Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen: Die Anerkennung ausländischer Schiedssprüche und Exequaturentscheidungen [Reprint 2013 ed.] 9783110891218, 9783110157031


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German Pages 517 [520] Year 1997

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
§ 1 Einführung
1. Kapitel: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur im Sinne der kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen
§ 2 Das Exequatur als anerkennungsfähiges Urteil
§ 3 Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Exequaturentscheidung
2. Kapitel: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen beim Exequatur und beim Doppelexequatur
§ 4 Die Bedeutung unterschiedlicher Anerkennungsvoraussetzungen für das Doppelexequatur
§ 5 Mängel der vertraglichen Grundlage des Schiedsspruchs
§ 6 Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht
§ 7 Mängel des schiedsgerichtlichen Verfahrens
§ 8 Mängel der schiedsgerichtlichen Entscheidung
§ 9 Zusammenfassung
3. Kapitel: Sonstige Aspekte des Doppelexequatur
§ 10 Sonstige Probleme des Doppelexequatur von Schiedssprüchen
§ 11 Praktische Vorteile des Doppelexequatur
§ 12 Sonstige Fallgruppen des Doppelexequatur
4. Kapitel: Die Bedeutung der doctrine of merger
§ 13 Einleitung
§ 14 Das US-amerikanische Recht der Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen
§ 15 Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Urteilen
§ 16 Die doctrine of merger
§ 17 Die Qualifikation des US-amerikanischen judgment upon the award
5. Kapitel: Das Doppelexequatur von Urteilen
§ 18 Einleitung
§ 19 Der Meinungsstand
§ 20 Das Exequatur als anerkennungsfähiges Urteil
§ 21 Sonstige Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung
§ 22 Konsequenzen des Doppelexequatur von Urteilen
§ 23 Zusammenfassung
6. Kapitel: Stellungnahme
§ 24 Die Kriterien für die Zulässigkeit des Doppelexequatur
§ 25 Das Erfordernis einer teleologischen Reduktion
§ 26 Das Rechtsschutzbedürfnis am Doppelexequatur
§ 27 Zusammenfassung der Ergebnisse
Anhang: US-amerikanische Gesetzestexte
Sachregister
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Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen: Die Anerkennung ausländischer Schiedssprüche und Exequaturentscheidungen [Reprint 2013 ed.]
 9783110891218, 9783110157031

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Georg Borges Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen RiWV 17

Recht des internationalen Wirtschaftsverkehrs herausgegeben von

Norbert Horn,

Köln

in Verbindung mit

Ulrich Drobnig, H a m b u r g Rolf Herber, H a m b u r g Rolf A.Schütze, Stuttgart und der Abteilung I (Vertragsrecht der internationalen Wirtschaft) des Rechtszentrums für Europäische und Internationale Zusammenarbeit (R.I.Z.), Köln

Band 17

Walter de Gruyter · Berlin · New York

Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen Die Anerkennung ausländischer Schiedssprüche und Exequaturentscheidungen von

Georg Borges

W G DE

1997

Walter de Gruyter · Berlin · New York

Die Forschungsstelle für Vertragsrecht der internationalen Wirtschaft (Centre for International Trade and Investment Contracts -

C I T I C ) ist seit 1 9 9 5 eine

Abteilung des Rechtszentrums für Europäische und Internationale Z u s a m m e n arbeit in Köln (R.I.Z.). Das R.I.Z. wird als wissenschaftliche Einrichtung der Universität zu Köln finanziell von der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, Frankfurt a. M., getragen. Georg Borges, Wissenschaftlicher Mitarbeiter a m Institut für Bankrecht an der Universität zu Köln und Rechtsanwalt.

® Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

Die Deutsche Bibliothek -

CIP-Einheitsaufnahme

Borges, Georg: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen : die Anerkennung ausländischer Schiedssprüche und Exequaturentscheidungen / von Georg Borges. - Berlin ; New York : de Gruyter, 1997 (Recht des internationalen Wirtschaftsverkehrs ; Bd. 17) Zugl.: Konstanz, Univ., Diss., 1996/97 ISBN 3-11-015703-9

© Copyright 1997 by Walter de Gruyter & Co., D-10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Datenkonvertierung und Druck: Arthur Collignon GmbH, Berlin. Buchbindearbeiten: Lüderitz & Bauer, Berlin.

Meinen Eltern

Vorwort Das sog. „Doppelexequatur von Schiedssprüchen" betrifft die Frage, ob ausländische Urteile, die einen Schiedsspruch für vollstreckbar erklären (sog. „Exequatur"), ihrerseits in Deutschland anerkannt werden. Nach einer jüngeren Rechtsprechung des BGH können derartige Urteile im Inland anerkannt und vollstreckt werden, die Literatur lehnt dies überwiegend ab. Für die Praxis ist insbesondere von Interesse, ob das Doppelexequatur dem Schiedsspruchgläubiger gegenüber der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs, die neben dem Doppelexequatur zulässig bleibt, besondere Vorteile verschafft. Hierfür kommt es vor allem darauf an, inwieweit sich die Anerkennungsvoraussetzungen bei der Anerkennung des Schiedsspruchs einerseits, der Exequaturentscheidung andererseits, unterscheiden. Eine breitere Untersuchung des Doppelexequatur fehlt bisher. Die Arbeit versucht, diese Lücke zu schließen. Im Hauptteil der Arbeit wird neben der Urteilsqualität der Exequaturentscheidung vor allem erörtert, inwieweit die in Betracht kommenden Mängel des Schiedsverfahrens und des Schiedsspruchs der Anerkennung des Schiedsspruchs einerseits, der Exequaturentscheidung andererseits, entgegenstehen. Dabei deckt die Arbeit nahezu alle in jüngerer Zeit diskutierten Probleme der Schiedsgerichtsbarkeit ab, soweit sie sich auf die Anerkennung von Schiedssprüchen auswirken. Außerdem wird, stellvertretend für den Rechtskreis des common law, das US-amerikanische Recht der Anerkennung von Schiedssprüchen untersucht und das judgment upon the award des US-amerikanischen Rechts mit der Exequaturentscheidung i. S. d. kontinentaleuropäischen Rechtskreises verglichen. In der Stellungnahme zur Zulässigkeit des Doppelexequatur werden — unter Bildung von Fallgruppen — die Voraussetzungen eines zulässigen Doppelexequatur von Schiedssprüchen erörtert. Die Arbeit lag der Juristischen Fakultät der Universität Konstanz im Wintersemester 1996/97 als Dissertation vor. Rechtsprechung und Literatur wurden bis Januar 1997 eingearbeitet, später erschienene Veröffentlichungen wurden, soweit möglich, noch berücksichtigt. Herrn Professor Dr. Rolf Stürner, der die Arbeit betreut hat, sei herzlich gedankt, ebenso Frau Professor Dr. Astrid Stadler für die Erstattung des Zweitgutachtens.

VIII

Vorwort

Bei der Erstellung der Arbeit habe ich in vielerlei Weise Unterstützung erfahren, für die ich herzlich danke. Mein Dank gilt ganz besonders Herrn Professor Dr. Stefan Riesenfeld, Berkeley, und Herrn Professor Dr. Peter Hay, Dresden/Emory, für anregende Gespräche und wertvolle Hinweise, meinen ehemaligen Kollegen am Institut für Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung der Universität Bonn für Hilfe bei der Materialbeschaffung sowie dem Direktor des Instituts, Herrn Professor Dr. Wulf-Henning Roth, für die Gewährung großzügiger Arbeitsmöglichkeiten, vor allem aber meiner Frau für das mühevolle Korrekturlesen. Zu danken habe ich auch dem Cusanuswerk für die Gewährung eines Promotionsstipendiums. Schließlich danke ich Herrn Professor Dr. Norbert Horn für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe. Köln, im April 1997

Inhaltsübersicht Vorwort Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Literaturverzeichnis

§ 1 Einführung

VII XI XXXV XLI

1

1. Kapitel: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur im Sinne der kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen

23

§ 2 Das Exequatur als anerkennungsfahiges Urteil

23

§ 3 Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Exequaturentscheidung

36

2. Kapitel: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen beim Exequatur und beim Doppelexequatur

73

§ 4 Die Bedeutung unterschiedlicher Anerkennungsvoraussetzungen für das Doppelexequatur

73

§ 5 Mängel der vertraglichen Grundlage des Schiedsspruchs . .

77

§ 6 Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht . .

109

§ 7 Mängel des schiedsgerichtlichen Verfahrens

157

§8 Mängel der schiedsgerichtlichen Entscheidung

172

§ 9 Zusammenfassung

207

χ

Inhaltsübersicht

3. Kapitel: Sonstige Aspekte des Doppelexequatur § 10 Sonstige Probleme des Doppelexequatur von Schiedssprüchen § 11 Praktische Vorteile des Doppelexequatur § 12 Sonstige Fallgruppen des Doppelexequatur

217 217 225 235

4. Kapitel: Die Bedeutung der doctrine of merger § 13 Einleitung §14 Das US-amerikanische Recht der Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen §15 Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Urteilen §16 Die doctrine of merger § 17 Die Qualifikation des US-amerikanischen judgment upon the award

341

5. Kapitel: Das Doppelexequatur von Urteilen § 18 Einleitung § 19 Der Meinungsstand § 20 Das Exequatur als anerkennungsfähiges Urteil §21 Sonstige Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung . . . § 22 Konsequenzen des Doppelexequatur von Urteilen § 23 Zusammenfassung

353 353 354 358 369 373 376

6. Kapitel: Stellungnahme § 24 Die Kriterien für die Zulässigkeit des Doppelexequatur . . § 25 Das Erfordernis einer teleologischen Reduktion § 26 Das Rechtsschutzbedürfnis am Doppelexequatur § 27 Zusammenfassung der Ergebnisse Anhang: US-amerikanische Gesetzestexte Sachregister

379 379 398 428 434 437 451

275 275 276 313 327

Inhaltsverzeichnis § 1 Einführung Α)

B)

1

Der Gegenstand der Untersuchung

1

I.

Die rechtliche Ausgangslage

1

II.

Das Doppelexequatur von Urteilen

4

III. Der Begriff des Doppelexequatur

5

Der Meinungsstand im deutschen Recht

6

I.

Die Rechtsprechung

6

II.

Die Meinungen der Literatur

10

C)

Rechtsvergleichender Ausblick

14

D)

Der Gang der Untersuchung

15

I.

Die Urteilsqualität des Exequatur

15

II.

Die materiellen Probleme des Doppelexequatur 1. Geringere Anforderungen an den Schiedsspruch 2. Uberprüfung des Schiedsspruchs beim Doppelexequatur 3. Sonstige Probleme und Vorteile des Doppelexequatur

16 16 17 19

III. Fallgruppen 1. Doppelexequatur im Geltungsbereich internationaler Abkommen 2. Doppelexequatur von Schiedssprüchen aus Drittstaaten a) Der „Heimatstaat" des Schiedsspruchs b) Fallgruppen nach dem Ursprungsland des Schiedsspruchs

19

21

IV. Vergleich mit dem Doppelexequatur von Urteilen

22

19 20 20

XII

Inhaltsverzeichnis

1. Kapitel: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur im Sinne der kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen

23

§2

Das Exequatur als anerkennungsfähiges Urteil

23

A)

Das Exequatur als Urteil

23

I.

Die Abgrenzung von Urteil und Schiedsspruch

23

II.

Das Exequatur nach § 1042 ZPO

25

Anerkennungsfahigkeit des Exequatur

27

B)

I. II.

§3

Vollstreckbarerklärung trotz fehlender Anerkennungsfähigkeit des Exequatur? Anerkennungsfahige Urteilswirkungen des Exequatur 1. Gegenstand der Anerkennung 2. Die für die Urteilswirkungen maßgebliche Rechtsordnung 3. Die Vollstreckungswirkung als anerkennungsfahige Wirkung des Exequatur . . . . 4. Die materielle Rechtskraft als anerkennungsfähige Wirkung des Exequatur . . . . 5. Entscheidung in der Sache als Anerkennungsvoraussetzung? 6. Zwischenergebnis

28 29 29 31 32 33 35 36

Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Exequaturentscheidung

36

A)

Die Überprüfung des Exequatur als solchem

37

I. II.

37

Das Verfahren der Vollstreckbarerklärung . . . . Die sachlichen Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung 1. Die internationale Zuständigkeit des Exequaturgerichts, § 328 I Nr. 1 ZPO 2. Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks, § 328 I Nr. 2 ZPO 3. Keine entgegenstehende Rechtskraft, § 328 I Nr. 3 ZPO

38 38 40 40

XIII

Inhaltsverzeichnis

4. 5. B)

Vereinbarkeit mit dem deutschen ordre public, § 328 I Nr. 4 ZPO Die Verbürgung der Gegenseitigkeit, § 328 I Nr. 5 ZPO

Die Überprüfung des zugrundeliegenden spruchs I.

II.

41 42

Schieds-

Die in Betracht kommenden Kontrollmaßstäbe 1. Keine Überprüfung des Schiedsspruchs . . 2. Überprüfung des Schiedsspruchs am Maßstab des ordre public, § 328 I Nr. 4 ZPO . . 3. Überprüfung des Schiedsspruchs anhand des § 1044 ZPO bezüglich des selbständig anzusetzenden Maßstabs 4. Überprüfung des Schiedsspruchs in entsprechender Anwendung der §§ 722, 723, 328 ZPO 5. Überprüfung des Schiedsspruchs nach Maßgabe der Voraussetzungen der Anerkennung von Schiedssprüchen Exkurs: Der Begriff des ordre public bei der Anerkennung von Urteilen bzw. von Schiedssprüchen . 1. Die Bedeutung des ordre public für die Untersuchung des Doppelexequatur 2. Der Begriff des ordre public nach autonomem Recht und nach völkervertraglichem Recht a) Der ordre public bei der Anerkennung von Urteilen b) Der ordre public bei der Anerkennung von Schiedssprüchen aa) Der ordre-public-Vorbehalt des § 1044 II Nr. 2 ZPO bb) Der ordre-public-Vorbehalt der völkerrechtlichen Anerkennungsregeln c) Zwischenergebnis 3. Der Vorbehalt des ordre public in § 328 ZPO und in § 1044 ZPO a) Ziel und Zweck des ordre public . . . b) Struktur und Wirkungsweise des ordre public

45 46 46 47 48

50 51 51 51 52 53 54 54 56 56 57 57 57

XIV

Inhaltsverzeichnis

c)

4.

Gründe aus der Eigenart von Urteilen und Schiedssprüchen aa) Unterschiede im Bereich des materiellrechtlichen ordre public . . bb) Unterschiede im Bereich des verfahrensrechtlichen ordre public d) Unterscheidung aufgrund der Legitimation der Entscheidung e) Wortlaut und Gesetzgebungsgeschichte des ordre-public-Vorbehalts f) Zusammenfassung Ergebnis

III. Überprüfung des zugrundeliegenden Schiedsspruchs als verbotene revision au fond? 1. Das Verbot der revision au fond 2. Die Konsequenzen des Verbotes der revision au fond für das Doppelexequatur . . . a) Eingeschränkte Überprüfung des Exequatur als solchem b) Überprüfung des Schiedsspruchs . . . aa) Sachliche Nachprüfung des Schiedsspruchs als revision au fond bb) Überprüfung des Schiedsspruchs anhand des § 1044 ZPO cc) Ausschluß der ordre-public-Kontrolle? dd) Zwischenergebnis

58 59 60 61 62 63 63 63 64 66 66 66 66 67 69 70

IV. Konsequenzen für die Methoden der Überprüfung des zugrundeliegenden Schiedsspruchs . . .

70

2. Kapitel: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen beim Exequatur und beim Doppelexequatur

73

§ 4 Die Bedeutung unterschiedlicher Anerkennungsvoraussetzungen für das Doppelexequatur

73

A)

Voraussetzungen für das Bestehen unterschiedlicher Anerkennungsvoraussetzungen

73

Inhaltsverzeichnis

Β) C) D) §5

XV

Die Bedeutung völkerrechtlicher Verträge zur Anerkennung von Schiedssprüchen

74

Die Vorgehensweise bei der Untersuchung unterschiedlicher Anerkennungsvoraussetzungen

75

Der Vergleichsgegenstand

76

Mängel der vertraglichen Grundlage des Schiedsspruchs... A)

Bedeutung des Schiedsvertrags für die Anerkennung von Schiedssprüchen

77

I.

77

Funktion und Arten des Schiedsvertrags

II. Gruppen von Mängeln der Schiedsvereinbarung III. Die Frage der Kompetenz-Kompetenz des Schiedsgerichts B)

C)

77

Allgemeine Wirksamkeitsvoraussetzungen des Schiedsvertrags

78 79 81

I.

Die Mängel des Schiedsvertrages 1. Materielle Mängel des Schiedsvertrags . . . 2. Mängel der Form

81 81 84

II.

Berücksichtigung der Mängel im Exequaturverfahren 1. Materielle Fehler a) § 1044 ZPO b) U N Ü 2. Mängel der Form 3. Ordre public

85 85 85 88 89 90

Die Schiedsfahigkeit des Streitgegenstandes I. II.

Begriff und Funktion der objektiven Schiedsfahigkeit Der Bereich der schiedsfahigen Streitgegenstände 1. Das deutsche Recht 2. Überblick über die übrigen Rechtsordnungen

III. Rechtsfolgen des Fehlens der objektiven Schiedsfahigkeit

90 90 92 92 94 95

Inhaltsverzeichnis

D)

IV.

Berücksichtigung im Exequaturverfahren . . . .

95

V.

Ordre public

98

VI. Einzelfälle 1. Punitive damages a) Begriff und Regelung der punitive damages b) Die objektive Schiedsfähigkeit von punitive damages 2. Börsentermingeschäfte

102 103

Die Schiedsfähigkeit der Parteien

104

I. II.

Bedeutung und Voraussetzungen der subjektiven Schiedsfähigkeit Berücksichtigung im Exequaturverfahren . . . .

99 99 99

104 105

III. Ordre public

105

IV.

106

Beispielsfall; Börsentermingeschäfte 1. Die subjektive Schiedsfähigkeit bei Börsentermingeschäften 2. Berücksichtigung im Exequaturverfahren . 3. Ordre public

106 107 108

Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht . .

109

A)

110

Die Unabhängigkeit des Schiedsrichters I.

II.

Allgemeine Aspekte Schiedsrichters 1. Die Bedeutung Schiedsrichters 2. Differenzierung Unabhängigkeit

der Unabhängigkeit

des 110

der Unabhängigkeit des 110 der Anforderungen an die des Schiedsrichters? . . . .

Ausschluß vom Schiedsrichteramt 1. Absolute Untauglichkeit zum Schiedsrichteramt a) Fälle der absoluten Untauglichkeit . . b) Berücksichtigung im Verfahren der Vollstreckbarerklärung c) Ordre public

112 112 113 113 113 114

XVII

Inhaltsverzeichnis

2.

Verbot des Schiedsrichters in eigener Sache a) Der Schiedsrichter in eigener Sache. . b) Berücksichtigung im Exequaturverfahren c) Ordre public

III. Ungleichgewicht der Parteien bei der Bildung des Schiedsgerichts 1. Die Problematik des einseitig ernannten Schiedsgerichts a) Fallgruppen b) Relevanz eines abstrakten Übergewichts c) Subsidiäre Ernennung aller Schiedsrichter durch eine Partei d) Sofortige Ernennung aller Schiedsrichter durch eine Partei 2. Berücksichtigung im Exequaturverfahren . 3. Ordre public IV. Zweifel an der Unabhängigkeit der Person des Schiedsrichters 1. Die Bedeutung der Kontakte zwischen Partei und Schiedsrichter für das Schiedsverfahren 2. Allgemeine Fragen zur Befangenheit des Schiedsrichters a) Die Anforderungen an die Unabhängigkeit des Schiedsrichters b) Die unterschiedlichen Verfahren zur Sanktionierung der Befangenheit des Schiedsrichters c) Die Relevanz der Offenlegung der Kontakte zwischen Schiedsrichter und Partei d) Das Verhältnis von Ablehnung und Anerkennungsversagung aa) Die Regelung des deutschen Rechts bb) Beispiele aus den übrigen kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen

114 114 115 117 117 117 117 118 121 121 122 123 123

124 125 125

126

127 128 129

131

Inhaltsverzeichnis

3.

4. 5.

Die Befangenheitsgründe im einzelnen . . . a) Kontakte mit konkretem Bezug zum Streitfall b) Sonstige Kontakte aa) Kontakte zwischen Partei und Schiedsrichter während des Verfahrens bb) Frühere Kontakte zwischen Partei und Schiedsrichter Berücksichtigung im Exequaturverfahren . Ordre public

Einflußnahme eines Trägers institutioneller Schiedsgerichtsbarkeit 1. Fallgruppen der Einflußnahme 2. Verbindliche Schiedsrichterlisten a) Die unterschiedlichen Gruppen der Trägerorganisationen b) Berücksichtigung im Exequaturverfahren c) Ordre public 3. Ernennung der Schiedsrichter durch die Trägerorganisation a) Die Probleme bei der Schiedsrichterernennung b) Berücksichtigung im Exequaturverfahren c) Ordre public 4. Sonstige Einflußnahme durch die Trägerorganisation a) Rechtsberatung durch Berater der Trägerorganisation aa) Die Problematik der institutionalisierten Rechtsberatung b) Genehmigungsvorbehalt und Korrektur des Schiedsspruchs aa) Die Zulässigkeit eines Genehmigungsvorbehalts bb) Berücksichtigung im Exequaturverfahren cc) Ordre public

132 133 133

133 134 135 136 137 137 137 137 140 140 140 140 142 142 142 143 143 144 144 145 145

Inhaltsverzeichnis

XIX

Β)

146

Abweichungen von Anweisungen der Parteien I.

II.

Entscheidung über die Grenzen des Schiedsvertrags hinaus 1. Rechtsfolgen der Überschreitung der Schiedsabrede 2. Berücksichtigung im Exequaturverfahren . 3. Ordre public Die Entscheidung ultra bzw. infra petita 1. Die Bindung des Schiedsgerichts an die Parteianträge 2. Berücksichtigung im Exequaturverfahren . 3. Ordre public

III. Die Wahl eines unzulässigen Entscheidungsmaßstabs 1. Der unzulässige Entscheidungsmaßstab als Verstoß gegen die Schiedsvereinbarung. . . a) Die Entscheidung nach Billigkeitsgrundsätzen b) Die Entscheidung anhand der lex mercatoria 2. Berücksichtigung im Exequaturverfahren . 3. Ordre public IV. Die 1. 2. 3. §7

Entscheidung nach Ablauf der Amtszeit . . Die Befristung des Schiedsrichteramtes . . . Berücksichtigung im Exequaturverfahren . Ordre public

Mängel des schiedsgerichtlichen Verfahrens A) B)

146 146 147 148 148 148 149 150 150 150 152 153 154 154 155 155 156 157 157

Die Besonderheiten des schiedsgerichtlichen Verfahrens

157

Mangelhafte Benachrichtigung der Parteien von dem Verfahren

159

I.

Fallgruppen der fehlerhaften Benachrichtigung

159

II.

Berücksichtigung im Exequaturverfahren . . . .

161

III. Ordre public

163

XX

Inhaltsverzeichnis

C)

D)

Fehlen einer ordnungsgemäßen Vertretung

164

I.

Die Vertretung der Parteien im Schiedsverfahren

164

II.

Berücksichtigung im Exequaturverfahren . . . .

165

III. Ordre public

166

Fehler bei der Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen

166

I.

166

II. E)

Fallgruppen 1. Gelegenheit der Parteien zur nahme 2. Fehlerhafte Beweisaufnahme

Stellung166 168

Berücksichtigung im Exequaturverfahren . . . .

170

Fehler im äußeren Verfahrensablauf

170

I.

Rechtsfolgen von Fehlern im Verfahrensablauf

170

II.

Berücksichtigung im Exequaturverfahren . . . .

171

III. Ordre public §8

170

III. Ordre public

172

Mängel der schiedsgerichtlichen Entscheidung

172

A)

172

B)

Das Vorliegen eines „Schiedsspruchs" I.

Die Voraussetzungen eines anerkennungsfahigen Schiedsspruchs

172

II.

Berücksichtigung beim Doppelexequatur

174

Fehlen der Verbindlichkeit des Schiedsspruchs

....

174

I.

Fallgruppen

174

II.

Die Aufhebung des Schiedsspruchs im Ausland 1. Die Bedeutung der Aufhebung des Schiedsspruchs für die Anerkennung im Inland . . 2. Die Kompetenz zur Aufhebung eines Schiedsspruchs 3. Die Berücksichtigung der Aufhebung im Exequaturverfahren a) § 1044 ZPO aa) Das Erfordernis der Anerkennung der Aufhebungsentscheidung

176 176 178 179 179 179

Inhaltsverzeichnis

XXI

4.

bb) Die Zuständigkeit zur Aufhebung des Schiedsspruchs cc) Die weiteren Regeln zur Berücksichtigung der Aufhebung des Schiedsspruchs dd) § 1044 II Nr. 1 ZPO b) U N Ü c) Ordre public Berücksichtigung beim Doppelexequatur . a) Aufhebung des Schiedsspruchs vor der Vollstreckbarerklärung b) Aufhebung des Schiedsspruchs nach Vollstreckbarerklärung

III. Wegfall der Verbindlichkeit aus sonstigen Gründen 1. Fälle des Wegfalls der Verbindlichkeit aus sonstigen Gründen 2. Berücksichtigung im Exequaturverfahren . 3. Ordre public C)

D)

181

183 183 183 184 184 185 185 186 186 187 187

Fehlen einer Begründung

188

I.

Die Pflicht zur Begründung des Schiedsspruchs

188

II.

Berücksichtigung im Exequaturverfahren . . . .

190

III. Ordre public

190

Inhaltliche Mängel des Schiedsspruchs

190

I.

Fallgruppen

190

II.

Fehler der Entscheidungsfindung 1. Die Bedeutung von Fehlern der Entscheidungsfindung für die Anerkennung des Schiedsspruchs 2. Berücksichtigung im Exequaturverfahren . 3. Ordre public

191

III. Probleme der ausgesprochenen Rechtsfolge . . . 1. Fallgruppen 2. Berücksichtigung im Exequaturverfahren . 3. Ordre public 4. Sonstige Berücksichtigung der Verstöße gegen materielles Recht 5. Berücksichtigung beim Doppelexequatur .

191 193 193 193 193 194 195 196 196

Inhaltsverzeichnis

IV.

Beispielsfälle 1. Die Verurteilung zur Zahlung von punitive damages a) Ausländische Schiedssprüche über punitive damages im Exequaturverfahren b) Die Vereinbarkeit mit dem deutschen ordre public c) Doppelexequatur und punitive damages 2. Schiedssprüche im Zusammenhang mit Börsentermingeschäften a) Die Problematik von Schiedssprüchen über Börsentermingeschäfte b) Schiedssprüche über Börsentermingeschäfte im Exequaturverfahren . . . . c) Berücksichtigung im Verfahren des Doppelexequatur 3. Import- und Export- Verbote a) Export-/Import-Verbote des deutschen Rechts aa) Die Berücksichtigung im Exequaturverfahren bb) Ordre public cc) Berücksichtigung im Verfahren des Doppelexequatur c) Export-/Importverbote nach ausländischem Recht aa) Berücksichtigung im Exequaturverfahren bb) Berücksichtigung im Verfahren des Doppelexequatur

Zusammenfassung

197 197

197 199 201 201 201 202 203 203 204 204 205 205 205 206 207 207

A)

Die Kriterien für den Umfang unterschiedlicher Anerkennungsvoraussetzungen

208

B)

Zusammenfassung der Unterschiede der Anforderungen an den Schiedsspruch

209

I.

Mängel der vertraglichen Grundlage des Schiedsspruchs

209

XXIII

Inhaltsverzeichnis

II.

C)

Probleme im Schiedsgericht

Verhältnis

der

Parteien

zum 210

III. Mängel des schiedsgerichtlichen Verfahrens . . .

212

IV.

213

Mängel der schiedsgerichtlichen Entscheidung .

Ergebnis

214

3. Kapitel: Sonstige Aspekte des Doppelexequatur

217

§ 10 Sonstige Probleme des Doppelexequatur von Schiedssprüchen

217

A)

Titelvervielfältigung I. II.

B)

Spezifische Gefährdung des Schuldners durch Doppelexequatur

218

Schutz des Schuldners vor doppelter Inanspruchnahme

220

III. Ergebnis

222

Praktische Probleme des Doppelexequatur

222

I.

Kosten

222

II.

Verfahrensdauer

224

§ 11 Praktische Vorteile des Doppelexequatur A)

217

225

Vollstreckbarerklärung von Zinsansprüchen

225

I.

Fehlender Zinsausspruch des Schiedsspruchs . .

226

II.

Zusprechung von Zinsen durch das Exequaturgericht

228

III. Anerkennung des Zinsanspruchs als Besonderheit des Doppelexequatur 1. Fehlende Möglichkeit der Zusprechung von Zinsen im Verfahren des direkten Exequatur 2. Isolierte Anerkennung des Zinsausspruchs

228

228 230

XXIV

Inhaltsverzeichnis

3.

B)

Der besondere Vorzug des Doppelexequatur bei der Vollstreckbarerklärung von Zinsen

Ersparnis von Übersetzungskosten I. II.

231

Erforderlichkeit einer Übersetzung des ausländischen Titels

232

Entbehrlichkeit der Vorlage des zugrundeliegenden Schiedsspruchs

234

§ 1 2 Sonstige Fallgruppen des Doppelexequatur A)

231

Das Doppelexequatur EuGVÜ

im

Geltungsbereich

235 des

I.

Der Meinungsstand

II.

Anwendbarkeit des EuGVÜ auf Exequaturentscheidungen 1. Das Exequatur als anerkennungsfähige Entscheidung i. S. d. EuGVÜ 2. Das Exequatur als Zivil- und Handelssache 3. Ausschluß von Exequaturentscheidungen durch Art. 1 II Nr. 4 EuGVÜ

III. Besonderheiten bezüglich der materiellen Probleme 1. Das Verfahren der Vollstreckbarerklärung 2. Die sachlichen Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung a) Zuständigkeit des Exequaturgerichts b) Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks, Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ . c) Widerspruch zum Internationalen Privatrecht des Anerkennungsstaates, Art. 27 Nr. 4 EuGVÜ d) Unvereinbarkeit mit einer vorrangigen Entscheidung, Art. 27 Nrn. 3, 5 EuGVÜ e) Unvereinbarkeit mit dem deutschen ordre public, Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ . . 3. Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

235 236 237 237 239 240 247 247 248 248 249

249

250 250 250

XXV

Inhaltsverzeichnis

4.

5.

6. B)

Besonderheiten hinsichtlich der sonstigen Probleme; Schuldnergefahrdung durch Titelvervielfältigung Besonderheiten hinsichtlich der praktischen Vorteile des Doppelexequatur a) Zinsen b) Ersparnis von Übersetzungskosten . . c) Verfahrenskosten d) Verfahrensdauer e) Überraschungseffekt Zwischenergebnis

Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen aus Drittstaaten I.

II.

Fallgruppen des Doppelexequatur von Schiedssprüchen aus Drittstaaten 1. Fallgruppen des Doppelexequatur eines ausländischen Schiedsspruchs 2. Das Doppelexequatur eines inländischen Schiedsspruchs Der Meinungsstand

III. Das Doppelexequatur nach Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs im Ursprungsstaat bei divergierender Herkunftsbestimmung 1. Das Exequatur als anerkennungsfähiges Urteil a) Anerkennungsfahige Urteilswirkungen b) Territoriale Begrenzung der Urteilswirkungen? 2. Die Überprüfung des Exequatur als solchem 3. Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen 4. Sonstige Aspekte des Doppelexequatur. . . IV.

Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen aus Drittstaaten bei einem für das ausländische Gericht inländischen Schiedsspruch

251 252 252 252 252 253 253 253 254 254 254 256 256

257 257 258 260 262 263 264

264

XXVI

Inhaltsverzeichnis

1. 2. 3. 4. 5. 6. V.

Das Exequatur als anerkennungsfähiges Urteil Die Anerkennung des Exequatur als solchem Unterschiede in den Anerkennungsvoraussetzungen Sonstige Probleme des Doppelexequatur . . Die praktischen Vorteile des Doppelexequatur Zwischenergebnis

Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen aus Drittstaaten bei einem für das ausländische Gericht ausländischen Schiedsspruch 1. Das Exequatur als anerkennungsfähiges Urteil 2. Die Anerkennung des Exequatur als solchem 3. Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen 4. Sonstige Aspekte des Doppelexequatur. . . 5. Zwischenergebnis

265 265 265 267 267 267

268 268 269 269 269 269

VI. Das Doppelexequatur eines inländischen Schiedsspruchs 1. Das Exequatur als anerkennungsfähiges Urteil 2. Die Anerkennung des Exequatur als solchem 3. Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen 4. Sonstige Aspekte des Doppelexequatur. . . 5. Zwischenergebnis

271 272 273

VII. Zusammenfassung

273

270 270 270

4. Kapitel: Die Bedeutung der doctrine of merger

275

§ 13 Einleitung

275

XXVII

Inhal tsvereeichnis

§14 Das US-amerikanische Recht der Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen A)

Besonderheiten stems I.

II.

B)

des US-amerikanischen

276

Rechtssy277

Die Rechtsquellen des US-amerikanischen Rechts 1. Die Gesetzgebungskompetenz 2. Common law und statutory law

277 277 278

Der duale Gerichtsaufbau

279

III. Das für die Anerkennung von Schiedssprüchen maßgebliche Recht 1. Das anwendbare Verfahrensrecht 2. Das in der Sache anzuwendende Recht. . .

281 282 282

Das Recht der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen in den USA

283

I.

Historische Entwicklung

283

II.

Fallgruppen bei der Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen

288

III. Die Vollstreckbarerklärung inländischer (domestic) Schiedssprüche 1. Die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs nach dem FAA a) Anwendungsbereich b) Das Bestätigungsverfahren c) Die materiellen Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung aa) Die gesetzlichen Aufhebungsgründe bb) Die Aufhebungsgründe nach common law (1) Die public-policy-defense . (2) Die manifest-disregard-ofthe-law-defense (3) Die irrationality-defense . . 2. Das Verfahren nach dem UNÜ (Ch. 2 des FAA)

289 289 289 290 292 292 293 294 296 297 298

XXVIII

Inhaltsverzeichnis

a)

3.

4.

IV.

V.

Anwendung auf US-amerikanische Schiedssprüche b) Materielle Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung Bestätigung nach den einzelstaatlichen Gesetzen (statutes) a) Verfahren b) Die materiellen Voraussetzungen . . . Das Verfahren nach common law a) Anwendungsbereich der common-lawRegeln b) Verfahren c) Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung

Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen aus Schwesternstaaten 1. Die direkte Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs a) Die Vollstreckbarerklärung nach dem FAA b) Die Vollstreckbarerklärung nach dem UNÜ c) Die Vollstreckbarerklärung nach einzelstaatlichen statutes d) Die Vollstreckbarerklärung nach common law 2. Doppelexequatur Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche 1. Direkte Vollstreckbarerklärung a) Vollstreckbarerklärung vor Bundesgerichten aa) Die direkte Vollstreckbarerklärung nach dem U N Ü bb) Vollstreckbarerklärung nach dem FAA, Ch.l cc) Bestätigung nach common law . b) Vollstreckbarerklärung vor einzelstaatlichen Gerichten 2. Doppelexequatur

298 299 300 300 301 301 301 302 302 303 304 304 306 306 307 308 309 309 309 309 310 311 312 312

XXIX

Inhaltsverzeichnis

§15 Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Urteilen

313

A)

Die full-faith-and-credit-clause

313

B)

Die Vollstreckbarerklärung US-amerikanischer Urteile in anderen Bundesstaaten

315

I.

II. C)

Vollstreckbarerklärung nach Gesetzesrecht (statutes) 1. Die Registrierung der Urteile amerikanischer Bundesgerichte durch Bundesgerichte 2. Die Vollstreckbarerklärung von Urteilen durch einzelstaatliche Gerichte

316 316 317

Vollstreckbarerklärung nach common law . . . .

319

Die Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile . . .

321

I. II.

Die Vollstreckbarerklärung nach Gesetzesrecht (statute) Die Vollstreckbarerklärung nach common law . 1. Die traditionelle Sicht ausländischer Urteile 2. Verfahren und Voraussetzung der Vollstreckbarerklärung

§ 16 Die doctrine of merger

322 324 324 326 327

Α)

Inhalt der doctrine of merger

327

Β)

Herkunft der doctrine of merger, Terminologie . . . .

329

C)

Träger und Gegenstand der merger-Wirkung

330

I.

330 331

Die merger-Wirkung von Urteilen 1. Der merger des materiellen Anspruchs . . . a) Die merger-Wirkung US-amerikanischer Urteile b) Die merger-Wirkung ausländischer Urteile 2. Der merger von Urteilen 3. Der merger des Schiedsspruchs a) Vollstreckbarerklärung im Ursprungsstaat b) Vollstreckbarerklärung in anderen Bundesstaaten

331 331 333 334 334 335

XXX

Inhaltsverzeichnis

c) d) e) II.

Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs im Ausland Merger des Schiedsspruchs im Geltungsbereich des U N U

Die merger-Wirkung von Schiedssprüchen . . . .

§17 Die Qualifikation des US-amerikanischen judgment upon the award

335 335 339 339

341

A)

Das judgment upon the award als anerkennungsfahiges Urteil

341

Β)

Unterschiede zwischen US-amerikanischem Bestätigungsurteil und Exequatur im Sinne des deutschen Rechts?

345

I.

Das judgment upon the award als Leistungsurteil

346

Das Aufgehen des Schiedsspruchs in dem Bestätigungsurteil Ergebnis

349 351

II.

C)

5. Kapitel: Das Doppelexequatur von Urteilen

353

§ 18 Einleitung

353

§ 19 Der Meinungsstand

354

A)

B)

Die Ansichten zur Zulässigkeit des Doppelexequatur

354

I.

354

Die Meinungen im deutschen Recht

II. Ausblick auf die übrigen Rechtsordnungen . . . Die Ansichten zum Verhältnis des Doppelexequatur von Schiedssprüchen zum Doppelexequatur von Urteilen

§ 20 Das Exequatur als anerkennungsfähiges Urteil A)

Anerkennungsfahige Urteilswirkungen

357

358 358 358

Inhaltsverzeichnis

I.

Die Verleihung der Vollstreckbarkeit nach deutschem Recht 1. Die Vollstreckbarerklärung nach §§ 722, 723, 328 ZPO a) Feststellung der Anerkennung im Exequaturverfahren b) Territoriale Begrenzung der Urteilswirkungen 2. Die Leistungsklage aus dem ursprünglichen Anspruch 3. Die actio judicati

363 366

Die Bestätigung ausländischer Urteile nach USamerikanischem Recht

367

Entscheidung in der Sache als Voraussetzung für die Anerkennung?

367

Zwischenergebnis

369

II. B) C)

XXXI

§ 21 Sonstige Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung . . . . A)

Voraussetzungen bezüglich des Exequatur als solchem I. II.

B)

B)

360 360 363

369 369

Allgemeine Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung

369

Zuständigkeit des Exequaturgerichts

370

III. Verbürgung der Gegenseitigkeit

371

IV.

Einrede der rechtskräftigen Entscheidung . . . .

371

V.

Die übrigen Voraussetzungen des § 328 ZPO . .

372

Voraussetzungen hinsichtlich des zugrundeliegenden Urteils

372

§ 22 Konsequenzen des Doppelexequatur von Urteilen A)

359

Umgehung der Anerkennungsvoraussetzungen deutschen Rechts

373 des

Sonstige Probleme des Doppelexequatur I.

Gefahrdung des Schuldners durch Vervielfältigung der Titel

373 375 375

XXXII

Inhaltsverzeichnis

II. C)

Praktische Nachteile des D o p p e l e x e q u a t u r . . . .

Praktische Vorteile des Doppelexequatur

375 376

§ 23 Zusammenfassung

376

6. Kapitel: Stellungnahme

379

§ 24 Die Kriterien für die Zulässigkeit des Doppelexequatur . . .

379

A)

Die Ergebnisse der bisherigen Untersuchung

B)

Die besonderen Probleme des Doppelexequatur

C)

Die Methodik I. II.

379 ...

Die methodische Einordnung der materiellen Kriterien Teleologische Einschränkung des § 328 ZPO wegen der materiellen Probleme des Doppelexequatur? 1. Das Rechtsinstitut der teleologischen Reduktion 2. Die teleologische Reduktion im Geltungsbereich des EuGVÜ 3. Teleologische Reduktion des § 328 ZPO wegen Umgehung der Anerkennungsversagungsgründe

III. Die Konkurrenz von Rechtsschutzmitteln . . . . 1. Das Verhältnis der Rechtsschutzmittel zueinander 2. Die Meinungen zur Konkurrenz von Rechtsschutzmitteln a) Die Meinungen der Literatur b) Die Rechtsprechung c) Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Auffassungen 3. Die Voraussetzungen der Unzweckmäßigkeit eines Rechtsschutzmittels a) Die Kriterien für den Vorrang eines Rechtsschutzmittels

381 382 382

383 383 385

386 388 388 389 389 392 392 393 393

XXXIII

Inhaltsverzeichnis

b)

4. 5.

Das erforderliche Maß des Überwiegens an Vorzügen Die Konkurrenz von Rechtsschutzmitteln im Anwendungsbereich des EuGVÜ . . . . Vorgehensweise

§ 25 Das Erfordernis einer teleologischen Reduktion

395 397 398 398

A)

Voraussetzungen der teleologischen Reduktion . . . .

399

B)

Sinn und Zweck der Anerkennungsregelungen des deutschen Rechts

400

I.

Sinn und Zweck der §§ 723, 328 ZPO

400

II.

Sinn und Zweck der Regelungen zur Anerkennung von Schiedssprüchen 1. Die Zwecke des § 1044 ZPO 2. Sinn und Zweck der Anerkennungsregeln des U N Ü 3. Sinn und Zweck des § 1040 i.V.m. § 1041 ZPO

C)

III. Die Bedeutung der völkerrechtlichen Anerkennungsregeln für die Zwecke der autonomen Regelungen 1. Die Zwecke des § 1044 ZPO im Anwendungsbereich des U N Ü a) Das Verhältnis des § 1044 ZPO zum UNÜ b) Die Bedeutung des Günstigkeitsprinzips für die Zwecke des § 1044 ZPO . 2. Die Zwecke des § 328 ZPO im Anwendungsbereich des EuGVÜ Erfordernis der teleologischen Reduktion beim Doppelexequatur von Schiedssprüchen

403 403 405 405

407 408 408 409 410 411

I.

Vollstreckbarerklärung im Ursprungsland . . . . 1. Ausschließliche Geltung des § 1044 ZPO . . 2. Anwendbarkeit des U N Ü

412 412 414

II.

Vollstreckbarerklärung im Drittstaat 1. Ausschließliche Geltung des § 1044 ZPO . . 2. Anwendbarkeit des U N Ü

415 415 417

XXXIV

Inhaltsverzeichnis

III. Vollstreckbarerklärung bei divergierender Herkunftsbestimmung 1. Vollstreckbarerklärung im Ursprungsland bei divergierender Herkunftsbestimmung . 2. Vollstreckbarerklärung im Drittstaat bei abweichender Herkunftsbestimmung . . . .

419

IV. Vollstreckbarerklärung eines deutschen Schiedsspruchs

420

V.

421

Ergebnis

VI. Doppelexequatur im Anwendungsbereich EuGVÜ D)

II.

Konsequenzen des Doppelexequatur Zwecke der §§ 723, 328 ZPO

422

424

Erfordernis der teleologischen Reduktion . . . .

II. B)

428

Vorrang gegenüber der Klage nach §§ 722, 723 ZPO 1. Brauchbarkeit des direkten Exequaturverfahrens 2. Wesentliches Überwiegen der Vorzüge des direkten Exequaturverfahrens Doppelexequatur im Anwendungsbereich EuGVÜ

425 428

Vorrang des direkten Exequaturverfahrens I.

424

für die

§ 26 Das Rechtsschutzbedürfnis am Doppelexequatur A)

419

des

Das Erfordernis der teleologischen Reduktion beim Doppelexequatur von Urteilen I.

418

429 429 430

des

Weitere Einschränkungen des Rechtsschutzinteresses am Doppelexequatur?

432 433

§ 27 Zusammenfassung der Ergebnisse

434

Anhang: US-amerikanische Gesetzestexte Anhang A: Federal Arbitration Act, Chapter 1 Anhang Β: Uniform Arbitration Act

437 437 444

Sachregister

453

Abkürzungsverzeichnis A.2d AAA AB1.EG AC affd. AJ A.L.R. A.L.R.2d Am. J. Comp. L. Am Jur 2d Am. U. L. Rev. App.Div. App.Ger. Arb.J. Arb & the Law

Aldantic Reporter, Second Series American Arbitration Association Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Appeal Cases (House of Lords) affirmed Arbitration Journal American Law Reports American Law Reports, Second Series American Journal of Comparative Law American Jurisprudence 2d American University Law Review Appellate Division Appellationsgericht T h e Arbitration Journal Arbitration and the Law

BerGesVR BG BGE Brook. L. Rev. Buff. L. Rev. Β. U. L. Rev.

Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht Bundesgericht Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts Brooklyn Law Review Buffalo Law Review Boston University Law Review

Cal. Code Civ. Proc. Cal. W. Int. L.J. Cass. Cath. U. L. Rev. cert. den. cert. dism. Cir.

California Code of Civil Procedure

cj

s.

C.J. Clunet CMLR

California Western International Law Journal Cour de Cassation Catholic University Law Review certiorari denied certiorari dismissed Circuit Code Judiciare Corpus Juris Secundum Journal du droit international Common Market Law Review

XXXVI

Abkürzungsverzeichnis

Colum. J. Transnat'l L. Colum. L. Rev. Conn. Ct.

Columbia Journal of Transnational Law

D. D. C. Dist. DR

Recueil Dalloz District Court District Deutsches Recht

E. D. Ν. Y. Emory L. J. EuGVU

Eastern District New York Emory Law Journal EWG Ubereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichdicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Europäisches Ubereinkommen über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21.4.1961 Zeitschrift für Europäisches Wirtschaftsrecht

EuU EuZW F. F.2d FAA Fla. FRCivP F. Supp. Fordham Int'l L.J. Fordham L. Rev. Ga. J. Int'l & Comp. L. GRUR GRUR Int. Harv. L. Rev. Hastings L. J. Hdb. IZVR ICC IHK III. Int'l Bus.Law.

Columbia Law Review Connecticut Court

Federal Reporter Federal Reporter, Second Series Federal Arbitration Act Florida Federal Rules of Civil Procedure Federal Supplement Fordham International Law Journal Fordham Law Review Georgia Journal of International and Comparative Law Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil Harvard Law Review Hastings Law Journal Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts International Chamber of Commerce (Paris) Internationale Handelskammer (Paris) Illinois International Business Lawyer

XXXVII

Abkürzungsverzeichnis

Int'l Law. Int'l Tax & Bus. L. Iowa L. Rev. IPG IPRax IPRspr. IZPR

International Lawyer International Tax & Business Lawyer Iowa Law Review Gutachten zum internationalen und ausländischen Privatrecht Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiete des internationalen Privatrechts Internationales Zivilprozeßrecht

JbPrSchiedsger J. Int. Arb. J. Dis. Res. J. L. & Com. J. Mar. L. & Com. J.O. JurBl JurBüro

Jahrbuch für die Praxis der Schiedsgerichtsbarkeit Journal of International Arbitration Journal of Dispute Resolution Journal of Law and Commerce Journal of Maritime Law and Commerce

Ky. Ky.L.J.

Kentucky Kentucky Law Journal

LCIA L. Ed. L. Ed.2d

Lloyd's L. Rep. L. R. Ex.

London Court of International Arbitration Lawyers' Edition, United States Supreme Court Reports Lawyers' Edition, United States Supreme Court Reports, Second Series Law Journal Reports, New Series, Queen's Bench Division Lloyd's Law Reports Law Journal Reports, New Series, Exchequer Division

Mc Gill L.J. Me. L. Rev. Mich. L. Rev. Minn. Miss.

McGill Law Journal Mercer Law Review Michigan Law Review Minnesota Mississippi

Ν. C. L. Rev. n.c.p.c. N. D. Nebt. Ν. E.

North Carolina Law Review Nouveau Code de Prodedure Civile Northern District Nebraska Northeastern Reporter

L.J.Q.B.

Journal Officiel Juristische Blätter (Österreich) Das juristische Büro

XXXVIII

Abkürzungsverzeichnis

Ν. E.2d New Eng. L. Rev. Notre Dame L. Rev. N.W. N. W.2d N.Y. N.Y. L. Forum N.Y.S. N.Y.S. 2d N.Y. Sch. L. Rev. N.Y. U. J. Int'l L. & Pol.

Northeastern Reporter, Second Series New England Law Review

Ohio State J. Disp. Res. Ore. L. Rev.

Ohio State Journal on Dispute Resolution

P.2d Pa. Pas. RabelsZ RDJB rev. arb. Rev. crit. rev. trim. dr. europ. riv. dir. int. priv. proc. SJZ Slg. S. Ct. S.D. S. E.2d So. So.2d Stat. S. W2d

Notre Dame Law Review Nothwestern Reporter Northwestern Reporter, Second Series New York New York Law Forum New York Supplement New York Supplement, Second Series New York Law School Law Review New York University Journal o f International Law and Politics

Oregon Law Review Pacific Reporter, Second Series Pennsylvania Pasicrisie Beige Rabeis Zeitschrift für ausländisches und internationaes Privtrecht Repertoire Decennal de Jurisprudence Beige Revue de l'arbitrage Revue critique de droit international prive Revue trimestrielle de droit europeen Rivista di Diritto Internationale Privato e Processuale Schweizerische Juristen-Zeitung Sammlung der Rechtsprechung des [Europäischen] Gerichtshofs Supreme Court Sothern District Southeastern Reporter, Second Series Sothern Reporter Sothern Reporter, Second Series Statutes at Large, U. S. Southwestern Reporter, Second Series

XXXIX

Abkürzungsverzei chnis

Tex. L. Rev. Trans nat'l Law.

Texas Law Review The Transnational Lawyer

UAA

Uniform Arbitration Act Uniform Commercial Code UCLA Law Review Uniform Enforcement of Foreign Judgments Act Uniform Foreign Money Judgment Recognition Act Uniform Laws Annotated University of Miami Law Review New Yorker Ubereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.06.1958 University of Pennsylvania Journal of International Business Law University of Pennsylvania Law Review United States United States Code United States Code Annotated

ucc

UCLA L. Rev. UEFJA UJMJRA U. L. A. U. Miami L. Rev. UNÜ

U. Pa. J. Int'l Bus. L. U. Pa. L. Rev. U.S. USC U. S. C. A. v. Va. J. Int'l L. Va. L. Rev. Vand. J. Transnat'l L. Wash. L. Rev. W.D. Yale J. World Publ. Ord Yale L. L.

versus Virginia Journal of International Law Virginia Law Review Vanderbilt Journal of Transnational Law Washington Law Review Western District Yale Journal of World Public Order Yale Law Journal

YCA

Yearbook Commercial Arbitration

ZfRV ZSR ZVglRWiss.

Zeitschrift für Rechtsvergleichung (Osterreich) Zeitschrift für schweizerisches Recht Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft

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§ 1

Einführung

Α) Der Gegenstand der Untersuchung Der Gegenstand dieser Untersuchung, das Doppelexequatur von Schiedssprüchen, betrifft die Frage, ob eine ausländische gerichtliche Entscheidung, die einen Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt, ihrerseits als ausländisches Urteil in der Bundesrepublik anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden kann. Ein Beispiel: Ein amerikanisches und ein deutsches Unternehmen schließen einen Vertrag mit einer Schiedsklausel ab, durch die sämtliche Rechtsstreitigkeiten einem Schiedsgericht in New York unterworfen werden. In dem später entstehenden Rechtsstreit erläßt das New Yorker Schiedsgericht einen Schiedsspruch zugunsten der amerikanischen Partei. Diese läßt den Schiedsspruch durch Urteil des New Yorker Supreme Court für vollstreckbar erklären und beantragt anschließend bei dem zuständigen deutschen Gericht die Vollstreckbarerklärung des Urteils des Supreme Court nach §§ 722, 723 ZPO. Dieser Beispielsfall entspricht dem Sachverhalt, der einer Entscheidung des BGH 1 aus dem Jahre 1984 zugrundelag. In dieser Entscheidung bejahte der BGH die Zulässigkeit dieser Vorgehensweise und räumte damit dem Gläubiger eines ausländischen Schiedsspruchs erstmals die Möglichkeit des Doppelexequatur ein, die bis dahin nahezu einhellig abgelehnt wurde.

I. Die rechtliche Ausgangslage Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen ist im deutschen internationalen Zivilverfahrensrecht nicht geregelt. Die Zulässigkeit des Doppelexequatur ist daher auf der Grundlage der Regelung der Anerkennung 1

BGH, RIW 1984, 557.

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§ 1 Einführung

ausländischer Schiedssprüche und ausländischer Urteile im deutschen internationalen Zivilverfahrensrecht zu erörtern. Nach deutschem Recht bestehen für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile und ausländischer Schiedssprüche jeweils mehrere unterschiedliche Regelungskomplexe: Der Gläubiger eines ausländischen Schiedsspruchs (im Beispielsfall das amerikanische Unternehmen) hat die Möglichkeit, diesen nach §§ 1044, 1042 ZPO bzw. den entsprechenden internationalen Abkommen in der Bundesrepublik für vollstreckbar erklären zu lassen. Unter den internationalen Abkommen ist insbesondere das UN-Ubereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (UNÜ) zu nennen, das weitaus bedeutendste internationale Abkommen der Schiedsgerichtsbarkeit, 2 das für die Bundesrepublik am 28.9.1961 in Kraft getreten ist. 3 Das UNÜ, das mittlerweile von 107 Staaten, 4 darunter allen wichtigen Industrienationen, ratifiziert wurde, verpflichtet die Vertragsstaaten, unter den Voraussetzungen des Art. V ausländische Schiedssprüche anzuerkennen und — nach dem in dem jeweiligen Mitgliedsstaat geltenden Verfahren - für vollstreckbar zu erklären. Das U N Ü räumt in seinem Art. I Abs. 3 S. 1 den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit ein, die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung nach dem Abkommen auf Schiedssprüche aus Mitgliedsstaaten zu beschränken; von der Möglichkeit dieses Vorbehalts hat die Bundesrepublik, wie viele andere Staaten, 5 Gebrauch gemacht. 6 Daneben hat die Bundesrepublik sich in insgesamt 9 bilateralen Abkommen zur Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen, die in dem jeweiligen Vertragsstaat ergangen sind, verpflichtet. 7 So stand etwa im Beispielsfall dem amerikanischen Schiedsspruchgläubiger auch die Möglichkeit einer Vollstreckbarerklärung nach Art. VI Abs. 2 des deutsch-amerikanischen Freundschafts-, Handelsund Schiffahrtsvertrags vom 29. Oktober 1954 zur Verfügung. Der Gläubiger eines ausländischen Urteils dagegen kann die Vollstreckbarerklärung des Urteils nach dem in §§ 722 f. ZPO geregelten 2 3

4 5 6 7

Schlosser, Rn. 56; Schwab/Walter, Kap. 41 Rn. 3. Vgl. die Bekanntmachung über das Inkrafttreten des Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche v. 23. März 1962, BGBl. II 102 ff. Stand: 3 1 . 0 3 . 1 9 9 5 ; siehe die Liste der Staaten in Y C A X X I (1996) 389 ff. Siehe die Aufstellung in Y C A X X I (1996) 389 ff. Bek. v. 2 3 . 3 . 1 9 6 2 , BGBl. II S. 102. Siehe die Liste bei Stein/Jonas-ScMosser, Anh. § 1044 Rn. 137.

§ 1 Einführung

3

Verfahren bzw. nach den Vorschriften eines entsprechenden internationalen Abkommens für vollstreckbar erklären lassen. Das wichtigste für die Bundesrepublik geltende internationale Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile ist das Europäische Zuständigkeits- und Vollstreckungsübereinkommen (Brüsseler EWG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27.9.1968 (EuGVÜ)), dessen Geltungsbereich durch das 3. Beitrittsübereinkommen von Donostia-San Sebastian auf alle Mitgliedstaaten der (alten) EG erstreckt wird. 8 Daneben dürfte dem Luganer Abkommen (Luganer Abkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen), dem Parallelabkommen zum EuGVÜ zwischen den EG-Staaten und den (früheren) EFTA-Staaten 9 vom 16.9. 1988, das für die Bundesrepublik am 1.3.1995 in Kraft getreten ist, 10 in Zukunft größere praktische Bedeutung zukommen. Dagegen ist das in der Praxis der Urteilsanerkennung sehr bedeutende Haager Unterhaltsabkommen von 1973 für das Doppelexequatur von Schiedssprüchen zu vernachlässigen, da über Unterhaltsansprüche eher selten durch Schiedsgerichte entschieden wird. Neben den multilateralen Abkommen gelten für die Bundesrepublik auch insg. 11 bilaterale Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile. 11 Die Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen, die einen Schiedsspruch für vollstreckbar erklären oder bestätigen, ist nicht eigens 8

E W G - Ü b e r e i n k o m m e n von D o n o s t i a - S a n Sebastian ü b e r d e n Beitritt des Königreichs Spanien u n d der Portugiesischen R e p u b l i k z u m Ü b e r e i n k o m m e n ü b e r die gerichtliche Z u s t ä n d i g k e i t u n d die Vollstreckung gerichtlicher E n t s c h e i d u n gen in Zivil- u n d H a n d e l s s a c h e n s o w i e z u m P r o t o k o l l b e t r e f f e n d die A u s l e g u n g dieses Ü b e r e i n k o m m e n s d u r c h d e n G e r i c h t s h o f in der Fassung des Ü b e r e i n k o m m e n s ü b e r d e n Beitritt des Königreichs D ä n e m a r k , I r l a n d s , u n d des Vereinigten Königreichs G r o ß b r i t a n n i e n u n d N o r d i r l a n d u n d des Ü b e r e i n k o m m e n s ü b e r d e n Beitritt d e r R e p u b l i k G r i e c h e n l a n d v o m 26. M a i 1989, ABl. E G 1989 N r . L 2 8 4 , S. 1. D a s A b k o m m e n ist f ü r die B u n d e s r e p u b l i k a m 1.12.1994 in K r a f t getreten; BGBl. 1994 II 3 7 0 7 . Z u r G e l t u n g d e s E u G V Ü in d e r Fassung des 3. B e i t r i t t s ü b e r e i n k o m m e n s bzw. d e n jew. a n w e n d b a r e n f r ü h e r e n Fassungen geg e n ü b e r d e n ü b r i g e n E U - S t a a t e n siehe B a u m b a c h / L a u t e r b a c h - A / f c e r i , Schlußa n h . V C 1, Ü b e r s i c h t R n . 1 ff.

9

F i n n l a n d , Island, N o r w e g e n , Ö s t e r r e i c h , S c h w e d e n , Schweiz. BGBl. 1995 II 221. D i e A b k o m m e n sind aufgelistet bei B a u m b a c h / L a u t e r b a c h - A / f o e r s , S c h l u ß a n h . V B.

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§ 1 Einführung

geregelt, weder im autonomen deutschen internationalen Zivilprozeßrecht noch in einem der internationalen Abkommen. Damit ist die Frage, ob der Schiedsspruchgläubiger neben den oben genannten (im Beispielsfall immerhin 3 !) Möglichkeiten, den Schiedsspruch als solchen in der Bundesrepublik für vollstreckbar erklären zu lassen, außerdem - etwa nach seiner Wahl — die Möglichkeit haben soll, das ausländische Exequatururteil als Urteil nach den hierfür geltenden Regeln für vollstreckbar erklären zu lassen, durch Rechtsprechung und Literatur zu beantworten; diese Frage ist seit der BGH-Entscheidung vom 27.3.1984 heftig umstritten (s. u.).

II. Das Doppelexequatur von Urteilen Das Doppelexequatur wird nicht nur für Schiedssprüche diskutiert, sondern auch für Urteile. Das Doppelexequatur von Urteilen betrifft die Frage nach der Anerkennung einer ausländischen Gerichtsentscheidung, die ein Urteil aus einem dritten Staat für vollstreckbar erklärt. Auch dazu ein Beispiel: Zwischen einem deutschen und einem algerischen Unternehmen kommt es zu einem Rechtsstreit vor einem algerischen Gericht, das ein Urteil zugunsten der algerischen Partei erläßt. Diese läßt das Urteil in Frankreich nach dem französisch-algerischen Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen 12 für vollstreckbar erklären und beantragt nun in der Bundesrepublik für das französische Exequatur die Erteilung der Vollstreckungsklausel nach den Artt. 31 ff. EuGVÜ. Das Doppelexequatur von Urteilen betrifft also eine dem Doppelexequatur von Schiedssprüchen sehr ähnliche Situation. Auch das Doppelexequatur von Urteilen ist im deutschen Recht nicht ausdrücklich geregelt. Seine Relevanz wird im Beispielsfall gut deutlich: Das algerische Urteil selbst könnte in der Bundesrepublik möglicherweise schon gemäß § 328 Nr. 5 ZPO nicht anerkannt werden, weil im Verhältnis zu Algerien die Verbürgung der Gegenseitigkeit sehr zweifelhaft ist. 13 C o n v e n t i o n e n t r e la F r a n c e et l'AIgerie relative a l ' e x e q u a t u r et ä l ' e x t r a d i t i o n et de l ' e c h a n g e de lettres c o m p l e t a n t le p r o t o c o l e judiciare signe le 2 7 a ö u t 1964, J. O . 17.8.1965, S. 7 2 6 9 ; abgedr. bei Böckstiegel, S. 1 9 5 - 2 0 0 . D i e Frage ist u m s t r i t t e n : D i e ü b e r w i e g e n d e M e i n u n g der Lit. hält die Verbürg u n g der Gegenseitigkeit f ü r n i c h t gegeben, a n d e r e gehen v o n einer partiellen V e r b ü r g u n g der Gegenseitigkeit aus; Vgl. die N a c h w . zu beiden A n s i c h t e n bei Martiny in H d b . I Z V R I I I / l , R n . 1312.

§ 1 Einführung

5

Das Doppelexequatur von Urteilen ist im deutschen Recht umstritten: Eine Mindermeinung der Literatur vertritt die Zulässigkeit des Doppelexequatur von Urteilen, 14 das jedoch von der Rechtsprechung und der ganz herrschenden Meinung des Schrifttums ablehnt wird. 15

III. Der Begriff des Doppelexequatur Der Begriff des „Doppelexequatur" oder der „Doppelexequierung" von Schiedssprüchen wird in zwei verschiedenen Bedeutungen gebraucht: Der ältere Begriff des Doppelexequatur bezeichnet eine zwar ähnliche, in ihrer rechtlichen Bedeutung aber ganz andere Vorgehensweise, und zwar ist damit das Vorgehen gemeint, den Schiedsspruch zunächst in dem Staat, in dem er erlassen wurde, für vollstreckbar erklären zu lassen und sodann in einem anderen Staat den Schiedsspruch als solchen für vollstreckbar erklären zu lassen. 16 In dieser Verwendung bedeutet der Begriff des Doppelexequatur also in der Tat die 2-fache Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs. Diese Vorgehensweise erklärt sich daraus, daß nach vielen staatlichen Rechtsordnungen die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs von dessen vorheriger Vollstreckbarerklärung im Ursprungsstaat abhängig gemacht wurde, 17 wobei dieser im wesentlichen die Funktion zukam, die Rechtsbeständigkeit des Schiedsspruchs nachzuweisen. Das Doppelexequatur in diesem Sinne war im Ergebnis auch noch nach dem Genfer Abkommen von 1927 (GA) erforderlich. 18 Nach Art. 1 2 d) GA setzt die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs voraus, daß der Gläubiger dessen „Endgültigkeit" nachweist. Diesen Beweis konnte der Schiedsspruchgläubiger nach der Rechtsprechung der meisten Staaten nur durch vorherige Vollstreckbarerklärung im Heimatstaat erbringen. 19

14 15 16 17 18

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Siehe unten § 19, Α. I. Siehe unten § 19, Α. I. Vgl. Borris, Rn. 368; Strub, 68 Tex. L. Rev. 1031, 1045 (1990). Vgl. van den Berg, S. 348. Corte di Cassazione, Y C A VI (1981) 233, 236; Schlosser, Rn. 56; Stein/JonasSchlosser, vor § 1044 Rn. 1; Strub, 68 Tex. L. Rev. 1931, 1045 (1990); Walter, KTS 1983, 664, 666. Smesdresman, 7 Cal. W. Int. L. J. 263, 317 (1977).

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§ 1 Einführung

Das U N Ü dagegen verzichtet ganz bewußt auf die vorherige Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs im Ursprungsland. 20 Daher wird als eine der wesentlichen Errungenschaften des U N Ü die Überwindung des Doppelexequatur in diesem Sinne angesehen. 21 Daneben wird der Begriff „Doppelexequatur" auch für die hier zu untersuchende Vorgehensweise der Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exequatur verwandt. In dieser Verwendung ist der Begriff „Doppelexequatur" zwar ungenau und im Grunde sogar falsch, da es sich nicht um ein zweifaches Exequatur desselben Titels, sondern um hintereinandergeschaltete Exequaturverfahren handelt. Gleichwohl hat sich der Begriff des „Doppelexequatur" auch in dieser zweiten Bedeutung eingebürgert. Daher wird in dieser Untersuchung der Begriff des „Doppelexequatur" für die Vorgehensweise der Exequierung eines ausländischen Exequatur verwendet, und zwar unabhängig von der Art der Vollstreckbarerklärung oder Bestätigung des Schiedsspruchs.

B) Der Meinungsstand im deutschen Recht I. Die Rechtsprechung Die Rechtsprechung stand dem Doppelexequatur bis zu der eingangs genannten Entscheidung des BGH ablehnend gegenüber. So hat das Reichsgericht schon Ende des vergangenen Jahrhunderts in zwei Entscheidungen, in denen die Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche abgelehnt wurde, 22 in obiter dicta das Doppelexequatur von Schiedssprüchen abgelehnt 23 mit der Begründung, der Schieds20

21

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Siehe dazu Corte di Cassazione, Y C A VI (1981) 233, 236; Smesdresman, 7 Cal. W. Int. L. J. 273, 3 1 7 f. (1977). Schlosser, Rn. 56; Smesdresman, 7 Cal. W. Int. L. J. 263, 318 (1977). Die Überwindung des Doppelexequatur i. S. d. GA war erklärtes Ziel der Verfasser des U N Ü ; Strub, 68 Tex. L. Rev. 1031, 1045 f. (1990) m.w. N a c h w . R G Z 5, 397; 30, 368. R G Z 5, 397, 399 f.; 30, 368, 389 f.; die vielfach zitierte Entscheidung RG, JW 38, 468 hingegen ist nicht einschlägig; dort ging es u m die Frage, o b die nach dem maßgeblichen jugoslawischen Recht vorgesehene Bestätigung der Rechtskraft durch das Schiedsgericht einem staatlichen Exequatur i. S. d. deutschen Rechts gleichzustellen sei, die v o m RG mit dem H i n w e i s darauf verneint wurde, daß nach jugoslawischem Recht die Zwangsvollstreckung aus dem Schieds-

§ 1 Einführung

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spruch werde auch durch die Vollstreckbarerklärung im Ausland nicht zu einem Urteil. 24 Die ausländische Vollstreckbarerklärung ihrerseits sei kein Urteil i. S. d. § 660 CPO (entspricht dem heutigen § 328 ZPO) 2 5 und könne im Inland nicht anerkannt werden. 2 6 Der BGH dagegen Schloß sich, wie eingangs gesagt, in 2 Entscheidungen vom 27.3.1984 27 bzw. 10.5.1984 28 einer bis dahin allein von Schlosser vertretenen Auffassung an und ließ das Doppelexequatur zu, „jedenfalls" für den Fall eines US-amerikanischen Urteils, das einen Schiedsspruch, der in dem Gerichtsstaat ergangen ist, bestätigt. 29 In dem ersten der beiden Urteile, dem ein dem Beispielsfall entsprechender Sachverhalt zugrundelag, entschied der BGH, daß ein solches US-amerikanisches Urteil im Verfahren nach §§ 722, 723 ZPO für vollstreckbar erklärt werden könne, wobei allerdings eine nach einem selbständigen Maßstab erfolgende Kontrolle, wie etwa nach § 1044 II Nrn. 2, 4 ZPO, durch die ausländische Gerichtsentscheidung nicht präkludiert sei. 30 In der zweiten Entscheidung, der ein paralleler Sachverhalt (Bestätigung eines New Yorker Schiedsspruchs durch ein New Yorker Gericht) zugrundelag, wobei der Schiedsspruchgläubiger im Unterschied zum erstgenannten Fall die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs beantragt hatte, räumte der BGH dem Schiedsspruchs- (und Urteils-) Gläubiger ein Wahlrecht dahingehend ein, in der Bundesrepublik entweder das ausländische Urteil oder den Schiedsspruch nach den jeweils anwendbaren Vorschriften für vollstreckbar erklären zu lassen. 31 Die Eröffnung des Vollstreckbarerklärungsverfahrens nach autonomem deutschen Recht für ausländische Exequaturentscheidungen begründet der BGH, der sich in beiden Entscheidungen ausdrücklich auf Schlosser bezieht, ausdrücklich mit den Besonderheiten des US-amerikanischen Bestätigungsurteils, das er als Leistungsurteil qualifiziert. 32

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spruch neben der Bestätigung des Schiedsgerichts die Zulassung durch ein staatliches Gericht voraussetzte. R G Z 5, 396, 3 9 9 f. R G Z 30, 368, 3 6 9 f. R G Z 5, 397, 400. B G H , RIW 1984, 557. B G H , RIW 1984, 644. B G H , RIW 1984, 557, 558. B G H , RIW 1984, 557, 558. Hier zitiert der B G H die Ausführungen Schlossers (Schlosser I, Rn 782). B G H , RIW 1984, 644, 645. B G H , RIW 1984, 557, 558.

8

§ 1 Einführung

Diese Qualifikation des amerikanischen Bestätigungsurteils stützt der BGH auf folgende Erwägungen: das Urteil beschränke sich nicht auf eine Bestätigung oder Vollstreckbarerklärung des zugrundeliegenden Schiedsspruchs, sondern enthalte eine „selbständige Verurteilung" zur Zahlung einer Geldsumme. 33 Nach amerikanischem Recht (doctrine of merger) gehe der Schiedsspruch in dem Urteil auf; dies habe die „international-prozeßrechtliche Konsequenz", daß nur noch das gerichtliche Urteil, nicht aber der Schiedsspruch vollstreckt werden könne. 34 Daraus zieht der BGH den Schluß, daß die Auffassung des Reichsgerichts für den Fall des US-amerikanischen Urteils nicht zutreffe 35 und läßt zugleich die Zulässigkeit des Doppelexequatur für alle übrigen Fallgruppen offen. Das Wahlrecht des Schiedsspruchgläubigers zwischen der Vollstreckbarerklärung des Bestätigungsurteils und der des zugrundeliegenden Schiedsspruchs begründet der BGH in der späteren Entscheidung unter erneuter und alleiniger Berufung auf Schlosser mit der Feststellung, daß die Inkorporation des Schiedsspruchs in der Exequaturentscheidung nach der doctrine of merger die Vollstreckbarerklärung des (nach amerikanischem Recht nunmehr erloschenen) Schiedsspruchs nach § 1044 ZPO nicht ausschließen könne. 36 Nach den beiden BGH-Entscheidungen wurden bisher lediglich zwei weitere Entscheidungen zum Doppelexequatur veröffentlicht. Das LG Hamburg 3 7 hatte über die Vollstreckbarerklärung eines Urteils des englischen High Court zu entscheiden, das einen englischen Schiedsspruch für vollstreckbar erklärte und daneben Zinsen für einen Zeitraum nach Erlaß des Schiedsspruchs zusprach; zwischenzeitlich hatte der Schiedsspruchschuldner die Hauptsumme sowie einen Teil der Zinsen bereits gezahlt, so daß sich das Verfahren vor dem LG Hamburg im wesentlichen nur auf Zinsen bezog, die für den Zeitraum zwischen Erlaß des Schiedsspruchs und Erlaß des Urteils des High Court zugesprochen worden waren. Das LG bezeichnet den Zinsausspruch des High Court - worin es einen wesentlichen Unterschied zu dem vom BGH entschiedenen Fall sieht - als eine völlig neue selbständige Verurteilung, bezüglich derer 33 34 35 36 37

B G H , RIW 1984, 557, 558. B G H , RIW 1984, 557, 558. B G H , RIW 1985, 557, 558. B G H , RIW 1985, 644, 645. LG H a m b u r g , RabelsZ 5 3 (1989) 165. D a s Verfahren wurde in der Berufungsinstanz durch einen Vergleich beendet ( A n d e r e g g , RabelsZ 5 3 (1989) 171, 174).

§ 1 Einführung

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die Klage auf Vollstreckbarerklärung statthaft sei. 38 Es wird allerdings nicht näher begründet, warum die Verurteilung zur Zinszahlung unter diesen Umständen als Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs angesehen wird. Das LG Hamburg nimmt zum Doppelexequatur dahingehend Stellung, daß dieses dann nicht zuzulassen sei, wenn die Parteien des Schiedsspruchs weder eine Beziehung zum Ursprungsstaat des Schiedsspruchs noch zum Staat des Erstexequatur, wohl aber zur Bundesrepublik haben, und wenn das Exequatur zur Vollstreckbarerklärung der selbständigen Zinsverurteilung führen solle und diese selbständige Verurteilung im Wege der unmittelbaren Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs nicht erlangt werden könnte. 39 Unter diesen, im konkreten Fall vorliegenden Umständen fehle der Vollstreckungsklage das Rechtsschutzbedürfnis. 40 Unabhängig von der Frage, ob das LG hier wirklich Anlaß hatte, zum Doppelexequatur Stellung zu nehmen, ist die Begründung insoweit widersprüchlich, als nach seinem Ausgangspunkt, es liege eine selbständige Verurteilung zur Zinszahlung vor, kein Fall des Doppelexequatur vorgelegen hätte. Immerhin läßt sich der Entscheidung die Ansicht entnehmen, daß im Fall des grundsätzlich möglichen Doppelexequatur eines Schiedspruchs besondere Anforderungen an das Rechtsschutzinteresse für die Vollstreckungsklage zu stellen sind. Ebenfalls zur Vollstreckbarerklärung einer englischen Exequaturentscheidung erging die Entscheidung des OLG Hamburg, 41 der jüngsten (veröffentlichten) Entscheidung zum Doppelexequatur. Das OLG schließt sich der Ansicht des BGH ohne größere Ausseinandersetzung mit der Frage der Zulässigkeit des Doppelexequatur an und begründet sein Ergebnis ganz ähnlich wie der BGH damit, daß das englische Urteil keine „lediglich formale Bestätigung" oder „Vollstreckbarerklärung" des englischen Schiedsspruchs, sondern eine „selbständige Verurteilung" zur Zahlung sei.42 Damit will das OLG das Doppelexequatur offensichtlich auf diese Fälle einer „selbständigen Verurteilung" begrenzen und eine „Vollstreckbarerklärung" des Schiedsspruchs nicht ausreichen lassen, da dieser Umstand als „Voraussetzung" 43 für das Doppelexequatur bezeichnet wird. Leider sieht das OLG von einer Begründung dieser Unterscheidung ab. 38 39 40 41 42 43

LG Hamburg, RabelsZ 53 (1989) LG Hamburg, RabelsZ 53 (1989) LG Hamburg, RabelsZ 53 (1989) OLG Hamburg, RIW 1992, 939. OLG Hamburg, RIW 1992, 939, OLG Hamburg, RIW 1992, 939,

165, 168. 165, 169. 165, 169. 940. 940.

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Dagegen beschäftigt sich das O L G recht ausführlich mit Fragen des Rechtsschutzinteresses. Dieses lag nach Ansicht des O L G im konkreten Fall vor, da es für den Schiedsspruchgläubiger in England keinen einfacheren oder kostensparenderen Weg zur Durchsetzung der Zinsansprüche für die im Schiedsspruch zugesprochene Summe gegeben habe als zunächst das Exequatur in England zu erlangen. 4 4 Offenbar hatte der High Court in der Exequaturentscheidung gemäß sec. 20 des englischen Arbitration Act 1950 Zinsen seit Erlaß des Schiedsspruchs festgesetzt; dies war erforderlich, da nach englischem Schiedsverfahrensrecht das Schiedsgericht bis vor kurzem keine Verpflichtung zur Zahlung von Prozeßzinsen für die Zeit nach Erlaß des Schiedsspruchs aussprechen konnte. 4 5 Diesen - etwas unklaren - Ausführungen wird man wohl entnehmen können, daß nach Ansicht des O L G Hamburg ein Rechtsschutzbedürfnis für das Doppelexequatur jedenfalls dann besteht, wenn dadurch im Inland ein Titel für Zinsansprüche erlangt werden kann, der ansonsten, wenn überhaupt, nur durch ein weiteres Verfahren (das Exequatur bezüglich der englischen Exequaturentscheidung) erlangt werden könnte.

II. Die Meinungen der Literatur In der Literatur werden zum Doppelexequatur unterschiedliche Ansichten vertreten. Ein Teil des Schrifttums vertritt die Zulässigkeit des D o p pelexequatur von Schiedssprüchen. 4 6 Teilweise wird auch die Rechtsprechung des B G H ohne eigene Stellungnahme dargestellt. 4 7 Dabei gehen die Stellungnahmen zumeist — unausgesprochen — von der Fallkonstellation einer im Ursprungsland des Schiedsspruchs ergangenen Vollstreckbarerklärung aus. Zu der in der Argumentation des B G H angelegten Unterscheidung hinsichtlich der Zulässigkeit des D o p pelexequatur für Exequaturentscheidungen, die den Schiedsspruch in-

44 45 46

47

OLG Hamburg, RIW 1992, 939 f. Siehe dazu auch unten § 12, Α. I. Baumbach/Lauterbach -Albers, § 1044 Rn. 4; Baumbach/Lauterbach-Hartmann, § 328 Rn. 8; Kohl, S. 128, Fn. 18; Maier, Rn. 472; Sandrock/Hentzen, 2 Transnat'l Law. 51, 82 (1989). Borris, Rn. 328; Kropboller, IPR, § 60 II 2 b) (S. 553 f.); Linke, Rn. 377; Raeschke-Kessler/Berger/Lebne, Rn. 579 ff.; Schütze in Assmann/Schütze, § 29 Rn. 40 f.; ders., Schiedsverfahren, Rn. 143.

§ 1 Einführung

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korporieren, also der doctrine of merger des angloamerikanischen Rechts folgen, 48 einerseits und sonstigen Exequaturentscheidungen andererseits, wird nur selten Stellung genommen. Teilweise wird die Ansicht vertreten, das Doppelexequatur sei auf die erstgenannte Fallgruppe beschränkt. 49 Im übrigen soll wohl das Doppelexequatur für alle Arten staatlicher Exequaturentscheidungen grundsätzlich möglich sein; dies wird allerdings nur vereinzelt auch explizit vertreten. Die vom BGH dem Gläubiger zugestandene Wahlmöglichkeit, entweder den Schiedsspruch oder das Urteil für vollstreckbar erklären zu lassen, wird von den Befürwortern des Doppelexequatur einhellig akzeptiert. 50 Am differenziertesten hat bislang Schlosser zum Doppelexequatur Stellung genommen; 51 er befürwortet das Doppelexequatur von Schiedssprüchen für alle Arten staatlicher Exequaturentscheidungen und spricht sich auch für das Wahlrecht des Gläubigers aus, entweder den Schiedsspruch oder das staatliche Urteil für vollstreckbar erklären zu lassen. Auch nach der Ansicht Schlossers ist das Doppelexequatur allerdings nur dann zulässig, wenn die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs in dem Staat erfolgt, in dem dieser erlassen wurde. Die Ausweitung des Doppelexequatur auf den Fall, daß die Vollstreckbarerklärung in einem dritten Staat erfolgte, lehnt Schlosser ausdrücklich ab. 52 Die Befürworter des Doppelexequatur gehen davon aus, daß es sich bei dem staatlichen Exequatur um ein anerkennungsfahiges Urteil i. S. d. § 328 ZPO handele und begründen dies damit, daß es das entscheidende Kriterium für die Abgrenzung von anerkennungsfähigen zu nicht anerkennungsfähigen Entscheidungen sei, ob die Entscheidung in materielle Rechtskraft erwachse; 53 das Exequatur aber sei der materiel48

49

50

51 52 53

Im Sinne einer derartigen Unterscheidung wird die BGH-Rechtsprechung interpretiert z . B . bei Schütze in Beck'sches Prozeßformularbuch, I. T.16 A n m . 2 (S. 324). Baumbach/Lauterbach-Hariman«, § 328 Rn. 8 f.; Kilgus, S. 133; MünchKommZPO-Gottwald, § 7 2 2 Rn. 16; w o h l auch: Martiny in H d b . IZVR III/ 1, Rn. 527; Minoli, RIW 1984, 6 4 7 f. Fn. l a ; Raeschke-Kessler, N J W 1988, 3041, 3049. Anderegg, RabelsZ 5 3 (1989) 171, 183; Baumbach/Lauterbach-M>ers, § 1044 Rn. 4; Maier, Rn. 472; Schlosser, Rn. 908; ders., IPRax 1985, 141 ff.; Stein/ Jonas-Schlosser, § 1044 Rn. 75. Wohl auch: Borris, Rn. 328. Schlosser, IPRax 1985, 141 ff.; ders., Rn. 908. Schlosser, IPRax 1985, 141, 143; siehe auch unten § 12, Β. II. Kilgus, S. 119; Schlosser, IPRax 1985, 141, 142; S t e i n / J o n a s - S c h u m a n n , § 328 Rn. 103.

12

§ 1 Einführung

len Rechtskraft fähig, 54 da die Wirksamkeit des Schiedsspruchs aufgrund des Exequatur nicht mehr in Frage gestellt werden könne. 55 Im übrigen sei das Doppelexequatur von Schiedssprüchen ein international weit verbreitetes Mittel, um Schiedssprüche zu vollstrecken, wenn die Anerkennung des Schiedsspruchs zweifelhaft oder ausgeschlossen sei;56 es ergäben sich also zusätzliche Möglichkeiten der Durchsetzung des Schiedsspruchs. 57 Außerdem ergäben sich durch das Doppelexequatur bedeutende praktische Vorteile für den Schiedsspruch-Gläubiger: 58 Zum einen könnten dadurch Zinsansprüche, die zwischen Erlaß des Schiedsspruchs und Erlaß der Exequaturentscheidung anfielen, auf diese Weise mitvollstreckt werden, was im Wege der Vollstreckung des Schiedsspruchs nicht immer möglich sei. 59 Im übrigen könnten auch Kosten für die Übersetzung des Schiedsspruchs entfallen, die wegen der oft sehr ausführlichen Begründung von Schiedssprüchen mitunter recht beträchtlich sein könnten. 60 Nach einer weiteren Auffassung ist das Doppelexequatur von Schiedssprüchen zumindest bei englischen Exequaturentscheidungen zulässig, jedoch nur dann, wenn das Exequatur „eine über die Vollstreckbarerklärung hinausgehende vollstreckbare Aussage" enthält. 61 Die wohl herrschende Meinung der Literatur indessen lehnt das Doppelexequatur von Schiedssprüchen grundsätzlich ab. 62 Zur Begründung wird vor allem damit argumentiert, daß die Anerkennung einer ausländischen Exequaturentscheidung nach § 328 ZPO schon deswegen ausscheide, weil ein Exequatur keine anerkennungsfähigen Urteilswir54 55 56 57

58

59 60 61 62

Kilgus, S. 119; Schlosser, IPRax 1985, 141, 142. Schlosser, IPRax 1985, 141, 142. Schlosser, IPRax 1985, 141, 142. Sandrock/Hentzen, 2 Transnat'l Law. 51, 90 (1989); Schlosser, IPRax 1985, 141, 142. Anderegg, RabelsZ 53 (1989) 171, 183; Schlosser, IPRax 1985, 141, 143; s. auch unten § 11, A. Schlosser, IPRax 1985, 141, 143; s. auch unten § 11, Α. I. Schlosser, IPRax 1985, 141, 143; Schlosser, Rn. 908. S. auch unten § 11, B. Kilgus, S. 133. Geitner, IZPR, Rn. 3899; Geirrter/Schütze, 1/2, § 1238.5 (S. 1692); Kegel, FS Müller-Freienfels (1986) S. 377, 387; Nagel, Rn. 655, Rosenberg!Gaul/Schilken, § 12 II 8 (S. 146); Schuck, IZVR, Rn. 936; Schütze in Schütze/Tscherning/Wais, Rn. 637; ders. in Beck'sches Prozeßformularbuch, I. T.15, Anm. 2 (S. 324); Schwab/Walter, Kap. 30 Rn. 13; Wieczorek, § 722 C I b, § 328, Β II d 3; ZöllerGeimer, § 722 Rn. 8, § 1044 ZPO Rn. 7a; wohl auch: Baur/Stürner, Rn. 57.1; Stein/Jonas-Münzfcerg, § 722 Rn. 10.

§ 1 Einführung

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kungen entfalte. 63 Dies wiederum folge daraus, daß die Vollstreckbarerklärung nur territoriale Geltung habe. 64 In dieselbe Richtung geht das Argument, daß auf die Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen auch nach dessen Vollstreckbarerklärung im Ausland, und zwar auch in solchen Staaten, die der doctrine of merger folgten, ausschließlich die Vorschriften des § 1044 ZPO anwendbar seien, da das Verfahren nach §§ 722 f. ZPO nur Entscheidungen staatlicher Gerichte erfasse. 65 Neben dieser dogmatischen Argumentation wird vor allem darauf verwiesen, daß im Falle eines Doppelexequatur die eigenen Regelungen über die Anerkennung zugunsten der Regeln eines anderen Staates aufgegeben würden. 66 Dasselbe ist gemeint, wenn beklagt wird, daß dem Schiedsspruchschuldner durch das Doppelexequatur der Schutz durch die Anerkennungsvoraussetzungen des § 1044 ZPO genommen werde, da in diesem Fall weder die Unwirksamkeit der Schiedsabrede noch Mängel des Schiedsverfahrens überprüft werden könnten. 67 Ganz ähnlich ist der Einwand, daß sich unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen ergäben, da § 328 ZPO weniger strenge Anerkennungsvoraussetzungen enthalte als § 1044 ZPO. 6 8 Weiter wird vorgebracht, die Einräumung einer zusätzlichen Vollstreckungsmöglichkeit durch das vom BGH angenommene Wahlrecht des Gläubigers könne zu einer Vervielfältigung der Vollstreckungstitel des Gläubigers führen, 69 die international unerwünscht sei 70 und den Schuldner gefährde, da der Gläubiger nunmehr aus zwei Titeln unabhängig voneinander die Vollstreckung betreiben könne. 71 Außerdem

63

64

65 66 67 68 69 70 71

Geimerl Schütze I §§ 107 VIII, 193 XII, 218.5.; Kallmann, S. 362; Linke, R n . 355 (zum E x e q u a t u r eines Urteils); Martiny in H d b . I Z V R III/1 R n . 371; Schack, I Z V R , R n . 936. Geimer/Schütze I, §§ 107 VIII, 193 XII, 218.5.; Kallmann, S. 362; Kegel, FS Müller-Freienfels (1986) S. 377, 378; Schack, I Z V R , R n . 937. S t e i n / J o n a s - M ü n z b e r g , $ 7 2 2 R n . 10; Z ö l l e r -Geimer, § 7 2 2 R n . 8. Kegel, FS Müller-Freienfels (1986) S. 377, 383; Schack, I Z V R , R n . 936. Schütze in Schütze/Tscherning/Wais, R n . 637. Ähnl.: Kilgus, S. 150 ff. Schwab/Walter, K a p . 30 R n . 13. Kegel, FS Müller-Freienfels (1986) S. 377, 387; Schack, I Z V R , R n . 937. Schack, I Z V R , R n . 937. Kegel, FS Müller-Freienfels (1986) S. 377, 387; M ü n c h K o m m Z P O - G o t t w a l d , § 7 2 2 R n . 16; Schack, I Z V R , R n . 937; Schütze, D I Z P R , S. 219; Schwab/Walter, K a p . 3 0 R n . 13, d e r a b e r zugleich e i n r ä u m t , d a ß dieses P r o b l e m „zufriedenstell e n d " gelöst w e r d e n k a n n (Kap. 30 R n . 13).

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§ 1 Einführung

fördere das Doppelexequatur die Gefahr widersprechender Entscheidungen. 72 Schließlich soll die Unzulässigkeit des Doppelexequatur auch aus dem in Artt. 20 II, 103 I GG niedergelegten Anspruch auf den gesetzlichen Richter folgen, 73 denn in der Schiedsabrede liege ein Verzicht der Parteien auf den gesetzlichen (staatlichen) Richter, über dessen Wirksamkeit nach dem GG nur der deutsche Richter zu entscheiden habe; die Überprüfung des Verzichts auf den gesetzlichen Richter einem ausländischen Gericht zu überlassen, sei mit dem verfassungsrechtlich garantierten Rechtsschutz nicht zu vereinbaren. 74 Gegenüber der Wahlmöglichkeit des Gläubigers wird für den Fall, daß der Schiedsspruch nach dem Recht des Urteilsstaates in dem Urteil aufgeht, eingewandt, daß die Argumentation des BGH widersprüchlich sei, da dieser in dem Erlöschen des Schiedsspruchs den wesentlichen Grund für die Anerkennungsfähigkeit des Bestätigungsurteils sehe; werde diese Wirkung aber anerkannt, könne der Schiedsspruch keinen vollstreckungsfahigen Inhalt mehr haben. 75

C) Rechtsvergleichender Ausblick Vergleicht man die Haltung der verschiedenen Rechtsordnungen zum Doppelexequatur von Schiedssprüchen und von Urteilen, so ergibt sich, daß die meisten Rechtsordnungen im Ergebnis mit der deutschen Rechtsprechung übereinstimmen: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen wird wohl von den meisten Staaten akzeptiert und ist in einigen Ländern sogar gängige Praxis; am deutlichsten zeigt sich dies in den USA, wo das Doppelexequatur von Schiedssprüchen einhellig anerkannt wird, wie noch im einzelnen dargestellt wird. Auch im französischen Recht wird das Doppelexequatur von Schiedssprüchen von der Rechtsprechung und der herrschenden Meinung der Literatur als zusätzliche Möglichkeit der Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche akzeptiert; 76 ebenso praktiziert die italie72 73 74 75

76

Kegel, FS Müller-Freienfels (1986) S. 377, 387. Schütze, DIZPR, S. 221; ders. in Schütze/Tscherning/Wais, Rn. 637. Schütze, DIZPR, S. 221. Schütze, DIZPR, S. 219; ders., JbPrSchiedsger 3 (1989) 118, 121; ders. in Schütze/Tscherning/Wais, Rn. 637. Bredin, Clunet 87 (1960) 459, 462; siehe weitere Nachw. zur K.M. wie zu den Gegenmeinungen bei Fouchard, Anm. 753.

§ 1 Einführung

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nische Rechtsprechung das Doppelexequatur von Schiedssprüchen, 77 dasselbe gilt für Brasilien. 78 Ganz im Gegensatz zu dieser weiten Akzeptanz des Doppelexequatur von Schiedssprüchen steht die ganz überwiegende Ablehnung des Doppelexequatur von Urteilen; der von Gavalda geprägte Satz „exequatur sur exequatur ne vaut" 7 9 hat wohl für die meisten Rechtsordnungen Gültigkeit. Eine wesentliche Ausnahme gilt für das US-amerikanische Recht, wo zumindest von einigen Bundesstaaten das Doppelexequatur bei ausländischen Urteilen akzeptiert wird und innerhalb der amerikanischen Bundesstaaten das Doppelexequatur von Urteilen gängige Praxis ist. 8 0

D) Der Gang der Untersuchung Ziel dieser Untersuchung ist es, zur Zulässigkeit und den Voraussetzungen des Doppelexequatur von Schiedssprüchen umfassend Stellung zu nehmen. Dabei sollen die in der bisherigen Diskussion geäußerten Bedenken und Einwände erörtert werden und soll Auskunft darüber gegeben werden, ob und ggf. in welchen weiteren Fällen, neben der vom B G H entschiedenen Fallkonstellation, das Doppelexequatur in Betracht kommt.

I. Die Urteilsqualität des Exequatur Zunächst ist die Frage zu untersuchen, ob das Exequatur als ein Urteil i. S. d. § 328 ZPO angesehen werden kann. Dabei stellt sich zugleich die Frage nach einer differenzierten Lösung für verschiedene Arten der Bestätigung bzw. der Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen durch Entscheidung staatlicher Gerichte, wobei stellvertretend für die Vielzahl unterschiedlicher Exequaturverfahren

77

78 79 80

Vgl. Corte di Cassazione, riv.dir.int.priv.proz. 16 (1980) 5 9 4 = (1982) 333. Schlosser, IPRax 1985, 141, 142 f. Gavalda, in: Tribunal civil de la Seine, Clunet 6 2 (1935) 106, 113. Siehe unten § 14, Β. IV. 2.

Y C A VII

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§ 1 Einführung

zwei Verfahren herausgegriffen und gegenübergestellt werden, die sich zumindest in ihrem Selbstverständnis stark unterscheiden: das Verfahren des kontinentaleuropäischen Exequatur einerseits, für das hier stellvertretend das Verfahren nach den §§ 1042 ff. ZPO untersucht wird (1. Kap.), und das Verfahren des angloamerikanischen Rechts andererseits, nach dem ja der Schiedsspruch in dem Urteil aufgeht. Der Vergleich der unterschiedlichen Verfahren erfordert freilich eine knappe Darstellung des US-amerikanischen Rechts der Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen und von Exequaturentscheidungen, die allerdings auf das zum Verständnis der hier erörterten Problematik erforderliche Mindestmaß beschränkt ist (4. Kap.).

II. Die materiellen Probleme des Doppelexequatur Der dogmatische Streit um die Urteilsqualität und die Anerkennungsfähigkeit einer Exequaturentscheidung steht allerdings nicht im Vordergrund dieser Untersuchung; wichtiger erscheint die Auseinandersetzung mit den materiellen Problemen bzw. den Vorzügen des Doppelexequatur. Dies gilt jedenfalls für die Praxis, da sich die Rechtsprechung über die dogmatischen Einwände hinweggesetzt hat.

1. Geringere Anforderungen

an den

Schiedsspruch

Der zentrale materielle Aspekt des Doppelexequatur ist die Frage, ob und in welchem Umfang das Doppelexequatur - im Vergleich zur direkten Vollstreckbarerklärung — zu geringeren Anforderungen an den zugrundeliegenden Schiedsspruch führt. Es stellt sich auch die Frage, wie ggf. bestehende Unterschiede zu bewerten sind: Interessanterweise werden diese von den Befürwortern des Doppelexequatur als dessen wesentlicher Vorzug angesehen, während die Gegner hieraus die größten Bedenken ableiten. Hier ist zunächst zu untersuchen, ob und in welchem Umfang denn überhaupt die befürchteten bzw. erhofften Unterschiede in den Anerkennungsvoraussetzungen bestehen. In dieser Frage herrscht auffallende Unsicherheit und stehen sich zwei gegensätzliche Einschätzungen gegenüber: Während beispielsweise Mezger nur sehr geringe Anerkennungsunterschiede sieht und daher der Frage des Doppelexequatur nur eine

§ 1 Einführung

17

geringe praktische Bedeutung beimißt, 8 1 schätzen andere die Möglichkeit, die Exequaturentscheidung eines als solchen nicht anerkennungsfähigen Schiedsspruchs für vollstreckbar erklären zu lassen, als durchaus praktisch bedeutsam ein. 8 2 D a eine eingehende Analyse dieser Frage, die für die Bewertung des Doppelexequatur von zentraler Bedeutung ist, bislang fehlt, enthält diese Untersuchung des Doppelexequatur eine vertiefte Erörterung der Anforderungen an den Schiedsspruch bei der unmittelbaren Vollstreckbarerklärung einerseits, im Verfahren des Doppelexequatur andererseits (2. Kap.).

2. Überprüfung des Schiedsspruchs beim Doppelexequatur Mit dem Bestehen unterschiedlicher Anerkennungsvoraussetzungen hängt eine weitere Frage aufs engste zusammen: die Frage, o b und inwieweit der dem Exequatur zugrundeliegende Schiedsspruch und das diesem vorangegangende Verfahren im Verfahren des Doppelexequatur überprüft werden können. Die meisten Stellungnahmen zum Doppelexequatur gehen hierauf nicht ausdrücklich ein. Aus den Begründungen der unterschiedlichen Ansichten zur Zulässigkeit des Doppelexequatur ergibt sich jedoch, daß auch hierzu sehr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden, die von dem Fehlen jeglicher Überprüfung des Schiedsspruchs bis zu einer nahezu uneingeschränkten Kontrolle des Schiedsspruchs — und offenbar auch des Schiedsverfahrens — anhand der Anerkennungsvorschriften reichen. S o wird in der Literatur, insbesondere von den Gegnern des Doppelexequatur, die Ansicht vertreten, im Verfahren des Doppelexequatur sei jegliche Kontrolle des Schiedsspruchs und des Schiedsverfahrens ausgeschlossen. 8 3 Dagegen will etwa der B G H neben der Exequaturentscheidung, die anhand des § 722 Z P O und des § 328 Z P O zu beurteilen ist, auch den Schiedsspruch selbst überprüfen, und zwar, soweit die K o n trolle anhand eines selbständig anzusetzenden Maßstabs (etwa nach

81

Mezger,

R I W 1 9 8 4 , 6 4 7 , 6 4 8 ; im E r g e b n i s e b e n s o : Schlosser,

1 4 3 . W o h l a u c h : Schwab/Walter, 82

Vgl. Anderegg,

83

A u s d r ü c k l . : Schütze

IPRax 1985, 141,

K a p . 3 0 R n . 13.

RabelsZ 53 (1989) 171, 183; Borris Rn. 328. in Schütze/Tscherning/Wais,

R n . 6 3 7 . Im übrigen

folgt

diese A n s i c h t aus dem E i n w a n d , d u r c h das D o p p e l e x e q u a t u r würden die A n e r kennungsvoraussetzungen N a c h w . oben Β . II.

des deutschen

Rechts

u m g a n g e n , siehe dazu

die

18

§ 1 Einführung

§ 1044 Abs. 2 Ziff. 2, 4 ZPO) durchzuführen sei; denn in diesen Fällen könne die Kontrolle nicht durch die ausländische Gerichtsentscheidung „präkludiert" sein. 84 Eine demgegenüber wesentlich eingeschränkte Kontrolle des Schiedsspruchs wird offenbar von Schlosser vertreten: Ausgangspunkt der Überprüfung des Schiedsspruchs sind nach dieser Ansicht die Anerkennungsregeln für Schiedssprüche, soweit diese einen „selbständig anzusetzenden" Maßstab enthalten. 85 Allerdings soll diese Kontrolle im Rahmen des ordre public, § 328 I Nr. 4 ZPO, erfolgen und davon abhängen, wie der Anerkennungsversagungsgrund im ausländischen Exequaturverfahren beurteilt wurde. 86 Nach den in der Literatur vertretenen Ansichten ist somit der zugrundeliegende Schiedsspruch im Verfahren des Doppelexequatur gar nicht oder nur sehr eingeschränkt zu überprüfen. Nach der Ansicht des BGH hingegen sind Schiedsspruch und Schiedsverfahren beim Doppelexequatur nahezu im selben Umfang zu überprüfen wie bei einer direkten Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs nach §§ 1044, 1042 ZPO. Es fragt sich allerdings, ob eine derartig weitgehende Überprüfung des Schiedsspruchs im Rahmen der Anerkennung des ausländischen Urteils überhaupt noch möglich ist. Einwände kommen hier insbesondere aufgrund des Verbotes der revision au fond, § 723 II ZPO, in Betracht. Gerade die Problematik der Kontrolle des Schiedsspruchs beim Doppelexequatur ist bislang kaum diskutiert worden - zu Unrecht, hängt es doch von der Wahl des Anerkennungsmaßstabs ab, ob und in welchem Umfang es durch das Doppelexequatur zu unterschiedlichen Anerkennungsvoraussetzungen hinsichtlich des Schiedsspruchs kommen kann. Da die Frage nach dem Umfang der Nachprüfung des Schiedsspruchs und des Schiedsverfahrens für die Möglichkeit, Anerkennungsversagungsgründe zu „umgehen" und darüber hinaus für die praktische Handhabung des Doppelexequatur von entscheidender Bedeutung ist, hat die Untersuchung des Doppelexequatur auch zum Maßstab der Kontrolle der ausländischen Exequaturentscheidung, insbesondere im Hinblick auf den zugrundeliegenden Schiedsspruch, Stellung zu nehmen (1. Kap., §3).

84 85 86

BGH, R I W 1984, 557, 558. Schlosser, Rn. 908. Schlosser, Rn. 908.

19

§ 1 Einführung

3. Sonstige Probleme

und Vorteile des

Doppelexequatur

Neben dem Problem der möglicherweise unterschiedlichen Anerkennungsvorausetzungen sind noch weitere Fragen im Zusammenhang mit dem Doppelexequatur zu betrachten; so etwa der Einwand der Schuldnergefährdung durch eine Multiplikation der Vollstreckungstitel (3. Kap., § 10). Schließlich sind die behaupteten praktischen Vorteile des Doppelexequatur einer kritischen Überprüfung zu unterziehen, um das Gewicht dieses Argumentes einschätzen zu können (3. Kap., § 11).

III. Fallgruppen Beim Doppelexequatur von Schiedssprüchen sind eine ganze Anzahl unterschiedlicher Fallgestaltungen denkbar, die möglicherweise zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung führen: Die wichtigste Unterscheidung, die hier zu berücksichtigen ist, ist die zwischen dem Exequatur i. S. d. kontinentaleuropäischen Rechts einerseits, des common-lawRechtskreises andererseits. Außerdem ergeben sich unterschiedliche Fallgruppen je nachdem, ob der Schiedsspruch in seinem Ursprungsstaat oder in einem dritten Staat exequiert wurde. Vor allem aber stellt sich die Frage nach der Anwendbarkeit völkerrechtlicher Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen auf Exequaturentscheidungen.

1. Doppelexequatur Abkommen

im Geltungsbereich

internationaler

Die Zulässigkeit des Doppelexequatur von Schiedssprüchen ist im Geltungsbereich internationaler Abkommen möglicherweise anders zu beurteilen als im Bereich des autonomen deutschen Rechts, da ζ. B. der Urteilsbegriff der Abkommen ein anderer sein kann. Vor allem aber ergeben sich hinsichtlich der materiellen Gesichtspunkte (Umgehung von Anerkennungsvoraussetzungen, praktische Vorteile des Doppelexequatur etc.) möglicherweise Unterschiede. Die Bundesrepublik ist an zahlreichen multilateralen und bilateralen Abkommen beteiligt, die die Vollstreckbarerklärung ausländischer Ge-

20

§ 1 Einführung

richtsurteile regeln. Neben den erleichterten Anerkennungsvoraussetzungen und der durch das Abkommen gesicherten Gegenseitigkeit hat hier vor allem der Gesichtspunkt des gegenüber der Klage nach §§ 722, 723 ZPO vereinfachten Verfahrens der Vollstreckbarerklärung eine für die Praxis entscheidende Bedeutung. Für den Bereich des völkervertraglichen Anerkennungsrechts wird in dieser Untersuchung stellvertretend das Doppelexequatur im Anwendungsbereich des EuGVÜ 8 7 erörtert, da das EuGVÜ die weitaus größte praktische Bedeutung aller für Deutschland geltenden Abkommen zur Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile hat (3. Kap., § 12).

2. Doppelexequatur

von Schiedssprüchen

aus

Drittstaaten

Weiterhin ist zu prüfen, ob eine unterschiedliche Beurteilung für den Fall einer Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs in dem Staat, in dem er ergangen ist, und dem Fall einer Vollstreckbarerklärung in einem dritten Staat geboten ist. Als weitere Fallgruppen sind schließlich das Doppelexequatur eines ausländischen Schiedsspruchs und das Doppelexequatur eines inländischen Schiedsspruchs zu unterscheiden. Für diese Fallgruppen ist jeweils die „Nationalität" des Schiedsspruchs von entscheidender Bedeutung.

a) Der „Heimatstaat" des Schiedsspruchs Für die Bestimmung der „Nationalität" oder des „Heimatstaates" des Schiedsspruchs finden sich im internationalen Vergleich unterschiedliche Regelungen. Nach der im deutschen Recht herrschenden Ansicht, die insbesondere von der Rechtsprechung vertreten wird, bestimmt sich die Nationalität eines Schiedsspruchs danach, welchem Recht das Schiedsverfahren unterlag. 88 Ein deutscher Schiedsspruch ist also ein Schiedsspruch, der nach deutschem Schiedsverfahrensrecht ergangen ist; in glei-

87

88

D a s E u G V Ü ist nach h . M . ein völkerrechtlicher Vertrag; Baur/Stürner, Rn. 55.2; Kropboller, Einl. Rn. 12. B G H Z 96, 40, 41; B G H , J Z 1957, 26; B G H , W M 1988, 1178, 1179; OLG Frankfurt/M, RIW 1984, 400; OLG Frankfurt/M, KTS 1982, 302, 304; Habscheid, KTS 1964, 146, 147; Gildeggen, S. 12 Fn. 60 m . w . N a c h w . ; Walter/Stadler, Z Z P 100 (1987) 239, 242. A . A . : Mann, FS O p p e n h o f f (1985) S. 215 ff.; von Beringe, N J W 1959, 80 ff.; Henn, S. 251.

§ 1 Einführung

21

eher Weise bestimmt sich die jeweilige Nationalität eines ausländischen Schiedsspruchs. Die meisten anderen Rechtsordnungen bestimmen die Nationalität eines Schiedsspruchs hingegen danach, in welchem Staat der Schiedsspruch ergangen ist. 89 Diese unterschiedlichen Kriterien, die in den meisten Fällen zu einer übereinstimmenden Herkunftsbestimmung gelangen, können durchaus zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, mit entsprechenden Schwierigkeiten. Aufgrund dieser Unterschiede in der Herkunftsbestimmung ist das UNÜ nach seinem Art. 1 I 1 auf Schiedssprüche anwendbar, die in einem anderen Staat ergangen sind als in dem, in dem sie anerkannt werden sollen. Darüber hinaus ist das UNÜ nach Art. 1 I 2 UNÜ aber auch anwendbar, wenn der Schiedsspruch zwar im Exequaturstaat erlassen, aber nach dessen Recht als ausländischer Schiedsspruch anzusehen ist. Dadurch kann etwa ein in Deutschland erlassener Schiedsspruch, der nach französischem Schiedsverfahrensrecht erlassen wurde und aus der Sicht des deutschen Rechts ein französischer Schiedsspruch ist, in Deutschland nach dem UNÜ anerkannt werden. Umstritten ist, ob es neben der Kategorie des inländischen und des ausländischen Schiedsspruchs auch die Kategorie eines „a-nationalen" Schiedsspruchs gibt. 90 In dieser sehr umstrittenen Frage vertritt die im deutschen Recht wie international herrschende Meinung die Ansicht, daß es einen a-nationalen Schiedsspruch nicht geben kann, vielmehr jeder Schiedsspruch einem bestimmten Staat zuzuordnen ist.91 Diese Ansicht wird dieser Untersuchung zugrundegelegt. b) Fallgruppen nach dem Ursprungsland des Schiedsspruchs Aufgrund der unterschiedlichen Nationalität des Schiedsspruchs ergeben sich damit im wesentlichen die Fallgruppen der Vollstreckbarerklärung im Ursprungsstaat und der in einem anderen Staat. Sonderfälle 89

90 91

Sog. „territoriale Theorie"; siehe dazu Habscheid, KTS 1964, 146, 148 m.w.Nachw.; Henn S. 251. Der territorialen Theorie folgen ζ. B. das österreichische Recht (Henn S. 251), das englische Recht (Habscheid, KTS 1964, 146, 148 m.w.Nachw.), das französische Recht (Vgl. Art. 1504 AbS. 1 n.c.p.c.; siehe auch Bühler/Waitz von Eschen, IPRax 1990, 62, 63 m. w. Nachw.), das schwedische Recht (Habscheid, KTS 1964, 146, 148 m.w.Nachw.) und das US-amerikanische Recht (siehe dazu § 14, Β. II.). Siehe dazu Schlosser Rn. 189 ff. OLG Frankfurt/M, KTS 1970, 302, 304; Schlosser, Rn. 197 ff.; Schwab/Walter, Kap. 30 Rz. 7 m.w.Nachw.

22

§ 1 Einführung

dieser Fallgruppen ergeben sich im Falle des Doppelexequatur eines inländischen Schiedsspruches 92 sowie in den Fällen, in denen die Bestimmung der Nationalität aus der Sicht des Exequaturgerichts und des deutschen Rechts auseinanderfallen. Die „Grundkonstellation" des Doppelexequatur von Schiedssprüchen, die auch in der Praxis von weitaus größerer Bedeutung ist als alle übrigen Fallgruppen, ist die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs im Ursprungsstaat. Diese wird für die Erörterung des Doppelexequatur als Ausgangsfall zugrundegelegt. Die übrigen Fallkonstellationen (abweichende Herkunftsbestimmung, Doppelexequatur im Drittstaat, Doppelexequatur eines inländischen Schiedsspruchs) sind dann jeweils auf ihre Besonderheiten gegenüber der Ausgangskonstellation zu prüfen (3. Kap., § 12).

IV. Vergleich mit dem Doppelexequatur von Urteilen Schließlich wird das Doppelexequatur von Schiedssprüchen dem Doppelexequatur von Urteilen gegenübergestellt (5. Kap.), da es zumindest auf den ersten Blick erstaunlich ist, daß letzteres — zumindest in den kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen — so einhellig abgelehnt wird, während das Doppelexequatur von Schiedssprüchen international und zunehmend auch im deutschen Recht Zustimmung findet. Hier stellt sich sich Frage, ob diese unterschiedliche Beurteilung des Doppelexequatur gerechtfertigt ist, oder ob es sich um parallele Rechtsinstitute handelt, die gleich zu bewerten sind.

Vollstreckbarerklärung eines deutschen Schiedsspruchs im Ausland; siehe dazu unten § 12, Β. I. 2.

1. Kap.: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur im Sinne der kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen §2

Das Exequatur als anerkennungsfähiges Urteil

Die Zulässigkeit des Doppelexequatur setzt zunächst voraus, daß die ausländische Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs als Urteil anerkannt werden kann. Dies bedeutet zweierlei: zum einen muß es sich bei dem ausländischen Exequatur um ein „Urteil" handeln, und darüber hinaus muß es seinem Inhalt nach grundsätzlich anerkannt und vollstreckt werden können.

A) Das Exequatur als Urteil Für die zunächst zu erörternde Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exequatur nach autonomem deutschen Recht ist danach erforderlich, daß die ausländische Exequaturentscheidung als ein Urteil i. S. d. §§ 722, 723, 328 ZPO anzusehen ist.

I. Die Abgrenzung von Urteil und Schiedsspruch Für die Qualifikation der ausländischen Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs kommen drei Möglichkeiten in Betracht: Neben der Qualifikation des Exequatur als Urteil i. S. d. §§ 722, 328 ZPO könnte

24

§ 2 Das Exequatur als anerkennungsfahriges Urteil

man dieses als Schiedsspruch i. S. d. § 1044 ZPO oder als ein „Zwischengebilde" zwischen Urteil und Schiedsspruch ansehen, wie offenbar vom Reichsgericht vertreten. 1 Im letzten Fall stellt sich dann die Frage, ob die Vollstreckbarerklärung eines solchen Zwischengebildes nach autonomem deutschen internationalen Zivilverfahrensrecht zulässig ist und ggf. unter welchen Voraussetzungen in welchem Verfahren. Hier kommt dann im Grunde nur eine Analogie entweder zu den §§ 722, 328 ZPO oder aber zu § 1044 ZPO in Betracht, wenn man nicht, wie das RG, aus dem Fehlen einer speziellen Regelung für die Vollstreckbarerklärung eines solchen Zwischengebildes auf deren Unzulässigkeit schließt. 2 Die Ansicht des RG beruht jedoch auf einem argumentativen Zirkelschluß, der zunächst das ausländische Exequatur mit der - nicht näher begründeten — Deutung als „Zwischengebilde" aus dem Anwendungsbereich aller in Betracht kommenden Regeln zur Anerkennung ausländischer Entscheidungen herausnimmt und in einem nächsten Schritt das gerade geschaffene „Fehlen" einer gesetzlichen Regelung zum Anlaß nimmt, dem Exequatur die Anerkennung zu versagen. Die Ansicht des RG wird daher zu Recht abgelehnt. 3 Vielmehr kann das Exequatur nur als Urteil oder als Schiedsspruch angesehen werden. 4 Die Frage, ob das Exequatur als Urteil anzusehen ist oder aber als Schiedsspruch, ist natürlich für alle Arten des Exequatur gesondert zu beurteilen, und es ist durchaus nicht gesagt, daß die Antwort immer gleich ausfallen muß, denn die Spannweite von „Exequaturentscheidungen" im internationalen Vergleich ist beträchtlich: Als Beispiel sei etwa die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs nach englischem common law genannt, die ursprünglich von der Vorstellung bestimmt war, daß der Schiedsspruch als Urkunde in den Prozeß eingeführt wurde und als Beweis für den materiellen Anspruch diente. 5 Dagegen wird etwa im österreichischen Recht als „Vollstreckbarerklärung" der Vorgang bezeichnet, daß der Schiedsrichter nach Ablauf der Anfechtungsfrist auf einer Ausfertigung des Schiedsspruchs vermerkt, daß dieser nunmehr vollstreckbar sei.

1 2 3 4 5

RG, JW 1938, 468. RG, JW 1938, 468. Vgl. Zöller-Geirrter, § 1 0 4 4 Rn. 3. Vgl. Zöller-Geirrter, § 1044 Rn. 3. Siehe dazu unten § 14, B. III. 4.

1. Kap.: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur

25

II. Das Exequatur nach § 1042 ZPO Wie eingangs gesagt, soll in dieser Untersuchung zunächst das Exequatur, wie es in den kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen vorzufinden ist, auf seine Urteilsqualität hin untersucht werden. Dazu wird, stellvertretend für diese Gruppe, das Exequatur i. S. des deutschen Rechts, also nach § 1042 ZPO, erörtert. Der Begriff des „Urteils" in § 328 ZPO wird nach deutschem Recht ausgelegt. 6 Ebenso ist der Begriff „Schiedsspruch" in § 1044 ZPO nach ganz herrschender Meinung am Maßstab des deutschen Rechts als der lex fori auszulegen; 7 dies gilt insbesondere für die Abgrenzung eines ausländischen „Schiedsspruchs" von einem „Urteil". 8 Nach einer Mindermeinung der Literatur soll die Qualifikation des Ursprungsstaates maßgeblich sein. 9 Nach einer weiteren Ansicht schließlich soll die Abgrenzung zwischen Urteil und Schiedsspruch mittels einer Doppelqualifikation erfolgen: 10 Danach soll ein Schiedsspruch i. S. d. § 1044 ZPO nur dann vorliegen, wenn es sich bei dem Titel sowohl nach dem Recht des Entscheidungsstaates als auch nach deutschem Recht um einen Schiedsspruch und nicht etwa um ein Urteil handelt. Bei einem Auseinanderfallen der Qualifikation nach deutschem und dem ausländischen Recht soll offenbar die ausländische Qualifikation maßgeblich sein.11 Im Ergebnis läuft somit auch die Doppelqualifikation auf die Maßgeblichkeit der ausländischen Qualifikation hinaus. Beide Gegenmeinungen sind abzulehnen, denn die Anerkennungsregeln des deutschen Rechts für Schiedssprüche einerseits, für Urteile andererseits beruhen auf der Abgrenzung von Urteil und Schiedsspruch nach deutschem Recht. Der interne Entscheidungseinklang fordert somit die Qualifikation des ausländischen Titels nach deutschem Recht. 6

7

8

9 10 11

Vgl. Geimer, IZPR, Rn. 2787; Linke, Rn. 352; Martiny in Hdb. IZVR III/l, Rn. 373; Stein/Jonas-ScWosser, § 1044 Rn. 2; Wieczorek, § 328, A II a; ZöllerGeimer, § 328 Rn. 66. RG, JW 1938, 468; Ernemann, S. 6; Geimer, S. 31 Fn. 39; Linke, Rn. 352; Schwab/Walter, Kap. 30 Rn. 10; Schlosser, Rn. 769; Stcin/Jonas-ScWosser, § 1044 Rn. 2; Riezler, S. 614; Schütze, ZZP 77 (1964) 287, 289. RG, JW 1938, 468; Schänke, S. 101; Schönke/Schröder/Niese, S. 491; Sydow/ Busch/Kranz/Triebel, § 722 Nr. 1; Zöller -Geimer, § 1044 Rn. 3. Schwab (3. Aufl.), S. 223. Geimer, IZPR, Rn. 3892; Zöller-Geimer, § 1044 Rn. 3. Geimer, IZPR, Rn. 3892; Zöller-Geimer, § 1044 Rn. 3.

26

§ 2 Das Exequatur als anerkennungsfähriges Urteil

Dagegen besteht ein gleichwertiges Interesse an der Maßgeblichkeit der ausländischen Qualifikation nicht. Nach dem somit maßgeblichen deutschen Recht bezeichnet der Begriff des „Schiedsspruchs" i. S. d. § 1044 ZPO die Entscheidung eines zwischen den Parteien bestehenden Rechtsstreits durch das private Schiedsgericht kraft der ihm durch die Schiedsvereinbarung übertragenen Entscheidungsgewalt. 12 Dagegen wird unter einem „Urteil" i. S. d. §§ 722, 723, 328 ZPO eine gerichtliche Entscheidung verstanden, die in einem rechtlich geregelten Verfahren eine Rechtsfrage endgültig entscheidet, 13 wobei die Entscheidung durch ein „Gericht" getroffen werden muß, 1 4 also durch eine mit staatlicher Autorität bekleidete Stelle, die befugt ist, privatrechtliche Streitigkeiten in einem förmlichen Verfahren zu entscheiden 15 . Die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs erfolgt nach deutschem Recht durch ein staatliches Gericht in einem fakultativen Beschlußverfahren nach § 1042 ZPO. In diesem Verfahren werden die Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung geprüft. Einige Voraussetzungen werden von Amts wegen berücksichtigt, andere nur auf Einrede des Schiedsspruchschuldners; eine Nachprüfung der sachlichen Richtigkeit des Schiedsspruchs ist ausgeschlossen. 16 Für die Zuordnung eines Exequatur i. S. d. deutschen Rechts zum Begriff des Schiedsspruchs spricht die Tatsache, daß im Verfahren der Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs keine Entscheidung in der Sache getroffen wird, sondern lediglich das Vorliegen der Anforderungen des § 1041 ZPO überprüft wird; die eigentliche Sachentscheidung bleibt also Sache des zugrundeliegenden Schiedsspruchs. Es ist aller12 13

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15

16

Schwab/Walter, Kap. 18 Rn. 1. Ähnl.: Ernemann, S. 8. RGZ 121, 25; 136, 147; OLG Schleswig, IPRspr. 1977 Nr. 140a, S. 421; Baumann, S. 110; Martiny in Hdb. IZVR III/l, Rn. 464; Pohle, JW 1936, 1873; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 157 I 3 a (S. 943), Schütze, S. 18 f.; ders., ZZP 77 (1964) 287, 289; Stein/Jonas-Schumann, § 328 Rn. 102; Sydow/Busch/ Kranz/Triebel, § 722 Nr. 1; Thomas/Putzo/Hüßtege, $ 328 Rn. 2; Zöller-Geimer, § 328 Rn. 67 f. OLG Schleswig, IPRspr. 1977 Nr. 140a, S. 421; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 157 I 3 a) (S. 943); Schack, IZVR, Rn. 813; Schütze, S. 136; Geimer, IZPR, Rn. 2851. BGHZ 20, 323, 329; OLG Schleswig, IPRspr. 1977 Nr. 140a, S. 421; Martiny in Hdb. IZVR III/l, Rn. 498 m.w.Nachw.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 157 I 3 a (S. 943); Stein/Jonas-Schumann, § 3 2 8 Rn. 107; Zöller-Ge/mer, § 3 2 8 Rn. 68. Schwab/Walter, Kap. 24 Rn. 1.

1. Kap.: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur

27

dings kein Wesensmerkmal eines Urteils, daß das Gericht eine Entscheidung in der Sache trifft, wie das Beispiel des Prozeßurteils zeigt. Auch ein Vollstreckungstitel kann nach deutschem Recht ergehen, obwohl das Gericht die materielle Rechtslage gar nicht oder nur teilweise geprüft hat: Neben dem Fall des Anerkenntnisurteils sind Beispiele hierfür auch das Versäumnisurteil und das Vorbehaltsurteil im Urkundenprozeß. Das maßgebliche Abgrenzungskriterium zwischen Schiedsspruch und Urteil eines staatlichen Gerichts liegt, wie auch die genannten Definitionen zeigen, in der Legitimation der Entscheidung. Der Schiedsspruch ist die Entscheidung eines privaten „Gerichts". Das seine Legitimation allein aus der Unterwerfung der Parteien unter die Entscheidungsgewalt des Schiedsgerichts herleitet; 17 das Urteil dagegen bezieht als hoheitlicher staatlicher Akt seine Legitimation aus der Justizhoheit des Staates. 18 Auf diesen grundlegenden Unterschied zwischen (privater) Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit lassen sich im Grunde auch alle Unterschiede in den Regelungen für Schiedssprüche einerseits, Urteile andererseits zurückführen. Das Exequatur i. S. d. deutschen Rechts ist die Entscheidung eines staatlichen Gerichts, die aufgrund eines rechtlich geregelten, förmlichen Verfahrens ergeht; das Exequatur ist also ein Urteil und kann daher weder als Schiedsspruch i. S. d. § 1044 ZPO noch als ein Zwischengebilde angesehen werden.

B) Anerkennungsfähigkeit des Exequatur Die zweite Voraussetzung für die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exequatur nach §§ 722, 723, 328 ZPO ist, daß dieses als ein grundsätzlich anerkennungsfähiges und vollstreckungsfahiges Urteil anzusehen ist. Diese Frage wird von der h.M. der Literatur verneint, da diese, wie oben dargestellt, das Doppelexequatur mit der Begründung ablehnt, daß es dem Exequatur an anerkennungsfähigen Urteilswirkungen fehle. Dagegen gehen die Befürworter des Doppelexequatur offensichtlich davon aus, daß das Exequatur anerkennungsfahige Urteilswirkungen aufweist.

17 18

Ernemann, Ernemann,

S. 8; Schwab/Walter, S. 8.

Kap. 1 Rn. 1.

28

§ 2 Das Exequatur als anerkennungsfahriges Urteil

I. Vollstreckbarerklärung trotz fehlender Anerkennungsfahigkeit des Exequatur? Auch auf der Grundlage der h.M. der Literatur könnte man jedoch das Doppelexequatur zulassen, wenn man davon ausgeht, daß das Exequatur zwar nicht anerkannt wird, gleichwohl aber nach §§ 722 f. ZPO für vollstreckbar erklärt werden kann. Die Möglichkeit, ausländischen Titeln nach §§ 722 f. ZPO das Exequatur zu erteilen, obwohl eine Anerkennung nach § 328 ZPO ausgeschlossen ist, ist grundsätzlich anerkannt; der Bereich der vollstrekkungsfähigen „Urteile" i. S. d. §§ 722, 723 ZPO ist also nicht stets dekkungsgleich mit dem des „Urteils" i. S. d. § 328 ZPO. Im übrigen ist diese Frage aber umstritten: Nach der herrschenden Meinung ist der Verweis des § 723 II 2 ZPO dahin zu verstehen, daß die Anerkennung des Titels nach § 328 ZPO eine Voraussetzung der Vollstreckbarerklärung ist. Der einzige Fall eines nicht anerkennungsfähigen, aber gleichwohl vollstreckungsfahigen Titels ist nach dieser Meinung der des für vorläufig vollstreckbar erklärten ausländischen Leistungsurteils. 19 Hieraus läßt sich aber für die Vollstreckbarkeit eines ausländischen Exequatur nichts herleiten, da es unzweifelhaft ist, daß ein Leistungsurteil anerkennungsfähige Urteilswirkungen enthält; die Anerkennung wird dem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil ausschließlich der fehlenden Rechtskraft wegen versagt. Von einer Mindermeinung der Literatur wird vorgeschlagen, darüber hinaus vollstreckbare Prozeßvergleiche und vollstreckbare ausländische Urkunden in analoger Anwendung der §§ 722, 723 ZPO für vollstreckbar zu erklären. 20 Nach dieser Auffassung verweist § 723 II 2 ZPO nur auf die Anerkennungsversagungsgründe nach § 328 Nr. 1 —4 ZPO. Als Begründung für die Einbeziehung der ausländischen vollstreckbaren Urkunden wird mit dem Grund für die in den Anerkennungsversagungsgründen liegende Einschränkung der Anerkennung ausländischer Titel argumentiert, der in der Skepsis gegenüber ausländischer Gerichtsbarkeit liege.21 Wenn aber schon Entscheidungen ausländischer Gerichte unter bestimmten Voraussetzungen für vollstreckbar erklärt 19 20

21

Vgl. Schack, IZVR, Rn. 932. Gelmer, DNotZ 1975, 461, 464 ff.; siehe auch Riezler, S. 530 (Anwendung des § 328 ZPO auf Prozeßvergleiche). Geimer, DNotZ 1975, 461, 464.

1. Kap.: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur

29

würden, dann müsse dies erst recht für ausländische notarielle Urkunden gelten, da die Unterwerfungserklärung vor dem ausländischen Notar freiwillig und ohne hoheitlichen Zwang abgegeben werde. 22 Ohne auf diese Argumentation weiter eingehen zu müssen, läßt sich feststellen, daß die Gründe, die für die Vollstreckbarerklärung ausländischer Urkunden oder Prozeßvergleiche trotz der unbestrittenen fehlenden Anerkennungsfähigkeit sprechen mögen, sich nicht auf ausländische Exequaturentscheidungen übertragen lassen, da Exequaturentscheidungen aufgrund hoheitlichen Zwangs ergehen. Es sind auch keine sonstigen Gründe dafür ersichtlich, auch das ausländische Exequatur als einen zwar nicht anerkennungsfähigen, aber dennoch vollstreckungsfahigen Titel anzusehen; es gilt folglich auch für ein ausländisches Exequatururteil der Grundsatz, daß die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Titels dessen Anerkennung nach § 328 ZPO und damit zuallererst die Anerkennungsfahigkeit des Titels voraussetzt.

II. Anerkennungsfähige Urteilswirkungen des Exequatur 1. Gegenstand der

Anerkennung

Die „Anerkennung" eines ausländischen Titels bedeutet, daß diesem durch die inländische Rechtsordnung Rechtswirkungen beigemessen werden. 23 Dies ist deshalb erforderlich, weil ein ausländisches Urteil als Hoheitsakt des Urteilsstaates Wirkungen nur auf seinem Territorium entfaltet; 24 dieser aus der Souveränität der Staaten abgeleitete Grundsatz 25 ist ein allgemein akzeptierter Bestandteil der allgemeinen Regeln des Völkerrechts.26 Es steht folglich — vorbehaltlich völkerrechtsver22 23

24

25 16

Geimer, D N o t Z 1975, 461, 4 6 4 f. Beitzke, M D R 1954, 321; Drobnig, FS v. Caemmerer (1978) S. 687, 699; Kleinrahm/Partikel, S. 21; Martiny in Hdb. IZVR III/l, Rn. 68 m . w . N a c h w . ; Riezler, S. 512; Zöller-Geimer, § 328 Rn. 18. Beitzke, M D R 1954, 321; Geimer, S. 25; Kleinrahm/Partikel, S. 18; Lüderitz, Rn. 226. Vgl. Kilgus, S. 119; Schack, IZVR, Rn. 775. Geimer, JuS 1965, 475, 476.

30

§ 2 Das Exequatur als anerkennungsfahriges Urteil

traglicher Bindungen — im Belieben eines jeden Staates, ob, in welchem Umfang und in welchem Verfahren er ausländischen Titeln eine Wirkung für das Inland verleiht. 27 Der deutsche Gesetzgeber hat von dieser Freiheit Gebrauch gemacht: Grundsätzlich werden ausländischen Titeln Urteilswirkungen ipso iure, also unmittelbar durch gesetzliche Anordnung, verliehen. 28 In aller Regel ist auch kein gesondertes Anerkennungsverfahren erforderlich; 29 eine Ausnahme gilt aber etwa für Entscheidungen in Ehesachen, deren Anerkennung gemäß Art. 7 § 1 FamRÄndG in einem Verwaltungsverfahren gesondert festgestellt wird. 30 Einige Urteilswirkungen werden ausländischen Titeln nicht durch Anerkennung, sondern durch Gestaltungsakte verliehen. Dies gilt insbesondere für die Vollstreckungswirkung; 31 diese wird nicht anerkannt, sondern dem ausländischen Urteil in einem gerichtlichen Verfahren, der Klage nach §§ 722 f. ZPO, originär verliehen. 32 Gegenstand der Anerkennung ist also nicht etwa das ausländische „Urteil" als solches, vielmehr sind dies die einzelnen Urteilswirkungen. 33 Anerkannt werden nach deutschem IZVR nur prozessuale Urteilswirkungen, 34 nicht dagegen materiellrechtliche Wirkungen wie etwa die Tatbestandswirkung; diese sind nach den Regeln des IPR zu beurteilen. 35 Ferner sind nur „Sachentscheidungen" anerkennungsfähig. 36 Durch dieses Kriterium werden Entscheidungen über rein prozessuale Fragen, also ζ. B. das klageabweisende Prozeßurteil, von der Anerkennung ausgenommmen. 37

27 28 29 30

31

32

33 34 35

36 37

Zöller-Geimer, § 328 Rn. 1. Geimer, S. 33; ders., JuS 1965, 475, 476; Schock, IZVR, Rn. 879. Kropholler, IPR, § 6 0 I 3 b (S. 552). Kleinrahm/Partikel, S. 35; Kropholler, IPR, § 60 I 3. b (S. 552); Lüderitz, Rn. 226. Geimer, N J W 1965, 1413, 1414; ders., D N o t Z 1975, 461, 462; Kleinrahm/ Partikel, S. 23. Baur/Stürner, Rn. 57.1; Geimer, JuS 1965, 475, 478; ders., D N o t Z 1975, 461, 462; Rosenberg/Gaul/Schilken, § 12 I 1 (S. 137); Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 157 I 1 c (S. 942); Zöller -Geimer, § I I I Rn. 2 f. Geimer, JuS 1965, 475; Schuck, IZVR, Rn. 775; Zöiler-Geimer, § 328 Rn. 18. Zöller -Geimer, § 328 Rn. 24. Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 157 I 1. b (S. 942); Schack, I Z V R , Rn. 780; Zöller-Geimer, § 328 Rn. 24. Geimer, JuS 1965, 475, 476; Kropholler, IPR, § 60 II 1 (S. 552). Geimer, S. 31 m . w . N a c h w . ; Sydow/Busch/Kranz/Triebel, § 3 2 8 Nr. 1; Wieczorek, § 328 Β II d 3; Z ö l l e r - G e i m e r , $ 328 Rn. 33.

1. Kap.: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur

31

Zu den prozessualen Urteilswirkungen, die für eine Anerkennung in Betracht kommen, zählen vor allem die materielle Rechtskraft 38 und die Gestaltungswirkung, 39 aber auch die Präklusionswirkung 40 und die Interventions- bzw. Streitverkündungswirkung. 41

2. Die für die Urteilswirkungen

maßgebliche

Rechtsordnung

Soweit einem ausländischen Titel Wirkungen verliehen werden sollen, stellt sich die Frage, welcher Rechtsordnung diese Wirkungen zu entnehmen sind. Diese wegen der erheblichen Unterschiede, die die einzelnen Rechtsordnungen hinsichtlich des Umfangs der Urteilswirkungen aufweisen, sehr bedeutsame Frage ist nicht gesetzlich geregelt. Hierzu werden unterschiedliche Ansichten vertreten: Nach der von der ganz herrschenden Meinung vertretenen Wirkungserstreckungslehre sind die Urteilswirkungen der Rechtsordnung des Entscheidungsstaates zu entnehmen; einem ausländischen Urteil werden also für das Inland die Wirkungen zugebilligt, die es auch in seinem Ursprungsstaat hat. 42 Eine anerkannte Grenze dieser Wirkungserstreckung ist allerdings die Voraussetzung, daß die Wirkung ihrer Art nach dem deutschen Recht nicht fremd sein darf. 43 Nach der Gleichstellungstheorie sind die Urteilswirkungen dem deutschen Recht zu entnehmen; 44 ein ausländisches Urteil hat also die Wirkungen, die ein entsprechendes inländisches Urteil hat. Die Kumulationstheorie schließlich vereinigt beide Kriterien: Einem ausländischen Titel werden die Wirkungen zugestanden, die das Recht des Ursprungsstaates verleiht, freilich nur ipsoweit, als sie auch ein entsprechendes inländisches Urteil hätte. 45 Diese Ansicht vermeidet die 38 39

40 41 42

43

44 45

Kleinrahm/Partikel S. 23; Schuck, IZVR, Rn. 777; Zöller -Geirrter, § 328 Rn. 26. Drobnig, FS v. Caemmerer (1978) S. 687, 699; Geirrter S. 32; ders., RIW 1976, 139, 143; Kleinrahm/Partikel, S. 24; Zöller-Geirrter, % 328 Rn. 26. Zöller-Geirrter, § 328 Rn. 26. Zöller-Geirrter, § 328 Rn. 26. BayObLGZ 1967, 218, 222 ff.; Drobnig, FS v. Caemmerer (1978) S. 687, 699; Geirrter, S. 27; ders., JuS 1965, 475; Kegel, S. 814; Kleinrahm/Partikel, S. 21 f.; Martiny in Hdb. IZVR HI/1 Rn. 364 m.w.Nachw.; Kiezler, S. 512; Zöller-Ge;mer, §328 Rn. 18. Geirrter, S. 27; Geirrter, RIW 1976, 139, 142; Martiny in Hdb. IZVR III/l Rn. 369; ZöUer-Geimer, § 328 Rn. 18 m.w.Nachw. Siehe dazu Martiny in Hdb. IZVR III/l, Rn. 365 m.Nachw. Schack, IZVR, Rn. 796; wohl auch: Geirrter, Anerkennung, S. 89.

32

§ 2 Das Exequatur als anerkennungsfahriges Urteil

Nachteile der vorgenannten Meinungen, nämlich einerseits, daß die Anerkennung ausländischer Urteile im Inland Urteilswirkungen erzeugen würde, die weit über die des deutschen Rechts hinausgehen, und daß andererseits Parteien, die im Ausland prozessiert haben, von möglicherweise weitergehenden inländischen Urteilswirkungen überrascht werden. J e nach der vertretenen Theorie ist also das ausländische, das deutsche oder sind beide Rechtsordnungen zu befragen, welche prozessualen Urteilswirkungen ein Exequatur entfaltet, da j a nur diese der Anerkennung zugänglich sind. Nach der hier gewählten Vorgehensweise der beispielhaften Untersuchung des Exequatur i. S.d des deutschen Rechts, also nach §§ 1042 f. Z P O , ist zu fragen, o b und welche prozessuale Urteilswirkungen diese Entscheidung entfaltet. Maßstab für diese Frage ist — unabhängig von dem Theorienstreit — das deutsche Recht. Dieses Vorgehen ist aber auch für alle übrigen Exequaturentscheidungen, die nach ausländischem Recht ergehen, sinnvoll, da es nach der Gleichstellungs- wie nach der Kumulationstheorie ohnehin erforderlich ist, daß das Exequatur auch nach deutschem Recht Urteilswirkungen entfaltet.

3. Die Vollstreckungswirkung als anerkennungsfähige Wirkung des Exequatur Als eine anerkennungsfähige Urteilswirkung des Exequatur kommt zunächst die Vollstreckungswirkung in Betracht: D a s Exequatur nach § 1042 Z P O verleiht dem Schiedsspruch die Möglichkeit, im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt zu werden. Diese Gestaltungswirkung des Exequatur hat zum Inhalt eine Anweisung an die Vollstrekkungsorgane, den Titel mit staatlicher Zwangsgewalt durchzusetzen. Es besteht wohl Einigkeit darüber, daß diese Anweisung nur an deutsche Vollstreckungsorgane ergeht und nicht etwa die Organe eines anderen Staates binden will. 4 6 Die Vollstreckungswirkung des Exequatur ist also territorial begrenzt. Dies ist aber letztlich unerheblich, denn jedenfalls ist die Vollstreckungswirkung eines ausländischen Exequatur nach deutschem Recht nicht Gegenstand der Anerkennung, sondern wird einem ausländischen Titel durch Gerichtsentscheidung originär verliehen (s. o.).

46

Schock, IZVR, Rn. 930; Schmidt, RIW 1991, 626.

1. Kap.: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur

4. Die materielle Rechtskraft als anerkennungsfähige des Exequatur

33

Wirkung

Damit wird zur entscheidenden Frage, ob das Exequatur die Wirkung der materiellen Rechtskraft hat, da diese eine nach § 328 ZPO anerkennungsfahige Wirkung eines ausländischen Titels darstellt. Die Wirkung der materiellen Rechtskraft hat das Exequatur dann, wenn es die Anerkennung des Schiedsspruchs verbindlich feststellt. Soweit zu dieser Frage ausdrückliche Stellungnahmen vorliegen, wird in Literatur und Rechtsprechung einhellig die Ansicht vertreten, daß das Exequatur dem Schiedsspruch nicht nur die Vollstreckungsfähigkeit verleiht, sondern zugleich auch dessen Anerkennung feststellt. 47 Daher kommt dem Exequatur nach § 1042 ZPO nach zumindest ganz herrschender Meinung auch die Wirkung der materiellen Rechtskraft zu. 48 Soweit die Ansicht vertreten wird, das Exequatur eines Schiedspruchs enthalte keine anerkennungsfahigen Urteilswirkungen, wird dem Exequatur implizit die Wirkung der materiellen Rechtskraft hinsichtlich der Anerkennung des Schiedsspruchs abgesprochen. Diese Ansicht ist jedoch abzulehnen. Streitgegenstand des Exequaturverfahrens nach § 1042 ZPO ist nicht nur der Anspruch auf Verleihung der Vollstreckungswirkung, sondern zugleich die Anerkennung des Schiedsspruchs. Dies ergibt sich zwingend aus der Funktion der Vollstreckbarerklärung nach deutschem Schiedsverfahrensrecht. Gemäß § 1040 ZPO hat der Schiedspruch dieselben Wirkungen wie das Urteil eines staatlichen Gerichts. Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt: Zum einen fehlt dem Schiedsspruch — anders als einem staatlichen Urteil — die Vollstreckungsfahigkeit. Zum anderen - dies ist von weit größerer Bedeutung - unterliegt der Schiedsspruch der Aufhebungsklage nach § 1041 ZPO. Das Exequaturverfahren hat daher — neben der Verschaffung eines Vollstreckungstitels — die Funktion, die Möglichkeit einer

47

48

R G Z 99, 129, 130; 149, 451; B G H , JZ 1962, 287; Wais in Schütze/Tscherning/ Wais Rn. 531; Schwab/Walter, Kap. 25 Rn. 5; Stein/Jonas-ScWosser, § 1 0 4 2 Rn. 16; Volkmar, Intern. Jahrbuch 3 (1931) 3, 6. R G Z 99, 130; 149, 451; Kilgus, S. 119; B G H , JZ 1962, 287; Glossner/Bredow/ Bühler Rn. 449 f.; Maier, Rn. 461; Schütze, Schiedsverfahren, Rn. 138; Wais in Schütze/Tscherning/Wais, Rn. 531; Stein/Jonas-ScMosser § 1042 Rn. 16; Schwab/Walter, Kap 28 Rn. 29; Α. A: Littauer, Z Z P 55 (1930) 1, 19.

34

§ 2 Das Exequatur als anerkennungsfahriges Urteil

Aufhebungsklage nach § 1041 ZPO zu beseitigen 49 und dadurch dem Schiedsspruch dieselbe Rechtsbeständigkeit zu verschaffen, die auch dem Urteil eines staatlichen Gerichts zukommt. 50 Der Schiedsspruchgläubiger soll also durch das Exequatur vor einer Anfechtungsklage gegen den Schiedsspruch geschützt werden. 51 Diese Funktion wird besonders deutlich dadurch, daß der Schiedsspruchgläubiger nicht die Möglichkeit hat, die Anerkennungsfahigkeit durch eine Klage auf Feststellung der Wirksamkeit des Schiedsspruchs oder auf NichtVorliegen von Aufhebungsgründen bestätigen zu lassen; eine solche Klage ist nach allgemeiner Auffassung unzulässig, da ihr wegen der Möglichkeit des Exequatur das Feststellungsinteresse fehlt. 52 Und ebenso können auch Schiedssprüche ohne einen vollstreckungsfahigen Inhalt, insbesondere auf Feststellung gerichtete Schiedssprüche, im Verfahren nach § 1042 ZPO für vollstreckbar erklärt werden. 53 Dies gilt auch für klageabweisende Schiedssprüche. 54 Diese Funktion kann das Exequatur aber nur dadurch erfüllen, daß es die Anerkennung des Schiedsspruchs feststellt und somit zum einen die Aufhebungsklage ausschließt, zum anderen jede implizite Anfechtung des Schiedsspruchs hindert. Somit ist der ganz herrschenden Meinung darin zuzustimmen, daß die Vollstreckbarerklärung nach § 1042 ZPO die Anerkennung des Schiedsspruchs mit materieller Rechtskraft feststellt. Damit enthält das Exequatur i. S. d. deutschen Rechts die Wirkung der materiellen Rechtskraft, die nach deutschem internationalen Zivilverfahrensrecht zu den anerkennungsfahigen Urteilswirkungen zählt.

49 50 n 52

53

54

Volkmar, Intern. Jahrbuch 3 (1931) 3, 6 f. R G Z 99, 129; B G H , JZ 1962, 287. R G Z 149, 45, 51; B G H , J Z 1962, 287. R G Z 99, 129, 131; MünchKommZPO-Ato'er, § 1042 Rn. 2; Schänke/Schröder/ Niese, S. 487; Stein/Jonas-Schlosser, § 1042 Rn. 22; Wais in Schütze/Tscherning/Wais, Rn. 531; Schwab/Walter, Kap. 2 4 Rn. 2; Wieczorek/SchützeSchütze, § 1042 Rn. 9. R G Z 99, 129 m . w . N a c h w . ; R G Z 169, 45, 51; B G H , JZ 1962, 287; M ü n c h KotnmZPO-Mdjer, § 1042 Rn. 2; Schänke/Schröder/Niese, S. 488; Stein/JonasSchlosser, § 1042 Rn. 2; Schlosser, Rn. 888; Schütze, Schiedsverfahren, Rn. 138. Α. Α.: Zöller-Geimer, § 1042 Rn. 2. BGH, J Z 1962, 287; Schütze, Schiedsverfahren, Rn. 138; Stein/Jonas-ScWosser, § 1042 Rn. 2; Wais in Schütze/Tscherning/Wais, Rn. 531; Α. Α.: Zöller-Geimer, § 1042 Rn. 2.

1. Kap.: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur

5. Entscheidung

in der Sache als

35

Anerkennungsvoraussetzung?

Das Exequatur eines Schiedspruchs nach § 1042 ZPO ist — trotz anerkennungsfähiger Urteilswirkung — allerdings dann kein anerkennungsfähiges Urteil, wenn die Anerkennung eines ausländischen Urteils nach § 328 ZPO nicht nur voraussetzt, daß der ausländische Titel eine anerkennungsfahige Urteilswirkung enthält, sondern darüber hinaus verlangt, daß das ausländische Urteile eine eigene Entscheidung „in der Sache" in dem Sinne trifft, daß es sich um eine Entscheidung handelt, in der der Sachverhalt in materieller Hinsicht umfassend geprüft wird. In diese Richtung ist möglicherweise der gegenüber dem Doppelexequatur von Urteilen erhobene Einwand zu verstehen, das Exequatur enthalte keine „Sachentscheidung" und könne deswegen nicht anerkannt werden.55 Dieser Einwand gilt in gleicher Weise gegenüber dem Exequatur von Schiedssprüchen56 und ist somit hier zu erörtern. Verlangt man als Voraussetzung der Anerkennung eine „Sachentscheidung" in diesem Sinne, scheidet die Anerkennung einer Exequaturentscheidung aus, da im Exequaturverfahren nur die Voraussetzungen der Anerkennung überprüft werden, wogegen die eigentliche Sachentscheidung durch das Schiedsgericht getroffen wurde. Es fragt sich also, ob nur solche gerichtlichen Entscheidungen, die eine Entscheidung „in der Sache" treffen, als „Urteil" nach § 328 ZPO anerkannt werden können. Nach deutschem internationalem Zivilprozeßrecht ist ein anerkennungsfahiges Urteil nur ein solches, das in der Sache entscheidet, also einen Ausspruch über das in Streit stehende Recht enthält.57 Damit werden, wie an anderer Stelle erörtert, Sachurteile von reinen Prozeßentscheidungen, die nicht anerkannt werden, abgegrenzt.58 In diesem Verständis ist das Erfordernis einer „Entscheidung in der Sache" allgemein anerkannt. Die Voraussetzung einer „Entscheidung in der Sache" im Sinne einer vollständigen Sachprüfung durch das Gericht ist jedoch nach deutschem Recht keine Voraussetzung für ein Urteil, und sie wird auch nicht für die Anerkennungsfahigkeit einer ausländischen Entscheidung verlangt. Dies ergibt sich daraus, daß auch ein Anerkenntnisurteil i. S. d. § 307 ZPO nach deutschem Recht ein Urteil darstellt, und daß ausländische Anerkenntnisurteile nach §§ 723, 328 ZPO anerkannt werden können. 59 55 56 57 58 59

So etwa Geimer, Anerkennung, S. 90. Kilgus, S. 120. Α. Α.: Kilgus, S. 120. Siehe oben unter II.l. Stein/Jonas-Schumann, § 328 Rn. 102.

36

§ 3 Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Exequaturentscheidung

Die Urteilsqualitiät der Vollstreckbarerklärung scheitert also auch nicht daran, daß im Exequaturverfahren eine vollständige Überprüfung der vom Schiedsgericht getroffenen Sachentscheidung nicht erfolgt. Das bedeutet, daß eine ausländische Gerichtsentscheidung, die als „Exequaturentscheidung" qualifiziert wird, nach der Gleichstellungstheorie Urteilswirkungen hat, die nach § 328 ZPO anerkannt werden können. Nach den übrigen Meinungen ist das ausländische Recht zu befragen, ob es einem Exequatur Wirkungen verleiht, die der materiellen Rechtskraft i. S. d. deutschen Rechts funktional äquivalent sind: Ist dies nicht der Fall, scheidet nach der Kumulationstheorie eine Anerkennung des ausländischen Exequatur aus, da das inländische Exequatur neben der materiellen Rechtskraft hinsichtlich der Feststellung der Anerkennung und der Vollstreckungswirkung keine weiteren Wirkungen hat; nach der Wirkungserstreckungslehre kämen dagegen andere Urteilswirkungen in Betracht. Diese Überlegungen sind allerdings eher hypothetischer Natur, denn es ist kaum vorstellbar, daß eine Rechtsordnung einem Exequatur eine der materiellen Rechtskraft vergleichbare Wirkung verweigern sollte. Der Einwand der generellen Unmöglichkeit der Vollstreckbarerklärung wegen Fehlens anerkennungsfähiger Urteilswirkungen geht also fehl, und nur im Extremfall kann, sofern man nicht der Gleichstellungstheorie folgt, einmal die Anerkennung eines ausländischen Exequatur ausgeschlossen sein, weil diese nach dem Recht des Entscheidungsstaates keine materielle Rechtskraft bewirkt.

6.

Zwischenergebnis

Als Zwischenergebnis ist damit festzustellen, daß entgegen der h.M. der Literatur das ausländische Exequatur eines im Urteilsstaat ergangenen Schiedsspruchs ein grundsätzlich anerkennungsfähiges Urteil i. S. d. § 328 ZPO ist.

§3

Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Exequaturentscheidung

Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung des ausländischen Exequatur eines Schiedsspruchs erfolgt nach den allgemeinen Regeln zur

1. Kap.: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur

37

Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile, im Bereich des autonomen Rechts also nach den §§ 722, 723, 328 ZPO. Bei der Anwendung dieser Regeln auf ein Exequatur stellt sich die Frage, ob und inwieweit der dem Exequatur zugrundeliegende Schiedsspruch und das schiedsgerichtliche Verfahren zu überprüfen sind. Diese Frage, die kaum einmal ausdrücklich erörtert wird (s. ο. § 1, d), ist umstritten, wobei die unterschiedlichen Ansichten vom Ausschluß jeglicher Uberprüfung des Schiedsspruchs bis zu einer sehr weitgehenden Überprüfung von Schiedsspruch und Schiedsverfahren auch beim Doppelexequatur reichen. Bei der Anerkennung einer ausländischen Exequaturentscheidung sind somit zwei Teilfragen zu unterscheiden: zum einem die Uberprüfung des ausländischen Exequatur als solchem einschließlich des Verfahrens vor dem ausländischen Exequaturgericht, zum anderen die Überprüfung des dem Exequatur zugrundeliegenden Schiedsspruchs und des schiedsgerichtlichen Verfahrens.

A) Die Überprüfung des Exequatur als solchem Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer ausländischen Exequaturentscheidung setzt unabhängig von der Frage, ob und inwieweit der zugrundeliegende Schiedsspruch und das Schiedsverfahren zu überprüfen sind, stets voraus, daß die Exequaturentscheidung, das Urteil eines ausländischen staatlichen Gerichts, nach Maßgabe der §§ 722, 723, 328 ZPO anzuerkennen ist. Daher werden im folgenden das Verfahren und die Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung kurz dargestellt und wird auf die Besonderheiten einer Exequaturentscheidung eingegangen.

I. Das Verfahren der Vollstreckbarerklärung Die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Urteils erfolgt nach autonomem deutschen Recht aufgrund einer sog. Vollstreckungsklage, die in §§ 722 f. ZPO näher geregelt ist. Es handelt sich dabei um ein

38

§ 3 Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Exequaturentscheidung

normales Klageverfahren; 60 die Vollstreckbarerklärung wird erteilt, wenn die Klage zulässig und begründet ist. Die Zulässigkeit der Klage erfordert dabei das Vorliegen der allgemeinen Prozeßvoraussetzungen; von Bedeutung ist hier vor allem die Zuständigkeit des Gerichts, bei dem die Vollstreckungsklage erhoben wird. Die ausschließliche örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach dem allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten, § 722 II 1. Alt. ZPO, oder, falls dieser keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat (aber auch nur dann), nach dem Gerichtsstand des Vermögens nach § 23 ZPO i. V. m. § 722 II 2. Alt. ZPO. Die sachliche Zuständigkeit liegt, den allgemeinen Regeln folgend, 61 je nach Streitwert beim Amtsgericht oder Landgericht.

II. Die sachlichen Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung Materielle Voraussetzung der Vollstreckbarerklärung ist das Vorliegen eines anzuerkennenden und vollstreckungsfahigen Urteils eines ausländischen Gerichts. Das ausländische Exequatur ist, wie oben dargestellt, in aller Regel ein grundsätzlich anerkennungsfähiges Urteil eines ausländischen Gerichts. Das Exequatur eines Schiedsspruchs hat auch einen vollstreckungsfahigen Inhalt, soweit der Schiedsspruch die Verurteilung zu einer Leistung beinhaltet. Die Vollstreckbarerklärung setzt gemäß § 722 II 1 ZPO die Rechtskraft der ausländischen Entscheidung voraus; das ausländische Exequatur muß also nach seinem Heimatrecht formell rechtskräftig sein. Der zentrale Gegenstand der Überprüfung des Exequatur im Verfahren der Vollstreckbarerklärung ist - wie bei jedem anderen ausländischen Urteil auch - die Frage, ob ein Anerkennungsversagungsgrund nach § 328 I Nr. 1 - 4 ZPO gegeben ist. 1. Die internationale Zuständigkeit § 328 I Nr. 1 ZPO

des

Exequaturgerichts,

Nach § 328 I Nr. 1 ZPO setzt die Anerkennung zunächst die internationale Zuständigkeit des ausländischen Exequaturgerichts voraus. Diese 60

61

Koch/Magnus/Winkler von Mohrenfels, S. 206; §§ 7 2 2 , 7 2 3 R n . 7; Z ö l l e r - G e l m e r , S I I I R n . 17. ZöUer-Geimer, § 722 R n . 3 1 a .

Thomas/Putzo/Hüßtege,

1. Kap.: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur

39

als „Anerkennungszuständigkeit" 62 oder „indirekte Zuständigkeit" 63 bezeichnete Zuständigkeit des Exequaturgerichts ist gegeben, wenn das Gericht bei spiegelbildlicher Anwendung der deutschen Regeln über die internationale Zuständigkeit zur Sachentscheidung berufen ist. 64 Die Regelung der internationalen Zuständigkeit zur Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche wird in § 1044 I ZPO durch einen Verweis auf die entsprechenden Regeln für die Vollstreckbarerklärung inländischer Schiedssprüche geregelt. Danach ist die Zuständigkeit des ausländischen Exequaturgerichts stets in spiegelbildlicher Anwendung der §§ 1045 I, 1046 ZPO zu beurteilen. Dies gilt auch für die Schiedssprüche, auf die das U N Ü anwendbar ist, denn gemäß Art. III S. 1 UNÜ ist für das Verfahren der Vollstreckbarerklärung das nationale Recht des Mitgliedsstaates maßgeblich. Die Regelung des § 1044 ZPO entspricht auch der Vorschrift des Art. II S. 2 UNÜ, wonach die Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche von keinen wesentlich strengeren Voraussetzungen abhängig sein darf als im Falle inländischer Schiedssprüche. Die Anerkennungszuständigkeit des Exequaturgerichts ergibt sich danach primär aus einer entsprechenden Bestimmung des Schiedsvertrages, § 1045 I Nr. 1 ZPO, hilfsweise aus der Zuständigkeit für die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs, § 1045 I Nr. 2 ZPO. Vielfach wird die Anerkennungszuständigkeit nach § 1045 I Nr. 1 ZPO gegeben sein: Oft vereinbaren die Parteien die Zuständigkeit des Exequaturgerichts bereits im Schiedsvertrag. Eine solche Gerichtsstandsvereinbarung kann nach allgemeiner Auffassung auch nachträglich, 65 auch während des Verfahrens geschlossen werden. In der Literatur wird teilweise vorgeschlagen, daß bereits in der Bestimmung des Schiedsortes eine Vereinbarung der Zuständigkeit des für den Schiedsort zuständigen Gerichts für Maßnahmen zur Unterstützung des Schiedsverfahrens, aber auch für die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs liege.66 Für die Zuständigkeit des Exequaturgerichts nach § 1045 Nr. 1 ZPO reicht auch die rügelose Einlassung i. S. d. § 39 ZPO aus. 67

62 63 64

65 66 67

M ü n c h K o m m Z P O - G o t t w a l d , § 328 Rn. 53. Kegel, S. 815. Kegel, S. 815; Koch/Magnus/Winkler von Mohrenfels, S. 205; Lüderitz, Rn. 226; MünchKommZPO-Gottwald, § 328 Rn. 53. Stein/Jonas-ScWosser, § 1045 Rn. 2. Mann, FS Flume (1978) S. 593, 602. MünchKommZPO-Mtfi'er, § 1045 Rn. 3; Schwab/Walter, Kap. 31 Rn. 2; Wieczorek/Schütze-Schütze, § 1045 Rn. 10.

40

§ 3 Die Anerkennung und Vollstreckbarerldärung einer Exequaturentscheidung

Sofern die indirekte Zuständigkeit nicht bereits in spiegelbildlicher Anwendung des § 1045 I Nr. 1 ZPO zu bejahen ist, ist sie nach § 1045 I Nr. 2 ZPO gegeben, wenn das ausländische Exequaturgericht für die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs zuständig gewesen wäre. Hierfür sind die allgemeinen Regeln der ZPO maßgeblich, wobei zu beachten ist, daß die ausschließlichen Zuständigkeiten auch hier jede andere Zuständigkeit ausschließen. Schließlich kann sich die Zuständigkeit auch aus § 1045 I Nr. 3 ZPO ergeben. Diese Zuständigkeit ist für die Praxis sehr bedeutsam, da Schiedssprüche häufig von dem für den Schiedsort zuständigen Gericht für vollstreckbar erklärt werden. Die Gründe dafür sind verschieden; ζ. B. verliert nach US-amerikanischem Recht der Schiedsspruch seine Wirksamkeit, wenn er nicht innerhalb eines Jahres von einem staatlichen Gericht bestätigt wird. Noch weitergehend schlägt Schlosser vor, die Anerkennungszuständigkeit schon dann zu bejahen, wenn die internationale Zuständigkeit des Gerichts auf einer Zuständigkeitsnorm beruht, die „international weitgehend anerkannt und aus der Perspektive des deutschen Rechts rechtspolitisch unverdächtig" ist. 68 Es läßt sich daher — ohne auf die einzelnen Streitfragen eingehen zu müssen — feststellen, daß die Voraussetzung des § 328 I Nr. 1 ZPO, die Zuständigkeit des Exequaturgerichts in entsprechender Anwendung der deutschen Zuständigkeitsvorschriften, in der Praxis der Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exequatur kaum jemals entgegenstehen wird.

2. Zustellung des verfahrenseinleitenden § 328 I Nr. 2 ZPO

Schriftstücks,

Bezüglich des Anerkennungsversagungsgrundes des § 328 I Nr. 2 ZPO bestehen bei einer ausländischen Exequaturentscheidung keine Besonderheiten gegenüber anderen ausländischen Urteilen.

3. Keine entgegenstehende Rechtskraft, § 328 I Nr. 3 ZPO Nach § 328 I Nr. 3 ZPO ist dem ausländischen Exequatur die Anerkennung zu versagen, wenn dieses mit einem inländischen oder einem frühe68

Schlosser, IPRax 1985, 141, 142.

1. Kap.: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur

41

ren ausländischen Urteil, das in der Bundesrepublik anzuerkennen ist, unvereinbar ist. Der Begriff der „Unvereinbarkeit" in § 328 I Nr. 3 ZPO ist wie in Art. 27 EuGVÜ auszulegen, da diese Vorschrift, die in ihrer jetzigen Fassung durch das IPR-Gesetz von 1986 eingeführt wurde, der Bestimmung des EuGVÜ nachgebildet ist. 69 Die Unvereinbarkeit zweier Entscheidungen ist gegeben, wenn die Entscheidungen sich logisch widersprechen; 70 eine solche Unvereinbarkeit i. S. d. § 328 I Nr. 3 ZPO erfordert nach allgemeiner Auffassung nicht etwa die Identität der Streitgegenstände der Entscheidungen. Vielmehr reicht auch die Unvereinbarkeit bezüglich einer Vorfrage71 aus, um den Anerkennungsversagungsgrund des § 328 I Nr. 3 ZPO eingreifen zu lassen. Als ein solches Urteil, das die Anerkennung des ausländischen Exequatur verhindert, kommt etwa ein inländisches Feststellungsurteil des Inhalts, daß der Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen sei, in Betracht. Eine dahingehende negative Feststellungsklage ist nach allgemeiner Auffassung grundsätzlich zulässig,72 sofern nicht bereits ein Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs gestellt wurde: 73 In diesem Fall fehlt der negativen Feststellungsklage das Rechtsschutzbedürfnis, da der Schiedsspruchschuldner im Verfahren der Vollstreckbarerklärung gemäß § 1044 II ZPO diese Feststellung ebenfalls erreichen kann. 74 Von größerer praktischer Bedeutung ist allerdings die Frage, ob auch die Aufhebung des Schiedsspruchs durch ein ausländisches Urteil nach § 328 I Nr. 3 ZPO der Anerkennung des Exequatur entgegensteht; diese Frage wird unten 75 erörtert.

4. Vereinbarkeit mit dem deutschen ordre public, § 328 I Nr. 4 ZPO Der ordre-public-Vorbehalt nach § 328 I Nr. 4 ZPO ist für das Doppelexequatur von besonderer Bedeutung. Zunächst ist das Verfahren vor 69

70 71

72

73 74 75

Geimer, IZPR, Rn. 2891; MünchKommZPO-Gottwald, § 328 Rn. 83; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 157 I 3 d (S. 944); Zöller-Geimer, § 328 Rn. 146. Baumann, S. 116. AK-ZPO-Koch, § 328, Rn. 37; MünchKommZPO-Gottwald, § 328, Rn. 83; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 158 I 3 d) (S. 944). O L G Nürnberg, KTS 1966, 111, 112; Habscheid, KTS 1966, 1, 8; Schwab/ Walter, Kap. 30 Rn. 37; Stein/Jonas-ScWosser, § 1044 Rn. 74. OLG Nürnberg, KTS 1966, 111, 112; Habscheid, KTS 1966, 1, 8. Vgl. Schwab/Walter, Kap. 30 Rn. 37. § 8, Β. II.

42

§ 3 Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Exequaturentscheidung

dem ausländischen Exequaturgericht in derselben Weise am ordre public zu messen wie das eines jeden anderen Urteils, und ebenso greift der ordre public wie bei jedem anderen Urteil auch ein, soweit der Entscheidungsinhalt gegen den ordre public verstößt. Die besondere Bedeutung des ordre public für das Doppelexequatur ergibt sich daraus, daß auf diesem Wege im Ergebnis auch Mängel des Schiedsverfahrens, vor allem aber des Entscheidungsinhalts, für die Anerkennung des Exequatures von Bedeutung sind: Zunächst können Mängel sowohl des Schiedsverfahrens als auch des Schiedsspruchs dann im Ergebnis der Anerkennung des Exequatur entgegenstehen, wenn diese Mängel im ausländischen Exequaturverfahren in ordre-publicwidriger Weise nicht berücksichtigt wurden, 76 ζ. B. bei Verweigerung des rechtlichen Gehörs. Auch wenn der zur Nichtanerkennung führende Verstoß, formal gesehen, mit dem Mangel des Schiedsverfahrens oder des Schiedsspruchs nichts zu tun hat, so wird er doch nur deswegen relevant. Von weit größerer Bedeutung aber ist die ordre-public-Kontrolle des Exequatur für Fehler des Entscheidungsinhaltes des Schiedsspruchs: Da eine Exequaturentscheidung die Wirksamkeit des Schiedsspruchs feststellt und — in aller Regel — den Entscheidungsinhalt, wie er im Tenor des Schiedsspruchs festgehalten ist, wiederholt, ist dieser auch Entscheidungsinhalt des Exequatur. Folglich ist dieser Entscheidungsinhalt, den Schiedsspruch und Exequatur gemeinsam haben, am Vorbehalt des ordre public zu messen. Sofern also die im Schiedsspruch ausgesprochene Rechtsfolge gegen den deutschen ordre public verstößt, kann das ausländische Exequatur nicht anerkannt werden.

5. Die Verbürgung der Gegenseitigkeit,

§ 328 I Nr. 5 ZPO

Nach § 328 I Nr. 5 ZPO ist die Verbürgung der Gegenseitigkeit eine notwendige Voraussetzung der Anerkennung, deren Vorliegen von Amts wegen zu prüfen ist. 77 Die Gegenseitigkeit ist verbürgt, wenn die Anerkennung und Vollstreckung eines deutschen Urteils im Urteilsstaat auf keine wesentlich größeren Schwierigkeiten stößt als die Anerkennung und Vollstreckung eines Urteils des betreffenden Staates in der Bundesrepublik. 78 76 77 78

Darauf weist insb. Schlosser hin (Schlosser Rn. 908; s. auch ο. § 1, Ε. II.). Martiny in H d b . IZVR III/l, Rn. 291; Schuck, IZVR, Rn. 882. B G H Z 52, 251, 253; Martiny in H d b . IZVR III/l, Rn. 1203; Zöller-Geimer, § 328 Rn. 177.

1. Kap.: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur

43

Heute ist allgemein anerkannt, daß im Rahmen des § 328 I Nr. 5 ZPO eine partielle Verbürgung der Gegenseitigkeit ausreicht. 79 Diese ist nach der Formulierung der Rechtsprechung dann gegeben, wenn der ausländische Staat ein deutsches Urteil mit einem entsprechenden Inhalt unter nicht wesentlich ungünstigeren Bedingungen anerkennt. 80 In der Literatur wird die partielle Verbürgung der Gegenseitigkeit dann angenommen, wenn deutsche Urteile der betreffenden Urteilsgattung in dem Urteilsstaat anerkannt und vollstreckt werden. 81 Ebenso kann nach der herrschenden Meinung die grundsätzlich verbürgte Gegenseitigkeit partiell fehlen. 82 Umstritten und weitgehend ungeklärt ist dagegen die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein partielles Fehlen der Gegenseitigkeit anzunehmen ist, d. h. unter welchen Voraussetzungen die Gegenseitigkeit trotz genereller Verbürgung deswegen nicht verbürgt ist, weil im konkreten Fall ein deutsches Urteil gleichen Inhalts oder der gleichen Urteilsgattung im Urteilsstaat nicht anerkannt würde. Der BGH hat in einem Fall, in dem die generelle Verbürgung der Gegenseitigkeit gegeben war, dem ausländischen Urteil gemäß § 328 I Nr. 5 ZPO die Anerkennung versagt, da die Zuständigkeit des ausländischen Gerichts — aus deutscher Sicht — auf einem Gerichtsstand beruhte, auf dem nach dem betreffenden ausländischen Recht die Anerkennungszuständigkeit nicht gestützt werden konnte. 83 Der BGH will also offenbar zur Prüfung der Frage, ob im Verhältnis zum ausländischen Staat „im wesentlichen gleiche Bedingungen" für die 79

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82

83

B G H Z 52, 251, 253; 53, 332, 334; Geimer, N J W 1968, 2198, 2 1 9 9 ; Geimerl Schütze 1/2, § 2 4 2 I; Martiny in H d b . I Z V R I I I / l , R n . 1280 m . w . N a c h w . ; Stein/ J o n a s - S c h u m a n n , § 328, R n . 255; Zöller-Geimer, § 3 2 8 R n . 178. Α. A. n o c h d a s R G , vgl. R G Z 115, 103, 110. B G H Z 52, 251, 253; 53, 332, 334. Geimer/Schütze 1/2, § 242 I; S t e i n / J o n a s - S c h u m a n n , § 328, R n . 255; Zöller-Ge/mer, § 328 R n . 178. B G H Z 52, 251, 256 ff.; 53, 332, 335; Wieczorek, § 328, Ε V a 2; w o h l a u c h : Geimer, N J W 1968, 2198, 2 1 9 9 ; Geimerl Schütze 1/2, § 242 11. B G H Z 52, 251. G e g e n s t a n d der E n t s c h e i d u n g w a r die V o l l s t r e c k b a r e r k l ä r u n g eines s ü d a f r i k a n i s c h e n Urteils. Im Verhältnis zu S ü d a f r i k a ist die Gegenseitigkeit generell v e r b ü r g t . J e d o c h b e s t a n d die A n e r k e n n u n g s z u s t ä n d i g k e i t des süda f r i k a n i s c h e n G e r i c h t s ausschließlich a u f g r u n d des G e r i c h t s s t a n d s des Vermögens. Dieser G e r i c h t s s t a n d k a n n a b e r n a c h s ü d a f r i k a n i s c h e m i n t e r n a t i o n a l e n Z i v i l p r o z e ß r e c h t die A n e r k e n n u n g s z u s t ä n d i g k e i t eines a u s l ä n d i s c h e n G e r i c h t s nicht b e g r ü n d e n . Ein d e u t s c h e s Urteil w ä r e also in dieser Fallkonstellation in Südafrika nicht anerkannt w o r d e n .

44

§ 3 Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Exequaturentscheidung

Anerkennung von Urteilen 84 gegeben sind, die im konkreten Fall anwendbaren Normen heranziehen, denn er stellte in dieser Entscheidung maßgeblich darauf ab, daß im konkreten Fall die Zuständigkeit des südafrikanischen Gerichts ausschließlich auf dem Gerichtsstand des Vermögens beruhte 85 , der nach südafrikanischem Recht - anders als nach deutschen Recht — keine Anerkennungszuständigkeit begründen konnte. Dies führte - folgerichtig - zu dem Ergebnis, daß für diese sehr spezielle Fallgruppe (Gerichtsstand des Vermögens als - ausschließliche — Grundlage der Zuständigkeit des ausländischen Gerichts) die Gegenseitigkeit nicht verbürgt war, da die Regelung der Anerkennungszuständigkeit von großer Bedeutung für das Vorliegen von „im wesentlichen gleichen" Anerkennungsbedingungen ist. 86 Dieses Vorgehen, das zu einer sehr differenzierten Beurteilung der Verbürgung der Gegenseitigkeit führt, wird in der Literatur zu Recht abgelehnt, 87 da es zu sehr hohen Anforderungen an die Kongruenz der ausländischen und der deutschen Rechtsordnung führt; 88 dies ist nicht das Ziel des § 328 I Nr. 5 ZPO. Zudem kann es unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit nicht richtig sein, wenn praktisch in jedem einzelnen Fall erneut geprüft werden müßte, ob für die jeweilige, höchst spezielle Fallgruppe die Gegenseitigkeit verbürgt ist. Nach der in der Literatur vertretenen Auffassung soll es für die Verbürgung der Gegenseitigkeit stets allein darauf ankommen, ob deutsche Urteile der betreffenden „Urteilsgattung" im Urteilsstaat unter im wesentlichen gleichen Bedingungen anerkannt werden wie die Urteile des Urteilsstaates in der Bundesrepublik. 89 Der Unterschied in den beiden Auffassungen liegt darin, daß nach der Auffassung der Literatur eine partielle Nichtverbürgung (ebenso wie eine partielle Verbürgung) der Gegenseitigkeit stets nur für eine bestimmte „Urteilsgattung" gegeben sein kann, wogegen der BGH weitaus stärker differenzieren will, sich vor allem nicht auf das Kriterium der „Urteilsgattung" festlegt. Gleichwohl wird auch nach der Auffassung des BGH grundsätzlich die Anerkennung der betreffenden Urteilsgattung durch den anderen Staat als Voraussetzung für die Verbürgung der Gegenseitigkeit gegeben sein müssen. Für die hier interessierende Frage

84 85 86 87 88 89

B G H Z 5 2 , 2 5 1 , 256. Vgl.. B G H Z 52, 2 5 1 , 2 5 6 ff. Vgl. B G H Z 5 2 , 2 5 1 , 2 5 7 f. Vgl. Geimer, N J W 1968, 2 1 9 8 , 2 1 9 9 f. Vgl. Geimer, N J W 1 9 6 8 , 2 1 9 8 , 2 2 0 0 . Geimer, N J W 1968, 2 1 9 8 , 2 1 9 9 .

1. Kap.: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur

45

nach der Verbürgung der Gegenseitigkeit für Exequaturentscheidungen kommt es somit nach beiden Ansichten zunächst darauf an, ob deutsche Exequaturentscheidungen — diese dürften eine „Urteilsgattung" in diesem Sinne sein — in dem betreffenden Staat anerkannt und vollstreckt werden. Die Feststellung der Verbürgung der Gegenseitigkeit kann im Einzelfall sehr schwierig sein. Gerade bezüglich der Anerkennung von Exequaturentscheidungen dürfte - da das Doppelexequatur von Schiedssprüchen in den meisten Staaten noch selten ist — die erwünschte Feststellung der Gegenseitigkeit heute oft unmöglich sein. In diesen Fällen ist von der Verbürgung der Gegenseitigkeit auszugehen, sofern im Verhältnis zu dem betreffenden Staat die „generelle" Verbürgung der Gegenseitigkeit gegeben ist. Sofern nach diesen Grundsätzen die Gegenseitigkeit für Exequaturentscheidungen verbürgt ist, ist nach der Ansicht der Literatur die Voraussetzung des § 328 I Nr. 5 ZPO erfüllt. Nach der Ansicht des BGH kann die Verbürgung der Gegenseitigkeit auch dann noch scheitern, wenn anhand der im konkreten Fall anwendbaren Normen die Anerkennungsvoraussetzungen nicht „im wesentlichen gleich" sind.

B) Die Überprüfung des zugrundeliegenden Schiedsspruchs Es stellt sich nun die Frage, ob und in welcher Weise bei der Prüfung der Voraussetzungen, die das deutsche Recht an die Vollstreckbarerklärung der ausländischen Exequaturentscheidung knüpft, der dem Exequatur zugrundeliegende Schiedsspruch und das Verfahren vor dem Schiedsgericht zu berücksichtigen sind. Diese Frage ist nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt; dem Wortlaut der §§ 722, 723, 328 ZPO läßt sich bezüglich der Frage, inwieweit in dem Fall, daß das ausländische Urteil eine Bestätigung oder Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs (oder auch eines Urteils) zum Inhalt hat, der dem Exequatur zugrundeliegende Schiedsspruch zu überpüfen ist, nichts entnehmen. Auch in der bisherigen Diskussion des Doppelexequatur ist diese Frage, wie eingangs dargestellt, bisher nicht eingehend erörtert worden. Gleichwohl werden hierzu — zumeist implizit - unterschiedliche Ansichten vertreten. 90

90

Siehe o b e n § 1, D . II.

46

§ 3 Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Exequaturentscheidung

Im folgenden wird zunächst dargestellt, welche unterschiedlichen Anworten auf die Frage nach der Uberprüfung des Schiedsspruchs beim Doppelexequatur in Betracht kommen bzw. in der Diskussion vorgeschlagen wurden, und inwieweit sich hieraus Konsequenzen für die Möglichkeit der Umgehung von Anerkennungsvoraussetzungen ergeben. Sodann wird erörtert, inwieweit eine Überprüfung des Schiedsspruchs und des Schiedsverfahrens bei der Anerkennung der ausländischen Exequaturentscheidung nach deutschem Recht zulässig bzw. geboten ist. In diesem Zusammenhang stellt sich vor allem die Frage, inwieweit sich aus dem Verbot der revision au fond nach § 723 II ZPO Grenzen oder Maßstäbe für die Kontrolle des Schiedsspruchs ergeben.

I. Die in Betracht kommenden Kontrollmaßstäbe 1. Keine Überprüfung des

Schiedsspruchs

In der Literatur wird ζ. T. — implizit — die Ansicht vertreten, der dem Exequatur zugrundeliegende Schiedsspruch könne beim Doppelexequatur keiner Kontrolle unterzogen werden. 91 Danach sind die Voraussetzungen für die Anerkennung des ausländischen Exequatur auf die oben dargestellte Überprüfung des ausländischen Exequatururteils beschränkt. Dies hat zur Folge, daß die Voraussetzungen, die das deutsche Recht an die Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen stellt, grundsätzlich nicht beachtet werden. Dies bedeutet freilich nicht, daß Mängel des Schiedsspruchs und des Schiedsverfahrens überhaupt nicht zur Versagung der Anerkennung führen können; vielmehr ist auch nach dieser Methode die Anerkennung dann zu versagen, wenn der Mangel des Schiedsspruchs auf das Urteil „durchschlägt", wenn also auch das Exequatur an einem Mangel leidet, der nach § 328 ZPO bzw. den entsprechenden staatsvertraglichen Normen einen Anerkennungsversagungsgrund, insbesondere einen Verstoß gegen den anerkennungsrechtlichen ordre public begründet. 92 Dennoch wird bei dieser Vorgehensweise ein Mangel des Schiedsspruchs, vor allem aber ein Mangel des schiedsgerichtlichen Verfahrens nur im Ausnahmefall einmal zur Versagung der Anerkennung des Exe91 92

Siehe o b e n § 1, D . II. Siehe o b e n § 1, Α. II. 4.

1. Kap.: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur

47

quatur führen. Es wird danach also der Möglichkeit, durch Doppelexequierung im Ergebnis aus einem nicht anerkennungsfähigen Schiedsspruch doch in der Bundesrepublik zu vollstrecken, ein denkbar weiter Raum eröffnet.

2. Überprüfung des Schiedsspruchs am Maßstab des ordre public, § 328 I Nr. 4 ZPO Ausgehend von der ordre-public-Kontrolle des § 328 I Nr. 4 ZPO, die ja den Entscheidungsinhalt des Schiedsspruchs ohnehin umfaßt, läßt sich als eine weitere Möglichkeit der Überprüfung des zugrundeliegenden Schiedsspruchs daran denken, diesen nach dem Maßstab des ordre public zu überprüfen, und zwar einschließlich des Schiedsverfahrens, das dann unter dem Vorbehalt der verfahrensrechtlichen Komponente des ordre public steht. Diese Vorgehensweise entspricht möglicherweise dem Vorschlag Schlossers, den Schiedsspruch im Rahmen des ordre public zu überprüfen. 93 Im Unterschied zur vorgenannten Vorgehensweise wird hier also die Kontrolle auf das Schiedsverfahren ausgeweitet, wenngleich beschränkt auf Verstöße gegen den verfahrensrechtlichen ordre public des § 328 I Nr. 4 ZPO. Für die Frage, ob hierbei gegenüber der ordre-public-Uberprüfung des Schiedsspruchs im direkten Exequaturverfahren Unterschiede bestehen, kommt es entscheidend darauf an, ob es sich bei dem „ordre public" in § 328 I Nr. 4 ZPO, in § 1044 II Nr. 2 ZPO sowie in Art. V 2 b) UNÜ jweils um denselben Kontrollmaßstab handelt, oder ob in diesen Normen auf unterschiedliche ordre-public-Begriffe verwiesen wird. Diese Frage wird unten 94 näher erörtert. An dieser Stelle ist auf folgendes hinzuweisen: Handelt es sich jeweils um denselben ordre public, so macht es für die Überprüfung des Schiedsspruchs anhand des ordre public keinen Unterschied, ob diese im Rahmen des direkten Exequaturverfahrens oder beim Doppelexequatur erfolgt. Für die Frage unterschiedlicher Anforderungen an den Schiedsspruch beim direkten Exequatur einerseits, Doppelexequatur andererseits ergibt sich daraus unmittelbar, daß derartige Unterschiede bezüglich des ordre public nicht bestehen. Verweisen die § 328 I Nr. 4 ZPO, § 1044 II Nr. 3 ZPO, Art. V 2 b) UNÜ aber auf unterschiedliche Maß-

93 94

Siehe o b e n S 1, Β II. 2. Siehe u n t e r II. 2. b).

48

§ 3 Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Exequaturentscheidung

stäbe des „ordre public", so bestehen jeweils unterschiedliche Anforderungen an Schiedsspruch und -verfahren. In jedem Falle aber können sich beim Doppelexequatur geringere Anforderungen an den Schiedsspruch dadurch ergeben, daß die übrigen Anerkennungsversagungsgründe des § 1044 ZPO bzw. des UNÜ nicht berücksichtigt werden.

3. Überprüfung des Schiedsspruchs anhand des § 1044 bezüglich des selbständig anzusetzenden Maßstabs

ZPO

Eine deutlich weitergehende Kontrolle des zugrundeliegenden Schiedsspruchs und des Schiedsverfahrens wird erreicht, wenn man der Ansicht des BGH folgend den Schiedsspruch anhand des § 1044 ZPO überprüft, soweit diese Prüfung anhand eines „selbständig anzusetzenden Maßstabs" erfolgt. 95 Zu diesem selbständig anzusetzenden Maßstab gehören nach Ansicht des BGH jedenfalls § 1044 II Nr. 2 und Nr. 4 ZPO. 96 Man wird diese Beschränkung der Kontrolle auf den selbständig anzusetzenden Maßstab wohl dahin zu verstehen haben, daß sich diese Kontrolle nach § 1044 ZPO unmittelbar auf das deutsche Sachrecht und nicht auf das durch das deutsche Kollisionsrecht berufene Recht bezieht. Zu diesem selbständigen Maßstab gehören zweifellos § 1044 Nr. 2 und Nr. 4 ZPO. Fraglich ist, ob auch der Anerkennungsversagungsgrund der nicht ordnungsgemäßen Vertretung, § 1044 II Nr. 3 ZPO, dazu gehört. § 1044 II Nr. 3 ZPO verweist auf deutsches Recht insoweit, als sich nach deutschem materiellen Recht bestimmt, welche Art von Mängeln in der Vertretung zur Auffhebbarkeit des Schiedsspruchs führt. Da aber für die Ordnungsmäßigkeit der Vertretung das kollisionsrechtlich vermittelte Recht maßgeblich ist, 97 handelt es sich bei § 1044 II Nr. 3 ZPO nicht um einen selbständig anzusetzenden Maßstab in diesem Sinne. Nach dieser Methode ist somit § 1044 II Nr. 3 ZPO im Rahmen des Doppelexequatur nicht anwendbar. Soweit man nach diesem Maßstab im Verfahren des Doppelexequatur den zugrundeliegenden Schiedsspruch und das Schiedsverfahren anhand des § 1044 II Nrn. 2, 4 ZPO überprüft, ist eine alternative Prüfung nach den anwendbaren Staatsverträgen erforderlich, denn insoweit ist auch im Verfahren des direkten Exequatur die Kontrolle nach § 1044 95 96 97

BGH, RIW 1984, 557, 558; siehe auch oben § 1, Β II. 2. BGH, RIW 1984, 557, 5 5 8 . Siehe dazu unten § 7, C. II.

1. Kap.: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur

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ZPO durch die Möglichkeit der Anerkennung nach den anwendbaren Staatsverträgen relativiert. Es gibt keinen Grund dafür, daß diese Wertung nicht auch im Falle des Doppelexequatur gelten sollte. Es ist jedoch fraglich, was bei der Prüfung von Staatsverträgen mit diesem Anerkennungsmaßstab gemeint sein kann, 98 denn einen selbständigen Maßstab im Sinne des autonomen deutschen Rechts gibt es im Bereich des U N Ü nicht. Hier sind mehrere Möglichkeiten denkbar: Wenn man die „Selbständigkeit" des Maßstabs im Falle des § 1044 II Nrn. 2, 4 ZPO in dem unmittelbaren Verweis auf deutsche Sachnormen sieht, so könnte man auf die Sachnormen, die das U N Ü selbst enthält, abstellen. Danach bleibt die Kontrolle anhand des Art. V 1 c) UNÜ, den man wohl als eigenständige Sachnorm des UNÜ ansehen kann. Ob auch Art. V 1 d) als eigene Sachnorm des UNÜ aufzufassen ist, hängt von der sehr umstrittenen Frage ab, inwieweit hier die Vereinbarungen der Parteien maßgeblich sind und inwieweit das am Schiedsort geltende Recht: 99 Selbst wenn man davon ausgeht, daß ausschließlich die Parteivereinbarungen gelten, so stellt sich die Frage, ob diese einen selbständigen Maßstab darstellen können, der auch im Verfahren des Doppelexequatur noch zu berücksichtigen ist. Nach allen anderen Meinungen ist Art. V 1 d) keine Sachnorm des UNÜ. Art. V 1 e) U N Ü stellt wohl keinen selbständig anzusetzenden Maßstab auf, da sowohl für die Aufhebung als auch für die Frage der Verbindlichkeit des Schiedsspruchs auf das Recht des Schiedsortes verwiesen wird. Man könnte aber die Ansicht des BGH auch dahin verstehen, daß mit diesem „selbständigen" Maßstab das deutsche Sachrecht gemeint ist. Dieser Kontrollmaßstab ließe sich mit der Erwägung begründen, daß dem unmittelbaren Verweis auf die deutschen Sachnormen in § 1044 II Nrn. 2, 4 ZPO das Ziel zugrundeliegt, die Maßstäbe des deutschen Rechts durchzusetzen. Danach könnte man das U N Ü immer dann zur Überprüfung des Schiedsspruchs heranziehen, soweit auf deutsches Recht als das Recht des Anerkennungsstaates verwiesen wird. Demzufolge käme eine Kontrolle anhand des Art. V 1 b) UNÜ sowie nach Art. V 2 a) U N Ü in Betracht. Schließlich könnte man unter diesem selbständigen Maßstab sowohl die Sachnormen des U N Ü also auch das deutsche Recht, soweit darauf 98

99

Der Verweis des BGH auf Schlosser hilft hier auch nicht weiter, da der BGH die Auffassung Schlossers nur zum Teil zitiert, und es insoweit unsicher ist, ob der BGH dieselbe oder eine andere Position vertritt als Schlosser, der ja den ordre public als Anknüpfungspunkt für die Kontrolle des Schiedsspruchs ansieht (s. o.). Siehe dazu unten § 6, Α. II. 2. b.

50

§ 3 Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Exequaturentscheidung

verwiesen wird, fassen; danach hätte auch im Verfahren des Doppelexequatur eine Kontrolle des zugrundeliegenden Schiedsspruchs nach Art. V 1 b), V 1 c), C 1 d) und V 2 a) UNÜ zu erfolgen. Im Vergleich zum Verfahren des direkten Exequatur wird nach dieser Methode die Kontrolle des Schiedsspruchs und des Schiedsverfahrens insoweit zurückgenommen, als ein zu berücksichtigender Anerkennungsversagungsgrund nach § 1044 II Nrn. 1, 3 ZPO nicht vorliegen kann. Im Anwendungsbereich des U N Ü entfällt jedenfalls die Kontrolle nach Art. V 1 a) und Art. V 1 c), möglicherweise auch weitere Anerkennungsversagungsgründe (s. o.). Somit können sich wegen des Günstigkeitsprinzips erhebliche Lücken in der Kontrolle des Schiedsspruchs ergeben.

4. Überprüfung des Schiedsspruchs der §§ 722, 723, 328 ZPO

in entsprechender

Anwendung

Eine über den ordre public hinausgehende Kontrolle des zugrundeliegenden Schiedsspruchs kann man auf einem anderen Wege erreichen, und zwar dadurch, Schiedsspruch und -verfahren in analoger Anwendung der §§ 723, 328 ZPO zu überprüfen, soweit deren Kriterien auf Schiedssprüche anwendbar sind. So ließe sich beispielsweise eine Kontrolle des Schiedsvertrages in entsprechender Anwendung des § 328 I Nr. 1 ZPO durchführen, da sich die Zuständigkeit eines ausländischen Gerichts auch durch Prorogation ergeben kann und deren Wirksamkeit im Exequaturverfahren überprüft wird. Auch dadurch ist also die Kontrolle des Schiedsspruchs nicht nur auf den Bereich des ordre public beschränkt, sondern erstreckt sich darüber hinaus auf die in §§ 723, 328 ZPO genannten Anerkennungsvoraussetzungen. Im Vergleich zur direkten Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs ergeben sich hinsichtlich des ordre public Unterschiede nur dann, wenn der ordre public sich bei § 328 anders darstellt als bei § 1044 ( s. u. ). Bezüglich der sonstigen Voraussetzungen des § 1044 ZPO bzw. des U N Ü kann nur eine Analyse der einzelnen Anerkennungsversagungsgründe erweisen, inwieweit die Anerkennungsversagungsgründe des § 328 ZPO denen des § 1044 ZPO bzw. des UNU inhaltlich entsprechen. Es ist dabei zu vermuten, daß es in dem Bereich, in dem § 1044 ZPO spezifische Voraussetzungen enthält, die auf den Besonderheiten des Schiedsverfahrens - im Vergleich zum staatlichen Gerichtsverfahren — beruhen, an einer Parallele im Bereich der §§ 723, 328 ZPO fehlen wird.

1. Kap.: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur

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5. Überprüfung des Schiedsspruchs nach Maßgabe der Voraussetzungen der Anerkennung von Schiedssprüchen Schließlich ist, als der völligen Nichtbeachtung entgegengesetztes Extrem, die Möglichkeit der vollen Überprüfung des Schiedsspruchs nach den für die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs geltenden Voraussetzungen zu nennen. Dies bedeutet, daß neben dem Exequatur als solchem der Schiedsspruch einschließlich des ihm zugrundeliegenden Schiedsverfahrens genauso nach § 1044 ZPO und — wegen des Günstigkeitsprinzips - alternativ nach den in Betracht kommenden Staatsverträgen überprüft wird, wie dies im Verfahren nach §§ 1042, 1044 ZPO der Fall wäre. Dieses Verfahren garantiert, daß das Doppelexequatur bezüglich des Schiedsspruchs zu denselben Anforderungen an die Vollstreckbarerklärung führt wie das direkte Exequatur, so daß sich die Frage unterschiedlicher Anerkennungsvoraussetzungen gar nicht erst stellt. Es ist freilich die Frage, ob sich dieses Vorgehen mit der Systematik des deutschen internationalen Zivilverfahrensrechts verträgt, das zwei unterschiedliche Regelungskomplexe für Urteile einerseits, für Schiedssprüche andererseits, unterscheidet. Im übrigen läßt sich nicht leugnen, daß dieses Vorgehen, das einerseits das Doppelexequatur zuließe und andererseits im Verfahren des „Doppelexequatur" letztlich den zugrundeliegenden Schiedsspruch wie im Verfahren nach § 1042 ZPO überprüft, einem Zirkelschluß nahekommt. Vor allem aber fragt sich, ob eine derartige Kontrolle des Schiedsspruchs nicht aufgrund des Verbotes der revision au fond ausgeschlossen ist.

II. Exkurs: Der Begriff des ordre public bei der Anerkennung von Urteilen bzw. von Schiedssprüchen 1. Die Bedeutung des ordre public für die Untersuchung des Doppelexequatur Der Vorbehalt des ordre public ist für das Doppelexequatur von besonderer Bedeutung, und zwar in mehrfacher Hinsicht: Zunächst ist der ordre public, wie gesagt, für die Überprüfung des dem ausländischen Exequatur zugrundeliegenden Schiedsspruchs von Bedeutung. Sofern man irgendeine Überprüfung des zugrundeliegenden Schiedsspruchs

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§ 3 Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Exequaturentscheidung

und des Schiedsverfahrens im Rahmen des Doppelexequatur vornehmen will, kommt es darauf an, welcher Maßstab des ordre public maßgeblich ist, falls es unterschiedliche ordre-public-Begriffe gibt. Vor allem ist der ordre public relevant für die Frage, ob das Doppelexequatur im Vergleich mit dem direkten Exequatur zu geringeren Anerkennungsvoraussetzungen bezüglich des Schiedsspruchs führt. Hier ist von Bedeutung, ob das Anerkennungshindernis der Unvereinbarkeit mit dem ordre public, das sich ja sowohl in § 328 ZPO bzw. den entsprechenden völkerrechtlichen Verträgen 100 als auch in § 1044 ZPO und den entsprechenden völkervertraglichen Regelungen 101 findet, in den beiden Fallgruppen dasselbe ist oder ob man von verschiedenen Begriffen des ordre public auszugehen hat. Handelt es sich nämlich um denselben ordre public, so folgt daraus für das Doppelexequatur, daß unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen sich aufgrund verschiedener ordrepublic-Maßstäbe nicht ergeben können. Im einzelnen sind hier zwei Fragen zu unterscheiden, die beide zu klären sind, um die für diese Analyse bedeutsame Frage nach dem Begriff des ordre public zu beantworten: Zum einen ist zu fragen, ob es sich bei dem ordre-public-Vorbehalt des autonomen deutschen internationalen Zivilverfahrensrechts um jeweils denselben ordre public wie im Bereich des völkerrechtlichen Anerkennungsrechts handelt, und zum zweiten, ob der ordre public bei der Anerkennung von Urteilen ein anderer ist als bei der Anerkennung von Schiedssprüchen.

2. Der Begriff des ordre public nach autonomem Recht und nach völkervertraglichem Recht Die Analyse des Verhältnisses des ordre public des autonomen deutschen internationalen Zivilverfahrensrechts zum ordre public der völkerrechtlichen Verträge über die Anerkennung von Urteilen bzw. von Schiedsprüchen hat davon auszugehen, daß in einem völkerrechtlichen Vertrag über die Anerkennung ausländischer Entscheidungen ein anderer, sei es ein strengerer, sei es ein großzügigerer, Maßstab der ordrepublic-Kontrolle vereinbart werden kann, als ihn das autonome deut100

101

§ 328 I Nr. 4 Z P O ; Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ, Art. 2 Nr. 3 Haager Unterhaltsvollstreckungsübereinkommen v. 1958; Art. 5 Nr. 1 Haager Unterhaltsvollstrekkungsübereinkommen v. 1973. § 1044 II Z P O ; Art. V 2 b) U N Ü ; Art. 1 II e) G A , Art. VI Abs. 2 S. 3 Deutschamerikanischer Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag 1954.

1. Kap.: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur

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sehe Recht vorsieht. Eine Identität der ordre-public-Begriffe ist also keineswegs zwingend. 102 Es stellt sich somit für jeden einzelnen Staatsvertrag gesondert die Frage, ob der darin enthaltene ordre-public-Vorbehalt inhaltlich mit dem ordre public des autonomen deutschen Rechts übereinstimmt oder nicht. a) D e r o r d r e public bei der A n e r k e n n u n g von Urteilen Im Bereich der Anerkennung von Urteilen enthält das wichtigste internationale Abkommen, an dem die Bundesrepublik beteiligt ist, das EuGVÜ, eine ordre-public-Klausel in seinem Art. 27 Nr. 1. Der ordre-public-Vorbehalt des Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ verweist grundsätzlich auf den ordre public des Zweitstaates, 103 also auf nationales Recht des Anerkennungsstaates. Maßgeblich ist also der ordre public des (autonomen) deutschen internationalen Zivilverfahrensrechts. Allerdings enthält das EuGVÜ inhaltliche Vorgaben bezüglich des ordre public, die im Anwendungsbereich des EuGVÜ maßgeblich sind, und zwar ist der ordre-public-Vorbehalt des Art. 27 I Nr. 1 EuGVÜ eng auszulegen: 104 Es ist anerkannt, daß der ordre public nur im Ausnahmefall eingreifen soll, also im Sinne des ordre public international auszulegen ist. 105 Diese Auslegung des Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des EuGVÜ, 1 0 6 vor allem aber entspricht nur eine enge Auslegung der Zielsetzung des EuGVÜ, die einzelstaatlichen Interessen und Wertungen zu relativieren. 107 Diese Vorgaben des EuGVÜ für die ordre-public-Kontrolle berühren allerdings im Ergebnis den deutschen ordre public nicht, da der ordre-public-Begriff des autonomen deutschen Rechts ohnehin ein sehr enger ist, so daß der Begriff des ordre public i. S. d. Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ dem des § 328 I Nr. 4 ZPO entspricht. 108 102 103

104 105 106 107 108

Wengler, JZ 1968, 596. B G H Z 75, 167, 171; Bericht Jenard, zu Art. 27 EuGVÜ, Ordre Public; Bülow/ Böckstiegel-Linke, Art. 27 EuGVÜ, II.l.; Dashwood/Hacon/White, S. 39; Goldman, rev. trim. dr. europ. 1971, 1, 34; O'Malley/Layton Rn. 27.15. Müller/Hök, B. 11 Nr. 8.4 (1); O'Malley/Layton, Rn. 27.14. MünchKommZPO-GottwaW, Art. 27 EuGVÜ Rn. 7. M ü n c h K o m m Z P O - G o t t w a l d , Art. 27 EuGVÜ Rn. 7. Kropholler, Art. 27 Rn. 4. Bülow/Böckstiegel-Linke, Art. 27 EuGVÜ II.3.; Kropholler, Art. 27 Rn. 6; MünchKommZPO-Gottwald, Art. 27 EuGVÜ Rn. 7

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§ 3 Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Exequaturentscheidung

Auch die bilateralen Verträge zur Anerkennung von Urteilen verweisen mit ihrer ordre-public-Klausel ausnahmslos auf den jeweiligen ordre public des Anerkennungsstaates; auch hier ist also derselbe ordre-public-Begriff maßgeblich wie nach autonomem deutschen Recht. Auch in den Fällen, in denen die staatsvertragliche Regelung einen ordre-public-Vorbehalt nicht ausdrücklich vorsieht, kann der anerkennende Staat dem ausländischen Urteil die Anerkennung wegen Verstoßes gegen seinen ordre public verweigern. Auch hier ist der ordre-publicBegrifF des autonomen deutschen Rechts maßgeblich. b) Der ordre public bei der Anerkennung von Schiedssprüchen aa) Der ordre-public-Vorbehalt des § 1044 II Nr. 2 ZPO Der ordre-public-Vorbehalt des autonomen deutschen Rechts, § 1044 II Nr. 2 ZPO, greift nach der von der Rechtsprechung und überwiegend auch von der Literatur verwandten Formulierung dann ein, wenn der Schiedsspruch eine Norm verletzt, die die Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens regelt oder mit deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen in einem untragbaren Widerspruch steht. 109 Der ordrepublic-Vorbehalt des § 1044 II Nr. 2 ZPO ist nach allgemeiner Auffassung eng auszulegen. 110 Fraglich ist, ob für die ordre-public-Kontrolle von Schiedssprüchen zwischen einem ordre public interne und einem ordre public international zu differenzieren ist. Diese Unterscheidung ist in vielen Rechtsordnungen bedeutsam, die gegenüber inländischen Schiedssprüchen eine deutlich weitergehende ordre-public-Kontrolle vorsehen, gegenüber ausländischen Schiedsprüchen aber einen engen ordre-public-Begriff verwenden.111 Im deutschen Recht ist diese Unterscheidung umstritten. Nach der früher ganz herrschenden Meinung unterscheidet das deutsche Recht nicht zwischen einem ordre public interne und einem ordre public international; 112 der ordre public in § 1041 I Nr. 2 ZPO und in § 1044 II 109

110 111 1,2

BGHZ 75, 167, 171 f; BGH, RIW 1991, 420; OLG Hamm, IPRax 1985, 218; OLG Hamburg, RIW 1991, 152, 153; Kornblum, FS Nagel (1987) S. 140, 144; Mezger, NJW 1970, 368, 369; Schwab/Walter, Kap. 30 Rn. 19 m.w.Nachw.; Sydow/Busch/Kranz/Triebel, § 328 Nr. 7. Schwab/Walter, Kap. 30 Rn. 19 m.w.Nachw. Siehe dazu Schwab/Walter, Kap. 30 Rn. 19 m.Nachw. Von Heymann, S. 157; Kroitzsch, GRUR 1969, 387, 398 f., Kornblum, NJW 1987, 1106; Kornblum, FS Nagel (1987) S. 140, 144 f.; Schwab/Walter, Kap. 30 Rn. 19; Wieczorek-Schütze (2. Aufl.), § 1044 Ε II.; von Winterfeld, NJW 1987, 3059. Wohl auch: Zöller-Geimer, § 1044 Rn. 18.

1. Kap.: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur

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Nr. 2 ZPO ist demnach derselbe. Nach einer in der Literatur zunehmend und auch vom BGH vertretenen Ansicht dagegen handelt es sich in §1044 II Nr. 2 ZPO um eine gegenüber § 1041 I Nr. 2 ZPO eingeschränkte ordre-public-Kontrolle. 113 Diese Unterscheidung ist für das deutsche Recht abzulehnen. Die Argumentation der herrschenden Meinung ist in sich widersprüchlich, da der ordre public des § 1041 I Nr. 2 ZPO dem des § 328 I Nr. 4 ZPO inhaltlich entsprechend soll. 114 § 328 I Nr. 4 ZPO aber entspricht auch nach Ansicht der Vertreter der herrschenden Meinung dem ordre public des § 1044 II Nr. 2 ZPO. 115 Im übrigen wird der ordre public des § 1041 I Nr. 2 ZPO von der herrschenden Meinung zu Recht im Sinne eines engen ordre public verstanden, der inhaltlich dem ordre public international entspricht; somit ist die Unterscheidung zwischen dem ordre public interne und dem ordre public international für das deutsche Recht überflüssig. Es besteht auch kein gerechtfertigtes Interesse an einer derartigen Unterscheidung: Soll es für das Vorliegen eines untragbaren Widerspruchs zu den Gerechtigkeitsvorstellungen des deutschen Rechts oder den Verstoß gegen eine Norm, die die Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens regelt, wirklich darauf ankommen, ob ζ. B. zwei deutsche Parteien ihr Schiedsverfahren in Deutschland nach einer detaillierten Schiedsordnung auf der Grundlage deutschen Schiedsverfahrensrechts abhalten oder dafür ein ausländisches Schiedsverfahrensrecht — das sie frei wählen können 116 - bestimmen? 117 Man mag darüber nachdenken, ob die Intensität der der ordre-public-Kontrolle auch im Bereich des anerkennungsrechtlichen ordre public 118 davon abhängt, wie stark der Inlands-

113

1,4 115 1,6 117

118

BGHZ 98, 70; Marx, S. 80; Mezger, NJW 1970, 358, 369 (Mezger geht allerdings davon aus, daß der ordre public des § 1041 I Nr. 2 ZPO — i. S. des ordre public interne anderer Rechtsordnungen — schon bei einer Abweichung von zwingenden Normen des deutschen Rechts eingreift; vgl. Mezger, a. a. O.); Schlosser, FS Reinhardt (1992) S. 137, 145; Stein/Jonas-ScWosser, § 1044 Rn. 19. Wohl auch: Maier Rn. 475. Stein/Jonas-Schlosser, § 1041 Rn. 21; Zöller-Geirrter, § 1041 Rn. 51. Siehe unten 3. Siehe dazu unten § 7, Α. I. Die Nationalität des Schiedsspruchs richtet sich nach allg. Auff. auch dann nach dem Schiedsverfahrensrecht, wenn dieses durch die Parteien bestimmt wurde; Habscheid, ZZP 70 (1957) 25, 36 f. Für dem ordre public des IPR entspricht dies der h.M.; Palandt-Heldrich, Art. 6 EGBGB Rn. 6 m.w.Nachw.

56

§ 3 Die Anerkennung und Vollstreckbarerldärung einer Exequaturentscheidung

bezug des Sachverhaltes ist 119 - die Intensität der ordre-public-Kontrolle von einem formalen, von den Parteien frei bestimmbaren Kriterium abhängig zu machen, ist mit dem Sinn und Zweck der ordre-public-Kontrolle nicht zu vereinbaren. 120 In dieser Untersuchung wird daher davon ausgegangen, daß das deutsche Schiedsverfahrensrecht einen einheitlichen ordre-public-Vorbehalt enthält; der ordre-public-Begriff in § 1041 I Nr. 2 und § 1044 II Nr. 2 ZPO ist somit derselbe. Dieser Streit kann hier allerdings dahinstehen, da der ordre public des § 1044 II Nr. 2 ZPO nach allgemeiner Auffassung im Sinne des engen ordre public international zu verstehen ist. bb)

Der ordre-public- Vorbehalt Anerkenn ungsregeln

der

völkerrechtlichen

Das UNÜ enthält in seinem Art. V 2 b) eine Bestimmung, die es den Vertragsstaaten gestattet, die Anerkennung von Schiedssprüchen unter dem Gesichtspunkt des ordre public zu verweigern, wobei der ordre public des jeweiligen Anerkennungsstaates gemeint ist. 121 Der Begriff des ordre public in Art. V 2 b) UNÜ ist allerdings eng auszulegen, also etwa im Sinne des ordre public international als Gegensatz zu einem ordre public interne zu verstehen. 122 Da der Vorbehalt des § 1044 II Nr. 2 ZPO im Sinne des engen ordre public international zu verstehen ist, hat diese Einschränkung der Vorbehaltsklausel durch das UNÜ für das deutsche Recht keine Bedeutung. Vielmehr handelt es sich bei Art. V 2 b) UNÜ um denselben ordre-public-Begriff wie in § 1044 II Nr. 2 ZPO. 123 Dasselbe gilt für den ordrepublic-Vorbehalt der bilateralen Verträge über die Anerkennung von Schiedssprüchen. 124 c) Zwischenergebnis Es handelt sich also im Fall des § 328 ZPO und den entsprechenden völkervertraglichen Regelungen wie auch im Fall des § 1044 ZPO und 119 120 121

122

123

124

So Roth, S. 96; Schack, IZVR, Rn. 867. So etwa Stein/Jonas-ScWoiser, § 1044 Rn. 24 a; Ähnlich: von Heymann, S. 157. Kohl, S. 198; Münzberg, S. 118; Schwab/Walter, Kap. 57 Rn. 33. Wohl auch: OLG Hamm, IPRax 1985, 218. Bertheau, S. 62; Stein/Jonas-ScMosser, Anh. § 1044 Rn. 86. Parsons & Whittemore Overseas Co., Inc. v. Societe Generale De L'Industrie Du Papier (RAKTA), 508 F.2d 969, 974 (1974). OLG Hamburg, R1W 1991, 152, 153; Baur/Stürner, Rn. 58.9; David/Maier, S. 47; Marx, S. 36; Schwab/Walter, Kap. 57 Rn. 33. Vgl. Baur/Stürner, Rn. 58.9.

1. Kap.: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur

57

den entsprechenden vertraglichen Regelungen - jedenfalls in den meisten Fällen - um jeweils denselben Begriff des ordre public.

3. Der Vorbehalt des ordre public in § 328 ZPO und in § 1044 ZPO Die zweite Frage, ob § 328 ZPO einerseits, § 1044 ZPO andererseits einen unterschiedlichen ordre-public-Vorbehalt enthalten, ist nicht ganz so unumstritten: Die Rechtsprechung und die h.M. der Literatur vertreten die Ansicht, es handele sich in beiden Fällen um denselben ordre public, 125 während eine Mindermeinung der Literatur von verschiedenen Begriffen ausgeht. 126 Angesichts der großen Bedeutung der Frage für die Untersuchung des Doppelexequatur ist diese etwas eingehender zu erörtern. Dazu wird im folgenden dargestellt, welche Gründe für die Annahme unterschiedlicher ordre-public-Begriffe bzw. eines einheitlichen ordre-public-Begriffes sprechen könnten. a) Ziel und Zweck des ordre public Der ordre-public-Vorbehalt des Anerkennungsrechts hat die Aufgabe zu verhindern, daß solchen ausländischen Entscheidungen Wirkungen für das Inland beigemessen werden, die aufgrund ihres Inhalts oder aufgrund ihres Zustandekommens für das deutsche Recht nicht zu tolerieren sind. Es besteht Einigkeit darüber, daß dieser Zweck dem § 328 I Nr. 4 ZPO ebenso zugrunde liegt wie dem § 1044 II Nr. 2 ZPO; dies spricht für einen einheitlichen Begriff des ordre public. b) Struktur und Wirkungsweise des ordre public Der ordre-public-Vorbehalt bei der Anerkennung ausländischer Entscheidungen sieht eine Einzelfallprüfung vor, in der unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles gefragt wird, ob in dem konkreten Fall die Entscheidung mit dem ordre public vereinbar ist; 127 dies gilt für 125

126 127

Baur/Stürner, Rn. 58.9; Kornblum, N J W 1987, 1105, 1106; Prinzing, S. 112f.; Schwab/Walter, Kap. 30 Rn. 19; Stein/Jonas-.SVMosser, § 1044, Rn. 22; speziell zum verfahrensrechtlichen ordre public: B G H Z 98, 70, 73; wohl auch: Raeschke-Kessler/Berger/Lehne, Rn. 545. Von Heymann, S. 175. Z u r Begründung dieser Ansicht siehe unten d. Martiny in H d b . IZVR III/l, Rn. 1025 m.w.Nachw.

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§ 3 Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Exequaturentscheidung

den materiellrechtlichen wie für den verfahrensrechtlichen ordre public. 128 Diese Verfahrensweise führt zu einer sehr kasuistischen ordre-publicKontrolle, in der sich allgemeingültige konkrete Aussagen nur sehr schwer treffen lassen. Sie beruht auf der Besonderheit der ordre-publicKontrolle, sich sehr flexibel gegenüber den verschiedenen ausländischen Rechtssystemen und insbesondere gegenüber den jeweiligen Besonderheiten des konkreten Falles zu verhalten und um der Einzelfallgerechtigkeit willen auf klare, einfach zu handhabende Richtlinien zu verzichten. Der einzelfallbezogene Charakter des ordre public zeigt sich im Bereich des materiellrechtlichen ordre public ζ. B. auch darin, daß die Anerkennung nicht etwa schon dann scheitert, wenn die ausländische Rechtsnorm als solche vom deutschen Recht mißbilligt wird, sondern erst dann, wenn die ausgesprochene Rechtsfolge unter Zugrundelegung des konkreten Sachverhalts mit wesentlichen Grundsätzen oder Gerechtigkeitsvorstellungen des deutschen Rechts unvereinbar ist. Für den verfahrensrechtlichen ordre public bedeutet der einzelfallorientierte Charakter des ordre public, daß die im internationalen Vergleich erheblich divergierenden Auffassungen der einzelnen Rechtsordnungen von einem geordneten staatlichen Gerichtsverfahren sehr weitgehend toleriert werden können, nämlich solange, wie im konkreten Fall nicht ein schwerwiegender, die Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens berührender Mangel festzustellen ist. Der einzelfallorientierte Charakter des ordre-public-Vorbehalts spricht dafür, von einem einheitlichen ordre-public-Begriff auszugehen, denn wenn ohnehin eine Einzelfallprüfung erfolgt, wenn im Idealfall alle Besonderheiten des konkreten Falles wie des fremden Rechtssystem berücksichtigt werden, dann erklären sich auch die spezifischen Besonderheiten des Verfahrens vor einem staatlichen Gericht einerseits, vor einem Schiedsgericht andererseits einschließlich der eventuell unterschiedlichen Beurteilung in einzelnen Punkten aus den Besonderheiten des Einzelfalles, ohne daß es dazu der Annahme unterschiedlicher Maßstäbe des ordre public bedarf. c) Gründe aus der Eigenart von Urteilen und Schiedssprüchen Es liegt nahe, die Gründe für die Annahme unterschiedlicher ordre-public-Begriffe in den Besonderheiten des Urteils eines staatlichen Gerichtes sowie des gerichtlichen Verfahrens im Gegensatz zum Schiedsspruch 128

Vgl. Martiny

in H d b . I Z V R I I I / l , R n . 1025.

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1. Kap.: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur

und zum schiedsgerichtlichen Verfahren zu suchen; schließlich ergeben sich aufgrund dieser Besonderheiten auch im übrigen unterschiedliche Anerkennungsversagungsgründe. Unter diesem Gesichtspunkt wird die Frage unterschiedlicher ordrepublic-Begriffe für den materiellrechtlichen ordre public einerseits und den verfahrensrechtlichen ordre public andererseits gesondert betrachtet, da derartige Besonderheiten der Schiedsgerichtsbarkeit vor allem im Bereich des Verfahrens, weniger aber im Entscheidungsinhalt zu erwarten sind. aa)

Unterschiede

im Bereich des materiellrechtlichen

ordre public

Der materiellrechtliche ordre public greift ein, wenn der vom ausländischen Gericht angewendete materielle Rechtssatz oder das der Entscheidung zugrundeliegende Rechtsverhältnis oder aber die Anerkennung und Vollstreckung als solche gegen die öffentliche Ordnung des Anerkennungsstaates verstoßen. 129 Gegenstand der ordre-public-Kontrolle ist hier also der Entscheidungsinhalt, 130 Maßstab der Kontrolle sind die grundlegenden Wertvorstellungen des Inlandes über Minimalanforderungen des Rechtsschutzes oder über Grundwerte der Rechtsordnung. 131 Bei der Prüfung der Vereinbarkeit der ausländischen Entscheidung mit dem materiellrechtlichen ordre public wird also unter Durchbrechung des Verbotes der revision au fond 1 3 2 die Entscheidung daraufhin nachgeprüft, ob es bei Anlegung des oben genannten Maßstabs zugelassen werden kann, auf der Grundlage des der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalts die im Tenor ausgesprochene Entscheidung zu fällen. 133 Die Frage nach der Vereinbarkeit des Entscheidungsinhalts mit den wesentlichen Grundsätzen bzw. den grundlegenden Gerechtigkeitsvorstellungen des deutschen Rechts ist völlig unabhängig davon zu beanworten, ob dieser Entscheidungsinhalt von einem Schiedsgericht oder aber von einem staatlichen Gericht ausgesprochen wurde, denn Schiedsspruch und Urteil unterscheiden sich hinsichtlich des Entscheidungsinhaltes (Ausspruch einer Rechtsfolge auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts) nicht. 129 130 131 132 133

Martiny in H d b . IZVR III/l, Rn. 1016. Martiny in H d b . IZVR III/l, Rn. 1016; Marx, M ü n c h K o m m Z P O - G o t t w a l d , $ 328 Rn. 85. Zöller-Geimer, § 328 Rn. 152. Vgl. Roth, S. 5 9 f.

S. 13; Roth,

S. 59.

60

§ 3 Die Anerkennung und Vollstreckbarerldärung einer Exequaturentscheidung

Folglich ergibt sich aus dem unterschiedlichen Charakter des Urteils einerseits, des Schiedsspruchs andererseits, weder Anlaß noch Rechtfertigung für die Annahme unterschiedlicher ordre-public-Begriffe. bb)

Unterschiede

im Bereich des verfahrensrechtlichen

ordre

public

Anders als im Bereich des materiellrechtlichen ordre public, wo sich wegen der Unterschiedlichkeit von Urteilen und Schiedssprüchen keine abweichenden ordre-public-Begriffe ergeben, weisen das Verfahren eines staatlichen Gerichts und das schiedsgerichtliche Verfahren gravierende, die Eigenart der beiden Entscheidungsarten bestimmende Unterschiede auf, die eine unterschiedliche Beurteilung auch im Rahmen des ordre public durchaus nahelegen. Der verfahrensrechtliche ordre public des deutschen internationalen Zivilverfahrensrechts greift nach der Formel der Rechtsprechung ein, wenn das Verfahren an einem schwerwiegenden, die Grundlage des staatlichen und wirtschaftlichen Lebens berührenden Mangel leidet. 134 Teilweise wird die Definition des verfahrensrechtlichen ordre public auch dahin formuliert, daß dieser dann eingreife, wenn das ausländische Verfahren von den Grundsätzen des deutschen Prozeßrechts dermaßen abweicht, daß nach der deutschen Rechtsordnung das ausländische Urteil nicht als in einem geordneten rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden kann. 1 3 5 Diese Definition wird für die Beurteilung von Urteilen 136 ebenso herangezogen wie für die Beurteilung von Schiedssprüchen. 137 Einen solchen schwerwiegenden Mangel stellen nach allgemeiner Auffassung etwa die Verweigerung des rechtlichen Gehörs 138 oder die Verletzung des Gebots der überparteilichen Rechtspflege 139 dar. Die hier interessierende Frage ist demnach, ob die „wesentlichen Grundsätze" des deutschen Rechts andere sind, wenn ein Urteil oder 134

135 136

137

138

139

BGHZ 98, 70, 73; 104, 178, 184; 110, 104, 107. Siehe auch Baumbach/Lauterbach-Albers, § 1044 Rn. 10. BGH, NJW 1978,1114, 1115; Bülow/Böckstiegel-Linke, Art. 27 EuGVÜ, II 1 e. So bei BGHZ 48, 327, 331; 98, 70, 73; 118, 312, 320 f.; BGH, NJW 1990, 2201, 2203 (zu Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ); BGH, NJW 1978, 1114, 1115; OLG Hamburg, IPRspr. 1984 Nr. 198. So bei OLG Hamburg, RIW 1975, 432, 433; Gildeggen, S. 250; Kornblum, FS Nagel (1987) S. 144, 150 f.; Marx, S. 14; Raeschke-Kessler, NJW 1988, 3041, 3050. Differenzierend: Baumbach/Lauterbach-A/fcers, § 1044 Rn. 11 (Nur schwere Verstöße gegen die Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs). BGHZ 98, 70, 72; Schwab/Walter, Kap. 57 Rn. 34.

1. Kap.: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur

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aber ein ausländischer Schiedsspruch zu überprüfen ist. Im Beispiel der Unabhängigkeit des Richters bzw. Schiedsrichters wurde vom BGH lange Zeit die Ansicht vertreten, daß an die Unparteilichkeit des Schiedsrichters geringere Anforderungen zu stellen seien als an die eines Richters eines staatlichen Gerichts. 140 Und es entspricht der allgemeinen Auffassung, im Falle von Fristen im Rahmen des Verfahrens unter dem Gesichtspunkt der Wahrung des rechtlichen Gehörs bei einem Schiedsverfahren kürzere Fristen zu tolerieren als bei Verfahren vor staatlichen Gerichten. Es fragt sich nun, ob diese unterschiedlichen Ergebnisse darauf beruhen, daß im Fall der Anerkennung von Urteilen ein anderer Begriff des ordre public maßgeblich ist als im Falle eines Schiedsspruchs. Im Zusammenhang mit der Darstellung der Struktur und Wirkungsweise des ordre public wurde bereits erläutert, daß es sich bei dem ordre public um eine Generalklausel handelt, die ohnehin anhand des Einzelfalles zu konkretisieren ist, so daß im Rahmen dieser Konkretisierung die Unterschiedlichkeit des schiedsgerichtlichen Verfahrens und des staatlichen Gerichtsverfahrens berücksichtigt werden können. Somit können auch die unterschiedlichen Ergebnisse der ordre-public-Kontrolle in bezug auf einzelne Fragen mit den Besonderheiten des Prüfungsgegenstandes erklärt werden. Die Annahme unterschiedlicher ordre-public-Begriffe ist hierzu nicht erforderlich. d) Unterscheidung aufgrund der Legitimation der Entscheidung Die Mindermeinung der Literatur, die von unterschiedlichen ordre-public-Begriffen ausgeht, stellt darauf ab, daß die Anerkennung eines ausländischen Urteils deshalb durch den ordre public eingeschränkt werde, weil in der Anerkennung die Ausdehnung einer ausländischen Zwangsgewalt liege, die nur unter beschränkten Voraussetzungen zulässig sei. Dagegen bestehe im Fall des Schiedsspruchs ein Konflikt der öffentlichen Ordnung des Anerkennungsstaates mit der Rechtsansicht der Parteien und des Schiedsgerichts. Daraus folge, daß in diesem Falle der ordre public die Anerkennung schon dann ausschließe, wenn der Schiedsspruch bzw. das Schiedsverfahren zwingende inländische Rechtsnormen verletze.141 Nach dieser Auffassung differiert der Maßstab des ordre public also nach der Legitimation der Entscheidung, wobei einer Entscheidung, die ihre Legitimation aus der Souveränität eines auslän140 141

Siehe u n t e n § 6, A . III. 1. b. Von Heymann, S. 175.

62

§ 3 Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Exequaturentscheidung

dischen Staates ableitet, eine deutlich geminderte Kontrolle seitens des inländischen Rechts zugestanden wird als einer Entscheidung, die auf der Parteiautonomie beruht. Damit ist die Frage angesprochen, ob etwa aus rechtspolitischen oder aus sonstigen Gründen des Schutzes des Rechtsverkehrs eine strengere Kontrolle von Schiedssprüchen erforderlich ist. Zu dieser Frage ist festzustellen, daß das geltende deutsche Recht eine sehr schiedsfreundliche Haltung einnimmt und zumindest gegenüber der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit eine sehr zurückhaltende Kontrolle vorsieht. Daher wird auch in der Tatsache, daß Schiedsspruch und Schiedsverfahren ihren Grund in der Autonomie der Parteien haben, eben kein Grund für eine besonders restriktive Haltung gesehen, sondern es wird den Parteien im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit eine besonders weite Autonomie zugebilligt, 142 die ihre Grenzen in den wesentlichen Grundsätzen bzw. in grundlegenden Gerechtigkeitsvorstellungen des deutschen Rechts findet. Genau diese Grenze ist aber nach allgemeiner Auffassung auch für die Toleranz des deutschen Rechts gegenüber ausländischen Gerichtsentscheidungen maßgeblich. Die Argumentation der Mindermeinung ist insoweit aber auch nicht frei von inneren Widersprüchen: Wenn im internationalen Rechtsverkehr den Parteien zugestanden wird, durch Wahl eines ausländischen Gerichtsstandes eine Entscheidung ihres Rechtsstreits herbeizuführen, so beruht diese Entscheidung letztlich auch auf der Parteiautonomie, wenngleich der Einfluß der Parteien sehr viel geringer ist als bei einem schiedsgerichtlichen Verfahren. Unter diesen Umständen ist es nicht einzusehen, daß dieselben Parteien, wenn sie statt eines bestimmten staatlichen Gerichts ein Schiedsgericht wählen, im letzten Fall an das gesamte zwingende deutsche Recht gebunden sein sollen.

e) Wortlaut und Gesetzgebungsgeschichte des ordre-public-Vorbehalts Die Bestimmungen des § 328 I Nr. 4 ZPO und des § 1044 II Nr. 2 ZPO haben denselben Wortlaut, ein klarer Hinweis auf die Identität des ordre public in beiden Fällen. Dieser Hinweis wird durch die jüngere Gesetzgebung eindrucksvoll unterstrichen: Die aktuellen Fassungen des § 328 I Nr. 4 ZPO und des § 1044 II Nr. 2 ZPO, die zuvor einen voneinander verschiedenen Wortlaut hatten, wurden durch das IPR-Gesetz von 1986 in die ZPO eingefügt; es wäre schon sehr seltsam, wenn der Reformge142

B G H Z 9 8 , 7 0 , 73.

1. Kap.: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur

63

setzgeber einen unterschiedlichen ordre public durch eine im Wortlaut identische Gesetzesbestimmung hätte einführen wollen.

f) Zusammenfassung Zusammenfassend ist festzustellen, daß die Struktur des ordre public im Recht der Anerkennung ausländischer Entscheidungen wie auch der Zweck des ordre-public-Vorbehalts, der Wortlaut und der Wille des Gesetzgebers eindeutig auf einen einheitlichen Begriff des ordre public hinweisen, der für die Anerkennung ausländischer Urteile wie für ausländische Schiedssprüche maßgeblich ist, und daß nach geltendem Recht Gründe für eine unterschiedlich intensive Kontrolle nicht bestehen. Die Begründung, mit der die Mindermeinung unterschiedliche ordrepublic-Begriffe gegenüber Schiedsprüchen und Urteilen annimmt, überzeugt nicht. Folglich ist mit der herrschenden Meinung davon auszugehen, daß es sich bei der ordre-public-Kontrolle gegenüber der Anerkennung von Schiedsprüchen wie von Urteilen um denselben anerkennungsrechtlichen ordre public handelt.

4.

Ergebnis

Für diese Untersuchung steht damit fest, daß sich aus dem Vorbehalt des ordre public in § 328 I Nr. 4 ZPO bzw. den entsprechenden völkervertraglichen Regelungen einerseits, des § 1044 II Nr. 2 ZPO und den entsprechenden vertraglichen Regelungen anderseits, keine unterschiedlichen Anerkennungsvoraussetzungen ergeben können, da es sich um denselben Kontrollmaßstab handelt. Daraus folgt für die verschiedenen Möglichkeiten zur Überprüfung des Schiedsspruchs im Rahmen des Doppelexequatur, daß sich Unterschiede aufgrund differierender ordrepublic-Begriffe nicht ergeben können.

III. Überprüfung des zugrundeliegenden Schiedsspruchs als verbotene revision au fond? Es stellt sich nun die Frage, ob im Rahmen der Anerkennung des ausländischen Exequatururteils eine Überprüfung des dem ausländischen Exequatur zugrundeliegenden Schiedsspruchs und des schiedsgerichtlichen Verfahrens nicht schon gemäß § 723 I ZPO deswegen ausgeschlos-

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§ 3 Die Anerkennung und Vollstreckbarerldärung einer Exequaturentscheidung

sen ist, weil eine solche Überprüfung als unzulässige revision au fond angesehen werden muß. Soweit man entsprechend der Ansicht des BGH oder nach einer der übrigen oben dargestellten Methoden neben der Exequaturentscheidung und dem Verfahren vor dem Exequaturgericht auch den Schiedsspruch und das Schiedsverfahren überprüfen will, so setzt dies voraus, daß eine solche Überprüfung mit dem Verbot der revision au fond vereinbar ist. Diese Frage, die nicht ausdrücklich geregelt ist und bisher auch in Literatur und Rechtsprechung nicht näher diskutiert wurde, wird im folgenden erörtert.

1. Das Verbot der revision au fond Das in § 723 I ZPO geregelte Verbot der revision au fond verbietet dem Exequaturgericht, bei der Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung die ausländische Entscheidung auf ihre materielle Richtigkeit nachzuprüfen. Eine revision au fond liegt dann vor, wenn bei der Entscheidung über die Anerkennung die tatsächlichen Feststellungen, das Verfahren vor dem Erstgericht oder die Anwendung der Rechtssätze auf den festgestellten Sachverhalt überprüft werden. 143 Eine „Überprüfung" in diesem Sinne liegt auch und vor allem dann vor, wenn die ausländische Entscheidung auf ihre Vereinbarkeit mit den Rechtsnormen des anerkennenden Staates geprüft wird; es geht also nicht um die Richtigkeit der Entscheidung des ausländischen Gerichts, sondern um die Vereinbarkeit der Entscheidung mit dem Recht des Anerkennungsstaates. Statt von der „revision au fond" wird auch von „sachlicher Nachprüfung" oder „materieller Richtigkeit" gesprochen. Inhaltlich gehört das Verbot der revision au fond zu den Regeln über die Anerkennung ausländischer Urteile, 144 ist also bei jeder Entscheidung über die Anerkennung zu beachten. Im einzelnen besagt das Nachprüfungsverbot, daß das Exequaturgericht weder die tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichts 145 noch die

143 144

145

Gesler, S. 76 f.; Martiny in H d b . IZVR III/l, Rn. 319. Martiny in H d b . IZVR III/l, Rn. 320; Schütze, D I Z P R , S. 160; Zöller-Geirrter, § 328 Rn. 151. Martiny in H d b . IZVR III/l, Rn. 319; MünchKommZPO-Gottwald, §723 Rn. 1; Z ö l l e r - G e i m e r , § 328 Rn. 151.

1. Kap.: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur

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Anwendung der Rechtssätze auf den festgestellten Tatbestand 146 noch das dem ausländischen Urteil vorangegangene Verfahren 147 nachprüfen darf, soweit dies nicht in den §§ 722, 723, 328 ZPO ausdrücklich vorgesehen ist. Die Begründung für dieses Verbot wird zu Recht in dem Zweck der Anerkennung selbst gesehen: 148 Die „Anerkennung" einer ausländischen Entscheidung als Gegensatz zu der Ersetzung der ausländischen durch eine inländische Entscheidung über den gleichen Streitgegenstand erfolgt im Grunde erst dann, wenn die ausländische Entscheidung nicht vollständig überprüft wird. 149 Mit der Anerkennung soll vor allem die Wirkung der materiellen Rechtskraft auf das Inland übertragen werden: Rechtsfrieden zwischen den Parteien 150 und die Rechtssicherheit, 151 aber auch der Grundsatz, daß nur einmal ein Gericht entscheiden soll, als die wesentlichen Ziele, die mit der materiellen Rechtskraft im Inland verfolgt werden, sollen durch die Anerkennung auch im internationalen Rechtsverkehr geschützt sein. Somit erfordern die Gründe, die für eine Anerkennung sprechen, und die Ziele, die damit verfolgt werden, eine Beschränkung der Nachprüfung, also das Verbot der revision au fond. Da dem Ziel der Rechtssicherheit, ebenso wie im innerstaatlichen Bereich, auch im internationalen Rechtsverkehr andere, ebenso wichtige Grundsätze, hier insbesondere das Ziel der materiellen Gerechtigkeit, entgegenstehen, erfolgt die Anerkennung nicht uneingeschränkt und wird das Verbot der revision au fond durchbrochen. Im deutschen Recht erfolgt diese Ausnahme vom Nachprüfungsverzicht durch die Anerkennungsversagungsgründe des § 328 ZPO. 1 5 2 Diese Grundsätze liegen auch allen für die Bundesrepublik geltenden Staatsverträgen über die Anerkennung ausländischer Urteile zugrunde und finden sich der Sache nach in den meisten Rechtsordnungen: Mit der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung ist eine Einschrän-

146

147

148 149

150 151 152

Martiny in H d b . IZVR III/l, Rn. 319; MünchKommZVO-Gottwald, §723 Rn. 1; Zöiler-Geimer, § 328 Rn. 151. R G Z 107, 308, 312; Martiny in H d b . IZVR III/l, Rn. 319, Rn. 322; ZöllerGeimer, § 328 Rn. 151. Martiny in H d b . IZVR III/l, Rn. 321. Martiny in H d b . IZVR III/l, Rn. 321. Vgl. Geimer/Schütze § 195 IV 2 (S. 1467). Martiny in H d b . IZVR III/l, Rn. 321. Martiny in H d b . IZVR III/l, Rn. 321. Vgl. Martiny in H d b . IZVR III/l, Rn. 322; Riezler, S. 525; Schütze, DIZPR, S. 161; Wieczorek, § 328, D I.

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§ 3 Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Exequaturentscheidung

kung der Kontrolle verbunden, ein vollständiger Verzicht auf eine Überprüfung der ausländischen Entscheidung findet dagegen nicht statt.

2. Die Konsequenzen des Verbotes der revision au fond für das Doppelexequatur

a) Eingeschränkte Überprüfung des Exequatur als solchem Bei der Frage, welche Einschränkungen sich hinsichtlich der Überprüfung einer ausländischen Exequaturentscheidung aus dem Verbot der revision au fond ergeben, ist unproblematisch, daß weder die tatsächlichen Feststellungen noch die Anwendung der Rechtssätze auf den Tatbestand noch das Verfahren vor dem Exequaturgericht außerhalb der Anerkennungsversagungsgründe des § 328 ZPO überprüft werden dürfen.

b) Überprüfung des Schiedsspruchs Ob aber insoweit der dem Exequatur zugrundeliegende Schiedsspruch überprüft werden darf, dazu sagt das Verbot jedenfalls nicht ausdrücklich etwas aus; zum einen hat der Gesetzgeber an die Besonderheiten bei der Anerkennung einer Exequaturentscheidung offensichtlich nicht gedacht, zum anderen aber passen auch die einzelnen Inhalte des Verbotes der revision au fond, wie sie von Rechtsprechung und Literatur ausdifferenziert wurden, nicht ohne weiteres auf das Doppelexequatur. Der Fall eines zugrundeliegenden Schiedsspruchs läßt sich weder als „Verfahren" noch als „tatsächliche Feststellungen" noch als „Rechtsanwendung" begreifen, sondern betrifft alle drei Aspekte des Verbotes der revision au fond und ist im Grunde als selbständige Untergruppe aufzufassen. Es ist also zu fragen, ob das Verbot der revision au fond nach seinem Sinn und Zweck dahin zu verstehen ist, daß eine Überprüfung des zugrundeliegenden Schiedsspruchs ausgeschlossen sein soll. Dabei sind zwei Teilfragen zu unterscheiden: Zum einen die Überprüfung des Schiedsspruchs über die Anerkennungsvoraussetzungen des § 1044 ZPO bzw. des UNÜ hinaus, zum anderen die Überprüfung anhand des § 1044 ZPO bzw. des UNÜ. aa) Sachliche Nachprüfung des Schiedsspruchs als revision au fond Bezüglich der Überprüfung des zugrundeliegenden Schiedsspruchs liegt eine erneute Entscheidung vor, wenn man das Schiedsverfahren, die tat-

1. Kap.: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur

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sächlichen Feststellungen oder die Rechtsanwendung des Schiedsgerichts nachprüfen wollte. Das Nachprüfungsverbot des § 723 I ZPO erstreckt sich somit nach seinem Sinn und Zweck auch auf den dem Exequatur zugrundeliegenden Schiedsspruch. Auch insoweit ist jedenfalls eine Nachprüfung über die in § 1044 ZPO bzw. im U N Ü vorgesehene Kontrolle hinaus ausgeschlossen. Dies ergibt sich auch aus dem Vergleich zum direkten Exequatur des zugrundeliegenden Schiedsspruchs: Das Verbot der revision au fond gilt für Schiedssprüche genauso wie für Urteile, 153 eine Überprüfung des Schiedsspruchs findet nur im Rahmen der Anerkennungsversagungsgründe des § 1044 ZPO (oder ζ. B. des U N Ü ) statt, und es ist nicht einzusehen, warum im Verfahren des Doppelexequatur eine weitergehende Nachprüfung erfolgen sollte als es bei der direkten Vollstreckbarerklärung der Fall wäre. bb) Überprüfung des Schiedsspruchs anhand des § 1044 ZPO Schwieriger ist die Frage, ob eine Überprüfung des Schiedsspruchs anhand des § 1044 ZPO bzw. des U N Ü (oder eines anderen, oben dargestellten Maßstabes) im Rahmen der Anerkennung des ausländischen Exequatur eine revision au fond darstellen würde. Da es dem Verbot der revision au fond wie der Anerkennung selbst um die Verhinderung einer erneuten Entscheidung über denselben Rechtsstreit geht, 1 5 4 ist dies dann der Fall, wenn die Nachprüfung einer Exequaturentscheidung sich hinsichtlich des Schiedsspruchs als eine solche erneute Entscheidung über denselben Rechtsstreit darstellt. Bei der Frage, ob die erneute Überprüfung des Schiedsspruchs denselben Rechtsstreit betrifft, ist nicht etwa auf eine „Identität des Streitgegenstandes" abzustellen; ein identischer Streitgegenstand im technischen Sinne liegt bei der Anerkennung eines ausländischen Urteils niemals vor, da Streitgegenstand der ausländischen Entscheidung der im ausländischen Verfahrens begehrte Rechtsschutz (hier: Anerkennung des Schiedsspruchs), Streitgegenstand der Klage nach §§ 722, 723 ZPO aber der Anspruch auf Anerkennung und Vollstreckbarerklärung des ausländischen Urteils ist. 155 Für die Frage der revision au fond kommt es vielmehr auf die vom ausländischen Gericht entschiedene konkrete Rechtsfrage an. Diese konkrete Rechtsfrage ist hier die Anerkennung des Schiedsspruchs.

153 154 155

Vgl. Roth, KTS 1967, 65, 81. Vgl. Martiny in H d b . IZVR III/l, Rn. 321. Vgl. Roth, S. 114; Schütze, Schiedsverfahren, Rn. 140.

68

§ 3 Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Exequaturentscheidung

Wenn bei der Anerkennung des ausländischen Exequatur der zugrundeliegende Schiedsspruch einer Kontrolle anhand des § 1044 ZPO bzw. des U N Ü unterzogen wird, wird damit die Anerkennungsfahigkeit des Schiedsspruchs geprüft. Da diese Frage auch Gegenstand des ausländischen Exequaturverfahrens war, stellt die Prüfung der Anerkennungsfähigkeit des zugrundeliegenden Schiedsspruchs die Nachprüfung einer vom Exequaturgericht bereits — mit materieller Rechtskraft — entschiedenen Rechtsfrage dar. Dies wird besonders deutlich, wenn man als Beispiel den Fall betrachtet, daß das ausländische Gericht die Anerkennung des Schiedsspruchs anhand des U N Ü ausgesprochen hat. Hier werden ζ. T. dieselben Anerkennungsversagungsgründe geprüft. Es handelt sich auch nicht etwa dann um eine andere Rechtsfrage, wenn und soweit das Gericht den Schiedsspruch nach anderen Regeln beurteilt hat; dieser Umstand spielt für das Verbot der revision au fond generell keine Rolle, da das Gericht, wie oben dargestellt, bei einer revision au fond die vom ausländischen Gericht getroffene Entscheidung stets nach seinem eigenen Recht beurteilt. Folglich stellt die Kontrolle des Schiedsspruchs anhand des § 1044 ZPO bzw. des UNÜ — nach den allgemeinen Kriterien des § 723 I ZPO — eine unzulässige revision au fond dar. Es stellt sich aber die Frage, ob im Falle der Anerkennung einer ausländischen Exequaturentscheidung Besonderheiten bestehen, die zu einem abweichenden Ergebnis führen. Zu erwägen ist zunächst, ob es sich bei der Überprüfung des Schiedsspruchs deswegen um eine andere Rechtsfrage handelt, weil das Exequaturgericht über die Anerkennung des Schiedsspruchs im Exequaturstaat entschieden hat, mit der Kontrolle des Schiedsspruchs nach § 1044 ZPO aber die Anerkennung des Schiedsspruchs in der Bundesrepublik in Frage steht. Eine derartige Unterscheidung zwischen „Anerkennung im Exequaturstaat" und „Anerkennung im Inland" läßt sich jedoch nicht treffen, da die vom ausländischen Gericht ausgesprochene Anerkennung — anders als die Vollstreckungswirkung des Exequatur — nicht territorial begrenzt ist. 156 Auch aus der Zulässigkeit der direkten Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs trotz Exequatur im Ursprungsland läßt sich für die Auslegung des Verbotes der revision au fond nichts herleiten: Diese Möglichkeit beruht darauf, daß das ausländische Exequatur grundsätzlich nicht die Wirkung hat, die Anerkennung des zugrundeliegenden 156

Siehe d a z u u n t e n § 12, B. III. 1. b.

1. Kap.: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur

69

Schiedsspruchs zu hindern. Dieser Grundsatz ergibt sich im Bereich des völkervertraglichen Anerkennungsrechts bereits aus der völkerrechtlichen Verpflichtung des Vertragsstaates zur Anerkennung des Schiedsspruchs unter den Voraussetzungen des Vertrages. Dieser Grundsatz ist aber auch eine ungeschriebene Regel des autonomen deutschen internationalen Zivilverfahrensrechts, die auch — soweit ersichtlich — im internationalen Zivilprozeßrecht aller übrigen Staaten gilt. Insbesondere steht auch nach US-amerikanischem Recht, wo das Doppelexequatur die in der Praxis vorherrschende Methode zur Durchsetzung eines im Ursprungsstaat bestätigten Schiedsspruchs ist, außer Frage, daß die Anerkennung des Schiedsspruchs nach den dafür geltenden Regeln trotz des Exequatur möglich ist. 157 Diese Grundsätze des internationalen Zivilverfahrensrechts zur Anerkennung des Schiedspruchs trotz Erlaß eines Exequatur bestehen aber völlig unabhängig von dem Verbot der revision au fond. Auch nach dem Zweck des Verbotes der revision au fond lassen sich von der Zulässigkeit des direkten Exequaturverfahrens keine Rückschlüsse auf die Uberprüfung des Schiedsspruchs beim Doppelexequatur ziehen. Der vom Verbot der revision au fond bezweckte Schutz der materiellen Rechtskraft des ausländischen Urteils sowie Rechtsfrieden und Rechtssicherheit werden durch die Entscheidung über die Anerkennung des Schiedsspruchs im direkten Exequaturverfahren zumindest nicht unmittelbar berührt. Dies wäre aber anders, wenn im Rahmen der Anerkennung des ausländischen Exequatur über die Anerkennung des Schiedsspruchs entschieden wird und deswegen dem ausländischen Urteil die Anerkennung versagt würde. Somit ergibt sich aus den Besonderheiten bei der Anerkennung einer ausländischen Exequaturentscheidung keine Grundlage dafür, das Verbot der revision au fond nicht auf den zugrundeliegenden Schiedsspruch anzuwenden. Folglich stellt die Uberprüfung des dem Exequatur zugrundeliegenden Schiedsspruchs anhand des § 1044 ZPO bzw. des U N Ü eine revision au fond des ausländischen Exequatur dar, die gemäß § 723 I ZPO unzulässig ist. cc) Ausschluß der ordre-public-Kontrolle? Eine andere Frage ist aber, ob damit auch eine Kontrolle der zugrundeliegenden Entscheidung durch den Vorbehalt des ordre public nach § 328 I Nr. 4 ZPO ausgeschlossen ist.

157

Siehe unten § 14, Β. IV. 2.

70

§ 3 Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Exequaturentscheidung

Der Vorbehalt des ordre public ist als Durchbrechung des Verbotes der revision au fond allgemein anerkannt, 1 5 8 und anders als bei den übrigen sachlichen Anerkennungsversagungsgründen des § 328 ZPO ermöglicht die Vorbehaltsklausel eine vollständige Nachprüfung der ausländischen Entscheidung, wobei freilich eine Versagung der Anerkennung nur dann erfolgt, wenn sich ergibt, daß die Entscheidung oder das ihr zugrundeliegende Verfahren einen besonders schwerwiegenden Mangel aufweisen. Durchbricht nun aber die Vorbehaltsklausel um der von ihr geschützten Rechtsgüter willen das Nachprüfungsverbot, so kann das Verbot der revision au fond auch eine Nachprüfung des zugrundeliegenden Schiedsspruchs und des vorangegangenen Schiedsverfahrens nicht hindern. Da es insoweit an einem Nachprüfungsverbot fehlt, ist es also auch nicht erforderlich, auf einen ordre-public-Verstoß der Exequaturentscheidung zu rekurrieren, denn weder wird ein ordre-public-Verstoß durch ein ausländisches Exequaturverfahren „geheilt" noch erfolgt eine „Präklusion" dieser Kontrolle. dd)

Zwischenergebnis

Zusammenfassend ist daher zu sagen, daß der dem ausländischen Exequatur zugrundeliegende Schiedsspruch sowie das Schiedsverfahren wegen des Verbots der revision au fond grundsätzlich nicht überprüft werden dürfen, daß aber eine Uberprüfung insoweit nicht ausgeschlossen ist, als der Schiedspruch oder das ihm vorangegangene Verfahren mit dem deutschen anerkennungsrechtlichen ordre public unvereinbar sind.

IV. Konsequenzen für die Methoden der Überprüfung des zugrundeliegenden Schiedsspruchs Es stellt sich nun die Frage, welche Konsequenzen sich aus dem Verbot der revision au fond für die dargestellten Methoden der Überprüfung des Schiedsspruchs und des Schiedsverfahrens ergeben. Soweit man auf jegliche Uberprüfung des Schiedsspruchs verzichten will, stellt sich diese Frage nicht; ebenso wird die Möglichkeit der Überprüfung am Maßstab des ordre public von dem Verbot der revision au fond nicht berührt. 158

Martiny

in H d b . I Z V R I I I / l , R n . 979.

1. Kap.: Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen beim Exequatur

71

Anders ist die Situation, soweit die Überprüfung des Schiedsspruchs und des Schiedsverfahrens über eine ordre-public-Kontrolle hinausgeht, wie dies bei den unter 3 . - 5 . vorgeschlagenen Methoden der Fall wäre: Nach Sinn und Zweck schließt das Verbot der revision au fond nicht nur die Kontrolle nach § 328 ZPO aus, sondern natürlich ebenso nach § 1044 ZPO bzw. dem UNÜ. Folglich kommt eine Überprüfung des Schiedsspruchs anhand des § 1044 II Nrn. 2 und 4 ZPO ebensowenig in Betracht wie anhand des § 1044 ZPO oder des U N Ü insgesamt, noch ist eine entsprechende Anwendung des § 328 I Nrn. 1—4 ZPO zulässig. Die Anerkennungsvoraussetzungen der §§ 723, 328 ZPO sind aber andererseits auch nicht lediglich eine Befugnis zur Überprüfung der ausländischen Entscheidung; vielmehr folgt aus der Feststellung, daß das Verbot der revision au fond eine Überprüfung des dem Exequatur zugrundeliegenden Schiedsspruchs und des ihm vorangegangen Verfahrens am Maßstab des ordre public nicht hindert, daß diese Kontrolle auch zu erfolgen hat. Bei der Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exequatur sind also der dem Exequatur zugrundeliegende Schiedsspruch und das ihm vorangegangene Verfahren anhand des anerkennungsrechtlichen ordre public zu überprüfen.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen beim Exequatur und beim Doppelexequatur §4

Die Bedeutung unterschiedlicher Anerkennungsvoraussetzungen für das Doppelexequatur

Einer der wesentlichen Gesichtspunkte für die Zulässigkeit, vor allem aber für die praktische Relevanz des Doppelexequatur ist die Frage, ob und in welchem Ausmaß das Doppelexequatur dazu führt, daß auf diesem Weg im Ergebnis ein als solcher nicht anerkennungsfähiger Schiedsspruch im Inland durchgesetzt werden kann, oder, anders formuliert, ob und in welchem Umfang im Verfahren des Doppelexequatur geringere Anforderungen hinsichtlich des Schiedsspruchs bestehen. Mehr noch als über die Bewertung dieser Wirkung des Doppelexequatur, in der manche eine unzulässige Umgehung der Anerkennungsvoraussetzungen des deutschen Schiedsverfahrensrechts sehen, besteht Uneinigkeit hinsichtlich der Frage, ob sich durch das Doppelexequatur überhaupt in nennenswertem Umfang Unterschiede in den Anforderungen an den Schiedsspruch ergeben und wie deren praktische Relevanz einzuschätzen ist. 1 Die Frage nach dem Bestehen und dem Umfang dieser Unterschiede wird im folgenden untersucht.

A) Voraussetzungen für das Bestehen unterschiedlicher Anerkennungsvoraussetzungen Unterschiedliche Anforderungen an den zugrundeliegenden Schiedsspruch bestehen beim Doppelexequatur im Vergleich zum direkten Exequatur des Schiedsspruchs unter zwei Voraussetzungen: Siehe dazu § 1, E.

74

§ 4 Die Bedeutung unterschiedlicher Anerkennungsvoraussetzungen

Zum einen muß die Anerkennung des Schiedsspruchs im direkten Exequaturverfahren ausgeschlossen sein. Dies ist dann der Fall, wenn der Schiedsspruch die Anerkennungsvoraussetzungen nicht erfüllt, also insbesondere wenn ein Anerkennungsversagungsgrund gegeben ist. Die zweite Voraussetzung ist, daß der Mangel des Schiedsverfahrens bzw. des Schiedsspruchs, aufgrund dessen dieser nicht anerkannt wird, die Anerkennung der ausländischen Exequaturentscheidung nicht hindert. Im Verfahren des Doppelexequatur hindern Mängel von Schiedsspruch oder Schiedsverfahren, wie oben dargestellt, im wesentlichen dann die Anerkennung des Exequatur, wenn diese Mängel einen Verstoß gegen den anerkennungsrechtlichen ordre public begründen. Bei Verstößen gegen den deutschen ordre public kann somit das Doppelexequatur nicht zum Ergebnis führen, daß der mangelhafte Schiedsspruch durchgesetzt wird; im übrigen ist diese Möglichkeit gegeben.

B) Die Bedeutung völkerrechtlicher Verträge zur Anerkennung von Schiedssprüchen Für die Frage nach der praktischen Bedeutung der Möglichkeit unterschiedlicher Anerkennungsvoraussetzungen kommt es darauf an, ob das UNU oder ein anderer völkerrechtlicher Vertrag über die Anerkennung von Schiedssprüchen anwendbar ist. Das UNU, das hier stellvertretend für das völkervertragliche Anerkennungsrecht untersucht wird, enthält in seinem Art. V eine Regelung der materiellen Anerkennungsvoraussetzungen, die von der des § 1044 ZPO abweicht. Entscheidend ist nun, daß der ausländische Schiedsspruch, auf den das U N U anwendbar ist, nach dem sog. Günstigkeitsprinzip dann anzuerkennen ist, wenn er entweder nach dem U N U oder nach § 1044 ZPO anerkannt wird. 2 Es reicht also aus, wenn der Schiedsspruch die Anerkennungsvoraussetzungen entweder des autonomen deutschen Rechts oder des UNU erfüllt. Dies bedeutet, daß im Anwendungsbereich des U N Ü unterschiedliche Anforderungen an den Schiedsspruch im Vergleich zum Doppelexequatur nur dann bestehen, wenn der betreffende Mangel des Schieds-

Siehe u n t e n § 2 4 , B. III. 1. a.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungs voraus Setzungen

75

spruchs oder des Schiedsverfahrens sowohl nach § 1044 ZPO als auch nach dem UNÜ einen Anerkennungsversagungsgrund begründet.

C) Die Vorgehensweise bei der Untersuchung unterschiedlicher Anerkennungsvoraussetzungen Zur Untersuchung der Frage nach dem Bestehen und dem Umfang unterschiedlicher Anforderungen an den Schiedsspruch durch das Doppelexequatur werden, dem Verlauf eines Schiedsverfahrens folgend, die wesentlichen Arten von Mängeln, die dem Schiedsverfahren und dem Schiedsspruch anhaften können, erörtert. Dabei wird nachgeprüft, in welcher Weise diese Mängel im Verfahren des direkten Exequatur einerseits, des Doppelexequatur andererseits der Anerkennung entgegenstehen können. Die Berücksichtigung der Mängel des Schiedsspruchs und "Verfahrens im Verfahren des direkten Exequatur erfolgt alternativ nach den Regeln des autonomen Rechts, also nach §§ 1044, 1042 ZPO, und nach dem UNÜ. Bei der Darstellung der Überprüfung von Mängeln des Schiedsspruchs im Rahmen des Doppelexequatur wird wie folgt vorgegangen: Da im Verfahren des Doppelexequatur Mängel des zugrundeliegenden Schiedsspruchs und des Schiedsverfahrens nur unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen den ordre public einen Anerkennungsversagungsgrund begründen können, reicht es für die Untersuchung der Anforderungen beim Doppelexequatur in aller Regel aus, wenn die betreffenden Mängel unter dem Gesichtspunkt eines ordre-public-Verstoßes untersucht werden. In den Fällen, in denen der Mangel des Schiedsspruchs bzw. des Schiedsverfahrens auch auf andere Weise der Anerkennung des Exequatur entgegenstehen kann, wird dies gesondert erörtert. Um die besondere Funktion der ordre-public-Kontrolle für diese Untersuchung deutlich zu machen, wird im folgenden jeweils die Überprüfung des Schiedsspruchs und — Verfahrens nach autonomem Recht und nach dem U N Ü jeweils ohne Bezugnahme auf den in § 1044 II Nr. 2 ZPO und Art. V 2 b) UNÜ enthaltenen ordre-public-Vorbehalt erörtert. Die ordre-public-Prüfung erfolgt dann gesondert und hat insoweit eine Doppelfunktion, als ein Verstoß gegen den ordre public nicht nur der Anerkennung des Schiedsspruchs im Verfahren der direkten Vollstreckbarerklärung, sondern im Falle des Doppelexequatur auch der Anerkennung des Exequatur entgegensteht.

76

§ 4 Die Bedeutung unterschiedlicher Anerkennungsvoraussetzungen

D) Der Vergleichsgegenstand Für den Umfang unterschiedlicher Anforderungen an den Schiedsspruch und an das Schiedsverfahren ist es von großer Bedeutung, ob man dem Doppelexequatur als Vergleich das direkte Exequaturverfahren vor oder nach einer Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs im Ursprungsstaat gegenüberstellt, da es auch beim unmittelbaren Exequatur des ausländischen Schiedsspruchs von Bedeutung ist, ob der Schiedsspruch zuvor in seinem Ursprungsstaat für vollstreckbar erklärt wurde. Dies betrifft vor allem den Anerkennungsversagungsgrund des § 1044 II Nr. 1 ZPO, 3 aber auch den Fall der Aufhebung des Schiedsspruchs 4 : In beiden Fällen ist der betreffende Mangel des Schiedsspruchs nach vorheriger Vollstreckbarerklärung im Ursprungsland (auch) im direkten Exequaturverfahren nur noch sehr eingeschränkt zu berücksichtigen. 5 Für diese Untersuchung stellt sich damit die Frage, ob für den Vergleich der Anforderungen an den Schiedsspruch beim direkten Exequatur einerseits, beim Doppelexequatur andererseits, im Rahmen des direkten Exequatur die Situation nach vorheriger Vollstreckbarerklärung im Ursprungsstaat zugrundezulegen ist. D a in der Situation des Doppelexequatur die vorherige Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs im Ursprungsstaat stets erfolgt ist und somit der Schiedsspruchgläubiger die Wahl zwischen Doppelexequatur und Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs hat, ist für die Frage, ob das Doppelexequatur im Hinblick auf die unterschiedlichen Anforderungen an den Schiedsspruch zulässig ist, die Situation nach erfolgter Vollstreckbarerklärung heranzuziehen. Aus der Sicht des Schiedsspruchgläubigers, der aus einem ausländischen Schiedsspruch in der Bundesrepublik vorgehen will, ist der Vergleich zwischen Doppelexequatur und direktem Exequatur des Schiedsspruchs vor Vollstreckbarerklärung im Ursprungsland von Interesse, da er — sofern die Vollstreckbarerklärung im Ursprungsland nicht aus anderen Gründen notwendig ist — bereits in diesem Stadium entscheiden wird, ob er im Hinblick auf die Vollstreckung in Deutschland die umittelbare Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs oder das Doppelexe3 4 5

Siehe dazu unten § 5 , Β . II. 1. a . Siehe dazu unten § 8, Β . II. 3 . a . a a . Siehe dazu unten § 5 , Β. II. 1. (§ 1 0 4 4 II Nr. 1 Z P O ) bzw. § 8, Β . II. 3 . (Aufhebung des Schiedsspruchs).

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

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quatur betreiben will. Daher ist es für die Frage nach der praktischen Relevanz des Doppelexequatur sinnvoll, auch die Situation vor der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs zu betrachten. Für diese Untersuchung ist dies auch deswegen erforderlich, weil im Falle der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs in einem anderen als dem Ursprungsland der Anerkennungsversagungsgrund des § 1044 II Nr. 1 ZPO unter Umständen noch geltend gemacht werden kann. Dasselbe gilt bezüglich der Aufhebung des Schiedsspruchs. Insoweit ist die Situation dieselbe wie vor der Vollstreckbarerklärung im Ursprungsland. 6 Aus diesem Grund wird für die Darstellung der Anerkennung des Schiedsspruchs im direkten Exequaturverfahren die Situation vor der Vollstreckbarerklärung im Ursprungsland herangezogen, jedoch werden die Besonderheiten erläutert, die sich ergeben, wenn der Schiedsspruch zuvor im Ursprungsstaat exequiert wurde.

§5

Mängel der vertraglichen Grundlage des Schiedsspruchs

A) Bedeutung des Schiedsvertrags für die Anerkennung von Schiedssprüchen

I. Funktion und Arten des Schiedsvertrags Grundlage des Schiedsverfahrens und des Schiedsspruchs ist die vertragliche Vereinbarung der Parteien, einen bereits bestehenden oder aus einem bestimmten Rechtsverhältnis möglicherweise entstehenden Rechtsstreit unter Ausschluß der staatlichen Gerichtsbarkeit durch ein Schiedsgericht entscheiden zu lassen, die sog. „Schiedsvereinbarung". Es werden zwei Arten von Schiedsvereinbarungen unterschieden: 7 zum einen die Schiedsvereinbarung bezüglich eines bereits entstandenen

Siehe dazu unten § 12, B. III. 3. und V. 3. Vgl. Schwab/Walter, Kap. 3 Rn. 1.

78

§ 5 Mängel der vertraglichen Grundlage des Schiedsspruchs

Rechtsstreits, die auch als „Schiedsvertrag" oder „Schiedsabrede" 8 bezeichnet wird, zum anderen die Vereinbarung, etwaige künftige Streitigkeiten aus einem bestimmten Rechtsverhältnis schiedsgerichtlich zu erledigen, die sog. „Schiedsklausel". 9 Diese Unterscheidung ist für das deutsche Recht wie für die meisten Rechtsordnungen ohne materielle Bedeutung, da für beide Arten die gleichen Regeln gelten. 10 In einigen Ländern aber ist diese Unterscheidung, im Anschluß an das französische Recht, von praktischer Relevanz, da jeweils unterschiedliche materielle und formelle Voraussetzungen für die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung gelten. 11 Die Wirksamkeit der Schiedsabrede ist nicht nur in der Phase der Anerkennung des Schiedsspruchs von Bedeutung, sondern fast mehr noch in den Fällen, in denen eine der Parteien trotz der Schiedsklausel ein staatliches Gericht anruft und dann die Frage aufgeworfen wird, ob das Gericht aufgrund der Schiedsabrede gehindert ist, den Rechtsstreit zu entscheiden. Diese Fragen können für das Doppelexequatur dahinstehen; auch im übrigen sind die Unterschiede zwischen den beiden Arten der Schiedsvereinbarung für die Anerkennung des Schiedsspruchs nicht von Bedeutung, so daß im folgenden Schiedsklausel und Schiedsvertrag gemeinsam erörtert werden können.

II. Gruppen von Mängeln der Schiedsvereinbarung Die Schiedsvereinbarung ist ein schuldrechtlicher Vertrag zwischen den Parteien des Schiedsverfahrens, für den die allgemeinen Wirksamkeitsvoraussetzungen für Verträge gelten. Die größte praktische Bedeutung für die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung kommt allerdings der Schiedsfähigkeit des Streitgegenstandes sowie der Schiedsfähigkeit der Parteien zu: Wenn der Rechtsstreit wegen seines Gegenstandes nicht durch ein Schiedsgericht entschieden werden kann, oder eine der Parteien eine Schiedsvereinbarung nicht wirksam treffen kann, führt dies regelmäßig zur Unwirksamkeit des Schiedsvereinbarung und kann dadurch - unter dem Gesichtpunkt eines unwirksamen Schiedsvertrages — der Anerkennung entgegenstehen. Die Bedeutung der Schiedsfähig8 9 10 11

Schwab/Walter, Kap. 3 Rn. 1. Schwabmalter, Kap. 3 Rn. 1. Berger, S. 92. Siehe dazu Schlosser, Rn. 265 ff.

2. Kap.: Unterschiedliche A nerkennungs voraus Setzungen

79

keit des Streitgegenstandes und der Parteien geht allerdings darüber weit hinaus, da bei Fehlen der Schiedsfähigkeit spezielle Anerkennungsversagungsgründe eingreifen können. Daher werden die mit der Schiedsfähigkeit zusammenhängenden Fragen, auch soweit sie den Schiedsvertrag betreffen, gesondert erörtert.

III. Die Frage der Kompetenz-Kompetenz des Schiedsgerichts Wenn im Exequaturverfahren die Unwirksamkeit des Schiedsvertrags geltend gemacht wird, stellt sich bei allen Arten von Mängeln gleichermaßen die Frage, ob dem staatlichen Gericht eine Beurteilung der Wirksamkeit des Schiedsspruchs deswegen verwehrt ist, weil das Schiedsgericht diese Frage mit für das staatliche Gericht bindender Wirkung entschieden hat. Diese Befugnis des Schiedsgerichts, über die Wirksamkeit des Schiedsvertrages abschließend zu entscheiden, wird als „KompetenzKompetenz" des Schiedsgerichts bezeichnet. Im deutschen Schiedsverfahrensrecht ist sehr umstritten, ob dem Schiedsgericht eine solche Befugnis zustehen kann. Während noch in den 50er Jahren die ganz herrschende Meinung selbstverständlich davon ausging, daß eine Kompetenz-Kompetenz des Schiedsgerichts in diesem Sinne nicht bestehe, 12 kommt diese nach Ansicht der Rechtsprechung und des mittlerweile überwiegenden Teils der Literatur dem Schiedsgericht dann zu, wenn die Parteien eine entsprechende Vereinbarung getroffen haben. 13 Allerdings wird die Gegenmeinung auch in jüngerer Zeit durchaus noch vertreten. 14 12

13

14

Henn, N J W 1954, 1835; Kreuzer, N J W 1954, 543; Schwab, KTS 1961, 17, 23 f.; Siebel, N J W 1954, 542, 543; Werthauer, N J W 1953, 1416. B G H Z 68, 356; 128, 380, 392; B G H , BB 1955, 552; J Z 1989, 201; N J W 1991, 2215; OLG Düsseldorf, N J W 1996, 400; W M 1996, 1903; Schütze in Assmann/ Schütze, § 29 Rn. 19; Habscheid, KTS 1955, 33, 37 f.; ders, KTS 1964, 146, 152 f.; ders., FS Baur (1981) S. 425; Raeschke-Kessler, N J W 1988, 3041, 3043; Sonnauer, S. 64 f.; Stein/Jonas-ScMosser, § 1037 Rn. 3; Wieczorek/SchützeSchütze, § 1025 Rn. 49; Zöller-Geimer, § 1025 Rn. 57. Bärmann, FS F. Weber (1975) S. 1, 7 f.; Baur, FS Fasching (1988) S. 81, 87; Bülow, KTS 1970, 125 ff.; Henn, JbPrSchiedsger 4 (1990) 50, 57; Kerameus, ZZP 92 (1979) 413, 422; Leipold, Z Z P 91 (1978) 479, 481; Sareika, S. 238; Schwab/ Walter, Kap. 6 Rn. 8 f.; w o h l auch: Nagel, FS Firsching (1985) S. 191, 193 f.

80

§ 5 Mängel der vertraglichen Grundlage des Schiedsspruchs

Die dogmatische Begründung der mittlerweile herrschenden Meinung wurde von Habscheid enwickelt 15 und später vom BGH übernommen: 16 Ausgangspunkt der Argumentation ist die Schiedsfähigkeit der Frage nach der Wirksamkeit eines Schiedsvertrags. 17 Wenn die Parteien also die Beurteilung der Wirksamkeit des Schiedsvertrags einem Schiedsgericht überlassen können, so muß es nach Habscheid auch möglich sein, eine entsprechende Klausel mit dem ursprünglichen Schiedsvertrag zu verbinden. Die Kompetenz-Kompetenz-Klausel ist also ein zweiter Schiedsvertrag, bezogen auf die Wirksamkeit der Schiedsabrede. 18 Auch nach der herrschenden Ansicht besteht eine Kompetenz-Kompetenz des Schiedsgerichts nicht, solange diese nicht wirksam zwischen den Parteien vereinbart wurde. 19 Der Meinungsstreit wird daher in vielen Fällen nicht relevant, da bei Mängeln der Schiedsvereinbarung oft auch die im Zusammenhang mit der Schiedsabrede vereinbarte Kompetenz-Kompetenz-Klausel unwirksam sein wird. 20 Auf der Grundlage der herrschenden Meinung können somit nach deutschem Recht behauptete Mängel der Schiedsvereinbarung weder im Fall einer Aufhebungsklage noch im Exequaturverfahren berücksichtigt werden, wenn die Parteien eine Kompetenz-Kompetenz wirksam vereinbart haben und das Schiedsgericht über die Wirksamkeit des Schiedsvertrags positiv entschieden hat. Die Entscheidung des Schiedsgerichts über die Wirksamkeit des Schiedsvertrages ist allerdings wie jede andere Entscheidung eines Schiedsgerichts anzuerkennen bzw. aufzuheben. 21 Viele andere Rechtsordnungen sind weniger großzügig als das deutsche Recht: Im schweizerischen Recht wird die Möglichkeit einer Kompetenz-Kompetenz grundsätzlich abgelehnt. 22 Die Ablehnung der Kompetenz-Kompetenz des Schiedsgerichts gilt - unabhängig von einer entsprechenden Vereinbarung der Parteien- auch für das österreichische 23

15 16 17

18 19 20 21 22

23

Vgl. Habscheid, KTS 1964, 146, 152 f. Vgl. B G H Z 68, 356, 366. Habscheid, KTS 1964, 146, 152; Stein/Jonas-ScWosser, § 1037 Rn. 3. Α. A. offenbar Schwab/Walter, Kap. 6 Rn. 13. Habscheid, KTS 1964, 146, 152. Bosch, JZ 1989, 2 0 2 m . w . N a c h w . ; Sonnauer, S. 64 f. Habscheid, KTS 1964, 146, 153; Leipold, Z Z P 91 (1978) 479, 482. Schlosser, Rn. 557. Habscheid, SJZ 1982, 321, 324; Henn, JbPrSchiedsger 4 (1990) 50, 56 m . w . N a c h w . ; siehe auch Sonnauer, S. 61 f. Fasching, S. 35.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

81

und das griechische Recht. 24 Auch nach englischem Recht gibt es eine Kompetenz-Kompetenz offenbar nicht. 25 Bei internationalen Fällen ist für die Beurteilung der Wirksamkeit der Kompetenz-Kompetenz-Vereinbarung das Schiedsverfahrensstatut maßgeblich. 26 Auf die Anerkennung der Entscheidung über die Wirksamkeit des Schiedsvertrages ist dann ggf. auch das U N Ü anwendbar. 27 Damit ergibt sich für die Anerkennung ausländischer Schiedssprüche, daß Mängel des Schiedsvertrages, die an sich einen Anerkennungsversagungsgrund nach § 1044 ZPO bzw. des U N Ü begründen, dann nicht zu berücksichtigen sind, wenn nach dem maßgeblichen Schiedsverfahrensstatut dem Schiedsgericht aufgrund Gesetzes oder einer entsprechenden Parteivereinbarung die Kompetenz-Kompetenz zukam und die Entscheidung des Schiedsgerichts über die Wirksamkeit des Schiedsvertrages nach § 1044 ZPO bzw. des U N Ü anzuerkennen ist.

B) Allgemeine Wirksamkeitsvoraussetzungen des Schiedsvertrags I. Die Mängel des Schiedsvertrags 1. Materielle

Mängel des

Schiedsvertrags

Nach deutschem Recht unterliegt die Schiedsvereinbarung den allgemeinen Regeln über die Wirksamkeit von Schuld Verträgen. Zwar ist die Rechtsnatur des Schiedsvertrags umstritten: Nach einer Mindermeinung der Literatur handelt es sich um einen materiellrechtlichen Vertrag, 28 wogegen die h.M. der Literatur sowie ein Teil der Rechtsprechung den Schiedsvertrag als Prozeßvertrag ansieht. 29 Nach einem Teil der Litera24 25 26 27 28 29

Kerameus, Z Z P 92 (1979) 413, 423. Schlosser, Rz 556. Schlosser, Rn. 557. Schlosser, Rn. 558. Lorenz, AcP 157 (1958/59) 265, 277 ff. LG Köln, RIW 1995, Beil. 5 S. 23; Rosenberg/Schwab/Gottwald, % 172 II; Schwab/Walter, Kap. 7 Rn. 28 m . w . N a c h w . ; Stein/Jonas-ScMosser, § 1025 Rn. 1.

82

§ 5 Mängel der vertraglichen Grundlage des Schiedsspruchs

tur und der ganz überwiegenden Rechtsprechung schließlich handelt es sich um einen „materiellrechtlichen Vertrag über prozeßrechtliche Beziehungen". 30 Allerdings hat der BGH in seiner jüngsten Entscheidung zu dieser Frage von einem Prozeßvertrag gesprochen, 31 jedoch ohne sich mit seiner bisherigen Rechtsprechung auseinanderzusetzen. Dieser Meinungsstreit ist aber ohne Bedeutung, da die Regeln des BGB über Zustandekommen und Wirksamkeit von Verträgen auf den Schiedsvertrag je nach Meinung unmittelbar oder aber entsprechend anzuwenden sind. 32 Danach kann die Schiedsvereinbarung zunächst wie jeder andere Vertrag auch wegen Fehlens der allgemeinen materiellen Wirksamkeitsvoraussetzungen fehlerhaft und damit unwirksam sein, also ζ. B. bei Willensmängeln, fehlender Geschäftsfähigkeit oder — schon eher von praktischer Relevanz — wegen fehlender Vertretungsmacht eines Vertreters. Ähnliches gilt auch für die meisten übrigen Rechtsordnungen. Die materielle Wirksamkeit des Vertrages unterliegt dem Schiedsvertragsstatut, 33 das, ausgehend vom deutschen Recht, vorrangig durch die freie Rechtswahl der Parteien bestimmt wird; 34 dies ist im Ergebnis unstreitig. Dem Schiedsvertragsstatut unterliegt auch die Wirksamkeit der Rechtswahl. Unstreitig ist auch, daß das Schiedsvertragsstatut weder mit dem Statut des Hauptvertrages 35 noch mit dem Schiedsverfahrensstatut 36 identisch sein muß. Umstritten ist jedoch die dogmatische Begründung dieser Kollisionsregel: Ausgehend von einer materiellrechtlichen Qualifikation des Schiedsvertrags wird vielfach vertreten, das Schiedsvertragsstatut sei nach den allgemeinen Regeln für Schuldverträge, also den Artt. 27ff. EGBGB zu ermitteln. 37 Andere gehen — auf 30

31 32 33 34

35

36 37

B G H Z 23, 198, 200; 40, 320, 322; Baumbach/Lauterbach-A/fcers, § 1025 Rn. 2; Bärmann, FS F. Weber (1975) S. 1; Gildeggen, S. 157 Fn. 69; Buhmann, S. 105. B G H , Z Z P 100 (1987) 452, 454. Vgl. Schwab/Walter, Kap. 7 Rn. 28. Gildeggen, S. 157 ff. B G H Z 40, 320, 322; B G H , A W D / R I W 1970, 417, 418; OLG Düsseldorf, RIW 1996, 239 f.; Gildeggen, S. 159 f.; von Hoffmann, S. 64 f.; M ü n c h K o m m - M a r tiny, vor Art. 2 7 EGBGB Rn. 92; Schwab/Walter, Kap. 4 3 Rn. 5. B G H Z 40, 320, 322; M ü n c h K o m m - M a r t m y , vor Art. 27 EGBGB Rz 92 m.w.Nachw.; Reithmann/Martiny-Hausmann, Rn. 2440; Schwab/Walter, Kap. 43 Rn. 6. Schwab/Walter, Kap. 50 Rn. 1. OLG Düsseldorf, RIW 1996, 239 f.; Basedow, JbPrSchiedsger 3 (1989) 3, 4 f.; Bubmann S. 107, 116 f.; Gildeggen, S. 157, 159 f.; Lüthge, S. 141; Reithmann/ Martiny-Hausmann, Rn. 2512; Schlosser Rn. 244.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvo raus Setzungen

83

der Grundlage einer prozessualen Qualifikation des Schiedsvertrags — von einer ungeschriebenen Kollisionsnorm des deutschen Schiedsverfahrensrechts aus. 38 Bei Fehlen einer Rechtswahl, die nach allgemeiner Auffassung auch konkludent erfolgen kann, 39 wird das Schiedsvertragsstatut — bei Maßgeblichkeit der Artt. 27 ff. EGBGB - nach Art. 28 EGBGB angeknüpft. 4 0 Soweit eine ungeschriebene Kollisionsnorm des Schiedsverfahrensrechts angenommen wird, wird vertreten, es sei auf den hypothetischen Parteiwillen abzustellen. 41 Als Kriterien für die „engste Verbindung" i. S. d. Art. 28 EGBGB bzw. Indizien für den hypothetischen Parteiwillen werden das Hauptvertragsstatut 42 und das Schiedsverfahrensstatut 43 genannt. Teilweise wird vertreten, es sei regelmäßig von einem Willen der Parteien auszugehen, daß Hauptvertragsstatut und Schiedsvertragsstatut übereinstimmen. 44 Andere vertreten die Ansicht, es sei regelmäßig von einer Übereinstimmung von Schiedsvertragsstatut und Schiedsverfahrensstatut auszugehen. 45 Die Wirksamkeit einer Vollmacht zum Abschluß des Schiedsvertrages aber richtet sich nicht nach dem Schiedsvertragsstatut, sondern nach einem eigenen Vollmachtsstatut. 46 Allerdings regelt das Schiedsvertragsstatut die Rechtsfolgen einer unwirksamen Vollmacht für die Wirksamkeit des Schiedsvertrags. Soweit trotz unwirksamen Schiedsvertrags ein inländischer Schiedsspruch ergeht, ist nach deutschem Recht der Aufhebungsgrund des §1041 I Nr. 1 ZPO gegeben, gleichgültig aus welchem Grund die Schiedsabrede unwirksam ist. Spezielle Aufhebungsgründe bestehen da-

38 39 40 41

42 43 44 45 46

Schwab/Walter, K a p . 43 R n . 5. Reithmann/Martiny-Hausmann, R n . 2439. Vgl. Gildeggen S. 1 7 0 f f . ; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 179 I 1 a (S. 1123). Schwab /Walter, K a p . 4 3 R n . 9. D a s e n t s p r i c h t w o h l a u c h der allg. A u f f . v o r der I P R - R e f o r m 1986; vgl. ζ. B. B G H , KTS 1970, 2 4 , 27. Schwab/Walter, K a p . 43 R n . 9. Gildeggen S. 171; Schwab/Walter, K a p . 43 R n . 9. Schwab/Walter, K a p . 43 R n . 7. W o h l a u c h : Schröder, IPRax 1988, 144, 145. Gildeggen S. 171 f; Reithmann/Martiny-Hausmann, Rn. 2440. Allg. A u f f . ; vgl. L G H a m b u r g , R I W 1978, 124, 145; Schwab/Walter, Kap. 4 4 R n . 19 m . w . N a c h w . U m s t r i t t e n ist allerdings die Frage, o b die F o r m der Vollm a c h t im A n w e n d u n g s b e r e i c h des U N Ü der F o r m v o r s c h r i f t des A r t . II 2 U N Ü , ggf. in a n a l o g e r A n w e n d u n g , unterliegt: D i e h . M . verneint diese Frage; vgl. Schwab/Walter, K a p . 4 4 R n . 19; Schlosser R n . 368; Stein/Jonas-ScWosser, A n h . § 1044 R n . 44; a. Α.: LG H a m b u r g , R I W 1978, 124, 126; siehe zu d e m Streit a u c h Haas, S. 171 m . w . N a c h w .

84

§ 5 Mängel der vertraglichen Grundlage des Schiedsspruchs

gegen nicht. Es ist auch nicht etwa § 1041 I Nr. 3 ZPO bei fehlender Vertretungsmacht anwendbar, da diese Vorschrift, die § 551 Nr. 5 ZPO bzw. § 579 I Nr. 4 ZPO entspricht, 47 nur für die Vertretung im Schiedsverfahren selbst gilt. Allerdings kann bei gravierenden Mängeln der ordre public nach § 1041 I Nr. 2 ZPO eingreifen.

2. Mängel der Form Nach deutschem Recht bedarf eine Schiedsvereinbarung zwischen Vollkaufleuten gemäß § 1027 II ZPO keiner besonderen Form, sofern der Schiedsvertrag ein beiderseitiges Handelsgeschäft ist. Im übrigen ist gemäß § 1027 I 1 ZPO die Schriftform sowie eine ausdrückliche Schiedsvereinbarung erforderlich, jedoch wird ein Formfehler durch rügelose 48 Einlassung zur Hauptsache nach § 1027 I 2 ZPO geheilt.49 Sofern nach diesen Regeln ein Formverstoß vorliegt, ist der Aufhebungsgrund des § 1041 I Nr. 1 ZPO gegeben. In den übrigen Rechtsordnungen wird überwiegend die Schriftform verlangt. 50 Umstritten ist, welchem Recht die maßgeblichen Formvorschriften zu entnehmen sind. Teilweise wird die Ansicht vertreten, es sei stets die lex fori, also § 1027 ZPO maßgeblich.51 Nach überwiegender Meinung ist jedoch das kollisionsrechtlich vermittelte Recht maßgeblich. 52 Ausgegehend von der herrschenden Meinung unterliegt die Form des Schiedsvertrags, bei materiellrechtlicher Qualifizierung des Schiedsvertrags, der allgemeinen kollisionsrechtlichen Regelung des Art. 11 EGBGB. Allerdings gehen auch die Vertreter einer Deutung des Schiedsvertrags als Prozeßvertrag ζ. T. von der Anwendbarkeit der allgemeinen kollisionsrechtlichen Regeln, hier also des Art. 11 EGBGB, aus. 53 Andere wollen Art. 11 EGBGB analog anwenden. 54 Der Schiedsvertrag ist also gemäß Art. 11 EGBGB formell wirksam, wenn er den Formvorschriften des Rechts am Ort des Vertragsschlusses oder denen des Schiedsvertragsstatuts genügt. 47 48 49 50 51 52 53 54

Schwab/Walter, Kap. 2 4 Rn. 32. Schwab/Walter, Kap. 5 Rn. 6; Stein/Jonas-ScWosser, § 1027, Rn. 6. Siehe dazu Bülow, N J W 1972, 451, 418 f. Vgl. die N a c h w . bei Schlosser, Rn. 360. Gildeggen, S. 177; Hausmann, FS Lorenz (1991) S. 359, 376 ff. Schlosser Rn. 363; Schwab/Walter, Kap. 4 4 Rn. 17. So etwa Schlosser, Rn. 363. So Schwab/Walter, Kap. 4 4 Rn. 17 m . w . N a c h w .

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraus Setzungen

85

Im Anwendungsbereich des U N Ü gilt die Formvorschrift des Art. II UNÜ. Nach Art. II 2 U N Ü ist für die Schiedsvereinbarung die Schriftform erforderlich. Damit ist Art. II UNÜ strenger als etwa § 1027 II ZPO. 5 5 Art. II 2 U N Ü verlangt jedoch nicht die Schriftform i. S. d. § 126 BGB. 56 Erforderlich ist vielmehr die „Unterzeichnung" der Schiedsvereinbarung, nicht aber eine „Unterschrift" im engeren Sinne. 57 Die Schriftform nach Art. II 2 UNÜ kann insbesondere auch durch wechselseitige Bezugnahme in Briefen oder Telegrammen 58 erfüllt werden, Art. II 2 2. Halbs. UNÜ. Art. II 2 U N Ü stellt eine Sachnorm dar 5 9 und verdrängt im Anwendungsbereich des U N Ü die nationalen Sachnormen; ein Rückgriff auf weniger strenge Formvorschriften des nationalen Rechts ist damit ausgeschlossen.

II. Berücksichtigung der Mängel im Exequaturverfahren 1. Materielle

Fehler

a) § 1044 Z P O Die Unwirksamkeit des Schiedsvertrags kann gemäß § 1044 II Nr. 1 ZPO einen Anerkennungsversagungsgrund begründen, wenn dadurch der Schiedsspruch seinerseits unwirksam wird. Dagegen ist das Fehlen eines wirksamen Schiedsvertrags als solches kein Anerkennungsversagungsgrund nach § 1044 II Nr. 1 ZPO. 60 Maßstab für die Wirksamkeit des Schiedsvertrags ist im Rahmen des § 1044 II Nr. 1 ZPO nicht das deutsche Recht, sondern das nach den 55 56 57 58

59

60

Schwab/Walter, Kap. 4 4 Rn. 9. Schwab/Walter, Kap. 4 4 Rn. 9. Schwab/Walter, Kap. 4 4 Rn. 7 m . w . N a c h w . Auch Telefax; siehe dazu Haas, S. 167 m . w . N a c h w . ; Schwab/Walter, Kap. 4 4 Rn. 7. Ganz h.M.; Gildeggen S. 46 f.; Haas, S. 166 m . w . N a c h w . ; Reithmann/MartinyHausmann, Rn. 2337; Schütze in Sckütze/Tscherning/Wais, Rn. 566; Schwab/ Walter, Kap. 4 4 Rn. 7 m.zahlr. N a c h w . O L G Düsseldorf, IPRspr. 1971 Nr. 161, S. 493; Reithmann/Martiny-Hausmann, Rn. 2522; Schlosser, Rn. 800; Zöller -Geirrter, § 1044 Rn. 14.

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§ 5 Mängel der vertraglichen Grundlage des Schiedsspruchs

Kollisionsnormen des — ausländischen — Schiedsverfahrensstatuts anwendbare Recht; 61 die Frage nach der Gültigkeit des Schiedsvertrags wird also unselbständig angeknüpft. 62 Der Begriff der „Unwirksamkeit" des Schiedsspruchs i. S. d. § 1044 II Nr. 1 ZPO, der nach deutschem Recht auszulegen ist, meint das Vorliegen eines Aufhebungsgrundes, 63 setzt also nicht etwa dessen Nichtigkeit 64 oder eine bereits erfolgte Aufhebung voraus. Danach wird die Unwirksamkeit des Schiedsvertrags in aller Regel zur „Unwirksamkeit" des Schiedsspruchs führen, da nach den meisten Rechtsordnungen die Unwirksamkeit des Schiedsvertrags einen Aufhebungsgrund darstellt. 65 Die Versagung der Anerkennung nach § 1044 II Nr. 1 ZPO ist allerdings stark eingeschränkt: Zum einen ist dieser Anerkennungsversagungsgrund nur auf Einrede hin zu beachten 66 und trägt der Schiedsspruchschuldner die Darlegungs- und Beweislast für dessen Voraussetzungen. Wichtiger aber ist der Umstand, daß nach herrschender Ansicht, insbesondere der Rechtsprechung, die Berufung auf den Anerkennungsversagungsgrund des § 1044 II Nr. 1 ZPO trotz Vorliegens eines Aufhebungsgrundes nach materiellem Recht ausgeschlossen ist, wenn dieser im Ursprungsstaat nur mit einem befristeten Rechtsbehelf geltend gemacht werden konnte und der Schiedsspruchschuldner diesen Rechtsbehelf nicht fristgerecht eingelegt hat. 67 Diese Ansicht wird damit begründet, daß der Verweis des § 1044 II Nr. 1 ZPO auf das Schiedsverfahrensstatut nicht nur das materielle Recht, sondern auch das Verfahrensrecht umfasse. 68 Diese Auffassung führt deswegen zu einer starken Ein61 62

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Gildeggen S. 155 m . w . N a c h w . BGH, RIW 1984, 644, 646; Reithmann/Martiny-Hausmann, Rn. 2522; Schwab/Walter, Kap. 3 0 Rn. 16; Schlosser, Rn. 800; Zöller-Gelmer, § 1044 Rn. 14. Haas, S. 159 Fn. 16; M ü n c h K o m m Z P O - M a i e r , § 1044 Rn. 9; Kiezler, S. 634; Stein/Jonas-ScWosier, § 1044, Rn.12; Volkmar, JW 1930, 2 7 4 5 , 2749. Stein/Jonas-ScWosser, § 1044 Rn.12. Gildeggen, S. 155. Η. M.; Schwab/Walter, Kap. 30 Rn. 15; a. Α.: LG Bremen, IPRspr. 1 9 6 6 / 6 7 , S. 860. B G H Z 52, 184; 55, 162; 57, 153, 156 f.; B G H , RIW 1976, 449, 451; B G H , IPRspr. 1987 Nr. 182, S. 455; N J W - R R 1988, 572; OLG Düsseldorf, IPRspr. 1971 Nr. 161, S. 493; O L G Frankfurt/M., RIW 1989, 911, 912; Baumbach/ Lauterbach-A/foeri, § 1044 Rn. 8; Haas, S. 160 ff.; Mezger, A W D / R I W 1970, 258, 260; Maier, Rn. 474; MünchKornrnZPO-Maier, § 1044 Rn.9; Stein/JonasSchlosser, § 1044 Rn. 14; Schlosser, Rn. 810; Zöller-Gelmer, § 1044 Rn. 16. B G H Z 55, 162; OLG Düsseldorf, IPRspr. 1971 Nr. 161, S. 493; Baumbach/ Lauterbach-Albers, § 1044 Rn. 8; Zöller-Geimer, § 1044 Rn. 16.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

87

schränkung des § 1044 II Nr. 1 ZPO, weil die Geltendmachung der Aufhebungsgründe nach den meisten Rechtsordnungen nur durch einen befristeten Rechtsbehelf möglich ist, und vielfach ist diese Frist sehr knapp bemessen und wird bis zur Entscheidung im deutschen Exequaturverfahren bereits verstrichen sein. In der Literatur wird die herrschende Meinung teilweise auf die Formel reduziert, der Schiedsspruch sei dann, wenn er im Ursprungsstaat nicht mehr angreifbar sei, auch in Deutschland nicht mehr (nach § 1044 II Nr. 1 ZPO) angreifbar. 69 Von einer Mindermeinung der Literatur dagegen wird vertreten, im Rahmen des § 1044 II Nr. 1 ZPO komme es ausschließlich auf das Bestehen von Aufhebungsgründen nach dem ausländischen materiellen Recht an. 7 0 Diese Ansicht wird zum einen mit der Entstehungsgeschichte des § 1044 II Nr. 1 ZPO begründet. 71 Daneben wird geltend gemacht, die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung können aus verfassungsrechtlichen Gründen nur durch das deutsche Exequaturgericht überprüft werden, da die Parteien in der Schiedsvereinbarung auf den gesetzlichen Richter verzichteten. 72 Da aufgrund der gefestigten Rechtsprechung des BGH jedenfalls für die Praxis die herrschende Meinung maßgeblich ist, wird diese der weiteren Untersuchung zugrundegelegt. Auf der Grundlage der herrschenden Meinung stellt sich die Frage, welche Bedeutung es für den Einwand des § 1044 II Nr. 1 ZPO hat, wenn die - fristgemäß erhobene — Aufhebungsklage rechtskräftig abgewiesen wurde. Hierzu werden unterschiedliche Meinungen vertreten: Nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht kommt es darauf an, ob die ausländische Entscheidung über die Aufhebungsklage nach Maßgabe des § 328 ZPO anzuerkennen ist; nur unter dieser Voraussetzung sei der Schiedsspruchschuldner mit dem Anerkennungsversagungsgrund des § 1044 II Nr. 1 ZPO präkludiert. 73 Nach einer anderen Meinung ist in diesem Fall der Anerkennungsversagungsgrund des § 1044 II Nr. 1 69 70

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72 73

Vgl. etwa Münzberg, Z Z P 83 (1979) 330, 331 f. Bülow, N J W 1971, 486, 4 8 9 f.; Ernemann, S. 110 ff., insb. S. 125; Habscheid, KTS 1972, 213; Münzberg, S. 195 ff.; P f a f f , A W D / R I W 1970, 55, 56 ff.; ders., A W D / R I W 1971, 235, 236; Schütze in Schütze/Tscherning/Wais, Rn. 642; Schütze, D I Z P R , S. 220; Schwab/Walter, Kap. 30 Rn. 17 m . w . N a c h w . Vgl. Bülow, N J W 1971, 486, 4 8 9 f.; Schwab/Walter, Kap. 30 Rn. 17. Siehe dazu auch Haas, S. 160. Ernemann, S. 124 f:. Siehe dazu auch Haas, S. 161. Ernemann, S. 113; Volkmar, Intern. Jahrbuch 3 (1931) 3, 13; Wieruszowski, Intern. Jahrbuch 3 (1931) 322, 323; Stein/Jonas-Pohle (18. Aufl.) § 1044, III

Β 1.

88

§ 5 Mängel der vertraglichen Grundlage des Schiedsspruchs

ZPO stets ausgeschlossen, auch wenn das ausländische Urteil nicht anerkannt wird. 74 Diese Meinung wird mit derselben Erwägung begründet, die nach der herrschenden Meinung zum Ausschluß des § 1044 II Nr. 1 ZPO bei Fristversäumung des Rechtsbehelfs führt: Da es darauf ankomme, ob der Schiedsspruch in seinem Heimatstaat noch aufgehoben werden könne, sei allein maßgeblich, ob die ausländische Entscheidung eine Aufhebung im Heimatstaat verhindere. Dafür aber sei die Anerkennung der Entscheidung unerheblich. 75 Zumeist wird aber für diesen Fall der Ausschluß des § 1044 II Nr. 1 ZPO angenommen, ohne zur Frage der Anerkennung des Urteils Stellung zu nehmen. 76 Es wird allerdings auch die Ansicht vertreten, daß es für den Anerkennungsversagungsgrund des § 1044 II Nr. 1 ZPO unschädlich sei, wenn der rechtzeitig eingelegte Rechtsbehelf von dem ausländischen Gericht rechtskräftig abgewiesen wurde. 77 Die Rechtsprechung hat zu dieser Frage, soweit ersichtlich, noch nicht Stellung genommen. Dieselben Erwägungen und Ansichten müssen für den Fall der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs im Ursprungsstaat gelten, auch wenn diese Gleichbehandlung der beiden Fälle in der Literatur nur sehr selten ausdrücklich vertreten wird. 78 Nimmt man dies an, so kann nach erfolgter Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs im Ursprungsstaat der Anerkennungsversagungsgrund des § 1044 II Nr. 1 ZPO nicht mehr eingreifen. Für die Praxis bedeutet dies, daß die Anerkennung des Schiedsspruchs nur in seltenen Fällen an der Unwirksamkeit des Schiedsvertrages scheitert, da zum einen nur die Unwirksamkeitsgründe des ausländischen Schiedsverfahrensstatuts, nicht aber die des deutschen Rechts, maßgeblich sind, und zum anderen — folgt man der h.M. der Literatur - in den allermeisten Fällen die Berufung auf den Anerkennungsversagungsgrund des § 1044 II Nr. 1 ZPO ausgeschlossen sein wird. b) U N Ü Bei Unwirksamkeit des Schiedsvertrags ist im Anwendungsbereich des U N Ü der Anerkennungsversagungsgrund des Art. V i a ) gegeben.

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Münzberg, Z Z P 83 (1970) 330, 334; w o h l auch: Mezger, 258, 260. Münzberg, Z Z P 83 (1970) 330, 334. Vgl. Schlosser, Z Z P 86 (1973) 49, 57. Τf a f f , A W D / R I W 1970, 55. So etwa Raeschke-Kessler, N J W 1988, 3041, 3050.

A W D / R I W 1970,

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

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Maßstab für die Wirksamkeit des Schiedsvertrags ist hinsichtlich der allgemeinen vertraglichen Wirksamkeitsvoraussetzungen gemäß Art. V 1 a) UNÜ das Schiedsvertragsstatut. 79 Das Schiedsvertragsstatut, das weder mit dem Schiedsverfahrensstatut noch mit dem in der Hauptsache anzuwendenden Recht übereinstimmen muß, 80 können die Parteien frei wählen. 81 Bei fehlender - auch konkludent möglicher 82 - Rechtswahl ist nach Art. V i a ) UNÜ subsidiär 83 das Recht des Landes maßgeblich, in dem der Schiedsspruch ergangen ist. Soweit die Vollmacht nach dem Vollmachtsstatut unwirksam ist, liegt nach Maßgabe des Schiedsvertragsstatuts der Anerkennungsversagungsgrund des Art. V 1 a) UNÜ vor.

2. Mängel der Form Mängel der Form des Schiedsvertrages können ebenso wie materielle Fehler gemäß § 1044 II Nr. 1 ZPO der Anerkennung des Schiedsspruchs entgegenstehen, wenn deswegen der Schiedsspruch nach dem Schiedsverfahrensstatut aufhebbar ist. Spezielle Anerkennungsversagungsgründe bestehen nach § 1044 ZPO nicht. Im Anwendungsbereich des UNÜ ist die Formvorschrift des Art. II UNÜ maßgeblich, die nach mittlerweile wohl allgemeiner Auffassung auch im Stadium der Anerkennung des Schiedsspruchs gilt. 84 Wenn die 79 80

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84

Reithmann/Martiny-Hausmann, Rn. 2369 f.; Schwab/Walter, Kap. 5 7 Rn. 1. LG Heidelberg, IPRspr. 1979 Nr. 129a, S. 366; Gildeggen, S. 129 f.; Schwab/ Walter, Kap. 43 Rn. 1; Stein/Jonas-ScWoiser, Anh. § 1044 Rn. 59. Allg. Auff.; Bertheau, S. 72; Gildeggen, S. 126; Reithmann/Martiny-Hausmann, Rn. 2370; Schwab/Walter, Kap. 4 3 Rn. 1. Bertheau, S. 72; David/Maier, S. 38; von Hülsen, S. 101; Gildeggen, S. 126. In der Literatur wird vereinzelt die Ansicht vertreten, der Art. V i a ) Ü N Ü greife ein, w e n n die Schiedsvereinbarung nach dem gewählten Schiedsverfahrensstatut oder nach dem Recht des Landes, in dem das Verfahren stattfand, unwirksam ist, vgl. Strub, 68 Tex. L. Rev. 1031, 1049 (1990). Diese Ansicht verkennt jedoch die Subsidiarität des Verweises auf den Schiedsort in Art. V 1 a ÜNÜ. Born, S. 560; Haas, S. 165, m . w . N a c h w . ; Haas, IPRax 1993, 382, 383. Die italienische Rechtsprechung vertrat früher die Gegenmeinung, vgl. Corte di Cassazione, Y C A VI (1981) 233, 234; Corte di Appello Venezia, Y C A XII (1987) 493, 494, hat diese Ansicht aber vor einigen Jahren aufgeben, vgl. Corte di Cassazione, Y C A VII (1987) 497, 498; siehe dazu auch Haas, S. 164 m.w.Nachw.

90

§ 5 Mängel der vertraglichen Grundlage des Schiedsspruchs

Voraussetzungen des Art. II 2 UNÜ nicht erfüllt sind, kann der Schiedsspruch nicht nach dem U N Ü anerkannt werden. 85 Die Darlegungs- und Beweislast für die Erfüllung des Formerfordernisses trägt der Schiedsspruchgläubiger, 86 wie sich aus Art. IV 1 b) U N Ü ergibt; danach hat nämlich der Schiedsspruchgläubiger dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung die Urkunde der Schiedsvereinbarung oder eine beglaubigte Abschrift beizufügen. Der Rückgriff auf die Formvorschriften des Schiedsvertragsstatuts nach Art. V 1 a) U N Ü ist nicht mehr möglich.

3. Ordre public Das Fehlen eines wirksamen Schiedsvertrags führt nicht zu einem Verstoß des Schiedsspruchs gegen den deutschen anerkennungsrechtlichen ordre public. Allerdings liegt ein Verstoß gegen den ordre public etwa dann vor, wenn es an einer freiwilligen Unterwerfung unter ein Schiedsgericht gänzlich fehlt. 87 Außerdem können besonders gravierende Umstände, aufgrund derer der Schiedsvertrag unwirksam ist, als solche zur Unvereinbarkeit des Schiedsspruchs mit dem deutschen ordre public führen und damit gemäß § 1044 II Nr. 2 ZPO bzw. Art. V 2 b) U N Ü der Anerkennung des Schiedsspruchs entgegenstehen. Dies soll — nach bestrittener Auffassung der Literatur — etwa in den Fällen des § 1025 II ZPO gelten. 88 Die Erfüllung der Formvorschriften des deutschen Rechts ist kein Bestandteil des deutschen ordre public.

C) Die Schiedsfähigkeit des Streitgegenstandes I. Begriff und Funktion der objektiven Schiedsfähigkeit Der Begriff der objektiven Schiedsfähigkeit bzw. der Schiedsfähigkeit des Streitgegenstandes betrifft die Frage, ob ein bestimmter Streitgegen85

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Haas, S. 164; Schlosser, Rn. 369; Schwab/Walter, Kap. 57 Rn. 1 f. Die Anerkennung nach anderen Normen bleibt davon gemäß Art. VII UNÜ unberührt. Haas, S. 164. Gildeggen, S. 156. Vgl. Schwab/Walter, Kap. 44 Rn. 24.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

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stand durch ein Schiedsgericht entschieden werden kann. Es geht hier also darum, in welchem Maße der Staat es zuläßt, daß Rechtsstreitigkeiten nicht durch seine staatliche Gerichtsbarkeit, sondern durch private Gerichte entschieden werden, 89 wobei durch das Erfordernis der objektiven Schiedsfahigkeit die Eingrenzung nach der Art des Streitgegenstandes erfolgt. Die Voraussetzung der objektiven Schiedsfahigkeit, die schon für einen wirksamen Schiedsvertrag erfüllt sein muß, ist in gewisser Weise ein Gegenstück zur nachträglichen Kontrolle des Schiedsverfahrens, wie sie bei der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs erfolgt, indem gewisse Bereiche von vornherein der privaten Schiedsgerichtsbarkeit entzogen werden. Zweck der Eingrenzung der Schiedsgerichtsbarkeit ist also ein präventiver Schutz bestimmter Rechte des einzelnen einerseits sowie bestimmter staatlicher Interessen andererseits vor den mit der privaten Gerichtsbarkeit verbundenen Risiken und vor bestimmten unerwünschten Ergebnissen. Als Mittel der Eingrenzung und damit der Kontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit durch den Staat wird das Erfordernis der objektiven Schiedsfahigkeit nach fast allen Rechtsordnungen auch nachträglich geschützt, indem sein Fehlen ein Anerkennungshindernis begründet. Der enge Bezug der objektiven Schiedsfahigkeit zu staatlichen Interessen hat auch zur Folge, daß im historischen wie im internationalen Vergleich sehr große Unterschiede bezüglich des Bereichs der schiedsfähigen Streitgegenstände festzustellen sind. 90 Die international sehr unterschiedlichen Auffassungen bezüglich der objektiven Schiedsfahigkeit führen denn auch in der Praxis zu erheblichen Problemen bei der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen. Die Unterschiedlichkeit der Auffassungen zur objektiven Schiedsfahigkeit hat zur Konsequenz, daß es durch das Doppelexequatur im Vergleich zum direkten Exequaturverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit zu unterschiedlichen Anforderungen an den Schiedsspruch kommt. Da die Frage der objektiven Schiedsfahigkeit für die Untersuchung des Doppelexequatur somit von besonderem Interesse ist, wird der Darstellung der Berücksichtigung der objektiven Schiedsfahigkeit im Rahmen der Vollstreckbarerklärung ein kurzer Überblick über die Sachproblematik vorangestellt.

89 90

Von Zumbusch, GRUR Int. 1988, 541, 546. Vgl. Nolting, IPRax 1987, 349, 352.

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§ 5 Mängel der vertraglichen Grundlage des Schiedsspruchs

II. Der Bereich der schiedsfähigen Streitgegenstände 1. Das deutsche Recht Das Erfordernis der objektiven Schiedsfahigkeit nach autonomem deutschen Schiedsverfahrensrecht ist geregelt in § 1025 ZPO. Nach § 1025 I ZPO sind grundsätzlich alle dem Vergleich zugänglichen Streitgegenstände auch objektiv schiedsfähig. Daneben wird die Schiedsfahigkeit bestimmter Streitgegenstände durch gesetzliche Regelungen ausgeschlossen bzw. eingeschränkt. 91 Zu diesen Regelungen gehören etwa § 1025 a ZPO, der Mietsachen ausschließt, sowie §91 GWB, wonach Kartellrechtsstreitigkeiten in einigen Fällen nicht schiedsfähig sind. 92 Das gesetzliche Kriterium des § 1025 I ZPO, die Vergleichsfähigkeit, ist nicht gesetzlich geregelt. Der Begriff der objektiven Schiedsfahigkeit ist in der Literatur umstritten, wobei im wesentlichen 2 Meinungen vertreten werden. Nach der früher herrschenden Meinung, der sog. „materiellrechtlichen Theorie", 93 die auf das materielle Recht abstellt, ist die materiellrechtliche Befugnis zum Vergleichsabschluß über den Streitgegenstand erforderlich. 94 Danach fehlt die objektive Schiedsfahigkeit dann, wenn zwingendes Recht anzuwenden ist, über das sich die Parteien nicht hinwegsetzen können, 95 oder wenn das Rechtsverhältnis (etwa nach §§ 134, 138 BGB) nichtig ist. 96 Die nunmehr überwiegende Gegenmeinung stellt ab auf die objektive Verfügbarkeit des Rechtsverhältnisses. 97 Danach fehlt die objektive 91

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Die Regelung des § 1025 II ZPO dagegen ist keine solche gesetzliche Einschränkung der objektiven Schiedsfahigkeit, da hier die Unwirksamkeit des Schiedsvertrages von der Art des Streitgegenstandes unabhängig ist; a. A. offenbar: Henri, S. 12. Haas, S. 251; Herrn, S. 10; Rahmann, S. 45; Schwab/Walter, Kap. 4 Rn. 10. Zum Begriff siehe Zöller-Geimer, § 1025 Rn. 37. Bärmann, FS F. Weber (1975) S. 1, 2; Maier, Rn. 23; Rahmann, S. 43; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 172 III. 1.; Schänke/Schröder/Niese, S. 476; Schwab (3. Aufl.), S. 23; wohl auch: Henn, S. 9 f.; Kornmeier, DB 1980, 193, 195 f.; Raeschke-Kessler, NJW 1988, 3041, 3043; Sareika, S. 130. Schwab (3. Aufl.), S. 23; siehe auch Zöller-Geimer, § 1025 Rn. 36. Schwab (3. Aufl.), S. 23; siehe auch Schwab/Walter, Kap. 4 Rn. 3; Zöller-Geimer, § 1025 Rn. 36. Vgl. Bork, ZZP 100 (1987) 249, 272; Hausmann, FS Lorenz (1991) S. 359, 371; Schlosser, Rn. 288; Schwab/Walter, Kap. 4 Rn. 3 ff.; Zöller-Geimer, § 1025 Rn. 37.

2. Kap.: Unterschiedliche A nerkennungs Voraussetzungen

93

Schiedsfähigkeit dann, wenn die Dispositionsbefugnis über den Streitgegenstand schlechthin ausgeschlossen ist, besteht dagegen, sofern für die Parteien ein Vereinbarungsspielraum bleibt. 98 Dieser Ansicht hat sich im Ergebnis der BGH angeschlossen. Nach der Formulierung des BGH fehlt die objektive Schiedsfähigkeit „im wesentlichen dann, wenn sich der Staat im Interesse besonders schutzwürdiger, der Verfügungsmacht privater Personen entzogener Rechtsgüter ein Rechtsprechungsmonopol ...vorbehalten hat". 9 9 Betrachtet man die Rechtslage im konkreten Fall, so ist in kaum einer Sachfrage Einigkeit festzustellen. Dabei gehen die Ansichten auch innerhalb der o. g. Meinungen und offenbar auch unabhängig vom jeweiligen theoretischen Ausgangspunkt auseinander. Unbestritten ist, daß Ehesachen, 100 Kindschaftssachen 101 und Entmündigungssachen 102 sowie Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, soweit es sich bei letzteren nicht um echte Streitsachen handelt, 103 nicht schiedsfahig sind; 104 in den für den internationalen Handel relevanten Bereichen dagegen ist solche Einigkeit selten. Kartellrechtsstreitigkeiten sind nach herrschender Meinung grundsätzlich schiedsfahig, 105 wobei aber die oben genannte gesetzliche Regelung des §91 GWB eine Einschränkung der Schiedsfähigkeit vorsieht und dem Streit insoweit die Grundlage entzieht. Auch im Bereich der Börsentermingeschäfte hat der Gesetzgeber Klarheit insoweit geschaffen, als sich der Vorschrift des § 28 BörsG, die Einschränkungen der schiedsgerichtlichen Streitbeilegung bei Termingeschäften vorsieht, entnehmen läßt, daß grundsätzlich Börsentermingeschäfte objektiv schieds-

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105

Schlosser, Rn. 288; Schwab/Walter, Kap. 4 Rn. 4. B G H Z 132, 278, 283. Allg. Auff.; B G H Z 132, 278, 283; Bärmann, FS F. Weber (1985) S. 1, 4; Schwab/Walter, Kap. 4 Rn. 5; Wais in Schütze/Tscherning/Wais, Rn. 43; ZöllerGeimer, $ 1025 Rn. 37. Allg. Auff.; B G H Z 132, 178, 283; Bärmann, FS F. Weber (1975) S. 1, 4; Schwab/Walter, Kap. 4 Rn. 5; Wais in Schütze/Tscherning/Wais, Rn. 43; ZöllerGeimer, § 1025 Rn. 37. Allg. Auff.; vgl. Bärmann, FS F. Weber (1975) S. 1, 4; Schwab/Walter, Kap. 4 Rn. 5; Wais in Schütze/Tscherning/Wais, Rn. 43; Zöller-Geimer, § 1025 Rn. 37. Diese sind nach allg. Auff. schiedsfahig; vgl. Schwab/Walter, Kap. 4 Rn. 5. Allg. Auff.; vgl. Schwab/Walter, Kap. 4 Rn. 5; Wais in Schütze/Tscherning/ Wais, Rn. 43; Zöller-Ge/raer, § 1025 Rn. 37. Haas, S. 251; Schwab/Walter, Kap. 4 Rn. 10; Zöller-Geimer, § 1025 Rn. 42.

94

§ 5 Mängel der vertraglichen Grundlage des Schiedsspruchs

fähig sind. 106 Umstritten ist, ob punitive damages 107 objektiv schiedsfahig sind, wobei die herrschende Meinung diese Frage verneint. 108 Sehr umstritten ist die objektive Schiedsfähigkeit von gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten. Insbesondere Beschlußmängelstreitigkeiten sind nach herrschender Meinung nicht schiedsfähig. 109 Dagegen sind etwa Konkursstreitigkeiten nach wohl allgemeiner Auffassung objektiv schiedsfähig. 110 Umstritten war lange Zeit, ob das Bestehen eines ausschließlichen Gerichtsstandes die objektive Schiedsfahigkeit ausschließt. Mittlerweile dürfte es aber wohl der allgemeinen Auffassung entsprechen, daß ein ausschließlicher Gerichtsstand die Schiedsfahigkeit nicht ausschließt. 111

2. Überblick über die übrigen

Rechtsordnungen

Wie schon angedeutet, zeigen sich im internationalen Vergleich erhebliche Unterschiede bezüglich der objektiven Schiedsfähigkeit. Einen besonders weiten Bereich der schiedsfähigen Gegenstände enthält das schweizerische Recht: Seit der IPR-Reform von 1986 sind gemäß § 177 I IPRG alle vermögensrechtlichen Streitigkeiten objektiv schiedsfähig. 112 Auch im US-amerikanischen Recht ist der Bereich der objektiv schiedsfähigen Streitgegenstände ausgesprochen umfangreich; 113 gegenwärtig gibt es kaum einen im Handelsverkehr auftreten106

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OLG Düsseldorf, W M 1996, 1903, 1906; Schwark, $ 2 8 Rn. 4; Schlosser, Rn. 323; Schütze, S. 96; w o h l auch Rahmann, S. 45. Α. Α.: Haas, S. 251. Z u m Begriff siehe unten VI. 1. a. Siehe die N a c h w . unten VI. 1. b. B G H Z 132, 278, 285 ff.; OLG H a m m , ZIP 1987, 780; G m b H R 1992, 759; Petermann, BB 1996, 277, 283; Thomas/Putzo, § 1025 Rn. 4. Α. Α.: Schwab/ Walter, Kap. 4 Rn. 6 m . w . N a c h w . Schwab/Walter, Kap. 4 Rn. 8; Stein/Jonas-Schlosser, § 1025 Rn. 29; Zöller-Geimer, § 1025 Rn. 39. Rahmann, S. 45; Schwab/Walter, Kap. 4 Rn. 6; Stein/Jonas-ScWossei-, § 1 0 2 5 Rn. 27d. Die von Glossner (2. Aufl.), S. 25 vertretene Gegenmeinung wird in der 3. Auflage (zusammen mit Bredow, Bühler) nicht mehr erwähnt. Haas, S. 244; Schlosser, Rn. 291; Viseber in Heini/Keller/Siehr/Vischer/Volken, Art. 177 Rn. 4 ff. Der weite Umfang der schiedsfähigen Streitgegenstände ist das Ergebnis einer jüngeren Entwicklung des US-amerikanischem Rechts; an dieser Entwicklung des US-amerikanischen Rechts zeigt sich besonders gut die historische Dimension der objektiven Schiedsfähigkeit (siehe dazu unten § 14, Β. I.). Daran wird auch deutlich, in welch h o h e m Maße die Frage der objektiven Schiedsfähigkeit

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

95

den Rechtsstreit, der nicht durch ein Schiedsgericht entschieden werden könnte." 4 Insbesondere können Schiedsgerichte punitive damages zusprechen, wenngleich i.d.R. nur, wenn beide Parteien dies ausdrücklich vereinbart haben," 5 sie können ferner in Termingeschäften, Kartellrechtsstreitigkeiten und Konkurssachen entscheiden." 6

III. Rechtsfolgen des Fehlens der objektiven Schiedsfahigkeit Nach deutschem Recht ist eine Schiedsvereinbarung, die hinsichtlich eines objektiv nicht schiedsfähigen Gegenstandes getroffen wird, gemäß § 1025 I ZPO nichtig. 117 Soweit dennoch ein - inländischer — Schiedsspruch ergeht, kann dieser nach § 1041 I Nr. 1 ZPO aufgehoben werden. 118 Das Fehlen der objektiven Schiedsfahigkeit führt — soweit ersichtlich — auch nach allen anderen Rechtsordnungen" 9 zur Nichtigkeit des Schiedsvertrags mit den entsprechenden Konsequenzen für den Bestand eines dennoch ergangenen Schiedsspruchs (s. o.).

IV. Berücksichtigung im Exequaturverfahren Im Verfahren der Vollstreckbarerklärung nach autonomem deutschen Recht ist der Anerkennungsversagungsgrund des § 1044 II Nr. 1 ZPO gegeben, wenn der Streitgegenstand nach dem Schiedsverfahrensstatut

1,4 115 116 117 118 119

von den sich wandelnden Auffassungen über die Erwünschtheit privatautonomer Streitbeilegung abhängig ist. Kuner, J. Int. Arb. 7 (1990) 71, 74. Siehe dazu unten VI. 1. b. Siehe dazu § 14, Β. I. Vgl. Wa/s in Schütze/Tscherning/Wais, Rn. 41. Gottwald, FS Nagel (1987) S. 54, 60. Nach US-amerikanischem Recht verstößt ein Schiedsspruch, der über einen nicht schiedsfähigen Streitgegenstand ergeht, gegen die public policy; vgl. Mitsubishi Motors Corp. v. Soler Chrysler-Plymouth, Inc., 473 U.S. 14, 638, 87 L.Ed.2d 444, 462 (1985); Kuner, J. Int. Arb. 7 (1990) 71, 74 m.w.Nachw.

96

§ 5 Mängel der vertraglichen Grundlage des Schiedsspruchs

nicht objektiv schiedsfahig ist und dies zur Unwirksamkeit des Schiedsspruchs führt. 1 2 0 Dasselbe gilt, wenn der Streitgegenstand nach dem Schiedsvertragsstatut nicht schiedsfahig ist, deswegen der Schiedsvertrag unwirksam ist und dies nach dem Schiedsverfahrensstatut einen Aufhebungsgrund darstellt. 121 Die fehlende objektive Schiedsfähigkeit als solche, sei es nach dem Schiedsverfahrensstatut, sei es nach deutschem Recht, stellt jedoch nach § 1044 ZPO keinen Anerkennungsversagungsgrund dar. 122 Im Geltungsbereich das U N Ü könnte sich ein Anerkennungshindernis zum einen nach Art. V 1 a) ergeben, wenn nach dem Schiedsvertragsstatut die objektive Schiedsfähigkeit fehlt und dies zur Ungültigkeit des Schiedsvertrags führt. Daneben kann gemäß Art. V 2 a) UNÜ nach dem Recht des Anerkennungsstaates das Fehlen der objektiven Schiedsfähigkeit einen Anerkennungsversagungsgrund darstellen. Aus der Existenz zweier Normen, die auf die objektive Schiedsfähigkeit Bezug nehmen können, folgert eine in der Literatur zunehmend vertretene Ansicht, daß Art. V 1 a) U N Ü sich nicht auf das Fehlen der objektiven Schiedsfähigkeit beziehe; vielmehr sei insofern Art. V 2 a) UNÜ eine abschließende Regelung. 123 Nach dieser teleologischen Reduktion des Art. V 1 a) U N Ü wäre also diese Vorschrift auf die objektive Schiedsfähigkeit nicht anwendbar. Die wohl noch herrschende Meinung der Literatur aber geht davon aus, daß Art. V U N Ü in der Tat eine doppelte Kontrolle des Schiedsspruchs hinsichtlich der objektiven Schiedsfähigkeit des Streitgegenstandes vorsieht, zum einen anhand des Maßstabes des Schiedsvertragsstatuts, daneben nach Maßgabe des Rechts des Anerkennungsstaates. 124

120

121 122

,23

124

Gottwald, FS Nagel (1987) S. 54, 60. Vgl. von Hülsen, S. 146. Haas, S. 259; Hausmann, FS Lorenz (1991) 359, 371; Kornmeier/Sandrock in Sandrock, Internationale Vertragsgestaltung, Rn. F 216; von Hülsen, S. 146; Schwab/Walter, Kap. 3 0 Rn. 16. Hausmann, FS Lorenz (1991) S. 359, 370 f.; Schlosser, Rn. 299; ders., FS Fasching (1988) S. 405, 423; Stein/Jonas-Schlosser, Anh. § 1044 Rn. 29; Schwab/ Walter, Kap. 44 Rn. 1 (Α. A. aber offenbar in Kap. 5 7 Rn. 29); van den Berg, S. 152. Wohl auch: Reithmann/Martiny-Hausmann, Rn. 2380; Walter, RIW 1982, 702. Bertheau, S. 37; Fouchard, Nr. 197 (kritisch); Haas, S. 257; Rahmann, S. 43, S. 37; von Hoffmann, S. 62; von Hülsen, S. 138; Kornmeier/Sandrock in Sandrock, Internationale Vertragsgestaltung, Rn. F 210; Sedlacek, S. 29 Rn. 46;Wohl auch: Schwab/Walter, Kap. 5 7 Rn. 29.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungeη

97

Wenn man Art. V 1 a) für anwendbar hält, ist der Schiedsvertrag anhand des Schiedsvertragsstatuts daraufhin zu überprüfen, ob er wegen fehlender objektiver Schiedsfahigkeit des Streitgegenstandes unwirksam ist. 125 Diese Kontrolle ist allerdings nur sehr bedingt geeignet, inländische Interessen zu schützen, denn selbst bei einem deutschen Schiedsvertragsstatut kann sich die Frage der Schiedsfahigkeit im Ergebnis nach ausländischem Recht beurteilen, da die Vergleichsfahigkeit nach herrschender Meinung anhand des in der Hauptsache anwendbaren Rechts zu beurteilen ist. 126 In jedem Fall enthält Art. V 2 a) U N Ü das Anerkennungshindernis der fehlenden Schiedsfahigkeit des Streitgegenstandes, wobei freilich mehrere Fragen, überwiegend kontrovers, diskutiert werden: Zunächst stellt sich die Frage, ob Art. V 2 a) U N Ü eine inhaltliche Regelung, etwa im Sinne einer Pflicht zur Nichtanerkennung, trifft oder eine rein kollisionsrechtliche Regelung beinhaltet. Diese Frage wird allgemein dahingehend beantwortet, daß Art. V 2 a) U N Ü eine Kollisionsnorm 1 2 7 darstellt, die es den Vertragsstaaten gestattet, einem Schiedsspruch bei Fehlen der objektiven Schiedsfahigkeit die Anerkennung zu versagen, es ihnen aber keineswegs gebietet. 128 Folgt man der herrschenden Meinung, so stellt sich die Frage, ob Art. V 2 a) U N Ü eine Vorgabe hinsichtlich des Maßstabs dieser Kontrolle der Schiedsfahigkeit enthält. Nach einer extremen Mindermeinung enthält Art. V 2 a) UNÜ eine Regelung des Inhalts, daß eine Kontrolle der Schiedsfähigkeit nur am Maßstab des ordre public des Anerkennungsstaates erfolgen darf. 129 Diese Meinung stützt sich auf die im internationalen Schrifttum und auch während der New Yorker Konferenz vertretene 130 Ansicht, daß der Anerkennungsversagungsgrund des Art. V 2 a) der Sache nach in der Vorbehaltsklausel des Art. V 2 b) U N Ü enthalten und somit im Grunde überflüssig sei.131 Die ganz herrschende Ansicht aber lehnt eine solche Deutung des Art. V 2 a] UNÜ zu Recht ab, da sich weder dem Wortlaut des Art. V 2 a) UNÜ noch 125

126 127 128

129 130 131

Noting, IPRax 1987, 349, 352; Reithmann! Martiny-Hausmann, Rn. 2380; Schwab/Walter (4. Aufl.), S. 467. Reithmann/Martiny-Hausmann, Rn. 2380; Schlosser, Rn. 299. Rahmann, S. 43; Schlosser, Rn. 299. Aksen, S. 49, der dies allerdings kritisiert; Haas, S. 243 Fn. 449; wohl auch: Schwab (3. Aufl.), S. 342. Vgl. Bülow, KTS 1959, 10; Sanders, YCA I (1976) 207, 214. Siehe dazu Bertheau, S. 60. Bertheau, S. 60; Bülow, KTS 1959, 1, 10; Klein, SJZ 57 (1961) 247, 249; Sanders, YCA 1 (1976) 207, 214; Schwab/Walter, Kap. 57 Rn. 29.

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§ 5 Mängel der vertraglichen Grundlage des Schiedsspruchs

der Systematik des UNÜ irgendein Hinweis auf eine solche Regelung in Art. V 2 a) U N Ü entnehmen läßt. Art. V 2 a) verweist also ohne inhaltliche Vorgaben auf das Recht des Anerkennungsstaates. 132 Umstritten ist weiterhin, wie der Verweis des Art. V 2 a) U N Ü auf das deutsche Recht zu deuten ist. Teilweise wird die Ansicht vertreten, im Rahmen des Art. V 2 a) UNÜ sei § 1044 ZPO anzuwenden, so daß die objektive Schiedsfahigkeit nur anhand der Anerkennungsversagungsgründe des § 1044 ZPO der Anerkennung des Schiedspruchs entgegenstehen könne. 133 Innerhalb dieser Meinung wird einerseits die Ansicht vertreten, die objektive Schiedsfahigkeit sei somit anhand des § 1044 II Nr. 1 ZPO sowie anhand des ordre public zu messen, 134 während teilweise von einer reinen ordre-public-Kontrolle ausgegangen wird. 135 Nach der herrschenden Meinung verweist Art. V 2 a) U N Ü auf die objektive Schiedsfahigkeit i. S. d. des deutschen Sachrechts und damit des § 1025 I ZPO. 136

V. Ordre public Unabhängig von dem Verfahren der Vollstreckbarerklärung stellt sich die Frage, ob der anerkennungsrechtliche deutsche ordre public die objektive Schiedsfahigkeit des Streitgegenstandes verlangt. Während eine Mindermeinung der Literatur die objektive Schiedsfahigkeit i. S. d. § 1025 ZPO als Bestandteil des ordre public ansieht, 137 ist mit der herrschenden Meinung davon auszugehen, daß die Schiedsfahigkeit des Streitgegenstandes als solche nicht zum Vorbehalt des deutschen ordre public gehört. 138 Unabhängig von diesem Meinungsstreit kann natürlich der Schiedsspruch wegen Verstoßes gegen den deutschen ordre public nicht anerkennungsfahig sein, wenn die Interessen, die zur Versagung der Schiedsfahigkeit führen, ihrerseits Bestandteil des ordre public sind und die 132

133 134 135 136 137 138

Haas, S. 253; Schlosser Rn. 299; ders., FS Fasching (1988) S. 405, 423; Sedlacek, Z f R V 3 (1962) 23, 35. Gottwald, FS Nagel (1987) S. 54, 60; Schwab/Walter, Kap. 4 4 Rn. 1. Gottwald, FS Nagel (1987) S. 54, 60. Reithmann/Martiny-Hausmann, Rn. 2380; Schwab/Walter, Kap. 4 4 Rn. 1. Haas, S. 257; Schwab/Walter, Kap. 57 Rn. 29. Wohl auch: Schlosser, Rn. 299. Lt. Schlosser, Rn. 304. Schlosser, Rn. 304.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungs voraus Setzungen

99

übrigen Voraussetzungen des ordre-public-Vorbehaltes vorliegen. Dadurch wird der Streit in einigen Fällen gegenstandslos; zugleich wird deutlich, daß es systemwidrig wäre, die objektive Schiedsfähigkeit als solche in den ordre-public-Vorbehalt zu stellen, denn das Fehlen der objektiven Schiedsfähigkeit im deutschen Recht basiert auf sehr unterschiedlichen Gründen und schützt unterschiedlich wichtige Interessen. Soweit diese Interessen unverzichtbar sind, werden sie als solche durch den ordre public geschützt; insoweit bedarf es des Rückgriffs auf die objektive Schiedsfähigkeit nicht. Soweit diese Interessen eine so große Bedeutung nicht haben, besteht kein Anlaß, die darauf beruhende Schiedsunfähigkeit zum Bestandteil der Vorbehaltsklausel zu erheben.

VI. Einzelfälle Zur Illustration des bisher Gesagten wird im folgenden die Problematik der objektiven Schiedsfähigkeit anhand zweier Fallgruppen dargestellt.

1. Punitive

damages

a) Begriff und Regelung der punitive damages Eine in den letzten Jahren im deutschen internationalen Zivilverfahrensrecht vieldiskutierte Frage betrifft die Anerkennung einer Verurteilung zur Zahlung von punitive damages. Unter diesem Rechtsinstitut des USamerikanischen Rechts ist ein „Schadensersatz" zu verstehen, der dem Geschädigten unter bestimmten Voraussetzungen über den tatsächlich erlittenen Schaden hinaus zugesprochen wird. 139 Daher wird der Begriff mit „Strafschadensersatz" 140 übersetzt. Das Rechtsinstitut der punitive damages ist auch in den USA nicht unumstritten: insbesondere in den 80er Jahren wurde die Vereinbarkeit der punitive damages mit der US-amerikanischen Verfassung sehr kontrovers und intensiv diskutiert. 141 Der US-Supreme Court hat in mehre139

140 141

Vgl. B G H Z 118, Schellhammer, S. Otte, RIW 1990, Siehe dazu Otte, 558 f. (1994).

312, 3 3 4 f . m . w . N a c h w . ; Bungert, ZIP 1992, 1707, 1714f.; 35 Fn. 234; Stiefel/Stürner, VersR 1987, 829, 835. 299; Schuck, S. 35 Fn. 234. RIW 1990, 299, 3 0 0 ff.; Ware, 63 Fordham L. Rev. 529,

100

§ 5 Mängel der vertraglichen Grundlage des Schiedsspruchs

ren Entscheidungen die Vereinbarkeit der punitive damages mit der amerikanischen Verfassung gegenüber den wesentlichen Einwänden bejaht. 1 4 2 In seiner jüngsten Entscheidung zu punitive damages betont der US-Supreme Court aber, daß ein besonders hohes Mißverhältnis zwischen den punitive damages und dem tatsächlich erlittenen Schaden gegen die amerikanische Verfassung verstoßen könne und hob eine Entscheidung des Supreme Court of Alabama auf, der punitive damages in 500facher Höhe des tatsächlich erlittenen Schadens zugesprochen hatte. 143 Die Regelung der punitive damages divergiert stark zwischen den einzelnen Bundesstaaten: 144 In vier Bundesstaaten sind punitive damages gänzlich unzulässig, und im übrigen finden sich wohl hinsichtlich der Funktion der punitive damages wie auch hinsichtlich des Anwendungsbereiches und der Voraussetzungen für die Gewährung von punitive damages erhebliche Unterschiede. Punitive damages können verschiedene Funktionen haben: 145 so sollen die punitive damages die Funktion der Prävention (deterrence), 146 und zwar sowohl der Spezial- als auch der Generalprävention haben; 147 daneben haben punitive damages Strafcharakter (punishment). 148 Außerdem sollen die punitive damages der Finanzierung der Prozeßkosten, insbesondere der Anwaltshonorare dienen 149 und schließlich einen Anreiz zur Rechtsdurchsetzung schaffen, da insoweit der Geschädigte zur Wahrung der Rechtsordnung insgesamt beiträgt. 150 Die Abschreckungsfunktion steht aber im Vordergrund. 151 Oft ist nicht erkennbar, welchen Funktionen im einzelnen die punitive damages dienen sollen. Das dürfte damit zusammenhängen, daß 142

143

144 145 146

147 148 149 150 151

Barber, S. 81; Otte, RIW 1990, 299, 3 0 0 ff.; Rosengarten, S. 1 0 9 f f . ; Ware, 63 Fordham L. Rev. 529, 558 f. (1994) m . w . N a c h w . B M W v. Gore, 6 4 U.S.L.W. 4335 (1996) = JZ 1997, 156; siehe dazu Baumgartner, JZ 1997, 158 ff. Bungert, ZIP 1992, 1707, 1715. BVerfG, N J W 1995, 649, 650; Deutsch, JZ 1993, 266, 267. B G H Z 118, 312, 335; Greger, N J W 1989, 3 1 0 3 , 3104; Stiefel/Stürner, VersR 1987, 829, 836; Zekoll, S. 152. Otte, RIW 1990, 299. B G H Z 118, 312, 335; Zekoll, S. 152. B G H Z 118, 312, 335 f.; einschränkend: Zekoll, S. 153 f. B G H Z 118, 312, 335; Zekoll, S. 152. BVerfG, N J W 1995, 649, 650; B G H Z 118, 312, 343 m.w.Nachw.; O L G M ü n chen, N J W 1989, 3102; Bungert, ZIP 1992, 1707, 1717; Greger, N J W 1989, 3103 f.; Zekoll, S. 156.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

101

die punitive damages in einer einheitlichen Summe ausgeworfen werden müssen, und somit nicht erkennbar ist, inwieweit die zugesprochenen punitive damages der Prävention einerseits oder ζ. B. der Finanzierung der Anwaltskosten andererseits dienen sollen. Hinzu kommt, daß nach dem Recht einiger Bundesstaaten die punitive damages nicht getrennt vom Kompensations-Schadensersatz ausgeworfen werden müssen, sondern in einer einheitlichen pauschalen Summe zugesprochen werden können. 152 Auch hinsichtlich der Voraussetzungen gelten unterschiedliche Regeln, die sich nach den einzelnen Bereichen, in denen punitive damages zugesprochen werden können, richten. Im Bereich des allgemeinen Deliktsrechts werden überwiegend ein besonders verwerfliches Verhalten des Schädigers, etwa eine absichtliche oder rücksichtslose Schädigung, 153 vorausgesetzt. Die Höhe der punitive damages, die den Kompensationsschadensersatz oft um ein Vielfaches übersteigen 154 , wird vom Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt. 155 In einigen Bundesstaaten ist die Höhe allerdings durch Gesetz begrenzt. 156 Ob auch ein Schiedsgericht punitive damages zusprechen kann, ist im US-amerikanischen Recht umstritten. 157 In einigen Bundesstaaten haben die Gerichte entschieden, daß auch Schiedsgerichte grundsätzlich punitive damages zusprechen können. 158 Nach dem Recht der meisten Bundessstaaten hat das Schiedsgericht diese Kompetenz aber nur dann, wenn die Parteien ihm diese in der Schiedsvereinbarung zubilligen. 159 152 153

154

155 156 157 158

159

Vgl. BGHZ 118, 312, 336; Stürner/Stadler, IPRax 1990, 157, 159. B G H Z 118, 312, 335 m.zahlr.Nachw.; OLG München, NJW 1989, 3102; Bungert, ZIP 1992, 1707, 1715 m.w.Nachw.; Otte, RIW 1990, 299; Stiefel/Stürner, VersR 1987, 829, 835. Greger, NJW 1989, 3103 f.; Otte, RIW 1990, 299; Stiefel/Stürner, VersR 1987, 829, 836. B G H Z 118, 312, 335; Siehr, RIW 1991, 705, 707. Stiefel!Stürner, VersR 1987, 829, 835. Vgl. Benowitz, 64 N.C. L. Rev. 1145, 1148 ff. (1986); Vorpeil, RIW 1992, 405. Vgl. Willoughby Roofing & Supply Co. v. Kajima International, Inc., 598 F. Supp. 353 (N.D. Ala. 1984), aff'd 776 F.2d 269 (11th Cir. 1985); ebenso in North Carolina; vgl. Rodgers Builders, Inc. v. McQueen, 331 S.E.2d 726 (1985); siehe auch Benowitz, 64 N.C. L. Rev. 1145, 1146 ff. (1986); Stipanowich, 66 B. U. L. Rev. 953, 959ff. (1986). Vgl. Kerr-McGee Refining Corp. v. M / T Triumph, 924 F.2d 467 (2d Cir. 1991); Baker v. Sadick, 162 Cal. App. 3d 618 (4th Dist. 1984); Grisson v. Greener & Summer Constr., Inc., 676 S.W.2d 709, 711 (Tex. App. 1984); Complete Interiors, Inc. v. Behan, 558 So.2d 48 (Fla. Dist. Ct. App. 1990). Siehe auch Born, S. 579 f. m.w.Nachw.; Vorpeil, RIW 1992, 405, 406.

102

§ 5 Mängel der vertraglichen Grundlage des Schiedsspruchs

Allerdings reicht nach der Rechtsprechung der meisten US-amerikanischen Gerichte eine konkludente Ermächtigung aus, die ζ. B. in der Vereinbarung der Schiedsordnung der American Arbitration Association gesehen wurde. 160 Schließlich können nach dem Recht einiger Bundesstaaten punitive damages auch bei einer entsprechenden Vereinbarung nicht durch Schiedsgerichte zugesprochen werden. 161 Allerdings ist das einzelstaatliche Verbot nach einer jüngeren Entscheidung des US-Supreme Court unmaßgeblich, wenn die Parteien eine Schiedsordnung wählen, die das Schiedsgericht ermächtigt, punitive damages zuzusprechen. 162 b) Die objektive Schiedsfähigkeit von punitive damages Während sich bei der Anerkennung einer gerichtlichen Verurteilung zur Zahlung von punitive damages vor allem die Frage der Vereinbarkeit mit dem deutschen ordre public stellt,163 ist bei einem entsprechenden Schiedsspruch zu fragen, ob die Anerkennung nicht bereits an der fehlenden objektiven Schiedsfähigkeit scheitert. Nach deutschem Recht sind punitive damages nicht objektiv schiedsfahig. Daraus folgt die Unwirksamkeit eines Schiedsvertrags, der das Schiedsgericht zur Entscheidung über punitive damages ermächtigt. Ein inländischer Schiedsspruch, der punitive damages zuspricht, ist folglich gemäß § 1041 I Nr. 1 ZPO aufhebbar. Im übrigen liegt regelmäßig ein Verstoß gegen den ordre public vor (s. u.). 160

161

162

163

Raytheon Co. v. Automated Business Systems Inc., 882 F.2d 6, 10 f. (1st Cir. 1989); Todd Shipyards Corp. v. Cunard Line Ltd., 943 F.2d 1056 (9th Cir. 1991); Bonar v. Dean Witter Reynolds Inc., 835 F.2d. 1378 ( l l t h Cir. 1988). Andere Gerichte dagegen verlangen eine ausdrückliche Ermächtigung, so ζ. B. Complete Interiors, Inc. v. Behan, 558 So.2d 48, 51 (Fla. Dist. Ct. App. 1990); Edward Elec. Co. v. Automation, Inc., 593 N.E.2d 833, 842 f. (111. App. Ct. 1992). Siehe auch Barber, S. 86; Ware, 63 Fordham L. Rev. 529, 537 (1994) m.w.Nachw. So ζ. B. nach dem Recht von New York; vgl. Garrity v. Lyle Stuart, Inc., 386 N.Y.S. 2d 831, 833 (1976), seitdem st.Rspr.; vgl. ζ. B. Belco Petroleum Corp. v. AIG Oil Rig. Insc., 565 N.Y.S. 2d 776, 784 (1st Dep't 1991). Ebenso: Anderson v. Nichols, 359 S.E.2d 117, 121 (W. Va. 1987); Shaw v. Kuhnel & Assoc., Inc., 698 P.2d 880, 882 (N.M. 1985). Siehe auch Born, S. 579 f. m.w.Nachw.; Vorpeil, RIW 1992, 405, 406 m.w.Nachw.; Ware, 63 Fordham L. Rev. 529, 545 (1994) m.w.Nachw. Mastrobuono v. Shearson Lehman Hutton, Inc., 115 S. Ct. 1212, 131 L. Ed.2d 76 (1995). Siehe dazu unten § 8, IV. 1. b.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

103

Im Falle eines ausländischen Schiedsspruchs ist der Anerkennungsversagungsgrund des § 1044 II Nr. 1 ZPO gegeben, wenn das Schiedsverfahrensstatut punitive damages für nicht schiedsfähig hält. 164 In der Praxis wird aber das — amerikanische — Schiedsverfahrensstatut die Verurteilung zur Zahlung von punitive damages durch das Schiedsgericht zumeist zulassen. Es ist aber andererseits auch nicht undenkbar, daß das Schiedsgericht ein entsprechendes Verbot des Schiedsverfahrensstatuts übersehen hat. In diesem Fall kann der Anerkennungsversagungsgrund des § 1044 II Nr. 1 ZPO eingreifen. Allerdings sieht das Schiedsverfahrensrecht der meisten US-Bundesstaaten eine sehr kurze Frist zur Anfechtung des Schiedsspruchs vor, 165 so daß in der Praxis § 1044 II Nr. 1 ZPO häufig wegen Versäumung der Anfechtungsfrist nicht mehr greifen wird. Nach dem U N Ü scheitert, wenn man in allen Streitfragen der herrschenden Meinung folgt, 166 die Anerkennung des Schiedsspruchs an Art. V 2 a) UNÜ. Da die fehlende Schiedsfahigkeit als solche nicht zur Unvereinbarkeit mit dem deutschen ordre public führt (s. o.), kommt es für die Vollstreckbarerklärung eines solchen Schiedsspruchs entscheidend darauf an, ob die Verurteilung zu punitive damages (aus anderen Gründen) mit dem deutschen ordre public unvereinbar ist. 167 Diese Frage wird unten 168 ausführlich erörtert. Für das hier interessierende Problem der objektiven Schiedsfahigkeit ist zusammenfassend festzustellen, daß die Anerkennung eines Schiedsspruchs, der zur Zahlung von punitive damages verurteilt, nur dann an dem Erfordernis der objektiven Schiedsfahigkeit des Streitgegenstandes scheitern kann, wenn nach dem Schiedsverfahrensstatut punitive damages nicht schiedsfähig sind.

2.

Börsentermingeschäfte

Ganz anders ist die Situation bei Schiedssprüchen über Forderungen aus ausländischen Börsentermingeschäften: Da nach deutschem Recht 164 165 166

167

168

Vgl. Haas, S. 259. Siehe u n t e n § 14, B. III. 1. b. U n d s o m i t die Schiedsfahigkeit n a c h d e m materiellen R e c h t des A n e r k e n n u n g s staates beurteilt, s. ο. IV. Z u m a l f ü r die A n e r k e n n u n g des S c h i e d s s p r u c h s a u c h n o c h der d e u t s c h - a m e r i kanische Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag vom 29.10.1954 w a h l w e i s e zur V e r f ü g u n g steht. U n t e r § 8, IV. 1. b.

104

§ 5 Mängel der vertraglichen Grundlage des Schiedsspruchs

Forderungen aus Börsentermingeschäften objektiv schiedsfahig sind (s. o.), kann die Anerkennung des ausländischen Schiedsspruchs unter dem Gesichtspunkt der objektiven Schiedsfahigkeit nur - gemäß § 1044 II Nr. 1 ZPO — scheitern, wenn das Schiedsverfahrensstatut die objektive Schiedsfahigkeit verneint und deshalb den Schiedsspruch für aufhebbar erklärt. Im Anwendungsbereich des UNÜ kann allenfalls der Anerkennungsversagungsgrund des Art. V 1 a) UNÜ (wenn man diesen mit der herrschenden Meinung insoweit für anwendbar hält (s. o.)) gegeben sein, wenn nach dem Schiedsvertragsstatut der Schiedsvertrag wegen fehlender objektiver Schiedsfahigkeit ungültig ist.

D) Die Schiedsfähigkeit der Parteien I. Bedeutung und Voraussetzungen der subjektiven Schiedsfahigkeit Die Schiedsfähigkeit der Parteien, die auch als „subjektive" Schiedsfahigkeit bezeichnet wird, meint die Fähigkeit der Parteien, einen Schiedsvertrag wirksam abzuschließen. Nach deutschem Schiedsverfahrensrecht erfordert die subjektive Schiedsfahigkeit, je nach der Deutung des Schiedsvertrages, die Rechtsfähigkeit und die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit der Parteien bzw. deren Partei- und Prozeßfähigkeit und damit auch wieder Rechts- und Geschäftsfähigkeit. 169 Darüber hinaus ist die Befugnis erforderlich, über den konkreten Gegenstand einen Vergleich zu schließen; diese Fähigkeit ist (bei objektiv schiedsfahigen Streitgegenständen) grundsätzlich gegeben, wird aber in einigen Fällen durch Gesetz eingeschränkt, so etwa durch § 1822 Nr. 12 BGB, 170 durch §7 K O m und - nach herrschender Meinung - durch § 28 BörsG. 172 Ganz ähnlich wie das deut169

170

171

172

Allg. A u f f . : Bork/Stove, S. 33; Kornmeier, Wais in Schütze/Tscherning/Wais, R n . 42; Schütze, J b P r S c h i e d s g e r 1 (1987) 94, 97. Kornmeier, S. 46; Schwab/Walter, Kap. 4 R n . 32. Kornmeier, S. 46; Schwab/Walter, Kap. 4 R n . 31. Siehe d a z u u n t e n IV. 1.

S. 46; Schwab/Walter, Kap. 4 R n . 7; S t e i n / ] o n a s - S c h l o s s e r , § 1025 R n . 31; R n . 8; Stein/Jonas-ScWosser, § 1025 R n . 8; Stein/Jonas-ScWosser, § 1025

2. Kap.: Unterschiedliche AnerkennungsvorausSetzungen

105

sehe Recht verlangen die meisten anderen Rechtsordnungen die Geschäftsfähigkeit der Parteien als Voraussetzung der subjektiven Schiedsfähigkeit. Das NichtVorliegen dieser Fähigkeit führt zur Unwirksamkeit des Schiedsvertrags und damit zu den oben bei der Erörterung der objektiven Schiedsfahigkeit genannten Konsequenzen. In der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit wird die subjektive Schiedsfahigkeit vom deutschen Recht nach dem Personalstatut der jeweiligen Partei beurteilt, 173 also selbständig nach Artt. 7, 12 EGBGB angeknüpft. 174

II. Berücksichtigung im Exequaturverfahren Im Verfahren nach § 1044 ZPO begründet das Fehlen der subjektiven Schiedsfahigkeit nach Maßgabe des Schiedsverfahrensstatuts den Anerkennungsversagungsgrund des § 1044 II Nr. 1 ZPO; insoweit gilt das zur objektiven Schiedsfahigkeit Gesagte entsprechend. Hier wird die subjektive Schiedsfahigkeit natürlich unselbständig (nach den Kollisionsnormen des Schiedsverfahrensstatuts) angeknüpft. 175 Im Geltungsbereich des U N Ü kann sich aus dem Fehlen der subjektiven Schiedsfahigkeit gemäß Art. V 1 a) U N Ü ein Anerkennungsversagungsgrund nach Maßgabe des Personalstatuts der Parteien ergeben. 176 Dieses ist nach dem IPR des Anerkennungsstaates, also nach den Artt. 7, 12 EGBGB, zu bestimmen. 177 Die Vorschrift des Art. V 2 a) U N Ü ist auf die subjektive Schiedsfahigkeit nicht anwendbar.

III. Ordre public Die subjektive Schiedsfahigkeit ist als solche nach allgemeiner Auffassung kein Bestandteil des anerkennungsrechtlichen deutschen ordre public. 173

174 175 176

177

Reithmann/Martiny/Hausmann, R n . 2482; Schlosser, R n . 333; Schütze, J b P r S c h i e d s g e r 1 (1987) 94, 97; ders. in Schütze/Tscherning/Wais, R n . 562. Schutze, S c h i e d s v e r f a h r e n , R n . 52. Reithmann/Martiny-Hausmann, R n . 2474. Bertheau, S. 73; Born, S. 574; David/Maier, S. 38; Klein, S J Z 5 7 (1961) 229, 247; Rahmann, S. 46; Schwab/Walter, Kap. 4 4 R n . 18; von Hülsen, S. 99. S t e i n / J o n a s - S c h l o s s e r , A n h . § 1044 R n . 30, 61; Schlosser, R n . 325; Schwab/Walter, K a p . 4 4 R n . 18.

106

§ 5 Mängel der vertraglichen Grundlage des Schiedsspruchs

IV. Beispielsfall; Börsentermingeschäfte Auch hier soll zur Veranschaulichung die Problematik der subjektiven Schiedsfahigkeit anhand eines Beispiels, und zwar der Problematik im Zusammenhang mit Börsentermingeschäften dargestellt werden.

1. Die subjektive Schiedsfahigkeit

bei

Börsentermingeschäften

Nach § 53 BörsG ist die Wirksamkeit von Börsentermingeschäften durch das Erfordernis der sog. „Börsentermingeschäftsfähigkeit" eingeschränkt: danach ist erforderlich, daß entweder auf beiden Seiten Vollkaufleute beteiligt sind, § 53 I BörsG, oder daß einer der Beteiligten Kaufmann ist und der Banken- oder Börsenaufsicht untersteht und den Vertragspartner über die Risiken des Termingeschäfts informiert, § 53 II BörsG, der Fall der sog. „Termingeschäftsfahigkeit kraft Information". Nach § 28 BörsG ist die Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen in bezug auf Börsentermingeschäfte eingeschränkt; allerdings ist die Tragweite dieser Bestimmung sehr umstritten. 178 Die ganz herrschende Meinung interpretiert § 28 BörsG i. S. einer Einschränkung der subjektiven Schiedsfahigkeit, die nur solchen Personen zukomme, die nach § 53 BörsG termingeschäftsfahig sind. 179 Nach der Gegenmeinung betrifft § 28 BörsG nicht die subjektive Schiedsfähigkeit, sondern schränkt lediglich die Vereinbarung von Börsenschiedsgerichten ein. 180 Der BGH konnte bisher die Bedeutung des § 28 BörsG für die subjektive Schieds178

179

180

§ 28 BörsG n. F. lautet: „§ 28 Börsenschiedsgerichtsvereinbarungen Eine Vereinbarung, durch welche die Beteiligten sich der Entscheidung eines Börsenschiedsgerichts unterwerfen, ist nur verbindlich, wenn beide Teile zu den Personen gehören, die nach § 53 AbS. 1 Börsentermingeschäfte abschließen können, oder wenn die Unterwerfung unter das Schiedsgericht nach Entstehung des Streitfalls erfolgt." In § 28 BörsG a. F. lautete die Überschrift der ansonsten textgleichen Vorschrift „Börsenschiedsgericht". Schütze in Assmann/Schütze, § 29 Rn. 13 f.; Samtleben, BB 1974, 1616, 1618; Schütze, JbPrSchiedsger 1 (1987) 94, 97; ders. in Schütze/Tscherning/Wais, Rn. 562; wohl auch: Brandl, S. 207 f; Häuser/Welter in Assmann/Schütze, § 16 Rn. 537 ff. Bork/Stöve, S. 33 f.; Mann, FS v. Caemmerer (1978) S. 737, 754.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

107

fähigkeit dahinstehen lassen, da in den von ihm entschiedenen Fällen entweder die Schiedsvereinbarung aus anderen Gründen unwirksam war 181 bzw. die Termingeschäftsfahigkeit der Parteien gegeben war. 182 Letztlich kann der Streit für diese Untersuchung dahinstehen: Entscheidend ist, daß nach der h.M. der Literatur, aber auch nach der Ansicht des BGH, jede Schiedsvereinbarung in bezug auf Börsentermingeschäfte unwirksam ist, wenn die Voraussetzungen des § 53 BörsG nicht vorliegen. Ergeht dennoch ein inländischer Schiedsspruch, liegt bereits der Aufhebungsgrund des § 1041 I Nr. 1 ZPO vor; außerdem verstößt der Schiedspruch gegen den ordre public (s. u.). Dies gilt auch im internationalen Bereich zugunsten einer deutschen Partei: Wenn also diese Partei trotz einer solchen Schiedsvereinbarung in Deutschland klagt, kann ihr die Einrede des § 1027 a ZPO mangels einer wirksamen Schiedsvereinbarung nicht entgegenhalten werden, da die subjektive Schiedsfahigkeit am Personalstatut angeknüpft wird. In vielen anderen Rechtsordnungen ist die Regelung hinsichtlich der Fähigkeit zum Abschluß von Börsentermingeschäften weitaus liberaler; dies gilt insbesondere für die USA. 183

2. Berücksichtigung

im

Exequaturverfahren

Einem ausländischen Schiedsspruch über eine Forderung aus einem Börsentermingeschäft kann der Anerkennungsversagungsgrund des § 1044 II Nr. 1 ZPO entgegenstehen, wenn nach dem Schiedsverfahrensstatut wegen fehlender Termingeschäftsfahigkeit der Schiedsspruch aufhebbar ist. In der Praxis wird dies jedoch i.d.R. nicht relevant, denn ζ. B. im US-amerikanischen Recht steht die einer Partei nach deutschem Recht fehlende Börsentermingeschäftsfahigkeit der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung nicht entgegen. 184 Nach Art. V i a ) UNÜ steht gemäß § 28 BörsG — in der Auslegung der herrschenden Meinung — die fehlende Börsentermingeschäftsfahigkeit der Anerkennung eines gegen eine deutsche Partei ergangenen Schiedsspruchs entgegen.

181

182 183 184

So in den Urteilen v o m 15.6.87 ( N J W 1987, 3193) u n d v o m 2 1 . 9 . 8 7 ( W M 1987, 1353), in d e n e n jeweils der T e r m i n e i n w a n d eingriff. So im Urteil v o m 26.2.91, R I W 1991, 420. Vgl. Bork/Stove, S. 79. Vgl. Schütze, J b P r S c h i e d s g e r 1 (1987 ) 94, 99.

108

§ 5 Mängel der vertraglichen Grundlage des Schiedsspruchs

3. Ordre public Unabhängig von der Interpretation des § 28 BörsG ist dieser nicht durch den deutschen ordre public geschützt, 185 da weder die subjektive Schiedsfahigkeit noch die Unwirksamkeit des Schiedsvertrages als solche zum deutschen ordre public gehören. Es stellt sich dann die Frage, ob ein ordre-public-Verstoß des Schiedsspruchs aufgrund des Termineinwandes nach § 53 BörsG oder aufgrund des Differenzeinwandes nach §§ 762, 764 BGB gegeben ist. Nach § 61 BörsG gilt der Termineinwand des § 53 BörsG unabhängig von dem anwendbaren Recht. Daraus schließen die Rechtsprechung 186 und die h.M. der Literatur, 187 daß der Termineinwand zum deutschen ordre public gehört. Soweit also ein Schiedsspruch gegenüber einer inländischen, nicht börsentermingeschäftsfähigen - und nach herrschender Meinung deswegen subjektiv nicht schiedsfahigen — Person ergeht und die weiteren Voraussetzungen des § 61 BörsG erfüllt sind, kann der Schiedsspruch wegen Unvereinbarkeit mit dem deutschen ordre public nicht anerkannt werden. Bei börsentermingeschäftsfähigen Personen aber greift der Schutz des Termineinwandes nicht, so daß es in diesen Fällen für die Anerkennung des Schiedsspruchs darauf ankommt, ob im Rahmen des ordre public der Differenzeinwand eingreift. Diese Frage ist sehr umstritten: Nach der früheren Rechtsprechung des BGH gehörte der Differenzeinwand zum deutschen anerkennungsrechtlichen ordre public und zwar auch für Börsentermingeschäfte an ausländischen Börsen, 188 und auch dann, wenn beide Parteien börsentermingeschäftsfähig sind. Diese Rechtsprechung, die von der h.M. der Literatur abgelehnt wurde, 189 hat der BGH jedoch in bezug auf die börsentermingeschäftsfähigen Personen aufgegeben. 190 Dies begründet der BGH damit, daß der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 58 BörsG 185 186 187

188

189

190

Bork/Stove, S. 75. B G H , RIW 1975, 500, 501; IPRax 1985, 216, 217; W M 1987, 1153, 1154. Bork/Stove, S. 76; Samtleben, RIW 1975, 501, 502. Α. Α.: Stein/Jonas-SeMosser, § 1041 Rn. 2 7 d; Stoll, RabelsZ 2 4 (1959) 601, 638. B G H , N J W 1975, 1600; W M 1978, 1203, 1204; W M 1981, 758 f.; W M 1987, 1153, 1154. Bork/Stöve, S. 26 ff.; S. 76; Franke, A W D / R I W 1972, 5 0 8 , 512; Kumpel, W M 1978, 862, 863 ff.; Raeschke-Kessler, N J W 1988, 3 0 4 1 , 3045; Samtleben, RIW 1975, 501, 5 0 2 m . w . N a c h w . ; Schlosser, Rn. 879; Schwark, Z G R 1985, 466, 468 f. B G H , RIW 1991, 420.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

109

anläßlich der Novelle des B ö r s G von 1989 zum Ausdruck gebracht habe, daß der Differenzeinwand im Bereich des Terminhandels zwischen börsentermingeschäftsfähigen Personen kein „notwendiges Schutzinstrum e n t " mehr darstelle. 1 9 1 Dieser Schluß ist a u f der Grundlage des § 58 B ö r s G n. F., wonach der Differenzeinwand für alle nach den §§ 53 und 57 B ö r s G wirksamen Börsentermingeschäften ausgeschlossen ist, auch zwingend. Inwieweit hieraus Rückschlüsse darauf gezogen werden können, ob der Differenzeinwand im übrigen zum deutschen ordre public gehört, ist umstritten. 1 9 2 Zusammenfassend ist zu sagen, daß die Anerkennung ausländischer Schiedssprüche am deutschen ordre public scheitert, soweit die Voraussetzungen des § 61 B ö r s G gegeben sind. Soweit die deutsche Partei termingeschäftsfahig ist, wird der Schiedsspruch anerkannt, da der Differenzeinwand jedenfalls insoweit nicht zum ordre public gehört.

§6

Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht

Ein weiterer Problemkreis, der für das Schiedsverfahren von großer Bedeutung ist, betrifft das Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht. Unter diesem Oberbegriff wird zum einen der Komplex der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Schiedsgerichts erörtert, da die praktisch bedeutsamsten und schwierigsten Fragen der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Schiedsgerichts sich aus dem Verhältnis der Schiedsrichter zu den Parteien ergeben. Wegen des sachlichen Zusamenhangs werden (auch wenn insoweit der Bezug zum Oberbegriff fehlt) auch die übrigen Fallgruppen der fehlerhaften Besetzung des Schiedsgerichts erörtert. Probleme aufgrund des Verhältnisses der Parteien zum Schiedsgericht können sich neben der Frage nach der Unabhängigkeit des Schiedsgerichts auch dadurch ergeben, daß das Schiedsgericht in mehr-

191 192

BGH, RIW 1991, 420, 421. Nach einer Ansicht ist der Differenzeinwand bei Börsentermingeschäften generell nicht mehr durch den deutschen ordre public geschützt. So etwa Kumpel, WM 1978, 862, 863 ff.; Schwab/Walter, Kap. 30 Rn. 20. Siehe auch Bork/Stöve, S. 25 m. Nachw. zu beiden Ansichten.

110

§ 6 Probleme im Verhältnis der Parteien 2um Schiedsgericht

facher Hinsicht an Entscheidungen und Anweisungen der Parteien, etwa im Schiedsrichtervertrag, gebunden ist. Hier ist die Frage zu erörtern, welche Konsequenzen sich für die Anerkennung des Schiedsspruchs bzw. des Exequatur ergeben, wenn die Schiedsrichter diesen Anweisungen zuwiderhandeln.

A) Die Unabhängigkeit des Schiedsrichters

I. Allgemeine Aspekte der Unabhängigkeit des Schiedsrichters 1. Die Bedeutung der Unabhängigkeit

des

Schiedsrichters

Das Gebot der Unabhängigkeit des Schiedsrichters gehört zu den Essentialien eines schiedsgerichtlichen Verfahrens. Es hat seinen Ursprung in dem Gebot der Unabhängigkeit des Richters, das in Art. 97 I GG verfassungsrechtlich verankert ist 193 und das, da Schiedsgerichtsbarkeit nach heute allgemeiner Auffassung funktionell Rechtsprechung ist, 194 auch für die Schiedsgerichtsbarkeit gilt. 195 Ausdrückliche Regeln zur Unabhängigkeit des Schiedsrichters enthält das deutsche Schiedsverfahrensrecht nicht. Verstöße gegen das Gebot der Unabhängigkeit werden durch den verfahrensrechtlichen ordre public sanktioniert. 196 Für die Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen bedeutet dies, daß der Entscheidung eines Schiedsgerichts, das nicht als unabhängig angesehen werden kann, wegen Verstoßes gegen den deutschen ordre public (und zwar auch gegen den ordre public international, soweit man diese Unterscheidung treffen will) das Exequatur nicht erteilt werden kann. 197 193

194

195

196

197

BGHZ 65, 59, 62; Habscheid, NJW 1962, 5, 8; Roth, S. 158; Schwab/Walter, Kap. 9 Rn. 4. BGHZ 54, 392, 395; 65, 59, 61; 98, 70, 72; Ernemann, S. 51; Habscheid, NJW 1962, 5, 8; Habscheid, FS Baur (1981) S. 425, 427; Roth, S. 158; Schwab/Walter, Kap. 1 Rn. 1, Kap. 9 Rn. 4. Allg. Auff.; vgl. Schwab/Walter, Kap. 57 Rn. 34, Habscheid, NJW 1962, 5, 6; Wais in Schütze/Tscherning/Wais, Rn.156. Baur, FS Guldener (1973) S. 1, 17; Habscheid, N J W 1962, 5, 9; Schwab/Walter, Kap. 57 Rn. 34. Η. M.; vgl. BGHZ 98, 70, 72.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

111

Das Gebot der Unabhängigkeit des Schiedsrichters ist Bestandteil fast aller Rechtsordnungen. 198 Ein Verstoß gegen diesen Grundsatz führt nahezu überall zur Nichtanerkennung des Schiedsspruchs wegen Unvereinbarkeit mit dem ordre public. 199 So unstreitig dieser Grundsatz ist, so sehr gehen die Meinungen und die Regelungen der verschiedenen Rechtsordnungen bezüglich der Einzelheiten auseinander. 200 Dies ist sicherlich auch darin begründet, daß die Schiedsgerichtsbarkeit gegenüber der staatlichen Justiz eine wesentliche, die Frage der Unabhängigkeit des Richters berührende Besonderheit aufweist: Die Parteien können ihren (Schieds)Richter selbst wählen. Diese Besonderheit legt Zweifel an der Unabhängigkeit des Schiedsrichters nahe. Wichtiger aber ist, daß es aufgrund dieser Besonderheit wie auch aus Gründen der im Schiedsverfahren besonders weitreichenden Parteiautonomie sehr fraglich ist, ob und inwieweit die Maßstäbe, die an die Unabhängigkeit des staatlichen Richters anzulegen sind, auch für die Schiedsrichter Geltung haben. Das Problem, der Unterschiedlichkeit von staatlichem Gerichtsverfahren und Schiedsverfahren gerecht zu werden, die Notwendigkeit, das Gebot der Unabhängigkeit auch des Schiedsrichters zu sichern und die damit verbundene Suche nach dem geeigneten Maßstab in den einzelnen Problemen einerseits, die auch international sehr unterschiedlichen Vorstellungen über das zu wahrende Maß an schiedsrichterlicher Unabhängigkeit und Unparteilichkeit andererseits, 201 lassen diese zu einer für die Analyse des Doppelexequatur besonders wichtigen Frage werden. Deshalb sollen die Probleme der Unabhängigkeit des Schiedsrichters wenigstens in einigen Punkten ausführlicher dargestellt werden; dennoch werden nicht alle Einzelfragen diskutiert, um den Rahmen dieser Untersuchung nicht zu sprengen. Insbesondere werden die Probleme im Zusammenhang mit dem Einfluß der Organisation institutioneller Schiedsgerichtsbarkeit nur sehr exemplarisch anhand zweier vieldiskutierter Beispiele erörtert und wird auch das Sonderproblem der staatlichen Außenhandelsschiedsgerichtsbarkeit, ein Instrument insbesondere der früheren „sozialistischen Staaten", nicht behandelt. 202 198

199 200 201 202

Vgl. f. Frankreich: Cour de Cass., 13.4.1972, D . 1973, 2, 3; Rubellin-Devtchi, rev. arb. 1973, 42, 4 4 f. m . w . N a c h w . ; rechtsvergleichend: R u b i n o - S a m m a r t a n o , Kap. 10.7 (S. 206 ff.). Riezler, S. 551; Roth, S. 158 m . w . N a c h w . Oetting, S. 118. Vgl. Böckstiegel, Amerikanische Wirtschafts-Schiedsgerichtsbarkeit, S. 49. Diese Problematik wurde in den 60er Jahren sehr intensiv diskutiert (ein guter Überblick findet sich bei Ernemann, S. 15 ff.) und dürfte als geklärt gelten; im

112

§ 6 Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht

2. Differenzierung der Anforderungen an die des Schiedsrichters?

Unabhängigkeit

Eine Frage, die nahezu alle Probleme der Unabhängigkeit des Schiedsrichters durchzieht, ist die, ob an die Unabhängigkeit des Schiedsgerichts unterschiedliche Anforderungen zu stellen sind je nachdem, ob die Schiedsvereinbarung nach Entstehen der Streitigkeit und in Kenntnis der Sachlage getroffen wurde oder schon vorher. Der BGH hat dies in einem Fall angenommen, 203 in dem ein gesetzlicher Vertreter, der allerdings lediglich mitzeichnungsberechtigt war, von den Parteien gemeinsam nach Entstehen der Streitigkeit zum alleinigen Schiedsrichter bestellt wurde. Der BGH meinte, bei einem nach Entstehen der Streitigkeit bestellten Schiedsrichter brauchten „an die Unparteilichkeit des Schiedsrichters keine scharfen Anforderungen gestellt zu werden". 204 Der BGH schließt sich in dieser Entscheidung ausdrücklich einer in der Literatur vertretenen Auffassung an, daß im Falle eines Schiedsvertrags über künftige Rechtsstreitigkeiten andere Maßstäbe anzulegen seien als dann, wenn ein konkreter Streit bereits entstanden ist und die Parteien nunmehr dafür ein Schiedsgericht einsetzen.205 Die Maßgeblichkeit dieser Unterscheidung wird aber bezüglich der Einzelprobleme bestritten (siehe dort) und wird auch vom BGH selbst nicht konsequent angewandt. Gleichwohl ist es als anerkannter Grundsatz des deutschen Schiedsverfahrensrechts anzusehen, daß an die Unabhängigkeit eines Schiedsrichters, der nach Entstehen der Streitigkeit von den Parteien gemeinsam ernannt, insbesondere in einer nach Entstehen der Streitigkeit geschlossenen Schiedsvereinbarung bestimmt wurde, geringere Anforderungen zu stellen sind als in allen übrigen Fällen. 206

II. Ausschluß vom Schiedsrichteramt In einer ersten Gruppe der fehlerhaften Besetzung des Schiedsgerichts können die Fälle zusammengefaßt werden, in denen eine bestimmte Per-

203 204 205 206

Zuge der politischen Entwicklung der früheren Ostblock-Staaten hat sich diese Problematik aber auch weitgehend erledigt. B G H Z 65, 59. B G H Z 65, 59, 65. S t e i n / ] o n a s - S c h l o s s e r , § 1032, Rn. 13. Raeschke-Kessler, N J W 1988, 3 0 4 1 , 3045.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

113

son von vornherein als Schiedsrichter nicht in Frage kommt. Soweit im Einzelfall ein solcher Ausschlußgrund anzunehmen ist, führt die Mitwirkung dieser Person als Schiedsrichter zur Nichtanerkennung bzw. zur Aufhebbarkeit des Schiedsspruchs. 207

1. Absolute Untauglichkeit

zum

Schiedsrichteramt

a) Fälle der absoluten Untauglichkeit Eine sogenannte „absolute Unfähigkeit zum Schiedsrichteramt" 208 wird insbesondere bei Geschäftsunfähigkeit des Schiedsrichters angenommen; der Geschäftsunfähige kann also nicht Schiedsrichter sein. 209 Dies gilt nicht nur im deutschen Recht, sondern wohl überall auf der Welt. Jedenfalls in allen kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen ist der Geschäftsunfähige vom Schiedsrichteramt ausgeschlossen.210 Bei derartig fehlerhafter Besetzung des Schiedsgerichts ist gegenüber einem dennoch ergangenen Schiedsspruch nach deutschem Recht der Aufhebungsgrund des § 1041 I Nr. 1 ZPO wegen unzulässigen Verfahrens gegeben.211 b) Berücksichtigung im Verfahren der Vollstreckbarerklärung Im Falle eines unter Mitwirkung eines geschäftsunfähigen Schiedsrichters erlassenen Schiedsspruchs dürfte in aller Regel der Anerkennungsversagungsgrund des § 1044 II Nr. 1 ZPO i. V. m. dem Schiedsverfahrensstatut gegeben sein (s. o.). Nicht anders ist die Situation im Geltungsbereich des UNÜ: Bei Mitwirkung eines geschäftsunfähigen Schiedsrichters wird die Besetzung des Schiedsgerichts in aller Regel mit einer Vereinbarung der Parteien, etwa einer von ihnen gewählten Schiedsordnung oder mit dem Schiedsverfahrensstatut nicht vereinbar sein und damit den Anerkennungsversagungsgrund des Art. V 1 d) UNÜ 2 1 2 begründen. 207 208 209

210 2,1

212

Schwab/Walter, Kap. 2 4 Rn. 7. Kornblum, S. 5. B G H , N J W 1986, 3079, 3080; Kornblum, S. 5; Oetting, S. 114; Schlosser, Rn. 468 Schwab/Walter, Kap. 9 Rn. 1; Siegert, KTS 1955, 161, 162. Siegert, KTS 1955, 161, 162. Habscheid, N J W 1962, 5, 8 f.; Schwab/Walter, Kap. 24 Rn. 7; Stein/JonasSchlosser, § 1044 Rn. 16 Zur Auslegung des Art. V 1 d) U N Ü im einzelnen siehe unten III. 2.

§ 6 Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht

114

c) Ordre public Ein Schiedsspruch, der unter Mitwirkung eines geschäftsunfähigen Schiedsrichters erlassen wurde, kann wegen Unvereinbarkeit mit dem deutschen ordre public nicht anerkannt werden. 213

2. Verbot des Schiedsrichters

in eigener Sache

a) Der Schiedsrichter in eigener Sache Einen für die Praxis wichtigeren Ausschlußgrund bezeichnet das Verbot des Schiedsrichters in eigener Sache, wonach eine Partei nicht zugleich Schiedsrichter sein darf. 214 Dieser Grundsatz gilt im deutschen Schiedsverfahrensrecht uneingeschränkt, ist Bestandteil des ordre public und wird wohl weltweit anerkannt. 215 Im einzelnen sind hier eine Vielzahl von Konstellationen zu unterscheiden, von denen hier nur einige Grundfalle herausgegriffen werden: Zunächst kann eine Partei selbst Schiedsrichter sein, und zwar als alleiniger Schiedsrichter oder als Mitglied eines Schiedsrichterkollegiums. Ein weiterer Fall ist die Schiedsrichtertätigkeit des gesetzlichen Vertreters einer Partei, die wiederum eine natürliche oder eine juristische Person sein kann. Auch hier kann die Tätigkeit als Alleinschiedsrichter von der Mitwirkung in einem Kollegium unterschieden werden. Außerdem können gesondert betrachtet werden die Schiedsrichtertätigkeit eines Organs (eines vertretungsberechtigten Organs einerseits, eines nicht vertretungsberechtigten andererseits) einer Partei bzw. eines einzelnen Mitglieds eines solchen Organs. Und schließlich ist, als vierter Grundfall, die schiedsrichterliche Tätigkeit eines einfachen Mitglieds einer juristischen Person, die Partei ist, zu nennen. Für die Analyse läßt sich diese Vielzahl der Varianten reduzieren: Ob die Partei als alleiniger Schiedsrichter oder in einem Schiedsrichterkollegium tätig wird, ist nach allgemeiner Auffassung unerheblich. 216 Es macht auch keinen Unterschied, ob eine Partei selbst oder ihr gesetzli-

213 214

215

2,6

Schlosser, Rn. 468. Heimann-Trosien, FS Heusinger (1968) S. 271, 272; Raeschke-Kessler, NJW 1988, 3 0 4 1 , 3045; Schwab/Walter, Kap. 9 Rn. 6. Vgl. Cross & Brown Co. v. Nelson, 167 N.Y.S. 2d 573, 575 f. (S. Ct.App.Div. 1957); Domke, ξ 20.02; siehe auch Adlerstein, S. 32 m. weiteren Beisp. Adlerstein, S. 23; vgl. Kornblum, S. 13.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

115

eher Vertreter als Schiedsrichter fungiert. 217 In diesen Fällen ist nach deutschem Recht stets ein Verstoß gegen das Verbot des Richters in eigener Sache gegeben. Umstritten ist allerdings, ob und in welchen Fällen die Tätigkeit eines Mitglieds eines aus mehreren Personen bestehenden Organs einer Partei hingenommen werden kann. Der BGH hat die Schiedsrichtertätigkeit eines bloßen Organmitglieds im Falle eines inländischen Schiedsspruchs nicht beanstandet, 218 wobei er die Zulässigkeit der Mitwirkung auf die Fälle beschränken will, in denen die Bestellung des Schiedsrichters durch einen nach Entstehung der Streitigkeit geschlossenen Schiedsvertrag vorgenommen wurde. 219 In der Literatur wird dagegen vertreten, daß Mitglieder eines vertretungsberechtigten Organs in keinem Fall in zulässiger Weise als Schiedsrichter fungieren können. 220 Die bloße Tatsache, daß einer der Schiedsrichter ein (einfaches) Mitglied einer Partei ist, wird von der herrschenden Meinung zu Recht grundsätzlich für unbeachtlich gehalten; 221 hier greift das Verbot des Schiedsrichters in eigener Sache also nicht ein. Etwas anderes gilt allerdings bei Verbänden mit einer sehr geringen Zahl von Mitgliedern; hier ist auch die Schiedsrichtertätigkeit eines einfachen Mitglieds einer Partei unzulässig. b) Berücksichtigung im Exequaturverfahren Der Vollstreckbarerklärung können die genannten Mängel eines ausländischen Schiedsspruchs im Verfahren der direkten Vollstreckbarerklärung nach § 1044 II Nr. 1 ZPO i. V. m. dem Schiedsverfahrensstatut entgegenstehen. Dies wird in dem erstgenannten Fall, daß eine Partei bzw. ihr gesetzlicher Vertreter als Schiedsrichter fungiert, auch regelmäßig der Fall sein (s. o.). Dagegen führt die bloße Mitgliedschaft des Schieds-

2.7

2.8 2.9 220

221

Adlerstein, S. 25, S. 31; Roth, S. 160; Schönke/Schröder/Niese, S. 480; Schwab/ Walter, Kap. 9 Rn. 6; Wais in Schütze/Tscherning/Wais, Rn. 157: Wieczorek/ Schütze-Schütze, § 1032 Rn. 3. B G H Z 65, 59. B G H Z 65, 59, 65. Adlerstein, S. 38; Heimann-Trosien, FS Heusinger (1968) S. 271, 273; Schänke/ Schröder/Niese, S. 480; Schwab/Walter, Kap. 9 Rn. 6 f.; Wais in Schütze/ Tscherning/Wais, Rn. 157. R G Z 90, 306, 308; siehe die N a c h w . bei Kornblum, S. 50. Einschränkend: Heimann-Trosien, FS Heusinger (1968) S. 271, 273; Schwab/Walter, Kap. 9 Rn. 8 (zulässig nur bei „weitverzweigten" Körperschaften).

116

§ 6 Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht

richters in einer der Parteien nach den meisten Rechtsordnungen nicht zu einem Aufhebungsgrund. Im Anwendungsbereich des U N U ist dem Schiedsspruch gemäß Art. V 1 d) U N Ü die Anerkennung zu versagen, wenn die Bildung des Schiedsgerichts einer Vereinbarung der Parteien 222 oder, bei Fehlen einer Vereinbarung, dem am Schiedsort geltenden Recht widerspricht. Danach führt die Schiedsrichtertätigkeit eines Mitglieds oder eines Vertreters einer Partei, soweit sie den Parteivereinbarungen widerspricht, zur Nichtanerkennung des Schiedsspruchs. Insoweit ist das U N U hier erheblich strenger als § 1044 ZPO. Weit schwieriger zu beurteilen ist der Fall, daß die Tätigkeit der Partei, eines Mitglieds oder Vertreters, zwar der Vereinbarung der Parteien, nicht aber dem Schiedsverfahrensstatut entspricht. Bei Konflikten zwischen einer Parteivereinbarung und dem Schiedsverfahrensstatut ist die Reichweite der Parteiautonomie umstritten: Von einer Mindermeinung der Literatur wird hierzu die Ansicht vertreten, daß das Schiedsverfahrensstatut bezüglich seiner zwingenden Normen einer abweichenden Vereinbarung der Parteien vorgehe. 223 Nach dieser Ansicht ist also das Schiedsverfahren sowie die Bildung des Schiedsgerichts im Rahmen des Art. V 1 d) U N Ü — unabhängig von der Vereinbarung der Parteien — am Maßstab der zwingenden Normen des Schiedsverfahrensstatuts zu überprüfen. Schiedsverfahrensstatut in diesem Sinne ist vorrangig das von den Parteien gewählte Schiedsverfahrensstatut, bei Fehlen einer Rechtswahl das am Schiedsort geltende Recht. Nach der früher herrschenden Meinung der Literatur dagegen soll das Schiedsverfahrensstatut nur dann maßgeblich sein, wenn die Parteivereinbarung mit seinem ordre public unvereinbar ist. 224 Nach der in der Literatur zunehmend vertretenen Auffassung schließlich soll das Schiedsverfahrensstatut gegenüber der Vereinbarung der Parteien stets und ohne Einschränkung — also auch bei einem Verstoß der Parteivereinbarung gegen den ordre public des Schiedsverfahrensstatuts — zu222

D i e Parteien k ö n n e n i m R a h m e n des A r t . V 1 d) u n m i t t e l b a r inhaltliche Regelungen t r e f f e n , auf eine S c h i e d s o r d n u n g o d e r ein b e s t i m m t e s V e r f a h r e n s r e c h t w ä h l e n (ggf. sogar alle drei Arten der Regelung n e b e n e i n a n d e r t r e f f e n ) ; vgl. Kornmeier/Sandrock in Sandrock, I n t e r n a t i o n a l e Vertragsgestaltung, R n . F 195; Reithmann/Martiny-Hausmann R n . 2365.

223

Bülow, Z Z P 85 (1972), 115, 1 2 0 f f . ; £ r n e m a n n , S. 93; Gentinetta, Z S R 1965, 139, 170 f.; Mann, FS F l u m e (1978) S. 5 9 3 , 604. W o h l auch: Born, S. 578; van den Berg, S. 329 f. Bertheau, S. 87; Carabiber, S. 84; Fouchard, N r . 512 f.; w o h l a u c h : Münzberg, S. 118 ff.

224

117

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

rück weichen. 225 Schließlich wird vereinzelt die Auffassung vertreten, daß wegen Art. V 1 d) UNÜ sogar der ordre public des Anerkennungsstaates hinter der Parteivereinbarung zurückweiche.226 Rechtsprechung zu dieser Frage gibt es, soweit ersichtlich, nicht. Je nachdem, welcher Meinung man hier folgt, hängt die Zulässigkeit der Schiedsrichtertätigkeit einer Partei zusätzlich vom Schiedsverfahrensstatut ab. Bei Fehlen einer Parteivereinbarung entscheidet das von den Parteien gewählte Schiedsverfahrensstatut oder das am Schiedsort geltende Recht über die Zulässigkeit der Schiedsrichtertätigkeit. c) Ordre public Ein Schiedsspruch, der unter Mitwirkung einer Partei, ihres gesetzlichen Vertreters oder eines Mitglieds eines Organs (soweit dies nicht für zulässig gehalten wird) erlassen wird, verstößt gegen den deutschen ordre public. 227

III. Ungleichgewicht der Parteien bei der Bildung des Schiedsgerichts 1. Die Problematik

des einseitig ernannten

Schiedsgerichts

a) Fallgruppen Probleme hinsichtlich der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Schiedsgerichts ergeben sich auch dann, wenn eine der Parteien auf die Besetzung des Schiedsgerichts einen größeren Einfluß hat als die andere. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der alleinentscheidende oder alle Schiedsrichter oder die Mehrheit der Schiedsrichter allein von einer Partei ernannt werden. 228 225

226 227 228

Gildeggen, S. 83 f.; Motulsky, rev. arb. 1959, 2, 11; Schlosser, Rn. 449; Stein/ Jonas-Schlosser, Anh. § 1044, Rn. 74. Von Hoffmann, S. 86. Adlerstein, S. 38. Die Ernennung der Mehrheit der Schiedsrichter ist nach allg. Auff. genauso zu beurteilen wie die Ernennung des alleinentscheidenden Schiedsrichters; vgl. Adlerstein, S. 33; Kornblum, S. 206; Schwab/Walter, Kap. 9 Rn. 10; Stein/Jonas-Schlosser, § 1032 Rn. 17.

118

§ 6 Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht

Von entscheidender Bedeutung für die Beurteilung einer derartigen einseitigen Ernennung ist die Frage, ob die Schiedsrichter von vornherein von einer Partei ernannt wurden (dies wird im folgenden als „sofortige Ernennung" aller Schiedsrichter bezeichnet) oder ob den Parteien dieses Recht nur für den Fall zustehen sollte, daß die andere Partei ihr Recht, ebenfalls einen Schiedsrichter zu benennen, nicht ausübt. Eine der subsidiären Ernennung aller Schiedsrichter durch eine Partei ähnliche und gleich zu bewertende Situation besteht in dem in der Praxis häufigeren Fall, daß der von einer Partei ernannte Schiedsrichter bei Nichtausübung des Ernennungsrechts durch die andere Partei zum alleinigen Schiedsrichter wird. Das deutsche Schiedsverfahrensrecht enthält keine gesetzliche Regelung eines solchen einseitigen Ernennungsrechts. Dies ist in einigen Rechtsordnungen anders: das bedeutendste Beipiel hierfür ist die Regelung des Section 17 des englischen Arbitration Act 1996. Die Regelung geht aus von der Zusammensetzung eines Schiedsgerichts in der Weise, daß zunächst jede der Parteien einen Schiedsrichter ernennt. Wenn nun eine Partei von ihrem Ernennungsrecht keinen Gebrauch macht, kann die andere Partei, die ihren Schiedsrichter fristgemäß benannt hat, diesen zum Alleinschiedsrichter ernennen. Ein Ernennungsrecht kann aber auch durch Vereinbarung der Parteien, etwa durch Bezugnahme auf eine Verfahrensordnung eines ständigen Schiedsgerichts, eingeräumt werden. b) Relevanz eines abstrakten Übergewichts Für alle obengenannten Fallgruppen gleichartig stellt sich zunächst die grundsätzliche Frage, ob das Übergewicht einer Partei bei der Bildung des Schiedsgerichts als solches überhaupt ein Anerkennungshindernis bzw. einen Aufhebungsgrund darstellen kann, oder ob dies nur bei einer im konkreten Fall tatsächlich bestehenden Parteilichkeit des Schiedsgerichts anzunehmen ist. In dieser umstrittenen Frage wird von einem Teil der Literatur die Ansicht vertreten, ein Verstoß gegen den ordre public liege nicht schon in dem Übergewicht einer Partei als solchem, sondern allenfalls in der tatsächlichen, im konkreten Fall nachzuweisenden Parteilichkeit eines Schiedsrichters.229 Dagegen vertritt die früher herrschende Meinung der Literatur und vertrat lange Zeit auch die Rechtsprechung die Ansicht,

229

Walter, JZ 1987, 156; wohl auch: Roth,

S. 162.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

119

daß schon die ungleichgewichtige Besetzung des Schiedsgerichts als solche einen Anerkennungsversagungsgrund darstellen könne. 230 Der BGH hat vor einigen Jahren seine Rechtsprechung in diesem Punkt geändert. 231 Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: In einem englischen Schiedsverfahren hatte eine Partei, nachdem die andere Partei ihren Schiedsrichter nicht ernannt hatte, unter Erfüllung der Voraussetzungen des Art. 7 Arb. Act 1950 (dem im wesentlichen inhaltsgleichen Vorläufer des See. 17 Arbitration Act 1996232) ihren Schiedsrichter zum Alleinschiedsrichter ernannt. Es erging ein Schiedsspruch zugunsten dieser Partei. Der BGH hatte darüber zu befinden, ob der Schiedsspruch gegen den ordre public nach § 1044 II Nr. 2 ZPO verstoße. Diese Frage verneinte der BGH. Der BGH begründet dieses Ergebnis mit der „Eigentümlichkeit des schiedsgerichtlichen Verfahrens" 233 , die sich bei dem in Rede stehenden Gebot der überparteilichen Rechtspflege besonders stark auswirke. 234 Im Gegensatz zur staatlichen Gerichtsbarkeit trete diesbezüglich im Schiedsverfahren die „parteischützende Funktion" stärker hervor, das öffentliche Interesse dagegen weniger. 235 Daraus zieht der BGH den Schluß, daß sich ein Verstoß gegen den Grundsatz der überparteilichen Rechtspflege konkret ausgewirkt haben müsse, um einen ordre-public-Verstoß zu begründen. 236 Dies soll nur dann der Fall sein, wenn der Schiedsrichter wegen seiner besonderen Beziehung zu der Partei als Schiedsrichter ungeeignet sei oder voreingenommen sei und dies sich auf die Entscheidung ausgewirkt habe. 237 Unabhängig von der Frage, ob dieser Schluß zwingend aus den genannten Besonderheiten des Schiedsverfahrens folgt, ergibt sich aus dieser Entscheidung die Wertung des BGH, in der abstrakten Gefahr für die Unparteilichkeit des Schiedsrichters, die in dem Übergewicht einer

230

Vgl. B G H Z 54, 392, 395; OLG Neustadt, N J W 1955, 635, 636; Adlerstein, S. 38; Haas, S. 230; Habscheid, KTS 1956, 154, 156; ders., N J W 1962, 5, 9; ders, KTS 1971, 131, 134f.; Kornblum, N J W 1987, 1105, 1108; Schlosser, N J W 1978, 455, 459; Stein/Jonas-ScMosser, § 1032 Rn. 17; Werthauer, N J W 1955, 635, 636. Α. Α.: OLG Hamburg, RIW 1985, 490.

231

B G H Z 98, 70. Harris/Planterose/Tecks, B G H Z 98, 70, 74. B G H Z 98, 70, 74. B G H Z 98, 70, 7 4 f. B G H Z 98, 70, 75. B G H Z 98, 70, 75.

232 233 234 235 236 237

See. 17, A n m . 17C.

120

§ 6 Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht

Partei bei der Besetzung der Schiedsrichterbank liegt, keinen Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public zu sehen. Diese Wertung wird von der Gegenmeinung der Literatur mit beachtlichen Gründen angegriffen; 238 so entspricht es der allgemeinen Einschätzung, daß ein von einer Partei ernannter Schiedsrichter in der Praxis nicht völlig neutral sein wird. 239 Auch wenn dies mit der Begründung, die andere Partei könne ja ebenfalls „ihren" Schiedsrichter ernennen, für akzeptabel gehalten wird, so kann eigentlich der bloße Hinweis darauf, daß die tatsächliche Parteilichkeit des Schiedsrichters im konkreten Fall einen Anerkennungsversagungsgrund begründe, keine ausreichende Reaktion auf das einseitig besetzte Schiedsgericht sein. Bei der Würdigung der BGH-Entscheidung ist zu berücksichtigen, daß in dem zu beurteilenden Fall der einseitig ernannte Schiedsrichter erst nachträglich zum alleinentscheidenden Schiedsrichter wurde; es lag also der Fall der subsidiären Ernennung aller Schiedsrichter durch eine Partei vor. 240 Der extrem weit geratene Wortlaut der Entscheidungsgründe geht allerdings darüber weit hinaus. Eine gleiche Bewertung — wie nach dem Wortlaut der BGH-Entscheidung — der subsidiären und der sofortigen Ernennung aller Schiedsrichter durch eine Partei ist sachlich nicht gerechtfertigt: Es ist der Unterscheidung Roths241 beizupflichten, der zwischen dem Verstoß gegen die Gleichheit der Parteien einerseits und einem Verstoß gegen die Unabhängigkeit des Schiedsrichters andererseits differenziert: Die Gleichheit der Parteien, die Bestandteil des ordre public ist, wird nur in dem Fall der sofortigen Ernennung aller Schiedsrichter durch eine Partei verletzt, 242 der davon zu unterscheidende Verstoß gegen die Unparteilichkeit der Schiedsrichter ist nach den allgemeinen Grundsätzen zur Unparteilichkeit von Schiedsrichern zu messen. Damit ist entgegen der allgemeinen Formulierung des BGH festzustellen, daß das Übergewicht einer Partei bei der Benennung der Schiedsrichter in den beiden Fällen nicht notwendigerweise gleich zu beurteilen ist.

238 239

240

241 242

Siehe d a z u insb. Kornblum, N J W 1987, 1105, 1107 f. Glossner (2. Aufl.), III R n . 9 (S. 49); Kornblum, N J W 1987, 1105, 1108 m.w.Nachw. D a r a u f weist der R i c h t e r a m B G H , Engelhardt, zu R e c h t hin ( J Z 1987, 227, 232). Roth, S. 161. Roth, S. 161 f.; in diese R i c h t u n g weisen a u c h die Ü b e r l e g u n g e n Engelhardts (s. o.).

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

121

c) Subsidiäre Ernennung aller Schiedsrichter durch eine Partei Für die Fallgruppe der subsidiären Ernennung aller Schiedsrichter durch eine Partei vertritt ein Teil der Literatur und vertrat auch der BGH die Ansicht, die Einräumung des subsidiären Ernennungsrechts in der Schiedsvereinbarung verstoße gegen das Gebot der überparteilichen Rechtspflege und sei daher unwirksam. 243 Der unter diesen Umständen ergangene Schiedsspruch sei wegen Unvereinbarkeit mit dem ordre public nach § 1041 I Nr. 2 ZPO aufhebbar. 244 Zugleich liegt dann stets auch ein Verfahrensfehler vor, der nach § 1041 I Nr. 1 ZPO zur Aufhebung führt. 245 Die herrschende Meinung dagegen sieht in der subsidiären Ernennung aller Schiedsrichter durch eine Partei keine Verletzung des anerkennungsrechtlichen ordre public nach § 1044 II Nr. 2 ZPO. 246 Da der ordre-public-Begriff in § 1041 und § 1044 ZPO derselbe ist, 247 muß dies auch bei inländischen Schiedssprüchen unschädlich sein. Diese Ansicht entspricht auch, wie bereits angedeutet, der in vielen Ländern, 248 insbesondere des common-law-Rechtskreises, geltenden Rechtslage. Unklar ist, wie der BGH diesen Fall bei einem deutschen Schiedsspruch beurteilen würde, da der BGH in seiner Entscheidung ausdrücklich auf die von ihm vertretene Unterscheidung zwischen dem ordre public interne und dem ordre public international rekurriert. 249 d) Sofortige Ernennung aller Schiedsrichter durch eine Partei Anders wird dagegen der Fall beurteilt, daß eine Partei von vornherein alle Schiedsrichter bzw. die Mehrheit der Schiedsrichter ernennt. Nach deutschem Recht ist - unter Nichtanwendung der neuen BGH-Rechtsprechung auf diesen Fall — eine entsprechende Klausel in 243 244

245 246

247 248

249

BGHZ 54, 392, 395 ff.; Kornblum, NJW 1987, 1105, 1108. Adlerstein, S. 38; Habscheid, KTS 1971, 134; Kornblum, NJW 1987, 1105, 1108. Wohl auch: Heimann-Trosien, FS Heusinger (1968) S. 271, 282; von Heymann, S. 192; Siegert, KTS 1955, 161, 163; Stein/Jonas-ScMosser, $ 1032 Rn. 17. Vgl. BGHZ 54, 392, 400. RGZ 90, 309; 137, 251, 258; BGHZ 98, 70; OLG Hamburg, RIW 1985, 490; Roth, S. 162; Schwab/Walter, Kap. 9 Rn. 10; Schlosser, Rn. 516; ders., ZZP 93, 121, 133 f.; Walter, J Z 1987, 156, 167; ders., J Z 1989, 590. Siehe oben § 3, Β. II. 2. b. Neben England ζ. B. auch Japan, Frankreich und Italien; Schlosser, ZZP 93 (1980) 121, 133 f. Vgl. BGHZ 98, 70, 74.

122

§ 6 Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht

einem Schiedsvertrag als ungültig anzusehen 250 und ist ein Schiedsspruch wegen unzulässigen Verfahrens nach § 1041 I Nr. 1 ZPO, außerdem wegen Verstoßes gegen den ordre public nach § 1041 I Nr. 2 ZPO aufzuheben. 251

2. Berücksichtigung

im

Exequaturverfahren

Im Falle der subsidiären Ernennung aller Schiedsrichter durch eine Partei kommt der Anerkennungsversagungsgrund des § 1044 II Nr. 1 ZPO i. V. m. dem maßgeblichen ausländischen Recht in Betracht. Es dürfte sich dabei aber nur um eine sehr theoretische Möglichkeit handeln, denn soweit das auf das Schiedsverfahren anwendbare Recht die subsidiäre Ernennung aller Schiedsrichter durch eine Partei zuläßt, wird es kaum den daraufhin ergangenen Schiedsspruch für unwirksam halten. § 1044 II Nr. 1 ZPO kann also nur im Falle der Ernennung aller Schiedsrichter entgegen dem maßgeblichen Verfahrensrecht einmal eingreifen. Im Fall der sofortigen Ernennung aller Schiedsrichter durch eine Partei kann der Anerkennungsversagungsgrund des § 1044 II Nr. 1 ZPO schon sehr viel eher relevant werden, da diese nach den meisten Rechtsordnungen zur Aufhebbarkeit des Schiedsspruchs führt. 2 5 2 Nach Art. V 1 d) U N Ü steht die subsidiäre Ernennung aller Schiedsrichter durch eine Partei der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs entgegen, wenn sie der Vereinbarung der Parteien widerspricht. Dasselbe gilt, wenn diese zwar nicht durch eine ausdrücklichen Vereinbarung der Parteien selbst, aber durch das von ihnen gewählte Schiedsverfahrensrecht untersagt ist. 253 Sofern das subsidiäre Ernennungsrecht zwar der Vereinbarung der Parteien, nicht aber dem Schiedsverfahrensstatut entspricht, kommt es darauf an, inwieweit dieses neben der Parteivereinbarung maßgeblich ist. Je nachdem, welcher Ansicht man in dieser — sehr umstrittenen

250 251

252

253

Hochbaum, S. 88; Marx, S. 100; Schwab/Walter, Kap. 9 Rn. 10 m . w . N a c h w . Adlerstein, S. 23; Habscheid, KTS 1955, 131; ders., N J W 1962, 5, 9; Siegert, KTS 1955, 161, 163 Fn. 31; S t e m / J o n a s - S c W o s w , § 1032 Rn. 17; Walter, JZ 1989, 590. Vgl. Eisemann, rev. arb. 1970, 217, 219; Siehe zum schweizerischen Recht Nef, FS Fritzsche (1952) 99, 103. In der Wahl des Schiedsverfahrensrechts sind die Parteien im Rahmen des Art. V 1 d) U N Ü grundsätzlich frei; vgl. Schwab/Walter, Kap. 5 0 Rn. 2 m.w.Nachw.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

123

Frage - folgt, 254 hängt die Zulässigkeit der subsidiären Ernennung des Schiedsgerichts vom Recht des Ursprungsstaates des Schiedsspruchs ab. Danach richtet sich zugleich, ob der Anerkennungsversagungsgrund des Art. V 1 d) UNÜ eingreift. Soweit keine Parteivereinbarung vorliegt, ist die Zulässigkeit eines Schiedsspruchs, der durch den von einer Partei bestellten Schiedsrichter — nach Weigerung der anderen Partei, ihrerseits einen Schiedsrichter zu ernennen - als Alleinschiedsrichter erlassen wurde, gem. Art. V 1 d) UNÜ am Schiedsverfahrensstatut zu messen. Soweit die Parteivereinbarung vorsieht, daß von vornherein alle Schiedsrichter von einer Partei ernannt werden können, ist ein Anerkennungsversagungsgrund nach Art. V 1 d) UNÜ nicht gegeben, sofern man eine Bindung der Parteien auch an den ordre public des Schiedsverfahrensstatuts verneint. Ansonsten wird Art. V 1 d) UNÜ regelmäßig eingreifen, da die unmittelbare Ernennung aller Schiedsrichter durch eine Partei gegen den ordre public der meisten Rechtsordnungen verstößt.

3. Ordre public Die subsidiäre Ernennung aller Schiedsrichter durch eine Partei bzw. die Entscheidung durch den allein von einer Partei ernannten Schiedsrichter verstößt, wie dargestellt, nicht gegen den deutschen ordre public. Dagegen ist - entgegen der Formulierung der oben genannten BGH-Entscheidung — davon auszugehen, daß die sofortige Ernennung aller Schiedsrichter durch eine Partei gegen den ordre public verstößt; 255 dies gilt jedenfalls dann, wenn dieses Ernennungsrecht der Partei vor Entstehung der Streitigkeit eingeräumt wurde.

IV. Zweifel an der Unabhängigkeit der Person des Schiedsrichters Ein Schiedsspruch, der von einem eindeutig parteilichen Schiedsgericht erlassen wurde, wird wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Unab254 255

Zu dem Meinungsstreit siehe oben § 6, II. 2. b. Habscheid, NJW 1962, 5, 9; von Heymann, S. 192; Stein/Jonas-ScWosser, § 1032 Rn. 17. Siehe auch die Nachweise oben III. 1. c.

124

§ 6 Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht

hängigkeit und Unparteilichkeit des Schiedsgerichts aufgehoben bzw. nicht anerkannt. 256 Dieser Grundsatz dürfte weltweite Geltung haben. In der Praxis ergeben sich Probleme im Zusammenhang mit der mangelnden Unparteilichkeit des Schiedsgerichts zumeist wegen der Besorgnis der Befangenheit des einzelnen Schiedsrichters; diese Problematik wird im folgenden erörtert.

1. Die Bedeutung der Kontakte zwischen Partei und Schiedsrichter für das Schiedsverfahren Diese Untersuchung beschränkt sich auf jene Befangenheitsgründe, die sich aus Kontakten zwischen den Schiedsrichtern bzw. einem Schiedsrichter und einer Partei ergeben, da diese ein spezifisches und praktisch äußerst bedeutsames Problem der Schiedsgerichtsbarkeit darstellen. Schließlich sind gewisse Kontakte zwischen den Parteien und den von ihnen bestellten Schiedsrichtern ja nicht nur nicht unzulässig, sondern geradezu notwendig und erwünscht, ist es doch ein anerkannter Vorzug der Schiedsgerichtsbarkeit, daß die Parteien solche Personen zur Streitentscheidung berufen können, zu denen sie Vertrauen haben. 257 Gleichzeitig sind die Verbindungen zwischen Partei und Schiedsrichter ein wesentlicher Gegenstand des Mißtrauens gegenüber der Schiedsgerichtsbarkeit. Man fürchtet, nicht selten zu Recht, daß die Parteien solche Personen zu Schiedsrichtern bestellen werden, die sie zwar nicht für parteiisch, aber zu ihren Gunsten eingestellt halten. 258 Walter beklagt wohl zu Recht, daß die mangelhafte Auswahl der Schiedsrichter eine der Hauptursachen für Kritik an der Schiedsgerichtsbarkeit darstellt. 259 Im folgenden werden zunächst einige allgemeine Fragen zur Befangenheit des Schiedsrichters erörtert und sodann die unterschiedlichen Fallgruppen der Kontakte zwischen Partei und Schiedsrichter in bezug auf ihre Bedeutung für die Anerkennung des Schiedsspruchs untersucht.

256 257

258

259

Oetting, S. 115 m . w . N a c h w . B G H Z 54, 392, 396; Kornmeier, D B 1980, 193; Raeschke-Kessler, N J W 1988, 3041, 3042; Schwab/Walter, Kap. 14 Rn. 1. B G H Z 54, 392, 396; Oetting, S 108; Schwab/Walter, Kap. 14 Rn. 1. Siehe auch Franzen, N J W 1986, 299 f.; Minoli, rev. arb. 1970, 221, 223. Schwab/Walter, Kap. 14 Rn. 1.

125

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

2. Allgemeine Fragen zur Befangenheit des

Schiedsrichters

Zu den für alle Befangenheitsgründe gleichermaßen relevanten Fragen gehört insbesondere, welche Anforderungen an die Unabhängigkeit des Schiedsrichters zu stellen sind, und vor allem, in welcher Weise die Umstände, die die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen, im Schiedsverfahren und im Exequaturverfahren berücksichtigt werden. a) Die Anforderungen an die Unabhängigkeit des Schiedsrichters Hinsichtlich der Anforderungen an die Unparteilichkeit des Schiedsrichters werden zwei Fragen diskutiert: zum einen, ob an die Unabhängigkeit des Schiedsrichters dieselben Maßstäbe anzusetzen sind wie an die des staatlichen Richters, zum anderen, ob unterschiedliche Maßstäbe gelten, je nachdem, ob es sich um einen von einer Partei ernannten Schiedsrichter oder aber um einen „neutralen" Schiedsrichter, also entweder den Einzelschiedsrichter oder den Obmann (umpire) handelt. Ob an die Unabhängigkeit des Schiedsrichters dieselben Anforderungen zu stellen sind wie an die des staatlichen Richters, wird international unterschiedlich beurteilt. Im deutschen Recht verweist § 1032 ZPO auf die Vorschriften über den Ausschluß bzw. die Ablehnung staatlicher Richter. Gleichwohl besteht weitgehend Einigkeit darüber, daß aufgrund der als Vorteil der Schiedsgerichtsbarkeit angesehenen Vertrauensbeziehung zwischen Partei und Schiedsrichter Kontakte zwischen Partei und Schiedsrichter nicht generell negativ zu bewerten sind und deswegen die Maßstäbe, die für die Unparteilichkeit des staatlichen Richters gelten, nicht ohne weiteres auf den Schiedsrichter übertragen werden können. 260 Dagegen werden ζ. B. im französischen Recht an die Unabhängigkeit des Schiedsrichters dieselben Maßstäbe angelegt wie an die von staatlichen Richtern. 261 Die Frage, ob an die Unabhängigkeit der von den Parteien ernannten Schiedsrichter eines Kollegialschiedsgerichts geringere Anforderungen zu stellen sind als an die des „neutralen" Schiedsrichters, wird international sehr unterschiedlich beurteilt. Im deutschen Schiedsverfahrensrecht ist diese Frage umstritten: Während eine in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Meinung keine unterschiedlichen Maßstäbe für die 260

261

Allg. Auff.; vgl. Schlosser, Z Z P 1993, 121, 139; Schwab/Walter, m.w.Nachw. Α. A. o f f e n b a r Haas, S. 227. Vgl. Minoli, rev. arb. 1970, 221.

Kap. 14 Rn. 7

126

§ 6 Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht

Unabhängigkeit der parteiernannten und der neutralen Schiedsrichter akzeptiert, 262 wird in der Literatur überwiegend die Auffassung vertreten, von den parteiernannten Schiedsrichtern könne nicht dasselbe Maß an Unabhängigkeit erwartet werden wie von dem neutralen Schiedsrichter. 263 Dagegen muß insbesondere nach US-amerikanischem Recht in dem typischen Fall eines Dreier-Schiedsgerichts, in dem jede Partei einen Schiedsrichter ernennt, nur der Obmann neutral und unparteilich sein, 264 wobei die zulässige Parteilichkeit der von den Parteien ernannten Schiedsrichtern („party-appointed arbitrators") allerdings ihre Grenzen hat. 265 Auch nach englischem Recht sind an die Unparteilichkeit der von den Parteien ernannten Schiedsrichter eines Kollegiums geringere Anforderungen zu stellen.266 Diese Unterscheidung in den Anforderungen an die Unabhängigkeit des parteiernannten und des „neutralen" Schiedsrichters wird auch in der Literatur - unabhängig von einem bestimmten nationalen Recht vielfach vertreten. 267 Andererseits läßt etwa das Schweizer Bundesgericht ein geringeres Maß an Unabhängigkeit für von Parteien bestellte Schiedsrichter offenbar nicht zu. 268 b) Die unterschiedlichen Verfahren zur Sanktionierung der Befangenheit des Schiedsrichters Die Schwierigkeit der Problematik des befangenen Schiedsrichters ergibt sich zu einem guten Teil daraus, daß die Befangenheit des Schiedsrichters durch zwei grundsätzlich unterschiedliche Verfahren sanktioniert werden kann: zum einen durch die Möglichkeit der Ablehnung des Schiedsrichters im Verfahren, zum anderen durch die Verweigerung der

262 263

264

265

266 267 268

OLG Hamburg, JZ 1956, 226; Haas, S. 227. Schwab/Walter, Kap. 14 Rn. 7; Stem/Jonas-ScWosser, § 1032 Rn. 2 0 m.w.Nachw. Böckstiegel, Amerikanische Wirtschafts-Schiedsgerichtsbarkeit, S. 49; Born, S. 606 m . w . N a c h w . ; Schlosser, Rn. 519 m . w . N a c h w . Siehe dazu Born, S. 606 f.; Falls, 9 N.Y. L. Forum 335, 3 5 4 (1963); Schlosser, Rn. 519 m . w . N a c h w . O f t wird zum M a ß der erforderlichen Unabhängigkeit des parteiernannten Schiedsrichters der anschaulichen Satz „Partisan he may be, but not dishonest" zitiert; so bei Falls u. Schlosser, a. a. O. Schlosser, Z Z P 93 (1980) 121, 138. Vgl. Minoli, rev. arb 1970, 221, 223. Vgl. BGE 92 I 271, 277.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

127

Anerkennung und Vollstreckbarerklärung des unter Mitwirkung eines befangenen Schiedsrichters erlassenen Schiedsspruchs. Gerade hier zeigen sich im internationalen Vergleich bemerkenswerte Unterschiede: So besteht etwa nach allen kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen die Möglichkeit der Ablehnung des Schiedsrichters während des Verfahrens. Dagegen kann die Befangenheit des Schiedsrichtes nach Erlaß des Schiedsspruchs grundsätzlich nicht mehr geltend gemacht werden. Im Ausnahmefall kann allerdings die Befangenheit des Schiedsrichters wegen Kontakten zu einer Partei auch nach Erlaß des Schiedsspruchs im Wege der Aufhebungsklage oder als Einrede im Exequaturverfahren geltend gemacht werden. Gänzlich anders ist die Lage im Rechtskreis des common law: Dem US-amerikanischen Recht beispielsweise ist eine Ablehnung des Schiedsrichters während des Schiedsverfahrens unbekannt. 269 Vielmehr kann die Befangenheit eines Schiedsrichters u.U. zur Aufhebung des Schiedsspruchs führen. 270 Diese erheblichen Systemunterschiede in der Sanktionierung der Befangenheit des Schiedsrichters führen zu bedeutenden Unterschieden zwischen den einzelnen Rechtsordnungen in der Frage, inwieweit die Befangenheit des Schiedsrichters der Anerkennung eines ausländischen Schiedsspruchs entgegenstehen kann. 271 c) Die Relevanz der Offenlegung der Kontakte zwischen Schiedsrichter und Partei Eine weitere Frage von allgemeiner Bedeutung ist, ob maßgeblich auf die durch Kontakte zwischen Partei und Schiedsrichter hervorgerufene Besorgnis der Befangenheit als solche abzustellen ist oder aber darauf, ob die Kontakte der anderen Partei offengelegt wurden. Das Offenlegen der Kontakte ist insbesondere im US-amerikanischen Recht von entscheidender Bedeutung. Dies beruht darauf, daß nach amerikanischem Recht die Befangenheit während des Schiedsverfahrens nicht geltend gemacht werden kann; 272 außerdem stellt die bloße Besorgnis der Befangenheit keinen Grund zur Aufhebung des Schiedsspruchs dar. 273 Lediglich die offensichtliche Parteilichkeit (evi269 270 271 272 273

Adlerstein, Siehe dazu Siehe dazu Oetting, S. Adlerstein,

S. 44; unten unten 119. S. 44;

Schlosser, d. d. Oetting,

Rn. 500; ders., N J W 1978, 4 5 5 , 458.

S. 121; Schlosser,

Rn. 500.

128

§ 6 Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht

dent partiality) des Schiedsrichters führt zur Aufhebbarkeit des Schiedsspruchs. 274 Andererseits aber kann ein schweres Fehlverhalten (misconduct) der Schiedsrichter zur Aufhebung des Schiedsspruchs führen. 275 Von diesen Grundsätzen ausgehend hat die US-amerikanische Rechtsprechung eine Pflicht zur Offenbarung (disclosure) früherer geschäftlicher Kontakte mit der Partei angenommen, 276 deren Verletzung ein die Aufhebung rechtfertigendes „misconduct" darstellt. 277 Danach hat der Schiedsrichter also die Pflicht, vor Antritt seines Amtes den Parteien alle Umstände zu offenbaren, die aus deren Sicht den Verdacht der Befangenheit hervorrufen können. 278 Die Parteien haben dann die Wahl, auf die Benennung des Schiedsrichters zu verzichten oder aber die mögliche Befangenheit hinzunehmen. Dagegen ist es nach den meisten Rechtsordnungen, so etwa nach deutschem Recht, ohne unmittelbare rechtliche Relevanz, ob die Schiedsrichter auf Umstände hinweisen, die Anlaß zur Besorgnis der Befangenheit geben. Dennoch ist es natürlich auch in diesen Rechtsordnungen von Bedeutung, ob die Tatsachen, die die Besorgnis der Befangenheit des Schiedsrichters rechtfertigen, offengelegt werden, denn die Parteien können ihr Ablehnungsrecht nur ausüben, wenn ihnen die Befangenheitsgründe auch bekannt sind. Die Kenntnis der Partei von den zur Ablehnung berechtigenden Tatsachen hat zudem unmittelbare rechtliche Bedeutung dadurch, daß nach den meisten Rechtsordnungen, insbesondere nach deutschem Recht, die Partei ihr Ablehnungsrecht verliert, wenn sie trotz dieser Kenntnis weiterverhandelt, ohne die Ablehnung des Schiedsrichters zu erklären. d) Das Verhältnis von Ablehnung und Anerkennungsversagung In den Rechtsordnungen, die bei Besorgnis der Befangenheit ein Ablehnungsrecht gewähren, ist die Frage von Bedeutung, inwieweit die Befangenheit trotz Ablehnungsmöglichkeit noch nach Erlaß des Schiedsgerichts berücksichtigt werden kann. Diese Frage hat ihre besondere Bri274

275

276

277 278

Page, Arb & the Law 1988/89, 50, 51; Oetting, S. 121; Schlosser, N J W 1978, 455, 458. Adlerstein, S. 44; Page, Arb & the Law 1 9 8 8 / 8 9 , 50, 54; Oetting, S. 121; Sc blosser, Rn. 500. C o m m o n w e a l t h Coatings Corp. v. Continental Casualities Co., 393 U.S. 145, 21 L.Ed.2d 301 (1968); Adlerstein, S. 44; Page, Arb & the Law 1988/89, 5 0 f.; Schlosser, Rn. 500. Adlerstein, S. 44; Schlosser, Rn. 500. Schlosser, N J W 1978, 455, 458.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

129

sanz in den Fällen, in denen die Partei erst nach Erlaß des Schiedsspruchs von dem Befangenheitsgrund Kenntnis erlangt. Hier finden sich im internationalen Vergleich bedeutende Unterschiede. aa) Die Regelung des deutschen Rechts Bei unzulässigen Kontakten zwischen Parteien und Schiedsrichter gewährt das deutsche Schiedsverfahrensrecht den Parteien (bei den von den Parteien bestellten Schiedsrichtern jeweils der anderen Partei) das Recht der Ablehnung des befangenen Schiedsrichters gemäß § 1032 i. V. m. § 42 ZPO, wobei (insoweit wird die Offenlegung relevant) das Ablehnungsrecht nach §§ 1032, 43, 44 IV ZPO verlorengeht, wenn sich die Partei in Kenntnis des Ablehnungsgrundes auf die Verhandlung einläßt 2 7 9 oder, soweit sie während des laufenden Schiedsverfahrens von dem Ablehnungsgrund erfährt, weiterverhandelt, ohne den Ablehnungsgrund geltendzumachen. 280 Wenn der Schiedsrichter aufgrund der Ablehnung sein Amt nicht niederlegt, muß die Partei, will sie ihr Ablehnungsrecht nicht verlieren, gemäß § 1045 ZPO das staatliche Gericht 281 anrufen, 2 8 2 das über das Ablehnungsgesuch entscheidet. Das Schiedsgericht kann gemäß § 1037 Z P O weiterverhandeln 283 und auch den Schiedsspruch erlassen. 284 Auch nach Erlaß des Schiedsspruchs hat jedoch das staatliche Gericht über das Ablehnungsgesuch zu entscheiden. 2 8 5 Hält das Gericht das Ablehnungsgesuch für begründet, so kann der Schiedsspruch gemäß § 1041 I Nr. 1 ZPO aufgehoben werden. 286 Nach Erlaß des Schiedsspruchs dagegen ist die Ablehnung des Schiedsrichters ausgeschlossen. 287 279

280 281

282

283 284 285

286

287

RG, LZ 1914, 1374; JW 1904, 495; Maier, Rn. 204; Oetting, S. 112; Schwab/ Walter, Kap. 14 Rn. 12 f.; Wieczorek/Schütze-Schütze, § 1032 Rn. 16. Maier, Rn. 205. D a s Schiedsgericht selbst, e b e n s o w e n i g ein Oberschiedsgericht etc., kann selbst bei entsprechender Parteivereinbarung nicht über die Ablehnung entscheiden; vgl. B G H Z 24, 1, 4. Vgl. B G H Z 24, 1, 3 f.; Maier, Rn. 206; Oetting, S. 112; Schwab/Walter, Kap. 14 Rn. 17. B G H Z 40, 342, 344; Schwab/Walter, Kap. 14 Rn. 20. B G H Z 24, 1, 4; 40, 342, 344; Maier, Rn. 205; Schwab/Walter, Kap. 14 Rn. 20. Η. M.; R G Z 148, 1, 2; B G H Z 24, 1, 5 f.; 40, 342, 344; Schwab/Walter, Kap. 14 Rn. 21. R G Z 148, 1, 2; Heimann-Trosien, FS Heusinger (1968) S. 271, 279; Stein/Joms-Schlosser, § 1041 Rn. 16; Schwab/Walter, Kap. 14 Rn. 2 0 m . w . N a c h w . B G H Z 24, 1, 5; 40, 342, 343; 51, 255; Adlerstein, S. 48; Maier, Rn. 206; Heimann-Trosien, FS Heusinger (1968) S. 271, 279; Schlosser, Rn. 500; Schwab/Walter, Kap. 14 Rn. 17.

130

§ 6 Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht

Umstritten ist hingegen die Frage, ob es möglich ist, die Befangenheit des Schiedsrichters nach Erlaß des Schiedsspruchs erstmals geltend zu machen, etwa durch eine Aufhebungsklage oder im Exequaturverfahren. Nach einer Meinung, die vom RG vertreten wurde, kann die Befangenheit nach Erlaß des Schiedsspruchs unter keinen Umständen geltend gemacht werden, auch dann nicht, wenn die Partei erst nach Beendigung des Schiedsverfahrens von dem Befangenheitgrund Kenntnis erlangte. 288 Dagegen vertreten das RG in einer späteren Entscheidung 289 und der BGH 2 9 0 im Einklang mit der h.M. der Literatur 291 die Auffassung, daß im Ausnahmefall die Befangenheit des Schiedsrichters auch nach Erlaß des Schiedsspruchs geltend gemacht werden könne. Nach der Formel des BGH ist dies dann der Fall, wenn es der Partei nicht möglich oder nicht zumutbar war, das Ablehnungsgesuch beim staatlichen Gericht noch während des Verfahrens einzureichen. 292 Unter diesen Voraussetzungen kann die Befangenheit im Aufhebungsverfahren geltend gemacht werden 293 oder im Vollstreckbarerklärungsverfahren als Einrede erhoben werden. 294 Allerdings ist es aber wohl auch in diesen Fällen erforderlich, daß die Ablehnung noch vor Erlaß des Schiedsspruchs gegenüber dem Schiedsgericht erklärt wurde. 295 Nach deutschem Schiedsverfahrensrecht ist es also nahezu ausgeschlossen, die Befangenheit des Schiedsrichters nach Erlaß des Schiedsspruchs noch geltendzumachen. 296 Diese Regelung erfüllt ihren Zweck, zu verhindern, daß die Parteien erst einmal das Ergebnis des Rechtsstreits abwarten, bevor sie den Schiedricher ablehnen, ist aber insbesondere dann problematisch, wenn die Partei erst nach Erlaß des Schiedsspruchs von der Befangenheit des Schiedsrichters erfahrt. 297 288 289 290 291 292 293 294 295

296

297

R G Z 148, 1, 3. RG, D R 1945, 94, 95. B G H Z 24, 1. Maier, Rn. 207; Schwab/Walter, Kap. 14 Rn. 18. B G H Z 24, 1, 7; 40, 342, 343. Oetting, S. 111; Schwab/Walter, Kap. 14 Rn. 18. B G H Z 24, 1, 7. RG, D R 1945, 94, 95; Vgl. Oetting, S. 111; Schwab/Walter, Kap. 14 Rn. 18. Auch im Fall B G H Z 24, 1 war die Ablehnung während des laufenden Schiedsverfahrens erklärt worden. Auch im Fall B G H Z 24, 1 verneinte der B G H das Vorliegen der Voraussetzungen des von ihm genannten Ausnahmefalls. Z u Recht kritisch Schlosser, Rn. 500.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

bb) Beispiele aus den übrigen kontinentaleuropäischen

131

Rechtsordnungen

Ähnlich dem deutschen Recht ist die Situation im Schweizer Recht, das ebenfalls nur die Ablehnung des Schiedsrichters unter Ausschluß der Geltendmachung von Befangenheitsgründen nach Erlaß des Schiedsspruchs vorsieht. Allerdings besteht nach der Rechtsprechung des Schweizer Bundesgerichts unter bestimmten Voraussetzungen dennoch die Möglichkeit der Aufhebung des Schiedsspruchs: Es hält in einer neueren Entscheidung die Parteien für verpflichtet, alle Umstände, die zur Besorgnis der Befangenheit des parteiernannten Schiedsrichters führen könnten, offenzulegen. Der Verstoß gegen diese Pflicht führt zur Aufhebung des Schiedsspruchs. 298 Das Gericht verwendet hier also dieselbe Konstruktion, mit der der amerikanische Supreme Court die Aufhebung des Schiedsspruchs wegen Besorgnis der Befangenheit ermöglicht. Eine solche Offenbarungspflicht trifft die Schiedsrichter ζ. B. auch nach niederländischem Recht. 299 Nach französischem Recht besteht, wie in allen kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen, die Möglichkeit der Ablehnung des Schiedsrichters, die in Art. 1463 n.c.p.c. geregelt ist. 300 Dagegen ist die Aufhebung des Schiedsspruchs aufgrund Besorgnis der Befangenheit nicht möglich. Eine Möglichkeit, die Befangenheit des Schiedsrichters ausnahmsweise noch nach dem Erlaß des Schiedsspruchs geltend zu machen, räumte die Cour de Cassation durch die vielzitierte Entscheidung „Ury ./. Galeries Lafayette" 301 ein: Die Cour entschied, daß die Partei, der die Befangenheit des Schiedsrichters zum Zeitpunkt des Abschlusses des Schiedsvertrages nicht bekannt war, den Schiedsvertrag wegen Irrtums über die Person des Schiedsrichters anfechten könne mit der Folge, daß der Schiedsspruch wegen Fehlens eines wirksamen Schiedsvertrages aufzuheben sei. 302 In einer späteren, in der Literatur ζ. T. heftig kritisierten 303 Entscheidung, vertrat die Cour de Cassation jedoch die Auffassung, daß die Tatsache, daß der nur von einer Partei ernannte Schiedsrichter als Gutachter vorher für die Partei in der Streitsache tätig

298

299 300 301 302

303

BG, Urt. V. 14.1.1985; BG, Urt v. 14.3.1985, BGE 111 Ia 72, 76. Siehe dazu auch Haas, S. 235. Laschet, KTS 1985, 231, 246 m . w . N a c h w . jarrosson, S. 61; Oetting, S. 118. Cour de Cass., Urt. v. 13.4.1972, D . 1973, 2 = rev. arb. 1975, 235. Cour de Cass., D . 1973, 2, 3; siehe auch Oetting, S. 117; Robert, D . 1973, 3, 4; Schlosser, Rn. 500. Vgl. Jarrosson, S. 6 2 f.; siehe auch: Schlosser, Rn. 500.

132

§ 6 Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht

war, keinen Aufhebungsgrund abgebe, 304 obwohl in dem zu entscheidenden Fall dieser Umstand der anderen Partei zur Zeit der Vereinbarung des Schiedsvertrags nicht bekannt war. 305 Im Ergebnis kann somit nach den meisten Rechtsordnungen, die eine Ablehnung des Schiedsrichters kennen, die Besorgnis der Befangenheit nach Erlaß des Schiedsspruchs im Ausnahmefall, insbesonderers bei nachträglicher Kenntnis von den Kontakten zwischen dem Schiedsrichter und der anderen Partei, noch geltend gemacht werden. 306

3. Die Befangenheitsgründe

im einzelnen

Es stellt sich nun die Frage, welche Kontakte zwischen Partei und Schiedsrichter einen Grund zur Ablehnung des Schiedsrichters abgeben sollen, denn die zwischen Partei und Schiedsrichter bestehenden Kontakte können sehr unterschiedlicher Art sein. Unbestritten ist, wie bereits dargestellt, daß nicht jeder Kontakt zu einem Ablehnungsgrund führen kann. Zur Zusammenfassung dieser unterschiedlichen Konstellationen in entscheidungserhebliche Gruppen sind 2 Kriterien besonders geeignet: das erste Kriterium ist der zeitliche Zusammenhang der Kontakte zum Schiedsverfahren, wonach sich vorangegangene, während des Verfahrens bestehende und spätere Kontakte unterscheiden lassen. Kontakte zwischen Schiedsrichter und einer Partei nach Ablauf des Schiedsverfahrens sind als solche kein Grund für die Nichtanerkennung des Schiedsspruchs. Entsprechendes gilt auch für den Bereich des common law: Hier gehören spätere Kontakte zwischen Schiedsrichter und Partei nicht zu den Gründen, die die Aufhebung des Schiedsspruchs ermöglichen. 307 Für die weitere Untersuchung kann folglich diese Fallgruppe außer Betracht bleiben. Das zweite Kriterium ist das des sachlichen Zusammenhangs der Kontakte zum Schiedsverfahren, wonach Kontakte mit Bezug zum konkreten Streitfall von solchen ohne einen solchen Bezug unterschieden werden können. 304 305 306 307

C o u r de Cass., rev a r b . 1986, 57. Vgl. Jarrosson, S. 61. A n d e r s ζ. B. in Belgien; vgl. Laschet, KTS 1985, 231, 2 4 2 m . w . N a c h w . R o b i n s Silk M a n u f a c t u r i n g C o . v. C o n s o l i d a t e d Piece D y d e W o r k s , 25 N.Y. 87 (1929); d a g e g e n Schlosser, R n . 514, der in d e n Fällen, in d e n e n die B e f a n g e n h e i t a u c h n a c h E r l a ß geltend g e m a c h t w e r d e n k a n n , a u c h s p ä t e r e „ a u f f ä l l i g e " K o n t a k t e als B e f a n g e n h e i t s g r u n d ansieht.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

133

a) Kontakte mit konkretem Bezug z u m Streitfall Den deutlichsten Anlaß zum Zweifel an der Unparteilichkeit des Schiedsrichters geben sicherlich die Fälle, in denen zwischen Schiedsrichter und Partei Kontakte mit einem konkreten Bezug zum Streitfall bestehen, und zwar unabhängig davon, ob diese Kontakte während des Schiedsverfahrens oder zu einem früheren Zeitpunkt bestanden. Ein vielzitiertes Beispiel für diese Fallgruppe ist die vorherige Anfertigung eines Gutachtens durch einen Schiedsrichter für eine der Parteien, wie dies in der Entscheidung Fall Ury v. Galeries Lafayettes der französischen Cour de Cassation 3 0 8 der Fall war. Hier wird nach deutschem Recht allgemein ein Ablehnungsgrund angenommen. 3 0 9 Ein dennoch erlassener Schiedsspruch führt — vorbehaltlich der Präklusion — zu einem Aufhebungsgrund nach § 1041 I Nr. 1 ZPO. b) Sonstige Kontakte aaj Kontakte zwischen Partei und Schiedsrichter während des Verfahrens Geschäftliche oder persönliche Kontakte ohne unmittelbaren Bezug zum Streitfall, die eine Partei zu einem Schiedsrichter unterhält, sind schwer schematisch zu bewerten und weitgehend vom Einzelfall abhängig. Dennoch lassen sich allgemeine Aussagen und Tendenzen feststellen. Das deutsche Schiedsverfahrensrecht nimmt einen strengen Standpunkt ein: Danach soll schon jeder etwas intensivere Kontakt zwischen Partei und Schiedsrichter, der außerhalb des Schiedsverfahrens erfolgt, einen Befangenheitsgrund darstellen. 310 Charakteristisch für diese strenge Haltung ist eine Entscheidung des O L G München, das in der Bewirtung eines Schiedsrichters durch einen (aufgrund Stimmanteilen) einflußreichen Gesellschafter einer Partei während des Schiedsverfahrens einen Befangenheitsgrund sah. 311

308 309 310

311

Cour de Cass., D. 1973, 2. Adlerstein, S. 45; Schlosser, Rn. 500; Schwab/Walter, Kap. 14 Rn. 8. Schlosser, Rn. 507; Stein/Jonas-ScWosser, § 1032 Rn. 22. Wohl auch: Haas, S. 232. OLG München, BB 1971, 886, 887. Zustimmend die ganz h.L.: Vgl. ζ. B. Schwab/Walter, Kap. 14 Rn. 8.

134

§ 6 Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht

Dieser Standpunkt wird aber nicht überall geteilt: Zwar wird in den meisten Staaten in einem während des Schiedsverfahrens erfolgenden Kontakt zwischen Partei und Schiedsgericht ein Ablehnungsgrund gesehen. 312 Allerdings wurde ζ. B. in England in einer älteren Entscheidung die während des Schiedsverfahrens stattfindende Bewirtung eines umpire (Obmanns) durch eine Partei nicht als Aufhebungsgrund angesehen. 313 bb) Frühere Kontakte

zwischen Partei und

Schiedsrichter

Problematisch, da am meisten von den Umständen des Einzelfalles abhängig, ist die Frage, ob und welche vor dem Schiedsverfahren bestehenden Kontakte zwischen Partei und Schiedsrichter einen Befangenheitsgrund darstellen können. Bei der Annahme eines Befangenheitsgrundes ist dabei Zurückhaltung geboten, denn schließlich ist es einer der anerkannten Vorzüge des Schiedsverfahrens, daß die Parteien Personen, denen sie vertrauen, zu Schiedsrichtern wählen können (s. o.). Es ist daher anerkannt, daß nur eine „Verbindung besonderer Art" 314 zwischen Partei und Schiedsrichter als Befangenheitsgrund in Frage kommt. 3 1 5 Im einzelnen gehen die Ansichten hier sehr weit auseinander: Ein Fall einer besonderen Beziehung liegt anerkanntermaßen vor, wenn der Schiedsrichter ein früherer Angestellter der Partei oder Gläubiger bzw. Schuldner der Partei ist oder wenn der Schiedsrichter in einer früheren, gleichartigen Sache zugunsten einer der Parteien entschieden hatte. 316 Teilweise allerdings wird vertreten, bereits bloße frühere geschäftliche Kontakte zwischen Partei und Schiedsrichter reichten zur Annahme der Befangenheit aus. 317 Andererseits soll es nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung unschädlich sein, wenn der Schiedsrichter vor Entstehen der Streitigkeit beide Parteien bei der Redaktion des umstrittenen Vertrages beraten hatte. 318

3,2 313

314 315

316 317 318

Vgl. Haas, S. 2 3 2 , m . w . N a c h w . R e H o p p e r (1867) 36 L. J. Q . B. 97; M o r s l e y v. S i m p s o n (1873), L. R. Ex. 226, zitiert n a c h Russell/Walton/Vitoria, S. 382; siehe a u c h Adlerstein, S. 47. Adlerstein, S. 44. Vgl. Haas, S. 231; Schlosser, Z Z P 93 (1980) 121, 140; Schwab/Walter, Kap. 14 R n . 7. Vgl. Schwab/Walter, K a p . 14 R n . 7. Schwab/Walter, K a p . 14 R n . 8. Haas, S. 231.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

4. Berücksichtigung

im

135

Exequaturverfahren

Der Vollstreckbarerklärung eines unter Mitwirkung eines befangenen Schiedsrichters erlassenen Schiedsspruchs kann der Anerkennungsversagungsgrund des § 1044 II Nr. 1 ZPO i. V. m. dem Schiedsverfahrensstatut entgegengehalten werden, soweit das Schiedsverfahrensstatut die Aufhebung ermöglicht. Soweit nach dem Schiedsverfahrensstatut überhaupt eine Aufhebungsmöglichkeit besteht, wird bei Kontakten mit konkretem Bezug zum Streitfall regelmäßig der Anerkennungsversagungsgrund des § 1044 II Nr. 1 ZPO gegeben sein. Dies gilt schon sehr viel weniger für sonstige Kontakte innerhalb des Schiedsverfahrens, da insbesondere die Rechtsordnungen des common law hier relativ großzügig zu sein scheinen (s. o.); erst recht läßt sich keine generelle Aussage darüber treffen, ob und in welchen Fällen frühere Kontakte zur Anerkennungsversagung nach § 1044 II Nr. 1 ZPO führen. In allen Fällen ist zu beachten, daß nach herrschender Meinung der Anerkennungsversagungsgrund des § 1044 II Nr. 1 ZPO dann nicht eingreift, wenn die Partei einen ihr zur Verfügung stehenden befristeten Rechtsbehelf gegen den Schiedsspruch nicht fristgerecht eingelegt hat. Im Anwendungsbereich des UNÜ kommt zunächst der Anerkennungsversagungsgrund des Art. V 1 d) UNÜ in Betracht. Die Befangenheit des Schiedsrichters ist dabei unter dem Gesichtspunkt einer fehlerhaften Besetzung des Schiedsgerichts zu berücksichtigen, was insofern von Bedeutung ist, als hier - anders als bei Verfahrensmängeln - die mögliche Kausalität des Mangels für den Schiedsspruch nicht erforderlich ist. Ein Verstoß gegen die Vereinbarung der Parteien kommt bei vor der Bestellung des Schiedsrichters bestehenden Kontakten nur bei fehlender Offenlegung in Betracht. Kontakte während des Schiedsverfahrens stellen einen Anerkennungsversagungsgrund nach Art. V 1 d) U N Ü dar, soweit sie durch Parteivereinbarung verboten sind, oder, bei Schweigen der Parteien, das subsidiär geltende Recht die Kontakte für unzulässig erklärt. Sofern eine Bindung der Parteivereinbarung an den ordre public oder die zwingenden Nonnen des maßgeblichen Rechts bejaht wird, 319 können Kontakte auch insoweit zur Anerkennungsversagung nach Art. V 1 d) UNÜ führen. Dies dürfte bei Kontakten mit konkretem Bezug zum Streitfall sogar recht häufig der Fall sein, weil solche Kontakte in vielen Rechtsordnung als Verstoß gegen den ordre public gewertet werden. 319

Siehe d a z u o b e n II. 2. b.

136

§ 6 Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht

5. Ordre public Die Entscheidung durch einen befangenen Schiedsrichter kann einen Verstoß gegen den deutschen ordre public darstellen. 320 Dies gilt jedoch nicht, soweit eine Ablehnung des Schiedsrichters möglich war oder die Aufhebung des Schiedsspruchs aufgrund der Befangenheit betrieben werden konnte. 321 Im einzelnen sind vier Fallgruppen zu unterscheiden: Die erste Fallgruppe betrifft die Fälle, in denen im ausländischen Schiedsverfahren die Ablehnung eines Schiedsrichters von vornherein ausgeschlossen war, aber unter ähnlichen Voraussetzungen der Schiedsspruch aufgehoben werden konnte. Hier ist der Ausschluß des Ablehnungsrechts nicht zu beanstanden, da die Möglichkeit der Anfechtung des Schiedsspruchs der Ablehnungsmöglichkeit gleichwertig ist. Ein anders zu beurteilender Fall ist gegeben, wenn die Befangenheit des Schiedsrichters weder durch eine Ablehnung des Schiedsrichters noch durch eine Aufhebung des Schiedsspruchs möglich ist. In dieser — rein theoretischen Fallgruppe — ist ein Verstoß gegen den deutschen ordre public gegeben. Eine dritte Fallgruppe ist gegeben, wenn die Ablehnung eines Schiedsrichters zwar grundsätzlich möglich war, aber zu Unrecht verweigert wurde. Hier liegt ein ordre-public-Verstoß dann vor, wenn die Ablehnung für unbegründet erachtet wurde, obwohl aus der Sicht des deutschen Rechts ein schwerwiegender Ablehnungsgrund gegeben war. 322 Schließlich sind jene Fälle zusammenzufassen, in denen die Ablehnung eines Schiedsrichters zwar möglich war, die Partei aber von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat. Dies gilt auch für den Fall, daß eine Ablehnung im konkreten Fall deswegen nicht möglich war, weil die Partei erst nach Erlaß des Schiedsspruchs von dem Ablehnungsgrund Kenntnis erhalten hat. Genauso zu beurteilen ist der Fall, daß zwar kein Ablehnungsverfahren zur Verfügung stand, aber die Möglichkeit zur Aufhebung des Schiedspruchs wegen Befangenheit bestand und die Partei diese Möglickeit nicht genutzt hat. In diesen Fällen liegt kein Verstoß gegen den deutschen ordre public vor. 323

320 321 322 323

OLG Köln, Z Z P 91 (1978) 318; Schwab/Walter, Kap. 4 9 Rn. 5. Schwab/Walter, Kap. 49 Rn. 5. Schwab/Walter, Kap. 49 Rn. 7. Vgl. Haas, S. 234, zur Versäumung der Ablehnung.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

137

V. Einflußnahme eines Trägers institutioneller Schiedsgerichtsbarkeit 1. Fallgruppen der Einflußnahme Probleme hinsichtlich der Unabhängigkeit und Überparteilichkeit des Schiedsgerichts können sich auch durch Einflußnahme einer Trägerorganisation der institutionellen Schiedsgerichtsbarkeit ergeben: Die Wahl eines Schiedsgerichts der institutionellen Schiedsgerichtsbarkeit ist fast zwangsläufig mit einem gewissen Einfluß der Trägerorganisation auf das Schiedsverfahren verbunden; schließlich soll die Trägerorganisation das Verfahren unterstützen. Die Einflußnahme der Organisation und damit die Möglichkeit der Beeinflussung des schiedsgerichtlichen Verfahrens ist umso stärker, je intensiver die Mitwirkung der Organisation im Verfahren ist, und vor allem welchen Zwecken sie dient: Beschränkt sich die Mitwirkung auf eine rein organisatorische Unterstützung, können sich kaum einmal Probleme für die Unabhängigkeit und Überparteilichkeit des Schiedsgerichts ergeben. Anders ist dies, wenn die Trägerorganisation, wie es vielfach der Fall ist, eine Gewähr für eine bestimmte Qualität der Rechtsprechung „ihrer" Schiedsgerichte übernimmmt, und mehr noch, wenn sie selbst Ziele verfolgt, die durch das Schiedsverfahren berührt werden können. Aus diesem sehr komplexen und vielschichtigen Bereich werden im folgenden vier Fallgruppen erörtert, die ganz typische Problembereiche ansprechen. Dies ist zunächst die Problematik der Einflußnahme der Trägerorganisation auf die Besetzung des Schiedsgerichts: Hier werden die Fälle der verbindlichen Schiedsrichterlisten und der Ernennung des Schiedsgerichts durch die Trägerorganisation erörtert. Von dem Bereich der Einflußnahme auf das Verfahren selbst werden die institutionalisierte Rechtsberatung, wie sie einige Trägerorganisationen zur Verfügung stellen, sowie die Problematik des Genehmigungsvorbehalts hinsichtlich des Schiedsspruchs dargestellt.

2. Verbindliche Schiedsrichterlisten a) Die unterschiedlichen Gruppen der Trägerorganisationen Die Schiedsordnungen von Trägern institutioneller Schiedsgerichtsbarkeit enthalten in vielen Fällen die Bestimmung, daß alle Schiedsrichter

138

§ 6 Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht

aus einer von der Trägerorganisation erstellten Schiedsrichterliste zu wählen sind. Für die Untersuchung der Frage, ob hieraus Bedenken gegen die Unabhängigkeit des Schiedsgerichts abgeleitet werden können, sind 2 Arten von Trägern institutioneller Schiedsgerichtsbarkeit zu unterscheiden: zum einen die Schiedsgerichtsbarkeit der Handelskammern und die Börsenschiedsgerichte, zum anderen die sonstigen Verbandsschiedsgerichte. Diese Unterscheidung, die für die Beurteilung der institutionellen Schiedsgerichtsbarkeit von grundlegender Bedeutung ist, 324 durchzieht im Grunde alle Sachfragen im Zusammenhang mit der institutionellen Schiedsgerichtsbarkeit. Der wesentliche Unterschied dieser beiden Arten institutioneller Schiedsgerichtsbarkeit liegt darin, daß die Verbände, die die Träger der Schiedsgerichtsorganisation sind, eigenwirtschaftliche Ziele verfolgen, 325 während die Handelskammern und vergleichbare Institutionen keine eigenwirtschaftlichen Ziele oder spezielle Verbandsinteressen verfolgen, sondern allgemein den Handel fördern und unterstützen wollen. 326 Bei den Verbandsschiedsgerichten kommt es immer wieder vor, daß deren verbindliche Schiedsrichterliste ausschließlich Verbandsmitglieder enthält. Bezüglich der hieraus erwachsenden Zweifel an der Unabhängigkeit des Schiedsrichters werden allgemein zwei Fälle unterschieden: zum einen der Fall, daß es sich um eine Streitigkeit zwischen Verbandsmitgliedern handelt, zum anderen der Fall, daß nur eine der Parteien Verbandsmitglied ist. In der Sache geht es um zwei Probleme: zum einen um die Einflußnahme der Trägerorganisation gegenüber den Schiedsrichtern. Die Organisation kann durch die Möglichkeit, bestimmte Personen in die Liste aufzunehmen oder von der Liste zu streichen, auf die Schiedsrichter Druck ausüben, ihre Entscheidungen konform zur Politik des Verbandes zu treffen. Zum anderen ist es zumindest nicht ausgeschlossen, daß die Schiedsrichter der Partei, der sie durch die gemeinsame Verbandsmitgliedschaft verbunden sind, wohlwollender gegenüberstehen als einer Partei, die nicht dem Verband angehört. Dabei wiegt viel schwerer als eine mögliche persönliche Verbundenheit der Umstand, daß bei den einzelnen Verbandsmitgliedern sehr oft gleichartige Interessenlagen bestehen, und das Verbandsmitglied auch als

324 325 326

Siehe d a z u Wolf, S. 4 ff. Wolf, S. 5. Wolf, S. 5.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraus Setzungen

139

Schiedsrichter der eigenen Interessenlage zumindest viel Verständnis entgegenbringen wird. Bei Streitigkeiten zwischen Verbandsmitgliedern, bei denen nur das erstgenannte Problem eine Rolle spielt, sind nach deutschem Schiedsverfahrensrecht verbindliche Schiedsrichterlisten, die ausschließlich Verbandsmitglieder enthalten, zulässig. 327 Dies ist jedoch anders, wenn nur eine Partei Mitglied des Verbandes ist: Hier sind verbindliche Schiedsrichterlisten, die nur Verbandsmitglieder enthalten, nach ganz herrschender Meinung unzulässig. 328 Soweit also die Schiedsverfahrensordnung des Verbandes auch für diesen Fall vorsieht, daß die Schiedsrichter aus einer nur Verbandsmitglieder enthaltenden Liste zu wählen sind, ist die Bestellung des Schiedsrichters nach § 134 BGB nichtig. 329 Ein von einem nach dieser Regelung bestimmten Schiedsgericht erlassener Schiedsspruch kann nach § 1041 I Nr. 1 ZPO aufgehoben werden. 330 Die Unzulässigkeit einer auch gegenüber Dritten verbindlichen Schiedsrichterliste gilt auch in den meisten anderen Rechtsordnungen. 331 Bezüglich der Schiedsgerichtsbarkeit der Handelskammern und ähnlicher Institutionen werden dagegen verbindliche Schiedsrichterlisten akzeptiert, 332 und zwar unabhängig von der Beziehung der Parteien zur Handelskammer. Dies gilt nicht nur für das Paradebeispiel der IHKSchiedsgerichtsbarkeit, sondern nach deutschem Schiedsverfahrensrecht auch für sonstige Schiedsgerichte der Handelskammern und Börsenschiedsgerichte. Diese Einstellung herrscht wohl auch international vor. 333

327 328

329 330 331

332

333

Stein/Jonas-ScWosser, ξ 1032 R n . 1 8 . O L G Karlsruhe, N J W 1957, 1036; Kornblum, S. 251; Meyer-Cording, S. 136; Roth, S. 163; Schwab/Walter, K a p . 9 R n . 11; w o h l a u c h : B G H Z 51, 255. Α. Α.: Bülow, N J W 1970, 585, 589 (kein Verstoß v e r b i n d l i c h e r Schiedsrichterlisten gegen d a s G e b o t d e r ü b e r p a r t e i l i c h e n Rechtspflege; A b l e h n u n g der Schiedsrichter bei - k o n k r e t e n — Bedenken gegen d e r e n U n p a r t e i l i c h k e i t ) . Schwab/Walter, Kap. 9 R n . 12. Schwab/Walter, K a p . 9 R n . 12. Ζ . B. im belgischen R e c h t , w o n a c h A r t . 1687 Abs. des c o d e judiciaire ein ausschließlich v o m V e r b a n d gebildetes Schiedsgericht in diesem Fall gegen den G l e i c h h e i t s g r u n d s a t z v e r s t ö ß t ; Adlerstein, S. 3 6 m.w. N a c h w . Allg. A u f f . ; Bülow, N J W 1970, 5 8 5 , 586 Fn. 14; Roth, S. 163; S t e i n / J o n a s Schlosser, $ 1032 R n . 18; Wolf, S. 125. Siehe ζ. B. eine E n t s c h e i d u n g des Schweizer BG, d a s die v e r b i n d l i c h e Schiedsrichterliste einer H a n d e l s k a m m e r f ü r u n b e d e n k l i c h hält: B G E 84 I 48.

140

§ 6 Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht

Die entscheidende Frage ist, wie der Kreis derjenigen Organisationen, deren verbindlichen Schiedsrichterlisten unbedenklich sind, abzugrenzen ist. Für diese Aufgabe sind die von Schlosser vorgeschlagenen Kriterien geeignet, wonach darauf abzustellen ist, ob an dem Verband Unternehmen mehrerer Produktions- und Handelsstufen beteiligt sind, ob ferner auf der Schiedsrichterliste ausreichend Personen als Schiedsrichter zur Verfügung stehen, die der Wirtschaftsstufe des Außenseiters angehören und ob der Verband keine wirtschaftlichen Ziele verfolgt, die sich gegen den Außenseiter richten. 334 b) Berücksichtigung im Exequaturverfahren Soweit nach dem Schiedsverfahrensstatut wegen der verbindlichen Schiedsrichterlisten ein Aufhebungsgrund gegeben ist, kann möglicherweise § 1044 II Nr. 1 ZPO der Anerkennung des Schiedsspruchs entgegenstehen. Im Geltungsbereich des UNÜ kommt nur der Anerkennungsversagungsgrund des Art. V 1 d) UNÜ in Betracht. Dieser greift dann ein, wenn eine Bindung der Parteien an den ordre public oder die zwingenden Normen des maßgeblichen Verfahrensrechts anerkannt wird 335 und danach die Aufstellung einer auch für Streitigkeiten mit Dritten verbindlichen Liste durch einen Verband unzulässig ist. c) Ordre public Die Vollstreckbarerklärung im Falle der verbindlichen Schiedsrichterliste einer Verbandsschiedsgerichtsbarkeit, nach der auch ein Außenseiter ausschließlich Verbandsmitglieder als Schiedsrichter benennen kann, wird regelmäßig am deutschen ordre public scheitern, da die in diesem Fall vorliegende unzulässige Besetzung der Schiedsrichterbank einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichheit der Parteien bzw. den Grundsatz der Unparteilichkeit des Schiedsgerichts darstellt. 336 3. Ernennung der Schiedsrichter

durch die

Trägerorganisation

a) Die Probleme bei der Schiedsrichterernennung Ähnliche Probleme wie im Falle des Übergewichts einer Partei bei der Bildung des Schiedsgerichts können entstehen, wenn die Schiedsrichter 334 335 336

Stein/Jonas-ScWosser, § 1032 Rn. 18. Zur Auslegung des Art. V 1 d) UNÜ siehe oben II. 2. b. Wegen der Gefahr der Parteilichkeit des Schiedsgerichts vgl. Adlerstein, S. 35.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

141

von einer Trägerorganisation der institutionellen Schiedsgerichtsbarkeit ernannt werden. Bei der Ernennung des Schiedsgerichts durch eine Trägerorganisation sind eine Reihe von Fallgruppen zu unterscheiden, die sehr unterschiedlich bewertet werden: zum einen die Fälle, in denen die Trägerorganisation selbst eine Partei — dies wird bei Verbandsschiedsgerichten durchaus relevant — des Verfahrens ist. Hier gelten die allgemeinen Grundsätze zur Ernennung der Schiedsrichter durch eine Partei; insoweit kann auf das oben Gesagte verwiesen werden. Eine weitere Fallgruppe ist dann gegeben, wenn nur eine der Parteien der Trägerorganisation nahesteht, dies betrifft im wesentlichen den Fall der Streitigkeit zwischen einem Verbandsmitglied und einem Außenseiter. Die dritte Fallgruppe betrifft die Fälle, in denen die Trägerorganisation beiden Parteien gleichermaßen nahe- bzw. fernsteht. Nach deutschem Schiedsverfahrensrecht ist die Ernennung des Schiedsgerichts durch eine Trägerorganisation, die nur einer der beiden Seiten verbunden ist, unzulässig. 337 Die entsprechende Schiedsabrede ist also unwirksam, der Schiedsspruch ist aufhebbar. Dies gilt allerdings nicht, wenn die Ernennung der Trägerorganisation nach Entstehen der Streitigkeit vereinbart wurde. Soweit die Trägerorganisation zu beiden Parteien in einem gleichartigen Verhältnis steht, können die Parteien dieser Organisation die Ernennung der Schiedsrichter überlassen. Entscheidend ist somit, welche Art von Verbindung zwischen einer Partei und der Trägerorganisation ausreicht, um die Ernennung der Schiedsrichter durch die Organisation auszuschließen. Das wesentliche Kriterium für das Vorliegen einer „schädlichen" Verbindung ist die Verbandszugehörigkeit. Gleichwohl ist diese nach der Auffassung der Literatur nicht das ausschließliche Kriterium. 338 Diese Auffassung teilt auch der BGH: In einem Streit um den Wert der Kanzlei eines verstorbenen Rechtsanwalts, der zwischen den Erben und dem Käufer, einem kammerzugehörigen Rechtsanwalt geführt wurde, ernannte die Rechtsanwaltskammer einen Schiedsrichter zur Bewertung der Kanzlei. Der BGH hielt dieses Verfahren für zulässig. 339 Hierbei dürfte, ohne daß der BGH darauf Bezug nahm, auch die Art des Verbandes, hier eine Rechtsanwaltskammer, eine Rolle gespielt haben. Danach ist davon auszugehen, daß nicht stets, aber zumindest im Regelfall schon die bloße Verbandszugehörigkeit ausreicht, um eine Ver337 338 339

Vgl. OLG Düsseldorf, N J W 1996, 4 0 0 f. Stein/Jonas-ScMosser, « 1032 Rn. 18 ff. BGH, N J W 1973, 98.

142

§ 6 Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht

bindung der Partei mit dem Verband herbeizuführen, die die Ernennung aller Schiedsrichter durch den Verband ausschließt.

b) Berücksichtigung im Exequaturverfahren Wenn die Ernennung der Schiedsrichter durch die Trägerorganisation nach dem Schiedsverfahrensstatut unzulässig und deswegen der Schiedsspruch aufhebbar ist, kann der Anerkennungsversagungsgrund des § 1044 II Nr. 1 ZPO eingreifen. Im Anwendungsbereich des U N Ü kommt vor allem der Anerkennungsversagungsgrund des Art. V 1 d) U N Ü in Betracht. Der Vereinbarung der Parteien wird die Ernennung der Schiedsrichter durch die Trägerorganisation in aller Regel entsprechen, so daß Art. V 1 d) U N Ü nur dann eingreifen kann, wenn man die Bindung der Parteien wenigstens an den ordre public des Rechts des Landes, in dem das Schiedsgericht seinen Sitz hat, annimmt und nach diesem Recht ein ordre-public-Verstoß gegeben ist.

c) Ordre public Soweit die Ernennung der Schiedsrichter durch die Trägerorganisation unzulässig ist, ergibt sich dies aus dem Grundsatz der Unabhängigkeit bzw. Unparteilichkeit des Schiedsgerichts. Da dieser Grundsatz durch den anerkennungsrechtlichen ordre public geschützt ist, liegt auch jeweils eine Unvereinbarkeit mit dem deutschen ordre public vor.

4. Sonstige Einflußnahme durch die Trägerorganisation Von den Fällen sonstiger Einflußnahme der Träger institutioneller Schiedsgerichtsbarkeit auf das Schiedsverfahren, derer eine Fülle denkbar und in der Paxis anzutreffen sind, 3 4 0 sollen hier beispielhaft zwei Fälle erörtert werden, die in der Literatur häufig diskutiert werden: die Frage der Zulässigkeit „institutionalisierter Rechtsberatung" 3 4 1 durch die Trägerorganisation sowie die Problematik des Vorbehaltes der Genehmigung bzw. der Korrektur eines Schiedsspruchs durch die Trägerorganisation.

340 341

Siehe dazu o b e n 1. Z u dem B e g r i f f siehe Schlosser,

Rn. 523.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungs voraus Setzungen

143

a) Rechtsberatung durch Berater der Trägerorganisation aa) Die Problematik der institutionalisierten Rechtsberatung In den Verfahrensregeln einiger ständiger Schiedsgerichte ist eine institutionalisierte Rechtsberatung vorgesehen, bei der von der Organisation bestellte Berater an den Schiedsverfahren teilnehmen. 342 Der Zweck dieser Einrichtung ist es zum einen, die Aufhebung bzw. Nichtanerkennung des Schiedsspruchs wegen formeller Fehler zu verhindern 343 und zum anderen, auf eine gewisse Stetigkeit in der Rechtsprechung des ständigen Schiedsgerichts hinzuwirken. 344 Diese Beratung birgt zweifellos eine gewisse Gefahr für die sachliche Unabhängigkeit des Schiedsgerichts. Dennoch ist es im deutschen Schiedsverfahrensrecht nahezu unstreitig, daß eine solche Beratung nicht grundsätzlich unzulässig ist. 345 Es werden allerdings in einzelnen unterschiedlich weitgehende Einschränkungen gemacht. 346 Während die Rechtsprechung sehr kasuistisch zu einzelnen Fällen Stellung genommen hat, 347 werden in der Literatur zwei Grundpositionen vertreten: Nach einer Auffassung soll eine solche Beratung lediglich als Stellungnahme zu bestimmten Rechtsfragen, also i. S. eines „expert", wie ihn das englische Recht kennt, zulässig sein. 348 Dagegen ist nach die rechtliche Beratung des Schiedsgerichts nach einer anderen Auffassung grundsätzlich zulässig. Allerdings dürfen in der Person des Beraters keine Gründe vorliegen, die im Fall eines Schiedsrichters einen Ablehnungsgrund darstellen würden. Außerdem ist nach dieser Ansicht die Anwesenheit des Beraters auch während der mündlichen Verhandlung erforderlich. 349 Der Berater wird in dieser Konzeption zu einem „zusätzlichen Schiedsrichter mit beratender Stimme" 350 . Je nachdem, wo man hier die Grenze ziehen will, kommt jenseits dieser Grenze eine Aufhebung des Schiedsspruchs nach § 1041 I Nr. 1 ZPO in Betracht (i.d.R. wird auch ein Verstoß gegen den ordre public gegeben sein) bzw. eine Ablehnung des Beraters, soweit auf das Vorliegen eines „Ablehnungsgrundes" abgestellt wird. 342 343 344 345 346 347 348 349 350

Vgl. Schlosser, Rn. 523; Stein/Jonas-ScWosser, § 1032 Rn. 40. Wolf, S. 150; Stein/Jonas-ScWosser, § 1032 Rn. 42. Bartos, S. 207; Schlosser, Rn. 523; Stein/Jonas-ScWosser, § 1032 Rn. 40. Siehe Wolf, S. 152 m.Nachw. auch zur Gegenmeinung (Fn. 372). Siehe dazu insb. Schlosser, Rn. 523, sowie Adlerstein, S. 55, jew.m.w.Nachw. Siehe die Übersicht bei Wolf, S. 152. Adlerstein, S. 55. Stein/Jonas-ScWosser, § 1032 Rn. 40. Schlosser, Rn. 523; Stein/Jonas-ScMosser, § 1032 Rn. 40.

144

§ 6 Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht

Im Exequaturverfahren ist in Fällen unzulässiger Rechtsberatung die Versagung der Vollstreckbarerklärung nach § 1044 II Nr. 1 ZPO i. V. m. dem maßgeblichen Recht denkbar — wenngleich ohne praktische Bedeutung —, wenn nach dem Schiedsverfahrensstatut die Rechtsberatung durch die Trägerorganisation unzulässig ist. Im Geltungsbereich des UNÜ kommt der Anerkennungsversagungsgrund des Art. V 1 d) UNÜ wegen eines Verstoßes gegen Parteivereinbarungen in Betracht. In der Praxis wird danach aber regelmäßig kein Anerkennungsversagungsgrund gegeben sein, da die Parteien die Verfahrensordnung ja gewählt haben. Allenfalls können, wenn man den entsprechenden Meinungen folgt, der ordre public oder die zwingenden Normen des Verfahrensstatuts eingreifen. Unter Umständen kann, je nach der Grenze zulässiger Beratung, auch der deutsche ordre public wegen Verstoßes gegen die Unabhängigkeit des Schiedsgerichts eingreifen. b) Genehmigungsvorbehalt und Korrektur des Schiedsspruchs aa) Die Zulässigkeit eines Genehmigungsvorbehalts Eine sehr umstrittene Frage bezüglich des zulässigen Einflusses der Trägerorganisation ist die des Genehmigungsvorbehalts, die Situation also, daß der Träger die erlassenen Schiedssprüche überprüft, bevor sie wirksam werden. Die Diskussion wird überwiegend am Beispiel des Art. 21 der Verfahrensordnung des Schiedsgerichts der Internationalen Handelskammer Paris i.d.Fassung v. 16.1.1975 geführt. 351 Art. 21 der VerfO sieht vor, daß das Schiedsgericht vor Erlaß des Schiedsspruchs den Entwurf der Organisation vorzulegen hat; diese ist berechtigt, formale Fehler selbständig zu berichtigen. Außerdem kann die Organisation auf sachliche Fehler hinweisen und die Schiedsrichter insoweit zu einer erneuten Beratung über die monierten Punkte zwingen. 352 Die Frage der Vereinbarkeit dieses Genehmigungsvorbehaltes mit dem deutschen Recht, zu der noch keine Rechtsprechung vorliegt, wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Nach einer Meinung ist jedenfalls die Regelung des Art. 21 VerfO IHK unbedenklich; 353 dies wird oft damit begründet, daß die Korrekturmöglichkeit lediglich formale Fehler 351

352 353

Eine ähnliche Bestimmung enthält Art. 23 der Schiedsgerichtsordnung der C O FACI; Wolf, S. 33. Wolf, S. 33. Aden, S. 128 f.

145

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

betreffe. Andere halten diese Regelung wegen des Hinweisrechts bei sachlichen Fehlern für unzulässig, da dieses auf ein Vetorecht der Schiedsorganisation hinauslaufe. 354 Nach dieser Ansicht soll ein Schiedsspruch, auf dessen Inhalt sich diese Intervention ausgewirkt hat, wegen Verstoßes gegen die sachliche Unabhängigkeit des Schiedsrichters gegen den ordre public des § 1041 I Nr. 2 ZPO verstoßen. 355 Auch bezüglich anderer Rechtsordnungen oder ohne Bezug auf ein bestimmtes Recht wird Art. 21 VerfO IHK teilweise akzeptiert, teilweise aber auch sehr heftig kritisiert und wegen eines Eingriffs in die Unabhängigkeit des Schiedsgerichts für unzulässig gehalten. 356 Zusammenfassend ist festzustellen, daß die Korrektur formaler Fehler durch die Trägerorganisation allgemein für zulässig gehalten wird, wogegen jeglicher Eingriff in bezug auf den Entscheidungsinhalt ganz überwiegend als Eingriff in die sachliche Unabhängigkeit des Schiedsgerichts angesehen wird. bb)

Berücksichtigung

im

Exequaturverfahren

Soweit das maßgebliche ausländische Recht den Genehmigungsvorbehalt bzw. die Möglichkeit von Korrekturen in der Sache als einen Grund für die Aufhebung des Schiedsspruchs qualifiziert, kann der Anerkennungsversagungsgrund des § 1044 II Nr. 1 ZPO eingreifen. Im Anwendungsbereich des UNÜ kann u.U. der Aufhebungsgrund des Art. V 1 d) U N Ü gegeben sein, obwohl die Parteien durch Bezugnahme auf die Schiedsordnung den Genehmigungsvorbehalt akzeptiert haben. Dies ist dann der Fall, wenn man mit der herrschenden Meinung eine Bindung der Parteien an den ordre public des Schiedsverfahrensstatuts annimmt 357 und der Genehmigungsvorbehalt gegen den ordre public des Schiedsverfahrensstatuts verstößt. cc)

Ordre public

Soweit im einzelnen ein Verstoß gegen die sachliche Unabhängigkeit des Schiedsrichters angenommen wird, liegt ein Verstoß gegen den deut354

Vgl. Wolf, S. 153; w o h l auch: Schwab, FS Kralik (1986) S. 3 1 7 , 3 2 4 f., der d a r auf hinweist, d a ß bei sachlichen H i n w e i s e n des Schiedsgerichtshofs d e r Schiedss p r u c h in D e u t s c h l a n d n a c h d e r im d e u t s c h e n R e c h t h e r r s c h e n d e n A u f f a s s u n g zur schiedsrichterlichen U n a b h ä n g i g k e i t w o h l nicht a n e r k a n n t w ü r d e .

355

Adlerstein, S. 56; Schlosser, R n . 526. 356 wiget, S J Z 1979, 17, 21; siehe a u c h die N a c h w . bei Schlosser, 357 Siehe zu diesem Streit o b e n II. 2. b.

R n . 524.

146

§ 6 Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht

sehen ordre public vor, 358 der Schiedsspruch kann also nicht anerkannt werden.

B) Abweichungen von Anweisungen der Parteien Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht ergeben sich auch dann, wenn das Schiedsgericht die Schiedsvereinbarung der Parteien, die die Grundlage seiner Tätigkeit ist, oder sonstige Anweisungen der Parteien, an die das Schiedsgericht gebunden ist, mißachtet. Diese Abweichungen können vielfältigster Art sein und sich sowohl auf das Verfahren als auch auf die Entscheidung als solche beziehen. Zumeist liegt bei Verstößen der Schiedsrichter gegen Anweisungen der Parteien eine Abweichung vom Schiedsvertrag vor, da die Parteien derartige verbindliche Anweisungen in der Regel im Schiedsvertrag oder durch Bezugnahme auf eine Schiedsordnung erteilen. Im folgenden werden beispielhaft vier Fälle der Abweichung vom Schiedsvertrag erörtert, die von einer gewissen praktischen Relevanz und Gegenstand der Diskussion sind: das Problem der Überschreitung des Schiedsauftrags, die Entscheidung infra bzw. ultra petita, die Entscheidung unter Heranziehung unzulässiger Entscheidungsmaßstäbe und schließlich die Entscheidung nach Ablauf der Amtszeit der Schiedsrichter.

I. Entscheidung über die Grenzen des Schiedsvertrags hinaus 1. Rechtsfolgen

der Überschreitung

der

Schiedsabrede

Eine Abweichung des Schiedsgerichts vom Schiedsauftrag der Parteien kann zunächst darin liegen, daß das Schiedsgericht über einen Streitgegenstand befindet, der von der Schiedsabrede der Parteien nicht erfaßt wird. Dieser Fehler ist zu unterscheiden von den Fällen der Entschei-

358

Adlerstein,

S. 56.

147

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

dung ultra bzw. infra petita, 359 bei denen es um die Abweichung von den Parteianträgen geht. 360 Ob der Streitgegenstand vom Schiedsvertrag erfaßt wird, richtet sich nach dem Schiedsvertragsstatut. 361 Im Zusammenhang mit der Überschreitung der Schiedsvereinbarung wird die Frage der KompetenzKompetenz des Schiedsgerichts 362 relevant, denn die Kompetenz des Schiedsgerichts, - auf der Grundlage einer entsprechenden Parteivereinbarung - über das Vorliegen eines wirksamen Schiedsvertrages mit für die staatlichen Gerichte bindender Wirkung zu entscheiden, erstreckt sich auch auf die Feststellung des sachlichen Umfangs der Schiedsabrede. Da nach deutschem Recht zumindest in der Praxis die Schiedsgerichte diese Kompetenz-Kompetenz haben, wenn eine gesonderte Parteivereinbarung dies so bestimmt, 363 ist ein inländischer Schiedsspruch auch bei einer - aus der Sicht des Exequaturgerichts — die Grenzen der Schiedsabrede überschreitenden Entscheidung nicht aufhebbar. Liegt eine solche Parteivereinbarung nicht vor, ist bei einer Abweichung vom Schiedsauftrag der Aufhebungsgrund des § 1041 I Nr. 1 ZPO gegeben, da der Schiedsspruch insoweit nicht auf einem wirksamen Schiedsvertrag basiert. 364 Auch nach den meisten anderen Rechtsordnungen stellt eine Überschreitung der Schiedsabrede einen Grund zur Aufhebung des Schiedsspruchs dar. 365

2. Berücksichtigung

im

Exequaturverfahren

Wenn nach dem ausländischen Schiedsverfahrensstatut die Überschreitung des Schiedsauftrags einen Aufhebungsgrund darstellt, kann die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs an § 1044 II Nr. 1 ZPO i. V. m. dem Schiedsverfahrensstatut scheitern.

359 360 361 362 363 364 365

Schlosser, R n . 860; Haas, S. 202, Fn. 192; Scbwab/Walter, Siehe d a z u u n t e n II. 1. O L G D ü s s e l d o r f , R I W 1996, 239. Siehe o b e n § 5, A. III. Siehe o b e n § 5, A. III. S t e i n / j o n a s - S c h l o s s e r , § 1041 R n . 10. Vgl. Loquin, N r . 291.

K a p . 5 7 R n . 4.

148

§ 6 Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht

Im Geltungsbereich des U N Ü ist der Anerkennungsversagungsgrund des Art. V 1 c) U N Ü gegeben, soweit die Entscheidung über die Grenzen der Schiedsabrede hinausgeht. 366

3. Ordre public Da das Fehlen eines wirksamen Schiedsvertrags nicht zu einem Verstoß des Schiedsspruchs gegen den deutschen ordre public führt, greift dieser auch nicht bei einer Entscheidung ein, die über die Grenzen der Schiedsabrede hinausgeht. Dies gilt auch dann, wenn der nicht vom Schiedsvertrag gedeckte Streitgegenstand nach deutschem Rechts nicht objektiv schiedsfähig ist, da auch die objektive Schiedsfähigkeit nicht zum ordre public gehört.

II. Die Entscheidung ultra bzw. infra petita 1. Die Bindung des Schiedsgerichts

an die

Parteianträge

Von einer Entscheidung ultra petita spricht man, wenn das Schiedsgericht einer Partei mehr zuspricht, als sie in ihrem Klageantrag beantragt hat. Dementsprechend bleibt der Schiedsspruch bei einer Entscheidung infra petita hinter dem Antrag der Partei zurück, wobei ein Fall der Entscheidung infra petita — in Abgrenzung zu einer konkludenten Teilabweisung — nur dann vorliegt, wenn das Schiedsgericht den Klageantrag nicht erschöpfend beurteilt. Die Entscheidungen infra und ultra petita sind also keine Fälle der Abweichung des Schiedsgerichts vom Schiedsvertrag. Sie lassen sich aber sinnvoll als Fälle der Abweichung vom Parteiwillen verstehen, da die Festlegung des Streitgegenstandes durch die Parteianträge eine Entscheidung der Parteien ist, an die das Schiedsgericht gebunden ist; insofern handelt es sich um eine der Festlegung der Entscheidungsbefugnis des Schiedsgerichts in der Schiedsabrede ähnliche Entscheidung der Parteien.

366

Gottwald, FS Nagel (1987) S. 54, 60; Klein, SJZ 57 (1961) 247; Sedlacek, 3 (1962) 23, 33; Schwab/Walter, Kap. 57 Rn. 4.

ZfRV

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

149

Soweit ein inländischer Schiedsspruch ultra petita ergeht, kann dieser nach § 1041 I Nr. 1 ZPO wegen fehlerhaften Verfahrens aufgehoben werden. 367 Ebenso liegt ein Verfahrensfehler bei einem Schiedsspruch infra petita vor, wenn also das Schiedsgericht über einen Teil des Streitgegenstandes nicht entschieden hat. 368 Dies soll allerdings nur in den — seltenen - Fällen zur Aufhebbarkeit des Schiedsspruchs nach § 1041 ZPO führen, in denen dieser Verfahrensfehler Auswirkungen auf den entschiedenen Teil hat. 3 6 9 Ansonsten soll ein Teilschiedsspruch vorliegen, 370 der in entsprechender Anwendung des § 321 ZPO ergänzt werden kann; 371 ein neuer Schiedsvertrag ist dann nicht erforderlich. 372 Auch nach französischem Recht kann der Schiedsspruch gegebenenfalls als Teilschiedsspruch anerkannt werden; 373 dagegen greift nach schweizerischem Recht wohl stets der Aufhebungsgrund des Art. 190 I c) IPRG ein. 374

2. Berücksichtigung

im

Exequaturverfahren

Wenn nach dem ausländischen Schiedsverfahrensstatut die Entscheidung ultra bzw. infra petita aufhebbar ist, kann die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs an § 1044 II Nr. 1 ZPO i. V. m. dem Schiedsverfahrensstatut scheitern. Bei der Entscheidung ultra petita ist im Anwendungsbereich des U N Ü nach allgemeiner Auffassung der Anerkennungsversagungsgrund des Art. V 1 c) U N Ü gegeben. 375 Die Behandlung eines infra petita ergangenen Schiedsspruchs, der nach überwiegender Ansicht nicht unter

367

368 369 370 371

372 373

374 375

R G Z 149, 45, 49; Bühler/Waitz von Eschen, IPRax 1990, 62, 63; Stein/JonasSchlosser § 1041 Rn. 16, 18. Stein/Jonas-ScWoiser, § 1041 Rn. 19. Stein/]onas-Schlosser, § 1041 Rn. 19. Schwab/Walter, Kap. 21 Rn. 14; Stein/Jonas-ScWosser, § 1039 Rn. 23. Schwab/Walter, Kap. 21 Rn. 14; Schlosser, Rn. 860; Stein/Jonas-Schlosser, S 1039 Rn. 23. Schwab/Walter, Kap. 21 Rn. 14; Stein/Jonas-ScMosser, § 1039 Rn. 23. Vgl. Cour d'appel Paris, Urt. v. 22.7.1982, zit. nach Schlosser, Rn. 860; Cour d'appel Paris, rev. arb. 1989, 328. Schlosser, Rn. 860. Bertheau S. 72; Bredin, Clunet 87 (1960) 1002, 1022; Klein, SJZ 5 7 (1961) 247; Schlosser, Rn. 860; Schwab/Walter, Kap. 5 7 Rn. 4.

150

§ 6 Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht

Art. Υ 1 c) UNÜ fallt, 376 dagegen ist umstritten: Nach einer Meinung ist der Schiedsspruch anzuerkennen, da ein Anerkennungsversagungsgrund nicht gegeben sei. 377 Nach einer anderen Auffassung dagegen liegt ein Verstoß gegen Art. V 1 b) U N Ü vor. 378

3. Ordre public Ähnlich wie die Überschreitung des Schiedsvertrags stellt auch die Abweichung von den Parteianträgen keinen Verstoß gegen den anerkennungsrechtlichen deutschen ordre public dar.

III. Die Wahl eines unzulässigen Entscheidungsmaßstabs 1. Der unzulässige Entscheidungsmaßstab als Verstoß gegen die Schiedsvereinbarung Probleme aufgrund eines unzulässigen Entscheidungsmaßstabs können sich ergeben, wenn, allgemein formuliert, das Schiedsgericht auf der Grundlage eines anderen Rechts entscheidet als aus der Sicht des Exequaturgerichts anwendbar wäre oder seiner Entscheidung anstelle von Rechtssätzen Erwägungen der Billigkeit zugrundelegt. Systematisch gesehen ist dies eher eine Frage der inhaltlichen Richtigkeit des Schiedsspruchs denn der Abweichung vom Schiedsvertrag. Dennoch werden zwei Sonderfalle der Wahl eines falschen Entscheidungsmaßstabs auch unter dem Gesichtspunkt der Abweichung vom Schiedsvertrag erörtert: Der erste Sonderfall betrifft die Fallgruppe der Billigkeitsentscheidung, also die Entscheidung auf der Grundlage von Billigkeitserwägungen in Abgrenzung zu einer Rechtsentscheidung. 379 376

377 378

379

Schwab/Walter, Kap. 57 Rn. 4; van den Berg, S. 320. Α. Α.: Schlosser Rn. 860 (Schlosser differenziert: bei wirksamem Schiedsvertrag ist Art. V 1 c) UNÜ einschlägig, sonst Art. V 1 b) UNÜ). Van den Berg, S. 320. Schlosser, Rn. 860 (wenn der Schiedsvertrag unwirksam ist; s. o.); Schwab/Walter, Kap. 57 Rn. 4. Vgl. Schlosser, Rn. 863.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraus Setzungen

151

Hier wird auch von einer Entscheidung „ex aequo et bono" 3 8 0 gesprochen. Der Sachkomplex der Billigkeitsentscheidungen wird auch mit dem Begriff der „amiablen composition" bezeichnet. Unter diesem Stichwort wird die — systematisch anders verortete — Frage diskutiert, ob das Schiedsgericht die „Befugnis" hatte, als amiable compositeur, also nach Billigkeitsregeln, zu entscheiden. Die abweichende Terminologie dürfte ihren Grund darin haben, daß in anderen Rechtsordnungen, insbesondere im Rechtskreis des common law, eine ganz andere Beziehung von Entscheidungsmaßstab und Zuständigkeits („Kompetenz") -Fragen besteht als im deutschen Recht: 381 Im common law galt (und ist heute noch in vieler Hinsicht von Bedeutung) seit seinem Ursprung und über mehrere Jahrhunderte hinweg der zentrale Grundsatz, daß die Zuständigkeitsregeln zugleich den Entscheidungsmaßstab (und u.U. auch die Art der auszusprechenden Rechtsfolge) festlegen. Als zweiter Sonderfall ist hier die Entscheidung anhand der „lex mercatoria" oder nach „allgemeinen Rechtsgrundsätzen" zu nennen, was vor allem dadurch bedingt ist, daß zwischen beiden Fallguppen nicht immer scharf unterschieden wird. 382 Die Besonderheit der lex mercatoria liegt darin, daß es sich dabei — grob vereinfacht gesagt — um Rechtsgrundsätze handeln soll, die nicht einer bestimmten nationalen Rechtsordnung zuzuordnen sind, sondern ein anationales Gewohnheitsrecht des internationalen Handelsverkehrs darstellen. 383 Beide Themenbereiche, die Entscheidung als amiable compositeur wie die Frage der lex mercatoria sind zu komplex und zu umstritten, um im Rahmen einer Untersuchung des Doppelexequatur erörtert zu werden. Beide Fragen haben allerdings auch für das Doppelexequatur eine gewisse Bedeutung, und zwar dadurch, daß innerhalb mehrerer ausländischer Rechtsordnungen, aber auch im Rahmen des UNÜ bei diesen Fällen der Anwendung eines falschen Entscheidungsmaßstabs andere Anerkennungsversagungs- bzw. Aufhebungsgründe bestehen als es der Systematik des deutschen Rechts entspricht. Um diesem Umstand gerecht zu werden, werden die Besonderheiten, die sich bei der amiablen 380

Vgl. Berger,

381

Vgl. Schlosser, Rn. 861. Vgl. Berger, S. 3 9 4 f.; Schlosser,

382 383

S. 3 9 1 ; Sandrock,

JbPrSchiedsger 2 (1988) 120. Rn. 863.

Vgl. Schlosser, R n . 1 9 3 ff. m . zahlr. w. N a c h w . ; von 1 0 6 f.; Sandrock, J b P r S c h i e d s g e r 2 ( 1 9 8 8 ) 1 2 0 ff.

Hoffmann,

IPRax 1984,

152

§ 6 Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht

composition sowie bei der Entscheidung aufgrund der lex mercatoria für die Anerkennung von Schiedssprüchen ergeben, an dieser systematisch überraschenden Stelle erörtert. a) Die Entscheidung nach Billigkeitsgrundsätzen Die Zulässigkeit der Entscheidung nach Billigkeitsgrundsätzen wird im deutschen Recht nach herrschender Ansicht verfahrensrechtlich qualifiziert und untersteht dem Schiedsverfahrensstatut. 384 Diese Ansicht ist auch international herrschend. 385 Nach der zum deutschen Recht vertretenen Gegenmeinung ist diese Frage materiellrechtlich zu qualifizieren. 386 Von dieser Qualifikation ausgehend wird ζ. T. das in der Hauptsache maßgebliche Recht als für die Entscheidung über die Zulässigkeit der amiablen composition maßgeblich bezeichnet. 387 Bei einer zulässigen Entscheidung als amiabler compositeur aber liegt ein solches Hauptsachestatut gar nicht vor. 388 Aufgrund dieses Problems, das ζ. T. als unlösbar angesehen wird, 389 wird die Ansicht vertreten, das für die Zulässigkeit der Billigkeitsentscheidung maßgebliche Recht sei das Kollisionsrecht, aus dem die Befugnis zur amiablen composition abgeleitet werde. 390 384

A u s d r ü c k l i c h : I H K - S c h i e d s s p r u c h v. 3 . 1 1 . 1 9 8 0 , rev. a r b . 1980, 560; Fouchard, N r . 4 6 8 , 490; Loquin, N r . 310; von Hoffmann, S. 112. O f t w i r d zu dieser Frage nicht explizit Stellung g e n o m m e n ; die v e r f a h r e n s r e c h t l i c h e Q u a l i f i k a t i o n läßt sich n u r d a r a u s e n t n e h m e n , d a ß eine A b w e i c h u n g als V e r f a h r e n s v e r s t o ß qualifiziert w i r d u n d — bei i n l ä n d i s c h e n S c h i e d s s p r ü c h e n — d e r A n e r k e n n u n g s v e r s a g u n g s g r u n d des § 1041 I N r . 1 Z P O vorliegen soll; Vgl. die N a c h w e i s e u n t e n zu § 1041 I N r . 1 Z P O ; siehe a u c h die N a c h w . bei Sandrock, JbPrSchiedsger 2 (1988) 120, 126 Fn. 21.

385

I H K - S c h i e d s s p r u c h v. 3 . 1 1 . 1 9 8 0 , rev. a r b . 1980, 560; Fouchard, N r n . 4 6 8 , 490; Loquin, N r . 310. Schlosser, R n . 753; Triebel/Petzold, R I W 1988, 245, 258. Diese A n s i c h t w i r d z u t r e f f e n d d a m i t b e g r ü n d e t , d a ß diese Frage den E n t s c h e i d u n g s m a ß s t a b bet r i f f t ; vgl. Schlosser, R n . 753. Schlosser, R n . 753. Vgl. Schlosser, R n . 753; Triebel/Petzold, R I W 1988, 2 4 5 , 248. Schlosser, R n . 753. Triebel/Petzold, R I W 1988, 2 4 5 , 248. Diese Ansicht übersieht, d a ß der Schiedsv e r t r a g n i c h t , wie von Triebel/Petzold a n g e n o m m e n , von sich aus e i n e m bes t i m m t e n n a t i o n a l e n Kollisionsrecht z u z u o r d n e n ist. W e n n m a n aber e t w a als m a ß g e b l i c h e s Kollisionsrecht d a s des Schiedsgerichts a n s i e h t , d a n n f ü h r t diese Auff. zu d e m s e l b e n E r g e b n i s wie die h . M . Siehe zu diesem P r o b l e m a u c h Schlosser, R n . 753.

386

387 388 389 390

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

153

Nach deutschem Schiedsverfahrensrecht ist eine Billigkeitsentscheidung nur aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung der Parteien zulässig.391 Allerdings darf das Schiedsgericht auch dann, wenn ihm diese Befugnis zusteht, statt einer Entscheidung ex aequo et bono eine Rechtsentscheidung treffen. 392 Soweit das Schiedsgericht ohne eine entsprechende vertragliche Vereinbarung der Partien nach Billigkeitsgrundsätzen entscheidet, sich also „die Befugnis, als amiabler compositeur zu entscheiden, anmaßt", wie oft formuliert wird, stellt dies nach der herrschenden Ansicht zum deutschen Recht einen Verfahrensfehler dar. 393 Ein inländischer Schiedsspruch kann daher nach § 1041 I Nr. 1 ZPO aufgehoben werden. 394 Auch nach den meisten anderen Rechtsordnungen ist die Entscheidung nach Billigkeitsgrundsätzen nur aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung der Parteien zulässig.395 Ebenso bestimmt das UNCITRAL-Modellgesetz in seinem Art. 28 Nr. 3, daß die Entscheidung ex aequo et bono nur aufgrund ausrücklicher Ermächtigung durch die Parteien zulässig ist. b) Die Entscheidung anhand der lex mercatoria Ähnliches gilt auch für die Entscheidung nach der lex mercatoria: Nach deutschem Schiedsverfahrensrecht kann das Schiedsgericht auf der Grundlage allgemeiner Rechtsgrundsätze bzw. der lex mercatoria entscheiden, wenn die Parteien dies vereinbart haben. 396 391

392

393 394

395

396

Sandrock, JbPrSchiedsger 2 (1988) 120, 130; Dannenbring, Z Z P 65 (1952) 136, 143 ff.; Riehle, NJW 1950, 853; Roth, KTS 1967, 65, 87; Schwab/Walter, Kap. 19 Rn. 12 m.zahlr.Nachw. Berger, S. 396 f.; Gottwald, FS Nagel (1987) S. 55, 61; Haas, S. 196 m.w.Nachw.; Schlosser, Rn. 863; Stein/Jonas-ScMosser, § 1041 Rn. 19; Dasselbe gilt für das französische Recht: Cour d'appel de Paris, rev. arb. 1989, 83, 85; rev. arb. 1985, 285, 286 f.; rev arb. 1989, 280, 291; Loquin, rev. arb. 1985, 199, 222; ders., rev. arb. 1989, 87, 92. Gottwald, FS Nagel (1987) S. 54, 61; Stein/Jonas-ScWosser, § 1041 Rn. 19. Schwab/Walter, Kap. 19 Rn. 12; Sonnauer, S. 86; Stein/Jonas-ScWosser, § 1041 Rn. 19. So ζ. B. in den Niederlanden, (vgl. Sanders, YCA VI (1981) 60, 75); ebenso in Belgien, Art. 1704 (2) (d) CJ (vgl. Gottwald, FS Nagel (1987) S. 55, 61, Fn. 42; Sonnauer, S. 85 m. w. Nachw.) und in Österreich (vgl. Schlosser, KTS 1983, 668, 670ff.). Dagegen ist die Entscheidung ex aequo et bono nach einigen südamerikanischen Rechtsordnungen offenbar auch ohne Parteivereinbarung zulässig, vgl. Sandrock, JbPrSchiedsger 2 (1988) 120, 122. Gottwald, FS Nagel (1987) S. 54, 64.

§ 6 Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht

154

Dieselbe Rechtslage findet sich in den meisten Rechtsordnungen: In einigen Ländern wird die Ermächtigung des Schiedsgerichts im Wege der Parteivereinbarung durch Gesetz ausdrücklich zugelassen, so etwa in Frankreich 397 und in der Schweiz.398 Dagegen ist die Wahl der lex mercatoria als Entscheidungsmaßstab bei Fehlen einer entsprechenden Vereinbarung unzulässig und begründet zumindest in den meisten Staaten einen Aufhebungsgrund. 399

2. Berücksichtigung

im

Exequaturverfahren

Die unzulässige Entscheidung als amiabler compositeur kann ebenso wie die unberechtigte Entscheidung nach der lex mercatoria nach § 1044 II Nr. 1 ZPO i. V. m. dem Schiedsverfahrensstatut zur Versagung der Anerkennung führen. Nach dem UNÜ ist bei einer Entscheidung — ohne entsprechende Vereinbarung der Parteien — des Schiedsgerichts als amiabler compositeur (auf der Grundlage der Qualifikation als Verfahrensverstoß) der Anerkennungsversagungsgrund des Art. V 1 d) U N Ü gegeben, wenn nicht das Recht des Ursprungslandes des Schiedsspruchs die Entscheidung nach Billigkeitsgrundsätzen zuläßt. Die unberechtigte Zugrundelegung der lex mercatoria begründet den Anerkennungsversagungsgrund des Art. V 1 c) UNÜ. 4 0 0 Wenn die Parteien dem Schiedsgericht diese Befugnis zubilligen, kann u.U. der Anerkennungsversagungsgrund des Art. V 1 a) UNÜ gegeben sein, 401 und zwar dann, wenn nach dem Recht des Ursprungsstaates des Schiedsspruchs die Wahl der lex mercatoria zur Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung führt.

3. Ordre public In der unberechtigten Entscheidung als amiabler compositeur wird, soweit dazu Stellung genommen wird, ein Verstoß gegen den deutschen 397 398 399

400 401

Art. 1496 n.c.p.c. Art. 187 I P R G . Im d e u t s c h e n Recht ist der A u f h e b u n g s g r u n d des § 1041 I N r . 1 Z P O gegeben; vgl. Gottwald, FS N a g e l (1987) S. 5 4 , 65. Triebel/Petzold, R I W 1988, 2 4 5 , 250. W o h l a u c h : Schlosser, R n . 864. Triebel/Petzold, R I W 1988, 2 4 5 , 250.

2. Kap.: Unterschiedliche A nerkennungs voraus Setzungen

155

ordre public gesehen. Dasselbe soll auch für die unzulässige Entscheidung anhand der lex mercatoria gelten. 402

IV. Die Entscheidung nach Ablauf der Amtszeit 1. Die Befristung des

Schiedsrichteramtes

Ein ähnliches Problem wie bei der sachlichen Überschreitung des Schiedsauftrags stellt sich in den Fällen, in denen das Schiedsgericht nach Ablauf einer befristeten Amtszeit entscheidet. Eine solche Befristung der Amtszeit kann sich aus dem Schiedsvertrag ergeben; sie kann aber auch in einer Verfahrensordnung enthalten sein, deren Geltung die Parteien vereinbart haben, oder in einer Rechtsordnung, die subsidiär wegen Fehlens einer Parteivereinbarung maßgeblich ist. In allen Fällen kommt es darauf an, daß die jeweilige Entscheidungsfrist auch tatsächlich eine Regelung der Amtsdauer des Schiedsgerichts im Sinne einer absoluten zeitlichen Grenze enthält; 403 es ist also erforderlich, die zeitliche Begrenzung des Schiedsauftrags von einer bloßen Ordnungsvorschrift abzugrenzen. 404 Ein gutes Beispiel hierfür bildet die Regelung des Art. 18 IHKSchiedsO, die eine 6monatige Entscheidungsfrist vorsieht. Diese Frist ist nach mittlerweile wohl allgemeiner Auffassung als Ordnungsvorschrift zu verstehen, deren Ablauf nicht zur Beendigung des Schiedsrichteramtes führt. 4 0 5 In den verschiedenen nationalen Rechtsordnungen finden sich unterschiedliche Regelungen. Nach deutschem Schiedsverfahrensrecht ist das Amt der Schiedsrichter nicht befristet. Dagegen sieht das französische Recht eine zeitlich fest begrenzte Amtszeit des Schiedsrichters vor. 406 Gemäß Art. 1456 n.c.p.c. gilt eine Entscheidungsfrist von 6 Monaten, beginnend mit der Amtsannahme. 407 Eine begrenzte Entscheidungsfrist sieht 402 403 404 405

406 407

Triebet/Petzold, RIW 1988, 245, 250. Haas, S. 196. Haas, S. 196. BGHZ 104, 178, 182; Schlosser, Rn. 601; Stein/Jonas-ScWosser, $ 1041 Rn. 16; App.Ger. Basel-Stadt, IPRax 1985, 44. Schlosser, Rn. 440. Siehe auch Schlosser, Rn. 440, 448.

§ 6 Probleme im Verhältnis der Parteien zum Schiedsgericht

156

auch etwa das thailändische Schiedsverfahrensrecht vor. Hier gilt, daß die Schiedsrichter den Schiedsspruch innerhalb von 180 Tagen seit Ernennung des letzten Schiedsrichters erlassen müssen, sofern die Parteien nicht etwas anderes bestimmen. 408 Die Versäumung dieser Frist stellt einen — auf Rüge beachtlichen — Anerkennungsversagungsgrund dar. 409 Auch bei Ablauf einer von den Parteien vereinbarten Amtsdauer ist nicht stets schon dann ein Verstoß gegen die Parteivereinbarung gegeben, wenn die Entscheidung nach Ablauf dieser (ursprünglichen) Frist ergeht; vielmehr wird in vielen Fällen eine konkludente Verlängerung der Amtsperiode durch die Parteien gegeben sein. 410 Die Entscheidung nach Ablauf der Amtszeit führt bei einem inländischen Schiedsspruch wegen eines Verfahrensfehlers zur Aufhebbarkeit nach § 1041 I Nr. 1 ZPO. 411

2. Berücksichtigung

im

Exequaturverfahren

Die Entscheidung nach Ablauf der Amtszeit kann nach § 1044 II Nr. 1 ZPO i. V. m. dem Schiedsverfahrensstatut der Anerkennung entgegenstehen, 412 wenn das Schiedsverfahrensstatut daraus die Aufhebbarkeit des Schiedsspruchs ableitet — dies wird in aller Regel der Fall sein. Nach dem UNÜ ist bei Entscheidung nach Ablauf der Amtszeit, die am sachgerechtesten als zeitliche Überschreitung des Schiedsauftrags anzusehen ist, nach der überwiegenden Ansicht, insbesondere der deutschen Rechtsprechung, der Anerkennungsversagungsgrund des Art. V 1 c) U N Ü gegeben. 413 Nach anderer Ansicht soll hier nicht Art. V 1 c), sondern Art. V i a ) U N Ü einschlägig sein, da ein nach Ablauf der Entscheidungsfrist ergangener Schiedsspruch nicht auf einem wirksamen 408 409

410

411 412 4,3

See. 21 I des t h a i l ä n d i s c h e n A r b i t r a t i o n Act 1987. See. 21 III A r b i t r a t i o n Act 1987. Dies setzt allerdings v o r a u s , d a ß d e r Fristablauf i n n e r h a l b von 15 Tagen gerügt w i r d ; siehe d a z u Borges, R I W 1997, 5 7 0 , 573. Haas, S. 196. In der Praxis w u r d e bisher z u m i n d e s t in d e n Fällen, in d e n e n der Ablauf der Amtszeit des Schiedsgerichts g e g e n ü b e r der A n e r k e n n u n g geltend g e m a c h t w u r d e , von d e n E x e q u a t u r g e r i c h t e n eine stillschweigende Verlänger u n g d e r A m t s p e r i o d e des Schiedsgerichts a n g e n o m m e n ; vgl. C o u r d ' a p p e l des Bruxelles, Pas. 1960 II, 129, 130; C o u r d ' a p p e l d e D i n a n t , R D J B 1 9 5 6 - 6 5 Bd. 1 S. 279, P a r a 38; jew. zit. n a c h Haas, S. 196 Fn. 159, m . w . N a c h w . Stein/Jonas-Schlosser $ 1041 R n . 16. B G H , R I W 1976, 449, 4 5 1 . So offensichtlich a u c h der B G H , R I W 1976, 449, 450.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

157

Schiedsvertrag beruhe. 414 Schließlich wird vertreten, daß hier ein Verfahrensverstoß vorliege, der gemäß Art. V 1 d) UNÜ zur Versagung der Anerkennung führe. 415 Die praktische Relevanz dieses Streits ist gering: Nach Art. V 1 c) U N Ü und Art. V 1 d) UNÜ kommt es jeweils darauf an, ob die Entscheidung nach Ablauf der Amtszeit gegen eine Anweisung der Parteien verstößt. Das Schiedsverfahrensstatut, auf das Art. V 1 a) UNÜ verweist, wird in aller Regel eine Vereinbarung der Parteien über eine Begrenzung oder Verlängerung der Amtszeit respektieren. Somit wird die Überschreitung der Amtszeit stets einen Anerkennungsversagungsgrund des U N Ü begründen.

3. Ordre public Ein Schiedsspruch, der nach Ablauf der Amtszeit des Schiedsgerichts ergangen ist, verstößt deswegen noch nicht gegen den deutschen ordre public. Dies ergibt sich daraus, daß auch ansonsten das Fehlen eines wirksamen Schiedsvertrages oder die sachliche Überschreitung des Schiedsvertrages keinen ordre-public-Verstoß des Schiedsspruchs begründen.

§7

Mängel des schiedsgerichtlichen Verfahrens

A) Die Besonderheiten des schiedsgerichtlichen Verfahrens Das Verfahren vor dem Schiedsgericht bildet einen der wesentlichen Unterschiede zwischen Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Gerichtsbarkeit, und in den Besonderheiten des Verfahrens, dessen Flexibilität und Kürze zu den stets genannten Vorzügen der Schiedsgerichtsbarkeit gehören, liegt einer der Gründe für die Beliebtheit der Schiedsgerichtsbarkeit.

414 4,5

Schwab /Walter, K a p . 5 7 R n . 5; van den Berg, S. 3 1 8 . Schlosser, R n . 8 6 4 .

158

§ 7 Mängel des schiedsgerichtlichen Verfahrens

Nach deutschem Schiedsverfahrensrecht unterliegt das Verfahren gemäß § 1034 II ZPO der Gestaltungsfreiheit der Parteien und dem Ermessen der Schiedsrichter. Die §§ 1028—1037 ZPO, die einzelne Fragen des Schiedsverfahrens regeln, setzen dieser Freiheit der Parteien allerdings gewisse Grenzen. 416 Wichtiger als die Einschränkungen der §§ 1028 ff. ZPO ist aber der Grundsatz des rechtlichen Gehörs, der dem Schiedsverfahren genauso zugrundeliegt wie dem Verfahren vor einem staatlichen Gericht. 417 An die Gewährung des rechtlichen Gehörs im Schiedsverfahren werden auch im wesentlichen dieselben Anforderungen gestellt wie an ein Verfahren vor staatlichen Gerichten. 418 Hierüber können sich die Schiedsrichter nicht hinwegsetzen, und ein Verstoß hiergegen führt zur Aufhebbarkeit des Schiedsspruchs. Dieser Regelungsmechanismus, wonach von der Freiheit der Parteien zur Gestaltung des Verfahrens auszugehen ist, diese Freiheit aber durch die Grundsätze des rechtlichen Gehörs und des fairen Verfahrens begrenzt wird, findet sich in den meisten Rechtsordnungen. Allerdings ergeben sich aufgrund des unterschiedlichen Verständnisses von einem fairen Verfahren und von der Wahrung des rechtlichen Gehörs im einzelnen erhebliche Unterschiede, so daß es im internationalen Rechtsverkehr von erheblicher Bedeutung ist, welchem Recht das Verfahren vor dem Schiedsgericht unterliegt. Das Schiedsverfahrensstatut können die Parteien nach deutschem Recht frei wählen. 419 Dies gilt auch in der Anerkennungssituation. Im Geltungsbereich des U N Ü ergibt sich diese Rechtswahlfreiheit aus Art. V 1 d) UNÜ. 4 2 0 Im folgenden werden beispielhaft einige Problembereiche des Schiedsverfahrens erörtert: die Frage der Benachrichtigung der Parteien von der Einleitung des Verfahrens, der Vertretung der Parteien, die Ermittlung des Sachverhalts im engeren Sinne und schließlich die äußere Gestaltung des Verfahrensablaufs. Dagegen werden die Probleme im Zusammenhang mit der Konstituierung des Schiedsgerichts nicht eigens 416 417

418

419

420

Schwab/Walter, Kap. 50 Rn. 13. B G H Z 85, 288, 291; 96, 40, 47; BGH, W M 1983, 1207, 1208 m.w.Nachw.; BGH, N J W 1992, 2299. B G H Z 31, 43, 45; 65, 59, 63; 85, 288, 291; 96, 40, 47; B G H , N J W 1992, 2299; O L G Stuttgart, IPRax 1987, 369, 372; Stein/Jonas-ScWosser, § 1044 Rn. 47; Schütze in Schütze/Tscherning/Wais, Rn. 645; Schwab/Walter, Kap. 15 Rn. 1. Α. A. noch das Reichsgericht; vgl. RG, H R R 1936, 920. Böckstiegel, FS Beitzke (1979) S. 443, 445; Habscheid, Z Z P 70 (1957) 25, 36; Sandrock, J Z 1986, 370, 372; Schwab/Walter, Kap. 50 Rn. 12. Siehe oben § 6, Α. II. 2. b.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvorausset2ungen

159

erörtert, da die wesentlichen Fragen der Sache nach bereits im Zusammenhang mit der Beziehung zwischen Schiedsgericht und Partei untersucht wurden.

B) Mangelhafte Benachrichtigung der Parteien von dem Verfahren

I. Fallgruppen der fehlerhaften Benachrichtigung Wie bei einem Verfahren vor einem staatlichen Gericht stellt sich auch für das Schiedsverfahren die Frage nach den Konsequenzen für die Rechtsbeständigkeit eines Schiedsspruchs, wenn er in einem Verfahren ergangen ist, von dem die beklagte Partei entweder gar nicht benachrichtigt wurde oder so kurzfristig vor dem Verhandlungstermin, daß sie ihre Verteidigung nicht mehr vorbereiten konnte. Anders als beim staatlichen Gerichtsverfahren stellt sich die Frage nach den Folgen einer nicht ordnungsgemäßen Zustellung eines verfahrenseinleitenden Schriftstücks in der Praxis nicht, da nach deutschem Schiedsverfahrensrecht wie auch nach den meisten anderen Rechtsordnungen keine Form für die Benachrichtigung von der Einleitung des Schiedsverfahrens vorgeschrieben ist. 421 Und es kommt auch kaum einmal vor, daß ein Schiedsspruch ergeht, ohne daß die Parteien von dem Schiedsverfahren Kenntnis hatten. Sofern allerdings ein Schiedsspruch in einem Verfahren ergeht, von dem eine Partei keine Kenntnis hatte, ist nach wohl allen Rechtsordnungen ein Aufhebungsgrund gegeben; nach deutschem Schiedsverfahrensrecht ist in diesem Fall der Aufhebungsgrund des § 1041 I Nr. 1 2. Alt. ZPO wegen eines Verfahrensfehlers sowie nach § 1041 I Nr. 4 ZPO wegen Verweigerung des rechtlichen Gehörs gegeben. Im übrigen liegt aber auch ein Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public nach § 1041 I Nr. 2 ZPO vor. 422 Ganz ähnlich kann auch im Falle einer zu kurzfristigen Benachrichtigung oder eines Verstoßes gegen eine von den Parteien vereinbarte Form der Benachrichtigung ein Aufhebungsgrund gegeben sein. 421 422

Schlosser, R n . 605. 5 1041 I N r . 4 w i r d allgemein als A u s p r ä g u n g des o r d r e public a n g e s e h e n ; vgl. Schütze in Schütze/Tscherning/Wais, R n . 6 4 5 i. V. m . R n . 644.

160

§ 7 Mängel des schiedsgerichtlichen Verfahrens

Der Aufhebungsgrund des unzulässigen Verfahrens nach § 1041 I Nr. 1 ZPO ist grundsätzlich bei einem Verstoß gegen eine Parteivereinbarung gegeben, 423 die auch durch die Einbeziehung einer bestimmten Verfahrensordnung eines institutionellen Schiedsgerichts erfolgen kann, oder bei Verstoß gegen nicht abbedungene oder unabdingbare gesetzliche Vorschriften. 424 Allerdings muß der Schiedsspruch auf dem Verfahrensverstoß „beruhen". 425 Hierfür reicht es aus, wenn der Verfahrensfehler den Schiedsspruch beeinflußt haben kann; 426 eine tatsächliche Kausalität des Verfahrensfehlers für die Entscheidung hingegen ist nicht erforderlich. 427 Ein Verstoß gegen ein gesetzliches Fristerfordernis kommt auch im Rahmen des § 1041 I Nr. 1 ZPO nur unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs in Betracht, denn das deutsche Schiedsverfahrensrecht kennt keine besonderen Fristen für die Benachrichtigung der Parteien. In der Tat ist bei einer zu kurzen Frist zwischen der Benachrichtigung/ Ladung der Partei und der Verhandlung das rechtliche Gehör nicht gewährt, wobei die Angemessenheit der Frist sehr stark von den Umständen des konkreten Falles abhängt. 428 Der Aufhebungsgrund des § 1041 I Nr. 1 ZPO ist allerdings nach überwiegender Ansicht nur auf Einrede zu berücksichtigen. 429 Im Falle einer zu kurzfristigen Benachrichtigung ist aber auch stets der Aufhebungsgrund des § 1041 I Nr. 4 ZPO — auch hier muß der Schiedsspruch auf dem Verstoß beruhen 430 — gegeben, und § 1041 I Nr. 4 ZPO ist nach herrschender Meinung von Amts wegen zu berücksichtigen. 431 423 424 425 426

427 428 429 430

431

Schwab/Walter, Kap. 24 Rn. 8; Stein/Jonas-Schlosser, § 1044 Rn. 15. Schwab/Walter, Kap. 24 Rn. 8. MünchKommZPO-Maier, § 1041 Rn. 10; Schwab/Walter, Kap. 24 Rn. 16. BGHZ 7, 163, 169; 31, 43, 47; BGH, NJW 1952, 27; MünchKommZPO-iVtaer, § 1041 Rn. 10; Schwab/Walter, Kap. 24 Rn. 16; Stein/Jonas-ScWosser, § 1041 Rn. 15. Im Ergebnis ebenso: Zöller-Geimer, 5 1041 Rn. 66. Α. A. offenbar Hermanns, IPRax 1987, 353, 355. BGHZ 31, 43, 48. Allg. Auff.; vgl. Schlosser, Rn. 831. Zöller -Geimer, § 1041 Rn. 66. MünchKommZPO-Ma/er, § 1041 Rn. 17; Schwab/Walter, Kap. 24 Rn. 34; Stein/Jonas-ScWosser, § 1041 Rn. 36. Es reicht allerdings aus, wenn der Schiedsspruch auf der Versagung des rechtlichen Gehörs beruhen kann; BGHZ 3, 215, 219; 31, 43, 47; 96, 40, 49; BGH, NJW 1992, 2299; OLG München, MDR 1968, 1018, 1019; Schwab/Walter, Kap. 24 Rn. 34; Stein/Jonas-ScWosser, § 1041 Rn. 36. Α. A. Roth, S. 176 (kein Erfordernis der potentiellen Kausalität des Verstoßes für den Schiedsspruch). OLG Hamburg, RIW 1979, 482, 486; MünchKommZPO-Maier, § 1042 Rn. 4.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

161

Ein Verstoß gegen die Form der Benachrichtigung kann sich nur bei einer entsprechenden Vereinbarung der Parteien ergeben. In aller Regel wird aber in diesem Fall der später ergangene Schiedsspruch nicht auf dem Verfahrensverstoß beruhen; erst recht liegt keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor. Nach deutschem Recht kann also der Schiedsspruch in aller Regel nicht wegen eines solchen Formverstoßes aufgehoben werden.

II. Berücksichtigung im Exequaturverfahren Die fehlende, verspätete oder nicht ordnungsgemäße Benachrichtigung der Parteien von der Einleitung des Schiedsverfahrens kann im Verfahren der Vollstreckbarerklärung nach autonomem Recht nach § 1044 II Nr. 1 ZPO i. V. m. dem Schiedsverfahrensstatut zur Versagung der Anerkennung führen. Wichtiger ist der Anerkennungsversagungsgrund des § 1044 II Nr. 4 ZPO, der inhaltlich mit der Vorschrift des § 1041 I Nr. 4 ZPO übereinstimmt. 432 Es kann also insoweit auf das oben Gesagte verwiesen werden. Umstritten ist allerdings, ob eine Präklusion eintritt, wenn der Schiedsspruchschuldner es unterläßt, den Schiedsspruch wegen Versagung des rechtlichen Gehörs im Schiedsverfahren im Ursprungsland mit der Aufhebungsklage anzugreifen. Dies wird von der herrschenden Meinung zu Recht abgelehnt, 433 da § 1044 II Nr. 4 ZPO die Vorstellungen des deutschen Rechts von den Anforderungen an das rechtliche Gehör schützt. Da der Schuldner des Schiedsspruchs im ausländischen Aufhebungsverfahren diesen Maßstab nicht geltend machen kann, fehlt es an der Grundlage für eine Präklusion. Im Geltungsbereich des U N Ü ist bei fehlender oder fehlerhafter, insbesondere zu kurzfristiger Benachrichtigung einer Partei von dem Schiedsverfahren der Anerkennungsversagungsgrund des Art. V 1 b) U N Ü gegeben. 434 Voraussetzung ist allerdings, daß sich der Verfahrensfehler auf den Schiedsspruch ausgewirkt haben kann. 435 432

433 434 435

Zöller-Geimer, § 1044 Rn. 20, § 1041 Rn. 66; Schwab/Walter, Kap. 30 Rn. 24; Stein/Jonas-ScWosser, $ 1044 Rn. 47; Thomas/Putzo, $ 1044 Rn. 11. Schlosser, Rn. 838. Α. Α.: Zöller -Geimer, § 1044 Rn. 20. Schwab/Walter, Kap. 5 7 Rn. 8. David/Maier, S. 39; Maier, U N Ü , S. 36; Schwab/Walter, Kap. 57 Rn. 10.

162

§ 7 Mängel des schiedsgerichtlichen Verfahrens

Umstritten ist, nach welchem Maßstab die Ordnungsmäßigkeit der Benachrichtigung im Rahmen des Art. V 1 b) U N Ü zu beurteilen ist: Einigkeit besteht dahin, daß das Schiedsverfahrensstatut als Maßstab nicht in Betracht kommt. 436 Die wohl überwiegende Meinung hält das Recht des Anerkennungsstaates für maßgeblich; 437 einer anderen Ansicht zufolge soll zwar grundsätzlich das Recht des Anerkennungsstaates maßgeblich sein, jedoch nur, soweit die für unverzichtbar gehaltenen Mindeststandards gewährleistet werden. 438 Eine dritte Meinung schließlich lehnt den Verweis auf ein bestimmtes nationales Recht ab und will den Maßstab für die Gewährung des rechtlichen Gehörs nach universell geltenden Rechtsgrundsätzen bestimmen. 439 Im Ergebnis dürfte der Unterschied der Ansichten allerdings gering sein. 440 Der Einwand einer zu kurzfristigen Benachrichtigung nach Art. V 1 b) U N Ü war bisher in der Praxis meist ohne Erfolg. 441 Auch hier sind die Umstände des Einzelfalls maßgeblich, so daß sich in der Sache kein Unterschied zu § 1044 II Nr. 4 ZPO ergibt; allerdings ist Art. V 1 b) UNÜ nur auf Rüge der Parteien zu beachten. 442 Fraglich ist, inwieweit bei fehlerhafter Benachrichtigung einer Partei der Anerkennungsversagungsgrund des Art. V 1 d) U N Ü wegen eines Verfahrensfehlers eingreifen kann. Nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht ist Art. V 1 d) auch in diesen Fällen anwendbar, 443 so daß der Schiedsspruch nicht anerkannt wird, wenn die Benachrichtigung der

436 437

438

Stein/Jonas-ScWosser, A n h . § 1044 R n . 62. O L G H a m b u r g , Y C A IV (1979) 2 6 6 , 267; Maier, U N Ü , S. 36; Sedlacek, Z f R V 3 (1962) 23. Schwab/Walter, K a p . 51 R n . l . W o h l a u c h : Kurier, J. Int. A r b . 7 (1990) 71, 73, der im R a h m e n des A r t . V 1 b) U N Ü eine Verletzung des E r f o r d e r n i s s e s des d u e process z u m M a ß s t a b n e h m e n will; z u m Begriff des d u e process siehe u n t e n

S 15, A. 439 440 441

442 443

Stein/Jonas-ScWosser, A n h . § 1044 R n . 62. So a u c h Haas, S. 211. Sanders Y C A IV (1979) 2 3 1 , 248; Stein/Jonas-ScWcwser, A n h . § 1044 R n . 65; Schwab/Walter, Kap. 5 7 R n . 8 R n . 9. Ein Beispiel f ü r eine erfolgreiche R ü g e der zu k u r z f r i s t e n B e n a c h r i c h t i g u n g ist die E n t s c h e i d u n g C o r t e di A p p e l l o N a poli in Y C A X (1985) 462. H i e r sah d e r C o r t e di A p p e l l o die Frist v o n einem M o n a t als zu k u r z a n , d a der Beklagte infolge des E r d b e b e n s 1980 in Süditalien i n n e r h a l b dieser Frist n i c h t in d e r Lage w a r , sich zu verteidigen, Y C A X (1985) 461, 462. Schwab/Walter, K a p . 57 R n . 8. S t e i n / J o n a s - S c h l o s s e r , A n h . $ 1044 R n . 62. Wohl a u c h : Schwab/Walter, K a p . 5 7 R n . 9.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvorausset2ungen

163

Parteien der Parteivereinbarung oder dem Schiedsverfahrensstatut widerspricht. Bei Verfahrensfehlern setzt Art. V 1 d) U N Ü voraus, daß der Schiedsspruch möglicherweise auf dem Verfahrensfehler beruht; 444 bei einer zur kurzfristigen Benachrichtigung wird dies stets anzunehmen sein. Umstritten ist, ob Art. V 1 d) U N Ü nur bei wesentlichen Verfahrensfehlern eingreift, wie von einer Mindermeinung der Literatur vertreten wird. 445 Nach dieser Ansicht würde sich ein Unterschied zur Kontrolle nach Art. V 1 b) UNÜ wohl nicht ergeben. Nach überwiegender und richtiger Ansicht ist im Rahmen des Art. V 1 d) UNÜ jede Abweichung von der Parteivereinbarung bzw. dem Schiedsverfahrensstatut 446 beachtlich. 447 Für diese Ansicht spricht zunächst der Wortlaut des Art. V 1 d) UNÜ. 4 4 8 Die Beschränkung des Art. V 1 d) UNÜ auf wesentliche Verfahrensfehler ist auch nicht geboten, da durch das Erfordernis der möglichen Kausalität das Verfahrensfehlers für den Schiedsspruch eine ausreichende Einschränkung des Art. V 1 d) U N Ü erreicht wird.

III. Ordre public Ein Schiedsspruch, der in einem Verfahren ergeht, von dem eine Partei keine Kenntnis erlangt hat, kann wegen Verstoßes gegen den verfahrensrechtlichen ordre public des § 1044 II Nr. 2 ZPO, Art. V 2 b) U N Ü nicht anerkannt werden; auch eine zu kurzfristige Benachrichtigung kann gegen den anerkennungsrechtlichen deutschen ordre public verstoßen. Umstritten ist allerdings, ob in jeder Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs, die einen Aufhebungsgrund nach §1041 I Nr. 4 ZPO begründet, auch schon ein Verstoß gegen den ordre public zu sehen ist. Dies soll nach einer auch vor allem in der Rechtsprechung vertretenen Mindermeinung der Fall sein, 449 wogegen der BGH und die über444 445 446

447 448 449

Stein/Jonas-Schlosser, Anh. § 1044 Rn. 73. Schwab/Walter, Kap. 57 Rn. 13. Z u m Verhältnis von Parteivereinbarung und Schiedsverfahrensstatut bzw. dem Recht des Schiedsortes s. ο. II. 2. b. Schlosser, Rn. 818. Dies r ä u m t auch Walter ein; vgl. Schwab/Walter, Kap. 57 Rn. 13. O L G Celle, N d s R p f l . 1961, 152; O L G Köln, M D R 1971, 402; B a u m b a c h / L a u terbach-Albers, $ 1041 Rn. 19; wohl auch Baur, FS Guldener (1973) S. 1, 19.

164

§ 7 Mängel des schiedsgerichtlichen Verfahrens

wiegende Ansicht in der Literatur davon ausgehen, daß nicht jeder Fall der Verletzung des rechtlichen Gehörs einen ordre-public-Verstoß darstell. 450 In aller Regel, darüber besteht Einigkeit, wird aber zugleich auch ein Verstoß gegen den ordre public vorliegen. 451

C) Fehlen einer ordnungsgemäßen Vertretung I. Die Vertretung der Parteien im Schiedsverfahren Nicht anders als im Verfahren vor staatlichen Gerichten gilt für das Schiedsverfahren, daß die Parteien ordnungsgemäß vertreten sein müssen. Die wichtigsten Fälle eines Verfahrensfehlers sind hier das Fehlen einer wirksamen Vollmacht des Prozeßvertreters einer Partei einerseits, Fehler im Bereich der gesetzlichen Vertretung, insbesondere von juristischen Personen, andererseits. 452 Für die Wirksamkeit der Prozeßvollmacht ist nach deutschem Kollisionsrecht das Schiedsverfahrensstatut maßgeblich. 453 Bezüglich der Frage der gesetzlichen Vertretung einer Person verweist das deutsche IPR in einer selbständigen Anknüpfung auf das Personalstatut der jeweiligen Person. 454 Soweit danach die Vertretung der Partei im Schiedsverfahren fehlerhaft war, ist nach deutschem Recht in beiden Fallgruppen der Aufhebungsgrund des § 1041 I Nr. 3 ZPO gegeben. 455 Ähnliche Vorschriften finden sich in fast allen Schiedsgesetzen. 450

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455

B G H Z 57, 153, 158; O L G H a m b u r g , R I W 1975, 432; Schwab/Walter, Kap. 24 Rn. 34; Stein/Jonas-ScWosier, § 1041 Rn. 36. Schwab/Walter, S. 208; Stein/Jonas-ScMosser, § 1041 Rn. 36; Α. A. o f f e n b a r B G H Z 57, 153, 156 (ordre-public-Verstoß nur bei „extremen Fällen"); O L G H a m b u r g , R I W 1975, 432 (ordre-public-Verstoß nur in „extremen Fällen"); allerdings n a h m das O L G in dem konkreten Fall das Vorliegen eines „extremen Falles" an. Vgl. Schwab/Walter, Kap. 24 Rn. 32. Schlosser, Rn. 822; Stein/Jonas-Schlosser, § 1044 Rn. 43. Α. A. offenbar Riezler, S. 635 (der wohl das Vollmachtsstatut nach dem IPR für maßgeblich hält). Schlosser, Rn. 823; Stein/Jonas-Schlosser, § 1044 Rn. 44; Wieczorek/SchützeSchütze, § 1044 Rn. 29. Schwab/Walter, Kap. 24 Rn. 32; Zöller -Greger, § 579 Rn. 6 i. V. m. Zöller-Gelmer, § 1041 Rn. 65.

2. Kap.: Unterschiedliche Anerkennungsvoraussetzungen

165

II. Berücksichtigung im Exequaturverfahren Im Exequaturverfahren führt das Fehlen einer wirksamen Vertretung der Parteien nach § 1044 II Nr. 3 ZPO, der inhaltlich identisch ist mit dem Aufhebungsgrund des § 1041 I Nr. 3 ZPO, 4 5 6 zur Versagung der Anerkennung. Auch hier ist also für die Ordnungsgemäßheit der Vertretung das durch das deutsche Kollisionsrecht vermittelte Recht maßgeblich; 457 die Wirksamkeit der Prozeßvollmacht unterliegt auch im Rahmen des § 1044 II Nr. 3 ZPO dem Schiedsverfahrensstatut. 458 Allerdings bestimmt sich die Frage, ob die fehlende Ordnungsgemäßheit einen Aufhebungsgrund darstellt, in beiden Fällen nach deutschem Recht. 459 Daneben kann der Anerkennungsversagungsgrund des § 1044 II Nr. 1 ZPO i. V. m. dem Schiedsverfahrensstatut gegeben sein, 460 wenn nach diesem ebenfalls eine fehlerhafte Vertretung vorliegt und dies — was in aller Regel der Fall ist (s. o.) - zur Aufhebbarkeit des Schiedsspruchs führt. Das UNÜ enthält keine dem § 1044 II Nr. 3 ZPO entsprechende Vorschrift. Die fehlerhafte Vertretung kann aber insbesondere nach Art. V 1 d) UNÜ wegen eines Verfahrensfehlers zur Versagung der Anerkennung führen; Maßstab für die ordnungsgemäße Vertretung sind die Vereinbarungen der Parteien bzw. der ordre public des Schiedsverfahrensstatuts. 461 Die mögliche Kausalität der fehlerhaften Vertretung für den Schiedsspruch 462 wird man regelmäßig annehmen müssen. Außerdem kann der Anerkennungsversagungsgrund des Art. V 1 b) UNÜ gegeben sein, da diese Vorschrift nach allgemeiner Auffassung einen umfassenden Vorbehalt der Wahrung des rechtlichen Gehörs enthält. 463 Im Rahmen des Art. V 1 b) UNU ist nach herrschender Mei456

457

458 459 460

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Schwab/Walter, Kap. 3 0 Rn. 23; Schütze in Schütze/Tscherning/Wais, Rn. 644; Wieczorek/Schütze-Schiitze, § 1 0 4 4 Rn. 29; w o h l auch: Baumbach/LauterbachAlbers, § 1044 Rn. 12. MünchKommZPO-M