchsbemessung treten etwa im Zusammenhang mit Persönlichkeitsrechtsverletzungen oder Eingriffen in Immaterialgüterrechte, bei denen es an einer marktüblichen Lizenzgebühr fehlt, auf und werden hier ebenfalls für lösbar gehalten. Praktische Bedeutung wird ein derartiger Anspruch allerdings kaum haben können, und zwar aufgrund der bereits erwähnten Besonderheit des Behinderungswettbewerbs, daß in aller Regel der vom Verletzer in Gestalt der Verbesserung seiner Marktchance erlangte Vorteil hinter dem dem Verletzten entstandenen Schaden zurückbleiben wird. Die Vorteilsabschöpfung kann dem Verletzten insoweit also kaum einmal mehr einbringen als einSchadensersatzanspruch. Daran wird sich auch dann nichts Entscheidendes ändern, wenn man mit den Vertretern der bereicherungsrechtlichen Rechtswidrigkeitstheorie dem Verletzten statt des Anspruchs auf Wertersatz für die verbesserte Marktposition des Verletzers einen Anspruch auf Herausgabe des durch den Behinderungswettbewerb erzielten (Mehr-)Gewinns zuspricht219 • Daß der nachweisbar gerade auf den Behinderungswettbewerb zurückzuführende Gewinn des Verletzers den dem Verletzten entgangenen Gewinn übersteigt, dürfte so gut wie nie vorkommen - was den Befund bestätigt, daß der Streit zwischen der Zuweisungsund der Rechtswidrigkeitstheorie um den Anwendungsbereich der Eingriffskondiktion nur geringe praktische Bedeutung hat. Zu einer Gewinnhaftung, die für den Verletzten neben konkurrierenden Schadensersatzansprüchen von Interesse sein kann, wird man im Bereich des Behinderungswettbewerbs allenfalls dann gelangen können, wenn man den Verletzer zur Herausgabe des gesamten Nettogewinns ohne Berücksichtigung seiner eigenen persönlichen Leistung und seiner anderweitigen Erwerbsmögzungen. Der Bundesgerichtshof hat diese Konstruktion im "Kunststoftbohlprofil 11Urteil" (BGHZ 82, 299, 306 f.) ausdrücklich verworfen. 219 Wie dieser Gewinn in der Praxis festgestellt werden soll, ist völlig ungeklärt. Jakobs, Eingriffserwerb, S. 118 begnügt sich mit dem Hinweis, daß die Feststellung, ob und in welcher Höhe durch den unerlaubten Wettbewerb ein Gewinn erzielt worden sei, Schwierigkeiten bereiten werde, die jedoch über § 287 Abs. 2 ZPO lösbar seien. Auch Haines, der ausdrücklich etwa auch bei unlauterer Abwerbung von Arbeitnehmern einen Anspruch aus § 812 BGB auf Herausgabe des Mehrgewinns anerkennt (S. 96, 130), bleibt konkrete Hinweise, wie dieser Mehrgewinn zu ermitteln ist, schuldig. Allzu optimistisch F. Schulz, AcP Bd. 105 (1909), S. 224: Der aus unlauterem Wettbewerb gezogene Gewinn lasse sich "ohne große Mühe berechnen". F. Schulz' eigene Vorschläge für die praktische Durchführung der Gewinnherausgabe (a.a.O., S. 224 ff.) sind aber nur für die Fallgruppe der Ausbeutung fremder Unternehmenswerte brauchbar.
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
Iichkeiten verpflichtet. Dies ist ausschließlich unter den subjektiven Voraussetzungen des § 687 Abs. 2 BGB möglich, die allerdings gerade im Bereich des Behinderungswettbewerbs häufig gegeben sein werden. Es soll daher abschließend geklärt werden, inwieweit der Verletzte nach § 687 Abs. 2 BGB auch auf konkrete Gewinne zugreifen kann, die der Verletzer aufgrund der Behinderung seines Konkurrenten erzielt hat. Hierbei ist davon auszugehen, daß der Gewinnherausgabeanspruch nicht schon dadurch ausgeschlossen wird, daß die Gewinne erst durch der eigentlichen Verletzungshandlung nachfolgende, als solche rechtmäßige Handlungen erzielt wurden. Zwar kann der Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB nicht auf beliebige nur mittelbar aus der Verletzungshandlung erlangte Vorteile erstreckt werden. Dies liefe gerade bei Wettbewerbsverstößen auf eine uferlose und praktisch nicht mehr durchfuhrbare Haftung hinaus. Doch können aufgrund der konkreten Absichten des Geschäftsführers im Zeitpunkt der Verletzungshandlung auch als solche nicht rechtsverletzende Teilakte in den Gesamtvorgang der Behandlung eines fremden Geschäfts als eigenes und damit zugleich in die Geschäftsbesorgung im Sinne des § 667 BGB einzubeziehen sein. Voraussetzung hierfür ist nicht, daß der Verletzer bei Vornahme der rechtswidrigen Handlung im einzelnen vorhersehen konnte, welche Vorteile ihm die Rechtsverletzung bringt, wohl aber, daß er eventuelle zur Erzielung der Vorteile erforderliche weitere Handlungen in seinen Plan einbezogen hat220 . Diese Voraussetzung ist etwa beim gezielten Ausspannen von Kunden eines Konkurrenten erfüllt. Wenn der Wettbewerber auf Kunden eines Konkurrenten mit dem Ziel einwirkt, diese zu übernehmen, sind die anschließend mit den Kunden abgeschlossenen Geschäfte aufgrund des vorgefaßten Plans des Verletzers Teil der Geschäftsanmaßung. Der Verletzte kann also in diesem Fall den Gewinn aus den Geschäftsabschlüssen des Verletzers mit den abgeworbenen Kunden beanspruchen. Anderes gilt jedoch fur die meisten der dem Behinderungswettbewerb zugerechneten Verstöße, die dadurch gekennzeichnet sind, daß sie zwar die allgemeine Marktchance des Verletzers verbessern, ohne ihm jedoch bereits konkret vorhersehbare Erwerbsmöglichkeiten zu eröffnen. Da in den Gesamtvorgang der Geschäftsführung nur solche Akte einbezogen werden können, die überhaupt "planbar" sind, wird der erforderliche Zusammenhang zwischen der Beeinträchtigung der fremden Marktchance und der Erzielung konkreter Gewinne durch den Verletzer im Regelfall nur dann herzustellen sein, wenn der Verletzer mit der Behinderungshandlung nicht nur zu Lasten des Verletzten eine allgemeine Verbesserung seiner Marktposition herbeiführen, sondern in die Marktposition des Verletzten einrücken wollte 221 . Ein sicheres Indiz dafür, daß
Vgl. oben S. 156 f. I. Erg. ähnlich Kellmann, der bei Behinderungswettbewerb grundsätzlich mit der Begründung, der Vorteil des VerIctzers sei .. zwar ,zum Schaden' des Verletzten, nicht 220
221
III. Die Verletzung relativer Rechte
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der Verletzer keine hinreichend konkrete Vorstellung von den durch den Wettbewerbsverstoß eröffneten Erwerbsmöglichkeiten haben konnte, ist dann gegeben, wenn selbst ex post betrachtet ein Zusammenhang zwischen dem Wettbewerbsverstoß und nachfolgenden gewinnbringenden Handlungen nicht herzustellen ist. Hier stößt nicht nur der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB, sondern das Institut der Gewinnhaftung überhaupt auf eine nicht zu überwindende Grenze. Zusammenfassend bleibt festzuhalten: § 687 Abs. 2 BGB ist erfüllt, wenn ein Wettbewerber durch Behinderungswettbewerb die Marktchance eines anderen Wettbewerbers zugunsten der eigenen beeinträchtigt. Auf konkrete vom Verletzer erzielte Gewinne kann der Verletzte jedoch nur zugreifen, wenn neben der Verletzungshandlung und dem gewinnbringenden Vorgang die beide Vorgänge verknüpfende Gewinnerzielungsabsicht des Verletzers festzustellen ist. Im Einzelfall kann auf diese Weise eine zeitlich weit über die eigentliche rechtsverletzende Handlung hinausgreifende Gewinnhaftung begründet werden. Hiergegen können angesichts der subjektiven Voraussetzungen des § 687 Abs.2 BGB aber keine durchgreifenden Bedenken bestehen. Es muß hier wie auch sonst gelten: Ein Vertrauen darauf, unter bewußter Verletzung fremder Rechte erzielte Gewinne behalten zu dürfen, ist in keinem Fall schutzwürdig.
111. Die Verletzung relativer Rechte Die Frage, ob Ansprüche aus § 687 Abs. 2 BGB aus der Verletzung relativer, insbesondere vertraglich begründeter Rechte hergeleitet werden können, ist das meistdiskutierte Problem, das die Vorschrift aufwirft222 • Während der Anspruch aus § 687 Abs.2 BGB im Bereich der Verletzung absoluter Rechte und wettbewerbsrechtlicher Positionen neben dem Bereicherungsanspruch immer weniger Beachtung findet, bildet die gewinnbringende Verletzung vertraglicher Pflichten die einzige Fallgruppe des Eingriffserwerbs, in der nach wie vor
aber durch Ausnutzung von dessen ja bereits vernichteter Marktposition erzielt", eine Gewinnhaftung ablehnt (Gewinnhaftung, S. 152), diese aber für möglich hält, wenn A erfolgreich den B boykottiert und daher dessen Großabnehmer Y übernehmen kann (a.a.O., S. 153 Fn. 42), oder wenn einem Unternehmer von früheren Angestellten in weUbewerbswidriger Weise Kunden ausgespannt werden (a.a.O., S. 153 f.). Denn dann würden .,konkret identifizierbare Gewinnchancen" eines andern ausgenutzt. 222 Ausführliche Erörterungen des Problems bei Nipperdey, FS Böhm, S. 163 ff.; Schwark, JuS 1989, S. 709 f.; Fleck, ZII' 1991, S. 1271 ff.; ehen, S. 104 ff.; Krumm, S. I ff., 76 ff., 203 Ir.; Rosenkranz, S. 29 ff.; Mueser, S. 18 ff.; vgl. ferner StaudingerWittmann, § 687 Rdnr. 7; MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr. 19 f.; Köndgen, RabelsZ Bd. 56 (1992), S. 748; 11. Roth, FS Niederländer, S. 380 ff.
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
§ 687 Abs. 2 BGB im Mittelpunkt der Diskussion steht223 . Letzteres ist, da nach wohl überwiegender Auffassung der Anwendungsbereich des § 687 Abs. 2 BGB zumindest nicht über den der Eingriffskondiktion hinausgeht, nicht ohne weiteres verständlich. Ein Grund hierfür wird darin zu sehen sein, daß der sonst für die Rechtsanwendung so bedeutsame Unterschied in den subjektiven Voraussetzungen des § 687 Abs. 2 BGB und der Eingriffskondiktion im Bereich der Verletzung vertraglicher Pflichten kaum eine Rolle spielt: Die Kenntnis des Handelnden von seiner fehlenden Berechtigung ist hier meist gegeben und auch ohne Schwierigkeiten nachweisbar224 • Zur Veranschaulichung des Problems eignet sich besonders ein Beispiel, das schon Rosenkranz als Ausgangsfall seiner Untersuchung wählte 225 : Zwei Firmen A und B, die gleichartige Waren produzieren, schließen einen Vertrag, in dem sich beide Firmen verpflichten, keine Waren in bestimmte, der jeweils anderen Firma vorbehaItene Gebiete zu liefern. Entgegen dieser Vereinbarung liefert Firma A in ein der Firma B vorbehaltenes Absatzgebiet. Firma B verlangt von Firma A Rechnungslegung über die vertragswidrigen Geschäfte und Herausgabe der Geschäftserlöse. Die praktische Bedeutung derartiger Fälle ist allerdings schon aus kartellrechtlichen Gründen gering226 • Weitaus häufiger tritt das Problem der Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB in der Praxis im Zusammenhang mit der Verletzung vertraglicher Nebenpflichten auf, wie z. B. in den Fällen der unberechtigten Untervermietung, der Schmiergeldannahme durch Arbeitnehmer und der Verletzung von Wettbewerbsverboten in Praxisübernahmeverträgen. Grundsätzlich ist daneben auch an die Verletzung von Pflichten aus nichtvertraglichen Schuldverhältnissen zu denken 227 • Gesetzlich begründete Schuldverhältnisse, deren Verletzung Ansprüche aus § 687 Abs.2 BGB begründen könnte, sind jedoch selten. Als potentielles Anwendungsgebiet des § 687 Abs.2 BGB kommt insoweit hauptsächlich die Verletzung gesetzlicher Herausgabeansprüche durch Veräußerung des herauszugebenden Gegenstandes in
223 Vgl. aber für das schweiz. Recht Nietlispach, S. 437 ff., der alle praktisch relevanten Fallgruppen (vgl. unten S. 465 ff.) unter dem Gesichtspunkt der Eingriffskondiktion behandelt. In der deutschen bereicherungsrechtlichen Literatur wird die Problematik des Eingriffs in relative Rechte primär nicht unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Rechts durch den Schuldner, sondern unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in Forderungsrechte durch Dritte diskutiert; vgl. Larenz/Canaris, § 69 I 2 d; Esser/Weyers, § 50 I I f; Schlechtriem, König-Symposium, S. 75 ff. 224 Vgl. Köndgen, RabelsZ Bd. 56 (1992), S. 749. 225 Vgl. Rosenkranz, S. 29 f. Entsprechende Fälle behandelt Nipperdey, FS Böhm, S. 166 f., 172. 226 Vgl. § 1 GWB, Art. 85 EGV. 227 Vgl. H. Roth, FS Niederländer, S. 380.
III. Die Verletzung relativer Rechte
429
Betracht228 • In diesen Fällen bedarf es nach herrschender Meinung aber der Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB nicht, da sich ein Anspruch auf Herausgabe des erzielten Gewinns - anders als nach fast allgemeiner Ansicht bei Verletzung reiner Unterlassungs pflichten - schon aus § 281 BGB ergibt229 . Insgesamt hat die Frage der Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB bei Verletzung gesetzlich begründeter Schuldverhältnisse somit kaum praktische Bedeutung. Im Mittelpunkt der folgenden Darstellung wird daher die Frage der Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auf die Verletzung vertraglich begründeter Rechtspositionen stehen.
1. Überblick über den Meinungsstand zur Frage der Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auf die Verletzung vertraglich begründeter Rechtspositionen Vor über dreißig Jahren konstatierte Nipperdey230, daß eine herrschende Lehre zur Frage der Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auf die Verletzung vertraglicher Pflichten sich noch nicht gebildet habe. Daran hat sich bis heute nichts geändert 231 . Etwas unübersichtlich ist der Meinungsstand dadurch, daß
228 Einen solchen Fall behandelt BGHZ 75, 203, 205, wo die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auf die Verletzung eines Rückgewähranspruchs aus §§ 812 ff. BGB diskutiert wird. 229 Vgl. BGHZ 75, 203, 205 ff. Zum Anwendungsbereich des § 281 BGB näher unten S.444f.,471. 230 FS Böhm, S. 163 ff. 231 Die Anwendung des § 687 Abs.2 BGB auf Vertragsverletzungen befürworten Nipperdey, FS Böhm, S. 163 ff.; ders., in: Staudinger, 11. Aufl., § 687 Rdnr. 6 f.; Isele, Anm. AP Nr. 3 zu § 687 BGB; ders., FS Cohn, S. 77,79; Picker, AcP Bd. 183 (1983), S. 512 f.; ders., JZ 1987, S.1056; Frank, JuS 1981, S. 103; Schwark, JuS 1989, S. 709 f.; H. Roth, FS Niederländer, S. 380 f.; Gass, NJW 1960, S. 2339 f.; Larenz, SchuldR II/l, § 57 11 b; Schlechtriem, SchuldR BT, Rdnr.632; Keltmann, Gewinnhaftung, S. 95 f.; Chen, S. 104 ff.; Krumm, S. 5 f., 85 ff., 203 ff.; Flügge, S. 88 ff.; Mueser, S. 19 ff.; Chrestin, S. 33; grundsätzlich auch Soergel-Mühl, § 687 Rdnr. 5, 10; Fleck, ZIP 1991, S. 1272 ff.; ders., FS Heinsius, S. 107 ff.; unklar RGRK-Steffen, § 687 Rdnr.5 einerseits, Rdnr.6, 12 andererseits. - Gegenteiliger Ansicht sind Wittmann, S. 152 f.; ders., in: Staudinger, § 687 Rdnr. 7; Seiler, EWiR 1988, S. 777 f.; ders., in: MünchKomm, § 687 Rdnr. 19 f.; Jauernig-Voltkommer, § 687 Rdnr. 6; Palandt-Thomas, § 687 Rdnr. 7; Soergel-Ifuber, § 433 Anh. I Rdnr. 45, 53; Köndgen, RabelsZ ßd. 56 (\ 992), S. 748; Emmerich, SchuldR ßT, § 13 Rdnr. 24; Enneccerus-Lehmann, § 168 I I a; lIaines, S. 10; Beuthienl Weber, S. 100; Rosenkranz, S. 29 ff.; Niewiarra, S. 25 ff., 95 f.; Thum, S. 18 f.; Klien, S. 28 f.; Freese, S. 18; wohl auch Erman-Ehmann, § 687 Rdnr. 6; AK-Joerges, vor §§ 677 ff. Rdnr. 50; König, FS v. Caemmerer, S. 200 f.; ders., Gutachten, S. 1556 ff. - In der Schweiz befLirwortet die ganz h. L. die Anwendung des Art. 423 schweiz. OR auf Vertragsverietzungen; so z. B. Schmid, OR, Art. 423 Rdnr. 77 ff.; Moser, Herausgabe, S. 171,275 f.; ders., SJZ ßd.42 (1946), S.4;
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
auch innerhalb der grundsätzlich befürwortenden Stellungnahmen nicht alle Fallgruppen einheitlich beurteilt werden. Umstritten ist insoweit vor allem die Einbeziehung der Verletzung vertraglich begründeter Positionen "ohne positiven Zuweisungsgehalt"232. Der Bundesgerichtshof hat sich erstmals in seinem Urteil vom 12.6.1989233 klar gegen die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB auf Vertrags verletzungen ausgesprochen.
a) Die in der Literatur vertretenen Auffassungen aa) Befürwortende Stellungnahmen Die erste nähere Untersuchung des Problems findet sich bei Mueser. Er bejahte die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auf Vertragsverletzungen mit der Begründung, daß es nur auf die Berechtigung des Geschäftsherrn gegenüber dem Geschäftsführer, nicht gegenüber Dritten ankommen könne 234 . Auch die Benutzung eines fremden Patents sei nicht deshalb ein fremdes Geschäft, weil der Geschäftsherr gegenüber Dritten ein ausschließliches Nutzungsrecht habe, sondern deshalb, weil er gerade dem Verletzer gegenüber allein berechtigt sej235. Des weiteren verwies Mueser auf den Grundsatz der Vertrags freiheit, aus dem folge, daß vertraglich auch einzelne Voraussetzungen filr gesetzliche Ansprüche geschaffen werden könnten 236 . Das Gesetz erkenne vertraglich begründete Rechte ebenso an wie gesetzliche und gewähre ihnen denselben Schutz237 . Die Konkurrenz eines Anspruchs aus Vertragsverletzung mit einem Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB müsse ebenso möglich sein wie die Konkurrenz vertraglicher und deliktischer Ansprüche 238 • Zum selben Ergebnis wie Mueser gelangt NipperdeY 39. Er betont, nicht bloße Wortinterpretation und formaljuristische Logik, sondern die Interessenbe-
Th Fischer, S.25; Nietlispach, S. 143,444 und öfter; Lischer, S. 30, 137 ff; Holenstein, S. 179 ff; Widmer, S. 83; Hofstetter, SPR VII/2, S. 189 f., 209 f.; Amrein, S. 5. 232 Daflir Krumm, S. 203 ff, 223 ff.; Ke/lmann, Gewinnhaftung, S. 96; dagegen Nipperdey, FS Böhm, S. 171 ff; H. Roth, FS Niederländer, S. 381 f; Holenstein, S. 186 f.; Nietlispach, S. 129 ff, 143; Hofstetter, SPR VII/2, S. 189 f., 209 f 233 BGH NJW-RR 1989, 1255, 1256 f. = DB 1989, 1762, 1763. 234 Mueser, S. 19 f; ebenso Gass, NJW 1960, S. 2339; Nipperdey, FS Böhm. S. 170; Chrestin, S. 33 Fn. I. 235 Mueser, S. 20; zust. Gass, NJW 1960, S. 2339; Nipperdey, FS Böhm. S. 170. 236 Mueser, S. 20; zust. Gass, NJW 1960, S. 2339; ähnlich Chen. S. 111 f. 237 Mueser, S. 20. 238 Mueser, S. 21; ebenso Gass, NJW 1960, S. 2339; Schwark, JuS 1989, S. 710; vgl. auch Flügge, S. 92; Nipperdey, FS Böhm, S. 169; Fleck, ZIP 1991, S. 1272 f 239 FS Böhm, S. 163 ff.
III. Die Verletzung relativer Rechte
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wertung des Gesetzes müsse den Ausschlag geben240 • Durch vertragliche Vereinbarung würde eine Interessenregelung mit der gleichen verbindlichen Kraft vorgenommen wie durch Gesetz241 • Auch den Materialien zum BGB lasse sich kein Argument gegen die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB auf Vertragsverletzungen entnehmen. Aus den Protokollen der zweiten Kommission 242 ergebe sich lediglich, daß § 687 Abs. 2 BGB der Ergänzung der Schadensersatzklage dienen solle. Damit könnten aber durchaus auch Schadensersatzansprüche vertraglicher Art gemeint sein 243 • Im neueren Schrifttum wird die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB auf Vertragsverletzungen u. a. von Schwark, H. Rath, Fleck und Krumm befiirwortet, die vor allem auf die Schutzlosigkeit des Gläubigers bei Versagung des Herausgabeanspruchs aus § 687 Abs.2 BGB hinweisen 244 • Nach Auffassung Krumms 245 kann das fremde Geschäft bei Verletzung vertraglicher Unterlassungspflichten in der Erteilung der Zustimmung zu dem vertragswidrigen Geschäft gesehen werden. Die Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 687 Abs. 2 BGB auf die Inanspruchnahme fremder Ausschließlichkeitsrechte mit positivem Zuweisungsgehalt durch die herrschende Meinung beruhe darauf, daß diese die Ratio des § 687 Abs. 2 BGB unzutreffend in der Abschöpfung des gerade auf der unbefugten Verwendung einer fremden Rechtsposition beruhenden Gewinns sehe, und nicht in der nachträglichen Herstellung der Rechtslage, die bei rechtmäßiger Ausübung des fremden Rechts als Geschäftsfiihrer des Berechtigten bestanden hätte 246 • Unter Berufung auf Picker247 wendet sich Krumm auch dagegen, die Ablehnung von Ansprüchen aus § 687 Abs.2 BGB bei Verletzung vertraglich begründeter Rechtspositionen mit der Unanwendbarkeit des außervertraglichen Haftungssystems auf Vertragsverletzungen zu begründen. Denn ein kategorialer Unterschied zwischen vertraglicher und gesetzlicher Haftung existiere nicht. Vielmehr unterschieden sich die Schutzansprüche des vertraglichen Leistungsstörungsrechts nach Funktion und
Nipperdey, FS Böhm, S. 165. Nipperdey, FS Böhm, S. 167; ähnlich lsele, FS Cohn, S. 77. 242 Prot. 11, S. 742 = Mugdan 11, S. 1203. . 243 Nipperdey, FS Böhm, S. 169; ebenso Flügge, S. 91 f.; vgl. auch Fleck, ZIP 1991, S. 1273. 244 Schwark, JuS 1989, S. 709 f.; H. Roth, FS Niederländer, S. 380 f.; Fleck, ZIP 1991, S. 1271 ff.; Krumm, S. 5 f., 203 ff.; für Art.423 schweiz. OR Schmid, OR, Art. 423 Rdnr. 77 ff. 245 S. 204. 246 Krumm, S. 208. 247 AcP Bd. 183 (1983), S. 369 ff., insbes. S. 505 ff. und JZ 1987, S. 1041 ff., insbes. S. 1054 ff. 240 241
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
Inhalt nicht von den außerhalb einer Vertragsbeziehung bei Verletzung fremder Rechtspositionen entstehenden Anspruchen 248 • Auch H. Roth und Schwark halten systematische Bedenken gegen die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB auf Vertragsverletzungen fiir nicht durchgreifend. H. Roth249 verweist darauf, daß Vertragsverletzungen auch Anspruche aus § 826 BGB begrunden könnten. Die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB liege außerdem auch deshalb nahe, weil mit § 667 BGB Auftragsrecht in Bezug genommen werde. Schwark250 beruft sich auf die Parallele zur Geschäftsfiihrung ohne Auftrag, deren Anwendungsgebiet ebenfalls nicht auf absolut vorbehaltene Interessenbereiche beschränkt werde. bb) Ablehnende Stellungnahmen Die Widerlegung der Auffassung Nipperdeys ist erklärtes Ziel der Dissertation von Rosenkranz251 • Er macht geltend, daß die zweite Kommission die Vorschrift des § 687 Abs. 2 BGB lediglich eingefiigt habe, weil sie den Schutz durch die Anspruche aus unerlaubter Handlung fiir ungenügend gehalten habe. § 687 Abs. 2 BGB sei daher nur auf Fälle anwendbar, die an sich nach Deliktsrecht abzuwickeln wären 252 • Die Nichtanwendung des § 687 Abs.2 BGB auf Vertragsverletzungen sei auch nicht unbillig, da die Interessen des Verletzten durch die jedenfalls bestehende Schadensersatzpflicht hinreichend geschützt seien 253 • Die Auffassung Nipperdeys müsse zudem konsequenterweise zu dem untragbaren Ergebnis fiihren, daß man sich vertraglich - über § 826 BGB hinausgehend - vor Eingriffen Dritter geschützte Positionen verschaffen könnte254 . Auch Wittmann sieht den entscheidenden Gesichtspunkt im quasi-deliktisehen Charakter des § 687 Abs.2 BGB. Die Anwendung der Vorschrift auf Vertragsverletzungen sei unvereinbar damit, daß der Gesetzgeber bewußt darauf verzichtet habe, generell Vertragsverletzungen deliktischen Normen zu unterstellen 255 • Ähnlich argumentieren Klien, Köndgen, Seiler und Beuthien/Weber, die § 687 Abs. 2 BGB fiir unanwendbar halten, weil die Folgen einer For-
248 249 250
Krumm, S. 85 ff., 209 f. FS Niederländer, S. 380. JuS 1989, S. 710; ähnlich Kellmann, Gewinnhaftung, S. 88 f.; Esser/Weyers. § 46
IV 1. Vgl. Rosenkranz, S. 29. Rosenkranz, S. 36 ff.; ebenso Thllm, S. 18: ähnlich Seiler, EWiR 1988, S.777: ders., in: MünchKomm, § 687 Rdnr. 15. 253 Rosenkranz, S. 81. 254 Rosenkranz, S. 110 n: 255 Witlmann, S. 152: ders .. in: Staudinger, § 687 Rdnr. 7. 251
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III. Die Verletzung relativer Rechte
433
derungsverletzung im Allgemeinen Teil des Schuldrechts und den ergänzenden Vorschriften über das jeweils verletzte Schuldverhältnis abschließend geregelt seien256 . Nach Seiler sollten vorrangig Ansprüche aus § 281 257 oder § 816 BGB258 in Betracht gezogen werden. König259 plädiert rur die (analoge) Anwendung des § 667 BGB. b) Die Auffassung der Rechtsprechung Die Rechtsprechung bemühte sich lange Zeit, einer grundsätzlichen Entscheidung der Frage, ob unter Verstoß gegen vertragliche Unterlassungspflichten geruhrte Geschäfte den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB errullen, auszuweichen. Das Reichsgericht ließ die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB in zwei Entscheidungen offen 260 . Soweit die Anwendbarkeit des § 687 Abs.2 BGB bejaht wurde, geschah dies in aller Regel aufgrund der Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles, ohne daß zum grundsätzlichen Problem der Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auf Vertragsverletzungen Stellung genommen wurde. Beispielhaft hierrur sind die "Schmiergeldentscheidungen" des Bundesarbeitsgerichts 261 . Das Bundesarbeitsgericht bejahte zwar wiederholt einen Anspruch des Arbeitgebers aus § 687 Abs. 2 BGB auf Herausgabe der von einem Arbeitnehmer angenommenen Schmiergelder. Doch ist keiner der Entscheidungen zu entnehmen, daß das Gericht die Schmiergeldannahme gerade deshalb als Führung eines fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB ansah, weil sie gegen einen vertraglichen Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers verstieß262. Keine verallgemeinerungsfahige Stellungnahme zu dem Problem läßt sich auch einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 22.8.1966 263 entnehmen. Hier hatte der Beklagte, der rur die Klägerin Beratungstätigkeiten mit Inkassovollmacht auszuruhren hatte, hieraus erlangte Gelder rur sich behalten. Das Bundesarbeitsgericht hielt den Herausgabeanspruch der Klägerin rur begründet, ohne daß es darauf ankomme, ob der Beklagte nach außen rur die Klägerin oder für sich selbst gehandelt habe; letzterenfalls ergebe sich der Anspruch aus
256 Klien. S. 29: Köndgen. Rabe\sZ Bd. 56 (1992). S. 748: MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr. 19 L Beuthien/Weber. S. 100: vgl. auch Erman-Ehmann, § 687 Rdnr. 6. 257 Seiler. EWiR 1988. S. 777 L ders .. in: MünchKomm. § 687 Rdnr. 19 f.; vgl. auch Köndgen. RabelsZ Bd. 56 (1992). S. 744 ff.. insbes. S. 749. 258 MünchKomm-Seiler. § 687 Rdnr. 20. 259 FS v. Caemmerer. S. 200 f .. 204 und Gutachten. S. 1558. 260 RGZ 89. 99. 103: 92. 201. 203. 261 BAG AP Nr. I. 4. 5 zu § 687 BGB. 262 Vgl. Nipperdey. FS Böhm. S. 170. 263 BAG AP Nr. 3 zu § 687 BGB.
28
Eben
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
§ 687 Abs. 2 BGB. Doch sollte in diesem Fall ein fremdes Geschäft im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nicht etwa deshalb vorliegen, weil dem Beklagten die vorgenommenen Handlungen vertraglich untersagt waren, sondern deshalb, weil der Beklagte kraft Vertrags positiv verpflichtet war, die Handlungen für die Klägerin vorzunehmen. Die Entscheidung beruht also auf der unzutreffenden Gleichsetzung des fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB mit dem fremden Geschäft im Sinne des Auftragsrechts 264 . Ebensowenig ist dem bereits in anderem Zusammenhang 265 behandelten Urteil des OLG Saarbrücken vom 15.6.1960 eine verallgemeinerungsflihige Stellungnahme zu entnehmen, da das Gericht den Gewinnherausgabeanspruch des Klägers gegen den Beklagten wegen dessen vertragswidriger Konkurrenztätigkeit nicht mit dem vertraglichen Vorbehalt als solchem begründete, sondern damit, daß im Wege der Praxisveräußerung der bereits vorhandene Mandantenstamm auf den Kläger übertragen und daher die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse nach außen hin verändert worden seien 266 . Übergangen wird in diesem Zusammenhang meist ein Urteil des Reichsgerichts vom 14.1.1914267 . Hier hatte der von seiner früheren Arbeitgeberin verklagte Arbeitnehmer eine Erfindung an den Zweitbeklagten weitergegeben. Dieser hatte die Erfindung als Gebrauchsmuster angemeldet und fortan gemeinsam mit dem Erstbeklagten genutzt. Eine Bestimmung im Arbeitsvertrag zwischen Klägerin und Erstbeklagtem besagte, daß das "Eigentumsrecht" an Erfindungen des Erstbeklagten der Klägerin zustehe. Das Reichsgericht bejahte einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten aus § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2, 666, 667 BGB268. Es erblickte aber offenbar in der Weitergabe und Anmeldung der Erfindung einen Eingriff in das absolut geschützte Erfinderrecht der Klägerin und stützte die Verurteilung somit nicht auf die Vertragsverletzung als solche. Entsprechendes gilt für das "Kohlenflözeurteil" des Reichsgerichts 269, da hier nach Auffassung des Gerichts im Wege der Bergwerkspacht eine absolut geschützte Rechtsposition der Klägerin begründet worden war 270 .
264 Vgl. dazu oben S. 64 ff. 265 Oben S. 148 ff. 266 OLG Saarbrücken NJW 1960,1339,1340. 267 RGZ 84. 49 ff. 268 RGZ 84, 49, 53. 269 RGZ 135,94 ff. Vgl. dazu schon oben S. 142. 270 Unzutr. daher Koppensteiner/Kramer, S. 83, die meinen, der Klage sei aufgrund der Verletzung eines relativen Rechts stattgegeben worden.
III. Die Verletzung relativer Rechte
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Ein in diesem Zusammenhang gelegentlich zitiertes Urteil des OLG Dresden 271 nimmt schon deshalb eine Sonderstellung ein, weil in diesem Urteil nicht § 687 Abs. 2 BGB, sondern die dritte Schadensberechnungsmethode angewandt wurde. In dem entschiedenen Fall hatte die Beklagte ein ihr von der Klägerin überlassenes nicht schutzfiihiges Muster vertragswidrig verwertet. Zwar stützte das Gericht den Anspruch auf Herausgabe des erzielten Gewinns auf die Vertragsverletzung und nicht auf ein ausschließliches Recht der Klägerin zur Verwendung des Musters. Als Anspruchsgrundlage zog es jedoch nicht § 687 Abs.2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S.2, 667 BGB, sondern den vertraglichen Schadensersatzanspruch heran und berief sich zur Begründung dafilr, daß dieser auch die Gewinnherausgabe umfasse, auf die für Immaterialgüterrechtsverletzungen anerkannten Grundsätze. Es bleibt das Urteil des Bundesgerichtshofs vom Il.l 0.1976, das einer GmbH gegen ihre ehemaligen Gesellschafter, die von der Gesellschaft geschlossene Verträge an sich gezogen hatten, jedenfalls dann einen Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB zusprechen wollte, wenn Interessen der Gesellschaft verletzt worden seien272 • Zwar betonte der Bundesgerichtshof in einem späteren Urteil 273 , die entscheidende Besonderheit dieses Falles habe darin gelegen, daß die Beklagten nicht nur in eine bloße Geschäftschance, sondern in bereits abgeschlossene Verträge der Gesellschaft eingegriffen hätten. Aus dem Urteil vom 11.10.1976 geht jedoch nicht eindeutig hervor, daß diesem Gesichtspunkt neben dem des Verstoßes gegen die nachvertragliche Treuepflicht überhaupt Bedeutung beigemessen wurde. Auch die die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB ablehnenden Entscheidungen begründeten dies oft nur mit den besonderen Umständen des Einzelfalles. So entschied der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 18.1l.l963 274, daß die Verletzung eines vertraglichen Alleinvertriebsrechts einen Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB jedenfalls dann nicht begründen könne, wenn das vertragswidrige Geschäft nicht auf der Handelsstufe des Alleinvertriebsberechtigten geführt worden sei. In einem Urteil vom 9.2.1984 275 , in dem der Bundesgerichtshof erneut einen Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB bei der Verletzung eines vertraglichen Alleinvertriebsrechts ablehnte, hielt der Bundesgerichtshof für entscheidend, daß die Parteien ihre Zusammenarbeit in einem umfangreichen Vertragswerk geregelt hätten. Dies lasse keinen Raum für die "ihrem We-
OLG Dresden LZ 1916. Sp. 959. BGH WM 1977. 194 f. = LM Nr. 12 zu § 687 BGB. Vgl. dazu schon oben S. 142 f. 273 BGH NJW 1988. 3018. 214 BGH NJW 1964. 151 = LM Nr. 8 zu § 687 BGB. 275 BGH NJW 1984. 2411 = LM Nr. 13 zu § 687 BGB. 271
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
sen nach insoweit subsidiäre" Heranziehung des § 687 Abs. 2 BGB. Auch diese nicht sehr klare Begründung war wohl noch nicht als Grundsatzentscheidung gegen eine Haftung aus § 687 Abs. 2 BGB bei Verletzung vertraglich begründeter Rechtspositionen gemeint. Gleiches gilt für das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23.3.1988 276 , dem zufolge der Veräußerer einer Wirtschaftsprüferpraxis bei vertragswidriger Betreuung seiner früheren Klienten dem Erwerber der Praxis zumindest dann nicht aus § 687 Abs. 2 BGB haften soll, wenn die Klienten zuvor eine Betreuung durch den Erwerber abgelehnt hatten. Einen nicht verallgemeinerungsfähigen Sonderfall betrifft schließlich auch die Rechtsprechung zur unberechtigten Untervermietung 277 , in der der Bundesgerichtshof den auf andere Fallgestaltungen nicht übertragbaren Gesichtspunkt, daß der Mieter lediglich den ihm im Verhältnis zum Vermieter zugewiesenen Gebrauch der Mietsache in vertragswidriger Weise ausübe, in den Vordergrund stellte. Am deutlichsten sprachen sich gegen die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB auf Vertragsverletzungen zwei frühe Urteile der Oberlandesgerichte Celle 278 und Hamburg 279 , ein Urteil des Reichsgerichts vom 24.3.1933 280 und zuletzt das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.6.1989 281 aus. Nach dem Urteil des OLG Celle konnte ein Verstoß der Beklagten gegen ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Kläger nichts daran ändern, daß die Beklagte in ihrer eigenen Rechts- und Interessensphäre gehandelt habe. Das Urteil des OLG Hamburg vertrat die Auffassung, daß § 687 Abs. 2 BGB ein "ausschließliches Recht" des Geschäftsherm zur Führung des Geschäfts voraussetze. Die Vorschrift sei daher unanwendbar, wenn auch Dritte das Geschäft hätten führen dürfen. Das Urteil des Reichsgerichts verwies auf die Gesetzesmaterialien, aus denen sich ergebe, daß § 687 Abs. 2 BGB nur den deliktischen Schutz ergänzen solle 282 • Wieder anders argumentierte das Urteil des Bundesgerichtshofs. Hier wurde zum einen das Tatbestandsmerkmal eines fremden Geschäfts verneint, da dieses nur dann erfüllt sei, wenn das Geschäft als fremdes auch äußerlich in Erscheinung trete 283 . Zum andern scheitere die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB aufgrund der vertraglichen Bindung der Parteien auch am Erfordernis einer auftrags/asen Geschäftsführung.
BGH NJW 1988.3018 f. BGHZ 131. 297. 306 f.: BGH NJW 1964. 1853. 278 OLG Celle OLGE 18.29. 30. 219 OLG Hamburg OLGE 22. 328. 329. 280 RG HRR 1933. Nr. 1640. 281 BGH NJW-RR 1989. 1255. 1256 f. = OB 1989. 1762. 1763. 282 Das Reichsgericht verwies fälschlich statt auf Pro!. [I. S. 742 auf Mo!. 11, S. 869 ff.. wo eine derartige Ergänzung des Deliktsschutzes noch für entbehrlich erklärt wurde. m Vgl. dazu schon oben S. 150 ff. 276 277
III. Die Verletzung relativer Rechte
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2. Überprüfung der in Literatur und Rechtsprechung für und gegen die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auf Vertragsverletzungen angeführten Argumente
a) Argumentefiir die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auf Vertragsverletzungen Soweit als Argument für die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auf Vertragsverletzungen der Grundsatz der Privatautonomie angefUhrt wird, kraft dessen durch vertragliche Vereinbarung auch die Voraussetzungen eines gesetzlichen Anspruchs geschaffen werden könnten 28 \ wird der Inhalt des Grundsatzes der Privatautonomie verkannt. Dieser besagt lediglich, daß es den Parteien vorbehaltlich zwingender gesetzlicher Bestimmungen freisteht, beliebige, auch atypische Vertrags inhalte zu vereinbaren. Hieraus folgt also zunächst die Möglichkeit der Vereinbarung nicht gesetzlich geregelter Unterlassungspflichten auf der Grundlage des § 305 BGB. Aus einer derartigen Vereinbarung als solcher ergibt sich aber noch nicht, daß bestimmte Rechtsfolgen im Falle ihrer Verletzung eintreten. Aus dem Grundsatz der Privatautonomie folgt darüber hinaus allerdings auch die Möglichkeit, in eine Unterlassungsvereinbarung eine Bestimmung aufzunehmen, nach der der Unterlassungsschuldner im Falle der Zuwiderhandlung einen hierdurch erzielten Gewinn an den Gläubiger abzufUhren hat. Eine ganz andere Frage ist aber die, ob dann, wenn die Parteien von den ihnen kraft ihrer Privatautonomie eröffneten Möglichkeiten keinen Gebrauch gemacht und eine bestimmte Rechtsfolge nicht vereinbart haben, diese Rechtsfolge kraft Gesetzes eintritt. Für die hier diskutierte Frage läßt sich demnach aus dem Grundsatz der Privatautonomie nichts ableiten 285 • Scheitern muß auch der Versuch, die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB auf Vertragsverletzungen mit einer Parallele zur fremdnützigen GeschäftsfUhrung ohne Auftrag zu begründen 286 • Wenn SchwarP87 darauf verweist, daß eine GeschäftsfUhrung ohne Auftrag etwa auch bei der ErfUllung fremder Schulden bejaht werde, obgleich der Geschäftsherr hier zur Führung des Geschäfts nur schuldrechtlich verpflichtet sei, so liegt dieser Vergleich in doppelter Weise neben der Sache. Zum einen dient die Qualifizierung der Handlung als Führung
Vgl. die Nachw. oben S. 430 Fn. 236. Insoweit zutr. Rosenkranz. S. 87. 286 Vgl. die Nachw. oben S. 432 Fn. 250. Willmann, S. 153 erklärt die Annahme, § 687 Abs. 2 BGB sei auch bei schuldrechtlich geschützten Interessensphären anwendbar. ganz allgemein mit einer .. Rückübertragung des zunächst von § 687 Abs. 2 auf die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag übertragenen Begriffs des objektiv fremden Geschäfts". 287 JuS 1989. S. 710. 284 285
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
eines objektiv fremden Geschäfts bei der Erfüllung fremder Schulden, wie fast immer bei der Geschäftsführung ohne Auftrag, nur dazu, den bei § 687 Abs. 2 BGB nicht existierenden originären Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers zu rechtfertigen 288 • Deshalb kommt es hier auch nicht, wie bei § 687 Abs. 2 BGB, darauf an, daß der Geschäftsherr zur Führung des Geschäfts berechtigt, sondern daß er hierzu verpflichtet ist. Das Argument Schwarks überzeugt zum andern und vor allem aber auch deshalb nicht, weil bei der Erfüllung einer fremden Schuld, anders als im Fall der Verletzung einer vertraglichen Unterlassungspflicht, der Handelnde selbst nicht Partei des Schuldverhältnisses ist. Insofern kann als Parallelfall zur Erfüllung einer fremden Schuld bei § 687 Abs. 2 BGB allenfalls die Einziehung einer fremden Forderung angesehen werden, bei der die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB aber auch allgemein anerkannt ist289 • Schief und deshalb unbrauchbar ist auch das von H. Roth 290 angeführte Argument, die Einbeziehung relativer Rechtspositionen liege schon deshalb nahe, weil in § 687 Abs. 2 BGB Auftragsrecht in Bezug genommen werde. Dieses Argument vennengt die Ebene des die Herausgabepflicht begründenden Schuldverhältnisses, also der §§ 662 ff. BGB bzw. des § 687 Abs. 2 BGB, mit der Ebene des die Unterlassungsverpflichtung beinhaltenden Schuldverhältnisses. Denn der Beauftragte schuldet die Herausgabe des Erlangten unmittelbar aufgrund seiner vertraglichen Verpflichtung. Dagegen soll im Falle des Verstoßes gegen eine vertragliche Unterlassungspflicht der Kontravenient die Herausgabe nur mittelbar aufgrund des bestehenden vertraglichen Schuldverhältnisses, das eine Herausgabepflicht selbst nicht kennt, unmittelbar aber aus der gesetzlichen Anspruchsgrundlage der §§ 687 Abs. 2 S. I, 681 S.2, 667 BGB schulden. Ebensowenig überzeugt im Zusammenhang mit der Frage der Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auf die Verletzung vertraglicher Unterlassungspflichten der Hinweis darauf, daß auch deliktische Ansprüche mit vertraglichen konkurrieren könnten 291 • Denn die Konkurrenzfrage stellt sich erst, wenn die tatbestandliche Anwendbarkeit sowohl der vertraglichen als auch der außervertraglichen Anspruchsgrundlage festgestellt ist. Daß nach allgemeiner Auffassung grundsätzlich vertragliche und außervertragliche Ansprüche konkurrieren können, wenn der Tatbestand der außervertraglichen Anspruchsgrundlage unabhängig von der vertraglichen Bindung erfüllt ist, besagt nichts für die zunächst
288 Auf diesen Unterschied weist Schwark. JuS 1989, S. 710 selbst hin, ohne ihm aber Bedeutung beizumessen. 289 Vgl. dazu näher unten S. 486 ff. 290 FS Niederländer. S. 380. 291 Vgl. die Nachw. oben S. 430 Fn. 238.
III. Die Verletzung relativer Rechte
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zu beantwortende Frage, ob die Vertrags verletzung zur Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auch in den Fällen führen kann, in denen ohne die Vertragsverletzung ein Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB nicht gegeben wäre. Diese beiden Fragen hält auch Flecp92 nicht genau genug auseinander. Denn Flecks Argumentation, der Anwendungsbereich des § 687 Abs. 2 BGB werde ungerechtfertigt eingeengt, wenn man die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB dort ablehne, "wo der eigenmächtig Handelnde mit dem Eingriff in einen fremden Rechtskreis obendrein eine Vertragspflicht verletzt hat"293, geht gegenüber den von Fleck kritisierten Stellungnahmen in Rechtsprechung und Literatur294 ins Leere, da keine von diesen sich explizit auf den Fall bezieht, daß die Handlung sich schon ohne die vertragliche Bindung als Führung eines fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB darstellen würde. Betrachtet man aber nur die Fälle, in denen es, wie in dem oben 295 geschilderten Fall des Gebietsabgrenzungsvertrags, gerade des vertraglichen Unterlassungsanspruchs bedarf, um die fehlende Berechtigung des Handelnden zu begründen, so verliert auch das Argument Flecks 296 , der Vertragsgläubiger dürfe nicht schlechter stehen, als wenn sich ein Außenstehender unberechtigt in seine Geschäfte eingemischt hätte, entscheidend an Überzeugungskraft. Denn auch ein Außenstehender würde hier ja bei Vornahme entsprechender Handlungen nicht aus § 687 Abs. 2 BGB haften. Gelegentlich wird im Zusammenhang mit der Frage der Anwendbarkeit des § 687 Abs.2 BGB auf Vertragsverletzungen auf die Regelungen der §§ 61 Abs. I, 113 Abs. 1 HGB, 88 Abs. 2 S. 2 AktG verwiesen 297 . Diese Bestimmungen begründen bei Verstößen gegen die Wettbewerbsverbote der §§ 60, 112 HGB, 88 Abs. 1 AktG Ansprüche des Prinzipals bzw. der Gesellschaft, die trotz der andersartigen Formulierung inhaltlich nach wohl allgemeiner Auffassung der Rechtsfolge der §§ 687 Abs. 2, 681 S. 2, 667, 684 S. 1 BGB entsprechen 298 . Wie der Wortlaut der §§ 61 Abs. I, 113 Abs. 1 HGB, 88 Abs. 2 S.2 AktG deutlich zum Ausdruck bringt, beruhen auch diese Ansprüche auf der Fiktion des Handeins für den Gläubiger299 . Ein Argument für die Anwendbar-
292 ZIP 1991. S. 1272 f. und FS Heinsius. S. 107 f. 293 Fleck. ZIP 1991. S. 1273 (Hervorh. vom Verf.): ähnlich ders., FS Heinsius, S. \08. 294 BGH NJW 1984. 2411 = LM Nr. 13 zu § 687 BGB; RG HRR 1933, Nr. 1640; Staudinger-Wittmann. § 687 Rdnr. 7: MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr. 20. 295 S. 428. 296 ZIP 1991. S. 1272 f. 297 Vgl. OLG Saarbrücken NJW 1960.2339,2340; Staudinger-Nipperdey, 11. Aufl., § 687 Rdnr. 6. 298 Dies erscheint allerdings im Hinblick auf den weiteren subjektiven Tatbestand der spezialgesetzlichen Eintrittsrechte zweifelhaft: vgl. dazu auch unten S. 443. 299 Vgl. Krumm. S. 178 f.
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keit des § 687 Abs.2 BGB auf die Verletzung vertraglicher Unterlassungspflichten kann hieraus jedoch nicht hergeleitet werden. Zwar resultiert im Falle der handels- und gesellschaftsrechtlichen Eintrittsrechte der Gewinnherausgabeanspruch in der Tat aus der bloßen Verletzung einer vertraglichen Unterlassungspflicht. Für die Frage der Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auf Vertragsverletzungen besagt dies jedoch deshalb nichts, weil die Eintrittsrechte im Unterschied zu § 687 Abs. 2 BGB systematisch als Spezialregelungen des Leistungsstörungsrechts anzusehen sind, da das Vorliegen einer vertraglichen Bindung hier Tatbestandsvoraussetzung ist. Die Bezeichnung des § 60 HGB als gesetzliches Wettbewerbsverbot ist insofern irreführend, denn auch dieses Wettbewerbsverbot hat seine Grundlage ebenso wie ein nicht spezialgesetzlich geregeltes, gemäß § 305 BGB vereinbartes Wettbewerbsverbot in einem Vertrag und trifft den Verpflichteten nur in seiner Eigenschaft als Vertragspartner300 • Als Argument für die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB auf die Verletzung vertraglich begründeter Rechtspositionen wird des weiteren angeführt, daß in diesen Fällen ebenso wie bei Verletzung absoluter Rechte ein Bedürfnis nach einem vom Nachweis eines Schadens unabhängigen Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns bestehe30I • Hierzu ist zunächst anzumerken, daß die Situation des Verletzten hinsichtlich des Schadensnachweises in den Vertragsverletzungsfällen typischerweise sicher nicht so ungünstig ist wie etwa bei Immaterialgüterrechtsverletzungen. Die Beweiserleichterungen der §§ 252 S. 2 BGB, 287 ZPO können hier vielfach der Schadensersatzklage zum Erfolg verhelfen. So konnte das Reichsgericht in einem Fall, in dem ein Gesellschafter über von ihm beschaffte Waren vertragswidrig für eigene Rechnung statt für die Gesellschaft verfügt hatte, die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB offen lassen, da die Geschäfte ohne das vertragswidrige Verhalten des Gesellschafters mit großer Wahrscheinlichkeit im wesentlichen genauso für die Gesellschaft durchgeführt worden wären und somit in Höhe des erzielten Gewinns ein Schadenser-
300 Vgl. Köndgen, RabelsZ Bd. 56 (1992), S. 748 f Verfehlt Rosenkranz, S. 89 f, der zwar meint, § 687 Abs. 2 BGB sei auf bloße Vertragsverletzungen unanwendbar, aber gleichwohl annimmt, bei Verstößen gegen die §§ 60, 112 HGB sei unabhängig von den §§ 61, 113 HGB ein Gewinnherausgabeanspruch aus § 687 Abs.2 BGB begründet. Beide Aussagen sind nicht miteinander zu vereinbaren, da Verstöße gegen die §§ 60, 112 HGB geradezu das Paradebeispiel der Verletzung vertraglich begründeter Unterlassungspflichten sind. Dies verkennt auch Wagner, S. 70 f, die im Hinblick auf die Frage, ob der Verstoß gegen ein arbeitsrechtliches Konkurrenzverbot den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB erfüllt, den Streit darüber, ob für die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB ein Vertragsverstoß genügt, für irrelevant erklärt, da sich die Fremdheit des Geschäfts aus der Wertung des § 60 HGB ergebe. 301 Gass, NJW 1960, S. 2340; Schwark, JuS 1989, S. 709 f.; Krumm, S. 210 f; für Art. 423 schweiz. OR Schmid, OR, Art. 423 Rdnr. 77 ff.
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satzanspruch bestand302 . Der Schadensersatzanspruch fUhrt zum einen immer dann zum selben Ziel wie der Gewinnherausgabeanspruch, wenn ohne die vertragswidrige Handlung der Vertrags gläubiger selbst den Gewinn erzielt hätte, zum andern dann, wenn der Handelnden kraft des Vertrags nicht nur die Vornahme der fraglichen Handlung fUr eigene Rechnung zu unterlassen hatte, sondern darüber hinaus auch positiv verpflichtet war, die Handlung fUr Rechnung des Vertragspartners vorzunehmen. Vor allem aber trifft der Gesichtspunkt der Schutzbedürftigkeit des Verletzten auf den Gläubiger eines vertraglichen Unterlassungsanspruchs deshalb nicht im selben Maße zu wie auf den Inhaber eines absoluten Rechts, weil die vertragliche Beziehung zum Schuldner es dem Gläubiger ermöglicht, sich anderweitig zu schützen. So könnte der Gläubiger, wie schon erwähnt, mit dem Schuldner den Anspruch auf Herausgabe des durch die Vertragsverletzung Erlangten vertraglich vereinbaren 303 . Das wenigstens im kaufmännischen Verkehr übliche Mittel, Verstöße gegen vertragliche Unterlassungspflichten angemessen zu sanktionieren, ist die Vertragsstrafe304 • Ihr kommen innerhalb bestehender Verträge dieselben Funktionen zu, die im außervertraglichen Bereich, allerdings weit weniger effektiv, § 687 Abs. 2 BGB und die dreifache Schadensberechnung erfüllen: Sie dient zum einen als Zwangsmittel zur Durchsetzung des Primäranspruchs und erspart zum andern im Fall der Zuwiderhandlung den Schadensnachweis305 • Vertragliche Unterlassungspflichten, insbesondere auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts, sind geradezu die Domäne der Vertragsstrafe 306 • Im Bereich der Verletzung kaufmännischer Wettbewerbsverbote dürfte die Frage der Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB daher von vornherein kaum praktische Bedeutung haben. Gleichwohl ist das Bedürfnis nach gesetzlichen GewinnherausgabeansprUchen bei Verletzung vertraglicher Unterlassungspflichten grundsätzlich anzuerkennen. Zum ersten wird man außerhalb kaufmännischer Kreise schon das Bewußtsein der Möglichkeit eines Strafversprechens nicht ohne weiteres voraussetzen können. Zum zweiten ist es in vielen Bereichen unüblich, Vertragsstrafen zu vereinbaren, schon um das Vertrauensverhältnis zum Vertragspartner nicht zu belasten. Und drittens mag auch nicht jeder, der sich vertraglich zu ei-
RGZ 89, 99, 103 f. VgI. Rosenkranz, S. 78, 86. 304 VgI. Rosenkranz, S. 81. Auch Schwark, JuS 1989, S. 710 weist auf diese Möglichkeit hin, mißt ihr aber offenbar keine entscheidende Bedeutung bei. 305 VgI. Prot. (I. Komm.), S. 611 = Jakobs/Schubert, SchuldR I, S. 538; BGHZ 105, 24, 27; Staudinger-Rieble, vor §§ 339 ff. Rdnr. 8 ff.; Erman-H. P. Westermann, vor §§ 339 ff. Rdnr. I; Jauernig-Vollkommer, § 339 Rdnr. 3. 306 VgI. Erman-H. P. Westermann, vor §§ 339 ff. Rdnr. 1,3; Jauernig-Vollkommer, § 339 Rdnr. 3; Großkomm. UWG-Köhler, vor § I3 Abschn. B Rdnr. 111. 302 303
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ner Unterlassung verpflichtet, zugleich ohne weiteres bereit sein, für den Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe zu vereinbaren. Dies bedeutet jedoch noch nicht, daß man auf § 687 Abs. 2 BGB zurückgreifen müßte, um einen ausreichenden Schutz des Vertragsgläubigers zu gewährleisten. Als Alternative bietet sich die direkte oder analoge Anwendung von Regelungen des Leistungsstörungsrechts an. Zu denken ist hier zunächst an die handels- und gesellschaftsrechtlichen Eintrittsrechte 307 • Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil vom 23.1.1964 zu der Frage Stellung genommen, ob das Eintrittsrecht des § 61 HGB auf den Handelsvertreter analog angewandt werden könne 308 • Das Urteil verneint die Frage. Zur Begründung führt es zunächst aus, daß der Gesetzgeber bei der Regelung des Handelsvertreterrechts bewußt davon abgesehen habe, ein dem § 60 HGB entsprechendes Konkurrenzverbot aufzunehmen, da dieses der im Vergleich zum Handlungsgehilfen anders gearteten Stellung des Handelsvertreters, insbesondere seiner Eigenschaft als selbständiger Kaufmann, nicht in jedem Fall gerecht werde 309 • Daraus folgt aber lediglich, daß es mangels planwidriger Regelungslücke unzulässig wäre, den Handelsvertreter analog § 60 HGB einem allgemeinen Konkurrenzverbot zu unterwerfen. In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall sollte die Rechtswidrigkeit der fraglichen Geschäfte sich aber schon aus der Treuepflicht des Handelsvertreters (§ 86 HGB) ergeben. Die analoge Anwendung des § 60 HGB stand also gar nicht zur Diskussion. Der Bundesgerichtshof zieht nun allerdings den Schluß, was für § 60 HGB gelte, müsse auch für § 61 HGB gelten 31O • Dieser Schluß ist aber nicht zwingend. Denn daß der Gesetzgeber fur den Handelsvertreter keine dem § 61 HGB entsprechende Regelung getroffen hat, ist damit zu erklären, daß es schon an einem dem § 60 HGB entsprechenden Konkurrenzverbot fehlt. Aus dem Schweigen des Gesetzes läßt sich daher nichts fur die Entscheidung der Frage herleiten, was gelten soll, wenn der Handelsvertreter gegen ein aus der allgemeinen vertraglichen Treuepflicht hergeleitetes Konkurrenzverbot verstößt. Es
307 Vgl. schon Ebbecke, Recht Bd. 25 (1921), Sp. 103: In den §§ 61. 113 HGB sei im wesentlichen derselbe Grundsatz anerkannt wie in § 687 Abs. 2 BGB; ihn (gemeint ist offenbar der Grundsatz, nicht § 687 Abs. 2 BGB) könne man auch auf andere vertragliche Verbote anwenden. 308 BGH NJW 1964, 817 f. Ein Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB wurde. soweit aus den veröffentlichten Entscheidungsgründen ersichtlich, nicht geprüft. § 687 Abs. 2 BGB hätte hier aber sicher nicht weniger nahe gelegen als etwa in den Fällen der Verletzung von Konkurrenzverboten bei Praxisveräußerungen. Köndgen. RabelsZ Bd. 56 (1992), S. 748 Fn. 242 bemängelt, daß auch § 281 BGB nicht geprüft wurde. 309 BGH NJW 1964,817. 310 BGH NJW 1964,817.
III. Die Verletzung relativer Rechte
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besagt daher - entgegen dem Bundesgerichtshor 11 - auch nichts, daß der Gesetzgeber noch bei der Überarbeitung des Handelsvertreterrechts im Rahmen der HGB-Novelle von 1953 von der Aufnahme einer dem § 61 HGB entsprechenden Bestimmung abgesehen hat. Zwar wurde im Rahmen dieser Novelle mit § 90 a HGB auch eine Regelung des vertraglich vereinbarten nachvertraglichen Wettbewerbsverbots des Handelsvertreters eingefügt. Doch bestand für den Gesetzgeber kein Anlaß, sich in diesem Zusammenhang mit der Frage des Eintrittsrechts zu befassen, da auch die § 90 a HGB entsprechende Regelung des § 74 HGB für den Handlungsgehilfen kein Eintrittsrecht vorsieht. Beachtlich erscheint allenfalls das Argument, die Herausgabepflicht sei dem Handelsvertreter unzumutbar, da dieser als selbständiger Kaufmann im Gegensatz zum Handlungsgehilfen kein festes Gehalt beziehe und daher die Herausgabepflicht seine wirtschaftliche Lebensgrundlage zerstören könne 3l2 . Wenn man allerdings dem Handelsvertreter aufgrund seiner vertraglichen Treuepflicht zumutet, die Konkurrenztätigkeit zu unterlassen, kann man sicher nicht zugleich annehmen, daß er gerade dieser Tätigkeit zur Sicherung seiner Existenzgrundlage bedürfe. Daher ist den schutzwürdigen Interessen des Handelsvertreters hinreichend Rechnung getragen, wenn man zu seinen Gunsten die eigene Arbeitskraft, die er auch rechtmäßig hätte einsetzen können, bei der Anspruchsbemessung berücksichtigt. Dies ist wegen des fehlenden Vorsatzerfordernisses im Rahmen der handels- und gesellschaftsrechtlichen Eintrittsrechte 313 ohnehin geboten 314 . Andernfalls ergäbe sich ein Wertungswiderspruch zu den Grundsätzen der Gewinnherausgabe nach der dritten Schadensberechnungsmethode, wo die eigene Arbeitsleistung des Verletzers über die Beschränkung der Herausgabepflicht auf den auf der Rechtsverletzung beruhenden Gewinnanteil zugunsten des Verletzers Berücksichtigung findet. Durchgreifende Bedenken gegen eine entsprechende Anwendung des § 61 HGB im Handelsvertreterrecht bestehen somit nicht. Daneben ist die analoge Anwendung des § 61 HGB insbesondere im gesamten allgemeinen Arbeitsver-
8GH NJW 1964,817,818. BGH N.JW 1964,817,818. 313 Verschulden ist dagegen nach ganz h. M. erforderlich, obgleich auch dies aus dem Gesetzeswortlaut nicht hervorgeht; vgl. Großkomm. HGB-KonzenIWeber, § 61 Rdnr. 7; Großkomm. IIGB-P. Ulmer, § 113 Rdnr. 17; Nipperdey, FS Böhm, S. 168; Isele, Anm. AP Nr. 3 zu § 687 BGB; a. A. F Schulz, AcP Bd. \05 (1909), S. 31; für die Übertragung der subjektiven Voraussetzungen des § 687 Abs. 2 BGB auf das handeIsrechtliche Eintrittsrecht wegen Art. 3 GG Wagner, S. 76 f. 314 Für die Berücksichtigung der eigenen geldwerten Tätigkeit des Kontravenienten auch schon F. Schulz, AcP Bd. 105 (1909), S. 32 ff. Zutr. differenzierte F. Schulz (a.a.O., S. 34) für den Handlungsgehilfen danach, ob die Geschäfte während oder außerhalb der Arbeitszeit erledigt wurden, um eine Doppelvergütung auszuschließen. 311
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
tragsrecht geboten Jl5 . Die Grenze der Analogiefähigkeit dürfte jedoch da erreicht sein, wo es an einem vergleichbaren durch Arbeits-, Geschäftsbesorgungs- oder Gesellschaftsvertrag begründeten Treueverhältnis zwischen den Parteien fehlt. Demnach könnte etwa im Ausgangsbeispiel des Gebietsabgrenzungsvertrags der Kontravenient nicht analog § 6 I HGB zur Herausgabe der erzielten Gewinne verpflichtet werden 316 • Für die verbleibenden Fälle bietet sich als Instrument zur Abschöpfung der vertragswidrig erzielten Gewinne § 28 I BGB an. Nach nahezu allgemeiner Auffassung ist § 281 BGB jedenfalls dann anwendbar, wenn die vertragswidrige Handlung zur Unmöglichkeit der Erfüllung einer vertraglichen Verschaffungspflicht führt, wie insbesondere im Falle des Doppelverkaufs einer Sache317 • Bereits F. Schulz setzte sich dafür ein, § 281 BGB wenigstens analog auch auf Ansprüche auf ein bloßes Tun 318 oder Unteriassen 319 anzuwenden. Rechtsprechung und Lehre sind ihm in diesem Punkt jedoch nicht gefolgt, anders als in der Frage, ob § 281 BGB grundsätzlich auch das lucrum ex negotiatione erfaßt, die F. Schulz320 ebenfalls entgegen der damals fast einhelligen, auf zweifelhafte begriffliche Argumente gestützten Auffassung bejahte. Nach bis heute nahezu allgemeiner Meinung soll § 281 BGB ausschließlich auf Verschaffungspflichten anwendbar sein321 • Schon vom Wortlaut des § 281 BGB her erscheint die von der herrschenden Meinung getroffene Unterscheidung nicht zwingend. Daß die Leistung im Sinne des § 281 BGB auch in einem Unterlassen bestehen kann, ergibt sich bereits aus § 241 S.2 BGB. Auch kann begrifflich in dem Verstoß gegen eine vertragliche Unterlassungspflicht eine (Teil-)Unmöglichkeit der Leistung gesehen
315 Ebenso Großkomm. HGB-KonzenIWeber, § 61 Rdnr. 21 f; allgemein für eine Angleichung der Rechtsverhältnisse der Handlungsgehilfen und sonstiger Arbeitnehmer im Hinblick auf Art. 3 GG Wagner, passim. 316 A. A. Köndgen, RabelsZ Bd. 56 (1992), S. 748 f, der generell bei Verletzung vertraglicher Wettbewerbsverbote eine analoge Anwendung der §§ 61,113 HGB. 88 Abs. 2 S. 2 AktG befürwortet. 317 Vgl. BGHZ 75, 203, 205 f; BGH NJW 1983, 929, 930; Soergel-Wiedemann, § 281 Rdnr. 28; MünchKomm-Emmerich, § 281 Rdnr. 16; Staudinger-Löwisch, § 281 Rdnr. 29; Jauernig-Vollkommer, § 281 Rdnr. 6 f; Erman-Battes, § 281 Rdnr. 8; Laren=, SchuldR I, § 21 I b. 318 F. Schulz, AcP Bd. 105 (1909), S. 7 ff 319 F. Schulz, AcP Bd. 105 (1909), S. 30 ff. 320 AcP Bd. 105 (1909), S. 10 ff 321 Vgl. RGZ 97,87,90; Staudinger-Löwisch, § 281 Rdnr. 16; MünchKomm-Emmerich, § 281 Rdnr. 4; Soergel-Wiedemann, § 281 Rdnr. 7; Erman-Battes, § 281 Rdnr.4; Jauernig-Vollkommer, § 281 Rdnr.4.
IlI. Die Verletzung relativer Rechte
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werden 322 . Der farblose Begriff des Gegenstandes kann mangels einer gesetzlichen Definition ebenfalls keine Anhaltspunkte rur die von der herrschenden Meinung vorgenommene Eingrenzung des Anwendungsbereichs des § 281 BGB liefern. Aus § 90 BGB ergibt sich lediglich, daß der Begriff des Gegenstandes weiter ist als der der Sache. Richtigerweise wird man als Gegenstand im Sinne des § 28 I BGB alles ansehen können, was Inhalt eines Anspruchs sein kann 323 • Bestünden aber doch begriffliche Bedenken dagegen, den aus der Verletzung vertraglicher Unterlassungspflichten gezogenen Gewinn unter § 281 BGB zu subsumieren, so sollte wenigstens einer analogen Anwendung der Vorschrift nichts entgegenstehen. Denn es gibt keinen vernünftigen Grund, weshalb der Schuldner einer vertraglichen Unterlassungspflicht bezüglich der Pflicht zur Herausgabe des vertragswidrig erzielten Gewinns besser stehen soll als der Schuldner einer vertraglichen Verschaffungspflicht324 • Allenfalls mag es Gründe geben, die dagegen sprechen, § 28 I BGB überhaupt auf die durch Rechtsgeschäfte des Schuldners erlangten Vorteile zu erstrecken 325 . Erkennt man dies jedoch für die Verletzung vertraglicher Verschaffungspflichten an, so sollte rur die Verletzung sonstiger Vertragspflithten nicht anders entschieden werden. Wie allgemein im Zusammenhang mit der privatrechtlichen Abschöpfung rechtswidrig erlangter Vorteile stellt sich allerdings auch bei § 281 BGB die Frage des Anspruchsumfangs. Den Schuldner verschuldensunabhängig stets zur Herausgabe des gesamten Gewinns zu verpflichten, erscheint hier ebensowenig gerechtfertigt wie im Bereich der Eingriffskondiktion 326 • Angemessen wäre es, den Anspruch aus § 28 I BGB grundsätzlich nach den für die Bereicherungshaftung geltenden Grundsätzen 327 zu bemessen und eine unbeschränkte Gewinnherausgabepflicht wie nach § 687 Abs. 2 BGB nur bei wissentlichen Verstößen eintreten zu lassen.
322 So auch BGH WM 1983, 170; BAG NJW 1956,606; Staudinger-Löwisch, § 275 Rdnr. 8; Erman-Battes, § 284 Rdnr. 7; vgl. ferner F. Schulz, AcP Bd. 105 (I 909), S. 30 f.; Köndgen, RabelsZ Bd.56 (1992), S.746; MünchKomm-Emmerich, § 275 Rdnr. 64. 323 So auch Wieczorek, S. 88, der aber i. Erg. die Anwendbarkeit des § 281 BGB bei Verletzung vertraglicher Unterlassungspflichten verneint (S. 99 f.). 324 Vgl. Köndgen, RabelsZ Bd. 56 (1992), S. 739 f. 325 AbI. insbes. Wieczorek, passim. V gl. dazu, daß die Gesetzesverfasser bei § 281 BGB nicht an den Eingriffserwerb dachten, auch Jakobs, Lucrum ex negotiatione, S. 105 ff.; v. Lübtow. Beiträge. S. 78. 326 Vgl. v. Lübtow. Beiträge. S. 78; Römer. AcP Bd. 119 (1921). S. 313 ff., 324 ff.. 358; Kunkel. JW 1933, S. 43 f.; v. Caemmerer. PS Rabeli, S. 389 Fn. 211; H Roth. FS Niederländer, S. 369 ff.; Köndgen, RabelsZ Ud. 56 (1992), S. 742 ff., 749; Westram, S. 42 ff., 64. 327 Vgl. dazu oben S. 303 ff.
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
Insgesamt ist somit festzuhalten, daß sich die meisten Argumente fUr die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB auf Vertragsverletzungen bei näherer Betrachtung als unzutreffend erweisen und auch der Gesichtspunkt, daß die Schutzbedürftigkeit des Gläubigers die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB gebiete, zumindest fragwürdig erscheint. Zu untersuchen bleibt, ob der Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB entscheidende Gründe entgegenstehen. b) Argumente gegen die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auf Vertragsverletzungen aa) Argumente der Rechtsprechung Nach heute wohl nahezu allgemeiner Auffassung unhaltbar ist die Argumentation des OLG Celle328 , wer Geschäfte unter Verstoß gegen vertragliche Vereinbarungen fUhre, handele gleichwohl in seiner eigenen Rechts- und Interessensphäre. Diese Argumentation beruht auf derselben irrigen Vorstellung, die auch der ablehnenden Haltung der älteren Rechtsprechung zur Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB auf Warenzeichenverletzungen zugrunde lag, daß nämlich die GeschäftsfUhrung insgesamt und in ihrer konkreten Gestalt einer fremden Rechts- und Interessensphäre zuzuordnen sein müsse 329 . Nicht überzeugend ist aber auch die Argumentation des OLG Hamburg 330, es fehle an dem erforderlichen ausschließlichen Recht des Geschäftsherrn zur Führung des Geschäfts, wenn auch Dritte das Geschäft hätten fUhren dürfen. Diese Begründung steht zwar im Einklang mit der verbreiteten Auffassung, daß lediglich die durch das absolute Recht vermittelte ausschließliche Eigennutzungsbefugnis zur Begründung der objektiven Fremdheit des Geschäfts geeignet sei. Nach hier vertretener Auffassung ist dieses Verständnis des Begriffs des fremden Geschäfts jedoch zu eng. Zwar setzt der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB in der Tat eine ausschließliche Zuweisung des Geschäfts an den Verletzten voraus. Diese ließe sich jedoch mit der dem Vertragsgläubiger zustehenden Lizenzbefugnis begründen, da der Vertragsgläubigerals einziger die Rechtsmacht hat, den Schuldner von seiner vertraglichen Unterlassungsptlicht zu entbinden. Der Bundesgerichtshof meinte noch in seinem Urteil vom 23.3.1988 331 , einer grundsätzlichen Stellungnahme zu dem Problem bedürfe es nicht, da in dem entschiedenen Fall schon deshalb kein fremdes Geschäft gefUhrt worden sei, weil die Klienten, die der Beklagte unter Verstoß gegen ein vertragliches Wett-
OLG Celle OLGE 18, 29, 30. Vgl. dazu oben S. 82, 377 f. 330 OLG Hamburg OLGE 22, 328, 329. 331 BGH NJW 1988,3018 f. 328
329
III. Die Verletzung relativer Rechte
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bewerbsverbot betreut hatte, zuvor ihre Geschäftsbeziehungen zum Kläger abgebrochen hatten. Wenn der Bundesgerichtshof demnach die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB daran scheitern lassen wollte, daß der Kläger die vom Beklagten getätigten Geschäfte selbst nicht hätte ausfilhren können, so ist dies schon deshalb abzulehnen, weil sich das Vorliegen eines fremden Geschäfts nur nach rechtlichen und nicht nach tatsächlichen Gesichtspunkten bestimmt. Gerade darin liegt ja der entscheidende Vorteil des Anspruchs aus § 687 Abs. 2 S. I i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB, daß er auch dann gegeben ist, wenn der Berechtigte entsprechende Geschäfte nicht hätte filhren können und ihm daher ein Schaden nicht entstanden ist332 . Des weiteren weist der Bundesgerichtshof in der Begründung des Urteils vom 23.3.1988 auf den Unterschied zum Sachverhalt des Urteils vom 11.1 0.1976 333 hin, der darin bestehe, daß dort die Beklagten in bereits abgeschlossene Verträge der Klägerin eingegriffen hätten. Dieser Hinweis beruht zwar insofern auf einem richtigen Gedanken, als der Umstand, daß in bereits bestehende fremde Verträge eingegriffen wurde, rur die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB durchaus von Bedeutung sein kann, da nach allgemeiner Auffassung die Einziehung einer fremden Forderung als Führung eines fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB anzusehen ist334 . Doch hätte gerade der Umstand, daß es an einem Eingriff in bereits zustande gekommene Verträge fehlte, in dem Urteil vom 23.3.1988 eine grundsätzliche Prüfung der hiervon ganz unabhängigen Frage, ob allein durch den Vertrag zwischen Kläger und Beklagtem das Geschäft zu einem rur den Beklagten fremden im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB wurde, erforderlich gemacht. Auch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.6.1989335 läßt eine Auseinandersetzung mit der Ansicht, daß die vertragliche Bindung als solche das Merkmal der Fremdheit des Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB begründen könne, vermissen 336 . Statt dessen ruhrt der Bundesgerichtshof einen zuvor weitgehend unbeachteten Gesichtspunkt in die Diskussion ein, indem er ein Argument gegen die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB aus dem Erfordernis der Auftragslosigkeit der Geschäftsfilhrung herzuleiten versucht. Er bezieht sich hierbei auf ein Urteil vom 11.1.1988337 , in dem der Bundesgerichtshof im Anschluß an R. Fischer 338 den Grundsatz aufstellt, wer vertraglich eingeräumte
Vgl. oben S. 139 ff. BGH WM 1977, 194 f. = LM Nr. 12 zu § 687 BGB. 334 Näher hierzu unten S. 486 ff. 335BGHNJW-RR 1989, 1255, 1256f.=DB 1989, 1762, 1763. 336 Vgl. dazu schon oben S. 150 ff. 337 BGH WM 1988, 968, 970. 338 Großkoffiffi. HGB-R. Fischer, 3. Aufl., § 116 Rdnr. 29. 332 333
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
Befugnisse überschreite, handele nicht als Geschäftsführer ohne Auftrag 339 • Dieser Grundsatz soll dem Urteil vom 12.6.1989 zufolge in gleicher Weise auch für § 687 Abs. 2 BGB gelten. Ein seine dienstvertraglichen Pflichten überschreitender Geschäftsführer einer GmbH hafte folglich nicht aus § 687 Abs. 2 BGB, da er nicht wie ein vertraglich ungebundener Geschäftsführer "ohne einen erteilten Auftrag" handele 340 • Sicher ist zunächst, daß sowohl die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag als auch § 687 Abs. 2 BGB nur anwendbar sind, wenn der Geschäftsführer nicht aufgrund bestehender rechtlicher Beziehungen zum Geschäftsherrn zur Geschäftsführung berechtigt ist 341 . Für § 687 Abs. 2 BGB ergibt sich dies bereits aus dem Tatbestandsmerkmal des fremden Geschäfts, das die fehlende Berechtigung des Geschäftsführers zur Geschäftsführung impliziert. Dagegen stehen Rechtsbeziehungen zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherr, die den Geschäftsführer nicht gerade zur Vornahme der betreffenden Handlung berechtigen oder verpflichten, einer Geschäftsführung ohne Auftrag grundsätzlich nicht entgegen. Das Erfordernis der Auftragslosigkeit darf nicht abstrakt, sondern muß konkret im Hinblick auf die jeweils vorgenommene Handlung verstanden werden. Dies ergibt sich aus dem Wort "dazu" iri § 677 BGB, das auch vor "beauftragt" hinzugedacht werden muß. Die Anwendung der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag kann also jedenfalls nicht schon daran scheitern, daß der Geschäftsführer zufällig dem Geschäftsherrn gegenüber aufgrund schuldrechtlicher Bindungen zur Vornahme ganz anderer Handlungen berechtigt oder verpflichtet war. Fraglich kann lediglich sein, ob der Umstand, daß die Geschäftsführung sich zugleich als Leistungsstörung innerhalb eines bestehenden Schuldverhältnisses darstellt, das Merkmal der Auftragslosigkeit ausschließt. Dies ist zumindest nicht notwendig der Fall. Wie bereits Lent342 zutreffend dargelegt hat, würde der Anwendungsbereich der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag andernfalls in einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Weise eingeschränkt. Es ist also durchaus denkbar, daß eine Handlung sich zugleich als
339 Anders die in der Literatur vorherrschende Auffassung. die bei Überschreitung der gesellschaftsrechtlichen Geschäftsführerbefugnisse grundsätzlich die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag für anwendbar hält so z. B. Soergel-Hadding. § 708 Rdnr. 5; MünchKomm-P. lJlmer. § 708 Rdnr. 10; Erman-H. P. Westermann. § 708 Rdnr. 7; ebenso noch RGZ 158,302.313. 340 BGH NJW-RR 1989, 1255. 1257. 341 Ungenau insofern Fleck, ZIP 1991. S. 1272. der meint. die Auftragslosigkeit sei im Unterschied zur Geschäftsführung ohne Auftrag überhaupt kein Merkmal des § 687 Abs. 2 BGB. 342 Auftragslose Geschäftsführung, S. 171 C
III. Die Verletzung relativer Rechte
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positive Forderungsverletzung und als Geschäftsführung ohne Auftrag darstellt, wobei es sich allerdings gemäß der herrschenden Auffassung, daß die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag einen Rechtfertigungsgrund darstellt 343 , nur um eine dem Willen und Interesse des Geschäftsherrn widersprechende Geschäftsführung im Sinne der §§ 678, 684 BGB handeln kann. Aber selbst eine berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag könnte etwa mit dem Anspruch aus § 281 BGB konkurrieren, z. B. wenn der Verkäufer einer Sache diese vor der Übereignung für Rechnung des Käufers zu einem besonders hohen Preis an einen Dritten veräußert 344 • Ebenso kann eine Leistungsstörung auch mit einer Geschäftsanmaßung zusammentreffen, etwa wenn der Entleiher einer Sache diese für eigene Rechnung an einen Dritten veräußert. Die Behauptung des Bundesgerichtshofs, in der Überschreitung der gesellschaftsrechtlichen Geschäftsführerbefugnisse könne nur ein Verstoß gegen vertragliche Pflichten, aber keine Geschäftsführung ohne Auftrag gesehen werden, da der vertraglich gebundene Geschäftsführer nicht wie der vertraglich ungebundene ohne einen erteilten Auftrag handele, ist demnach zu pauschal. Im wesentlichen zutreffend hat dagegen schon Lent das Verhältnis von Geschäftsführung ohne Auftrag und Vertragsverletzung bestimmt. Nach Lent sind die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag anwendbar, wenn die Tätigkeit mit dem Vertrag in keinem inneren Zusammenhang steht, nicht dagegen, wenn es sich nur um eine Abweichung von der Erfüllungspflicht handelt 345 • Ähnlich unterschied Maser: Wenn die Geschäftsführung einen Zusammenhang mit einem bestehenden Vertragsverhältnis aufweise, hänge die Frage, ob das Erfordernis der Auftragslosigkeit bejaht werden könne, davon ab, ob die gesetzliche Regelung nach dem Sinn und Zweck des Rechtsverhältnisses die Überschreitung berücksichtigt habe und deshalb als abschließende Regelung angesehen werden müsse. Dies sei jedenfalls dann nicht der Fall, wenn die Handlung ganz aus dem Rahmen des Vertrags falle 346 • Entscheidend ist also, ob die Tätigkeit im Rahmen der Vertragserjül/ung erfolgt. Demnach liegt z. B. keine Geschäftsführung ohne Auftrag, sondern nur eine Vertragsverletzung vor, wenn der Werkunternehmer, der eine fremde Sa)43 Vgl. Staudinger-Wittmann. vor §§ 677 ff. Rdnr. 8; Larenz, SchuldR II1I, § 57 I b; Esserl/l"eyers. § 46 11 4; Fikentscher. SchuldR. Rdnr. 934. 344 Abw. Lent. Auftragslose Geschäftsführung. S. 172 f., der meinte, der Gesichts-
punkt der Vertragsverletzung müsse ganz ausscheiden, wenn die Handlung sich zugleich als Geschäftsführung ohne Auftrag und als Vertragsverletzung darstelle. 345 Lent. Auftragslose Geschäftsführung. S. 169 ff.: im Ansatz ebenso Brückmann, S. 67 ff.. der aber den Begriff des "inneren Zusammenhangs" mit dem Vertrag in einem zu weiten Sinne versteht. wenn er einen solchen auch für den Fall annimmt, daß ein Verwahrer die Sachen für Rechnung des Eigentümers veräußert. 346 Maser. Herausgabe. S. 171; ebenso Friedrich. ZSR Bd. 64 (1945), S. 36; Thum, S. 50; ähnlich Meissel. S. 76. 29 Ehen
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
che zu reparieren hat, statt der vereinbarten Ersatzteile andere verwendet. Dagegen steht der Anwendung der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag nichts entgegen, wenn der Unternehmer bei der Reparatur der Sache einen ganz anderen Fehler bemerkt und diesen in der Annahme, der Besteller werde hiermit schon einverstanden sein, ebenfalls behebt. Hier handelt es sich um einen typischen Fall fremdnütziger auftragsloser Geschäftsführung. Die Anwendung der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag allein daran scheitern zu lassen, daß zufällig erst ein Vertragsschluß die tatsächliche Situation herbeigeführt hat, in der es zur Geschäftsführung kommen konnte, wäre nicht gerechtfertigt347 . Entscheidend ist, daß kraft des bestehenden Rechtsverhältnisses keine Verpflichtung zur Vornahme entsprechender Handlungen bestand. Denn in diesem Fall kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß sich die Rechtsfolgen der Handlung ausschließlich aus den auf das bestehende Rechtsverhältnis anwendbaren Vorschriften ergeben sollen. Etwas anderes mag ausnahmsweise dann gelten, wenn eine nicht geschuldete Handlung dazu diente, den Vertragszweck zu verwirklichen 348 • In aller Regel wird allerdings eine zur Verwirklichung des Vertragszwecks erforderliche Handlung auch vertraglich geschuldet sein, so daß schon aus diesem Grunde eine Geschäftsführung ohne Auftrag ausgeschlossen ist. Das Merkmal der Auftragslosigkeit der Geschäftsführung ist also in zwei Fällen zu verneinen: zum einen immer dann, wenn eine anderweitige Berechtigung des Geschäftsführers zur Vornahme der Handlung vorliegt, zum andern dann, wenn die Handlung Pflichten aus einem Auftrag oder einem anderen Schuldverhältnis verletzt, vorausgesetzt, daß die Handlung der Erfüllung des bestehenden Schuldverhältnisses dienen soll. Dies bedeutet aber für § 687 Abs. 2 BGB, daß hier dem Merkmal der Auftragslosigkeit neben den anderen Tatbestandsmerkmalen der Vorschrift keine selbständige Bedeutung zukommen kann. Denn daß die Geschäftsführung der ordnungsgemäßen Abwicklung eines bestehenden Schuldverhältnisses dient, erscheint im Falle einer unerlaubten Eigengeschäftsführung ausgeschlossen 349 . Somit kann auch die Frage, ob die Verletzung einer vertraglichen Unterlassungspflicht den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB erfüllt, nicht mit dem Hin-
347 A. A. Wollschläger, GoA, S. 267, der die Anwendung der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag schon daran scheitern lassen will, daß ein Geschäftsbesorgungsverhältnis die Möglichkeit geschaffen hat, auf das fremde Vermögen schädigend einzuwirken. 348 So Müller, JZ 1968, S. 771. 349 Zutr. Friedrich, ZSR NF Bd. 64 (1945), S. 36; Thum, S. 51.
III. Die Verletzung relativer Rechte
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weis auf das Erfordernis einer auftrags losen Geschäftsführung verneint werden 350 . Mit den dargelegten Grundsätzen stand auch die Rechtsprechung zu § 687 Abs. 2 BGB bis zum Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.6.1989 durchaus im Einklang. Denn § 687 Abs. 2 BGB wurde wiederholt auch auf Fälle der Verletzung arbeits- oder geschäftsbesorgungsvertraglicher Treuepflichten angewandt, ohne daß dies unter dem Gesichtspunkt des Erfordernisses einer "auftragslosen" Geschäftsführung auch nur problematisiert worden wäre. Zu nennen sind hier etwa das Urteil des Reichsgerichts vom 14.1.1914 zur unbefugten Weitergabe einer Erfindung durch einen Arbeitnehmer351 , das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 22.8.1966 zum Mißbrauch einer Inkassovollmacht 352 und die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Schmiergeldannahme durch Arbeitnehmer oder Geschäftsbesorger353 . Von den von der Rechtsprechung gegen die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auf Vertragsverletzungen angeführten Gesichtspunkten bleibt somit nur der im Urteil des Reichsgerichts vom 24.3 .1933 354 betonte Zweck des § 687 Abs.2 BGB, den deliktischen Schutz zu ergänzen. Dem genannten Urteil zufolge soll § 687 Abs. 2 BGB den Parteien eines bestehenden Schuldverhältnisses keine weitergehenden Rechte verschaffen, als ihnen nach dem Schuldverhältnis zustehen. Gass meint allerdings, die Ablehnung des Anspruchs aus § 687 Abs. 2 BGB in diesem Urteil beruhe nur auf der irrigen Auffassung, eine Konkurrenz zwischen Ansprüchen aus Vertrag und Geschäftsführung ohne Auftrag sei nicht möglich 355 • Tatsächlich klingt diese Vorstellung in den Entscheidungsgründen an, wenn das Reichsgericht ausführt, es dürfe nicht eine einzelne Handlung aus dem Zusammenhang (zu ergänzen ist wohl: des bestehenden Schuldverhältnisses) genommen werden. Ähnlich unklar äußerte sich der Bundesgerichtshof zum Verhältnis des Anspruchs aus § 687 Abs. 2 BGB zu vertraglichen Ansprüchen, wenn er die Haftung aus § 687 Abs. 2 BGB als ihrem Wesen nach subsidiär bezeichnete356 . Doch ging es in dem (ohne Tatbestand veröffentlichten) Urteil des Reichsgerichts wohl, wie auch in dem Urteil des Bundesgerichtshofs, um einen Fall, in dem sich die fehlende Berechtigung des Geschäftsführers ausschließlich mit der Vertragsverletzung begründen ließ. 350 So i. Erg. auch Fleck, ZIP 1991, S. 1272: flir Art. 423 schweiz. OR Lischer, S. 137 ff. 351 RGZ 84, 49, 53. Vgl. dazu schon oben S. 434. 352 BAG AP Nr. 3 zu § 687 BGB. Vgl. dazu schon oben S. 433 f. 353 BAG AP Nr. I. 4, 5 zu § 687 BGB. Vgl. dazu schon oben S. 433. 354 RG HRR 1933. Nr. 1640. 355 Gass. NJW 1960. S. 2339: vgl. auch Fleck. ZIP 1991. S. 1273. 356 BGH NJW 1984. 1411 = LM Nr. 13 zu § 687 BGB; zu Recht krit. insoweit Fleck. ZIP 1991. S. 1272 f. 29*
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
Dann war aber die entscheidende Frage nicht, ob die Vertragsverletzung auf der Konkurrenzebene den Anspruch aus § 687 Abs.2 BGB ausschließt, sondern ob der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB sich gerade mit der Vertragsverletzung begrunden läßt357 • Schon diese Frage wollte offenbar das Reichsgericht verneinen, wenn es unter Berufung auf die Absicht der Gesetzesverfasser, durch § 687 Abs. 2 BGB den deliktischen Schutz zu ergänzen, die Auffassung vertrat, § 687 Abs. 2 BGB könne nicht die Rechte aus einem bestehenden Schuldverhältnis erweitern. Ob diese Auffassung zutrifft, wird angesichts der Vielzahl von Stimmen in der Literatur, die eine hinreichend eindeutige Stellungnahme der Gesetzesverfasser gegen die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB bei Verletzung schuldrechtlicher Positionen offenbar gerade vermissen, noch näher zu untersuchen sein. bb) Argumente der Literatur Um eine eingehendere Begründung der Unanwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auf Vertragsverletzungen hat sich bislang nur Rosenkranz bemüht. Seine Auffassung wurde bereits oben 358 skizziert. Auch bei Rosenkranz steht im Mittelpunkt der Argumentation der von der zweiten BGB-Kommission betonte Zweck des § 687 Abs. 2 BGB, den deliktischen Schutz zu erweitern. Die hieraus gezogene Konsequenz, der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB könne nur erfüllt sein, wenn auch ein Fall der §§ 823 ff. BGB vorliege, stellt jedoch eine Überinterpretation der Äußerungen der zweiten Kommission dar359 • Jedenfalls hätte ein entsprechender Wille der Gesetzesverfasser im Gesetz keinen hinreichenden Ausdruck gefunden. Nicht überzeugend ist auch Rosenkranz' Argument, die Auffassung Nipperdeys führe dazu, daß man sich durch Vertrag auch gegenüber Dritten geschützte Rechtspositionen verschaffen könnte. Dieser Gedanke klingt auch bei Seiler an, der ein zwingendes Argument gegen die unzweifelhaft abzulehnende Haf-
Vgl. oben S. 438 f. S. 432. 359 Vgl. schon oben S. III f. Gänzlich verfehlt ist der Hinweis Rosenkranz' (S. 36 auf den bei der Beratung des § 687 Abs. 2 BGB diskutierten Einwand, die vorgeschlagene Bestimmung treffe nicht zu. wenn der Geschäftsführer äußerlich überhaupt nicht die Geschäfte des anderen geführt habe (Prot. 11. S. 743 = Mugdan 11, S. 1203). Denn zum einen wurde dieser Einwand gerade unter Hinweis darauf, die Zweckmäßigkeit der Bestimmung müsse den Ausschlag geben. als nicht durchgreifend angesehen. Zum andern stand der Einwand in keinem Zusammenhang mit der hier erörterten Problematik. bezog sich vielmehr auf die Frage. ob § 687 Abs. 2 BGB auch dann anwendbar sei. wenn der Geschäftsführer im eigenen Namen handelt. 357 358
n
III. Die Verletzung relativer Rechte
453
tung Dritter vennißt 360 • Die Thesen Nipperdeys implizieren jedoch keineswegs, daß die vertraglich begründete Position auch gegenüber Dritten geschützt sein müßte. Denn daß vertragliche Verpflichtungen im Gegensatz zu absoluten Rechten nur den Vertragspartner binden, bestreitet selbstverständlich auch Nipperdey nicht. Sein Argument, die lex contractus habe die gleiche verbindliche Kraft wie die lex publica361 , bezieht sich allein auf das Verhältnis der Vertragspartner zueinander. Daß auch nach der Auffassung Nipperdeys aus dem vertraglichen Unterlassungsanspruch keine Rechte gegen Dritte hergeleitet werden können, liegt auf der Hand in dem Fall, daß ein Dritter Geschäfte fUhrt, die Gegenstand einer ,.gleichstufigen" Unterlassungsvereinbarung, also etwa eines Gebietsabgrenzungsvertrags zweier konkurrierender Unternehmen, sind. Hier fehlt es offensichtlich an der unabdingbaren Voraussetzung des § 687 Abs. 2 BGB, daß der GeschäftsfUhrer zur GeschäftsfUhrung nicht berechtigt sein darf, da der Dritte selbst bei Kenntnis von der Unterlassungsvereinbarung durch diese unter keinem Gesichtspunkt gebunden sein kann. Grundsätzlich nichts anderes gilt aber auch für die von Rosenkran=362 in diesem Zusammenhang als Beispiel herangezogene Alleinbezugsvereinbarung, da der Lieferant sich hier ebenfalls nur im Verhältnis zu seinem Vertragspartner das Recht der alleinigen Belieferung sichern kann 363 . Ein Unterschied besteht hier lediglich insofern, als die Belieferung des Absatzmittlers durch einen Dritten ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt der Beteiligung an fremdem Vertragsbruch die Voraussetzungen des § 826 BGB erfüllen kann. Insoweit hätte sich der Gläubiger der Alleinbezugsverpflichtung im Ergebnis durch den Vertrag zwar tatsächlich eine auch gegenüber Dritten geschützte Position verschafft. Dieser Schutz besteht dann jedoch unabhängig von der Frage der Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB. Läßt man hier neben dem Anspruch aus § 826 BGB auch einen An-
360 Sei/er. EWiR 1988. S. 777 f.: ders .. in: MünchKomm. § 687 Rdnr.20; dagegen zutr. schon Krumm. S. 82 Fn. 129. 361 Nipperde;v. FS Böhm. S. 167. 362 S. 112 ff. 363 Rosenkran=. S. 112 geht davon aus. daß nach der Auffassung Nipperdeys der Absatzmittler dem Lieferanten aus § 687 Abs. 2 BGB hafte. wenn er sich vertragswidrig von einem Dritten beliefern lasse. Nipperdey hätte hier jedoch zweifellos einen Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB verneint. da es nach Nipperdeys - nach hier vertretener Autfassung allerdings zu engem - Verständnis vom Begriff des fremden Geschäfts an der erforderlichen Identität des dem Gläubiger zugewiesenen G~schäfts (Vertrieb bestimmter Waren) mit dem vom Schuldner geflihrten Geschäft (Be=ug bestimmter Waren) fehlt (vgl. Nipperdey. FS Böhm. S. 171 ff.). Unzutr. ist aber v. a. auch Rosenkran=' weitere Schlußfolgerung (S. 112 ff.). wenn der Vertragsschluß mit dem Dritten für den Absatzmittler ein fremdes Geschäft sei. sei er dies auch für den Dritten. Wenn Rosenkran=. S. 114 argumentiert. aus der deliktischen Natur des § 687 Abs. 2 BGB folge, daß das Geschäft nur für beide Seiten oder flir keine ein fremdes sem könne. so ist dies eine offensichtliche petitio principii. denn gerade die deliktische Natur des § 687 Abs. 2 BGB wird ja von Nipperdey bestritten.
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
spruch aus § 687 Abs. 2 BGB zu, so wird diese Rechtsfolge nur an eine bereits anderweitig gegenüber Dritten geschützte Position geknüpft. Keinesfalls kann auch auf der Grundlage der Auffassung Nipperdeys - erst durch die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB eine derartige gegenüber Dritten geschützte Position geschaffen werden. Es bleibt somit von den in der Literatur gegen die Anwendung des § 687 Abs.2 BGB auf Vertragsverletzungen erhobenen Einwänden nur das Argument, daß die Rechtsfolgen einer Vertragsverletzung in anderen Vorschriften eine abschließende Regelung gefunden hätten 364 • Da die Anwendung der hier entwickelten Kriterien für das Vorliegen eines fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB es nicht ausschließt, die unter Verletzung einer vertraglichen Unterlassungspflicht vorgenommene Handlung als Führung eines fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB anzusehen 365 , kann die Unanwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB sich nur aus einem übergeordneten, außerhalb der Tatbestandsmerkmale des § 687 Abs. 2 BGB liegenden Gesichtspunkt ergeben, nämlich der systematischen Unterscheidung von vertraglicher und außervertraglicher Haftung.
3. Die System widrigkeit der Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB auf Vertragsverletzungen Den Gesetzesverfassern war das hier erörterte Problem der Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auf Vertragsverletzungen unbekannt. Daher geben auch die Gesetzesmaterialien zu § 687 Abs. 2 BGB fur die Entscheidung der Streitfrage wenig her. Das Problem, inwieweit sogenannte gesetzliche Schuldverhältnisse durch die Verletzung vertraglicher Pflichten begründet werden können, kann sich jedoch auch andernorts ergeben, insbesondere im Deliktsrecht. Bezüglich der deliktischen Anspruchsgrundlagen finden sich nun aber in den Gesetzesmaterialien auch durchaus eindeutige Stellungnahmen zur Frage ihrer Anwendbarkeit auf Vertragsverletzungen. So heißt es in den Motiven zum ersten Entwurf über die Verletzung eines Rechts aus einem Schuldverhältnis durch den Schuldner: "Diese Rechtsverletzung ist überhaupt nicht Gegenstand der Vorschriften über die Schuldverhältnisse aus unerlaubten Handlungen. Die durch dieselbe begründeten Verpflichtungen sind nur Verpflichtungen aus dem bestehenden Schuldverhältnisse selbst, auf welches die widerrechtliche Handlungsweise abändernd und erschwerend einwirkt."366
364 Vgl. die Nachw. oben S. 433 Fn. 256. V gl. oben S. 446. Mot. 11. S.727 = .\lugdan 11. S.406. Vgl. auch Mot. 1Il. S.392 S.218. 365
366
=
Mugdan 1Il.
III. Die Verletzung relativer Rechte
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Hier ist in aller Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, daß die Gesetzesverfasser von einer strikten systematischen Unterscheidung zwischen der deliktischen Haftung und der Haftung innerhalb bestehender Schuldverhältnisse ausgingen. Hervorzuheben ist, daß die zitierten Ausfiihrungen sich nicht allein auf den Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB beziehen. Die Ausführungen betreffen vielmehr jede Form deliktischer Haftung, also in gleicher Weise auch die Tatbestände der §§ 823 Abs. 2, 826 BGB. Unmißverständlich äußerte sich insoweit auch die zweite Kommission zum Tatbestand des § 823 Abs.2 BGB. Gegenüber dem Einwand, daß der spätere § 823 Abs. 2 BGB zu Unrecht auch auf die Verletzung obligatorischer Verpflichtungen durch den Schuldner angewandt werden könnte, wurde geltend gemacht, es ergebe sich schon aus der Gesetzessystematik, daß obligatorische Beziehungen an anderer Stelle geregelt seien 367 . Nicht nur § 823 Abs. 1 BGB, sondern a11e deliktischen Anspruchsgrundlagen setzen also nach der Vorstellung der Gesetzesverfasser die Verletzung einer "absolut", d. h. gegenüber jedermann geschützten Rechtsposition voraus. Dies unterscheidet die deliktisch geschützten Positionen kategorial von den obligatorischen Rechten, die, zumindest soweit es um die Leistungsverpflichtung (und nicht um die Forderungszuständigkeit) geht, allein vom Schuldner verletzt werden können. Insofern läßt sich die deliktische Haftung als "JedermannHaftung" charakterisieren. Das Delikt ist definiert als die "Verletzung der allgemeinen, zwischen allen Personen bestehenden, Rechtsbeziehungen, die jeder beachten muß"368. Dies schließt es selbstverständlich nicht aus, daß auch die deliktische Haftung an besondere Merkmale in der Person des Schuldners anknüpfen kann. "Jedermann-Haftung" bedeutet nicht, daß "Ge- oder Verbots-Empfänger quivis ex populo ohne jeden Unterschied" ist 369 . Es ist durchaus möglich, daß ein Deliktstatbestand nur von einem bestimmten Personenkreis erfiillt werden kann. Ausnahmsweise kann als Deliktsschuldner auch nur eine einzige Person in Betracht kommen. Dies kann vor allem dort der Fall sein, wo der Deliktstatbestand durch ein pflichtwidriges Unterlassen erfiillt wird, wie im Bereich der Haftung aufgrund von Verkehrssicherungspflichten. Hierin liegt noch keine Durchbrechung des genannten Prinzips370, da die Haftung stets auf der Verletzung gegenüber jedermann geschützter Rechtsgüter (z. B. des Eigentums oder der Gesundheit) beruht, mag auch die Erfüllung des deliktischen Tatbestands
367 Prot. 11. S. 572 = AllIgdan 11. S. 1076. 368 Palandt- Thomas. Einf. vor § 823 Rdnr. I; ähnlich BGHZ 34. 375. 380; Staudinger-Schäfer. vor §§ 823 ff. Rdnr. 2: RGRK-Steffen. vor § 823 Rdnr. 3. 13: Esser/Weyers. § 53 I a: Köt=. Rdnr. 13: Kupisch/Krüger. S.4: Diet=. S. 101: Ebbecke. JherJB. Bd. 71 (1921). S. 346 f.: Picker. AcP Bd. 183 (1983). S. 511. 369 Dier=. S. 283. 310 In diesem Sinne aber Kllpisch/Kriiger. S. 4.
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
zusätzlich von Merkmalen in der Person des Schuldners abhängen. Andernfalls müßte z. B. auch schon die Vorschrift des § 828 BGB als Durchbrechung des Prinzips der "Jedennann-Haftung" angesehen werden. Keinesfalls jedoch darf die deliktische Haftung an die Verletzung eines bestehenden Schuldverhältnisses geknüpft werden 371 • Daher läßt sich z. B. auch die deliktische Arzthaftung nicht mit der Verletzung des Leistungsversprechens im Behandlungsvertrag, sondern nur mit der Verletzung absolut geschützter Rechtsgüter des Patienten und den allein aus dem tatsächlichen Kontakt zwischen Arzt und Patient resultierenden Berufspflichten begründen 372 • Die grundsätzliche Bedeutung dieser klaren Abgrenzung der deliktischen von der vertraglichen Haftung wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß die schuldhafte Verletzung des vertraglichen Leistungsversprechens meist in Gestalt der Schadensersatzpflicht zu einer der deliktischen Haftung gleichartigen Sanktion führt. Denn es verbleiben gleichwohl Unterschiede, da der Gesetzgeber die Rechtsfolgen der Verletzung vertraglicher und absolut geschützter Positionen bewußt nicht in jeder Beziehung gleichartig ausgestaltet hat. Daher wird man in wesentlichen Punkten der Wertung des Gesetzgebers widersprechende Ergebnisse erzielen, wenn man die systematische Unterscheidung von vertraglicher und deliktischer Haftung ignoriert. So könnte etwa, sähe man eine Vertragsverletzung zugleich als Delikt im Sinne der §§ 823 ff. BGB an, der Erfüllungsgehilfe über § 830 Abs. 2 BGB für die Vertragsverletzung haftbar gemacht werden 373 . Entscheidend für die hier behandelte Streitfrage ist nun, daß die dargelegten Grundsätze des Verhältnisses der deliktischen zur vertraglichen Haftung auf § 687 Abs. 2 BGB übertragbar sind. Um zu diesem Ergebnis zu gelangen, muß man nicht die Äußerungen der zweiten Kommission zur Funktion des § 687 Abs. 2 BGB zu einem Dogma des Inhalts umdeuten, daß § 687 Abs. 2 BGB nur zur Anwendung kommen könne, wenn zugleich auch mindestens einer der Tatbestände der §§ 823 ff. BGB erfüllt ist. Für die Übertragung der dargelegten Grundsätze auf § 687 Abs.2 BGB genügt es, daß der Tatbestand des § 687 Abs.2 BGB alle Merkmale aufweist, die auch die Tatbestände der §§ 823 ff.
Vgl. Ptanck-Ftad, vor § 823 Anm. 4, 5 b; Lent, Gesetzeskonkurrenz, S. 276 f. Stellt man allein auf den tatsächlichen Kontakt ab, so läßt sich etwa auch die Möglichkeit eines Anspruchs aus § 823 Abs. 2 i. V. m. § 618 BGB begründen; vgl. Ebbecke, JherJB. Bd. 71 (1921), S. 347 f.; dagegen aber - im Grundsatz völlig richtig - Staudinger-Nipperdey/Mohnen, 11. Aufl., § 618 Rdnr. 15. Ebenso läßt sich die Anwendung des § 823 Abs. 2 BGB auf Vertragsverletzungen, die den Tatbestand eines Strafgesetzes (z. B. §§ 263, 266 StGB) erfüllen, rechtfertigen, sofern die Wirksamkeit des Vertrags nicht Voraussetzung für die Erfüllung des Straftatbestands ist; für die Anwendbarkeit des § 823 Abs. 2 BGB in diesen Fällen (ohne die genannte Differenzierung) Schmiedet, S. 61 ff.; Dietz, S. 74 Fn. 12, S. 86 f., 291 ff. 373 Darauf weist Schmiedet, S. 59 hin. 371
372
III. Die Verletzung relativer Rechte
457
BGB verbindet374 • Dieser materiell delikt ische Charakter der Geschäftsanmaßung ist der Grund dafür, daß § 761 Abs. 3 des ersten Entwurfs hinsichtlich der Rechtsfolgen der Geschäftsanmaßung pauschal auf die Vorschriften über die unerlaubten Handlungen verwies, und daß die zweite Kommission die Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB primär als Ergänzung des Deliktsrechts verstand m . An dem materiell deliktischen Charakter des § 687 Abs. 2 BGB ändert sich auch dadurch nichts, daß - wenigstens theoretisch - § 687 Abs. 2 BGB auch einmal anwendbar sein könnte, ohne daß zugleich ein Deliktstatbestand im Sinne der §§ 823 ff. BGB erfüllt wäre. Denn auch jeder einzelne Tatbestand der §§ 823 ff. BGB hat ja seinen eigenen spezifischen Anwendungsbereich. Als Ergebnis der bisherigen Untersuchung ist somit festzuhalten: Nach der in den Gesetzesmaterialien unmißverständlich zum Ausdruck gekommenen Vorstellung der Gesetzesverfasser stünde es im Widerspruch zum Wesen deliktischer Haftung, wenn diese an die Verletzung einer Pflicht aus einem bestehenden Schuldverhältnis geknüpft würde. Da § 687 Abs. 2 BGB materiell einen Sonderfall der unerlaubten Handlung regelt, muß davon ausgegangen werden, daß die Gesetzesverfasser den genannten Grundsatz auch auf § 687 Abs. 2 BGB erstreckt hätten, wäre ihnen das Problem der Anwendbarkeit des § 687 Abs.2 BGB auf die Verletzung vertraglicher Rechtspositionen bekannt gewesen. Insofern scheint die Rechtsprechung also jedenfalls im Ergebnis völlig richtig zu liegen, wenn sie es ablehnt, die Sanktion des § 687 Abs. 2 BGB an die Verletzung vertraglicher Unterlassungspflichten zu knüpfen. Doch soll nicht unerwähnt bleiben, daß die Rechtsprechung im Rahmen der §§ 823 ff. BGB die Unterscheidung von vertraglicher und deliktischer Haftung keineswegs so konsequent beachtet, wie es die Gesetzesverfasser forderten. Bei § 823 Abs. 1 BGB ist allerdings eine Durchbrechung dieser Unterscheidung weitgehend schon dadurch ausgeschlossen, daß der vertragliche Anspruch nach allgemeiner Auffassung keil) "sonstiges Recht" im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB ist376 • Klare Durchbrechungen finden sich jedoch im Bereich der §§ 823 Abs. 2, 826 BGB. Zwar wäre es nach wohl allgemeiner Auffassung abwegig, beim Verkauf einer
Vgl. oben S. 108. Vgl. Prot. II, S. 742 f. = Mugdan II, S. 1202 f. 376 Fragwürdig ist insoweit allerdings die Rechtsprechung zum sog. weiterfressenden Schaden. Nach EsserlWeyers, § 54 IV läuft diese auf eine "deliktische Bewehrung der vertraglichen Erflillungszusage" hinaus (ähnlich Soergel-Zeuner, vor § 823 Rdnr.41). Systemwidrig wäre es ferner, den Schuldner bei wirksamer Zahlung an einen Nichtberechtigten deliktisch wegen Verletzung der Forderungszuständigkeit aus § 823 Abs. I BGB haften zu lassen (vgl. dazu Medicus, BR, Rdnr. 610). Keine Systemwidrigkeit ist dagegen mit der Auffassung verbunden, daß die Verletzung der Forderungszuständigkeit durch einen Dritten Ansprüche aus § 823 Abs. I BGB begründen könne, da es dabei um die Haftung zwischen unverbundenen Rechtssubjekten geht. 374 375
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
mangelhaften Sache einen Anspruch des Käufers auf § 823 Abs.2 i. V. m. § 459 BGB zu stützen. Die Verletzung der systematisch ebenso eindeutig dem Vertragsrecht zuzuordnenden Vorschrift des § 564 b BGB soll dagegen einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB begründen können 377 • Ein Anspruch aus § 826 BGB soll zwar nicht bei jeder vorsätzlichen Nichterfüllung eines Vertrags gegeben sein, wohl aber beim Hinzutreten "besonderer Umstände"378, ohne daß diese jedoch etwas daran änderten, daß die deliktische Haftung hier VOn der Verletzung einer vertraglichen Verpflichtung und nicht VOn der Verletzung einer gegenüber jedermann geschützten Position abhängig gemacht wird. Wäre dies richtig, so müßte man sich auch der Argumentation H. Roths 379 anschließen, daß systematische Bedenken ebensowenig der Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB aufVertragsverletzungen entgegengehalten werden könnten. Für die genannten Durchbrechungen mag eine Erklärung sein, daß heute der Begriff des absoluten Rechts meist nur im Zusammenhang mit dem Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB verwendet wird. Auf diese Weise wird zwangsläufig der Eindruck erweckt, daß die Verletzung absolut (d. h.: unabhängig VOn einem bestehenden Schuldverhältnis) geschützter Positionen nur bei § 823 Abs. 1 BGB eine unabdingbare Anspruchsvoraussetzung sei. Wenn man jedoch den Satz, daß die Verletzung einer Pflicht aus einem bestehenden Schuldverhältnis überhaupt nicht Gegenstand der Vorschriften über unerlaubte Handlungen ist, ernst nimmt, so wird man auch die bisweilen zugelassenen Durchbrechungen abzulehnen haben. Dies fällt um so leichter deshalb, weil das Leistungsstörungsrecht des BGB einschließlich seiner allgemein anerkannten Ausweitungen in Gestalt der positiven Forderungsverletzung und der culpa in contrahendo ausreichenden Schutz innerhalb bestehender Schuldverhältnisse gewährleistet. Grundsätzlich nichts anderes gilt aber auch für § 687 Abs. 2 BGB. Denn die Gewinnabschöpfungsfunktion, die nach verbreiteter Ansicht die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB auch im Bereich der Verletzung vertraglicher Positionen gebietet, kann, wie dargelegt380, durchaus auch von Regelungen des Leistungsstörungsrechts übernommen werden. 377 Vgl. OLG Karlsruhe WuM 1976. 99. 101: AG Waldshut-Tiengen WuM 1977. 115; offen OLG Hamm ZMR 1976. 149. - Wenn Schmiede!. S. 55 bezüglich der Unanwendbarkeit des § 823 Abs. 2 BGB auf die Verletzung von Sonderverbindungen von einem gewiß festzustellenden Konsens spricht. wird man sich dieser Einschätzung also nicht anschließen können. Daß die Anwendung des § 823 Abs. 2 BGB auf die Verletzung von Sonderverbindungen in der Praxis selten vorkommt. beruht in erster Linie auf der ohnehin fast lückenlosen Schadensersatzhaftung bei schuldhatlen Vertragsverletzungen, die die Heranziehung des § 823 Abs. 2 BGB weitgehend funktionslos macht. 378 So Pa!andt-Thomas. § 826 Rdnr.55; RGRK-Steffen. § 826 Rdnr. 102: ähnlich MünchKomm-Mertens. § 826 Rdnr. 27. 121: vgl. aus der Rechtsprechung etwa RGZ 89,99. 103; OLG Karlsruhe WuM 1976.99. 101. 379 PS Niederländer. S. 380. 380 Oben S. 442 ff.
III. Die Verletzung relativer Rechte
459
Einzuräumen ist allerdings, daß die Unterscheidung der deliktischen Haftung von der Haftung innerhalb bestehender Schuldverhältnisse im Wortlaut der deliktischen Anspruchsgrundlagen keinen Niederschlag gefunden hat. Weder bei § 823 Abs. 2 BGB noch bei § 826 BGB ergibt sich für die Unanwendbarkeit auf die Verletzung von Vertragspflichten ein Anhaltspunkt aus dem Gesetzeswortlaut381 , und auch § 823 Abs. I BGB bildet hier keine Ausnahme, da ein "sonstiges Recht" im Sinne des § 823 Abs. I BGB begrifflich ohne weiteres auch ein obligatorisches Recht sein könnte. Ebensowenig läßt sich die Unanwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auf Vertrags verletzungen unmittelbar aus den Tatbestandsmerkmalen der Vorschrift herleiten 382 • Damit liegt die Frage nahe, ob die Vorstellung der Gesetzesverfasser, daß die Verletzung von Pflichten aus bestehenden Schuldverhältnissen nicht Gegenstand des deliktischen Haftungssystems sei, für die Rechtsanwendung überhaupt verbindlich ist383 . Denn ein im Gesetz nicht zum Ausdruck gekommener Wille des Gesetzgebers ist - zumindest nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung - bei der Rechtsanwendung nicht zu berücksichtigen384 • Dieser Einwand kann aber jedenfalls dann nicht durchgreifen, wenn die Unterscheidung der Haftung innerhalb und außerhalb bestehender Schuldverhältnisse tatsächlich, wie die Gesetzesverfasser annahmen, in der Gesetzessystematik zum Ausdruck kommt. Betrachtet man die Anordnung der "einzelnen Schuldverhältnisse" im siebten Abschnitt des zweiten Buchs und namentlich die Stellung des § 687 Abs. 2 BGB, so erscheint die Systematik des BGB im Hinblick auf die hier diskutierte Frage wenig aussagekräftig und eher verwirrend. Die Reihenfolge der hier geregelten Schuldverhältnisse ist nicht von einem einheitlichen Ordnungsprinzip bestimmt. Insbesondere fehlt eine klare Einteilung der Schuldverhältnisse nach ihrem Entstehungsgrund, wie sie das sogenannte Gaiussystem des römischen Rechts mit der Unterscheidung von Ansprüchen (quasi) ex contractu und (quasi) ex delicto kannte. Üblicherweise werden zwar auch die Schuldverhältnisse des BGB nach ihrem Entstehungsgrund in vertragliche und außervertragliche ("gesetzliche") Schuldverhältnisse eingeteilt. Im siebten Abschnitt des zweiten Buchs kommt diese Unterscheidung aber nur sehr unvollkommen zum Ausdruck. Allenfalls läßt sich ein rudimentärer Abschnitt über außervertragliche Schuldverhältnisse in den bei den letzten Titeln des Abschnitts über die un-
Vgl. für § 823 Abs. 2 BGB .S'chmiedel, S. 55. Vgl. oben S. 446. 383 Vgl. Fleck, ZIP 1991, S. 1273, der davon ausgeht, daß die Gesetzesverfasser bei § 687 Abs. 2 BGB möglicherweise nur an außervertragliche Eingriffe gedacht hätten, jedoch für eine entsprechende Beschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift einen Anhaltspunkt im Gesetz vermißt. 384 So etwa BVerfGE 11, 126, 129 ff.; 13,261,268; BGHZ 33, 321, 330 f. 381
382
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
gerechtfertigte Bereicherung und die unerlaubte Handlung erblicken. Doch gerade das hier in erster Linie interessierende dritte gesetzliche Schuldverhältnis, die Geschäftsführung ohne Auftrag einschließlich der Geschäftsanmaßung, ist, anders als noch im ersten Entwurf3 85 , vom Bereicherungs- und Deliktsrecht getrennt inmitten der vertraglichen Schuldverhältnisse geregelt. Aus der Systematik, derer sich das BGB im siebten Abschnitt des zweiten Buchs zur Einteilung der Schuldverhältnisse bedient, läßt sich die Unanwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB aufVertragsverletzungen also nicht herleiten. Will man aus der Gesetzessystematik Anhaltspunkte für die hier behandelte Frage gewinnen, so gilt es, den Blick von der Einteilung der Schuldverhältnisse im siebten Abschnitt des zweiten Buchs zu lösen und statt dessen eine Unterscheidung ins Auge zu fassen, die sich auf das sogenannte "Schuldverhältnis im engeren Sinne", also den einzelnen Anspruch, bezieht, nämlich die Unterscheidung von Primär- und Sekundäransprüchen. Alle Ansprüche lassen sich einer dieser beiden Kategorien zuordnen, je nachdem, ob sie unabhängig von einem bereits bestehenden Schuldverhältnis zur Entstehung gelangen oder die Rechtsfolge einer Leistungsstörung innerhalb eines bestehenden Schuldverhältnisses bilden. Hinsichtlich der Rechtsfolgen von Leistungsstörungen in bestehenden Schuldverhältnissen ist die Systematik des BGB nun aber durchaus klar und konsequent durchgefllhrt. Wie auch sonst geht das BGB vom Allgemeinen zum Besonderen: Es enthält im ersten Abschnitt des zweiten Buchs Regelungen über Leistungsstörungen für alle Schuldverhältnisse (§§ 275 ff., 293 ff. BGB), im zweiten Abschnitt über Leistungsstörungen bei Verträgen (§§ 306 ff., 323 ff. BGB) und im siebten Abschnitt weitere, auf die einzelnen Schuldverhältnisse zugeschnittene Spezialregelungen (z. B. §§ 459 ff., 633 ff., 818 ff., 848 BGB). Soweit das Leistungsstörungsrecht des BGB als unvollständig empfunden und die Lücken im Wege der Analogie zu bestehenden Vorschriften geschlossen wurden, bestand in der Regel Einigkeit darüber, daß hierbei keinesfalls auf gesetzliche Primäransprüche, etwa des Deliktsrechts, sondern nur auf Vorschriften des Leistungsstörungsrechts zurückgegriffen werden kann. Dabei stellte man wegen des allgemein als dringend empfundenen Bedürfnisses nach einem möglichst lückenlosen Leistungsstörungsrecht an die für die Analogie erforderliche Ähnlichkeit der Tatbestände keine allzu hohen Anforderungen. Auf diese Weise wurde zum einen das allgemeine Leistungsstörungsrecht durch die Ansprüche aus culpa in contrahendo und positiver Forderungsverlet-
385 Dort war die Geschäftsführung ohne Auftrag hinter dem Bereicherungsrecht als 2. Titel des 4. Abschnitts ("Einzelne Schuldverhältnisse aus anderen Gründen") geregelt.
III. Die Verletzung relativer Rechte
461
zung ergänzt. Zum andern wurden die Rechtsfolgen von Leistungsstörungen bei atypischen Verträgen aus der entsprechenden Anwendung der speziellen Leistungsstörungsregelungen des siebten Abschnitts gewonnen. Daß der Schadensersatzanspruch aus positiver Forderungsverletzung bei Schlechterfllllung nicht auf § 823 Abs. 2 BGB gestützt wurde, hatte seinen Grund nicht darin, daß es begrifflich an einer Schutzgesetzverletzung fehlte. Vorschriften wie § 459 BGB ließen sich durchaus als Schutzgesetze zugunsten des Gläubigers auffassen 386, so daß es nicht einmal einer Analogie bedurft hätte. Der entscheidende Gesichtspunkt ist vielmehr die in der Gesetzessystematik klar zum Ausdruck kommende Unterscheidung primärer und sekundärer Anspruchsgrundlagen, die eine Durchbrechung nicht zuläßt und die Anwendung primärer Anspruchsgrundlagen auf Leistungsstörungen bereits im Vorstadium der Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale der einzelnen Anspruchsgrundlage ausschließt. Diese grundsätzliche Unterscheidung wird von den Befurwortern der Anwendung des § 687 Abs.2 BGB bei Verletzung vertraglicher Unterlassungspflichten mißachtet. Ihnen zufolge soll eine Störung in einem bestehenden vertraglichen Schuldverhältnis nicht zur unmittelbaren oder analogen Anwendung einer sekundären Anspruchsgrundlage des allgemeinen Leistungsstörungsrechts oder einer Spezialregelung fur das bestehende vertragliche Schuldverhältnis führen, sondern den Primäranspruch eines ganz anderen, außervertraglichen Schuldverhältnisses zur Entstehung bringen. Der hierin liegende System bruch scheint den Befürwortern der Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB auf die Verletzung vertraglich begründeter Positionen nicht bewußt zu sein, wenn sie mit Argumenten wie dem, die lex contractus habe die gleiche verbindliche Kraft wie die lex publica387 , suggerieren, sie wendeten lediglich ein allgemeingültiges Prinzip an, von dem die Gegenansicht eine willkürliche Ausnahme postuliere. Erinnert sei in diesem Zusammenhang nochmals an den Versuch, die Anwendung des § 687 Abs.2 BGB auf die Verletzung vertraglicher Positionen aus dem Grundsatz der Privatautonomie zu begründen. Es ist unzweifelhaft, daß kraft der Privatautonomie den Parteien die Möglichkeit gegeben wäre, für den Fall des Verstoßes gegen eine vertragliche Unterlassungspflicht eine den §§ 687 Abs. 2 S. 1,681 S. 2, 667 BGB entsprechende Rechtsfolge zu vereinbaren. Es handelte sich dann um einen gewöhnlichen vertraglichen Sekundäranspruch. Wo eine derartige vertragliche Regelung aber gerade nicht getroffen wurde, bleibt es bei den gesetzlich vorgesehenen Sekundäransprüchen. Die vertragliche Unterlassungspflicht hat eben gesetzesgleiche Wirkung nur insofern, als der Schuldner einer vertraglichen Unterlassungspflicht diese ebenso zu beachten hat wie ein gesetzliches Verbot. Dagegen besteht nach der insoweit eindeutigen Systematik des BG B, das im Gegensatz etwa zu § 1295 österr. w, Vgl. Schmiede!, S. 55. 387 Nipperdey, FS Böhm, S. 167; ähnlich Krumm, S. 87; Mueser, S. 20.
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
ABGB eine einheitliche Sanktion für vertragliches und außervertragliches Unrecht nicht kennt388 , keine Identität der Wirkung vertraglicher und gesetzlicher Normen insofern, als ihre Verletzung zur Anwendung derselben Anspruchsgrundlagen führte. Daß vertragliches und außervertragliches Unrecht meist inhaltlich gleichartige Sanktionen in Gestalt von Ansprüchen auf Schadensersatz oder auf Herausgabe eines aus der Rechtsverletzung erlangten Vorteils nach sich ziehen, steht auf einem anderen Blatt. Nur insofern trifft es zu, daß zwischen gesetzlicher und vertraglicher Haftung kein kategorialer Unterschied bestehe. Wenn Picker389 und im Anschluß an diesen Krumm 390 darauf hinweisen, daß alle Haftungsformen innerhalb von "zufallsbedingten Rechtsbeziehungen" in prinzipiell gleicher Form auf der Ebene der Sonderbeziehungen wiederkehren, und als Beispiel neben der Verpflichtung zum Schadensersatz auch die auf einem gemeinsamen Geltungsgrund beruhenden §§ 281, 812 BGB nennen 391 , so ist dies sicher eine im wesentlichen richtige Beobachtung. Unzutreffend ist nur die Konsequenz, daß es deshalb geboten sei, § 687 Abs. 2 BGB auch auf die Verletzung vertraglicher Unterlassungspflichten anzuwenden 392 • Zu fragen ist vielmehr, ob sich entsprechende Rechtsfolgen, wie § 687 Abs. 2 BGB sie außerhalb von Sonderverbindungen vorsieht, nicht innerhalb von Sonderverbindungen aus dem Leistungsstörungsrecht begründen lassen. Geht man, wie dies hier vorgeschlagen wurde, davon aus, daß der Anspruch auf Herausgabe der aus der Verletzung vertraglicher Unterlassungspflichten gezogenen Vorteile auf § 281 BGB zu stützen ist, so ist im Rahmen dieses Anspruchs lediglich die gebotene Differenzierung zwischen vorsätzlichen und unvorsätzlichen Verletzungshandlungen zu vermissen. Für die Auffassung, daß schon de lege lata eine derartige Differenzierung in § 281 BGB hineinzulesen sei393 , kann die Wertung des § 687 Abs. 2 BGB immerhin ein wichtiges Argument liefern. Zu betonen ist, daß die Gesetzessystematik es nicht nur verbietet, deliktische oder "quasi-deliktische" Anspruchsgrundlagen auf die Verletzung bestehender Schuldverhältnisse anzuwenden. Die dargelegten Grundsätze beziehen sich
388 Kein passendes Gegenbeispiel sind in diesem Zusammenhang - entgegen Wittmann, S. 152 - Art. 1382 f. franz. Cod. civ. Vielmehr wird die Unterscheidung zwischen vertraglicher und außervertraglicher Haftung im französischen Recht eher noch konsequenter als im BGB durchgeführt, da dort die vertragliche Haftung grundsätzlich sogar einen konkurrierenden Deliktsanspruch ausschließt. 389 AcP Bd. 183 (\983), S. 511 ff. und JZ 1987, S. 1056. 390 S. 87 ff., 209 f. 391 Zum gemeinsamen Geltungsgrund von § 281 und § 812 BGB vgl. auch RGZ 120, 297, 299 f.; Soergel-Wiedemann, § 281 Rdnr.2; Köndgen, RabelsZ Bd.56 (1992), S. 739 ff.; v. Caemmerer, FS Rabel I, S. 389. 392 So Krumm, S. 89, 209 im Anschluß an Picker, AcP Bd. 183 (\983), S. 512 f. und JZ 1987, S. 1056. 393 So Köndgen, RabelsZ Bd. 56 (1992), S. 743 f.
III. Die Verletzung relativer Rechte
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vielmehr auf alle primären Anspruchsgrundlagen des außervertraglichen Schuldrechts. Dies kommt auch in der zitierten Stellungnahme der zweiten Kommission zur Frage der Anwendbarkeit des § 823 Abs. 2 BGB auf die Verletzung obligatorischer Rechte deutlich zum Ausdruck, wo die Unanwendbarkeit des § 823 Abs. 2 BGB ja gar nicht mit der Eigenart der unerlaubten Handlung, sondern mit dem viel allgemeineren Argument begründet wird, daß die obligatorischen Beziehungen an anderer Stelle (d. h.: in den Normen des allgemeinen Schuldrechts und den für das jeweils verletzte Schuldverhältnis geltenden Spezialvorschriften) geregelt seien. Daraus folgt, daß - entgegen Seiler3 94 - die durch die Unanwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auf Vertragsverletzungen verbleibenden Schutzlücken auch keinesfalls statt durch direkte oder analoge Anwendung von Vorschriften des Leistungsstörungsrechts durch die Eingriffskondiktion geschlossen werden können, da das Bereicherungsrecht ebensowenig wie § 687 Abs. 2 BGB dem Zweck dient, einem vertraglichen Leistungsversprechen Geltung zu verschaffen. Hiervon scheint auch die Rechtsprechung auszugehen, die die hier behandelten Fälle fast nie unter dem Gesichtspunkt der Eingriffskondiktion geprüft hat395 • Im bereicherungsrechtlichen Schrifttum fmden sich jedoch zahlreiche Äußerungen, die zeigen, daß von einem Konsens hinsichtlich der Unanwendbarkeit der Eingriffskondiktion auf Vertragsverletzungen keine Rede sein kann 396 • Als Beispiel sei die vielzitierte, gegen die Rechtswidrigkeitstheorie gerichtete Frage genannt, ob ein Schmied, der sich gegenüber einem nebenan wohnenden Komponisten vertraglich verpflichtet hat, zu bestimmten Zeiten nicht zu hämmern, bei Verletzung dieser Pflicht den erzielten Gewinn herausgeben müsse 397 • Das Beispiel ist falsch gewählt, da ein Gewinnherausgabeanspruch aus § 812 BGB schon an der Unanwendbarkeit der außervertraglichen MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr. 20. Ausdrücklich lehnt BGH NJW 1987, 771 f. eine Eingriffskondiktion bei Verletzung schuldrechtlicher Positionen ab. Vgl. auch BGH NJW 1967,622, 623: Der Beklagte hatte sich dem Kläger gegenüber zur Einräumung einer Grunddienstbarkeit verpflichtet, dann jedoch das Grundstück veräußert. Der Bundesgerichtshof verneinte einen Anspruch des Klägers aus § 812 BGB auf Herausgabe des durch die Lastenfreiheit erzielten Mehrerlöses, ohne allerdings in diesem Fall den entscheidenden Gesichtspunkt in der Unanwendbarkeit des Bereicherungsrechts auf die Verletzung schuldrechtlicher Positionen zu sehen. 396 Ausdrücklich bejahen KoppensteinerlKramer, S.83 und Kellmann, Gewinnhaftung, S. 86 ff. die Möglichkeit einer Eingriffskondiktion bei Verletzung relativer Rechte; a. A. RGRK-Heimann-Trosien, vor § 812 Rdnr. 33 (für den Verstoß gegen ein vertragliches Wettbewerbsverbot); wohl auch Köndgen, RabelsZ Bd. 56 (1992), S. 748; vgl. ferner Jakobs, Eingriffserwerb, S. 169, der meint, bei der Verletzung eines Forderungsrechts trete der Bereicherungsanspruch hinter den Erfüllungsanspruch zurück. 397 Vgl. Orth, S. 118; Wilburg, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 105; Kellmann, Gewinnhaftung, S. 109; Koppensteinerl Kramer, S. 72; Reeb, S. 34; Lutz, S. 23 Fn. 2; Holenstein, S. 19 f. 394 395
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
Anspruchsnonnen scheitert. Dasselbe gilt für die von Kellmann angeführten Beispiele, daß ein Anwalt oder Arzt unter pflichtwidriger Vernachlässigung anderer Mandanten bzw. Patienten oder ein Arbeitnehmer unter Verstoß gegen ein Nebentätigkeitsverbot Gewinne erzielt398 •
4. Die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB bei gleichzeitiger Verletzung vertraglicher und außervertraglicher Positionen Eine Vertragsverletzung kann zwar einerseits den Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB nicht begründen, andererseits aber, wenn neben der vertraglich begründeten Position auch absolut geschützte Rechtspositionen verletzt werden, die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auch nicht ausschließen. § 687 Abs. 2 BGB ist also stets anwendbar, wenn die Handlung sich auch ohne die vertragliche Bindung als Geschäftsanmaßung darstellen würde. Insbesondere kann in diesem Fall, wie dargelegt399, die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB nicht an dem Erfordernis einer auftragslosen Geschäftsführung scheitern. Dies gilt selbst dann, wenn der Geschäftsführer im eigenen Interesse Handlungen vornimmt, die er aufgrund eines Auftrags oder eines sonstigen Vertragsverhältnisses für einen anderen vorzunehmen hatte. Nur so läßt sich auf der Grundlage der hier vertretenen Auffassung, daß die unmittelbare Anwendung des § 667 BGB eine mit Fremdgeschäftsflihrungswillen ausgeführte Geschäftsbesorgung voraussetzt400 , ein lückenloses Ineinandergreifen der Herausgabeansprüche aus vertraglicher Geschäftsbesorgung und Geschäftsanmaßung gewährleisten. Verkauft z. B. ein Kommissionär das Kommissionsgut für eigene Rechnung, so erfüllt er nicht den ihm erteilten Auftrag, da er aus dem Auftrag verpflichtet war, das Kommissionsgut für den Kommittenten zu verkaufen. Die Handlung stellt vielmehr eine Vertragsverletzung und zugleich eine Geschäftsanmaßung dar. Die Verpflichtung zur Herausgabe des Erlöses ergibt sich also nicht unmittelbar aus § 667 BGB, wohl aber aus § 687 Abs.2 S. I i. V. m. §§ 681 S.2, 667 BGB. Es gibt keinen Grund, diesen Fall anders zu behandeln als den der eigennützigen Veräußerung einer Leihsache durch den Entleiher, in dem zweifellos ebenfalls ein Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB mit Ansprüchen aus Vertragsverletzung konkurriert. Die dargestellte Lösung des Problems der Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auf Vertragsverletzungen beruht auf einer klaren systematischen Abgren-
398 V gl. Kellmann, Gewinnhaftung, S. 109, 114 L der sdbst in diesen Fällen nur die von ihm geförderte Ausnutzung eines gegenständlich identilizierbaren Rechtsobjekts verneinen will. 399 Obcn S. 447 ff. 400 V gl. obcn S. 65 f.
III. Die Verletzung relativer Rechte
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zung des Leistungsstörungsrechts von den Ansprüchen bei Verletzung absolut geschützter Rechtspositionen. Hiervon unabhängige Probleme kann im EinzelfaU die FeststeUung aufwerfen, ob es sich (nur) um die Verletzung einer schuldrechtlichen oder (auch) um die Verletzung einer absolut geschützten Position handelt. Insoweit ist Kellmann 401 zuzugeben, daß angesichts der Verdinglichung einzelner originär schuldrechtlicher Positionen eine klare Grenze zwischen absoluten und relativen Rechten heute kaum noch zu ziehen ist. Die Berechtigung und Notwendigkeit der grundsätzlichen systematischen Unterscheidung des Leistungsstörungsrechts von den Ansprüchen bei Verletzung absolut geschützter Positionen wird hierdurch jedoch nicht in Frage gesteUt. Im folgenden soU untersucht werden, in welchen der praktisch bedeutsamen Fälle sich bei Anwendung der dargelegten Grundsätze ein Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB begründen läßt.
5. Anwendung der gewonnenen Kriterien a) Verletzung von Verschaffungspflichten Wer seine durch Kaufvertrag oder sonstige Schuldverhältnisse begründete Pflicht zur Übertragung des Eigentums an einer Sache dadurch verletzt, daß er die Sache an einen Dritten veräußert, ist nach ganz herrschender Meinung aus § 281 BGB zur Herausgabe des Veräußerungserlöses verpflichtet40 2• § 687 Abs. 2 BGB ist dagegen nicht anwendbar40 3 • Dies hat der Bundesgerichtshof in seinem "Lastzugurteil" vom 11.10.1979 flir einen Fall, in dem die Pflicht zur Rückgewähr einer Sache aus § 812 BGB durch anderweitige Veräußerung der Sache verletzt wurde, im Ergebnis zutreffend entschieden 404 • Die Begründung, die Veräußerung einer Sache sei "in erster Linie ein Geschäft des Eigentü-
Gewinnhaftung. S. 33 f. Vgl. die Nachw. oben S. 444 Fn. 317. 40; So ausdrücklich auch Afueser. S. 8 f.; Klien. S. 29; a. A. Römer, AcP Bd. 119 (1921). S. 355 ff.: Oertmann. vor § 677 Anm. 3 a: H. Roth, FS Niederländer, S. 374, 380: Westram. S. 59 f.: für Art. 423 schweiz. OR i. Erg. wie hier Nietlispach, S. 130 ff., 438: Hofstetter. SPR V1I/2. S.2\O: a. A. Schmid. OR, Art.423 Rdnr.83; E. Wolf, ZSR NF Bd. 46 (1927). S. 314 f.; Lischer. S. 139. 404 BGHZ 75. 203. 205. Wol/schläger. JA 1979. S. 184 meint, schon durch einen Rückübereignungsanspruch werde die Veräußerung ein für den Schuldner fremdes Geschäft. Das von Wol/schläger als Beleg angeführte .. Altargemäldeurteil" des Reichsgerichts (RGZ 138. 45 ff.) vertrat diese Auffassung jedoch nicht. Denn das Reichsgericht nahm an. daß infolge der Anfechtung durch den Kläger nicht nur der Kaufvertrag, sondern auch die Übereignung an den Beklagten unwirksam gewesen sei. 401
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
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mers"40S, geht jedoch am Kern des Problems vorbei. Entscheidend ist, daß die Veräußerung der Sache lediglich eine schuldrechtliche Position des Gläubigers verletzt und die Rechtsfolgen der Verletzung schuldrechtlicher Positionen sich ausschließlich nach den Regelungen des Leistungsstörungsrechts bestimmen. § 687 Abs. 2 BGB kann erst von dem Zeitpunkt an eingreifen, in dem der Käufer eine absolut geschützte Rechtsposition, also zumindest den Besitz, erlangt hat.
b) Verletzung von Wettbewerbsverboten in Praxisübernahmeverträgen Von besonderem Interesse ist die Möglichkeit der Gewinnabschöpfung bei Verstößen gegen vertragliche Wettbewerbsverbote, wenn der Gläubiger es versäumt hat, sich vor Zuwiderhandlungen durch Vereinbarung einer Vertragsstrafe zu schützen. Dies kommt, wie die einschlägige Rechtsprechung belegt406, nicht selten bei Wettbewerbsverboten im Rahmen von Praxisübernahmeverträgen vor. Nach verbreiteter Auffassung soll hier der Praxiserwerber aus § 687 Abs.2 BGB den vom Veräußerer unter Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot erzielten Gewinn herausverlangen können 407 . Entscheidend fur die Frage der Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB ist auch hier, ob ein Eingriff in eine Position vorliegt, die nicht lediglich vertraglicher Natur ist und auf deren Verletzung daher nicht ausschließlich Leistungsstörungsrecht Anwendung findet. Eine solche Position kann grundsätzlich nicht in dem im Wege der Praxisveräußerung "übergegangenen" Mandantenstamm gesehen werden, da die Abwerbung der Mandanten Dritten erlaubt wäre und die Betreuung der Mandanten dem Veräußerer somit nicht in seiner Eigenschaft als "Jedermann", sondern nur in seiner Eigenschaft als Vertragsschuldner verboten ist408. Nur wenn im Einzelfall besondere, die Sittenwidrigkeit im Sinne des § 826 BGB begründende Umstände hinzutreten, ist der Praxiserwerber in seiner gegenüber jedermann geschützten Rechtsstellung betroffen, so daß auch § 687 Abs. 2 BGB zur Anwendung kommen kann. Dabei ist aber zu beachten, daß die Sittenwidrigkeit nicht gerade mit der vertraglichen Bindung begründet werden darf. Regelmäßig wird hier somit ein Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB ausscheiden. Als Grundlage der Gewinnabschöpfung können dann
405 Die Formulierung ist aus dem "Altargemäldeurteil" (RGZ 138, 45, 48) übernommen. 406 Vgl. BGH NJW 1988,3018 f; OLG Saarbrücken NJW 1960,2339 ff. 407 So Nipperdey, FS Böhm, S. 171; Gass, NJW 1960, S. 2339 f.; Schwark, JuS 1989, S. 709 f; Krumm, S. 83 f., 2\0 f; flir Art. 423 schweiz. OR Schmid, OR, Art. 423 Rdnr.81.
408 Vgl. oben S. 149 f
III. Die Verletzung relativer Rechte
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nur Vorschriften des Leistungsstörungsrechts, also insbesondere § 281 BGB, dienen. c) Verletzung von Alleinvertriebs- und Alleinbezugsvereinbarungen
Unanwendbar ist § 687 Abs.2 BGB auch bei der Verletzung vertraglicher Alleinvertriebsrechte, wie sie den sogenannten Vertrags- oder Eigenhändlem eingeräumt werden 409 • Entgegen einer namentlich von Nipperdey vertretenen Auffassung spielt es in diesem Zusammenhang keine Rolle, auf weicher Handeisstufe der durch die Alleinvertriebsvereinbarung gebundene Hersteller die vertragswidrigen Geschäfte führt. Wenn Nipperdey einem alleinvertriebsberechtigten Großhändler einen Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB zwar dann zubilligen will, wenn der Hersteller einen Einzelhändler in dem geschützten Absatzgebiet beliefert, nicht jedoch dann, wenn der Hersteller vertragswidrig einen anderen Großhändler belieferrIO, so ist dem in zweifacher Hinsicht zu widersprechen. Denn einerseits beruht die von Nipperdey vorgenommene Differenzierung auf einem zu engen Verständnis des Begriffs des fremden Geschäfts 411 , Andererseits scheitert die Anwendbarkeit des § 687 Abs.2 BGB richtigerweise, gleichgültig ob der Hersteller einen Einzelhändler oder einen anderen Großhändler beliefert, daran, daß dem Alleinvertriebsberechtigten das Alleinvertriebsrecht nur kraft vertraglicher Vereinbarung und nicht - wie bei einem gesetzlichen Monopol - aufgrund einer gegenüber jedermann geschützten Rechtsposition zusteht. Da die Alleinvertriebsberechtigung nur vertraglich begründet ist, muß auch die vom Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 18.11.1963 412 angedeutete Möglichkeit ausgeschlossen werden, dem Alleinvertriebsberechtigten einen Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB gegen die vertragswidrig belieferten Händler, die die Ware in dem dem Alleinvertriebsberechtigten vorbehaltenen Gebiet absetzen, zuzusprechen. Die vertraglichen Bindungen ihres Lieferanten gehen die Händler nichts an. Es fehlt somit beim Vertrieb der Waren durch die vertrags-
409 So auch Staudinger-Wittmann, § 687 Rdnr.7; RGRK-Stejfen, § 687 Rdnr. 12; Fleck. FS Heinsius, S. \08; Emmerich, SchuldR BT, § 13 Rdnr. 24. - A. A. SoergelMühl. § 687 Rdnr. \0; Nipperdey, FS Böhm. S. 172 ff.; ders., in: Staudinger, 11. Aufl., § 687 Rdnr. 6; Picker, AcP Bd. 183 (1983). S. 513; ders., JZ 1987, S. \056; Krumm, S. 222; für Art. 423 schweiz. OR Schmid, OR. Art. 423 Rdnr. 80; Moser, Herausgabe, S. 17 I. 275 f.; Holenstein, S. 184 ff.; Lischer, S. 145; Nietlispach, S. 444. 410 Nipperdey. FS Böhm. S. 172 ff.; ebenso wohl Soergel-Mühl. § 687 Rdnr. \0; vgl. auch BGH NJW 1964, 151 = LM Nr. 8 zu § 687 BGB. 411 V gl. oben S. 85 ff., 446. 412 BGH NJW 1964, 151.
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
widrig belieferten Händler schon an der erforderlichen Rechtswidrigkeit der Geschäftsführung. Das Gegenstück zur Alleinvertriebsvereinbarung bildet die Alleinbezugsvereinbarung, die es nicht dem Lieferanten, sondern dem Absatzmittler verbietet, mit Konkurrenten des Vertragspartners zu kontrahieren. Verstößt der Absatzmittler hiergegen, indem er sich die von ihm weiterzuveräußernden Waren anderweitig beschafft, so begründet weder der Ankauf noch der Weiterverkauf einen Anspruch des Vertragspartners aus § 687 Abs. 2 BGB413. Der Grund liegt auch hier im Fehlen einer unabhängig von der vertraglichen Bindung geschützten Position, und nicht darin, daß es begrifflich an einem fremden Geschäft fehlte, weil der Verletzer vertragswidrig einkauft, dem Verletzten jedoch der Verkauf vertraglich vorbehalten ist4 14 .
d) Schmiergeldannahme Nimmt ein Angestellter für die Vergabe von Aufträgen Schmiergelder an, so kann nach ganz herrschender Meinung der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer die Herausgabe der Schmiergelder verlangen. Sehr umstritten ist jedoch die Begründung. Insbesondere besteht keine Einigkeit darüber, ob sich der Anspruch unmittelbar aus § 667 BGB oder aus § 687 Abs. 2 BGB ergibt. Klarzustellen ist zunächst, daß der Herausgabeanspruch des Arbeitgebers nicht durch einen Rückforderungsanspruch des Schmierers vereitelt werden kann. Zwar ist die Schmiergeldabrede nach §§ 134 BGB, 12 UWG nichtig. Die Nichtigkeit kann jedoch angesichts des Schutzzwecks des § 12 UWG nicht zu Lasten des Arbeitgebers geltend gemacht werden 415 . Die weitere, früher vieldiskutierte Frage, wie sich ein ggf. bestehender Herausgabeanspruch des Arbeitgebers zum strafrechtlichen Verfall verhält, hat der Gesetzgeber in § 73 Abs. I S.2 StGB entschieden. Danach hat der privatrechtliehe Anspruch des Arbeitgebers Vorrang416 .
413 So i. Erg. auch OLG Hamburg SeuffArch. Bd.62, Nr. 155; Mueser, S. 21; a. A. Uscher. S. 145; Moser. Herausgabe, S. 238 Fn. 9. S. 275 f. 414 So aber Mueser, S. 21. 415 Meist wird in diesem Zusammenhang auf § 817 S.2 BGB verwiesen; vgl. Isele, Anm. AP Nr. I zu § 687 BGB; Kraft. JuS 1963. S. 475; Güntert, S. 79 Fn. 220. Allein der bloße Kondiktionsausschluß nach § 817 S. 2 BGB hilft dem Arbeitgeber aber dann nicht weiter. wenn der Schmierer die Schmiergeldvereinbarung noch nicht erfüllt hat. Vgl. zur parallelen Problematik bei der Veräußerung fremder Sachen oben S. 370 f. 416 Staudinger-Wittmann. § 667 Rdnr. 9: BaumbachlHefermehl. UWG, § 12 Rdnr. 32; Mayer. NJW 1983. S. 1300 ff.: a. A. Emmerich. UniWb, § 7. 5 c (unter Berufung auf das überholte Urteil BGHZ 39. I ff.): vgl. aber auch Güntert, S. 81 ff.. der sich dagegen
III. Die Verletzung relativer Rechte
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aa) Der Anspruch aus § 667 BGB Nach wohl herrschender Auffassung ergibt sich der Anspruch des Arbeitgebers auf Herausgabe von Schmiergeldern unmittelbar aus § 667 BGB417. Aus § 667 BGB kann der Auftraggeber nur diejenigen Gegenstände herausverlangen, die der Beauftragte aus der Ausführung des Auftrags erlangt hat. Der Beauftragte muß also gerade das ihm übertragene Geschäft besorgt haben. Wie dargelegt, ist hierfUr neben der Vornahme einer objektiv dem Auftrag entsprechenden Handlung auch ein subjektives Element erforderlich 4l8 • Nur soweit der Beauftragte das den Gegenstand des Auftrags bildende Geschäft auftragsgemäß als fremdes behandelt, ist § 667 BGB unmittelbar anwendbar. Andernfalls kommt nur § 687 Abs. 2 BGB in Betracht. Auf den Fall der Schmiergeldannahme bezogen bedeutet dies, daß zwei Handlungen des Angestellten unterschieden werden müssen: Die Auftragsvergabe als solche wird vom Angestellten mit FremdgeschäftsfUhrungswilien vorgenommen, da die Wirkungen der Durchflihrung des Auftrags durch den Dritten auch nach dem Willen des Angestellten allein den Arbeitgeber treffen sollen m . Was der Angestellte im Rahmen der DurchfUhrung des Auftrags durch den Dritten erlangt, hat er dem Arbeitgeber daher unmittelbar nach § 667 BGB herauszugeben 420 . Dagegen handelt der Angestellte bei der Schmiergeldvereinbarung ohne Fremdgeschäftsflihrungswillen. Insoweit besorgt er somit nicht ein ihm übertragenes Geschäft im Sinne des § 662 BGB. Daß beide Geschäfte, Auftragsvergabe und Schmiergeldvereinbarung, in einem engen tatsächlichen Zusammenhang stehen, da die Möglichkeit der Schmiergeldvereinbarung erst durch die dem Angestellten übertragene Auftragsvergabe eröffnet wird, kann an ihrer unterschiedlichen Behandlung nichts ändern, wie ein anderes Beispiel verdeutlicht: Zieht ein inkassobevollmächtigter Geschäftsbesorger Forderungen seines Auftraggebers ein, so hat er die erlangten Beträge im Regelfall nach § 667 BGB herauszugeben. Will er jedoch die Beträge unterschlagen, so handelt es sich um die widerrechtliche Einziehung einer fremden Forderung im Eigeninteresse und damit um einen typischen
wendet, über den zivilrechtlichen Herausgabeanspruch dem strafrechtlichen Verfall einen seiner typischsten Anwendungsfälle zu entziehen (dazu schon oben S. 77). 417 So RGZ 99, 31, 32 ff.; BGHZ 38, 171, 175; 39, 1, 3; BGH MDR 1987, 825; Erman-Ehmann, § 687 Rdnr. 7; Soergel-Mühl, § 667 Rdnr. 11; Jauernig-Vollkommer, § 667 Rdnr.4; Wittmann. S. 152 Fn.9a: ders., in: Staudinger, § 667 Rdnr.9; Reimer/v. Gamm. UWG. § 12 Rdnr. 23: Kraft, JuS 1963. S.475; E. Schutz. RdA 1971, S. 278 ff.; König. FS v. Caemmerer. S. 200; H. Roth, FS Niederländer. S. 381 f. 418 Vgl. oben S. 64 ff. 419 Vgl. Isele. Anm. AP Nr. 1 zu § 687 BGB: Kraft. JuS 1963. S. 475; Flügge, S. 51. 420 Vgl. Isele. Anm. AP Nr. 1 zu § 687 BGB.
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
Fall des § 687 Abs. 2 BGB. An dieser Unterscheidung kann sich auch dann nichts ändern, wenn der Geschäftsbesorger nur einen Teil des Geldes unterschlagen will. Die Auftragsausfiihrung kann also mit einer Geschäftsanmaßung sogar in einer einzigen Handlung zusammenfallen, vorausgesetzt, der Beauftragte will die aus der Handlung resultierenden Vorteile teilweise dem Auftraggeber zukommen lassen und teilweise fiir sich selbst in Anspruch nehmen. Kann somit die Schmiergeldabrede selbst nicht als Teil der dem Angestellten übertragenen "Geschäftsbesorgung" im Sinne des § 667 BGB angesehen werden, so kommt als Anknüpfungspunkt fiir den Anspruch auf Herausgabe der Schmiergelder nach Auftragsrecht nur die Auftragsvergabe in Betracht. Es stellt sich somit die weitere Frage, ob die Schmiergelder insoweit noch als ein "aus der Geschäftsbesorgung" im Sinne des § 667 BGB erlangter Gegenstand anzusehen sind. Dies hat das Reichsgericht in seinem grundlegenden Urteil vom 27.4.1920 421 , dem sich der Bundesgerichtshof angeschlossen hat4 22 , bejaht. Zur Begründung fiihrte das Reichsgericht an, es sei entscheidend, daß der wirtschaftliche Grund des Erlangten in der Geschäftsbesorgung liege 423 • Die Erstreckung der Herausgabepflicht auf Schmiergelder entspreche auch dem Willen der Gesetzesverfasser4 24 • Die Gegenansicht macht geltend, daß § 667 BGB nur die für den Auftraggeber bestimmten und lediglich aus technischen Gründen beim Beauftragten befindlichen Gegenstände erfasse425 , und daß die Schmiergelder nicht aus, sondern nur anläßlich bzw. bei Gelegenheit der Geschäftsbesorgung erlangt seien 426 • Dieser Auffassung ist zu folgen. Entscheidend ist, daß die Herausgabepflicht des Beauftragten, ähnlich wie die des redlichen Geschäftsfiihrers ohne Auftrag, aber in diametralem Gegensatz zu derjenigen des bösgläubigen Eigengeschäftsfiihrers, ihren materiellen Grund in dem Willen des Beauftragten hat, das Geschäftjür den Auftraggeber zu besorgen 427 • Daher muß auch der Wille des Beauftragten, und nicht allein ein kausaler oder wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Auftragsausfiihrung, über die Reichweite des Herausgabeanspruchs entscheiden. Dem Herausgabeanspruch können demnach zwar grundsätzlich auch solche Vorteile unterliegen, die der Beauftragte nur mittelbar oder ohne adäquaten Kausalzusammenhang aus der Auftragsausfiihrung erlangt hat, nicht jedoch solche, die der Beauftragte sich in ei-
RGZ 99, 31 ff. BGHZ 39, I, 2 f. 423 RGZ 99. 31. 33. 424 RGZ 99. 31, 33 f. unter Berufung auf Prot. 11. S. 360 (= Mugdan 11, S. 947). 425 Staudinger-Nipperdey, 11. Aufl., § 667 Rdnr. 7; Isele, Anm. AP Nr. I zu § 687 BGB; Dilcher. JZ 1963, S. 510; Güntert, S. 81. 426 BaumbachlHefermehl. UWG, § 12 Rdnr. 26; Riese. BB 1952, S. 775; Frank, JuS 1981, S. 103; Güntert. S. 81; Flügge, S. 37 ff. 427 Vgl. oben S. 67. 421
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III. Die Verletzung relativer Rechte
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gennütziger Absicht verschafft hat. Dies zeigt sich vielleicht am deutlichsten dann, wenn der Beauftragte die Gelegenheit der AuftragsausfUhrung in rechtmäßiger Weise zur Erzielung eigener Vorteile nutzt. Hier wäre allein der kausale oder wirtschaftliche Zusammenhang mit der AuftragsausfUhrung kein hinreichender Grund, dem Beauftragten die Vorteile aus den eigennützig gefUhrten Geschäften zu entziehen. Daß die Annahme von Schmiergeldern rechtswidrig ist, kann unter auftragsrechtlichem Gesichtspunkt nichts an der Beurteilung ändern. Denn die Rechtswidrigkeit des Erwerbs, die im Rahmen des § 687 Abs. 2 BGB über die Herausgabepflicht entscheidet, stellt im Auftragsrecht einen systernfremden Gesichtspunkt dar428 • § 667 BGB scheidet somit als Grundlage des Anspruchs auf Herausgabe von Schmiergeldern aus. bb) Der Anspruch aus § 281 BGB Der Anspruch des Arbeitgebers auf Herausgabe von Schmiergeldern ließe sich auf § 281 BGB stützen, wenn man sich dazu entschließen würde, diese Vorschrift auch auf Vorteile zu erstrecken, die durch Verletzung vertraglicher Unterlassungspflichten erworben werden. Daß es allerdings generell nicht ganz unzweifelhaft ist, ob § 281 BGB auf die vom Schuldner durch vertragswidrige Geschäfte erlangten Vorteile angewandt werden kann, wurde bereits angesprochen 429 • Die Einwände hiergegen decken sich teilweise mit denen, die der Erstreckung des Anspruchs aus § 667 BGB auf das durch vertragswidriges Handeln Erlangte entgegenstehen. In den Motiven zum ersten Entwurf heißt es, die Verpflichtung zur Herausgabe des Surrogats entspreche dem mutmaßlichen Willen der Parteien 430 • Diese Begründung paßt offensichtlich auf diejenigen Vorteile, die der vertragstreue Schuldner als Ersatz fUr den Untergang des geschuldeten Gegenstandes erlangt, dagegen kaum auf die Vorteile, die auf vertragswidrig-eigennützigen Geschäften des Schuldners beruhen. Allerdings ist die Begründung der Anordnung des § 281 BGB aus dem mutmaßlichen Parteiwillen ohnehin fragwürdig, da § 281 BGB unzweifelhaft auch auf gesetzliche Schuldverhältnisse Anwendung findet. Jedenfalls ist die Herleitung des Anspruchs auf Herausgabe von Schmiergeldern aus § 281 BGB derjenigen aus § 667 BGB schon deshalb vorzuziehen, weil die Schmiergeldannahme bei Anwendung des § 281 BGB zutreffend als Leistungsstörung qualifiziert wird, während man sie bei Anwendung des § 667 BGB systemwidrig der ordnungsgemäßen VertragserfUliung gleichstellt.
428 Vgl. lsele. Anm. AP Nr. I zu § 687 BGB; Köndgen. RabelsZ Bd.56 (1992), S. 751 f. 429 Vgl. oben S. 445. 430 Mot. IL S. 46 = Mugdan IL S. 25.
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB cc) Der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB
Es bleibt zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 687 Abs. 2 BGB erfüllt sind 431 . Die Frage, worin bei der Schmiergeldannahme das fremde Geschäft im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB zu sehen ist, wird meist überhaupt nicht problematisiert. Man meint nämlich, das Tatbestandsmerkmal des fremden Geschäfts werde durch die der Schmiergeldvereinbarung zugrunde liegende, in den Interessenkreis des Arbeitgebers fallende Auftragsvergabe erfüllt. So heißt es im Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 14.7.1961, das fremde Geschäft habe darin bestanden, daß der Beklagte "die Frachtverträge so vereinbaren mußte, wie es den Interessen der Kl. entsprach"432. Hierbei liegt aber eine Verwechslung vor. Denn der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB setzt nicht den Abschluß eines in den Interessenkreis eines andern fallenden Geschäfts, sondern die Inanspruchnahme einer einem andem zugewiesenen Handlungsbefugnis voraus. Es handelt sich also um ein typisches Beispiel für die unzulässige Vermengung des fremden Geschäfts im Sinne des § 687 Abs.2 BGB mit dem fremden Geschäft bei der fremdnützigen Geschäftsführung433 . Zugleich verdeutlicht der Fall der Schmiergeldannahme die Notwendigkeit, die Bestimmung des fremden Geschäfts anhand der oben 434 beschriebenen abstrakten Betrachtungsweise vorzunehmen. Wenn man den Begriff des fremden Geschäfts mit der herrschenden Auffassung im konkreten Sinne versteht, erweckt, wie erwähnt4 35 , die Wortwahl "behandeln" in § 687 Abs.2 BGB den Eindruck, der Geschäftsführer tylüsse zweimal handeln. Dieses in anderen Konstellationen eher femliegende Mißverständnis ist im Fall der Schmiergeldannahme fast unvermeidlich. Denn hier handelt der Geschäftsführer in Form der Auftragsvergabe und der hiervon zu unterscheidenden Schmiergeldabrede in der Tat zweimal. Von der konkreten Betrachtungsweise ausgehend liegt es daher nahe, mit dem Bundesarbeitsgericht in der Auftragsvergabe das fremde
431 So BAG AP Nr. 1,4, 5 zu § 687 BGB; lsele, Anm. AP Nr. 1,2,4 zu § 687 BGB; Fleck, FS Heinsius, S. 107 ff; BaumbachlHefermehl, UWG, § 12 Rdnr. 26; Kellmann, Gewinnhaftung, S. 96; Flügge, S. 66 ff.; Rosenkranz, S. 105 ff.; Thum, S. 20; für Art. 423 schweiz. OR Schmid, OR, Art. 423 Rdnr. 84. - A. A. Staudinger-Wittmann, § 687 Rdnr. 7; MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr. 16; RGRK-Steffen, § 687 Rdnr. 9, 12; Soergel-Mühl, § 667 Rdnr. 11; König, FS v. Caemmerer, S.200; Schwerdtner, Jura 1982, S. 648; Köndgen, RabelsZ Bd. 56 (1992), S. 751; Kraft, JuS 1963, S. 475; E. Schulz, RdA 1971, S. 279 f; H. Roth, FS Niederländer, S. 381 f; Güntert, S. 81 f.; für Art. 423 schweiz. OR Nietlispach, S. 455. 432 BAG AP Nr. I zu § 687 BGB; sinngemäß ebenso BAG AP NT. 4 und 5 zu § 687 BGB; aus der Literatur vgl. etwa lsele, Anm. AP Nr. I und 4 zu § 687 BGB; Söllner, JuS 1967, S. 451. 433 Vgl. dazu oben S. 46 ff 434 S. 79 ff 435 Oben S. 79.
III. Die Verletzung relativer Rechte
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Geschäft zu sehen, das der Angestellte durch die Schmiergeldvereinbarung als eigenes behandelt. Daß die Auftragsvergabe als Anknüpfungspunkt für die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB nicht in Betracht kommen kann, folgt schon daraus, daß der Angestellte insoweit in Ausführung eines ihm erteilten Auftrags handelt. Zwar schließt, wie dargelegt436 , das Bestehen eines Auftragsverhältnisses die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB nicht schlechthin aus. Die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB kann sich in diesem Fall jedoch immer erst daraus ergeben, daß der Geschäftsführer seine vertraglich eingeräumten Befugnisse überschreitet. Der Angestellte überschreitet seine Befugnisse aber ausschließlich in Gestalt der Schmiergeldvereinbarung437 • Nur die Schmiergeldvereinbarung kommt somit als Anknüpfungspunkt für den Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB in Betracht, da der Angestellte nur insoweit ohne Auftrag und ohne Berechtigung handelt438 . Es stellt sich damit die weitere Frage, ob in der Vereinbarung von Schmiergeldern ein dem Arbeitgeber vorbehalten es Geschäft gesehen werden kann. Nipperdey bezeichnet dies als "abwegig"439. Er sieht offenbar in der Schmiergeldvereinbarung ein den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB nicht erfüllendes absolut verbotenes Geschäft. Doch darf man sich von dem Ausdruck "Schmiergeld" nicht täuschen lassen. Der Sache nach handelt es sich um nichts anderes als die Vereinbarung bestimmter Vertragskonditionen, die zu einer gesetzlich verbotenen Schmiergeldvereinbarung nur dadurch wird, daß sie durch einen Angestellten für eigene Rechnung geschieht. Dem Arbeitgeber wäre es grundsätzlich durchaus erlaubt, eine inhaltlich identische Abmachung (in Gestalt eines entsprechenden Preisnachlasses) zu treffen440 . Wer die Schmiergeldvereinbarung als absolut verbotenes Geschäft betrachtet, begeht denselben Fehler wie
436 Oben S. 447 ff., 464. 437 Nicht überzeugend daher lsele, Anm. AP Nr. 1 zu § 687 BGB, der meint, der Arbeitnehmer erfülle allein durch die Auftragsvergabe den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB, und hierbei über den Umstand, daß der Arbeitnehmer insoweit weder auftragslos noch unberechtigt handelt, hinweggeht. 438 Daß der Arbeitnehmer mit der Schmiergeldannahme nicht mehr im Rahmen des erteilten Auftrags handelt, verkennen E. Schulz, RdA 1971, S. 279 f. und Soergel-Mühl, § 667 Rdnr. 11, die aufgrund der bestehenden vertraglichen Bindung einen Anspruch auf Herausgabe der Schmiergelder aus § 687 Abs. 2 BGB für ausgeschlossen halten. 439 Nipperdey, FS Böhm, S. 170; zust. Kellmann, Gewinnhaftung, S. 96; ähnlich lsele, Anm. AP Nr. 1 zu § 687 BGB; Söllner, JuS 1967, S. 451; Frank, JuS 1981, S. 103; Schwerdtner, Jura 1982, S. 648; H. Roth, FS Niederländer, S. 382; Nietlispach, S. 455. 440 Zutr. Flügge, S. 108; vgl. auch für den Fall der Annahme von Schmiergeldern oder Provisionen durch Aufsichtsratsmitglieder Fleck, FS Heinsius, S. 108, der das Vorliegen eines objektiv fremden Geschäfts damit begründet, daß Vertragsverhandlungen einschließlich aller Absprachen über Leistungen der Gegenseite Sache der durch ihren Vorstand vertretenen Gesellschaft seien.
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
derjenige, der einen Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB bei der unbefugten Verwendung einer fremden Marke mit der Begründung verneint, auch dem Verletzten sei die täuschende Verwendung einer Marke verboten441 • Das eigentliche Problem besteht jedoch darin zu begründen, daß die Vereinbarung von Sonderkonditionen in bezug auf die betreffende Auftragsvergabe ein ausschließlich dem Arbeitgeber zugewiesenes Geschäft darstellt. Denn dies ist nur dann der Fall, wenn insoweit ein nicht nur den Angestellten, sondern auch Dritte treffendes Verbot vorliegt. Die Frage, ob ein dem § 12 Abs.2 UWG entsprechendes Verbot auch rur Dritte existiert, erscheint zwar auf den ersten Blick schon deshalb sinnlos, weil Dritte regelmäßig nicht die Möglichkeit haben, ähnlich wie der Angestellte finanzielle Vorteile aus der Vergabe eines Auftrags des Arbeitgebers zu ziehen. Dies mag ein Grund dafilr sein, daß in diesem Zusammenhang dem Erfordernis einer dem Verletzten ausschließlich vorbehaltenen Handlungsbefugnis allgemein keine Beachtung geschenkt wird. Doch kann nach allgemeinen Grundsätzen das rein tatsächliche Unvermögen Dritter, entsprechende Geschäfte zu fuhren, das erforderliche rechtliche Hindernis nicht ersetzen. Das Verbot des § 12 Abs. 2 UWG knüpft aber unmittelbar an die spezifische Verbindung zwischen dem Angestellten bzw. Beauftragten einerseits, dem gewerblichen Betrieb andererseits an 442 • Ein entsprechendes auch rur Dritte geltendes Verbot scheint daher nicht zu existieren. Man könnte versuchen, die ausschließliche Zuweisung des Geschäfts an den Arbeitgeber damit zu begründen, daß die Schmiergeldannahme durch den Arbeitnehmer sich auch als Förderung des wettbewerbswidrigen Verhaltens eines Dritten darstellt. Es ließe sich argumentieren, insofern verstoße der Angestellte in der Tat gegen ein auch rur Dritte geltendes Verbot. Denn wegen des im Wettbewerbsrecht geltenden weiten Störerbegriffs, von dem auch jeder erfaßt ist, der fremdes wettbewerbswidriges Verhalten fördert4 43 , handelt wettbewerbswidrig, wer einen andern zum Schmieren anstiftet oder Beihilfe hierzu leistet. Auf diesem Umweg mag sich begründen lassen, daß die Vereinbarung von Sonderkonditionen bezüglich des von dem Arbeitgeber zu vergebenden Auftrags ein dem Arbeitgeber ausschließlich zugewiesenes Geschäft ist. Derart bemühter Konstruktionen bedarf es aber nicht, wenn man das Tatbestandsmerkmal der Führung eines fremden Geschäfts schon bei der Verletzung eines bloßen Zustimmungsvorbehalts bejaht. Dem Arbeitgeber steht unproblematisch die ausschließliche Befugnis zu, mit rechtfertigender Wirkung in die Vereinbarung von Sonderkonditionen durch den Angestellten einzuwilligen.
Vgl. dazu oben S. 378 ff. Vgl. BaumbachlHefermehl, UWG, § 12 Rdnr. 20. 443 Vgl. etwa BGH GRUR 1991, 769, 770; BaumbachlHefermehl, UWG, Einl. Rdnr. 325 ff.: Hubmann, GR, § 55 111; Emmerich, UnIWb, § 21, 5 a. 441
442
III. Die Verletzung relativer Rechte
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Dieser Zustimmungsvorbehalt könnte nur dann nicht zur Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB fUhren, wenn er seine Grundlage allein in der arbeitsvertraglichen Bindung hätte. Dies ist jedoch im Hinblick auf die systematische Stellung und den Schutzzweck des § 12 Abs. 2 UWG zu verneinen. Schon aus dem erwähnten Gesichtspunkt, daß der Arbeitnehmer mit der Annahme von Schmiergeldern auch fremdes wettbewerbswidriges Verhalten fördert, ergibt sich, daß das Verbot des § 12 Abs. 2 UWG den Arbeitnehmer nicht in seiner Eigenschaft als Vertragspartner, sondern aufgrund seiner tatsächlichen Eingliederung in den Betrieb trifft. Dem Angestellten wäre die Annahme von Schmiergeldern also auch dann verboten, wenn der Arbeitsvertrag unwirksam wäre. Der Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB steht somit nichts entgegen. e) Geheimnisverrat Ähnlich wie die Schmiergeldannahme ist auch die unbefugte Weitergabe von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen durch einen Arbeitnehmer dadurch gekennzeichnet, daß Vertragsverletzung und Wettbewerbsverstoß in einer Handlung zusammenfallen. Versucht man hier, die Anwendung des § 687 Abs.2 BGB über die Eigennutzungsbefugnis des Verletzten zu begründen, so stößt man auf die bereits im Zusammenhang mit der wettbewerbswidrigen Ausbeutung fremder Leistungspositionen dargelegten Schwierigkeiten444 : Es fehlt insoweit an der ausschließlichen Zuweisung des Geschäfts an den Arbeitgeber. Dritten ist die Verwertung fremder Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse zwar meist schon aus tatsächlichen Gründen verwehrt; verboten ist sie jedoch grundsätzlich nur, wenn sie unter den in § 17 Abs. 2 UWG genannten Voraussetzungen erfolgt. Das fremde Geschäft im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB läßt sich aber auch hier über den Zustimmungsvorbehalt des Arbeitgebers begründen. Die Anwendbarkeit des außervertraglichen Haftungssystems ergibt sich aus entsprechenden Überlegungen wie im Fall der Schmiergeldannahme. Der Geheimnisverrat verletzt nicht nur die vertragliche Treuepflicht, sondern verstößt zugleich gegen den Straftatbestand des § 17 Abs. 1 UWG, der seiner systematischen Stellung und seinem Schutzzweck nach nicht den Vertragsbruch, sondern die Beeinträchtigung der Wettbewerbsposition des Arbeitgebers sanktionieren soll. Das Verbot des Geheimnisverrats trifft den Angestellten wie das der Schmiergeldannahme nicht aufgrund seiner arbeitsvertraglichen Bindung, sondern allein aufgrund seiner tatsächlichen Eingliederung in den Betrieb445 • § 687 Abs. 2 BGB ist somit auch hier anwendbar.
Vgl. oben S. 417 f. Allerdings deutet die Formulierung des § 17 Abs. I UWG, daß der Täter das Geheimnis "während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses" einem anderen mitteilen 444 445
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
j) Sonstige Verstöße gegen vertragliche Treuepflichten Wie in den Fällen der Schmiergeldannahme und des Geheimnisverrats ist auch in sonstigen Fällen der Verletzung vertraglicher Treuepflichten die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB davon abhängig zu machen, ob über den bloßen Vertragsbruch hinaus auch eine außervertraglich geschützte Position verletzt wurde. Anhand dieser einfachen Fragestellung wäre auch der in dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.6.1989446 entschiedene Fall zu lösen gewesen. Im Ergebnis hat der Bundesgerichtshof hier demnach zu Recht einen Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB abgelehnt. Denn dem Widerbeklagten waren die fraglichen Geschäfte ausschließlich aufgrund seiner vertraglichen Bindungen untersagt. Die Abgrenzung bloßer Vertragsverletzungen von Eingriffen in absolut geschützte Positionen des Vertragspartners führt auch zur Lösung der in den Urteilen des Reichsgerichts vom 14.1.1914447 und vom 17.11.l916448 sowie dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11.10.1976449 entschiedenen Fälle. Im Fall des Urteils vom 14.1.1914450 kam es also darauf an, ob der von seiner früheren Arbeitgeberin verklagte Arbeitnehmer mit der unbefugten Weitergabe einer Erfindung eine bereits mit Wirkung gegenüber jedermann geschützte Position der Klägerin verletzt hatte. Wäre zwischen Klägerin und Beklagtem lediglich vereinbart gewesen, daß der Beklagte eigene Erfindungen nicht an Dritte weitergeben durfte, so wäre die Frage zu verneinen gewesen. Inhalt der fraglichen Vereinbarung war jedoch, daß das "Eigentumsrecht" an den Erfindungen der Klägerin zustehe. Die Klausel bewirkte daher entweder, daß die Klägerin die bereits vor der Anmeldung absolut geschützte45l - Rechtsstellung als Erfinder originär erwarb452 , oder aber wenigstens, daß im Wege antezipierter Einigung das Erfinderrecht mit dinglicher Wirkung vom Beklagten auf die Klägerin überging. Der Beklagte verfügte somit bei der Weitergabe der Erfindung über eine absolut geschützte Position der Klägerin, vergleichbar einem Arbeitneh-
muß, darauf hin, daß ein wirksames Dienstverhältnis vorliegen müsse. Im Hinblick auf Art. \03 Abs. 2 GG erscheint es daher zweifelhaft, ob sich nach § 17 Abs. I UWG auch ein aufgrund unwirksamen Vertrags Beschäftigter stratbar machen könnte. Für die zivilrechtliche Beurteilung kann dem insoweit zu engen Wortlaut des § 17 Abs. I UWG aber keine ausschlaggebende Bedeutung zukommen. 446 BGH NJW-RR 1989, 1255 ff. = OB 1989, 1762 ff. Zum Sachverhalt oben S. 150. 447 RGZ 84, 49 ff. 448 RGZ 89, 99 ff. 449 BGH WM 1977, 194 f. = LM Nr. 12 zu § 687 BGB. 450 Zum Sachverhalt oben S. 434. 451 Vgl. BGH GRUR 1979, 145, 148; Benkard-Bruchhausen, PatG, § 6 Rdnr. 13 ff.; Soergel-Zeuner, § 823 Rdnr. 56. 452 So RGZ 84, 49, 53.
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mer, der Sachen verkauft, an denen er zuvor rur den Arbeitgeber Eigentum erworben hat. § 687 Abs. 2 BGB war daher anwendbar. Im Urteil des Reichsgerichts vom 17.11.1916 ging es um Ansprüche einer Gesellschaft gegen einen Gesellschafter, der vertragswidrig Sachen statt rur Rechnung der Gesellschaft rur eigene Rechnung veräußert hatte. Da die veräußerten Sachen nicht Eigentum der Gesellschaft geworden waren, lag eine bloße Vertragsverletzung vor. Ein Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB schied somit aus. Im Urteil vom 11.10.1976453 begründete der Bundesgerichtshof den Anspruch der klägerischen GmbH gegen die beklagten ehemaligen Gesellschafter aus § 687 Abs. 2 BGB damit, daß die Beklagten Verträge der Klägerin "an sich gezogen" hätten. Damit ist das Verhalten der Beklagten aber nur recht vage beschrieben, was die Beurteilung des Sachverhalts unnötig erschwert. Wenn die Beklagten bereits geschlossene Verträge der Klägerin rur eigene Rechnung ausgeführt hatten, so hatten sie notwendigerweise auch fremde Forderungen eingezogen, was nach allgemeiner Auffassung unabhängig von vertraglichen Pflichten des Handelnden gegenüber dem Forderungsinhaber den objektiven Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB errullt. Daß die Beklagten zugleich auch die gegen die Klägerin gerichteten Forderungen erfüllt hatten, konnte die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB nicht in Frage stellten, sondern lediglich Gegenansprüche der Beklagten aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB begründen. g) Verletzung vertraglich übertragener Nutzungsrechte
Werden im Wege der Durchführung eines Vertrags bereits bestehende Rechtspositionen des Schuldners mit dinglicher Wirkung auf den Gläubiger übertragen, so kann von diesem Zeitpunkt an der Eingriff in die übertragene Position durch den Schuldner einen Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB begründen. Hiervon zu unterscheiden ist der Fall, daß im Wege der Vertragsdurchführung dem Gläubiger absolut geschützte Positionen des Schuldners lediglich zur Ausübung überlassen werden, die dingliche Zuständigkeit aber beim Schuldner verbleibt. Zieht der Verpächter eines Grundstücks selbst die Nutzungen des Grundstücks oder vermietet der Vermieter einer Wohnung in Abwesenheit des Mieters die Wohnung an einen Dritten, so kann die Anwendbarkeit des § 687 Abs.2 BGB nicht damit begründet werden, daß dem Pächter bzw. Mieter die Nutzung der Sache vertraglich vorbehalten ist454 • Daß das Recht zur Nutzung sich gewissermaßen als Ausschnitt aus dem Eigentum auffassen läßt, ändert
Zum Sachverhalt oben S. 142. A. A. für Art. 423 schweiz. OR Hojl'leller, ZBJV Bd. 100 (1964), S. 240; NielIi~pach, S. 118 Fn. 613, S. 445 ff.; für die Eingriffskondiktion Kellmann, GewinnhaI:' tung, S. 111; Holens/ein, S. 98. 453
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
hieran nichts, da es an einer dinglichen Übertragung dieses "Eigentumsplitters" fehlt. Der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB läßt sich jedoch regelmäßig damit begründen, daß der Verpächter bzw. Vermieter bei seinem Eingriff den dem Vertragspartner übertragenen unmittelbaren Besitz in Anspruch nimmt. Denn der im Wege der Vertragsdurchführung übertragene Besitz ist eine unabhängig von dem zugrunde liegenden Vertrag geschützte Rechtsposition. Auch in dem bereits in anderem Zusammenhang behandelten "Kohlenflözefall"455 konnte also die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB nicht damit begründet werden, daß die Verpächterin mit der Ausbeutung der Kohlenflöze ein Geschäft geführt hatte, das vertraglich der Pächterin vorbehalten war. Gleichwohl hat das Reichsgericht die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB zu Recht bejaht, wenn man mit dem Reichsgericht davon ausgeht, daß bei der Bergwerks pacht eine dingliche, gegen jedermann wirkende Aneignungsbefugnis übertragen werde, während der Pachtvertrag selbst nur die Verpflichtung hierzu begründe456 . h) Unberechtigte Untervermietung und unberechtigte Erteilung von Unterlizenzen aa) Die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB Eine vieldiskutierte Frage ist die, ob der Vermieter vom Mieter den durch unberechtigte Untervermietung erzielten Gewinn herausverlangen kann. Der Bundesgerichtshof hat erstmals in einem Urteil vom 20.5.1964 457 entschieden, daß sich ein Anspruch auf Herausgabe des Untermietzinses weder aus § 687 Abs.2 BGB noch aus §§ 812 ff. BGB begründen lasse. Das OLG Düsseldorf hat sich dem in einer neueren Entscheidung458 auch hinsichtlich des Mietzinses, den ein Hauptmieter durch Untervermietung nach Beendigung des Hauptmietverhältnisses erzielt, angeschlossen. In einem Urteil vom 13.12.1995 hat sich der Bundesgerichtshof nochmals mit dem Problem befaßt und erneut einen Anspruch des Vermieters auf Herausgabe des Untermietzinses sowohl unter dem Gesichtspunkt der Eingriffskondiktion als auch unter dem des § 687 Abs. 2
455 RGZ 135,94 ff. Zum Sachverhalt oben S. 142. 456 RGZ 135, 94, 101. Ob sich in diesem Fall eine absolut geschützte Rechtsstellung auch mit dem Besitz der Pächterin begründen ließ, ist fraglich, da die Pächterin tatsächliche Sachherrschaft an der von der Verpächterin abgebauten Kohle nicht erworben hatte. Das Reichsgericht (a.a.O.) nahm allerdings einen durch die Bergwerkspacht begründeten Rechtsbesitz an. 457 BGH NJW 1964, 1853. 458 OLG DüsseldorfNJW-RR 1994,596.
III. Die Verletzung relativer Rechte
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BGB abgelehnt4 59 • Dem stimmt die Literatur - zumindest hinsichtlich des Anspruchs aus § 687 Abs. 2 BGB - überwiegend ZU460. Es wird argumentiert, der Mieter übe lediglich den ihm überlassenen Gebrauch in einer ihm nicht zustehenden Weise aus 461 • Der Vermieter selbst habe sich durch den Abschluß des Mietvertrags der eigenen Nutzungsmöglichkeit begeben. Die Untervermietung sei daher kein ihm zustehendes Geschäft462 • Dieser Fall wird also nicht in erster Linie unter dem Gesichtspunkt der Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auf Vertragsverletzungen gesehen. In den Vordergrund wird vielmehr das Erfordernis der positiven Zuweisung des Geschäfts an den Geschäftsherrn gestellt. Daher lehnen hier auch Autoren einen Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB ab, die grundsätzlich die Anwendung der Vorschrift auf die Verletzung vertraglicher Unterlassungspflichten berurworten 463 • Umgekehrt bejaht Rosenkranz464 , der im übrigen die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB auf Vertragsverletzungen ablehnt, im Fall der unberechtigten Untervermietung einen Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB, da der Mieter das Eigentum des Vermieters und damit ein absolutes Recht verletze. Andere, die
459 BGHZ 131,297,305 ff. Auch ein Anspruch aus § 987 BGB wurde geprüft, aber mangels Vindikationslage verneint. 460 Gegen einen Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB Soergel-Mühl, § 687 Rdnr. 5; Erman-Ehmann, § 687 Rdnr.7; RGRK-Steffen, § 687 Rdnr. 12; Jauernig-Vollkommer, § 687 Rdnr.6; Wittmann, S. 153; ders., in: Staudinger, § 687 Rdnr.6; StaudingerLorenz, § 816 Rdnr.7; StudK-Beuthien, § 687 Anm. 3 d; BeuthienlWeber, S. 100; Fikentseher, SchuldR, Rdnr. 944; Nipperdey, FS Böhm, S. 174 f.; Diederiehsen, NJW 1964, S. 2296; Sehwerdtner, Jura 1982, S. 647; H Roth, FS Niederländer, S. 381; ders., JuS 1997, S.898; ehen, S. 95; Niewiarra, S.96; Thum, S. 11, 42; vgl. auch Mutter, MDR 1993, S. 303, der von einem verfestigten Konsens in Literatur und Rechtsprechung über die Unanwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB spricht. - Für einen Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB aber Hersehel, JuS 1968, S. 562 f.; Berg, JuS 1975, S. 689; Gebauer, Jura 1998, S. 134 f.; Krumm, S. 203 f., 223 ff.; Rosenkranz, S. 99 f.; nur ftlr den Fall, daß der Mieter sich als Eigentümer ausgibt, Söllner, JuS 1967, S.451; ReuterlMartinek, S. 309. - Den Anspruch aus Art. 423 schweiz. OR bejahen Hauser, SJZ Bd.78 (1982), S. 269 f.; Schmid, OR, Art. 423 Rdnr. 78 f.; Liseher, S. 147 f.; wohl auch Friedrieh, ZSR Bd.64 (1945), S.33; a. A. Hofstetter, ZBJV Bd.100 (1964), S. 240 f.; ders., SPR VII/2, S. 210; Holenstein, S. 165 f.; Nietlispaeh, S. 129 f., 448. 461 BGHZ 131,297,306; BGH NJW 1964, 1853; OLG DüsseldorfNJW-RR 1994, 596; Staudinger-Wittmann, § 687 Rdnr. 6; ehen, S. 95; Niewiarra, S. 96. 462 Vgl. Soergel-Mühl, § 687 Rdnr.5; Erman-Ehmann, § 687 Rdnr.7; Fikentseher, SchuldR, Rdnr. 944; BeuthienlWeber, S. 100; Nipperdey, FS Böhm, S. 174 f.; H Roth, FS Niederländer, S. 381; Sehwerdtner, Jura 1982, S. 647; ehen, S. 95; Niewiarra, S. 96 Fn. 1; Thum, S. 11,42; ftlr Art. 423 schweiz. OR Nietlispaeh, S. 129, 448; Hofstetter, ZBJV Bd. 100 (1964), S. 240 f.; ders., SPR VIII2, S. 210 Fn. 8. 463 So Nipperdey, FS Böhm, S. 174 f.; H Roth, FS Niederländer, S. 381; ehen, S. 95. 464 S. 99 f.
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
den Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB befürworten, halten für entscheidend, daß der Mieter sich über den Zustimmungsvorbehalt des Vermieters hinwegsetze 465 . Gerade in der Diskussion um die unberechtigte Untervermietung ist meist nicht erkennbar, daß in der Argumentation irgendwelche Unterschiede zwischen den Ansprüchen aus Bereicherungsrecht und aus § 687 Abs. 2 BGB gemacht würden466 . Richtigerweise kann jedoch dem Argument, daß dem Vermieter der Untermietzins nicht zugewiesen sei, weil er selbst zur anderweitigen Vermietung nicht berechtigt ist, allenfalls für die Frage, ob der Mietzins im Sinne des § 812 BGB auf Kosten des Eigentümers erlangt wurde, ausschlaggebende Bedeutung zukommen. Bezüglich des Anspruchs aus § 687 Abs. 2 BGB beruht dagegen dieses Argument auf einem zu engen Verständnis des Begriffs des fremden Geschäfts. Ausreichend muß hier sein, daß der Mieter zur rechtmäßigen Untervermietung der Zustimmung des Vermieters bedarf"67. Die Diskussion um die unberechtigte Untervermietung ist insbesondere auch beispielhaft dafür, daß bei der Frage der privatrechtlichen Vorteilsabschöpfung den subjektiven Voraussetzungen der jeweiligen Anspruchsgrundlage zu wenig Beachtung geschenkt wird. Mag auch der Mieter in der Regel das Verbot der Untervermietung kennen, so muß doch die bereicherungsrechtliche Vorteilsabschöpfung auch dann als adäquate Sanktion erscheinen, wenn der Mieter in der Annahme, hierzu berechtigt zu sein, untervermietet hat. Weshalb der Untermietzins eher dem Vermieter zustehen soll als dem Mieter, der schuldlos oder infolge einfacher Fahrlässigkeit meinte, zur Untervermietung berechtigt zu sein, ist aber kaum zu begründen, besonders dann, wenn der Mieter infolge der Untervermietung eine Beschränkung seiner Eigengebrauchsbefugnisse in Kauf nehmen mußte. Soweit ein Bereicherungsanspruch auf Herausgabe des Untermietzinses befürwortet wird, dürfte diese Lösung also zu einseitig auf den dolosen Rechtsverletzer zugeschnitten sein. Ohne Rücksicht auf Verschulden erscheint es nur berechtigt, den Mieter unter den Voraussetzungen des § 549 465 So Hersehel, JuS 1968, S. 562 f.; Berg, JuS 1975. S. 689; Krumm. S. 203 f.. 223 f. 466 Nach BGHZ 131, 297, 306 scheitert die Eingriffskondiktion daran. daß es sich um "ein dem Mieter zugewiesenes Geschäft" handele (ebenso Mutter. MDR 1993. S. 305). Andererseits lehnt Nietlispaeh, S. 129, 448 den Anspruch aus Geschäftsanmaßung mit der Begründung ab, es fehle an einer marktmäßigen Verwertungsmöglichkeit des Vermieters. 467 Unverständlich ist, daß der Bundesgerichtshof (BGH NJW 1964. 1853) sich in diesem Zusammenhang trotz der Rechtswidrigkeit der Untervermietung darauf beruft. daß die Nutzung der Mietsache ein ..eigenes GeschäH" des Mieters sei (ebenso OLG DüsseidorfNJW-RR 1994. 596; LG Hildesheim WuM 1990.341. 342; Nellmann-Dllesberg. BB 1965, S. 729; Söllner, JuS 1967, S. 451: Bel/tllien/Weber, S. 100). Eigene GeschäHe sind jedenfalls nur solche, zu deren Führung der Handelnde berechtigt ist. Verfehlt daher auch die Argumentation von RellteriMartinek. S. 309: Die Untervermietung sei kein objektiv fremdes Geschäft, da sie nicht dem Eigentümer. sondern per definitionem (!) dem Hauptmieter zustehe.
III. Die Verletzung relativer Rechte
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Abs.2 S. 2 BGB zur Zahlung des Betrags, der als angemessenes Entgelt fiir die Erteilung der Zustimmung hätte gezahlt werden müssen, zu verpflichten. Unter den subjektiven Voraussetzungen des § 687 Abs. 2 BGB können dagegen durchgreifende Bedenken gegen die Pflicht des Mieters zur Herausgabe des vollen Untennietzinses bei Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht bestehen. Sie ist hier vielmehr zum Zwecke effektiven Rechtsgüterschutzes zwingend geboten. Wenn gegen den Anspruch auf Herausgabe des Untennietzinses angefiihrt wird, daß der Vennieter durch die verschiedenen Möglichkeiten, die Untervennietung zu unterbinden (§§ 550, 553, 554 a BGB), ausreichend geschützt sei468 , so kann dieses Argument im Hinblick auf den dolosen Verletzer nicht überzeugen. Denn alle genannten Rechtsbehelfe werden, da sie den durch die unberechtigte Untervennietung bereits erzielten Gewinn unangetastet lassen, dem Ziel, vorsätzlichen Rechtsbruch unrentabel zu machen, nicht gerecht. Voraussetzung fiir die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB ist allerdings wiederum, daß die verletzte Position nicht lediglich schuldrechtIicher Natur ist, da andernfalls das Leistungsstörungsrecht des BGB die Ansprüche im Verhältnis der Vertragsparteien zueinander abschließend regeln würde. Auch unter diesem Gesichtspunkt läßt sich aber die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB nicht in Frage stellen. Zwar hat der vom Mieter verletzte Zustimmungsvorbehalt des § 549 BGB in dieser Form seine Grundlage in dem Mietvertrag. Der Sache nach handelt es sich hierbei jedoch nicht um eine durch den Mietvertrag erst begründete Position, sondern im Gegenteil um einen vom Mietvertrag unberührt bleibenden, vom Vennieter "zurückbehaltenen" Teil der allgemeinen Eigentümerbefugnisse. Das Verbot, die Mietsache an Dritte zu vennieten, trifft den Mieter also nicht nur in seiner Eigenschaft als Vertragspartner, sondern als "J edennann "469. Aus entsprechenden Überlegungen ergibt sich die Anwendbarkeit des § 687 Abs.2 BGB, wenn ein Lizenznehmer unberechtigt Unterlizenzen erteilt470 • Hier dürften auch die im Zusammenhang mit der unberechtigten Untervennietung geltend gemachten Bedenken der herrschenden Meinung gegen die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB zumindest dann entfallen, wenn dem Lizenzgeber das Recht zusteht, weitere Lizenzen an Dritte zu erteilen. Richtigerweise So BGHZ 131. 297, 307; LG Hildesheim WuM 1990,341,342. Unzutr. daher MünchKomm-Seiler, § 687 Rdnr. 19, der die Unanwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auch im Fall der unberechtigten Untervermietung mit dem Vorrang des Leistungsstörungsrechts begründet. 470 Für einen Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB in diesem Fall auch Krumm, S. 203 f.; ebenso ftir Art. 423 schweiz. OR Schmid, OR, Art. 423 Rdnr. 88; zur dreifachen Schadensberechnung bei unberechtigter Erteilung von Unterlizenzen vgl. BGH GRUR 1987, 37,39 f. ,.Videolizenzvertrag". 468
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31 Eher!
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
kommt es auf diesen Gesichtspunkt jedoch nicht an. Selbst wenn der Lizenzgeber gegenüber dem Lizenznehmer auf das Recht zur Erteilung weiterer Lizenzen verzichtet hat, begründet allein das Recht des Lizenzgebers, die Erteilung von Unterlizenzen durch den Lizenznehmer von seiner Zustimmung abhängig zu machen, die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB471. Auch hierbei handelt es sich nicht um eine nur vertraglich begründete Position, sondern vielmehr um einen Ausschnitt aus der gegenüber jedermann wirkenden Rechtsstellung des Inhabers eines Immaterialgüterrechts, so daß § 687 Abs. 2 BGB neben den Regelungen des Leistungsstörungsrechts zur Anwendung kommen kann. bb) Die Auswirkungen eines Anspruchs des Mieters auf die Erlaubnis zur Untervermietung Man könnte erwägen, ob die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB im Fall der unberechtigten Untervermietung dadurch ausgeschlossen wird, daß der Mieter gemäß § 549 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur Untervermietung hat. Dies ist aber jedenfalls für den Fall des § 549 Abs. 2 S. 2 BGB zu verneinen. Hier liegt insofern ein typischer Fall eines Zustimmungsvorbehalts vor, als sich der Berechtigte die Erteilung der Zustimmung bezahlen lassen darf. Daß der Berechtigte hier ausnahmsweise zur Erteilung der Zustimmung gegen Entgelt verpflichtet ist, rechtfertigt es nicht, den Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB zu versagen. Es gilt hier, wie auch sonst, daß der Geschäftsführer auf eigenes Risiko handelt, wenn er die Einholung der erforderlichen Genehmigung unterläßt. Nicht anders wird man konsequenterweise aber auch dann zu entscheiden haben, wenn der Mieter einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis hat, ohne hierfür eine Mieterhöhung hinnehmen zu müssen. Andernfalls würde der gesetzlichen Regelung, die ein Verbot der Untervermietung mit Erlaubnisvorbehalt und nicht eine grundsätzliche Befugnis des Mieters zur Untervermietung vorsieht, nur unzureichend Rechnung getragen. Der Mieter hat aufgrund der eindeutigen Anordnung des § 549 Abs. 2 BGB nicht das Recht, bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen die Untervermietung eigenmächtig vorzunehmen 472 . Auch hier muß somit der Grundsatz zur Anwendung kommen, daß derjenige, der Gewinne unter bewußter Verletzung fremder Rechte erzielt, sich nicht nachträglich darauf berufen kann, daß ihm auch rechtmäßige Erwerbsmöglichkeiten zur Verfügung gestanden hätten.
471 Ebenso Krumm. S. 203 f. BayObLG ZMR 1991. 64. 65 f.; Mutter. MDR 1993, S. 303.
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cc) Der Aufwendungsersatzanspruch Von entscheidender Bedeutung ist nun aber die weitere Frage, inwieweit der Mieter die von ihm während der Zeit der Untervermietung an den Vermieter geleisteten Mietzinszahlungen bzw. der Lizenznehmer die an den Lizenzgeber gezahlten Lizenzgebühren im Rahmen seines Gegenanspruchs aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB geltend machen kann. Für den Fall der unberechtigten Erteilung von Unterlizenzen muß die Antwort aufgrund der im Zusammenhang mit der Problematik der allgemeinen Geschäftsunkosten dargelegten Kriterien 473 unzweifelhaft lauten, daß die dem Lizenzgeber gezahlten Lizenzgebühren keine erstattungsfahigen Aufwendungen darstellen. Denn erstattungsfahig sind nur solche Aufwendungen, die gerade durch die unerlaubte Geschäftsführung erforderlich wurden. Dies trifft auf die vom Lizenznehmer gezahlten Lizenzgebühren nicht zu, da der Lizenznehmer sich hierdurch primär die Möglichkeit der Eigennutzung des lizenzierten Rechts verschafft hat. Komplizierter ist die Lage bei der unberechtigten Untervermietung474 • Sicher ist hier zunächst, daß der gezahlte Mietzins mangels ursächlichen Zusammenhangs zwischen Geschäftsführung und Aufwendung dann nicht erstattungsfahig ist, wenn der Mieter den Mietzins für die Dauer der Untervermietung in jedem Fall hätte entrichten müssen, etwa weil der Mietvertrag für diesen Zeitraum unkündbar war. Ist dies nicht der Fall, so ist die Erstattungsfahigkeit des Mietzinses gleichwohl jedenfalls dann zu verneinen, wenn der Mieter dem Dritten, ähnlich wie im Fall der Erteilung von Unterlizenzen, lediglich den Mitgebrauch an der Mietsache eingeräumt hat. Nicht anders ist aber auch dann zu entscheiden, wenn der Mieter für die Zeit der Untervermietung auf den Eigengebrauch der Mietsache verzichtet hat. Denn der Mieter zahlt den Mietzins nicht für den tatsächlichen Gebrauch der Sache, sondern lediglich für die Einräumung der Gebrauchsmöglichkeit durch den Vermieter. Da der Mieter insofern die volle Gegenleistung für seine Mietzinszahlung erhalten hat, kann diese nicht als eine gerade durch die unberechtigte Untervermietung bedingte Aufwendung gelten. Hierfür spricht auch die Regelung des § 552 BGB: Der Mieter kann auch sonst nicht den Mietzins zurückfordern, wenn er aus einem in seiner Person liegenden Grund sein Recht zum Gebrauch der Sache nicht in Anspruch nimmt.
Vgl. oben S. 285 ff. Allgemein für die Erstattungsfahigkeit des Mietzinses in diesem Fall Söllner, JuS 1967. S. 451; Hersehel. JuS 1968, S. 563; a. A. Krumm, S. 224 ff. 473
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
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Es stellt sich allerdings die weitere Frage, ob nicht in dem Verzicht auf den Eigengebrauch als solchem eine erstattungsfahige Aufwendung gesehen werden kann. Dies ist sicher dann zu verneinen, wenn der Mieter unabhängig von der Untervermietung am Eigengebrauch gehindert war. Denn dann fehlt es wiederum am erforderlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen Geschäftsführung und Aufwendung. Etwas anderes könnte aber dann gelten, wenn der Mieter gerade durch die Untervermietung am Eigengebrauch gehindert wurde. In diesem Fall läßt sich nicht bestreiten, daß der Mieter in Gestalt seiner durch den Mietvertrag erworbenen Eigengebrauchsmöglichkeit einen bestehenden Vermögenswert aufopfert, und daß dieses Vermögensopfer auch gerade durch die unerlaubte Geschäftsfiihrung bedingt ist. Dennoch bestehen durchgreifende Bedenken dagegen, dem Mieter wegen dieses Vermögensopfers einen Ersatzanspruch gegen den Vermieter zuzubilligen. Denn da die Eigengebrauchsmöglichkeit nicht in natura wiederhergestellt werden kann, könnte der Aufwendungsersatz nur darin bestehen, daß der Vermieter dem Mieter eine Entschädigung in Höhe des objektiven Gebrauchswertes der Mietsache zahlt, die regelmäßig dem vom Mieter an den Vermieter zu entrichtenden Mietzins entsprechen wird. Damit würde man aber, wie Krumm 475 zu Recht bemerkt, dem Mieter gestatten, "den Vermögenswert der Nutzung der Mietsache in einer Weise zu realisieren, wie sie ihm nach dem Inhalt des seine Berechtigung an der Mietsache begründenden Mietvertrags nicht zusteht". Der Aufwendungsersatzanspruch würde es dem Geschäftsfiihrer also im Ergebnis ermöglichen, ein eigenes Rechtsgut auf rechtswidrige Weise wirtschaftlich zu verwerten und insofern aus der unerlaubten Geschäftsfiihrung letztlich noch Vorteile zu ziehen. Ein Aufwendungsersatzanspruch ist allerdings - entgegen Krumm 476 - dann begründet, wenn dem Mieter durch die Gebrauchsüberlassung an den Dritten Kosten für die Beschaffung eines Ersatzobjektes entstehen. Denn die Möglichkeit, daß der Mieter sich über den Aufwendungsersatzanspruch faktisch einen rechtswidrigen Erwerb verschafft, ist insoweit ausgeschlossen. Es läßt sich auch nicht mit Krumm 477 argumentieren, daß nur die Überlassung der Mietsache an den Untermieter, nicht aber die Ersatzbeschaffung zur Erlangung des Untermietzinses notwendig sei. Denn auf Möglichkeiten, sich ohne die Ersatzbeschaffung zu behelfen, kann der Mieter nicht verwiesen werden. Dies liegt auf der Hand, wenn es sich um die Ersatzbeschaffung von Wohnraum handelt. Doch kann nichts anderes etwa dann gelten, wenn der Mieter eines PKW diesen unberechtigt untervermietet und ihm hierdurch Kosten fur öffentliche Verkehrsmittel entstehen. Andernfalls müßte man auch dem Patentverletzer die GeItendmachung der für die Auslieferung der hergestellten Gegenstände ange475 476 477
S. 225. S. 230 f. S. 231.
III. Die Verletzung relativer Rechte
485
fallenen Transportkosten mit dem Hinweis darauf versagen können, daß sich die Gegenstände notfalls auch zu Fuß transportieren ließen. Voraussetzung flir die Erstattungsfähigkeit der Kosten flir die Ersatzbeschaffung ist aber stets, daß die Ersatzbeschaffung ihre Ursache gerade in der Untervermietung hatte. Dies ist etwa dann nicht der Fall, wenn der Mieter einer Wohnung wegen eines ohnehin beabsichtigten längeren Auslandsaufenthalts untervermietet hat. Da hier dem Mieter die Kosten der Ersatzbeschaffung unabhängig von der Untervermietung entstanden wären, kann er sie nicht vom Verm ieter ersetzt verlangen. Nicht zuzustimmen ist Krumm 478 andererseits aber auch darin, daß der Mieter geltend machen könne, durch die Untervermietung an einer ihm zugewiesenen gewinnbringenden Nutzung der Mietsache gehindert gewesen zu sein. Denn dies stünde nun in der Tat im Widerspruch zu dem sonst auch von Krumm 479 zu Recht betonten Prinzip, daß durch den Aufwendungsersatzanspruch nicht im Ergebnis die Möglichkeit eröffnet werden dürfe, sich durch vorsätzliche Rechtsverletzung eine Erwerbsquelle zu verschaffen. Ohne zwingenden Grund gestattet Krumm hier dem Geschäftsflihrer ausnahmsweise die Berufung auf rechtmäßiges Altemativverhalten: Selbst wenn der Mieter bereits vor der Untervermietung das Mietobjekt gewinnbringend genutzt hatte, hätte er doch für die Zeit der Untervermietung den durch die rechtmäßige gewerbliche Nutzung erzielbaren Gewinn erst erwirtschaften müssen. Wenn man dem Geschäftsflihrer die Berufung darauf versagt, er habe seine Arbeitskraft statt zum Zwecke der rechtswidrigen Geschäftsflihrung auch rechtmäßig zur Gewinnerzielung einsetzen können 48o , kann man fur andere Rechtsgüter nicht anders entscheiden. Auch hier muß gelten, daß statt der Differenzhypothese des Schadensersatzrechts eine schlichte "Vorher-Nachher-Betrachtung" anzuwenden und nur die Einbuße bereits bestehender Vermögenswerte als erstattungsfähige Aufwendung anzuerkennen ist.
6. Eingriffe Dritter in relative Rechte Von dem Problem, ob die Verletzung relativer Rechte durch den Schuldner Ansprüche aus § 687 Abs.2 BGB begründen kann, muß das abschließend zu behandelnde Problem der Eingriffe Dritter in relative Rechte klar unterschieden werden. Denn hier spielt der Grundsatz, daß sich die Folgen der Verletzung ei-
S. 227. S. 220 ff. 480 Vgl. dazu oben S. 282 ff. 478
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
nes bestehenden Schuldverhältnisses durch den Schuldner ausschließlich nach den speziellen Regelungen des Leistungsstörungsrechts richten, keine Rolle 481 •
a) Einziehung einer fremden Forderung Die Einziehung einer fremden Forderung ist in der Literatur als unproblematischer Fall der Geschäftsanmaßung anerkannr'82. Dies überrascht insofern, als nach verbreiteter Ansicht die Einziehung einer fremden Forderung nicht notwendig rechtswidrig sein soll483. Die Rechtswidrigkeit der Handlung ist aber unzweifelhaft eine unerläßliche Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB. Mit der Aussage, daß die Einziehung einer fremden Forderung nicht notwendig rechtswidrig sei, soll offenbar dem Grundsatz der Relativität des Schuldverhältnisses Rechnung getragen werden. In Wirklichkeit handelt es sich jedoch um eine Überinterpretation dieses Grundsatzes. Das Schuldverhältnis hat zwar insofern nur Wirkung inter partes, als Dritte es grundsätzlich nicht zu beachten brauchen. Dies bedeutet, daß Dritte (außerhalb der Grenzen des § 826 BGB) nicht rechtswidrig handeln, wenn sie die Erfüllung der Forderung vereiteln oder erschweren, etwa durch einen Vertragsschluß über einen Gegenstand, den der Vertragspartner bereits einem andern schuldet. Davon zu unterscheiden ist jedoch die Frage, ob jemand ein fremdes Forderungsrecht fur sich in Anspruch nehmen darf. Diese Frage ist kategorisch zu verneinen. Die Rechtsordnung kann zwar - insoweit besteht gar kein grundsätzlicher Unterschied zwischen Forderungen und absoluten Rechten - Beeinträchtigungen eines fremden Rechtsguts in mehr oder weniger weitgehendem Umfang zulassen. Sie kann jedoch nicht einer Person eine Rechtsposition verbindlich zuweisen und gleichwohl die nach ihrem Inhalt dem Inhaber zustehende Ausnutzung der Rechtsposition durch einen andern fur rechtmäßig erklären. Die Forderung in dieser Hinsicht anders zu behandeln als andere Rechtspositionen, kann auch aus dem Grundsatz der Relativität des Schuldverhältnisses nicht gerechtfertigt werden. Allein die rechtsverbindliche Zuweisung der Forderung an den Gläubiger ist hinreichender Grund dafür, der Forderungszuständigkeit analog § 1004 BGB
481 Vgl. Prot. 11, S. 572 = Mugdan 11, S. 1076, wo ausdrücklich betont wird, daß die Verletzung eines Forderungsrechts durch einen Dritten, im Unterschied zur Verletzung durch den Schuldner, den Tatbestand des § 823 Abs. 2 BGB erfüllen könne. 482 Vgl. Staudinger-Wittmann, § 687 Rdnr. 7; Siber, S. 372; Enneccerus-Lehmann, § 168 I I; Laren=, SchuldR II/\, § 57 11 b; Fikentscher, SchuldR, Rdnr. 1120; Ebbecke, Recht Bd.25 (192\). Sp. 102; ders. JherJB. Bd.71 (1921), S.369; Wohl/arth, LZ 1932, Sp. 449; v. Caemmerer. FS Rabell. S. 355; v. Bargen, S. 9. 483 So ausdrücklich Medicus. BR. Rdnr. 711; KoppensteineriKramer, S. 73; Loewenhelm. Bereicherungsrecht. S. 81 f.
III. Die Verletzung relativer Rechte
487
Schutz vor Eingriffen Dritter zu gewähren 484 . Die Einziehung einer Forderung ist somit allen andern als gerade dem Gläubiger untersagt und damit ein ausschließlich dem Gläubiger zugewiesenes Geschäft4 85 . Zu widersprechen ist auch der Auffassung, daß § 687 Abs. 2 BGB nur bei einer dem Berechtigten gegenüber wirksamen Forderungseinziehung anwendbar sei 486 . Daß bei nicht befreiender Zahlung die Rechtsstellung des Inhabers nicht beeinträchtigt wird, ist kein Argument4 87 , denn dies kommt auch bei Eingriffen in fremde Immaterialgüterrechte oder der Veräußerung fremder (abhanden gekommener) Sachen vor. § 687 Abs. 2 BGB unterscheidet sich nicht nur von § 816 Abs. 1 BGB, sondern ebenso von § 816 Abs.2 BGB dadurch, daß der Anspruch keinen Rechtsverlust voraussetzt. Bei einer nicht befreienden Leistung stellt sich lediglich die Frage, wie konstruktiv das Ergebnis zu vermeiden ist, daß der Gläubiger die geschuldete Leistung doppelt beanspruchen kann. Sie ist entsprechend den zum Fall der unwirksamen Verfügung über eine fremde Sache dargelegten Grundsätzen 488 zu beantworten. Der Gläubiger kann nach wie vor den Schuldner der Forderung aus dem ursprünglichen Schuldverhältnis in Anspruch nehmen und daneben vom Scheingläubiger die Herausgabe des Forderungsbetrags nach § 687 Abs. 2 S. 1 BGB beanspruchen, muß dem Scheingläubiger jedoch nach § 687 Abs. 2 S. 2 BGB Aufwendungsersatz leisten, wenn dieser den Bereicherungsanspruch des Schuldners erftillt489 . Statt dessen kann der Gläubiger aber auch die Leistungsannahme durch den Scheingläubiger genehmigen. In der Rechtsprechung spielt wegen des regelmäßig zum gleichen Ziel führenden Anspruchs aus § 816 Abs. 2 BGB490 der Anspruch aus § 687 Abs. 2
484 Eine andere Frage ist die. ob die Forderungszuständigkeit auch durch § 823 Abs. I BGB geschützt wird; dagegen z. B. MünchKomm-Mertens. § 823 Rdnr. 132; ErmanSchiemann. § 823 Rdnr. 36; Medicus. BR. Rdnr. 610; Esser/Weyers, § 55 I 2 b; Frank, JA 1979, S. 586; dafür insbes. Laren=fCanaris, § 76 II 4 g. 485 Zutr. etwa Oertmann, AcP Bd. 123 (1925), S. 143 ff.; Löbl, AcP Bd. 129 (1928), S. 293 ff.; ebenso wohl auch Saergel-Zeuner. § 823 Rdnr. 43; v. Caemmerer, FS Rabel L S. 355; F. Schub. AcP Bd. 105 (1909). S. 47 ff. 486 So Thum. S. 36 f.. 44 f.; Chrestin. S. 61; Freese. S. 16 f.; wohl auch Gernhuber, S. 38 f.; für Art. 423 schweiz. OR Maser, SJZ Bd. 42 (\ 946). S. 3. 487 So aber Chrestin. S. 61; Thum. S. 36 f.. 44 f. 488 Vgl. oben S. 375 f. 489 Anders offenbar Ebbecke. Recht Bd. 25 (\ 921), Sp. 102 (Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB nur bei Genehmigung der Einziehung). 490 Die Rechtsprechung geht bekanntlich davon aus. daß der Gläubiger auch bei einer ihm gegenüber zunächst unwirksamen Leistung an einen Nichtberechtigten nach § 816 Abs. 2 BGB den eingezogenen Betrag vom unberechtigten Empfänger herausverlangen könne. wenn er die unwirksame Leistung genehmige; vgl. BGHZ 85.267,272 f.; BGH LM Nr. 6 und 27 zu § 816 BGB; NJW 1986. 2430; anders eine in der Literatur verbrei-
488
4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
BGB bei der Einziehung fremder Forderungen kaum eine Rolle. Daß er aber möglicherweise doch gelegentlich von Bedeutung sein kann, zeigen zwei Entscheidungen der Oberlandesgerichte Celle 491 und Düsseldorfl92 • In dem vom OLG Celle entschiedenen Fall hatte eine Gesellschaft ihre Forderungen gegen Dritte im Wege stiller Zession an die klägerische Sparkasse abgetreten. Der Beklagte hatte als Bevollmächtigter der Gesellschaft zwei dieser Forderungen eingezogen und die Beträge für sich verbraucht. Das OLG Celle prüfte zunächst einen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten aus § 687 Abs. 2 BGB. Dabei stellte es ausdrücklich fest, daß der Beklagte mit der Einziehung der Forderungen ein fremdes Geschäft im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB geführt habe. Es ließ den Anspruch lediglich daran scheitern, daß der Beklagte dieses Geschäft nicht "als sein eigenes" behandelt habe, da er die Forderungen zunächst für Rechnung der Gesellschaft eingezogen und anschließend gegenüber dem Herausgabeanspruch der Gesellschaft mit eigenen Gehaltsforderungen aufgerechnet habe493 . Des weiteren verneinte das Gericht auch einen Anspruch aus § 816 Abs. 2 BGB, diesen allerdings mit der Begründung, daß der Beklagte zur Einziehung der Forderungen bevollmächtigt gewesen sei. Aus demselben Grunde habe der Beklagte die Beträge auch nicht "ohne rechtlichen Grund" im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1 BGB erlangt494 . In dem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall beanspruchte der Kläger von der Beklagten, seiner früheren Ehefrau, die Herausgabe von 40.000 DM, die die Beklagte aufgrund einer ihr vom Kläger erteilten Kontovollmacht von einem Konto des Klägers auf ein eigenes Konto überwiesen hatte. Das Gericht ging davon aus, daß die Beklagte im Innenverhältnis über das Konto nur für Geschäfte, die der ehelichen Gemeinschaft dienten, verfügen durfte. Die eigennützige Verfügung der Beklagten über das Kontoguthaben erfüllte daher nach Auffassung des Gerichts den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB495. Ansprüche aus § 816 Abs. 2 oder § 812 Abs. 1 S. 1 BGB wurden dagegen, soweit aus den veröffentlichten Entscheidungsgründen ersichtlich, nicht geprüft.
tete Ansicht, die geltend macht, daß mit der Genehmigungsmöglichkeit dem Gläubiger ungerechtfertigt eine "Sonderdeckung" im Konkurs des Schuldners verschafft werde; so etwa Staudinger-Lorenz, § 816 Rdnr. 32; Esser/Weyers, § 50 II 4; Koppensteiner/Kramer, S. 100; König, Gutachten, S. 1553. 491 OLG Celle OLGZ 1971,11 ff. 492 OLG Düsseldorf FamRZ 1992, 439 f. 493 OLG Celle OLGZ 1971, 11, 12 f. Vgl. zur Geschäftsführung im Auftrag eines Dritten schon oben S. 158 ff. 494 OLG Celle OLGZ 1971, 11, 14. Vgl. zur Unanwendbarkeit des § 816 Abs. 2 BGB im Falle einer Einziehungsermächtigung auch OLG Hamburg ZIP 1983, 46 f. 495 OLG Düsseldorf FamRZ 1992, 439, 440.
III. Die Verletzung relativer Rechte
489
Ob tatsächlich in beiden Fällen ein Anspruch auf Herausgabe der von den jeweiligen Beklagten erlangten Beträge aus § 816 Abs. 2 oder § 812 Abs. 1 S. 1 BGB daran scheiterte, daß die Einziehung der Forderungen im Außenverhältnis von einer erteilten Ermächtigung gedeckt war, kann hier nicht näher untersucht werden. Zuzustimmen ist beiden Urteilen jedenfalls darin, daß der objektive Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB jeweils erfUllt war. Denn hierfUr genügte es, daß die Beklagten nicht Inhaber der eingezogenen Forderungen waren und die erteilte Einziehungsermächtigung die Beklagten im Innenverhältnis nur zur Einziehung der Forderungen fUr fremde Rechnung berechtigten. Es gilt insoweit nichts anderes als etwa auch im Falle der Veräußerung von Kommissionsgut fUr eigene Rechnung des Kommissionärs, wo ebenfalls der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB weder daran scheitert, daß der Handelnde im Außenverhältnis wirksam verfUgen kann, noch daran, daß der Handelnde zu einer entsprechenden VerfUgungfür fremde Rechnung auch im Innenverhältnis berechtigt wäre.
b) Eingriffe in das Forderungsobjekt Vom Fall der Einziehung einer fremden Forderung sind die Fälle zu unterscheiden, in denen der Eingreifer nicht das Forderungsrecht selbst, sondern den Gegenstand, auf den sich das Forderungsrecht bezieht, für sich in Anspruch nimmt. aa) Die Auswirkungen von Pacht-, Miet- oder Kaufverträgen über den vom Geschäftsführer in Anspruch genommenen Gegenstand Steht die vom GeschäftsfUhrer ausgeübte Handlungsbefugnis aufgrund vertraglicher Bindungen nicht dem dinglich Berechtigten, sondern einem Dritten zu, so handelt der GeschäftsfUhrer gemäß dem Grundsatz, daß niemand gehalten ist, fremde Vertrags beziehungen zu beachten, grundsätzlich dem Dritten gegenüber nicht rechtswidrig. Der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB könnte demzufolge nur dem dinglich Berechtigten zustehen. Doch ist nicht einzusehen, weshalb dem dinglich Berechtigten hier der Erlös aus der Geschäftsführung zustehen soll. Für den Fall, daß Adern B einen Nießbrauch an seiner Sache eingeräumt hat und nunmehr C die Nutzungen der Sache zieht, war oben 496 festgestellt worden, daß der Erlös allein dem B als dem im Verhältnis zu A "besser Berechtigten" gebührt. Die Sachnutzung ist aber dem Pächter einer Sache im Verhältnis zum Eigentümer nicht weniger eindeutig zugewiesen als dem Nießbraucher. Die aus der unbefugten Nutzung einer verpachteten Sache durch
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S. 103.
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
einen Dritten erzielten Vorteile müssen also letztlich dem Pächter und nicht dem Eigentümer zustehen. Die Frage ist nur, wie dieses Ergebnis konstruktiv zu begründen ist. Manche wollen auch dem nur obligatorisch Berechtigten unmittelbar im Verhältnis zum Dritten den Anspruch auf Gewinnherausgabe zusprechen 497 • Kellmann 498 begründet dies damit, "daß dem obligatorisch Berechtigten aus seiner zunächst rein relativ gedachten Rechtsstellung eigene Abwehransprüche gegen Dritte erwachsen, seine Rechtsstellung also Drittwirkung entfaltet". Angesichts der im Grundsatz wohl allgemein anerkannten Regel, daß schuldrechtliche Beziehungen von Dritten nicht beachtet zu werden brauchen, ist diese Lösung schwer haltbar. Eine vertraglich eingeräumte Rechtsposition ist eben nicht schon deshalb, weil sie die ausschließliche Befugnis zur Vornahme bestimmter Handlungen vermittelt, auch absolut geschützt4 99 • Zwar erhält etwa der Pächter, wenn ihm in Erfüllung des Pachtvertrags der Besitz am Pachtgegenstand übertragen wurde, einen gewissen Schutz auch im Verhältnis zu Dritten über die Besitzschutzvorschriften. Eine Besitzübertragung muß aber mit dem obligatorischen Nutzungsrecht nicht immer verbunden sein. Und auch wo sie vorliegt, könnte die absolut geschützte BesitzersteIlung allein jedenfalls nicht begründen, daß dem Nutzungsberechtigten, und nicht dem Eigentümer, im Verhältnis zum Verletzer der von diesem erzielte Erwerb zustehen soll. Denn aus der Besitzerstellung folgt nicht ohne weiteres auch das Recht zur Nutzung. Dieses ergibt sich erst aus dem konkreten Vertragsinhalt50o • Daß die vertragliche Bindung die Anspruchsberechtigung im Verhältnis zum Verletzer nicht verändern kann, läßt sich zwar im Bereich der Gewinnhaftung nicht, wie im Bereich der deliktischen Schadensersatzhaftung, mit dem Gesichtspunkt der Begrenzung des Haftungsrisikos begründen. Auch im Bereich
497 So Moser, Herausgabe, S. 145, 158; Kellmann, Gewinnhaftung, S. 92 f., 112; KoppensteineriKramer, S. 83; a. A. aber ausdrücklich schon für die actio negotii gesti v. Monroy, S. 51,115; für § 687 Abs. 2 BGB Mueser, S. 9 f.: Klien, S. 28; für die Eingriffskondiktion Esser/Weyers, § 50 I I f; Laren=lCanaris, § 69 I 2 d. Vgl. auch LG Bonn NJW 1977, 1823 f.: Eine Werbegesel1schaft, der vertraglich das Recht zur al1einigen Nutzung der von einer Gemeinde zur Verfügung gestel1ten Werbemöglichkeiten übertragen worden war, klagte gegen die Inhaberin eines Ausflugslokals, die nach dem Vortrag der Klägerin auf einem gemeindeeigenen Grundstück ein Werbeschild angebracht hatte, auf Herausgabe der Bereicherung. Die Klage wurde mit der Begründung abgewiesen, daß lediglich in ein vertragliches Recht eingegriffen worden sei. 498 Gewinnhaftung, S. 112. 499 Vgl. Widmer, S. 30 m. w. Nachw. 500 Auch Kellmann, Gewinnhaftung. S. 112 sieht in der absolut geschützten Besitzerstel1ung gerade nicht den entscheidenden Grund für die Anspruchsberechtigung des Mieters oder Pächters. Nach Laren=lCanaris. § 69 I 2 d sol1 zwar nicht der Besitz als solcher. wohl aber das Recht zum Besitz Grundlage einer Eingriffskondiktion sein können.
III. Die Verletzung relativer Rechte
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der Gewinnhaftung muß aber z. B. der Schuldner davor geschützt werden, an den Falschen zu leisten. Diese Gefahr bestünde auch im Fall des § 687 Abs. 2 BGB, da dieser nach allgemeinen Grundsätzen zwar die Kenntnis des Geschäftsfiihrers von der Inanspruchnahme einer bestimmten fremden Befugnis, nicht aber von dem Inhaber der Befugnis voraussetztSOl. Zudem können dem Inhaber des absoluten Rechts aus der Handlung des Geschäftsfiihrers auch eigene Ansprüche, etwa aus § 823 Abs. I BGB, erwachsen. Der Herausgabeanspruch des obligatorisch Berechtigten gegen den Geschäftsführer müßte dann entsprechend beschränkt werden so2 . Es erscheint interessengerecht, daß diese aus den vertraglichen Beziehungen resultierenden Verteilungsprobleme auch im Innenverhältnis der Vertragsparteien gelöst werden. Speziell in bezug auf die Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB kommt hinzu, daß diese Vorschrift zugleich auch Grundlage eines Schadensersatzanspruchs ist, der dem obligatorisch Berechtigten kaum versagt werden könnte, wenn man ihm den Anspruch aus § 667 BGB zuspräche. Es träte somit, wenn man neben dem Schadensersatzanspruch des dinglich Berechtigten einen Anspruch des obligatorisch Berechtigten aus § 687 Abs. 2 BGB zuließe, auch eine Kumulation der Schadensersatzgläubiger ein, mit der der Verletzer nicht zu rechnen braucht. Vorzuziehen ist daher die Lösung, im Außenverhältnis zum Geschäftsführer am Grundsatz der Relativität des Schuldverhältnisses festzuhalten und die Verlagerung der Berechtigung zur Geschäftsfiihrung nur im Innenverhältnis der Parteien des Schuldverhältnisses zu berücksichtigen. Entsprechend den Grundsätzen der Drittschadensliquidation 503 steht also im Verhältnis zum Geschäftsführer der Anspruch aus § 687 Abs.2 BGB demjenigen zu, der ohne die schuldrechtliche Bindung Geschäftsherr im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB wäre. Dieser kann jedoch im Verhältnis zum obligatorisch Berechtigten den vom Geschäftsfiihrer nach § 687 Abs. 2 S. I i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB herauszugebenden Erlös nur insoweit beanspruchen, als es zur Deckung seiner sich aus anderen Gründen ergebenden Ansprüche erforderlich ist. Im übrigen hat er dem obligatorisch Berechtigten den Erlös herauszugeben bzw. den darauf gerichteten Anspruch abzutreten. Bei der soeben behandelten Konstellation dürfte darüber, daß im Ergebnis der obligatorisch Berechtigte den Erlös aus der Geschäftsfiihrung beanspruchen kann, deshalb weitgehend Einigkeit bestehen, weil die obligatorische Berechtigung gerade die vom Geschäftsführer in Anspruch genommene Handlungsbe-
Vgl. oben S. 165. Daß der obligatorisch Berechtigte sich den an den Inhaber des absoluten Rechts zu leistenden Schadensersatz auf den Herausgabeanspruch anrechnen lassen müßte, folgt aus § 687 Abs. 2 S. 2 BGB. 503 Der Gedanke der Drittschadensliquidation wird auch im Bereicherungsrecht zur Lösung entsprechender Probleme herangezogen; vgl. EsserlWeyers, § 50 I I f. 501
502
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4. Teil: Die Anwendungsgebiete des § 687 Abs. 2 BGB
fugnis vennittelt. Zusätzliche Schwierigkeiten ergeben sich dann, wenn durch das bestehende Schuldverhältnis noch nicht die vom Geschäftsruhrer in Anspruch genommene Befugnis dem Gläubiger übertragen, sondern nur die Verpflichtung hierzu begründet wurde, wie insbesondere bei der Verwertung einer fremden Sache, die der Eigentümer einem Dritten verkauft, aber noch nicht übereignet hat. Einen Fall dieser Art hatte das Reichsgericht in einem Urteil vom 23.10.1919 504 zu entscheiden. Der Beklagte hatte rur die Klägerin bestimmte Ware durch ein Versehen der Bahnverwaltung erlangt und behalten. Das Reichsgericht sprach der Klägerin einen Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB gegen den Beklagten zu, da der Beklagte sich durch sein Verhalten eine Rechtsstellung angemaßt habe, "die nur dem Käufer u. rechtmäßigen Empflinger gebührte". Diese Entscheidung wäre sicher dann zutreffend, wenn der Beklagte die Zu sendung der Ware selbst herbeigeruhrt hätte. Denn dann läge der von § 687 Abs. 2 BGB unproblematisch erfaßte Fall der Einziehung einer fremden Forderung vor. Dieser Gesichtspunkt half aber nicht weiter, da der Beklagte den Besitz an der Ware ohne sein Zutun erlangt hatte. Denn damit fehlte es schon an dem unabdingbaren Erfordernis einer eigenen Handlung des Beklagten 505 • Die Führung eines fremden Geschäfts konnte daher nur in nachfolgenden Handlungen, durch die sich der Beklagte als Eigentümer der Ware gerierte, gesehen werden. Insoweit mußte jedoch wenigstens im Außenverhältnis der Grundsatz Anwendung finden, daß die Anmaßung von Eigentümerbefugnissen eine Haftung aus § 687 Abs. 2 BGB stets nur gegenüber dem Eigentümer begründen kann 506 • Fraglich ist nun allerdings, wem in dieser Konstellation im Innenverhältnis der Vertragsparteien der Erlös gebührt, den der Geschäftsführer durch Veräußerung der Sache erzielt. Hier scheint auf den ersten Blick eine eindeutige Zuweisung nicht möglich zu sein. Weder der Eigentümer noch der Käufer könnte die Kaufsache ohne Mitwirkung des Vertragspartners rechtmäßig rur eigene Rechnung an einen Dritten veräußern. Auch die Anknüpfung an die Lizenzbefugnis hilft nicht weiter, da keine der Kaufvertragsparteien mit Wirkung gegen den Vertragspartner in die Veräußerung durch einen Dritten einwilligen könnte. Nach den oben507 zu den Fällen der Gläubigennehrheit bei § 687 Abs. 2 BGB entwickelten Grundsätzen müßte der Erlös demnach Eigentümer und Käufer
RG LZ 1920, Sp. 646. Vgl. oben S. 95, insbes. Fn. 204. 506 Vgl. Lent, Auftragslose Geschäftsführung, S. 71 f.; Westram, S.60. Klien, S.28 meinte, die im Text behandelte Entscheidung des Reichsgerichts lasse sich allenfalls damit rechtfertigen, daß zum Zeitpunkt der Einwirkung des Beklagten auf die Sache bereits die Gefahr auf die Klägerin übergegangen gewesen sei. 507 S. 10 I ff. 504 505
III. Die Verletzung relativer Rechte
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gemeinsam zustehen, da sie zumindest gemeinsam rechtmäßig die Kaufsache veräußern oder in deren Veräußerung durch einen Dritten mit rechtfertigender Wirkung einwilligen könnten. Hierbei bliebe jedoch § 281 BGB unberücksichtigt, der besagt, daß der Gegenstand, der an die Stelle des geschuldeten getreten ist, im Verhältnis von Schuldner und Gläubiger allein letzterem gebührt. Der Käufer kann daher vom Eigentümer die Herausgabe des gesamten Veräußerungserlöses bzw. die Abtretung des hierauf gerichteten Anspruchs verlangen 508 . bb) Verletzung lizenzierter Immaterialgüterrechte Zur Fallgruppe der Eingriffe in das Forderungsobjekt gehört auch die Verletzung eines Immaterialgüterrechts, an dem der Inhaber Lizenzen erteilt hat. Eine in neuerer Zeit aktuell gewordene Variante ist die unbefugte Verwertung eines Persönlichkeitsdetails, dessen Vermarktung ein Prominenter einer Verwertungsgesellschaft übertragen hat509 . Die Feststellung, wer gegenüber dem Verletzer den Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB geltend machen kann, hängt in diesen Fällen von der Beantwortung der Vorfrage ab, ob die Nutzungsgestattung dingliche oder nur schuldrechtliehe Wirkung hat 51O • Die sogenannte einfache Lizenz hat definitionsgemäß keine dingliche Wirkung 511 , muß also von Dritten nicht beachtet werden. ledenfal1s im Außenverhältnis zum Verletzer steht hier also der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB nur dem Inhaber des Immaterialgüterrechts zu 5J2 • Probleme bereitet wiederum die Beantwortung der Frage, wem im Innenverhältnis der Vertragsparteien der vom Verletzer erzielte Vorteil zusteht. Knüpft man an die Eigennutzungsbefugnis an, so müßte man nach al1gemeinen Grundsätzen den Vorteil dem Inhaber und al1en Lizenznehmern gemeinsam zusprechen. Der Verletzer hätte daher den erlangten Vorteil zwar al1ein an den Inhaber herauszugeben; im Innenverhältnis wäre dieser aber unter dem Inhaber und den Lizenznehmern gleichwertig zu verteilen, soweit er nicht zur Deckung anderweitig begründeter Ansprüche des Inhabers benötigt würde.
508 I. Erg. ebenso Mueser, S. 9. 509VgI.BGHNJW-RR 1987,231 f=GRUR 1987, 128f"Nena". 510 Schon die Beantwortung dieser Vorfrage bereitet insbes. im Fall der Einräumung von Exklusivrechten an Persänlichkeitsdetails Schwierigkeiten; vgl. dazu etwa Larenz/Canaris, § 69 1 2 d; Esser/Weyers, § 5011 f; Forkel, GRUR 1988, S. 491 ff. 511 Nach heute üblicher Terminologie werden ausschließliche (= dingliche) Lizenzen einerseits und einfache (= schuldrechtliche) Lizenzen andererseits unterschieden (vgl. StumpftGroß, Rdnr. 36 ff.; Benlwrd-Ullmann, PatG, § 15 Rdnr. 52 ff). 512 Zur Rechtslage im Falle einer ausschließlichen Lizenz vgl. oben S. \05.
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Bei dieser Lösung bliebe jedoch die regelmäßig allein dem Inhaber des Immaterialgüterrechts zustehende Befugnis zur Erteilung weiterer Lizenzen unberücksichtigt513 . Wenn der Inhaber die alleinige Befugnis hat, auch mit Wirkung gegenüber den übrigen Nutzungsberechtigten den Eingriff durch Dritte zu gestatten, so rechtfertigt dies es, den durch den Eingriff erzielten Vorteil auch im Verhältnis zu den Lizenznehmern allein dem Inhaber als dem "besser Berechtigten" zuzusprechen 514 . Anders ist es nur, wenn entweder die Lizenznehmer zur Erteilung von Unter lizenzen berechtigt sind oder der Inhaber sich den Lizenznehmern gegenüber verpflichtet hat, keine weiteren Lizenzen zu erteilen. Dann steht dem Inhaber und den Lizenznehmern im Innenverhältnis der vom Verletzer erzielte Vorteil zu gleichen Teilen zu. cc) Mitwirkung an fremdem Vertragsbruch Der Fallgruppe des Eingriffs in das Forderungsobjekt ist schließlich auch die Mitwirkung an fremdem Vertragsbruch zuzuordnen. Auch hier ist von dem Grundsatz auszugehen, daß Schuldverhältnisse von Dritten nicht beachtet werden müssen. Die Mitwirkung an fremdem Vertragsbruch ist daher nicht ohne weiteres rechtswidrig. Erfüllt sie jedoch die Voraussetzungen des § 826 BGB515 und ist damit gewissermaßen der Grundsatz der Relativität des Schuldverhältnisses durchbrochen, so kann der Gläubiger auch andere Ansprüche, etwa aus § 687 Abs. 2 BGB, gegenüber dem Eingreifer geltend machen. Einen Fall der Mitwirkung an fremdem Vertragsbruch stellt u. a. das Ausspannen von Arbeitnehmern dar, soweit dieses dazu führt, daß der Arbeitnehmer den bestehenden Arbeitsvertrag nicht erfüllt516 . Der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB läßt sich hier mit einer ausschließlichen Eigennutzungsbefugnis des ursprünglichen Arbeitgebers nicht begründen. Denn dem Arbeitgeber ist nicht die Nutzung der Arbeitskraft des Arbeitnehmers als solche, sondern lediglich ein schuldrechtlicher Anspruch hierauf zugewiesen. Die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB ergibt sich aber daraus, daß der Arbeitgeber es in der
513 Die einfache Lizenz verleiht dem Lizenznehmer grundsätzlich kein Recht zur Erteilung von Unterlizenzen; vgl. StumpflGroß, Rdnr. 27. 5141. Erg. ebenso für Art. 423 schweiz. OR Widmer, S. 140; Nietlispach, S. 458 f. Vgl. zu dem Problem unter dem Gesichtspunkt der dreifachen Schadens berechnung auch KG GRUR 1940, 32 ff. 515 Vgl. zur Anwendbarkeit des § 8268GB bei der Mitwirkung an fremdem Vertragsbruch MünchKomm-Mertens, § 826 Rdnr. 124 ff.; Palandt-Thomas, § 826 Rdnr. 52 f. Ueweils m. w. Nachw.). 516 Das Ausspannen eines Arbeitnehmers unter Verleitung zum Vertragsbruch ist grundsätzlich unlauterer Wettbewerb, sonstiges Abwerben von Arbeitnehmern dagegen grundsätzlich zulässig; vgl. BaumbachlHefermehl, UWG, § I Rdnr. 584,586.
III. Die Verletzung relativer Rechte
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Hand hätte, den Arbeitnehmer freiwillig einem andern zu überlassen 517 • In entsprechender Weise läßt sich die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB auch bei der Verleitung zum Doppelverkauf oder zur Doppelvermietung einer Sache, zur Verletzung einer Alleinbezugs- oder Alleinvertriebsvereinbarung oder beliebiger anderer vertraglicher Bindungen begründen. Gegenstand des Herausgabeanspruchs kann in diesen Fällen zum einen das vom Eingreifer erlangte Forderungsobjekt selbst sein, also etwa die unter Verleitung zum Vertragsbruch erlangte Kaufsache. Zum andern kann sich der Herausgabeanspruch aber auch auf die unter Einsatz des Forderungsobjekts erwirtschafteten Vorteile erstrecken, sofern durch den vorgefaßten Plan des Eingreifers die Mitwirkung am Vertragsbruch mit der Verwertung des Forderungsobjekts zu einem einheitlichen Vorgang der Geschäftsanmaßung verknüpft ist518 • Auf diese Weise kann etwa auch der unter Einsatz eines wettbewerbswidrig ausgespannten Arbeitnehmers erzielte Gewinn der Herausgabepflicht unterliegen. Gegen eine derart weitreichende Gewinnabschöpfung bestehen angesichts der fehlenden Schutzwürdigkeit des Eingreifers ebensowenig durchgreifende Bedenken wie etwa gegen die Gewinnabschöpfung bei einer sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden wissentlich-rechtswidrigen Nutzung fremder Immaterialgüter. Die Gewinnhaftung ist im einen wie im anderen Fall nur eine logische Konsequenz aus dem Grundsatz, daß die bewußte Verletzung fremder Rechte sich nicht rentieren darf.
517 Für einen Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB bei wettbewerbswidrigem Ausspannen von Arbeitnehmern auch Schlechtriern, SchuldR BT, Rdnr. 632 Fn. 48; für einen Anspruch aus § 812 BGB RGRK-Heimann-Trosien, vor § 812 Rdnr. 33; Haines, S.96, 130; Larenz/Canaris, § 69 I 2 f; dagegen Kellmann, Gewinnhaftung, S. 153; Büsching, S. 77 f.; Loewenheim, WRP 1997, S. 917; Reuter/Martinek, S. 281; Teplitzky, Kap. 40 Rdnr. 7; Großkomm. UWG-Köhler, vor § 13 Abschn. B Rdnr. 369. 518 Vgl. oben S. 156 f.
Zusammenfassung
I. Die durch § 687 Abs. 2 BGB eröffneten Möglichkeiten eines effizienten privatrechtlichen Schutzes vor bewußt-rechtswidrigen Eingriffen können nicht ausgeschöpft werden, solange man den objektiven Tatbestand der Vorschrift anhand delikts- und bereicherungsrechtlicher Kriterien konkretisiert, die Rechtsfolge der §§ 687 Abs. 2 S. I, 681 S. 2, 667 BGB mit dem Gewinnherausgabeanspruch nach der dritten Schadensberechnungsmethode und vielfach zugleich mit dem Herausgabeanspruch gegen den verschärft haftenden Bereicherungsschuldner identifiziert und die Verweisung des § 687 Abs. 2 S. 1 BGB auf § 677 BGB für sinnlos erklärt. Der Vorschrift kann eine eigenständige Funktion im privatrechtlichen Anspruchssystem nur zukommen, wenn ihre objektiven Tatbestandsvoraussetzungen und ihre Rechtsfolgen nicht unter Übernahme der für andere Anspruchsgrundlagen geltenden Grundsätze, sondern in bewußter Abgrenzung hiervon bestimmt werden. 2. Die Bestimmung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 687 Abs. 2 BGB hat sich daran zu orientieren, daß zum Zwecke effizienten Rechtsgüterschutzes eine möglichst lückenlose privatrechtliche Abschöpfung wissentlich-rechtswidrig erlangter Vorteile geboten ist. Bei der näheren Ausgestaltung der Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB muß die geringere Schutzwürdigkeit des Verletzers bei wissentlichen gegenüber unwissentlichen und insbesondere schuldlosen Eingriffen Berücksichtigung finden. Als Leitlinie für die Bestimmung der Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB muß der Grundsatz gelten, daß sich jedenfalls wissentlich begangenes Unrecht nicht rentieren darf. 3. Bei der Auslegung der objektiven Tatbestandsmerkmale des § 687 Abs. 2 BGB ist dem geschäftsführungsrechtlichen Charakter der Vorschrift Rechnung zu tragen. Die Gemeinsamkeit des § 687 Abs. 2 BGB mit der Geschäftsführung ohne Auftrag und der vertraglichen Geschäftsbesorgung erschöpft sich jedoch darin, daß alle drei Rechtsinstitute im weitesten Sinne durch ein "Handeln an Stelle eines andern" gekennzeichnet sind. Die Tatbestände der Geschäftsführung ohne Auftrag und des § 687 Abs. 2 BGB unterscheiden sich nicht nur in bezug auf die Willensrichtung des Handelnden, sondern schon in objektiver Hinsicht. Denn das entscheidende Merkmal der Geschäftsführung ohne Auftrag ist die Wahrnehmung fremder Interessen, während der für § 687 Abs. 2 BGB wesentliche Eingriff in fremde Rechte bei der Geschäftsführung ohne Auftrag keine Bedeutung hat. Der Begriff des objektiv fremden Geschäfts, anhand des-
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sen die herrschende Meinung den Anwendungsbereich der Geschäftsführung ohne Auftrag bestimmt, ist daher im Rahmen des § 687 Abs. 2 BGB nicht verwendbar. 4. Kennzeichen des § 687 Abs. 2 BGB ist die Ausübung fremder Handlungsbefugnisse. Die Begriffe des "subjektiven" und des "absoluten" Rechts sind zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs des § 687 Abs. 2 BGB hingegen ungeeignet, da sie durch bereicherungs- und deliktsrechtliche Kriterien vorgeprägt sind, die sich nicht auf § 687 Abs. 2 BGB übertragen lassen. Auch die bereicherungsrechtliche Zuweisungslehre ist kein taugliches Hilfsmittel für die Bestimmung der Anspruchsvoraussetzungen des § 687 Abs. 2 BGB. 5. Bei der Bestimmung des Tatbestandsmerkmals des fremden Geschäfts ist eine abstrakte Betrachtungsweise anzuwenden. Das fremde Geschäft im abstrakten Sinne ist von der konkreten Geschäftsführungshandlung zu unterscheiden. Hieraus folgt die tatbestandliche Irrelevanz der Begleitumstände der Geschäftsfiihrungshandlung und insbesondere des Einsatzes eigener Rechtsgüter des Geschäftsführers. 6. Die Verletzung bloßer Unterlassungsansprüche begründet die Anwendbarkeit des § 687 Abs. 2 BGB nicht. Gemäß der abstrakten Betrachtungsweise ist jedoch das Tatbestandsmerkmal des fremden Geschäfts schon dann erfiillt, wenn dem durch eine rechtswidrige Handlung Verletzten die "Lizenzbefugnis" zustand, d. h. die Rechtsmacht, den Unterlassungsanspruch durch entgeltliche Gestattung des Eingriffs wirtschaftlich zu verwerten. Da Unterlassungsansprüche in aller Regel mit einer Lizenzbefugnis verbunden sind, ermöglicht § 687 Abs.2 BGB eine nahezu lückenlose Gewinnhaftung bei Verletzung fremder Rechte. Den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB nicht erfiillende Rechtsverletzungen kommen im wesentlichen nur dort vor, wo die privatrechtliche Gewinnhaftung ohnehin spätestens am Verteilungsproblem scheitert. 7. Die Beschränkung des Tatbestands der Geschäftsanmaßung auf wissentliche Rechtsverletzungen ist nicht nur de lege lata hinzunehmen, sondern auch im Grundsatz als rechtspolitisch richtige Entscheidung anzusehen, da nur hierdurch die spezifische Schärfe der geschäftsführungsrechtlichen Haftung gerechtfertigt und damit die Grundlage für eine eigenständige Funktion des § 687 Abs.2 BGB im privatrechtlichen Anspruchssystem geschaffen wird. Den Schwierigkeiten des Nachweises wissentlich-rechtswidrigen Handeins ist durch geeignete Beweiserleichterungen Rechnung zu tragen. 8. Der Geschäftsfiihrer behandelt das fremde Geschäft als sein eigenes, wenn er aus der Geschäftsfiihrung einen eigenen Vorteil ziehen will. Wer das Geschäft im Auftrag eines Dritten führt, haftet nicht selbst aus § 687 Abs. 2 BGB. Geschäftsführer im Sinne des § 687 Abs. 2 BGB ist in diesem Fall der Auftraggeber. 32 Eher!
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9. § 687 Abs. 2 BGB setzt nicht voraus, daß der rechtsverletzende Akt allein dem Geschäftsführer zur Erzielung des Vorteils dient. Durch den vorgefaßten Plan des Geschäftsführers kann der rechtsverletzende Akt mit weiteren der Erzielung des Vorteils dienenden Handlungen zu einem einheitlichen Vorgang der Geschäftsanmaßung verbunden sein. 10. Der Geschäftsführer hat nach § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S. 2,667 BGB alles herauszugeben, was er aus der Geschäftsanmaßung - verstanden als einheitlicher, tatsächlicher Lebensvorgang - erlangt hat. Wenn demgegenüber die herrschende Meinung den Herausgabeanspruch nur auf den auf der Inanspruchnahme des fremden Rechtsguts beruhenden Gewinn bezieht, so wird dies dem Grundgedanken des § 687 Abs. 2 BGB, den Geschäftsführer so zu stellen, als hätte er das Geschäfts als redlicher Geschäftsführer ohne Auftrag geführt, nicht gerecht. Die herrschende Meinung beteiligt den Geschäftsführer zu Unrecht an dem rechtswidrig erzielten Gewinn und läßt auf diese Weise die Möglichkeit ungenutzt, den bösgläubigen Verletzer einem im Vergleich zu den bereicherungs- und schadensersatzrechtlich begründeten Instrumenten der Vorteilsabschöpfung deutlich verschärften Herausgabeanspruch zu unterwerfen. 11. Der Geschäftsführer hat nach § 687 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 681 S.2, 667 BGB auch Wertersatz für bloße Gebrauchsvorteile zu leisten. Ferner hat der Geschäftsführer auch den sogenannten technischen Eingriffserwerb herauszugeben. Auf diese Weise kann in den Fällen der §§ 946 ff. BGB die sachenrechtliche Zuordnung auf schuldrechtlicher Ebene korrigiert werden. 12. Die Verweisung des § 687 Abs. 2 S. 1 BGB auf § 677 BGB ist entgegen der herrschenden Meinung nicht sinnlos, sondern liegt in der Konsequenz des Grundsatzes, daß der unbefugte Eigengeschäftsführer sich wie ein redlicher Geschäftsführer ohne Auftrag behandeln lassen muß. Aus ihr ergibt sich, daß der Geschäftsherr einen Anspruch nicht nur auf die tatsächlich erzielten, sondern auch auf die erzielbaren Vorteile hat. 13. Der mißglückten Vorschrift des § 687 Abs. 2 S. 28GB, in der der unabhängig von der Geltendmachung von Ansprüchen durch den Geschäftsherrn bestehende Bereicherungsanspruch und der durch die Geltendmachung bedingte Aujwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers gleichsam in einer Regelung zusammengefaßt wurden, kann entgegen der herrschenden Meinung nicht entnommen werden, daß eine wissentlich aufgedrängte Bereicherung keinen Ausgleichsanspruch begründe, wenn der Bereicherte keinen Anspruch im Sinne des § 687 Abs. 2 S. 18GB geltend macht. § 687 Abs. 2 S. 2 BGB kann hingegen als Ausprägung des insbesondere auch für das Bereicherungsrecht und das Eigentümer-8esitzer-Verhältnis gültigen Grundsatzes angesehen werden, daß der Verletzte, der die aus dem Eingriff erzielten Vorteile für sich in Anspruch nimmt, zum Ersatz der Aufwendungen verpflichtet ist, die zur Erzielung des herausverlangten Vorteils erforderlich waren.
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14. Der Geschäftsfilhrer kann aufgrund seines Gegenanspruchs aus § 687 Abs.2 S. 2 BGB keinen Ersatz filr aufgewandte Arbeitskraft oder entgangenen rechtmäßig erzielbaren Gewinn und keinen (anteiligen) Ersatz filr seine allgemeinen Geschäftsunkosten verlangen. 15. Die bereicherungsrechtliche Beschränkung des Aufwendungsersatzanspruchs verschlechtert die Stellung des Geschäftsfilhrers gegenüber dem Aufwendungsersatzanspruch der §§ 683, 670 BGB insofern, als die Frage der Erforderlichkeit einer Aufwendung ex post statt ex ante zu beurteilen ist. In der Praxis ist dieser Unterschied nahezu bedeutungslos. 16. Der Herausgabeanspruch aus § 687 Abs. 2 S. I i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB ist nicht identisch mit dem Gewinnherausgabeanspruch aufgrund der gewohnheitsrechtlichen dritten Schadensberechnungsmethode bei Immaterialgüterrechtsverletzungen, da der Verletzer bei Anwendung der dritten Schadensberechnungsmethode den auf seinen eigenen Beiträgen beruhenden Gewinnanteil behalten darf. 17. Von der Eingriffskondiktion unterscheidet sich der Anspruch aus § 687 Abs.2 S. I i. V. m. §§ 681 S. 2,667 BGB nicht nur durch die fehlende Möglichkeit der Berufung auf Wegfall der Bereicherung, sondern auch durch den Umfang des Primäranspruchs, da der Bereicherungsschuldner erlangte Vorteile nur insoweit herauszugeben hat, als sie dem fremden Rechtsgut zuzurechnen sind, und die Vennutung einer Bereicherung in Höhe des objektiven Werts des Eingriffsgegenstandes widerlegen kann. Damit geht der Anspruch aus § 687 Abs.2 S. I i. V. m. §§ 681 S. 2,667 BGB unabhängig von der in ihrer praktischen Bedeutung meist überschätzten Frage der Anerkennung einer bereicherungsrechtlichen Gewinnhaftung über den Bereicherungs~nspruch hinaus. 18. Da das Gesetz für den verschärft haftenden Bereicherungsschuldner hinsichtlich des Umfangs des Primäranspruchs keine Sonderregelung trifft, ist der Anspruch aus § 687 Abs. 2 S. I i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 BGB auch nicht mit dem Herausgabeanspruch gegen den verschärft haftenden Bereicherungsschuldner identisch. Die fragwürdigen Versuche, eine Mindesthaftung auf den objektiven Wert und eine verschärfte Gewinnhaftung des bösgläubigen Bereicherungsschuldners aus den Vorschriften des Bereicherungsrechts oder dem Verbot des venire contra factum proprium zu begründen, sind entbehrlich, da sich beide Rechtsfolgen aus § 687 Abs. 2 BGB ergeben. 19. Neben der Verletzung von Rechten im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB können auch Wettbewerbsverstöße, soweit sie sich in qualifizierter Weise gegen einzelne Konkurrenten richten, Ansprüche aus § 687 Abs. 2 BGB begründen. Die von der herrschenden Meinung vorgenommene Differenzierung danach, ob lediglich die gleiche Gewinnchance eines Konkurrenten beeinträchtigt oder ei-
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ne fremde Leistungsposition in Anspruch genommen wurde, ist nicht gerechtfertigt. 20. § 687 Abs. 2 BGB ist unanwendbar auf die Verletzung vertraglicher Unterlassungsansprüche, da die Rechtsfolgen von Leistungsstörungen in den Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts und den Spezialvorschriften über das jeweils verletzte Schuldverhältnis abschließend geregelt sind. § 687 Abs. 2 BGB ist aber anwendbar, wenn die Vertragsverletzung mit der Verletzung einer unabhängig von dem Vertrag geschützten Rechtsposition in einer Handlung zusammenfällt, wie z. B. in den Fällen der Schmiergeldannahme und der unberechtigten Untervermietung.
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Sachregister
Alleinbezugsrecht 453 f, 468, 495 Alleinvertriebsrecht 149; 435 f; 467 f; 495 Altargemäldefall323; 325; 269 341 ; 465 404 Anglo-amerikanisches Recht 309 106 . ' 331;361 337 Ariston-FaIl143; 301; 330 f. Aufgedrängte Bereicherung 252 ff.; 259; 266 f; 317; 498 Aufrechnung 260 Auftragslosigkeit 436; 447 ff.; 464; 473 Aufwendungen - allgemeine Geschäftsunkosten als - 285 ff.; 355; 357; 499 Arbeitsleistungen als - 278ff.; 310; 355; 357; 393 ff; 499 Begriff 268; 277 ff. - bei der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag 269 ff; 274 ff; 286; 288 f - bei der dritten Schadensberechn ungsmethode 261 ; 354 f - bei der Eingriffskondiktion 309 f; 322 ff; 498 - bei der Geschäftsanmaßung 27; 193 f.; 197 f.; 250 ff.; 357; 375; 380; 393 ff; 483 ff.; 487; 498 f - bei der unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag 261 f; 269 ff. - entgangene Gewinne als - 282 ff.; 357;485;499
-
im Auftragsrecht 65 f; 277 f.; 280; 286 Aufwendungsersparnis - bei der Geschäftsanmaßung 210 ff. - im Bereicherungsrecht 210 ff.; 306f.;315ff. Ausspannen - von Arbeitnehmern 400· 404· 419f;425 219 ;494f ' , -
von Kunden 404; 419 f; 426
Bereicherungshaftung - Gewinnhaftung 38 f.; 69 ff.; 92 f; 118 f.; 124319 ; 135 f.; 178; 184; 192 ff.; 215; 232; 291 ff.; 321 ff.; 346 ff; 365; 387 f.; 425; 499 - verschärfte Haftung 36; 38; 160; 192 f; 217 f; 292; 312ff.; 499 - Wertersatzhaftung 38 f; 118 f.; 136; 184 ff.; 19987 ; 204 ff; 210; 212; 214; 231; 299 f.; 304 ff; 310 ff.; 327; 38892 ; 414; 499 Betriebsgeheimnis 121; 411 f; 417 f.; 475 BGB - Erster Entwurf 34; 41; 111; 158441 ; 168;206;280;292;296;457;460 - Vorentwurf33; 158441 ; 165 463 ; 206; 237 230 ; 24i sl ; 254 f.; 271; 276; 280; 316 140 condictio 30; 34 ff.; 63 109 ; 146; 293 ff; 299 ff. dolus eventualis 166
524
Sachregister
Doppelverkauf 444; 465 f; 495 Dritte Schadensberechnungsmethode 39; 143; 185 43 ; 188; 190 ff; 195 77 ; 215; 261; 285 394 ; 291; 311; 328ff.; 378 51 ; 380;382;387;435;443; 496;499 Eigengeschäftsflihrungswille 98 f; 152ff.; 200; 205; 207; 389 f; 419; 426 f; 488; 497 f Eigentümer-Besitzer-Verhältnis - Eigentumsherausgabeanspruch 14i02 ; 264 f; 369 ff - fructus percipiendi 212 128 ; 240 ff. - Nutzungsherausgabeanspruch 118 f.; 188 f.; 206 ff; 211 f.; 263; 265 ff; 290 f; 365 - Verwendungsersatzanspruch 254; 256; 263 ff; 290 f; 324 172 ; 498 Eingriffskondiktion - Rechtsfolgen s. Bereicherungshaftung - Voraussetzungen 35 ff.; 6i 21 ; 74; 92 f.; 105 242 ; 112ff.; 128 ff.; 303 f; 383 f; 387; 398 f.; 404; 406; 411 ff; 417; 420 ff.; 463 f. Eintrittsrecht 66; 181; 287 397 ; 442 ff Enttrümmerungsfall 252; 263 ff Erfinderrecht99; 434; 476 exceptio doli praeteriti 319 154 Faktischer Vertrag 204 104 ; 205 f Fleischereifall 189; 393 ff. Forderungseinziehung - als Geschäftsanmaßung 39 f; 91; 95; 151; 174;205;273 356 ;345; 390; 438; 447; 469 f; 477; 486ff.; 492 - Bereicherungsanspruch 39 f; 293; 301 64 ; 487 ff. Französisches Recht 26 6 ; 96207 ; 242 251 ; 462 388
Gebietsabgrenzungsvertrag 428; 439; 444;453 Gebrauch fremder Sachen 95; 204 ff. Gebrauchsmusterrechtsverletzung 184 f; 291; 297 45 ; 328; 334; 376 s. auch Immaterialgüterrechtsverletzung Geld - als erlangter Gegenstand 201 f; 219 ff.; 233 f; 327 - als Mittel zur Geschäftsflihrung 145 ff Gemeines Recht 29 f.; 32 ff.; 41; 46; 50 f; 63\09; 93; 96; 146; 167 ff.; 182 f; 205 f; 218; 226; 237; 292 ff.; 329; 369 Geschäftsflihrung ohne Auftrag - berechtigte - 54; 61 102 ; 68 123 ; 249; 269 ff; 276; 288 f.; 448 f - objektiv fremdes Geschäft 26; 32; 47 ff.; 68; 85 f.; 98 219 ; 155; 437 f.; 496 f - objektive Theorie 26; 32 f.; 41; 46; 57; 208 f.; 296; 329 - Rechtsfolgen 54 ff; 176 f; 180; 195; 203; 207 ff.; 216; 219 157 ; 223; 239 f.; 242 f; 249; 261 f.; 269 ff.; 274 ff; 286; 288 f; 363 340 - subjektiv fremdes Geschäft 32; 47; 51; 56 ff.; 64 f. - subjektive Theorie 26; 33 f - Theorie der unechten - 25 f.; 32 ff; 167 ff.; 175 ff; 182 f.; 205 f; 208 f; 218; 237; 292 ff.; 369 - Voraussetzungen 46 ff.; 81 f.; 84 ff.; 95; 102 f; 120; 144 f.; 152 f; 154428 ; 155; 158 f; 168; 432; 437 f; 447 ff; 496 f. - unberechtigte - 54; 68 123 ; 167 f.; 180; 182; 239; 261 f.; 269 ff; 276; 448 f.
Sachregister Geschäftsgeheimnis s. Betriebsgeheimnis Geschmacksmusterrechtsverletzung 173 f.; 224; 291; 297 45 ; 328; 376; 405 s. auch Immaterialgüterrechtsverletzung Gewinnherausgabe s. auch Bereicherungshaftung/Gewinnhaftung - als pauschalierter Schadensersatz 76; 110 f.; 141; 241; 349; 351; 408 f.; 413 - Berücksichtigung anderweitiger Erwerbsmöglichkeiten 71; 198; 231 f; 282 ff; 305 ff; 312; 322; 354; 357; 391; 425 f.; 482; 485; 499 - Ertragsfaktorenrechnung 185 ff; 195 ff.; 228 ff; 269; 284 391 ; 305 ff; 353 ff; 382; 391; 394; 499 - erzielbarer Gewinn 237 ff; 247; 249; 258 f; 358 f; 400; 498 - Präventionsfunktion 69 ff; 122 f.; 153; 18644 ; 214; 253; 304 f; 309 106 ; 342 ff.; 359; 387; 403 f; 410; 413 Glosse 32; 57 Immaterialgüterrechtsverletzung - als Geschäftsanmaßung 80 f.; 86 f.; 91; 105; 143; 157; 173; 190 f; 223 f; 328 f.; 345; 356 ff; 369; 376 ff; 487; 493 f; 495 - Bereicherungsanspruch 36; 93; 125; 297; 300 ff.; 346 ff.; 361 f; 398; 414; 424 218 - dreifache Schadensberechnung 39; 190 f.; 240 244 ; 291; 311; 328 ff. - Gewinnberechnung 195 77 ; 215; 350 ff - technischer Eingriffserwerb 223 f; 225 180 Institutionenschutz 138 f.; 402
525
Kohlenflözefall 142; 434; 478 Kombinationseingriff - im engeren Sinne 101 ff.; 199; 228 ff.; 391 - im weiteren Sinne 101; 228 f; 353;356 ..:. notwendiger - 199; 230 f. Kondiktionssperre 253 ff. Lotteriefall 145 ff Markenrechtsverletzung s. auch Immaterialgüterrechtsverletzung - als Geschäftsanmaßung 82; 91; 174; 333 f; 336 f; 360 f.; 377 ff.; 394 - Bereicherungsanspruch 115; 231; 380; 382 f; 421 - dreifache Schadensberechnung 231; 291; 333 f; 336 f.; 355; 380; 382 Mutmaßliche Einwilligung 142 f; 367 f negotiorum gestio - actio contraria 28; 32; 57; 63 109 ; 176 f; 208 f.; 250 277 ; 273 356 - actio directa 28 ff.; 55; 57; 63 109 ; 64; 91; 96; 175 ff.; 183; 193; 206; 208 f; 236 f.; 255; 292 ff.; 299; 301 f; 329 - animus negotii gesti gerendi 28 f; 32 - contemplatio domini 28 f; 33 34 - negotium alienum 30 ff.; 41; 46; 48 ff; 57; 193 - ratihabitio 96; 182 f.; 295 f; 369 Österreichisches Recht 26 6 ; 237 f.; 242 251 ; 461 f Patentverletzung s. auch Immaterialgüterrechtsverletzung - abhängiges Patent 199; 230
526
Sachregister
-
als Geschäftsanmaßung 328; 334 f.; 376; 430 - Bereicherungsanspruch 124; 307; 323; 348 - dreifache Schadensberechnung 18543 ; 291; 329 ff.; 342; 344 f.; 351 - Gewinnberechnung 185 43 ; 186 f; 199;230;307;3091~;323 Persönlichkeitsrechtsverletzung - als Geschäftsanmaßung 133 f; 383jJ. - Bereicherungsanspruch 121; 124 f.; 231; 383 f; 387 f. - dreifache Schadensberechnung 39; 231;336;383;387 protestatio facto contraria 319 154 Rechnungslegungsanspruch 26 6 ; 71; 154; 169; 188 ff.; 198; 245jJ.; 260 f.; 273; 333 f.; 338 Recht am Gewerbebetrieb 109; 133 f.; 149; 392 ff. Rechtsfortwirkungsgedanke 120 f; 133; 413 Rechtswidrigkeitstheorie 37; 69; 106 f.; 114; 116 f; 122; 125 ff.; 135 f; 30268 ; 317 f; 384; 399; 421 f; 425; 463 rei vindicatio utilis 226 Römisches Recht 27 jJ.; 34 f; 63 109 ; 92; 152; 167; 175; 236 f; 24225\; 250; 253; 255; 273 356 ; 293 f.; 299 54 ; 331; 459 Schmiergeldannahme 174; 428; 433; 451; 468jJ.; 500 Schweizerisches Recht 25 3; 26 7; 34; 43 f; 68 122 ; 75 150 ; 85; 92 200 ; 120303 ; 128 ff; 153 423 ; 162454 ; 167 ff.; 215 f; 226; 237; 241 f.; 250; 251 284 ; 253; 271; 284; 285 394 ; 308 f; 37745 ; 384 76 ; 408 ff
Subjektives Recht 44; 114; 118; 128jJ.; 138 f; 398; 407; 497 Unlauterer Wettbewerb - als Geschäftsanmaßung 9i 99 ; 130; 133 f; 174; 393; 396; 399 ff.; 409 ff; 415 jJ.; 474 f.; 499 f. - Bereicherungsanspruch 92 199 ; 398 ff.; 404; 406; 411 ff; 417; 420 ff. - dreifache Schadensberechnung 39; 336; 396 f; 400; 404 f; 407; 411; 413 f; 417 f Untervermietung 60; 105 242 ; 115; 121; 174; 428; 436; 478jJ.; 500 Urheberrechtsverletzung s. auch Immaterialgüterrechtsverletzung - als Geschäftsanmaßung 174; 301 f; 328 f; 334; 335 219 ; 376 - Bereicherungsanspruch 3648 ; 121; 301 f. - doppelte Lizenzgebühr 345 257 - dreifache Schadensberechnung 143; 330 f.; 334; 335 219 - spezialgesetzlicher Gewinnherausgabeanspruch 291; 349276 - technischer Eingriffserwerb 224; 228 venire contra factum proprium 176; 212; 313; 318 ff.; 499 Veräußerung fremder Sachen - actio negotii gesti directa 30; 293 ff.; 299 - als Geschäftsanmaßung 39; 69; 79 f; 86 f; 95 ff.; 100; 102 ff.; 141; 145 f; 156; 174; 182; 191; 244; 345; 364jJ.; 379; 385 f; 391; 449; 464; 476 f; 489; 492 f - als Geschäftsführung ohne Auftrag 53; 57 f.; 203; 449 345 -
Aufwendungsersatzanspruch 273 ff; 282; 323; 375 f
Sachregister Bereicherungsanspruch 30; 35 f; 39; 191; 227; 293 ff.; 298 ff; 306 f; 323; 365 - Genehmigung unwirksamer Verfügungen 369 f.; 372 ff. - gestohlene Sachen 30; 53; 77 f.; 145; 191; 207; 244; 366 ff.; 379 - gutgläubiger Erwerb 273 ff.; 370; 386 - Kommissionsgeschäft 65; 464; 489 Verfall 72 143f ; 75 ff.; 138; 222 167 ; 228; 232 f; 283 387 ; 285 394; 468 Verjährung 107; 290; 350; 357 Verlustersparnis 215 ff.; 334 f.; 355; 358 Vermietung fremder Sachen 60; 87; 94; 210; 365ff.; 385 s. auch Untervermietung Vollmachtlose Stellvertretung 388 ff. -
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Warenzeichenverletzung s. Markenrechtsverletzung Wettbewerbsverbot - des Handelsvertreters 442 f - des Handlungsgehilfen 66; 442 f. s. auch Eintrittsrecht - bei Praxisübemahmeverträgen
149;428;434;436;4661 Zahlung fremder Schulden 47 f; 50; 57; 63; 68; 437.f.; 477 Zinsanspruch 222 Zuweisungslehre 37; 67 12 \ 107; 113 ff; 125 ff.; 135 f; 304; 392 f.; 398 f; 404; 406; 425; 497 Zweite Schadensberechnungsmethode 144; 18543 ; 187; 190 f; 214 136 ; 230 f.; 311; 330; 340; 347 f.; 352292 ; 356; 359 f.; 383